T TOPhHTOD TOED DO I) AOHM/IAWN Allgemeine Zoologie und Abstammungslehre Von Dr. Ludwig Plate Prof. der Zoologie und Direktor des phyletischen Museums an der Universität Jena Erster Teil: Einleitung, Cytologie, Histologie, Promorphologie, Haut, Skelette, Lokomotionsorgane, Nervensystem Mit 557, teilweise farbigen Abbildungen F 4 Jena Verlag von Gustav Fischer 1922 Alle Rechte vorbehalten. ER ARYI=x zZ LIBR = Nr Sy Vorwort zum ersten Teil. Das vorliegende auf 4 Teile berechnete Werk soll die Ab- stammungslehre nach möglichst vielen Seiten beleuchten und fördern. Es ist entstanden aus den zoologischen Hauptvorlesungen, die ich seit vielen Jahren in Berlin an der Universität, der landwirtschaftlichen und der tierärzlichen Hochschule, in Jena an der Universität gehalten habe. Durch ein umfangreiches Literaturstudium, von dem das Ver- zeichnis am Schlusse jedes Bandes Zeugnis ablegt und durch eigne Untersuchungen habe ich versucht, den Inhalt jener Vorlesungen so zu erweitern, daß ein dem derzeitigen Stande der Wissenschaft ent- sprechendes Bild der behandelten Kapitel entstanden ist. Der zweite Teil wird die Sinnesorgane zum Gegenstand haben und voraussichtlich in etwa °/, Jahre erscheinen. In dem dritten sollen weitere Kapitel der vergleichenden Anatomie dargestellt werden, während der vierte zeigen wird, in welcher Weise die Systematik, die Experimentalzoologie ein- ‚ schließlich der Vererbungsforschung, die Embryologie, die Tiergeographie und die Paläontologie die Fragen der Abstammungslehre fördern und klären. Eine Erörterung der allgemeinen Probleme der Deszendenz- theorie wird das ganze Werk beschließen. Seit dem Erscheinen der HaEcKELschen Schriften sind zwar sehr viele Abhandlungen und Bücher erschienen, welche einzelne Kapitel der Abstammungslehre durch Aufdeckung neuer Tatsachen oder durch kritische Erwägungen gefördert haben. Aber es fehlt gegenwärtig an einem Werke, welches die in den letzten Dezennien gewonnenen Ergebnisse jener Disziplinen zusammen- faßt und damit den gegenwärtigen Stand der Wissenschaft klar heraus- arbeitet. Diesem Bedürfnisse soll das vorliegende Werk genügen, So- weit meine Kräfte dazu ausreichen. Am ausführlichsten werde ich die vergleichende Anatomie berücksichtigen, denn ich stimme ganz mit GEGENBAUR, FÜRBRINGER und HaAEckErL darin überein, daß nur vom Boden dieser Wissenschaft aus die Ergebnisse der anderen biologischen Schwesterdisziplinen auf ihren deszendenztheoretischen Wert abgeschätzt werden können. Da ich aber diese weitgehend berücksichtigen werde, so glaube ich das ganze Werk als eine „Allgemeine Zoologie und Abstammungslehre“ bezeichnen zu dürfen. Die vergleichende Anatomie wird nur dann verständlich, wenn sie beständig Bezug nimmt auf die Physiologie und die äußeren Lebensbedingungen. Daher habe ich nach Möglichkeit physiologische und ökologische Betrachtungen eingeflochten. Aber der Zoologe soll doch in erster Linie Morphologe bleiben und das wundervolle Gebiet der Formenlehre weiter ausbauen, denn wenn man einen Organismus als Maschine verstehen will, so muß man zunächst seine Organisation und die Struktur seiner Teile erkennen. Die deszendenztheoretische Betrachtung der Lebewesen ist zurzeit, ab- gesehen von der Vererbungsforschung, etwas in den Hintergrund ge- IV Vorwort. treten gegenüber entwicklungsmechanischen Studien. Das ist an sich nicht zu bedauern, denn diese haben viele interessante Tatsachen auf- gedeckt, die von bleibendem Wert sind, auch wenn sie für den Phylogenetiker nicht von Bedeutung sind. Ich bin überzeugt, daß die gegenwärtige Strömung über kurz oder lang wieder zurückschlagen wird, denn die kausalanalytische Forschung zeigt uns doch immer nur eine Seite des Lebensproblems und keineswegs immer die interessanteste. Man vergleiche in dieser Beziehung das auf S. 3 Gesagte. Selbst wenn genau festgestellt ist, welche Temperatur-, Druck- oder chemischen Verhältnisse bei der Ontogenie eines Organs von Bedeutung sind, kommt man um die historische Betrachtung nicht herum und auch nicht um die Frage, welche Anpassungen an gegenwärtige oder frühere Lebensverhältnisse in ihm zum Ausdruck kommen. Ein Lebewesen unterscheidet sich in doppelter Hinsicht von einem chemisch-physikali- schen Vorgange der toten Materie, nämlich dadurch, daß es eine Psyche besitzt und dadurch, daß es ein „historisches Wesen“ ist und nur auf Grund seiner Vergangenheit verstanden werden kann. Daher genügt zur Ergründung seiner Eigenart nicht die mechanische, kausalanalytische Methode. Meinen in früheren Büchern vertretenen Standpunkt, dab Selektionismus und Lamarckismus sich nicht ausschließen, sondern gegenseitig ergänzen, habe ich auch in diesem Werke beibehalten und an verschiedenen Stellen auf solche Verhältnisse hingewiesen, welche mir nur unter der Annahme einer Vererbung erworbener Eigenschaften erklärbar erscheinen. Um das Verständnis zu erleichtern, habe ich großen Wert auf eine sehr reichhaltige Beigabe von Abbildungen ge- lest. Viele Figuren sind neu entworfen oder nach mehreren Abhand- lungen neu kombiniert worden, viele andere dem fast unübersehbaren Schatz von Abbildungen entnommen, welche in den bei Dr. G. Fischer, Jena, erschienenen Büchern enthalten sind. Während des Weltkrieges waren mir manche ausländische Zeitschriften nicht zugängig und der Text wird daher gewisse Lücken aufweisen. Solange der auf der erpreßten Lüge von Deutschlands Schuld am Weltkriege aufgebaute Versailler Schandfrieden noch besteht, wird die deutsche Wissenschaft weiter vor großen Schwierigkeiten stehen, aber erdrosseln läßt sie sich nicht, Ich bin überzeugt, daß ihre zahllosen über die ganze Welt zer- streuten Freunde bald Reue über diese Barbarei empfinden und ihr entgegentreten werden. Herrn Kollegen V. Franz bin ich für manchen Wink zu Dank verpflichtet; ebenso dem Verleger, Herrn Dr. G. Fischer, welcher trotz der schweren Zeiten den vorliegenden Band in so würdiger Ausstattung der Oeffentlichkeit übergeben hat und meinen Wünchen in jeder Be- ziehung entgegengekommen ist. Die Ausarbeitung des Textes hat mir außerordentliche Freude bereitet, denn es gewährt einen hohen Genuß, die komplizierten Strukturen und Organe der höheren Tiere mit dem Auge des Phylogenetikers allmählich entstehen zu sehen. Möge diese Befriedigung auch auf meine Leser übergehen. Jena, 22. Juni 1922. L. Plate. u A u re De Inhaltsübersicht. 1. Kapitel. — Einleitung: Stoffübersicht und Grundprobleme. 1. Disziplinen der Zoologie 1. Biologische Erklärungen 3. Grundbegriffe und wichtigste Regeln der Abstammungslehre 6. Wichtigste Regeln der Phylo- genie 10. 2. Begriff des Tiers. Unterschied zwischen Tier und Pflanze 12. 3. Biologische Merkmale und Definition des Lebens 17. 4. Physikalische und chemische Eigenschaften der Organismen. Belebte und tote Substanz. Mechanismus ünd Vitalismus 19. 5. Entstehung des Lebens und niedrigste Organismen 29. U. Kapitel: Cytologie 33. 1. Uebersicht der Zellbestandteile 37. 2. Kern. (Quantitative Beziehungen zwischen Kern und Plasma 47. 3. Teilungsorgane und dynamische Zentren der Zelle 50. 4. Kern- und Zellteilung 56. Promitose 57. Mitose 59. Chromosomenzahl 63. Chromosomen-Individualität 67. Heterotypische Kern- teilung 67. 5. Mechanische Erklärung der Zell- und Kernteilung 69. 6. Zellentheorie, vielkernige Zellen, Plasmodien, Syneytien, Symplasmen 71. 7. Vielzelligkeit und Entstehung der Metazoen 73. III. Kapitel: Histologie 76. A. Blut und Lymphe 77. B. Gewebe S0. 1. Epithelgewebe 80. Drüsen 84. 2. Stützgewebe 90. Bindesubstanzen 91. Fettzellen 94. Pigmentzellen 95. Knorpel 99. Knochen 103. Haut- und Ersatzknochen 105. Östeoid- gewebe 108. Dentin 108. Isopedin 109. 3. Muskelgewebe 110. Glatte Muskeln 113. Phyletisches Verhältnis der glatten zu den quergestreiften Muskeln 114. Gestreifte Muskeln 116. Vorgänge bei der Kontraktion 118. 4. Nervengewebe 120. 5. Phylogenese der Gewebe 128. IV. Kapitel: Promorphologie. Grundformen 130. Anaxonia, Homaxonia, Monaxonia 131. Symmetrie- formen 132. Entstehung der Bilaterien 134. Asymmetrie 136. Organ- und Körpergliederung: Histomerie, Ringelung, Pseudometamerie 142, Metamerie 143. Bezeichnung der Körperregionen 148. VW. Kapitel: Tierische Individuen, Kolonien und Gesellschaften 149. Familien, Herden 154. Tierstaaten 158. Entstehung des Bienenstaates 159. VI. Kapitel: Organologie. A. Haut und Hautskelette. I. Wirbellose Tiere 162. Cölenteren 164. Echinodermen 169. Turbel- larien 170. Trematoden, Cestoden 171. Nematoden 172. Anneliden 175. Arthropoden 176. Häutung 179. Schmetterlingsschuppen 182. Mollus- ken 183. Muschelschale 184. Schneckenschale 1857. Tunicaten 190. II. Wirbeltiere 191. Amphioxus 194. Cyclostomen 195. Selachier 196. Plaeoidschuppen 197. Ganoiden 201. Teleosteer 204. Giftdrüsen 207. Perlausschlag 208. Schuppen 209. Össificationen 213. Dipnoer 214. Phylogenie der Schuppen 215. Amphibien 221]. Drüsen 223. Schuppen der Stegocephalen und Cöcilier 225. Hautknochen 227. Reptilien 227. Häutung 228. Drüsen 229. Hornschuppen 231. Klapper von Orotalus 234. Schildkröten 235. Krallen 236. Corium 237. Knochenschuppen 238. Schildkrötenpanzer 241. Phylogenie desselben 244. Pigment und Farb- wechsel 247. Vögel 248. Corium, nacke Hautstellen 249. Schuppen, Krallen 250. Flügel und Beinsporen 252. Stirnplatte 253. Schnabel 254. Eizahn 264. Federn 265. Farbwechsel und Mauser 278. Bürzeldrüse 281. na Im! FPE’> EEE u 4 VI Inhaltsübersicht. Phylogenie der Federn 282. Säuger 283. Soblenballen 287. Schuppen 289. Haare: Ontogenie 292, Talgdrüsen 294, Verschiedenartigkeit der Haare 294, Verlauf, Innervierung 301, Haarwechsel 302, Richtung 303, Anord- nung 304, Rückbildung 305, Haararmut des Menschen 307, Funktion der Haare 308, Phylogenie der Haare 309. Krallen, Nägel, Hufe 312. Hautdrüsen 316. B. Skelettorgane 330. Autoskelette 434. Xenoskelette 340. ©. Lokomotionsorgane. Pseudopodien, Cilien, Geißeln 342. Gregarinen 344. Rückstoß 344. Ausstrecken und Heranziehen 346. Schlängelung 350. Gliedmaßen 353. Laufen 353. Springen, Klettern 354. Schwimmen 355. Flug 357. D. Nervensystem der Evertebraten. 1. Allgemeines 370. 2. Diffuses Nervensystem 373. 3. Ursprung der Nervenzellen 375. 4. Reflexe und Funktion der Zentren 378. 5. Anordnung und Lage der Zentren 383. I. VUeberwiegend Markstränge: Medusen 384, Echinodermen 384, Plattwürmer 392, Tubellarien 393, Trematoden 395, Cestoden 398, Nemertinen 398. II. VUeberwiegend Ganglien: Rädertiere 402, Nemathelminthen 403, Anneliden 407, Arthropoden 415: Homologien der Extremitäten 423, Kon- zentration der Ganglien 427. Histologie 431, Pilzkörper 435, Sympathi- cus 440, Phylogenie der Arthropoden 442; Mollusken: Amphineuren 442, Stammbaum der Mollusken 446, Lamellibranchier 447, Solenoconchen 451, Prosobranchier 452, Heteropoden 456, Opisthobranchier 457, Pulmonaten 460, Cephalopoden 464. E. Phyletische Entwicklung des Nervensystems der Wirbel- losen 472. F. Zentralnervensystem der Chordata 475. Öntogenie 475. 1. Tunicata 477. 2. Acrania (Amphioxus) 481. Verwandtschaftsbeziehungen der Wirbel- tiere 487. 3. Craniota. A. Rückenmark und Rückenmarksnerven 488. Feinerer Bau des Rückenmarks 492. Einschränkung des BELL-MAGENDIEschen Ge- setzes 496. Rückenmarksnerven, Plexusbildungen 497. Hypoglossus 506. Plexus brachialis und lumbosacralis 501. Die Spinalnerven in ihrer Beziehung zur Extremitätentheorie 502. B. Gehirn. l. Ontogenie 504. II. Gehirn- und Rückenmarkshäute 508. III. Morphologische und physiologische Uebersicht des Gehirns. 1. Vorder- hirn 508. 2. Zwischenhirn 512. 3 Mittelhirn 517. 4. Hinterhirn 515. 5. Nachhirn 520. IV. Gehirne einzelner Gruppen. 1 Cyelostomata 523. 2. Die übrigen Fische 527. Vorderhirn 527, Zwischenhirn 532, Mittel- hirn 535, Hinterhirn 535, Nachhirn 539. 3. Amphibien 539. 4. Reptilien 543. 5. Vögel 547. 6. Säuger 550. Vorderhirn. a) Ausbreitung der Hemisphären 552. b) Rhinencephalon 552. c) Lappen und Furchen 556. d) Innerer Bau 560. e) Verbindungs- bahnen 561. f) Rindenfelder 562; Zwischenhirn 567, Mittelhirn 567, Kleinhirn 568, Verlängertes Mark 569, Physiologische Einheit des Gehirns 570. ©. Phylogenie des Gehirns der Wirbeltiere 572. D. Gehirnnerven der Cranioten 576. Metamerie des Kopfes 577. Olfae- torius 580. N. terminalis 582. Optieus 582. Augenmuskelnerven 583. rigeminus 584. Faecialis 585. Stato-Acusticus 586. Glossopharyn- geus 587. Vagus 587. Accessorius 589. Hypoglossus 589. E. Sympathisches Nervensystem der Cranioten 589. G. Phyletische Veränderungen des Nervensystems bei Wirbel- losen und Wirbeltieren 592. Literatur zum ersten Teil 593. I. Kapitel. Einleitung. Stoffübersicht und Grundprobleme. ı. Disziplinen der Zoologie. Die Zoologie sucht alle für den Menschen erkennbaren Eigen- schaften der normalen Tiere, der lebenden einschließlich der Menschen wie auch der ausgestorbenen (Paläczoologie) festzustellen, um dadurch die Gesetze des Lebens zu ergründen. Sie sammelt nicht nur einzelne Beobachtungen, sondern sucht, wie jede Wissenschaft, ganze Reihen derselben synthetisch unter höhere Begriffe zusammenzufassen und durch Theorien ursächlich zu verknüpfen. Aufgabe der allgemeinen Zoologie ist es, erstens alle diejenigen Tatsachen zusammenzustellen, welche eine allgemeine Bedeutung haben, welche also insbesondere nicht nur bei einzelnen Individuen oder Arten vorkommen, sondern weiter verbreitet sind, und zweitens alle theoretischen Fragen einheitlich zu schildern. Die Tierwelt zeigt sich in so ungeheuerer Mannigfaltigkeit, daß der Forscher mit selır verschiedenen Fragen an sie herantritt. Daraus ergeben sich die folgenden Disziplinen der Zoologie. T. Morphologie, Formenlehre. Hierher die Beschreibung der Ge- stalt, Größe, Gliederung, Farbe, Oberflächenbeschaffenheit, Struktur u. dgl. des lebenden oder toten Tieres und seiner Teile, und zwar nach makro- oder mikroskopischer Untersuchung. Die Morphologie zerfällt in: a) Habitus- oder Exterieurlehre, b) Cytologie, Zellenlehre, c) Histologie, Gewebelehre, d) Organologie, Organlehre, e) Embryologie oder Ontogenie, Gestaltlehre der sich ent- wickelnden Tiere, f) Promorphologie, Lehre von den Grundgestalten, Symmetrie- verhältn:ssen und Individualitätsstufen, g) Experimentelle Morphologie, die Lehre von den nach experi- mentellen Eingriffen eintretenden Wachstumserscheinungen, Formveränderungen, Regenerationen u. dgl. In der Morphologie überwiegt die analytische Methode: die Tiere oder die Organe werden in ihre Teile zerlegt, daher die Bezeichnungen Anatomie, Zootomie. Eine zweite sehr wichtige Methode der Morpho- logie besteht in dem Vergleich der Beobachtungen, woraus sich die wesentlichen Merkmale und andere allgemeine Folgerungen ergeben. Plate, Allgemeine Zoologie 1. 1 2 , 1. Kapitel. Daher die große Bedeutung der vergleichenden Anatomie und Embryo- logie für die Aufstellung allgemeiner morphologischer Gesetze. Il. Physiologie, die Lehre von den Lebensvorgängen und den Leistungen (Funktionen) des Körpers und seiner Teile Sie studiert die Lebenserscheinungen des einzelnen Tieres und seiner Teile, das Zusammenarbeiten und die gegenseitige Abhängigkeit (Korrelation) der Organe, ihren Stoffwechsel und Energieumsatz und ihre Bedeutung für die Erhaltung des Lebens des Individuums und der Art. Sie be- müht sich, alle Lebensvorgänge chemisch oder physikalisch oder mathe- matisch aufzufassen. Die Physiologie bedient sich vornehmlich der experimentellen Untersuchungsmethode, indem das Tier oder das Organ unter bestimmte Bedingungen gebracht und deren Wirkung festgestellt wird. Ihre wichtigsten Unterdisziplinen sind: a) Zell- und Organphysiologie, b) Fortpflanzungsphysiologie: geschlechtliche und ungeschlecht- liche Vermehrung, Befruchtung, Vererbung, Bastardierung, Inzucht u. del. c) Entwicklungsphysiologie oder Entwicklungsmechanik: kausal- analytische, experimentelle Untersuchungen an Eiern und ‚Jungtieren, um die Ursachen und Gesetze der Formentstehung zu ergründen, d) Psychologie, Lehre von den seelischen Erscheinungen, sowohl den niederen (Reflex, Instinkt) wie den höheren (Gedächtnis. Assoziation, Verstand, Intelligenz, Wille). III. Chorologie, Lehre von der geographischen oder stratigraphischen (in den Erdschichten) Verteilung. IV. Ockologie, Anpassungslehre (sixos Haus). Sie untersucht die Beziehungen des lebenden Tiers zu seiner belebten oder toten Um- gebung, die in nützlichen Einrichtungen (Anpassungen) zum Ausdruck kommen. Hierher gehören l.ebensweise, Aufenthaltsort, Art der Er- nährung, Häufigkeit, Nestbau, Brutpflege, Wanderungen, Symbiose, Parasitismus. Andere Bezeichnungen für dieses große Kapitel sind Ethologie (Edos Sitte, Gewohnheit), Bionomie oder Biologie (im engeren Sinne). V. Phylogenie, Stammesentwicklung, Deszendenz-, Evolutions- oder Abstammungslehre. Sie sucht durch eine historische Betrachtungsweise die höheren Organismen von den niederen abzuleiten (also ihren gene- tischen Zusammenhang festzustellen) und die Entstehung der zahl- losen Arten und ihrer Anpassungen verständlich zu machen. Als Kri- terium der Verwandtschaft gilt die Aehnlichkeit. Die Phylogenie geht aus von der Paläontologie und der Systematik und sucht durch vergleichende Anatomie und Embryologie Stammbäume aufzustellen, welche die Verwandtschaftsverhältnisse übersichtlich darstellen. Sie ist eine spekulative Disziplin. VI. Systematik. Sie sucht Ordnung und Uebersicht in die ca. 500000 bekannten Tierarten zu bringen, indem sie dieselben beschreibt und nach der geringeren oder größeren Aehnlichkeit in weitere oder engere Gruppen (Kreis, Klasse, Ordnung, Familie, Gattung) zusammen- faßt. Diese Disziplin ist an sich ganz unabhängig von der Deszendenz- lehre, denn eine Klassifikation der Tiere und Pflanzen läßt sich ebensogut vom Standpunkt der Konstanz der Arten (Lmn£, Cvvier u. a.) wie von deren Veränderlichkeit aus durchführen. Im ersteren Falle werden die Arten und sonstigen Kategorien so angeordnet, daß jede rasch ge- Einleitung. 3 funden werden kann (sogenanntes künstliches System); im letzteren wird nicht nur dieses Ziel erstrebt, sondern die Gruppierung erfolgt gleichzeitig so, dab sie der stammesgeschichtlichen Entwicklung ent- spricht. Dadurch entsteht ein „natürliches System“, daß in Stamm- bäumen seinen Ausdruck findet. Die „künstlichen“ Systeme der alten Systematiker haben sich aber vielfach als durchaus „natürlich“ heraus- gestellt. Man unterscheidet daher besser praktische Systeme (= ana- lytische Bestimmungstabellen) und wissenschaftliche, welche den vollen Gegensatz der Gruppen einschließlich der Verwandtschaftsbeziehungen darstellen. Vil. Theoretische oder philosophische Zoologie. In jeder der sechs genannten Disziplinen tauchen Fragen von allgemeiner und vielfach auch von philosophischer Bedeutung auf, z. B. ob die Form abhängig ist von der Funktion oder diese von jener, ob die durch die Lebens- weise hervorgerufenen Formveränderungen erblich sind bzw. im Laufe der Zeit werden können oder nicht, ob die Vererbungserscheinungen nur durch den Kern oder auch durch das Uytoplasma bedingt werden, ob die Aehnlichkeit der Formen nur realistisch durch die Blutsverwandt- schaft erklärt werden kann oder auch durch idealistisch gedachte Typen usf. Solche Fragen können nicht oder wenigstens nicht voll- ständig durch Beobachtungen gelöst werden, sondern nur durch Theorien, und es ist zweckmäßig, wenn auch nicht unbedingt nötig, sie zu einer besonderen Disziplin der theoretischen oder philosophischen Zoologie zusammenzufassen. Die hierher gehörigen Probleme lassen sich in vier Gruppen sondern. 1. Die genetischen Probleme. Entstehung und Begriff des Lebens, Unterschied zwischen lebender und toter Substanz, Entstehung neuer Formen, Strukturen, Organe und Arten. 2. Die Erklärung der Lebenserscheinungen. Erklären heißt klarstellen. Dazu gehört auf biologischem Gebiet erstens eine genaue Beschreibung, zweitens eine Zurückführung des Unbekannten auf Bekanntes. Schon KırcHHorr hat vom Standpunkt des Physikers verlangt, daß der Naturforscher die „Tatsachen vollständig und auf die einfachste Weise beschreiben“ soll, und Mac# spricht denselben Gedanken so aus, daß er eine „ökonomische Darstellung der Tatsachen“ fordert. Ich möchte nur eine genaue Beschreibung verlangen, denn die einfachste braucht nicht immer die beste zu sein. Eine gewisse Aus- führlichkeit ist häufig im Interesse der Klarheit und Verständlichkeit sogar zu wünschen. Die Zurückführung des Unbekannten auf Bekanntes läuft hinaus auf Unterordnung unter einen bekannten Begriff. Sie kann in der Biologie in sehr verschiedener Weise erfolgen, ganz im Gegen- satz zu den anorganischen Naturwissenschaften, welche nur eine Zurück- führung auf die Gesetze der Chemie und Physik als eine wissenschaft- liche Erklärung bewerten. Daher werden mit einem gewissen Recht Zoologie und Botanik als „beschreibende Naturwissenschaften“ den übrigen „exakten“ gegenübergestellt. Wir unterscheiden vier Formen der Erklärung von Lebenserscheinungen. a) Die kausale Erklärung besteht in der Zurückführung auf chemisch-physikalische Ursachen (mechanistische Erklärung) oder auf organische Kräfte, die als bekannt angenommen werden (biologische Erklärung). Zu den letzteren gehören auch die psychischen Vorgänge. Beispiele: Das Linsenauge wirkt wie eine Camera obscura; die Hahnen- fedrigkeit alter Hennen wird durch die bis dahin latenten männlichen 1* 4 1. Kapitel. Erbfaktoren hervorgerufen; der Hund wedelt mit dem Schwanz, weil er Freude empfindet. Abzulehnen sind alle solche kausalen Erklärungen, welche übersiunliche, metaphysische Kräfte als Ursachen annehmen, wie z. B. die Entelechie, die Dominanten, die Lebenskraft der Vitalisten, die Idee eines „Typus“ im Sinne PraAros. b) Die oikologistische oder die funktionelle Erklä- rung besteht in dem Nachweis des Zweckes, der Bedeutung einer Einrichtung für die Erhaltung des Lebens, z. B.: die Pigmentflecke im Rückenmark des Amplhroxus sind Augen. Diese Form der Erklärung geht davon aus, daß die Zweckmäßigkeit eines der wesentlichsten Merkmale der Lebewesen ist, und daß zum vollen Verständnis eines Organismus die Kenntnis seiner sämtlichen Anpassungen gehört. c) Die systematisierende Erklärung besteht in der Ein- reihung in eine bekannte Gruppe des Systems oder in eine Kategorie irgendwelcher Art; z. B.: die Hydra ist ein Cölenter, woraus folgt, daß sie aus Ektoderm und Entoderm sich aufbaut, Nesselzellen besitzt u. dgl. Die Epiphyse gehört zu den Drüsen mit innerer Sekretion, der Samenfaden ist eine Zelle. d) Die genetische Erklärung erbringt den Nachweis — phylogenetisch oder ontogenetisch —, daß eine neue Eigenschaft aus einer früheren hervorgegaugen ist: der Gehörkanal der Wirbeltiere ist aus dem Spritzloch entstanden; die Columella ist das umgewandelte Hyomandibulare; der Wurmfortsatz ist ein rückgebildetes Organ; das Auge der Wirbeltiere geht ontogenetisch in seinen wichtigsten Teilen (Netzhaut, Pigmentschicht) aus dem Gehirn hervor. Hierher die Pro- bleme der Ontogenie und der Phylogenie. Von diesen vier Erklärungen ist die erste, die kausale, besonders wert- voll, denn sie allein führt immer zu eindeutigen ausnahmslosen Zusammen- hängen, also zu Gesetzen. Man könnte die drei anderen Erklärungen daher auch der kausalen als Mittel zum Verständnis der biologischen Erscheinungen gegenüberstellen. Bei der kausalen Erklärung ist die energetisch „wirkende“ Ursache von den „bedingenden“ Ursachen zu unterscheiden: unter bestimmten Bedingungen hat die ener- getische Ursache A eine Wirkung B zur Folge. Sehr häufig lassen sich an einem Naturvorgange gleichzeitig mehrere Energien und mehrere Wirkungen feststellen. Dann bezeichnen wir diejenige Energie- form als die Ursache, welche uns als die für das Verständnis wichtigste erscheint (Prinzip der Denkökonomie von Mach). Als die Ursache einer Explosion kann mit demselben Recht das in das Pulverfaß ge- worfene Zündholz wie die latente chemische Energie des Pulvers be- zeichnet werden, und ebenso können mit demselben Recht der Knall, die Zertrümmerung der Scheiben, der Nervenschock des Zuschauers und anderes als Wirkungen gelten. Desgleichen läßt ein biologischer Vor- gang fast immer mehrere verschiedene kausale Erklärungen zu, je nach- dem die eine oder die andere Seite im Vordergrunde des Interesses steht. Man bilde sich also nicht ein, durch eine bestimmte kausale Erklärung den Vorgang restlos klargestellt zu haben. Dies muß be- sonders betont werden, weil es zurzeit Mode ist, die Tragweite so- genannter kausal-analytischer Erklärungen sehr zu überschätzen. Die mechanistische Erklärung ist durchaus nicht immer wichtiger als eine der anderen. Wenn irgendeine Hautfarbe beobachtet wird, so kann es viel wertvoller sein, nachzuweisen, daß es sich um eine Schutzfärbung handelt, als daß irgendein Salz die Pigmentabscheidung bedingt. Für Einleitung. 5 die kausale Erklärung ist die Sukzession von B auf A charakteristisch, aber der Nachweis einer regelmäßigen Sukzession (Sommer auf Früh- ling, 4 Furchungszellen auf 2) genügt nicht, um den kausalen Zusammen- hang aufzudecken, sondern hierzu ist erforderlich der Nachweis der energetischen und der bedingenden Ursachen. Bei der Kompliziertheit der Lebenserscheinungen ist dieser oft nicht zu erbringen, und wir müssen uns dann mit einer biologischen Erklärung begnügen. Sehr groß ist die Gefahr einer Scheinerklärung, indem das zu Erklärende als Prämisse vorweggenommen wird. Die Menperschen Spaltungen in gefärbte und ungefärbte Nachkommen lassen sich z. B. leicht erklären durch Annahme eines Erbfaktors für Pigmentierung. Eine solche ist als Arbeitshypothese berechtigt, wird aber erst sicher durch den em- pirischen Nachweis eines solchen Erbfaktors. Es ist sehr beachtenswert und bildet einen Hauptunterschied zu den anorganischen Naturwissenschaften, daß die Biologie fast nie zur Aufstellung von allgemeinen Gesetzen, d. h. von ausnahmslosen Vor- gängen oder Tatsachen führt, welche für alle Organismen gelten, sondern immer nur zu Regeln, welche Ausnahmen zulassen. Es ist nur eine Regel, daß alle Lebewesen atmen, d.h. O aufnehmen und CO, abgeben, denn die Anaörobien brauchen keinen O. Es ist kein Gesetz, daß das Leben eines Organismus kontinuierlich verläuft, denn viele niedere Tiere können eintrocknen und zeigen dann keine Lebenserscheiuungen, sind aber trotzdem nicht tot, denn nach Wasserzusatz kehren sie zum Leben zurück. Desgleichen bilden die Arbeiter der staatenbildenden Insekten eine Ausnahme von der Regel, daß jedes Lebewesen bzw. die beiden Geschlechter sich vermehren können. Auch die Definitionen der Systematik haben fast immer nur den Wert von Regeln: Schlangen haben keine Beine, aber die Boiden besitzen noch Reste derselben. Der typische Fuß und die Schale der Schnecken ist bei vielen Arten verloren gegangen. Dazu kommt, daß solche Definitionen meist nur für die ausgewachsenen Individuen gelten. Ein Wirbeltier auf ganz frühen Embryonalstadien besitzt noch kein röhrenförmiges Nerven- system, dem Hühnerei kommen die Merkmale der Vogelklasse noch nicht zu usf. Als Beispiele von biologischen Gesetzen nenne ich die Sätze: jeder Organismus ist ein Individuum, jedes Tier hat eine be- grenzte Lebensdauer, das Leben ist an Protoplasma gebunden. Das letztere Gesetz ist eigentlich eine Tautologie, denn es umschreibt nur die Tatsache, daß wir einen bestimmten Zustand des Protoplasmas als Leben bezeichnen. Natürlich lassen sich viele ausnahmslos geltende negative Behauptungen aufstellen, z. B. daß kein Lebewesen in kochen- dem Wasser oder außerhalb der Atmosphäre lebt, aber sie sind keine Naturgesetze, denn diese sollen die ausnahmslos vorhandenen, nicht die fehlenden Zusammenhänge feststellen. 3. Die Unterschiede zwischen Pflanzen und Tieren. 4. Das psychologisch-vitalistische Problem. Die psy- chischen Erscheinungen gehören zweifellos zur Biologie, denn sie sind gebunden an die lebende Zelle bzw. in ihren höheren Formen an ein Nervensystem. Während nun alle übrigen Lebenserscheinungen sich wenigstens im Prinzip auf die Gesetze der Chemie und Physik zurück- führen lassen, erscheint es ausgeschlossen, daß eine Empfindung, ein Gedanke, ein Wiile durch Bewegungen und verschiedene Gruppierungen von Atomen und Molekülen erklärt werden kann. Zwischen den psy- chischen Elementen existiert kein streng gesetzmäßiger eindeutiger Zu- 6 I. Kapitel. sammenhang. Ein Gedanke entsteht plötzlich, zwangsmäßig wie ein Reflex, ist aber nicht wie dieser nachweisbar abhängig von einem be- stimmten Reiz. So ergibt sich das vitalistische Problem, die Frage, ob nicht zur Erklärung der psychischen Erscheinungen ein über- mechanisches besonderes Prinzip anzunehmen sei. Bejaht man diese Frage, so wird man geneigt sein, in der Seele einen „elementaren Naturfaktor“ zu sehen, welcher auch für andere eigenartige Lebens- erscheinungen (Entstehung der Anpassungen, Regenerationen u. dgl.) verantwortlich zu machen ist. Die psychischen Erscheinungen haben die weitere Besonderheit, daß wir sie nur von uns selbst kennen, daß sie also subjektiv sind. Wir sind nie imstande, mit völliger Sicherheit zu sagen, ob ein Tier Ermüdung, Hunger oder Schmerz empfindet, bewußt oder unbewußt, willkürlich oder unwillkürlich handelt, Ge- dächtnis hat oder nicht. Aus diesem Grunde wollen viele Biologen alles Psychische beiseite lassen und sich beschränken auf die Fest- stellung der objektiven Vorgänge. Dieser Standpunkt ist logisch und bequem, aber er befriedigt nicht. denn das Psychische ist ein zu wich- tiger Bestandteil der Lebenserscheinungen. um sich umgehen zu lassen. Das Studium der Sinnesorgane setzt voraus. daß Tiere sehen, hören, riechen, fühlen, also psychische Wesen sind, und zwischen solchen ein- fachen Leistungen des Nervensystems und den komplizierten des Er- innerns, Denkens und Wollens gibt es keine scharfe Grenze. An diese sieben Disziplinen der wissenschaftlichen Zoologie schließen sich noch zwei andere. VIII. Die praktische oder angewandte Zoologie, die Lehre von den dem Menschen nützlichen oder schädlichen Tieren. Hierher 1) Fischerei-Zoologie, 2) landwirtschaftliche Zoologie, 3) Forst- und Jagdzoologie, 4) medizinische Zoologie (Parasiten des Menschen), 5) Veterinär-Zoologie (Parasiten der Haustiere), 6) technische und mer- kantile Zoologie: die für Kunst, Gewerbe und Handel wichtigen Tiere und Tierprodukte. IX. Die Geschichte der Zoologie. Ein Lehrbuch der allgemeinen Zoologie müßte nun, streng genommen, aus diesen neun Disziplinen alle diejenigen Tatsachen und Theorien zusammenstellen und in geordnetem Zusammenhang schildern, welche von allgemeiner Bedeutung sind. Damit dasselbe aber nicht zu um- fangreich wird, muß eine gewisse Auswahl nach den speziellen Inter- essen des Autors eintreten, und so wird sich das vorliegende Werk in erster Linie mit den vergleichend anatomischen und deszendenz- theoretischen Ergebnissen und Problemen beschäftigen. Zur Erleichte- rung des Verständnisses gebe ich zunächst eine Uebersicht über Einige Grundbegriffe und die wichtigsten Rege!n der Abstammungs- lehre. Der ursprüngliche Zustand des ganzen Individuums wie auch des einzelnen Organs wird als der primäre oder primitive bezeichnet; der später hieraus entstandene als der sekundäre. In der Regel ist der erstere der niedere, unvollkommenere, der letztere der höhere, der vollkommenere. Der niedere ist der strukturell einfachere und daher weniger leistungsfähige, der höhere zeigt mehr anatomische Einzelheiten und vielseitigere Leistungen; er wird daher auch der differenziertere Aehnlichkeit. 7 genannt. Es kommt aber auch vor, daß der ursprüngliche Zustand der morphologisch reichere ist, z. B. mehr Segmente, mehr Ganglien, mehr Zähne u. dgl. aufweist, und daß die Phylogenie zu einer Verein- fachung oder gar, wie bei vielen Parasiten, zu hochgradiger Rückbildung führt. Die Begriffe primär und primitiv sind daher zunächst nur in zeitlichem Sinne zu verstehen. Bei Fossilien wird der primäre Zustand als der ältere, der sekundäre als der jüngere bezeichnet, wobei man von der Gegenwart aus rechnet. Da die Verwandtschaft nach der Aehnlichkeit beurteilt wird, so ist stets im Auge zu behalten, daß auch Aehnlichkeiten vorkommen, die für die Abstammungslehre nicht von Bedeutung sind. Man unter- scheidet: 1. Analogie — physiologische Aehnlichkeit von Organen ver- schiedener phyletischer Herkunft. Beispiel: Flügel der Insekten, Vögel, Fledermäuse. Die Aehnlichkeit beruht in solchen Fällen auf der An- passung an denselben Zweck; sie ist aber eine äußerliche, denn analoge Organe sind im inneren Bau ganz verschieden. ö 2. konvergenz — morphologische Aehnlichkeit auf Grund ähn- licher Anpassung bei systematisch weit auseinanderstehenden Tieren. Beispiele: gelbe Farbe von Insekten, Eidechsen, Vögeln, Säugern, die in der Wüste leben; Schnabel der Schildkröten, Vögel, Monotremen. Die Ausdrücke analog und konvergent werden vielfach synonym ge- braucht, obwohl es besser ist, wenn dieses nicht geschieht, sondern im ersteren Falle der physiologische, im zweiten der morphologische Ge- sichtspunkt in den Vordergrund gestellt wird. Konvergente Merkmale können auch negativer Art sein und sich in dem Fehlen derselben Organe zeigen, z. B. der Clavicula bei laufenden Carnivoren, Huftieren und einigen Nagern, oder der Augen bei Dunkeltieren. 3. Homologie — morphologische Aehnlichkeit infolge gleicher Ab- stammung. In physiologischer Hinsicht sind homologe Organe sehr oft gleich oder ähnlich. Sehr oft aber haben sie sich an verschiedene Funktionen angepaßt und sind morphologisch und physiologisch sehr verschiedenartig geworden: Arm der Eidechse und Flügel des Vogels; die verschiedenen Mundwerkzeuge der Insekten. Dann besteht die Auf- gabe darin, die homologen Teile trotz verschiedener Form und Wirkungs- weise festzustellen. 4. Homoiologie — unabhängig erworbene morphologische und physiologische Aehnlichkeit oder Gleichheit bei Tieren, welche sich unabhängig voneinander von derselben Stammform ableiten. Die besitzen eine Anzahl gleicher Erbfaktoren und haben daher die Tendenz, sich in ähnlicher Weise weiter zu entwickeln. In meiner „Anatomie und Phylogenie der Chitonen* (Zool. Jahrb., Suppl. 5, 1901, S. 502) habe ich diesen Begriff eingeführt, weil bei verschiedenen Familien unabhängig voneinander ähnliche Stacheln und Schuppen des Mantels oder Aestheten der Schale erworben wurden. In diesem Werke werde ich öfters auf dieses Prinzip hinweisen. Der Gedanke ist nicht neu, aber, wie ich glaube, noch nicht genügend durchgearbeitet worden. Eimer spricht in demselben Sinne von Homoiogenesis, DAarwın von „analogen oder parallelen“ Variationen. Die Arthropoden haben dreimal unabhängig voneinander das Land erobert (Periptus, Arach- niden, Myriopoden). Daher haben sich dreimal die Tracheen in ähn- licher, aber doch etwas verschiedener Weise gebildet: als Büscheltracheen bei Peripatus, als Tracheenlungen bei den Spinnentieren und als echte 8 1. Kapitel. Tracheen bei den Myriopoden. Die Facettenaugen haben sich sogar viermal unabhängig gebildet, bei Krebsen, Limrdlus, Sculigera und In- sekten (weitere Beispiele in meinem Selektionsprinzip!) S. 514). In den verschiedensten Tiergruppen hat sich die glatte Muskulatur zur quergestreiften entwickelt. Durch diese Auffassung wird eine Er- scheinung erklärlich, die schon oft beobachtet und und als „gekreuzte Entwicklung“ bezeichnet worden ist. Zwei Formen A und B müssen mit Rücksicht auf ein Organ in der Richtung A>B, mit Rücksicht auf ein anderes in der Richtung BA aneinandergereiht werden. In Wirklichkeit leiten sie sich beide von derselben Stammform ab: ach, und das eine Organ hat sich in dem einen Seitenzweige, das andere in dem anderen zu höherer Stufe entwickelt. Sehr wichtig sind die Begriffe der Funktionserweiterung und des Funktionswechsels. Ein Organ übernimmt neben seiner Hauptfunktion häufig noch eine oder mehrere Nebenfunktionen, und auf späterer phyletischer Stufe kann eine von diesen zur Hauptfunktion werden. Die Ohrmuscheln der Säuger dienen ursprünglich zum Auf- fangen des Schalls, bei vielen Wiederkäuern außerdem zur Ver- scheuchung der Insekten von den Augen und bei Fledermäusen als Tastorgan zur Wahrnehmung des Luftdrucks bei Annäherung an Gegen- stände. Der Schnabel der Vögel ist ursprünglich ein Freßwerkzeug, durch die Umwandlung der Vorderextremität in einen Flügel ist er aber zu einem Universalinstrument geworden. Als Beispiele von Funktions- wechsel sei nur hingewiesen auf Bewegungsapparate, die aus anderen Organen hervorgegangen sind, so auf die Ruderfühler der Daphnien, die Rippen der Schlangen und die Flossenflügel der Pinguine Ein Funktionswechsel kann schon in der Ontogenie bei Metamorphose vor- kommen. So dienen die 3 Paar Extremitäten der Naupliuslarve als Bewegungsorgane, während später die ersten beiden zu Antennen, das dritte zu Mandibeln werden. Lamareckismus und Selektionismus. ‚Jede Evolution beruht auf Variabilität. Unter den Variationen sind zu unterscheiden die nicht erblichen Somationen (Modifikationen) und die erblichen Mu- tationen. Erstere werden durch Gebrauch oder Nichtgebrauch oder irgendwelche Einflüsse der Umgebung vom Körper (Soma) erworben, während die Mutationen aus nicht näher bekannten Ursachen „zufällig“ an dem Keimplasma der Keimzellen auftreten, um später während der Ontogenie deutlich zu werden. Beide Arten von Variationen können in geringem oder in erheblichem Ausmaße auftreten, beide können auch Reihen bilden (Fluktuationen). Das Hauptproblem der Abstammungs- lehre ist zurzeit noch nicht gelöst, nämlich die Frage, ob die Phylogenie nur auf Mutationen beruht (Neodarwinismus von WEISMANN) oder ob daneben auch die Somationen von Wichtigkeit sind, was voraus- setzt, daß sie im Laufe der Generationen erblich werden können (La- marckismus und Prinzip der Vererbung erworbener Eigenschaften). Niemand leugnet, daß die Selektion, die Auslese im Kampf ums Dasein, von größter Bedeutung ist. Die sogenannten passiven Anpassungen (Schutzfarben, Anpassung von Chitinteilen, Blattformen, Stacheln der Pflanzen u. a.) sind nur durch dieses Prinzip verständlich. Herrscht dasselbe ausschließlich, so regiert der Zufall unter den Lebewesen, und 1) L. Plate, Selektionsprinzip und Probleme der Artbildung, 4. Aufl., Leipzig, Engelmann, 1913. Lamarckismus. g diese können selbst durch ihre Lebenstätigkeit nicht in den Entwick- lungsgang eingreifen. Ich bin wiederholt dafür eingetreten und werde es auch in diesem Werke tun, daß der Lamarckismus durchaus nicht überwunden ist, sondern daß beide Prinzipien zusammen uns erst die Wunderwelt der Organismen erklären. Der Lamarckismus ist nicht zu entbehren aus folgenden Gründen: 1. weil ohne ihn die rudimentären Organe und ihr schließliches Verschwinden nicht zu verstehen sind, denn diese werden zuletzt so unbedeutend, daß sie als indifferente Merkmale der Selektion keine Angriffspunkte darbieten. Beispiel: Verlust des Pigments auf der Unterseite der Pleuronectiden infolge des Lichtmangels. 2. Die Rückbildung erfolgt zuweilen in unzweckmäßiger Weise, so daß also eine Mitwirkung der Selektion ausgeschlossen ist. Am Fuße von Tarsius (288)'!) haben sich die Zehenballen sehr vergrößert, was zweifellos das Klettern erleichtert. Diese Vergrößerung hat aber zur Folge gehabt, daß die Krallen an 3 Zehen sehr klein geworden sind, was eine Verschlechterung bedeutet. 3. Die Homoiologien beweisen, daß komplizierte Einrichtungen, an denen eine große Anzahl von Erbfaktoren beteiligt sein muß, unab- hängig voneinander bei verwandten Formen auftreten können, z. B. die Facettenaugen, wie oben erwähnt, in 4 Familien. Man kann nicht annehmen, daß die hierzu nötigen Mutationen, die in bestimmter Weise aufeinander folgen mußten, rein zufällig, d. h. ohne Mitwirkung des Sehvermögens der Tiere aufgetreten sind. 4. Bei manchen phyletischen Veränderungen müssen zahlreiche Erbfaktoren gleichzeitig in bestimmter Weise sich ändern (Problem der Koadaptation), z. B. wenn die Ganglien der Arthropoden und Mollusken sich gegen das Gehirn konzentrieren, wobei viele Konnektive kürzer und viele Nerven länger werden müssen. 5. Manche Beobachtungen von Regenerationen beweisen, daß kein scharfer Gegensatz zwischen Soma und Keimzellen existiert, und dab alle Zellen des Körpers untereinander in Wechselbeziehungen stehen. Dann ist aber theoretisch die Möglichkeit gegeben, daß Aenderungen des Somas adäquate Aenderungen des Keimplasmas zur Folge haben (siehe darüber meine Hypothese in dem genannten Werke 8. 451). 6. Die Menperschen Vererbungsexperimente beweisen nichts gegen die Vererbung erworbener Eigenschaften, denn sie rechnen nur mit wenigen Generationen. Obwohl ich zugebe, daß der Lamarcksche Standpunkt sich zurzeit nicht streng beweisen läßt (Kammerers Versuche sind bis jetzt nicht bestätigt worden, scheinen auch nicht mit der nötigen Sorgfalt angestellt zu sein nach den Angaben seines Mitarbeiters MEGusAar) und sich viel- leicht überhaupt nicht experimentell wird beweisen lassen, da er mit sehr vielen Generationen rechnet, so halte ich, wie Darwın und HarEcker, aus theoretischen Gründen an ihm fest. Ich werde in diesem Werke daher wiederholt die Ansicht vertreten, daß ein Organismus nicht rein passiv vom Würfelspiel des Zufalls abhängt, sondern daß er durch seine Lebenstätigkeit seinen Körper beeinflußt und verändert, und daß auf diesem Wege im Laufe der Generationen erbliche Abänderungen zustande kommen. Somationen und Mutationen sind also nicht durch eine unüberwindliche Kluft geschieden. Da dieses Werk eine möglichst einheitliche Anwendung des Des- od 1) Dick gedruckte Zahlen in Klammern verweisen auf die Abbildungen. GICA7 10 I. Kapitel. zendenzgedankens auf alle Gebiete der Zoologie bezweckt, so kann auf die Aufstellung von Stammbäumen nicht verzichtet werden. Diese gleichen den Landkarten des Geographen. Sie bringen den jeweiligen Grad der Erkenntnis zum Ausdruck, gelten aber nicht als unumstöß- liche Wahrheiten. Die gewaltige Arbeit, welche seit Darwın geleistet worden ist, hat gezeigt, daß die Evolution der Organismen sich nach gewissen Regeln vollzieht. Der oft gebrauchte Ausdruck „Gesetz“ ist für sie unzulässig, da immer viele Ausnahmen vorkommen. Ich gebe daher hier zunächst eine Uebersicht über die wichtigsten Regeln der Phylogenie. 1. Entstehung erblicher neuer Formen auf zwei verschiedenen Wegen, entweder durch zufällige, plötzliche, mutative Aenderung des Keimplasmas, oder indem Somationen im Laufe der Zeit zu Mutationen werden. Die Somationen sind eine Folge der Plastizität des Tier- körpers, welcher durch Gebrauch, Nichtgebrauch, Ernährung und die Einflüsse der Umwelt sich verändert. Dabei ist die Ueberproduktion an Nachkommen und die dadurch hervorgerufene aktive oder passive Ausbreitung von größter Bedeutung, indem sie die Tiere in neue Ver- hältnisse bringt. 2. Die biogenetische Regel von HAECKEL: Die Ontogenie ist eine abgekürzte Wiederholung der Phylogenie. Werden die Stadien der Vorfahren in der ÖOntogenie einigermaßen getreu wiederholt, so spricht man von Palingenese. Neu eingeschobene, bei den Vorfahren noch nicht vorhandene ontogenetische Stadien (Larvenorgane u. dgl.) werden als Cänogenese zusammengefaßt. Die biogenetische Regel ist in der Hauptsache durchaus richtig, trotz der zahllosen Angriffe gegen sie. Die ontogenetischen Vorgänge sind nur verständlich unter der Annahme, daß sie sich im wesentlichen ebenso abspielen wie früher die Vorgänge der Stammesgeschichte. 3. Die großen Seitenzweige des Stammbaums haben sich aus indifferenten. wenig spezialisierten Urformen entwickelt (Copes Law of the Unspecialised). Der Phylogenetiker wird immer wieder zu der Erkenntnis geführt, daß nicht die zurzeit lebenden Arten, selbst wenn sie einen primitiven Charakter haben, als Stammformen ange- sehen werden können, da sie alle im Laufe der Jahrtausende ihre eignen Bahnen gewandelt sind. Man kann Peripatus nicht von den jetzt lebenden Anneliden, auch nicht von den Archianneliden ableiten, und die Insekten nicht von den jetzt lebenden Myriopoden. Man ist daher zur Aufstellung von hypothetischen Urformen gezwungen (vgl. die Stammbäume der Arthropoden und Mollusken im Kapitel über das Nervensystem). 4. Orthevolution, geradlinige oder besser gesagt weniglinige Stammesentwicklung. Die Variabilität ist schrankenlos und zeigt sich auch bei den spezialisiertesten Formen. Selbst der Elefant variiert an allen Organen nach den verschiedensten Richtungen. Es gibt also keine „progressive Reduktion der Variabilität“. Aber von einer Stammform gehen trotzdem nicht zahllose Seitenzweige, sondern immer nur einige ab, denn 1. ist eine Vervollkommnung in der Regel nur nach wenigen Richtungen möglich. Jeder Organismus gleicht einer komplizierten Maschine, bei der zufällige Aenderungen meist mit einer Verschlechterung verbunden sind, denn die Möglichkeiten zu dieser EEE TE N ET TR nn _ Regeln der Phylogenie. 11 sind viel zahlreicher als die zur Verbesserung. 2%. stehen jeder Tier- gruppe bei ihrer Ausbreitung nur eine geringe Zahl von neuen Lebens- verhältnissen zur Verfügung, an die sie sich anpassen kann. Die Orth- evolution kann erfolgen im lamarckistischen Sinne ohne oder nur mit nebensächlicher Mitwirkung der Selektion unter dem Zwange der äußeren Faktoren, was Eimer als Orthogenesis bezeichnet hat, oder als Orthoselektion. 5. DoLLos Regel: Die Evolution ist irreversibel, es treten im Laufe der Stammesgeschichte niemals wieder genau dieselben Formen und Zustände auf wie früher. Dieser Satz ist nur richtig, insofern er sich auf spezielle Verhältnisse bezieht, während allgemein morphologische und biologische Verhältnisse wiederholt in derselben phyletischen Reihe erworben werden können. Die Urschnecke hatte z. B. eine einfache napfförmige Schale, die von Patellen und manchen anderen Gastro- poden später wiedererworben wurde. Das viszerale Nervensystem dieser Tiere war ursprünglich ungedreht, später wurde es chiastoneur bei Prosobranchieren und kehrte bei Opisthobranchieren und Pulmonaten wieder zur orthoneuren Form zurück. 6. Spezialisationsregel: Die Evoiution wird beherrscht von der Tendenz zur Anpassung an neue und immer speziellere Lebensverhält- nisse. Sie ist eine Folge der Ueberproduktion an Nachkommen und des hierdurch bedingten Kampfes ums Dasein. Die alten Plätze im Haushalte der Natur sind besetzt, so werden neue aufgesucht, wobei auch die passive zufällige Ausbreitung durch Strömungen, Winde u. dgl. eine große Rolle spielt. Da die alten Plätze für eine ganze Anzahl von Individuen offen bleiben, so wird es immer viele geben, welche sich nicht verändern. So erklärt sich die bekannte Tatsache der Dauer- formen, d.h. daß es jetzt noch sehr einfache Amöben, Flagellaten, Schwämme, Polypen usw. gibt, oder Schalen von Seeigeln, Brachiopoden oder Schuppen und Zähne von Fischen, die sich seit Jahrmillionen nicht verändert haben. Diese Tatsachen beweisen, daß es keinen immanenten Trieb zur phyletischen Veränderung gib’, sondern daß diese beherrscht wird von den Reizen der Außenwelt. 7. Vervollkommnunesregel: Die Stammesgeschichte führt zu einer Vervollkommnung eines Teiles der Lebewelt. Nicht alle Organismen nehmen daran in gleichem Maße teil, denn für viele Lebensverhältnisse genügt eine einfache Organisation. Es ist sehr wohl berechtigt, niedere und höhere Tiere zu unterscheiden, obwohl sie alle die Fähigkeit der Selbst- und der Arterhaltung besitzen. Wir vergleichen dabei bewußt oder unbewußt die Tiere mit Maschinen ähnlicher Art, welche mehr oder weniger vollkommen sind. Die Vervollkommnung im Laufe der phyletischen Entwicklung ist eine unbestreitbare Tatsache. Sie ist aber kein Naturgesetz, sondern eine Regel, eine Tendenz, von der es viele Ausnahmen gibt. Die Vervollkommnung ist ein physiologischer Begriff, denn wir verstehen darunter die Steigerung und die größere Mannigfaltigkeit der Leistungen. Die verbesserten Leistungen betreffen sowohl die Einzelorgane wie den Gesamtorganismus. Sie führen zu einer Vermehrung der Anpassungsbreite, zu größerer Widerstandskraft gegen klimatische Schäden, Krankheiten und Parasiten, zu einer Ver- besserung der Reflexe, Instinkte und höheren psychischen Leistungen und zu einer Verbesserung des harmonischen Zusammenspiels aller Teile zum Wohle des Ganzen. Morphologisch zeiet sich die Vervollkommnung in zunehmender Komplikation der Zellen, Gewebe nnd Organe, in weit- 123 l. Kapitel. gehenderer Arbeitsteilung, in der Größenzunahme der Organe und des Gesamtkörpers, in der räumlichen Konzentration zusammenwirkender Teile und Organe und in der Verbesserung der Korrelationen inner- halb des Körpers. Die morphologische Vervollkommnung findet ihr Gegenstück in indifferenten Merkmalen, in Rückbildungen und patho- logischen Veränderungen. Die Selektion sorgt dafür, daß nur solche neue Eigenschaften erhalten bleiben, welche die Gesamtleistungen nicht herabsetzen, sondern den Organismus mindestens auf der einmal er- reichten Höhe festhalten. Das Gesamtergebnis der Vervollkommnung ist die Verbesserung und Vermehrung der Anpassungen. Aeußerlich kommt sie zum Ausdruck in einer geringeren Vermehrungsziffer. Je vollkommener ein Tier organisiert ist, mit um so weniger Nachkommen vermag es seine Art unter sonst gleichen Lebensverhältnissen zu er- halten und auszubreiten. Innerhalb derselben phyletischen Reihe findet nicht immer eine Vervollkommnung statt, sondern häufig bleibt die einmal erreichte Stufe durch lange Erdperioden und durch Tausende von neuen Formen hindurch bestehen. Die neu hinzukommenden Arten sind anders als ihre Vorgänger und nutzen dadurch andere Plätze im Haushalt der Natur aus, aber sie sind deshalb nicht vollkommener. Werden mehrere Tiere bezüglich ihrer Organisationshöhe miteinander verglichen, so können entweder die Tiere als Ganze einander gegenüber- gestellt werden, oder es werden die Organe mit gleicher Funktion ver- glichen. Das erstere läßt sich nur innerhalb derselben phyletischen Reihe durchführen, denn es hat keinen Sinn, Tiere aus ganz verschie- denen Phylen miteinander zu vergleichen, z. B. eine Schnecke mit einem Amphioxrus. Organe oder Strukturen, welche denselben Zwecken dienen, z. B. Sehorgane, Flugapparate, Hautskelette, Schutzfarben lassen sich aber an Vertretern ganz verschiedener Gruppen bezüglich ihrer Leistungen in Parallele stellen. Vervollkommnung ist nicht identisch mit Anpassung, denn die letztere erfolgt nicht selten durch Rück- bildung und Vereinfachung, die Vervollkommnung nur durch Zunahme der Komplikation. Die Anpassung an ganz spezielle Lebensverhält- nisse beruht bald auf Vervollkommnung, bald auf Vereinfachung. Es ist irrig, alle Lebewesen als gleich vollkommen zu bezeichnen, weil sie alle imstande sind, das Leben zu erhalten und fortzusetzen, und es ist ebenfalls irrig, den Menschen als das nach jeder Richtung hin voll- kommenste Geschöpf hinzustellen. 2. Begriff des Tiers. Unterschied zwischen Tieren und Pflanzen. Der Begriff eines Tiers oder einer Pflanze wird erhalten durch Feststellung derjenigen Merkmale, welche regelmäßig bei den einfachsten Vertretern dieser beiden großen Reiche vorkommen. Als niedrigste Tiere können die Amöben gelten, mikroskopisch kleine Geschöpfe, welche auf dem Boden der süßen Gewässer, des Meeres, ja auch in feuchter Erde umherkriechen. Sie heißen Amöben oder Wechseltiere (auzißw wechseln), weil ihre Körpersubstanz, das Protoplasma (mit zähflüssiger durchsichtiger Außenschicht, Ektoplasma, und dunkel- körnigem, leicht flüssigem Entoplasma) sehr häufig die Gestalt ändert. Bald sehen sie tropfenförmig oder wie eine rundliche Scheibe aus, bald bilden sich Ausläufer (Pseudopodien, Scheinfüßchen), mit denen die Tierchen umherkriechen oder ihre Nahrung umfließen (1)!). Diese 1) Eingeklammerte, dick gedruckte Zahlen verweisen auf die Abbildungen. Tier und Pflanze. 13 Nahrung besteht immer nur aus organischen Stoffen, welche lebend oder tot sein können, z. B. aus Bakterien, Algen u. dgl. Bei der Nahrungsaufnahme zeigt die Amöbe deutlich die Fähigkeit des Aus- wählens. Wenn ein Globulinkorn und ein Glaskörnchen dicht neben- einander liegen, so wird nur das erstere umflossen. Wird aber das letztere hin und her bewegt, so läßt sich die Amöbe gleichsam täuschen und umfließt den unverdaulichen Glassplitter, der dann wieder ausge- stoßen wird. Bei dem Verhalten einer Amöbe spielt auch die indivi- duelle Vergangenheit eine Rolle; sie fließt zwar auf Tyrosinkörner zu, nimmt sie aber nicht auf und verweigert danach auch die Aufnahme contractile Vacuole Entoplasma ) Zu CR a d » ER Pseudopodien Eetoplasma emirVac | \ 2 I Nahrungs: - } 7 57, Kohlen vacuolen 2,10 A —__ säure \ BR N Fig. 1. Amöbe in 2 Stadien, links zusammengezogen, rechts mit Pseudopodien. Orig. des sonst gern gefressenen Globulins. Hat sie aber letzteres umflossen, so wird danach auch Tyrosin aufgenommen. Man ist versucht, in solchen Fällen von „Erfahrungen“ zu sprechen. Die organischen Nähr- stoffe bestehen in erster Linie aus Eiweißkörpern, daneben aus Fetten und Kohlehydraten, welche alle drei sehr reich an chemischer Energie sind und so die Kraft zur Unterhaltung der Lebensprozesse liefern. Um die aufgenommene Nahrungsmasse herum bildet sich im Entoplasma ein wasserklarer Flüssigkeitsraum (Vakuole), in welchem die Nahrung allmählich aufgelöst, d. h. „verdaut“ wird. Solche Nahrungsvakuolen können gleichzeitig zu mehreren in demselben Individuum vorhanden sein, und sie bewegen sich mit den Strömungen des Entoplasmas umher. Die aufgenommene und verdaute Nahrung wird durch eine Kette che- mischer Prozesse in einfachere Verbindungen zerlegt und aus diesen die Substanz der Amöbe aufgebaut (Assimilation), woraus sich das Wachstum erklärt. Sowohl beim Aufbau des Eiweiß wie bei den vielen Spaltungen und Zersetzungen der Nahrung und der Stoffwechselprodukte (Dissimilation) der Tiere spielen Eiweißkörper als Beschleuniger der chemischen Prozesse eine große Rolle. Sie werden Fermente oder En- zyme genannt. Wir dürfen sie auch für eine Amöbe annehmen. Un- verdauliche, d. h. unlösliche Nahrungsteile, z. B. Kieselschalen von Dia- tomeen, werden von der Amöbe wieder ausgestoßen. Eine sogenannte kontraktile Vakuole hat im Entoplasma eine feste Lage. Sie pulsiert regelmäßig, indem sie sich abwechselnd durch Aufspeiche- rune von Zellsaft ausdehnt und zusammenzieht, wobei eine Flüssigkeit, welche wahrscheinlich Kohlensäure und stickstoffhaltige gelöste Stoff- 14 1. Kapitel. wechselprodukte enthält, aus dem Körper ausgeschieden wird. Wird diese Vakuole mit einer feinen Glasnadel zerrissen, so daß ihre Flüssig- keit in das Cytoplasma übertritt, so geht die Amöbe „mit explosions- artiger Heftigkeit“ (KrrE) zugrunde. Der Inhalt ist also giftig. Eine solche Entfernung nicht mehr brauchbarer Stoffe wird Exkretion genannt. Da eine Amöbe in ausgekochtem Wasser zugrunde geht, dürfen wir nach Analogie mit den höheren Tieren annehmen, daß sie atmet, d.h. dab beständig Sauerstoff in das Protoplasma aufgenommen wird, sich mit Kohlenstoff (C) des Protoplasmas zu Kohlensäure (CO?) verbindet, und daß hierbei chemische Energie zur Unterhaltung der Lebensprozesse frei wird. Wird eine kriechende Amöbe mit ausge- streckten Pseudopodien mechanisch oder chemisch gereizt, so zieht sie die Scheinfüßchen ein, woraus geschlossen werden muß, daß das Tierchen den Reiz empfunden hat. Es besitzt also eine Art Psyche, welche sich in Empfindung und Reizbarkeit (Irritabilität) äußert, wofür ja auch die erwähnte Fähigkeit der Nahrungswahl spricht. Alle die genannten Lebenserscheinungen werden nur beobachtet, wenn in dem Entoplasma m Bi — > EEE DN VER REN — LEARN an) rl / Be U j nen) , rer Dr \ 2 1 r K / Fig. 2. Teilung von Amorba verrucosa nach GLÄSER. a Das Karyosom hat sich geteilt und zwei dunkle Polkappen gebildet. Die Chromosomen sind auseinander gerückt. Stadinm der Anaphase. 5b Dasselbe Stadium stärker vergrößert. Man er- kennt die Spindel zwischen den Karyosomen. Die Polstrahlungen scheinen von einem eigenen Centrio! auszugehen, welches vermutlich aus dem Karyosom entsteht, denn die Polkappen lösen sich bei manchen Individuen auf. e und d Durchschnü- rung des Cytoplasmas. ein fester Körper, der Kern (Nucleus), vorkommt, der bei vielen Amöbenarten im Innern einen großen Binnenkörper (Karyosom) enthält. Werden Amöben künstlich so durchschnitten, daß das eine Teilstück keinen Kern enthält, so geht dieses nach einiger Zeit zugrunde, wie auch der Kern nicht ohne Cytoplasma zu existieren vermag. Wird bei einer solchen Vivisektion die Region der kontraktilen Vakuole entfernt, sa wird sie in dem kernhaltigen Teilstück neugebildet (Regeneration). Die Wichtigkeit des Kerns zeigt sich auch bei der Vermehrung. Hat die Amöbe eine bestimmte Größe erreicht, so schnürt sich zuerst der Kern, häufig unter Bildung von Chromosomen nach der Art der Karyokinese, und darauf das Protoplasma in der Mitte durch (2), so daß aus einem Individuum zwei von der halben Größe hervorgehen. Aus dem Gesagten ergeben sich für die Amöbe folgende wesent- lichen Merkmale: Ernährung durch organische Stoffe, Be- Tier und Pflanze. 15 wegung, Reizbarkeit, Wachstum, Atmung, Ausscheidung, Regeneration und Vermehrung. Vergleichen wir mit der Amöbe eine niederste Pflanze, etwa eine Euglena viridis (3) aus der Klasse der Flagellaten, so ergibt sich eine sehr weitgehende Uebereinstimmung mit einer Amöbe. Diese einzellige Alge schwimmt unter mannigfacher Gestaltveränderung mit Hilfe einer langen Geißel (Flagellum) im Sübwasser umher; sie ist reizbar und be- sitzt sogar einen für Licht besonders empfindlichen roten Augenfleck (Stigma) am Vorderende; sie wächst, atmet O ein und CO? aus; sie besitzt eine kontraktile Vakuole zur Ausscheidung, ist regenerations- fähig und vermehrt sich durch Teilung. Das Protoplasma wird nach außen begrenzt von einer dichteren Schicht mit eingelagerten elastischen spiraligen Fibrillen. Der Hauptunterschied im Vergleich mit einer Amöbe zeigt sich in der Ernährung. Eine Euglena ernährt sich durch anorga- nische Stoffe, ist aber nicht imstande, organisches Material zum Aufbau des Körpers _contr zu verwenden. Eine Kuglena gedeiht, wenn Vacuole das Wasser CO? O und gewisse Stickstoff- verbindungen enthält. In ihrem Protoplasma befinden sich zahlreiche kleine grüne Körper, die Chloroplasten (Chlorophyllkörner), welche die Fähigkeit haben, das Sonnenlicht in chemische Energie zu verwandeln und mit Hilfe derselben aus CO?, H:O und bestimmten N-Verbindungen Protoplasma zu erzeugen. Als Zwischenstufe dieses Prozesses tritt zuerst Zucker, später Stärke auf. Bei diesem Vorgang wird die CO? reduziert in C, welcher zum Aufbau des Pretoplasmas dient, und in 20, welche nach außen abgegeben werden. Es DAEN VIE © at finden also in der Pflanze bei Tageslicht zwei pn; Fig. 3. Euglena viridıs. ie Geißel sitzt in einer entgegengeseizte Prozesse statt: schlundartigen Vertiefung des ein Reduktionsprozeß: Aufnahme Vorderendes. Die kontraktile von CO, und Zersetzung derselben unter Ab- Vakuole mündet durch ein gabe von O, besonderes Reservoir nach : : außen ein Oxydationsprozeß (Atmung): Aufnahme von O und Abgabe von UO,. Da der Reduktionsprozeß sich viel intensiver abspielt als die Atmung, so wird letztere am Tage verdeckt. Nachts aber kommt sie allein zur Geltung. Tiere und Pflanzen unterscheiden sich also in erster Linie durch ihre Ernährung. Die Pflanze lebt von anorganischen, das Tier von organischen Stoffen, und dieser Unterschied hängt zusammen mit dem Besitz, resp. Mangel von braunen oder grünen Chromatophoren, welche, wie die Zellkerne, sich durch Teilung vermehren und schon in der pflanz- lichen Eizelle als kleine ungefärbte Körner (Leukoplasten) vorhanden sind. Bei der Entstehung des Lebens müssen also zuerst Pflanzen aufgetreten sein. Dieser Unterschied in der Ernährungsweise gilt auch für die vielzelligen Pflanzen und Tiere (Metaphyten und Metazoen) und bedingt hier die großen, allgemein bekannten Gegensätze. Die Pflanze ist mit ihren Wurzeln, Aesten und Blättern extensiv gebaut, um Wasser und stickstoffhaltige Mineralsalze aus der Erde, CO, und 16 1. Kapitel. O aus der Luft aufzunehmen. Da diese Nährstoffe fast überall vor- handen sind, so wurzelt sie fest im Boden. Mund und Darm, Muskeln, Nerven und Sinnesorgane sind bei dieser Ernährungsweise überflüssig. Dagegen umgibt sich jede Pflanzenzelle mit einem festen Zellulose- mantel und wird dadurch zu einem harten Baustein, mittels dessen sich die Pflanze hoch in die Luft erheben und Wind und Wetter trotzen kann (4). Ein Tier hingegen muß seine Nahrung in den meisten Fällen aufsuchen, denn organische Stoffe sind keineswegs überall in der gewünschten Form vorhanden; daher der intensive Körperbau, in dem alle Teile möglichst zusammengedrängt sind, daher die zur Lokomotion dienenden Muskeln, die Sinnesorgane zum Finden der Nahrung und das Nervensystem. Die geformte Nahrung muß durch einen Mund auf- wandständiges genommen und in einem Darmkanal gelöst, verdaut werden. So ergibt sich der komplizierte Bau eines Tieres unmittelbar aus seiner Ernährungsweise. Da- zu kommen einige weitere bedeutungsvolle Gegensätze. Die Tiere sind N-Ver- schwender, welche den durch den Stoffwechsel abgebauten N in fester oder flüssiger Fig. 4. Schema der Pflanzenzelle. Form (Harn) nach außen ab- h scheiden, während die Pflanzen N-Sparer sind, welche ihn im Stamm, in Wurzeln, Knollen oder Samen als Eiweib- kristalle, Aminosäuren (Leucin, Tyrosin) oder Amide (Asparagin, Gluta- min) aufspeichern und später zum Aufbau von neuem Eiweiß ver- wenden. Dieser Unterschied hängt wahrscheinlich damit zusammen, daß eine Pflanze eigentlich nie ausgewachsen ist, wie ein Tier, welches von einem bestimmten Alter an keine neuen Körperteile mehr bildet, denn die Pflanze läßt periodisch immer wieder neue Sprosse, Blätter, Blüten und Wurzeln aus den Vegetationspunkten hervorgehen. Mit anderen Worten: das höhere Tier ist ein scharf ausgeprägtes Indi- viduum, die höhere Pflanze nicht. Hiermit hängt auch wohl zusammen, daß wir bei der Pflanze keine embryonalen „Keimblätter“ wie bei Tieren antreffen. Das Pflanzengewebe behält andauernd seinen totipo- tenten embryonalen Charakter, weil immer wieder neue Organe erzeugt werden müssen. Der tierische Keim spaltet sich sofort in die Keim- blätter, weiche nur bestimmte Teile aus sich hervorgehen lassen. Wie in der Natur überall Uebergänge vorhanden sind, so sind auch die hier geschilderten Gegensätze nicht völlig durchgreifend; es gibt chlorophylifreie Pilze und Bakterien, welche sich in ihrem Stoff- wechsel wie Tiere verhalten, aber durch die Zellulosemembran und andere Figentümlichkeiten ihre pflanzliche Natur verraten. Umgekehrt kommt Zellulose auch bei einzelnen Tieren vor, so besonders im Mantel der Tunikaten, in den Cysten mancher Rhizopoden und zusammen mit Chitin bei Arthropoden und vereinzelten Mollusken. Speziell bei den Flagellaten ist die Grenze zwischen Tier- und Pflanzenreich vollständig verwischt. Euglenen gedeihen auch im Dunkeln, wenn sie in or- Cellulosewand Zellsaft Tier und Pflanze. 17 ganischen Nährlösungen gehalten werden. Nahverwandte Arten können Chromatophoren besitzen und sich pflanzlich (holophytisch) ernähren, oder sie verwenden gelöste organische Stoffe (saprophytische Er- nährung), welche verwesenden Körpern entstammen, oder sie ent- behren der Chromatophoren und verzehren dann geformte organische Substanzen (animale Ernährung). Bei Dinoflagellaten und rhizopoden- artigen Chrysomonaden kommt trotz der Chromatophoren zeitweise animale Ernährung vor. Unter den vielzelligen Grünalgen tritt sie auf bei den amöboiden Schwärmstadien von Stgeoclontum, Tetra- spora u. a. Sie ist auch bei Desmidiaceen, Diatomeen und Üyano- phyceen beobachtet worden. Gewisse „Zuckerflagellaten“ (Polytomella) leben in freier Natur in zuckerhaltigen Flüssigkeiten und verwandeln den Zucker in Stärke; Chromatophoren fehlen. Man faßt daher alle einzelligen Tiere und Pflanzen auch wohl als Protisten zusammen. Im Meere finden sich viele Metazoen, welche festgewachsen sind und sich von kleinsten Organismen (Plankton) ernähren, welche durch das strömende Wasser herbeigeschwemmt werden, so die Schwämme, Po- lypen, Seerosen und Korallen, welche einen so pflanzenähnlichen Habitus haben, daß sie früher direkt als Pflanzentiere, Zoophyten, bezeichnet wurden. Wir stellen die geschilderten Gegensätze in einer Uebersichts- tabelle zusammen, wobei -+ — vorhanden, — — fehlend bedeutet. Gegensätze zwischen vielzelligen Tieren und Pflanzen. ya SEE RN > Be | 3 An- Wachs- |= 3 | Chromato- S ordnung | Organi- «: . tum und |=@ |, phoren Nahrung S | der Satich Stickstoff- | er Br Zellulose | S | Organe bildung 27 | | | IH | | DM | I | | | Meta- — organisch: 'meist| Konzen- Muskeln, | ver- im Alter | + sehr z0a Eiweiß- rn triert, Nerven, | schwender | fast | vereinzelt körper, Fette, intensiv Sinnes- | (Harn) fehlend | (Tuni- kKohlehy- organe | eaten) drate (Mund, | | Darm) | | Meta- Eu anorganisch: — | diffus, | u |sparer (Aspa- an- — E= phyta | transfor- , H°?O, CO}, | extensiv 'ragin, Gluta-, dauernd ımieren die N-Salze; os- | imin, Leuein | ‚Energie des, motisch auf- | u. dgl.) | Sonnen- | genommen | | liehts 3. Biologische Merkmale und Definition des Lebens. Aus dem Gesagten ergibt sich, daß allen lebenden Geschöpfen eine Reihe von Eigenschaften zukommt, welche in dieser Kombination nie bei einem toten Organismus oder einem anorganischen Körper und, was besonders hervorzuheben ist, fast immer alle gleichzeitig während des Lebens beobachtet werden. Diese biologischen Merkmale der Lebe- wesen sind: 1. Individualität, d.h. sie sind auf jeder Altersstufe in Größe und Gestalt gesetzmäßig bestimmt; 2. Organisation; ein jedes Lebewesen zeigt trotz allen Stoff- wechsels eine Zusammensetzung aus Teilen von bestimmter Gestalt 2 [7 Plate, Allgemeine Zoologie I. 18 I. Kapitel. und Größe, welche in bestimmter Weise zur Erhaltung des Lebens zusammenwirken. Man nennt sie Organe (öpyavov — Werkzeug) bei den Vielzelligen, Organellen bei den Protisten; 3. Bewegungen im Innern der Zellen und häufig des ganzen Organismus und seiner Teile; 4. Aufnahme neuer Substanzen von bestimmter Qualität; 5. Umwandlung derselben in die eigene Körpersubstanz, Assimi- lation, wobei auch häufig tote Stoffe der verschiedensten Art (Kalk, Chitin, Horn, Oele, Fette u.a.) durch Sekretion gebildet werden; 6. Dissimilation, Abbau eines Teiles der eigenen Körper- substanz; 7. Exkretion, Ausscheidung der nicht brauchbaren Stoffe, welche teils der Dissimilation, teils der Nahrung entstammen. (Die unter 4—7 genannten Vorgänge werden als Stoffwechsel zusammengefaßt.) 8. Wachstum infolge der Assimilation; 9. Reizbarkeit, Irritabilität, d.h. gewisse äußere Einflüsse und innere Zustände werden mit bestimmten Veränderungen (Bewegungen, Ausscheidungen) beantwortet. Wir schließen daraus durch einen Ana- logieschluß von uns selbst aus, daß die Reize „empfundeu“ worden sind, daß also jeder lebende Organismus „sensibel“ ist, d. h. ein psychisches Element enthält. Durch dieses unterscheidet sich die Reiz- barkeit von der Beeinflußbarkeit toter Körper. Die Reizbarkeit zeigt sich sehr oft in der Form einer „Auslösung“, d. h. die Größe des Reizes steht in keinem bestimmten Verhältnis zur Größe der Wirkung. Ein schwacher Reiz bewirkt zuweilen eine starke Kontraktion, ein starker unter Umständen gar keine. 10. Vermehrung und 11. Vererbung, d.h. Wiederholung der spezifischen Merkmale in zyklischer Reihenfolge. Für alle vielzelligen Tiere und Pflanzen gilt weiter, daß sie ihre Existenz als einzellige Eier beginnen und erst durch eine Entwicklung ihre fertige Or- ganisation erreichen; aber auch nach Erreichung dieser hören die indi- viduellen. Veränderungen nicht auf, sondern schließen erst mit dem Tode ab. Alle diese Veränderungen sind irreversibel: sie verlaufen nur in einer Richtung, im Gegensatz zu sehr vielen anorganischen Prozessen, welche reversibel sind. 12. Alle Lebewesen sind endlich durch ihre ungewöhnliche Dauer- haftigkeit ausgezeichnet, welche um so auffallender ist, als sie hoch- komplizierte Gebilde sind. Viele Arten bewahren ihre Merkmale durch Jahrhunderte und Jahrtausende hindurch und einzelne Arten scheinen sich seit dem Cambrium nicht verändert zu haben. Jedenfalls spielen sich die meisten stammesgeschichtlichen Umwandlungen trotz aller äußeren Wechsel sehr langsam ab. Die Ursache liegt darin, daß jedes Individuum die Fähigkeit der Selbsterhaltung und der An- passung an neue Verhältnisse im hohen Maße besitzt. Jedes Lebe- wesen ist ein „stationäres System“, d. h. trotz des beständigen Stoff- wechsels bleibt der Organismus in der Hauptsache unverändert. Ein Mensch gibt in 24 Stunden ab: 800 g CO,, 1!/, 1 Wasser, 30 g Harn- stoff, 2000 Wärmekalorien und nimmt zum Ersatz dieser Stoffe 120 g Eiweiß, 80 g Fett und 300 g Kohlehydrate zu sich, und trotz dieser beständigen Zufuhr und Ausfuhr bleibt er körperlich und geistig im wesentlichen derselbe. Alle Organismen sind ferner vielfach imstande, selbst unter sehr ungünstigen äußeren Verhältnissen sich zu erhalten. Definition des Lebens. 19 Sobald ein Ersatz verbrauchter Stoffe nötig ist, macht das Gefühl des Hungers sich geltend, wie die Ermüdung dazu auffordert, ein Organ nicht zu sehr anzustrengen. Fast alle Lebewesen regenerieren ver- lorene Teile, überstehen Krankheiten, erholen sich durch Ruhe, ge- wöhnen sich an Gifte, an extreme Temperaturen, an Nahrungsmangel u. dgl. Man bezeichnet die Vorgänge, welche unter gelegentlichen ungünstigen Verhältnissen die Selbsterhaltung des Individuums bedingen, auch wohl als „Regulationen“. Sie bilden zusammen mit den dauernd vorhandenen Anpassungen die organische Zweckmäßigkeit. Zurzeit läßt sich das Leben nur biologisch definieren durch Auf- zählung der eben genannten 11 bzw. 12 Eigenschaften. Denkbar ist auch eine chemische Begriffsbestimmung durch Angabe derjenigen Verhältnisse, welche das lebende Eiweiß vom toten unterscheiden. Aber hierzu ist die Wissenschaft noch nicht imstande, da noch nicht einmal die Konstitution des toten Eiweißes bekannt ist. Man kann nur sagen, daß in chemischer Beziehung die Lebesubstanz meist charakterisiert ist durch das ständige gleichzeitige Vorkommen von Eiweißkörpern, Fetten, Kohlehydraten, Salzen, Wasser und von Oxydations-, Reduktions- und Fermentreaktionen. Physikalisch läßt sich das Leben nicht defi- nieren, da wir keine physikalischen Kräfte oder Erscheinungen kennen, welche nur an einem lebenden Geschöpf vorkommen. Die meisten physikalischen Eigenschaften des Protoplasmas erklären sich aus seinem kolloiden Zustande (s. S. 36), aber dieser kommt auch vielen toten Körpern zu. Eine kurze Definition des Lebens würde etwa lauten: indi- vidualisierte Stoffwechselvorgänge, gebunden an Protoplasma, mit Selbst- erhaltungsfähigkeit und psychischen Eigenschaften. Je nachdem man besonderen Wert auf die eine oder die andere Lebensäußerung legt, wird die Definition des Lebens verschieden aus- fallen. So betont PrLüceEr besonders den Zerfall und Wiederaufbau des Eiweißes, wenn er schreibt: „Der Lebensprozeß ist die intra- molekulare Wärme höchst zersetzbarer und durch Dissoziation — wesentlich unter Bildung von Kohlensäure, Wasser und amidartigen Körpern — sich zersetzender, in Zellensubstanz gebildeter Eiweiß- moleküle, welche sich fortwährend regenerieren und auch durch Polymeri- sierung wachsen.“ Dieser beständige Zerfall und Wiederaufbau der hochkomplizierten Eiweißmoleküie ist etwas, was ohne Analogon in der toten Körperwelt ist. 4. Physikalische und chemische Eigenschaften der Orga- nismen. Belebte und tote Substanz. Mechanistische und vitalistische Auffassung des Lebens. Seit alters her ringen zwei Anschauungen miteinander. Die Mecha- nisten leugnen einen absoluten Gegensatz zwischen der belebten und der toten Körperwelt, weil die Lebewesen beim Tode in den unbelebten Zustand übergehen und auch nach der Entwicklungslehre ursprünglich aus diesem hervorgegangen sein müssen. Sie schließen hieraus, daß es nur eine chemisch-physikalische Gesetzmäßigkeit gibt, welche alle Natur- körper umspannt. Die Vitalisten behaupten, daß das Wesen des Lebens durch Chemie und Physik nicht erklärt wird, weil es von einer über dem mechanischen Geschehen stehenden Eigengesetzlichkeit, einer „Lebenskraft“ oder „Entelechie“, beherrscht wird. Um hier einen 9% 20 1. Kapitel. klaren Standpunkt zu gewinnen, vergleichen wir die beiden großen Reiche der Natur. Der Gegensatz zwischen den Lebewesen und der toten Körperwelt erweist sich bei genauerer Untersuchung als nicht so groß, wie er zu- nächst erscheint. Viele Merkmale der Tiere und Pflanzen finden sich auch bei anorganischen Körpern, wenngleich häufig in geringerem Grade Individualität, d. h. Bestimmtheit in Größe, Form und anderen Merkmalen, kommt auch den Kristallen zu, und viele andere tote Körper, z. B. der Montblanc, der Rhein, die Gestirne, können als Individuen gelten. Typische Formen und Strukturen sind in der toten Körperwelt weit verbreitet. Eine Organisation, d. h. eine Zu- Fig. 5. Scheinbar flüssige Kristalle von Paraazoxyzimtsäureäthylesther, nach ®. LEHMANN. sammensetzung aus Teilen, welche in bestimmter Weise zusammen- wirken, muß auch den Maschinen zuerkannt werden. In einem Geysir, einem Vulkan, einer Gletschermühle haben wir gleichsam natürliche Maschinen vor uns. Beim Tode zerfällt ein Organismus in seine Bestandteile, und ähnliche Zerfallserscheinungen kommen überall vor. Für den Organismus ist charakteristisch, daß der Tod nur am Soma auftritt, während das Keimplasma das Leben fortsetzen kann unter geeigneten Bedingungen. Dadurch wird das Leben auf unserer Erde zu einer kontinuierlichen Erscheinung. Kristalle vermögen wie Orga- nismen zu wachsen, wenn sie in ihrer Mutterlauge sich befinden. Freilich wachsen sie durch äußere Anlagerung (Apposition), während der Organismus auf Grund eines komplizierten Stoffwechsels durch Inneneinlagerung (Intussuszeption) sich vergrößert. Letzteres kommt jedoch vor bei den sogenannten „flüssigen Kristallen“, welche, äußer- Mechanismus und Vitalismus. 2] Dzs lich betrachtet, eine sehr große Aehnlichkeit mit Organismen haben, weil sie sich schlängelnd umherbewegen und dabei häufig miteinander verschmelzen. Sie entstehen durch Auflösung von gewissen Zimt- säureäthylestern in Monobromnaphthalin und können infolge ihrer Weich- heit sehr verschiedene Gestalt annehmen (5). Das anorganische Wachs- tum kann zu pflanzenähnlichen Bildungen führen (Eisblumen; Le£pucs „künstliche Pflanzen“: CuSO, und Zucker werden zusammengeknetet und in Wasser mit Ferrocyankali, Kochsalz und Gallerte gebracht: es entsteht dann eine Membran von Ferrocyankupfer und durch osmotischen Druck des eindringenden Wassers wächst das Ganze zu einem bis 30 cm hohen pflanzenähnlichen Gebilde mit Blättern, Dornen und Aue x et ER a. Mer 3 Fig. 6. Amoeba verrucosa, einen Öscillarienfaden im Laufe mehrerer Stunden aufrollend, nach RHUMBLER 1914. Ranken heran; die sogenannten Trauseschen Zellen | Kupferchlorid- kristall in einer Lösung von gelbem Blutlaugensalz| verhalten sich ähn- lich). Die Fortpflanzung besteht in ihrer einfachsten Form aus einer Teilung in zwei oder mehr Stücke, und solche Zerfallserscheinungen kommen überall in der toten Körperwelt vor. Die flüssigen Kristalle vermögen sich selbsttätig zu teilen. Physikalische Kräfte, Schwerkraft, Licht, Wärme, Elektrizität u. a. beherrschen den Menschen und die übrigen Lebewesen nach denselben Gesetzen, wie die toten Körper. Das menschliche Auge arbeitet nach dem Prinzip einer Camera obscura, der Kehlkopf nach dem einer Zungenpfeife, das Herz gleicht einer Druckpumpe, die Blut- bewegung erfolgt nach hydromechanischen Gesetzen usf. Die meisten physikalischen Eigenschaften des Protoplasmas erklären sich aus seinem kolloiden Zustand (vgl. S. 36). Wenn eine Amöbe einen Öscillarien- faden in sich hineinzieht und aufrollt, so geschieht es, weil das Proto- plasma an dem Faden stärker haftet als das umgebende Wasser, und 22 1. Kapitel. in derselben Weise wickelt ein Chloroformtropfen in Wasser einen Schellackfaden in sich auf (6, 7). Teilchen einer Oel-Seifen-Emulsion kriechen in Wasser, wie Amöben, so lange umher, bis die Seife voll- ständig in das Wasser übergetreten ist. Manche histologische Struk- turen, (Zellgewebe, Karyokinese, Nervenverzweigungen u. a.) lassen sich rein mechanisch durch Salzlösungen in Gallerte u. dgl. imi- tieren, und solche Analogien beweisen, daß zur Erklärung derselben keine vitalistischen Prinzipien nötig sind. Vorgänge, welche den Charakter einer Auslösung haben, sind in der toten Körperwelt weit verbreitet und treten ein, wenn aufge- speicherte (potentielle) Energie durch kineti- sche Energie in Tätig- keit gesetzt wird (Ex- plosion eines Pulver- fasses durch einen hin- einfallenden Funken). Jeder Organismus kann, wie eine Ma- schine, als ein energe- tisches System auf- gefaßt werden, welches durch die Sinnesor- gane, die Atmung und die Nahrung Energie Fig. 7. Schellackfäden die von Chloroformtropfen in sich aufnimmt und aufgerollt worden sind, nach RHUMBLER. siein die Lebensäuße- rungen umwandelt. Dabei ist es in erster Linie chemische Energie, welche unter be- ständiger Sauerstoffaufnahme in die chemische Energie der Verdauung und Ausscheidung, in die kinetische der Muskeln, in Wärme, Elek- trizität, Volumenergie, Oberflächenenergie etc. übergeht. Der Unter- schied besteht nur darin, daß sich bei einer Maschine das Gesetz der Erhaltung der Energie (Zufuhr äquivalent der Abgabe) nachweisen läßt, während in einem Lebewesen die Vorgänge zu kompliziert sind, um sie diesem Gesetz in ihrer Gesamtheit unterzuordnen. Es läßt sich nur auf einen Teil derselben übertragen, z. B. durch den Nachweis, daß die außerhalb des Körpers verbrannte Nahrung dieselbe Wärmemenge liefert, wie sie das Tier durch Verarbeitung jener Nah- rung in Form von Arbeit oder Wärme produziert. Dieser Nachweis ist für den Hund und den Menschen erbracht worden und hat eine fast vollständige Gleichheit der aufgenommenen und der abgegebenen Kalorien ergeben. Die Anwendung des zweiten Hauptsatzes der Thermodynamik, welcher meist kurz das Entropiegesetz genannt wird, auf die Lebe- wesen ist bis jetzt noch nicht gelungen; ja es scheint, daß es über- haupt nicht für sie gilt. Dieses Gesetz gibt die Richtung des Ablaufs der Naturvorgänge an: alle Energieformen gehen ganz oder teilweise in Wärme über, welche in den Weltenraum ausstrahlt, so daß der Energievorrat der Welt des Physikers immer geringer wird. Man kann diese Richtung der anorganischen Vorgänge auch als Streben nach Gleichgewicht bezeichnen, denn sie alle erreichen ihr Ende mit ir Mechanismus und Vitalismus. 23 dem Eintritt desselben. In einem Lebewesen aber sind die Kräfte nicht im Gleichgewicht, und die aufgenommene Energie wird so ver- wandt, daß dieses nicht eintritt: das Säugetier erhält sich dauernd über der Temperatur der Umgebung; das Protoplasma zerfällt nicht bloß, wie irgendeine tote Substanz, sondern wird wieder aufgebaut. Erst mit dem Tode hören diese regulatorischen, gleichgewichtverhindernden Vor- gänge auf. Ein Lebewesen gleicht einer im Gange befindlichen Ma- schine, die aber das Besondere hat, sich selbst im Gange zu halten; es gleicht einer Uhr, die sich selbst wieder aufzieht. Angesichts dieser Schwierigkeiten, die Gesetze der bekannten Energieformen auf die Lebewesen zu übertragen, haben manche Forscher (OstwaLp, MooRrE u. a.) diesen eine besondere vitale Energie zu- geschrieben. Solange es aber nicht gelingt, diese zu messen und ihr Verhältnis zu den anderen Energiearten zu bestimmen, schwebt dieser neue Begriff in der Luft. Wir müssen zugeben, daß eine physikalische Definition des Lebens zurzeit unmöglich ist, da sich nur einzelne ein- fache Lebenserscheinungen in Energiewerten ausdrücken lassen. Dasselbe gilt für das Gebiet der Chemie. Wir kennen zwar manche Verbindungen und Reaktionen, die nur im lebenden Zustande zu be- obachten sind, aber wir müssen nach dem derzeitigen Stande der Wissenschaft annehmen, daß die in den Lebewesen sich abspielenden chemischen Umsetzungen zwar außerordentlich kompliziert, jedoch nicht anderer Art sind als diejenigen der toten Körperwelt. Von den 82 bekannten Grundstoffen finden sich bei Pflanzen 10, bei Tieren 12 regelmäßig im Protoplasma, während ungefähr ebenso viele gelegentlich in ihm angetroffen werden. Sie alle gehören zu den überall verbreiteten Elementen, und zwar zu denjenigen mit niedrigem Atomgewicht, wes- halb ihre Verbindungen durch hohe spezifische Wärme und durch relativ viel aufgespeicherte Energie ausgezeichnet sind. Die 12 kon- stanten Elemente sind: C, O, H, N, S, P, Cl, Ka, Na, Mg, Ca, Fe; Na und Cl fehlen bei manchen Pflanzen, C bildet etwa die Hälfte der Trockensubstanz eines Tierkörpers. Die wichtigsten sporadischen Blementersind: Si Bl Br; J, Al, Mn, Cu, Li, Pb, 2m, As, Bi kommt vor in den Skeletten der Kieselalgen, Radiolarien und Kiesel- schwämme, ferner in Haaren und Federn, Fl im Schmelz der Zähne, in den Statolithen von Mysis-Krebsen; Br und J in Tangen und See- tieren, J auch regelmäßig in der Schilddrüse. Al findet sich wie auch Si in jeder auf einem natürlichen Standort gewachsenen Pflanze; Cu ist aus Vogelfedern und dem Blute der Mollusken und Arthropoden bekannt. Mn zeigt sich in Spuren als Begleiter von Fe bei Tieren und Pflanzen in den verschiedensten Geweben (Blut, Galle, Harn, Haare, Knochen). Die von den konstanten Elementen aufgebauten chemischen Ver- bindungen zerfallen in verschiedene Klassen: Eiweißkörper, Fette, Kohlehydrate, Wasser und Salze. Unter den letzteren sind NaCl und die Sulfate und Phosphate von Ka, Na, Ca, Mg besonders häufig. Sie kommen im Protoplasma teils als freie Salze vor, teils gehen sie mit den Eiweißkörpern komplizierte Verbindungen ein. So ist z. B. das Hämoglobin, welches dem Blute die rote Farbe verleiht, ein Fe- haltiger Eiweißkörper. Mehr als die Hälfte des Gewichts der lebenden Substanz besteht aus Wasser, und bei Embryonen und vielen niederen, namentlich Meerestieren (Quallen, Ctenophoren) steigt der Wassergehalt auf über 90 Proz. (Astacus, Helix ca. 80, Actinia 83, Lrmbrieus 81, 94 I. Kapitel. Rhixostoma 95, Aurelia 97, Cestus venertis, Salpa, Carmarina 99 Proz.). Auch der Mensch im dritten Monat enthält 94 Proz. Wasser. Bei sehr geringem Wassergehalt (trockene Samen, eingetrocknete Räder- und Bär- tierchen) kann zuweilen ein Scheintod eintreten, welcher durch Zusatz von Wasser wieder in aktives Leben übergeht. Drei Klassen von Körpern kommen nur in Lebewesen vor und werden außerhalb der- selben nie beobachtet: die Eiweißkörper mit den Elementen C, O, H, N, S; die Fette (Lipoide) und die Kohlehydrate, welche beide nur aus C, O und H bestehen. Von diesen sind die Eiweiß- körper besonders wichtig. da das Protoplasma in erster Linie ein Ge- misch von ihnen darstellt. Sie sind außerordentlich kompliziert in ihrer chemischen Zusammensetzung (das Hämoglobin hat z.B. die Formel C7,sH1205N 135; 0:1,FeS;,, also 2319 Atome in einem Molekül) und zerfallen, wenn sie gespalten werden, zunächst in Peptone und weiter in Aminosäuren. Man unterscheidet die eigentlichen Eiweiß- körper (Proteine), wie Muskelplasma, Hühnereiweiß u. del., von den eiweißähnlichen Proteiden (Kasein, Milch, Hämoglobin, Mucin u. a.), welche aus der Verbindung eines Proteins mit einem andern chemischen Körper, namentlich Phosphor, Nukleinsäuren, Hämatin u.a., entstehen und daher auch zusammengesetzte Eiweißkörper genannt werden. Die Hauptmasse des lebenden Protoplasmas besteht aus Proteiden in kol- loidalem Aggregatzustand. Die außerordentliche Verschiedenartigkeit und Bedeutung der Eiweißkörper erhellt aus der Tatsache, daß sehr oft nahverwandte Arten und sogar Individuen derselben Art verschiedene Proteinstoffe enthalten und sich dadurch serologisch unterscheiden. Die Eiweißkörper finden sich entweder gelöst in den Flüssigkeiten (Zell- vakuolen, Zellsaft, Blut. Lymphe u. dgl.) oder in jenem zwischen fest und flüssig in der Mitte stehenden sogenannten kolloidalen Zustand (509.86): Fette (Lipoide) und Kohlehydrate dienen hauptsächlich als Reserve- nahrung und können daher gelegentlich auch in einem Organismus fehlen. Nur die phosphorhaltigen Fette (Phosphatide: Leecithin u. a.) kommen in jeder lebenden Zelle vor. Man darf sich nicht vorstellen, daß das Protoplasma ein Gemenge von Proteinen, Nukleinsäuren, Fetten, Kohlehydraten, Mineralsalzen und Wasser ist. Ein solches in bestän- diger chemischer Umsetzung befindliches Gemisch würde nicht be- stimmte morphologische und physiologische Eigenschaften dauernd be- wahren können. Alle jene Stoffe müssen vielmehr, teils chemisch, teils physikalisch gebunden, zu einer höheren sehr komplizierten Einheit (Biogen) während des Lebens vereinigt sein, die beständig Stoffe ab- spaltet und andere dafür aufnimmt, aber doch eine mittlere Zusammen- setzung sich bewahrt und dadurch Träger bestimmter Eigenschaften bleibt. Die in einem Lebewesen sich gleichzeitig abspielenden chemischen Prozesse sind sehr verschiedener Art. Es sind teils Oxydationen, wes- halb das Leben, abgesehen von einigen Ausnahmen, nur bei freiem Sauer- stoff möglich ist, teils Reduktionen. Sie führen entweder zur Assimi- lation, zum Aufbau neuer organisierter Substanz, oder zur Dissimilation, zum Abbau abgenutzter Protoplasmateile und nicht mehr brauchbarer Stoffwechselprodukte. Bei beiden Gruppen spielen die meist zu den Eiweißkörpern gehörigen Fermente (oder Enzyme) eine außerordent- liche Rolle, indem sie die chemischen Reaktionen enorm beschleunigen. sowohl bei der Spaltung wie beim Aufbau von Stoffen, wobei sie selbst gar nicht oder nur in geringem Maße verbraucht werden. Ein Gramm Mechanismus und Vitalismus. 25 eines Labpräparats aus einem Kalbsmagen vermag die 400 000-fache Menge Milch zum Gerinnen zu bringen. Die Fermente sind nicht selbst lebend, sondern sie werden von dem lebenden Protoplasma auf- gebaut, zweckmäßig verwandt und unter Umständen später wieder ver- nichtet. Ist das Gewebe tot, so arbeiten die Fermente noch weiter, lassen sich isolieren und technisch verwerten. Jedes Ferment wirkt auf einen bestimmten Prozeß ein, z. B. das Pepsin des Magens auf die Spaltung des Eiweißes, das Ptyalin des Speichels auf den Abbau der Stärke. In einer einzigen Leberzelle sind mehr als ein Dutzend Fer- mente nachgewiesen. Aehnliche Reizstoffe, diesogenannten Hormone. werden von gewissen Drüsen an das Blut abgegeben und können an weit abgelegenen Organen Reaktionen hervorrufen (Milchsekretion durch Hormone des Ovars). Aus dem kolloiden Zustande des Protoplasmas und der Fermente (s. S. 36) erklärt es sich, daß in einer Zelle mehrere chemische Prozesse nebeneinander verlaufen können, denn verschiedene Kolloide in demselben Medium können getrennt nebeneinander existieren. ohne sich zu vermischen. So wichtig die Fermentreaktionen sind, so machen sie doch nicht das Wesen des Lebens aus, denn sie spielen sich in derselben Weise in der Retorte ab. Das Leben chemisch zu definieren, ist gegenwärtig unmöglich, da die Konstitution sogar des toten Eiweißes noch nicht bekannt ist. Die früher herrschende An- schauung, daß die in den Organismen vorkommenden chemischen Ver- bindungen sich nicht darstellen ließen, weil sie durch eine „Lebens- kraft“ hervorgerufen würden, wurde 1828 durch WÖHLER umgeworfen. welcher den Harnstoff aus isocyansaurem Ammoniak darstellte. Seitdem hat die künstliche Gewinnung organischer Verbindungen außerordent- liche Fortschritte gemacht, und man darf die Hoffnung hegen, daß in absehbarer Zeit auch das Eiweiß in der Retorte des Chemikers er- scheinen wird, zumal es schon gelungen ist, einige Aminosäuren mit- einander zu vereinigen. Wird es lebendes Eiweiß oder totes sein? Sicherlich totes, denn die in einem Organismus zusammenwirkenden Bedingungen und Kräfte sind so kompliziert, daß sie schwerlich in einem Laboratoriumsversuch verwirklicht werden können. Aus dem Gesagten ergibt sich, daß die in einem Lebewesen tätigen chemischen und physikalischen Kräfte dieselben sind, wie in anorganischen Pro- zessen. Sie genügen gewiß nicht bei dem gegenwärtigen Stande von Chemie und Physik, um alle Erscheinungen des Lebens zu erklären, aber ebensowenig werden diese Schwierigkeiten durch die Annahme einer besonderen „Lebenskraft“ beseitigt. Eine solche ist schon des- halb abzulehnen, weil sie einer experimentellen Prüfung nicht zugängig ist. Manche Vitalisten geben zu, daß Stoffwechsel, Bewegung, Wachs- tum und Vermehrung sich physiko-chemisch begreifen lassen, aber sie behaupten, daß der Mechanismus versagt bei der Erklärung der orga- nischen Zweckmäßigkeit. Eine solche Auffassung muß abgelehnt werden, weil einfache Selbstregulationen auch aus der toten Körperwelt bekannt sind: eine brennende Lampe saugt mit dem Docht in demselben Maße Oel auf. als dasselbe durch die Flamme in Gas umgewandelt wird: ein elastischer Körper kehrt in seine ursprüng- liche Form zurück; ein Kristall regeneriert eine abgeschlagene Spitze, sowie ein Salamander ein verlorenes Bein neu bildet. Die Lebewesen offenbaren also auch in ihrer Selbsterhaltungsfähigkeit nichts absolut Neues, sondern zeigen nur die Eigenschaften der toten Materie in einem ungewöhnlich komplizierten Grade. Ferner können wir die Entstehung 26 I. Kapitel. selbst der kompliziertesten Anpassung, wenigstens im Prinzip, mecha- nistisch durch Vererbung erworbener Eigenschaften und durch Selektion erklären, unter der Voraussetzung einer andauernden Variabilität und langer Zeiträume. Diese Voraussetzungen aber können ohne Bedenken gemacht werden, da sie durch die allgemeine Erfahrung bestätigt werden. Selbst wer dies bestreitet, wird zugeben, daß die Annahme einer „Entelechie“, welche ihr Ziel (t®%os) in sich selbst trägt (®yzıv haben, besitzen), die Rätsel der organischen Zweckmäßigkeit nicht beseitigt, sondern nur ein noch größeres Rätsel aufwirft. Ueber das Wesen der psychischen Vorgänge sind wir zurzeit noch völlig im Unklaren. Wir sind nicht imstande, zu begreifen, wie aus der Bewegung materieller Teilchen eine Empfindung oder ein Ge- danke hervorgeht, und ein solcher läßt sich auch nicht nach Volumen, Masse oder Energiewert messen. Die Vitalisten schließen hieraus, daß die psychischen Erscheinungen auf einem besonderen immateriellen Prinzip beruhen, welches zugleich zwecktätig (teleologisch) wirke. Diese Unbegreiflichkeit gilt aber letzten Endes für jedes Geschehen. Das Psychische ist nicht wunderbarer als die Fernwirkung der Planeten durch die Schwerkraft oder die Fähigkeit des Lichts, 300000 km in einer Sekunde zu durcheilen. Jede Kraft ist eine qualitas occulta. Weiter ist zuzugeben, daß wir Empfindungen, Bewußtsein, Wille und andere psychische Vorgänge nur von uns selbst kennen, und daß es daher ein mehr oder weniger unsicherer Analogieschluß ist, wenn wir wegen gewisser Uebereinstimmungen von uns aus auf das Vorhanden- sein einer Psyche in einem anderen Menschen, in einem Hund, Vogel, Käfer oder gar in einem Polypen, einer Amöbe, einer Pflanze schließen. Wegen dieser Unsicherheit lassen manche Mechanisten das Psychische aus der Definition eines Lebewesens fort. Dazu kommt als weitere Schwierigkeit, daß unter den Forschern keine Einigkeit über die nie- drigste Stufe psychischer Vorgänge herrscht. Manche sehen als Kriterium der Psyche die einfache Empfindung an, andere sprechen erst dann von einer solchen, wenn mehrere Empfindungen miteinander verknüpft werden, also wenn ein assoziatives Gedächtnis vorliegt, oder wenn die Handlungen durch „Erfahrungen“ modifiziert werden können, also nicht in einer festbestimmten Form, wie beim Reflex, verlaufen. Wieder andere verlangen den Nachweis eines Bewußtseins, was sicher irrig ist, denn ob eine Empfindung oder Handlung sich unbewußt oder be- wußt abspielt, entzieht sich der Feststellung. Mir erscheint das psy- chische Gebiet so einheitlich, daß ich nicht annehmen kann, daß die niedrigsten Lebewesen der Empfindungen entbehren, daß ihre Tropismen und Reflexe ohne jede Sensibilität verlaufen und daß dann plötzlich die ersten Empfindungen etwa auf der Stufe des zentralisierten Nerven- systems aufgetreten seien. Wenn irgendwo der Schnitt zwischen un- beseelter und beseelter Substanz gezogen werden soll, so muß er gegen- wärtig zusammenfallen mit der Kluft, welche die tote Körperwelt von der lebenden trennt. Ich kenne keine Tatsache, welche zwingend be- weist, daß die Lichtempfindlichkeit einer Pflanze ebensowenig mit Sensibilität verknüpft ist wie diejenige einer photographischen Platte, und daß eine Amöbe die Gefühle von Hunger oder Schmerz, Lust oder Unlust nicht kennt. Das scheinbar Willkürliche und Unberechenbare in den Lebensäußerungen einer Amöbe und gewisse Beobachtungen, welche dafür sprechen, daß schon Amöben (vgl. S. 13) und Infusorien assoziieren können, lassen die Annahme eines psychischen Faktors als Mechanismus und Vitalismus. ar durchaus berechtigten Analogieschluß erscheinen. Einer der besten Kenner dieses Gebiets, JENNInGs, schreibt in seinem Buche „Das Ver- halten der niederen Organismen“ (Leipzig 1910, S. 533): „Der Autor ist nach langen Studien des Verhaltens dieses Organismus völlig über- zeugt, daß, wenn die Amöbe ein großes Tier wäre, so daß es dem Menschen in den Bereich seiner alltäglichen Beobachtungen käme, daß dann sein Verhalten sofort bewirken würde, daß man dem Tiere die Zustände von Lust und Schmerz, von Hunger und Begehren u. dgl. zu- schriebe aus genau denselben Gründen, aus denen wir diese Dinge dem Hunde zuschreiben.“ Schließen wir uns somit der Aristotelischen Auffassung, daß alles Lebendige beseelt ist, an, so folgt daraus jedoch nicht die Notwendig- keit, das Psychische als ein besonderes immaterielles Prinzip anzusehen. Wie die Erfahrungen an unserer eigenen Seele zeigen, spielen sich die psychischen Vorgänge nicht außerhalb der physiko-chemischen Kausalität ab. Jede Empfindung, jeder Gedanke, jeder Wille hat seine materielle Ursache, hängt ab vom leiblichen Stoffwechsel und kann durch Reize, welche diesen stören, geschädigt oder aufgehoben werden. Mens sana nur in corpore sano. Weiter wissen wir, daß seelische Erscheinungen ausschließlich an lebendes Protoplasma gebunden sind und losgelöst von ihm nicht vorkommen. Sie sind daher ein Produkt des lebenden Proto- plasmas, wie die plötzliche Kontraktion ursächlich bedingt wird durch den Stoffwechsel der Muskelzelle.. Diese, wenn man will, materialisti- sche Auffassung ist einfacher als diejenige des psychophysischen Paralle- lismus, nach der die psychischen Prozesse mit den physischen aus irgend- einem Grunde („prästabilierte Harmonie“) parallel verlaufen, oder als diejenige der idealistischen Philosophie, nach welcher nur Psychisches existiert. Das psychische Problem wird dadurch nicht aus der Welt geschafft, daß man alle Substanz als belebt und beseelt ansieht, wie es von Emrevocres (Liebe und Haß der Elemente) bis auf HArEcker (Atom- seelen, Kristallseelen) immer wieder versucht worden ist, denn es wird auf diese Weise der sinnfällige Gegensatz zwischen der lebenden und der toten Körperwelt oder, wie man neuerdings zu sagen pflegt, zwischen organismischer und anorganismischer Substanz nicht erklärt; im Gegen- teil, wenn nach Harcker alle Substanz die drei Eigenschaften der Materie, der Energie und der Seele besitzt, so wird jener Gegensatz noch unbegreiflicher, und er wird auch nicht durch das Zauberwort „Entwicklung“ aufgehoben. Vom Standpunkt des Naturforschers ist die Hypothese berechtigt, daß das Psychische eine besondere, an lebendes Protoplasma gebundene Energieform ist, wenn- gleich sie total verschieden ist von den bekannten Energien und ihre Umwandlung in diese sich nicht rechnungsmäßig erfassen läßt. Der Naturforscher aber hat sich vor jedem Fanatismus und Dogmatismus Hareckeıscher Art zu hüten, denn da die Naturwissenschaft allen letzten Fragen hilflos gegenübersteht, so kann man es der suchenden Menschheit nicht verdenken, wenn sie auch ihre religiösen und ethischen Bedürf- nisse mit in Rechnung stellt. Gegen den Vitalismus, welcher zwei Gesetzmäßigkeiten annimmt, eine mechanische und eine übergeordnete „autonome“ Eigengesetzlich- keit, spricht besonders der Umstand, daß alles organische Geschehen ebenso eindeutig verläuft, wie irgendein mechanischer Prozeß. Wird irgendein Reiz auf einen Organismus ausgeübt, so hat er nicht die Möglichkeit, der einen oder der anderen Gesetzmäßigkeit zu folgen, 28 1. Kapitel. sondern er kann nur in einer bestimmten Weise reagieren, die er- fahrungsgemäß sehr häufig unzweckmäßig ist, weshalb es unmöglich ist, den Lebewesen eine „primäre“ immanente Zweckmäßigkeit zuzuschreiben. Der Vitalismus hat das Verdienst, gezeigt zu haben, daß ein Or- ganismus über ein in vielen Fällen fast wunderbares Regenerations- vermögen verfügt. Drrescn hat auf die „harmonisch äquipotentiellen Systeme“ (Furchungsstadien, Gastrulae u.a.) hingewiesen, welche einen vollständigen Embryo zu erzeugen vermögen, obwohl sie nur aus ab- gesprengten Furchungszellen oder Teilen eines Embryos bestehen. Dabei treien solche Erscheinungen in der Natur so selten auf, daß sie für die Art kaum von Bedeutung sein, also nicht durch Selektion erklärt werden können. Es können aber in solchen harmonischen Systemen dieselben energetischen Kräfte walten, wie in der normalen Ontogenie, und daher zu demselben Ziele führen. Die abgetrennte Furchungs- zelle wird, wie jeder Tropfen, eine Kugelgestalt annehmen und dadurch kann das Protoplasma wieder rein mechanisch dieselbe Anordnung er- halten wie in der Eizelle. Die Vitalisten haben bis jetzt noch nie nachweisen können, daß eine mechanistische Erklärung denkunmöglich ist. Sie können dies ebensowenig, wie die Mechanisten imstande sind, irgendeinen organischen Vorgang restlos auf Physik und Chemie zu- rückzuführen. Nur das eine steht fest, daß jede zurzeit mögliche kausale Erklärung darin besteht, in der betreffenden Lebenserscheinung die Wirkung physikalischer oder chemischer Gesetze nachzuweisen. Diesen Weg hat die Physiologie mit bestem Erfolg beschritten, und es liegt. daher kein Grund vor, ihn zu verlassen. Die Lücken der mechanistischen Erklärung werden durch den Vitalismus nicht ausgefüllt, denn dieser sucht die Schwierigkeiten durch die Annahme eines metaphysischen Faktors zu beseitigen, wodurch nicht Klarheit, sondern Unklarheit geschaffen wird, denn wahre Naturwissen- schaft darf sich nur auf die Tatsachen der Erfahrung und auf dirckt aus ihnen abgeleitete Begriffe stützen. Der Vitalismus bietet uns ein Wort, wodurch wir der Lösung des Problems nicht näher kommen, und indem er behauptet, daß die liebensvorgänge mechanisch nicht begreifbar sind, widerspricht er der alitäglichen Erfahrung, dab wir durch Physik und Chemie uns das organische Geschehen in sehr vielen Fällen verständlich machen können. Der hervorragendste Vitalist, DrıescHh, behauptet von seiner Entelechie, sie sei weder Kraft noch Energie noch eine Konstante noch auch Psychisches. Sie sei ein unräumliches Agens, daß nur begriffen, aber nicht wahrgenommen werden könne. Obwohl sie nicht psychischer Natur ist, soll sie am besten gekennzeichnet werden, allerdings nur analogienhaft, durch die Worte „Primäres Wissen und Wollen“. Sie soll den Energieaustausch suspen- dieren können, indem sie kinetische Energie in potentielle überführt oder derselben eine andere Richtung gibt, und zwar ohne Energie- aufwand, was dem Gesetz der Erhaltung der Energie widerspricht. Sie ist also ein metaphysisches Etwas, welches Wunder vollziehen kann. Es ist klar, daß dadurch dem biologischen Experiment jede Basis ent- zogen wird, da die der Beobachtung nicht zugängliche Entelechie das Resultat bald so, bald so beeinflussen kann. Solche Spekulationen be- friedigen den Naturphilosophen nicht, weil sie sich zu sehr von dem Boden der Tatsachen entfernen. Dasselbe gilt von der zielstrebigen „Entelechie“ des ArısrortEzes, von den „Lebensgeistern“ des PARACELSUS, von der „Lebenskraft“ HaLners, vom „nisus formativus“ BLUMENBACHS, Entstehung des Lebens. 29 von dem bewußtlos zweckmäßigen „Lebensprinzip* Jon. MÜLLERS, dem „Lebensprinzip® E. v. Harrmanns und den „Dominanten“ REıInkES. Alle diese Forscher nehmen das Walten energetischer Kräfte an,. lassen sie aber beherrscht werden von einem metaphysischen Naturprinzip, welches unser Erklärungsbedürfnis nie befriedigen kann. Daraus folgt, daß der Vitalismus nicht dadurch widerlegt wird, daß man diese oder jene Regeneration oder Anpassung mechanisch erklärt, so sehr jeder Fortschritt nach dieser Richtung zu begrüßen ist, sondern nur durch den hier eingeschlagenen Weg, nämlich durch den Nachweis, daß eine Verwendung metaphysischer Denkmittel gleichbedeutend ist mit dem Verzicht auf jede Erklärung. Im Gegensatz zu den Vertretern des metaphysischen Vitalismus stehen einige Psychovitalisten, welche in den seelischen Erscheinungen mit Recht die Hauptscheidewand zwischen belebter und toter Körper- welt sehen. Manche von ihnen (Paury, K. ©. ScHNEIDER) sind keine echten Vitalisten, da sie das Seelische auf eine besondere psychische Energie zurückführen, die freilich nur Hypothese bleibt, weil es nicht gelingt, ihr Verhältnis zu den bekannten Energieformen zu erkennen. Als Vitalisten sind nur solche Forscher anzusehen, welche das Psychische auf ein immaterielles, für jede naturwissenschaftliche Untersuchung unangreifbares Prinzip zurückführen. Auch G. Worrr kann man kaum zu den Vitalisten rechnen, da er nur behauptet, daß die organische Zweckmäßigkeit zurzeit jeder Erklärung spottet. 5. Die Entstehung des Lebens und die niedrigsten Organismen. Ueber die Entstehung des Lebens besitzen wir keine Beobachtungen und sind daher auf Hypothesen angewiesen. Das Problem ist so wichtig, daß die theoretische Biologie und die Naturphilosophie nicht an ihm vorübergehen kann. Es sind 4 Lösungen vorgeschlagen worden: die Entstehung der Organismen auf übernatürlichem Wege durch Schöpfung; die Annahme, daß der ganze Kosmos belebt sei und erst zu einer gewissen Zeit die tote Materie abgestoßen habe (PrEYER); die Auffassung, daß das Leben ewig sei, aber erst sekundär auf unsere Erde übertragen worden sei (Panspermie); die Entstehung der Lebe- wesen aus anorganischer Substanz (Urzeugung, (reneratio spuntanea oder aequirod). Die Schöpfungslehre kann den Naturforscher nicht befriedigen, weil sie von einer metaphysischen Vorstellung ausgeht und daher einer naturwissenschaftlichen Analyse unzugänglich ist. Die Preyersche Vorstellung, daß das ganze Weltall ein riesiger Organismus sei, der aus seiner Lebesubstanz die tote Materie abgeschieden habe, ist so ab- sonderlich, daß sie keiner näheren Zurückweisung bedarf. Es liegt auf der Hand, daß der Begriff des Lebens hier in einem ganz anderen Sinne als gewöhnlich gefaßt worden ist. Die naheliegendste Auffassung ist diejenige der Urzeugung, denn wenn die Lebewesen beim Tode in anorganische Stoffe zerfallen. so müssen sie aus diesen bestehen und daher höchst wahrscheinlich aus ihnen hervorgegangen sein. Diese Vorstellung finden wir schon im Altertum, soweit es nicht von der Ionischen Naturphilosophie beherrscht wurde, für die das Problem der Entstehung des Lebens noch nicht existierte, da ihr alle Materie wegen der Bewegungserscheinungen als belebt galt (Panzoismus). ARISTOTELES 30 1. Kapitel. behauptet noch, daß Würmer, Insekten und sogar Aale aus dem Schlamm entstehen können, obwohl ihm bekannt war, daß viele Tiere aus Eiern hervorgehen oder lebendig geboren werden. Erst im Mittelalter wurde die Urzeugungslehre ernstlich erschüttert, da sich die Erkenntnis durch- setzte, daß alle lebenden Tiere und Pflanzen aus Eiern bzw. Samen hervorgehen. Daraufhin stellte Harvey (1651) zuerst den Satz auf „omne vivum ex ovo“, der dann durch Repr (1668) und SwAMMERDAM (1737) für die Insekten bestätigt wurde. SPALLANZANI zeigte 1786, daß in gut ausgekochten Flüssigkeiten in vollständig geschlossenen Gefäßen keine Infusorien auftreten, und PAstEur dehnte diesen Satz 1862 durch seine Versuche auch auf die niedersten Lebewesen (Bak- terien) aus. PrEYER gab daraufhin jenem Satz Harvzys die Formel omne vivum e vivo. Aus diesen Tatsachen schlossen LıEsıc, HELM- HOLTZ uU. a., daß, wenn jedes Lebewesen von belebten Eltern abstammt, das Leben ebenso wie die Materie als ewig zu gelten hat (Ewigkeits- theorie). Da es früher, als die Erde sich noch in einem glühenden Zustand befand, auf dieser nicht existieren konnte, so mußte es nach einer solchen Anschauung aus dem Weltenraum auf die Erde gelangt sein. Nach dieser Kosmozoen- oder Panspermietheorie gibt es im Universum winzig kleine Keime, welche durch Strahlendruck (ArrHentıus), Meteore oder sonst wie auf die Erde transportiert wurden und sich hier weiterentwickelten. Da solche Keime aber nicht nach- gewiesen sind und nicht einzusehen ist, wovon sie im Weltenraum leben, so befriedigt diese Theorie nicht. Sie verschiebt das Problem nur von der Erde nach außen, ohne es der Lösung näher zu bringen. Die modernen Biologen halten daher fast ausnahmslos an der Urzeugung fest und sagen mit NAEGELI: „die Urzeugung leugnen, heißt das Wunder verkünden“. Wenn in ausgekochten organischen Substanzen keine Lebewesen auftreten, so fehlen in ihnen offenbar die für eine Ur- zeugung nötigen Bedingungen. Da alle Tatsachen dafür sprechen, daß die höheren Geschöpfe sich aus niederen entwickelt haben, so muß man folgerichtig annehmen, daß die niedersten aus anorganischen Sub- stanzen hervorgegangen sind. Sehr viele anorganische Naturprozesse sind reversibel, d. h. sie können je nach den äußeren Verhältnissen (Temperatur, Druck u. dgl.) im Sinne einer Gleichung von links nach rechts, aber auch von rechts nach links verlaufen: wie man Licht in Wärme umwandeln kann, so auch Wärme in Licht. Da wir sehen, daß nach dem Tode das Protoplasma zu Erde wird, so muß auch die Möglichkeit des umgekehrten Prozesses prinzipiell zugegeben werden. Ueber die äußeren Bedingungen, welche hierfür erforderlich sind, ist zurzeit nichts Näheres bekannt. Sicherlich traten zuerst stationäre Systeme auf von wesentlich einfacherem Bau („Probien“, NAEsELI), als er bei den niedersten bekannten Geschöpfen der Jetztzeit beobachtet wird; zuerst Gebilde, welche etwas Stoffwechsel und Bewegung be- saßen. Später kam Wachstum hinzu, welches schließlich zur Teilung und Individualisation führte. Indem die chemische Konstitution kom- plizierter wurde, stellte sich auch die Reizbarkeit ein. Die künstliche Herstellung einfachster Organismen dürfte nur dann möglich sein, wenn eine solche allmähliche Addition gelänge, ein Problem, das zwar gegenwärtig noch unendlich fernliegt, aber nicht als prinzipiell un- möglich anzusehen ist. Es ist nicht wahrscheinlich, daß die Probien alle gleich gebaut waren, sondern bei der großen Verschiedenartigkeit der Eiweißkörper werden sie vermutlich von verschiedenem Bau und Entstehung des Lebens. 31 Stoffwechsel gewesen sein, so daß sich daraus ganz verschiedene niederste Lebewesen entwickeln konnten. Differieren doch noch jetzt allein die Bakterien im Stoffwechsel außerordentlich, indem einige den freien N, andere Ammoniumveıbindungen, wieder andere freies Ammoniak oder Nitrite und Nitrate verarbeiten. Die meisteu nehmen Sulfate auf, um in den Besitz des zum Eiweiß nötigen Schwefels zu kommen, während die beggiatoa-Arten SH? zu oxydieren vermögen. Aehnliche Unterschiede bestehen zwischen anderen niederen Pflanzen, so daß das Leben vermutlich auf polyphyletischer Grundlage begonnen hat. Da es autotrophe Nitrit-, Nitrat- und Schwefelbakterien gibt, welche den C und den N aus anorganischen Verbindungen entnehmen, so stehen dıese den Probien wahrscheinlich besonders nahe. Dafür spricht auch die fehlende Ditferentiation in einen geschlossenen Kern und Oyto- plasma, indem das Chromatin die ganze Zelle durchsetzt; ferner die Fähigkeit sehr hohe Temperaturen zu vertragen und ohne Licht zu assimilieren. Wir müssen uns vorstellen, daß in der Urzeit des Lebens infolge der hohen Erdtemperatur große Wassermassen als Wolken die Erde beschatteten, so daß die Probien im Halbdunkel lebten. Als beim weiteren Erkalten der Erde die Sonne ihre Macht zu entfalten begann, entwickelten sich die autotrophen Bakterien weiter zu den Schizo- phyceen (Cyanophyceen), welche einzellig sind oder Fäden bilden, noch keine, von einer Membran begrenzten Kerne enthalten, aber schon ein chromatinhaltiges Centroplasma und ein peripheres Chromatoplasma be- sitzen, letzteres mit Chlorophyll in diffuser Anordnung ohne Chromato- phoren, welches durch einen blauen (Phykocyan) oder anders gefärbten (Karotin) Farbstoff verdeckt ist. Damit hat die Ausnutzung der Sonnenenergie begonnen. Einige Arten haben die ursprüngliche An- passung an hohe Temperaturen bewahrt und gedeihen in heißen Quellen bei über 80° C. Von den Schizophyceen leiten sich die ein- oder vielzelligen Algen mit Kern und Chromatophoren ab. Da sie Wasser- bewohner sind, so haben sie bewegliche Fortpflanzungszellen (Schwärmer). Ein Seitenzweig derselben sind die Flagellaten, weiche auf diesem beweglichen Stadium stehen geblieben sind. Aus ihnen sind die niedrigsten Tiere hervorgegangen durch Verlust der Chromatophoren und Aufnahme fester Nahrung. Das Fressen und der Mund sind die äußeren Zeichen der Tierwerdung. Diese Protozoen sind ursprünglich noch flagelliform und wandeln sich erst später durch Ausbildung von Pseudopodien in Amöben und andere Sarcodinen um. Die HaEckEL- schen Moneren (kernlose Amöben) — wenn sie überhaupt vorkommen, was höchst zweifelhaft ist — können also nicht als die niedrigsten Ur- tiere angesehen werden. Der von Huxrry beschriebene Balhybius Haeckelii, ein angeblich auf dem Boden des Meeres lebender, nicht individualisierter Urschleim, hat sich als ein Gipsniederschlag heraus- gestellt und kommt also als Urform nicht in Betracht. Aus dem Gesagten ergibt sich der folgende Stammbaum (s. auf S. 32 oben) der Entstehung der Organismen: Der Stammbaum zeigt, daß die vielzelligen Pflanzen und Tiere von einer gemeinsamen Stammform abzuleiten sind, einer einzelligen flagellaten Alge mit Kern und Chlorophyll, welche ich wegen ihrer besonderen Wichtigkeit als „Nucleobiont“ bezeichne, denn bei ihr verdichtete sich das bis dahin zerstreute Chromatin zu einem echten Kern mit Chromosomen, der sich amitotisch, vielleicht auch schon pro- mitotisch (s. S. 57) oder mitotisch zu teilen vermochte. Daher ist es BD) I. Kapitel. Einleitung. begreiflich, daß die Metaphyta und Metazoa bezüglich der Kernteilung große Uebereinstimmung zeigen. Wegen der weiten Verbreitung der geschlechtlichen Vermehrung unter den Protisten darf man annehmen, daß auch der Nucleobiont sie besaß einschließlich der Chromatin- reduktion neben der ungeschlechtlichen Vermehrung. Bei den Viel- Metaphyta e übrige Algen heterotrophe'!) ein- oder vielzellig — Bakterien einzellige autotrophe flagellate flagellates übrige Protozoa Er Bakterien Sch'zophyceen Alye (mit Tier, ein- 2 ü (ohne ech- (ohne echten Kern und zellig, mıt R zeugung — 2 FIN Tee En — Amöben -> Metazoa {Prabien) ten Kern Kern, mit Chloro- Kern, ohue \ / u. Chloro- Chlorophyll) phyll) Chloro- Spongien phyll)? = Nueleo- phyll —zsBilze biont zelligen konnte sich die geschlechtliche Vermehrung nur erhalten, ıin- dem Geschlechtszellen abgestoßen wurden, und da es sich um Wasser- bewohner handelte, mußte eine Sonderung in bewegliche „männliche“ und unbewegliche weibliche eintreten. Die Zellen mußten ferner durch Verbindungsfäden (Plasmodesmen, s. S. 73) zueinander in Beziehung treten, um ein harmonisches Zusammenarbeiten zu ermöglichen. Alle diese Uebereinstimmungen der Metaphyta und Metazoa ergeben sich naturgemäß aus ihrer Ableitung von derselben Stammform; die Auf- fassung von Franz, daß aus den Probien zuerst ein vielzelliges Ge- schöpf wurde, von dem die Metaphyten und Metazoen und außerdem durch Rückbildung die Protisten abstammen, ist daher abzulehnen. Selbst wenn der Nucleobiont sofort vielkernig aufgetreten wäre — was sehr unwahrscheinlich ist, da Vielkernigkeit immer nur in Anpassung an besondere Verhältnisse beobachtet wird — so wäre er doch einzellig gewesen, denn die Sonderung in viele getrennte Lebenseinheiten ist zweifellos ein höherer Zustand. Die hier vertretene Auffassung ist die naturgemäße für den, der auf dem Boden der Entwicklungslehre steht, und es liegt kein Grund vor, sie zu verlassen, selbst wenn Hefepilze und Pleurococcales degenerierte Vielzellige sein sollten. Man kommt ja sonst zu einer Zickzackevolution: erst Vielzellige, dann Einzellige, darauf deren progressive Entwicklung zu Radiolarien, Ciliaten usw. Die Entstehung der ersten Lebewesen muß im Wasser stattgefunden haben, denn alle niedersten Formen leben im Wasser und sind höchstens befähigt, in Form von Sporen, CÖysten, beschalten Eiern, also in be- sonderen Anpassungszuständen, im Trocknen zu existieren. Als die Urheimat des Lebens ist das Meer anzusehen, denn nur hier finden sich Vertreter fast aller niederen Pflanzen und Tiere, und die marinen Gruppen treten geologisch stets früher auf, als diejenigen des Süß- wassers oder des Landes. Aus der marinen Herkunft erklärt es sich, daß Ka, Na, Ca ungefähr in demselben Verhältnis zueinander im Meer- wasser und in den inneren Flüssigkeiten der Wirbeltiere angetroffen werden. Bei einem Hund läßt sich der größte Teil des Blutes durch isotonisch und steril gemachtes Meerwasser ersetzen, ohne daß das Tier 1) Sie leben in faulenden organischen Substanzen oder als Parasiten und nähren sich von diesen. Protoplasma. 33 sofort stirbt, und bei Schwämmen, Cölenteren, Echinodermen und an- deren wirbellosen Meerestieren sind die inneren Flüssigkeiten fast reines Meerwasser, abgesehen von dem Gehalt an Eiweiß und Nähr- stoffen. Sie enthalten durchschnittlich 32,43. °/,, NaCl, während das Meerwasser 33,15 aufweist. II. Kapitel. Cytologie, Zellenlehre. I. Protoplasma und Zelle. Während Amöben und andere Protozoen aus je einem Protoplasma- klümpchen sich aufbauen, besteht die große Mehrzahl der Tiere aus sehr vielen derartigen „Zellen“. Alle vielzelligen Tiere werden als Metazoa zusammengefaßt. Der Ausdruck „Zelle“ hat sich für die Bausteine der Organismen eingebürgert, weil die ersten Untersucher der pflanzlichen Gewebe (MaArcELLo MarPrıcHı in Italien, NEHEMIAH Grew in England; die Untersuchungen beider wurden verlesen in der R. Society London 7. Dezember 1671) beobachteten, daß diese aus zahl- losen kleinen, mit Luft oder Flüssigkeit gefüllten Kämmerchen (4) be- stehen, welche an die Zellen einer Bienenwabe erinnern. Im Anfange des vorigen Jahrhunderts wurde der Nachweis des zellulären Baus der Pflanzen namentlich durch MEYEN (Phytotomie, 1830) gefördert. 1833 entdeckte ROBERT BROWN den Zellkern. Das Verdienst, die Zellen in den tierischen Geweben erkannt zu haber, gebührt PURKINJE und HENLE (1857). Der Botaniker SCHLEIDEN (1838) und der Zoologe SCHWANN (1839, Ueber die Uebereinstimmung in der Struktur der Tiere und Pflanzen) dürfen daher nicht als die Begründer der Zellenlehre be- zeichnet werden. Während der Inhalt der Pflanzenzellen von einer derben Zellulose- membran (4) umschlossen wird, sind die tierischen Zellen in der Regel nackt oder nur mit einem sehr zarten Häutchen (Pellicula) bekleidet. H. v. Mont führte 1846 die Bezeichnung Protoplasma für die Binnensubstanz der pflanzlichen Zellen ein. Die Substanz der tierischen Gewebe wurde von Dusarpın (1835) im Anschluß an Rhizopodenstudien als Sarcode bezeichnet, ein Ausdruck, der später fortfiel, als die Identi- tät von Sarcode und Protoplasma erkannt wurde. Wir gebrauchen den Ausdruck Proto- oder Bioplasma für die Lebesubstanz, wie sie uns in erster Linie in den Zellen, in zweiter auch extrazellulär als Oilien und Geißeln entgegentritt. In jedem höheren Organismus ist die Zahl der Zellen ungeheuer groß. Ein Mensch enthält in einem Kubikmilli- meter Blut ca. 5 Millionen rote Blutkörperchen, und die Zahl der Ganglienzellen in der grauen Gehirnrinde wird auf über 9 Millionen geschätzt. Jedes Metazoon ist also ein Zellenstaat. Die Größe der tierischen Zellen ist außerordentlich verschieden. Bei wirbellosen Tieren haben manche jugendliche Zellen einen Durchmesser von ?""/,oo0 mm (= 2—4 »), während eine Ganglienzelle im Lendenmark des Menschen Plate, Allgemeine Zoologie I. o 34 11.3 Kapitel. mit ihrem Achsenfaden bis in eine Zehe hineinreicht, also über einen Meter lang wird. An Masse übertreffen die Eizellen (Straußenei) alle übrigen Zellen. Das Protoplasma hat eine bald dünnflüssige, bald mehr zähflüssige, gallertartige Beschaffenheit, was aber nicht ausschließt, daß in seinem Innern häufig lokale Verfestigungen in Form von Strängen Er Er en N Br N a \ „ A Ka NG Fig. Ss. Chondriokonten in den Blutkörpern des Hühnerembryos. Zwei Zellen in Mitose. Nach MEVvES. auftreten, wie auch innere Skelettausscheidungen und sehr oft äußere Membranen vorkommen. Unter dem Mikroskop erscheint das Proto- plasma zuweilen strukturlos (homogen), meist zeigen sich in einer durchsichtigen Grundsubstanz zahlreiche größere oder kleinere Körnchen (Granula) und helle Bläschen (Vakuolen), in manchen Fällen auch Fi- brillen oder schaumige, netzartige Strukturen (10). Die verschiedenen Zellen bieten in dieser Hinsicht äußerst wechselnde Bilder dar. Während in Drüsenzellen die Granula sehr zahlreich sind, fallen in einer Muskelzelle besonders die Fi- brillen auf. Zur Beobachtung der Schaumstruktur sind lebende Protozoen (1, 2) sehr geeignet. Als sekundäre Einlagerungen finden wir im Protoplasma viel- fach Fettropfen, Pigmente, Ei- weißkristalle u. dgl. ALtmann und andere Forscher haben die Gra- nula als die eigentlichen „Ele- mentarorganismen“ gedeutet und die Zelle als eine Symbiose der- selben angesprochen. Diese Auf- Fig.9. Umbildung der Spermatide (a) 5 E von Mus musculus zum fertigen Spermium fassung ist abzulehnen, da die nach BENDA. Die Chondriosomen lassen die Körner nicht selbständig existie- Spiralhülle des Mittelstücks aus sich hervor- ren können und keine Lebens- Ei erscheinungen zeigen. Sie sind nur als Stoffwechselprodukte an- zusehen, während die homogene oder schaumige Grundsubstanz die eigentliche Trägerin des Lebens ist. Dagegen ist es aus theoretischen Gründen wahrscheinlich, daß diese sich aus kleinsten, nicht sichtbaren Teilchen (Micellen von Näceuı, Plasome von W1I1EsnER, Protomeren von HEIDENHAIN) zusammensetzt. Einzelne Körner oder solche in fadenförmiger Anordnung bilden sehr charakteristische Bestandteile der meisten Sexualzellen und gehen De al > Ay Ay nm VIIEUUTWNWNINNNNNWVW, » = Ge, Senn 1 u ge 3 ee N ia} Protoplasma. 35 in die Anlagen der verschiedensten Gewebe über, so daß sie von einigen Autoren ohne jeden Beweis als Träger der Vererbung angesprochen und als Mitochondria bezeichnet worden sind. In vielen Fällen verschmelzen sie zu gebogenen oder gewundenen Fäden (Chondriomiten, Chondrio- konten), welche durch besondere Färbungsmittel deutlich gemacht werden können (8). Da sie aber weder chemisch noch morphologisch scharf zu definieren sind, noch ihr ferneres Schicksal deutlich verfolgt werden kann, so kann man ihnen eine so weitgehende Bedeutung nicht zugestehen. Es sind Zellbestandteile von sehr verschiedenem Wert, denn viele werden später aufgelöst und sind also wohl nur aufge- speicherte Nahrung, während andere in die längs- oder spiralig ver- laufenden Fäden im Mittelstück von Spermien (9) oder in Binde- gewebs-, Muskel- und Neurofibrillen übergehen. Jedenfalls ist es übertrieben, in ihnen „Plastosomen“, d. h. das Grundmaterial aller Zelldifferenzierungen zu sehen. In vielen Zellen, namentlich in großen, z. B. Ganglienzellen, läßt sich um den Kern herum ein Netzwerk von hellen Linien oder nach Silberchromat von schwarzen Linien erkennen, der sogenannte apparato reticolare von Gorcı Es ist noch Fig. 10. Wabenstruktur des Plasmas nach BÜTSCHLI. a ein Teil einer lebenden Vortieella neben der kontraktilen Vakuole. b optischer. Schnitt durch den Rand eines aus Olivenöl und NaCl-Lösung hergestellten Oelschaumtropfens. zweifelhaft, ob es sich um ernährende Kanäle, welche von außen ein- dringen („Trophospongien“) oder um Fortsätze äußerer Zellen handelt. In den Lebergangzellen von Helix sind sie als Chromidien erkannt worden. Aus gleich zu erwähnenden Gründen wird nach BürschLı ange- nommen, daß das Protoplasma eine Emulsion von Eiweiß- und Fett- tropfen verschiedener Art ist, die in einer wässrigen Grundsubstanz so dicht zusammenliegen, daß sie sich berühren und sich gegenseitig polygonal abplatten, ähnlich wie die Blasen eines Seifenschaums. Man bezeichnet daher das Protoplasma als eine emulsoide Schaum- mischung. So erklärt es sich, daß das Protoplasma häufig im Leben (1, 10) und besonders deutlich im toten, geronnenen Zustande eine Waben- oder Schaumstruktur mit einer Maschenweite von etwa Il y erkennen läßt. Eine solche Wabenstruktur zeigen auch manche Emulsionen, z. B. wenn Oel in einer NaCl-Lösung verrieben wird (10). Bezüglich des Aggregatzustandes kann man das Protoplasma nicht einfach als flüssig bezeichnen, obwohl im Innern einer Zelle viel- fach Strömungen vorkommen und die sehr geringe Kompressibilität (Zusammendrückbarkeit), die Neigung, Kugelgestalt anzunehmen, und kapillare Erscheinungen (Oberflächenspannung, Aufsteigen in engen Glasröhrchen) hierfür sprechen. Die Protoplasmateilchen hängen häufig viel zäher zusammen als in einer Flüssigkeit, sie besitzen eine gewisse Plastizität, sodaß z. B. eine durch Druck oder Zug deformierte Eizelle ihre Gestalt zuweilen noch stundenlang nach dem Aufhören des Druckes 3* 36 1I. Kapitel. behält. Alle diese Beobachtungen weisen darauf hin, daß das lebende Protoplasma zu den kolloiden Körpern gehört. Solche entstehen, wenn feste oder flüssige Stoffe in feinster, ultramikroskopischer Größe von !/;o—"iooo f Durchmesser in Wasser oder einer anderen Flüssig- keit, in der sie sich nicht lösen, verteilt sind. Leim (xöAXa), Eiweiß- körper, Zellulose, Stärke, Horn, Leder, Farbstoffe, Ton, Metalle, Glas u.a. können im kolloiden Zustande auftreten. Die Kolloide unterscheiden sich unter anderem von Lösungen dadurch, daß sie nicht oder nur sehr lang- sam „dialysieren“ (durch Membrane hindurchgehen), daß die Partikelchen im Ultramikroskop beständig in tanzender, sogenannter Brownscher Bewegung sind, als Zeichen andauernder Zustandsänderungen, daß sie auf ihrer Oberfläche gern feste Häute bilden und daß sie leicht koagu- lieren (gerinnen), wobei sich die ausgefällten Teilchen anhäufen oder vereinigen und so aus dem flüssigen „Sol“-Zustand den festeren „Gel*- Zustand hervorgehen lassen. Alle diese Erscheinungen sind auch vom lebenden Protoplasma bekannt. Dasselbe kann alle Uebergänge vom dünnflüssigen bis zum zähen, dickflüssigen, scheinbar festen Zustande aufweisen; letzteren sehen wir namentlich an den Differenzierungen (Cilien, lebenden Membranen, Muskel- und Nervenfibrillen, Grund- substanzen, Linsen und Kristallkörper in Augen). Das Protoplasma gehört zu den Emulsionskolloiden, bei denen ein oder mehrere Flüssigkeiten — in diesem Falle Eiweiß- und Fettröpfehen — in Wasser zerteilt sind. Werden diese von viel Wasser umhüllt, so ist das Protoplasma dünnflüssig und fließt in der Zelle umher; ist die Hülle sehr dünn, so entstehen die oben erwähnten Waben- und Netzstruk- turen. Der kolloide Zustand gewährt den großen Vorteil, einen regen Stoffwechsel bei gleichzeitiger Erhaltung der Form zu gestatten. Die lebende Substanz besitzt Gestalt und Struktur. Diese fundamentale Tatsache erklärt sich daraus, daß die Zellkolloide größtenteils nur be- srenzt quellbar sind, d. h. sie nehmen im lebenden Zustand nur be- schränkte Mengen Wasser auf und bewahren dadurch eine bestimmte Gestalt, so wie Gelatineplatten bei Zimmertemperatur aufquellen ohne ihre Form zu verlieren. Nach neueren Forschungen wird vom Muskel chemische Energie mit Hilfe kolloider Quellung und Entquellung in mechanische Arbeit umgesetzt. Je nach dem Mischungsverhältnis des suspendierten Stoffes zum Suspensionsmittel kann die Konsistenz eines Kolloids sehr verschieden sein. Olivenöl, in viel Wasser verteilt, ist dünnflüssig, in wenig Wasser gibt es eine rahmartige weiße Emulsion von „Oel“-Wasser, d. h. die Oeltröpfchen bilden die innere, das Wasser die äußere Phase. Wird der Wassergehalt weiter vermindert, so entsteht plötzlich leichtflüssiges gelbes „Wasser“-Oel, d.h. die Wassertropfen werden nun von Oel zu- sammengehalten. Solches „Umschlagen“ der Emulsion wird auch im lebenden Protoplasma vermutlich häufig auftreten und die Konsistenz ändern. Aus dem kolloiden Charakter läßt sich das verschiedene Aus- sehen des Protoplasmas erklären. Sind die suspendierten Tröpfchen außerordentlich klein oder brechen sie das Licht ebenso wie das um- gebende eiweißhaltige Wasser, so erscheint es, wie viele Beobachtungen bestätigen, homogen; werden sie größer und platten sie sich gegenseitig ab, so entsteht die Schaum(Waben)struktur. Das Ekto- und Entoplasma einer Amöbe sind als zwei Phasen derselben Substanz anzusehen, indem sich ersteres unter dem Einfluß des umgebenden Wassers bildet. Wird eine Amöbe durchschnitten, so verwandelt sich das Entoplasma der Wunde sofort in Ektoplasma. Homogenität spricht nicht gegen die Protoplasma. 37 kolloidale Natur des Protoplasmas, denn auch ein nicht fixiertes Gela- tinegel ist strukturlos. Der Hauptvorteil der kolloidalen Natur des Protoplasmas besteht in der ungeheuren Raumersparnis. Jedes Kolloidtröpfchen ist gleich- sam ein Laboratorium für sich, indem es an seiner Oberfläche Salze und deren elektrisch geladene Ionen konzentrieren und dadurch bio- elektrische Ströme hervorrufen kann. Solche scheinen alle Zellfunk- tionen zu begleiten. Denkt man sich einen Würfel von 1 cm Seiten- länge in Würfelchen von 100 u Seitenlänge (= Durchschnitt der Kolloide) geteilt, so haben diese eine Gesamtoberfläche von 600 m}, also eine enorme Größe auf engstem Raume. Gegenüber den starr- wandigen Maschinen der Technik sind die Organismen weichwandige Kolloidmaschinen. Da die Zellen uud Gewebe nicht immer lebend untersucht werden können, müssen sie vielfach „fixiert“, d.h. durch Alkohol oder Säuren die Eiweißkörper in Form von Körnchen zur Ausfällung gebracht werden. Indem diese sich hierbei häufig zu Klumpen, Schollen, Ketten u. dgl. vereinigen, können Kunstprodukte entstehen oder Schrumpfungen, indem der Alkohol das Wasser entzieht. Durch Anwendung ver- schiedener Fixierungsmittel läßt sich in der Regel feststellen, welche Zellstrukturen natürlich und welche künstlich erzeugt sind. Es zeigt sich nun, daß die Zellen keineswegs, wie man früher glaubte, „Elementarorganismen“, also einfache Bausteine sind, sondern daß sie meist recht kompliziert gebaut sind, so daß wir hier zunächst folgen lassen eine Uebersicht der Zellbestandteile. I. lebende — Proto- oder Bioplasma. Die hierhin gehörigen Elemente bekunden ihr Leben durch Reiz- barkeit, Stoffwechsel und eigene Teilbarkeite Man kann sie gliedern in: A. ständige (auch schon in der Eizelle vorhandene), eigent- liche Zellbestandteile: Cytoplasma (manchmal auch Protoplasma s. str. genannt), Nucleoplasma (Karyoplasma), Chromosomen, Centrosomen; Chloroplasten (Farbstoffträger) der Pflanzen; B. nicht immer vorhandene „Zellorganelle“, welche be- sonderen Aufgaben dienen: man kann sie zusammenfassen als Alloplasma (zuweilen Alloio-, Para- oder Metaplasma ge- nannt). Hierhin gehören: Neuro- und Myofibrillen, Cilien, Geißeln; Myoneme, Trichocysten, kontraktile Vakuolen der Protozoen; Nesselkapseln der Üoelenteren. II. tote — Plasmaprodukte. A. Metaplasma — dauernde, nicht am Stoffwechsel beteiligte Bestandteile: homogene oder fibrilläre Interzellularsubstanzen, Membranen, Kittsubstanzen, Pigmente, intra- oder extrazelluläre Skelette, Blut und andere Flüssigkeiten der Gewebe und Körper- höhlen ; B. Paraplasma = vergängliche, durch den chemischen Stoff- umsatz bedingte Produkte: Fette und Kohlehydrate, welche hauptsächlich als Reservenahrung aufgespeichert, auch wohl ergastische Stoffe oder in Eiern Deutoplasma genannt werden; Kristalle, Fermente, Sekrete und Exkrete aller Art, Vakuolen, Gasblasen u. a. 38 Il. Kapitel. Wie aus der Uebersicht hervorgeht, werden die gleichen Termini leider in verschiedenem Sinne gebraucht. Viele dieser Zellbestandteile werden uns in der Gewebe- und Organlehre näher beschäftigen. Hier sei nur folgendes hervorgehoben. Das Cytoplasma, die Kerne und ihre Chromosomen und die nur bei Pflanzen vorkommenden Chloro-, Chromo- und Leukoplasten sind selbständige Elemente in dem Sinne, daß sie sich immer durch Teilung vermehren. Dasselbe wird auch für die Centrosomen und Mitochondrien behauptet. Da sie aber nicht isoliert vorkommen, ist es verfehlt, in der Zelle eine Art Symbiose zu sehen. Als:Alloplasma fasse ich alle diejenigen lebenden Elemente zusammen, welche aus dem Cytoplasma durch Umwandlung hervorgehen und be- sonderen Aufgaben dienen. Man pflegt sie auch wohl „Zellorganelle“ zu nennen, wobei aber zu bemerken ist, daß dieser Begriff zuweilen auch auf den Kern und das Centrosom angewandt wird. Es gehören hierhin die für die tierischen Gewebe (im Gegensatze zu den pflanz- lichen) so sehr charakteristischen Fibrillen des Nerven- und Muskel- gewebes, ferner extrazelluläre Anhänge, wie Cilien, Geißeln, Stäbchen; hingegen nicht die Grundsubstanzen des Bindegewebes. Auf die letz- teren läßt sich der Begriff des Lebens nicht übertragen, da Stoff- wechsel, Reizbarkeit und Vermehrungsfähigkeit fehlen. 2. Der Kern. Der Kern, Nucleus, ist mit Ausnahme der Uyanophyceen, Bakterien und einiger alter Gewebe immer vorhanden, meist in Einzahl, zuweilen auch in Mehrzahl. Harckers Auffassung, nach der kernlose Amöben (Moneren) vorkommen, ist durch die neueren Forschungen nicht bestätigt worden. Er hat auch nie trotz aller An- sriffe Präparate seiner Moneren vorgelegt. In seltenen Ausnahmefällen bildet sich der Kern im Alter zurück und verschwindet: Siebröhren der Pflanzen, Epithel- und Muskelzellen bei einigen Turbellarien, Ten- takelepithel von Dentaliwm, rote Blutkörper . Fig. 11. Zelle aus der der Säuger, Zentralfasern der Säugerlinse, man einer Raupe. Nach Yerhornte Schuppen der Oberhaut der Säuger. DRSCHELT. E 9 R Der Kern ist meist ein rundes oder ovales Bläschen, oder er nimmt in länglichen Zellen eine längliche stabförmige Gestalt an. Da sein Einfluß auf das umgebende Zellprotoplasma (ÜUytoplasma) von seiner Oberfläche ausgeht, so ver- größert er sich zuweilen: verzweigte Kerne in den Spinndrüsen der Raupen und Phryganidenlarven (11), rosenkranzförmiger Kern eines Stentor-Infusors (12), wurstförmiger Kern einer Vorticella (15). Sehr merkwürdig verhalten sich die Kerne in den Muskeln des Appendicu- larienschwanzes: in der Jugend (13A,I) sind sie gelappt und zu 2 Reihen angeordnet; später wachsen sie zu Netzen aus und breiten sich dabei durch die ganze Zelle aus (13A,1I), wobei die benachbarten Kerne mehr oder weniger miteinander verwachsen Hand in Hand mit einer Ver- schmelzung der Muskelzellen. Der Kern ist im lebenden Zustand oft nicht zu erkennen, wenn er dasselbe Lichtbrechungsvermögen wie das Zellplasma besitzt. Durch Zusatz von dünnen Säuren oder von Alkohol kann man ihn dann sichtbar machen. Tote Kerne zeichnen sich da- Kern. 39 durch aus, daß sie Farbstoffe (Lösungen von Boraxkarmin, Hämatoxylin, Anilinfarben) stark aufspeichern und infolge des geänderten Absorptions- vermögens an gefärbten Präparaten sehr auffallen. Untersucht man den Kern im fixierten Zustande, so zeigt er meist die folgenden Bestandteile, welche unter günstigen Umständen auch an lebenden Zellen zu erkennen sind. Der ruhende, d.h. nicht in Teilung befindliche Kern (14, 1) wird außen von einer Kernmembran umgeben und ist im Innern erfüllt von einem eiweißreichen Kernsaft; durch diesen spannt sich ein netzartiges Gerüst feiner Fäden aus, dessen Sub- stanz Linin oder Achromatin genannt wird, da es sich mit den Peristom-__ Gilien undulierende SW) ee - 2 Membran TASTE k P SRH N conirac. Mundtri chter- 4 55 Vacuole Hauptkern — BE Reservoir Nahrungsvac-—— Le ® a‘ N <1.%: Nebenkern En, : Fig. 12. Fig. 13. Fig. 12. Sientor coeruleus, nach SCHUBERG. p Peristom, ad adorale Wimper- spirale, 0‘, o Cytostom, cv kontraktile Vakuole, ca zuführende Kanäle, k Kern, nk Nebenkern. Fig. 13. Vorticella. Glockentierchen. Farbstoffen nur wenig färbt. Es ist identisch oder nahe verwandt mit dem Cytoplasma. In das Linin eingelagert finden wir das Ohromatin in Form von größeren und kleineren Körnern und Stäbchen und in den Maschen ein oder mehrere, meist rundliche, stark lichtbrechende und sich ebenfalls stark tingierende Kernkörperchen (Nucleolen). Das Chromatin kann in seltenen Fällen fehlen oder auch als feinkörnige „Chromidien“ teilweise aus dem Kern austreten und sich im Oyto- plasma verteilen. In chemischer Hinsicht besteht der Kern ganz über- wiegend aus Nucleinsäuren, die Phosphor enthalten, vierbasisch sind und sich mit Eiweißkörpern zu einem sog. Nucleoproteid verbinden. Es hat seinen Sitz hauptsächlich im Chromatin, daneben wohl auch im gelösten Zustande im Kernsaft. Das Chromatin kann durch die basi- schen Kernfarbstoffe (Karmin, Hämatoxylin, Anilinfarben: Fuchsin, Bismarckbraun, Safranin u. a.) deutlich gemacht werden und wird daher auch wohl Basichromatin genannt, während die sauren Farbstoffe (Eosin, Orange, Pikrinsäuren u.a.) besonders an den Plasmastrukturen, gewissen 40 II. Kapitel. Nucleolen und den sog. Oxychromiolen haften. Die Farbstoffe scheinen teils mechanisch gebunden zu sein, indem sich z. B. das saure Nucleo- proteid mit der Farbbase zu einem Salz verbindet, teils mechanisch. Der Nucleolus unterscheidet sich vom Chromatin meist durch seine Färbbarkeit mit sauren Farbstoffen und durch seine Widerstands- fähigkeit gegen dünne Alkalien, aber die Gegensätze sind häufig nicht scharf, so daß es oft zweifelhaft ist, ob man die eine oder die andere Substanz vor sich hat. Es gibt auch rein basichromatische Nucleolen, welche in Beziehung zu den Chromosomen stehen, während die acido- philen Nucleolen meist mit dem Stoffwechsel zusammenhängen. Im Kernsaft oder im Liningerüst kommen sehr oft kleine Körner vor, RT [7 EM apa v BDND [| Seh = 8 o 77 » (4 ar a> )) % > EI, Ü> RR I II Fig. 13A. I. Ein Stück aus der Muskelplatte des Schwanzes einer jungen Appen- dieularie (Oikopleura). ch Chorda, chk Chordakern, 9x Ganglienzelle, »»% Muskelkern. II Das 5. rechte Muskelsyncytium einer erwachsenen Oikopleura cophocerca. Die ursprünglich gelappten Kerne haben sich in ein Netzwerk verwandelt und sind unter- einander verbunden und beginnen, namentlich in der oberen dorsalen Reihe, zu ver- schmelzen. ch Chorda, sy sog. Segmentgrenze. Nach SEELIGER. welche sich mit sauren Farbstoffen stark färben, die Oxychromiolen. Derselbe Kern kann je nach dem physiologischen Zustande der Zelle reich oder arm an Chromatin sein. Der eben aus einer Teilung ent- standene Kern ist stark chromatisch, wird dann allmählich ärmer, unter Umständen so arm, daß er sich mit Chromatinfarben überhaupt nicht mehr tingiert, und nimmt vor einer neuen Teilung wieder an Chromatin zu. Die Oxychromiolen verschwinden während der Prophase der Kern- teilung, um sich in Basichromatin zu verwandeln. Ruhende Kerne sind besonders reich an Oxychromatin, während die Teilungsstadien sich an dem Basichromatin abspielen. Daher bestehen auch die Kerne mancher Zellen, welche sich nicht mehr teilen (Nervenzellen), fast nur aus Oxy- chromatin. Das letztere enthält wahrscheinlich viel Eiweiß und wenig Phosphor, während das Basichromatin sich umgekehrt verhält. Die Nucleolen lösen sich ebenfalls während der Prophase der Kernteilung auf, scheinen also im allgemeinen nur Reservenahrung zu sein, deren Substanz zuweilen als Plastin bezeichnet wird. Kern. 41 Der Bau der Kerne läßt sich im Gegensatz zum Cytoplasma nicht in Beziehung setzen zur Funktion der zugehörigen Zellen. Gleiche Kerne finden sich sehr häufig in Zellen von ganz verschiedener Be- deutung, z. B. in Epithelien und in Muskeln, und umgekehrt können in den Zellen desselben Gewebes nebeneinander verschiedene Kerne sich finden. Der sogenannte „ruhende Kern“ ist,kein untätiges Organ, sondern auf das engste mit dem Zelleben verbunden. Da es aber ein Bedürfnis ist, eine gewisse Ordnung in die Mannigfaltigkeit der Kern- strukturen zu bringen, so unterscheiden wir folgende Formen von ruhenden Kernen, zwischen denen Uebergänge vorkommen können: 1. Den typischen Gerüstkern (14, 1) mit deutlichem Liningerüst und zerstreuten Chromatinkörnern. 2. Den dichten Kern: die chromatischen Elemente liegen so dicht zusammen, daß das Liningerüst ganz zurücktritt, z. B. in den Kernen der Spermien, vieler Protozoen (12, 13 Hauptkern) u. a. Fig. 14. Schema der Karyokinese. 1 ruhender Kern, 2 Spirem, 3 Verkürzung des Chromatinfadens, 4 Zerfall in Chromosomen, Längsspaltung derselben, Auflösung der Kernmembran, Polstrahlung (Amphiaster), 5 Aequatorialplatte (Aster), 6 Pol- wanderung (Metakinese), 7 Dyaster, 8 Dispirem, 9 Teilung des Oytoplasmas und Bildung der ruhenden Kerne. A Achromatin, 0 Oentrosom, Ch Chromatin, K Kern- saft, M Kernmembran, N Nucleolus. Orig. 3. Den Bläschenkern (24, in den Ganglienzellen): das Gerüstwerk fehlt oder ist sehr weitmaschig, das Chromatin ist wenig entwickelt, meist ist ein großer Nucleolus vorhanden. Hierher gehören die bläschen- förmigen Eikerne (Keimbläschen), deren Nucleolus als Keimfleck be- zeichnet wird. 4. Den Karyosomkern vieler Protozoen (15, 16): die chromatische Substanz ist zusammengedrängt auf einen großen Binnenkörper, das Karyosom, welches von strukturlosem Kernsaft umgeben wird. Im Innern desselben ist zuweilen noch ein „Centriol“ sichtbar. 5. Die Fadenkerne in den Speicheldrüsen der Ohironomus-Larven (1%) und bei anderen Arthropoden: das Ohromatin bildet hier einen 4 Il. Kapitel. langen Faden, ist also gleichsam auf dem Spiremstadium der Mitose stehen geblieben. Der Faden erscheint quergestrichelt, da chromatische und achromatische Platten miteinander abwechseln. Aehnliche, aber weniger deutlich quergestreifte Kernfäden kommen bei Dipterenlaren auch im Darm, in der Haut und in anderen Geweben vor. Bedeutung des Kernes. Obwohl es schwer hält, genaue Angaben über die Tätigkeit de& Kernes zu machen, so ist es sicher, daß er das ganze Leben der Zelle beherrscht und als ein Zentralorgan derselben anzusehen ist. Daher wird seine Bedeutung je nach der Funktion und dem Alter der Zelle verschieden sein. Für diese Auffassung sprechen namentlich die folgenden Tatsachen. Erstens ist der Kern, wie wir sahen, mit ganz verschwindenden Ausnahmen in jeder Zelle vorhanden und teilt sich jedes- mal, wenn die Zelle sich teilt. Zweitens gehen. kernlose Bruchstücke von künstlich geteilten Protozoen nach einiger Zeit zugrunde, während das kernhaltige Stück am Leben bleibt und nur das Kernvolumen verkleinert. Das kern- lose Stück verliert, wie es scheint, sehr bald on, [7 N», N S ZAÜNNN N Fig. 15. Fig. 17. Fig. 15. COryptodıfflugia oriformis aus DOFLEIN. (Ü Kern mit Binnenkörper, Chr Chromidien, Na Nahrung, Ps Pseudopodien. Fig. 16. Entamoeba africana HARTM. aus DOFLEIN. Kern mit Karyosom und in diesem ein Üentriol. Fig. 17. Kern einer Speicheldrüsenzelle von Chironomus nach BALBIANI aus HEIDENHAIN. Das Ende des Fadens schließt mit einem Nucleolus ab. die Fähigkeit der Verdauung, der Regeneration und der Teilung, also die für das Leben notwendigen Figenschaften der Selbst- erhaltung. Man würde daraufhin den Kern für den wichtigsten Teil der Protozoenzelle erklären können, wenn er imstande wäre, selbständig zu existieren. Aber das ist nicht der Fall! Kern und Protoplasma haben sich bei den Einzelligen gegenseitig nötig. Dasselbe gilt für die Metazoenzellen. Drittens vereinigen sich bei der Befruchtung nicht nur die Oytoplasmen der Ei- und der Samenzelle, sondern auch deren Kerne, und da das männliche Cytoplasma verschwindend klein ist im Vergleich zum weiblichen, scheint es bei diesem Vorgang in erster Linie auf die Vereinigung der beiden Kerne anzukommen, woraus ge- schlossen werden kann, daß der Kern der Träger der Vererbungs- erscheinungen ist. Viertens sprechen Beobachtungen dafür, daß der Kern durch seine Lagerung innerhalb der Zelle (26) oder durch Ge- staltänderung sich am Stoffwechsel der Zelle beteiligt. So werden die Eizellen von Dytiscus (18) von besonderen Nährzellen mit Dotter ver- sehen, und die Kerne der Eier bilden lappenartige Fortsätze (19) zur Kern. 43 Vergrößerung ihrer Oberfläche gegen den Nährstrom, was darauf hin- weist, daß sie die Aufnahme unterstützen. Bei einigen Drüsenzellen bildet der Kern Fortsätze, welche gegen den Teil der Zelle gerichtet sind, in dem die Sekretion stattfindet. So bei den Zellen, welche die fadenförmigen Anhänge an den Eiern von Aanatra und Nepa oder die Eischale von Branchipus bilden. Die stark gelappte Form der Kerne N = De 2 Fig. 19. Fig. 21. Fig.1S. Längsschnitt durch die Eiröhre von Dytöscus marginalis nach KORSCHELT. ef‘, ef“ Eifach (Eizelle), umgeben von Follikelzellen, nf Nährfach mit Nährzellen. Fig. 19. Eizelle aus einer Eiröhre von Dytiseus nach KORSCHELT. Der Kern hat Fortsätze gebildet. Br Fig. 20. Querschnitte durch Beindrüsen. A von einer jungen Phronima, Bvon einer halberwachsenen Phronimella, © von einer erwachsenen Phronimella. In der Mitte der Ausführgang. Nach KORSCHELT. Fig. 21. Zelle aus der Spinndrüse eines Schmetterlings. Die Kernmembran ist aufgebrochen, und aus dem Kern wandern Nucleolen in das Cytoplasma. Nach MAZIARSKI. 44 11. Kapitel. in den Spinndrüsen der Raupen (ll) und Phryganidenlarven findet so ihre Erklärung. Sehr schön sieht man bei den Beindrüsen der Phronimiden, wie der zuerst runde Kern allmählich mit Beginn der Sekretionsperiode immer mehr hirschgeweihartig auswächst (20). Die erwähnte Netzstruktur (13 A) der Appendicularienkerne erklärt sich dar- aus, daß durch die stark vergrößerte Oberfläche das Cytoplasma stärker beeinflußt wird. Bei manchen Spinndrüsen (21) und anderen Drüsen kann man direkt beobachten, wie Nucleolen aus dem Kern austreten und sich in Sekrettropfen umwandeln oder in den Nebenhodenzellen der Maus die Sekretbildung beeinflussen. Chromidien. Fünftens können Chromatinteile des Kernes in das Cytoplasma wahrscheinlich in gelöstem Zustande übertreten und ver- schiedene Funktionen er- füllen. Man spricht dann von Chromidien, wenn sie sich wie die eigentliche Fig. 23a. Fig. 22. Chromatinaustritt aus einer Parotiszelle nach GARNIER. Fig. 23. Chromidien an den Oocytenkernen von «a der Meduse Aeguorea an der Kernoberfläche innen und außen, b der Siphonophore Ayalma, fast nur außen. Nach SCHAXEIL. Kernsubstanz färben lassen. Sie zerfallen in die vegetativen und in die generativen, je nachdem sie bei der assimilatorischen und produk- tiven Tätigkeit der Zelle eine Rolle spielen oder bei der Vermehrung. Die vegetativen Chromidien sind in Metazoenzellen und bei Proto- zoen weit verbreitet. In 22 sieht man solche Elemente in strangförmiger Anordnung aus einer Parotisdrüse. Besonders häufig ist eine solche Chromatinemission an (wachsenden) Eizellen (23) festgestellt worden, wobei die ausgetretene chromatische Substanz in Dotter übergeht oder wenigstens dessen Bildung beeinflußt. Bei heranwachsenden Hymenoptereneiern entstehen aus dem Kern durch eine Art Knospung oder auch durch Austreten von Nucleolen zahlreiche kleinere Kerne (Karyomeriten) ohne Chromosomen, aber mit Linin und Nucleolen, welche die Kerne unterstützen beim Eiwachstum und der Dotter- bildung. Sie degenerieren bei der ersten Reifeteilung. Die Ganglien- zellen der Wirbeltiere erhalten durch die sog. Nısstschen Körner (Tigroidschollen) ein geschecktes Aussehen (24); da sie sich ähnlich färben wie das Chromatin, leiten sie sich wahrscheinlich vom Kern ab. Sie sind als Verbrauchsstoffe anzusehen, da sie bei starker In- anspruchnahme der Ganglienzellen verschwinden, um in der Ruhe wieder aufzutreten. In den Mesenchymzellen der Seeigellarven tritt die Skelettsubstanz in einem aus dem Kern ausgewanderten Chromatinherd Chromidien, 45 auf (25). Wir sehen also, daß in vielen Zellen das ausgewanderte Chro- matin in engster Beziehung zu den Produkten des Uytoplasmas steht. Fig. 24. Motorische Ganglienzelle aus dem Rückenmark des Kaninchens nach K. GC. SCHNEIDER. k, k! NısstLsche Körner (Chromidien), «x Axon, an dessen Ur- sprung die Körner fehlen, den Dendrit, Ke Kern. Eine extreme Auffassung (Gorpschaipr) besagt, daß alle lebhaften Stoff- wechselvorgänge und formativen Tätigkeiten der Zelle eingeleitet werden durch Austritt von Kernchromatin in das Plasma. Die Chromi- dien sollen sich direkt umwandeln in oder durch Zerfall an dem Aufbau sich beteiligen von Drüsensekret, Pig- ment, Mitochondrien u.dgl. Aus den letzteren sollen dann die Fibrillen der Nerven und Mus- keln hervorgehen. Die Zukunft muß lehren, wie weit sich diese Auf- fassung bewahrheiten wird. Ich halte sie für übertrieben, denn kern- lose Bruchstücke von Protozoen verdauen zu- nächst noch, zeigen noch das Spiel der kontrak- tilen Vakuole, empfin- den noch u. dgl., obwohl kein Chromatin mehr austreten kann. Auchbei Fig. 25. Pluteuslarve von Strongylocentrotus nach SCHAXEL. a ruhender Kern, 5 Chromatinanreicherung im Kern Skelettbildende Mesenchymzellen der und Auftreten achromatischer Nucleolen im Kern, e Chromatinemission, d chromatinarmer Kern und große Chromatinherde im Cytoplasma, in dessen Innern etwas Skelettsubstanz auftritt. e, f die Skelettmasse wird größer, wobei sich das umgebende Chromatin erschöpft. 46 1I. Kapitel. gewöhnlicher Zellvermehrung wird eine Chromatinemission nicht beob- achtet. Diese ist ein Mittel, um dieim Kern aufgespeicherten chemischen Kräfte im Cytoplasma wirken zu lassen. Es steht fest, daß das Chro- matin nicht nur im Kern, sondern auch extranukleär eine große Rolle spielt, aber man darf daraus nicht schließen, daß jede Zelltätigkeit vom Kern ausgeht und hier vorbereitet wird. Es ist dies an sich sehr un- wahrscheinlich, denn das Cytoplasma mit seiner großen Oberfläche nimmt die von außen kommenden Reize zuerst auf und verarbeitet sie. Für die Mitochondrien (s. o.) steht es durchaus noch nicht fest, daß sie aus ausgewandertem Chro- | matin hervorgehen. Gleiche | | a Färbbarkeit bedeutet noch \ \ Ir h 3 i N NN I // nicht die gleiche Herkunft. \\ \' IWW //// Vegetative COhromidien sind \ \\\ Iıllat S/W /// /r,, bei vielen Rhizopoden als ein ////,///// mehr oder weniger dichtes ‘/ Chromidialnetz im Cytoplasma beobachtet worden, das Re- W///, servestoffe (Glykogen) ent- Y/ı/ halten kann. Bei Actino- sphaerium Eichhorni zerfallen die zahlreichen Kerne zu- weilen in Chromidien, nament- lich nach Hunger, und können sich unter Umständen in Pig- ment verwandeln, welches aus- gestoßen wird. Auch bei pathologischen Prozessen der Metazoen hat man Chromidien als Zeichen der Degeneration auftreten sehen. Generative Chromidien sind nur von Protozoen be- kannt. Bei Amöben (2%), Thalamophoren, Radiolarien u. a. tritt oft sehr viel Chro- matin in das Plasma über und : verwandelt sich hier in Se- Fig. 26. Mitteldarmzelle der Larve von kundärkerne. worauf dann eine Nematus salicıs mit einem vom Kern durch 2 das Cytoplasma in den Darm übertretenden Vielteilung, häufig mit Don- Strom. Nach GRESCHIK. derung in Makro- und Mikro- gameten, erfolgt. Der ursprüng- liche Kern kann dabei fast alles Chromatin verlieren oder degenerieren. Solche generativen Chro- midien haben offenbar mit den vegetativen nichts zu tun, sondern sind als eine besondere Form der Vielteilung anzusehen. Bei Thalamophoren kommt es vor, daß die Zellteilung eintritt, ehe die Sekundärkerne sich gebildet haben. Viele kleine Amöben mit Chromidialnetzen, aber ohne Kern, verlassen die mütterliche Schale, und erst später bildet sich dann in ihnen der Kern. Da die Bakterien denselben Zustand dauernd repräsentieren und von uns als sehr primitive Organismen aufgefaßt werden (vgl. S. 31), so kann man den Chromidialzustand als ursprüng- lich ansehen und annehmen, daß der Kern durch Konzentration des Kernplasmarelation. 47 plasmatischen Chromatins entstand. Bei jenen Jugendformen kehrt der Kern nach der biogenetischen Regel wieder in diesen Zustand zurück. Aus der Tatsache, daß der Kern nicht nur bei der Teilung der Zelle, sondern auch bei deren vegetativen Funktionen eine hervor- ragende Rolle spielt, hat man die Theorie des Kerndualismus ab- geleitet: Jeder Kern soll aus zwei verschiedenen Portionen bestehen, dem als Träger der Erbfaktoren dienenden Idiochromatin und dem die übrigen Zelltätigkeiten beherrschenden Somatochromatin. Diese Auffassung muß als zu extrem zurzeit abgelehnt werden. Wohl sehen wir bei den Infusorien eine solche Trennung in den vegetativen Haupt- kern und den bei der Konjugation in Tätigkeit tretenden sexuellen Nebenkern (12»%) dauernd durchgeführt, aber dieser Zustand kann als eine besondere Anpassung bei diesen höchstdifferenzierten Formen an- gesehen werden. Eine ähnliche spezielle Ausbildung besitzen die Trypanosomen in dem als lokomo- torisches Kraftzentrum für den un- dulierenden Saum gedeuteten Ble- fi pharoplast (37). Es können also in x. ra: hochentwickelten Zellen Sonder- 6» kerne für besondere Tätigkeiten auftreten. Aber daraus darf nicht geschlossen werden, daß in jedem Kern die verschiedenen Funktionen an verschieden morphologisch nach- ‚weisbare Teile des Kernes gebunden sind, daß eine Region Träger der Vererbung ist, eine andere die = Assimilation der Zelle, wieder eine Fig. 27. Schnitt durch eine Cyste andere die Dissimilation, wieder von Protomyxa aurantiaca mit leerem eine andere die Reizbarkeit ver- Kern (X) und zahlreichen Chromidien, ursacht und beherrscht. Eine solche wel cn vr Vorstellung ist denkbar, aber zur- zeit nicht erwiesen. Es spricht viel- mehr dafür, daß dieselben Kernteile, z. B. ein Chromosom, die ver- schiedensten Zellfunktionen veranlassen kann, aber auch umgekehrt vom Cytoplasma ernährt und beeinflußt wird, denn es besteht zwischen beiden ein inniges Wechselverhältnis. Dieses findet in nachweisbaren Quantitativen Beziehungen zwischen Kern und Plasma seinen Ausdruck. Als Kernplasmarelation (R. Herrwic) wird das Verhältnis von Kerngröße zur Plasmagröße (K/P) bezeichnet. Die erstere kann auf die Größe der Kernoberfläche oder auf das Kern- volumen oder auf die Zahl und die Größe der Kernbestandteile, nämlich der Chromosomen, hin untersucht werden. Von der Zahl und der Größe der Zellen hängt wieder die Organgröße ab. So ergeben sich viele Probleme, die in der Neuzeit häufig behandelt sind, aber noch nicht zu klaren eindeutigen Ergebnissen geführt haben. Es liegt dies zum Teil daran, daß der Kern durch Wasseraufnahme oder -abgabe sich passiv vergrößern oder verkleinern kann, ohne daß seine chromatische Substanz sich vermehrt, oder daß er Chromatin in Form von Chro- midien ausstoßen und sich dadurch verkleinern kann. Es haben sich 48 Il. Kapitel. aber trotz der hierdurch hervorgerufenen Schwierigkeiten der Messungen folgende einigermaßen sichere Ergebnisse ergeben. Große Zellen haben im allgemeinen große Kerne, kleine Zellen kleine Kerne, aber K/P ist für jede Zelle eine variable Größe, welche von dem Alter der Zelle, von der Ruhe, von der Funktion und von äußeren Faktoren, namentlich von der Temperatur, beeinflußt wird. Jeder Kern ist am größten kurz vor der Mitose, am kleinsten in der späteren Anaphase und schon daraus ergeben sich verschiedene K/P. Als Norm nimmt man die Größe an, welche K/P bei Jugendzellen zeigt. Der Beweis der Veränderlichkeit dieser Größe ist an den verschiedensten Protozoen- und Metazoenzellen erbracht worden. Infusorien und Actino- sphärien vermehren bei fortgesetzter Kultur von Generation zu Generation ihre Kernsubstanz, was dann zu langsamer Vermehrung, zu Vergrößerung der Teilungsgröße und schließlich zum Tode führen kann, wenn es den Tieren nicht gelingt, durch Auflösung von Kernsubstanz oder durch Konjugation wieder eine normale Kernplasmarelation herbeizuführen. Man kann hieraus schließen, daß in einer gesunden Zelle ein be- stimmtes Größenverhältnis von Kern zu Plasma vorhanden sein muß. Wird dieses gestört, tritt eine Kernplasmaspannung ein, So müssen regulatorische Vorgänge eingreifen. Der wichtigste derartige Vorgang ist die Zellteilung. Während des Zellwachstums vergrößert sich im allgemeinen das Plasma mehr als der Kern, d. h. die Größe von K/P nimmt ab, bis eine Teilung das so hervorgerufene Miß- verhältnis wieder beseitigt. Nach früherer Auffassung teilt sich die Zelle, wenn ihre Oberfläche im Verhältnis zur Masse zu klein ge- worden ist, nach der neueren, wenn ihr Plasma im Verhältnis zum Kern zu groß geworden ist. Es ist aber sehr gut möglich, daß beide- Anschauungen zu Recht bestehen. In dem befruchteten Ei ist die Spannung infolge der riesigen Plasmamenge sehr groß und führt daher während der Furchung zu rasch aufeinanderfolgenden Teilungen. Fraglich aber bleibt, warum die Eizelle überhaupt zu einer solchen Spannung anwachsen konnte. Ebenso bleibt fraglich, warum viele Zellen sehr früh die Fähigkeit zur Teilung verlieren, z. B. die Darm- zellen der Daphnien nach der Geburt, ebenso die Ganglienzellen der Wirbeltiere. Es ist nur eine Umschreibung der Tatsachen, wenn man sagt, daß in solchen Fällen die Kernplasmaspannung zum Altern und schließlich zum Tode führt. Manche Beobachtungen sprechen für die Abhängigkeit der Zell- eröße von der Kerngröße. Durch Kälteeinwirkung läßt es sich er- reichen, daß bei der Teilung einer Spörogyra-Zelle beide Kerne in einer Tochterzelle bleiben. Diese wächst dann zu ungewöhnlicher Größe heran, ehe sie sich von neuem teilt und überträgt ihren Riesenwuchs auf ihre Nachkommen. Werden Bruchstücke von Seeigeleiern be- fruchtet (Merogonie) oder Eier zur parthenogenetischen Entwicklung angeregt, so erhalten sie nur die Hälfte der Chromosomenzahl und er- geben infolgedessen nur halb so große Kerne und Zellen als bei normaler Befruchtung (28). Da die Größe der Larven aber im ersten Fall normal sein kann, wenn die Eibruchstücke von fast normaler Größe waren, so folgt daraus, daß ein solcher Pluteus die doppelte Zahl von Zellen besitzt, woraus sich die viel dichtere Anordnung der Kerne in 2Sb erklärt. Bei der Banane, Musa sapientium, kommen drei Rassen vor mit den haploiden Chromosomenzahlen 8, 16, 24. Ihre Kernvolumina verhalten sich entsprechend wie 1:2:3. Bei manchen Arten und Kernplasmarelation. 49 Bastarden der Gattung Oenothera steigt die Kern- und Zellgröße mit der Zahl der Chromosomen. Die Kerngröße bedingt also bis zu einem gewissen Grade die Zellgröße, und erstere wird beeinflußt durch die Zahl der Chromosomen. Dagegen läßt sich nicht die Regel aufstellen, geschweige denn das . Gesetz, daß die Kern- größe allein von der Chromosomenzahl ab- hängt, denn nach dem Gesetz der spezifi- schen Chromosomen- zahl (s. S. 63) führen alle Kerne der ver- schiedensten Gewebe bei derselben Spezies dieselbe Zahl und sind trotzdem von sehr ver- schiedener Größe, weil die Größe der Chromo- somen innerhalb einer Art nicht konstant ist. Bei Echiniden nimmt die Größe derselben während der Furchung von Teilung zu Tei- lung ab, so daß sie auf dem Pluteusstadium nur ungefähr !/,, der Größe derjenigen der ersten Spindel haben. Dasselbe ist bei Mol- lusken und Würmern beobachtet worden. 4 Aeußere Verhält- f nisse, namentlich Tem- .. peratureinflüsse, sind von großer Bedeutung für die Größe der Kerne und Zellen: in der Wärme entstehen . : ig. 28. slarven n BovEr1ı. a Mit großen kleinere Kerne, in der RS Pen ee v ie ie Kälte größere (Infu- sroßen, aber doppelt so zahlreichen Kernen nach Be- sorien, Kaulquappen, fruchtung eines kernlosen Eibruchstücks. Echiniden, Zwiebel- schalenblätter und andere Pflanzengewebe); die Kernplasmarelation ver- schiebt sich also in der Wärme zugunsten des Plasmas, in der Kälte zugunsten des Kernes. Paramäcienzuchten bei 8° zeigen K/P = 1/1, bei Wärme = 1/13. Die Organgröße und damit die Größe des ganzen Körpers hängt innerhalb derselben Art und bei nahen Verwandten in erster Linie von der Zahl der Zellen ab. Der Riese Machnow hatte genau so große Zellen wie ein Zwerg. Nur bei Nerven-, Muskel- und Sinneszellen hat man beobachtet, daß sie im Verhältnis zur Körpergröße wachsen, also 4 ® s ® ® ® 0% ..o e oo .,„ ve ro » Plate, Allgemeine Zoologie I. 50 11. Kapitel. bei der Maus klein, beim Elefanten groß sind. Die Schnellwüchsigkeit gewisser Karpfensorten beruht auf der raschen Volumzunahme der Muskelfasern, also der Zellgröße; Ascaris megalocephala hat größere Ganglienzellen als die kleinere A. lumbricoides. Es ist mehrfach fest- gestellt worden, daß ein Organ bei verschiedenen Individuen derselben Art immer dieselbe Zahl von Zellen aufweist (Eutelie = Konstanz der Zellen in Zahl, Lage, Form etc., was natürlich gewisse Variationen nicht ausschließt). So hat bei den Appendicularien Orkopleura longi- cauda 92 Nervenzellen und 96 Chordazellen im Schwanz; Fritillarıa pellucida hat 446 Kerne im Gehäuseepithel, 4 in der Kiemendrüse. Beim Rädertier Aydatina senta findet sich unter den „959 Zellen oder besser Kernen des Tieres nicht eine, die beliebig fehlen könnte oder sich manchmal wesentlich anders als sonst verhielte“. Beim Pferde- spulwurm besteht das Zentralnervensystem aus 162 Ganglienzellen von ganz konstanter Lage und Form. Diese Konstanz der Zellenzahl gilt nicht selten für verwandte Arten, so haben alle Appendicularien im Schwanz 10 große Drüsenzellen und 20 Muskelzellen. Wenn auch darin zum Ausdruck kommt, wie außerordentlich genau der Vererbungs- mechanismus arbeitet, so darf man auf der anderen Seite alle diese quantitativen Beziehungen nicht überschätzen. Sie sind immer nur als Regeln aufzufassen, von denen es viele Ausnahmen gibt. 3. Teilungsorgane und dynamische Zentren der Zelle: CGentriol, Centrosoma, Sphäre, Diplosomen, Basalkörner von Oilien u. dgl. Bei der mitotischen Teilung des Kernes (14) tritt neben demselben ein kleines Körperchen auf, welches sich mit einer strahlenförmigen Figur (Pohlstrahlung) umgibt, sich teilt, eine faserige „Spindel“ zwischen den Teilprodukten ausbildet und die Verteilung der Uhromosomen auf die beiden Tochterkerne leitet oder jedenfalls stark beeinflußt. Dieses kleine, mit Eisenhämatoxylin stark färbbare Körperchen wird Gentro- som genannt. Es gehört zum Uytoplasma und heißt daher auch Cyto- zentrum. Es enthält häufig noch eine Körnchen, das Centriol (31,32). Es scheint ein dynamisches Zentrum, also der Sitz besonderer Kräfte zu sein, welche von ihm ausstrahlen und durch regelmäßige Anordnung der Protoplasmakörner die Strahlenstruktur hervorrufen, die nicht selten bei sich teilenden Eiern und Furchungszellen schon im lebenden Zustande er- kannt werden kann. Indem das Centrosom als selbständig sich teilendes Zellorgan in die Furchungszellen gelangt, erhält es sich auch in vielen Gewebezellen als ein dauernder Bestandteil. Ein ähnliches als Kraft- zentrum dienendes Plasmakügelchen kann dauernd oder vorübergehend in dem Kern von Protozoen oder von Eiern auftreten. Solche Nukleo- zentren sind entweder als Öytozentren anzusehen, welche bei der Mitose in das Innere des Kernes verlagert wurden, oder als konvergente Neubil- dungen, denn das Protoplasma hat offenbar überall die Fähigkeit, dichtere Ansammlungen zu bilden, von denen aus Kräfte auf die Umgebung aus- strahlen. Diese betätigen sich besonders bei der Teilung, daneben auch dort, wo die Zelle sonstige starke Bewegungen zu leisten hat (Achsenfäden der Spermien, Basalkörner der Cilien). Wir sehen das Gemeinsame aller dieser Bildungen darin, daß sie ein chromatinfreies Kraftzentrum aus besonders dichtem Protoplasma darstellen, denn trotz gelegentlicher ähn- ‚licher Färbbarkeit spricht nichts dafür, daß die Centrosomen Chromatin Centrosom. 51 enthalten. Sie entstehen daher auch nie aus Ühromosomen. Unter den Pflanzen werden solche Bildungen nur unter den Diatomeen, Algen, Pilzen und Lebermoosen angetroffen, fehlen aber den höheren Pflanzen. Bei den letzteren erfolgt aber die Mitose prinzipiell ebenso wie bei den Metazoen, und wir werden daher annehmen dürfen, daß die bei der Teilung tätigen Kräfte ebenfalls von den Polen der Spindel aus- strahlen, aber nicht von einer scharf umschriebenen Stelle, sondern von der ganzen Polregion des Uytoplasmas und aus diesem Grunde ihren Ausdruck nicht in einem Centrosom oder Üentriol finden. Ebenso ent- behren die Richtungsspindeln der Insekteneier häufig der Zentren und Polstrahlung, während andererseits bei man- chen Protozoen Zentren im Kern auftreten, ohne eine radienartige Anordnung zu ver- anlassen. Sobald die Zentren aber im Uyto- plasma liegen, rufen sie sehr häufig, während der Teilung wohl immer, eine solche Strahlen- figur hervor. Werden Seeigeleier mit MgÜl? behandelt, so können eine Menge Strahlen- figuren (Cytasteren) mit Öentrosomen als Folge einer solchen Ueberreizung auftreten, und diese können sich auch teilen unter Sr + Fig. 29. Fig. 30. Fig. 29. Ei von Toxopneustes nach Behandlung mit MgCl’: vierpolige Teilung des Furchungskerns und 7 Cytasteren. Nach WiıLson. Fig. 30. Teilung der Cytasteren im Ei von Thropneustes nach Einwirkung von MgCl’”. Nach WıLson. Bildung neuer Spindeln (29,30). Werden solche befruchtete Eier in 1,5-proz. NaCl gelegt, so kann es vorkommen, daß eine Furchungszelle ohne Kern abgeschnürt und unter Bildung von Zentren und Sphären weiter geteilt wird, also eine Furchung ohne Kern und Chromosomen stattfindet. Die dynamischen Zentren treten uns in zwei Hauptformen entgegen: 1) als Teilungsorgane bei der Karyokinese, und 2) alsHilfsorgane für 52 II. Kapitel. Bewegungsorganellen oder für andere Zelleistungen. Es spricht vieles dafür, daß die letzteren aus den karyokinetischen Zentren hervorge- gangen sind. 1. Karyokinetische Zentren. Da die Cytozentren im allgemeinen mit der Größe der Zellen an Größe zunehmen, so sind sie am besten zu studieren bei der Teilung von Eizellen, Furchungszellen, Spermatocyten oder anderen größeren Zellen. Sie sind zuerst durch E. van BEnepen 1876 an Dicyemiden- keimen entdeckt worden. In günstigen Fällen sieht man an ihnen zu innerst einen mit Eisenhämatoxylin scharf gefärbten Körper von 2—4 u. A B 7 F we “r a a x en „ p = s PN ( r Ar ) : 1 ee y \ m | > FED STE w N £ N = Re “= | DD: > x . 7 “ge BE u Fig. 31. Erste (A—C) und zweite (D-H) Reifeteilung der Spermatoeyten von Ascaris megalocephala bivalens. Nach BRAUER. Durchmesser, das Centrosom oder den Zentralkörper, in einer dichten, manchmal radiärstreifigen Plasmamasse, der sog. Sphäre. An der nach außen folgenden Polstrahlung kann man häufig eine innere helle Markzone und eine äußere dunklere Rindenschicht unterscheiden. Das Oentriol im Centrosom kann durch die Färbung verdeckt sein. Wenn die Zellteilungen rasch aufeinander folgen, so teilt sich der Zentralkörper in der Regel sehr früh (31 C) als Vorbereitung für die folgende Mitose, und man findet dann in ihm zwei Oentriolen neben- einander. Bei der Teilung hängen beide Oentriolen längere Zeit durch ein dünnes stabförmiges Verbindungsstück (Centrodesmose) zu- sammen. Ist das Objekt weniger günstig oder ungenügend konserviert, so erkennt man innerhalb der Sonnenfigur nur eine dichte homogene Plasmamasse. Die Herkunft des Öentrosoms kann verschieden sein. In den meisten ie g Üentrosom. 53 Fällen liegt es noch von der vorhergehenden Mitose her neben dem Kern im Oytoplasma. Es kann aber auch aus dem Kern stammen, so bei der Reifeteilung der Spermatocyte von Ascaris megalocephala (32), bei der Ovocyte von Thysanoxoon, bei der Heliozoe Arcanthocystis (45) und bei anderen Protozoen. Wir werden ferner unter den Promitosen der Protozoen (S. 58) Fälle mit einem Teilungsapparat aus dich- terem Protoplasma im Kern kennen lernen, welcher dieselbe Rolle wie das Üentrosom zu spielen scheint. Daher ist die Auffassung wohl begründet, daß ein solcher Apparat phylogenetisch zuerst im Kern auftrat und erst später aus diesem herauswanderte. Noch jetzt kehrt er bei Beendigung der Mitose zuweilen (31 H) in diese Lage zurück, meist aber bleibt er neben ihm liegen. Der Tei- lungsapparat bestand zuerst aus dichtem Plasma IE (Sphäre); erst auf späterer phyletischer Stufe ne - ß - atocyten- entwickelte sich darin das Centrosom, das durch kerns von Ascaris megalo- seine Tinktionsfähigkeit am leichtesten erkannt cephala wnivalens, nach werden kann. Während des Eiwachstums geht nun en das Centrosom oft verloren, denn bei der Bil- cn mn an rue ann Bert dung der Richtungsspindeln fehlt es nicht aus. / Tetrade, » Nukleolen. selten, z. B. bei vielen Insekteneiern. In viele Eier, welche kein Centrosom besitzen, wird es bei der Befruchtung durch das Mittelstück der Spermie wieder eingeführt und vermittelt die Furchungsteilungen. 2. Cytozentren als Dauerbildungen von Gewebezellen, Spermien, Geißelzellen u. dgl. In vielen Gewebezellen werden Zentren als einfache oder doppelte (Diplosomen) Körper angetroffen, so in Leukocyten (33), Drüsen und anderen Epithelien (34), Bindegewebs-, Knorpel- und Ganglien- zellen. In den Epithelien liegen sie häufig in einem hellen Hof dicht unter dem distalen Rande und bei Drüsenzellen mitten in Fig. 33. Leukocyten aus dem Knochenmark des Kaninchens mit Cytozentren, nach HEIDENHAIN. der Sekretmasse, also weit ab vom Kern, während sie bei den Leuko- cyten meist die Mitte der Zelle einnehmen und vom Kern mehr oder weniger umgriffen werden, wobei auch eine Art Strahlung im Plasma vorkommen kann. Man hat bis jetzt nicht beobachtet, daß sie bei der Teilung dieser Zellen eine Rolle spielen. Es sind also wohl Kraft- zentren, welche die Sekretion, Resorption oder sonstige Tätigkeit be- einflussen. In quergestreiften Muskelzellen sind sie bis jetzt nicht 54 II. Kapitel. beobachtet worden. Sehr oft sind die Diplosomen durch einen beson- deren plasmatischen Streifen („Substanzbrücke“) miteinander verbunden. Drei Centriolen, oft von verschiedener Größe, kommen vor im Epithel der Harnkanälchen des Kaninchens, des Nebenhodens, der Tränen- drüsen usw. In den Riesenzellen des Knochenmarks des Kaninchens (35) treten sie in großer Menge (2--300) auf, welche sich auf eine Hauptgruppe im Innern des ringförmigen Kerns und meh- reren Nebengruppen verteilen. In manchen Epithelien läuft das distale Oentriol in eine „Zentral- geißel“ aus, und solche Befunde legen dann die Vermutung nahe, __M.Ex _SEx Fig. 34. Fig. 35. Fig. 34. Darmepithel aus dem Colon des Menschen nach ZIMMERMANN. C Zentren. Fig. 35. Einkernige Riesenzelle (Megakaryocyt) mit vielen zerstreuten ÜUyto- zentren im Innern des fast ringförmigen Kerns. J. Er, M. Ex innere und mittlere Schicht des Exoplasmas. daß die an der Basis der Cilien der Flimmerzellen sehr häufig in Ein- oder Zweizahl vorhandenen Basalkörner (36. 38) ebenfalls hier- her gehören, und nicht bloß zur Stütze, sondern als kinetische Zentren dienen. In den Duc- tuli efferentes testis entstehen die Körner aus echten Üentroso- men, während sie in der Muschelkieme und bei Infusorien nichts mit diesen zu tun haben. Bei Flagellaten, und zwar besonders deut- EN lich bei Trypanosomen Fig. 36. Epithel aus der Wandung des Glomerulus (37) wurzelt die Geißel von Torpedo nach JOSEPH. ebenfalls in einem Basalkorn, welches hier Blepharoplast genannt wird. Bei der Teilung der Zelle teilt sich zuerst dieses Korn und darauf von unten her die Geißel, Oytocentren. 55 wenn diese nicht durch Neubildung aus dem Üentrosom hervorwächst. Bei dem Trypanosom Haemoproteus noctuae soll der Blepharoplast —n Fig. 37. Teilung von Trypanosoma Brucei nach KÜHN und V. SCHUCKMANN. a—e gewöhnlicher, / abweichender Typus der Kernteilung, 5b! Blepharoplast, in b und c in Teilung, in d und e verdoppelt. Die Geißel ist hier zugleich der Rand- faden eines undulierenden Saums. / VE Fig. 38. Fig. 59. Fig. 35. Flimmerzellen aus den Lebergängen von Helix nach HEIDENHAIN. Fig. 39. Spermatogenese a—c bei Helix pomatia, d—f bei Selachiern. « Akrosom, de distales Centrosom, /; Kern, m Mittelstück, s Sphäre und Spitzenstück. Kombi- niert aus verschiedenen Autoren von BRÜEL. 56 II. Kapitel. aus dem Kern hervorgehen, was für seine Uentrosomnatur sprechen würde, und in demselben Sinne läßt sich die Tatsache verwerten, daß bei den Kragenzellen der Schwämme das Basalkorn der Geißeln zu den Centrosomen der Kernspindel wird. Der ursprüngliche Teilungs- apparat des Kernes besitzt also eine große Umwandlungsfähigkeit. In vielen Fällen (38) laufen die Basalkörner der Cilien in einen Wurzelschopf von Fäden aus, der von einem Punkt in der Nähe des Kernes ausgeht. Man wird dann in diesen Gebilden wohl nur Stützelemente zu sehen haben, die aber möglicherweise phylogene- tisch aus Centrosomen hervorgegangen sind. Daß die Cytozentren zu ganz anderen Gebilden unter Umständen werden können, beweist die Spermatogenese vieler Tiere, die zwar in den einzelnen Tiergruppen sehr verschieden verläuft, aber doch meist im folgenden überein- stimmt (39): das Centrosom teilt sich in ein proximales und ein distales Korn, von denen ersteres sich an den Kern anlegt und zusammen mit Mitochondrien die Achse des Mittelstückes liefert. Das distale Korn wächst zur Achse des Schwanzfadens aus. Eine sphärenartige Plasma- ansammlung (Idiosom) kann von den Centrosomen zum Kern hinwandern und die innere Verhärtung (Akrosom) des Spitzenstückes aufbauen. 4. Kernteilung und Zellteilung. Die Kernteilung tritt in zwei Hauptformen auf, als direkte, amitotische, bei der der Kern sich ohne wesentliche Aenderung seiner Struktur, ohne Auflösung seiner Membran und ohne Mitwirkung von Zentren durchschnürt, und als indirekte, mitotische, bei der die Membran aufgelöst und das Chromatin in Form von Chromo- somen gesetzmäßig durch Zentren auf die beiden Tochterkerne ver- teilt wird (14). Die Amitose kann wegen ihrer Einfachheit als die ursprüngliche Form der Kernteilung angesehen werden. Bei den Proto- zoen kommen sehr verschiedene Arten von „Promitosen“ vor, welche andeuten, wie ungefähr die komplizierte Mitose aus der Amitose phyletisch hervorgegangen ist. Die Amitose kommt sehr zerstreut bei Protozoen und Metazoen vor, woraus hervorgeht, daß sie fast ganz von Promitosen und der eigentlichen Mitose verdrängt worden ist. Man hat sie früher als Zeichen der Degeneration und Senilität aufgefaßt, da sie besonders in alten Zellen, in solchen, welche dem Untergang geweiht sind (Ei- hüllen, Decidua) und in pathologischen Geweben auftritt. Sie wird aber nicht selten in den verschiedensten normalen, sogar embryonalen Zellen beobachtet, wenn diese durch rasches Wachstum, durch mechanische oder chemische Reize zur intensiven Vermehrung gedrängt werden; so in dem Perichondrium, wenn dieses durch den wachsenden Knorpel gedehnt wird, in den Osteoblasten des wachsenden Knochens, in Mesenchymzellen von Kaninchenembryonen, wenn diese der stark wachsenden Leber aufliegen, ferner bei den Matrixzellen der Bürzel- und Ohrkanaldrüsen der Vögel, der Talg- und Milchdrüsen. Der Zell- ersatz der nekrobiotischen Drüsen scheint überwiegend durch Amitose zu erfolgen. Besonders häufig ist die Amitose bei Arthropoden (Fett- zellen, Tracheen, Firöhren, Nierenzellen der Insekten, Leber und Mittel- darm der Krebse). Unter den Mollusken wird Amitose während des ganzen Lebens beobachtet in den Atemröhren der Janellen, deren Zellen rasch verbraucht werden. Beobachtungen an Spirogyra, Copepoden- Amitose, Promitose. 57 eiern, Knorpelzellen usw. weisen darauf hin, daß Zellen, welche für gewöhnlich sich mitotisch vermehren, durch Aether und andere Reize zur Amitose gezwungen werden können, weil diese das einfachste Mittel zu rascher Teilung ist. Die Durchschnürung vollzieht sich häufig nur am Kern und greift nicht auf die Zelle über, wodurch mehrkernige Zellen entstehen (Nierenepithel der Stabheuschrecken, Epidermis der Amphibien, Belegzellen der Magendrüsen, Pigmentepithel der Retina, Knorpelzellen und Schweißdrüsen bei Säugern). Die Ami- tose zeigt sich in zwei Formen, meistens als hantelförmige Durch- schnürung, seltener indem eine Falte vorwächst. Es bleibt noch zu untersuchen, wie die Chromosomen bei der Durchschnürung ihre In- dividualität bewahren. Vermutlich ordnen sie sich in der Längsachse des Kernes, so daß sie quer halbiert werden. Unter den Protozoen finden wir die Amitose angegeben für manche Rhizopoden, Flagellaten, für den Macronucleus der Infusorien. Ist der letztere sehr lang (Vorti- cellen), so kann er sich vorher zu einem kurzen dicken Körper kon- zentrieren und eine längsstreifige Beschaffenheit annehmen. Bei Amoeba erystalligera teilt sich der Kern und sein Binnenkörper durch eine hantelförmige Durchschnürung. Promitosen (Hartmann). Sie erinnern an die echte Mitose, indem ein oder mehrere Merkmale, welche für die indirekte Kern- teilung charakteristisch sind, vorhanden sind, während andere noch fehlen. Solche Merkmale sind der Teilungsapparat, die Spindeln, die Aequatorialplatte, die Chromosomen, die Auflösung der Kernmembran, die Polstrahlungen. Die Promitosen sind außerordentlich verschieden. Wir greifen hier nur diejenigen heraus, welche den phyletischen Weg von der Amitose zur typischen Mitose der Metazoenzelle andeuten. I. Promitosen mit Spindeln und Aequatorialplatten, aber noch ohne Zentren und ohne Auflösung der Kernmembran. Als Beispiel möge die Kernteilung des vielkernigen Rhizopods Triehosphaerium Sieboldi (40) dienen, bei dem die Chromosomenkörner E d ” 38 & N N l m a ALLIT i/ KB Tı ı} a 1a rn 0% ex PR y ai r j 1 she l RE % en I 17 SR Ya n vr? 3% Fig. 40. Promitose von Trichosphaerium Sieboldi, nach SCHAUDINN. a—e Um- lagerung des Chromatins unter Auflösung des Nucleolus, f Auftreten der Längs- streifung, g, % Aequatorialplatte, “ deren Spaltung, % Spindel mit Tochterplatten, !—o Durchschnürung und Umbildung zum Ruhekern. 58 Il. Kapitel. sich zunächst zu Reihen, dann zu einer echten Aequatorialplatte anordnen. Aehnliche Gebilde kommen bei der Kernteilung von Actinosphaerium Eichhorni vor, nur daß die Spindeln breit und tonnenförmig sind und eigentümliche Polkappen von dichter achromatischer Substanz aufweisen, welchen wohl eine ähnliche Be- deutung wie den Zentren zukommt. Bei zahlreichen Protozoen liegt im Kern ein Binnenkörper, das Karyosom, welches sich teilt, wobei die beiden Tochterstücke längere Zeit durch N ein in der Längsachse der Spindeln stehendes Ver- | bindungsstück (Centrodesmose) zusammenhängen. | Man kann hierin eine motorische Komponente | des Kernes sehen, welche die Verteilung des Chro- \ | II. Promitosen mit intranukleärem Teilungsapparat. matins beeinflußt. Zuerst ist diese Beeinflussung noch unbedeutend. denn die Öhromatinmasse außer- halb des Karyosoms schnürt sich noch hantelförmig | durch ohne Bildung einer Aequatorialplatte und ohne \\ r Spindel (41). Aehnlich auch bei Coceidium Schu- \ berge (42), wo eine Spindel, d. h. eine achromatische / mittlere Masse, schon auftritt, ohne daß sich aber \ entscheiden ließe, ob die Teilung vom Karyosom \ beherrscht wird, oder ob die inneren und äußeren \ Kernelemente unabhängig voneinander sich teilen. FE _0 Auf der nächsten Stufe (43) finden wir eine echte Bei: Aequatorialplatte und eine Centrodesmose, so daß die Endknöpfchen der letzteren als motorische Zentren, als Üentrosomen, aufgefaßt werden können. Dies leitet über zu solchen Kernteilungen, die schon fast ganz den Charakter einer Mitose haben. Bei Be: 0 Fig. 41. Kernteilung des Flagellats Thylaeomonas com- “ .ß 5 > Ma pressa nach DoFLEIN. Bi Karyosom in Teilung mit Centro- ..@® desmose, Or Chromatin, F Flagellum, schon verdoppelt, R ER dessen Wurzelfäden, OÖ Mund, Na Nahrungsvakuolen a 5,7 I 2. 7 Vu enr 2 eo: U EYE Fig. 42. Kernteilung bei Coceidium Schubergi, x Reste der Centrodesmose. Euglypha (44) fehlt zu einer solchen nur, daß die Kernmembran sich auflöst und die Polstrahlungen hinzukommen. Eine ÜUentrodesmose ist im Innern der Spindel nicht nachgewiesen, aber vielleicht nur über- sehen worden. ‚Jedenfalls kann es nicht zweifelhaft sein, daß die beiden Polkörper der Spindel einerseits den Endknöpfen der ('entrodesmose, Karyokinese. Bes x nn BEN 9 ı d B.. 2 £ Kur Bi nr 4 N ag [4 B ; andererseits den Zentren der Mitose entsprechen. Bei Amoeba verrucosa (2) finden wir Chromo- somen, Karyosomkappen, Spindel- fasern, aber keine Auflösung der Kernmembran und daher noch eine Hantelfigur. Mitose oder Karyokinese (in- direkte Kernteilung). Das Charakteristische dieser höchsten Kernteilungsform ist der extranukleäre Teilungsappa- rat, Centrosom genannt. welcher eine Auflösung der Kernmem- bran zur Folge haben 'muß, damit die Spindel sich mit den Chromosomen in Verbindung setzen kann. Wir haben schon oben betont, dab dieser Apparat sich vielleicht von einem ur- sprünglich im Kern gelegenen Nukleozentrum ableitet, denn bei den Promitosen haben wir solche soeben kennen gelernt und bei manchen Protozoen (45) entsteht das Zentrum noch jetzt durch Auswanderung aus dem Kern, und dasselbe wird bei den Spermatocyten von Ascaris be- obachtet (32). Die indirekte Kernteilung ist bei den Meta- zoen fast ausschließlich vorherr- schend und findet sich auch bei vielen Protozoen. Sie wird als mitotisch (pitos Faden) bezeich- net, weil die chromatische Sub- Fig. 44. Kernteilung des Rhizo- poden Euglypha alveolata nach SCHE- WIAKOFF. «a ruhender Kern, b Spirem, « Aequatorialplatte von oben gesehen, d—-f von der Seite gesehen, y Anaphase, A Durehsehnürung der Spindel. 60 Il. Kapitel. stanz in Form von Fäden, den Chromosomen, auf die Tochterkerne verteilt wird. Wegen der schon im lebenden Zustande häufig sicht- baren Strömungen wird sie auch wohl die karyokinetische Kernteilung EI ERD ii ZAß ayea 3 PRSTIDEENENE. | EN 18 AR hy \ Ay } AR ) IR Se ad © NN, 1 A : > Te I: 4 NUR I NZ 2 6° u N Ze x I) u N 3 NE Wr Han nd == v—. b c HER } a A ea a7 e ? \ f, zu d 9.5 Sr [4 Fig. 45. Bildung des Centrosoms von Acanthoecystis aculeata durch heteropole Teilung des Karyosoms und Auswanderung aus dem Kern. Nach HARTMANN. (x&pvov Kern; xıveiv bewegen) genannt. Etwas vor der Teilung pflegt der Kern größer und chromatinreicher auf Kosten des Uytoplasmas zu werden. Bei Beginn derselben (14, 2) zieht sich das Uhromatin zu einem langen, hin und her gewundenen Faden zusammen (Spirem- ren Fig. 46. A Ascarisei in der Metaphase mit Chromosomen in der Längs- spaltung, Spindel und Polstrahlung um das Centrosom herum, welches zwei kleine Öentriolen enthält. B Spermatoeyte des Salamanders nach MEvES. Nur zwei Ohromo- somenpaare sind eingezeichnet. An sie heften sich die Mantel- oder Zugfasern, während im Innern der Spindel geschlängelte Fasern sichtbar sind. stadium) oder zu mehreren solchen Fäden, während das Centrosom sich teilt und eine Spindel heller Fasern zwischen den beiden Üentrosomen auftritt. Diese Fasern entstammen dem Zellplasma. Gleichzeitig zeigt Karyokinese. 61 sich in der Regel um jedes Centrosom herum in dem Zellplasma eine Strahlenfigur (Polstrahlung), vielleicht hervorgerufen durch Diffusions- strömungen (46). Sie ist an der lebenden Zelle sichtbar, während Spindel und chromatische Elemente meist nur mit Hilfe von Reagentien ker Fig. 47. Fig. 47. Spermatocyte des Salamanders nach DRÜNER. Die Zugfasern sind deutlich verschieden von den durchlaufenden Fasern der Spindel. Sie haben sich an die Chromosomen angeheftet, um sie zur Aequatorialplatte anzuordnen. Fig. 48 A. Mitose in einem Seeigelei. B Durch Kälteeinwirkung ist die Strah- lung aufgehoben. im toten Zustande zu erkennen sind. Es erfolgt eine Verkürzung und Längsspaltung (FLemminG 1879) des chromatischen Fadens (14, 3), wo- bei die zwei Centrosomen weiter auseinanderrücken und die Spindel größer wird. Die Kernmembran löst sich auf, und der Doppelfaden teilt sich in eine be- stimmte, für jede Tier- F art charakteristische Anzahl Segmente oder Chromosomen (14,4), welche hufeisenartig zusammenknicken und SIE sich in der Mittelebene Er \ als „Aequatorial- FEB platte“ (Aster)anord- ,/ IR D E “EY/RY nen (14, 5). Sie werden 2. a | Se dann, wie es scheint =% durch die Spindel- nn (= 5) i =) N fasern, so auseinander- ik ıy Ip Ka gerissen, daß von jedem Chromosom die Fig. 49. Bildung der Chromosomen in den Sper- 1 3 matogonien (A und B) und der Tetraden in den Sper- En Halfte zu dem matocyten (C—H) von Ascaris megalocephala biralens. y ‘einen, die andere jn 4-0 sind die ganzen Zellen, in D—H nur die Kerne Hälfte zu dem ande- gezeichnet. Nach BRAUER. ren Pole gelangt (14, 6), a Hi: worauf dieselben Phasen in umgekehrter Reihenfolge (Dyaster, Dispirem) zu zwei fertigen Kernen führen. Indem sich gleichzeitig das Proto- 62 11. Kapitel. plasma durchschnürt, sind aus der Mutterzelle zwei neue Zellen ge- worden. Die Stadien 2—4 werden als Prophase der Kernteilung be- zeichnet, das Asterstadium (5) als Metaphase, 6 und 7 als Ana- phase und & bzw. 9 als Telophase. Im einzelnen verläuft der Prozeß bei verschiedenen Zellen oft sehr verschiedenartig; namentlich variiert der Zeitpunkt der Längsspaltung, welche zuweilen (Ascaris- eier, 46) erst in der Aequatorialplatte erfolgt. Die grundlegenden Beobachtungen über die indirekte Kernteilung stammen aus den Jahren 1870-80 (For, FLEmmInG, BÜTScHLı, StRras- BURGER, OÖ. HrrrwiıG) und wurden dann im nächsten Jahrzehnt be- sonders durch van BENEDEn, RaBL und Boverı erweitert. Von einem eigentlichen Verständnis der Strukturen und Kräfte sind wir aber noch weit entfernt. Die meisten Forscher sehen in dem ÜÖentrosom ein chemisches Kraftzentrum, welches die Protoplasmaströmungen leitet, andere einen Stützpunkt, von dem aus die kontraktilen Spindelfasern die Chromosomen zu sich heranziehen. Bei den Phanerogamen und in vielen ruhenden tierischen Zellen läßt sich ein Uentrosom nicht nach- weisen, was dagegen spricht, daß wir es mit einem permanenten Zell- organ zu tun haben. Auch da, wo es in somatischen Zellen als Diplo- som, Basalkorn oder dergleichen auftritt, ist der Nachweis eines kon- tinuierlichen genetischen Zusammenhanges mit dem ÜUentrosom des Eies nicht erbracht. Als Dauerorgan der Zelle kann das ÜCentrosom nur für manche Protozoen gelten. Für die Metazoen ist die Frage noch nicht geklärt, wie lange sich das durch das Mittelstück der Spermie in das Ei eingeführte C'entrosom erhält in den Blastomeren und weiter in den Gewebezellen. Strittig ist ferner Herkunft und Bau der Spindel. In manchen Fällen scheint sie nur aus dem achromatischen Netzwerk des Kernes hervorzugehen, in den meisten hingegen überwiegend aus den extranukleären Fasern, von denen ein Teil als sog. Mantel- oder Zug- fasern (4%) nach Auflösung der Kernmembran sich an die Chromo- somen anheftet und diese zur Aequatorialplatte anordnet. Sie bilden zwei Bündel, welche von den Sphären ausstrahlen und ziehen die Teil- stücke, an die sie sich anheften, zu sich heran. Im Gegensatz zu ihnen stehen die durchlaufenden Fasern im Innern der Spindel, welche zu- weilen geschlängelt verlaufen (46 5) und nicht mit den Ü'bromosomen verbunden sind. Sie mögen zum Teil dem Liningerüst entstammen. Polstrahlungen und Spindel sind der Ausdruck der unbekannten, bei der Teilung tätigen Kräfte. Unterdrückt man sie durch Kälte oder andere Mittel (48), so hört die Teilung sofort auf. Aehnliche Strah- lungen lassen sich auch ohne Öentrosomen durch chemische Reize her- vorrufen. Das Spiremstadium besteht in den meisten Zellen nicht aus einem, sondern mehreren Fäden, entsprechend der Zahl der Chromo- somen. Mann kann dann also, streng genommen, nicht von einem Spirem sprechen, sondern dieser Faden wird nur vorgetäucht durch die direkt entstehenden Kernschleifen. Diese bilden sich durch Zusammen- rücken der Chromatinkörner und sind häufig von Anfang an gespalten (49). Bei den Richtungsteilungen der Eier, aber auch sonst, ziehen sich diese „Chromomeren“ oft auf 4 Körner zusammen und und bilden da- durch die sog. Tetraden. Bei ihrem ersten Auftreten sind die Schleifen oft sehr chromatinarm und bis zur Metaphase findet eine starke Chro- matinvermehrung statt. Die fertigen Chromosomen sind in vielen lebenden Zellen als stark glänzende weiße Fäden gesehen worden. In den klassischen Untersuchungsobjekten (Salamanderzellen, Ascariseier) Chromosomenzahl. 63 sind sie lang, in den meisten Zellen aber kurze dicke Stäbe mit einer helleren lininartigen Achsensubstanz. Bei den am genausten studierten Kernen von Ascaris, Allium und Amphiuma (50) bildet das Chromatin einen engen Spiralfaden um diese Grundsubstanz herum, und beim Ueber- gange in den ruhenden Kern werden die Windungen locker und treiben Fortsätze, die die benachbarten Fäden verbinden und so das Gerüst- werk erzeugen. Es läßt sich aber in diesen Fällen eine morphologische Kontinuität jedes Chromatinfadens von einem Ruhekern durch die Tei- lung hindurch bis zu den Tochterkernen erkennen. “er f jv Fig. 50. Telophase eines Spermatocytenkernes von R € % Amphiuma nach BONNEVIE mit polarer Anordnung der % 3 Chromosomen und Chromatinspiralen an ihnen. %. Diese komplizierte, Kraft und Zeit (Y,—2!/; Stunden) kostende Kernteilung hat sicherlich den Zweck, die im Kern befindlichen An- lagen der Mutterzelle in bestimmter Weise auf die Tochterzellen zu verteilen, und zwar nehmen einige Forscher (0. Herrwic u.a.) an, daß eine „erbgleiche“ Verteilung stattfindet, indem die beiden Tochterzellen die gleichen Anlagen erhalten, während nach Weısmann die Sonderung „erbungleich“ verläuft. Die letztere Auffassung hat mehr Wahrschein- lichkeit für sich, denn sie würde uns verständlich machen, weshalb die aus dem befruchteten Ei durch Teilung hervorgehenden Zellen eines Embryos ganz verschiedene Organe zu bilden vermögen, je nach den in ihnen befindlichen Anlagen. Da aber die Zellen desselben Gewebes die gleichen Eigenschaften besitzen, so ist anzunehmen, daß die Karyo- kinese nur dann ungleich verläuft, wenn verschiedene Anlagen in dem sich teilenden Kern vorhanden sind. Enthält dieser nur gleichartiges Material, oder soll das Gemisch von Erbfaktoren auf beide Tochter- kerne übergehen, so kann die Teilung erbgleich verlaufen. Man sollte eigentlich zwei Formen der Karyokinese erwarten, eine einfache, erb- gleiche, und eine kompliziertere, erbungleiche. Jene müßte bei Regene- ration desselben Gewebes, diese bei der Furchung sich zeigen. Daß solche Unterschiede noch nicht beobachtet sind, beweist, wie wenig wir den eigentlichen Zusammenhang der Erscheinungen erfaßt haben. Die eben erwähnte Tatsache, daß bei einer Tierart in allen Ge- weben stets dieselbe Zahl von Segmenten auftritt, wird als das &esetz der spezifischen Chromosomenzahl (van BEnEDEn, Rasr.) bezeichnet. Wir haben nach diesem Gesetz die Chromosomen als kontinuierliche Gebilde oder als Individuen anzusehen, welche in der Ruhe sich netz- artig ausbreiten und daher nur während der Teilung deutlich in ihrer Individualität zu erkennen sind. Nach neuerer Auffassung sollen sie schon auf dem Spiremstadium zu unterscheiden sein. Ihr Gehalt an Chromatin kann variieren. Ihre Zahl ist bei verschiedenen Tierarten wechselnd. Die häufigste diploide Zahl ist 12. Im folgenden werden immer die diploiden Zahlen angegeben. Meist kann man für jede syste- matische Gruppe eine typische Zahl feststellen: Nematoden 12, Platt- würmer 16, die von ihnen sich ableitenden Mollusken und Ringel- würmer 32, Echinodermen 36. Durch Verschmelzung können kleinere, durch Zerfall höhere Zahlen entstehen. Die denkbar niedrigste Zahl 2 kommt vor bei Ascaris megalocephala var. univalens (so genannt, weil 64 1I. Kapitel. die reifen Gameten nur 1 Öhromosom haben), bei einigen Gordius- Arten, bei den Spermatiden der Ascidie Siyelops?s und in den Oogonien von Apus. 4 Chromosomen finden sich bei Ascaris meg. var. bivalens, dem Strudelwurm Paravortex cardü, Gordius-Arten, Cyclops viridis brevispinosus u.a.; 6 bei Oulex; 8 bei Echinorhynchus gigas, Polystomum integerrinum. Gewisse Familien sind durch niedrige Zahlen aus- gezeichnet, z. B. die Fliegen mit 8—14. Der Mensch hat wahrschein- lich 24. Wenn nahe Verwandte sehr viel höhere Zahlen aufweisen, so darf man annehmen, daß im Laufe der Stammesgeschichte ein Zerfall eingetreten ist. So hat z. B. Ascaris lumbricoides 48—50. Während der primitive Oyelops gracilis 6 hat, besitzen höherstehende Arten bis 22 (©. strenuus). Biston hirtaria 28, die mehr differenzierte 3. pomo- naria 102 viel kleinere. Sehr hohe Zahlen (Cambarus 208, Artemia 168) sind wohl immer durch Zerfall oder auch in einzelnen Fällen durch Verschmelzung mehrerer Kerne entstanden. So bilden z. B. die großen Kerne der Radiolarien 1200-1600 Chromosomen, die höchste überhaupt bekannte Zahl, die sich daraus erklärt. daß ein solcher Kern als ein in einer gemeinsamen Membran m. - a 9 > Pr / an £ N 2 \ £ j: N £ I ! SE “... 1," x m = ” ‘ { ns \ - \ = utttem N A / \ N SZ / ; ; f % ar —® F FR a“ 7 x x x IB SZ > b 25 — I Fig. 51. Diminution in den Furchungszellen von Ascaris megalocephala. a 2 Aequatorialplatten in Flächenansicht. 5 Anaphasen von der Seite, links der Zerfall in kleine Chromosomen und die Degeneration der Endportionen. N ach BRÜEL. liegender Haufen von vielen Kernen (Polycaryon oder polyenergider Kern) anzusehen ist; wenn sie aber zur Schwärmerbildung übergehen, erhält jeder der zahlreichen Schwärmerkerne nur 12--15 Chromosomen. Bei Ascaris megalocephala bewahren nur diejenigen Furchungszellen, welche in der „Keimbahn“ liegen, also zu Geschlechtszellen werden, die geringe Zahl von 2 oder 4 Kernschleifen; in den somatischen Zellen zerfallen die Mittelstücke derselben in zahlreiche kleine Chromo- somen, während die Enden degenerieren, so daß also eine „Chromatin- diminution“ stattfindet (Sl). Aehnliche Erscheinungen kennt man von Eiern der Cecidomyien und Lepidopteren. Sehr beachtenswert ist, daß bei vielen Tieren das eine Geschlecht ein Chromosom mehr besitzt als das andere, und zwar hat entweder ra I — -|Typus) das 2? 1 Chromosom mehr als das cd, also z.B. ? = 22, d = 21, oder (Abraxas-|Stachelbeerspanner-|Typus) das 6) 1 Chromosom mehr als das ralsoer. Br<& = 149 — 12; Das überzählige Chromosom wird als X- oder als das Hetero- ehromosom bezeichnet und angenommen, daß es geschlechtsbestimmend wirkt. Heterochromosomen, entweder 1 X oder, was auch vorkommt, 2 ungleiche (X und Y), finden sich bei fast allen Insekten mit Aus- Chromosomenzahl. 65 nahme der Hymenopteren und vieler Schmetterlinge. Sie sind bis jetzt noch nicht gefunden worden bei Schwämmen, Cölenteren, Platt- würmern, Rädertieren, Nemertinen, Anneliden, Fischen. Bei Nema- toden sind sie häufig. Vereinzelt wurden sie beobachtet bei Echino- dermen, Mollusken, Amphibien bis Säugern. Das Männchen ist immer heterocygot, bildet also 2 Sorten Spermien (Drosophila-Typus). Der Abraxas- Typus ist bis jetzt nur bei Schmetterlingen und Vögeln be- obachtet worden; bei ihm finden sich zwei Sorten Eier. Wenn n die Zahl der gewöhnlichen Chromosomen, X das Geschlechtschromosom bezeichnet, so spielt sich der Befruchtungsprozeß so ab: Drosophilatypus Abraxastypus Spermien, 2 Sorten: n n + X Eier, 2 Sorten: RE = > Eier, 1 Sorte: n+X| n+ X Spermien, 1 Sorteen+X|n+X befruchtetes EE 2n+ X2n-+2Xbefruchtetes Ei 2n+X]2n-+2X 6) RER 2 g z. B. wenn n = 10 ist, | z.B. ‚wenn n,—-,6 ist, Sosisird, 2 07 — 22: soast or — 13.0914; Der Mensch gehört zum Drosophela-Typus; die eine Spermie hat 12 Kernschleifen, die andere 11 und ein unvollständiges, wohl nicht wirksames. Die Eier haben 12. Auf die sog. „überzähligen Ühromosomen“, welche bei In- sekten, Spinnen und Necturus beobachtet sind, kann hier nicht ein- gegangen werden. Sie variieren an Zahl bei derselben Art und begleiten die Heterochromosomen, werden aber unabhängig von X oder Y verteilt. Das Gesetz der spez. Chromosomenzahl erleidet dadurch eine Ein- schränkung, daß die reifen Keimzellen (Eier und Samenzellen) immer nur die Hälfte der für die Gewebe charakteristischen Chromo- somen aufweisen. Indem dann bei der Befruchtung 2 solche halb- wertigen (haploiden) Kerne sich zu einem Syncaryon vereinigen, ent- steht wieder die volle (diploide) Zahl, welche weiter auf alle Körper- zellen des Embryos übertragen wird. Wie diese Reduktion auf die halbe Zahl zustande kommt, darüber gehen die Meinungen noch sehr weit auseinander. Wir erwähnen hier nur, daß 2 Hauptformen der- selben vorzukommen scheinen. Bei der einen (höhere Pflanzen, Eier von Nereis u.a.) entsteht während der Prophase des Kerns bei der Ei- und Samenreifung sofort die halbe Zahl der Chromosomen, vielleicht durch Verschmelzung der entsprechenden väterlichen und mütterlichen Schleifen zu einem einheitlichen Gebilde. Bei dem zweiten Modus findet eine besondere Art der Kernteilung, eine sog. Reduktions- teilung statt. In 31 haben die beiden Spermatocyten D und E durch eine Aequationsteilung der Tetraden je 4 Chromosomen erhalten. Bei der nächsten Teilung (F) unterbleibt eine solche Spaltung und von den 4 wandern 2 in die eine, 2 die andere Spermatide, die sich in die reifen Samenzellen umwandeln. Diese zweite Teilung bewirkt also die Reduktion. Die durch die Befruchtung erzielte doppelte Chromosomenzahl scheint besondere Vorteile zu gewähren, welche wohl darin bestehen, daß jeder Erbfaktor doppelt vorhanden ist, wodurch die Variabilität erhöht wird, indem diese nie völlig gleichen Elemente untereinander in Konkurrenz treten. Wir sehen nämlich, daß parthenogenetische Eier mit halber Zahl zuweilen nachträglich diploid werden. Bei den Eiern von Artemia (niederer Krebs) und Seesternen verschmilzt der Plate, Allgemeine Zoologie I. 19) 66 II. Kapitel. Richtungskern wieder mit dem Eikern, und bei parthenogenetischen Froscheiern mit 12 Chromosomen wird die Zahl 24 durch eine noch unbekannte Regulation bewirkt. Bei Hymenopteren, gewissen Räder- tieren und den mit den Schildläusen verwandten Aleurodinen können haploide parthenogenetische Eier sich entwickeln, liefern dann aber immer Männchen, deren Somazellen ebenfalls haploid sind und deren Samenbildung sich ohne Reduktionsteilung vollzieht. Es ist dies wohl so zu verstehen, daß der einfache Reiz der haploiden Garnitur die männlichen Erbfaktoren aktiviert, der doppelte der diploiden die weib- lichen. Die Befruchtung bietet der diploiden Generation zu ein Mittel, die Zahl der Chromosomen in verändern, indem 2 Varietäten oder Arten mit verschiedenen haploiden Zahlen ge- kreuzt werden. So paaren sich häufig in der Natur Ascaris megalocephala wuni- valens X bivalens zu einem Bastard mit 5 Chromosomen in den Körperzellen des Embryos. Drosera longifolia X rotundifolia mit 20 bzw. 10 haploiden Kernschleifen ergibt einen Bastard mit 30 diploiden. Wird die Wurzelspitze von Lelvum, Pisum u. a. mit Chloralhydrat behandelt, so lassen sich 2, 4 und mehr Kerne zur Vereinigung bringen, welche die doppelte, vierfache, sogar achtfache diploide Zahl aufweisen können. Das Grundgesetz der CUhromo- somenzahl lautet daher: es treten in der: Prophase so’ vieler (Kerze schleifen auf, wie in der letzten Fig. 52. Diploide und ha- Telophase in den Kern eingegangen ploide Chromosomengarnitur der Wanze Protenor belfragei nach Wirson. a Aequatorialplatte der Ovogonien, b der Spermatogonien. c Prophase derersten Reifeteilung der männlichen Zelle. d Aequato- rialplatte derselben Teilung von der Seite. e Anaphase der zweiten Reifeteilung. f und g deren Tochterplatten, von den Polen aus betrachtet. x resp. 1 Hetero- sind (Bovekı). Größen-,Form- und Qualitäts- unterschiede der Chromosomen. Die Kernschleifen lassen sich am besten in der Aequatorialplatte (52, a, b) studieren. Es zeigen sich dabei alle Uebergänge zwischen gleichgroßen und ungleich großen Chromosomen, wenn verschiedene Zellen studiert werden, aber stets ist das Ver- halten derselben Zellart konstant. Un- gleich große Kernschleifen sind besonders häufig in den Keimzellen der Heu- schrecken und Wanzen beobachtet worden. Locusta 8 hat 7 große, 1 mittleres und 8 kleine Paare, dazu ein Hetero- chromosom. Bei der Wanze Protenor belfragei finden sich 7 Paare von deutlich verschiedener Größe (52). In anderen Zellen gehen die Größen ineinander über. Beim Salamander haben 8 oder 10 Chromosomen von 24 nur Y; oder !/, der Länge der übrigen. Nicht selten kommen unter den Kernschleifen einer Zelle 1—3 Paare von besonderer Kleinheit vor (Mikrochromosomen). Dazu lassen sich häufig bestimmte Formen- unterschiede feststellen: so hat Zchinus unter 36 Kernschleifen stets 4 besonders lange, von denen stets 2 bei der Metaphase zu Haken um- gebogen werden. Sehr wahrscheinlich entsprechen diesen Größen- und chromosomen. B resp. 2 das größte Paar. m Mikrochromo- somen. Chromosomen-Individualität. 67 Formunterschieden auch solche der Qualität, der Wirkung. Da die Erbkraft beider Eltern im allgemeinen gleich ist, sich Ei- und Samen- zelle aber nur in den Chromosomen gleichen, so müssen diese als Träger der Erbanlagen gedacht werden, wobei es zunächst dahingestellt bleiben mag, ob für jede erbliche Eigenschaft eine besondere materielle Grund- lage in irgendeinem Öhromosom vorhanden ist, oder ob die Kernschleifen nur den chemisch-physikalischen Zustand in der Zelle erzeugen, welcher zu einer bestimmten Struktur führen muß. So ergibt sich weiter der Schluß, daß mindestens eine haploide Garnitur nötig ist, um alle erb- lichen Eigenschaften hervorzurufen, wie es bei parthenogenetischen Eiern oft beobachtet wird. Ist infolge der Befruchtung eine diploide Garnitur vorhanden (ev. bei Doppelbefruchtung eine dreifache), so treten die homologen väterlichen und mütterlichen Anlagen miteinander in Wettbewerb. Da die Chromosomen sich häufig in Form und Größe unterscheiden, so wird man ihnen verschiedene Erbqualitäten zuschreiben dürfen und diesen Schluß auch auf Eier mit äußerlich gleichen Schleifen übertragen. Gewisse Versuche von Boverr an doppelt befruchteten Seeigeleiern lassen sich in diesem Sinne deuten. Ein wirklich zwingender Beweis wird erst erbracht werden, wenn es gelingt, bestimmte Chromo- somen auszuschalten und dabei bestimmte Ausfallserscheinungen fest- zustellen. Chromosomen-Individualität. Die Tatsachen der kon- stanten Zahl, der charakteristischen Größe und Form und der Ver- mehrung durch Längsteilung sprechen in hohem Maße dafür, daß die Kernschleifen morphologische Einheiten, also Individuen, sind, die sich zwar durch Abgabe oder Aufnahme von Chromatin und Achromatin verändern können, wie ja auch ein Protozoon im Laufe einer Generation sich verändert, die aber doch in jeder Kerngeneration auf Grund eines kontinuierlichen Substrats entstehen. Auch die sehr wahrscheinliche Annahme, daß die Chromosomen eines Kerns bestimmte qualitative Unterschiede aufweisen, spricht für diese Auffassung. Erschwert wird sie dadurch, daß im ruhenden Kern die einzelnen Individuen meist nicht zu erkennen sind. Wie aber eben hervorgehoben wurde, läßt sich in der Wurzelspitze von Allium und bei den Geschlechtszellen eines Amphibiums (Amphiumea) und sehr wahrscheinlich auch eines Wurms (Ascaris) die morphologische Kontinuität erkennen und ist daher wohl anzunehmen für solche Zellen, in denen der Uhromatinfaden weiter in Körner zerfällt, die durch Achromatin verbunden sind. In manchen Pflanzenkernen lassen sich die Chromosomen im ruhenden Kern an der dichteren Chromatinansammlung erkennen. Wären die Kernschleifen nur vorübergehende Hilfsmittel der Chromatinverteilung (Fick), wie etwa die Spindeln, so sollte man eine viel größere Variabilität erwarten. Diese Auffassung mag zu Recht bestehen bei großer Inkonstanz der Zahl. Sie deutet den phyletischen Ausgangszustand an, aus dem sich die Chromosomenindividuen entwickelt haben. Heterotypische Kernteilung. Unter dieser Bezeichnung werden eigentümliche Abweichungen von der gewöhnlichen Mitose zusammengefaßt, welche regelmäßig bei der Reifung der Geschlechtszellen im Embryosack der Pflanzen und bei Tieren beobachtet werden. Sie kommen auch sonst bei rasch aufeinander- folgenden Teilungen (Furchung von Würmern, Nährzellen von Glieder- 5* 68 II. Kapitel. tieren, pathologische Bildungen von Wirbeltieren) vor und äußern sich ‚hauptsächlich darin, daß die auseinanderweichenden Chromosomenhälften in der Mitte im Zusammenhang bleiben und so die Form von Kreuzen, Ringen, Doppelbügeln oder Doppelstäbchen annehmen (53, 54), die in der Regel aus vier Stücken bestehen und daher Tetraden genannt werden. Ein Asterstadium fehlt da- bei. Es ist nicht wahrscheinlich, daß sich darin ein primitiver Zellen- zustand widerspiegelt, denn bei Pro- tozoen finden sich ähnliche Bildungen nur sehr vereinzelt. Ich sehe darin \ eine Anpassung an die rasch auf- ‚ einanderfolgenden Teilungen: die Kernschleifen spreizen ihre Hälften weit auseinander, um mit möglichst viel Kernsaft in Berührung zu kom- men und für ihre Ernährung und ihr Wachstum möglichst günstige Bedingungen zu erlangen. Dagegen stehen andere Kern- veränderungen (Synapsis) wohl im Zusammenhang mit der Reduktion. Die Urgeschlechtszellen mit der di- ploiden Zahl (Spermatogonien, Ovo- sonien) teilen sich zunächt wieder- holt, machen dann eine Wachstums- periode durch und werden so zu den Spermato- bzw. Ovocyten erster Ordnung, die durch zwei weitere Teilungen die reifen Geschlechtszellen liefern. Als Vorbereitung für die erste Teilung machen die Kerne nun folgende Veränderungen durch: 1. Das Leptotän-Stadium (55a): zarte U-förmige Schlingen vereinigen sich mit ihrem freien Ende an dem Pol des Kernes, an dem das Centrosom liegt. 2. Synapsis: zwei solche Fäden verschmelzen miteinander (Kon- an In b hat die U Her an jenem Pole begonnen, in c Heterotypische Mitose Fig. einer Spermatocyte von Batrachoseps 53. im Nach Chromosomen, Chromiolen. attenuatus. chro Innern mit chri EISEN. nur eine Pseudoreduktion bis jetzt G ist sie vollendet. Man nennt diesen Zustand auch wohl Bukett- (ec Umwandlung eines biva- Rn weil die Doppelfäden von einem Pol ausstrahlen. Da die Chromosomen bivalent sind, liegt Me on! in eine Tetrade in den Samenzellen der Wanze Anasa tristis nach PAULMIER. gehen wieder auseinander. Dabei vor. 3. Pachytän-Stadium: die Fäden werden kürzer und spalten sich dabei (Diplotän-Stadium, (d9.d), d. h. die konjugierten Schleifen entstehen nun die heterotypischen Ringe, Kreuze und schließlich die Tetraden (54), die sich mit Vorliebe unter der Kernoberfläche ansammeln, was als Diakinese bezeichnet wird. Indem nun diese zweiwertigen Gebilde sich bei der Teilung auf zwei Kerne verteilen, wird die Zahl der Kernschleifen auf die Hälfte reduziert. Diese Teilung ist also eine wahre Reduktionsteilung. Die nächste Teilung wird dann als Aequationsteilung angesehen. Wir Mechanik der Kernteilung. 69 haben früher (31) umgekehrt die erste Teilung als Aequation, die zweite als Reduktion angesehen. Eine Entscheidung ist nicht möglich, denn in 31, © können je zwei in derselben Zelle nebeneinander liegende Stücke zu einer Schleife gehören. Dann wäre auch in diesem Fall die erste Teilung die Reduktionsteilung. Das Synapsisstadium ist theoretisch von großem In- teresse, weil man annehmen kann, daß ein Austausch väterlicher und mütterlicher Erbfaktoren sich auf ihm vollzieht, vorausgesetzt, daß immer die einander entsprechenden Kernschleifen der Eltern miteinander konjugieren. Macht man diese Annahme, so werden die beliebigen Mischungen väterlicher und mütterlicher Merkmale verständlich, wie sie in den Menperschen Kreuzungen verschiedener Rassen so deutlich zutage treten. 5. Mechanische Erklärung der Zell- und Kernteilung. Trotz mancher Versuche sind wir zurzeit noch weit entfernt von einer befriedigenden Erklärung der Zellteilung und der Mitose. Die Spindel und die Polstrahlen haben große Aehnlichkeit mit den Figuren, welche Eisenstaubteilchen in einem magnetischen oder elektrischen Kraftfeld annehmen, und bei An- wendung von mehreren Magneten lassen sich mehrspindelige Figuren erzeugen, wie sie auch in lebenden Zellen vorkommen. Aber in einem solchen Kraftfelde treten die Spin- deln nur zwischen ungleichen Polen auf, während zwischen den gleichen sog. „Zipfelkreuze“ sich zeigen (56). In den mehrpoligen Zellen finden wir hingegen die Spindeln zwischen allen Polen, und sie können sich sogar durchkreuzen (9%). Auch kann man durch elektrische Ströme nie einen richtenden Einfluß auf Proto- plasmateilchen ausüben. Aus diesen Peunden sind 2 magnetisch-elektri- Fig. 55. Synapsisstadien von 7om- sche Kräfte für die Mitose und „teris (Ringelwurm) nach SCHREINER. die Zellteilung abzulehnen. a Leptotänstadium, oben Beginn der Dagegen erscheint es aussichts- Synapsis, 5 Synapsis, e Bukett mit An- reich, sie auf Diffussionströme des fang I Spaltung d deren Fortsetzung ee merenzene der vom Gegenpol gesehen (Diplotänstadium). Oberflächenspannung zurück zu- führen. Die Strömungen werden die Protoplasmawaben dehnen und die Teilchen entsprechend anordnen, wodurch die Spindelfiguren und die Strahlungen hervorgerufen werden. Bei Beginn der Mitose quillt das Centrosom auf, indem es Wasser anzieht und um sich eine Zone von dichterem Protoplasma, die Sphäre, erzeugt. Die Hauptkräfte entstehen ohne Zweifel durch Unterschiede der Oberflächenspannung. Diese ist in Eiweißkolloiden um so geringer je dichter, und um so größer je ver- dünnter sie sind. An den Polen herrscht also eine geringere, am Aequator der Zelle eine größere Spannung und letztere muß zur Durch- schnürung der Zelle führen. Gegen die Pole zu muß sich ein axialer Flüssigkeitsstrom von der Mitte aus bewegen, während von den Polen 70 11. Kapitel. der Zellsaft nach allen Seiten fontänenartig an der Peripherie der Zelle gegen die Mitte zu fließen wird, was bei manchen lebenden Eiern direkt beobachtet werden kann. So erklären sich auch die dotterfreien Polkappen und die äquatorialen Dotteransammlungen vieler Furchungs- zellen. Der Transport der Öhromosomen zu den Polen beruht wohl zum Teil auf dem axialen Strom, zum Teil auf dem Zuge der Mantel- fasern, denn diese heften sich an sie an und stellen sie entsprechend der Zugrichtung ein. Nach anderer Auffassung sollen die Fasern durch Wachstum auf die Schleifen drücken. Bei mehrpoligen Spindeln (5%) werden die Kernschleifen ganz unregelmäßig verteilt, in demselben = DT aka AN) &- Fig. 57. Fig. 56. Anordnung von Eisenstaub zu zwei Spindeln zwischen den ungleichen Polen und zu einem sog. Zipfelkreuz zwischen gleichnamigen Polen eines mag- netischen Kraftfelde. Nach RHUMBLER. Fig. 57. Tetraster mit 4 peripheren und 2 sich kreuzenden Diagonalspindeln in einem Seeigelei nach BALTZER. Maße wie sie zufällig von den Fasern ergriffen werden. Die Spindeln enthalten festere kontraktile Wabenstränge und sind nicht bloß der Ausdruck von Strömungen, und daher können sie unter Umständen aus einer berstenden Zelle heraustreten oder in zentrifugierten Zellen sich stark krümmen. Sie entstehen unter dem Einfluß der Zentren und können auch auftreten, ohne daß Chromosomen vorhanden sind („achrome Spindeln“). Ist die Spindel klein und liegt sie dicht unter der Zell- oberfläche, so entsteht nur an einer kleinen Stelle eine Spannungs- differenz und die abgeschnürte Zelle ist klein (Richtungskörper, in- äquale Furchung). Ist sie groß, so liegt sie meist parallel dem größten Zelldurchmesser oder in diesem, und es entstehen zwei gleich große Zellen. Bei hohen Epithelzellen liegt sie oft in der kürzesten Zellachse, damit die neuen Zellen sich in ganzer Länge aneinander schließen. Liegen die Zentren und Kerne weit von der Zelloberfläche ab, so er- folgt in gewissen Zellen nur eine Mitose, ohne Zellteilung. Sicherlich seht der Anstoß zur Kern- und Zellteilung von den Zentren aus. Aber diese hängen wieder ab von dem ganzen Zustand der Zelle, von der Menge und der Ernährung des Uytoplasmas, von der Kernplasma- relation und von anderen Verhältnissen. Die Teilungen lassen sich Zellentheorie. 77 deshalb nicht vollständig mechanisch analysieren, sondern in ihnen kommt der Kreislauf der Lebensvorgänge zum Ausdruck. 6. Zellentheorie, vielkernige Zellen, Plasmodien, Syncytien, Symplasmen. Seitdem ScHhwAann 1839 in seiner berühmten Schrift: „Mikro- skopische Untersuchungen über die Uebereinstimmung in der Struktur und dem Wachstum der Tiere und Pflanzen“ die Zelle als die Einheit im Aufbau der Lebewesen erkannt hat, gilt die Zellentheorie als wohl- begründet, und sie ist auch gegenwärtig in keiner Weise erschüttert. Alles Leben ist an Zellen gebunden, die aus COytoplasma und Kern, in vereinzelten Fällen aus CUytoplasma und feinverteiltem Chromatin be- stehen. Trotz vieler Versuche ist es nicht gelungen, die Zellen in kleinere Einheiten aufzulösen, und es ist auch nicht wahrschein- lich, daß es in Zukunft gelingen wird. Die Lebewesen können ein- zellig oder vielzellig sein, stets spielt sich das Leben an abgegrenzten Protoplasmaklümpchen, an „Zellen“ ab, und bei Metozoen sind diese die „Bausteine“ der Organe und des ganzen Individuums. 1855 stellte Remar zuerst den Satz auf: omnis cellula e cellula, durch den auch die Vermehrung als eine Lebenserscheinung der Zelle hingestellt wird. Nach der Zellentheorie ist jede Zelle eine selbständige morpho- logische und physiologische Lebenseinheit mit eigener Assimilation und Reizbarkeit, und alle Leistungen sind auf das Zusammenwirken zahl- loser Zellen zurückzuführen. Es ergibt sich damit das noch in keiner Weise gelöste Problem: wie kommt es, daß die Tausende von Zellen eines Organs zu einer Funktion einheitlich zusammenwirken, und wie erklärt sich die Harmonie zwischen den verschiedenen Organen des „Zellenstaates“. Die Behauptung, daß alle Zellen aufeinander angewiesen sind und daher in Korrelation zueinander stehen, ist eher eine Um- schreibung als eine Erklärung der Tatsache. Sie findet ihren höchsten Ausdruck darin, daß sich der Mensch als Einheit, als „Ich“ fühlt. Die Vitalisten haben eine Scheinlösung versucht durch die Annahme einer metaphysischen „Entelechie“, welche alle Zellen beherrscht und zu einer Einheit verschmilzt. Ebensowenig wie es gelungen ist, ein alle Zellen beherrschendes Prinzip aufzufinden, ebensowenig hat man die Zelle in kleinere Lebenseinheiten auflösen können. Die Chloro- und Leuko- plasten der Pflanzenzellen und die Plastosomen der Tierzellen können sich zwar wie der Kern selbständig teilen, aber sie können nicht für sich existieren. Sie sind keine Symbionten, sondern sie sind Teile einer Einheit. Die Grundsubstanz der Stützgewebe und die kutikularen Bil- dungen machen oft einen erheblichen Teil des Tierkörpers aus und können leicht den Eindruck erwecken, daß das Leben auch extrazellulär oder azellulär auftreten kann. Diese Auffassung wäre nicht richtig, denn alle diese Bildungen sind Ausscheidungen oder auch Umwand- lungen des Plasmas. Die Zellen sind bei der Furchung und Anlage der Organe deutlich getrennt, können aber unter Umständen vielkernig werden oder sich zu einer höheren Einheit zusammenschließen. Nach dieser Richtung hin sind folgende nicht immer scharf trennbare Kate- sorien zu unterscheiden: 1. Vielkernige Zellen: Der Kern hat sich wiederholt geteilt (sog. freie Kernteilung), das Ganze macht aber noch den Eindruck einer Zelle. So bei vielen Protozoen (Arcella, manche Amöben, Actino- 22 II. Kapitel sphaerium, Opalina), Leukocyten, Leber- und anderen Drüsenzellen (171). In den vielkernigen Chromatophoren der Tintenfische liegt der eigen- artige Fall vor, daß gleichzeitig Pigment und kontraktile Substanz ge- bildet wird (82). 2. Plasmodien: Vielkernige Gebilde, die aber den Wert vieler Zellen haben, entweder nach ihrer Gestalt oder weil später ein Zerfall in freie Zellen eintritt (Plasmodien vieler Protozoen) oder sich sekun- Kane Fig. 58. Blastodermbildung bei Hydrophilus nach HEIDER. b ausgebildetes Blastoderm, d Nahrungsdotter, f Kerne der späteren Furchungszellen, / oberfläch- liche Plasmaschicht, x Dotterzellen. däre Zellgrenzen bilden. So teilt sich bei der superfiziellen Furchung der Insekteneier — und ähnlich auch bei dotterreichen Eiern von Hydroiden (Kudendrium) — der Kern zunächst wiederholt, und diese Kerne wandern an die Oberfläche der Zelle, worauf um sie herum Zell- grenzen auftreten (98). Bei der diskoidalen Furchung kommen unter der Keimscheibe und am Rande derselben Plasmodien vor, welche später in Gewebe übergehen. Die Eier der Arthropoden scheinen meist aus einem plasmodialen Keimlager hervorzugehen. Läßt man KÜl auf die Eier von Chaetopterus (Ringelwurm) einwirken, so entsteht eine Trocho- phoralarve mit Wimperkränzen und dotterreichem Entoplasma, aber ohne Zellgrenzen, also ein ganzer Organismus mit verschiedenen Or- ganen, aber ohne Gliederung in Zellen. Die Sonderung in viele Kerne mit verschiedenen Frbfaktoren ist also viel wichtiger als die scharfe Sonderung der zugehörigen Plasmabezirke. Das zeigen besonders deut- lich unter den Algen die Cöloblasten (Siphoneen), welche aus einer ein- heitlichen Protoplasmamasse mit Hunderten von Kernen bestehen und dabei gegliedert sein können in Stamm, blattartige Ausstülpungen und Wurzeln (Caulerpa, 60 A). 3. Syneytien: Das Wort Syncytium wird manchmal synonym mit Plasmodium oder Symplasma gebraucht. Wir verstehen darunter die Erscheinung, daß zwei oder mehrere Zellen sich durch Ausläufer oder Verschmelzung vereinigen, wobei aber immer die ursprünglichen Zell- gebiete zu erkennen sind. Sind die Verbindungsfäden zwischen zwei Zellen klein, sehr zart und sehr zahlreich, so nennt man sie Plasmo- Syncytien, Symplasmen. 13 desmen oder Zellbrücken, und einen Komplex derartiger Zellen ein Konzellium. Alle Gewebe der höheren Pflanzen sind Konzellien. Die Plasmodesmen fehlen bei den Blutzellen und wahrscheinlich auch den Muskelzellen der Tiere, sind aber sonst weit verbreitet bei Epi- thelien (59, 64a), im Knorpel, Knochen, Dentin usw. Sie spannen sich auch aus zwischen den Furchungszellen und den Zellen verschiedener Gewebe (Eier und Follikelzeilen, Epithel und Bindegewebe). Bei den eigentlichen Syncytien stehen die benachbarten Zellen desselben Gewebes durch derbere Aus- läufer in Zusammenhang (retikuläres Binde- gewebe, Knochenzellen, Ganglienzellen, viele embryonale Gewebe u. a.). 4. Symplasmen: Die Verschmelzung der ursprünglich getrennten Zellen ist so innig, dab die Zellgebiete nicht mehr deutlich zu sondern sind. Dabei können verschiedene Möglichkeiten gegeben sein. a) Viele Zellen verschmelzen zu einer ein- . Fig. 59. Epithelzellen heitlichen vielkernigen Protoplasmaschicht (64 g, en Telophase der Kern- : : 5 eilung und Plasmodesmen Plasmodien der Myxomyceten, Epidermis von yon der Salamanderlarve Nematoden und von Temnocephala). In den nach FLEeuuıne. Tentakeln von Dentalium und in den rudimen- tären Hinterflügeln von Phyllium 2 und bei Nematoden finden wir ein Symplasma, dessen Kerne degenerieren und verschwinden, wie überhaupt solche Verschmelzungen häufig einen degenerativen Charakter haben und ein Endstadium bezeichnen; daher können sie auch zur Geschwulst- bildung führen. b) Die Zellen verschmelzen in strangförmiger Anordnung. So bei glatten und quergestreiften Muskeln der Würmer (60), Mollusken (Den- talium-Tentakel), Arthropoden und Wirbeltiere, wodurch die Möglich- keit gegeben ist, sehr lange Fibrillen zu erzeugen. In den quergestreiften Muskeln des Appendicularienschwanzes vereinigen sich sogar zuweilen mehrere gitterförmige Kerne (13 A, B). Nach GoETTE und Rnope sollen die Neuriten in ähnlicher Weise von verschmolzenen Zellen geliefert werden und sich erst später mit den zentralen Ganglienzellen ver- einigen, während sie nach der älteren Auffassung (Hıs) durch Aus- wachsen der letzteren entstehen. c) Die Eizellen entstehen zuweilen durch Verschmelzung mehrerer Zellen. Bei vielen Cölenteren sollen dabei die Kerne bis auf einen zugrunde gehen, während bei Tubifex bavaricus auch alle Kerne zu dem einen Kern des Eis verschmelzen. Im männlichen Geschlecht dieser Art sollen die verschmolzenen Zellen eine Nährzelle für die Sperma- tiden bilden. 7. Vielzelligkeit und Entstehung der Metazoen. Obwohl die Protisten, die einzelligen Pflanzen (Protophyten) und Tiere (Protozoen) beweisen, daß im Rahmen einer Zelle eine schier un- begrenzte Mannigfaltigkeit der Formen und Leistungen möglich ist, sind die meisten Pflanzen und Tiere vielzellig (Metaphyta, Metazoa). Nur unter den Algen findet sich eine Gruppe, die Siphoneen ((aulerpa, Halimeda u. a.), welche trotz bedeutender Größe und trotz Gliederung in Wurzel, Stamm, Blätter nur aus einer Zelle mit zahlreichen Kernen 74 Il. Kapitel. bestehen (60 A). Die Vorteile der Vielzelligkeit liegen auf der Hand. Die vielen „Bausteine“ ermöglichen eine weitgehende Arbeitsteilung durch Ausbildung der verschiedensten Gewebe und Organe, die Größen- zunahme gewährt mehr Festigkeit und Schutz, und die für den Stoff- wechsel wichtige Oberfläche wird enorm vergrößert. Sehr beachtens- wert ist dabei die Erscheinung, daß die Größe der Zellen nicht zunimmt mit derjenigen des Gesamtkörpers. Das Veilchen und der Eichbaum, die Maus und der Elefant haben ungefähr gleichgroße Zellen (vgl. S. 49). Abgesehen von einigen Ausnahmen (Eier, Ganglienzellen) sind die ein- Fig. 60. Entstehung der Muskelsymplasmen bei Aricia nach SCHAXEL. a Chromatinanreicherung im Kern und Nukleolenbildung, 5 Chromatinemission aus dem Kern der spindelförmig gewordenen Zelle, e aus den Plastosomen bilden sich die Fibrillen, d Streekung der fibrillären Region, e Verwachsung der Fibrillen- stränge, / fertiges Muskelsymplasma. zelnen Gewebezellen mikroskopische Gebilde von etwa 0,1—0,01 mm Durchmesser. Es wird hierdurch der Vorteil einer relativ großen Ober- fläche gewahrt. Ueber die Entstehung der Metazoen aus Protozoen lassen sich nur hypothetische Betrachtungen anstellen, welche von zwei Mög- lichkeiten auszugehen haben. Es konnte entweder zuerst ein viel- kerniges Plasmodium entstehen, ähnlich wie die oben erwähnte Chae- topterus-Larve oder die Siphoneen, welches später sich in eine viel- zellige Blastula umwandelte, oder es konnte, wie bei der Furchung, zu- erst ein Haufen getrennter Zellen auftreten, die sich dann zu einer Entstehung der Metazoa. 75 Blastula anordneten. Ich gebe der letzteren Auffassung, die HAEcKEL zuerst vertreten hat, den Vorzug, da wir viele kugelförmige Flagellaten- kolonien (132) kennen, und außerdem in der Ontogenie die meisten Tiere diese Stadien durchlaufen. An einem solchen freischwimmenden blastulaähnlichen Urmetazoon, der Blastaea, werden alle Zellen gleich und zur Beweguug, Ernährung und Bildung der Geschlechtszellen be- fähigt gewesen sein. Es fragt sich, wie die Sonderung in Ektoderm und Entoderm zustande kam. Nimmt man an, daß dieses Geschöpf, um besser das Wasser durchschneiden zu können, eine ovale Gestalt erhielt, so werden die nach vorn gekehrten Zellen in erster Linie die Nahrungsaufnahme, die weiter nach hinten gelegenen Zellen die Loko- motion besorgt haben. Dann ist auch zu verstehen, daß diese vorderen Zellen sich einstülpen, um in dem Urdarm die Nahrung besser fest- halten und verarbeiten zu können. Die Verdauung wird intrazellular gewesen sein, wie bei Protozoen und vielen niederen Metazoen. Es entstand auf diese Weise die hypothetische Gastraea, welche man sich nur als ein schwim- mendes Geschöpf vorstellen kann. Diese Ableitung er- scheint natürlicher als die Bürscauische, welche von einer zZweischichtigen, am Boden kriechenden Zellplatte ausgeht mit ventralen Freß- zellen und dorsalen Deck- und Bewegungszellen. Eine solche konnte sich wohl zu einer flachen Schüssel einbiegen, aber schwerlich zu einer typischen Gastraea werden, denn eine auf den Urmund gestellte Gastrula kann nicht in aufrechter Stellung umher- kriechen. Außerdem würde Fig. 60A. Caulerpa a ne anze : : ;: - *\1„n_ Pflanze besteht aus einem Protoplasmaschlauc die Einstülpung eine biolo mit sehr vielen Kernen. 5 blattartige Bildungen, gische Verschlechterung be- , Vegetationspunkt der kriechenden dorsiven- deuten, da die Nährzellen tralen Sproßachse, s, « Wurzeln. Nach Sachs. von der die Nahrung liefern- den Unterlage abrückten. Von Lang, welcher ebenfalls eine FEinstülpung am vorderen Pol der Blastaea annimmt, unterscheide ich mich dadurch, daß ich in der zentralen Höhle nur ein wässeriges, von wenigen eingewanderten Zellen gebildetes Mes- enchym annehme, nicht ein von zahlreichen Geschlechts- und Regene- rationszellen gebildetes Mesoderm, denn ein solches würde eine In- vagination unmöglich machen. Außerdem gehen bei den Oölenteren die Sexualzellen aus dem Ekto- oder Entoderm hervor, und wir können daher denselben Modus für die Blastaea annehmen. Ebensowenig ist die Annahme besonderer Regenerationszellen nötig. Gegen die KoRSCHELT- Heiversche „Archigastrula“, welche durch Einstülpung des hinteren Pols entstehen soll, hat schon Lang mit Recht bemerkt, daß viele frei- schwimmende Strudelorganismen (Vorticella, Stentor, Rädertiere) die Mundöffnung vorn tragen, aber keins hinten. Ray LANKESTER suchte die Gastraea aus der Blastaea dadurch abzuleiten, daß die inneren 76 Ill. Kapitel. Hälften der Zellen sich zum Entoderm abschnüren sollten, ähnlich wie bei der Delamination eines Geryoniden-Eis. Der Mund sollte dann später durch einen Spalt entstehen. Diese Ableitung ist unphysiologisch gedacht. In der Phylogenie muß die Bildung eines Darmes immer vom Munde ausgehen, denn ohne diesen gibt es keine Nahrungsaufnahme. In der Ontogenie kann der Darm vor dem Munde auftreten. Dasselbe gilt für die „Parenchymella“ von METSCHNIKOFF, einer Gastraea, deren Entoderm sich durch multiplare Einwanderung von Blastodermzellen in den Binnenraum gebildet haben soll. Die Gastraea braucht man sich nicht so differenziert vorzustellen, wie Lang (1912, S. 144) es darstellt mit besonderen Epithelmuskel-, Sinnes-, Gift-, Exkretions-, Ganglien-, dreierlei Darmzellen und mesodermalen Gonaden. Es genügt die Vor- stellung von zwei Epithelien, welche alle Funktionen, auch die Bildung der Geschlechtszellen, ausübten. Von einer solchen „undifferenzierten“ Gastraea lassen sich eher die Spongien und Cölenteren ableiten. Bei der Gastraea und der ihr vorhergehenden Blastaea waren wohl noch alle oder fast alle Zellen imstande als Geschlechtszellen zu dienen, wie dies für die merkwürdige, einen einschichtigen Zellschlauch bildende Salinella angegeben wird. Bei dieser Ableitung der Metazoen von einer Kolonie von Proto- zoen (HAEcKEL, Gastraeatheorie) ist es selbstverständlich, daß die Ge- webe und Organe der ersteren nicht homolog sein können den ähn- lich funktionierenden Organellen der letzteren; es kann also nicht etwa aus einer kontraktilen Vakuole der Infusorien ein Herz oder eine Niere entstanden sein. Jene zwei Kategorien sind nicht morphologisch, sondern nur physiologisch vergleichbar. III. Kapitel. Histologie oder Gewebelehre. Ein Gewebe (6 torög, ro Tottov das Gewebe) istein Komplex im wesentlichen gleicher Zellen. Mehrere verschiedene Ge- webe können sich zu einer bestimmten Funktion verbinden und bilden dann ein Organ. Die Zellen eines Gewebes hängen untereinander durch zarte Verbindungsfäden (Plasmodesmen, 59) oder eine Kitt- oder eine Grundsubstanz zusammen. Eine Ausnahme machen die Wanderzellen des Blutes und der Lymphe, welche wir hier zuerst besprechen wollen, während sie von manchen Forschern als Bindegewebe mit „flüssiger Grundsubstanz“ angesehen werden. Diese Auffassung ist irrig, denn die Blutflüssigkeit wird nicht von den Blutzellen ausgeschieden, sondern wird von den Mesenchymzellen und anderen Geweben geliefert, und läßt sich daher nicht mit der Grundsubstanz homologisieren. Blut. 17 A. Blut und Lymphe sind ernährende Flüssigkeiten, welche in Gewebsspalten, Körperhöhlen oder besonderen Gefäßen zirkulieren. Bei den Wirbellosen und dem Amphioxus kann man nur eine derartige Flüssigkeit unterscheiden, welche als Blut bezeichnet wird, während von den Selachiern an zwei Flüssigkeiten vorhanden sind und je in besonderen Gefäßen sich be- wegen: das mit roten und weißen Blutkörperchen versehene Blut und die nur weiße Blutkörperchen führende Lymphe. Es lassen sich drei Stufen der Ausbildung unterscheiden: 1. Bei Cölenteren, Plattwürmern und Appendicularien besitzt die Flüssigkeit in den Gewebsspalten noch keine besonderen Zellen. Dies kommt zuweilen auch in anderen Abteilungen vor, so bei den Larven von Ohironomus plumosus. 2. Bei den übrigen Wirbellosen und dem Amphroxus enthält das Blut nur kleine amöboide Zellen, die sog. weißen Blutkörperchen oder Leukocyten (Amöbocyten). Sie sind eine Art Schutzpolizei, welche aus den Blutbahnen in die Gewebe übertreten, eingedrungene Bakterien auffressen (daher auch Phagocyten, Freßzellen genannt) und nicht mehr brauchbare Gewebeteile (z. B. bei der Metamorphose der Insekten) oder Exkretstoffe vernichten. Bei Astacus und Mollusken fallen unter ihnen einige, die sog. Throphocyten, dadurch auf, daß sie besonders in den Geweben liegen und mit vielen Körnern erfüllt sind, die als aufgespeicherte Nahrung gedeutet werden. Die Blutflüssigkeit ist farblos oder gelblich, grünlich oder sonstwie gefärbt. Durch gelöstes Hämoglobin ist die Flüssigkeit rot gefärbt bei Regenwürmern, Blut- egeln, Gephyreen, Branchipus, den Larven der Zuckmücke (Chironomus plumosus) und unter den Mollusken bei Planorbis und einigen Muscheln. Bei vielen anderen wirbellosen Tieren finden wir als Sauerstoffträger statt des Hämoglobins das bläuliche, kupferhaitige Hämocyanin in der Blut- flüssigkeit. So bei Mollusken (Unio, Anodonta, Helix, Murex, Cepha- lopoden), decapoden Krebsen, Scorpionen, Spinnen. Die Bindung des Sauerstoffs kann bei einzelnen Evertebraten durch einen eiweißhaltigen Farbstoff erfolgen, der in den Blutzellen seinen Sitz hat wie bei den Erythrocyten der Wirbeltiere: so bei Seeigeln durch das rötliche Echi- nochrom, bei Röhrenwürmern durch das grünliche Chlorocruorin und bei Gephyreen, durch das rote Hämerythrin. Bei der Spiunculide Phycosoma lanzarotae verschwindet sogar im Alter der Kern in den roten Blutzellen, in dem das Chromatin in das Cytoplasma übertritt. 3. Bei den Wirbeltieren mit Ausnahme des Amphioxwus besteht das Blut aus der Blutflüssigkeit (Plasma sanguinis) und den zwei Sorten der weißen und roten Blutzellen. Erstere besteht aus Wasser mit gelösten Eiweißkörpern, Salzen, Kohlehydraten (z. B. Zucker beim Menschen normalerweise 0,1-—-0,15 'Proz.). Unter den Eiweib- körpern ist das Fibrin besonders "wichtig, weil es als faserige Masse ausfällt, sobald das Blut beim Austritt aus den Gefäßen gerinnt. Läßt man Blut stehen, so scheidet sich am Boden des Gefäßes der „Blut- kuchen“ ab, welcher aus Fibrin und den Zellen sich zusammensetzt. Die darüberstehende Flüssigkeit heißt das Serum und kann noch andere Eiweißkörper enthalten, z. B. Antitoxine, welche vom Organis- mus ausgeschieden worden sind, um eingedrungene Bakterien unschäd- lich zu machen. Wird ein solches Serum in eine andere Tierart ein- gespritzt, so genießt sie denselben Schutz gegen jene Bakterien (Prinzip der Serumtherapie). 78 IIJ. Kapitel. Die Blutzellen sind von dreierlei Art: Erythrocyten, Leukocyten und die ihrer Natur nach noch sehr unklaren Blut- plättchen (Thrombocyten). Die ersteren beiden gehen im Knochen- mark, in der Milz und Thymus und in den Lymphknoten aus gewissen Urzellen (Hämatogonien) hervor, welche den Lymphocyten sehr ähnlich sind und zuerst in den sog. Blut- ( = | anlage auftreten. Weiße und rote Blutzellen sind also mono- inseln, außerhalb der Embryonal- Mensch phyletischen Ursprungs, oder, m, I anders ausgedrückt, die roten sind aus den weißen in An- Lama passung an einen besseren Sauer- stofftransport hervorgegangen. vd) Die Erythroeyten oder roten Blutkörperchen sind ’ am " zahlreichsten vorhanden Buchfink (beim Menschen in 1 cmm ca. Fig. 61. Verschiedene Erythrocyten. 5 Millionen). Obwohl sie einzeln gelb aussehen, bedingen sie durch ihre Masse die rote Farbe des Bluts. Ihr Farbstoff ist das Hämoglobin, ein eisenhaltiger Eiweißkörper, welcher bei starkem Sauerstoffdruck, z. B. in den Atmungsorganen, sich mit O locker verbindet zuOxyhämoglo- bin, dieses dann mit dem Blutstrom den Geweben zuführt und hier den Sauerstoff an das Protoplasma der Zellen abgibt. Das in die Organe einströmende oxyhämoglobinhaltige, sog. arterielle Blut sieht hellrot aus, während es nach Abgabe des O eine bläulich-dunkelrote a Farbe annimmt. Wahrschein- © Te ’ > lich spielt das Hämoglobin auch ©) w IQ Eryfhroeyt bei dem CO?-Transport eine Rolle. Die Erythrocyten sehen G von der Fläche gesehen oval ® L.ymphocyt und von der Seite gesehen bi- (® 2 Ve | Ba konvex aus und besitzen einen | 9 en) =) feinkörnige Kern, nur bei Öyclostomen sind u —- sie rundlich mit Kern, und bei Leukocyten Säugern rundlich und kernlos SON at: |Ausnahme: Kamel, Lama mit :; grobkörnige ovalen, kernlosen Blutkörpern (61)]. Ihre Größe ist bei ver- 2 schiedenen Arten verschieden: Fig. 62. Erythrocyten und 3 Sorten Proteus hat die größten (88:35), Leukoeyten mit "einfachen und gelappten das Moschustier die kleinsten Kernen vom Menschen. (2,5 e). Beim Menschen sind die Erythrocyten runde, seicht bikonkave Scheiben mit 7,5 x Durchmesser; zuweilen sind sie auch uhr- glasförmig eingebogen. Außerhalb der Blutgefäße werden sie häufig sternartig oder kleben geldrollenartig zusammen. Sie sind dehnbar, elastisch und verändern beim Aufstoßen auf Hindernisse vorüber- gehend die Form. Sie entstehen aus kernhaltigen Zellen im roten Knochenmark und, wo dieses fehlt (Fische, Amphibien), in der Milz, verlieren später bei Säugern ihren Kern durch Auflösung, zuweilen auch durch Ausstoßung, und gehen nach einigen Wochen zugrunde. ®' Blut. 79 Reste der Kerne, sog. Nukleoide, lassen sich bei Säugern zuweilen in Form kleiner, färbbarer Körner nachweisen. Die bei Urodelen zuweilen beobachteten kernlosen Erythrocyten scheinen Kunstprodukte zu sein. Sie zeigen sich entweder von normaler Größe, indem der Kern ausge- stoßen ist oder als durch Abschnürung entstandene kleine Scheiben. Die Leukoeyten oder weißen Blutkörperchen (62) sind viel weniger zahlreich als die roten (Mensch: 1 cmm 6—-8000, also kommen auf einen Leukocyten ungefähr 700 Erythrocyten). Ihr physiologisches Verhalten ist wie bei den wirbellosen Tieren. Da sie sich amöboid bewegen können, so verlassen sie oft die Gefäße und wandernin die Gewebe, Hohl- räume, Speichel, Eiter u. dgl. unter Bildung zahlreicher spitzer Pseudopodien (63). Morpholo- gisch sind sie verschieden, so daß beim Menschen vier Sorten unterschieden werden: a)kleine Lymphocyten mit einem großen Kern, ca. 7 w im Durch- messer, bilden ungefähr 25 Proz. aller weißen Zellen des Blutes, massenweise finden sie sich in der Lymphe, dem Chylus und in { den Lymphorganen; b) große RT, u Leukocyten (in 62 nicht ab- el N a # gebildet) mit einem großen Kern, Se % 7 mit einem Zelldurchmesser von Se 7 12—20 1, etwa4 Proz.; c)poly- N L BER ] morphkernige feinkörnige v / Leukocyten, etwa 70 Proz., mit ei une vielen zarten Granula im Proto- D. ul plasma, mit einer Sphäre, welche et zwei Centriolen umschließt (33), en und einem stark gelappten oder Fig. 63. Leukocyten und Thrombo- SE ; ‘_ eyten im menschlichen Blut während der eingeschnürtem Kern, der zuwei amöboiden Bewegung fixiert. Nach VAN len auch in mehrere zerfallen kann. HrrwerDen. 1000:1. r. Birotes Blutkörper- Eine Abartderselben sind dieoben chen, / Leukocyt, k Kern, thr Thrombocyt. (35) abgebildeten Riesenzellen (Megakaryocyten) aus dem Knochenmark und der Milz. d)polymorph- kernige,grobkörnige Leukocyten, 1 Proz., mit zahlreichen rund- lichen oder unregelmäßigen Körnern, welche sich entweder mit sauren Anilinfarben (oxyphile Leukocyten) oder mit basischen Farben (basophile) färben. Die letzteren sind als sog. Mastzellen im lockeren Binde- gewebe der Säuger weit verbreitet. Die Leukocyten entstehen aus den Lymphzellen, bei den Säugern und Vögeln in Lymphdrüsen und in der Milz, bei anderen Wirbeltieren auch in den Arterienscheiden und in anderen sog. Iymphatischen Organen. Die Blutplättehen (63) sind sehr kleine (3—7 ), scheiben- oder spindelförmige amöboide Gebilde, in denen bei Amphibien und Säugern ein Kern nachgewiesen ist, der aber zuweilen fehlt. Sie kommen in 80 Ill. Kapitel. sehr großer Zahl vor, zerfallen aber außerordentlich leicht. Sie unter- stützen durch ihren Zerfall die Gerinnung und Blutpfropfbildung bei Wunden und werden daher auch Thrombocyten genannt. Es handelt sich bei ihnen wohl um eine besondere Sorte von Leukocyten. Die Lymphe der Wirbeltiere besteht aus Lymphplasma und Leuko- cyten und fließt in Gefäßen mit eigener Wandung, die außerordentlich fein in den Organen beginnen, allmählich zu größeren Stämmen sich vereinen und schließlich in die Venen einmünden. B. Die Gewebe werden eingeteilt nach ihrer Funktion in Epithelien: kleiden Oberflächen und Höhlen aus, begrenzen und schützen den Körper, nehmen die Reize der Außenwelt auf, scheiden Stoffe aus oder erzeugen Sexualzellen; Stütz- oder Bindegewebe: verbinden die Gewebe eines Organs, erzeugen die festen Skelettorgane; Muskeln: bewegen durch ihre Kontraktilität den ganzen Körper und seine Teile; Nervengewebe: leiten die aufgenommenen Sinnesreize weiter und rufen die Reizantworten hervor. Morphologisch lassen sich nur die Epithelien an ihrer oberfläch- lichen Lage, ihrer polaren Differenzierung und horizontalen Schichtung leicht erkennen. Bei den übrigen drei Gewebesorten ist es nicht immer möglich, aus der Gestalt und Struktur der Zellen ihre Natur mit Sicherheit festzustellen: eine fibrillär differenzierte Zelle kann zur Mus- kulatur (95a') oder zum Nervengewebe (10%7b) gehören; retikulär ver- bundene Zellen können bindegewebiger (73) oder nervöser Natur (103) sein. In solchen Fällen ergibt sich die Art der Zellen aus ihrer Lage im Organ, ihrem Zusammenhang mit anderen Teilen und aus ihrer Funktion. Es kommen auch Zwischenformen vor: Sinneszellen, welche gleichzeitig Epithelzellen und unipolare Ganglienzellen (109a) sind; Epithelmuskelzellen der Oölenteren (91); die Gliazellen (nervöse Stütz- zellen) sind in die Tiefe gewanderte Epithelzellen von bindegewebigem Charakter (106). Die Mannigfaltigkeit der Gewebe ist unerschöpflich und spottet nicht selten einer scharfen Systematik. I. Die Epithelgewebe begrenzen und schützen den Körper, indem sie die Oberfläche der Haut bilden und nur ganz selten (Zähne, Geweihe) fehlen. Ferner kleiden sie die Höhlungen (Lumina) der Organe aus, z. B. die Darm- und die Leibeshöhle. Dabei ist charakteristisch, daß die Epithelzellen in Form einer ein- oder mehrschichtigen Lamelle dicht zusammenliegen, wobei sie durch wenig Kittsubstanz zusammengeklebt werden. Diese kann durch 1-proz. AgNO? nachgewiesen werden, indem die Kittsubstanz sich hierin durch ausfallendes Silber schwarz färbt. In anderen Fällen hängen sie untereinander durch interzellulare Plasmabrücken (Plasmo- desmen) zusammen (64a, 59), welche zarte Spalträume durchsetzen. Die Oberhaut (Epidermis) aller Wirbellosen und des Amphiorus besteht aus einem einschichtigen Epithel, während alle übrigen Wirbeltiere eine vielschichtige Epidermis besitzen, welche bei den Landbewohnern auf der Oberfläche verhornt (64b) ist. Nach der Form werden unter- Epithelien. 81 schieden: Plattenepithelien (c) mit ganz dünnen, membranartigen Zellen; kubische Epithelien (d) mit würfelförmigen Zellen, und Zylinderepithelien (e) mit höheren Zellen. Bei den Flimmer- epithelien (36, 38, 64e) tragen die Zellen viele bewegliche Härchen (Cilien), während beim Geißelepithel (f) jede Zelle mit einer langen Geißel ausgerüstet ist. Das Protoplasma der Epitkelzellen enthält häufig Fibrillen, z. B. in Flimmerzellen (38) oder bei Muskelinsertionen (64n, 200), wodurch es mechanischen Anforderungen besser gewachsen ist (Tonofibrillen). Nach innen zu grenzen sich die Epithelien häufig durch eine Basalmembran (d, bas), nach außen durch eine Cuticula (W) ab. Wenn alle Zellen eines Epithels miteinander verschmelzen, so dab keine Zellgrenzen vorhanden sind, spricht man von einem Sym- plasma (g) (vel. S. 73). Ein solches findet sich am häufigsten bei Plattenepithelien. Die interzellulare Kittsubstanz ist häufig am freien Ende der Zellen verdickt zu sog. Verschlußleisten (64, e‘, f‘). Die Spalten zwischen den Zellen sind für die Ernährung der Zellen von großer Bedeutung und um so wichtiger, als die Blutgefäße in den Epithelien fehlen. Ausnahmen kommen vor, so in der Epidermis der Ringel- würmer und Amphibien, im Darmepithel der Fische, in der Stria vascu- laris der Schnecke des Gehörorgans. Einen Uebergang zwischen ein- und vielschichtigem Epithel bildet das mehrreihige (64f‘), dessen Zellen nur zum Teil die freie Oberfläche erreichen. In den mehr- schichtigen Epithelien sind die basalen Zellen besonders groß, weil sie die Mutterzellen (Matrixzellen) der übrigen sind (64b). Die große Verschiedenartigkeit der Epithelien kann noch weitere Ursachen haben. 1. Differenzierungen führen zu verschiedenen Zellen inner- halb des Epithels: es treten Drüsenzellen auf (64i), in den Sinnes- epithelien erhalten sich gewöhnliche Zellen als „Stützzellen“ oder als „Deckzellen“ neben den Sinneszellen; bei den Landwirbeltieren ver- hornen die äußeren Zellen (64b), und aus der Hornschicht können Schuppen, Krallen, Hufe, Nägel, Federn, Haare hervorgehen. Zuweilen sind die Zellen desselben Epithels von verschiedener Höhe, indem einige sich proximalwärts verlängern (64m, 139, 150). Dies ist besonders häufig bei Drüsenzelien (64i) der Fall. Es kann auch vorkommen, daß die Hauptmasse des Oytoplasmas den Kern umgibt und die Epithel- zelle im übrigen ein dünner Faden ist (Zellen der Wirbeltier- und Cephalopodenlinse). 2. Cuticularbildungen. Aus der ursprünglich homogenen zarten Cuticula (64i) wird eine Stäbchencuticula (64f‘) mit senk- recht zur Oberfläche stehenden Stäbchen, welche an ihrer Basis zu- weilen einem Korn aufsitzen (641), wodurch sie sich als ähnliche Bildungen wie die Cilien erweisen (36, 38). Bei den Arthropoden (64h) verdickt sich die Chitincuticula oft enorm und besteht aus vielen parallelen Lagen, bildet Warzen, Haare, Stacheln u. dgl. Der Schmelz der Zähne kann als eine stark verkalkte COuticularbildung bzw. Basal- membran angesehen werden. 3. Intrazelluläre Einlagerungen: Pigmente, Fette, Stoff- wechselprodukte aller Art. Nesselkapseln und basale Muskelfäden bei den Cnidariern (91). In den Kolbenzellen der Fische (167, 171) wird das Exoplasma gallertig; ebenso in den 'eiweißreichen Levprsschen Zellen der Urodelen (197, eiw.x). Plate, Allgemeine Zoologie I, 6 82 Ill. Kapitel. 4. Interzelluläre Einlagerungen: Nerven durchsetzen die Epithelien fast immer und enden entweder frei oder an den Sinnes- zellen (360, e,h,i). Auf zuweilen vorkommende Blutgefäße wurde schon verwiesen. Leukocyten und Pigmentzellen wandern nicht selten in die Epithelien ein. Stratum 5. Verbreiterung derInter- % lueidum zellularspalten. Während # Stratum granulosum Interzellularlücken germinativum| = = MT J ne Sr => 4 Fig. 64 a—i. gewöhnlich die Epithelzellen durch eine Kittsubstanz oder durch Zell- brücken, welche ganz schmale Spalten durchqueren, verbunden sind, werden diese zuweilen so breit, daß jede Zelle isoliert erscheint. In Epithelien 83 der Epidermis von Chiton (154) fehlen dabei die Zellbrücken fast ganz. Umgekehrt werden in einzelnen Epithelien die Zellbrücken sehr stark, und indem gleichzeitig die Spalten zu großen Hohlräumen werden, ent- ne UL n 5 Ir: Sy1, ! EN f R CE: 1 h) af ® ; Er \ ji; > Were ee n \ &) m Fig. 64 k—n. Fig. 66. Verschiedene Epithelformen (c—i Orig... «a Plattenepithel der Kieme einer Krötenlarve von der Fläche gesehen mit Interzellularbrücken, d Schnitt durch die Fußsohle des Menschen nach STÖHR, ec Plattenepithel, d Kubisches Epithel, bas Basalmembran, e Zylinderepithel links mit Cilien, rechts mit Ver- schlußleisten der Kittsubstanz, f Geißelepithel, f‘ mehrreihiges Epithel mit Ver- schlußleisten, Interzellularbrücken, Stäbcheneuticula und längsreihigem Plasma, g Symplasma, h Oberhaut eines Insekts (Phyllium) mit Borsten und mit Poren- kanal, i Haut einer Schnecke, Becherx Becherzelle, Bi Bindegewebe, Cor Corium, Cut Cuticula, Ma Muskel, Fl Flaschenzelle, Se Schleim, % drüsiges Darmepithel einer Mückenlarve nach VAN GEHUCHTEN, me, ml Muskeln, tp Bindegewebe, ı Zelle aus einem Chironomus-Darm nachHoLMGREN. Die Zelle rechts mit Basalkörnern unter den Stäbehen der Cuticula. Die Zelle links befindet sich in Vorbereitung zur Sekretion und die Körner haben sich etwas in die Länge gezogen. Die Zelle in der Mitte sezerniert, wobei die Körner in lange, cilienähnliche Fäden ausgezogen sind. m Epithel aus der Flügelanlage der Puppe von Samia cecropia nach MAYER. Einige Zellen sind sehr verlängert und verwachsen mit der mesodermalen Grund- membran, zwischen ihnen Leukocyten. n Muskelinsertion an der Leibeswand einer Mückenlarve nach Stamm. Ch Chitin, .J fibrillär differenzierte Zellen der Hypo dermis (Ayp), welche die Anheftung des Muskels (M) vermitteln. 6* 84 III. Kapitel. steht ein netzförmiges Epithel, welches dem retikulären Binde- gewebe (73) sehr ähnelt, sich aber durch das Fehlen der Grundsubstanz von ihm unterscheidet. Die Spalten werden von Lymphe erfüllt und das Gewebe kann wegen seines Gehalts an eiweißreicher Flüssigkeit zur intensiven Ernährung dienen. Daher finden wir es in den Hoden- bläschen der Blutegel und neben Gebieten starker Sekretion (Schmelz- organ der Säugerzähne, des Rückenstachels von Spenax, unter den Hornzähnen der Üyclostomen). In dem Follikelepithel nicht ausge- stoßener Vogeleier dient es wohl zur Resorption von Nährstoffen. Das Epithel ist die Urform der Gewebe, denn die 3 Keimblätter treten fast ausnahmslos in dieser Form auf. Sehr selten gehen Epi- thelien aus einem regellosen Haufen von Zellen hervor, so bei der Re- tina von Oncidium und Pecten, wie ja auch das Blastula- Epithel aus der Morula entsteht. Ontogenetisch leiten sich die Epithelien über- wiegend vom Ektoderm und Entoderm ab, aber auch nicht selten vom Mesoderm (Cölom- und Keimepithel der Anneliden und Wirbeltiere). Die mesodermalen Epithelien sind zuweilen (Blutgefäße der Wirbel- tiere) außerordentlich niedrig und werder dann als Endothel be- zeichnet, ein Ausdruck, der auch für epithelartig angeordnete Binde- gewebszellen, welche Spalträume auskleiden, gebraucht wird. Nach der Funktion kann man unterscheiden: Deckepithelien zum Schutze; Flimmerepithelien zur Fortbewegung des ganzen Körpers (viele niedere Tiere), von Wasser (Muschelkieme), Drüsen- produkten oder zum Herbeistrudeln von Nahrung (sessile Wassertiere): Drüsenepithelien zur Produktion von Stoffen: Resorptions- epithelien im Darm; Pigmentepithelien; Myoepithelien (s. Muskeln); Sinnesepithelien zur Reizaufnahme, und Sexual- oder Keimepithelien zur Abgabe der Geschlechtszellen. Von diesen besprechen wir an dieser Stelle nur die Drüsen (Glandulae). Als Drüsen bezeichnet man solche epitheliale Zellen oder Zell- komplexe, welche irgendwelche nicht protoplasmatische, tote Stoffe ab- scheiden, die nicht zu dauernden Bestandteilen der Gewebe werden, sondern den Körper in flüssiger, weicher, fester Form (Harnkonkre- mente und andere „geformte Sekrete“) oder zuweilen auch als Gase (Dufthaare der Schmetterlinge, Gaszellen im Epithel der Luftflasche der Siphonophoren) verlassen. Die Ausscheidungen stehen also nicht im Dienste der Drüse selbst, sondern in dem des ganzen Organismus. Gasförmige Ausscheidungen gehen im Tierkörper meist nicht von Drüsen, sondern von Blutgefäßen aus; so bei der Atmung, in den Schalenkammern von Nautihıs (40) und in der Schwimmblase der Fische. Die Chitincuticula der Arthropoden, die Hornschicht der Land- wirbeltiere, Eischalen, Oocons, die Grundsubstanzen des Bindegewebes u. dgl. gelten nach der üblichen Auffassung nicht als Drüsenprodukte, weil sie dauernd mit dem Gewebe zusammenhängen und einen Teil desselben darstellen. Aus demselben Grunde sind auch die Nessel- kapseln der Unidarier nicht als ein Sekret anzusehen, sondern als ein Zellorganell, wähsend die ausgeschleuderte Flüssigkeit ein Sekret ist. Dagegen gilt die Bildung von Verbrauchsstoffen (z. B. Fett) innerhalb einer Zelle schon als Sekretion, denn hierunter versteht man allgemein die Ausscheidung innerhalb oder außerhalb der Zellen. Eine solche setzt Drüsen. te) natürlich eine Aufnahme (Resorption) von Stoffen voraus, die verändert oder unverändert (z. B. Wasser) abgegeben werden. Die Sekretion kann daher intra- oder extrazellulär sein. Manchmal ist die Unterscheidung nicht scharf durchzuführen. Die Molluskenschale wird in flüssiger Form am Mantelrande ausgeschieden, erhärtet aber sofort; sie ist also wohl ihrer Entstehung nach ein Sekret, aber nicht nach ihrer Funktion, denn das Charakteristische der Drüsenprodukte ist, daß sie im Dienste des Organismus verbraucht werden. Dasselbe gilt für die Skelettnadeln der Schwämme, die Kalkkörper der Alcyonarien und ähnliche Hart- körper. Es ist nicht richtig, die Geschlechtsorgane als „Keimdrüsen“ zu bezeichnen, denn die Keimzellen werden nicht verbraucht, sie sind daher keine Drüsenprodukte. Die Ausscheidungen der Drüsen werden Sekrete genannt, wenn sie dem Körper noch irgendwie nützlich sind, hingegen Exkrete, wenn sie nicht mehr brauchbare Abfallstoffe sind. Es handelt sich bei ersteren meist um chemisch hochkomplizierte spe- zifische Stoffe, welche nur an einer Stelle des Körpers gebildet werden und eine ganz bestimmte Wirkung ausüben. Sehr häufig enthalten sie Enzyme. Die Exkrete hingegen sind meist einfacher gebaute Zerfalls- produkte des Eiweiß, welche im Körper weit verbreitet sind. So ent- steht z. B. das kohlensaure Ammon als Vorstufe des Harnstoffs in allen Geweben des Wirbeltierkörpers. Der Speichel und der Magensaft sind Sekrete, weil sie verdauende Fermente liefern. Der Harn ist ein Exkret, weil er den nicht mehr brauchbaren Stickstoff aus dem Körper entfernt. Sekretion im weitesten Sinne kommt nicht nur in Epithelien und Drüsen, sondern in allen Geweben vor als Bildung von Grund- substanzen, Fett, Farbstoffen u. dgl. In den Drüsen aber stellt die Pro- duktion von Sekreten oder Exkreten die eigentliche Funktion dar. In physiologischer Hinsicht ist die Tätigkeit der Drüsen so außer- ordentlich mannigfaltig, daß es kaum ein Gebiet der tierischen Lebens- erscheinungen gibt, welches nicht durch sie gefördert wird. Als Ver- dauungsdrüsen (Speicheldrüsen, Magen, Leber, Pankreas u.a.) unterstützen sie die Umwandlung der Nährstoffe in eine resorbierbare Form; als Giftdrüsen, Stinkdrüsen, Schalendrüsen, Tintendrüsen, Schleimdrüsen wirken sie mit beim Angriff oder bei der Verteidigung; als Schleim- drüsen auch bei der Bewegung der Schnecken; als Klebdrüsen beim Laufen der Insekten an glatten und senkrechten Flächen oder zum Anheften von Eiern; als Schweißdrüsen bei der Regulation der Tempe- ratur der Säuger; als Talgdrüsen beim Einölen der Haare; als Tränen- drüsen beim Reinigen des Augapfels und als Schnauzendrüsen bei der Wahrnehmung der Windrichtung; als Milchdrüsen bei der Ernährung der Jungen; als Eiweißdrüsen und Dotterstöcke, um die Eier mit, Nähr- stoffen zu versehen; als Duftorgane zum Anlocken der Geschlechter; als Leuchtdrüsen zur Lichterzeugung und als Nieren zur Exkretion. Während diese letzteren während der ganzen Lebenszeit funktionieren, treten andere Drüsen nur einmal auf einer bestimmten Altersstufe in Tätigkeit, wie z. B. die Gespinnstdrüsen der Raupen zur Anfertigung des Cocons bei der Verpuppung. Die Sekretion erfolgt bei den meisten Drüsen nur zeitweilig, indem Perioden der Tätigkeit mit solchen der Ruhe abwechseln. Dieselbe Drüsenzelle kann dann wiederholt Stoffe ausscheiden und sich re- generieren. Bei einigen Drüsen, z. B. bei der Niere und Leber der höheren Tiere, erfolgt die Abscheidung andauernd. Die Reizung wird bewirkt entweder durch besondere sekretorische Nerven, so namentlich, 86 1II. Kapitel. wenn die Sekrete häufig und rasch gebildet werden müssen (Ver- dauungsdrüsen) oder auch durch Hormone, wenn der Körper die Se- krete nur zu bestimmten Zeiten nötig hat. So erzeugen die weiblichen Genitalorgane der Säuger im trächtigen Zustande Reizstoffe, welche auf die Milchdrüse einwirken. Daher kann diese Milch abgeben, auch wenn sie an einer ganz anderen Körperstelle eingenäht ist und außer Zusammenhang mit Nerven steht. Die Drüsen können morphologisch nach sehr verschiedenen Gesichtspunkten eingeteilt werden: a) Nach der Form: einzellige und vielzellige (Drüsenknospen, Drüsenfelder, Drüsenpakete, tubulöse, alveoläre, tubulo-alveoläre). b) Merokrine, wenn das Sekret von der Drüsenzelle gebildet und ausgestoßen wird; holokrine, wenn das Sekret aus abgestorbenen, ausgestoßenen Zellen besteht. c) Exokrine mit Abscheidung nach außen, endokrine mit „innerer Sekretion“, ohne Ausführgang. Fig. 65. Isolierte Drüsenzelle des Stinkapparates des Käfers Blaps mortisaga. Er besteht aus 2 Schläuchen, welche sich ventral vom After gemeinsam Öffnen. Jeder Schlauch besteht aus vielen Epithelzellen der abgebildeten Art, die mit einem langen Ausführgang frei in das Lumen hineinragen. Er beginnt im Innern der Zelle mit einer großen, von Plasmafäden durchzogenen Blase. Nach GILson. Die einzelligen Drüsen (64i) sind außerordentlich weit ver- breitet und liegen im einfachsten Falle einzeln zwischen den gewöhn- lichen Epithelzellen, von denen sie in der Jugend nicht zu unterscheiden sind. Später treten Körnchen (Sekretgranula) auf, welche zu einer weichen oder flüssigen Masse werden und die Zelle am freien Ende zum Platzen bringen oder einfach nach außen diffundieren. Zuweilen fallen sie schon durch ihre Gestalt auf. Nach der Form unterscheidet man die Becherzellen von den weit nach innen vorspringenden Flaschenzellen (64i). In der vielschichtigen Epidermis der Fische wandern die Drüsenzellen allmählich an die Oberfläche und entleeren hier ihren Schleim (182). Die Drüsenzellen der Arthropoden sind häufig durch einen zarten Sekretkanal ausgezeichnet, welcher bis tief in die Zelle hineinragt und hier mit einer Erweiterung endet (69). Bei Ar- gulus hängt die runde Drüsenzelle an einem langen Sekretkanal wie die Kirsche an ihrem Stiel; zuweilen ist dieser mehreren Zellen gemein- sam. Bei den Drüsenhaaren der Gliedertiere münden große Zellen mit häufig verästelten Kernen einzeln oder paketweise durch hohle Chitin- Drüsen. 87 haare nach außen. Ueber die Bedeutung des Kernes bei der Sekretion s. 8.43 (20, 21). Bei Plattwürmern (138, 140) können Zellen des Par- enchyms einen drüsigen Charakter annehmen und mit einem oder mehreren Fortsätzen nach außen sich verlängern, so daß sie als ein- gesenkte Epithelzellen gedeutet worden sind. Wenn sich mehrere Drüsenzellen zusammenlegen, so entstehen Drüsenknospen, -pakete, -polster oder -felder. Das Cha- rakteristische ist, daß jede Zelle für sich ausmündet und ein gemein- samer Ausführgang noch fehlt. Solche Haufen von Drüsenzellen können unter dem Epithel liegen (66) oder auch in ihm (67) und dann durch Bildung von Falten eine Vergrößerung der sezernie- #- renden Oberfläche bewirken, wie diesz.B. 11 bei der Hypobranchialdrüse der Proso- * branchier oft vorkommt. Bei den echten vielzelligen Drüsen ergießen die Zellen ihr Sekret in einen gemeinsamen Hohlraum, der bei den tubulösen Drüsen röhrenförmig, bei den alveo- lären (acinösen) beerenförmig gestaltet ist. Ist der Gegensatz zwischen den Röhren und den rundlichen Erweiterungen . Fig. 66. Dorsale Mantelrand- nicht scharf, so spricht man von tubulo- gie De ee nuen alveolären Drüsen (68). Indem nun thels, Bi Oberen Mantelände solche Bildungen sich massenweise ver- epithel, omrdr obere Mantelrand- ästeln, durch umgebendes Bindegewebe zu drüse, dors dorsal, vent ventral. Lappen und Läppchen zusammengefaßt und von Nerven, Blutgefäßen, Muskeln, event. auch von Tracheen durchsetzt werden, entstehen sehr komplizierte Organe. Beim Menschen sind die Drüsen des Magens, die LiEBERKÜHNSchen Drüsen des Darms und die Schweißdrüsen der Haut einfache tubulöse Drüsen, während bei der Leber die Röhren netzartig miteinander zusammen- dors IR epig o mre omrdr Fig. 67. Drüsenfeld einer Blattlaus, Mindarus abietinum, nach NüssLın. Ein solches liegt jederseits ventral am 5. und 6. Abdominalsegment und produziert Wachs- fäden zum Schutze der Eier. hängen und bei den Nieren in den verschiedenen Abschnitten sehr verschieden ‚ausgebildet sind. Die Talgdrüsen (70) sind einfache acinöse Drüsen, während die Milchdrüsen (305) sehr komplizierte Vertreter desselben Typus sind. In den großen Drüsen pflegen die sezernieren- den Zellen auf ganz bestimmte Regionen beschränkt zu sein, während die übrigen Teile als Sammelgänge, Reservoire und Ausführgänge mit gewöhnlichem Epithel ausgekleidet sind (68 C, 69). Die letztere Ab- bildung der Unterkieferspeicheldrüse zeigt sehr deutlich, wie neben- einander eine komplizierte Arbeitsteilung eingetreten sein kann: der Hauptausführgang (HA) hat ein zweireihiges Epithel. Er spaltet sich in kleine Aeste (24) mit einfachem Epithel. Diese gehen in die Speichel- oder Sekretröhren (Sp) über, deren Zellen gelbes Pigment 88 Ill. Kapitel. führen und schon sezernieren. Sie setzen sich in die zarten Schalt- röhren mit kubischem Epithel und weiter in die Acini fort, welche von dreierlei Art sind: rein seröse (SE), welche Eiweiß absondern; rein muköse, welche Schleim produzieren, und solche gemischter Natur. Bei den Wirbellosen sind dieselben Gegensätze weit verbreitet: die Speichel- drüsen der Insekten sind tubulös oder auch acinös gebaut, ihre Nieren sind immer tubulös. Eine andere Art der Unterscheidung der Drüsen geht von der Lebensdauer der sekretorischen Zellen und der Art der Entleerung aus. Die meisten Drüsen sind merokrin oder vitalsezernierend (Glandulae liquoriparae), d.h. die lebende Zelle bildet und entleert das A C & RN Fig. 68. Fig. 69. Fig. 68. Schema vielzelliger Drüsen. A tubulös ohne Ausführgang, B, tubulös mit Ausführgang, B, tubulös und verästelt, © alveolär (acinös). Fig. 69. Schema der menschlichen Submaxillardrüse nach SCYMONOWICZ. HA Hauptausführgang, klÄ kleinere Aeste desselben, Sp Speichelröhren, Sch Schalt- kanal, SE seröse Acini, G muköse Acini, welche am Ende mit dunklen serösen Zellen (GrAnuzzıschen Halbmonden) abschließen. Sekret, und zwar in der Regel wiederholt. Die Zelle wird also durch die Ausscheidung nicht zerstört. Entweder scheiden die Zellen das Sekret in Form von Bläschen oder Tröpfchen aus (64 k), oder es werden Papillen gebildet, welche Cytoplasma und Sekret enthalten und dann abgeschnürt werden (Milchdrüsen). Nach vollzogener Sekretion ver- kleinern sich die Zellen, um dann allmählich wieder größer zu werden und von neuem zu sezernieren. Während oder vor der Sekretbildung teilt sich der Kern häufig ein- oder mehrere Male amitotisch. Daher sind merokrine Zellen oft mehrkernig. Ein Teil der Kerne kann mit dem Sekret ausgestoßen werden. Alle Drüsen der wirbellosen Tiere gehören zum merokrinen Typus. Im Gegensatz zu ihnen stehen die holokrinen oder nekrobiotischen (@l. celluliparae), welche nur bei Wirbeltieren vorkommen, und deren Sekret aus fettig degenerierten oder verquollenen, abgestoßenen Zellen besteht. Die Drüsenzellen gehen also bei ihrer Tätigkeit zugrunde. Hierher gehören die Talgdrüsen (70) und die Meısomschen Liddrüsen der Säuger, die Bürzeldrüse und die Ohrenkanaldrüsen der Vögel. — Der Gegensatz zwischen beiden Drüsen- Drüsen. 89 arten ist nicht scharf, denn auch die merokrinen Zellen werden all- mählich verbraucht und ausgestoßen, und die holokrinen Zellen pro- duzieren die Fettröpfchen genau so im Innern der Zelle wie jene. Es wäre wohl denkbar, daß Zwischenformen vorkommen, deren Ausschei- dung halb aus Sekret, halb aus ausgestoßenen Zellen besteht. Ein drittes wichtiges Unterscheidungsmoment der Drüsen besteht in der Art ihrer Sekretabgabe. Die im Vorstehenden aufgezählten Drüsen sind sog. offene, exokrine, weil sie sich auf der Haut oder auf der Oberfläche von Organhöhlen mit oder ohne Ausführgang öffnen. Im Gegensatz zu ihnen entleeren eine Anzahl Drüsen ihre Produkte Fig. 70. Fig. 70. mes nach HOFFMANN. A Ausführgang, Bi Bindegewebe, degZ die abgestoßenen degenerierenden Zellen, H Haar. Fig. 71. Schnitt durch die Schilddrüse einer jungen Ziege nach PFLÜCcKE. Bi Bindegewebe, Fe Follikelepithel, Ko kolloidale Sekretmassen. nicht durch einen Ausführgang nach außen, sondern geben sie direkt an das Blut ab. Man bezeichnet sie dann als geschlossene, endo- krine Drüsen oder als Drüsen mit innerer Sekretion, und nennt die von ihnen erzeugten Stoffe Inkrete oder Hormone (Spuso reizen), weil sie vielfach einen spezifischen Reiz auf das Wachstum oder die Funktion anderer, oft weit entfernt liegender Organe ausüben. Eine Drüse kann gleichzeitig eine äußere und eine innere Sekretion ausüben. Die Geschlechtsorgane z. B. (wenn wir sie einmal als Drüsen ansehen wollen) geben die Eier bzw. Samenfäden nach außen ab. Außer- dem aber bereichern sie zur Brunstzeit das Blut mit gewissen Stoffen, welche die sekundären Geschlechtsmerkmale hervorrufen, so die Daumen- schwiele des männlichen Frosches, die Schmuckfedern des Hahns, den Bart und die tiefe Stimme des Mannes. Dieser Zusammenhang wird dadurch bewiesen, daß bei jung kastrierten Männchen die genannten Bildungen nicht auftreten. Das Pankreas ist eine offene Verdauungs- drüse und gibt außerdem mit den sog. LAnGERHAnsSchen Inseln einen Stoff an das Blut ab, welcher den Zuckergehalt des Blutes verringert, indem er die zur Bildung des Zuckers in der Leber notwendigen Nervenreize hemmt. Eine Erkrankung dieser Drüse kann daher zur 90 III. Kapitel. Zuckerharnruhr (Diabetes mellitus) führen. Zu den Drüsen mit innerer Sekretion gehören manche Organe, welche früher als rudimentär an- gesehen wurden, weil man keinen Ausführgang beobachtete. Die am Kehlkopf der Säuger gelegene Schilddrüse (Glandula thyreoidea) er- zeugt einen jodhaltigen Eiweißkörper, welcher auf das Wachstum einwirkt, denn Verlust dieser Drüse im Jugendalter bewirkt Zwergwuchs und Ausbleiben der sexuellen Reife. Sie geht hervor aus einer medianen und zwei lateralen Epithelwucherungen der ventralen Rachenwand und hat anfangs einen tubulösen Bau. Der Ausführgang bildet sich früh- zeitig zurück und das Epithel der Röhren verwandelt sich in viele ge- schlossene Bläschen (Follikel), die von Blutgefäßen umsponnen und durch Bindegewebe zusammengehalten werden (71). Aus einer abnorm gesteigerten Tätigkeit der Schilddrüse erklärt sich die Basedowsche Krankheit, welche durch eine operative Verkleinerung des Kropfes ge- hoben werden kann. Thymus, Epiphyse, Hypophyse und die aus den embryonalen Schlundspalten hervorgehenden sog. Epithel- körperchen sind ebenfalls geschlossene Drüsen; Entfernung der letz- teren erzeugt beim Menschen schwere Krämpfe. Die Nebennieren geben das Adrenalin an das Blut ab, welches die Weite der Arterien be- einflußt. Die Placenta des Uterus, vielleicht auch der Embryo, erzeugt ein Inkret, welches die Milchdrüse zur Sekretion anregt. Am Vorderende des Hodens mancher Kröten liegt ein rudimentäres Ovar (Bippersches Or- gan), dessen nicht entwicklungsfähige Eier ein Sekret an das Blut abgeben, welches den Stoffwechsel im Frühjahr anregt und die psychischen Brunst- erscheinungen auslöst. Bei wirbellosen Tieren sind unsere Kenntnisse über Drüsen mit innerer Sekretion zur Zeit noch sehr dürftig; die Corpora alba hinter den Augen der Tintenfische scheinen mir hierher gehörige Bildungen zu sein, denn nach meinen Untersuchungen sind sie nicht nervöser Natur und bestehen aus vielen kleinen Zellen, die von Blut- gefäßen durchsetzt werden. Bei der Sipunculide Phycosoma lanzarotae liegen den Nierenschläuchen außen Zellen an (Internephridialorgan), welche in ihrem Plasma viele, aus dem Kern stammende Körner ent- halten, die an die Leibeshöhlenflüssigkeit (Blut) abgegeben werden. Es handelt sich wohl um Inkrete, denn die Tiere sterben nach Verlust des Organs. Wenn man will, kann man auch die Abgabe von Nährstoffen an das Blut durch den Darm oder von Sauerstoff durch die Atmungs- organe hierher rechnen. Aber es ist praktischer, den Begriff der inneren Sekretion zu beschränken auf die Bildung spezifischer Stoffe. Dagegen steht nichts im Wege, auch von innerer Exkretion zu sprechen und darunter z. B. die Abgabe des in der Leber gebildeten Harnstoffs an das Blut zu verstehen. 2. Die Stütz- oder Bindegewebe liegen im Innern des Körpers, und ihre Zellen sind nicht in Lamellen, sondern zerstreut angeordnet. Indem diese Zellen fast immer eine eiweißhaltige interzellulare „Zwischen- oder Grundsubstanz“ um sich herum ausscheiden, rücken sie voneinander ab und bilden Gewebe, welche die verschiedenen Teile eines Organs untereinander zusammen- halten, sie umhüllen, die verschiedenen Organe untereinander verbinden oder ihnen Festigkeit und Halt gewähren. Sie verdanken ihre Ent- stehung hauptsächlich dem Mesoderm. Während in den Epithelien die Stützgewebe. 91 Zellen die eigentlichen funktionierenden Elemente sind, treten diese hier an Masse ganz zurück, und ihre Produkte, die Grundsubstanzen, übernehmen die lebenswichtigen Aufgaben. Die Zellen sind sehr häufig mit verästelten Ausläufern versehen, wodurch sie für die Ausscheidung sroßer Mengen von Zwischensubstanz sehr geeignet werden. In der Jugend sind sie oft IN RR amöboid beweglich. Die Grundsubstanz ist J | nicht lebendig, wie oft behauptet wird, sondern Be), tot, denn sie ist nicht reizbar, zeigt keinen Z % m. Stoffwechsel oder andere Lebenserscheinungen, C i F 0 sondern alle ihre Veränderungen spielen sich 7 - ei unter dem Einfluß der lebenden Bildungs- \ zellen ab. Die Bildung und allmähliche Ver- 3 größerung von Fibrillen ist kein Beweis des Fig. 72. Zelliges Binde- : - b . LEY h Lebens, sondern nur ein Beweis der kol- Ge Ma loidalen Natur der Grundsubstanz. Bei dem einer Flußmuschel. Original. Bindegewebe im engeren Sinne ist die Grund- ZZelle, Gr Grundsubstanz. substanz weich, beim Knorpel elastisch, beim Knochen und Zahnbein hart. Die Grundsubstanz ist als Zellabscheidung nicht prinzipiell verschieden von der Cuticula, Basalmembran und Kitt- substanz der Epithelien, daher treten in allen nicht selten fibrilläre me hac Fig. 72 A. Hautschnitt von Astaeus fluviatilis nach SCHNEIDER. 1 LEYDIGsche Bindegewebszellen mit zartem protoplasmatischen Netzwerk, 2 solche mit derbfaserigen Protoplasmasträngen, 3 solche, welche eine Intima (Int) zur Begrenzung der Blutgefäße erzeugen, Zac Blutlakune, me Membran der LeyDisschen Zellen, blux Blutzelle. Strukturen in geschichteter Anordnung auf. Es handelt sich dabei um physikalisch-chemische Prozesse, denn gewisse kolloidale Massen werden durch Zusatz von Essigsäure fest, und wenn sie dabei unter Spannung stehen, so bilden sich Fasern wie im Bindegewebe. A. Die Bindesubstanzen zerfallen in zelliges Bindegewebe, Gallert- oder Schleim- gewebe, retikuläres Bindegewebe, fibrilläres Binde- gewebe, Fett- und Pigmentgewebe. Alle diese 6 Kategorien 92 111. Kapitel. gehen ohne scharfe Grenze ineinander über, da die Neigung zur Bildung von verästelten Zellen und von Fibrillen überall mehr oder weniger deutlich hervortreten kann. Fett- und Pigmentzellen erzeugen keine Grundsubstanz, sind daher keine echten Bindegewebe; sie schließen sich aber an sie an, da diese oft Fettröpfchen, Pigmentkörner, Glykogen und andere Einschlüsse enthalten. Die Fibrillen der Grundsubstanz sind sehr oft parallel angeordnet in der Richtung der mechanischen Beanspruchung, so z. B. in den Sehnen und Bändern, oder sie Kreuzen sich nach den drei Raumrichtungen, wie in der Haut der Fische, um einem Zuge nach jeder Seite gewachsen zu sein. a) Bei dem zelligen oder blasigen Bindegewebe (72) tritt die homogene oder fibrilläre Grundsubstanz an Masse ganz zurück hinter den eng zusammenliegenden Zellen, welche nicht durch Ausläufer zusammenhängen und meist blasig sind, da sie im Innern prall mit Wasser, Eiweiß oder Schleim gefüllt und dadurch druckelastisch sind. Fig. 73. Fig. 74. Fig. 73. Gallertgewebe aus einer Meduse. Z Zelle, @r Grundsubslanz. Orig. Fig. 74. Gallertgewebe aus der Extremität einer Salamandra maculosa-Larve nach SCHNEIDER 5x Bindegewebszelle, for deren Fortsätze. Vorkommen: im Mantel und in der Umgebung der inneren Organe der Mollusken, Krebse und Insekten als sog. LeyviGsche Zellen mit Glykogen und anderen Stoffen; bei den Arthropoden fehlt die Grundsubstanz meist und das Netzwerk in den Zellen ist bald sehr zart, bald auch derbfaserig (72). Bei Argulus umgeben sich die Zellen vielfach mit derben, zuweilen faserigen Hüllen; in der aus dem Ektoderm stammen- den Chorda der Wirbeltiere, bei der die Zwischensubstanz zwischen den Zellen auf ein Minimum reduziert ist oder auch fehlt, aber als zellenlose Chordascheide das ganze Organ umgibt. Sie ist bei Cyclo- stomen fibrillär differenziert (322). b) In dem Gatlert-. Schleim- oder homogenen Bindegewebe ist die Grundsubstanz durchsichtig, strukturlos oder zuweilen fibrillär. Die Zellen entstammen ursprünglich dem Epithel der Blastula, sind zuerst amöboid, können näher oder weiter auseinander liegen und stehen häufig durch Ausläufer in Verbindung (73), in welchem Falle man von retikulärem Gallertgewebe spricht. Vorkommen: weit ver- breitet bei den durchsichtigen Planktontieren, den sog. „Glastieren“ des Meeres (vielen Larven, Medusen, Otenophoren, Siphonophoren u. a.): Bindegewebe. 93 bei den Schwämmen bildet es die Hauptmasse des Körpers und ist sehr oft von Fasern durchsetzt; bei Wirbeltierembryonen ;als sog. Mes- enchym (74) zwischen Ektoderm und Entoderm, dessen Zellen zuerst amöboid umherkriechen und sich später in fibrilläres Bindegewebe um- wandeln. Es fehlt daher im ausgewachsenen Körper der höheren Wirbeltiere, findet sich aber noch stellenweise in der Haut der Fische und Amphibien. Das Gewebe des Glaskörpers im Auge ist dem Schleim- gewebe nur äußerlich ähnlich, da seine Fasern von den Gliazellen der Retina ausgehen. c) In den Lymphdrüsen, der Thymus und der Milz findet sich ein retikuläres Gerüstwerk, aber ohne Grundsubstanz, dessen Maschen von Lymphzellen ausgefüllt werden (75). Man bezeichnet dieses Ge- webe als adenoides. d) Fibrilläres oder faseriges Bindegewebe ist dadurch aus- gezeichnet, daß in der homogenen Grundsubstanz viele Fibrillen meist in der Richtung des Zuges liegen. Bei den wirbellosen Tieren (76) sind Retieulum- zellen AN 21 \N rt a4 Ay Y fr > N / \ \ # 7 ©; N BESTE) Netzwerk Fels DZ ar N} ZIH N Sf f zer | ) / FT s0% N \ i \ Ju ) } I ia: Y \ } w NIX | E | DR V / 7 Al, Fa P SL Al & Lymph- /N a A zellen Fig. 75. Fig. 76. Fig. 75. Adenoides Gewebe aus einer Lymphdrüse des Menschen, nach STÖHR. Fig. 76. Fibrilläres Bindegewebe aus der Haut einer Schnecke. Original. sie in der Regel wirr angeordnet, während sie bei Wirbeltieren meist in Bündeln oder in paralleler Anordnung auftreten. Sie bestehen bei den letzteren aus 2 Substanzen: entweder geben sie mit kochendem Wasser Leim und lösen sich in schwachen Säuren auf (leimgebende oder kollagene Fasern) oder sie sind viel widerstandsfähiger und werden durch diese Reagenzien nicht angegriffen; man nennt sie dann wegen ihrer Dehnbarkeit „elastische Fasern“. Die leimgebenden Fibrillen sind sehr zart (ca. 1 p dick), unverzweigt und sehr zugfest, die elasti- schen hingegen sind von wechselnder, oft beträchtlicher Dicke, ver- zweigt, wenig zugfest, und ihre Substanz tritt auch in Form von Netzen, Platten oder durchlöcherten Membranen auf. Infolge ihrer großen Elastizität bewirken sie nach Zug die Rückkehr der Gewebe in die ur- sprüngliche Lage. Daher finden sie sich besonders in solchen Geweben und Organen, welche großen Spannungen ausgesetzt sind: im Nacken- band, in der Wand der Gefäße, in den Stimmbändern, Lungenalveolen, Herzklappen u. dgl. Bei den wirbellosen Tieren sind elastische Fasern bis jetzt noch nicht nachgewiesen. Beide Sorten kommen häufig zu- sammen vor, wobei durch. Pikrofuchsin das Kollagen rot, das Elastin gelb gefärbt wird. Trypsin verdaut nur leimgebende Substanz, nicht 94 III. Kapitel. die elastische, während in Pepsin-Salzsäure beide aufgelöst werden. Sind die elastischen Fasern in größerer Menge zusammengelagert, so erscheinen sie gelb. Daher auch die Bezeichnung gelbes Bindegewebe. Finden sich die Elemente so angeordnet, daß die kollagenen Bündel und die elastischen Fasern sich wirr durchflechten und dabei viele Gewebsspalten mit Leukocyten, Fett- oder Pigmentzellen vorhanden sind, so spricht man von lockerem Bindegewebe (77, 8), während sie im straffen Bindegewebe des Coriums (mit Ausnahme der Säuger), der Sehnen, des Perichondriums, des Periosts und der Sklera des Auges eng zusammenliegen. Das lockere Bindegewebe ist das verbreitetste Gewebe im Wirbeltierkörper, indem es fast alle Organe durchdringt und umhüllt und die Nerven, Muskeln, Knochen, Blut- und Fig. 77. Fig. 18. Fig. 77. Lockeres Bindegewebe des Menschen mit leimgebenden Fibrillen und elastischen Fasern, nach FÜRBRINGER. Fig. 78. Fettgewebe mit Fettzellen (F) und lockerem Bingegewebe (BD). Lymphgefäße an ihre Umgebung anheftet. Weiter bildet es den Haupt- bestandteil der Gefäßwandungen und das Corium der Säuger. Das straffe Bindegewebe ist frei von elastischen Fasern. e) Die im lockeren Bindegewebe der Wirbeltiere häufig vor- kommenden Fettzelien (8) sind runde Zellen mit Membran, wand- ständigem Protoplasma, mit Kern und einem oder mehreren zentralen Fettropfen. Das Fett dient als Reservenahrung, wo aber diese Zellen in großer Menge dicht zusammenliegen, wie in der Unterhaut der Säuger, wirken sie auch als druckelastisches Stützgewebe. Unter den Wirbellosen besitzen nur die Insekten, und zwar besonders deren Larven, einen bindegewebigen „Fettkörper“ um die inneren Organe herum, in denen Reservenahrung für die Metamorphose und die Bildung der Eier aufgespeichert wird, und der sich vereinzelt am Aufbau von Leucht- organen beteiligt. Die übrigen Wirbellosen bilden Fette und Oele in den Zellen der verschiedensten Organe, namentlich des Darms und bei den Mollusken der Leber. Die Fische speichern das Fett hauptsächlich in der Unterhaut und in den Mesenterien auf, die Frösche in lappigen Gebilden an den Nieren, die Warmblüter in der Unterhaut als Pannr- Fett, Pigment. 95 culus adiposus, im gelben Knochenmark und um die Nieren herum. Die Fettzellen der Wirbeltiere gehen aus Bindegewebszellen hervor, die entweder bis zur Abscheidung des Fetts ihre ästige Form behalten oder sich vorher vergrößern und polyedrisch werden. Bei unvollkommenem pathologischen Stoffwechsel wird häufig Fett aufgespeichert und N führt dann zur „fettigen Degene- & ration“ der Muskeln, Niere, Leber. f) Pigmentzellen (Chro- matophoren). Mit diesem Namen werden verästelte Zellen mit beweglichen Farbkörnern, seltener mit gelösten Farbstoffen bezeichnet, welche besonders häufig in der Unterhaut der ver- schiedensten Tiergruppen und sonst im Bindegewebe vor- kommen. Bei Wirbeltieren wandern sie auch in die Epi- dermis ein, sind aber nicht durch Zellbrücken mit den umgebenden Zellen verbunden, so daß ihre manchmal behauptete ektodermale Herkunft nicht wahrscheinlich ist. Phylogenetisch sind sie ab- zuleiten von Leukocyten, welche gefärbte +Stoffwechselprodukte, zerfallene Erythrocyten u. a. in sich aufgespeichert haben. Durch die Einwanderung in die Haut können sie bei den Häutungen ausgestoßen werden. Die Pig- mentzellen sind die Hauptursache der bunten Färbung der Haut und der inneren Organe, soweit diese nicht durch Blut, Gallen- farbstoffe u. dgl. hervorgerufen wird. Es ist begreiflich, daß diese Zellen mit Vorliebe längs der Blutgefäße auftreten. Die Ohromatophoren sn Fig. 79. Zwei netzförmig verbundene den Farbwechsel vieler Tiere, Pigmentzellen aus dem Corium von Am- indem die Pigmentkörner sich blystoma, nach SCHUBERG. entweder in der Mitte zusammen- ballen oder durch die weit aus- gebreitete Zelle verteilen. Im ersteren Falle erscheint die Haut hell, im letzteren dunkel. Dabei mag es dahingestellt bleiben, ob wirklich alle Pigmentzellen die Fähigkeit haben, die Farbkörner durch intrazelluläre Strömungen zu verschieben. Wahrscheinlich gilt dies nur für solche Zellen, welche dem Lichte ausgesetzt sind, denn wo eine solche Um- lagerung beobachtet wird, erfolgt sie auf wechselnde Belichtung oder in Anpassung an die Farbe der Umgebung, bei Tintenfischen und Wirbeltieren auch als Ausdruck psychischer Erregungen. Unter den 96 III. Kapitel. wirbellosen Tieren kommen die Chromatophoren in allen Gruppen vor, nur die Tracheaten besitzen sie, abgesehen von der Corethra-Larve und gewissen Threps-Arten, gar nicht, was um so merkwürdiger ıst, als sie bei den Crustaceen erstaunlich mannigfaltig sind. Es hat dies darin seinen Grund, daß bei den Tracheaten das Pigment im Chitin oder in den Epidermiszellen seinen Sitz hat. . Es lassen sich 3 Arten von Pigmentzellen unterscheiden: kleine amöboide, große unbewegliche und die sehr komplizierten Zellen der Tintenfische. Die amö- boiden Pigmentzellen sind klein und daher wohl manchmal nur die ‚Jugendstadien der gro- ßen. Sie stellen das phylogenetisch älteste leukocytenähnliche Sta- dium dar. Sie werden zwar nur für Fische und Amphibienlarven ange- geben, aber die Beob- achtungen sind noch un- sicher und weitere Unter- suchungen werden wohl % x Fig. S0. Fig. SO. Chromatophore mit Nervengeflecht aus der Kopfhaut des Hechts, nach BArLowıitz. d Durchtritt der Nervenfaser durch die Farbzelle. Die 2 hellen ex- zentrischen Flecke sind die Kerne. Fig. $1. Grüne Rückenhaut von Hyla mit äußerer gelber Lipophore (Z) und innerer weißer Guanophore (@). Nach SCHMIDT. ergeben, daß sie weit verbreitet sind, namentlich bei Jungtieren. Die in der Epidermis der Fische und Amphibien so häufigen Farbzellen sind wohl überwiegend durch Wanderung aus der Cutis hierher gelangt (185, pxg 1, 172). Die großen unbeweglichen Uhromatophoren sind überall in der Unterhaut der Wirbellosen und der Wirbeltiere weit verbreitet. Es sind oft sehr große, reich verästelte, ein- oder mehrkernige Zellen, die sich zu mehreren syncytienartig verbinden können (9). Sie sind nicht amöboid veränderlich, sondern behalten ihre Gestalt, auch wenn alles Pigment sich im Zentrum zusammengeballt hat. Ein oder mehrere Kerne liegen meist exzentrisch, während die Mitte von einem hellen wabigen Plasma eingenommen wird. Die Pigmentkörnchen sind in Reihen angeordnet und bewegen sich in diesen Reihen im Gänsemarsch nach außen oder nach innen, da sie voneinander durch zarte Stäbchen Pigmentzellen. 97 getrennt werden, die als helle Linien im lebenden Zustand erscheinen. Plötzliche rasche Kontraktionen der ganzen Zelle mit darauffolgender Expansion sind bei Fischen (Mullus) beobachtet worden als Rest der ursprünglichen Leukocytennatur. Neben dem ausgehöhlten Kern der Pigmentzellen wird oft eine „Attraktionssphäre“ dichteren Plasmas mit Centriol beobachtet. Jede Zelle wird von einem Geflecht feiner Nerven umsponnen (80), welche sie unter Umständen durchbohren. Nach der Färbung unterscheidet man 1) die mit schwärzlichen Körnern gefüllten Melanophoren, 2) die gelben oder roten Lipophoren, deren Farb- stoff an ein Fett gebun- den ist, welches sich leicht löst, so daß sie an konserviertem Material oft fehlen, und 3) die mit Guaninplättchen (Fische) oder Guaninkörnchen (Chamäleon) gefüllten, weißlich schimmernden Guanophoren, auch wohl Leukophoren oder Iridocyten ge- nannt, welche den Silber- glanz der Fische und das lrisieren der Haut und Augen der Tintenfische bedingen. Dazu kommen 4) sog. Allophoren, die einen im chemischen Verhalten dem Melanin ähnlichen, körnigen, in Aether und Alkohol un- löslichen Farbstoff ent- halten von sehr verschie- a ee . 0 = 1 - denem Aussehen. Man „,,.%, 014, Doppetern-Lipophore einer bezeichnet diese Zellen je nach ihrer Farbe als Xantophoren (gelb), Erythrophoren (rot), Porphyrophoren (rotblau) oder Phäophoren (braun), wobei jede Sorte in mancherlei Farbtönen auftreten kann. Bei den höheren Krebsen, welche oft einen sehr lebhaften Farbenwechsel zeigen, finden sich auch Zellen mit gelösten gelben, roten oder blauen Farbstoffen; weiter auch solche mit Farbkörnern in einer Farblösung. Bei den Fischen und Am- phibien können sich mehrere verschieden gefärbte Zellen in bestimmter Weise eng aneinander legen zu einem „chromatischen Organ“. So wird die grüne Farbe des Laubfrosches (Sl) durch becherförmige Guanophoren hervorgerufen. welche nach außen zu eine gelbe Lipophore umgreifen. Merkwürdig sind die „Doppelsternchromatophoren“ (Melano- und Lipophoren) im Schwanzsaum der Urodelenlarven, deren eine kern- haltige Portion auf der einen Körperseite liegt und einen Protoplasma- strang zur anderen, ohne Kern, auf der anderen Seite abgibt (SI A). Auf der höchsten Stufe stehen die Chromatophoren der Tintenfische (82), welche sich aus einer einkernigen Pigmentzelle entwickeln, die durch wiederholte amitotische Teilung eine große Zahl von kleinen Kernen Plate, Allgemeine Zoologie I, [ 98 III. Kapitel. hervorgehen läßt. Diese wandern an die Peripherie, in die Wurzel ra- diärer Fortsätze, welche nach Ausscheidung von kontraktiler Substanz als Muskeln fungieren und mit ihren Spitzen im umgebenden Gewebe verankert sind. Wenn sie sich kontrahieren, so wird die zentrale Zell- scheibe nach außen gezogen und das Pigment verteilt. Läßt der Zug nach, so zieht sich die Zelle infolge der Elastizität ihrer Membran wieder zusammen, wobei auch die kontraktile Substanz zwischen den Radiärfasern wie ein Sphinkter mitwirken mag. Die Funktion der Pigmentzellen ist sehr verschieden je nach der Tierart und Lage im Körper. Phylogenetisch wird der Farb- stoff zuerst als ein Stoffwechselprodukt in ihnen aufgetreten sein, wie noch jetzt bei den höheren Krebsen sich in der Nacht ein blauer Farb- Fig. $2. Chromatophoren von Loligo vulgaris mit überkreuzten Radialmuskeln, welche zur Expansion der Zelle dienen und an deren Basis je ein Kern liegt. Die zentralen Kerne der Chromatophoren werden durch das Pigment verdeckt. Nach HoFMANN. stoff bildet, der unter der Wirkung des Lichts sich in interzelluläres Fett der Epidermis umwandelt, und wie richtige Exkrete und Zerfalls- produkte (Guanin u. a.) in den Pigmentzellen weit verbreitet sind. Eine ähnliche Bedeutung mögen noch jetzt die Pigmentzellen in den Mesenterien, in den Gehirn- und Rückenmarkshäuten und anderen inneren Organen haben. In der Haut haben sich die Chromatophoren in den Dienst neuer Aufgaben gestellt, nämlich der Wärmeregulation, der Lichtregulation und der Farbenanpassung. Indem sie in manchen Versuchen bei höheren Krebsen, Tintenfischen, Knochenfischen, Amphi- bienlarven und Reptilien sich in andauernder Wärme zusammenziehen Chromatophoren. 99 und dadurch eine helle Färbung erzeugen, setzen sie die Aufnahme der Wärmestrahlen herab, während in der Kälte die Expansion der Zellen und die dadurch erzeugte dunkle Färbung umgekehrt wirken. Es ist begreiflich, daß dieser Farbenwechsel nur bei poikilothermen Tieren beobachtet wird. Als Schutz zum Fernhalten des Lichts treffen wir das schwarze Pigment in der Retina, in der Chorioidea und Iris vieler Augen an; in den Retinazellen sehen wir es als Mittel zur optischen Isolation der Strahlen und in der Haut vieler, namentlich augenloser Tiere, als Organ zur Lichtwahrnehmung (s. Sinnesorgane, 7, B, 4). In der Haut dunkler Menschenrassen dient es zum Fernhalten ultra- violetter Strahlen. Unter dem Einfluß der Selektion haben die Haut- pigmente eine außerordentliche Bedeutung erlangt, indem sie zu Schutz-, Schreck-, Herden-, mimetischen und sexuellen Schmuckfarben wurden. Ihre höchste Ausbildungsstufe erreichen die Schutzfarben bei den Tieren mit Farbenwechsel (Tintenfische, Krebse, Bodenfische |Scholle], Chamä- leonen), welche ihre Hautfarbe durch einen vom Auge aus vermittelten RR ans Fig. 83. Querschnitt durch den Zungen-Vorderknorpel von Fissurella graeca nach NOWIKOFF. Die Grundsubstanz bildet vertikale Balken entsprechend dem Druck, welcher von der aufliegenden, hier nicht eingezeichneten Radula ausgeht. Reflex ihrer Umgebung anpassen. Bei Fischen steht diese Umfärbung unter einem Zentrum in der Medulla oblongata, bei Tintenfischen im Lobus basalis und im Ganglion pedunculi (42) des Gehirns. Bei Fröschen spielen die Berührungsreize eine größere Rolle als die optischen; ein Laubfrosch wird auch im Dunkeln hellgrün, sobald er auf Blätter ge- setzt wird. Aus dieser Vielseitigkeit erklärt es sich, dab im speziellen Falle die Bedeutung der Chromatophoren oft schwer abzuschätzen ist. Dieselbe Pigmentveränderung kann in mehrfacher Weise nützlich sein, indem z. B. die helle Färbung eines Phrynosoma (Wüsteneidechse) in der Hitze und bei Sonnenschein sowohl einer Uebererwärmung ent- gegenwirkt, wie auch als Schutzfärbung dient. Da die ÖOhromatophoren allgemein auf Licht, Temperatur und taktische Reize reagieren, so eT- geben sich je nach Intensität und Kombination oft die verschiedensten Wirkungen. B. Der Knorpel ist viel fester als das Bindegewebe, so daß er sich leicht schneiden läßt, dabei ist er biegsam und elastisch, wenn er nicht Kalkeinlagerungen 7* 100 III. Kapitel. enthält, und von milchweißer Farbe. Er dient wegen seiner physi- kalischen Eigenschaften bei Röhrenwürmern, Tintenfischen, Schnecken und Wirbeltieren als Skelett- und Stützsubstanz, zum Offenhalten von Röhren (Kehlkopf, Luftröhre) und als elastisches Kissen unter der Radula und bei Gelenken‘, wobei die Anordnung im einzelnen dem Gesetz der funktionellen Anpassung folgt (83). Er kommt in zwei nicht scharf voneinander gesonderten Formen vor, einer niederen, dem Chondroidgewebe, und einer höheren, dem echten Knorpel. .} Das Chondroidgewebe enthält noch wenig Grundsubstanz, so daß die Druckfestigkeit hauptsächlich auf dem Turgor der großen, unver- zweigten, schleimerfüllten, blasigen Zellen mit wandständigem, kern- haltigem Protaplasma beruht, welche nicht in deutlichen Gruppen ange- ordnet sind und nur von zarten „Kapseln“ umhüllt werden. Es kommt vor in dem KRadulapolster der Schnecken (84), in der Achse der Kiemen der Röhrenwürmer, in der Sklera der Tintenfische, unter Arthropoden nur an der Basis der Limulus-Kiemen, im Skelett der Cyclostomen, bei Vierfüßlern in dem Sesamknoten der Achillessehnen, in der Ohrmuschel kleiner Säuger und an anderen Stellen mit verhältnis- mäßig geringer mechanischer Be- anspruchung. Die Grundsubstanz ist wabig oder faserig differenziert, wenn sie nicht homogen erscheint. Dieses Gewebe ist phylogenetisch abzuleiten von dem zelligen Binde- Fig. 4 Zungenknorpel der gewebe, von dem es sich nur unter- orbide Re gr nen scheidet durch die härtere, chondro- Scheidewände zwischen benachbarten Mukoidhaltige Grundsubstanz. Zellen, zw Zwischensubstanz. Der echte Knorpel unterscheidet sich von dem vorigen durch die starke Entwicklung der Grundsubstanz, deren Zellen meist in deutliche Gruppen gesondert sind. Ontogenetisch leitet sich der Knorpel bei Wirbeltieren ab von gewöhnlichem fasrigen Bindegewebe, welches seine Oberfläche als sog. Perichondrium bedeckt, wobei die kollagenen Fibrillen der Grundsubstanz durch mehr oder weniger bedeutende Mengen von Chondromukoiden (Verbindungen der Chondroitinschwefel- säure mit Eiweißkörpern) zusammengekittet werden. Der echte Knorpel ist ein ausgesprochen mechanisches Gewebe, welches überall da aus dem Bindegewebe hervorgeht, wo hauptsächlich Druckkräfte, in ge- ringerem Maße auch Biegungs- und Zugkräfte wirksam sind. Er ist sehr arm an Blutgefäßen. Die Ernährung der Zellen erfolgt von den peripheren Blutgefäßen aus durch Strömungen in der weichen Kitt- substanz zwischen den Fibrillen, ist aber im Innern des Knorpels oft so unvollkommen, daß hier Rückbildungen der Zellen eintreten. Eigent- liche Saftkanäle fehlen. Zwei verschiedene Arten von diesem Gewebe haben sich unabhängig voneinander entwickelt, der verästeltzellige und der glattzellige Knorpel. Knorpel. 101 Der verästeltzellige Knorpel ist eine verhältnismäßig seltene Er- scheinung. Er ist sehr charakteristisch für den Kopf- und Mantel- knorpel der Tintenfische (85), dessen Zellen bald mit wenigen, bald mit sehr vielen reich verästelten und untereinander zusammenhängenden Ausläufern versehen sind. Die Grundsubstanz ist wohl immer fibrillär differenziert, auch wenn sie hyalin erscheint, denn bei Ommastrephes gigas finde ich die Fibrillen so deutlich und nach so verschiedenen Richtungen verlaufen, daß sie sicherlich kein Kunstprodukt sind. Schön verästelte Zellen kommen ferner bei Selachiern und als Jugendstadium im wachsenden Gelenkknorpel der Säuger vor, wobei die innerste Schicht der Grundsubstanz als Kapsel die Fortsätze begleiten kann (86). Der glattzellige Knorpel ist bei Wirbeltieren sehr weit ver- breitet. Die Gruppenbildung ist meist deutlich, kann aber auch fehlen. Jede Zelle oder auch zwei Tochterzellen sind umgeben von einer „Kapsel“, einer Schicht von besonders dichter Grundsubstanz, worauf ein oder mehrere konzentrische Höfe folgen, welche früher als Kapseln fungierten (8%). Die letzte umschließt die Zellen einer Gruppe, welche von derselben Mutterzelle abstammen. Das Wachs- tum erfolgt teils vom Perichondrium, teils von den Zellgruppen aus, wobei auch ganze Zellen zerfallen und ihre Plätze von Grundsubstanz einge- nommen werden. Die konzentrischen Kapseln und die interkapsuläre Sub- stanz sind nicht wesentlich verschie- den, sondern Teile derselben von Fig. 85. Verzweigte Knorpelzellen den Zellen ausgeschiedenen Grund- aus dem Kopfknorpel von Sepia offi- substanz, die nur im Alter fester rznalis nach NOWIKOFF. wird. Die innerste Kapsel kann natürlich auch als eine Zellmembran angesehen werden. Nach der Beschaffenheit der Grundsubstanz unterscheidet man Hyalin-, Netz- und Faserknorpel. Der Hyalinknorpel (87, A) kommt vor als Skelett der Knorpel- fische, als ontogenetisches Vorstadium des Knochenskeletts, als Gelenk-, Rippen-, Nasen-. Kehlkopf-, Luftröhren- und Skleralknorpel. Die Zelle füllt den Hohlraum der Grundsubstanz ganz aus, schrumpft aber sehr leicht. Sie enthält Fett- und Glykogentröpfchen, ein Centriol, fädige Mitochondrien u.a. Die Grundsubstanz erscheint frisch ganz homogen, durchscheinend, weißlich, aber durch Trypsinverdauung und andere Mittel lassen sich feinste kollagene Fibrillen nachweisen. Diese Fi- brillen verlaufen außen parallel der Oberfläche, gehen also aus dem Perichondrium hervor, während die konzentrischen Strukturen durch die successiven Ausscheidungen der Zellen erzeugt werden und haupt- sächlich der Druckfestigkeit dienen. Die Fibrillen liegen hier eben- 102 III. Kapitel. falls konzentrisch um die Zellen herum oder sie sind zwischen den Kapseln nach den verschiedenen Richtungen angeordnet. Der Hyalin- knorpel enthält 70 Proz. und mehr Wasser und gibt im kochenden Wasser den sog. Chondrinleim, welcher chemisch von dem Glutinleim des Bindegewebes verschieden ist. Sehr häufig treten Körner von CaCO? in der Grundsubstanz auf, namentlich im Alter und im Em- bryonalknorpel vor der Verknöcherung. Bei den Haien sind die Wirbel in charakteristischer Weise von Kalk durchsetzt, wodurch sie fast die Härte von knöchernen Wirbeln erreichen. Der Netz- oder elastische Knorpel (87, C) sieht frisch gelblich und undurchsichtig aus, weil seine Grundsubstanz durchsetzt ist von Fig. 86. Reich verästelte und anastomosierende Knorpelzellen aus dem Ge- enkknorpel vom Tarsus eines Kalbes nach HAUSEN. einem Netzwerk elastischer Fasern, die bald zarter, bald dicker sind und mit denjenigen des Periondriums zusammenhängen. Er geht onto- genetisch aus Hyalinknorpel hervor. Kalkkörner treten nie in ihm auf. Vorkommen: Ohrmuschel, Gehörgang, Epiglottis, Kehlkopf der Säuger, Nase der Amphibien; auch bei Ganoiden. Der Bindegewebs- oder Faserknorpel ist ein Gemisch von derb- fasrigen leimgebenden Fibrillen und eingestreutem Hyalinknorpel (8%, B). Er tritt namentlich an den Gelenken und in den Zwischenwirbel- scheiben auf. Die phyletische Entstehung des Knorpels ist insoweit klar, daß er als eine Differenzierung des Bindegewebes anzusehen ist. Da die embryonalen Bindegewebszellen in der Regel verästelt sind, so ist es nicht weiter auffallend, daß die Knorpelzellen diese Form bei den Tintenfischen und in einzelnen anderen Fällen beibehalten haben. Bei den Wirbeltieren verwandeln sich die Mesenchymzellen durch Ein- ziehung ihrer Fortsätze und dichte Zusammenlagerung in den „Vor- knorpel“ und darauf erst durch Ausscheiduug von Grundsubstanz in die Knorpelzellen und außen in das Perichondrium. Ich nehme an, daß phylogenetisch zuerst chordoide Zellen mit schleimigem Inhalt als Stützelemente auftraten. Diese verwandelten sich in die chondroiden Knochen. 103 durch Ausscheidung von etwas fester Grundsubstanz. In !demselben Maße wie diese dicker wurde, bildete sich der flüssige Zellinhalt zurück, und es entstand so das echte Knorpelgewebe. Der Vorknorpel und die fasrige Hülle des Perichondriums sind spätere Erwerbungen zum raschen | Aufbau. a | C. Der Knochen 8) % | kommt nur bei Wirbeltieren vor und .„— Ye,‘ N... dient wegen seiner Festigkeit zum Auf- 8) |- L“ bau des Skelettes und zur schützenden St DR Umhüllung wichtiger Organe (Gehirn, ) Nez Rückenmark, Auge, Nase, Ohr). Seine 77 TS ( große Härte beruht auf seinem Gehalt NEN 2 an anorganischen Substanzen |} SE) (zirka 65 Proz... Von diesen bildet ] “ phosphorsaurer Kalk (über 80 Proz.) die u Hauptmasse, wozu phosphorsaure Mag- 8) nesia, kohlensaurer Kalk, kohlensaures FF } | Natron, Fluorcalcium u.a. kommen. Ferner 8 - “ findet sich im Knochen eine organische 2... ia el Grundsubstanz, der Knochenknorpel Fig. STAA. = } | b Fuge N k 2 ka Fig. STB. Fig. STC. Fig. ST. Verschiedene Knorpelarten nach Soporra. A Hyalinknorpel der menschlichen Rippe. B Faserknorpel, C Elastischer Knorpel des Ohrs, x Knorpel- zelle, ka Kapsel, ka, Kalkkörner, k Kern, f kollagene. Fibrillen. (Ossein) (ca. 35 Proz.), welcher aus kollagenen Fibrillen besteht. Diese werden durch eine Kittsubstanz zusammengehalten, welche die Salze umschließt. Durch Säuren lassen sich die anorganischen, durch Glühen (Calcinieren) die organischen Substanzen eines Knochens zerstören, ohne daß derselbe seine Gestalt verliert. Im Alter nehmen die an- organischen Bestandteile und damit die Schwere und die Brüchigkeit des Knochens zu. Der Knochen wird außen von straffem Binde- 104 Ill. Kapitel. gewebe, dem Periost, umhüllt und von vielen Haversschen Kanälen, welche Blutgefäße und Nerven führen, durchzogen. Er ent- steht aus bindegewebigen Bildungszellen, den sog. Osteoblasten, welche sich an der Grenze des Periosts und um die Blutgefäße herum in epithelartiger Anordnung (88) anhäufen. Ihre Herkunft ist noch unsicher, man hat sie vom Mesoderm, aber auch vom Ektoderm ab- geleitet, was vom phyletischen Standpunkt aus sehr unwahrscheinlich ist. Diese Bildungszellen besitzen viele verästelte, mit den Nachbar- zellen zusammenhängende Ausläufer, und indem sie die Knochensubstanz ausschwitzen, werden sie gleich- zeitig von ihr umhüllt und so zu Knochenzellen. Dabei bildet sich ein doppeltes Lamellensystem, eins um die Blutgefäße herum (HAvERS- sche Lamellen) und eins parallel dem Periost (Grund- oder Gene- rallamellen). Jedes System von Haversschen Lamellen wird von einer gebogenen „Kittlinie“ um- schlossen. Zwischen den verschie- denen konzentrischen Systemen schieben sich Schaltlamellen ein (89), welche stellenweise von feinen, unverkalkten Bindegewebs- bündeln (SHArPEYschen Fasern) durchsetzt sind. Auf trockenen Schliffen erscheinen die luftgefüllten au. L. 3 ya Na: Fig. 88. Fig. 89. Fig. 88. Schnitt durch in Bildung begriffenes Knochengewebe aus GEGEN- BAUR. a Östeoblasten, 5 Knochenzellen. Fig. 89. Schnitt durch den Metatarsus des Menschen nach KÖLLIKER. e Haverssche Kanäle, au.L. äußere Grundlamellen, in.L. innere Grundlamellen, x Grenzlinie der Lamellen, x Knochenzelle. Hohlräume der Zellen als schwarze verästelte Punkte (89), die früher als „Knochenkörperchen“ bezeichnet wurden. Der Knochen wächst nur durch Anlagerung (Apposition) neuer Teile. Dabei finden aber fortwährend innere Veränderungen statt, indem eingewanderte vielkernige Riesen- zellen (Östeoklasten) Knochensubstanz zerstören, so daß Hohlräume entstehen, welche von dem bindegewebigen, roten oder fettreichen gelben Knochenmark erfüllt werden. Der geschilderte lamellöse Bau gilt für Knochen. 105 die kompakte Knochensubstanz an der Außenseite der großen Knochen. Die innere wabenförmige Spongiosa entbehrt der deut- lichen Lamellen und der Havzzsschen Kanäle; ihre Hohlräume werden von Mark erfüllt. Das rote Mark, welches sich hauptsächlich in den Epiphysen der langen Knochen, in den platten Knochen und in den Wirbelkörpern findet, ist die wichtigste Bildungsstätte der roten Blut- körper, denn es enthält die kernhaltigen Bildungszellen derselben neben Leukocyten, Mastzellen, Fettzellen und Riesenzellen. Vergrößerte 2. >! e Bere Y2 = Knorpelzellen R ame ge® Nee Verkalkte Knorpel- ‚- grundsubstanz Zackiger Fortsatz der verkalkten Blutgefäß mit Wi vw: __-- Knorpelgrundsub- farbigen Blut- -__ 5; Fe ; zellen H "Tea Markraum Enchondraler __ Knochen Perichondraler --- en ee = =. Perichondraler a ° Knochen Periost 7 f® Fig. 9. Längsschnitt durch die Anlage eines Röhrenknochens (Fingerglied eines Menschen). Nach STÖHR. Obwohl das Knochengewebe fast überall in derselben Weise von Osteoblasten ausgeschieden wird, lassen sich 2 Arten der Verknöcherung unterscheiden, was beweist, daß der Knochen diphyletischen Ursprungs ist. Bei der einen entsteht das Hartgewebe direkt aus embryonalem Bindegewebe der Haut nach Vermehrung der Blutgefäße ohne irgend- welche Beziehung zum Knorpel; wir nennen die so entstandenen Knochen daher primäre, bindegewebige, achondrale und wegen ihrer Lage nach außen von der knorpeligen Skelettanlage DeckK-, Beleg- oder Hautknochen. Es gehören hierhin, um nur einige zu nennen: Palatinum, Vomer, Maxillare, Nasale, Frontale, Parietale: ferner die Knochen und Schuppen in der Haut der Fische, Eidechsen, Schildkröten und Krokodile. Im Gegensatz hierzu werden bei der 106 III. Kapitel. chondralen Knochenbildung die Skeletteile zuerst knorpelig ange- legt und später durch Knochen ersetzt (Ersatzknochen oder pri- mordiale Knochen, weil sie aus dem primordialen Knorpel her- vorgehen). Die meisten Knochen gehören zu dieser letzteren Art, z. B. am Schädel die Occipitalia, Sphenoidea, Ethmoid, Gehörknöchelchen, Zungen- bein; ferner Wirbel, Rippen, Brust- und Beckengürtel, Extremitäten. Diese Bildungsweise hat den Vorteil, daß die hyaline interstitiell sich vergrößernde Knorpelanlage dem rasch wachsenden Körper in den Proportionen folgen kann. Den knorpeligen Anlagen wird dann die Knochensubstanz entweder außen (perichondral) aufgelegt oder sie wird im Innern (enchondral) gebildet. Die Knorpelzellen scheiden zunächst Kalk in ihrer Grundsubstanz aus und bilden so einen weiß- lichen „Ossifikationspunkt“, um den herum die Knochenmasse bei den Röhrenknochen als manschettenartige Hülle auftritt (90). Durch viel- kernige Riesenzellen (Chondroklasten), welche mit den Butgefäßen in die verkalkte Knorpelmasse eindringen, wird diese zerstört und so die „primäre Markhöhle“ des Knochens gebildet. Indem die Knorpel- masse an den Enden weiterwächst und später verkalkt, wiederholt sich derselbe Vorgang: die Chondroklasten der Markhöhle dringen in den Knorpel ein und zerstören ihn, wobei er mit zackigen Fortsätzen („Ossifikationsgrenze“) in die Markhöhle eingreift (90). Darauf treten in der Markhöhle enchondrale Knochenbildungen auf, welche das Längenwachstum bedingen, während die perichondrale Verknöcherung das Dickenwachstum hervorruft, wobei das Perichondrium zum Periost wird. In die verknöcherte primäre Markhöhle dringen später Osteo- klasten ein und rufen durch Zerstörung die „sekundäre Markhöhle“ hervor. An den langen Knochen erhält sich etwas vor den beiden Enden eine Knorpelzone, die Epiphysenlinie, von der aus das Längenwachstum der mittleren Diaphyse und der beiden terminalen Epiphysen erfolgt. Nur ganz selten besteht die ältere Auffassung zu Recht, daß der Knorpel direkt in Knochen sich umwandeln kann durch Verkalken der Grundsubstanz und durch Bildung von Ausläufern an den Zellen. So bei den Geweihen der Hirsche, den Stirnzapfen der Rinder und dem Schlüsselbein des Menschen (metaplastische Verknöcherung). Ich habe oben den Knochen als diphyletisch entstanden bezeichnet, womit aber nur gesagt sein soll, daß die Ersatzknochen nicht aus Haut- knochen hervorgegangen sind. In dieser Frage haben sich die An- schauungen im Laufe der Zeit gewandelt. GEGENBAUR und seine Schule vertraten die Ansicht, daß die Knochen als Integumentalgebilde „dem im Innern des Körpers sich entfaltenden Knorpelskelett ursprüng- lich fern“ waren, daß sie aber allmählich in die Tiefe drangen, sich des Knorpels bemächtigten, ihn zerstörten und sich an seine Stelle setzten. Die Hautknochen sind danach die primären, die Ersatzknochen die sekundären. GEGENBAUR stützte sich dabei hauptsächlich auf die Untersuchungen von O. Herrwıc, nach denen diese Hautknochen aus den verschmolzenen knöchernen Zahnsockeln der Placoidschuppen her- vorgegangen sein sollten. Diese Auffassung läßt sicht nicht halten, denn, wie im Abschnitt über die Haut der Fische gezeigt werden wird, sind diese Sockel nur Verbreiterungen des Dentins und ver- schwinden, wenn die Placoidzähnchen sich zurückbilden. Dagegen ist es sicher, daß bei den paläozoischen Fischen Hautknochen in weitester Knochen. 107 Verbreitung vorhanden waren und ein inneres Knorpelskelett umgaben. Sie zeigten also ähnliche Zustände wie noch jetzt bei den Knorpel- ganoiden. Die Hautknochen sind hiernach in phyletischer Hinsicht die primären Bildungen. Es spricht aber nichts dafür, daß jeder Ersatz- knochen aus einem in die Tiefe gerückten Hautknochen hervorgegangen ist, sondern die Tatsachen der Ontogenie und der vergleichenden Ana- tomie machen es wahrscheinlich, daß das Knorpelskelett unter der Wirkung von Druck und Zug selbständig verknöcherte, und nun beide Arten von Hartgebilden vielfach in innige Verbindung und Wechsel- wirkung traten. Die Ontogenie lehrt z. B. nicht, daß die 3 Knochen- kerne jedes Wirbels aus 3 in der Haut entstandenen Knochen hervor- gehen. Dagegen zeigt sie, daß Hautknochen am Schädel und an einigen andern Stellen sich innig an Ersatzknochen anlegen und beide unter Umständen zu einem Mischknochen verwachsen; so beim Sgquamosum, pl sch. apl, 9%. Fig. 90 A. Querschnitt durch das Frontale eines 33 mm langen COyelopterus nach UHLMANN. ap! Apolamelle, cem Üerebralmembran, epk Epiphysalknorpel, epl Epilamelle, f Frontale, pe Perichondrium, p/ Perilamelle, sc Skleralring, sch Schleimkanal. Articulare und Dentale der Fische und beim Schlüsselbein der Landwirbel- tiere, welches aus der Olavieula als Deckknochen und dem Procoracoid als Ersatzknochen hervorgeht. Da die Haut bei den Embryonen der Fische dicht über das Knorpelcranium hinwegzieht, so ist es oft schwer zu entscheiden, ob man einen Knochen als Ersatz- oder Deckknochen be- zeichnen soll. Das erstere wird der Fall sein, wenn der sich bildende Knochen unmittelbar dem Knorpel aufliegt (perichondrale Entstehung), das letztere, wenn er weit ab von ihm auftritt (apochondrale Ent- stehung). Wenn aber der Knochen in geringer Entfernung vom Knorpel (epichondrale Entstehung) angelegt wird, indem die Osteo- blasten zwischen ihm und dem Knorpel liegen, ist die Entscheidung unmöglich. Daher sind Opisthoticum und Sphenoticum bald zu der einen, bald zu der andern Sorte gerechnet worden. Wie 90 A erkennen läßt, kann derselbe Knochen, in diesem Falle das Frontale, des durch einen sehr stark entwickelten Knorpelschädel ausgezeichneten ('yclo- pterus (Knochenfisch) alle drei Modi (Peri-, Epi- und Apolamelle) gleich- zeitig aufweisen, obwohl dieser Knochen sonst als ein typischer Beleg- knochen gilt. Es gibt eben alle Uebergänge zwischen Haut- und 108 III. Kapitel. Ersatzknochen. Darin liegt zugleich die Möglichkeit, die Knochen- bildung monophyletisch aufzufassen, indem man sagt, gewisse weiche Bindegewebszellen haben die Fähigkeit erworben, solche Kalkmassen abzuscheiden, welche wir Knochen nennen. Derartige Zellen traten zuerst in der Haut auf, später auch in nächster Nähe des Knorpels, den sie an den mechanisch besonders beanspruchten Stellen allmählich verdrängt haben. Sie können aber auch an anderen Stellen auftreten, z. B. in Sehnen. Als eine Abart des eigentlichen Knochens sei hier das Osteoid- Gewebe der Knochen der Teleosteer erwähnt (90 B). Dasselbe ist homogen oder lamellös, enthält aber keine Zellen, oder nurvereinzelteSpuren derselben. DieOsteoblasten liegen ihm außen in der ‚Jugend dicht an, scheiden die kalkhaltige Grundsub- stanz aus und werden hier- bei nur selten von ihr um- schlossen. Sie gehen meist frühzeitig zugrunde. Auf die erste Knochenlamelle werden vielfach seitliche Fortsätze aufgesetzt, die sich untereinander netz- förmig verbinden, wodurch weitmaschig- spongiöse Knochen entstehen, deren Hohlräume von einer schleimig-fasrigen Grund- substanz mit fettreichen verästelten Zellen erfüllt sind. Fig. WB. (Querschnitt durch den jungen 5 . Wirbelkörper einer 2 cm langen Larve von Lophius Es gibt noch eine mit Osteoidgewebe (grau gehalten). Um dasselbe Anzahl anderer Hartsub- herum legen sich Osteoblasten, dann schleimiges stanzen, welche mit den Füllgewebe und ganz außen fibrilläres Bindegewebe. od Östeoblasten nur an den seitlichen Fortsätzen. Nach Knochen große Sehmich STUDNICKA. keit haben und in Zähnen und in Fischschuppen vor- kommen. Wir erwähnen hier nur die wichtigsten Verhältnisse. DieZähneder Wirbeltiere lassen gewöhnlich eine Zusammensetzung aus 3 Substanzen erkennen: Dentin, Schmelz und Zement. Das Dentin (90 C) umgrenzt die Pulpa- höhle und besteht aus einer homogenen Grundsubstanz, welche von zahl- reichen radiären und etwas verästelten Röhren durchzogen wird. Sie beherbergen die Ausläufer der mesodermalen Odontoblasten, welche in epithelartiger Anordnung die Wand der Höhle bedecken und die Hart- substanz ausscheiden. Das Dentin unterscheidet sich also dadurch von der gewöhnlichen Knochensubstanz, daß es keine Bildungszellen umschließt, sondern nur deren Ausläufer und daher einseitig wächst, während jene Substanz sich allseitig vergrößert. Nach außen geht das Dentin häufig über in eine strukturlose Schicht ohne Kanälchen, das Vitrodentin. Der Schmelz bedeckt das Dentin an der Zahnkrone: er ist das Zähne. 109 härteste tierische Gewebe und daher besonders geeignet zum Zerkleinern harter Nahrungsteile Er wird ausgeschieden von der ektodermalen Epidermis, indem diese sich tief in das Corium einstülpt zu dem sog. Schmelzorgan. Der Schmelz enthält Fluorcalcium und phosphorsauren Kalk. Er läßt eine dünne strukturlose Oberhaut und zahlreiche parallele, etwas gebogene Schmelzprismen erkennen. Das Zement besteht aus gewöhnlicher Knochensubstanz und umhüllt die Zahnwurzel. Als Vaso- dentin bezeichnet man die Zahnsubstanz der Gadiden, weil die zahl- reichen Blutgefäße der Pulpa sich mit vielen anastomosierenden Schlingen in das Vitrodentin fortsetzen. Dentinröhren fehlen vollständig. Auf der Spitze der Zähne sitzt eine Schmelzkappe. Fig. 90C. Längsschnitt durch einen Schneidezahn und einen Backzahn des Menschen. c Zement, d Zahnbein, H Pulpahöhle, X Krone, s Schmelz, ZK Zahn- kanal, W Wurzel. Das Trabeeulardentin ist eine spongiöse Hartsubstanz, welche die Pulpa vieler Zähne der Selachier und Knochenfische erfüllt und auch in den Schuppen mancher Fische (19%, B, G, H) und im Vomer und Parasphenoid des Hechts vorkommt. Von den Hohlräumen strahlen kurze Kanälchen aus. In den Schuppen der Ganoiden findet sich eine sehr harte lamellöse Knochenmasse ohne Zellen und Dentinröhren, das sog. &anoin (195. C, D), welches dem oben erwähnten OÖsteoidgewebe der Knochenfische sehr nahe steht. Als Isopedin (195, B--G) wird verkalktes Bindegewebe bezeichnet, das die Hauptmasse in den Schuppen vieler Fische bildet und deutliche Schichten von gekreuzten Fibrillen wie im Oorium erkennen läßt. Auf niederer phyletischer Stufe (Lepidosteus) enthält es Zellen, die später (Amia, die meisten Teleosteer, Dipnoer) verschwinden. 110 Ill. Kapitel. 3. Das Muskelgewebe ist dadurch ausgezeichnet, daß die Zellen eine „Kontraktile Substanz“ ausgeschieden haben, welche auf einen nervösen oder sonstigen Reiz hin sich vorübergehend zusammenzieht, wobei der Muskel kürzer und dicker wird, ohne sein Volumen zu ändern. Im ungereizten Ruhe- stadium ist also der Muskel gedehnt. Die Muskeln bestehen aus sehr vielen langgestreckten Fasern, welche durch lockeres Bindegewebe (Peri- mysium) zusammengehalten und häufig außen noch von einer derberen bindegewebigen Hülle (Fascie) umschlossen werden. Die kontraktile Substanz ist meist fibrillär differenziert, und derartige Fibrillen kommen schon bei Protozoen im Ektoplasma vor, z. B. als Ringfasern bei Gre- garinen, als Längsfasern bei Ciliaten (s. Lokomotionsorgane unter 3). Die Bildungszellen der kontraktilen Substanz werden Myoblasten, ihr Protoplasma Sarkoplasma genannt. Solche begegnen uns zuerst bei den Spongien als spindelförmige Zellen mit fibrillärem Ektoplasma um die Dermalporen herum, die sie ohne Nervenreiz verschließen. Die Fibrillen der Metazoen sind bei den sog. glatten Muskeln homogen, bei den quergestreiften abwechselnd aus heller und dunkler Sub- stanz zusammengesetzt. Die glatten sind für andauernde Arbeit be- stimmt, wobei sie sich langsam, häufig im Laufe von 50—100 Sekunden, zusammenziehen, während die quergestreiften die raschen Bewegungen vermitteln und für eine Kontraktion nur Bruchteile einer Sekunde (Y/ıo; 1/00 oder noch weniger) benötigen. Es gibt aber auch einzelne glatte Muskeln, welche sich sehr rasch zusammenziehen (Stielmuskel von Vorticella, Schließmuskel von Lepas). Die quergestreiften Muskeln ver- mögen sich bei der Einzelzuckung bis auf ungefähr !/, der ganzen Länge zusammenzuziehen, die glatten auf ungefähr die Hälfte. Jene sind daher besonders geeignet, um Körperteile zu verschieben. Im tetanisierten Zustande (s. weiter unten) ist die Verkürzung weit größer und kann 65—85 %, der Ruhelänge erreichen. Dafür kann der glatte Muskel eine größere Kraft entfalten: der glatte Schließmuskel der Muscheln vermag bis 15 kg auf dem | |cm Querschnitt zu heben, hingegen die querge- streiften Skelettmuskeln des Menschen nur 10. Die glatten ermüden auch weniger und bleiben länger kontrahiert, oft 50 und mehr Sekunden. Daher besteht der Schließmuskel von Pecten und andern Muscheln aus 2 Portionen: einer größeren, dunklen, schräg gestreiften zum raschen Zusammenschlagen der Schalen beim Schwimmen und einer kleineren glatten, um sie lange geschlossen zu halten. Bei den höheren Wirbel- tieren stehen die glatten nicht unter der Herrschaft des Willens und werden vom Sympathicus innerviert, während die quergestreiften will- kürlich bewegt und von Spinalnerven versorgt werden mit Ausnahme des Herzmuskels. Wenn beide Sorten nebeneinander vorkommen, wie bei Wirbeltieren und manchen Wirbellosen (s. S. 115), so dienen die quergestreiften zur Bewegung der Gliedmaßen, Mundwerkzeuge, Fühler und anderer äußerer Organe, bei denen rasche, ausgiebige Bewegungen erforderlich sind, die glatten hingegen in den Eingeweiden (Darm, Ge- nitalorgane u. a.) zu kräftigen andauernden Kontraktionen. Nur das Herz ist bei Wirbeltieren immer, bei Wirbellosen sehr häufig gestreift. Die Arthropoden (mit Ausnahme von Peripatus) sind dadurch ausge- zeichnet, daß sie fast nur quergestreifte Muskeln besitzen. Die Muskeln sind die vollendetsten Kraftmaschinen, welche wir kennen. Sie leisten Arbeit, indem sie die zugeführte chemische Energie Muskeln. 111 in mechanische und in Wärme umsetzen, im günstigsten Falle mit einem Nutzeffekt von 35—50°/,, während unsere besten Maschinen nur mit 15°, arbeiten. Die Größe der Arbeit hängt ab vom Querschnitt des Muskels, aber nicht von seiner Länge. Je dicker er ist, um so mehr Fasern enthält er, und um so kräftiger wirkt er; je länger er ist, um so größer ist der Weg, die Hubhöhe, des bewegten Organs. Will man 2 Muskeln vergleichen, so muß der Querschnitt „physiologisch“ gelegt werden, d. h. so, daß er alle Fasern trifft, z. B. bei schräg gestreiften Muskeln (97), die mehr leisten, als man nach dem physikalischen Quer- schnitt erwarten sollte. Wenn die Reize in deutlichen Intervallen auf einen Muskel einwirken, wie bei der elektrischen Reizung, so sind auch die Zuckungen getrennt. Folgen sie andauernd oder so rasch aufein- ander, daß der Muskel nicht mehr Zeit zur Erschlaffung hat, so tritt eine Dauerkontraktion (Tetanus) ein; diese erfolgt bei trägen Muskeln schon bei geringerer Reizfrequenz als bei einem flinken. Alle normalen Bewegungen des Tier- und Menschenkörpers sind tetanisch und kommen dadurch zustande, daß sich die vom Nerven- system ausgehenden, in Bruchteilen von Sekunden aufeinanderfolgenden Reize summieren zu einer anhaltenden Kontraktion, welche viel stärker ist als bei einer Zuckung. Werden einem Muskel andauernd schwache Reize vom Zentralnervensystem zugeführt, so tritt eine leichte Dauer- kontraktion ein, welche als Tonus bezeichnet wird. Die Weite der Blutgefäße wird z. B. durch tonische Reizung der glatten Muskeln re- guliert. Aeußerlich unterscheidet sich der Tonus nicht vom Tetanus. Tonus und Tetanus kommen bei den Skelettmuskeln nebeneinander vor; ersterer bedingt durch marklose Sympathicusfasern (S. 126), letzterer durch markhaltige Spinalnerven. Im Tonus ermüdet der Muskel nicht, er bedeutet eine Ruhespannung, im Tetanus hingegen tritt rasch Er- müdung ein. Bei der Regulierung des Muskeltonus kommt, wie wir später sehen werden, den statischen Organen eine große Bedeutung zu. Die Stabheuschrecken können stundenlang im starren (kataleptischen) Zustand den Körper auf den Beinen tragen, ohne zu ermüden und ohne den Stoffwechsel zu steigern durch diesen Muskeltonus. Auf das Auf- treten von elektrischen Strömen bei der Kontraktion und im verletzten Zustande, auf die Wärmeproduktion und andere physiologische Eigen- schaften kann hier nicht eingegangen werden. Nach einer tetanischen Kontraktion kehrt der Muskel wieder in den schlaffen, gedehnten Zustand zurück und zwar teils infolge seiner Elastizität, teils durch irgendwelche antagonistische Gegenwirkungen. So sind die Streckmuskeln die Antagonisten der Beuger bei den Ex- tremitäten und umgekehrt, bei den Muscheln wirkt das elastische Schloß- band als Antagonist der Schließmuskeln; im Hautmuskelschlauch der Würmer sind die Ring- und die Längsmuskeln infolge der unter Druck stehenden Körperhöhlenflüssigkeit Antagonisten. Die Bedeutung der Muskelbewegungen ist außerordentlich verschieden. Sie dienen: 1. zur Ortsbewegung durch Bewegung von Extremitäten, Schlängeln des Körpers oder bestimmter Teile (Schnecken- fuß). Hierüber s. den Abschnitt Lokomotionsorgane. 2. zur Bewegung und Gestaltsveränderung von Organen oder ihrer Teile (Augen-, Kau-, Zungen-, Atemmuskeln u.a.). 3. zur Verlängerung sog. erektiler Organe durch Hineinpressen von Flüssigkeit (Füßchen der Echinodermen, Fuß der Muscheln, Penis der Säuger). 4. zur Weiterbewegung oder zum Herauspressen von Stoffen (Peristaltik des Darms, Entleerung von 112 Ill. Kapitel. Harn, Sperma, Faeces, Giften u. dgl... 5. zum Verschluß von Hohl- organen (Schließmuskel der Muscheln, Sphinkter der Harnblase). Nach ihrer Herkunft kann man 3, freilich nicht scharf geschiedene Arten unterscheiden. 1. Epithelmuskeln, bei denen die Fibrillen in Epithelzellen liegen, so daß diese gleichzeitig als Epithel- und als Muskelzellen dienen. 2. Epithelogene Muskeln: die Myoblasten sind zuerst Epithel- zellen, wandern aber später in die Tiefe, indem sie Falten bilden, welche zu „Muskelkästchen“ (102) verwachsen, wodurch eine blattartige Anordnung resultiert, oder sich unregelmäßig zu „Primitivbündeln“ abschnüren. So entstehen die Längsmuskeln der Ringelwürmer, die Muskeln der Arthropoden und Echinodermen und die Skelettmuskeln der Wirbeltiere aus dem Epithel der mesodermalen Ursegmente. Fig. 91. Fig. 9. Fig. 91. Epithelmuskelzelle von Hydra, nach SCHNEIDER. Fig. 92. Epitheliale (a, 5) und epithelogene (c) Muskellamellen einer Seerose. Nach HERTWwIG. 3. Mesenchymatische Muskeln, bei denen die Bildungs- zellen aus dem embryonalen Mesenchym hervorgehen (Ötenophoren, Platt- würmer, Ringmuskeln der Ringelwürmer, Mollusken). 1. Die Epithelmuskeln kommen besonders bei Cölenteren vor, bei denen, abgesehen von den Ötenophoren, fast alle Muskeln nach diesem Typus gebaut sind. Die Zellen der Haut und des Darms laufen an der Basis in eine Platte aus, welche eine oder mehrere kontraktile Fibrillen umschließt (91). Indem die Epithelzellen sich subepithelial einstülpen, können komplizierte Muskellamellen entstehen (92), welche aber meist im Zusammenhang mit dem Epithel bleiben. Die Fibrillen sind meist glatt. Bei manchen Medusen kommen an der Subumbrella solche mit deutlicher Querstreifung vor. Unter der Haut der Nematoden findet sich ein mesodermales Epithel von großen langgestreckten Zellen, welche wie ein Peritoneum die Leibeshöhle auskleiden. Bei den Ascariden springen sie in diese mit einem großen Zellkörper vor, welcher sich nach außen verschmälert und hier einen Mantel von Längsfibrillen trägt (93), die zu radiären Platten angeordnet sind (94). Radiäre Fi- brillen durchziehen auch die ektodermalen Oesophaguszellen der Nema- toden und scheinen muskulöser Natur zu sein (94A). 2. Dieepithelogenen und diemesenchymatischen Muskeln lassen sich im fertigen Zustand meist nicht voneinander unterscheiden. Man hielt sie daher ursprünglich alle für mesodermalen Ursprungs, was für die große Mehrzahl auch zutrifft. Immerhin bilden die ektoder- Muskeln. 3 malen Epithelien der Amphibiendrüsen und der Iris der Wirbeltiere echte Muskeln. In den Schweißdrüsen der Säuger (292) finden sich nach außen von den sezernierenden Zellen epithelogene Muskelfasern, welche sich verästeln können und dann als „Korbzellen“ bezeichnet werden. Wir unterscheiden daher hier nur nach der Struktur die glatten und die gestreiften Muskeln. Beide enthalten lange faden- förmige Gebilde, welche entweder aus ein- kernigen „Muskelzellen“ oder aus vielkernigen „Muskelfasern“ bestehen. Die letzteren sind bei den Arthropoden und Appendicularien (13 A, B) als ein Symplasma (s. S. 73) anzusehen, welches durch Verschmelzung aus mehreren Muskelzellen hervorgeht, während sie bei Wirbeltieren durch wiederholte Kern- teilungen aus einer einkernigen Zelle ent- stehen. A. Die glatten Muskeln enthalten häufig einkernige Muskelzellen, welche sich an den Enden verästeln können und dann oft nur schwer von Bindegewebszellen zu unterscheiden sind. PROBEN N Die kontraktile Substanz ist bei manchen S Wirbellosen (Plathelminthen, Holothurien) I völlig homogen (9%, a). Der Kern liegt S von etwas Protoplasma umgeben ursprüng- ur lich im Innern, auf höherer Stufe an der RS N SS 1 un Seite der kontraktilen Substanz. In den IRRHNIND m MINDER mm a ir RER _ i > ade 2 m.fi ki.su Fig. 9. Fig. 9. Fig. 93. Muskelzellen von Ascaris auf dem Querschnitt, nach SCHNEIDER. ke Kern im Epidermis-Syneytium. /o Kontraktile Rinde. st“ Stützfibrillen, welche bei po aus den Zellen herausdringen und unter dem Syneytium ein Geflecht bilden. Fig. 9. Schnitt durch die kontraktile Schicht einer Muskelzelle von Ascarıs, nach SCHNEIDER. Die Muskelfibrillen (m.fi) sind zu Platten angeordnet innerhalb einer Kittsubstanz (ki.sw). Zwischen diese Platten dringen die Stützfibrillen (s/.fz) der Zelle. bi Bindegewebige Hülle. % Protoplasmakörner. meisten Fällen zerfällt diese in Fibrillen, welche den Kern allseitig umgeben (95, a’). Bei den Wirbellosen kommen auch vielkernige Fasern vor (9, b). Bei den Wirbeltieren sind sie stets einkernige, lange, dünne Gebilde Plate, Allgemeine Zoologie I. 8 114 III. Kapitel. von rundlichem oder plattem Querschnitt, welche an beiden Enden spitz auslaufen, wobei sie sich zuweilen spalten. Bei niederen Wirbetieren (Harnblase des Frosches) können sie verästelt sein. Die glatten Muskel- zellen legen sich entweder zu Bündeln zusammen (Haut, Pupillen- muskeln) oder zu Schichten (Wand der Gefäße, des Darms, vieler Aus- führgänge), wobei sie ringförmig oder längsgerichtet sind. Bei den Trematoden kann sich die Muskelzelle von der Faser abtrennen und nur durch einen dünnen Strang mit ihr oder auch wohl mit km Fig. 94 A. Querschnitt durch die Schlundregion eines freilebenden marinen Nematoden (Thoracostoma sp.), nach RAUTHER. D Rücken-, Y Bauchleiste der Epi- dermis mit medianen Nervenstämmen. SD, SV Subdorsal- und Subventralleiste. L Seitenwulst aus 3 Zellreihen bestehend und mit Anschnitten zerstreuter Nerven- fasern. cs verdickte Längsleiste der Pharynxcuticula. ddr, Idr, sedr dorsale, laterale, subventrale Schlunddrüse. km Kern der Epithelmuskelzelle. mehreren Fasern im Zusammenhang bleiben (96). Aehnliche mehrfasrige („polyine“) Muskelzellen sind auch subepithelial in den Tentakeln der Meduse Carmarina beobachtet worden. B. Phyletisches Verhältnis der glatten zu den quergestreiften Muskeln, Eine Reihe von Tatsachen beweisen, daß der glatte Muskel den niederen Zustand darstellt, welcher bei starker Inanspruchnahme sich im Laufe der Stammesgeschichte in den höheren quergestreiften um- wandelt. 1. Tiere mit schneller Bewegungsfäbigkeit, die Arthropoden und die Wirbeltiere, bedienen sich hierfür der quergestreiften Muskeln, während die langsameren Würmer, Mollusken usw., zur Ortsbewegung glatte besitzen. Die Ringelwürmer haben glatte Muskeln, aber Protula und Verwandte, welche sich blitzschnell in ihre Röhren zurückziehen, quergestreifte.e Unter den Tunicaten haben die festsitzenden den Muskeln. 115 niederen, die freibeweglichen (Salpen u. a.) den höheren Zustand, und ebenso finden wir den letzteren an der Subumbrella mancher Medusen und an den Schwimmglocken der Siphonophoren. Unter den Krebsen haben die festsitzenden Cirripedien fast nur glatte Muskeln, und unter den landbewohnenden Arthropoden gilt dasselbe für die langsamen Tardigraden und Peripatus. 2. Dasselbe Organ kann bei verwandten Arten glatt oder quer- gestreift sein. Der Pharynx der Ringelwürmer ist im allgemeinen glatt, bei Syllis quergestreift. Bei den Rädertieren sind die Haupt- muskeln glatt, nur bei den sehr beweglichen Gattungen Synchaeta, Triarthra u. a. quergestreift. Bei den Echinodermen sind alle Muskeln Fig. 95. Glatte Muskeln verschiedener Art. a einkernige nichtfibrilläre Muskel- zelle, «‘ einkernig, fibrillär, 5 mehrkernige fibrilläre Muskelfaser, in Ruhe und kon- trahiert (b‘); ce Sarkoplasma, in der Mitte des Querschnitts mit Kern, d Kern an der Seite, e Querschnitt außerhalb der Kernregion, e’ nematoide Muskelfaser im Quer- schnitt aus der Haut des Regenwurms. — Orig. glatt, nur diejenigen der Pedicellarien teilweise, nämlich die Schließ- muskeln der tridaktylen Organe der Echiniden, quergestreift. Die Muskeln der Mollusken sind glatt, aber im Herzen und Schlundkopf der Schnecken, im Schließmuskel der Muscheln und bei Tintenfischen häufig quergestreift. Die Darmmuskeln der Wirbeltiere sind glatt, nur bei Anguella, Cobitis und Tinca quergestreift. Da der glatte Zu- stand der primitive ist, so erhält er sich zuweilen in gewissen wenig Fig. %. Muskelzelle einer Cercarie, deren Ausläufer mit mehreren glatten Fasern in Verbindung stehen. Nach BETTENDORF. beanspruchten Muskeln, während die übrigen in demselben Tier die höhere Stufe zeigen. So kommen glatte Muskeln vor im Darm der Krebse, bei Insektenlarven, im Abdomen von Spinnen. 3. Derselbe Muskel kann bei verwandten Arten glatt oder gestreift sein. So ist der Schließmuskel glatt bei Mytilus, während er bei Pecten, Ostraea, Anomia, Lima beide Sorten nebeneinander aufweist: er zerfällt in eine große graue Portion mit quergestreiften Fasern und in eine kleinere weiße mit glatten. g*+ 116 III. Kapitel. 4. In der Ontogenie entwickelt sich der quergestreifte Muskel meist aus einem glatten und ebenso bei der Regeneration. C. Die gestreifte Muskulatur tritt in zwei verschiedenen Formen auf, als schräg- und als quergestreifte. a) Die schräggestreifte (helicoidale) kommt vor im Schließ- muskel der Muscheln, im Herzen und Schlundkopf mancher Schnecken, in den Kiemenherzen, Mantel- und Armmuskeln der Tintenfische, bei manchen Ringelwürmern, den Armmuskeln von Schlangensternen u. a. TE Te a ER ET ne u nn, ee ec 54 Ir Een: een Be Et Sr Fig. 97. Schräggestreifte Muskelfasern von Üephalopoden nach BALLOWITZ. a, b, e aus dem Mantel von Sepia Rondeleti, a bei hoher, b bei mittlerer, c bei tiefer Einstellung, d aus dem Schlundkopf von Eledone mit sehr steilstehenden Schraubenfasern, e von der Fläche gesehen aus dem Mantel desselben Tiers. Sie tritt auf als einfache Schrägstreifung um das zentrale Sarcoplasma herum oder als doppelte (9%), bei der 2 Systeme von Fibrillen sich kreuzen. Die sehr verschiedenen Bilder erklären sich daraus, daß die spiralförmig verlaufenden Fibrillen glatt oder quergestreift sein können. Dieser Verlauf gestattet wahrscheinlich eine starke Verkürzung der sehr langen und doch wenig Raum einnehmenden Fibrillen. b) Die quergestreifte Substanz tritt selten als einkernige Muskelzelle auf, meist als vielkernige Muskelfaser, deren Fibrillen von einer strukturlosen Membran (Sarkolemm) zusammengehalten werden. Die länglichen Kerne liegen, von etwas Protoplasma umgeben, dieser an (98, a). Jede Fibrille besteht aus 2 verschiedenen Substanzen, die gesetz- mäßig miteinander abwechseln, aus der dunklen, sich ziemlich stark fär- benden, das Licht im Polarisationsmikroskop doppeltbrechenden aniso- tropen Substanz und aus der hellen, sich wenig färbenden, das Licht einfach brechenden isotropen. Es lassen sich verschiedene Stufen der Komplikation unterscheiden, von denen die wichtigsten in 99 abge- Muskeln. 117 bildet sind. Im einfachsten Falle (a) folgen bei manchen Wirbellosen helle Felder und dunkle „Querscheiben“ (Q) aufeinander; auf der nächsten Stufe schieben sich sog. Krausesche Zwischen- oder Grundmembranen (Z) in der Mitte jedes hellen Feldes ein, wo- durch jede Fibrille in sog. Muskelkästchen zerfällt (99, b). Dann bildet sich in jeder Querscheibe eine hellere Mittelzone, die sog. Hrnsensche Linie aus (c). Endlich kann in dieser noch eine deutliche Mittelmembran (M) auf- treten und in dem isotropen Teile können eine oder mehrere, aus Körnern aufgebaute Nebenscheiben (N) hinzukommen. Die erste Stufe ohne Z wird angegeben für q die Flügelmuskeln von Insekten, Vögeln und Fledermäusen, bei denen die Fibrillen eingebettet liegen in sehr vielem und körnerreichem Sarkoplasma. Die zweite und dritte Stufe sind bei Wirbellosen und Wirbeltieren sehr weit verbreitet, die vierte findet sich besonders bei Insekten. Diese verschiedenen Zustände werden manchmal Fig. 98. _ Quergestreifte an demselben Objekt nebeneinander beob- Muskelfaser. « Längsschnitt, 5 achtet. Ueber die Bedeutung der Grund- uerschnitt, Se Sarkolemm. Orig. membran Z gehen die Meinungen noch weit auseinander. Einige Forscher halten sie für ein mechanisches Stütz- element, welches auch die interfibrillären Zwischenräume durchsetzt und Fig. 99. Schema der verschiedenen Ausbildung der quergestreiften Muskel- fibrillen. A anisotrope, doppelt lichtbrechende, .J isotrope Substanz. @ Querscheibe oder anisotropes Feld. Oh HENsEnsche helle Zone darin, M Mittelmembran der letzteren, N Nebenscheibe. Z Zwischenmembran, e und / Kontraktionsstadien; e das erste Sta- dium der homogenenFaser, f das zweite mit den Kontraktionsstreifen neben M. Orig. zur Folge hat, daß die gleichen Teilchen benachbarter Fibrillen meist in derselben Querebene liegen. Andere Histologen sehen in ihr einen Kanal, welcher die Nährstoffe zuleitet. Neuerdings wird sie nicht als eine die Fibrillen durchquerende, sondern sie nur ringförmig umgreifende Bildung 118 III. Kapitel. kollagener Natur beschrieben, welche sich aus dem interfibrillären Plasma entwickelt. Die Körner zwischen den Fibrillen bestehen aus Eiweiß, Fett, Lezithinen, Glykogen oder andern Stoffen. Sie sind um so zahlreicher vorhanden, je mehr der Muskel zu arbeiten hat, daher sind sie besonders häufig in den Herzmuskeln. Körnerreiche Fasern fallen bei den höheren Tieren durch ihr trübes Aussehen auf. Die Herzmuskeln der Krebse, Mollusken und Wirbeltiere sind dadurch ausgezeichnet, daß die Fasern durch in spitzem Winkel ab- gehende Seitenäste zusammenhängen, so daß ein Geflecht entsteht. Bei den Wirbeltieren sind die Fasern ohne Sarkolemm und außerdem eigentümlich segmentiert, durch stark lichtbrechende, quere „Schalt- stücke“ oder „Glanzstreifen“, welche aus bazillenähnlichen Stäbchen in den Fibrillen bestehen und beiderseits von einer Grund- membran begrenzt werden. Sie haben wohl eine mechanische Bedeutung, da die Seiten- äste in der Regel von ihnen ausgehen (100). Jedes Segment enthält in der Sarkoplasmaachse ein oder zwei Kerne, so daß man sie früher für Muskelzellen hielt. Sie entsprechen aber nicht diesen, da die ganze Faser aus einer Muskelzelle hervorgeht. Aehnliche Muskelnetze sind vom Darm der Arthropoden beschrieben worden. Erwähnenswert sind die Muskeln im Schwanz der Appendicularien, welche jederseits eine Platte von 10 oder mehr verschmolzenen Zellen bilden. In jeder Platte liegen die durch die ganze Länge des Schwanzes ziehenden quergestreiften Fibrillen innen, das Sarko- plasma mit den gitterförmigen oder dendriti- schen Kernen außen (13). Fig. 100. Ein Stück Muskelgeflecht aus dem Herzen des Menschen, um den durch Schaltstücke segmentierten Bau zu zeigen. Nach HEIDENHAIN. Das unvollständige Stück in der Mitte ist nicht typisch. Ueber die Vorgänge bei der Kontraktion gehen die Meinungen sehr stark auseinander. Es scheint festzustehen, daß nur die anisotrope Substanz (A, ) das Element ist, welches sich auf !), oder mehr verkürzt und dabei dicker wird, indem es in der Quer- richtung durch Wasseraufnahme aufquillt. Die isotrope Substanz wird in jedem Kästchen nur passiv verbreitert. Der Nervenreiz bewirkt einen Zerfall der Kohlehydrate (Glykogen, Traubenzucker) im inter- fibrillären Sarkoplasma, wobei Milchsäure frei wird und sich mit dem Eiweiß der anisotropen Substanz verbindet. Dies hat die Quellung zur Folge, die äußerlich in dem Auftreten von schmalen „Kon- traktionsstreifen“ zu beiden Seiten von M sich kennzeichnet (99). Das Quellwasser entstammt wahrscheinlich der isotropen Substanz, nicht dem Sarkoplasma, weil andernfalls die Existenz derselben nicht einleuchtet. Indem die Milchsäure sofort wieder durch aktiven O verbrannt wird, erfolgt umgekehrt die Entquellung, bei der Q durch Wasserabgabe sich verlängert. Ist nicht genügend O vorhanden, wie Muskeln. 119 in der frischen Leiche, so erhält sich die Kontraktion als sog. Toten- starre längere Zeit. Vorübergehend kann die Fibrille homogen (99, e) aussehen, als ob beide Substanzen sich optisch gleich verhielten im halbkontrahierten Zustand. Es ist beachtenswert, daß auch die glatten Fasern, wenn sie zu mehreren zusammenliegen, doppeltbrechend sind; \lETr zz. a N E F, >) dasselbe gilt für Geißeln und Cilien, so daß alle diese kontraktilen Gebilde vermutlich dieselbe aniso- trope Substanz enthalten. Die Quellung in der Quer- richtung wird verständlich durch die Annahme, dab die ultramikroskopischen Teilchen der anisotropen Substanz in der Ruhe die Gestalt von Stäbchen, in der Kontraktion von | Kugeln haben, indem die verflüssigte Substanz der Tropfenform zustrebt. Für = 7 Re : ig. 101. Querschnitt dure asern aus dem EN en Flügelmuskel a Libele.e Nach HOoLMGREN. ; £ ı Fibrillen, 2 Sarkoplasma. mischung beider Sub- stanzen an; dann wird es längere Zeit dauern, bis die Milchsäure zu allen isotropen Teilchen vorgedrungen ist und das für die Quellung nötige Wasser freigemacht hat. Untersucht man die Muskelfasern, glatte wie quergestreifte (ab- gesehen von den Epithelmuskeln) auf dem (Querschnitt, so treten uns die Fibrillen in 3 For- a men der Anordnung ent- gegen. 14 »Alsyerunde. Quer- schnitte, außen begrenzt von einer strukturlosen, als Zell- membran anzusehenden Sar- kolemmhülle, im Innern er- ER a EZ füllt von körnigem ‚Sarko- Fig. 102. Querschnitt durch ein Muskel- plasma, indem die Fibrillen band von Ammocoetes, nach MAURER. Es wird dicht gedrängt und manch- außen umhüllt von Bindegewebe. mal radiär angeordnet liegen. Die Kerne liegen bei niederen Wirbeltieren im Innern der Faser, bei den höheren an der Peripherie (98,b). 2. Die Fibrillen schließen sich zu radiären Bändern aneinander (101), zwischen denen die zur Ernährung dienenden Körner liegen. So bei Insekten, Mollusken, manchen Knochenfischen u. a. 3. Als breite von vielen Kernen durchsetzte Muskelbänder, welche von Bindegewebe umhüllt werden. Sie kommen in der Haut der Regen- würmer und bei Amphioxus und Petromyxon vor und entstehen, indem die Epithelzellen der Ursegmente zu Bändern auswachsen (102). Die quergestreiften Fibrillen treten in den Myoblasten zuerst in Form homogener Fäden auf, welche als Mitochondrien gedeutet werden. Erst später zeigt sich eine Sonderung in die 2 verschiedenen Substanzen. HOREHPERN REERE 120 III. Kapitel. Nach anderen Forschern gehen die Fäden aus Granula hervor, welche sich reihenweise anordnen und später verschmelzen. Beim Forellen- embryo ist im Myoblast zuerst nur eine Fibrille vorhanden, welche durch aufeinanderfolgende Spaltungen sich vermehrt. Die quergestreiften Muskeln gehen an ihren Enden, abgesehen von den Fischen, vielfach in Sehnen über, wobei die Muskelfibrillen sich entweder (Herz der Wirbeltiere) direkt in die Sehnenfibrillen fortsetzen, oder die letzteren von dem Sarkolemm entspringen. Die glatten wie die quergestreiften Muskelfasern sind sehr ver- schieden reich an Sarkoplasma. Ursprünglich ist diese Substanz reichlich vorhanden, und je mehr die Faser sich differenziert, desto zahlreicher werden die Fibrillen und desto mehr wird das Sarkoplasma zurückge- drängt. Dieses schließt nicht aus, daß unter Umständen das Sarko- plasma sich enorm vergrößert, um die Ernährung der Fibrillen und damit ihre Leistungen zu fördern |Ascaris (93), Muskeln der Rücken- flosse des Seepferdchens, welche das Umherschwimmen bewirken. Die Muskeln der Wirbeltiere sehen frisch meist rot aus, weil sie von zahlreichen Blutgefäßen durchströmt werden und viel körnerreiches Sarkoplasma besitzen. Es kommen aber auch namentlich bei Haustieren (Hühner, Kaninchen) sog. weiße Muskeln vor, welche weniger Blut- gefäße und meist auch weniger Sarkoplasma enthalten. Die roten ar- beiten langsam, aber andauernd, die weißen rasch, aber unter baldiger Ermüdung. Der Pectoralis der Hühner, die ja nur selten fliegen, ist weiß, ihre Beinmuskeln, die beständig in Tätigkeit sind, rot. Kalb- und Lammfleisch ist weiß, Rind- und Schaffleisch rot. Bei den glatten Muskeln der Wirbeltiere und den Muskeln der Wirbellosen spricht sich dieselbe Arbeitsteilung aus in körnerreiche trübe, langsam und andauernd funktionierende Muskeln, und in körnerarme, helle für rasche, vorüber- gehende Leistungen. Viele Muskeln der höheren Tiere enthalten gleich- zeitig rote und weiße Fasern, um verschiedenen Anforderungen zu genügen. Die Muskeln der Tracheaten werden von Tracheen durchsetzt, und zwar in sehr verschieden reichem Maße. Bei manchen im Wasser lebenden Larven (Agrion) fehlen sie fast ganz, während die Flügel- muskeln der erwachsenen Libellen so reich an ihnen sein können, daß fast jedes Muskelkästchen einen Ast erhält. Bei allen Wirbeltieren und den meisten Wirbellosen wird jede Muskelfaser bzw. -zelle von einer (ev. auch zwei) Nervenfaser versorgt (s. S. 126) und kontrahiert sich nur, wenn ein Reiz von dieser auf sie übertragen wird. Ob diese Abhängigkeit vom Nervensystem auch für alle Muskeln von niederen Wirbellosen gilt, ist zweifelhaft, da sie sich im Laufe der Phylogenie ausgebildet haben wird. Sie fehlt sicher bei den Myoblasten der Spongien, da diese noch kein Nervensystem besitzen. 4. Das Nervengewebe zeigt die allen Zellen in geringem Grade eigene Fähigkeit der Reiz- leitung und unter Umständen auch diejenige der Reizaufnahme in be- sonders gesteigertem Maße. Es fehlt noch bei Schwämmen. In seiner einfachsten Form (103) tritt es uns entgegen bei Cölenteren und zeigt hier schon die zwei charakteristischen Elemente, welche überall im Tier- reich angetroffen werden: die Ganglienzellen und die von ihnen aus- gehenden Nervenfasern. Bei den Üölenteren bilden beide ein weit- maschiges Netzwerk (diffuses Nervensystem) an den basalen Nervengewebe 121 Enden der Epithelien. Man hat diese Ganglienzellen anzusehen als in die Tiefe gerückte (109d) Epithelzellen. Sie laufen fast immer in mehrere gleiche Fasern aus, von denen eine zwischen oder an den Epithelzellen endet, während andere zur Verbindung mit anderen Ganglienzellen oder mit Muskeln dienen (360d). Ein an einer Stelle der Haut aufgenommener Reiz kann auf diese Weise nach allen Seiten weiter geleitet werden, um eine Reizantwort zu veranlassen. Bei den übrigen wirbellosen Tieren gruppieren sich die Ganglien- zellen in der Regel massenweise zusammen zu sog. Ganglienknoten von rundlicher Form (104) oder zu bandartigen Marksträngen (105), während sie bei den Wirbeltieren im Gehirn und im Rückenmark in noch viel größerer Zahl vereinigt sind. Die Gan- glienzellen solcher Zen- tren des Nervensystems sind entweder multipo- lar (106, 10% A), d. h. sie laufen in mehrere Den- ei ERBE RR NR SEN driten und einen Neuriten Saat BERT (ES SERGR RE. N. aus,oder bipolar (107 0), ER rt wenn nur zwei Neuriten, FR IISIIWAN TR DPRRANG oder unipolar (10@ B), Fig. 103. Ganglienzellenplexus einer Actinie, wenn nur ein Neurit vor- nach HERTwIG. handen ist. Multipolare Ganglienzellen liegen hauptsächlich im Neuropil, d.h. in der Fasermasse oder „Punktsubstanz“ der Ganglien, während die unipolaren diese mantel- Fig. 104. Ganglienpaar einer Schnecke, schematisch, mit peripheren unipolaren Ganglienzellen. N Nerv, N! Neurilemm, Np Neuropil, @x Ganglienzelle, Qc Quer- kommissur. Original. förmig umgeben (426, 429). Die bipolaren finden sich vornehmlich an Durchgangsstellen und dienen wohl zur Verstärkung der Erregung, während multi- und unipolare sie auf andere Zellen übertragen. Jeder Neurit gibt Seitenzweige ab und zerteilt sich an seinem Ende entweder in zarte, vielfach verästelte „Dendriten“ zur Verbindung mit anderen Ganglienzellen, oder er läuft in dem Erfolgsorgan (Muskel, Drüse) in ein baumförmiges Terminalorgan aus. Bei den multipolaren Ganglien- zellen (106) der Ganglien sind die meisten Fortsätze kurze Dendriten und dienen zur Verbindung der benachbarten Ganglienzellen, so dab 122 III. Kapitel. jeder Reiz nach der verschiedensten Richtung weitergeleitet werden kann, während die an jeder Zelle meist nur in Einzahl vorkommenden langen unverästelten „Neuriten“ (Axenfasern, Axonen) entweder durch die Kommissuren (104) zu einem anderen Ganglion ziehen oder in einer größeren Anzahl zusammentreten und das Ganglion als Nerv ver- lassen. Ein solcher Nerv wird meist von einer bindegewebigen Neu- rilemmhülle (106) zu- sammengehalten. Die Neuriten enthalten sehr feine Neurofibrillen Fig. 105. Markstrang eines Ohzi it i let auch Be Bol Care nenellen‘ N N N Neil une dicke), welche @Gx Ganglienzelle. Original. in das Protoplasma der Ganglienzelle eintreten, den Kern netzartig um- greifen und in die Dendriten übergehen. Es ist kaum zweifelhaft, daß diese Fibrillen (10% A) die eigentlichen leitenden Elemente sind, und nicht zur Stütze dienen, denn das höhere Leitungsvermögen der Zellen muß in einer besonderen Struktur, nämlich den Fibrillen, begründet Fig. 106. Stück aus der Rinde eines Ganglions eines Wirbellosen, schematisch. Gx multipolare Ganglienzelle, @lx Gliazelle, Den Dendrit, Nex Neurit, N Nerv, N! Neurilemm. Orig. sein: für diese Auffassung spricht auch, daß die Fibrillen in die uni- polaren Zellen hinein- und wieder heraustreten; daß die Fibrille einer Sinneszelle zuweilen durch einen Seitenast mit einer benachbarten Sinneszelle zusammenhängt, u. a Man darf annehmen, daß neben den Nervengewebe. 123 Fibrillen auch das Protoplasma die Erregung weiterleitet oder beein- flußt. Andererseits ist es nicht zweifelhaft, daß die Fibrillen der Glia- zellen nur zur Stütze dienen. Die multipolaren Ganglienzellen sind vielfach sehr groß. Ihr Protoplasma enthält meist viele, mit basischen Anilinfarben stark tingierbare Schollen und Klumpen (Nısstsche Körner, Tigroidschollen), welche nach angestrengter Tätigkeit oder nach Durchschneidung des Neuriten verschwinden und daher wohl Nährstoffe darstellen (24). Wir haben sie schon früher (S. 44) als Chromidien gedeutet. Sie sind um so reichlicher vorhanden, je länger im allgemeinen die Neuriten sind. Jede Ganglienzelle bildet mit ihren Dendriten und dem Neuriten eine Einheit, das sog. Neuron. Wird der Neurit durch- schnitten, so geht sein peripherer Teil zugrunde und wird durch Aus- wachsen des zentralen wieder ersetzt, wobei die Schwannschen Zellen als ein Leitgewebe für den auswachsenden Teil fungieren. Die jetzt fast allgemein angenommene Neuronentheorie besagt, daß alle ner- Fig. 107. Verschiedene Neuronen. _A multipolar, B unipolar, © bipolar. A—C vom Blutegel nach Araırky. D auswachsender Neuroblast aus dem Rückenmark eines Hühnchens nach ÜAJAL. vösen und psychischen Leistungen an Neuronen gebunden sind, und daß jedes Neuron eine morphologische und auch eine genetische Einheit ist, da es aus einer Zelle hervorgeht. Sie ist freilich insofern unsicher, als sich nicht beweisen läßt, daß sehr lange Neuriten wirklich nur von einer Zelle auswachsen und von dieser ernährt werden. Charakteristisch für die Neuronen ist ihr Leitungsvermögen für Reize, ihre fibrilläre Struktur und ihre außerordentlich wechselnden Größen (5—150 „) und Formen. Sie werden größer in demselben Maße, als der Körper heran- wächst, und ihre Gestalt richtet sich nach den jeweiligen Aufgaben. In den Ganglien der Wirbellosen kommen häufig mehrere Sorten von Nervenzellen vor, die sich in Größe, Gestalt und Färbungsvermögen unterscheiden und zu besonderen Herden — jede Sorte für sich — ver- einigt sind. Bei Nemertinen, Anneliden, Crustaceen und beim Am- phio.xus kommen einzelne sehr große Riesen- oder Neurochordzellien 124 III. Kapitel. vor, welche unipolar sind [bei Amphiorus (482) multipolar] eine ganz bestimmte Stelle einnehmen und in eine sehr lange und sehr dicke, wenig verzweigte oder sogar unverzweigte Kolossalfaser (Neurochord) auslaufen. Ihre physiologische Bedeutung ist unklar, doch spricht vieles dafür, daß sie nicht zur Stütze, sondern zur Leitung dienen, da die Neurochorde durch Ausläufer untereinander und mit Ganglienzellen zusammenhängen und auch Seitenäste an die peripheren Nerven abgeben. Wahrscheinlich vermitteln sie das Zusammenspiel der Muskeln verschiedener Körper- regionen. Sehr bemerkenswert ist, daß sie von einer meist sehr dicken myelinhaltigen Scheide umgeben werden und aus einer sehr weichen, nichtfibrillären Masse bestehen (400 — 402). Markhaltige Nervenfasern kommen also auch bei Wirbellosen vor. Eine Sonderung der Neuronen in „Nervenzellen“, welche die Fibrillen erzeugen, und in „Ganglienzellen“, welche den „Strom“, das was geleitet werden soll (Ararhy), liefern, läßt sich nicht durchführen, da alie diese Zellen Fibrillen aufweisen und leiten. Bei den bipolaren Ganglienzellen (10%, ©) sind zwei Neuriten vorhanden, bei den unipolaren (B) nur einer, welcher sich aber häufig später in zwei (oder mehr) Fasern spaltet, so daß diese Zellen als modifizierte bipolare angesehen werden können (108). Sie werden auch meist bipolar angelegt und wachsen später stielförmig aus, wodurch beide Neuriten an ihrer Wurzel zusammenfallen. Unipolare Zellen finden sich massenweise in den Ganglien der Pul- monaten, vieler Würmer und anderer Wirbelloser und zwar als Randschicht um die zentrale Punkt- substanz der Dendriten (401, 426, 429). Die zwischen Epithelzellen liegenden „primären Sinnes- Fig. 108. Spinal- zellen“, welche an ihrer Basis in eine Nervenfaser ganglienzellen eines übergehen (109a, 360 e), können als unipolare Gan- nn En glienzellen angesehen werden. Bipolare Zellen sind Uebergängen von bi- besonders häufig in Marksträngen, im Gehirn der polaren zuunipolaren Insekten und im Ganglion spinale der Rückenmarks- Ganglienzellen. nerven der Wirbeltiere (108). Alle Neuronen sind zuerst unipolar, denn sie entstehen aus einer em- bryonalen Ektodermzelle, indem diese in einen Neuriten auswächst, welcher an dem freien Ende keulenartig verbreitert ist (107D) und amöboide Fortsätze ausstrahlt. Erst später bilden sich weitere Fortsätze und Dendriten. Wahrscheinlich findet der auswachsende Neurit sein zugehöriges Endorgan infolge chemotaktischer Reize spezifischer Stoffe, welche von diesem abgegeben werden. Die Neuronen hängen unter- einander vielfach kontinuierlich zusammen durch breite Ausläufer, durch Neuriten oder durch Dendriten, wobei auch die Fibrillenbündel ineinander übergehen können. Von einigen Forschern wird ein Kontaktzusammen- hang behauptet, indem die Dendriten sich nur aneinanderlegen sollen. Daß so etwas möglich ist, beweisen die sog. gepaarten unipolaren Gan- glienzellen der Nemertinen, welche sich mit dem fortsatzfreien Pole dicht aneinanderlegen. Phyletisch hat man die Ganglienzellen von ektodermalen Sinnes- zellen abzuleiten (109a), welche unipolar sind (primäre Unipolarität). Nervengewebe. 125 Diese rückten in die Tiefe, blieben aber mit dem Epithel noch im Zu- sammenhang, so daß sie bipolar wurden (b). Daraus ging entweder durch seitliche Verlagerung des Zellkörpers (c) wieder eine unipolare Form (sekundäre Unipolarität) hervor oder durch Rückbildung des distalen Fortsatzes und durch Ausbildung kurzer Dendriten die multi- polare (d). Die sekundäre Unipolarität ist nur eine verkappte Bipolari- tät, wie man an den ein- und austretenden Fibrillen erkennt. Rätselhaft bleibt noch die erste Verlängerung der Sinneszelle nach innen. Das Protoplasma einer solchen Zelle muß die Fähigkeit zu pseudopodienartigen Ausläufern gehabt haben, wie noch jetzt der auswachsende Neuroblast (10%, D). Der Druck der benachbarten Epithelzellen oder auch äußere Reize mögen dieses Auswachsen oder auch eine Querteilung veranlaßt haben, bei der das proximale Stück in die Tiefe wan- derte (vgl. dazu Kapitel Nervensystem, Ur- sprung der Nervenzellen). Bei den Wirbeltieren erreichen die Neuriten oft eine sehr bedeutende (beim Menschen über 1 m) Länge. In der sog. grauen Substanz des Gehirns und des Rückenmarks sind sie ohne besondere Hülle, während sie in der sog. weißen von einer fettigen Scheide (Myelin, Nervenmark) umgeben werden. Myelin fehlt den meisten Fasern des sympathischen Nervensystems, welches die Eingeweide versorgt, ferner den Fasern des Olfactorius und auch allen Nerven des Amphioxus, der Oyclostomen und der wirbellosen Tiere, mit Ausnahme Fig. 109. Fig. 110. Fig. 109. Schema der Entstehung der Neuronen. «a primäre Sinneszelle, b primäre Bipolarität, ce sekundäre Bipolarität, d multipolar. Orig. Fig. 110. Schema eines multipolaren Neurons eines Wirbeltieres. Ax Achsen- faser, Endk Endplatte im Muskel (Musk), Gx Ganglienzelle, Den Dendrit, Koll kolla- terale Verbindung, Mh Myelinhülle, Schr Ranvierscher Schnürring, Schsch ScHwAnNsche Scheide. Orig. einiger Muscheln, Cephalopoden, Ringelwürmer und höherer Krebse, welche — namentlich um die sog. Riesenfasern (Neurochorde) — eine Myelinhülle besitzen. Die markhaltigen Nerven leiten die Reize schneller (Mensch 120 m, Frosch 30 m in der Sek.) als die marklosen 126 Ill. Kapitel. und ermüden auch weniger rasch. Sobald die markhaltigen Fasern das Gehirn oder das Rückenmark verlassen und zu den peripheren Nerven werden, umgeben sie sich mit einer zweiten Hülle, der sog. ScHwAnNn- schen Scheide, welche in gleichmäßigen Abständen gegen den Neuriten vorspringt (Ranviersche Schnürringe), weil die Markscheide einen gegliederten Bau hat (110). Die Zellen dieser Schwannschen Scheide sind ebenfalls ektodermalen Ursprungs. Eine solche kernhaltige, ScHWAnNnsche Scheide, aber ohne Schnürringe, kommt auch den mark- losen Fasern zu. Der Neurit spaltet sich an seinem Ende wiederholt und läuft entweder in kleine baum- förmige oder netzartige Terminal- Fig.-111. Fig. 111.A: Fig. 111. Muskelfaser aus der Zunge einer jungen Maus mit den Endplatten einer motorischen (m) und einer sympathischen Faser (af. S Sarkolemm. Nach BOEKE. Fig. 111 A. Doy&rescher Nervenendhügel (D) an dem Muskel des Käfers Cassida equestris nach ROLLETT. S!/ Sarkolemm, Z Zwischenstreifen, Q, N, C an- isotrope, /s isotrope Substanz.’ organe aus, welche die Muskeln (110) und andere Organe versorgen, oder seine Fibrillen endigen in oder um Sinneszellen (360, e, ©). Die Endorgane in den Muskeln der Wirbeltiere sind doppelter Art: größere, welche von den aus dem Rückenmark kommenden motorischen Fasern gebildet werden (111%) und kleinere sog. accessorische, welche mit Sympathicusfasern («f) zusammenhängen. Die ersteren übertragen die gewöhnliche Erregung, die letzteren sind wahrscheinlich für die tonische Innervation bestimmt. Eine ähnliche Doppelinnervation ist für Drüsen der Wirbeltiere und für Arthropodenmuskeln nachgewiesen worden. Nervengewebe. 127 Bei den Wirbellosen teilt sich der Nerv entweder baumförmig und umspinnt mit seinen Endästen die Muskelfasern, Drüsenzellen, Epithel- zellen u. a. oder er legt sich mit einer breiten Platte (sog. Dov&rescher Hügel, 111, A) dem Endorgan an. Stets sucht der Nerv das zu versorgende Organ auf. Eine Ausnahme bilden nur die merkwürdigen Hautmuskeln (93) der Nematoden, deren Zellen Fortsätze zu den Längs- nerven hinsenden, die unter Aufteitung in sie eindringen. Wie die Neuronen morphologisch äußerst verschiedengestaltig sind, so sind sie es auch in physiologischer Hinsicht. Es lassen sich in dieser Hinsicht 3 Hauptgruppen unterscheiden: rezeptorische (sensible), effektorische (motorische bzw. sekretorische) und assoziative Neuronen, welche aber äußerlich nicht immer verschieden sind, wenn- gleich man aus ihrer Lage häufig ihren Charakter erschließen kann. Die ersteren nehmen die Reize auf und leiten sie weiter, wobei sie immer nur eine bestimmte Art der Erregung übertragen (s. Gesetz der spezifischen Sinnesenergie), z. B. ein Retina-Neuron die Erregung einer Licht- empfindung. Die sensiblen Neuronen liegen als sog. „primäre Sinnes- zellen“ im Epithel der Haut oder der Sinnesorgane. Oder sie rücken unter diese und eventuell bis in die Zentren hinein (Spinalganglien). Die effektorischen Neuronen liegen mit den Zellen meist in den Ganglien, treten mit ihren Endästen an die Muskeln und Drüsen heran und ver- anlassen sie zur Kontraktion bzw. Sekretion. Es hat sich gezeigt, daß bei den verschiedensten Tieren die Erregbarkeit der sensiblen Neuronen durch Strychnin, der motorischen durch Phenol und andere Benzolderivate gesteigert werden kann. Die assoziativen Neuronen liegen immer in den Zentralorganen, halten Eindrücke fest (Erinnerung) und verknüpfen die Erinnerungsbilder. Auf ihrer Tätigkeit beruhen alle höheren psychischen Erscheinungen (Lernen, Urteilen, Wollen). In den Nerven lassen sich wie in den Muskeln elektrische Ströme bei jeder Erregung nachweisen, aber diese Aktionsströme machen nicht das Wesen der Erregung aus, dazu bewegt sich diese viel zu langsam und geht auch nicht durch Berührung von einer Nervenfaser auf die andere über, wenn die zwei Schnittenden aneinander gelegt werden. Die Erregung muß ein vitaler Prozeß sein, dessen Fortpflanzungs- geschwindigkeit durch Ermüdung, niedere Temperatur, Narkose u. a. herabgesetzt wird. Sie ist in markhaltigen Nerven größer als in mark- losen und hängt sehr ab von der Organisationshöhe. Sie beträgt pro Sekunde bei der Teichmuschel Anodonta 1 cm, bei der Nacktschnecke Agriolimax 40 cm, bei Octopus 2 m, beim Hummer 6—12 m, Frosch 30 m, Mensch 120 m. Obwohl in jeder Faser die Erregung als Regel nur in einer Richtung, zentrifugal oder zentripetal, fortschreitet, ist eine Umkehr unter künstlichen Bedingungen möglich. Ein Nerv ent- hält entweder nur die eine Sorte (afferente, zentripetale oder efferente, zentrifugale Nerven) oder beide, wie die Rückenmarksnerven. Er wird dann als gemischt bezeichnet. Neuroglia. Zwischen den Ganglienzellen und um sie herum kommen in der Regel eigentümliche Stützzellen, die sog. Gliazellen vor, welche ebenfalls ektodermalen Ursprungs sind (106, glx). Sie gehen bei den Wirbellosen vermutlich immer aus den Epithelzellen der Haut hervor, bei den Wirbeltieren aus gewissen Epithelzellen („Ependym- zellen“) des Medullarrohrs Ihre Basis zieht sich in einen langen, dichotomisch sich verästelnden starren Fortsatz aus, welcher die ganze Anlage des Zentralorgans oder auch seine Umgebung durchsetzt. Später 128 Ill. Kapitel. wandern sie vielfach aus dem Epithel in die Tiefe der Anlage und bilden hier ein sehr dichtes Netzwerk von zarten Ausläufern, indem die starren Fäden nach den verschiedensten Richtungen sich ausbreiten. So entsteht eine retikuläre, syncytiale Grundsubstanz, welche die Ganglienzellen und ihre Ausläufer zusammenhält, mit eingestreuten, von wenig Plasma umgebenen Kernen. Das Gliagewebe ist also zuerst ein echtes Epithel, später nimmt es bindegewebigen Charakter an. Es ist nicht zu verwechseln mit membranösen, mesodermalen oder ekto- dermalen Hüllen der Ganglien und Nerven, für welche wir die Be- zeichnung Neurilemm reservieren. 5. Phylogenese der Gewebe. An der Hand der Ontogenie und der vergleichenden Anatomie kann man sich ein ungefähres Bild der phyletischen Entwicklung der Gewebe machen, das freilich nur die großen Umrißlinien erkennen läßt. Das ursprüngliche Gewebe ist das Epithel, dessen Entstehung bei der Gastraea wir schon früher (S. 75) geschildert haben. Für diese Auffassung spricht die Tatsache, daß in der Ontogenie die Keimblätter als Epithelien auftreten, und daß Epithelzellen alle Funktionen voll- ziehen können, welche wir überhaupt von Geweben kennen. Bei den Cölenteren werden die lebenswichtigen Verrichtungen fast ausschließ- lich von Epithelien besorgt, denn die Stützlamelle der Polypen und das Gallertgewebe der Medusen dienen nur als Füllmasse. Die Epi- thelien geben in diesem Tiertypus dem Körper seine Gestalt, schützen ihn durch äußere Cuticularbildungen und durch innere Nesselzellen, sezernieren, nehmen Reize auf und geben sie an die Nachbarzellen weiter, erzeugen kontraktile Fibrillen und machen dadurch den Körper beweglich, resorbieren die Nahrung, vermitteln die Atmung und erzeugen die Geschlechtszellen. Alle übrigen Gewebe der Tiere leiten sich von den Epithelien des Ektoderms und des Entoderms durch denselben Prozeß ab, nämlich durch Einwanderung einzelner Zellen in den Binnen- raum, welcher sich als Furchungshöhle zwischen den Epithelien aus- breitet. So entstand bei der Gastraea ein Füllgewebe, wie es noch jetzt als Mesenchym bei den Embryonen fast aller Tierklassen auftritt. Wenn das Mesoderm als epitheliale Falte angelegt wird, so ist dies als ein sekundärer höherer Zustand zu beurteilen, nämlich als Einwanderung eines Zellkomplexes. Die einwandernden Zellen entstammen in erster Linie dem Ektoderm oder dem Uebergangsgewebe zum Entoderm, aber nicht dem schon spezialisierten Entoderm. Die embryonalen Zellen sind häufig amöboid, daher kehrt der amöboide Zustand in der Ontogenie so vieler Gewebe wieder. Der auswachsende Neuroblast hat eine amöboide Endkeule (10%, d), die jugendlichen Bindegewebs- und die Pigmentzellen sind amöboid beweglich und die Leukocyten bleiben dauernd so. Es er- klärt sich hieraus, daß alle nichtepithelialen Gewebe die Neigung haben, Zellen mit vielen Ausläufern oder auch retikuläre Vereinigungen zu bilden: Gliazellen (106), retikuläres - Bindegewebe (73, 74), Ganglien- zellen (103), Knorpelzellen der Tintenfische (85), Pigmentzellen (79), Knochenzellen (88). Dieser primäre amöboide Zustand macht uns auch die Entstehung des Nervengewebes verständlich: eine Sinneszelle der Haut sendet Ausläufer in die Tiefe und heftet sie an Drüsen, Muskeln oder andere Zellen an, um die aufgenommenen Reize auf sie zu über- tragen. Diese Fähigkeit, Ausläufer zu bilden, kommt in fast allen Phylogenie der Gewebe. 129 Epithelien zum Ausdruck in den Protoplasmafäden, durch welche die Zellen untereinander in Verbindung treten. Es ist schon 8. 125 ge- schildert worden, wie die in die Tiefe gewanderte Sinneszelle sich im Laufe der Phylogenie bis zur höchsten Stufe der multipolaren Ganglien- zelle entwickelte. Die Ableitung des Muskelgewebes macht prinzipiell keine Schwierigkeiten, wenn wir von den Epithelmuskelzellen der Cölenteren bzw. der Gasträaden ausgehen und annehmen, daß solche Zellen mit der Fähigkeit der Bildung kontraktiler Fibrillen in die Tiefe wanderten und sich zu Bündeln anordneten. Die einzeln nach innen wandernden mesenchymatischen Muskelzellen sind daher als die nächste Stufe anzusehen und werden dementsprechend bei vielen niederen Tieren (Otenophoren, Plathelminthen, Mollusken) angetroffen. Später hat sich der höchste Zustand der epithelogenen Muskeln der Ringelwürmer, Arthropoden und Wirbeltiere entwickelt, bei dem viele Zellen als Falte in die Tiefe rücken, und durch den auf engstem Raum die höchste Zahl von kontraktilen Elementen in paralleler Lagerung erreicht wird. Wie schon 8. 114 geschildert wurde, ist in allen drei Fällen die phyletische Differenzierung von der glatten zur quer- gestreiften Muskulatur fortgeschritten, ein schönes Beispiel von Homoiologie. Schwieriger ist es, die Hauptgesichtspunkte der phy- letischen Entwicklung der Bindegewebe zu erkennen, denn diese sind so außerordentlich mannigfaltig, daß man eine Entwicklung nach den verschiedensten Richtungen annehmen muß. Die eingewanderte amö- boide Zelle hat sich in den Leukocyten ziemlich unverändert erhalten, und aus ihnen sind dann bei den Wirbeltieren die roten Blutzellen hervorgegangen. Auch die in der Jugend wohl immer amöboiden Pig- mentzellen stehen den Ausgangsformen noch nahe, da es isolierte Zellen sind, welche überall sich einnisten können. Ihre Farbstoffe sind ur- sprünglich Stoffwechselprodukte, wie noch jetzt bei vielen inneren Pig- menten; später treten sie in der Haut in den Dienst der Farben- anpassung, des Lichtschutzes und der Temperaturregulation. Indem die Mesenchymzellen eine Grundsubstanz um sich herum ausscheiden, werden sie die Erzeuger des Bindegewebes. Die vergleichende Ana- tomie deutet uns an, wie die Phylogenese der Grundsubstanz sich voll- zogen hat, die an sich nichts Neues war, sondern nur die Kitt- und Cuticularsubstanz der Epithelzellen in verstärktem Maße und allseitig wiederholte. Sie war anfangs homogen, später fibrillär differenziert, denn wir treffen kollagene Fibrillen, die durch eine mucinhaltige Kitt- substanz verbunden werden, sowohl im gewöhnlichen Bindegewebe, wie im Knorpel und Knochen an. Die verschiedenen Stützgewebe haben einen verschiedenen Stoffwechsel und erzeugen daher differente Grundsubstanzen: das Schleimgewebe wässrigen Schleim, das leim- gebende Gewebe Kollagen, das elastische Gewebe Elastin, der Knorpel Verbindungen von Chondroitinschwefelsäure, der Knochen Kalksalze. Bei einzelnen Wirbellosen und Wirbeltieren tritt uns in den Leypic- schen Zellen und in dem Uhondroidgewebe (S4) ein neues Prinzip ent- gegen, indem die Stützfunktion nicht durch die Grundsubstanz, sondern durch den Turgor des Zellsaftes erreicht wird. Daraus hat sich dann durch Hinzufügung einer eigenartigen Grundsubstanz der Knorpel herausgebildet, dessen Perichondrium als eine sekundäre Erwerbung zum schnelleren Wachstum anzusehen ist. Der Knochen ist diphy- letisch entstanden aus kalkabscheidenden Bindegewebszellen eigener Art, die bei den Ersatzknochen sich eng an den Knorpel anlegten und Plate, Allgemeine Zoologie 1. 9) 130 IV. Kapitel. diesen allmählich verdrängten, während sie bei den Hautknochen ihren Sitz im Bindegewebe der Haut hatten. Die Schuppen der Fische und die Zähne sind ähnliche Bildungen eigener Art. Es ist zurzeit kaum möglich zu sagen, warum all diese Differen- zierungen eintraten. Wir bewegen uns hier auf dem schwankenden Boden der Hypothesen. Daß die Zellen der Gastraea aus dem epithelialen Verbande heraustraten und in der Furchungshöhle neue Aufgaben übernahmen, mag in ihrer raschen Vermehrung begründet gewesen sein. Je nach ihrer ursprünglichen Funktion, ob sie Sinnes- zellen oder Muskelzellen oder Stützelemente waren, haben sie dann die in ihnen schlummernden Eigenschaften weiter ausgebaut, ohne daß sich die hierbei treibenden Kräfte übersehen ließen. Es ist eine dankbare Aufgabe der Entwicklungsmechanik, hier dem phyletischen Denken neue Richtlinien zu weisen. IV. Kapitel. Promorphologie: Grundformen, Symmetrieverhältnisse und Metamerie, Bezeichnung der Körperregionen. Grundformen. Wie in der Architektur die Gebäude unterschieden werden nach den Bauplänen, welche ihnen zugrunde liegen, so lassen sich auch ge- wisse tierische Grundformen aufstellen, wobei sowohl für die Gesamt- gestalt, wie für die Lagerung der Organe gewisse Gesetzmäßigkeiten zutage treten, welche von großer Bedeutung für eine leichte und ge- naue Beschreibung sind. Nach HaAEckEL werden alle Untersuchungen über die verschiedenen Grundformen und über die Stellung und Gliederung der Organe und der Körperregionen als Promorpho- logie (Grundformenlehre) zusammengefaßt. Solche Bestrebungen dürfen aber nicht übertrieben werden, wie es HAEcKEL getan hat. Es hat keinen Zweck, alle Geschöpfe von der Gestalt einer regulären Doppel- pyramide zusammenzufassen als Isostaura polypleura usw. Dadurch wird eine Nomenklatur geschaffen, welche nur als Balast wirkt und die irrige Vorstellung hervorruft, als ob die große Masse der Tiere sich in ihrer Gestalt mit Kristallformen vergleichen läßt, was nur für einige Protozoen zutrifft. Je einfacher und verständlicher die Termi- nologie ist, um so besser. Wenn man von solchen Gesichtspunkten sich leiten läßt, kommt man mit wenigen Kategorien aus. Es ist dabei zweckmäßig, wie bei der Beschreibung eines Kristalls, auszugehen von den Achsen, Polen und Symmetrieebenen des Tierkörpers und fest- zustellen, wie die in zwei- oder mehrfacher Zahl vorhandenen Organe zu ihnen liegen. Als Symmetrieebene gilt jede Ebene, welche den Körper in zwei spiegelbildliche Hälften zerlegt. Man unterscheidet danach drei Hauptgruppen. 1. Anaxonia, unregelmäßigeTiereohne Hauptachseund ohne Symmetrieebene; hierher die Amöben (1) und die amöboiden Grundformen. 131 Eier mancher Schwämme und Üölenteren. Ferner gehören hierher der merkwürdige Trichoplax adhaerens, welcher als amöboide Zellplatte umherkriecht und als eine modifizierte Medusenlarve gedeutet wird, und die Plasmodien der Orthonectiden. Auch manche Schwämme bilden formlose Klumpen. 2. Homaxonia. Tiere mit vielen gleichen Hauptachsen undSymmetrieebenen. Hierher alle kugelig gebauten Tiere: Radio- larien (112), Heliozoen, Noctiluca u.a. Es sind immer Geschöpfe, welche im Wasser schweben und dabei häufig rotieren, so daß sie nach allen Seiten gleich ausgebildet sein müssen. Solche Schwebeorganismen können nur klein sein, denn wenn sie größer werden, haben sie harte | Fig. 112. Homaxone Symmetrie eines Radiolars (Acanthometra). Ck Zentral- kapsel, » Kerne, P Pseudopodien, St Stacheln, umgeben von basalen Muskelfibrillen, Wk extrakapsulärer Weichkörper. Stützelemente nötig und werden durch sie so schwer, dab sie zu Boden sinken. Auch viele Eier und die Blastulastadien der äqualen Furchung sind homaxon gebaut. 3. Monaxonia, Tiere miteiner Hauptachse, durch welche eine begrenzte Anzahl von Symmetrieebenen gelegt werden kann. Sie können sein, je nach der Zahl der Symmetrieebenen: a) polysymmetrisch: durch die Hauptachse lassen sich beliebig viele Symmetrieebenen legen, da der Körper um sie herum überall gleich ausgebildet ist. So bei einer Gastrula und manchen auf diesem Stadium stehenden Larven, bei Protohydra (ohne Tentakeln), bei manchen Proto- zoen: Opalina, Euglena (3), bei den Vogeleiern. 9* 132 IV. Kapitel. b)radialsymmetrisch (strahligsymmetrisch): mit mehr als zwei Symmetrieebenen, welche in bestimmter Zahl radial, d. h. durch die Haupt- achse und durch die radial gelegenen Hauptorgane oder auch interradial durch die Hauptachse und die Winkel zwischen den Hauptorganen gelegt werden können. So bei den Cölenteren 4 Ebenen bzw. n x 4 (115) oder 6 bzw. nX 6; bei den Echinodermen 5 bzw. nxX5 (114). Durch diese Symmetrieebenen zerfällt der Körper in ebenso viele nebeneinander gelegene „Parameren“ oder homotypische „Strahlstücke“ mit den gleichen Organen (Cyclomerie). Jedes Paramer, z. B. ein Seesternarm Mundarm Sinneskörper Ale on Ringkanal Wr ZN Radial- , kanäle TheKr Tentakel Fig. 113. Radiale vierstrahlige Symmetrie einer Qualle (Aurelia) nach KÜKENTHAL. zerfällt in zwei spiegelbildliche „Antimeren“ (Gegenstücke). Für die radiale Symmetrie ist weniger die Zahl der Symmetrieebenen als die Tatsache charakteristisch, daß alle gleichen Organe sich symmetrisch um eine Hauptachse gruppieren. Diese Anordnung ist das Wesentliche bei dem „strahligen“ Bau. Alle „Radiaten“ sind axosymmetrisch. Die Parameren liegen zwischen 2 Interradien, die Antimeren zu beiden Seiten eines Radius. In letzteren lassen sich zuweilen noch eine An- zahl Adradien unterscheiden, z. B. um in 113 die Lage der vielen Tentakeln genauer anzugeben. c) Biradialsymmetrisch (zweistrahlig symmetrisch, disymme- trisch): durch die Hauptachse lassen sich zwei Symmetrieebenen legen. So bei den Ctenophoren (115), vielen Actinien (116) und Steinkorallen. Diejenige durch die Längsachse der Mundöffnung heißt die Sagittal- oder Medianebene: senkrecht darauf steht die Transversalebene. Symmetrie. 133 Die biradiale Symmetrie ist eine Abart der radialen, aus der sie durch ungleiche Entwicklung der beiden Hauptebenen entstanden ist. Den Anstoß hierzu scheint die Mundöffnung gegeben zu haben, welche bei schlitzartiger Form leichter geschlossen gehalten werden konnte als bei runder, und eher imstande war, große Objekte zu verschlingen. Die radiale und biradiale Symmetrie findet sich überwiegend bei festgewachsenen Tieren (Cölenteren) oder solchen, welche von sessilen . Fig. 114. Radiale fünfstrahlige Symmetrie eines Seesterns (Pentaceros). Das Tier ist von unten gesehen. IV die 5 Symmetrieebenen. Orig. Vorfahren (Echinodermen) abstammen. Die Hauptachse verbindet das angeheftete und das freie Körperende, ist also heteropol, und um sie herum liegen die gleichen Organe, von denen immer mehr als zwei vor- handen sind, in symmetrischer Anordnung. Die Gleichheit derselben Organe (Fühler, Augen u. a.) in den Antimeren erklärt sich daraus, daß sie alle unter denselben biologischen Bedingungen leben. Sowohl die Stammformen der Cölenteren, die Polypen, wie auch die ältesten Echinodermen (Pelmatozoen, Crinoiden) waren sessil. d) bilateralsymmetrisch (zweiseitig symmetrisch): durch die Hauptachse läßt sich nur eine Symmetrieebene (Median- oder Sagittal- ebene) legen, durch welche der Körper in eine linke und eine rechte Hälfte (Antimeren) zerfällt. Die gleichen Organe gruppieren sich also nicht wie bei der radiären Symmetrie um eine Achse, sondern sie liegen beiderseits einer Ebene; sie sind planosymmetrisch. Indem sich das Tier stets mit demselben, dem vorderen Körperpol voran bewegt, er- gibt sich an den Enden der Hauptachse der Gegensatz zwischen Kopf und Schwanz, und indem stets dieselbe Seite, nämlich die schwerste, beim Kriechen dem Boden zugekehrt wird, entsteht der Gegensatz zwischen Bauch und Rücken (117). Wie die Sessilität zur radialen Symmetrie 134 IV. Kapitel. geführt hat, so die Bewegung am Boden zur bilateralen. Schnitte senkrecht zur Mediane und vom Rücken zum Bauch liegen in einer Transversalebene. Hierher gehört die große Mehrzahl aller Tiere, deren einzelne Organe zuweilen wieder eine Gliederung in zwei sym- metrische Hälften erkennen lassen: so sind die Falten des Darms Fig. 115. Fig. 116. Fig. 115. Schema einer Ctenophore, vom aboralen Pole gesehen, um die zwei- strahlige Symmetrie zu zeigen. b—b Transversalebene, c—c Sagittalebene. In dieser liegt die schlitzartige, nicht eingezeichnete Mundöffnung. Nach HEIDER. . Fig. 116. Zweistrahlige Symmetrie einer Actinie mit einer Transversal- und einer Sagittalebene (S-S). Aus HERTWIG. nicht selten symmetrisch rechts und links angeordnet, der Augenbecher mancher Wirbeltiere zeigt eine Zusammensetzung aus einer vorderen und einer hinteren Hälfte (118). Alle bilateral symmetrischen Tiere werden als Bilaterien zusammengefaßt. Wir leiten sie ab im Sinne Fig. 117. Bilaterale Symmetrie einer Nacktschnecke, Arion empirieorum, mit Kopf, Schwanz, Rücken, Bauch, linker und rechter Seite. Orig. der LanGschen Theorie von ctenophorenartigen Vorfahren, die zum Boden herabsanken und zu Polycladen wurden. Hierfür spricht nament- lich die eigentümliche Gruppe der Platycteniden ((tenoplana, Coelo- plana, Tjalfiella), welche wegen des biradialen Körpers, zweier Tentakel, eines aboralen Sinnesorgans, einer ventralen Mundöffnung und des Hermaphroditismus noch zu den Ctenophoren gerechnet wird, aber zu- gleich zeigt, wie von ähnlichen Formen die Polycladen hervorgegangen sein mögen. (tenoplana Kowalevskii der indischen Meere ist eine einige Millimeter lange, ovalrundliche Scheibe, welche wie ein Polyclad auf Entstehung der Bilaterien. 135 der Bauchseite kriecht. Mit 8 kurzen Reihen von aboralen Ruder- plättchen vermag sie auch zu schwimmen, wobei der Rand der Scheibe ventralwärts übergeschlagen wird, so daß eine napfförmige Gestalt ent- steht. Coeloplana Metschnikowi bewegt sich nur kriechend, da die Ruder- plättchen fehlen. Tyalfiella tristoma sitzt bei Grönland auf Umbellula: die Fußfläche mit der zentralen Mundöffnung bildet aber eine Rinne, welche bei den beiden Tentakelpolen sich zu je einer schornsteinartigen Röhre auszieht, durch welche die Nahrung zugeleitet wird. Der Darm besitzt außer den 8 in 2 Reihen angeordneten Gonadendivertikeln 4 ver- ästelte Seitenzweige Die Ruderplättchen finden sich noch bei den cydippeähnlichen Jugendformen, welche lebendig geboren werden. Durch die flache „biradiale“ Gestalt, allgemeine Bewimperung, zentrale Mund- öffnung, Darmverästelung und zwitterige Gonaden leiten die Platy- cteniden zweifellos zu den Polycladen über, deren primitive Formen (376) cd Pe << a - en Pr PRRFITEEATERTENTE Sonn Fig. 118. Aequatorialschnitt durch den Augenbecher eines Kaninchens am 13. Entwicklungstage. » nasal, ? temporal, o oben, « unten. Bei « die fötale Augen- spalte. Der Augenbecher besteht aus 2 symmetrischen Hälften, einer nasalen und einer temporalen. Aus der dicken inneren Schicht wird die Netzhaut, aus der äußeren die Pigmentschicht. Im Innern die Anlage des Glaskörpers. ebenfalls eine zentrale Mundöffnung besitzen. Die Gonaden derselben wären dann durch Abschnürung vom Darm entstanden, während die nach außen von ihnen liegenden Hautgruben zum Ausführgang wurden, was bei Ctenoplana schon eingetreten sein soll. Es müssen danach zu- erst auf jeder Seite 4 Genitalöffnungen vorhanden gewesen sein. Viel- leicht erklärt sich daraus das Vorkommen mehrerer Penes bei manchen Polycladen. Aus den Sinneszellen des aboralen Pols wurde das Gehirn, welches bei den meisten Polycladen fast zentral liegt (376). Die Mes- enchymzellen vermehrten sich und wurden zum Parenchym. Literatur hierzu: WILLEY, Ctenoplana, Qu. Journ. microsc. Se., Vol. 39, 1897, p. 323; Reisewerk, VI, S. 720. — MORTENSEN, Ctenophora, Ingolf-Exped., 5, 1912, S. 3; Tjalfiella, Vid. Medd. Naturh. Foren., Kopenhagen 1910, p. 249. — KEMNA, Tjalfiella, Ann. Soc. zool. Belg., T. 47, 1921, p. 21. — WILHELMI in LAnG, Handb. d. Morph., Bd. 3, 1913, S. 119. 136 IV. Kapitel. Symmetrie und Asymmetrie. Die Ursache der bilateralen Symmetrie des Körpers ist in der Be- wegung auf einer Unterlage zu sehen. Je schneller sich ein Tier be- wegt, desto mehr muß es links und rechts gleich geformt sein, weil jede Asymmetrie ein Drehungsmoment bedingt. Nur langsam beweg- liche Geschöpfe (Schnecken) können sich einen hohen Grad von äußerer Asymmetrie gestatten. Von den inneren Organen müssen alle diejenigen, welche von der Außenwelt stark beeinflußt werden (Sinnesorgane, Drüsen, Muskeln, Nervensystem) symmetrisch ausgebildet sein oder un- paar median liegen, damit sie die Reize von beiden Seiten gleichmäßig aufnehmen können, sonst wäre eine gerade Vor- wärtsbewegung unmöglich. Die von der Außenwelt ziemlich unabhängigen Eingeweide (Darm, Nieren, Geschlechtsorgane etc.) können erheblich asym- metrisch sein. Die innere Asymmetrie wird beson- ders groß, wenn es in Fig. 119. Asymmetrie der inneren Organe der Leibeshöhle an Platz einer Natter, von der Ventralseite, schematisch mangelt: bei den lang- nach WERNER. RL, LL rechte und linke Lunge. gestreckten Schlangen lie- RN, LN rechte und linke Niere. RO, I,O rechtes sen die Nieren und das und linkes Ovar. ; 5 i Ovar.der einen Seite weiter nach vorn als auf der anderen, und nur die rechte Lunge pflegt gut ausgebildet zu sein (119): der weibliche Vogel hat nur einen linken Genitalapparat, weil die Lungensäcke sehr viel Platz beanspruchen, und auch bei den Uyclo- stomen ist die Gonade unpaar. Ebenso sind bei den Plattwürmern die Geschlechtsorgane sehr oft asymmetrisch oder nur auf einer Seite (Cestoden) entwickelt. Dasselbe gilt für die Gastropoden, deren Pallial- komplex bei primitiven Formen (Chiton, Diotocardier) paarig und sym- metrisch ausgebildet ist, während die meisten Schnecken Kieme, Niere, Vorkammer und Gonade nur in Einzahl und asymmetrischer Lage auf- weisen. Die enge Schale von Dentalium hat ebenfalls zur Rückbildung einer Gonade geführt, und dasselbe finden wir bei den langen dünnen Nematoden im männlichen Geschlecht. Der Darm wird bei sehr vielen Tieren so lang, daß er sich hin und her winden muß, und das Gleiche gilt für die Luftröhren mancher Vögel und Landschildkrösen. Die Windungen des Darms verschieben dann wieder andere Eingeweide (Leber, Herz, Blutgefäße etc.), so daß wir in fast allen Tierklassen eine hochgradige Asymmetrie vieler innerer Organe antreffen. Beim Menschen liegt z. B. die Leber hauptsächlich rechts, Herz und Milz links. Die Symmetrie der Körpergestalt der Bilaterien steht also immer in Beziehung zur Lokomotion. Daher gehen die irregulären Seeigel und die Holothurien aus der radialen Symmetrie in die bilaterale über, weil sie sich mit dem einen Körperpol voran bewegen. Aus den gleichen Gründen finden wir zuweilen eine innere Asymmetrie verdeckt durch eine äußere Symmetrie: bei manchen Walen (Hyperoodon rostratus) ist der Schädel asymmetrisch, der äußere Kopf aber nicht; ähnlich verhält Asymmetrie. 137 sich die Körpergestalt mancher Schnecken (Patellen, Nacktschnecken). Umgekehrt entwickeln sich an solchen Bilaterien, die zu einer sessilen Lebensweise übergegangen sind, häufig gewisse Organe in radiärer An- ordnung (Haken des Bandwurmkopfes, Kiemen der Röhrenwürmer). Alle diese Tatsachen lehren, daß in einem Tierkörper nicht wie in einem Kristall eine stereometrische Grundform aus physikalischen Gründen verkörpert ist, sondern daß die Körpergestalt und die Lagerung der Organe eine Funktion der biologischen Beziehungen ist und mit diesen wechseln kann. Daher kann auch dasselbe Tier zu verschiedenen Lebenszeiten ganz andere Symmetrie- verhältnisse zeigen: ein Seeigel ist als Ei homaxon, als schwimmende Larve (332A) bilateral und im erwachsenen Zustande radiär gebaut. Eine Kammuschel (Peeten) ist als Ei homaxon, als Trochophoralarve zeigt sie eine Mischung von bilateraler und radiärer Symmetrie, und bei der fertigen Muschel tritt eine starke Störung der bilateralen Symmetrie ein, weil das Tier fast immer auf der rechten Schale aufliegt. Ebenso zeigen die Nematoden eine merkwürdige Mischung von bilateraler, ra- diärer und gestörter Symmetrie (94 A, 391). Die Asymmetrien der Körpergestalt und der äußeren Organe lassen sich in zwei Gruppen sondern, in die zufälligen, nicht erblichen, soma- tischen, und in die erblichen, phyletischen. Dabei ist festzuhalten an der Tatsache, dab die Bilaterien ursprünglich innerlich und äußerlich symmetrisch gebaut waren, und daß sie daher im allgemeinen als um so primitiver anzusehen sind, je mehr sie diese Symmetrie bewahrt haben. Die somatischen Asymmetrien beruhen darauf, daß die beiden Körperseiten des Embryos und jungen Tieres etwas verschiedenen äußeren und inneren Einflüssen ausgesetzt sind, wozu dann noch Gebrauchs- wirkungen, Regenerationen u. a. kommen können. Der Vererbungs- mechanismus legt zwar zuerst beide Seiten gleich an, aber diese sind doch in ihrem Wachstum voneinander unabhängig, und wenn die Zahl der Zellen immer größer wird, so treten Unterschiede in der Versorgung mit Blutgefäßen und Nerven ein, und die äußeren Faktoren (Druck, Temperatur, Licht) beeinflussen beide Seiten in etwas verschiedener Weise. Je komplizierter die Verhältnisse sind, um so leichter müssen dann Asymmetrien eintreten. Daher finden wir bei stark gefleckten Tieren (Feuersalamander, Giraffe, Panther, weißgescheckte Tiere), bei enggeaderten Insektenflügeln, beim Vorhandensein zahlreicher Dornen, Haare etc. immer Unterschiede zwischen beiden Körperseiten. Die beiden Gesichtshälften des Menschen sind nie ganz gleich, selbst nicht bei der Venus von Milo, und schon Michel Angelo hob hervor. daß jede Statue kalt und unnatürlich wirkt, wenn ihre beiden Hälften mathe- matisch gleich hergestellt werden. Durch Gebrauchswirkungen können diese Unterschiede gesteigert werden (Rechtshändigkeit des Menschen), wobei freilich innere anatomische Verhältnisse als erste Ursache anzu- nehmen sind. Verletzungen von Extremitäten mit darauffolgender Re- generation und zufällige Kreuzungen von verschiedenen Arten führen häufig zu Asymmetrien. Die erblichen. im Laufe der Phylogenie erworbenen Asymmetrien lassen sich meist verstehen als Anpassungen oder als sekundäre Folgen von solchen. Es sei hier auf folgendes aufmerksam gemacht. a) Viele kleine durch Cilien schwimmende Wassertiere: Para- maecium, Rädertiere (331) bewegen sich infolge ihrer asymmetrischen Gestalt in Spiralen, was den Vorteil hat, daß sie bei der Vorwärts- 138 IV. Kapitel. bewegung eine viel größere Wassermasse auf Nahrung absuchen und außerdem schwerer anzugreifen sind. b) Bodentiere liegen häufig auf einer bestimmten Körperseite, wodurch hochgradige äußere und innere Asymmetrien hervorgerufen werden. Hierher viele Muscheln (Peeten, Anomia, Ostraea, Ohama, Rudisten [326]), die Pleuronectiden, wahrscheinlich auch der Amphr- orus. Bei den Peeten-Arten läßt sich die Entstehung der Asymmetrie gut verfolgen. Sie liegen fast stets auf der rechten Schale, aber bei den meisten Arten (opercularis, varius) ist diese noch nicht vertieft, besitzt aber einen Ausschnitt für den Byssus; durch die rechtsseitige Lage wurde die Fußmuskulatur asymmetrisch und die linke Statocyste und Cerebralhälfte (445) vergrößert. Die übrigen Arten (jacobaeus, mazximus) liegen frei ohne Byssus auf der vertieften rechten Schale, während die linke als flacher Deckel dient. Nur bei dem riesigen P. tenwicostatus soll nach Drsw die rechte Schale, auf der das Tier liegt, flach und die linke vertieft sein. Beim Amphioxus ist der Zusammenhang der vielen Asymmetrien des Körpers mit der Seitenlage unsicher, weil nicht eine bestimmte Seite bevorzugt wird. Die Arten der Plattfische sind entweder rechtsseitig (Augen und Pigment auf der rechten Seite), oder linksseitig, und sie legen sich stets auf die ungefärbte Seite. Nur Paralichthys ealifornicus ist ebenso oft rechts- wie linksseitig. Aus- nahmen kommen vor: bei der rechtsseitigen Flunder sind 25—30 Proz. linksäugige, während sie bei der Scholle äußerst selten (0,01 Proz.) sind. c) Die Gastropoden haben ihren langen, auf der Vergrößerung der linken Leber beruhenden Eingeweidebruchsack aufgerollt, weil er auf diese Weise bequem getragen werden kann, und die Schale hat sich nach ihm geformt. Ihren langsamen Bewegungen wird diese Asymmetrie nicht hinderlich. Sobald die Formen aber schwimmen oder schneller kriechen, kehren die Tiere in der äußeren Gestalt zu fast vollständiger Symmetrie zurück: Pteropoden, Heteropoden (341) Nudibranchier, nackte Pulmonaten (11%). Indem der aufgerollte Bruch- sack mit der Schale sich vergrößerte, übte er auf den zuerst am hinteren Körperende befindlichen symmetrischen Pallialkomplex einen Druck aus, verschob ihn auf die rechte Seite (44%) und schließlich nach vorn (448), wodurch die eigentümliche Kreuzung der Visceralschlinge des Nervensystems ihre Erklärung findet. Am vorderen Körperpole drängten sich so viele Organe zusammen, daß wohl aus Platzmangel die rechtsseitigen Organe (Kieme, Niere, Vorkammer des Herzens und Gonade) sich rückbildeten (449. So sind die Schnecken ein schönes Beispiel dafür, daß äußerliche Asymmetrien innere hervorrufen können und umgekehrt. Diese Auffassung der Entstehung der Asymmetrie stützt sich darauf, daß sich bei Chitonen und Schnecken das allmäh- liche Uebergewicht der linken Leber über die rechte ontogenetisch und vergleichend-anatomisch verfolgen läßt und die linke die Auf- rollung des Eingeweidebruchsacks veranlaßt, indem sie diesen zum größten Teil ausfüllt. Die innere Asymmetrie und die Schalenauf- rollung werden gleichzeitig pari passu erklärt. Sie stützt sich weiter darauf, daß bei primitiven Prosobranchieren (Haliotis, Fissurelliden, Trochiden) die linke Leber meist deutlich größer ist als die rechte. Ich halte endlich an ihr fest, weil die von anderen Forschern gebotenen Erklärungsversuche unphysiologisch gedacht sind. Das gilt von der Annahme, daß der Bruchsack vorn hinter dem Kopf entstand (Three, NaAErF), weil dadurch das Kriechen sehr erschwert wurde und auch Asymmetrie. 139 von der GrRoBBENnSchen Hypothese, daß die hinten gelegene Mantelhöhle sich nach rechts verschob, um sich mehr vertiefen zu können, denn das konnte sie gerade an der Seite des Körpers nicht, wohl aber ganz hinten oder ganz vorn. Bouran begeht nach meiner Meinung den Irrtum, das Problem durch die offenbar cänogenetischen Stadien der Larven zu erklären. Diese sind zuerst symmetrisch mit hinterem After, ventralen Fuß und dorsaler Schale (Mantel). Indem diese größer wird und die ganze hintere Körperhälfte umgreift, schiebt sie den After mit dem Pallialkomplex an den Fuß hinan, wodurch letzterer in seiner Entfaltung gehemmt wird. Um ihm wieder Platz zu machen, dreht sich der Pallialkomplex von der Bauch- zur Rückenseite. Diese merk- würdigen Veränderungen der schwimmenden Larve müssen cänogenetisch sein, denn der sehr früh auftretende Fuß beweist im Zusammenhang mit allen anderen Tatsachen, daß die Mollusken von Bodentieren (Turbellarien) abstammen. Bei einem solchen aber ist jene Hemmung des I Fig. 120. Köpfe von Termiten mit stark asymmetrischen Kiefern, vergrößert. Von links nach rechts: Capritermes talpa (Soldat), Termes speciosus (Soldat), Taphro- deres distortus 3, Listroseelis ferruginea S. Nach EBNER. Fußes und ein Herumwachsen eines ventralen Hautstreifens zum Rücken hinauf undenkbar, ebensowenig wie bei einem Säuger der Nabel zum Rücken hinaufwandern kann. Außerdem bringt diese Hypothese die innere Asymmetrie nicht in Zusammenhang mit der Schalenaufrollung. Die Asymmetrie der Paguriden erklärt sich daraus, daß der weiche Hinterleib der Bernhardkrebse in einer Schneckenschale ver- borgen wird; sie ist eine erbliche Anpassung, denn sie entsteht auch, wenn den jungen Tieren keine Schneckenschalen zur Verfügung stehen. Die ohne Schale lebenden Zithodes-Krabben und Dirgus latro stammen wohl von Paguriden ab und zeigen daher noch einen asymmetrischen Hinterleib. d) Organe, die von links und rechts ineinandergreifen, sind sehr häufig asymmetrisch: Zähne an den Mandibeln vieler Insekten, Schloß der Muscheln, Schlundzähne der Uyprinodonten. e) Extremitäten und ähnliche Körperanhänge sind in Anpassung an bestimmte Lebensverhältnisse häufig asymmetrisch. Die Mittelkralle der Vögel bildet auf der Innenseite eine vorspringende, zum Putzen des Gefieders dienende Hornlamelle, welche manchmal (227) gezähnelt ist. Die rechte Antenne des Diaptomes-Männchens (Copepod) hat zwei Gelenke, um das Weibchen festzuhalten, während die normale linke zum Rudern dient; der einseitig ausgebildete Hectocotylus der Tinten- 140 IV. Kapitel. fische: die zuweilen enorm verlängerten Mandibeln von Soldaten und Männchen der Termiten (120), mit denen sie die Gegner fortschleudern; der Schnabel des Kreuzschnabels (Loxie), der wie angenommen wird, das Herausschälen der Samen aus den Zapfen der Nadelhölzer erleichert; der Schnabel des neuseeländischen Strandläufers Anarhynchus frontalıs, der in der Mitte um 45° nach rechts abbiegt (Einrichtung zum Um- drehen der Steine?); bei den männlichen Laubheuschrecken wird der Stimmaparat gebildet von einem oberen derben Vorderflügel mit einer Schrillader und einem dünnen unteren. Vorderflügel mit einer Schrill- kante. Besonders interessant ist die Ausbildung ungleicher Scheren (Heterochelie) bei decapoden Krebsen. Diese haben ursprünglich auf beiden Seiten gleiche Scheren, aber bei den verschiedensten Gattungen der Macruren, Anomuren und Brachyuren zeigt sich trotz sehr un- sb.s A B Fig. 121 A. Gelasimus-Landkrabbe mit stark asymmetrischer Schere nach WERNER. B Ursprung der Kopf- und Armarterien des Menschen nach HÄCKER. c.s. Carotis sinistra, daneben die linke Subelavia (sb.s) ; sb.d rechte Subelavia. gleicher Lebensweise die Neigung, die Schere auf der einen Seite auf- fallend zu vergrößern. Die Unterschiede werden am bedeutendsten bei den Landkrabben (Gelasimus 3) (121, A) und bleiben am geringsten bei den Schwimmkrabben. Die Männchen gehen in der Entwicklung dieser Kampfschere voran, und erst auf einer höheren phyletischen Stufe werden beide Geschlechter heterochel (Homarus vulgaris, Nephrops norvegicus). Die kleinere Schere dient zum Tasten und Ergreifen der Beute, die große zur Verteidigung und zum Zertrümmern von Schal- tieren. Callianassa subterranea und Gelasimus verschließen außerdem mit der riesigen Kampfschere das Erdloch, in dem sie sich aufhalten. Bei der Entstehung der Heterochelie werden wahrscheinlich funktionelle Reize und die Einflüsse der Selektion zusammengewirkt haben, denn es war ein Vorteil, wenn dem Tiere zwei verschiedene Greiforgane zur Verfügung standen. Gegen die LamaArcksche Auffassung spricht auch nicht der Umstand, daß bei der Regeneration die große Schere auf die andere Seite überspringt, denn diese Tatsache läßt sich als ein Hilfsmittel deuten, um dem Tier möglichst rasch wieder eine große Schere zu verleihen. Aehnlich verhält es sich mit dem Problem der Rechtshändigkeit des Menschen, bei dem 1-4 Proz. Linkser Asymmetrie. 141 vorkommen. Der rechte bzw. beim Linkser der linke Arm ist ungefähr 1 cm länger als der der Gegenseite und hat eine stärkere Muskulatur. Unwahrscheinlich ist, daß bei den Rechtsern das linke Bein um ca. 1 cm länger ist als der rechte, denn es ist Tatsache, daß Rechtshändige das rechte Bein, Linkshändige das linke Bein bevorzugen. Der vorwiegende Gebrauch der rechten Hand muß eine anatomische Ursache haben, die wohl nur darin gesehen werden kann, daß infolge der nach links verschobenen Lage des Herzens der Aortenbogen sich nach links wendet und daher die rechte Armarterie zuerst entspringt (121, B), also den größten Blutdruck empfängt, während die linke erst an vierter Stelle abgeht. Infolge der linksseitigen Herzlage schlafen die meisten Menschen auf der rechten Seite, was ebenfalls zu einer stärkeren Blutfülle der rechten Subclavia führen muß, weil diese tiefer liegt als die linke. Die stärkere Benutzung der rechten Hand hatte eine Verbesserung der histologischen Elemente der linken Gehirnhälfte zur Folge. Gaupp führt die Rechtshändigkeit zurück auf ein Uebergewicht der linken Hemi- sphäre des Großhirns an Blutgefäßen u. a., weshalb hier allein das Sprachzentrum sich entwickelte. Aber es liegt näher, dieses nicht sicher nachweisbare Uebergewicht als sekundäre Folge der Rechts- händigkeit anzusehen. Diese Eigenschaft ist, wie auch die Links- händigkeit, im Laufe der Zeit erblich geworden. Daß die Linkshändig- keit sehr oft mit normaler Herzlage kombiniert ist, erklärt sich daraus, daß der Erbfaktor für letzere viel häufiger ist als der für die Verkehrt- lage, und alle diese Faktoren voneinander unabhängig sind. Beim Links- händer werden diese nervösen Reize hauptsächlich der rechten Gehirn- hälfte zugeführt und kommen nicht dem Sprachzentrum zugute, daher Linkshänder nicht selten an Sprachstörungen leiden. Gegen die hier vertretene Auffassung wird angeführt, daß Orang und Gibbon aus- gesprochene Rechtshänder, Gorilla und Schimpanse Linkshänder sein sollen, obwohl die Anordnung der Blutgefäße am Aortenbogen dieselbe ist wie beim Menschen. Aber da die funktionellen Unterschiede bei diesen Affen sehr gering sind, so scheint sich die Asymmetrie hier erst anzubahnen. Nach GuLpDBErRG sind Asymmetrien der Bewegungs- organe bei Hunden, Kaninchen, Tauben, Schwalben, Meisen usw. weit verbreitet und lassen sich an der Länge, wie am Gewicht der Knochen und Muskeln nachweisen. Sie bedingen die „Zirkularbewegungen“, d.h. die Tiere laufen im Dunkeln oder bei zugedeckten Augen im Kreise umher, was den Vorteil gewährt, daß junge Tiere, die sich verlaufen haben, leicht das Nest oder den Futterplatz wiederfinden. f) Kleine Körperanhänge, welche dicht neben der Mediane sitzen, sind zuweilen asymmetrisch, weil die Beweglichkeit durch sie nicht beeinträchtigt wird. So die Genitalanhänge männlicher Ohrwürmer, 'Schaben u. a., was nicht ausschließt, daß die Asymmetrie bei gewissen Arten in Beziehung zur Greiffunktion steht. g) Ueber Asymmetrie aus Raummangel s. oben S. 136. h) In einigen Fällen ist die Erklärung der Asymmetrie zurzeit zweifel- haft oder unmöglich: linker Stoßzahn des Narvalmännchens, einseitige Hängeohren bei Kaninchen, das Renntiergeweih hat rechts meist eine Sprosse mehr als links; an der Hydromeduse Hybocodon prolifer Ac. ist nur ein riesiger Tentakel mit Medusenknospen entwickelt und die Glocke ist über ihm ausgebuchtet. Auch Velella ist ganz asymmetrisch gebaut. Die Froschlarven haben nur ein linksseitiges Atemloch. Die Schwanzflosse der Wale ist wenigstens bei Embryonen rechts etwas 142 IV. Kapitel größer als links und steht etwas schief. Die dadurch hervorgerufene schiefe Stellung beim Schwimmen soll die Ursache der Asymmetrie des Schädels sein. Einleuchtender ist der Erklärungsversuch von ABEL, welcher darauf hinweist, daß die Asymmetrie bei denjenigen Gattungen am größten ist (Platanista, Mesoplodon, Ziphius, Physeter), deren Nasen- löcher am weitesten nach oben verschoben worden sind. Dabei bilden sich die Nasalia auf beiden Seiten ungleich zurück, und dies hatte eine Asymmetrie der nach hinten verschobenen Kiefer- und Stirnbeine zur Folge. Schädelasymmetrien werden auch bei Pinnipediern, Sirenen und Orang ohne nachweisbare Ursache beobachtet. Bei den Ascariden (391) besitzt das Nervensystem rechts etwa dreimal soviel Kommissuren (30) als links (10). i) Eine besondere Form der Asymmetrie ist die spiralige An- ordnung, die wohl immer als Anpassung auftritt, aber bei Tieren im Gegensatz zu den Pflanzen sehr selten ist. Bei den Kiemen der Röhrenwürmer wird dadurch erreicht, daß bei der Kontraktion die Elemente sich leicht ineinander schieben. Bei Spirorbis hat diese Anordnung den ganzen Körper und die Schale ergriffen, welche je nach der Art rechts oder links gewunden sind. Auf den Eingeweide- sack der Schnecken wurde schon oben hingewiesen. Organ- und Körpergliederung: Histomerie, Ringelung, Pseudometamerie, Strobilation und Metamerie. Eine der häufigsten Erscheinungen der tierischen Organisation ist das Auftreten bestimmter Organe in mehrfacher Zahl (multiple Organbildung),. wobei sie entweder in den Antimeren in nicht genau gleicher Zahl vorhanden sind (Haare, Talg- und Schweißdrüsen der Säuger, Augenflecke der Landturbellarien und Chitonen) oder in den gleichen Körperabschnitten in derselben Zahl und Anordnung sich wiederholen (Uyclomerie der Strahltiere, seriale Anordnung zu beiden Seiten der Längsachse bei den Bilaterien. Als Histomerie be- zeichnet man die Erscheinung, daß dieselben Elemente in einem Ge- webe oder Organ wiederkehren, wie in einem quergestreiften Muskel (S9), in den mehrporigen Geschmacksknospen, in den Zahnreihen der Schneckenradula, in den Schenkelporen der Eidechsen (204, A), in der Schichtung der Chitincuticula (64%), der Molluskenschale u. a. Die Wiederholungen derselben „homodynamen“ Bildungen in der Längsachse kann den Körper in sehr verschiedener Weise beeinflussen, woraus sich folgende Kategorien ergeben: 1. Bei der äußeren Gliederung oder Ringelung zerfällt die Haut in Ringe, indem dünne Gelenkhäute zur Erhöhung der Be- weglichkeit zwischen festere Partien eingeschaltet sind. So bei den Rotiferiden unter den Rädertieren, deren Ringe fernrohrartig inein- andergeschoben werden können; bei den Fühlern und Beinen der Gliedertiere; bei den Blutegeln zerfällt jedes Metamer in 5 Hautringe. Die innere Organisation wird durch diese Ringelung nicht beeinflußt. Die in einer Seitenachse des Körpers in einem Organ (Fühler, Bein) aufeinanderfolgenden Stücke werden als Epimere oder homonyme Teile bezeichnet. ®. Bei der Pseudometamerie wiederholen sich umgekehrt manche innere Organe, zuweilen auch äußere Anhänge, während eine Pseudometamerie, Metamerie. 143 äußere Gliederung des Körpers fehlt. So sehen wir bei den tricladen Turbellarien (122) die Darmdivertikel, Geschlechtsorgane und Nerven- kommissuren regelmäßig aufeinander folgen, besonders deutlich bei Gunda segmentata. In ähnlicher Weise wiederholen sich unter den Cestoden bei der mit Ausnahme des Kopf- endes noch nicht gegliederten Gattung Ligula die Geschlechtsorgane, bei den Nemertinen, Blutegeln und Neomenien die Darmtaschen und die Gonaden. Ebenso ist der Schwanz der Appendicularien nur scheinbar metamer, indem die Muskelplatte jederseits aus 10 einfachen oder 10 Doppel- zellen gebildet wird (13). Bei den Pa- tellen und Chitonen (123) sitzen die Kie- men in der Mantelrinne in einer Reihe hintereinander. Als pseudometamer sind vielleicht die Echiuroiden zu beurteilen. Ihr Cölom ist einheitlich, wird aber bei Bonel- ka & durch ziemlich regelmäßig auf- einanderfolgende Dorsoventralmuskeln in Taschen gegliedert. Die Gonade ist un- paar. Die Nephridien sind als 1—3 Paare vorhanden, bei japanischen Thalassemen aber in großer Zahl. Der Bauchstrang ist ungegliedert, aber die Seitennerven folgen in regelmäßigen Abständen. Eine Segmentierung der Haut fehlt, aber die Drüsenpapillen sind zu Ringen angeordnet. Merkwürdigerweise hat die Kchiurus- Larve jederseits 15 Cölomsäcke, woraus Fig. 122. Schema einer Süßwassertriclade nach BÖHMIG zur Darstellung der Pseudometa- merie. au Auge, com Commissur, d‘, d“ Darm- äste, do Dottersack, ex Exkretionskanal, erp Ex- kretionsporus, gl Gehirn, gp Genitalporus, /» Seiten- nerv, m Mund, x/» ventrale Längsnerven, od Ovi- dukt, od‘ unpaarer Ovidukt, ov Ovar, p Penis, ph Pharynx, pht Pharynxtasche, te Hoden, ut Uterus, «td Uterusgang, vd Vas deferens. man geschlossen hat, daß die Echiuren aus Anneliden durch Rückbil- dung der Metamerie hervorgegangen sind. Eine sichere Entscheidung ist gegenwärtig noch nicht möglich. 3. Bei der Metamerie oder Segmentierung finden wir stets eine äußere Gliederung und eine ihr entsprechende Wiederholung der inneren Organe. Die letztere kann in sehr verschiedenem Maße durch- geführt sein. Danach unterscheiden wir drei verschiedene Stufen einer phyletischen Reihe. a) Bei der unvollkommenen Metamerie ist nur ein Teil der Organe segmental angeordnet, und zwar sind es besonders die peri- pheren Elemente der Haut, der Muskulatur, der Blutgefäße und der 144 IV. Kapitel. Skeletteile. Die Chitonen bilden zuerst eine embryonale unpaare Schale, welche später in 8 Stücke zerfällt, was den Vorteil gewährt, daß die Tiere sich zusammenrollen können, wenn die Brandung sie von der ad Fig. 123. Metamerie eines hochdifferenzierten Chiton, Acanthopleura echinata nach PLATE. Der Fuß ist links durchschnitten und nach rechts (d) hinübergeschlagen. a vorn, p hinten, s links. Z/ Gonade, 2 zuführendes Kiemengefäß, 3 Nervenkanal, 4 abführendes Kiemengefäß, 5 Kiemen, 6 Geschlechtsöffnung, 7 Ovidukt, 8 und 77 Renopericardialöffnung, 9 Nierenöffnung, 7/0 Atrium, 7/ Ventrikel, 72 After, 13 Re- nopericardialgang, 7/ Ureter, 15 hinterer Fußnierenschlauch, 76 Sinus der Fußsohle, 18 Fuß, 19 vorderer Fußnierenschlauch, 20 Sinus des Fußes, 27 Canalis neuropedalis, 22 Sinus der Fußsohle, 23 vordere Niere. Unterlage abgerissen hat. Hand in Hand mit dieser Dorsalsegmen- tierung haben sich die Muskeln, die Seitenäste der Nieren und der Aorta und bei manchen Arten auch die Atrioventrikularöffnungen metamer entwickelt (123). Die Gliederung der Arme der Seesterne und Schlangen- sterne bietet weitere Beispiele. rn Metamerie. 145 b) Bei der homonomen Metamerie sind die aufeinanderfol- genden Stücke im wesentlichen gleichgebaut, unterscheiden sich aber von dem vordersten, dem Kopf, welcher durch den Besitz von Sinnes- organen, Gehirn, Mund und durch das Fehlen von Geschlechtsorganen ausgezeichnet ist. Die Bandwurmkette (124) und die Anneliden (126) sind bekannte Beispiele dieser charakteristischen Körpergliederung. Bei den letzteren kommen schon häufig Unterschiede zwischen verschie- denen Körperregionen vor, indem manchmal Geschlechtsorgane nur in gewissen Segmenten ausgebildet werden, oder die Parapodien, Borsten, Kiemen und andere Organe regionale Unterschiede erkennen lassen. So leitet diese Form der Segmentierung ganz allmählich über zur c) heteronomen Metamerie der Arthropoden und Wirbeltiere, bei denen die Segmente verschiedene Aufgaben übernommen und sich zu größeren Abschnitten vereinigt haben (Kopf, Brust und Hinterleib der Gliederfüßler bzw. Kopf, Hals, Rumpf und Schwanz der Wirbel- tiere). Diese Arbeitsteilung hat mannigfache weitere Folgen. Häufig verschmelzen die gleichen Segmente zu höheren Einheiten: so ver- einigen sich die Kopfsegmente der Arthropoden zu einer ungegliederten Kapsel, damit die Mundwerkzeuge eine um so festere Grundlage haben; Kopf und Brust können bei Krebsen (410) und Spinnen (403 G) zu einem Cephalothorax verschmelzen; benachbarte Bauchmarkganglien rücken nicht selten dicht zusammen (403 E). Eine weitere Erscheinung ist, daß die Gonaden (mit Ausnahme des Amphiorus) und die Nieren bei den Arthro- poden und Wirbeltieren nur in einem Paar vorhanden sind, desgleichen die Nieren der Tracheaten nur in einer linken und rechten Gruppe von Röhren. Endlich bei den Wirbeltieren ist die äußere Metamerie nur an den Schuppen der Fische (192) und Reptilien zu erkennen, ist aber innerlich deutlich ausgeprägt in den Muskeln, Wirbeln, Rippen und Rückenmarksnerven des Rumpfes, während sie am Kopf so schwer zu entziffern ist, daß die Meinungen hierüber vielfach auseinandergehen. Indem auf diese Weise die äußere Segmentierung verloren geht, ent- steht eine weitgehende Aehnlichkeit mit der Pseudometamerie. Die im Vorstehenden geschilderte seriale Gliederung der Tiere ist so verschiedenartig, daß sie je nach ihrer Ausbildung verschiedene Vorteile gewährt. Die äußere Gliederung erhöht die Beweglichkeit des Körpers bzw. des Organs. Die Pseudometamerie bedingt eine größere Fruchtbarkeit durch Vermehrung der Geschlechtsorgane. Ist gleichzeitig wie bei vielen Würmern eine starke Regenerationskraft vorhanden, so kann der Körper in mehrere Stücke zerfallen und sich auf diese Weise ungeschlechtlich vermehren. Zerreißungen und Ver- letzungen werden leichter ertragen, da alle lebenswichtigen Organe in mehrfacher Zahl vorhanden sind. Endlich bedeutet die Vergrößerung des Körpers durch Vervielfältigung der inneren Organe in vielen Fällen einen Vorteil im Kampf ums Dasein. In der Metamerie summieren sich die Vorteile der äußeren und der inneren Gliederung, und es ist daher begreiflich, daß die höchststehenden Tierkreise, die Gliedertiere und die Wirbeltiere, metamer gebaut sind. Die äußere Segmentierung ist ein unumgängliches Erfordernis, sobald die Haut eines lebhaft be- weglichen Tieres zugleich Träger des Skeletts ist, daher haben die Schnelläufer unter den Echinodermen, die Schlangensterne, auch die deutlichste Armgliederung. Sobald das Skelett in das Innere des Kör- pers verlegt wird, kann die äußere Segmentierung entbehrt werden und verschwindet deshalb mehr oder weniger. Sie geht ganz verloren bei Plate, Allgemeine Zoologie I. 10 146 IV. Kapitel. sessilen Parasiten (Lernaea, Sacculina), bei den dünnhäutigen Spinnen und bei den Muschelkrebsen (Ostracoda) wegen der zweiklappigen Schale. Die phyletische Entstehung der serialen Gliederung ist nach dem Gesagten als eine Anpassung zu beurteilen. Bei der gewöhnlichen Ringelung wurde durch sie die Beweglichkeit erhöht, bei der Pseudo- metamerie die Fruchtbarkeit, und bei der Metamerie vereinigen sich diese beiden Vorteile. Die äußere Gliederung kann am leichtesten ver- standen werden im lamarckistischen Sinne als Folge bestimmter Be- wegungen. Die Wiederholung innerer Organe fällt in das große Ka- pitel der Teilungserscheinungen, die wir überall an den Mitochondrien, Kernen, Centriolen, Muskel- und Nervenfibrillen, Zellen und Organ- anlagen als Folge des Wachstums beobachten. Gerade bei den Platt- würmern findet diese Wiederholung der inneren Organe in ausgedehn- testem Maße statt, wenngleich sie hier noch vielfach ungeordnet liegen. Fig. 124. Fig. 124. Schema der Strobilation eines Cestoden und Fig. 125. eines Seypbopolypen. Die Wachstumszone ist punktiert. Beim Po- Iypen hat sich das älteste Glied als Ephyra (Jugendstadıum der en abgelöst. Die Zahlen deuten an, in welcher Reihenfolge die Glieder entstanden sind. Orig. Bei den Turbellarien kann sie sogar ins Exzessive gehen und z. B. zahl- reiche Schlundköpfe hervorrufen. Durch den Einfluß der Körper- bewegungen ging aus der Pseudometamerie der Turbellarien die Seg- mentierung der Anneliden hervor, aus der sich später diejenige der Arthropoden entwickelte. Bei den Wirbeltieren scheint sie unabhängig von den Arthropoden entstanden zu sein. Die äußere Gliederung der Cestoden muß einen andern Ursprung gehabt haben, da die Lokomotion bei diesen Parasiten keine Rolle spielt. Sie ist aufzufassen als eine Anpassung zum Abwerfen der Proglottiden und damit der Eier. Dieser verschiedene phyletische Ursprung der Metamerie der Bandwürmer und der Ringelwürmer spricht sich auch in der Ontogenie aus. Bei ersteren wird sie gebildet durch „Strobilation“, d.h. die Wachstumszone befindet sich in fester, unveränderlicher Lage am Kopf (Scolex) und bildet hier nach hinten zu ein Glied nach dem andern, so daß das älteste und größte am weitesten vom Kopf entfernt ist (124). Wir wollen Metamerie. 14% diesen Prozeß als eine proximale Segmentierung bezeichnen. Dieselbe Erscheinung findet sich bei der Strobilation des Scyphistoma- Polypen, nur daß hier die Glieder nach vorn zu rücken (125). Bei den Ringelwürmern (126), Arthropoden und Wirbeltieren treten zuerst un- gegliederte Mesodermstreifen auf, die dann von vorn nach hinten in die hohlen „Ursegmente* (Somiten) zerfallen, so daß also die ältesten und größten Segmente vorn, die jüngsten und kleinsten hinten sitzen (distale Segmentierung). Nur beim Amphiorus entstehen die Ursegmente als Ausstülpungen des Urdarms, aber ebenfalls von vorn nach hinten. Bei der echten Metamerie rückt also die Bildungszone immer weiter vom Kopf ab nach hinten. Bei der Strobilation werden ferner die ältesten Glieder beständig abgestoßen, und der Vorgang steht im Dienste der Fortpflanzung, während bei der echten Metamerie alle Segmente normalerweise im Zusammenhang bleiben. Diese beiden Wachstumsprozesse sind demnach diphyletisch entstanden, aber sie sind beide aus der Pseudo- metamerie hervorgegangen. Natür- lich hatte die pseudometamere Ur- form noch nicht die Länge einer Bandwurmkette oder eines Ringel- wurms, sondern war ein kurzes Ge- schöpf. Nach Erwerb der Meta- merie entwickelte sich die Onto- genie zur proximalen bzw. distalen Segmentierung, wodurch die Kör- perlänge bedeutend gesteigert wurde. Das führte dann weiter bei be- sonders regenerationsfähigen Arten zur ungeschlechtlichen Vermehrung durch Vielteilung. Fig. 126 C. Fig. 126 A, B. Larven eines primitiven Ringelwurms (Polugordius) nach HATSCHEK. a After, m Mundöffnung, mes Mesodermstreifen, kn Kopfniere, sp Scheitel- platte. © Schema der Metamerie der Haut und des Nervensystems eines Ringel- wurms. Bm. Bauchmark, FI. Fühler, @%. Gehirn, Phar. Pharynx, Schl. Schlundring. Nach einer älteren, von DuGks, GEGENBAUR und HAEcKEL besonders betonten Auffassung, der „Cormentheorie“, soll die Segmentierung aus einer linienförmigen Koloniebildung hervorgegangen sein, da man irrtümlicherweise die Bandwurmkette als einen Tierstock deutete, und weil Turbellarien und manche Ringelwürmer in Stücke zerfallen können, von denen jedes durch Neubildung eines Kopfes zu einem Individuum 10* 148 IV. Kapitel. Bezeichnung der Körperregionen. wird. Diese Form der ungeschlechtlichen Fortpflanzung hat mit der Bildung von Segmenten nichts zu tun, sondern setzt sie, wenigstens bei den Anneliden, schon voraus. Es ist nicht einzusehen, warum ein Individuum, das zu einer serialen Kolonie auswuchs, später wieder zu einem Individuum sich rückbildete. Bezeichnung der Körperregionen. Um die Körperregionen anzugeben, benutzt man häufig Ausdrücke, welche der Umgebung des Tieres entnommen sind, z. B. oben, unten, vorn, hinten, was unbedenklich geschehen kann, wenn über die Stellung des Tieres kein Zweifel besteht. Eindeutiger sind solche Ausdrücke, welche dem Tierkörper selbst entnommen werden und denen durch bestimmte Endigungen oder durch Vor- bzw. Nachsilben eine weitere topographische Bedeutung gegeben wird. So pflegt man mit -al eine Körperregion zu bezeichnen, mit -ad die Richtung nach dieser Region, mit ad- oder sub- die Nähe derselben, mit ab- die Richtung von ihr fort, mit prä- oder pro- und post- die Gegend vor und hinter derselben. So ergeben sich für die Mundregion (os) die Bezeichnung oral, orad, adoral, suboral, aboral, präoral, postoral. Aehnliche Bezeichnungen werden von folgenden Stammwörtern abgeleitet: «abdomen Hinterleib, anus After, apex Scheitelspitze, cauda Schwanz, cervix Hals, eranıum Schädel, dorsum Rücken, frons Stirn, jugulum Kehle, latus Seite, paries Leibeswand, rostrum Kopfspitze, thorax Brust, venter Bauch, vertex Scheitel. Bei paarigen Organen der Bilaterien wird die innere Seite als die mediale, die äußere als die laterale bezeichnet. An Organen oder ihren Teilen, welche zwei Pole besitzen, wird das dem Körper zugekehrte Ende das basale oder proximale, das abgekehrte das distale oder freie genannt. Bei Bilaterien geht die Median- oder Sagittalebene durch die Hauptachse und durch Rücken und Bauch. Die Frontalebene verläuft in der Mitte des Körpers senkrecht zur Medianebene und durch beide Seiten zwischen Rücken und Bauch. Die Transversalebene steht in der Mitte des Körpers senkrecht auf der Medianebene und schneidet Rücken und Bauch. Häufig werden auch die diesen drei Hauptebenen parallelen Ebenen in derselben Weise als sagittal, frontal oder trans- versal bezeichnet, wenn man sie nicht durch ein vorgesetztes para- besonders unterscheiden will. Man hüte sich die Nomenklatur zu weit zu treiben, da sich viele Lageverhältnisse kürzer und deutlicher mit den Ausdrücken des täglichen Lebens schildern lassen: statt orad sagt man z. B. besser mundwärts, statt craniad kopfwärts. Bei den meisten Tieren besteht über die Körperstellung kein Zweifel, und es herrscht keine Unklarheit über die Worte vorn, hinten, oben, unten, seitlich u. dgl. Man sage daher nicht cranial, rostral statt vorn und nicht anal, caudal statt hinten, sondern brauche diese Bezeichnungen nur, wo eine Be- ziehung zu einem cranium, rostrum usw. vorhanden ist. V. Kapitel. Individualität. 149 V. Kapitel. Tierische Individuen, Kolonien und Gesellschaften. Die Lebewelt ist individualisiert. Sie tritt uns im Tier- und Pflanzenreich entgegen in der Gestalt von morphologischen und physio- logischen Einheiten, den Individuen, die sich unter Umständen zu dem festen Verbande eines Tierstocks oder zu dem freien einer Tier- gesellschaft vereinigen. Da die Lebewelt das Produkt einer unendlich langen Entwicklung ist, so gibt es hier, wie auf so vielen anderen Gebieten der Biologie, Uebergänge, welche eine scharfe Begriffs- bestimmung erschweren oder unmöglich machen. Der Begriff des Individuums ist der anorganischen Körperwelt entlehnt. Er bedeutet ein unteilbares Einzelwesen mit besonderer Gestalt und sonstigen Merk- malen, etwa einen Kristall, eine Kugel, ein Haus. Im Gegensatz dazu stehen die nichtindividualisierten formlosen Massen, Luft, Wasser, Erde u. dgl. Im biologischen Sinne wird man unter Individuum ein Lebewesen von bestimmter Gestalt und selbständiger Lebensfähigkeit zu verstehen haben. Die Gestalt ist zwar auf jeder Altersstufe ver- schieden, aber sie ist doch für jede bestimmt. Das physiologische Merkmal der Lebensfähigkeit darf nicht mit der Arterhaltungsfähig- keit verwechselt werden; auch die Arbeitsbiene und der geschlechts- lose Hydroidpolyp sind Individuen, dagegen sind der abgeworfene Hectocotylusarm eines Tintenfisches und ein Bandwurmglied keine Indi- viduen, sondern nur Organe, denn sie gehen bald nach der Ablösung zugrunde. Harckers Auffassung, daß die Zellen eines Metazoons, seine Organe, Anti- und Metameren verschiedene Stufen der Indi- vidualität darstellen, ist unhaltbar. Irrig ist auch die Auffassung, daß alle Formen, die im Laufe mehrerer Generationen sich von einem Ei ableiten, als ein „systematisches Individuum“ (Carus) oder als ein „genealogisches“ (Huxrey) oder als ein „Kettenindividuum“ (NAEGELI) zusammengefaßt werden können. Hier liegt eine Verwechslung mit dem Begriff Zeugungskreis vor. Dagegen hat es Sinn und ist es all- gemein üblich, die Protisten als Individuen erster Ordnung, die Vielzelligen als Individuen zweiter Ordnung oder als „Personen“ (HAEcKEL) anzusehen. Die Schwierigkeiten der Begriffsbestimmung beginnen erst bei der Analyse der Tierstöcke. Wir sprechen von Tierstöcken oder Kolonien (Cormus), wenn mehrere Individuen miteinander fest zu einer höheren Einheit verwachsen sind. Sie können homomorph (manche Hydrozoen Anthozoen [312], Clavelina unter den Ascidien) sein, d. h. aus lauter gleichen Individuen bestehen, oder hetero(poly)Jmorph. Sie werden wohlIndividuen dritter Ordnung genannt, was aber keine glück- liche Bezeichnung ist, denn die verschiedenen Individuen einer Hydroid- polypen-, Bryozoen- oder sonstigen Kolonie heben sich meist so deut- lich ab, daß das Ganze als ein Aggregat von Einzelwesen, nicht als ein Individuum erscheint. Bei den polymorphen Kolonien, deren Indi- viduen durch Arbeitsteilung an ganz verschiedene Funktionen angepaßt 150 V. Kapitel. sind, können einzelne derselben ihre Selbständigkeit in solchem Maße verlieren, daß sie wie Organe erscheinen, und der ganze Stock kann in seinen Bewegungen und sonstigen Lebensäußerungen einen so ein- heitlichen Eindruck machen, daß er wie eine Person aussieht. Berühmt sind in dieser Beziehung die Siphonophoren (127), die wie ein Einzel- wesen im Meer umherschwimmen und deren polypoide oder medusoide Individuen so aufeinander angewiesen sind und mit Ausnahme der Freßpolypen auch keine Nahrung aufnehmen, daß sie mit einem gewissen Rechte als Organe angesehen werden können. Zwischen einer mono- morphen Kolonie, etwa einem Alcyonar (312) und einer polymorphen gibt es alle Uebergänge. Bei dem in 128 abgebildeten Hydroidpolypen Podocor yne carnea, welcher auf Buccinumschalen lebt, sind die ver- schiedenen Individuen so deutlich von- einander gesondert, daß der Charakter einer Kolonie deutlich zutage tritt, aber die an dem Außenrande stehenden Spiral- polypen (sp), welche statt mit einer Mund- öffnung in einen Knopf mit Nesselbatterien enden, und die von dem hornartigen Periderm ganz überzogenen Stachelpolypen (c) sind zu Verteidigungsorganen rück- gebildet, deren Polypennatur nur aus ihrer Entwicklung hervorgeht. Aber selbst in diesen extremen Fällen, bei Siphonophoren und bei Podocoryne, überwiegt der Ein- druck einer Kolonie, so daß es überflüssig ist, von einem Individuum dritter Ord- nung zu sprechen. Etwas anderes wäre es, wenn man die Schwämme als Kolonien ansehen müßte, denn bei ihnen ist eine Unterscheidung einzelner Individuen kaum . möglich. Es liegt aber kein zwingender Fig. 127. Schema einer Grund vor, jedes Osculum als Repräsen- Siphonophore aus Lang. A—H tanten eines Individuums anzusehen, denn die aufeinanderfolgenden Grup- die Entstehung eines Schwamms läßt sich ac 06 eo auf einfaches Wachstum zurückführen, Freßpolyp, p Taster, sb Luft- wobei natürlich auch die Zahl der Os- kammer, sy Schwimmglocken, cula sich vergrößern muß. Bei Schwäm- s’ Stamm, ? Tentakeln. men, die Knospen bilden (Kalkschwämme, Tethya, Lophocaly.x u. a.), heben sich diese sehr scharf vom Körper ab, und daher braucht das gewöhnliche Wachstum der Schwämme nicht als verschleierte Knospung angesehen zu werden. Die alte Haeckersche Auffassung, daß ein Seestern eine Kolonie von 5 Individuen ist, ist so unnatürlich, daß man sie schon längst auf- gegeben hat. Ihr lag die irrige Anschauung zugrunde, daß jedes regenerationsfähige Körperstück ein Individuum ist: es muß vielmehr heißen, daß solche Stücke sich häufig auf Grund ihrer Regenerations- kraft zu einem selbständigen Individuum entwickeln können. Fbenso- Koloniep. 151 wenig läßt sich die Auffassung, daß eine Kolonie ein Individuum dritter Ordnung ist, stützen mit dem Hinweis auf solche Turbellarien hy sp Fig. 128. Der auf Bueceinum-Schalen lebende Hydroidpolyp Podocoryne carneg als ‚Beispiel eines kolonialen Polymorphismus. %ky Freßpolyp, 9 Geschlechtspolyp, welcher Medusen erzeugt, sp Spiralpolyp, e Schutzpolyp auf dem Wurzelgeflecht (r%). BIN RR NEH Fig. 129. Fig. 130. Fig. 129. Schema der Fortpflanzungsverhältnisse bei Sylliden nach MALAQUIN. A Epigamie einer Nereis (das Hinterende mit den Geschlechtsprodukten erhält be- sondere Schwimmborsten und schnürt sich ab), B Syllrs hyalina, © Autolytus cor- nutus mit Durchschnürung ziemlich weit vorn, D Autolytus edwardsi mit Durch- schnürung weiter hinten, E, f Kettenbildung von Aut. varıans.. Fig. 130. Kolonie der Flagellate Oodonoeladium umbellatum. 152 V, Kapitel. und Ringelwürmer, bei denen sich ein Tier in viele Stücke durchschnürt und vorübergehend eine Kette von Individuen darstellt (129). Der baldige Zerfall der Kette zeigt, daß hier eine Form der ungeschlecht- lichen Vermehrung vorliegt. Dasselbe gilt für die Strobilation der Scyphopolypen (125). Tierkolonien kommen nur bei Wassertieren vor, da es sich immer um Planktonfresser handelt. Die meisten von ihnen sind sessil und strudeln ihre Nahrung herbei, nur die Siphono- phoren, Pyrosomen, Sal- pen, gewisse Rädertiere (Conochelus) und man- che Protozoen bilden frei umherschwim- mende Kolonien, wäh- rend manche Bryozoen- NND stöcke umherkriechen. Ww- ers) Der dauernde Zusam- TEE menhang der Glieder . Fig. 131. Eine koloniebildende Vorticelle, Ophry- einer Kolonie erklärt dium eichhorni, nach G. KENT. sich daraus, daß sie alle durch Knospung oder Teilung aus einem Muttertier hervorgehen, und sich nicht vollständig voneinander trennen, z. B. auf einem gemeinsamen Stiel sitzen bleiben (130). Bei manchen Protozoen (131) kommt dazu eine sekundäre Ver- einigung durch eine Gallertmasse (ähnlich auch bei Conochilus, bei dem die ı}t | \/ | ) \ EN IN, lerayh, U n \| \ „. AA: / r} EN ESS ALTENLIE s any RIP % e ER DeeRZ ü N 0 CAR » 3 zR Fig. 132. Volvox globator, Teil einer geschlechtlichen Kolonie mit Eiern (0) und Spermatozoiden (s). Tiere aus Eiern hervorgehen) und bei Vo/vo.r (132) außerdem durch Zell- verbindungsfäden. Die letztere Kolonie ist besonders interessant, weil hier gleichsam schon ein Zellenstaat mit Arbeitsteilung vorliegt, indem ein Teil der Individuen sich in Eier bzw. Spermatozoiden umwandelt. In den Kolonien der Metazoen kann der Zusammenhang der Indivi- duen sehr verschieden ausgebildet sein. Bei den Cölenteren sind alle Individuen durch Gastralkanäle verbunden, so daß die Nahrungsauf- nahme häufig nur von den Freßpolypen besorgt wird (127, 128, hyy); bei den Bryozoen werden sie durch eine gemeinsame Leibeshöhle, bei den Synascidien durch einen Cellulosemantel zusammengehalten. Das Kolonien. 153 Charakteristische einer Kolonie ist der organische Zusammenhang der Individuen und ihre gegenseitige Förderung. Wenn mehrere Flagel- laten dicht zusammensitzen (130), so strudeln sie Wasser und Nahrung in stärkerem Maße herbei, als wenn sie einzeln leben. Je inniger das gegenseitige Abhängigkeitsverhältnis ist, je mehr durch Arbeitsteilung der Polymorphismus der Kolonie sich entwickelt hat und je unselb- ständiger das einzelne Individuum wird, indem es nur eine Aufgabe übernimmt und bezüglich der andern von seinen Genossen abhängt, desto mehr nähert sich die Kolonie wieder einer Person, und die In- dividuen sinken zu Organen herab. Theoretisch ist der Fall denkbar, daß die Entscheidung unmöglich ist, ob eine echte Person oder eine hochgradig polymorphe Kolonie vorliegt. In der zoologischen Praxis ist mir ein solcher Fall noch nicht vorgekommen; es läßt sich immer erkennen, ob eine Person oder eine Kolonie vorliegt. Die Fungien (Pilzkorallen) sind bekanntlich trotz ihrer Größe solitär. Nur bei der Gattung Halomitra treten bei großen Individuen viele Kelche bzw. Mundöffnungen auf, so daß man sie als Kolonien gedeutet hat. Ich sehe darin nur ein mit vielen sekundären Mundöffnungen versehenes Individuum (vgl. Zool. Jahrb. (Syst.), Bd. 14, 1901, Taf. 25). Daher unterscheiden wir nur zwei Individualitätsstufen, die Protistenzelle und das vielzellige Metazoon. Eine Kolonie ist kein Indivi- duum dritter Ordnung, sondern etwas Ueberindividu- elles, eine feste Vereinigung von Individuen, ebenso wie die Tier- gesellschaft ein freier Verband derselben ist. Viel schwieriger ist es, den Begriff des Individuums in der Pflanzenwelt durchzuführen. Ein Baum macht zweifellos den Ein- druck eines Individuums, denn er ist morphologisch und physiologisch eine Einheit. Wird aber eine tausendjährige Eiche durch den Blitz zerstört, so wachsen aus ihrer Wurzel wieder neue Sprosse hervor, und es erscheint zunächst unnatürlich, diese als Teile des alten Baumes an- zusehen. Man pflichtet in diesem Falle unwillkürlich Ar. Braun bei, welcher in jedem Sproß ein Individuum und in dem Baum eine Kolonie sah. Diese Auffassung ist aber unhaltbar, denn sie führt zu paradoxen Konsequenzen. Da eine höhere Pflanze in jedem Jahr frische Zweige und Blätter treibt, ohne ihre Individualität zu verlieren, so haben wir auch in diesem Falle ein durch Blitzschlag verstümmeltes Individuum vor uns. Wer nach Üeylon kommt, pflegt die alte Ruinenstätte von Anuradhapura zu besuchen, wo der heilige Bo-Baum (Fleus religiosa) gezeigt wird, der nach Angabe der buddhistischen Priester über 2000 Jahre alt sein soll (vgl. PLATE, Jena, Zeitschr. Bd. 54, 1916, 8. 36). Es sind aber nur drei dünne Stämme von 30 bzw. 20 cm Durchmesser zu sehen, denen man höchstens ein Alter von 100 Jahren zutraut. Aber vielleicht entspringen sie von einem unterirdischen Wurzelstock, dessen älteste Teile das angegebene hohe Alter haben. Die Wurzelknollen einer Iris wachsen unterirdisch weiter und erzeugen eine Anzahl Sprosse, die selbständige Individuen sind und zusammen den Eindruck einer Kolonie hervorrufen, obwohl sie sich nicht gegenseitig beeinflussen. Da aber alle Sprosse aus demselben Rhizom entspringen, so kann man sie ebensogut zusammen als ein Individuum ansehen. Diese Beispiele zeigen, daß die Individualitätslehre bei den höheren Pflanzen auf sehr große Schwierigkeiten stößt. Trotzdem möchte ich nicht soweit gehen wie Frrrscn, welcher ausruft: Individuen existieren nicht in der Pflanzenwelt, sie sind nur Abstraktionen des menschlichen Geistes. 154 V. Kapitel. Es gibt auch unter den Pflanzen viele echte Individuen, aber in ge- wissen Fällen kann man im Zweifel sein, ob neugebildete ‚Teile als Organe oder als Individuen anzusehen sind. Selbst wenn man im Baum eine Kolonie sieht, so wird dadurch der Begriff des Individuums nicht aufgehoben. Tiergesellschaften: Familien, Herden, Staaten. Wenn mehrere Tiere derselben Art sich auf Grund sozialer In- stinkte zusammenscharen, so bilden sie eine Tiergesellschaft (So- zietät). Sclche freie Verbände von Individuen treten uns in drei ver- schiedenen Formen als Familien, Herden und Staaten entgegen. Zu einer Tiergesellschaft rechne ich nicht die auf dem Geschlechtstrieb beruhende dauernde oder vorübergehende Vereinigung eines Männchens und eines Weibchens. Hingegen liegt ein Uebergang zur Herdenbildung vor, wenn mehrere Männchen oder auch mehrere Weibchen sich mit einem Individuum des andern Geschlechts zusammentun. Zu einer Tiergesellschaft gehören auch nicht die zufälligen Anhäufungen von Individuen derselben Art oder mehrerer Arten, welche man als Assoziationen (DEEGEnER) bezeichnet. Ich rechne auch nicht hier- her die instinktiven Vereinigungen von Individuen verschiedener Arten (Symbiose). Es scheint mir notwendig, die Eheverbände, die An- häufungen und die Symbiosen von den eigentlichen Tiergesellschaften abzutrennen, weil sie nicht auf sozialen Instinkten beruhen und ganz andere Erscheinungen darstellen. Dies gilt namentlich für die Sym- biosen, bei denen zwei oder mehrere Arten von Tieren oder Pflanzen zu ein- oder gegenseitigem Nutzen vergescellschaftet sind, und bei denen die Zahl der Symbionten in der Regel nicht groß ist. Wir gehen hier auf sie nicht näher ein, sondern erwähnen nur die Hauptformen: Para- sitismus, Mutualismus (Hydra viridis mit grünen Algen, Bern- hardkrebs mit Seerosen,, Kommensalismus (Hai und Naucrates), Synoekie (Pinnotheres, Firasfer), Sklavenhaltung bei gewissen Ameisen, Adoption (Singvögel und Kuckuck), Symphilie (Ameisen und Termitengäste, Ameisen und Blattläuse). Aus einer Symbiose hat sich nie eine Tiergesellschaft entwickelt, und auch nicht jene aus dieser. Beide Erscheinungen haben nichts miteinander zu tun. Dagegen ist es nicht unmöglich, daß zufällige Tieranhäufungen unter Umständen soziale Instinkte geweckt und dadurch indirekt zu Tiergesellschaften geführt haben. So ist es bekannt, daß solitäre Bienen, welche massen- weise ihre Nester in Lehmwänden dicht beieinander angelegt haben, sich zuweilen zusammen auf einen Feind stürzen. Solche Assoziationen können auf verschiedenen Ursachen be- ruhen, z. B. auf der Vermehrung, wenn die durch Teilung erzeugten Individuen (Stentor) oder die aus Eiern kriechenden Individuen (Blatt- läuse, Afterraupen) dicht beieinander bleiben. Häufig werden die Eier vom Muttertier in großer Zahl an einer Stelle abgesetzt und die jungen Tiere zerstreuen sich nicht sofort. Nicht selten sammeln sich die In- dividuen einer Art an derselben Lokalität an, weil sie ihnen Schutz oder Nahrung oder Gelegenheit zur Anheftung gewährt oder sie rein mechanisch anlockt. Man kann dann von einer Platzgemeinschaft sprechen (Mückenlarven, Kaulquappen in demselben Tümpel; Cirri- pedien, Austern, Mytilus auf demselben Felsen; Schwämme, Ascidien, Ophiuren u. a. unter demselben Korallenblock: Fledermäuse in einer Tierassoziationen und -gesellschaften. 155 Höhle; Regenwürmer in demselben Komposthaufen; Aastiere; Schmetter- linge und andere Insekten an derselben Lichtquelle). Weiter können solche Tieranhäufungen auch dadurch zustande kommen, daß infolge bestimmter klimatischer Reize gleichzeitig sehr viele Individuen einer Art auftreten und sich an derselben Lokalität ansammeln (Palolowurm). Als letzte Ursache der Tieranhäufungen sind Strömungen zu verzeichnen, die oft große Mengen von Individuen an derselben Stelle des Meeres zusammentreiben. So ist der Hafen von Messina berühmt, weil in ihm die Planktontiere der verschiedensten Arten oft in ungeheuren Mengen sich ansammeln. Wenn Quallen, Velellen und andere Siphonophoren sich zuweilen in großen Mengen vorfinden, so beruht dies wohl immer darauf, daß sie von derselben Oertlichkeit herstammen und von einer Strömung weitergetrieben wurden. Auch der Wind kann unter Um- ständen Insekten massenweise zusammentreiben. Es ist oft schwer zu entscheiden, ob bei solchen Ansammlungen zahlreicher Individuen nicht schon soziale Instinkte mitsprechen. Wenn z. B. zum Ueberwintern sich zahlreiche Feuersalamander in dem Mulm desselben alten Baumes oder eine Anzahl Blindschleichen in demselben Erdloch oder viele Fledermäuse in derselben Höhle zusammenfinden, obwohl sie ebensogut weit voneinander sich verstecken könnten, so spricht dies für das Vorhandensein eines solchen Triebes. Für sessile Meeresbewohner sind solche Assoziationen von großem Vorteil, weil sie die Befruchtung erleichtern, indem die unter denselben Verhältnissen lebenden Tiere gleichzeitig geschlechtsreif werden. Trat nun durch Variabilität ein sozialer Instinkt auf, so mußte er solche Ansamm- lungen begünstigen und im Kampf ums Dasein erhalten bleiben. An gewissen Stellen des Flachwassers liegen die Seeigel oft so dicht bei- sammen, daß sie ganze Beete bilden. während nicht weit davon kein einziges Tier zu sehen ist. Es ist sehr wahrscheinlich, daß dabei nicht nur günstige Ernährungsbedingungen, sondern die Fähigkeit, sich gegen- seitig wahrzunehmen, mitspielen. Die auf sozialen Trieben beruhenden Tiergesellschaften zer- fallen in die Familien, die Herden und die Staaten. Zur Familie gehören die Eltern und die Kinder, sie ist also das Ergebnis der Ver- mehrungsfähigkeit. Bei den Herden ist ein solcher direkter Zusammen- hang mit der Fortpflanzung nicht vorhanden, denn die Tiere einer Herde gehören zu verschiedenen Familien und werden nur durch den Gesellschaftstrieb zusammengehalten. Die Staaten der Tiere sind da- durch ausgezeichnet, daß neben den Geschlechtstieren sterile Individuen, die Arbeiter, vorhanden sind. Die Staaten der Insekten haben sich aus Familien entwickelt, derjenige der Menschen aus einer Herde. Als eine kleine eigentümliche Gruppe der Tiergesellschaften sind dann noch die Fortpflanzungsschwärme mancher Insekten zu erwähnen. Die Familienverbände haben sich aus der Brutpflege ent- wickelt. Die meisten niederen Tiere setzen zahlreiche Eier ab und be- kümmern sich dann nicht weiter um sie. Wird die Zahl der Eier ge- ringer, so sucht die Natur durch eine Brutpflege die betreffende Art im Kampf ums Dasein zu schützen, indem der eine Elter oder beide für die Eier oder Jungtiere sorgen. Die Familien fehlen daher bei den wirbellosen Tieren fast ganz und sind bei den höchststehenden Tieren, den Vögeln und Säugern, am meisten ausgebildet, bei jenen infolge des Nestbaues und des Brütens, bei diesen infolge der Ernährung durch die Muttermilch. Man kann die Familienverbände unterscheiden nach dem 156 V. Kapitel. Verhältnis der Kinder zu ihren Erzeugern. Bei der Mutterfamilie bleibt nur die Mutter mit den Kindern vereinigt, wie bei Gryllolalpa, Forficula, vielen Vögeln und Säugern. Die Vaterfamilie findet sich bei gewissen Fischen und Amphibien, bei denen das Männchen die Brutpflege übernimmt (Gasterosteus, Macropus, Amia calva, Syngnathus, Hippocampus, Rhinoderma, Alytes). Bei den drei letzten Gattungen wird man vielleicht nicht von einer Familie, sondern nur von Brut- pflege sprechen, weil der Vater nur die Eier mit sich herumträgt, sich aber nicht um die Jungtiere kümmert. Der Gegensatz erscheint recht groß, wie er aber in der Natur überbrückt werden kann, zeigen die beiden Frösche Arthroleptis seychellensis und Phyllobates trinitatıs (von der Insel Trinidad), deren Kaulquappen eine Zeitiang an dem Rücken des Vaters kleben bleiben. Weniger auffällig ist der Schritt von der Bewachung der Fischeier in einem Nest zur Fürsorge für die Jung- fische. Bei der Elternfamilie sorgen beide Erzeuger für ihre Nach- kommen, wobei der Vater monogam mit einem Weibchen verbunden sein kann (Löwe, Rebhuhn, viele Singvögel) oder polygam (Guanaco, Robben, Hühnervögel). Es kommt auch vor, daß mehrere Männchen sich um ein Weibchen bemühen (Polyandrie der Sperlinge, Hasen, Füchse). Nicht selten verlassen die Eltern ihre Kinder bald, während diese noch längere Zeit zu einer Kinderfamilie vereinigt bleiben (Jungfische, viele Vögel, junge Hasen). Von einem kommunistischen Familienverbande kann man sprechen, wenn mehrere Männchen und Weibchen durcheinander sich begatten und dann mit den Jungen zu- sammenbleiben (manche Fische, Bison, Wildschweine zur Brunstzeit). Die Fortpflanzungsschwärme mancher Insekten stimmen mit den Familien darin überein, daß sie sich auf sexueller Grundlage aufbauen. Bei Ephemera vulgata und manchen Mücken (Chironomiden) vereinigen sich nur die Männchen zu Hochzeitsschwärmen und locken die Weibchen durch tanzende Bewegungen zu sich heran; daß aber die Männchen solche oft sehr beträchtliche Schwärme überhaupt bilden, setzt einen sozialen Trieb voraus. Von den Tanzfliegen (Empis bo- realis) wird berichtet, daß die Weibchen in der Luft auf und nieder tanzen. Wenn die Männchen hinzu kommen, bringen sie jeder als Hochzeitsgabe ein gefangenes Insekt mit, welches vom Weibchen auf einem Blatt ausgesogen wird, während das Männchen die Begattung vollzieht. Mischschwärme von beiden Geschlechtern finden wir bei den Ameisen und bei der Honigbiene in der Form, daß sich viele Männchen um eine Königin beim Hochzeitsfluge sammeln. In einem negativen Zusammenhang mit der Fortpflanzung stehen die „Männer- bünde“ einiger polygamer Säuger, deren abgewiesene Männchen sich bei Phoca groenlandica, Yak, Gemse, Hirsch, Wildschwein u. a. zu kleinen Herden vorübergehend vereinigen. Eine Vereinigung zu Herden, also ohne Beziehung zur Fort- pflanzung bloß auf Grund sozialer Empfindungen, findet sich nur bei den höchsten Tierkreisen, den Arthropoden und Wirbeltieren. Es läßt sich aber sehr schwer nachweisen, wie weit derartige Gefühle in der Tierskala nach unten reichen, und die Möglichkeit besteht, daß auch bei manchen in Scharen zusammenlebenden Seeigeln, Seerosen. Röhren- würmern, Ascidien u. a. nicht allein die Gunst der Lokalität, sondern auch ein Geselligkeitstrieb mitspricht. Riffkorallen wachsen sehr oft schalenartig übereinander, indem eine abgestorbene von einer lebenden derselben Art überzogen wird, als ob die sich festsetzenden Larven das Tiergesellschaften. 157 Gefühl der Zugehörigkeit zu der Unterlage hätten. Der Vorteil solcher Herdeninstinkte ist in vielen Fällen leicht zu erkennen. In erster Linie gewährt das Zusammenleben vieler Individuen Schutz gegen Feinde, deren Herannahen auch leichter von vielen Augen bemerkt wird. Natür- lich können sich nur solche Tiere diesen Vorteil erlauben, denen ge- nügende Nahrung zur Verfügung steht. Daher finden wir Herden vornehmlich bei Pflanzenfressern (Känguruhs, Affen, Elefanten, Rindern, Antilopen, Hirschen, Wildpferden, Murmeltieren und anderen Nagern), ferner bei Fischfressern (Robben, Delphinen, Möven, Lummen, Kor- moranen, Pinguinen, Reihern), bei großen Planktonfressern (Walen, Tintenfischen), bei gewissen Vögeln (Rebhühnerketten, Schwärme von Finken und Meisen), oder auch bei Raupen (Gespinste der jugendlichen Goldafter- und Prozessionsspinnerraupen), also bei Tieren, die nicht unter Nahrungsmangel leiden, aber nicht bei Raubvögeln oder Raub- tieren mit Ausnahme der Caniden. Die Schutzgemeinschaft bedeutet dann gleichzeitig eine Freßgemeinschaft, wie dies besonders deutlich bei den aasfressenden Geiern und Marabus zutage tritt. Ein zweites Motiv zur Herdenbildung liegt in der Ausnutzung günstiger Lokalitäten, sei es, daß es sich um Wohnungen (Biber, Murmeltier, Präriehund, Viscacha, solitäre Bienen), sei es um Nist- gelegenheiten (Krähen, Fischreiher, Lummen, Möven, Sturmvögel, Weber- vögel, Uferschwalben) oder um Plätze zum Uebernachten (Krähen, Stare, Fliegende Hunde) oder zum Ueberwintern (Fledermäuse, solitäre Bienen) handelt. Dieses Zusammenleben kann einen bemerkenswerten Grad er- reichen. So bauen die südwestafrikanischen Siedelweber, Philhetaerus socius, ein riesiges dachförmiges, gemeinsames Nest, gewisse süd- amerikanische Spinnen (Uloborus republicanus, Theridium eximium) legen zu mehreren ein großes Fangnetz an, und ein Spinner in Mada- gaskar, Bombyx radama, bildet große Kokonbeutel mit mehreren Puppen. Eine dritte auffällige Form der Herdenbildung tritt uns in den Wandergemeinschaften entgegen. Sie werden wohl in den meisten Fällen durch Nahrungsmangel veranlaßt, oder dieser war ur- sprünglich, wie bei den Zugvögeln, die Ursache für das Auftreten der entsprechenden Wanderinstinktee Daß aber die Tiere nicht einzeln, sondern in großen Massen wandern, entspringt wieder dem Schutz- bedürfnis. Hierher gehören die Wanderungen der Wanderratte, Lem- minge, Renntiere, Libellen, Wanderheuschrecken und des „Heerwurms“, Sciaria militaris Die Fischschwärme der Heringe, Sprotten, Sar- dinen u. a. ziehen oft in ungeheurer Individuenzahl von einem Weide- grund zum andern. Figenartig liegen die Verhältnisse bei den Land- krabben der westindischen Inseln, die zur Zeit der Geschlechtsreife aus dem Innern in zerstreuten Scharen dem Meere zueilen, um dort ihre Eier abzusetzen. Wenn wir noch die Jagdgesellschaften der Löwen, Hyänen, Wölfe, Schakale, Robben, Kormorane und die Spielgesellschaften der Taumelkäfer (Gyrinus natator) hinzufügen, dürften wir die wich- tigsten Formen der Herdenbildung aufgezählt haben. Besonders bei Huftieren finden wir die Erscheinung, daß die Herden nach den Ge- schlechtern getrennt sind, die Männchen für sich und die Weibchen mit den Jungen; so bei Bison europaeus und americanus, Yak, Ibex hispanicus, Antilocapra americana, Hirschen, Callorhinus ursinus. Eine solche Trennung ist leicht verständlich, denn die großen, stark fressen- den Männchen müssen ausgedehntere Gebiete absuchen als die Weibchen, 158 V. Kapitel. welche außerdem durch das Säugen festgehalten werden. Von den Männerherden sondern sich häufig die ganz alten Tiere ab, so bei Elefanten und Hirschen, wahrscheinlich weil sie ein größeres Bedürfnis nach Ruhe haben. Wie bei den zufälligen Assoziationen kommt es auch bei den Herden nicht selten vor, daß mehrere Arten neben- und durcheinander vorkommen; so nisten z. B. auf den nordischen Vogel- bergen die verschiedensten Seevögel. Bei Iquique habe ich es öfters gesehen, daß eine Herde von Otaria jubata, in Halbkreisform aufgestellt, einen Fischschwarm in eine Bucht hineintrieb, während hoch über ihr in den Lüften eine Herde von Pelecanus fuscus ungefähr in derselben Anordnung schwebte und bald dieses, bald jenes Individuum sich von oben auf die Fische stürzte. In Afrika sind kombinierte Herden von mehreren Antilopenarten, Zebras und Straußen oft beobachtet worden, ebenso Giraffen und Elefanten. Den in Herden zusammenlebenden Säugern und Vögeln kommen gewisse psychische Eigenschaften zu, welche im menschlichen Staate enorm gesteigert sind, so dab es nicht zweifelhaft ist, daß der soziale Trieb des Menschen ein Erbteil anthropoider Vorfahren ist. Diese geistigen Eigenschaften der Herdentiere äußern sich in gegenseitiger Rücksichtnahme und Förderung im Dienste für die ganze Herde und in Verständigung durch Töne oder Zeichen. Die Herden der Säuger haben meist einen Führer, welcher sie leitet, überwacht und auf Ge- fahren durch einen Warnruf aufmerksam macht. Schon die Herings- schwärme werden von besonders kräftigen Tieren angeführt. Bei Schakal, Wildschwein, Mufflon und Guanaco ist der Führer ein altes Männchen, bei Hirschen, Gemsen, manchen Antilopen, Wildziegen und Elefanten ein altes Weibchen. Häufig werden besondere Wächter aus- gestellt, so bei Affen, Gnus, Wildschafen und auch bei Krähen und Dohlen. Durch besondere Töne der Angst oder Freude, durch Be- wegungen der Ohren, der Haare oder des Schwanzes machen sie sich gegenseitig auf ihre Umgebung aufmerksam. Sie haben also Mittel zur Verständigung, eine Art Sprache, und werden häufig durch besonders auffallende Farben zusammengehalten (weiße Flecke der Antilopen, dunkle Schwanzringe von Lemur catta, Jeuchtendes Weiß oder Rot der Peli- kane und Flamingos). Die Verständigung setzt eine gewisse Intelligenz voraus, daher lassen sich Herdentiere am leichtesten dressieren (Grau- papagei, Affen, Robben, Hunde, Pferde). Wie die rechnenden Pferde von Krarr und die rechnenden Hunde (ZıEGLErR) beweisen, kann bei ihnen schon ein Zahlbegriff entwickelt sein. Tierstaaten kommen nur bei Insekten vor, und zwar unter den Hymenopteren bei Wespen, Ameisen und Bienen, unter den Orthopteren bei den Termiten. Sie sind dadurch ausgezeichnet, daß neben den Männchen und Weibchen noch sterile Arbeiter vorhanden sind, welche bei den Hymenopteren modifizierte Weibchen sind, während sie bei den Termiten aus den Männchen und Weibchen hervorgehen. Während im menschlichen Staate die Kastenbildung nur in den verschiedenen Ständen und Be- rufen sich äußert, hat sie hier die leibliche Organisation tiefgreifend beeinflußt. Ein weiterer Unterschied besteht darin, daß der mensch- liche Staat auf Vernunfthandlungen, der tierische ganz überwiegend auf Instinkten und Reflexen beruht. Daher kommen nur in dem ersteren Tierstaaten. 159 Interessengegensätze vor, welche sich bis zu der furchtbaren Katastrophe eines Weltkrieges steigern können, während bei den Tieren höchstens Kämpfe zwischen den verschiedenen Völkern derselben Art stattfinden, und die Bewohner desselben Staates unter dem Zwange des Instinkts von jeder Disharmonie befreit bleiben. Die Staaten der Insekten sind hervorgegangen aus einer sehr starken Vermehrung, vereint mit Brut- pflege. Es sind Familienstaaten, denn jeder nimmt seinen Aus- gang von einem Weibchen, das höchstens von einigen Töchtern bei der Vermehrung unterstützt wird; der menschliche Staat leitet sich ab von einer Herde, und ganz tief stehende Rassen, z. B. das Zwergvolk der Veddas auf Ceylon, bleiben auf dieser Stufe stehen und lassen eine Arbeitsteilung in verschiedene Berufe vermissen. Die Kubus auf Sumatra stehen noch tiefer, indem die einzelnen Familien nach Vorz den Urwald durchstreifen und nur zuweilen, in der Nähe der malayischen Ansiedelungen, sich zu kleinen Herden zusammentun. Zwischen dem Tier- und Menschenstaat bestehen also bloß Analogien, aus denen weitere Schlüsse nur mit Vorsicht und Kritik gezogen werden dürfen. Solche Schlüsse sind z. B., daß auch im menschlichen Staat die Rechte und Ansprüche des einzelnen Individuums zurückzutreten haben hinter den Forderungen des Staats, denn der Kulturmensch verdankt seine Stellung in der Natur dem letzteren; daß jedes Volk das Recht und die Pflicht hat zur Verteidigung seiner Existenz bis zum äußersten; daß es die Aufgabe hat, sich möglichst rein zu erhalten von der Ver- mischung mit minderwertigen Rassen, denn nur in einem annähernd reinrassigen Volke herrschen die gleichen Anschauungen und Bedürf- nisse, so daß alle Individuen zur Verteidigung der höchsten Güter bereit sind und sich nicht gegenseitig zerfleischen; endlich daß das Gesetz vom Kampf ums Dasein auch für die Nationen gilt und jede hinwegfegt, welche sich einem verweichlichenden Pazifismus hingibt'). Auf die Tierstaaten gehen wir hier nur so weit ein, als wir die Ent- stehung des Bienenstaates an der Hand namentlich der Unter- suchungen von v. BurteL-ReErreNn schildern wollen. Von den Ameisen und Termiten sind nur soziale Arten bekannt, bei ihnen ist es also unmöglich, die Entstehung ihres Staates festzustellen. Bei den Wespen und Bienen hingegen kommen zahlreiche solitäre Arten vor, von letzteren allein über 8000. Die Staaten der Hummeln, Meliponen und Apiden sind verschieden hoch ausgebildet, so daß sich der stammesgeschicht- liche Weg einigermaßen übersehen läßt, obwohl diese 3 Familien sich von einer Urform nach verschiedenen Richtungen hin entwickelt haben, also keine phyletische Reihe darstellen. Nach HERMANN MürterR haben die Bienen und Wespen mit den Raub- und Grabwespen (Pompiliden, Sphegiden) eine gemeinsame Stamm- form. Diese Tiere leben solitär, nähren sich von Honig, Pollen und Früchten, graben eine Röhre, in die sie ein Ei absetzen und füttern die Larve entweder täglich mit zerkauten Insekten oder legen gelähmte Raupen neben sie. Soziale Instinkte zeigen sie nur darin, daß sie zuweilen ihre Nester dicht nebeneinander bauen, und die Weibchen von Bomber spinolae in Schwärmen zusammenjagen. Die niedrigsten 1) Wer sich für diese Fragen interessiert, sei verwiesen auf das 10-bändige Sammelwerk: Natur und Staat, Beiträge zur naturwissenschaftlichen Gesell- schaftslehre, herausgegeben von Prof. E. H. ZIEGLER, Jena, G. Fischer; auf das Archiv für Rassenhygiene, herausgegeben von Dr. A. PLÖTZ, und auf die Politisch- anthropologische Revue. 160 V. Kapitel. Bienen (Prosopis, Halictus) mit sehr geringer Behaarung sind äußer- lich kaum von ihnen zu unterscheiden. Die solitären Bienen haben einen Saugrüssel und dichte Behaarung erworben, die animalische Kost ganz aufgegeben und nähren sich und die Larven nur noch von Blüten- staub und Honig. Für die letzteren werden Zellen einzeln oder zu mehreren in der mannigfachsten Art in Holz, Erde u. dgl. angelegt und mit einem Haufen von Pollen und Honig versehen, worauf das Ei hinzugesetzt und die Zelle geschlossen wird. Ein Füttern findet also nicht statt, die Mutter bekümmert sich gar nicht um ihre Brut. Von sozialen Gewohnheiten wäre zu erwähnen, daß die in Erdwänden bauenden Arten (Andrena-, Anthophora-, Chalicodoma-, Osmia-Arten) zuweilen in großer Menge dicht nebeneinander ihre Nester anlegen, die unter Umständen sogar einen gemeinsamen Flugkanal aufweisen können. Sie greifen den Sammler auch wohl in großer Anzahl zu- sammen an, oder mehrere Weibchen derselben Art überwintern in einem Erdloche. Es lassen sich nun etwa folgende hypothetische Etappen der Staatenbildung annehmen. 1. Es werden mehrere Zellen nebeneinander angelegt, so daß die Mutter, wenn die letzten Zellen fertig werden, daß Ausschlüpfen der ersten erlebt. So entsteht der Kontakt zwischen Mutter und Kind. Eine primitive Solitärbiene, Halictus quadricinetus, steht auf dieser Stufe, indem sie neben einen senkrechten Erdgang ein bis zwei Dutzend Zellen zu einer Art Wabe vereinigt. 2. Die nächste Stufe wird durch die Hummeln veranschaulicht. Die Tiere machen sich für den Bau der Zellen unabhängig von der Umwelt, indem sie aus den dorsalen und ventralen Gelenkringen des Hinterleibes Wachs schwitzen. Das überwinterte befruchtete Weibchen, die Stammutter des einjährigen Volkes, legt häufig mehrere Eier in dieselbe Zelle, so daß ein gewisser Nahrungsmangel herrscht und die ersten ausschlüpfenden Weibchen von sehr verschiedener Größe und manchmal recht klein sind. Der große Fortschritt besteht darin, daß sie das Nest nicht dauernd verlassen, sondern als Hilfsweibchen sich an der Pflege der Brut, am Nestbau und Einsammeln von Nah- rung beteiligen. Die Knappheit der Nahrung scheint die Geschlechts- organe rückgebildet und damit die Brunst unterdrückt zu haben. Die Zellen stehen einzeln, noch nicht zu Waben vereinigt, sind von gleicher Größe und nicht sehr zahlreich. Ein Füttern der Larven findet nicht statt, ebensowenig ein Schwärmen. Bei gewissen brasilianischen Hummeln sollen neben den Hilfsweibchen schon echte Arbeiter vor- kommen. 3. Dieser nächste Schritt tritt uns besonders deutlich bei den stachellosen Meliponen und Trigonen der Tropen entgegen. Neben der einen Königin finden sich eine Anzahl Hilfsweibchen, also jungfräu- liche Königinnen, aus deren Eiern nur Drohnen werden, die ebenfalls Wachs schwitzen und sich am Nestbau beteiligen. Der Fortschritt besteht darin, daß in großer Menge echte Arbeiter aus den Hilfs- weibchen hervorgegangen sind, welche keine Eier mehr legen, sondern dieses allein der Königin überlassen, welche dafür den Bau-, Brut- und Sammelinstinkt verloren hat. Es ist hier also eine tiefgreifende Ver- änderung der Erbfaktoren eingetreten, die man nur vom lamarckisti- schen Standpunkt aus ungezwungen erklären kann, durch die Annahme, daß an den Hilfsweibchen, solange sie noch Eier legten, sich diese Veränderungen unter dem Einfluß der Lebensweise vollzogen haben. Staaten der Insekten 161 Daß die Arbeiter der Bienen und Ameisen aus fortpflanzungsfähigen Tieren hervorgegangen sind, geht daraus hervor, daß sie jetzt noch unter Umständen Eier legen, also noch nicht absolut steril sind. Durch Selektion ganzer Völker alle diese morphologischen und instinktiven Veränderungen der Königin und der Hilfsweibchen erklären zu wollen, heißt doch wohl zuviel vom Zufall verlangen. Die Meliponen bauen durch dorsale Wachsausschwitzung Zellen, welche bei manchen Arten zu regellosen Haufen angeordnet sind, während bei anderen die nach oben offenen, gleich großen Zellen sich zu einfachen Waben aneinander- schließen. Bei einigen Arten sind größere Weiselzellen beobachtet worden. Voraussichtlich wird sich später herausstellen, daß dies für alle Arten gilt, denn es ist sonst nicht zu verstehen, wodurch bei den Arbeitern der Reflex zur Abgabe des Königinfutters ausgelöst wird. Der Honig wird in besonders großen Zellen aus Wachs oder Harz auf- gespeichert. Ein Füttern der Larven findet nicht statt. Das Schwärmen spielt nur eine untergeordnete Rolle, indem wahrscheinlich junge un- befruchtete Weibchen abziehen. 4. Endlich bei Apis ist die höchste Stufe erreicht: die horizon- talen Zellen sind zu Doppelwaben vereinigt, die Larven werden ge- füttert, und das Schwärmen ist eine regelmäßige Erscheinung, wobei aber die alte Königin das Nest verläßt. Die letztere Erscheinung führe ich darauf zurück, daß die Hilfsweibchen fehlen, das Volk also streng monogyn ist, während es ursprünglich einen polygynen Charakter hatte, solange die Hilfsweibchen sich an der Eiablage beteiligten, was bei der ägyptischen Apes dorsata noch regelmäßig der Fall ist. In demselben Maße, in dem die letzteren zu Arbeitern wurden, also eine straffe Arbeitsteilung zwischen Königin und Ammen eintrat, entwickelte sich der Eifersuchtsinstinkt der Königin zur Unterstützung dieser Sonderung. Da nun aber von Zeit zu Zeit neue Königinnen erzeugt werden müssen, die dann in Rekapitulation des ursprünglichen Zu- standes gleichzeitig in mehrfacher Zahl auftreten, so verläßt die alte Königin mit dem Vorschwarm den Stock. Innerhalb der Gattung Apis läßt sich die Vervollkommnung der Waben gut verfolgen. Bei der indischen Riesenbiene A. dorsata hängt eine große Doppelwabe mit gleichgroßen Zellen frei von einem Ast herab. Die indische Zwergbiene A. florea hat auch nur eine Doppelwabe, aber mit deut- licher Sonderung in Honig-, Arbeiter-, Drohnen- und Weiselzellen. Endlich A. mellifica baut nicht mehr frei, sondern in Höhlen, weshalb mehrere kleinere hintereinander hängende Waben angelegt werden mit Arbeiter-, Drohnen- und Weiselzellen. Hier ist die gegenseitige Ab- hängigkeit so groß geworden, daß die Königin und die Drohnen von den Arbeitern ernährt werden müssen, und diese umgekehrt ohne jene den Stock nicht erhalten können. Man hat wohl gesagt, der Bienen- stock ist ein „Bien“, ein Organismus mit freibeweglichen Organen. Damit ist der Vorteil und Zweck der Staatenbildung, sehr große In- dividuenzahl und dadurch möglichste Sicherung im Kampf ums Dasein, in ungewöhnlichem Maße erreicht worden. Plate, Allgemeine Zoologie I. 11 162 VI. Kapitel. VI. Kapitel. Organologie, Organlehre. Ein Organ (öpyavov — Werkzeug) ist eim Komplex von Geweben, welche einer einheitlichen Funktion dienen. Das Wesentliche ist hierbei die Arbeitsleistung, also haben wir es mit einem physiologischen Be- griff zu tun. Die Teile, welche einem bestimmten Zwecke dienen, sind in der Regel auch morphologisch abgegrenzt, haben eine bestimmte Größe und Lage im Körper. Es kommt jedoch zuweilen vor, daß ein Organ reich verästelt ist und sich in sehr wechselnder Abgrenzung und Lage durch den Körper erstreckt. Man spricht dann von einem diffusen Organ. Solche diffusen Organe pflegen sich auf einer höheren phyletischen Ausbildungsstufe mehr und mehr zu konzentrieren. Alle Organe eines Tieres sind voneinander wechselseitig abhängig, was als Korrelation bezeichnet wird. Kann z. B. der Darm seine Auf- gabe nur unvollkommen erfüllen, so leiden darunter alle Organe. Häufig arbeiten mehrere Organe in ähnlicher Weise zusammen und werden dann zu einem Organsystem vereinigt. So gehören alle Organe, welche die Nahrung bearbeiten (Mundhöhle, Zähne, Schlund, Magen, Leber u. dgl.) zu dem System der Ernährungsorgane. Ein Organ besteht fast immer aus mehreren (reweben, unter denen aber eins, das sog. Hauptgewebe, den Charakter der Arbeitsleistung bestimmt. In einer Drüse ist z. B. das sekretorische Epithel das Hauptgewebe, während Ausführgang, Bindegewebe, Blutgefäße und Nerven die Nebengewebe bilden. Ein Organ vollzieht sehr häufig mehrere Funktionen: z. B. dient ein Insektenfühler zum Tasten und zum Riechen. Der Schnabel der Vögel ergreift nicht nur die Nahrung, sondern wird auch beim Einölen des Gefieders, beim Nestbau und zur Verteidigung gebraucht. Es läßt sich in solchen Fällen in der Regel eine Hauptfunktion den Neben- funktionen gegenüberstellen. Viele Beispiele zeigen, daß eine Neben- funktion im Laufe der Stammesgeschichte zur Hauptfunktion werden kann, was als Funktionswechsel bezeichnet wird. Umgekehrt können Körperteile ihre Funktionen mehr oder weniger rückbilden und zu rudimentären Organen werden. Obwohl sich viel dagegen sagen läßt, werden die Organe meist eingeteilt in: animale, welche bei den Pflanzen mehr oder weniger fehlen: Haut, Bewegungsorgane, Skelettorgane, Nervensystem, Sinnesorgane, und in vegetative, welche auch den Pflanzen in den Hauptzügen zukommen: Ernährungs- organe, Atmungsorgane, Nierenorgane, Blut- oder Zirkulationsorgane, Geschlechtsorgane. A. Haut und Hautskelette. I. Wirbellose Tiere. Die Haut (Integument, Cutis) dient zur äußeren Begrenzung des Körpers, zum Schutz der inneren Organe, zur Aufnahme der Reize aus der Umgebung und meist auch zur Atmung und Ausscheidung: bei niederen Tieren ist sie auch sehr oft Trägerin der Lokomotion. Haut der Wirbellosen. 163 Je nach der Körperstelle und der Lebensweise ist die Haut mehr in den Dienst der einen oder der anderen Funktion gestellt und erhält dadurch ihr besonderes Gepräge. Da die Haut mehr als die anderen Organe mit der Außenwelt in Berührung kommt, so prägt sich die : — $Skhize. a Fig. 133. Schema der Haut einer Holothurie (Cucumaria). Bi Bindegewebe, Epid Epidermis, Kk Kalkkörper, Perit Peritoneum, Rm Ringmuskulatur, Sehaxe Schizocöl. Orig. Zwischen Perit und R&m kann noch eine kalkkörperführende Bindegewebsschicht liegen. ganze Verschiedenartigkeit der Lebensbeziehungen an ihr aus. Sie ist bei den verschiedenen Abteilungen des Tierreichs so verschieden, daß ein Blick auf ein Stück der Haut oder auf einen Schnitt durch sie genügt, um zu erkennen, ob sie von einem wirbellosen Tier oder einem Fig. 134. Schema der Haut eines Seeigels. Cu? Cutis, Unterhaut, Kpl Kalk- platte, N Nerv, Nr Nervenring, Mu Muskeln des Kalkstachels (Sta), Perit Perito- neum, Schixe Schizocöl. Orig. Wirbeltier, einem Cölenter oder einem Mollusk, einem Amphibium oder einem Reptil stammt. Die Haut fast aller Metazoen besteht aus einer ektodermalen Oberhaut (Epidermis) und aus einer mesodermalen Unterhaut (bei höheren Tieren auch Lederhaut, (orium genannt), 11* 164 VI. Kapitel. welches sich aus Bindegewebe mit oder ohne Muskulatur, Nerven und Blutgefäßen zusammensetzt. Da aus dem Ektoderm das zentrale Nervensystem hervorgeht, so bleibt dies bei vielen niederen Tieren mehr oder weniger der Haut eingelagert (389). Die Unterhaut fehlt noch bei manchen einfacher organisierten Wirbellosen, z. B. bei Schwämmen, Cölenteren, Rädertieren u. a. und sie grenzt sich auch nicht als besondere Schicht ab bei den parenchymatösen Würmern (137). Bei den wirbellosen Tieren, welche ja meist von geringer Größe sind, ist die Epidermis ein einschichtiges Epithel (64) von sehr verschie- dener Höhe, welches sehr häufig flimmert oder viele Drüsenzellen ent- hält. Zum Schutz nach außen trägt die Epidermis meist eine Cuti- cula (647), welche bei Arthropoden zu einem dicken, geschichteten Chitinpanzer entwickelt ist. Dieser wird von zarten Kanälen durch- zogen, welche senkrecht zur Oberfläche stehen und den Durchtritt der Atemgase gestatten. Das Chitin und auch schon die Cuticula der Ringelwürmer tritt in festen Ringen auf, welche durch Gelenkhäute mit einer viel dünneren Öuticularschicht verbunden werden, um den Körper beweglich zu machen. Da das Chitin sich nicht in demselben Maße dehnt, wie der Körper wächst, so muß der ganze Chintinpanzer periodisch abgeworfen werden. Nach einer solchen Häutung scheidet die Epidermis eine neue Chitinlage aus. Bei den Echinodermen wird die Haut durch kalkige Skelettelemente in der Unterhaut verfestigt. Diese bestehen bei den Seegurken aus zahllosen mikroskopisch kleinen Körperchen (133), bei den übrigen Stachelhäutern aus größeren Platten (134), auf denen vielfach Stacheln sitzen, welche die Epidermis durch- setzen. Bei der Mehrzahl der Mollusken scheidet der Mantel mit Hilfe seiner einzelligen Drüsen (642) eine dicke Kalkschale aus, welche als ein totes Gebilde den ganzen Körper umhüllt. Aus der Haut gehen je nach ihrer Beschaffenheit eine Fülle besonderer Organe hervor, z. B. Borsten bei den Ringelwürmern, Haken bei Trematoden und Cestoden, Stacheln bei Krebsen, Haare bei Insekten. Auch die Saug- näpfe, mit denen viele Parasiten (Trematoden, Cestoden, Hirudineen) sich festhalten, sind Bildungen der Haut; die Hautmuskulatur ist bei ihnen sehr stark entwickelt und um eine Hautgrube angeordnet, welche der Unterlage angepreßt wird. Durch Kontraktion der Muskeln ent- steht in der Vertiefung ein luftverdünnter Raum und saugt sich da- durch an. Bei der großen Mannigfaltigkeit der Hautgewebe der wirbellosen Tiere begnügen wir uns mit der Schilderung einiger besonders inter- essanter Verhältnisse. Cölenteren. Die Haut der Hohltiere ist dadurch bemerkenswert, daß an ihr be- sondere Hautorgane meist noch nicht entwickelt sind, sondern überall nebeneinander Zellen für die verschiedensten Aufgaben liegen. Fig. 360 d zeigt schematisch das Ektoderm von Hydra mit noch ziemlich ein- fachen Verhältnissen. Die meisten Zellen sind Epithelmuskelzellen ohne drüsigen Charakter. Einen solchen nehmen sie nur an der Fuß- scheibe durch eingelagerte Sekrettropfen an. Zwischen den Zellen kommen vereinzelte Sinneszellen vor, welche mit einer Nervenzelle in Verbindung stehen und distal in ein kleines Stiftchen auslaufen. Viel häufiger sind Nesselzellen, welche ein kleines Härchen (Cnidocil) tragen und eine Nesselkapsel umschließen. Da von diesen vier ver- Haut. Coelenteren. 165 schiedene Sorten vorhanden sind, große ovale, große und kleine stab- förmige und kleine birnförmige, so wird man ebensoviele Sorten von Nesselzellen annehmen müssen. Zwischen den unteren Enden der Deckzellen finden deren Ausläufer untereinander zusammen- Basis des Epithels. sich zerstreute Ganglienzellen, hängen. Von den Genital- zellen, welche auch aus dem Ektoderm hervorgehen, sehen wir hier ab. Eine dünne strukturlose Stützlamelle trennt beide Körperschichten voneinander. Ein Schnitt durch einen Tentakel einer Seerose (135) zeigt schon kompliziertere Verhältnisse. Die Deckzellen erscheinen als sehr schmale Stützfasern (sif'), die nur um den Kern und am distalen Ende etwas breiter werden und mit einem Wimperschopf versehen sind. Von ihnen haben sich die Muskelzellen (»x) abgesondert und liegen dicht neben der Stützlamelle. Nach außen von ihnen breitet sich basiepithelial eine Schicht von Nervenfasern (nf) aus mit eingestreuten Nervenzellen, welche mit den in der Figur nicht abgebildeten schmalen Sinneszellen in Ver- bindung stehen. Sehr auffal- lend sind die großen Schleim- zellen (ke) mit vakuoligem In- halt und die von Körnern erfüllten, mit Säurefuchsin sich stark rotfärbenden Ei- weißzellen. Beide Sorten sind in dem Schlundrohr und in den vom Ektoderm sich ab- leitenden Mesenterialwülsten sehr häufig. Es sind zwei verschiedene Formen von stabföürmigen Nesselkapseln vorhanden, solche mit dicker Kapselwand, welche sich mit Methylenblau stark färben (cn, ) und solche mit dünner Wand, die sich in dem genannten Farbstoff kaum färben, da- gegen Säurefuchsin reichlich aufspeichern (cn). Die ersteren dienen zum Vergiften, die In der Jugend liegen sie mehr an der Fig. 135. Tentakelquerschnitt einer Ane- monia sulcata nach SCHNEIDER. bx Binde- gewebszelle, c» dünnwandige, en, diekwandige Nesselkapsel, en.bl junge Nesselzelle, ewwx Ei- weißzelle, evwx, eine solche mit Sekretresten, ke Kern einer Schleimzelle, »»f Längsmuskel, mx Muskelzelle, »äx Nährzelle des Darms, nf Nervenfasern, »f, Nervenfasern der Muskeln, nx Nervenzelle, rmf Ringmuskelfasern, schlx Schleimzelle des Darms, St.Z, und St.L, Schich- ten der Stützlamelle, s/f Stützfibrille der Deck- zelle, x00 Zooxanthelle. 166 VI. Kapitel. letzteren zum Ankleben der Beute. Tentakels umschließen eine oder mehrere Zooxanthellen tragen einen langen Geißelfaden. Die schmalen Entodermzellen des (Algen) und He. a NT Rt Es typ NIIT — 4 Gen Fig. 136. Nesselkapseln von Cölen- K teraten aus Hdw. d. Naturw. II. a kleine a: Kapsel aus einem Acontium, 5 Klebkapsel EN der Seerose Tealia, ec, d Nesselkapsel von Caryophyllia, e von Pennaria, f, g von Hydra. a, c, d,e nach IWANZOFF, b, f, 9 nach Wırı. Achs Achse, Bas Basalstiel der Zelle, On Cnidocil, De Deckel, Fa Faden, Kap Kapsel, Ke Kern, L Lasso, Mau Mus- kel, St Stilett, Wi Wimpern. Wenn wir die Haut der Hohltiere hier beschreiben, so geschieht es in erster Linie wegen der Nesselzellen (Nematocyten) mit ihren Nesselkapseln (Nematocysten, Cniden, %viöry = Brenn- nessel), welche vielleicht die merkwürdigsten überhaupt bekannten Meta- Nesselkapseln. 167 zoenzellen sind. Diese Kapseln sind die einzigen Schußwaffen, deren sich Tiere im Kampf ums Dasein bedienen, und sie sind um so be- achtenswerter, als sie nur den Cölenteren, mit Ausnahme der Üteno- phoren, zukommen und an jedem Individuum in sehr großer Zahl, bei großen Seerosen sogar zu Millionen, vorhanden sind. Sie wurden zu- erst von EHRENBERG 1836 bei Hydra entdeckt. Man kann die Nessel- zellen nicht als Drüsenzellen ansehen, denn die Kapseln sind so kom- pliziert, daß sie nicht als ein Sekret, sondern nur als ein Bildungs- produkt des Protoplasmas beurteilt werden können. Mit den Sinneszellen stimmen sie darin überein, daß sie durch das Unidocil Reize aufnehmen können, aber sie scheinen andererseits nicht mit den Ganglienzellen zu- sammenzuhängen. In manchen von ihnen treten muskelartige Fäden (136 9) auf. An die Geschlechtszellen der Hohltiere erinnern sie durch ihre weiten Wanderungen, indem sie in ganz andern Körperregionen entstehen, als wo die Kapseln verbraucht werden. Es erscheint mir fraglich, daß das Cnidocil aus verklebten Wimpern hervorgegangen ist, selbst wenn die Nesselzelle in seltenen Fällen (136«) solche trägt. Wahrscheinlich handelt es sich hier um einen protoplasmatischen Fort- satz ähnlicher Art, wie bei vielen Sinneszellen. Ich halte die Nessel- zellen für Bildungen eigner Art, die sich aus indifferenten Zellen in noch unbekannter Weise entwickelt haben, aber nicht auf Drüsen oder Sinneszellen zurückgeführt werden können. An der Basis des Unido- cils erhebt sich die Zelloberfläche in der Regel etwas und kann hier auch fasrige Stützelemente enthalten (f, 9). Der Kern der Zelle liegt meist unter der Kapsel, wenn diese birnförmig ist; aber auch seitlich neben stabförmigen Kapseln. Abgesehen von flachen Epithelien zieht sich die Nesselzelle basalwärts in einen Stiel aus (136g; 360d, Ne.x), welcher sich an die Stützlamelle anheftet. Dieser Stiel ist elastisch und wird daher je nach der Höhe des Epithels bei den Körperkontrak- tionen ausgezogen oder verkürzt. Bei Trachymedusen ist der Stiel in mehrere Fortsätze gespalten. Die ovalen, birnförmigen oder länglichen Kapseln haben eine Länge von einigen Mikromillimetern bis höchstens l mm. Sie bestehen aus einer dicken Wand und einer dünnen Innen- haut, welche sich in den eingestülpten und spiralig aufgerollten Nessel- faden fortsetzt. An dem nach außen gekehrten Entladungspol wird die Kapsel von einem Deckel geschlossen, der vor der Explosion zuerst aufspringt, worauf sich der Faden blitzschnell nach außen umstülpt. Der Faden ist ein hohler Schlauch, welcher am freien Ende mit einer Oeffnung abschließt und dessen Wand von feinen Poren durchsetzt ist. Er ist entweder überall gleich breit (136 5) oder er erweitert sich an seiner Basis zu einem mit Borsten oder Härchen besetzten „Achsen- oder Halsstück*. Bei den höchstentwickelten Nesselzellen kommen um die Kapsel herum zarte Fäden vor, welche als Muskeln gedeutet werden (136g) und die entweder in der Längsrichtung oder quer ver- laufen; außerdem nicht selten ein Fadenknäul (Z/), welcher die aus- geschleuderte Kapsel festhält und so das Beutetier an dem Tentakel verankert. Dieser Faden setzt sich basalwärts in den Stiel der Zelle fort und durchzieht diesen als Stütze. Es ist eine noch ungeklärte Frage, welche mechanischen Kräfte bei der Entladung tätig sind. Sie erfolgt normalerweise nur nach Reizung des Cnidocils, nicht auf Grund von innen kommender Reize, denn die Nesselzelle scheint nicht in Ver- bindung mit den Ganglienzellen zu entstehen. Die Reizung hat wahr- scheinlich zur Folge, daß Flüssigkeit aus der Nesselzelle, vielleicht auch 168 VI. Kapitel. von außen durch Sprengung des Deckels in die Kapsel eindringt und hier eine Quellung eines Kolloids hervorruft, welches in Spiralen die Innenseite des ruhenden Fadens bedeckt und diesen bei der Quellung ausstülpt, wobei die umgebenden Muskelfäden gleichzeitig einen Druck auf die Kapsel ausüben. Möglicherweise leiten sie auch den Quellungs- druck gegen das Vorderende der Kapsel und verhindern, daß die Kapsel an irgendeiner andern Stelle platzt, denn die zum Umstülpen und Herausschleudern des Fadens nötige Kraft muß sehr groß sein. Auch die Elastizität der Kapselwandung muß bei der Explosion eine Rolle spielen, denn diese wird hierbei kürzer. Jede Kapsel kann nur einmal gebraucht werden, und nach der Entladung degeneriert die zugehörige Zelle. Fast immer sind mehrere Sorten von Nesselkapseln für verschiedene Zwecke vorhanden, wie schon für die Actinien angedeutet wurde. Bei Hydra und vielen anderen Hohltieren sind folgende drei Sorten zu unterscheiden: 1. Schuß- oder Stilettkapseln (136e, g), welche mit den großen Borsten die Haut des Gegners zuerst anbohren und dann den Schlauch in sie mehr oder weniger weit hineintreiben, so daß das Gift der Kapsel gut eindringen kann. Selbst dünne Chitinpanzer können von ihnen durchschlagen werden. Sie dienen hauptsächlich zum Angriff auf glatte Körperoberflächen. Die großen birnförmigen Kapseln von Hydra gehören hierher. 2. Wickelkapseln, deren Fäden sich um Borsten des Gegners herumwickeln. Hierher die kleinen birnförmigen Kapseln von Hydra. 3. Klebkapseln, welche durch ein klebriges Sekret oder durch Verschleimen des Fadens die Beute festhalten oder zum Ankleben der Tentakeln benutzt werden. Hierher die großen und kleinen zylindrischen Kapseln mit einem Faden ohne Halsstück. Die Wirkung der Schußkapseln ist bei großen Siphonophoren (Physalia, Halistemma), bei Milleporiden („Feuerkorallen“) und einzelnen großen Medusen so stark, daß ein Mensch fast ohnmächtig werden kann. In den meisten Fällen aber kann man selbst große Quallen und Hydroidenstöcke ganz ruhig anfassen. Das Gift wird als Hypnotoxin bezeichnet, weil es die Beutetiere lähmt, und, in Tauben eingespritzt, diese zunächst in tiefen Schlaf versetzt und dann tötet. Hydren ver- mögen sogar kleine Forellen von 3—4 cm Länge zu töten. Die chemische Zusammensetzung des Giftes ist nicht bekannt. Die reifen Nesselkapseln finden sich fast nur im Ektoderm, und zwar besonders an den Tentakeln und in der Umgebung des Mundes, weniger zahlreich an den Seitenwänden der Polypen und an der Schirm- oberfläche und dem Mundschlauch der Medusen. Sie fehlen an dem von Periderm bedeckten Stiele der Polypen. Sehr häufig sitzen sie in großer Zahl als sog. Nesselbatterien dicht beieinander und springen dann als Knöpfe oder Streifen vor. Bei manchen koloniebildenden Arten sind besondere Verteidigungstiere (127, 128sp) ohne Mund- öffnung mit zahlreichen Nesselknöpfen vorhanden. Bei den Anthozoen treffen wir die Nesselkapseln auch im Schlundrohr an und ferner auf den Mesenterialfäden und den Akontien, zwei Bildungen, die wahr- scheinlich ektodermalen Ursprungs sind. Es scheint also, daß die Kapseln nur vorübergehend auf der Wanderung dem Entoderm ein- gelagert sind. Die Nesselzellen gehen hervor aus subepithelialen Ektodermzellen gewisser Körperregionen, welche weit abliegen von den Haut. Echinodermen. 169 Verbrauchsstätten. Die noch unreifen Nesselzellen müssen also von ihrer Bildungsstätte fortwandern, wobei sie sich mit kurzen stumpfen Pseudopodien des basalen Zellenendes längs der Stützlamelle durch die Zellen hindurchschieben. Bei Aydra entstehen die Zellen im Mauer- blatt, bei den Hydropolypen an den von Periderm bedeckten Stielen und Wurzeln, bei Siphonophoren in den „Basalwülsten“ der Freßpolypen, bei Leptomedusen am Schirmrand oder Magenstiel, bei Antho- und Trachymedusen sogar im Entoderm der Mundgegend. Die Bildung der Nesselzellen erfolgt also fast immer an solchen Körperstellen, die nicht so leicht abgefressen oder abgerissen werden können, wie die Tentakeln oder die Mundregion. Wir haben es hier mit einer sekundär ent- standenen Anpassung zu tun, welche die Neubildung dieser Schutz- waffen auch an stark verletzten oder in Regeneration befindlichen Tieren gestattet. Bei den Tubularien schlagen die Zellen einen möglichst praktischen Weg ein, indem sie aus dem Ektoderm des Stiels zunächst in das Entoderm und den Gastralkanal wandern, dann in diesem zum Magen des Polypen gelangen und von hier durch das Entoderm hindurch zum Ektoderm der Tentakeln kriechen. An den Bildungsstätten legt sich die Kapsel in den Zellen zunächst als eine Vakuole an, deren Wand sich verdickt, während im Innern eine körnige Masse auftritt. Dann entsteht außerhalb der Kapsel an deren distalem Pole ein hin und her gewundener „Außenschlauch“, welcher große Aehnlichkeit mit dem späteren Nesselfaden hat, aber doch nur ein Saftkanal sein kann, welcher der Kapsel das nötige Bildungsmaterial zuführt, denn eine Einstülpung des Außenschlauchs ist nicht beobachtet worden. Es bildet sich vielmehr darauf der Faden in der Kapsel, der seine letzte Aus- bildung während der Wanderung der Nesselzelle erfährt. Die Nesselkapseln werden merkwürdigerweise von einigen ganz anderen Tieren als Waffen benutzt (Cleptocniden). Wenn der Strudelwurm Microstomum lineare Hydren oder Cordilophora lacustris frißt, so werden die Nesselkapseln nicht verdaut, sondern gelangen unter das Ektoderm des Wurms und können hier nach Reizung ex- plodieren. Dasselbe gilt für manche marine Turbellarien. Die Aeolidier unter den Nacktschnecken haben an den Enden ihrer Rückenanhänge sogar sog. „Nesselsäcke“, d. h. Erweiterungen der Darmäste, welche mit Nesselkapseln gefüllt sind, die dem Angreifer entgegengeschleudert werden. Eehinodermen. Bei den Echinodermen ist das Corium (134) der Hauptbestand- teil der Haut, welcher zugleich die Skelettsubstanzen umschließt, und das niedrige Flimmerepithel tritt dagegen ganz zurück; so erklärt es sich, daß bei Ophiuren, mit Ausnahme der Euryaliden, und bei Crinoiden auf der Apicalseite der Scheibe und Arme das Epithel sehr niedrig wird und keine Zellgrenzen mehr erkennen läßt und die Skelettmasse fast bis zur Oberfläche vordringt. Es kann sogar bei alten Tieren vorkommen, daß stellenweise das Epithel verdrängt wird. Solche Ver- änderungen kommen dadurch zustande, daß das Bindegewebe bei Fehlen der Basalmembran sich zwischen die Epidermiszellen schiebt, ein Prozeß, dessen erste Anfänge bei Hirudineen, manchen Mollusken u. a. zu be- obachten ist. Im übrigen zeigt die Haut der Echinodermen eine charakteristische Schichtung aus Epidermis, dreiteiligem Corium und Peritoneum, welche 170 VI. Kapitel besonders deutlich an den Holothurien zutage tritt (133). Zu äußerst die nicht selten flimmernde Epidermis, dann eine dicke, stark verkalkte Coriumschicht, welche aus dem äußeren Mesoderm hervorgeht, darauf eine zarte, aus dem Blastocöl hervorgehende Bindegewebslage mit vielen leukozytenreichen Schizocöllakunen, sodann eine muskulöse Bindegewebsschicht, welche aus dem inneren Mesodermblatt hervorgeht und ebenfalls Kalkkörper enthalten kann, und endlich das Oölomepithel (Peritoneum). Die Muskulatur besteht aus Ringfasern und längs der Radien (373) aus Längsfasern. Bei den Klassen mit festem oder wenig beweglichem Skelett |Seeigel (134), Ophiuren, Seelilien] tritt sie stark zurück und beschränkt sich auf die Bewegung von Stacheln, Wirbeln und anderen Skelettelementen (32, 13, 16). Die Muskulatur und die Wassergefäßkanäle gehören immer zur inneren Coriumschicht, das Nervensystem zur mittleren, lakunösen, die Skeletteile überwiegend zur ä .ßeren:; aus der inneren gehen hervor die Ambulacralia der See- sterne, der Kauapparat der Echiniden, die Wirbel der Ophiuren (342, 15) und Crinoiden (371). In den letzteren beiden Klassen besteht fast der ganze Arm aus Üorium. Turbellarien. Die Oberhaut der Strudelwürmer mit ihren flimmernden Deckzellen, Drüsen- und Sinneszellen interessiert uns hier nur wegen der meist in sehr großer Menge, namentlich auf der Rückenseite, vorkommenden stabförmigen Körperchen (Rhabdoiden). Sie werden als Rhabditen (gleichmäßig lichtbrechend), Pseudorhabditen (granuliert) und Rhammiten (feinkörnige Innensubstanz mit heller Rinde) unter- schieden. Sie liegen bei den Polycladen büschelweise in den Epidermis- zellen, bei den Tricladen (137) und Rhabdocölen außerdem in gewissen Parenchymzellen unter der Haut. Sie haben die Form von geraden oder gebogenen Stäbchen, die häufig an dem einen Ende spitz auslaufen und werden als feste Sekrete (Morphite) aufgefaßt. Sie werden aus den Zellen nach außen gestoßen und verwandeln sich dann in dem umgebenden Wasser in Schleim, welcher eine schützende Hülle bildet, vielleicht auch giftige Eigenschaften hat oder beim Festhalten der Nahrung mitwirkt. Bei einigen Arten kommen größere mehr spindel- förmige Sagittocysten vor mit einer Nadel im Innern, die aus- gestoßen werden kann. Rhabditen besitzen auch einige Nemertinen und die auf Süßwasserdecapoden lebenden Temnocephalen, welche als eine Uebergangsgruppe von den Strudelwürmern zu den Trematoden aufgefaßt werden. Ihre Epidermis (138) hat die Cilien verloren, was auch bei einzelnen parasitischen Strudelwürmern beobachtet wird, und die Zellen sind zu einem von vielen Vakuolen und Spalten durchzogenen Symplasma verschmolzen, das außen eine Cuticula trägt. Im Parenchym liegen große Drüsenzellen (dr), deren mehrfache Ausläufer sich durch die Epidermis hindurch bis zur Oberfläche verfolgen lassen, die sie vermutlich mit Schleim überziehen. Da das Fpithel des Pharynx ebenso wie die Epidermis ektodermalen Ursprungs ist, so sei auf die merk- würdigen Verhältnisse des Tricladenschlundkopfes (139) verwiesen als Beispiel eines eingesenkten Epithels, wie es auch sonst bei Strudel- würmern beobachtet wird; die Zellgrenzen, eine zarte Cuticula und die Cilien sind noch vorhanden, aber Kerne scheinen zu fehlen, da sie auf langen Ausläufern der Zelle tief ins Parenchym gewandert sind, ähnlich wie bei flaschenförmigen Drüsenzellen. Haut. Plattwürmer. al Die noch eigenartigeren Verhältnisse bei Trematoden und Cestoden (140) haben zu vielen Diskussionen Anlaß gegeben. Zu äußerst wird der Körper begrenzt von einer dicken Outicula, der sog. Hautschicht, Fig. 138. Fig. 137. Querschnitt durch die Haut einer Triclade (Procerodes) nach WILHELMI 1 Rhabditen im distalen Teil der Zellen, 2 Reserverhabditen, 3 Kerne des dorsalen Epithels (£), 5 Basalmembran, 6 Hautmuskeln, 7 Parenchym, $ Pigmentkörner 9 Parenchymatische Rhabditenbündel. Fig. 138. Schnitt durch die Haut von Temnocephala nach WACKE. hdr in die Tiefe gesunkene Drüsenzellen, /». Längsmuskeln, » Kerne des epithelialen Syn- eytiums, m Ringmuskeln, s/ Sekretkanäle der Drüsenzellen. unter der aber kein Epithel liegt, sondern eine zweite (manchmal auch fehlende) Membran, die sog. Basalmembran, an die sich Muskeln und Parenchym anschließen. Noch weiter nach innen folgen Zellen (140, bei 4), welche bei Trematoden in ver- schiedenen Höhen locker nebenein- anderliegen, während sie bei Cestoden meist viel dichter, epithelartig, an- einanderschließen. Diese Subcuti- cularzellen setzen sich mit mehreren Ausläufern bis zur Innenseite der Cuticula fort, die sie in demselben Maße aufbauen, als die Oberfläche sich abnutzt. Ich halte sie mit Looss und Prarr für drüsige Parenchym- zellen ähnlich wie bei Temnocephala, welche die Cuticula ausscheiden, nach- dem das bei Larven vorhandene echte Epithel abgeworfen worden ist. Die Cuticula und die Basalmembran sind also Produkte des Parenchyms; wenn bei den monogenetischen Trematoden und manchen digenetischen diese Drüsenzellen fehlen und trotzdem eine Cuticula vorhanden ist, so wird sie Fig. 139. Eingesenkte Epithel- von dengewöhnlichen Parenchymzellen zellen aus dem Pharynx der Trielade erzeugt. Man hat diese Drüsenzellen (nda ulvae nach JANDER. als in die Tiefe gewanderte Epidermis- zellen gedeutet, wogegen aber spricht, daß eine solche Einsenkung nie be- obachtet worden ist, und daß die Cuticula nicht den geschichteten Bau einer echten Outicula hat, sondern häufig eine Struktur von Fasern auf- weist, die sich bis in die Parenchymzellen verfolgen lassen. In der Jugend 172 VI. Kapitel. ist stets eine echte Epidermis vorhanden, die bei Miracidien und Dothrio- cephalus-Larven auch noch das Flimmerkleid der Strudelwürmer auf- weist. Dann wird später dieses Epithel abgeworfen und gleichzeitig vom Parenchym eine Cuticula gebildet. Dieser Prozeß ist eine An- passung an den Parasitismus und ersetzt das zarte Epithel durch eine derbe Membran. Die Häutung erfolgt bei Trematoden bald auf dem Stadium des Miracidiums, bald bei der Redie oder der Cercarie. Bei dem in COyclops schmarotzenden Apoblema (Distomum) appendkeulatum trägt der ein- und ausstülpbare Anhang des Hinterendes noch ein deut- liches Epithel und darunter eine Cuticula, während der ganze übrige Körper nur mit letzterer bekleidet ist. Statt einer echten Häutung finden wir bei manchen Trematoden, daß die Epidermis degeneriert; dann bleiben die Kerne häufig noch lange erhalten und werden von der Sekretmasse der Cuticula umschlossen. So erklären sich die gar nicht seltenen Bilder, daß in der Outicula 1 ausgewachsener Trematoden vereinzelte Kerne liegen, was zu der irrigen Vorstellung geführt hat, daß die Outicula ein metamorphosiertes Epithel sei. Bei den Tänien verwandelt sich das Ektoderm der Oncosphaera in eine feste aus Stäbchen gebildete Schale, während bei Bothriocephalus das Wimperkleid (141) ab- seworfen wird. Bei manchen Oestoden soll das Epithel überhaupt nicht mehr auftreten. Nach Mimncazzinı soll bei den reifen Band- würmern die äußerste Schicht der Outicula so entstehen, daß Bestandteile der um- sebenden Nahrung in sie verarbeitet werden. PCR HT CIE RON 0 — in 4 Fig. 140. Querschnitt durch die Haut eines Bandwurms (Zigula) nach BLOCHMANN, 1 Cutieula. 2 Subeuticulare Basalmembran. 3 Längsmuskeln. 4 Eingesenkte Epithelzellen nach BLOCHMANNscher Auffassung. 5 Wimpertrichter der Nierenkanäle (7). 6 Muskelbildungszelle.. 8 Nervenfasern. 9 Paren- chym. 10 Sinneszelle. 11 Kalkkörperchen. 12 Dorso- ventrale Muskeln. 13 Ringmuskeln. Zusammenfassung. Saug- und Bandwürmer besitzen nur auf frühen Jugendstadien eine Epidermis. Später wird diese abgeworfen, und der Körper bedeckt sich mit einer vom Parenchym ausgeschiedenen sog. Outicula, welche aber weder nach ihrem Bau noch nach ihrer Ent- stehung diese Bezeichnung verdient. An ihrer Bildung sind sehr häufig bei Trematoden und immer bei Cestoden drüsige Parenchymzellen, die sog. Subcuticularzellen beteiligt. Unter der Öuticula kann in derselben Weise eine sog. Basalmembran auftreten. Die erwachsenen Individuen haben also im morphologischen Sinne überhaupt keine Haut. Die Sub- cuticularzellen sind nach Bau und Entstehung Parenchymzellen und keine eingewanderten Derivate der Epidermis. Nematoden. Die Haut der Rundwürmer zeigt manche Besonderheiten durch Ausbildung einer enorm dicken Cuticula, wobei die Epidermiszellen Haut. Nematoden. 173 allmählich aufgebraucht und zu einem dünnen Symplasma (Syncytium), der sog. Subeuticula oder Hypodermis, rückgebildet werden. Gleichzeitig können besondere Median- und Seitenlinien zur Ausbildung kommen, in denen sich das Syncytium sehr verdickt. Bei Gordius haben die parasitisch in Insekten lebenden ‚Jugendformen noch hohe, deutlich gesonderte Zellen, welche von Drüsenzellen durchsetzt und von einer zweischichtigen Cuticula bedeckt werden. Die äußere dünne Schicht ist lamellös, die innere dicke besteht aus senkrecht zur Ober- fläche stehenden Fasern. Bei er- wachsenen Tieren sind keine Zell- grenzen mehr zu erkennen, sondern man findet nur einzelne Kerne in Fig. 141. 1. Oncosphaera von Bothrio- einer dünnen Protoplasmaschicht. cephalus latus mit äußerer ektodermaler : £ Er : Flimmerhülle. 2. Plerocercoide Finne aus Seiten- und Medianlinien fehlen bei dem Hecht in ausgestrecktem und zurück- Gordius. Dieinnere Outicularschicht gezogenem Zustande. Aus HERTWIG. baut sich aus Fasern auf, welche in Lamellen parallel zur Oberfläche angeordnet sind und sich dabei kreuzen, so daß in der Flächenansicht eine Wabenstruktur vorgetäuscht werden kann. Aehnlich bei Paragordius und Nectonema. Ich nehme an, daß bei diesen drei Gattungen die Fasern der inneren Cuticula durch Abscheidung oder durch kolloidale Ausfällung, nicht durch Um- wandlung des Protoplasmas hervorgehen, obwohl die Zellen hierbei Nic 2. d.e ke, ke Fig. 142. Querschnitt durch den Seitenwulst von Ascaris megalocephala nach SCHNEIDER. d.x mediale Zellenreihe, © innere Lage der Cutieula. »f, nf, Nerven- fasern, NiC Nierenkanal, se Synceytium mit den Kernen ke, stfi Stützfibrillen. allmählich niedriger werden. Bei Paragordius ist an den beiden Körper- polen die Epidermis etwas erhöht. Bei den kleinen freilebenden Nema- toden finden wir unter der dicken Cuticula acht Längsreihen von Zellen, eine dorsale, eine ventrale und drei laterale (9 A). Sie springen nach 174 VI. Kapitel. innen stark vor und bilden dadurch die Median- bzw. die Seitenwülste; die Außenzellen der letzteren breiten sich in dünner Schicht bis zu den Medianzellen aus und bedecken demnach fast die ganze Seitenwand. Man findet hier nirgends Kerne, da diese in den Seitenwülsten liegen, deren Zellenzahl häufig vermehrt ist. Bei Anthraconema soll die Sub- cuticula fehlen, was wohl so zu verstehen ist, daß die Ausbreitungen der lateralen Außenzellen sich im Alter rückbilden. Bei Mermis wandeln sie sich in zirkuläre Fasern um, so daß auch hier eine Hypodermis, Fig. 143. Cuticula von Ascaris megulocephala, A quer, B längsgeschnitten, nach SCHNEIDER. üu.ba äußere Bandschicht, 5b, b,, b, Saftkanälchen (Fasern?), Ep Epidermissyneytium, A homogene Schicht, i innere Lage, ©.ba innere Bandschicht, i.f, m.f, äu.f innere, mittlere, äußere Faserlage, ri Rindenschicht, x Grenzmembran. abgesehen von den Längswülsten, fehlt. Der dorsale Längswulst ist in dieser Gattung nur am vorderen Körperende entwickelt. Bei den As- cariden (142) sind die Seitenwülste groß und umschließen den Nieren- kanal. Die beiden Außenzellen verwandeln sich in ein Syncytium mit vielen Kernen, welches die mediale Zellenreihe (d.x) umgreift. Zu beiden Seiten dieser Reihe liegen kleine Kerne (ke,) in dichten Gruppen. Die große Protoplasmamasse des Seitenwulstes wird außerdem von vielen Stützfibrillen durchzogen, welche sich in die dünne Hypodermis fortsetzen. Auch diese enthält viele Stützfasern und zerstreute kleine Kerne. Die Medianwülste sind kleiner als die seitlichen, aber ähnlich gebaut und umschließen Nervenfasern. Diese syncytiale Protoplasma- schicht sondert eine mächtige Cuticula aus, welche um so dicker ist und um so mehr Schichten aufweist, je größer die Arten sind. Bei Ascaris megalocephala aus dem Pferde wird sie über 40 u dick und besteht aus mindestens acht Schichten (143). Helle Linien, welche die Outicula senkrecht bis zur Oberfläche durchziehen, werden meist als Saftbahnen, Haut. Anneliden. 175 von GorpscHhMmipr als Stützfasern gedeutet. Man wird annehmen dürfen, daß auch bei den Spulwürmern die Epidermis auf früheren Stadien aus getrennten Zellen besteht, welche sich später während der Ausscheidung der Cuticula in ein Syncytium verwandeln. Eigentümlich verhält sich die Haut der Trichotracheliden an den sog. „Stäbchenfeldern“. Viele stäbchenförmige Zellen erheben sich hier von der Hypodermis und durchsetzen die dicke Outi- cula bis zur obersten Schicht, an der sie mit einem Knöpf-- chen enden. Vielleicht sind sie sensibel. Die Felder sind Verbreiterungen der Seiten- wülste. Die dicke starre Outi- cula der Nematoden hat zur Folge, daß der Körper sehr steif ist und nur pendel- artige Bewegungen ausführen kann. Ganz dünne Arten (Gordius, Mermis) vermögen sich spiralig aufzurollen. Eine 2 nn ne die ar Fig. 144. Stück der abgezogenen Cuticula rend des Wachstums regel- eines Regenwurms (Zisenia), nach SCHNEIDER. mäßig, meist viermal auf- 7 Fibrillen, Po Drüsenporus. tretenden Häutungen, wo- bei auch die Outicula des Schlundes und der Kloake abgeworfen wird. Bei Rhabditiden kann die Cuticula des zweiten Stadiums eine Zeitlang als Cyste das Tier während einer Ruheperiode umhüllen. Fig. 145a. Fig. 145b. Fig. 146. Fig. 145. Lumbricus terrestris, a eine junge Ersatzborste in ihrer noch ge- schlossenen Follikelröhre .b-.die große Bildungszelle an der Basis einer jungen Borste. Nach SCHEPOTIEFF. Fig. 146. Querschnitt einer Borste des Ringelwurms Flabelligera diplochaitus, nach GÜNTHER. ch Chitinröhren, o Oberhäutchen. Anneliden. Die Epidermis besteht aus Deckzellen und Drüsenzellen; die ersteren sind distal faserig differenziert, und ihre Fasern setzen sich in die Cuticula fort. Die Drüsenzellen produzieren Schleim und sind im Clitellum der Regenwürmer mächtig entwickelt. Die Cuticula ist ge- schichtet, und jede Schicht besteht aus zarten homogenen Fibrillen, die 176 VI. Kapitel. durch eine Kittsubstanz zusammengehalten werden. In Fig. 144 sind die Fasern hell, die Kittsubstanz dunkel gehalten. An den Poren der Drüsenzellen erweitern sich die Kittlinien und bilden dadurch ein Kreuz. Die Fasern verlaufen beim Regenwurm und manchen anderen Arten in zwei sich rechtwinklig schneidenden Systemen, die mit der Körperachse einen Winkel von 45 Grad bilden, was vermutlich so zu erklären ist, daß sie von zwei verschiedenen Serien von Zellen ge- bildet werden. Die Borsten entstehen in zunächst geschlossenen Follikelröhren (145), welche später nach außen durchbrechen und an ihrer Basis eine große Bildungszelle aufweisen; es scheint, daß auch die übrigen Zellen der Röhre die Borste durch Auflagerung eines Ober- häutchens (146) verstärken. Die Borste selbst besteht aus auf dem Querschnitt sechseckigen Chitinröhren, die von innen nach außen dünner werden und in Festigkeitskurven angeordnet sind. Bei Nerers und Verwandten finden sich Borsten mit festem Mantel und zentralen geld- rollenartig übereinanderliegenden Hohlräumen, deren dünne Wände die Borste quergestreift erscheinen lassen. Arthropoden. Das Integument der Gliederfüßer ist von besonderem Interesse, weil es durch Ausbildung eines Chitinpanzers die mannigfachsten Funk- tionen übernimmt; es dient als Außenskelett zum Schutz des Körpers, ist Träger der Farben, ermöglicht die Bildung von Beinen und Flügeln, die uns hier zum erstenmal in der Tierskala entgegentreten, gewährt den Muskeln eine feste Anheftungsstelle und liefert in Form von Haaren, Dornen, Schuppen, Krallen und Skulpturen eine Fülle von An- passungen oder indifferenten Artmerkmalen. Indem sich die Chitin- masse nach innen in die Leibeshöhle fortsetzt, entstehen sog. Apo- demen zur Anheftung von Muskeln, oder zur Umhüllung des Bauch- marks (Astacus). Um den Körper beweglich zu machen, findet sich das Chitin in jedem Segment in Gestalt eines derben Ringes, welcher aus 2 oder mehreren Stücken zusammengesetzt ist. Diese Ringe sind durch biegsame Gelenkhäute mit einer meist viel dünneren Chitindecke verbunden. Das Chitin hat die Zusammensetzung C®”H°*N'O*. Es ist aus- gezeichnet durch eine sehr große Widerstandsfähigkeit gegen Druck und Stoß und gegen Lösungen von KÖH und dünnen Säuren. Es löst sich hingegen leicht in kalter konz. H’SO* und HCl; mit J färbt es sich braun oder braunrot, wird aber bei Zusatz von Schwefelsäure nicht blau wie Cellulose. Wie die letztere Substanz in hohem Maße für das Pflanzenreich charakteristisch ist, so gilt das für das Chitin bezüglich des Tierreichs. Nur in der Zellmembran gewisser Pilze ist Chitin nachgewiesen worden. Bei den Wirbellosen ist das Chitin weit ver- breitet: in geringer Menge im Skelett der Hornschwämme, reichlich im Periderm der Polypen, ferner in den Borsten der Ringelwürmer und in der Cuticula der Blutegel; bei Schnecken kommt es vor in der Radula, im Kiefer und zuweilen auch im Deckel; bei Muscheln in sehr geringer Menge in der Schale, bei Tintenfischen in der Schale und Radula, im Kiefer und zuweilen auch im Darm. Endlich bei den Arthropoden bildet es überall die Cuticula der Haut, der Geschlechts- wege und des Darms, fehlt aber in den Eischalen. Die Struktur des Chitins ist bei allen Arthropoden im wesent- Chitin. 177 lichen die gleiche. Sie erscheint bei Anwendung starker Vergrößerungen zuweilen homogen, meist zusammengesetzt aus fibrillären Schichten und nicht selten bei Anwendung stärkster Systeme von wabigem Bau. Einen homogenen Eindruck machen in der Regel nur sehr dünne Chitin- decken, wie sie in den Flügeln der Bienen, Fliegen und anderer In- sekten und in der Haut kleiner Maden vorkommen. Sobald das Chitin dicker wird, kann man in der Regel eine beson- dere „Außenlage*“ oder „Emailschicht“ (64h bei &) und darunter eine Anzahl von A horizontalen Schichten erkennen. Die 2 Außenlage ist bei Insekten Träger des dunklen Pigments und läßt bei Flächen- ansicht häufig eine polygonale Felderung erkennen, welche den Matrixzellen ent- spricht. Sie kann auch wabig gebaut sein oder bei metallisch glänzenden Hautdecken eine senkrechte Stäbchenstruktur aufweisen. Sie ist durch Ausbildung von Leisten oder Vertiefungen der Sitz der verschiedensten Skulpturen und oft besonders fest, so dab sie durch kochende HCl nicht gelöst wird. Die nun folgenden dünnen Lagen zerfallen meist in zwei oder mehrere Schichten, welche sich oft verschieden färben. So finden wir bei den dekapoden Krebsen zunächst eine Pigmentschicht (147 b) mit einem bläulichen, beim Kochen und in Säuren rotwerdenden Farbstoff (Carotin). Die Lagen der Pigmentschicht und der darauffolgenden Hauptschicht (147 ce) sind ebenso wie die Schichten der Insekten zusammengesetzt aus parallelen Fibrillen, welche sich kreuzen, und zwar in benachbarten Lagen fast rechtwinkelig. Der ganze Panzer mit Ausnahme der Außenlage ist ferner durchsetzt von dicht- stehenden vertikalen Linien, welche, wie es scheint, sehr verschiedener Natur sind; die ganz zarten werden wohl gebildet durch die Kittsubstanz der Fibrillen. Andere entstehen dadurch, daß die Matrix- a vn N zellen zarte Ausläufer bilden, zwischen vers. des Hurmiersenhch epı denen die Ausscheidung des Chitins erfolgt »er« mit homogener Außenlage (148). Diese Ausläufer können später zu a, der Pigmentschicht b und der Fasern werden. ‚Endlich finden sich Poren- Hauptschicht c, welche nach kanäle, welche die horizontalen Schichten en a und weniger durchsetzen, indem die Fibrillen in Spalten auseinanderweichen. Solche Spalten geben dann, wie beim Regenwurm (144), in der Flächenansicht das Bild eines Kreuzes, da die Fibrillen sich schneiden. Solche Kanäle führen in vielen Fällen in Haare hinein und sind mit Protoplasma erfüllt (64%) oder sie dienen als die Ausführgänge von Drüsenzellen oder sie sind leer, Plate, Allgemeine Zoologie I. 12 178 VI. Kapitel. indem vermutlich der Fortsatz der Zelle sich rückgebildet hat. Sie dürften dann im Dienste der Hautatmung stehen. Die Ursache der Fibrillenkreuzung bedarf noch der Aufklärung. Nach Kapzov sollen die hexagonalen Zellen die Fibrillen abwechselnd parallel zu ihren ver- schiedenen Seiten ausscheiden, weshalb sie sich ungefähr im Winkel von 60° kreuzen. Vielleicht handelt es sich aber um verschiedene Zellen, die nacheinander in Tätigkeit treten. Die Haut der höheren Krebse und mancher Diplopoden ist sehr hart durch Einlagerung von amorphem, nicht doppelt brechenden CaCO®, welcher so fein verteilt ist, daß er auf Schliffen nicht erkannt werden kann. Bei Astacus ent- hält der Panzer 40 Proz. organische Substanz, 47 Proz. CaCO®, außer- dem geringe Mengen von Calciumphosphat, MgUO°, OaSO!, A1?’O?, Fe’O? und Wasser. Gleich nach der Häutung ist der Panzer weich, ohne Kalk. Er wird erst allmählich vom Blute aus mit Kalk infiltriert, wahrscheinlich mit Hilfe der Porenkanäle Im Blute lassen sich sehr geringe Mengen von Kalk (0,099 Proz.) nachweisen. Die Epidermis- zellen der Arthropoden werden häufig als Hypodermis bezeichnet, Fig. 148. Bildung des Chitins unter der Außenlage bei einem Goldkäfer (Oetonia) nach KAPZOV. weil ihre Höhe oft so gering ist, daß die Haut fast nur aus dem Chitin besteht. Sie kann unter Umständen '/,, oder noch weniger der letzteren betragen und bis auf 1 x Dicke heraksinken. In anderen Fällen, namentlich bei dickhäutigen Larven und im Darm, sind die Zellen aber umgekehrt höher als die Outicula. Im allgemeinen sind die Zellen in der Jugend hochzylindrisch, und je mehr Chitinlagen sie absondern, um so niedriger werden sie, bis sie schließlich zu einem platten Epithel ohne sichtbare Zellgrenzen werden (64%). Die Zellen brauchen sich also allmählich mehr oder weniger auf. Dies kann so weit gehen, daß sie in den Flügeln und Schuppen der Schmetterlinge und bei manchen anderen Insekten vollständig eintrocknen oder degenerieren. Sind die Zellen hoch, so scheiden sie nach innen eine Basalmembran aus. Wo sich Muskeln an das Chitinskelett ansetzen, sind die Zellen fast immer streifig differenziert, und die Basalmembran ist verdickt. Die Muskel- fibrillen enden an der letzteren, obwohl es manchmal so scheint, als ob sie direkt in die Stützfibrillen der Zelle übergingen und sich bis zur Cuticula fortsetzten (64%). Bezüglich des Modus der Ausscheidung stehen sich zwei Auf- fassungen gegenüber. Nach der einen soll das Chitin ein zunächst flüssiges Sekret, nach der anderen ein Umwandlungsprodukt des Proto- Häutung der Arthropoden. 179 plasmas sein. Die Beobachtung, daß das Chitin in vielen Fällen zuerst als ein Tropfen zwischen den distalen Verlängerungen des Protoplasmas auftritt (148), läßt sich kaum anders als Sekretion deuten. Desgleichen ist die Bildung von Fibrillen als eine kolloidale Ausfällung zu verstehen, und die Wabenstruktur ist eine bekannte Erscheinung in eben solchen Lösungen. HoLmGrEn hat die Stäbchenstruktur der Außenlage mit Rücksicht auf die Basalkörner (64/) als verklebte Cilien aufgefaßt, aber es handelt sich hier wohl nicht um echte Zentralkörper, sondern um eine sich stark färbende Kittsubstanz zwischen den Chitinsäulen. So kann die Umwandlungstheorie zurzeit als widerlegt gelten, was nicht ausschließt, daß Protoplasmafäden sich unter Umständen mit Chitin imprägnieren können. Häutung. Da der starre Chitinpanzer sich mit zunehmender Körpergröße nicht auszudehnen vermag, so muß er von Zeit zu Zeit durch eine Häutung abgeworfen werden, so lange das Wachstum an- hält. Da dieses besonders in der Jugend erfolgt, so finden in dieser Periode die meisten Häutungen statt. Der Flußkrebs wirft in den ersten 2 Jahren 2—-3mal jährlich den Panzer ab, später nur einmal. Der Hummer macht in den ersten 2 Jahren sogar 7-8 Häutungen jährlich durch, später viel weniger. Der amerikanische Hummer setzt alle 2 Jahre Eier ab, die er 10—11 Monate mit sich herumträgt. Da er sich während dieser Zeit nicht häutet, so erfolgt auch das Abwerfen der alten Schale ungefähr alle 2 Jahre. Durch die Häutungen wird nicht nur das Außenskelett mitsamt den ihm anhaftenden Apodemen und harten Sehnen abgeworfen, sondern auch die Auskleidung des Darms und der Geschlechtswege. Daher bedeuten die Häutungen kritische Perioden im Leben des Individuums, bei denen schwächliche Exemplare häufig eine Extremität einbüßen oder deformieren und kränkliche Tiere nicht selten zugrunde gehen, weil ihnen die Kraft fehlt, sich von der alten Hülle zu befreien. Der Vorgang verläuft bei den Arthropoden im wesentlichen stets in der gleichen Weise. Indem die inneren Or- gane und die Hypodermis größer werden, löst sich die letztere vom Chitin und sondert zunächst eine durchsichtige Membran ab (149), die sog. „plasmatische Schicht“, welche Zellabdrücke erkennen läßt und daher von der Hypodermis irgendwie gebildet sein muß. Darauf schwitzt die Haut die sog. Exuvialflüssigkeit aus und hebt dadurch den alten Panzer ab. Die Zellen bilden nun in den meisten Fällen zarte Fortsätze, die sog. Häutungshaare, und unter diesen die neue Outicula (149 5‘). Durch Druck von innen wird der alte Panzer gesprengt und abgeworfen. Die Bedeutung der Härchen ist noch unklar. Eine mechanische Rolle bei der Abhebung des Chitins kann ihnen nicht gut zukommen. Zuweilen gehen aus ihnen später Oberflächenskulpturen hervor, aber auch dieser Umstand macht ihre weite Verbreitung nicht verständlich. Sie müssen wohl die Abschei- dung der Exuvialflüssigkeit unterstützen, ähnlich wie in 148 die Zell- fortsätze diejenige des Chitins. Die plasmatische Schicht hat schon R£aumur 1719 beim Flußkrebs beobachtet und als ein Hilfsmittel ge- deutet, welches das Abwerfen des alten Panzers erleichtert. Jene Flüssigkeit hat nicht nur die Aufgabe, diesen abzuheben, sondern in manchen Fällen erweicht sie ihn auch und macht ihn dehnbarer. Bei den höheren Krebsen wird der alte Panzer ärmer an Kalksalzen, und beim Hummer wird im 3. und 4. Glied des Beins der großen Schere die Kalkmasse an einer Stelle aufgelöst und so ein großes dehnbares 12% 180 VI. Kapitel. Feld geschaffen, damit die riesige Muskelmasse durch die engen Basalglieder hindurchgezogen werden kann. Zu demselben Zwecke wird alles Blut aus diesen Muskeln vorher entfernt, so daß sie zu weichen dünnen Fäden werden. Auch bei den Diplopoden wird der Panzer vor dem Abwerfen durch jene Flüssigkeit kalkärmer, und bei der Larve von Tenebrio molitor wird sogar der innere Teil der Outicula völlig aufgelöst. Viele Insektenlarven besitzen besondere Exuvial- drüsen (Versonsche Drüsen) zur Absonderung jener Flüssigkeit. Bei den Raupen liegen in jedem Brustsegment zwei Paare derselben, das Aa Re en u 1 . b‘ b RT 2 ”, h: 5 Y RE Zi Ei ‚a j ) N 20 ke x N r \e3 ; Fig. 149. Fig. 150. Fig. 149. Querschnitt durch die Rückenhaut der Raupe von Ocneria dispar bei der vierten Häutung nach PLoTNIKkow. a Epidermis, b, b‘ die alte und die neue Cutieula, e die „plasmatische“ Schicht, von der ein Rest weiter nach innen liegt, / die Häutungshärchen. Unter ce befindet sich die Exuvialflüssigkeit mit 5 Körpern, welche PLOTNIKOW nicht näher bezeichnet. Ich halte sie für ausgewanderte Leukocyten. Fig. 150. Schnitt durch eine der Falten der Flügelanlage der Puppe von Vanessa antiopa nach MAYER. obere Paar vor den Stigmen, das untere an der Basis der Füßchen. Die Abdominalsegmente haben nur ein Paar vor den Stigmen. Die Drüsen ragen weit in die Leibeshöhle hinein und bestehen aus einer hinteren großen Drüsenzelle mit langem gelappten Kern und zwei davor liegenden Zellen, welche den Ausführgang umschließen. Aus dem Gesagten ergibt sich, daß das Tier nicht durch die Häu- tung wächst, sondern daß diese erfolgt, weil der Körper sich vorher vergrößert hat. Gleich nach der Häutung dehnt sich die neue Haut aus und die Größenzunahme tritt dann deutlich hervor. Der Cephalo- thorax eines Hummers von 119 mm Länge maß gleich nach der Häu- tung 130 mm und blieb so bis zur nächsten Häutung. Die Häu- tung verläuft im einzelnen bej jeder Art oder Gruppe in besonderer Weise. Bei den Macruren tritt ein dorsaler Riß in der Gelenkhaut zwischen Schwanz und Brust ein. Das Tier legt sich auf die Seite, schüttelt die Beine von Zeit zu Zeit und zuckt krampfhaft mit den Muskeln. Indem der Schwanz gegen den Körper eingeschlagen wird, Häutung der Arthropoden. 181 schiebt sich erst der Vorderkörper, dann der Schwanz aus jener Oeff- nung heraus. Dabei wird das Chitin des Magens aus dem Munde, das- jenige des Darms aus dem After herausgeworfen. Bei den Krabben wird zuerst der Hinterleib aus seiner Hülle herausgezogen und dann die dorsale Decke des Cephalothorax durch einen ringförmigen Riß ab- gehoben, wobei das Tier seine natürliche Stellung beibehält. Asellus aquaticus sprengt den Panzer ringförmig in der Mitte des Körpers und zieht zuerst die hintere, dann die vordere Körperhälfte heraus. Bei den Macruren geht der eigentlichen Häutung ein Vorstadium voraus ia: le: ; Ama: alun; 3 len Bl IE } el t “ \ \ ä = YA & \ P:4 REES (2 Fig. 151. Schnitt durch eine Schuppenreihe der Flügelanlage der Puppe von Danais plexippus 6 Tage vor dem Ausschlüpfen des Falters nach MAyER. Zwischen den Schuppenzellen liegen faserartige Epithelzellen und durchbrechen die Basal- membran, um zur Gegenseite zu ziehen. durch Bildung der Krebssteine des Magens. Bei Astacus ent- stehen sie im Mai als zwei runde Scheiben aus CaCO? mit einer flachen und einer gewölbten Fläche, während sie beim Hummer stabförmig ge- staltet sind. Sie bilden sich in einer Nische des Magenepithels unter der Cuticula und stellen ein Kalkreservoir dar, welches im August wieder vom Blute gelöst und zur Erhärtung des neuen Panzers ver- wandt wird. Auf dieses Vorstadium folgt die Periode der Ausscheidung der Flüssigkeit und der Bildung der Härchen und endlich Ende Juli 182 VI. Kapitel. bis Anfang August die Absonderung der beiden äußeren Schichten (Email- und Pigmentlage) des Panzers. Die Hauptschichten werden erst später ausgeschieden. Die Erhärtung des Panzers nimmt mehrere Wochen in Anspruch. Die Decapoden halten sich während der ganzen Häutungsperiode an versteckten Stellen, unter Steinen, in Sandlöchern, zwischen Seetang u. dgl. auf, um ihren Artgenossen und anderen Feinden aus dem Wege zu gehen. Bei den Brachiuren fehlen die Magensteine. Mit wenigen Worten gedenken wir hier der Bildung der Schmetterlingsschuppen. In der Flügelanlage der Puppe legt sich die Hypo- dermis in Falten, und jeder Falte entspricht eine Reihe von Schuppen, welche durch be- sondere drüsenartige Bildungszellen erzeugt werden (150). Diese verlängern sich über die Oberfläche der Zellen hinaus mit einem Fort- satz, welcher später sich aufbläht, mit Aus- B nahme eines basalen Stieles, a a an mit der Flügelmembran verbindet. Der auf- die ae geblähte Teil scheidet das Chitin der eigent- nach Pruvot. A Myxo- lichen Schuppe ab und bildet im Innern Pig- menia, Stacheln schwarz. ment (151). Später zieht sich das Protoplasma NET: vollständig aus der Schuppe zurück bis auf das Pigment, welches der Innenfläche an- haftet. Beide Flächen der Schuppe können durch chitinige Strebe- pfeiler miteinander verbunden sein. Nach dem Ausschlüpfen wird die Hämolymphe in den Hohlraum des Flügels gepreßt und dessen Falten werden dadurch ausgeglättet, worauf die Größenzunahme des N c c c c IT © D E F Fig. 153. Schemata der verschiedenen Hartgebilde im Mantel der Chitonen nach PLATE. Der Kalk ist hell, der Hornbecher dunkel gehalten. A Hanleya han- leyi, vielleicht nur Jugendstadium. B Acunthopleura echinata. C Chiton. D Chiton magnifieus. E Tonicra fastigiata. F Chaetopleura peruwviana. Flügels beruht. Da sich faserartige Epithelzellen (151) zwischen beiden Lamellen ausspannen, wird ein Aufblähen des Flügels vermieden. Später tritt eine fast vollständige Degeneration der Epithelien ein, so daß der fertige Schmetterlingsflügel, mit Ausnahme einiger ihn durchziehenden Nerven, ein totes Gebilde ist. Bei vielen andern Insekten erhält sich das Epithel dauernd, wenn auch nur in Form eines Symplasmas mit Hautskelett der Mollusken. 183 mehr oder weniger weitgehender Rückbildung der Kerne; so z. B. in den rudimentären Hinterflügeln von Phyllium 2. Die Haare und Borsten der Arthropoden entstehen in derselben Weise durch eine sich ver- längernde Zelle, welche sich mit Chitin umhüllt. Ist ein Basalring des Haars vorhanden, so entsteht er durch eine eigene Bildungszelle. Mollusken. Wir beschränken uns hier auf die Schilderung der Hartgebilde, welche in der Haut der Weichtiere vorkommen, und auf die Bildung der Schale, da die häufig flimmernde Epidermis mit ihren Drüsen (64) und die Unterhaut mit ihren Pigment- zellen, Bindegewebsfasern, Muskeln A und Nerven dem Verständnis keine [ "2 Schwierigkeiten bereitet. Für die & 148 Amphineuren ist die Einlagerung von B/ kalkigen oder chitinösen Hartgebilden ı% fl / in die Cuticula der Haut so charakte- A, | ristisch, daß man sie als Aculifera RA -B (HatscHer) allen übrigen Mollusken hi ee als Conchifera gegenübergestellt RL fi hat. Bei den Solenogastres (152) HA ken Er sind die Verhältnisse noch ziemlich PL, FEN i. einfach, indem die Cuticula entweder VS: Ei a / \ dünn ist und schuppenförmige Stacheln ME al 1a 15 (A) enthält (Dondersia, Myxomenra, & 1 7 yl 9 ® Chaetoderma) oder sehr dick geworden ” ist (Proneomenia, Perimenia) und viele solide oder hohle Kalkstacheln auf- weist (B). In der letzteren Gruppe ist die Epidermis meist in lange Papillen s ausgezogen, welche bis zur Oberfläche an ie aus m reichen können und dann platzen. Chitinbecher eines Stachels und da- Spricht dieser Umstand für ihre runter seine Bildungszelle Neben Drüsennatur, so wird man andere bei ern nn a One kürzere für eine gesteigerte Haut- 1 die zu ihm gehörenden schmalen empfindlichkeit in Anspruch nehmen seiner Bildungszelle Links ist ein können. Viel kompliziertere Verhält- Stachel abgerückt und die Epithel- nisse treffen wir bei den Chitonen zellen setzen sich als feine Fäden bis an, deren beide Mantelflächen in außer- 74 dem Becher und dem Ringe fort. ordentlich verschiedener Weise mit Körnern, Schuppen, Stacheln oder Borsten besetzt sein können. Die ersteren drei sind ganz oder überwiegend aus CaCO°® zusammengesetzt und dienen zum Schutz, während die chitinigen Borsten wohl zur Wahr- nehmung der Wasserbewegung, vielleicht auch, wenn sie sehr dicht stehen, zum Festhalten von Wasser beim Aufenthalt außerhalb desselben dienen. Da der Mantel der Unterlage angepreßt wird, so finden wir auf seiner Ventralseite in der Regel fast horizontal liegende Schuppen, während auf dem Rücken eine oder mehrere Sorten (bis zu sechs) vor- kommen. Fig. 153 gibt einen Ueberblick über die wichtigsten Formen; bei A ein einfacher Kalkstachel; bei B ein sehr großer Kalkstachel, welcher auf seiner Oberfläche von einer derben Membran überzogen wird, die von den Randzellen der Epithelgruppe abgesondert wird: 184 VI. Kapitel. bei Ü eine große Kalkschuppe, die an der Basis von einem Chitin- becher umgriffen wird; bei D ein Chitinbecher mit einem kleinen Zapfen; bei E ist der Zapfen zu einer langen Chitinborste ausgewachsen, während der Becher und der Kalk- stachel rudimentär geworden sind: endlich bei F ist die Bildungszelle in einen langen Faden ausgezogen, welcher den Becherstachel trägt und von einer Chitinröhre umhüllt wird. Diese Hartgebilde werden entweder durch die Dickenzunahme der Outi- cula nach außen gedrängt und schließ- lich abgeworfen, um durch neue er- setzt zu werden, oder sie persistieren durch das ganze Leben, was als eine höhere Stufe anzusehen ist. In selte- nen Fällen wird das ganze Gebilde, Stachel und Becher, von einer Bil- dungszelle geliefert. Meist aber finden wir eine große primäre Bildungszelle (154), zu der dann später noch benach- barte Zellen als sekundäre hinzukom- men. Die ganz großen Stacheln (153 B) werden meist von Anfang an von vielen gleich großen Zellen ausgeschie- den. Die Epidermiszellen der Chitonen (154) sind durch Interzellularspalten voneinander getrennt und bilden viel- fach Pakete, die von einer dünnen Membran umschlossen werden. Bei den Lamellibranchiern wird die Schale vom Mantel abgesondert, und zwar im allgemeinen jede Schicht von einer besonderen Fpithelstrecke. Die Schale besteht aus drei Schichten, welche von außen nach innen genannt werden: Periostracum oder Epi- Fig.155. Schliff durch den Schalenrand von Margaritana margaritifera nach RUBBEL. Der freie Rand der Schale ist nach unten gekehrt. Das Periostracum (pe) und die von ihm durch die Prismenschicht (pr) ziehenden Lamellen sind schwarz gehalten. Ebenso die- selben in der Perlmutterschicht (ipe). apm, ipm äußere, innere Perlmutterschicht, welche beide getrennt werden durch die bei der Mantel- linie (nl) frei hervortretende helle Schicht. cuticula (155 pe), Prismenschicht (pr), Perlmutterschicht. An den Stellen, wo sich die Schließmuskeln oder die Mantellinie (m/) an- setzen, kommt hierzu noch als vierte Zone die sog. helle Schicht, welche in der Abbildung als eine schmale Linie zu erkennen ist, die die Perl- Muschelschale. 185 mutterschicht in eine äußere (apm) und eine innere (2p»n) Lage trennt. Das Periostracum ist eine chitinähnliche, gelbe bis dunkelbraune, rein organische Hornmasse (Conchiolin), welche die Schale durch ihre große Widerstandsfähigkeit gegen mechanische Verletzungen schützt. Ist sie einmal zerstört durch den beständigen Anprall von Sandkörnern, so wird die Kalksubstanz sehr bald stark angefressen, wie man an den Wirbeln der Flußmuscheln oft sehen kann. Diese Außenlage er- scheint in dünner Schicht homo- gen, in dicker zuweilen lamellös. Bei Oyprina, Cardium, Dreissensia u. a. zerfällt sie in eine dunkle Außen- und eine helle Innenzone. Das Periostracum setzt sich bei vielen Muscheln nach innen in Lamellen (155 ipe) fort, welche die Prismen und vielfach auch die Perlmutterschicht durchziehen, so daß diese auf Schliffen von dunklen Linien durchsetzt erscheinen. Die Prismenschicht ist in der Jugend sehr dünn, später ist sie die dickste Schicht, besonders in WERE LEBE Se der Nähe des Schlosses, da das EN 3 ganze Außenepithel des Mantels Fig. 156. Querschliff durch die Schale 5 FE ; von Anodonta cellensis nach ROSSBACH. ihr beständig neue Schichten aN- 0% Conchiolinkügelchen, pe Periostracum, lagert, so lange die Bildung der pr Prismen-, pm Perlmutterschicht. Perlmutterschicht noch nicht be- gonnen hat. Sie tritt am Rande der Schale frei zutage (155), so daß hier alle drei Schichten zuübersehen sind. Die Prismenschicht besteht aus hohen sechseckigen Kalkprismen, welche durch die ganze Dicke der Schicht hindurchgehen. Dazwischen schieben sich kleinere kegelförmige, nament- lich am Außenrande (156). Die Prismen zeigen eine zarte Querstreifung aus leicht gebogenen Linien, welche auch nach dem Entkalken bleiben, also pn Fig. 157. Schliff durch einen Oelfleck von Margaritana (oe), der sich in das Innere fortsetzt, pm Perlmutterschicht, pr Prismen. Nach RUBBEL. organischer Natur sind. Die Prismen werden nämlich von einer Conchiolin- hülle umgeben, welche eine Fortsetzung des Periostracums ist und durch Verdickungen ihrer Innenfläche die Querstreifung erzeugt. Auch hier liegen der Kalkmasse oft gelbe Kügelchen aus derselben organischen Substanz an (cok). Die Perlmutterschicht besteht aus äußerst dünnen Lamellen, welche gefältelt sind und daher auf Flächenschliffen zackige Linien beschreiben. Auf der innersten jüngsten Lamelle kann man eine polygonale Felderung erkennen, die so aussieht, als ob sie den Epithelzellen entspräche. Durch 186 VI. Kapitel. ihren geschichteten Bau ruft diese Lage den bekannten Perlmutterglanz auf der Innenfläche vieler Muscheln hervor. Dieser kann aber auch fehlen, denn die Perlmutterschicht kommt nicht immer vor. Rei Pinna fehlt sie z. B. an den jüngeren Teilen der Schale. Bei Austern sieht sie kreideweiß aus und enthält viele mit einer weißen erdigen Masse gefüllte Hohlräume. Durch die sog. helle Schicht wird die Perlmutter in eine äußere hellere und eine innere dunklere Zone gespalten. Die letztere enthält Periostracumlamellen (155 pe), welche nicht selten von einer schmalen Lage von Prismen eingefaßt werden (15%), was beweist, daß alle verschiedenen Schalensubstanzen von denselben Epithelzellen Li = Fi BT ru Pr £ \ j ! f | \ Sn »\ - - | KG —eonD a J { r re TG ee Ba = _- Zr —mu 2 Fire FE see € —TRIIIIIIN Far a < { IR SAN Inn > 2% or ET NN u HP Gi en DIÄT \\U IT 2 EN te 7 Sn P44,.,, 7 EN 3 LTE / —. LATE; v N Be (a SF N SIEHE N All / a = PEILEPS x u = \ IIEN II N IR T= N‘ Fig. 158. Querschnitt durch den Mantelrand einer jungen Anodonta. Das Periostracum (p) entspringt bei a zwischen der mittleren und äußeren Mantelfalte (e). Diese hat die Prismenschicht pr gebildet. s ist eine Schicht mit erhärtetem amorphen Sekret, welche deutliche Zellabdrücke erkennen läßt und ein Vorstadium der Prismen ist. Aus WINTERSTEIN. zu wechselnden Perioden gebildet werden können. Wenn eine Perio- stracumlamelle frei zutage tritt, entstehen grünlich-graue Stellen, die sog. Oelflecke (oe). Die helle Schicht bezeichnet die Zone des Vorrückens der Mantel- linie (155 »!) und wird später von der inneren Perlmutterschicht be- deckt. Sie zeigt sehr feine Lamellen, welche von stärkeren vertikalen Linien durchzogen werden. Sie ist scharf abgesetzt von der Perlmutter- masse und wird ausgeschieden von einem von Muskelfibrillen durch- setzten Haftepithel, denn an dieser Stelle heften sich Muskeln an die Schale an. Dieselbe Substanz kann aber auch vereinzelt an Stellen ohne Haftepithel vorkommen. Die Bildung der Schale erfolgt durch das Epithel des Randes und der Außenfläche des Mantels.. Am Rande läuft der Mantel meist in drei Falten aus, eine innere, eine mittlere und eine äußere (158). Das Periostracum wird ausgeschieden vom Außenepithel der Mittel- falte (bei «) und haftet diesen Zellen außerordentlich fest an, so daß es den Eindruck macht, als ob das streifige Protoplasma der Zellen sich direkt in die Lamellen des Periostracums umwandelt.e. Wo das Muschelschale. 187 niedrige Epithel der Mittelfalte umbiegt in die Innenwand der Außen- falte, wird es bei vielen Arten plötzlich sehr hoch und bildet so einen scharf abgesetzten Wulst, der als Mutterboden neuer Zellen für die wachsende Mittelfalte anzusehen ist. Bei Oyprina, Cardium und anderen Arten besteht die Hornschicht aus einer äußeren dunklen Lage, welche in der geschilderten Weise zwischen Mittel- und Außenfalte entspringt, und einer zweiten Lage, welche von der mit vielen Furchen bedeckten Innenfläche der Außen- falte abgeschieden wird. Sobald sich das Periostracum um die Außenfalte herumgeschlagen hat, werden ihr die Prismen aufgelagert. | Diese treten zuerst auf als kleine *, konzentrisch geschichtete Körner von Calciumphosphat, welche all- N mählich größer werden, bis sie sich KERNE D} Re} berühren und polygonal abgrenzen. pk IS I =. Ar 08 Sie wandeln sich später in CaU’O° I rer = Da I um und wachsen später in die DENN Länge auf Grund einer amorphen SE RN && erhärteten Sekretmasse (158 s). Be: ®) Dieselben Zellen oder die weiter Bo | proximal folgenden scheiden dann Fig. 159. Perle der Flußperlmuschel die Perlmutterschicht und die in einem Sack des äußeren Mantelepithels zwischengeschobenen Berlostra and darım geht cumlamellen aus. Daß die Zellen Perlmuttermasse, bz Eindesswebe des äußeren Mantelepithels alle Kalkschichten nacheinander produ- zieren können, zeigt sich bei der Reparatur von Löchern. Die Lücke wird zuerst von einer Öonchiolinhaut geschlossen, welcher dann die Prismen und die Perlmutter aufgelagert werden. Dasselbe beweist auch die Ent- stehung von Perlen der Flußperlmuschel in einer Tasche des äußeren Man- telepithels (159) um den Kern von Periostracum- substanz herum, welche . dann weiter von Perl- mutter oder auch von Prismen oder von beiden umhüllt wird. Bei Ano- 2 en Band Marvaritann Fig. 160. Medianschliff durch die Schale der | IT Patellide Seurria viridula nach THIEM. ap Schalen- bestehen beide Kalk- spitze, ar Area von besonderer Färbung über dem schichten der Schale aus Rücken des Tieres, hyp Hypostracum, oostr, uostr Aragonit, während bei obere, untere Schicht des Ostracums, postr Peri- . 2 5 2: Pinna, Muytilus, Ostraea un a u. a. der letztere nur die Perlmutterschicht aufbaut, während die Prismen aus Kalkspat bestehen. Die Schalen der Gastropoden haben einen viel komplizierteren Bau als diejenigen der Muscheln und sind gleichzeitig viel ärmer an 188 Vi. Kapitel. organischer Substanz. Sie lassen stets drei Schichten erkennen, ein horniges Periostracum, ein mittleres Ostracum und ein inneres Hypostracum. Dieses gilt selbst für die ganz durchsichtigen, nur 80 ı dicken Schälchen der heimischen Vitrinen. Ostracum und Hypo- stracum bestehen stets aus zahlreichen Blättern (162), die senkrecht zur Oberfläche verlaufen, aber gleichzeitig in beiden Schichten recht- winklig zueinander angeordnet sind. Jedes Blatt setzt sich weiter ZU- sammen aus zahllosen Kalkfäden, hat also eine fibrilläre Struktur. Die Fibrillen derselben Schicht kreuzen sich in den benachbarten Blättern, wie ebenfalls aus 162 ersichtlich ist. So entsteht ein außerordentlich Fig. 161. Radiärer Längsschliff durch die Schale von Seurria xebrina nach THıEm. 70:1, ohne Periostracum. fs zarte fibrilläre Struktur, fstr Farbstreifen, hypkr gekreuzte Fibrillen des Hypostracums, /f von links nach rechts, rf von rechts nach links verlaufende Fibrillen, oostr, wostr obere, untere Schicht des Ostracums, pig Pigment, st senkrechte Streifen, x Zwischenscheibe. festes Gefüge. Bei dünnen Schalen sind Ostracum und Hypostracum einheitlich; bei dicken hingegen zerfallen sie wieder in eine Anzahl von Unterschichten, deren Blätter senkrecht zueinander stehen. Als ein Beispiel betrachten wir die napfförmige Schale einer Patellide (160), deren Ostracum gegen die Mündung zu dicker wird, während umgekehrt das Hypostracum am Apex am stärksten ist. Figur 161 läßt die feinere Struktur erkennen. In der oberen und unteren Schicht des Ostracums erscheinen die Blätter von der Fläche gesehen, daher der gekreuzte Verlauf der Fibrillen, welche in der oberen Lage viel derber sind und Schneckenschale. 189 von Pigmentkörnern begleitet werden. In der Außenschicht des Hypo- stracums sind die Blätter von der Kante gesehen und erscheinen ab- wechselnd hell und dunkel. Da sie häufig verzweigt sind und in- einander greifen, erinnern sie an Stalaktiten („Stalaktitenschicht“). In der Unterschicht des Hypostracums täuschen die sich kreuzenden Fibrillen zweier Blätter ein Gitter vor. Zwischen beiden liegt eine schmale Bindeschicht. Während bei dieser Art die Schale aus sechs Schichten besteht, weist sie bei der verwandten Acmaea nur die drei Hauptschichten auf. Bei der Landschnecke Stenogyra decollata, welche im Alter die Spitze des turmförmigen Gehäuses abwirft, finden wir sogar sieben Schichten, vier im Ostracum, zwei im Hypostracum und das Periostra- cum. Nach dem Abwerfen der Spitze wird das Gehäuse durch eine sehr dicke Lage des Hypostracums verschlossen. Die Kalkmasse der Schneckenschalen ist meist Aragonit, bei den Patellen können aber auch einzelne Schichten aus Calcit oder aus einer Mischung von beiden bestehen. Bezüglich der Entstehung der Schale lassen sich fast immer am Mantelrande ziemlich genau die Regionen des Epithels angeben, welche die drei Hauptschichen erzeugen. Besondere Kalkdrüsen sind hierbei nicht beteiligt; wo solche vor- kommen, wie am Mantelrande der Land- schnecken, bilden sie kleine Kalkkörner, welche dem Schleim beigegeben werden. Das Periostracum entsteht meist in einer tiefen Tasche des Mantelrandes. Eine solche kann aber auch fehlen (Gadinia, Calypträen). Das Epithel der Außenfläche In Fig. 162. Schematische Darstellung zweier Schichten aus einer Gastropodenschale nach NartHusıus Die Blätter der oberen Schicht stehen senkrecht des Mantels erzeugt dann an der Kante zuerst das Ostracum und etwas weiter nach innen die innerste Schicht. Wie bei den Muscheln treten zuerst Körner von Calciumphosphat auf, welche sich später zu denjenigen der unteren. Jedes Blatt besteht aus Fasern, die in benachbarten Blättern gekreuzt zueinander verlaufen. bei- dem Aufbau der kom- in Aragonit umsetzen. Es handelt sich plizierten Schale um Kristallisationsprozesse außerhalb des Tier- körpers, deren besonderer Verlauf von den Eigenschaften des Zell- sekretes abhängt und periodischen Veränderungen unterliegt. Die Skulpturen der Schalenoberfläche bedingen besondere Einrichtungen des Mantelepithels. So entstehen die Haare von Helir hispida in Epitheleinsenkungen, und die Dornen einer Murex-Schale werden von fingerförmigen Mantelfortsätzen erzeugt. Indirekt sind auch die Kalkzellen der Leber am Schalenaufbau beteiligt, denn sie Speichern den phosphorsauren Kalk auf. Wenn unsere Helir-Arten den sehr phosphorreichen Winterdeckel absondern, nimmt der Phosphorgehalt der Leber ab. Regenerationsversuche beweisen, dab das Periostracum und das Ostracum nur am Mantelrande gebildet werden können, denn Schalenlöcher in einiger Entfernung von demselben werden nur von einer nicht normalen, hypostracumähnlichen Kalkmasse ver- schlossen. 190 VI. Kapitel. Tunieaten. Die Epidermis der Manteltiere ist sehr eigenartig, weil sie einen häufig sehr dicken „Mantel“ ausscheidet, welcher den Oharakter einer Cuticularbildung hat, aber trotzdem häufig Zellen enthält, und weil er ferner sehr reich an einem Stoffe ist, welcher der pflanzlichen Cellu- lose sehr nahe steht. Die Grundsubstanz desselben färbt sich nämlich mit J und H?SO*: blau wie Cellulose und hat auch dieselbe Formel C5H!°05. Wegen geringer Unterschiede in den chemischen Reaktionen bezeichnet man ihn als Tunicin oder tierische Cellulose. Die Epi- dermiszellen sind meist (Salpen, Pyrosomen, viele Ascidien) niedrig oder plattenförmig, zuweilen auch höher (163, 164). Bei den Appendi- Fig. 163. Schnitt durch den Cellulosemantel der Ascidie Phallusia mammillata nach OÖ. HERTWIG. a Epidermis, b ausgewanderte Mesenchymzelle, welche zu den Mantelzellen (c-g) wird, e gestreckte Form derselben, d sternförmige Zelle, e, f mit Vacuole, y mit sehr großer Vacuole. cularien sind sie niedrig, mit Ausnahme der am Rumpfe befindlichen Oikoplasten, welche den Mantel abscheiden und vielfach zu hohen drüsenartigen Zellen mit verästelten Kernen geworden sind. Nicht selten bilden die Epidermiszellen der Manteltiere zarte Ausläufer in den Mantel hinein, sog. Sekretfäden, welche bei der Abscheidung der Grundsubstanz von Bedeutung sind. Wenn diese dünn ist, ist sie homogen und ohne Zellen. Bei Dokolum soll diese dünne Schicht zeit- weise abgestoßen werden. Bei den Appendicularien verflüssigt sich das ausgeschiedene Tunicin durch Aufnahme sehr großer Wassermengen und muß daher beständig erneuert werden. Es dient nicht allein zum Schutze des Körpers und als Schwebeeinrichtung, sondern durch Aus- bildung eines zierlichen Gitterapparates filtriert es die durch die Schwanzbewegung ihm zugetriebenen Wassermassen und leitet dem Tiere die feinsten Planktongeschöpfe als Nahrung zu. Bei den Salpen treten Kieseleinlagerungen im Mantel auf. Derjenige der Ascidien Haut der Tunicaten 191 zeigt alle Uebergänge von einer dünnen, weichen, homogenen Hülle bis zu einer dicken, knorplig harten Masse von fibrillärer Struktur und mit Einlagerungen von Kalk- oder Kieselsubstanz. Die Fibrillen liegen bei Oynthia in Schichten und kreuzen sich dabei in den benachbarten Lagen (164). Sie erweisen sich im polarisierten Lichte mehr oder weniger doppelbrechend, ähnlich wie Chitinfasern. Ist der Mantel ziemlich dick, so enthält er viele Zellen, welche eingewanderte amöboide Mesenchymzellen sind und entweder eine sternförmige oder auch zu- weilen eine gestreckte Gestalt annehmen. Bei den Pyrosomen vereinigen sich viele der letzteren zu Strängen, welche sich zwischen den Kloaken- muskeln benachbarter Individuen ausspannen. Bei den dickwandigen Ascidien erstrecken sich Fortsätze des Körperepithels mit Bindegewebe und Blutbahnen weit in den Mantel hinein und unterstützen die At- mung, welche sonst sehr erschwert sein würde. Fig. 164. Schnitt durch den Mantel von Oynthia papillata nach SCHULZE. In der Mitte ist ein Stück fortgelassen, um Raum zu sparen. II. Haut und Hautskelett der Wirbeltiere. Die Haut der Wirbeltiere besteht, mit Ausnahme des Amphrioxus, immer aus einer vielschichtigen Epidermis und einem gut entwickelten Corium. Bei jenem ältesten Wirbeltier wird die Haut aus einem kubischen oder zylindrischen Epithel mit ziemlich dicker Outicula, die sich aus einer lamellösen „Deckplatte“*“ und der eigentlichen Cuticula zusammensetzt, und einer überwiegend gallertigen Unterhaut (165) auf- gebaut. hat also noch denselben Epidermischarakter wie bei einem wirbellosen Tier. Der Einfluß der Außenwelt spricht sich darin sehr deutlich aus, daß bei den Wasser bewohnenden Wirbeltieren (Fischen und Amphibienlarven) die äußeren Zellen der Epidermis nur selten ver- hornen, während sie bei den Landtieren immer ein Stratum corneum bilden. Dieses ist bei ausgewachsenen Amphibien (166) — und zwar auch schon bei den dauernd im Wasser bleibenden Perennibranchiaten — sehr zart, während es bei den Reptilien und Säugern eine bedeutende Dicke erreicht (645) und dadurch die Zellen der Haut vor Eintrocknung 192 VI. Kapitel. bewahrt. Die Wirbeltiere unterscheiden sich ferner in dem Vorhanden- sein bzw. Fehlen von Hautdrüsen, ohne daß der Einfluß des Mediums hierin klar zum Ausdruck käme. Die Epidermis der Fische (167) ist Fig. 165. Schnitt durch die Haut des Amphioxus unter Benutzung von Figuren von GOLDSCMIDT, STUDNICKA und NUSBAUM. Bı.x Bindegewebszelle. Bm -binde- gewebige membranartige Schicht, Oxt Cutieula, Oxt.gall Cutisgallerte, Dbl Dermal- blatt (Endothel), Epid Epidermis, N Nerv, Ka Kanalartige Erweiterung im binde- gewebigen Stützgewebe. . sehr reich an einzelligen Drüsen, welche die Haut mit einer Schleim- hülle bedecken. Sie entspringen aus der untersten Zellage der viel- schichtigen Epidermis und zerfallen in „kleinere Schleimzellen“, welche allmählich bis an die Oberfläche wandern und hier platzen und in Fig. 166. Schnitt durch die Froschhaut nach GEGENBAUR. C Corium, D Haut- drüsen, E Epidermis, m» Muskeln der Drüsen, P Pigmentzelle. größere eiweißreiche „Kolbenzellen“, in denen das Sekret mantelartig das Uytoplasma umgibt. Mit serösem Schleim gefüllte Zellen kommen auch noch bei den Larven der Urodelen vor (19%). Dagegen besitzen die ausgewachsenen Amphibien zahlreiche kugelige, vielzellige Drüsen (166), welche die Haut feucht und dadurch für die Atmung an der Luft ” Haut der Wirbeltiere. 193 geeignet erhalten. Sie gehen aus der basalen Zellenlage hervor, indem Zellen in die Tiefe wandern und einen Hohlraum zwischen sıch bilden. Bei Kröten und Salamandra sind sie am Hinterkopf besonders stark entwickelt und erzeu- gen ein giftiges Sekret. Bei Reptilien und Vögeln fehlen Drüsen in der Haut, während sie bei Säugern stets und in der verschieden- artigsten Ausbildung (tubulöse Schweiß- und Milchdrüsen, alveoläre Talgdrüsen u. a.) vor- handen sind (168). Die verschiedenen Ab- Fig. 167. Schnitt durch die Haut eines Knochen- schnitte der Haut ent- fisches (Barbus) nach MAURER aus BÜTSCHLI. wickeln sich vielfach in besonderer Weise weiter. Das Stratum corneum der Eidechsen und Schlangen bildet durch lokale Verdickungen die ursprünglich segmental So Schleimzelle Epidermis Corium- JG +Straf.corn. :)jStrat.Malpigh. Ju N: in Arena! lt T | [ \ | \ ‘Papille A Fig. 168. Schemata des Baues und der Entwicklung des Haares nach BÜTSCHLI1. A Längsschnitt der Haarwurzel (die beiden Wurzelscheiden gehen irrtümlich oben ineinander über), B Querschnitt des Follikels, © erste Haaranlage. Plate, Allgemeine Zoologie 1. 116) 194 VI. Kapitel. angeordneten Schuppen (169), welche die Haut widerstandsfähiger machen, ohne dabei ihrer Beweglichkeit Abbruch zu tun. Bei Blindschleichen, Schildkröten und Krokodilen kommen zu dem Hornpanzer noch Knochen (218—220) im Corium. Die Fähigkeit der Oberhaut zu verhornen, führt bei einigen Am- phibien (Xenopus) und bei landbewohnenden Wirbeltieren zur Bildung von Krallen, welche bei Säugern vielfach zu Hufen und Nägeln werden. Unter den Wiederkäuern besitzen die COavicornier (Rinder, Ziegen, Schafe, Antilopen) Stirnbeinfortsätze, welche von einer Hornscheide umkleidet sind. Ebenso sind die Federn der Vögel und die Haare der Säuger hornige Elemente, welche ursprünglich zum Wärmeschutz ent- standen. Sobald das Stratum corneum eine gewisse Dicke erreicht, vermag es sich nicht in demselben Maße zu dehnen wie der Körper heranwächst und muß daher von Zeit zu Zeit entfernt werden. Bei den Schlangen wird es durch periodische Häutungen als einheitliches .Z Pigm. Zellen Fig. 169. Längsschnitt durch die Schuppen und die Haut von Lacerta nach MAURER. KEpid Epidermis, Pigm.Zellen Pigmentzellen, Sch Rudiment einer Knochen- schuppe (?), Str.corn Stratum corneum, Sfr.muc Stratum mucosum. „Natternhemd“ abgeworfen, während es bei Eidechsen in größeren Fetzen, bei Vögeln und Säugern beständig in kleinen Schüppchen ab- fällt. Die Hornplatten der Schildkröten und Krokodile wachsen, ebenso wie die Schuppen der Fische, durch periphere Anlagerungen neuer Substanz. Nach dieser allgemeinen Uebersicht über die Haut der Wirbel- tiere geben wir noch folgende genauere Angaben. Amphioxus. Sinneszellen kommen vereinzelt in der einschichtigen Epidermis vor. Die unter dieser befindliche Schicht (165 Bm) enthält gekreuzte Fasern, aber keine Kerne. Ich deute sie daher nicht als eine Basal- membran der Epidermis, sondern als oberste Ooriumschicht. Als zweite hat dann die Gallertschicht (Ct. gall.) mit eingestreuten netzförmigen Bindegewebszellen zu gelten, welche hauptsächlich in einer äußeren und einer inneren Lage angeordnet sind und deren Ausläufer überwiegend senkrecht zur Oberfläche verlaufen. Diese Schicht ist am Rumpf sehr dünn, in den Seitenfalten und an anderen Stellen viel dicker. In ihr verlaufen die Nerven und an den mechanisch besonders beanspruchten Regionen (Rostrum, Seitenfalten, Schwanz) verästelte bindegewebige Stützfasern, welche stellenweise zu kanalartigen Hohlräumen (ka) aus- einanderweichen. Ganz zu innerst wird die Haut abgeschlossen von einem Endothel, dem Dermalblatt (Db/), welches an manchen Stellen eine fibrilläre, kernlose dritte Cutisschicht abgeschieden hat. Die hellen Linien zu beiden Seiten der Gallerte sind wohl durch Schrumpfung entstanden. Haut. Cyelostomen. 195 Bei den Cyelostomen treten uns zuerst die typischen Merkmale der Fischhaut entgegen, eine viel- schichtige Epidermis, die reichlich durchsetzt ist von verschiedenartigen Schleimzellen, und ein lamellöses Corium, dessen Bindegewebsfibrillen nach den drei Richtungen des Raumes angeordnet sind. Die oberflächlichsten Zellen schließen mit einer Stäbchencuticula ab, während diejenigen der Basalschicht zylindrisch sind. Bei Bdellostoma liegen sehr viele Schichten von Zellen übereinander (170), die in der äußeren Hälfte der Epidermis fast alle sich in helle kleine Schleimzellen umwandeln. Dazu kommengroße Yy og SH © 3 OD Rs IH _— =— Ir nn Sc a Fig. 170. Fig 17E Fig. 170. Schnitt durch die Haut von Bdellostoma nach MAURER. a. b, c große Schleimzellen, d Körnerzellen. Fig 171. Schnitt durch die Haut von Petromyxon nach MAURER. b Becherzelle, Co Corium, Ep Epidermis, K Kolbenzelle, S Körnerzelle, Sc Subeutanes Bindegewebe. Schleimzellen und solche mit körnigem Sekret. Alle diese Zellen wandern von der Basalschicht, welche als Mutterboden dient, allmählich nach außen und werden schließlich unter Entleerung ihres Sekrets aus- gestoßen. Bei den Myxinoiden bildet die Oberhaut tiefe Einsenkungen mit bindegewebiger Hülle, die sog. Schleimsäcke, welche segmental neben der Seitenlinie angeordnet sind. Sie werden von einem ein- schichtigen Zylinderepithel ausgekleidet, welches bei Myzxine große Zellen abstößt mit langen Schleimfäden, die sich in ein sehr zähes Sekret umwandeln. In der Epidermis von Petromyzon finden wir neben kleinen Schleimzellen große Körnerzellen, die gegen die Basis lang aus- 13 196 VI. Kapitel. gezogen sind, und die charakteristischen sehr großen Kolbenzellen, die mit breiter Basis an der Matrix haften bleiben und im Innern eine zentrale Protoplasmamasse mit zwei Kernen und eine äußere Schleim- hülle aufweisen (171). Die Kolbenzellen sind vermutlich die Ursache der Giftigkeit der Neunaugen, welche erst genossen werden dürfen, nachdem die Tiere in Salz gestorben sind und dabei ihre Hautsekrete abgegeben haben. Schuppen fehlen noch in der Unterhaut der Oyclo- stomen, die aber durch die Bildung von Hornzähnen in der Mundhöhle beachtenswert sind. Selachier. Die Haut der Haie und Rochen ist für die vergleichende Anatomie von größter Bedeutung, weil in ihr zuerst zahnförmige Hartsubstanzen, # D 7 (he re . a R AS END _ Bl Or ed HG a = — ob.Cor. tz ei Bpl. u ne — Nief.lor. Scer.bl. NM p Da n ( Y; N Fig. 172. Placoidschuppe im \ DM d N \ er ” N Ya N. N 174 Medianschnitt. Fig. 173. Placoid- p, x ) N o PEN / schuppen von Seyllium canicula von | N ) Bi N N der Fläche gesehen, nach KLAATSCH. N Wa “FT AB ; Bl Blutgefäß, Bpl Basalplatte, Dent / Dentinkanälchen und oberste Teile der Pulpahöhle, Ep:d Epidermis, ob.Cor obere Coriumschicht, Pulp Pulpa, Pig Pigment, Seler.bl Scleroblasten, Sehm Schmelz, 7 Zähne. die sog. Placoidschuppen, auftreten, von denen sich die Zähne der Mundhöhle ableiten. Die Epidermis ist auf frühen Embryonal- stadien zuerst einschichtig und wird später mehrschichtig. Auf der Ventralseite, wo sie meist dicker ist als am Rücken, können bis ca. 20 Zellschichten (Spirax niger) aufeinanderfolgen. Die unterste wird von Zylinderzellen gebildet, die eine Basalmembran nach innen ab- Haut. Selachier. 197 scheiden und alle übrigen aus sich hervorgehen lassen. Die oberste Schicht schließt mit einer dünnen Outicula ab, die zuweilen aus Stäbchen zusammengesetzt ist. In der Epidermis treten rundliche Drüsenzellen auf, die allmählich nach außen wandern und an der Oberfläche ihr Sekret entleeren. Es sind entweder Schleimzellen, deren Sekret sich mit Hämatoxylin blau färbt, oder seröse Drüsen mit eiweißhaltigem Sekret, das mit Eosin oder Orange sich tingiert. Schleimzellen kommen massenweise bei ZTorpedo vor, wohl im Zusammenhang mit dem Mangel von Schuppen, fehlen aber meist den erwachsenen Selachiern, die dafür die andere Sorte aufweisen, namentlich in der Nähe der Stacheln (172). Bei Mustelus-Embryonen kommen in der dreischichtigen Epidermis „Riesenzellen“ mit 5 oder mehr Kernen vor, welche sich durch die EBEN BAR) ON © \N > ü) AN ©) BORUR Aa nn, X, 2 Orr Ve ee A m a Fig. 174. Längsschnitt durch die Anlage einer Placoidschuppe des Hais Hep- tanchus einereus nach OÖ. HERTWIG. e Epidermis, e' Matrixschicht derselben, bm Basalmembran, /h! straife, /h’ lockere Schicht der Cutis, o Odontoblasten, s Schmelz, sch Schleimzellen, sm» Schmelzmembran, »b Zahnbein, xp Zahnpapille. ganze Dicke erstrecken und an der Oberfläche öffnen. Seröse Drüsen- zellen bilden auch als Leuchtzellen und als davor gelagerte Linsenzellen die Leuchtorgane von Spinax niger. Sie liegen in ungeheurer An- zahl als kleine Pigmentflecke am Bauche und neben der Seitenlinie dieses Bewohners tiefer Gewässer, springen gegen das Corium. vor und werden von Pigmentzellen becherartig umfaßt. Die Pigmentzellen finden sich hauptsächlich in der Rückenhaut der Selachier; sie liegen über- wiegend unter der Basalmembran, also in der obersten gefäßreichen Cutisschicht (172), dringen aber von hier aus mit ihren Fortsätzen sehr oft weit in die Epidermis hinein oder treten ganz in diese über. Diese oberste Schicht ist meist sehr dünn und besteht aus lockerem Binde- gewebe. Bei Spinax niger wird sie in der Bauchhaut sehr dick. Unter ihr liegen Schichten von straffem Bindegewebe, welche nach den drei Richtungen des Raumes orientiert und mit elastischen Fasern durch- setzt sind. In den horizontalen Lagen verlaufen die Fibrillen schräg zur Körperachse, wie auch häufig die Schuppenreihen (173). Die Placoidschuppen der Selachier sind nach Gestalt, Größe und Bau sehr verschiedenartig, und bei demselben Individuum können an verschiedenen Körperstellen erhebliche Unterschiede vorkommen. Be- sonders groß pflegen sie in der dorsalen Mediane zu werden und er- 198 IV. Kapitel. reichen bei großen Trygoniden einen Durchmesser von 4 cm. Wir können ausgehen von den Haien, bei den sie meist als kleine, mit bloßem Auge eben sichtbare Gebilde reihenweise, aber ohne Beziehung zur Metamerie in der Haut stecken (173). Man kann an ihnen eine Basal- platte von rundlicher oder rhombischer Form und einen darauf sitzenden Zahn unterscheiden, dessen nach hinten gerichtete Spitze die Epidermis durchbricht (12). Bei Sceyllium hat jeder Zahn noch 2 Nebenzacken, während er bei Heptanchus in 4—7 Spitzen ausläuft. Kchinorhinus ist durch große runde stachlige Höcker ausgezeichnet. Bei vielen Haien ist der Zahn nur als eine scharfe Leiste angedeutet und bei manchen Trygoniden fehlt selbst diese, so daß das ganze Gebilde als eine von Schmelz bedeckte Schuppe erscheint. Bei vielen Rochen sind sie nur an einzelnen Körperstellen, z. B. längs der Rückenmediane, ausgebildet, dann aber von besonderer Größe. In Form sehr großer Stacheln ohne Basalplatte treffen wir diese eigenartigen Gebilde bei Cestracion, Spinax, Acanthras, Ohimaera am Vorderrand der Rücken- flossen und in ähnlicher Ausbildung als gefürchtete Waffe unter den Rochen an den dünnen Schwanzfäden von Trygon und Mylobatıs an; sie stehen aber bei diesen Gattungen hinter der kleinen oder rudimen- tären Rückenflosse, die bei Trygoniden auch nicht selten fehlt. Solche Stacheln sind von vielen fossilen Formen als Ichthyodorylithen beschrieben worden. Endlich treten sie uns als breite in Alveolen sitzende Zähne an der Säge von Prrstis und Pristiophorus entgegen. Eine Rückbildung der Placoidschuppen tritt namentlich bei Boden- formen ein. So hat Rhinobatus horkelii eine anscheinend ganz glatte Haut. In der Haut von Torpedo, des Trygoniden Dasyatıs say LESUEUR von Westindien und allen Myliobatiden fehlen sie vollständig; die Haut der Holocephalen ist, abgesehen von dem großen Flossenstachel, fast nackt. Chimaera besitzt, namentlich bei jungen Tieren, sehr kleine Schuppen neben der Rückenlinie und außerdem eine Anzahl kräftig ent- wickelte, schmelzlose Stacheln auf dem Stirnanhang und dem Kopula- tionsorgan des Männchens. («llorkynchus hat rudimentäre schmelzlose Zähnchen neben der Mediame des Kopfes und der zweiten Dorsalflosse. In allen diesen Fällen ist die glatte schuppenlose Haut als ein sekun- därer Zustand anzusehen. Wir kennen keine primitiven Selachier ohne Placoidschuppen und auch keine einfacheren Zustände, aus denen sie hervorgegangen sind. Wie aus 172 ersichtlich ist, besteht der Zahn aus Dentin und wird überzogen von einer dünnen Schmelzschicht, welche von Röse als Vitrodentin, d. h. als eine nicht von Epidermis gebildete Grenzschicht des Dentins aufgefaßt wird. Das Dentin geht ohne scharfe Grenze in die Basalplatte über. Die Pulpahöhle des Zahns wird erfüllt von Bindegewebe, Blutgefäßen und Nerven. Die Höhle ist dort, wo der Zahn in die Basalplatte übergeht, am breitesten und steht durch eine große untere Oeffnung und häufig noch durch eine zweite höher liegende am Hinterrande des Zahnes mit dem umgebenden Corium in Verbindung. Von dieser Höhle gehen ziemlich scharf abgesetzt eine oder mehrere Dentinröhren ab, welche sich in die Dentinkanälchen auf- lösen (193 bei Dent). In der Pulpa finden sich zentral und basal viele kleine bindegewebige Kerne und weiter nach außen, namentlich am Eingange der Röhren, größere Kerne, deren umgebendes Protoplasma sich in Form langer Fäden in die Dentinröhren und Kanälchen fort- setzt. Diese Zellen sind demnach als die Bildner der Hartsubstanz anzusehen, als die Scleroblasten, welche den Odontoblasten der Placoidschuppen. 199 Kieferzähne entsprechen. Sie umgeben die Basalplatte allseitig, während sie sich dem Dentin nur von innen anschmiegen, und entsenden keine Ausläufer in die Basalplatte. Dazu kommt als dritter Unterschied, daß Bindegewebsfibrillen aus dem Corium in die Unterfläche der Basal- platte übertreten und hier von Hartsubstanz umschlossen werden, wo- durch die Platte fest in der Haut verankert wird und ihre distale homogene Hälfte etwas anders erscheint als die von Fibrillen durch- setzte basale. Trotz dieser Gegensätze geht das Dentin ganz allmählich in die Basalplatte über, deren Substanz man wegen ihrer Besonderheiten als Zement bezeichnet hat. Bei großen Rochenzähnen geht die Basal- platte außen in spongiöse Substanz über. Ontogenetisch tritt die Placoidschuppe zuerst auf als ein Haufen von Zellen dicht unter der Basalmembran der Epi- dermis, welcher sich dann in diese vor- wölbt und so die Scleroblasten der Pulpa erzeugt. Daß diese Zellen durch Ein- wanderung aus der Epidermis hervor- gehen, wie behauptet wurde, ist nie mit Sicherheit nachgewiesen worden und nach ihrer Lage und ihren Leistungen . auch sehr unwahrscheinlich. Wirhalten "> sie daher für mesodermale Coriumzellen. Sie scheiden das Dentin aus, indem sie * 8 175. a un -Q . . = ause c Fortsätze bilden. Hingegen vergrößern SE ne Ye Mar sich die basalen Zellen der Epidermis «rer. + Randkanal. Der Hinder- und werden zu dem „Schmelzorgan“, seite liegt Epidermis (schraffiert) an. dessen Zellen den strukturlosen sehr harten Schmelz dem Zahnbein auflagern (174), der sich von dem echten Schmelz der Zähne durch das Fehlen prismatischer Säulen unter- scheidet. Bei /raja undıulata stülpt sich die Epidermis in das Corium ein, und die Scleroblastenpapille wölbt sich in diese Einstülpung vor. Diese Modifikation hängt offenbar damit zusammen, daß große Placoid- schuppen möglichst tief in der Haut wurzeln müssen. Die Zähne auf den Kiefern der Selachier entstehen in derselben Weise aus dem Zu- sammenwirken von Epidermis und Corium und zeigen die gleiche Zu- sammensetzung aus Schmelz und Dentin. Da die Zähne aller übrigen Wirbeltiere den Zähnen der Selachier homolog sind, können die Placoid- schuppen als phyletischer Ausgangspunkt aller Zahnbildungen angesehen werden. Dabei hat der epidermoidale Anteil, das Schmelzorgan, nicht nur die Aufgabe den Schmelz zu bilden, sondern auch dem Hartgebilde die Form zu geben. Nach WiırrLıamson und O. Herrwıc werden die Placoidschuppen im Laufe der Phylogenie nicht nur zu Zähnen, sondern auch zu Hautknochen und zu den Schuppen der übrigen Fischklassen. Diese letztere Auffassung wird weiter unten zurückgewiesen werden. Neue Placoidschuppen können bei den Selachiern sowohl zwischen den alten auftreten (175), da sie sich nicht überdecken, sondern stets durch Hautstreifen getrennt bleiben, als auch nach Verlust einer alten. Als umgewandelte Placoidschuppen können die langen Stacheln am Vorderrande der Rückenflossen von (estracion, Spinax, Acanthias und den Holocephalen, an der Schwanzwurzel gewisser Rochen (Trygon, Mwylio- batis) und an der Säge von Pristis und Fristiopherus angesehen werden. Sie stimmen alle darin überein, daß die Basalplatte der Schuppe zu der 200 VI. Kapitel. langen weißlichen Wurzel des Stachels geworden ist, die aus Zement besteht und tief in die Haut gesenkt ist (176). Sie geht in die frei hervorragende, dunkel gefärbte Krone über, deren Dentin mit Aus- nahme von Pristis einen Ueberzug von Schmelz besitzt und also dem Zahn der Placoidschuppe entspricht. Im feineren Aufbau weist der Stachel jeder Gattung besondere Eigentümlichkeiten auf. Am einfach- sten scheinen die Verhältnisse bei Cestracion zu liegen. Bei Acan- thias (175) ist der Stachel dreiseitig. Seine der Rückenflosse ange- schmiegte Hinterfläche ist leicht konkav und entbehrt des Schmelzes, welcher die beiden vorderen überzieht. Das Dentin zerfällt in einen dünnen pigmentierten Mantel und in den inneren dickeren Stamm, Fig. 176. Schemata der Entstehung eines Acanthias-Stachels (rechts) aus einer Placoidschuppe (links) nach MARKERT. bp Basalplatte, ep Epidermis, von der nur das Schmelzepithel gezeichnet ist, m Höhle zwischen Mantel und Stammteil (sf), so Schmelzorgan. welche durch Längskanäle (r) voneinander getrennt sind und in denen sich Odontoblasten befinden. Ebenso kommen solche in der Höhle des Stammes vor, welche außerdem einen Knorpelstab als Fortsatz des Flossenskeletts umschließt. Da der Stamm von innen und von außen von Scleroblasten umgeben ist, entspringen seine Dentinkanäle von beiden Flächen. Der ebenfalls dreiseitige Stachel von Spinax besitzt eine einheitliche, nicht pigmenthaltige Dentinmasse, welche aber die Pulpahöhle durchquert, so daß diese in einen kleineren vorderen und einen größeren hinteren Abschnitt zerfällt. Der letztere umschließt den Knorpelstab. Der Schmelz umhüllt die Spitze, die Vorderkante und die beiden Hinterkanten der Krone, fehlt aber in der Mitte der ausgehöhlten Seitenflächen und an der Hinterseite. Die Schwanzstacheln der Rochen und die Zähne der Sägefische haben im fertigen Zustand keine Pulpahöhle, da diese sekundär von einer spongiösen gefäßreichen Dentinmasse (Trabeculardentin) erfüllt wird; von ihren längs- verlaufenden und untereinander anastomosierenden Kanälen strahlen die Dentinröhren aus. Ein Schmelzüberzug findet sich bei den Rochen an Haut. Ganoiden. ; 201 der Spitze und an den Vorderflächen. Die in Alveolen steckenden Sägezähne von Pristis besitzen ihn nur an der embryonalen Spitze; später geht er verloren, und der Zahn besteht nur aus Trabeculardentin, welches auf dem Querschnitt eine zierliche polygonale Felderung er- kennen läßt, indem die zu jeden Längskanal gehörigen Dentinkanälchen in eckigen Grenzlinien aneinanderstoßen. Da alle diese Bildungen wegen ihrer Größe tief in der Haut stecken müssen, so wächst die Epidermis, wie bei den Zähnen der Amnioten tief in das Corium hinein. Das Schmelzorgan behält aber seinen Zusammenhang mit der Oberhaut, mit Ausnahme von Trygon, wo es sich von ihr abtrennt. Die Stacheln werden nicht gewechselt, sondern wachsen an der Basis weiter, während die Spitze sich abnutzt. Bei den Rochen sitzen zuweilen zwei oder mehrere Schwanzstacheln hinter- einander. Ganoiden. Da von dieser im Devon zu- erst auftretenden und namentlich im Palaeozoicum außerordentlich formen- reichen Klasse sich nur wenige letzte Reste im Süßwasser der Gegenwart erhalten haben, so ist es Fig. 177. Schuppen von Lepido- nicht verwunderlich, daß diese sehr stews osseus neben der Bauchmediane verschiedene Schuppen aufweisen. N). ee a Die ‚Verhältnisse der Epidermis sind Eordeähnchen uni sur ron Kiren! bis jetzt wenig untersucht, scheinen Orig. aber keine Besonderheiten darzu- bieten. Bei Lepidosteus besteht sie aus vielen Zellagen und ist sehr reichlich mit Schleimzellen und serösen Zellen durchsetzt. Die ursprünglichen Schuppenverhältnisse finden wir bei den Euganoiden, da die Störe mit ihren großen Hautknochen sicher- lich einen höheren Zustand darstellen. Lepidosteus, Calamoichthys und Polypterus zeigen große glänzende rhombische Tafeln, die in metameren Schrägreihen angeordnet sind, und wiederholen damit das von vielen fossilen Formen bekannte Bild (177). Das dorsole und nach vorn ge- kehrte Ende der Schuppe verlängert sich und greift mit diesem Fort- satz unter die nächstvordere Schuppe; bei fossilen Ganoiden kann es sogar zu einer gelenkigen Verbindung kommen. Beide Schuppen sind hier durch ein Ligament von straffem Bindegewebe (178 lg) verbunden. Die Oberfläche läßt einige unregelmäßig gestellte Poren und bei ZLepi- dosteus an den meisten Schuppen eine Anzahl winziger Zähnchen er- kennen, die besonders auf dem hinteren Rande sitzen. Die jungen Schuppen sind von Epidermis bedeckt, welche im Alter häufig mehr oder weniger abgerieben wird. Fig. 178 zeigt im Schema den Bau einer Ganoidschuppe. Sie be- steht aus einer oberen dünnen Ganoinschicht und aus einer unteren viel dickeren Osteinschicht. Die erstere ist geschichtet, sehr hart und glänzend und wurde daher früher, obwohl keine Prismen in ihr vorkommen, als Schmelz gedeutet. Die untere Schicht ist ebenfalls lamellös, besitzt aber viele Knochenkörperchen und wird außerdem von 202 VI. Kapitel. zahlreichen Kanälen durchzogen, welche an der Unterfläche beginnen. Sie haben teils den Charakter von dünnen verästelten Dentinkanälen (ca), welche namentlich bei fossilen Formen unter der Ganoinschicht in zahlreiche sehr feine Endbäumchen auslaufen (sog. Cosminschicht), teils sind sie weiter, führen Blutgefäße, geben viele Seitenäste ab, die wieder den Charakter von Dentinkanälchen annehmen, und münden an der freien Fläche der Schuppe mit größeren Poren aus, von denen Blutgefäße in die Subepidermis oder auch in die Zähnchen eintreten. Man hat sie als Haverssche Kanäle bezeichnet, zumal die Hartsubstanz um sie herum leicht konzentrisch geschichtet ist. Endlich sind noch feine Linien zu erwähnen („trbes lepidines“), welche namentlich am unteren Rande stehen und durch sklerotisierte Bindegewebsfibrillen hervorgerufen werden. Ueberhaupt besteht das Ostein, abgesehen von der Cosminschicht und den Havzrsschen Kanälen, aus vielen Lagen von sich kreuzenden Kalkfibrillen, welche als Isopedin (PAnDER) zu- sammengefaßt werden. Die Grenze zwischen Ganoin und Östein ist Fig. 178. Schema der Ganoidschuppe. ca Dentinkanälchen, cos Cosminschicht, de Dentin, ep Epidermis, fib bindegewebige Fibrillen, Gan Ganoinschicht, ka HAVERS- scher Kanal, kn Knochenzelle, /iy Ligament zwischen 2 Schuppen, s Schmelz. Orig. scharf hinsichtlich der Härte, aber nicht morphologisch, denn die Schichten gehen am Rande ineinander über und bedingen eine kon- zentrische Struktur, und namentlich am Außenrande springt das Ostein oft zackig in das Ganoin hinein. Beide Schichten entstehen unab- hängig voneinander; das Ganoin wird von subepidermalen Skleroblasten ausgeschieden, das Ostein von tiefer liegenden Zellen, welche dabei in die Hartsubstanz übertreten. Die rudimentären Zähnchen sitzen in becherförmigen Vertiefungen des Ganoins und zeigen die typische Zu- sammensetzung aus Schmelz, Dentin und Pulpa. Häufig sind nur noch die Becher vorhanden, da die Zähnchen leicht ausfallen. Dieses allgemeine Bild kann nun in drei verschiedenen Formen uns entgegentreten. Bei der Cosmoidschuppe der Crossopterygier (195 B) ist die Cosminschicht reich entwickelt, ebenso die darunter liegenden Havezrsschen Kanäle, auf welche nach innen die Lamellen folgen (Iso- pedinschicht). Das Ganoin bildet nur eine ganz dünne Lage, wenn man die Grenzschicht (gr) überhaupt so nennen darf. Bei Zepidosteus (177, 195 D) sind die Haversschen Kanäle nur im mittleren Teil der Schuppe ausgebildet und das Cosmin fehlt. Die Zähnchen sind noch überall nachweisbar. Bei Folypterus (195 C) sind jene Kanäle außer- ordentlich stark entwickelt in allen Teilen der Schuppe und erzeugen Ganoidschuppen. 203 eine zarte Oosminschicht, aber die Zähnchen fehlen mit Ausnahme der Basis der Vorderflossen und der Belegknochen des Schultergürtels. Die Schuppe von Amia (195 E) leitet zu den Oycloidschuppen (F) der Knochenfische über. Die Ganoinschicht fehlt, was auch für viele fossile Gattungen (Platysomus, Gyrodus u. a.) zutrifft. Die Schuppen von Amia (179) haben eine rechteckige Form, wobei sich das Vorder- ende zu einem breiten Fortsatz verschmälert, welcher in eine flache Vertiefung der Unterseite der nächst vorderen Schuppe hineingreift. Diese Vertiefung liegt gleich hinter dem Nabel (»), von dem die vielen Längsleisten der Oberfläche nach vorn in den Fortsatz und nach hinten in die eigentliche Schuppe ausstrahlen. An dieser Stelle liegen die Knochenkörperchen besonders dicht. Die Kalkmasse hat hier und an den beiden Seitenrändern der Schuppe eine körnige Struktur, wodurch sie als ein dunkles Hufeisen sich abhebt. In dieses hinein schiebt sich die nächst hintere Schuppe, so daß also bei Amza sich die Schuppen, wie bei den Knochenfischen, breit überlagern, während sie dies bei den beiden anderen Gattungen nur in geringem Maße tun (177). Die Osteinsubstanz von Amaa läßt 3 Schichten erkennen (180): zu äußerst Fig. 179. Fig. 180. Fig. 179. Schuppe von Amia calva, untere Fläche. gr Grube, » Nabel, » vorn, h hinten. Orig. Fig. 180. Schräger optischer Schnitt durch die Schuppe von Amia calva, um die 3 Schichten von außen nach innen zu zeigen. Orig. «a Leisten, 5 Schicht der Knochenkörperchen, c Isopedin. die Längsleisten (@), dann die Schicht mit den Knochenkörperchen, welche an den Rändern der Schuppe viel dichter stehen als im Zen- trum (5), und zu unterst die Isopedinschicht des sklerotisierten Binde- gewebes ohne Knochenkörperchen, dessen Fibrillen in mehreren sich kreuzenden Lagen übereinander liegen (c). Solche Fibrillen befinden sich auch in Ö, sind aber hier viel zarter. An der Innenfläche des Fortsatzes kommen eine Anzahl Gruben (gr) vor, von denen Ligament- fasern zur nächsten Schuppe ausgehen. Durch das Fehlen des Schmelzes und der Haversschen Kanäle, durch die Fibrillenstruktur und die breite Ueberlagerung leiten diese Schuppen sehr auffällig zu denen der Knochen- fische über. Ich hal'ie es nicht für zweifelhaft, daß die Ganoiden von Selachiern abstammen, aber man kann trotzdem nicht sagen, dab die Ganoidschuppe aus der Placoidschuppe hervorgegangen ist. Die Ganoiden haben vielmehr das Integument der Selachier in eigenartiger Weise weitergebildet, indem hier zuerst in den tieferen Lagen des Coriums Knochensubstanz mit eingelagerten Knochenkörperchen auftrat. Durch ihre an der Innenfläche beginnenden Dentinkanälchen weicht sie von 204 VI Kapitel. dem echten Knochengewebe ab und verdient daher die besondere Be- zeichnung „Ostein“ /Scurin), für deren unteren fibrillären Abschnitt der ältere Name „Isopedin“ reserviert bleiben möge. Indem an der Außenfläche zellenfreies Ganoin von Scleroblasten ausgeschieden wurde, entstehen mächtige Platten, welche sich metamer anordnen und sekundär mit den ererbten Placoidzähnchen vereinigen. Bei Leprdosteus finde ich an der Basis der Schuppenzähnchen keine Basalplatte, sondern sie sitzen in den Osteinbechern. Man kann also nicht, wie KLAATScCH will, die mächtige Ganoinschicht wegen ihrer Zellenlosigkeit den Basal- platten der winzigen Zähnchen homolog setzen, die ja auch meistens fehlen. Noch viel weniger kann man sie mit dem Schmelz (O. HerrT- wıc, Scurın) oder dem Dentin (GEGENBAUR) vergleichen. Es bleibt also nichts anderes übrig, als Ganoin und Ostein, d. h. die eigentliche Ganoidschuppe, für eine Neuerwerbung dieser Tierklasse anzusehen. Die Ganoiden haben von den Selachiern die Placoidschuppen über- nommen, und von diesen auch wohl die diagonale Anordnung geerbt, welche in dem entsprechenden Verlauf der Cutisfasern und Muskel- segmente begründet ist. Auch die Ontogenie spricht nicht dafür, daß die Ganoidschuppe aus der Placoidschuppe hervorgegangen ist, denn beide entstehen unabhängig voneinander: zuerst die Knochenplatte aus den tieferen Schichten des Coriums, später die Zähnchen aus der ober- flächlichen Schicht (Dentin) und aus der Epidermis (Schmelz). Beide Bildungen vereinigen sich sekundär. Somit erübrigt sich auch die Auffassung, daß die Ganoidschuppe aus einer Verschmelzung der Basal- platten vieler Zähnchen hervorgegangen ist. Bei den Acipenseriden sind die Zähnchen und damit jede Er- innerung an die Selachier vollständig verschwunden. Dagegen hat sich die Knochensubstanz zu mächtigen Platten entwickelt, die bei Aczipenser in 5 Längsreihen angeordnet sind und häufig in eine oder mehrere Knochenspitzen auslaufen, die auf ihrer Oberfläche aus einer homogenen Substanz bestehen, die vielleicht dem Ganoin homolog ist. Die breiten Hautstreifen zwischen diesen Reihen tragen kleine Knochenplatten ähnlicher Art. Nach Maurer sollen die großen Knochenplatten eben- falls von Ganoin bedeckt sein, was von Herrwiıc bestritten wird. Die Haut der Löffelstöre (Polyodon spathula) ist fast vollkommen nackt. Teleosteer. Bezüglich der Epidermis verweise ich auf die Fig. 167 und 181. Letztere zeigt, daß die Oberhaut bei Barbus über der Schuppe dicker ist als unter derselben und daß Kolbenzellen nur in der freien Fläche vorkommen, während der verdeckte Teil sehr reich an Becherzellen ist. Die Epidermis hat bei Jungfischen und Lophobranchiern 2—3 Zellagen, ist aber im allgemeinen vielschichtig und häufig, sogar aus sehr vielen (30 und mehr) Zellagen zusammengesetzt (183 A); sie schließt nach innen mit einer strukturlosen Membran ab, welche eine Verdichtung des Coriums ist. Die oberflächlichen Zellen sind niedrig und bilden zuweilen eine Cuticula; bei der Forelle sind die obersten 1—2 Lagen sogar verhornt. Eine unterste Matrixschicht mit höheren Zellen ist fast immer deutlich. Die gewöhnlichen Zellen sind durch Zellbrücken verbunden, und in den Intercellularspalten werden häufig Leukocyten angetroffen und verästelte Pigmentzellen. Wenn die Zahl der Drüsen- zellen. sehr groß ist, können die indifferenten Zellen stark abgeplattet Haut. Knochenfische. 205 sein (182) oder auch zu einem Symplasma verschmelzen. Sehr merk- würdige Verhältnisse sind von Mormyriden beschrieben worden, daß nämlich bei Marcusenius longianalis die Zellen in der Mitte der Ober- haut sich horizontal in die Länge strecken und „Plättchensäulen“ bilden, die von der Fläche ge- sehen in polygonalen Fel- ' Epidermis dern aneinanderstoßen ope Sinnesknospe\ Be (183 A). Diese faserförmi- GE E gen Epithelzellen können wohl nur den Zweck haben, die Oberhaut zugfest zu machen. ze Für die Oberhaut der Mer Fig. 181. Längsschnitt durch die Haut und Knochenfische ist Ei die die Schuppen eines Knochenfisches (Barbus) nach große Zahl der Drüsen- MAuRER. zellen sehr charakteri- stisch. Sie zerfallen, wie bei den Selachiern (s. 8. 197), in Schleimzellen und in seröse Zellen, welche beide aus den Matrix- Fig. 182. Epidermis von Fierasfer dentatus nach NUSBAUM, mit verschiedenen Drüsenzellen. Links oben eine Schleimzelle, rechts eine lang ausgezogene seröse „Retortenzelle* mit körnigem Sekret und eine runde mit homogenem Sekret. Außer- dem mehrere große „Kolbenzellen“, die hier rundlich-polygonal sind. zellen hervorgehen. Die Schleimzellen haben einen basalen Kern, wabiges Protoplasma und sehr helles Sekret. Wenn sie bis an die Oberfläche gewandert sind, nehmen sie die Form von Becherzellen 206 VI. Kapitel. an (182, oben links) und entleeren hier ihr Sekret. Unter den serösen Drüsen sind die Kolben- oder Leypıcschen Zellen, welche wir schon bei den Cyclostomen kennen lernten (1%1), besonders auffallend. Sie kommen aber nur bei Physostomen vor mit Ausnahme der Salmo- niden. Bei Physoclisten sind sie noch nicht mit Sicherheit nach- gewiesen worden, was damit zusammenzuhängen scheint, daß sie überall dort fehlen, wo Hautknochen oder derbe Schuppen vorhanden sind. Sie haben einen (oder mehrere) zentralen Kern, welcher von etwas pseudo- podienartig ausgezogenem Endoplasma umgeben ist, das viele aus dem Kern ausgewanderte Chromidialkörner enthält. Das ganze äußere Proto- plasma ist in ein stark lichtbrechendes Gallertsekret umgewandelt. Eine Zellmembran fehlt. Eine kolbenförmige Gestalt Da ER TS sier, Polyg. 5 o: gan N Zellen haben die Zellen nur zu- 3 ser > ® erst, solange sie noch als DR Visa ri lange Zellen zwischen ‚ars 3 KO re den Matrixzellen wurzeln or Kir (16%). Später rücken sie eo © . 3 a IA 5 nach außen, werden dabei Ro} 8 Br Y iel klei d h o DE Nasa een %) vie einer und nehmen = ’ ie Ra Zn = © > 260 # — © = 23 De in. z [2} r ® aD © = E Inn &6 © 8 040 20 u. = © a ee : Z % = ». Tas... — Q_ - 2 Ss ge} R 5 ee See er Woran ce % ee 2:54: ° Bere Seo 072, ».@ Polyg u Z cz rad 7) Sie,e Zell ro RE et 2. en u z R EN Ya Ei: N & « _Cylindr. e, ® vorge“ ® € Zellen a 3 28 ®&® “ Pi: N 7 N) o PER 2 KR Se w A B Fig. 183. A Schnitt durch die Haut der Mormyride Marcusenius longianalis nach Franz. B sackförmige seröse Drüsenzelle aus der Epidermis von Lepado- gaster nach STUDNICKA. eine rundliche Gestalt an (182, die ganz großen hellen Zellen). In einzelnen Fällen (Sihuırus, Anguilla) können sie ihr Sekret an der Oberfläche entleeren oder hier auswandern. Ihre Verkleinerung muß wohl darauf beruhen, daß sie ihr Sekret osmotisch abgeben, welches vielleicht zur Ernährung der Oberhaut dient. Dabei tritt oft ein Zer- fall des Nucleus in mehrere Kerne und Rückbildung derselben ein. Beim Aal bildet sich neben. dem Kern noch eine Sekretvakuole mit körnigem Inhalt. Bei Zota, Firasfer (182), Cyclopterus, Callichthys u.a. kommen seröse Drüsen mit körnigem Inhalt vor, die mit einem langen Ausführgang an der Oberfläche ausmünden. Diese „Retortenzellen“, wie wir sie nennen wollen, sind nach Form und Inhalt von den Kolben- zellen so verschieden, daß sie höchstens von derselben indifferenten Haut der Knochenfische. 207 Zellart sich ableiten könnten. Aehnliche sackförmige Drüsenzellen mit großem Sekretraum, welche sich durch einen Intercellularspalt öffnen (183 B), sind bei Lepadogaster gefunden worden. Ueber die Bedeutung dieser verschiedenen Drüsenzellen ist wenig bekannt. Die Schleimzellen dienen wohl dazu, die Haut schlüpfrig zu machen. Die langen, prall gefüllten Kolbenzellen können eine stützende Funktion haben; daher ihr Fehlen bei Arten mit Hautknochen und ihre starke Entfaltung bei kleinschuppigen (Aal) oder schuppenlosen Arten. Bei Hautverletzungen sollen sie sich über die Wunde legen und einen schützenden Pfropf bilden. Auf ihre ernährende Bedeutung wurde schon hingewiesen. Ihre exkretorische Funktion scheint nur gering zu sein. Manche Fische be- nutzen ihren Schleim in eigenartiger Weise: junge Aale können Sand zu einer Röhre zusam- menkleben, und von Lota vulgaris wird be- hauptet, daß die Tiere bei der Begattung sich mit einem Schleimgür- tel umgeben. Vielleicht sind auch die Giftzellen in den Giftdrüsen der Knochenfische umge- wandelte Kolbenzellen. Jedenfalls gehören sie zu den serösen Zellen. Solche Giftdrüsen kommen je zu zweien längs den Flossen- stacheln, besonders längss den Rücken- stacheln bei Scorpaena, Sebastes, Pterois, Pelor, Synanceia, der Siluride us "A- end ee Fig. 184. Schema einer Stachelgiftdrüse eines we | = Knochenfisches nach PAwLowsky. Der Stachel (s7) phryne an denselben ist tief schwarz, die Epidermiszellen (ep) sind weiß, die Stellen und an den Schleimzellen schwarz, die serösen Zellen grau gehalten. Stacheln des Kiemen- 49 Sekret. deckels vor. Der feinere histologische Bau bedarf noch der Aufklärung. Es handelt sich um Ver- dickungen der Epidermis, welche sich in das Corium einsenken und aus sehr großen Drüsenzellen und retikulär angeordneten Stützzellen bestehen. Ein Ausführgang soll nicht vorhanden sein, sondern die Drüsenzellen platzen und zerreißen dabei die sie umgebenden Stützzellen (184). Die Stacheln haben meist jederseits eine Rinne, in welcher die Drüse liegt. Das Sekret fließt in der Rinne bis zu der frei aus der Epidermis hervor- ragenden Spitze des Stachels. Vielleicht liegt hier eine nekrobiotische Drüse vor, indem das Sekret (ag) aus degenerierten Zellen besteht. Bei Mormyriden finden sich an vielen Körperstellen Gebilde, welche den Eindruck einer vielzelligen Drüse mit besonderem Ausführgang machen (185): von einer Hervorstülpung der basalen, drüsigen Epidermiszellen verläuft ein breiter Ausführgang durch das kleinzellige Epithel hindurch. Der bei Süßwasserfischen zur Laichzeit auftretende „Perlaus- oe. Bag Bi 208 VI. Kapitel. schlag“ beruht auf einer Verhornung der oberflächlichen Epidermis- zellen, welche bei den Männchen in stärkerem Grade auftritt als bei den Weibchen. Bei den Cyprinoiden entstehen auf diese Weise helle Körner, Warzen oder Dornen am ganzen Körper, besonders am Kopf. Bei Salmoniden sind es längliche Erhebungen, wodurch der Fisch ein längsstreifiges Aussehen bekommt. An den betreffenden Stellen wölbt sich die Epidermis etwas gegen das Corium vor und die oberflächlichsten Zellen verhornen zu kernlosen Schüppchen. Bei den Warzen der Ober- lippe von Kthodeus springt die pig, SeDr SchDr pig, Epıdermis stärker in das Co- = rium vor und bei derindischen Cyprinoide Discognathus lamta am Kopf und an der Schnauze in noch höherem Grade, wobei das Corium wieder mit faden- förmigen Papillen in die Epi- dermis eingreift. Das Corium der Knochen- fische besteht aus einer obe- ren dünnen, pigmentreichen Schicht von lockerem Binde- gewebe, in der auch die >» Schuppen liegen, und einer tieferen Schicht von straffem Bindegewebe, dessen Fasern sich kreuzen oder auch vertikal verlaufen. Beide Schichten sind aber nicht scharf geschieden, so daß die Schuppen mit ihrem unteren Ende in das straffe Bindegewebe hineinragen. Die- ses verbindet sich durch pig- mentreiches Unterhautbinde- gewebe mit der Muskulatur. Modifikationen dieses Ver- P19; haltens können durch Haut- Fig. 185. Sehnitt durch die Haut von knochen und Stacheln hervor- Cyelopterus nach HASE. e,, e,, c, Corium- gerufen werden. In der Haut schichten, c,a Epidermis, pig,, pig,, Pig, Pig- SE RER. mentlagen, musc Muskel, SchDr Schleimdrüse, VON Uyclopterus (185) z. B. zer- SeDr seröse Drüse, ıhb Unterhautbindegewebe. fällt das straffe Bindegewebe in eine äußere und eine innere Portion, zwischen die sich eine dicke Lage von filzigem Bindegewebe (e,) einschiebt, in der die Hautstacheln wurzeln. Die Pigmentzellen, welche die namentlich bei tropischen Fischen oft so prächtigen Farben bedingen, verteilen sich auf drei Zonen. Am wenigsten zahlreich sind die Wanderchromatophoren in der Epidermis. In größter Menge kommen sie im lockeren Bindegewebe über und unter den Schuppen vor. Endlich finden sie sich bei vielen Arten auch im subkutanen Bindegewebe (185). Ueber ihren Bau und ihre Inner- vierung vgl. S.96 und Fig.80. Viele Fische, namentlich Pleuronectiden, können durch Vermittlung des Auges ihre Hautfarbe in Ueberein- stimmung bringen mit ihrer Umgebung. Die Hartgebilde der Teleosteerhaut sind außerordentlich mannig- \ Schuppen der Knochenfische. 209 faltig, was beweist, daß wir es mit einer hochdifferenzierten Tierklasse zu tun haben. Wir können unterscheiden: 1. echte Schuppen (Cycloid und Otenoid); 2. Ossifikationen: 3. Placoidzähnchen und verwandte Bildungen. Fig. 186. Querschnitt durch einen Schuppenkeim einer 5l mm langen Forelle nach NUSBAUM. d obere Schuppenschicht (Hyalodentin), 0, o' obere, x, «! untere Seleroblasten. Unter dem Hyalodentin ist schon etwas von der unteren Schuppen- schicht zu sehen. 1. Schuppen. Wenn die Schuppen klein sind, so beeinflussen sie die Oberhaut nicht. Wenn sie aber größer werden (181), so stülpen sie die Epidermis nach außen vor, und es entsteht zwischen zwei benachbarten Schuppen eine Tasche der Oberhaut, welche sich bei 1(Halieutaea) 33 (Malthe) 4(Cyclopterus) A AR „Mal AN L 6(Squalius) 7 KIRR f : m vorn [utar Fig. 1857. Verschiedene Schuppen von Teleosteern nach O. HERTWIG. großen Schuppen als eine Platte von Epidermiszellen tief in das Corium hinein verlängern kann. Die Schuppen liegen in einer Spalte des lockeren Bindegewebes und werden auf beiden Flächen von einer Lage von Scleroblasten bedeckt. Indem jede Zellschicht eine besondere Sub- stanz ausscheidet, entsteht an der Schuppe (195 F) eine obere homogene „Deckschicht“ (die Bezeichnung „Hyalodentin“ ist zu verwerfen, da keine Aehnlichkeit mit Dentin vorliegt) und eine untere fibrilläre mit vielen sich kreuzenden Lagen von horizontalen Kalkfibrillen (lso- Plate, Allgemeine Zoologie I. 14 210 VI. Kapitel. pedinschicht). Bei ihrem ersten Auftreten bilden diese Scleroblasten eine Papille, welche sich leicht gegen die Epidermis vorwölbt. Da eine Basalmembran fehlt, schieben sich die Zellen zuweilen etwas in die Epidermis hinein, ohne daß aber ein Uebertritt von ektodermalen Zellen mit Sicherheit nachgewiesen wäre. Die Papille streckt sich in die Länge und wird so zu dem Schuppenkeim, dessen obere Zellen zu- erst die Deckschicht mit ihren Leisten ausscheiden, welcher später die untere Schuppenschicht von den unteren Zellen angelagert wird (186). Ein Teil dieser Zellen geht hierbei zu- srunde (o, «), ohne dabei in die Hartsub- stanz überzutreten, während andere (o‘, „') der Schuppe aufgelagert bleiben und ihr weiteres Wachstum vermitteln. Die \ Schuppe der Knochenfische zeigt daher 3 denselben Bau, wie diejenige von Ama (150, 195 E), nur daß die Knochenkörper- ‚ chen im allgemeinen fehlen. Sie kommen aber vor bei manchen Clupeiden, Chara- H& IR ciniden, CUypriniden, Mormyriden, Sudis Wh he Hd gigas, Thynnus vulgaris u. a., und zwar sn dicht unter der Deckschicht oder auch an . Fig. 188. Hinterrand (7%) gen Schuppen der Seitenlinie um den einer Ctenoidschuppe von Se:- i 2 assıa umbra nach Hasm Ha Kanal herum. Bei starken Versrößerungen Hyalodentinplatte. läßt die Oberschicht nach außen eine lamellöse, nach innen eine prismatisehe Struktur erkennen, erscheint also nicht mehr homogen. Die untere Schicht besitzt eine Besonderheit in den sog. Manprschen Körperchen, kleinen ovalen oder auch eckigen Kalkgebilden, welche zwischen den Fibrillen liegen und im Zentrum der Schuppen am größten sind. Fig. 189. Schema des Dickenwachstums einer Ötenoidschuppe nach Hase. Die jüngsten nur am Rande gebildeten Teile sind punktiert. Die Schuppen zerfallen in die Rundschuppen (Oycloidschuppen, 187, 6) und in die Kammschuppen (Ütenoidschuppen, 5), welche zwar nur durch ein äußerliches Merkmal, den Besatz von Zähnchen am Hinterrande, gesondert sind, aber sich doch ziemlich scharf voneinander unterscheiden und daher große systematische Bedeutung haben. Die Cycloidschuppen sind die phyletisch älteren, welche sich bei den ganz überwiegend im Süßwasser lebenden Malacopteri erhalten haben und unter den Meeresfischen bei Clupeiden, Echeneis, Gadiden, Pleuro- nectiden u. a. Die ältesten Knochenfische, häringsartige Physostomen aus der Jurazeit, haben nur Rundschuppen. Kammschuppen treten erst in der Kreide auf. Die Kammschuppen werden immer als Rund- schuppen angelegt, und schlagen häufig in diese zurück, aber nicht umgekehrt. Diese Tatsachen beweisen, daß die Rundschuppen als die Ausgangsformen anzusehen sind, welche sich, wie die Amiaden be- weisen, aus Ganoidschuppen entwickelt haben, indem die oberflächliche Schicht die Knochenkörperchen mehr und mehr verlor und sich in die stärker verkalkte Deckschicht umwandelte In einigen Familien läßt Schuppen der Knochenfische. >11 sich die Weiterentwicklung der niederen Schuppenform in die höhere noch jetzt verfolgen. Bei manchen Labroiden hat eine Art Rund- schuppen, während eine nahe verwandte Art Kammschuppen aufweist. Die geschlechtsreifen männlichen Schollen machen eine solche Um- wandlung durch, aber nur auf der Augenseite, während die Blindseite und die Weibchen die Rundschuppen behalten. Die Flunder zeigt denselben Prozeß in beiden Geschlechtern, und zwar überwiegend auf der oberen Seite. Bei der Betrachtung beider Schuppensorten fallen außer den kon- zentrischen Leisten radiale Linien auf, welche vom Zentrum nach dem Vorder- und Hinterrande verlaufen. Es sind dies Furchen, in denen die Deckschicht fehlt (195 F) und die Verkalkung der unteren Schicht ausgeblieben ist. Sie haben wohl den Zweck, die Schuppen ou Fig. 190. Schema des Wachstums einer Ötenoidschuppe von der Fläche ge- sehen. Die Reihenfolge der Zuwachsringe und Stacheln ist durch Zahlen ange- deutet. Die Zwischenringe sind durch e angedeutet. s—s! der Durchschnitt der Fig. 189. Nach Hase. biegsam zu machen, so daß sie den Körperbewegungen keinen Wider- stand entgegensetzen. Auf der Unterseite des nicht bedeckten Teils der Schuppen liegen in der Regel Iridocyten mit Guaninplättchen (s. S. 97) und bedingen den Silberglanz des Körpers. Er ist nament- lich auf der Ventralseite vorhanden und stellt eine Anpassung dar, indem er den Fisch für unter ihm befindliche Feinde unsichtbar macht, da diese nach oben gegen das Licht blicken. Die Zähnchen der Kammschuppen sind außerordentlich mannigfaltig bei den ver- schiedenen Arten, bald in einer Reihe, bald in mehreren am Hinter- rande oder auf einem dreieckigen Hinterfelde (‚So/ea) angeordnet. Sie haben nichts mit den Placoidzähnchen zu tun, sondern sind Umbildun- gen der Deckschicht. Diese zerfällt bei vielen Arten am Hinterrande in längliche oder rhombische Platten, welche zu Längsreihen ange- ordnet sind und allmählich zu den Stacheln auswachsen (188). Die 14* 212 VI. Kapitel. Dicke der Schuppen nimmt vom Zentrum nach außen ab (189), und ebenso sind die Zähnchen in der Mitte am dicksten und längsten (190), d. h. die Scleroblasten lagern von beiden Seiten und am Rande immer neue Substanz an. Die Kammschuppe ist ursprünglich cycloid (Ring- leiste 1, 2), und zwischen den Volleisten schieben sich später 1-3 Halbleisten ein, wodurch das Zentrum immer mehr nach dem Hinter- rand verschoben wird. In jedem Jahre entsteht eine ganze Anzahl Fig. 191. Frontalschnitt durch einen jungen Leuciscus nach HAsE, um zu zeigen, daß auf jedes Muskelsegment (a—d) eine Schuppe (5) kommt. Ep Epidermis, Cu Qutis. von Ringen. Während der warmen Jahreszeit ist das Wachstum stark und die Leisten liegen weit auseinander, wohingegen sie in der kalten Jahreszeit dicht zusammenrücken und ein dunkles Band, den Jahres- ring, erzeugen. Die Bestimmung des Alters der Nutzfische durch diese Fig. 192. Leueiscus rutilus mit vollständigem Schuppenkleid. Einige Schuppen- diagonale sind schwarz punktiert, um die Uebereinstimmung mit dem Verlauf der Muskelsegmente zu zeigen. Die Seitenlinie SS‘ fällt nicht mit der Mittellinie der Muskelsesmente zusammen. Nach Hase. Jahresringe ist für die Fischerei von Bedeutung. Man erzielt jedoch nur sichere Ergebnisse, wenn alle Schuppen mit unklaren Verhältnissen, die sehr häufig sein können, unberücksichtigt bleiben. Eine Rückbildung der Schuppen bis zum vollständigen Verlust ist bei vielen Knochenfischen eingetreten, namentlich bei solchen, welche „tänioform“ (bandartig) gestaltet sind in Anpassung an eine schlängelnde Bewegungsweise oder welche eine dicke Haut oder Hautknochen be- Schuppen der Knochenfische. 213 sitzen. Zu den tänioformen Teleosteern gehören Vertreter sehr ver- schiedener Familien, die alle durch reduzierte oder fehlende Schuppen ausgezeichnet sind, so unter den Apodes Venefica und Nemichthys, unter den Macruriden Ateleopus, unter den Üepoliden (epola, unter den Trichiuriden Trichturus, unter den Tachypteriden Regalecus. Beim Aal fehlen die Schuppen in gleicher Anpassung noch bei den ‚JJung- formen von 7 cm Länge. Sie entwickeln sich dann zu länglich ovalen sehr dünnen Platten von etwa 3 mm Länge, welche auf ihrer Ober- fläche statt der konzentrischen Leisten Reihen von winzigen ovalen Scheiben aufweisen. Beim Karpfen gibt es eine Rasse, die sog. Spiegel- karpfen, bei der die meisten Schuppen fehlen, während die vorhandenen sich zu zerstreut liegenden, sehr großen Platten entwickelt haben. Endlich bei der Rasse der „Lederkarpfen“ fehlen die Schuppen voll- ständig. Es gibt aber alle Uebergänge zwischen diesen drei Sorten, die vielleicht zum Teil auf Kreuzungen beruhen. Schuppenlos sind manche Grundfische: Cottus gobio, Stlurus glanis, Saccobranchus fossilis, die Gattung Gymnarchus unter den Mormyriden, manche Zoarciden, die Symbranchiden, Gobiesociden und die elektrischen Fische (Gymnotus, ii Fig. 195. Cyelopterus lumpus von 50 cm Länge mit kleinen bis sehr großen Hautknochen, deren wechselnde Dichte aus der Art der Punktierung zu ersehen ist. Nach Hase. Malapterurus); ferner die weiter unten besprochenen Familien mit Hautverknöcherungen, welche als Ersatz für die Beschuppung aufge- treten sind. Die Anordnung der Teleosteerschuppen ist ursprünglich metamer, worin sich ein Erbteil der Ganoiden ausspricht: auf jedes Muskel- segment kommt eine Reihe von Schuppen (191), und die eigentümliche w-förmige Knickung der Muskelsegmente mit nach vorn offenen Winkeln kommt auch in den Schrägreihen der Schuppen zum Aus- druck (192). Bei Tinca und den Salmoniden kommen auf jedes Metamer 2 Schuppenreihen. Diese segmentale Anordnung verdient weiter unter- sucht zu werden, da bei vielen Fischen die Metamerie verwischt oder aufgehoben ist. Sie hat einen physiologischen Grund, denn durch sie werden bei den Körperbewegungen die Verschiebungen der Muskeln und Schuppen in Uebereinstimmung gebracht. 2. Ossifikationen der verschiedensten Art und Größe kommen 214 VI. Kapitel. statt der Schuppen bei einer Anzahl überwiegend mariner Knochen- fische vor, namentlich bei Kataphracten, Pediculaten, Plectognathen, Gasteroiden, Lophobranchiern und Panzerwelsen. Es sind mesodermale Bildungen, jedoch sollen bei Seenadeln Ektodermzellen in die Tiefe wandern und sich der jungen Knochenplatte von unten anlegen, ohne sich aber an dem Aufbau zu beteiligen. Dieser rätselhafte Vorgang bedarf noch der Aufklärung. Bei Dactylopterus und Lophobranchiern finden wir große Knochenplatten, welche von weiten Hohlräumen und Havsrsschen Kanälen durchzogen werden. Bei (entriscus scolopa.x (187, 2) erinnert die Form an eine Placoidschuppe, hat aber nichts damit zu tun, denn die Schuppe besteht aus einer homogenen Knochen- masse. Die letztere bildet auch die Stachel von Balstes, Monacanthus und Triacanthus, welche aber einer fibrillär differenzierten Knochen- platte aufsitzen. Bei den Igelfischen Diodon und Tetrodon bestehen die zuweilen riesig großen und aufrichtbaren Stacheln aus einer zen- tralen längsfaserigen Knochenmasse und aus einem dicken Mantel von konzentrisch geschichteter und gleichzeitig radialfaseriger Knochen- substanz. Die erste Anlage ist ein homogenes Zähnchen im Corium, dessen Höhle von jener längsfaserigen Achse ausgefüllt wird, während äußere Scleroblasten den Mantei schichtweise auflagern; hierbei er- halten sich die Knochenkörperchen bei Tetrodon, während sie bei Diodon fehlen. Die Stacheln laufen an ihrer Basis in drei oder vier Wurzeln aus, welche einer Platte von gewöhnlicher Knochensubstanz aufsitzen. 3. Am interessantesten sind diejenigen Hautverknöcherungen, welche in manchen Verhältnissen an die Selachier erinnern. In der Haut von Cyclopterus lumpus (193) sitzen zahllose runde oder spitze Höcker, welche an bestimmten Stellen zu großen vielzackigen Hautzähnen ver- schmelzen. Sie bestehen aus einer Art Trabeculardentin ohne Schmelz, denn die der Innenfläche der Pulpa anliegenden Odontoblasten setzen sich mit Ausläufern in die lamellöse Hartsubstanz fort. Die Pulpa wird ausgefüllt von der oben erwähnten filzigen Bindegewebsmasse (155 c,). Wie bei den Placoidzähnen bricht die Spitze durch die Epi- dermis durch, die Hautzähne überdecken sich aber nicht, sind nicht segmental angeordnet und werden häufig regeneriert. Sicherlich sind diese Uebereinstimmungen mit den Selachiern, wie auch das stark entwickelte und dauernd sich erhaltende Knorpelcranium als Konver- genzen zu beurteilen, denn die Cottiden, welche als die nächsten Ver- wandten gelten, zeigen eine starke oder völlige Rückbildung der Schuppen, und zum Ersatz sind jene Hartgebilde aufgetreten. Bei ge- wissen Panzerwelsen sitzen noch echte atavistische Placoidzähnchen mit Schmelz, Dentin und Pulpa, aber ohne Basalplatte, auf den großen Knochenplatten der Haut. So bei Plecostomus commersonü (von O. Herrwic als Hypostoma bezeichnet) überall in großen Mengen. bei (allichthys am Hinterrande. Dipnoer. Ceratodus besitzt sehr große dünne Schuppen, welche in Taschen der Cutis liegend sich zum größten Teil überdecken und hierin, sowie in der dünnen biegsamen Beschaffenheit an die Knochenfische erinnern, so daß man in den Lehrbüchern sie vielfach als Cycloidschuppen be- Schuppen der Dipnoer. 215 zeichnet findet. Sie haben aber einen sehr verschiedenen Bau, denn sie bestehen aus einer oberen spongiösen und einer unteren isopedinen Schicht. Von der Fläche gesehen (19A, B), erkennt man auf der Außenseite eine unregelmäßige Felderung, indem tiefe Furchen die Deckschicht der Schuppe durchsetzen. Diese besteht aus einer sehr spongiösen hellen Knochensubstanz (195 G), welche auf der Außenfläche sehr viele kleine, meist gegen das Zentrum gerichtete Zacken trägt, zwischen denen überall die Hohlräume sich öffnen. Die Zacken fehlen auf dem Hinterfelde der Schuppe, also gerade umgekehrt wie bei den Ctenoidschuppen, und bestehen aus homogener Substanz mit sehr zarten Fibrillen, nicht aus Dentin. Sie tragen eine etwas dunklere Kappe und besitzen keine Pulpa. Sie sind also Verdickungen der Leisten der Spongiosa und haben mit den Placoidzähnchen keine Aehnlichkeit. Wie 194 A erkennen läßt, strahlen die Leisten der Spongiosa vom Zentrum so aus, daß sie rechtwinklig auf den Rand stoßen. Sie haben ebenso wie die schmäleren Zwischenbalken eine fibrilläre Struktur, so daß das Schwammwerk als verkalktes lockeres Bindegewebe anzusehen ist, während das Isopedin verkalktes straffes ist. Knochenkörperchen sind in der unteren Schicht vorhanden, scheinen aber im Alter zu ver- schwinden, denn bei einem ca. 70 cm großen Tiere fehlen sie. Kocht man die Schuppe mit KOH, so lösen sich die Felder der Deckschicht K BU TIEV m q Fig. 19%. A Schuppe von Ceratodus von oben gesehen bei schwacher Ver- größerung. » vorn, h hinten. B Flächenbild bei stärkerer Vergrößerung. sp Spongiosa mit zahnförmigen Kegeln k, is Isopedin, f« Stelle unter einer Furche mit um- gebogenen Fasern. C© Kegel bei sehr starker Vergrößerung. Orig. ab. Man erkennt dann auch eine deutliche Felderung der Fibrillen- schicht, indem hier die Fibrillen umbiegen, und ihre Verkalkung reduziert ist. Dieselbe Schuppenstruktur ist schon bei devonischen Gattungen beobachtet worden und findet sich auch bei Protopterus amneetens, nur ist bei letzterem das zackenfreie Hinterfeld sehr klein. Phylogenie der Schuppen. Die Erkenntnis der stammesgeschichtlichen Entwicklung der Fisch- schuppen wird dadurch außerordentlich erschwert, daß wir schon bei 216 VI. Kapitel. den ältesten paläozoischen Fischen die verschiedensten Hartgebilde gleichzeitig antreffen. Wir finden bei den Acanthodiern im Silur und Devon Schuppen (195, J), welche eine unverkennbare Aehnlichkeit mit den Ganoidschuppen (D) haben, die auch schon im Devon vorhanden sind. Ferner große Knochenplatten, die mit Placoidschuppen besetzt sind (H), bei Heterostracen (Psammosteus, Pteraspis) und Ooelacanthiden (Macropoma) und echte Dipnoidschuppen (G) zu derselben Zeit. Dazu noch Bedeckung mit großen Knochenplatten bei den devonischen Coc- costeomorphen und Pterichthyomorphen. Weiter im Devon echte Placoidschuppen (A) und Cosmoidschuppen (B). Der ganze Formen- reichtum ist also gleichsam mit einem Schlage da. Nur die Cycloid- Fig. 195. Die wichtigsten Schuppenformen im Durchschnitt unter Benutzung von Bildern von WILLIAMSON, OÖ. HERTWIG, GOODRICH. Orig. A Placoidschuppe der Selachier, B Cosmoidschuppe von Megalichthys (Osteolepide), C Ganoidschuppe von Polypterus, D von Lepidosteus, E Oycloidschuppe von Amia, F von einem Knochenfisch, G Dipnoidschuppe von Oeratodus, H Knochenplatte mit aufgewachsenen Placoidschuppen von Psammosteus, J Schuppe von Acanthodes. ep Epidermis, s Schmelz, de Dentin, d Deckschicht, gan Ganoin, is Isopedin, cos Cosmin, ha Haverssche Kanäle, gr Grenzschicht unbekannter Natur, sp spongiöse Knochen- substanz, bp Basalplatte, cor Corium. Phylogenie der Schuppen. 217 schuppen der Amiaden und Knochenfische geben sich durch ihr Auf- treten in der JJurazeit und diejenigen von Lepidosteus (Eocän) und Polypterus (rezent) als jüngere Bildung zu erkennen. Wir sind unter diesen Umständen hauptsächlich auf die vergleichende Anatomie und in geringem Grade auf die Ontogenie angewiesen. Eine ausführliche Besprechung der verschiedenen Ansichten würde zu weit führen. Ich beschränke mich auf folgende Angaben, die sich bezüglich der Tat- sachen auf die Arbeiten von Wırrıamson, OÖ. Herrwic, KraarscH, GooDricH und eigene Untersuchungen stützen. Wir können annehmen, daß bei den ältesten Familien 3 verschiedene Hartgebilde vorkamen, die Acanthodes-Schuppe (J), die Placoidschuppe (A) und Knochenplatten. Die erstere hat keine Pulpa, kein Dentin und keinen Schmelz. Sie hat also mit den Placoidzähnchen nichts zu tun, sondern ist eine Bildung eigner Art von winziger Größe (195 J, 196), welche als Vorläuferin der Ganoidschuppe angesehen werden kann, denn sie be- steht aus einer oberen ganoin- artigen und einer unteren isopedinartigen Schicht, wel- che von Dentinröhren durch- setzt wird. Die Schuppen haben rhombische Gestalt, überdecken sich noch nicht \ —g und sind In Schrägreihen Fig. 196. Schuppen von Acanthodes gra- angeordnet. Beiden Knochen- cilis vergrößert. a von außen, 5b von innen, platten finden wir ganz all- e isoliert. Aus dem Perm, Rotliegendes. Nach gemein eine obere spongiöse ZITTEL. und eine untere lamellöse Schicht; die erstere entspricht dem lockeren, die letztere dem straffen Bindegewebe des Coriums. Echte Placoidschuppen treten im Oberdevon bei Cladoselachiern zuerst auf; vielleicht können die kleinen Chagrin- schuppen von Thelodus und Lanarkia aus dem Obersilur auch als solche gelten. Sie müssen aber wohl schon früher in weiter Verbreitung vor- handen gewesen sein, denn die silurischen Ichthyodorylithen sind als um- gewandelte Placoidzähne anzusehen, und außerdem besitzen Heterostracen (H) und Cölacanthiden auf ihren Knochenplatten Dentinhöcker (bei Macropoma mit Schmelzüberzug), die wohl nur als aufgewachsene Placoid- schuppen gedeutet werden können. Wo aber die Placoidzähne mit der Knochenplatte oder mit der Ganoidschuppe in Wettbewerb treten, daunter- liegen sie und werden rudimentär (Lepidosteus, Polypterus und Panzer- welse), denn die feste in der Cutis liegende Platte bewirkt einen besseren Schutz als das frei hervorragende Zähnchen. Wenn dieses groß wird, so muß es bei einem rasch beweglichen Fisch wie ein Widerhaken wirken, der häufig aus der Haut herausgerissen wird. Daher erreichen sie nur bei den trägen Rochen auf der Haut eine besondere Größe und zeigen vielfach eine Rückbildung des Zahns zur flachen Schuppe; auch die Regenerationsfähigkeit der Placoidschuppen wird aus diesem Ge- sichtspunkt verständlich. Diese spielen nur bei den Selachiern eine Rolle, erhalten sich aber bei allen übrigen Wirbeltieren als Mundzähne im Dienste der Nahrungsaufnahme, was ebenfalls beweist, daß sie ur- sprünglich allgemein verbreitet gewesen sein müssen. Trotzdem kann ich mich nicht dazu entschließen, von der Basalplatte die Ganoidschuppe 218 VI. Kapitel. abzuleiten, denn sie ist nur die homogene Fortsetzung des Dentins und dient zu dessen Verankerung. Sobald der Zahn klein wird, wird auch seine Basalplatte klein, und sie wächst mit der Größenzunahme des- selben. Die rudimentären Zähnchen von Lepidosteus, Polypterus und den Panzerwelsen haben überhaupt keine Basalplatten mehr, sondern verwachsen sekundär mit ihrer Unterlage, der beste Beweis, daß diese ganz anderer Art ist. Gemeinsam ist allen Fischen die Neigung zur Bildung von Hartsubstanzen, die sich bald so, bald so äußert. Placoid- schuppen, Ganoidschuppen und Hautknochen sind also Homoiologien, d. h. Bildungen verschiedener Art auf Grund einer gemeinsamen er- erbten Fähigkeit der Kalkabscheidung. Verfolgen wir nun das Schicksal der Hautverknöcherungen mit ihrer spongiösen und isopedinen Schicht. An das Stadium H mit ein- gewachsenen Placoidschuppen läßt sich die Cosmoidschuppe der Osteo- lepiden (B) anschließen. Nach Wırrıamson sollen die Gruppen von Dentinkanälchen in der Cosminschicht umgewandelten Placoidzähnen entsprechen. Eine solche Konkreszenz ist sehr unwahrscheinlich, denn die Placoidschuppen verschmelzen fast nie; nur für Hybodus wird eine solche Verschmelzung angegeben. Sie können sich vergrößern und an einer Pulpa können unter Umständen mehrere Zacken sitzen (173), aber eine Verwachsung findet bei rezenten Selachiern nie statt. Der beste Beweis dafür, daß die Cosminbüschel nichts zu tun haben mit Placoidzähnen, sind die Schuppen von Polypterus, welche solche Büschel von Dentinröhren und daneben noch Placoidzähnchen besitzen (O). Die COeratodus-Schuppe (G) läßt sich als eine vereinfachte Cosmoid- schuppe mit rückgebildetem Cosmin auffassen. Die Kappe an den kegelförmigen Fortsätzen entsteht nach KraarscHh durch einen auf- gelagerten Scleroblasten. Eine weitere Rückbildung zeigt sich in dem Fehlen von Knochenkörperchen. KraarscHh will sie zwar gefunden haben, was er aber hier und bei Ania beschreibt, sind Spalten zwischen den verkalkten Fibrillen. Die ältesten devonischen Dipnoer (Dipterus) besitzen noch gut entwickeltes Cosmin. Die echten Ganoidschuppen von Palaeoniscus, Folypterus (C) und Lepidosteus (D) leite ich von Acanthodes (J) ab. Charakteristisch sind das Fehlen der Spongiosa und die zwei Schichten aus Ganoin und Isopedin. Dazu kommen häufig lange Dentinröhren, welche von der Unterfläche aus in die Schuppe eindringen und Haverssche Kanäle, welche die Blutgefäße zur Subepidermis leiten und sich unter dem Ganoin ausbreiten, wodurch eine oberflächliche Aehnlichkeit mit einer Spongiosa erzeugt werden kann. Die davon nach außen strahlenden Dentinröhren bilden die Cosminbüschel, welche bei den Palaeonisciden gut entwickelt sind. Bei Polypterus sind sie nur noch schwach aus- gebildet und bei Zepedosteus fehlen sie ganz, da hier auch die HAvErs- schen Kanäle nur wenig entwickelt sind. Cosmin scheint sich also überall dort bilden zu können, wo Blutgefäße in die Schuppe eindringen und die Scleroblasten reichlich ernähren, so daß sie lang auswachsen können. Daher konnte auch die Cosmoidschuppe aus der Spongiosa einer Knochenplatte hervorgehen, denn diese enthält viele Blutgefäße. Durch Rückbildung des Ganoins entstand aus einer Ganoidschuppe die- jenige von Amza (E) und durch völlige Rückbildung der Knochen- körperchen aus dieser diejenige der Knochenfische (F). In beiden Fällen verwandelt sich die Oberfläche des Isopedins in eine hyaline festere Deckschicht (A). Sie besitzt bei Amza noch Knochenkörperchen, Phylogenie der Schuppen. 219 daher kann sie nicht aus dem Ganoin hervorgegangen sein. Die Rück- bildung bedeutet in physiologischer Hinsicht einen Fortschritt. Die Ganoidschuppen sind dicke rhombische Platten, welche sich gar nicht oder nur wenig überlagern und durch straffes Bindegewebe, eventuell auch durch Gelenkfortsätze miteinander verbunden sind. Das hat eine gewisse Ungelenkigkeit des Körpers zur Folge. Um sie aufzuheben, werden bei 4ınza die Schuppen viel dünner, nehmen eine rundliche Gestalt an, überlagern sich und liegen, jede frei verschiebbar, in einer besonderen Outistasche. Derselbe Prozeß der Abrundung und Ueber- lagerung hat sich auch bei der Ausbildung der Dipnoidschuppe ab- gespielt. Zur weiteren Vermehrung der Beweglichkeit sind bei letzterer und der Knochenfischschuppe die Furchen in der Deckschicht und unter ihnen die schwach verkalkten Partien des Isopedins aufgetreten. Die Ossifikationen der Panzerwelse, Plectognathen und der anderen oben erwähnten Familien sind nicht als primitive Bildungen anzusehen und zeigen daher auch nicht die Zweischichtung von Spongiosa und Isopedin. Es handelt sich hier um hochspezialisierte Gruppen, welche aus schuppenlosen Formen hervorgegangen sind, denn gerade ihre nächsten Verwandten entbehren oft der Schuppen, was sicherlich ein sekundärer Zustand ist (Polyodon nackt, Scaphirhynchus gepanzert; Nacktwelse, Panzerwelse: Cotls nackt, Agonus, Dactylopterus, Cyclo- pterus gepanzert). Der Besitz von Placoidzähnchen bei den Panzer- welsen spricht nicht gegen diese Auffassung, denn viele Beispiele der Phylogenie beweisen, daß einzelne primitive Merkmale bei sonst hoch- entwickelten Formen vorkommen können (Chordareste bei Geckonen). Für die ursprünglich allgemeine Verbreitung der Placoidschuppen spricht auch die Tatsache, daß bei Amza und Teleosteern die basalen Zellen der Epidermis sich über der Schuppe vorübergehend vergrößern, also gleichsam ein rudimentäres Schmelzorgan bilden. Der Gegensatz zwischen den drei Hauptschuppenformen spricht sıch auch in der Ontogenie und im Wachstum aus. Die Placoidschuppe entsteht aus Epidermis und Corium ohne Beziehung zur Metamerie. Ihr Zahn wächst einseitig nur an der Innenfläche der Pulpa, die Basal- platte allseitig durch aufgelagerte Scleroblasten. Alle übrigen Hart- gebilde sind rein mesodermal. Die Schuppen der Ganoidreihe wachsen zwischen zwei Schichten von Scleroblasten durch Auflagerung an beiden Seiten und durch Größenzunahme am Rande in metamerer Anordnung. Die Hautknochen entstehen aus dem Bindegewebe, die Spongiosa aus dem lockeren, das Isopedin aus dem straffen, bald mit, bald ohne Be- ziehung zur Metamerie. Die Ceratodus-Schuppe wächst nur am Rande und an der Unterfläche, und dasselbe dürfte für die Cosmoidschuppe gegolten haben. Eine wiederholt wiederkehrende Erscheinung ist das sekundäre Verschwinden der Knochenkörperchen, so bei Acanthodes (J), Psammosteus (H), Teleosteern (F) und (eratodus (G). Ich sehe darin ein Zeichen, daß die Bildungszellen sich erschöpfen und dann zugrunde gehen. Ich lasse hier eine Uebersicht der Phylogenie der Fischschuppen folgen, aus der hervorgeht, daß nach meiner Auffassung den Placoid- schuppen, abgesehen von ihrer Umwandlung in Kieferzähne, nicht die große Bedeutung zukommt, welche ihnen von WIrLLıamson, HERTWIG, GEGENBAUR und KraarscHn zugeschrieben wurde (siehe Fig. 195 A—.) und Stammbaum auf S. 220). VI. Kapitel. 220 Plaecoidreihe. Placoidschuppe (A), Obersilur | | | Y Y | Kiefer-- Flossen- zähne stacheln aller bei Wirbel- Haien u. tiere Rochen, vom Silur an Y Rücken- stacheln der Rochen, | Kreide | Y Pristis- Säge, Kreide «anoidreihe. Acamthodes-Schuppe (J), Silur | | y Ganoidschuppe, Palaeoniscus, Devon SE x Zu 2 N | I Amia (E), | Jura | Y | Cyeloid (F), | | JuraN ”: Y Ctenoid, \ _ Zepi Kreide | dosteus (D), | \ Eoeän | | ae ' Polypterus (©) ückbildung rezent zur Schuppen- losigkeit V Hautknochen a ä—,—_—_—____ä2ä2ä2ä6e a u Hautknochen mit oder ohne Placoid- zähnchen (H) bei Placo- dermen, Arthrodien, Devon v Cosmoidschuppe (B) Östeolepiden, Crosso- pterygier, Devon, Karbon ' een ‚ Devon a | Ceratodus, Trias Y Lepidosiren, Protopterus rezent Knochen- _, _ schuppen Stegocephalen, \ Karbon Cotylosaurier, Perm ’ Epitheca Urschildkröte Perm | Y Y | Lacertilier, Coeeilier | Trias rezent | v Anguis, l Seincus Marginal- platten - der Schildkr. Y Dermo- chelnys Haut der Amphibien. 2321 Amphibien. Uns interessiert hier vom phyletischen Standpunkt hauptsächlich der Unterschied zwischen der Haut der Larven und Wasserformen und derjenigen der Landformen. Er zeigt sich erstens darin, daß die Urodelenlarven und die Perennibranchiaten eiweißreiche Drüsenzellen, sog. Leypıssche Zellen, in großer Zahl in ihrer Epidermis aufweisen (197), während alle ausgewachsenen Amphibien außer den Perenni- branchiaten sie nicht mehr besitzen, und zweitens darin, daß alle aus- gewachsenen Amphibien ein Stratum corneum besitzen (166). Die Leypvısschen Zellen können offenbar wegen ihres wässrigen Inhaltes nur im Wasser sich halten, denn sie werden von keiner Membran, sondern von einem Fibrillennetzwerk außen begrenzt. Auffallend ist, daß sie bei den Anurenlarven und ausgewachsenen Caducibranchiaten (Oryptobranchus) fehlen, obwohl diese dauernd im Wasser leben. Bei ersteren werden sie ersetzt durch vorübergehend auftretende Kolben- zellen, welche sogar, wie bei Ammocoetes, einen Spiralfaden aufweisen, und durch einzelne Zellen mit glashellem schleimigen Inhalt. Das Fehlen beim Riesensala- mander weist auf sekundäre Rückwanderung ins Wasser hin, wofür auch das dicke Stratum corneum mit 6 Zell- lagen spricht. Die LeypIc- schen Zellen der Urodelen- larven öffnen sich nicht mehr nach außen, man wird also wohl wie bei den Fischen (siehe S. 206) annehmen dür- fen, daß sie zur Ernährung cor.bl der Haut dienen, indem sie Fig. 19%. Schnitt durch die Haut der : - Larve von Salamandra maculosa nach SCHNEI- n a en DER. au.x Außenzelle, ba.z Basalzelle, Cor Co- ege nach auben abgeben. jium, cor.bl Bildungszellen des Coriums, eiw.a Bei den Larven der Gym- Eiweißzelle, pg.x Pigmentzelle, scht.x Schaltzelle. nophionen kommen große becherförmige Zellen vor, welche sich nach außen öffnen. Dieser Umstand und ihre Form beweisen, daß sie nicht den Leypısschen Zellen, sondern den Schleimzellen der Fische homolog sind. Die Zahl der Zellschichten in der Epidermis richtet sich im all- gemeinen nach der Körpergröße: während die jungen Kaulquappen des Frosches nur 2 haben, von denen die äußere auf ganz frühen Stadien mit Flimmern bedeckt ist, finden wir während der Metamorphose 4—5 und im erwachsenen Tiere an manchen Körperstellen noch mehr. Bei (ryptobranchus steigt die Zahl auf ca. 10, wobei die äußere Hälfte verhornt ist. Die Zellen der Epidermis besitzen viele Plasmabrücken, sind also nach früherer Bezeichnung „Stachelzellen“. Sie enthalten oft körniges Pigment und vielfach braune verästelte Chromatophoren in den Interzellularspalten. Von einigen Forschern wird die Ansicht ver- treten, daß das Pigment der Epidermiszellen von den Chromatophoren herstammt. Von der untersten Schicht gehen häufig Protoplasma- fortsätze in das Corium hinein. Das Stratum corneum beschränkt sich bei den erwachsenen heimischen Amphibien auf die äußerste Zell- schicht (166), welche mit einer dünnen COuticula abschließt und bei 222 VI. Kapitel. der Häutung der Urodelen als Ganzes, bei den Anuren in großen weiß-. lichen Fetzen abgeworfen wird. Da aber kurz vor der Abwerfung auch' schon die nächste Schicht in Verhornung übergegangen ist und Teile derselben mitabgestoßen werden können, so erscheinen jene Fetzen zuweilen zweischichtig. Der Kern bleibt in den verhornten Zellen meist erhalten. Unter ihnen entwickeln sich vor der Häutung flaschen- förmige Zellen. deren Sekret wahrscheinlich die Ablösung unterstützt. Eine intensivere Verhornung tritt vorübergehend oder dauernd bei einigen Amphibien auf. So bei den Warzen, mit denen die Haut von Oryptobranchus, Bufo, Pleurodeles u. a. bedeckt ist und die häufig dunkel pigmentiert sind. Zur Brunstzeit bekommen unsere männlichen Frösche eine dicke Daumenschwiele, welche dicht besetzt ist mit dunklen stark verhornten Papillen. Sie dienen zum Festhalten des Weibchens bei der Kopulation, indem sie gegen dessen schlüpfrige Haut gepreßt werden. Beim Sporenfrosch, Xenopus laevis, erstrecken sich diese Rauhigkeiten sogar über den Arm bis zur Achselhöhle, und die Männchen von Bombinator igneus zeigen eine Art Daumenschwiele außerdem noch am Hinterfuß. Aehnlich dem Perlausschlag der Fische treten bei den Weibchen von Rana fusca auf der Oberseite des Körpers stecknadelknopf- große, weißliche oder röt- liche „Brunstwarzen“ auf mit verhornter Oberfläche. Wenn bei der Metamor- phose die Hautsinnesor- gane in die Tiefe sinken, Fig. 19%. Medianer Längsschnitt durch die über Bi: en Krallenanlage an der Zehenspitze von Siren lacer- ege von VEFNOFNIER tina nach GÖPPERT. Kp Krallenplatte, Xs Krallen- Zellen und kann sich bei sohle. unsern Fröschen an der Stirn und am Rücken vor- übergehend erhalten. Endlich kommen bei manchen Amphibien Ver- hornungen an den Spitzen der Zehen als erste Andeutung von Krallen vor (198), unter den Anuren bei Hymenochirus und besonders deutlich beim Krallenfrosch Xenopus laevis, dessen drei erste Zehen mit spitzen schwarzen Krallen endigen. Beim Sporenfrosch, Xenopus calcaratus, kommt hierzu noch eine schwarze Kralle am Mittelfußhöcker. Unter den Urodelen besitzt Onychodactylus japonicus, wie der Name besagt, Krallen. Wenn auch die Verhornung sicherlich durch den Luftaufent- halt begünstigt wird, so ist sie doch auch bei Wassertieren möglich. Das beweisen nicht nur die Hornzähne der Cyclostomen und der Perl- ausschlag der Knochenfische, sondern auch die Hornschnäbel der Kaul- quappen, welche nur selten (Xenopus-Larven) vermißt werden. Eine Vaskularisation der Epidermis durch Eindringen von Blut- kapillaren kommt bei Menopoma und bei Fröschen zur Zeit der Metamorphose vor. Besonders ausgeprägt ist diese Erscheinung bei Typhlonectes, wo sie überall zusammen mit Bindegewebe und Pigment- zellen fast bis zur oberflächlichsten Zellschicht vordringen. Auf diese Weise wird die Hautatmung verstärkt, was bei Menopoma und Typhlo- . nectes den Vorteil hat, daß die Tiere nicht oft an die Oberfläche des i Haut der Amphibien. 223 Wassers zu steigen brauchen. Die Kaulquappen kommen auf diese |Weise über die Zeit hinweg, in der die Kiemenatmung nicht mehr und die Lungenatmung noch nicht funktioniert. Vielzellige Drüsen. Während der Metamorphose entwickeln sich alveoläre vielzellige Drüsen, welche mitsamt ihrer Muscularis aus dem Ektoderm stammen. Bei Rana teilt sich eine Kolbenzelle mehrfach und der so entstandene Zellhaufen schiebt sich in das Corium vor und zerfällt in eine innere Lage von Drüsenzellen und eine äußere, welche angeblich die Muskelhülle liefert (166). Nach anderen Beobachtern geht die Muscularis aus angelagerten Bindegewebszellen hervor, was wahrscheinlicher ist. Bei Salamandra maculosa verwandeln sich einzelne der äußeren Zellen ‘in Drüsenzellen. Am Kopfe von Chroglossa und Spelerpes, an der Hand- und Fußfläche namentlich der Daumenschwiele der heimischen Arten, können solche Drüsen eine tubulöse Gestalt an- nehmen und sich bei Polypedates sogar verästeln. Die Drüsen zerfallen nach ihrem Sekret in Schleimdrüsen und in Körner- oder Gift- drüsen. Die Schleimdrüsen sind in sehr großer Zahl über die ganze Haut verbreitet, während die Giftdrüsen sich hauptsächlich auf gewisse Hautwülste und Warzen zusammendrängen, so hinter dem Ohr zu der sog. Parotisdrüse und am Seitenrand des Rückens. Die ersteren liefern ein schleimiges, die letzteren ein milchiges körnerreiches Sekret. Der Schleim schützt die Haut vor dem Eintrocknen und steht daher im Dienste der Hautatmung, während das Sekret der Giftdrüsen ein Schutz- mittel is. Für Laubfrösche, Kröten, Tritonen und Landsalamander liegen Untersuchungen vor, welche beweisen, daß ihr Hautsekret bei subkutaner Injektion für Fische, Schildkröten, Vögel und selbst Säuger als Herzgift wirkt oder heftige Krämpfe, eventuell sogar den Tod hervor- ruft. Hunde starben durch Tritonengift in 3—8 Stunden, ein Meer- schweinchen nach 9 Stunden. Die eigene Art ist gegen das Gift immun, aber Krötengift wirkt energisch auf Frösche und umgekehrt. Kröten- sekret enthält zwei giftige Substanzen, Bufotalin und Bufonin; diejenige des Feuersalamanders wird Samandarin genannt. Bei dem letzteren Tier, Plethodon und bei Ichthyophis findet sich an der Basis des Aus- führganges ein kleines Nebensäckchen von Schleimzellen, deren Sekret vielleicht zur Verdünnung des Giftes dient. Die Giftdrüsen entwickeln sich aus Schleimdrüsen und regenerieren sich aus den Schleimzellen in jenem Nebensäckchen. Bei Kröten und Salamandern werden zwei Sorten von Giftdrüsen unterschieden, größere an den Parotiden und Warzen, welche ihr bräunliches Sekret auf Druck, z. B. wenn sie gebissen werden, reflektorisch herausspritzen, und kleinere mit weißlichem Sekret, welche willkürlich entleert ee und über den ganzen Körper verbreitet sind. Um den Ausführgang der Parotisdrüsen herum sitzen noch sehr kleine alveoläre Drüsen, welche reich innerviert sind und im Innern stäbchenartige Bildungen aufweisen. Sie sollen wie Sinnesorgane den Reiz des Angreifers zuerst aufnehmen und an die Muscularis der großen Drüsen weiterleiten. Die Schleimdrüsen pflegen klein zu sein, nur 2—4mal so dick wie die Epidermis. Hingegen sind die Gift- drüsen gewaltige Organe, welche das ganze lockere Bindegewebe durch-. setzen (166). Die in den Schleimdrüsen zu einer Schicht angeordneten Zellen sind in der Ruhe niedrig, während sie bei der Sekretion eine sehr hohe Gestalt annehmen, wobei als Vorstadium des Mucins Körner auftreten. Bei den Giftdrüsen sind viele Zellen zu einem Symplasma . verschmolzen, zwischen denen andere frei hervorragen und gegen den 294 VI. Kapitel. Grund zu außerordentlich groß und körnerreich werden. Ob diese zweikernigen Zellen oder das Symplasma das Gift liefern, ist noch strittig. Nach einer Auffassung dient das Symplasma zur Regeneration. Die Muscularis ist bei den Giftdrüsen dick. Ein Ausführgang fehlt zunächst, da ein Epithelpfropf die Mündung verschließt, entsteht aber bei der Entleerung. Der Ausführgang ist bei Plethodon vorhanden und besitzt eigene Dilatator- und Constrictormuskeln. Beide Drüsensorten werden noch von einer bindegewebigen Hülle mit Kapillaren umgeben. Proteus besitzt nur die Schleimdrüsen. Die Coecilier (199) haben sog. Riesendrüsen in einer Reihe (/chthyophis) oder in mehreren Reihen vor den Schuppen und außerdem kleine sog. Spritzdrüsen. Die letztere Bezeichnung ist wohl irrtümlich, denn ein Ausspritzen ist nicht be- obachtet worden, und es ist wahrscheinlicher, daß sie zum Feuchthalten der Haut dienen, während die großen Organe Giftdrüsen sind. h f; 4 Dh YET "WER: /7 ZN | Ü untere Coriumlage Fig. 200. Fig. 199. Schnitt durch die Haut des Üöciliers Ichthyophis glutinosus nach SARASIN. Fig. 200. Haut von Hyla arborea mit einem Bündel glatter Muskelfasern, welches sich in der Epidermiszelle mit einer Sehne von plasmatischen Fibrillen fort- setzt. Nach SCHMIDT. Die Gliederung des Bindegewebes im Corium in eine dünne obere horizontalfaserige Schicht, in eine mittlere mit lockerem Binde- gewebe, den Pigmentzellen und den Drüsen, und in eine untere lamellöse Schicht mit Fasern nach den drei Raumrichtungen ist allgemein ver- breitet. Dazu kommen bei den Anuren senkrechte sog. perforierende Bündel, welche im subkutanen Bindegewebe entspringen und das ganze Corium durchsetzen. Sie bestehen aus glatten Muskelzellen, elastischen Fasern, Nerven und Blutgefäßen. Die glatten Muskelfasern enden an der Innenfläche der Epidermis, deren Basalzellen dann von einer Sehne plasmatischer Tonofibrillen durchzogen werden (200). Bei Urodelen und Cöciliern fehlen diese Bündel. Ein ektodermaler Ursprung dieser Muskeln ist nicht wahrscheinlich. Bei Sören und in der Rückenhaut des Frosches springt die unterste, sehr stark entwickelte Coriumschicht papillenförmig gegen die mittlere vor, worin man irrtümlich eine An- Haut der Amphihien. 225 deutung früherer Schuppen gesehen hat. Die Chromatophoren der Amphibien liegen wie bei den Fischen vereinzelt in der Epidermis, und in der inneren, hauptsächlich aber in der mittleren Coriumschicht. Hier bedingen sie die namentlich bei tropischen Fröschen oft sehr auf- fallende Färbung und den Farbwechsel, welcher bei Anuren viel aus- gesprochener ist als bei Urodelen. Ueber den Bau der Pigmentzellen vgl. das S.95 Gesagte.e. Am besten bekannt ist der Farbwechsel des Laubfrosches, Hyla arborea, dessen grüne Rückenfläche sich einerseits zu hellgelb aufhellen, andererseits bis zu schwarz verdunkeln kann. Es können aber auch andere Farben (himmelblau, grau mit weißen Flecken, schwarzbraun mit grünen Flecken, hellgelb mit braunen Punkten) auf- treten. Alle diese Nuancen kommen zustande durch verschiedene Stellung der drei Chromatophoren, der äußeren gelben Lipophoren, der Bei mittleren Guanophoren und der inneren Melanophoren. dem Schwarzwerden der Haut bilden die letzteren lange Fortsätze und umhüllen damit die beiden andern Sorten von allen Seiten. N) RR HH N Indem die Guaninplättchen blau .7°Y IHNEN ZINN als Strukturfarbe durch Inter- VI N ferenz hervorrufen, können gelb = \ und blau zusammen grün geben, oder es kann durch Kontraktion der Lipophoren die Haut blau erscheinen. Ziehen sich die Melanophoren zurück, so ent- steht der gelbliche Farbton. Das Grünwerden des Laub- frosches hängt nicht von opti- schen Eindrücken, sondern von Hautempfindungen ab. Es tritt immer ein, wenn die Tiere auf frisches Laub gesetzt werden, auch im Dunkeln. Das Zentrum der Pigmentnerven sitzt in den Sehhügeln. Bei unsern Fröschen hängt die Hautfärbung besonders von der Temperatur und Haut- feuchtigkeit ab. Hartgebilde in Fig. 201. Bauchschuppen von Stegoce- phalen nach ÜREDNER. a Ventralansicht von Branchiosaurus, b Schuppen von Branchio- saurus, ce von Hylonomus, d von Pelosaurus, e von Archegosaurus, f von Selerocephalus, g von Discosaurus, h von Petrobates. der Haut kommen bei Amphibien nur vereinzelt vor, nämlich bei den ausgestorbenen (Karbon bis Trias) Stego- cephalen und bei den rezenten Gymnophionen und gewissen Anuren. Bei den Stegocephalen (201) ist namentlich die Bauchseite mit oft sehr dicken Schuppen bedeckt, die oval, rhombisch, rund oder stabförmig sein können. In der Rückenhaut fehlen sie meist oder sind dünner, dafür können hier große Knochenplatten auftreten. Es gibt aber auch Stegocephalen (Mierosauridae, 202), welche wie ein Fisch über den ganzen Körper geschuppt waren, und dies ist als der ursprüngliche Zustand anzusehen. Bei Discosaurus (201 9) stimmen diese Schuppen in Gestalt, Größe und Skulptur genau überein mit denen von Ichthyophrs. In Anpassung an ‘das Landleben entwickelte sich eine intensive Hautatmung, welche zu einer. Rückbildung der dorsalen Schuppen führte, während diese sich ventral erhielten, da die Bauchseite beständig mit dem Boden in Be- rührung kam. Ich halte die Ansicht für irrig, daß die letzten Reste Plate, Allgemeine Zoologie I, 15 296 VI. Kapitel. dieser Bauchschuppen der Stegocephalen sich noch in den Bauchrippen einiger primitiver Reptilien erhalten haben (Krokodile, Sphenodon, Tiligua, Trachysaurus), denn diese Knochenspangen gehören zu den Verknöcherungen der tiefen Cutisschicht; wir finden sie bei Dermo- chelys und Caiman sclerops nach innen von den epithekalen Haut- knochenschuppen. Unter den Cöciliern haben die meisten Gattungen Schuppen, welche wie bei den Knochenfischen und Dipnoi in Uutis- taschen stecken, welche ringförmig den Körper umgreifen, wobei drei oder vier auf ein Segment kommen. Die Schuppen liegen bei Ichthyophrs hinter einer Reihe von Riesendrüsen (199), und zwar in jeder Tasche in 4—6 Reihen, dabei oft in steiler Stellung. Jede Schuppe besteht aus einer stark verkalkten Deckschicht und einer unteren isopedin- Fig. 202. Rienodon copei, eine permische Stegocephale mit vollständiger Be- schuppung, vom Rücken gesehen, nach FrırscHh. Die Knochenplatten des Kopfes sind ungenügend bekannt und daher unvollständig angegeben. °/, nat. Gr. artigen Schicht, welche weniger verkalkt ist und aus einer unteren dünnen Lage von Horizontalfasern und einer dicken oberen mit verti- kalen Fasern sich zusammensetzt. Die Deckschicht zeigt viele, in an- nähernd konzentrischen Reihen stehende flache Erhebungen (Squamulae) von länglicher Gestalt Dieselben drei Schichten beschreibt ÜREDNER von den Schuppen des Stegocephalen Discosaurus permianus, nur dab er die Vertikalschicht als Netzschicht bezeichnet. Da die Schuppen von Ichthyophıs nur 1—2 mm lang sind, haben wir es mit rudimen- tären Bildungen zu tun, die aber immerhin den großen Drüsen einen Schutz gegen Druck gewähren mögen. Weitere Untersuchungen an andern Gattungen müssen zeigen, ob man sie auf die Dipnoerschuppe zurückführen kann. Die Squamulae könnten den Feldern derselben ent- sprechen und die an ihnen entlang laufenden Rinnen könnten der letzte Rest der Spongiosavertiefungen sein. Die Schuppen treten erst am Ende der Larvenzeit auf, was auch für den stegocephalen Branchio- saurus gilt und daran erinnert, daß bei vielen Fischen die Bildung der Schuppen ziemlich spät beginnt. So zeigen Sceymnus von 17 cm, Lepidosteus von 12 cm, Tinca von 6 cm, Anguilla von 17 cm noch Schuppen in der Entwicklung. Schuppenlos sind unter den Üöciliern die Gattungen Siphonops, Typhlonectes u.a. Die Schuppen verschwin- den, umgekehrt wie bei Stegocephalen, zuerst am Bauche: Hypogeophis rostratus, (Coecilia tentaculata und Dermophis thomensis besitzen sie nur am Rücken. Parallel mit dieser Rückbildung geht eine solche der Riesendrüsen, welche bei Dermophis und Siphonops nur dorsal an- getroffen werden, weil die Bauchseite keinen Angriffen ausgesetzt ist. Bei Typhlonectes haben sich aber die Drüsen trotz fehlender Schuppen überall am Körper erhalten. Man gelangt so zu folgender phyletischer Haut der Amphibien. 22T Reihe: 1. Ueberall Schuppen. 2. Ueberall Ausbildung von Giftdrüsen. 3. Rudimentation der Schuppen infolge starker Entfaltung der Drüsen. 4. Verschwinden der Schuppen ventral, bei Typll. und Siph. am ganzen Körper. 5. Verschwinden der ventralen Drüsen bei Siph. und Derm. Diese Wechselbeziehungen bei den Coeciliern machen das Verhalten der Stegocephalen verständlich, welche ventral gegen Druck durch Schuppen, und vermutlich dorsal gegen Angriffe durch Giftdrüsen geschützt waren. Hautknochen als Neubildungen kommen unter den Anuren vor am Kopf bei (eratohyla, Calyptocephalus gayı, einigen Bufo-Arten, bei Veratophrys und Pelobates cultripes; ferner in der Rückenhaut des Schildfrosches, Ceratophrys dorsata, welcher meist vier aus mehreren kleinen Stücken zusammengesetzte Knochenplatten daselbst besitzt, die eine Abplattung der Spinalfortsätze an den ersten drei Wirbeln ver- anlaßt haben. Aehnliche Platten kommen bei Ceratophrys ornata vor, ferner besitzt der brasilianische Frosch Brachycephalus ephippium eine große dorsale Knochenplatte, welche mit den Dornfortsätzen des 2. bis 7. Wirbels verwächst. Kalkeinlagerungen kommen auch bei alten Kröten (Bufo einereus, vulgaris) in der. Cutis vor. Rückblickend können wir feststellen, daß die Haut der Amphibien deutlich auf fischartige Vorfahren hinweist durch die einzelligen Drüsen der Epidermis, durch die Gliederung des Coriums in eine obere lockere und eine untere straffe Schicht, durch die Verteilung der Pigmentzellen auf Epidermis und lockeres Bindegewebe, durch die Schuppen bei Stegocephalen und Cöciliern und durch das Fehlen einer eigentlichen Hautmuskulatur. Als Neuerwerbungen treten bei den Amphibien in der Haut auf eine deutliche Hornschicht, alveoläre Schleim- und Gift- drüsen mit eigener Muscularis und wenige glatte Muskeln. Die Reptilien sind diejenigen Wirbeltiere, welche sich zuerst vollständig an das Leben auf dem Lande angepaßt haben. Dies prägt sich an ihrer Haut aus in dem dicken Stratum corneum, welches nicht selten die Hälfte der Höhe der ganzen Epidermis ausmacht (169) und komplizierte Häutungen ver- anlaßt. Seine erste Aufgabe ist, das tiefer liegende Gewebe vor Ver- dunstung und Eintrocknung zu bewahren. Daneben dient es zum Schutz, denn ein in der Luft befindlicher Körper ist schwerer als im Wasser, kann nicht so leicht ausweichen und ist daher mechanischen Ver- letzungen mehr ausgesetzt. Um trotz der dicken Hornschicht die Be- weglichkeit der Haut zu erhalten, gliedert sich das Stratum corneum in kleinere Schuppen oder größere Schilder, welche durch dünn ver- hornte Teile zusammenhängen. Zur weiteren Erhöhung der Festigkeit können sich Knochenplatten im Corium als Erbteil der Schuppen der Stegocephalen erhalten, wie auch andererseits die Verhornung zu Krallen, Hautstacheln und anderen Differenzierungen führen kann. Ein zweites Merkmal der Reptilienhaut ist die, abgesehen von den Augendrüsen, fast vollständige Drüsenlosigkeit, welche ebenfalls als eine Wirkung des Landlebens anzusehen ist. Vereinzelte Ausnahmen sind als Neu- erwerbungen anzusehen und haben den Charakter von nekrobiotischen Drüsen. Schleimdrüsen und Schleimzellen wurden durch die Horn- schicht überflüssig: die Giftdrüsen der Amphibienhaut hätten im Kampf loz 228 VI. Kapitel. ums Dasein auch den Reptilien von Nutzen sein können, vermochten sich aber offenbar an der Luft nicht zu erhalten. Corium und Pigment- zellen bieten im Vergleich mit den Amphibien wenig Neues, der Farb- wechsel aber gewinnt eine erhöhte Bedeutung, weniger dadurch, daß er den Körper der Umgebung anpaßt, als indem er im raschen Wechsel der Farben nervöse und psychische Erregungen widerspiegelt. Die Epidermis weist nicht viele Zellagen auf, im Durchschnitt je nach der Dicke der Haut etwa 5-10 (203). Die unterste Schicht, aus der die übrigen durch Teilung hervorgehen, zeichnet sich durch besondere Größe der Zellen zus. Eine Basalmembran fehlt. Die Matrıx- zellen greifen in der Regel mit zackigen Basalflächen in das Corium ein, oder die Zacken ziehen sich in Ausläufer aus. In anderen Fällen bilden die Fibrillen des lockeren Bindegewebes unter diesen Zellen eine dünne Grenzlamelle. Die nach außen folgenden Zellen platten sich ab und stehen durch Zellbrücken miteinander in Verbindung (A). Sie verhornen allmählich, wobei sie sich mit eiweißhaltigen Keratohyalin- körnern (A,%kx) als Vorstadium der Hornmasse füllen. Die Verhornung schreitet in jeder Zelle von der Peripherie nach innen vor, wobei der Hornmantel querstreifig erscheint. In B sehen daher diese Zellen dick- wandig aus. Das Stratum corneum zerfällt in der Regel in eine innere lockere (/.H) Schicht, in der die Kerne noch zu erkennen sind, und eine kompakte äußere (k.7/) ohne Kerne. Die letztere schließt mit einem Oberhäutchen ab, welches allerlei Skulpturen aufweisen kann, z. B. Zacken oder besonders häufig kleine dicht stehende Haare (A). Auf den Haftlappen der Geckonen (C) sind diese zu langen Borsten seworden, welche büschelweise zusammensitzen und wohl in irgend- einem Zusammenhange mit der Haftfunktion stehen. Pigmentzellen und Leukocyten kommen in der Epidermis nur selten vor im Gegen- satz zu den Amphibien. Wohl aber bilden sich bei der Verhornung Pigmentkörner, so daß die Schuppen häufig braun .oder sonstwie ge- färbt sind. Dieses Bild der ruhenden Epidermis ändert sich erheblich bei der Häutung, und da diese sich langsam vorbereitet, sieht man oft 2 oder sogar 3 Epidermisgenerationen übereinander (B, C). Es entwickeln sich dabei aus den platten Zellen 2 Schichten von „Häutungszellen“, welche meist durch ihre Größe auffallen. Zwischen ihnen bilden sich die Härchen, und zwar scheinen sie aus verhornten Protoplasmafasern der oberen Zellen hervorzugehen, bleiben aber dann mit ihren Spitzen im Protoplasma der unteren haften. Bei der Häutung zerfallen die oberen Zellen und die unteren verhornen zu dem ÖOberhäutchen und halten dabei die Härchen fest, welche bei den Haftlappen der Geckonen die erwähnte bedeutende Größe erreichen. Die Härchen unterstützen ver- mutlich das Abwerfen der alten Hornschicht, indem zwischen ihnen Flüssigkeit (vgl. Häutung der Arthropoden S. 179) oder auch Luft sich ansammelt. Sie können aber auch fehlen (Angars). Die Häutung be- ginnt bei Eidechsen und Schlangen am Kopf, und zwar wird die Haut bei ersteren in großen Fetzen, bei letzteren als zusammenhängendes und dabei umgestülptes „Natternhemd“ abgeworfen. Kurz vor der Häutung erscheinen die Augen der Schlangen trübe durch die sich abhebende „Brille“; die Tiere reiben die Kieferränder gegen harte Gegenstände, gehen vorübergehend ins Wasser und kriechen durch Gras, Gestrüpp, Astgabeln u. dgl. hindurch. Nur Eryz jaculus wirft unter den Schlangen A Er = —= : 0.6. 2 > Y De N uf. el NN] vll full A. > Enten ÜBER Luttltlaltun! Haut der Reptilien. 229 die Haut in Fetzen ab. Die Blindschleichen wühlen sich in die Erde ein und schieben dabei die alte Haut zu- sammen. DieGeckonen reißen sich mit dem Maul und den Vorder- füßen Stücke ab und fressen sie auf. Der Vorgang dauert bei den Eidechsen meist nicht mehr als eine halbe Stunde und wie- derholt sich öfters im Jahre, aber in unserem Klima nicht im Win- ter. Eine Häutung fehlt bei Schildkröten und Krokodilen, deren Hornschuppen allmäh- lich dicker und breiter werden. uhehil UNE, Am IN / | f drüsen absehen. Es kommen aber einige Organe vor, die vielleicht wenigstens vorübergehend eine drüsenähnliche Bedeutung besitzen. Von diesen sind am verbreitetsten Echte Hautdrüsen fehlen den \\ N RUHE | | Hr (\ f Reptilien infolge der starken Ver- NAN\ AAN! \N' NAHAN N hornung, wenn wir von den Augen- ÄN\ N NN) NND) I) | . . Fig. 203. Schnitte durch die Haut von Sauriern nach SCHMIDT. A vom Unter- kiefer von Anguis. bZ basale Zellschicht, A% Keratohyalinzellen, pZ abgeplattete Zellen des Strat. Malpighii, Sep Subepidermis, lockeres Bindegewebe, Kerne schwarz, T angebliche Tastzellen, » vacuolisierte Zellen. 640:1. B von Tarentola mauritanica in der Häutung. z innere, a äußere Lage des Strat. Malpighii, px abgeplattete, in Verhornung befindliche Zellen; das verhornte Exoplasma ist gestrichelt gezeichnet, i.H innere, a.H äußere Häutungszellen, / lockere, /: feste Hornschicht, h, h Härchen, 0.@ obere, abgeworfene Zellgeneration. © vom Haftlappen am Fuße des Geckoniden Uroplatus fimbriatus, in Häutung. B, B, Borsten des Haftlappens, o.Hx obere, „.Hx untere Häutungszellen, X degenerierte Kerne, @ Granula, H verhornte Zellen, Str.M Stratum Malpighii. Andere Bezeichnungen wie in B. 230 VI. Kapitel die Schenkelporen der Saurier (204). Sie finden sich bei vielen Geckonen, einigen Agamiden, fast allen Iguaniden und Tejiden und allen Zonuriden und Lacertiden als eine Reihe von Poren (12-25) auf der Ventralkante der Oberschenkel vom Knie bis zur Kloake. Sie können bei beiden Geschlechtern vornanden sein, kommen aber öfters nur bei den Männchen vor, und da sie zur Brunstzeit besonders groß werden, so stehen sie offenbar im Dienste der Fortpflanzung. Ich vermute, daß es Duftorgane sind, denn Nerven fehlen, und ein als Klebemittel dienendes Sekret wird nicht gebildet. Sie ais Haftapparate bei der Begattung zu deuten, ist daher kaum angängig, doch mögen die Schuppenränder der Schenkelkante in diesem Sinne wirken. Sie ent- Fig. 204. Schenkelporen von Lacerta agilıs & nach MAURER. A Ventralansicht, B im Durchschnitt. stehen aus einer Wucherung der Epidermis in das Corium hinein, welche am Grunde durch bindegewebige Septen in mehrere Lappen zerfällt. Indem die Zellen sich stark vermehren, entsteht ein Zapfen . verhornter Zellen, welcher etwas aus einer Oeffnung der Schuppe her- vorragt und eine gewisse Aehnlichkeit mit einem Säugetierhaar hat. Bei Lacerta agılis sind die Zellen außerhalb der Brunstzeit völlig ver- hornt, während sie zu dieser Periode weicher bleiben. Bei der Iguanide Sceloporus acanthinus zerfallen sie zu einem talgartigen Sekret. Bei den Krokodilen kommen sog. Rückenorgane vor, schlauch- förmige Einstülpungen der Epidermis, welche durch das Corium hin- durch bis in die Muskelschicht ragen. Sie liegen jederseits in einer Reihe längs des Rückens und münden zwischen zwei Schuppen aus. Haut der Reptilien. 231 Ueber ihre Bedeutung ist nichts bekannt. Als Moschusdrüsen werden bei Krokodilen zwei kleine Taschen bezeichnet, welche, jederseits eine, neben dem Unterkiefer an der Kehle liegen und wie ein Hand- schuhfinger vorgestülpt werden können. Sie sondern ein schmieriges, bräunliches, stark riechendes Sekret, namentlich zur Brunstzeit, ab. Bei den Schildkröten liegt ein ähnliches, aber unpaares Organ zwischen den Unterkiefern, und von ähnlichen Drüsen kommen jederseits an der Seitenkante des Körpers ein oder zwei Paar, bei Trionychiden außer- dem ein drittes Paar am Vorderrande des Bauchpanzers vor. Endlich sitzen bei vielen Reptilien an der Kloakenöffnung drüsige Haut- einstülpungen. Bei allen diesen Organen scheint es sich um nekro- biotische Drüsen zu handeln, deren talgartiges Sekret aus zersetzten abgestoßenen Zellen besteht. Die Hornschuppen der Eidechsen und Schlangen sind Integumentalgebilde (169), wel- che aus einer Papille des locke- ren Coriums und stark ver- hornter Epidermis besteben. Ontogenetisch tritt bei La- certa die Erhebung der Leder- haut zuerst auf und buchtet die Oberhaut nach außen vor. Da die ältesten Reptilien, die Cotylosaurier des Perm und der Be an re Gat Fig. 205. Verschiedene Schuppen von tungen (Sclerosauı ‚is, 4 red Fidechsen nach SCHREIBER. a flache Schuppen saurus u. a.) dorsal in Längs- an der Rumpfseite von ZLacerta viridis, b reihen angeordnete Knochen- Körnerschuppen von Lacerta muralis, c Kegel- armle schuppe von Agama stellio, d gekielte Höcker- schuppen besaßen, ähnlich schuppe eines Gecko, e glatte Schindelschuppen manchen Stegocephalen, SO yon Chaleides ocellatus, f Wirtelschuppen aus wird man den primitiven Rep- dem Schwanze von Acanthodactylus vulgaris, tılıen segmental angeordnete 49 dachförmige Schuppe aus dem Schwanze von Knochenschuppen (Lepides) Lacerta viridis, h gekielte Schindelschuppe von - z \ Psammodromus algvrus. zuschreiben dürfen, über welche sich dann Hornschuppen (Pho - lides) entwickelten infolge der eintrocknenden Wirkung der Atmosphäre. Zwischen beiden Schuppen entspann sich ein „Kampf der Teile“. Die Knochenschuppen wurden verdrängt von den Hornschuppen mit Aus- nahme einiger Gruppen (Scinke, Zonuriden, Angurs, Krokodile, Schild- kröten), in denen sich beide erhalten haben. Von diesem Gesichts- punkt aus wird man als Ausgangsformen der Hornschuppen solche an- sehen, die in segmentalen Reihen liegen und ziemlich groß sind (205 e—h), mögen sie nun Schindelschuppen sein (e, A, 204 A), welche sich überdecken, oder Wirtelschuppen, wie sie am Schwanze der Eidechsen so häufig sind, die sich nicht überdecken. Diese sind dann später zur Erhöhung der Beweglichkeit zerfallen in kleinere Tuberkel- und Körnerschuppen (5b), welche auch zu Kegeln auswachsen können. Körnerschuppen finden sich besonders an beweglichen Hautteilen (unteres Augenlid, Kehllappen, Kinn, Füßen). Bei den hochentwickelten Varaniden und bei Uromasti.r bedecken sie den ganzen Rücken; ebenso 232 V1. Kapitel. bei den Geckonen, welche zwar in dem Besitz von Hautknochen und amphicölen Wirbeln auf tiefer Stufe stehengeblieben sind, aber in vielen anderen Organen (Zehen, Augen, Stimme) sich als fortgeschrittene Eidechsen erweisen. Einige Gattungen (Teratoscincus, Geckolepis u. a.) haben übrigens noch die ursprünglichen großen Rundschuppen bewahrt. Die Körnerschuppen von Hatteria sind in derselben Weise zu beurteilen. Fig, 206. Fig. 207. Fig. 206. Seitenansicht eines Teils der Schlange Coluber Dione, um den Unter- schied zwischen den kleinen Rückenschuppen (7-5) und den Bauchschienen (a) zu zeigen. Nach SCHREIBER. Fig. 207. Ventralansicht der Analgegend der Schlange Zamenis gemonensis nach SCHREIBER. a Bauchschienen, b Subcaudalia, ce Analia, d Rückenschuppe. Die Hornschuppen sind ursprünglich glatt. Häufig bekommen sie zur Versteifung einen Kiel (205 7) oder dachförmigen Knick (g) und können durch Vergrößerung zu einem platten Stachel (Rückenkamm der Igua- niden) oder zu Dornen (Uromastix-Schwanz, Moloch horridus) aus- wachsen. Eine andere progressive Entwicklung führt zur Ver- schmelzung mehrerer Schuppen zu einem Schilde So besitzen die Fig. 208. Schilder von Schlangenköpfen. A Ooluber longissimus von oben, B Tropidonotus viperinus von der Seite. Nach SCHREIBER. «a Frontale, d Supra- ocularia, e Praefrontalia, d Internasalia, e Parietalia, / Rostrale, y Supralabialia, h Nasale, ; Praeocularia, « Frenale, ! Postocularia, m Temporalia. Schlangen dorsal noch die ursprünglichen Schuppen in segmentalen Reihen (206), während sie ventral (20%) zu großen metameren Schienen verwachsen, die vor dem After in einer, dahinter in zwei Längsreihen stehen. Auf jedes Muskelsegment fällt bei den Schlangen eine Reihe von Schuppen, bei Brevilinguiern und bei ZLacerta am Körper zwei dorsal, eine ventral. Bei den Geckonen wird durch den Zerfall in Körnerschuppen die Metamerie aufgehoben; ebenso bei Uromastix Haut der Reptilien. 233 spinipes am Rumpfe wegen der Körnerschuppen, während die großen Dornschuppen des Schwanzes in segmentalen Querreihen stehen. Hin- sichtlich des feineren Baues der Schuppen verdient hervorgehoben zu werden, daß sie oft dunkles Pigment enthalten, und daß in der unteren Hornschicht zuweilen Spalten entstehen, die sich mit Luft füllen. Sie rufen bei den Bauchschuppen der Blindschleiche am Rande einen silberweißen Glanz hervor. Eine Stütze erhalten die obigen phyletischen Betrachtungen dadurch, daß manche Eidechsen an den regenerierten Schwänzen atavistische Schuppen aufweisen, indem alle sekun- dären Bildungen, wie z. B. große Tuberkelschuppen bei Geckonen, Dornen bei Agama stellio, nicht auftreten und gekielte Schuppen durch glatte ersetzt werden. Schilder finden sich vor- nehmlich am Kopfe, und zwar bei Eidechsen und Schlangen (208) ungefähr in derselben An- ordnung, so daß die letzteren sie von den ersteren geerbt haben müssen. Sie gruppieren sich um die Kieferränder, Nasenlöcher und Augen und Fig. 209. Fig. 210. Fig. 209. Kopf der Kreuzotter, Pelias berus, von oben gesehen. Nach BLAn- CHARD. Fig. 210. Veperia lebetina L. Nach SCHREIBER. füllen symmetrisch die Zwischenflächen aus. Die Weiterentwicklung dieser Schilder vollzieht sich in ganz.ähnlicher Weise wie bei den Körperschuppen, indem wir Verschmelzungen mehrerer Schilder, Zerfall in viele kleine und endlich auch Rückbildungen beobachten. Ver- schmelzungen treten z. B. ein bei Schlangen mit unterirdischer oder unter Steinen wühlender Lebensweise. So unter den Boiden bei den Gattungen Calabaria und Charina, bei den Ilysiiden und Uropeltiden und manchen Colubriden. Die Parietalia, Internasalia, Praefrontalia etc. können verwachsen oder auch zwei Schilder derselben Seite, z. B. Internasale’ und Präfrontale, sich vereinigen. Ein Zerfall der Kopfschilder in viele kleine Körnerschuppen oder Schildchen ist eingetreten bei Geckonen, so daß in der Regel nur das Rostrale, die Supraocularia und die Lippen- 234 VI. Kapitel. schilder sich erhalten haben. Unter den Pythoniden haben Ziusis oli- vaceus und andere primitive Formen große Schilder und führen durch alle Uebergänge hindurch zu den Boaarten, deren Kopf mit eine Unmenge kleinster Schuppen bedeckt ist, so daß nicht zwei Individuen sich völlig gleichen. Dieselbe Reihe läßt es sich bei den Acrochordinen von Ulf, NOnE SEE der Gattung Stoliecxkaia mit 7 { SS 32 großen Schildern bis Acrochor- a = (0822732: dus mit Körnerschuppen und ohne Rostrale konstruieren, und CT ebenso unter den Viperiden von \ NAT IT r” . Se a der Kreuzotter (209) bis zu { EEE? ER solchen Arten, wie eine in 210 abgebildet wurde. Daß dieser 5 - Zerfall ein sekundärer Zustand Fig. 211. Klapper der Klapperschlan 3 2 (Oro) Eh nis at Homdiiien, 1ER läßt sich daran erkennen, v Wirbelsäule, »‘ die letzten miteinander ver- dab bei Python, Zamenis und wachsenen Wirbel. anderen Schlangen während des Wachstums ein Zerfall einzelner Schuppen bei Gelegenheit der Häutungen eintritt. Endlich wird auch nicht selten bei Schlangen und Eidechsen ein Fehlen bestimmter Kopf- schilder durch Rückbildung beobachtet. Fig. 212. Fig. 218. Fig. 212, 213. Rücken- und Bauchseite des Panzers von Thalassochelys caretia mit den Hornschildern nach SCHREIBER. An den Bauchschildern bezeichnen: 7 Kehl-, 2 Arm-, 3 Brust-, 4 Bauch-, 5 Unterbauch-, 6 Afterplatte, 74 Zwischenkehlplatte, ee Unterrandplatten (Inframarginalia), welche nicht bei allen Gattungen vor- kommen. Als eine merkwürdige Hornbildung stellt sich die Klapper der Crotaliden (211) dar. Der Körper des jungen Tieres endet mit einer in der Mitte ringförmig eingeschnürten Horndüte, welche ver- mutlich aus der Verschmelzung der Schuppen von zwei Segmenten hervorgegangen ist. Die meisten Grubenottern bleiben auf dieser Stufe Haut der Reptilien. 235 stehen, da ihr Schwanz mit einer dornigen Hülse endet, die, wie ich annehme, bei jeder Häutung abgeworfen wird. Bei der Klapperschlange wird sie nicht abgeworfen, sondern bleibt als Kappe auf der neuen Horndüte sitzen, wobei der Hinterring des abgeworfenen Stückes den Vorderring des folgenden umgreift. Es sollen jährlich zwei Häutungen stattfinden, so daß man danach das Alter der Schlange abschätzen kann.. Die Zahl der Ringe steigt bis auf 21, ist aber meist ungefähr nur halb so groß. Durch schnelles Vibrieren der Rassel wird ein zischendes Geräusch erzeugt, welches wohl in erster Linie zum An- locken der Geschlechter dient, gleichzeitig aber größere Tiere warnt, die Schlange zu treten, wodurch ein unnötiges Ausspritzen des Giftes vermieden wird. Bei Sehildkröten bildet die Hornschicht (212, 215) auf dem Panzer große Hornplatten, welche nicht mit den darunterliegenden Knochen übereinstimmen und auch nicht abgeworfen werden, sondern oberflächlich in dünnen Lagen abschilfern und von unten und am Rande weiterwachsen. Daher lassen manche Arten mit Winterruhe konzentrische Jahres- ringe erkennen; auch der Wechsel in der Färbung im Laufe des Lebens wird dadurch verständlich. Die Schilder schließen in der Regel in poly- gonalen Linien anein- ander. Nur bei (/helo- nia imbricata, der Schildpattschildkröte, überdecken sie sich ? schindelförmig. Man Fig. 214. Längsschnitt durch die Zehe eines Kro- kodilembryos nach GÖPPERT. Kr.Pl Krallenplatte, Kr.S unterscheidet am Oa- Krallensohle, A.H Ausfüllungshorn, Är.W Krallenwall. rapax in der Mitte 6 Neuralschilder ein- schließlich des vorderen Nackenschildes (Nuchale) und jederseits 4 Costal- und 12 Marginalschilder einschließlich des hinteren Caudale. Da unter den Schildern 8 neurale und 8 costale Knochen liegen, so werden ursprünglich ebenso viele Hornplatten vorhanden gewesen sein, ein Zustand, der zuweilen bei Thalassochelys als individuelle Variation beobachtet wird. Es hat eine phyletische Reduktion in der Zahl der Schilder eingesetzt, welche sich jetzt noch bei manchen Arten verfolgen läßt, und aus der sich der Widerspruch in der Zahl und den Grenzen der Hornschilder mit den darunterliegenden Knochen erklärt. Das Plastron wird überdeckt von 6 Paar Hornschildern, welche als Kehl- (Gular-), Arm- (Humeral-), Brust- (Pectoral-), Bauch- (Abdominal-), Unter- bauch- (Femoral-) und After- (Anal-)Platten bezeichnet werden (213). Bei der Lederschildkröte (Dermochelys coriacea) und den Weichschildkröten (Trionychiden) sind die Hornschilder nur in der Jugend vorhanden und bilden sich später zurück, so daß der Panzer von einer dicken Haut bedeckt wird. Die Schildkröten haben auf dem Kopf Horn- schilder und sind auf den Extremitäten mit Schuppen oder kleinen Schildern bedeckt. Statt der Lippenschilder finden wir bei allen Schildkröten einen Ober- und Unterschnabel, welcher sekundär die 236 VI. Kapitel. Rückbildung der Zähne veranlaßt hat. Man darf wohl vermuten, dab er aus der Verschmelzung von Lippenschildern in Anpassung an eine vegetabilische Ernährungsweise entstanden ist. Bei den Krokodilen ist der ganze Körper mit dicken Horn- schildern bedeckt, die am Rücken groß und in Längs- und segmentalen Querreihen, auf dem Bauche kleiner und ebenfalls in segmentalen Reihen angeordnet sind. An den Seiten und auf den Gliedmaßen werden sie kleiner und unregelmäßiger. Auch hier finden keine Häutungen statt, sondern die Schilder vergrößern sich durch peripheres Wachstum. Die Krallen der Reptilien sind in Anpassung an das Klettern bei allen Arten, welche Gliedmaßen besitzen, gut ausgebildet. Werden sie hauptsächlich zum Klettern gebraucht (215«), so sind sie stark ge- Fig. 215. Innenansicht ausgeschuhter und halbierter Krallen von Eidechsen nach SCHMIDT. a Uroplatus 13:1, b Calotes 10:1, e Tupinambis 3,6:1. A Achse des Krallenrückens, Ak Ausfüllungshorn, M/ Matrixfläche, S’f Sterilfläche, @ Grenze zwischen beiden, oKp, «Kp obere, untere Krallenplatte, yM proximale Matrixfläche der oberen Krallenplatte, dM distale Matrixfläche der unteren Krallenplatte, Är Krallen- röhre, S Krallensohle, /S frei vorstehendes Stück der Sohle, sKp freier Seitenrand, Sh Sohlenhorn. bogen, seitlich zusammengedrückt und enden spitz, während sie bei grabender Lebensweise (c) schwächer gekrümmt, weniger zusammen- gedrückt und stumpfer sind. Zwischen beiden Formen gibt es aber viele Uebergänge (b). Bei den Seeschildkröten werden sie entsprechend den Ruderflossen zu breiten Nägeln oder haben sich ganz rückgebildet (Dermochelys). Wie bei den Krallen der Vögel und Säuger werden sie von einer basalen Hautfalte, dem Krallenwall (214), umgeben, und der dorsale Krallenrücken ist stärker und fester als die Krallensohle. Der Krallenrücken wird bei Krokodilen und Schildkröten wie bei Vögeln unter seiner ganzen Innenfläche von der Epidermis ausgeschieden, bei Eidechsen wie bei Säugern nur an der Basis, von der sog. Basal- matrix. Diese zerfällt in zwei Portionen, was zur Folge hat, daß der Krallenrücken aus einer oberen und unteren Schicht besteht, die sich meist eng aneinanderlegen, bei Geckonen und Uroplatiden (215«) aber Krallen der Reptilien. 231 hinten trichter- oder röhrenförmig auseinanderweichen. Zwischen Sohle und Rücken schiebt sich vorn eine lockere Masse, das Ausfüllungshorn (Ah), welches von der Spitze der Zehenepidermis abgeschieden wird, deren ventrale Portion die Sohle liefert (216). Der Krallenrücken wird auch wohl Krallenplatte genannt. Als letzter Rest der Hinterextremität erhält sich sowohl bei der dalmatinischen Blindschleiche, Ophisaurus apus, wie bei Python-Arten eine Kralle, was wohl so zu verstehen ist, daß der Stummelfuß noch zum Festhalten oder Kratzen eine geringe Bedeutung hatte, solange er mit einer Kralle versehen war. Damit soll nicht gesagt sein, daß diesen Gebilden jetzt noch eine Funktion zukommt. Bei Py- thon molurus ist es sicher nicht der Fall, denn bei dem 3—4 m langen Tiere ragt die Kralle nur mit der äußersten Spitze 1—3 mm weit aus einer Hauttasche neben der Kloake hervor, und Fig. 216. Vorderende der Kralle von Draco auch bei dem gereizten und im gleichen Schnitt nach SCHMIDT 47:1. L La- aufgeregten Tier sah ich nie melle des Ausfüllungshorns, StrM steriles Rete . ’ Malpighii der Krallenplatte, StrA Matrix des dab nn vorgestreckt wurde. Ausfüllungshorns, StrS Matrix der Sohle. Sie ist ein aus mehreren Horndüten gebildeter Kegel mit übergebogener Spitze ohne Gegensatz von Rücken und Sohle (21%). Das Corium der Reptilien zeigt ähnliche Verhältnisse wie bei den Amphibien. Eine obere lockere Schicht bildet die Papille der Horn- schuppen und umhüllt die Knochenschuppen, wo sie vorhanden sind, mit einer Art Tasche. Sie wird durchsetzt von senkrecht aufsteigenden Bindegewebsfasern, welche sich an die ba- h salen Epidermiszellen anheften, und umschließt die oft in mehreren Lagen vorhandenen Guano- und Allophorenzellen. Darunter liegt eine dicke, die Hauptmasse der Unterhaut bil- dende Schicht von straffem Bindegewebe, deren Fasern in Fig. 217. Afterklaue von Python molurus, aus der Haut- tasche herausgezogen, von einem ca. 4 m langen Tiere. » vorn, h hinten. Nat. Gr. Original. Vv den benachbarten Lamellen sich rechtwinklig kreuzen und oft reichlich von Melanophoren durchsetzt sind. Darauf folgt nach innen das lockere subkutane Bindegewebe, welches zuweilen Pigmentzellen aufweist. Das straffe Bindegewebe wird durchsetzt von vielen senkrechten Fasern, indem die horizontalen plötzlich im rechten Winkel umbiegen und nach außen laufen. Diese senkrechten Züge sind für die Reptilienhaut sehr charakteristisch und stehen manchmal sehr dicht nebeneinander. Eine dünne elastische Membran begrenzt das straffe Bindegewebe an seiner Innenfläche und gibt viele Fasern ab, welche durch die straffe Schicht hindurch bis zur lockeren emporsteigen. Bei Geckonen und anderen 238 VI. Kapitel. Familien mit regenerationsfähigem Schwanz entspricht jeder Bruch- stelle des Wirbels eine solche der Cutis, indem das straffe Bindegewebe durchsetzt wird von einer Querplatte zarter Fibrillen, welche leicht durchreißen. Bei Schildkröten kann die oberste Schicht des lockeren Bindegewebes fehlen. Es liegen dann unter der Epidermis die Lagen des straffen. Bei der Weichschildkröte Emyda granulosa verlaufen sie etwas geneigt zur Epidermis und die senkrecht aufsteigenden Fasern enden netzartig zwischen den Basalenden der Matrixzellen. Unter der straffen Schicht liegt eine sehr dicke von filzigem Bindegewebe. Die Knochensehuppen in ihrer primitiven Form, als segmentale Gebilde und von je einer Hornschuppe überdeckt, treten uns unter den Sauriern nur noch bei Zonurus, Ophisaurus und Anguis entgegen (218). Som -mnn nn nn Dis ins mm Se I I - Senunamenumnmt Fig. 218. Knochenschuppe (kns) und Hornschuppe (kns) von Anguis fragelis aus der Körpermitte, nach OTTO. m%k Markkanal, g hintere Grenze der Knochen- schuppe. Bei anderen Brevilinguiern (Scincus, Gongylus, Seps, Voeltzkowria, Mabwia) und Gerrhosauriden ist jede zu einer Hornschuppe gehörige Knochenschuppe in einige durch Bindegewebe verbundene Stücke zer- fallen. Die Knochenschuppen werden von divergierenden Kanälen durchbohrt, welche als Rinnen sich oberflächlich fortsetzen (m%k) und von Bindegewebe erfüllt sind. Bei Gongylus (219) werden sie am Vorderrande auch von Markräumen durchsetzt, wie sie auch bei Gerrho- sauriden vorkommen. Die Knochenschuppen zeigen auf Schliffen eine fasrige Struktur und zahlreiche Knochenzellen. Einige wenige Geckonen, z. B. Tarentola mauritanica (220) besitzen als letzte Reste solcher Knochenschuppen sehr zahlreiche erbsenförmige Verknöcherungen ohne Beziehungen zu den Hornschuppen. Zur Erhöhung der Beweglichkeit der Haut ist also hier ein Zerfall der Hornschuppen und der Knochen- schuppen eingetreten, und die letzteren sind bei den meısten Arten Knochenschuppen der Reptilien. 239 völlig verschwunden, wie dies auch für die Schlangen gilt. Alle diese Knochenschuppen entstehen ganz ähnlich wie die Schuppen der Knochenfische, nämlich zwischen zwei Lagen von Skieroblasten, welche die Hartsubstanz zwischen sich ausscheiden und dabei in sie ein- wandern. Ueber ihre Lage in der Cutis lauten die Angaben verschieden, doch scheint es mir nach den Abbildungen nicht zweifelhaft zu sein, daß sie aus den obersten Schichten des straffen Bindegewebes hervor- gehen und daher auch dessen horizontale Faserung zeigen. Aus diesem Grunde halte ich die kugeligen pigmentierten Bezirke im lockeren Bindegewebe unter den Hornschuppen von Lacerta (169 Sch) nicht für Reste von Knochenschuppen. Wichtig ist, daß am Kopf die Knochen- schuppen über den Deckknochen des Schädels liegen (221), woraus Fig. 219. Knochenschuppe (/ns) und Hornschuppe (Ars) von Gongylus ocellatus nach OTTO. mr Markräume mit Fettzellen, »:k Poren der Markkanäle, isp Trennungs- ae der Knochenstücke, pigm Pigment unter der Hornschuppe, gr deren hintere renze. bervorgeht, daß wir oberflächliche und tiefe Hautknochen zu unter- scheiden haben. Die ersteren, die sog. epithekalen, sind homolog den Schuppen der Fische. Zu den letzteren, den thekalen, gehören die Deckknochen des Skeletts, die Bauchrippen und vielleicht auch die zwei Knochen an der Schwanzwurzel des männlichen Phyllodactylus. Die Knochenschuppen der Krokodile, welche bei Crocodilus- Arten, Alligator mississipiensis und Gavialis gangeticus nur in der Rückenhaut, bei Caiman-Arten außerdem am Bauche vorkommen, schließen sich an diejenigen der Saurier an, denn sie sind segmental angeordnet, gehören zu je einer Hornschuppe und werden von zahlreichen Kanälen und Furchen durchbohrt. Manche von ihnen erheben sich in der Mitte zu einer Längsleiste, über welcher dann ein Kiel der Hornschuppe liegt. Sie sind eingebettet zwischen lockerem und straffem Bindegewebe und. 240 VI. Kapitel. senken sich in letzteres ein, zu dem sie gehören, wenngleich sie all- seitig von etwas lockerem umgeben werden. In der Seitenhaut der Krokodile kommen nur vereinzelte Verknöcherungen vor. Bei den us Re o< & x IL x C% TEILTE EEE I EERLEON x ne Sy III (ATS a vg > 2 MR © Er DES REEL ELITE ETTTOTTAETET Fig. 220. Tarentola mauritanica. Hornschuppen (hns) mit untergelagertem Pigment (pigm) und zahlreichen Knochenplatten (knpl). Nach OTTO. Ste SH Caimans verschmelzen die dorsalen und ventralen Stücke im Schwanze zu segmentalen Knochenringen, und bei (aeiman sclerops liegen unter jeder ventralen Hornschuppe zwei Knochenschuppen. Damit deutet Fig. 221. Schliff durch das Parietale (P) mit den aufgelagerten Hautknochen (H) von Ophisaurıs apus, quer zur Längsachse des Schädels. 30:1. Nach SCHMIDT. sich ein Zerfall an, welcher bei (rocodilus zum vollständigen Schwunde geführt hat. Ebenso wie Hatteria sich durch den Zerfall der Hornschuppen in kleine Körnerschuppen als hochdifferenziert erweist, verhält sich auch seine Lederhaut: Verknöcherungen fehlen bis auf winzige, 0,3 mm Schildkrötenpanzer. 241 lange Plättchen, von denen je eins unter jeder Zacke des Schwanz- kammes liegt. Die stärkste Entfaltung der Hautknochen finden wir bei den Sehildkröten, deren Rumpf von einem festen dosenartigen Panzer umschlossen wird, so daß Kopf, Hals, Gliedmaßen und Schwanz mehr oder weniger in ihn zurückgezogen werden können. Er tritt uns in zwei Formen entgegen, in einer in vieler Hinsicht noch primitiven bei den Athecae, zu denen nur eine rezente Art, die anscheinend im Aus- 1 > rn a SL Rn J0D0Q buoLZ 5 =, Fig. 222. Schematische Querschnitte durch den Panzer von Schildkröten: A von der jungen Dermochelys; B von einer Thecophore (rechts das gewöhnliche Verhalten, links mit den zuweilen vorkommenden Hornschildern SMs und JMs); C von der hypothetischen Stammform. C Costalknochen, Os Costalschild, Cu Cutisgrenze, Epk Epithekalknochen, Eps Epithekalschild, M Marginalknochen, /Ms Inframarginal- schild, Ms Marginalschild, SMs Supramarginalschild, N Neuralknochen, Ns Neural- schild, P Plastron, Ps Plastronschild, Per Peritoneum, £ Rippe, 7% Thekalknochen, V Wirbel. Auf der linken Seite von A sind außen die epithekalen Hornschilder der Längskiele verbreitert eingezeichnet, um zu zeigen, daß auf diesem Wege die Hornschilder von B entstanden sind. Orig. sterben begriffene Lederschildkröte, Dermochelys coriacea (224), gehört, und in einer mehr differenzierten Hauptform (Theca), die bei allen übrigen Schildkröten, den Thecophoren, vorkommt (223). Um die Unterschiede phylogenetisch zu verstehen, muß man von einer hypothetischen Ur- form (222 C) ausgehen, welche eine mehr oberflächliche Epitheca (Hornschilder |£ps| und darunter liegende Knochen |Epk|) und eine tiefer gelegene Theca (7%), beide in schwacher Ausprägung, besaß. Ehe wir auf die Frage eingehen, wie dieser merkwürdige Schutzpanzer entstanden ist, schildern wir die Verhältnisse bei den Thecophoren. Die Hornschilder, welche den Panzer nach außen abschließen, aber in ihren Grenzen nicht mit dessen Knochenstücken übereinstimmen (222 B), Plate, Allgemeine Zoologie I. 16 242 VI. Kapitel. haben wir schon oben (212, 215) kennen gelernt. Die dorsalen Haut- knochen bilden den sog. Carapax (223 A), die ventralen das Plastron (223 B). Der Rückenpanzer der Hautknochen besteht aus einer Median- reihe mit einem vorderen Nuchale, 8 Neuralia und 1—3 Pygalia, den seitlichen Costalia und den Randknochen (Marginalia). Die Neuralia entstehen bei T’halassochelys in den tiefen Schichten der Cutis und ver- wachsen mit den Dornfortsätzen der Rumpfwirbel (222 B). Das Nuchale liegt frei über dem letzten achten Halswirbel und dem ersten Rumpf- wirbel, mit denen es durch Bandmasse verbunden ist. Es ist als ein vorderstes Neurale anzusehen. Wenn es sich nach jeder Seite in einen langen Fortsatz auszieht (Chelydra, (inosternum, Trionyx u.a.), so kann man darin nicht ein zum ersten Rumpfwirbel gehöriges Costale sehen, sondern nur eine Verstärkung des Panzerrandes. Die Pygalia liegen frei über den ersten Schwanzwirbeln, deren Neuralia sie darstellen. Beiderseits neben dieser Mittelreihe liegen gewöhnlich 8 Costalia, welche ontogenetisch bei T’hulassochelys über der 2.—9. Rippe in der Cutis zu- Fig. 223. A Carapax einer jungen Testudo graeca von oben. Die Costalia haben die Marginalia noch nicht erreicht, so daß die Rippenenden frei hervorragen, B Plastron derselben Art, Ü von Chelone midas. CO Costalplatten, E Entoplastron (Interelavieula), E) Epiplastron (Olavicula), 4p Hypoplastron, Hy Hyoplastron, M Marginalplatten, N Neuralplatten, Np Nuchalplatten, Py Pygalplatten, #? Rippen, X? Xiphiplastron, V vorn, H hinten. Aus WIEDERSHEIM. erst auftreten, dann aber mit diesen vollständig, verwachsen. Bei Chelonia entstehen die Neuralia direkt aus den verbreiterten Dornfort- sätzen und die Costalia aus den Rippen. Man wird hierin eine cäno- genetische Abkürzung zu sehen haben, denn schon der Umstand, daß jene Stücke bei Thalassochelys in der gleichen Schicht und Zeit auf- treten, wie das Nuchale und die Pygalia beweist, daß alle diese Gebilde Hautknochen der tiefen Coriumschicht sind. Da die Verwachsung der Costalia mit den Rippen von innen nach außen fortschreitet, kann man bei jugendlichen Tieren (223 A) die Rippenenden frei hervorragen sehen, und dieser Zustand bleibt bei den Cheloniden, Trionychiden, Cinoster- niden dauernd erhalten. Aber auch bei vielen Sumpf- und Landschild- kröten lassen sich die Rippen auf der Innenseite der Costalplatten deutlich erkennen, welch’ letztere, abgesehen von jenen Familien, mit den Randknochen (Marginalia) fest verwachsen. Von diesen sind in der Regel 11 Paar vorhanden. Bei einer Anzahl von Schildkröten schließen sich die Costalia in der Mediane über den Wirbeln zu- sammen und verdrängen dadurch die Neuralia. Dieser Prozeß schreitet von hinten nach vorn vor. Bei (%studo und vielen Pleurodiren ist das Schildkrötenpanzer. 243 achte Neurale auf diese Weise reduziert oder verdrängt. Bei Oinosternum und manchen Dermatemydiden sind nur die vorderen 5 Neuralia vor- handen, und es folgen 3 Paar vereinigte Costalia. Endlich bei Ay- draspis,; Platemys und Chelodina sind alle Costalknochen in der Mitte zusammengetroffen und die Neuralia fehlen ganz. Alle Carapaxknochen sind fest miteinander verwachsen. Nur bei der afrikanischen Land- schildkröte Cinyxıs ist die hintere Hälfte beweglich, indem ein häutiges Gelenk hinter den zweiten Costalia quer verläuft. Das Plastron (223B) wird aus zwei Reihen von Knochenplatten gebildet, welche von vorn nach hinten als Epi-, Hyo-, Hypo- und Xiphi- plastron bezeichnet werden. Zwischen die ersten beiden Paare schiebt sich mit Ausnahme der Cinosterniden das unpaare Entoplastron ein, welches dem Episternum (Interclavicula) der Stegocephalen und der übrigen Reptilien entspricht, während die beiden Epiplastra den COlavi- culae homolog sind. Die 3 Paar hinteren Stücke gehen aus den Bauchrippen hervor, wie sich dies bei Trvassochelys dux (Keuper) noch erkennen läßt, und an sie legen sich die genannten Deckknochen des Schultergürtels an. Zwischen Hyo- und Hypoplastron kann bei Pleuro- diren noch ein Mesoplastron eingeschoben sein, welches zuweilen doppelt vorhanden ist. Bei Emys (jung, 226), Cyclemys, Cistudo, Chelonia u.a. ist dieser Bauchpanzer nur durch die Haut mit dem Uarapax verbunden, was als ein ursprünglicher Zustand anzusehen ist. Auf höherer Stufe verwächst er fest mit den Marginalia durch die sog. Brücke, welche zu- erst (Chelydra, Macroclemmys, Sternothaerus u.a.) schmal ist, aber all- mählich an Breite zunimmt, bis schließlich bei 7est«do und anderen Gattungen das Hyo- und das Hypoplastron in ganzer Breite mit dem Carapax verwachsen. Das Plastron stellt in der Regel eine geschlossene Platte dar, deren Stücke mit Nähten vereinigt sind. Bei den Jugend- formen sind die Stücke noch durch Bandmasse verbunden und in der Mitte zwischen dem Hyo- und Hypoplastra befindet sich ein Loch für den Durchtritt des Nabels. Einige Gattungen aus verschiedenen Familien behalten die sehnige Verbindung, wodurch ein oder zwei Quer- gelenke zum vollständigen Verschluß des Panzers entstehen. So ist bei der Landschildkröte Py.ris arachnoides, bei der Pelomeduside Sterno- thaerus und bei der Dermatemyide Staurotypus salvini das vorderste Stück beweglich und kann nach oben gezogen werden. Bei der Dosen- schildkröte (istudo ist das Quergelenk so vollkommen, daß das vordere und hintere Stück des Plastrons einen vollständigen Verschluß des Panzers bewirken. Bei Cinosternum kann am Vorder- und am Hinter- rande der Brücke ein solches Gelenk vorhanden sein, so daß die beiden Enden des Bauchpanzers eingeschlagen werden können. Bei Chelonia (223 C) und den Trionychiden umschließen die 9 Stücke des Plastrons eine weite Lücke (Fontanelle) und sind nur mit ihren zackigen Aus- läufern aneinander geheftet. Diese Zacken weisen auf eine Ver- schmelzung von Bauchrippen hin. Der ganze Panzer ist bei den im Wasser oder amphibiotisch lebenden Arten, also bei der Mehrzahl, flach gebaut, um das Wasser gut durchschneiden zu können. Bei den Landschildkröten ist das Plastron eben, der Carapax stark gewölbt (222 B), damit sie bei zufälliger Rückenlage sich wieder in die Normal- stellung zurückrollen können. Wie wichtig dies ist, sieht man daraus, daß die Cheloniden nicht imstande sind, sich umzudrehen, wenn sie auf dem Lande auf den Rücken gelegt werden; vielleicht gilt dies auch für alle größeren Sumpfschildkröten. Bei Dermochelys (224, 225) und dem ihr nahestehenden eocänen 16* 244 V1. Kapitel. Psephophorus, hat der Panzer dieselbe flache Gestalt wie bei den Chelo- niden, und manche andere Uebereinstimmungen erklären sich nicht allein aus der marinen Lebensweise, sondern weisen auf nähere phy- letische Zusammengehörigkeit hin. Bei jungen Lederschildkröten (224) finden wir in der dicken Haut ein Mosaik von eckigen oder rund- lichen dunkelbraunen Hornschuppen (222 A, Eps), welche noch Zell- grenzen erkennen lassen, also wenig verhornt sind und durch besondere Größe auffallen an den 7 dorsalen und an den 5 bzw. 6 (der mediane spaltet sich um den Nabel herum) ventralen Längskielen. Später ent- wickeln sich unter ihnen ebenso geformte Knochenschuppen (Epk), und die Hornschuppen bilden sich zurück. Auf der Bauch- seite verschwinden die Hornschuppen im Alter ebenfalls und die Knochen- schuppen fast vollständig, so daß sie bei alten Tieren nur in ganz spärlichen Resten (225), aber immerhin in noch fünf ventralen Längsreihen nachgewiesen werden können. Dieses Mo- saik von Knochenschuppen wird mitsamt den Horn- schuppen als Epitheca zusammengefaßt und dem Hautpanzer der übrigen Schildkröten, der Theca, gegenübergestellt. Nur die Marginalknochen sind bei- den Gruppen gemeinsam. Bei Dermochelys sind the- cale Elemente nur in Spuren vorhanden. Vom Carapax ist allein das Nuchale vor- handen, Neuralia und (o- stalia fehlen, wenngleich Fig .224. Dermochelys coriacea, Lederschild- die Rippen verbreitert sind. kröte, junges Exemplar, von oben. N Neuralschilder, Vom Plastron sind alle U Costalschilder, Spm Supramarginalschilder, M Stücke, mit Ausnahme des Marginalschilder. Original. Entoplastrons, als schlanke Gebilde nachzuweisen, wel- che in ihrer Gestalt noch an die Bauchrippen erinnern, aber sich zu einem Ringe aneinanderlegen. Phylogenie des Schildkrötenpanzers. Die Ansichten gehen zwar noch in vielen Punkten auseinander, doch dürfte folgende Hypothese (im wesentlichen von Hay) als wahrscheinlich gelten. Die Urschild- kröten haben sich in der Permzeit von stegocephalenähnlichen Cotylo- sauriern abgezweigt und lebten amphibiotisch. Sie besaßen, wie alle primitiven Reptilien, Hornschuppen in segmentalen Reihen und unter ihnen Knochenschuppen, welche als Homologa der Schuppen der Fische und Stegocephalen gelten können (223 C). Unter diesen beiden Elementen der Epitheca besaßen sie als Neuerwerbungen Knochenplatten über der Wirbelsäule und den Rippen und ventral, wie bei Stegocephalen, Bauch- CH. | Phylogenie des Schildkrötenpanzers. 245 rippen und Deckknochen des Schultergürtels. Diese tieferen Haut- knochen bilden die Theca. Die phyletische Entwicklung ist nach zwei Richtungen vor sich gegangen: bei Psephophorus und Dermochelys haben sich die epithecalen Knochen zu dem Mosaikpanzer entwickelt, während die Hornschilder, Neuralia und Costalia sich rückbildeten und die Plastronelemente auf primitiver Stufe stehen blieben. Bei den Vor- fahren der Thecophoren bildete sich umgekehrt die Epitheca zurück mit Ausnahme der Mar- ginalia und der Hornschilder, die Neuralia verwuchsen mit den Dornfortsätzen, die Costalia mit den Rippen und die Bauch- rippen verbreiterten sich außer- ordentlich. Bei einigen Meeres- schildkröten aus der oberen Kreide finden sich noch weitere Fig. 225. Fig. 225. Wirbel, Rippen und Plastron von Dermochelys coriacea, ausgewachsen, nach VÖLKER. Epk die zerstreuten rudimentären Knochenstücke der ventralen Epi- theca (5 Reihen), #p Epiplastron, Hy, Hp, Xi Hyo-, Hypo-, Xiphiplastron, N« Nuchale. Fig. 226. Plastron einer jungen Kınys orbicularis nach RATHKE. epithecale Reste, nämlich bei Toxochelys bauri drei oder vier Knochen und bei Archelon eschyros elf Knochen über den Neuralia, also dem dorsalen Mittelkiel von Dermochelys entsprechend. Nimmt man an, daß die Urschildkröte dieselben Längskiele oben und unten besaß wie die Leder- schildkröte, und daß deren vergrößerte Hornschilder sich mehr und mehr verbreiterten und die zwischen den Kielen befindlichen verdrängten, so wird, wie 222 A links außen zeigt, die jetzige Verteilung der Horn- schilder verständlich. Dieser Verdrängungsprozeß dauert noch jetzt an, denn die Supra- und Inframarginalia sind schon bei den meisten Arten verschwunden. Bei den Urformen waren Epitheca und Theca verhält- nismäßig schwach entwickelt, denn es waren eidechsenähnliche bezahnte, vermutlich carnivore Tiere. Durch den Uebergang zur Pflanzennahrung entstand der Schnabel, die Tiere wurden schwerfällig und zum Schutze im Kampf ums Dasein entwickelte sich die Knochenkapsel. Die Chelo- Psephophorus, eocän I 246 VI. Kapitel. niden (223 C), Trionychiden und Dermochelys, mit großen Fontanellen im Plastron und zwischen den Rippenenden, bekunden hierin ein primi- tives Merkmal, wie solche Lücken auch ontogenetisch immer auftreten (223 A, 226). Zur Beurteilung der letzteren Figur fügen wir hinzu, daß bei der erwachsenen Emys das Bauchschild ungefähr so aussieht, wie 223 B, also vollständig geschlossen ist. Die Zacken der Platten des Plastrons weisen sehr deutlich auf ihre Entstehung aus Bauch- rippen hin. Es liegt also keine Veranlassung vor, die Panzer mit Fontanellen als sekundär vereinfacht in Anpassung an das Schwimmen anzusehen. Zwar sind die ältesten bekannten Schildkröten aus der oberen Trias, Thalassochelys und Froganochelys, wegen ihres gewölbten Rückenpanzers wohl als Landformen anzusehen, aber daraus folgt nicht, daß ihr geschlossener Carapax und das breite Plastron ursprüngliche Merkmale sind, sondern man wird weitere Funde abwarten müssen. Ich lasse hier einen Stammbaum der Schildkröten zur Ueber- sicht folgen. Urform (Perm): amphibiotisch. Epitheca und Theca schwach ausgebildet zu einem flachen Panzer. Die Epitheca besteht aus Hornschuppen und dünnen Knochenschuppen in segmentalen Reihen und bildet dorsal und ventral mehrere Längskiele. Darunter liegen dünne neurale und costale Knochenplatten, welche noch nicht mit dem Innenskelett verwachsen sind. Bauchhaut mit Bauchrippen, die noch nicht zu einem Plastron ver- wachsen sind. Schläfengruben überdacht (stegal) durch Verbreiterungen des Parietale, Postorbitale und Squamosum. Hals nicht einziehbar. | Epitheca rückgebildet mit Ausnahme der Horn- schilder und Marginalia. Rückbildung des Daches der Schläfengrube auf verschiedenen Wegen — Toxochelys, Archelon, Kreide. Von der Epi- theca erhalten sich Thalassemys, Hornschilder, Supra- Y Dermochelys, rezent, marin. Starke Entwicklung der Epi- theca. Die Neuralia und Costalia bilden sich ganz zurück. Im Alter verschwinden die Hornschilder, und die ventralen thecalknochen bilden sich fast ganz zurück. Schläfengrube stegal. Flossen 2 ı- Jura. Fontanellen. neuralia und Margi- P]astron nicht ver- nalknochen. Theca wachsen. Stegal. mit großen Fonta- Hals zurückzieh- Proterocher: nellen. Plastrondurch }ar. Stammform Keuper. Bandmasse mit Cara- Terrestrisch pax verbunden. der Cryptodiren. Panzer flach. Schläfengrube offen. Süßwasser Car. gewölbt Stegal. Marin Amphibiotisch ui en | — wachsen. Epi- er A Fontanelle Cheloniden, I Emydinen, ° 2 Paar N seit Kreide marin, mit seit Eocän. Panzer I = plastra. Be Flossen. Epithecanur flach. Plastron Testudinen, Trionychiden oben und u en en in den yerwachsenm.Ca- seit Eocän. Ter- geit obuiKreide a Porz F en und yapax. Fontanel- restrisch. Panzer Panzer Zach ie achsen; n: one a an len nur in der hochgewölbt. Große Fonta- forın dere A Er astron Jugend. Schläfen- Plastron ver- nellen. Plastren direg vera ee grube offen. wachsen. Schlä- nicht verwach- | Oel Amphibiotisch fengrube über- sen, Rückbildg. Dr NER dacht oder offen d, Horns hilder Bezeuie chelys rezent OrLSCITdBIZ Pleurodirei Panzer flach, Becken verw sen. Plastron weilen mit M plastra, mit rapax verwach Schläfengrube schlossen od.o! Pigment und Farbwechsel der Reptilien. 247 Pigmentzellen und Farbwechsel. Ueber den Bau der Chro- matophoren und ihre Einteilung s. S. 97. Sie kommen nur ganz ver- einzelt in der Epidermis vor, aber in großer Zahl und in verschiedenen Schichten im Corium und erzeugen hier die Körperfärbung. Die Melano- phoren liegen gewöhnlich am tiefsten, und zwar im straffen Binde- gewebe, besonders dort, wo es in das lockere übergeht. In dem letz- teren liegen die sehr verschieden gefärbten Allophoren, unter denen die gelben und roten überwiegen und meist nach außen von den weißlichen, in der Mitte befindlichen Guanophoren gelagert sind. Beim Chamäleon folgen von außen nach innen gelbe Zellen, weiße Guanophoren und schwarze Zellen. Aber eine strenge Gesetzmäßigkeit ist nicht vor- handen, von Art zu Art und von einer Körperstelle zur andern können sich die Verhältnisse sehr verändern. Die Melanophoren umspinnen mit ihren Ausläufern alle übrigen Zellen bis zur Epidermis, und können sie daher mit einem dunklen Mantel umgeben; wird das dunkle Pig- ment zurückgezogen, so bleiben die Ausläufer ausgestreckt. Die Guanin- körnchen wirken auf dem dunklen Hintergrunde als trübe Medien, welche die Eigentümlichkeit haben, kurzwellige Lichtstrahlen (blau) besonders zu reflektieren und langwellige (rot) durchzulassen. Hat sich das gelbe Pigment zusammengezogen, so erscheint die Haut blau, ist es ausgebreitet, grün. Dazu kommen aber noch, wie es scheint, Inter- ferenzfarben. Der Farbweechsel ist besonders auffällig beim Chamäleon, dessen Haut alle Uebergänge zeigt von orange durch gelb, grün bis blaugrün; ferner von jeder dieser Farben durch braun bis schwarz. Dazu können weiß, fleischfarben, braun, blaugrau, stahlblau und purpur auftreten, in srößeren Partien oder auch zuweilen in Flecken oder Streifen. Aber nicht alle Teile der Haut können ihre Farbe wechseln. So bleiben ein Streifen vom Kinn bis zum After und die Innenfläche der Hände und Füße stets gelblich. Die Umfärbung hängt ab besonders vom Licht, von der Temperatur und von psychischen Einflüssen und tritt keines- wegs in Anpassung an die Umgebung auf. Die Tiere sehen zwischen Blättern meist grünlich aus, nehmen aber oft alle möglichen andern Farben an. Dabei kann aber nicht jede Farbe in irgendeine beliebige übergehen, sondern die Umfärbungen erfolgen ganz gesetzmäßig. Eine selbe Stelle kann nur in grün, braun oder schwarz sich umwandeln: eine fleischfarbene nur in rostbraun bis schwarz; eine weiße in grau und dann über braun in schwarz. ‚Je munterer die Tiere sind, desto lebhafter ändern sie die Farben und Zeichnungen, wobei mehrere Indi- viduen unter denselben Bedingungen mancherlei Unterschiede zeigen. Bei sehr vielen andern Sauriern ist ein Farbenwechsel beobachtet worden, worunter wir hier nicht verschiedene Altersstufen verstehen, sondern nur die in wenigen Stunden oder Minuten sich abspielenden temporären Umfärbungen. Sehr auffällig sind sie unter den Agamiden bei den Gattungen Calotes, Stellio, Phrynocephalus, Agama u. a., unter den Iguaniden bei Anolis-Arten, unter den Varaniden bei Varanus griseus, unter den Geckoniden bei Hemidactylus tureicus und Uroplatus fim- briatus. Bei unsern Lacerten, und bei den Schlangen ganz allgemein, sind solche Umfärbungen nur unbedeutend, und bei Krokodilen und Schildkröten fehlen sie ganz. (Cnlotes versicolor wird auf Ceylon „bloodsucker“ genannt, weil das grüne Tier bei intensiver Sonnen- bestrahlung zuerst an der Kehle, dann am Kopfe und am Bauche in ein wundervolles Blutrot übergeht. Phrynocephalus mystaceus von Westasien springt auf den Menschen los, wobei sich die Hautfalten in 248 VI. Kapitel. den Mundwinkeln stark aufblähen und bald eine rote, bald eine blaue Färbung als ein Zeichen der Erregung annehmen. Agama sanguino- /enta, das „russische Chämäleon“, zeigt einen kaum geringeren Farben- wechsel als die echten Vermilinguier, indem die Oberseite von schmutzig- weiß durch gelb, braun, rot, grün oder blau bis ins schwärzliche über- gehen kann, und zwar zeigt sich der Farbenwechsel auffallenderweise besonders am Schwanze. Blaue Farben werden ausschließlich bei Männchen, rote besonders bei Weibchen beobachtet, junge Tiere zeigen überhaupt keinen Farbenwechsel. Bei allen diesen Eidechsen richtet sich die Umfärbung, wie beim Chamäleon, nicht nach der Umgebung. Es handelt sich nicht um Schutzfarben, sondern um Reaktionen auf Licht-, Temperatur- oder andere, namentlich psychische Reize. So tritt bei Agama inermis-Männchen jedesmal blau an der Kehle auf, wenn das Tier sich erschreckt. Besonders häufig und intensiv ist der Farben- wechsel zur Brunstzeit. Alle diese Farbenänderungen entsprechen also den Stimmäußerungen und mimischen Ausdrucksmitteln der höheren Tiere, insofern als sie die Seelenstimmung widerspiegeln. Es liegen freilich für einige Eidechsen, namentlich Geckonen, An- “ gaben vor, denen zufolge die Umfärbung sich nach der Umgebung richten soll, aber sie bedürfen genauerer Prüfung, ob es sich nicht dabei um zufällige Uebereinstimmungen oder um Selektionsvorgänge handelt. Wenn Eimer die Lacerta muralis am Fuße des Aetna zwischen grüner Vegetation grün, aber auf den dunkelbraunen Lavafeldern pechbraun antraf, so können hier lokale Rassen vorhanden gewesen sein, die von sehr vielen Reptilien bekannt sind und öfters eine sympathische Fär- bung zeigen. Sie fallen bei manchen Arten aber dadurch auf. daß sie im scharfen Gegensatz zu ihrer Umgebung stehen. So werden be- kanntlich melanistische Variationen besonders auf Inseln angetroffen und fallen sehr in die Augen. So von Lacerta muralis die schwarze var. filfolensis auf dem Filfolafelsen bei Malta, von Lac. serpa die var. faraglionensis von dem Faraglionifelsen bei Capri, die der Lac. muralis nahestehende Zac. klfordi auf der Isla del Ayre (weißgelber Kalkstein) bei Mallorka. Von dem braun und grün gefärbten Zrolaemus nigro- maculatus, der in Chile häufig ist, traf ich auf der Isla de Pajaros, 12 Seemeilen westlich von Coquimbo, nur schwarze Exemplare an. Es erklärt sich dieser Melanismus wahrscheinlich daraus, daß die schwarze Varietät dominant ist, sich also stärker vererbt und daher allmählich die Oberhand gewinnt, was freilich voraussetzt, daß die schwarze Rasse im Kampf ums Dasein widerstandsfähiger ist als die rezessive (s. dar- über Prarz, Vererbungslehre 1913, S. 446). Vögel. Für die Vogelhaut ist die Neigung zu Hornbildungen sehr charak- teristisch und äußert sich in den Federn, dem Schnabel, den Krallen und Schildern der Läufe und Zehen. Da das Federkleid den Schutz des Körpers übernimmt, ist die Epidermis im allgemeinen dünn und besteht aus wenigen Zellagen und einem dünnen Stratum corneum, welches sich nicht häutet, sondern wie bei Säugern in Form kleiner oberflächlicher Schüppchen abschilfert. Seine Basalfläche ist glatt und springt im allgemeinen nicht papillenförmig gegen die Unterhaut vor, wie bei Säugern. Solche Papillen finden sich nur an bestimmten Stellen: an der Schnabelspitze der Schnepfen, wo Tastkörper zwischen ihnen Epidermis und Corium der Vögel. 249 liegen, unter den Beinschuppen und unter der Sohle. In den Zellen des Stratum mucosum kommen häufig rotgelbe fettige Pigmenttropfen vor und erzeugen die rote oder gelbe Farbe der Schnäbel, Beine und Füße bei Enten, Hühnern, Tauben, Störchen. Diese Farbstoffe zer- setzen sich nach dem Tode, und die Farben dieser Organe verblassen dann und müssen bei ausgestopften Vögeln künstlich aufgetragen werden. Bei jungen Vögeln ist die Farbe häufig weniger intensiv als im Alter, und sie kann sich auch mit den Jahreszeiten ändern. So hat der Alk Fratercula cirrata im Sommer rote, im Winter fleischfarbige Füße. Auch schwarze Pigmentkörner kommen zuweilen in den unteren Epi- dermiszellen vor, zwischen denen gelegentlich schwarze Chromatophoren beobachtet werden. Die rote Farbe der Kämme und Hautlappen der Hühner wird hauptsächlich durch Blutgefäße hervorgerufen. Das Corium ist dünn mit oberer lockerer und unterer straffer Schicht und wird reichlich durchsetzt von elastischen Fasern, Nerven und Blutgefäßen. Hrrgestsche Tastkörper kommen häufig dicht neben ‘ den Federbälgen vor, sowohl der Dunen wie der definitiven Federn, woraus folgt, daß diese auch als Tastapparate dienen. Das Pigment ist hier im allgemeinen wenig entwickelt, da die Körperfärbung durch die Federn hervorgerufen wird mit Ausnahme gewisser nackter Haut- stellen. Bei Seidenhühnern und bei den Hennen der Negerhühner ist die Haut schwarz, ebenso die Knochenhaut und das Gefieder. Das subkutane Bindegewebe der Vögel ist meist nur schwach entwickelt. Besser ausgebildet ist es bei vielen Schwimmvögeln, die in demselben Fett enthalten als Wärmeschutz. Bei Pelecanus fuscus und bei Chauna chavarıa dringen die Luftsäcke bis in die Unterhaut und erfüllen sie mit vielen Luftzellen, so daß die Haut von innen silberglänzend er- scheint. Muskeln kommen in der Lederhaut der Vögel in Form glatter Bündel vor, die sich, oft zu mehreren, an die Federbälge anheften. Nackte. meist sehr intensiv gefärbte und stärker verhornte Haut- stellen finden sich am Kopfe vieler Vögel (Hühner, Fasanen, Hokkos, Megapodius, Balearica, Grus carunculata, Tauben, Eulabes, Papageien, Geier) und dienen wohl als Artzeichen zum gegenseitigen Erkennen der Geschlechter. Solche nackte Stellen werden nicht selten in be- sonderer Ausbildung bei den Männchen angetroffen. So erhält Machetes pugna.x im männlichen Geschlecht zur Paarungszeit im Gesicht gelbe Wärzchen. Bekannt sind die großen Kämme, Ohr- und Kehllappen der männlichen Hühner. Der Auer- und der Birkhahn haben über jedem Auge einen nackten roten Wulst. Den Truthahn ziert ein bläu- licher Stirnzapfen und Halslappen mit Schwellgewebe. Bei geschlecht- licher Erregung tritt eine Verengung der Venen ein und das angestaute arterielle Blut vergrößert -jene Gebilde Das Satyrhuhn, Tragopan satyra, hat über und hinter dem Auge ein nacktes blaues Horn in beiden Geschlechtern, welches durch Muskeln aufgerichtet werden kann: außerdem zwei nackte aufblähbare Kehllappen. Eine bevorzugte Region sind die Mundwinkel. Bei Heteralocha acutirostris (239), Lobivanellus, Parra (231) u. a. finden wir hier gelbe Hautlappen. Der männliche Glockenvogel Procenias nudicollis ist um das Auge herum und an der Kehle nackt und lebhaft grün und besitzt vor dem Auge jederseits eine erektile Warze, welche sich bei P. tricarunculatus zu einem 7 cm langen schwarzen Faden verlängert hat, wozu noch ein gleicher Anhang über der Schnabelwurzel kommt. Alle drei Anhänge sind erektil. P. nivers hat einen langen, dünn mit Federn besetzten Anhang, welcher für ge- 250 VI. Kapitel. wöhnlich schlaff über den Schnabel herabhängt, aber in der Erektion steil aufgerichtet wird. Palamedea cornuta trägt ein 10—15 cm langes nacktes, nach vorn gebogenes Horn auf der Stirn. Ein großer weißer, stark verhornter Ohrfleck ist für den Pfauenkranich, Balearica pavo- nina, charakteristisch. Die Nestjungen der australischen Prachtfinken, Poöphila mirabilis, u. a, sind durch zwei prächtig blaue Knötchen jederseits an den Mundwinkeln ausgezeichnet, die im Halbdunkel leuchten und der Mutter den Weg beim Füttern andeuten. Diese „Reflexionsperlen“ bestehen aus einer dünnen Epidermis, einer oberen Lage von straffem Bindegewebe und einer unteren schwarz pigmen- tierten, von lockeren Fibrillen. Die straffen wirken gegen den dunklen Hintergrund als trübes Medium und erzeugen die blaue Farbe. Wieder eine andere biologische Bedeutung hat der völlig nackte schwarze Hals und Kopf der Ibis religiosa. Ich sehe hierin, zusammen mit dem weißen Gefieder, eine Herdenfarbe, und weiter kann der Verlust der leicht verklebenden und verschmutzenden Federn für einen Sumpfvogel, der Kopf und Hals oft in schlammiges Wasser taucht, nur nützlich sein. Daher auch die Rückbildung der Kopffedern bei Geiern und Marabus. Die Histologie fast aller dieser nackten Gebilde bedarf noch der Unter- suchung. An den Füßen hat sich die ursprüngliche eidechsenartige Haut- beschaffenheit erhalten. Das Stratum corneum ist dick und bildet Schuppen, die körnig (Schwimmhäute der Enten, Steganopoden) sein können oder „genetzt“, d. h, aus kleinen eckigen oder rundlichen Schildern (Störche, Apteryx, Papageien) bestehen. Bei den meisten Vögeln ist der Lauf vorn und hinten mit einer Reihe größerer eckiger Horntafeln bedeckt, die bei manchen Arten (Zarscinia und andere Oscines) miteinander zu einer langen Schiene verschmelzen. Im allgemeinen nimmt die Größe dieser Hornplatten mit der Höhe der systematischen Stellung zu, aber nahe Verwandte können sich verschieden verhalten. Schienen können auch bei Vertretern niedriger Ordnungen (Oceanitiden, Parriden) vorkommen. Eine dachziegelförmige Ueberdeckung dieser Schuppen, wie bei den Reptilien, findet meines Wissens bei den Vögeln nicht statt. Ganz schuppenlos ist der Lauf des Eisvogels (Alcedo ’spida). Die Schuppen fehlen auch zuweilen, wenn die Läufe befiedert sind (Tetrao), oder sie erhalten sich zwischen den Beinfedern bei Cochins- Hühnern und gewissen Taubenrassen. Die Sohle ist mit einer rauhen höckerigen Haut bedeckt, und die Cutis bildet hier derbe Papillen, um Ober- und Unterhaut fest zu verbinden. Bei Tetrao vrogallus sind die Schuppen an den Seitenkanten der Vorderzehen in breite schräg nach vorn gerichtete Stacheln ausgezogen. Durch diese Rauhigkeiten haftet der Fuß besser an der Unterlage. Krallen sind an den Zehen immer vorhanden und ragen ver- schieden weit über die Endphalange hinaus. Ihre Gestalt richtet sich nach der Lebensweise und hat systematische Bedeutung. Sie sind stark gekrümmt und spitz bei Raub- und vielen Baumvögeln, kurz, wenig gebogen und stumpf bei Bodenformen und Schwimmvögeln. Bei Podiceps sind sie zu breiten Nägeln geworden, weil sich die Zehe stark verbreitert und mit parallelen streifenförmigen Schildern bedeckt hat. Auch bei der Sturmschwalbe Thalassidroma pelagica finde ich sie ver- breitert. Die Hinterkralle ist spornartig verlängert bei Lerchen, Piepern, manchen Bachstelzen, Ikteriden, Centropodinen, weil sie flach gebogen ist und erst in einiger Entfernung von ihrer Basis den Boden berührt Krallen der Vögel. 251 und hier abgenutzt wird. Bei den Parriden (231) sind die Krallen gerade, nutzen daher die Spitze nicht ab und wachsen zu außerordent- licher Länge aus. Sie können mit dieser breiten Fußbasis über die Blätter von Nymphäen und anderen Wasserpflanzen laufen. Beim (asuarius ist die Innenzehe gerade und sehr verlängert, sie soll als Waffe dienen. Die Krallen sind meist seitlich zusammengedrückt. Die dorsale Krallenplatte besteht aus harter, die Sohle aus weicher Hornsubstanz. Beide stoßen in einer scharfen Kante zusammen, weil die ventrale Masse mehr abgenutzt wird. Beide werden von der darunter liegenden Epidermis abgeschieden und an der Basis von einem Hautwall umgriffen. Die Mittelzehe fast aller Vögel (ausgenommen Strauße, Schwarz- specht und Ü'ypselus) ist insofern asymmetrisch gebaut, als die mediale Fig. 227. Fig. 228. Fig. 229. Fig. 227. Linke Mittelkralle von Ardea, von oben gesehen, nach BoAs. m me- dialer Rand. Fig. 228. Flügel des jungen Opisthocomus eristatus nach Lucas. Fig. 229. Kletternder junger Opisthocomus nach Lucas. Kante flach ausgezogen und bei Reihern (22%), Fregattvögeln, Chara- driiden (Oursorius, Glareola), Caprimulgus und Strix flammea gezähnelt ist. Sie dient zum Reinigen des Gefieders, wozu sie durch ihre vor- geschobene Stellung besonders geeignet ist. Bei jungen Vögeln ist die Zähnelung noch nicht deutlich. Bei Nuumenius, Scolopa.x und Verwandten findet sich eine ähnliche Hornlamelle auch an der Innenseite der Innen- zehe. Ein periodisches Abwerfen der Krailen, wobei die neuen die alten abstoßen, ist eine Figentümlichkeit der Tetraoniden. Bei den Schnee- hühnern findet diese Krallenmauser im Juli und August statt. Fingerkrallen als rudimentäre Gebilde sind bei Vögeln keine Seltenheit. Die Archaeopteryx lthographica (232) besaß noch drei ge- trennte Finger mit je einer Kralle, also noch den Reptilienfuß, und konnte sicherlich noch auf allen Vieren laufen. Bei Struthro camelus 252 VI. Kapitel. und zuweilen bei Ahea darwinii sollen nach GAapDow noch drei Krallen vorkommen. Krallen am 1. und 2. Finger sind beobachtet worden bei Ratiten, Uria, Phoenicopterus, Embryo von Anser falc- landicus und Anas boschas, Nestling von Melvus regalis und beim Schopfhuhn (Heatzin), Opesthocomus eristatus. Dieser merkwürdige, in Columbien und Britisch-Guyana lebende Vogel verläßt sehr früh das Nest und klettert auf allen Vieren (228, 229), wie eine Eidechse umher, da der Daumen gegen den zweiten Finger eingeschlagen werden kann. Hierbei wird, wie bei den Papageien, auch der Schnabel zum Fest- halten benutzt. Fällt das Junge ins Wasser, so vermag es sich sogar durch Schwimmen und Tauchen zu retten. Später bildet sich der Daumen zurück und die Krallen verschwinden. Am häufigsten ist eine rudimentäre Kralle allein am Daumen vorhanden, welcher dann zuweilen (ob immer?) zwei Phalangen besitzt. So be- sonders groß bei Palamedea cornuta und Chauna chavaria, > III beim Wanderfalken (5 mm) im SER IN und anderen Tagraubvögeln, Yilbs SUN bei Gallinula chloropus (3 bis 6 mm). Sie findet sich weiter bei Fulica, Charadrius, Cygnus’, Enten, manchen Hühnern, (ypselus. Falken spreizen zuweilen den Dau- men mit der Alula deutlich vom Flügel während des Fluges ab. Nach Lucas soll das Nestjunge der amerikani- schen Fulica martinica im- stande sein, sich mit der Kralle auf geneigter Unter- lage emporzuziehen, was sehr an das Verhalten des Schopf- Fig. 230. Flügel von Apteryx australis, huhns erinnerttte Nur am Kiwi, von innen gesehen, mit winzigen Schwung- 9, Finger sitzt eine Kralle federn, aber sehr großer Kralle. Nach PLATE. bei Embryonen der Hühner- vögel, bei Dromaeus, Casu- arius und Apteryx (230). Bei letzterem Vogel ist sie flach gebogen und ca. 6 mm lang, also im Vergleich mit dem winzigen Flügel außer- ordentlich groß. Sie wird aber so vollständig von den weichen Federn zugedeckt, daß irgendeine Funktion ausgeschlossen ist. Vielleicht aber wird sie beim Nestjungen noch verwertet. Krallenartige Hornhülsen überziehen immer die Flügel- und Beinsporen, die als stark entwickelte Schuppen mit darunterliegenden Verknöcherungen anzusehen sind. Die ersteren sitzen meist am Hand- gelenk an der Basis des Metacarpus auf einem Auswuchs desselben neben der Daumenwurzel. So bei Parra (231), Hydrophasianus, Lobi- vanellus, Hoplopterus und anderen Kibitzen. Als ersten Anfang einer solchen Bildung besitzt Parra aenea an derselben Stelle einen Horn- höcker; da dieser aber kaum einen Vorteil beim Kämpfen gewähren konnte, ist nur eine lamarckistische Entstehungsweise denkbar. Fine solche würde auch das Vorhandensein bei den verschiedensten Familien Sporen der Vögel. 253 verständlich machen. Nach JErFrRIEs sollen die Flügelsporen auch bei Morula didactyloptera und Didunculus vorkommen. Bei der Sporengans Pleetropterus gambensis sitzt der Sporn auf dem Radiale. Palamedea und Chauna haben einen großen Sporn am proximalen Ende des Meta- carpus und einen kleinen am distalen. Da Schwäne und viele andere Vögel sich durch Flügelschläge verteidigen, so sind diese Sporen als Waffen anzusehen. Dasselbe gilt für die Beinsporen an der Hinter- seite der Läufe bei Hühnern und Fasanen. Sie treten meist nur bei den Männchen auf, bei Orossoptilon auritum und Phasianus wallichir auch bei den Weibchen. Polyplectron und Ithagenes haben zwei oder Fig. 231 Parra jacana L. von Cayenne. '/, nat. Gr. Die Hinterkralle ist 39 mm lang. Nach PLATE. drei Sporen an jedem Bein, was auch bei gewissen Hühnerrassen vor- kommt. Unter den Fasanen fehlen die Sporen dem männlichen Argus, weil sein großes Gefieder keine Kämpfe zuläßt, und den Numxidae. Eine stark verhornte federlose Stirnplatte als Fortsetzung des Schnabels wird bei einer Reihe von Vögeln beobachtet und ist meist intensiv gefärbt. Als kleine zweilappige gelbe oder schwarze aui- gerichtete Platte tritt sie uns bei Parra (231) entgegen, ferner in mäßiger Größe dem Kopf aufliegend bei Gallinwla chloropus in roter, bei Fulca atra in blendend weißer Farbe. Beim Purpurhuhn, Porphyrro coeruleus, hat sie sich zu einer roten, den ganzen Kopf deckenden Platte vergrößert, während sie beim Hammerhuhn als eine dicke 254 VI. Kapitel. schwarze Halbkugei auffällt. Eine weitere Steigerung führt dann zu den riesigen Aufsätzen der Nashornvögel (Dichoceros bicornis [237], Buceros malabaricus, Bucorax abyssinicus u. a.), welche wohl als Schreckmittel zu bewerten sind, und erst während des Wachstums der jungen Vögel entstehen. Der Helm der Casuare sei als ähnliche Bildung hier erwähnt. Der Sehnabel der Vögel ist entstanden als eine indirekte Wirkung des Flugvermögens, wie ja der ganze Körper eines Vogels von dieser Eigen- schaft beherrscht wird. Die Flügel trugen die Tiere auf die Bäume, wo sie den Verfolgungen weit weniger ausgesetzt waren als auf dem Boden, was den Uebergang zur vege- tabilischen Nahrung zur Folge hatte. Diese wurde entweder, wenn sie weich war, sofort herunterge- schluckt oder, wenn sie hart und zäh war, so mußte sie zerkleinert werden, wo- zu der als Schere wirkende Hornschnabel viel geeig- neter ist als das Gebiß kleiner Zähne der ei- dechsenartigen Vorfahren. Man wird sich den Schna- bel, wie bei den Schild- kröten, aus der Verschmel- zung von Lippenschildern hervorgegangen zu denken haben. Hierfür spricht er noch jetzt die weiter unten Fig. 232. Archaeopteryx lithographica, der - Urvogel aus dem lithographischen Schiefer von geschilderte Zusammen- Eichstätt. Nach ZITTEL. setzung mancher Schnäbel aus mehreren Stücken. Mit dem Fortfallen der Vorderextremität als Greifwerkzeug mußte der Schnabel als Ersatz eintreten. Tatsächlich ist der Schnabel das Universal- instrument des Vogels, welches nicht nur zum Fressen und Trinken, sondern zu den verschiedensten anderen Verrichtungen, wie Tasten, Liebkosen, Kämpfen, Einölen des Gefieders, Nestbau u. a., dient. Um gut als Pinzette wirken zu können, haben die Kieferknochen sich ver- längert. Bei Archaeopteryx (Jura) sind sie noch kurz wie bei einer Eidechse (232); bei Hesperornis und Ichthyornis (235) aus der oberen Kreide schon langgestreckt. Diese Verlängerung unterstützte die Rück- bildung der Zähne, denn diese können keine erfolgreiche Arbeit leisten, Schnabel der Vögel. 955 wenn sie in vorstehenden dünnen Knochen wurzeln. Der Hornschnabel scheint zuerst am distalen Ende der Kiefer aufgetreten zu sein, also dort, wo er am meisten in Tätigkeit tritt, und sich allmählich proximal- wärts ausgedehnt zu haben, denn Archaeoptery.x hat oben jederseits 15 Zähne, unten nur die drei hintersten. Die zehn vorderen waren schon von den Hornscheiden verdrängt worden. In ähnlicher Weise finden wir bei den Kreidevögeln Zähne nur am Maxillare, während der Zwischenkiefer zahnlos ist, also wohl schon geschnäbelt war (233). Bei den Reptilien liegen die Nasenlöcher am Vorderende der Schnauze. Man wird dies auch für die Stammformen der Vögel annehmen dürfen, und es ergibt sich daraus ein Maßstab für die mit der Ausbildung des Schnabels erfolgte Verlängerung der Kiefer. Kurze Schnäbel haben im allgemeinen als primitiv zu gelten. Bei Enten, namentlich bei Mergus und Anas clangula, ferner bei Dalearrca, liegt das Nasenloch ein gutes Stück vor der Schnabelwurzel, und die Verlängerung nach vorn ist ge- ring. Bei Raubvögeln, Papa- geien und Tauben wandert es basalwärts in die Wachshaut hinein. Nur beim Kiwi ist das Nasenloch der Verlängerung gefolgt und liegt an der Spitze des Schnabels, ein Zeichen, daß er seine Nahrung durch Wittern findet. Die Farbe des Schnabels wird hervorgerufen durch braune oder schwarze Pigmentkörner in der Hornmasse. Fehlen diese oder sind sie spärlich vorhanden, so sieht der Schnabel blaßgelb- ee | lich aus. Diese Hornfarbe ist u ae) in der Regel einfarbig, verändert = = : sich nicht während des Lebens 2 und erhält sich auch nach dem Tode. Die grellen Farben, namentlich rot, orange, gelb, werden, wie beiden Füßen, durch ein fettiges Pigment im Stratum mucosum erzeugt, verblassen nach dem Tode, treten meist erst bei den ausgewachsenen Tieren auf und können auch periodisch wechseln. Meist herrscht Uebereinstimmung zwischen der Färbung des Schnabels und der Hornschilder der Beine; selbst bei auffallender Färbung, die sicherlich einen fortgeschrittenen Zustand bedeutet, bleibt diese Korrelation häufig bestehen, so z. B. roter Schnabel und Fuß bei Alpenkrähe Pyrrhocorax pyrrhocorax, Storch Ciconia alba, Purpurhuhn Porphyrio coeruleus, Austernfischer Haematopus ostralegus. Es kommen aber auch oft ausgesprochene Gegensätze vor: Oicinnurus regius, Schnabel gelb, Beine blau; Trichoglossus novaehollandiae, Schnabel blutrot, Füße braun; Palaeornis torguata, Halsbandsittich, und der Eis- vogel Tanysiptera galatea, Schnabel rot, Füße grau; unser Eisvogel Alcedo ispida, Columba livia und der japanische Storch (keonia boyciana, Fig. 233. Iehthyornis vietor aus der oberen Kreide von Kansas. Nach MARSH. 256 VI. Kapitel. Schnabel schwarz, Füße rot: Gallinula chloropus, Schnabel an der Spitze gelb, an der Wurzel rot, Füße grüngelb; Frlzca atra, Schnabel weiß, Füße grüngelb. Sehr merkwürdig verhält sich der Grünedelpapagei Eelectus pectoralis, indem beim Männchen der Oberschnabel korallenrot mit gelber Spitze, der Unterschnabel wie die Füße schwarz ist, während beim primitiveren Weibchen Schnabel und Füße schwarz sind. Solche sexuellen Farbenunterschiede zeigt auch unsere Amsel, bei der der weib- liche Schnabel die ursprüngliche graubraune Farbe behalten hat, während das progressivere Männchen einen gelben Schnabel besitzt, wie auch jenes die ursprüngliche Drosselfleckung zeitlebens behält, während dieses tiefschwarz wird. Da die Vögel „Augentiere“ sind, so tritt uns in der \ \, N I) N RN N) Pr, r OF = Fig. 234. Verschiedene Schnabelformen nach BAIL, schematisch und etwas verändert. a Flamingo Phoenicopterus, b Löffelreiher Platalea, e Kegelschnabel eines Finken (Emberixa), d Pfriemenschnabel einer Drossel (Turdus), e Falco mit Wachs- haut, f Sägetaucher Mergus, g Pelecanus, h Säbler Recurvirostra avocetta, i Scheren- schnabel Rhynchops nigra, k Columba, ! Schuhschnabel Balaeniceps rex, m Klaff- schnabel Anastomus lamelligerus, n Tukan, o Sattelstorch Mycteria senegalensis, p Ibis, q Mauersegler Oypselus. grellen Schnabelfärbung ein Schmuckzeichen entgegen, das erst all- mählich erworben wurde, daher es beim jungen Vogel häufig noch fehlt. Das junge Amselmännchen hat noch den graubraunen Schnabel. Junge Saatgänse und Verwandte haben einen grauen Schnabel, erst später wird er rotgelb. Der schwarze australische Schwan hat in der Jugend einen schwärzlichen Schnabel, der dann rot wird und an der Spitze eine weiße Querbinde bekommt. Ebenso hat der Sattelstorch Myeteria senegalensis (234 0) jung einen schwärzlichen, später einen roten Schnabel mit schwarzer Querbinde; der Tropicvogel Phaeton aethereus erst einen dunkelbraunen, später einen korallenroten Schnabel. In allen diesen Fällen kommt zu der ursprünglichen Hornfarbe später das Pigment im Schnabel der Vögel. 257 Stratum mucosum hinzu. Nicht zu verwechseln mit der primitiven unscheinbaren Schnabelfärbung ist die grelle, namentlich gelbe der Hautfalten an den Mundwinkeln vieler Nestjungen, wodurch den Eltern das Füttern erleichtert wird. Hierher gehören auch die schon er- wähnten Reflexionsperlen. Ein periodischer Farbenwechsel wird beim Star, Sturnus vulgaris, beobachtet, dessen im Sommer lebhaft gelber Schnabel im Winter grau wird. Mehrteilige Schnäbel. Die Hornmasse des Oberschnabels ist meist einheitlich. Bei manchen Vögeln (Sala, Diomedea |234 A|, Ibis, Aptery«, Pelecanus, Platalea |234 b|, Phalacrocorax, Reihern, Heteralocha u. a.) besteht sie jedoch aus einer mittleren und zwei seitlichen Platten, die durch zwei Längsfurchen zusammenhängen (234 b, 235 A,B). In diesen liegen auch die Nasenlöcher, so daß der dreiteilige Zustand wohl durch diese hervorgerufen wurde und als der ursprüngliche anzusehen ist. Daher sind auch die Nasenlöcher bei Totanus, Gallinula, Scolopazx u.a. sehr lang oder sie setzen sich nach vorn in eine lange Furche fort (Neophron percnopterus, Haematopus u.a.). Bei vielen Vögeln ist der Oberschnabel zwar eine einheitliche Hornmasse, aber die Grenzen des Mittelstücks lassen sich noch an zwei Längswülsten erkennen (Podiceps, Canchroma, Spechte u.a.). Bei den Nashornvögeln wird der Aufsatz allein von diesem gebildet. Besonders interessant sind die Sturmvögel. Bei Diomedea (235 A) wird der Haken des Oberschnabels von einem selbständigen Hornstück gebildet, welches homolog dem Rostrale der Eidechsen ist: dazu kommen die drei übrigen Stücke. Ebenso besteht der Unterschnabel aus zwei seitlichen, einem terminalen und einem schmalen medialen Stück. Ganz ähnlich verhält sich Procellaria gla- cialis. Aus diesen Tatsachen wird man schließen dürfen, daß ursprüng- lich oben und unten je eine mittlere und zwei seitliche Reihen von Schildern vorhanden waren, die dann zu acht Stücken verschmolzen (Diomedeen), später oben zu drei, unten zu einem, und endlich auch oben zu einem. Beim Schwarzspecht und anderen Vögeln hat das obere Mittelstück einen medianen Kiel, was zusammen mit der Bilateralität vermuten läßt, daß es ursprünglich paarig war. Die Urvögel hatten also wahrscheinlich zwei Rostralia, zwei dorsale und zwei laterale Reihen von Schildern am Oberschnabel und ebenso am Unterschnabel, die später zur Erhöhung der Festigkeit zu acht Stücken verschmolzen. Bei den Lamellirostres und beim Flamingo bleibt die Hornmasse überall ziemlich weich, mit Ausnahme der Spitze des Ober- und Unter- schnabels, welche mit einer nagelartigen harten Platte (235 BB, C, D », »'), den früheren Rostralia, abschließt. Umgekehrt besitzen Scolopa.x, Galli- nago und Irhynchaea eine weiche Schnabelspitze, unter der viele Tast- körper liegen, mit denen sie die Würmer im Schlamm herausfinden. Auch bei Nestjungen ist die Hornmasse noch weich. Es würde zu weit führen, die zahllosen Verschiedenheiten in der Form und Größe des Schnabels aufzuführen. Wir begnügen uns mit der Andeutung einiger Hauptgesichtspunkte. Der Schnabel ist in erster Linie Freßorgan und richtet sich in Gestalt und Länge nach der Nahrung: daher der pfriemenförmige Schnabel unserer insekten- fressenden Singvögel (234), der Kegelschnabel der körnerfressenden Finken (c), der Hakenschnabel der Raubvögel und Eulen (e), der lange, meist etwas gebogene, zum Herausholen von Würmern dienende Schnabel der Schnepfen, Strand- und Wasserläufer (A, p), der abgeplattete Schnabel solcher Vögel, welche Schlamm durchsieben [|Enten, Flamingo (a), Pla- Plate, Allgemeine Zoologie I, 17 258 VI Kapitel. taleı (b)|, der seitlich zusammengedrückte, mit scharfen Schneiden ver- sehene Schnabel der Fischfresser (Pinguin, Procellarva, Sägetaucher (f), Phaöton, Fratereula) usf. Bezüglich der Länge des Schnabels gilt aus- ; Be h > SL \ ie Be) ‚ Z nahmslos, daß er zusammen mit der Länge des Halses bis zur Schwanz- wurzel reicht, denn hier befindet sich die Bürzeldrüse, deren Sekret durch den Schnabel auf das Gefieder übertragen wird; auch die Schwanz- federn müssen hierbei durch den Schnabel gezogen werden. Wenn bei Schwalben, Nachtschwalben, Eulen, Pinguinen und einigen anderen Schnabel der Vögel 259 Vögeln dieses Gesetz durchbrochen erscheint, indem der Kopf fast ohne Hals auf den Schultern sitzt, so liegt dies daran, daß die Hals- Fig. 235 BB—D. Fig. 235. Eigentümliche Schnabelformen. Orig. A Diomedea exulans, Alba- tros. m, m‘ mediale Stücke, s, s’ seitliche Stücke, f, t‘ terminale Stücke, f Nasen- lochfurche. B Heteralocha acutirostris &, 9, aus BREHM. BB Mergus merganser, links Oberschnabel, rechts Unterschnabel; «a, a’ äußere, ö, :’ innere Zahnreihe, », n‘ Nagelplatte. CO Gans, ax, ix äußere, innere Zungenborsten, die äußeren sind vorn als Querfurchen (f) ausgebildet, «a, © äußere, innere Lamellen des Oberschnabels, «’, :' dgl. des Unterschnabels, n, n‘ Nagelplatte des Ober- und Unterschnabels. D Spatula elypeata, Löffelente; Bezeichnungen wie in C; pap Papillen, Zy Zunge. 10F 260 VI. Kapitel. wirbelsäule in der Ruhe stark S-förmig zusammengebogen wird. Weiter sind Hals und Schnabel zusammen so lang, daß der letztere bei geraden Beinen den Boden zu erreichen vermag. Daher die immer wieder- kehrende Kombination von langen Beinen mit langem Hals oder langem Schnabel oder mit beiden. Eine Ausnahme machen der Sekretär G@ypo- geranus serpentarius, Psophia cerepitans und Himantopus himantopus, deren Beine so lang sind, daß die Fußwurzel gebeugt werden muß, um den Boden mit der Schnabelspitze zu berühren. Der erstere ist ein rasch laufender Steppenvogel, und die langen Beine erleichtern viel- leicht die Bewegung im hohen Grase, erheben den Körper jedenfalls so hoch, daß das scheue Tier das Herannahen von Feinden bemerkt. Ob beim Strandreiter ebenfalls eine Anpassung vorliegt, entzieht sich meiner Beurteilung. Der Schnabel wird bei /brs (p) und Numenius ungefähr körperlang, desgleichen beim Kolibri Docimastes ensifer (10 cm). Hier liegt eine Anpassung vor, um den Schnabel tief in den Boden bzw. in lange Blumenkelche stecken zu können. Bei Tucanen und Nashornvögeln (237) dient der riesige Schnabel als Abschreckungsmittel. Diesen Extremen stehen die sehr kleinen Schnäbel von Cypselus (q), Caprimulgus und Podargus gegenüber, welche aber mit einer sehr tiefen Mundspalte versehen sind. Da diese seitlich von langen Borsten ein- gefaßt wird, entsteht ein Trichter zum Fangen von Insekten während des Fluges. Eine Anpassung an dieselbe Nahrung wird häufig von ver- schiedenen Familien unabhängig voneinander erworben und fällt dann verschieden aus. Während Sägetaucher (f), Phaeton aethereus, Alken und Pinguine unter Wasser schwimmend den Fisch ergreifen, stößt der Reiher im Wasser stehend nach ihm, indem der lange Hals plötz- lich blitzschnell vorgestreckt wird. Nur die ersteren haben einen seit- lich zusammengedrückten Schnabel. Pelikan (y) und Schuhschnabel (/) haben einen sehr breiten Schnabel, um die ganze Wassermasse, welche den Fisch umspült, herunterzuschlucken. Umgekehrt können ähnliche Einrichtungen zu ganz verschiedenen Zwecken auftreten: der Haken des Oberschnabels bei Raubvögeln zum Zerreißen der Beute, bei Papa- geien zum Klettern; stark gebogene Schnäbel bei Kolibris in Anpassung an bestimmte Blüten und bei Watvögeln; ein Zahn jederseits am Oberschnabel bei Falken (e) und Würgern (Laneus), zwei am Unter- schnabel bei der Zahntaube Didunculus strigirostris. Eine andere kon- vergente Eigentümlichkeit sind die gesägten Schnabelränder beim Nas- hornvogel (237), bei Tucanen (234 n), beim finkenartigen Phytotoma rara, bei Sägeraken (Momotus, Todes), den ihnen nahestehenden Trogo- niden und beim Rachenvogel Uymborhynchus macrorhynchus. Da alle diese Vögel große, kräftige Schnäbel haben, mit denen sie Insekten, kleine Vögel und sonstiges Getier ergreifen, darf man annehmen, daß diese Zacken wieder die Rolle der Zähne der Urvögel übernommen haben. Ihre unregelmäßige Anordnung bei Nashornvögeln macht es wahrscheinlich, daß sie zum Teil durch Abnutzung entstehen beim Auf- knacken harter Nüsse. Bei Phaeton hingegen dient der fein gezähnelte Schnabelrand wohl zum Festhalten der Fische. In allen diesen Fällen bleiben die Kieferknochen glatt. Aus dem Eocän von England ist ein großer Vogelschädel bekannt mit zahlreichen Hornzacken, in welche Fortsätze der Kieferknochen ragen (Odontopteryx toliapiceus). Drei Schnabelformen machen den Eindruck des Pathologischen, und ich sehe in ihnen nicht Anpassungen, sondern Mißbildungen, die aber noch nicht zum Aussterben der Art geführt haben. So der Kreuzschnabel (Lo.«za«), Schnabel der Vögel. 261 dessen Hornspitzen exzessiv verlängert sind und sich daher übergreifen, wobei der Unterschnabel nach rechts oder nach links vom Oberschnabel nach oben ausweicht; der knöcherne Schnabel ist nicht verlängert und erscheint normal. Ferner der Scherenschnabel, Rhynchops (i), dessen Unterschnabel ebenfalls verlängert ist. Bei dieser Gattung macht der kurze Oberschnabel den Eindruck einer Mopsbildung, wie sie auch bei Fischen und Säugern vorkommt; endlich der Schnabel des neusee- ländischen Regenpfeifers Anarhynchus frontalis, der in den vordersten ?/, um 30° nach rechts abbiegt. Es ist nicht einzusehen, daß er damit besser Steine umdrehen kann, als mit einem geraden Schnabel. Beim Klafischnabel, Anastomus lamelligerus (m) weichen beide Schnäbel aus- einander, und der Rand des oberen trägt vorn Lamellen, was vielleicht ein Vorteil beim Herausziehen von Flußmuscheln aus dem Sande ist. Aehnliche Lamellen finden sich auch in anderen Familien. So unter den Sturmvögeln bei Prion und Verwandten, beim Flamingo und ganz besonders bei den nach ihnen genannten Lamellirostres. Unter diesen zeigen die Sägetaucher (Mergus, 235 BB) am Ober- schnabel außen eine Reihe von zahnartigen, seitlich zusammengedrückten Zacken und eine innere Reihe von sehr zahlreichen, sich schindelförmig deckenden Hornlamellen, die von vorn nach hinten an Größe zunehmen. Zwischen diese beiden Reihen greifen die Zacken des Unterschnabels, welche denen des Oberschnabels gleichen. Bei Enten und Gänsen zeigt die Innenfläche des Oberschnabels und die Außenfläche des Unter- schnabels einen Besatz von Lamellen, die zwar nicht direkt ineinander- greifen, aber doch gegeneinander arbeiten und bei den verschiedenen Arten sehr verschieden entwickelt sind. In mäßiger Ausbildung finden wir diese Lamellen bei Dendrocygna und der Hausgans (235 0). Das obere System besteht hier aus größeren, weit auseinanderstehenden Lamellen (a), an die sich gegen den Gaumen zu kleinere und dichter stehende (?) anschließen. Bei Dendrocygna breiten sich die letzteren längs des ganzen Oberschnabels aus, werden aber nach hinten zarter: bei der Hausgans finden sie sich nur vorn. Zwei ähnliche Systeme von Lamellen bedecken den Unterschnabel («a‘, “) und werden durch eine tiefe Furche getrennt. Diese unteren Lamellen sind zahlreicher als die des Oberschnabels. Bei Anas clangula, Lampronessa sponsa u.a. sind die «'-Lamellen stark ausgebildet und springen zackenartig über den Schnabelrand vor. Eine riesige Ausbildung erreichen diese Lamellen bei der Löffelente, Spatzla elypeata; es fallen am Oberschnabel nur die äußeren (D, «) in die Augen, und zwar sind sie hinten sehr lang und ragen als ein hoher Kamm weit über den Schnabelrand vor, während sie weiter nach vorn in nach innen gerichtete Lamellen übergehen. Die innere Reihe des Oberschnabels (#) ist nur hinten auf eine kurze Strecke in rudimentärer Form vorhanden. An der Außenfläche des Unterschnabels sind beide Reihen («‘, :‘) außerordentlich entwickelt und greifen zwischen die Kammzacken des Oberschnabels, während die vorn verbreiterte Zunge den Schlamm gegen die vorderen Lamellen des Oberschnabels drückt. Zum Verständnis der Funktion des Schnabels muß auf dieses Organ kurz eingegangen werden. Die Zunge der Enten und Gänse ist weich, wenig verhornt und läuft in eine dünne breitlappige Spitze aus. Gleich hinter dieser entspringt scharf abgesetzt jederseits eine Haut- falte (CO, D, f), welche bei Spatzla vorn dreieckig ausgezogen ist. Diese Seitenfalte ist in ihrer vorderen Hälfte mit Querfurchen bedeckt. In 362 V1. Kapitel. der hinteren Hälfte der Zunge finden sich stärker verhornte Stacheln, und zwar zwei mediane Reihen (?x), welche nach oben gerichtet sind und jederseits eine äußere («x), welche horizontal stehen und in der vorderen Hälfte der Zunge in jene Querfurchen übergehen. Bei der Hausgans stehen zwischen den lateralen sechs Zacken zahlreiche feine Zotten, Fig. 235 E. während bei Spatula die Zacken fehlen und durch zwei Reihen von unregel- mäßigen Höckern ersetzt werden. Dazu kommtnoch eine darunter stehende Reihe von sehr zarten Hornborsten (b). Fig. 235. Eigentümliche Schnabelformen. Orig. E Phoenicopterus roseus, von der Seite. F dgl. Querschnitt durch die Mitte des Schna- bels. Ok, Uk Öber-, Unterkiefer, Zy Zunge. s seitliche, »» mediane Hornplatte des Ober- schnabels; übrige Bezeichnungen wie bei C. Fig. 235 FE. Beim Flamingo (235E, F) ist die Kante des Unterschnabels nach innen übergebogen und bildet eine schräg abfallende Fläche, die wieder mit den zwei Lamellensystemen bedeckt ist. Die äußeren («a’) sind derber und stehen weiter auseinander als die sehr dichten und zarten inneren (2). Im Oberschnabel sind die äußeren («) zu großen Stacheln entwickelt, während die inneren (#) niedrige Schrägstreifen Schnabel der Vögel. 263 sind, welche sekundäre Lamellen tragen. Sie stehen auf den Seiten- flächen der kielartig gegen die Mundhöhle vorspringenden Innenfläche des Oberschnabels. Die Zunge trägt in der hinteren Hälfte jederseits eine Reihe von etwa 12 nach hinten übergebogenen verhornten Stacheln und nach außen davon eine zweite Reihe von kleineren. Mediane Zacken fehlen auf der Zunge. Die Außenteile des Schnabels sind weich, werden aber oben und unten gegen die Spitze zu etwas härter; während sonst immer bei den Vögeln der Oberschnabel breiter ist als der Unterschnabel und die oberen Ränder die unteren übergreifen, ist es hier umgekehrt, weil der Schnabel in umgekehrter Stellung benutzt wird. Dieses merkwürdige Organ zeigt eine solche Uebereinstimmung mit demjenigen der Lamellirostres, obwohl es nicht mit Nagelplatten abschließt, daß Phoenicopterus als ein langbeiniger Schwimmvogel an- zusehen ist und nicht als ein Schreitvogel, wofür ja auch die Schwimm- häute, das bodenständige Nest und das frühzeitige Umherlaufen der Nestjungen sprechen. Die Funktion aller dieser Lamellenbildungen ist noch nicht näher untersucht worden. Da aber unter ihnen viele vom Trigeminus ver- sorgte Hrrgstsche Tastkörper vorkommen, wird man sie als einen Tast- und Siebapparat ansehen dürfen. Durch die Bewegung der weichen Zunge wird der aufgenommene Schlamm zwischen sie hindurch gepreßt, und so die Nahrung gefunden. Die großen nach hinten ge- bogenen Zungenzacken des Flamingo schieben die Beute nach hinten. Die Mergiden (435 BB) sind sekundär zur Fischnahrung übergegangen, daher haben sich oben die äußeren Lamellen in harte Zacken ver- wandelt, während die inneren sich rückgebildet haben. Ob die Zacken des Unterschnabels den äußeren oder den inneren Lamellen oder beiden zusammen entsprechen, vermag ich nicht zu entscheiden. Endlich sei hier des einzigen Vogels gedacht, dessen Geschlechter durchaus verschiedene Schnäbel besitzen. Beim neuseeländischen Raben- vogel Heteralocha acutirostris (239B) hat das Männchen einen etwa 4 cm langen kegelförmigen Schnabel, während er beim Weibchen über doppelt so lang und stark nach unten gebogen ist. Die Tiere leben von Käferlarven und anderen Insekten und fliegen paarweise umher. Das Männchen reißt zuerst die Rinde morscher Bäume ab und spaltet das Holz, während das Weibchen mehr in der Tiefe desselben nach Nahrung sucht. BuLtLEer beobachtete, daß das Weibchen zu fetten Bissen gelangte, die dem Männchen verborgen geblieben waren. „Ich fand jedoch, daß das Weibchen sie immer für sich verbrauchte“, was man demselben bei dieser ehelichen Arbeitsteilung nicht verübeln kann. Eine Art Schnabelmauser kommt beim Papageitaucher rater- cula arcetica und nächsten Verwandten vor, indem im Herbst die ober- flächliche Hornschicht abgestoßen wird. Dabei fällt auch eine hornige Platte ab, welche zur Brutzeit an den Mundwinkeln auftritt und das Tier befähigt, eine Anzahl Fischchen während des Fluges festzuhalten, um sie den Jungen zuzutragen. An der Wurzel des Schnabels besitzen manche Vögel, besonders die Raubvögel, Papageien und Tauben, eine besondere Bildung, die weiche verdickte federlose und oft sehr lebhaft gefärbte Wachshaut (Ceroma), welche in der Regel die Nasenlöcher umschließt. Gegen diesen anders gefärbten Hintergrund hebt sich der Schnabel um so mehr ab. So ist z. B. bei Trichoglossus novaehollandiae der Schnabel blutrot, die Wachshaut dunkelbraun; bei der Papageitaube Vrnago 264 VI. Kapitel. delalandei ist der Schnabel grau, die Wachshaut rot. Die letztere ist nicht selten der Sitz eigentümlicher grell gefärbter Wucherungen. So hat die Warzentaube Alectroenas pulcherrima einen gelblichen Schnabel und über seiner Wurzel mehrere rote Warzen. Bei Onloenas nicobarica finden wir eine mediane dicke Warze an derselben Stelle Unter den Haustauben sind die Bagdetten (236) und Karriertauben durch ähnliche, oft monströse Wucherungen ausgezeichnet, welche den Schnabel fast ganz verdecken und sich auf die Umgebung des Auges ausdehnen können. Ebenso besitzt der Königsgeier Sarcorhamphus papa auf der gelben Wachshaut zwei dicke rote Knollen. Bei der Brandgans TZadorna tadorna und bei Uygnus olor sehen wir einen rundlichen Höcker über der Schnabelwurzel, welcher sich bei der Höckergans Sarerdiorn?s melanonota kammartig erhoben hat. Als Eizahn wird ein kleiner Höcker be- zeichnet, welcher an der Spitze des Ober- schnabels bei älteren Vogelembryonen auftritt. Bei Tringa findet er sich auch zugleich am Unterschnabel, scheint aber nur als Stütze zu dienen. Die Hornzellen sind hier zum Teil durch Einlagerung von Kalk verstärkt. Mit der Spitze des Höckers wird die Eischale von innen angeritzt und dann vor dem Ausschlüpfen Fig. 236. Kopf der eine Kalotte abgesprengt. Bald danach wird englischen Bagdettetaubee der Fizahn abgeworfen. Aehnliche Hornbil- Aus, KELLER. dungen kommen auch bei Hatteria, Schild- kröten, Krokodilen und Monotremen vor. Die sog. Eizähne der Eidechsen und Schlangen sind hingegen echte Dentin- zähne, welche am Zwischenkiefer paarig oder unpaar aufsitzen und wagerecht nach vorn ragen, um die Eischale zu zerschneiden. Der Schnabel hat eine große systematische Bedeutung, indem die Gattungen, vielfach auch die Familien und Ordnungen durch ihn charakterisiert werden. Andererseits unterliegt er im hohen Maße der Anpassung an die Nahrung und zeigt daher häufig in derselben Gruppe sehr verschiedene Verhältnisse, so daß er bei phyletischen Betrachtungen nie allein, sondern stets nur unter Berücksichtigung der übrigen Organe verwertet werden darf. So kommen z. B. bei Trochiliden und Chara- driiden kurze und lange, gerade oder mehr oder weniger gebogene Schnäbel vor. Es läßt sich manchmal eine Reihe aufstellen, so z. B. bei den Steganopoden die Reihe Phaeton, Sula, Fregata, Phalacrocoraz, Pelecanaıs, in welcher der Schnabel allmählich größer wird, einen starken Haken und einen Kehlsack erhält. Bei den Reihern die Reihe Ardea, Nyeticorax, Canchroma, Balaeniceps, in welcher der Schnabel allmählich breiter wird, aber ob solche Reihen natürlich sind oder auf Konvergenz beruhen, kann nur das Studium vieler Organe zeigen. Die phyletischen Veränderungen des Schnabels werden bei hochdifferenzierten Formen in der Ontogenie teilweise wiederholt; so haben die jungen Spechte kürzere Schnäbel, welche dann zur vollen Länge heranwachsen, um später durch Abnützung wieder kürzer zu werden, und der junge Nas- hornvogel (237) läßt noch nicht erkennen, zu welchem Monstrum sein Schnabel auswachsen wird. Federn. 265 Die Federn sind hervorgegangen aus den Schuppen der Reptilien. Daher treten sie zuerst als kleine Ooriumpapillen auf und wachsen dann zu nach hinten übergebogenen regelmäßig angeordneten Zotten aus (238, 1 und 2), die aber noch nicht verhornt und abgeplattet sind. Schon hieraus geht hervor, daß der Unterschied zwischen Schuppen und Federn sehr be- deutend ist. An den befiederten Läufen mancher Hühner- und Tauben- rassen finden sich beide nebeneinander, ohne dab Uebergänge zwischen ihnen vorhanden sind. Die Epidermis der Zotte wächst nun in die Tiefe des Coriums hinein und erzeugt den aus zwei Lamellen gebildeten Federfollikel, um eine feste Verankerung der Feder zu ermöglichen (238,3). Querschnittedurch die Zotte (239) zeigen, daß die Epidermisin dreifacher Weise verhornt: erstens erzeugen die oberfläch- lichsten Zellen eine dünne Federscheide (F'S), welche später von der hervor- brechenden Feder durch- stoßen wird; zweitens ver- wandeln sich die tiefen Zellen der Epidermis am distalen Ende der Zotte in nebeneinanderliegende Hornstrahlen (5%), wobei das Pulpagewebe mit stern- förmigen Vorsprüngen in die Epidermis eingreift; drittens gehen diese Strah- len in dem Follikel in einen kontinuierlichen Hornmantel, die Feder- spule, über. Indem sich diese pinselförmige Erst- lingsfeder nach außen vor- Fig. 237. Kopf des Nashornvogels Dichoceros schiebt, zieht sich das dem bicornis Q mit Jungem. Nach WALLACE. Corium entstammende Pul- pagewebe aus ihr zurück unter Bildung dünner querer Hornlamellen. Dieser innere Hohlraum wird als Federseele bezeichnet. Dieses erste Federkleid (Neoptile) ist phylogenetisch aus den Hornschuppen der Eidechsen hervorgegangen, in demselben Maße als diese aus wechselwarmen zu eigenwarmen Tieren wurden. Die Federn sind also zuerst als Wärmeschutz entstanden und haben sich erst später in Deckfedern zum Körperschutz und in Flugfedern umgewandelt. So folgen noch jetzt in der Ontogenie jedes Vogels zwei ganz verschiedene Gebilde aufeinander, die wir kurz als Dunen und Federn unterscheiden wollen. Die Dunen (Plumae) werden auch als Nest-, Embryonal- oder Erstlingsfedern bezeichnet. Es sind weiche, über den ganzen Körper meist ziemlich gleichmäßig verteilte Horngebilde, die in drei verschiedenen 266 VI. Kapitel. durch Uebergänge verbundenen Formen auftreten (240): als glatt- strahlige Pinseldunen (a) bei Tauben, als fiederstrahlige Pinseldunen (d) bei Nyeticorax, Pinguin, Dromaeus, Struthio, bei dem sie die ungewöhn- liche Länge von 10 cm erreichen, Raptores, Passeres u. a., und als federförmige Dunen (b, ce), bei denen die gefiederten Seitenstrahlen von einem Hauptschaft ausgehen; ihre Strahlen zweiter Ordnung, die Cirri, sind ohne Knoten und beginnen an der Basis mit einer schmalen Ver- breiterung (c‘). Diese höchste Form kommt z. B. bei Lamellirostres (bei Anas, Mergus zuweilen mit Knoten an den Cirri, und bei Mergus merganser sogar mit Rudimenten von Häkchen), Arhea, manchen Hühner- vögeln, aber auch bei einigen Nesthockern vor. Es spricht sich in diesen drei Formen eine phyletische Reihe aus. Daß die höchste Stufe von Wasservögeln und Hühnern erreicht wurde, erklärt sich darans, daß sie Nestflüchter sind und daher schon sehr früh möglichst ge- Anl.d. Dunen- strahlen & Th Federscheide SIZGL--Fortsetz d.Seele(Pulpa) im Schaft. Fig. 238. Entwicklung der Feder, schematisch nach DAvIıEs aus BÜTSCHLI. 1 erste Erhebung, 2 Zotte, 3 Einsenkung in das Corium und Bildung der Erstlings- dune, 4 Bildung der Konturfeder, 4a, 4b Querschnitte in der Höhe von «a und d bei 4. M verhornte Teile des Coriums der Pulpa. schützt sein müssen. Umgekehrt finden wir bei vielen Nesthockern und besonders Höhlenbrütern, nicht selten ein reduziertes oder fehlendes Nestkleid. Bei den Papageien kriechen die Jungen fast nackt aus, und die Dunen verteilen sich nur spärlich über den Körper. Bei Spechten und beim Eisvogel fehlt das Dunenkleid ganz, und die nackten Jungen erhalten nach einiger Zeit sofort das bleibende Gefieder. Endlich Megapodius schlüpft schon mit fertigen zerschlitzten Federn (mit After- schaft) aus, aber die Schwingen unter ihnen tragen noch Rudimente von Dunen auf den Spitzen. Es zeigt sich also hier die bekannte Er- scheinung, daß ein ontogenetisches bzw. phyletisches Stadium ausfällt. Diese zerschlitzte Jugendfeder geht durch Mauser in eine Feder mit geschlossener Fahne über. Die Nestjungen der Falken haben zwei Sorten von Dunen, eine niedere als Vorläufer der Flaumfedern und eine höhere als solche der Konturfedern. Federn. 267 Die definitiven Federn (Teleoptile), im folgenden kurz als Federn bezeichnet, entstehen, wenigstens zum großen Teil, in den Follikeln der Dunen (238,4). Der Follikel vergrößert sich, indem er tiefer in das Corium hineinwächst und die Papille der Pulpa stärker wird. Das Fig. 239. Querschnitte durch zwei Entwicklungsstadien einer Embryonaldune, nach DAvıEs aus WIEDERSHEIM. Die Epidermis ist schwarz eingetragen. P Pulpa (Corium), FS verhornte Federscheide, St verhornter Strahl, ; Einschnürung der Epi- dermis. A vor, B nach der Bildung der Hornstrahlen. Stratum mucosum bildet zahlreiche Falten, ähnlich wie in 239 A, von denen eine dorsale besonders breit und zum Schaft wird, während die übrigen zu den Seitenästen erster Ordnung (Rami) auswachsen, welche wieder mit kleineren Strahlen (Cirri) besetzt sind. Auch die fertige Feder ist von einer dünnen Hornhaut, der Feder- scheide, umhüllt, und während sie nach außen vorwächst, drängt sie die Dune aus dem Follikel heraus, wobei die Dune in mehrere Stücke gespalten wird. Man sieht ihre Reste häufig noch einige Zeit (242 A, A’) auf der Spitze der Feder, sogar in direkter Kontinuität mit ihr, woraus aber nicht gefolgert werden kann, daß beide Federn zusammen ein Indi- viduum, eine Feder, bilden. Auch in den Tierstöcken hängen die Individuen zu- sammen. Die junge Feder ist im Innern von Pulpagewebe erfüllt, das sich aber später zurückzieht, wobei der Hohlraum Ki der Spule von dünnen Horulamellen you 2a \ersinledene Dunen durchzogen bleibt. Gegenüber dem Haupt- von Columba, b federtörmige Dune schaft entsteht am distalen Ende des von Gallus, ce federförmige Dune Follikels eine zweite verbreiterte Falte, von Anas, ce‘ Ramus und Cirri von welche zu einer kleinen Afterfeder ee en, ae une ven (Hyporhachis) von sehr wechselnder ; 5 Größe auswächst, so daß also normaler- weise zwei Federn, die dorsale Hauptfeder und die ventrale After- feder, aus dem Follikel heraustreten. Dies gilt selbst für Fadenfedern, Lidborsten und andere aberrante Federn. Bei manchen Arten fehlt die Afterfeder. Nur bei Dromaeus und (asuarius sind beide gleich grob (241), während der Afterschaft bei Siruthio fehlt. An jeden Follikel 268 VI. Kapitel. treten glatte Muskeln zu ein oder mehreren Bündeln, welche häufig so stark sind, daß sie die Feder aufrichten können. Die Federn des fertigen Gefieders (Teleoptile) sind von einer er- staunlichen Mannigfaltigkeit, so daß es zweckmäßig ist, folgende Formen zu unterscheiden, die freilich durch viele Uebergänge unter- einander und mit den Embryonaldunen verbunden sind (242): 1. Hart-, Kontur- oder gewöhnliche Federn (Pennae) mit hartem Schaft und geschlossener Fahne (A). 2. Zerschlitzte Hartfedern, deren Rami sich nicht mehr zu einer geschlossenen Fahne aneinanderlegen (B, G). 3. Hartfedern mit partieller Fahne (C, E, F). 4. Borsten, d.h. der harte Schaft trägt keine Fahne (D). Ist der Schaft sehr dünn und klein und trägt er am Ende eine winzige Fahne, so spricht man von Fadenfedern (K). 5. Weich- oder Flaumfedern (Plu- mulae) mit weichem Schaft und zerschlitzter Fahne. Sie werden meist verdeckt von den Hartfedern und werden auch wohl als Dunen . oder Daunen bezeichnet (H). 6. Puderdunen, d. h. Flaumfedern, welche Hornschuppen reichlich abstoßen und so Staub erzeugen (.J). Betrachten wir diese Formen etwas ge- nauer. 1. Die gewöhnlichen Federn nennen wir Hartfedern (H), weil ihr Hauptkenn- zeichen der harte Schaft ist. Die Fahne be- steht in der Regel aus zwei symmetrischen Hälften. In vielen Fällen aber sind beide Abschnitte ungleich ausgebildet. Dies gilt namentlich für die äußeren Schwung- und Steuerfedern, deren Außenfahne um so schmäler ist, je weiter sie nach außen liegen, während die inneren Federn symmetrisch gebaut sind. In diesen Federn, welche haupt- sächlich das Tier zum Fliegen befähigen, yes iR bilden die Seitenäste erster Ordnung, die sog. ee en Rami, eine feste Platte, weil die mikro- maeus novaehollandiae. Orig. Skopisch kleinen Seitenäste zweiter Ordnung, die Radii oder Cirri, in eigentümlicher Weise ineinander greifen. Wie 245 erkennen läßt, stehen die gegen die Federspitze zugekehrten Cirri weiter auseinander als die nach hinten gerichteten. .Jene heißen Hakencirri, weil sie ungefähr in der Mitte kleine Haken tragen, diese Bogencirri, weil sie stark gebogen sind. Die Haken greifen über je einen Bogen hinüber, der vor dem Beginn der Biegung einige kleine Vorsprünge trägt, welche ein Abgleiten der Haken verhindern. Aus dem Querschnitt durch einen Ramus (244 A) ist ersichtlich, daß immer mehrere Bogencirri und Hakencirri neben- einander auf einem Vorsprung entspringen, wodurch die Wahrscheinlich- keit sich vergrößert, daß jeder Haken auf einen Bogen stößt. Die Cirri liegen so dicht neben- und übereinander und sind durch die Häkchen so fest verbunden, daß eine luftdichte Fahne bzw. ein ebensolcher- 269 Federn. SUO 'SNDADpo] U0A A9P3}JU9pe I M -194) snb.Dpo.f U0A Bunpıapug deu snwuy f[ -(4197013.194) Topajwnepg Au uaıpey ‚,H '"ygıy Top Topajune[I H 'Weyas wayyaıpa3 awquiagos Ju Dusuoand woLıma]Dg UOA 9uOLy Ip sunw d9pay & 's27]091u1ds sıqz UOA AOpajsieqd A HEyOS uadyıepuwg wayTadUR]I0A Iyas ru ppodn» wosıpv.n ] UOA A9pajzuwagag arayyrur zg "wÄrogdy UoA 94s10gpunw A Vuyey Jojppryıed yıur 2 smabos smuanuuasr) UOA I9P3Jzuvmypg 9lauur {) DuyBT Iousssofyosod yyoıu yıur “wÄrody UoA Aapojamyuoy yorwyu ‘topag arzyıygosıez Jg IOgALSIA) uadeı und] dauıa suwey} uaul yoou ayofeM ‘ropog uadunl our weg WAZ ‚y 'opndg ds ‘wey oyprem » alsuur I9p Se IST AOuLay Mluyosqy AOIagnYy u9Lap ‘ou T 9usssofyased / Yyeyag s "usjsarusung Aw ‘(1apajFunayog) IHpafFınyuoy oyaıuyona3 y "uawIoJIopag auapaıyosıaA '7tG "DIA -usddnyosurog 95 (199013 > >> = SE en ne Zen. 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Infolge dieser Jalousie- a ln " Dogeneirrus Einrichtung dauert die Hebung Dig ; 1; des Flügels kürzere Zeit als die AS Hakencimus Senkung, bei der Taube etwa im Fig. 213. Schema des Baues der Fahne Verhältnis 2:3. In Anpassung einer Schwungfeder. Original unter Benut- an den Druck sind die Rami zung der Zeichnungen von MASCHA. auf dem Querschnitt (244, links) höher als breit und oben dünn, unten dick, während der Querschnitt des Schaftes (243) proximal höher als breit, distal flach ist und die Rami an der oberen Kante trägt. Die Hart- federn werden auch wohl Kontur- oder Lichtfedern genannt, weil sie distal frei hervorragen und dadurch die äußere Erscheinung des Vogels bedingen. Basal verdecken sie sich mehr oder weniger und sind hier häufig gar nicht oder nur matt gefärbt. Da bei sehr vielen Vögeln, namentlich bei den Männchen, die Tendenz besteht, durch auffallende Formen und Farben das andere Geschlecht anzulocken, so zeichnen sich viele Hartfedern durch be- sondere Größe, Farben und Formen aus. So Fa ee | B Fig. 244. Links Querschnitt durch einen Ramus einer Schwungfeder nach MASCHA. M Markraum, Be Bogenecirrus, He Hakencirrus, ob Ober-, unt Unterseite der Feder. Rechts Schema der Jalousie-Einrichtung der Schwungfedern. A Armschwingen, H Handschwingen (die Zahl der Federn ist zu klein angegeben), « beim Nieder- schlagen, b beim Aufschlagen des Flügels. Die Pfeile deuten den Luftdruck an. Federn. mir finden wireine riesige, senkrecht nach oben stehende innerste Armschwinge bei der männlichen Mandarinente, Aex galericulata. Wenn das brünstige Männchen vor dem Weibchen hin und her schwimmt, nickt es be- ständig mit dem Kopf und dreht diesen dann plötzlich herum und zeigt mit der Schnabelspitze auf diese große Feder, die um so auffallender ist, als sie auf der einen Fahnenseite hellbraun, auf der andern metallisch blau ist. Namentlich der Schwanz und der Kopf vieler Vögel sind durch verlängerte Federn ausgezeichnet. Die beiden mittleren Schwanz- federn sind ungewöhnlich lang bei dem prächtig gefärbten Eisvogel Tanysiptera galeıta und schließen mit verbreiterter Fahne ab; des- gleichen bei Merops nubieus, wo sie spitz enden; bei Tischrtrea paradısi- Männchen, wo sie dreimal so lang sind wie der ganze Körper. Sehr verlängerte äußerste Schwanzfedern haben unsere gewöhnliche Land- schwalbe C'helidone rustica, die Leiernachtschwalbe Macropsalis ereagra, der Baumsegler Macropteryx longipennis, verschiedene Kolibris. Sehr verlängerte mittlere Schwanzdeckfedern hat der männliche Guatemala- Fig. 245. Pteridophora alberti A. B. MEYER, der Wimpelträger von Neuguinea, nach BREHM. a vogel Pharomaerus mocinno, während beim männlichen Pfau alle Deck- federn des Schwanzes zu dem wundervollen Behang vergrößert sind. Verlängerte Kopffedern, die einen herunterhängenden Schopf oder eine nach oben stehende Haube bilden, werden bei sehr vielen Vögeln be- obachtet. Nicht selten können diese Federn durch besondere Muskeln in der Erregung aufgerichtet werden (Kakadu, Sekretär, Haubenlerche, Wiedehopf), während sie in andern Fällen dauernd nach oben stehen (Podiceps cristatus, Kronentaube Goura coronata),,. Um nach außen möglichst zu wirken, sind oft dicht nebeneinander stehende Federn ganz verschieden ausgebildet. So sind im Schwanz des Leierschwanz- männchens, Menura superba, 12 Federn stark zerschlissen, die zwei innersten haben eine sehr schmale, die zwei äußeren eine auffallend breite Fahne Wohl die merkwürdigsten überhaupt vorkommenden Federn sind die zwei Schmuckfedern des Paradiesvogels Pferidophora alberti: es sind zwei Schäfte von ungefähr doppelter Körperlänge, welche auf der einen Seite ungefähr 30 emailleartig glänzende, weiße Platten 2722 VI. Kapitel. tragen (245), die aus der Verschmelzung der Rami hervorgegangen sein müssen. Den größten Gegensatz hierzu bilden die kleinen schuppen- förmigen Federn, welche die Flügelflosse der Pinguine bedecken. Be- merkenswert sind die zwei langen Nackenfedern von Nycticorax griseus, da sich die Fahne zu einer Röhre zusammengerollt hat. Während die sewöhnliche Feder sich am Ende verschmälert, endet sie bei einzelnen Schmuckfedern breit abgeschnitten; so bei den abstehenden Brustfedern von (i- eINNUrUS regius- Männchen und den Kragenfedern der männlichen Gold- fasane (Ohrysolo- phus). Letztere Gat- tung und manche Verwandte haben die weitere Eigentüm- lichkeit, daß die ver- längerten Schwanz- federn der Männchen dachförmig gebaut sind, indem beide Fahnenhälften im Winkel zusammen- stoßen‘ was auch bei der Kopfhaube des Kakadus beobachtet wird. Das Nonplus- ultra verlängerter Schwanzfedern zei- gen die japanischen Phönixhähne, welche bei Preistieren über 3 m lang werden können. Einen patholo- gischen Eindruck machen die Deck- federn der Strupp- hühner, deren Fahne nach vorn und oben eingerollt und häufig auch gedreht ist. Sie liegen daher dem Körper nicht an und überdecken sich auch nicht, so daß der Regen direkt die Haut netzen kann. Zuweilen werden auch die Schwung- und Steuer- federn von dieser Eigentümlichkeit ergriffen. Eine solche Einrollung wird auch bei der Kopfhaube von Crax alector beobachtet. Indem die Schäfte allmählich immer biegsamer werden, leiten die gewöhnlichen Federn über zu den Flaumfedern. Bei den Eulen und bei Apteryx ist das Gefieder auffallend weich, und der lautlose Flug der ersteren soll hierauf beruhen. Bei den Seidenhühnern ist die Weichheit der Schäfte so weit gediehen, daß die Tiere flugunfähig geworden sind. .. Fig. 246. Maerodipteryx longipennis SHAW, ein afrikanischer Ziegenmelker, nach BREHM. Federn. 273 2. Bei den zerschlitzten Federn (241, 242 B) stehen die Rami so weit auseinander, daß keine geschlossene Fahne entsteht. Cirren sind nur spärlich vorhanden oder fehlen ganz. Hierhin gehören sehr viele verlängerte Schmuckfedern, so die seitlichen Brustfedern von Paradisea apoda und Verwandten, welche den wundervollen Behang der ausgewachsenen Männchen bilden; die Krone von Goura coronata, die Bartfedern der männlichen Trappe (Otzs tarda); die Schwanzfedern des Leierschwanzes (Menura) und diejenigen des Emuschlüpfers Stipiturus malachurus, eines australischen Fliegenfängers, dessen mittlere Schwanz- federn über doppelte Körperlänge erreichen. Aber auch manche weniger hervortretende Federn können stark zerschlissen sein, so die Rücken- federn von Ardea alba und die unteren Schwanzdeckfedern der Marabus (Leptoptilus), welche viel zu Dekorationszwecken verwandt werden. Zwischen den gewöhnlichen Federn und den zerschlitzten gibt es alle Uebergänge. Ebenso führen die zerschlitzten Federn ganz allmählich über zu den Borsten, indem die Zahl der Rami immer mehr abnimmt. Bei Eulen, Raben und vielen andern Vögeln stehen an der Mundöffnung und an den Nasenlöchern solche Uebergangsformen. 3. Hartfedern mit partieller Fahne sind wohl immer Schmuckfedern und treten daher besonders bei den«Männchen auf. Sie sind immer stark verlängert, und indem die Fahne sich nur am Ende des Schaftes erhält, entstehen Flatterorgane, welche die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Die goldgrün schillernde, nur auf einer Seite aus- gebildete Fahne an den beiden mittleren Schwanzfedern von Crcinnurus regtus-Männchen (242 C) rollt sich dabei spiralig ein. Beim Strahlen- paradiesvogel Parotea sefilata sitzen am Hinterkopf sechs lange Schäfte, welche in eine kleine Fahne auslaufen. Bei dem indischen, mit den Paradiesvögeln verwandten Flaggendrongo Dissemurus paradiseus haben die sehr langen äußersten Schwanzfedern an der Basis und am Ende eine Fahne. Unter den wegen ihrer nächtlichen Lebensweise düster gefärbten Uaprimulgiden finden wir Flatterfedern bei dem afrikanischen Maecrodipteryx longipennis, dessen außerordentlich verlängerte neunte Handschwinge am Ende in eine breite Fahne ausläuft (246). 4. Federschäfte ohne Fahne oder nur mit ganz geringer An- deutung derselben treten in den verschiedensten Formen auf. Bei Paradisea rubra und apoda (242 E) erhalten sich die Schäfte der beiden mittleren Schwanzfedern als über !/), m lange braune Bänder, die wie eine Flatterfeder umherwirbeln. Bei P. rudolphi tragen sie am Ende noch eine schmale blaue Fahne. Seleucides ignotus hat sogar jederseits sechs lange Fäden, wie dicke Pferdehaare, welche an der Wurzel gelb, weiter nach vorn braun gefärbt sind und plötzlich im Bogen nach vorn um- biegen. Der Stachelhalsibis (/bis spinicollis) trägt auf der Vorderseite des Halses 5 cm lange, strohgelbe, flache Schäfte, die an der Basis noch eine zerschlitzte Fahne erkennen lassen (F). Sehr merkwürdig sind die Federn, welche die steife Krone auf dem Kopf von Balearica pavonina bilden. Sie bestehen aus einem 10 cm langen, flachen, etwas ausgehöhlten Schaft mit zerstreuten Rami, der abwechselnd nach rechts und links übergebogen ist, wodurch der Eindruck dunkler Querbänder hervorgerufen wird (G). Der Casuar hat die Schwungfedern auf fünf dicke Borsten rückgebildet, welche wie Stacheln zur Verteidigung dienen. Bei vielen Vögeln (Caprimulgus, Aptery. |D|, Eulen, Muscicapa, Lanins) sitzen an den Mundwinkeln lange Tastborsten (Vibrissae) und an den Augenlidern Lidborsten zum Schutze des Auges (Buceros, Strauße), an Plate, Allgemeine Zoologie I. 18 274 VI. Kapitel. denen nicht selten noch Reste einer Fahne zu erkennen sind. Aelın- liche, aber meist viel kleinere Bildungen sind die sog. Fadenfedern (Filoplumae), die aus einer sehr dünnen, mit bloßem Auge oft kaum sichtbaren steifen Borste bestehen und an ihrem Ende meist eine kleine Fahne tragen. Wenn diese fehlt, werden sie zu Borsten. Bei Podargus erreichen sie die ungewöhnliche Länge von 5'/, cm (K). Die Faden- federn stehen nahe den Konturfedern zu je 1 oder 2, oder bei Reihern und Lamellirostres zu mehreren bis zu 10, ebenso häufig neben den Flaumfedern. Es weist dies auf eine ursprüngliche Gruppenstellung der Federn hin, die sich aus den Reptilienschuppen erklärt: zu jeder Schuppe gehörte eine Gruppe, von der eine Feder groß wurde, während die andern zu Fadenfedern sich rückbildeten. Konturfedern, die in oder neben der Mediane stehen, haben gewöhnlich zu beiden Seiten je eine Fadenfeder, zuweilen auch gar keine. Sind die Konturfedern von der Mittellinie abgekehrt, so stehen die Fadenfedern auf der Median- seite; sind sie zugekehrt, auf der Lateralseite. 5. Die Weich-, Flaum- oder Daunenfedern (Plumulae), zu- weilen auch Dunen genannt (242 H), stehen unter den Konturfedern und sind daher von außen nicht sichtbar. Eine Ausnahme machen nur manche Geier, Ibisse und Marabus, bei denen am Hals die gewöhnlichen Federn fehlen, so daß die Flaumfedern frei zutage treten. Diese sind gleich- sam auf der phyletischen Stufe der federförmigen Dune (240 C) stehen geblieben. Sie haben einen weichen, dünnen Schaft. Die Rami stehen weit auseinander, und die mit einer schmalen Verbreiterung beginnenden Radien sind glatt oder tragen (H‘) kleine, spitzkegelförmige Knötchen, durch die sie sich gegenseitig stützen und verhaken. An Stelle der Knoten finden sich bei Spheniscus je zwei Wimpern und bei Numida meleagris sogar stellenweise echte Häkchen. Auch physiologisch ent- sprechen die Flaumfedern den Dunen, indem sie eine warme Luftschicht um den Körper festhalten. Bei Kälte sträuben viele Vögel diese Federn, um diese Schicht dicker zu machen, und die Tiere erscheinen dadurch größer. Die Flaumfedern stehen zwischen den gewöhnlichen Federn oder ohne Beziehung zu ihnen. Eine Afterfeder kann vorhanden sein oder fehlen. Diese zarten Horngebilde werden durch Reibung bei Be- wegungen elektrisch geladen und werden dann von den Konturfedern angezogen, so daß eine breite Luftschicht zwischen ihnen sich bilden kann. Legt man sie auf eine geriebene Holzplatte, so haften sie sofort an dieser. Die kleinen Federchen, welche bei manchen Vögeln einen Kranz um die Oeffnungen der Bürzeldrüse bilden, bleiben bei manchen Arten (Gallinula chloropus, Falco tinunculus u.a.) auf einer noch früheren phyletischen Stufe, nämlich auf der der fiederstrahligen Pinseldune (240 d) stehen; nur bei Buteo vulgaris sind es federförmige Dunen (240 b). 6. Die Puderdunen (2421) sind merkwürdige Flaumfedern, welche durch Abstoßung kleiner Hornschuppen von der Außenfläche der Schäfte und Rami einen weißlichen Staub bilden. Sie sind klein bei Papageien, etwas größer bei Reihern und erreichen beim australischen Ziegenmelker Podargıs 6 cm Länge. Der Staub dient wohl zum Einpudern des Ge- fieders, wodurch dieses vor Nässe geschützt wird, ist also ein Ersatz oder eine Ergänzung des Sekrets der Bürzeldrüse.. Die Puderdunen stehen bei Papageien überall zerstreut am Nacken, am Hals und an der Schulter, während sie sonst zu „Puderflecken“ vereinigt sind. Diese sind paarig bei Reihern auf Brust, Unterrücken, Bauch; bei Podargus jederseits ein sehr großer auf dem Unterrücken. Drückt man eine Federn 275 Feder von Podargus gegen einen Objektträger und nimmt sie dann fort, so sieht man die Linien der Rami und Cirri auf dem Glase auf- gezeichnet durch zahllose runde oder ovale Hornschüppchen. Die Puder- dunen treten als homoiologe Bildungen bei systematisch weit auseinander- stehenden Gruppen auf und auch innerhalb dieser meist nur bei einigen Gattungen. So unter den Raubvögeln bei Hlanus, Cymindis, Circus, unter den Papageien bei (acatua und einigen andern Gattungen, unter den Ziegenmelkern nur bei Podargus, unter den Passeres bei Artamnx. Hingegen scheinen sie bei allen Reihern vorhanden zu sein. Der blau- graue Schimmer der Columba livia kommt in ähnlicher Weise zustande, indem an der Innenfläche der Federscheide und zwischen den Feder- strahlen Hornschuppen abgestoßen werden. Man könnte sie als Puder- federn bezeichnen. Die Verteilung der Konturfedern am Körper geschieht in doppelter Weise, entweder überall gleichmäßig oder regional. Die gleich- mäßige Anordnung kommt vor bei Ratiten, Pinguinen und bei Pala- medea. Man könnte sie für primi- tiv halten, da ja die Eidechsen- schuppen sich ebenfalls über den ganzen Körper ausbreiten. Nach FÜRBRINGER liegt aber wahrschein- lich ein sekundärer Zustand vor, der sich aus der regionalen Ver- teilung entwickelt hat. Bei dieser lassen sich Federfluren (Pterylae) und federfreie Raine (Apteria) unterscheiden. Bei niederen Gruppen (Alciden, Oolymbiden, Steganopoden, Lamellirostres) sind die breiten Fluren nicht scharf von den Rainen abgesetzt. Bei den höheren (La- Fig. 247. Federfluren und Feder- riden, Limicolen, Herodii, Pas- raine eines Huhnes nach Nırtzsch. seres u. a.) setzen sich die meist « ventral, 5 dorsal. breiten Raine scharf von den oft schmalen und wenig befiederten Fluren ab (247). Die Pterylae werden als Rückgrat-, Schulter-, Oberschenkel-, Bauch-, Halsseiten-, Kopf-, Flügel-, Unterschenkel-, Schwanz- und Afterflur unterschieden, zwischen denen sich die entsprechenden Raine ausbreiten. Die Anordnung der Schwungfedern des Flügels ist aus 248 A, B er- sichtlich. Am Daumen sitzt der kleine Eckflügel, Alula, während die 10 bis 12 Handschwingen oder Schwingen erster Ordnung auf dem 2. und 3. Finger sitzen und die Armschwingen oder Schwingen zweiter Ordnung im rechten Winkel auf der Ulna stehen. Ihre Zahl ist sehr wechselnd (6 bei Trochilus, ca. 40 bei Diomedea). Die fünfte fehlt sehr häufig (248 B), und da diese „Diastataxie“ schon dem Archaeopteryx mit sieben Schwingen erster, 14—15 zweiter Ordnung zukam, ist sie als primitiv anzusehen, und das Vorhandensein der 5. Armschwinge (Eutaxie) als sekundär. Am Handgelenk sitzen noch zwei kleine Federn, der „Carpal remex“ und seine Deckfeder. Jener ist als eine reduzierte Armschwinge zu bewerten, welche mit der ersten durch eine Hautfalte zusammen- hängt. Die Alula ist klein bei langen, schmalen Flügeln (Segelflug), groß bei den kurzen, breiten Flügeln der Hühner, Singvögel usw. mit 18* 276 VI. Kapitel. Ruderflug. Am Oberarm sitzen die Schulterfedern und schieben sich zwischen die Armschwingen und Rückenfedern. In der Ruhe werden die Handschwingen unter die Armschwingen eingeschlagen und von Interkalare 5. große Deckfeder Reihe Rand- federn Afterflügel Carpale Deckfeder [4 kleine „Carpal remex“ Deck- ] SAN r Br MM mittlere DT federn xy roße N 8 Handschwingen Armschwingen Fig. 248 A. Schema der Anordnung der Federn eines Entenflügels nach STEINER. Die 5. große Deckfeder ist vorhanden, es fehlt aber die zugehörige Armschwinge (Aquintocubitalismus, Diastataxie), was bei vielen Vögeln vorkommt. diesen sanz verdeckt, oder es ragt nur die Spitze der Handschwingen frei heraus. Hieraus erklärt sich die Tatsache, daß die Handschwingen. an ihrer Basis oft auffallend gefärbt sind, so daß beim Ausbreiten des T ew Maj. inf. 5 Fig. 248 B. Flügeloberseite von C’hrysotis aestiva nach STEINER. Die Diastataxie kommt dadurch zustande, daß die 5 großen Deckfedern und die Armschwingen 6, 7 usw. ursprünglich eine Reihe bildeten. Eine zweite wurde gebildet von den Hand- schwingen X—I und den Armschwingen 1—5. Indem beide Reihen zusammen- stießen, wurde die Armschwinge 5 unterdrückt. Flügels der Farbengegensatz plötzlich ins Auge fällt (Schopfadler, Lophoaetus oceipitalis, Handschwingen basal weiß, distal dunkelbraun: der große indische Eisvogel, Halcyon smyrnensis, Armschwingen blau, Handschwingen an der Basis weiß, an der Spitze schwarz). Farben der Vogelfedern. IL Zwischen Ober- und Unterarm dehnt sich die Spannhaut, Pata- sium, aus und trägt oben und unten in mehreren Querreihen die kleinen Deckfedern des Flügels. Dazu kommen noch zu jeder Schwung- feder oben und unten eine große Deckfeder, welche dicht neben der- selben wurzelt und ihre Basis zudeckt; ferner eine mittlere und mehrere kleine Deckfedern. Die Sechwanz- oder Steuerfedern waren ursprünglich an dem langen Eidechsenschwanz in größerer Zahl vorhanden. Archaeoptery.x (232) hatte jederseits mindestens 20. Ein solcher langer befiederter Anhang war zum Fliegen wenig geeignet, da er durch den Luftdruck leicht hin und her gebogen werden konnte. Er verkürzte sich daher, und die letzten Wirbel verwuchsen zum Pygostyl, wodurch für die Steuerfedern eine feste Unterlage geschaffen wurde, deren Zahl sich aber dadurch verkleinern mußte. Beim Pelikan finden wir noch zu- sammen 24, bei den meisten Vögeln 12, bei Musophagiden und Oucu- liden 10, bei Crotophagiden 8, und endlich bei Ratiten fehlen sie voll- ständig. Nahe Verwandte können sich in der Zahl der Schwanzfedern unterscheiden. So hat Phalacrocorax carbo 14, pygmaeus und graculus 12. Bei den Pfauentauben hat sich die Zahl wieder sekundär auf 28—40 vergrößert, so daß manche Individuen den Schwanz immer radförmig aus- gebreitet tragen. Fig. 249. Querschnitt durch den dunkelgrünen Ramus einer Flügeldeckfeder von Oymborhynchus amietus nach KNIESCHE. % Kästchenzellen, m Markzellen mit Melanin. In der Rinde ein diffuses gelbes Lipochrom. Die Farben der Vogelfedern sind so außerordentlich mannig- faltig und häufig so intensiv und in die Augen fallend, daß ihre Ent- stehung von hohem Interesse ist. Wie bei den Farben der Insekten kann man unterscheiden: 1. Pigmentfarben oder objektive Farben, welche durch körnige oder diffuse Farbstoffe hervorgerufen werden. Es gilt dies namentlich für braun, schwarz, gelb, rot, orange. 2. Struktur- oder subjektive Farben, welche durch Struktur- verhältnisse erzeugt werden, aber häufig mit den Pigmenten kombiniert wirken (grün, blau, violett, Schiller- und Metallfarben). Träger der bunten Farben sind in erster Linie die Seitenäste erster Ordnung, die Rami, während die Schäfte sehr häufig schwarz gefärbt und die Cirren farblos sind. Es können aber auch diese beiden letzteren an der Buntfärbung teilnehmen. Wenn keine Farbstoffe vor- handen sind, erscheint die Feder weiß. Die Pigmente bestehen aus zwei Hauptgruppen, aus dem körnigen braunen Melanin, welches je nach seiner Massenhaftigkeit Hellbraun bis Schwarz hervorruft, und dem meist diffusen gelben oder. roten Lipochrom. Das Melanin findet sich häufig in der Rinde der Rami (249 unten), ganz besonders aber in den Markzellen, während die Lipo- chrome hauptsächlich als diffuse Rindenfärbung auftreten. Bei den afrikanischen Turacos (Musophaga rossae, Corythaix alboeristata u. a.) ist merkwürdigerweise der rote kupferhaltige Farbstoff der Flügel in Wasser löslich, so daß es sich beim Baden rötet und regennasse Vögel 278 VI. Kapitel. beim Anfassen abfärben. Da aber der rote Farbstoff nach wenigen Stunden wiederkehrt, wenn das Tier trocken geworden ist, so werden wohl nur die oberflächlichsten Farben ausgezogen. Eine Neubildung des Pigments kann in der toten Feder nicht eintreten. Dieselbe Familie ist dadurch ausgezeichnet, daß sie ein grünes eisenhaltiges Pigment besitzt, während grün sonst immer durch Strukturen erzeugt wird. Ein blaues diffuses Pigment ist bis jetzt nur bei der Taube (Oyano- treron beobachtet worden. Die subjektiven Farben werden durch besondere Strukturen der Hornsubstanz hervorgerufen, welche nur die grünen, blauen oder vio- letten Strahlen reflektieren oder auch durch Interferenz einen metalli- schen Schiller erzeugen. Solche Farben verschwinden daher im durchfallenden Lichte und ändern sich, je nachdem das Licht von vorn oder von hinten oder von der Seite einfällt. Fällt das Licht z. B. von vorn auf die Arm- schwingen und den Rücken des großen indischen Eisvogels, Halcyon smyr- nensts, So erscheinen sie dunkelblau: fällt es von hinten, so sehen sie span- grün aus. Solche grünen und blauen Farben beruhen in erster Linie darauf, daß die oberste Schicht der Mark- zellen des Ramus (249), die sog. Käst- chenzellen (A), in ihrer Wand von sehr zahlreichen äußerst feinen lufthaltigen Kanälchen durchzogen werden (250), die zusammen mit den Melaninkörnern der tieferen Markzellen als trübes . Fig. 250. Schema der Wand \edium wirken und blau erzeugen einer Kästchenzelle aus dem Ramus FE 5 F : einer grünen oder blauen Feder nach Die Kanälchen sind in der Mitte hin KNIESCHE. und her gewunden und münden innen und außen durch feine Poren aus. Findet sich in der Rinde ein gelbes Lipochrom, so entsteht grün. Werden die Kästchenzellen durch Walzen oder Hämmern zerstört, so verschwindet die blaue oder grüne Farbe. Das Melanin ist in den grünen und blauen Federn mehr oder weniger auf die Unter- seite beschränkt und bildet den dunklen Hintergrund. Die blaue Farbe halte ich für die phyletisch ältere, aus der durch Hinzutritt eines gelben Rindenfarbstoffes grün wird. Diese grüne Farbe ist eine An- passung an das Laub und tritt daher besonders bei den schutzbedürf- tigen Weibchen vieler Papageien, Bienenfresser (Merops) und Cöre- biden auf. Viele kleine Papageiarten haben die grüne Schutzfarbe, während die großen Aras, die sich selbst verteidigen können, das ur- sprüngliche Blau bewahrt haben. Die Schiller- und Metallfarben (Pfau, Spiegel der Enten) werden durch Interferenz dünner Hornschichten hervorgerufen. In der Rinden- schicht liegen Plättchen verschiedener Krümmung und darunter braunes Pigment. Die ganz weißen Halsfedern der Ringeltaube zeigen einen rötlichen oder grünlichen Schimmer infolge zarter Rillen auf den Radien. Farbenwechsel und Mauser. Eine der merkwürdigsten Erschei- nungen des Gefieders der Vögel ist die verschiedene Färbung der Farbwechsel und Mauser der Federn. 279 Altersstadien. Aehnliche Gegensätze kommen höchstens bei In- sekten infolge ihrer Metamorphose und bei Tieren mit Generations- wechsel vor. Diese Umfärbung der Vögel kann auf dreierlei Weise erfolgen: in den allermeisten Fällen durch Mauser, vereinzelt durch Abnutzung und in einem Falle (Ardea bubulcus) auf einem noch nicht bekannten Wege. Um den letzteren vorwegzunehmen, so erhält der rein weiße Kuhreiher im Sommer auf Kopf, Hals und Rücken einen rostbräunlichen Anflug, der bis zur Mauser im Spätsommer bleibt. Die Ursache kann wohl nur darin bestehen, daß das schon vorhandene Pigment auf irgendeine Weise sichtbar wird, vielleicht durch Ab- stoßung der oberflächlichsten Hornschichten nach Art der Puderfedern der Taube. Bei der Umfärbung durch Abnutzung werden gewisse Teile der Federn abgerieben oder abgestoßen. Bei manchen europäischen Finken (Fringilla coelebs, Loxria cannabina) hat das Männchen an der Brust rote Rami und graue Cirri. Bei der Jungfeder tritt das Rot gegen das Grau ziemlich zurück, nach einigen Monaten aber sind die Cirri abgerieben und das Rot fällt sehr ins Auge. Die schwarzen Kopffedern von Eimberixa schoenielus haben eine weiße Spitze, die zum Frühjahr verloren geht. Aehnliche Fälle sind in größerer Anzahl be- kannt. Die Hauptquelle der Umfärbung ist die Mauser, d.h. die periodische Abstoßung der alten Federn und die Bildung von neuen, die sehr häufig anders gefärbt sind. Diese Neubildung erfolgt meist in dem Follikel der alten Feder, indem die Cutispapille sich vergrößert und das Epithel zu wuchern beginnt. Bei den meisten Vögeln haben wir nacheinander 1) ein Nestlingskleid aus Dunen; 2) ein Jugendkleid: 3) ein Alterskleid, das jährlich ein- oder zweimal gewechselt wird. Die Jugendfedern sind lockerer gebaut und die Cirri stehen weiter auseinander als bei den Altersfedern. Danach können wir unter- scheiden eine Jugendmauser, d. h. den Uebergang in das Alterskleid, und die Altersmauserungen. Bei der Jugendmauser braucht nicht eine Umfärbung einzutreten. Sie umfaßt meist nur das Kleingefieder, aber nicht die Schwingen und den Schwanz. Eine Jugendmauser des ganzen Gefieders wird bei Sturnus, Passer, Alauda, manchen Tauben und Hühnern beobachtet. Die Altersmauser spielt sich an den deutschen Vögeln in 4 Haupt- formen ab. a) Die meisten Vögel haben eine vollständige Spätsommermauser. Sie werfen etwa Ende Juli und August, also nach dem Brüten, im Laufe einiger Wochen alle Federn ab und bekommen dafür neue, so daß sie für den Zug gut ausgerüstet sind. So z. B. Sperling, Krähen, Finken, Raubvögel, Eulen, Kormoran, Schwäne, Gänse, Schnepfen, Reiher, Hohl- taube, Spechte, Auer- und Haselhuhn. b) Einige Vögel, die wohl hauptsächlich südlichen Ursprungs sind, haben nur eine vollständige Frühjahrsmauser (März). So Schwalben, Pirol, Kuckuck, (aprimulgus, Coracias garrula. — Bei einigen Vögeln wird der Prozeß vollkommener durch Einschiebung einer zweiten Mauser. c) Eine vollständige Sommermauser und eine Mauserung des Klein- gefieders im Frühling finden wir bei Podiceps, Möven, Hühnern, Mota- eılla, Anthus, vielen Regenpfeifern und Strandläufern. d) Das Umgekehrte, eine vollständige Frühjahrsmauser und eine unvollständige Sommermauser kommt nur bei Merops apiaster vor, der sicherlich südlichen Ursprungs ist. Auch bei (aprimulgıs zeigt sich eine unbedeutende Sommermauser. 280 VI. Kapitel Bei einigen Vögeln verhalten sich die Geschlechter verschieden: das Weibchen mit einer Mauser steht noch auf der ursprünglichen Stufe, während das vorgeschrittene Männchen zwei Mausern durchmacht. Am bekanntesten ist diese Erscheinung von solchen Enten, bei denen nur das Männchen ein Prachtkleid hat (Anas boschas, Lampronessa sponsa u. a.). Das Weibchen wirft alle Federn im Spätsommer nach der Brut ab und wird dabei vorübergehend flugunfähig. Das Männchen macht im Frühsommer eine vollständige Mauser durch und nimmt dabei ein unscheinbares Schutzkleid an, weil alle Schwungfedern wie bei den meisten Wasservögeln auf einmal abgeworfen werden, so daß der Erpel mehrere Wochen flugunfähig ist. Diese Mauser entspricht derjenigen der Weibchen, tritt aber verfrüht auf, nämlich zu Anfang der Brutzeit, weil das Männchen der Gattin dann Gesellschaft leistet, während es später hinter anderen Weibchen her ist. Dazu kommt dann im Herbst eine unvollstän- dige Mauser, nämlich aller Federn außer den Schwin- gen, durch welche ‘das Prachtkleid angelegt wird. Kastrierte Erpel und erpel- fedrige Weibchen verhalten sich wie die normalen Ge- schlechter. Auch bei Feuer- webern (Pyromelana), W itt- wen (Vidua) und Türkis- vögeln (C’yanerpes) hat das Männchen eine doppelte Mauser, indem das Pracht- Fig. 251. Bürzeldrüse vom Auerhahn nach kleid nur zur Brutzeit ge- SCHUMACHER. Do Federdocht, Dr die beiden ver- traeen wird schmolzenen Drüsen, H Haut, Z Zitze der Drüsen. 5 \ Aus dem Gesagten geht die Abhängigkeit der Haupt- mauser vom Klima und von der Zugzeit deutlich hervor: sie fällt bei der großen Menge unserer heimischen Vögel in den August, also in die wärmste Jahreszeit und vor den Zug; bei den Südformen, die nur für kurze Zeit zum Brüten zu uns kommen, in den März vor den Beginn des Zuges. Bei vielen tropischen Vogelarten ist die Mauserung nicht an eine bestimmte Jahreszeit gebunden, sondern kann in jedem Monat eintreten. Auf der südlichen Halbkugel findet sie vornehmlich im Dezember, also in der wärmsten Jahreszeit, statt. Ein Pinguin von dort, Spheniscus demersus, mauserte im Berliner Zoologischen Garten zuerst in diesem Monat, dann aber paßte er sich dem deutschen Klima an und mauserte im Hochsommer. Endlich sei noch der Altersumfärbung der Männchen von Tschitrea gedacht, die etwa im dritten Jahr eintritt und das braune Gefieder weiß färbt. Sie beruht wohl auf einer Altersschwächung des Federbalges, entspricht also dem Weißwerden der Säugerhaare, indem die Fähigkeit zur Pigmentbildung verloren geht. Bekanntlich bekommen auch solche Vögel (Hühner, Enten u. a.), deren Haut verletzt wurde, zuweilen an solchen Stellen weiße Federn, was natürlich nicht zu ver- wechseln ist mit der erblichen Weißscheckung. Bürzeldrüse. 281 Von Hautdrüsen kommen bei Vögeln nur die Bürzeldrüse und Ohrkanaldrüsen vor, welche beide den Charakter von Talgdrüsen haben. Ihr Sekret besteht also aus zerfallenen abgestoßenen Zellen. Die Bürzeldrüse, Glandula uropygii. liegt über den letzten Schwanzwirbeln zwischen den Spulen der Steuerfedern, als ein paariges Organ. Beide Lappen sind oft vorn zusammengewachsen, bleiben aber innerlich durch ein dünnes Septum (252) gesondert und münden auf einer gemeinsamen Hautwarze mit zwei oder mehr Oeffnungen aus (bei Upupa und (Caprimulgus nur mit einer Oeffnung), die manchmal (251) von einem Kranz kleiner Federchen umstellt sind, die wie ein Pinsel das abfließende Sekret festhalten. Da dieses zum Einölen des Gefieders als Schutz gegen Nässe dient, so ist die Drüse am größten bei Schwimmvögeln. Enten haben jederseits vier, Pelikane sechs Oeff- nungen. Der gerade oder verzweigte Ausführgang erweitert sich zu einem großen Sammelbecken (252), von dem die Drüsenröhren radiär ausstrahlen und einen dicken schwam- migen Mantel bilden. In demselben lassen sich bei vielen Arten Haupt- röhren und sekundäre Röhren unter- { L —nn NUD Fig. 252. Fig. 255. Fig. 252. Bürzelzitze von Oypselus apus im Längsschnitt nach SCHUMACHER. Z Zitze, A Ausführgang, SB Sammelbecken. Fig. 253. Bürzelwarze von Cinclus aquaticeus im Schnitt. X Klappen, Dr Drüse, W Wand der Drüse. Nach SCHUMACHER. scheiden. Bei Pleetrophanes nivalis (Schneesperling) und Haubenlerche finden sich statt jenes Septums dünne von Epithel überzogene Bindegewebsbündel in dem Hohlraum, und bei Passer domestieus sind beide Hohlräume zu einem verschmolzen. Im Bindegewebe zwischen den Röhren kommen zuweilen Hrrgstsche Tastkörper vor. Das Epithel der Röhren besteht aus einer niedrigen Matrixschicht, deren Zellen sich amitotisch teilen und in mehreren Schichten gegen das Lumen der Röhre rücken, wobei sie sich mit öligen Tropfen füllen und platzen. Zuweilen bilden die Septen unter der Oeffnung Klappen (Passer, Cinclus, 253), durch welche das Sekret aufgespeichert wird. In der Zitze finden sich Ring- und Längsmuskeln zum Herauspressen des Sekrets. Die bindegewebige Hülle der Drüse enthält viele elastische Fasern, ferner Nerven und Blutgefäße. 282 VI. Kapitel. Die Entwicklung der Bürzeldrüse erfolgt durch zwei Hauteinstül- pungen (beim Hühnchen am 10. Tage), welche den Hohlraum der Drüse liefern. Von den Wänden sprossen dann große unregelmäßige Knospen, welche sich mit sekundären Knospen bedecken. Indem Hohl- räume in den Knospen auftreten, gehen aus ihnen die Röhrchen hervor. Die Bürzeldrüse fehlt bei Ratiten, Trappen, Argasianıs, manchen Tauben (Didumcuhıs, Goura, Pfauentaube), einigen Papageien und Podargus. Bei den drei letztgenannten bieten vielleicht die Puder- dunen dafür einen Ersatz. Bei Capreimulgus sind beide Lappen zu einem sehr kleinen Organ mit einer Oeffnung verschmolzen. Werden Hühnern, Tauben, Staren oder Enten die Drüsen weggenommen, so scheinen sie nicht darunter zu leiden und zeigen auch in ihrem Gefieder nichts Abnormes; auch die Mauser wird nicht dadurch beeinflußt. Man hat daraus geschlossen, daß die Bürzeldrüse trotz ihrer Größe ein nutzloses Organ ist, aber wenn man sieht, mit welcher Sorgfalt die Vögel alle Federn durch den eingeölten Schnabel ziehen, so wird man nicht bezweifeln, daß die Bürzeldrüse von Bedeutung ist. Wahrschein- lich bewahrt sie die Federn nicht nur vor Nässe, sondern erhält sie auch geschmeidig, analog den Talgdrüsen der Haare. Beim Hocco soll die Drüse ein giftiges Sekret liefern. Das Sekret der Bürzeldrüse ist in chemischer Hinsicht sehr kompliziert. Es enthält hauptsächlich Oktadecylalkohol und etwas Glyzerin und mit diesen verbunden Stearin-, Palmitin-, Oel- und andere Talgsäuren, es zeichnet sich oft durch einen starken Geruch, namentlich während der Brunstzeit aus, so daß das Organ in zweiter Linie als eine Geruchsdrüse angesehen werden kann. Die im Ohrkanal vorkommenden Drüsen sind echte acinöse Talgdrüsen. Bei Hühnervögeln (Truthenne, Auerhahn), sind sie be- sonders groß und zahlreich auf einer Hautfalte der Hinterwand. Phylogenie der Federn. Die Federn sind aus Eidechsenschuppen hervorgegangen und dabei zu außerordentlich komplizierten Gebilden seworden. Nur auf sehr frühen Stadien (238, 1 und 2) erinnert die Kederanlage noch an eine Schuppe, namentlich dann, wenn der Quer- schnitt nicht rund, sondern oval (Pinguin) oder plattoval (Dromaeus) ist. Später senkt sich die Federanlage tief in die Haut ein und bildet unter der Federscheide, welche der Hornschicht der Schuppe entspricht und die Anlage allseitig umhüllt, durch innere Verhornungen die Hauptfeder, die Afterfeder und die Spule, drei Bildungen, welche der Schuppe nicht eigen sind und auf denen der Fortschritt beruht. Die Hauptfeder geht aus der dorsalen Schuppenwand hervor, die Afterfeder aus der ventralen. Die Spaltung dieser beiden zu selbständigen Ge- bilden, die nur an der Spule im Zusammenhang bleiben, ist ein weiteres Novum. Da die Unterfläche der Schindelschuppen immer viel kleiner ist als die Oberfläche, so muß die Afterfeder von Anfang an kleiner gewesen sein. Der gleichgroße Zustand bei Dromaeus und (asuwartus ist also als eine sekundäre Veränderung anzusehen. Die Mauserung unterscheidet sich prinzipiell nicht von der Häutung der Eidechsen- schuppen: in beiden Fällen wirft die neue Hornmasse die alte ab. Die Anordnung in Reihen (248) erinnert an diejenige der Schuppen, und es ist anzunehmen, daß bei genauerer Untersuchung sich noch eine Andeutung einer ursprünglichen Metamerie wie bei den Schuppen fest- stellen läßt. Aus dem Gesagten geht hervor, daß man den Schaft und die Seitenäste einer Feder nicht auf den Kiel oder andere Strukturen der Schuppe zurückführen kann, da es innere Neubildungen sind. Phylogenie der Federn. 283 Es liegt kein Grund vor, die alte Auffassung umzustoßen, daß die Federn zuerst als Wärmeschutz aufgetreten sind in Gestalt der pinsel- förmigen Dunen (240a, d), aus denen dann die federförmigen wurden durch Ausbildung eines Hauptschaftes (5, ec). In demselben Maße, in dem die Tiere eigenwarm wurden, mußten sie eine Einrichtung erwerben, welche den Körper mit einer warmen Luftschicht umhüllte. Es ist auch begreiflich, daß sich schon bei der Dune Cirri an den Rami ent- wickelten, zuweilen sogar mit Knoten und Wimpern, um zu verhindern. daß die Rami sich bei Nässe eng aneinanderlegten. Nur wenn sie gespreizt stehen und eine watteartige Schicht bilden, können sie die körperwarme Luft zwischen sich festhalten. Darin besteht der Vorteil der federförmigen Anordnung gegenüber der pinselförmigen. Auf einem späteren phyletischen Stadium blieb ein Teil der Federn auf dieser weichen primitiven Stufe stehen und wurde zu den Flaumfedern (242 H‘. Ein anderer Teil wurde an bestimmten Körperstellen, den Pterylen, größer und fester und entwickelte sich zu den Konturfedern, um das Abfließen der warmen Luft bei Bewegungen zu verhindern, und den Körper gegen mechanische Verletzungen zu schützen. Wir dürfen an- nehmen, daß sie dabei zuerst noch mehr oder weniger zerschlitzt waren, etwa wie noch jetzt bei Apteryxr (242B). und erst allmählich durch Ausbildung der Cirri zu übergreifenden Fasern und ihrer Knoten zu Häkchen zu einer geschlossenen Fahne wurden. Diese erreichte ihren höchsten Grad an den Schwingen der Vorderextremität und den Steuer- federn des Schwanzes, wodurch die Feder zum Flugorgan wurde. Wärmeschutz, Körperschutz und Flug sind die drei Funktionen, denen sich die Feder im Laufe der Stammesgeschichte angepaßt hat. Naclı Analogie mit anderen Flugtieren wird man annehmen dürfen, daß die Flügel zuerst als Fallschirme bei arbikoler Lebensweise dienten. Indem die Tiere von Ast zu Ast sprangen und ihre Arme dabei ausspreizten, entwickelte sich eine Flughaut zwischen Körper und Arm, die sich mit Federn bedeckte. Diese Haut mag ursprünglich größer gewesen sein als sie jetzt ist und sich in demselben Maße verkürzt haben, als die Schwingen sich vergrößerten. Die hier vertretene Auffassung der Phylogenie der Feder steht in voller Harmonie mit ihrer Ontogenie: Dune, ‚Jugendkleid mit verhältnismäßig einfachen Konturfedern und mit Flaumfedern, Alterskleid. Es liegt kein Grund vor sie aufzugeben. weil Knoten oder Wimpern schon bei den Dunen auftreten können, denn diese sind nicht Zeichen einer früheren Fahnenbildung, sondern Sperreinrichtungen zum Auseinanderhalten der Teile. Progressive und regressive Veränderungen (Borsten, Fadenfedern etc.) haben dann weiter den unendlichen Reichtum an Größen, Formen, Strukturen und Farben erzeugt, der uns jetzt an diesem wunderbaren Organ überrascht. Säuger. Die Haut der Säuger weist viele charakteristische Merkmale. auf, was für den monophyletischen Ursprung dieser Klasse spricht. Im Gegensatz zu den übrigen Amnioten ist die Haut ausgezeichnet durch die Anordnung des Pigments hauptsächlich in den tiefen Zellen des Stratum mucosum, während das Corium nur sehr wenig Farbstoff ent- hält; durch die falzartig ineinandergreifenden Leisten der Ober- und Unterhaut, durch die Haare, durch verschiedenartige Hautdrüsen, von denen drei Sorten (Talg-, Schweiß-, Milchdrüsen) fast bei allen Arten 284 VI. Kapitel. vorkommen; durch ein ziemlich einheitliches Corium, das nicht mehr in eine obere lockere und untere straffe lamellöse Schicht zerfällt: durch Umwandlung der Krallen bei manchen Arten in Nägel und Hufe: durch eine häufig sehr dicke Fettschicht im subkutanen Bindegewebe; durch zuweilen vorkommende quergestreifte Hautmuskeln; durch Ohr- muscheln und Fußballen; endlich durch gelegentliche Ausbildung von Schuppen, Hautknochen und Geweihen. Von allen diesen Merkmalen sind die Haare weitaus am eigenartigsten. Wie den Vogel an den Federn, so erkennt man die Säugetiere an den Haaren, die auch in erster Linie Träger der Körperfärbung sind. Aber selbst wenn die Haare fehlen, wie bei manchen Walen, genügt ein Blick auf einen Haut- schnitt, um die Zugehörigkeit zu den Säugern zu erweisen. ‚| An der Epidermis kann „ man folgende Zonen von innen ——- n nach außen unterscheiden (254, 255): zuerstdieMatrixschicht von zylindrischen oder halb- runden Zellen, welche durch Teilung die übrigen hervorgehen lassen; dann das Stratum Malpigshii, mucosum =. serminativum mit rund- lichen oder polygonalen Zellen, welche durch viele Plasma- brücken verbunden sind (Stachel- c oder Riffzellen).. Die tieferen enthalten an den gefärbten Hautstellen Melaninkörner in den Zellen. Außerdem kommen zwischen ihnen dunkle CUhroma- tophoren vor, deren Ausläufer sich in den Interzellularspalten ausbreiten. Das nun folgende Stratum granulosum be- BuEe, ET steht aus wenigen Lagen von Fig. 254. Senkrechter Schnitt durch flachen Zellen, welche kleinste die Fußsohle des Menschen nach Stönr. Körnchen von Keratohyalin ce Stratum corneum, Ü Corium, E Epi- enthalten, die aus dem Plasma dermis, g Stratum granulosum, / Stratum ; lueidum, m Stratum mucosum, pa Pannieulus hervorgehen. Das sich - adiposus, s Schweißdrüsen. schließende Stratum lucidum erscheint sehr hell, da die Körnchen sich zu fettartigem Eleidin verflüssigt haben. Je dicker die Epidermis ist, desto besser pflegt diese Schicht ausgebildet zu sein. Indem die Zellen schrumpfen, das Eleidin in feste Hornmasse verwandeln und die Plasmabrücken verlieren, geht aus ihnen das Stratum corneum hervor. Die Zellen desselben greifen mit zackigen Rändern ineinander, und da sie an der Oberfläche nicht von einem Oberhäutchen zusammengehalten werden, so werden sie beständig einzeln abgeworfen. Die Dicke der Hornschicht ist an den behaarten Stellen meist nur gering, während sie an den Innen- flächen von Hand (palma) und Fuß (planta) bzw. an den Sohlen Epidermis der Säuger. 285 der Tiere das Drei- bis Mehrfache der lebenden Zellschicht erreichen kann und dabei eine fibrilläre Struktur der Hornsubstanz zeigt. Ein Kern ist nicht mehr vorhanden, aber seine frühere Lage ist oft noch an einem hellen Hohlraum zu erkennen. Die Schwärzung der Horn- zellen bei längerem Liegen in Osmium beruht nicht auf Fett, sondern auf Niederschlägen des Metalls. An den meisten Hautregionen des Menschen verhornt nur die Zellmembran, während der Inhalt aus Eleidin ohne Kern bestehen bleibt. Diese Verhältnisse beweisen, daß die Verhornung keine einfache Austrocknung, sondern ein chemischer Prozeß ist, der daher auch bei Wassersäugern und in der Mundhöhle (Barten, Gaumenleisten, Zungenpapillen) sich abspielt. Bei den Walen ist aber die Verhornung weniger intensiv und die Kerne bleiben dauernd erhalten. Nicht selten findet die Verhornung periodisch ee ya ! 3 h EN = IE eil des Stra- statt und in der Zwischenzeit NIIT tum corneum fehlen dann das Stratum granu- N TE (257). Bei manchen Säugern bildet sie flache Leisten (256), die durch Furchen getrenntsind, namentlich an den Gelenken, wodurch cha- rakteristische Linien entstehen, z. B. auf dem Handrücken. Bei allen Prosimiern und Primaten sind die Hautleisten auf der Innenfläche von Hand und Fuß sehr ausgeprägt, und da sie indi- viduelle Besonderheiten erkennen lassen, werden sie in der Kri- Fig. 255. Ein kleines Stück aus 254 minalistik verwandt, um durch bei stärkerer Vergrößerung. Das Stratum Fingerabdrücke Verbrecher eorneum ist nur zum Teil eingezeichnet. wiederzuerkennen (273). Zu Nach StönRr. jeder Hornhautleiste gehört eine große und kleine Epidermispapille, die sich aber auf Flachschnitten ebenfalls als Leisten erweisen. Da in den größeren die Schweiß- drüsen ausmünden, werden sie als Drüsenleisten bezeichnet und von den kleineren Falten unterschieden. Aehnliche Hautleisten finden sich auf den Fingern und Fußballen mancher Beuteltiere und Nager. Drüsenleisten und Falten stehen durch sekundäre Leisten in Verbindung. Die Epidermispapillen bzw. Leisten sind immer sehr lang an den mechanisch beanspruchten Hautstellen, an denen auch das Stratum corneum sehr dick zu sein pflegt: Innenfläche von Hand und Fuß, Sohlenballen. Glans penis, Rüssel und Schnauze; besonders lang werden sie in der Haut der Dickhäuter (256) und unter dem Horn der Nas- hörner. Auch die Haut der Sirenen (257) und Wale ist durch sehr lange Papillen ausgezeichnet, in deren Achse die tieferen Zellen eine fibrilläre Struktur annehmen und senkrecht zur Oberfläche stehen. Die Epidermispapillen der Säuger haben einen doppelten Zweck. Erstens bewirken sie eine sehr feste Verbindung zwischen Ober- und Unterhaut, so daß die erstere nicht leicht abgerissen werden kann: zweitens ver- größern sie die innere Oberfläche der Epidermis und erleichtern damit : Stratum losum und lucidum. ER lueidum Die Hornhautistin vielen Fäl- '® Stratum len auf ihrer Oberfläche ganz glatt granulosum 2» Stratum ger- minativum SANT BES £ IR ee‘ 5 ET ende Teil des Stra- tum papillare corü 286 VI. Kapitel. ihre Ernährung, denn zwischen ihnen liegen die Kapillaren der Blut- sefäße. Die eben besprochenen Leisten des Stratum corneum erhöhen hingegen das Tastvermögen, indem sie die zwischen den Gefäßschlingen befindlichen Tastkörperchen weit nach außen vorschieben. Man be- zeichnet sie daher als Tastlinien. Die Epidermis wird beim Embryo zuerst einschichtig angelegt und wird dann mehrschichtig. Die oberen Zellen werden während des uterinen Lebens abgeworfen, und zwar meist einzeln, und bilden mit dem Sekret von Hautdrüsen eine weiße fettige Masse (Vernix caseosa). Zuweilen findet auch eine Art Häutung statt, indem die Zellen zusammenhängend abgeworfen werden (falsches Amnion, Epitrichium). Bei Bradypus und Myrmecophaga erhält sich die abgestoßene Haut bis zur Geburt, bei Schweinen, Pferden u. a. wird sie vor der Geburt in Fetzen abgestoßen. Das Corium (254) zerfällt in eine äußere Pars papil- laris zwischen den Papillen mit feinen dicht zusammen- liegenden Bindegewebsbündeln. mit Kapillaren, Tastkörperchen und Nerven, deren Fasern unter Verlust der Myelinscheide bis in das Stratum mucosum ein- dringen, nnd in eineinnere Pars reticularis,. deren dickere Bündel netzartig angeordnet sind und die Knäuel der Schweiß- drüsen umschließen. Das Corium wird von vielen elastischen Fasern in Form eines Netzwerks durch- zogen. Die Länge der Corium- papillen richtet sich natürlich nach derjenigen der Epidermis- papillen. Chromatophoren sind im Corium meist nur spärlich, Fig. 256. Schnitt durch die Oberlippe von Hippopotamus nach WEBER. ce Stratum 5 2 £ corneum, r Rete Malpighii (mucosum), bei Primaten Cetaceen u. a. aber ! Lederhaut, welche die nicht eingezeich- oft sehr reichlich vorhanden. neten Papillen p bildet, in denen die Ge- Durch Coriumpigment werden fäßschlingen / liegen. auch die sog. blauen Geburts- flecke (Mongolenflecke) in der Kreuz- und Gesäßgegend hervorgerufen, welche bei der weißen Rasse ab und zu beobachtet werden, aber viel häufiger bei dunklen Rassen sind. Es fehlen sichere Beweise dafür, daß die Pigmentzellen in das Stratum mu- cosum einwandern, was bei niederen Wirbeltieren oft beobachtet worden ist. Es scheint, daß die verästelten Pigmentzellen der Epidermis ekto- dermalen Ursprungs sind. Sie treten meist nur vereinzelt auf. Die Haupt- Corium der Säuger. 287 masse des Hautpigments liegt in den unteren Zellen der Schleimschicht und wird von diesen gebildet. Derartige Pigmente finden sich mit Vorliebe an unbehaarten oder wenig behaarten Körperstellen (Brustwarzen, Schnauze; Haut der Wale). Das Corium geht ganz allmählich in das lockere subkutane Bindegewebe über, dessen Lücken von Fettzellen erfüllt sind. Diese sind häufig so massenhaft entwickelt, daß sie einen besonderen Fettkörper, Panniculus adiposus, hervorrufen; so in der Speckschicht der Schweine und Wale, im Buckel der Kamele und des Zebus, in den Analwülsten der Fettsteißschafe und mancher Hotten- tottinnen. Bei den Walen durchsetzen die Fettzellen auch die Pars yr 2 ; 1a % u LITAS Le TRON 3) he a Vac.z. h LE hr - f Mae € RENNEN Ah 7678.94 FR Am. rt fr NUNG Near AN. Par | BIRNEN d Iy RR : | N ID In >: ER & Ze I y a © Le) [> (02) + N rn. Erun R MWh. DER SER DIEBE ES 4 o ET = S Sum ex IS S tn A a a z._3 0 — WERE AO ee 2 a ar d Ex nd >. 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Diese sind elastische Kissen mit dicker, von vielen Schweißdrüsen durchsetzter Hornschicht, welche ur- sprünglich auftreten als zwei proximale unter dem Carpus (Tarsus), als vier mediale hinter den vier Spalten zwischen den fünf Fingern (Zehen) und als fünf terminale unter den Endphalangen (258 A). Mit der Re- duktion der Zehenzahl treten Rückbildungen und Verschmelzungen dieser Ballen ein. So sind bei Hund und Schwein die proximalen 288 VI. Kapitel. Ballen verloren gegangen und die drei medialen der Finger (Zehen) 2—5 sind zu einem dreilappigen Ballen verwachsen. Da beim Hund der Daumen nach oben gerückt ist, so ist der zugehörige Ballen eben- falls nach hinten bis zur Handwurzel verschoben, so daß er den Boden trotz seiner Größe nicht mehr berührt (258B). Am Fuß fehlt dieser Ballen zugleich mit der ersten Zehe. Die sog. Kastanien der Pferde, haarlose, ovale in Form und Größe recht variable Hornflecke, welche vorn oberhalb des Carpalgelenks, hinten am Tarsalgelenk liegen, sind als Reste eines Proximalballens anzusehen, welche sich am Carpus etwas proximalwärts verschoben haben. Sie fehlen hinten bei Pferden zuweilen und immer bei Eseln und Zebras. Eqguus Prxewalski, das Wildpferd, hat sie vorn und hinten. Bei Maultieren und Mauleseln sind meist beide vorhanden, zuweilen fehlen aber die hinteren. Dazu kommt bei allen Equiden der sog. Sporn, ein kleiner ovaler Hornfleck ventral unter dem Metacarpo-(tarso-)phalangealgelenk, wel- cher den Zwischenballen entspricht. Bei menschlichen Embryonen sind die Ter- Fig. 258. A Hinterfuß einer Ratte nach BoAs, von der Unterseite, vergrößert. 1! Daumen, 5 fünfte Zehe, » Proximal-, m Medial-, / Terminalballen. B Hand des Hundes, von unten, nach ELLENBERGER. b die vereinigten Medialballen, « Ballen des ersten Fingers (c,), e,—c, die Finger 2—-5. minal- und Zwischenballen an Hand (272) und Fuß noch deutlich zu er- kennen und treten in geringem Maße auch im Alter hervor. Ebenso werden sie durch den Verlauf der Tastlinien angedeutet (273). Von anderen auffälligen Verhornungen der Säuger seien erwähnt: der Schnabel bei Ornithorhynchus und Echidna, die Schwielen an der Brust und am Knie der Kamele, der Penisstachel vieler Nager und das Horn von Rhinozeros. Der sog. Schwanzstachel des Löwen verdient nicht diese Bezeichnung, sondern ist nur eine sehr vergrößerte, reich mit Nerven und Blutgefäßen versehene Papille, wie sie ähnlich auch bei anderen Katzen und Rindern vorkommt. Dagegen endet der Schwanz des Schuppen der Säuger." 289 Stachelschwanzkänguruhs mit einer kegelförmigen (Önychogale fre- nata) oder nagelförmigen (O. unguifera) Hornmasse. Schuppen. Da die Säuger sich von den stegocephalenähnlichen Cotylosauriern ableiten, müssen sie ursprünglich beschuppt gewesen sein. Diese Schuppen haben sich noch bei über 500 Arten erhalten, wenn- gleich meist in rudimentärer Form, so daß sie nicht in die Augen fallen. Nur bei Manis, Dasypus, Anomalurus und Castor haben sie sich pro- AA E en Fig. 259. Manis pentadactyla L. Exemplar im Zoologischen Institut in Jena, aus Oeylon. gressiv zu bedeutender Größe weiter entwickelt. Beim Schuppentier (259) sind alle Außenflächen von großen dreieckig-rundlichen oder rhom- bischen Schuppen bedeckt, unter deren Hinterrand bei den asiatischen Arten (nicht bei den afrikanischen) einzelne borstenartige, marklose Haare hervorragen. Die Schuppen sind so groß, daß sie nicht gut einer -——— b kan ERELTTE TESTEN ELEUNELTEREETT N TEE TETERELEEERT ET NEERTETEEELTE ENDETE ER e een DI x AIR HIHI SEE Fig. 260. Dasypus sexeinetus (villosus) nachIBREHM. Reptilienschuppe homolog sein können, sondern wohl als Verschmel- zungsprodukte anzusehen sind, obwohl ontogenetisch hiervon nichts zu bemerken ist. Sie legen sich früher an als die Haare, so daß sie auch hierdurch sich als die phyletisch älteren Bildungen dokumentieren. Bei den Gürteltieren (Dasypodiden) trägt der Körper der jungen Tiere überall Hornschuppen und darunter Cutisknochen. Später bilden sich die Schuppen und Knochen ventral zurück, während sie dorsal sich zu größeren Schuppen und Knochenplatten vereinigen, die sich in der Mitte des Rumpfes, je nach der Art, zu 3 (Tolypeutes zonurus), 6, 9 (Dasypus sexeinetus |= villosus|, novemeinctus) oder 13 (D. giganteus) beweg- lichen Gürteln vereinigen (260). Bei jungen Tieren (261) und Em- Plate, Allgemeine Zoologie I, 19 290 VI. Kapitel. bryonen erkennt man an Furchen und auf den Schuppen stehenden Haaren, daß es sich um zusammengesetzte Bildungen handelt. Die Haare stehen zuerst neben den Schuppen und werden später zum Teil von diesen umwachsen. Jeder Halbgürtel wird (cänogenetisch) als ein- heitliche Erhebung angelegt und zerfällt darauf in die Schuppen. D. sex- cinetus (260) behält zeitlebens viele Borsten zwischen den Gürtelringen und ebenso hat D. setosus hinter jeder Schuppe eine oder zwei Borsten. Beim erwachsenen D. novemeinctus fehlt die Panzerbehaarung fast ganz; es lassen sich aber zwischen den Schuppen des Kopfes, des Schwanzes und Gürtels überall Poren erkennen, die sich in die Hautknochen fortsetzen und auf embryonale Haare hinweisen, so daß hier eine sekundäre Rückbildung der Behaarung vorliegt. Bei den Gürteltieren sind auch die Beine und die Außen- fläche der Ohren mit Schuppen bedeckt. Beim Bieber (262) ist der breite Ruderschwanz oben und unten dicht mit Schuppen bedeckt, hinter denen Haare stehen. Bei dem fliegenden Nager Fig. 261. Zusammengesetzte Schuppen von Dasypus sexcinetus juv. nach DE MEIJERE. Oben Schulterpanzer, unten Gürtel. Die schwarzen Punkte sind Haare. Fig. 262. Schwanz des Bibers von oben gesehen. Haare waren auf dem photo- graphierten ausgestopften Exemplare nicht mehr vorhanden. Orig. Anomalurus beecroftt trägt das erste Drittel des langbehaarten Schwanzes auf der Unterseite zwei Reihen von sich überdeckenden Schuppen (263), die hinten in eine vorspringende Spitze auslaufen. Wenn das Tier die Bäume hinaufläuft, stützt es sich wahrscheinlich auf diese Zacken. Die Schwänze der Säuger sind überhaupt diejenigen Körperteile, auf denen sich die Schuppen am häufigsten erhalten haben, und zwar besonders bei tiefstehenden Ordnungen. So bei Myrmecophaga jubata trotz der dichten Behaarung, bei vielen Nagern aus den Gattungen Cercolabes, Myogale, Mus (264) u.a., ferner bei Insektivoren (Talpa, Sorex, Macroscelides), Beuteltieren (Didelphys, Ohironectes, Phalanger u.a.) und Halbaffen. Auch die Füße, namentlich die Sohlen, sind bei niederen Ordnungen gar nicht selten mit kleinen Schuppen bedeckt. An der Schnauze werden sie bei einigen Beuteltieren, Insektenfressern und Carnivoren angetroffen. Auch einige Zahnwale zeigen noch Reste eines Hautpanzers, indem bei der indischen Neomeris phocaenordes längs der Rückenmediane viele Plattenreihen sitzen und ähnliche Schuppen den radialen Rand der Vorderflossen bedecken, was auch bei Phocaena spinipinnis und communis an dem Vorderrand der Rückenfinne in schwächerer Ausbildung beobachtet wird. Daß wir es hier mit alt- ererbten Bildungen, nicht mit neuerworbenen Anpassungen zu tun haben, Schuppen der Säuger. 291 geht aus ihrer weiten Verbreitung besonders bei primitiven Ordnungen und bei ganz verschiedener Lebensweise hervor. Auch daraus, daß nah- verwandte Arten trotz gleicher Lebensweise sie besitzen oder nicht. So hat die baumbewohnende Myrmecophaga tamandua Schuppen am Schwanz, während die ebenso lebende M. didactyla ihrer entbehrt; Tarsius fuscomanus mit Schwanzschuppen, 7. spectrum ohne sie. Auch die FR en u — sr e—a = Gern, 7 hc —= Fig. 263. Unterseite der Schwanzwurzel von Anomalurus beecrofti! nach WEBER. Schüppchen an den rudimentären Schwänzen des Maulwurfs und Igels wird man kaum anders deuten können. Daß Schuppen sich besonders am Schwanze erhalten haben, wird verständlich, weil sie die Greif- funktion unterstützen. Ihre starke Ausbildung bei Manrs und Gürtel- tieren mag mit der grabenden Lebens- weise zusammenhängen, um den Körper gegen Druck zu schützen, ebenso wie ihr Vorkommen an den Gliedmaßen grabender Tiere (Ameisenbär, Murmel- tier, Maulwurf). Bei Echidnaembryonen kommen, wenn die Deutung von RÖMER richtig ist, noch rudimentäre Reste von Schuppen vor in Gestalt rundlicher Cutiserhebungen, die zu zwei oder mehr | hinter einigen jungen Stacheln liegen R (265). Da diese Gebilde durch ihre „,, 8,26: ee I knopfartige Form und unregelmäßige rkteruune u in eeoreliet mas : i 5 ntiernung der irbelsaule, um dıe Verteilung sich weit von Schuppen Schuppen mit je drei Haaren zu entfernen, möchte ich sie als Haar- zeigen. Orig. scheiben deuten, wie sie durch Pınkus im spitzen Winkel hinter den Haaren vom Menschen und verschiedenen Säugern beschrieben sind. Sie werden als Reste von Tastflecken gedeutet. Bei Dasypus-Embryonen tritt vorübergehend hinter jeder Schuppe ein „Knopf“ auf, der wohl homolog ist jenen Bildungen von Echidna. Wo Schuppen in großer Anzahl angetroffen werden, stehen sie in alternie- renden Reihen, wie die Schuppen der Reptilien, und überdecken sich auch häufig. Sie sind dabei fast immer bilateral symmetrisch, und wenn Haare mit ihnen zusammen vorkommen, so entspringen diese unter dem 19% 292 VI. Kapitel. Hinterrand aus der Schuppenpapille.= Die Schuppen bestehen aus einer flachen Coriumpapille und einer Epidermis, deren Stratum corneum sehr verdickt und meist pigmentiert ist. Zum Unterschiede von den Rep- tilien häuten sie sich nicht, sondern schilfern an der Oberfläche ab, was ja für die ganze Haut der Säuger gilt. Aus den angegebenen Tatsachen geht hervor, daß die Säuger ur- sprünglich über den ganzen Körper beschuppt waren, daß sie aber dann die Schuppen verloren haben in demselben Maße, wie sich die Haare an ihrem Hinterrande entwickelten. Diese Auffassung erfährt eine weitere Stütze durch die Anordnung der letz- teren. Ehe ich hierauf eingehe, sei zunächst die Ontogenie und der . bau der Haare geschildert. Die Haare sind Epidermisbildun- gen, welche mit dem Corium nur so weit in Verbindung treten, als es zur Ernährung und zur Befestigung in der Haut nötig ist. Die erste Anlage zeigt sich in einer Wucherung der Basalschicht der Epi- Fig. 265. Haut eines Echidna-Embryos mit dermis, welche als sog. Stacheln und rundlichen Haarscheiben (Schuppen- Haarzapfen (168C) in resten ?). Nach RÖMER. f ehren Sn: Unter demselben tritt eine Vermehrung der Coriumzellen ein und bildet die Anlage der Papille, welche sich später in den Zapfen einstülpt (266). Wir bezeichnen diese lange solide Einwucherung der Epidermis als den Haarfollikel; um ihn herum bildet sich unterhalb der Talgdrüsen eine bindegewebige Hülle, der Haarbalg. Follikel und Balg zusammen werden als Haar- wurzel bezeichnet im Gegensatz zu dem aus der Haut ragenden Haar- schaft. Indem der Follikel an seiner Basis die Papille umgreift, ent- steht eine knopfförmige Anschwellung, die Haarzwiebel (Bulbus). Die Papille ist reich an Blutgefäßen, welche so viele Nährstoffe aus- schwitzen, daß eine starke Vermehrung der umgebenden Follikel- zellen eintritt. Dabei verhornen die axialen Zellen des Follikels von außen nach innen fortschreitend und erzeugen das Haar, während die umgebenden Follikelzellen unterhalb der Talgdrüsen sich in zwei Schichten, in die innere und äußere Wurzelscheide sondern. Diese Drüsen gehen etwas unterhalb der Ausmündung des Follikels aus einer Wucherung der Matrixzellen hervor (266). Die äußere Wurzel- scheide grenzt sich mit einer durchsichtigen Basalmembran, der Glas- haut (276 @G/!), gegen den bindegewebigen Balg ab, und diese Glashaut erfährt eine Verstärkung durch das Bindegewebe. Der Haarbalg glie- dert sich in eine innere Schicht von Ringfasern und eine äußere von '!Bau des, Haars. 5293 Längsfasern (26). Zwischen den beiden Wurzelscheiden besteht ein bedeutender Unterschied. Die innere wächst, wie das Haar, von der Papille aus und verhornt sehr früh, so daß sie wie eine dünne Man- schette das noch unverhornte Haar umgreift und festhält. Dabei um- hüllt die innere Wurzelscheide das junge Haar zunächst allseitig (266, Stadium des Scheidenhaares), wird aber später von dem rascher wach- senden Haar durchbrochen, und zwar bei der einen Art unterhalb, bei der andern oberhalb der Talgdrüsen. Die innere Scheide ist anzusehen als die äußerste Schicht des Haares, welche durchstoßen wird, wie die Federscheide von der eigentlichen Feder (vgl. 238 bei 4). Sie ist nicht das Stratum corneum der äußeren Wurzelscheide. Diese ist eine Fort- Tangentialschnitt > eines Haarzapfens u) Spitze der inneren 5 Wurzelscheide Rinden- ae substanz Talgdrüse 7 7 Arrec- äußere Wurzel- tor Pili Mark- ||| | scheide substanz Ober- Ne häutchen Fig. 266. Fig. 267. Fig. 266. Längsschnitt durch eine Haaranlage nach STÖHR. Fig. 267. Stück eines menschlichen weißen Haars nach STÖHR. setzung der Epidermis und wächst in radiärer Richtung von den Matrix- zellen aus. Beachtenswert ist an der äußeren Scheide ein Wulst von Zellen unterhalb der Talgdrüsen an der stumpfwinkligen Seite des Follikels, das sog. Haarbeet (266). Es ist dies eine Gruppe em- bryonaler Zellen, von denen nach dem Haarwechsel die Bildung des neuen Haares ausgeht. Die Verhornung der Haaranlage erfolgt nicht überall in der gleichen Weise, sondern es bilden sich drei verschiedene Zonen, das Oberhäutchen, die Rinde und das Mark. Der Grund hier- für ist darin zu sehen, daß die Verhornung von der Oberfläche gegen die Achse an Intensität nachläßt (267). Das Oberhäutchen (Cuticula) besteht aus schuppenartigen, vollständig verhornten, kernlosen Epithel- zellen. In der Rinde liegen die Hornzellen parallel zur Oberfläche, haben eine fibrilläre Struktur und einen strichförmigen Kern. Sie bilden die Hauptmasse des menschlichen Haars und sind zugleich Träger des Pigments, welches hauptsächlich in Form von Körnern, daneben auch in 294 VI. Kapitel. gelöster diffuser Form auftritt. In der Markzone haben die Zellen noch ihre ursprüngliche eckige oder rundliche Form und häufig einen rudimentären Kern behalten. Das Mark reicht nicht bis in die Spitze des Haarschaftes hinein. Halten wir uns streng an die Ontogenie, so ist das Haar phyletisch entstanden aus einer Wucherung und späteren Verhornung der tiefen Epidermiszellen. Das Stratum corneum spielt bei seiner Bildung keine Rolle. Das Bindegewebe tritt erst später hinzu. Die Haare stehen meist schief in der Haut und bedingen dadurch den Strich des Haarkleids. Die den Körper umgebende warme Luft- schicht wird durch diese Stellung zusammengehalten. An derjenigen Seite des Haarbalges, welche mit der Hautoberfläche einen stumpfen Winkel bildet, entspringt ein glatter Muskel, der Musculus arrec- tor pili, welcher bei seiner Kontraktion das Haar aufrichtet. Beim Menschen tritt dies namentlich reflektorisch bei plötzlichem Kältereiz ein und ruft die sog. Gänsehaut hervor, bei der sich die Haut um jedes Haar herum kegelförmig erhebt. Diese Muskeln fehlen manchen Haaren, z. B. den Cilien der Lider. Bei den weiter unten geschilderten Tast- oder Sinushaaren können sie quergestreift sein. In den Follikel münden etwas unterhalb seiner Oeffnung eine oder mehrere acinöse Talgdrüsen (Glandulae sebaceae), welche zu den nekrobiotischen Drüsen (vgl. S. 88) gehören, deren fettiges Sekret aus abgestoßenen und degenerierten Zellen hervorgeht und das Haar geschmeidig erhält (0). Beim Menschen kommen an den Lippen, den Labia minora, der Brustwarze und der Glans penis auch Talgdrüsen ohne Haare vor. Bei manchen Säugern kann auch eine tubulöse Schweißdrüse oberhalb der Talgdrüse in den Follikel einmünden. Unter den Talgdrüsen ist der Follikel meist etwas eingeschnürt, welche Stelle als Hals oder Isthmus bezeichnet wird. Die Haarbälge reichen je nach der Dicke des Haares verschieden tief in die Haut hinein: die Wollhaare etwa bis zur Mitte des Coriums, die Grannenhaare bis in das subkutane Bindegewebe und starke Borsten und Stacheln zuweilen bis zwischen die quergestreifte Muskulatur. Die Verschiedenartigkeit der Haare in Länge, Dicke, Härte, Verlauf, Querschnitt und feinerem Bau ist außerordentlich groß. Die einzelnen Familien, und häufig auch die Arten, sind meist schon an den Haaren zu erkennen, was aber nicht ausschließt, daß gleiche oder fast gleiche Haare bei weit auseinanderstehenden Gruppen vorkommen können. So hat z. B. das Sinushaar des Fingertieres, C’hiromys mada- gascartensis, eines Halbaffen, eine große Aehnlichkeit mit dem Kopf- haar des Menschen. Dazu kommt, daß die Säugetiere in der Regel gleichzeitig mehrere verschiedene Haarsorten besitzen, nämlich derbe Grannenhaare, dünne Wollhaare und Sinus- oder Tasthaare. Die Grannen- oder Konturhaare sind stärkere und längere Haare, welche das äußerlich sichtbare Haarkleid bilden. Einzelne besonders lange unter ihnen werden als „Leithaare“ bezeichnet. Die Wollhaare, Unter- oder Flaumhaare sind kürzer, dünner und weicher als die Grannenhaare, unter denen sie sehr dicht stehen und hauptsächlich dem Wärmeschutz dienen. Sie finden sich besonders bei Arten, welche in kalten Klimaten leben und bei Wassersäugern (Biber, Schnabeltier).. Bei vielen Arten fehlen sie. Nahe Verwandte können sich in dieser Hinsicht unter- scheiden. So zerfallen die Ohrenrobben, Otariiden, in die Haarrobben oder Seelöwen (Otaria byronia) ohne Wollhaare und in die Pelzrobben Sinushaare. 295 oder Seebären (Otaria ursina, australis) mit Wollhaaren. Die letzteren liefern den kostbaren Sealpelz, indem die Felle von unten abgeschabt werden, so daß die Grannenhaare ausfallen und nur die Wollhaare zurückbleiben. Die Unterscheidung dieser beiden Haarsorten ist eine rein äußerliche und hat nur dann Sinn, wenn beide nebeneinander vor- kommen. Man kann aber nicht die weichen Kopfhaare des Menschen als Wollhaare, die härteren Bart- und Schamhaare als Grannenhaare bezeichnen. Die Sinus- oder Tasthaare (Vi- brissae) sind durch einen Blutsinus im äußeren Haarbalg ausgezeichnet und werden besonders reich innerviert (268). Die Blut- räume liegen unterhalb der Talgdrüsen und zerfallen meist in einen oberen Ringsinus und in untere cavernöse Räume, welche zusammen einen Schwellkörper bilden. Da- durch werden die Nervenendigungen in der Inneren Balgschicht und äußeren Wurzel- scheide fest gegen das Haar angepreßt, so daß jede Erschütterung oder Biegung des- selben zur Wahrnehmung gelangt. Die Tasthaare an der Oberlippe der Katzen und Nager besitzen außerdem einen querge- streiften Muskel, so daß sie willkürlich bewegt werden können. Diese Tastorgane sitzen an den exponierten Körperstellen, vornehmlich am Kopf, und zwar an den Lippen in größerer Anzahl als sog. Schnurr- haare, ferner in Büscheln von wenigen langen Haaren über dem Auge, hinter der Mundspalte, vor dem Ohr und hinter dem Kinn (269). Besonders groß und auffallend sind diese Haare an der Oberlippe des Walroß (Trichechus rosmarus), wo sie als dicke flache Borsten in Schrägreihen ge- : stellt sind und von innen nach außen an Fig. 268. Sinushaar eines Größe zunehmen. Sie werden nicht, wie Pmenes = Nee un behauptet worden ist, als Reuse beim Fange a en ee Haar 9 Ba von Planktontieren gebraucht, sondern |Jikel, 3 Talgdrüse, 4 Blutsinus dienen zum Tasten und können durch Blut- (schwarz), 5 Nerven, 6 End- druck mit der Epidermis etwas aus- &nschwellungen der Nerven. gestülpt werden. Die bei Walen nur am Kopf erhaltenen Haare sind ebenfalls Sinushaare. Am Carpus finden sich diese Tastsonden bei vielen Tieren, welche den Vorderfuß zum Greifen benutzen: Wiesel, Fuchs und andere Carnivoren, Maul- wurf, Nager, Edentaten, Beuteltiere, Primaten. Seltener werden sie am Tarsus beobachtet (Petaurus sciureus, Trichosurus vulpecula). Das Eich- hörnchen (270) hat 4—6 lange ventrale_Sinushaare, welche nach innen von den beiden vorderen Zitzen stehen, mit denen sie ontogenetisch zusammenhängen. Die Anlagen der letzteren teilen sich nämlich und die innere Hälfte rückt medialwärts und bildet ein solches Tasthaar. Sie finden sich bei allen Arten der Gattungen Scurus und Ratufa, während sie in verwandten Gattungen fehlen oder nur bei einzelnen 296 VI. Kapitel. Arten beobachtet werden. Da sie auch den Männchen zukommen, so haben sie nichts mit dem Mammarapparat zu tun, sondern dienen beim Klettern zum Abtasten der Unterlage. In phyletischer Hinsicht wird die Milchdrüse aus der Schweißdrüse eines Sinushaares hervorgegangen sein, daher die gemeinsame ontogenetische Anlage. Selten verteilen sich die Tasthaare über den ganzen Körper, z. B. bei Hyrax, wo sie zwischen den gewöhnlichen Haaren weit hervorragen. Wenn das Haar- kleid sich rückbildet, so erhalten sich die Tasthaare am längsten. Daher gehören fast alle Haare der ausgewachsenen Sirenen, Wale und des Nilpferdes hierher. Die abessinische mäusegroße Kahlratte Hetero- cephaluıs glaber, welche in der Erde wühlt, besitzt nur noch Sinushaare (271). Diese Haarsorte fehlt den Menschen vollständig, aber da sie Fig. 269. Kopf eines Nackthundes mit sechs Gruppen von Sinushaaren. Die Gruppe e hinter dem Kinn ist durch Verschmelzung unpaar geworden, alle übrigen sind paarig. Orig. bei Primaten am Kopfe weit verbreitet sind, so ist anzunehmen, dab dieser Mangel ein sekundärer Zustand ist, und daß die Augenbrauen und die Barthaare aus Sinushaaren hervorgegangen sind. Dafür spricht auch die Tatsache, daß die ersten Haare des menschlichen Embryos an der Oberlippe und an den Augenbrauen auftreten, denn Sinushaare er- scheinen besonders früh. Ebenso kommen bei sehr kleinen mensch- lichen Embryonen (272) an der Handwurzel und am Unterarm kleine Höcker vor, also an Stellen, wo bei Säugern Tasthaare beobachtet werden. Sie verschwinden später wieder. Unterschiede im mikroskopischen Bau der Haare. Die Schüpp- chen der Cuticula liegen häufig so eng der Rinde an, daß die Ober- fläche ‚glatt aussieht. Wenn sie gezähnelt erscheint, so sind die vor- springenden Spitzen immer gegen das freie Ende des Haares gerichtet. Besonders deutlich ist diese Zähnelung bei Fledermäusen (274 A, !) und Mikroskopischer Bau der Haare. 297 an den Brusthaaren von Halmaturus rufus. Auch sonst kommt sie häufig vor (k von Talpa, m von Ursus arctos). Das Verhältnis der Breite von Rinde und Mark ist sehr wechselnd und in erster Linie für die verschiedenen Arten charakteristisch. Dazu kommen dann Unterschiede in der Größe der Markzellen, in dem Luftgehalt zwischen ihnen und in der Anordnung des Pigments. Grannen- und Wollhaare derselben Art können in dieser Hinsicht erhebliche Unterschiede auf- weisen. Beim Schnabeltier z. B._ist das Grannenhaar in den unteren drei Vierteln sehr dünn und die Lufträume bilden unregelmäßige Quer- striche; an der Spitze wird das Haar flach und hat einen schmalen Markstrang (274p); das Wollhaar (g) zeigt die Lufträume in ganz regelmäßiger Anordnung und sieht aus wie eine quergestreifte Muskelfaser. Marklos sind die Flaumhaare des Menschen, feinere Schafwolle, die dünnen Haare des Elefanten, die Haare von Manzs und en _ NER TAPEN. N ——z \\ Fig. 2. Fig. 271. Fig. 270. Junges Weibchen des Eichhörnchens. Nach BRESSLAU. p, a, @,, € Zitzen, x, a, h, Sinushaare. Fig. 271. Heterocephalus glaber, Nacktratte, besitzt nur noch zerstreute Sinus- haare. Nach FRIEDENTHAL. die Stacheln von Echidna. Die Haare von Bradypus tridactylus (v) sind ebenfalls marklos und bestehen auseiner luftleeren Achse und einem äußeren lufthaltigen Mantel. Noch komplizierter sind diejenigen von Ü'holoepus didaetylus (x), bei denen ich ebenfalls das Mark vermisse, während die Rinde aus 6—8 dunkelpigmentierten Streifen besteht, zwischen denen sich helle mit wenig Pigment einschieben. Die Haare variieren aber sehr und einzelne enthalten so wenig Pigment, daß der Gegensatz zwischen den beiden Streifen kaum zu bemerken ist. Bei einigen Arten finden sich Haare mit mehreren Marksträngen; so bei den dicken Borsten der Elefanten (o), deren pigmentierte Rinde von 20 und mehr hellen Marksträngen durchzogen wird. Es ist anzunehmen, daß die Haare ursprünglich nur aus Cuticula und Rinde bestanden, daß später das Mark hinzukam und allmählich immer breiter wurde, wie die Abbildungen 274a—g erkennen lassen. Dabei zeigen sich 298 VI. Kapitel. gewisse systematische Eigentümlichkeiten. Die Haare der Primaten z. B. haben immer einen schmalen Markstrang. Andererseits kommen bei derselben Art zuweilen ganz verschiedene Haare vor; während die Sinushaare des Hirsches ein sehr schmales Mark haben, bestehen die Fellhaare (f) fast nur aus Mark. Bei sehr breiten oder dicken Haaren ist die Markzone immer sehr ansehnlich. Das Pigment sitzt ebenso oft im Mark wie in der Rinde. Eine besondere Eigentümlichkeit des Marks ist der Luftgehalt. Meist be- findet sich die Luft interzellulär, und da sie unter dem Mikroskop schwarz erscheint, so läßt sich danach die Größe und Anordnung der Markzellen be- urteilen. Zuweilen wechseln die Zellen und die Luftblasen ganz regelmäßig miteinander ab (k, m, q), so daß das Haar quergestreift erscheint. Bei der Maus (?, «) findet sich im Innern ein großer, vielfach ausgebuchteter Hohl- raum, wodurch die Luftblasen schach- brettartig sich anordnen. Das Er- srauen (Canities) der Haare bei Menschen, Affen, Hunden und vielen anderen Säugern ist darauf zurückzu- führen, daß der Luftgehalt des Marks zu-, und gleichzeitig das Pigment in Mark und Rinde abnimmt. Als Ur- sache kommt wohl nur eine Erschöpf- ung der Gewebe der Haarzwiebel in Frage, ohne daß sich Näheres hierüber sagen ließe. Merkwürdig ist, daß diese Erscheinung nicht bei allen Haaren ungefähr gleichzeitig einsetzt, sondern sich allmählich ausbreitet. Beim Men- schen beginnt sie meist an den Schläfen, bei den Hunden an der | I Carpalwibrissae Fig. 272. Rechter Arm eines S 3 s 285 mm langen menschlichen Em- Schnauze, bei den Mäusen an einzelnen bryos mit den Anlagen der Carpal- überall eingestreuten Haaren. Fälle vibrissen und der Unterarmtasthaare. von sehr raschem Ergrauen in einer V kleiner Finger. 8:1. Nach BROMAN. Nacht oder in wenigen Tagen (vgl. Lannvoss, VırcHmows Arch. Bd. 35, S. 575) sind zwar höchst selten, aber doch so gut beglaubigt, daß sie nicht einfach ins Reich der Fabel verwiesen werden können. Bei Mensch, Rind u. a. findet sich Luft in sehr feiner Verteilung zuweilen auch in der Rinde. Längsfurchen kommen namentlich an abgeflachten Haaren oder Stacheln vor; so eine Furche bei Kchimys armatus (t), Hystrix, Mus decumanus ; 3—-4 bei Sorex pygmaeus. Ringsum mehrfach gefurcht sind die Haare von Choloepus didactylus. Abwechselnd ein- gebogene Ränder zeigen die platten Borsten von Tayassu pecari und die Spürhaare mancher Robben, was den Eindruck einer Spiralwindung macht. Der Querschnitt der Haare ist meist rundlich. Ursprünglich müssen die Haare aber wohl eine flache Form gehabt haben, da sie unter dem Hinterrand der Schuppen sich entwickelten. Solche flache Querschnitt und Dicke der Haare. 299 Formen kommen noch jetzt vielfach vor, so bei Schnabeltier (p), manchen Beuteltieren, Ameisenbär, Faultier; ferner bei Stacheln der Stachelratte (2), der Greifstachler und jungen Stachelschweine. Der Querschnitt der Haare ist von besonderer Bedeutung für die Unter- scheidung der verschiedenen Menschenrassen, wobei allerdings zu be- rücksichtigen ist, daß die folgende Uebersicht nur für die Kopfhaare gilt, während die Haare an anderen Körperstellen häufig abweichend geformt sind. Namentlich die Schamhaare pflegen flach zu sein und neigen daher auch zur Kräuselung. Der Querschnitt ist: rundlich-oval bei Polynesiern, Malayen, Chinesen, ‚Japanern, der amerikanischen Urbevölkerung. Verlauf gerade; oval (Achsenverhältnis ungefähr 1'/,:1) bei Ariern. Verlauf lockig oder gerade; elliptisch (Verhältnis 2:1) bei Negern, Hottentotten; bei Papuas sogar 21/,:1. Verlauf gekräuselt, wollig (275 a). \ ) (OD nl um N _ i N I ) Fig. 273. Tastlinien der Menschenhand (links) und der Affenhand (rechts). Nach KOLLMANN. Unterschiede in der Stärke und im Verlauf. Zwischen den sammetweichen Haaren von T7alpa und den harten Stacheln von Hystrix gibt es alle Uebergänge. Sind die Haare dick und hart, aber noch biegsam, so werden sie als Borsten bezeichnet. Die Rinde ist dann meist sehr stark entwickelt, während das Mark fehlen kann. Sie sind meist von ansehnlicher Länge. Die meisten Sinushaare gehören hierher. Bei haararmen Tieren, welche eine sehr dicke Haut haben, sind sie weit verbreitet (Schwein, Nilpferd, wo sie am Ende zerschlissen sind, Nashorn, Elefanten, Sirenen, Wale, Büffel, Manıs, Dasypus). Werden die Haare zu spitzen festen Verteidigungswaffen, so spricht man von Stacheln. Sie treten unabhängig voneinander in verschiedenen Ord- nungen auf. Bei Kchridna haben sie kein Mark und keine Talgdrüsen und sitzen einer riesigen Papille auf, welche zwei Drittel ihrer Länge durchzieht. Unter den Insektenfressern finden wir Stacheln bei (entetes 300 VI. Kapitel. , und Erinaceus, unter den Nagern bei Coendu, Atherura, Hystrix, Erithixon, Eehimys (274). Bei den Stacheln des Igels (») und des Stachelschweins besteht die Hauptmasse aus schwammigem Mark, in | | | Hl a! R | =, Lal & hh ed N | a 56 Semi e see Ml I REBEL a . „Fig. 274. Haare in schwacher Vergrößerung, um die Breite von Mark (M) und Rinde (£) und die Oberflächenstruktur der Cuticula (Out) zu zeigen. Pi Pigment, a—k, v nach WALDEYER; /, m nach GEGENBAUR; o nach MöBıus; ft nach ToLpT; die übrigen Original. « Mensch, b Schimpanse, e Lemur, d Pteropus, e Mustela martes, f Cervus capreolus, g Kaninchen, h Pteropus, Brusthaar, © Maus, k Talpa, ! Rhino- poma-Fledermaus, m Ursus arctos, n Igelstachel, Querschnitt, o Elephas africanus, Längsschnitt, p Grannenhaar vom Schnabeltier, 9,Wollhaar desselben, s Maus, Woll- haar, ? Echimys armatus, Stachel von der Innenseite und im Querschnitt, « Maus, (Querschnitt, » Bradypus tridaetylus, w Hystrix, Haarhülsen vom Schwanze, x (C'ho- loepus didactylus. welches die Rinde mit radiären Fortsätzen eingreift. So entsteht ein sternförmiger Querschnitt und, von der Fläche gesehen, helle und dunkle Längsstreifen. Sehr merkwürdig sind eine Anzahl kurzer Stacheln, die auf dem Schwanz von Hystricw neben gewöhnlichen Verlauf und Innervierung der Haare. 301 Stacheln stehen. Sie sind hohl wie eine Federspule, enden quer ab- geschnitten und sitzen auf einer dünnen Borste (w). Sie rufen ein rasselndes Geräusch hervor, indem die gewöhnlichen Stacheln bei den Bewegungen des Schwanzes gegen sie geschlagen werden. Bei manchen Haaren kommen im Haarschaft eine oder mehrere stark verdünnte Stellen vor. So bei Mäusen (274 s), Sorex u. a. Beim Schnabeltier (9) und ähnlich bei 7alpa ist der untere zwischen den Wollhaaren liegende Teil des Grannenhaares schmal wie ein Wollhaar und wird noch dünner, ehe es in den verbreiterten flachen, frei zutage tretenden Teil übergeht. Dadurch wird ein Durchbrechen des Haares verhindert, indem der ganz dünne Abschnitt leicht nachgibt. Bezüglich des Verlaufs des Haarschaftes kann man unterscheiden 1. gerade oder straffe Haare; 2. wellige, welche in langen flachen Bogen verlaufen (die langen roten Haare des Orang, Haare der Landschafe [275 5], Kopfhaare vieler Ger- manen); 3. lockige, wenn eine Anzahl langer Haare in dem- selben Sinne mehr oder weniger spiralig zu- sammen verlaufen und so eine „Locke“ bilden; 4. wollige Haare, wenn jedes Haar viele steile Bogen bildet, wodurch sie so fest zusammen- nn en een : ig. 275. a Spiralhaare von der Kopfhaut eines En a en als Herero, b Wellige Haare eines langhaarigen Landschafes, „eb geschoren ce Merinowolle, d Merinowolle mitFettschweiß. a—c nat. werden können, ohne Größe, d schwach vergrößert. Orig. auseinanderzufallen. Dieser Zusammenhalt wird bei den Schafen unterstützt durch sehr reichliches, schon bei schwacher Vergrößerung ins Auge fallendes Sekret der Talgdrüsen, den sog. „Fettschweiß“ (ce, d). Die Haarbälge sind gekrümmt und geben dem Haar dadurch seine eigentümliche Form. 9. Spiraliger oder gekräuselter Verlauf, so bei Zorölla frenata, den flachen Haaren von Myrmecophaga tridactyla; ferner bei Negern, Hereros (a), Hottentotten, Papuas, bei denen man irrtümlich zuweilen von Wollhaar spricht. Für 7alpa wird ein spiraliger Verlauf angegeben, doch habe ich ihn nicht feststellen können; jedenfalls ist er, wenn überhaupt, nur sehr schwach ausgeprägt. Innervierung der Haare. Die Haare werden so reichlich mit Nerven versorgt, ganz besonders die Sinushaare, daß man sie als Ge- fühlsorgane ansehen muß. Vermutlich sind sie auch mit dieser Funktion entstanden und haben später den Wärmeschutz dazu übernommen. Das Schema 276 zeigt die verschiedenen Formen der Nervenendigungen im äußeren und inneren Haarbalg. Sie sind von viererlei Art. Die aus der Tiefe, aber auch aus den oberen Schichten des Coriums kommen- den Nerven n! laufen unterhalb der Talgdrüsen in Längsfasern aus, welche mit keulenförmigen Anschwellungen etwas nach außen von der Glashaut enden. Seitenäste derselben bilden markhaltige Knäul im 302 VI. Kapitel. Haarbalg, von denen marklose Endbäumchen ausstrahlen. Die Nerven „? entstammen den oberflächlichen Hautnerven und bilden ein ring- förmiges Geflecht nach außen von der Glashaut und unterhalb der Talgdrüsen. Die Ner- Corll — ven n? sind zart und Zn erzeugen ein zierliches &: Geflecht im Haarbalg zur Versorgung der Blutgefäße. Ebensolche Nerven »? treten in die Papille ein, während sensible Nerven mit Endbäumchen in dieser nur bei den großen Tasthaaren vorkom- men. Während die ge- schilderten Nerven dem Haarbalg angehören, finden wir Nervenendi- gungen im Follikel, wel- che Tastzellen („Tast- menisken“) dicht nach innen von der Glashaut und hauptsächlich in der unteren Hälfte des Follikels umspinnen. Sie sind Seitenäste der Nerven »!. Es ist nichts darüber bekannt, ob diese verschiedenen Nervenendigungen ver- schiedene Empfindun- sen hervorrufen. Die Tasthaare werden so reichlich versorgt, dab bei der Maus an eines derselben 80-150 mark- haltige Fasern heran- treten. Bei den Ceta- ceen finden sich statt der Tastzellen eigen- tümliche Lamellenkör- Fig. 276. Schema der Nervenendigungen an perchen zu 3—4000. Sie nem un u Bene h I u von müssen also außer- ZAT un ONNET. corn Tat. COTneum, Mauc 1 1 1 Strat. mucosum, 7y Talgdrüse, @! Glashaut, © W innere a on Wurzelscheide, Pap Papille, gef Blutgefäß, n!—n* 5 Nerven. Orig. die Bewegung im Wasser. Ein Haarwechsel fehlt zuweilen. Die Haare persistieren dann während des ganzen Lebens, abgesehen von einigen wenigen, die auch in diesem Falle abgeworfen werden. Es gehören hierher Mähne und Schweif des Pferdes, die Schwanzquaste des Rindes und anderer Huf- tiere, worin wohl eine Anpassung zu sehen ist, da diese Organe als Haarwechsel. 303 Fliegenwedel nicht entbehrt werden können; ferner die Borsten des Schweins, die Wollhare der Kulturschafe und die Haare der Wale. Der Haarwechsel der Säuger ist entweder kontinuierlich, d. h. das ganze Jahr hindurch werden einzelne Haare abgeworfen und wieder erneuert, oder er spielt sich periodisch ab. Einen kontinuierlichen Wechsel zeigen die Primaten einschließlich des Menschen. Der letztere soll täglich 13— 70 Kopfhaare verlieren; lange Frauenhaare sollen 3—5 Jahre überdauern. Der periodische Wechsel findet meist im Frühling oder im Anfang des Sommers bei uns statt, wobei Grannen- und Wollhaare abgeworfen werden; selten ist ein Wechsel im Herbst (Hirsch). Das Hermelin wechselt zweimal im Jahr alle Haare, womit die Umfärbung Hand in Hand geht. Fig. 277. Haarströme eines Pferdes nach Kıpp. Nach der älteren Ansicht überdauert die Papille den Haarwechsel und erzeugt wie bei der Feder immer wieder neue Haare. Dies trifft jedoch für die meisten Haare sicher nicht zu, sondern die Haarzwiebel verhornt und zerfasert besenartig (sog. Kolbenhaar), löst sich von der alten Papille und das Haar rückt infolge des Druckes des um- gebenden Gewebes allmählich nach außen, wobei der Follikel und Balg schrumpfen und die alte Papille bis in die Nähe des Arrectors empor- ziehen. Vom Haarbeet (266) oder nach anderer Darstellung vom Boden des alten Follikels aus wächst ein neuer in die Tiefe, umgreift eine neue Papille und umhüllt sich mit einem neuen Balge. Es per- sistiert also unverändert nur der oberste Teil des Follikels mit den Be len. Das neue Haar drängt schließlich das alte vollständig ins reie. Die Richtung der Haare wechselt in den verschiedenen Körper- regionen und richtet sich nach den Lebensgewohnheiten, nach der Ruhelage, nach den Bewegungen und nach der Stellung, welche das 304 VI. Kapitel. Tier während des Regens einnimmt. Indem die Haare gegen bestimmte Punkte konvergieren, entstehen eigentümliche Haarwirbel. Ein Ver- gleich der Abbildungen 277 und 278 zeigt deutlich, wie die Ruhestellung die Haarrichtung beeinflußt. Beim zweizehigen Faultier fallen die Haare von der Mitte des Bauchs gegen den Rücken, während es sonst immer umgekehrt ist. Bei diesem Tier, bei Orang, Gorilla, Schimpanse und Mensch konvergieren die Haare am Arm gegen den Ellbogen, wofür Darwın für die Primaten die einleuchtende Erklärung gegeben hat, daß sie bei starkem Regen die Hände über den Kopf halten oder Aeste über dem Kopf ergreifen. Bei Hylobates agilis sind sie wie bei den meisten Säugern distalwärts gerichtet, während sie bei A.lar am Unterarm ungefähr quer mit leichter Neigung gegen den Ellbogen stehen. Bei H. mülleri finde ich sie am Unterarm innen distalwärts, außen leicht gegen den Ellbogen gerichtet; bei 7. syudactylus gegen diesen gewendet. Man sieht also an den Gibbous, wie die Konversion allmählich entstanden ist. Ä\ ı\ N IN N \ ’ Fig. 278. Haarströme von Choloepus hoffmanni. Orig. Die Anordnung der Haare ist in den meisten Fällen eine streng gesetzmäßige und besonders interessant, weil sie Rückschlüsse auf früher vorhandene Schuppen gestattet. Wenn Schuppen vorhanden sind, so stehen die Haare immer hinter ihnen, sehr selten in Einzahl (Perameles, Schwanz), meist in Dreizahl (264) bei Mäusen, Ratten, Spitzmäusen und vielen anderen, zuweilen noch in größerer Zahl, beim Bieberschwanz ca. 8 Wenn Schuppen fehlen, so stehen die Haare trotzdem sehr häufig in alternierenden Gruppen, als ob sie hinter Schuppen stünden (DE MEYERE). Jede Gruppe besteht selten aus zwei Haaren (Schwanz von Phalanger celebensis). Häufig sind Gruppen von drei Haaren (29a), was zuweilen auch beim Menschen beobachtet wird. Vereinigen sich noch mehr Haare zu einer Gruppe, so können sie in jeder Gruppe in ein oder 2 Reihen stehen (5b) oder rundliche Haufen bilden, wie z. B. beim Kopfhaar des Menschen. Dabei können zu einer Gruppe feine marklose Wollhaare und dicke markhaltige Grannenhaare gehören. Bei Sus wittatus (ec) sind die Borsten noch in Rückbildung der Haare. 305 Dreiergruppen, die Wollhaare unregelmäßig gestellt. Bei den sog. Haarbündeln kommen mehrere Haare aus einem Follikel. Diese ent- stehen entweder durch sekundäre Vereinigung von Follikeln und haben dann einen kurzen gemeinsamen Hals (d), oder durch Sprossung am Boden eines langen Follikels (e); erstere werden als falsche, letztere als echte Bündel unterschieden. In jedem kann ein besonders starkes Haar vorhanden sein. Die alternierende Gruppenstellung solcher Bündel zeigt 27 f. Eine Rückbildung der Haare bis zum vollständigen Schwunde wird in verschiedenen Familien beobachtet. Es ist hier zu unter- scheiden der als Sprungmutation plötzlich auftretende Haarmangel (Hypotrichosis mutativa) von demjenigen, welcher im Laufe langer Zeiträume als Begleiterscheinung von Anpassungen erworben ist (Hypotrichosis correlativa). Der mutative Haarmangel kann vereinzelt bei allen Säugern auftreten (Mensch, Ziegen, Rinder, Pferde, Mäuse, Hunde, Maulwürfe u. a.). Er ist nie voll- ständig, sondern an gewissen Körperstellen erhält sich eine spärliche Behaarung, nament- lich dort, wo Knochen dicht unter der Haut liegen (Schädeldecke, Mediane des Rückens, | Schultern, Zehen, Schwanzspitze). Besonders ) l lange persistieren die Sinushaare des Kopfes IN N) (269). Ein weiteres Merkmal ist, daß viele 4 Haare in der Haut versteckt bleiben nd 99 @8®8 sich hier knäulartig aufrollen, da sie die @loIE) dicke Epidermis nicht zu durchbrechen ver- mögen (280«) oder zu kugeligen Hornmassen degenerieren. b und c derselben Abbildung zeigen rudimentäre Haarbildungen aus der Haut eines Nackthundes, den ich aus Ceylon mitgebracht habe: das Stratum granulosum ist stark entwickelt und zeigt eine dicke Hornschicht in dem Follikel. In 5b hat sich noch eine Säule verhornter Zellen gebildet, Fig. 279. Schemata der Anordnung von Säugerhaaren nach Angaben von DE MEY- ERE. a Midas vosalia, Rücken, b Coeloyenys paca, Rücken, ce Sus vittatus Rücken, d fal- sches Haarbündel. e echtes Haarbündel, f Hund, brauner Bär. während in c auch diese fehlt und der Follikel nur von den Schichten des Strat. corn. erfüllt ist. Talg- und Schweiß- drüsen können vorhanden sein oder fehlen. Eine Anordnung in Gruppen ist nicht mehr zu erkennen. Nach noch nicht veröffentlichten Unter- suchungen ist der Haarmangel des Nackthundes eine dominante Eigen- schaft. Trotzdem hat sich nie eine echte Rasse dieser Tiere gebildet, sondern es handelt sich immer nur um vereinzelte Individuen, die namentlich in den Tropen hier oder dort auftreten, freilich dann immer, wie es scheint, korrelativ durch andere Merkmale (windhundartiger Körperbau, Stehohren, Pinscherhaare auf dem Kopfe, spitze schmale Schnauze, graue Hautfarbe, 269) ausgezeichnet sind. Da die Tiere leicht erkranken, könnte man von einer pathologischen Varietät sprechen. Eine echte vielköpfige Rasse oder Art scheint bei Säugern auf dem Wege der mutativen Hypotrichose nicht entstanden zu sein, es sei denn daß man die gleich zu besprechende Gattung Heterocephalus (271) hierher rechnet. Die korrelative Hypotrichose zeigt sich als sekundäre Folge des Plate, Allgemeine Zoologie I. 20 306 VI. Kapitel. Wasserlebens oder bei solchen Säugern, deren Haut in anderer Weise stark verhornt. Das Wasserleben führt bei den Walen zu einer starken Fettschicht, welche eine Rückbildung der Haare veranlaßt, die nur am Kopfe sich erhalten. Die Mysticeten haben 60—80 Borsten am Ober- und Unterkiefer und besonders dicht am Kinn (281). Es sind Sinushaare ohne Muskeln und Drüsen und meist auch ohne Mark, welche als kurze farblose Borsten aus den zuweilen 2 cm tief in die Haut sich einsenkenden Bälgen herausragen. Bei Megaptera boops ent- springen sie aus der Mitte von 3 cm hohen Erhebungen, daher wird diese Art „Knölwal“ (Knollenwal) genannt. Die Papille dieser Haare- läuft nach oben meist in Spitzen aus. Ein dicker Strang mit Nerven und Blutgefäßen tritt gerade von unten an das Haar heran und ver- sorgt es mit mehreren Hundert markhaltigen Nerven, welche im inneren Haarbalg in Lamellenkörperchen enden. Eine Haarwechsel fehlt, die Fig. 250. Rudimentäre Haare. « Knäuelhaar einer Nacktziege nach BONNET, b, ce von einem Nackthund aus Ceylon nach PRINZHORN. arr Arrector, cor Strat. corneum, gr Strat. granulosum, h Haar, pap Papille, pig Pigment, tg Talgdrüse. Fötalhaare bleiben erhalten. Bei den Denticeten ist die Behaarung noch weiter rückgebildet und beschränkt sich auf wenige Borsten an der Oberlippe, deren frei hervorragender Teil oft abbricht. Die Zahl der Nerven ist geringer, die Endkörperchen sind kleiner. Bei Deluga und Monodon fehlen die Haare vollständig, die Rückbildung der Walhaare erklärt sich aus der enormen Fettproduktion, welche die ganze Kraft der Haut absorbiert. Sie haben sich nur am Kopf als Tastapparate für die Wahrnehmung großer Planktontiere und der Wasserbewegung erhalten. Bei den Sirenen finden sich nur hier und da einzelne Haare von Zollänge auf kleinen Erhebungen. Am Kopf wird die Be- haarung etwas dichter, und an der Schnauze stehen kurze starke Sinushaare ziemlich reichlich. Halicore ist stärker behaart als Manatus, und in beiden Gattungen ist die Behaarung der Jugendformen viel dichter als später. Bei Walen, Seekühen und auch an den Labia Rückbildung der Haare. 307 minora des Menschen kommen ebensolche Einwucherungen der Horn- schicht vor, wie sie in 280c vom Nackthund dargestellt wurden, so daß diese Bildungen als ein charakteristisches Zeichen der Haar- rudimentation angesehen werden können. Wird die Haut eines Säugers sehr dick (Schwein, Nilpferd, Elefant, Nashorn, Büffel), wobei natürlich auch die Hornschicht sich bedeutend verdickt, so wird die Behaarung spärlich, abgesehen von den ganz jungen Tieren. Nahe Verwandte können aber in dieser Hin- sicht erheblich differieren: das Mammut, Elephas primigenius, ein naher Verwandter des indischen Elefanten, war dicht behaart, und ebenso stehen die Haare bei Rhinoceros sumatrensis Viel reichlicher als bei den anderen Arten. Die Haar- losigkeit der Fußsohlen aller Säuger gehört ebenfalls hierher. Noch stärker wird die Rückbildung der Haare, wenn die Haut einen dicken Schuppenpanzer besitzt, wie bei Dasypus und Manis (259, 260). Aus den Poren der Gürteltier- schuppen (261) kann man schließen, daß die Behaarung ursprünglich stärker war, also sich in demselben Maßerückbildete, wie die Schuppen sich vergrößerten. Dasselbe gilt auch wohl für Manis. Bei dieser Gattung fehlen auch die Talg- und Schweißdrüsen, während sie den Gürteltieren noch vielfach . zukommen. - Die Haararmut des Men- sehen beurteile ich als ein Mittel im Dienste einer gesteigerten Haut- empfindlichkeit. Sie ist also eine TELETERENT HE Anpassung. Drei verschiedene „1 = er a Ks F nn von Haarkleider treten nacheinander A seh ee a ontogenetisch auf: das Fötalhaar (Lanuge), das Kinderhaar und das Adulthaar. Die Lanugo bedeckt den ganzen Körper mit zarten Woll- haaren, auch das Gesicht (281 A), und läßt nur die Lippen, die Conjunc- tiva, den Nabel, die Innenflächen von Hand und Fuß, den After und die Geschlechtsöffnung frei. Man kann in ihr einen atavistischen Affen- pelz sehen, der sich in sehr seltenen Ausnahmefällen durch das ganze Leben erhält (sog. Haar- und Löwenmenschen“ (2813), die in Schau- buden gezeigt werden), als Regel aber vom 6. Monat ab durch die Kinderhaare ersetzt wird. Unter diesen treten zuerst Wimpern, Augen- brauen und reichliche Kopfhaare auf. Zur Zeit der Pubertät erscheinen dann die Adult- und Terminalhaare, welche derb sind, viel zerstreuter stehen (abgesehen vom Kopf), und die Achsel-, Scham- und Barthaare bilden. Sinushaare fehlen den Menschen, aber da die Augenbrauen und der Schnurrbart die Stelle einnehmen, an denen die Anthropoiden solche besitzen, darf man annehmen, daß dieser Mangel ein sekundärer Zustand ist, der mit der allgemeinen Rückbildung der Behaarung zusammenhängt (vgl. S. 296). Diese beginnt schon bei manchen Primaten. 20* 308 V1. Kapitel. Nackt sind die Gesichter der Anthropoiden, die Brust des ausgewachsenen Gorilla, die Kehlfalten des Orang, Gesäßschwielen der Paviane, Wangen- wülste des Mandrill u. a. Indem die Haarlosigkeit beim Menschen sich immer mehr steigerte, wurde die Empfindlichkeit der Haut für Berührungs- und Temperaturreize erhöht. Daher fehlen bie Haare auch vollkommen an den Stellen größter Empfindlichkeit (Innenfläche von Hand und Fuß, Lippen, Glans penis). Der Nachteil des geringeren Kälteschutzes wurde ersetzt durch stärkere Durchblutung der Haut und durch künstliche Mittel (Kleider, Feuer). Die Rückbildung der Haare hat sich aber wahrscheinlich Hand in Hand mit der Zunahme der Intelligenz vollzogen. Nach einer Mitteilung (Naturwissenschaften 1921, 774) hat das kleine Schimpansen- junge des Berliner zoologischen Gartens die Kinderhaare schon 4 Wochen nach der Geburt ab- seworfen. Sie waren sehr lang und schwarz und wurden durch kürzere bräunliche ersetzt. Die Funktion der Haare ist sehr mannigfaltig. Sie sind wohl sicher entstanden als Tastapparate und haben diese Aufgabe auch bei- behalten und in den Sinushaaren zu besonderer Vollkommenheit ge- steigert. In demselben Maße als die Säuger aus wechselwarmen zu eigenwarmen Tieren wurden, haben sie weiter die Aufgabe übernommen, die Körperwärme zusammenzu- halten, wozu besonders die zarten Wollhaare geeignet sind. Bei den Mantelpavianen des abessinischen BE. ee Hochgebirges, Theropitheceus gelada Fig. 251 A. Gesicht eines 5-monatigen und Hamadryas hamadryas, bilden menschlichen Embryos mit fötalem Haar- : ü aIRT kleid (Lanugo) nach EckEr-Wıepers- (ie langen Grannenhaare eine auf- HEIM. fallende Anpassung gegen Kälte. Eine dritte Funktion besteht in dem Schutz gegen mechanische Angriffe; Schläge, Stöße u. dgl. gleiten an den beweglichen Haaren leicht ab; daher die Mähnen des Pferdes, Löwen, Mantelpavians und des Phacochoerus africanus, welche die großen Halsarterien schützen. Eine vierte wichtige Auf- gabe fällt den Haaren als Trägern der Körperfärbung zu. Diese dient bei den Säugern, da die Geschlechter sich mit der Nase auf- suchen und fast gleich aussehen, überwiegend dazu, die Tiere unauf- fällig zu machen, mag es sich um aggressive Verkleidungsfarben (Eisbär, Eisfuchs, Tiger, Löwe, Puma) oder um protektive (Hase, Mäuse, Giraffe u. a.) handeln. Seltener sind Herdenfarben (Antilopen, Lemur ratta, Colobus guereza) oder Warnfarben (Stinktier). Eine große Rolle spielen die Haare fünftens bei der Abwehr der Fliegen, welche auf der drüsenreichen Haut sich gern niederlassen (Mähne und Schweif der Pferde, Schwanzquaste der Rinder, Giraffen u. a.; Pinselhaare des Penis; Haare am Eingang des Ohr- und Nasenkanals). Dazu kommen bei einzelnen Arten besondere Leistungen: Myrmecophaga jubata, der Funktion der Haare. 309 Ameisenbär, deckt sich mit dem riesigen Schwanz nachts zu, um sich gegen Kälte und Regen zu schützen. Der lange Schwanzbehang des Eichhörnchens und des Guerezas dient als Steuer beim Springen von Ast zu Ast. Die auf den Spitzen der Ohren bei Luchs und Eichhörnchen stehenden Pinsel schützen das Auge bei raschen Bewegungen, indem sie wie die Augenbrauen bei Berührung reflektorisch den Lidverschluß veranlassen. In der Form von Stacheln dienen die Haare bei Kehrdna, Erinaceus, Hystrix u. a. zur Verteidigung, und als Bärte (Mandrill, Diana-Meerkatze, Brüllaffe) und verlängerte Büschel an den Kopfseiten (Lemur makako, Callithrix) dem Schmuck. Die Haare des Menschen sind in erster Linie Tastapparate. An den Lidern und als Augenbrauen dienen sie dem Schutze des Sehorgans. In der Achselhöhle und zwischen 2 Y 7 ff Fig. 281 B. Der „russische Hundemensch“ Andrian Jeftischjew, nach WIEDERSHEIM. den Beinen erleichtern sie die Bewegung der Extremitäten. Sie wirken hier ähnlich wie eine Walze, welche unter einen fortzubewegenden schweren Gegenstand gelegt wird. Die Kopfhaare spielen eine Rolle als Schutz gegen Kälte und zu starke Sonnenbestrahlung. Die Bärte der Männer und die langen Kopfhaare der Frauen sind Schmuckbildungen, welche mit Darwın auf die Wirkung der sexuellen Selektion zurück- geführt werden können. Der letztere Forscher suchte auch den Haar- mangel in derselben Weise zu erklären, worin ich ihm nicht folgen kann (siehe oben). Phylogenie der Haare aus Sinneshaaren der Eidechsen. Die ältere Auffassung, daß die Haare den Perlorganen der Fische oder den 310 Vf. Kapitel. Schenkelporen der Eidechsen homolog seien, bedarf nicht mehr einer Zurückweisung. Es sind auch die Unterschiede zwischen einem Haar und einer Reptilienschuppe so groß, daß man erstere nicht von den letzteren wird ableiten können: die Schuppe ist eine Bildung des Coriums und der Epidermis, das Haar geht nur aus den tiefen Schichten der Oberhaut hervor und umfaßt die Coriumpapille erst später zum Zwecke der Ernährung. Zu einer Schuppe gehört immer eine Gruppe von Haaren, welche in der Schuppenpapille wurzeln. Das Haar häutet sich nicht einfach wie eine Schuppe, sondern es findet eine vollständige Neubildung statt. Die reiche Innervierung läßt vermuten, daß die Haare ursprünglich hinter dem Hinter- rand der Schuppen als Tastapparate ent- standen sind. Nun besitzen unter den Eidechsen die Agamiden und Geckonen fast auf allen Schuppen und besonders reichlich am Kopfe verhornte, winzig kleine (0,2 mm und noch viel kleiner) Fig. 282. a Schema eines Haars. W Wurzelscheide, ,.H junges Haar, C.p Coriumpapille. b Schnitt durch ein altes und junges Sinneshaar von Cnlotes versi- color, nach PREISS, schematisch. Blg Blutgefäß, C.p Cutispapille, N Nerv, Str. Stratum intermedium, Six, Stützzellen des jungen Organs, Six, des alten Organs, Sx, Sinneszellen des jungen Organs, Sx, des alten Organs, 7, junges Tasthaar, T, altes Tasthaar. Tasthärchen in großer Zahl, welche nach den Untersuchungen meiner Schülerin Dr. Preıss als Vorstufe der Säugerhaare angesehen werden können, d. h. man darf annehmen, daß die Vorfahren der Säuger an und unter ihren Schuppen ähnliche Härchen besaßen, die später zu echten Haaren wurden. Die Matrixzellen der Epidermis sind zu Sinnes- zellen umgewandelt, welche einer kleinen Coriumpapille mit Blutgefäßen und Nerven aufsitzen und über die sich ein Haar von verhornten Zellen erhebt (282). Die Sinneszellen werden umgeben von Stützzellen, und das in einer follikelartigen Tasche der Epidermis sitzende Haar geht vermutlich aus der Verhornung dieser beiden Zellarten hervor. Da aber diese beiden schwer zu unterscheiden sind, möchte ich nicht die Sinneszellen mit dem Mark des Säugerhaars, die Stützzellen mit der Rinde homologisieren. Eine solche Annahme ist schon deshalb nicht nötig, weil das primitive Säugerhaar, wie oben schon gesagt wurde, marklos war. Bei der Häutung der FEidechsenhärchen wird, wie Phylogenie der Haare. 31 bei den Säugerhaaren, das alte Organ durch das neue, aus der Matrix hervorgegangene, nach außen geschoben. Eine weitere Uebereinstimmung besteht darin, daß auch die Agamidenhaare vielfach in Gruppen auf- treten und sich durch Teilung vermehren. Auf der nächsten phyle- tischen Stufe werden diese Haare sich vergrößert haben und hinter den Hinterrand der Schuppen gerückt sein, um hier in die weiche Unterhaut sich einzustülpen, denn ein solches längeres Gebilde mußte Fig. 283. Krallen von Säugern im Längsschnitt nach BoAs. A von einer jungen Didelphys, B von Meles taxus, C von Phoca vitulina, D Hasenkralle von unten, E Hand von Galeopithecus volans. a Ausfüllungshorn, db Ballen, bm Basalmatrix, h Haar, ph Phalange, r, r‘ Krallenrücken, s Krallensohle, ? Terminalhorn. Krallenwall. tief in der Haut verankert sein. Damit war die Möglichkeit einer ausgiebigeren Innervierung gegeben, indem die Epidermiseinstülpung, der Follikel, und seine bindegewebige Umhüllung von sensiblen Nerven versorgt wurden, wodurch diejenigen in der Papille in den Hintergrund traten. Die Zellen am Boden des Follikels verloren ihren Charakter als Sinneszellen und wurden zu Erzeugern der Hornmasse des Haares. Ich glaube nicht, daß die Sinneshärchen der Eidechsen im Sinne MAURERS aus den lateralen Hautsinnes- organen der Fische und Urodelen hervor- gegangen sind, denn diese werden hinter dem Kopf vom Vagus, jene von Spinal- nerven versorgt. Es ist auch nicht leicht . Fig. 284. Linke Hand on verständlich, wie diese Organe trotz ihrer en Be Teilungsfähigkeit sich über die ganze Winters stark vergrößerten Bal- Haut ausgebreitet haben, und es ist nicht len des 3. und 4. Fingers zu möglich, die Teile des Haars auf solche der zeigen. Nach MILLER. Lateralorgane zurückzuführen. Alle diese Schwierigkeiten fallen fort, wenn wir annehmen, daß die Haare nicht aus ihnen, sondern aus den Sinneshaaren der Eidechsen sich entwickelt haben. Diese stehen noch auf tieferer Stufe, haben noch keine Sonderung in Rinde und Mark, besitzen noch keine innere Wurzelscheide und setzen sich noch nicht in das Corium fort. Die Ontogenie der Säugerhaare verläuft insofern cänogenetisch, als das Stadium des offenen Follikels übersprungen wird. Aus unserer Auffassung ergibt sich, daß das Haar phyletisch aus verhornten Matrixzellen hervorgegangen ist. Man darf daher nicht die verschiedenen Schichten der Epidermis in ihm suchen 312 VI. Kapitel. und etwa die Hornschicht der Rinde, das Stratum mucosum dem Mark homolog setzen. Das Urhaar wird bomogen oder längsfaserig wie jetzt die Rinde gewesen sein. Später kam das Mark hinzu. Ich sehe in den Fidechsenhärchen Neubildungen. Die Neigung der Wirbeltier- epidermis zur Verhornung trat in den Dienst der Sensibilität. Bei den Säugern vollzog sich eine Funktionserweiterung, indem die Organe auch den Wärmeschutz übernahmen. Die Lateralorgane sind für das Wasserleben bestimmt und degenerieren auf dem Lande, die Eidechsen- härchen hingegen sind Anpassungen an das Landleben. = Fig. 285. Längsschnitte durch das Fingerende von A Mensch, B Affe, © Hund, D Pferd, schematisiert nach BoAs. b Ballen, » Krallen- oder Nagelrücken, p,, pP, Phalangen, s Sohle, » Krallenwall. Krallen, Nägel, Hufe. Wie aus 283 A hervorgeht, schließen die Krallen der Säuger an die Verhältnisse der Eidechsen (S. 236) an, d. h. der Krallenrücken (Krallenplatte) wird an seiner Basis von einem Hautwall Fig. 287. Fig. 286. Fig. 288. Fig. 286. Hand eines Ostaffen /Inuus ecaudatus mit breitem Nagel am Daumen und Kuppelnägeln an den übrigen Fingern. '/, nat. Gr. Orig. Fig. 257. Linker Fuß eines Halbaffen, Perodictieus calaberensis, nach HUXLEY. Fig. 288. Rechter Fuß von Tarsius spectrum. °/, nat. Gr. Orig. überdeckt, welcher ihm durch Auflagerung einer dünnen Hornschicht die Glasur verleiht. Die dorsale Hornmasse wird von einer verdickten Basalmatrix abgeschieden, auf welche eine Sterilmatrix folgt, welche keine Hornsubstanz bildet. Die Spitze des Fingers erzeugt das Terminal- horn, seine Ventralfläche die Krallensohle.e Zwischen den beiden letzteren findet sich zuweilen [Halmaturus, Phoca (C)]| noch ein „Aus- füllungshorn“. Der Rücken besteht meist aus einer einheitlichen Masse von Hornlamellen. Zuweilen findet sich (B), wie bei manchen Krallen, Nägel der Säugetiere. 313 Eidechsen, eine Sonderung in eine obere und eine untere Schicht (Ursus, Meles), indem die Basalmatrix in zwei Zonen zerfällt. Die Kralle ist von vorn nach hinten meist stark gebogen und seitlich zu- sammengedrückt. Sie läuft bei Raub- und Klettertieren meist in eine scharfe Spitze aus, die bei Lauftieren häufig stumpf wird, aber im Gegensatz zum Nagel nach vorn zu sich verjüngt. Die Kompression kann so stark werden, daß die Krallen platt sind; so bei den in der Flughaut eingeschlossenen Fingern von Galeopithecus volans (283 E), deren glatte helle Rückenkante sich von den stumpfen dunklen Seiten- flächen scharf abhebt. Indem die Sohle weicher ist als der Rücken, läuft dieser in zwei scharfe seitliche Kanten aus. Beim Hasen ist die Sohle sehr schmal, und der Rücken wölbt sich von beiden Seiten über sie hinüber (D). Eine Ausnahmestellung nehmen die Krallen von Hwydrochoer«s ein, indem die Glasurplatte außerordentlich stark ist und die Sohle in den Ballen allmählich übergeht, während sonst die letzteren beiden deutlich voneinander abgesetzt sind. Große Krallen besitzen zuweilen besondere Befestigungseinrichtungen. So bildet bei den Katzen und bei Myrmecophaga die Endphalange eine Knochen- scheide, welche in den Wall hineinragt. Bei Perameles, Manis und Talpa springt die Innenfläche des Krallenrückens mit einer Längsleiste vor, und diese greift in eine Rinne der Phalange. Sehr merkwürdig verhalten sich die Lemminge der Gattung Dicrostonyx, welche ihren Namen „Doppelkraller“ daher haben, daß die Ballen des 3. und 4. Fingers während des Winters sich vergrößern und mit der Kralle verwachsen, um im Frühling wieder abzufallen. Diese Veränderung hängt wahrscheinlich damit zusammen, daß die Tiere während der kalten Jahreszeit mehr unterirdisch leben (284). Die Nägel der Affen und Menschen sind anzusehen als rück- gebildete Krallen, deren Rücken eine flache, wenig gebogene Form an- senommen haben, die nicht spitz, sondern breit abgeschnitten oder gerundet enden und deren Sohlen so sehr verkümmert sind, dab die Zehenballen weit nach vorn dicht unter den Nagel gerückt sind. Beim Menschen und bei den Halbaffen überragt der Ballen sogar noch den Nagel (285 A). Bei den Affen (B) ist diese Sohle stärker entwickelt und leitet über zu den Krallen (C), so daß es oft schwer ist zu ent- scheiden, ob man eine Kralle oder einen Nagel vor sich hat. Dies gilt namentlich für die sog. „Kuppelnägel“, welche in der Quer- richtung stark gewölbt sind und die bei den meisten Östaffen an den Fingern und Zehen mit Ausnahme der ersten vorkommen (286). Der Nagelrücken schiebt sich mit seiner freien Kante etwas über die Sohle hinüber und bildet so einen vorspringenden Rand. Er wächst von der Basalmatrix aus, die beim Menschen an den ersten drei Fingern als weißlicher Hof (Lunula) hindurchschimmert. Nägel treten außer bei Primaten auf bei Halbaffen (287) mit Ausnahme der zweiten Zehe, welche noch eine Kralle trägt. Bei Tarsius spectrum (288) hat auch die dritte Zehe noch eine Kralle; die Nägel zeigen ihren Ursprung aus Krallen noch dadurch an, daß sie spitz zulaufen; derjenige der ersten Zehe ist winzig klein. Ferner sitzen Nägel bei einigen Marsupialiern (Didelphys) an der ersten Zehe, welche mit Ausnahme von Noforyctes immer ohne Kralle ist und bei manchen Arten (Phascolaretus cinereus, Triehosurus caninus, Phalanger orientalis) überhaupt keine stärkere ‘ Verhornung über dem dicken Ballen aufweist. Bei manchen Eich- hörnchen (Xerus capensis, Sciurus maximaus) trägt der Daumen einen 314 VI. Kapitel. sehr breiten Nagel, während alle übrigen Finger Krallen haben. In allen diesen Fällen handelt es sich um Greifextremitäten, bei denen der Ballen als Tastorgan stark entwickelt ist, so daß offenbar die Rückbildung der Kralle zum Nagel in Anpassung an eine gesteigerte Tastempfindung eingetreten ist. Der Nagel bildet ein festes Wider- lager, gegen den der Ballen angedrückt wird, was eine Reizung der Tastkörperchen zur Folge hat. Daher fängt die Nagelbildung bei Affen immer an der ersten Zehe an, welche beim Umgreifen der Aeste am meisten benutzt wird, was zweifellos zugunsten einer lJlamarckisti- schen Deutung spricht, denn der Zufall müßte alle fünf Finger gleichmäßig bevorzugen, da es sich in jedem Falle um eine Verbesserung handelt. Dies zeigen unter den Neuweltsaffen die Hapaliden deutlich, welche an allen übrigen Fingern und Zehen noch Krallen haben. Auch bei den Ostaffen ist immer der Nagel an Zehe und Finger I am deut- lichsten ausgeprägt (2856). Für die Entstehung der Nägel aus den Krallen spricht die Tatsache, daß beim Fötus des Menschen und Schimpansen zunächst ein krallenartiger Vornagel gebildet wird, an dessen Basis der bleibende Nagel hervorwächst. In ganz anderer Weise können sich Nägel bilden, wenn die Extremität zu einer Flosse ver- Fig. 289. Fingerspitzen von unten gesehen nach BoASs, schematisiert. A Affe, B eine Art mit Krallen, © Nashorn, D Pferd, E Elentier. 5 Fingerballen, » Rand des Krallenrückens, s Sohle. breitert wird; so unter den Seekühen bei Manatus in rudimentärer Form mit Ausnahme vou M. inunguis. Bei Halicore sind sie ganz geschwunden, ebenso bei Walen. Bei den Robben läßt sich derselbe Prozeß verfolgen. Die Phociden haben an der Hand noch große Krallen (283C), während sie am Fuß sehr klein geworden sind, namentlich die erste und die fünfte. Die Otarien haben an der Hand nur noch Rudimente, während die drei mittleren Zehen flache Nägel tragen. Ebenso hat das Schnabeltier an seiner Hand fünf gerade Kuppelnägel, welche von der Schwimmhaut breit überragt werden, also nur dieser als Widerlager, aber nicht mehr zum Kratzen dienen können. Indem die Säuger sich zur schnelleren Fortbewegung auf die Spitze der Zehen stellten, digitigrad wurden, hat sich aus der Kralle der Huf entwickelt. Dieser ist durch folgende Merkmale charakterisiert, wie man am besten an der höchsten Hufform, dem Pferdehuf (289, D), erkennt: der Rücken, welcher auch wohl als Hornwand bezeichnet wird, ist gerade oder fast gerade und sehr dick; der Krallenwall ist sehr schwach; der Ballen springt als sog. „Strahl“ mehr oder weniger weit in die Sohle hinein, und Ballen und Sohle bilden zusammen die Unterfläche, auf welcher der Körper ruht. 289 läßt erkennen, wie der Strahl all- Hufe der Säuger. 315 mählich immer mehr an Bedeutung gewinnt. Beim Tapir, Nashorn (C), Schwein und Hirsch (2%) sind Ballen und Sohle noch deutlich ge- trennt; beim Pferd greift der Strahl schon weit in die Sohle hinein (D), und beim Elch (E) und Reh (290) wird die Unterfläche ganz über- wiegend von ihm gebildet, und die Sohle ist entsprechend verschmälert. Bei der Giraffe wird die ganze Ventralfläche nur vom Ballen ein- genommen, und die Sohle ist nicht mehr zu erkennen. Sohle und Ballen der Huftiere bestehen aus viel weicherer Hornsubstanz als der Rücken, so daß dieser mit einer scharfen Kante nach unten ab- schließt. Daraus erklärt sich der sichere Tritt, mit dem Gemsen, Wildziegen, Wild- schafe, Antilopen und andere Huftiere selbst im raschen Laufe über Geröllhalden und Fels- wände hinwegeilen. Dabei gehen Fig. 290. Fig. 291. Fig. 2%. I langballige Sohle vom Reh, II kurzballige vom Edelhirsch nach EBER. 5 Ballen, Hornwand — Rücken des Hufs, s Sohle des Hufs. Fig. 291. Elefantenfuß, halb von unten gesehen. Orig. r Rücken des Hufes, r‘ Uebergang zur Ventralfläche des Fußes, » die verwachsenen Ballen- und Sohlen- flächen. !/,, nat. Gr. Sohle und Ballen oft ganz allmählich ineinander über. Eine sehr merk- würdige Bildung ist der Fuß des Elefanten: alle Zehen sind miteinander verwachsen zu einer dicken Säule, deren ebene Ventralfläche von den ver- wachsenen Ballen und Sohlen gebildet wird, die als solche nicht mehr zu unterscheiden sind, sondern eine rissige Hornfläche bilden. Am Unterrand der Seitenwand springen die Rücken der fünf Hufe als senk- recht stehende Nägel vor (291). Sie sind längsstreifig, und ihr Unter- rand ist mehr oder weniger durchgescheuert, von Spalten durchsetzt und geht ohne scharfe Grenze in die Ventralfläche über. Bei den plantigrad sich bewegenden Klippschiefern (Hyrax) finden wir an den vier Fingern und an den zwei äußeren Zehen ein Mittelding zwischen Nagel und Huf: dorsal einen breiten Nagel, der sich aber ventral in eine Sohle fortsetzt. Die innere Zehe trägt eine Kralle, welche einem 316 VI. Kapitel. gespaltenen Phalanxknochen aufsitzt. Sie dient wohl zum Putzen des Fells. Eine ähnliche hufartige Bildung zeigen die großen südamerika- nischen Nager (Hydrochoerus, Dolichotis, Cavia, Dasyprocta, Dinomys), welche deshalb früher zu der Familie der Subungulata vereinigt wurden. Ueber das Laufen von Hyrax an senkrechten Flächen vgl. das Kapitel über Lokomotionsorgane (S. 355). Die Hautdrüsen der Säuger. Die Hautdrüsen sind bei den Säugern so reichlich vorhanden, dab sie als ein Erbteil amphibienähnlicher Urformen zu gelten haben. Sie treten uns entgegen 1. in allgemeiner Verbreitung in drei fast ausnahmslos vorhandenen Sorten, als Talg-, Schweiß- und Milchdrüsen, und daneben 2. in zahlreichen speziellen Formen, welche an irgend- einer Körperstelle bald in dieser, bald in jener Familie, Gattung oder Art auftreten und sich stets auf Talg- oder Schweißdrüsen zurück- führen lassen. Die Milchdrüsen sind modifizierte Schweißdrüsen. Nur bei Uetaceen und Manes fehlen mit der Rückbildung der Haare die Schweiß- und Talgdrüsen, so daß nur die Milchdrüsen vorhanden sind; bei Mans haben sich Talgdrüsen in der Umgebung des Afters und an “ der Schnauze erhalten. Bei den Sirenen bahnt sich derselbe Prozeß an, indem die Schweißdrüsen fehlen, während die Talgdrüsen in rudimen- tärer Form vorkommen. 1. Die Talgdrüsen,. Glandulae sebaceae, haben wir schon früher (5. 294) als Bestandteile der Haarbälge (168) kennen gelernt, die sie in Ein- oder Mehrzahl rosettenförmig umgeben. Sie haben die Auf- gabe, die Haarschäfte geschmeidig zu erhalten, da die Hornmassen hart und brüchig werden, wenn sie nicht beständig eingefettet werden. Zu- weilen werden die Talgdrüsen so groß, daß der Haarbalg wie ein An- hang derselben erscheint (Lippe der Schweine, Antorbitaldrüse der Anti- lopen). Die Größe der Talgdrüsen steht in keiner Beziehung zur Größe der Haare. Zarte Haare haben oft sehr große Drüsen. Daraus ist zu schließen, daß sie noch eine andere Aufgabe haben, indem sie vermut- lich den Individualgeruch erzeugen. Sie fehlen merkwürdigerweise trotz des Haarkleides bei CUholoepus und Uhrysochloris. Im Gegensatz zu den Schweißdrüsen besitzen sie keine Hülle von kontraktilen Zellen. Sie werden nur von Bindegewebe umgeben (%0). In manchen Organen häufen sie sich, und zwar besonders dort, wo die Haut in die Schleim- haut übergeht; so als Merısomsche Drüsen am Lidrande, als Perianal- drüsen um den After herum, an den Lippen, als Tysonsche Drüsen an der Glans penis. 2. Die Schweißdrüsen, Glandulae sudoriparae (168), haben eine viel allgemeinere Verbreitung als die Talgdrüsen, da sie zwar ursprüng- lich, wie die Ontogenie beweist, in die Haarbälge oberhalb der Talg- drüsen einmünden, aber sich sehr oft sekundär von den Haarbälgen lösen und frei in der Haut vorkommen; so treffen wir sie besonders reichlich beim Menschen an der Innenfläche von Hand und Fuß und in besonderer Größe in der Achselhöhle an, bei Tieren an den Ballen der Füße und an der Schnauze. Es sind beim Menschen meist unver- ästelte, bei Tieren nicht selten verästelte Schläuche, welche sich am unteren Ende knäulförmig aufrollen und daher auch Knäuldrüsen ge- nannt werden. Dieser gewundene untere Abschnitt führt sezernierendes Epithel und geht scharf abgesetzt in den langen Ausführgang über, Schweißdrüsen. 317 dessen Zellen viel niedriger sind. Den Durchgang durch das feste Stratum corneum überwindet der Ausführgang häufig in Spiralen (254). Die Drüsen können so lang werden, daß sie bis in das subkutane Binde- gewebe hineinreichen. Beim Menschen fehlen sie an der Glans penis und der Innenfläche des Präputiums; ferner werden sie vermißt bei Cetaceen, Sirenen, Manis, Choloepus und Lepus. Die Schweißdrüsen ölen für gewöhnlich in nicht auffälliger Weise die Haut ein und er- halten das Stratum corneum geschmeidig. Beim Menschen und Pferd, und in geringerem Maße auch beim Rind erzeugen sie bei hoher Tem- peratur oder starker Muskelarbeit das bekannte Sekret, den Schweiß, welcher zu 98 und mehr Prozent aus Wasser besteht, daneben Spuren von Eiweiß, Harnstoff, NaÜl, Fetten und Fettsäuren enthält. Die durch die Verdunstung des Schweißes erzeugte Kälte setzt die Körpertemperatur herab. Beim Menschen können unter Umständen 12 Liter Schweiß und mehr ausgeschieden werden. Das Sekret wirkt aber abküh- lend nur bei trockener oder mäßig feuchter Luft. Ziegen, Mäuse und Ka- ninchen vermögen nicht zu schwitzen. Die Katze hat drei Sorten von Knäul- drüsen, von denen diejenige an den Ballen Schweiß absondert. Auch die Hunde können nur hier schwitzen. Das en IR “ Nilpferd hat Schweiß- und Talgdrüsen thel nt ee nur an den Ohren, welche viel aus ditieus von außen gesehen nach dem Wasser herausragen. Sonst finden BRINKMANN. ep sezernierende Epi- sich überall in der Haut tubulo-alveoläre t#helzellen, rechts mit epitheliogenen = 3 ERS Muskelzellen (mw), links diese in Drüsen, welche ein rotes, schleimiges Korbzellen (kx) umgewandelt. Sekret liefern, das die Hautoberfläche färbt. Bei den Männchen von Ma- cropus rufıs sondern die Schweißdrüsen ebenfalls eine rote Flüssig- keit ab, welche die Haare färbt; bei den Weibchen der Zwergantilope Cephalophus pygmaeus ein blaues. Der histologische Aufbau der Schweißdrüsen ist einfach: das ein- schichtige Epithel wird von zylindrischen bis kubischen, zuweilen sogar flachen Zellen gebildet. Sie enthalten Sekretkörner und Fettröpfchen, sind also merokrin. Nach außen folgen spiralig verlaufende, glatte epi- thelogene Längsmuskeln, welche durch Verästelung zu „Korbzellen“ werden können (292), und eine bindegewebige Hülle. Die eigentliche Drüse wird von der aufgeknäulten Strecke des Schlauchs gebildet. Dann geht dieser in einen Ausführgang mit zweischichtigem Epithel ohne Längsmuskeln über, welcher das Corium durchzieht. Die äußere Schicht des Ausführganges wird also in dem sezernierenden Teile zu den Muskelzellen. Phyletische Entstehung der Sehweiß- und Talgdrüsen. Hier- über lassen sich nur Vermutungen aussprechen. Da die Säuger sehr wahrscheinlich von Cotylosauriern abstammen und diese wieder von Stegocephalen, so wird man annehmen dürfen, daß jene zwischen den Reptilienschuppen noch die Hautdrüsen ihrer amphibienartigen Vor- fahren besaßen. Bei den Amphibien kommen noch jetzt vielfach Haut- drüsen mit epithelogener Muskularis (s. S. 223 und Fig. 166) vor. Indem 318 VI. Kapitel. solche alveoläre Drüsen zu Schläuchen auswuchsen, mögen sie sich zu Schweißdrüsen umgebildet haben, um das Gleiten der Schuppen bei Be- wegungen zu erleichtern. Sie traten dann in Beziehung zu den Haaren, die, wie S. 309 im Kapitel über die Phylogenie der Haare gezeigt wurde, aus den Tasthärchen der Schuppen hervorgingen. Daher münden noch jetzt die Schweißdrüsen dauernd oder auf frühen Stadien in die Haarfollikel.e Mit der Rückbildung der Schuppen übernahmen sie die Einfettung der Haut und rückten von den Haaren ab, die sich in den Talgdrüsen einen spezifischen Ersatz schufen. Die letzteren sind also phyletisch jünger als die Schweißdrüsen; daher ihre geringe Umwand- lungsfähigkeit, während die mehr indifferenten Schweißdrüsen eine Fülle der verschiedensten Drüsen aus sich hervorgehen ließen. DW, N LK RR FOUR al! g DRG, , ) — IH | PRIATIRRNEI Tr Fig. 293. Weibchen von Echidna hystric mit Brutbeutel. Bei + ein Haar- büschel, von dem das Sekret abtropft. Nach HAACKE. ‘ 3. Die Milehdrüsen schließen wir an die Schweißdrüsen an, weil sie sich sehr wahrscheinlich aus diesen entwickelt haben. Wir dürfen annehmen, daß die Ursäuger ovipar waren, sich aber schützend um ihre Eier herumlegten oder sie mit dem Bauche zudeckten. Dadurch wurde die Haut an bestimmten Stellen gereizt, verdickte sich und vergrößerte die Schweißdrüsen zu verästelten tubulo-alveolären Organen, deren fett- reiches Sekret von den jungen Tieren aufgeleckt wurde. Jenes erste Stadium einer lokal verdickten Oberhaut tritt uns noch jetzt onto- genetisch in den Voranlagen der Milchdrüsen entgegen. Die phyletische Weiterentwicklung erfolgte nach drei verschiedenen Richtungen: bei den Monotremen mit Marsupium, aber ohne Bildung einer Zitze, bei den Beuteltieren mit Marsupium und Zitze und bei den Placentalen nur mit Zitzen. Milchdrüsen. 319 Monotremen. Hier finden sich die einfachsten Verhältnisse. 100 bis 125 Schläuche von etwa 25 mm Länge münden auf einem Drüsen- felde ohne Zitze aus. Es fehlt auch eine besondere Einsenkung (Mammar- tasche). Die Drüsen sind bei den Männchen ebenso stark entwickelt wie bei den Weibchen, so daß es nicht unmöglich, wenngleich noch nicht beobachtet ist, daß sich beide Geschlechter an der Ernährung der Jungen beteiligen. ‚Jeder Schlauch hat seine eigene glatte Muskularis und mündet an der Basis eines Haares aus, ist also sicherlich aus einer Schweißdrüse hervorgegangen. Echidna verhält sich insofern anders wie das Schnabeltier, als bei dem weiblichen Ameisenigel sich die Drüsen in einem etwa 4 cm breiten, flachen, von einem Sphinkter (295) umgebenen Marsupium (293, 294) öffnen, welches zuweilen durch einen aus dem Ver- schluß des Nabels hervor- gehenden medianen Wall (Mw) in zwei Abschnitte zerfällt Die Haare des Drüsenfeldes haben zum Teil stark entwickelte Talgdrüsen. Sie stehen in dem Beutel vielfach zu zweien, wie auch sonst auf der Bauchfläche. Das Tier trägt in ihm ein großes rundes, mit einer Hornschale bedecktes Ei, zu- weilen auch zwei, und auch das Junge während der ersten Laktationszeit. ä ; Fig. 29. Marsupium einer, erwachsenen Ak auiongzeit. pater bildet Echidna nach SEMon. Bd, Bs rechte, linke sich der Beutel stark zurück, Tasche, 47 Mittelwall, Wd, Ws rechte und um bei der nächsten Brunst jinke Wand des Beutels. wieder aufzutreten, denn die 9 cm langen Tierchen werden in Erdhöhlen vergraben und hier ernährt. Als erste Anlage des Drüsen- feldes zeigt sich bei Embryonen (296 na) eine flache Epidermiserhebung, die Voranlage, welche später mehr medianwärts wandert. Der Beutel wird zuerst paarig angelegt, indem jederseits eine Rinne um das Drüsenfeld herum auftritt; später verschmelzen die beiden Rinnen. Wahrschein- lich wurden ursprünglich, wie beim Schnabeltier, immer zwei Eier ab- gesetzt. Bei Ornithorhynchus fehlt ein Beutel und daher auch ein Sphinkter, was als eine sekundäre Anpassung an das Wasserleben an- zusehen ist. Die Drüsenfelder liegen im Niveau der Bauchhaut und fallen äußerlich wenig auf, da sie wie diese mit Grannen- und Woll- haaren bedeckt sind. Das Drüsenpaket tritt durch einen Schlitz der Bauchmuskeln hindurch (2%). Ueber die Eier und Jungen ist noch nichts bekannt. Für die Marsupialier ist charakteristisch 1. der Besitz von Zitzen, welche durch Ausstülpung einer Zitzentasche (Mammartasche) entstehen; 2. die oft sehr große Zahl der Zitzen und ihre Anordnung bei einigen Arten jederseits in einer Doppelreihe; 3. der durch einen 320 VI. Kapitel. besonderen Sphinkter verschließbare Beutel, in dem die Zitzen liegen und welcher die auf sehr früher Entwicklungsstufe geborenen Jungen aufnimmt. Wie bei Monotremen (296) tritt zuerst eine Voranlage jederseits neben dem Nabel auf. Sie läßt eine Anzahl von paarigen Mammaranlagen aus sich hervorgehen (298 A), von denen aber das vorderste und das hinterste Paar miteinander verschmelzen. Indem dann diese beiden Felder zusammenrücken (B), entsteht die merk- würdige vierreihige Anordnung (U), wie sie bei manchen Didelphyiden (299) beobachtet wird. ‚Jede Anlage (300 a) besteht zuerst aus einer knopfförmigen Verdickung der Epidermis. Diese wächst als solide Wucherung in die Tiefe und läßt am unteren Ende strangförmige Haaranla- sen (/) hervorsprossen, Sphineter welche je eine Drüsen- eolli anlage (//) tragen und später auch eine Talgdrüse bekommen. Die Wucherung höhlt sich aus (c), wobei Pectoralis anfangs das Lumen von gebiet einem Hornpfropf erfüllt sein kann. Die so ge- bildete Zitzen- oder Mam- Sphineter martasche stülpt sich dann marsupii aus zu einer langen Zitze Glandulae (d), deren Oberfläche also ne der Wand der Zitzen- |} ee Markup tasche entspricht. Sie ent- | I behrt meist der Haare, da NV I) diese und die Talgdrüsen I Sphincter Sich zurückbilden. Bei der Sen cloacae primitiven Didelphyide ) Marmosa murina bleibt die Zitzentasche von ge- Se ralmaks ringer Tiefe (e), stülpt sich aber später noch aus. Endlich bei Didelphys DAS Be marsupialis (f, g) unter- Fig. 295. Ventralmuskeln einer männlichen bleibt die Aushöhlune er Echidna nach RUGE. Facialisgebiet l Anlage ganz, und die Zitze entsteht durch Aus- wachsen des Hautwalls. Die Zahl der Zitzen ist bei den niederen Gattungen der Beuteltiere sehr groß und variiert individuell sehr stark, bei den höheren sinkt sie auf 4 oder 2: Gattung Marmosa (beide Seiten zusammen) 9—19, M. pusilla 11—15; Peramys 9—25; Didelpyhys marsupialis 5-13; Peramelidae 8; Phalangeridae und Macro- podidae 4, Phascolaretidae 2. Die Zitzen verteilen sich in der ver- schiedensten Weise, meist dicht zusammen im Beutel zu 2 oder 4 geraden oder gebogenen Reihen. Bei fehlendem Beutel (299) können sie sich auch über die ganze Bauchfläche in 2 oder 4 Reihen erstrecken. Wenn viele Zitzen vorhanden sind, so hat jede nur wenige Milchgänge; andererseits steigt die Zahl bei Phascolarctos auf einer Zitze bis zu 24. Die Jungen der Beuteltiere ergreifen die Zitze nach der Geburt, und Milchdrüsen der Beuteltiere. 391 das Epithel des Mundes verwächst mit dem der Zitze, so daß das Junge fest an dieser hängt und auch ohne Beutel herumgetragen werden kann. Da die Jungen zunächst noch nicht saugen können, so wird die Milch ihnen durch einen um die Drüse herumlaufenden Kompressor- muskel von Zeit zu Zeit eingespritzt. Der Beutel entsteht durch eine Einsenkung der Bauchhaut, und zwar schon bei den Beuteljungen, also auf einem sehr frühen Stadium, wenn die Mammaranlagen knopfförmige Verdickungen sind (501). Es ist nun sehr beachtenswert, daß die niedrigsten Beuteltiere, die Didelphyiden, in den Gattungen Marmosu und Peramys einen Beutel noch nicht besitzen, und daß er bei Culu- romys durch zwei seitliche Falten angedeutet ist. Innerhalb dieser Familie ist er hei Didelphys und Chöronectes gut entwickelt. Unter Fig. 296. Fig. 297. Fig. 296. Embryo von Echidna von 14 mm Rückenlänge nach SEMON, ver- größert. ma Voranlage des Drüsenfeldes. Fig. 29%. DBauchseite eines Ornithorhynchus-Weibchens nach KLAATSCH. cl Kloake, dr Drüsenfeld, f Furche, schl Schlitz zwischen den Bauchmuskeln (mx), sp Sporngrube. den Dasyuriden ist er bei Phascogale schwach ausgebildet. Man muß hieraus schließen, daß der Beutel innerhalb der Beuteltiere selbständig erworben, also nicht von Monotremen ererbt ist. Es handelt sich hier um zwei homoiologe Bildungen. Bei Myrmecobius wird er zuerst an- gelegt, bildet sich aber wieder zurück mit Ausnahme des Sphinkters, welcher sich erhält. Der Beutel kommt auch den männlichen Tieren zu, ausgenommen Thylacinus. Die Oeffnung des Beutels ist meist nach vorn gekehrt, zuweilen auch gerade nach unten, bei Perameles nach hinten. Es hängt dies wohl von der Lebensweise und Körperhaltung Plate, Allgemeine Zoologie I. 21 322 VI. Kapitel. ab. Die Wand des Beutels trägt Haare und wird vielfach von Furchen durchzogen. Bei vielen Arten bildet sich um jede Mammartasche bzw. Zitze eine Ringfurche, deren Außenwand sich zuweilen faltig erhebt und zur Befestigung des Jungen beitragen kann (302). Bressrau hat diese Furchen als Marsupialtaschen bezeichnet und die Vermutung ausgesprochen, daß der Beutel aus der Verwachsung solcher Taschen entstanden ist. Dies ist nicht wahrscheinlich, denn es handelt sich meist nur um seichte Furchen und nur selten (Smunthopsis) um größere Bildungen. Es ist vielmehr anzunehmen, daß der Beutel, wie bei Kehidna, dadurch entstand, daß die mediane Bauchwand dünnhäutig und ohne darunter liegende Muskeln war. Nachdem die Jungen sich fest an die Zitzen angesogen hatten, wird eine Kontraktion der umgebenden Mus- keln sie in die Haut wie in einen Beutel hineingepreßt haben. Aus diesen Muskeln hat sich dann der quergestreifte Sphinkter entwickelt. _— — A a Fun Ss se ale S N e nz [7 Es: BL ® > e ® ® A \* ‚ Y f N D ‘® R 1 . ® ® N A ® ! d ® ® ‘® [- d ı end 1 \ ' ' \ ® \.7,7® ! \ ® eo ro \ ' U \ oe ' ’®@ 5 ® ®: ne h en? - f ‘ .e/\e . ®: IQ [4 = er . . - >. > a ®: B Ü Fig. 298. Schemata zur Entstehung der doppelreihigen Zitzen der Didelphier nach BRESSLAU. Die Verhältnisse der Placentalia erinnern sehr an die Beutel- tiere, denn die Milchorgane münden auf Ausstülpungszitzen aus, die jederseits in einer Reihe stehen, wenn sie in mehrfacher Zahl vor- handen sind. Ein Beutel fehlt vollständig und tritt nicht einmal in Spuren auf. Man kann aus diesem Grunde die Placentalier nicht direkt von den Marsupialiern ableiten, sondern wird sie beide auf dieselbe Urform zurückführen müssen, welche nur eine Voranlage besaß. Diese tritt bei den Placentaliern auf als „Milehstreifen“, d.h. als ein ziemlich breiter Streifen von erhöhtem Epithel, welcher von der Achsel bis zu den Weichen sich jederseits erstreckt. Er verdickt sich dann in seiner Mitte zur „Milchleiste‘ (303), während die seitlichen Teile verschwinden. Die Milchleiste verdickt sich weiter in bestimmten Abständen zu den Milchhügeln (304a), während die zwischen ihnen Milchdrüse der Placentalier. 323 En gelegenen Partien sich rückbilden. Jeder Hügel läßt nun eine Zitzen- tasche aus sich hervorgehen, die ursprünglich ziemlich tief ist (b—d, Erinaceus, Talpa, Muridae, Carnivora), bei Menschen (e) aber nur wenig sich aushöhlt. Durch Ausstülpung der Tasche geht daraus die Zitze hervor, wobei der Cutiswall in verschiedenem Grade sich be- teiligt. Bei den Wiederkäuern (f) tritt analog wie bei 300f, g keine Aushöhlung ein, sondern die Zitze wird fast ganz vom Cutiswall auf- gebaut. Sie trägt einen sehr weiten Drüsengang, den sog. Strichkanal (306). Indem die Milchorgane zusammentreten und über die Bauchhaut weit vorspringen, entsteht das sog. Euter. Im allgemeinen finden wir, daß der Drüsengang kurz vor seiner Ausmündung sich erweitert zum Sinus lactiferus, Milch- A > säckchen (305. 306. sin), das bei der Kuh zu der ) AR DARO, An sehr geräumigen Milcheisterne wird. Dieser Gang hat also nichts mit einer Zitzentasche zu tun, da eine solche gar nicht auftritt. Die frühere Be- zeichnung „Pseudozitze“ (GEGENBAUR) ist demnach aufzugeben. Die Zitzen der Säuger sind meist dunkel pigmentiert und heben sich dadurch von der hellen Hautfläche ab. Bei den Primaten ein- schließlich des Menschen und der Hapaliden findet sich um die Zitze noch ein dunkler Hof mit höckeriger Oberfläche, der Warzenhof (Areola), welcher ein Teil des Cutiswalls ist, also nicht als ausgestülpte Zitzentasche angesehen werden kann an WAL Fig. 299. Bauchhaut eines jugendlichen Weibchens von Peramys henseli nach BRESSLAU. Die schwarzen Punkte sind die Mammaranlagen, die Striche sind Haare. (305). Beim Menschen münden hier zahlreiche verästelte tubulöse Drüsen, die MontGoMmeEryschen Drüsen (Glandulae areolares). Die Milch- drüse selbst ist eine zusammengesetzte tubulo-alveoläre Drüse, die in viele Läppchen zerfällt. Sie liegt eingebettet in fettreichem Bindegewebe. Für den Menschen ist charakteristisch, daß diese Fettpolster so stark entwickelt sind, daß die Zitzen auf vorspringenden Hügeln, den Brüsten, ruhen. Die Zahl der Milchgänge einer Zitze schwankt erheblich (Wieder- käuer, Insektenfresser, Mäuse 1; Pferd 2; Carnivora, Mensch viele). Die Zahl der Zitzen ist bei niederen und kleinen Säugern groß, da sie gleichzeitig mehrere Junge werfen; in demselben Maße, wie die Körper- größe und Differenzierung zunimmt, verringert sich die Zahl der Jungen und der Brustwarzen, bis wir schließlich bei Mensch, Pferd, Schaf, Ziege, Elefant u. a. nur ein Paar antreffen. Das Rind hat 2, die Katze 4, der Hund 4-5, das Schwein 5—8 Paare. Die höchste Zahl, 11 Paare, besitzt ein Insektenfresser von Madagaskar, der Borstenigel, (entetes ecaudatus. Wenn die Zahl geringer wird, können sich die Zitzen am vorderen oder hinteren Ende der Milchleiste anlegen. So finden wir pectorale Brustwarzen bei Affen, Halbaffen, Elefanten, Fleder- mäusen, Sirenen, manchen Edentaten; abdominale und inguinale bei Nagern, Insektivoren und Carnivoren; inguinale bei Huftieren und Walen. Bei der Maus liegen 3 Paare an der Brust, 2 Paare inguinal, und dazwischen befindet sich eine Lücke. Die ursprüngliche große Zahl kommt in überzähligen Brustwarzen (Hypermastie) nicht selten 21 324 VI. Kapitel. zum Ausdruck oder in einer großen Variabilität der Zahl. Beim Menschen können solche akzessorische Gebilde von der Achselhöhle bis in die Nähe Fig. 300. Schemata der Zitzenbildung bei Marsupialiern nach BRESsSLAU. a die gemeinsame Ausgangsform : Cutiswall schwarz, Mammaranlage schraffiert, b—.d Zitzen- bildung durch Ausstülpung, e primitive Zitzentasche von Marmosa murina, f, g Zitzenbildung durch Wucherung des Hautwalls bei Didelphys marsupialis. hp Horn- pfropf, 7 Mammarhaar, welches später verschwindet, // Milchdrüse, /// Talgdrüse. Phylogenie der Milchdrüsen. 325 der Vulva auftreten. Man hat danach berechnet, daß die Vorfahren des Menschen bis zu 10 Paaren gehabt haben, von denen das vierte zu den normalen Brustwarzen geworden ist. Beim Schwein schwankt die Zahl zwischen 3 und 9 Paaren. Die Zitzen der männlichen Säuger sind kleiner und häufig auch.an Zahl geringer (Eber 4 Paare, statt 5—8 bei der Sau, Hund 3 Paare statt 4-5 bei der Hündin), Als eine überzählige, auf dem Stadium der Zitzentasche stehen gebliebene Bildung ist die Inguinaltasche irrtümlich gedeutet worden, welche bei manchen Artiodactylen (Antilopen, Schafe, aber nicht bei den mehr ursprünglichen Gattungen Tragulus und Sus) vorkommt. Es handelt sich um eine nach außen von den Zitzen in der Leistenbeuge liegende Tasche, welche mit Haaren, Talg- und Schweiß- drüsen versehen ist und als ‘eine zufällige Bildung oder vielleicht als eine rudimen- täre Drüse gedeutet werden muß. Aus dem Gesagten läßt N sich etwa folgender Schluß Fig. 301. Querschnitte nn die Beutel- 1: Ra rer anlage eines Beuteljungen von Trichosurus vul- bezüglich der phyletischen pecula von 75 mm Länge nach BRESSLAT, °/.. Entstehung der Milch- m Sphinceter marsupii, ma, kraniale Mammar- organe ziehen. Die Stamm- anlage, mt Marsupialtasche. form der Säuger übte eine Brutpflege aus, indem sie ähnlich wie /chthyophis, Phython und die Vögel die Eier beschützte und sie mit dem Bauche bedeckte. Mit dem Erwerb einer. höheren Körpertemperatur wurde den Eiern auf diese Weise Wärme zugeführt und die Ontogenie beschleunigt. Diese Gewohnheit führte zu einer Reizung .der ventralen Schweißdrüsen und zu einer lokalen Verdickung der Epidermis, was sich jetzt noch in den Voranlagen wider- spiegelt. Die Entwicklung ging nun nach drei verschie- denen Richtungen. Bei den !Monotremen entstand das Drüsenfeld in einem Beutel, der beim Schnabeltier infolge Fig. 302. Ein Beuteljunges von Sminthopis erassicaudata an der bis tief in den Rachen hineinragenden Zitze. Der Kopf wird umgriffen von einer Marsupialtasche. Nach BRESSLAU. des Wasserlebens wieder verloren ging. Bei den Marsupialiern fehlte zunächst noch der Beutel. Aus der Voranlage entwickelten sich ge- häufte oder in Reihen stehende Zitzentaschen, die zu Ausstülpungs- zitzen in einem Beutel wurden. Bei den Placentaliern wurden die Jungen längere Zeit im Uterus getragen und mit Hilfe einer Placenta ernährt, ein Beutel war deshalb nicht nötig. Aus der Voranlage wurde ein Milchstreifen bzw. eine Milchleiste, die zahlreiche in einer Reihe stehende Mammartaschen und Ausstülpungszitzen erzeugte. Broman leitet die Miichdrüsen von den Seitenorganen der Amphibien ab, deren Sinnes- zellen sich in die Haare der Säuger umgewandelt haben sollen, während 326 VL Kapitel. die Drüsenzellen zu den Milchorganen wurden. Diese Auffassung ist nicht haltbar, weil die Haare, wie oben gezeigt wurde, aus den Tast- härchen der Eidechsen hervorgegangen sind, die mit den Lateralorganen nichts zu tun haben. Diese haben außerdem an sich keine Drüsenzellen, sondern solche treten erst auf bei sekundärer Verlagerung in Haut- kanäle. Der histologische Bau der Milehdrüsen bietet von den Mono- tremen bis zum Menschen wenig Verschiedenheiten. Daher ist die GEGENBAURSche Auffassung, daß sie diphyletisch entstanden sind, bei Monotremen aus Schweißdrüsen, bei den übrigen Säugern aus Talgdrüsen, abzulehnen. Die sezernierenden Schläuche, welche sich häufig an ihren Enden zu Alveolen erweitern. werden von einem einschichtigen Epithel ausgekleidet. Nach außen folgen Zellen, welche wie bei den Schweißdrüsen als kontraktile ver- ästelte Epithelzellen angesehen und als Korbzellen bezeichnet werden, da sie korbartig das Epithel um- greifen. Daran schließt sich eine bindegewebige Membrana propria. Es ist sehr wahrscheinlich, daß die Milchdrüsen aus Schweibdrüsen hervorgegangen sind, obwohl ihre äußere Form mehr dem alveolären Fig. 303. Embryo vom Schwein Typus entspricht. Aber in der Form mit Milchleiste nach KEIBEL. gibt es keine scharfen Gegensätze zwischen tubulösen und acinösen Drüsen. Entscheidend ist, daß die Milchdrüsen, wie die Schweißdrüsen, Epithelmuskeln besitzen, daß sie wie diese merokrin sezernieren (s. 8. 317) und daß die Schweißdrüsen überhaupt eine große Umbildungs- fähigkeit besitzen, wie die weiter unten folgende Uebersicht spezieller Hautdrüsen beweist. Eine Entstehung aus Talgdrüsen ist ausgeschlossen, weil diese holokrin sind. Dagegen wäre es möglich, daß alle drei Drüsensorten sich aus einer indifferenten Drüse der Ursäuger ent- wickelt haben. Die Milch besteht aus Fettröpfchen, welche mit Wasser zusammen eine Emulsion bilden. Außerdem enthält sie Eiweißstoffe (Kasein, Albumin) und Kohlehydrate (Milchzucker). Es ist interessant, daß die Milch nordischer Tiere (Renntier, Delphin) viel Fett enthält, da dieses eine hohe Verbrennungswärme hat, während die Milch von Tieren aus warmen Klimaten (Kamel, Pferd, Esel) viel Zucker, aber wenig Fett aufweist. Der Mensch stammt hiernach aus einer warmen Gegend, denn die Frauenmilch hat ungefähr denselben Zuckergehalt (6—7 Proz.) wie Pferd und Esel, während die Kuhmilch nur 4,8 enthält. Die speziellen Hautdrüsen der Säuger gehen überwiegend aus den Schweißdrüsen hervor, indem diese sich vielfach verästeln und dicke Drüsenpakete bilden. Daneben aber spielen auch die stark ver- größerten Talgdrüsen bei manchen Arten eine Rolle, oder es sind beide Drüsenarten zu einem größeren Komplex vereinigt. Solche Drüsen sind in erster Linie die Erzeuger von Geruchsstoffen, welche zum Auf- Kopfdrüsen der Säuger. 327 suchen der Geschlechter und zur sexuellen Erregung dienen. Daher finden sie sich nicht selten nur bei den Männchen oder sind hier stärker ausgebildet. Man unterscheidet diese Drüsen am besten nach dem Orte ihres Vorkommens. 1. Kopfdrüsen. Am verbreitetsten sind die Drüsen, welche zwischen den Nasenlöchern ausmünden und hier auf einer meist stark pigmen- tierten, gefelderten oder gefurchten, gar nicht oder nur sehr schwach behaarten Hautstelle ausmünden, welche sich kalt und feucht anfühlt (Rüsselscheibe der Schweine, Flotzmaul der Rinder, Nasenspiegel der Fig. 504. Die Entwicklung der Zitzen bei den Placentalia nach Br&SssLAU. a erste Anlage, b Erinaceus, c Talpa, Muridae, d Carnivora, e Homo, f Ruminantia. Schafe, Ziegen, Antilopen, Fleischfresser u.a.). Bei Katzen und Hunden soll die Feuchtigkeit von der lateralen Nasendrüse herstammen. Sonst finden sich hier zahlreiche Drüsen, welche ein wäßriges Sekret liefern. Die Bedeutung liegt darin, daß die feuchte Schnauze leicht wahrnimmt, von welcher Richtung die Witterung kommt. Antorbitaldrüsen liegen bei Hirschen, Antilopen, Schafen und Ziegen vor den inneren Augenwinkeln meist in einer Hautvertiefung, welche sich in eine Grube der Tränenbeine einsenken kann. Man nennt sie daher auch wohl Tränengruben, Hirschtränen oder Suborbitaldrüsen. 328 VI. Kapitel. Rücken sie weiter nach vorn und unten an den Oberkiefer, wie bei manchen Antilopen, so werden sie als Maxillardrüsen bezeichnet (30%). Sie bestehen aus einer Mischung stark entwickelter Talg- und Schweiß- drüsen, während die erweiterten Haarbälge nach dem Abwerfen der Haare als Sammelbecken des Sekrets dienen. Eine ähnliche Drüse be- sitzen einige Fledermäuse am Oberkiefer. Eine Supraorbitaldrüse von stark entwickelten Schweißdrüsen findet sich bei Cervalus muntjac. Die Schläfendrüse des indischen Elefanten mündet durch einen kleinen Porus in der Mitte zwischen Auge und Ohr aus. Die Haut stülpt sich hier sackartig ein und trägt Haare mit Talgdrüsen. Die zugehörigen Schweißdrüsen sind zu reich verästelten Schläuchen geworden, welche zusammen ein flaches Paket von etwa 6 cm Durchmesser bilden. Die Drüse findet sich bei beiden Geschlechtern. Sie sezerniert zuweilen so reichlich, daß ein dunkler Mn LANDTTVE Ni mil LILHIEHTEREEEIG! By > N \ . Fig. 305. Schema der Zitze der Primaten. Orig. ar Areola, bi fettreiches Bindegewebe, /ob Lobuli der Milchdrüse, s?n Sinus lactiferus, pap Papille, gl.ar (Glandulae areolares. Fig. 306. Schema der Zitze der Wiederkäuer. Orig. sin Sinus lactiferus (Strichkanal, Milcheisterne), rm« Ringmuskel, Imu Längsmuskel. Streifen angetrockneten Sekrets von dem Porus senkrecht auf der Haut herabzieht. Eine Intermandibulardrüse in Form einer behaarten Hauttasche sitzt bei Trugulus javanicus vor den Kinnvibrissen und ist bei Männchen stärker entwickelt als bei Weibchen. Die Drüse selbst besteht aus einer oberen Schicht großer Talgdrüsen und einer unteren von Schweißdrüsen. 2. Rumpfdrüsen. Sorex besitzt eine Drüse seitlich am Rumpfe, das Pecarischwein (Dicotyles) eine solche in der Rückenmediane über dem Kreuz. Etwas weiter nach vorn, in der Mitte des Rückens, haben manche Ayrar-Arten einen heller oder dunkler als die Umgebung ge- färbten Haarfleck. Bei Dendrohyrax terricola liegt zwischen diesen Haaren eine vorgewölbte Hautstelle mit zarten weißlichen Härchen. In jeden Haarbalg mündet eine tubulöse, verästelte Drüse, deren Aus- führgang zwischen den beiden Talgdrüsen verläuft. Es ist eine Duft- drüse, welche besonders zur Brunstzeit funktioniert. Einige tropische Hautdrüsen der Säuger. 329 Fledermäuse ((heiromeles, Ametrida) haben in der Brustregion umstülp- bare Drüsentaschen. 3. Schwanzdrüsen. Myogale moschata, die Bisamspitzmaus der Wolga, verdankt ihren eigentümlichen Geruch einer Drüse, welche zwischen den Schuppen der Schwanzwurzel ausmündet. Bei (ervwus elaphus wird der letzte Schwanzwirbel von einer dicken Masse Ver- srößerter Schweißdrüsen umhüllt. Die „Violdrüse“ des Fuchses liegt an der dorsalen Schwanzwurzel. 4. Die Genitalre- sion ist sehr oft der Sitz besonderer Hautdrüsen. So münden beim männ- lichen Biber paarige Säcke mit einer gemein- samen Oeffnung vor dem Präputium aus und liefern durch einen nekrobioti- Fig. 307. Antilope mazxwelliQ jwv. nach WEBER. schen Prozeß das Kasto- d Maxillardrüse. reum, welches früher als krampfstillendes Mittel gebraucht wurde. Es vermengt sich beim Aus- tritt mit dem Sekret der Analdrüsen. Bei dem männlichen Moschustier, Moschus moschiferus, liegt an derselben Stelle ein paariger Beutel, welcher das kostbare Parfüm erzeugt. 5. Eine Perinealdrüse zwischen After und Geschlechtsöffnung zeichnet die Viverren aus. Bei Genetta und Para- doxurus findet sich in der Mediane eine schwache Einsenkung mit Drüsen, welche aus Talgdrüsen hervorgehen, wobei der Haarbalg nach dem Abwerfen des Haars als Sammelbecken fungiert. Bei den übrigen Gattungen senkt sich das Drüsen- feld zu einer Tasche ein, die durch eine mittlere Falte ihren paarigen Ursprung verrät. Bei Viverra kommen noch zwei seitliche Divertikel hinein. 6. Analdrüsen sind für viele kleine Raubtiere charakteristisch und bedingen ihren penetranten Geruch. Sie münden meist als paarige Säcke in den End- darm, und das Auspressen des Sekrets kann durch den Sphinkter und durch den Levator ani unterstützt werden. Bei N \ \\ x NA) IN ı\ Fig. 308. Analregion von Arctomys marmotta nach ÜHATIN. P Penis, T’Papillen der Analdrüsen. Stinktieren (Mepkitis, Cone- patus u.a.) wird es zur Verteidigung weit herausgespritzt. Bei Arc- fomys marmotta können drei Papillen aus der Afteröffnung vorgestreckt werden (308). ‘. Interdigital- oder Klauendrüsen kommen bei vielen Artio- dactylen (Schwein, Wiederkäuer) und auch beim Rhinoceros zwischen 330 V1. Kapitel. den Hufen vor, um die Gleitflächen derselben einzuölen. Eine kleine, mit Haaren ausgekleidete Hauttasche steigt in der Zwischenklauenhaut schräg nach oben. Die Oeffnung ist meist eng, beim Gnu (310) so weit, daß die Haare frei herausragen. Die Tasche wird umhüllt von zahlreichen Paketen stark vergrößerter Schleimdrüsen (309). Hier sei auch der eigentümlichen Sporndrüse des männlichen Schnabeltiers (297 sp) gedacht, welche viel kleiner auch bei Eehrdna vorkommt. Sie liegt in der Oberschenkelbeuge, und ihr Ausführgang zieht an der Hinterseite der Extremität herab und in den Sporn hinein. Sie kann wohl nur eine sexuelle Funktion haben. Fig. 309. Schnitt durch die Interdigitaldrüse von Catoblepas ynu nach BRINK- MANN, °/. NH Haar, SI Schweißdrüse, Su Ausführgang derselben, 7 Talgdrüse, A Arrector pili, Z Epidermis. B. Skelettorgane. Wir begnügen uns hier mit einigen allgemeinen Angaben, da die Hautskelette der einzelnen Klassen schon im vorigen Kapitel geschildert wurden, eine Darstellung der Skelette der Schwämme, Üölenteren, Echino- dermen und Wirbeltiere aber zu weit führen würde. Der Tierkörper hat eine gewisse Festigkeit nötig, und da das Protoplasma an sich weich ist, so bedarf er besonderer harter Stützorgane, an die sich die Gewebe und besonders die Muskeln anheften können. Diese festen Skelettelemente können daneben mancherlei andere Aufgaben über- nehmen, namentlich zum Schutz und zur Bewegung dienen. Wir be- zeichnen alle Hartgebilde des Tierkörpers als Skelette, mögen sie in ihm oder außerhalb desselben liegen, tot oder lebendig sein, von ihm selbst erzeugt oder aus Fremdkörpern aufgebaut sein, wenn nur die Hartteile fest mit dem Körper verbunden sind an einer oder an mehreren Stellen. Eine Schutzhülle, in der sich das Tier frei hin und her be- wegen kann, wird man nicht mehr als Skelett bezeichnen. Es ist her- vorzuheben, daß viele niedere Tiere ohne besondere Hartsubstanzen Skelette. 331 ihren Körper dadurch steif machen, daß die Leibeshöhle prall mit Flüssigkeit gefüllt ist, etwa in derselben Art, wie ein prall mit Wasser gefüllter und an beiden Enden geschlossener Gummischlauch eine ge- wisse Festigkeit besitzt. Wie die einzelne Zelle Wasser ansaugt und dadurch ihre Wand unter osmotischen Druck (Turgor) versetzt, so kontrahieren viele Würmer die Ringmuskeln der Haut, so daß die Körpersäfte unter Druck stehen. Ein Regenwurm wird auf diese Weise so steif, daß er sich in die Erde einzubohren vermag. Die Skelette sind entweder lebendige Teile des Organismus (Knorpel und Knochen Fig. 311.A. Fig. 310. Fig. 311:B. Fig. 53110. Fig. 311D. Fig. 310. Interdigitaldrüse von Catoblepas ynu nach BRINKMANN. . Tasche der Klauendrüse. Fig. 311. Skelettbildungen bei Tunicaten. A Chelyosoma macleayanum mit Hornplatten. mp Mittelplatte, »» Randplatte, sp Siphonalplatte, # Einfuhr-, e Aus- fuhröffnung. B, C Spieula aus dem Mantel von Leptoelinum, D von Cystodites. Nach SEELIGER. der Wirbeltiere), oder es sind tote Ausscheidungen (Chitinpanzer der Gliederfüßler, Schneckenschale). In beiden Fällen bezeichnen wir die vom Organismus selbst erzeugten Hartteile als Autoskelette, im Gegen- satz zu den durch aufgenommene Fremdkörper erzeugten Xenoskeletten: ein Palythoa-Polyp ist z. B. in seinem Mesoderm überall von Sand- körnern erfüllt. Die Teile eines Skeletts sind meist fest verbunden bei den höheren Tieren, so daß sie als zusammenhängendes Ganzes herauspräpariert werden können. Bei vielen niederen Tieren liegen sie hingegen frei im Bindegewebe und sind dann in so großer Menge vorhanden, dab 332 V1. Kapitel. sie durch ihre Masse dem Körper Festigkeit verleihen. Dies gilt be- sonders für die Nadeln vieler Schwämme, die Sklerodermiten der Al- cyonarien (312) und Gorgoniden, die Kalkkörper der Holothurien (133). Bandwürmer, Brachiopoden, Doriden und mancher Tunicaten (311), aber auch für die Schuppen der Fische und viele Xenoskelette. Feste und lose Skelette gehen aber ineinander über. So sind bei vielen Hexacti- nelliden die Sechsstrahler durch Kieselsäure verklebt, und die Nadeln der Monactinelliden werden durch Spongin (313) zu Bündeln und Netzen vereinigt. Ebenso verschmelzen bei der Edelkoralle die zentralen Sklero- dermiten durch eine faserige Kalkmasse zu einer festen Achse. Der freie Zustand ist bei den genannten Evertebraten als der ursprüngliche _— eingest.Pol. Fig. 312. Schnitt durch Alcyonium digitatum nach KÜKENTHAL, etwas ver- ändert. Eet Ektoderm, Ent Entoderm, eingest.Pol eingestülpter Polyp, %k.Mes.fil kurze Mesenterialfilamente, /.do.Mes.fil lange dorsale Mesenterialfilamente, Xk Kalkkörper, Mag.quer Magenquerschnitt, Md Mund, Adr Mundröhre, A7es Mesoderm, Tent Ten- takel, Verb.k entodermale Verbindungskanäle. anzusehen; dies scheint auch für die Holothurien zu gelten, denn alle Skelettstücke der Echinodermen, auch die fest verwachsenen der See- igel, treten zuerst in der Zelle auf (25) und verwachsen sekundär; da- her haben sie einen maschigen Bau und sind stark von Bindegewebe durchsetzt. Die unter der Epidermis liegenden Skelette der Wirbel- losen bestehen also ursprünglich aus isolierten Elementen, ganz im Gegensatz zu den vom Ektoderm nach außen abgeschiedenen (Kalk- skelett der Riffkorallen, Hornachse der Gorgoniden [314 B|, Chitin- panzer), welche große zusammenhängende Stücke bilden. Da nun die Fasern der Hornschwämme von Zellen abgeschieden werden (315 bei 1, 316), die epithelartig angeordnet sind, und die Fasern nicht isoliert auf- Skelette. 333 treten, so ist eswohl möglich, daß jeneZellen ektodermalen Ursprungs sind. Ein solcher Ursprung wird freilich auch für die Bildungszellen der Nadeln der Kalkschwämme und der Kalkkörper der Alcyonarien angegeben. Alle diese losen Hartgebilde der Wirbellosen werden ursprünglich in einer Zelle (Skleroblast) angelegt, und zwar bei den Schwammnadeln als ein organisches, gelatinöses Körnchen oder Stäbchen, um welches sich die Kalk- oder Kieselmasse herumlagert. Selbst komplizierte Nadeln (317) können in einer Zelle fertig ausgebildet werden. Bei langen Nadeln zieht sich die Zelle entsprechend aus. Sehr oft teilt sich der Kern oder die Bildungszelle, so daß das Hartgebilde von einem Syncytium umhüllt wird, das wenige (318) oder viele Kerne (Anker der Synapten, Kalk- platten der Echiniden) enthalten kann. Auf der höchsten Stufe treten von Anfang an Fir. 313. "Kieselnadel mehrere getrennte Skleroblasten auf, die sich yon Sponsfälle ee zusammenordnen und das Skelettstück ge- gin vereinigt. Nach Boas. meinsam abscheiden. Dies gilt für die Nadeln mancher Kalk- und Kieselschwämme (319) und die eben erwähnten Hornfasern. Dabei ist es sehr beachtenswert, daß diese Skelettelemente sowohl hinsichtlich ihrer Lage im Körper, wie in der Form und häufig auch in der Mikrostruktur ausgesprochen zweckmäßig sind. Bei der Viel- gestaltigkeit dieser Erscheinungen ist es ausgeschlossen, sie rein mecha- Fig. 314. A Sklerodermiten von ÖOctokorallen, stark ver- größert, a Gorgonia, b Plexaurella, e Briareum. B Schema einer Gorgoride mit zentraler Hornachse (Ho), Gastralkanälen (G) und Mesoderm (M) mit Kalkkörpern. nisch aus dem Druck von Plasmavakuolen oder dergleichen zu erklären. Sobald ein Echinodermenskelettstück mechanisch beansprucht wird durch Druck oder Zug oder als Gelenk, ist seine Struktur — wie die Knochen- substanz, aber sehr viel zarter und nur mikroskopisch erkennbar — auf- fällig verändert, indem die Hauptbalkenrichtung den Muskelfasern ent- spricht oder senkrecht zum Druck verläuft. Auch die physikalischen Eigenschaften des organischen Kalkes sind vielfach verändert und lassen sich nicht aus der Mischkristallnatur erklären, sondern müssen die 334 VI. Kapitel. Folge organischer Beimengungen sein, wenngleich diese oft äußerst gering sind (z. B. in der Interambulacralplatte von Echinus esculentus nach BürtscHhLı nur 0,03 Gewichtsproz. neben 86 Proz. CaCO? und 85 Proz. MgCO?). Alle diese Skelettelemente der Wirbellosen sind daher echte, wenngleich tote Organe mit biologischen Eigenschaften, nicht bloß anorganische Anhäufungen. I. Autoskelette. Ihrer chemischen Natur nach sind die Skelette ganz überwiegend aus anorganischen Substanzen aufgebaut, oder sie bestehen nur aus organischen Stoffen oder sie enthalten eine Mischung beider. Die anorgani- schen Skelette be- sitzen wohl immer eine Spur einer or- ganischen Grundsub- stanz. Aus amorpher Kieselsäure bestehen die äußerst mannig- faltigen Skelette der Radiolarien mit Aus- nahme der Acan- tharien (320), deren Nadeln aus Stron- tiumsulfat sich auf- Fig. 315. Skelettelemente von Schwämmen. 1 Faser bauen, und die ebenso eines Hornschwamms mit Spongioblasten, 2—7 verschie- verschiedenartigen dene Kieselnadeln. Aus Handb. d. Naturw. Nadeln der Kiesel- schwämme [Silici- spongiae (315 2—7)], welch letztere stets einen organischen Achsen- faden aufweisen, ferner die Gehäuse mancher Rhizopoden (327 d), Heliozoen, Silicoflagellaten u. a. Außerordentlich weit verbreitet unter den wirbellosen Tieren ist der kohlensaure Kalk (Foraminiferen unter den Protozoen, Kalk- schwämme, Steinkorallen, Echi- nodermen, Mollusken u.a.). Bei den Alcyonarien enthalten die Kalkkörper (314) meist ziemlich viel (6—15 Proz.) MgCO® und daneben wechselnde Mengen von Qa°P2@2 (bis’S7Bro2): Fig. 316. Querschnitt durch eine junge Hornfaser von Euspongra offiei- nalis nach BuRcK. Die Spongioblasten (sp) hängen untereinander durch Aus- läufer zusammen und bilden außerdem um die Hornfaser ein Plasmanetz. Von organischen Skelettsubstanzen seien erwähnt: Das Tunicin der Tunicaten, eine Art gallertiger Cuticula, welche Skelette. 335 von der Epidermis ausgeschieden wird und weich bis knorpelighart sein kann. Bei den Ascidien (163, 164) ist sie cellulosehaltig, häufig fibrillär differenziert und durch Kalk-, Kiesel- und Pigmenteinlagerungen (311) ausgezeichnet. Sie wird ferner da- durch besonders merkwürdig, daß meso- dermale Bindegewebszellen sekundär in sie einwandern und hier am Leben bleiben. Näheres hierüber S. 190. Hornige Skelette sind bei Wirbel- losen weit verbreitet. Manche Rhizopoden (Arcella) scheiden eine hornige Schale aus. Die Fasern der Hornschwämme bestehen aus einem jodhaltigen Albuminoid, dem Di- jodtyrosin. Die Hydroidpolypen umgeben sich mit einem hornigen Periderm. Die Hornkorallen (Gorgoniden) haben eine vom Ektoderm ausgeschiedene, ebenfalls jod- haltige Hornachse (314 B), welche meist Fig.317. Entwicklung einer Kalk enthält. Unter den Ascidien weist Amphidiske von Ephydatia Chhelyosoma macleyanım eigentümliche horn- Dem egn (Süßwasserkiesel- artige Platten auf (311). Auch das Chitin °P wamm) nach Evans. der Arthropoden ist eine Art Horn- substanz (vgl. S. 176 ff.). Bei den Moilusken ist die oberste Schicht der Schalen in der Regel hornig und wird dann als Periostracum b GESFITS, oO . Fig. 318. Entwicklung eines Kalkkörperchens von Aleyonium digitatum in einem zweikernigen Syncytium nach WOODLAND. (vgl. 8. 185 ff.) bezeichnet. Die zum Zerkleinern der Nahrung dienende Radula der Schnecken und Tintenfische und die zwei Kiefer der letzteren bestehen aus Horn. Bei Wirbeltieren kommen hornige 336 VI. Kapitel. Skeletteile weit verbreitet vor, z. B. als Flossenstrahlen bei vielen Fischen, als Zähne bei Cyclostomen und als mannigfachste Umbildungen des Stratum corneum (Schuppen der Reptilien, Schnäbel, Krallen, Hufe, Haare, Federn u. dgl.) Knorpelige Elemente finden sich unter den Wirbellosen bei Tintenfischen (321) zur Stütze des Kopfes, der Augen, der Arme und der Seitenflossen. Der Kopfknorpel schützt außerdem das zentrale Nervensystem. Ueber seine histologische Struktur vgl. Fig. 85 und S. 101, und über seinen Vorläufer, das Chondroidgewebe, S. 100. Unter den Wirbeltieren haben die niedrigsten Fische (Cyclostomen, Selachier) ein ausschließlich knorpeliges Skelett. Bei allen übrigen Wirbeltieren wird das Skelett zum großen Teil erst knorpelig angelegt, verknöchert aber später mehr oder weniger (Histologie S. 103 ff.). Fig. 319. Entwicklung eines Sechsstrahlers in dem Kieselschwamm Kupleetella Marschalli. a Die junge Nadel ist eingeschlossen von einem Syneytium von Sklero- blasten. b Es haben sich Endscheiben an den Nadelästen gebildet. c Von diesen strahlen die Endäste aus. Nach Isına. d Sechsstrahler von Rosella podagrosa nach WOODLAND. Ein zelliges Achsenskelett (Chorda dorsalis) findet sich dauernd bei Appendiculaten, beim Amphioxus und den Uyclostomen und tritt vorübergehend bei den übrigen Tunicaten und bei den Embryonen und ‚Jugendformen aller übrigen Wirbeltiere auf. Die Festigkeit wird dadurch erzielt, daß die Zellen stark mit Flüssigkeits- vakuolen durchsetzt sind und durch eine dicke zellenfreie Umhüllung von homogener oder faseriger Grundsubstanz (Chordascheide) unter Druck stehen. Diese Zellen sind meist polygonal oder blasig (322), nur beim Amphioxıs bilden sie dünne, parallel angeordnete Platten (323), welche große Vakuolen zwischen sich fassen. Diese merkwürdige Bildung ist nur aus ihrer Ontogenie verständlich. Sie geht hervor aus einem Zellstrang, dessen Elemente dorsal und ventral klein bleiben ((’h.x), während die mittleren zu hohen, schmalen, epithelartig angeordneten Platten werden, welche im Innern eine große Vakuole (V) bilden und Organische und anorganische Skelette. 337 sich außen mit einer Öuticula umhüllen. Zwei benachbarte Cuticulae verschmelzen zu einer Chordaplatte (C’hpl), denen aber noch einzelne Kerne mit etwas Protoplasma anliegen. Die Chordascheide besteht aus einer dünnen Elastica und der eigentlichen Scheide, wobei es zweifel- haft ist, ob beide oder nur die Elastica als eine Ausscheidung der kleinen CUhordazellen anzusehen ist. Eine Vereinigung von organischen und anorganischen Sub- stanzen liegt vor im Panzer der höheren Krebse, deren Chitin durch- setzt ist von kohlensaurem Kalk, ferner in der kalkhaltigen Hornachse der Gorgoniden und bei vielen Kieselschwämmen, deren Nadeln durch Hornsubstanz zusammengehalten werden (313). Auch der Knochen besteht aus einer organischen Grundsubstanz mit eingelagerten Kalk- salzen. Fig. 320. Fig. 321. Fig. 320. Xiphacantha spinulosa HAECKEL, eine Acantharie, mit 20 großen, zentral verwachsenen Stacheln, die periphere Fortsätze tragen. Fig. 321. Skelettelemente von Sepia offieinalis. a Anordnung der Knorpel- stücke und des Schulps in der Dorsalansicht, b Längsschnitt durch den Schulp. Aus BÜTSCHLI. Bezüglich der Lage im Tierkörper zerfallen die Skelette in zwei Gruppen, in Haut- oder Exoskelette und in innere oder Ento- skelette. Die Exoskelette werden entweder von der Epidermis nach außen abgeschieden (äußere Hautskelette: Korallen, Hornachse der Gorgoniden, Periderm der Polypen, Chitinpanzer, Schnecken- und Muschelschale) oder sie liegen in der Unterhaut [innere Hautskelette: Kalkskelette der Echinodermen (133, 134), Schuppen der Fische (181)]. Bei Krokodilen, manchen Eidechsen und besonders bei den Schild- kröten (222 B) finden wir gleichzeitig beide Sorten von Hautskeletten, indem die Hornplatten das stark verdickte Stratum corneum der Ober- haut darstellen, während die Knochen des Panzers im Corium liegen. Mit diesen Hautknochen verwachsen dann noch stellenweise die Rippen Plate, Allgemeine Zoologie I. 22 338 V1. Kapitel. und Wirbel, also Teile des Entoskeletts. Der Gegensatz zwischen äußeren und inneren Hautskeletten ist manchmal verwischt. Die vom Mantel ausgeschiedenen Schalen der Mollusken sind ursprünglich reine Außenskelette.e Es kommt aber nicht selten vor, daß sie vom Mantel überwachsen werden, verkümmern und schließlich ganz verschwinden. Unter den Tintenfischen hat Spirula (324) eine gekammerte Schale, die noch an zwei Stellen zutage tritt, während sie bei Sepia (321b) zu einer inneren Schulpe geworden ist. Die jugendliche Aplysia (325) besitzt eine freie, deutlich gewundene flache Schale, die später zu einer rudimentären inneren Kalkplatte wird. Ebenso findet sich bei unseren Limar-Arten noch ein winziges inneres Schälchen, das bei Arion in Kalkstückchen zerfallen ist. Umgekehrt sind die Geweihe ursprünglich von Haut überzogene innere Hautskelette, die sekundär Fig. 322, Fig. 323. Fig. 322. Querschnitt durch die Ohorda aus der Rumpfregion der Larve von Petromyxon planeri. Ch Chorda, Oh.sch Chordascheide, El.ex Elastica externa, Med Medulla, Venac Vena cava. Fig. 323. Chorda des Amphioxrus nach JOSEPH aus BüÜTScHLI, verändert. Chpl Chordaplatten, Chx Chordazellen, El Elastica, K Kern, Lig.dors und ventr dor- sales und ventrales Ligament, Sch Scheide, V Vakuole. freigelegt werden. Bei der Giraffe bleiben sie dauernd von Haut be- deckt, während die Hirsche den „Bast“ später abfegen. Da bei Schwämmen und Cölenteren keine eigentliche Unterhaut vorhanden ist, so kann man die im Mesoderm liegenden Hartgebilde auch zum Ento- skelett rechnen. Es ist aber wohl richtiger, sie als Exoskelette auf- zufassen, da ihre Bildungszellen vielfach der Epidermis entstammen. Die inneren Skelette liegen unter der Haut. Das Skelett der Wirbeltiere gehört in der Hauptsache hierher. Wie aber das eben erwähnte Beispiel des Schildkrötenpanzers lehrt, können sich Haut- knochen mit dem inneren Skelett vereinigen. Hinsichtlich ihrer Ent- stehung gilt im allgemeinen der Unterschied, daß die Hautknochen direkt aus dem Bindegewebe der Haut hervorgehen, während die Teile Anordnung der Skeletteile. 339 des Entoskeletts zunächst knorpelig angelegt werden und erst später verknöchern. Man nennt die letzteren daher auch wohl Knorpel- knochen oder Ersatzknochen, während die Hautknochen auch Deck- oder Belegknochen genannt werden. Näheres hierüber siehe S. 105. Die Skeletteile folgen im allgemeinen in ihrer Anordnung der Körpersymmetrie: sie sind radialsymmetrisch bei einem Seeigel, bilateralsymmetrisch bei einem Wirbeltier angeordnet. Bei einigen wirbellosen Tieren können die Hartteile ganz irregulär angeordnet sein, so Z. B. die Kalkkörperchen, welche das Mesoderm der Alcyonarien (312) oder die Unterhaut der Holothurien (133) durchsetzen. Das Wachstum der Skelettelemente kann in dreifacher Weise vor sich gehen: entweder durch Zwischenlagerung (In- tussusception) der neuen Teilchen, z.B. beim Knorpel, oder durch periphere bzw. terminale Anlagerung (Apposi- tion), zZ. B. bei der Schale einer Schnecke, den Kalkstücken der Seeigel, den Schuppen der Fische und den Hornplatten der Krokodile, oder durch Angliederung (Addition) neuer Kam- mern (polythalame Foraminiferen) Y{R Fig. 324. Fig. 325. Fig. 524. Spirula (australis?) Q von der Seite, nach PELSENEER. Der Mantel ist eine Strecke aufgeschnitten. / Schale, welche noch an zwei Stellen frei zutage tritt, 2 Nidamentaldrüse, 3 akzessorische Nidamentaldrüsen, £ Trichter, 5 Fangarme, 6 Flosse. Fig. 325. Links junge Aplysia punetata mit äußerer, deutlich gewundener Schale, rechts rudimentäre Schale eines erwachsenen Tiers, welche vollkommen vom Mantel überwachsen ist. Nach MAZZARELLI. oder Skelettstücke (Radiolarien). Bei äußeren Hautskeletten ist auch die Häutung, d. h. das Abwerfen des alten Skeletts und die Bildung eines neuen, ein bei Nematoden, Arthropoden, Eidechsen und Schlangen beobachtetes Mittel, um dem Wachstum des Körpers Rech- nung zu tragen. Um den Nachteil allzu großer Schwere der Skelett- teile aufzuheben, greift die Natur immer wieder zu einer porösen, schwammigen Anordnung der Hartteile. Bei den Radiolarien, Schwämmen und Echinodermen finden wir diese allein. In anderen Abteilungen finden wir nebeneinander dichte und poröse Skelette, die dann zu systematischen Untergruppen benutzt werden: imperforate und perforate Foraminiferen, Korallen mit dichtem Skelett (Aporosa) und mit lockerem 22* 340 VI. Kapitel. (Perforata). Ebenso kann die Knochensubstanz der Wirbeltiere kom- pakt oder spongiös sein. Ein anderes Prinzip tritt uns bei Ammoniten, Nautilus (440) und Sperula entgegen, welche nur den terminalen Ab- schnitt der Schale bewohnen und durch Ausscheidung von Querböden lufthaltige Kammern erzeugen. Die feinen, von Pfeilern gestützten Spalten zwischen den Lamellen der Sepea-Schulpe (321b) sind der letzte Rest derselben. Die Anordnung der Hartteile nach denselben mechanischen Prinzipien bei ganz verschiedenen Familien führt häufig zu auffallenden Konvergenzen. So finden wir eine spiralige Anordnung der Kammern bei den verschiedensten Foraminiferen und bei Ammoniten. Zwei Schalen besitzen die Muscheln, die Östracoden unter den Krebsen und die Brachiopoden unter den Würmern; bei den ersteren beiden entsprechen sie der rechten und linken, bei den letzteren der Rücken- und Bauchseite. Ein deckel- artiger Verschluß kommt unter den Muscheln bei den Rudisten zustande, indem die kleine linke Schale in die Oeffnung der großen rechten hinein- paßt (326), bei den Prosobranchiern durch einen hornigen oder kalkigen Deckel, welcher dem Fuß aufsitzt, bei den Ammoniten durch ein einfaches oder doppeltes Verschlußstück (Apty- chus), bei den Röhrenwürmern (Serpu- > liden) durch Umwandlung von ein oder . Fig. 326. Hippurites gosari- zwei Tentakeln und bei der Ascidie Sn en En en Rhodosoma wvereeundum durch Um- ist angewachsen, die linke klein, bildung des vordersten Teils des Cellu- zum Deckel ausgebildet. losemantels. II. Xenoskelette aus Fremdkörpern treten in zwei Formen auf: als Gehäuse, indem die Sandkörner, Spongiennadeln, Fäkalkugeln u. dgl. durch eine gallertige Kittmasse zu einer Röhre oder Schale vereinigt werden, welche den Körper umschließt und fest mit ihm verwächst oder als Einlagerungen in die Gewebe. Derartige Gehäuse sind unter den Protozoen weit verbreitet bei Thalamophoren, Flagellaten und einigen Ciliaten. Unter den tripyleen Radiolarien haben die Cämentelliden kein eigenes Skelett, bedecken sich aber mit kieseligen Fremdkörpern verschiedenster Art (Radiolarien, Silicoflagellaten, Diatomeen). 327 a—c zeigt einige marine Rhizopoden, welche sich aus Schwammnadeln, Globigerinen- schalen oder Sand eine schützende Hülle aufgebaut haben, während die nahverwandte Yuadrula symmetrica selbsterzeugte Kieselplättchen sehr regelmäßig aneinander lagert. Es ist RuumBLER gelungen, die ver- schiedensten Gehäuse täuschend zu imitieren, indem er Tropfen aus einem Gemisch von Knochenöl und Chloroform in Alkohol mit Sand, Glassplittern u. dgl. zusammenbrachte (328). In den Rhizopoden wie in dem Tropfen werden die Bausteine von innen an die Oberfläche Xenoskelette. 341 gebracht, durch Kapillarattraktion aneinander gelagert und durch Kitt- masse verklebt. Die Rädertiere Melicerta und Oecistes scheiden Gallert- röhren aus und Kleben in sie Fäkalkugeln, Schlamm oder Detritus, oft in großer Regelmäßigkeit. Auch manche Raupen machen sich Gespinnst- röhren mit Fäkalien, die man natürlich nicht zu den Skeletten rechnen wird, da der Körper nicht fest mit ihnen verbunden ist. Manche Meerestiere bedecken sich mit Sand, Korallenstückchen u. dgl. um nicht gesehen zu werden, so namentlich Holothurien, Schwämme, Ascidien, Aktinien. Auch diese Gewohnheit mag zuweilen zu einem Xenoskelett geführt haben. So bedecken unter den Prosobranchiern die Arten der Gattung Xenophora ihre kegelförmige Schale mit fest angehefteten Fremdkörpern. Einlagerungen von Fremdkörpern in die eigenen Gewebe hinein kommen namentlich bei sessilen Evertebraten vor, da diese sie wegen ihrer Fig. 327. Schalenskelette von Rhizopoden. a Technitella legumen, Gehäuse aus Spongiennadeln, b Rheophax scorpiurus, Gehäuse aus Globigerinenschalen, ce aus Sand bestehend, d Wuadrula symmetrica, Gehäuse aus selbstgebildeten Kiesel- platten. Aus WINTERSTEIN. geringen Beweglichkeit nicht als störend empfinden. Schwämme nehmen häufig fremde Kieselnadeln, Foraminiferefschalen, Stücke von Korallen, Sand u. dgl. in sich auf. Unter den Hexakorallien sind die Zoanthaceen oft ganz durchsetzt von Fremdkörpern, und man kann bei den ver- schiedenen Gattungen ihr Vordringen in die Tiefe verfolgen. Bei Phellia wird die Cuticula von Sandkörnern durchsetzt, während die Zoanthiden das Ektoderm oder auch das Mesoderm so dicht inkrustieren mit Sand, Alcyonarienspicula, Schwammnadeln u. a., daß ein wahrer Panzer ent- steht. Dabei wählt die eine Art häufig nur Sand, die andere nur Foraminiferenschalen:; Palythoa variabilis verfestigt sich im Mauerblatt basal überwiegend mit Sand, distal mit Spongienskeletten. Die Ascidien bedecken sich in gewissen Arten mehr oder weniger dicht mit Sand und andern Fremdkörpern oder durchsetzen mit ihnen den Mantel. Am umfangreichsten sind solche Einlagerungen wohl bei den 342 VI. Kapitel. Xenophyophoren ausgebildet, Tiefsee-Rhizopoden von 2—7 cm Größe und scheiben-, fächer- oder kammförmiger Gestalt. Der ganze vielkernige Körper ist durchsetzt von einem filzigen Gerüstwerk von Fremdkörpern, die je nach den Arten fast nur aus Kieselschwammnadeln, Foraminiferen oder Radiolarien bestehen (329). Sie wurden von HAEcKEL als Schwämme beschrieben. C. Lokomotionsorgane. Die Tiere haben im allgemeinen im Gegensatz zu den meisten Pflanzen die Fähigkeit der Ortsveränderung. Sie brauchen dieselbe zu den verschiedensten Zwecken: zum Aufsuchen der Nahrung und ge- eigneter Lebensbedingungen, zur Vermeidung der Feinde, zur Ver- einigung der Geschlechter, zum Absetzen der Eier usf. “ Die Bewegungsorgane sind außerordentlich verschieden und hängen ab teils von dem allgemeinen Organisationsplan, teils von speziellen Anpassungen. Wir ge- ben hier einen Ueber- blick über die ver- schiedenen mechani- schen Prinzipien der tierischen Lokomo- tion, insofern sie das Einhalten einer be- stimmten Richtung er- möglichen. Unbe- stimmte Bewegungen (Hin- und Herpendeln von Nematoden, Fort- rollen zusammengeku- Fig. 325. a Difflugia bieuspidata mit extrathalamer gelter Tiere |Chiton, Dauereyste, auf welcher die Sandkörner radiär stehen. ] das passive b künstliches Gehäuse aus einem Mischtropfen von Glomeris Knochenöl und Chloroform in Alec. absol. Die Glas- Sichtreibenlassen der splitter stehen alle radiär. Nach RHUMBLER. Planktontiere u. a.) sollen nicht berück- sichtigt werden. Bei den Protozoen dienen Pseudopodien, Cilien oder Geißeln und vereinzelt auch muskelartige Fäden der Ortsbewegung. 1. Die Pseudopodien (1) der Rhizopoden entstehen dadurch, daß die Oberflächenspannung des Zellkörpers nicht überall gleich ist und das Protoplasma an den Stellen mit geringer Spannung durch den Binnendruck der Zelle vortreibt. Bei flüssigem Plasma ist die Be- wegung „fließend“, indem das Protoplasma in der Achse des Pseudo- podiums sich nach vorn bewegt und an der Spitze in peripheren Strömen wieder rückwärts fließt (330). Diese rückläufigen Protoplasma- teile adhärieren an der Unterlage, während der Scheitel frei im Wasser vorrückt. Hat das Ektoplasma eine festere Oberflächenhaut (Pellicula) so „rollen“ die Amöben über die Unterlage durch die beständige Ver- lagerung des Schwerpunkts nach vorn. 2. Cilien und Geißeln. Eine Fortbewegung durch Cilien (Flimmer- bewegung) ist nicht nur bei Protozoen (12, 13) sehr häufig, sondern auch sonst bei kleinen Metazoen (kleine Tubellarien, Rädertiere, Larven vieler Würmer, Mollusken und Echinodermen) weit verbreitet. Die Geißeln (Flagellen) unterscheiden sich von den Cilien durch be- deutendere Größe und dadurch, daß sie an einer Zelle einzeln oder Lokomotion durch Cilien, Geißeln. 343 nur in geringer Zahl (bis 8, selten mehr, 37, 41) auftreten, während die Cilien stets in großen Mengen in flächenhafter oder in reihen- artiger Anordnung vorkommen. Diese Gebilde schlagen automatisch, wie daraus hervorgeht, daß sie auch nach der Abtrennung vom Zell- körper sich noch eine Zeitlang bewegen. Sie bestehen aus zwei Sub- stanzen, einer äußeren kontraktilen, welche den Schlag durch ihre Kontraktion bewirkt, und einer elastischen Achse, welche die Cilie wieder aufrichtet. In Flimmer- bändern schlagen die Cilien meist nicht alle gleichzeitig, sondern eine nach der andern, wodurch häufig der Anschein eines rotierenden Rades (Räder- tiere) erweckt wird. Durch Ver- wachsung vieler Cilien ent- stehen breite Flächen bei man- chen Protozoen (13, Vorticella, an der Mundöffnung) und die Ruderplatten der Ctenophoren (115), während die sog. undu- lierenden Säume der Trypano- somen (37) als kontraktile Rand- flächen anzusehen sind, wie sie auch bei Spermien vorkommen. Eine Eigentümlichkeit sehr vieler Geschöpfe, welche mittels Fig. 229. Schnitt durch eine Xeno- Cilien schwimmen, ist, daß sie phyophore , Psammetta erylhroeytomorpha sich dabei beständig um ihre nach SCHULZE. Vergr. 33:1. Die dunklen Längsachse drehen, weil die Stränge sind „Sterkomare“, d. h. mit dunklen 1:1: BAR: Re IR Kotmassen erfülltes Protoplasma. Die.hellen Cilien nacheinander in Tätig- sind die „Granellare“, welche mit vielkernigem keit treten. Sie beschreiben dann Protoplasma erfüllt sind. Dazwischen zahl- eine Spirale im Wasser (331), lose Kieselnadeln. wobei dieselbe Körperfläche der Außenseite der Spirale zugekehrt bleibt. Derartige Drehschwimmer sind immer etwas asymmetrisch gebaut (seitliche Mundbucht der In- fusorien, umgebogener Fuß der Rädertiere u. a.) und würden sich im Kreise bewegen ohne die Drehungen um die Längs- achse. Da die Kraft der Cilien nur gering ist, so können sich größere Meta- zoen nicht dieser Fort- SE Fig. 330. Kriechende Amöbe nach JENNINGS. bewegungsorgane bedie Das Protoplasma fließt in der Richtung der kleinen nen. Um ihre Zahl zu Pfeile. Das ganze Tier bewegt sich in der Rich- vermehren, sitzen die tung des großen. Wimperschnüre der Echi- nodermenlarven auf langen Falten und Fortsätzen (332 A), oder es, treten bei vielen Protozoen und Wurmlarven mehrere parallele Cilienringe auf (332B). Eine Fortbewegung durch Geißeln kommt den flagellaten Protozoen und den meisten Samenzellen zu, zuweilen kombiniert mit einer undulierenden Membran (Trypanosoma, 3%). Der Achsenfaden der Geißel entsteht bei den Flagellaten aus dem Centriol des Kerns (vgl. S. 54), bei den Spermien aus dem Üentrosom 344 VI. Kapitel. und häufig erhalten sich diese Gebilde als „Basalkorn“ an der Wurzel der Geißel (37 bl.). Solche Körner finden sich auch vielfach bei den Cilien (36, 38). Die Flimmerepithelien größerer Metazoen dienen nicht zur Ortsbewegung, sondern es sind Strudelapparate, welche Nahrung und Atemwasser dem sessilen (Spongien, Bryozoen, Brachiopoden) oder wenig beweglichen (Muscheln, Ampheo.rus) | Organismus zuschwemmen, In ähnlicher Weise sind sie auch in den Hohlräumen vieler Organe, z. B. im Darm oder in den a Nieren weit verbreitet, um Stoffe weiter- \ SS zubewegen (vgl. 8. 84). ER 3. Eine Fortbewegung durch Aus- N scheidung eines 6Gallertstiels soll bei ST I Gregarinen und Sporozoiten von Üoccidien NS (335 A) vorliegen. Diese bewegen sich in EN kleinen Zeitintervallen ruckartig vorwärts, IR was nach SCHEWIAKOFF darauf beruht, daß \ am hinteren Körperpole Gallerte ausgeschie- ir den wird, welche an der Unterlage festklebt c und die Gregarine in irgendeiner, noch nicht . aufgeklärten Weise fortbewegt. Bei den ' Kieselalgen (Diatomeen) soll die Bewegung ı in derselben Weise erfolgen. Diese Auf- I fassung wird von manchen Autoren be- | stritten. Alle anderen Arten der Fortbewegung beruhen auf Muskeln, wobei aber sehr ver- schiedene mechanische Prinzipien wirksam sind. Muskelartige kontraktile Fäden, sog. Myoneme, Myophane oder Myoide sind schon bei den Protozoen weit ver- breitet und verlaufen meist in der Längs- richtung des Körpers im Ektoplasma (Try- panosomen, Ciliaten), zuweilen auch im Ento- \ plasma. Bei Gregarinen verlaufen sie quer Fig.331. SpiraligeSchwimm- (333, D, 7). Sie dienen hauptsächlich zur richtung eines Rädertiers (Ploe- Veränderung der Körpergestalt. zum Ein- zo. nach JENNINGS. @ ziehen des Peristoms oder zur Ausdehnung ückenansicht. 5 Fuß nach links. ce Bauchansicht. d Fuß des Außenplasmas an den Stacheln der nach rechts. Acanthometriden, aber nicht zur Lokomo- tion. Nur bei den Vorticellen (13) sind sie im Stiel zu einem langen Bündel vereinigt, welches bei Reizung den Körper an die Unterlage heranzieht. Nach Korrzorr (1912) sind aber diese Fäden bei Vorticella als elastische Stäbe anzusehen, welche die Streckung des Stiels bewirken, während die Kontraktion von dem Proto- plasma des Stiels ausgeht. 4. bewegung durch Rückstoß bei Medusen, Tintenfischen, Salpen u. a. Diese Tiere nehmen Wasser in einen Hohlraum des Körpers mit muskulöser Wandung auf, treiben dann das Wasser durch Muskel- kontraktion plötzlich heraus und erhalten so einen Stoß nach der ent- gegengesetzten Richtung. Die Medusen und Quallen besitzen um das Mundrohr herum einen glockenartigen Raum mit muskulöser Wandung \ \ Rückstoßbewegung. 345 zur Wasseraufnahme. Bei den meist kleinen Hydromedusen (334) wird dieser durch eine vorspringende Ringfalte, das Velum, teilweise ab- geschlossen, so daß das ausgepreßte Wasser durch eine verhältnis- mäßig schmale Oeffnung tritt und dahe* einen stärkeren Rückstoß verursacht, als wenn die Ausströmungsöffnung groß wäre. Die größeren Scyphomedusen (Quallen, 113) besitzen kein Velum, verfügen aber [© d Fig. 332 B. Fig. 332A. Larven von verschiedenen Echinodermen, um die starke Entfaltung der dunkel gezeichneten Wimperschnur zu zeigen. a Pluteus des Seeigels. b Bipinnaria eines Seesterns. c Pluteus eines Schlangensterns. d Auricularia einer Seewalze.e B Polychätenlarven nach SCHULZE, CLAPAREDE und METSCHNIKOFF. a von Nereis diversicolor mit gleichmäßigem Wimperkleid, 5 mit vielen Wimper- reifen (Ophryotrocha puerilis), e-f Entwicklung von Nephthys scolopendroides zuerst mit einer, dann mit zwei Wimperreihen, zwischen denen die Parapodien mit Borsten hervorsprossen. Aus Boas. dafür über eine stärkere Muskulatur. Es gibt einige flachglocken- förmige Flagellaten (Zeptodiscus, Craspedotella, Medusochloris), welche sich nach diesem Prinzip bewegen. Bei den Tintenfischen erfolgt die Bewegung gewöhnlich kriechend mit Hilfe der Arme, oder schwimmend durch einen seitlichen Flossensaum (335). In der ventralen Mantelhöhle sitzen die Kiemen. Die Wasserzirkulation findet so statt, daß das 346 VI. Kapitel. Atemwasser durch die breite vordere Oeffnung der Mantelhöhle ein- tritt und dann nach Verschluß dieser Oeffnung durch den „Trichter“ wieder ausgeleitet wird. Dieser Trichter ist eine an der Bauchseite des Tieres gelegene Röhre, welche als ein Teil des Fußes anzusehen ist. Die Tintenfische machen sich nun diesen Atmungsmechanismus zunutze, indem sie bei Gefahr das Wasser mit solcher Kraft aus dem Trichter herauspressen, daß sie einen Stoß in umgekehrter Richtung er- halten (336), wobei häufig das schwarze Sekret der Tintendrüse gleich- p zeitig entleert wird, um das Wasser undurchsichtig zu EIS. H 1 machen. Die Kammuscheln Lunch PN (Pecten) bewegen sich mit A } "ES = 2 dem ventralen Schalenrande ah Ir} 2 voran (337 A) vorübergehend RL 1ER a durchs Wasser, indem beim Etat dh IE: , Zusammenklappen der Scha- Sn len die Säume der Mantel- Kreeehrel ränder (337 B, M 8) sich an- einanderlegen, so dab das Wasser beiderseits neben dem Schloß nach hinten austreten muß. Bei dieser Schwimmbewegung steigt R Br? u Ole die Muschel gleichzeitig ul PEN OAT) DREH TFT — ° schräg nach oben, weil etwas Al BSR aD f Wasser zwischen den Man- u! telsäumen nach unten aus- g9_ Eu tritt (337C, I). Die Kamm- 22 muschel vermag aber auch ZI BA 18% EEE durch andere Haltung der ea TEN GIS EIE TE 6 Mantelsäume das ausge- = bush | Ä INS stoßene Wasser so zu diri- 5 sieren, daß sie mit einem da Fig. 333. Olepsidrina Mumnieri, eine Gre- garine, A hinterläßt bei der Bewegung in Tusche- wasser eine Gallertspur. B Hinterende. 7 Outi- eularrippen, 2 Furchen, austretende Gallertfäden. U Querschnitt. D Längsschnitt. 7 Cuticula mit Sprung nach hinten sich bewegt (Fluchtbewegung bei Annäherung eines Seesterns) oder sich umkehrt durch Rippen, 2 Gallertschicht, durch die Furchen nach außen offen, # Ektoplasma, 5 Entoplasma, # ekto- plasmatische Scheidewand zwischen Proto- und Deutomerit, 7 Muskelfibrillen, quer getroffen. Nach SCHEWIAKOFF. Drehung um die dem Schloß- rande parallele Querachse, wenn sie auf die Deckel- seite gefallen ist. Aeschna- und Zibellula-Larven kön- nen durch ruckweises Hervorstoßen des Wassers aus dem After sich nach vorn schnellen. 5. Lokomotion dureh Vorstrecken bestimmter Organe (Füße) oder des ganzen Körpers, Anheftung und Heranziehen an die An- heftungsstelle. Dieses Prinzip, welches wir kurz als Extension, Fixation und Kontraktion bezeichnen können, tritt uns im Tierreich ın sehr verschiedenen Formen entgegen. Bei den Stachelhäutern hat sich ein im Tierreich einzig dastehender Bewegungsapparat ausgebil- det, indem der Tierkörper zahlreiche „Ambulacralfüßchen“, welche mit einer Saugscheibe endigen, ausstreckt. Durch die Madreporenplatte (338), welche zum Fernhalten von Schmutz siebartig durchlöchert ist, Lokomotion. 347 dringt Seewasser in den Steinkanal, von hier in den Ringkanal und dann in die der Körpersymmetrie entsprechenden Radiärkanäle Von diesen entspringen die paarigen, in sehr großer Zahl vorhandenen Füßchen, welche je eine Ampulle für das Seewasser besitzen. Indem die muskulösen Wände der Ampullen das Wasser in die Füßchen treiben, werden diese verlängert und heften sich an irgendeinen festen Gegenstand an. Die Füßchen können sich durch Muskeln verkürzen und so den Körper an den Anheftungspunkt heranziehen. Ist kein fester Untergrund vor- handen, z. B. auf Sand, so werden die Füßchen wie Stelzen gebraucht, was auch für solche Arten gilt, deren Füßchen ohne Saugscheiben endigen. Die Füßchen der Schlangensterne dienen im allgemeinen zum Tasten und enden ohne Saugscheibe. Durch Muskelkontraktion kann aber vorübergehend eine solche gebildet werden, so dab die Ophiuren sogar an senkrechten Glasscheiben emporklettern können. Dasselbe mechanische Prinzip brauchen die Muscheln zu ihrer Fortbewegung, ap. Fig. 334. Schema einer Hydromeduse, Ect Ektoderm, Ent Entoderm, Gon Gonade, G@lx.pl Ganglienzellenplexus, 1/ag Magen, A/dr Mundrohr, mes.Gall meso- dermale Gallerte, u zirkuläre Muskeln der Subumbrella, öuß.Nr, inn.Nr äußerer, innerer Nervenring, R/: Ringkanal, Radk Radiärkanal, Tent Tentakel, Ve/Velum. Orig. indem sie Blut in den muskulösen Fuß treiben und ihn dadurch aus- strecken und in den Sand hineinbohren. Nachdem der Fuß sich durch Blutdruck fest eingeklemmt hat, kann er sich kontrahieren und den Körper heranziehen. Blutegel und Spannerraupen haben eine sehr charakteristische Lokomotion (339), wobei erstere sich vorn und hinten mit einer Haftscheibe, letztere vorn mit drei Paar Brustfüßen, hinten mit einem Paar Abdominalbeine festheften. a zeigt das Ruhestadium mit angeheftetem Hinterende beim Blutegel; es folgt dann eine Streckung des ganzen Körpers nach vorn (b), wobei der Körper sich auch verlängert, indem die Ringmuskeln des Hautmuskelschlauches die Leibeshöhlenflüssigkeit nach vorn treiben. Sodann heftet sich das Tier vorn an der Unterlage an (c) und zieht das Hinterende heran unter starker Krümmung des ganzen Körpers nach oben, weil die ventrale Muskulatur sich stärker zusammenzieht als die dorsale. Die 348 VI. Kapitel. kleine vordere Scheibe des Blutegels wirkt als Saugnapf, während die große untere sich durch Sekret anheftet. Daher kriecht er auch über ein Drahtgitter. Nach demselben Prinzip kriecht ein Regenwurm, Fig. 335. Vorwärtsschwimmen der Tintenfische durch Seitenflossen. Oben: Kalmar, Loligo vulgaris, unten Sepia officinalis. Nach MERCULIANO,. indem die einzelnen Segmente, besonders die vorderen, sich unter Ver- dünnung nach vorn strecken, dann die Borsten nach hinten gegen die Fig. 336. Rückwärts schwimmender Octopus vulgaris. Aus der Mantelhöhle ragt der Trichter, dessen innere Oeffnung, wie auch die Kieme, durch den Mantel hindurch schimmernd gezeichnet ist. — Wasserbewegung. »— Schwimmbewegung. Nach MERCULIANO. Unterlage stemmen und darauf die Segmente zusammenziehen, wobei sie dicker werden. Da die vorderen Segmente zuerst mit dem Aus- strecken beginnen, läuft eine Verdünnungswelle von vorn nach hinten Lokombotion. 349 über den Körper. Wird ein Stück des Bauchmarks entfernt, so über- springt die Welle diese Stelle, aber die Lokomotion wird dadurch nicht aufgehoben. Ein Regenwurm vermag auch rückwärts zu kriechen, indem die Borsten nach vorn gestemmt werden. Die fußlosen Maden vieler Fliegen und Käfer bewegen sich in derselben Weise häufig unter Benutzung von Borsten oder Rauhigkeiten an den Segmenträndern. Bei manchen Käferlarven wird die weiche Haut des letzten 10. Segments um den After herum als „sekundärer After“ vorgestülpt. Die Tiere saugen sich damit fest und strecken den Körper von hier aus vor. Bei einigen Arten werden zwei Schläuche vorgestülpt, die sogar am Ende wieder ge- teilt sein können. Auch das Kriechen der + Fig. 337. Schwimmbewegungen von Peeten nach v. BUDDENBROCK. A Richtung des aus- tretenden Wassers (W) und des sich bewegenden Tiers (7). B Mantelrand von Pecten varıus im Längsschnitt. A Auge, 47 Muskeln, RM Ring- muskeln, 47V Mantelnerv, 475 Mantelsaum, S Schale, S# Schalenhäutehen. © Schema der auf- steigenden Schwimmrichtung, indem der nach II’ austretende Strom die Muschel nach A drückt, S Schwerkraft, V Bewegung nach vorn. C Schnecken gehört hierher. Betrachtet man eine an einer Glasscheibe kriechende Lungenschnecke (340) von der Unterseite, so sieht man eine Anzahl dunklerer Querfalten, welche von hinten nach vorn über den Fuß laufen. An diesen Stellen kontrahiert sich die Längsmuskulatur der Sohle und zieht dadurch diese etwas nach vorn, wobei der in jedem Segment vor und hinter der Falte liegende Teil der Sohle durch Schleim an der Unterlage festgehalten wird. Hinter jeder Welle gehen die Muskeln wieder in den gedehnten, erschlafften Zustand über. Daß es sich nicht um ein Kriechen durch Schlängelung, also durch Druck gegen die 350 VI. Kapitel. Unterlage handelt, geht daraus hervor, daß die Welle nicht konvex vorspringt, sondern konkav durch die Dorsoventralmuskeln angezogen ist. Die sich bewegende Stelle berührt also nicht den Boden. Bei den meisten Meeresschnecken laufen die Wellen wie bei Pulmonaten direkt, d.h. im Sinne der Ortsbewegung von hinten nach vorn; bei Zittorin«a und einigen Chitonen jedoch umgekehrt von vorn nach hinten. Da Radk Füßch. Fig. 338. Längsschnitt durch einen Seestern, schematisch. A/f After, Amp. Ampulle, Au Auge, Coee Coecum, Füßch Ambulacralfüßchen, Le Leber, Md Mund, Madr.pl Madreporenplatte, Ma Magen, Pol.bl PoLiısche Blase, N Radiärnerv, Nr Nervenring, Rad.k Radiärkanal des Wassergefäßsystems, Rg%k Ringkanal desselben, Skl Skeletteile, Stk Steinkanal. Orig. vor und hinter der Welle der Fuß durch Schleim adhäriert, so fragt es sich, warum der Längsmuskel über jeder Wellenvertiefung sich nach vorn zu kontrahiert. Dies kann wohl nur darauf beruhen, dab der Nervenreiz die vordere Muskelportion zuerst zur Kontraktion bringt und dadurch den Zug nach vorn veranlaßt. Da die ungefähr ein Dutzend Wellen von Helix zusammen ca. !/, der Fußfläche einnehmen, bleibt das Tier mit »/, angeklebt und kann daher auch an senkrechten Glasflächen nach oben kriechen. Uyclostoma, Haliotis und Trochus haben ein linkes und rechtes direktes Wellensystem, Zittorina Iitlorea ein ebensolches indirektes. Diese Tiere laufen also gleich- sam auf zwei Beinen. Chiton ; tırberculatus zeigt nur Zwei in- — . direkte Wellen. Bei gewissen Fig. 339. Kriechender Blutegel nach Seeanemonen und der Holo- Hesse. Der schwarze Punkt bezeichnet die- thurie Stichopus panimensis, die le sich nach demselben Prinzip be- wegen, tritt nur eine Welle auf. 6. Lokomotion durch Schlängelung ist bei vielen Tieren, größeren wie kleineren, und besonders bei Wasserbewohnern vorhanden; so bei vielen Würmern, Tintenfischen (335), Heteropoden (341), Appendicularien, Ascidienlarven, Insektenlarven und im Wasser lebenden Wirbeltieren. Auf dem Lande bewegen sich die Schlangen und Blindschleichen in C a— ee ee u er er ee N er 5 E nn en ae a Lokomotion durch Schlängelung. 351 dieser Weise. Der Körper beschreibt dabei an seiner ganzen Ober- fläche oder nur an einer bestimmten Stelle wellenförmige Erhebungen, welche sich von vorn nach hinten bewegen (342) und den Körper umgekehrt von hinten nach vorn schieben, weil das Wasser resp. die Rauhigkeit des Bodens dem Druck Widerstand leisten. Wird eine Schlange auf eine-ganz glatte polierte Glasplatte gelegt, so kommt sie nicht vorwärts, weil hier der Widerstand fehlt. Für die Bewegung in einem flüssigen Medium ist es gleichgültig, ob die Wellen horizontal (Ascarıs, Aal und die meisten Fische) oder vertikal (Blutegel, Scholle, Rochen, Sepva (335), Schwanzflosse der Waale) verlaufen, während sie bei Landbewohnern natürlich parallel dem Boden sein müssen. Die treibende Kraft wird aber um so wirkungsvoller sein, je mehr Wellen gleichzeitig auftreten und je schneller sie sich bewegen. Da- her haben Tiere mit schlängelnder Bewegung häufig eine langgestreckte, schlanke Gestalt (viele Würmer, Aal, Bandfische, Schlangen). Ferner muß das Vorderende spitz zulaufen, um das Wasser gut durchschneiden zu können. Die Tintenfische legen Fic. 340. Fußsohle daher bei der Vorwärtsbewegung die Arme dicht Na A Ar zusammen (336). Endlich ist es von Vorteil, nach Hessr. wenn die Druckfläche der Wellen möglichst groß ist, was dadurch erreicht wird, daß der Körper sich im Sinne der Wellen- oberfläche verbreitert. So erklärt sich die lateral zusammengedrückte Gestalt vieler Knochenfische und die dorsoventrale Abplattung der Blut- Fig. 3H. Organisation der Heteropode Onrinaria lamarcki &. in der Schwimm- stellung: Fuß nach oben, Eingeweidesack nach unten. Nach CLAUS-GROBBEN. 4 After, At Atrium, Au Auge, Buce.gl. Buccalganglien, Cer.pl.g. Cerebropleural- ganglien, D Darm, F Fuß, Fihl Fühler, Ho Hoden, Kiem Kieme, Le Leber, Md Mund Ni Niere, Ped.gl. Pedalganglien, Phar Pharynx, Sch Schale, Sy Saugnapf, SI Samen- leiter, Sp Speicheldrüse, Vent Ventrikel, Vise.gl. Visceralganglion. 352 VI. Kapitel. egel, Schollen und Rochen. Häufig ist die undulierende Druckfläche auf eine bestimmte Körperregion beschränkt: so bei dem langgestreckten seit- lichen Flossensaum einer Sepea (335 b), dem kürzeren, aber viel breiteren bei Loligo (33d«), dem Fuß einer Carinaria (341) und der Rückenflosse der Lophobranchier. Auch bei den meisten Fischen ist es uur das hinterste Fig. 342. Schwimmbewegungen eines Katzenhais nach Momentaufnahmen von MAREY. Rumpfende und besonders die Schwanzflosse, deren Schlängelung die Fort- bewegung veranlaßten. ‚Je höher die Schwanzflosse ist, desto größer ist ihre Druckfläche. Die homocerke, nach oben und nach unten gleich verlängerte Schwanzflosse der meisten Knochenfische (192) ist daher am leistungsfähigsten. Die heterocerke Schwanzflosse (342) der Selachier und Störe ist eine Anpassung an das Bodenleben: ruht der Fisch Fig. 544. Fig. 343. Floh, Pulex irritans, nach TASCHENBERG. Fig. 344. Heuschrecke, Locusta caudata 9, ! Legescheide. auf dem Boden, so ragt der verlängerte obere Teil der Flosse frei ins Wasser und kann den Körper in jedem Augenblick in Bewegung setzen. ‚Jeder Schlag drückt den Schwanz nach oben, den Kopf also nach unten, was für das Ergreifen der Bodentiere zweckmäßig ist. Bei den Ichthyosauriern war umgekehrt die Wirbelsäule nach unten abgeknickt, was eine Hebung des Kopfes zum Luftschnappen erleich- Lokomotion durch Gliedmaßen. 353 terte.e Bei den typischen Grundfischen (Aal) bleibt die Schwanz- flosse auf embryonaler Stufe stehen („diphycerk“), da die Bewegung durch Schlängelung des ganzen Körpers erfolgt. 7. Lokomotion durch Hebel (Gliedmaßen). Diese sind nur selten ungegliedert: einzelne Seeigel laufen auf ihren beweglichen Stacheln wie auf Stelzen; Füßchen der Tardigraden (405); Parapodien der Ringelwürmer (332B, e, f), welche mit ihren Borsten gegen die Unterlage drücken; die Schlangen können sich ohne Schlängelung nach Fig 345. Schnellkäfer, Elateride, Athous rufus. a von der Seite gesehen. b Springmechanismus. Nach PRoCHNoWw. vorn schieben, indem sie die Rippen nach hinten bewegen, deren Spitzen an den Hinterkanten der Bauchschienen enden. Meist zerfallen sie in mehrere gelenkig verbundene und winklig zueinander gestellte Stücke, so daß die Extremitäten durch Verkleinerung der Winkel verkürzt, durch Vergrößerung derselben verlängert werden können. Solche Gliedmaßen können nun in verschiedener Weise benutzt werden. Die Schlangensterne drücken ihre langen gegliederten Arme gegen den Boden und schieben sich zuweilen erstaunlich rasch vor- wärts, horizontal oder auch zwischen Korallen nach oben oder unten. Beim gewöhnlichen - Gehen und Laufen der Ar- Fig. 316. Zweibeinig laufende Ohlamydo- thropoden und Landwirbeltiere saurus Kingii nach SAVILLE KENT. wird die verkürzte gehobene Extremität nach vorn bewegt und durch Streckung derselben ein Druck gegen die feste Unterlage ausgeübt, welcher den Körper nach vorn schiebt. Je länger die Beine sind, desto mehr fördert ein Schritt. Daher die langen Beine vieler Laufkäfer, Wolfsspinnen, Lauf- vögel und Huftiere. Von Vorteil ist auch eine möglichst kleine End- fläche, wodurch die Bodenreibung verringert wird. So erklärt sich die Reduktion der Zehenzahl bei Säugetieren von ursprünglich fünf bis auf eine bei den Pferden, bei den Vögeln von ursprünglich vier bis auf zwei beim Strauß. Die Koordination der Bewegungen wird erleich- tert, wenn die Extremitäten dicht beieinander stehen und in geringer Zahl vorhanden sind; daher die Reduktion der Zahl bei den Arthropoden: Krebse und Myriopoden mit vielen, Spinnentiere mit vier, Insekten mit drei Beinpaaren; daher auch die Neigung zur Bipedie bei den Landwirbeltieren: wenn die australische Eidechse Chlamydosaurus Kingii (346) rasch fliehen will, so läuft sie vorübergehend nur auf den [2] 23 Plate, Allgemeine Zoologie I. 354 VI. Kapitel. Hinterbeinen und dasselbe wird bei vielen andern Sauriern (Physignathus, Amphibolurus, Otocryptis, Calotes, Tupinambıs, Ameiva), gelegentlich auch bei ZLacerta und Agama beobachtet. Aehnlich verhalten sich Känguruhs, Springhasen (Pedetes) und Springmäuse (Jaculus). Dagegen ist es nicht wahrscheinlich, daß die Vögel aus „Rennformen“ hervor- gegangen sind (vgl. S. 361) und ebensowenig die Zweibeinigkeit des Menschen bzw. der Anthropoiden, sondern bei diesen hat die Benutzung der vorderen Extremität als Flügel, bzw. als Hand die hintere zum ausschließlichen Bewegungsorgan gemacht. Beim Springen ist der Abstoß durch die Hinterbeine bzw. durch ein anderes Organ so stark, daß der Körper sich eine Strecke durch die Luft be- wegt, was durch eine mächtig ausgebildete Muskulatur des Oberschenkels bewirkt wird (Floh, 343; Heuschrecke, 344; Frosch, 348; N [2 FHL ug N N \) nm) el ir Känguruh). Je kleiner und leichter der Körper und je größer und kräftiger die g Hinterbeine sind, desto mehr fördert der \ en! Sprung; ein Floh kann die 200-fache, eine Mi \" Springmaus die 15-fache Körperlänge durch- = messen. Selten erfolgt der Abstoß vom \ 1 # Boden nicht durch eine Gliedmaße, sondern u durch ein anderes Organ, so bei den Spring- I" \7 schwänzen (Poduren) durch eine vom vor- IY 4 letzten oder vorvorletzten Segment des Ab- NOW domens ausgehende und unter diesem liegende N INN, Springgabel. = 4 Die Schnellkäfer (Elateriden) fallen kr: AN “häufig auf den Rücken, weil dieser flach ist, R Ri ‚während der Bauch stark vorspringt (345 a). ION Um sich aus der Rückenlage zu befreien, } [a brauchen sie nur selten die Beine, sondern Bi j Fig. 347. Rechte Vorderextremität des Zahnwals Ay Globiocephalus nach FLOWER. H Humerus, R Radius, gi UT Ulna, sScaphoid, ! Lunatum, e Triquetrum, id Tra- pezoid, unterhalb s das Trapezium, « Hamatum, HP IL I—V die Finger. Die Zahl der Phalangen derselben beträgt 4, 14, 11, 3,1. schnellen sich einige Zentimeter empor, wobei der Körper sich um das Hinterende dreht und in normaler Stellung herabfällt. Dieser Sprung kommt so zustande, daß das auf dem Rücken liegende Tier die Vorder- brust mit einem kräftigen Ruck nach hinten dreht, wobei ein Dorn in eine am Vorderrand der Mittelbrust befindliche Grube gestoßen wird. Dieser Stoß wirkt weiter auf die Elastizität der Flügeldecken und veranlaßt zusammen mit jener Bewegung des Prothorax das Empor- schnellen. Dagegen beruht das Springen vieler Fische aus dem Wasser heraus nicht auf einem Abstoßen, sondern auf dem Beharrungsvermögen der Bewegung in der Luft. Man spricht von „Klettern“, wenn der Körper mehr oder weniger senkrecht herauf oder herab sich bewegt, ohne dabei auf der Unterlage durch seine eigene Schwere vor dem Herabfallen bewahrt zu ‘werden. Zum Festhalten an dieser dienen Klettern. 355 meist Krallen, welche mit ihrer Spitze sich eindrücken oder an Rauhig- keiten festhaken (Insekten, Eidechsen, Spechte, Eichhörnchen, Katzen). Papageien bedienen sich hierbei der Mithilfe des Schnabels. Andere Tiere klettern durch Adhäsion eines feuchten Drüsensekrets. So be- sitzen die Insekten einen drüsigen Haftlappen zwischen den Krallen, welcher einer glatten Unterlage, z. B. einer Glasscheibe, angelegt werden kann. Bei den Laubfröschen (348) wirken die verbreiterten Finger- lappen und bei den Schnecken wohl die Fußsohle in gleicher Weise. Unsere Landschnecken vermögen ohne das Schleimband der Fußdrüße überhaupt nicht zu kriechen. Seerosen, Ohitonen und Patellen halten sich durch einen Saugfuß an senkrechten Wänden fest, und in gleicher Fig. 348. Flugfrosch, Rhacophorus reinwardtir, nach SIEDLECKI. Weise wirken die Saugnäpfe der Blutegel (339). Unter den Säugern können die Klippschiefer (AHyrax), vielleicht auch einige Meerkatzen, an glatten senkrechten oder fast senkrechten Wänden emporlaufen, indem die Spalten und Vertiefungen der elastischen Fußsohle wie Saugnäpfe wirken. Bei Geckonen und Anolis besitzt die Unterseite der Füße Querlamellen, doch ist ihre Wirkungsweise noch nicht sicher ergründet. Sie haften auch im luftverdünnten Raum und legen sich nicht der Unterlage fest an, so daß ein Anhaften durch Luftdruck ausgeschlossen ist. Da auch Sekretabsonderungen vermißt werden, hat man an elektrische Kräfte gedacht. die durch die Reibung der an den Lamellen sitzenden Borsten (203 C) entstehen könnten. Gegliederte Extremitäten dienen auch vielfach zum Schwimmen, wobei sie auf beiden Körperseiten gleichzeitig gegen das Wasser drücken, während Landgliedmaßen abwechselnd benutzt werden. Die Gliederfüße der Arthropoden haben sich aus den noch nicht gegliederten Stummel- 92% 23 356 VI. Kapitel. füßen (Parapodien) der Ringelwürmer entwickelt und sind sicherlich zuerst als Schwimmwerkzeuge entstanden. Da die Schnelligkeit der Fortbewegung im Wasser mit der Breite der Ruderfläche zunimmt, so finden sich häufig Einrichtungen zur Vergrößerung der Oberfläche (baumförmig verästelte und mit vielen Borsten besetzte Ruderantennen der Cladoceren, Spaltfüße der Krebse, verbreiterte Schwimmbeine der Wasserkäfer, Schwimmhäute bei Amphibien, Enten, Schnabeltieren, Robben, Biber). Das Schwimmen der Fische beruht, wie wir oben sahen, auf der Schlängelbewegung der Schwanzflosse bzw. des hinteren oder ganzen Körpers. Die unpaaren Rücken- und Afterflossen dienen zur Stabilisierung, um das Kippen nach der Seite zu verhindern. Brust- und Bauchflossen vermitteln eine Drehung des Körpers und eine Hebung des Kopfes oder Schwanzes. Die frei im Wasser schwebenden Fische balan- cieren mit Hilfe des statischen Apparats und liegen daher im toten Zu- Fig. 319. Fliegender Fisch, Exocoetus, nach AHLHORN. stande auf der Seite oder kehren den Bauch nach oben. Das Gelenk im Ellbogen und an der Handwurzel ist beim Schwimmflügel des Pinguins und der Flosse des Wals sekundär verloren gegangen, um die Ruderplatte mög- lichst fest zu machen. Sehr interessant ist die Vermehrung der Pha- langenzahl bei Ichthyosauren und Walen, besonders bei Zahnwalen (347), um die Druckfläche der Flosse zu vergrößern. Eine nur selten be- obachtete Bewegungsform von Wassertieren ist das Segeln, wobei der Wind gegen eine aus dem Wasser hervorragende Fläche des Körpers drückt. Bei der Siphonophore Velella spirans wird das Segel von einem dreieckigen Kamm gebildet, der senkrecht auf der elliptischen Körperscheibe steht. Ebenso wirkt die bis 30 cm lange, auf der Wasseroberfläche schwimmende Pneumatophorenblase von Physalia arethusa, welche oben einen eingekerbten Kamm trägt. Der bis 6 m lange Schwertfisch Histiophorus gladius hat eine sehr lange und bis 1!/; m hohe Rückenflosse, die zuweilen wie ein Segel über dem Wasser getragen wird. Von Plagyodus ferox, Orthagoriscus mola und den Zahnwalen Orca und Globiocephalus kann man wegen der hohen Rücken- flosse dasselbe vermuten. Flug. | 357 Die eigenartigste Lokomotion ist der Flug, bei dem sich der be- wegende Körper auf die Luft stützt. Der Flug kann passiv sein, wenn der Körper leichter ist als die Luft (Ballon) bzw. sich von leichtem Schwebematerial durch die Luft tragen läßt (Luftreisen der Spinnen (Erigone atra und Aysticus viaticus an Gespinnstfäden, viele Pflanzen- samen) oder aktiv, wenn er schwerer ist und sich nur durch eigene Kraft in der Luft hält, sei es für längere Zeit (eigentlicher Flug) oder vorübergehend (Gleit- oder Fallschirmflug). Da fast alle ausgewachsenen Insekten fliegen und mehr als 50 Proz. aller Tierarten bilden, können 62 Proz. der bekannten Arten fliegen, von Landtieren sogar 75 Proz. Beim eigentlichen Fliegen der Insekten, Vögel, Fledermäuse und fossilen Flug- saurier hält sich der Körper durch die Bewegung der Flügel Ef in der Luft, während TE ‚beim Gleitflug mit- Er tels eines Fallschirms BEE (ev. auch der Flügel) ER die Tragfläche nicht 7 bewegt wird und der durch einen Sprung in die Luft ge- schnellte Körper auf ihr langsam zum Boden herabsinkt (Fallflug). Es scheint, daß alle Flügel der Wirbeltiere sich phy- logenetisch aus Fall- schirmen entwickelt haben. Solche Fall- Fig. 350. Galeopithecus volans, ein Fallschirminsek- schirme sind unab- tivor nach TickELL. hängig voneiander bei den verschiedensten Tieren entstanden, und zwar aus mannig- fachen Organen: bei den „fliegenden Fischen“ (Kxocoetus exiliens |349], Dactylopterus volitans) sind die Brustflossen sehr vergrößert, beim javanischen Flugfrosch |Rhacophorus reinwardti (34%)| die Schwimm- häute zwischen den Zehen und Fingern, die zuweilen wie Flügel hin und hergeschlagen werden. Beim fliegenden Drachen, Draco volans, spannt sich eine dünne Haut zwischen den verlängerten falschen Rippen aus, während unter den Säugern die Flugbeutler (Pe- taurus, Aerobates u. a.), die zu den Nagern gehörenden Flughörnchen (Pteromys, Sciuropterus, Anomalurus) und der insektivorenartige Flattermaki (Guleopithecus volans, 350) jederseits eine zwischen Vorder- und Hinterbeinen sich ausspannende Flughaut besitzen. Eine ebensolche, nur vergrößerte Bildung ist der Flügel der Fledermäuse (351). Daß auch die Flügel der Insekten aus fallschirmartigen Vorstufen hervorgegangen sind, läßt sich zurzeit nicht beweisen. Der Gleitflug der fliegenden Fische kann auch als „Pfeilflug“ be- zeichnet werden, denn sie bewegen sich durch die Stoßkraft, welche EN N 358 VI. Kapitel. sie mit Hilfe der Schwimmbewegungen erlangt haben. Etwas ähnliches kommt schon bei einem wirbellosen Wassertier vor, dem Copepoden Pontellina mediterranea, welcher bei seinen Sprüngen aus dem Wasser sich mittels langbefiederter Borsten einen Augenblick in der Luft hält. Zu den „fliegenden Fischen“ gehört die im Gebiet der tropischen Hochsee lebende Gattung Hxocoetus (349), eine Scomberesocide mit über 40 Arten, welche sich 20—200 m weit durch die Luft schnellen, und zwar meist in der Windrichtung, zuweilen auch gegen sie, wobei sie mit der welligen Oberfläche auf- und absteigen. Durch die an der Luvseite der Schiffe aufsteigende Luftströmung werden sie oft in Scharen auf Deck ge- worfen, da sie gesellig leben. In der Luft kann man ein Zittern der Brustflossen beobachten, welches wohl auf den an den Wellenbergen aufsteigenden Luftströmungen beruht, aber nicht auf der Wirkung der Muskeln, denn diese sind nur schwach ausgebildet. Die Exocöten sind Fig. 351. Fledermaus, Plecotus auritus, von der Unterseite nach BoAs. f Pa- tagium, f‘ Propatagium, f” ln, ! Ohrdeckel, »»’—m° Metacarpalia, o Ober- arm, « Unterarm, 7 Daumen, 2—5 die übrigen Finger. heterocerk, wobei der untere Teil der Schwanzflosse verlängert ist. Beim Zurückfallen ins Wasser können sie damit die Wasseroberfläche schlagen und sich so aufs neue durch die Luft schnellen. Weniger gewandt im Fliegen ist die auch im Mittelmeer und Nordatlantik mit mehreren Arten heimische Gattung Dactylopterus. Von Süßwasser- bewohnern kann der in Westafrika lebende Schmetterlingsfisch Pantodon buchholzi zu den „fliegenden Fischen“ gerechnet werden, da er zuweilen eine kurze Strecke über den Wasserspiegel dahingleitet auf den aus- gebreiteten großen Brustflossen, was auch in Guyana bei Gasteropelecus stellatus und Carnegiella fasciata beobachtet wird. Aus der Trias sind drei fossile Flugfische bekannt, unter denen Thoracopterus Neederristi eine hypobatische Caudalis hat wie Kxocoetus. Bei den Säugern läßt sich die allmähliche Entstehung einer Flughaut (Patagium) zwischen den Extremitäten sehr gut verfolgen. Bei dem Halbaffen Proprthecus Fallflug der Säuger. 359 spannt sie sich als schmale Seitenfalte der Körperhaut zwischen den Wurzeln derselben aus (und ähnlich auch bei ganz jungen Eichhörnchen), # DA Fig. 352. Rekonstruktion des Flugsauriers Rhamphorhynchus gemmingi nach V. STROMER. ohne aber benutzt zu werden, denn die Tiere klettern nur, und man kann im lamarckistischen Sinne annehmen, daß der beim Ausstrecken 360 IV. Kapitel. der Arme ausgeübte Zug diese Falte hervorgerufen hat. Bei dem Flug- beutler Petaurordes hat sie sich verbreitert und reicht von der Hand- wurzel bis zur Fußwurzel, bildet aber an Unterarm und Unterschenkel nur einen schmalen Saum. Der nahverwandte Aerobates zeigt zwischen beiden Extremitäten eine breite Flughaut, die aber in der Mitte etwas weniger entwickelt und schmäler ist. Bei den Fallschirmnagern hat sich die Membran als Propatagium nach vorn ausgedehnt zwischen Hals und Arm und das Patagium erhält als besondere Bildung eine stabförmige Stütze, welche bei Ptieromys und Sciuropterus knöchern ist und von der Handwurzel ausgeht, während sie bei Anomalurus knorplig ist und dem Ellbogen aufsitzt. Alle diese Fallschirmsäuger besitzen einen langen buschigen Steuerschwanz. Auf der nächsten Stufe, bei Galeopitheceus volans (350) dehnt sich die Flughaut als Uropatagium zwischen Bein und Schwanz aus, das Propatagium vergrößert sich und das Patagium umfaßt die Zehen und Finger. Eine weitere Ausdehnung der Tragfläche ist nur möglich durch Verlängerung der Hand und der Ohrmuscheln; beides sehen wir in wunderbarer Weise verwirklicht bei den Fledermäusen (351), bei denen nur der Daumen mit starker Kralle als Kletterhaken seine ursprünglichen Verhältnisse bewahrt, während die Metacarpalia 2—5 und ihre krallenlosen Phalangen sich sehr ver- längert und bis zu den Carpalia gespalten haben, um die Flughaut zwischen sich zu nehmen, die hin und hergeschlagen, also schon als Flügel gebraucht wird. Bei den frugivoren Fledermäusen hat auch der 2. Finger noch eine Kralle. Das Uropatagium wird gestützt durch einen langen dünnen Knorpel oder Knochen, den Sporn, der dem Calcaneus aufsitzt. Der Uebergang vom Fallschirm zum Flügel wird sich allmählich vollzogen haben. Es ist sehr interessant, daß die mesozoischen Pterosaurier (352) ihre Flughaut nach demselben Prinzip der Fingerverlängerung, wenngleich in eigener Weise, ausgebildet haben: der 1. Finger fehlt, der 2.—4. sind unverändert und bekrallt, der 5. ist enorm verlängert und hat vier Phalangen und keine Kralle. Bei den mit langem Steuerschwanz ausgerüsteten Ramphorhynchen bleiben die Metacarpalia kurz, während sie bei den kurzschwänzigen Pterodactylen etwas verlängert sind. Es ist noch unsicher, wie breit sich die Flughaut am Körper ansetzte. Wahrscheinlich war auch ein Propatagium vorhanden, denn der an der Handwurzel sitzende kleine Knochen kann wohl nur zum Spannen derselben gedient haben. Nach seiner Stellung ist er als eine verknöcherte Sehne, nicht als Meta- carpale I zu deuten. Die Endplatte des langen Schwanzes wird durch Knochen gestützt, von denen es noch zweifelhaft ist, ob sie Quer- fortsätze oder Dornfortsätze sind. Ich p£flichte Stromer darin bei, daß sie nur als horizontales Höhensteuer verständlich ist. Zu den Pterodactylen gehört das größte bekannte Flugtier, das Pteranodon (Ornithostoma) ingens aus der Kreide von Kansas, welches 6 m klafterte, während Albatroß und Kondor nur höchstens halb so weit spannen. Jenes Riesengeschöpf war zahnlos und scheint wie der Albatroß von Meerestieren gelebt zu haben. Das Fehlen einer eigentlichen Crista sterni (das Brustbein zieht sich nur in einen Stachel aus) weist auf einen Segelflug hin. Uebergangsformen zu den Pterosauriern sind nicht bekannt. Sie treten unvermittelt in der oberen Trias auf. Auch bei Fledermäusen sind keine Zwischenformen zwischen ungeflügelten Insektivoren und solchen mit Flughaut gefunden. Man darf aber aus den Fallschirmsäugern schließen, daß die Vorfahren beider Gruppen Vogelflug. 361 zuerst einen Fallschirm zwischen Arm und Körper ausbildeten, der dann allmählich auf die sich verlängernde Hand sich ausdehnte. So wurde aus dem Fallflug der echte Flug. Dasselbe gilt für die Vögel. Die Archaeoptery.x lithographica (232) tritt unvermittelt als rebhuhngroßer Urvogel im oberen Jura des litho- graphischen Sandsteins von Solnhofen (bei Eichstätt in Bayern) auf. Trotz vieler Reptilienmerkmale (Zähne, langer Schwanz, Krallen an den drei freien, wenig verlängerten Fingern, schwache Rippen ohne Processus uncinati, Bauchrippen u. a.) war er nach seiner Befiederung ein echter Vogel, der fliegen konnte. Die lange Tibia und der Lauf- knochen beweisen, daß das Tier sich schon biped, hüpfend bewegen konnte, wenn er auch zwischen Aesten wie ein junger Oprsthocomus (229) auf allen Vieren mit Hilfe der Fingerkrallen sich bewegt haben wird. Von einem Patagium ist nichts zu sehen. Vermutlich hat er aber, wie die rezenten Vögel (247), ein schmales Propatagium zwischen Ober- und Unterarm besessen. Der Flug wird schlecht gewesen sein, nur ein Flattern in Verbindung mit Fallflug, denn statt der 10 bis 12 Handschwingen (248 B) hatte der Urvogel nur 5 oder 6 proximale, es fehlten ihm also die für den Flug wichtigsten distalen, denn je weiter die Federn vom Drehpunkt abstehen, eine um so größere FEx- kursion beschreiben sie. Der Luftwiderstand wächst im Quadrat des Abstandes; ein doppelt so langer Flügel leistet das Vierfache. Daher haben alle guten Flieger (Libellen, Schwalben, Möven) lange schmale Flügel, schlechte Flieger (Archaeopteryx, Rebhuhn, Sperling) kurze, breite. Der breite Federschwanz des Urvogels weist ebenfalls auf häufigen Fallflug hin, indem das Tier von einem Ast absprang und sich eine Strecke durch die Luft auf seinem Fallschirm bewegte. Dazu kommt dann beim Urvogel der schwache Brustkorb, dessen Sternum leider nur unvollständig erhalten ist, was für seiue geringe Größe spricht. Aus der opponierten ersten Zehe und den Fingerkrallen ist auf eine arborikole Lebensweise zu schließen, welche unter Ver- längerung der Finger zu einem Fallschirm führte, der bei den thero- podenartigen Stammformen (Dinosauriern) mit Schuppen bedeckt war. In demselben Maße, als die über den Arm- und Handknochen sitzenden Schuppen sich in Federn verwandelten (siehe S. 282), bildete sich das Patagium zurück. Die Theorie eines laufenden Urvogels (Nopsca) ist demnach abzulehnen. Die frühere Existenz eines Patagiums wird sehr gestützt durch das noch jetzt vorhandene Propatagium, denn alle Fall- schirmsäuger mit Propatagium besitzen auch ein Patagium. Die Mechanik des Vogelflugsist uns durch Marey und seine Schule einigermaßen verständlich geworden (353). Die wichtigsten Er- gebnisse sind die folgenden: 1. Der Niederschlag ist langsamer als der Aufschlag, welcher oft nur die halbe Zeit des ersteren beansprucht. Being Niederschlag ist der Flügel ganz ausgestreckt, beim Aufschlag knickt er im Handgelenk zusammen. 2. Der Vogel schlägt nicht, wie man erwarten sollte, um vorwärts zu kommen, von vorn-oben nach hinten-unten, sondern von oben-hinten nach vorn-unten. Der Grund hierfür ist darin zu sehen, daß an der starren Vorderkante die Luft stärker komprimiert wird als an der elastischen Hinterkante, an der die Luft nach oben und vorn drückt. Der senkrecht nach unten geschlagene Flügel weicht daher nach vorn aus. Dieser Druck wirkt am stärksten auf die am weitesten nach 362 VI. Kapitel. außen befindlichen Handschwingen, welche daher am stärksten nach oben und vorn gebogen werden. Auf ihnen beruht daher der Vortrieb in erster Linie. 3. Bei der Aufwärtsbewegung geht nie die Kante voran, sondern die schräg gestellte Rückenfläche, indem die Luft infolge der Vorwärts- bewegung gegen die Unterseite des Flügels drückt und nach oben drängt. 4. Beim Niederschlag erfolgt eine Hebung und Beschleunigung, beim Aufschlag ebenfalls eine Hebung infolge der Schrägstellung des Flügels und eine Verzögerung. Der Niederschlag treibt den Vogel vorwärts und der Luftdruck hebt ihm, oder er bleibt bei geringer Schrägstellung der Flügel auf derselben Höhe, wobei Fallen und Steigen sich aufheben. Einige große und dabei kurzbeinige Vögel sind so schwer, daß sie sich aus der Ruhe nur durch volle Flügelschläge in die Luft erheben können. Diese vermögen sie nicht am Boden auszuführen, sondern müssen erst einen etwas höheren Punkt gewinnen. Der brillanteste Flieger, der Albatroß, ist nicht imstande, vom Verdeck eines Schiffes fortzufliegen. Auf dem Wasser läßt er sich entweder durch eine Welle in die Höhe heben oder er läuft erst flügelschlagend eine Strecke über die Wasseroberfläche, wie die Enten es auch vielfach tun, um sich sprungartig in die Luft zu erheben. In JIquique habe ich einen Fig. 353. Flügelschlag der Möve von der Seite gesehen nach MAREY. Kondor in einem kleinen mit einer Holzmauer umgebenen Hof gehalten, ohne daß er fortfliegen konnte. Er muß dazu erst einen größeren Anlauf durch Hüpfen nehmen. Die Zahl der Flügelschläge in einer Sekunde schwankt sehr (Storch 2 — Sperling 13) und ist bei guten Fliegern klein, bei schlechten groß. Erstere sind meist große, letztere kleine Tiere. Beim Schwirrflug der Kolibris und Rüttelflug der Falken wird sie noch viel größer. Für das Flug- und Segelvermögen sind sehr verschiedene Verhältnisse entscheidend, namentlich das Körpergewicht, die Aus- bildung der Muskulatur, die Form, Länge und Breite der Flügel, die Größe der Segelfläche, d. h. der ganzen auf der Luft ruhenden Fläche einschließlich des, Schwanzes. Da die Segelfläche F im Quadrat, das Gewicht P im Kubus wächst, so ergibt sich für das Segelvermögen Ne m] — we nach MÜLLENHOFF. Je größer diese Zahl ist, desto besser Kr das Flugvermögen. Noch genauer wird die Berechnung, wenn auch die Klafterweite und das Verhältnis von Länge zu Breite des Flügels berücksichtigt wird. Man kann leicht die folgenden Typen zunehmender Leistungsfähigkeit unterscheiden, die zugleich als phyletische Stufen gelten können: — Vogelflug. 363 1. Flattervögel. Flügel klein und kurz, sehr rasche Flügelschläge (10 und mehr in der Sekunde) ohne Gleiten: Hühner, Enten, Sperlinge, Finken, Spechte. Ein Gleiten zuweilen bei den mit großen Schwanz- federn versehenen Männchen: Fasan, Auerhahn. 2. Gleitvögel. Flügel mittelgroß, rasche Schläge (ca. 5) ab- wechselnd mit Gleitflug: Tauben, Elstern, Nachtschwalben. 3. Ruderer. Flügel lang, Brustmuskeln stark, langsame Schläge (ca. 3), mit häufigem Gleitflug: kleine Raubvögel, Eulen, Raben, Kibitze. 4. Segler. Pectoralismuskel nicht stark. Sehr langsame Flügel- schläge (1—2 in der Sekunde) und viel Segelflug. Flügel breit bei großen Raubvögeln, Reihern, Störchen, schmal bei Sturmvögeln, Möven. = = ‚ei ETF Er, REZSLEE ES RESTE Fig. 354. Stenodieta lobata Bronguiart, eine Palaeodicetyoptere, ein Urinsekt aus dem mittleren Obercarbon. ?°/, natürl. Größe. Rekonstruiert von HANDLIRSCH. Eine besondere Flugart ist der Schwirrflug der Kolibris und das Rütteln der Turmfalken, wobei der Körper durch sehr rasche Schläge an derselben Stelle gehalten wird. Während beim Gleitflug der Vogel ohne Flügelbewegung von oben herab oder eine kurze Strecke in gleicher Höhe sich bewegt, gestattet der Segel-, Kreis- oder Schraubenflug den Störchen, Reihern, Adlern, Geiern, Möven und Albatrossen, große Entfernungen auf diese Weise horizontal oder von unten nach oben zurückzulegen bis zu beträcht- licher Höhe. Adler und Geier steigen so hoch, daß das Auge sie nicht mehr zu erkennen vermag und die Gesetze der Schwere überwunden er- scheinen. Auf Grund vieler eigener Beobachtungen möchte ich mich jenen Forschern anschließen, die dieses viele Minuten andauernde Schweben oder Ansteigen ohne Flügelschlag durch aufsteigende Winde erklären. An Steilküsten oder bei stark bewegter See über den Wellen 364 VI. Kapitel. bilden sich fast immer nach oben abgelenkte Luftströmungen. Da sie meist sehr unruhig und turbulent sind, haben die großen Meeresvögel schmale lange Flügel in Anpassung an die Windstöße. Auf dem Lande finden sich überall Gebiete verschiedener Erwärmbarkeit der Luft, wo Wald neben Feldern, Wasser neben Land, Abhänge neben ebenen Flächen liegen, und aufsteigende Luftströ- mungen kommen hier sehr häufig vor, wie die Beobachtungen der Flieger und Ballon- führer gezeigt haben. Die breiten Flügel der sroßen Landvögel sind sehr geeignet zu ihrer Ausnutzung. Nach AHtBorn soll in horizontalen Winden die Flugarbeit durch die Turbulenzenergie, d.h. durch die Energie der vertikalen und seitlichen Windschwan- kungen geleistet werden. Häufig lassen sich die Segler aus der Höhe herabfallen und bekommen dadurch solche Stoßkraft, daß sie im Gleitflug nach oben fast bis zur ursprünglichen Höhe emporsteigen. Sehr oft werden auch einige kurze Flügelschläge eingeschoben, die sich leicht der Beobach- tung entziehen. Ueber die phyletische Entstehung der Insektenflügel sind wir vollständig im unklaren. Die ältesten Vertreter dieser Klasse sind die Palaeodietyopteren des unteren und mittleren Obercarbons. Es waren verhältnismäßig große Tiere mit zwei Paar großen, in der Ruhe quer abstehenden, engmaschigen Flügeln (354). Dazu kamen merkwürdigerweise auch am Prothorax flügelartige Seitenlappen mit wenigen Adern, die wohl unbeweglich waren und nur zur Vergrößerung der Tragfläche dienten. In demselben Sinne wirkten die sehr oft vor- handenen Seitenlappen der sehr gleich- artigen Abdominalsegmente. Es waren libel- lenartige Räuber mit unvollkommener Verwandlung. Ihr bester Kenner Hanp- — 2 ne, 5 BR oT Fig. 355. Larve der Ephemeride Heptagenia longieauda am Ende des 8. Larvenstadiums. 5:1. Nach VAYsSIERE. Die Flügelanlagen der linken Seite abgeschnitten. «a seitliche Verlängerungen des Pro- thorax. 0!—0' Tracheenkiemen der linken Seite; die der rechten sind nicht dargestellt. LIRSCH schreibt ihnen einen „plumpen Flug“ zu, während ich aus der schmalen langen Flügelform auf ein gutes Flugvermögen schließe. Da ganz ähnliche Flügel jetzt bei Sialiden, Ephemeriden und Odonaten angetroffen werden, deren Larven im Wasser leben, so führten wahr- scheinlich auch die Urinsekten eine amphibiotische Lebensweise. Die Larven jener drei Familien besitzen sehr häufig laterale Tracheen- kiemen (355) in Form von beweglichen Blättern, Büscheln oder Insektenflügel. 365 Schläuchen. Man wird daher annehmen dürfen, daß die Flügel der In- sekten aus thoracalen Tracheenkiemen hervorgegangen sind. Die letzteren sind bei vielen Ephemeridenlarven tergale, tracheenreiche, blattförmige, bewegliche Hautausstülpungen, stimmen also in hohem Maße mit den Flügeln überein. Daß sie zuweilen auch ventral auftreten, ihre eigene Muskulatur besitzen, nicht den Stigmen aufsitzen und manche andere Besonderheiten aufweisen, spricht nicht gegen jene alte, von LuBBock und GEGENBAUR vertretene Anschauung, sondern eher für sie, denn es beweist den großen Spielraum derartiger Bildungen. Dabei können sich die Vorfahren der Urinsekten von myriopodenartigen Landformen' ab- geleitet haben, deren Larven ins Wasser einwanderten und hier jene Ausstülpungen erwarben, die bei den terrestren Imagines zu Flügeln wurden. Lehnt man diese Hypothese ab, so bleibt die Entstehung der Insektenflügel vollkommen dunkel. Während die Flügel der Pterosaurier, Vögel und Fledermäuse wenige Verschiedenheiten prinzipeller Art in jeder Klasse darbieten, sind die Flügel der Insekten (356) von einer erstaunlichen Mannig- faltigkeit in der Größe, Form, Aederung, Farbe und vielen andern Einzelheiten, so daß sie zum wichtigsten Hilfsmittel der Systematik werden. Es sind immer zwei Paare vorhanden, nur bei den Dipteren (356, 3) hat sich das hintere zu den Schwungkölbchen (Halteren, vgl. über ihre Funktion das Kapitel Sinnesorgane) rückgebildet, während bei den Strepsipteren (356, 6) die Vorderflügel zu winzigen, am Ende aufgerollten Stummeln geworden sind. Umgekehrt ist bei den Feder- motten (10,12) eine Spaltung jedes Flügels in zwei, drei oder sechs Stücke eingetreten. Die Adern sind Verdickungen der Chitincuticula und dienen zur Versteifung der Tragfläche; die stärksten verlaufen am Vorderrande und parallel mit ihm und werden von Tracheen be- gleitet. Die phyletisch ältesten Ordnungen (354; 356, 1,13) haben zahl- lose kleine Queradern, so daß ein dichtes Maschenwerk entsteht. Bei hoch differenzierten Gruppen: Schmetterlingen (8), Dipteren (3), Hymenopteren (9) ist eine Rückbildung vieler kleiner Adern eingetreten, die bei sehr kleinen Formen (6, 7) zuweilen zu einem fast vollständigem Schwund des Geäders geführt hat. Die beiden Flügelpaare waren ur- sprünglich (354) im wesentlichen gleich, wie noch jetzt bei Libellen, Netzflüglern und Köcherfliegen. Die eine überwiegende Entwicklungs- richtung führte zu einer Vergrößerung der Vorderflügel (356, 1,2,3,5,7,9), die andere zu der des Hinterflügels (14). Bei den Käfern haben die Vorderflügel einen Funktionswechsel durchgemacht, indem sie zu dicken Schutzplatten (Elytren) geworden sind, welche zwar beim Fluge noch mitschlagen, aber unabhängig von den stark verlängerten Hinter- flügeln und mit kleinerem Schlagwinkel als diese. Werden sie einem Maikäfer abgeschnitten, so fliegt er ebensogut wie vorher, nach Demo sogar unter Umständen noch rascher. Vielleicht unterstützen sie aber durch ihre Wölbung den Flug nach oben. Der Goldkäfer Cetonia fliegt, indem er die Deckflügel ganz ausschaltet und zusammen- legt. Bei Staphylinen und Forficula sind die Elytren sehr klein ge- worden, was den Vorteil gewährt, daß der lange Hinterleib leichter in unregelmäßige Spalten und Ritzen eindringen kann, welche diese Tiere mit Vorliebe aufsuchen. Finen Anfang der Elytrenbildung finden wir bei den Wanzen an der verdickten Basis der Vorderflügel (356, 4). Die beiden Flügelpaare bewegen sich bei Libellen, Perliden, Sialis, Myrmeleon, Heuschrecken, Schaben, Termiten unabhängig voneinander, V1. Kapitel. (Figurenerklärung siche folgende Seite oben.) Insektenflug. 367 Fig. 356. Verschiedene Flügelformen der Insekten, aus SCHRÖDER, Handbuch der Entomologie. 1 Ephemera vulgata. 2 Deilephila elpenor. 3 Musca domestica. 4 Pentatoma-Wanze. 5 Papilio machaon. ‘6 Xenos vesparum &, Streptsiptere. 7 Teleas laeviuseulus, eine Ohaleidide. 8 Aperia ceratasegi. 9 Cimbez varıabilıs, Blattwespe. 10 Orneodes hübneri, Kleinschmetterling, Vorder- und Hinterflügel in je 6 Federn zerteilt. 11 Thrips vulgatissima Physopode, Blasenfuß, mit wenig aus- gebildeten Adern. 12 Alueita pentadactyla, Kleinschmetterling, Vorderflügel zwei-, Hinterflügel dreigeteilt. 13 Libellula depressa. 14 Melolontha vulgaris, Maikäfer. was zweifellos als der primitive Modus anzusehen ist. Auf höherer Stufe arbeiten beide synchron, zuweilen mit Hilfe einer besonderen Verhakung. So besitzen die Schmetterlinge an der Basis der Hinter- flügel eine oder mehrere Borsten, welche hinter ein elastisches Band & TOR SD 88 et, STBTOR IE Ss JE 7 / Fig. 357. Schematischer Querschnitt durch das 2. Brustsegment einer Ameise zur Erläuterung der indirekten Flügelmuskeln, nach Hesse. 7 Dorsoventralmuskeln, kontrahiert. 2 Längsmuskeln. 3 Schrägmuskeln. £ Tergum bei gehobenen Flügeln (5), 4° bei gesenkten (5). der Vorderflügel greifen, und der Vorderrand der Hinterflügel trägt bei Hymenopteren eine Anzahl Häkchen, welche in den Hinterrand der Vorderflügel fassen. Zusammenfassend können wir sagen, daß die phyletische Entwicklung aus gleichartigen, ungefalteten, engmaschigen, getrennt schlagenden Flügeln zu ungleichartigen, weitmaschigen und zusammenschlagenden geführt hat, die häufig auch gefaltet werden können (Längsfalten bei Wespen, Heuschrecken, einfache oder doppelte Faltung der Hinterflügel der Käfer). In sehr eigenartiger Weise hat sich die Muskulatur der Flügel entwickelt. Bei den Libellen finden wir die ursprünglichen Verhältnisse, nämlich eine Anzahl Muskeln, welche als Vorzieher, Rückzieher, Heber und Senker direkt an die Flügelwurzel bzw. an die Hauptradien 368 VI. Kapitel. sich ansetzen. Bei den Orthopteren wird die Flügelarbeit von direkten und indirekten Muskeln geleistet und bei den Hymenopteren über- wiegend von den letzteren. Diese indirekten Flugmuskeln setzen sich nicht an den Flügel selbst an, sondern verändern die Gestalt des Thorax und damit die Lage der Flügelwurzel.e. Wenn der Dorsoventral- muskel (357, 1) sich kontrahiert, drückt er auf diese, und der Flügel hebt sich (5); wenn hingegen die Längsmuskeln (2) und die Schrägmuskeln (3) in Tätigkeit treten, wird die Rückenplatte (4°) stärker gewölbt und der Flügel senkt sich (5°). Die schnellen, auf und niedergehenden Bewegungen des Tergums bewegen also die Flügel wie die Kolbenbewegun- gen einer Lokomotive die Räder. Die Flügel- wurzel ist sehr kompli- ziert gebaut und durch verschiedene Führungen und Gelenke entsteht eine Drehbewegung, so daß die Flügelspitze eine 8 (Lemniscate) beschreibt (358). Mehrere direkte Muskeln scheinen zum Steuern zu dienen, in- dem sie dem Flügel während des Fluges eine andere Stellung geben. Jene Figur (358) gilt wohl für die meisten Insekten, ; da diese Schwirrflieger Fig. 358. Frontalansicht einer sonnenbestrahl- mitsehrraschen Schlägen orderflügelenden vergoldet sind. a ohne Gleitflug sind. ur die großen Tag- falter lassen sich als Flatterer (vgl. S. 363) bezeichnen wegen der viel langsameren Schläge, die nicht selten in einen kurzen Grleitflug übergehen. Es liegt nahe, die beiden besten Flieger, Vögel und Insekten, kurz zu vergleichen. Zweifellos beherrschen jene weit besser die Luft als diese. Nur der Vogel vermag die Größe seiner Segelfläche zu ver- ändern, indem er den Flügel im Handgelenk zusammenknickt, wodurch er befähigt wird, mit dem Wind oder gegen ihn oder gegen seitliche Wind- stöße erfolgreich zu operieren. Insekten sind gegen stärkeren Wind hilflos, erheben sich bei solchem nur selten und werden auf ozeanischen Inseln häufig flügellos, da sie dann nicht der Gefahr ausgesetzt sind, auf das Meer hinausgetrieben zu werden. Nur der Vogel besitzt den Vorteil des Schwanzsteuers und außerdem die Möglichkeit, durch Ver- änderung der Größe und Stellung eines Flügels, die Richtung zu ändern. Das Insekt steuert nur durch Aenderung der Flügelstellung. Ein Insekt besitzt ein geringes Beharrungsvermögen, denn der Körper ist klein im Verhältnis zur Tragfläche und wird leicht hin- und her- geworfen; daher der gaukelnde Flug so vieler Insekten und die nur bei Tagfaltern vorhandene Fähigkeit zu gleiten. Lange Schwanzanhänge können zur Stabilisierung dienen, weshalb sie besonders bei gut gleitenden Papilioniden (Segelfalter) beobachtet werden. Der Zickzack- Insekten- und Vogelflug. 369 flug ist übrigens nicht bedeutungslos, sondern eher eine Anpassung, die das Gefangenwerden erschwert, wie jeder Schmetterlingssammler weiß. Ueberlegen ist das Insekt dem Vogel in der Größe der Trag- fläche (F) im Verhältnis zum Gewicht (P) und in der Zahl der Flügel- schläge pro Sekunde. In der folgenden Liste bedeutet nach Demon die erste Zahl wie viel gqcm Tragfläche auf 1 g Gewicht kommt und die zweite Zahl in Klammer die Schlagfrequenz in einer Sekunde: Pieris 158 (9), Agrion 68 (29), Coceinella 30 (90), Musca 27 (190), Vespa 17 (110), Biene 13 (200), Eristalis 7 (190). Sperling’4,9 (13), Taube 4,1, Habicht 3,5, Storch 2,9, Geier 1,4 (2). Trotz einer viel kleineren Tragfläche halten sich die Vögel mit wenigen Flügelschlägen in der Luft, während die Insekten schwirren müssen. Der Grund für diese auffallende Erscheinung liegt in der ganz verschiedenen Art des Fliegens (359). Wie Drmorı an der Be- wegung feinster Eulenfederchen erkannt hat, wird die Luft durch die schwirrenden Insektenflügel von vorn und oben herabgesogen und nach hinten geschoben, was eine Bewegung des Körpers nach oben und vorn zur Folge hat, indem Luft von unten und hinten nachströmt. Hub- flieger (DEmorLL) möchte ich die Insekten nicht nennen, sondern Gegen- —_ — Fig. 359. Schemata zum prinzipiellen Unterschied des Insekten- (a) und des Vogelflugs (b) nach DEMOLL. druckflieger. Die Vögel hingegen arbeiten mit Druckflug, sie liegen auf der von ihnen bewegten Luft. Es liegt auf der Hand, daß die letztere Methode viel praktischer ist, denn das Insekt muß sehr viel mehr Luft verdrängen, um die nötige Gegenströmung zu erzeugen. Ich bezweifle aber, daß der Gegensatz beider Flugmodi wirklich scharf ist, denn alle Insekten mit langen oder breiten Flügeln liegen mehr oder weniger auf der Luft; er gilt wohl nur für die Arten mit hoher Schlagzahl (90 und mehr). Es wäre auch nötig, das Verhalten der Vögel vor dem Federapparat zu untersuchen. Der Gegensatz zwischen beiden Klassen kommt weiter darin zum Ausdruck, daß die Schwirrinsekten sich leicht an derselben Stelle halten können, indem sie den ganzen Luftstrom nach unten drängen (Schwebfliegen, Libellen, Macroglossa, Sphingiden u. a.), während der Vogel sich beim Flug nach vorn bewegen muß, weshalb nur wenige besonders geschickte Flieger, nämlich die Turm- falken (Üerchneis tinnunculus und Verwandte) und die Kolibris in schräger Stellung zu „rütteln“ vermögen, wobei ihnen ein langer Schwanz zur Vergrößerung der Druckfläche zu Hilfe kommt. Aus dem- selben Grunde können die Vögel nicht rückwärts fliegen (wohl sich vom Winde nach hinten treiben lassen), während die Bienen, Wespen und andere Schwirrinsekten dies häufig tun. Ob die im allgemeinen Plate, Allgemeine Zoologie 1. 24 370 VI. Kapitel. größere Geschwindigkeit der Vögel ebenfalls auf die verschiedene Art der Flügelverwendung allein zurückzuführen ist, erscheint mir zweifel- haft, denn wir sehen die Libellen und Schwärmer ebenso blitzschnell durch die Luft schießen, wie die Schwalben, Falken und Kolibris. Die Augen, die Körpergröße und die psychischen Fähigkeiten spielen hierbei eine entscheidende Rolle. Die Geschwindigkeit wird geschätzt von Drmorr in Meter pro Sekunde auf: Schwalbe 18, Sperling 12—15, Schwärmer bis 15, Zibellula depressa bis 10, Bienen, Hummeln 3—5, Stubenfliege 2, Phryganea striata 1,2. In der Ausdauer sind die Vögel den Insekten sicherlich weit überlegen, weil die langsameren Schläge, das Gleiten und Segeln eine Uebermüdung verhindern. Die Schwalbe ist fast den ganzen Tag in der Luft, und der amerikanische Regen- pfeifer soll 5000 km ohne Unterbrechung fliegen können. i D. Das Nervensystem der Evertebraten. 1. Allgemeines. Das Nervensystem leitet die von den Sinnesorganen oder auch direkt aufgenommenen Reize mit Hilfe der Neuronen zu solchen Stellen des Körpers, wo die Reizantwort erfolgt. Die Sinnesorgane sind Teile des Nervensystems im weiteren Sinne, denn sie können ohne Nerven nicht funktionieren, aber sie nehmen nur die Reize auf, während das. Nervensystem im engeren Sinne sie weiterleitet und die Reaktion hervorruft. Die Reize kommen überwiegend von außen, werden also durch die Veränderungen der Umwelt hervorgerufen. Zu einem nicht geringen Teile entstammen die Reize aber auch den Vorgängen im eigenen Organismus. Jede Veränderung der Umgebung und des eigenen Körpers, welcher Art sie auch sei, kann als Reiz wirken, wenn sie so intensiv ist, daß sie wahrgenommen wird oder — nichtpsychologisch ausgedrückt — eine Veränderung des Organismus hervorruft. Längere Zeit andauernde oder konstante Reize (gleichmäßige Geräusche, Schwer- kraft) werden nur zuerst oder bei Intensitätsschwankungen als Reize empfunden, wodurch eine Ueberreizung vermieden wird. Da die Reize der Außenwelt zunächst die ektodermalen Körperregionen treffen, so ist es naturgemäß, daß das Nervensystem immer vom Ektoderm an- gelegt wird. Nur bei Cölenteren und Echinodermen kommen ento- dermale nervöse Elemente vor, und bei Petromyzon sollen nach einer Angabe die Geschmacksknospen der Mundhöhle sich von dem Entoderm ableiten. Ein Nervensystem kann bei den einzelligen Protozoen noch nicht vorhanden sein. Auch bei den Spongien ist es noch nicht nach- gewiesen und scheint auch tatsächlich zu fehlen, denn wird die Ober- fläche eines Schwamms an einer Stelle gereizt, so ziehen sich die hier befindlichen Oscula und Dermalporen langsam zusammen, aber der Reiz wird nicht weitergeleitet. Indem das Nervensystem alle Teile eines Organismus direkt oder indirekt miteinander verbindet, bedingt es die physiologische Einheit desselben. Wird der Körper an irgendeiner Stelle von einem Reiz getroffen, so wird derselbe dorthin geleitet, wo eine zweckmäßige Reaktion erfolgen kann, z. B. eine Muskelbewegung, eine Drüsenabsonderung oder auch eine Hemmung eines Organs. Die Auslösung der Reizantwort kann unter der Herrschaft des Willens stehen oder sie kann unwillkürlich, automatisch vor sich gehen und wird dann als Reflex bezeichnet. Die Erweiterung der Pupille des Nervensystem. 371 Menschen bei schwacher, ihre Verengerung bei starker Belichtung, die Absonderung des Speichels, des Pepsins, der Galle, des Harns und viele andere Vorgänge verlaufen beim Menschen reflektorisch. Während das Nervensystem ursprünglich wohl nur die Bedeutung hatte, die einzelnen Organe zu gegenseitiger Beeinflussung und Zusammenarbeit zu verbinden, ist es bei den höheren Wirbellosen und den Wirbeltieren zu einem Zentralorgan geworden, welches alle periodisch tätigen Organe und Gewebe im gewissen Sinne beherrscht, so daß deren Funktionen fast nur auf einen Nervenreiz hin erfolgen. In manchen Organen, z. B. in den Duftschuppen der Weißlinge, haben sich keine Nerven nachweisen lassen. Es fehlt aber noch an systematischen Untersuchungen dieser Art. Daß ein Muskel auch ohne nervösen Reiz sich kontrahieren kann, beweisen Frösche, denen Gehirn, Rückenmark und Nervi ischiadici entfernt wurden und die trotzdem nach einem Induktionsschlag fortspringen. Andauernd tätige Gewebe (Flimmerepithelien, Herzmuskeln) bedürfen keines nervösen Anreizes, sondern erhalten die Impulse aus sich selbst, und die herantretenden Nerven dienen nur zur Beschleunigung oder Hemmung. Epithelien ohne Sinneszellen und solche Stützgewebe, welche nur der Raum- ausfüllung dienen, entbehren der Nerven. Ebenso verlaufen die Wachs- tumsvorgänge ohne nervöse Reize. Diese sind aber unentbehrlich für solche Gewebe, welche abwechselnd in Ruhe und in Tätigkeit sind. Während so die Abhängigkeit der Organe und meisten Gewebe von den Nerven sehr groß ist, wirken diese umgekehrt auch auf die sie versorgenden Nerven: in demselben Maße, wie ein Organ sich in der Stammesgeschichte weiter entwickelt oder sich rückbildet, verändern sich auch seine Nerven progressiv oder regressiv. Endlich ist das Nervensystem mit zunehmender morphologischer Komplikation auch der Sitz der höheren psychischen Eigenschaften (Bewußtsein, Gedächt- nis, Wille, Intelligenz) geworden. Kein anderes Organ hat im Laufe der Phylogenie eine derartige Steigerung seiner Funktionen erfahren. Wir besprechen in diesem Kapitel nur die verschiedene Anordnung der reizleitenden Organe, deren Grundelement das Neuron ist, d.h. die Ganglienzelle mit ihren Ausläufern, über welche S. 120 ff. das Wichtigste angegeben wurde. Je nach der Anordnung der Neuronen kann das Nervensystem diffus oder zentralisiert sein. Bei dem ersteren (360 d) wird der von einer Sinneszelle oder einer frei endigenden Nerven- faser aufgenommene Reiz einem Geflecht (Plexus) von Ganglienzellen zugeleitet, deren Ausläufer an den Erfolgsorganen (Muskeln, Drüsen) enden. Beim zentralisierten Nervensystem (360 e) gelangt der von einer Sinneszelle aufgenommene Reiz zu einem Ganglion, und zwar zu- nächst zu einer Zelle desselben, welche als sensibles oder rezep- torisches Neuron bezeichnet wird. Von hier wird die Erregung durch die Dendriten auf das effektorische Neuron übertragen, dessen Neurit das Ganglion verläßt und an dem Muskel endet. Zwischen dem sensiblen und dem effektorischen Neuron können mehrere „Schaltzellen“ oder „assoziatorische Neuronen“ liegen. Nach neueren Forschungen über Ermüdung scheint mindestens eine solche „übergeordnete Zelle“ immer im einfachsten Reflexbogen des Rücken- marks vorhanden zu sein (361). Es kommen sicherlich im Tierreich die verschiedensten Formen der Verbindung zwischen rezeptorischen und effektorischen Neuronen vor. Bei Ascaris, dessen Nervensystem im Vorderkörper nur 162 Ganglienzellen enthält, deren Verknüpfung 24* 372 VI. Kapitel. Si-2. Endk. Ne.z. ——Z ANA BE RR RL nee in die Tiefe sewandert Fig. 360. Schemata zur Entstehung und Wirkungsweise des Nervensystems. Orig., d unter Benutzung von Hapzıs Hydra-Arbeit. a—c zur Erläuterung der KLEINEN- BERGschen Theorie, d diffuses, e zentralisiertes Nervensystem, f, g Umwandlung der primären Sinneszelle in eine Ganglienzelle, h freie Nervenendigung, i sekundäre Sinnes- zelle. S7.g.x Sinnesganglienzelle, Si. Sinneszelle, Epi.mu.x Epithelmuskelzelle, Ne.x Nesselzelle, Gangl.xz Ganglienzelle. In d sind die subepithelialen Zellen auseinanderge- zogen dargestellt und die unter ihnen liegende Stützlamelle (St) ist nur rechts angedeutet Nervensystem. 315 genau untersucht ist, kommt es auch vor, daß die zentripetale Faser des sensiblen Neurons direkt in die motorische Zelle übergeht oder durch einen Seitenast mit dieser zusammenhängt. Dann fehlen also Schaltzellen. Jedoch kommt es nie vor, daß die sensible Faser der Sinneszelle direkt zum Erfolgsorgan hinzieht. Immer schiebt sich ein effektorisches Neuron dazwischen, ein Beweis, daß zunächst eine ge- wisse Arbeit in diesem geleistet werden muß, die wohl nur in einer bestimmten Veränderung der Erregung bestehen kann, und daß beide Arten von Nervenzellen physiologisch verschieden sind, auch wenn sie keine äußeren Unterschiede erkennen lassen. Während im zentralisierten System die Erregung immer in einer ganz bestimmten, durch die Pfeile angedeuteten Richtung das Ganglion durchläuft, kann sie den diffusen Plexus in der verschiedensten Rich- tung passieren. Beim Durchtritt durch die Zellen verlangsamt sich die Geschwindigkeit der Erregungsleitung und in ihnen allein können sich Ermüdungserscheinungen zeigen. Die Fortpflanzung erfolgt in den Nerven viel rascher als im diffusen Plexus |bei Arzon (Landschnecke) viermal schneller. Sie ist in den Nerven der höheren Tiere schneller Fig. 361. Schema des Reflexbogens. 57.x Sinneszelle, übg.Neur übergeordnetes Neuron, effect.N effektorisches Neuron, Mu Muskel, recept.\ rezeptorisches Neuron. Originai. als bei niederen (in der Sekunde bei Mensch 120 m, Frosch 30 m, Teichmuschel 10 cm, Insekt 0,1 mm). Ueber das eigentliche Wesen dieser Leitung ist nichts Sicheres bekannt. Sie ist sicherlich nicht physikalischer Natur, sondern beruht wahrscheinlich auf der Fort- pflanzung dissimilatorischer Prozesse. 2 Dasgdiffuse_ Nervensystem besteht in einer zerstreuten Verteilung der Ganglienzellen, welche durch ziemlich gleichartige Fortsätze (also keine Sonderung in Neuriten und Dendriten) miteinander in Verbindung stehen. Es fehlen größere An- häufungen von Ganglienzellen (Ganglien) mit davon ausgehenden Nerven. Ein derartiges Nervensystem findet sich besonders bei Cölenteren: die festsitzenden Polypen, Seerosen und Verwandte be- sitzen nur ein solches, während bei den schwimmenden Medusen (334) daneben noch strangartige oder gangliöse Zentren vorkommen. Bei Hydra (360d) und anderen Polypen (362) liegen die Ganglienzellen beiderseits der Stützlamelle zwischen den basalen Enden der Ektoderm- und Entodermzellen und ihre 2—5 zarten, vielfach sich wieder teilenden 374 VI. Kapitel. Ausläufer (103) verbinden die Zellen teils miteinander, teils endigen sie frei zwischen den Epithelzellen oder an den Drüsenzellen und an den Muskelfäden, welche, wie wir früher sahen (91), an der Basis der Epithelien liegen. Die Ganglienzellen sind besonders zahlreich bei den Hydropolypen in der Umgebung des Mundes, bei Aktinien auf der Mundscheibe und am Mundrohr. In ihrem Innern lassen sich zuweilen die Nısstschen Tigroidschollen erkennen. Bei den Actinien stehen sie besonders dicht an der Basis der Tentakel (363), doch sprechen Reiz- versuche dagegen, in ihnen schon ein Zentrum zu sehen. Wahrschein- lich hängen der ekto- und entodermale Plexus zusammen, denn bei Actinien sind mesoglöale Fibrillen beobachtet worden. So wird es Fig. 362. Diffuses Nervensystem einer Aktinie nach WOLFF. verständlich, daß bei ihnen die Muskeln der Darmsepten sich kon- trahieren nach Reizung der Seitenwand. Es bedarf noch der Auf- klärung, wie weit die Polypen der kolonialen Formen durch solche Plexus verbunden sind. Bei Alcyonarien hat man sie vermißt, während sie bei Pennatuliden beobachtet wurden. Aus der Weiterleitung der Reize ist zu schließen, daß sie überall vorhanden sein werden. Die Ctenophoren besitzen ebenfalls nur ein solches diffuses Nervensystem in Form eines doppelten Plexus, eines weit- und eines engmaschigen unter der Epidermis, welches sich am Sinnespole stellenweise verdichtet. Ein derartiges diffuses Nervensystem leitet den Reiz gleichmäßig nach allen Seiten weiter. Wird z. B. aus der Glocke einer Meduse ein langes Band vom Rande aus herausgeschnitten, so kontrahiert es sich an allen Stellen, wenn der Rand gereizt wird, aber die Kon- traktionen werden um so schwächer, je weiter sie von dem Reizpunkt Ursprung der Nervenzellen. 375 abliegen. Solche netzartig angeordnete Nervenzellen kommen ferner neben einem zentralen Nervensystem bei vielen anderen wirbellosen Tieren vor, namentlich in der Haut [geköpfte Landschnecken (Limax) ohne Nervenzentren kriechen, weil die Fußnerven durch solche Netze verbunden sind] und finden sich auch bei Wirbeltieren in weitester Ver- -breitung in den Wänden des Darms, der Blutgefäße (365) und anderer innerer Organe. Diese niedrigste Form des Nervensystems legt die Frage nach dem 3. Ursprung der Nerven- zellen nahe. Aus ihrer Lage und Ent- wicklung geht hervor, daß sie als umgewandelte, in die Tiefe sewanderte, meist ektodermale Epithelzellen angesehen werden müssen, wie schon S. 125 aus- geführt wurde. Es liegen nun zwei Möglichkeiten vor, ent- weder sind die drei Elemente: Sinneszelle, Ganglienzelle, inner- viertes Organ (Muskel) von An- fang an untereinander in Ver- bindung gewesen (KLEINENBERG) oder dieser Zusammenhang hat sich erst allmählich ausgebildet (Herrwig). Die Verbindung Fig. 363. A Zwei Ganglienzellen des subepithelialen Plexus aus dem Frosch- gaumen. B Diffuses Nervensystem in einer Froscharterie nach BETHE. der Nerven mit den Muskeln erklärte KLEINEnBERG (1872) durch den Hinweis auf die Epithelmuskelzellen der Cölenteren, welche 376 VI. Kapitel. nach ihm gleichzeitig sensibler, muskulöser und durch Weiterleitung der Reize auch nervöser Natur sind und daher als „Neuromuskelzellen“ (360 a) bezeichnet werden können. Nimmt man nun mit KLEINENBERG an, daß eine solche Zelle sich im Laufe der Phylogenie teilte und ihre verschiedenen Funktionen auf besondere subepitheliale Zellen übertrug, so würde zuerst der Zustand b und dann der typische Zustand c (Sinnes-, Ganglien- und Muskelzelle) entstanden sein. Man könnte an- nehmen, daß die Ganglienzellen durch Bildung neuer Fortsätze sich untereinander verbanden und so zur Weiterleitung des Reizes nach anderen Körperregionen befähigt wurden. Diese Theorie ist aber un-' wahrscheinlich, weil der Zustand b nicht vorkommt. Es wandern zwar häufig Epithelmuskelzellen mehr oder weniger in die Tiefe (360.d), aber sie stehen dann nicht mit den Sinneszellen in direktem Zusammen- hang. Man müßte also annehmen, daß das Stadium b durch c ver- drängt worden sei. Aber auch dann besteht die Schwierigkeit, daß die Ausläufer der Ganglienzellen sich so an die Muskelfasern anlegen, als ob sie erst sekundär sich mit ihnen verbunden haben, denn sie ver- sorgen häufig mehrere und auch solche, welche noch nicht in die Tiefe gewandert sind. Daher ist die Theorie von O. und R. Hrrrwiıc (1878) vorzuziehen, nach der Sinneszellen, Ganglienzellen und Muskeln unab- hängig voneinander aus indifferenten Epithelzellen sich entwickelten. Jene Forscher gingen dabei von der Epidermis der Medusen (364) aus, in der gewöhnliche Epithelzellen (Stützzellen), Epithelmuskelzellen, Sinneszellen und subepitheliale Ganglienzellen vorkommen. Die Ver- bindung der Ganglienzellen mit den Sinneszellen und Muskelfasern soll sekundär entstanden sein, vielleicht unter Benutzung der zarten Fäden (Plasmodesmen, 59, 64 a), welche sich zwischen den Epithelzellen aus- spannen. In zwei Punkten bedarf jedoch die Herrwicsche Theorie einer Verbesserung: die Plasmodesmen dürfen nicht herangezogen werden, und die Verbindung der Sinneszellen mit den Ganglienzellen hat als primär zu gelten. Diese beiden Zellsorten lassen sich nicht trennen. Es sind nervöse Zellen, welche aus Epithelzellen hervor- gegangen sind und bald ihre ursprüngliche Lage behalten haben (Sinnes- zellen), bald in die Tiefe gerückt sind (Ganglienzellen), und zwar ohne oder mit Teilung. Die Wanderung ohne Teilung (vgl. S. 125) wird ver- anschaulicht durch solche Zellen, welche schon basiepithelial liegen, aber noch mit einem Fortsatz zwischen den Epithelzellen enden (360 £, h: 109), der auch verästelt sein kann (sog. freie Nervenendigungen). ‚Jede sanglienzelle ist also stammesgeschichtlich aus einer Sinneszelle hervor- gegangen, wie sich noch jetzt die Sinneszellen der Scheitelplatte der Trochophora-Larve in die späteren Gehirnzellen umwandeln. Da viele Ganglienzellen direkt zusammenhängen mit Sinneszellen (360 d), während sie sich an die Muskeln mit einer kleinen Verbreiterung äußerlich an- legen, darf man annehmen, daß viele Neuronen während der phyletischen Entwicklung aus den Sinneszellen durch Teilung hervorgegangen sind. Sie standen also von Anfang an miteinander in Zusammenhang. Die Eigenart der Ganglienzellen, dünne verästelte Ausläufer zu bilden und sie innig an Muskeln, Drüsen und andere Gewebe anzuschmiegen, kann nicht auf die ganz anders beschaffenen Plasmodesmen zurückgeführt werden, sondern hängt mit dem amöboiden Zustand zusammen, den alle aus dem Ektoderm auswandernden Zellen (vgl. S. 128) mehr oder weniger annehmen. Die Plasmodesmen spannen sich in großer Zahl zwischen gleichartigen Zellen aus, nur selten zwischen ungleichartigen. Die Ursprung des Nervengewebes. SU Ganglienzelle aber sendet je einen Ausläufer an eine andere Zelle’ Daher nehme ich an, daß die primitiven Ganglienzellen pseudopodien- artige Ausläufer bildeten. So entstand allmählich die Uebertragung der Reize auf andere Organe, welche jetzt das Hauptmerkmal des Nerven- gewebes darstellt. Es war ein Irrtum von KLEImENnBERG, der Epithel- muskelzelle eine nervöse Funktion zuzuschreiben. Sie ist ebensowenig nervös, wie eine Vortzicella (Infusor), welche ihren Muskelfaden kon- trahiert. Die nervöse Tätigkeit beginnt erst mit der Uebertragung eines Reizes auf eine andere Zelle, denn jede Zelle leitet innerhalb des eigenen Körpers. Diese Uebertragung fehlt noch den primitivsten Metazoen, den Spongien, deren muskelartige Bindegewebszellen (Myocyten) die Oscula schließen, wenn sie direkt gereizt werden. Auch bei den Actinien wird nach PARKER die Tätig- keit der Hautdrüsen, Nesselzellen und Cilien durch einen direkten Reiz, ohne Vermittlung der Nerven, ausgelöst, denn sie zeigt sich auch noch an betäubten Tieren. Man wird sich also folgendes Bild der Entstehung des Nervensystems machen dürfen. Aus den indiffe- renten Epithelzellen ent- wickelten sich besondere reizempfängliche Sinnes- zellen. Diese PITNATEN Fig. 364. Epithel und äußerer Nervenring Neuronen wanderten teils einer Hydromeduse (Carmarina hastata) nach HERT- selbst in die Tiefe, teils wıG. Epi.x Epithelzelle, Si.x Sinneszelle, @1.x Gan- gaben sie durch Teilung glienzelle, Nr Nervenring. Zellen an die subepi- thelialen Schichten ab, und diese Ganglienzellen bildeten zahlreiche Aus- läufer, welche sich mit ihren Endpunkten an andere Ganglienzellen, Mus- keln und Drüsen anschmiegten und so die aufgenommenen Reize auf sie übertrugen. Ausgangspunkt des Nervensystemsistalso das sensible Neuron, die Sinneszelle. Die Frage, ob die Ganglien- zelle gleichzeitig oder nach der Muskelzelle entstanden ist, läßt sich wohl nicht einheitlich beantworten. Bei den Schwämmen sehen wir primitive Muskelzellen, aber noch keine Sinnes- und Ganglienzellen; jene sind hier also zuerst entstanden. Vielleicht gilt dies auch für die Cölen- teren, und die Einwanderung der Sinneszellen in die Tiefe erfolgte, um die Leistung der Muskeln zu steigern. Vielleicht bildeten sich Muskeln und Ganglienzellen gleichzeitig und traten später in Verbindung. Aus dem Vorstehenden ergibt sich, daß ich zwischen KLEINENBERG und Herrwıc insofern eine vermittelnde Stellung einnehme, als ich - ersterem zugebe, daß durch Teilung von Sinneszellen Ganglienzellen entstehen konnten, während ich letzterem darin beipflichte, daß die Ver- bindung der Ganglienzelle mit dem Muskel sekundär entstanden sein muß. Die Sinneszelle steht der Nervenzelle viel näher als der Muskel- zelle. So erklärt sich ungezwungen die universelle Verbreitung primärer Sinneszellen bei den Evertebraten, d. h. solcher, welche direkt in eine Epi. z. 378 VI. Kapitel. Nervenfaser übergehen und daher auch als unipolare Neuronen auf- gefaßt werden können. Es fragt sich nun, wie die sekundären Sinnes- zellen (360) entstanden sind, welche von einem Neuriten umsponnen werden. Sie kommen unter den Wirbellosen nur bei Arthropoden vor und finden sich bei Wirbeltieren überall mit Ausnahme der Riech- und Sehzellen, welche primär sind. Die peripheren Ganglienzellen bilden bei Evertebraten (mit Ausnahme der Cölenteren) und Wirbeltieren sehr vielfach „freie Nervenendigungen“ (h), indem der Neurit sich im Epithel verästelt und von mehreren Zellen Reize aufnimmt. Umschlingt er nur eine, so haben wir den Fall der sekundären Sinneszelle. Das Stadium h kann direkt aus f hervorgegangen sein, wahrscheinlich aber ist es nicht, denn dann würden freie Nervenendigungen wohl auch bei Cölenteren vorkommen; wahrscheinlicher ist es, daß die peripheren Ganglienzellen (g) sich sekundär im Epithel ausbreiteten zur Verstärkung der Sensibilität; von einer in die Tiefe wandernden Zelle kann man nicht erwarten, daß sie sich im Epithel verästelt. 4. Zentralisierte Nervensysteme mit peripheren Nerven. Allgemeines über Reflexe und die Funktion der Zentren. Während beim diffusen Nervensystem die Erregung von der ge- reizten Körperstelle nach allen Seiten und relativ langsam weiter geleitet wird, geht sie auf einer höheren Stufe zunächst nach einem Zentralorgan (360 e), welches viele Hunderte von Ganglienzellen in dichter Zusammen- lagerung aufweist, und wird von ihm auf das reagierende Organ über- tragen. Die Weiterleitung des Reizes erfolgt also nur in einer Richtung, und zwar mit bedeutender Geschwindigkeit. Die mit den Zentren zusammenhängenden Nerven werden als peripheres Nerven- system zusammengefaßt. Solche Zentralorgane haben bei den Wirbel- losen entweder die Form eines meistens flachen Stranges („Mark- strang, 105), oder rundlicher, untereinander zusammenhängender Knoten („Ganglien“, 104). Bei den Wirbeltieren treten sie als Gehirn und Rückenmark in noch weit komplizierterer Zusammensetzung auf. In den Marksträngen und Ganglien der wirbellosen Tiere (104—106) liegen die Ganglienzellen in der Mehrzahl am Außenrande, gemischt mit Stützzellen (Gliazellen), während das Innere von einem Filzwerk von Fasern (Neuropil) eingenommen wird. Dieses besteht hauptsächlich aus den Dendriten, welche die Ganglienzellen untereinander verbinden; daneben auch aus Neuriten, welche zu anderen Ganglien oder zu Nerven hinführen. Da dieses Filzwerk auf dem Schnitt als eine Masse von Punkten, den quer getroffenen Fasern, erscheint, wurde es früher die „Punktsubstanz“ genannt. Ein bindegewebiges Neurilemm begrenzt diese Zentren der Wirbellosen nach außen. Bei den Wirbeltieren (108) liegt die Hauptmasse der Ganglienzellen zentral um einen Hohlraum herum, in ursprünglich epithelartiger Anordnung (105), während die Außenschicht von Fasern gebildet wird. Funktion der Zentren. Die nervösen Zentralorgane haben drei Hauptaufgaben zu leisten, abgesehen von den psychischen Funktionen (Empfindung, Gedächtnis, Bewußtsein, Wollen, Denken) auf die hier nicht näher eingegangen werden kann: 1. die Weiterleitung der Reize und die Auslösung von Reflexen, 2. die Summierung und 3. die Hemmung von Reizen. Sie bedingen das zweckmäßige Zusammenspiel, die Koordination der verschiedenen Organe. Aus dem Bau der Neuronen Reflexe. 379 lassen sich diese Verhältnisse bis zu einem gewissen Grade verstehen. Die Nervenfasern dienen nur als Leitungsbahnen, während in den Ganglienzellen sich spezifische Prozesse abspielen, welche die Er- regungen weiterleiten, modifizieren, summieren oder abschwächen. Die eigentliche nervöse Arbeit geschieht also in diesen Zellen, welche daher auch leicht ermüden oder durch Gifte (Strychnin) in ihrer Erregbarkeit gesteigert werden. Aus dieser Auffassung folgt aber nicht, daß alle Nervenfasern sich funktionell gleich verhalten, also z. B. motorische und sensible Fasern ausgetauscht werden können. Die Fasern sind die Ausläufer der Ganglienzellen und bilden mit diesen eine Lebenseinheit. Sie werden also auch an deren Verschiedenheiten teilhaben. Immerhin werden wir später sehen, daß ein solcher Aus- tausch experimentell möglich ist. Die Neuronen zerfallen in rezeptorische, assoziative und effektorische, welche isoliert nicht zu unterscheiden sind. Die ersteren stehen mit Sinneszellen in Verbindung und erhalten von ihnen die Erregungen, welche durch ihre Dendriten auf die zweite I SS sem.N. yy Mu. Fig. 365. Schema des einfachen Reflexbogens im Rückenmark eines Säugers. Orig. Dors. H dorsales Hinterhorn, Dors. W dorsale Wurzel, gem. N gemischter Nerv, Gl. sp Ganglion spinale, M« Muskel, Sch.x Schaltzelle, Ventr. Ho Ventrales Vorderhorn, ventr. W ventrale Wurzel, sen. bi. N sensible bipolare oder unipolare Nervenzelle. und weiter auf die dritte Gruppe übertragen werden (365). Von den effektorischen Ganglienzellen werden die Erregungen zu den End- organen (Muskeln, Drüsen u. a.) weiter geleitet und rufen hier eine bestimmte Aktion (eine Kontraktion oder eine Erschlaffung eines Muskels, Sekretabsonderung u. a.) hervor. Alle auf einen bestimmten erregenden Reiz (im Gegensatz zu lähmenden Einwirkungen) zurück- führbaren Veränderungen der Organe werden allgemein als keflexe bezeichnet, wenn die Erregung dabei eine bestimmte Bahn durchläuft. Der von der Erregung durchlaufene Weg wird Reflexbogen (361) genannt. Ein solcher Reflex erfolgt unwillkürlich, rein zwangsmäßig, wie irgendeine Bewegung in einer Maschine. Die menschlichen Reflexe verlaufen vielfach unbewußt z. B. die Aktionen im Darm, in den Nieren, der Pulsschlag. Die meisten Reflexe sind nützlich, dienen der Er- haltung des Individuums oder der Art, der Entfernung von Schädlich- keiten, der Abwehr von Feinden. Einige sind indifferent, wie z. B. 380 VI. Kapitel. das Gähnen, wieder andere sind pathologisch (Krämpfe). Die Reflexe beruhen entweder auf einmaliger Erregung, z. B. der Lidverschluß des Auges, oder auf zahlreichen, rasch aufeinanderfolgenden Reizungen. Diese können eine leichte andauernde sog. tonische Muskelverkürzung zur Folge haben (z. B. des Gesäßmuskels beim Sitzen, der Beinmuskeln beim Stehen), oder starke Dauerkontraktionen (Tetanus). Vergleiche hierüber S. 111. Viele Reflexe erfolgen durch ein koordiniertes Zu- sammenspiel mehrerer Muskeln, z. B. bei Abwehrbewegungen; der auf den Rücken gelegte Käfer oder Frosch dreht sich um, ein nach vorn ausgleitender Mensch streckt beide Arme aus, um den Fall zu mildern. Die bekanntesten Beispiele von Reflexen bietet das Rückenmark der Wirbeltiere (365) dar, mit dem die peripheren Nerven durch je eine dorsale, sensible und eine ventrale, motorische Wurzel zusammenhängen. Die aus der Haut kommenden Erregungen werden den rezeptorischen uni- oder bipolaren Ganglienzellen des Ganglion spinale der dorsalen Wurzel zugeleitet, gehen weiter zu Schaltzellen im Dorsalhorn und werden von hier auf die motorischen Neuronen im Ventralhorn der srauen Substanz übertragen, deren Neuriten die Muskulatur versorgen Jeder Rückenmarksnerv ist also „gemischt“, d. h. er enthält sensible und motorische Fasern (Gesetz von MAGENDIE und Bert). Wird z.B. die Hand des Menschen verletzt, so wird sie reflektorisch zurück- gezogen. Wird im Sitzen auf das herabhängende Bein unter dem Knie ein Schlag geführt, so zuckt es nach vorn (Patellarreflex).. Zu einem zentripetalen Nerven gehören fast immer mehrere zentrifugule, so daß derselbe Reiz durch sehr verschiedene Muskelbewegungen beantwortet werden kann. Umgekehrt ist die Zahl der rezeptorischen Neuronen viel größer als diejenige der effektorischen, woraus es sich erklärt, daß derselbe Muskel durch Reizung der verschiedensten sensiblen Endigungen in Tätigkeit tritt. Ein Zurückziehen der Hand erfolgt nicht nur, wenn diese selbst gereizt wird, sondern auch nach vielen anderen Reizungen. Diese Vielseitigkeit der Reizbeantwortungen er- klärt sich aus der großen Zahl von Schaltzellen in einem Ganglion, welche miteinander in Kontakt stehen und die Erregung hierhin oder dorthin weiterleiten können. Der Weg des Reflexbogens ist immer genau bestimmt, trotz der verschiedenen Möglichkeiten. Welche Be- wegung schließlich ausgeführt wird, hängt von der Art und Stärke des Reizes, von dem Körperzustand, von gleichzeitig auftretenden anderen Reizen, bei höheren Tieren auch von der Erfahrung ab. Denn obwohl die Reflexe auf ererbter Organisation des Nervensystems be- ruhen und aus diesem Grunde nicht erlernt zu werden brauchen, sondern rein mechanisch sich abspielen, sind bei den höheren Tieren viele Reflexe psychisch beeinflußbar. Wenn ein Hund Fleisch sieht, so wird reflektorisch Speichel abgesondert. Zeigt man dem Hund aber häufig Fleisch, ohne es ihm gleichzeitig zu geben, so reagiert er nicht mehr auf den Anblick mit Speichelfluß. Bei einem Kinde und einem Hunde erfolgt die Harn- und Kotentleerung rein reflektorisch; später steht sie infolge der Erziehung bis zu einem gewissen Grade unter der Herrschaft des Willens. Das Gehirn vermag also manche Reflexe zu hemmen oder zu unterdrücken. In andern Fällen vermag es sie aber auch zu unterstützen. Die höheren Tiere lernen viele zusammengesetzte Reflexe im Laufe des Lebens. Die komplizierten Muskelbewegungen, welche beim Stehen, Laufen, Fliegen ausgeführt werden müssen, werden von ihnen in der Jugend gelernt und spielen sich später unbewußt ab. Reflexe. 381 Die Grenze zwischen den unbedingten, automatischen „Reflexen“ und den psychisch durch das Gehirn beeinflußbaren „Antiklisen“ ist oft schwer zu ziehen. In dem Schema 361 ist dargestellt, wie man sich eine solche Abhängigkeit von übergeordneten Neuronen vorstellen kann. Man faßt sie als Zentrum des betreffenden Reflexes zusammen. Solche Zentren haben immer eine bestimmte Lage, so befindet sich z. B. das des Kniesehnenreflexes im 2,—4. Lumbalwirbel. Mehrere Reflexe treten nicht selten zusammen auf, weil die betreffenden Nerver eng zusammenhängen. Als Beispiel einer solchen Reflexassoziation nennen wir die Pupillenverengerung und die Konvergenz der Augäpfel, welche bei der Akkommodation eintreten. Wegen ihrer weiten Verbreitung und Wichtigkeit seien hier noch die Reflexketten erwähnt, bei denen der erste Reflex den zweiten auslöst usf. Bei der peristaltischen Bewegung des Darms treibt die erste Kontraktion der Ringmuskulatur den Darminhaiv etwas weiter und verursacht dadurch die zweite. Die ganze Verarbeitung der Nahrung von der Aufnahme im Schlunde bis zur Ausstoßung des Kotes beruht auf einer Kette von Reflexen. Solche zeigen sich auch sehr häufig bei den Bewegungen der Tiere (Wellen des Schneckenfußes (340), Schlängeln der Würmer, die auf- einanderfolgenden Bewegungen beim Schwimmen, Laufen, Fliegen). Die Reflexketten sind von besonderer Bedeutung, weil sie überleiten zu den Instinkten, worunter wir solche komplizierte Reflexe ver- stehen, an denen die verschiedensten Organsysteme beteiligt sind und die meist zu bestimmten Lebensperioden auftreten (Nestbau, Brutpflege, Wanderungen u.a.). Eine zweite Hauptaufgabe der Nervenzentren besteht in einer Sum- mation schwacher Reize. Sie zeigt sich in doppelter Form. Einmal kann ein schwacher, an sich zu keiner Auslösung führender Reiz eine solche bewirken, wenn er rasch wiederholt wird, z. B. bewirkt eine an sich unwirksame Reizung der sensiblen Wurzeln eines Rückenmarks- nerven eine Muskelkontraktion, wenn derselbe Reiz 30mal in der Sekunde erfolgt, und das Sperma der Säuger wird erst herausgespritzt, nachdem die Eichel des Penis eine gewisse Zeit gereizt worden ist. Zweitens können auch unter Umständen zwei verschiedenartige Reize, von denen jeder allein keinen Reflex hervorruft, einen solchen auslösen, wenn sie gleichzeitig auftreten. Ein Hund kratzt sich mit der Hinter- pfote, wenn die Haut an zwei Stellen gleichzeitig leicht gereizt wird. Man spricht in solchen Fällen wohl von einer scheinbaren Bahnung, da der einen Reiz dem andern gleichsam den Weg bahnt. Eine große Bedeutung: kommt den Hemmungen zu, welche die nervösen Zentren hervorrufen. So wirkt der Vagus hemmend auf die Herzbewegung der Wirbeltiere ein. Wird dieser Nerv daher am Halse durchschnitten und gereizt, so werden die Herzschläge langsamer und hören schließ- lich auf. Bei einer marinen Nacktschnecke (Aplysıa) ist das Gehirn ein Hemmungszentrum für die Bewegungsmuskulatur. Entfernen wir das Gehirn, so werden die Bewegungen stärker. Wird die Operation nur auf einer Seite vorgenommen, so bewegt sich das Tier auf der- selben stärker, und es erfolgt Kreisbewegung nach der normalen Seite hin. Auch bei Tintenfischen scheinen die Gehirnganglien zur Hemmung zu dienen, denn nach Exstirpation derselben sind alle Reflexe gesteigert. Ebenso tritt bei der Aeschna-Larve nach Entfernung des Gehirns eine andauernde Steigerung der Atemfrequenz ein, also ist auch hier das Gehirn ein Hemmungszentrum. Der Umdrehreflex des auf den Rücken 382 VI. Kapitel gelegten Frosches unterbleibt, wenn man ein Gummiband um den Hals legt. Wir beißen die Zähne zusammen, um bei einer kleinen Operation stillzuhalten. Auf andere cerebrale Hemmungen der psychisch beeinflußbaren Reflexe wurde schon oben hingewiesen. Wären solche Hemmungen in einem Organismus nicht vorhanden, ‚so müßte das Tier beständig auf die Reize der Außenwelt reagieren und würde nie zur Ruhe kommen. Sie sind besonders wichtig für das Spiel der Muskeln. Indem die Erregung in einem kontrahierten Muskel gehemmt wird, erschlafft er und nimmt dabei wieder seine ursprüngliche Länge ein. Alle komplizierten Bewegungen beruhen auf dem Wechselspiel von Kontraktion und Erschlaffung der Mus- keln. Durchschneiden wir einem Frosch das Rückenmark hinter dem Kopf und kneifen die linke Hinterextremität, so wird sie gebeugt. Reizen wir nun das rechte Hinterbein, so wird dieses ge- beugt, während die Muskeln in dem linken erschlaffen. Man erklärt diese Erscheinung durch die Annahme, daß die zweite Reizung bis zu den Gan- glienzellen ausstrahlte, deren Fasern die Kontraktion des linken Beines hervor- riefen. Sie wurden durch die doppelte Reizung ermüdet, so daß keine weiteren Erregungungen von ihnen ausgingen und die Muskeln infolgedessen er- schlafften. Solche Hemmungen spielen eine große Rolle bei den antagonisti- schen Muskeln (Beuger und Strecker e einer Extremität, Schließmuskel einer . Fig. 366. Schema der nervösen Pjyse und Blasenmuskel zum Ent- Beziehungen zwischen autagonisti- \ 3 schen Muskeln. Nach Frönnıcn. leeren derselben). Der Reiz, welcher den einen kontrahiert, wird gleichzeitig durch eine Seitenbahn in abgeschwächtem Grade zu dem andern geleitet und bewirkt hier eine Erschlaffung. Das Schema 366 wird das Gesagte verständlich machen. Der bei A in die sensible Wurzel eintretende Reiz bewirkt die Kontraktion des Streckmuskels. Gleichzeitig wird er zum Teil zu den Ganglienzellen des Beugemuskels B geleitet und bringt ihn zum Erschlaffen. Wirken gleichzeitig oder in kurzer Zwischenfolge mehrere Reize ein, so tritt derjenige Reflex ein, welcher den größten biologischen Wert hat. Es zeigt sich hierin, wie in fast allen Reflexerscheinungen, daß sie ausgesprochen zweckmäßig verlaufen. Daher hemmen schädigende oder Schmerzreize alle übrigen Reflexe. Auf einen Maikäfer oder einen Menschen, der zu ersticken droht, machen alle andern Reize keinen Eindruck. Er sucht nur Luft zu bekommen. Sind die gleichzeitigen Reize nicht so eingreifender Art, so Siegen im allgemeinen die höheren Sinne (Auge, Ohr) über die Rückenmarksreflexe. Wer gespannt den Worten eines Redners lauscht, fühlt nicht, daß er auf einem unbequemen Stuhl sitzt. Ein Reflex verläuft also nur dann normal, wenn er nicht beeinflußt oder gehemmt wird. Diese Beeinflussung geht häufig aus von den inneren Zuständen des Organismus: ein frisches Tier reagiert anders als ein ermüdetes, Anordnung der Nervenzentren. 383 ein hungeriges anders als ein gesättigtes, ein gesundes anders als ein erkranktes, ein junges anders als ein altes, ein Männchen oft anders als ein Weibchen. Daher zeigt eine Anzahl scheinbar gleicher Individuen einer Art oft ein verschiedenes Benehmen, wenn sie denselben Licht-, Temperatur- oder andern Reizen ausgesetzt werden. 5. Anordnung und Lage der Zentren. Die Ganglienknoten treten bei den Bilaterien meist paarweise als linke und rechte Organe auf, welche durch eine quere „Kommissur‘* verbunden sind. Die Verbindungsstränge ungleichartiger Ganglien werden Konnektive genannt; sie verlaufen meist in der Längsrichtung. Damit alle Körperregionen leicht mit Nerven versorgt werden können, richtet sich die Form des Zen- tralnervensystems nach der Körpergestalt derart, daß bei radial gebauten Tieren (367) auch das Nervensystem radial angeordnet ist; bei Bilaterien ist es bilateral, bei gegliederten Tieren (12%) ist es segmentiert. Bei langgestreckten Tieren ver- läuft es zum größten Teil als Bauch- oder Rückenmark in der Körpermediane, während es bei sedrungenem Körperbau (Krab- ben, Milben, 41%. 408e) eine kompakte Körperform annimmt. Entsprechend ihrer ektoder- malen Herkunft liegen die 1 Zentren und Verbindungs- Fig. 367. Schema des ektoneuralen stränge bei primitiven Familien Nervensystems eines Seesterns. Orig. Amb.f in oder dicht unter der Ober- Ambulacralfurche, Füßeh Füßchen, MdMund, haut und rücken im Laufe der Rad.n Radiärnerv, Schl.r Schlundring. phyletischen Entwicklung mehr in das Innere des Körpers. Die nervösen Zentren finden sich sehr häufig in der Nähe vön Sinnesorganen. Ist z. B. nur ein Ganglienpaar vorhanden, so liegt es im Kopf, weil dieser die Augen, Fühler und andere Sinnesorgane trägt. Bei der Entstehung der Zentralorgane aus dem dif- fusen Zustand werden sich die Ganglienzellen an jenen Körperstellen konzentriert haben, welche den Reizen der Außenwelt besonders aus- gesetzt waren und Sinnesorgane entwickelten. Noch in einer anderen Hinsicht läßt sich die phyletische Differenzierung erkennen: die Mark- stränge sind primitiver als die Ganglienknoten. So z.B. zeigen die Plattwürmer Markstränge (376), welche vielfach noch mit diffus ver- teilten Ganglienzellen in Verbindung stehen, während die Ringelwürmer echte Ganglien aufweisen; die niedersten Schnecken, die Chitonen (434), haben Markstränge, während die Prosobranchier Ganglien besitzen und nur noch vereinzelt mit Marksträngen (432) versehen sind. Die Ganglien sind daher aus den Marksträngen durch immer weiter gehende Kon- zentration der nervösen Zellen entstanden. Während bei den Everte- braten (mit Ausnahme der Tunicaten) die Zentren solid, ohne Hohl- räume sind, werden sie bei den Wirbeltieren und den mit ihnen ver- 384 VI. Kapitel. wandten Tunicaten von einem Kanal durchzogen. So ergeben sich drei Formen der Nervenzentren: markstrangförmige, gangliöse und hohle. I. Nervensysteme mit überwiegend markstrangartigen Zentren. Zu diesen kommen in einigen Gruppen echte Ganglien und sehr häufig besteht unter der Haut ein Plexus von Ganglienzellen, d.h. eine Region mit diffus verteilten Nervenzellen. Die Stränge sind zuweilen noch locker (368) und wenig abgesetzt von dem Plexus, aus dem sie durch allmähliche Konzentration in bestimmter Richtung hervorgegangen sind. a) Hydromedusen (334). Am Rande der Glocke verlaufen zwei Nervenringe mit eingelagerten Ganglienzellen. Der innere, subumbrellare ist zart und steht mit einem Plexus von Ganglienzellen an der Innen- seite der Glocke in Verbindung, welche die hier befindlichen Muskeln zur Bewegung der Glocke versorgen. Der äußere Ner- venring ist bedeutend stärker, weil er die Sinnesorgane des Mantels innerviert. Beide liegen in der Tiefe des Ek- toderms (364). b) Bei einzelnen Seypho- medusen (Charybdaea, Rhi- xostomeen) ist ein innerer subumbrellarer Nervenring (368) vorhanden, welcher zwischen den basalen Enden der Ektodermzellen verläuft und durch kurze Radiär- nerven zusammenhängt mit einer bei allen Quallen vor- kommenden Anhäufung von Ganglienzellen an der Basis der „Randkörper“ (vgl. Fig. 368. Schema der Nervenverteilung aut Schwerkraftorgane), welche der Subumbrella (1 Oktant) von Rhixostoma verschiedene Sinnesorgane Cuvieri nach HESSE. gf Gastralgefäß, welches tragen. In dieser Konzen- sich auflöst in ein Netzwerk von grau gezeich- tration von Ganglienzellen neten Kanälen, »f Nervenfasern, welche einen E : N: : lockeren subumbrellaren Ring bilden, r* Rand- spricht sich ein im Vergleich körper. mit den Hydromedusen höherer Zustand aus. Wie bei diesen, ist überall ein subumbrellarer Plexus von Ganglienzellen ausgebildet. Bei den e) Echinodermen umgibt ein Nervenring (367) den Schlund und entsendet entsprechend der Zahl der Arme bzw. Radien, sog. Radiärnerven, deren Fasern bei Asteriden und Crinoiden zwischen den Basen der leistenförmig vor- springenden Epithelzellen in der Mitte der Ambulacralrinne (369, 371) verlaufen, während sie bei den übrigen Klassen mehr in der Tiefe liegen, und zwar bei Holothurien unter dem dicken Corium (373), bei Schlangensternen (372) und Seeigeln am Boden eines Kanals, welcher durch Verschluß der Ambulacralrinne entstanden ist. Die radiären Nervensystem der Echinodermen. 385 Nerven geben Seitenzweige an die Füßchen und an die Haut ab. Der Nervenring versorgt den Darm, und da seine Nerven intra- und subepithelial liegen, scheinen sie aus dem Entoderm hervor- zugehen, was an die Verhältnisse der Cölenteren erinnert und wiederum beweist, daß die Ganglienzellen in die Tiefe gewanderte Epithelzellen sind. Das geschilderte Nervensystem ist wegen seiner oberflächlichen Lage als eetoneurales bezeichnet worden. Es wird bei den meisten Echinodermen begleitet von einem mehr in der Tiefe gelegenen hyponeuralen (369), welches die Muskeln versorgt. Es liegt zwischen den Epithelzellen eines zum Üölomsystem gehörigen einfachen oder doppel- ten Kanals, des Hypo-. neural- oder Perihämal- kanals, an dessen Außenwand, ist also ebenfalls wahrschein- lich entodermalen Ur- IK sprungs.. Ein Zusam- EINEN menhang zwischen bei- IR den Nervensystemen 23 a hat noch nicht nachge- Erg Aul wiesen werden können, EZ ist aber aus physiologi- Be u schen Gründen wahr- ee scheinlich. Dazu kommt I nn Cu bei Seesternen, See- Be igeln, Seelilien noch &% ein drittes, das sog. (% = Kobes apicale, welches den der Mundöffnung gegen- überliegenden Pol um- gibt und bei den Ori- is) Fig. 369. Querschnitt durch den Radiärnerven noiden besonders mäch- eines Seesterns, Astropeeten aurantiacus, nach LuDwic. tig entwickelt ist. Die Wimpern der Epithelzellen sind nicht eingezeichnet. Dieser allgemeinen Cu Cutieula, 7yp Hyponeuraler Nervenstreif, Ke Kerne Uebersicht seien noch der Stütz- und Sinneszellen, La/: Blutlakune, »f Nerven- folgende Einzelheiten faser, PK Perihämalkanal, s// Fasern der Stützzellen. hinzugefügt. Eeto- und hyponeurales System. Bei den Seesternen springen der äußere Ring- und Radiärnerv als dachförmige Leiste vor. Auf dem Schnitt sieht man unter der Cuticula (369, 370) eine dichte Lage von Kernen der Epidermiszellen, von denen sich viele als Stützfasern durch die Nervenmasse hindurch bis zur Basalmembran fortsetzen. Diese Masse besteht überwiegend aus Längsfasern mit einzelnen ein- gestreuten Ganglienzellen, von denen manche auch an der Basis der (be- wimperten) Epithelzellen liegen. In gleicher Weise verlaufen die Fasern der zwei hyponeuralen Radiärnerven (369, 375) an der Basis der Epi- thelzellen, welche die Außenwand der zwei Perihämalkanäle auskleiden. Sie geben wahrscheinlich Fasern an die Muskeln des Armskeletts ab. Einen eigentlichen Schlundring scheinen sie nicht zu bilden, sondern am Munde nur interradial entwickelt zu sein. Ein Blick auf 371 zeigt, daß das ecto- und hyponeurale System der Orinoiden sich in den Armen im wesentlichen verhält wie bei den Asteriden, nur gibt das Plate, Allgemeine Zoologie I. 25 386 VI. Kapitel. letztere Ausläufer in die als Tentakeln fungierenden Füßchen zu deren Sinnespapillen, so daß es auch der Empfindung dient, und liegt außer- halb des Cölomepithels im Bindegewebe. Ferner fehlt den Urinoiden der ectoneurale Mundring, denn die Radiärnerven treten direkt in den Schlund ein. Da die Seelilien eine sehr alte Klasse sind, sehe ich hierin ein primitives Merkmal, welches beweist, daß der zentrale Ring später entstanden ist als die Radialnerven. Dagegen ist ein hypo- neuraler Schlundring bei den Crinoiden vorhanden. Die Ophiuren besitzen eine geschlossene Ambulacralfurche, in deren ventraler Wand eine Kalkplatte, das Bauchschild (372, 5), liegt, über dem ein radiärer Epineuralkanal (6) verläuft. Der ectoneurale Radiärnerv (7) begleitet den Kanal und schwillt unter jedem Armwirbel zu einem Ganglion an. Die von ihm ausstrahlenden Tentakelnerven umgreifen die Basis des Fühlers mit einem Ringganglion. Der radiale Hyponeuralnerv (9) ist paarig und bildet ebenfalls Ganglien. Um die Mundöffnung herum finden sich, wie bei Seesternen, zwei Schlundringe Bei den Holo- Fig. 370. Längsschnitt durch den Radiärnerven von Astropecten nach MEYER. nf Nervenfasern, »x Nervenzelle, s?z Sinneszelle, sif Stützfasern, six Stützzelle. thurien finden wir die dicken ectoneuralen Radiärnerven an der Innenseite der Haut (33), so daß man annehmen muß, daß sie durch das Corium im Laufe der Stammesgeschichte aus der Epidermis in die Tiefe gedrängt sind. Da sie aber von einem Epineuralkanal (16) be- gleitet werden, müssen sie wohl, wie bei den Echiniden und Schlangen- sternen, nach dem Verschluß einer ursprünglichen Ambulacralfurche nach innen verlagert sein. Es verlaufen also mit Ausnahme der distalen Enden die Radiärnerven bei Holothurien, Seeigeln und Ophi- uren nach innen vom Kalkskelett, sind also besonders geschützt. Jene theoretische Vorstellung wird nur bei den Ophiuren und Echiniden durch die Ontogenie gestützt, aber nicht bei den Holothurien, denn deren Radiärnerven gehen nicht aus einer Hauttasche hervor, sondern sie entstehen als Auswüchse des Mundschildes und wachsen unabhängig von der Epidermis nach hinten. Dieser Vorgang wie auch die schlechte Nervensystem der Echinodermen. 387 Ausbildung des epineuralen Epithels sind als sekundäre Veränderungen in dieser Klasse zu deuten. (Man vergleiche hierzu die Abbildung der Statocysten von Synapta in dem Kapitel über die Schwerkraftorgane.) Der begleitende hyponeurale Strang (7) ist bei den Holothurien sehr dünn und versorgt die Ring- und Längsmuskulatur. Die Tentakel der Holothurien sind umgewandelte Füßchen, und man sollte daher erwarten, daß sie von den äußeren Radiärnerven versorgt werden. Da aber Ring- nerven in sie eintreten, müssen die Tentakelnerven von dem Radiär- nerv auf den Ring übergetreten sein, wenn man nicht die unwahr- scheinliche Hypothese einer Uminnervierung machen will. Von dem Ringe gehen Nerven außerdem zur Haut der Mundregion, zu dem Fig. 371. Schematischer Querschnitt durch den Arm eines Crinoiden nach LAnG. 7 ectoneuraler Radiärnerv, 2 Pseudohämalkanal, 3 Wassergefäßkanal, 4 paarige hyponeurale Radiärnerven, 5, 7, 11 Oölomsinus, 6 Genitalsinus, 8 apiealer Nerven- strang, 9 Nervenendigungen in der Haut, 70 Verbindung zwischen apicalen und hyponeuralen Nerven, /2 Tentakelnerv, 73 Tentakel(Füßchen-)kanal des Wassergefäß- systems, // Sinneskegel, 75 Nahrungsfurche des Arms. Pharynx und vielleicht auch zum Magen und Darm. Bei den Holo- thurien bilden die Schlundnerven einen kontinuierlichen Belag. Die ectoneuralen Radiärnerven der Echinodermen versorgen die Füßchen und die Hautteile nach außen von der Muskulatur unter Plexusbildung. Der hyponeurale Nerv bildet morphologisch (mit Ausnahme der Crinoiden, s.3<1) mit dem ectoneuralen eine Einheit, da sich zwischen beide nur eine sehr zarte bindegewebige Lamelle schiebt. Von ihm gehen Aus- läufer zu den Muskeln der Haut und der Füßchen (in 373 nicht ein- getragen, wohl aber in 371) und zu den Skelettmuskeln; bei Echiniden fehlt der Hyponeuralnerv, weil keine tiefliegenden Hautmuskeln vor- 25* 388 VI. Kapitel. handen sind. Er hat also in erster Linie motorische Funktion, wäh- rend der ectoneurale vorwiegend sensibel ist. Morphologisch besteht zwischen beiden Systemen der Unterschied, daß der äußere Nerv un- paar, der innere paarig ist, weil zwei Perihämaldivertikel in jeden Arm einwachsen. Bei den Asteriden (369, PC) und Crinoiden (371,5, 11) bleiben sie beide getrennt, daher ist auch die Duplizität der Nerven unverkennbar; bei den Ophiuren (372,10) und Holothurien (373, 18) verschmelzen sie und die Nerven verwachsen, so daß oft nur noch eine mediane Furche den ursprünglichen Zustand erkennen läßt. Die hypo- neuralen Nerven bilden mit Ausnahme der Holothurien und Spatangiden um den Schlund herum einen Ring, welcher wahrscheinlich die Schlund- und Kaumuskulatur versorgt. Bei den Seesternen scheint er nur inter- radial ausgebildet zu sein. HR het Eh Fig. 372. Schematischer Querschnitt durch den Arm eines Schlangensterns nach LanG. / Ambulacraltentakel, 2 sein Wassergefäßkanal, 3 epineuraler Ringkanal an der Basis der Tentakel, 4 Ringganglion an der Basis der Tentakel, 5 Bauchschild, 6 radiärer Epineuralkanal, 7 ectoneuraler Radiärnerv, 8 Fortsetzung des Achsen- organs, 9 hyponeuraler Radiärnerv, /0 Pseudohämalkanal, // Seitenast von 9, 12 Stachel, /3 unterer Zwischenwirbelmuskel, 7/ Seitenschild, 75 Wirbel, 76 oberer Zwischenwirbelmuskel, 77 Cölom, 15 Wimperstreifen, /9 Rückenschild, 20 Radial- kanal des Wassergefäßsystems, 2/ segmentaler Ausläufer des Cöloms, 22 Tentakel- kanal des Wassergefäßsytems, 23 Ganglion an der Stachelbasis, 24 hyponeuraler motorischer Nerv. Ueber das apicale oder aborale (zuweilen auch antiambulacrale genannte) Nervensystem sind unsere Kenntnisse noch sehr mangel- haft. Es scheint, wie das hyponeurale, ein Derivat des Cölomepithels, also entodermalen Ursprungs zu sein. Es ist sehr stark ausgebildet bei den Crinoiden, wo es die beiden andern Systeme an Masse bedeutend übertrifft und sich auch durch die Skelettkanäle, in denen es lagert, am leichtesten untersuchen läßt. Um das im Oentrodorsale befindliche, aus Oölomschläuchen gebildete „gekammerte Organ“ herum breitet sich Nervensystem der Echinodermen. 389 eine becherförmige Ganglienmasse aus, von der zwei Markstränge in jedem Körperabschnitt ausgehen, die bei den verschiedenen Arten in wechselnder Weise sich zu einem interradialen Strang vereinigen (374 in 7, &, 6%). Sie spalten sich mit den Armen, durchziehen diese radial als dicke Nerven im Innern der Armglieder (371 bei $) und setzen sich bis in die Pinnulae fort. An jeder Spaltungsstelle der Arme findet eine merkwürdige äußerliche Ueberkreuzung von Seitennerven statt und an der Wurzel der interradialen Nerven eine pentagonale Querverbindung; bei Pentacrinus kommt dazu noch eine zweite, mehr zentral gelegene. Das becherförmige Zentrum setzt sich fort in die Stielglieder und Cirren, immer als Umhüllung eines axialen Cölomkanals. Die Arm- nerven versorgen die Muskeln und die Haut, und die ventralen Seiten- äste hängen mit dem hyponeuralen System zusammen (371, rechts). Fig‘ 373. Halbschematischer Querschnitt durch die Leibeswand einer Holo- thurie nach LAnG. / Peritoneum, 2 Ringmuskeln, 5 Längsmuskeln, / motorischer Nerv, 5 Wassergefäßkanal, 6 radiäre Blutlakune (Schizocöl), 7 hyponeuraler Radiär- nerv, & Ampulle, 9 Cutis, 70 Epidermis, 7/7 Füßchenkanal, /2 Füßchen, 73 Füßchen- nerv, /4/ Füßchengefäß, 75 ectodermaler Radiärnerv, /6 Epineuralkanal, 7/7 Haut- nerv, /8 Pseudohämal(Cölom-)kanal. Es bedarf noch weiterer Untersuchungen, wie weit.das apicale Nervensystem in den andern Klassen verbreitet ist. Nach innen von dem dorsalen Längsmuskel der Seesterne verläuft ein Nervenstrang (375, 33), welcher zum Peritonealepithel dieselben Beziehungen aufweist, wie die beiden andern Nervensysteme zu den anliegenden Epithelien. Man wird daraus schließen dürfen, daß er entodermalen Ursprungs ist. Diese Nerven vereinigen sich zu einem Knoten in der Mitte der Scheibe, so daß also in der Hauptsache dieselben Verhältnisse wie bei den Cri- noiden vorliegen. Die Ophiuren besitzen einen dorsalen Ringnerven, welcher den aboralen Sinus begleitet und wie dieser in den Radien dorsal liegt und in den Interradien eine ventrale Schlinge zwischen den Bursae und Geschlechtsorganen bildet. Da die Sinus (Pseudo- 390 V1. Kapitel. hämalkanäle) der Echinodermen sehr wahrscheinlich Cölomdivertikel sind, so kann man den dorsalen Ringnerven der Ophiuren zum apicalen System rechnen. Er versorgt vermutlich die Genitalorgane, welche ebenfalls aus dem Cölom hervorgehen. In ganz ähnlicher Weise finden wir einen aboralen Sinus bei den Echiniden, welcher um den After herum in pentagonaler Form nach innen von den Genitalöffnungen verläuft. Er wird an seinem Außenrande begleitet von einem apicalen Nerven- ringe, welcher an den fünf Ecken Nerven an die Genitalia abgibt. Aus dem Vorstehenden läßt sich folgender theoretischer Schluß ziehen: Das Nervensystem der Echinodermen besteht aus zwei ver- schiedenen Abschnitten, einem ectodermalen und einem entodermalen. Der erstere liegt in der Haut und im Schlunde und ist hauptsächlich sensibel, nur im Pharynx motorisch; der letztere entstammt dem Cölom- epithel und zerfällt in einen ventralen hyponeuralen Abschnitt, der in _ Fig. 374. Schema der Achsenkanäle von Antedon rosaceus nach CARPENTER. cd Centrodorsale, » Radiale, c,, c, Costalia (Brachialia erster Ordnung), d,, d, Disti- chalia (Armglieder zweiter Ordnung nach der ersten Teilung). erster Linie die Muskulatur der Haut und des Skeletts versorgt, und in einen dorsalen apicalen für die Geschlechtsorgane Die Herkunft der Darmnerven ist noch nicht aufgeklärt; ich vermute, daß sie zum hyponeuralen System gehören, da sie bei Holothurien sich deutlich von denen des Schlundes unterscheiden. Es ist aus physiologischen Gründen nicht anzunehmen, daß das ecto- und entodermale System voneinander getrennt, also zwei oder sogar drei unabhängige Nervaturen vorhanden sind, zumal Plexusbildungen bei Echinodermen in weiter Verbreitung vorkommen, aber zurzeit sind die Verbindungen noch nicht nach- gewiesen. Phylogenie der Eehinodermen. Das Nervensystem der Echino- dermen stimmt in drei fundamentalen Zügen mit demjenigen der Cölen- Phylogenie der Echinodermen. 391 teren überein, in der epithelialen Lage, in den Marksträngen und darin, daß nicht nur das Ectoderm, sondern auch das Entoderm sich am Aufbau beteiligt. Dies weist wohl darauf hin, daß beide große Tierstämme irgend- wie phyletisch zusammenhängen. Die ausgesprochene radiale Symmetrie, die Urdarmdivertikel (Axocöl, Hydrocöl, Somatocöl) und die Bildung zahl- reicher mesodermaler Kalkkörper sprechen dafür, daß wir die Stachelhäuter von sessilen, anthozoenartigen Vorfahren abzuleiten haben und die bi- laterale Symmetrie der Larven als Folge ihrer schwimmenden Bewegungs- weise ansehen müssen. Die radiale Symmetrie ist also etwas Primäres und Fig. 375. Schematischer Querschnitt durch den Arm eines Seesterns nach Lang. 1 hyponeuraler Radiärnerv, 2 Radialkanal des Wassergefäßsystems, 3 Axial- strang, 4 ektoneuraler Radiärnerv, 5 Pseudohämalkanal, 6, 7 dessen Ausläufer in die Füßchen. $ Pedicellar, 9 Stachel, 70 Geschlechtsöffnung, 77 Kiemenbläschen, 12 sitzende Pedicellarie, /3 Fortsetzung der Leibeshöhle in die Kiemenbläschen, 14 Armdivertikel des Magens, sog. Leber, 75 Ringsinus des Schizocöls um die Kiemen- bläschen herum, 76 Supramarginalplatte, 77 Inframarginalplatte, 78 Adambulacral- platte, 79 Marginalkanal des Pseudohämalsystems, 20 sein Verbindungskanal mit der Leibeshöhle, 27 Peritoneum, 22 Genitalsinus des Cöloms, 23 Gonade, 24 Mesenterium der Magendivertikel, 25 Ampullenkanal, 25 Ampulle, 27 Füßchenkanal, 28 Quer- muskeln der Ambulacralplatte, 29 motorische Aeste des hyponeuralen Nervensystems, 30 Ambulacralplatte, 37 Cölomhöhle des Arms, 32 dorsaler Längsmuskel, 33 apicales Nervensystem. Altererbtes und spricht sich daher selbst dann noch bei Seesternen und anderen auf das deutlichste aus, wenn die Tiere nicht mehr festgeheftet sind. Sie wird nur vorübergehend bei den Larven maskiert, die cäno- genetisch stark verändert sind, wie schon die außerordentlichen Ver- schiedenheiten in der Bildung der Enterocölblasen und die Entstehung des Seesternkörpers als einer Art Knospe an der Larve beweisen. Man darf also nicht von einer „radiären Maske“ (Lang) der ausgewachsenen Formen, sondern muß von einer bilateralen Maske der Larven sprechen. Die fünfstrahlige, in fünf kurze Arme (Tentakel) auslaufende Urform 392 VI. Kapitel. hatte einen interradialen After und Genitalporus. In jedem Radius lagen drei Cölomräume übereinander, die wir uns je drei zusammen aus einer Darmtasche einer Anthozoe hervorgegangen denken durch sukzessive Abschnürung: ein enges ovales Axocöl, ein mittleres Hydrocöl, welches zwei Reihen von Tentakelchen (die späteren Füßchen) abgab, und ein großes, zugleich als Genitalorgan dienendes Somatocöl. Das Epithel des ersteren liefert das hyponeurale, das des letzteren das apicale System. Weitere Ausführungen über die Phylogenie der Echinodermen sollen an dieser Stelle unterbleiben, da es mir nur darauf ankam, die Dreiteilig- keit des Nervensystems verständlich zu machen. Es sei nur noch hin- zugefügt, daß die Semon-Bürscazische Pentactaea-Theorie, nach welcher die bilaterale wurmartige Stammform sich mit der rechten Seite des Kopfendes festgeheftet haben und dann unter Rückbildung der rechtsseitigen Enterocölblasen fünfstrahlig ausgewachsen sein soll, sehr unwahrscheinlich ist, denn, wie viele Beispiele beweisen, befestigen sich alle Tiere symmetrisch an der Ze Unterlage, wenn sie sich mit A 15 dem vorderen oder hinteren Pole anheften. Weshalb soll nun jene Urform hiervon abge- wichen sein ?!) Fig. 376. Fig. 377. Fig. 376. Darm (grau) und Nervensystem (schwarz) der Polyclade Planocera nach LAnG. Links sind Seitenäste des Darms, rechts der Nervenplexus eingezeichnet. 9 Gehirn, »d Hinterende des vom Pharynx (ph) verdeckten Hauptdarms, o Mund, t Tentakel. Fig. 377. Schema des dorsalen Nervensystems der Acöle Convoluta roscoffensis nach V. GRAFF. d) Plattwürmer. Die Strudelwürmer (Turbellarien) besitzen zwei Hauptmarkstränge, welche sich im Kopf zu einem Paar Cerebralganglien erweitern. Diese l) Zusatz während des Drucks. Kürzlich hat J. BoAs den Gedanken wieder aufgegriffen, daß die Echinodermen von den Cölenteren abstammen in seiner beachtenswerten Schrift: Zur Auffassung der Verwandtschaftsverhältnisse der Tiere. I. Kopenhagen, A. Bangs, 1917. Er meint zwar, eine bestimmte Cölenterengruppe als Ausgang ließe sich nicht angeben, außer daß sie polypenartig gewesen sein müsse. Wegen der Darmdivertikel und des Kalkskeletts können aber nur die Anthozoen in Betracht kommen. Nervensystem der Plattwürmer. 393 Organe liegen meist nach innen vom Hautmuskelschlauch im Par- enchym und haben also die primitive Lagerung in der Epidermis schon aufgegeben. Aus den zahlreichen und häufig sehr unregelmäßig ange- ordneten Querkommissuren (376 u. £.) und Seitennerven der Längsstämme geht aber hervor, daß sich dieses Nervensystem aus einem diffusen durch Konzentration der Ganglienzellen entwickelt hat. Die am Kopf besonders zahlreichen Sinneszellen be- wirkten die Ausbildung der Gehirnknoten, in denen sich hauptsächlich peripher ge- lagerte Ganglienzellen der verschiedensten Art (multi-, bi- und unipolare) erkennen lassen. Schon bei manchen Turbellarien (350), und besonders bei den Saug- und Band- würmern, wird die Zahl der Längsstämme größer. Bei den Trematoden (385) laufen die beiden Hauptstämme ventral und dazu kommen zwei seitliche und zwei dorsale, welche alle vorn in die Gehirnganglien übergehen und durch mehr oder weniger zahlreiche tonnenreifen-ähnliche (@uer- kommissuren in Verbindung stehen. Bei den Bandwürmern (384) laufen die vom Gehirn ausgehenden Hauptstämme an den Seitenkanten der Proglottiden entlang und werden je von einem oberen und unteren schwächeren Nerven begleitet. Dazu kommen zwei dorsale und zwei ventrale Mediannerven. — Auch unter den übrigen Würmern kommt eine plexusartige An- ordnung der Ganglienzellen nicht selten vor. Bei den Enteropneusten z. B. liegen sie überall zwischen den basalen Enden der Epidermiszellen und verdichten sich in der Mitte der Rücken- und Bauchseite zu einem Längsstrang. Diesen allgemeinen Bemerkungen seien noch folgende Ausführungen hinzu- gefügt. Unter den Turbellarien sind die Polycladen (376) und die merk- würdigen nicht mit einem scharf ab- gesetzten Darm versehenen A coela (377) sicherlich die primitivsten; daher finden wir bei ihnen den ventralen Nervenplexus Fig.378. Schem aeiner Süß- mit unregelmäßigen Maschen am deut- wassertrielade nach Bönnıc. lichsten ausgeprägt. Ein solcher Plexus «“ Auge, g/ Gehirnganglion, In der Turbellarien steht aber schon auf einer Seitennerv, nlv ventraler Längs- höheren Stufe als bei den Cölenteren, denn u’ P, Fenis, ph Pharynx. ren .D! ı en Uebrige Bezeichnungen siehe 122. er wird nicht nur von einzeinen Neuriten, sondern häufig von Bündeln derselben gebildet. Bei den Polycladen ist das Gehirn meist klein und liegt ziemlich weit hinter dem vorderen Körperende dicht vor dem Munde, was als ein ursprüngliches Moment anzusehen ist, da es beweist, daß die Turbellarien sich von cölenteren- artigen Urformen ableiten, deren zentrale Mundöffnung besonders vielen 394 VI. Kapitel. Tastreizen ausgesetzt war (vgl. die Ütenoplana-Theorie S. 134). Zwei mediane ventrale Stränge heben sich besonders ab. Sie und der ganze Plexus sind von Ganglienzellen durchsetzt. Bei den Acoela (37%) liegt das kleine zweilappige Gehirn weit vorn. Zuweilen lassen sich an ihm noch 2 Paar ventrale Lappen, also eine Zusammensetzung jeder- seits aus 3 Ganglien unterscheiden. Es haben sich auf jeder Seite 3 Längsnerven herausgebildet, ein dorsaler, ein ventraler und ein late- raler. Durch Verdoppelung derselben steigt die Zahl in manchen Gattungen auf 4—6 Paare. Bei den schwimmenden Formen sind die dorsalen Nerven stärker als die ventralen (Convoluta roscoffensis, 3%, 3 Paar dorsale und 2 Paar schwächere ventrale), während umgekehrt bei den kriechenden Arten das ventrale Paar sich verdickt. Bei den Tri- claden (378—381) hat die Konzentration schon bedeutende Fortschritte gemacht. Es haben sich zwei große, ventrale, aus vielen Ganglien zu- sammengesetzte Längsstämme entwickelt, die ganz allmählich in das aus zwei flachen Lappen be- — stehende Gehirn übergehen. Dieses besitzt eine — dicke vordere Querkommissur und häufig eine ee Anzahl dünner dahinter, so z. B. die Gattung — Planaria 3—8 je nach den Arten. Dazu kommen ww cmd wu Laer) Nid. Ni ww” Ww, z . ei er , ’ ra ich Niy f NO INEZ nm' Nm nv" Nlv nv nv’ nv Nivnv Nm nm! Fig. 379. Fig. 380. Fig. 379. Ventrales Nervensystem der Trielade Syncoelidium pellucıdum nach WIEHELMI. Der Darm ist grau gehalten. Fig. 350. Schema des Querschnitts einer Meerestriclade nach BöÖHMIG. Nld, Niv dorsaler, ventraler Längsnerv, Nm Randnerv. zwei Randnerven und zwei dorsale Längsnerven. Es sind also zu- sammen sechs Längsnerven vorhanden, welche durch eine große Zahl regelmäßig angeordneter, tonnenreifenähnlicher Kommissuren verbunden sind. Von ihnen und den Längsnerven strahlen feine Aeste aus, welche dicht unter der Epidermis einen zarten Plexus bilden, so daß also die ursprünglichen Verhältnisse des diffusen Nervensystems auch hier wiederkehren. Will man, wie es gewöhnlich geschieht, die Anhäufungen von Ganglienzellen als Zentralorgane ansehen, so ist bei den Polycladen und Acölen nur das Gehirn als ein solches anzu- sehen, während bei den Tricladen auch die dicken ventralen Haupt- stämme zu ihm gehören. Die Ganglien liegen dort, wo die Kom- missuren entspringen, so daß man von einem Strickleiternervensystem sprechen kann. Die Landplanarien (381) müssen wohl als ein früh abgezweigter Seitenstamm angesehen werden, denn sie sind insofern einfacher als die Wasserformen, als ihnen die Rand- und Dorsalnerven Nervensystem der Turbellarien. 395 fehlen. Dafür aber sind die ventralen Stämme außerordentlich ver- dickt, und es haben sich mehrere schwächere Parallelstämme nach außen von ihnen gebildet, die durch sehr zahlreiche Kommissuren ver- bunden sind, da die Kriechsohle auf dem Lande viel mehr Arbeit zu leisten hat als im Wasser. Von einem eigentlichen Gehirn kann man hier kaum reden, aber die Kommissuren sind ganz vorn dicht zu- sammengedrängt, so daß eine namentlich bei Bipaliiden außerordentlich breite, zellenreiche Platte entsteht. Bei den Rhabdocölen (382) finden wir eine noch höhere Stufe, indem die Kommissuren meist bis auf eine hinter dem Schlunde verschwunden sind. Das Zentralorgan besteht aus einem Paar Gehirnknoten und zwei Marksträngen, von denen zahlreiche Nerven auslaufen. Im Pharynx liegt ein Ringnerv, der mit den Marksträngen oder mit dem Gehirn jederseits verbunden ist. Die Entstehung aus einem diffusen Nervensystem läßt sich noch B Su Fig. 382. Hauptl.strg: Nebenl.strg. Fig. 381. Fig. 3831. Schema des Nervensystems der Landtriclade G@eoplana pulla nach v. GRAFF. A Flächenansicht des Vorderendes mit dem ventralen Nervensystem. B Querschnitt des vordersten Körperendes. CÜ Querschnitt am Hinterende von A. Aus BÜTSCHLI. Fig. 352. Darm und Nervensystem der Rhabdocöle Mesostoma nach LANG. ph Pharynx, d Darm. Die Querkommissur hinter dem Pharynx läßt sich nach vorn neben den Längsnerven bis zum Gehirn verfolgen, so daß also dieser vordere Teil der Längsnerven aus zwei Strängen besteht. daran erkennen, daß die Ganglienzellen im Gehirn lockere Gruppen bilden, und daß Muskeln, Drüsen und Parenchymstränge das Gehirn durchsetzen. Bei Prorhynchus ist jeder Längsnerv doppelt und die- jenigen eines Paares sind durch viele Kommissuren verbunden, was noch an den ursprünglichen Zustand erinnert. Das Nervensystem der Trematoden (383) schließt sich eng an das der Turbellarien an, namentlich an das der Tricladen, weil meist drei hintere Hauptlängsstämme vorhanden sind, ein dicker ventraler, ein lateraler und ein dorsaler. Dazu noch ein vierter 396 V1. Kapitel. kleinerer zum Pharynx, der sich mit dem der Gegenseite zu einem Schlundring verbinden kann, dem bei Distomum hepaticum ein Ganglion eingelagert ist. Diese Längsstämme sind durch Kommissuren verbunden, deren Zahl im Laufe der phyletischen Entwicklung, wie auch bei Strudelwürmern, sich verringert und daher als ein Maßstab der Differenzierung gelten kann. Da der Mund ganz nach vorn gerückt ist, liegen die zwei Gehirnganglien ebenfalls weit vorn und ihre fasrige, oft recht lange Kommissur liegt dem Vorderrande des Pharynx auf. Sie entsenden nach vorn jederseits meist drei stärkere Nerven an die Kopfregion und den vorderen Saugnapf, zuweilen noch einige weitere. Bei den vielfach ectoparasitischen Monogenea können besondere Augen- nerven vorhanden sein. Bei Temnocephala finden wir fünf stärkere vordere Nerven, da der Kopf in fünf Tentakeln ausläuft. Die drei l) Fig. 383. Fig. 384. Fig. 353. Ventralansicht des Nervensystems eines jungen Harmostomum lep- tosomum nach BETTENDORF. Der dorsale Längsnerv und seine Querkommissuren schimmern grau hindurch. Hinter dem Mundsaugnapf liegt der Pharynx und ver- deckt die Querkommissur der beiden Gehirnganglien. In der Mitte liegt der Bauchsaug- napf, weiter nach hinten der Genitalporus und am Hinterende der Exkretionsporus. Fig. 354. Nervensystem von Thaenia expansa nach TOWER. Bgl.n Begleitnerv, welcher aber von TOWER nicht angegeben wird, Med.n Mediannerv, Rg.n Ringnerv, St.n Seitennerv, g innerer und äußerer Genitalnerv, m Marginalnerv. Die Niere ist grau gehalten. hinteren Paare von Längsnerven sind bei 7. rouxii durch viele Kom- missuren verbunden, zeigen also in dieser Hinsicht ein primitives Verhalten. Ihre Nervenzellen sind aber auf die Wurzeln der Stämme beschränkt. Die Ganglienzellen des Gehirns der Trematoden liegen locker am Außenrand und sind nicht scharf abgesondert vom Parenchym. Die nach hinten von den Gehirnknoten ausstrahlenden sechs Längs- nerven sind bei dem an den Kiemen des Mondfisches lebenden Tristo- mum molae noch durch 13—15 in regelmäßigen Abständen folgende Nervensystem der T'rematoden. 307 Kommissuren verbunden. Die von den Lateralnerven nach außen ziehenden Zweige lösen sich in ein unregelmäßiges Netzwerk auf, so daß ein Bild ähnlich wie 376 entsteht. Das ursprünglich diffuse Nervensystem kommt bei den Trematoden noch darin zum Ausdruck, daß überall unter der Hautmuskulatur ein Plexus von Ganglienzellen vorhanden ist. Bei langgestreckten nicht sehr breiten Saugwürmern kommen häufig jederseits nur zwei Längsstämme vor, ein dicker ven- traler und ein schwächerer dorsaler oder dorsolateraler; so bei Temno- cephala chilensis; ferner bei Sphyranura unter den Monogenea, bei Bothriogaster, Distomum appendieulatum und pallatum unter den Digenea. Bei Bilharziı vereinigen sich diese beiden Nerven sogar bald zu einem Lateralnerven. Der ventrale Längsnerv strahlt bei Temno- cephala allein in die am hinteren Körperende befindliche Haftscheibe aus, während bei den Monogenea dieser und der Seitennerv sich ver- einigen und dann in diese Region übertreten. Bei den Digenea (383) wird der hintere Saugnapf durch mehrere Seitenäste des Ventralnerven versorgt. Auf die Abnahme der Querkommissuren im Laufe der Phylogenie ist schon hingewiesen worden. Sie hat nichts zu tun mit Fig. 385. Fig. 386. Fig. 355. Nervensystem von Ligula nach NIEMIEC. Fig. 356. Nervensystem im Scolex von Twenia serrata nach NIEMIEC. Ye Gehirn- kommissur, sn Seitennerv, d», Begleitnerv, d», Mediannerv. dem Parasitismus, sondern ist ein Zeichen der zunehmenden Kon- zentration und der besseren Ausbildung der Leitungsbahnen. Bei Distomum tereticolle sind über 40, bei D. sanguineum 7 reifenförmige Querkommissuren in ziemlich regelmäßigen Abständen vorhanden; bei Harmostomum (383) und Bilharzia verteilen sie sich hauptsächlich auf die hintere Körperhälfte. Bei Sphyranura sind jederseits noch zwei zwischen den ventralen und lateralen Stämmen vorhanden. Es ist leicht möglich, daß solche Kommissuren viel weiter verbreitet sind, aber vielfach übersehen wurden. Sie spannen sich bei manchen Arten auch zwischen den vorderen Gehirnnerven aus, so besonders ausgeprägt zwischen den Wurzeln der Fühler von Temnocephala. Die großen Längsstämme der Trematoden können nicht mehr zu den Zentren ge- rechnet werden, wie diejenigen der Tricladen und Rhabdocölen, denn sie sind fast rein faserig und enthalten nur spärliche Ganglienzellen. Eine Ausnahme machen die noch mit vielen Ganglienzellen besetzten Längsnerven von Tristomum molae. Es ist interessant, daß sich während der ÖOntogenie und des Generationswechsels der Bau des Nervensystems allmählich kompliziert. Die Flimmerlarven (Miracidien) besitzen ein zweilappiges Gehirn, 398 VI. Kapitel. welches jederseits nach hinten in einen Nerven ausläuft. Die Angabe, daß es bei den Sporocysten fehlt (Faust), ist daher unwahrscheinlich. Für die Redien von Üercaria trisolenata wird ein gangliöser Ring um den Pharynx angegeben, von dem nach vorn und nach hinten je ein dorsales und ein ventrales Nervenpaar ausstrahlt. Bei den Cercarien zeigt das Nervensystem schon im wesentlichen den Bau der aus- gewachsenen Formen. Da Ligula (385) unter den Cestoden eine primitive Form dar- stellt, bei der die Metamerie sich noch nicht oder kaum äußerlich, sondern nur innerlich ausprägt, kann ihr Nervensystem als ur- sprünglich gelten. Ein eigentlicher Scolex ist nicht vorhanden, und daher laufen nur schwache Nerven nach vorn, ohne einen vorderen Ring zu bilden. Die beiden Ganglienknoten sind vollständig ver- schmolzen, so daß die Granglienzellen eine zentrale Masse bilden. Auch bei den übrigen Bandwürmern finden sich die meisten Zellen in der Mitte der Kommissur. Nach hinten zieht jederseits ein Haupt- nerv, welcher von 5—6 Nebennerven begleitet wird, welche aber nur das vorderste Körperdrittel durchziehen. Dazu kommen jederseits vorn zwei kurze Kommissuren. Aehnlich ist das Gehirn gebaut bei Schisto- cephalus, Bolhriocephalus punctatus, Phyllobothrium und Acanthobothrium, d. h. es fehlen ein vorderer Rostralring und ein polygonaler Ring nach außen vom Gehirn. Ein zweiter Gehirntypus (386) mit diesen Ringen findet sich bei 7wenea und manchen anderen Gattungen. Es dringen in den Scolex vom Gehirn vier oder acht Nerven, welche durch einen Rostralring zusammenhängen, von dem aus Nerven zur Körperspitze ziehen. Dazu kommt häufig eine polygonale ringartige Kommissur nach außen vom Gehirn, die sehr verschieden gestaltet und zuweilen recht kompliziert ist. Sie hat sich aus den kleinen unregelmäßigen Kommissuren von Ligula (385) herausgebildet. Ueber die nach hinten ziehenden Seitennerven mit den Begleit- und Mediannerven ist oben schon das Wichtigste gesagt worden. Die Begleit- und Mediannerven fehlen bei manchen Arten. Der Seitennerv gibt in der Mitte jedes Gliedes nach innen und nach außen einen Genitalnerven ab und von jedem Knoten einen Randnerven. Die Seitennerven enthalten viele bi- und multipolare Ganglienzellen, gehören also zu den Zentren. Bei Taenia sind sie am Hinterende jeder Proglottide durch einen Ring- nerven verbunden (384), während Anoplocephala magna in jedem Gliede drei Ringnerven aufweist. Die Seitenstränge geben viele kleine Nerven zu den Muskeln und zu einem subepithelialen Plexus (140 bei $) mit Ganglienzellen, deren Ausläufer reich verästelt zwischen den Subecuti- cularzellen ausstrahlen oder unter der Cuticula mit einem Bläschen enden. Bei Trenia polymorpha spannen sich in jedem Glied zwischen den drei seitlichen Nerven sechs Kommissuren aus. Das Nervensystem der Bandwürmer liegt nicht frei im Parenchym, sondern grenzt sich gegen dieses durch besondere Hüllzellen ab, die leicht für Ganglien- zellen gehalten werden können. Die Seitennerven wird man als re den Seitennerven der Trematoden und Turbellarien ansehen ürfen. Das Nervensystem der Nemertinen schließen wir hier an, weil seine Längsstämme typische Markstränge sind, indem die zentralen Fasern von einem dicken Mantel von Ganglienzellen umhüllt werden. Auch die Schlundnerven, Rüsselnerven, und die medianen Rückennerven führen viele Nervenzellen. Dieses Nervensystem ist besonders inter- Nervensystem der Nemertinen. 399 essant, weil es sehr schön die allmähliche Verlagerung in die Tiefe erkennen läßt und in den Neurochord- oder Riesenzellen eine Eigen- tümlichkeit besitzt, die uns bei Anneliden, Krebsen und beim Amphio.rus noch weiter beschäftigen wird. Das Gehirn liegt etwas vor der Mund- öffnung (38%), nur bei den Metanemertinen ist diese nach vorn gerückt und das Gehirn liegt hinter ihr. Als Hauptzentren sind stets vor- handen ein dorsales und ein ventrales Paar von Gehirnganglien und zwei von dem letzteren ausgehende und nicht > = = scharf von ihnen abge- n u Br setzte Längstämme, Wo =. Mı a” az welche an den Körper- „NY 3 \NL sn RL seiten entlang laufen SM /o 4 = Se BES und meist über dem ij ER EN ee Dr von aa Mo N In IR 280 oo2® ED TE ZBSE GG GEHE Fig. 389. Schemata der verschiedenen Lage der Längsstämme des Nervensystems bei Nemertinen nach BÜRGER. A /und // Protonemertinen: / Carinina, Il Carinella, III Meso-, IV Metanemertinen. B V Hetero- nemertine mit 3--4-schichtigem Hautmuskelschlauch (Cerebratulus). ep Epidermis, dr Drüsen der Cutis, D Darm, R Rhynchocölom, /m, rm Längs-, Ringmuskeln, alm, ilm äußere, innere Längsmuskeln, arm, irm äußere innere Ringsmuskeln, gf Blutgefäß, odn,'wdn oberer, unterer Dorsalnerv, apl, ipl äußerer, innerer Nervenplexus, nr Niere. Von dem unteren Gehirnganglion geht ein starker Schlundnerv (388 bei £) zum Darm. Plate, Allgemeine Zoologie I. 26 402 VI. Kapitel. II. Nervensysteme mit überwiegend gangliösen Zentren. Die Grenze gegen die vorige Gruppe der Nervensysteme mit Mark- strängen ist nicht scharf, wie zu erwarten ist, wenn diese sich all- mählich zu Ganglien konzentrieren, die durch rein faserige Kommissuren Fig. 390. Nervensystem von Gordius von oben ge- sehen, nach BRANDES. Der Bauchstrang (bst) ist etwas zur Seite geklappt, so daß man die ventralen Neuriten (n) sieht. a After, bg Bauch- mark -(Anal)ganglion, bx Basalzellen, „ Gehirn, 1% laterale Zellen, »»x ventrale Medianzellen, ach Nerven- faserstrang, oe Desophagus. verbunden sind. So finden wir unter den Nemathelminthen die Gordiiden (390) noch im Besitz eines großen ventralen Markstranges, während bei den übrigen Familien hieraus ein reiner Bauchnerv geworden ist. Ebenso zeigen die Chitonen noch Markstränge, während alle übrigen Mollusken Ganglien haben. Daneben können sich diffuse Plexusgebiete in den ver- schiedensten Organen, namentlich in der Haut, erhalten. Bei den hädertieren sind die Ver- hältnisse noch einfach, weil es sich um sehr kleine Tiere handelt. Von dem großen über dem Schlund und unter der Haut liegenden Gehirn strahlen Nerven nach vorn in den Räderapparat aus, häufig unter Bildung kleiner akzessorischer Ganglien (bei Asplanchna jeder- seits zwei; bei Calledina ein unpaares Rüssel- ganglion); ferner ein Nerv nach hinten und dorsad zum Rückentaster; weiter ein meist sehr starker Nerv nach hinten zu dem Seitentaster; dazu ein Paar Bauchnerven, welche bei Ay- datina neben der Exkretionsblase ein kleines Ganglion bilden und im Fuß zu einem un- paaren Zentrum verschmelzen. Für Apselus und Callidina ist noch ein Seitennerv nachgewiesen. Hydatina besitzt einen Schlundkopfnerven jederseits mit Ganglion und Plexus in diesem Organ. Alle diese Nerven enthalten von Strecke zu Strecke eine eingelagerte Ganglienzelle und schwellen unter den Tastapparaten meist zu einem kleinen Ganglion an. Besonders primitiv ist das Nervensystem einer in der Leibeshöhle von Synapta lebenden Callidinide, Discopus synaptae, indem das Gehirn nur Nerven nach vorn abgibt; es wird aber umgeben von einem Plexus von Nervenzellen, welche mit einem subösophagealen Ganglion zusammenhängen, und von dem ein Rücken-, Bauch- und Seiten- nerv ausstrahlen, die sich verbinden mit einem durch den ganzen Körper links und rechts sich ausspannenden Plexus großer Ganglienzellen. Diese Verhältnisse erinnern ganz an die Hydroid- polypen. Man wird daraus entnehmen dürfen, daß die Stammform der Würmer bzw. deren Larve einen solchen Plexus besaß, der sich im Kopf zu einem Gehirn mit davon ausstrahlenden Marksträngen oder bei kleinen Formen mit wenigen Zellen sofort zu Längsnerven ver- Nervensystem der Nemathelminthen. 403 dichtete. Das ist derselbe Schluß, zu dem uns schon die Betrachtung der Plattwürmer geführt hat. Nemathelminthes. Wir beginnen mit den Nematomorpha (Gordius, Paragordius, Nectonema), obwohl RAUTHER wohl recht hat mit der Annahme, daß sie zu den Nematoden nur entfernte Verwandtschafts- beziehungen haben. Ihr Nervensystem zeigt aber Verhältnisse, wie sie auch den Rundwürmern wahrscheinlich als Ausgangsform gedient haben. Das Gehirn ist eine dicht unter dem Epithel liegende Masse von Ganglienzellen, welche sich jederseits durch eine den Schlund um- greifende breite Faserkommissur mit dem Bauchmark verbindet (390), das hinten zu einem Analganglion anschwillt. Das Gehirn von Necto- nema weist zwei Paar dorsale und fünf Paar ventrale große Ganglien- zellen auf, dazu noch viele kleine. Die zahlreichen Ganglienzellen des Bauchstranges umgeben ein zentrales Neuropil und zerfallen in laterale (Ix), basale (5x) und medioventrale (mx), welche unter den basalen liegen. Von ihnen gehen zarte Fasern (») zur Hypodermis und bilden hier einen fasrigen Längsstrang (nch). Es gehen also keine echten Nerven, sondern nur einzelne Nervenfasern zur Haut. Ganz hinten spaltet sich der Bauchstrang in zwei Hörner, welche sich in der Subcuticula verlieren. Die Lateralzellen lassen eine Anordnung in pseudometameren Gruppen erkennen. Das Nervensystem der e) Nematoden steht auf einer viel höheren Stufe, denn für dasselbe sind folgende Ver- hältnisse charakteristisch: die epitheliale Lage; ein fasriger Schlundring mit einem anliegenden unpaaren großen ventralen und einem kleinen dor- salen Ganglion, und jederseits einem oder einer Gruppe von Lateral- ganglien; sechs Kopfnerven; vier oder sechs nach hinten laufende Nerven, von denen der Bauchnerv der stärkste ist und einen Analring bildet; die Sinneszellen liegen tief unter der Epidermis als bipolare Zellen in den Ganglien; alle diese Nerven führen nur sehr wenige Ganglienzellen, sind also keine Markstränge; bei den Männchen ist das Nervensystem wegen der Begattungsorgane reicher entwickelt als bei den Weibchen. Diese Merkmale gelten für die allein genauer untersuchten Gattungen Ascarzs, Anthraconema und Mermis. Es ist wohl möglich, daß manche Arten noch primitivere Verhältnisse aufweisen. So soll bei einigen frei- lebenden Formen der Schlundring allseitig von peripheren Ganglien- zellen gebildet werden, also den Charakter eines Ganglions haben, während sie bei jenen drei Gattungen auf die anliegenden Knoten konzentriert sind. Nach dem Gesagten wird die schematische Ab- bildung von Ascaris lumbricoides (391) leicht verständlich sein. Das größte Ganglion ist das zweilappige Bauchganglion, ventral von welchem der Bauchnerv verläuft. Seitlich liegen sechs kleine Ganglien, welche nicht scharf gesondert sind und daher früher als ein Lateralganglion zusammengefaßt wurden. Fünf von ihnen sind in die Zeichnung ein- getragen: das innere Seitenganglion (sg), ein Papillenganglion (papg), ein äußeres Seitenganglion (asg) im Seitennerv und zwei kleinere. Auch die übrigen Papillennerven bilden an der Wurzel eine kleine An- schwellung. Die Zahl, Lage und Gestalt der Zellen in diesen Ganglien ist ungewöhnlich konstant, und dasselbe gilt für ihre Fasern. Sie sind meist unipolar, die sensiblen bipolar, einige wenige tripolar. Im Vorder- körper finden sich genau 162 Ganglienzellen, und sie liegen fast alle 26* 404 VI. Kapitel. Fig. 391. Schema des Nervensystems von Ascaris, kombiniert nach GOLD- SCHMIDT, HEssE und VOLTZENLOGD. Die mittlere Körperregion ist sehr verkürzt, damit die Zeichnung nicht zu groß wird. ag Analganglion, asg äußeres Seitenganglion, bg Bauchganglion, bg‘ kleines Bauchganglion, bn Bauchnerv, eg Caudalganglion, cl Kloake, cv ventrale Kommissur, ev»d I u. II ventrodorsale Kommissur, coda vordere ventrodorsale Kommissur, dp Dorsalpapille, ösy inneres Seitenganglion, papg Papillar- ganglion, sr Schlundring, sbd Subdorsalnerv, sbv Subventralnerv, sr» Seitennerv vp Ventralpapille.. Das Tier ist von der Bauchseite gesehen, und die dorsalen Nerven sind punktiert. Die Kommissuren sind auf beiden Seiten ungefähr gleich zahlreich eingezeichnet, obwohl sie rechts etwa dreimal so zahlreich sind wie links. Nervensystem der Nemathelminthen. 405 symmetrisch, nur zwei rechts und drei median. Zirka 90 sind motorisch, 50 sensibel, der Rest assoziatorisch. Bei keinem andern Tier sind die gegenseitigen Verbindungen der Ganglienzellen so genau erforscht, wie bei den A. lumbricoides und megalocephala durch GoLpscHMIDT. Wenn dieser aber zu dem Resultat kommt, daß die Reize von jedem Punkt nach jeder Richtung geleitet werden können, so ist das nicht wahr- scheinlich, denn dann wäre das Endergebnis dasselbe wie beim diffusen Plexus. Von Kommissuren im Kopfe sind zu erwähnen: eine starke ventrale (cv) zwischen Papillenganglion und Bauchnervwurzel, eine vordere ventrodorsale (cvda), welche mit cv» zunächst eine Strecke zu- sammen läuft; eine solche zwischen Seitennerv und Bauchnerv; eine asymmetrische auf der rechten Seite vor dem Schlundring (cvd 7) und Fig. 392. Zentralnervensysteme von Polychäten nach PRUVOT, von der Ventralseite gesehen. A Sabella pavonina, B Phyllodoce laminosa, © Nephthys hombergi, D Myxieola infundibulum (verbessert nach E. MEYER). «a, a‘ Antennen- nerven, c, c!, ce? Gehirn, dr Nerven zur ventralen Drüsen- masse, % Kiemennerv, km Kiemenmuskelnerv, oc Auge, og Augenganglion, p Parapodialnerv, se Schlundkonnektiv, sn Schlundnerv, vh ventrale Halsnerven, ne Neurochord, welcher den Bauchstrang dorsal überlagert. eine auf der linken Seite weiter hinten (cvd II). Diese letztere leitet über zu mehr als 40 ventrodorsalen dünnen Kommissuren, welche asymmetrisch links und rechts angeordnet sind und wie bei den Platt- würmern die letzten Reste des ursprünglichen Plexus darstellen. Merk- würdigerweise sind sie rechts viel zahlreicher als links (Männchen 17:32, Weibchen 12:30). Hinten vor dem After spannen sie sich nur zwischen Bauch- und Subventralnerv aus. Der Bauchnerv bildet etwas hinter dem Bauchganglion eine kleine Erweiterung, und weiter nach hinten finden sich in ihm einzelne kleine Gruppen von Zellen. Etwas vor dem After schwillt er zu dem Analganglion an, von dem eine Ringkommissur mit zwei kleinen Knoten den Enddarm umgreift. Von dem Analganglion geht ein kleiner Nerv nach hinten zur präanalen 406 VI. Kapitel. Doppelpapille. Der Bauchnerv ist der wichtigste motorische Nerv, der vorn 55 Fasern umschließt und nach hinten dünner wird. Er liegt in der Bauchlinie der Subcuticula und entspringt mit paariger Wurzel vom Schlundring. Bei einem jungen Ascarıs mystax, bei Strongylus convolutus und einer Plectus-Art soll er paarig sein, was vermuten läßt, daß dies der ursprüngliche Zustand war. Der mediane Rücken- nerv in der Rückenlinie ist viel schwächer. Dicht neben der Seiten- linie verläuft jederseits ein Subdorsal- und ein Subventralnerv, deren Ursprünge aus dem Schlundringe aus der Zeichnung ersichtlich sind. Sie vereinigen sich hinten. Der Bauchnerv spaltet sich hinten und umgreift den Enddarm. Jeder Gabelast vereinigt sich dann mit dem Subventralnerven zu dem sog. Bursalnerven, welcher ein kleines Caudal- ganglion bildet und bei der hintersten Papille endet. Eine hintere Kommissur zwischen beiden rechtes vollausgeb.,-- Scheitelwimper- organ .\\/ SA- SO n-2 vordr 1 Ner j ji venring = \ Prototroch NAEr ‚ Ringnerv Bursalnerven ist behauptet, aber auch bestritten worden. Der Rückennerv spaltet sich hinten ebenfalls und verschmilzt dann auf jeder Seite mit dem Bursal- nerven. Die Versorgung der Papillen, von denen einige doppelt sind, ist aus der Ab- bildung ersichtlich. In den Seitenlinien verläuft vorn ein „elite kurzer Seitennerv (sr). Die Halbringkommissuren haben wohl den Zweck, motorische Fasern aus dem Bauchnerv dem schwächeren Rückennerven zu- zuführen, denn diese beiden Nerven dienen in erster Linie der Bewegung. Die Nematoden nehmen hinsichtlich der Muskel- innervierung eine Ausnahmestellung ein im Tierreich, denn die Müskeln suchen ihre Nerven auf, nicht die Nerven ihre Muskeln. Jede Muskel- zelle bildet einen oder mehrere protoplasmatische Querfortsätze, die bis zu den Mediannerven vordringen und mit ihnen verschmelzen, wobei der Nerv sich mit kleinen kegelförmigen Ausläufern in den Muskelfort- satz einsenkt. Anthraconema hat ein sehr ähnliches Nervensystem, aber an das Lateralganglion schließt sich nur ein Postlateralganglion an und an das Ventralganglion noch jederseits ein postventrales. Das Seitenganglion sendet einen Nerven zum Seitenorgan der Kopfspitze. Querkommissuren zwischen den hinteren sechs Längsnerven scheinen zu fehlen. Der Bauchnerv beginnt mit paariger Wurzel. Mermis besitzt jederseits nur ein Seitenganglion, und der Bauchnerv wird jederseits begleitet von einem zarten Nebenstrang. Rückennerv, Subdorsal- und Subventral- nerven wie gewöhnlich. Der Bauchnerv bildet hinten ein Analganglion mit einem Ringe, dem zwei kleine Zentren eingelagert sind. Um die phyletische Entstehung des Schlundringes zu erklären, kann man annehmen, dab bei einer plathelminthenartigen Stammform mit sechs vom Gehirn nach hinten laufenden Nerven (380) die beiden ven- tralen verschmelzen. Es entstand so ein ringförmiges Gehirn, wie bei INN N B \hint.N.Riug Nervensystem der Trocho- Fig. 39. phoralarve des Polychäten Lopadorkynchus nach E. MEYER aus BÜTSCHLI. Nervensystem der Anneliden. 407 Gordius, aus dem später der faserige Schlundring wurde. Die vielen Querkommissuren (390) sind als Reste eines ursprünglichen Plexus an- zusehen. Die Längsnerven waren zuerst Markstränge. Auf die Acantho- cephalen sei hier nicht näher eingegangen, da sie von den Nematoden erheblich abweichen. Sie besitzen einen Gehirnknoten, von dem mehrere Nerven nach vorn in den Rüssel, aber nur zwei Seitennerven nach hinten laufen (ähnlich wie in 382). Querkommissuren fehlen. f) Anneliden. Das Zentralnervensystem der Ringelwürmer steht dadurch auf einer höheren Stufe als dasjenige der Platt- und Fadenwürmer, daß nur zwei Hauptlängsstämme auftreten, die sich eng zu dem „Bauchmark“ an- einander legen, vorn den Schlund umgreifen und sich über demselben zum Gehirn vereinigen. Die Bauchmarkstränge schwellen in jedem Seg- ment zu einem Paar Gan- glien an, die durch eine Kommissur zusammen- hängen. So entsteht, wenig- stens in der Theorie, das Bild einer Strickleiter, das freilich nur selten (392, A, D) deutlich verwirklicht ist, da die Ganglien in der Regel miteinander ver- schmelzen. Ontogenetisch entsteht das Gehirn als eine VerdickungdesEktoderms, welche bei der 7Zrocho- phora-Larve (39) als zweiteilige sog. Scheitel- platte verschiedene Sinnes- organe versorgt, während das Bauchmark als zwei parallele, zunächst nicht- Fig. 39. Nervensystem von Aechianneliden. gegliederte Ektoderm- A Polygordius neapolitanus nach FRAIPONT, B Pro- wülste auftritt. Gehirn todrilus nach PIERANTONI. os Mund, wo Nerv und Bauchmark sind also zum Wimperorgan. Sonst wie in 392. zunächst voneinander un- abhängig und verwachsen erst (später, was sicher als eine cäno- genetische Erscheinung anzusehen ist, da sie voneinander getrennt nicht funktionieren können. Bei der 7rochophora-Larve verlaufen eine Anzahl Längsnerven von der Scheitelplatte aus nach hinten durch den ganzen Körper, die untereinander durch ringförmige Kommissuren zusammenhängen, von denen die stärkste den präoralen Wimpersaum (Prototroch) begleitet (39). Alle diese Faserstränge sind dicht belegt mit Ganglienzellen. Hier tritt uns ein Zustand entgegen, wie er dauernd bei vielen Plathelminthen (383, 38%) vor- liegt mit Gehirn, Längsstämmen und Querringen, also eine plexus- artige Anordnung, wobei die Ganglienzellen den Fasersträngen in un- regelmäßiger Gruppierung ansitzen. Dieser Zustand hat sich auch er- 408 VI. Kapitel. halten bei den Enteropneusten (Balanoglossus), bei denen das Gehirn noch fehlt und das ganze Nervensystem aus einem Plexus von Nerven- zellen und Fasern besteht, die sich in der Tiefe der Epidermis aus- breiten und einen dorsalen und ventralen Medianstrang bilden. 08 eve 2 AS hb 07 = —, Iıb cr Fig. 39. Fig. 3%. Fig. 395. Nervensystem von Echiurus, schematisch nach LAnG. «a After, bm Bauchmark, hb hintere Borsten, m Mund, »!, n? Oeffnungen der Nephridien, ss Schlund- ring, vb vordere Borsten. Fig. 396. Zentralnervensystem des Polychäten Nereis verens nach HAMARER. ei Cirren, g*, 9? Bauchganglien, gl Gehirn, m Mediannerv, oc Auge, os Mund, sbo Sub- ösophagealganglion, se Schlundkonnektiv, wo Wimperorgan. Die Zahlen bezeichnen folgende Nerven: / und 5 zum Rüssel, 2 zur Antenne, 3,4, 7 zu den Muskeln und zur Oberfläche des Kopfes, # zum Palpus, $—/0 die drei Wurzeln des Schlundrings, 11, 12 zu den Augen, 1/3 zum Wimperorgan. Von den Bauchganglien laufen nach jeder Seite fünf Nerven ee V), von denen // ein Ganglion bildet und der eigent- liche Parapodialnerv ist. Punkthaufen in gl Globuli, nach HoLMGREN von N. diversi- color eingetragen. Das nächste phyletische Stadium, zwei ventrale Markstränge (394 B), die zuweilen miteinander verschmelzen (394 A) und um die Längsfasern einen gleichmäßigen Besatz von Nervenzellen aufweisen, tritt uns bei den Archianneliden (Polygordius, Protodriluıs) entgegen. Die Stränge Nervensystem der Anneliden. 409 liegen in der Tiefe der Epidermis, so daß Neuronen und Epithelzellen oft schwer zu unterscheiden sind. Eigentliche Nerven fehlen, mit Aus- nahme der Antennen und der Schwanzanhänge, da die Neuriten der unipolaren Zellen getrennt voneinander nach außen treten und einen Plexus zwischen den Muskeln bilden. Aehnliche Zustände kommen auch bei einigen andern Ringelwürmern vor, sind aber dann wahr- scheinlich nicht als primitive, sondern als sekundäre Bildungen anzu- sehen, indem die Nervenzellen der Ganglien sich über die Konnektive ausbreiten; so bei der Opheliide Polyophthalmus, wo die ursprüngliche Gliederung noch durch zwei Paar Nerven in jedem Segment angedeutet ist. Bei den Echiuren (395) macht der ungegliederte Bauchmarkstrang mit den vielen durch die Seitennerven gebildeten Ringen einen ur- sprünglichen Eindruck und erinnert an die Nemertinen (387). Da aber in der Jugend deutliche Ganglien vorhanden sind, welche sich bei Zeh. abyssalis dauernd erhalten, so müssen sekundäre Verhält- nisse vorliegen. Ganz ähnlich wie bei Eehrurus verhalten sich die Sipunculiden, unter denen Preapulus noch schwache Ganglien besitzt. Dabei ist der Bauch- strang der Sipunculiden mit einer Mus- cularis versehen, welche ihn bei Körper- kontraktionen spiralig zusammendrückt. Fig. 39. Fig. 398. Fig. 397. Nervensystem von Myxostoma nach NANSEN. ge Gehirnkommissur, bgm Bauchmark, g? Ganglienzellen, ?n Tentakelnerven, pr Pharynxnervenring, sr Schlundring. i R { Fig. 398. Vorderende des Zentralnervensystems eines Polychäten (Ovrratulus), von der Seite gesehen, nach MEyER. / Vorderhirn (Palpenganglion), // Mittelhirn für die Augen und Tentakel, /77 Hinterhirn für die Flimmergrube (Wimperorgan) fg. Im einzelnen zeigt das Zentralnervensystem der Ringelwürmer eine außerordentliche Mannigfaltigkeit oft bei nahen Verwandten, weil es namentlich abhängt von der Ausbildung der Sinnesorgane, die wieder von der Lebensweise beeinflußt werden. Bezüglich der Lage läßt sich, wie bei den Nemertinen, die allmähliche Wanderung aus der Oberhaut durch die Muskeln hindurch bis in die Leibeshöhle verfolgen. Die ur- sprüngliche Lage in der Tiefe der Epidermis finden wir bei Archi- anneliden, manchen Polychäten (Nerine, Telepsavus), einigen Oligochäten und unter den Gephyreen bei Priapuliden. Die Hautmuskeln der Ringel- 410 VI. Kapitel. . würmer bilden eine äußere Ring- und eine innere Längsschicht. Als Beispiele der zweiten Stufe, innerhalb der Ringmuskeln, seien Terebella meckelit und Nereis virens genannt. Noch etwas weiter nach innen, zwischen den beiden Muskelschichten, finden wir das Bauchmark bei manchen Chätopteriden und bei Flabelligera, während es bei vielen Serpuliden den Längsmuskeln eingelagert ist. Endlich bei den meisten Ringelwürmern hat sich das Nervensystem ganz von der Haut abgelöst und ist in die Leibeshöhle gerückt; dabei berührt aber häufig das Gehirn mit seiner Dorsal- fläche und das Bauchmark mit seiner Unterseite noch die Haut, wie auch die peri- pheren Nerven in diese übertreten. Die beiden ehirngan- slien liegen ursprünglich so dicht zusammen, daß sie ein zweiteiliges, flaches Organ bilden (392 C, 394 B, 396). Wenn bei Echiurus (39) nichts von einem Gehirn zu sehen ist, sondern die langen Schenkel des Schlundrings vorn durch eine dünne Kom- missur zusammenhängen, so ist dies, wie beim Bauchmark, als ein sekundärer Zustand anzusehen, der entstanden ist, indem sich die Ganglienzellen auf die Schlundringkonnek- tive ausbreiteten. Das Ge- hirn der Ringelwürmer be- . steht aus einer inneren Faser- masse und einem Mantel von Zellen und wird von einem Neurillemm umhüllt, so daß Fig. 399. Nervensystem von Hirudo medi- es gegen das umgebende einalis, von der Rückenseite, nach Lıvanow Bi k , 2 ın b nz aus BÜTSCHLI. In jedem Segment verläuft ein degewebe gut abgegrenzt vorderer (/—6v) und ein hinterer (/—6h) sen- 1st. Nur bei Myzostoma (39%) sibler Ringnerv zu den Sinnesorganen der Haut. hat die Fasermasse ihre Von dem hinteren Ringnerven geht ein Ast zu bindegewebige Hülle, und die den Muskeln. Ganglienzellen liegen außer- halb derselben in Gruppen und sind nicht scharf von dem Parenchym abgegrenzt. Ich sehe hierin einen sekundären, durch die Beweglichkeit des Rüssels bedingten Zustand, indem die Zellen sich so leichter gegeneinander verschieben können, als wenn sie eine kompakte Masse bilden. Bei vielen Ringelwürmern gliedert sich jedes Gehirnganglion in zwei oder drei Portionen. So finden wir bei Röhren- würmern einen kleineren inneren Abschnitt (392 A, D, c!) mit den Nerven für die hier reduzierten Antennen und einen sehr großen äußeren Ab- schnitt, welcher einen dicken Ast zu den Kiemen sendet. Bei den hochentwickelten räuberischen Errantia unter den Polychäten sind jeder- seits meist drei Knoten vorhanden (398, 403 A): links und rechts ein Vorderhirn für die zwei Palpen, die Geschmacksgruben und die untere Nervensystem der Anneliden. 411 Wurzel des Schlundrings; ein Mittelhirn für die vier Augen, fünf Tentakel und die obere Wurzel; ein vom Mittelhirn nach hinten und oben ausgehendes Nacken- oder Hinterhirn, welches die Wimperorgane versorgt. Ueber die Deutung dieser Verhältnisse s. S. 416. Wenn das Hinterhirn fehlt, so besteht das Gehirn aus zusammen vier Knoten, manchmal auch nur aus drei, infolge von Verschmelzung von zweien (392 B, 394 A). Wieder eine Gliederung anderer Art macht sich bei den Hirudineen geltend (399), indem die Ganglienzellen zu mehreren symmetrischen Paketen zusammenrücken, die entweder sich fast bis zur Mediane hinauf erstrecken oder mehr seitwärts bleiben (Ol/epsine, Pisei- cola). Das Gehirn liegt ursprünglich ganz vorn im sog. Kopflappen (Prostomium), da es aus der Scheitelplatte der Larve hervorgeht. Zuweilen wandert es weiter nach hinten. So bei Zumbricus in das 3. Seg- ment hinter dem Prostomium, weil es dadurch beim Graben in der Erde weniger gedrückt wird, und ebenso bei der von den Oligo- chäten zu den Blut- egeln überleitenden Gattung Acanthob- della. Bei den übrigen Hirudineen ver- schiebt es sich noch weiter nach hinten in das 5. Segment (399), was vielleicht mit der Ausbildung des vorderen Saug- napfes zusammen- hängt. Fig. N Querschnitt durch die Konnektive des Histologischkann PBauchmarks von Lumbricus roseus, nach SCHNEIDER. das a nament- F.Str Faserstrang, col.f Kolossalfaser, n.sx Nervenzelle, 3 3 H.Gw Hüllgewebe, N.Z Neurallamelle, »2.f Muskelfaser, lich bei den Raub- Per Peritoneum, bact Bakteroiden, Ge Blutgefäß. Der anneliden schon sehr Mediannerv ist nicht besonders bezeichnet. kompliziert sein mit einer großen Anzahl von Gruppen verschiedener Ganglienzellen. Diese sind überwiegend unipolar, und ihre Neuriten strahlen in das zentrale Neuropil aus oder vereinigen sich zu Bündeln, welche in die Nerven, in die Schlundkonnektive oder zur Gegenseite hinüber- ziehen. Bei Nereis diversicolor (396) kommen schon „Pilzkörper“, Globuli oder Corpora pedunculata genannt, vor, welche bei den Insekten als übergeordnete Zentren der Instinkte gedeutet werden. Sie bestehen jederseits aus einem dreiteiligen halbkugligen Haufen von kleinsten chromatinreichen Ganglienzellen (gl), deren Neuriten sich zu einem Stiel vereinigen, dessen Fasern zum Schlundring, zum Neuropil oder zum Pilzkörper der Gegenseite ziehen. Es ist nicht wahrscheinlich, daß diese Globuli schon wie bei den Insekten höhere psychische Leistungen (Gedächtnis, Sammeln von Erfahrungen) bedingen; wahrscheinlich dienen sie nur der Reizumschaltung. Bei dieser Art kommen im Gehirn wenigstens sechs Querkommissuren vor, welche die Augen, die Taster, die Nackenorgane und andere Teile unter- einander verbinden, und außer den Pilzkörpern noch 23 Gruppen von Ganglienzellen. Der Sehlundring ist überwiegend faserig und enthält nur, wenige 412 VI. Kapitel. Zellen. Er pflegt lang zu sein, wenn das Gehirn weit vorn liegt oder wenn ein vorstülpbarer Rüssel vorhanden ist (392 B, C; 3%, 397), während er häufig sehr kurz ist, wenn ein solcher fehlt, wie bei Röhrenwürmern (392 A, D), Kieferegeln und Regenwürmern. Außer- ordentlich lang und mit sehr vielen Kommissuren versehen ist der Schlundring der Echiuren (39), weil das Prostomium sich in einen langen rinnenförmigen Anhang ausziehttt Hand in Hand mit der Gliederung des Gehirns kann jedes Konnektiv mit einer doppelten Wurzel beginnen (392C), bei .\Nereis virens (396) sogar mit einer drei- fachen, die aber bald einheitlich wird und sich dann bei der Ver- sorgung der Cirren wieder unter Bildung je eines Ganglions in zwei Konnektive spaltet. Solche Schlundringganglien werden bei manchen F}g. 401. Querschnitt durch ein Bauchmarksganglion eines Regenwurms (Lum- brieus roseus), dorsal mit drei Kolossalfasern, unten mit einem großen Blutgefäß, nach SCHNEIDER. Hü.Gw bindegewebige Umhüllung der Kolossalfasern, /t.N Late- ralnerv, ».f Nervenfaser, n.z Nervenzelle. Gattungen beobachtet und liegen meist in der Nähe des Unterschlund- ganglions, so Z. B. bei Aranchiobdella. Das Bauchmark der Ringelwürmer macht nur selten den Eindruck einer Strickleiter, denn die beiden Konnektive (400) verlaufen meist dicht nebeneinander in einer gemeinsamen bindegewebigen Hülle In jedem Segment liegen ein Paar Ganglien, die zu einem Knoten ver- schmolzen sind und häufig auch am Außenrande nur wenig vorspringen. Die bilaterale Anordnung ist aber immer auf Querschnitten an den Ganglienzellen und Faserbündeln festzustellen, ebenso wie die Ganglien, auch wenn sie äußerlich nicht vorspringen, an den austretenden Nerven zu erkennen sind. Abweichend verhalten sich die Röhrenwürmer, in- dem die zwei Bauchmarkstränge die Neigung haben auseinander zu rücken, und indem sie in jedem Segment zwei Ganglienpaare bilden, ein vorderes und ein hinteres (392A, D). Es liegen hier aber sicher .Gew Nervensystem der Anneliden. 413 sekundäre Verhältnisse vor, denn bei den Larven bildet sich das Bauch- mark als zwei dicht zusammenliegende Längswülste mit einem Paar Ganglien in jedem Segment. Erst später weichen die Stränge aus- einander, am wenigsten bei den Eriographiden, wo sie nur ganz vorn klaffen; etwas mehr bei den Sabelliden und am meisten bei den Serpu- liden, bei denen man den Eindruck einer Strickleiter hat. Viel häufiger ist das enge Aneinanderrücken der aufeinander folgenden Ganglienpaare, welches nicht selten zu Verschmelzungen führt. Das erste Ganglion der Ventralkette, das sog. Unterschlundganglion, läßt sehr häufig an der Struktur und den Nerven erkennen, daß es aus mehreren Ganglien- paaren hervorgegangen ist. So bei Lumbricus aus drei Paar Ganglien, denn es versorgt die vordersten Segmente hinter dem Prostomium; bei Hirudineen aus vier Paar Ganglien mit vier Kommissuren (399), bei Branchellion sogar aus sieben Paar. Bei dieser Ordnung vereinigen sich auch die hintersten Knoten zu einem großen Analganglion. Bei manchen Polychäten (Sthenelais, Sigalion, Polynoe) rücken alle Bauchmark- ganglien so aneinander, daß sie einen gemeinsamen Strang bilden, was in noch höherem Maße für Myzostoma (39%) gilt. Bei Lumbricus sind die Knoten wenig ausgeprägt, da sich der gangliöse Belag über die ganze untere Fläche des Bauchmarks ausbreitet. Die zwei Konnektive der Bauchganglien sind im allgemeinen frei von Zellen. Bei vielen Ringelwürmern kommt zwischen ihnen noch ein zartes medianes Bündel, der sog. Mediannerv (396 m), vor, welcher sich zwischen den Ganglienpaaren ausspannt und in gleicher Weise auch bei Arthropoden (428) vorkommt. Ontogenetisch entsteht er durch Einwanderung von Ektodermzellen in die Tiefe zwischen den Neural- wülsten. Bei Zumbrieus-Embryonen tritt ein Plexus von Nervenzellen zwischen diesen auf und vereinigt sich später mit ihnen. Dies weist darauf hin, daß wir den Mediannerven als einen Rest des ursprünglich zwischen den Längsstämmen vorhandenen Plexus (379, 383) anzusehen haben. Nach einer anderen Auffassung soll der Mediannerv aus der Vereinigung der beiden medianen Bauchnerven der Plattwürmer (380) hervor- gegangen sein, während die lateralen den Bauchmarksträngen der Ringel- würmer entsprechen sollen, was wegen der ganz anderen Lage nicht wahrscheinlich ist. Bei Blutegeln verläuft dieser Nerv ganz frei unter dem Bauchmark und entspringt aus dem Unterschlundganglion. Um die histologischen Verhältnisse zu erläutern, sei auf den Querschnitt durch die Konnektive des Regenwurms (400) verwiesen, bei denen ausnahmsweise Ganglienzellen an der Ventralseite vorkommen. Der Mediannerv liegt etwas nach oben verschoben zwischen den beiden Fasersträngen. Ueber ihnen verlaufen drei Neurochorde, unter ihnen ein großes Blutgefäß. Da die Konnektive in der Leibeshöhle liegen, so werden sie von einem zarten Peritoneum bedeckt, unter dem eine Schicht von Längsmuskeln liegt. Die Faserstränge werden von einem spongiösen bindegewebigen Hüllgewebe umgeben, was nach außen mit einer zarten Membran (Neurallamelle) abschließt. In den Ganglien löst sich der mediane Nerv in das Neuropil auf (401). Die Ganglienzellen sind überwiegend zu einer ventralen und einer lateralen Gruppe jeder- seits vereinigt. Sie sind meist unipolar, und ihre Neuriten verlaufen sehr oft gekreuzt, d. h. sie treten in das Neuropil oder in die peri- pheren Nerven der anderen Seite über. Bei den Blutegeln finden wir die Ganglienzellen in jedem Ganglion zu mehreren symmetrischen Paketen angeordnet, ähnlich wie beim Gehirn. 414 V1. Kapitel. Die Kolossalfasern. Riesenfasern oder Neurochorde, nach ihrem Entdecker auch wohl die Leypısschen Fasern genannt, sind riesige Gebilde (402), welche bei den Anneliden weit verbreitet sind, meist in Dreizahl über dem Bauchmark liegen und es in ganzer Länge begleiten. Sie werden von einem konzentrisch-spongiösen Bindegewebe umgeben, welches in seinen Maschen eine mit Osmium sich schwärzende fett- artige Masse enthält, die wohl, wie das Myelin der Wirbeltiermark- scheide, zur Isolation dient. Die drei Fasern Mae stehen bei ZLumbricus durch kurze Brücken \ 2 oder Netzverbindungen in fortwährendem Zu- Por eg sammenhang und geben Ausläufer an die peri- | pheren Nerven ab. Andere Seitenzweige stehen | mit ventralen Ganglienzellen oder auch mit solchen des Gehirns in Verbindung oder lösen \ sich im zentralen Neuropil des Bauchmarks auf. N Es kann daher nicht zweifelhaft sein, daß es EN sich um riesige Neuriten handelt, die man bei ep Lumbriecus und manchen Ringelwürmern bis zu großen Ganglienzellen des Bauchmarks ver- S =, folgt hat. Zu jeder Riesenfaser des Regen- wurms gehören mehrerer solcher Zellen, deren Neuriten sich vereinigen, und zwar liegen die- jenigen der Mittelfaser ganz vorn im Bauch- mark, diejenigen der seitlichen Fasern in den Hintersegmenten; jene leiten also von vorn nach hinten, diese in umgekehrter Richtung. Die Neuriten sind merkwürdigerweise nicht fibrillär differenziert, sondern bestehen aus einer hellen, homogenen, sehr weichen Masse. U kf' Bei nicht sehr guter Konservierung erscheinen \ daher die Riesenfasern als hohle Kanäle. Myazr- IS SS = cola besitzt über jedem Schlundkonnektiv eine solche Faser, die sich dann zu einem dicken Strang vereinigen, welcher das Bauchmark von oben verdeckt (392 D nc). Spirographis hat zwei JE Neurochorde, welche im Gehirn enden. Bei der Aphroditide Sthenelarss kommen viele Neuro- a chorde vor, die teils von vorn nach hinten, teils umgekehrt verlaufen, und von denen manche En | I ı ı d y j = EEE SEE SPREHEEEESEEEEEN 5 GEB Er BEE en Vans 4 { \ N\ e\ (B) \ f Ne NE — x N, Fig. 402. Schema der Kolossalfasern im Bauch- \ Sy mark von Lumbrieus, nach HALLER. %f mittlere, kf‘, N kf‘‘ seitliche Kolossalfasern, ey Gehirn. in die peripheren Nerven sich fortsetzen. Das erste Paar der zu- gehörigen Zellen liegt am Hinterrande des Gehirns. Die Capitellide Notomastus zeigt in verschiedenen Regionen des Bauchmarks bald nur einen sehr dicken Neurochord, bald drei oder vier dünnere, welche durch Gabelung aus jenem hervorgehen. Bei einigen Ringelwürmern sind Uebergänge zu gewöhnlichen dicken Nervenfasern beobachtet worden. Merkwürdig ist, daß zuweilen bei nahe verwandten Arten Riesenfasern vorhanden sind oder auch fehlen. Bezüglich ihrer Be- deutung ist nichts Sicheres bekannt, doch spricht manches dafür, dab Nervensystem der Arthropoden. 415 sie die Einheitlichkeit der Bewegungen bedingen, indem sie die Reize durch den ganzen Körper leiten. Wird ein Regenwurm ganz hinten gereizt, so kriecht sofort das Kopfende nach vorn, und umgekehrt kriecht er mit dem Hinterende rückwärts, wenn er vorn gereizt wird. Er kann auch unter Umständen alle Segmente gleichzeitig in Bewegung setzen. Die Zahl der peripheren Nerven, die vom Gehirn, vom Schlund- ring und vom Bauchmark ausstrahlen, ist bei den verschiedenen Arten sehr verschieden. Diejenige der Gehirnnerven richtet sich haupt- sächlich nach der Ausbildung der Sinnesorgane des Kopfes. Während wir beim tiefstehenden Polygordius (394 A) jederseits nur einen Nerven in die Antennen treten sehen, finden wir bei der räuberischen Nereis virens (396) 10 Paare und bei Nereis diversicolor sogar 16 Paare. Der Schlundring gibt bei manchen Ringelwürmern Nerven zur Pharynx- muskulatur. Das Unterschlundganglion versorgt Haut und Muskeln der ersten, auf den Kopf folgenden Segmente, und zwar entsprechend der Zahl der in ihm vereinigten Ganglienpaare. Von den folgenden Knoten gehen in der Regel 2—5 Paar Nerven ab, von denen der stärkste im Parapodium häufig zu einem besonderen Ganglion anschwillt (396 II). Für die Oligochäten, manche Polychäten und Hirudineen (399) ist charakteristisch, daß die von beiden Seiten zum Rücken emporsteigenden Nerven sich ringartig vereinigen, was auch für Echiurus (395) zutrifft und vielleicht eine weit verbreitete Erscheinung ist. Bei den Blut- egeln werden diese Ringe jederseits durch einen Lateralnerven ver- bunden. Auch für gewisse Polychäten (Amphicteniden) sind Längs- anastomosen zwischen den Ringnerven nachgewiesen, die mit einem subepithelialen Plexus zusammenhängen. Sicherlich stehen die peripheren Nerven benachbarter Segmente in Zusammenhang, denn, wie $. 349 hervorgehoben wurde, überspringt die Kontraktionswelle des kriechenden Regenwurms ein herausgeschnittenes Stück des Bauchmarks. Das sog. sympathische Nervensystem, welches den Rüssel, Schlund und Darm versorgt und sich an diesen Organen geflechtartig ausbreitet, entspringt ursprünglich vom Gehirn. So bei Archianneliden (394 B sn), Röhrenwürmern (392 A), Kieferegeln (399), bei welch’ letzteren ein Ring mit fünf Ganglien den Schlund umgreift, wobei drei für die drei Kiefer bestimmt sind. Bei Myzostoma (39%) sind die sechs nach vorn laufenden Tentakelnerven des Rüssels durch eine besondere Ringkommissur ver- einigt. Zwischen ihnen verlaufen noch vier Schlundnerven. Das sym- pathische System rückt dann zuweilen auf den Schlundring über (Nephthys, 392C) oder sogar bis auf das Unterschlundganglion (Ophelia). Bei den hochstehenden Raubanneliden können gleichzeitig cerebrale und subösophageale Schlundnerven vorhanden sein (396, Nerv I und einer vom Unterschlundganglion). Bei den Amphicteniden unter den Poly- chäten treten aus dem hintersten Ganglienpaar zwei Nerven auf den Enddarm über und bilden hier einen Plexus. 8) Arthropoda. Gehirn. Das Nervensystem der Gliederfüßler schließt sich in so hohem Maße an dasjenige der Ringelwürmer an, daß kein Zweifel darüber aufkommen kann, daß jene von diesen sich ableiten. Im ein- zelnen zeigt sich eine Fülle der verschiedenartigsten Verhältnisse in diesem artenreichsten Tierphylum, die um so interessanter sind, als sie 416 VI. Kapitel. wesentlich sind für die Beurteilung der Metamerie des Arthropoden- körpers. Am Gehirn der Anneliden konnten wir in vielen Fällen (398, 403 A) drei äußere Abschnitte unterscheiden: ein Vorderhirn für die Palpen, ein Mittelhirn (Globulusregion) für die Augen und Tentakeln und ein dorsales Hinterhirn für die Nackenorgane. Dieses Gehirn NG i \\ hh W AN ER mx Fig. 403 A, B, E (Figurenerklärung nächste Seite). liegt in dem präoralen extremitätenlosen Prostomium, und obwohl dieses bei der genau untersuchten Nereis nach seiner inneren Struktur nicht gegliedert erscheint, wird die Ansicht vertreten, daß es durch Verschmelzung von drei Segmenten entstanden ist, so daß also das Gehirn als ein Syncerebrum zu gelten hätte Das Mittelhirn scheint Nervensystem der Arthropoden. 417 2 AN 4 US GL u Ya 1 a Fig.403 C, D,F,G. Fig. 403. Sche- mata des Ge- GR | //pe hirns und des Vorderendes des Bauchmarks der s Arthropoden. A Annelid, Wu B Peripatus, C Phyllo- 2 u Ze pod, D Malacostrak, E BI, WE Chilopod, F Insekt, G O-er;® Tr & Aranee. / Ersthirn, 7/ OW- - u 4 mn Zweithirn, 1// Dritthirn. j Q I FT Der er ist is 2 4 4 längsgestrichelt, die vor ach 7 ZA I NE ern erde Brücke 2- PR S quergestrichelt, die Pilz- a =pp u ER: körper sind punktiert. a!, a? erste und zweite Antenne, c!!! Kommissur des Dritthirns, © Caput, ch Chelicere, CT Cephalothorax, /o Frontalorgan, hk Hinterhirn des Ringelwurms, if Kieferfuß, !a Labrum, lo Lobus opticus, m Mund, »d Mandibel, mh Mittelhirn des Ringelwurms, mx Maxille, o Ocellen, op Oralpapille, p Palpus, pa Parapodium, pe Fuß, pi Pilzkörper, pp Pedi- palpen, s Sympathieus, sdr Schleimdrüse, ? Tentakel, T Thorax, tö TÖMÖsSvArYsches Organ, vh Vorderhirn, :. Wimperorgan des Ringelwurms. Orig. Plate, Allgemeine Zoologie I. 27 418 VI. Kapitel. das eigentliche Zentrum des Kopfes der Ringelwürmer zu sein, denn zwischen seinen beiden Hälften spannt sich die Kommissur aus, und die Konnektive entspringen hier; von ihm haben sich später durch Ausbildung der Palpen und der Wimperorgane die beiden andern Ab- schnitte äußerlich abgegliedert. Wir betrachten daher im Folgenden das Annelidengehirn als ursprünglich einheitlich und halten es für homolog dem Gehirn der Plattwürmer und dem vordersten Abschnitte des Arthropodengehirns (Protencephalon, 4031), welches die seit- lichen Augen versorgt. Nennen wir nur den präoralen Teil des Zentral- nervensystems der Gliederfüßler Gehirn, so besteht dieses meistens aus. zwei weiteren Teilen, dem Deuterencephalon für die erste Antenne und dem Tritencephalon für die zweite Antenne der Krebse, für die Mandibeln von Peripatus, für die Pedipalpen der Spinnentiere und für die Oberlippe der Myriopoden und Insekten Fig. 404. Fig. 404. Macrobiotus hufelandi, ein Tardigrad, von der Seite gesehen, nach PrAte. 550:1. ap Anhang des Gehirns mit Auge (oc), ce Gehirn, d Zahn, Ga Unterschlundganglion, % Epidermisverdiekung, oe Öesophagus, op Verbindung zwischen Auge und Bauchmark, ph Pharynx. Fig. 405. Maerobiotus hufelandi. Unterschlundganglion (ug) und Bauchmark von der Ventralseite nach PLATE. (408 B—G). Außerdem wurzeln die vorderen Eingeweidenerven ım Tritencephalon. Wir bezeichnen diese drei Teile im Folgenden kurz als Erst-, Zweit- und Dritthirn. Ontogenetisch werden die drei Gehirnteile als drei Paar gesonderte Ganglien angelegt, die sich erst später vereinigen, wobei aber häufig ihre Grenzen an der Lappung zu erkennen sind (in 403 etwas übertrieben dargestellt). Man wird daraus schließen müssen, daß der zweite und dritte Abschnitt ursprünglich postorale Teile des Bauchmarks waren und allmählich nach vorn und dorsalwärts rückten, wobei ihre Kommissuren sich rückbilden mußten. Sie sind dann später als Neubildungen in der Gehirnmasse wieder auf- getreten. Diese Auffassung wird gestützt durch die wechselnde Lage der beiden hinteren Gehirnganglienpaare, ihrer Kommissuren und aus- tretenden Nerven. Nur bei Phyllopoden, Cladoceren, Copepoden und Gehirn der Arthropoden. 419 Spinnentieren (403C, G) liegt das Dritthirn weit hinter dem Zweithirn, und seine Kommissur (c//) umgreift von hinten den Schlund. Bei vielen höheren Krebsen (D), Peripatus (B), Chilopoden (E) und In- sekten (F) ist diese Kommissur noch hinter dem Schlund vorhanden, obwohl die zugehörigen Ganglien sich schon mit dem Gehirn ver- einigt haben. Bei Forficula und Periplaneta ist die Dritthirnkommissur sogar noch doppelt, wie bei Phyllopoden. Die Lage der Dritthirnkommissur ist verschieden und läßt ihre Wanderung nach vorn deutlich erkennen: bei höheren Krebsen (403D), @lomeris, Gryllus, manchen Käfern spannt sie sich zwischen den Hinterenden der langen Schlundringkonnektive aus; bei Zithobius (403 E), Julus, Mantis, Locusta, vielen Käfern ist der Schlund- ring ebenfalls lang, die Wurzeln der Kommissur aber en 3. sind ins Gehirn gerückt; auf weiterer Stufe wird I der Schlundring kurz, und die Kommissur liegt dicht gu VOL dem Unterschlundganglion (Oniscus, Libellula, — | = Dytiscus), um endlich bei saugenden Insekten ur (Schmetterlingen, Fliegen, Wanzen) mit dem letzteren I 6. md zu verwachsen. Mit der echten postoralen Dritthirn- ) kommissur darf eine häufig vorhandene präorale MN ”* dieser Ganglien nicht verwechselt werden. s{ @ 2 = ) h Te 5 _ Er f zen 2 Fig. 106. Fig. 407. Fig.406. Vorderende des Nervensystems von Apus nach ZADDACH und LANKESTER. Fig. 407. Nervensystem der Daphnide Simocephalus sima nach CUNNINGTON. 9 Gehirn, go Ganglion opticum, « Augennerv, ant! Nerv der ersten Antenne, ant” und ant?" die zwei Nerven (major und minor) der zweiten Antenne, f!—f° Fußnerven, »»d Mandibelnerv, mx Maxillennerv, teg Hautnerv, obl Oberlippennerv, oe Oesophagus. Bei Insekten, Chilopoden (E), /Zulus, Polyxenus, Pauropoden und ähnlich auch bei ZLimulus (433) spannt sich eine Kommissur dieser 217 420 VI. Kapitel. Ganglien vor dem Schlund aus, aber da der Sympathicus von ihr aus- geht, handelt es sich offenbar um eine ganz andere Bildung. Bei Polyxenus und den Pauropoden wandert sie sogar unter dem Gehirn nach vorn und verwächst beiderseitig mit dem Vorderrand des Erst- hirns, so daß dieser von einem Loch durchbohrt wird. Eine postorale Kommissur des Zweithirns wird nie beobachtet, auch nicht bei Limulus. Der Nerv der ersten Antenne entspringt bei allen Arthropoden aus dem Zweithirn; nur bei Apw«s (406) aus der Mitte des Schlund- rings, und wenngleich er diesem nur angelagert ist und seine Ganglienzellen schon im Gehirn liegen, so spricht doch diese Tatsache für eine Verlagerung nach vorn, zumal bei einem verwandten Phyllopoden Fig. 409. Fig.408. Nervensystem von Krebsen nach GIESBRECHT. 22 Phyllopod (Limnadia). 23 Squalia, 24 Taschenkrebs, al, an Nerven der ersten, zweiten Antenne, ce Gehirn, cm Kommissur, emo hintere Schlundkommissur, cmv Visceralkommissur, en Konnek- tiv, eno Schlundring, gvi, gevp unpaares, paariges Visceralganglion, Lo Lobus opticus, nı,, m, Ganglion der 1. und 2. Maxille, »»d Mandibelganglion, »l! Lippennerv, oes Oesophagus, masse. Fig. 409. Nervensystem von Asellus aquaticus. Das Unterschlundganglion zeigt eine Zusammensetzung aus zwei Ganglienpaaren. Die Abdominalganglien sind verwachsen und an die hintersten Brustganglien herangerückt. Nach SARs. ‚—t, Thoracalganglien. In Fig. 24 fehlt das zentrale Loch der Bauch- (Limnetis) dieser Nerv gleich hinter dem Gehirn vom Schlundring abgeht. Auch bei Limulus wurzelt der Chelicerennerv, welcher dem ersten Antennennerven entspricht, im vorderen Ende des Schlundrings (433). Der Nerv der zweiten Antenne entspringt bei den meisten Krebsen aus dem Dritthirn (403 D). Bei Apus (406) liegt dieses Ganglion noch postoral, der Nerv der zweiten Antenne ist aber ein klein wenig nach vorn auf den Schlundring gerückt. Eine Abzweigung vom Schlundring etwas hinter dem Gehirn gilt ferner für Branchipus, Estheriden, manche Copepoden, Gigantocypris und Phronima. Bei der Naupliuslarve von KEstheria liegen Ganglion und Nerv noch postoral. Gehirn der Arthropoden. 421 Die Daphnide Szmocephalus hat zwei Nerven für die zweite Antenne (407), von denen der hintere, sensibele vom postoralen Ganglion, der vordere, motorische vom Konnektiv entspringt. Nach allen diesen Tatsachen müssen die beiden AÄntennenpaareder Krebse und ihre Homologa ursprünglich ventrale Extremitäten gewesen sein; man kann sie daher nicht von den Palpen oder Antennen der Anneliden ableiten. Die Arachniden (403 G) sind dadureh beachtenswert, daß das dem Tritencephalon ho- mologe (Granglienpaar breit mit dem Gehirn verwächst, dabei aber seine ventrale Lage be- hält und so zum Unter- schlundganglion wird. Das Gehirn der Tardi- graden hat eine breite Kommissur und jeder- seits zwei Lappen (404, ce, ap), einen inneren und einen größeren äußeren mit dem Augen- fleck. Den inneren halte ich für das Ersthirn. Der äußere ist der obere Lappen des Zweit- hirns, dessen Haupt- masse als Unterschlund- sanglion unter dem Ge- hirn liegt. Das Deuter- encephalon hat sich also gespalten in einen obe- ren und einen unteren Abschnitt, und diese Spaltunghat sich fortge- setztauf das Konnektiv. Daher die sonstnie be- Fig. 410. Nervensystem des Flußkrebses nach obachtete Erscheinung KEım. ag'—ag‘ 1.—7. Abdominalganglien. cic Kom- . missur des Tritencephalon, 9 Gehirn, goe Ganglion Ben doppelten Kon- oesophagei, N Niere, s? Magennery, t!—#° 1.—5. nektivs auf jeder Seite Thoracalganglien, «y Unterschlundganglien. zwischen Gehirn und erstem Bauchganglion. Die Größe der drei Gehirnteile hängt ab von der Ausbildung der Sinnesorgane und von ihrer Bedeutung als übergeordnete Zentren. Das Protencephalon ist immer am größten, weil es die lateralen Sehorgane ver- sorgt, welche meist Facettenaugen sind, und bei den Entomostracen die Stirnaugen und Frontalorgane. Dazu kommen sehr häufig als übergeord- nete Zentren die Pilzkörper. Bei Peripatus (412) und den Spinnentieren (403 G, 415, 416) finden wir noch keine Lobi optici, da die Augen einfache Ocellen sind, und dasselbe gilt für die Krebse mit einfachen Stirnaugen (Copepoden, Ostracoden, Cirripedien). Sobald die seitlichen 422 VI. Kapitel. Ocellen in größerer Zahl dicht beieinander auftreten (Amphipoden, Isopoden, Myriopoden (403 E,414), finden wir vorspringende Sehlappen, welche bei den Facettenaugen oft zu so bedeutender Größe anschwellen, daß sie das ganze Gehirn an Masse weit übertreffen (423, 425). Dann verjüngt sich der Lobus nicht selten an seiner Wurzel zum sog. Nervus opticus. Bei den Decapoden mit beweglichen Augenstielen kommt hierzu ein Nervus oculomotorius. Unter den Insekten sind die Sehlappen besonders groß bei den gutfliegenden Raubinsekten (Libellen), während bei den am Boden lebenden Arten die &eruchslappen stark ausgebildet zu sein pflegen. Die Abhängigkeit dieser Gehirnteile von der Lebens- tätigkeit zeigt sich besonders deutlich bei den staatenbildenden Insekten: die Drohne (423) hat enorm große Sehlappen, weil ihre Facettenaugen so groß sind, daß sie oben auf der Stirn zusammenstoßen. Sie müssen befähigt sein, die beim Hochzeitsfluge rasch dahinfliegende Königin zu verfolgen. Der Lobus opticus der Arbeiter ist größer als derjenige der Königin, weil letztere eine sehr einförmige Tätigkeit ausübt. Die Riechlappen sind bei den Arbeitern ebenfalls größer als bei der Königin; bei der Drohne sind sie ebenso groß wie bei dieser, aber innerlich weniger kompliziert wegen der einseitigen Lebensweise. Aehnlich ver- halten sich die Ameisen. Bei den Solitärbienen haben die Weibchen meist größere Riechlappen als die Männchen. Ueber die Pilzkörper, welche bei manchen Insekten stark über die Oberfläche des Ersthirns vorspringen (423), vgl. weiter unten. Bei den Myriopoden entspringt vom Vorderrande des Sehlappens der Nerv zum TÖmösvaryschen Organ, vom Hinterrande ein Nerv zu einem Frontalorgan, welches öfters mit jenem verwechselt worden ist. Vom Zweithirn entspringen die Nerven der ersten Antenne, welche an der Basis häufig verdickt sind (sog. Lobus olfactorius); dazu nicht selten ein Nerv zu den Antennenmuskeln und ein oder mehrere Haut- nerven. Nach Janet sollen auch die Nerven der paarigen Ocellen zum Zweithirn gehören. Das Tritencephalon ist meist so klein, dab seine Grenzen nicht sicher erkannt werden können. Bei den Krebsen werden die zweiten Antennen, bei den Arachniden die Pedipalpen (403 G), bei Peripatus die Kiefer (403 B) und bei den Myriopoden das Labrum von hier versorgt. Für die Insekten lauten die Angaben widersprechend. Es scheint sicher zu sein, daß der Labralnerv aus dem Dritthirn kommt, während er nach andern Angaben zum Ersthirn gehört. Außerdem wurzeln hier die Eingeweidenerven, die sog. Labro- frontalnerven, welche sich im Ganglion frontale vereinigen (s. weiter unten). Der mediane Ocellus mit seinen zwei Nerven wird von JANET auf diesen Gehirnteil bezogen, während andere Forscher alle drei Punktaugen zum Frsthirn rechnen, wie dies auch aus manchen Ab- bildungen (424) hervorgeht. Das Bauchmark beginnt mit dem Unterschlundganglion, welches bei Krebsen, Myriopoden und Insekten aus drei Paar vereinigten Ganglien sich zusammensetzt für die Mandiblen und die zwei Paar Maxillen. Da es sehr oft ganz dicht an das Oberschlundganglion heran- rückt, so daß es mit diesem eine Masse zu bilden scheint (415, (416. 419. 420. 422) und außerdem in der Kopfkapsel liegt, so wird es von vielen Forschern mit zum Gehirn gerechnet. Vom vergleichend-ana- tomischen und physiologischen Standpunkt aus erscheint es richtiger, diesen Ausdruck nur auf die über und vor dem Schlunde befindlichen Teile des Zentralnervensystems zu beschränken, weil sie die Sinnes- Kopfmetamerie der Arthropoden. 423 organe versorgen und die übergeordneten Zentren umschließen, während das Unterschlundganglion eine ganz andere Funktion hat. Bei den Phyllopoden (403 C, 406) und Cladoceren (40%) sind die Ganglien der Mundwerkzeuge noch voneinander getrennt, während bei den Macruren (410) auch die Ganglien der Kieferfüße in das Unterschlundganglion aufgegangen sind. Wie schon oben angedeutet wurde, ist die Metamerie der ge- schilderten Ganglien von großer Bedeutung für die Homologisierung der Extremitäten, die in den verschiedenen Klassen wechselnde Funk- tionen übernommen haben. Eine Schwierigkeit besteht darin, daß bei den Embryonen von sScolopendra zwischen dem Ersthirn und dem Zweithirn noch ein Ganglienpaar auftritt, welches auf ein früher vor- handenes präantennales Segment schließen läßt. Ein ähnliches Ganglien- paar wurde bei Embryonen von Astacus und Jaera an gleicher Stelle als vorübergehende Bildung beobachtet. Die hierzu gehörende Extremität tritt uns vielleicht in dem Augenstiel der Decapoden entgegen. Sieht man von diesem präantennalen Segment. welches früh mit dem Erst- hirnsegment verschmolzen sein muß, ab, so sind in den sechs ver- schiedenen Kopfsegmenten der Arthropoden die folgenden Elemente enthalten: Hempiosienk der Extremitäten der Zethropgien: seg a, Crustacea Peripatus Myrio- Arach- Limulus | Insecta ment | | I Ersthirn ohne Extremitäten II |Zweithirn Antenne I Antenne as: Cheliceren |Cheliceren Antenne 11I Dritthirn | „ II Kiefer ‚Pedipalpen _ IV |Unter- | Mandibel ‚Oralpapille Mandibel sp Mandibel V_ schlund- | Maxille 1 Maxille 1 | re Mae VI |ganglion NIT, 2 IR, Es 6, = | a 2 Thorac. 'Thoracal- Kieferfuß 1 Beine ‚Kieferfuß | P>222 be Thoracal- seg.I| gangl.1} | | | bein 1 Bei den ehren sind vielleicht alle Extremitäten um ein Segment nach hinten zu verschieben, denn wenn auch die bei der Aranee Trochosa singortensts angeblich auftretenden Anlagen von Antennen vor den Cheliceren auf Irrtum beruhen, so gehören doch bei den Embryonen der Scorpione die Cheliceren zum Segmente des Dritthirns und bei mehreren Spinnen sind prächelicere Cölomhöhlen festgestellt worden. Auch über das Zentralnervensystem von Limaulus (433) sind die onto- genetischen Untersuchungen noch nicht so weit vorgeschritten, daß eine sichere Deutung der Extremitäten möglich ist. Im Cephalothorax liegt eine sehr konzentrierte Ganglienmasse, welche aus dem präoralen Gehirn und dem Schlundring besteht. Das Gehirn entsteht nach Kmesrey aus drei Ganglienpaaren, welche vollständig verschmelzen und wohl dem Ersthirn, den Präantennalganglien und dem Zweithirn entsprechen. Vom Ersthirn gehen drei Nerven zu den als Geruchs- organ (ol) gedeuteten Sinnesknospen, ein Mediannerv zum Medianauge und zwei Nerven, welche mit einer Verdickung beginnen, zu den Seitenaugen. Das Zweithirn ist äußerlich nicht abgesetzt und nur kenntlich an den Nerven zu den Cheliceren. Der sich anschließende vorderste Teil der dicken Schlundringmasse entspricht dem Dritthirn, denn zwischen ihren beiden Hälften spannt sich eine zarte sympathische Kommissur aus, von der drei Nerven zum Labrum gehen. Unmittelbar 424 VI. Kapitel. neben ihr entspringt aus dem Dritthirn jederseits ein Sympathicus (sa) zum Proventrikel; außerdem gibt sie einen Nerven zur Kopfhaut (%%) ab und versorgt das erste der fünf Kieferfußpaare. Die postorale ventrale Masse des Schlundrings enthält vier Paar Ganglien für die Kieferfüße und zwei Paare für die Chilarien (Unterlippe) und die INN Fr IT, ErSco Pay uU NUN /, f | GUN L zum Kiemendeckel umgewandelten ersten Abdominalbeine. Daher spannen sich vier sehr breite Kom- missuren zwischen jenen Ganglien aus. Das Abdominalmark besteht aus fünf Ganglienpaaren und einem hintersten dreiteiligen Knoten. Das Bauchmark von Peripatus (403 B, 411, 412) zeigt in dreifacher Hinsicht primitive Verhältnisse: die beiden Konnektive liegen weit aus- einander, sind durch sehr zahlreiche, zuweilen etwas unregelmäßig ver- laufende dünne Kommissuren ver- bunden und haben den Charakter von Marksträngen, indem sie überall ventral und lateral einen dichten Mantel von Ganglienzellen aufweisen und nicht oder nur höchst undeutlich zu segmentalen Knoten anschwellen. Sie gehen ganz hinten dorsal vom Enddarm ineinander über. Dies Ver- halten gleicht in hohem Maße dem- jenigen der Turbellarien (378, 379) und Trematoden (383). Man wird also Peripatus von einer annelidenähn- lichen Stammform ableiten müssen, welche im Bau des Nervensystems noch nicht eine typische Kette von Ganglienpaaren mit Konnektiven be- saß, sondern Markstränge mit plexus- artigen Kommissuren aufwies. Bei den Embryonen von sScolopendra, der Fliege Lucia und anderen Arthropoden treten die Neuralplatten ebenfalls mit weitem Zwischenraum auf und rücken erst später zusammen. Endlich zeigen die niedersten Krebse, die Phyllopoden und Cladoceren Fig. 411. Anatomie von Peripatus capensis nach BALFOUR. Der Darm ist hinter dem Pharynx abgeschnitten. « An- tenne, an After, cd verlängerte Coxaldrüse des letzten Fußpaares, g Gehirn, go Ge- schlechtsöffnung, » Bauchmark, op Oral- oder Schleimpapille, ph Pharynx, sd Schleim- drüse, so,—so, Nephridien, sr Schleim- reservoir. Bauchmark der Arthropoden. 425 (406, 40%) weit auseinanderliegende Konnektive und Doppelkommissuren in jedem Segment, und bei zwei andern in vieler Hinsicht primitiven Gattungen, bei Grgantocypres im Bauchmark und bei ZLimulus im Schlundring finden wir einen weiten Zwischenraum, während sich bei 2 EIISTZabeee \ £ > a N ; a Sa KÜRBHN ee a Br: 2 AN = a: 7 u 2 a n e Fig. 414. Fig. 413. Fig. 412. Vorderende des Nervensystems von Peripatus jamaicensis nach BOUVIER, von der Dorsalseite gesehen. / Sympathicus zum Boden der Mundhöhle, 2 Gehirn, 3 Antennennerv, 4 Optieus, 5 Mandibelnerv, #% Nerv der Öralpapille, 7 Nerv des ersten, $ des zweiten Beinpaars.. Auf der Unterseite des Gehirns schimmern einige Nerven durch zur unteren Körperwand. Hinter dem Öpticus ein Nerv ohne Zahl zur Lippe. Fig. 413. Nervensystem von Lithobius forficatus, von der Bauchseite gesehen, nach LEUCKART. «a Antenne, cp Coxalpore, Äf Kieferfüße, sd Speicheldrüsen. Fig. 414. Gehirn von Lithobius forficatus, von der Unterseite, nach SAINT- REMY. 7 Antennennerv, 2 Mittelhirn, 3 Opticus, / zum TÖMÖSVARYschen Organ (Frontalorgan ?), 5 Vorderhirn, 6 Schlundring, 7 N. recurrens (Sympathicus), $ Hinter- hirn, 9 Sympath. Kommissur vor dem Schlund. den übrigen Arthropoden die Ganglien eines Paares bis zur Berührung nähern. Die Konnektive bleiben häufig deutlich getrennt (405, 409, 413, 418, 419 A), während sie bei manchen Arten in gewissen Segmenten getrennt bleiben und in andern sich eng aneinanderlegen (410, 422). 4 96 VI. Kapitel. ud Dies leitet über zu einer vollständigen Aneinanderlagerung bzw. Ver- schmelzung beider Längsstränge (415, 419 B, 420). Sale & — Fig. 415. Fig. 416. Fig. 415. Nervensystem des Skorpions nach NEWPORT. /—#6 Nerven zu den 6 Extremitäten, a—a, Ganglien des Abdomens, by verschmolzene Thoracalganglien, 9 Gehirn, ma mittlere Augen, sa Seitenaugen. Fig. 416. Nervensystem von Telyphonus caudatus nach BLANCHARD. 1—6 die 6 Extremitäten, welche von zg, den verschmolzenen Thoracalganglien, versorgt werden, ab Abdomen, ag Abdominalganglien, au Augen, 9 Gehirn, sa gegliederter Schwanzanhang. Der ursprünglich beträchtliche Zwischenraum zwischen beiden Kon- nektiven erklärt das Auftreten eines Mediannerven bei einigen Konzentration der Ganglien. 497 Krebsen (Gigantocypris, Lepadiden, Asseln), Chilopoden (418,s) und bei vielen Insekten (432). Er ist uns früher schon bei Ringelwürmern entgegengetreten (S. 413). Er entsteht aus Ektodermzellen zwischen den Neuralplatten, die nach innen wandern und einen Nerven bilden, der sich von Ganglion zu Ganglion ausspannt, bei Insekten häufig unter Bildung eines kleinen Ganglions, von dem jeder- seits ein Nerv zu den Tracheen und Stigmen verläuft. Seine Seitenzweige können mit den Nerven des Bauchmarks sich plexusartig verbin- den. Bei den meisten Arthropoden kommt es nicht zur Bildung eines Mediannerven, da diese Nerven- zellen vom Bauchmark aufgenommen werden. Man hat diesen Nerven dem Eingeweidesystem zuge- rechnet, wie es scheint ohne Grund, denn er ver- sorgt nicht den Darm. Konzentration der Ganglien in der Längs- richtung nach vorn. Wie wir schon bei Anne- liden häufig eine Konzentration benachbarter Ganglienpaare mit gleicher oder ähnlicher Funk- tion (Unterschlundganglion der Oligochäten und Hirudineen [399], Analganglion der letzteren) fest- stellten, so tritt uns dieselbe Erscheinung bei den Arthropoden in weit größerem Umfang entgegen. Sie ist geradezu eine der charakteristischsten Er- scheinungen des Zentralnervensystems der letzteren Fig. 417. Fig. 417. Zentralnervensystem einer Milbe, Gamasus, nach WINKLER. :/ zu den Cheliceren, 2 zu den Pedipalpen, 3—6 zu den 4 Beinen, y Gehirn, ns Sympathicus, »x Zungennerv, o Oesophagus, tn Nerv des Pedipalpentasters, ug untere Ganglienmasse. Fig. 418. Nervensystem von Machilis maritima nach OUDEMANS. an Antennennerv, au Auge, y Gehirn, /o Lobus opticus, oe Oesophagus, s Mediannery, «sy Unterschlund- ganglion, 7—/// Thoracalganglien, —$ Abdominalganglien, das achte aus drei Ganglienpaaren zusammengesetzt. 428 VI. Kapitel. und zeigt sich in doppelter Form, als Vereinigung benachbarter Zentren und als Verkürzung der ganzen Kette nach vorn. Die erste Erschei- nung wird physiologisch dadurch verständlich, daß eine solche Ver- einigung die Umschaltung der Reize und damit das Zusammenspiel be- nachbarter Organe erleichtert. Die Konzentration tritt zuerst an den- jenigen Ganglien auf, welche besonders viel gebraucht werden, also an dem Unterschlundganglion der Mundwerkzeuge (403, D—F) und an den Ganglien der Beine, wenn diese, wie bei Spinnentieren und Insekten, auf die Brust zusammengedrängt sind. Sehr lehrreich sind in dieser Beziehung die Skorpione (415), deren Beinzentren zu einer Masse ver- Fig. 419. Nervensystem der Honigbiene nach BLANCHARD. A Larve. B Imago, Arbeiterin. einigt sind, während die Abdominalganglien noch weit auseinander- liegen; oder die Honigbiene (419), deren drittes Brustganglion, welches die Sammelbeine versorgt, sich schon mit dem zweiten vereinigt hat, während das erste noch frei liegt; oder die geschickt fliegende Stra- tiomys-Fliege (421), die nur ein großes Brustzentrum aufweist. Die Konzentration und Wanderung aller Zentren nach vorn hängt damit zusammen, daß das Gehirn dem Bauchmark übergeordnet ist. Je mehr also alle Ganglienzellen an das Gehirn heranrücken, um so leichter können sie von diesem beherrscht werden. Daher finden wir in allen Klassen der Arthropoden bei den phyletischen Endformen Konzentration der Ganglien. 429 (parasitischen Copepoden, Balaniden, Brachyuren, Milben, gewissen In- sekten: Hydrometra) das ganze Bauchmark zu einem Knoten zusammen- gedrängt. Hand in Hand geht damit eine Konzentration der Segmente, welche zu einem gedrungenen, wenig oder gar nicht gegliederten Körper verschmelzen. Beide Erscheinungen können voneinander unabhängig sein. So sehen wir bei manchen Fliegenmaden (421 A) die Ganglien ganz vorn zusammengedrängt, während die Segmentierung des Körpers nicht beeinträchtigt ist, und dasselbe zeigt in geringerem Maße der Ameisenlöwe (422). Wird aber der Körper zur Erhöhung der Beweg- lichkeit gedrungen durch Verschmelzung der Segmente (Milben) oder durch Verkürzung des Abdomens (Argulus, Amphipoden, Brachyuren), so muß die Konzentration der Ganglien eintreten (408, 24, 409, 417). In allen Klassen und größeren Abteilungen lassen sich Reihen aufstellen 98 - 9:2 ‚. .Fig.420. Nervensystem der Fliege Conops rufipes nach KÜNCkEL D’HERCULAIS. e Gehirn, gs Unterschlundganglion, yp, gms, gmt Ganglien des Pro-, Meso- und Meta- thorax. Damit verwachsen 9,—g, die ersten 4 Abdominalganglien, 9,—g,, Knoten der vereinigten 5 hinteren Ganglien. von langgestreckten, mehr oder weniger homonom segmentierten Formen bis zu gedrungenen Gestalten. Dabei zeigt sich häufig die Erscheinung, daß die Ganglien ihre scharfe Abgrenzung verlieren, indem die Nerven- zellen zum Teil auf die Konnektive übertreten. Solche Reihen sind z. B. die folgenden: l. Branchipus, Apus (406): lange regelmäßige Kette mit Doppel- kommissuren. Limnadia, Limnetis, Estheria: Bauchmark bedeutend kürzer, Ganglien schwach ausgeprägt, Doppelkommissuren ungleich, dünnere und dickere (408, 22). Cladoceren außer S?da: Ventralkette noch kürzer, Ganglien äußerlich kaum ausgeprägt (40%), Konnektive mit Ganglienzellen belegt. Polyphemiden, ZLeptodora, also hochdifferen- 430 VI. Kapitel. zierte Formen: Bauchmark eine stark verkürzte, mehr oder weniger einheitliche Masse zwischen den Beinen. II. Cirripedien. Lepadiden: Bauchmarkganglien durch deutliche Konnektive getrennt. Balaniden: dicht aneinander gerückt. COrypto- phialus: zwei weit auseinander liegende ventrale Ganglienknoten; Aleippe: nur noch einer. III. Macruren (410): Ganglien weit auseinander, nur diejenigen der Mundwerkzeuge (403 D) vereinigt. Brachyuren (408, 24) sehr starke Konzentration. Es erhält sich aber noch ein zentrales Loch in der Bauchmasse, welches in jener Zeichnung nicht angegeben ist. gp-gms gmt 94 Fig. 421. Nervensystem der Fliege Stratiomys longicornis nach KÜNCKEL D’HERCULAIS. A Larve.e B Imago, 9. Bezeichnungen wie in 420. g,—9,, Ab- dominalganglien. IV. Skorpione (415): getrennte Abdominalzentren. Telyphonus (416) nur noch ein Paar, das merkwürdigerweise weit hinten liegt, was wohl durch den Schwanzanhang bedingt ist. Araneen (403G): alle Ventralganglien zu einer gegliederten Masse zusammengedrängt. Pha- langiden, Acariden (41%): die Gliederung derselben verschwindet. V. Bei den Myriopoden ist wegen der gleichmäßigen Segmentierung von einer Konzentration nicht viel zu bemerken. Nur bei Pauropoden und Symphylen sind die Ganglien so zusammengedrängt, daß die Kon- nektive fehlen. VI. Bei den Imagines der Insekten lassen sich alle Uebergänge feststellen, wobei, abgesehen von Embryonen, die Zahl der Ganglien- paare immer kleiner ist als diejenige der Segmente. In der folgenden Uebersicht bedeutet die erste Ziffer die Anzahl der Knoten im Kopf, die zweite in der Brust, die dritte im Hinterleib. Dabei ist zu be- achten, daß häufig (Lepisma, Ameisenlöwe |422], Biene [423]) das Unter- Konzentration der Ganglien. 431 schlundganglion so dicht an das Gehirn heranrückt, daß eine scharfe Grenze zwischen ihnen nicht existiert. 2+3-+im Abdomen: 8 bei dem Weichkäfer Dietyoptera sangwinea, 7 Tenthredo viridis, 6 Dytiscus, 5 Hepialus, 4 Cossus ..... 1 Coceinella, O Geotrupes. 2+2+im Abdomen: 10 Myrmeleon, 6 Oulex, 5 Biene, Arbeiter (419, B), 4 die meisten Schmetterlinge ..... 0 Cetonia aurata. 2+1-+im Abdomen: 6 Fliege Pangonia depressa, 5 Stratiomys (421) ..... 1 Conops (420), 0 Musca domestica. Also bei Fliegen alle Uebergänge von 6—0 Ab- dominalknoten. 1+1-+1: Stylops melittae. 1+1: Hydrometra lacustris (Wasserlaufwanze), Rhizotrogus solstitialis, Junikäfer. Viele gedrungen gebaute Rhynchoten (Aphiden, Coceiden), Pedieuliden, Mallophagen. Je konzentrierter das Nervensystem ist, desto mehr rücken die Bauchganglien nach vorn. So liegen bei Dytiscus die 6 Paar Ventral- ganglien im Metathorax. Zuweilen unterscheiden sich die Geschlechter in dieser Hinsicht, und dann pflegen die Männchen, wie ja auch meist in anderen Organen, die Vorgeschritteneren zu sein: Megachile und Mutilla europaea: $% 5, d 4 Bauchmarkknoten. Biene: Arbeiter 5, Q und 8 4; Wespe: Arbeiter 5, ? und d 6. Die Larven der Insekten sind in ihrem Bauchmark im allgemeinen weniger konzentriert als die Imagines und entsprechen demnach der biogenetischen Regel (419). So haben die Raupen fast immer 2 +3 +7, die fertigen Schmetterlinge 2+2-+4 Knoten. Einige Käferlarven besitzen noch 9 Abdominalknoten. Es kommt aber auch vor, daß die Larven konzentrierter im Nervensystem gebaut sind als die aus- gewachsenen Individuen. Bei der Larve von Oryctes nasicornis sind z. B. alle Ventralganglien dicht aneinander gereiht und das hinterste liegt ungefähr auf der Grenze zwischen dem 2. und 3. Brustring. Bei der Puppe und dem Imago hingegen sind die drei ersten Knoten durch zwei ziemlich lange Konnektive voneinander geschieden. Aehnliches zeigen andere Lamellicornier und einige Rüsselkäfer. Sehr auffallend verhalten sich in dieser Hinsicht die Fliegen und Wanzen, deren Larven meist nur eine große und ganz vorn liegende Ventralmasse besitzen, während die Imagines eine lange Bauchmarkkette haben (421). Ich vermute, daß dies damit zusammenhängt, daß die Fliegenmaden sich viel umher bewegen durch Ausdehnen und Zusammenziehen der bein- losen Segmente, was eine starke Koordination der Hautmuskeln voraus- setzt. Die ebenfalls beinlosen, aber ruhig im Futtersaft liegenden Bienenmaden (419 A) haben noch das primitive Nervensystem. Histologische Verhältnisse. Das Gehirn und die Ventralganglien der Arthropoden (425) werden, wie allgemein bei den wirbellosen Tieren, von einer äußeren Lage von überwiegend unipolaren Ganglienzellen und einer inneren Markschicht (Neuropil, Punktsubstanz) gebildet und außen von Bindegewebe eingehüllt. Dazu kommen Neuritenbündel, die teils als Kommissuren von einer Seite zur andern ziehen, teils auf der- selben Seite bleiben. Die Markschicht zerfällt dadurch in Markfelder oder Neuropileme, in denen sich die Dendriten verschiedener Neu- rone verflechten, wobei sie häufig rundliche Ballen (sog. Glomeruli) bilden. Wenn alle drei Gehirnteile miteinander verwachsen sind, sollte man mindestens drei Kommissuren erwarten. Die Zahl derselben er- weist sich aber in der Regel als viel größer, wenn die Gehirne mit Methylenblau oder nach der Gorcı-Methode untersucht werden. Bei der Assel Porcellio scaber fand HoLmGreEn nicht weniger als 17 Kom- 432 VI. Kapitel. missuren. Bei Astacus wurden jederseits 7, bei (arcinus 8 Neuropileme nachgewiesen, die durch komplizierte Leitungsbahnen untereinander zu- sammenhängen. Die Gehirne der Krebse sind also schon recht ver- Fig. 422. Nervensystem des Ameisenlöwen nach DoFLEIn. 20:1. A Antenne, Au Auge, @.F Ganglion frontale des Sympathicus, @.opt Ganglion opticum, O.Schg, U/.Schg oberes, unteres Schlundganglion, /.—3. Thg Thoracalganglien, 1.—9. Abdg Abdominalganglien. wickelte Organe, obwohl sie noch keine Pilzkörper besitzen, und ähn- liches gilt für die Bauchganglien. In dem Bauchmark der Decapoden und von Sqwzlla sind Neurochorde nachgewiesen worden, und es scheint sich tatsächlich um diese Kolossalfasern zu handeln — nicht um Blut- Gehirn der Biene. 433 [2 Drohne " : ee ; Fr Sal > 3 Anld Malen] fr.n. Königin Ar- beiterin Fig. 423. Gehirn der Biene nach Wachsmodellen, von oben gesehen, nach JONnEscuv. Aa Anschwellung des Antennennerven, Amn motorischer Antennennerv, An Antennennerv, ZLfrn Labrofrontalnerv, 474 Mandibelnerv, Mr Maxillarnerv, Tr» Tritocerebralnerv; er ist unpaar, entspringt aber mit paariger Wurzel und versorgt einen Dilatatormuskel des Pharynx. Das Dritthirn ist nicht deutlich abgesetzt und geht ohne scharfe Grenze in das Unterschlundganglion über. Plate, Allgemeine Zoologie I. 28 434 VI. Kapitel. gefäße, wie auch behauptet worden ist — da bei Homarus, wo jeder- seits einer vorhanden ist, die zugehörige Ganglienzelle im Zweithirn gefunden wurde. Ihr Neurit ist zuerst dünn, durchzieht den Schlund- ring und schwillt dann im Bauchmark an, welches sie in ganzer Länge durchzieht, um schließlich in die peripheren Nerven des Schwanz- ganglions auszustrahlen. Im Gehirn der Insekten werden die Verhältnisse noch verwickelter als bei den Krebsen, wovon 428 eine Vorstellung geben mag. Ueber den Verlauf der Neu- ritenbündel, die in dieser Abbildung immer nur durch eine Faser ange- deutet sind, gehen die Meinungen noch vielfach auseinander. Man erkennt zwei Hauptkommissuren, die optische zwischen den beiden Sehlappen vor dem sog. Zentralkörper (C) und eine Antennalkom- missur hinter ihm. Die Oe Pi L.opt H.H.kn BRGTERTSG, a ; = ER in e: L.olf | Schl.Ma -} 5 he Kommissur des Dritt- 3 : N, hirns (403, 424. cl) ver- Ar i ......- Sehl.kon läuft hinter dem Schlunde. RUN Außer diesen Kommis- DOT .--- 8p.Dr suren finden wir zahl- CT Sa 2 reiche Faserzüge, welche an Eu EN Ra on Bm . - Se ar auf derselben Seite blei- Schl a \ IE ben und von denen in 428 Aa ze nur einige angedeutet Ob.Ki U.Ki U.li sind® 42,74, - aD Fig. 42#. Gehirn und Unterschlundganglion Hauptmasse der Mark- der Feldheuschrecke Caloptenus femur rubrum nach PACKARD. Bm Bauchmark, ce!!! Kommissur des Dritt- hirns, EH Ersthirn, Fr Frontalnerv, @f.Tr.@ Gefäß- und Tracheenganglion, H.H.kn wunpaarer Hinter- hirnknoten, L.olf Riechlappen, Ob.Li Oberlippen- nerv, L.opt Sehlappen, Pi Pilz, Ob.Ki Oberkiefer- nerv, Oc Punktauge, Olf Riechnery, Schl.kon Schlund- konnektiv, Schl.Ma Schlund- und Magennerv, Schl Schlund, Sp.Dr Speicheldrüsennerv, S/g Stirngan- glion, U.ki Unterkiefernerv, U.li Unterlippennerv. substanz (in 425 und 428 weiß gehalten) be- steht aus Punktsubstanz, d.h. aus feinsten Längs- und Querschnitten von Neuriten und Dendriten. Durch die Färbung heben sich besondere Stellen ab, in denen die Dendriten verschiedener Neuronen sich verflechten zu ballenartigen Glomeruli; so in den Anschwellungen der Antennennerven, den sog. Riechlappen (@), in den Sehlappen (M) und in zwei medianen Feldern, der vorderen Brücke (DB) und dem hinteren Zentralkörper (Fächerorgan). Hier haben wir es mit Zentren zu tun, in denen die Reize verarbeitet und umgeschaltet werden. Die Brücke der Insekten scheint ein übergeordnetes Sehzentrum zu sein, welches die Eindrücke der Ocellen (7) und Facettenaugen (6) verarbeitet und auf die Antennen (7/3) und ventralen Extremitäten (7) überträgt. Sie findet sich auch bei Arachnoiden und Krebsen, fehlt aber noch Perr- patus (403 B), während der Zentralkörper allen Arthropoden zukommt. Er gilt als ein allgemeines Reflexzentrum, denn zu ihm gelangen Gehirn der Insekten. 435 die von den Sehorganen und Fühlern aufgenommenen Reize und werden nach den verschiedensten Richtungen weitergeleitet. Wird einer Aeschna-Larve das Gehirn exstirpiert, so ändern sich die tonischen Verhältnisse der Muskulatur und die Reflexerregbarkeit ist erhöht. Ck @l.i St Gl.e Chi Chm M.m GERT" a RL ARTEN ae te ie SUR, HE uusk ED x ei ee —n a F N R.i Kr L.pr M.i Ch.e Fig. 425. Frontalschnitt durch das Gehirn einer Blattwespe, Tenthredo flava 9, nach vV. ALTEN. Oh.e, Oh.m, Chi äußeres, mittleres, inneres Chiasma, C% Zentral- körper, @l.i., @l.e innerer, äußerer Globulus (Becher), Z.olf Lobus olfactorius, L.pr Lobus protocerebralis, Kr Kreuzung, M.e, M.m, M.x äußere, mittlere, innere Mark- masse, R Retina, R.i innere Wurzel (Balken) des Stiels, S? Stiel des Pilzkörpers. Die Kopfganglien sind also Hemmungszentren. Dasselbe gilt für das Unterschlundganglion der Raupen und Falter. Endlich besitzen die meisten Tracheaten noch in dem frontalen Belag von Ganglienzellen Fig. 426. Neuronen im Gehirn der Küchenschabe (Perrplaneta) nach ZIEGLER. Links von der Mediane der innere und äußere Pilzkörper und das Ganglion opticum. Die drei Filzmassen des letzteren und die zwei Becher (&.b, ?.B) der Pilzkörper sind auf der linken Seite grau gehalten. Die beiden Stiele der Pilzkörper ver- einigen sich und laufen zentral in den Balken (Ba) aus und geben einen Seiten- zweig an den nicht gezeichneten rückläufigen Stiel. Unten links der Lobus olfac- torius, in der Mitte unten der Schlundring. 5 Sehnerv. mächtige Anschwellungen, welche als Pilz- oder Stielkörper, Corpora pedunculata oder Globuli bezeichnet werden, die um so mehr ausgebildet sind, als komplizierte Instinkte und Verstandes- äußerungen bei den betreffenden Arten beobachtet werden. So erklärt es sich, daß enthirnte Zymantria dispar keinen Kopulationsinstinkt 28* 436 VI. Kapitel. haben und die Eier ohne Wolle absetzen. Manche Reflexe haben aber im Bauchmark ihren Sitz, so das Sichtotstellen in den Thoracalganglien. Schon Dusarpın hat die Pilze 1850 als Organe des Verstandes be- zeichnet, weil sie auf ihrer Oberfläche zuweilen Windungen erkennen lassen und dadurch an das Großhirn der Säuger erinnern. Man kann an ihnen vier Teile unterscheiden: die Becherzellen, den Becher, den Stiel und den rückläufigen Stiel. Die Becherzellen bilden einen Haufen von sich stark färbenden kleinen Ganglienzellen (3x 427), an die sich der sog. Becher (Dy) anschließt. Er besteht, wie 426 zeigt, aus den Verflechtungen der Dendriten der Becherzellen mit solchen von Neuronen des Seh- und Riechlappens. Der Becher ist also ein Assoziationszentrum, welches auch mit dem Zentralkörper in Ver- bindung steht. Die Neuriten der Becherzellen vereinigen sich zum Stiel, welcher an seinem unteren Ende rechtwinkelig umbiegt zum „Balken“ (427, ba). Hier kommt es abermals zur Bildung von Glomeruli, also zu einem Assoziationszentrum. Ehe die Neuriten in den Balken einbiegen, senden sie einen langen Seitenast in den „rückläufigen Stiel“ Ba A B C Fig. 427. Die Entwicklung der Pilzkörper bei Insekten nach BRETSCHNEIDER. A von Lepisma saccharina, B von Tenebrio molitor, C von Periplaneta orientalıs. Bx Becherzellen, By Becherglomerulen, Ba Balken, P Pilzstiel, #? rückläufiger Stiel, welcher in B etwas nach innen, in C etwas nach außen verschoben gezeichnet ist, um die Fasern des Pilzstiels sichtbar zu machen. Tr sog. Trauben am untern Ende des Stiels von Lepisma von unbekannter Bedeutung (Glomeruli?). (R), indem es ebenfalls zu Verflechtungen, also zu einem dritten Um- schaltungsgebiet kommt Die beiden Balken stoßen in der Mediane fast zusammen, ohne aber Fasern auszutauschen. Ebensowenig findet ein solcher Austausch zwischen dem rückläufigen Stiel und dem Becher statt. Die allmähliche Vervollkommnung der Globuli oder Pilzkörper läßt sich bei den Arthropoden gut beobachten. Sie finden sich schon bei Nereis (Annelid, 403 A) jederseits in Dreizahl, und Peripatus (B) und Limulus besitzen sie in derselben Zahl. Unter den Arachnoiden haben die Phalangiden (G) jederseits drei, die übrigen Ordnungen nur einen. Die Phyllopoden (C) besitzen zwei, während sie bei Malacostracen fehlen, was auf eine Rückbildung hinweist. Was Brrue bei Careimus als Globulus beschrieb, sind ähnliche Zellen des Zweithirns, welche ein Ganglion der ersten Antenne bilden. Unter den Myriopoden haben JZulus und Scutigera jederseits drei (E), Lithobius nur einen. Unter den Apterygoten finden wir bei Lepisma und Cnmpodea zwei, Japyx drei, bei Tomocerus wohl infolge von Rückbildung keinen. Die Pterygoten scheinen ursprünglich zwei gehabt zu haben. Bei Leprsma Pilzkörper. 437 ‘42% A) ist die Zahl der Becherzellen gering, und die Glomeruli sind wenig ausgebildet, finden sich aber vielleicht auch in den sog. Trauben (Tn). In diesem Falle könnte man die eine Traube dem Balken, die andere dem rückläufigen Stiel der höheren Formen homolog setzen, da ein solcher bei Lepisma noch fehlt. Bei Tenebrio (42% B) ordnen sich Glomeruli zu einem flachen Becher. Einen solchen besitzen auch Oedipoda, Dixippus und niedrige Hymenopteren (Tenthredo, 425). Bei Periplaneta (426, 427 C), Schmetterlingen, Ichneumoniden, Bienen, Wespen und vielen anderen Insekten finden wir jederseits zwei Pilze, die bei den sozialen Arten eine gewaltige Größe erreichen und weit über die Oberfläche des Frsthirns als glatte (423) oder mit Furchen versehene Höcker vorragen. Forficula hat sogar jederseits drei Pilze, obwohl keine Beweise von komplizierten Instinkten oder von Verstand von dieser Gattung bekannt sind. Trotzdem ist der Zusammenhang der Fig. 428. Schema des Neuronenverlaufs im Zentralkörper (C'), in der Brücke (DB), in den Glomeruli (@) des Riechlappens und im Lobus opticus von Periplaneta nach BRETSCHNEIDER. Der Zentralkörper ist vergrößert. ÖO Ocellus, N.o Opticus, N.ol Olfaetorius (Antennennerv), »».A motorischer Antennennerv, SAX Schlundkommissur. Pilze mit höheren psychischen Leistungen klar. Sie sind am kleinsten bei der Drohne, etwas größer bei der Königin und am größten bei der vielbeschäftigten Arbeiterin (423). Dasselbe gilt für die Ameisen. Bei den Hummeln und Wespen sind die Organe bei der Königin größer als bei den Arbeitern, denn erstere müssen bei der Neugründung einer Kolonie im Frühjahr alle Geschäfte zunächst allein besorgen. Unter den Solitärbienen sind sie bei den Weibchen größer als bei den Männchen. Die Pilzkörper sind also Assoziationszentren, auf denen einerseits viele Instinkte, andererseits auch Verstandesleistungen (Ge- dächtnis, Sammeln von Erfahrungen) beruhen. So wird es verständlich, daß der Zentralkörper, der ja auch ein solches Zentrum ist, im all- gemeinen um so kleiner wird, je mehr die Pilze sich vergrößern (427). Eine besondere Besprechung erfordern die Lobi optiei der 438 V1. Kapitel. Facettenaugen mit ihrer an die Retina der Tintenfische und Wirbel- tiere erinnernden Komplikation. Die aus den Retinulae austretenden Nervenfasern vereinigen sich zu Bündeln, welche sich in einer äußeren Fibrillenmasse, Lamina ganglionaris genannt (429 ä.F'), auflösen. Nb Fig. 429. Schema des Neuronenverlaufs im Sehlappen der Libellenlarve nach ZAWARZIN. Nb Nervenbündelschicht aus den Retinulae, ü.F, m.F, i.F äußere, mittlere, innere Fibrillenmasse, ö.K, i.K äußere, innere Kreuzung. Es folgen noch zwei weitere Markmassen, die mittlere und die innere (Medulla externa, interna), bei Krebsen sogar noch eine vierte (Medulla terminalis). Zwischen diesen drei Markmassen der In- sekten kommt es zu zwei Kreuzungen der Neuriten (Chiasma ex- ternum, internum), was wohl nur den Zweck haben kann, die Bahnen der Neuriten zu verlängern, um auf diese Weise mehr Kol- Lobi optiei der Insekten. 439 lateralen abgeben zu können. In der äußeren und mittleren Fasermasse der Insekten kommt es zu schichtartiger Ausbreitung der Dendriten. Fig. 430. Magen- und Herznerven des Flußkrebses nach KEIM. cite Kommissur des Tritencephalon, g Gehirn, gf Ganglion frontale, goe Ganglion oesophagi, yv Ganglion ventrieuli, 4 Herz, Hep Leber, m Mund, »ca Nervus cardiacus, »vd dorsaler Magennerv, sto Magen, «g Unterschlundganglion. j Das sehr hoch entwickelte Libellenauge zeigt sogar 18 Schichten in der mittleren Masse. 429 gibt eine ungefähre Vorstellung von dem Fig. 431. Sympathisches Nervensystem von Blaita americana, von der Seite gesehen, 9:1, nach Bucnıon. I Lingua, 2 Labrum, 3 Eingang zum Pharynx, 4 Sinus labropharyngeus, 5 Ganglion frontale, # Antennalnery, 7 durchschnittener Optieus, 8 Unterschlundganglion, 9, 70 sympathische Ganglien, 1/7 N. recurrens, 12 Gang der Speicheldrüse, 73 Gang der Speichelampulle, 74 Oesophagus, 75 Ganglion des Prothorax. komplizierten Verlauf der Neuronen. Die in 425 (COh.i) bei Tenthredo als innere Kreuzung bezeichnete Struktur ist nicht als ein echtes Chiasma 440 VI. Kapitel. gleichwertiger Zellen anzusehen, während den Decapoden ein solches zukommt. Die innere Fasermasse ist bei Insekten mehrteilig. Bei Schmetterlingen und bei Oelonia rückt eine Portion weiter distalwärts und nähert sich als sog. Seitenfibrillarmasse dem mittleren Marke. Ein sympathisches Nervensystem zur Versorgung des Darms kommt, wie es scheint, bei allen Arthropoden in doppelter Form vor, als ein vorderes für Schlund, Magen und Anfangsteil des Darms, und als ein hinteres für die hinteren Darmteile; das erstere hängt mit dem Dritthirn, das letztere mit dem hintersten Bauchmarkganglion zu- sammen. Im einzelnen sind die Verhältnisse bei den verschiedenen Ordnungen sehr verschieden, so daß wir uns auf einige Angaben be- schränken. Die von den beiden Dritthirnen ausgehenden sog. Frontal- nerven vereinigen sich und bilden einen medianen, dorsal am Darm nach hinten ziehenden Sympathicus oder Nervus recurrens. Da bei den Cladoceren (406) die Dritthirne noch hinter dem Oesophagus £ liegen, so umgreifen die Frontal- nerven ihn ringförmig (Lippen- ring) und werden wegen der schiefen Stellung Nervi ob- liqui genannt. Bei den Deca- poden sind die Verhältnisse viel komplizierter, wie aus 450 hervorgeht. Es entspringen vom Schlundring des Flußkrebses vier Nerven, welche sich zu einem Ganglion oesophagi vereinigen. Von ihm steigt der Sympathicus an der Vorderwand des Magens empor, bildet ein Ganglion frontale, weiter NER: \ nach hinten ein Ganglion Fig. 432. Bauchkette mit anliegendem Mediannery (fälschlich als Sympathicus be- ou OU. N: u Ba zeichnet) der Raupe von Bombyx mori nach Mediannerv nach hinten läuft BLANCHARD. und sich zum Magen und zur Leber verfolgen läßt. Ein vor- derer medianer Seitenzweig versorgt das Herz. Am Hinterrande des Ge- hirns von Peripatus (412) treten zwei Nerven aus und vereinigen sich auf dem Schlunde Die Myriopoden (403E, 414 bei 9) zeigen eine sym- pathische Kommissur mit dem Nervus recurrens vor dem Schlund. Bei den Insekten vereinigen sich die beiden Frontalnerven des Dritt- hirns ebenfalls zu einem Ganglion frontale, von dem der Sympathicus unter dem Gehirn hindurch nach hinten zieht (431). Jederseits liegen ihm auf der Schlundwand zwei Ganglien an, die mit ihm und unter- einander durch verschiedene Aeste plexusartig verbunden sein können. Das erste Paar ist für das Rückengefäß, das zweite für die Tracheen bestimmt. Bei Bacillus rossii fehlt das zweite Paar, und man findet hier jederseits ein geschlossenes Epithelbläschen mit geschichteter Sekretkugel, die sog. Corpora allata, die aber natürlich nicht als umgewandelte Ganglien, sondern als selbständige Bildungen anzusehen sind. Die Frontalnerven enthalten auch motorische Fasern für die Oberlippe, weshalb sie richtiger Labrofrontalnerven genannt werden. Der N. recurrens schwillt weiter nach hinten zu einem Ganglion ventri- Sympathieus der Arthropoden. 441 culi an. Enddarm und Mitteldarm erhalten ein Nervengeflecht vom letzten Abdominalganglion. Entsprechend seiner Organisationshöhe ist das sympathische System von Limulus ungewöhnlich kompliziert (433) in seinem hinteren Ab- schnitte. Der vordere zeigt keine besonderen Abweichungen. Wir finden hier eine zwischen den Dritthirnhälften (///) sich ausspannende Kommissur mit drei Nerven zum Labrum und zwei starke Nerven (s.«a), welche den Proventrikel versorgen, ohne sich aber zu einem Ganglion frontale zu vereinigen. Zu dem hinteren Abschnitt rechne ich die Nerven (dn), welche von den Abdominalganglien dorsalwärts ziehen und mit dem Sympathicus posterior (s.p) zusammenhängen, welcher neben Magen und Darm verläuft. Diese Nerven (dn) geben Aeste an den Darm ab und stehen in Verbindung mit den paarigen Pericard- nerven (per), wie auch mit dem medianen Herznerven (mk). Dieser Fig. 435. Nervensystem von Limulus, nach Figuren von PATTEN und REDEN- BAUGH vereinfacht dargestellt. Die zahlreichen Hautnerven sind fortgelassen, mit Ausnahme von /%A. Gehirn und Schlundring sind zu groß gezeichnet. «a After, br 5 Paar Kiemenfüße, cl COnelicere, ch? Chilarium (zwei bewegliche eingliedrige Ex- tremitäten, welche als Unterlippe dienen), dn Dorsalnerv, » Herz, in Intestinalnerv, kf 5 Paar Kieferfüße, #4 Kopfhautnerv, /a Labrum, /h lateraler Herznerv, mh me- dianer Herznerv, o medianer Ocellus, oc seitliches Facettenauge, ol Geruchsorgan, op Kiemendeckel, per Pericardialnerv, pv Proventrikel, s.« Sympathicus anterior, s.p Sympathicus posterior. Abschnitt greift auch, wie die Abbildung zeigt, mit vier Nerven jeder- seits auf den Schlundring über. Zu jedem Bauchmarkganglienpaar von Limulus gehört also im allgemeinen jederseits ein ventraler Nerv zur Extremität und ein dorsaler sympathischer zum Darm und Herzen. Bei den übrigen Arthropoden finden wir solche Darmnerven nur ganz hinten. Phylogenie der Arthropoden auf Grund des Nervensystems. Da das Nervensystem verhältnismäßig langsam und schwer durch die Umwelt beeinflußt wird, so eignet es sich ganz besonders zu des- zendenztheoretischen Betrachtungen. Ich gelange dabei zu folgendem N g GICA { \ un. AS) zoer H6 a = LIBRAR ln A . 442 VI. Kapitel. Stammbaum, der in der Hauptsache auch durch andere Organe in den folgenden Kapiteln gestützt werden wird: Aranceen el Limulus 94 Y Crustacea / Apseryeola N Seorpione / /Chilognatha a ae %% Phyllopoda / 7 SErlopade N, 94 Trilobiten — Praephyllo- poda | Peripatus—. Bar Turbellaria Danach nimmt Peripatus eine Sonderstellung ein, da er in den Marksträngen und vielen Kommissuren noch an Turbellarien erinnert. Die Urkrebse (Praephyllopoda) hatten ein Erst- und ein Zweithirn, ein Paar primitive Antennen und sonst wenig differenzierte Extremitäten. Von den Phyllopoden wurde das Dritthirn und damit das zweite Fühlerpaar erworben, während die Globuli sich rückbildeten. Bei Iamulus und den Arachniden erhielt sich die Zweigliedrigkeit des Gehirns, und das Fühlerpaar wandelte sich in Cheliceren um. Nach den schönen Untersuchungen von Nırs HoLmGrENn kommen aber bei Limulus, Opilioniden und Skorpionen noch Antennarglomeruli vor, was dafür spricht, daß die Cheliceren ursprünglich Tastapparate waren. Im Seitenzweig der Myriopoden und Insekten wurde das Gehirn dreiteilig, aber es erhielt sich das eine Fühlerpaar. Der Stammbaum läßt sehr deutlich die homoiologe parallele Entwicklung erkennen. Dreimal un- abhängig voneinander gingen die Tiere ans Land (Peripatus, Skorpione und Myriopoden), weil ihnen hier 30mal so viel Sauerstoff zur Ver- fügung steht wie im Wasser, und erwarben ähnliche, aber doch deutlich verschiedene Atmungsorgane (Büscheltracheen, Tracheenlungen, echte Tracheen), und dreimal entstand ein Facettenauge (Limulus, Krebse, Insekten). In allen Hauptlinien zeigt sich die Tendenz zur Kon- zentration der Ganglien nach vorn gegen das ijibergeordnete Gehirn, die Beschränkung der Lokomotionsorgane auf den Thorax u. a. Das Nervensystem der Mollusken. Auch bei den Weichtieren läßt sich die Tendenz, das Nervensystem im Laufe der Stammesgeschichte immer mehr zu konzentrieren, sehr schön verfolgen. Bei den Amphineuren, welche an der Wurzel des Stammes der Schnecken stehen, kommen ähnliche Verhältnisse wie bei den Platt- würmern (379, 387) vor. Fig. 434 gibt eine Uebersicht des Nerven- systems eines O’hiton. Alle Teile liegen mit Ausnahme des Gehirns in der Körperwand und bestehen aus Marksträngen, nur die kleinen Buccal- und Subradularganglien stehen schon auf einer höheren Stufe der Konzentration. Das Gehirn umgreift in Form eines Ringes den Schlund und gibt nach hinten jederseits zwei dicke Stränge ab, welche Nervensystem der Amphineuren. 443 durch plexusartige Fasern sich verbinden. Die sog. Subcerebralkommissur ist als die vorderste der Pedalkommissuren anzusehen, führt daher, wie diese, nur wenige Ganglienzellen. Der laterale Pleural- oder Pallio- visceralstrang (/at.Mstr.) liegt über der Mantelrinne in der Seitenwand des Körpers, versorgt den Mantel, die Aestheten der Schale, die Nieren, Gonaden und die Kiemen und vereinigt sich mit dem der andern Seite über dem Enddarm; der innere, mehr ventrale Pedalstrang verläuft in der Fußmuskulatur. Die auf der Zeichnung hell gehaltenen vorderen Partien der Markstränge sind mehr in die Tiefe gerückt und liegen in*/der Kopfhöhle. Die sog. Buccalganglien entsprechen den Labial- lat.M.str. en ALNIL AN Ped.Nstr. TALLYT NENANTUREN A INN A] AL 4 vi Aft. Fig. 434. Schema des Nervensystems der Ohitonen, von oben gesehen. Orig. Aft After, Buee.gl Buccalganglien, Cer.mk Oerebralmark, Kie Kieme, lat.M.str late- raler Markstrang, Ped.N.str pedaler Markstrang, Md Mund, Sube.Com Subcerebral- kommissur, Subr.gl Subradularganglion. Die Pleuropedalkommissuren sind nur rechts eingetragen. Die heller gehaltenen vorderen Partien sind aus der Haut in die Leibeshöhle gerückt. ganglien der primitiven Schnecken (436), da sie durch eine dorsale und eine ventrale Kommissur zusammenhängen; sie versorgen den Schlundkopf und Magen und wahrscheinlich auch die vorderen Darm- schlingen, während die Subradularzentren für eine sensible Anhangs- tasche der Mundhöhle bestimmt sind. Bei manchen Chitonen sind die Pleuropedalkommissuren ebenso zahlreich wie die pedalen Quer- kommissuren (434); bei andern verschwinden sie bis auf wenige Reste, ein Anzeichen der Tendenz zur Rückbildung des ursprünglichen Plexus. Eine Visceralkommissur fehlt. Das Nervensystem der Solenogastres (455) erinnert so auffallend an die Chitonen, daß die Klasse der Amphineuren wohl begründet er- scheint, obwohl die wurmartige Gestalt und das Fehlen einer Mantel- 444 V1.&Kapitel. höhle, von Kiemen (außer* Uhaetoderma), eines Fußes, einer Schale und einer Leber dafür sprechen, daß sie als ein Seitenzweig der von Turbellarien sich ableitenden Stammform der Chitonen anzusehen sind, und nicht als degenerierte Chitonen. So wird es verständlich, daß sie im Nervensystem sogar weiter differenziert sind als die letzteren durch die Bildung eines gut abgegrenzten Gehirns und anderer Gan- glien (die Bürscatische Bezeichnung Ganglioneura für alle Mol- lusken außer den Amphineura ist deshalb unrichtig und durch Conchifera zu ersetzen) und bei Ühaetoderma in der hinteren Ver- einigung der Markstränge. Für die Verwandtschaft mit den Chitonen Fig. 435. Schemata der Nervensysteme der Solenogastres, nach SIMROTH. A Neomenia, B Proneomenia, C Dondersia, D Chaetoderma. br Buccalring, c4 Cerebralganglion, @ld, G@l!v Ganglion laterodorsale, lateroventrale, @p?, Gps Ganglion posterius inferius, superius, /s Lateralstrang. spricht auch das Schlundnervensystem (436,2) mit zwei Buccalganglien, die durch eine dorsale und eine ventrale Kommissur zusammenhängen und mit zwei Subradularganglien verbunden sind, zumal das Sub- radularorgan unter den Mollusken sonst nur noch bei Dentalien und Patellen vorkommt. Von einer Ohiton-ähnlichen symmetrischen Urform, dem sog. Prae- rhipidoglossum, haben sich in drei Hauptstämmen die Muscheln, die Tintenfische und die Schnecken entwickelt. Bei ersteren beiden blieb die Symmetrie erhalten, bei letzteren erfuhr sie eine sehr erhebliche Nervensystem der Urschnecke. 445 Störung, indem der Rumpf sich aufrolltee Für jene hypothetische Stammform nehmen wir ein Nervensystem an (437), welches sich leicht auf das der Chitonen (434) zurückführen läßt: nur die Fuß- zentren besitzen noch den Charakter von Marksträngen. Im übrigen haben sich die Nervenzellen auf Ganglien zusammengezogen, von —R Fig. 456. Vorderende des Nervensystems, 1 von der Patellide Lottia mit vor- deren Labial- und hinteren Buccalganglien, 2 von Proneomenia, 3 von Chiton, nach HEATH. cg Cerebralganglion, de, ve dorsale, ventrale Buccalkommissur, /y Pleural- strang, sr Subradularganglion. Die hier von HEATH vertretene Auffassung, daß die dick gezeichnete Subcerebralkommissur der Chitonen der Labialkommissur von Lottia homolog ist, läßt sich nicht aufrecht erhalten, denn die Subcerebralkommissur ist die erste Kommissur der Pedalstränge. Abgesehen von der Subradularkommissur hat Chiton eine, die beiden anderen Gattungen haben zwei ventrale Buccalkommissuren., Pieur. 91. N Fig. 437. Schema des Nervensystems der hypothetischen Urschnecke (Prae- rhipidoglossum). Orig. Buece.gl Buccalganglion, Cereb.gl Cerebralganglion, Kiem.y! Kiemenganglion, Ped.mk pedaler Markstrang, Phar Pharynx, Pleur.gl Pleuralganglion, Vise.conn Visceralkonnektiv, Vrsc.gl Visceralganglion. 446 V1. Kapitel. denen ein Paar cerebrale und ein Paar pleurale (diese auch schon bei Neomenia) vorn liegen, während das Visceralkonnektiv am hinteren Körperende ein mediales Paar Visceralganglien und links und rechts davon ein Zentrum für die Kiemen aufweist. Dieses Konnektiv, häufig auch Visceralkommissur genannt, verläuft aber zum Unterschied von den Chitonen erstens in der Leibeshöhle, nicht in der Haut, und wird dadurch verschiebbar, und zweitens ventral, unter dem Enddarm. Dieser letztere Gegensatz ist wohl so aufzufassen, daß ursprünglich die seitlichen Markstränge hinten frei in den zwei Kiemen ausliefen und sich erst später vereinigten, bei der einen Gruppe dorsal, bei der andern ventral.e. Die dorsale Vereinigung bei den Chitonen erklärt sich aus der Rückbildung der ursprünglichen Kiemen und ihrem Ersatz durch die mehr dorsalwärts sitzenden Kiemen der Mantelrinne, wo- durch die Pleuralstränge hinten gehoben wurden. Eine Spaltung der ursprünglichen Pleuralstränge, wie sie BürschLı vertritt, in eine innere Visceralkommissur und in eine äußere palliale, braucht nicht an- genommen zu werden. Am Schlundkopf (Pharynx) der Stammform befanden sich zwei mit dem Gehirn zusammenhängende Buccalganglien mit ventraler Kommissur, denen zwei Labialganglien mit ventraler, zuweilen auch mit dorsaler Kommissur vorgelagert sein können. Die mehr untergeordnete Subradularkommissur der Chitonen wird nur bei einigen primitiven Schnecken angetroffen. Ich lasse hier den hypothetischen Stammbaum der Mollusken- klassen folgen, welcher die Umwandlungen des Nervensystems ver- ständlich macht: Die Stammform a war noch unsegmentiert, erwarb einen After, wurde getrennt-geschlechtlich, und ihre Niere verband sich mit dem Gonocöl. In b, dem Urmollusk, entstand die Radula und das Molluskenherz. Die Prosobranchier erwarben die Chiasto- neurie, welche bei Opisthobranchiern und Pulmonaten wieder ver- loren ging. Turbellaria an ’ / NSAnneliden Soleno- Chiton Praerhipido- Cephalo- gastres glossum poda RS: aDen N / talium N I Lamellibranchier Kessobranchien x Heteropoda Janella———— N Oneidium —— U Actaeon BES . / Chilina Teetibranchier \ / Auricula | 4 “Pteropoda Vaginula | | Nudibranchier | | Stylom- matophoren | B.sommatophoren Nervensystem der Muscheln. 447 Das Nervensystem der Lamellibranchier (438-446) ist ein schönes Beispiel dafür, daß durch phylogenetische Spekulation sehr verschiedenartige Ergebnisse der vergleichenden Anatomie verständlich werden. Denkt man sich die pedalen Markstränge der angenommenen Stammform (437) auf ein Paar Ganglien konzentriert und die vier hintersten Ganglien zu einem Paar Viscerobranchialknoten verschmolzen, so muß ein Nervensystem entstehen, wie es primitiven Muscheln eigen ist: bei Nucula (438), Solemya und bei der viel höher differenzierten Gattung Mactra (441) lassen sich die cerebralen und pleuralen Ganglien noch deutlich nebeneinander nachweisen, und dasselbe gilt für die jugendliche, eben fest geheftete Larve von T'eredo (443). Auch Dreissensia zeigt noch eine selbständige ontogenetische Anlage des Pleuralganglions. Bei allen übrigen Muscheln sind beide Zentren vereinigt zu einem Üerebropleuralgan- glion. Bei Nucula nucleus scheint diese Ver- schmelzung an gewissen Lokalitäten ebenfalls eingetreten zu sein, denn sie wird von BurNE behauptet, und bei N. delphinodonta ist sie gleich- falls erfolgt. Bei N. nucleus beginnen die Konnektive zu den Fußganglien mit einer cerebralen und einer pleuralen Wurzel, welche bei Solemya sich dicht aneinander legen. Die nahe verwandte Gattung Yoldia zeigt beide Ganglien und Konnektive jederseits vereinigt, wie dies auch für alle andern Muscheln gilt. Als ein primitiver Zustand ist es weiter an- zusehen, wenn bei Nucula (438), Yoldia, dem ganz jungen Teredo (443) und bei Mactra (441) Fig. 438. Nervensystem von Nucula nucleus nach PELSENEER. Die mittlere Partie des Fußes ist punktiert. 1 Pleuralganglion, 2 Pleuropedalkonnektiv, 3 gemein- samer Stamm der beiden Konnektive zum Fuß, 4 Stato- eystennerv, 5 Pedalganglion 6 Viscerobranchialganglion, 7 hinterer Mantelnerv, & Osphradium, 9 Pleurovisceral- konnektiv, 7/0 Statocyste, 7/ Kanal, 72 Mündung der- selben, 7/3 Cerebropedalkonnektiv, 74 Vorderer Mantel- nerv, /5 Mundlappennerv, 7/6 Cerebralganlion. die beiden Gehirnhälften durch eine kurze, dicke Kommissur verbunden sind. Auf höherer phyletischer Stufe rücken sie auseinander, weil der Schlund breiter und dadurch für die Strudelernährung geeigneter wird. Die Folge ist eine lange, dünne Cerebralkommissur (439, 440, 442, 444). Die Pedalganglien sitzen immer dicht beieinander. Bei Nucula, welche ihre Fußsohle schneckenartig verbreitern kann, liegen sie noch in der Muskelmasse, und die Konnektive zum Gehirn sind daher lang. Wenn ich die Abbildung von Yoldia von Drew recht deute, sind sie bei dieser Gattung schon zwischen die Eingeweide der Leibeshöhle gerückt, wie dies für alle übrigen Muscheln gilt. Die Fußzentren haben die Tendenz, immer mehr an das Gehirn heranzurücken. Anodonta, Dreissensia (442), Cardium (439) und viele andere haben mittellange Konnektive. Cyamium und sSolen zeigen sie schon recht verkürzt. Endlich bei einigen sehr hoch differenzierten Formen (Peeten, Lima, Jouannetia, Pholadidea) sind sie dem Gehirn dicht angelagert. Auf- fallenderweise kommt dieser Zustand auch dem jugendlichen Teredo 448 VI. Kapitel. zu (443), während sich später (444) ein deutliches Cerebropedalkonnektiv entwickelt. Bei Pecten (445) hat sich die Asymmetrie der Schalen auch auf das Gehirn, die Fußganglien und die Statocysten ausgedehnt. Alle diese Organe sind auf der linken, nach oben gekehrten Seite stärker ausgebildet als auf der rechten. Bei Lima lima, excavata und squamosa sind die Cerebralganglien mitsamt den ihnen dicht anliegenden Fußzentren dicht an die Visceralknoten herangerückt, so daß alle drei Ganglienpaare eng beieinander liegen, wobei der ganze Komplex durch ungewöhnliche Verlängerung der Cerebralkommissur weit nach hinten Fig. 439. Nervensystem von Cardium edule nach Drost. Das Tier von der Bauchseite gesehen, der linke Mantel abgeschnitten, der Fuß hinübergeschlagen. /Mundlappen, 2—4 Mantelnerven, welche annähernd dem Mantelrande parallel ver- laufen, 5 Mantel, # Kieme, 7 Knotenpunkt der Hauptnerven, & Mantelrand der Respirationsöffnung, 9 der Analöffnung, /0 hinterer Schließmuskel, // Viszerobranchial- ganglion, /2 Kiemennerv, /3 Fuß, /4 Pedalganglion, /6 Mund, /5, /7 Cerebropleural- ganglion, /S vorderer Schließmuskel. an den hinteren Schließmuskel verlagert ist. Lima inflata hingegen besitzt noch ziemlich lange Konnektive zwischen dem Gehirn und dem hinteren Zentrum. Für Nzrceula und andere Protobranchier wird im Innern der verwachsenen Fußganglien eine doppelte Kommissur angegeben, was noch ein wenig an die Amphineuren erinnert. Nach einer nicht un- bestrittenen Angabe soll sich Uno ebenso verhalten. Die Pedalganglien finden sich auch in der austernartig festgewachsenen, südamerikanischen Flußmuschel MWülleria, obwohl diese keinen Fuß mehr besitzt. Nervensystem der Muscheln. 449 Das hinterste Ganglienpaar ist meist viel größer als die beiden vorderen. Bei Nucula, Solemya, Mytilus, Montacuta, dem jungen Teredo (443) sind noch zwei, durch eine kurze, dicke Kommissur ver- bundene Zentren vor- handen, was als ein primitiver Zustand an- zusehen ist. Bei den meisten Muscheln haben sie sich zu einem, häufig noch zweilappigen Kno- ten vereinigt. Da die Kiemenganglien bei der Stammform auch den Mantel versorgten, werden sie Abdominal-, Viscerobranchial-, Vis- ceroparietal- oder kurz Visceralganglien genannt. Sie liegen kurz vor (Nucula, Yol- dia, Thracia, junger Teredo) oder bei den meisten Muscheln unter dem hinteren Adductor (439), wenn ein solcher vorhanden ist. Bei Solemya sind sie sehr weit nach vorn, beim erwachsenen Teredo sehr weit nach hinten von diesem Muskel gewan- dert. Dieses Zentrum gibt die Nerven an den After, das Herz, die Kiemen,die Osphradien, die hintere Mantel- hälfte, die Siphonen, die Nieren und die Ge- schlechtsorgane, hat also einen sehr großen Wir- kungskreis. Daher zeigt es manchmal Neben- lappen oder Neben- ganglien. So sehr oft ein jederseits anliegen- des Osphradialganglion (442), bei Pholas und Teredo (444) ein vor- gelagertes akzessori- sches Ganglion, von dem Nerven an die Gonade und die Nieren gehen. bec oes nbs cpbc hpavma Fig. 440. Dorsalansicht des Nervensystems von Chama pelluweida, leicht schematisch, nach GRIESER. beg Buccalganglion, bee Kommissur der Buccalganglien, cpbe Cerebropleuralvisceralkonnektiv, cpg Üerebro- pleuralganglion, eppe Cerebropleuralpedalkonnektiv, cpve Cerebropleuralvisceralkonnektiv, cpvee Kommis- sur zwischen diesen beiden Konnektiven, naa, nap vord. und hint. Adductornerv, nbö N. bucc. inf., ndr N. branchialis, »ds N. bucc. sup., npavma, npavmı, N. pall. ant. ventralis major und minor, npda, npdp N. pall. dors. anterior und post., npvp N. pall. ventr. post., nrpp N. retractoris pedis posterioris, oes Oesophagus, pg Pedalganglion, vg Visceralganglion. Dazu kommt bei Teredo noch ein Seitenlappen (444 rg), von dem drei Nerven in die Kiemen ziehen. Plate, Allgemeine Zoologie I. Pecten zeigt jederseits mehrere Lappen wohl infolge 29 450 VI. Kapitel. der vielen Tentakeln und Augen des Mantels. Für eine sekundäre Bildung, die mit den Parietalganglien der Schnecken nichts zu tun hat, sehe ich die beiden Ganglien in den Cerebrovisceralkonnektiven von Dreissensia (442 bei 4) an und ebenso auch eine Kommissur, welche zuweilen zwischen diesen beiden Konnektiven beobachtet wird (Chama, 440 cpvec, und bei Dreissensia, 442, zwischen den Osphradial- ganglien). Bezüglich der peripheren Nerven beschränke ich mich auf folgende Angaben. Die Gehirnganglien geben Nerven an die Mundlappen, die Lippen, den vorderen Schließmuskel und jederseits einen oder mehrere an den Mantelrand, wo sie sich mit den entsprechenden Nerven der Visceralganglien zu einem ringförmigen Plexus vereinigen (439), dem an vielen Stellen kleine Ganglien eingestreut sind. Der Statocysten- nerv entspringt im Gehirn und begleitet das Cerebropedalkonnektiv bis in die Nähe des Pedalganglions, um dann zum Gleichgewichts- organ abzubiegen. Bei Anodonta liegt dieses etwas vor dem Fußzentrum, und daher verläßt der Nerv das Konnektiv schon am Anfange des Fig. 441. Vorderansicht der Cerebro(cg)-Pleural(pg)-ganglien von Mactr« coguimbana nach FISCHER. dgl Buccalganglien, bee Buccalkommissur, cbe Cerebro- buccalkonnektiv, pbe Pleurobuccalkonnektiv, cpp Konnektiv zu den Pedalganglien, epve Konnektiv zum Visceralganglion, naa vorderer Adductornerv, ndp hinterer Buccalnerv, nd Dorsalnerv. unteren Drittels. Umgekehrt liegt es bei Ousprdaria rostrata ein Stück hinter dem Fußganglion, und der Nerv verläßt kurz vor demselben das Konnektiv und verläuft neben dem Ganglion nach hinten. Wie 445 erkennen läßt, begleitet dieser Nerv bei Peeten den Vorderrand des Fußganglions und mündet in etwas variabeler Weise ungefähr dort in das Gehirn, wo beide Ganglien zusammenstoßen. Wie bei allen Gastropoden (436,1), so stehen auch bei den primitiven Muscheln zwei Buccalganglien mit dem Gehirn in Verbindung. Sie liegen dem Schlund an und umgreifen ihn mit einer ventralen Kommissur. Ihr allmähliches Aufgehen in die Gehirnknoten läßt sich, wie bei den Pleuralganglien, vergleichend-anatomisch sehr schön ver- folgen. Auffallend ist freilich, daß gerade der primitive Zustand mit deutlichen Üerebrobuccalkonnektiven nicht bei den Protobranchiern beobachtet wird, sondern bei Arten, die in andern Organen sich als höher differenziert erweisen: Chama (440), Mactra (441), Modiolarca (hier auch mit dorsaler Kommissur), Oyamium, Lutraria. Die zweite Stufe, auf der die kleinen Buccalganglien dem Gehirn ohne Konnektive Nervensystem der Muscheln und Dentalien. 451 direkt anliegen, finden wir bei Phaseolicama, Tagelus. Auf der dritten sind die Zentren ganz ins Gehirn aufgegangen, aber eine ventrale Kommissur zeigt noch an, daß sie ursprünglich vorhanden gewesen sein müssen; hierher Leda, Solemya, Mytilus. Wegen dieser Ventral- kommissur erscheint es mir ausgeschlossen, daß sich das buccale Nerven- system erst anfängt progressiv bei den Muscheln zu entwickeln, denn die Kommissur macht das frühere Vorhandensein von Ganglien wahr- scheinlich. Auf der vierten Stufe stehen die meisten Muscheln, bei denen eine Kommissur fehlt und nur noch Nerven vom Gehirn und dem Anfangsteil des Cerebrovisceralkonnektivs an den Schlund abge- geben werden. Die hier vertretene Auffassung schließt nicht aus, daß in einzelnen Fällen sich neue Buccalkommis- suren gebildet haben. So finden wir bei Margaritifera vulgaris (446) nicht nur zwei Buccalganglien (bg) mit Ventralkommissur (be), sondern dahinter noch zwei neue Ven- tralkommissuren; außerdem zwei sekundäre Dorsalganglien (g9d) mit Kommissur. Mehrere seitliche Nerven gehen von hier in die Mundlappen. Für eine sekundäre Bildung halte ich auch das Konnektiv, welches sich bei Mactra (441 pbc) zwischen Buccal- und Pleuralganglion ausspannt. Die Nerven der Pedalganglien strahlen in den Fuß aus und versorgen dessen Muskeln. Dasselbe gilt auch für Seiten- zweige der Cerebropedalkonnektive. Da der Fuß sehr empfindlich ist, müssen einzelne Fasern dieser Nerven wohl an die Haut treten und sensibel sein. Ein Nachweis derselben fehlt bis jetzt. Diese sensiblen Fasern endigen im Gehirn, denn wenn bei Ensis directus die Cerebropedalkonnektive durchschnitten werden, so wird der Fuß schlaff und Hautreize bewirken keine Kontraktionen des ganzen Fußes. Bei Ano- Fig. 442. Nervensystem donta existiert eine zarte visceropedale Ver- Yom Dreissensia polymorpha bindung, indem ein hinterer Fußnerv sich much Bon Gebr - mit) - i > ganglion, 2 vorderer Mantel- mit einem Ausläufer bis zum Eingeweide- nerv, 3 Pedalganglion, 4 Kon- zentrum verfolgen läßt. Von dem Cerebro- nektivalganglion, 5 Osphradial- visceralkonnektiv treten vorn Nerven an bangen, a en den Schlund und Magen, welche sich viel- EN on N leicht auf den Darm fortsetzen, dessen Innervierung noch nicht sicher erkannt ist, und weiter nach hinten solche an die Nieren und Geschlechtsorgane, die aber auch Nerven vom Visceralganglion erhalten. Die Solenoceonchen (Dentalium) stehen, wie der obige Stamm- baum erkennen läßt, dem Praerhipidoglossum nahe und sind noch nicht spezialisiert an das Herbeistrudeln von Nahrung wie die Muscheln. Sie besitzen noch einen Kopf mit Mundrohr, einen Pharynx mit Radula und Kiefer, eine einheitliche Schale, eine unpaare Gonade mit einem Ausführgang und ein sehr entwickeltes buccales Nervensystem. Es ist aber nicht auffällig, daß das Nervensystem der Dentalien außer- 29* 452 VI. Kapitel. ordentlich ähnlich ist demjenigen von Nucula (438) und sich von ihm nur durch das buccale System unterscheidet. Es hat also eine homoio- loge Differenzierung bei dieser Gattung und bei primitiven Muscheln stattgefunden. Die beiden Buccalganglien sind durch eine ventrale Kommissur verbunden, welcher vier Ganglien eingelagert sind, und durch eine dorsale, von der zwei Konnektive zu den zwei Subradular- ganglien abgehen. Es sind also acht Buccalzentren vorhanden. Die Dentalien haben sich in dieser Hinsicht progressiv weiter entwickelt, ähnlich wie Margaritifera. Unter den Gastropoden haben die Vorderkiemer (Prosobran- chier) als die primitivsten zu gelten, von denen die Opisthobranchier, die Pulmonaten und andere Ordnungen sich abgezweigt haben. An den Prosobranchiern hat sich eine bemerkenswerte Veränderung voll- zogen. Ursprünglich lag die Mantel- höhle mit den Kiemen und der Afteröffnung am hinteren Körper- ende (437). Indem der Eingeweide- sack mit der Schale sich nach hinten überlegte, wurde die Mantel- höhle gedrückt und bog daher nach der rechten Seite aus (44%), bis sie schließlich vorn über dem Nacken wieder eine symmetrische Lage erreichte (448). Diese Hypothese (vgl. S. 138) wird nicht dadurch erschüttert, daß linksgewundene Fig. 443. Fig. 444. Fig. 443. Nervensystenn der eben angehefteten Larve von Xylotrypa /Teredo) gouldi. 430:1. --% Fig. 444. Nervensystem des erwachsenen Tiers. Nach SIGERFOOS. ag akzes- sorisches Ganglion, br» Branchialnerv, ce Cerebralgl., ce Cerebralkommissur, cp Cere- bropedalkonnektiv, cv Cerebrovisceralkonnektiv, oe Oesophagus, on Osphraldialnerv, os Osphradium, p Pedalgl., pl Pleuralgl., pr Pallialnerv, og respiratorisches Gang- lion, v.Visceralgl. Ampullarien dieselbe rechtsseitige Lage von After, Kieme etc. haben wie die rechtsgewundenen, denn sie sind als durchgedrückte rechts- seitige anzusehen. Auf Grund dieser Hypothese wird der eigentümlich gekreuzte („chiastoneure“ oder „streptoneure“) Verlauf des Visceralkonnektivs verständlich: es läuft vom rechten Pleuralganglion über den Darm zum Ganglion der linken vorderständigen Kieme, welches Supraintestinalganglion (sp) genannt wird, zieht darauf nach hinten zum Visceralzentrum, dann unter dem Darm zum Subintestinal- nn in Nervensystem der Prosobranchier. 453 ganglion (sb) der rechten Kieme und von hier unter dem Darm zum linken Pleuralganglion. Fast immer finden sich, namentlich auf der rechten Seite, Verbindungsnerven („Zygoneurie“) zwischen dem Kiemenganglion und dem Pleuralganglion einer Seite (in 448 punktiert gezeichnet) oder auch zwischen dem Kiemennerven und einem Mantel- nerven des Pleuralganglions (449). Der letztere Zustand wird als „Dialyneurie“ bezeichnet. Er ist als der ursprünglichere anzusehen, da Anastomosen zwischen benachbarten Nerven überall vorkommen. Im weiteren Verlauf der phyletischen Ent- wicklung verschwindet die rechte vorderständige Kieme und die Ganglien rücken immer dichter zusammen, bis sie bei Oypraea, Concholepas Fi - y SEEN ee : , g. 445. Cerebral- (0) und Pedal- Trochita (453), Buceinum (450) ganglion (P) von Pecten inflexus. nach und andern Arten eine fast ein- heitliche, den Schlund um- greifende Nervenmasse bilden. Auch das Ganglion der rechten Kieme kann verloren gehen (449). v. BUDDENBROCK. ZL, R linke, rechte Stato- eyste, O Oeffnung des Ausführgangs der- selben nach außen, M Mündungsstelle des Nervus staticus in das Zentralnervensystem. Dieselbe kann zwischen den Linien « und 5 variieren. Die Fußzentren bewahren nicht selten den ursprünglichen Charakter zweier Markstränge, welche durch viele Kommissuren verbunden sind: so unter den zweikiemigen Di- otocardiern bei Haliotis, Fissurella (hier ohne Kommissuren), Pleuro- tomaria, unter den einkiemigen Monotocardiern bei Trochus (451), Fig. 446. Vereinfachtes Schema des vorderen Nervensystems von Margaritifera vulgaris von dorsalwärts gesehen, nach CLAsıng. Erklärung im Text. npa vorderer Mantelnerv, cplpe Cerebropedalkonnektiv, cplvc Cerebrovisceralkonnektiv. Neritina, aber auch noch bei der sonst hochdifferenzierten Cypraea und sogar bei den kiemenlosen, auf dem Lande lebenden Helicinen und Öyclophoriden. Die allmähliche Rückbildung dieser Kommissuren läßt sich in manchen Familien schön verfolgen. Bei den Docoglossen 454 VI. Kapitel. (452) haben die zwei Fußstränge noch den Charakter von Marksträngen und werden durch drei Kommissuren verbunden, aber ihre nach innen laufenden Nerven liegen sich so gegenüber, daß sie ursprünglich Quer- verbindungen gewesen sein müssen. Paludiua (449) besitzt schon echte Pedalganglien, deren zwei Hauptnerven aber noch durch drei Kom- missuren zusammenhängen. Die pedalen Markstränge versorgen nicht nur den Fuß, sondern auch die Falten (Epipodien) der seitlichen Körperwand; daher zerfallen sie durch eine Längsfurche bei Halotss, Fissurella, Pleurotomaria, Trochus in eine obere sensible und eine untere motorische Portion. Die Pleuralganglien liegen ursprüng- lich dicht neben den Pedalzentren (437), da sie aus dem Vorder- rande der lateralen Markstränge der Chitoniden (434) hervorgehen: so bei Diotocardiern (448), Doco- slossen (452), Trochiden (451), Cyclophoriden, Helicinen, also bei fast allen Formen mit strick- leiterförmigen Fußzentren; ferner bei Ampullarien. Der Schlund zn & @ = wird dann von zwei langen = Konnektiven jederseits um- SI griffen. Bei der weiteren Dif- am) ferenzierung rücken die Pleural- ganglien an die Gehirnknoten hinan. Pleurotomaria zeigt die erste Stufe dieser Wanderung: eigentliche Pleuralganglien fehlen zwar, ihre Stellen sind aber kenntlich an den Wurzeln des Visceralkonnektivs, von denen die linke noch in der Nähe des IHN ass! Nervensystem der hypo- 447 Fig. thetischen Urschnecke (Praerhipidoglossum) auf dem Stadium, auf dem aurch die stark vergrößerte linke Leber der Pallialkomplex Pedalstrangs, die rechte schon nicht weit vom Gehirn von den Cerebropleuralkonnektiven ab- seht. Auf höherer Stufe liegen beide Pleuralganglien in der Nähe des Gehirns oder berühren dasselbe (450, 453), verschmelzen bei Janthina (455) und Dolium sogar vollständig mit ihm. Indem die Kiemenganglien nach vorn rücken, können sie entweder ihrer Zygoneurie folgen (448) und dann auf ihrer Seite bleiben, oder sie wandern am Visceralkonnektiv nach vorn und treten dabei schließ- lich auf die andere Seite über. So erklärt sich die wechselnde Lage des Supra- und Subintestinalganglions: bei Buccinum (450) und By- thinia findet sich das Supraintestinalganglion rechts vom Subintestinal- ganglion, also in vertauschter Lage, und bei Trochita (453) sind beide dem rechten Pleuralganglion angelagert; Conus zeigt das Supraintesti- nalganglion dem linken Pleuralganglion unmittelbar anliegend, während das Subintestinalganglion seine ursprüngliche Lage rechts behalten hat. Die Visceralkonnektive sind meist sehr lang, da das Visceralganglion, welches zuweilen in zwei oder drei zerfallen ist, im hinteren Winkel der Leibeshöhle liegt. Stark verkürzt ist die 8-förmige Schlinge bei Calypträen (453) und Patellen (452). Endlich bei Lamellaria (454) ist auf dierechte Körperseite gedrückt ist. Orig. Nervensystem der Prosobranchier. 455 sie unmittelbar an den Ganglienkomplex herangerückt, wie es scheint, unter Einbuße des vom Subintestinalganglion zum linken Pleural- ganglion führenden Teils. Den größten Gegensatz zu Lamellaria bildet das Nervensystem der pelagischen Gattung Janthina (456), bei der zwar die Gehirn- und Pleuralganglien verschmolzen sind, alle übrigen Zentren aber weit auseinander liegen. Die Zygoneurie ist rechts voll- kommen, links eine den Ganglien sehr genäherte Dialyneurie. Das Praerhipidoglossum (43%) muß eine lange breite ganglienzellenreiche Cerebralkommissur gehabt haben, die noch an den präoralen Mark- strang der Chitonen (434) erinnerte. Daher zeigen die primitiven Prosobranchier, Docoglossen (452), Haliotis, Fissurella, Pleurotomaria, KRIILIEBEE. NIS M N N \\R NN) INLLNÄNNN| MIN UTTENKTLETTTTN N I] U) [1 1 h INN) j u | Fig. 448. Schema des chiastoneuren Nervensystems eines Diotocardiers mit zwei Kiemen. Orig. Bwce.g Buccalganglion, Cer.g Cerebralganglion, AKie Kieme, Osphr Osphradium, Ped.mk pedaler Markstrang, Pleur.g Pleuralganglion, Sub.gl. Supra.gl Subintestinal-, Supraintestinalganglion, Visc.gl Visceralganglion, Zygon Zygoneurie. Trochiden denselben Befund, auch bei Nerita, Helicina, Ampullaria liegen die Gehirnknoten weit auseinander, wenngleich sie durch eine fibrilläre Kommissur verbunden sind. Dies hängt damit zusammen, daß bei den Diotocardiern die Cerebraikommissur vor dem Pharynx liegt. Die Gehirnknoten müssen weit auseinander liegen, damit sie mit ihren Konnektiven nicht die Beweglichkeit der Radula hemmen. Bei den Monotocardiern liegen sie hinter dem Pharynx und können aneinander rücken, da jede Rücksicht auf die Radula fortfällt. Ein anderer primitiver Zug ist die Labialkommissur der eben genannten ‘Gruppen: jedes Cerebralganglion springt nach innen kegelförmig vor, und zwischen beide Kegel spannt sich ventral vom Schlunde eine zarte, bei Patella (436 bei !) und Fisswrella noch mit Ganglien versehene 8 456 V1. Kapitel. Kommissur. Von ihr oder jenen Kegeln gehen die Konnektive zu zu den Buccalganglien, welche meist am Pharynx neben der Wurzel des Oesophagus liegen und durch eine ventral von diesem verlaufende Kommissur zusammenhängen. Bei den Pectinibranchiern fehlt die Labialkommissur, abgesehen von einigen Gruppen (Paludina (449), Oyelophorus, Ampullaria), die auch in andern Verhältnissen ursprüng- liche Züge bewahrt haben, und es erhalten sich nur die Buccalzentren für Pharynx, Oesophagus und Magen, während der Darm aller Gastro- poden vom Visceralganglion versorgt wird. Die Pleuralganglien inner- vieren den Mantel und seine Organe, die Instestinal- oder Kiemen- ganglien die Kiemen, das Osphradium und Teile des Mantels. Daher erhält sich das Subintestinalganglion sehr oft nach Verlust der rechten Kieme. Vom Gehirn gehen die Nerven zu den Sinnesorganen und zur Haut des Kopfes und Halses einschließlich des Penis (453). Fig. 450. Fig. 449. Fig. 449. Schema des Nervensystems von Paludina vivipara, 450 von Bue- cinum undatum, dessen Pedalganglien fortgelassen sind. Orig. Bezeichnungen wie 448. lab Labialkommissur. Die Zygoneurie in 449 ist eine Dialyneurie. Das Nervensystem der Heteropoden (341), die als pelagische Tänio- glossen anzusehen sind, hat dem Verständnis zuerst große Schwierig- keiten bereitet, weil die Pedalganglien jederseits durch einen Nerven mit den Intestinalganglien bei (arinaria und Pterotrachea (456 acc) zusammenhängen. Bei den mehr ursprünglichen, noch mit großer ge- drehter Schale versehenen Gattungen Orygyrus und Atlanta fehlt aber diese Verbindung, die somit als eine akzessorische anzusehen ist. Cerebral- und Pleuralzentren sind bei Oxrygyrus noch deutlich gesondert, bei den übrigen verschmolzen. Die Chiastoneurie ist bei drei Gattungen deutlich, bei Pterotrachea dadurch verschleiert, daß sich der vordere Teil der Visceralschlinge den Cerebropleuropedalkonnektiven an- schmiegt, während die hinteren Strecken sich untereinander eng zu- sammenlegen. Frroloöda verhält sich ähnlich wie Pterotrachea, aber Nervensystem der Heteropoden und Opisthobranchier. 457 die vier hinter den Pedalganglien liegenden Konnektive (456, 4) ver- schmelzen in der individuell verschiedenartigsten Weise. no. Cpcon- Ai calLcon-- - Fig. 451. Fig. 432. Fig. 451. Nervensystem der Trochide Photinula taeniata, nach FRANK. Das- selbe ist dadurch beachtenswert, daß ein Subintestinalganglion fehlt und ebenso eine 8-förmige Visceralschlinge, da das Konnektiv zum Supraintestinalganglion (sp.int.g) nach vorn übergebogen ist. ab.g Abdominalganglion, b.ce Buccalkommissur, b.g Buccal- anglion, br.g Kiemenganglion, cb.e Cerebralkommissur, cb.y Cerebralganglion, ep.con erebropedalkonnektiv, cpl.con Cerebropleuralkonnektiv, g.col.n großer Columellar- nerv, kin Kiemennerv, /l.n Kopflappennery, /.pal.n linker Mantelnerv, m.n Mund- nerv, o.n Augennerv, pd.c Pedalkommissur, pd.st Pedalstrang, pl.g Pleuralganglion, r.c.n Renocardialnerv, r.col.n rechter Columellarnerv, r.g.n Rectogenitalnerv, r.pal.n rechter Mantelnerv, sd.int Subintestinalnerv, schn.n Schnauzennerv, sp.int Supra- intestinalnerv, stat Statocyste, stat.n Statocystennerv, {.n Tentakelnerv, v.n Visceralnerv. Fig. 452. Nervensystem von Patella, kombiniert aus PELSENEER und BOUVIER von HESCHELER. 7 Üerebralganglion, 2 Cerebralkommissur. 3 Labialganglion, 4 Buccalganglion, 5 Cerebropleuralkonnektiv, # Cerebropedalkonnektiv, 7 N. staticus, & Statocyste, 9 Pleuralganglion, 70 Pedalkommissur, 7/7, 72 Osphradium, 73 Visceral- ganglion, /4 Supraintestinalganglion, /5 Pedalstrang, 7/6 Andeutung des Sub- intestinalganglion. Das Nervensystem der Opisthobranchier ist von größtem Inter- esse, weil es uns den Schlüssel bietet zum Verständnis des Palleal- komplexes. Bei Actaeon (45%) finden wir noch eine äußere gedrehte Schale mit Deckel und eine vorderständige Mantelhöhle mit großer 458 VI. Kapitel. etwas nach rechts gerückter Kieme. Diese Höhle und ihre Oeffnung greift aber schon weit auf die rechte Körperseite über. Diese Gattung ist also noch sehr prosobranchierähnlich und besitzt dementsprechend eine gedrehte Visceralschlinge (458). Sie wird aber schon zu den Hinterkiemern gerechnet, weil der Kopf statt der Fühler ein breites Schild trägt. Man kann hierin eine Anpassung an die Fortbewegung im Sande und Schlamm bei der Nahrungssuche sehen. Bei den übrigen Bulliden wird das Kopfschild größer, deckt den vorderen Eingang zur Mantelhöhle zu, so daß die Kieme auf die rechte Körperseite über- - --09 l.pall.ın _ _ .r.pall.n Osmn b a R I br.n Spg vg Pg Sbg Fig. 453. Nervensystem der Calypträide Trochita radians, nach KLEINSTEUBER. Die Pedalganglien (Pg) sind etwas dunkler gehalten. bg Buccalganglion, br.n Kiemennerv, Cg Cerebralganglion, /.pall.n, r.pall.n linker, rechter Pallialneryv, Pig Pleuralganglion, pr Penisnerv, Sbg, Spg Sub-, Supraintestinalganglion, smn Schalen- muskelnerv, vg Visceralganglion, / Nerv zur Halsfalte.e Von den Gehirnnerven gehen / zum Nacken, 2 zum Rüssel, 3 zum Fühler und Auge, # zum Buccalganglion und zur Halsfalte. treten muß und, nur wenig vom Mantel überdeckt, immer weiter nach hinten wandert, so daß sie schließlich bei Philkine rechtsseitig am hinteren Körperende liegt. Der Pallialkomplex macht also die um- gekehrte Wanderung wie bei den Vorfahren der Prosobranchier. Um die Kieme zu schützen, bildet der Fuß jederseits einen großen Seiten- lappen (Parapodium), der nach oben geschlagen wird. Gleichzeitig spricht ein zweites Moment mit, die Rückbildung der Schale, welche beim Kriechen im Sande sehr hinderlich war. Diese Rückbildung kommt, wie immer bei den Mollusken, dadurch zustande, daß der Nervensystem der Opisthobranchier. 459 Mantel die Schale umwächst und zu einer inneren macht. Vergrößerung an einer Stelle ist sehr häufig verbunden mit Reduktion an einer be- nachbarten Region, in diesem Falle an dem Dache der vorderständigen Mantelhöhle, so daß die Kieme auch aus diesem Grunde zur Wan- derung nach rechts gezwungen wurde. Die „Detorsion“ ist also eine Folge der arenicolen Lebensweise. Sie hat sich dann auch erhalten bei den Nachkommen der Bulliden, die zu anderer Lebensweise über- gegangen sind, bei den zwischen Algen lebenden Aplysien und Nudi- branchiern und bei den pelagischen Pteropoden. Es ist nicht immer leicht zu entscheiden, ob ein Hinterkiemer noch oder nicht mehr streptoneur ist. Denkt man sich in 459 den Kropf etwas um seine Achse nach links gedreht, so würde eine Kreuzung der Schlinge ein- treten. Je nach der Kontraktion kann Chiasteneurie vorhanden sein oder fehlen. Dabei bleibt aber zunächst das Kiemen- ganglion noch „supraintes- tinal“, also in höherer Lage als das subintestinale. Sieht man hierin das entscheidende Moment, so sind Scaphander und Acera ebenfalls chiasto- neur, obwohl die Kreuzung der Konnektive undeutlich ist oder fehlt. Zygoneurie kommt nie vor bei Hinter- kiemern. Sehr charakteris- tisch für Be Ist die Fig. 454. Nervensystem von Lamellaria, Neigung zur Konzentration nach BouviEr. sb Subintestinalganglion, sp der Ganglien und zur Bil- Supraintestinalganglion. Andere Bezeichnungen dung sekundärer Ganglien wie in 455. und Kommissuren. So sind die Gehirnganglien häufig noch durch eine zarte, den Schlund um- fassende subcerebrale Kommissur (461 bei /3) verbunden und die Pedalganglien durch eine zweite parapedale (bei 6). Da hierzu noch die visceralen und buccalen Konnektive kommen, so liegen bei starker Konzentration fünf Schlingen in einer gemeinsamen bindegewebigen Hülle. 460 zeigt bei 1/0 eine Anastomosenbildung zwischen Pleural- und Pedalnerven. Tethys besitzt sogar eine lange sekundäre Ana- stomose zwischen linkem Pedal- und linkem Visceralganglion, und bei einigen Arten setzt sie sich in eine zweite Verbindung mit dem rechten Visceralganglion fort. Von akzessorischen Ganglien finden wir ein Paar unter den Rhinophoren der Nudibranchier, ein Paar gastroösophagale (461 bei //) vor den Buccalzentren der Nudibranchier, ferner ein Ganglion des Osphradiums (458—460), wo eın solches Ge- ruchsorgan vorhanden ist, und endlich in den verschiedensten Familien ein sog. Parietalganglion vor dem Supra- bzw. vor dem Subintestinal- zentrum (458 bei 7 und 1/2). Die Konzentration erfolgt, wie bei Proso- branchiern, einmal in der Weise, daß benachbarte Ganglien verschmelzen, und zweitens durch immer weitergehende Annäherung an die über- geordneten Üerebralknoten. Bei Actaeon (458), Scaphander, Bulla (459) u. a. liegen die Gehirn- zentren weit auseinander, auf höherer phyletischer Stufe |Acer«, Aplysia (460), Nudibranchier (461)| rücken sie eng zusammen. Hand 460 VI. Kapitel. in Hand damit geht eine Verlagerung hinter den Pharynx. 459 (bei 6) zeigt eine Verwachsung des Visceral- und Subintestinalganglions. Nahe Verwandte zeigen oft große Unterschiede in der Länge der Visceral- schlinge: bei Aplysia ist sie noch sehr lang, bei Aplysiella (460) . Fig. 455. thina, schematisch, nach HALLER. 7 Buc- Nervensystem von Jan- calganglion, 2 Cerebropleuralganglion, 3 Pedalganglion, 4 rechtsseitige Zygo- neurie, > Subintestinalganglion, # Visceral- ganglion, 7 Supraintestinalganglion, $ linksseitige Zygoneurie, welche eigentlich eine den Ganglien stark genäherte Dialy- neurie ist. schon sehr kurz. Die Natur der Ganglien bleibt zuweilen unsicher. Das Ganglion 4 in 460 ist sicher supraintestinal, denn es entsendet den Kiemen- und Osphradial- nerven; vielleicht enthält es aber auch ein rechtes Parietalganglion. Das daneben liegende Zentrum 9 ist sicher visceral wegen des Genitalnerven, wahrscheinlich steckt aber darin auch das Sub- intestinal- und vielleicht auch ein Parietalganglion, denn bei Aplysia liegen diese drei oft dicht zu- sammen. Sehr häufig verschmelzen bei den Hinterkiemern die Öerebral- und Pleuralganglien (458, 461). Die stärkste Konzentration zeigen manche Nudibranchier mit zwei Pedal- und zwei Cerebropleural- ganglien, in welch’ letztere auch die Knoten der Visceralschlinge sämtlich aufgehen können. Bei solchen hochdifferenzierten For- men (Hexabranchus, Pleurobran- chiden) kann die Oberfläche der Ganglien viele rundliche Höcker mit Nervenzellen aufweisen. Ver- suche an Aplysien haben gezeigt, daß das Gehirn tatsächlich ein übergeordnetes Zentrum ist, und zwar ist es ein Hemmungszentrum für das Pedalganglion. Werden die Cerebralganglien exstirpiert, so laufen andauernd Wellen über den Fuß und die Parapodien, voraus- gesetzt, daß der Muskeltonus ge- ring ist. Bei einseitiger Exstir- pation tritt kreisende Bewegung um die normale Seite ein. Das Gehirn reguliert und hemmt die vom Pedalzentrum ausgelösten automatischen Bewegungen. Die Pulmonaten müssen wie Hinterkiemer, von Proso- den Stammbaum die branchiern (8. S. 446) abgeleitet werden, da die in Chile nach Art unserer Lim- naeen lebende Gattung Chilina (462) noch deutlich streptoneur ist, wenngleich die Kreuzung so unbedeutend ist, daß sie an kon- Nervensystem der Pulmonaten. 461 trahierten Individuen zuweilen fehlt. Das Supraint.-Gl., welches das Osphradium versorgt, liegt aber immer über dem Subint.-Gl, von dem ein Nerv zur rechten Mantelhälfte geht, und die Visceralschlinge hat eine beträchtliche Länge. Als eine für fast alle Lungenschnecken Fig. 456. Schemata des Nervensystems von Heteropoden, unter Benutzung von Figuren von TEscH und BRÜEL. acc akzessorische Verbindung, ce Gehirn, p/ Pleural- ganglion, cpl Cerebropleuralganglion, » Pedalganglion, sb Subintestinalganglion, sp Supraintestinalganglion für die Kieme, » Visceralganglion. 1 Oxygyrus, 2 Atlanta, > Carinaria, 4 Pterotrachea. charakteristische Neubildung ist in dem Subint.-Konnektiv ein „Parietalganglion“ (462 bei 16) aufgetreten. Als primitiv kann die lange Cerebralkommissur gelten, welche bei Auricula, Gadinia, Oncidium (468) u. a. wieder- kehrt, und die Parapedal- kommissur, welche auch bei Pythia (465), Siphonaria, Gadinia, Oncidium (468), Vaginula, Limnaea (464) (hier sogar noch eine dritte) u. a. beobachtet wird. Die Pleuralganglien von Chzlina geben keine Nerven ab, was für alle Pulmonaten (und auch für die Tectibranchier) gilt. Sie sind also nur Durch- gangs- und Umschaltestati- Fig. 457. Aectaeon tornatilis, ein primitiver, onen. Als Ursache der be- noch sehr prosobranchierähnlicher Opisthobran- ginnenden Detorsion möchte {hier (1esibranchir), desen AußeeBehale und ich, wie bei Tectibranchiern, 7 Gegend der Mantelhöhle, 2 Oeffnung derselben, das Leben auf dem Boden 3 Auge, 4 Kopfschild, 5 Penis, 6 unterer Mantel- schlammiger Gewässer an- lappen, 7 Spiralanhang des Mantels. sehen. Um das Eindringen von Schmutz zu verhindern, verwuchs der Mantel vorn mit dem Nacken; es erhielt sich eine große, rechtsseitliche, bei Chelina nicht-kontraktile Oeffnung der Mantelhöhle und in ihrer Nähe ein Osphradium (462 bei 5), während die Kieme verschwand und durch Lungenatmung ersetzt wurde. Das Osphradium hat bei seiner Wanderung nach rechts 462 VI. Kapitel. das Supra-Gl. mit sich gezogen und die Detorsion veranlaßt. Die nächste phyletische Stufe einer allmählichen Konzentration zeigt die Auriculide Pythia scarabeus (463), bei der das Supra-Gl. der nicht mehr gekreuzten Schlinge sich dem rechten Pleural-Gl. stark genähert hat und das Sub.-Gl. und das Visc.-Gl. verschmolzen sind. Das letztere geht daraus hervor, daß das hinterste Ganglion nicht bloß die Eingeweide, sondern auch die Region des Atemlochs ver- sorgt: Die fünf Ganglien der Visceralschlinge, welche für die meisten Pulmonaten charakteris- tisch sind, sind daher zu be- werten als: linkes Pleural-Gl. a 40 1 9 31 3 8 3 k 5 Fig. 458. Fig. 459. Fig. 458. Nervensystem von Aetaeon tornatilis von oben, nach PELSENEER. 1 Auge, 2 Öerebropleuralganglion, 3 Cerebropedalkonnektiv, 4 Penisnerv, 5, /2 rechtes und linkes akzessorisches Pallialganglion, # Bucealganglion, 7 Supraintestinalganglion ö Subintestinalganglion, 9 Visceralganglion, 7/0 Genitalnerv, 7/7 Osphradialganglion, 15 Parapedalkommissur, 7/4 Statocyste, 75 Pedalganglion, /6# Pleuropedalkonnektiv. Fig. 459. Nervensystem und Darmkanal von Bulla striata, von oben, nach PELSENEER. 1 Pharynx, 2 Buccalganglion, 5 Oesophagustasche, 4 Osphradial- ganglion, 5 Supraintestinalganglion, 6 Visceralganglion mit davorliegendem Sub- intestinalganglion, 7 Kropf, & Pleurovisceralkonnektiv, 9 Speicheldrüsengang, 10 Pleuralganglion, 77 Cerebralganglion. (ohne Nerven), Parietal-Gl]. (versorgt die linke Körperwand), Vis- cero-Subintestinal-G]l. (für Darm, Niere, Herz, Genitalia und Atemloch), Supraintestinal-Gl. für Osphradium und Mantel und rechtes Pleural-Gl. (ohne Nerven). Bei linksgedrehten Formen Nervensystem der Pulmonaten. 463 (Clausilia, Planorbis, 465) ist die Lagerung umgekehrt. Am größten pflegt das Visc.-Gl. zu sein, darauf folgt das meist nur wenig kleinere Supra-Gl. Ausnahmsweise besitzen Ohrlina patagonica und fluctuosa dicht vor dem Supra-Gl. noch ein kleines rechtes Parietalganglion. Bei Auricula, Amphibola und merkwürdigerweise auch bei den Clausilien ist noch eine deutliche Visc.-Schlinge vorhanden, indem die fünf Ganglien durch ziemlich lange Konnektive voneinander getrennt sind. Bei den meisten Pulmonaten werden diese ganz kurz oder fehlen; die Ganglien rücken dicht aneinander (464, 465, 466), lassen sich aber Fig. 460. Fig. 461. Fig. 460. Nervensystem des Tectibranchiers Aplysiella petalifera, nach PELSENEER. 1 Buccalganglion, 2 Oerebralganglion, 5 Penisnerv, # Supraintestinalganglion, 5 Aorta, 6 Osphradialnerv, 7 Genitalnerv, $ Parapedalkommissur, 9 Subintestinal- + Visceral- ganglion, 70 Plexus pleuropedalis, 77 Pedalganglion, 72 linkes Pleuralganglion. Fig. 461. Nervensystem des Nudibranchiers Tritonia hombergi, nach PELSENEER. 1 Cerebralganglion, 2 Tentakelnerv, 5 Augennerv, 4 Pleuropedalkonnektiv, 5 Penis- nerv, 6 Parapedalkommissur, 7 Pleurovisceralkonnektiv, 5 Visceralganglion, 9 Buccal- konnektiv, /0 Buccalganglion, 7// Gastroösophagealganglion, /2 Pedalkommissur, 13 Subcerebralkommissur, /4 Pedalganglion, 75 Cerchropedalkrannekisn 16 Statocyste, 17 Pleuralganglion. noch abgrenzen, um endlich bei Helix pomatia fast vollständig zu ver- schmelzen. An dem Austritt der Nerven und der Anordnung der Ganglienzellen sind die fünf Zentren aber leicht festzustellen. Zuweilen sind nur vier Ganglien vorhanden, und zwar hat bei Helix pisana sich das Visc.-Gl. mit dem Parietal-Gl., bei Daudebardia rufa (46%) mit dem Supra-Gl. vereinigt. Endlich gibt es eine Anzahl Gattungen, die meist eigenartig differenziert sind, die nur drei Ganglien in der Visceralschlinge aufweisen, indem die Pleuralzentren sich mit den be- 464 V1. Kapitel. nachbarten Knoten vereinigt haben und daher nun auch Nerven ab- geben: Oncidium (468), Gadinia, Siphonaria, Ancylus, Arion, Janella. Die Cerebralganglien der Pulmonaten sind sehr oft dreilappig (464), so daß man ein Pro-, Meso- und Metacerebrum unterschieden hat. Das Procerebrum ist, wie mir scheint, ohne zwingenden Grund, mit den Pilzkörpern der Insekten als „Intelligenzsphäre“ verglichen worden, und HaArL£r hat solche Globuli auch für einige Prosobranchier behauptet. Die Kommissur entspringt von dem Metacerebrum, erhält aber auch Fasern aus dem mittleren Abschnitt. Eine Subcerebral-(Labial-)kommissur scheint weit verbreitet zu sein, denn sie wird von sehr verschiedenen Gattungen | Helix, Lim- naea (464) Gadinia, Oncidium (468)] ange- geben. Endlich sei hier noch auf eine interes- sante Tatsache aufmerk- sam gemacht, die nur verständlich ist, wenn die Pulmonaten ur- sprünglich chiastoneur waren: der aus dem hintersten Eingeweide- ganglion tretende Nerv zum After und Atem- x loch (464) überkreuzt den zu den Genitalien tretenden, denn er ge- hört ja zum subintesti- nalen Teile desselben und versorgt daher die ee el i A rechte Mantelregion. ig. 462. Nervensystem von Chilina dombeiana ;. ’ nach PLATE. / Penis, 2 Pleuralganglion, 3 Pedalgan- IE lag ursprünglich glion, 4 Supraintestinalganglion, 5 Osphradium, (462) rechts vom Visc.- # Vagina, 7 Rectum, $ Columellarmuskel. 9 Zwitter- gang, /0 Spermovidukt, // Subintestinalganglion, 72 Visceralganglion, /5 Magen, /4 Niere, /5 Pericardium, 16, 19 akzessorische Ganglien, /7 Pharynx, 73 Üere- bralganglien. Gl. und kam erst durch die Detorsion links von ihm zu liegen. Die- selbe Kreuzung zeigen die Nerven zur Haut und Aorta. Bei manchen Nervensystemen (Helix pomatia, auch schon bei Pythia (463), wo at rechts von ge entspringt) hat sich die Kreuzung ausgeglichen, indem die Wurzeln beider Nerven aneinander vorbei- gewandert sind. Das Nervensystem der Cephalopoden ist, entsprechend der hohen Organisation, sehr stark konzentriert. Bei Nautilus (469, 4%0) lassen sich noch Anklänge an Chiton (434) feststellen, indem alle Haupt- zentren den Charakter von Marksträngen bewahrt haben, während sich bei den Dibranchiaten deutliche Ganglien unterscheiden lassen. Bei den letzteren wird das Zentralnervensystem fast allseitig von Knorpel umhüllt (321), liegt also in einer Art von Schädel, während es bei Nautilus nur ventral von Knorpel gestützt wird, der sich jederseits mit einer Spange in den Trichter fortsetzt. Das Gehirn Nervensystem der Cephalopoden. 465 (ec) des letzteren bildet einen breiten Streifen über dem Hinterende des Pharynx. Von seinem Vorderrande laufen Nerven zur Lippen- region, während seitlich ein großer Lobus opticus, ein Nervus staticus und ein Olfactorius entspringen. Schräg nach unten und vorn ver- laufen jederseits zwei Konnektive zum Labialganglion. Wie bei primitiven Schnecken (436), sind die beiden Labialganglien durch eine vordere dorsale und eine hintere ventrale Kommissur verbunden, und in der letzteren liegen die zwei Buccalzentren, die sich vermutlich mit den weiter hinten gelegenen zwei Gastralganglien verbinden. Dagegen fehlen bei Nautilus anscheinend Subradularganglien und eine Subcerebralkommissur. Vom Gehirn gehen zwei Markstrangringe aus, ein vorderer pedaler und ein hinterer pleurovisceraler. Der erstere gibt zunächst zwei Nerven an die Augententakeln, welche vermutlich Fig. 463. Fig. 464. Fig. 463. Schema des Nervensystems von Pythia scarabeus nach PLATE. at Atemlochnerv, ge Genitalnerv, pl Pleuralgl., pa Parietalgl., sp Supraintestinalg]., vsb Viscerosubintestinalgl. Fig. 464. Schema des Nervensystems von Limnaea nach den Figuren von LACAZE-DUTHIERS und MERKER. aft Afternerv, ao Aortennerv, e Gehirn, ma Mantel- nerv, rechts auch zum ÖOsphradium. Von den Gehirnnerven gehen / zum Auge, 2 zur Statocyste, 3 zum Tentakel, 4£, 5 zu den Lippen. Sonst wie in 465. außer zum Tasten auch zum Riechen dienen und die obersten der äußeren Tentakeln sind, dann zahlreiche Nerven an die inneren und äußeren Tentakeln mit Ausnahme der zwei vorderen Gruppen (zfv) der inneren zu beiden Seiten des lamellösen Organs (lam). Dieses letzere und die vorderen der Innententakel erhalten ihre Nerven von einem präpedalen Ringnerven (pp). Das lamellöse Organ trägt kleine Spitzchen und deutet dadurch an, daß es durch Verschmelzung der vordersten Innententakel entstanden ist. Bei den d kann es als sog. VAN DER Horvensches Organ in eine Hauttasche zurückgezogen werden. Die verschiedene Ausbildung bei den Geschlechtern läßt ver- muten, daß es im Dienst der Fortpflanzung steht. Beim 2 liegt unter ihm und über dem Trichter noch ein anderes zweilappiges, ebenfalls Plate, Allgemeine Zoologie I. 30 466 VI. Kapitel. längsfaltiges flaches Gebilde, das sog. VALENCIENNESSche Organ, welches vom präpedalen Ringnerven versorgt wird und, wie es scheint, zum Festhalten der Spermatophoren dient Ein oder zwei starke Nerven u ; 4 a A NR ls A a Nas & \83 f u. RS “3 RW N \ Fig. 465. Nervensystem des linksgedrehten Planorbis corneus nach LACAZE- DUTHIERS. 3, 3' Tentakelnerv, 4, 5 Lippennerven, V Cerebralgl., X Pedalgl., A Nerv zum Atemloch und Osphradium (Os), B, © Mantelnerven, D Genitalnerv, E zur Aorta. IV, V, VI Fußnerven, «un Anus, ed Vas deferens, oe Oesophagus, pe Begattungs- tasche, Pv Erhebung am Atemloch. ziehen vom Pedalring jederseits in den Trichter und deuten dadurch an, daß dieses Organ zusammen mit den inneren und äußeren Tentakeln dem Fuße der übrigen Mollusken homolog ist. Der Pleurovisceral- Nervensystem der Cephalopoden. 467 ring gibt außer zahlreichen feineren Nerven für den Mantel und die Körperwand zwei starke Nerven ab, welche hinten in ein Abdominal- ganglion für die Kiemen und Eingeweide auslaufen. Bei den dibranchiaten Cephalopoden (471) liegt ein Paar Cerebral- ganglien (7) über dem Schlunde und die zwei Pedal- und zwei Visceral- sanglien (2 und 3) unter demselben. Alle drei Paare sind zu einer Masse verschmolzen, an der die Zentren nur durch seichte Furchen abzugrenzen sind. Das viscerale Zentrum erscheint äußerlich einheitlich, gibt aber paarige Nerven Paz: ab. Für die Arme haben £ sich zwei besondere Bra- chialganglien (4) gebildet, welche bei den mehr ur- sprünglichen Decapoden (A) ziemlich weit vor den En Pedalganglien liegen und N Ba dadurch andeuten, daß sie pedy als Neubildungen an der / . . 7 Basis der Arme in den IST ped, crbg zwei Hauptpedalnerven pleurgd entstanden sind. Bei Se- bag piola (B) und Loligo (©) Ä haben sich die Pedo- pard brachialkonnektive schon abdg etwas verkürzt und bei Sepia (D) sind die Pedal- vs und Brachialganglien an- einander gelagert, um bei aor den Octopoden (E, F) zu einer Einheit zu ver- pedı schmelzen. Daß diese Auf- fassung, nicht etwa die Fig. 466. Nervensystem von Stenogyra decollata umgekehrte, die richtige nach WıLvE. bdg Bindegewebe, e, Gehirnnerv, erbg ist, geht einmal aus der a es = an: Doluue), Kr ; as erebropedalkonnektiv, cerbpleure Üerebropleural- Ya allgemeinen niedrigeren konnckar pedg Pedatet ped, _, Fußnerven, Organisation der Deca- jileurgd, pleurgs rechtes, linkes Pleuralgl., pargs poden im Vergleich mit linkes Parietalgl., pargd rechtes Parietalgl. (— Supra- den Octopoden bevor intestinalgl), abdg Abdominalgl. (= Viscerosubintes- ferner aus der überall bi tinalgl), »,_, Visceralnerven, siat Statocyste der Mollusken sich zeigenden Er Tendenz der Konzentra- tion der Ganglien, und drittens daraus, daß derselbe Prozeß auch bei den Lippenganglien (5) beobachtet wird. Diese sind miteinander zu dem sog. Ganglion buccale superius verwachsen, von dem die Konnektive zu den Buccaliainferiora (472), den eigentlichen Buccalzentren, ab- gehen. Wie bei so hochstehenden Geschöpfen zu erwarten ist, haben sich sekundäre Konnektive gebildet zwischen den Lippen- und den Brachial- ganglien, zwischen diesen und den Gehirnknoten und zwischen den an der Basis der Arme liegenden Zentren (472). Indem nun die Labial- ganglien mit dem Gehirn verwachsen (E, F) kommt es zu einer eigen- tümlichen Fensterbildung, welche ebenfalls beweist, daß der Vorgang sich in dieser Richtung, von den Decapoden zu den Octopoden ab- gespielt hat, denn im umgekehrten Falle wären die Konnektivfasern 30* 468 VI. Kapitel. innnerhalb der Ganglienmasse geblieben, da dieser Verlauf wegen der Möglichkeit kollateraler Verbindungen viel zweckmäßiger ist als ein abgetrenntes Konnektiv. Da der Verlauf der Nerven keine erheblichen Unterschiede bei den verschiedenen Gattungen der Tintenfische aufweist, beschränken wir uns auf eine Schilderung derselben bei Sepea (442, 443). Die beiden Cerebralganglien über dem Schlund sind breit und mit- einander verwachsen und zerfallen in mehrere Lappen (Lobus verti- calis zu oberst; darunter Lob. frontalis superior etinferior, zu unterst Lob. basalis anterior et posterior). Unter dem Schlund liegen die drei Ganglien unmittelbar hintereinander, und zwar von vorn nach hinten das für die Arme (G. brachiale), für den Trichter (G. pedale s. infundibulare) und das für die Eingeweide (G. viscerale). Das Gehirn hängt mit dem Visceral- und dem Pedal- Fig. 467. Fig. 468. Fig. 467. Nervensystem von Daudebardia rufa nach PLATE. pa Parietalg]., pi Pleuralgl. vosbsp vereinigte Visceral-, Subintestinal- und Supraintestinalganglien. Fig. 468. Nervensystem von Oncrdium nach PLATE. ce Gehirn, erd Herznerv, ge Genitalnerv, »za Mantelnerv, plpa Pleuroparietalgl., plsp Pleurosupraintestinalgl., pul Lungennerv, Vsb Viscerosubintestinalg]. zentrum breit zusammen durch die sog. Seitenkommissur, während es mit dem Armganglion durch einen schmalen Strang verbunden ist, wo- durch das schon erwähnte Loch zwischen beiden gebildet wird. Vom Gehirn geht ferner bei Sepea eine kurze Kommissur zu dem dorsal auf dem Hinterrande des Pharynx liegenden G. buccale superius, welches wiederum mit dem ventralen unteren Schlundganglion zu- sammenhängt. Bei Octopus (41 E) ist das obere Schlundganglion so dicht an das Gehirn gerückt, daß es als ein vorderer Lappen desselben erscheint und bei Philonexiden noch mehr mit ihm verschmilzt. Da das Brachialganglion nur eine vordere Ergänzung des Fußzentrums ist, von dem ein starker Nerv (Inf. an.) an den Trichter zieht, so werden dieser und die Arme als Homologa des Molluskenfußes angesehen, wo- für außer ontogenetischen Gründen auch physiologische angeführt werden können. Beide Organe dienen der Bewegung, der Trichter durch Aus- spritzen des Wassers aus der Mantelhöhle (vgl. S. 346, 336), die Arme Nervensystem der Cephalopoden. 469 dadurch, daß sie eine Art Kriechscheibe um den Mund herum bilden. Die hintere Hälfte des Trichters und der Schließknorpel werden von einem Nerven (Infund. post.) versorgt, der aus dem Visceralganglion entspringt, ein Beweis der hochgradigen Verschmelzung des Fuß- und des Eingeweidezentrums.. Vom Gehirn gehen ab der Opticus, der Olfactorius und einige Nerven zur Nackenhaut. Der Sehnerv ist ein kurzer dicker Strang, welcher von der äußeren Seitenfläche abgeht und sofort zu dem riesigen Augenganglion anschwillt, welches schalenförmig die Hinterfläche des Bulbus umgreift und vor und hinter dem Nerven hir \ Fig. 469. Nervensystem von Nautilus pompilius, kombiniert nach verschiedenen Autoren. ab Abdominalganglion, ä äußere Tentakeln, dg Buccalganglion, ce Gehirn (punktiert), :£ innere Tentakeln, /am lamellöses Organ, /a Labialgl., /e Labial- kommissur, / Lippennerv, /o Lobus opticus, oe Auge, ot, ot‘ vorderer und hinterer Augententakel, pd pedaler Markstrang, plv Pleurovisceralstrang, pp präpedaler Nervenring, st Statocyste, fr Trichter, r Rhinophor. sich halbkugelig erhebt. Die Augenganglien übertreffen alle übrigen Zentren zusammen an Masse und zeigen einen durch verschiedene Schichten von Ganglienzellen komplizierten Bau. Der Olfactorius geht an ‚die hinter dem Auge befindliche sog. Geruchsgrube. Nach dem Verhalten der übrigen Mollusken sollte man erwarten, daß auch der Statocysten- nerv aus dem Gehirn entspringt. Er tritt aber bei den Dibranchien vom Pedalganglion ab, so daß anzunehmen ist, daß seine Fasern sich innerlich bis zum Gehirn fortsetzen. 470 VI. Kapitel. Das Visceralganglion ist im Vergleich mit den übrigen Mollusken anzusehen als eine Verschmelzung der Pleuralganglien und der Visceral- kommissur mit dem Visceralganglion. Daher entspringen von ihm so- wohl die Mantelnerven, als die Nerven für Enddarm, Tintenbeutel, Niere, Geschlechtsorgane, Herz und Kiemen. Der paarige Mantelnerv (473) bildet ein großes peripheres Ganglion, das G. stellare, an der Innenfläche des Mantels, von dem zahlreiche Nerven in die Muskulatur ausstrahlen, und endigt mit vielen Ausläufern in der Flosse. Die beiden G. stellaria sind bei Oegopsiden und ZLoligo durch eine quere Kom- missur verbunden. Etwas nach außen und ventral vom Mantelnerv entspringt, wie erwähnt, der hintere Trichternerv (42), dessen Ur- sprung man am Pedalzentrum erwarten sollte, was für Hledone zutrifft. Dieser Nerv hat sich also bei Sepia sekundär verlagert. Die beiden Fig. 470. Schema der ÖOrganlagerung von Nautslus, kombiniert nach ver- schiedenen Autoren, besonders KERR und WILLEY. Bezeichnungen wie 469, außerdem: car Knorpel, cor Herz, dr Drüsenmagen, hep Leber, ki Kieme, kh Kopfhaut, kf Kiefer, kr Kropf, m Mund, ma Mantel, mm Muskelmagen, nm Nackenmembran, os Ösphra- dium, ov Ovar, pe Pericardöffnung, r, r‘ Nierenöffnungen, sch Schale, s Sipho. Visceralnerven verlaufen zunächst dicht nebeneinander und bilden hinten zwei „Herzganglien“, welche durch eine dicke Kommissur verbunden sind. Von hier laufen die Nerven an Herz, Nieren, Kiemen und Ge- schlechtsorgane. Man darf diese gangliöse Partie, welche bei Kledone fehlt, nicht als das Homologon des Visceralganglions der übrigen Mol- lusken deuten, denn sonst bleibt der unpaare Bau des Visceralganglions von Sepia unverständlich. Sie muß vielmehr aus einer sekundären Ver- einigung hervorgegangen sein, wie sie auch am Anfange der Visceral- nerven bei Ommastrephes eingetreten ist. Ebenso ist das Kiemen- ganglion als eine Neubildung anzusehen, welche nichts zu tun hat mit dem gleichnamigen Zentrum der Visceralkommissur (439) der Gastro- poden. Zum sympathischen Nervensystem gehören die zu einem Knoten verwachsenen oberen Schlundganglien (G. bucc. sup.), von dem die Nervensystem der Cephalopoden. 471 Lippennerven ausgehen, und die unteren (G. bucc. inf.), von denen die zwei langen Nervi sympathici entspringen. Sie treten mit dem Oesophagus durch den Schlundring hindurch und bilden auf dem Magen ein G. gastricum (473), Rn von dem Aeste an Magen, 1 27 ESSEN Blinddarm, Darm, Leber, > CI» EN 2 Pankreas abgehen. 5 A 7 6 Von den Pedalganglien aus verlaufen zwei Augen- muskelnerven (Oc.-mot.), der Statocysten- und der vordere Trichternerv, der einen Ast zu Hautmuskeln hinter dem Auge abgibt (Ophthalmicus inferior posterior). Ihm entspricht vor dem Auge ein Ophth. inf. ant., welcher von der 1 c D 5 1 5 ß b Fig. 471. Zentralnerveny- I 2 DEI & stem verschiedener dibranchiater Ba en 0 9 ; =; Ch Cephalopoden nach PELSENEER. 6 > + So A—D Decapoda: A Ommasıre- 7 « > phes, B Sepiola, © Loligo, D Sepia. E, F Octopoda: E. Oc- topus, F Argonauta. /Cerebralgl., E P 2 Pedalgi., 3 Visceralgl., 4 Bra- N 4 chialgl., 5 oberes Bucealgl. — R 5 Lippengl., 6 Trichternerv, 7 Vis- 5 ı® Sam & durchschnittener 9 >) RER | I pticus, 9 Mantelnerv, /0 Arm- nn Singer nerven. In B ist der Pharynx 1 NS i Te En (ph) und der Oesophagus (oe) I schwarz eingetragen. 7 en Wurzel des Fangarmnerven kommt. Die Fußnerven strahlen also bei den Tintenfischen bis zum Auge aus. Das G. brachiale ver- j { Lob.vert. ey io VNNE Lob frsum Lob.ba5. post mh \ u , Sangl pedunc. —y ‚PULS Opticus“ Lob-bas. ant. Ny) A rint.Seiten.comm. o IN I VG, V ymp \ Nero visc. Buct.-pft. nero | Ophthat.inf anf, Infund. post. 4 Ärmnere \ Fa ngarmnerv Fig. 472. Die großen Ganglien von Sepia offieinalis nach HıLLıc, von der linken Seite gesehen, etwas verändert. 472 VI. Kapitel. sorgt die Arme mit dicken, an der Basis zu Ganglien erweiterten Marksträngen, welche mit Ausnahme der Fangarme durch eine Ring- kommissur verbunden sind. Bei Octopus sind diese Armnerven perl- schnurförmig zu Ganglien verdickt. Physiologische Untersuchungen n.brach, ——— aus Be n.brach, n.brach, ---- — | N ; / f a n.brach, ; \ : h War “BR x MM 1 x I -n-_—_ c.interbr. wer: ) ar in N a --- n.tent. Bann an .ophth.inf.ant n_ / — - - 2.bucc.sup. - — 2.0pt. g.0pt.-— — n.ophth.inf.post.->, g.cer.__ _ n.ophth.sup.ant.— 2 Bol _#-—-n.ophth.inf.p. u 2. pedunc. —-N.postorb, TAB RER, N.O, n.coll,— = -—n.coll, n.retr.cap.ant.— n.pall-- = N. relr.cap.ant. nn -n.pall, n.stell. I.nid-- n.branch, E.branch, -11.branch, -—-g.brandh. N, ——-g.gastr, Fig. 473. Nervensystem von Sepia offieinalis, von oben gesehen, nach HILLIG. haben gezeigt, daß wie bei den Wirbeltieren die wichtigsten Verrich- tungen an besondere Zentren in den Geanglien gebunden sind. Die Cerebralganglien scheinen zur Hemmung zu dienen, denn nach ihrer Entfernung sind alle Reflexe gesteigert. Die Zentren für das Chro- matophorenspiel liegen im Lobus basalis. Wahrscheinlich kreuzen sich Phylogenie des Nervensystems. 473 die Nerven in den Pedalganglien, denn Zerstörung eines derselben be- wirkt Lähmung der Chromatophoren auf der andern Seite. Das winzige G. pedunculi am Rücken des Opticus wird als Kolorationszentrum bezeichnet, denn seine Reizung hat Braunfärbung der betreffenden Seite zur Folge. Das Visceralganglion reguliert unter anderem die Atem- bewegungen des Mantels. Die Stellarganglien sind rein motorisch. Durch die Augen erfolgt reflektorisch Anpassung der Hautfärbung an den Untergrund; sie hört auf nach Durchschneidung des Opticus. E. Rückblick auf die phyletische Entwicklung des Nervensystems der Wirbellosen. Wir haben schon früher (S. 124, 375) hervorgehoben, daß die Nerven- zellen aus ektodermalen, in die Tiefe gerückten Sinneszellen hervor- gegangen sind. Sie haben sich in einer ganz bestimmten, bei den ver- schiedensten Klassen und Ordnungen gleichen Weise hinsichtlich ihrer Lagerung im Laufe der Jahrmillionen verändert: aus der ursprünglich diffusen Anordnung der Ganglienzellen ist eine immer konzentriertere geworden, offenbar weil hierdurch die wechselseitige Verbindung der Zellen und damit die Umschaltung der Reize nach den verschiedensten Richtungen erleichtert wird. Diese phyletischen Veränderungen des Nervensystems bedeuten also eine Erhöhung der Leistungsfähigkeit. Dazu kommt ein weiteres Moment: die Zahl der Sinnesorgane wird allmählich größer, indem zu den ursprünglich allein vorhandenen chemischen und taktilen Organen statische Organe, Temperatur-, Seh- und Gehörorgane hinzutreten und sich vervollkommnen. Das setzt gleichzeitig eine Differenzierung in den Zentren voraus, so daß diese komplizierter werden in demselben Maße, wie die Sinnesorgane sich verbessern. Tritt unter eigenartigen Lebensverhältnissen (Parasitismus, Sessilität, Tiefsee, Höhlenleben u.a.) eine Rückbildung der Sinnesorgane ein, so greift sie später auch auf das zentrale Nervensystem über. Folgende Stufen der Phylogenie des Nervensystems lassen sich bei den Evertebraten unterscheiden, von denen aber häufig gleichzeitig mehrere an verschiedenen Körperstellen desselben Individuums angetroffen werden. I. Die Ganglienzellen bilden einen epithelialen oder subepithelialen Plexus; ihre mehr oder weniger gleichartigen Ausläufer bleiben viel- fach im Zusammenhang mit den Epithelzellen, treten aber auch schon an Muskeln oder andere Erfolgsorgane. Nerven, d. h. Bündel von Neu- riten, fehlen. So bei Polypen (360 d, 362). Il. Plexus von Neuritenbündeln mit eingestreuten und anliegenden Nervenzellen: Cölenteren (368), Enteropneusten. III. Die Ganglienzellen werden viel zahlreicher und konzentrieren sich zu Marksträngen. Daneben erhalten sich in manchen Körper- regionen die Stufen I oder II. A. Bei radiärem Körperbau ordnen sich die Markstränge radial oder ringförmig an ohne Ausbildung eines Gehirns: Medusen (334), Echinodermen (367). B. Bei Bilaterien vereinigen sich die Markstränge in der Regel vorn im Kopf in einem unter dem Einfluß der Kopfsinnesorgane entstandenen Gehirn. Der Plexus zwischen den Marksträngen besteht zuerst aus unregelmäßigen Maschen, später aus strick- leiterartig angeordneten Kommissuren. Beispiele: Polycladen 474 V1. Kapitel. (376), Acölen (377), Tricladen (378, 379), Nemertinen (387, 389 B), Trochophora (393), Peripatus (411,412), C’hiton (434), Nautilus (469). IV. Aus den Marksträngen werden Ganglien durch lokale Kon- zentration der Nervenzellen, die durch zellenarme Konnektive (längs) oder Kommissuren (quer) verbunden werden. Stufe I—III können bei gewissen Gruppen in einzelnen Organen sich erhalten. Beispiele: Die Längsstämme der Trematoden (383), Temnocephalen, Nematoden (391), Solenogastres (435) sind trotz vielfacher Plexusbildung arm an Nerven- zellen, also schon Konnektive. Anneliden, Mollusken im allgemeinen nur mit Ganglien; Markstränge nur ausnahmsweise erhalten (452). V. Die Bauchstränge liegen ursprünglich weit auseinander: Proto- drilus (394), Peripatus (411), Phyllopoden (406, 407); ihre Kommissuren sind dann weit. Bei den meisten Anneliden und Arthropoden rücken die Bauchstränge in der Mediane dicht zusammen. VI. Die Cerebralganglien gliedern sich unter dem Einfluß der Sinnesorgane in mehrere Portionen: oberes Ganglion der Nemertinen durch die Cerebralorgane (38%), Dreigliederung bei Anneliden (398) durch die Palpen, Tentakeln, Nackenorgane. Bei Arthropoden wird das Gehirn zweiteilig (Peripatus, Lrimulus, Arachniden) oder dreiteilig (Krebse, Myriopoden, Insekten, 403) durch Angliederung von einem oder zwei ventralen Ganglienpaaren mit ihren zu Tastern werdenden Ex- tremitäten. VII. Das zentrale Nervensystem liegt ursprünglich in der Epi- dermis oder direkt unter ihr: Cölenteren (364), Echinodermen (369), Protonemertinen (389), Nematoden, Archianneliden, Priapuliden, Entero- pneusten, Chitonen. Es wandert dann durch die Körperwand hindurch allmählich (389) in die Leibeshöhle, wo es bei den meisten Anneliden, Arthropoden und Mollusken liegt. VI1I. Verschmelzung benachbarter Ganglien mit ähnlicher Funktion oder derjenigen eines Paares: Analganglion der Blutegel, Unterschlund- ganglion der Oligochäten und Hirudineen, Vereinigung der Ganglien der Mundwerkzeuge oder der Thoracalbeine bei Arthropoden (403 D, F), der Cerebralganglien der Mollusken (452, 461), der Ganglien desselben Segments. IX. Wanderung aller Ganglien nach vorn zum übergeordneten Gehirn, so daß bei allen phyletischen Endformen der Arthropoden und Mollusken eine konzentrierte Ganglienmasse den Schlund umgibt: Limulus (433), Taschenkrebse (408, 24), Milben (41%), hochdifferenzierte Schnecken (454, 461), Cephalopoden (471). Verschmelzung der Cerebral- und Pleuralganglien bei Muscheln (438, 439, 443, 444), Ianthina (455), Nudibranchiern (461), Heteropoden (456) und der Buccalganglien mit dem Gehirn bei Muscheln (440, 441) und Cephalopoden (471 bei 5). Die Ueberordnung des Gehirns besteht darin, daß es sich zu einem Hemmungszentrum der Lokomotion (Aplysta, Cephalopoden, Raupen usw.) oder zu einem solchen der Koordination der Bewegungen, der Instinkte oder gar der Intelligenz entwickelt. X. Ausbildung sekundärer Ganglien (8 Buccalganglien bei Den- talitum, Parietalganglion bei Hinterkiemern und Pulmonaten, Rhinophor- und Osphradialganglion u.a.) und Anastomosen: ringförmige Verbin- dungen bei Echiurus (395), Hirudo (399), Myxostoma (39%, zwischen Tentakelnerven), Cephalopoden (472, zwischen Armnerven), subcerebrale und parapedale Kommissuren bei Opisthobranchiern (461) und Pulmo- naten (468), Zygoneurie der Prosobranchier (450). Phylogenie des Nervensystems. 475 XI. Verschiebung bzw. Wanderung von Nervenwurzeln unab- hängig von ihren Ganglien. Ein solcher Vorgang ist nicht häufig, da die Nerven im allgemeinen ihre Ganglien nicht verlassen und nur mit ihnen den Platz wechseln, aber er kommt doch vor. Beispiele: bei Phyllopoden (406, 407) wandert der Nerv der 2. Antenne eher als das Ganglion auf das Gehirn zu, bei Cephalopoden entspringt der hintere Trichternerv (41, Infund. post.) aus dem Visceral- anstatt aus dem Pedalganglion, während der Nervus staticus vom letzteren abgeht an- statt vom Gehirn. Diese elf für die verschiedensten Klassen geltenden Merkmale der phyletischen Entwicklung des Zentralnervensystems der Wirbellosen sind ebensoviele Beispiele für Homoiologien, wenn wir darunter eine parallele Evolution auf Grund gleicher Strukturverhältnisse verstehen. Weil die Ganglienzellen im Prinzip überall gleichartig sind, deshalb werden gleiche oder ähnliche Vervollkommnungsbahnen eingeschlagen. Es fragt sich, welcher Art die hierbei hauptsächlich wirkenden Kräfte sind. Die äußeren Faktoren können es nicht sein, denn im Süßwasser, im Meer, auf dem Lande, unter allen Klimaten und bei verschiedenster Ernährung verläuft die Phylogenie des Zentralnervensystems in gleicher Weise. Das Selektionsprinzip spielt sicher hierbei eine hervorragende Rolle, denn jede Vervollkommnung der Sinnesorgane, der Koordination und der Instinkte kann über Sein oder Nichtsein entscheiden. Es er- scheint mir aber unmöglich, mit ihm allein auszukommen bei der großen Zahl unabhängiger erblicher Eigenschaften. Wenn z. B. die Visceral- schlinge eines Prosobranchiers sich verkürzt, so müssen alle ihre Teile im gleichen Sinne sich verändern, und alle Nerven müssen sich ent- sprechend verlängern; desgleichen wenn die zuerst orthoneure Schlinge streptoneur wird durch die Wanderung des Pallialkomplexes von hinten nach vorn; ebenso müssen bei der Detorsion der Opisthobranchier und Pulmonaten alle Teile — und es handelt sich sicher um viele Dutzende von Erbfaktoren — gleichsinnig, Koadaptiv sich verändern. Es ist nicht anzunehmen, daß dieses durch zufällige Mutationen möglich ist, selbst nicht unter Zuhilfenahme langer Zeiträume. So bleibt also nur die lamarckistische Auffassung: der lebende Organismus wirkt im zweck- mäßigen Sinne, zieht die Ganglien etwas nach vorn, verlängert die Nerven, wenngleich in einer Generation in unmerklichem Grade, usf., und im Laufe der Zeit werden die Effekte erblich und summieren sich. F. Das hohle, dorsale Zentralnervensystem der Chordata. Die Wirbeltiere und die primitiven Formen unter den Tunicaten, d. h. die Larven der Ascidien und die Appendicularien, haben ein zen- trales Nervensystem, welches sich durch zwei Merkmale von demjenigen aller übrigen Tiere unterscheidet: es liegt dorsal und zwar über einem Achsenskelett und wird von einem Kanal durchzogen. Da bei diesen Tieren das Skelett dauernd oder in der Jugend aus einem Zellenstrang (Chorda dorsalis, vgl. S. 336) besteht, so werden sie als Chordata zusammengefaßt. Obwohl die hierher gehörigen Formen im aus- gewachsenen Zustande enorme Unterschiede aufweisen, muß man aus jener fundamentalen Uebereinstimmung und aus dem Besitz eines Kiemendarms den Schluß ziehen, daß sie in einem verwandtschaftlichen Verhältnis zueinander stehen. Der Hohlraum des Zentralnervensystems erklärt sich aus der Ontogenie. Es treten beim Embryo längs der 476 VI. Kapitel. Rückenmediane zwei Falten auf, welche eine „Medullarrinne“ (474, 475). als erste Anlage des Zentralnervensystems zwischen sich fassen und -Medw. -Urss. -Medrr. .ta.neu -Primr. - Bi. Gef. ‚Nährı. Fig. 474. Medullarrinne eines Embryos von Diomedea immutabilis nach SCHAU- INSLAND. Bil.Gef. Blutgefäß, Ca.neu Canalis neurentericus, Med.r. Medullarrinne, Med.w. Medullarwulst, Nährd. Nährdotter, Prim.r. Primitivrinne, Ursg. Ursegment. sich nach hinten bis über den Urmund hin ausdehnen. Sie schließen sich dann zu dem Medullarrohr, welches vorn eine Zeitlang mit einer Fig. 475. Entwicklung des Gehirns beim Hühnchen nach MARSHALL. A zwei Tage alt, Querschnitt dureh das noch offene Mittelhirn. B drei Tage alt, Quer- schnitt durch das geschlossene Hinterhirn. Ao. Aorta, Ch. Chorda, Da. Darm, Eet. Eetoderm, Pnt.c. Entocardium, Hh. Hinterhirn, Hl. Hörleiste, Ax.a. Herzanlage, Mk. Mittelhirn, Myoe. Myocardium, Nrl., N!. Neuralleiste. Oeffnung (Neuroporus) ausmündet, während hinten der Urmund sich in eine als Canalis neurentericus (474 Ca.neu) bezeichnete Ver- Ontogonie des Nervensystems der Chordata. 47 bindung des Nervenrohrs mit dem Darm umwandelt.e. Das Epithel, welches das Medullarrohr auskleidet, differenziert sich später teils zu Stützzellen, teils zu Nervenzellen. Solange die Stützzellen noch in der epithelartigen Anordnung bleiben, werden sie Ependymzellen ge- nannt. Wenn sie später nach außen rücken, bezeichnet man sie als Gliazellen. Die Medullarrinne war wohl ursprünglich ein mit Cilien, Sinneszellen und subepithelialen Neuronen ausgerüsteter Epithelstreifen, dessen dorsale Lage eine schwimmende Lebensweise des Tieres ver- muten läßt. Schwimmende Tiere sind an ihrer oberen Körper- fläche häufig mit einer sensiblen Scheitelplatte [Ütenophoren, Trocho- phora-Larven (393)| versehen. Für diese Auffassung kann die Tat- sache angeführt werden, daß aus dem Epithel des geschlossenen Nerven- rohrs Sinneszellen hervorgehen können [Infundibularorgan des Amphioxus (481), Saccus vasculosus der Fische (519), Retinazellen|. : Die Verlagerung unter die Haut gewährte den zur Prü- fung des Wassers dienenden Sinneszellen Schutz und das durch die Cilien in dem Rohr fortbewegte Wasser gelangte durch den Canalis neur- entericus in dern Darm und konnte durch den After ab- fließen (476 an). Immerhin Tag, | aD er LIEE DIRY SNNHER N A z BR se DF U] 5 er 7 N Fig. 476. Längsschnitt durch einen älteren wird man mit der Möglich- keit rechnen müssen, dab diese merkwürdige Verbin- dung zwischen Nerven- und Embryo von Bombinator. Nach GÖTTE. an After, ch Chorda, /! Leber, m» Mund, mc Medullarkanal, ne Canalis neurentericus, pn Glandula pinealis (Zirbeldrüse). Darmrohr eine cänogeneti- sche Bildung ist, also nie bei einem fertigen Wirbeltier existiert hat, sondern entstanden ist durch die ontogenetische Wanderung des Ur- mundes nach hinten und seine Umwandlung in den After. Ehe bei den Cranioten die Medullarrinne sich schließt, entstehen zu beiden Seiten ektodermale Wucherungen (475), die Neuralleisten, welche später in die Tiefe rücken und zu den Ganglia spinalia werden. I. Tunicata. Wir beschränken uns hier vornehmlich auf eine Darstellung des Nervensystems der Aseidien, welche im Alter festgewachsen sind, während die langgeschwänzten Larven frei im Wasser umherschwimmen (44%). Ihr Nervenrohr erstreckt sich fast durch die ganze Länge des Körpers und erweitert sich im Rumpf zu einem zweiteiligen Gehirn, dessen beide Abschnitte vielleicht dem Archencephalon und Deuter- encephalon (494) der Cranioten entsprechen. Der vordere Abschnitt ist eine dünnhäutige „Sinnesblase“, deren Decke rechts ein großes Auge trägt, während der Boden ein tentakelartiges statisches Organ besitzt. Die linke Hälfte der Sinnesblase öffnet sich durch einen Flimmer- kanal (f) in den Munddarm. Der darauf folgende Gehirnabschnitt hat eine verdickte Wandung und wird Rumpfganglion genannt. Das Rückenmark ist ein dünnwandiges Rohr mit engem Kanal. Bei der 478 VI. Kapitel. durch die Festheftung bedingten Metamorphose verschwindet die Sinnesblase der Larve bis auf den hinteren Abschnitt, welcher durch Wucherung sich in einen soliden, zwischen Ein- und Ausströmungs- öffnung gelegenen Gehirnknoten verwandelt, von dem einige Nerven- paare ausstrahlen. Der Flimmerkanal erhält sich als eine vom Gehirn losgelöste Bildung, welche sich nach hinten in einen Kanal fortsetzt, m / STR x L 2 ) : =>. I # [23 NS = t ! i el = 277 ER I X 7 S N | TsIel Bor , za I a rn — : GRRIZERN Ic Rz DO Z: RE I ® N TeleTakigreteTe) =TeT=7=1e7ele[e]e]e]e7eel°] ! ze | ' I[eT=T#I@t= Tests Te TerIeIeıhsereteieTeTele ECHIFIEISI ss Teresa a m Fig. 477. Vordere Körperhälfte einer Ascidienlarve (Phallusia mammiilata) nach KOWALEVSKI. A von der Seite, B von oben. Der Zellulosemantel ist fort- gelassen. au Auge, b Blutsinus, ch Chorda, ce! zwei trichterförmige Gruben, welche später zur Kloake (Egestionsöffnung) verschmelzen, d Darm, es Endostyl, f Flimmer- grube, / Haftpapille, © Ingestionsöffnung (Mund), k“ Kiemenspalten, m Schwanz- muskeln, »s Mesenchymzellen, st Statolith, »r Rumpfganglion, s Schwanzrückenmark, sb Gehirnventrikel (Sinnesblase). der an seiner Ventralseite eine sog. Neuraldrüse hervorgehen läßt. Diese Drüse liegt meist ventral vom Gehirn und ist ungefähr ebenso groß wie dieses, bei einigen Gattungen steigt aber der Gang nach oben und die Drüse liegt dann dorsal vom Gehirn (Oynthia, Botryllus). Das Rumpfganglion bildet sich zu einem bis zur Leber reichenden Strang von Ganglienzellen zurück. Während also die Verhältnisse der Larve Nervensystem der Tunicaten. 479 sehr an den Amphioxus bzw. an die Wirbeltiere erinnern, geht diese Uebereinstimmung später völlig verloren. Man kann an dem eben er- wähnten, aus dem Neuralrohr hervorgehenden Kanal den Flimmer- trichter, den cilienlosen Gang und die Neuraldrüse unterscheiden (478). Der Flimmertrichter mündet mit einer kleinen Papille in den Kiemen- darm und zwar dorsal und median hinter den Flimmerbögen am Ein- gange desselben. Seine cilienlose Fortsetzung endet blind, läuft aber zuweilen in einen soliden Strang aus, welcher mit dem Ganglion ver- wächst oder sich an den von diesem auslaufenden gangliösen Strang anlegt. Bei manchen Arten wird die Mündung des Trichters gebogen, oder fast kreisförmig (daher in 478 auf dem Schnitt zweimal ge- troffen) oder sie rollt sich spiralig ein oder windet sich hin und her. Bei Styelopsis bildet der Kanal einen Seitenast, der mit einer akzessori- schen Flimmergrube in den Kiemen- darm ausmündet; bei Ascdia atra und bei Phallusia mammillata gibt der lange vom Haupttrichter nach hinten ziehende Kanal nach beiden Seiten viele kurze verästelte Seiten- zweige ab, welche sich bei ersterer Art mit 116, bei letzterer mit meh- reren hundert sekundären Flimmer- trichtern teils in den Kiemendarm, teils in das Atrium öffnen; an dem Kanal sitzen dabei akzessorische Drüsen (49). Dem Kanal sitzt ventral eine bald einfache (Synasci- dien), bald aus vielen Schläuchen (Monascidien) zusammengesetzte „Neuraldrüse“ (Subneuraldrüse) an. Da die Drüsenschläuche von vielen Blutgefäßen umsponnen werden, liegt meines Erachtens eine Drüse mit Fig. 478. Längsschnitt durch das innerer Sekretion vor, während der Ganglion einer jungen Aseidie, Oiona Trichter vermutlich sensibel ist und .ntestinalis nach SEELIGER, 50:1. ; % : ;: fb Flimmerbögen des Kiemendarms, fy das einströmende Wasser prüft. Flimmergrube, g Ganglion, »x Rücken- Nerven sind freilich an ihm bis jetzt zapfen des Kiemendarms, sd Subneural- nicht gefunden worden, wohl aber drüse. bei Salpen. Neben der vermuteten endokrinen Funktion hat die Drüse sicherlich auch eine exokrine, da sie Zellen abstößt, welche vielleicht verdauende Fermente in den Kiemendarm befördern, oder auch bei einigen Arten nicht mehr brauch- bare Stoffe an das Atrium abgibt. Die Bezeichnung „Hypophysen- drüse“ ist abzulehnen, denn die Hypophyse der Wirbeltiere entsteht vom Munddarm aus, während hier eine Bildung des Neuralrohrs vor- liegt, welche zu einem Anhang des Kiemendarms wird. Bei den ebenfalls geschwänzten Appendiecularien ist das zentrale Nervensystem in der Jugend ganz ähnlich wie bei der Ascidienlarve gebaut, ist also hohl. Später aber wird es solid; das Gehirn wird dreiteilig und neben dem Mittel- und Hinterhirn entwickelt sich links- seitig eine große Statocyste durch Abschnürung. Das Gehirn setzt sich als gangliöser Strang links von der Chorda bis zur Schwanz- 24 er Li TREO IN S> 5 480 VI. Kapitel. spitze fort, wobei die Ganglien nicht genau den Muskelsegmenten entsprechen. Eine Metamerie liegt also nicht vor, scheint sich aber anzubahnen. Bei den Salpen befindet sich ein dorsaler Gehirnknoten in der III Fig. 479. Aseidia atra, Gehirn (99) und Neuraldrüse (gl) von oben gesehen, nach METCALF. gl‘’—gl“' die acces- sorischen Drüsen, ef Haupt- trichter. Nähe der Ingestionsöffnung, von dem bei Salpa 8—30 Paare von kernlosen Nerven nach allen Seiten abgehen, während bei Dololum die Zahl der Nerven geringer ist. Die Pyrosomen geben etwa 8 Nerven jeder- seits vom Gehirn ab. Bei Salpa und Pyro- somen wird oft eine Asymmetrie in der Zahl der Gehirnnerven beobachtet. Das unpaare Gehirn der erwachsenen Ascidien, der Salpen und Pyrosomen besteht wie bei den Wirbel- losen aus peripheren Ganglienzellen und einer zentralen Fasermasse (478), da es durch Wucherung aus der Wand der Blase ent- steht, welche ursprünglich bei allen diesen Formen in der Ontogenie angelegt wird und auch stets mit dem Darm kommuniziert. Ein sangliöser Strang geht bei den schwimmen- den Formen, abgesehen von den Appedicu- larien, nicht vom Gehirn nach hinten aus. Ein Flimmertrichter ist bei ihnen allen vorhanden und setzt sich nach hinten in einen engen Kanal oder soliden Strang fort. Er ist also eine für alle Tunicaten charakte- ristische Bildung, welche aus dem Neural- rohr hervorgeht. Bei den Appidicularien liegst das Organ stets rechts vom Ganglion und besitzt keine Neuraldrüse. Bei den Pyrosomen liegt es median und die Neural- drüse ist nur als ein kleiner solider Zell- pfropf des hier ebenfalls soliden Flimmer- grubenstranges angedeutet, befindet sich also offenbar in Rückbildung. Sehr eigenartig verhalten sich die Salpen. Der Flimmer- kanal ist vorhanden, besitzt aber keine Drüse. Statt derselben findet sich jederseits unter dem Hinterende des Ganglions ein flaches Bläschen, welches durch einen gewundenen Kanal sich in das Atrium öffnet. Diese Neuraldrüse nicht homolog sein. Dazu kommt als weitere Besonderheit über jedem Bläs- chen eine Wucherung des Ganglions, welche sich von diesem abtrennt, aber durch mehrere Nerven mit ihm in Verbindung bleibt. Diese Verhältnisse bedürfen noch der Aufklärung in morphologischer und physiologischer Be- ziehung. Auf die Augen im Gehirn der Salpen werden wir später eingehen. Nervensystem des Amphioxus, 481 2. Acrania (Amphioxus). Das niedrigste Wirbeltier (ohne Wirbel) lebt im Sande, und aus dieser Lebensweise erklärt es sich vielleicht, daß paarige Sinnesorgane (Auge, Labyrinth, Nase) und eine mehrteilige Gehirnanschwellung sich nicht gebildet haben. Das Nervenrohr reicht nicht so weit nach vorn wie die Chorda, und an seinem etwas verjüngten Vorderende wird das Gehirn nicht äußerlich, sondern nur innerlich durch eine blasenartige Erweiterung (Ventrikel) des Hohlraums angedeutet (480). Die Wand der Gehirnblase besteht aus sehr schmalen Flimmerzellen mit kleinen Kernen, die in verschiedener Höhe liegen und den Charakter von Stützzellen haben. Der Ventrikel mündet anfangs durch den Neuro- porus nach außen. Später schließt sich diese Oeffnung, und es ent- wickelt sich an dieser Stelle eine nach links verschobene Grube mit el, zrrpw gulli babe ——r— m} Treu Fig. 480. Längsschnitt durch den Gehirnventrikel (ve) und das Rückenmark des Amphioxus. ex Kommissurzellen, de, ve dorsaler, ventraler Kanal, 9x große dorsale Ganglienzellen, 9x’ gewöhnliche Ganglienzellen, »/ Infundibularorgan, ms Myo- septum, ol Geruchsgrube, p? Pigmentfleck, st Stütz(Ependym)zellen, /, //, III dorsale Nerven, I//‘ ventrale Wurzel. Orig. Flimmerepithel, die sog. Körumersche Geruchsgrube. Sie scheint im erwachsenen Tier rudimentär zu sein, da ein Nerv nicht sicher nachgewiesen ist. In der Vorderfläche des dünnwandigen, nur in seiner hinteren Hälfte von einer zarten Neuropilschicht umgebenen Ventrikels liegt ein besonders großer, häufig zerbröckelter Pigment- fleck, dessen Bedeutung als Auge nicht in Frage kommt, der aber doch wohl durch Rückbildung aus dem Auge der Ascidienlarve hervor- gegangen ist. Der Boden bildet nicht, wie früher behauptet wurde, etwas vor dem Uebergang in den Rückenmarkskanal eine an das In- fundibulum des Zwischenhirns der Üranioten erinnernde Vertiefung. Wohl aber liegt hier eine Gruppe hoher Sinneszellen, das sog. In- fundibularorgan (481), welches vielleicht dem Sinnesorgan im Saccus vasculosus der Fische homolog ist, weil es nach seiner Lage diesen Sinneszellen gleicht. Jede Sinneszelle trägt ein oder zwei lange Cilien. | Plate, Allgemeine Zoologie I, 31 483 VI. Kapitel. Das Rückenmark sieht auf dem Querschnitt dreieckig (482) aus. Sein Lumen verengt sich durch Verdickung der Wände bis auf einen sehr schmalen, unten etwas erweiterten Spalt, der in der dorsalen Fig. 481. Medianschnitt durch das Gehirn eines Amphioxus von 14,4 mm Länge, nach BOEKE. Inf Infundibularorgan, »@ vordere Gruppe von Pallisadenzellen. Hälfte als eine Nahtlinie (Raphe) erscheint. Gleich hinter dem Ven- trikel ist der Spalt auch dorsal erweitert, so daß hier eine obere und eine untere Erweiterung verlaufen (480). Die obere ist unregelmäßig, Fig. 482. Querschnitt durch das Rückenmark des Amphioxus; rechts ist eine dorsale Wurzel (d. W‘), links eine ventrale (v. W) getroffen. au Augenfleck, 9x Ganglien- zelle, »» Muskel, rf Riesenfasern, x Zelle einer Riesenfaser, sif Stützfasern, sts Stütz- zellen (Ependym). Orig. bald enger, bald weiter in demselben Individuum und erstreckt sich nur über die ersten Muskelsegmente. Ontogenetisch tritt am Hinter- ende des Nervenrohrs vorübergehend ein Canalis neurentericus Nervensystem des Amphioxus. 483 auf. Die Epithelzellen sind teils kleine Stützzellen (s/zx, Ependym- zellen), welche an ihrem basalen Ende in Stützfasern auslaufen, die sich häufig bündelartig vereinigen und deren Seitenzweige ein Maschen- werk bilden, teils größere Nervenzellen, welche sehr verschiedenartig gestaltet sind und sich häufig durch den Spaltraum hindurch bis in das gegenüber liegende Epithel fortsetzen, eine Eigentümlichkeit, auf deren Bedeutung wir weiter unten zurück- kommen. Solche gegen- überliegende „Kom- missurzellen“ kön- nen paarweise ver- schmelzen (WoLrr, STENDELL). Alle diese Zellen bilden die sog. graue Substanz um den Spalt herum, welche von einer viel breiteren hellen umgeben wird, die sich hauptsächlich aus marklosen Längs- fasern aufbaut. Eine markhaltige weiße Sub- stanz, wie bei Uranioten, fehlt demnach. Einige Ganglienzellen am ven- tralen Ende des Spalts werden von einem schwarzen Pigment- becher umhüllt und dienen als Augen (vgl. Kap. Sehorgane). Unter den Ganglienzellen kom- men solche von außer- ordentlicher Größe vor, l / welche etwas über der I Mitte in einer Er- | 4 | weiterung des Hohl- | a) raumes liegen, multi- Fig. 483. Rückenmark des Amphioxus, von oben polar sind und außer sesehen, mit Riesenganglienzellen (R.x) und Riesen- kürzeren Fasern sich in fasern (R.f). Nach Rrrzıus. D.Wu, V.Ww dorsale, eine sog. Riesenfaser ventrale Wurzel, sens.Z sensible Zelle. fortsetzen (482, 483 Rx). Diese Fasern bilden 3 Gruppen und verlaufen in der Längsrichtung, wo- bei sie auf die andere Seite übertreten. Zu jedem Segment gehören 1 oder 2 solcher Zellen. Die erste größte liegt in der Höhe des 6. linken Dorsalnerven und ihre Riesenfaser verläuft ventral vom Spalt bis zum Schwanzende (rf). Auf sie folgen 11 Riesenzellen, welche ihre Fasern abwechselnd nach rechts und nach links in die dorsale Gruppe ent- senden und sich bis zur Schwanzspitze verfolgen lassen. Sie laufen also von vorn nach hinten. Am hinteren Körperende liegen die Riesen- oJh= seng.Z — 1... D.Wu 484 VI. Kapitel. zellen etwas weiter auseinander, und ihre Neuriten ziehen in der mitt- leren Gruppe von hinten nach vorn. Ueber die Ganglienzellen der unteren Gruppe ist nichts Sicheres bekannt. Da die Riesenfasern sich nicht in Nerven fortsetzen, verbinden sie wahrscheinlich durch ihre Seitenäste die verschiedenen Regionen des Rückenmarks untereinander und regulieren die Gesamtbewegung des Tieres, wie wir dies schon für die Neurochorde der Anneliden (S. 415) vermutet haben. Besonders große Ganglienzellen (deren angeblicher Stiftchensaum durch Gerinnsel vorgetäuscht wird) von unbekannter Bedeutung finden sich hinter dem Ventrikel längs der Dorsalkante (480 9x) bis zum 5. Nerven. Aehn- liche, aber viel kleinere Zellen, welche sich von den gewöhnlichen Nervenzellen kaum unterscheiden, begleiten das ventrale Spaltende in seiner ganzen Länge und ein Teil von ihnen wird zu Sehzellen der Augen. Es ist sehr wahrscheinlich, daß die ersten 5 sensiblen Nerven, welche das Rostrum und die Mundgegend versorgen und besonders reich verästelt sind, mit jenen dorsalen Zellen zusammenhängen. Ruopr möchte sie daher dem Gehirn zurechnen. Auch ich möchte diesen Ab- schnitt dem Rumpfganglion der Ascidienlarve (47%, r) und dem Deuterencephalon (494) des sich entwickelnden Craniotengehirns homolog setzen, denn er stellt etwas Besonderes dar und leitet ohne scharfe Grenze zum Rückenmark über. Die Ventrikelblase entspricht dann dem Arch- Fig. 484. Verlauf eines Spinalnerven des Amphi- oxus, nach HATSCHEK, schematisch. Der dorsale Nerv spaltet sich bei @ in einen dorsalen (d) und einen ven- tralen (v) Ast; letzterer verläuft zu den Eingeweiden (vzse.) und zur Haut (c«t.). encephalon. Von der Wand des Ventrikels gehen 2 starke Nerven jederseits ab (480, 485 ZI, IT), welche nach vorn in das Rostrum sich fortsetzen und sich hier in viele Aeste auflösen. Der erste ist rein sensibel und liegt ventral unter dem großen Pigmentfleck. Seine Fasern lassen sich aber bis zu den großen Dorsalzellen verfolgen. Der zweite ist mehr dorsal gelagert und entspringt vom Hinterende des Ventrikels dicht vor dem ersten Muskelsegment. Er ist hauptsächlich sensibel, gibt aber einen motorischen Ast zur Mundregion ab. Zu diesen beiden Nerven gehören keine ventralen Wurzeln. Sie sind natür- lich nicht als Vorläufer des Olfactorius und des Opticus der Cranioten anzusehen, aber vielleicht ist der Trigeminus und der Facialis aus ihnen hervorgegangen. Bei den nach hinten folgenden, segmental an- geordneten Rückenmarksnerven vereinigen sich die oberen und unteren Wurzeln nicht, und es fehlt auch ein Ganglion spinale, weil wahr- scheinlich die Ganglienzellen der Dorsalnerven im Rückenmark liegen (486). Die oberen Wurzeln stehen etwas weiter nach hinten als die unteren, und die rechtsseitigen Nerven entspringen ein halbes Segment vor den linken, so daß auf einem Querschnitt häufig der dorsale Nerv der einen Seite und der ventrale der anderen zu sehen sind (482). Die oberen sensiblen Nerven spalten sich in einen dorsalen und einen ven- tralen Ast (484, 485) und versorgen die Haut, den Kiemenkorb, den Nervensystem des Amphioxus. 485 Darm und vielleicht auch die Transversalmuskeln, in welchem Falle sie auch motorische Fasern führen müßten; die ventralen gehen in Form vieler isolierter Fasern (482, v.W) in die Muskeln des betreffenden Segments über. Sympathische Fasern sind unter ihnen noch nicht nachgewiesen worden; man kann aber jene Aeste der Dorsalnerven, welche an den Darm treten (484, visc), als die Elemente ansehen, aus 3 Fig. 485. Linksseitiges Vorderende des Amphioxwus, nach HATSCHER. Ch Chorda, T Mundeirren, S Sinnesorgan, # Geruchsgrube, VI Muskelsegmente, Vel Velum, a erster Hirnnerv, bd, bv, c zweiter Hirnnerv. Von den folgenden Spinalnerven sind nur die Ausläufer der oberen Wurzeln dargestellt: die dorsalen Aeste ex (zur Haut) und die ventralen, deren oberflächliche Zweige (s«p.) schwarz, deren tiefere (prof.) hell gehalten sind. NR Nervus recurrens zu den Kiemen. denen der Sympathicus hervorging. Der Amphioxus steht noch insofern auf der Stufe der Wirbellosen, als die sympathischen Nerven sich von den somatischen noch nicht abgesondert haben. Unter der Epidermis bilden die sensiblen Nerven ein dichtmaschiges Geflecht. Abgesehen vom ersten Nervenpaar zeigen alle Dorsalnerven, nachdem sie die Myo- septen verlassen haben, an der Wurzel des dorsalen und ventralen 486 VI. Kapitel. Astes eigentümliche Knoten, welche als Anlagen von Spinalganglien gedeutet worden sind (DocıEr). Andererseits sind auch die kleinen Kerne an den Wurzeln der Dorsalnerven (482) als Spinalganglien auf- vefaßt worden, obwohl sie ganz den Eindruck von Gliakernen machen. Zurzeit ist noch nicht sicher bekannt, wie der Reflexbogen zwischen den dorsalen sensiblen und den ventralen motorischen Nerven verläuft, denn auch die Ganglienzellen der letzteren sind noch nicht gefunden worden. Die Fasern der Ventralnerven breiten sich fächerförmig aus beim Verlassen des Rückenmarks, und jede tritt an eine Muskelplatte, welche bei guter Konservierung quergestreift erscheint (). Ich ver- mute, daß die um den Hohlraum herumsitzenden Ganglienzellen teils sensibel sind, teils motorisch, und daß das eigentümliche Hinübertreten den Zweck hat, beide miteinander in Verbindung zu setzen, wobei ent- weder die Zellkörper selbst verschmelzen oder ihre Dendriten. Macht man diese Annahme nicht, so ist der merkwürdige Durchtritt dieser Zellen durch den Spaltraum nicht verständlich. Das Schema 486 möge das Gesagte er- läutern und zugleich zei- gen, daß der Reiz eines sensiblen Nerven der einen Seite sowohl zu dem Muskel der anderen Seite geleitet werden kann, was der gewöhnliche Weg sein vW wird, als auch durch Den- S driten auf derselben Seite Fig. 486. Schema des hypothetischen Reflex- bleiben kann. Die großen bogens des Anphiowus. 1—3 sensible, 7—I/II mo- Dorsalzellen hinter dem torische Ganglienzellen, dW dorsale sensible, »W Ventrikel würden dann als ventrale motorische Wurzel. Orig. übergeordnete Aasoaı tionszellen aufzufassen sein, und man wäre berechtigt, sie zum Gehirn im physiologischen Sinne zu rechnen. Morphologisch hebt sich nur die Region des Ventrikels einigermaßen als Gehirn ab durch den weiten Hohlraum, das besondere Epithel und die 2 ersten Nerven, geht aber ohne scharfe Grenze in das Rückenmark über. HartscHek glaubte beim jungen Amphioxus 3 Gehirnabschnitte unterscheiden zu können: den Ventrikel, einen zweiten mit sehr engem Kanal und einen dritten, welcher über dem Kanal einen erweiterten Hohlraum aufweist. Er vergleicht sie den 3 primären Gehirnblasen der Cranioten: Vorderhirn, Mittelhirn mit Aquaeductus Sylvii und Hinterhirn mit Fossa rhom- boidalis. Ich stehe diesen Homologien sehr skeptisch gegenüber, denn der zweite und dritte Abschnitt wird offenbar gebildet durch die Region mit der dorsalen Erweiterung des Spaltraums. Diese Bildung ist so nebensächlich und dazu individuell so veränderlich, daß man keine weitergehende Schlüsse auf sie aufbauen kann. Man kann den Ventrikel nur, wie erwähnt, mit der Sinnesblase der Ascidienlarve und mit dem Archencephalon (494) der Cranioten homologisieren. Die Region der großen Dorsalzellen entspricht dann dem Rumpfganglion der Ascidienlarven und dem Deuterencephalon der Cranioten, denn Ursprung der Wirbeltiere. 487 beide Bildungen gehen allmählich in das Rückenmark über. Mit der Ablehnung der Harschzxschen Dreigliederung des Ampkio.xrus-Gehirns fällt auch die von GEGENBAUR und Bürschrı vertretene Ansicht, daß die Vorfahren dieses Tieres ein höher differenziertes Gehirn besessen haben. Diese Geschöpfe waren doch sehr wahrscheinlich, wie die Ascidienlarven, die Appendicularien und die Jugendformen des Am- phioxus pelagische Planktonfresser, welche die paarigen Sinnesorgane der Cranioten (Auge, Nase, Labyrinth) noch nicht besaßen, und daher fehlte der Anreiz zu einer Weiterentwicklung des Gehirns. Verwandtschaftsbeziehungen des Amphioxus und Ursprung der Wirbeltiere. Schon diese Betrachtungen zeigen, dab das Konservativste Organ, das Nervensystem, zu phyletischen Spekulationen herausfordert. Ohne auf dieses viel erörterte Kapitel näher einzugehen, gebe ich hier eine Uebersicht der Aehnlichkeiten und der Gegensätze, welche zwischen dem Amphioxus einerseits und den Anneliden und Tunicaten, d.h. Ascidienlarven und Appendicularien, andererseits bestehen. Amphiozus Anneliden Tunieaten 1. Metamerie 1. Dorsales röhrenf. Gehirn und 2. Gonocöl Rückenmark mit Neuroporus und 3. Nephridien (— Pronephros) Canalis neurentericus 4. Blutgefäße 2. Chorda üehereine ‚5. Riesenfasern 3. Kiemendarm mit Endostyl stimmungen 7) 6- getrennt geschlechtlich 4. Peribranchialraum 8 5. Primitive Augen aus Ependym- zellen 6. Ruderschwanz 7. Verlauf der Ontogenie ( 8. pelagische Lebensweise 1. Bauchmark und solides Nerven-|1. Keine Metamerie Ver- | system 2. kein Coelom schieden- !|2. keine Chorda 3. anderes Blutgefäßsystem heiten | 3. keine Kiemenspalten 4. andere Nieren 4. kein Peribranchialraum 5. hermaphroditisch Es geht aus dieser Uebersicht deutlich hervor, daß die Verwandt- schaft mit den Ringelwürmern nur eine sehr entfernte ist, denn die wichtigsten Organisationsverhältnisse der Chordaten fehlen den Anne- liden. Wie früher (S. 143) auseinandergesetzt wurde, hat die Metamerie sich bei sehr verschiedenen Tiergruppen aus der Pseudometamerie ent- wickelt. Man wird also annehmen dürfen, daß sie auch bei Anneliden und beim Amphioxus unabhängig von einander entstanden ist, wie auch das Gonocöl mit seinem Ausführungsgang, der Niere. Die ungegliederte wurmartige, vermutlich den Turbellarien nahestehende Urform, aus der sich Ringelwürmer und Praechordaten entwickelt haben, wird ein Gehirn mit diffusem Nervenplexus gehabt haben, aus dem sich bei den am Boden kriechenden Anneliden ein ventrales Bauchmark, bei den pelagisch lebenden Praechordaten ein dorsales Nervenrohr entwickelte. Nach wie vor bleibt der Zusammenhang mit den Wirbellosen in tiefes Dunkel gehüllt. Wir können einigermaßen übersehen, in welchem Verwandt- schaftsverhältnis die Wirbetiere zu den Tunicaten stehen, aber die Kluft zu den übrigen Evertebraten ist nicht überbrückt. Der folgende Stammbaum möge dies andeuten: 488 VI. Kapitel. Tunicata, ungegliedert Praechordata, Br e ungegliedert, 2 elagisch, mit Urtocm ii \ — Praeeraniota —— Craniota (Turbellar ): Chorda, Kiemen- \ pelagisch ungeglied.,Ge- darm N Amphioxus hirn m. diffus. liedert G 1 en gegliedertes Gonocoel, Anneliden, Pronephros, am Boden Bauchmark, Go- lebend nocöl, Nephri- dien, am Boden lebend 3. Craniota. A. Rückenmark und Rückenmarksnerven. Bei allen Wirbeltieren zerfällt das Nervenrohr in zwei Abschnitte,in das im Schädel liegende Gehirn (Cerebrum) und in das nach hinten folgende Rückenmark (Medulla spinalis). Der hinterste Hirn- abschnitt, das sog. verlängerte Mark (Medulla oblongata) vermittelt den Uebergang und hat schon große Aehnlichkeit mit dem Rückenmark. Das letztere durchzieht den ganzen Körper bis in den Schwanz hinein oder bis in dessen Nähe (487, 488) und liegt im Wirbelkanal. Der Hohlraum des Rückenmarks ist beim Embryo weit, wird aber durch Verdickung der seitlichen Wände immer enger, so daß schließlich nur seine ventrale Portion als ein sehr feiner Kanal übrig bleibt, während die dorsale sich in Gestalt einer Scheidewand (Septum dorsale) erhält (489). Der Querschnitt ist queroval oder rundlich, nur bei den Cyclostomen und Chimären flach, bandförmig. Von den Amphibien an bildet sich auf der Ventralseite eine Längsfurche (Fissura ven- tralis s. longitudinalis) aus, indem die ventrale Hälfte stärker wächst und sich vorwölbt. Um den Kanal herum breitet sich die sraue Substanz (Ganglienzellen, überwiegend marklose Fasern, einzelne markhaltige Fasern und Stützzellen) in Form eines H oder X aus und wird nach außen von der weißen Substanz (längs- verlaufende markhaltige Fasern und Stützzellen) umhüllt. Die graue Substanz enthält also allein die Ganglienzellen, während die weiße aus Fasern besteht, welche die verschiedenen Regionen des Rückenmarks und des Gehirn untereinander verbinden. Man kann die graue Substanz daher auch als den Eigenapparat, die weiße als den Leitungsapparat des Rückenmarks bezeichnen, denn ersterer leistet die eigentliche nervöse Arbeit, die Aufnahme der von außen kommenden Reize und ihre Ueber- tragung auf die motorischen Ganglienzellen und damit auf die Muskeln, während letzterer sie nur zu anderen Regionen der grauen Substanz weiterleitet. Der Gegensatz zwischen grauer und weißer Substanz fehlt noch bei den Cyclostomen, da diese im Rückenmark noch keine markhaltigen Fasern haben, sich also in dieser Beziehung wie Amphioxus verhalten. Bei Fischen und Amphibien sind die motorischen Zellen oft sehr groß; ihre Dendriten reichen oft bis in die Hinterhörner und durch die weiße Substanz hindurch, unter deren Oberfläche sie ein Randgeflecht bilden. Die Stützsubstanz des Rückenmarks der Cranioten besteht aus einem Filzwerk von Fasern, welche teils von den den Zentralkanal auskleidenden Ependymzellen, teils von den in der grauen und weißen Substanz verteilten Gliazellen ausgehen. Die segmental angeordneten Rückenmarksnerven entspringen immer mit einer dorsalen Rückenmark und Rückenmarksnerven. 489 sensiblen und einer ventralen motorischen Wurzel (490), wodurch die weiße Substanz in den Dorsal-, den Ventral- und den Seiten- Fig. 487. Zentralnervensystem von der Rückseite, A Emys europaea nach BOJANUSs, B von Gallus domesticus nach R. WAGNER. i Cervicalanschwellung, : Lumbal- anschwellung, s Sinus rhomboidalis. Aus GEGENBAUR. Fig. 488. Plexusbildungen der Rückenmarksnerven des Menschen, kombiniert nach TOLDT und GEGENBAUR. Pl.cer. Plexus cervicalis, Pl.bra. Plexus brachialis, Pl. luımb. Plexus lumbalis, Pl. saer. Plexus sacralis. 1—VIII Halsnerven, 1—12 Brust- nerven, I—V Lendennerven, 1—4Kreuzbeinnerven. Ar Arachnoidea, C.e.Cauda equina, Dm Dura mater, f N. femoralis, » Verbindung der ersten Halsnerven mit dem Hypo- glossus, zs N. ischiadicus, »z N. medianus, o N. obturatorius, r N. radialis, « N. ulnaris. Der Wirbelkanal ist von der Dorsalseite geöffnet worden. 490 v1. Kapitel. strang zerfällt. Die graue Masse gliedert sich in die auf dem Quer- schnitt quer verlaufende Kommissur, welche den Zentralkanal umgibt, in die dorsalen und in die meist stärker entwickelten ventralen „Hörner“ oder „Säulen“. In Wirklichkeit besteht die graue Substanz natürlich aus 2 Seitenplatten, welche durch eine mittlere Querbrücke verbunden sind. Die Bezeichnung Hörner ist nur dem Querschnitts- bild entnommen. Die dorsale Wurzel erweitert sich stets zu einem Spinalganglion, welches als ein nach außen verlagerter Teil des Rücken- marks anzusehen ist, denn es entwickelt sich aus seitlichen Wucherungen der Neuralrinne (45 A, N/), der sog. Neuralleiste. Nur beim Ampkhioxus fehlen die Spinalganglien (s. S. 484), weil ihre Zellen im Rückenmark selbst liegen bleiben (486). Die Gestalt der Hörner und das Größenverhältnis der grauen zur weißen Substanz ist bei den verschiedenen Gruppen und auch in den Körperregionen sehr wechselnd (489). Im allgemeinen überwiegt bei niederen Formen (C, D) die graue Substanz, bei höheren die weiße (B, E), d. h. das Leitungsvermögen vervollkommnet sich zunehmend. 489 B (Brustregion des Menschen) gibt in dieser Beziehung eine richtigere Vor- Portion der hinteren : 8 Wurzel Einstrah- Sept. med. Hinter- RER I N, Hintere Wurst lungszone posterius strang mediale laterale undel 4 l 1 ' L! [1 I ’ ’ Zona terminalis Zona ET \ \ WR ES 2 .- Hintersäule spongiosa ? } \ .n Subst. neo gelatinosa _.. Pia mate Formatio reticularis 2 Horı „... Spon giosz -- Seiten- strang "\ Vorder- säule medial-vordere I ————— m m u 24 (Gruppe von Nervenzellen 2 ; N : Comiss. Fissura ; Vordere Wurzel- alba mediana Vorderstrang bündel anterior Fig. 489 A Rückenmark. 491 Ap ’ 1 Vo Öace Fig. 489 C. ı I IN! ı 1 ı N 1 I | ı A r SD 4 ı ‘ Fasz EN Cv Fmv VS Vov De RN REINER Vw Cv Fmv vs Glh Fig. 489 D. Fig. 489 E. Fig. 489. A Querschnitt durch das Rückenmark des Menschen (Lenden- anschwellung), '!/,, nach STÖHR. B Mensch, mittlere Brustregion, 3'/,/,. C Karpfen. D Bufo einereus. E Pseudopus pallasü, '*/, nach ZIEHEN. Acd Angulus des Hinter- horns, Ap Andeutung eines Apex, Öacc Commisura accessoria, Cc Zentralkanal, Cd Commissura dorsalis, 095 Zentralteil der grauen Substanz, Ce! CLARKESsche Säule, Cv Comm. ventralis, Dh Dorsalhorn, Dhep Kopf des Dorsalhorns, DS Dorsalstrang, Diw Dorsalwurzel, Fmnd, Fmv Fissura mediana dorsalis und ventralis, @/h GIh‘' Glia- hülle, Rx Randzone, RS Substantia Rolando, SS Seitenstrang, Sx Stratum zonale, Vh Vorderhorn, VS Vorderstrang, Vw Vorderwurzel. stellung als A (Lendenanschwellung). Für die Teleosteer (CO) ist das Vor- handensein vieler weißer Inseln in den Vorderhörnern beachtenswert, für die Anuren (D) die Breite der Dorsalhörner. Auffallenderweise sind bei der Blindschleiche (E) durch den Verlust der Beine die Hinterhörner reduziert worden, während man eine solche Rückbildung eher für die motorischen Vorderhörner erwarten sollte, da doch z. B. die Fleder- mäuse infolge des Flugvermögens sehr breite Vorderhörner haben. Bei den Vierfüßlern ist das Rückenmark dort, wo die Nerven der Vorder- und der Hinterextremitäten entspringen, verdickt zu der sog. Hals- und Lendenanschwellung (Intumescentia cervicalis et lumbalis) (48%), deren Breite ganz abhängt von der Ausbildung der Gliedmaßen. So haben die Fledermäuse eine breite Halsanschwellung, 492 VI. Kapitel. während bei den Vögeln (487) und bei dem Känguruh die hintere Er- weiterung durch ihre Größe auffällt. Beim Menschen sind beide An- schwellungen ungefähr 13 mm breit gegen 10 mm in der Mitte der Brust (498). Die Halsanschwellung des Menschen ist stärker als diejenige des Gorilla, wohl infolge der vielseitigen Verwendung von Arm und Hand. Phocaena und Delphinus besitzen noch eine Lenden- anschwellung, was beweist, daß sie früher eine Hinterextremität gehabt haben. Hingegen fehlt sie bei den fußlosen Anguis fragilis und Pseudopuspallasii. Bei den Dinosauriern mit ihren riesigen Hinter- beinen erweiterte sich der Sacralkanal beträchtlich und erreichte bei Stegosaurus sogar das Zehnfache der Schädelhöhle. Hinten läuft das Rückenmark in der Regel in einen dünnen Endfaden (Filum termi- nale) aus, welcher sehr verschieden weit nach hinten reicht. Ist der Schwanz stark entwickelt (Urodelen, Reptilien), so erstreckt sich das Rückenmark in ihn hinein. Bei den Vögeln hat es sich aus den hinter- sten rudimentären Schwanzwirbeln zurückgezogen und bei den Säugern setzt es sich überhaupt nicht mehr in den Schwanz fort, da dessen Muskulatur rückgebildet ist. In dem Maße als sich das Rückenmark nach vorn zu verkürzt, bleiben die hintersten Nerven im Wirbelkanal liegen und bilden bei Anuren und Säugern das als „Pferdeschwanz, Cauda equina“ bezeichnete Endbündel von Nerven. Beim erwachsenen Menschen (488) endet das eigentliche Rückenmark zwischen dem ersten und zweiten Lendenwirbel, und der Endfaden erstreckt sich von hier bis zum zweiten Steißbeinwirbel, während es in den ersten Embryonal- monaten noch bis zum unteren Ende des Kreuzbeins reicht. Auffallend kurz ist das Rückenmark der Fledermäuse, da es am 9. Brustwirbel endet. Bei Rhinolophus hat es nur die Länge des Gehirns und er- scheint wie ein Anhang desselben. Ebenso ist das Rückenmark von Orthagoriscus mola und von Lophius piscatorius nicht viel länger als das Gehirn, da der Hinterkörper dieser Fische stark verkürzt ist. Der feinere Bau des Rückenmarks und der Verlauf seiner Fasern ist natürlich besonders gut bei Säugern und speziell beim Menschen untersucht worden, weshalb ich mich hier auf eine kurze Wiedergabe dieser Verhältnisse beschränke. Es ist aber zu betonen, daß sie in der Hauptsache für alle Wirbeltiere gelten, mit Ausnahme der bis in das Großhirn reichenden Fasern, welche nur bei Vögeln und Säugern vorkommen. Anstatt der Bezeichnung dorsal und ventral spricht man bei Menschen von Hinter- und Vorderhörnern, von hinteren und vorderen Wurzeln, von Hinter- und Vordersträngen. Von den Ganglienzellen der grauen Substanz fallen diejenigen im Vorder- horn (489, 490) durch ihre Größe besonders auf. Sie liegen in einer lateralen hinteren und einer medialen vorderen Gruppe und sind moto- rischer Natur, denn ihre Neuriten setzen sich in die Fasern der vorderen Wurzeln fort und versorgen die Muskeln des Rumpfes und der Ex- tremitäten. Es hat sich beim Menschen zeigen lassen, daß im allgemeinen jede Gruppe von Fasern einen bestimmten Muskel versorgt. Weiter nach hinten liegen an der Basis der Hinterhörner kleinere Ganglien- zellen » die sog. Strang- oder Associationszellen (4W Str.z.), welche so genannt werden, weil sich ihre Neuriten nur in die als Stränge bezeichneten Massen der weißen Substanz fortsetzen, sich also nie ın periphere Nerven erstrecken. Unter ihnen bilden die Zellen der „ÜLARKE- Rückenmark. 493 schen Säule“ (OZAR. S., CLARKE 1851; ihr Entdecker ist SrıLuıms 1843) eine besondere Gruppe zu beiden Seiten des Zentralkanals, welche bis jetzt freilich nur für Säuger nachgewiesen ist. Nach hinten von den Strangzellen und der Crarkeschen Säule liegt eine durchscheinende gelatinöse, hauptsächlich gliöse Substanz (Sustantia gelatinosa Dorstr. dor. sen.Wu. ak DIN NN \\k N | nie Symp:6l. vise:mot. SE Da ec 7 IIIN /_ | Fissv. N Ass.b.\Vstr. ’ |’ ‚ ’ ‘lil 1 / ‘sf l \ m ) Y, Fig. 4%. Schema des menschlichen Rückenmarks. Somatosensibele Fasern schwarz, somatomotorisch blau; Symphathicus rot, und zwar sensibele Fasern durch- brochen, effektorische durchlaufend. Die Strecke des gemischten Nerven ist, um Platz zu sparen, verkürzt. OK. Zentralkanal, Olar.S. CLARKEsche Säule, Da. Darm, dors.sen. Wu. dorsale sensibele Wurzel, Dor.str. Dorsalstrang, dor. Wuf. dorsale Wurzel- fasern, Frss.v. Fissura ventralis, gel Substantia gelatinosa, @/.spin. Ganglion spinale, m.@lx. motorische Ganglienzellen, M«. Muskel, Pyra.b. Pyramidenbahn, Ra.dor. Ramus dorsalis, Ra.vent. Ramus ventralis, Ra.vise. Ramus visceralis, S. Septum, S.str. Seiten- strang, Str.x. Strangzellen, Symp. Gl. sympathisches Ganglion, Thal. zum Thalmus, risc.-mot. visceromotorisch, »2sc.-sen. viscerosensibel, x.K/h. zum Kleinhirn, x. Med. zur Medulla. Orig. Rolando) (489, 490), welche dorsalwärts in eine spongiöse übergeht. Dann schließt das Hinterhorn ab mit einer „Randzone“ aus Faser- querschnitten. Wir haben schon oben gesehen (365), wie der gewöhnliche Rücken- marksreflex verläuft. Die aus der Haut kommenden sensiblen Fasern gelangen in das Ganglion spinale, welches zahlreiche unipolare Ganglien- zellen (108) enthält. Sie stellen die rezeptorischen Neuronen dar, welche VI. Kapitel. 494 den Reiz zunächst aufnehmen und ihn mit ihren austretenden Fasern in die Hinterhörner und weiter in die Vorderhörner leiten, wo sie ihn durch ihre Dendriten auf die motorischen Ganglienzellen übertragen, | Fig. 491. Schema des Faserverlaufs im menschlichen Rückenmark. Schwarz Bahnen vom Rückenmark zum Gehirn, rot vom Gehirn zum Rückenmark, kleine Kreise Associationsbahnen. abst.Ast. absteigender Ast, aufst.Stammf. aufsteigende Stammfaser, Assoe. Associationszellen, Assoc.b. Associationsbahn, Olark.S. OLARKEsche Säule, col collaterale, yern.Spin.N. gemischter Spinalnerv, @l.spin. Ganglion spinale, Hent.str. Hinterstrang, Kexl.str. Keilstrang, »mot.@l.x. motorische Ganglienzellen, mot ven.W. motorische ventrale Wurzel, sen.do. W. sensibele dorsale Wurzel, Tr.cort.sp. Tractus corticospinalis, Tr.r«.s. Tractus rubrospinalis, Tr.spr.thal. Tractus spinothalamieus, Tr.s.cer. Tractus spinocerebellaris, Tr.tee.sp. Tractus tectospinalis, 7>.ve.spin. Tractus vestibulospinalis, Tal. Thalamus. gem.Sp inN. - Rückenmark. 495 direkt oder durch Vermittelung einer Associationszelle (490). Auf diesem Wege löst also der Hautreiz eine Muskelkontraktion aus. Die Tatsache, daß ein bestimmter Hautreiz oft eine ganze Anzahl ver- schiedener Muskeln in Tätigkeit setzt, erklärt sich leicht daraus, daß jede sensible Faser bei ihrem Eintritt in das Rückenmark sich T-förmig in einen kurzen, im Hinterstrang herabsteigenden Ast und eine lange aufsteigende Stammfaser gabelt (491). Nicht weit von der Gabelungs- stelle entspringt ein Seitenast (Collaterale 491 — col), welcher zur motorischen Ganglienzelle herabsteigt. Die Stammfasern geben nun eine größere Anzahl von solchen Collateralen ab und versorgen auf diese Weise mehrere Muskeln. Diese Stammfasern liegen in den Hinter- strängen des Rückenmarks, und die aufsteigenden unter ihnen lassen sich bis zu Gruppen von Ganglienzellen in der Medulla oblongata ver- folgen, welche als die Kerne der Hinterstränge (942, Nucleus cuneatus und gracilis) bezeichnet werden. Wieder andere sensible Fasern um- spinnen die Strangzellen oder hören mit ihren Endästen in der Faser- masse der Hinterhörner auf. Die Fasern der weißen Substanz verlaufen fast alle in der Längsrichtung und zerfallen in 3 Gruppen, je nachdem sie den Reiz aufwärts zum Gehirn (491, schwarze Punkte und Fasern) oder umgekehrt vom Gehirn zum Rückenmark (rote Punkte und Fasern) leiten oder als sog. Associationsfasern die verschiedenen Regionen des Rückenmarks untereinander verbinden (Assoe.b. Kreispunkte). Die wichtigsten Bahnen vom Rückenmark zum Gehirn sind (491, 542 schwarze Linien oder Punkte): 1) die schon erwähnten Hinterstränge; 2) die Fasern aus den Zellen der OrArkeschen Säule laufen quer nach außen zur Peripherie der weißen Substanz und von hier in einer dorsalen und einer ventralen Gruppe des Seitenstrangs zum Kleinhirn. Sie werden daher als Tractus spino-cerebellaris zusammengefaßt, und man nimmt an, daß sie Reize weiterleiten, welche von dem Klein- hirn zur Regulation der Bewegungen benutzt werden. 3) Andere Strangzellen senden ihre Neuriten durch die vordere Kommissur nach dem Vorder- und Seitenstrang der andern Seite und von hier zum Thalamus des Zwischenhirns (Tractus spinothala- micus) (491, Tr.spi.thal.) oder zum Teil (bei Säugern) nur bis zum Dach des Mittelshirns (Tractus spinotectalis). Alle diese Fasern sind sensibel und leiten die Empfindungen aus der Haut, den Muskeln, vielleicht auch den Eingeweiden zu den übergeordneten Gehirnzentren. Bahnen vom Gehirn zum hückenmark (491, 542 rot). 1) Am wichtigsten ist der Tractuscortico-spinalis (Tr.cort.sp,)., welcher in der Großhirnrinde beginnt, dann unter Kreuzung in der Pyramide der Medulla oblongata zu der andern Seite verläuft und von hier im hinteren medialen Teile des Seitenstranges herabzieht. Ein Teil dieser „Pyramidenbahn“ verläuft ungekreuzt am Innenrande der Vorderstränge. Beide Bündel geben Ausläufer an die motorischen Ganglienzellen ab (491) und vermitteln so die auf Willen und Ueber- legung beruhenden Muskelbewegungen. Diese wichtige Bahn ist bisher nur für Säuger nachgewiesen worden. Ihre Lage variiert, da bei vielen Säugern die Pyramiden- bahn in den Hintersträngen liegt. Sie ist um so stärker entwickelt, je höher die Intelligenz ist und je vielseitiger die Vorderextremität benutzt wird. Sie macht beim Menschen 30 Proz. des Rückenmarks- querschnitts aus, bei Affen 10—14 Proz., bei der Gazelle 3 Proz. 496 VI. Kapitel. 2) und 3) Ventral von der Pyramidenseitenbahn liegen 2 kleinere Bündel, der Tractusrubrospinalis(7r.ru.s.), welcher aus dem Mittel- hirnboden (roter Haubenkern) und der Tractus tectospinalis (Tr.tee.sp.), welcher aus dem Mittelhirndach entspringt. 4) An sie schließt sich am Außenrand der Vorderstränge der Tractus vestibulo-spinalis (Tr.ve.spin.) an, welcher die Verbin- dung zwischen dem statischen Zentrum der Oblongata (Deıtersscher Kern) mit der Muskulatur vermittelt. Von diesem Zentrum entspringt der Nerv des Labyrinths, welcher den Tonus (Spannung) der Muskulatur reguliert. Daher ist dieser Zug besonders bei Fischen und andern mit dem Schwanz schwimmenden Tieren stark entwickelt. Die Associationsfasern (Assoc. b.) sind sehr zahlreich und finden sich überall in den Vorder- und Seitensträngen. Ein Teil von ihnen geht durch die graue Kommissur zur andern Seite hinüber. Indem diese Bahnen nach vorn und hinten verlaufen und überall Seitenäste abgeben, können sie sensible Reize auf die verschiedenen Muskeln über- tragen. So kommen viele koordinierte Bewegungen auch bei geköpften Tieren zustande (Springen des Frosches, Flattern des Huhns). Einschränkung des BELL-MAGENDIEschen Gesetzes. Wenn nach diesem Gesetz (s. S. 380) die Hinterhörner als afferent oder sensibel, die Vorderhörner als efferent oder motorisch bezeichnet werden, so gilt dies nicht ohne gewisse Einschränkung. Es ist richtiger zu sagen, daß die Hinterhörner für die Hautnerven, die vorderen für die Muskel- nerven bestimmt sind. Die letzteren dienen aber nicht nur zur Be- wegung, sondern orientieren auch über die Muskelspannung, sind also auch Empfindungsnerven. Die Augenmuskelnerven und der Hypo- glossus gelten als rein motorisch. Wird aber der Trochlearis durch- schnitten an seiner Austrittsstelle aus dem Hirnstamm, so degenerieren nicht nur die motorischen Endplatten, sondern auch alle sensiblen Endigungen am Muskel und seiner Sehne. Dieser Nerv führt also auch sensible Fasern, da es nicht wahrscheinlich ist, daß die sensible Degeneration eine indirekte Folge der motorischen ist, mit welcher Möglichkeit aber immerhin noch zu rechnen ist. Wahrscheinlich führen auch der Hypoglossus und die Vorderwurzeln der Spinalnerven sensible Fasern. Umgekehrt enthält der dorsale Vagus sicher motorische. Das Bertsche Gesetz verlangt konsequenterweise, daß die Erregung immer in demselben Sinne, zentripetal oder -fugal, weiter geleitet wird. Das Leitungsvermögen ist aber doppelsinnig, denn wenn der zentrale Stamm eines Extremitätennerven mit den peripheren Stümpfen zweier Muskel- nerven zur Verheilung und Regeneration gebracht wird, und wenn dann jener Stamm zentral von der Narbe durchschnitten wird, so zucken bei der Reizung des einen Muskelnerven beide Muskeln; der Reiz muß also in dem gereizten motorischen Nerven eine Strecke weit zentri- petal geleitet worden sein. Borke hat gezeigt, daß eine sensible Faser zu einer motorischen und umgekehrt gemacht werden kann. Wird der zentrale Stumpf des Bewegungsnerven der Zunge, des Hypoglossus, beim Igel vereinigt mit dem peripheren Stumpf des sensiblen Lingualis, so degenerieren die Aeste des letzteren und die Schmeckbecher, und die Hypoglossusfasern wachsen an ihrer Stelle ein und es entstehen neue Sinnesorgane. Wird umgekehrt der zentrale Lingualisstumpf mit dem peripheren Hypoglossus vereinigt, so wachsen die Lingualisfasern aus und bilden motorische Endplatten. Da die zentralen Neuronen über die Art der Empfindung entscheiden, so wird ein solcher Igel im ersten Rückenmarksnerven. 497 Falle bei der Berührung der Nahrung das Gefühl von Zungenbewegung und im zweiten bei der Bewegung der Zunge eine Geschmacksempfindung haben. Rückenmarksnerven. Die durch die Vereinigung der dorsalen und ventralen Wurzeln gebildeten Rückenmarksnerven sind stets gemischter Natur. Diese Ver- einigung fehlt unter allen Wirbeltieren nur bei Amphioxus und Petro- my:xon, während sie bei Myxine schon eingetreten ist. Der gemischte Nerv spaltet sich sehr bald (490) in einen dünneren dorsalen und einen stärkeren ventralen Ast, welche beide ebenfalls gemischter Natur sind und jeder mit einem dorsalen Ast die Haut und mit einem ventralen die quergestreifte Muskulatur versorgen. Die Vereinigung der beiden Wurzeln erfolgt bei den Fischen meist außerhalb des Wirbelkanals, bei den Tetrapoden innerhalb desselben. Die ventrale Wurzel liegt bei Anamniern meist myal (in der Querebene des Muskels) und etwas vor der septalen dorsalen (492 A), bei Amnioten meist in derselben Ebene. Im Laufe der Phylogenie sind die vordersten Spinalnerven (etwa bis zu 5) vom Schädel aufgenommen worden, wobei die dorsale Wurzel meist verloren ging. Man nennt sie „occipitale“ oder „spino-oceipitale“ Nerven (492 x, y, z). Aus solchen Nerven sind bei den Amnioten der Hypoglossus und der Accessorius Willisii hervorgegangen. Auch der erste Spinalnerv hat häufig keine oder nur eine rudimentäre (Mensch) dorsale Wurzel, ein Zeichen, daß er im Begriff ist, zu einem Gehirn- nerven zu werden. Die Grenze zwischen Gehirn und Rückenmark ist also nicht scharf, sondern verschiebt sich caudalwärts. Auch ein prinzi- pieller physiologischer Unterschied ist nicht vorhanden, denn vom Mittel- hirn an nach hinten finden sich „Kerne“, d. h. Haufen von Ganglien- zellen, aus denen die Nerven entspringen. Der gemischte Nerv ver- läßt den Wirbelkanal im allgemeinen intercrural, d. h. zwischen den Bogen der Wirbel, es kommen aber auch vielfach andere Verhältnisse vor. So durchsetzen bei manchen Teleosteern beide Wurzeln den Bogen des Wirbels, während bei vielen Haien die ventrale Wurzel sich ebenso verhält, und die dorsale etwas weiter nach hinten zwischen den Wirbeln heraustritt. Selbst bei Vögeln und Säugern kommen noch durchbohrte Wirbel vor. Die Spinalnerven werden bei intervertebralem Austritt den vorhergehenden Wirbeln zugerechnet. Da der erste Halsnerv zwischen Schädel und Atlas liegt, zählt man bei Säugern 8 Üervicalnerven. Die größere Dicke der ventralen Aeste hängt damit zusammen, daß sie besonders viele Muskeln innervieren, namentlich die Rumpi- und Extremitätenmuskeln. Von jedem Ventralast geht außerdem ein kurzer Ramus visceralis s communicans (zuweilen auch mehrere) zum Sympathicus (490). Von den Hirnnerven unterscheiden sich die Rücken- marksnerven durch ihre Lage hinter dem Schädel, durch ihre doppelte Wurzel und ihre streng metamere Anordnung. Zu jedem Urwirbel resp. Körpersegment gehört jederseits ein Spinalnerv, welcher immer markhaltig ist; nur bei Oyclostomen fehlt, wie bei Amphioxus, das Myelin. Die in die Flossen bzw. Beine eintretenden Nerven bilden vorher ein Geflecht von Verbindungsfasern, welches vorn als Plexus cervico- brachialis hinten als Plexuslumbosacralis bezeichnet wird (488, 556). Solche Plexusbildungen sind erstens darauf zurückzuführen, daß benachbarte Nerven überhaupt die Neigung haben, Anastomosen zu bilden; Plate, Allgemeine Zoologie 1]. 32 498 VI. Kapitel. zweitens haben sich die Extremitäten im Laufe der Stammesgeschichte vielfach verschoben, wodurch die Nerven zusammengedrängt wurden. Die paarigen Gliedmaßen sind nach der GeGENnBAURSschen Archi- n Mustelus x°- 4 \ 7ER, Hr I , \ CH HEIZ I N RN HR III \ EN SONO Pl’ev. Pla Bi TPl.br N R.ev Rana ; 3 NZ FL Pl.cv Pl.br N Ad \f” 323 AR Pl.br FAN Pl.Ibsac Fig. 492. Plexus cervicalis (Pl.cev) und brachialis (Pl.br). Avon Mustelus, B von Esox, © des Urodelen Neeturus, D von Rana, E von Python reticulatus, F Plexus lumbosacralis von Python. A—D nach FÜRBRINGER; E, F nach CARLSSON. e Cutisnerv, em Nerv des Musc. cervicomandibularis, er Cranium, Ay Hyoid, md Mandibulare, pg Palatoquadratum, R.cer Ramus cervicalis, vg Vagus, x, y 2 occi- pitale Nerven. 1I—V Kiemenbogen. pterygium-Theorie, welche nach meiner Meinung in der Haupt- sache zu Recht besteht, entstanden aus nach hinten gewanderten Kiemen- bögen. Ihre Muskeln haben den Zusammenhang mit ihren ursprüng- Plexus der Rückenmarksnerven. 499 lichen Nerven häufig nicht verloren, aber sie haben andere Spinalnerven in sich aufgenommen, in deren Gebiete sie übergetreten sind, so dab ein Muskelsegment zuweilen von mehreren Nerven versorgt wird. Der physiologische Vorteil der Plexusbildung besteht in einer Summierung der Erregungen. In den Knotenpunkten werden die Fasern nach den verschiedensten Richtungen ausgetauscht, und daher kann jeder Punkt eines Muskels von mehreren Nerven gereizt werden und auch umge- kehrt viele Punkte eines Muskels von derselben Stelle eines Spinal- nerven. Alle solche Plexus varieren häufig und sind nicht selten auf beiden Körperseiten ungleich ausgebildet. An den Brust- und Bauch- flossen der Selachier zerfällt jedes Geflecht in einen proximalen Ab- schnitt nach innen von der Rumpfmuskulatur und in einen distalen auf der eigentlichen Flosse. Jeder in diese eintretende Nerv spaltet sich in einen dorsalen und einen ventralen Ast, und die dorsalen Aeste bilden unter sich ein Geflecht für die Hebermuskeln und ebenso die ventralen für die Senkmuskeln. Beide Geflechte stehen nicht unter- einander in Verbindung. Aus den proximalen Geflechten gehen die- jenigen der höheren Tiere hervor. Die ursprünglichsten Verhältnisse liegen bei den Selachiern vor. Wir sehen in 492 A drei occipitale Nerven (x, y, x) aus dem Schädel austreten und sich mit 6 Spinalnerven zu einem starken Stamm vereinigen, aus dem der Plexus cervico- brachialis hervorgeht. Der Stamm versorgt zunächst die Muskulatur der Kiemenbogen und biegt hinter dem fünften auf die Ventralseite über, um sich in den hypobranchialen Muskeln geflechtartig auszubreiten. Dieser Abschnitt wird als Plexus cervicalis bezeichnet. Die folgen- den 4 Spinalnerven bilden den Plexus brachialis der Brustflosse, in den auch der Pl. cervicalis einen Ast entsendet, welcher bei Mustelus Fasern aus 4 Nerven enthält. Es beteiligen sich also diese 4 Nerven gemeinschaftlich an beiden Geflechten. Der nach hinten geneigte Verlauf aller dieser Nerven ist nur verständlich unter der An- nahme, daß die Kiemenregion sich vom Kopf gegen den Rumpf ver- schoben hat. Die Zahl der occipitalen Nerven beträgt bei den primi- tiven Haien Hexanchus und Heptanchus zuweilen noch 5; die meisten Haie haben 2 oder 3, die Rochen einen oder gar keinen. Sie finden sich auch noch bei einigen Ganoiden und bei Protopterus, fehlen bei Knochenfischen und Amphibien, was als sekundäre Rückbildung auf- zufassen ist, sind aber bei Amnioten vorhanden. An dem Pl. cervic. beteiligen sich je nach den Familien eine verschiedene Anzahl von Nerven: bei Holocephalen 4, Haien 4—11, Rochen 10—12. Er enthält ganz überwiegend motorische Fasern und nur wenige sensible für die Haut. Die Zahl der beiden Plexus gemeinsamen Nerven ist bei Haien klein (1-4), bei Rochen wegen der breiten Brustflosse viel größer (8-10). Bei Amphibien beschränkt sich die Zahl der gemeinsamen Nerven auf einen, seltener auf zwei (Uryptobranchus, Prpa). Die Zahl der Nerven des Pl. cervicobrachialis hängt bei den Fischen wohl in erster Linie von der Größe der Brustflosse ab, wie die folgenden, den Fürsrrngerschen und Brausschen Abbildungen ent- nommenen Zahlen, erkennen lassen. Die hohen Zahlen der niederen Fische finden aber außerdem in der Wanderung der Vorderextremität nach hinten ihre Erklärnng. Bei Knochenfischen und Amphibien wird die Zahl der Nerven geringer, weil die occipitalen Nerven ausfallen und die Basis der Extremität sich verschmälert. Die Zahlen sind: 39* 500 VI. Kapitel. Spinax 9, Scymnus 12, Mustelus 13, Rhina 26, Torpedo 26, Raja ca. 40, Irygon 56, Ganoiden 7—9, Protopterus 5, Knochenfische 3—5 (492 B). Unter den Amphibien haben die Urodelen 4—6 (492 C), Anura 5—4 (D), wobei der Vergleich zeigt, dab der erste Nerv fortgefallen ist. In allen diesen Fällen hängen beide Plexus noch miteinander zusammen, während sie bei den Amnioten getrennt sind, so daß 1—21 Nerven sich zwischen sie schieben. Daß diese Trennung sich all- mählich vollzieht, beweist der Umstand, daß individuell bei Proteus, ferner bei einzelnen Anuren und den meisten Dipnoern eine voll- kommene Scheidung beider Geflechte sich vollzogen hat. Aber selbst wenn bei Amphibien eine Verbindung derselben noch vorhanden ist (492 D), ist sie meist so zart, daß praktisch die Sonderung schon ein- eingetreten ist. Man kann also sagen, daß nur bei Fischen, mit Aus- nahme der Dipnoer, beide Plexus innig verbunden sind. Hypoglossus. Bei den Amnioten werden die Wurzeln des Cervicalplexus vom Schädel aufgenommen und ihre Nerven verschmelzen zu einem Stamm, welcher als Hypoglossus, Zungennerv, bezeichnet wird, da aus der hypobranchialen Muskulatur die Zunge sich entwickelt. Wegen seines Ursprungs an der Medulla oblongata wird er als 12. Gehirnnerv ange- sehen. Infolge seiner Entstehung hat dieser Nerv fast immer mehrere Wurzeln, welche durch 1—3 Löcher den Schädel verlassen, und zwar erhalten sich fast immer nur die ventralen Wurzeln, während die dor- salen verschwinden. In einigen Fällen sind aber auch diese erhalten, und zwar am häufigsten bei dem 3. oceipitalen Nerven (Homo, Sus, Wiederkäuer, Pferd), während eine dorsale Wurzel am 2. und 3. Nerven beim Hund und bei Schweineembryonen beobachtet worden ist. Bei Embryonen des Menschen und einiger Säuger kommen noch ein oder zwei weitere occipitale Nerven vor, welche aber wieder verkümmern; ein Zeichen, daß sich ursprünglich etwa 5 Nerven zum Hypoglossus vereinigt haben. Obwohl er meist hinter dem Vagus liegt, rückt er bei Monotremen, Affen, Mensch u.a. zuweilen ventral von ihm. Die Zahl der ventralen Wurzeln beträgt bei Sauropsiden und Säugern meist zwei oder drei, und mit denselben verbinden sich in der Regel die ersten Spinalnerven. Im folgenden bezeichnet die erste Zahl die occi- pitalen Wurzeln, die zweite die Anschluß findenden Spinalnerven: Krokodile 2 oder 3 + 0; die meisten Saurier, Ophidier, Chelonier und Vögel 2oder3 + 1; Hatteria, einige Reptilien und Vögel, Macropus, Myrmecophaga, Erinaceus, Nager, Carnivoren, 2 oder3 + 2; Affen, Mensch 2-+ 3 oder 4 (488). Nach Fıranpr lassen sich bei zahlreichen Säugern aus allen Familien, von den Monotremen bis zum Menschen hinauf 4 occipitale Wurzeln nachweisen. Die sehr variable Zahl von Cervicalnerven, welche sich mit dem Hypoglossus verbinden, gestattet den Schluß, daß der ganze Komplex vom Schädel aufgenommen wird. Daher auch beim Menschen das häufige Fehlen der dorsalen Wurzel des ersten Halsnerven und die zuweilen beobachtete Verschmelzung des Altas mit dem Schädel. Nach seinem Austritt verläuft der Hypo- glossus dorsolateral über den Vago-Accessorius hinweg und verbindet sich dabei mit diesem, dem Glossopharyngeus und dem Sympathicus durch einige Fäden. Extremitätenplexus. 501 Plexus brachialis. Wie die Hinterextremität der Amnioten fast immer stärker und größer ist als die vordere, weil sie mehr Arbeit zu leisten hat, so ist auch der lumbosacrale Plexus reicher entwickelt als der brachiale. Aus dem letzteren gehen 53 Hauptnerven hervor, der dorsale N. radialis für die Streckmuskeln und die ventralen N. ulnaris und N. me- dianus für die Beugemuskeln. Der Brachialplexus wird bei Reptilien und Vögeln von den ungefähr 5 letzten Halsnerven gebildet, daher hat der 1. Nerv bei kurzhalsigen Arten eine niedrige Nummer, bei lang- halsigen eine höhere. Bei Chameleo setzt sich das Geflecht zusammen aus dem 3.—6., bei den meisten Sauriern aus dem 6.—9. Nerven. Der 1. Nerv ist bei Oypselus der 7. Spinalnerv, bei Oygnus der 22. In demselben Maße wie der Hals sich verlängert, rückt der Arm nach hinten. Wenn bei Reptilien die Vorderbeine sich verkleinern oder ganz verschwinden, wird auch der Plexus reduziert und rückt dabei nach vorn. Die Zahl der beteiligten Nerven ist bei Seps mit ver- kümmerten Vorderbeinen 4, bei den beinlosen Amphisbänen 3 und bei einigen Schlangen 2 (492 E). Bei Schlangen fehlt er sehr häufig. Er ist vorhanden bei Python reticulatus, Tropidonotus natrix, Coronella laevis und einigen anderen, schwankt aber individuell sehr und ist auch zuweilen auf beiden Seiten verschieden entwickelt. Boa murina be- sitzt ihn, während er bei Dboa constrietor fehlt. Er ist stets viel schwächer ausgebildet als das hintere Geflecht, woraus folgt, daß die Vorderextremität der Schlangen sich zuerst rückgebildet hat, weshalb sich von ihr nur der Musc. cervicomandibularis, aber kein Skeletteil erhalten hat. Bei den Säugern wird der PI. brachialis fast immer von den 4 letzten Halsnerven und dem 1. Brustnerven gebildet (488), nur bei Faultieren von 7 Nerven (Bradypus 4—10, Choloepus 6—12). Die Neigung der Halsnerven zur Geflechtbildung kommt darin zum Ausdruck, daß bei den Säugern auch die ersten 4 Hals- nerven einen Plexus bilden, aus dem die Nerven für die Halsmuskeln und die Haut des Hinterkopfes und des Halses hervorgehen (488). Dieser Pl. cervicalis steht durch seine ersten Nerven, wie erwähnt, mit dem Hypoglossus in Verbindung. Der Plexus lumbosacralis für die Hinterextremität zeigt bei den Fischen ein ähnliches Bild wie bei der Brustflosse, nämlich daß die Zahl seiner Nerven bei den niederen Klassen groß ist und nach oben abnimmt: Haie 9—29 (Ohlamydoselachus, Rhina), Acipenser 13, Lepi- dosteus 10, Ceratodus 12, Teleosteer einige wenige. Jeder Nerv spaltet sich in einen dorsalen und einen ventralen Ast, so daß ein oberes und ein unteres Geflecht zustande kommt. Bei Rochen fehlt der Plexus mit Ausnahme von Pristis infolge der Verbreiterung der Brustflosse. Wenn die Hinterflosse der Knochenfische nach vorn rückt und eine thoracale oder jugulare Stellung einnimmt, so bilden vordere Nerven den Plexus, aber immer solche, welche hinter dem Brachialgeflecht liegen. Eine Eigentümlichkeit der niederen Fische ist der sog. N. eol- leetor (493), welcher einige vor dem Plexus liegende Nerven in der Längsrichtung verbindet und dann in ihn übertritt. Bei Chlamydo- selachus bildet der Collector den Hauptstrang eines reich entwickelten Geflechts, welches nach innen und vor dem Beckengürtel sich aus- breitet und in das 15 Nerven eintreten. Bei Acanthias setzt sich der Collector nach hinten in einen Strang fort, welcher das dorsale Ge- 502 VI. Kapitel. flecht der Hinterflosse der Länge nach durchzieht. Wahrscheinlich deutet der Collector den Weg der nach hinten gewanderten Bauch- flosse an. Er umfaßt bei Acanthias 9, bei Galeus 3, bei Acipenser 7-9 Nerven, fehlt aber den Rochen und Knochenfischen. Bei den Tetrapoden zerfällt der Plexus im allgemeinen in einen vorderen lumbalen Ab- schnitt, aus dem der N. obturatorius und der N. femoralis für die Muskeln und die Haut des Oberschenkels hervorgehen, und in einen hinteren sacralen für den N. ischiadicus des Unter- schenkels und Fußes. Bei den Amphibien be- teiligen sich nur wenige (Urodelen 3—5, Anuren 3—4) Nerven an dem Geflecht, und die Sonde- rung in die beiden Abschnitte ist kaum angedeutet. Bei den Reptilien kann die Zahl der Nerven bis auf 7, bei den Vögeln bis auf 10 steigen. Bei vielen Schlangen (492 F) ist das Geflecht trotz fehlender oder ganz rudimentärer Hinterextremität gut entwickelt, ein Zeichen, wie konservativ sich selbst die peripheren Nerven verhalten können. Seine Größe steht in keinem Verhältnis zu dem Extremitätenrest, und wenn keine Gliedmaßen- muskeln mehr vorhanden sind, so versorgt er die Hautmuskeln. Bei Säugern schwankt die Zahl zwischen 5 und 11. Der Mensch (488) hat 5 lum- bale und 4 sacrale; die entsprechenden Zahlen sind nach den v. Juermsschen Abbildungen: Echidna 4+4, Ornithorhynchus 2 + 4, Igel3+6, Vespertilio noctula 3+ 4, Hund 3 + 3, Schaf 3 +4, Dasyurus 3 + 3. Fig. 493. Nervus colleetor vor der Bauchflosse von Acipenser sturio nach v. Davıporr. 19—31 Wirbelzahl, r!—_»* ventrale, d'—d* dorsale Zweige an der Bauchflosse. Die Spinalnerven in ihrer Beziehung zur Extremitätentheorie. Wir haben im Vorstehenden manche Einzelheiten erwähnt, weil die Spinalnerven ein helles Licht auf die zahlreichen Verschiebungen der Extremitäten und auf die Verkürzungen des Rumpfes der Wirbel- tiere werfen. Das Sonst so konservative Nervensystem zeigt uns deut- lich, daß im phyletischen Sinne hier alles im Fluß ist. Zugleich sprechen jene Nerven für die Richtigkeit der GEsEnsaurschen Auffassung, dab Brust- und Beckengürtel aus nach hinten gewanderten Kiemenbogen hervorgegangen sind. Wegen der Wichtigkeit dieser Fragen gehen wir kurz auf sie ein. Wir gehen aus von der Annahme, daß Kiemenbogen und Kiemenspalten ursprünglich zum Kopf gehörten und daher nicht in sehr großer Zahl vorhanden waren, wie dies auch für die meisten Tunicaten und die Ascidienlarven gilt. Die zahlreichen Kiemenspalten der erwachsenen Ascidien und des Amphioxus sehe ich als eine Anpassung an die sessile bzw. arenicole Lebensweise an. Bodengeschöpfe sind nicht von so viel Plankton umgeben wie pela- Extremitätentheorie. 503 gische Tiere und bedürfen daher einer viel ausgiebigeren Wasserdurch- strömung. Die etwa 7—1O0 dünnen, respiratorischen und nutritorischen Kiemenbogen des Urwirbeltieres saßen am Schädel und wurden vom Gehirn innerviert. Mit der Ausbildung der Zähne und mit der Größen- zunahme des Körpers wurden alle Kiemenbogen größer und dicker und der Raum neben dem Schädel wurde zu klein. Sie wanderten zum Teil hinter den Kopf, und die beiden hintersten Bogen machten einen Funktionswechsel durch, indem sie zu Stützen seitlicher Hautlappen, der paarigen Flossen, wurden. Die Folge war eine Rückbildung der Cerebralnerven der Kiemenbogen und eine Versorgung derselben durch die vordersten Spinalnerven. Der U-förmige Verlauf des Pl. cervicalis bei den Haien (492 A) wird dadurch verständlich. Es scheint zunächst einfacher, die occipitalen Nerven (x, %, x) als letzte Reste der ursprüng- lichen Cerebralnerven anzusehen, welche mit nach hinten gezogen wurden, wie der Vagus durch nach hinten wandernde Darmteile. Aber das Vorkommen von dorsalen Wurzeln an ihnen zwingt zu der An- nahme, daß sie spinalen Ursprungs sind, und daß daher auf die Periode der sich nach hinten verschiebenden Kiemenbogen eine solche folgte, in der auch der Schädel nach hinten sich ausdehnte. Diese Auffassung scheint mir natürlicher zu sein als die Einwanderung der vordersten Spinalnerven in den Schädel. Der Funktionswechsel der hintersten Bogen erklärt sich daraus, daß der Kiemendarm ursprünglich für die Atmung und die Ernährung tätig war. Mit der Ausbildung der Zähne behielten nur die Kieferbogen die nutritorische Funktion, und zur Stütze der Kiemenblätter genügten einige wenige Bogen. Die beiden hintersten konnten daher eine neue Aufgabe, nämlich die Stütze von Seitenfalten übernehmen. Der Gegensatz zwischen der Archiptery- siumtheorie GEGENBAURS und der Seitenfaltentheorie von THACHER-MIVART-DOHRN ist nicht so groß, wie er gewöhnlich dar- gestellt wird. Beide schließen sich nicht aus, sondern ergänzen sich. Erstere erklärt die Herkunft des Brust- und Beckengürtels, letztere das Auftreten von 2 Paar Hautfalten, freilich ohne sie in befriedigender Weise auf ein früheres Organ zurückzuführen. Man wird daher an- nehmen müssen, daß hier eine Neubildung vorliegt nach Art des medianen Flossensaums, und daß sie zuerst, wie der letztere, zur Sta- bilisierung diente. Eine Verschiebung der Brustflosse nach hinten wird bewiesen durch den schräg nach hinten gerichteten Verlauf der Nerven (492), weiter dadurch, daß sich zwischen dem letzten Kiemen- bogen und der Scapula der Musc. trapezius ausspannt und vom Vagus innerviert wird. Diese Versorgung durch einen Gehirnnerven erhält sich noch bei den Amphibien, unter denen die Anuren auf der Innenfläche des Schultergürtels noch einen andern Muskel, den Inter- scapularis, besitzen, der zum Bereich des N.accessorius Willisii gehört. Diese Tatsachen sind nur verständlich unter der Annahme der cranialen Natur des Schulterbogens. Die Wanderung desselben nach hinten erreicht ihren höchsten Grad, nämlich um mehr als 20 Segmente, bei gewissen Rochen, deren enorm vergrößerte Brustflosse sich bis über den Vorderrand der Bauchflosse ausdehnen kann. Die letztere wanderte nach hinten in Anpassung an die langgestreckte, zum Durchschneiden des Wassers eingerichtete Körpergestalt der Haie. Denn es war ein großer Vorteil, wenn auch der Hinterkörper eine Stabilisierungsfläche besaß. Bei dieser Verschiebung nahm die Bauchflosse nach und nach eine große Anzahl von Spinalnerven in sich auf, von denen sie die 504 VI. Kapitel. vorderen allmählich wieder preisgegeben hat. Der Collector (49) ist dafür der noch jetzt sichtbare Ausdruck. Daher schwankt die Nerven- zahl der Bauchflosse bei den Selachiern zwischen 9 und 22, wobei aber die Größe der Flosse nicht den Ausschlag gibt. Bei den meisten Arten ist die Brustflosse viel größer als die Bauchflosse, wird aber trotzdem von weniger Nerven versorgt, weil sie nur wenige Segmente durchquert hat. Auf diese Periode caudalwärts gerichteter Ver- schiebungen ist dann bei vielen Arten später eine in umgekehrter Richtung gefolgt. Bei Ohimaera und gewissen Selachiern treten einige Schwanznerven in die Hinterextremität ein, ein Zeichen, daß sie ur- sprünglich bis in deren Bereich übergetreten war und sich später wieder nach vorn verschoben hat. Bei vielen Teleosteern ist sie bis an die Brustflosse herangerückt und bei Gadiden (555) und Pleuronectiden sogar über sie hinaus bis zur Kehlregion gewandert. Der physiologische Grund wird hierbei gewesen sein, das gleichsinnige Zusammenspiel beider Flossen durch ihre Annäherung zu erleichtern. Ein höheres Bedürfnis hat hier die frühere Anpassung aufgehoben. Der Körper der Vierfüßler wird beherrscht von der Tendenz zur Verkürzung des Rumpfes, weil dadurch die Beweglichkeit vermehrt wird. Bei den Vögeln hat sich die Vorderextremität bis zu 15 Wirbeln nach hinten verschoben. Der letzte Nerv des Musc. rectus abdominis ist bei Halbaffen der 18., bei Affen der 16.—14., bei Primaten der 14.—12. (Mensch). Der Rumpf hat sich also in diesen Gruppen um 6 Segmente verkürzt. Der gleiche Schluß ergibt sich daraus, daß die Wurzeln des N. femoralis bei Primaten hervorgehen aus den 18.—13. tho- racolumbalen Nerven, nämlich aus: Pavian 18, 17; Ateles 17, 16; Gorilla, Mensch 16, 15; Orang 15, 14. In ähnlicher Weise kann man ein Vorrücken von hinten nach vorn für den N. obturatorius, den N. ischiadicus und das Becken wahrscheinlich machen, wie die schönen Untersuchungen von Rue und RosENBERG gezeigt haben. Aus diesen Veränderungen erwächst der Homologienlehre eine gewisse Schwierigkeit. Die Muskeln der wandernden Extremität bleiben die- selben, aber neue Nerven treten in sie ein und alte scheiden aus. Manche Muskeln werden auf diese Weise sogar polyneur versorgt. FÜRBRINGER hielt die gleichnamigen Muskeln dann nicht mehr für homolog. Er sprach von einer „imitatorischen Homologie“ oder von einer „Parhomologie“. Diese Auffassung halte ich nicht für richtig. Es liegt immer derselbe Nachkomme eines früheren Organs vor, gleich- gültig ob der 15. oder der 14. Nerv in dasselbe eintritt, denn diese Nerven sind einander morphologisch und physiologisch gleichwertig. B. Gehirn. I. Entwicklung des Gehirns. Das fertige Gehirn der Cranioten gliedert sich stets in 5 Ab- schnitte. Diese Gliederung wird aus der Entwicklungsgeschichte ver- ständlich. Die Medullarrinne erweitert sich auf einem frühen Stadium (494) vorn beträchtlich und bildet so die erste Anlage des Gehirns, welches vorn durch den Neuroporus sich nach außen öffnet, während hinten das Nervenrohr, wie schon erwähnt (S. 476), durch den Ca- nalis neurentericus mit dem Darm kommuniziert. Dadurch daß die Gehirnblase die Chorda nach vorn überragt und sich ventral vor ÖOntogenie des Gehirns. 505 dem vorderen Chordaende vorschiebt, zerfällt das Gehirn in zwei Ab- schnitte: Archencephalon und Deuterencephalon, von denen das erstere dem Gehirn des Amphioxus homolog gesetzt werden kann. Das letztere geht ohne scharfe Grenze in das Rückenmark über. Jene beiden Abschnitte grenzen sich durch die ventrale Hirnfalte (Plica Fig. 494—496. Längsschnitte durch das sich entwickelnde Wirbeltiergehirn. 494. Das Gehirn auf dem ersten zweiteiligen Stadium und vorn mit der Oeifnung des Neuroporus. 495. Zweites dreiteiliges Gehirnstadium. 496. Drittes fünfteiliges Gehirnstadium. Nach v. KUPFFER. aa, dd, ff Grenzen zwischen den Gehirnab- schnitten, A Archencephalon, c Cerebellum, ce Commissura cerebelli, ed Chorda, cl Öom- missura habenularis, en Canalis neurentericus, c» Commissura posterior, cw Chiasma- wulst, D Deuterencephalon, e Epiphyse, e‘ Paraphyse, ek Eetoderm, en Entoderm, I Infundibulum, /t Lamina terminalis, 47 Mesencephalon, Me Myelencephalon, Ms Me- dulla spinalis, Mt Metencephalon, »» Neuroporus, / Prosencephalon, pn Processus neuroporicus, px ventrale Hirnfalte, ?R Rhombencephalon, ro Recessus opticus, T Telencephalon, /p Tubereulum posterius. 506 VI. Kapitel. ventralis oder Tuberculum posterius, 494 ip) ab. Indem ihr gegenüber auch die Decke des Gehirns eine Querfurche mit vorderer und hinterer Querfalte bildet (495), zerfällt das Deuterencephalon in zwei Abschnitte, so daß nun im Ganzen drei Gehirnabschnitte unter- schieden werden können: das Prosencephalon (Vorderhirn), Mes- encephalon (Mittelhirn,, Rhombencephalon (Hinterhirn). An dieser Figur ist weiter zu sehen, daß der Neuroporus sich auf diesem 2. Gehirnstadium geschlossen hat und seine Stelle nur als ein kleiner Vorsprung (Processus neuroporicus) zu erkennen ist. Die Vorderwand des Prosencephalon wird Lamina terminalis, End- oder Schlußplatte, genannt. Am Boden des Vorderhirns fällt eine Ver- dickung auf, welche die Stelle bezeichnet, auf welcher sich später die Sehnervenkreuzung ausbildet. Auf dem 3. Gehirnstadium (496) entstehen auf der Decke des Vorderhirns zwei kleine Ausstülpungen, die vordere Paraphyse und die hintere Epiphyse. Gleichzeitig zerfällt das Prosencephalon in zwei nicht scharf voneinander abgegrenzte Abschnitte: Telencephalon (Großhirn) und Diencephalon (Zwischenhirn). Indem nun am Dach des Hinterhirns der Vorderrand sich zum Metencephalon (Cerebellum, Hinter- oder Kleinhirn) verdickt, setzt er sich ab von dem nach hinten folgenden Myelencephalon (Medulla oblon- gata, verlängertes Mark). Wie die Fig. 496 erkennen läßt, sind die fünf Abschnitte am Boden des Gehirns viel weniger ausgeprägt als an der Decke, indem ventralwärts kaum ein Unterschied zwischen dem dreiteiligen und dem fünfteiligen Gehirn besteht. Im Laufe der Entwicklung entstehen einige Querfaserzüge: die Commissura anterior in der Schlußplatte etwas vor der Sehnervenendigung, ferner am Dach, die Comm. habenularis vor der Epiphyse, die Üomm. posterior am Vorderrand des Mittelhirns und die Oomm. cere- belli am Anfang des Hinterhirns.. Die ontogenetische Gliederung des Gehirns verläuft also nach folgendem Schema: Arehencephalon Deuterencephalon | FA | ER Y ae I Prosencephalon Mesenceph. Rhombencephalon Vorderhirn Mittelhirn Hinterbirn j Ba | RU Telenceph. Dienceph. Mesenceph. Metenceph. Myelence- Vorder- Zwischenhirn Mittelhirn Hinter- phalon (Groß-)hirn Thalamus Corpora (Klein-)hirn Nachhirn Cerebrum bigemina Cerebellum Medulla oblongata Die Gehirnanlage aller Wirbeltiere erleidet zwei charakteristische Krümmungen, indem die dorsalen Partien stärker wachsen als die ven- tralen. Sie sind namentlich bei den Amnioten ausgeprägt. Die vordere Kopf- oder Scheitelbeuge (49% A—C) entsteht dadurch, daß Groß- hirn und Zwischenhirn stark gegen die Bauchseite vorwachsen, wo- durch in der Gegend des Mittelhirns eine Krümmung in der Längs- achse erfolgt. In ähnlicher Weise bildet sich die Nackenbeuge hinter dem 5. Gehirnabschnitt, indem sich das Rückenmark etwas ventralwärts umbiegt (C). Bei Fischen und Amphibien verlieren sich diese Beugungen der Gehirnanlage später wieder, so daß die 5 Ab- schnitte in einer graden Achse liegen. Von den Reptilien an aber er- halten sie sich und erreichen bei Säugern den stärksten Grad. Bei Ontogenie des Gehirns. 507 diesen kann man auch noch eine ventrale Brückenbeuge unterscheiden, indem der Boden des Kleinhirns stark vorspringt (531 E, F, bei Pons). Auf die Fig. 4% sei noch einmal ver- wiesen, weil sie die Aehnlichkeit der Ge- hirnanlagen verschie- dener Wirbeltierklassen sehr deutlich erkennen läßt, obwohl die abge- bildeten Vertreter (Hai, Amphibium, Säuger) im ausgewachsenen Zu- stande des Gehirns sehr erheblich differieren. Fig. 197. Seitenansicht von embryonalen Gehirnen, um die Kopfbeuge zu zeigen. A von Acanthias, 25 mm lang, ®/, nach O. HerrTwIG. B von Jchthyophis, nach BURCKHARDT, ?°/,. C vom Igel, Medianschnitt, °', nach GROENBERG. a Augen- blase, in A Augenstiel, cd Cerebellum, ch» Ohorda, epr verdickter Abschnitt der Lamina terminalis (Zt), 7 Lobus posterior, /ö Lobus inferior, se Synencephalon. Sonst wie 494496. 508 VI. Kapitel. II. Gehirn- und Rückenmarkshäute. Während das Gehirn und das Rückenmark sich entwickeln, werden sie von zwei bindegewebigen Häuten umhüllt, einer äußeren Dura mater und einer inneren Pia mater (498). Die Dura mater besteht aus zwei Schichten, einer äußeren, welche zugleich als Perichondrium resp. Periost zur Verstärkung der umgebenden knorpeligen oder knöchernen Skeletteile dient, und einer inneren, welche das Nerven- system gegenüber den Bewegungen der Wirbelsäule schützt. Sie ent- hält zu dem Zwecke bei niederen Wirbeltieren reichliche Fettmassen, welche das Gehirn mit einem weichen Polster umhüllen. Die Pia mater ist eine dünne, sehr gefäßreiche Haut, welche das Zentralnerven- system mit Blut versorgt. Bei den Amnioten spaltet von ihr nach außen noch eine sehr zarte Schicht ohne Gefäße ab, die Arachnoidea, so daß dann drei derartige Häute (Meninges) vorhanden sind: außen 4 Sap D Sap SaR hW SQ = UN \ N I | | \ Ld vW gN Fig. 498. (Querschnitt durch den Sack der Rückenmarkshäute des Menschen nach ZIEHEN. Nat. Gr. A,A‘ Arachnoidea, D,D‘ Dura mater. 9N gemischter Nerv, hW Hinterwurzel, Ld Ligamentum denticulatum, zwischen 2 Zacken getroffen. Es wird gebildet von bindegewebigen Strängen, welche sich zwischen der Pia mater (P) und der Dura ausspannen. sap Septum arachnoideum, SdR, SdR‘ Subduralraum, Ssaa, Ssap vorderer, hinterer Subarachnoidalraum, Sp% Subpialraum. die Dura mater. in der Mitte die Arachnoidea, und zu innerst die Pia mater. Diese Häute liegen meist nicht eng aneinander, sondern werden durch weite, mit Lymphe gefüllte Spalträume getrennt. III. Morphologische und physiologische Uebersicht des Gehirns. Die fünfteilige Gehirnanlage entwickelt sich weiter, indem an ge- wissen Stellen die Nervensubstanz unter dem Einfluß der durch die Gehirnnerven zugeführten Reize außerordentlich an Masse zunimmt, während andere Regionen weniger sich vergrößern. Trotz aller Ver- schiedenheiten lassen sich die Gehirne der Wirbeltierklassen auf ein Grundschema zurückführen, welches im folgenden an der Hand der Fig. 499, 500 geschildert werden soll. 1. Am Vorderhirn (Telencephalon, Oerebrum, Großhirn) stülpen sich die beiden symmetrischen Hemisphären aus, deren Hohlräume als seitliche Ventrikel (Ventriculi laterales) bezeichnet werden. Durch das Foramen Monroi kommuniziert jede Hemisphäre mit einem zwischen ihnen liegenden oft nur sehr schmalen Raum, dem Ventriculus medianus, welcher dem Lumen des embryonalen 509 Schemata des Gehirns. zwancds DNmPaH __ UADDUBaAWV ‚snssofodAH /IX ‘snLossaooy Iy ‘sudeA Y ‘sn93 -uÄıegdossopy Yz7 'suaysaoy-oyeIg ///A ‘Stfedeg 77A suaonpqy 74 ‘suurwaßtı], A ‘stwapgdol]L 17 ‘SNLIOIOWOMIO 7// ‘sNONdg 77 ‘snL1og BHO 7 'SBLOJE] supnarmuaA 7074404 “wnsIpAasaeı um‘ "2802.49 ‘snLıajsod wnmorsqn], 7s0d‘gnz ‘snorwepwygorts SUJOBL] "702.484 “uınorydo umoayL, '7do’7937 ‘snoydo snwejeqys, '7do/wyL ‘1011ysod snssay ‘Isod’ooa7 ‘suLLo}oe7jfo (snqmıg aadıyyarı) sngorf :/70°907,,‘sno1ıodo.mau SNSSHAY "nouax7 ‘asäydergg "y/dn.ırg 'SıBULWIa} BulWwwrT 67007 “wnpngıpunyuy "pun/uy ‘asäydodAH "dodkry ‘aıgydsıwapy 'szwor] ‘Jepmusgey uoroare) 'gD4/°J9 "ELLONOBJ]O BILg /70°7%7 10LUOW uawelog "wog osäydıdyq ‘ydıdzz ‘Qoesjesıoc S(7 ‘101184504 "woy) ‘/sod’2u1o/) “ıoııayur ed eıns -SIWLWO,) uD'jwd dıwo,) “IOLISJUR BINSSIWWOL) /UD 19PO » Wo) BWsvig/) 'sDıy) “wnffaqsar/) 'g9.4) 301 Pfoqısuss ‘neIq UMAION pun ujziny SyastIoJoM "MOPURIIA ‘TIHOSLAT Yoeu ‘uoy9sad usgo UOA Pun Hag op UOA olouyppquy APP suLyoH sop wyguryag 008 n GEF III werogum Fr 780. 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In der frontalen Wand desselben, welche wir früher schon als Lamina terminalis kennen lernten, findet sich bei Cyclostomen, Vögeln und Säugern dorsal die Commissura pallii anterior zur Verbindung der beiderseitigen Rindenapparate und mehr ventralwärts die stets vorhandene Commissura anterior, welche Fasern zwischen der Geruchsregion der beiden Hemisphären und zwischen den Üorpora striata austauscht. Jede Hemisphäre ver- dickt sich an ihrem Vorderrand zu dem Riechlappen, Bulbus olfac- torius mit den Glomeruli, von denen die Fila olfactoria an das Geruchsorgan abgehen. Diese Fila sind die Neuriten der Riechzellen, welche primäre Sinneszellen (vgl. S. 377) sind. Der seitliche Ventrikel dringt häufig ein Stück weit in den Bulbus ein. Es ist anzunehmen, daß die Hemisphären in erster Linie durch die Geruchsnerven hervor- gerufen worden sind, denn bei Petromuxon und Urodelen dienen sie fast ausschließlich der Riechfunktion. Wenn die Hemisphären weit von der Nase entfernt sind, so wandert der Bulbus nach vorn und setzt sich nach hinten in einen schmalen Tractus olfactorius fort, welcher mit dem Lobus olfactorius an oder unter der Hemisphäre endet (514). Umgekehrt rückt der Bulbus bei Vögeln und Säugern vollständig auf die Ventralfläche des Vorderhirns, so daß er von oben oft nicht oder nur wenig sichtbar ist (530, 531 D—F). Zuweilen gliedert sich vom Lobus olf. noch ein hinterer Abschnitt ab, welcher dann als Lobus piriformis (534) bezeichnet wird. Es folgen also von vorn nach hinten aufeinander: Bulbus, Tractus, Lobus olf. und Lobus piriformis. Bei Vögeln und Säugern mit einem starken Spürsinn der Schnauze hat sich medialwärts vom Lobus olfactorius ein Lobus parolfactorius abgegliedert, welcher mit dem Trigeminus in Verbindung steht (534). Die Nomenklatur ist nicht immer einheitlich, so daß der Bulbus, wenn er dem Ventrikel direkt ansitzt, häufig wegen seiner Gestalt als Lobus bezeichnet wird. Für den Bulbus sind die Glomeruli charakteristisch, rundliche Knoten, in denen die Dendriten der Riechzellen und der Mitralzellen sich verflechten. Die Neuriten der letzteren enden im Lobus olf. und werden daher auch sekundäre Riechfasern genannt. Die ventrolaterale Fläche der Hemisphären springt als stark verdicktes Basal- oder Stammganglion (Corpus striatum) in den Ven- trikel vor. Obwohl diese Hervorwölbungen bei allen Wirbeltieren vor- kommen und stets durch einen Faserstrang (Tractus striothala- micus) mit dem Thalamus oder Hypothalamus des Zwischen- hirns verbunden sind, ist über ihre Funktion sehr wenig bekannt. Medial und über oder neben dem Striatum liegt bei allen Wirbeltieren mit Ausnahme der Cyclostomen ein Kern, das Epistriatum (14), der Riechfasern aus dem Lobus olf. empfängt und durch die Com- missura anterior mit der Gegenseite sich verbindet. Er heist bei Säugern Nucleus amygdalae und stellt ein tertiäres Riechzentrum dar. Bei sehr vielen Wirbeltieren, niederen wie höheren, setzt sich der Lobus olfactorius nach hinten unter das Corpus striatum fort und eine seichte Furche der Außenfläche, die Fovea limbica s.rhinalis (530, 534), grenzt bei sehr vielen Wirbeltieren diese beiden ventralen Regionen ab von der dorsalen Decke. Dieses Dach der Hemisphäre ist bei Fischen noch dünn (514 C) und ohne nervöse Ele- mente mit Ausnahme der Cyclostomen (510) und Dipnoer (516). Es wird als Pallium oder Mantel bezeichnet, da es mantelartig die Basal- Vorderhirn. 511 ganglien umhüllt. Bei den Amphibien wird das Pallium dicker, und es schwärmen die Ganglienzellen aus dem periventriculärem Grau nach außen, verdichten sich aber noch nicht zu einer Rindenschicht von Ganglienzellen (524). Dieser höhere Zustand tritt schon bei Lepedosiren auf unter Bildung einer dorsalen Rinde (516 d, !) und einer ventralen Cortex olfactoria (co). Bei den Sauriern zeigt sich derselbe Vorgang (529 d, I, co) und der mediodorsale Teil dieser Rinde (529 m) erhält tertiäre Fasern aus dem Riechapparat; aus ihm geht bei Säugern das sog. Ammonshorn oder Hippocampus (535) hervor. Auf weiterer phyletischer Stufe entwickeln sich Fasern aus der Rinde zu allen übrigen Gehirnteilen. Bei Amphibien existieren schon Fasern (523 A) zwischen Pallium und Zwischenhirn, bei Reptilien (526) und Vögeln kommen zu ihnen noch solche von der Rinde zum Mittelhirn und bei den Säugern weitere zur Medulla oblongata und zum Rückenmark (542). Endlich bei den Säugern wird der dorsolaterale Teil der Rinde (529 /) durch enorme Vergrößerung zum Träger der höheren psychischen Fähigkeiten und entwickelt sich so allmählich zu einem allen übrigen Gehirnteilen übergeordneten Apparat. Wegen dieser ungemein wichtigen Tatsache stellt man (nach EpinGer) die bei einem Fisch vorhandenen Gehirn- teile von der Oblongata bis zum Corpus striatum und Bulbus bzw. Lobus olfactorius als Palaeencephalon (Urhirn) im Gegensatz zu dem Neencephalon, dem mit nervösen Elementen versehenen Pallium. Das Urhirn arbeitet rein reflektorisch, indem es auf jeden ihm zugeführten Reiz mit einer bestimmten Bewegung antwortet. Ein Unterschied mit einer Maschine besteht nur insofern, als durch Gewöhnung an wieder- holte Reize eine Aenderung dieser Antworten erfolgen kann. „Das Palaeencephalon leistet alle Sinnesrezeptionen und Bewegungskombina- tionen. Es vermag einzelne neue Relationen zwischen beiden zu ver- knüpfen, aber es vermag nicht Assoziationen zu bilden, Erinnerungs- bilder aus mehreren Komponenten zu schaffen. Es ist der Träger aller Reflexe und vieler Instinkte. Fortbewegung und Haltung, Abwehr, Nahrungsaufnahme, Fortpflanzung und vieles andere, das sind alles Leistungen des Urhirns“ (EpingEr 1912). Mit der Großhirnrinde entwickelt sich nun ein Organ, welches dem Urhirn übergeordnet ist, und war um so mehr, je höher wir in der Reihe der Amnioten emporsteigen. Indem für alle Muskeln und Sinnes- organe hier eigne Zentren (544) entstehen, welche sich untereinander in unendlich mannigfaltiger Weise verbinden, können die Reize auf den verschiedensten Wegen weitergeleitet werden. Dazu gesellen sich dann die psychischen Leistungen des Gedächtnisses, der Ueberlegung, des Willens und des Bewußtseins. Die Großhirnrinde ist also der Sitz der Seele!). Erst die Rinde des Neencephalon vermag Erinnerungsbilder 1) Nach PFLÜGER soll auch eine bewußt empfindende „Rückenmarksseele“ vorhanden sein, weil ein enthirnter Frosch einen auf die Haut gebrachten Tropfen Essigsäure mit dem Fuße abwischt und eine Reizung derselben Hautstelle verschieden beantwortet, z. B. Kneifen der Bauchhaut mit Abwehrbewegungen der Beine, Be- tupfen mit Säure durch Abwischen. Zur Erklärung dieser Beobachtungen reichen unbewußte koordinierte Reflexe aus und jene Annahme ist überflüssig. Ob aber gleich- zeitig eine bewußte Empfindung eintritt, läßt sich weder beweisen noch ausschließen. Koordinierte Bewegungen vermögen alle Wirbeltiere nach Entfernung des Gehirns auszuführen, ein Neunauge kann z. B noch normal schwimmen (STEINER) und ein Hund, dem das Rückenmark vor der Lendenregion durchschnitten wird (PHILIPPSON), kann sich noch auf allen Vieren stehend im Gleichgewicht halten und Trab- und Galoppbewegungen machen, wenn er gehalten wird. 512 VI. Kapitel. festzuhalten und in verschiedener Weise zu kombinieren. Für den Menschen steht fest, daß nur diejenigen Reize bewußt werden, welche bis in die Rinde gelangen. Wird diese im Schlaf oder durch narkotische Mittel oder durch pathologische Prozesse, welche die Verbindung des Rückenmarks mit dem Großhirn zerstören, aus- geschaltet, so bleiben alle Reize unbewußt. Wird der Fuß in einem solchen Falle gestochen, so wird er zurückgezogen, aber weder der Stich noch die Bewegung werden wahrgenommen. Die Abhängigkeit der niederen Zentren des Urhirns und des Rückenmarks von der Groß- hirnrinde entwickelt sich allmählich. Während enthirnte Eidechsen, Vögel und selbst Säuger noch zu vielen Leistungen fähig sind, ist der größte Teil der Großhirnrinde für den Menschen unentbehrlich (vgl. S. 563). Wirft man einen Blick auf die Figuren 510, 523, 526, 530, 531, so sieht man, daß die allmähliche Vergrößerung des Vorder- hirns in der Wirbeltierreihe in erster Linie auf der Zunahme des Palliums, der Großhirndecke beruht, wodurch in demselben Maße das Zwischenhirn an Ausdehnung abnimmt. Der Vorgang, den wir oben bei der Rindenbildung kennen lernten, daß nämlich zahlreiche Ganglienzellen aus dem periventrikulären Grau nach außen wandern, beherrscht auch die übrigen Gehirnabschnitte, Auf diese Weise entstehen die sogen. Kerne (Nuclei) oder Ganglien, von denen die Gehirnnerven ihren Ursprung nehmen oder in denen die Faserzüge zwischen den verschiedenen Regionen sich mit ihren Den- driten aufsplittern (in 549 als helle Stellen eingezeichnet). Man hat hieraus ein Gesetz der Neurobiotaxis (Karrers, Bock) abgeleitet, welches besagt, daß die Ganglienzellen mit ihren Dendriten der Reiz- quelle zu wachsen, während die Neuriten sich in entgegengesetzter Richtung verlängern, im Sinne der abfließenden Erregung. Da die Neuriten als einheitliche Stränge besser leiten als die Dendriten, so wandert die Ganglienzelle der Reizquelle zu, verkürzt dadurch die Dendriten und verlängert das Neurit. Die stimulierenden Fasern liegen im Pallium außen, daher wandern die Ganglienzellen ihnen entgegen. Ob es sich hierbei um psychische Einflüsse oder um rein mechanische (galvanotaktische) handelt, läßt sich gegenwärtig kaum entscheiden. Die Ausstülpung der Hemisphären gegen das Riechepithel und des Auges gegen den Lichtreiz hin fällt unter denselben Gesichtspunkt. 2. Man rechnet das Zwischenhirn (Diencephalon) von jener Region ab, welche dorsal durch die innige Verbindung der dünnen Gehirndecke mit der gefäßreichen Pia mater charakterisiert wird. Es entsteht so eine blutreiche Schicht, eine Telachorioidea, welche sich zu einem verästelten Adergeflecht (Plexus chorioideus) in den Hohlraum des Zwischenhirns, den sog. dritten Ventrikel einstülpt. Ein Fortsatz dieses Plexus dringt auf jeder Seite (außer bei Ganoiden, Teleosteern, Rana) durch das Foramen Monroi in die Hemisphären ein. Häufig wird der Plexus durch gefäßreiche Verästelungen des Velum transversum oder durch Falten der Paraphyse und des Dorsal- sacks gebildet, liegt also dann nicht vor diesen Bildungen, sondern gehört zu ihnen (526). Solche Adergeflechte befinden sich regelmäßig auch in der Decke des verlängerten Marks in der Rautengrube und scheinen eine sekretorische Bedeutung zu haben, indem sie die Ventrikel- flüssigkeit abscheiden. Vom Dach des Zwischenhirns entspringen hinter dem Plexus vier unpaare schlauchartige Ausstülpungen, zuerst die Para - physe, darauf der Dorsalsack, dann das vordere oder eigentliche Zwischenhirn. 513 Parietalorgan und endlich die Epiphyse, welche auch hinteres Parietalorgan oder Pinealorgan genannt wird. Die in ihrer Bedeutung noch ganz unaufgeklärte Paraphyse ist eine blutreiche Bildung der Tela chorioidea und vermutlich ein rudimentäres Organ, da sie bei den meisten Abteilungen im ausgewachsenen Zustande fehlt und nur embryonal angelegt wird. Hinter ihr senkt sich die Tela als Velum transversum etwas in den Ventrikel ein, und diese Bildung wird von vielen Forschern als hintere Grenze des Vorderhirns angesehen. Der Dorsalsack (Parencephalon, Zirbelpolster) ist eben- falls dünnhäutig, glatt oder gefaltet und häufig von vielen Blut- gefäßen umsponnen. Das Parietalorgan entspringt immer dicht an der Wurzel der Epiphyse. Bei einer Anzahl von Wirbeltieren (Petromyxon, Hatteria, den meisten Eidechsen) dringt es durch ein Loch des Schädels bis zur Haut vor und schwillt hier zu einem augenähnlichen Bläschen an, welches als Stirnauge oder drittes Auge bezeichnet wird. Es wird als ein rudimentäres Sehorgan gedeutet, welches ursprünglich wohl allen Oranioten zukam und uns im Kapitel über die Augen weiter beschäftigen wird. Bei allen andern Wirbel- tieren zeigt sich das Parietalorgan nur vorübergehend beim Embryo. Die Epiphyse findet sich bei fast allen Cranioten zeitlebens und fehlt aus unbekannten Gründen nur bei Torpedo, Crocodilus, Phocaena und Dasypus. Bei Petromyxon bildet sie ebenfalls ein rudimentäres augen- ähnliches Bläschen unter der Haut, so daß bei dieser Gattung zwei Stirnaugen vorhanden sind. Beide Stirnaugen lagen wohl ursprünglich in derselben Querebene. Später rückte das linke nach vorn und wurde zum Parietalorgan, während das rechte, abgesehen vom Neunauge, seine Sehfunktion verlor und sich in ein blutreiches Organ verwandelte, welches bei Vögeln und Säugern einen drüsigen Charakter hat und als Zirbeldrüse!), Glandula pinealis, seit langer Zeit bekannt ist, ohne daß es bis jetzt gelungen wäre, eine bestimmte Funktion desselben nachzuweisen (innere Sekretion oder Wahrnehmung des Drucks der Cerebrospinalflüssigkeit). Das Gewebe besteht überwiegend aus „Pineal- zellen“, deren Kerne sich häufig amitotisch teilen, daneben aus Glia- und Nervenzellen. Näheres im Kapitel über die Sinnesorgane. Zu beiden Seiten der Epiphyse liegen 2 durch eine Kommissur verbundene Verdickungen (Ganglia habenulae), von deren linker der Nerv zu dem Stirnauge ausgeht, wenn ein solches vorhanden ist, während der Nerv des Pinealorgans aus der etwas weiter nach hinten liegenden Comissura posterior entspringt. Diese Ganglien erhalten sich bis zum Menschen hinauf ziemlich unverändert, und da sie stets Fasern aus dem Lobus olfactorius und parolfactorius aufnehmen, stehen sie wohl in Beziehung zu dem Spürsinn der Schnauze. Die Seitenwände des Zwischenhirns sind in der Mitte verdickt und bilden die so2. Thalami, welche bei den Amnioten auch Thalami optici, die Sehügel, genannt werden, weil bei ihnen, besonders bei Vögeln und Säugern, ein großer Teil der Opticusfasern hier in den Nucleus geni- culatus eintritt, um sich dann bis zum Sehzentrum der Großhirnrinde fortzusetzen. Dieser Nucleus nimmt schon bei Teleosteern einige Seh- 1) Als interessante historische Tatsache sei erwähnt, daß DESCARTES die Zirbel- drüse für den Sitz der Seele erklärte, weil die einheitliche Seele nur in einem un- paaren Organ wohnen könne. Plate, Allgemeine Zoologie I. 33 514 VI. Kapitel. fasern auf. Die Thalamuswände dienen außerdem zur Passage vieler Neuriten, welche das Großhirn mit den hinteren Gehirnabschnitten und dem Rückenmark verbinden (517, 549). Der über ihnen liegende Teil des Zwischenhirns wird als Epithalamus, der darunter liegende als Hypothalamus zusammengefaßt. Etwas über dem Boden des Zwischen- hirns stülpen sich auf einem frühen ontogenetischen Stadium die Augen- blasen aus, welche Region später durch den Austritt der Augennerven gekennzeichnet wird. Die aus den Augen kommenden Nervenfasern bilden am Boden des Zwischenhirns eine Verdickung, in der sie sich mehr oder weniger kreuzen (Chiasma). Dahinter senkt sich der Fig. 501. Medianschnitt durch das Gehirn einer Forelle von 53 Tagen, Vergr. °"/,, nach KUPFFER. ce Üerebellum, cz Commissura anterior, cd Chorda, ce” Commissura infundibularis, ep Comm. posterior, cw Uhiasmawulst, d Diencephalon, e Epiphyse, hy Hypophyse (solide Ausstülpung der ectodermalen Mundbucht), J Infundibulum, !t Lamina terminalis, 47 Mesencephalon, o Nervus opticus, pc Plica cerebelli, po Commissura postoptica, pr Falte zwischen Mittel- und Hinterhirn, R Rhombence- phalon, ro Recessus optieus, s? Suleus intraencephalicus. sr Sinus postopticus, t Telencephalon, tp, tp‘ Tubereulum posterius, tr Torus transversus, ve Valvula cerebelli, »? Velum transversum. Zwischenhirnboden schon auf frühen Stadien (494—496) nach unten ein zu dem Infundibulum, Hirntrichter, mit dem ein drüsiges Gebilde (Hirnanhang, Hypophysis, Glandula pituitaria) verwächst. Dieses entsteht durch Abschnürung von der ektodermalen Mundbucht (501), und seine Drüsenschläuche legen sich dicht an den Hirntrichter an. Die Hypophyse kommt allen Wirbeltieren zu, mit Ausnahme des Ampkhioxus, denn es ist sicher, daß das sog. Infundi- bularorgan (s. S. 481,480 f) ihr nicht entspricht. Auch bei den Tuni- caten fehlt ein Homologon, denn die Neuraldrüse (s. S. 479) darf nicht so gedeutet werden, da sie aus dem Gehirn hervorgeht und sich erst sekundär in den Darm öffnet. Man kann an der Hypophyse einen Gehirnteil unterscheiden, welcher aus dem Boden des Trichters hervor- Zwischenhirn. 515 geht und sich mehr oder weniger in die Drüse einsenken kann, und einen Darmteil. Letzterer zerfällt in den „Zwischenlappen“, welcher sich innig mit dem Gehirnteil verbindet, und in einen mehr nach außen liegenden Hauptlappen (502). Diese beiden Abschnitte hängen häufig durch einen „Uebergangsteil“ zusammen. Eine Fortsetzung der Pia mater umhüllt das ganze Organ mit einer „Kapsel“. Die morpho- logische Entwicklung dieses merkwürdigen Organs ist einigermaßen klar und in 503 dargestellt.; a zeigt das hypothetische Ausgangsstadium, eine drüsige Ausstülpung der Mundbucht, welche unter dem Trichter liegt, ohne mit ihm zu verwachsen. Auch bei Myxine (b) ist diese Verbindung noch nicht eingetreten. Die Hauptportion der Drüse, welche Hauptlappen Trichterhöhle Hauptlappen BEREIT % Zwischen lappen Colloidcyste Fig. 502. Sagittalschnitt durch die Hypophyse vom Pferd, Nasalende links. Nach STENDELL. dem Zwischenlappen entspricht, steht durch einen Zellstrang mit dem Epithel des Nasenrachengangs in Verbindung und bleibt in dieser Be- ziehung auf einer sehr primitiven Stufe stehen (vgl. 8. 527). Ganz vorn hat sich das Drüsengewebe etwas verändert, was als erster An- fang eines Hauptlappens gedeutet wird. Bei Haien (c) umgreift der Zwischenlappen die Einstülpungen des Trichterbodens, so daß dieser Teil offenbar sein Sekret in dieselben entleert. Der Hauptlappen ist groß und wird von vielen Blutgefäßen umsponnen und zeigt noch viele Hohlräume, die Reste der Mundbuchtausstülpungen. Das Sekret des Hauptlappens wird an die umgebenden Carotidenäste abgegeben, und dieser Teil des Organs wird dadurch zu einer Drüse mit innerer Sekretion. Bei den Knochenfischen (d) schiebt sich ein Uebergangs- Io 516 VI. Kapitel. teil zwischen die beiden Hauptportionen des Organs, und der Hirnteil dringt tief in den Zwischenlappen; bei den Amnioten (e, f) tritt der Zwischenlappen an Größe mehr und mehr zurück. Bei Säugern finden sich in ihm nicht selten sog. Kolloideysten (502), welche wahrschein- Fig. 505. Schemata von Hypophysen nach STENDELL. Infundibulum und Gehirnteile grauschraffiert. Zwischenlappen hellpunktiert, Uebergangsteile dunkel- punktiert. Hauptlappen schwarz mit weıßen Blutgefäßen. Nasalende links. Zwischenhirn, Mittelhirn. 517 lich aus abgestorbenen Zellen hervorgehen und sich namentlich im Alter bilden. Die Hypophyse muß nach ihrem anatomischen Bau eine doppelte Funktion ausüben. Es ist nichts Näheres darüber bekannt, in welcher Weise und warum der Zwischenlappen auf einen Teil des Zwischenhirns einwirkt, und damit bleibt die Frage offen, warum ein Teil des Munddarms sich in den Dienst des Gehirns gestellt hat. Da- gegen scheint der Hauptlappen als Drüse mit innerer Sekretion das Wachstum zu beeinflussen, denn bei pathologischen Veränderungen der- selben kann Riesenwuchs (Akromelagie) des ganzen Körpers oder ein- zelner Teile (Finger, Zehen, Kiefer) eintreten. In der Schwangerschaft vergrößert sich die Drüse bedeutend, vermutlich weil das Sekret das Wachstum des Embryos beeinflußt. Es ist interessant, dab die riesigen Dinosaurier eine auffallend große Hypophysengrube am Schädel haben, namentlich die ungeheuren Arten von Diplodocus und Camara- saurus. Als Hypothese möchte ich den Gedanken aussprechen, daß die Hypophyse ursprünglich eine Mundhöhlendrüse, vielleicht eine Art Giftdrüse, war. Sie wurde reichlich von Blutgefäßen umsponnen und reichte dorsalwärts bis zum Boden des Mittelhirns. Später erfolgte eine Verwachsung mit diesem, um Flüssigkeit an das Gehirnlumen abzugeben, wie dieses die Gefäße der Plexus chorioidei tun. Zur Verstärkung dieser Funktion trat dann ein Teil des Gehirnbodens in enge Verbindung mit der Drüse, die inzwischen die Ausmündung in die Mundhöhle aufgegeben hatte. Endlich kam noch infolge des Ge- fäßreichtums die endokrine Funktion hinzu. Hinter dem Trichter liegt bei fast allen durch Kiemen atmenden Wirbeltieren, mit Ausnahme der Cyclostomen, Dipnoi und Amphibien, ein schlauchförmiger Anhang unbekannter Funktion, der Saccus vas- culosus (513, 514), dessen Wandung von Blutgefäßen und Nerven reichlich durchsetzt wird. Er ist groß und häufig mit Falten besetzt bei Selachiern und marinen Knochenfischen, während er bei den in seichterem Wasser lebenden Süßwasserteleosteern kleiner wird und zuweilen (Oyprr- nus) keine Falten aufweist. Besonders groß ist er bei einigen Tiefsee- fischen. Bei KEsox, Mugil, Scomber fehlt er. Er wurde früher für eine Drüse gehalten. Das Epithel enthält aber sehr charakteristische Sinnes- zellen („Krönchenzellen“, 519), welche 20—30 geknöpfte starre Borsten tragen und an der Basis in eine Nervenfaser übergehen. Es sind also primäre Sinneszellen (vgl. S. 377), welche, wie beim Riechorgan und Auge der Wirbeltiere, aus embryonalen Gehirnzellen hervorgehen. Die Fasern vereinigen sich zu zwei nach vorn laufenden Zügen, welche zu- weilen (Heranchus, Zoarces) frei nach außen eine kurze Strecke her- vortreten, meist aber im Boden des Zwischenhirns liegen. Da der Saccus sehr reichlich von Blut umspült wird, dessen Sauerstoffkonzen- tration von der Wassertiefe abhängt, hält DAMMERMANN ihn für ein Tiefeorgan. Er kann vielleicht als Homologon des Infundibularorgans des Amphioxus gelten (481). 3. Das Mittelhirn (Mesencephalon) ist besonders groß bei solchen Wirbeltieren (Fischen, Vögeln), bei denen die Orientierung durch das Auge stattfindet, denn im Dach des Mittelhirns endigen die Neuriten, welche zu den Retinazellen gehören. Sie umspinnen hier mit baumförmigen Endästchen die Dendriten anderer Ganglienzellen, von denen die Lichteindrücke nach den verschiedensten Bahnen weiter- geleitet werden können. Man nennt das Dach des Mittelhirns daher Tectum opticum. Da es bei Fischen, Amphibien und Reptilien 518 VI. Kapitel. durch eine mediane Einschnürung in zwei kuglige Massen zerfällt, findet sich auch wohl die Bezeichnung Corpora bigemina für dieselben, während bei Säugern, welche 4 solche Vorsprünge aufweisen, die Bezeichnung Corpora quadrigemina üblich ist. Die vordere Grenze des Tectum wird durch einen starken Strang von Querfasern (Commissura posterior) gebildet, welche sich bis in die basalen Regionen der Haube fortsetzen. Von den Reptilien an und ganz be- sonders bei den Säugern endet übrigens ein großer Teil der Opticus- fasern nicht im Mittelhirn, sondern in den Thalami optici des Zwischenbirns und setzt sich bei Säugern von hier durch sekundäre Bahnen zum Sehzentrum in der Großhirnrinde fort. Damit hängt wohl zusammen, daß das Mittelhirn bei den Säugern von geringer Größe ist. Ferner enden in der hinteren Hälfte des Mittelhirndachs Fasern aus dem Kern des 8. Gehirnnerven (Statoacusticus) und zwar be- sonders bei Fischen und \ögeln, was auf Beziehungen zur Lokomotion und Statik hinweist. Bei Säugern endet hier eine sekundäre Bahn des Gehörnerven (5349). Bei diesen und den Vögeln ist auch der innere Hohlraum sehr eng und wird daher nicht als Ventrikel, sondern seit alters als Aquaeductus Sylvii (530C, 531LE,F) bezeichnet. Bei den übrigen Wirbeltieren ist das Lumen größer. Auch die Seitenwände und der Boden sind verdickt und enthalten Kerne von Ganglienzellen, so der letztere diejenigen für die Augenmuskelnerven Oculomotorius und Trochlearis. Dieser Boden führt den Namen „Haube“ (Teg- mentum) und wird bei den Säugern durch Aufnahme und Abgabe vieler Fasern besonders kompliziert (549). 4. Das Hinterhirn oder Kleinhirn (Metencephalon, Cere- bellum) differiert in seiner Größe bei den verschiedenen Klassen außerordentlich, weil es von Wichtigkeit ist für die Koordination der Bewegungen und für die Kraft, mit der die Bewegungsmuskeln sich betätigen. Wir finden es daher nur als eine kleine Verdickung im Dach des Gehirns hinter dem Mittelhirn angedeutet bei Bodenfischen (Petromyxon, 510) und kriechenden Amphibien (523) und Reptilien. Bei Gymnophionen (525) und Proteus fehlt es sogar fast ganz. Alle Wirbeltiere hingegen, welche geschickt schwimmen [Haie (513), viele Teleosteer (514), Schildkröten, Krokodile) oder rasch laufen und springen wie die Säuger oder wie die Vögel sogar fliegen können, be- sitzen ein stark ausgebildetes Cerebellum. Bei den Teleosteern und anderen Fischen wird das Kleinhirn außerdem ein Assoziationszentrum ersten Ranges, indem es durch eine Anzahl afferenter Bahnen Reize aus den verschiedensten Sinnesgebieten empfängt und diese durch efferente Nervenzüge auf motorische Kerne überträgt. Es wird so zu einem übergeordneten Zentrum und über- nimmt in dieser Hinsicht eine ähnliche Rolle wie die Großhirnrinde der Säuger. So erklärt es sich, daß die Größenzunahme nicht immer parallel der Beweglichkeit geht; die trägen Rochen haben z. B. ein relativ größeres Cerebellum als die rasch und gewandt schwimmenden Haie. Bei manchen Haien, den Vögeln und Säugern (513 D, 530, 531) ist dasselbe zur Vergrößerung der Oberfläche mit starken Furchen be- deckt. Die Bezeichnung Kleinhirn paßt nur auf die Säuger, bei denen es hinter dem Großhirn an Ausdehnung bedeutend zurücksteht. Bei Haien und vielen Knochenfischen hingegen kann es der größte oder Hinterhirn. 519 fast der größte Gehirnabschnitt sein. Das Kleinhirn ist bis zu den Vögeln eine rein dorsale Bildung. Erst bei den Säugern greift es durch die Bildung von Hemisphären auf die Seitenteile über und hängt innig zusammen mit einer am Boden befindlichen Anschwel- lung, der Brücke (Pons Varoli, 531, 532, 533), in der die vom Fig. 504. Bewegungsunfähiger Hahn nach Entfernung des Kleinhirns. Nach REISINGER. Großhirn kommenden Erregungen zum Cerebellum weitergeleitet werden (542, rote Punktreihe). Nach vorn grenzt sich das Kleinhirn immer durch eine dorsale Furche oder Einstülpung ab, unter der und dicht über dem Ventrikel die Kreuzung der Trochleares verläuft. Die innere Höhle des Kleinhirns läßt sich von derjenigen des folgenden Abschnitts, dem vierten Ventrikel, nichtscharf abgrenzen. In das Kleinhirn treten als afferente, reizzu- leitende Bahnen ein derTractus spino- cerebellaris aus dem Rückenmark (517, 542, 549) und Faser- züge aus den meisten sensiblen Hirnnerven- kernen, namentlich aus denjenigen des Vagus, des Vesti- See s des Laby- Fig. 505. Schnitt durch das Kleinhirn, nach rinths und des Trige- Rersıyger. a Molecular(Rinden)schicht, 5 PURKINJE- minus; dazu kommen sche Zellen, e Körnerschicht, d Markschicht. häufig noch Fasern aus dem Dach des Mittelhirns. Die efferenten Bahnen führen in das Rückenmark, in die Oblongata und in den Boden des Mittel- und Zwischen- hirns. Durch seine Verbindung mit dem Labyrinth gewinnt das Klein- hirn Einfluß auf das Zusammenspiel der Körpermuskeln, ihre Spannung (Tonus) und auf die Aufrechterhaltung des Gleichgewichts. Eine Ent- fernung des Labyrinths auf einer Seite kann Degeneration von Kleinhirn- 520 VI. Kapitel. zellen auf beiden Seiten zur Folge haben Wird das Kleinhirn einer Taube oder eines Huhns zerstört, so kann das Tier nicht mehr laufen, da die Gleichgewichtserhaltung fehlt (504). Sie kehrt jedoch einige Zeit nach der Operation wieder zurück, wahrscheinlich durch kompen- satorische Tätigkeit des Labyrinths. Beim Menschen soll das Klein- hirn neben allen diesen Funktionen auch die Korrelation der Sprech- bewegungen vermitteln. Der histologische Aufbau des Kleinhirns ist bei allen Wirbeltieren im wesentlichen gleich (505). Man kann eine äußere Rinden- oder Molekularschicht (a), eine mittlere Körnerschicht (c) und eine innere Markschicht (d) unterscheiden. Die letztere besteht aus markhaltigen Nervenfasern, welche aus den beiden äußeren Schichten kommen und die Reize aus dem Kleinhirn herausleiten. Die Körner- schicht wird aufgebaut aus zahllosen multipolaren Ganglienzellen. Wo Fig. 506. Fig. 507. Fig. 506. PURKINJEsche Zelle aus dem Kleinhirn nach STÖHR. Fig. 507. Schema des Kleinhirns nach GÜNTHER. /Molecularschicht, // Körner- schicht, 1/7 Markschicht. a PURKINJEsche Zellen, 5 Korbzellen, c kleine Rindenzelle. diese Schicht in die Rindenzone übergeht, liegen sehr große Ganglien- zellen, die sog. Purkınseschen Zellen (506), welche ihre reich ent- wickelten Dendritenbäumchen nach außen kehren, während die Neuriten durch die Körnerschicht hindurch zum Mark ziehen. In der Rinde liegen kleinere und größere Ganglienzellen, welche die afferenten Er- regungen aufnehmen und sie auf die Purkınseschen Zellen (505 5) übertragen, die sie zu den Kernen des Kleinhirns und von hier aus zur Haube weiterleiten (50%). 5. Das Nachhirn (Myelencephalon, Medulla oblongata, verlängertes Mark) verschmälert sich nach hinten gegen das Rückenmark. Seine Decke besteht wie beim Zwischenhirn aus einer dünnen Schicht von Epithel, welches sich mit der gefäßreichen Pia mater innig verbunden hat und mit vielen Falten in den 4. Ventrikel hineinragt, also eine Gefäßhaut, Tela chorioidea, bildet. Da bei der Präparation diese zarte Schicht leicht entfernt wird und das Nach- ” Nachhirn, 591 hirn dann als keilförmige Vertiefung erscheint, wird diese Region als Rautengrube,Fossa rhomboidalis, ihre zum Rückenmark über- leitende ventrale Portion als Calamus scriptorius bezeichnet. Nur die Seitenwände und der Boden des Nachhirns sind verdickt und ent- halten viele Herde von Ganglienzellen für Gehirnnerven und Züge von Trae.bulbihal Kera.Hisir. /\ sr cum, spindhal Trac. cort.spin. BOT Fig. 508. Fig. 509. Fig. 508. Schema der Kreuzung der Hinterstränge im verlängerten Mark des Menschen. Nach Hesse, etwas verändert. Die Ventralseite des verlängerten Marks ist dem Beschauer zugekehrt. Die Kreuzung der Hinterstränge liegt etwas weiter frontal als die Pyramidenkreuzung. Fig. 509. Schema der Pyramidenkreuzung des Tractus corticospinalis im ver- längerten Mark des Menschen. Nach Hesse, etwas verändert. Die Ventralseite des Marks ist dem Beschauer zugekehrt. Bezüglich der Lage vgl. 542. Nervenfasern, welche teils das verlängerte Mark durchlaufen, um das Rückenmark mit den vorderen Regionen zu verbinden, teils vom ver- längerten Mark ins Kleinhirn ziehen (542). Ein ungewöhnlicher Reich- tum an Associationsfasern verbindet die Kerne der Hirnnerven unter- einander in der Oblongata. Von den 12 Paar Gehirnnerven entspringen 522 VI. Kapitel. in der Medulla oblongata nicht weniger als 8, und zwar jeder aus einer besondere Gruppe (Kern, Nucleus) von Ganglienzellen, über die hinaus sich aber die Nervenfasern noch eine Strecke weit caudalwärts verfolgen lassen. Nur 4 Gehirnnerven gehen vor der Oblongata ab, nämlich der Olfactorius vom Großhirn, der Opticus vom Zwischen- hirn, und der Oculomotorius und Trochlearis vom Mittelhirn. Da jene 8 Nerven ungemein wichtige Organe (Hautsinnesorgane, Labyrinth, Muskeln des Kopfes, Zunge, Atmungsorgane, sei es Kiemen oder Lungen, Herz und Darmkanal) versorgen, so ist das Nachhirn der wichtigste Teil des Gehirns. Ein Wirbeltier verträgt mehr oder weniger lange die Entfernung sowohl aller übrigen Gehirnregionen als auch des Rückenmarks; es geht aber sehr bald zugrunde, wenn das verlängerte Mark zerstört wird, daher der rasche Tod geköpfter Tiere. Im ver- längerten Mark findet ferner eine Umbiegung eines Teils der Fasern von der einen Seite auf die andere Seite statt, die als Kreuzung (Decussatio) bezeichnet wird. Solche Kreuzungen kommen ja auch im Rückenmark vielfach vor (483, 49%). Im Nachhirn kommen haupt- sächlich zwei solche Kreuzungen vor, diejenige der Hinterstränge (508) und die etwas weiter nach hinten gelegene Pyramiden- kreuzung (509). Die sensiblen Fasern der Hinterstränge bilden zwei Bündel, ein mediales („zarter Strang“) und ein äußeres („Keil- strang“), welche in der Hinterhälfte des Nachhirns in den sog. Kernen der Hinterstränge (508, 542, Nucleus gracilis et cuneatus) endigen, indem sie die Ganglienzellen dieser Kerne umspinnen. Die Neuriten derselben bilden nun ventralwärts vom Zentralkanal eine sehr dichte Kreuzung, die sog. Schleife, indem sie zur andern Seite ziehen und als Tractus bulbothalamicus weiter nach vorn zum Zwischenhirn verlaufen. Die Pyramidenkreuzung betrifft den aus der Großhirnrinde ins Rückenmark ziehenden Tractus corticospinalis (491, 509, 542, rot). Wie aus 491 ersichtlich ist, verläuft er teils im Vorderstrang des Rückenmarks und sendet von hier aus Fasern zu den motorischen Ganglienzellen der andern Seite, teils als größere Portion im Seitenstrang. Die Fasern dieser letzteren kreuzen sich (509) in der nach außen etwas vorgewölbten Bodenschicht des verlängerten Marks, den sog. Pyramiden (932, 533). Die Bedeutung dieses Uebertritts zur andern Körperseite ist noch nicht bekannt, sie erklärt aber die Tatsache, daß eine Verletzung der Großhirnrinde stets auf der andern Körperseite eine Störung der Beweglichkeit bewirkt. Da aber solche Kreuzungen überall im Rückenmark und in andern Gehirnabschnitten vorkommen, also eine ganz allgemeine Erscheinung des Zentralnerven- systems der Wirbeltiere sind, kann man vermuten, daß sie das har- monische Zusammenspiel der beiden Körperhälften, also die bilaterale Symmetrie im physiologischen Sinne bedingen, denn jede gekreuzte Nervenfaser steht durch einen Teil ihrer Kollateralen mit der linken, durch einen andern Teil mit der rechten Körperhälfte in Verbindung. IV. Gehirne einzelner Gruppen. Ich lasse hier noch einige Einzelheiten über die Gehirne der wichtigsten Gruppen folgen. Es zeigt sich dabei, daß Größe und Aus- bildung der Gehirnabschnitte ganz von der Lebensweise abhängen und daher nicht genau parallel gehen der systematischen Stufenfolge. Dem riesigen Auge der Fische und Vögel entspricht z. B. ein sehr grobes Cyelostomen. 523 Mittelhirn, während diese Organe bei den Säugern viel kleiner sind. Nur das Großhirn steigt von Klasse zu Klasse zu immer höherer Differenzierung an. Im allgemeinen nimmt dementsprechend das relative Hirngewicht (Verhältnis zum Körpergewicht) von unten nach oben zu. Die Zahlen schwanken aber nach Körpergröße und Ernährungszustand in weiten Grenzen. Junge Wirbeltiere haben ein relativ größeres Hirngewicht als alte und ebenso kleine Arten im Vergleich mit nahverwandten großen. Die folgenden Zahlen nach einer Zusammenstellung von ZIEHEN betreffen frische erwachsene Kadaver: Karpfen 1:860, Frosch 1:400, Pseudopus pallasii 1:1064, Taube 1:150, Turmfalke 1:74, Kleine Singvögel 1:30—1:20, Megaptera boops (konserviert) 1:12000, Macropus rufus 1:700-—-1:400, Pferd 1:500, indischer Elefant 1:400, Schaf 1:377, Eisbär 1:464, Neufundländer Hund 1:319, Spitz 1:63, Hauskatze 1:128, Ratte 1:130, Hausmaus 1:40, Igel 1:300, Maulwurf 1:40, Vespertilio serotinus 1:68, Mycetes seniculus 1:72, Macacus nemestrinus und Hylobates lar 1:75, Gorilla 1:213, Orang 1:150, Schimpanse 1:61, Mensch d 1:42, 2 1:40. Frauen haben also wegen ihrer geringeren Körpergröße ein relativ höheres Gehirn- gewicht. I. Cyclostomata. Wir beginnen mit der Schilderung des Gehirns von Petromyzon, . da bei Myxinoiden vielfach Rückbildungen durch die halbparasitische Lebensweise eingetreten sind. Beim Neunauge ist das Gehirn (510) einfacher gebaut als bei irgendeinem anderen Üranioten, aber alle typischen Teile sind schon vorhanden, so daß der Sprung vom Am- phioxus zu den Rundmäulern ein ganz gewaltiger ist. Die Hemi- sphären sind klein und geben am dorsalen Vorderrande den Olfactorius ab. Ihre aus grauer Substanz bestehenden Wände sind sehr dick und die Ventrikel daher sehr schmal. Der Boden springt nicht nach innen gegen den Hohlraum vor, so daß man noch nicht von einem Basal- ganglion (Corpus striatum) sprechen kann, aber die ihm ent- sprechende Region ist kenntlich an dem zum Hypothalamus laufenden Tractus. Die Hemisphäre zerfällt in einen vorderen größeren Abschnitt (Bulbus olfactorius) und in einen hinteren kleineren, welcher bald als Lobus olfactorius, bald als eigentliche Hemisphäre angesehen wird. Im vorderen Bulbus liegen rundliche Glomeruli mit Mitral- zellen, von denen jede mit mehreren Fila olfactoria sich verbindet, wodurch eine verstärkte Reizübertragung zustande kommt. Die Neuriten der Mitralzellen durchsetzen die ganze Hemisphäre nach den verschie- densten Richtungen, ohne einen einheitlichen Tractus zu bilden, und zeigen deutlich, daß das Telencephalon im primitivsten Zustande nur ein Riechzentrum darstellt. Sie lassen sich vielfach bis zu einem dorso- medialen Herd von Pyramidenzellen (P.xell) verfolgen, der als erste Andeutung eines Hippocampus angesehen und daher Primordium hippocampi genannt wird. Dieser Herd am Hinterende der Hemi- sphäre liegt nach außen von dem periventrikulären Grau, ist also dıe erste Andeutung einer Rinde, wenngleich er nicht scharf von dem Grau abgesetzt ist. Andere Faserzüge gehen durch das Zwischen- und Mittelhirn hindurch bis zur Oblongata. In der dünnen Vorderwand des Ventriculus medius liegen 2 Kommissuren, eine ventrale, die eigent- 524 IV. Kapitel. liche Comm. anterior, und eine dorsale, welche der Comm. pallii der höheren Formen wenigstens in der Lage entspricht. In beiden ziehen Riechfasern zum Bulbus der Gegenseite. An dem recht großen Zwischenhirn sind 3 Regionen zu unter- scheiden, ein oberer Epithalamus, ein mittlerer Thalamus und ein unterer Hypothalamus. Das Dach des ersteren ist dünnwandig und springt kegelförmig nach oben und vorn vor (Parencephalon oder Saccus dorsalis). Diese Ausstülpung wird von einigen For- schern als Paraphyse gedeutet. Da ein Velum transversum und ein eingestülpter Plexus fehlen, ist eine Entscheidung nur auf Grund der Ontogenie möglich. Der Ausstülpung liegen zwei übereinander A Eiuph. Com Post. Com.dors Kitth Pos. , |Crebell. Piex.venir I / / : ® . SEN \ A ’ i j \ } ‚ d... Deeipi. Hors Spin. NT ur N DR 3‘ Com. ant Nat (om.trans IE 9 EEG vintrveeip Nerr. Spin Mvenir: Fig. 510. Gehirn von Petromyxon, kombiniert nach AHLBORN, BÜTSCHLI, MAYER und anderen Autoren. A von der Seite, B von oben. Bulb Bulbus olfaetorius, Com.ant. Commissura anterior, an!‘ = Com. pallii, ans. ansulata, dors. dorsalis, hab. habenularis, post. posterior, For. Foramen Monroi, @I.hab. Ganglion habenulae, Lam.term. Lamina terminalis, Zob.opt. Lobus optieus, Mitt.h Mittelhirn, M.F. MüLuersche Fasern, P.zell Pyramidenzellen, Par.aug. Parietalaugen, Paren. Parencephalon, R.neur. Recessus neuroporicus, R.x Riesenzellen. gelegene Bläschen auf, welche sich nach hinten stielförmig in einen Nerven fortsetzen und als rudimentäre Stirnaugen gedeutet werden. Das obere Parietalauge wird Pinealorgan oder Epiphyse genannt, da dieses Organ der höheren Formen sich aus ihm entwickelt; sein hohler Stiel mündet neben dem rechten Ganglion habenulae in den dritten Ventrikel. Der Bau des Bläschens (511) ist noch ziemlich augenähnlich und wird uns bei den Sinnesorganen näher beschäftigen. Das kleine untere Bläschen (Parapinealorgan) ist noch mehr rück- gebildet und sein Nerv entspringt dem linken Gl. habenulae. Die be- deutendere Größe des rechten Ganglions hängt mit der stärkeren Aus- bildung des oberen Bläschens zusammen, das für die Lichtaufnahme günstiger liegt. Man darf annehmen, daß beide ursprünglich neben- Cyelostomen. 525 einander gelegen haben, das obere rechts, das untere links. Bei Geotriu australis befindet sich das untere Bläschen noch deutlich etwas links und vor dem rechten. Zwischen den beiden Ganglien spannt sich eine Com. habenularis aus. In sie treten Fasern aus der hinteren Hemisphärenregion, um zum Teil auf der anderen Seite nach vorn zu laufen (Tractus olfactohabenularis oder Taenia thalami). Andere Fasern lassen sich von ihr bis zum Hypothalamus und bis zur Oblongata ver- folgen. Ein Plexus chorioideus fehlt, -was wohl damit zusammen- hängt, daß die Thalamuswände sehr dick sind und nur ein ganz schmaler dritter Ventrikel übrigbleibt, der sich ventral im Hypothalamus er- weitert. Hier liegt vorn der Chiasmawulst, in dem außer den Seh- fasern die Com. transversa verläuft. Nach hinten folgen zwei Ver- tiefungen, zunächst das Infundibulum mit der anliegenden Hypo- physe, und eine andere, welche dem Saccus vasculosus der Knochenfische entspricht, aber noch nicht gefäßreich ist und keine Sinneszellen enthält. Sie wird auch als Sinus superiorinfundi- Npin Cpost Cpall Fig. 511. Sagittalschnitt durch die Parietalgegend von Ammocoetes nach STUDNICKA. Ch Commissura habenularis, Opa/! Commissura pallii, Cpost Commissura posterior, Hab Habenularganglion, M Plexus des Mittelhirns, Npp Nervus para- pinealis, Np@n Nervus pinealis, Parph Parapbyse, Po Pinealorgan (Epiphyse), Pp Para- pinealorgan, Schd Schädeldecke. buli oder Recessus mammillaris bezeichnet. Die Hypophyse (s. 8. 472) liegt dem Infundibulum an und scheint mit ihrem Zwischen- lappen schon in die Trichterhöhle zu sezernieren. Das Mittelhirn ist sehr groß und nimmt dadurch eine Ausnahme- stellung ein, daß das Dach in der Mitte eine dünnhäutige faltige Aus- stülpung bildet, welche viele Blutgefäße der Pia mater empfängt und einen Plexus chorioideus bildet. Daß die Einstülpung der Blut- gefäße bei Pelromyxon am Mittelhirn und nicht, wie sonst, am Zwischen- hirn erfolgt, hängt wohl mit der Anwesenheit von 2 Parietalaugen zu- sammen. Ich sehe hierin ein primitives Moment, das verschwand in demselben Maße, als die Opticusfasern das Dach des Mittelhirns er- oberten. Die übrigen Wände des Mittelhirns sind dick und enthalten zentrales Grau, welches einen mäßig großen Hohlraum umschließt. Die Dorsalregion ist das Tectum opticum, in dem die Sehnervenfasern enden. Die Seitenwand (Tegmentum) enthält Fasern, welche zum Boden herabziehen und hier in einer Com. ansulata zur anderen 526 VI. Kapitel. Seite laufen, um dann in die Oblongata überzutreten. Sie vermitteln die Uebertragung der optischen Reize auf die Bewegungsmuskulatur. In der Seitenwand liegen jederseits 3 „Riesenzellen“, deren dicke Neuriten nach hinten verlaufen. Sie sind die vordersten jener großen Ganglienzellen des verlängerten Marks, aus deren Neuriten die sog. Mürterschen Fasern hervorgehen; jederseits laufen 6—8 solcher Fasern ohne Kreuzung bis zum Schwanz, dem einzigen Bewegungs- organ, und bringen ihn in Abhängigkeit von den Sinnesorganen des Kopfes. Die vorderste Riesenzelle läßt sich mit einem Dendriten bis zur Com. posterior verfolgen, welche beide Seiten des Mittelhirns in Beziehung zueinander setzt. Dieselbe Bedeutung kommt wohl auch der kleinen Com. dorsalis zu. Während diese dorsalen Teile des Mittelhirns sensibel sind, haben die Zellen der Basis eine motorische Bedeutung, indem sie die Kerne der Augenmuskeln bilden (510, 171, IV, VI. Ein Ganglion interpedunculare ist vorhanden. Das Cerebellum ist klein und entbehrt noch echter PurKINJE- Zellen, aber die Lage dicht hinter der Trochleariskreuzung gestattet die Erhebung als Kleinhirn zu deuten. Dafür sprechen auch die Ver- bindungen mit anderen Gebieten. Das Kleinhirn empfängt Fasern von hinten aus der Trigeminus-, Acüsticus- und Vagusregion, vielleicht auch aus dem Rückenmark, von vorn aus dem Hypothalamus und wahr- scheinlich auch aus dem Tectum. Es setzt also offenbar die Geruchs- und Lichteindrücke in Beziehung zu den sensiblen und motorischen Funktionen des Nachhirns. Die Anordnung der Gehirnnerven der sehr ansehnlichen Oblon- sata ist aus 510 B ersichtlich. Sie enthält viele sehr große Ganglien- zellen, deren Neuriten teils in den V., VII. und X. Nerven übergehen, teils in das Rückenmark auslaufen, wobei sie allmählich an Dicke zu- nehmen und in dem letzteren als sog. Mürnersche Riesenfasern durch ihren Umfang und ihre Zahl auffallen. Die große Komplikation des Gehirns von Petromyxon geht aus den zahlreichen Faserzügen hervor, von denen einige schon erwähnt wurden und noch folgende angedeutet werden mögen. Von den Hemi- sphären geht ein Tractus olfactohabenularis (Taenia tha- lami) nach den Habenularganglien und passiert dabei zum Teil das Primordium hippocampi, ein Tr. striothalamicus vom Boden der Hemisphäre zum Thalamus und weiter zur Oblongata, ein anderer zum Infundibulum und dann zur Oblongata, endlich ein Tr. lobotectalis zum Dach des Mittelhirns.. Dagegen fehlt eine Verbindung der Hemi- sphäre mit dem Cerebellum, welche bei Myzime vorkommt, weil bei dieser Gattung das Kleinhirn viel stärker entwickelt ist. Das Prim- ordium verbindet sich mit dem Hypothalamus und ist daher als ein Korrelationszentrum für Riech- und Geschmacksempfindungen anzu- sehen. Von den Habenularganglien geht jederseits ein rechts stärker ausgebildetes MEvynertsches Bündel (Fasciculus retroflexus) zum Thalamus und weiter zum Tegmentum und zum Boden des Mittel- hirns, wo eine zweimalige Kreuzung stattfindet, ehe die Fasern sich in die Oblongata fortsetzen. Das @ehirn von Myxine (512) erscheint auf den ersten Blick sehr verschieden von dem des Neunauges, ein genaueres Studium zeigt aber, daß beide sehr ähnlich gebaut sind. Durch die riesige Entfaltung des Riechorgans (ro) ist das Gehirn von vorn nach hinten stark zusammen- gedrückt worden, und außerdem haben sich die Seitenränder des Vorder- Gehirn von Myxine. 527 hirns nach oben und innen übergeschlagen, so daß sie sich vor den Habenularganglien berühren. Man erblickt also in der Dorsalansicht die Ventralfläche des Vorderhirns. Der Olfactorius ist nicht ein- heitlich wie bei Petromyxon, sondern besteht aus vielen einzelnen Bündeln von Nervenfasern. Das Zwischenhirn ist mit dem Vorder- hirn verschmolzen und seine Lage ist äußerlich nur an jenen Ganglien und am Infundibulum zu erkennen. Mittelhirn und Cerebellum sind groß und zerfallen durch eine mediane Furche in zwei Abschnitte. Das Kleinhirn wurde zuerst von den meisten Forschern als hinterer Ab-- schnitt des Mittelhirns angesehen. Die von ihm nach vorn und hinten gehenden Verbindungen rechtfertigen aber die Deutung als Kleinhirn. Sehr eigenartig ist die starke Rückbildung der Ventrikel (B), die wohl auch als eine Folge des Druckes des Geruchsorganes anzusehen ist. Seitliche Hohlräume existieren überhaupt nicht mehr, sondern es ist nur ein enger medianer Kanal vorhanden, welcher sich vorn im Nach- hirn zu einer Fossa rhomboidalis erweitert. Von hier steigt der Aquae- ductus Sylvii schräg nach oben gegen die Habenularregion, knickt dann plötzlich um, steigt als dritter Ventrikel senkrecht nach unten und schwillt an der Basis zu der Trichterhöhle an. Ein horizontaler Ast dringt zuweilen in das Vorderhirn ein. Dieser Zentralkanal ist nur bei ganz jungen Tieren durchlaufend, später obliteriert er an verschie- denen Stellen, so daß getrennte Hohlräume entstehen. Im Bulbus olfac- torius finden sich Glomeruli und Mitralzellen wie bei Petromyxon. Die Com. pallii ist nach hinten gewandert und hat sich der Habenular- commissur angeschmiegt. Eine Epiphyse fehlt vollständig. Die beiden Habenularganglien sind teilweise verschmolzen. Infolge der Rück- bildung der Augen sind die N. optici so schwach, daß sie von manchen Forschern übersehen oder nur selten gefunden wurden. Sie sind aber immer vorhanden und bilden auch ein vollständiges Chiasma; hingegen fehlen die Augenmuskelnerven und wahrscheinlich auch der Glosso- pharyngeus. Die Hypophyse bleibt dauernd durch einen Epithelstreifen in Verbindung mit dem Ductus nasopharyngeus, weil dieser gerade dort in die Mundhöhle einmündet, wo sich die Hypophyse von ihr abschnürt. Für die phyletische Herleitung dieses Organs ist es von Bedeutung, daß es sich dem Trichter bloß äußerlich anlegt, was nicht ausschließt, daß schon eine Abgabe von Flüssigkeit an das Gehirn in geringem Maße erfolgt. Die enge Verbindung einer Munddrüse mit dem Gehirn ist offenbar ein späterer Zustand (vgl. S. 517). Die ver- schiedenen Faserbündel des Gehirns verlaufen im wesentlichen wie bei Petromyxon. Die Plexus chorioidei fehlen vollständig infolge der Ventrikelreduktion. Hinsichtlich der letzteren und des Auges ist Myzxine sekundär einfacher geworden als Petromyxon, kann aber nicht als primitiv gelten. Das Gehirn von Bdellostoma ist sehr ähn- lich dem von My.xine, aber die Bulbi olf. sind viel größer, die Augen- nerven dicker, und der Zentralkanal ist zwar auch ohne seitliche Ven- trikel, aber doch nicht so stark rückgebildet wie bei Mywine. Bdello- stoma verhält sich also noch etwas ursprünglicher als Myzxine. 2. Die übrigen Fische. Vorderhirn. Eigentliche Hemisphären fehlen, denn es bilden sich nicht zwei seitliche Blasen, sondern das Telencephalon des Embryos wächst nach vorn aus und umschließt einen einheitlichen Hohlraum 5928 V1. Kapitel. welcher vorn von der Lamina terminalis begrenzt wird und sich jeder- seits zum Bulbus olfactorius ausstülpt (514). Die Vorderwand verdickt sich dabei beträchtlich. Nur die Dipnoi (515), welche zu den Amphibien hinüberleiten, verhalten sich wie die Oyclostomen und die übrigen Wirbeltiere, indem sie zwei große Hemisphären mit dicken Wänden (516) besitzen. Sie stehen schon auf einer etwas höheren Stufe als die Anuren (vgl. 524), da sich dorso- lateral und ventral eine deut- liche Rinde von Ganglienzellen von dem periventrikulären Grau abgesondert hat (Hippocam- pus und Cortex olfactoria). Man wird mit Rücksicht auf den Amphioxus und die Onto- genie hierin einen höheren Zu- stand erblicken müssen, welcher durch die Riechreize verursacht wurde. Wie die Augenblase den Lichtreizen entgegen wächst, so die Hemisphäre den Geruchs- reizen. Die Decke (Pallium) des Vorderhirns verdickt sich seitlich und bleibt in der Mitte eine dünne, gefäßreiche Tela chorioidea ohne Nervenzellen, welche sich bei den Selachiern, aber nicht oder nur wenig bei Knochenfischen (514 C) und Fig. 512. Gehirn von Myxine glutinosa nach RErzıus, °,. A von oben, B von der Seite gesehen; in B ist nach Horm die Lage des zentralen Hohlraums ein- gezeichnet, welcher aber nur bei jungen Tieren kontinuierlich ist. b. o/ Bulbus olfae- torius, gh Ganglia habenulae, oc Auge, ro Riechorgan, sk Knorpelselett, VH, MH, HH, NH Vorder-, Mittel-, Hinter-, Nachhirn. Ganoiden als faltiger Plexus in den Ventrikel einstülpt. Bei Amia und noch mehr bei Ceratodıs springt die Tela in Gestalt einer medianen Falte nach innen vor und deutet dadurch zwei Hemisphären scheinbar an. Die Breite der dünnen Decke ist bei den einzelnen Klassen ver- schieden. Bei den Selachiern (»13 B) nimmt diese epitheliale Tela nur ur ET Vorderhirn der Fische. 529 die mediane Region ein, während die Seitenteile verdickt sind und Ganglienzellen und Fasern enthalten. Bei den Ganoiden und Teleosteern hingegen gehört auch die Seitenwand zur Tela (514 C), indem die ur- sprünglich dorsale Nervensubstanz (Lob. olfact.) zur Ventralfläche gerückt ist und dem Corpus striatum lateral anliegt. Hier verdient die Decke wirklich die Bezeichnung Pallium, da sie mantelartig die ventrale Erhebung umhüllt. Sie wird von einem Flimmerepithel gebildet. Vorn stülpt sich die Nervenmasse jederseits aus zu einem bei vielen Fischen, namentlich bei Raubfischen (513), sehr ausgeprägten Bulbus olfactorius mit dem Glomeruli. Liegt die Nasengrube in einiger Entfernung vor dem Gehirn, so verlängert sich der Auswuchs und zer- fällt in einen vorderen Bulbus olfactorius, von dem die Fila olfactoria nach vorn in das Geruchsorgan gehen, einen mittleren eingeschnürten Tractus (Pedunculus) und den Lobus olfac- torius am Vorderhirn (513, 514). Der Lobus sitzt bei manchen Haien (Laemargus, Carcharias), Rochen und bei Ceratodus seitlich am Vorder- hirn. Der Tractus ist von sehr verschiedener Länge, kurz oder fehlend bei Seymnus lichia (513), Acanthras vulgaris, Spinax niger, Sceyllium stellare, Galeus, Maustelus, Holocephalen. Dies ist der pfimitive Zu- stand, denn ontogenetisch sitzt der Bulbus zuerst am Gehirn und wandert erst später nach vorn. Mittellang ist der Tractus bei Arten der Gattungen Carcharias, Laemargus, Heptanchus, Zygaena, Trygon, Raja, Ceratodus; sehr lang bei Syquatina angelus, Hexanchus griseus (513 C), Mylobatis bovina. Nahe Verwandte können diesbezüglich differieren: Laemargus rostratus mittellang, ZL. borealis sehr lang. Bei zwei Haien (Isistius brasihiensis, Echinorhinus spinosus) ist der Bulbus sitzend, und die Fila olfactoria bilden einen sehr langen, jederseits zweibündeligen Tractus. Maßgebend für die Ausbildung eines langen Tractus sind namentlich Größe des Auges und Dicke der Schädelwand, welche das Gehirn nach hinten drücken. Unter den Knochenfischen epriph Telachor Cerebell Er el.transı: Lobo — A. FallCor | re „= $% = Co\_ ‚ Commiss.ant. x an nn > = ; a x ae k = Ga NE S : 287 AR u 7 49 VE = u V Je = Necmam | Br \ © Si i Y) | SE Bu Trac. \ \ nzung. - | s of olfacı a SOC. VASE 7, ap Oi Vor 7 & / 1 en ei Nach hirn SIR irr eın- II { \ Mitthirn hirn Rauronr| m 2 Ar Ro px x B N a‘ 4 RR xT Mia ) N a = EG — 1 ae Zod.inf Lob. optic Fig. 513A u. B. Plate, Allgemeine Zoologie 1. 34 530 VI. Kapitel. Fig. 513C u. D. Fig. 513. Gehirn eines Hais, Scymnus lichia, nach BURCKHARDT aus BÜTSCHLI, verändert. A von der Seite, der Hohlraum ist mit Punktstrichen angegeben. B von oben. Op Commissura posterior, Ds Dorsalsack (Parencephalon,, @h Ganglion habenulae, Pal.Cor. pallialer Cortex, Ree.mam. Recessus mammillaris. Die primäre Riechbahn, der Ölfaetorius ist in A verhältnismäßig viel zu groß eingetragen worden. © Gehirn von Hexanchus griseus, D von Scoliodon terrae norvae, nach Locy, nat. Gr. ebl Cerebellum, n.no” Nervus terminalis, n.olf.m, n.olf.! Nervus olfac- torius medianus und lateralis, ».opt. Opticus, msence Mittelhirn, poe.olf. Riechorgan, tr.olf. Tractus olfactorius. haben einen sehr langen Tractus die Gadiden, Mormyriden (518), Cyprinoiden (514) u. a Beim Embryo sind alle diese Teile hohl, da sie ja Ausstülpungen der Ventrikelwand sind, im erwachsenen Zustand verschwindet aber der Hohlraum im Bulbus und Tractus der Knochen- fische und vieler Haie, während er bei Ganoiden (522) sich erhält. Bei Acanthias und Oentrophorus ist der Tractus schon solid, während der Bulbus noch hohl geblieben ist. Der Bulbus hat bei den Fischen im Prinzip denselben Bau wie bei allen Vertebraten, nämlich zu äußerst eine Schicht der Olfactoriusfasern, dann die Schicht der Glomeruli, in denen sich die Dendriten der Riechfasern mit denen der Mitralzellen zu rundlichen Knoten verflechten, dann die Schicht dieser Zellen, end- Vorderhirn der Fische. 531 lich im Innern Fibrillen und Sternzellen. Das Gebiet, in dem die Neu- riten der Mitralzellen (sekundäre Riechfasern) enden, ist der Lobus olfactorius. Bei Amnioten existiert noch eine Hippocampusregion, in der tertiäre Riechfasern, die vom Lobus ausgehen, enden. Ein solcher Hippocampus ist unter den Fischen bis jetzt nur bei Lepedosiren (516) und Protopterus gefunden worden als eine Rindenschicht im Dach des Ventrikels, deren laterales Ende (bei /) dem Neopallium (Neo- cortex) der Amnioten entspricht, d. h. dem Teil der Rinde, welcher die höheren psychischen Aufgaben übernimmt. Die tertiären Riech- fasern sind aber noch nicht gefunden worden, sondern die Homologie wird erschlossen von Sımrtu aus der mit Ornithorhynchus über- einstimmenden Lage. Bei diesen beiden Dipnoern sitzt der Bulbus olf. (515) der dorsalen Hälfte der Vorderwand der Hemisphäre an und die ventrale springt bei Protopterus unter dem Bulbus stark vor als sog. Tuberculum olfactorium (7b. ol.) oder Lobus post- olfactorius. Der Boden des Vorderhirns pflegt sich zu zwei großen Basal- sanglien (Corpora striata) zu erheben, welche den Ventrikel bei manchen Haien (Carcharias, Lammna) sehr einengen; bei Zygaena, Trygon, Myliobatis verdrängen sie diesen Hohlraum sogar vollständig. Bei den Teleosteern findet sich häufig auf dieser Erhebung eine schräg verlaufende Furche (514 B), wodurch ein mediales Epistriatum von dem mehr lateral und innen gelegenen Striatum abgegrenzt wird (CO). Ein Teil der Fasern des Epistriatums kreuzt in der Com. anterior. Ventrolateral schließt sich der als Lobus olfactorius oder Hypo- striatum bezeichneter Kern an. Das Epistriatum wird von GoLD- stEın als medialer Teil des Lobus olf. angesehen, denn beide empfangen die Riechfasern aus dem Bulbus olf., welche in einem medialen und einem lateralen Bündel verlaufen. Die Nomenclatur ist leider wenig einheitlich. Die dorsale Hälfte der Nervenmasse am Boden des Vorder- hirns wird auch als Primordium hippocampi (Jomnston) oder Primordium pallii (Horm6ren) bezeichnet, das Epistriatum als Corpus präcommissurale. Die Basalganglien sind durch einen septalen Spalt geschieden, nur bei einigen Knochenfischen (Synbran- chiden, Gadus merlangus) kommt es zu Verwachsungen. Die dicke Wand der Hemisphäre der dipneumonen Dipnoer (516) |bei Ceratodus bleibt sie dünner] bildet kein nach innen vorspringendes Striatum. Die entsprechende Region ist hier in die Außenwand verschoben infolge der Verdickung der medialen Wand. Bei allen Fischen sind nicht nur absteigende Fasern ähnlich wie bei Petromyzon zu den Ganglia habenulae, zum Thalamus und Hypo- thalamus vorhanden, sondern meist auch aufsteigende aus dem letzteren, welche wahrscheinlich Geschmacksempfindungen in Korrelation zu den Riechreizen setzen. Das Gehirn ist also nicht ausschließlich Riech- zentrum. Es fehlt aber noch eine graue Rinde für höhere psychische Leistungen mit Ausnahme der Selachier, welche beiderseits der Lamina terminalis einen Höcker besitzen, in den keine Riechfasern (513 A, Pall. Cor.) eintreten und der daher als erste Andeutung eines über- geordneten Gebiets von EDINGER angesehen wird. Lateral von ihm endet ein vom Hypothalamus kommender aufsteigender Faserzug (Tr. pallii), so daß die Zellen des Höckers ein Assoziationsgebiet sein könnten. Vielleicht hat auch bei Lepidosiren die schon erwähnte laterale Rindenzone (516) eine solche Funktion. Die korrelative Be- 34* 532 VI. Kapitel. deutung des Vorderhirns ist auf jeden Fall gering. Ein vorderhirnloser Weißfisch (Squalius cephalus) bewegt sich nach STEINER ganz normal, sucht seine Nahrung, unterscheidet rote und weiße Oblaten und hat Geschmacksempfindungen. Ein solches Tier schnappte einem nor- malen stets die Regenwürmer weg, so daß ich vermute, daß das Corpus striatum ein Hemmungszentrum irgendwelcher Art ist. Das Zwischenhirn ist bei den meisten Fischen von oben gesehen nur klein, da das stark entwickelte Mittelhirn es von hinten her über- Mittelh. ur / Ei Bulhotf Trat.olf Pad War.) Pl aan |. Ds = 4% £ Cops 7 a Ventr lat: Oman. ypptr - Hand oa, Pan. Tobmed) \Tmuftm Znyuae. S Corn.sır "P-Com.post. P l. fpendym Cpistriat Lob.olftret N ” _Ventr A ED Hrn op Chias, Ir struoth. Fig. 514. Gehirn von Barbus fluriatslis, nach GOLDSTEIN. A Sagittalschnitt, B von oben, C Querschnitt durch das Vorderhirn. Com.ant. Commissura anterior, Ds Dorsalsack, Epi Epiphyse, @.hab. Ganglion habenulae, Haubw. Haubenwulst, Tr.strioth. Tractus striothalamiceus. wölbt. Bei einigen primitiven Selachiern (Scymnus, 513) und bei Holocephalen ist es aber sehr lang und schmal, weil die großen Augen das Vorderhirn nach vorn und das Mittelhirn nach hinten gedrängt haben. An dem dünnwandigen Dach finden sich die schon früher (S. 513) erwähnten Ausstülpungen. Die Paraphyse ist meist sehr klein. Der Dorsalsack (Parencephalon) ist bei Selachiern (514 Ds), Stören (522) und Dipnoern meist groß, breit und häufig durch Blut- gefäße gefaltet (daher in 515 B als Adergeflechtknoten bezeichnet), bei Chimaera und Teleosteern (314 Ds) dünn, röhrenförmig. Die Epi- physe ist bei Haien und Knorpelganoiden meist sehr lang, so daß sie mit ihren drüsigem Endbläschen bis in den Schädelknorpel eindringen Zwischenhirn der Fische. 533 kann, bei Knochenganoiden und Teleosteern kürzer; der erstere Zustand ist der primitive, denn das Bläschen war ursprünglich ein in der Haut liegendes Auge. Amia und Lepidosteus weisen eine merkwürdige Ausstülpung jederseits auf, welche wohl zum Dorsalsack gerechnet ZSt N IV Divert Fig. 515. Gehirn von Protopterus anneetens. A von oben, B von der Seite, nach BURCKHARDT. AdK Adergeflechtknoten (Parencephalon), B.o! Bulbus olfact., Divert Sace.endol Divertikel des Saceus endolymphaticus, G@p Glandula pinealis, HH Hinterhirn, Hyp Hypophyse, MH Mittelhirn, Ms» Medulla spinalis, NAH Nach- hirn, Sree.endol. Saecus endolymphaticus, Sp Spinalnerv, 75.0/ Tubereulum olfac- torium, VH Vorderhirn, ZH Zwischenhirn, //—XII Gehirnnerven. werden muß und die sich sofort in einen frontalen und einen kaudalen Abschnitt gliedert. Der erstere legt sich an das Vorderhirn an bis zu seiner Basis, der hintere erstreckt sich bis zum Vagus. Es liegt also das ganze Gehirn zwischen zwei flachen dünnwandigen Säcken, deren Bedeutung nicht bekannt ist. Sie werden reichlich vom Sympathicus 534 VI. Kapitel. innerviert, und ihre Epithelzellen enthalten viele Körner, so daß sie wohl bei der Ausscheidung der Flüssigkeit im Duralraum tätig sind. Von den Ganglia habenulae ist umgekehrt wie bei Petromyzon das linke größer als das rechte; nur (/upea verhält sich in dieser Beziehung wie das Neunauge. Der Boden des Zwischenhirns vom Chiasma bis zum Saccus vasculosus nimmt einen sehr beträchtlichen Raum ein. Das Infundibulum und die Hypophyse sind meist groß, bei Ama sogar außerordentlich groß. Zu beiden Seiten des Infundibulums liegt eine Ausstülpung mit nervöser Substanz, der Lobusinferior, welche bei Stören besonders ansehnlich ist (522). (Ueber die Bedeutung des Saccus vasculosus vgl. S. 5)7.) In der Wand des Thalamus tritt bei Teleosteern neben anderen Kernen ein Nucleus geniculatus (917, 70) auf, in dem Opticusfasern enden und der nur bei Bodenfischen fehlt. Bei 6 =) = = = — Fig. 516. Frontalschnitt durch das Vorderhirn von Lepidosiren paradoxa nach KUHLENBECK. 5b Nuclus basalis (Striatum), co Cortex olfactoria (Palaeocortex), d Area dorsalis (Archicortex, erste Andeutung eines Hippocampus), e Epistriatum, ! Area lateralis (Neocortex), » Area medialis, s Septum, srh Sulcus rhinalis lateralis. höheren Wirbeltieren werden wir ihm wieder begegnen. Die wichtigsten Bündel, welche vom Vorderhirn zum Epithalamus, Thalamus und Hypothalamus ziehen, sind oben erwähnt worden. Einen Fasciculus retroflexus |/2] (Meynertsches Bündel), welcher von dem Epi- thalamus zum Boden des Mittelhirns führt, haben wir schon bei Petro- myxon kennen gelernt. Der Tractus olfacto-hypothalamicus (27) verbindet das Riechzentrum auf dem Boden des Zwischen- und Mittelhirns. Ein aufsteigender Faserzug vom Hypothalamus zur Hinter- region des Vorderhirndaches wird Tractus pallii (25) genannt. Aus 517 ist ersichtlich, daß der Hypothalamus ein wichtiges Korre- lationsgebiet zwischen absteigenden und aufsteigenden Bündeln (Tr. spinothalamicusund Tr.spinohypothalamicus, 28, 29) ist und daß das Zwischenhirn auch mit dem Üerebellum (/4) zusammenhängt. Von dem Tr.lobopedun cularis (37), der aus den Lobi inferiores Mittel- und Hinterhirn der Fische. 535 sich bis ins Vagusgebiet verfolgen läßt, ist anzunehmen, daß er Geschmacks- und Riechempfindungen assoziiert und bei der Nahrungs- suche eine Rolle spielt. Das Mittelhirn ist immer ein ansehnlicher Teil des Gehirns, bei Knochenfischen (514) sogar zuweilen der größte. Bei Selachiern legt sich das Hinterhirn oft weit über das Mittelhirn hinüber, während bei Ganoiden und Teleosteern umgekehrt das Mittelhirn das Hinterhirn überlagert. In der Regel zerfällt es durch eine Längsfurche in zwei Halbkugeln und wird daher wohl auch Corpora bigemina genannt. Unter dieser Furche springt das Dach bei Knochenfischen und Ganoiden nach innen in der Form eines Längswulstes (Torus longitudinalis) vor. Ein solcher kann aber auch fehlen (Amea). Das Dach wird ge- rechnet von der Commissura posterior bis zu Trochleariskreuzung. Das dorsale Vorderende des Kleinhirns springt bei Selachiern gar nicht, bei Knochenganoiden wenig, bei Stören und Teleosteern sehr stark in den Ventrikel des Mittelhirns vor. Diese Partie wird Valvula genannt. Das Dach (Tectum) wird von nervöser Substanz gebildet und ist mäßig dick, die Hauptmasse der letzteren liegt am Boden und an den Seiten (Tegmentum). Am Boden springt sie als Tuberculum posterius gegen den dritten Ventrikel vor und bildet die als Haube bezeichnete Region mit dem Nucleus ruber (517,50) und dem Corpus interpedunculare (33). Der Ventrikel des Mittelhirns ist bei Selachiern und Dipnoern geräumig, während er bei Teleosteern nur dorsal erweitert ist und ventral sich zum Aquaeductus Sylvii verengt. Ueber die Funktionen des Mittelhirns ist zu sagen, dab es in erster Linie Endgebiet für die Opticusfasern ist, welche in der äußersten Schicht des Tectums sich ausbreiten. Außerdem empfängt es durch den Tractus cerebellotectalis (32) die vom Kleinhirn kommen- den statischen Reize. So erklärt es sich, daß Entfernung des Mittel- hirns beim Barsch starke Störungen des Gleichgewichts hervorruft, denn dieses beruht auf dem Zusammenspiel der statischen und der optischen Empfindungen. Der Boden des Mittelhirns ist Durchgangs- gebiet für den Tractusspinothalamicus (28) und empfängt durch ein besonderes Bündel (/9) Reize aus dem Kleinhirn. Er enthält weiter die Kerne für die beiden vordersten Augenmuskelnerven (III, IV). Das Corpus interpedunculare (43), in dem der Fasciculus retroflexus (12) endet, wird meist noch zum Mittelhirn gerechnet. Neben dem Eingang zum Aquaeductus Sylvii liegt bei Knochenfischen das Gan- glion isthmi (17), welches Fasern vom Opticus erhält. Dach und Boden setzt der Tractus tectobulbaris (36) in Beziehung zu- einander. Das Hinterhirn der Fische ist sehr verschieden ausgebildet. Bei Dipnoern (515) ist es, wie bei Cyclostomen, sehr klein und wird von oben vom Mittelhirn verdeckt. Nur bei Ceratodus ist es etwas größer. Bei den Selachiern ist es viel ansehnlicher und erscheint, von oben gesehen, als ein rhombischer, ei- oder wurstförmiger Körper (913), der durch eine Medianfurche in zwei Hälften zerfällt und sich nach vorn über das Mittelhirn, nach hinten über das Nachhirn hinüber legt. Bei Galeus, Lamna und vielen Rochen treten außer der Längsfurche 4—20 Querfurchen auf, welche als Falten tief nach innen vorspringen und zuweilen merkwürdig asymmetrisch und gewunden verlaufen (515 D), so daß eine Aehnlichkeit mit dem Kleinhirn der Vögel und Säuger entsteht. Dies zeigt sich namentlich bei Curcharias und Lamna auf VI. Kapitel. 536 dem Sagittalschnitt, da jede Falte wieder mit sekundären Erhebungen besetzt ist, wodurch eine Art Arbor vitae zustande kommt. Fig. 517. Schema des Faserverlaufs im Gehirn eines Knochenfisches (Öyprinide), kombiniert nach GOLDSTEIN, FRANZ, HOLMGREN u. a. Von vorn nach hinten leitende Fasern sind durchlaufend gezeichnet, aufsteigende gebrochen. Die Unter- scheidung ist aber nicht immer sicher. / Fila olfactoria, 2 Glomeruli im Bulbus, 3 sekundäre Riechfasern, lateral, 3° medial, 4 Lobus olfactorius, 5 Commissura anterior, 6 Tractus olfactohabenularis (Taenia thalami), 7 Tr. striohypothalamieus, 8 Tr. striothala- micus, 9 Tr. opticoteetalis, 70 Ganglion genieulatum, 7/ Ganglion isthmi, 7/‘ Tr. isthmo-opticus, 72 Fasciculus retroflexus (hab. pedunc), 15 Tr. pallii (unsicher), 74 Tr. diencephalocerebellaris, 7/5 Tr. mesencephalocerebellaris, 76 Tr. tegmentocerebellaris, 17 Uebergangs- gebiet, 78 Rindenknoten, 7/9 Tr. cerebellotegmentalis, 20 Tr. vestibulocerebellaris, 27 Tr. lateralicerebellaris, 22 Tr. spinocerebellaris, 25 Tr. facialicerebellaris, 24 Molekularschicht, 25 Tr. hippocampothalamicus, 26 Tr. praeopticohabenularis, 27 Tr. olfactohypo- thalamicus, 28 Tr. spinothalamieus, 29 Tr. spinohypothalamicus, 30 Nucleus ruber, Haubenkern, 3/ Nucleus dorsalis thalami, 32 Tr. lobopedunculospinalis, 33 Corpus interpedunculare, 34 Nucleus anterior thalami, 35 Nucleus ventralis thalami, 36 Tr. teetobulbaris. Kleinhirn der Fische. 537 Bei Ganoiden und Teleosteern verdickt sich das Dach des Klein- hirns außerordentlich zu einer schräg nach hinten und oben vorspringen- den Platte, die sich vorn als sog. Valvula (514) unter das Mittelhirn schiebt und hinten in die stark gefaltete blutreiche Decke der Rauten- Lobi olfactorij grube übergeht. Die Größe des Cerebellums steht in direkter Beziehung zur Beweglichkeit: schnelle Schwimmer (Scomber, Thynnus, Exocoetus, Cluıpea) und die weit wandernden Aale haben ein großes Cere- bellum, Gadus ein mittleres und träge Fische (Pleuro- nectes, Lophius, Scorpaena, Hippocampus) ein kleines. Der Aquaeductus Sylvii setzt nr RN Fig. 51$. A Gehirn von Mormyrus kanume von der Seite, B Querschnitt durch das Kleinhirn. Körnerschicht grau, Molekularschicht heller. Ü Querschnitt durch eine Kleinhirnfalte eines Mormyriden (Petrocephalus). %k Körnerschicht, m Molekularschicht, p PURKINJE-Zellen. Nach FRANZ. sich wenig oder gar nicht in diese Verdickung hinein fort. Histologisch kann man immer eine innere Körnerschicht mit verschiedenen Zell- sorten und den Bündeln der Nervenfasern und eine äußere Molekular- schicht (517, 24) mit Dendriten unterscheiden. 521 zeigt diese ver- schiedenen Zelltypen, unter denen besonders die Purkins£e-Zellen mit ihren 538 VI. Kapitel. langen, gegen die Oberfläche aufsteigenden Dendriten und die bipolaren Associationszellen auffallen. Dieses riesige Oerebellum der Knochenfische ist, wie schon hervor- gehoben wurde, als ein übergeordnetes Zentralorgan anzusehen, denn es erhält Fasern aus den verschiedensten sensiblen Kernen und leitet seine Impulse zu den motorischen Kernen der Haube und des verlängerten Marks. Da die Sinnesempfindungen im Kleinhirn in der verschiedensten Weise assoziiert werden, kann es einen regulierenden Einfluß auf die Bewegungen ausüben. Daher führen Fische, denen Teile des Klein- hirns angestochen werden, schwankende oder abnorme Bewegungen aus. In 517 sind die afferenten und efferenten Bahnen schematisch eingetragen. Der Tractus tectocerebellaris (32) übermittelt die optischen Eindrücke aus dem Mittelhirn, der Tr. vestibulo-cere- bellaris (20) die statischen aus dem Nucleus vestibularis. Der Tr. laterali-cerebellaris (27) enthält Fasern, welche direkt von den Sinnesorganen der Seitenlinie kommen. Der Tr. tegmento- u Fig. 519. Stück der Wandung des Saccus vasculosus einer Muränenlarve nach BOEKE. cerebellaris (79) dürfte Eindrücke des Nervus facialis zuleiten, der Tr. spino-cerebellaris (22) solche der Körperhaut und der Tr. vago-cerebellaris (23) solche der Eingeweide. Sie alle enden in der „Molekularschicht“, d.h. zwischen den Dendriten der PuURKINJE- schen Zellen, die wieder mit den Ursprungszellen der efferenten Faser- züge des Tr. cerebello-tegmentalis (/#) zusammenhängen. Dieses ganze Assoziationszentrum der Fische erinnert auffallend an die Groß- hirnrinde der Landtiere, besonders der Säuger. Wie zu dieser der Anstoß vom Geruchsorgan ausgegangen ist, so hier wahrscheinlich von den Sinnesorganen der Seitenlinie, und bei beiden Gruppen führte die phyletische Differenzierung schließlich zu einem übergeordneten Uni- versalzentrum (Franz). Das Kleinhirn der Fische ist also äußerlich und physiologisch ein „Großhirn“. Zu dieser Auffassung paßt es freilich nicht recht, daß nach Srtemer kleinhirnlose Fische sich ziem- lich normal verhalten; man muß also zu der Annahme seine Zuflucht nehmen, daß wir dieses Verhalten, namentlich die Bewegungen, noch nicht scharf genug beobachtet haben. So erklärt sich vermutlich auch die riesige Größe des Cerebellums der Mormyriden (518), dessen Lobi- Nachhirn der Fische 539 laterales der Valvula das ganze Gehirn von oben zudecken und außer- dem viele Falten an der Oberfläche der Molekularschicht bilden. In jeder Falte befindet sich ein wohl mit Flüssigkeit gefüllter Hohlraum, der von PurkinJe-Zellen (C, p) begrenzt wird, also zur Körnerschicht gehört und der von Molekularsubstanz (2) nach außen begrenzt wird. Der Facialiskern der Oblongata ist ebenfalls stark vergrößert und ver- sorgt die epithelialen Sinnesorgane der meist langen, röhrenförmigen Schnauze, mit denen sich die Tiere am Boden schlammiger Gewässer orientieren. Wahrscheinlich werden diese Reize im Kleinhirn in der verschiedenartigsten Weise assoziiert, da es durch Fasern .f mit jenem Kern verbunden ist. Ventrieulus IV Das Nachhirn, d. h. die SE Seitenränder der Rautengrube, können bei Selachiern, Gano- iden und Dipnoern nach vorn jederseits lappenartig vor- springen zu dem sog. „Rauten- ohr“ oder Lobus acustico-late- ralis, in dem der Acusticus und der Seitenast des Vagus wurzeln und dessen Oberfläche häufig gefaltet ist (513, 515). —e= Der Boden der Grube erhebt X sich bei Selachiern und Gano- ——E iden (3223) zu mehreren Längs- IN SIG = wülsten und besonders bei RER N.electrie. Torpedo zu einem Paar mäch- Ä tiger Wülste (Lobi elec- Oliva sun. trici), welche wahrscheinlich Fig. 520. Querschnitt durch die Oblon- hypertrophische Vaguskerne gata von Torpedo, nach EDINGER. $, sind und aus denen die Nerven zu den elektrischen Organen hervortreten (520). Die Gan- glienzellen messen durchschnittlich 75 u, sind also von ungewöhn- licher Größe, und haben 20—40 Dendriten außer dem einen Neuriten. Bei Karpfen und Welsen bildet der Boden einen mächtigen Kegel (Lobusimpar, 514A), was wohl mit der starken Entwicklung der vom Facialis versorgten Hautsinnesorgane zusammenhängt. Die Oblongata und die Rautengrube sind bei Selachiern, Ganoiden und Dipnoern viel langgestreckter als bei Knochenfischen. Der Plexus chor. des IV. Ven- trikels ist bei Stören sehr stark entwickelt. Protopterus weist eine Eigentümlichkeit auf, indem jederseits der Ductus endolymphaticus des Labyrinths sich dem Plexus mit einer blasenartigen Erweiterung (515, Sacc. endol.) anschmiegt, von der viele zottenförmige mit Otolithen gefüllte Divertikel ausgehen, welche die ganze Rautengrube von oben bedecken und ohne miteinander zu kommunizieren sich in der Mitte ineinander schieben (Divert. Sacc. endol.). Diese Bildung verstärkt vermutlich die dem Labyrinthnerven zugeführten Reize bei Aende- rungen der Lage. 3. Amphibien. Das Gehirn der Amphibien (523) ähnelt dem von ZLepidosiren und Protopterus (515) und daher auch dem von Petromyzon (510); es be- 540 VI. Kapitel. kundet dadurch ursprüngliche Verhältnisse, besonders bei den Urodelen. Die Lobi oder besser Bulbi olfactorii sind groß, wenig abgesetzt von den Hemisphären und bei Anuren medial verwachsen. Der Olfactorius e 13 1424 et Fig. 521. Sagittalschnitt durch das Kleinhirn einer Forelle, nach Franz, ohne Valvula, um die Zelltypen zu zeigen. Die äußere Molekular- und die innere Körner- schicht sind durch Punktlinien getrennt. ax Associationszellen, kx kleine Körner- zelle, »rx Molekularzellen, 9x PURKINJE-Zellen. ist bei Urodelen einfach, während er bei Gymnophionen in 2 über- einander liegende Wurzeln zerfallen ist. Die Anuren (923 A) besitzen ebenfalls 2 Wurzeln, jede mit einem Kern, von denen die vordere der- Tub.acust Vaw. HH G.hab. Parcph.Ep. MH Fre: Lob.inf. Sacev. Lob.vagi. Hyp. Fig. 522. Medianschnitt durch das Gehirn von Acipenser, nach JOHNSTON. B.olf. Bulbus olfaetorius, Ch Chiasma, C.str. Corpus striatum, Ep Epiphyse, der helle dorsale Streifen, @.hab. Ganglion habenulae, HH Hinterhirn, vorn mit der Valvula (Valr.), Hyp. Hypophyse, Lob.inf. Lobus inferior, MH Mittelhirn, Pareph. Paren- cephalon, die große Höhle, unten begrenzt vom Velum transversum, Saccev. Saccus vasculosus, Tub.aeust. Tubereulum acusticum. jenigen der Urodelen entspricht, während die hintere mehr lateral ge- legen ist und viel weiter hinten entspringt mit einer Bulbus accessorlus genannten Anschwellung, welche ebenfalls typische Glomeruli aufweist. Eine graue Rinde fehlt den beiden langgestreckten Hemisphären, ob- ne AREA VDE ne a DU eier Gehirn der Amphibien. 541 wohl deren Wände verdickt sind (324) und in der inneren Hälfte aus Zellen, außen aus Fasern und ausschwärmenden Zellen bestehen. Nur bei Gymnophionen ist ventral eine olfaktorische Rinde schwach angedeutet. Der Querschnitt zeigt eine mediale Längsfurche (Sulcushippocampi, sh) und eine laterale (s/). Dadurch zerfällt die Hemisphäre in eine dor- re. N fela chor U Venir lat. lex 7 2 Fossa rhomb. r N 7 5 77 + N * “ > » 2 M Hy, : Milt.h. Cereb Vord.hirn Zwisch.h. \ N Nachhirn Olfact. and > NY > ae ad K / N A a ee / ER „ EREER HA Lob. olf IRB Zn RE Ventr ee ji [x- > Ia8/ gor Monr. / TEN es B Hippoe. Plex.chor Eniph ze entr. N. spin. I Jarap PAPN. Lob.opt. Iossa rhomb Fig. 523. Gehirn des Frosches, A von der Seite, B von oben gesehen, kombi- niert nach verschiedenen Autoren. DB.acc. Bulbus accessorius, Ca Commissura anterior, Cpa Com. pallii anterior, Opo Com. posterior, R.praeop. Recess praeopticus. 1 laterales und mediales Vorderhirnbündel von Riechfasern, 2 Traetus cortico- habenularis, 3 Tr. eorticothalamicus, 4 Tr. bulbocorticalis, 5 Tr. opticus, 6 Fasciculus retroflexus, 7 Tr. cerebello-diencephalicus, $ Tr. spinothalamicus, 9 Tr. teetobulbaris, 10 Tr. olfactohabenularis, 77 Tr. spinocerebellaris. sale Hälfte (Pallium), deren medialer Vorsprung (m) als Primor- dium hippocampi bezeichnet wird, weil hier viele tertiäre Riech- fasern enden, und in eine ventralee Ein nach innen vom Boden vor- springendes Corpus striatum fehlt. Ihm entspricht die Region 5b, während e das wenig abgesetzte Epistriatum ist. Die beiden Hemisphären werden durch 3 Kommissuren in der Lamina terminalis verbunden. Die Com. anterior (523, Ca) liegt ventral, die Com. pallii anterior etwas mehr dorsal und beide noch unter dem Niveau der Foramina Monroi. Sie dienen beide zur 542 VI. Kapitel. Kreuzung von Riechfasern. Hinter der Com. pallii ant. liegt noch eine Com. pallii posterior, welche nach Art eines Corp. callosum anderen Fasern zur Kreuzung verhilft. Als Hauptfaserzug ist das laterale und mediale Vorderhirnbündel (7) am Boden zu erwähnen, welches nach hinten bis zum Thalamus und Hypothalamus zu verfolgen ist und ver- mutlich auch aufsteigende Fasern enthält; ferner seien genannt der Tractus corticohabenularis (2), der Tr. corticothalamicus (3), der Tr. bulbocorticalis (£) und der Tr. olfactohabenu- laris (120). Von 1 und 4 laufen viele tertiäre Riechfasern zum Pri- mordium hippocampi. Da ein Frosch schon imstande ist, gewisse Er- fahrungen zu sammeln, so darf man die Zellen im Dach der Hemisphären als ein übergeordnetes Gebiet be- trachten, auch wenn es noch keine echte Rinde aufweist (924), sondern nur zerstreute Zellen, da das Klein- hirn für eine solche Leistung nicht in Betracht kommt. Das Zwischenhirn ist von oben deutlich sichtbar. Von der Epiphyse löst sich das distale Ende bei den Anuren ab und wird außerhalb der Schädelhöhle zu einem von Zellen erfüllten Bläschen, dem sog. Stirn- organ, welches als ein rückgebildetes Parietalauge gedeutet wird. Bei Uro- delen und Gymnophionen ist die Epiphyse ein kleines Bläschen meist mit gefalteter Wand, welches dem Zwischenhirn aufliegst und in das- selbe sich öffnet (925). Eine eigent- liche Paraphyse und ein Parencepha- lon fehlen im erwachsenen Zustande. Fig. 5%. Schnitt durch die Dort, wo man sie vermuten sollte, Hemisphäre von Rana, nach Kunten- sStülpt sich die Zwischenhirndecke zu BECK. c Nucleus basalis (Striatum), einem stark entwickelten gefäßreichen d Area dorsalis palli, e sog. Epi- Pjexus nach innen ein, der sich bei striatum, / Area lateralis pallii, m» Area He ER medialis (Primordium hippocampi), Urodelen und Gymnophionen bis in s Septum, s» Suleus hippocampi, si die Lateralventrikel fortsetzt. Der Suleus lateralis. Boden des Zwischenhirns bildet bei Anuren einen sehr großen Re- cessus praeopticus (923 A). Lovi inferiores fehlen den Amphibien oder sind nur klein. Ein Saccus vasculosus wird vermißt. Das Mittelhirn ist beim blinden Proteus sehr klein und ohne Opticusfasern, bei den Gymnophionen und Urodelen mäßig groß, während es bei den Fröschen zwei große Hervorwölbungen (Lobi optici) mit den Ausläufern des Sehnerven bildet. Der Hohlraum des Mittelhirns ist bei Urodelen und Gymnophionen (525) noch groß und einheitlich. Bei den Anuren entsteht zuerst eine Andeutung eines Aquaeductus Sylvii, indem die Hinterwand in 2 dicken Polstern, die miteinander ver- schmelzen, vorspringt (523 bei 9) und durch diese „Corpora postica“ den Raum verengt. Das Kleinhirn ist unbedeutend entwickelt |bei Proteus und Gymno- Gehirn der Amphibien. 543 phionen (525) fast fehlend] wegen der geringen Beweglichkeit. Bei Urodelen ist es jederseits angedeutet durch ein Divertikel des IV. Ven- trikels, während bei den Anuren diese Aurikel fehlen, und dafür die mediane Region zu einer Platte mit Molekular- und Körnerschicht (Purkmye-Zellen) verdickt ist. Wir erwähnen hier noch einige charak- teristische Faserzüge, deren Verlauf durch den Namen und 523 an- gedeutet wird: den Tractus opticus (5) zum Mittelhirndach, wobei ein Teil der Neuriten das Ganglion geniculatum passiert; den Fasciculus retroflexus (6) von den Ganglia habenulae zum Mittel- hirnboden; den Tr. cerebello-diencephalicus (7), den Tr. spino- thalamicus (8), den Tr. tectobulbaris (9) und den Tr. spino- Gerebellaris. Ein Vergleich von 523 mit 517 zeigt, wie viel einfacher die Leitungsbahnen der Amphibien sind als diejenigen der Fische. Ich möchte zwar nicht mit Epinger das Amphibiengehirn für das niedrigste Vertebratengehirn erklären, denn es steht durch die sehr großen Hemi- sphären und das Primordium hippocampi höher als dasjenige von Fig. 525. Sagittalschnitt durch das Gehirn eines erwachsenen Gymnophionen (Ichthyophis glutinosws) nach BURCKHARDT. Ch Com. habenulae, Op Com. posterior, Ds Dorsalsack (Parencephalon), X/ Kleinhirn, Zs Lamina terminalis, M Mittelhirn, Pf Paraphyse, umgewandelt in den Plexus chor. Po Pinealorgan (Epipbyse). Petromyzon (310), erscheint aber vereinfacht gegenüber dem von Proto- pterus durch das Fehlen einer Hippocampusrinde, einer funktionierenden Epiphyse und eines Saccus vasculosus. Die rezenten Amphibien haben dieses letztere Organ, welches bei Wasserformen besonders ausgeprägt ist, durch Anpassung an das Landleben eingebüßt, die Epiphyse stark rückgebildet und die Paraphyse und das Parencephalon in den Plexus eingezogen. Aus dem Loch im Schädeldach der Stegocephalen geht hervor, daß diese noch ein Parietalauge hatten. Ein Rest der embryo- nalen Kopfbeuge (497 B) erhält sich bei Gymnophionen (525) in dem stark nach innen vorspringenden Mittelhirnboden. 4. Reptilien. Das Gehirn (526—528) hat noch eine große Aehnlichkeit mit dem der Amphibien, jedoch sind die Hemisphären viel stärker entwickelt als die übrigen Abschnitte und überdecken das Zwischenhirn, so daß 544 VI. Kapitel. von diesem nur ein medianer Ausschnitt mit der Epiphyse von oben sichtbar bleibt. Der Bulbus olfactorius sitzt entweder der Hemi- sphäre direkt auf (526, Chelone, Angwis, Amphisbaena), in welchem alle der Ventrikel sich meist in ihn fortsetzt, oder er zerfällt, wie bei Hatteria (527), Varanus, Lacerta, Krokodilen (528) in einen dem Geruchsorgan anliegenden Bulbus, einen dünnen Tractus und einen in das Gehirn übergehenden Lobus olfactorius. Die. Öorpora striata sind sehr groß und springen so weit in den Ventrikel vor, daß nur ein schmaler Spalt übrig bleibt. Sie zerfallen bei Eidechsen und Schlangen zuweilen durch eine Querfurche in ein vorderes kleineres Neostriatum und in ein hinteres größeres Archistriatum. Der Iect. oplic. chor. Iarid. Di pe Pop & a piex Venir IE „7 2 N Ted. op. N Bas. MESENLC. Haud wulst A gt Infund. \ Hypoph. Rmam. Fig. 526. Schematischer Sagittalschnitt durch ein Repiiliengehirn, nach EDINGER, verändert. Das.mesene. Basis des Mittelhirns, Ca Commissura anterior, Cpa Com. pallii anterior, Cpp Com. pallii posterior am Boden der Paraphyse, Cp Com. posterior, @.ist. Ganglion isthmi, R.mam. Recessus mammillaris, R.opt. Re- cessus optieus, / Tractus spinocerebellaris. 5 Tr. trigeminocerebellaris, 3 Tr. teg- mentocerebellaris (Bindearm), 4 Tr. tectospinalis, 5 Tr. thalamicospinalis, 6 Tr. strio- thalamicus, 6’ Tr. frontothalamicus (Basales Vorderhirnbündel), 5 Tr. habenulopedun- cularis (Fasc. retroflexus), & Tr. olfactohabenularis (Taenia thalami), 9 Tr. olfacto- eorticalis, 70 Tr. olfaetoepistrialis, 77 Tr. olfactopeduneularis, 72 Tr. corticomam- millaris (Fornix).; 7 Corn». Stra Bu 01 ee ventrale;Teil dieses Höckers (929) entspricht dem eigentlichen Striatum, der nach innen vorspringende dem Epistriatum, denn er steht durch Fasern (526, 70) mit dem Lobus olf. in Verbindung. Die Decke (Pallium) ist viel reicher entfaltet als bei den Amphibien. Es tritt hier zuerst eine echte Rinde von Pyramidenzellen auf, welche mit dem Lobus olf. durch den Tractus olfactocorticalis (926, 9) zusammenhängt. Diese Zellen kehren die Spitze der Pyramide mit dem Neuriten nach innen, die Basis nach außen und von ihr gehen mehrere reichverästelte Den- driten nach außen, mit denen sich die Fasern des Tractus verbinden (526). Fig. 529 zeigt, daß diese Rinde zerfällt in eine mediale Hipp o- campus-Portion (»») und in eine dorsale (d), welche dem Gyrus dentatus der Säuger entspricht. Dazu kommt eine laterale () ohne 2-4 0 Min Se A _ Gehirn der Reptilien. 545 Riechfasern, welche sich in das Epistriatum fortsetzt. Aus ihr geht bei den Säugern das Neopallium (EviınGer) für die höheren psychi- schen Leistungen hervor, während die mediale und dorsale Portion mit den Riechfasern das sog. Archipallium bildet, das sich zum Am- monshorn einrollt und ein übergeordnetes Riechzentrum darstellt. Diese laterale Rinde ist wahrscheinlich schon bei der Eidechse der Sitz höherer Leistungen, denn wird das Vorderhirn entfernt, so sieht das Tier noch, aber erkennt nicht, und vermag keine Nahrung zu suchen (Steiner). Basal liegt eine Cortex olfactoria (Co), welche die sekundären Riechfasern aufnimmt; sie springt am hinteren Pol der Hemisphäre häufig als ein Schläfenlappen nach außen vor (528). In der Commissura anterior (926, Ca) kreuzen Fasern des Striatums und des Lobus olfactorius, in der Com. pallii anterior (Üpa) solche aus dem Hippocampus; bei Sauriern findet sich hinter der letzteren zuweilen noch eine Com. pallii posterior (ÜC'pp) ebenfalls mit Fasern aus dem Ammonssgebiet. Opa Di + Opi Fig. 527. Gehirn von Hatteria nach Gisı, 2'/,:1. Ao Area (Lobus) olfactoria, Bo Bulbus olfaetorius, CV Vorderhirnbasis, Di + Op? Zwischenhirn und darüber ge- lagerte Epiphyse, Ep Cerebellum, F/ Fovea limbica, Fo Fila olfaetoria, Hy Hypophyse, J Infundibulum, Zt Lobus terminalis der Hypophyse, Lo Lateraler Olfactorius, Mes Mittelhirn, Opa Parietalauge, Ai Recessus infundibuli, 70 Tractus opticus, 75? Traetus striothalamieus, 7V Tuberculum Trigemini, ZD Zwischenhirndivertikel über dem Chiasma, // Optieus, //7 Oculomotorius, /V Trochlearis, V Trigeminus. Am Zwischenhirn sind Paraphyse, Parencephalon (zwischen beiden das Velum transversum), Parietalorgan und Epiphyse embryonal immer vorhanden. Später bildet sich die Paraphyse zurück, das Velum er- zeugt vornehmlich den Plexus und das Parencephalon bleibt häufig eroß und dient als Zirbelpolster. Das Parietalorgan erhält sich bei fast allen Sauriern mehr oder weniger als augenartiges Gebilde (s. Kapitel Sinnesorgane), während es bei den übrigen Reptilien fehlt; endlich die Epiphyse bleibt als kurzes drüsiges Gebilde überall erhalten, mit Aus- nahme der Krokodile Die Thalami optici sind stark entwickelt, bei Schlangen und noch mehr bei Schildkröten und Krokodilen sogar so sehr, daß sie in der Mitte verwachsen und den III. Ventrikel in einen oberen und einen unteren Raum zerlegen. Der letztere weist häufig eine Erweiterung mit stark vaskularisiertem, drüsigem Epithel auf. Ein Saccus vasculosus fehlt. Das Mittelhirn erhebt sich dorsal zu zwei kräftigen Lobi optici und führt daher die Bezeichnung Uorpora bigemina; nur bei Schlangen sind es infolge einer Querfurche 4 Hügel (Corp. quadri- gemina). Die Hinterwand springt bei Krokodilen zu zwei mächtigen verschmolzenen Corpora postica vor, wodurch ein Aquaeductus Plate, Allgemeine Zoologie I. 3D 546 VI. Kapitel. Sylvii gebildet wird. Infolge ihrer starken Entwicklung machen sich die Ganglia isthmi (526, @. ist.) der Chamäleonen schon äußerlich bemerkbar durch eine Erhebung. = Sc Fig. 528. Gehirn vom Alligator. A von oben, B von unten, Ü von der Seite, aus WIEDERSHEIM. D.ol. Bulbus olf., Gp Glandula pinealis (Epiphyse), /7H Hinterhirn, Hyp Hypophyse, /»f. Infundibulum, Med. Rückenmark, MH Mittelhirn, NH Nachhirn, Tro Lobus olfact., I Tractus olfact., Tr.opt. Tractus optieus., VH Vorderhirn, welches en und ventral einen Lobus temporalis bildet, ZH Zwischenhirn, /- X1/ Ge- irnnerven. Gehirn der Reptilien und Vögel. 547 Das Kleinhirn zeigt recht verschiedene Verhältnisse. Bei Hatteria (527) ist es, wie bei Amphibien, eine kleine senkrecht stehende Verdickung: bei den Schlangen ist es ebenfalls klein und legt sich nach hinten über den IV. Ventrikel. Bei den Sauriern finden wir eine viel größere, solide Lamelle, die sich nach vorn über das Mittelhirn gelegt hat, so daß die Ventralfläche mit der Markschicht nach außen gekehrt ist. Endlich bei Schildkröten und Krokodilen wird das Cerebellum zu einem rund- lichen, innen hohlen Körper, welcher die Rautengrube überlagert und bei letzteren zwei Querfurchen aufweisen kann, von denen die hintere einen Seitenlappen abgrenzt, der äußerlich an die Aurikeln (Rauten- ohren) der Fische (513) erinnert, aber nichts mit ihnen zu tun hat, denn diese beruhen auf dem Einfluß der Nervi laterales, welche bei Reptilien nicht mehr vorhanden sind. Stets findet sich eine innere Markschicht mit Purkinse-Zellen und eine äußere Molekularschicht mit den Dendriten derselben (vel. 521). In 526 sind einige der wichtigsten Faserzüge einge- tragen worden. 5. Vögel. Das Gehirn der Vögel (530) ist im Vergleich mit dem der Reptilien (526) ausgezeichnet durch die viel bedeutendere Größe, die namentlich auf Rech- Fig. 529. Frontalschnitt durch die nung des Vorderhirns und des Mitte der Hemisphäre von Lacerta, nach Hinterhirns zu setzen ist. Diese KUHLENBECK. b Basalganglion, »» mediale Teile sind so groß, daß sie Hippocompusrinde, d dorsale Rindenplatte . i - nn (= Faseia dentata der Säuger), / laterale von oben gesehen Zwischenhirn, Rinde, »ea, npv 2 Kerne des Epistriatums Mittelhirn und. einen großen oCortex olfactoria, npm, s Kerne des Septums. Teil des Nachhirns verdecken. Nur der Bulbus olfactorius ist viel kleiner, da die Vögel in erster Linie „Augentiere“ sind. Die Gestalt und Größe der Gehirnabschnitte ist sehr wechselnd in den verschiedenen Familien, und es ist bis jetzt nicht gelungen, diese Verhältnisse in ein- leuchtende Beziehungen zur Lebensweise zu bringen. Verhältnismäßig sroße Gehirne besitzen z. B. die durch Intelligenz ausgezeichneten Papa- seien, aber auch die Gänse und Strauße, die keinen aufgeweckten Eindruck machen. Das Vorderhirn übertrifft das Hinterhirn immer bedeutend an Masse, aber in sehr wechselndem Grade. Nach dem Gewicht ist das Ver- hältnis bei der Taube 4:1, bei der Krähe und dem Papagei ca. 10:1. Relativ am kleinsten ist das Vorderhirn der Strauße. Die Oberfläche der Hemi- sphären ist glatt. Eine seichte Längsfurche, die Vallecula, umgrenzt ein medianes Feld, welches von dem schwach verdickten Pallium eingenommen wird. Das Stammganglion (Corpus striatum) ist so enorm vergrößert, daß es in der ganzen vorderen Hälfte mit dem Pallium verwachsen ist, wodurch der Ventrikel auf einen schmalen Spalt eingeengt wird. Die Vallecula umgrenzt diese Verwachsungszone. Frontobasal springt der ne 35* iz 548 VI. Kapitel. 1 Bulbus olf. als kleiner Kegel vor. Ein Schläfenlappen, Lobus tem- poralis, ist manchmal (Uhu, Enten, Papageien) sehr ausgeprägt. Auf der Ventralseite springen hinter den Riechlappen zuweilen zwei Längs- wülste mit inneren Kernen vor: der mediale Lobus parolfactorius und der laterale Lobus olfactorius (Nucleusbasalis). Von ihnen beiden, namentlich aber vom ersteren, ziehen viele Fasern in das Epi- olf. Lob.temp. Tect.om. Cereb. FIeX.ChoT,. [& ex a "spin N Fell.Vordh.mRa__\_\ | es cl. Corn Bl Yan DW. lied. oblong, Lohalf Cpistr Infuma. Hvpoph. Ras. mesene. Fig. 530. Gehirn von Anas domestiea. A von oben, B von der Seite, Ö-Para- sagittalschnitt. Ca Commissura anterior, darüber die Com. pallii anterior, Op Com. posterior. Eetostr., Epıstr., Hypstr., Messtr. Ecto-, Epi-, Hyper-, Mesostriatum, Val. Valleeula. / Tractus striothalamieus und umgekehrt, 2 Tr. frontobulbaris u. umgek., 3 Tr. striomesencephalicus u. umgek., 4 Tr. tectothalamo-oceipitalis u. umgek., 5 Tr. cerebellotegmentalis (Bindearm), 6 Tr. frontoepistriatalis, 7 Sehfasern, $ Tr. tecto- bulbaris, 9 Tr. teetocerebellaris, 70 Tr. teetospinalis, // Tr. spinocerebellaris u. umgek., 12 Tr. quintocerebellaris, 173 Tr. corticohabenularis, /4 Tr. septomesencephalicus, 15 Fasciculus retroflexus, 76 Tr. octavocerebellaris. Orig., komb. n. versch. Autoren. striatum (6). Der Lobus parolf. scheint Tastreize des Schnabels aufzunehmen (sog. Oralsinn von EpinGEr). Das Corpus striatum zerfällt in drei histolo- gische Regionen, das dorsale Hyperstriatum, das ventrale Meso- striatum und das mehr außen liegende Ectostriatum. Das Meso- striatum entspricht wohl dem Stammganglion der Reptilien, während Hyper- und Ectostriatum Neubildungen sind, welche durch Vorwuchern der Gehirn der Vögel. 549 Rinde entstanden. Am hinteren und lateralen Rande, also unter dem Ecto- striatum, breitet sich das Epistriatum mit seinen Kernen aus. Die Fasern desselben kreuzen in der Com. anterior (Ca), während in der darüber gelegenen Com. pallii (('pa) Fasern aus der Rinde zur Gegenseite ziehen. Eine Rinde mit echten Pyramidenzellen ist hauptsächlich auf der Rückenseite occipital und medial entwickelt. Die erstere steht durch einen starken doppelläufigen Faserzug (4) mit dem Thalamus und weiter mit dem Tectum in Verbindung. Sehr wahrscheinlich entspricht er einer sekundären Sehbahn. Die außerordentliche Größe des Stamm- ganglions läßt vermuten, daß auch in ihm, nicht nur in der Rinde, höhere psychische Leistungen zustande kommen, wofür auch spricht, daß alle corticalen Züge der Vögel Fasern aus dem Striatum aufnehmen. Wird die Rinde bei einer Taube entfernt, so wird das Tier stumpf- sinnig, vermag aber noch zu fressen, zu baden u. dgl. Aber alles dies fällt weg nach Entfernung des Striatums. Entsprechend der geringen Ausbildung des Geruchsorgans steht der Bulbus olf. nicht mit der Rinde in direkter Verbindung, ebensowenig der Lobus, es fehlt also ein Hippocampus. Frontal ist die Rinde bei den meisten Vögeln sehr schwach entwickelt, nur bei Gänsen, Enten (550) und Papageien stärker. Das Zwisehenhirn ist durch den Druck des Vorderhirns sehr ein- geengt und die kleine Epiphyse dem Hinterhirn angelagert. Der schmale Ventrikel ist wie bei Reptilien über dem Infundibulum an einer Stelle stark vaskularisiert. Die Hypophyse ist klein, das Ohiasma total. Der Druck des Vorderhirns schiebt die Lobi optici des Mittel- hirns nach außen, so daß sie unter dem Schläfenlappen des Vorderhirns hervorschauen (530 B) und bei Sperlingen fast ganz verdeckt werden. Medial hängen sie durch eine dünne Membran zusammen. Sie sind groß bei den besonders gut sehenden Tagraubvögeln, viel kleiner bei Hühnern. Das Hinterhirn ist beim Embryo zunächst gfatt. Beim Hühnchen treten am 9. Tage zuerst drei Querfurchen auf, wodurch drei Lappen gebildet werden, von denen jeder sich in eine Anzahl Querlamellen faltet. Dadurch entsteht ein Bild ähnlich wie bei manchen Selachiern (5313 D) und bei Säugern. Der mittlere Lappen erhält die meisten Falten, der vordere in der Regel 4, der hintere 3, welche seitlich in den Aurikel (Flocculus) übergehen. Diese Rautenohren varieren sehr bei den verschiedenen Familien in Form und Größe (klein beim Strauß, gestielt beim Pfau). Bei großen Vögeln legt sich der mittlere Lappen .oft über den hinteren hinüber. Durch die Faltenbildung und Ver- dickung der Wände infolge des Auftretens verschiedener Kerne wird der Hohlraum des Kleinhirns auf schmale Spalten eingeengt. Der histologische Aufbau aus einer Molekular-, Purkinse- und Körnerschicht zeigt die gewöhnlichen Verhältnisse. Die zuführenden caudalen Bahnen haben gegenüber den Reptilien sehr an Zahl und Stärke zugenommen und lassen sich nach hinten bis zum Lendenmark verfolgen. Offenbar spielen die Empfindungen in den Gelenken der Beine bei der Statik eine große Rolle. 530 C gibt eine ungefähre Uebersicht über die wich- tigsten Faserzüge. Indem von allen sensiblen Nerven Reize zum Klein- hirn gelangen, können die Koordinationen erfolgen, welche durch die efferenten Bahnen den Muskeln zugeführt werden und deren Tonus bedingen. Wird das Cerebellum einer Taube auf einer Seite verletzt, so dreht sie sich im Kreise oder liegt auf der unverletzten Seite (504). V1. Kapitel [dort St oO 6. Säuger. Das Gehirn der Säuger leitet sich ab von dem der Cotylosaurier, welches vermutlich dem der heutigen Saurier (926) in etwas verein- fachter Form entsprochen haben wird. Vergleichen wir es hiermit, so 2 Bulb.olf HH Hemisph. Bulb.olf. % Hemisph. Hvea Limh )} Lob. pirif ww S—— a 2 quadı: U > = Zr) H Centetes Kleinh-Hemis. A' RM Wırımn Jossa rhoml. Igel A Bulb.olf oa Hamisph ARE D E Pavian Fig. 531 A—E. Mensch Gehirn der Säuger. 551 Corp.call. Sept Fornik Psaltelr Sangl .hab. Syr fornie \ in, ke Suprap cerehr: ei D% En | 2 com. post. Corp era Cerebell:. Senu =D. Bulb.olf. , Fu :clf. biolk En an ER a 9 ChiasmoL / Comm.meon. The. \ : N Fons Ge Kalb Infund. ” Corp.mam. Med.oblong.- 7 Ey Agquaed.sylv AM Fig. 531 F. Fig. 531. Gehirne verschiedener Säuger. A Igel von oben, A’ Centetes ecau- datus, Borstenigel, Medianschnitt, B Lemur fulvus, © Hund, D Pavian, E Mensch Medianschnitt, F Kalb, Medianschnitt. A, B, F aus BÜTschHLı, teilweise verändert, A' nach LECHE, C, E aus WIEDERSHEIM, D aus HERTwWIG. Ag Aquaeductus, B Balken (Corpus callosum), Ca Commissura anterior, Col. Columella des Fornix, in E gleich Lamina terminalis, Om Com. media, Op Com. posterior, FM Foramen Monroi, @ Gewölbe, Fornix, H Hypophyse, HH Hinterhirn, MH Mittelhirn, NH Nachhirn, PPons, R Rückenmark, Sp Septum pellueidum, 7’ Trichter, Tech Tela (Fissura) ehorioidea, 76 Thalamus optieus, VYH Vorderhirn, Z Zirbeldrüse (Epiphyse), I Olfaectorius, // Optieus. zeigt”sich als Hauptmerkmal die bedeutende Größenzunahme der Groß- hirnhemisphären und des Cerebellum (551A—F). Während aber bei den Vögeln das Anwachsen des V.orderhirns auf dem ventralen Corpus striatum beruht, sind es bei den Säugern die dorsalen Gebiete des Pal- liums, welche sich zu imponierender Größe entwickelt haben. Man bezeichnet diese neu hinzukommenden Gebiete als Neopallium im Gegensatz zudem Archipallium der Amphibien (523), Reptilien (526) und Vögel (530), welches als übergeordnetes Riechzentrum dient. Dieses erhält sich bei Säugern nur in dem Hippocampus, der weitaus größte Teil des Palliums ist also eine Neubildung, die aus dem frontalen Teil des Reptilienpalliums hervorgeht und daher das Archipallium nach hinten drängt. Diese Tatsache charakterisiert das Säugerhirn in erster Linie Hand in Hand damit gehen wichtige Komplikationen im Bau: die neopalliale Oberfläche der Hemisphären zeigt überall eine graue Rinde, in der sich übergeordnete Zentren für alle Sinnesorgane und die willkürlichen Muskeln, ferner Assoziationsgebiete für die höheren psychischen Leistungen herausbilden; die Zahl der Faserzüge, welche alle Teile des Gehirns miteinander verbinden, wird fast unübersehbar: das tertiäre Riechzentrum (Hippocampus oder Ammonshorn) wird sehr viel größer; die Rindenkommissur (Com. pallii) wird zu einer langen Ver- bindungsplatte beider Hemisphären (Corpus callosum und Fornix). 552 VI. Kapitel. Das Dach des Zwischenhirns verkümmert infolge der Ueberlagerung des Großhirns, die seitliche Thalamusregion bleibt aber groß, weil sie zum Endgebiet der primären Sehstrahlung wird und die corticalen Er- regungen empfängt und nach hinten leitet. Das Dach des Mittelhirns verkleinert sich ebenfalls, weil das stark vergrößerte Cerebellum von oben einen Druck ausübt. Die Folge ist die Verlagerung der Seh- strahlung nach vorn ins Zwischenhirn, in das Corpus geniculare laterale. Die Seitenwände und namentlich der Boden des Mittelhirns verdicken sich und engen den Hohlraum zum Aquaeductus ein. Das Cerebellum wird stark gefaltet und seine dicken Wände werden zu einem Zentrum für die Regulierung des Gleichgewichts und des Muskeltonus. Die Ob- longata schwillt vorn zur Brücke (Pons) an, von der aus die vom Groß- hirn kommenden Erregungen zum Cerebellum übergeleitet werden (942), und es entsteht hinter der Brücke der Olivenkern, von dem ebenfalls Fasern zum Üerebellum ziehen. Dieser allgemeinen Uebersicht seien noch folgende speziellere Angaben hinzugefügt. Vorderhirn (6roßhirn, Cerebrum). a. Ausbreitung der Hemisphären. Im Großhirn verdickt sich namentlich das Neopallium und wächst dabei nach vorn, nach der Seite und nach hinten aus. So entstehen recht verschiedene Bilder in der Dorsalansicht (531), je nach dem Grade der Vergrößerung. Beim Igel (A), Centetes (A'), manchen Beuteltieren sind die Bulbi olfactorii noch nicht von den Hemisphären verdeckt, das Kleinhirn ist noch völlig frei; es ist sogar noch ein Teil des Mittelhirns von oben sichtbar. Beim Lemur und Hund (B, ©) werden die Riechlappen teilweise von oben verdeckt und vom Kleinhirn ist der größte Teil noch sichtbar. Beim Pavian (D) tritt der mittlere Teil (Wurm) des Kleinhirns noch etwas zutage, während beim Menschen (E) in der Ansicht von oben nur die Oberfläche der Großhirnhemisphäre zu erblicken ist. Das Gehirn des Menschen ist ungefähr mal so schwer als das des Orang und enthält etwa 5mal soviel Pallialmasse als bei diesem Affen. Die Suprematie des Menschen beruht auf seinen riesigen Hirnhemisphären. b. Khineneephalon. Die Basis des Großhirns umschließt die Riech- zentren und wird deshalb als Rhinencephalon bezeichnet. Je nach der Ausbildung des Riechvermögens ist dasselbe sehr verschieden entwickelt. Der vorderste Teil springt als Bulbus (zuweilen auch Lobus genannt) olfactorius bei gut riechenden Säugern weit über den Vorderrand der Hemisphären vor (331 A) und ist im Innern hohl, da sich der Ventrikel in ihn fortsetzt. Hier enden die einzelnen Fila olfactoria, d.h. die Neuriten der Sinneszellen der Riechschleimhaut, in den Glomeruli, nachdem sie durch die Löcher der Lamina cribrosa des Siebbeins hindurchgetreten sind. Nur Ornithorhynehus besitzt ein einheitliches Bündel von Riechfäden. Einige Neuriten kommen aus dem .JAKoBson- schen Organ und stellen den letzten Rest des Nervus terminalis der Wasserwirbeltiere dar, da dieses Organ ein Wasserriechapparat ist. Der darauf folgende verschmälerte Tractus olfactorius (532, 533) er- erweitert sich nach hinten zum Lobus olfactorius, dessen hinter- ster, vom Schläfenlappen mehr oder weniger verdeckte Abschnitt als Lobus piriformis (s. hippocampi) bezeichnet wird. Die Geruchs- fasern enden teils hier, teils laufen sie dorsalwärts bis zum Ammons- horn (549. Bei gut riechenden Säugern (Hund 532; Tapir 534) sind Pre Se Zu u Ze EL RÄTE PARNEN en \ Vorderhirn der Säuger. 553 alle diese Teile groß und nehmen den größten Teil der Großhirnbasis ein. Diese erscheint hinter den Riechzentren durchlöchert (Sub- stantia perforata) durch das Eindringen von Blutgefäßen. An den Lobus olfact. schließt sich medialwärts eine Anschwellung an, der Lobus parolfactorius (auch wohl Tuberculum olfactorium genannt), welcher bei allen Säugern mit langer Schnauze (Maulwurf, Igel, Tapir [534], Elefant), sehr groß ist; da Fasern des Trigeminus, welche die Mundregion bzw. den Rüssel versorgen, bis zu ihm ziehen, so wird er als ein Zentrum des Spürsinns (Oralsinns) aufgefaßt. Bei manchen anderen Säugern ist er sehr klein und beim Menschen (533) kaum angedeutet. Bei niederen Säugern ist eine seitliche Furche, die schon früher erwähnte Fovea limbica s. rhinalis (531A, 532 RF) deutlich aus- geprägt, welche das ventraie Riech- 2 gebiet von dem Pallium trennt. Bei EN Bol geringerem Geruchsvermögen er- 78 scheinen alle Teile desselben redu- ziert. Bei den Primaten und dem Menschen (533) sind Bulbus und Tractus sehr klein, die Rhinalfurche ist verwischt und der Lobus par- olfactorius äußerlich nicht sichtbar. Endlich bei Robben und Walen sind diese Regionen höchstens noch mikro- skopisch nachweisbar. Ein Ammonshorn (Hippo- campus) fanden wir in schwacher Ausbildung schon bei Sauriern als eine Rindenschicht (529 »») der me- dialen Hemisphärenwand. Bei Mono- tremen (Fig. 535) zeigt sie sich in fortgeschrittener Form jederseits als eine Einstülpung vor der Lamina ter- minalis. Die durch die Einstülpung Fig. 532. Gehirn des Hundes gebildete Spalte, welche sich in den Yon der Unterseite, aus WIEDERSHEIM. 5 i : B.ol Bulbus olfactorius, Or.ce Crura Raum zwischen den ‚beiden Hemi- eerebri, Hirnschenkel, HH Hinterhirn, sphären öffnet, wird Fissura HypHypophyse, LHLobus hippocampi, hippocampi, ihre ventrale Lippe Med Rückenmark, NH Nachhirn, 'RF Fascia dentata ihre dorsale Rhinalfurche, 7O Tubereulum olfac- : ? 5 torium (Lobus parolfactorius), VH Hippocam pus genannt. Beide Vorderhirn, 7--X/I Gehirnnerven. haben eine Rinde von Pyramiden- zellen, und eine Faserschicht, welche die Grenze gegen den Ventrikel bildet und als Alveus bezeichnet wird. Der nach innen gegen den Ventrikel vorspringende Teil der Rinde ist das eigentliche Ammons- horn und umgreift hornartig gebogen die Fascia. Die letztere ent- spricht m der Fig. 529, das Ammonhorn der dorsalen Rinde d einer Eidechse. Während diese Bildung bei Ornithorhynchus noch klein ist, wird sie bei den übrigen Säugern sehr viel größer und erstreckt sich bis in den Schläfenlappen hinein. Zum Zwecke der Oberflächenver- srößerung rollt sie sich gegen den Ventrikel ein, was an ein Widder- horn oder den Schwanz eines Seepferdchens erinnert; daher die Bezeich- nung Cornu ammonis oder Hippocampus. In 537 von einem Beutelbären (Phascolarctus) geht die Verlängerung aus der Ausdehnung 554 V1. Kapitel. der Fascia dentata hervor. Dabei tritt als eine Weiterbildung des medialen Randes der Fascia dentata die sog. Fimbria auf, eine dünne Platte mit Nervenfasern, welche zur Lamina terminalis ziehen und in ihr die Commissura palii anterior Ss. hippocampi bilden. Diese Commissur verbindet beide Ammonshörner untereinander und wird auch wohl Commissura dorsalis genannt, weil sie über der zur Vereinigung der Basalganglien und der Riechzentren dienenden Commissura anterior s. ventralis liegt (935, 536). Der Schnitt 535 zeigt beide Commissuren gleichzeitig, die Com. pallii oben, Hypoph. Syr. hippoe: Corp mamill. RS — Peaunc. cerebhr. | = N _Pons Varol. 1 Floce. F ä Pyramı. #&7- Plex. chor re et Lor ventr X Yram.-Kreuz. Spinalnerv I Femisph. cerebell, Sr Ainterhanptslap Fig. 533. Unterseite des menschlichen Gehirns, nach ToLpT. die Com. anterior unten; in letzterer, und zwar in der hinteren Hälfte, kreuzen auch neopalliale Fasern. Bei Beuteltieren ist die Com. ant. noch sehr dick, weil hier palliale Züge hindurchtreten, die bei höheren Gruppen das Corpus callosum benutzen. Zum Verständnis der Fig. 537 sei noch bemerkt, daß die Hemisphären den Thalamus des Zwischen- hirns von oben und hinten umgreifen, wodurch zwischen beiden die Fissura chorioidea entsteht. Auf dem Horizontalschnitt durch ein menschliches Gehirn (938) erstreckt sich der Hippocampus nach vorn und ventralwärts bis in das Unterhorn des Schläfenlappens. Durch Vorderhirn der Säuger. 555 _ diese Umbiegung wird es verständlich, daß auf dem Querschnitt (539) durch ein menschliches Gehirn die Fissura hippocampi ventral von der bulb. olf Lob.olf Iovea Limb Lob.par 703350 5X. Subst. perf. en Optic. — Lob. piriz Fig. 534. Unterseite des Riechhirns von Tapirus indieus, nach BINDEWALD. Lob.par. parolfactorius, Lob.pirif. Lobus piriformis, Subst.perf. Substantia perforata. Comrlissura anteriormig 79945 piriform. Fasern des Neopalliums Fig. 535. Querschnitt durch die Kommissuren der Vorderhirnhemisphären von Ornithorhynchus, nach SMITH. Der Lobus piriformis wird nach außen von der Fissura rhinalis (Fovea limbica), nach innen von der Fissura endorhinalis begrenzt. Fascia und der Fimbria liegt. Der angrenzende mediale Teil des Schläfenlappens heißt Gyrus hippocampı. 556 VI. Kapitel. c) Die Bildung von Lappen und gewundenen Falten ist zu be- urteilen als ein Mittel zur Vergrößerung der Oberfläche. Die mensch- \ ı s/rıa med ı : epyphysis , Tall 7 st 7: \ GAR 7m pP ' 1 I Wal -C07P intlerped Jer Monroi h = pedunc.olfact % dob.p zıform ON amına lerm ‚SS; pallium-"/ Irae S ran ELEO Ps . ‚Jss.rhınalis Auypophysis all Vınolor Fig. 536. Medianschnitt durch das Gehirn von Ornithorhynchus, nach SMITH. Die Stria medullaris entspricht dem Dach des Zwischenhirns und endet rechts mit med cobl dem Ganglion habenulae. Com.dorsal. = Com. pallii ant. der Reptilien, aus welcher Balken und Fornix werden, Com.ventral. — Com. ant., Pedunc.olf. — Traetus olfactorius, Tuberc.olf. — Lobus parolfactorius, Tela gefäßreiche Membran, welche sich in der Fiss. chorioidea (539 Fech) in den Seitenventrikel einstülpt. Commissura hippoc. Fasciq dentata Neopallium \ Bn PN Tuberculum ölf. Chiasma opt. Fimbria Lobus piriform Fig. 537. Mediale Gehirnfläche des Beutlers Phascolaretus, nach SMITH. Alreus, eine Schicht, in der Fasern aus dem Hippocampus durch dessen ventrale Lippe (Fascia dentata) in die Fimbria übertreten, um in dieser zur Com. hippocampi (= Com. pallii) zu verlaufen. lichen Furchen zwischen den Windungen sind so tief, daß ?/; der Ober- fläche von außen nicht sichtbar ist. Beim Menschen (535, 540, 542) und den höheren Affen werden ein Stirn-, ein Scheitel-, ein Hinter- Vorderhirn der Säuger. 557 haupts- und ein Schläfenlappen unterschieden. Stirn- und Scheitellappen werden durch die Zentralfurche (Sulcus centralis) geschieden, während der Schläfenlappen seine vordere Abgrenzung durch die tiefe Fissura Sylvii findet. Weniger scharf ist die Abgrenzung des Occi- pitallappens, als dessen vordere Grenze der von der medialen Fläche heraufsteigende Sulcus parieto-occipitalis (548) gilt. Der Schläfenlappen fehlt noch bei manchen niederen Säugern (Insekten- fressern, Nagern). 545 zeigt ihn (/f) in verschiedener Ausbildung. In dem Maße, wie er vorwächst und den Lobus piriformis (/p) überdeckt, wird der Winkel zwischen Stirnlappen und Schläfenlappen spitzer und graue Rınde weiss. Mark Corp. call. > ) DD { ® th Vord.n. dVenir y ; | 6 ‚wa! Corp Stılat. u% Thal. optie. 3 unterhorn Hippocamp Fornix Corp. call. FormiX. r \% a nal. Jimbria AR 7207 Com. m. nee Ei e TH elaustr slafenl. N — I) Niucllent Hinterhorn AN Zuchrub Sntng Pedune, cer NS Fin ir Tai on AL Fiss.hipp. SENIGE Ta DSF -Hinternanptst. Syrush. \ Finbrion, © "@r KOM. 1 Fascia dent, HWpocamp. Fig. 538. Horizontalschnitt durch den Balken (Corp. callosum) und die rechte Hemisphäre des Menschen, nach GEGENBAUR. Vom Nucleus caudatus des Corpus striatum und vom Thalamus opticus ist ein Teil abgetragen, um den Hippocampus freizulegen. Fig. 539. Querschnitt durch das Großhirn und Zwischenhirn des Menschen am hinteren Ende der Commissura mollis (Com.m.), nach GEGENBAUR, etwas ver- ändert. Mit Rot ist die Tela chorioidea eingetragen, welche sich teils in den III. Ventrikel des Zwischenhirns, teils durch die Fissura chorioidea (Fch) in die seitlichen Ventrikel einstülpt. Caps.int. Capsula interna, Olaust. Claustrumkern. Gyrus.h. Gyrus hippocampi. es entwickelt sich eine Syrvısche Spalte. Auch die Furchen (Sulci) sind bei vielen primitiven Gruppen (Beuteltiere, Nager, Insektivoren u. a.) noch nicht ausgebildet, namentlich wenn die betreffenden Arten von geringer Größe sind (531 A). Die Oberfläche der Hemisphären ist dann glatt (lissencephal). Wenn sie vorhanden sind, zerlegen sie die Gehirnoberfläche in Windungen (Gyri, 531 B—D, 540), welche namentlich bei großen Arten ausgebildet sind. Ihre Entwicklung hängt also sicherlich nicht nur von der Ausbildung der Psyche ab, sondern 558 VI. Kapitel. auch von der Körpergröße, indem die bedeutendere Muskelmasse eine Zunahme der sie versorgenden Rindenoberfäche verlangt. Das Groß- hirn eines Wals (547), eines Rindes und einer Ziege (545) besitzt z. B. recht gut entwickelte Windungen trotz geringer Intelligenz. Anderer- seits zwingen viele Beobachtungen zu der Annahme, daß ein Zusammen- hang zwischen dem Oberflächenrelief und der psychischen Entwicklungs- höhe besteht. Bei den Menschenaffen fehlt z. B. die untere Stirn- windung, welche beim Menschen (544) auf der linken Seite der Sitz des motorischen Sprachzentrums ist, und damit wohl auch die Erzeugung artikulierter Laute. Bei besonders hervorragenden Menschen zeigt der Stirnlappen häufig auffallend viele Furchen, und bei Musikern pflegen die obere und mittlere Schläfenwindung (540) und die benachbarte, zum Scheitellappen hinüberführende Region stark entwickelt zu sein. Um- 06. Zentr Mitt. mw j Stimnf Um SET Vora. hut: uam 5 I, nierparfurch. a Ye P arietalf. x N: Mit.0D Schläpmwindg N Schläf furch, Fig. 540. Menschliches Vorderhirn von der Seite, nach EDINGER. ce Zentral- furche, ** oberes, unteres Knie derselben, fs, fi obere, untere Stirnfurche, / Lateral- furche, pcs, pci obere, untere Präcentralfurche, ssp Fissura. suprasylvia posterior (obere Schläfenfurche). Sy Fissura Sylvii. Schtäfentappe" gekehrt geht aus dem Schädel des Eiszeitmenschen hervor, daß bei ihm der Stirnlappen kleiner war und wegen geringerer Entfaltung des Sprach- zentrums mit dem Schläfenlappen einen größeren Winkel bildete als jetzt. Bezüglich der Homologisierung der Furchen bestehen noch viele Schwierigkeiten, aber es kann keinem Zweifel unterliegen, daß sie sich in den Hauptzügen durchführen läßt, und daß die Windungen nicht unabhängig in jeder Ordnung erworben wurden. Alle Säuger haben drei „Primitivfurchen“: die Fissura hippocampi, die Fiss. rhinalis (Fovea limbica) und die Fiss. endorhinalis zwischen Lobus parolfactorius und Lob. olfactorius (bzw. Lob. piri- formis). Diese drei stehen also in Beziehung zu den Riechzentren. Bei den glatten (lissencephalen) Gehirnen (535) sind sie die einzigen. Bei den gyrencephalen kommen Furchen hinzu zur Oberflächenvergröße- rung, welche aber nicht auf dem Druck der Blutgefäße, sondern auf Vorderhirn der Säuger. 559 ererbten Wachstumsanlagen beruhen. Auf die Medialfläche des Gehirns übt der Balken insofern einen Einfluß aus, als die Hauptfurche ihm parallel verläuft. Sie wird Sulcus splenialis genannt, weil sie hinter dem Splenium herumbiegt. Entsprechend liegt vorn der 8. ge- nualis und rostralis (931F, vom Rind). Ueber dem hinteren Sple- nialis liegt ein S. suprasplenialis, der sich in den S. occipito- temporalis fortsetzt. Auf der medialen Hirnfläche des Menschen (548) triti uns der S. genualis und splenialis als einheitliche stark gebogene Furche entgegen, welche als S. cinguli oder calloso- marginalis bezeichnet wird. Dagegen verlaufen die occipitalen Furchen etwas anders als beim Rinde Wir sehen hier eine starke Gabelfurche, deren ventraler Ast (Fiss. calcarina posterior) be- sonders wichtig ist, weil zu seinen beiden Seiten die Sehstrahlung endet. Diese Gabelfurche findet sich auch bei Affen und anderen Säugern. Wir erkennen aber in der Fiss. subparietalis+ cal- carina anterior den hinteren Abschnitt des S. splenialis wieder, welcher durch die Vergrößerung des Ocecipitallappens in zwei Stücke auseinander gerissen ist und als Neubildungen den Parietooccipitalast und die Calcarina posterior erzeugt hat. Die frontale Großhirn- oberfläche weist drei sehr konstante Furchen auf (545 Ziege): die Fiss. praesylvia (ps), die Coronalis (co) und ihren hinteren Quer- ast, die Ansata (a). Dazu kommen die Sylvia (Sy), eine darüber gelegene Suprasylvia (ss) und eine Lateralis (L). Bei den Carnivoren (545 Katze, Fuchs) kommt eine neue Furche, die ÖOruciata (er) hinzu, welche bei Huftieren fehlt. Die Coronalis kann mit der Lateralis verbunden sein (Fuchs) oder auch von ihr getrennt bleiben (Katze). Aus der Lage der Praesylvia geht hervor, wie sehr sich bei den Fleischfressern der Stirnlappen vergrößert hat. Die Suprasylvia beschreibt einen großen Bogen, so daß man einen vorderen, einen dor- salen und einen hinteren Abschnitt unterscheiden kann. Zwischen ihr und der Sylvia hat sich eine Ectosylvia mit ähnlichem Verlauf ein- geschoben. Coronalis, Ansata und Lateralis hängen nicht zusammen in dem abgebildeten Exemplar von Lemur. Bei Lemur varius und Indris haben sich aber Coronalis und Ansata zu einer Centralis vereinigt, die bei allen Primaten eine besondere Stellung einnimmt (c) Aus dieser Entstehungsweise erklärt es sich, daß in sehr seltenen Fällen mensch- liche Gehirne beobachtet werden, in denen die Zentralfurche aus zwei Abschnitten besteht. Nicht ganz klar ist die Homologisierung der übrigen Frontalfurchen der Primaten und des Menschen. Indem der Stirnlappen immer größer wird, richtet sich die Praesylvia auf und wird so wahrscheinlich zur Praecentralis des Menschen (540, Mensch, pei+-pes). Die Frontalis inferior (f) geht vielleicht aus dem Horizontalast der Praesylvia der Affen (545, Meerkatze) hervor. Die Frontalis superior wäre dann eine Neubildung. Ein eigentümlicher Prozeß tritt bei den Säugern in der Umgebung der Sylvia auf. Durch die mächtige Entwicklung der Stirnregion wird diese Spalte von vorn und obenher überdeckt, so daß die benachbarten Windungen in der Tiefe der Spalte verschwinden und hier die sog. Insula Reilii (#39) bilden. Bei der Ziege (545) ist die Ectosylvia, bei der Meerkatze und dem Menschen außerdem auch der vordere Abschnitt der Suprasylvia durch Versenkung verschwunden. Es erhält sich nur der hintere Teil der letzteren (ssp), welcher. dann als obere Schläfenfurche (fs) be- zeichnet wird. 560 VI. Kapitel. d) Innerer Bau, An dem Ventrikel jeder Hemisphäre werden unterschieden ein Vorderhorn (538), welches sich meist bis in den Bulbus olfactorius fortsetzt, ein Hinterhorn im Hinterhauptslappen und ein Unterhorn, welches in den Schläfenlappen eindringt. Diese Hohlräume sind enge Spalten wegen der außerordentlich verdickten Wände und wegen zweier nach innen vorspringender Vorwölbungen. Die eine ist das meist langgestreckte Basalganglion (Corpus striatum 538,549), welches sich vom Boden und der Seitenwand erhebt und den dorsalen Nucleus caudatus und den ventralen Nucleus lentiformis, dazu lateral die graue Platte des Olaustrum umschließt (539). Ventral von diesen beiden letzteren liegt in der Quer- ebene des Chiasma noch der Mandelkern (Nucleus amygdalae), welcher als Homologon des Epistriatums gedeutet wird. Er liegt etwas vor dem Hippocampus und ist daher in 539 nicht getroffen. Die andere Vorwölbung stülpt sich von der medialen Wand gegen den Ventrikel vor und ist das schon geschildertte Ammonshorn oder der Hippo- campus. Die bei Monotremen (535,536) noch kleinen Ammonshörner stehen, wie erwähnt, durch die Commissura pallii anterior untereinander in Verbindung. Hand in Hand mit der Verlängerung der Ammons- hörner nach hinten infolge des Auswachsens der tlemisphären hat bei den Placentalia auch diese Kommissur eine Umbildung erfahren. Sie hat sich gegliedert in einen dicken dorsalen Streifen (Balken, Corpus callosum) und in einen zarteren ventralen (Gewölbe, Fornix), welche jederseits untereinander durch eine Membran (Septum pel- lucidum) zusammenhängen (531 E, 538, 539). Während im Balken zahlreiche Querfasern die beiderseitigen Pallien verbinden, dient der Fornix in einer mittleren oder hinteren Partie (Psalterium) als Kommissur für die Ammonshörner. Die Entstehung dieser Bildung ist ein vielumstrittenes Kapitel, doch läßt es sich an der Hand der Ontogeni und vergleichenden Anatomie einigermaßen übersehen. Bei den Em- bryonen des Igels und Kaninchens (45 mm) treten Balken und Fornix als einheitliche Anlage zuerst auf, und zwar in einer Verwachsungs- platte der Lamina terminalis und der medialen Hemisphären wände. Es kann nicht zweifelhaft sein, daß diese Anlage der Com. pallii anterior der Saurier (926 Opa) homolog ist, denn die Com. pallii posterior der- selben tritt nur vereinzelt auf. Dazu paßt es gut, daß bei Vesperugo noctua Balken und Gewölbe (Fornix) eine dorsalwärts aufgerichtete bogenförmige Platte bilden, welche vorn neopalliale Fasern, hinten solche aus dem Hippocampus führt. Beim Kaninchenembryo von 60mm hat sich die Anlage in den vorderen Balken und den hinteren Fornix gespalten, beide bilden einen etwas nach hinten übergebogenen Kegel. Auf diesem Stadium bleiben Krinaceus, Centetes (531 A‘) Galeopithecus und andere niedere Placentalier stehen. Indem nun die Hemisphären immer mehr nach hinten auswachsen, neigt sich der Kegel weiter über, so daß schließlich bei Rind, Mensch u.a. Balken und Gewölbe ungefähr horizontal verlaufen (531, E,F). Die Balkenfasern werden dann so zahlreich, daß sich der Balken vorn (Genu) und hinten (Splenium) zum Fornix herabbiegt. Die Membran zwischen Balken und Gewölbe wird erst bei Primaten dünn, so daß die Bezeichnung Septum pellucidum gerechtfertigt ist. Da die Ontogenie dieser Bildungen lehrt, daß im Balken und im Gewölbe die medialen Wände der Hemi- sphären verwachsen, so darf ein bei unvollständiger Verschmelzung zwischen ihnen befindlicher Raum nicht als Ventrikel bezeichnet werden, Vorderhirn der Säuger. 561 da er ja mit dem Lumen des Nervenrohrs nichts zu tun hat. Auf die ventrale Commisura anterior zur Verbindung der Riechzentren (931 F)) wurde schon hingewiesen. e) Verbindungsbahnen. Während die ganglienzellenreiche graue Substanz erstens die „Rinde“ (beim Menschen 2—4 mm dick) unter der Oberfläche von Großhirn und Kleinhirn, zweitens das „Höhlen- grau“ um den zentralen Hohlraum herum, und drittens eine Anzahl „Kerne“ bildet, besteht die Hauptmasse des Gehirns aus weißer „Marksubstanz“ mit einem enormen Reichtum an Fasern, welche die Teile des Großhirns untereinander und mit den übrigen Abschnitten des Gehirns und des Rückenmarks verknüpfen. Sie sind natürlich be- sonders beim Menschen studiert worden, weshalb ich mich auf sie beschränke. 541 zeigt die Hauptzüge, welche in einer Hemisphäre ver- laufen: die größeren Bündel gehen von einem Lappen in den anderen, R indengrau Fase. arcuat. Eibr. proprioe Gi 5 „rietalis Fase. longilud. inf Fig. 541. Associationsbahnen des menschlichen Großhirns, nach EDINGER. Oingul. Cingulum, Fasc.une. Fasciculus uncinatus. während die kleineren Fibriae propriae die benachbarten Gyri verbinden. 542 zeigt in schematischer Darstellung die wichtigsten Bahnen, welche teils die Erregungen in das Großhirn leiten (afferente Tractus, schwarz gezeichnet), teils von der Rinde nach hinten laufen (efferente Bahnen, rot). Von den ersteren sind uns schon einige be- kannt, so die Hinterstränge (Tr. bulbothalamicus), welche in den Nucleus gracilis und cuneatus des verlängerten Marks eintreten und dann unter Kreuzung (508) zum roten Haubenkern des Mittelhirns und weiter zum Thalamus und zur Rinde sich verfolgen lassen. Auf diesem Wege (vgl. 491) gelangen die Hautreize bis zur Großhirnrinde und kommen hier zum Bewußtsein. Aehnlich verhält sich der Tractus spinothalamicus (schwarz punktiert), während der Tractus spino- cerebellaris in der Rinde des Kleinhirns ausstrahlt. Von hier ge- langen die Reize zum Nucleus dentatus des Kleinhirns, aus dem die einzige efferente Bahn desselben zum roten Haubenkern und weiter zum Thalamus und zur Rinde führt. Da das Kleinhirn zur Regulation Plate, Allgemeine Zoologie I. 36 562 VI. Kapitel. der Bewegungen dient, so können seine Erregungen in der Großhirn- rinde zum Bewußtsein kommen und von hier durch die Pyramiden- bahn auf die Muskeln übertragen werden (rot 509, 542). Aus 542 ist ersichtlich, daß zahlreiche, radienartig ausstrahlende Züge sich zwischen dem Thalamus und der Rinde ausspannen (Tractus corticothala- mici |schwarz durchlaufend] und thalamocorticales |schwarz durchbrochen]), was als Stabkranzfaserung bezeichnet wird. Ge- langen z. B. Erregungen zum Sehzentrum des Hinterhauptlappens, so können sie mit Hilfe der Pyramidenbahn eine entsprechende Bewegung der Extremitäten auslösen. Durch die Tractus frontopontini und temporopontini (beide rot punktiert) gelangen die Erregungen [Tr cort-pyram. Tnal.opt. Sule,. cenin Tr. thal.- cort. is Ir frontonont. ER“ PL, Na: X Rot. Haubkern mediale Schleife Se Ir olivocerebell Tr: bulboinalam, ERRT y 7 Spinocerebell. Pınıs KEN HI 7: 7 — Jangl. pont: es n . CUNEeALUS Ir spinolholaın. a Olive - 09 Oblongat. Hinterstrange Pyramidenb. Fig. 542. Schema der wichtigsten Bahnen zum (schwarz) und vom (rot) Großhirn des Menschen, nach GEGENRAUR, verändert. Seitlich ist die Lage der vorderen Schnittfläche der Abbildungen 508 und 509 angedeutet. der Großhirnrinde zu den Ganglien der Brücke und von hier zum Kleinhirn. Als besonders wichtig erwähnen wir noch die Sprechbahn, Tractus corticobulbaris (549), von der linken dritten Stirn- windung zu den motorischen Kernen der Oblongata (Hypoglossus XII), die sekundäre Sehbahn (77) vom Ganglion geniculatum laterale und vom Dach des Mittelhirns zum Hinterhauptslappen und die tertiäre Hörbahn (74) vom Ganglion geniculatum mediale zum Schläfen- lappen. Diese beiden letzteren vermitteln das Verständnis des Ge- sehenen bzw. des Gehörten. Bezüglich vieler anderer Bahnen vgl. die Erklärung von 549 auf S. 570. f) Die Rindenfelder. Die physiologischen Experimente und die pathologischen Beobachtungen haben übereinstimmend gelehrt, daß die Vorderhirn der Säuger. 563 Großhirnrinde schachbrettartig aus vielen einzelnen Regionen mit ver- schiedener Funktion sich zusammensetzt, und daß hier sich diejenigen psychischen Vorgänge abspielen, welche dem Menschen zum Bewußtsein kommen. In dem Rindengrau liegen mehrere (beim Menschen 6) Schichten von dGanglienzellen, von denen die mittleren über- wiegend kegelförmig, mit der Spitze nach außen ge- kehrt sind (943). Sie wer- den „Pyramidenzellen“ genannt. Während der kleinen ER 3% Ontogenie wiederholt diese Pyramiden- IR E Rinde die früheren phyle- RENT tischen Zustände: bei einem Kae! ganz jungen menschlichen ey OR Embryo finden wir noch ei y ER keine Rinde, sondern nur | A N ausschwärmende Zellen, ähn- Ga TOCH \ lich wie bei Amphibien Ki a" 704 (524): dann folgt mit 4—5 Schicht der Be ER Monaten eine Anordnung pymiden- y ART" wie bei Eidechsen (529). In ze & ke SkRe. der feineren Struktur der ee} } fertigen Rinde und nament- lu ae lich auch in dem Reichtum RR ÜEEE N an Fasern bestehen viel- Bye er En, fache Unterschiede, so daß AR EA die meisten Rindenfelder AR NER, histologisch charakterisiert (ri sind. In 544 sind die wichtigsten menschlichen Schicht der Rindenfelderangedeutet.Sie _morphen zerfallen in motorische, sen- Sa Molekular- schicht Schicht der Ewe - » ——— > .... - z N u Ey SE; ’ 2 #, % ke . ee u re: Met a9 EN nr 2 sibleundassoziative,jenach- dem sie Muskelbewegungen, Sinnesempfindungen oder die höheren psychischen Er- scheinungen vermitteln. Diese Zentren der Rinde sind denjenigen in den übrigen Gehirnteilen über- geordnet, und die Abhängig- keit der letzteren von ihnen wird um so größer, je mehr wir in der Wirbeltierreihe emporsteigen. Sie erreicht ihren höchsten Grad beim Menschen, bei dem aile bewußten Bewegungen und Empfindungen ab- hängig sind von einer Mitwirkung der Rinde. Sind beim Menschen die Fasern im Schläfenlappen, welche zum Sehzentrum führen, zerstört, so tritt dauernd Blindheit ein, während bei einem Hund nur das Sehvermögen stark geschädigt ist und bei einer Eidechse das Sehen auch ohne Großhirn möglich ist, da die Ganglienzellen im Zwischenhirn und im Mittelhirn 36 * Fig. 545. Schnitt durch die Großhirnrinde des Menschen, nach STÖHR, *®/.. 564 VI. Kapitel. hierzu genügen. Erkrankungen in den sensiblen Herden führen beim Menschen häufig dazu, daß das Verständnis für die Sinneseindrücke fortfällt. Die Patienten werden „seelenblind“ oder „seelentaub“, d. h. sie können noch die Form oder die Farbe eines Gegenstandes, z. B. eines Löffels, angeben, wissen aber nicht, wozu er gebraucht wird, oder sie hören noch, können aber nicht unterscheiden, ob es sich um Musik oder um Hammerschläge handelt. Nach einer Verletzung der motorischen Rindenfelder tritt häufig nur Ungeschicklichkeit im Ge- brauch der betreffenden Muskeln ein, in schwereren Fällen vollständige Lähmung der betreffenden Muskeln der anderen Seite. Seitdem Broca 1863 das Sprachzentrum auf der unteren Stirnwindung der linken Hemisphäre (vgl. S. 141) entdeckte und nachwies, daß durch Zerstörung desselben die Fähigkeit des Sprechens verloren geht, hat die Zahl der bekannten Rindenfelder sich sehr vergrößert. Sie zerfallen zum Teil in verschieden funktionierende Unterregionen. An der zum Hören dienenden temporalen Querwindung in der Tiefe der Syzvıschen Spalte vermitteln die medialen Abschnitte das Verständnis der hohen Töne, > Fig. 544. Die menschlichen Rindenfelder im Großhirn für die Sinnesorgane und Muskeln nach EDINGER, etwas verändert. (uerschraffiert die Tastregion. die lateralen das der tiefen. Partielle Erkrankung kann daher zum Verlust der einen Kategorie führen. Diese Windung ist in Form und Größe außerordentlich variabel, woraus sich der wechselnde Grad der musikalischen Begabung erklärt. Unaufgeklärt ist, warum diese Quer- windung des Menschen links meistens einfach, rechts doppelt ist, also eine Asymmetrie vorliegt, welche derjenigen des Brocaschen Sprech- zentrums entgegengesetzt ist. Es hat sich gezeigt, daß viele Zentren sich gegenseitig beeinflussen und voneinander abhängig sind. Zum vollständigen Sprechen gehört z. B. auch Unversehrtheit der Gehör- region, denn die Brocasche Gegend ist nur das motorische Sprach- zentrum, welches die Zungenmuskeln so beherrscht, daß die richtigen Laute einer Sprache entstehen. Durch den enormen Faserreichtum der Rinde stehen alle Gehirnregionen untereinander in Verbindung. So erklärt sich das Zusammenspiel der verschiedenen Organe und Fähig- keiten. Wenn ich über einen Graben springe, so muß das Sehzentrum zur Abschätzung der Entfernung zusammenwirken mit dem motorischen Zentrum der Unterextremität. So wird es auch verständlich, daß die Vorderhirn der Säuger. 565 Störung eines Zentrums pathologische Veränderungen in einem Organ hervorrufen kann, welches von jenem Zentrum nicht direkt abhängt. Aus 544 geht hervor, daß die Gegend der motorischen Zentren gleich- zeitig die Tast- und Fühlsphäre ist, wenngleich sie sich nicht voll- ständig decken. Zwischen den hier eingezeichneten Zentren liegen nun noch große Teile der Gehirnoberfläche, welche ungefähr °/,; der- Fig. 545. Furchung und Ausdehnung des Stirnlappens (grauer Ton) bei ver- schiedenen Säugern, nach EDINGER, verändert. « Fissura ansata, ce Üentralis (Coronalis + Ansata), co Coronalis, er Cruciata, es Ectosylvia, fi, fs Frontalis inferior, superior, / Lateralis, /» Lobus piriformis, !? Lobus temporalis, per, pes Praecentralis inferior, superior, ps Praesylvia, r% Rhinalis, ss Suprasylvia, ssa, ssp Suprasylvia anterior, posterior, tz, ts Temporalis inferior, superior, Sy Sylvia. selben ausmachen und keine oder nur geringe Beziehungen zu den sensiblen und motorischen Feldern besitzen. Auch hier lassen sich beim Menschen über 30 histologisch differente Regionen feststellen. Sie werden Assoziationszentren genannt, weil sie zur Verbindung zwischen den sensiblen und motorischen Feldern dienen und außerdem die höheren psychischen Fähigkeiten (Gedächtnis, Intelligenz, Willen, Selbstbewußtsein, Gemüt und andere) vermitteln. Es werden drei solche 566 VI. Kapitel. assoziative Gebiete unterschieden, ein vorderes, welches den größten Teil des Stirnlappens umfaßt, ein mittleres in der Tiefe der Syrvıschen Spalte, der sog. Insel, und ein hinteres auf dem Parietooccipital- und Pl.chor.-. [$ "8 rt Fig. 546. Frontalschnitt durch einen Katzenembryo kurz vor der Verwachsung von Hemisphäre und Thalamus, nach HOCHSTETTER. For.Mon. Foramen Monroi, Hem. mediale Hemisphärenwand, P/.chor. Plexus chorioideus, Thal. Thalamus. Temporallappen. Das vordere scheint ganz besonders der Sitz der Intelligenz zu sein, wie aus den Beobachtungen an Menschen und an Tieren hervorgeht. Der Stirnlappen ist bei letzteren sehr verschieden Fig. 547. Oberfläched.1. Hemisphäre des Narwals, Monodon monoceros, nach TURNER. m marginale, »n/ mediolaterale, ss suprasylvische, s Sylvische Windung, F'S Fissura Sylvii groß und seine Ausdehnung stimmt ungefähr überein mit den Er- fahrungen über die Höhe des Verstandes (545, beim schlauen Fuchs bedeutend größer als bei der Katze). ya Ken u I ce Zn Me Zwischenhirn der Säuger. 567 Die übrigen Gehirnteile der Säuger. Am Zwischenhirn ist die Epiphyse (Zirbeldrüse) bei den meisten Säugern ein sehr kleines Gebilde (530, 531 E). Sie fehlt nur bei Gürteltieren und andern Edentaten, vielleicht auch bei Sirenen. Bei Phocaena ist sie nur mikroskopisch nachweisbar. Relativ groß ist sie bei Huftieren und Nagern. Beim Menschen ist sie ca. 7 mm lang, eiförmig und an der Basis stielförmig verschmälert. Sie legt sich nach hinten zwischen die vorderen Vierhügel. Sie wird angesehen als eine Drüse mit innerer Sekretion, welche auf das Wachstum und die Fett- bildung von Einfluß ist. Reste eines Stirnauges sind bei Säugern nicht mehr nachweisbar. Vor der Epiphyse bildet die dünnhäutige Decke des Zwischenhirns bei manchen Arten eine kleine Ausstülpung (Recessus suprapinealis 531), welche wohl dem Parencephalon entspricht. Das dünne gefäßreiche Dach stülpt sich median in der gewohnten Weise in den III. Ventrikel ein zur Bildung eines doppelten Plexus, der durch die Foramina Monroi nach vorn in die Vorderhörner der Hemi- sphären eindringt. Da aber auch die Hinterhörner sich dem Dache an- schmiegen, so findet sich jederseits noch eine neue Einstülpung, die Fissura chorioidea (559 F. ch.), welche mit Blutgefäßen in die Hinterhörner sich einsenkt (Plexus chorioidei laterales). Die beiden gleichgroßen Ganglia habenulae sind sehr klein. Sie stehen immer in Zusammenhang mit dem Lobus parolfactorius, der sich mit dem Trigeminusendkern verbindet. Der V. Nerv läuft mit einem Ast in der Schnauzenregion aus. Daher sind jene Ganglien Hilfs- apparate des Oralsinns. Die Sehhügel, Thalami optici, sind sehr beträchtliche seitliche Verdickungen (538) mit vielen Kernen, deren große Bedeutung als Zwischenstation zwischen der Rinde und den weiter nach hinten liegenden Gehirnabschnitten wir schon früher (542) kennen gelernt haben. Sie werden zuweilen, beim Menschen in 80 Proz., infolge medianer Verwachsung durch eine Commissura mollis oder media (531, 555, 539) untereinander verbunden, wo- durch der dritte Ventrikel in eine obere und eine untere Region zer- fällt. An ihrer Außenseite verwachsen die Thalami vollständig mit der Masse der Großhirnhemisphären, welche das Zwischenhirn von oben und von außen bedecken. Bei Embryonen, bei denen diese Verwachsung noch nicht eingetreten ist (946), liegen beide Abschnitte nebeneinander. Auf dem Querschnitt (539) durch das menschliche Gehirn hängt der Sehhügel durch einen Strang von weißer Substanz (Capsula interna) mitdem Nucleus lentiformis des Corpus striatum zusammen, und durch diese Kapsel treten die Faserzüge aus den Hemi- sphären in den Thalamus und weiter in den Boden des Mittelhirns. An der Hinterwand des Trichters (553, 535) liegt eine unpaarige oder bei den Primaten paarige gangliöse Verdickung (Corpus mam- millare oder candicans), in welcher Fasern aus dem Fornix und dem Thalamus endigen. Vor der Vorderwand des Trichters, welche als Tuber cinereum nach außen vorspringt, findet die Kreuzung (Chiasma) der Sehnerven statt, und dieser Wand schmiegt sich von unten die Hypophyse an, eine Drüse mit innerer Sekretion, deren Hypertrophie beim Menschen Akromegalie (extremes Wachstum ge- wisser Teile, z. B. der Finger oder des Unterkiefers) erzeugt. Der Ventrikel des Mittelhirns ist so eng, daß er seit Alters her als Aquaeductus Sylvii bezeichnet wird. Das Dach bildet zwei 568 VI. Kapitel. Paar Erhebungen (Vierhügel, Corpora quadrigemina), vor denen die Commissura posterior verläuft. Das hintere Paar, welches meistens das kleinere ist (nur bei Oetaceen ungewöhnlich groß, was mit der starken Entwicklung des Gehörnerven |vgl. 549 Tractus /2] zusammen- hängt) erhält Fasern aus den Acusticuskernen, das vordere solche vom Opticus. Die geringe Größe dieses Tectum opticum im Vergleich mit niederen Wirbeltieren erklärt sich daraus, daß die Mehrzahl der Neu- riten des Sehnerven zur caudalen Region des Thalamus, nämlich zu einem Ganglion auf der Unterseite desselben, dem Corpus (Nucleus) geniculatum laterale, zieht. Beim Menschen enden hier etwa 70 Proz. der Sehfasern, bei niederen Säugern weniger, weshalb der Kern bei diesen kleiner ist. Der Rest zieht dorsocaudal und endet teils in den vorderen Vierhügeln, teils in dem dicht vor diesen liegenden Pulvinar. Von letzterem gehen wie vom Geniculatum sekundäre Sehbahnen zum Großhirn, aber nicht von jenen. Das Tectum opticum hat daher wohl nur Aufgaben der Photostatik, der Vermeidung grellen Lichts u. dgl., während Geniculatum und Pulvinar die gnostischen, zum Erkennen des gesehenen Gegenstandes dienenden Reize dem occipitalen Sehzentrum zuführen. Der Boden des Mittelhirns erhebt sich links und rechts zu den Hirnstielen Pedunculi oder Crura cerebri (533, 539). In ihrer oberen Masse (Haube, Tegmentum) verlaufen viele sensible Fasern und strahlen hier aus in dem sog. roten Kern (Nucleus ruber tegmenti, 539, 549), wie schon früher (542) her- vorgehoben wurde; in der unteren Schicht liegen die Pyramidenbahnen und andere Züge. Das Kleinhirn (Hinterhirn) erlangt bei Säugern eine ungewöhn- liche Größe und zerfällt dabei in einen mittleren Teil (Vermis, Wurm), welcher dem Oerebellum der übrigen Wirbeltiere entspricht, und in die zwei seitlichen Hemisphären, welche bei niederen Säugern (551 A, B) noch klein sind. Außerdem kann man ontogenetisch zuerst einen vorderen, mittleren und hinteren Lappen unterscheiden, deren Ober- fläche sich wie bei Vögeln durch zahlreiche Querfurchen stark ver- srößert, die bei Myrmecophaga, Carnivoren, Ungulaten u. a. oft sehr asymmetrisch verlaufen. Da sie mit sekundären Furchen kom- munizieren und tief eindringen, geben sie dem Sagittalschnitt ein charakteristisches baumförmiges Aussehen (Arbor vitae, 551 E F, 5536). Diese Falten und die Gesamtgröße des Cerebellum entwickeln sich mit zunehmender Körpergröße progressiv; die kleine Fledermaus Vesperugo pipestrellus hat ein sehr einfaches kleines Cerebellum, der große Pteropus edulis ein stark gefurchtes, viel größeres. Manche Furchen des Wurms treten auf die Hemisphären über, weil diese seit- liche Erweiterungen des mittleren Wurmabschnittes sind. Flocculus und Wurm sind die phyletisch ältesten Teile. Die Hemisphären sind Neubildungen, welche durch die Zuleitung von Reizen auf Fasern aus der Pons hervorgerufen wurden (542). Wo die Hemisphären seitlich und ventral in die Medulla oblongata übergehen, bilden sie jederseits eine Anschwellung (Flocculus, 531 B, 533), welche bei Talpa und Soriciden gestielt, bei Eehrdna besonders groß ist. Der vierte Ventrikel setzt sich eine kurze Strecke in das Kleinhirn fort. Die dicke Masse des Kleinhirns hängt durch starke Faserzüge mit der Umgebung zu- sammen: die nach vorn zum Mittelhirn laufenden heißen die Binde- arme, die seitlich zur Brücke herabziehenden die Brückenschenkel oder mittleren Kleinhirnarme, die nach hinten in die Oblongata über- u un a ee ie a u Kleinhirn und verlängertes Mark der Säuger. 569 gehenden die Hinterarme oder Corporarestiformia. Der Faser- verlauf des Oerebellum ist aus 542 in den Grundzügen zu entnehmen. Alle zuführenden Bahnen — die aus dem Großhirn und der Brücke kommenden sind rot eingetragen, die von hinten kommenden schwarz — endigen in der Kleinhirnrinde, in der die schon erwähnten PurkinJE- schen Zellen (506) ihre Dendritenbäumchen nach außen kehren. Sie nehmen die Erregung auf und leiten sie mit ihren Neuriten nach innen zu den Kernen des Kleinhirns, besonders zu dem Nucleus den- tatus s. lateralis. Von hier gehen dann die efferenten Bahnen nach der Haube. Die spinocerebellären Fasern treten in den Lobus anterior und posterior ein, diejenigen aus Vorderhirn und Pons in den Lobus medius und die Hemisphären, während die olivocerebellären sich überall ausbreiten. Der Flocculus ist dem Vestibularapparat übergeordnet. Das verlängerte Mark beginnt vorn und ventralwärts mit einer stark vorspringenden Anschwellung, der sog. Brücke (Pons Varoli, 551, 532, 535, 549), welche im Innern jederseits einen großen Kern (Lob parac.N 2 | Re ANA G RR < N _ maryınalıs ag cun&r NE S.pr. „> De » u ca7 IE 5 v G IR" 3 T. € Sr 0% SE I Ss 2 uneus < ET T I Ne, , ONE Er: , ost. vos? .genual- : 7 er ek. Collaterg/,, Ungus Syr fusif a rectu. FG, 4.58 x: Bulbalf. EN 3 Hans — on Chiasma SE Ä Syr: tem Recessus jofaeo n Senne Hypophysis Fig. 548. Windungen auf der Medialfläche des menschlichen Großhirns, nach KAPPERS. enthält. Aus 542 ist ersichtlich, wie zahlreiche aus der Großhirnrinde stammende Fasern hier auf die andere Seite treten und dann in die Kleinhirnhemisphären ziehen. Wir finden also in der Brücke starke Querfasern, welche die Verbindung zwischen Großhirn und Kleinhirn vermitteln und dabei die inneren Längsfasern der Medulla von außen umgreifen. Daher ist die Brücke um so mächtiger, je mehr das Groß- hirn entwickelt ist und daher fehlt sie noch bei Fischen, Amphibien und Reptilien und ist bei Vögeln nur angedeutet. Bei Betrachtung der Ventralseite folgen auf die Brücke nach hinten zwei längliche An- schwellungen, die Pyramiden (952, 533) mit den sich hier kreuzenden Fasern, welche die Großhirnrinde mit dem Rückenmark verbinden (509, 542 rot). Bei den Primaten und manchen andern Säugern liegt nach außen von den Pyramiden noch eine kleine Verdickung, die Olive, deren innere Kernmasse auf dem Querschnitt als gefaltete hufeisen- förmige Linie erscheint (308) und einen starken Faserzug zum Klein- hirn entsendet (542). Beim Menschen und den Primaten ist die Olive 570 -VI. Kapitel. stärker entwickelt als bei kurzbeinigen Säugern, so daß sie vielleicht in Beziehung zum aufrechten Gang steht. Die Rautengrube wird vom Kleinhirn fast völlig zugedeckt. Auf ihrem Boden bilden die Fasern aus den Kernen des Acusticus zwei kleine querstreifige Erhebungen. Da alle Gehirnnerven mit Ausnahme von I—IV aus dem Nachhirn entspringen, ist die Substanz desselben durchsetzt von zahlreichen Kernen derselben, deren ungefähre Anordnung aus 549 zu ersehen ist. Physiologische Einheit des Gehirns. Das Gehirn der Säuger ist trotz seiner ungeheueren Kompliziertheit, welche in allen Kultur- ländern zur Gründung eigener Institute für Hirnforschung geführt hat, mehr als bei den andern Wirbeltieren eine physiologische Einheit: alle Hauptteile sind untereinander verknüpft und bedingen sich gegenseitig. Die Figur 549 soll dies veranschaulichen. Sie läßt auf den ersten Blick erkennen, daß zwei übergeordnete Gebiete vorhanden sind, das Vorder- hirn für die Bewußtseinsvorgänge und das Hinterhirn für Statik, Muskeltonus und Zusammenspiel der Muskeln. Zwischenhirn und Mittelhirn sind Stationen zur Umschaltung und Weiterleitung. Die Oblongata enthält die vielen Kerne für die reflektorisch durch die Gehirnnerven ausgelösten Prozesse. Zur Erläuterung der Abbildung sei noch auf Folgendes aufmerksam gemacht. Die Figur zeigt die wichtig- sten Nervenfaserzüge im Gehirn der Säuger, speziell des Menschen. Um die vielen Einzelheiten eintragen zu können, mußte der Hippo- campus nach oben gezogen, Zwischenhirn und Mittelhirn zu breit ge- zeichnet werden. Manche in gleicher Ebene liegende Bündel mußten in verschiedene eingetragen werden. Die Pyramidenbahn ist fort- gelassen und die cortico-pontino-cerebellaren Züge sind nur angedeutet, weil sie in 942 dargestellt sind. Riechbahnen. Primär: / Fila olfactoria. Sekundär: 2 Tractus olf. Tertiär: 3 Tr. olfactoammonicus, im Fornix zum Hippocampus verlaufend. # Tr. olfactoamygdalinus, zum Mandelkern (am). Dieser ist wahrscheinlich homolog dem Epistriatum der Saurier. 5 Tr. olfacto- mammillaris und weiter zum Ggl. interpedunculare (nt). 6 Tr. hippo- campomammillaris, durch den Fornix herabsteigend. Oralsinnbahnen. Durch den Trigeminus werden dem Lobus parolfactorius Erregungen zugeleitet und gelangen dann zu übergeord- neten Zentren. 7 Tr. parolfactohabenularis. 5 Tr. habenulointerpedun- cularis.. Im Gegl. interpedunculare findet wohl eine Korrelation mit den Riechreizen statt. &' Tr. habenulocorticalis. Sehbahn. Primär: 9 zum Ggl. geniculatum laterale (gen. lat. 10, ein Teil der Reize geht weiter zum Pulvinar und zu den vorderen Vierhügeln (C. q.), wo vielleicht Lichtintensitäten empfunden werden. Die Hauptmenge der Erregungen geht durch // (sek. Bahn) zum Occipitallappen, wo das Erkennen des Gesehenen eintritt. Hörbahn. Primär zum Gel. cochleare in der Schnecke. Sekundär: 12 zum Cochleariskern (cochl.).. Tertiär: 13 zum Gej. geniculatum mediale (gen. med.). Quartär: 14 zum Schläfenlappen, wo das Gehörte verstanden wird. Bahn der Hautgefühle Primär zu den Ggl. spinalia des Rückenmarks. Sekundär von hier durch die Hinterstränge (15) — vgl. 491, 508, 542 — zum Nucleus gracilis und cuneatus. Tertiär (16, 17) durch die Tr. bulbothalamicus und spinothalamicus in der medialen Schleife zum ventralen Thalamuskern (vent.). Quartär durch die „Haubenstrahlung“ (78) zur Rinde Da, wie angegeben und 571 e die Hemisphären mit dem Thalamus verwachsen, Faserzüge im Gehirn der Säuger. so können die Haubenstrahlen direkt aus dem Thalamus in die weiß aus 939 ersichtlich ist, "UHSITIIA pun SUHdavy AHONIAg UOA uadunuyprwz pun usgqeduy uoA Sunzmuag gayun SUO 770,9 °S IXaL WI uodunaogugpig ode UBAlDUUNgOH 77-7] "Moyyund usfqisuss ap ‘IM uaYoSLIEJoW 9ıp pums vyeduorgg Top uaumy usp uoy "UIYSLIEINANSOA "7592 ‘sıpeıyusa Imepeyg "N "72402 wmaIUlD IOANT, wurogn, “loqnı "N gr ‘TeurApng '27ng dremounped.reyur ‘dıoy) 722 osAydodAy "dir ‘suıpaw ‘sıpzaoye] snyenoruad N "pawuob “my uob ‘sı1oB13 "N 0D.4h aemnuagey uorsugr) 79 ‘osäydıdy dy ‘uroy} doyossuazıaq (7 'suyeyuop "N 7u0p areppuwew sndıoy) "wowdıop ‘uayeg 'so]ward.«o) *eunwad -ııpenb wıodıo,) 5’9_‘10r1ajsod ‘rorısuw eimssıwwo,) d) ‘%) ‘snyeaund "N und ‘UIONSIIBOITOON) '7909 ‘a0LIJuw Twmejwyg smojonN "un “(wungergsidg) sepgp3Auw snoponn u» uaypeyod [ey PuIs audoy} uagsöygom aıp pun “zusadum ualumyorgg pw oumgalyog all ‘u9d0z33 uagE yovu puis uadderwndisg pun -uspgjyag 'aadngg a0p unyor) wıfusugeg usssgyoIa Ip vwoyag '6FG "Sg omg poafjfe TEI—aer -hou D u 12] » Aoag b A 7 EZ UNWDHIR / / za gepa= m 572 VI. Kapitel. Markmasse des Vorderhirns eindringen. Es geschieht dies hauptsäch- lich in der sog. Capsula interna zwischen Thalamus und Nucleus lentiformis. Sprechbahn des Menschen, Tr. corticobulbaris (179) von der unteren Stirnwindung zum Hypoglossus (X//) und andern motorischen Kernen der Oblongata. Andere Thalamusbahnen: 20, Tr. mammillothalamicus (Vicq d’Azyr-Bündel) vom Oorp. mammillare zum vorderen Thalamus- kern (ant). Er steht im Zusammenhang mit 2/, Tr. mammillotegmen- talis. 22, Tr. spinothalamicus zum medialen Thalamuskern (med). 23, Tr. rubrothalamicus. 24, Tr. striothalamicus. Cerebellarbahnen für Gleichgewichts- und Bewegungskorre- lationen. 25, Tr. rubrocerebellaris vom roten Haubenkern zum Gegl. denticulatum. 26, Tr. tectocerebellaris. 27, Tr. trigeminocerebellaris. 28, Tr. olivocerebellaris. 29, Tr. deiterocerebellaris. Der Deıterssche Kern (D) ist ein kompliziertes Korrelationsgebiet, denn er gibt Fasern nach vorn und nach hinten, außerdem zum Vestibularis- und Cochlearis- kern ab und leitet die Erregungen zum Hinterhirn weiter. 30, Tr. vestibulocerebellaris, durch den das Labyrinth Einfluß gewinnt auf den Muskeltonus. J, Tr. spinocerebellaris. Dazu kommen die hier nur angedeuteten, aber in 949 rot punktiert eingetragenen corticopon- tinischen (37) und pontocerebellaren (38) Fasern. Andere Bahnen vom und zum Rückenmark. 32, Fasci- culus longitudinalis dorsalis, vom Oculomotoriuskern (71/7) zum Rücken- mark; diese phyletisch sehr alte Bahn setzt die Augenbewegungen in Beziehung zur Bewegung der Extremitäten. 33, Tr. rubrospinalis. 54, Tr. tectospinalis. Wichtigste Kommissuren. Com.anterior (Ca) für Fasern aus dem Riechgebiet (vordere untere Portion), aus dem Epistratum, N. amygdalae (@n) in der hinteren, unteren Portion und aus der Groß- hirnrinde (obere Portion, namentlich bei Beuteltieren. Corpus callosum (Balken) für die Hauptmasse der Fasern zwischen beiden Ventrikeln (35). Der Psalter (36) im Fornix zur Verbindung der Hippocampi. Die Com. habenularis zwischen den beiden Habenulae (Gh). Die Com. posterior (Op) für Fasern aus der Haube. Die Brücke (Pons Varoli) für Fasern aus der Rinde auf ihrem Wege zum Cerebellum (542). C. Phylogenie des Gehirns der Wirbeltiere. Die im Vorstehenden gegebenen Schilderungen führen zu dem bei- stehenden Stammbaum, der gut paßt zu den Schlußfolgerungen, welche auf S. 220 aus dem Hautskelett gezogen wurden. Zur Erläuterung der einzelnen Stufen sei folgendes wiederholt, wobei wir die Abkürzungen brauchen: VH, ZH, MH, HH, NH; Vorder-, Zwischen-, Mittel-, Hinter-, Nachhirn. Parcph. Parencephalon, Eph. Epiphyse, Hph. Hypophyse, Saccv. Saccus vasculosus, Hem. Hemisphären, Rückm. Rückenmark. Der Amphioxus (480) mit seinem einfachen Gehirnbläschen und dem Rückenmark ohne markhaltige Fasern (weiße Substanz), ohne vereinigte Nervenwurzeln und ohne Sympathicus steht weit ab von den Öranioten. Das Gehirn der hypothetischen Präcranioten war fünfteilig und jeder Abschnitt enthielt einen großen Ventrikel. Das VH hatte ein dünnes Dach, keine Hem., am Boden keine nach innen vorspringenden Phylogenie der Wirbeltiere. 573 Corpora striata, und die sek. Riechfasern verteilten sich überall in der seitlichen und in der ventralen nervösen Substanz. Der Ventrikel des VH war ein großer einheitlicher Raum. ZH groß. Parcph groß. Zwei Stirnaugen an langen Stielen (Nerven) und zwei seitliche Augen, Infun- dibulum und Hyph. vorhanden. Saccv. noch nicht sensibel. MH mäßig sroß. HH sehr klein. NH sehr groß, aber allmählich in das Rückm. übergehend. Dieses noch ohne markhaltige Fasern (weiße Substanz). Säuger | Sauropsiden | Teleosteer er Praesaurier / j Amphibien Ganoiden ori i! N Ir Dipnoer Selachier Präselachier t Petromyzon | llostom: ; A elesun Präcraniot \ A Myxine | Amphioxus Das Hauptproblem dieser Stufe gipfelt in der Frage: wie ent- standen die fünf Gehirnabschnitte? Es liegt nahe, die Aus- bildung der Gehirnblasen auf die durch die Sinnesorgane centripetal geleiteten Reize zurückzuführen, ähnlich wie bei den Wirbellosen (s. S. 473 VT). Der Amphioxus hat ein einblasiges Gehirn, weil er nur einfache taktische, vielleicht auch olfactorische Reize von der Kopf- spitze nach hinten leitet. Bei den Cranioten entwickeln sich drei Arten von Sinnesapparaten außer den Tastsinneszellen: Riech-, Seh- und Lateralorgane, wobei das Labyrinth als Derivat der Seitenorgane anzusehen ist. Dem dreiblasigen ontogenetischen Stadium (495) des Gehirns muß eine phyletische Stufe entsprochen haben mit einfachen, in der Haut gelegenen Riech-, Seh- und Gleichgewichtsorganen. Die Präcranioten lebten wahrscheinlich pelagisch, wie ihre Vorfahren, die Prächordaten (vgl. S. 445). Daher erwarben sie zwei verschiedene Sehorgane, die lateralen zum Sehen nach unten und nach der Seite und Stirnaugen zum Sehen nach oben. Indem die Nerven der letzteren in der vorderen Region des Mesencephalon ausstrahlten, die der ersteren in der hinteren, entstand der Gegensatz von ZH und MH: aus dem dreiblasigen Gehirn wurde ein vierblasiges. Das ZH und das MH ge- 574 VI. Kapitel. hören also ursprünglich zusammen, und wenn in der ÖOntogenie das ZH als ein Teil des Prosencephalon erscheint, so ist dies ein cäno- genetischer oder unrichtig gedeuteter Vorgang. Daher sind bei niederen Fischen und Amphibien ZH und MH so wenig scharf gesondert. Aus dem vierblasigen Gehirn wurde das fünfblasige, indem im frontalen Dach des Rhombencephalon durch Verdickung der nervösen Substanz ein Associationszentrum, das HH, entstand, welches die von vorn (Auge, Nase) und von hinten (Labyrinth, Seitenlinie) kommenden Reize in Beziehung zueinander setzte. Das Dach von VH, ZH, MH und NH war ursprünglich dünn, gefäßreich. Indem sich in ihm immer mehr Nervenzellen an gewissen Stellen entwickelten, wurden die Blutgefäße auf das ZH und NH zusammengedrängt zur Bildung der Plexus cho- rioidei. Die Anwesenheit eines Plexus auch am MH der Cyclostomen findet so ihre Erklärung als Rest eines primitiven Zustandes, ebenso die Paraphyse und das Parencephalon, die ja häufig noch gefaltet und gefäßreich sind. Von den Präcranioten ging die phyletische Ent- wicklung des Gehirns nach zwei Richtungen, zu den Üyclostomen und zu den Präselachiern. Unter den Rundmäulern zeigt Petromyzxon den ursprünglichen Zustand noch einigermaßen, während Ddellostoma und noch mehr Myxine sekundär durch Rückbildung der Augen vereinfacht sind, aber ein ziem- lich großes Cerebellum besitzen (12). Bei Petromyzxon hat die starke Ausbildung der Nase zu zwei dickwandigen Hemisphären des VH ge- führt (510), in denen die sekundären Riechfasern ziemlich regellos nach hinten ziehen. Die Gattung bleibt primitiv in fast allen übrigen Ver- hältnissen: paarige, wenngleich stark rückgebildete Parietalaugen, großes Parcph., kein Saccv, Mittelhirnplexus, sehr kleines Cerebellum, langes Nachhirn, Rückm. ohne weiße Substanz. Die hypothetische Gruppe der FPräselachter war charakterisiert durch folgendes: VH groß, schwach entwickelte Corpora striata, sek. Riechfasern hauptsächlich ventral. ZH dorsal klein, zusammengedrängt, linkes Parietalauge verschwunden, rechtes zur langgestielten Epiphyse umgewandelt, Parcph. groß, Saccv. sensibel. MH sehr vergrößert, mit dickwandigem Tectum. HH etwas größer, aber noch klein. NH lang. Rückm. mit. weißer Substanz. Von den Präselachiern ging die phy- letische Entwicklung nach zwei Hauptrichtungen: die eine mit Selachiern, Ganoiden und Knochenfischen bildete keine Hem., erwarb aber dafür im HH ein großes übergeordnetes Zentralorgan, die andere mit den Dipnoern und Tetrapoden schuf sich dieses „Großhirn“ aus den all- mählich immer mehr anwachsenden Hemisphären. Bei den Selachiern (513 A) bleibt das VH groß, diekwandig vorn, seitlich und am Boden, der sich noch nicht zu deutlichen Corpora striata erhebt. Die Bulbi olf. springen hemisphärenartig seitlich vor. Das ZH ist dorsal schwach entwickelt, behält aber einen langen Epi- nel Das HH wird zu einem sehr großen, stark gefalteten rgan. Ganoiden und Teleosteer erreichen eine höhere Stufe (514 A) durch die stark sich erhebenden Corpora striata und die mächtige Ent- faltung des Cerebellums, dessen Valvula sich unter das MH schiebt und den Hohlraum zum Kanal einengt. Die Epiphyse und das VH sind bei Ganoiden oft noch groß, während sie bei Knochenfischen kleiner werden, ebenso bei letzteren die Oblongata. Phylogenie des Wirbeltiergehirns. 575 In der zweiten Hauptlinie stülpt sich bei den Dipnoern der mediane Ventrikel des Prosencephalon zu zwei mächtigen Hem. aus, in deren dicker Wand sich dorsal eine Schicht von Rindenzellen zu einem tertiären Riechzentrum (Hippocampus) entwickelt (516). Hier- durch und weiter durch das große Parcph., die langgestielte Epiphyse, das sehr kleine HH und das lange NH behält das Gehirn eine große Aehnlichkeit mit dem der Öyclostomen; aber die Hem. sind selbst- verständlich homoiologe Bildungen, da eine direkte Ableitung der Lungenfische von cyclostomenartigen Vorfahren unmöglich erscheint. Das HH von Ceratodus ist viel größer als bei Protopterus und Lepi- dosiren, so dab es bei diesen vielleicht rückgebildet ist, weil durch den zeitweiligen Landaufenthalt die Zentren der Seitenlinie reduziert wurden. Protopterus (515) hat in dem Lobus postolfactorius eine besondere Eigentümlichkeit erworben. ; Die Amphibien (525) bleiben im allgemeinen auf der Stufe der Dipnoer stehen, werden sogar etwas einfacher durch Rückbildung der 4 Zwischenhirnanhänge (Paraphyse, Parencephalon, Epiphyse, Saccus vasculosus), was als eine Folge des®Landlebens anzusehen ist. Der Saccus verschwindet ganz. Die Stegocephalen hatten wohl noch ein in der Haut liegendes Parietalorgan, wie das Loch im Schädel beweist, und deshalb konnte es sich auf die Reptilien vererben; bei den rezenten Ampibien ist es stark verkümmert. Im Stammbaum darf der zu den Amphibien führende Ast nicht von den rezenten Dipnoern ausgehen, da diese in der Hippocampusrinde einen wesentlichen Fortschritt be- kunden. Bei den Anuren engt sich der Ventriculus opticus hinten zum Aquaeductus ein. Das Gehirn der Reptilien (526) ist noch sehr amphibienähnlich, entwickelt sich aber über das .der Amphibien hinaus durch die sehr viel größeren Hemisphären mit sehr großen Corpora striata und einer dorso- medialen Hippocampusrinde, die vom Lobus olfactorius tertiäre Riech- fasern aufnimmt. Außerdem kommt es zur Bildung einer lateralen Rinde (Neopallium), welche als erste Andeutung des Seelenorgans der Säuger anzusehen ist. Der Aquaeductus ist etwas deutlicher, das Cerebellum meist viel größer als bei den Amphibien. Das Gehirn der Vögel (529) schließt sich an das der Reptilien (926) an. VH und HH sind stark vergrößert. Im ersteren ist die graue Rinde fast überall mit Ausnahme der ventralen Gebiete gut ausgebildet und die Corpora striata haben außerordentlich an Größe zugenommen, indem die frontale Rinde nach hinten vorgewuchert und als Hyperstriatum mit dem eigentlichen Basalganglion verwachsen ist. Daher scheint dieses an den höheren psychischen Leistungen Anteil zu haben. Der Bulbus olfac- torius ist klein, ein Hippocampus fehlt. Das ZH ist stark eingeengt. Die Lobi optici sind durch den Druck des VH zur Seite gedrängt. Eine sekundäre Sehbahn (529 C, 4) führt von ihnen zur Oceipitalrinde des VH. Das HH ist groß, reich gefaltet und empfängt starke Faser- bündel aus dem Rückenmark, wodurch es für die Gleichgewichtserhal- tung von großer Bedeutung wird. Auch das Gehirn der Säuger (531 F) läßt sich nur an das der Saurier anschließen, nicht an das der Amphibien, da diese bezüglich des Corpus striatum, des Hippocampus und des Cerebellums noch weit im Rückstande sind. Es erhebt sich zur Höchstleistung der Natur auf diesem Gebiete durch die gewaltige Größe der Hemisphären, welche allseitig mit Rinde bedeckt sind und dadurch zum Seelenorgan für alle 576 VI. Kapitel. bewußten und willkürlichen Vorgänge werden, und durch die starke Entwicklung des Cerebellums, unter dem hier zuerst eine Brücke auf- tritt, um Großhirnerregungen dem Hinterhirn zuzuführen. Die neu‘ erscheinende Olive der Oblongata wirkt in demselben Sinne für die von hinten kommenden Reize. Durch den Druck der Hemisphären wird das Dach des Mittelhirns benachteiligt und bildet sich zurück, was zur Folge hat, daß die primäre Sehstrahlung nach vorn in den Thalamus verlegt wird. Das Anwachsen der Hemisphären beruht auf dem Neo- pallium, während das Archipallium (Lobus olfactorius, Hippocampus und Lobus parolfactorius) bei nicht gut witternden Säugern klein bleiben. Diese Entfaltung ist die Ursache, daß wenigstens die höheren Säuger sich dressieren lassen zu komplizierten Handlungen nach Zeichengebung oder in einigen Arten (Pferd, Hund, Affen, Mensch) Ueberlegung und Voraussicht bekunden. Sie hat anatomisch zur Umwandlung der Öommis- sura pallii der Reptilien in das Corpus callosum und den Fornix geführt. D. Gehirnnerven der Cranioten. Für die Gehirnnerven ist charakteristisch, daß sie durch den Schädel hindurch nach außen treten und nicht wie die Spinalnerven aus der Ver- einigung einer dorsalen und ventralen Wurzel hervorgehen; ferner sind sie nicht deutlich metamer angeordnet. Von Gehirnnerven sind bei Anamnia 10 Paare, bei Amnioten 12 Paare vorhanden, wenn wir von dem Nervus terminalis, dem Wasserriechnerven, zunächst ab- sehen, denn der Accessorius (X/) ist bei jenen noch ein Ast des Vagus (X) und der Hypoglossus (XII) hat sich noch nicht gebildet. Die 12 Nerven heißen: I Olfaetorius\ reine Sinnesnerven, d. h. Neuriten IT Optieus von primären Sinneszellen nn Trochlearie en | Gruppe der ventralen V Trigeminus Ri Augenmuskelnerven ern De N Piste Nena sensibel u. motorisch IX io onen X Vagus XI Aechr Willisii AII Hypoglossus (verschmolzene Spinalnerven). VI Abducens — an N | Vagusgruppe, | sensibel u. motorisch Diese Nerven haben, wie die vorstehende Uebersicht erkennen läßt, sehr verschiedenen morphologischen Wert. Olfactorius und Opticus nehmen eine Sonderstellung ein, denn ihre Nervenzellen sind zugleich primäre Sinneszellen und liegen im Riech- und Sehepithel. Ein Unter- schied besteht zwischen ihnen insofern, als die Riechzellen der Epi- dermis angehören, während die Sehzellen aus dem Epithel des Zwischen- hirnventrikels hervorgehen, da die Retina eine Ausstülpung desselben ist. Der Olfactorius, die primäre Riechbahn (#13 A) liegt daher außerhalb des Gehirns zwischen Riechepithel und Bulbus olfactorius, während der Opticus, die primäre Sehbahn, eine Verlängerung des Zwischenhirns nach außen ist. Die übrigen Hirnnerven können als stark modifizierte Spinalnerven angesehen werden, welche erst sekundär in die Schädelhöhle aufgenommen wurden. Sie sind, wie die Rücken- marksnerven von Amphioxwus und Petromyzxon, insofern sehr primitiv gebaut, als die dorsalen und ventralen Wurzeln noch nicht zur Ver- Metamerie des Uraniotenkopfes. B77 einigung gelangt sind. Die Augenmuskelnerven Oculomotorius und Abducens haben den Charakter einer ventralen Spinalwurzel, welcher sich in der ventralen Lage ihrer Kerne und in ihrer ganz überwiegend motorischen Funktion ausspricht (499, blau). Wie sich ontogenetisch und vergleichend-anatomisch begründen läßt, ist auch der Hypoglossus aus der Verschmelzung mehrerer ventraler Spinal- wurzeln hervorgegangen (552). Alle übrigen Gehirnnerven entsprechen dorsalen Wurzeln. Metamerie des Kopfes der Cranioten. Die Anordnung der Gehirnnerven wirft Licht auf eins der wich- tigsten Probleme der Morphologie, auf den ursprünglich segmentalen P2 FE EEE Se 6: Ben Prmd - ” 427.377 F.Ac Mäh-- = Be et) Fig. 550. Spinax-Embryo von S mm Länge, nach BROHMER, um die Metamerie des Kopfes zu zeigen, welche sich in den Kopfhöhlen und Hirnnerven ausprägt. Zu der Prämandibularhöhle (Prmd.) gehört vielleicht das nicht eingezeichnete Ciliar- ganglion, zur Mandibularhöhle (Mdh.) der Trigeminus (Tr), zur Hyoidhöhle (Ay) der Facialis-Acustieus (F.Ac). Zwischen diesen beiden Höhlen das Spritzloch (schwarz). Zum Glossopharyngeus (GI!) gehört das Ohrbläschen (0), die erste Kiemenspalte und eine Kopfhöhle. Vg Vagus. 5 S achte Kopfhöhle. Die 3 hinteren, noch geschlossenen Kiemenspalten sind schraffiert. Die Höhlen münden ventral in das Cölom. Bau des Wirbeltierkopfes. Da der übrige Körper der Wirbeltiere deutlich metamer gebaut ist, glaubte man früher (GOETHE-ÖKENSsche Theorie), daß der knöcherne Schädel sich auf die Verschmelzung von 97 Plate, Allgemeine Zoologie I. al 578 VI. Kapitel. Wirbeln zurückführen lasse. Dieser aber ist phylogenetisch aus einer ungegliederten Knorpelkapsel hervorgegangen, welche jetzt noch den Selachiern zukommt, und er entsteht auch ontogenetisch in dieser Weise; dadurch ist die frühere Auffassung, wie GEGENBAUR zuerst gezeigt hat, unhaltbar geworden. Eine Art Metamerie des Kopfes ist aber bei Haien zu erkennen an den Lippen-, Unterkiefer-, Hyoid- und 5 bis 9 Kiemenbogen, sowie an den Kiemenspalten. GEGENBAUR schloß daraus, daß der Kopf der Wirbeltiere aus einem vorderen ungegliederten Stück und 8—10 Segmenten sich zusammensetze. Die Empbryologie hat diese Auffassung bestätigt. Im Kopfe der Cranioten treten Ur- segmente wie im Rumpfe auf, mit einer inneren Höhle, deren mediale Wand Muskeln bildet. 550 zeigt eine Prämandibular- (Prmd), eine Mandibular- (Mdh), eine Hyoidhöhle (Hy) usf., welche ventral sich mit Ausnahme der ersten in die Leibeshöhle öffnen. Um sie herum ver- knorpelt das Mesoderm zu jenen Bogen, und zwischen ihnen entstehen die Kiemenspalten. Die Branchiomerie und die Mesomerie (Segmen- tierung des Mesoderms) sind also unverkennbar. Eine Neuromerie zeigt sich aber nicht in den Gehirnabschnitten, wie ja auch nicht/in dem Rückenmarksrohr, sondern nur in den austretenden Nerven, und zwar am Kopfe nur in verschleierter Form, was auf zahlreiche sekundäre Veränderungen hinweist Man muß aus der Branchiomerie und der Mesomerie folgern, daß die Hirnnerven ursprünglich, wie die Spinal- nerven, eine doppelte Wurzel hatten, und daß in der dorsalen Wurzel ein dem Ganglion spinale entsprechender Nervenknoten lag. Wie die nachfolgende Uebersicht zeigt, lassen sich die Verhältnisse ungezwungen so deuten, da alle dorsalen Nerven Ganglien enthalten. Da der Trige- minus (V) 2, der Vagus (X) 3 oder mehr Ganglien bildet, so müssen sie durch Verschmelzung entstanden sein. Die ventralen Wurzeln haben sich mit den dorsalen noch nicht vereinigt, stehen also in dieser Beziehung noch auf der primitiven Stufe der Spinalnerven von Am- phroxus und Petromyxon. Die dorsalen Nerven sind immer gemischter Natur, d. h. sie enthalten sensible und motorische Fasern. Eine Aus- nahme macht nur der Acusticus, welcher ein reiner Sinnesnerv ist, aber auch nach Lagerung und Entstehung kein selbständiger Nerv, sondern ein Seitenzweig des Facialis ist. Ueber die Zahl der Kopf- segmente und manche Einzelheiten gehen die Meinungen der Autoren auseinander. Den Trochlearis halte ich aus den weiter unten (S. 584) angegebenen Gründen für einen abgesonderten Teil des Trigeminus. Vielleicht entspricht er aber einer selbständigen Wurzel; daun wäre das Kiefersegment ein Doppelsegment, wofür spricht, daß 2 Knorpel- bogen für Oberkiefer und Unterkiefer in ihm liegen. Zweifelhaft ist auch die Stellung des Ganglion ciliare Es wird meist zum sympathischen System gerechnet (553), weil im Ophthalmicus pro- fundus VY ein Knoten vorkommen kann (Zaemargus), und weil es meist Fasern aus dem Trigeminus und aus dem ÖOculomotorius erhält, also zwischen beiden liegt, wenn es nicht, wie beim Frosch, mit dem Oculo- motorius verwachsen ist. Der Abducens liegt zwischen dem 3. und 4. Segment und kann daher zu dem einen oder zu dem anderen ge- rechnet werden. Der von ihm versorgte Augenmuskel Rectus externus ist der hinterste und wohl ursprünglich aus den Myomeren des 3. und 4. Segments entstanden. Da die Zahl der Kiemenspalten (und Vagus- äste) bei den Haien bis auf 7, bei den Cyclostomen bis auf 14, beim Amphioxus noch viel höher steigt, bleibt es zweifelhaft, ob nicht ur- i Kopfmetamerie. 579 sprünglich mehr als 7 Kopfsegmente vorhanden waren. Wir gelangen so zu der folgenden Uebersicht der Kopfmetamerie (551). mit | | 1 2 | 3 | 4 | 5-78 | 89) ---- Kopf- Akro- 'Prämandi-Kieferseg-Hyoidseg- Segment Segment | Spino- segmente merit ‚bularseg-| ment mit | ment mit derersten, der oceipital- mit Nase, ment vor Mund, Ober-; Spritzloch, | Kiemen- unteren Segmente ' Auge |dem Munde und Unter- | Statoeyste, _ spalte | Kiemen- ‚beiSelachiern kiefer Hyomandi- spalten mit Labial- bulare und bogen | Hyoid drsale — R. ophthal- | Rest des [Facialis und) Glosso- | Vagus (X) Wurzel mic. prof. V| Trigeminus |Stato-acustie. pharyugeus oder mehr Ganglion | einschl. des | (V1I, VIII),| (IX), mit | Ganglien Ganglion ciliare (?) | Trochlearis | mehrere Ganglion für den Ganglien IM. obl. sup. | \ Ganglion Gasseri ventrale - Oculomo- | _ Abducens zwischen 3 u. 4, _ Hypoglossus Wurzel torius (III) für M. rect. ext. | (XII) = ein- | für die | gewanderte | ı Augenmus- ventrale | keln Rectus ‚Spinalnerven ‚sup.,int.,inf., | und Obl. inf. Gehirnab-| Vorder- Mittelhirn Medulla oblongata schnitte hirn, Zwi- | ‚schenhirn Nach dem Gesagten wird man sich von der Amphio.rus-ähnlichen Stammform der Wirbeltiere, dem schon mit einer Anzahl Kiemen- spalten versehenen Präcranioten (8. 573), etwa folgendes Bild machen dürfen. Der vordere Körperpol lief, ähnlich dem Prostomium der Würmer, in ein ungegliedertes, zum Durchschneiden des Wassers geeignetes Stück aus, welches wir im Anschluß an HATSCHEK AkKro- merit (551) nennen wollen. An dasselbe schloß sich eine Kette von Segmenten, die vorn zum Kopf gehörten, da sie die Mundöffnung, das Labyrinth und die Kiemenspalten umschlossen, aber ohne scharfe Grenze in den Rumpf übergingen. Diese Segmente entstanden durch die schlängelnde Bewegung des pelagisch schwimmenden Geschöpfes und waren ursprünglich homonom wie beim Amphioxus. Die Entfaltung von Sinnesorganen bewirkte die weitere Differenzierung. Durch die vom Riechorgan ausgehenden Reize entstand das Vorderhirn. Der darauf folgende Abschnitt wuchs dem Licht entgegen („Neurobiotaxis“), bildete dorsale und laterale Augen und wurde so zum Zwischenhirn. Allmählich wurden die vordersten Rumpfsegmente in den Bannkreis dieser Veränderungen gezogen und wurden dadurch zu Teilen des Kopfes; ihre Muskeln stellten sich in den Dienst der lateralen Augen, die Dorsalnerven der ersten beiden Sexmente wuchsen in das stark vergrößerte Akromerit hinein und wurden zum Trigeminus usf. Aus dem so in den Hilfsdienst des Auges tretenden Gehirnteil ging das Mittelhirn hervor. Die Oblongata entstand als vierter Gehirnabschnitt in den darauf folgenden Segmenten durch die Ausbildung lateraler Hautsinnesorgane, von denen eine Gruppe zum Labyrinth sich ent- se 37* 580 VI. Kapitel. wickelte. Ganz zuletzt bildete sich das Cerebellum als übergeordnetes Korrelationsgebiet zwischen den von vorn und von hinten kommenden Sinnesreizen. Die Gliederung in die fünf großen Gehirnabschnitte hängt demnach mit der Segmentierung des Kopfes nur indirekt zu- sammen. Aber eine solche besteht, und wie bei den Arthropoden (s. 8. 423) wirft die Ontogenie und vergleichende Anatomie der Ge- hirnnerven ein zwar nicht schattenfreies, aber doch helles Licht auf ihre Entstehung. &ehirnerven. I. Der Riechnerv, Nervus olfactorius, ist fast immer in zahl- reiche Bündel von marklosen Nervenfasern (Fila olfactoria) auf- gespalten, welche sichim Bulbus olfactorius in Dendriten auflösen (510, 515, 517, 523, 526). Der Bulbus ist ein ausgestülpter Teil des Vorderhirns, dessen Ventrikel sich häufig in ihn fortsetzt. Die Fila gehen frontal in die Sinneszellen der Riechschleimhaut (513 A) über, deren Neuriten sie sind, während ihre caudalen Dendriten die Mitral- zellen des Bulbus umspinnen und dadurch rundliche Geflechte (Glome- ruli) bilden. Die Neuriten der Mitralzellen setzen sich auf der Ven- Fig. 551. Schema der Kopfmetamerie eines Präcranioten. Hy Hyoid, Ok, Uk Öberkiefer, Unterkiefer, Lab Lippenbogen, Mh, Vh, Zh Mittel-, Vorder-, Zwischen- hirn, /—X Gehirnnerven, 7/-—-7 Kopfsegmente. Orig. tralseite der Hemisphäre nach hinten als Tractus olfactorius (sekundäre Riechbahn) bis zu den Ganglienzellen des Lobus olfac- torius fort. Von diesem kann sich bei Reptilien (526) und Säugern (349) eine tertiäre Riechbahn zum Hippocampus erstrecken, worunter eine besondere, bei Säugern aufgerollte Partie der Hemisphärenrinde verstanden wird. Ein Vorläufer hierzu ist uns indem Primordium hippocampi der Dipnoer (516) und Amphibien (524) begegnet. Bei gut witternden Säugern gliedert sich vom Lobus olfactorius noch ein hinterer Lobus piriformis ab (534). Die Fila olfactoria treten meist durch eine gemeinsame Schädelöffnung in den Bulbus über, so auch beim Schnabeltier. Bei Echidna und allen andern Säugern lagert sich die Nasenhöhle so dicht an den Schädel, daß eine Siebplatte (Lamina cribrosa) zum Durchtritt der Fila vorhanden ist. Das gegenteilige Extrem finden wir bei vielen Fischen (513,518) und auch bei Krokodilen (528) und Hatteria (527), daß nämlich das Riechorgan und das Vorderhirn so weit voneinander liegen, daß der Bulbus und der Tractus aus der Hemisphäre herausrücken und diese nach vorn Olfactorius, 581 mit dem Lobus olfactorius abschließt. Die Cöcilier und Anuren nehmen dadurch unter allen Wirbeltieren eine Sonderstellung ein, daß der Riech- nerv jederseits doppelt ist, indem er sich gespalten hat. R. dorsal. VE TX R. ophlh ı superficV‘\ Rmandik I \r R.mandY R.hyoia. u Ru le brain. Fig. 552. Schema der hinteren Hirnnerven eines Hais vom Trigeminus ab, nach BÜTSCHL1, verändert. Die rein sensiblen Hirnnerven sind dunkel gehalten, die ge- mischten (sensibel und motorisch) gestrichelt. Trigeminus (V‘) tiefschwarz, Lateralis- system rot. Es umfaßt den für die Seitenorgane des Kopfes bestimmten Faecialis- teil (VII), den N. recurrens, deu Acusticus (VIII) und den R. lateralis Vagi (X). Spritzlochteil des Faecialis grün, Glossopharyngeus (IX) schwarz, Vagus (X) schwarz, Ramus intestinalis blau, spinoocipitale Nerven gelb, Spinalnerven schwarz, Hinterr. d. Sch. Hinterrand des Schädels. Die sympathischen Nerven sind fort- gelassen,‘ Ram. pal., phar., bran.int. Ramus palatinus, pharyngeus, branchiointestinalis. R.la R.nasocilPV R intest. Ratveoly sum, Rüunguay ppieco-Ion yy % SUbe. colli IA Fig. 553. Dieselben Nerven von einem Säuger, nach BÜTSCHLI, verändert. N. laryng., petr. Nervus laryngeus petrosus, superfieialis major, R.sube.colli Ramus subeutaneus colli. 582 VI. Kapitel. Nervus terminalis. Eine ähnliche Erscheinung liegt ver- mutlich vor in dem sog. N.terminalis. Er ist besonders groß bei Haien (513 3). und entspringt nach innen vom Ölfactorius. Er führt große Ganglienzellen, welche sich manchmal zu einem kleinen Ganglion konzentrieren. Da er in die Riechschleimhaut eintritt, muß er sensibel sein. Bei einem Knochenfisch (Ösmerus) begleitet er den Olfactorius an seinem medialen Rande, bildet eigene Glomeruli am Hinterende des Bulbus und läßt sich bis zum Hypothalamus verfolgen. Bei Amia und Dipnoern ist er als ein sehr starker Nerv beobachtet worden. Bei den Landwirbeltieren übernimmt er eine neue Aufgabe als Nerv des JAKOBSoNschen Organs. Bei Amphibien läuft er zusammen mit dem Olfactorius bis zum Hypothalamus. Ebenso ist er bekannt als Nerv des JAKOBsoNnschen Organs der Sauropsiden mit Ausnahme der Kro- kodile und Vögel, bei denen dieses Organ verkümmert ist, während er von Säugern für dieses Organ nur bei Embryonen nachgewiesen ist. Ich halte den N. terminalis nicht für einen selbständigen Gehirnnerven, sondern für den abgesonderten medialen Teil des Olfactorius, der sich bei Wasserbewohnern für eine spezielle Geruchsempfindung (vielleicht Aasgeruch. da die Haie besonders gut tote Tiere wittern) ausgebildet hat und bei Landwirbeltieren zum Nerven des JAKOBSoNschen Organs wurde. II. Der Optieus geht, wie die Entwicklung des Auges lehrt, aus dem Stiel der Augenblase hervor, welche jederseits etwas über dem Boden des Zwischenhirns hervorwächst. Er wird gebildet von den Neuriten der Retinazellen, welche primäre Sinneszellen (360 C) sind. Ehe sie sich in die Wand des Zwischenhirns einsenken, treten sie auf die andere Seite hinüber, so daß der rechte Tractus opticus vom linken Auge kommt, und umgekehrt. Diese Kreuzung (Chiasma 554) ist bei den Teleostei am deutlichsten, indem beide Nerven frei aneinander vorbei ziehen, der linke meist über dem rechten (bei Pleuronectiden der des wandernden Auges immer dorsal, oder der eine den andern durchbohrt (Olupea). Bei den übrigen Klassen durchflechten sich beide Sehnerven, und bei Säugern kommt hinzu, daß ein Teil der Fasern auf der Ursprungsseite bleibt, die Kreuzung also nur unvollständig ist. Dies gilt besonders für die Affen und den Menschen, welche nach voın gerichtete Augen und dadurch ein einheitliches Gesichtsfeld haben; bei ihnen bleiben ungefähr °/, der Fasern auf derselben Seite, während bei seitlich stehenden Augen (Pferd) die sich kreuzenden Fasern zahlreicher sind. Das Ohiasma ist meist schon äußerlich auf der Gehirnunterseite (532, 533) zu sehen, nur bei Cyclostomen und Dipnoi liegt es im Innern des Zwischenhirns. Das primäre Sehzentrum liegt bei allen Wirbeltieren mit Ausnahme der Säuger im Dach des Mittelhirns (517, 523, 526, 530 C); bei diesen üben die stark vergrößerten Hemisphären einen solchen Druck auf das Mittelhirndach aus, daß es sich etwas rückbildet und die Opticusfasern zwingt, weiter nach vorn aufzusplittern. Schon bei den Teleosteern und Reptilien endet ein Teil der Opticus- fasern in dem Corpus geniculatum am Hinterrande des Thalamus. Beim Menschen enden nur noch wenige Fasern in den vorderen Vier- hügeln des Mittelhirns.. Das primäre Hauptzentrum liegt im Hinter- teil des Thalamus, im sog. Pulvinar, und in dem seitlich unter ihm liegenden Corpus geniculatum laterale (549bei 9. Durch die sekundäre „Sehstrahlung“ sind diese Herde verbunden mit dem über- geordneten Zentrum des Oceipitallappens (549 bei 77). Beim Menschen Optiecus und Augenmuskelnerven. 583 führt der Augennerv jederseits etwa eine halbe Million Fasern. Daß der Opticus als ein Auswuchs des Gehirns anzusehen ist, geht nicht nur aus seiner Ontogenie, sondern auch aus seinem Bau hervor: er enthält markhaltige Fasern und wird nach außen von den drei Gehirn- häuten (Pia, Arachnoidea und Dura) eingefaßt. Diese Optieusscheide dringt nach innen zwischen die Fasern vor, und zwar in einer für jede Klasse oder Ordnung charakteristischen Art. Bei den primitiven Gehirnen der Dipnoi und Amphibien sind diese Septen noch sehr einfach oder fehlen vielfach (Urodelen), während sie bei Haien, Vögeln, Säugern sich in der verschiedensten Weise vorschieben und die Fasern in Blätter oder Bündel zerlegen. Ueber die Bedeutung des Chiasmas herrschen unter den Physiologen sehr verschiedene Meinungen. Es ist klar, daß das vollständige Chiasma für das Sehen bedeutungslos ist, es kann nur den Vorteil gewähren, der mit dem so ungemein häufig verwen- deten Prinzip der Kreuzung an sich verbunden ist, daß nämlich die betr. Nervenfaser Kollateralen von beiden Seiten empfängt. Es fragt sich, warum die temporalen Fasern bei den Säugern während der Stammesgeschichte immer mehr auf derselben Seite geblieben sind. Der dadurch erzielte Vorteil war wohl doppelter Art. Einmal empfing nun jede zen- trale Sphäre Reize von beiden Gesichtsfeldern, was die einheitliche psychische Auffassung erleichterte, und zweiteus wurden die Reize von zwei korre- spondierenden Retinapunkten derselben Sehrinde und vermutlich ungefähr demselben Punkte zuge- führt, wodurch die Reizintensität verdoppelt wurde. Daher sehen wir einen schwach beleuchteten Gegen- stand mit zwei Augen besser als mit einem. Fig. 554. Kreuzung der Augennerven (Chiasma) von A den meisten Fischen, B Hering, Ü Laceria agilis, D agame Eidechse, E einem höheren Säuger. Chi Chiasma der inneren Fasern, S, S’ ungekreuzte seitliche Fasern, halbschematisch, nach WIEDERSCHEIM. Die Augenmuskelnerven: III Oculomotorius, IV Troch- learis und VI Abducens werden, wie oben erwähnt wurde, in der Regel als ursprünglich ventrale Spinalwurzeln angesehen. Bei III und VI ist die Ursprungsstelle am Mittelhirn, bzw. am Anfang der Oblongata rein ventral; bei IV aber liegt nur der Kern ventral, während die von ihm auslaufenden Fasern nach oben ziehen (499), um an der vorderen Basis des Kleinhirns intracerebral zu kreuzen und auf der andern Seite noch über der Wurzel des Trigeminus auszutreten. III versorgt vier Augenmuskeln (Rectus anterior, superior, inferior und Obliquus in- ferior), ferner bei Amnioten den Ciliarmuskel, den Sphineter pupillae und den Heber des oberen Augenlids. Er ist der wichtigste Nerv für die Hilfsorgane des Auges. IV versorgt den ÖObliquus superior und VI den Reectus posterior und den Retractor bulbi. Diese Nerven fehlen nur bei den Myxinoiden infolge der starken Verkümmerung des Auges. Der Reetus inferior wird bei Petromyzon von VI, nicht von III inner- viert, woraus hervorgeht, daß dieser Muskel sich von hinten nach vorn verschoben und dabei seinen Nerven gewechselt hat. Der eigentümliche 584 VI. Kapitel. Verlauf von IV erklärt sich am einfachsten unter der Annahme, daß der Obliquus superior aus der Kiemenmuskulatur hervorgegangen ist, nicht aus der somatischen. Daher seine dorsale Lage. Er gehört also zur visceralen Muskulatur. In Uebereinstimmung hiermit liegt der Troch- leariskern bei Petromyxon rein dorsal über dem vierten Ventrikel im Velum anticum cerebelli weit hinter dem Kern von III und bei niederen Haien, Hexanchus, Heptanchus, finden wir ihn noch dorsal vom Oculo- motoriuskern, wenngleich dicht hinter ihm. Er ist also ventraiwärts und nach vorn gerückt. Unter den Amphibien zeigt Uryptobranchus den Trochleariskern noch in primitiver Lage, ein gutes Stück hinter und über dem Oculomotoriuskern, während sich beim Frosch dieselbe Wanderung nach vorn vollzogen hat, dgl. bei Amnioten. Sie erklärt sich aus dem allgemeinen Gesetz, daß gleichfunktionierende Organe zusammenrücken. Für die dorsale Natur des Trochlearis spricht ferner, daß in ihm zuweilen Ganglienzellen auftreten als Rudiment eines (Granglion spinale und daß er bei Anamnia sensible Fasern enthält für die Conjunctiva des Auges. Wenn nun der Trochlearis ursprünglich ein dorsaler Nerv war, so kann er wohl nur ein abgesonderter Teil des Trigeminus sein, nicht eine Neubildung. Die Trigeminusgruppe (552, 553) umfaßt 3 Nerven, den Trige- minus (V), den Facialis (VII), und den Statoacusticus (VIII), deren Ursprungsganglien ganz dicht nebeneinander liegen und bei Fischen und Urodelen sich mit ihren Wurzeln derartig durchdringen, daß sie sich kaum trennen lassen. Mit diesem Komplex hängt auch der Ramus lateralis vagi durch den Ramus recurrens zusammen. Frst bei den Landbewohnern wird die Sonderung der 3 Nerven deutlicher. Der Trigeminus ist der Gefühlsnerv der Haut und der Schleim- häute des Kopfes. Er entspringt am Vorderende der Medulla oblon- gata mit 2 oder mehr Wurzeln und hat seinen Namen erhalten, weil er sich stets in 3 Hauptäste spaltet (957): einen oberen sensiblen Ramus ophthalmicus, welcher durch die Orbita hindurchtritt, für die Neben- organe des Auges (Tränen- und HARDERsche Drüse, Conjunctiva, oberes Lid) und die Schnauzenregion (respiratorischer Teil der Nase der Amnioten, Schnabel der Vögel), einen mittleren, ebenfalls sensiblen R. maxillaris für die Zähne des Oberkiefers und angrenzende Organe (Rüssel, Barthaare der Säuger, Schnabel der Vögel) und einen ge- mischten R.mandibularis für Zähne, Schleimhaut und Muskeln des Unterkiefers. Bei den Säugern spaltet er sich in einen Ast für die Zunge (R. lingualis) und einen Ramus alveolaris, welcher den Kanal des Unterkiefers durchzieht und dann die Zähne und die Unter- lippe versorgt. Alle drei Zweige des 5. Hirnnerven entspringen aus dem großen Ganglion Gasseri, welches bei niederen Fischen aus zwei getrennten Nervenknoten, einem vorderen Ganglion oph- thalmicum und einem hinteren Ganglion maxillo-mandibu- lare besteht. Bei Säugern stehen seine drei Aeste mit sympathischen (Ganglien in Verbindung, wie aus 593 ersichtlich ist. Wir haben oben (8. 579) den Trigeminus als einen dimeren Nerven aufgefaßt, dessen Ramus ophthalmicus dem prämandibularen Segment angehört, während die beiden Kieferäste dem mandibularen Segment entsprechen. Man nennt ersteren wohl Trig. I, letztere Trig. II. Diese Ansicht wird von den meisten Forschern geteilt. Einige halten ihn auch für trimer oder unter Hinzurechnung des Trochlearis und Abdu- cens sogar für pentamer. Für die Dimerie sprechen folgende Tat- Trigeminus und Faeialis. 585 sachen. Bei vielen niederen Wirbeltieren sind I und II noch deutlich getrennt (Ammocoetes, manche Selachier, Holocephalen, Ganoiden, Uro- delen, Hatteria) und haben auch zuweilen jeder ein eigenes Gan- glion (551). Ferner finden wir immer, auch bei äußerer Verschmelzung (Petromyzon, Anuren etc.) zwei innere Wurzeln in der Oblongata, welche sich verschieden verhalten: II löst sich schon in der Oblongata auf, I bin- gegen reicht bis ins Cervicalmark und gibt außerdem nach vorne eine Radix mesencephalica ab, welche (abgesehen von Säugern) im Mittel- hirndach endet. Ontogenetisch werden I und II häufig selbständig an- gelegt, bei Gymnophionen sogar in verschiedener Weise, indem das Ganglion von I aus der Epidermis, das von ll aus der Neuralleiste hervorgeht. Es sei noch auf folgende Besonderheiten hingewiesen. Das G. Gasseri vereinigt sich bei Anuren mit dem G. geniculi des Facialis, in das außer V und VII noch der Abducens und der Sympathicus ein- treten. Bei Anamniern spaltet sich Trigeminus I meist in einen dor- salen R. ophthalmicus superficialis für die vordere Kopfhaut, ohne aber an die Sinnesknospen heranzutreten, und in einen ventralen R.ophthalmicus profundus für die oben erwähnten Organe. Bei den Amnioten ist nur der letztere vorhanden. Bei vielen Knochen- fischen treten aus dem Gangliengeflecht des Trigeminus dorsale sensible Aeste in das Fettgewebe der Schädelhöhle oder weiter zu den Sinnes- knospen der Kopfhaut. Einer derselben kann als sog. R. lateralis trigemini sich längs der ganzen Rückenkante erstrecken und die dort befindlichen Muskeln und Sinnesknospen versorgen, wobei er mit den Spinalnerven zusammenhängt. Bei Gadiden können ähnliche Ausläufer des Trigeminus sich zu den paarigen Flossen und zur Bauchkante fort- setzen (555), wobei es freilich zweifelhaft ist, ob nicht alle diese nach hinten ziehenden Nerven zum Facialis gehören, denn die Wurzeln von V und VII liegen dicht zusammen. Es liegen hier also Verhältnisse vor, die an den R. lateralis vaei erinnern und wohl in derselben Weise zu erklären sind wie der Collectornerv (493) der Ganoiden, d. h. cutane Ausläufer der Spinalnerven haben sich zu einem Längsstamme ver- einigt, und dieser ist sekundär mit einem Gehirnnerven in Verbindung getreten. Der Faeialis (VII) zeigt recht deutlich den Einfluß der Lebens- weise, indem er bei den wasserbewohnenden Gruppen wesentlich kom- plizierter verläuft, als bei den Landbewohnern. Bei Haien besteht er aus zwei verschiedenen Elementen, von denen das eine (551 schwarz und grün) das Spritzloch, das andere (rot) die Seitenorgane des Kopfes ver- sorgt. Der Nerv des Spritzlochs umfaßt dieses von oben mit einem vorderen „prätrematischen“, sensiblen R. mandibularis für die Seitenorgane des Unterkiefers und mit einem gemischten, hinteren, „posttrematischen“, den Zungenbeinbogen begleitenden R. hyoideus. Er gibt ferner zur Schleimhaut der Mundhöhle den sensiblen R. palatinus, welcher dem R. pharyngeus von IX und X homolog ist. Zwei weitere, für die Seitenorgane des Kopfes bestimmte Aeste breiten sich über und unter dem Auge und am Unterkiefer aus und sind in 551 rot eingezeichnet worden (R. ophthalmicus superficialis und R. buccalis). Sie verbinden sich meist durch Anastomosen oder Aneinanderlagerung mit den benachbarten Trigeminusästen. Der basale Knoten des Facialis heißt Ganglion geniculi, ein von ihm ausgehender R. recur- 586 VI. Kapitel. rens zieht nach hinten zum Vagusgeanglion, dessen R. lateralis die Seitenorgane des Rumpfes innerviert. Auf diese Weise steht das ganze System dieser Wassersinnesorgane in einheitlichem Zusammen- hang. Bei den Landwirbeltieren hat der Facialis einfachere Aufgaben zu erfüllen, da die Seitenorgane fehlen. Es erhält sich daher haupt- sächlich der hinterste, zum Zungenbein ziehende Abschnitt, welcher die Gesichts- und Halsmuskulatur versorgt (5553 grün) durch Rami temporales, buccolabiales (sehr stark beim Elefantenrüssel) und subcutanei colli. So läßt sich die Innervierung der mimischen Ausdrucksmittel des Menschen (das Stirnrunzeln, die Bewegung der Wangenmuskeln beim Lachen, das Schließen der Augen in letzter Linie ableiten von einem Nerven des Spritzlochs der Haie! Mit der Um- wandlung des Spritzlochs zum äußeren Gehörgang bildet sich der R. praetrematicus zurück, läßt sich aber noch erkennen in einem Seitenast des R. palatinus, welcher bei Amphibien und Sauropsiden an jenen Gang herantritt. Dieser R. palatinus erhält sich als Nerv des Daches der primären Mundhöhle. Mit der Ausbildung eines sekun- dären Gaumens tritt er mehr und mehr in den Hintergrund, so daß wir ihn bei Säugern wiederfinden in dem sog. Nervus petrosus superficialis major, welcher vom Ganglion geniculi durch das Felsenbein hindurch zum G. sphenopalatinum zieht. Eine noch merkwürdigere Wandlung macht ein Seitenzweig des R. post- trematicus VII durch, der sog. R. mandibularis internus, welcher die Schleimhaut zwischen Hyoid und Unterkiefer versorgt. Bei Selachiern läuft er vom Kiefergelenk an der Vorderfläche des Hyoids entlang. Bei den anderen Fischen und Urodelen zieht er vom Kiefer- gelenk an der Innenseite des MECKELschen Knorpels entlang und ver- bindet sich dabei durch Anastomosen mit dem R. mandibularisV. Bei Anuren und Sauropsiden bleibt der Verlauf im wesentlichen der- selbe und es erfolgt noch keine Beziehung zum Gehörgang; er ver- bindet sich bei letzteren mit dem Lingualis V. Endlich bei den Säugern sehen wir den Nerven als Chorda tympani dicht hinter dem Hammer-Amboß-Gelenk durch die Paukenhöhle hindurch zum Lingualis V ziehen, was als eine Folge der Aufhebung des ur- sprünglichen Kiefergelenks und der Vermehrung der Gehörknöchelchen anzusehen ist. Dabei ist zu berücksichtigen, daß die letzteren und ebenso die Chorda nicht eigentlich durch das Lumen der Paukenhöhle hindurchziehen, sondern in einer eingestülpten Falte der Paukenhöhlen- wand eingebettet sind. Der Stato-acustieus (VII) ist als ein Ast des Facialis anzusehen, da er bei Fischen und Amphibien mit ihm an der Wurzel häufig noch eng zusammenhängt. Er spaltet sich in einen vorderen statischen R. vestibularis zum Utriculus des Labyrinths und einen hinteren, ursprünglich ebenfalls statischen R. cochlearis für Sacculus und Lagena, von dem von den Amphibien an ein Hörnerv sich abzweigt, der die Papilla basilaris bzw. die Cochlea versorgt. Näheres hierüber beim Gehörorgan. Die gebräuchliche Bezeichnung „Acusti- cus“ ist zwar kürzer als die hier gewählte, aber irreführend. Da nun die sensiblen Facialisäste und der Lateralis vagi für die Seitenorgane (einschließlich der LORENzInIschen Ampullen und Savıschen Bläschen) bestimmt sind, so erscheint die Annahme begründet, daß das Labyrinth aus einem Seitenorgan hervorgegangen ist, denn alle diese Sinnes- apparate dienen statischen Empfindungen; sie orientieren das Tier durch Glossopharyngeus und Vagus. 587 Wahrnehmung der Bewegung von Flüssigkeiten (des umgebenden Wassers bei den Seitenorganen, der Endolymphe beim Labyrinth) über seine eigenen Bewegungen und seine Lage im Raum. Der Kern des Acusticus besteht aus drei gesonderten, aber untereinander zusammen- hängenden Ganglien, dem Nucleus cochlearis, dem N. vestibularis und dem DEITERSschen Kern. Von den letzteren beiden ziehen Faserbündel (549, 29, 30) zum Cerebellum, während von dem Cochleariskern eine sekun- däre Bahn (75) zum Mittelhirn verläuft. Bei Säugern führen vom Mittel- hirn, und zwar vom sog. Corpus geniculatum mediale der hinteren Thalamusregion weitere Fasern zur Rinde des Schläfenlappens, wo das Verstehen der Gehöreindrücke zustande kommt (849, 14). Die Vagusgruppe umfaßt den Glossopharyngeus (IX), den Vagus (X), und den Accessorius (XIJ), deren Zusammengehörig- keit wie bei der Trigeminusgruppe daraus folgt, daß die Ursprungs- ganglien von IX und X in der Oblongata dicht zusammenbiegen und häufig auch verwachsen sind, während XI bei niederen Wirbeltieren ein Seitenast von X ist und erst bei den Amnioten als selbständiger Gehirnnerv auftritt. IX und X sind ursprünglich die Nerven der Kiemenspalten und Kiemen. Sie bilden in jedem Metamer drei Aeste: einen sensiblen dorsalen R. pharyngeus für die dorsale Rachenschleim- haut, einen sensiblen R. praetrematicus zur Schleimhaut und zur Haut und einen R. posttrematicus, welcher gemischt ist und Schleimhaut, Haut und Muskulatur versorgt. Der Glossopharyngeus ist der Nerv der ersten Kiemenspalte, welcher sich mit seinem hinteren Ast bis zum Boden der Mundhöhle fortsetzt (552). Bei den Landbewohnern ist er der Nerv für die Muskeln des Zungenbeins und des Kehlkopfs und versorgt die Geschmacks- organe der Zunge, bei Säugern auch die Epiglottis. Daß IX und X ver- schiedene Nerven sind, geht daraus hervor, daß sie bei Fischen (ab- gesehen von vielen Teleosteern), Urodelen, Hatteria und andern Rep- tilien getrennt, wenn auch häufig dicht nebeneinander, von der Oblon- gata entspringen und dann meist durch getrennte Schädellöcher aus- treten; bei Anuren, Vögeln und Säugern liegen sie so dicht zusammen (bei ersteren verwachsen), daß sie ein gemeinsames Loch benutzen. Die Fische besitzen einen dorsalen Ramus pharyngeus (592), der nach vorn an das Spritzloch und die dorsale Schleimhaut des Rachens zieht. Er bleibt bei Amphibien und Amnioten erhalten als ein Nerv der Paukenhöhlenwand und dorsalen Mundschleimhaut, wobei es zu Anastomosen mit dem R. palatinus VII kommt. Bei Säugern entspringt er aus dem basalen Ganglion petrosum als sog. N.tympanicus (553), dem sich sympathische Fasern beigesellen und der einen Plexus tympanicus an der Labyrinthwand der Paukenhöhle erzeugt. Der Glosspharyngeus gibt bei manchen Haien, Ganoiden und Knochen- fischen einen dorsalen Ast zu den Hautsinnesorganen des Kopfes ab. Bei Amphibienlarven und Perennibranchiaten versorgt der Nerv auch das erste Kiemenbüschel. Er fehlt den Myxinoiden, weil diese infolge der Verlagerung des Kiemenapparats nach hinten das Spritzloch und die vordersten Kiemenspalten verloren haben. Der Vagus (X) scheint aus der Vereinigung mehrerer Nerven hervor- gegangen zu sein, denn seine Wurzeln umfassen meist eine längere Strecke und er versorgt eine Anzahl segmental angeordneter Kiemenspalten in derselben Weise wie VII das Spritzloch und IX den ersten Kiemen- gang innerviert; außerdem tritt er an die verschiedenartigsten, teilweise 588 V1. Kapitel. weit auseinanderliegenden Organe. Bei Fischen und wasserbewohnen- den Amphibien entspringt von der dorsalen Portion seines Ganglion jugulare der Ramus lateralis (552 rot), welcher die Sinnesorgane der Seitenlinie innerviert und zwischen der oberen und der unteren Muskelmasse des Körpers sich bis in den Schwanz erstreckt. Er gibt manchmal einen dorsalen (555 /‘) und einen ventralen Seitenast ab, welcher längs der Rücken- und Bauchkante verläuft für die hier gelegenen Sinnesknospen (vgl. das Kapitel über diese). Wie schon eben erwähnt wurde, hängt er durch den R.recurrens mit der Facialiswurzel und dadurch mit dem vorderen System der Seitenorgane zusammen. Von der unteren Portion des Vagusganglions entspringt der R. branchio- intestinalis, von dem die Nerven derjenigen Kiemenspalten ab- gehen, welche auf die ersten folgen. Man kann die Zahl der zum Vagus vereinigten dorsalen Spinalnerven aus der Zahl dieser Spalten erschließen. Bei den Knochentischen sind drei solche Aeste vorhanden, bei Selachiern 4—6, bei Uyclostomen noch mehr. Sie alle entspringen aus dem Ganglion vagi mit einem gemeinsamen Stamm, welcher nach hinten den starken Ramus intestinalis für Oesophagus, Magen, Darm, Pericard und Schwimmblase abgibt. Bei den Myxinoiden vereinigen sich auffallenderweise beide Intestinaläste hinter den Kiemen zu einem unpaaren Nerven, der bis zum After läuft und viele Zweige an den Darm abgibt. Ein Ramus dorsalis steigt bei Fischen häufig zur Schädeldecke und Kopfhaut empor, während in jedem Seg- ment ein R. pharyngeus an die Schleimhaut des Schlundes heran- tritt. Mit dem Verlust der Kiemenatmung verschwindet der größte Teil dieser Nerven, und es erhält sich, abgesehen von einem kleinen zur Region des äußeren Gehörgangs bzw. zur Ohrmuschel laufenden Zweige (R. auricularis) und dem N. laryngeus, welcher aus dem R. posttrematicus hervorgeht und den Kehlkopf versorgt, nur der weit nach hinten vordringende Intestinalast bei den terrestrischen Wirbeltieren, welcher Luftröhre, Lungen, Herz, Schlund, Magen, Leber und Darm (mit Ausnahme des analen Endes, welches Sacralnerven erhält) versorgt und viele sekundäre Verbindungen mit dem Sympathicus eingeht. Sein multipler Ursprung spricht sich in einer größeren An- zahl von Wurzeln und darin aus, daß auf das basale Ganglion (bei Säugern G. jugulare genannt) meist noch ein zweites geflechtartiges G. nodosum folgt, das aus der Verschmelzung der Wurzeln der Kiemennerven hervorgegangen zu sein scheint. Daß der Intestinal- ast bei den Amnioten bis in die Bauchhöhle reicht, ist als eine sekun- däre neurotaktische (Vordringen eines Nerven gegen die Reizquelle) Erscheinung aufzufassen. Bei den Fischen liegen die meisten von ihm versorgten Organe mit Ausnahme der Schwimmblase und des Darms noch an oder dicht hinter dem Kopf; die Schwimmblase als Derivat des Schlundes wird ursprünglich ebenfalls eine Ausstülpung dicht hinter dem Kopf gewesen sein. Erst als sich Hand in Hand mit dem Landleben ein Hals entwickelte, rückten diese Organe weiter vom Kopf ab und der Nerv breitete sich immer weiter auf den Darm nach hinten aus, weil dieser durch Nahrung und Exkremente gereizt wurde. Schwieriger ist die Tatsache zu erklären, daß ein Zweig eines Hirn- nerven sich bis in den Schwanz eines Wirbeltieres ausdehnen kann. Vermutlich wurden die Seitenorgane urspünglich von Ausläufern der Spinalnerven versorgt, welche sich untereinander zu einem gemein- samen Längsnerven verbanden nach Art des Collektornerven der Gano- Vagus, Accessorius und Sympathicus. 589 iden (495), der sich mit dem Vagus vereinigte und von den Spinal- nerven abtrennte. Eine ähnlichen Vorgang lernten wir schon (S. 585) beim R. lateralis V der Gadiden kennen. Für diese Auffassung kann angeführt werden, daß bei Petromyxon dünne Verbindungen zwischen den dorsalen Aesten der Spinalnerven und dem R. lateralis X vor- kommen; ferner daß dieser ontogenetisch nicht durch Auswachsen aus dem Ggl. vagi, sondern durch Abspaltung von der Epidermis bei Petromyxon entsteht, und daß er bei den in mancher Hinsicht primi- tiven Myxinoiden fehlt. Da der Vagus so verschiedenartige Organe mit motorischen und rezeptorischen Fasern versorgt, so sind seine Wirkungen sehr wechselnd. Beim Menschen veranlaßt er den Schling- und Hustenreflex, innerviert die Kehlkopfmuskeln, wirkt hemmend auf den Herzschlag und regt die Bewegungen des Magens und Darms und die Sekretion des Magen- und Pankreassaftes an. Als Antagonist dient der Sympathicus (vgl. 8.592). So weit der Vagus motorisch ist, funktioniert er unwillkürlich. Der Accessorius Willisii (XI) ist bei den Anamnia ein Seitenast des Vagus, welcher den Musculus trapezius versorgt. Erst bei den Amnioten wird er selbständig und innerviert den aus jenem Muskel hervorgegangenen Musculussterno-cleido-mastoideus (Säuger) oder die ihm entsprechenden Muskeln. Seine in mehrfacher Zahl vorhandenen Wurzeln liegen zum Teil außerhalb des Schädels am Anfang des Rückenmarks. Er fehlt noch bei Petromyzon. Ueber die Entstehung und den Bau des Hypoglossus (XII) ve]. S. 456. ZEN Iag 2 7ER Is, Fig. 555. Lateralnerven von Gadus callarias, nach STANNIUS. bf Bauchflosse, brf Brustflosse, nl Lateralis Vagi, welcher von einem oberen Ast (nl) begleitet wird, w WEBERscher Nerv oder Lateralis Trigemini, von dem Seitenäste zur Brust- und Bauchflosse und zur Afterflosse () abgehen. E. Sympathisches Nervensystem der Cranioten. Das geschilderte somatische Nervensystem vermittelt in erster Linie die Beziehungen zwischen dem Körper und der Außenwelt. Ihm steht ein zweites System von sensiblen und motorischen Fasern gegenüber, welche die zur Selbsterhaltung und Vermehrung dienenden Organe des Körpers untereinander verbinden. Dieses sympathische oder viscerale Nervensystem versorgt den Darmkanal und die übrigen Eingeweide (Zirkulations-, Atmungs-, Nieren- und Geschlechtsorgane) einschließlich der Haut mit ihren Drüsen, Gefäßen und glatten Muskeln, dringt aber 590 VI. Kapitel. vielfach mit seinen Fasern in die somatischen Nerven (4% rot) ein, und einzelne derselben, z. B. der Vagus, bestehen überwiegend aus visceralen Elementen. Ein solcher Sympathicus fehlt noch dem Am- phioxus, da dessen Darm (484) von Ausläufern der Dorsalnerven ver- sorgt wird; auch bei Myxinoiden hat man ihn bis jetzt vollständig ver- mißt. Während die Eingeweidenerven bei den wirbellosen Tieren sich meist nicht scharf von den übrigen Nerven weder histologisch noch topographisch oder genetisch abtrennen lassen, haben sie bei den Wirbeltieren eine weit größere Selbständigkeit und manche Besonder- heiten erlangt. Sie sind Abzweigungen der Spinalnerven und haben eine große Neigung Geflechte (Plexus) mit eingestreuten Ganglien zu bilden, ver- KaTz 3 Ä 5 : 2 binden sich häufig mit andern Nerven, NN, nX namentlich mit dem Vagus, begleiten mit NN. KaWWD Vorliebe die Arterien, haben kein oder w B) nur sehr wenig Mark, funktionieren un- willkürlich und versorgen daher in der Haut, in den Blutgefäßen und in andern [pain N Organen die glatte Muskulatur. Neuer- IN S SS N I | dings hat man sympathische Fasern in den \ 2) \ quergestreiften Muskeln beobachtet (111) SA N AN er und vermutet, daß sie die tonischen Kon- 77} Fig. 556. Schema des menschlichen Sym- pathieus nach BECHTEREW. Links ist der Grenz- strang (s) in seiner Verbindung mit den Spinal- nerven dargestellt, welche vorn den Plexus brachi- alis (plb), hinten den Plexus lumbosacralis (plb) bilden. Vorn die drei Halsganglien (G. cervicale supremum, medius, inferius), von denen das letzte \ N E mit den ersten beiden Thoracalganglien ver- (07) rs 5 ? GREEREE schmolzen ist. Rechts die Nerven der Ganglien, welche um die Arterien der Eingeweide Plexus AsiE bilden. duod Duodenum, hep Leber, plh Plexus = hypogatricus für die Beckenorgane, plv Plexus vesicalis, pn Penis, palm Lunge, r Rectum, ren Niere, ser Scrotum, s/! Plexus solaris, spl Milz, stom Magen, ves Blase. nV, nX Kern des Trige- minus und Vagus. Die Abbildung soll erläutern, wie der Einfluß des Sympathicus auf den Kon- traktionszustand der Gefäße zustande komnıt. Das Hauptzentrum (cv) liegt in der Oblongata. Von hier geht eine Bahn durch das Rückenmark, 7 } EN welche in Verbindung steht mit den Wurzeln der sympathischen Fasern in demselben (cs). traktionen (111) veranlassen. Die sympathischen Ganglien treten metamer (556) zu beiden Seiten der Wirbelsäule auf, wobei aber die ur- sprünglichen Zahlenverhältnisse durch sekundäre Verschmelzungen ver- ändert werden können: bei Menschen und vielen Säugern, z. B. neben den 7 Halswirbeln nur 2 oder 3 sympathische Ganglien (553), von denen das Ganglion cervicale supremum durch Verschmelzung mehrerer Nervenknoten der Kopf- und der oberen Halsregion entstanden ist. Jedes sympathische Ganglion steht durch den Ramus visceralis s.communicansmit dem zugehörigen Spinalnerven im Zusammenhang, ungefähr dort, wo dieser durch die oberen und unteren Wurzeln gebildet wird (4W, Ra. visc). Von dem Ganglion ziehen Nerven zum Sympathicus. 591 Darm, zu den Blutgefäßen oder zu andern Organen, deren Fasern teils motorisch, teils sensibel sind. Die motorischen entspringen aus Gan- glienzellen an der Basis des Hinterhorns und umfassen mit ihren Terminalästchen die Ganglienzellen in den sympathischen Ganglien. Von dort ziehen sie zur Muskulatur des Darms, wobei häufig noch weitere Ganglienzellen eingeschaltet sind. Es ist charakteristisch für die viscero- motorischen Neuriten, daß sie nicht direkt zum Endorgan vordringen, wie die somatomotorischen Fasern der Vorderhörner, sondern dieses erst unter Einschaltung von einer oder von mehreren Ganglienzellen erreichen. Die viscerosensiblen Fasern sollen hingegen sich direkt bis zum Spinalganglion fortsetzen und hier um die bipolaren Ganglien- zellen aufsplittern. Aehnliche sensible Fasern kommen auch aus der Haut und ihren Organen. Es lassen sich drei phyletische Stadien in der Ausbildung des sympathischen Nervensystems unterscheiden. Auf der tiefsten Stufe stehen die Petromyzonten, deren metamere Ganglien mit den dazu gehörigen dorsalen und ventralen Spinalnerven, aber noch nicht unter sich durch einen Längsstamm verknüpft sind. (Dieser primitive Zustand kann sich merkwürdigerweise auch in der Rumpfregion von Python erhalten.) Diese Ganglien liegen lateral und ventral von der Aorta und senden Nerven an die Eingeweide, die sich untereinander ver- flechten unter Bildung neuer Ganglien und außerdem sich verbinden mit dem R. intestinalis vagi. Die Ganglien fehlen noch in der Kopf- region. Dies gilt auch für die Selachier, bei denen aber insofern eine Weiterentwicklung vorliegt, als die Ganglien untereinander durch ein Geflecht kommunizieren. Bei allen übrigen Wirbeltieren finden sich die Ganglien auch in der Kopfregion; freilich liegt das Ganglion cervicale supremum (553, 556) noch neben den vordersten Hals- wirbeln, aber das G. ciliare kann als sympathisches Ganglion des R. ophthalmieus V, das G. spbenopalatinum als dasjenige des R. maxillaris V angesehen werden. Alle Ganglien neben der Wirbelsäule hängen zusammen auf jeder Seite durch den sympathischen „Grenz- strang“ (Truncus sympathicus, 556), welcher neben der Aorta verläuft und bei Perennibranchiaten noch geflechtartig sein kann. Bei geschwänzten Amphibien, Krokodilen und Vögeln kann hierzu noch jederseits ein paralleler Nebenstrang kommen. Der Grenzstrang endet am Hinterkopf mit dem Ganglion cervicalesupremum (553), welches durch Ausläufer mit dem Trigeminus, Facialis und andern Hirnnerven in Verbindung steht. Es ist zweifelhaft, ob auch einige kleinere Ganglien (Ganglion submaxillare, oticum) sympathischer Natur sind. Die von den im Thorax gelegenen Ganglien ausgehenden N. spanchnici begleiten die Arterien der Eingeweide und bilden zwischen ihnen den großen Plexus coeliacus s. solaris (556 s!) und den Plexus hypogastricus (plh). Die beiden Nervensysteme, das sympathische und das somatische, wirken vielfach als Antagonisten: so beschleunigt beim Menschen der Sympathicus den Herzschlag, während der Vagus ihn verlangsamt; in den äußeren Geschlechtsorganen bewirkt der Sympathicus die Kon- traktion von Muskeln, während einige sakrale Spinalnerven sie zur Erschlaffung bringen; die Pupille wird durch den Sympathicus er- weitert, durch den Oculomotorius verengt. Die Peristaltik des Darms wird durch den Sympathicus gehemmt, aber durch den Vagus in den oberen Abschnitten, durch den N. pelvicus im unteren Colon und 592 VI. Kapitel. Rectum angeregt. Man faßt daher neuerdings alle diese zum Sym- pathicus antagonistisch wirkenden Nerven (Öculomotorius, Chorda tympani, Vagus, N. pelvicus) als Parasympathicus zu- sammen. Wenn oben hervorgehoben wurde, daß der Sympathicus unabhängig ist vom Willen, so folgt daraus nicht, daß er ganz unab- hängig ist vom Großhirn. Die alltägliche Erfahrung lehrt, daß Schreck, Furcht und andere psychische Erregungen ein Erblassen, Erröten, Stuhl- drang, Stillstand des Herzens u. a. hervorrufen können. 49, 491 und 556 zeigen, wie die sympathischen Fasern mit dem Rückenmark und dadurch indirekt mit dem Gehirn zusammenhängen. Im Hypothalamus des Zwischenhirns scheinen die Zentren für Schweißsekretion, Kon- traktion der Gefäße, der Blase u. dgl. zu liegen. G. Die phyletischen Veränderungen des Nervensystems bei Wirbellosen und Wirbeltieren. kÜ Das Nervensystem ist sicherlich das konservativste Organ des Tierkörpers, welches durch die Veränderungen der Lebensweise viel Fig. 557. Hautnerven des Kopfes, nach JoHnsTon. A Teleosteer, B Frosch, © Mensch 1. 2, 3 Gebiet des Trigeminus: 7 Ramus ophthalmicus, 2 R. maxillaris, 3 R. mandibularis, # Vagus, 5 Spinalnerven des Halses. schwerer beeinflußt wird, als irgendein anderes Organ. Daher ist es auch besonders geeignet, die Homologien der Organe aufzudecken, d. h. es läßt sich an ihm feststellen, welche Organe bei verwandten Formen aus demselben Organ der Stammform hervorgegangen sind, denn homologe Organe werden im allgemeinen gleich innerviert. Z. B. sind die Arme und der Trichter der Tintenfische als umgewandelte Teile des Schneckenfußes anzusehen, weil sie von den Pedalganglien versorgt werden. Diese geringe Veränderlichkeit des Nervensystems hat wohl darin seinen Grund, daß die Zentren und Nerven im allgemeinen die Tätigkeit der Organe beherrschen, und zwar um so mehr, auf je höherer Stufe die Formen stehen, derart, daß die Muskeln, Drüsen, Sinnes- und andere Organe nicht zu funktionieren vermögen ohne nervöse Impulse. Phylogenie des Nervensystems. 593 Das Nervensystem ist also diesen Organen übergeordnet, und gerade darauf beruht seine Hauptaufgabe, das harmonische Zusammenspiel aller Teile zu bewirken. Diese Ueberordnung bedingt eine gewisse Unabhängigkeit gegenüber den äußeren Verhältnissen. Wenn eine zum Schwimmen dienende Extremität sich im Laufe der Phylogenie in ein Geh-Bein oder in einen Flügel verwandelt, so brauchen die Nerven und Zentren äußerlich kaum sich zu verändern. Diese Konstanz und Unabhängigkeit des Nervensystems hat aber seine Grenzen, denn in den feineren histologischen Verhältnissen werden die Ganglien und Nerven stets von den phyletischen Veränderungen ihrer Organe be- einflußt, und haben diese eine gewisse Höhe erreicht, so prägen sie sich auch in der gröberen Anatomie der Zentralorgane aus. Wenn das Auge oder das Geruchsorgan degeneriert, so verschwindet über kurz oder lang auch der zugehörige Nerv. Entwickelt sich ein Organ pro- gressiv weiter, so entstehen gleichzeitig neue Nerven und Zentren. Ein Vergleich der Fig. 552, 553 zeigt, wie stark die Gehirnnerven der Wirbeltiere durch den Uebergang vom Wasser zum Land beeinflußt worden sind. In 557 ist dargestellt, wie im Laufe der Phylogenie die Innervationsgebiete sich verschieben können: die Hautnerven des Kopfes werden beim Fisch und Frosch fast ganz vom Trigeminus ge- liefert, während beim Menschen die ersten Halsnerven die Hinterfläche des Kopfes erobert haben. Aus der Vergleichung der verschiedenen Tierklassen lassen sich einige phyletische Stufen ableiten, welch das Nervensystem ganz all- gemein nacheinander zu durchlaufen pflegt, wobei natürlich kleine Abweichungen in der Reihenfolge bei den verschiedenen Gruppen vor- kommen können. Ich habe zwar auf S. 472 schon eine Uebersicht der Phylogenese des Nervensystems der Evertebraten gegeben und auf Ss. 572 diejenige des Gehirns der Wirbeltiere geschildert, aber es er- scheint mir wünschenswert, hier noch einmal die Hauptetappen der stammesgeschichtlichen Veränderungen des Nervensystems zusammen- zustellen. Erste Stute: diffus verteilte Ganglienzellen, deren Anordnung an der Basis der Epidermiszellen (360 d, 369, Polypen) erkennen läßt, daß sie aus diesen entstanden sind. Zweite Stufe: Die Sinnesorgane und Sinneszellen der Haut be- dingen eine Konzentration der Ganglienzellen zu Marksträngen (Medusen 334, Echinodermen 367, Nemertinen 387, Peripatus 411, Chiton 434, Nautilus 469) und auf höherer Stufe zu Ganglien (Anneliden, Arthro- poden, Mollusken). Wir finden daher zuerst eine Mischung von dif- fusem und konzentriertem Nervensystem (Medusen, Chiton). Die Zentren und ihre Verbindungsstränge liegen anfangs dicht unter der Epidermis (369, Seestern) und rücken allmählich in die Tiefe (389), wo sie mehr geschützt sind. Nach demselben Prinzip erfolgt bei Wirbeltieren der Verschluß der Medullarrinne. Die Anordnung der Ganglien und ihrer Konnektive richtet sich nach dem allgemeinen Bauplan des Körpers, jedoch bekunden das Gehirn und Rückenmark der Wirbeltiere ihre Metamerie nur in den austretenden Nerven, bleiben selbst aber unge- gliedert oder zerfallen erst sekundär in Abschnitte. Dritte Stufe: Konzentration der Ganglien zu größeren Zentren, (403 D, F; 454, 461). Die Zentren vergrößern sich oder bilden sich zurück je nach dem Grade der funktionellen Beanspruchung. 38 Plate, Allgemeine Zoologie I, 594 VI. Kapitel. Vierte Stufe: Zunehmende Komplikation im äußeren und im inneren Bau der nervösen Zentralorgane in demselben Maße wie Sinnesorgane entstehen oder sich vervollkommnen. Sie prägt sich äußerlich durch Größenzunahme, Bildung von Lappen oder verschie- denen Abschnitten aus. So entstehen bei Wirbeltieren die Vorderhirn- hemisphären ursprünglich als Geruchszentren, das Zwischenhirn ent- wickelt sich durch die von den seitlichen Augen und dem Parietalorgan aufgenommenen Lichtreize, das Mittelhirn ist das Opticuszentrum. Innerlich entstehen mit der gesteigerten Reizzufuhr und Lebenstätig- keit neue Gruppen von Ganglienzellen, so die Pilzkörper der Insekten (425 —427) mit der Zunahme der Instinkte, die Lobi electrici von Torpedo (520) Hand in Hand mit der Entstehung der elektrischen Organe aus Muskeln der Brustflosse. Dabei können unabhängig von- einander dieselben morphologischen Bildungen bei verschiedenen Familien auftreten, z. B. große Lobi optici für die Fazettenaugen der Krebse und der Insekten, Windungen zur Vergrößerung der Oberfläche am Kleinhirn der Vögel und Säuger, ferner am Großhirn der Säuger an den höheren Formen jeder phyletischen Linie. Umgekehrt ver- kümmern die Nerven und ihre Zentren, wenn die peripheren Organe sich rückbilden; so die Nerven für die Seitenorgane und die Kiemen- spalten beim Uebergang der Wirbeltiere ans Land (352, 553). Die progressive Entfaltung der Zentren erfolgt nach dem Gesetz der Neurobiotaxis, d. h. je mehr Reize zuströmen, desto größer wird die Zahl der Ganglienzellen und diese wandern mit ihren Dendriten der Reizquelle entgegen, während sich die Neuriten in entgegengesetzter Richtung im Sinne des Erregungsstromes verlängern. Fünfte Stufe: Entstehung sekundärer Zentren in den Zentral- organen, welche den primären übergeordnet sind und die Erregungen mehrerer Zentren assoziieren. So scheinen die pilzförmigen Körper im Insektengehirn dem sog. Zentralkörper übergeordnet zu sein (425, 426). Die Großhirnrinde entwickelt sich bei den Säuger allmählich zu einem alle übrigen Teile beherrschenden Apparat. Dem Bulbus olfac- torius ist der Lobus olfactorius übergeordnet, diesem wieder der Hippocampus. Sechste Stufe: Bei den Wirbeltieren macht sich das Nerven- system der Eingeweide (Sympathicus) in hohem Maße morphologisch und physiologisch unabhängig von den somatischen Nerven, welche die Beziehungen zur Außenwelt vermitteln. Diese Arbeitsteilung führt dazu, daß die quergestreifte Muskulatur (111) und die meisten Ein- seweide der Wirbeltiere doppelt innerviert werden. Als allgemeinstes Ergebnis der Phylogenese des Nervensystems der Tiere möchte ich den Satz aufstellen, daß die stammesge- schichtliche Differenzierung erfolgt durch die Funktion und in steter Abhängigkeit von ihr. Die den Ganglienzellen zugeführten Erregungen zwingen diese, ihre Ausläufer immer weiter im Sinne der Stromrichtung zu verlängern. Daher schickt eine Sinnes- zelle ihren Neuriten nach innen, daher werden die dem Vorderhirn von vorn zugeführten Reize immer weiter nach innen geleitet, während die von hinten zur Oblongata kommenden immer weiter nach vorn streben und bei den Säugern in der Großhirnrinde angelangt diese zu progressiver Entfaltung veranlassen. Wo im Zwischen- und Mittel- hirn beide Reizströme zusammenstoßen, entwickeln sich die Korrelations- zentren. Die Reize der Außenwelt erzeugen zunächst Sinnesorgane, Phylogenie des Nervensystems. 595 vorausgesetzt, daß Epidermiszellen vorhanden sind, die für sie em- pfänglich sind. Die Sinnesorgane stoßen Zellen nach innen ab, die zu Ganglienzellen werden und sich zu Zentren anordnen. Die Zentren bleiben in vollkommener phyletischer Abhängigkeit von den Sinnes- organen und entwickeln sich im Anschluß an sie progressiv oder regressiv. Ontogenetisch aber entstehen die Zentren als erbliche Bil- dungen und ebenso alle ihre histologischen Einzelheiten und ihre Ver- bindungen untereinander. Bedenkt man, wie kompliziert dies Nerven- system schon bei vielen Wirbellosen, etwa einem Insekt (428, 429), gebaut ist und welche Fülle von Erbfaktoren vorhanden sein müssen für die Nervenbahnen im Gehirn der Fische (517) oder gar der Säuger (549), so ist es klar, daß eine bloße Selektion von Mutationen zur Erklärung nicht ausreicht. Wer garantiert dafür, daß nicht eine zufällige Ver- besserung an einer Stelle Hand in Hand ging mit mehreren Ver- schlechterungen, zumal doch die Möglichkeiten zur Verschlechterung eines komplizierten Apparats viel zahlreicher sind als zu einer Vervoll- kommnung? So ist nach meiner Auffassung die Phylogenese des Nervensystems eine der stärksten Stützen des Lamarckismus. Dadurch wird die Bedeutung der Selektion nur eingeengt, aber nicht aufgehoben. Literaturverzeichnis. Das folgende Verzeichnis gibt nur die Stichworte der Titel von Abhandlungen an, die in Zeitschriften erschienen sind, z. B. M. Fürbringer, Morphologische Streitfragen. 1. Nervus trochlearis, Morpholog. Jahrbuch, Bd. 30, 1902, S. 85 ist zusammengezogen in: Fürbringer, Trochlearis, MJb 30, 1902, 85. Die Titel von selbständig erschienenen Büchern sind hingegen vollständig angegeben worden. Wenn keine Zeitschrift angegeben ist, so ist die vorhergehende gemeint. ° — dem Verfasser nicht zugängig. Das Verzeichnis wurde beendet im April 1922. Während des Weltkrieges stand mir die ausländische Literatur nicht zur Verfügung, und dieser Mangel hat bis jetzt kaum beseitigt werden können. Seit 1914 fehlt daher sehr viel englische, französische und italienische Literatur. Das Verzeichnis umfaßt hauptsächlich neuere Literatur, etwa seit 1890; von älteren Schriften nur besonders wichtige. Abkürzungen von Zeitschriften, Sammelwerken. AAnz Anatomischer Anzeiger, Jena, G. Fischer. 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Meyer, Vorderhirn, ZfwZ 55, 1892, 63; AAnz 10, 1895, 474. Rabl, Iguana, Extremitätennerven, AH 53, 1916, 681. 14. Nerveusystem der Vögel. Edinger-Wallenberg, Tauben, AAnz 15, 1899, 245; AbhSenckenberg 19, 1896 ; 20, 1903. Shimazono, Kleinhirn, AfmA 80, 1912, 397. Reisinger, Klein- hirn, ZAnz 47, 1916, 189. Bumm, Großhirn, ZfwZ 38, 1883, 430. Imhof, Lumbalmark, AfmA 65, 1905, 498. Ris, Lobus opt., AfmA 53, 1899, 106. Stieda, ZfwZ 19, 1869, 1. Gadow in Bronn’s Klass. u. Ord. Groebbels, Vogelhirn, ArchPhys 187, 1921, 299. Brandis, Medulla, AfmA 43, 1894, 96. Dogief, Kleinhirn, AfmA 47, 1896, 707. Wallenberg, N. octavus, AAnz 17, 1900, 102. Bellonei, Opticus, ZfwZ 47, 1888, 1. Boyce, and Warrington, PhilTransactRSoe (B) 191, 1889, 293. Frenkel, Tectum opticum, AAnz 40, 1912, 199. Kalischer, Großhirnexstirpation, AbhAkadBerlin 1905. Rogers, Großhirnentfernung, AnatRecord 16, 1919. 15. Nervensystem der Säuger. Creutzfeldt, Epiphyse, AAnz 42, 1912, 517. Edinger, Lobus parolfact. ibd. 38, 1911, 1. Solger, Bradypus, MJb 1, 1876, 199. Froriep u. Beck, Dorsale 620 Literatur. Hypoglossuswurzeln, AAnz 10, 1895, 688. Fieandt, Hypoglossus, MJb 48, 1914, 513. Krabbe, Epiphyse, AH 163, 1916. Edinger u. Fischer, Mensch ohne Großhirn, ArchPhys 152, 1913, 535. Edinger, Menschengehirn, BerSenckenburg 47, 1919, 149; Cerebellum, AAnz 35, 1910, 319. ° Pfeifer, Menschl. Gehirn, 3. Afl., Leipzig, Engelmann, 1920. Figueiredo, Rückenmark des Orang, AfmA 59, 1902, 417. Ärnbäck-Linde, Sorex, MJb 36, 1907, 463. Benham, Cerebral Convolutions of Chimpanzee, QJmSci 37, 1895, 47. Dexler, Ungulaten, MJb 32, 1904, 288. Flechsig, Die Leitungsbahnen im Gehirn u. Rückenmark des Menschen, Leipzig 1876 ; Großhirnrinde, SBGesWissLeipzig (mathnat Cl.) 1904, 50. Ganser, Maul- wurt, MJh 7, 1882, 591. Grönberg, Igel, ZJb(Anat) 15, 1902, 261. Haller, Mus, Echidna, MJb 28, 1900, 347; Rautengrube, AfAPh (anat. Abtlg) 1914, 213; Phylogenese des Großhirns, AfmA 69, 1907, 117; Rinde, 71, 1908, 350. Hammer, Löwengehirn, JMAPh 19, 1902. Osborn, Corpus callosum, MJb 12, 1857, 223. Jelgersma, MJb 15, 1889, 61. Dabrowski, Tractus olfactomesen- cephalicus, AAnz 40, 1912, 156. Anton u. Zingerle, Fall v. Kleinhirnmangel, Arch. f. Psychiatrie 54. Baräny, Kaninchenflocculus, Jahrb. f. Psychiatrie 36, 1914. Berliner, Kleinhirn, AfmA 66, 1905, 220. Bolk, Kleinhirn, Neuweltaffen, MJb 31, 1903, 44; Cerebellum, Haarlem u. Jena 1906. Dogiel, Kleinhirn, AfmA 47, 1896, 707. Jelgersma, Funktion des Kleinhirns, J.f.Psych. 23, 1918. Kölliker, Kleinhirn, ZfwZ 49, 1890, 663. Bischoff, Igelhirn, AAnz 18, 1901, 348. Gierlich, Großhirn, AAnz 49, 1916, 24, 123, 285. Livini, Hypsiprymnus, AAnz 31, 1907, 1. Röthig, Didelphys, AbhSenckenberg 1909. Zuckerkandl, Beutel- tiere, AAnz 23, 1903, 49. Huber and Guild, N. terminalis, Anat.Rec. 7, 1913. Kölliker, Riechstrahlung, VAG 1894, 45. Löwenthal, Taenia semicircularis, MJb 30, 1902, 28. Villiger, Gehirn- u. Rückenmark, 1910; Rhinencephalon, Hab.schrift Basel 1904. Völsch, Mandelkern, AfmA 68, 1906, 573; 76, 1910, 373. de Vries, Corpus striatum, AAnz 37, 1910, 385. Wallenberg, Riechbündel, AAnz 20, 1902, 175. Dräseke, Chiropteren, Mschr.f.Psychiatrie 13, Suppl. 1903, 448; Oblongata, Pinnipedier, Diss. Jena 1900. °Brodmann, Histol. Lokalisation der Großhirnrinde, Leipzig, Barth, 1906. Pfeiffer, Ergeb. d. Hirnforschung, Naturwiss 1921, 938. Smith, Affenspalte u. Occipitalregion, AAnz 24, 1904, 74, 436; Hippocampus 10, 1895, 470; Fascia dentata 12, 1896, 119; Cerebellum 23, 1903, 368; Corp. callosum, Transact. Linn. Soc. 7, Zool., 1897, 47 u. AAnz 22. 1903, 384. Bindewald, Elephas, Tapir, Rhinencephalon, ZJb(Anat) 35, 1913, 563. Kükenthal, Waltiere, Denkschr.nat.Ges.Jena 3, 1839, 80. Kükenthal u. Ziehen, Großhirnfurchen der Primaten, JenaZ 29, 1395, 1. Ziehen, Hylobates, Gehirnfurchen, AAnz 11, 1896, 470. Krueg, Großhirnfurchen, Ungulaten, ZfwZ 31, 1878, 297; Carnivora 33, 1880, 595. Landau, Katzenhirnfurchen, MJb 38, 1908, 1. Leche, Insektivoren, AAnz 26, 1905, 577. Marchand, Gehirnbalken- entwicklung, AfmA 37, 1891, 255. Pansch, Großhirnfurchen, MJb 5, 1879, 193. Rawitz, Rückenmark der Wale, AfmA 62, 1903, 1; Oblongata 73, 1909, 182; Großhirnfurchen 75, 1910, 225; tauber Hund, MArb 6, 1896, 545. Retzius, Menschenhirn, BiolUntersuch 8, 9, 10, 1898/1902 (Elitegehirne, Mikrocephalen u. a.). Turner, Convolutions of brain, J.ofAnat. 1890. Kallius, Medulla spinalis von Troglodytes, Diss. Berlin 1892. Waldeyer, Gorilla-Rückenmark, AbhAkad Wiss Berlin 18388. Weber, Hirngewicht, Festschr. f. Gegenbaur 1897, III, 109; Elephantenhirn in Studien über Säugetiere, II, Jena 1899. Ziehen, Monotremen, Marsupialier, Semon, Reisen 3, I, 1897, 1, 677; 3, II, 1904, 229, 789; Tarsius Galeopithecus, AAnz 22, 1903, 505. Zucekerkandl, Affengehirn, ZfMorph.u. Anthrop. 7, 1904. Fischer, Schimpansengehirn, VAG 1921, 48. Bregmann, Pyramidenbahn, AAnz 48, 1915, 75, 235. Alphabetisches Autoren- und Sachregister. Autoren sind nur vereinzelt bei kontroversen oder historisch wichtigen Fragen im Text erwähnt worden. Die Arten und Gruppen sind im allgemeinen unter dem lateinischen Namen aufgeführt worden, man suche also bei Teleosteer, Ornithorhynchus und nicht bei Knochenfisch, Schnabeltier. auf eine Abbildung. Abel 142. Abducens 583. Abraxastypus 65. Abstammungslehre 6. Acantharie 337. Acanthias 197, 199, 200. Acanthocystis 60. Acanthodes 217. Acanthometra 131. Acanthopleura 144. Accessorius Willisii 589. Achromatin 39. acinöse Drüsen 87, 88. Acipenser, Gehirn 540. Acoela 393. Acusticus 586. Actaeon 459, 461, 462. Actinien, Haut 165, Wasser- gehalt 23, Muskeln 112, Nerven 191, 374, Sym- metrie 134. adenoides Gewebe 9. Adradien 132. Aehnlichkeit 7. Afterfeder 267. Agamiden, Sinneshaare 310, Farbwechsel 247. Akromegalie 567. Akromerit 579. Alligator, Gehirn 546. Alloioplasma 37. Alloplasma 37. Allophoren 97. ALTMANN 34. Alula 275. Alveus 553, 556. Alytes 156. Altersmauser 279. Altersumfärbung 280. alveoläre Drüsen 87, 88. Amia 109, 156, 203, 219, 528, 533, 534. 619. Amphineuren: Haut 183, Nervensystem 442, Lit. |. „1618: Amphioxus: Blut 77, 191, 192, Metamerie 147, Haut 80, 192,194, Muskeln 119; Nervensystem 123, 477, 481, 514, Lit. 617, Asym- metrie 138, Chorda 338. Amöbe 12, 13, 14, 21, 343. Analdrüsen 329. ‚ Analogie 7. ı Anarhynchus 140. Anaxonia 130. ı Anguilla 206. Anneliden: Metamerie 147, Teilung 151, Haut 175, Lit. 605; 405, 407, Lit. 613; Lar- ven 345, 406. | Anodonta: Schale 185, Man- | tel 186. | Anomalurus 291. Anomia 115, 138. Antagonisten 382. Anthraconema 174. | Antilope 329. | Antimer 132. | Antorbitaldrüsen 327. | Apicales Nervensystem 388. ı Aplysia 339, 460, 463. Apoblema 172. Apparato reticolare 35. Appendicularien: Muskel- kerne 40, Zellenzahl 50, Nervensystem 479. | Apteryx 252. Apus 419, 420. Aquaeductus Sylvii 518, 535, 567. Gehirn 539, Lit. 602, 607, | Archaeopteryx I ] Nervensystern | N I I Dick gedruckte Seitenzahlen verweisen ff. — und folgende. Lit. = Literatur. 251, 254, 275, 277, 361. Archencephalon 505 ff. Archigastrula 75. Archipterygiumtheorie 498, 503 Archipallium 545, 551. Ardea 251. Arion 134. ARISTOTELES 27, 28, 29. Arthroleptis 156. Arthropoden: Haut 176, Lit. 606; Nervensystem 415, Lit. 613; Extremi- täten 423. Ascaris: Größe, Zahl der Zellen 50, Reifeteilung 52, 53, Muskeln 113, 120, Haut 173, 174, Eier 60, 61, Chromosomenzahl 63, 64, Diminution 64, Ner- vensystem 403, 404—406. scidien : Nervensystem 477, 478, Mantel 1%, 191, | Skelett 331. Asellus 181. Associationen: Gesellschaf- ten 154. associatorische Neuronen 371. ı Astacus: Magensteine 181, I Wassergehalt 23, Haut 91, 178, Nervensystem 477, 478. Asteroiden 350, 383, 385, 356, 391. Asymmetrie 136ff., 480, Lit. 604. Atavismus 233. | Aurelia 132. Aurikeln (Rautenohr) 539, 547, 549. Amitose 56, 534, Literatur Arachniden: Nervensystem | Autoskelette 33i, 334. 601. Ammonshorn 511, 531. Amphibien: Haut 192ff., Pigmentzellen 9, 96, 97, AI5f£E., Lit. 614. | Arachnoidea 508. | Arbor vitae 568. | Arcella 71. Bahnen des Gehirns siehe Tractus. Balaenoptera 307. 622 Barbus: Gehirn 552. Basalkörner 54, 53. Basalmembran 81, 82. Bastarde 66. Bathybius 31. Bauchmark 412, 424. Bauchrippen 226. Bdellostoma 195, 527. Becherzellen 86. Beggiatoa 31. Begriff des Lebens 19, Lit. 599. BELL 380, 496. VAN BENEDEN 62, 63. Bewegungsorgane 342 ff. Bienen: Staat 159 ff., Ge- hirn 433. bilateralsymmetrisch 133, 134. Bilaterien, Entstehung 134. Bindegewebe 90 ff., Lit. 602. biogenet. Regel 10, 431. Bionomie 2. Bipedie 353. biradialsymmetrisch 154. Birgus 139. Blaps 86. Blastaea 75. Blepharoplast 54, 55. BLOCHMANN 172. BLUMENBACH 28, Blut 77 f£., Lit. 601. Blutegelbewegung 347. Blutplättchen 79. BoAs 392. Bock 5l2. Bodentiere, Asymmetrie 138. Bombinator, Öntogenie 477. Bombyx radama 157. Bonellia 143. Bothriocephalus 172, 173. BoUTAN 139. BoveErr 62. BRAUN 153. Brille der Schlangen 228. BrocA 564. BROWN 33. Brücke 519, 552, 568, 569. Brunstwarzen 222. Buccinum 456. Buceros 254, 265. Bulbus accessorius 540. — olfactorius 510, 523, 529, 540, 544, 548, 552. Bulla 459, 462. Bukettstadium 68, 69. v. BUTTEL-REEPEN 159. Bürzeldrüse 281. BürtschLı 35, 62, 392, 487. 132, Caenogenese 10, 139, 311, 391, 407, 477, 574. Calamus scriptorius 251. Callianassa 140. Calotes 247. | Cilien 342, 54, 55. Register. Calyptraeen 189. Canalis neurentericus 482, 504. Cardium 185, 448. Carinaria 351. Carmarina 114. Castor 290. Cauda equina 492. Caulerpa 72, 75. Catoblepas 330, 331. Oentren s. Zentren Centriol 50 ff. Oentrodesmose 52, 58. Centrosom 50 ff. Cephalopoden, Chromato- phoren 98, Nervensystem 464, Lit. 616, Knorpel 101. Muskeln 116. Ceratodus, Haut 214 ff., Ge- hirn 528, 535. Cercarien 115. Oerebellum s. Hinterhirn Cerebrum 508 s. Vorderhirn. Oervus 315. Cestoden, Strobilation 145, 146, Haut 171, Lit. 605, Nervensystem 398, Lit.612. Cestus 24. Chama 138, 449. Chaetoderma 183. Chaetopterus 72. Chamaeleon, Haut 247. Chelonier, Panzer 235, 241 ff. Hautdrüsen 231. Chemische Elemente 23. Chiasma, Artbropoden 438, Wirbeltiere, 514, 583. Chiastoneurie 452. Chilina 464. Chimaera 198, 532. Chironomus 42, 77, 83. Chitin 176 ff. Chitonen, Metamerie 144, Haut 183, Symmetrie 136, Nervensystem 443, 445. Chloroformtropfen 22. Chlamydosaurus 359. Chondriokonten 34, 35. Chondriomiten 35. Chondroidgewebe 100. Chondroklasten 106. Chorda 336. Chordata, Nervensystem 475. Chorologie 2. Chorda tympani 5S6. Chromatophoren 9, 96, 208, 247, Lit. 602. Chromatin 39 ff. — diminution 64. — austritt 44, 45, 47. Chromidien 35, 39, 44. Chromosomen 61 ff., Zahl 49, 63, überzählige 65, Re- duktion 65, Individualıtät | 476, Clarkesche Säule 492. Olaustrum 560. Coccidiıum 58. Collector, Nerv 501, 502. Cöcilier, Schuppen, Drüsen, 226, 227. Cölenteren, Haut 164, Lit. 605; Nervensystem 373, 384, Lit. 611. Coeloplana 134. Coluber 232. Commissuren des tiergehirns 510. Wirbel- | Conchiolin 185. Convoluta 392, 394. CoPE 10. Corethralarve 96. | Corium s. Haut. Cormentheorie 147, 149. Corpora bigemina, quadri- gemina 518, 568. — restiformia 569. — pedunculata 411, 435. — postica 542, 545. Corpus callosum 551, 560. — mammillare 567. — striatum 510, 523, 531, 541, 544, 547, 560. Cortex olfactoria 528, 545. Cosmin 202. Cotylosaurier 550. Crinoiden, Nervensystem385, 357, 3%. Crotalus, Klapper, 235. Crura cerebri 568. Crustaceen, Haut 177, Ner- vensystem 418 ff. Lit. 613. Cryptodifflugia 42. Cryptobranchus 221. Ctenoidschuppe 210. Ctenophoren, Symmetrie 132, 134. Ctenoplana 134, 135. Cuticula 81. Cycloidschuppe 210, 211. Cyclopterus 206, 208, 213. Cycelostomen, Haut 1%, Knorpel 100, Gehirn 523, Lit. 618. Cynthia 191. Cyprina 185. Cytasteren 51. Cytocentren 53. Cytologie 33. DAMMERMANN 517. Daphnien,Nervensystem 419. DARWIN 7. Dasypus 289, 290, 299. Daudebardia 468. Dauerformen 11. Dauerhaftigkeit 18. Daunenfedern 274. Deckzellen 81. DEEGENER 154. | Definition des Tieres 14. Dentalium 73, Lit. 615. Dentin 108. Dermochelys 241, 243, 244, 245. DESCARTES 513. Deuterencephalon 418, 505 ff. Diaptomus 139. Diastataxie 275. Diencephalon 506, 512. Dierostonyx 311, 313. Difflugia 342. Diotocardier, Nervensystem 455. Diomodea, Schnabel 257, 258, Ontogenie 476. diploid 65. Diplodocus 517. Diplosomen 53. Dipnoer, Schuppen 214,215; Nervensystem 527, Lit.618. Disziplinen der Zoologie 1, Lit. 598. DOoHRN 503. Doliolum 190. Doro 11. Dorsalsack 513, 532. Doy®rescher Hügel 126. Dreissensia 185, 451. DRIESCH 28. Dromaeus 268. Drosophilatypus 65. Drüsen, Kerne, 43, S4ff., der Fische 207, der Amphibien 223 ff., Lit. 602. DUJARDIN 33. Dunen, 265, 267, 268, 274. Dura mater 508. Dytiscus, Eiröhre 43. Echidna 288, 291, 292, 318, 319, 320, 321. Echiniden, Haut 163. Echiuriden 143, 408, 409, 412. Echinodermen, Haut 169, Lit. 605; Nervensystem 384, Lit. 612; Skelette 337, 45, Lit. 610; Larven 345. ectoneurales Nervensystem 355. Ectostriatum 548. EDINGER 511, 531, 545, 548. Eichhörnchen, Sinushaare 297. EımEr 11. Eiweiß 24. Eizahn 264. elastische Fasern 93, 9. Elateriden 354. elektrische Organe 559. Elephas, Haare 300, Huf 315, Schläfendrüse 328. Empis 156. Emulsion 35, 36. Emys 245. 136, 451, Register. endokrine Drüsen 86. Energieumsatz 22. Energie, vitale 23. Entamoeba 42. Entstehung des Lebens 29, Literatur 599. Entelechie 28, 71. Entropiegesetz 22. Entoskelette 337. Ependym 477. Ephemera 156, 364. Ephyra 146. Epiphyse 90, 513, 532, 567. Epidermis s. Haut. Epistriatum 510, 531. Epithalamus 514. Epithel 80, 82, 83, Funktion 84, Lit. 601. Epithelkörperchen 90. Epithelmuskeln 112. Epitrichium 286. Erklären 3. Ersatzknochen 106. Erythrocyten 78, 79. Erythrophoren 97. | Ethologie 2. | Euglena 15, 131. Euglypha 59. | Eutelie 50. ERHARD 270. Experimentelle Zoologie 1,2. | Lehrbücher 592. Exkret 85. Exocoetus 356. Exokrine Drüsen 86. | Exoskelette 337. Extremitätentheorie beltiere) 502. Facialis 585. Fadenfedern 274. Fallflug 357. | Fallschirmflug 357. Familienverbände 155. Farben (Vogelfeder) 277. Farbwechsel 99, Fische 208, Amphibien 225, Reptilien | 247, Vögel 278, Lit. 602. | (Wir- | Fascia dentata 553, 558. Faseiculus retrotlexus 526. | faseriges Bindegewebe 9, 4. | ı Faserzüge des Gehirns s. | Tractus. | Federfluren 275. | Federn 265 ff. | Federraine 275. | Fermente 13, 24. | Fette 24. | Fettzellen 9. | fibrilläres Bindegewebe 9%, 9. | Fieus 153. | Fierasfer 154, 205. Fissura chorioidea 554, 557, Ile | Fissura hippocampi 553, 599. | Gastropoden , 623 | Fissura Sylvii 557 ff. Fila olfactoria 510, 529. Fissurella 99, 138. Flagellaten 151. Fische, Haut 195 ff., Lit. 606. Flamingo, Schnabel 262. Flaschenzelle 86. Flaumfedern 274. Fledermaus 358. FLEMMING 62. Fliegende Fische 358. Flimmerepithel 81, 82,54, 58. Floceulus 549, 568. Flug der Tiere 357, Vögel 361. Flügel (Vogel) 276, Schmet- terlinge 180, 181. Flughaut 358. FoL ‚62. Foramen Monroi 510. Forficula 156. Fornix 551, 560. Fortpflanzungsschwärme 156. Fossa rhomboidalis 521. Fovea limbica 510, 553. FRANZ 32, 538. Frosch: Haut 221ff., 224; Gehirn 541. Funktionserweiterung 8. Funktionswechsel 8. Fungia 153. Furchen des Vorderhirns 556. Gadinia 189. Galeopithecus 357. ' Gallertgewebe 92. Ganglia habenulae 513. 'Ganglia isthmi 535, 546. Andere Ganglien des Ge- hirns s. unter Nucleus u. Corpus. Ganglienzelle s. Neuron. Ganoiden, Haut 201, Schup- pen 201, Nervensystem Lit. 618. Ganoin 201. Gasterosteus 156. Gastraea 75, 76. Asymmetrie 138, Schale 187—189, Kriechen 349. Gaupp 141. Gecko, Haftlappen 228, 229. Gehirn: Anneliden 410, Ar- thropoden 415, Wirbel- tiere DOS ff. Gehirnhäute 507, Gehirn- nerven der Wirbeltiere 576 ff. GEGENBAUR 106, 147, 204, 219, 323, 487, 502, 503. Geisseln 342. Gelasimus 140, 624 Geruchslappen: Arthropo- den 422. Gesellschaften 154 ff. Gewebe 80. Giftdrüsen: Fische 207, Am- phibien 223, 224. Glandulae 84 ff. Glia 127, 477; Lit. 604. Gliedmaßenbewegung 353. Globiocephalus 354. Globuli 411, 435. Glomeruli, Arthropoden 431. Glomeruli olfactorii 510. Glossopharyngeus 587. GoLGI 35. GOODRICH 217. Gordius: Nervensystem 403, Haut 173. Grannenhaare 294. Granula 34. Graue Substanz 483, 488 ff. Grauwerden 298. Gregarinen: Bewegung 344. GREW 33. Grundformen 130 ff. Grundsubstanz 90 ff. Gryllotalpa 156. Guanophoren 97. GULDBERG 141. Gunda 143, 171. Gyri des Gehirns 557 ff. Gyrinus 157. Haar 195, 292 ff.; Ontogenie 293, Verschiedenartigkeit 294, mikroskopischer Bau 296, Querschnitt 298, Dicke, Verlauf 299, In- nervierung 301, 302, Haar- wechsel 302, Richtung 303, Anordnung 304, Rückbil- dung 305, Funktion 308, Phylogenie 309, Lit. 609. Haarscheibe 291. HAECKEL 10,27, 31, 38, 75, 130, 147, 149. Hämoglobin 23. Häutung: Arthropoden 179, Reptilien 228. Halicore 287. Haliotis 138. HALLER 28. haploid 65. v. HARTMANN 29. HARTMANN 57. HARVvEY 30. HATSCHEKR 486, 579. Hatteria 226, 232, 240, 513, 545. Haube 568. Haut und Hautskelett der Wirbellosen 162ff., der Wirbeltiere 191 ff., Cölen- teren 164. Echinodermen 169, Turbellarien 170, Tre- matoden, Cestoden 171, Register. Nematoden 172, Anneliden 175, Arthropoden 176, Mol- lusken 183, Tunicaten 190, Amphioxus 194, Oyelo- stomen 195, Selachier 196, Ganoiden 201, Teleosteer 204, Dipnoer 214, Amphi- bien 221, Reptilien 227, Vögel 248, Säuger 283, Literatur über Haut 605 ff. Hautdrüsen s. Haut, Säuger 316. Hautknochen 105, Teleosteer 213, Ganoiden 204, Amphi- bien 227, Reptilien 238. Haverssche Kanäle 104, 202. HEIDENHAIN 34. Helix, Wassergehalt 23, Schale 189, Bewegung 349, 351. Hemisphären siehe Vorder- hirn. Herden 156. Herdenfarben 158. HErRTwIG 47, 62, 63, 106, 2OA.1E, 217. Herzmuskeln 118. Heteralocha 249, 258. Heterocephalus 297. Heterochelie 140. Heterochromosomen 614. heteronome Metamerie 145. Heteropoden, Nervensystem 456, Literatur 615. heterotypische Kernteilung 67, 68, 69. Hexanchus 530. Hinterhirn 518, 526, 535, 542, | 547, 549. Hippocampus ll, 531. Hippopotamus 286. Hippurites 340. Hirn siehe Gehirn. Hirngewicht 523. Hirudineen 350, 410, Litera- tur 613. Histogenese 128. Histologie 76, Lehrbücher | 598. Histomerie 142. Holothurien, Haut 163, Ner- vensystem 356, 359. holokrin 86, 88, 89. Homarus 140, 177. Homaxonia 131. Homboiogenesis 7, 474. Homboiologie 7, 475. homodynam 142. Hombologie 7, 504. homonome Metamerie 145. homonyn 142. Hormone 25, 89. Hornschuppen der Reptilien 23% Hornskelette 335. ı Inturnescentia Hufe 314. Hummeln 160. Hyalinknorpel 101, 108. Hyalodentin 209. Hydra 112, 154 166, 167, 168, 372. Hydropolypen 151. Hyla 96, 224, 225. Hypermastie 323. Hyperoodon 136. Hyperstriatum 548. Hypnotoxin 168. Hypodermis 178. Hypoglossus 500. hyponeurales Nervensystem 385. Hypophyse 90, 5l4ff., 534. Hypophysendrüse 479. Hypostracum 188. Hypostriatum 531. Hypothalamus 514. Hypotrichosis 305. Ichthyodorylithen 198. Ichthyophis 223,224, Gehirn 543. Ichthyornis 253. Individualität 20, Literatur 605. Infundibularorgan 477, 481. Infundibulum 514. Inguinaltasche 325. Inkret 89. Innere Sekretion 89, 90. Insekten, Nervensystem 415 ff., Lit. 614. Insula Reilii 559. Insektenflügel 365. Instinkt 381. Interradien 132. 149 ff., cervicalis, lumbalis 489, 491. ' Inuus 312. Iridocyten 97. Isopedin 109, 202 ff. JAKOBSOHNsches Organ 552. Janthina 454, 460. KAMMERER 9. Kampf der Teile 231. KAPPpErs 512. Karyokinese 41, 59 ff., Litera- tur 600. Karyosom 41, 42. Kern 38 ff., Größe 48, Litera- tur 600. Kerndualismus 47. Kernplasmarelation 47. Kernteilung Ö56ff., hetero- typisch 67, Erklärung 69, Lit. 600. KLAATScH 217, 218, 219. Klapper, Crotalus, 235. Klauendrüsen 329, 330, 331. Kleinhirn 518. | Klettern 354. ee Knochen 103, Lit. 603. Ba erkehnppen, Reptilien Knorpel 99, 336, Lit. 602. a ne Sehucinerube 481. u nee zeichnung 48. Kohlehydrate 24. Kolbenzellen 192, 196, 206. kollagene Fasern 93. Kolloide 36. Kolonien 149 ff., Lit. 605. Kolossalfasern 414. Kommenrsalismus 154. Kommissur 383. Kommissurzellen 483. Konnektiv 383. Kontraktion der Muskeln 118. Konvergenz 7, 340. Konzentration der Ganglien 427, Kopfbeuge 506. Kopfmetamerie: Arthropoden 423, Wirbeltiere 577, Lit. 617. Kosmozoentheorie 30. Krallen, Amphibien 194,222, Reptilien 236, Vögel 251, Säuger 312. Kristalle, flüssige 20. Krokodile, Hautdrüsen 231. Lacerta, Haut 194, 230, 248. Lagebezeichnungen 148, Lit. 604. Lamarckismus 8, 140, 359, 474, 475, 595. Lamellaria 459. Lamellibranchier, Schale, 184,185, Lit. 606; Nerven- system 447, Lit. 615. Lamellirostres 259, 261. Lamina cribrosa 580. Lamina terminalis 510. Landplanarie 394, 39. Lane 75, 134. Lanugo 307, 308. Leben, Definition, 17, Ent- stehung 29. Lepvc 21. Lehrbücher 597. Lernaea 146. Lepidosieren 53+. Lepidosteus 109, 201 ff., 217, 533 Leuchtorgane 197. Leueisceus 212. Leukocyten 53, 54, 77, 79.| Leukophoren 97. Leydigsche Zellen 91, 206, | 221. Ligula 143, 397, 398. Lima 115. Limnaea 469. Plate, Allgemeine Zoologie I. Register. Limulus 8, 100, 419, 423,| 441, Lit. 614. Linin 38. Lipophoren 97. Literaturübersicht 596 ff. Lithobius 425. Lithodes 139. Locusta 352. Lobus olfactorius 510, 523, 529, 540, 544, 548, 552. — parolfactorius 510, 548, 553, 555, 567. — piriformis 510, 541, 552, | 555, 580 Lokomotionsorgane 342, Lit. 610. Loligo 348. Looss 171. Lophius 108. Lota 207. Loxia 140, 260. Lumbricus: Wassergehalt 23, Haut 175, Nervensystem 411, 412— 414. Lymphe 77 ff. Macrobiotus 418, 421. Macrodipteryx 472. Macropus 156. Mactra 450. MAGENDIE 380. MALPIGHI 33. Manis 289, 299. Margaritana 185. Margaritifera 453. Marsupialier, Milchdrüsen 319. Mastzelle 79. MAURER 204. Mausern: Schnabel 263, Fe- dern 278, Haare 302. Mechanismus 19, Literatur 599. Mediannerv 413, 426, 427. Medulla oblongata 520, 526, 539, 569. Medullarrinne, Medullarrohr 476. Medusen: Bewegung 344, Nervensystem 383, Was- sergehalt 24, Gallertge- webe 9. Megakaryocyt 54, 79. Melanismus, Saurier 249. Melanophoren 97. Meninges 508. Mensch: Chromosomenzahl 65, Rechtshändigkeit 140, | Haut 82, 284, 255, Haare 293, 299, 301, 309, Tast- linien 299, Lanugo 307, 308, Milchdrüse 328, Lymphdrüse 9%, Binde- gewebe 9, Zähne 109, Ge- hirn 550, 554, 557, 558. | Mermis 174, 175. | merokrin 86, 88. Mesenchym 93, 128. ı Mesencephalon 506, 517. | Mesostriatum 548. Metamerie 142 ff., 213, Lit. 604; Wirbeltierkopf 577, Lit. 617. Metaphyta 17. Metaplasma 37. | Metazoa 17, 33, Entstehung 73. 156.260 METCALF 480, Metencephalon 518. Meynertsches Bündel 526. Micellen 34. Milben 427. Milchdrüsen 318 ff. Milleporiden 168. Mikrochromosomen 66. Mitochondria 35. Mitose 59 ff. Mittelhirn 517, 542, 545, 549. MivARrT 503. Mollusken: Haut, Schale, 183, Nervensystem 442, Blut 77. v. MoHL 33. 525, 535, | Moloch 232. Monaxonia 131. Moneren 31, 38. ı Montgomerysche Drüsen 323. Mormyriden: Haut 205, 206, Gehirn 537. Morphite 170. Morphologie 1. Moschusdrüse, 231. MÜLLER, H. 159. MÜLLER, Joh. 29. Müliersche Fasern 526. multiple Organbildung 142. Murex 189. Muskelgewebe 110 ff., glatte 113, schräggestreifte 116, quergestreifte 116, Kon- traktion 118, Querschnitt 119, Innervierung 126, Lit. 603. Mutation 8. Mutualismus 154. Myelencephalon 506, 520. Myelin 125, 497. Myoneme, Myophane 344. Myriopoda, Nervensystem 425, Lit. 614. Myrmeleo 432. Mytilus 115, 187. Myxine: Haut 195, Hypo- physe 515, Gehirn 526, 527, 528. Myzostoma 409, 410, 413. Krokodile Nachhirn 520, 526, 539. Nackenbeuge 506. Nackthund 29%. 40) 626 NAEF 138. Nägel 313. v. NAEGELI 30, 34. Narval 141. Natternhemd 228. Naucrates 154. Nautilus 84, 464 ff., 469, 470. Nebennieren 90. Neencephalon 511. Nematoden: Haut 172, Lit. 605; Nervensystem 403, Lit. 612. Nematomorpha 403. Nemertinen: Nervensystem 398, 399, Lit. 612. Neodarwinismus 8. Neopallium 531, 545, 551. Nephrops 140. Nereis 408, 410—415. Nervengewebe 120 ff., 604. Nervensystem: diffus 373, zentralisiert 378, Medusen 384, Echinodermen 384, Plattwürmer 392, Nema- toden 403, Anneliden 407. Arthropoden 415, Mollus- ken 442, Histologie 120, Leitung der Erregung 127, Cyclostomen 523, Fische 527, Amphibien 559, Rep- tilien 543, Vögel 547, Säuger 550, Lit. 611 ff. Nervus abducens 583. - accessorius 503, 589. acusticus 586. collector 501, 502. facialis 585. — femoralis 502, 504. glossopharyngeus 587. hypoglossus 456, 500, 589. ischiadieus 502, 504. medianus 501. obturatorius 502, 504. oculomotorius 583. olfactorius 580. opticus 582. radialis 501. recurrens 585. terminalis 530, 552, 582. trigeminus 584. trochlearis 583. ulnaris 501. — vagus 587. Nesselzellen 166. Netzknorpel 102, 103. Neuraldrüse 479. Neuralleiste 476, 477. Neurilemm 122, 400. Neurobiotaxis 512, 579. Neurochorde 123, 400, 414. Neuroglia 127, 477. Neuron 45, 121ff., 371, Ur- sprung 375. Neuropil 121. Neuropilem 431. Lit. Register. Neuroporus 476, 504, 505. Nucleobiont 31. Nucleolus 39. Nucleus 38 ff. Nucleus amygdalae 560. — caudatus 560. — cuneatus 522, 561. dentatus 561. geniculatus 534, 568, 582. gracilis 522, 561. lentiformis 560, 567. ruber 535, 568. Oculomotorius 583. Octopus 348. Oekologie 2, 4. Ohrendrüsen, Vögel 282. Oikoplasten 190. Olfactorius 580. Olive 552, 569. Ommastrephes 101, 471. Oneidium 468. Opalina 131. Opisthobranchier, Nerven- system 457, Lit. 615. Opisthocomus 251. Ophiuren, Nervensystem 386, 388. Ophrydium 152. Opticus 582. Organelle 37. Organgröße 49. Organologie 162. Orthevolution 10. Orthogenese 11. Orthoselektion 11. ÖOrnithorhynchus 288, 321, 552, 555, 556. Össein 103. Össifikation der Fischhaut 214. ı Ostein 201. Östeoblasten 104. Östeoidgewebe 108. Osteoklasten 104. Ostracum 188. Östraea 115, 138, 187. Oxychromiolen 40. Paguriden : Asymmetrie 139, Mutualismus 154. Paiaeencephalon 511. Palaeodictyopteren 363, 364. Palingenese 10. Pallium 511, 528. Palolo 155. Paludina 456. Palythoa 341. PANDER 202. | Panniculus adiposus 287. Panspermie 30. Panzerwelse 214. PARACELSUS 28. Paradiesvögel 271 ff. Paramaecium 137. | Paramer 132. Parapinealorgan 524. Paraphyse 513, 532. Paraplasma 37. Parasitismus 154. Parasympathicus 59. Parencephalon 513. Parenchymella 76. Parhomologie 504. Parietalorgan 513, 524, 525. Parra 249, 253. PASTEUR 30. Patagium 358. Patella 87, 187. PAULY 29. Pecten: Bewegung 346, 349, Schließmuskel 110, 115, Asymmetrie 137, 138, Nervensystem 448, 458. Pedunculus cerebri 568. Pentaceros 139. Pentactaeatheorie 392. Perichondrium 100. Periost 104. Periostracum 184, 188. Perlen 187. Perlausschlag 207. Perlmutter 184. Petromyzon 119, 195, 338, 513, 524. Pflanze und Tier 17, Lit. 599. Pflanzen: Zelle 16, Indi- viduen 153. Phäophoren 97. Phagocyten 77. Phallusia 190. Phascolaretus, Gehirn 556. Philhetaerus 157. PHiILıppson 512. philosophische Zoologie 3. Phoca 156. Phoenicopterus 262. Phronima 43. Phrynosoma 99. Phyllium 883. Phyllobates 156. Phylogenie 2, Regeln 1%, Muskeln 114, Ganglien- zellen 124, 375, Gewebe 128, Bilaterien 134, Meta- merie 146, Schuppen 215, Schildkrötenpanzer 244, Vogelschnabel 257, Federn 282, Haare 309, Haut- drüsen 317, Milchorgane 325, Flugorgane 360, In- sektenflügel 364, Echino- dermen 390, Arthropoden 441,Mollusken 446, Nerven- system 592, Nervensystem der Wirbellosen 473, der Wirbeltiere 572. Physalia 168. Physikalische Kräfte 21. | Physiologie 2, Lehrbücher 598. Pia mater 508. Pigmentfarben 277. Pigmentzellen 95, 96, 208, 247. Pilzkörper: Anneliden 411, 436, Arthropoden 455, 436 ff. Pinealorgan 513. Pınkvs 291. Pinna 187. Pinnotheres 154. Placoidschuppen 196. Planorbis 466. Plasmodesmen 73. Plasmodien 72. Plasome 34. Plastin 40. Plastosome 35. Platzgemeinschaft 154. Pleuronectiden 138. Plexus der Nerven 371, 373, 497 ff., 501. — chorioideus 512, 525. Prörtz 159. Pluteus 49. Podocoryne 150, 151. Poduren 354. Polycladen 392, 393. Polygordius 147. Polyodon 204. Polypterus 201. Pons Varoli 519, 552, 568, 569. Porphyrophoren 97. Praechordata 487, 488. Praecraniota 488, 573, 579. Praerhipidoglossum 445. Präselachier 574. IERATTELGI. PREYER 29, 30. Primordium hippocampi 523, 531, 541. Prismenschicht 184. Pristis 198, 199. Promitose 57, 58. Promorphologie 130 ff., Lit. 604. Prosencephalon 506. Prosobranchier, Nerven- system 452, Lit. 615. Prostomium 411. Proteide, Proteine 24. Protencephalon 418. Protenor 66. Proteus: Blut 78, Gehirn 542. Protisten 17. Protohydra 131. Protomere 34. Protomyxa 47. Protoplasma 33 ff., Lit. 599. Protopterus, Gehirn 533. Psalterium 560. Pseudometamerie 143. Pseudopodien 342. Pseudozitze 323. Register. psychische Erscheinungen 5, Amöbe 14, 26, 27. Pteridophora 271. Pterodieticus 312. Puderdunen 274. Pulex 352. Pulmonaten, Nervensystem 460, Lit. 615. Pulvinar 568. PURKINJE 33. Purkinjezellen 520, 537, 540. Pyramiden 569. Pyramidenkreuzung 521, 522. Pyramidenzellen 563. Pythia 464. Python, Afterklaue 237. RABL 62, 63. radialsymmetrisch 132, 153. Radulapolster 100, 101. Rädertiere 115, 152, 402. Raja 199. Rana, Haut 192. Ranviersche Schnürringe 125, 126. Ramphorhynchus 359, 360. Raummangel 136. Rautengrube 521. Rautenohr 539, 547, 549. RAY LANKESTER 75. Renı 30. Reduktionsteilung 65. Reflex 378, 379. Reflexbogen 379. Reflexketten 381. Regulation 19, 25. Reifeteilung 52, 53. REINCKE 29. Reiz 370. Reizbarkeit 18. Reizhemmung 381. Reizsummation 381. REMAR 71. Reptilien: 607; Nervensystem Lit. 619. Retortenzellen 205, 206. Rhabditen 170. Rhabdocölen 395. Rhammiten 170. Rhacophorus 355, 357. Rhinencephalon 552. Rhinoderma 156. Rhizopodenschalen 341. Rhizostoma 384. Riechlappen, Arthropoden 434. Riesenfasern (Amphioxus) 483, s. Neurochorde. | Rinde des Großhirns 511, | 512, 542, 547, 561, 568 ff. Rindenfelder 562 ff. Ringelung 142. Röhrenwürmer: Knorpel 100, Haut 227, Lit. 543. | Muskeln 114. 627 Rotatoria: Nervensystem 402, Lit. 613; Schwimmen 137, 334. Rudimentäre Organe 9. Rückbildung, Haare 305. Rückenmark 488 ff. Rückenmarksnerven 497. Rückenmarksseele 511. Rückstoß, Bewegung durch 344, Rüttelflug 369. Sacculina 146. | Saccus vasculosus 477, 481, 517, 538. Säuger: Haut 283ff., Lit. 608 ff.; Nervensystem 550; Lit. 619. Salamandra, Gallertgewebe 92, Chromatophoren 97, Haut 193, 221 ff. Salpen: Nervensystem 480. Salzgehalt des Blutes 33. Sarcode 33. Sarcolemm 116. Schaltzellen 371. Schaumstruktur 35. Schenkelporen 230. Schilddrüse 89, 90. Schildkröten 234, 235, 241, 242. Schläfendrüse 328. Schlängelung 350. SCHLEIDEN 33. Schleimgewebe 92. Schlundring 411. Schmetterlinge: Flügelepi- thel 83, Schuppen 181, 182. Schmelz 108. SCHNEIDER 29. Schöpfungslehre 29. Schuppen: Schmetterlinge 181, 182, Haie 197, Ganoi- den 201, Teleosteer 209, Dipnoer 214, Phylogenie 215, Stegocephalen 225, Cöcilier 226, Reptilien 231, Vögel250, Säuger 289. Schwämme 131, 150, 335, 334, 355, 356. SCHWANN 33, 71. u Scheide 125, 126. | Schwanzdrüsen 329. Schweißdrüsen 316. Schwimmen 355. Schwungfedern 275. Scleroblasten 198. Scorpaena 207. | SeuPIN 204. Scutigera 7, 436. Scymnus 529. Scyphomedusen , tion 146. Seele 511. Strobila- seelenblind 564. 40* 628 Segelflug 363. segelnde Tiere 356. Sehlappen, Arthropoden 434, 438. Selachier: Haut 196, Lit. 606; Nervensystem 529 ff., Lit. 618. SEMON 392. Sepia 101, 337, 348, 471. Serum 77. Sinneszellen, Entstehung, primäre, sekundäre 377, 318. Sinushaare 29. Sinus lactiferus 323. Siphonophoren 150, 168. Skelettorgane 330 ff., Lit. 610. Sklavenhaltung 154. Sklera, Tintenfische 100. Sklerodermiten 333. Skorpion 426. Sohlenballen 287. Solenoconchen 451. Solenogastres: Haut 182, 183, Nerven 443. Somation 8. Somiten 147, 577, 578. SPALLANZANI 30. Spannerraupen 347. Spermien 34, 59. Spezialisation 11. Spinalganglion 124. Spinax 197. Spinndrüse 58, 48. Spirorbis 142. Spirula 339. Sphäre 52. Sphenodon (Hatteria) 226, 232, 240, 513, 545. Spongilla 333. Sporen der Vögel 252. Sprachzentrum 504. Springen 354. Staaten 158 ff. Stabkranz 562. Stäbeheneuticula 81. Stacheln, Säuger 300. Stammbäume 10, niedrigste Organismen 32, Arthro- poden 442, Mollusken 446, Chordata 488, Craniota 573, Schildkröten 246, Schuppen 220. Stato-Acusticus 586. STEINER 512, 532, 545. Stegocephalen, Schuppen 225. STENDELL 483. Stenogyra 189, 467. Stentor 39, 154. Stinkdrüse 86, 329. Stirnplatte der Vögel 253. Stoffwechsel 18. STRASBURGER 62. Stratum corneum 191. Register. Strobilation 146. Strukturfarben (Feder) 277. Stützzellen 81. Subeutieularzellen 171. Submaxillardrüse 88. Sulei (Furchen) des Gehirns 557 ff. Supraorbitaldrüse 328. SWAMMERDAM 30. Symbiose 154. Symmetrie 130 ff., Lit. 604. Sympathicus: Anneliden 415, Arthropoden 441, fehlt bei Amphioxus 485, Wirbel- tiere 497, 589 ff., Lit. 617. Symphilie 154. Symplasmen 73, 74, 81, 82; Lit. 601. Synapsis 68, 69. Synceytium 72; Lit. 601. Syngnathus 156. Synoekie 154. | Systematik 2. Taenia 396, 398. ı Talgdrüse 59, 294, 316. Tardigrada, Nervensystem 418, Lit. 614. Tarsius 9, 312. Tasthaare 245. Tectum opticum 518, Tegmentum 518, 535, 535. 568. ı Tela chorioidea 520. Telencephalon 500. ' Teleosteer, Haut 193, 204 ff., Chromatophore 96. Telyphonus 426. Temnocephala 171, 396, 397. Terminalorgan 121, 125, 126. Termiten, Asymmetrie 139. Testudo 242 ft. Tetanus 111, 380. Tetrade 61, 68. THACHER 503. ' Thalamus 513, 567 (s. Zwi- schenhirn). ı Theridium 157. | Tractus, THIELE 138. Thrombocyt 80. Thymus 90. Tjalfiella 134, 135. Tierstöcke 149. Tonofibrillen 224. Tonus 111, 380. Torpedo 197, 539. Trabeculardentin 109, 200. verschiedene, des Gehirns und Rückenmarks 495, 496, 510, 519, 526, 534, 536, 541, 544, 561, 562, 570, 571. Tragfläche der Flügel 369. Trematoden: Haut 171, Lit. 5: Nervensystem 39, Lit. 612. Trichoplax 131. Trichosphaerium 57. Trieladen 39, 394, 395. Trigeminus 584, 592. Tritencephalon 418. Tritonia 463. Trochiden 100, 138. Trochita 458. ons 147, 406, 407, 477 Trochlearis 583. Trophoecyten 77. Trophospongien 35. Trygon 198, 199, 201. Trypanosoma 55. Tschitrea 280. Tuber cinereum 567. Tubifex 73. tubulöse Drüsen 87, 88. Tunicaten: Mantel 190, 191, Lit. 606; Skelett 331, Ner- vensystem 477; Lit. 617. Tunicin 190, 334. Turbellarien: Haut 170, 171, Lit. 605; Nervensystem 393, Phylogenie 134, Lit. 612, ' Uloborus 157. , Unterschied, Tier und Pflanze 12. | Unterschlundganglion 422. ua des Lebens (Meer) 32. Urmund 476. | Uromastix 232. Ursegmente 147. Urzeugung 30, Literatur 599. Vagus 587. ı Valleculla 547. | Valvula 535, 537. Variationen, parallele 7. Vaskularisation der Epider- | mis 222. Vasodentin 109. ı Velella 141. Velum transversum 513. | Ventrikel des Gehirns 510. ı Vererbung erworbenerEigen- schaften 8, s. Lamarckis- mus. ı Verhornung, Stratum cor- neum 193, 222, 284, 288. | verlängertes Mark 520, 526, 22539569, | Vernix 286. ı Verschlußleisten 81, 82. ı Versonsche Drüse 180. Vervollkommnung 11. ' vielkernige Zellen 71. | Vielzelligkeit 73. ı Vipera 232. | Vitalismus 4,5, 19f8., 4, Lit. 599. Vitrodentin 108. Register. Vögel, Haut 248, Krallen | WırLLıamson 217. 250, Sporen 252, Schnabel 254, Federn 265, Lit. 608; Flug 361, Lit. 611. Volvox 132. Vorderhirn 508 ff., 523, 527, 539, 544, 547, 552. Vorticella 39, 110. WOLFF 29, 483. Wollhaare 294, 301. X-Chromosom 64. Xenophyophoren 342, 343. Xenopus 194, 222. Xenoskelette 331, 340. Wale, Asyınmetrie 136, 142, | Zähne 109. Flosse 354. Wabenstruktur 35. Wachshaut 263. Wassergehalt der Tiere 23. WEISMANN 8. weiße Substanz 485 ff. WIESNER 34. Zellbestandteile 37. Zellgröße 48. Zelle einer Pflanze 16. zelliges Bindegewebe 92. Zellenlehre 33 ff., Lit. 599. Zellentheorie 71. Zellenzahl 50. 629 ı Zellulose 16, 190. , Zellverschmelzungen 71, Lit. | 601. Zentralkörper (Insekten- ' gehirn) 434. Zentren 50 ff., karyokineti- sche52, des Cytoplasma 53. | ZIEGLER 159. | Zirbeldrüse 513, 567. ı Zirbelpolster 513. Zitze 323. ı Zuckerflagellaten 17. Zweckmäßigkeit 19. | Zwischenhirn 512, 524, 532, 542, 545, 549. Zwischensubstanz 90 ff. ı Zygoneurie 453. =_e. fe H ” . or er 0 e Ah yirrsk: Rn Fa EN % .h ur Re a rer A unser hr Sat, A i a pur RT NE; th 2 HERE, BURTON Al ie Di eK u 4 Ei Atulad j A AkuR, we a & x ” "Allgemeine Zoologie _ und Abstammungslehre je Von Dr. Ludwig Plate Prof. der Zoologie und Direktor des phyletischen Museums an der Universität Jena Erster Teil: Einleitung, Cytologie, Histologie, Promorphologie, Haut, Skelette, Lokomotionsorgane, Nervensystem Mit 557 teilweise farbigen Abbildungen WE LE f R 5 NP} | RRNDE ER TERN N \ Jena Verlag von Gustav Fischer 1922 MG.ESTECHERTE | Al (ALFREDHAFNER) | NEW YORK]|} Verlag von Gustav Fischer in Jena. Die angegebenen Preise sind die im Juli 1922 gültigen ; für das Ausland erhöhen sie sich durch den vorgeschriebenen Valuta-Zuschlag. Die Preise für gebundene Bücher sind unverbindlich. Leitfaden der Deszendenztheorie. Von Dr. Ludwig Plate, Professor der Zoologie und Direktor des phyletischen Museums an der Univ. Jena. Mit 69 Ab- bildungen im Text. (Abdr. aus dem „Handwörterbuch der Naturwissenschaften“, Bd. 2.) II, 55 S. Lex. 8° 1913 Vergriffen Inhalt: 1, Allgemeine Bedeutung der Deszendenztheorie. — 2. Beweise aus der Systematik: Allgemeines. Artbegriff. Schwierigkeiten der morphologischen Artbegrenzung. Schwierigkeiten der physiologischen Artbegrenzung. — 3. Beweise aus der Paläontologie. — 4, Beweise aus der vergleichenden Anatomie. — 5. Beweise aus der Embryologie. — 6. Beweise aus dem Verhalten lebender Tiere. — 7. Theorien über Artbildung und organische Zweckmäßigkeit. — Literatur. Die 2., neubearbeitete Auflage ist in Vorbereitung. Monatshefte f. d. naturw. Unterricht, VII, 4: ... eine ausgezeichnete An- leitung für den Unterrichtenden, nach der er die Abstammungslehre in der Schule be- handeln kann. L. Hoffmann (Gießen). Neue Weltanschauung, 6. Jahrgang 1913, Nr. 5:_Die allgemein-verständlich gehaltene Schrift gibt einen kurzen, klaren Ueberblick über die wichtigsten Tatsachengruppen, die die Richtigkeit der Abstammungslehre für jeden unbefangen Urteilenden beweisen. Nach einer kurzen Erörterung der allgemeinen Bedeutung der Deszendenztheorie bespricht Plate der Reihe nach die Tatsachen, die sich für die Richtig- keit der Theorie anführen lassen, aus den Gebieten der Systematik, der Paläontologie, der vergleichenden Anatomie, der Embryologie, aus dem Verhalten lebender Tiere, wohin er die Tiergeographie, die Lehre von den Kulturrassen, die Experimentalformen und die ver- änderte Lebensweise rechnet. Ein Schlußkapitel handelt sodann von den verschiedenen Theorien über Artbildung und organische Zweckmäßigkeit. Natürlich konnten des be- schränkten Raumes wegen nur die wichtigsten und bekanntesten Theorien besprochen werden, nämlich der Lamarekismus, der Neolamarckismus, die Orthogenese Eimers, die Selektionstheorie Darwins, der Neodarwinismus Weismanns und de Vries’, die Lehre Nägelis und der Vitalismus in seinen verschiedenen Ausbildungen. Die Schrift ist als knappe Einführung in das Studium der Abstammungslehre und ihrer Hauptprobleme besonders Anfängern und Laien sehr zu empfehlen. Dr. W. B. Ultramontane Weltanschauung und moderne Lebenskunde. Orthodoxie und Monismus. Die Anschauungen des Jesuitenpaters Erich Wasmann und die gegen ihn in Berlin gehaltenen Reden. Herausgegeben von Prof. Dr. L. Plate. Mit 12 Abbild. im Text. 145 S. gr. 8° 1907. Mk 12.— Inhaltsübersicht: Einleitung. Von Prof. L. Plate. — I. Teil: Auszug aus den 3 Berliner Vorträgen des P. Wasmann (1. Vortrag: Die Entwicklungslehre als natur- wissenschaftliche Hypothese und Theorie. 2. Vortrag: Theistische und atheistische Ent- wicklungslehre. Darwinismus und Entwicklungslehre. 3. Vortrag: Die Anwendung der Deszendenztheorie auf den Menschen). Von L. Plate. — U. Teil: Der Diskussions- abend. Reden der Herren Geh. Rat. Waldeyer, Prof. L. Plate, W. Bölsche, Prof. Dr. Dahl, Dr. Friedenthal, Prof. Dr. von Hansemann, Grafen von Hoens- broeeh, Dr. Juliusburger, Dr. Plötz, Dr. Schmidt (Jena), Dr. Thesing. — Erwiderung des P. Wasmann (Germania-Bericht). — III. Teil: Schlußbetrachtungen. Von Prof. L. Plate. Danziger Zeitung, 20. Nov. 1907: Der Jesuit und Ameisenforscher Pater Wasmann hat in Berlin mehrere Vorträge gehalten, in denen er zu zeigen suchte, daß Abstammungslehre und ultramontane Weltanschauung sich vereinigen lassen. Im Anschluß daran und auf seinen eigenen Wunsch wurde ein Diskussionsabend eingerichtet, in dem es eine Anzahl namhafter moderner Biologen unternahm, auf die zahlreichen Widersprüche hinzuweisen, die aus einer Anerkennung der Deszendenztheorie einerseits und dem Glauben an Wunder und willkürliche Schöpferakte andererseits resultieren. Die vorliegende Schrift enthält die Vorträge Wasmanns im Auszug und die Reden der Gegner in vollständiger Wiedergabe. Der Herausgeber, Professor L. Plate, resumiert am Schlusse das Ergebnis in dem Satze, daß kein wahrer Naturforscher ein strenggläubiges Mitglied der katholischen Kirche sein kann. Die kleine Schrift gibt in ihrer Gegenüberstellung von Rede und Gegenrede ein fast quellenmäßiges Bild dieses Gegensatzes und ist des Interesses der gebildeten Laien in hervorragendem Maße würdig. Burschenschaftl. Blätter. 8.-8. 1907: .. . Die kleine Schrift ist für alle von Interesse, welche die treibenden Kräfte unserer geistigen Kultur und Entwieklung zu erkennen suchen. Lehrerzeitung f. Thüringen u. Mitteldeutschland, 1908, Nr. 2: Für solche, die sich zu derartigen Fragen hingezogen fühlen, unumgänglich nötig zu lesen. + Verlag von Gustav Fischer in Jena. Die angegebenen Preise sind die im Juli 1922 gültigen; für das Ausland erhöhen sie sich durch den vorgeschriebenen Valuta-Zuschlag. Die Preise für gebundene Bücher sind unverbindlich Das Werden der Organismen. Zur Widerlegung von Darwins Zufallstheorie durch das Gesetz in der Entwicklung Von Oscar Hertwig Berlin Dritte, verbesserte Auflage. Mit 115 Abbildungen im Text. XX, 686 8. gr. 8° 1922 I Mk 200.—, geb. Mk 265.— Inhalt: 1. Die älteren Zeugungstheorien. — 2. Die Stellung der Biologie zur vitalistischen und mechanistischen Lehre vom Leben. — 3. Die Lehre von der Artzelle als Grundlage für das Werden der Organismen. — 4. Die allgemeinen Prinzipien, nach denen aus den Artzellen die vielzelligen Organismen entstehen. — 5. Die Umwertung des biogenetischen Grundgesetzes. — 6. Die Erhaltung des Lebensprozesses durch die Generationsfolge. — 7. Das System der Organismen. — 8. u. 9. Die Frage nach der Konstanz der Arten. — 10.—12. Die Stellung der Organismen im Mechanis- mus der Natur. — 13. Das Problem der Vererbung. — 14. Der gegenwärtige Stand des Vererbungsproblems. — 15. Lamarckismus und Darwinismus. — 16. Kritik der Selektions- und Zufallstheorie. — 17. Zusammenfassung und Nachwort. — Sach- register. Biolog. Zentralblatt, 37. Bd., Nr. 3: ... ©. Hertwigs Buch, das so geschrieben ist, daß es auch dem gebildeten Laien zugänglich ist, wird jeder lesen müssen, der sich für allgemeine Biologie ernstlich inter- essiert, der Forscher wird die darin enthaltenen Hypothesen an seinen Befunden messen müssen, und die Geschichte der Abstammungslehre wird das Werk zu ihren wertvollsten zählen. P. Buchner. Naturw. Wochenschr., XVI, Nr. 26:... Wie Weismanns Vorträge über „Deszendenztheorie“, so stellt auch Hertwig’s „Werden der Organismen, einen Markstein in der Geschichte der Abstammungslehre dar. Nachtsheim. sachlicher Kritik näher. Die letzten Jahrzehnte haben fast nur schablonenmäßige Lobgesänge der ungeprüften Prinzipien eines übertriebenen Selektionismus gebracht; ein Buch wie das Werk Hertwigs ist wie ein Stoß frischer Luft durch nebel- graue, blickumflorende Weihrauchsschwaden, wie ein Blick in eine — hoffentlich nicht allzuferne — strenger prüfende Zukunft, F. Heikertinger. Als Ergänzung hierzu erschien: Zur Abwehr des ethischen, des sozialen, des politischen Darwinismus. Von Prof. Dr. Oscar Hertwig, Berlin. Zweite Auflage. V, 121 8. gr. 8 1921 Mk 38.— wa ’ re im Tierreiche 0 Von LT Dr. Johannes Meisenheimer ord. -Professor der Zoologie an der "Universität Leipzig. Geschlecht und Geschlechter I. Band: Die natürlichen Beziehungen. | Mit 737 Abbild. im Text. XIV, 896 S. Lex. 8°. 1921. Mk 360.—, geb. Mk 220.— KR Inhalt: 1. Gameten und Gametoeyten. (Die einzelligen Organismen.) — 2. Der Gametocytenträger.. — 3. Der Gametocytenträger 2. Ordnung. — 4. Zwittertum und Getrenntgeschlechtlichkeit. — 5. Ueber die Eigenart zwittriger Organismen. — 6. Die primitiven Begattungsformen. — 7. Die unechten Begattungsorgane (Gonopodien) und ihre Betätigung. — 8./9. Die echten Begattungsorgane. (I. Vorstufen, Anfänge und primitive Zustände, IL. Die komplizierten Zustände) — 10. Die Korrelation zwischen männlichen Begattungsorganen und weiblichen Empfangsorganen. — 11. Haftorgane, Greif- und Klammerapparateim Dienste geschlechtlicher Betätigung. — 12. Diespezifisch geschlechtlichen Reizorgane mechanischer Art und die Wollustorgane. '— 13./17.' Die Formen der 'geschlechtlichen Annäherung, die Methoden der Bewerbung und der Ge- winnung der Weibchen.‘ (I. Der Kontrektationstrieb und die’Mittel zu seiner Betäti- gung. 11. Die Vermittelung sexueller Annäherung und Empfindung durch den Tast- sinn. III. Die Produktion und Verwendung von Schmeck- und Riechstoffen im Dienste der geschlechtlichen Annäherung. IV. Die sexuellen Locktöne. V. Die ornamentalen Sexualcharaktere.) — 18. Die sexuellen Waffen. — 19. Die Hilfsorgane der.Eiablage — 20./21. Die Verwendung-des: elterlichen Körpers im Dienste der Brutpflege.-(1.”Die Gewährung von Schutz und günstigen Außenbedingungen. ‘II. Die Darbietung des Lebensunterhaltes.) —: 22. Stufen sexueller Organisationshöhe. — 23. Uebertragun spezifischer Geschlechtsmerkmale von Geschlecht zu Geschlecht. — 24. Herkunft und Ausbildung peripherer Geschlechtsmerkmale. — Literaturanmerkungen (73 $.) und Autorenyerzeichnis hierzu (9 S.). — Sachregister (30 S.). Frankfurter Zeitung, 21. Juni 1922: .. .. Ein vortreffliches Zeugnis von den Leistungen auf diesem Gebiete gaben drei in ihrer Art völlig verschiedene Werke .... Zunächst das Monumentalwerk ‚„Meisenheimer“ ..... Als Frucht vieljähriger 'gründlieher Studien liegt jetzt der stattliche, vom Verleger vorzüglich ausgestattete Band vor uns. In bisher nieht erreichter Weite und Tiefe überblickt M. die Gesamtheit der sexuellen Ausdrucksmöglichkeiten im Tierreiche, und so entrollt sich‘ vor dem Leser ein übersichtliches Bild von der schier unendlichen Mannigfaltigkeit geschlechtlicher Ge- staltung und Betätigung. Auch die so viel erörterten Probleme der menschlichen Sexua- lität werden von Meisenheimer mit in den Rahmen dieser stets das Ganze überschauenden Betrachtungsweise einbezogen und jedesmal an der Stelle besprochen, die ihnen in dem allgemeinen Komplex der mit der Geschlechtlichkeit zusammenhängenden Fragen zukommt. Der vorliegende 1. Band bringt im wesentlichen das von M. verarbeitete großartige Tatsachenmaterial zu der Frage, wie die äußere, morphologische, sexuelle Gestaltung. der Tiere auf Grund ihrer‘ physiologischen : Inanspruchnahme im Dienste der Geschlechts- betätigung zu verstehen: ist . ...:Die Vollständigkeit, mit der M. das riesige Material zusammengetragen und bewältigt hat, ist staunenswert..... Anzuerkennen ist auch «die' sorgfältige ‚Durcharbeitung des Literaturverzeichnisses . . . . a. Prof. Dr. E. Bresslau, Frankfurt. Münch. mediz, Wochenschrift, 1922, Nr. 10:.. . ein Werk, das sicher auf lange Zeit hin grundlegend sein wird. .Mit peinlichster Gewissenhaftigkeitwird alles behandelt, was auf die natürlichen Beziehungen der Geschlechter zueinander in allen Arten des Tierreiches Bezug hat. In'klarer, leicht verständlicher Weise, er läutert durch zahlreiche vorzügliche Abbildungen, werden die bisher ermittelten Tatsachen geschildert und an sie die Schlußfolgerungen angeknüpft..... Was.M. bringt, ist sachliche Darstellung, echte Wissenschaft. ... Das Buch ist wohl in erster Linie für den Forscher gedacht; ihm bringt es reichste Belehrung und ihm wird es dauernd ein wertvolles Nachschlagewerk sein... . H. Stieve. Frommannsche Buchdruckerei (Hermann Pohle) in Jena. kart ke, - ML ” ? 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