GESELLS AMTLICHER BERICHT über die fünfundzwanzigste Versammlung % der JAFT DEUTSCHER NATURFORSCHER UND ÄRZTE in Aachen im September 1847, herausgegeben von den Geschäftsführern derselben 1 ) P. J. MONHEIM und Dr. M. H. DEBEY. Mit sechs Steindrucktafeln. [7 » i AACHEN, Druck von J. J. Braurorr. 1849, VORREDE. Wir übergeben hiermit den längsterwarteten amtlichen Bericht über die 25. Versammlung der deutschen Naturforscher und Aerzte der Oeffentlichkeit und haben demselben einige wenigen Worte der Rechtfertigung oder doch der Entschuldigung wegen der langen Verzögerung der Herausgabe voranzuschicken. Die grofsen politischen Ereignisse der Jahre 18548 und 1849 haben nicht verfehlt, eine Nach- wirkung auf die Wissenschaft zu äufseren. Die Einsendung der einzelen Vorträge und die Aus- arbeitung der Sectionsprotokolle erfolgte so langsam und unvollständig und der Abdruck des Textes wie der Taleln wurde von so manchfachen und ungewöhnlichen Zwischenfällen unter- brochen, dafs es der Geschäftsführung unmöglich gewesen wäre, einen der ersten Jubelver- sammlung würdigen amtlichen Bericht zu veröffentlichen, hätte dieselbe mit Ablaul des ersten Jahres sich auf die Herausgabe des eben Vorhandenen beschränken wollen. Wir haben es vorgezogen, die hergebrachte Frist für die Herausgabe zu überschreiten und es dadurch möglich gemacht, einen Bericht zu liefern, der dem Umfang nach alle früheren übertrifft und nach Inhalt und Ausstattung wohl gegen keinen der vorangegangenen, auch von den am zahlreichsten besuchten Versammlungen, zurückstehen dürfte und hoffen daher, dafs derselbe auch jetzt noch einer günstigen Aufnahme sich erfreuen werde. Wir machen darauf aufmerksam, dafs die psychiatrische Section auf dringenden Wunsch der Mitglieder bereits im Jahr 1848 zur besondern Veröffentlichung der Redaction der neuen Zeit- schrift für Psychiatrie von Dammerow, Flemming und Roller übergeben und dafs von der um- fangreichen geologischen Section fünfzig Abdrücke mit drei Tafeln zur selbständigen Ausgabe bestimmt wurden. 5 Aachen, am 3. December 1849. i A: Pr [ Dr, MONHEIM. Dr DEBEY, Geschichte der Versammlung. Die 24. Versammlung der Gesellschaft deutscher Naturforscher und Aerzte in Kiel wählte in ihrer zweiten öffentlichen Sitzung am 22. September des Jahres 1846 die Stadt Aachen zum Sitz der 25. Versammlung und den Medizinal-Assessor Herrn J. P. J. Monheim zum ersten Geschäftsführer. Unter dem 29. September erfolgte von Seiten der Herren Geschäftsführer in Kiel, Professor @G. A. Michaelis und Staatsrath Dr. Scherk, die amtliche Anzeige hiervon an Herrn Dr. Monheim nebst dem Ersuchen, sich den zweiten Geschäftsführer selbst zu wählen. Zugleich wurde der- selbe durch Beifügung des Programms, der Eintrittskarte und des Tageblattes von dem Gange der letzten Versbmtlangih Kenntnifs gesetzt Herr Dr. Monheim suchte sofort die Genehmigung der hohen Preufsischen Staatsbehörden nach, welche unter dem 24. November durch nachstehendes Schreiben erfolgte : „Ew. Wohlgeboren eröffene ich auf die Anfrage vom 14. v. M., dafs der beabsichlig- ten Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte in Aachen von Slaatswegen nichts entgegensteht. Ueber den Zeitpunkt, zu welchem diese Versammlung Statt finden wird, wollen Sie dem Herrn Ober-Präsidenten Eichmann Anzeige machen.“ Berlin, den 14. November 1846. Der Minister des Innern, (gez.) Bodelschwing. An den.Herrn Medizinal-Assessor Dr. Monheim Wohlgeboren zu Aachen. Herr Dr. Monheim wählte darauf den Herrn Dr. Debey, praktischen Arzt und Wundarzt in Aachen, zum zweiten Geschäftsführer und es erfolgte sofort unter dem 27. November die erste amtliche Ankündigung und Einladung zur Versammlung in der Aachener Zeitung wie folgt: » Aachen, den 27. November. Die Versammlung der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Aerzte hat in ihrer 24. Versammlung in Kiel'am 22. September d. J. die Stadt Aachen zum Versammiungsort für das Jahr 1847 'erwählt, und so eben ist die Genehmigung hiezu von Seiten der "hohen Preufsischen Staatsbehörden eingegangen. — Aachen ist, vorzugsweise durch die Verwendung des Herrn Oberbergrathes Professor Nöggerath aus Bonn, der schon auf der Ver- sammlung in Nürnberg im Jahr 1845 kräftig das Wort dafür nahm die ausgezeichnele Elre zu Theil geworden die 25., also die erste Jubelversammlung eines der 'grofsartigsten Institute . * u des wissenschaftlichen Lebens in Deutschland zu feiern. Durch seine Lage, wie seine Heil- quellen und historischen Erinnerungen ein Berührungspunkt der gröfsten und geisligregsamsten Nationen Europa’s, der Deutschen, Französischen, Belgischen, Holländischen und Englischen, dürfte Aachen sowohl angelegentlich aufgefordert, wie vorzugsweise geeignet seyn, der Fürstin unter den Wissenschaften der neueren Zeit eine würdige Feier zu bereiten. Die berühmten Heilquellen von Aachen und Burtscheit, die interessanten geognostischen Verhältnisse der Grau- wacke, des Steinkohlengebirges und der ihnen unmittelbar auflagernden Kreideformation; die namentlich noch in der jüngsten Zeit aufgefundenen äufserst seltenen und bis dahin unbekannten urweltlichen Thier- und Pflanzenreste; die nicht minder merkwürdigen Ergebnisse des Berg- baues an seltnen oryktognostischen Vorkommnissen; die reiche Flora, welche über ein Viertel der gesammten Deutschen beträgt; endlich die höchst schätzbaren entomologischen Sammlungen : dies, in Verbindung mit einer schönen vielgestaltigen Natur der Landschaft lassen uns hoffen, dafs der Besuch unserer Versammlung ein sehr belohnender und von langedauernder Nacherin- nerung sein werde. Andererseits dürfen wir dagegen unsere lebhaften Wünsche aussprechen, dafs sie als Jubelversammlung durch die Gegenwart der Koryphäen der Naturwissenschaften von keiner der vorigen an Glanz übertroffen werden möge. Die Unterzeichneten, denen die ehrende Aufgabe zu Theil geworden ist, die Leitung der Geschäfte zu übernehmen, werden mit allem Eifer bemüht sein, theils die Unterstützung der Hohen Staats- wie der Stadt-Behörden zu beantragen und theils durch eigene Bestrebungen wie durch die Mitwirkung eines im Laufe der Frühjahrs nach Beendigung der nöthigsten Vorarbeiten zusammenzuberufenden Ausschusses zur würdevollen Feier der Versammlung beizutragen. Sie behalten es sich vor, im Laufe des Sommers des künftigen Jahres ausführlichere Mittheilungen über Zeit und Abhaltung der Ver- sammlung in den wissenschaftlichen und Tagesblättern zu veröffentlichen. Den in der Versamm- lung zu Kiel gemachten Anträgen werden dieselben möglichst zu entsprechen sich bemühen, bitten dagegen angelegentlich alle fernern Vorschläge und Einsendungen sehr frühzeitig an sie gelangen zu lassen und ersuchen ins Besondere alle mit Naturwissenschaften sich Beschäfti- gende, Bergwerksbesitzer u. a. im Landkreis und Regierungsbezirk Aachen und in der ganzen Rheinischen Provinz, das was ihnen im Laufe des Jahres von beachtenswerthen naturhistorischen Vorkommnissen begegnet, einsenden zu wollen. Die Geschäftsführer , Dr. J. P. J. Monheim. Dr. Debey. Aehnliche Anzeigen wurden der Allgemeinen Preufsischen Staatszeitung und der Augsburger allgemeinen Zeitung übergeben. Die Geschäftsführer waren darauf in den Wintermonaten bemüht, die nöthigsten Vorarbeiten zu treffen und im Besonderen wurde auf den Wunsch der Versammlung in Kiel der Gründer der Gesellschaft, Herr Professor Oken, der Zeit in Zürich, zur ersten Jubelfeier angelegentlich ein- geladen. Zugleich wurde derselbe von zweien eine Abänderung in den Statuten betreffenden Vorschlägen in Kenntnifs gesetzt, auf die wir weiter unten ausführlich zurückkommen werden. Leider war die unter dem 28. Mai erfolgende Antwort des hochverehrten Nestor’s unserer Wissenschaft eine ablehnende. vn „Hochgeehrte Herren! — so lautete dieselbe — Sie laden mich auf eine so herzliche Art zu der Versammlung ein, dafs es mir in der That leid thut, Ihnen nur meinen Dank dafür aussprechen zu können. Ich erkenne vollkommen, dafs diese Versammlung als eine Art von Jubel-Versammlung wichtiger als die anderen ist, welche Wichtigkeit noch da- durch vermehrt wird, dafs sie in der ersten Kaiserstadt dieses Jubiläum feiert, wo die alten und grofsen Erinnerungen gewifs wohlthätig auf den Eifer und die Vorsätze der Theilnehmenden wirken werden, wo auch von Seiten der Stadt selbst nach der Ueber- zeugung aller Gelehrten Deutschlands mehr als das Nöthige geschehen wird, um die Zwecke derselben zu befördern und Ihnen den Aufenthalt lehrreich und angenehm zu machen. Ich habe die Gründe, warum mir der Besuch der Versammlung nicht mehr wohl möglich ist, auseinander gesetzt in der Antwort auf die Einladung der Herren Geschäftsführer von Kiel, und ich halte es daher am geeignetsten, Ihnen davon eine Abschrift mitzu- theilen, wodurch Wiederholungen vermieden werden.‘“ (Siehe amtlicher Bericht der 24. Versammlung in Kiel 1847 S. 126). Unterdefs war der Frühling herangekommen und mit ihm die Zeit einer frischen Thätigkeit für unsere vielversprechende Versammlung. Die Geschäftsführer beriefen daher auf den 5. Mai sämmtliche Aerzte, Pharmazeuten und Mitglieder des rheinischen naturhistorischen Vereins, ferner die Spitzen der Regierungs- und Stadt-Behörden, die Directoren der höhern Lehr-An- stalten, sowie die Vorstände der Gesellschaft für nützliche Wissenschaften und Gewerbe, der Erholungsgesellschaft und des Casino’s zu einer Besprechung über die Vorbereitungen zur Ver- sammlung. Unmittelbar vorher war eine Anzahl von Fachgenossen und Mitbürgern von Seiten der Ge- schäftsführer ersucht worden, die Leitung der einzelnen Ausschüsse sowohl während der vor- bereitenden Berathungen wie während der Versammlung zu übernehmen. Für den wissenschaft- lichen Theil wurden drei Ausschüsse gebildet, welchen theils die Anordnung der Sections-Ge- schäfte und die Einführung der Fremden in die von ihnen beliebten Sectionen (s. das Programm, Anlage D) theils die Anordnung der Sammlungen, theils endlich die Redaction des Tageblaltes während der Versammlung oblag. — Aufserdem bildete sich ein Festausschufs aus den Hono- ratioren der Stadt, an den sich in der Folge ein von Seiten des Gemeinderaths gewählter Aus- schufs für das von der Stadt gegebene Festessen anschlofs. Gegenstand der vorbereitenden Berathungen war vor Allem die Ermittelung zweckmäfsiger Räume für die allgemeinen und Sections-Versammlungen. Der für die ersteren geeignete Kai- sersaal des Rathhauses erwies sich wegen der seit Kurzem begonnenen Neubauten gänzlich unbrauchbar und die Erholungsgesellschaft erbot sich daher ihren grofsen und glänzend ausge- statteten Gesellschaftssaal während der acht Tage der Versammlung gegen angemessene Vergü- tung sowohl zu den allgemeinen wissenschaftlichen Versammlungen wie zu den gesellschaftlichen Zusammenkünften zur Benutzung zu stellen, was von Seiten der Geschäftsführer angenommen wurde. — Zu den Sectionsversammlungen wurden die zahlreichen und sehr geeigneten Räume der Gesellschaft für nützliche Wissenschaften und Gewerbe unter ähnlichen Bedingungen zuge- sichert und es dürfte kaum eine Einrichtung bestanden haben, die sich später so zweckmälsig vn erwies wie die Vereinigung sämmtlicher Sectionen in einem Gebäude, das während der Ver- sammlung zugleich in der entsprechendsten und geschmackvollsten:Weise im Sinne des Festes geschmückt war. Beide Gesellschaftsräume boten zugleich die nöthigen Einrichtungen für die anderweiligen Zusammenkünfte, für die abendlichen Feste, die Concerte, Bälle u. 's. w. dar, und so war einer der schwierigsten Anforderungen entsprochen. Ein fernerer Gegenstand der Sorge bestand in der Beschaffung hinreichender Wohnungen zu angemessenen Bedingungen und wurden daher sowohl an Private wie an die Wirthe etwa zwei Monate vor der Versammlung die nöthigen Anfragen gestellt. In Folge defs ward eine Anzahl von Privatwohnungen gastfrei angeboten und eine grofse Zahl gegen Miethe. Theils aber die geringe Zahl von Fremden, theils die von Seiten der Wirthe gestellten sehr billigen und aner- kennungswerthen Bedingungen scheinen die Veranlassung gewesen zu sein, dafs von den Pri- vatwohnungen nur sehr wenige benutzt wurden, ungeachtet dieselben in einer sehr zweekmäfsig geordneten Uebersicht auf dem Rathhause beim Anmeldungsausschufs zur Einsicht offen lagen. Die unterdefs vom Ausschufs für die Sammlungen gemachten Gesuche an die Rheinischen und Westphälischen Oberbergämter und Bergämter, so wie an die Bergwerksbesitzer der Umgebung von Aachen um Einsendung der wichligsten mineralogischen, geognoslischen und palaeontolo- gischen Vorkommnisse blieben ohne Erfolg und wir mufsten uns daher auf die hiesigen im Gebiete der Entomologie, der Geognosie, Palaeontologie und Mineralogie allerdings nicht unbe- deutenden Privatsammlungen beschränken, die in der That auch das Interesse der Gäste in hohem Grad in Anspruch genommen haben. Unter dem 13. Juni erfolgte von Seiten des Herrn Professors Dr. Fichte aus Tübingen die Anfrage, ob die bevorstehende Versammlung der Deutschen Philosophen mit der Versammlung der Deutschen Naturforscher und Aerzte in Aachen für dieses Jahr gemeinschaftlich tagen könne, um sich für die Folge selbstständig zu constituiren. Der Wunsch ging im Besonderen dahin, dafs Erstere nur an.den allgemeinen Versammlungen der Letzteren sich betheiligen, für ihre eigenen Berathungen aber einen besonderen Saal von mäfsiger Gröfse in Anspruch nehmen könnten. — Das Schreiben wurde in nachstehender Weise vom zweiten Geschäftsführer beant- wortet : „Euer Wohlgeboren ertheile ich auf Ihr geehrtes Schreiben vom 13. Juni "nach Be- sprechung mit dem ersten Geschäftsführer Herrn Dr. Monheim die gewünschten Aufschlüsse über die im September bei uns Statt findende Naturforscherversammlung. Gleich in der ersten Zeit nach der Wahl Aachens zum diesjährigen Versammlungsort halten wir beschlossen, eine besondere Section für Anthropologie und Psychiatrie anzu- ordnen, theils um dem Wunsche eines grofsen Theiles der in Kiel versammelt gewese- nen Aerzte zu entsprechen , theils um dem bis dahin auf den Naturforscherversamm- lungen nur untergeordnet beachteten, höchst wichligen Zweige unserer Wissenschaft, der Anthropologie nämlich, denjenigen Aufschwung in unserm Vaterlande wieder zu ver- schaffen, den sie zur Zeit des Erscheinens der Nasse’schen Zeitschrift für Anthropologie und psychische Aerzte gehabt. ' Der von Deutschlands Philosophen ausgesprochene Wunsch, in ausgedehnterem 'Maalse IX bei der 'Naturforscherversammlung sich zu betheiligen, hat daher, uns allen unbewulst, bereits die zweckmälsigste Vorbereitung zu seiner Verwirklichung erhalten. Wir werden die Ehre haben ein der zu erwartenden Frequenz der Mitglieder entsprechendes Local einzurichten. — Was die für die Sectionsversammlungen anberaumten Tagesabschnitte betrifft, so werden wir diese nach dem bereits feststehenden Plane in die Tagesordnung aufnehmen. Da diese Zeiten jedoch für Sie nicht ausreichen mögten, so würden Sie bei Ihrer gröfsern Unabhängigkeit von den eigentlichen naturwissenschaftlichen und medizi- nischen Zweigen keineswegs behindert sein, Ihren Seetionsversammlungen theils zweck- mäfsige Unterabtheilungen zu geben, theils die Versammlungszeiten ‚während Ihrer An- wesenheit in Aachen :beliebig zu bestimmen, so wie für die Versammlung des nächsten Jahres die vollkommene Selbständigkeit der Philosophenversammlungen festzustellen. — Das letztere würde wohl für diese Versammlung dem Inhalte Ihres geehrten Schreibens zu Folge noch nicht Statt finden und es würde somit auch die für eine selbständige Ver- sammlung erforderliche Genehmigung der Staatsbehörde nicht nöthig sein. Was die für die Versammlung der Naturforscher anberaumten Tage betrifft, so ist statutenmälsig der 18. September zur Eröffnung festgesetzt und bei dem langjährigen Festhalten an diesem Tage kann es uns kaum zuläfsig erscheinen, hievon abzugehen. Der Schluls fällt ‚auf den 25. September. Da,nun aber die von Ihnen bezeichneten Tage innerhalb dieser Frist liegen, auch am Sonnabend und Sonntag weniger wissenschallliche Verhandlungen als Excursionen naturwissenschafllicher Art in die nächste Umgebung Aachens Statt finden sollen, so mögte sich auch hierin für Sie kein Hindernifs ‚herausstellen. In Betreff der weitern Einrichtungen werden wir uns bemühen, sowohl Anzeigen in den Tagesblältern zu machen, wie frühzeitig die Programme an die Rectorate sämmtli- cher Deutschen Universitäten zur Mittheilung an ‚die betreffenden Herren zu senden. Aachen, den 24. Juni 1847. Eine Antwort erfolgte hierauf nicht und die Versammlung der Philosophen kam, wie bekannt, in Gotha zusammen. Ein Gesuch des Herrn Präsidenten Varrentrapp in Frankfurt a./M. in Auftrage der Gesell- schaft für das Gefängnifswesen, dahin laulend : es möge ‚die Naturforscherversammlung um mehre Tage ausgesetzt werden, weil die Gefängnifsgesellschaft um ‚dieselbe Zeit ihre Versamm- lungen in Brüssel halte und durch die Gleichzeiligkeit beiden Versammlungen Nachtheil bereitet werden könnte, mufste abgelehnt werden. Im Laufe des ganzen Jahres und besonders in. der letzten Zeil vor ‚der Versammlung waren nun ‚Einladungs-Anzeigen an ‘die bedeutendsten deutschen , schweizerischen , französischen , belgischen, holländischen ‚und englischen Zeitungen übergeben und von sämmtlichen ‚ausländi- schen Blättern unentgeldlich aufgenommen worden, was die Geschäftsführer mit Dank hier anerkennen. Es ergingen ferner Einladungen an sämmtliche noch lebenden früheren Geschäftsführer; fer- ner.an die medizinischen und nalurwissenschaftlichen Ablheilungen sämmllicher Universitäten Preufsens, an die Rheinischen und Westphälischen Oberbergämter und Bergämter, an die am X 11. und 12. August in Bonn versammelten Aerzte von Rheinland und Westphalen und an die naturwissenschaftlichen Vereine des Rheinlandes. Am 12. August erfolgte die Veröffentlichung des Programms ($. Anl. D in der Aachener und Kölner Zeitung und wurden Abdrücke desselben an sämmtliche deutschen Universitäten versandt. Zugleich wurde die Tagesordnung (S. Anl. ID jetzt mit Bestimmtheit festgesetzt und auf der Rückseite der Anmeldungs-Karte abgedruckt *). Noch immer war jedoch eine der wichtigsten Fragen, die finanzielle, nicht erledigt und un- geachtet frühzeitiger Anfrage erfolgte erst in den letzten Tagen vor der Versammlung von Seiten der Staatsbehörden die Zusicherung einer Summe von 2000 Thlrn. zur Verwendung für die wis- senschaftlichen Zwecke der Versammlung. — Ferner wurde in Folge eines von den Geschäftsfüh- rern an den Gemeinderatk der Stadt gestellten Antrages äuf Unterstützung der Versammlung am 17. August fast einstimmig beschlossen, eine noch näher zu bestimmende Summe zu diesem Zwecke auszuwerfen. Bei den späteren Berathungen über die Verwendung dieser Summe wurde in Vorschlag gebracht, ein durchaus einfaches gemeinschaftliches Essen mit kalten Schüsseln wie bei der Mainzer Versammlung zu veranstalten; den Fremden sodann ein Erinnerungsge- schenk an Aachen zu machen und endlich eine oder mehre Preisaufgaben über die naturwis- senschaftlichen und ärztlichen Verhältnisse von Aachen zu stellen und dadurch dem wissen- schaftlichen Zwecke der Versammlung vorzugsweise zu entsprechen. Die Abstimmung führte jedoch zu dem Ergebnifs, dafs von Seiten der Stadt ein glänzendes Festessen für etwa 600 Fremde gegeben werden solle, an welchem sich die Einheimischen gegen Zahlung von 4 Thlrn. betheiligen konnten. Ferner wurde beschlossen, sämmtlichen Fremden zur Erinnerung an Aachen und an das Fest ein schön ausgestattetes Heft von Stahlslichen, die merkwürdigsten Baudenkmale und die Umgebung Aachens darstelltend und von entsprechenden Dichtungen begleitet zum Ge- schenk zu machen und nachträglich ward für den Druck der Verhandlungen noch ein Zu- schuls von 300 Thlrn. bewilligt, so dafs sich die von der Stadt verwendete Summe auf unge- fähr 2600 Thaler beläuft. - Demnach wurden zwei allgemeine Miltagsessen angeordnet, das erste von Seiten der Stadt, am Mittwoch den 22. September und das zweite am Schlusse der Versammlung, am- Samstag Jen 25., an welchem letzteren Fremde wie Einheimische zu dem Preise von 1'/, Thlrn. Antheil nehmen konnten. Bei der begründeten Aussicht auf eine zahlreich besuchte Versammlung mulste zur Beschaflung des Raumes für diese Festessen die Ueberdeckung des Hofraumes der Erholungsge- sellschaft mit einem festen Dache vorgenommen werden. Diese kostspielige Einrichtung aber, ver- bunden mit der später als unbedingte Nothwendigkeit sich herausstellenden Gewährleistung für eine bestimmte Anzahl von Gedecken sind Umstände gewesen, welche die sonst so schöne und zweckmäfsige Einrichtung der allgemeinen Mittagsessen zu einem der unangenehmsten Gegen- *) Die aus vier Seiten bestehende kleine Karte trug auf einer Seite die eigentliche Anmeldungs-Karte, auf zwei anderen Seiten die Tagesordnung und die Preise der Waagen für verschiedene Fahrten und endlich auf der vierten Seite das Verzeichniss der Sehenswürdigkeiten der Stadt und Umgegend, so dass die Gäste das zu wissen Nöthigste stets zur Hand hatten. X stände für die Geschäftsführung gemacht haben, indem nämlich die Zahl der Gäste weit hinter den Erwartungen zurückblieb. Schon in der Versammlung zu Mainz haben sich die Geschäfts- führer veranlafst gefunden, sich über die Schwierigkeiten zu äufseren, welche diese allgemeinen Mittagessen bereiten und war man denselben dort nur durch die Anordnung einer höchst ein- fach besetzten Tafel zuvorgekonmen. Die Geschäftsführer der diesjährigen Versammlung können aber nicht umhin, ihre Nachfolger vor dem ferneren Festhalten eines so kostspieligen Luxus, wie es der durch die Festessen ver- anlafste ist dringend zu warnen, und theilen sie die Ueberzeugung mehrer ihrer Vorgänger, dafs eine grölsere Einfachheit der Versammlungen in Bezug auf die Festlichkeiten für die Zu- kunft nothwendige Bedingung sein müsse, wenn nicht der Zweck verloren gehen und den be- treffenden Städten und Geschäftsführern eine drückende Last bereitet werden soll. Unterdefs waren die Tage der Versammlung ganz nahe gerückt und am 16. September be- gannen die Einschreibungen in einem der Säle des Rathhauses. Auf Anralhen der Herren Ge- schäftsführer in Kiel war der Ort für die Einschreibungen nicht an der Eisenbahn-Station, sondern in Mitte der Stadt gewählt worden und wurde es dadurch möglich, sowohl eine grös- sere Ordnung aufrecht zu erhalten, wie stets eine hinreichende Anzahl von Herren zu gewinnen, welche mit dem Empfang und der Unterweisung der Fremden in Betreff der Wohnungen u. s. w. beschäftigt waren. — Daselbst befanden sich auch Listen zur Einzeichnung für die Excursionen und Mittagessen, zur Mittheilung der Wünsche einzelner Gäste u. dgl. und es wurde durch diese Einrichtungen sowohl den Geschäftsführern, wie den einzelnen Ausschüssen möglich , steis die Uebersicht über den Gang der Versammlung und der besonderen Vorkommnisse zu behalten, insofern sich eine solche aufserhalb der einzelnen Sectionen, nachdem diese ein Mal in Wirksamkeit getreten, noch nothwendig erwies. Die Zahl der Einzeichnungen je nach den einzelnen Tagen war folgende : Bis zum 18. September einschliefslich waren eingezeichnet. ........ ... 247 Am 19. m schnebentsich#ein. ud. ade. eeisieln a (3. u 0. 5 Dec, Nette ROHR CHOR dan jene Kiferirs . 87 „0 >21: “ er a REDE BASE EL „ 22. „ n RER LO cs DENE 7 | „1 28. 34 55 OO RO DE SDR FEIRE }) „24. 5 re I BOLD RE OR OST. » 25. 38 n ULEB. etyergearal. Nasen RE | ' Zusammen.......... 650 Darunter waren 358 Fremde und 292 aus Aachen. Von den Fremden kamen : AuUß Frankreich... ode. aaa se 32 „Holland. „oe... 048 Er. 2.0 28 „ Grofsbrittanien............ Sta 16 Zu übertragen...... 76 XH Uebertrag...... 76 aufiBelbiensiinnas sen. at 0 ar 13 3Dunemarkı sa lama 3. ach and „Rufsland. ua. 22... Mr nr % ee , altallen EHRT N 3 "Schweden nl Sr yrakrikan dr ee u u CZ CEEC) Zusammen........... 98 Auf ganz Deutschland...... 260 Summesccsenene... 358 Die Schweiz und Spanien waren gar nicht vertreten. Für die zahlreiche Theilnahme von Seiten ihrer Mitbürger finden sich demnach die Geschäftsführer zu besonderem Danke verpflichtet, während die Theilnahme deutscher Gelehrten, ohne Zweifel in Folge des gleichzeitigen Congresses in Venedig, wenigstens der Zahl nach weit hinter den Erwartungen für die erste Jubelversammlung zurückgeblieben ist, wenn man erwägt, dafs die Mainzer Versammlung nur 206 Einheimische und nah an 700 aus dem übrigen Deutschland; die Nürnberger 89 Einheimische, 17 Ausländer und 341 aus dem übrigen Deutschland; die Kieler Versammlung endlich 137 Einheimische und nah an 300 Fremde aus Deutschland zählte. Wir finden es daher unrecht, wenn die botanische Zeitung in ihrem Bericht über die Aachener Versammlung die deutschen Botaniker damit tröstet, dafs sie bei der Versäumnils jener Ver- sammlung nicht viel verloren hätten. Die Botaniker mag diese Selbstrechtferligung beruhigen, für das nationale Institut klingt sie jedoch wenig erfreulich. Am Vorabend der ersten allgemeinen Versammlung vereinigten sich die bereits Eingeschrie- benen sectionsweise in den Sälen der Gesellschaft für nützliche Wissenschaften und Gewerbe und mehre Sectionen traten schon in’s Leben. Sonnabend den 18. September Morgens um 10 Uhr wurde die Versammlung feierlich eröffnet durch den ersten Geschäftsführer, Herrn Dr.-Morheim. Festliche und wissenschaftliche Reden nahmen die Aufmerksamkeit ‚der Zuhörer. würdig in Anspruch. — Der übrige Theil des Tages verging theils mit gegenseitigen Bewillkommnungen der Gäste, theils. mit kleinen. ‚Spaziergängen in der Umgebung der Stadt, theils mit der vollständigen Organisation der Sectionen. Am kommenden Sonntage wurden die Bäder von Aachen und Burtscheit von den Aerzten, die reichen Sammlungen von den Naturforschern besucht und am Nachmiltage unternahmen die Geologen eine Wanderung in die nächste Umgebung der Stadt, um die Anknüpfungspunkte für die in der Section über das Aachener Gebiet zu hallenden Vorträge zu gewinnen. Ein ausgezeichnetes Concert der Schwestern Milanollo erfreute die Gäste für den Abend und späler vereinigten sich dieselben iheils in der Erholungs-Gesellschaft, theils in der Gesellschaft für nützliche Wissenschaften uud Gewerbe zu freundlicher Unterhaltung. ’ Die beiden letztgenannten Orte. bildeten von jetzt an die Haupivereinigungspunkte für die li Abende während der ganzen Dauer der Versammlung und es schienen die dortigen Einrichtun- gen den Gästen besonders zweckmälsig und zusagend. Mit dem 20, September, Montags, begannen die Sectionsversammlungen. Die meisten Sectio- nen blieben in der im Programm angeordneten Weise bestehen. Nur die beiden Sectionen für Mathematik, Astronomie und Mechanik und für Physik, Chemie und Pharmazie vereinigten sich wegen zu geringer Zahl der Mitglieder in jeder einzelen in eine gemeinschaftliche Section, was jedoch nach dem Zeugnilse vieler mit manchfachen Uebelständen verbunden war. Zweckmäflsig dürft’ es für die Zukunft erscheinen, die Physik mit der Mathematik zu vereinigen und Chemie und Phar- mazie zu einer Section zu verbinden, — Die in der Tagesordnung für die Sectionsversammlun- gen festgesetzten Zeiten wurden nur im allgemeinen beibehalten, zu Mal da wegen der Be- quemlichkeit der räumlichen Einrichtungen sämmtliche Sectionen unter einem Dache sich be- fanden und daher sowohl den Sectionen im Ganzen möglich war, ihre Versammlungszeiten beliebig zu bestimmen, wie den einzelnen Mitgliedern, verschiedenen Sectionen je nach Wunsch inner- halb kurzer Zeit beizuwohnen. — In den meisten Sectionen, vor allen in denen für Psychiatrie, Zoologie und Geologie entwickelte sich eine besondere Ausdauer und Thätigkeit, und nament- lich hielten die beiden letzteren an mehren Tagen zwei Versammlungen. In den kleinen Pausen zwischen den einzelen Sectionsversammlungen erfrischten sich die Mitglieder in dem grofsen Gesellschaftssaale des Gewerbevereins an einer reichbesetzten Frühtafel. Die zwischen den Sectionsversammlungen freie Tageszeit wurde zum Besuch der Freunde und der Sehenswürdigkeiten der Stadt verwendet. Insbesondere halte der Hochwürdige Clerus des Dom-Slifts gestattet, dafs den Fremden blofs gegen Vorzeigung der Eintrittskarte zur Naturforscherversammlung die altehrwärdigen Reliquien und der Domschatz der Karolingischen Krönungskirche an jedem Wochentuge Morgens von 7'/,—9', Uhr und von 11—2'/, Uhr Nachmittags gezeigt wurden, wofür die Geschäftsführer hiemit ihren besonderen Dank aussprechen. Zu den Glanzpunkten der Versammlung gehörten ferner die beiden Excursionen der geologisch- mineralogischen Section, an welchen sich auch Mitglieder anderer Sectionen betheiligten. Für das Nähere verweisen wir auf die Berichte der genannten Section S. 220 u. 258. Die beabsich- tigte gröfsere Excursion der Geologen und Paläontologen nach den reichen Kreidepetrefacten- Lagern von Valkenberg und Maestricht konnte wegen Mangel an Zeit nicht ausgeführt werden; ‚es hat aber ein Theil der Anwesenden diese sehr belohnende Reise nachträglich a SR ER und reiche Schätze zierlicher Corallen in die Heimath entführt. Die meisten übrigen der in der Tagesordnung (S. Anlage ID erwähnten Festlichkeiten kamen nahezu in der dort angefübrten Reihenfolge zur Ausführung. Zwei grofsarlige, glänzende Abendfeste mit Bal und musikalischer Unterhaltung wurden : das eine am Montag den 20. von der Gesellschaft für nützliche Wissenschaften und Gewerbe; das andere als Schlufsfest der Erholungs-Gesellschaft am Sonntag den 26. September gegeben. Aufserdem fanden fast jeden Abend musikalische Unterhaltungen Statt, von denen die Concerte der Concordia und der Liedertafel und das Concert des Herrn vor Turanyi dem ofthewährten Ruhm des Aachener Gesanges neue Lorbeeren erndleten. > 8 XIV Endlich verherrlichte noch die Mitte der Versammlungszeit das von der Stadt den Fremden gegebene überaus reiche Festessen, am Mittwoch den 22. September, wo köstliche Weine in Fülle flossen. Den Schlufs bildete das Festessen am Samstag den 25. September. Beide zeich- neten sich durch Heiterkeit und geistreiche Trinksprüche aus, mit denen frohe und sinnige Lie- der abwechselten. Zu den schönsten gehörte das von Herrn Wagemann, unserem ausgezeichne- ten Bassisten, nach einer alten Melodie vorgetragene Lied unseres seitdem verstorbenen, aber in der Reihe deutscher Dichter fortlebenden Mitbürgers, Canonieus Dr. Wilhelm Smets : An die Gäste. Ihr hebt den Blick zur Sonn’ empor Und messet ihre Ferne, Und leihet willig Euer Ohr Dem Sphärensang der Sterne, Und mit des Forseher's Geist durehdringt Ihr Berg’ und Meerestiefen, 1: An’s Lielt des Wissens Schätze bringt Die noch verborgen schliefen, 27: Gesetz und Art der Dinge strebt Ihr sicher aufzulinden , Und was da wächst und schwebt und lebt Ihr sucht es zu ergründen. Doch wie in Allem Sein vom Schein Ihr Euch bemüht zu trennen, 1: Bu’r Höchstes bleibt : des Menschen Sein Und Wesen zu erkennen. :y: So gingen die Tage der ersten Jubelversammlung der deutschen Naturforscher und Aerzte in Aachen vorüber, Tage der Blüthe für die Wissenschaft, in denen sie sich darbietet in ihrer anmuthigen und gewinnenden Gestalt und die Geister weckt zur Theilnahme an der ernsten und mühsamen Thätigkeit, die ihre gewöhnlichen Wege bezeichnet. Dafs diese Blüthe zur gedeihlichen Frucht reifen werde, ist unsere Hoffnung. Möge ein Jeder unter uns mit dem griechischen Weisen sich zu rufen : Cur somno inerti deseram patriae deeus? dann ist das Ziel nicht mehr weit. Der Stolz des Bürgers, für die wissenschaflliche Ehre seiner Vaterstadt zu wirken, ist eine Schwäche, die nur von denjenigen nicht verziehen wird, die keinen Bürger- sinn haben und keiner wissenschaftlichen Erhebung fähig sind. Allgemeine Sitzungen. ERSTE SITZUNG. Sonnabend, den 18. September 1847. Morsens gegen 11 Uhr eröffnete der erste Geschäftsführer Dr. Monheim im Festsaale der Er- holungsgesellschaft die 25. Versammlung der deutschen Naturforscher und Aerzte mit folgender Rede : „Durch Ihren Willen, meine Herren! zu einer Würde berufen , unter deren Schwere ich er- liegen müfste , wenn nicht Ihre Nachsicht und die von meinen Freunden mir gebotene Mithülfe mich aufrecht erhielten, heilse ich Sie alle aus ganzer Seele willkommen. Ja tausendmal willkommen in der alten ehrwürdigen Kaiserstadt, an deren Geschichte so manche welthistorische Erinnerungen sich knüpfen, — die 36 Krönungen , 17 Reichstage , 10 Kirchen- versammlungen,, 3 Friedensschlüsse und einen grolsen Monarchenkongrefs nachweiset, die vielen anderen hier stattgehabten minderwichtligen Ereignisse ungerechnet, die aber immer noch von solcher Bedeutung sind, dafs allein deretwegen jede andere Stadt schon einen gewissen Rang für sich beanspruchen würde. Gehen wir nun von der Geschichte des Ortes zum Orte selbst und dessen Umgebung über, welche Glanzpunkte bieten sich dann wieder unseren Augen dar! wir erblicken weltberühmte Thermalquellen , eine ansehnliche Flora und Fauna , eine blühende reichhaltige Agrikultur, be- deutende Zink-, Blei-, Eisen- und Steinkohlenbergwerke, eine ‚an Petrefacten reiche Kreidefor- malion, grofsartige Hüttenwerke , Maschinenfabriken und Walzwerke, eine kunstreich angelegte Eisendrathfabrik, zahlreiche Wollentuch-, Nähnadel- und Stecknadelfahriken , viele Fabriken anderer Art, prachtvolle Denkmale der älteren Baukunst : die Münsterkirche , — das Rathhaus ; kurz! Natur, Industrie und Kunst haben gleichsam gewelteifert, auch ihrerseits Aachen zu einer Stadt ersten Ranges zu erheben, in welcher'nun auch seit einigen Jahren die Wissenschaft ihren Sitz aufzuschlagen begonnen hat, welcher letzterer Umstand ihr dann auch die nicht geringe Auszeichnung zugezogen hat, vom naturforschenden Vereine der Preufsischen. Rheinlande zur Wahrerin und Pflegerin seines Museums auserkohren zu werden. Mit Stolz darf hier auch der Landkreis Aachen auf den dahingeschiedenen bescheidenen Meigen hinweisen, der, halb unbe- ‚kannt und unbeachtet, im benachbarten Flecken Stolberg die Nalurwissenschaften mit so glän- 1 Ze) - zendem Erfolge betrieb, wie dann auch Stolberg und Aachen in den verstorbenen Aerzien Kortum , Lesoinne , Reumont und Lefils den Verlust grolser Talente zu bedauern haben. Dafs aber überhaupt die verschiedenartigen ’Thermalquellen von Aachen und von Burtscheid und die Eisenquellen beider Orte, bei ihrer fortwährenden praktischen Anwendung zu höchst wichtigen und zahlreichen Erfahrungen führen , die zur Fortbildung der praktischen Heilkunde ganz besonders beitragen, ist eine anerkannte Thatsache , und es bedarf nur eines wissenschaft- lichen Hinblicks auf die jährlichs hier stattfindenden ungewohnten Heilungen, um von der stau- nenswerthen Heilkraft unserer Heilquellen, wie von ihrer richtigen Benutzung seitens unserer Heilkünstler volle Veberzeugung zu erhalten. Ich habe nun des Versammlungs-Ortes und seiner Umgebung gehörig gedacht; es sey mir jetzt auch gestattet , dieser Versammlung selbst, und ihrer Entstehung und Entwickelung Er- wähnung zu thun, zumal weil wir heute deren erstes Jubeljahr beginnen, und wir es gewils nicht zu scheuen brauchen, einen Rückblick auf die Vergangenheit zu werfen. Durch Oken’s Bemühungen ins Leben gerufen, hatte diese Versammlung zum ersten Male im Jahre 1822 in Leipzig stall; sie trat damals ganz demüthig auf; denn sie zählte nnr 20 Mit- glieder, und es gehörte wahrlich das Genie eines Oken dazu, einem so schwachen unschein- baren Umfange das Horoskop künftiger Gröfse zu stellen. Was aber der wackere Oken voraussah, geschah in der Wirklichkeit; mit jedem Jahre stieg die Zahl der Theinehmenden, bis mit einem Male nahe an tausend Gelehrte sich zusammen- fanden, und die Versammlung alle Stimmführer der Naturwissenschaften. und der Heilkunde in sich schlofs. Noch mehr, — sie erregte ein so allnemeines Aufsehen, eine so nachhaltige Bewunderung , dafs nach ihrem Vorbilde in vielen anderen Staaten ähnliche Versammlungen sich bildeten. So sahen wir sie in England, in Frankreich, in Belgien , in Italien, in Ungarn, in Schweden, in Dänemark, ja selbst in verschiedenen Provinzen von Amerika entstehen , und alle gestehen es gerne, dafs unsere Versammlung es ist, die ihnen die Bahn gebrochen , ihnen die Richtung vorgezeichnet, ihnen als Leitstern gedient hat. Dafs aber durch diese allseitige Verbreitung der Naturwissenschaften die Industrie , die Agri- kultur , die Mechanik und Technik überall einen Aufschwung gewonnen haben, den zu ahnen man nicht einmal gewagt hatte, bleibt ewig wahr, und es ist kaum abzusehen , auf welche Höhe diese forigesetzten Versammlungen die technischen Gewerbe , die Agrikultur und die Wissen- schaften im Allgemeinen noch bringen werden. Dasselbe gilt ganz besonders für die Heilkunde und die mit ihr verzweigten Wissenschaften. Der jedes Jahr wiederkehrende Austausch der in allen Ländern hierin gemachten Erfahrungen dient fortwährend zum Heile der an Krankheiten leidenden Menschheit, und man hat auch dieses wieder dieser Versammlung zu verdanken, da sie es ist, welche den ersten Impuls hierzu gab. Lassen wir daher, im Bewulstseyn des gestifteten Guten , auf der selbst gewählten Bahn festen Fufses fortschreiten , und fürwahr! wenn, wonnetrunken über das erlebte Gedeihen dieser Versammlung, ich auf Sie, hochverehrte Herren! hinblicke, die der Hang zur Wissenschaft in so bedeutender Anzahl hier versammelt hat, und worunter ich zu meiner grofsen Freude dio ee Me Notabilitäten der Naturwissenschaften und der Heilkunde des In- und Auslandes gewahre , dann darf ich kühn «die Gewifsheit aussprechen, dafs auch diese 25. Versammlung den vorangegan- genen 24 Schwesterversammlungen auf eine würdige Weise sich anschliefsen wird. Und somit erkläre ich, vermöge der mir verliehenen Stellung, die Sitzung für eröffnet, und ersuche meinen Herrn Kollegen, den zweiten Geschäftsführer, unsere Statuten, wie dieses vor- geschrieben, der Versammlung vorzutragen. « Der zweite Geschäftsführer, Dr. Debey, hiels sodann die Versammelten im Namen seiner Mit- bürger, wissenschaftflichen Freunde und Kollegen in seiner Vaterstadt willkommen und verlas der hergebrachten Sitte gemäfs die Satzungen der Gesellschaft (s. Oken’s Isis Jahrgang 1823, Ba. 1, Hft. 1.) Statuten der Gesellschaft der deutschen Naturforscher und Aerzte, $ 1. Eine Anzahl deutscher Naturforscher und Aerzte ist am 18. September 1822 in Leipzig zu einer Gesellschaft zusammengetreten , welche den Namen führt : Gesellschaft der deutschen Naturforscher und Aerzte. $ 2. Der Hauptzweck der Gesellschaft ist : den Naturforschern und Aerzten Deutschlands Ge- legenheit zu verschaffen, sich persönlich kennen zu lernen. $ 3. Als Mitglied wird jeder Schriftsteller im naturwissenschaftlichen und ärztlichen Fache betrachtet. $ 4. Wer nur eine Inauguraldissertation verfafst hat, kann nicht als Schriftsteller angesehen werden. $ 5. Eine besondere Ernennung zum Mitgliede findet nicht statt und Diplome werden nicht ertheilt. $ 6. Beitritt haben Alle , die sich wissenschaftlich mit Naturkunde oder Medizin beschäftigen. $ 7. Stimmrecht besitzen ausschliefslich die bei den Versammlungen gegenwärligen Mitglieder. $ 8. Es wird Alles durch Stimmenmehrheit entschieden. $ 9. Die Versammlungen finden jährlich und zwar bei offenen 'Thüren statt, fangen jedesmal mit dem 18. September an, und dauern mehrere Tage. $ 10. Der Versammlungsort wechselt. Bei jeder Zusammenkunft wird derselbe für das nächste Jahr vorläufig bestimmt. $ 11. Ein Geschäftsführer und ein Sekretair , welche im Orte der Versammlung wohnhaft sein müssen, übernehmen die Geschäfte bis zur nächsten Versammlung. $ 12. Der Geschäftsführer bestimmt Ort und Stunde der Versammlungen und ordnet die Ar- beiten, weshalb Jeder , der etwas vorzutragen hat, es demselben anzeigt. $ 13. Der Sekretair besorgt das Protokoll , die Rechnungen und den Briefwechsel. $ 14. Beide Beamte unterzeichnen allein im Namen der Gesellschaft. $ 15. Sie setzen erforderlichen Falls und zwar zeitig genug die betreffenden Behörden von der zunächst bevorstehenden Versammlung in Kenntnifs und machen sodann den dazu bestimm- ten Ort öffentlich bekannt. $ 16. Es werden in jeder Versammlung die Beamten für das nächste Jahr gewählt. Wird die Wahl nicht angenommen , so schreiten die Beamten zu einer anderen, auch wählen sie nöthi- genfalls einen andern Versammlungsort. $ 17. Sollte die Gesellschaft einen der Beamten verlieren, so wird dem Uebrigbleibenden die Ersetzung überlassen. Sollte sie beide verlieren , so treten die Beamten des vorigen Jahres ein. $ 18. Die Gesellschaft legt keine Sammlungen an und besitzt, ihr Archiv ausgenommen, kein Eigenthum. Wer etwas vorlegt, nimmt es auch wieder zurück. $ 19. Die etwaigen geringen Auslagen werden durch Beiträge der anwesenden Mitglieder gedeckt. $ 20. In den ersten fünf Versammlungen darf nichts an diesen Statuten geändert werden. Leipzig , am 1. Oktober 1822. Im Auftrage der Gesellschaft Der Geschäftsführer Dr. Frıepr. SchwÄGRICHEN , ord. Prof. der Naturgeschichte. Der Sekretair Dr. Gustav Kunzk , ord. Prof. der Naturg, Unter diesen Statuten , so fuhr der Redner fort, hat die Gesellschaft 24 Jahre lang bestanden und jene Blüthe erreicht, in der wir sie jetzt erblicken. Bis zur 20. Versammlung in Mainz im Jahre 1842 hatten aber eine Menge von Vorschlägen zur Abänderung dieser Satzungen sich an- gehäuft und die damaligen Geschäftsführer fanden es angemessen, die anwesenden Geschäfts- führer der früheren Versammlungen zu einer Berathung über jene Vorschläge zu veranlassen. Der bekannte einstimmige Beschlufs vom 20. September ging aber dahin, das Statut unverändert zu belassen und wurde der Wunsch ausgesprochen vor Ablauf von 5 Jahren keine neue ‚Um- änderung in Vorschlag zu bringen. Diese 5 Jahre sind vorüber und mit Beziehung auf $ 20 des Statuts sieht sich die diesjährige Geschäftsführung veranlafst, die wenigen Vorschläge , welche ihr mitgetheilt worden, der Versammlung vorzulegen. Herrn Professor Oken in Zürich wurden dieselben im Laufe des Jahres zur Kenninifs gebracht; der gefeierte Gründer der Gesellschaft hat aber den bestimmten Wunsch geäufsert , es möge das Statut unverändert bleiben. — Obgleich nun die jetzige Geschäftsführung diesen Wunsch vollkommen theilt , so dürfte es doch dem Ge- schäftsgange entsprechen, die eingegangenen Vorschläge einem Ausschusse zur Prüfung vorzu- legen und erlaube ich mir daher der Versammlung hiezu die anwesenden früheren Geschäfts- führer nebst mehren anderen Mitgliedern vorzuschlagen und zwar die Herren : Geheimen Medizinalrath Harlefs aus Bonn, Geheimen Bergrath Nöggerath aus Bonn, Geheimen Medizinalrath Jäger aus Stuttgart, Berghauptmann von Dechen aus Bonn, Professor Heyfelder aus Erlangen und Professor Wiebel aus Hamburg. Der vorgeschlagene Ausschufs wurde durch Acelamation bestätigt und zur Verhandlung des Gegenstandes eine Versammlung auf Abends 7 Uhr in der Gesellschaft für nützliche Wissen- schaften und Gewerbe festgesetzt, deren Berathung und Beschlufs in der Anlage III mitgetheilt ist. Der Redner theilte sodann die der Versammlung eingesandten Schriften und Briefe mit : Fr 1. Beschreibune und Abbildung eines neuen Trilobiten, Harpes reflewus Honingh., von Hrn. F. W. Heeninghaus in Crefeld. 2. Zwei Aufsätze von Professor Schults von. Schultzenstein. in Berlin : a. Ueber Zucker und Gummi als Bestandtheile des gesunden Blutes und Chylus und b. über Erysibe phosphores eine neue Pilzart , als Ursache des Leuchtens des faulen Holzes. 3. Eine Abhandlung des Herrn Dr. van der Loo aus Venloo über die Wirkung des Chinins in nervösen und intermittirenden Fiebern. Diese Abhandlungen wurden den betrelfenden Sektionen überwiesen. 4. Die 24. Versammlung der deutschen Naturforscher und Aerzte in Kiel. Dresden 1846 von C. Tr. Sachse. Herausgeber der naturhistorischen Zeitung. 5. Von Herrn Professor W. Haidinger aus Wien : a. Berichte über die Mittheilungen von Freunden der Naturwissenschalten in Wien. 1. & 2. Band. Wien 1847. b. Naturwissenschaftliche Abhandlungen von denselben. 1. Bd. mit 22 Tat. Wien 1847. ce. Geognostische Uebersichtskarte der östreichischen Monarchie, in dem K. K. montanisti- schen Museo zusammengestellt unter der Leitung des K. K. Bergrathes Wilh. Haidinger , nebst einem Berichte über diese Karte. Wien 1847. Das Begleitschreiben wurde vorgelesen und im Tagesblatt Nro. 4 Seite 24 abgedruckt. 6. Einen Brief des Herrn Dr. Lemercier , Schüler des Dr. Auzoux aus Paris, worin derselbe "seine Ankunft mit einer ausgezeichneten Sammlung der sogenannten klastischen Präparate aus der menschlichen und vergleichenden Anatomie anzeigt. Herr Gymnasial-Oberlehrer Dr. Joseph Müller sprach sodann einen Festgrufs , welcher nachher den Versammelten in Druck mitgetheilt wurde. Die wissenschaftlichen Verhandlungen begann Herr Berghaupimann vor Dechen mit nachste- hendem Vortrag über die Bedeutung geognostischer Karten : In allen Naturwissenschaften, deren Wachsihum und Verbreitung zu den erfreulichsten und bezeichnendsten Erscheinungen unseres Jahrhunderts gehört , ist der Fortschritt an die Erfindung und Vervollkomnmung der Werkzeuge (Instrumente , Apparate) und die Beobachtungsmethoden geknüpft. Dieser Weg unterscheidet unsere Behandlung der Naturwissenschaften ; unsere natur- wissenschaftliche Bildung von der, welche das klassische Alterthum erlangt hat. Die gröfsten Geister, die tiefsten Denker, die umfassendsten Anlagen unter den Griechen und Römern haben der Natur nur wenige, nur unzusammenhängende Wahrheiten und Erkenninisse abzulauschen vermocht. Kenntnisse'von unserer Erde , von dem Meere, von der Luft, von den festen Massen welche die Erdrinde zusammensetzen ; von den Organismen, welche sie bewolmen jetzt, und welche sie in vergangenen Perioden bewohnt haben ; von der Sonne , dem Planetensysteme und den Sternen, weit in ungemessene Räumen entfernt — die gegenwärtig ein allgemeines Eigen- thum nicht einiger hochgebildeten und ausgezeichneten Männer, sondern der die Bildung tra- genden Völker in allen ihren Gliedern sind — wie weit unterscheiden sie sich von dem, was die Philosophen, die scharfsimigsten Köpfe der alten Welt über diese Dinge ermittelt hatten. Diese Betrachtung , welche schlagend durch die Wirkung unterstützt wird, welche das Fernrohr und das Mikroskop in der Ausdelmung unserer Kenntnisse hervorgebracht hat, welche jedes Winkelmefsinstrument in allen Theilen der Naturwissenschaften bewirkte , scheint vielleicht zu grofs , zu weitgreifend und daher nicht passend zu dem Gegenstande , auf den ich Ihre Auf- merksamkeit auf wenige Augenblicke zu lenken um Erlaubnifs bitte, und dennoch ist es so. Von der Wichtigkeit und der Bedeutung geographischer Karten zu reden, ist unnöthig. Jeder- mann kennt sie und ist davon überzeugt , dals unsere geographischen Kenntnisse in einer engen und wesentlichen Beziehung zu diesen bildlichen Darstellungen stehen, dafs in ihnen sich die Beobachtungen und Kenntnisse concentriren, dafs aus ihnen sich erst allgemeinere, fruchtbrin- sende Betrachtungen entwicken. Welche Anstrengungen sind seit nunmehr bald vier Jahrhun- derten gemacht worden, um die Küsten der Kontinente und Inseln, um diejenige Linie auf der Erdkugel zu messen und zu verzeichnen , in der das Sphäroid des allgemeinen Meeres die her- vorragenden Theile der festen Erdschaale berührt. Wie viele Unternehmungen sind ausgerüstet worden, um Länder aufzusuchen , um die Messungen der Küsten zu vervollständigen und zu berichtigen. Welche grolsartigen Arbeiten werden noch gegenwärtig fortdauernd in den Euro- päischen Staalen ausgeführt, um die geographischen Karten zu verbessern und sie allgemeiner zugänglich zu machen. Jedermann weils, dafs er ein Land „ eine Gegend nicht aus der Be- schreibung allein kennen lernt. In den Händen aller Reisenden sehen wir geographische Karten, um sich in der Gegend, die sie berühren. leichter zu finden, um die Uebersicht aus der Karte zu schöpfen, welche selbst aus der Natur, aus dem Anblick des Landes nicht gewonnen wird, weil keine Punkte vorhanden sind. von denen aus das Ganze übersehen werden kann. Die Nothwendigkeit geographischer Karten wird anerkannt, um eine vollständige Kenntnils eines Landes zu erlangen, Die Geogra- phie kann daher der Karten nicht entbehren und sie wird in dem Maalse bereichert, als die Karten genauer, richliger , ausführlicher werden. Je gröfser der Maafsstab der Karten ist, um so mehr Flüsse, Bäche , Schluchten können darin verzeichnet werden, um so vollständiger läfst sich das Bild des Landes darin wiedergeben. Es wird daher auch immer mehr und mehr Ge- wicht auf Karten gröfsern Maafsstabes gelegt. Aus ihnen werden diejenigen redueirt , welche dazu bestimmt sind , Vebersichten über gröfsere Flächen zu gewähren. Je mehr sich die Ueber- sicht auf allgemeinere Verhältnisse beziehen soll, je gröfser der Raum , den sie umfalst, um so kleiner mufs der Maalsstab gehalten werden. Die Schwierigkeiten , welche sich der Entwickelung der Geographie entgegen stellen , treten deutlich hervor, wenn wir die Karten von Inner-Afrika, von China, Japan betrachten. Wie viel ist da ungewils, zweifelhaft, unbekannt ! Wie lange wird es noch währen , bevor diese Lücken ausgefüllt sind ? Die geographischen Karten sind nicht blofs Darstellungen der natürlichen Verhältnisse, welche die Erdoberfläche darbietet, sondern auch und zwar vorzugsweise der durch den Menschen künstlich hervorgerufenen ; ganz besonders werden seine Wohnstätten und deren gegenseitige Verbindung darauf verzeichnet. Aber immer mehr und mehr Gewicht ist darauf gelegt worden , die Oberfläche des Festlandes , die Gebirgserhebungen , die Hoch- und Stufenländer, die Tief- ebenen genau und mit gröfserm Detail darzustellen. Die Vergleichung , welche Ihnen allen MM zwischen ältern und neuern geographischen Karten vorschwebt und ganz besonders, wie sie sich durch die Anregungen umgestaltet haben, welche von Carl Ritter's geisivollen Arbeiten ausgegangen sind, überhebt mich der Mühe näher in diese Verhältnisse einzugehen. Die Oberfläche des Festlandes ist der freilich oft noch sehr schwer verständliche Ausdruck der innern Beschaffenheit der festen Erdschaale , ich möchte sagen, wie das menschliche Ant= litz auf ähnliche Weise den Ausdruck der Empfindungen darbietet, die sich im Innern regen ; selbst die vorübergegangenen lassen Spuren zurück , welche mit den gegenwärtigen vermischt, um so schwieriger zu deuten sind. Die Kenntnifs der innern Beschaffenheit des Festlandes war noch eine sehr unvollkommene, unzusammenhängende, als Buache vor hundert Jahren den ersten Versuch einer geognostischen Karte machte , und dabei die Uebereinstimmung der Tertiärformation von Paris und London und ihren ursprünglichen Zusammenhang darstellte. Er bediente sich dazu des einfachsten und über- sichtlichsten Mittels, welches wir auch gegenwärtig benutzen , die gleichartigen Gebirgsforma- tionen mit einer ihre Ausdehnung bedeckenden Farbe — gleichwie Länder, Provinzen und Distrikte politischer Abtheilungen — anzugeben. Es war ein Versuch, der lange ohne Nachah- mung blieb. Sobald als Werner die Geognosie als selbstständige Wissenschaft auf eine neue Beobachtungs- und Untersuchungs-Methode der Gebirgsarten gründete , ergab sich ihm das Be- dürfnifs geognostischer Karten von selbst, Er erkannte ihre Wichtigkeit und legte vor länger als 60 Jahren den Grund zu der geognostischen Karte des Königreichs Sachsen , welche in der neuesten Zeit durch die Ausdauer und den Eifer von Naumann in Leipzig zu einem hohen Grade von Vollkommenheit gediehen, als eine reiche Quelle neuer Betrachtungen und Ansichten, richtiger Erkenntnifs der Wissenschaft zugänglich geworden ist. Niemand hat aber im Laufe dieses Jahrhunderts lebendigern Antheil an der Herstellung geognostlischer Karten genommen, als der ausgezeichnete, rastlose Forscher Leopold von Buch. Schon vor 25 Jahren halte er eine Karte von Deutschland und den angränzenden Ländern zu Stande gebracht, welche auf seine vielsei- tigen Beobachtungen gestützt, die allgemeinsten Resultate der Wissenschaft, die Identifieirung der Gebirgsformationen in einem grofsen und schwierigen Gebiete zur Anschauung brachte. Sie ist ohne seinen Namen ins Publikum gekommen. Viel ist dadurch zur Verbreitung richtiger Vor- stellung über die Ausdehnung der Gebirgsformationen geleistet worden ; aber die dadurch gege- bene Anregung zur Herstellung geogmostischer Karten hat noch mehr gewirkt. Geognostische Beobachtungen müssen zur Darstellung geognostischer Karten führen , sonst haben sie einen geringen Werth. Dieser Ausspruch des grofsen Gelehrten war in dieser ausgedehnten Karte un- widerlegbar niedergelegt und hat wesentlich dazu beigetragen, die Geognosie in den letzten 25 Jahren die aufserordentlichen Fortschritte sowohl in ihrer innern Entwickelung, in der Be- richtigung der sie leitenden Ansichten , als auch in dem Umfange der sich räumlich verbreiten- den Kenntnifs machen zu lassen, welche sie ebenbürtig neben ihre Schwesterwissenschaften stellt, und ihr eine immer allgemeinere Anerkennung sichert. Die Geognosie in ihrer Verbindung mit der Geologie beschäftigt sich mit den grofsen Massen , welche unsere feste Erdrinde zusammen- setzen und mit der Art wie dieselben nach und nach gebildet, entstanden sind. Es entwickelt sich hieraus eine Geschichte unserer Erde , die ausgehend von ihrem gegenwärtigen, mit dem I Menschengeschlecht auf das Innigste verknüpften Zustande rückwärts in die Vergangenheit aufsteigt, in dunkele Perioden, worin nur noch wenige Punkte von dem Glanze der Thatsachen beleuch- tet werden, die sich unserer Beobachtung darbieten, die von uns erfalst, zerlegt, untersucht werden können. In dieser Gestalt ist der geologischen Wissenschaft ein eigenthümlicher Reiz verliehen, der sich über alle Kenntnisse verbreitet, welche mit unserm eigenen Geschlechte, mit seiner Geschichte, mit seinem in die Dunkelheit sich verlierenden Anfange in Verbindung steht. Die sichere Grundlage dieser eben so erhabenen als kühnen Betrachtungen, wie sie uns der umfassende. das Ergebnils aller Naturwissenschaften überblickende Geist Alexander’s von Humboldt in dem Kosmos auf eine so anziehende Weise vorgeführt hat, sind die Beobachtun- gen über die Zusammensetzung der Felsen, der Steine, der Gebirgsarten und Gebirgsformatio- nen, aus einzelnen Mineral-Spezies, aus Lagern und Schichten, über die Anfeinanderlagerung dieser Schichten-Abtheilungen, über die Reihenfolge derselben. Es sind die Beobachtungen über die Reste organischer Wesen, welche sich in diesen Schichten eingeschlossen finden, über ihr Verhälltnils zu den jetzt bestehenden Pflanzen und Thieren, über die kleinsten Umstände ihres Baues, ihrer Einrichtung , woraus sich spezifische Gleichheit oder Verschiedenheit ableiten läfst. Es sind die Beobachtungen über die Wirkung der Gewässer in allen ihren verschiedenarligen Zuständen und Vertheilungen auf die festen Massen, sei es als Bach, als Strom, als Meer, als Gletscher oder Eisscholle; über alle Veränderungen, die sich in dem gegenwärtigen Zustande der Dinge an der Erdoberfläche zutragen, und analoge Erscheinungen in frühern Perioden auf- zuklären geeignet sein möchten. Eine jede dieser Beobachtungen einzeln genommen, erscheint unbedeutend und der Aufmerk- samkeit wenig werth, aber sie reihen sich je mehr und mehr zu immer sichern Schlüssen über die frühern Zustände unseres gemeinsamen Wohnplalzes zusammen. Grade diese Betrachtungen sind es, welche so sehr die Vereinigung der beobachteten Einzelnheiten erfordern in der Dar- stellung geognostischer Karten. Die Räume, in denen die verschiedenen Gebirgsformationen au der Erdoberfläche erscheinen, sind zu ermitteln, abzugränzen, auf die geographischen Karten einzutragen und durch Farben, welche diese Räume bedecken, von einander zu unterscheiden. Jede Gebirgsformation erhält auf diese Weise ihre besondere Farbe, wie ein Staat aul einer politisch-geographischen Karte. Das Alles scheint sehr einfach. Als Beispiel benutze ich die vor Ihnen ausgebreitete geognostische Karte der Umgegend des Laacher See’s, welche Carl von Oeynhausen in diesem Jahre herausgegeben hat, nicht allein deshalb, weil sich dieselbe auf eine der wichtigsten und merkwürdigsten Gegenden unserer heimathlichen Provinz bezieht, sondern weil dieselbe in ihrer Eigenthümlichkeit, in ihrer Darstellung , in ihrer Verbindung mit der oro- graphischen Zeichnung, in ihrem Mafstabe C;;oo der wahren Gröfse oder Meile = 11,;. 141] Zoll), vorzugsweise geeignet ist, die Bedeutung dieser bildlichen Darstellungen für allgemeinere und besondere geognostische Betrachtungen anschaulich zu machen. Auf dieser Karte sind durch Farben unterschieden : die Grauwacke der untern devonischen Abtheilumg angehörend, in derselben Diorit, Quarzgänge, terliäre Ablagerungen als Braunkoh- lengebirge geirennt in (plastischem) Thon und Gerölle von weifsem Quarz; Alluvialbildungen als Flulsgerölle und Loefs; fortdauernde Bildungen : als Süfswasserkalk (Kalksinter) , Moorgründe — u — und Okerabsätze der Mineralquellen. Die Reihenfolge dieser weit und allgemein verbreiteten Bil- dungen ist unterbrochen durch eine Reihe vulkanischer Massen, welche in ihrer Mannigfaltigkeit viele Unterscheidungen auf der Karte veranlafst haben : Basalt, Augitlaya mit ihren Schlacken und Tuffen, Schlammlaya mit ihren 'Tuffen , Phonolit (Leuzit und Noseangestein), Bimsstein und vulkanische: Asche, Bimsstein-Konglomerat. Diese Aufzählung allein von 19 durch Farben unter- schiedenen Formationen zeigt den Reichthum von Verhältnissen, den die Mineralmassen in die- ser Gegend entwickeln und der hier in einer. Uebersicht zusammengefafst in einem. Bilde gleichzeitig dein betrachtenden Auge entgegen tritt. Die Grauwacke, Thonschiefer, die älteste Bildung unserer Erdrinde , welche organische Reste einschlielst ist die allgemeine Grundlage der ganzen dargestellten Gegend, tritt in allen tiefern Einschnitien hervor, deren Seitenwände nur selten. deren Boden häufiger mit jüngerer Masse bedeckt sind, Diese Unterlage ist mit tertiären d. h. mit verhältnifsmälsig sehr jungen Absätzen von Thon und von Geröllen weifsen Quarzes und von Braunkohle an einigen Punkten bedeckt. Ein überaus langer Zwischenraum , aus dem sich keine Spur von festen Massen in. dieser Ge- gend erhalten hat trennt Grauwacke und Braunkohlengebirge : die ganze grolse Reihenfolge aller organische Reste einschlielsenden Gebirgsschichten fällt in diesen Zwischenraum. Gleichzeitig mit der Bildung der Braunkohle — früher und später — beginnen die Basalte in einzelnen Kugelbergen auftretend. Sie zeigen sich von grölsern und entlegenern. Sitzen abhän- gig regellos um den Heerd der spätern vulkanischen Thätigkeit dieser Gegend , als Verbindungs- glied mit Westerwald und hoher Eifel. Die Flulsgeschiebe sind neuer, ats viele, wohl als die meisten Basalte , aber älter als die Augitlaven. Die Bildung der Thäler war nahe vollendet , sie waren nahe eben so tief ausgelurcht als heut, wie die vulkanischen Ausbrüche in dieser Gegend mit der Hervorbringung augitischer d. i. basaltähmlicher Gesteine begannen, deren Vertheilung die Karte in einem Ringe von etwa 2 Meilen Durchmesser deutlich hervortreten läfst, während kaum eine Stelle inder Gegend vor- handen ist, von der aus dieses Verhältnils übersehen werden kann. Der grolse Lavastrom von Nieder Mendig, der vom Forsiberge, der Lavastrom von Mayen , der von Cottenheimer Bodden herabkommt, deren Ursprung aus der Karte so bestimmt hervorgeht, lassen vielleicht mehr. als irgend ein anderer Gegenstand bemerken, in welchem Maalse verwickelte Verhältnisse durch die bildliche Darstellung erläutert werden. Wie lange ist ihr Ursprung zweifelhaft gewesen ! Viele Augillaven sind mit Löfs bedeckt; dieser mit der Beendigung der '"Thalbildung zusammen- hängende Absatz ist also jünger als Augitlaven und dagegen älter als die Schlammlaven und ihre Tuffe ,„ welche an keiner Stelle von Löfs überlagert werden. Mit diesen auf das engste ver- bunden sind die wenigen Phonolithkegel, welche dieses Gebiet nachweiset. - Das neueste, jüngste , letzte Ereignils der vulkanischen Thätigkeit in dieser Gegend sind die Bimsstein-Ausbrüche , die ihren Sitz in dem Krufter Ofen‘, an dem Rande des Laacher See’s haben. Ihre leichten beweglichen Produkte sind weithin über den auf der Karte dargestellten Raum hinausgeführt worden. Die Flächen , wo sie zusammenhängend ein mächliges Lager bilden, sind von denjenigen unterschieden , wo sie nur als eine dünne Ueberschüttung_ aufineten. Es mögen zwei oder drei Ausbrüche gewesen seyn , zwischen denen der Absatz des Löls noch 2 fortdauerte , aber jüngere Absätze als die letzte Bimsstein-Ueberschüttung sind in dieser Gegend nicht nachzuweisen. So zeigt diese treffliche Karte , welche ihr geistvoller Verfasser mit der ihm eigenthümlichen Ausdauer und dem glänzenden Talente für Auffassung und Darstellung verwickelter Verhältnisse vollendet hat, in schneller Uebersicht die ganze Reihenfolge der merkwürdigsten Ereignisse, weiche diese eine Stelle unseres heimathlichen Bodens betroffen haben. Wenn auch die einzelnen Kegelberge vulkanischer Ausbrüche vortreffliche Standpunkte dar- bieten, um auf genufsreiche Weise Ansichten der Umgebungen zu gewinnen , die gegenseitigen Verhältnisse zu übersehen , so wird dadurch nirgends das geboten, was ein Blick auf die Karte gewährt, die Uebersicht der räumlichen Verbreitung der verschiedenen Produkte der vulkani- schen Thätigkeit, die Uebersicht der gegenseitigen Lage der Ausbrüche , die lineare Folge einzelner und ihres kreisförmigen Bezuges auf den Mittelpunkt der Wirkungen in dem Laacher See. Möge diefs eine Beispiel, welches sich auf eine uns nahe gelegene und so höchst ausgezeich- net dargestellte Gegend bezieht genügen, um die Bedeutung geognostischer Karten für allge- meinere und besondere Betrachtungen zu erläutern. Die Art dieser Betrachtungen ändert sich nach der Gröfse, nach dem Maafsstabe , nach der Ausdehnung der Karten. Sie sind die kräf- tigsten Werkzeuge um die Geognosie zu fördern, um immer breiter und breitere Grundlagen für allgemeine Anschauungen in dieser Wissenschaft zu gewinnen. Ihre Förderung, die so viel- fach von den Staatsverwaltungen und auch von der Unsrigen in dem wohlverstandenen Interesse ausgeht , dafs Kenntnifs des eigenen Bodens schon Vermehrung seines Reichthums ist, wird immer mächtiger, immer wirksamer werden, je allgemeiner die Bedeutung geognostischer Karten verstanden und anerkannt wird. Möchten diese Worte hierzu beigetragen haben , möchten sie anregend wirken und einem so ausgedehnten und weitläuftigen Felde der 'Thätigkeit neue Hülfe herbeiführen , neue Kräfte gewinnen! Dann halte ich mich entschuldigt die Zeit, die kostbare Zeit der hochansehnlichen Versammlung mit einem Gegenstande in Anspruch genommen zu ha- ben, der nur für einen Zweig der Naturwissenschaften von besonderer Wichtigkeit ist und für den Ihre Nachsicht zu erbitten mein letztes Wort bleibt. Hieran schlofs sich der Vortrag des Geheimen Oberbergrathes Herrn von Oeynhausen über die Bohrversuche auf Steinsalz zu Neusalzwerk in Westphalen : Aus den reitzenden Gegenden dieser ehrwürdigen Kaiserstadt, die uns so gastlich heute in ihren Mauern aufgenommen hat, aus einer Gegend, in welcher die Natur den Riesenblättern der Gebirgsschichten ihre denkwürdige Kronik mit unvergänglichen Lettern eingegraben hat und aus unerforschlicher Tiefe die wundervollen Heilquellen emporsteigen läfst, die in unveränder- licher Urkraft lebend , seegenbringend emporquellen, erlaube ich mir die geneigte Aufmerksam- keit dieser hochgeehrten Versammlung für einige Augenblicke in das dem Rheinlande so nahe befreundete Westphalen , in eine ebenfalls reitzende und an historischen Rückerinnerungen reiche Gegend in der Nähe der Westphälischen Pforte hinzulenken. Einst war dieselbe der Schauplatz der Heldenthaten des Kaisers, welcher Aachen zur Hauptstadt der christlichen Welt erhob; en noch: trägt die Karlsschanze , ein Standlager seiner Heere von ihm den Namen, sowie der Wittekindsberg den Sitz und Namen seines Gegners. Aber nicht die Grofsthaten ausgezeichneter Männer der Vorzeit, welche der Geschichte angehören — die Natur in ihren erhabenen Wirkun- gen und der Mannigfaltigkeit ihrer Erzeugnisse zu betrachten , ist Zweck und Aufgabe unserer Versammlung. Den Schauplatz menschlicher Thaten , die im Lichte der Sonne freundlich strah- lende Oberfläche verlassend,, beeile ich mich daher in das Innere der Gebirgsschichten herab- zusleigen, um der hochgeehrten. Versammlung in Kürze diejenigen Aufschlüsse mitzutheilen , welche durch einen Bohrversuch bewirkt worden sind, der die gröfste Tiefe erreicht hat, in welche unter das Niveau des Meeresspiegels bis jelzt in die feste Erdrinde eingedrungen wor- den ist. Zwischen Minden und Herford ohnweit der. Wesiphälischen Pforte legt Neusalzwerk , eine Saline, welche durch Gradirung einer zehnprozenligen Soole jährlich 100,000 Centner Salz darstellt. Hier wurde um das Steinsalzlager aufzusuchen , dem diese Soole ihren Ursprung ver- dankt, vor 14 Jahren ein Bohrversuch angesetzt, welcher gegenwärtig zu einer Tiefe von 2220 Fuls 2000 Fufs unter das Niveau des Meeresspiegels niedergebracht worden ist. Derselbe durchteuft die untern Schichten des Lias, die Formation des Keupers in ihrer ganzen Mächlig- keit von etwa 1200 Fufs, erreichte bei etwa 1664 Fuls Tiefe den Muschelkalk und steht ge- genwärtig in der obern Abtheilung desselben: weiter fortgesetzt würde dasselbe die Gypsein- lagerung des Muschelkalks und darin höchst wahrscheinlich das Steinsalzlager erreichen. Das Bohrloch ist ein senkrechter Kanal von A" Zoll Durchmesser , welcher gegenwärtig auf 6 Zoll erweitert wird. Aus dieser engen Röhre strömen in der Minute 60 Kubikfuls A'/, prozenlige Soole mit grofser Gewalt zu Tage, denn aus der Tiefe von 2220 Fufs emporzusteigen , bedarf dieselbe nur 3°/, Minuten und bewegt sich daher mit einer Geschwindigkeit von 11 Fufs in der Sekunde. Die Soole kann als eine Mischung von 5%/,, Kubikfufs gesättigter Soole mit 54 Kubik- fuls Wasser angesehen werden. Aufser dem Kochsalz enthält dieselbe nebst einigen anderen salz- sauren und schwefelsauren Salzen, Brom, Eisen und Kalk, beide letzteren Bestandtheile durch Koh- lensäure aufgelöfst, mit welcher die Soole übersälligt ist, denn dieselbe hält im Kubikfufs *, Kubikfuls Kohlensäure und das Bohrloch entwickelt aus der schäumend emporquellenden Soole in der Minute 3 Kubikfufs freie Kohlensäure. Von der mittleren Bodentemperatur, die bei Neusalz- werk etwa 8 Grad Reaumur beträgt, erhöhte sich die Temperatur der ausfliefsenden Soole nach und nach beim tiefern Niedergehen bis auf 26',, Grad Reaumur ; die Temperaturzunahme hat daher auf 125 Fuls einen Grad betragen, entsprechend der Mittelzahl der vielfachen Beobachtungen , welche seither über die Temperaturzunahme im Innern der Erde gemacht worden sind. Un- gemein grofs ist die Menge fester und gasförmiger Bestandtheile , welche das Bohrloch in Ver- gleich zu seinem geringen Durshmesser liefert. Die Menge des Kochsalzes beträgt in der Minute 138 Pfd., jährlich. 72'/, Millionen Pfd. und würde als Steinsalz jährlich einen massiven Würfel von 80'/, Fuls Seitenkante darstellen. Die dem Bohrloch jährlich entweichende Kohlensäure be- trägt 24'/, Millionen Kubikfufs oder 27900 Ctnr. liquide Kohlensäure, aufserdem setzt die Soole nach Entweichung der Kohlensäure bedeutende Quantitäten von Kalksinte? und Eisenocker ab. Durch ihre chemischen und physikalischen Eigenschaften ist die Sooltherme des tiefen Bohr- loches bei Neusalzwerk, so wie die Schwefelthermen von Aachen und Bürtscheid im Bereich der Schwefelbäder, in dem der Soolbäder ausgezeichnet in ihrer Art. Bereits seit drei Jahren mit Erfolg zu Bädern benutzt , wird darch die Gnade Seiner Majestät des Königs nunmehr bei Neusalzwerk ein Soolbad begründet werden , dein eine holfnungsvolle Zukunft bevorsteht. Möge die Sooltherme Neusalzwerk , den bereits erworbenen Ruf bewährend , ein Quell der Genesung werden, würdig in die Reihe tretend mit älteren wohlbegründeten Kuranstalten , dann befürchte ich nicht, hier in den weltberühmten Bädern dieser Kaiserstadt, die Aufimerksamkeit der hoch- geehrten Versammlung auf einige Augenblicke für einen ihrer Beachtung unwürdigen Gegen- stand in Anspruch genommen zu haben. Denn die durch Raum und Zeit getrennten Erscheinun- gen verknüpft die forschende Betrachtung und so wie alle Wissenschaften aus der Tiefe des Gemüthes als dem gemeinschaftlichen Boden, segenbringend und unvergänglich hervorquellen ; so auch die Thermen, diese Wohlthäter des Menschengeschlechtes , entnehmen aus dem ge- meinschaftlichen und unerforschten inneren Kern der Erde ihre belebende Wärme, die heilsam wirkenden Bestandtheile, die flüchtigen Gase ; aus unversiegbarer Quelle schöpfend, ist dauern- des Bestehen ihnen gesichert : Denn wie voll Kraft inwendig , Der Lebensborn ihr quellt , Ist ganz Natur lebendig, Daurend in sich gestellt ; Auch in des Geistes Innern , Ein ewig Seyn beharıt, Vor des Weltgeists Erinnern , Aller Zeiten Gegenwart. Herr Dr. Röder aus Schweinturth hielt sodann nachstehenden Vortrag Ueber die Stellung des Arztes in der Gegenwart in Beziehung zur Wissenschaft und Religion : „Meine Herm! Wenn ich es wage, ein jüngerer Mann, gegenüber den Heroen der Wissen- schaft und Kunst, im Angesichte einer so hochansehnlichen Versammlung das Wort zu ergreifen, so geschieht dies im Vertrauen auf die Nachsicht der Wissenschaft und ihrer Vertreter, welche auch der Geringsten der Gaben einige aufmerksame Augenblicke leiht, und im Vertrauen auf die Redlichkeit des Bestrebens, welche meinen, wenn auch nur einfachen . und schüchternen Worten zu Grunde liegt. Der Gegenstand , welchen ich zu einem Vortrage wählen zu dürfen elanbte, die Betrachtung der ärztlichen Stellung nämlich in der Gegenwart, ist, meines Be- dünkens , sehr geeignet, gerade bei einer Versammlung der Naturforscher und Aerzte berück- sichliet zu werden, um so mehr, da so viele Veranlassungen beständig vorhanden sind, die das Bedürfnifs , zu einer klaren Auffassungsweise des betreffenden Gegenstandes zu gelangen, rege machen. Der an und für sich höchst fruchtbare Boden, auf dem wir Aerzte uns bewegen, ruht auf einem Vulkane, der, entilammt von gährenden Elementen , in nicht zu bereehnenden Erup- tionen eine Umwälzung droht, wie sie nur unsere gegenwärtige viel bewegte Zeit zu bieten vermag. Die Erfahrung mancher Jahrhunderte verschwindet in dem kühnen Aufbau bewunderns- = W- = würdiger Thaten; das Reich der Hypothesen und sophistischen Träumereien sinkt unter dem Anstofse einer lebenskräftigen Forschung und kehrt die individuelle Thatkraft an das Licht. Aber eben durch dieses ist auch die Stellung des Arztes eine veränderte, eine ungleich schwierigere geworden, da bei dem theilweisen Umsturze der bestehenden Erfahrung und den noch nicht systematisch begründeten Forschungsresultaten die nöthigen Vereinigungsmomente der Theorie und ärztlichen Praxis fehlen , die verschiedenartigsten Uebergriffe von Seite der Pseudo-Wissen- schaft und das Heruntersinken des ärztlichen Standes in die triviale Bedeutung des Brodstudiums die Würde der ärztlichen Kunst so unendlich beeinträchtigen. Es ist eine doppelte Pflicht für den redlichen Arzt, mit aller Anstrengung und Aufmerksamkeit die Stellung , die er einzuneh- men berufen ist, sich vorzustellen, um nicht, von dem Strudel der Zeiten übertäubt, den Ge- winn der Zeit-aus dem Auge zu verlieren. Ich will deshalb versuchen , diesen Standpunkt einigermalsen zu bezeichnen, indem ich zu besprechen mir vorgenommen : Welche Aufgabe der Arzt zu lösen hat in der gegenwärtigen wissenschaftlich und religiös bewegten Zeit. Mancherlei Punkte , welche näher in’s Auge zu fassen sind, schliefst diese Aufgabe in sich, und zwar : 1. der Arzt ist verpflichtet, durch zeit- und zweckgemäfse Bildung die Wichtigkeit seines Berufs zu erkennen ; 2. das Nützliche , Edle und Wahre aus den Lehren anderer Wissenschaften in sich aufsu- nehmen ; 3. auf der Höhe seiner Wissenschaft stehend , die Forschungen der Theorie mit den Grund- sälzen der Erfahrung zu verschmelzen , und 4. an der Hand der Religion den Pfad der Liebe und der Humanität zu wandeln. 1. Der Arzt ist verpflichtet , durch zeit- und zweckgemälse Bildung die Wichtigkeit seines Berufes zu erkennen, — ein viel besprochenes und doch nicht oft genug besprochenes Wort! Abgesehen von der Aufgabe, welche die Universitäten haben, um tüchtige Jünger der Kunst heranzubilden, sind es besonders zwei Momente , die bei der jetzigen Veranlassung erwogen zu werden verdienen; es ist dies der Kampf zwischen Humanismus und Realismus , sodann das wissenschaßlliche Reisen der Aerzte. Der in den künftigen Beruf des Arztes so vielfache Ver- zweigungen senkende Streit zwischen den Vorstudien der alten Klassiker und den Naturwissen- schaften ist sicherlich häufig Ursache , dafs das Studium der Medizin oft von nicht oder nur mangelhaft dazu Berufenen ausgeübt wird, indem die auf den Gymnasien nicht freier hervor- tretende und nicht hinreichend geweckte Neigung zu den Naturwissenschalten Veranlassung gibt, dafs einestheils die Wahl des künfligen Berufs viel zu sehr mit materiellem Interesse ver- flochten ist, und dadurch wahre Liebe zur Wissenschaft sich selten zu entwickeln vermag ; andern- theils dafs bei der unendlichen Ausdehnung der medizinischen Theorien und Hüllsdoktrinen das vorhandene Material während des Universitätsstudiums kaum nur einigermalsen bewältigt werden kann , während eine passende Grundlage manche wichtige Zeit auf der Hochschule selbst zur bl Verfolgung des. Hauptentzweckes anzuwenden ‚erlauben würde, Die humanistische Grundlage, und vorzugsweise die Kultur der alten Klassiker auf den Gymnasien soll und wird nie dem Gebil- deten ohne den gröfsten Nachtheil entzogen werden, denn die Schule soll eine Bildungsstätte des Geistes sein, nicht ein Ort zur Dressur für einen bestimmten Lebensberuf ; „wir sollen , um mit Herder zu sprechen, mit unverrücktem Fleifse die Meisterwerke der alten Kunst studiren, weil wir an ihnen die höchsten Regeln der Kunst wahrnehmen; ebenso sollen auch wir die Muster der alten Denkart und an ihnen ihre Einfalt und Würde, ihre bestimmte Genauigkeit und Wahrheit, ihren Wohlklang , ihre schöne Runde und Harmonie , ihre Kürze mit ihrem Reich- thum als Vorbild unserer Gedankenweise kennen lernen‘; oder, indem ich Ihnen den vortref- Niichen Bericht von Thiers, über den mittleren Unterricht in Frankreich , in’s Gedächtnifs rufe , „wir sollen die Vorzüge des Alterthums darin erkennen , weil es einfach ist, und bedarf man für den Leib der Jugend einfacher Nahrung so bedarf man auch einfacher Nahrung für die Seele . sodann weil es edle und erhabene Sachen lehrt, die Geschichte der Menschheit unter einfachen ; grofsen , unauslöschlichen Bildern ; sodann weil eine Entfernung der Jugend von der Quelle des an- tiken, des einfachen Schönen nichts anderes sein würde , als die moralische Ermiedrigung zu be- schleunigen.‘“ Aber es ist eine Zeit gekommen, wo ein gegenseiliges Uebergreifen der Wissenschaften auch in der Grundbildung ihre Rechte fordert, die den Naturwissenschaften eine gleichsam ideale Stellung anweist,und an der Hand derselben das bellügelte Moment alles Gegebenen und Erforschten hervorruft. Das Verhältnifs der Naturwissenschaften zu den rein humanistischen ist deshalb, wie bereits Thiersch ausgesprochen hat, das der Gegenseitigkeit und demnach auch der Wissenschaftlich- keit, in welcher der Erfolg der tiefsten und reinsten Forschung zu finden ist. Wenn demnach gegen- seitig sich ergänzende Wissenschaftlichkeit den klassischen und naturwissenschaftlichen Studien zugetheilt werden mufs, so ist cs auch hauptsächlich Pflicht des Arztes und Bedürfnils des Staates, zur Ergründung wahrhaft zum Beruf passender Fähigkeiten beide Richtungen in der Schulbildung innig zu verschmelzen. Allerdings wäre die Möglichkeit vorhanden, dafs bei dem noch nicht hinreichend reifen Lebensalter die naturwissenschaftlichen Doktrinen die Begrifle und die Anschauung verwirren, so dafs letztere als ein nutzloses Aggregat von, dem Gedächtnisse eingeprägten , nicht verstandenen und am wenigsten verdauten Formen und Thatsachen vergessen werden könnten; aber die Art und Weise, wie gelehrt, wie vorgestellt, wie anschaulich ge- macht wird, mülste jedenfalls der hochwichtigen Sache den nothwendigen Reiz und passenden Anhalts- und Wendepunkt gewähren. Ist doch auch im philologischen Studium der Werth an- zuerkennen , den die Schärfe der Auffassung , das richtige Moment der Unterscheidung vor dem ängstlichen Buchstabenklauben voraus hat, und ist sicherlich auch nur dann die Geschichte wahrhafte Geistesbildung fördernd, wenn sie pragmatisch in ihren Einflüssen auf die Jezizeit und das menschliche Schicksal erläuternd betrachtet wird, und allen Reiz ertödtend , wenn sie in langen Reihen von Zahlen und Namen das Gedächinifs quält und martert. Die Wahrheit liegt wie überall, so auch hier in der Mitte. Entbehrt die materielle Richtung des geistigen Strebens, so führt sie nothwendig zum Materialismus , umgekehrt zur hohlen Träumerei. Nicht unmöglich ist es, dafs Manche ohne klassisches Studium zu der Tiefe des jetzigen Standpunktes der Wis- senschalten gelangen können , aber sicherlich bringt die Anregung zum Guten das Bessere leich- = Mb = ter hervor, und diese Anregung finden wir in den humanistischen Studien. Dem Bedürfnisse der Zeit ist denmach hinsichtlich dieses. Punktes dann am meisten Genüge geleistet, wenn in den Studien der Naturwissenschaft,, wie sich Dilthey , einer der ersten Vertreter der humanistischen Studien, ausdrückt , „nicht die Natur an sich, sondern nur die Natur, die auf den Geist ein- wirkt , als ein taugliches Mittel seiner Bildung betrachtet wird , und nur so weit die Naturfor- schung vermag, solche Mittel zu bieten, steht ihr die Berechtigung , das Gebiet des höhern Unterrichts und der Humanität und mit ihm den geistigen Horizont zu erweitern.‘ Wenn ich nun’ zum Zwecke der Bildung des Arztes noch des Reisens erwähne , so ist dies wohl ein Punkt, dessen Bedeutung, aber auch dessen Schwierigkeit in der Ausführung nicht näher erörtert zu werden braucht. Durch das Reisen schützt sich der Arzt vor Einseitigkeit , dieser gefährlichen Klippe , an der so viele straucheln ; er schützt sich vor jener so leicht mög- lichen Unzufriedenheit, welche die oft sehr kärglichen Leistungen unseres Standes gegenüber den positiven Grundsätzen anderer Doklrinen hervorrufen ; gewinnt an Muth, an Lebenserfahrung und Vertrauen und geniefst den grofsen Vortheil, dafs er durch die Begegnungen mit vielerlei Menschen den Menschen kennen lernt, wie er ist, nicht wie er ihn dachte, dafs er einsehen lernt, dafs in der unabsehbaren Kette von Individuen , die die Welt bildet, zwar jeder Einzelne mitgezählt ist, dafs er aber, dem grofsen Ganzen untergeordnet , gewaltiger Anstrengungen des Geistes bedarf, um würdig in dieser Kette sich zu fühlen. Deswegen sollte jeder Arzt, nach dem gewifs richtigen Wunsche Strehler’s, seine Wanderjahre haben ; „er soll in die Ferne , um der Heimath den Segen der Erfahrung zu überbringen, den sie mit Recht von ihm fordert und begehrt.“ Il. Schön und herrlich ist die Aufgabe, die vor Allem dem Arzte geworden, ihm, dessen Beruf es ist, an der Seite der Armuth und des Reichthums, an der Seite der sittlich Glücklichen, die nicht immer im Schoofse des materiellen Glücks sich finden, und an der Seite der moralisch Zerrissenen und Versunkenen, die am tiefsten oft in dem äufseren Glanze sich beurkunden , gleiche Gesinnungen, gleichen Zweck, gleiche Mittel zu offenbaren, dem der Mensch dasselbe sein-soll, mag er ihm auf der Stufe der Bildung, oder auf der des Aberglaubens begegnen. Der Arzt hat die mannigfalligsten Veranlassungen, um Gründe dem Denkenden, Glauben dem Zweifelnden, natürliche Gesetze dem Abergläubischen, richtige Beurtheilung der täglich und stündlich vorhandenen Zeitfragen zu bieten. Der Arzt mufs ein Mann sein, der von dem Truge die Wahrheit, von dem Leben die höhere Weihe, von dem gelehrten Studium das praktische Leben zu abstrahiren vermag; kurz er mufs denken und handeln in dem Bereiche des Gedachten und des zu Denkenden, um Muth und Vertrauen auf seine Persönlichkeit und damit sicheres Wirken gewinnen zu können. Deshalb strebe er nach dem Nützlichen, Edlen und Wahren aus dem Gesammtgebiete des Wissens. Dieses Streben ist ihm geboten und erleichtert, wenn er als Mensch seiner Bestimmung gewahr wird und aus dieser Bestimmung die leitenden Denksätze sich entnimmt, wenn er demnach den Begriff des Individuums in dem Begriffe der Gattung der Menschheit auflöst. Es ist hier nicht der Ort, dieses Grundprinzip in seiner tiefsten Bedeutung zu verfolgen, da die Zeit mir es nicht Pu we erlauben dürfe, desl:alb seien nur die Folgerungen aus diesem Prinzipe unsere gegenwärtige Aufgabe. Der Mensch entstand nach stufenweiser Entwiekelung, nach Vollendung der vorbereitenden Evolutionen der Schöpfung. Die Geologie gibt ihm Aufschlufs hierüber. Er verbreitete sich über die Erde, und das Studium der Racenunterschiede eröffnet Bahnen der Verständnifs. Er machte zu seinem materiellen Lebenszwecke die Natur zinsbar und dieselbe allgemein durch Arbeit, Industrie und Handel und vereinigte sich für gemeinsames Streben nach beiderlei Lebenszwecken zur Familie und zum Staate, in welch’ letzterem, je nach den ursprünglichen und erworbenen Fähigkeiten, die Gliederung der Stände sich entwickelte. Da nun der so entstandene Mensch sich bewufst ward, dals er und die Natur lebte, ohne sein Mitwirken, war als erster bewulster Gedanke jener nolhwendig gesetzt. der ihm ein höheres Wesen als Kraft des Lebens über ihn erhaben ollenbarte, welches er nach verschiedenarliger Auffassungsweise als einflulsreich erkannte: er glaubte und schuf sich das Bild der geglaubten Idee in Religionen. In dem Geiste, der dem Menschen innewohnte, nahın derselbe das Mittel wahr, die Unterordnung der umgebenden Natur für seine Zwecke anzustreben. indem er sie nach allen Richtungen zu durchforschen suchte. Er wulste zugleich die Gesetze des Raumes und der Zeit, in und mit der er lebte, zu ergründen, Mathematik; die Strebungen seiner Vorgänger abwägend, auf seine eigenen anzuwenden, Gesehichte; das gegenseitige Verhältnils der Menschen unter sich zu regeln, Rechtswissenschaft und Politik; seinem Glauben eine innerlich gedachte und äufserlich schematisirte Ausdrucksweise zu geben, Theologie; und sodann aus seinem Verhältnisse zur Natw, zu sich und dem höchsten Wesen seine eigenthümliche menschheitliche Bestimmung zu ergründen , Philosophie, Wenn ich den Gang der menschlichen Erkenntnifs in wenigen Worten als nolhwendige Bedingung für das Streben des Arztes darzulegen versuchte, so will ich damit nicht andeuten, dafs des Arztes Aufgabe dahin gerichtet sein müfste,, diese Eıkenninils planmälsig zu durchdringen. Es wird nie in der Gewalt eines einzelnen Menschen liegen, fruchtbar in allen Wissenchaften sich zu orientiren, da die Cultur dieser Wissenschaften in jetziger Zeit durch ihre ausgedehnten Forschungen diese Möglichkeit verbietet. Der Wunsch Leibnitzens, dals eine ars combinatoria erfunden werden möge, vermöge welcher alle menschlichen Gedanken in wenige primitive Formen sich kwz zusammenfassen liefsen , mufste schon in seiner Zeit, um so mehr in der jetzigen, ein abentheuerlicher genannt werden. Aber was die einzelnen. Wissenschaften Groflses lür die Bildung des Geistes, Herrliches für die Verediung des Gemüths, Schärfendes für die Kräfte des Verstandes bieten, mit einem Worte, das Nützliche, Edle und Wahre aus den Lehren anderer Wissenschaften sei des Arztes Pflicht, in sich und sein Streben hineinzulenken. Die Geologie, die noch vor 50 Jahren eine Beschäftigung für Träumer hiefs, ist gegenwärtig einer der wichtigsten Zweige menschlichen Wissens, da sie, gleichsam au der Spitze wahrhafter, den Aberglauben abschüttelnder Aufklärung den Weltkörper, auf dem wir uns bewegen, unseren Blicken erschliefst und Gesetze erkennen läfst, deren unwandelbare Gestaltung die Cultur der Menschheit befördert. Ist ihre Kenntnils nicht nützlich, da sie dem Chemiker , diesen Reformator unserer Heilkunde, zahlreiche Ideen erweckte, auf welche gestützt, er seine Folgerungen weiter 209? da sie das Studium der vergleichenden Anatomie durch die Ergänzung der verlorenen Keitenglieder in der Abstufung des Lebens vervollständigte? Ist sie nicht edel, da ein geistiges a u Vergnügen durch sie geweckt wird, wie uns unsere grofsen Geologen und Geognosten bezeugen werden; ein Vergnügen, welches hauptsächlich in der Enthüllung sich findet, die uns die Aufeinanderfolge des Zustandes der Welt bis auf die entferntesten Perioden erschliefst? ist sie nicht wahr, wo sie, indem die Objekte der bestehenden Natur so unzählige Beweise göttlicher Weisheit bieten, vollgültiges Zeugnils gibt über die unausgesetzte Thätigkeit der erhaltenden göttlichen Kraft? Der Arzt der die Grundwahrheiten der Geologie nicht kennt, vermag nicht die Rationalität der wissenschaftlichen Forschungen unseres Jahrhunderts zu begreifen; es mangelt ihm der Grund, der seiner Lebensdichtung Wahrheit leiht. Gehen wir weiter. Wenn sich der Mensch die Natur zinsbar machte, so mufste er durch Arbeit ihren Ertrag gewinnen und durch Tausch und Handel in ein gemeinsames Streben mit Anderen treten. Wie viel Nützliches, Edles und Wahres liegt aber in dieser Menschengemeinschaft, die m der Arbeit, in der Industrie , in dem Handel sich ergänzt. Der Arzt mit seinem Streben nach dem letzten Grunde der Dinge verfolgt , wie wohl jeder Gebildete,, nur um so mehr , je mehr Gelegenheit er hat, die unheil- vollen Wirkungen der Schwankungen der Arbeit und des Handels auf die untersten Träger der- selben zu beobachten, die immer steigende Geltung , die allmählig der Arbeit zn Theil werden mufs in dem raschen Schwunge der Geisteskultur. Vermöge der fortschreitenden Verbesserung der menschlichen Institutionen beginnt die Arbeit einen Sieg zu gewinnen , der die ganze Erde beherrschen wird ; immer mehr schwindet die Neigung zum Müssiggang , da Achtung, Ehre und freierer Genufs der Arbeitsfrüchte den geistig und körperlich Thätigen erwartet. In der Er- kenntnils solcher Arbeit erträgt der Arzt rulig und willig die oft so qualvolle Arbeit seines Be- rufs; er erkennt den Nutzen , das Edle und Walıre in derselben, wenn er durch sie die Mittel findet, die die anscheinend unheilbaren Krankheiten zähmen und bessern ; wenn er miltelst der Erfordernisse verschiedener Arbeilszweige in Betreff der Gesundheit und geistigen Fähigkeiten Einfluls gewinnt auf die richtige Organisation der Arbeit und das zweckgemälse Ziel der In- dividuen. Soll ich hier vielleicht noch anderer Zweige der Naturwissenschaft, z. B. der erhabenen Leh- ren der Astronomie, die uns des unerinefslichen Himmelsraumes Geselze erschliefst, gedenken, oder der Mathematik, die unsere logischen Schlüsse einleitet und uns das Verständnifs der übrigen Forschungen eröffnet ? Ich überlasse dies dem reiferen Urtheile und beschränke mich auf die herrlichen Lehren der Geschichte, die dem Arzte eine Leuchte ist auf seinem olt so dunkeln Pfade. Der Arzt hat in die mannigfaltigste Gestaltung des Lebens seine Schritte zu len- ken, und dennoch hat er immer nur einen und denselben Zweck, wenn auch olt unter verän- derten Formen. Die materielle und geistige Seite seines Berufs erkennt er an der geistigen der Geschichte. „‚Sie ist — um die Worte von Curths zu gebrauchen — die höchste Schule der Erfahrung , indem sie uns zeigt, dafs die Menschen mit ihren Leidenschaften und Wünschen , mit ihren Vorzügen und Vollkommenheiten , mit ihrer Gröfse und Verworfenheit in allen Jahr- hunderten die nämlichen waren, dafs das Wesen der Dinge ewig dasselbe bleibt und nur unter veränderten Formen erscheint.“ So wie in dem Objekte ärztlicher Thätigkeit , dem menschlichen Individuum , nicht einzelne Erscheinungen das Leben bedingen , sondern sämmtlich in einander übergehend,, sich anflösend und durchdringend den Prozefs des Lebens bilden, so ist auch die 3 u 2 Geschichte ein geistig organischer Prozefs , in welchem man das Licht der Wahrheit nicht über eine einzelne Gestalt ausgegossen , sondern über alle verbreitet sieht. Der Prozefs der einzelnen Erscheinungen , die sich gegenseitig vernichten und widerlegen , ist Geschichte. Ill. Fortschritt in der Wissenschaft ist das Losungswort,, welches unser Zeitalter mit weithin schallendem Klange durchtönt,, ein Stillestehen ist nicht denkbar , ohne Fortschritt — Rückschritt und Tod! Wo ist dies aber nöthiger , als in der Wissenschaft , welche eine der erhabensten und göltlichsten ist, „indem ihre Verpflichtungen mit den ernsten und heiligsten Gesetzen der Religion und Menschenliebe genau zusammenlfliefsen“ (Hufeland) ; in jener Wissenschaft, die, der Träger geistiger und körperlicher Beziehung , die höchste Kraft und Anstrengung verlangen mufs, um bei der edlen Aufgabe ihres Berufs und ihren schwankenden Grundlagen an der Seite positiver Wissenschaften würdig zu bestehen? Deswegen strebe der Arzt, sich auf die Höhe der Wissenschaft zu schwingen , die Forschungen der Theorie mit den Grundsätzen der Erfah- rung zu verschmelzen und mit Treue und Eifer diesen Standpunkt zu behaupten. Das innere Gefühl des Einzelnen fordert dazu auf, denn es ist Pflicht für den Besten , stels nur das Beste zu leisten; die Vernunft verlangt dies als eine anerkannte unumstöfsliche Wahrheit, und die Erfahrung leiht sichere Bürgen für das schöne Ziel. Da nun aber des Arztes Pflicht ist, eine Versöhnung der getrübten Faktoren des Lebens mit dem Leben selbst durch Hülfe der Wissen- schaft zu bewirken , so ist es erste und dringendste Aufgabe für ihn, von dem erreichten the- orethischen Standpunkte herab sein praktisches Handeln zu bemessen und seine Erfahrungen mit den theoretischen Folgerungen zu verschmelzen. Während er nun nach dem gegenwärtigen Standpunkte die Zellenbildung als die Grundlage aller thierischen Metamorphose und in ihr das gemeinsame Entwickelungsprinzip aller Elementartheile des Organismus erkennt, während er als vermittelndes Agens dieser Entwickelung den Hauptbestandiheil des Thierkörpers in seiner Verbindung mit Phosphor und Schwefel zu dem Substrate der Lebenserscheinungen vorgebildet sieht, in den Elementen der stickstoffhaltıgen und stickstoflfreien Nahrungsmittel den Prozels der Blutbildung beobachtet; während ihm in den Gesetzen der Nervenphysik der isolirte Verlauf der Nervenprimitivfaser , das ausschliefsliche peripherische Bewufstwerden der centralen Erregung, die jeder Nervenfaser eigenthümliche spezifische Energie , die Erklärung der sympathischen Erscheinungen aus den Gesetzen der Mitempfindung und des Reflexes u. s. w. bedeutende Licht- punkte für das Handeln am Krankenbeite gewähren , sieht er sich nicht mehr wie ehedem in ein Labyrinth verwirrender Hypothesen verstofsen, aus welchem zu leiten nur ein Weg noch offen stand, der der Empirie. Man hat, selbst noch in der letzten Zeit, in öffentlichen Schriften und ungleich häufiger in dem praktischen Leben des Arztes Gelegenheit, die unrichtigsten Urtheile über die Theorien der Aerzte zu vernehmen, indem man denselben eine Menge von minutiösem Material zuschreibt, aus welchem kaum ein Sandkörnlein praktischer, in der Erfahrung bestätigter Wahrheit sich ableiten lasse, die auf den Zweck des Arztes — Heilung — fördernd einzuwirken vermöchte. Man sieht gar häufig die sogenannten gelehrten Aerzte für unerfahrene , nur in theoretischen Spitzfindigkeiten sich gefallende Männer an, welche am Krankenbette von ihrer Wissenschaft verlassen seien , und wenn sie wirklich zu heilen versuchten, immer wieder wach den alten sogenannten erprobten Mitteln und componirten Recepten zu greifen genölhigt wären. Es mag sein, dafs ähnliche Vorwürfe gegründet sind, da bei der stets wachsenden Anzahl der Aerzte die zahlreichen praktischen Erfahrungen ex juvantibus et nocentibus sich nicht mehr so gerne in einzelnen Personen eoncentriren lassen; es mag sein, dafs bei den vorherrschend ausge- breiteten naturwissenschaftlichen Studien , die immer wieder Hypothesen erzeugen müssen , je mehr Thatsachen geliefert werden, die Zahl der sogenannten rationellen Aerzte sich ebenfalls vermehrt und dadurch ein Wetteifer ins Leben gerufen wird, der häufig , an Kleinigkeiten sich erschöpfend , die äufsere Ehre des ärztlichen Individuums über die Nutzanwendung am Bette des Leidenden setzt; es mag sein , dafs Einzelne, während sie in der chemischen Retorte die todten Aussonderungsmassen des Organismus prüfen, in ihrem Rückschlusse auf den physiolo- gischen Vorgang die organische Erregung vergessen , und die Schärfe der Diagnostik vernach- läfsigen, oder während sie am Befunde des Leichnams die Geseize des lethal abgelaufenen pathologischen Prozesses erforschen, keinen Bescheid wissen auf die Frage, welche dem Stand- punkte der Wissenschaft angemessene Heilungsmethode jenen pathologischen Prozels zu hemmen vermocht hätte. Diefs Alles und wohl noch mehreres zugegeben , bleibt es aber dennoch richtig, dals nur in der wunabläfsig fortgesetzten Forschung das wahre Heil der Medizin und damit der leidenden Menschheit gefördert werden könne, denn die Medizin ist eine induelive Wissenschaft, wie sich die Prager Vierteljahrsschrift ausdrückt, nieht a priorö, nicht durch Analogienschlüsse kann sie construirt werden, ‚sondern nur durch unabläfsiges Sammeln , allseitiges Würdigen , unbelangenes Vergleichen möglichst zahlreicher Beobachtungen. Haben doch selbst, z.B. Marx über die Abnahme der Krankheiten in Folge des Fortschritts der Civilisation , Mittheiluingen aus ‚grofsen Städten nachzuweisen gesucht, dals trotz der stärkeren Bevölkerung, dafs trotz der grölseren ‘Gefahren bei einzelnen Berufsklassen , trotz‘ der steigenden Sittenlosigkeit und dem Luxus, die Sterblichkeit nicht in demselben Maafse zugenommen habe ,„ und wem anders ist dies wohl zu verdanken, als der bessern, auf Naturforschung gegründeten diäterischen Pflege , dem ‚Unterrichte , der Erziehung, der Erkennung ‘und Heilung der Krankheiten? Es würde mich zu weit lühren, wenn ich an ‚diesem ‚Orte denjenigen oft so imaginären Werth darlegen wollte , welcher den bisherigen Erfahrungsgrundsätzen untergeleg! wird. Die neuesten Forschungen haben, indem sie ‚Gesetze fanden , die ‚Erfahrungen in's rechte Licht ‚gestellt, haben den Grund der mühsam «und durch Vergleichung gewonnenen praktischen Handlungsweise zum Theil theoretisch bestätigt , haben aber auch. nachgewiesen , dafs manche sogenannte ‚Erfahrungen in ein Nichts zerronnen, indem ‚die Einheit schaffende Gewalt der polaren Gegensätze im Organismus ihren Zweck erreichte , trotzdem, dafs oft direkt entgegensetztes Verfahren lange Zeit diese Gewalt dreventlich verwirrte. „Keine ın der Ausübung der Kunst gemachte Erfahrung — wie sich Liebig ‚ebenso schön als wahr in seinen ‚chemischen Briefen ausspricht — kann in Widerspruch stehen ‚nit den wissenschafllichen Prinzipien , eben weil diese, aus allen Beobachtungen zusammenge- nommen, abgeleitet , nur ein geistiger Ausdruck ‚dafür sind. Die Theorie kann keiner Erfahrung widersprechen , weil sie nichts ‚anders ist, ‚als die Zurückführung einer ‚Reihe von Erscheinun- gen auf ihre letzten ‚Ursachen.‘ Es genüge für jetzt, auf ein schlagendes Beispiel aufmerksam — zu machen, welches die Agrikultur darbietet, und welches so viele lehrreiche Vergleichungen mit der theoretischen und praktischen Medizin der Jeztzeit enthält. Ich habe versucht, einige Umrisse in Bezug auf die Streitfragen zwischen Theorie und Erfah- rung der handelnden Aerzte darzulegen. Es wäre nun vor allem nothwendig, auf spezielle Lei- stungen einzugehen, um nachzuweisen, wie und auf welche Weise die praktische Medizin durch die Forschungen der Neuzeit an Sicherheit gewonnen habe. Es ist diefs jedoch ein Feld, wel- ches unmöglich bei dieser Gelegenheit erschlossen werden darf, da einestheils eine der dispo- niblen Zeit nicht anpassende Ausführlichkeit daraus entspringen, anderntheils die aus verschiedenen Berufskreisen gebildete Versammlung in die speeielleren Beziehungen einzugehen, nicht gesonnen sein würde. Es genüge deshalb nur einige Thatsachen auszusprechen, die ich den mehrbekannten häufiger vorkommenden Erscheinungen des kranken Lebens "entnehme. Die verschleierte Form mancher Krankheiten lenken oft den Blick des Beobachters von dem Heerde des Uebels ab, indem sie täuschende sympathische Erscheinungen in andern Organen hervorrufen. Eine reine Lungenentzündung wird tagtäglich noch von vielen ohne Anwendung der physikalischen Explo- rationsmethode geheilt, wie gestaltet sich aber diese Heilung, wenn bei dem Zurücktreten der subjektiven Symptome, die in der Tiefe des Lungenparenchyıns noch vorhandene und der Lö- sung harrende Entzündung ohne Auscultation für.Schwäche gehalten und mit roborirenden Mit- teln behandelt wird, während die Merkmale der hyperinotischen Krasis immer noch entziehende, den Uebergang in eitrige Umwandlung verhindernde Mittel verlangt? Es ist in dem praktischen Leben des Arztes eine häufige Erscheinung , dafs die Möglichkeit der Verwechslung einer Lun- gerentzündung bei einem Kinde mit Entzündung der Hirnhäute die traurigsten Folgen nach sich ziehen kann. Wie oft treten in Pneumonien der Kinder nach Unwegsamwerden kleinerer Lun- genparthien bedeutende Hirnsymptome auf, welche letztere vergeblich bekämpft werden, wenn nicht das Heilverfahren nach Erkennung des wahren Grundes mit Hülfe der Auscultation die Gefahr beseitigt. Und wie traurig ist die Lage des Arztes, wenn während des guten Verlaufs einer Leberentzündung der Kranke im Nachlafs des Fiebers plötzlich stirbt, ohne dafs vorher eine schon längst vorhandene Verengerung der Aortaklappen erkannt wurde, welcher so ein- flufsreiche Vorgang durch das Gehör hätte entdeckt und auf die Vorhersage des Ausgangs an- gewendet werden können ! Nicht erwähnen will ich der scheinbar diametral sich gegenüberste- henden Ansichten, in denen auf der einen Seite der Wechsel der organischen Formen, auf der andern der chemischen Stofle, der Kampf des Todesprozesses und der Verjüngung mit der Um- wandlung der Atome und Zellen sich repräsentirt; ich will nur auf den Einflufs hindeuten , den die Forschung , besonders der Chemie und Mikroskopie , auf Diätetik, Diagnostik, Behandlung und Erkennung der Vergiftungen, Entlarvung simulirter Krankheiten äufsert und mir nur noch eine kleine Excursion auf das dunkle Gebiet der Nervengesetze gestalten, welche noch am we- nigsten Einflufs auf die praktische Medizin geäufsert haben, sich aber einer zahlreichen, uner- müdlichen Forschung erfreuen, was um so wichtiger, je schwieriger dieselbe ist. Man hat’ im Laufe der letzten Decennien auf eine eigenthümliche Form der Geistesstörungen aufmerksam gemacht, in welcher bei vorhandener Ueberlegung dennoch Handlungen begangen werden, a „— welche sich von dieser Ueberlegung emaneipiren, ein Wahnsinn ohne Verwirrung des Verstandes, welcher um so mehr beachtet werden mufste , je mehr derselbe auf die Zurechnungsfähigkeit von entschiedenem Einflusse ist. Die neuern physiologischen Forschungen scheinen den Grund dieser Form enthüllen zu wollen, obgleich derselbe noch nicht fest genug steht, um bereits Rechtskraft erhalten zu können. Die Gesetze der Reflexbewegungen der Empfindungsnerven auf die Nerven der Bewegung in Verbindung mit der Fähigkeit des Rückenmarks Empfindung auf die Bewegungsnerven zurückzustrahlen , ohne selbst zu empfinden, wie wir es in den allgemei- nen Krämpfen des Körpers, besonders im Veitstanze und bei Versuchen an Thieren wahrnehmen, geben den Schlüssel zu jener Reihe von unwillkührlichen combinirten Bewegungen ohne Störung der Verstandesfunktionen , welche wir in den periodischen *Anfällen der mania sine delirio be- obachten , und die man demnach ; um mit Bergmann zu sprechen, als die höchsie Stufe der Entwickelung eines einfachen Muskelkrampfes ansehen könnte, Ich glaube an diesen einzelnen Beispielen genügend nachgewiesen zu haben , wie nothwendig es ist, dals der Arzt auf der Höhe seiner Wissenschaft stehe , wenn er anders das Vertrauen der Leidenden , die Achtung seiner Collegen, die Bedeutung seines Standes für den Staat ver- -dienen soll. Freilich werden immer und immer wieder im Gefolge der Forschung Hypothesen an jeden Schritt des Arztes sich heften, die sein Verstand, indem er die. alten, zum geringeren Theile 'erprobten Erfahrungen überschaut, den letztern unterwerfen mufs , aber so wie , wie Liebig äufsert, der Verstand allein selbst Nationen nicht vor Aberglauben schützt, das Kind aber mit der Entwickelung seines Geistes ‚und seiner Kenntnisse die Furcht vor Gespenstern verliert, so werden auch beständig Hypothesen die Forschung des Arztes bezeichnen, die immer ‚wieder durch neue festgestellte Gesetze verdrängt werden. „Hat aber eine Hypothese die That- sachen, durch welche sie vernichtet wurde , selbst zu ihrer Prüfung heraufbeschworen , so ver- dient sie ein Monument der Dankbarkeit.“ (Henle.) IV. Der Arzt ist verpflichtet, an der Hund der Religion den Pfad der Liebe und der Huma- nitüt zu wandeln. Seitdem eine so allseitige Durchforschung der Natur stattgefunden hat, dafs ‚ihre Gesetze auf alle Klassen des Berufs und der Gesellschaft einen unabweisbaren Einflufs ge- winnen mufsten , war es kein Wunder , dafs viele in der oberflächlichen Auffassung der Natur- gegenstände nicht allein die Philosophie für überflüssig hielten , sondern auch von dem religiösen “Glauben ‚sich emaneipiren zu dürfen wähnten, sobald es dahin käme, die Gegenstände nur einfach aufzunehmen und anzuschauen, um für begriffen und erkannt zu gelten. Gar Manche , indem sie die Thatsachen des Geistes der Sinnlichkeit unterordnen , huldigen solchem Materia- lismus und behaupten , dafs der Mensch nur an der Natur sich und seine Bestimmung begreifen könnte. Während nun diese , ihrer individuellen Ansicht gemäfs , die Natur vergöttern und nur -einen Körper mit nothwendigen Gesetzen in ihr sehend , ihren Gott in der Materie erkennen , so wollen andere in dem rein Idealen nur die Gründe des Glaubens wahrnehmen , eine Offen- barung in der Idee statuiren , während. doch dieselbe nur dadurch sich manifestiren konnte, dafs sie durch Hereinragen in die materielle Erscheinung zwei Polaritäten,, das Ideale und Reale vereinigen mufste, um zur Einheit des Glaubens zu führen. Der göttliche Gedanke, der über den Wassern schwebte‘, realisirte sich in einer conereten Offenbarung „ der Natur , ohne welche die ideelle nicht möglich wäre und durch welche also der Glaube an das Daseyn eines solchen göttlichen Gedankens hindurehdringen soll. Die Natur ist demnach das Objekt, in welchem der Glaube seinen materiellen Träger findet, dadurch also selbst natürlich wird. Auf der andern Seite schliefst die Natur durch den letzten Grund ihres Daseins , das Göttliche, den Glauben an das- selbe nothwendig als erste und letzte Bedingung in sich. Zu allen Zeiten hat es Zweifler gege- ben , die ebenso alles Göttliche in der Natur abläugneten , als es Zweifller gibt, die durchaus die Natur aus dem Glauben verbannen wollen. Niemand konnte aber vielleicht sicherer Gott in dem Geschaffenen nachweisen, als der, der dasselbe fern von ihm wähnte. Wenn der Hauch des Lebens, der die Naturkräfte dürchdringt, für gültig und genügend erkannt wurde , ‘wer fühlte da nicht die Existenz der Gottheit, da dieser Hauch doch selbst nur ein Göttliches sein kann ? „Es gibt — sagt der Engländer Combe in seiner Schrift über die Verwandtschaft zwischen Re- ligion und Wissenschaft*) — eine Offenbarung in der Natur, die unverkennbar ist. Die Anerken- nung dieser Offenbarung , der Glaube an die Heiligkeit der universellen Naturgesetze wird eine Reformation zur Folge haben , die keinen Umsturz fürchtet. Religiöse Gesetze werden mit phy- sischen Hand in Hand gehen. Die natürlichen Bedingungen, auf die sich Gesundheit, Wohler- gehen, Glückseligkeit, Friede in Familien wie in Staaten gründen , werden den moralischen zur Seite stehen und eme wahre Quelle für religiösen Glauben , mit ‘praktischer Weisheit ver- 'eint , entdecken und ins Leben führen.“ Der Arzt, als einer der mächtigsten Zweige m der praktischen Nalurforschung,, wird nun erst dann seiner Erziehumg und Bildung . seiner Aneignung des Nützlichen , Edlen und Wahren aus den anderen wissenschaftlichen Zweigen, seinem Standpunkte auf der Höhe seiner Wissenschaft richtig entsprechen , er wird erst dann Arzt im vollen Sinne des Wortes sein, dem sich das Vertrauen der Herzen erschliefst, wenn er den wahren religiösen Glauben erkannt hat und an seiner Hand Liebe und Humanität zur Richtschnur seines Pfades erwählt. Des Arztes Handeln beruht auf tkeoretisch-wissenschafllicher Darchdringung der gegebenen ‘Objekte und auf Anwen- dung dieser Theorien auf die leidende Menschenklasse , die , des eigenen Urtheils durch Mangel an betreflenden Kenntnissen , des selbstständigen Schlusses durch Getrübtsein ‘der Lebensfaktoren ‚entbehrend, dem Arzte sich im die Arme wirft, um von seiner Nächstenliebe , seiner humanen ‘Gesinnung Rath und Hülfe zu erfahren. Wir werden sehen , dafs Beide , wissenschafllicher Eort- schritt und Liebe nebst Humanität, nur auf dem ‘Grunde (der Religion beruhen und von dieser ihre Weihe erhalten können. Die Erkenntnifs der in dem Wesen der Religion tief begründeten Freiheit des Willens äufsert sich bei ‘dem Menschen in der Vernunft und im ‘Glauben , jedoch in der Art, dafs, wenn der Verstand von der Vernunft sich tremıt, und zu den Glaubenslehren ‚eine Mitwirkung der Phantasie sich gesellt, die Ergebnisse der beiden ersten leicht zur Täuschung werden. Aus diesem Grunde sind der freien unausgesetzten Entwiekelung des Glaubens, gleich- wie im Reiche ‘der Natur "bei allen Gesetzen, die nach Einheit streben ‚ Hemmungen gesetzt, ‚die Iheils im eigenen Selbst , 'theils in der Aufsenwelt wurzeln, und die erst überwunden wer- *) Siebe Beilage zur 'A, allgem, Zeitung 22. Juli 1847. den müssen , durch die Schwierigkeit und Langsamkeit der Ueberwindung aber ‘den Kern der Entwickelung um so reifer sich gestalten lassen. Benützt der Mensch die ihm verliehene Freiheit des Willens zur Erfüllung seiner Pflichten gegen die Menschengattung, so hat'er in dieser Freiheit däs selbstbewufste Denken, welches'ihn zur freieu Forschung führt, und nur in der Forschung nach den Gesetzen des Gegebenen, nach dem Grunde der Dinge liegt der Fortschritt im Berufe, demnach’ ohne Anerkennung der Religion keine Freiheit des Willens, ohne Freiheit des Willens kein Fortschritt, ohne Fortschritt — Rückschritt und Untergang. Ohne Freiheit des Willens ist die Entwickelung des Glaubens nicht möglich, da ein unfreies Geschöpf, welches keine Per- sönlichkeit besitzt, keiner höheren Existenz, demnach auch keines Glaubens bedarf, und das Freie, in der Unfreiheit seinen Gegensatz erkennend, ein götlliches Ideal, die Einheit Beider vermittelnd, anzunehmen genöthigt ist. Aus dem Glauben nun entspringt in natürlicher Folge die Anschauung des eignen Selbst in der Wechselwirkung mit dem aufser ihm Liegenden, in wel- cher Anschauung das Gemüth sieh manifeslirt, das um so reineren und edleren Zwecken hul- digt, je mehr diese Wechselwirkung eine Unterordnung des eigenen Selbst, also Liebe und Humanität gegen aufsen veranlafst. Liebe und Humanität entspringen demnach gleich der freien Forschung aus der Freiheit des Willens, sie müssen sich immer ‚edler und weiter bilden, also beständig fortschreiten, da das eigene Selbst, der Egoismus, ohne Wechselwirkung wächst und die Liebe verzehrt. Deshalb auch hier ohne Freiheit des Willens kein Fortschritt, ohne diesen — Rückschritt und Untergang. Ich will bei der Frage, die uns gegenwärlig beschäftigt, absichtlich nicht der Verirrungen erwähnen, welche in der neuesten Zeit dadurch, dafs man auf hochmüthige Weise einerseits die Religion nur als historisch nothwendig betrachtet, so dafs sie auch fernerhin noch eine noth- wendige Form des Geistes bleiben müsse für alle die, welche sich nicht zum Wissen zu erheben vermöchten , andererseits dieselbe für den Einzelnen sogar für unmittelbar überwunden hält, die Tiefe des religiösen Glaubens ummdüstern und der Vernunft eine Stellung einräumen, die ihr, wenigstens ohne Bündnifs mit dem Glauben, unmöglich gebührt. Ich bin überzeugt, dafs diese Zustände aus der Führung der Vorsehung entspringen, welche prüfend den Gehalt des Glaubens ermifst, und dafs sie nothwendig aus jenem Mifsbrauche hervorgehen, welcher Jahrhunderte lang in dem Glauben eine Grundlage von mancherlei mehr oder weniger beabsichtigten Mifsverständ- nissen erblickte. Der Arzt wird wohl die Stellung zu ermessen wissen, die er der Vernunft in der Betrachtung der Glaubenswahrheilen einräumen darf, um so mehr, da er fast der einzige ist, welcher gleich sehr die erhabenen Wirkungen eines religiösen Gemüths , wie die nieder- schmetternden Gefühle des Unglaubens am Kranken- und Sterbebette zu beobachten vermag. So habe ich denn versucht, die Stellung des Arztes zur Gegenwart, zwar in sehr mangelhaf- ter Weise, aber jedenfalls mit redlichen Gesinnungen einer prüfenden Uebersicht zu unterwer- fen. Wir haben geschen, dafs der Zweck des Arztes nur dann annähernd erreicht werden kann, wenn er wissenschaftlich forscht, während er die erste Grundlage der Wissenschaft, zeitgemälse Erziehung genossen hal; wenn er wissenschafllich wirkt, indem er seine Handlungen durch Ge- setze bestätigt, die aus der seinigen und aus den anderen Wissenschaften abstrahirt sind; wenn — Mi — er seinem Handeln die geistige Weihe gibt, indem er durch strenge Forschung die Wissenschaft und durch Fortschritt zur Liebe die Relieion zu gemeinschaftlichem Wirken vereint. Möge deshalb stets dieser Zweck des Arztes uns Aerzten voranleuchten; mögen wir erken- nen, dafs nicht in der Schaale, sondern in dem Kerne die Kraft der Früchte sich vereint, dafs nur, wo wahre edle Gedanken sich entwickeln, nützliche Thaten für das Wohl der Leidenden und des Staats entspringen, dafs deshalb der Grund des Geistes mit den Gründen der natürlichen Welt vor den Blicken des humanen Arztes schweben soll, wenn er mit unserem Schiller ausrult : Des Menschen 'Thaten und Gedanken, wilst! Sind nieht wie Meeres blindbewegte Wellen; Die inn’re Welt, sein Mikrokosmus ist Der tiefe Schacht, aus dem sie ewig quellen. Sie sind nothwendig, wie des Baumes Frucht, Sie kann der Zufall saukelnd nicht verwandeln; Hab’ ich des Menschen Kern erst untersucht, Dann weifs ich auch sein Wollen und sein Handeln. Zum Schlusse sprach der Geheime Bergrath und Professor Nöggerath : Ueber die sogenannten natürlichen Schächte oder geologischen Orgeln in verschiedenen Kalkstein-Bildungen. Er wiels nach, dals diese interessanten Erscheinungen die Folge von Mineralquellen sind. Den Schlüssel zu jenen Erscheinungen hatte er nämlich bei einigen vor ein paar Jahren neu entdeckten Thermalquellen bei Burtscheid gefunden, und diese lokale Beziehung war es auch, welche ihn zu dem Vortrage veranlafst hatte, da der Gegenstand selbst von ihm schon voll- ständig in einer Abhandlung niedergelegt wurde, welche in von Leonhard’s und Bronn’s Jahr- buch für Mineralogie, Geognosie u. s. w. Jahrg. 1843, abgedruckt ist. Hierauf verweisend, un- terlassen wir, nach dem eigenen Wunsche des G. B. R. Nöggerath, jenen mündlichen Vortrag hier mitzutheilen. 5 ZWEITE ALLGEMEINE SITZUNG. Mittwoch, den 22, September. Der zweite Geschäftsführer verlas den Bericht der zur Revision der Statuten ernannten Kom- mission (vgl. Anlage ID wie folgt : Heute am 18. Sept. 1847 sind die Unterzeichnelen zusammengetreten, um in Folge des Be- schlusses in der ersten allgemeinen Sitzung der fünl und zwanzigsten Versammlung der Natur- forscher und Aerzte die Prüfung und Begutachtung der eingegangenen Anträge auf Veränderung der Statuten vorzunehmen. Ti Nach genauer und gewissenhafter Erwägung der gestellten Anträge und nach sorgfältigster Prüfung derjenigen Paragraphen, deren Aenderung den Antragsstellern wünschenswerth geschie- nen, wird entschieden, dafs die am 1. October 1822 zu Leipzig aufgestellten Statuten dem Zwecke der Gesellschaft vollständig genügen, und dafs eine Veranlassung zur Aenderung der- selben mithin nicht vorliege. Aachen am Tage wie oben. Harlefs. Nöggerath für sich und im Auftrage des abgehenden Herrn Berghauptmanns von Dechen. Dr. Jäger. Wiebel. Dr. Heyfelder Dr. Monheim. Dr. Debey. Dieser Beschlufs der Kommission wurde durch lebhafte Acclamation bestätigt und zugleich festgesetzt, dafs innerhalb fünf Jahren keine Aenderung mehr berathen werden solle, Darauf wurde zur Wall des Ortes für die Versammlung des künftigen Jahres geschritten. Der erste Geschäftsführer, Dr. Monheim, erklärte, dafs von mehren Seiten Regensburg vorge- schlagen sei, wogegen Hr. Medizinalrath Dr. Zitterland Trier in Vorschlag brachte. Prof. Wiebel aus Hamburg erhob sich und sprach in begeisternder Rede für Regensburg, dem Sitze gelehrter Gesellschaften, der Grabstätte des grofsen Keppler. Im Stromgebiete des Rheins seien bereits 9, in dem der Elbe 8, an der Wesel 2, an der Oder 1 und an der Donau nur 3 Versammlungen gehalten worden. Auch der Süden und Osten des Vaterlandes müsse vertreten werden, wie in der diesjährigen Versammlung der äufserste Nordwesten in den Bund verschlun- gen sei. Geheimrath Harlefs sprach aus historischen und geographischen Gründen für Trier, dagegen entschieden sich Medizinalrath Stiebel aus Frankfurt und andere, die früher für Wiesbaden ge- sprochen, ‘dessen Regierung die Versammlung sehr gern in ihrer Mitte gesehen haben würde, unter den obwaltenden Verhältnissen für Regensburg. Man schritt zur Abstimmung und es sprachen sich 64 Stimmen für Regensburg, 2 für Trier aus. Zum ersten Geschäftsführer wurde Herr Bürgermeister von Thon-Ditimer, zum zweiten Ge- schäftsführer Herr Dr. Fürnrohr, Vorsteher der botanischen Gesellschaft, gewählt. Geheimrath Harlefs erklärte sodann, er habe den Antrag gestellt, es mögen in Zukunft die Versammlungen am 1. September beginnen und er bringe denselben bei dieser Gelegenheit noch ein Mal zur Sprache. Prof. Heyfelder erwiederte jedoch, dafs dieser Antrag in der Kommission nicht angenommen worden und auf einen neuen Antrag für jetzt nicht mehr eingegangen wer- den dürfe. P Der zweite Geschäftsführer theilte hierauf ein Schreiben der Imp. e. R. Accademia ECOROMICO- agraria dei Georgofili di Firenze mit, wodurch dieselbe ihren Vertreter bei der 25. Versammlung, den Herrn Dr. Luigi Ridolfi beglaubigte ; sodann ein Schreiben des Herın Dr. Alexis Aaron Rakovee, Brunnenarztes zu Töplitz bei Varasdin in Kroazien, welches den Wunsch aussprach, bei dieser und den folgenden Naturfor- scherversammlungen eine Sektion für Heilquellenlehre zu bilden. Da die Statuten der Gesellschaft A = #9 = bereits die Möglichkeit einer solchen Sektion einschliefsen, die Ausführung aber von den bei jeder einzelnen Versammlung vorhandenen Umständen bedingt ist; so wurde der Vorschlag der medizinischen Sektion zur selbstständigen Berathung überwiesen. Ferner legte er im Auftrage des Herrn Obermedizinalrathes Dr. Jäger ein kleines Schriftchen von Dr. Rösch über die Errichtung einer Heil- und Erziehungs-Anstalt für schwachsinnige Kin- der : „Grundbestimmungen der Heilanstalt zu Mariaberg. Reutlingen 1847“ vor — sodann ein Schreiben des Herrn Professors Schweigger in Halle nebst folgenden gedruckten Abhandlungen : Denkschrift zur Säcularfeier der Universität Erlangen am 23.—25. August 1843 im Namen der vereinigten Universität Halle und Wittenberg. Halle 1843. Ueber das Elektron der Alten und den fortdauernden Einflufs der Mysterien des Alter- thums auf die gegenwärtige Zeit. Greifswalde 1848. Diese so wie ein Brief des Herrn Hulmann aus Elsfluth mit einer nautischen Aufgabe für die mathematische Sektion wurden dieser Sektion überwiesen. Herr Obermedizinalrath Dr. Jäger aus Stuttgart betrat hierauf die Rednerbühne und hielt nach- stehenden Vortrag : Ueber die Bedeutung und den Einflufs der Naturwissenschaften auf die Fortschritte der Humaniät. Wenn ich mir erlaube , Ihnen heute einige Andeutungen über den Einflufs der Naturwissen- schaften und ihrer Fortschritte auf den Fortschritt der Humanität vorzutragen , so fühle ich mich dazu besonders angeregt in einem Lande , dessen grofser König einst in dem strengsten Dienste des Kriegs den rein menschlichen Gefühlen des Sohnes, der seinem Vater feindlich ge- genüber stand dadurch Rechnung getragen hat, dafs er unter das von dem Kriegsgerichte ausgesprochene Todesurtheil eigenhändig die Worte schrieb „„Aufgehoben“, denn der Verurtheilte war Mensch, ehe er Soldat wurde — in einem Lande , dessen neueste Institutionen die Ver- hältnisse der Humanität näher berühren , als hier auszuführen der Ort ist — in einer Stadt, welche schon durch ihre Heilquellen seit einer Reihe von Jahrhunderten der Menschheit dient, und als Lieblingsaufenthalt Karls des Grofsen zunächst daran erinnert, dafs dieser Kaiser hier vorzugsweise den Saamen der Kultur gepflegt hat, um ihn tausendfällig in seinen weiten Rei- chen auszustreuen — in einer Stadt, die im Welteifer mit ihren Schwesterstädten eben jetzt durch die gastliche Aufnahme dieser Versammlung die Humanität ihrer Bewohner und ihrer Be- hörden beurkundet — endlich unter Kollegen und Freunden, von deren Humanität ich mir eben deshalb auch Nachsichf versprechen darf, wenn ich hier zum Theil an längst Bekanntes erin- nere. Ich will Sie daher nicht mit einer gelehrten Ableitung des Worts und darnach mit der Aufstellung des Begriffs von Humanität ermüden , sondern nur im Allgemeinen die verschiedenen Bedeutungen und Beziehungen bemerken , in welchen dieses Wort gebraucht wird , für welches wir keinen ganz entsprechenden Ausdruck im Deutschen besitzen. Er könnte nur etwa der analogen Bedeutung von Volksthum und volksthümlich nachgebildet werden, da menschlich und Menschlichkeit mehr nur gewisse Seiten oder Aeufserungen der Psyche des Menschen , wie sie sich in Empfindungen, Gesinnungen, Urtheilen und Handlungen zu erkennen gibt bezeichnen, nicht aber den Inbegriff der dem Menschen zukommenden körperlichen und geistigen Eigen- schaften und der menschlichen Interessen und Zustände in der Allgemeinheit umfassen, wie ihn das Wort Humanität ausdrückt. Im Sinne der Schule hat man indels unter Humanität die Ent- wicklung und Bildung der geistigen und moralischen Eigenschaften des Menschen begriffen und daher die Mittel, welche man vorzüglich in dem Erlernen der alten Sprachen und dem Ver- ständnisse der römischen und griechischen Schriftsteller zu finden glaubte, mit dem Ausdrucke der Humaniora bezeichnet, so wie man die Studien, durch welche man diese allgemeine Bil- dung bezweckte, mit dem Namen der Humanitätsstudien bezeichnet , gegenüber von den durch einen einzelnen Lebenszweck oder Beruf bedingten Fachstudien. Man hat jedoch seit geraumer Zeit angefangen mit diesen vorzugsweise sogenannten klassischen Bildungsmitteln iheilweise so- genannte Realien in Verbindung zu seizen und für letztere eigene Schulen zu gründen, welche als Hochschulen für Gewerbschulen und polytechnische Schulen dienen sollten. Für die formelle Bildung der Jugend wurde namentlich in sogenannten gelehrten Schulen der Unterricht in den Naturwissenschaftlen weniger im Einklange mit der natürlichen Entwickelung der Fähigkeiten der Schüler und als Bildungsmittel für diese benutzt, sondern damit mehr eine eneyclopädische Vorbildung für den künftigen Beruf oder eine nothdürftige Ausstattung für das gesellschaftliche Leben oder für die gesellige Unterhaltung bezweckt. Es kommt wohl ohne Zweifel Pestalossi das Verdienst zu, dafs er den ersten Unterricht nicht mit abstrakten Gegenständen , wie sie gewissermalsen selbst die Buchstaben sind, begann, son- dern mit der Beobachtung einzelner Gegenstände und der Auffassung und Benennung ihrer Eigen- schaften, allein die Methode verfiel bald einer Art von Mechanismus , bei welchem dem Haupt- vortheil für die Entwickelung der einzelnen geistigen Vermögen, welcher durch die consequente Verfolgung der naturhistorischen Methode hätte erreicht werden können, dem Lehrer und Schü- ler gleichsam unter den Händen entschwand. Sollte der naturgemäflse Gang der geisligen Entwickelung eingehalten werden , so mufste der Auffassung der einzelnen Merkmale und ihrer Benennung nicht blofs die Ueberlieferung an das Gedächtnils folgen, sondern die Vergleichung mit den Eigenschaften anderer Gegenstände und damit die Abstraktion der Aechnlichkeiten und Verschiedenheiten , der wesentlichen und unwe- sentlichen Eigenschaften unternommen und somit die Eigenthünmlichkeit des einzelnen Gegen- standes festgestellt werden. An diese mehr erschöpfende Kenntnifs der einzelnen Gegenstände würde sich im Verfolge der naturgemäfsen Methode das Bedürfnifs einer entsprechenden Be- zeichnung in der Muttersprache angereiht haben, für welche sich dadurch manche Bereiche- rung von selbst ergeben hätte, wie dies der Stifter dieser Versammlungen mit Glück versucht hat. — Soll an diese Kenntnils der einzelnen Gegenstände auch die Kenntnifs ihrer Anwendung im Leben und ihrer Beziehung zu den verschiedenen Zweigen des Wissens begründet und sollen dabei die Verhältnisse berücksichtigt werden , in welcher der eine Mensch und das eine Volk zu dem andern steht und somit auch alle die Motive , durch welche diese Verhältnisse geordnet werden, so ergibt sich zugleich das Bedürfifs des Erlernens der alten und neuen Sprachen und aller der Wissenszweige , welche bisher mit dem Namen der Humaniora bezeichnet wurden, für deren Erlernung nur einige Vorkenntnifs der Humana zu wünschen wäre, um ihre Erlernung und Anwendung mehr zu beleben. Indem die Fortschritte der Naturwissenschaften das Erfor- dernifs dieser formellen Grundlage der Bildung nahe gelegt haben ; haben sie zugleich die Deu- tung mancher Angaben seltener Schriftsteller berichtigt und somit das Sprachstudium selbst gefördert. Sie haben ohne Zweifel mit dazu beigetragen , dafs jetzt die naturgemäfse körper- liche und geistige Entwickelung bei der Wahl und Aufeinanderfolge der Unterrichtsfächer mehr berücksichtigt wird, unter welche jetzt auch die körperlichen Uebungen aufgenommen sind. Wenn der Naturforscher den naturgemäfsen Gang in der Untersuchung eines Gegenstandes einhalten soll, so mufs er sich gleichsam zu der unbefangenen Beobachtung des früheren Alters verjüngen, um sodann die weitere Untersuchung bis zur mathematischen Schärfe fortzuführen , bei welcher keine andere Rücksicht die nothwendige Konsequenz zurückhält. Der Naturforscher wird also durch seine Beschäftigung einestheils zu einer freien Ansicht über die Verhältnisse des Lebens und zu der Berechtigung sie auszusprechen, anderntheils aber zur Bescheidenheit geführt, indem er den möglichen oder wirklichen Irrthum bei sich selbst oder bei andern als menschlich erkennt. Es ist also die Bescheidenheit und die schonende Rücksicht für andere eine nothwendige Zugabe der Wahrhaftigkeit, so wie das Streben nach Wahrheit und die ihm zur Seite stehende Beharrlichkeit die nothwendige Bedingung für die Förderung der Zwecke ist, welche der Naturforscher als Mittel für das Wohl des Einzelnen oder der menschlichen Gesellschaft zu erreichen sucht. Der Naturforscher wird daher durch seine Beschäftigung von selbst auf den Wahlspruch geführt: Homo sum, nihil humani a me alienum puto, und diese aus der Natur des Men- schen hervorgehende Berücksichtigung aller seiner Eigenschaften und Verhältnisse und Zustände ist gerade die Aufgabe der Humanität. Eine wesentliche Bedingung derselben ist für den Natur- forscher die Mittheilung der genıachten Erfahrungen und Beobachtungen, und eine sichere Probe für dieselbe die Art dieser Mittheilung und des Austausches der darauf gegründeten Schlufsfol- gen, die sich häufig in das leichtere Gewand von Theorieen und Hypothesen kleiden, und eben deshalb um so mehr einer ernsteren Prüfung bedürfen. Mag diese auch nicht immer in den Gränzen der Unbefangerheit und Leidenschaftlosigkeit geblieben sein, so sind diese Gränzen, so viel mir bekannt, doch verhältnifsweise seltener von den Naturforschern überschritten worden. Es mag vielleicht nicht gerade jeder mit Göthe defshalb besonders gerne mit der Natur verkeh- ren, weil sie immer Recht hat und der Irrthum nur auf unserer Seite sein kann. Jedenfalls ist aber mit dem endlichen Uebergewicht der Wahrheit und mit der Möglichkeit diese unmittelbar durch Beobachtungen und Versuche zu erheben, eine wesentliche Stütze gegen eine vielleicht mehr durch zufällige Umstände gchobene Autorität gegeben, die auf der andern Seite im An- sehen nur gewinnen kann, wenn sie sich im Kampfe mit entgegengesetzten Ansichten durch die Kraft der Wahrheit behauptet. Diese Wahrheit selbst aber wird um so leichter ungetrübt hervortreten, je mehr der mündliche oder schriflliche Verkehr unter den Fachgenossen erleich- tert ist. — Vergleichen wir in dieser Beziehung die Verhältnisse früherer Jahrhunderte und selbst Jahrzehnte mit dem gegenwärtigen, so lag zwar in der vorzugsweisen Benutzung der griechischen und lateinischen Sprache für wissenschaftliche Zwecke ein Mittel die neuen Ent- deckungen schneller zum Gemeingut der Gelehrten verschiedener Nationen zu machen; allein ON der persönliche Verkehr bestand doch meist nur in brieflichen Mittheilungen. Es haben viele selbst gröfsere Werke noch zu Ende des 17. Jahrhunderts (z. B. von Morgagni, Ruysch etc.) dieses Gepräge, indefs die in dieser Periode entstandenen Academieen in London und Paris, so wie die römisch-kaiserliche Academie der Naturforscher Deutschlands ihre Mittheilungen unter passenderen Titeln herauszugeben begannen. Letztere hatte zwar nicht, wie die Academieen Englands und Frankreichs und die ungefähr 50 Jahre später gegründete Academie der Wissen- schaften zu Berlin den Charakter einer stehenden Academie gewonnen, es war in ihr jedoch ein geordneter Verein zu regelmälsiger Bekanntmachung von Beobachtungen gegründet. Den Mittheilungen der gelehrten Gesellschaften schlossen sich die Dissertationen an, welche als nothwendiges Erfordernifs für die Erwerbung des Titels und der damals ausgedehnteren Pri- vilegien eines Doktors früher ein wirksames Mittel für das Ansehen der Universitäten und ihrer einzelnen Lehrer, so wie für das wissenschaftliche Streben ihrer. Schüler und die Belebung des wissenschaftlichen Geistes der Universitäten selbst wurden. Diese Dissertationen gaben öftere Veranlassung zu Förderung des mathematischen Theils der Naturwissenschaften insbesondere : für die Naturgeschichte im engeren Sinne wurden erst in neuerer Zeit Lehrstühle errichtet und früher nur gelegentlich mit der Materia medica einzelne Theile derselben vorgetragen, von welchen der Botanik ein Uebergewicht gegeben wurde. Der allgemeine persönliche Verkehr wurde indefs lange hauptsächlich durch das Bedürfnifs der jüngeren Aerzte gröfsere Krankenanstalten zu besuchen oder auch durch den ausgezeichne- ten Ruf eines einzelnen Lehrers oder einer einzelnen Universität auch mit dem Auslande her- beigeführt, ohne dafs jedoch dadurch gerade der Grund für eine bleibende wissenschaftliche Verbindung gelegt wurde. Sie blieb mehr ein Vorrecht der in dieser Beziehung begünstigten Universitäten, deren gröfsere Zahl und Universalität in Deutschland wohl als ein wesentlicher Vor- theil für diese Erhaltung des wissenschaftlichen Geistes in Deutschland anzusehen ist, für das in seinen Universitäten wenigstens eine Einigung für die Wissenschaft lag. Sie haben zugleich als feste Burgen des deulschen Geistes selbst unter (fremder Herrschaft die Einigkeit der Gesin- nung in allen Gauen Deutschlands bewahrt. Für den einzelnen aufser Verbindung mit einer sol- chen Universität lebenden mochte wohl die frohe‘ Erinnerung an die Studienzeit oder eine zu- fällig geweckte Neigung einen befruchtenden Einfluls auf sein praktisches Treiben oder die Wahl einer jenes begleitenden Lieblingsbeschäftieung haben, die jedoch nur in seltenen Fällen zu bedeutenden Ergebnissen für die Wissenschaft führen mochte, indem der einzelne abgesehen von den materiellen Sorgen nicht selten in einer wissenschaftlichen Vereinödung zu leben ge- nöthigt war, zu der selbst der literarische Verkehr schwieriger den Weg fand. Dieser ist jetzt durch eine Fluth. von Zeitschriften nach allen Seiten geöffnet, die nur dadurch einigermaafsen eingedämmt wird, dafs einzelne Gelehrte die dankenswerihe Mühe übernommen haben, eine nach den verschiedenen Fächern geordnete Uebersicht der in einzelnen Schriften enthaltenen Beobachtungen und Untersuchungen in Jahresberichten zusammenzustellen und somit über die Fortschritte der einzelnen Fächer Rechenschaft zu geben. Dabei wird jetzt den einzelnen Fächern viel häufiger als früher eine gesonderte Bearbeitung in besonderen Werken und sogar in be- sonderen Zeitschriften zu Theil, durch welche der Einzelne leichter auf dem jetzigen Stand- punkt der besonderen Wissenschaftszweige geführt werden und auf diesem sich erhalten kann. Von dieser Seite wäre also die Specialität des Einzelnen jetzt mehr gesichert. Je mehr jedoch die einzelnen Gebiete der Naturwissenschaft sich ausbreiten, desto mehr werden sich ihre ver- schiedenen Zweige berühren und ineinander greifen. Nicht selten ist es aber die Aufgabe des Naturforschers und Arztes diese Beziehung der verschiedenen Zweige der Naturwissenschaft in einem gegebenen Falle in Anwendung zu bringen. Es mufs also dafür gesorgt sein, dafs er bei der Pflege seines besonderen Berufs die Uebersicht über das ganze Gebiet der Wissenschaft nicht verliere, oder dafs er neben der Universalität seiner nalturwissenschaftlichen Bildung auch einem speciellen Fache oder Gegenstande sich widmen und durch seine Speeialität die Wissen- schaft selbst fördern könne. Wenn dazu der Aufenthalt an dem Wohnsitze einer Academie oder einer Universität oder die Gunst des Schicksals Einzelnen günstige Gelegenheit bot, so war diese dagegen der Mehrzahl mehr oder weniger verschlossen, indem mit dem Fortschritte der Wissenschaft selbst meist auch der Umfang und die Kostbarkeit der Hülfsmittel wächst, die zu ihrer Förderung nothwendig sind. In gleichem Grade wächst zugleich das Bedürfnifs, die Natur selbst im Grofsen zu beobachten und die Hülfsmittel kennen zu lernen, durch welche es andern gelungen ist, in ihre Geheimnisse einzudringen. Es erhöht sich damit- das Bedürfnifs aus dem Zustande der Isolation, in welchem Einzelnen geistige Funken entlockt werden möchten, in den der freieren Leitung hervorzutreten, um mit freundschaftlichen Polen in Verbindung zu kommen. So viel mir bekannt, wurde der erste beschränkte Versuch einer solchen persönlichen Verbin- dung mit an verschiedenen Orten wechselnden Zusammenkünften in Schwaben zu Anfang dieses Jahrhunderts gemacht, der jedoch durch politische Verhältnisse gehemmt, nur eine Spur seines Daseins in dem 1805 erschienenen ersten Bande der Denkschriften der vaterländischen Gesell- schaft der Aerzte und Naturforscher Schwabens hinterlassen hat. Eine freiere Entwickelung gewann der in der Schweiz gegründete naturhistorische Verein, der durch seine wechselnden Versammlungen ein Vorbild für die durch Oken gegründeten Ver- sammlungen der Naturforscher und Aerzte Deutschlands wurde, deren 25jähriges Bestehen wir mit der diesmaligen Versammlung feiern. Die Vortheile dieser Versammlungen waren so einleuchtend, dafs sie mit jedem Jahre an Zahl der Theilnehmer aus Deutschland und aus andern Ländern gewann,‘ in welchen gleichfalls solche wechselnde Versammlungen der Naturforscher und Aerzte gegründet wurden, welcher bald auch mit entsprechender Einrichtung die Versammlungen der Land- und Forstwirthe folg- ten. Sie sind jetzt fast für alle irgend bedeutende Wissenszweige oder Berufsarten und von einer Menge kleinerer Vereine nachgeahmt worden, und es hat sich somit die vor 25 Jahren veranlafste geistige Anregung in den verschiedensten Fächern vervielfacht, Indem in den Versammlungen, deren 25malige Wiederkehr wir feiern, der Mündlichkeit und Oeffentlichkeit gehuldigt wurde, haben sie nicht blos die Theilnahme der dem einzelnen Fache Angehörigen hervorgerufen, son- dern auch Männer aus allen Ständen angezogen und somit wesentlich dazu beigetragen, die Früchte der wissenschaftlichen Forschungen schneller in’s Leben einzuführen und zum Gemeingut aller Länder und Völker zu machen, und den Sinn für Wissenschaft überall aufs Neue zu beleben. Es haben sich daher auch diese Versammlungen überall des Schutzes der hohen Regierungen und der gastlichen Aufnahme in den 25 Städten zu erfreuen gehabt, welche sie seit ihrer Süftung besuchten. Es haben sich dabei Jugendfreunde wieder gefunden ; andere, die sich nur aus Handschriften oder Druckschriften kannten, haben sich zum engern Freundschaftsbunde die Hand gedrückt; es haben sich die Aelteren im Umgange mit den Jüngeren verjüngt, die Jüngeren den Rath der Aelteren freundlich aufgenommen ; manche Verschiedenheit der Ansichten ist durch den persönlichen Austausch ohne Bitterkeit ausgeglichen worden. Es stand somit der Förderung der Wissenschaft die Förderung der Humanität zur Seite. Fragen wir nach den Mitteln, durch welche diese Vortheile erreicht wurden , so glauben wir in formeller Beziehung die Einfachheit der Gesetze voranstellen zu dürfen, welche die Grundlage dieser Versammlungen bilden. Dem geistigen und gemüthlichen Genufse steht der Gewinn zur Seite, der aus dieser Vereinigung mit Fachgenossen für die Kenntnisse der Einzelnen und aus der Bekanntschaft mit den an den einzelnen Orten befindlichen Hülfsmitteln für die verschiedenen Zweige der Naturwissenschaften, für den Austausch dieser Hülfsmittel sich ergibt. Die Bereicherung der Sammlungen ist jetzt nicht mehr blofs für den einzelnen Besitzer oder für die Vorsteher einer öffentlichen Anstalt von Werth , indem nicht zu miskennen ist, dafs mit der gröfseren Bedeutung für die Wissenschaft, welche solche Sammlungen erhalten haben, auch ihre Zugänglichkeit und somit ihre Gemein- nützigkeit gewonnen hat. Diese wächst zugleich mit der Zunahme und der Erleichterung des Verkehrs , die selbst wieder eine Frucht der Fortschritte der Naturwissenschaften ist. Ich darf hiebei nur an die Ausdehnung der Vortheile erinnern , welche in dieser Beziehung die Dampfmaschinen erlangt haben. Indefs ihre Kraft dem wissenschaftlichen Bedürfnisse Amerikas einen deutschen Naturforscher zuführte, um dort die Spuren der Eiszeit zu verfolgen , befrachtet Amerika seine Dampfschiffe mit den zum Theil dort von Deutschen gebauten Früchten, um die Hungersnoth in Europa zu mildern. An dieser unmittelbaren Sicherung desLebens knüpfen sich die vielfachen anderweitigen Vortheile, welche durch diese Kraft für den Verkehr und die Industrie geschaffen worden sind, die ohne sie nicht zu erreichen waren. Ihre Leistung bleibt indefs immer noch hinter den Kräften der freien Natur zurück. Schon in dem Falle der Niagara ist eine Kraft entwickelt, welche die mechanische Kraft aller Dampfmaschinen Grofsbrittaniens sechsfach übertrifft, und der Ertrag einer gesegneten Erndte überbietet alle Anstrengungen der Menschen , welche er zu ihrem Er- satze zu trellen gesucht hat. — Wenn somit der Naturforscher auch in der Entwickelung der grofsen Kraft, die er bis jetzt erreicht hat, dennoch auf die Unmacht der Menschen zurückge- wiesen wird, so liegt selbst in diesem Hemmnifs der Fortschritte der Naturwissenschaften eine Förderung der Humanität , durch die er auf bescheidenem Wege zu der Untersuchung der Ur- sachen zurükgeführt wird, welche etwa eine solche Milserndte hervorgebracht haben und durch welche Mittel ihr künftig begegnet werden könne. Die bisher fruchtlose Bemühungen in Absicht auf die Kartoffelkrankheit dürften insbesondere zu Verfolgung dieser Wege führen, selbst wenn dazu keine unmittelbare Anforderung in der allgemeinen Noth läge. Wie viel durch die Anwendung des Dampfs für den Betrieb von Maschinen und für die Be- schäftigung und Ernährung einer grofsen Zahl von Menschen über und unter der Erde gesche- hen ist, darf ich hier nur erwähnen, aber auch nicht verschweigen , dafs dadurch zum Theil ein Rückschritt der Humanität veranlafst worden ist. Als Belege dafür dienen die häuptsächlich in England gepflogenen Verhandlungen über die Zeit der Beschäftigung der Kinder, insbesondere in Fabriken , wenn gleich darin selbst eine Aeufserung der Humanität der Staatsverwaltung liegt, welchem ein Wiederhall in Deutschland zu wünschen wäre, wo sich meines Wissens noch keine Stimmen für diese Rücksicht der Humanität erhoben haben. — Den Dampfschiffen haben sich jetzt die Dumpfwagen beigesellt, und der schon vor 40 Jahren von Soemmering unternommene Versuch die galvanische Electrieität für die fast augenblickliche Mittheilung in grofse Entfernungen zu benutzen , hat aufs neue aufgenommen schon die Verbindung entlegener Städte und Länder zu Stande gebracht. In kurzer Zeit wird London mit 59 gröfseren und kleineren Städten auf diese Art in Verbindung stehen, und mittelbar sind uns selbst entfernte Punkte Amerikas näher gerückt, wo der elektrische Telegraph schon 7000 Meilen mit einander verbindet*). Der elek- trische Telegraph wird mit dieser Ausdehnung und freien Benutzung nicht etwa blos zum Ge- hülfen der industriellen Geschäfte , sondern auch zum Träger von Gedanken und Empfindungen, welche sich auf rein menschliche Lebensverhältnisse beziehen. Die eben angeführten Beispiele mögen genügen zu beweisen , wie viel nur die Steigerung der bewegenden Kräfte, die man den Fortschrilten der Naturwissenschaften verdankt, zur Erleichterung des Verkehrs, zur ge- genseitigen Verbindung entlegener Länder und Völker, zum Betrieb von Maschinen und Fabri- ken, kurz zur Förderung der materiellen und geistigen Interessen beigetragen hat. Es geht jedoch dieser mechanischen Kraft in sehr vielen Fällen die Benutzung der Fortschritte der Chemie insbesondere zur Seite, durch welche häuptisächlich der Betrieb von einer Menge von Fabriken bedingt wird, welche nur die wichtigsten Bedürfnisse des Lebens (Papier , Kleidung , Farben , Metallarbeiten,, Glas- und Töpfer-Waaren) unter verschiedenen Formen liefern , wie sie dem unmittelbaren Bedürfnisse, so wie dem Luxus und der Mode zusagen mögen, die wenigstens als eine Eigenthümlichkeit der Menschen hier zu erwähnen sind. — Wie bei dem Betriebe der Gewerbe und Fabriken der anererbte Handwerksgebrauch oder das Fabrikgeheimnils den Meister leitete, der nur durch einen gewissen Takt oft zu glücklichen Versuchen und Fortschritten in der Fabrikation gelangte, so war auch bei dem Betriebe der Landwirthschaft früher eine viel- jährige Erfahrung fast die einzige Richtschnur für die Art des Anbaues, ohne (dafs jedoch selbst der sogenannte rationelle Landwirth zu deutlichem Bewulstsein der innern Gründe seines Verfahrens gelangen konnte, da ihm weder die Bestandtheile des Bodens, noch der verschiedenen Pflanzen, die auf demselben gebaut wurden, genügend bekannt sein konnten. Die in neuerer Zeit erweiterte Einsicht in diese Verhälinisse hat nicht nur die relative Ernäh- rungsfähigkeit der verschiedenen Pflanzen für Menschen und Thiere, sondern auch die damit zusammenhängende Ertragsfähigkeit des Bodens und das Bedürfnifs bestimmter Ersatzmittel und des Wechsels des Anbaus nachgewiesen. Eben dadurch wird auch die Wahl der Mittel, durch welche die Ergiebigkeit einer Bodenfläche gesteigert werden kann, bestimmt, nachdem derBei- behaltung der ursprünglichen Wechselwirthschafl, wie sie die Natur im}Grofsen übt, und wie sie im verjüngten Maalsstabe zum Theil künstlich geübt wird, die Nothwendigkeit entgegensteht, *) Allgem, Zeitung v. 5, Aug, 1847 pag. 1731. durch. eine alljährlich gesteigerte Production für die steigende Bevölkerung zu sorgen. — Dieser somit mehr künstliche Zustand der Bevölkerung führt auf eine weitere Anwendung der Natur- wissenschaften und ihrer Fortschritte, nämlich auf die Lehre von dem gesunden und kranken Zustande der Menschen und ihre Beziehung auf.das Wohl des Einzelnen und der Gesellschaft. In dieser Hinsicht dürfte die allgemeinere Verwenduug, der komoiopathischen Heilmethode, deren Blüthezeit in.die Periode derletzten 25 Jahre fällt, in sofern als Fortschritt anzusehen seyn, weil sie in vielen Fällen wenigstens erweisen dürfte, wie viel die Kräfte der Natur selbst vermögen, um die Störungen in dem Lebensprozesse wieder auszugleichen. Sie bietet aber dadurch ein weiteres Interesse dar, weil ihr ein Prinzip zu Grunde liest, das sich ursprünglich auf genaue und mit Aufopferung von ihrem Stifter unternommene Versuche stützt, und weil sie wenigstens Veranlassung gab, die verhältnifsweise bedeutende Wirksamkeit kleinerer Gaben von Arznei- mitteln aufser Zweifel zu setzen. Es hätte dafür wohl auch die übrigens wenig. beachtete Erfah- rung angeführt werden können, dafs durch die Beimischung einer sehr kleinen Menge eines Stoffs die physikalischen und chemischen Eigenschaften einer bedeutend gröfseren Mafse eines andern Stoffes oder einer Mischung von Stoffen eine auffallende Veränderung erfahren können; noch mehr könnte dafür sprechen, dafs auch die kleinsten chemischen Veränderungen mittelst eines elektrischen Condensators zur Anschauung gebracht und sogar gemessen werden können, den doch wohl der über den ganzen Körper verbreitete Condensator des-Nerven- und Gefäls- systems des Menschen an Feinheit und Empfindlichkeit unendlich übertreffen dürfte. Wenn indefs bei den homoiopathischen Dosen mit der Zunahme der Verkleinerung oder der Verdünnung, eine Steigerung der Wirkung angenommen wurde, so könnte dafür immerhin die verhältnifsweise so bedeutende Wirkung der Imponderabilien, Licht, Wärme, Elektrizität, Magnetismus angeführt werden, allein die von einzelnen Anhängern dieser Methode gewagte Annahme einer Vergeisti- gung der. Wirkung. durch diese unendliche Verdünnung würde auf eine Verkörperung des Geistes führen, wie sie selbst dem crassesten Materialismus nicht zusagen könnte. Es scheint vielmehr im Austausche der Erfahrungen und Ansichten der Homoiopathen und Alloiopathen der übrigens zum Theil ohne die Homoiopathie eingeleitete erfahrungsmäfsige Fortschritt gewonnen worden zu sein, dafs der specifischen Wirkungsweise der einzelnen Arzneimittel mehr Geltung verschafft und daher ihre mehr gesonderte Anwendung in verhältnifsweise kleineren Gaben be- günsligt wurde. Auf der andern Seite führte die Lehre von dem Contrastimulus auf die eigen- thümliche Wirkung gröfserer Gaben einzelner Arzneimittel, und es wurde somit der Anwendung einzelner Mittel von bekannter und hinlänglich festgestellter Wirkung gegenüber von den soge- nannten Magistralformeln mehr Eingang verschafft, welche nicht selten eine Menge Stoffe von sehr verschiedener und sogar entgegengesetzter Wirkung enthielten. Dieser Einfachheit der, Mittel huldigte zwar vor allen die Wasserheilkunde und sie führte fast auf das entgegengesetzte Extrem der gröfseren. Wirksamkeit der Masse, zugleich aber ergab sich in vielen Fällen eine andere Art von Probe darüber, was die Kräfte des Menschen auszu- halten. vermögen, oder was sie zur Ausgleichung von krankhaften Prozessen unter der mehr oder weniger gewaltsamen Einwirkung äufserer Potenzen leisten können. ‚Es ist wohl dem Vor- wurf. der Einseitigkeit des Mittels durch die Modifikationen in seiner Anwendung einigermaafsen 5 Ei begegnet, im Ganzen aber dem Prinzip ‘der Reaction und ihrer Leitung mehr durch eine Art "von Takt als durch wissenschaflliche Berücksichtigung der physiologischen und pathologischen "Vorgänge und Gesichtspunkte in der ersten und besuchtesten Anstalt Rechnung geiragen wor- den, welchen auch ein einzelnes Heilmittel nicht wohl in den verschiedensten Zuständen genügen könnte. Es behält indefs die Methode schon der vielen Erfahrungen wegen, welche dadurch für die Wirksamkeit eines einzelnen Mittels gewonnen worden sind ihren Werth und es ist damit ‘die Ausnahme von dem Verbot des Selbstbereitens und Selbstdispensirens der Aerzte, welche bei den beiden eben angeführten Methoden gemacht wurde einigermafsen gerechifertigt. Beide dienen zu einer mit vielen Opfern erkauften Bestätigung der Lehre, dafs eine gewisse einseitige Richtung oder Begeisterung zwar zur Auffassung einer einzelnen Seite des vielseitigen Organis- mus und der vielseitigen Wissenschaft dienen kann, dafs aber zum Vortheile beider vor Allem ‘eine Unbefangenheit der Ansicht nöthwendig erfordert werde. Es kann nicht meine Absicht sein, den Nachweis zu versuchen, in wie weit diesen Forderungen durch die alloiopathische Methode Genüge geschehen ist. Es spricht indefs dafür die Richtung der besseren Aerzte aller Zeiten und der neueren sogenannten physiologischen Schule insbesondere, welche in mancher Beziehung vielleicht richtiger die physicalische genannt werden könnte, ‘sofern die genaue Erforschung der physicalischen Kennzeichen der krankhaften Veränderungen der Organe einen auszeichnenden Charakter dieser Schule bildet. Es ist wohl unbestreitbar, dafs die Fortschritte der Anatomie und Physiologie, der Physik und Chemie und die häufige Anwendung der letzteren insbesondere für die Untersuchung der vegetabilischen und thierischen Stoffe ‘sehr viel dazu beigetragen ha- ben, die physiologischen und pathologischen Vorgänge des Lebens und ihre wechselseitige Bezie- hung aufzuklären und die Anwendung der geeigneten Mittel sicherer zu machen. Ich Jari hier nur an die Untersuchungen der vielen Mineralwasser und Heilquellen und ihrer dadurch beding- ten rationellen Anwendung, der Entdeckung des Jods, des Broms, der Alcaloide der China, des Opiums erinnern, durch welche der hippokratischen Forderung des Cito, Tuto et Jucunde mehr als früher selbst in den beschwerlichsten und gefährlichsten Krankheitsfällen Genüge ge- leistet werden kann; ich darf nur der neuesten Anwendung des Aethers erwähnen, durch welche schon jetzt unendlich viel für die Humanität geleistet worden ist, sofern sie die sonst schmerz- haftesten Operationen zwar nicht gerade blos in einen vorübergehenden Traum verwandelt, aber doch in der Mehrzahl der Fälle für den zu Operirenden und den Operateur erleichtert und selbst ihren Erfolg mehr zu sichern verspricht, indefs dieser in dem Fortschritte der Wissen- schaft und Kunst selbst eine unmittelbare Stütze gefunden hat. Wenn der Chirurg in diesem Momente des Erfolgs, der z. B. dem Staarblinden das Gesicht wiedergiebt, auch den 'Triumpt seiner Kunst, wie seiner Humanität feiert, so ist es oft vielmehr die Ausdauer bei dem Mifslingen oder der Langsamkeit des Erfolgs, durch welche die Humanilät des Arztes auf die Probe ge- stellt wird. — Ein noch höheres Verdienst als in der Behandlung der Krankheiten selbst liegt in der Verhütung derselben, welche auf die genaue Erforschung des physiologischen und patholo- gischen Zustandes des Einzelnen sich gründen mufs. Es verdiente diese Anffassung der Thätig- keit des Arztes, welche zugleich ein inniges freundschaflliches Verhältnifs zwischen dem Arzte und den seiner Pflege Befohlenen vorausselzt, vorzugsweise den Namen der physiologischen —- 35 — Medizin, sofern ‚hauptsächlich, die genaue physiologische Untersuchung die. Grundlage der ‚Pro- phylazis ist. Sie ist indefs mehr geeigaei, dem einzelnen Arzte eine innere Befriedigung. als eine äufsere Anerkennung zu verschaTen, Das Verdienst dieser prophylacüschen Meinode hai sich. in neuerer Zeit anf eine glänzende Weise bei einer Welfseuche bewährt, welche von- den Ufern. des Ganges bis in das Herz von Europa gedrungen war. Die Cholera hat ihr, Ziel in_diesem, von der Wissenschaft der Humanilät der, Regierungen. an die Hand. gegebenen: Grundsatze der ausgedehntesten Vorsorge für die Gesunden und bei den ersten Spuren der Erkrankung gefunden, nachdem die in brüderlichem Verbande gemachtea Anstrengungen der Aerzte den Erfolg, der Behandlung, der ausgebildeten Krankheit nicht gesichert hatten, und alle Maafsregeln. der einzel- nen.Staaten, sie durch Sperranstalten und Desinfection von ihren .Gränzen abzuhalten, sich als fruchtlos und zum Theil als nachiheilig. erwiesen halten : eine Erfahrung, welche durch, wenige Versuche, die theils von mir im Jahr. 1832 theils in Manchester angesiellt wurden. ihre wissen- schaftliche Begründung für künftige Zeiten erhielt. Die durch diese Seuchen veranlafsten Vorkeh- rungen haben jedoch die Herstellung von einer Menge von Krankenanstalten bewirkt. Sie haben eben damit der öffentlichen Sorge, für die Kranken. ohne Rücksicht des Standes, der Nation und des Glaubensbekenntnisses unter dem Schilde der Humanität;und der Wissenschaft, einen. neuen Aufschwung: gegeben. Beide haben zugleich in neuerer Zeit eine erhöhte, Vorsorge für einzelne Arten von Krankheiten in’s Leben gerufen, welche man früher der Heilung. weniger zugänglich glaubte, und daher die blofse Verpflegung der davon Befallenen oder. ihre Entfernung aus der Gesellschaft und ihre Unschädlichmachung dem Versuche einer sehr zweifelhaften Heilung, vor- zog. Die ärztliche Kunst und Wissenschaft führte sonst ein schwerbelastetes Schiff von soge- nannten unheilbaren Kranken mit sich, von denen nur selten einer an.dem glücklichen Ufer der Genesung landen konnie, an das ihn in der Regel nur der Nachen des Charon. brachte. Ich erinnere, um mit den materiellsten Krankheiten anzufangen, an die Menge von Deformitäten einzelner Glieder oder eines 'Theils des Körpers, deren Heilung nur durch ein ‚consequentes, Verfahren, wie.es in den in neuerer Zeit gegründeten orthopädischen Anstalten möglich ist, gelingen kann. Ihre Heilung blieb aber meist der Ungewifsheit des Erfolgs wegen unversucht, trotz der nicht selten fortdaurenden Schmerzen oder der. Nahrungslosigkeit, zu ‚welcher diese angeborenen oder zufällig entstandenen Abweichungen, der Form führten, welche am Ende wenig- stens ‚alle Beschwerden des Alters steigerten. In höherem Grade nech war dies bei manchen Hautkrankheiten der Fall, deren, Martern nicht, selten ‚noch durch die Entfernung aus der Gesellschaft vermehrt wurden, die, auch wo keine Gefahr der Ansteckung zu besorgen war, weichlich genug war, den Anblick von Unglücklichen zu scheuen, die sich diesem daher mit schnerzlicher Selbstverläugnung selbst entzogen oder in abgesonderten, Gebäuden verwahrt wurden. Diese Kranken haben jetzt in eigenen Anstalten eine Zufluchtsstätte nicht nur zur Verpflegung sondern. zur. Heilung. gefunden. Sie. haben sogar für . den, Aussatz als einen Ueberrest einer chronischen Weltseuche ein glückliches, Heilverfahren gewährt. — Eine andere Weltseuche, welche da, wo sie zuerst auftrat, nicht selten die ganze Bevölkerung dahin raffte und die alljährlich Tausende als Opfer forderte und eben so, viele, der Entstellung, und dem Sichthume preisgab, hatte zwar in der Impfung eine für-den Einzelnen. wre immerhin noch gefährliche Beschränkung erhalten; die Aussicht auf ihre gänzliche Verbannung aus der Gesellschaft verdanken wir jedoch erst der glücklichen Auffassung des milderen Stoffs der Lymphe der Kuhpocken durch Jenner und der Anerkennung, welche dieser Entdeckung durch die Versuche der Aerzte aller Nationen und die Vorsorge der Regierungen zu Theil gewor- den ist, welche durch den Fortschritt zu einer geordneten Revaccination ihr Ziel erreichen dürfte. Wenn das Schicksal der Blinden und Taubstummen bei ihrer sonst guten körperlichen und geistigen Beschaffenheit und den nicht selten sogar hervorragenden Anlagen in dem eigenen Erfindungstrieb einzelner an diesen Mängeln Leidender einigen Ersatz fand, und das Mitleid anderer mehr in Anspruch nahm und eigene Erziehungs- und Heilanstalten für sie hervorrief, so war dagegen das Schicksal der Irren um so bedauernswerther. Nachdem sie längere Zeit aus einer sonderbaren Schaam oder einer fast weichlich humanen Scheu vor fremder Pflege im Schoofse der Familien zurückbehalten oder nur etwa einzelnen nicht immer gerade durch Hu- manität oder spezielles Interesse und Geschick geleiteten Privatinstituten mehr zur Pflege oder Aufbewahrung als zur Heilung übergeben worden waren, fanden solche Irre für unheilbar ge- halten oder wirklich unheilbar geworden eine Aufnahme in den für unheilbare Kranke bestimm- ten Siechenhäusern oder in einer Abtheilung von Strafarbeitshäusern, da man für sie ohngefähr dieselben Maafsregeln der Sicherheit gegenüber von andern nöthig glaubte, wie bei Verbrechern, und man erlaubte sich daher gegen Irre häufig nicht nur dieselbe Art von Verwahrung, sondern dieselben Art der Behandlung. Es veranlafste nur etwa der Reichthum oder der höhere Stand des Irren eine äufserlich bessere Verpflegung und er wurde vielleicht mehr vor Mifshandlungen geschützt, als der auf öffentliche Kosten aufgenommene Irre, aber ebensowenig als dieser als ein an einer vielleicht heilbaren Krankheit Leidender aufgenommen. Es gelang auch ein Heilversuch meist schon aus dem Grunde nicht, weil er erst unternommen wurde , nachdem die Krankheit schon mehrere Jahre gedauert hatte, nach einem durch die neueren Erfah- rungen befestigten Gesetze, dafs die Heilungen in zunehmendem Verhältnisse seltener sind, je später die Aufnahme in die Heilanstalt statt fand, und dagegen in überwiegendem Ver- hältnisse häufiger und nachhaltiger, je früher nach dem Beginn des Irrseins die Aufnahme statt gefunden hat. Was könnte auch jetzt wohl die zärtlichste Rücksicht der Angehörigen an der alsbaldigen Uebergabe eines Irrgewordenen an eine solche Heilanstalt hindern, nachdem man’ bei den umgeschaffenen oder neugegründeten Irrenheilanstalten nicht nur allen durch die. Sicherheit etwa gebotenen Zwangseinrichtungen alles Anstöfsige benommen und den äufseren Einrichtungen ein möglichst freundliches Ansehen zu geben gesucht hat, und da der Geist, der diese Anstalten leitet der der Wissenschaft und Humanität und der durch höhere Grundsätze gestärkten Aufopferung und Ausdauer ist? Die Ueberzeugung von der Heilbarkeit der mehr acuten oder chronischen Krankheit der Irren hat sich durch die Erfolge vielfach bestäligt und das ge- genwärtige Jahrhundert weifst eine Reihe solcher Anstalten auf, welche wir als Denkmale der Vorsorge erleuchteter Regierungen auch in unserer Nähe zu begrüfsen haben. — Inzwischen blieb eine Klasse von Unglücklichen bisher von dieser Vorsorge gröfstentheils ausgeschlossen , nämlich die nicht unbedeutende Zahl von Schwachsinnigen , die entweder von Geburt an das Gepräge des Cretinismus an sich trugen, oder auch während der Kindheit nicht selten in Folge ® Er von zufälligen Krankheiten der geistigen und oft auch körperlichen Verkümmerung verfielen und damit mehr oder weniger dem Bilde des angeborenen Cretinismus sich näherten. Man hat sonst diese vollständigen oder Halbcretinen je nach ihren äufseren Verhältnissen dem Anblicke anderer mehr entzogen oder sie mit niederen Diensten beschäftigt, so gut es gehen mochte. Sie wurden jedenfalls als eine Last der Familie oder der Ortschaft, der sie angehörten angesehen und darnach, nothdürftig verpflegt, doch blieben sie mehr unter dem Schutze des Aberglaubens als unter dem der Humanität von Mifshandlungen eher verschont. Der Mühe, den wenn auch schwachen Keim geistiger Anlagen zu der Entwickelung zu bringen, der er überhaupt fähig sein mochte , unterzogen sich hin und wieder einzelne Eltern oder Lehrer ; allein ein methodi- scher Unterricht in Verbindung mit der erforderlichen Berücksichtigung des Maafses der geisligen Fähigkeiten und der körperlichen Beschaffenheit des Einzelnen setzte eine ausgedehntere Beo- bachtung solcher Individuen und ein tieferes Erfassen dieses krankhaften Zustandes und umfas- sendere Hülfsmittel voraus, wie sie nur in eigens für diesen Zweck eingerichteten Anstalten zur Anwendung gebracht werden können. Die erste Leuchte für diese Unglücklichen hat Dr. Guggenbühl auf dem Abendsberge aufgestellt. Durch die Erfolge , welche er in dem Zeitraume weniger Jahre erhielt, hat er nicht nur den Eifer einzelner Privatinstitute belebt, sondern auch die Aufinerksamkeit der Regierungen und Behörden auf diesen Gegenstand gelenkt. Dasselbe ist in Würtemberg dureh Dr. Roesch geschehen, und es ist jetzt in dem ehemaligen Kloster Ma- riaberg eine Anstalt für schwachsinnige Kinder errichtet, welche schon für die kurze Zeit ihres Bestehens erfreuliche Erfolge aufzuweisen hat. Die grofse Zahl solcher Individuen an ein- zelnen Orten mufste jedoch darauf leiten, den Ursachen dieser Entartung entgegen zu wirken, und essind daher nicht nur die wünschenswerthen medizinisch-polizeilichen Anordnungen in Ab- sicht auf die Reinhaltung der Strafsen, die Baueinrichtungen der Häuser , die möglichste Be- schränkung der Familiendispositionen angeordnet worden, sondern auch die Aufsicht, Pflege und ärztliche Behandlung der im zarteren Alter stehenden Kinder überhaupt und insbesondere solcher, welche zu dieser Entartung entschieden hinneigen. Es haben diese Anordnungen schon günstige Resultate gewährt und es lassen sich weitere hoffen. Es hat sich der Zusammenhang der cre- tinischen Entartung mit Scrophelsucht vielfach bestätigt und zum Theil die Wahl der Heilmittel geleitet. Die Naturwissenschaft hat also in diesem Falle nicht nur den Familien, sondern auch den Staaten mit der ersten Anregung auch die Mittel geboten , der Humanität im eigentlichsten Sinne dadurch zu genügen, dafs einzelne körperlich und geistig verkümmerte in mancher Be- ziehung selbst unter dem Thiere stehende Menschen zu einer höheren Stufe der Menschlichkeit gehoben und damit wenigstens zu brauchbaren Mitgliedern der Gesellschaft herangebildet wer- den können. In näherer Beziehung stehen jetzt mehr als früher die Naturwissenschaften zu der Rechtspflege , schon insofern als durch die Fortschritte der Anatomie, Physiologie, Pathologie und insbesondere der Chemie die Erhebung des Thatbestandes in einem Grade an Sicherheit gewonnen hat, dafs über das wirklich in einem gegebenen Falle stattgefundene Verbrechen kaum ein Zweifel obwalten kann. Die chemische Untersuchung namentlich , von welcher die römischen Gesetzgeber gar keine Vorstellung hatten , und deren Resultat selbst noch vor wenigen Be — E Jahren immerhin noch nicht .die für.den Richter wünschenswerthe Schärfe gegeben werden.konnte, vermag jetzt selbst nach Verflufs mehrerer Jahre das Verbrechen oder die Unschuld an.den Tag zu bringen. Die Naturwissenschaft hat sofort auf die physischen Bedingungen der Coexistenz in- tellectueller. und moralischer Eigenschaften. in_der Phrenologie aufmerksam gemacht , die als eine Erweiterung der Physiognomik. und. der Gall’schen Schädellehre anzusehen ist, dabei ist aber auch die, Bedeutung der Beschaffenheit anderer Organe, wie.namentlich des Herzens, der Un- terleibsorgane mehr gewürdigt worder. — Es ist damit für. die Beurtheilung ‚des Selbstmords, und selbst mancher Verbrechen gegen andere zu den übrigen Quellen der moralischen Ver- kümmerung oder Entariung, auch die der physischen oder psychischen Krankheit beigefügt worden, welche innerhalb gewisser Grenzen ohne ‚Beeinträchtigung der Prinzipien des Rechts neben der. Strenge der Rechtspflege auch: der Humanität eine gröfsere Geltung bei Beurthei- lung des einzelneu Falls verschafft hat. Es wird daher, auch der Behandlung der Gefangenen überhaupt und selbst der Verbrecher mehr Rücksicht gewidmet, sofern selbst die physischen Zwangsmittel nicht blos auf die Bestrafung und Unschädlichmachung sondern auf die Bes- serung der Verbrecher und auf ihre einstige Zurückgabe an die Gesellschaft berechnet sind. Wir milskennen dabei den Antheil nicht, welchen die moralische und religiöse Ueberzeugung an.dieser Behandlung der Strafgefangenen hat; wir zweifeln aber, dafs bei dem jetzt viel- besprochenen Zwangsmittel der Einzelnhaft und des sogenannten. Schweigsystems den Be- denken, welche die Naturwissenschaft an die Hand. gibt überall. genügende Rechnung ge- tragen ist. Ich bescheide mich jedoch, hier nur meine vorläufige subjective Ueberzeugung aus- zusprechen, indem ‚die Verhandlungen über diesen Gegenstand in vollem Gange sind, und also eine Berücksichtigung aller Verhältnisse, welche hiebei in Betracht kommen, soweit dies noch nicht geschehen sein sollte, in Kürze zu erwarten. ist. Die Unterdrückung der Sprache ‚als des menschlichen Sinnes scheint selbst mit bedeutenderen physischen und. psychischen. Nachtheilen verbunden, als der Mangel anderer Sinne, der hauptsächlich durch die Beschränkung ‚der Auf- nahme äulserer Eindrücke und durch die Hemmung. der. freien Mittheilung, der Gedanken und, Empfindungen fühlbar wird. Alles Streben. der Blinden, oder Taubstummen so wie des Lehrers bei dem von ihm. ertheilten. Unterrichte gcht Jahin, eine. Sprache zur Verständigung mit andern zu schaffen und einzuüben. Es wird daher auch der Verbrecher in der Regel trotz aller äufseren Hemmnisse ein Surrogat der natürlichen Sprache zu finden wissen, wenn. ihm nicht in der seine Bes- serung abzweckenden ‚Unterhaltung ein ausgedehnterer (Gebrauch der Sprache gewährt wird, alsihm bei aller Aufopferung, zu welcher. die edle und. religiöse Gesinnung die Beamten und einzelne Menschenfreunde veranlafst, in, den meisten Anstalten dieser, Art wird gewährt werden können. Es scheint daher in den nach dem, strengen, Prinzip der. Einzelhaft und des Schweigsystems eingerichteten, Anstalten, auch abgesehen von der. Begünstigung, durch: andere physische, Ursa- chen, der Uebergang in Wahnsinn nach einigen Berichten. verhältnifsweise häufiger. vorzukommen, Von: ausgedehnterer staatswirthschaftlicher und selbst politischer Bedeutung erscheinen uns die, Fortschritte der Naturwissenschaften.in ihrem Einflufse auf. die, leiblichen und geistigen Interessen des Menschen, welche sich unmittelbar an die Erweiterung der Kenninifse der Natur und ihrer einzelnen Verhältnisse anschliefsen. Es treten uns, hier zunächst die. Entdeckungsreisen entgegen, = u welche die Naturforscher in ihrer nächsten Umgebüng gemacht haben. Wer wollte läugnen, dafs durch die’genauere Eriorschung der naturgeschichtlichen und geognostischen Verhältnisse der einzelnen bänder Europa’s, so wie der aufsereuropäischen Länder die Benutzung ihrer Hülfs- quellen erweitert und damit die Existenz der 'schnell steigenden Bevölkerung Europa’s mehr 'ge- "sichert oder ihre Uebersiedlung ia aridere Gegenden der Erde erleichtert und zugleich der Saa- men der Kultur zu entfernten Völkern ‘getragen worden ist? Wer wollte es läugnen, dafs in dem friedlichen Verkehre des Naturiorschers mit ‘weniger bekannten 'Völkern ihre Bildungsfähig- "keit mehr erkannt, und’ für die Anerkennung der Würde des Menschen auch in seinem noch röhen Zustande der Weg angebahnt worden ist? Sie hat ihren Wiederhall jetzt in der Verbin- dung der erleuchteten Regierungen Europa’s für die Aufhebung und Unterdrückung der Selaverei und des Selavenhandels gefunden. Es ist dieser Verbindung durch die mit ihr verbundenen An- stalten zur Verbreitung des Christenthums die Sanction der Kirche zu Theil geworden , der' jetzt in der naturgemäfsen mit Humanität geleiteten Bildung der Völker eine reichere Saat für ihre erhabenen Zwecke blüht, als sie je den durch Blüt'und die Asche der Scheiterhaufen gedüngten Feldern enikeimen sah. Die durch den Fortschritt der Naturwissenschaften bedingte Fortschritte der Kultur und der vermehrte friedliche Verkehr zwischen den verschiedenen Völkern der Erde haben wesentlich dazu beigetragen, den Frieden zwischen ihnen zu erhalten und den Krieg wenigstens menschlicher zu machen, wenn auch auf der andern Seite der Fortschritt der Naturwissenschaften dem Kriege neue Waffen. geliefert hat und ohne Zweifel liefern wird, wenn eine Verletzung des Rechts oder der Nationalehre ihn unvermeidlich machen sollte. Wir wenden uns jedoch von dieser äufseren Beziehung der Naturwissenschaften zu der inneren Ausbildung ‘ihres organischen Baues und zu den innern Beziehungen, in welche sie mit den höheren Bestrebungen der Humanität treten. In einem unmittelbaren Zusammenhange steht der Fortschritt ‚der Naturwissenschafien nicht nur mit den Künsten, durch welche, wie durch die Mechanik ein unmittelbares Hülfsmittel für einzelne Zweige der Naturwissenschaften gegeben wird, deren Ausübung selbst, wie die der Chirurgie und Chemie eine Kunst ist. Der Fort- schritt der Naturwissenschaften steht ‘ebenso mit der bildenden und zeichnenden Kunst gebend und nehmend‘in näherer Beziehung, sofern ohne bildliche Darstellungen die sich im Verlaufe der Untersuchung ergebenden Resultate nicht festgehalten werden könnten, und sofern die einen durch die anderen controlirt werden. Weniger bedeutend scheint der Gewinn, welchen dieser Fortschritt der Naturwissenschaften der Sprache überhaupt gewährt hat. Die genauere Bestimmung einzelner Worte und Bedeutun- gen ist allerdings Gewinn für das Sprachstudium und für die einzelne Sprache, indefs liegt darin verhältnifsweise ein noch gröfserer Gewinn für die Naturwissenschaften selbst. Die deut- schen Naturforscher theilen indefs wohl mit den vaterländischen Dichtern , welche überdies wie Goethe uud Schiller zum Theil als Fachgenossen anzusehen sind das Verdienst, dafs die Kenntnifs der deutschen Sprache mehr zu einem Erfordernifs allgemeiner Bildung ‘geworden ist, welche jetzt überhaupt nicht gerade vorzugsweise auf der Kenntnifs der todten Sprachen Em — beruht. Die Fortschritte der Naturwissenschaften gewähren ebenso dem Dichter reicheren Stoff und eine Mannigfaltigkeit von Bildern , wie ‚er sie früher fastnur der Fabelvelt entnehmen konnte. Der-gegenwärligen Stand ‘der Naturwissenschaft. begünstigte ebensowohl die poetische als die wissenschaftliche Auffassung der Natur im Kleinen ‚und im Grofsen, wie die tiefere philosophische Betrachtung über den Zusammenhang. der Erscheinungen und. der Kräfte, durch welche sie un- mittelbar hervorgebracht werden. Der Ausspruch von Berzelius , dafs jetzt ein Jahr mehr Ent- deckungen bringe , als ganze Jahrhunderte vor dem 18. Jahrhundert brachten, mufs schon von dem Versuch zurückschrecken, eine ins Einzelne gehende Schilderung des ‘schnellen Wachs- thums der einzelnen Zweige ‚der Naturwissenschaften zu unternehmen , durch welches ihr ge- meinschaftlicher Stamm erstarkt ist und mit seinen Wurzeln die tiefere Erkenntnifs des Zusam- menhangs der Dinge überhaupt. mehr erfafst hat. Uebersehen wir aber. auch nur mit einem flüch- tigen Blicke die unermefsliche Zahl von Mineralien , Pflanzen und Thieren , welche jetzt aus allen Ländern der Erde bekannt sind‘, die genaue Beschreibung und Darstellung, wie sie die jetzigen Hülfsmittel möglich machen und wie sie der Standpunkt der Wissenschaft fordert, so ergibt sich dafs ein Hauptfortschritt der Wissenschaft darin liegt, dafs sie diese unermefsliche ‚Zahl von Gegenständen dennoch durch die Prinzipien der Klassifikation zu gewältigen gewufst hat. Man begnügte sich dabei nicht mehr mit der blofsen Naturgeschichte und der Bestimmung der äufse- ren Charaktere. Diesen wurde vielmehr eine wesentliche Stütze in der vergleichend anatomischen Untersuchung zu Theil, die für sich jetzt eine Wissenschaft bildet, deren Werth schon Aristoteles erkannt hat. An sie schliefst sich die vergleichende Physiologie und Pathologie an, welche in Ver- bindung mit der organischen und physiologischen Chemie ein neues Licht auf viele Vorgänge des Lebens der Pflanzen und Thiere geworfen , und dabei die quälenden Versuche an Thieren mehr beschränkt hat, welche allerdings die Humanität der Naturforscher je zuweilen iu Schatten stel- len mochten. Dasselbe ordnende Prinzip hat auch die ungeheure Menge von einzelnen Erfah- rungen und Versuchen bemeistert, welche die Chemie noch in der Fülle ihrer Jugendkraft un- ternommen hat. Sie hat zugleich in der Anordnung des Materials und selbst in der Bezeichnung der verschiedenen Stoffe und Präparate den Weg zu einer Menge von Entdeckungen gefunden, und diese, indem sie dieselben der mathematischen Bestimmung unterwarf, in die Reihe der physikalischen Kenntnisse gestellt, welchen schon die Alten ihre noch jetzt bestehende Wahr- heit durch diese mathematische Begründung gesichert haben. Die Materialien für die Geschichte der todten und lebenden Natur , wie sie in den Ueberresten einer untergegangenen Vorwelt und den geognoslischen Beobachtungen gegeben ist, scheinen auf eine Entwickelung der Erde und ihrer Oberfläche insbesondere unter ruhigen Vorgängen oder mit mehr. oder weniger gewaltsamen. Kata- strophen zu führen, die eine Vergleichung mit der Entwickelung eines organischen Körpers gestattet, und somit auf die Idee einer solchen organischen Entwicklung in dem Makrokosmus überhaupt leitet, für deren ' Enträthselung die jetzigen Fortschritte der Nalurwissenschaften wenigstens einige trigonometrischen Punkte geliefert haben ‚dürften, von. welchen aus die Messung der Ver- hältnisse ihrer Entstehung und Entwickelung vielleicht künftigen Generationen gelingen. mag. Wer hätte wohl gedacht, dafsin dem zufällig von Galvani bemerkten Zucken eines Frosches bei Berührung seiner Musceln und Nerven mit verschiedenarligen Metallen der Keim.der Unter- suchungen liegen würde, welche auf die Verschiedenheit der Körper in Absicht auf ihr gegen- seitiges electromotorisches nnd chemisches Verhalten, auf die Entdeckung der metallischen Na- tur der Alcalien und Erden führen würde, die für sich allein schon zur Erklärung von einer Menge bis dahin räthselhafter Erscheinungen, und zu einer vielfachen praktischen Anwendung führte. Wer hätte wohl gedacht, dafs von diesem Keime aus in dem Zeitraume von wenigen Jahrzehn- ten durch/die gegenseitige Einwirkung der Elektrieität, der Wärme, des Magnetismus, des Lichts die Aufhellung der Verhältnisse dieser imponderabeln Stoffe, so. wie sehr, ‚vieler Vorgänge des organischen Lebens, und selbst der bedeutendsten Vorgänge in der großsen Natur gelingen würde. Wenn für die Aufhellung dieser Verhältnisse und Vorgänge vielleicht die höhere Combi- nationsgabe einzelner Naturforscher als Leitstern dienen konnte, so ist die Aufgabe doch erst durch den Fortschritt der positiven Kenntnisse miltelst sinnreicher Apparate und Versuche ihrer Lösung näher gebracht worden. Durch die klarere Einsicht in die Wirkungsweise dieser Kräfte ist eine Reihe von Erfahrungen gewonnen worden, welche zum Theil unmittelbar in’s Leben eingreifen. Mancher derselben ist schon gelegentlich erwähnt worden, Wir glauben nur hier insbesondere nach den neuesten Untersuchungen von Dunsen die Hoffnung aussprechen zu dür- fen, dals dem Grubenarbeiter künftig ein eiektrisches Licht. von gleicher Kraft wie. die. Sonne bei seiner Arbeit leuchten wird, obne dafs er der Gefahr der bisherigen ‚Beleuchtung ausgesetzt sein wird. Dem rein wissenschaätlichen Forscher schliefst die Concentration der Liehtstrahlen in dem Mikroskope eine Welt von Geschöpfen auf, die trotz ihrer Kleinheit einen nieht unbedeu- tenden Bestandtheil dev Oberfläche der Erde bilden. Ihre Zahl, die in einem Kubikzoll mehr als 100 Millionen Individuen beträgt, setzt uns nicht minder in Erstaunen, als die Zahl und Entfer- nung der Sterne, deren Licht mehrere Millionen Jahre gebraucht, un auf unsere Erde zu ge- langen und das jetzt wenigstens in den Kreis genauerer Beobachtung geleitet ‘werden kann. „Wenn. wir endlich die Fortschritte der Naturwissenschaften in Beziehung auf den Einflufs be- trachten, den sie aul die &efere Begründung der geistigen Eigenschaften des Menschen gehabt haben, auf welche sich das Bewulsisein seines Verhältnisses zu sich selbst und zu andern. so- wie zu den höheren Interessen der Menschheit, sein Verhältnifs zu der Natur und dem Urheber derselben gründet; so scheint wenigstens der Versuch, vom Standpunkte des Naturforschers aus diese Verhältnifse und selbst die Fortldauer der Persönlichkeit des Menschen nach dem Tode zu begründen, mehr gelungen, als die Versuche, für diese Verhältnisse in dem Materialismus oder Alheismus oder Pantheismus oder den verschiedenen philosophischen Construetionen eine Erklä- rung zu finden oder sie zurückzuweisen, gegen deren Haltbarkeit schon der Wechsel der An- sichten spricht, welche für die verschiedenen philosophischen Systeme die Grundlage bilden oder von ihnen abzuleiten sind. Die Fortschritte in den Naturwissenschaften dürften jedenfalls geeignet sein, diese Ansichten zu läulern und ebenso, wie sie ‚für die mosaische Schöpfungsgeschichte manche bestätigenden Deutungen geliefert haben, dürften sie auch für die Natur des menschlichen Geistes und seine Bestimmung manche Anhaltspunkte liefern, an welche sich ‚die sonst ‚der Weltweisheit vorbehaltenen Untersuchungen anknüpfen mögen, wie denn selbst die Sprache einer der gebildetsten Nationen Europas den Naturforscher ‚und Philosoph mit einer Benennung: be- zeichnet, im Einklange mit dem Ausspruche Baco's , dafs die Naturwissenschaft die Mutter aller Ö anderen Wissenschaften sei. Indem die Naturwissenschaft in Uebereinstimmung mit der religiösen Ueberzeugung tritt, dient sie dieser selbst zur Stütze, da sie ebenso auf die Anerkennung der Würde des Menschen, wie auf die Erhabenheit seiner Bestimmung führt. Diese Anerkennung ist die Grundlage der alle Völker und selbst alle Geschöpfe umfassenden Humanität, und diese selbst das Ziel der Entwickelung des Menschen überhaupt, dem ihn die Fortschritte der Na- turwissenschaften, wie wir hoffen, näher gebracht haben und näher bringen werden , indem sie ihn darauf leiten, den einzelnen Menschen und jedes Verhältnifs des Lebens von dem Standpunkte der Humanität aufzufassen, und darum mögen auch künftig als Losungsworte bei unsern Versammlungen gelten: Wissenschaft und Humanität. Hierauf bat Herr Oberbergrath von Carnall um’s Wort und bemerkte in kurzen, jedoch nach- drücklichen Worten , wie er einen in der Rede des Herrn Jäger enthaltenen, Deutschland tref- fenden Vorwurf nicht mit Stillschweigen übergehen könne , nämlich den Vorwurf : dafs sich in Deutschland über die Behandlung der Arbeiter und Kinder in den Fabriken noch keine Stimme erhoben habe. Es seien ihm (Carnall) des edlen Lords Ashley Bills nicht unbekannt , welche derselbe Behufs Verbesserung des Zustandes der Arbeiter im englischen Unterhause einbrachte. Aber was gehe aus diesen Bills hervor ? — dafs man zarte Kinder in die Bergwerke hinabsen- dete, Knaben von 12, 14 und selbst noch jüngeren Jahren, Mädchen von gleichem Alter, kaum halb bekleidet, Frauen sogar, und das täglich auf sechszehn lange, traurige Stunden ! Wo bleibe da alles häusliche , alles Familienleben ? Kinder müssen mit schweren Lastwagen Räume durchlaufen , zu eng, um gröfseren Leuten den Durchgang zu gestatten! Ja, man ver- traute unzurechnungsfähigen Kindern die Oeffnung und Schliefsung von Thüren an, wovon in jenen unterirrdischen Räumen das Leben und die Gesundheit vieler Arbeiter abhängig gewesen! Da sei es kein Wunder , dafs die beklagenswerthesten Unfälle sich ereignet, deren Zahl selbst jetzt noch Schauder erregten, nachdem des edlen Lords Anträge endlich Gehör gefunden. Er wolle nicht weiter bei diesen Schreckensscenen menschlichen Elends verweilen, sondern mit frohem Bewufstsein die Frage aufwerfen, ob man in unserm Deutschland solche Zustände kenne. Fern sei es von ihm, die Gründe des edlen Menschenfreundes , welcher sich’ bestrebe , den Zustand unserer Proletarier zu heben, durch Täuschungen über deren Lage zu lähmen. Es bleibe auch für uns darin noch viel, sehr viel zu thun. Allein im warmen Gefühle für Deutsch- lands Ehre könne er nicht zugeben , dafs wir in einem solchen Bestreben irgend einer andern Nation nachstehen. — Ein lautes Bravo gab die Einstimmung der Versammlung mit diesen Ge- fühlen zu erkennen. Obermedizinalrath Jäger entgegnete hierauf, wie ihm nicht unbekannt sei, dafs mancher Fabrikbesitzer sich menschenfreundlich seiner Arbeiter annehme , aber in dieser Hinsicht ge- schehe von Seiten der Regierungen noch zu wenig. Noch einmal nahm Oberbergrath von Carnall das Wort und sagte : Achtung , innige Hoch- achtung sei allen denjenigen Fabrikbesitzern dargebracht, welche sich bestreben,, das körper- liche und geistige Wohl ihrer Arbeiter zu befördern ! Allein möge man nicht verkennen , dafs hierin die preufsische Regierung durch weise landesväterliche Gesetze den Weg vorzeichne. Keine Fabrik dürfe Kinder beschäftigen, die nicht ihre Schulzeit vollendet, und wenn sie es ei wolle , so müsse sie ihre eigene besondere Schule haben, und Arbeit, Unterrieht und Erholung müssen in angemessenem Verhältnisse wechseln. Sollte dies nicht immer und überall der Fall sein, so könne der Vorwurf nur den Beamten, welcher die Vollstreckung des Geseizes, zu überwachen habe, und nicht die Regierung treffen. Noch trat der Kreisphysikus Dr. Jacobs aus Eupen mit der Bemerkung auf, dafs er erst neu- erdings wieder von der Regierung die Aufforderung erhalten habe , den Zustand der hiesigen Fabrikarbeiter zu untersuchen und sich über dessen Verbesserung zu äufsern,, woraus klar her- vorgehe , wie sehr man bemüht sei, diesem Zustande die sorgfältigste Aufmerksamkeit zu widmen. Zum Schlusse erklärte Herr Obermedizinalrath Jäger mit dem warmen Gefühle eines edeln Menschenfreundes, welches aus seinem ganzen Vortrage hervorgeleuchtet halte, wie sehr es ihn freue , sich in seiner Voraussetzung getäuscht zu haben, — eine Aeufserung, welcher ein all- gemeiner, lauter Beifall folgte, womit sich die für die Zuhörer in hohem Grade interessante Erörterung schlofs, Hierauf sprach Prof. d’Alton aus Halle über Vorrichtungen zur Erleichterung des mikroskopischen Zeichnens und erläuterte dieselben an einem von ihm vorgezeigten Mikroskop. Er wies auf die Camera lucida und auf den Sömmeringschen Spiegel in Verbindung mit Horizontalstellung der Mikros- kopröhre hin, deren man sich bisher als Hülfsmittel bei mikroskopischen Zeichnungen bedient habe. Diese Einrichtungen seien aber nur für Gegenstände von sehr geringer Fläche anwendbar. Seine Vorrichtung bestehe in der Umgestaltung des Mikroskops in eine Camera obscura mit Weslassung des Oculars, auf welchen letzteren Umstand besonderer Werth zu legen sei. Hie- mit lasse sich die Anwendung von Daguerrotypplatten und photographischem Papier von Talbot u. a. verbinden. Ferner wies derselbe auf eine von Dr. Focke aus Bremen erfundene Einrich- tung hin, mittels welcher Infusorien in ihren bekanntlich aufserordentlich raschen Bewegungen gehemmt, in lebendem Zustande ganz stille gehalten zu werden vermögen und sämmtliche Le- benserscheinungen, Pulsationen des Herzens u. dgl. genau beobachten lassen. Der Redner schlofs mit dem Bemerken, dafs er seit seiner Anwesenheit in Aachen erfahren habe, dafs noch ein ande- rer Beobachter auf die von ihm so eben besprochene Anwendungsweise der Camera obscura am Mikroskop geführt worden sei. Herr Dr. Debey theilte hierauf mit, dafs ihm eine von Herrn Kaufmann Winnertz in Crefeld, einem kenntnifsreichen Entomologen,, erfundene Einrichtung bekannt gewesen, bei welcher das Mikroskop in seiner gewöhnlichen aufrechten Stellung in eine Camera obscura verwandelt werde. Diese Einrichtung habe er, wie er glaube, vervollkommnet, dadurch dafs er wie Profes- sor d’Alton nur die Objektivgläser des Mikroskops ohne Ocular angewendet, wodurch seiner Erfahrung nach die Klarheit des Bildes bedeutend erhöht werde und ferner dadurch, dafs er sie mit einem Arbeitstisch für naturwissenschaftliche Untersuchungen verbunden habe, auf des- sen oberer Platte die mikroskopischen Bilder am hellen Tage auf das Schönste sichtbar wür- den, Er habe seinen Tisch in einem der Sääle ‚der Gesellschaft für nützliche Wissenschaften in und Gewerbe ausgestellt und sei bereit, an einem der folgenden Tage bei günstiger Sonnen- beleuchtung die Wirkung dieser Vorrichtung zu veranschaulichen. Herr Dr. Schultz aus Deidesheim forderte sodann auf zur Vereinigung der vielen naturwissen- schaftlichen Vereine im Stromgebiete des Rheins. Es beständen drei Vereine in der Pfalz, einer in Basel, einer in Strafsburg , einer in Freiburg , ferner in Mannheim, in Wiesbaden, in Mainz und in Bonn und Aachen, alle geschieden durch unnatürliche Gränzen der politischen Herrschaft. Er ergreife hier in Aachen die Gelegenlteit, um zu einer Vereinigung aulzufordern. Das Streben einer solchen Gesellschaft der Naturforscher am ganzen Rheinstrom müsse dahin gehen, das ge- sammte Stromgebiet monographisch zu bearbeiten; die &inzelnen Abtheilungen würden einzelnen Bearbeitern zu überweisen und das Ganze einem Hauptredaetions-Auüsschufs, am zweckmäfsigsten vielleicht in dem im Mittelpunkt gelegenen Heidelberg, zur Herausgabe zu übergeben sein. — In einer am Schlusse der Sitzung sepllogenen Beratlung einigte man sich dahin, möglichst bald eine Versammlung von Abgeordneten der verschiedenen Vereine in einer noch zu bestim- menden Stadt zu veranlassen. Herr Kreisphysikus Dr. Jakobs aus Eupen sprach hierauf über Selbstverbrennung wie folgt : Mille modis morimur, mortales, nascimur uno, Una via est vitae, moriendi mille figurae. Von der Ansicht ausgehend, dafs in einer Versammlung, wie die gegenwärtige, nur neue oder nicht gehörig erklärte Gegenstände zur Sprache kommen sollten, werde ich für einige Augenblicke Ihre Aufmerksamkeit auf ein Phänomen, auf eine Krankheit hinleiten, welche bis jetzt, wie wir bald hören werden, noch keine genügende Erklärung gefunden und nicht weniger das Interesse des Arztes, namentlich des gerichtlichen, als des Chemikers und Physikers in An- spruch nimmt. In dem bei Eupen gelegenen Weiler Stockum soll vor einer Reihe von Jahren einem Manne eine Flamme aus dem Halse gekommen und derselbe verbrannt sein. Dieser Mann soll Peter Dodt geheilsen, über 60 Jahre alt und dem Trunke in hohem Grade ergeben gewesen sein. Nach andern soll dieser Mann einen andern Namen geführt, und dem Peter Dodt zwar auch eine Flamme aus dem Halse gekommen, derselbe aber nicht verbrannt, sondern diese Flamme durch das Trinken vieler Milch gelöscht worden sein. Ein ähnlicher Fall soll auf einer Hochzeit in dem ebenfalls dem Kreise Eupen angehörigen Dorfe Kettnifs statt gefunden haben. Man hatte einen gewissen, schon bejahrten, dem Trunke sehr ergebenen Arnold Emondts ebenfalls zur Hochzeit geladen. Einige der anwesenden Gäste wollten den genannten Emondts betrunken machen. Man reichte ihm den Branntwein in ziemlich grofsen Schalen. Als derselbe nın be- reils sehr stark berauscht war, soll auch ihm eine Flamme aus dem Munde gekommen sein; diese Flamme soll sich sodann auch dem übrigen Körper mitgetheilt, der Emondts sich auf den Fufsboden geworfen und die Umstehenden das Feuer mit in Wasser getauchten Tüchern verge- bens zu löschen versucht haben. Sind diese von sehr glaubwürdigen Männern mir erzählten Ereignisse wahr, so würde der erste und dritte Fall zu den so merkwürdigen Fällen von Selbstverbrennung (combustio spon- tanea, incendium spontaneum, imcendies spontandes), der zweite Fall aber zu den Fällen von Selbstentzündung gehören. Kopp hat siebzehn mehr oder weniger genau beobachtete Fälle von Selbstverbrennungen ge- sammelt und mitgetheilt. Die Zahl der bis jetzt vorhandenen in der medizinischen Litteratur sehr zerstreut aufgezeichneten Beobachtungen ist ohne die oben von mir angeführten auf 27 gestie- gen und dennoch vermissen wir bis jetzt eine genaue, das Gemeinsame sämmtlicher Beobach- tungen umfassende Bestimmung (Definition) der Selbstverbrennung. Ich will versuchen eine zu geben und sie kurz zu begründen. Selbstverbrennung ist die durch einen eigenthünlichen Prozefs bewirkte schnelle Umwandlung eines schwachen bejahrten Menschen bei der Nähe eines nur seringfügigen Feuers in einen Haufen Asche mit oder ohne Erhaltung einzener Knochen. 1. Der bei der Selbstverbrennung vorgehende Prozefs ist ein eigenthümlicher, nicht etwa als ob hier das Verbrennen des Körpers von den allgemeinen ehemischen Gesetzen abwiche und er keiner Oxydation unter einer gewissen Temperatur bedürfe, sondern vielmehr weil der Vorgang selbst bei der Selbstverbrennung bis jetzt noch als unerklärt betrachtet werden muls. Während nämlich die ältern Naturforscher, Dupont, Adolpki, die Verbrennung hauptsächlich dem im Ueber- maafse genossenen Weingeiste, der alle Theile durchdringe, zuschreiben, leugnet Dupuytren die Mitwirkung des Alcohols völlig ab und schreibt die Verbrennbarkeit nur der groisen Masse des thieri- schen Fettes zu. Während Kopp bereits im Jahre 1800 aus der Anhäufung von brennbaren Gasarten im Zellgewebe und in den Höhlen des Körpers die Verbrennung und aus der Einwirkung der Elektrizität die Selbstentzündung ableitete, vertheidigt Lair noch in demselben Jahre die ältere Ansicht. Auch später, als Kopp im Jahre 1811 bei Herausgabe seiner Schrift ‚Ausführliche Darstel- lung und Untersuchung der Selbstverbrennungen‘‘ seine bereits früher geäufserte Ansicht bestä- tigte, fand er an Kühn einen Gegner, der wieder die ältere Erklärung von dem alle Theile durchdringenden Weingeiste zu rechtfertigen suchte. Während Lippig, nicht Liebig , dieselbe ebenfalls dem im Organismus angehäuften alcoholischen Hauche zuschreibt, sucht Nasse die An- nalıme einer sich im Körper selbst bildenden höchsten Verbrennlichkeit auf die ihm eigene scharfsinnige Weise zu vertheidigen. Hieraus, so wie aus den versuchten Erklärungsweisen eines Pfeiffer und Hünefeld ergibt sich hinlänglich die Eigenthümlichkeit des bei der Selbstverbren- nung stattfindenden Prozesses. Die Umwandlung in einen Haufen Asche war schnell. Sie geschah meist in einer einzigen Nacht, oft in sieben Stunden, einmal in drei und einmal sogar in einer einzigen Stunde. Dieselbe ist um so gewisser schnell zu nennen, als erwiesen ist, welche grofse Menge Brennmaterial der im gewöhnlichen Grade verbrennliche menschliche Körper zu seiner Einäscherung bedarf. Zur Verbrennnung eines verurtheilten jungen Menschen wurden nach Lair zwei Wagen voll Reisholz (Fagots) verbraucht und es sollen um einen menschlichen Körper durch das Feuer zu zerstören wenigstens zwei Klafter Holz und zwei Stunden Zeit erforderlich sein. Es sind dem menschlichen Körper aber die Prädieate schwach und bejahrt beigefügt, weil dieselben fast sämmtlichen Beobachtungen zukommen , obgleich auch mehre Fälle weibliche, dicke dem Trunke ergebene Subjekte betreffen. > Der Zusatz „bei der Nähe eines nur geringfügigen Feuers“ mufste gemacht werden. In meh- ren Beobachtungen und auch in den von mir angeführten ist zwar von keinem in der Nähe befindlichen Feuer ‘die Rede, doch müssen wir dem Ausspruche Dupuytren’s „dafs die Selbstverbrennung nie wirklich von freien Stücken erfolge, sondern immer der Berührung eines brennenden Körpers zugeschrieben werden müsse‘ so lange Glauben beimessen, bis ausdrücklich angegeben wird , dafs kein Feuer in der Nähe befindlich gewesen sei. Die von Kopp den Selbsiverbrennungen ebenfalls zugezählte Beobachtung über den Priester Bertholi, so wie die spätere über den Pierre Reynateau dürften wohl schwerlich den eigent- lichen Selbsiverbrennungen beizuzählen sein, indem fast kein einziger von den bei den übri- gen Beobachtungen vorhandenen Umständen bei diesen sich zeigte. Wir müssen dieselben viel- mehr, so wie den zweiten von mir angeführten Fall des Peter Dodt den Fällen von elektri- scher Lichtentwickelung oder Selbstentzündung zugesellen. Ich schliefse mit dem Wunsche , dafs nach diesen Erörterungen das Wesen und der Prozefs der Selbstverbrennung bald von einem Koryphäen der Wissenschaft ebenso ihre Erklärung finden mögen, wie die so lange angestaunten geologischen Orgeln und Erdpfeifen sie in der letzten Versammlung durch den Herrn Professor Nöggerath gefunden haben. Geheimrath Harlefs knüpfte hieran die kurze Mittheilung über einen von ihm beobachteten Fall von Selbstverbrennung. Vor vielen Jahren habe er in Erlangen eine dem Trunke stark er- gebene Frau behandelt, welche zuletzt die Erscheinungen eines typhusähnlichen Zustandes mit Adynamie der grofsen Gefälse dargeboten habe. Eine Stunde vor ihrem Tode habe er ihr eine Gabe Schwefeläther gereicht und es sei darauf eine bläuliche Flamme aus dem Halse hervorge- kommen, die den Tod beschleunigt haben dürfte. Zum Schlusse machte Herr Battka aus Prag noch die Bemerkung , dafs einer seiner Arbeiter eine ungewöhnlich grofse Vulnerabilität gegen Verbrennung besitze und dafs ein solcher Zustand dem Selbstverbrennungsprozefs wohl als entfernte Veranlassung zu Grunde liegen möge. DRITTE ALLGEMEINE SITZUNG, Sonnabend, den 25. September. Hr. Oberlehrer E. Heis eröffnete die Sitzung mit einem Vortrage über die binnen Kurzem, am 9. Oktober 1847, Statt findende Sonnenfinsternifs, welche zu den ringförmigen und zu den gröfsten gehöre, welche seit längerer Zeit beobachtet worden. — Dem Wunsche des Vortra- genden gemäfs unterlassen wir die genauere Mittheilung des Vortrages, da derselbe vorzugs- weise nur eine derzeitige Bedeutung hatte. Hierauf sprach Hr. Dr. Jütting aus Münster über die engere Vereinigung der Aerzte in ihren wissenschaftlichen Bestrebungen zur genaueren Erforschung der Naturheilkraft und über eine in diesem Sinne zu gründende Zeitschrift. — Auch diesen Vortrag können wir hier nicht mittheilen, da der Verfasser ihn anderswo veröffentlichen will. => WM = Der zweite Geschäftsführer Dr. Debey theilte sodann nachstehende Einsendungen an die Ver- sammlung mit : 1. Einen Brief des Hr. J. von Meurers, Bürgermeisters der Gemeinde Adenau in der Eifel, worin die Versammlung um einen Beitrag zur Anschaffung eines Fernrohrs für Hohacht, die höchste Kuppe der Eifelgebirge, ersucht wird. *) 2. Eine zum Kauf angebotene Handzeichnung des Festsaales der Naturforscherversammlung in Nürnberg. 3. Die kleine Schrift : Notice sur leau mineral joduree et bromuree de Wildegg (Canton d’Argovie) par Aime Robert. Hierauf sprach derselbe sein Abschiedswort an die Versammlung wie folgt : Hochverehrte Versammlung ! Im Namen derjenigen, welche sich in der alten Kaiserstadt mit unserer Wissenschaft beschäf- tigen bring’ ich Ihnen heute mit bewegtem Herzen den Scheidegrulfs. Versetzen wir uns auf einige Augenblicke in jene Zeit zurück, wo bei der 24. Versammlung in Kiel ein denkwürdiger Weltstreit unter mehren deutschen Städten sich erhob, welche um die Ehre der 25. Versammlung sich bewarben — ein Wettstreit, würdig jenem des griechischen Alterthums an die Seite gestellt zu werden, von dem es heifst : „Sieben Städte stritten den Ehrenkampf um Homeros.“ Meine Herren : in dem deutschen Wettstreit entschieden Sie sich für Aachen und wir ver- danken vor Allen den hier anwesenden ausgezeichneten Männern, Geheimrath Nöggerath, Prof. Wiebel und Prof. d’Alton, die für uns so ehrenvolle und bedeutsame Entscheidung. Aber es lasteten damals schwere Beschuldigungen auf unserer Stadt. Es hiefs : deutscher Sinn und deutsches Streben sei uns fremd geworden! Meine Herren! Heute bitt’ ich Sie, uns Zeugen dessen zu sein, was Sie hier gefunden. — Von deutschen Herzen wurden Sie als Freunde begrüfst, Sie haben deutsche Sprache und deutsches Lied in unserer Mitte vernommen und die edelste der Künste germanischen Ursprungs, die ger- manische Baukunst, sahen Sie unter uns der Pflege sich erfreuen. — Meine Herren! Ich weifs uns in dem Innersten Ihrer Ueberzeugung frei von dem uns ge- machten Vorwurf. Wir sind deutsch in unserem eigenen Bewufstsein. Ihnen sei es überlassen, zu sagen, ob wir es sind oder nicht sind. — Lassen Sie mir einen Augenblick, um denjenigen unsern aufiichtigsten und wärmsten Dank auszusprechen, durch deren ausgezeichnete Be- mühungen Ihnen diese Ueberzeugung geworden, meinen Collegen und den Vorständen und Mit- gliedern unserer Gesellschaften. Doch, Sie sprachen noch Anderes in Beziehung auf unsere Stadt und zwar die wichtigen Worte : „Lassen wir den Tempel der Wissenschaft dort eröffnen.“ In Wahrheit, schöner und für Ihre Fachgenossen erfreulicher als in dieser Weise, liefs sich Ihr hoher Beruf unserer Stadt gegenüber nicht bezeichnen. Ihre Anwesenheit hat der Wissenschaft die Bahn gebrochen; zwar nicht gegenüber der Kirche, *) Es sind der Geschäftsführung keine Beiträge zu diesem Zwecke eingegangen, IIFTiE- wie der verehrte Redner in Kiel zu glauben schien, denn in der Kirche hat von jeher die Ba- conische Wahrheit gegolten : „Philosophiu obiter tractata a Deo abducit, profundius exchausta ad eum reducit“‘ — wohl aber gegenüber dem Geiste blofs materieller Interessen. Meine Herren! ich spreche dies hier aus, nicht als wolll’ ich mit der Vergangenheit hadern. Vielmehr ist’ es mir wohl bekannt, dafs oft nur im scharfen Gegensatz der Bestrebungen kräf- tiges selbständiges Bewulfstsein und erfolgreiches Wirken sich ausbildet. Ueber den Wertlı naturwissenschaftlicher Studien für die Humanität und die materiellen In- teressen der Völker haben wir aber bereits Treffendes und Gediegenes in unsern frühern allge- meinen Versammlungen vernommen und, um es kurz zu wiederholen : wir verdanken den Fort- schrilten der Naturwissenschaften den gröfsten Theil unserer gegenwärtig so hoch ausgebildeten sozialen und staatswirthschaftlichen Verhältnisse. In diesem Augenblicke mögt’ ich vielmehr Ihre Aufmerksamkeit daraut hinlenken, dafs gerade die Verkennung naturwissenschaftlicher Bestrebungen denselben einen besonderen Werth als geistiges Bildungsmittel verleiht. Gerade ihre Verkennung von Seiten der Nichtgebildeten ist der wesentliche Grund, welshalb diejenigen, welche sich mit ihr beschäftigen, eine Freiheit des Gedankens über die Ansichten der Menge, ein selbständiges Sichbahnbrechen erringen, das der Wissenschaft als solcher wieder in der erfreulichsten Weise zu Gute kommt. Eben das Vorurtheil gegen unsere Wissenschaft : als hafte sie in kleinlicher Thätigkeit nur am Boden und als sei vieles in ihr nur gleich kindischem Spiel zu würdigen, eben dies Vorurtheil mag oft genug Veranlassung gewesen sein, dafs sie, nachdem Reihen von Jahren mit der An- häufung des scheinbar geringfügigsten Stofles hingegangen. plötzlich wie mit der Kühnheit eines Adlers über die Gedanken und Bestrebungen ıhrer ‚Zeit sich erhob und von dort aus die ganze Welt der Erkenntnisse und Thätigkeiten unter ihr .von Grund aus umgestaltet und durch grofse Entdeckungen im wissenschaftlichen und praktischen Leben neue Epochen der Entwicklung und Bildung bezeichnet hat. Ich wiederhole den Gedanken eines frühern Redners : Wie viele gab es, wie viele gibt es noch zur Stunde, die mit der Verachtung und dem Spott der Unwissenheit auf den Versuch Galvan?s am Froschschenkel herabblicken würden !? — und dennoch wurde durch eben diesen Versuch eine grofse Kraft der Natur entdeckt, die gegenwärtig fast alle Zweige des praktischen Lebens bewegt. Es würde mich zu weit führen, wollt’ ich Sie hier auch noch auf den bei Weilem nicht ge- nügend gewürdigten Einfluls der Naturwissenschaften als ethisches Erziehungsmiltel und in’s be- sondere als auf das Mittel hinweisen, welches die geistige Unabhängigkeit und würdige Stellung desjenigen Standes, dem ich selbst angehöre wesentlich zu erhöhen und über die sogenannte Brodwissenschaft zu erheben im Stande ist. Ich beschränke mich darauf, die psychologisch wichtige Thatsache an dieser Stelle ausge- sprochen zu haben, dafs es kaum eine Wissenschaft gibt, welche auf einem so entschieden empirischen und realistischen Boden wurzelnd und auf eine so tief eingreifende Weise das prak- ee tische Leben beherrschend — zugleich eine so sichere Garantie für geistige Freiheit und Unab- hängigkeit von dem Materialismus der Interessen gewährt wie die unsrige, Der grofsartigen Anregung Ihrer Anwesenheit aber wird es gelingen, unserer Wissenschaft in dieser Stadt immer mehr Anerkennung und Pflege zu gewinnen und es wird dies die schönste Erinnerung sein, die Sie auf alle Zukunft an unsere Vaterstadt fesselt. Nun meine Herren : Sie scheiden von uns. Jahrzehnte werden dahin gehen, bevor wir uns an dieser Stätte noch einmal versammeln. Vielleicht liegt es im Schoofse der Zeiten verborgen, dafs wir uns hier nimmer wieder vereinigt sehen. Aber um Eines bill’ ich : Wenn noch ein Mal 24 Jahre dahin sind, und dann wieder in Ihrer Versammlung ein Wettstreit unter den deutschen Städten sich erhebt — dann, meine Herren, denken Sie an Aachen, kehren Sie zurück zu uns und Sie werden sehen, dafs die Saat, die Sie in diesen Tagen hier ausgesät, Blüthe und Früchte trug. Herzliche Worte des Abschiedes sprach sodann der erste Geschäftsführer, Dr. Monheim : Meine Herren! Unser Tagewerk ist jetzt vollbracht; vieles Nützliche, vieles Wichtige ist geleistet worden, und wir haben Ursache, mit den Ergebnissen unserer wissenschaftlichen Verhandlungen zufrie- den zu sein. Eines nur ist es, was uns Aachener drückt, jenes nämlich, dafs die Stunde nahet, wo so viele vortreflliche Männer, deren tiefe Kenntnisse zu bewundern, deren reife Erfahrungen uns anzueionen wir das Glück hatten, uns jetzt verlassen müssen. Ihr uns theures Andenken wird jedoch nie vergehen; immer wird unsere Stadt der überglücklichen Tage sich erinnern, wo sie die Träger der Naturwissenschaften und der Heilkunde in ihren Ringmauern besals, — wo zu den vielen welthistorischen Ereignissen, woran sie so reich ist, auch noch jenes hinzu- trat, der Sitz des ersten Jubelfestes dieser hochansehnlichen Versammlung gewesen zu sein. Empfangen Sie, hochverehrte Herren! Namens der alten Kaiserstadt für diese Auszeichnung den herzlichsten Dank! empfangen Sie zugleich der sämmtlichen lieben Aachener seelenvollen Scheidegrufs : Möge der Lenker alles Guten Sie alle gesund und wohl in ihre Heimath zurück- geleiten, und mögen auch Sie sich noch zuweilen unser in Freundschaft erinnern! Herr Geheimerath Harlefs ergriff nun das Wort und gab einen kurzen Abrifs der Geschichte der Gesellschaft deutscher Naturforscher und Aerzte und ihrer Wirksamkeit. Sei auch, so sprach er, die Gesellschaft eine wandernde, eine reisende, eine Gesellschaft, die aus allen Theilen Deutschlands zusammenkomme, so sei sie nichtsdestoweniger eine innig verbundene. Ihr Zweck sei im Anfange gewesen, die verschiedenen Naturforscher verschiedener Staaten mit einander bekannt zu machen. Allein dieser Zweck habe allmählig eine gröfsere Ausdehnung erhalten, und es sei derselbe jetzt hauptsächlich die Förderung geistiger Interessen und Anregung zu weilterm Forschen. Dafs dieser Zweck erreicht worden, bedürfe keiner Beweise mehr, und namentlich liege der Grund wohl darin, dafs die Verfassung der Gesellschaft eine rein republikanische sei. Dadurch werde ihre Dauer gesichert, indem nur in der republikanischen Form es Jedem ver- gönnt sei, Antheil zu nehmen an dem, was sich nicht mehr als Eigenthum einer einzeln Auto- rität, sondern eines jeden gebildeten Menschen erweise. Deshalb sei auch die Gesellschaft von ü 7 = Be jeher dem Aristokratismus abhold gewesen, und er sehe auch nur Heil in der freien unbehin- derten Forschung. Hierauf gab’ Herr Geheimerath Harlefs einen kurzen Bericht, wie die Ver- sammlung sich in den verschiedenen deutschen Städten gestaltet und wie man ihr entgegenge- kommen sei. In Dresden habe die erste Theilnahme der Regierenden sich gezeigt; in Frankfurt eine neue Epoche durch Errichtung der Sectionen begonnen, die leider noch immer keine Stelle im Statut gefunden. Wien habe sich ausgezeichnet durch besondere Freundlichkeit der Behörden und in allen Städten habe sich deutscher Sinn und herzliche Gastfreundschaft bekun=- det. Zum Schlusse sprach er seinen Dank der Stadt Aachen aus, die, in Bezug auf Gastfreiheit, noch als eine ächt reichsstädtische sich bewiesen. Zugleich erwähnte er mit Anerkennung den Eifer, welchen die beiden Gesellschaften, die Gesellschaft der Erholung und die Gesellschaft für nützliche Wissenschaften und Gewerbe gegen die Naturforscher an den Tag gelegt. Er sei überzeugt, dafs wohl Niemand unbefriedigt von Aachen scheide; er überlasse es jedoch seinem Nachfolger im Sprechen, dem Geheimrathe Dr. Schmidt aus Berlin, einen besondern Dank für die Aufnahme der Naturforscher auszusprechen. Herr Geheimerath Schmidt entsprach dieser Aufforderung durch folgende Rede : Da in der Natur ein ehrlicher Kern mehr gilt als eine rhetorische Schule, so wende ich mich ohne lange Einleitung sofort zum eigentlichen Kern meiner Rede und dieser ist das einsilbige aber inhaltschwere Wörtchen Dank. Ich spreche es daher aus: Dank vor Allem, innigen , ehrfurchtsvollen Dank dem erhabenen Könige unseres Landes, der seine Humboldite und Schönleine wohl zu finden versteht, dem im Bereiche der Wissenschaften die ganze Welt ein Inland ist, der in die- sem Bereiche nur eine Verfassung duldet, die republikanische, Beschützung jedes besonnenen Fortschrittes und der Humanität sind die schönsten Perlen seiner Krone und zu solchen Perlen führt die Natur. Die Sonnen lenken nicht blofs den Lauf der Planeten und ihrer Trabanten, sondern sie geben ihnen auch Licht und Wärme; aber Erde und Monde haben dieses Licht und diese Wärme nur dann zu erwarten, wenn sie den Sonnen gehorchen. Verlassen sie egoislisch ihre Bahnen, so verlieren sie zu ihrem eigenen Schaden ihre Blutwärme und ihr Nervenlicht. Es entsteht Finsternifs und zwar nicht partielle, noch ringförmige, wie wir sie bald zu erwarten haben, sondern totale. Hierin besteht das Centralisationsprinzip, das monarchische Prinzip ‚der Natur.“ Möge der grolse Weltmonarch, der die Mutter unseres Landes, die Mutter der Armen genesen liefs, uns einen solchen König lange erhalten, den Fürsten, der dureh Wohlthun Herrscher ist und in treuer Nachahmung der Natur seine Provinzen lenkt. Goltes gan- zer Segen und die treue Liebe seines Volkes umgebe seine Person und Sein legitimes Haus! Vom Königlichen Hause nun denn zur Kaiserlichen Stadt, zur Stadt, die nicht stolz geworden durch die Kongresse der Monarchen und die Concile der Prälaten, die uns mit einer wahrhaft lucullischen Gastlichkeit in ihre Mauern aufnahm, immer noch eine Akademie Karls des Grofsen, eine grofse Naturforscherin, nicht in unserer Mitte, sondern um uns herum, die es versteht, die Natur im menschlichen Leben zu verwerthen, das Wasser für die Kranken, das Feuer und den Wein für die Gesunden. Nicht das Alphabet allein hat sie an die Spitze der Städte gestellt — die Weltgeschichte, welche, wie sie einst ‘durch die Erfindung der Buchdruckerkunst die Zeit mediatisirte, so jetzt durch die Eisenbahnen den Raum zusammendrängt — die Weltgeschichte hat diese Stadt so zu lagern verstanden, dafs deutsche, französische und belgische Industrie gegen einander keine Quarantäne halten. Auch die Industrie der Nächstenliebe hat hier niemals Quarantäne zu halten, keine Art von Eng- oder Kaltherzigkeit umwohnt die Ruhestätte des allerchristlichsten Kaisers — ganz Aachen ist eine lebendige Therme. Dieser Stadt der Natur, dieser Stadt der Geschichte, der Königin der Heilquellen, der Kai- serstadt Aachen, ein herzliches, ein dankbares Lebewohl ! Dank insbesondere den vortreflichen Vereinen dieser Stadt, die uns ihre Räume ‚öffneten, der Gesellschaft für nützliche Wissenschaften und Gewerbe, der Erholungsgesellschaft, und Dank den Damen, welcheirdurch ihre Gegenwart diese Räume 'verschönerten, Dank den Männern, welche das schwere Amt der Geschäftsführung mit rühriger Freudigkeit übernahmen, Dank ganz besonders unserm ehrwürdigen, weisen Monheim, in welchem wir das zusammen finden, was ein würdiger Redner an dieser Stätte in geistreichem Vortrage auseinanderseizte, den Einflufs der Naturwissenschaften ‘auf die Humanität.: Möge sein edles Werk,uewiger als'Erz, das Vincenz- Spital noch lange seine Tage erheitern, möge die Bürgerkrone noch lange sein Haupt schmüc- ken, und möge das edle, biedere und ungefälschte Herz — diefs ächte Rheinländerherz noch lange schlagen. (Allgemeiner Beifall.) Noch ein Dank ist zurück. Dank den Männern, fuhr der Redner fort, die ihre schützende Hand über unseren Statuten hielten, über das. Staatsgrundgesetz unserer Gesellschaft, herrlich durch seine Einfachheit, garantirt durch seinen Erfolg, ein Kunstwerk, wahrlich nicht gemacht, um schon nach 25 Jahren und noch obendrein in einer Proyinz,. die mit der gröfsten Pietät an ihrem alten Rechte hängt, bemeifselt und überstriehen zu werden. Auch diesen Männern zum Abschiede unseren Dank mit dem Wunsche des Wiedersehens, Zum Schlufse erlauben Sie mir, die Worte Liltrows, des Astronomen : Es lebe unser Oken, es leben die Statuten! Herr Dr. Monheim ‚erwiederte mit wenigen Worten und schlols sodann die 25. Versammlung Deutscher Naturforscher und Aerzte. Seetions- Versammlungen. Erste Section, für Anthropologie und Psychiatrie, 1. SITZUNG. Sonnabend, den 18. September. Schon am Abend des 18. Septembers hatte sich eine ziemlich ansehnliche Zahl von Mitgliedern zur Bildung einer anthropologisch-psychiatrischen Section zusammen gefunden und bei dem Umfange der zu erledigenden Arbeiten erschien es zweckmäfsig, sofort die nöthigen Vorarbeiten zu den am Montag den 20. zu beginnenden Berathungen zu treffen. Der Sectionseinführer Herr Dr. Hahn eröffnete demnach die Sitzung mit folgender Rede ; Meine Herren ! Die Section für Anthropologie und Psychiatrie ist, wie bekannt, in Folge eines bei der letzten Naturforscher-Versammmlung zu Kiel gefafsten Beschlusses gebildet worden. Die Wichtigkeit dieser Section ist zwar bereits in Kiel mehrseitig besprochen worden ; es dürfte aber doch nicht ganz überflüfsig sein, nochmals in wenigen Worten, darauf zurück zu kommen. Besonders möchte ich Sie, meine Herren , darauf aufmerksam machen , dafs die Bil- dung einer solchen Section nicht allein wegen des wissenschaftllichen Interesses, sondern auch wegen des bedeutenden sozialen Nutzens, der unmittelbar daraus hervorgeht , höchst wünschens- werth erscheinen mufste. Gerade in letzterer Beziehung hat die Bildung einer Section für Psychiatrie bei den deutschen Naturforscher-Versammlungen wegen des Zusammentreffens der deutschen Irrenärzte mit vielen andern praktischen Aerzten ihren eigenthümlichen Werth, und würde sogar an den besondern Vereinen der deutschen Irrenärzte keinen genügenden Ersatz finden. Ein Blick auf das Gebiet des öffentlichen Irrenwesens wird dieses einleuchtend machen. Sehen wir nur auf die Irren-Verwahranstalten hin. Die meisten derselben befinden sich noch immer in einem höchst beklagenswerthen Zustande ; und abgesehen hievon, so stehen sie der Zahl und dem Umfange nach fast nirgendwo im richtigen Verhältnisse zum wirklichen Bedürfnifs. Freilich sind die meisten Staatsregierungen hauptsächlich durch die Schriften und die Bemü- = Me hungen der Irrenärzte aus der früheren Gleichgültigkeit kräftig aufgerüttelt worden und von oben her scheinen die Uebelstände ihrer Tiefe und ihrem Umfange nach hinreichend erkannt worden zu sein. Man könnte daher wohl glauben, dafs dieses genüge,, um dem Uebel an der Wurzel abzuhelfen. Dem ist aber nicht so. Nach den Staatsprinzipien vieler Staaten, namentlich Preufsens , sollen die Irren-Verwahranstalten keine Staatsanstalten , sondern entweder Privatan- stalten oder Communalanstalten sein. Es genügt also nicht, dafs unsere Staatsmänner von der Wichtigkeit jener Anstalten durchdrungen werden ; sondern es mufs eine gleiche Ueberzeugung bis in die tiefern Schichten der bürgerlichen Gesellschaft eindringen. Die Bürgerschaft mufs für Geldopfer zum Zwecke der Errichtung guter und umfassender Irren-Verwahranstalten empfäng- lich gemacht werden. In dieser Hinsicht sieht es aber , leider , noch immer schlimm aus. Ich kenne, z. B., einen Regierungsbezirk im preufsischen Staate , welcher nur eine Irren-Verwahr- Anstalt für unbemittelte Irren als Communal-Anstalt besitzt. Verschiedene Gemeinden bringen ihre unbemittelten Irren in derselben unter. Die Einrichtung dieser Anstalt ist aber höchst un- vollkommen , ja äufserst schlecht. Auch steht der Raum in keinem Verhältnifs, zur Anzahl der Irren, die gegenwärtig 86 beträgt, so dafs die Irren jämmerlich zusammengedrängt leben. Zudem müssen doch noch fortwährend viele unbemittelte Irren des Regierungsbezirks, deren Unterbrin- gung nothwendig wäre, wegen Mangels an Raum abgewiesen werden. Die Nothwendigkeit einer baulichen Erweiterung der Anstalt und zweckmälsiger Verbesserungen der innern Einrich- tung ist daher längst anerkannt, und die betreffende Regierung dringt seit einer Reihe von Jahren in die Communal-Verwaltung der Stadt, wo die Anstalt besteht, damit im Interesse der Stadt selbst wie im Interesse der Irren des Regierungsbezirks die nöthigen Reformen möchten unternommen werden. Die Aktenstöfse haben sich angehäuft; allein die Verhandlungen haben bis jetzt zu keinem Resultate geführt. Während aber also fruchtlos verhandelt wird , schweifen gefährliche Irren in den Landgemeinden umher und bilden den Schrecken der Gegend, worin sie wohnen. Ja es ist noch gar nicht lange her, dafs zwei Mensch'n von solchen umschweifenden Irren ermordet worden sind. — Fragen wir uns nun, woher diese Verzögerung, die Lauheit in der Ausführung eines so wichtigen Projektes ; so finden wir leider den Schlüssel zu dieser Frage in dem Mangel einer lebendigen Theilnahme an dem Schicksal derjenigen , welche das Unglück haben , ihres Verstandes beraubt zu werden , zumal wenn man sie für unheilbar hält. Man sondere einen solchen Unglücklichen von der menschlichen Gesellschaft ab, man sperre ihn ein, man stelle ihm einen kräftigen Wärter zur Seite, um ihn vorkommenden Falles gewalt- sam zu züchligen; und den Meisten wird es scheinen, dafs sehr viel, ja dafs Alles gelhan sei. Der Unglückliche ist ja versorgt; er kann Niemanden schaden. Was ist mehr zu verlangen ?! Ich verkenne nicht, meine Herren, dafs es im allgemeinen Haufen Personen gibt, welche zarter fühlen und billiger denken. Es ist sogar nicht zu verkennen , dafs die richtigern Ansichten allmählig mehr Geltung gewinnen. Es fehlt indessen noch viel daran, dafs diese Geltung im Volke eine allgemeine werde, Und doch wäre Letzteres nölhig, wenn das öffentliche Irrenwesen in einer befriedigenden Weise geordnet werden soll. Es fragt sich daher, durch wen soll das Volk belehrt und für das Wohl der unglücklichen Irren angeregt werden? Mufs der Impuls nicht zunächst vom ärztlichen Stande selbst ausgehen ? Es ist aber einleuchtend , dafs die Irrenärzte u — im engern Sinne ,des Wortes weder zahlreich genug sind, noch hinreichend mit ‚den. verschie- denen Klassen der ‚Gesellschaft in Berührung kommen, um allein eine baldige Gesinnungsände- rung. zu Gunsten der Irren im Volke zu bewirken. Dazu bedarf ‘es der regsamen Mitwirkung des gesammten ärztlichen Personals. ! Nun‘, meine Herren , es ist gerade diese gemeinsame Wirksamkeit, welche ich im Sinne halte; als, ich. der, Section für Anthropologie und Psychiatrie bei den jährlichen . Versammlungen der Naturforscher 'und Aerzte eine.höhere soziale Bedeutung beilegte. Hier treten die: eigentlichen Irrenärzte mit den.übrigen praktischen Aerzten innähere Berührung ‚hier werden die Gebrechen des öffentlichen Irrenwesens ‚allgemeiner besprochen , und es bildet sich hier ein gemeinsames Interesse zu Gunsten ‚der psychisch Leidenden im gesamten ärztlichen :Personale aus. Die Verhandlungen, welche von Irwenärzten in Verbindung. mit ‚andern praktischen Aerzten gepflogen werden, bieten. übrigens auch noch andere wichtige Vortheile dar , Vortheile , welche der Heilkunst im ‚allgemeinen und der Psychiatrie im besondern zu Gute kommen. Denn eines- theils ist,‘ wie der ‚Mensch selbst, so auch die Heilkunde ein geschlossenes ‚Ganze. Die Fort- schritte , welche in irgend einem Zweige derselben ‚gemacht, werden, gereichen, dem;Ganzen zum Gedeihen , und kein Zweig kann vernachläfsigt werden‘ oder verkümmern , ‚ohne dafs die übrigen Zweige in irgend einer Weise darunter leiden. Es dürfte wohl nicht schwer sein ‚dieses an. der Seelenheilkunde ‚in ihrer Beziehung zur. Therapie der somalischen Krankheiten nachzu- weisen. Anderntheils zeigt uns die tägliche Praxis, dafs die Heilung der psychischen Krankheiten wesentlich dadurch gefördert wird, dafs der Arzt, der den betreffenden Kranken bis zur Con- statirung der psychischen Krankheit behandelt hat und der Irrenarzt, dem dieser Kranke zur weitern Behandlung übergeben wird sich. gegenseitig, mit ihren Kenntnissen und ihren Erfah- rungen unterstützen. Der Erstere hat über die Verhältnisse, welche auf die Erzeugung der See- lenkrankheit von Einflufs sein konnten dem Lelztern zu referiren und: gleichzeitig über die Art der Seelenkrankheit sein eigenes Urtheil abzugeben. Der Irrenarzt aber wird dem als geheilt oder auch als unheilbar Entlassenen immer einen wichtigen Dienst leisten , wenn er. seine An- sichten über das weitere Verhalten desselben dem Hausarzte des Entlassenen schriftlich mitzu- theilen, die Vorsicht braucht. Es besteht also im praktischen Leben ein nothwendiges, inniges Verhältnifs zwischen den Irrenärzten und den übrigen praktischen Aerzten. Dieses Verhältnifs auszubilden und durch Freundschaft zu veredeln, dazu wird ein regelmäfsiges Zusammentreffen der Irrenärzte mit den übrigen praktischen Aerzten, wie es bei den Naturforscherversammlungen in der Section für Psychiatrie Statt finden kann, sicherlich von grofsem Nutzen sein. Wenn dem so ist, wenn gleichzeitig das Interesse der Wissenschaft und ein wichtiges sozia- les Interesse die Bildung einer Sektion für Anthropologie und ‘Psychiatrie bei den jährlichen Versammlungen der deutschen Naturforscher und Aerzte als höchst wünschenswerth erscheinen lassen, so bleibt mir nur übrig den Wunsch auszusprechen, dafs diese Section von den hier anwesenden Aerzten recht zahlreich besucht werden, ‚dafs dieselbe immer mehr an innerer Be- deutung wie an äufserem Umfange zunehmen, und dafs Gottes Segen, ohne den kein Menschen- werk Dauer haben kann, auf unseren Arbeiten ruhe. — Herr Kreisphysikus Dr. Hartung , Arzt der hiesigen Irren-Verwahranstalt, und ich sind mit dem Auftrage beehrt worden , die Section für Anthropologie und Psychiatrie bei der dies- jährigen Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte einzuführen. Zu meinem innigen Be- dauern ist Herr Dr. Hartung durch Krankheit verhindert den Sitzungen beizuwohnen. Dagegen haben die Herren Dr. Debey und Dr. Lersch die Güte gehabt, mir ihre Unterstützung bei den den Sectionseinführern obliegenden Arbeiten zuzusagen. Zur Erleichterung der spätern Veröffentlichung der Verhandlungen ersuche ich die Herren Secretaire , die Reihenfolge der Vorträge und den Gang der Diskussionen in die Protokolle mög- lichst genau zu verzeichnen. Gleichzeitig ersuche ich die Herren Präsidenten, güligst dafür Sorge zu tragen, dafs die Vorträge von den Herren Vortragenden selbst, wo möglich unmittelbar nach dem Vortrage oder wenigstens bald nachträglich, vollständig oder im Auszuge dem betreffenden Seeretaire mögen übergeben werden. Schliefslich bitte ich die verehrliche Versammlung durch die Wahl eines Präsidenten und eines Seeretairs fürdie nächste Sitzung die Section constiluiren zu wollen. Es wurden hierauf zum Präsidenten für die erste Sitzung der Geheime Medizinalrath Dr. Flem- ming aus Schwerin und zu beständigen Secretären die Herren Dr. Kesselkaul und Dr. Roderburg jun. aus Aachen gewählt und ein Verzeichnifs der angemeldeten Vorträge entworfen , das im Tageblatt abgedruckt wurde. 2. SITZUNG. Montag, den 20. September. Präsident : Geheimrath Dr. Flemming. Seeretäre: Dr. Kesselkaul. Dr. Roderburg jun. Der Präsident eröffnete die Sitzung mit einigen einleitenden Worten über die Frage, ob die in der vorigen Sitzung beschlossene Trennung der psychiatrischen Seclion von der medizinischen zu rechtfertigen sei. Er erkannte in dieser Trennung keine Anmaflsung, sondern vielmehr eine Bescheidenheit von Seiten der Psychialiker. Die Psychiatrie sei eine besondere Wissenschaft , aber erst in der Entwickelung begriffen, stehe daher noch nicht auf gleicher Höhe wie die übrige Medizin, habe aber andrerseits auch die Aufgabe, sich von der Philosophie, der Psychologie und der eigentlichen Medizin, unter deren Vormundschaft sie bisheran gestanden, zu emanzi- piren. Diese Gränzstreitigkeit bestehe noch bis zur Stunde, es sei aber die Hoffnung der Psy- chiatriker, dafs die Naturforscher-Versammlungen sich als die geeigneiste Stelle erweisen wür- den, selbe zu schlichten. Herr Dr. Richarz, Inhaber der Privat-Irrenheilanstalt zu Endenich bei Bonn, sprach hierauf über die Grundformen der chronischen Seelenslörungen welchen Vortrag wir hier in einem vom Verfasser eingesandten, gedrängten Auszuge mil- theilen : Es gibt keine Frage in der wissenschafllichen Psychiatrie, über deren Lösung eine so grolse u Verschiedenheit der Ansichten besteht, als die über die Klassifikation und Bezeichnung der ver- schiedenen Arten chronischer Seelenstörung. Die Hauptursache der in dieser Hinsicht bestehen- den Verwirrung der Ansichten beruhtin der der Psychiatrie von ihrer Kindheit an noch ankle- benden Neigung, bei der Betrachtung der psychischen Krankheiten das Hauptaugenmerk auf den Inhalt der krankhaften psychischen Erscheinungen zu richten, sich zu heften an den blofsen Stoff, welchen die geslörte psychische Funktion von Aufsen ergreift, und der doch in den meisten Fällen nach den im geschichtlichen Zeitalter gerade vorwaltenden Ideen, nach Lebens- alter, persönlichen Erfahrungen u. s. w. verschieden, und demnach für eine Erforschung der Zustände rein zufällig und nichts bedeutend ist. — Das Bedürfnifs besteht also in einer psycholo- gischen Erforschung und Festsellung der Grundformen psychischen Erkrankens, insbesondere insoweit denselben gewisse pathologische Zustände des Gehirns entsprechen also in der Auffindung solcher ursprünglichen anthropopathologischen Zustände, in denen psychische Störung und Funk- tionsslörung des Seelenorgans als Correlate sich decken. Daneben mufs denn jede rein psychi- sche Erscheinung, welcher eine Beziehung zur Funktionsstörung des Gehirns fehlt, so wie jeder somatischen Krankheits-Erscheinung, die nicht zugleich eine psychische Beziehung hat, jede Berechtigung abgesprochen werden zu irgend einem Einflusse auf Eintheilung , Diagnose und Benennung der einzelnen Formen von Seelenstörung. Das Vorstellen ist nach Herbart als die elementare psychische Funktion zu betrachten, so dafs alle andern psychischen Thätigkeiten nur in verschiedenen Beziehungen der Vorstellungen zu einander bestehen. Demgemäls kann auch jede psychische Krankheit nur in einer Abnormität des Vorstellens ihren Grund haben. Eine jede chronische Seelenstörung nun stellt sich der psy- chologischen Betrachtung entweder nur nach einer von zwei Seiten oder nach diesen beiden Seiten zugleich und in keiner andern möglichen Weise, als eine Beschränkung der Kraft der Spontaneität der Seele dar. Die spontane Kraft erscheint dabei nämlich beeinträchtigt, entweder nur durch ein abnormes Maafs der Bewegung der Vorstellungen, oder nur durch ein Leiden der intensiven Kraft der Vorstellungen, oder durch eine Verbindung von beiden Arten von Zustän- den mit einander; und mufs man also bei jeder chronischen Seelenstörung die Fragen aufwerfen, 1. welches ist der Zustand des Gemüths, 2. welches der der Verstandeskräfte, 3. leidet nur eine dieser beiden Seiten des Seelenlebens, oder beide zugleich ? I. Diejenigen Seelenstörungen, welche auf einem krankhaften Maafs der Bewegung der Vor- stellungen beruhen, bilden die sogenannten Gemüthskrankheiten. Die krankhafte Bewegung der Vorstellungen ist nun entweder zu langsam und die Inspontaneität in der Art überwiegend, dafs sich die spontane Kraft unwirksam erweist, die Vorstellungen in einen gesundheitsgemäfsen Flufs zu bringen, oder umgekehrt, die Vorstellungen bewegen sich zu rasch und ist die Inspon- taneität öa» der Art überwiegend, dafs sich die spontane Kraft unwirksam zeigt, die Vorstellungen zu einem normalen und ruhigen Verweilen vor dem Bewulsisein zu bringen. Die erstere Er- scheinung, die Trägheit, das übermäfsige Haften der einzelnen Vorstellungen, ist der eigent- liche Grundcharakter der Depression als der ersten Grundform chronischer Seelenstörung und ist als Repräsentant derselben die einfache Melancholie zu betrachten, wie sie z. B. zur Hysterie oder Hypochondrie sich gesellt. Die dabei obwaltende Funklionsstörung des Seelenorgans besteht : in einer Unterdrückung seiner Lebenskräfte, in einer Entziehung der vom übrigen Organismus ausgehenden gesundheitsgemälsen Lebensreize des Gehirns, wodurch die Bewegung der Moleküle bei der Ernährung des Seelenorgans zu sehr verlangsamt wird. Es dient ferner zur Charakterisirung dieses Grundzustandes, dafs die Secretionen in demselben meist beschränkt sind; das Blut scheint vorzugsweise hypinotisch, der Urin reich an harnsauren Salzen; die Anwendung des kalten Wassers, so wie mehr oder minder. starke Beförderung von Ausleerungen beschränken diesen Zustand, indem sie zur Reaction gegen den auf dem Nerven- system lastenden Druck hinwirken. Die andere Erscheinung, die zu rasche Bewegung, die Flucht oder Jagd der Vorstellungen ist der Grundcharakter der Exaltation, als der zweiten Grundform chronischer Seelenstörung,, deren Repräsentant die einfache Tobsucht oder Manie ist. Die dabei obwaltende Funktionsstörung des Seelenorgans besteht in einem Erethismus, erhöheter Reizbarkeit, welche meist als Reaction gegen eine vorhergegangene Unterdrückung der Kräfte des Gehirns auftritt. Die Bewegung der Moleküle bei der Ernährung des Gehirns ist hier zu sehr beschleunigt und wird der Zustand der Ernährung des Nervensystems noch ferner charakterisirt durch Hydrämie oder albuminöse Krase des Blutes, durch Neigung zur Vermehrung der Secretionen und durch leicht obwaltende Alkalescenz des Urins. Eine Steigerung der Ernährung, Beschränkung der Ausleerungen und die Anwendung der lauen, feuchten Wärme beschränken diesen Zustand. I. Es kann nun ferner bei chronischen Seelenstörungen die Inspontaneität überwiegen, durch ein Leiden der intensiven Kraft der Vorstellungen, und kann dieses Leiden der Kraft nur eine Abnahme derselben, eine Schwächung sein. Diese Erscheinung, die absolute Schwäche oder Lähmung der Geisteskräfte, auch Verstandesschwäche genannt, bildet den Grundeharakter der dritten Grundform chronischer Seelenstörung , deren Repräsentant der Schwachsinn oder Blödsinn ist. Als somatisches Correlat desselben ist ein beginnender oder ausgebildeter Verfall der Er- nährung und Organisation und damit eine Lähmung der Lebenskräfte des den psychischen Funk- tionen dienenden Theils des Gehirns anzusehen, welche in den Leichenöffnungen olt genug durch Entartungen der Hirnsubstanz sich erweist. In den genannten drei Arten nun, nämlich Depression, Exaltation und Lähmung, erkenne ich alle möglichen Grundformen chronischer Seelenstörung; weitere halte ich für psychologisch un- denkbar. Aufser diesen Grundformen giebt es dann nur noch zwei zusammengesetzte oder ab- geleitete Formen, welche aus der Verbindung einer der beiden Gemüthskrankheiten mit Verstan- desschwäche hervorgehen; dann aber, wie wir zum Schlusse schen werden, nur noch Compli- eationen der Seelenstörung mit andern Zuständen. — Die beiden zusammengesetzien Formen sind also Depression mit Lähmung und Exaltation mit Lähmung, und zwar findet diese Zusam- mensetzung in den verschiedensten, nicht vorher zu bestimmenden Mischungsverhältnissen beider Elemente Stalt, woraus denn zumal bei der Exaltation mit Lähmung die mannichfaltigsten Unter- arten von Seelenstörung sich bilden lassen, deren Vervielfältigung und vergeblich versuchte Fesstellung hauptsächlich jene Verwirrung in der Classification herbeigeführt hat. - Als Repräsentant der Exaltation in verhältnifsmäfsig ‘hohem Maafse mit geringer Lähmung und als eine aus der Beobachtung mit ziemlich bestimmten Zügen sich hervorhebende Unterart ist 8 ri wohl die Narrheit (Horia) anzusehen, und möchte es im Uebrigen zur Orientirung für das prak- tische Bedürfnifs rathsam sein, noch drei Grade zu unterscheiden, mit zunehmendem Antheil des Schwachsinns; nämlich : 1. melancholischen oder exaltirten Wahnsinn, 2. m 5 5 Wahnwitz, 8: Pr Pr ne Verrücktheit. Der Wahnsinn ist demnach nicht eine selbständige, einfache und ursprüngliche Form von Seelenstörung, sondern setzt stets ein Gemüthsleiden voraus und hat seinen nächsten Grund in einem, wenn auch nur geringen Grade von Schwächung der Erkenntnifskräfte, ohne welche die den Wahn charakterisirende und ihn vom einfachen Irrthum unterscheidende, absolute Unfähig- keit, den Irrthum zu erkennen, durchaus psychologisch undenkbar ist. Man kann bildlich sagen, der Wahn bilde sich an dem Punkte, wo das kranke Gemüth und der schwache Verstand con- vergirend zusammenstofsen, und kann dieser Zusammenstofs hervorgebracht werden, ebensowohl bei starker Verstandesschwäche durch eine geringe Steigerung des Gemüthsleidens, als umge- kehrt bei geringer Verstandesschwäche durch eine starke Steigerung des Gemüthsleidens. Die Unselbständigkeit des Wahnsinnes als einer anthropopathologisch begründeten Art von Seelen störung beweist sich übrigens entscheidend dadurch, dafs selbst die constituirenden Zustände des Wahnsinnes, Gemüthsleiden und Verstandesschwäche, in einem für jenes Zusammentreffen hinreichenden Maafse vorhanden sein können und dennoch die Bildung des Wahnes blos deshalb nicht erfolgt, weil gewisse rein psychologische Bedingungen dazu fehlen. Damit der Wahn zu Stande komme, müssen nämlich durch eine gewisse Einseitigkeit im empirischen, factischen Seelenleben des Individuums irrige Vorstellungen durch Gewohnheit und häufige Wiederholung oder durch eine sehr verstärkte Einwirkung ein dominirendes Uebergewicht in der Seele ge- wonnen haben, welche nun den Stoff des Wahnes abgeben können. Es ist also möglich, dafs z. B. von zwei Kranken mit gleichem Grade von Verstandesschwäche und Depression des Ge- müthes, ja mit ganz gleichen Krankheitszuständen, bei dem Einen blos einfache Melancholie mit Schwachsinn, bei dem Andern aber religiös melancholischer Wahnsinn sich zeige blos des- halb, weil dieser Letztere früher religiöser Schwärmerei sich hingegeben und Irrthümern nach- gehangen, welche nun in Wahn übergehen können. Wenn man Irrthümern sich hingiebt oder häufig unterworfen wird, z. B. bei blos hypochon- drischem Gemüthsleiden, so bildet sich zunächst eine auf rein psychologischen Bedingungen be- ruhende Schwierigkeit, den irrthum zu erkennen. Wird dann der Verstand in einem auch nur geringen Grade geschwächt, so wird diese geringe, sonst vielleicht kaum wahrnehmbare, übri- gens auch bei den sogenannten Monomanen stets vorhandene allgemeine Verstandesschwäche sich nun hauptsächlich dadurch äufsern, dafs die seither schon schwierigste psychische Opera- tion, nämlich die Erkenntnifs des Irrthums, nunmehr zur Unmöglichkeit wird, womit denn der Irrthum in Wahn übergegangen ist. Die Complicationen der genannten fünf Hauptformen chronischer Seelenstörung , der drei ur- sprünglichen Formen nämlich und der zwei abgeleiteten, bilden sich nun theils mit rein soma- tischen, theils mit andern anthropopathologischen Zuständen, z. B. mit Hysterie, Hypochondrie, PR Hallucination , und vor Allem mit Hinreizung. Insofern diese Complicationen der Seelenstörung ein besonderes Gepräge aufdrücken, kann man die letztere danach benennen, z. B. hysterische, hypochondrische Depression und dergleichen. Die bei weitem häufigste und wichtigste anthropopathologische Complication der chronischen Seelenstörung ist die Hirnreizung. An sich kein Krankheitszustand sind die durch sie hervorge- brachten psychischen Erscheinungen ein grofser Theil der Leidenschaften, als Zorn, Hals, Geil- heit, Eifersucht — wahrscheinlich auch verschieden nach dem Organ, von welchem die Hirn- reizung ausgeht. Die Erscheinungen der Complication der Hirnreizung mit Schwachsinn oder Blödsinn ergeben sich von selbst. Bei der Verbindung der Reizung mit Exaltation (mit oder ohne Verstandesschwäche) herrscht nicht, wie bei der einfachen Exaltation die heitere Gemüthsstimmung , sondern vielmehr die Zornmuthigkeit vor und ist es gerade diese Verbindung der erhöhten Reizbarkeit mit Reizung, welche der gewöhnlichen Tobsucht in der Regel zu Grunde liegt. Die Complication der Hirnreisung mit Depression (mit oder ohne Verstandesschwäche) , die Melancholie mit Aufregung , ist gleichfalls eine sehr häufige und diagnostisch wie therapeutisch höchst wichtige Form von Seelenstörung,, welche oft das Vorbereitungsstadium der Tobsucht bildet. Der einfach Deprimirte (mit oder ohne Verstandesleiden) ist still, in sich gekehrt, ver- schlossen; ist aber ein Melancholiker unruhig, ängslich, rastlos, fortstrebend u. s. w., so ist die Depression mit Hinreizung gepaart. Indem nun solche gereizte Melancholiker oft bis zum Toben unruhig sind, rücksichtslos fortstürmen, dabei auch wohl zertrümmern , laut schreien und über- haupt in ihrer äufseren Erscheinung oft eine gewisse Aehnlichkeit mit dem an Manie Leidenden darbieten , so geschieht es aufserordentlich häufig , dafs sie mit Maniacis verwechselt werden, was für Diagnose und Therapie von den schwersten Folgen sein kann. Für den Psychologen ist für die Unterscheidung dieser äufserlich ähnlichen Zustände von einander die Beantwortung der Frage. entscheidend, ist Flucht der Vorstellungen vorhanden oder nicht? Die Flucht der Vor- stellungen bedingt immer Exaltationen und gibt es keine Exaltationen ohne dieselbe, während man bei der gereizten Depression, auch bei den höchsten Graden von tobender Unruhe niemals auch nur eine Spur davon bemerkt. Doch können bei dieser Unterscheidung auch noch äufsere Erscheinungen leiten. Der Maniacus greift in seinem Zornmuth Andere an und zwar um sie zu beschädigen, und sehr oft, ohne von diesen gereizt zu sein; der gereizte Melancholiker aber wüthet in seinem Toben gegen sich selbst oder gegen leblose Gegenstände und greift Andere selten ohne Veranlassung an oder dann doch nur, um seinen gereizten Unmuth , nicht um eine persönliche Erbitterung an ihnen auszulassen,, meist aber schlägt er Andere nur, wenn sie ihn in seinem verkehrten Treiben behindern oder beschränken wollen. Auch ist der Gesichtsausdruck bei beiden Kranken ein sehr verschiedener. Siehe das Schema auf Seite 60. u a Schema der möglichen Formen chronischer Seelenstörung. Bei jeder chronischen Seelenstörung ist entweder nur das Maafs der Bewegung der Vorstel- lungen abnorm oder es leidet nur die intensive Kraft der Vorstellungen oder es verbinden sich beide Arten von Leiden miteinander. A. Krankhaftes Maafs der Bewegung B. Absolute Schwächung der inten- der Vorstellungen, Gemüthsleiden. siven Kraft der Vorstellungen, Schwachsinn. 1. Die Bewegung der Vorstellun- II. Die Bewegung der Vorstel- III. Blödsinn, die gen und derMolecüle bei der lungen und Molecüle ist zu 3. Grundform. Ernährung des Gehirns ist zu rasch : Ezaltation,, die 2. langsam : Depression, die 1. Grundform. Grundform. ie ERERE BEL IE TE i. Zusammengeseizte Form : 2. Zusammengesetzte Form : Depression mit Schwachsinn; Grade : melan- Exaltation mit Schwachsinn, wie bei der i. cholischer Wahnwitz, melancholische Verrückt- zusammengesetzien Form, in den mannichfal- heit. tigsten, nicht vorher zu bestimmenden Mischungs- verhältnissen beider Elemente, Zu unterschei- dende Grade: Narrheit , exaltirier Wahnsinn, exaltirter Wahnwitz, exaltirte Verrücktheit. Gewöhnlichste Complication ‘ist Reizung des den physischen Funktionen dienenden Theils des Gehirns. Reizung mit Depression (mit oderohne Reizung mit Exaltation (mit oder Blödsinn oder Verstandesleiden). Repräsentant: Me- ohne Verstandesschwäche). Ere- Schwachsinn lancholie mit Aufregung. ihismus des Gehirns mit Reizung; mil Reizung. die gewöhnlichen Fälle von Tobsucht. Herr Dr. Heinrich, Privatdocent der Medizin zu Bonn und zur Zeit erster Assistenzarzt der Irren-Heilanstalt Siegburg entwickelte sodann seine Ansichten _ über differentielle Diagnostik der bei den Irren vorkommenden latenten Lungenkrankheiten. Indem ich mir, so nahm derselbe das Wort, die Freiheit nehme, Ihre Aufmerksamkeit, meine hoch- zuverehrenden Herren, für eine Weile in Anspruch zu nehmen, ihue ich diefs keineswegs etwa in der Meinung, hiermit einen reiflicher Erwägung würdigen Gegenstand mit wenigen Worten in helles Licht setzen zu können. Dieses möglich zu machen, müfsten vor allen Dingen reichere Sammlungen von Materialien zur Benutzung vorliegen, als diefs bei meiner bisherigen Erfahrung und wohl über- haupt bei dem gegenwärtigen Stande unserer Wissenschaft der Fall sein kann. Dazu war in den letzten Monaten dieses Jahres der Noih und Theuerung die Zahl der Aufnahmen aus unserer — 61 — stark bevölkerten, an Fabriken und Scrofeln reichen Rheinprovinz so überaus bedeutend, dafs, zumal gleichzeitig das würdige Haupt der Anstalt Siegburg durch eine Kur in den Quellen Gast- eins uns entzogen war, ich geneigte Nachsicht beanspruchen zu dürfen glaube, wenn ich nicht allseitig Reifes, Geglättetes, Erschöpfendes vorzutragen vermag, vielmehr die Absicht hege, als Zweifler und Rathsbedürftiger erfahrner Männer Urtheile über einen dunkeln Gegenstand zu erbitten. Bereits häufig und in übereinstimmender Weise ist von psychiatrischen Schriftstellern der ver- schiedensten Zeitalter der Erfahrungssatz wiederholt worden, dafs die Ergebnisse der Leichen- öffnungen nicht die Erwartung rechtfertigen, welche man bezüglich einer sinnlich nachweisbaren Ursache des Irreseins zu hegen geneigt ist. Die Aufklärung, welche die pathologische Anatomie des Gehirns gewährt, ist verhältnifsmäfsig nur gering. Vielleicht giebt es keine Erscheinung in den Leichen wahnsinnig verstorbener Personen, deren Gegentheil nicht auch unter wesentlich denselben Umständen angetroffen worden wäre. Dennoch darf solche immer wieder von neuem, selbst bei der gegenwärtigen Blüthe des pathologisch-anatomischen Studiums bestätigte negative Wahrheit nicht gegen den Werth genauer anatomischer Untersuchungen und deren Bedeutung für die Psychiatrik gleichgültig machen oder gar von solchen, welche diese Wissenschaft und deren Einflufs auf die Reformation der gesammten Medizin nicht kennen, in linkischer Hand zur Waffe gemifsbraucht werden. Sie sollte statt dessen um so mehr anspornen, abgesehen vom Gehirne, das jederzeit beim Irresein im Zustande mindestens funktioneller Störung gedacht wer- den mufs, der Beschaffenheit der übrigen Organe Aufmerksamkeit zuzuwenden, mit anderen Worten, den oft entfernten, tief verborgenen Quellen nachzugehen, als deren Ausflufs und End- punkt das Gehirnleiden anzusehen ist. Aber noch einen zweiten grofsen Vortheil verspricht die pathologische Anatomie dem ratio- nellen Psychiater. Indem nämlich der Leichenbefund bei Irren sehr häufig und zwar im Vergleich mit den Producten anderer Krankheitszustände vorzugsweise häufig die Spuren früherer Krank- heiten von theils älterem theils jüngerem Datum aufdeckt, so wird man hierdurch veranlafst, dem Hinzugesellen und Verlauf von Complicationen bei phychischen Gehirnleiden Aufmerksam- keit zu widmen und die Rückwirkung zu untersuchen, welche ebensowohl diese Complication auf das Gehirnleiden, wie letzteres auf erstere übt. Inwiefern dieser zweite Gewinn zu benutzen sein, der somatischen Behandlung der Irren zu Gute kommen wird, ist eine für jetzt nicht ent- fernt sicher zu beantwortende Frage. Fehlt ja doch noch die Hauptbedingung, ohne welche solche Beantwortung undenkbar ist, nämlich eine gewisse Summe von Beobachtungen, aus wel- chen zuvörderst eine Uebersicht, eine Kenntnifs von den pathologischen Veränderungen sämmt- licher Organe in der Seelenstörung aufzubauen sein würde, bevor von weiteren Schlufsfolgerun- gen die Rede sein kann. Die Materialien hierzu würden durch gemeinschaftliches Wirken sämmt- licher Heil- und Pflegeanstalten zu beschaffen sein; sie mülsten von einer jeden Anstalt nach Verhältnifs ihrer Mittel, von den bevölkertsten natürlich am ersten, erwartet werden dürfen. Meine Absicht ist, in dem folgenden, eine bestimmte Gruppe höchst wichtiger Krankheitszu- stände und Complicationen betreffenden Beitrage eine praktische Erläuterung des so eben ange- deuleten Gewinnes zu liefern. Es ist neuerdings mehrmals vorgekommen, dafs unserer Anstalt Kranke zum Curversuche — a übergeben wurden, bei welchen im Leben eine bestimmte Anzahl von Symptomen in gröfserer oder geringerer Gemeinsamkeit, dann aber, nachdem die Kranken gegen Erwarten schnell ge- storben waren, gewisse Entartungen der Respirations-Organe angetroffen wurden. Es waren diels sämmtlich Männer in mittleren Jahren, welche, meist früher schon als stille, sinnige Na- turen bekannt, mit Störungen des Unterleibskreislaufes, namentlich mit chronischen Leberleiden, Milzleiden, Wechselfieber, Hämorrhoiden, Meläna, behaftet gewesen und allmälig aus irgend einer körperlich oder psychisch einwirkenden Gelegenheitsursache in melancholische Gemüths- verstiimmung mit tiefhaftenden Wahnideen verfallen waren. Anhaltender Kopfschmerz: halte, wie überhaupt gewöhnlich, den Anfang der Gehirnkrankheit, des Irreseins, bezeichnet; gastrische Störungen , -Stuhlverstopfung, übelriechender Athem, stark beschlagene Zunge und Appetitlosig- keit waren gefolgt. Alsbald traten nun, wie natürlich, grofse Abmagerung und eine immer gröfsere geistige und körperliche Abspannung und Erschöpfung ein, während gleichzeitig die psychische Verwirrung mehr und mehr Wurzel fafste und den Geist völlig zu ertödten schien. Die Leibesöfnung wurde nun steis seltener, der Mangel an Efslust ging in hartnäckige Nah- rungsverweigerung über; der Puls energielos, frequent; das früher mehr geröthete Gesicht nahm eine schmutzigerdfarbige, kachektische, an Kyanose erinnernde Farbe an; die Augan wurden matt, gläsern, stier und der ganze Gesichtsausdruck starr, todtenähnlich. Plötzliche Ohnmach- ten, Coma und Lähmung der Respirationsmuskeln mit grofsblasigem Schleimrasseln kündigten in der Regel den nahen Tod an. Die Leichenöffnung ergab zum grofsen Theil respirationsunfähige, durch Hepatisation, rothe, graue oder gelbe, organisch entartete Lungen, gewöhnlich auch die Producte einer Combination der Pneumonie mit Plenritis, diese Producte theils schon zu Pseu- domembranen organisirt, theils noch im Zustande flüssigen, serösen oder eitrigen Exsudates, Die Gehirnsubstanz blutreich, Gehirnhäute verdickt, fest verwachsen. Ich unterlasse die Mittheilung ausführlicher, obige Schilderung ım Detail erläuternder Krank- heitsgeschichten, da solche hier nicht am Orte sein dürlten. Solche Erfahrungen bezeugen uns die Richtigkeit der von Calmeil und anderen französischen Beobachtern geltend gemachten, in Deutschland neuerdings von Griesinger eingeschärften Wahr- heit, dafs die Pneumonie, diese so überaus häufige und gefahrdrohende Krankheit, bei Geistes- kranken, am meisten bei heruntergekommenen, elenden Constitutionen, namentlich bei Paraly- tisch-Blödsinnigen, einen ganz eigenthümlichen Charakter annehme. Allein Hepatisation ist kei- neswegs der einzige Ausgang, den die latente Pneumonie der Irren während eines so eigen- thümlichen Verlaufes nimmt; unter einer vielfältig ähnlichen Maske kann auch der Brand sich entwickeln. Bekanntlich hat einst Guislain, neuerdings aber haben Fischel und Hergt den Lungenbrand als einen keineswegs seltenen Folgezustand der bei Irren vorkommenden Pneumonie kennen gelehrt. Die Gründlichkeit, mit welcher diese Schriftsteller ihren Stoff behandelt, erlaubt hiermit blos darauf aufmerksam zu machen, dafs das Bild solcher Kranken in Habitus , Constitution und Symp- tomen wesentlich mit demjenigen zusammenfällt, welches auch die der Hepatisation zum Opfer fallen- den Pneumoniker bieten. Ich erinnere nur an die kyanotische Hautfärbung , die Nahrungsverwei- gerung und die Abzehrung, welche mit beiden Ausgängen verbunden zu sein pflegt. Hierzu u WE müssen wir bemerken, dafs der umschriebene oder partielle Brand ein Zustand ist, der mit dem hepatisirenden Entzündungsproducte sehr wohl in demselben Individuum combinirt sein kann. Sind doch Fälle bekannt geworden, in denen man in Mitte theils hepatisirter , theils tuberculös entarteter Strecken des Lungenparenchyms scharf abgegränzte Brandhöhlen gefunden hatte. Die Hoffnungen , welche sich in diagnostischer Hinsicht an die Vortheile der physikalischen Untersuchungsmethode , der Untersuchung durch Plessimeter und Cylinder anknüpfen, verwirk- lichen sich bezüglich dieser Controverse leider durchaus nicht, da der brandige Infarctus gleiche stethoscopische Zeichen wie die der Hepatisation angehörige Infiltration erzeugt. Stethoscopisch scheint in beiden Fällen der Kranke nur mit den Symptomen der Pneumonie oder Pleuropneu- monie behaftet, specifische Symptome des Lungenbrandes fehlen. Daher denn die dringende Aufforderung , die Beschaffenheit des Auswurfs sorgfältig zu beachten , um aus ihr die Unter- scheidungsmerkmale zu entnehmen, welche zur Erledigung der Frage, ob blos Hepatisalion oder ob auch Brand zugegen, sich benutzen lassen. Höchst wahrscheinlich sind die sphacelöse Beschaffenheit des Auswurfs , so wie der den Auswurf begleitende eigenthümlich stinkende Athem die einzig sichern Beweismittel zur Constatirung des Lungenbrandes während des Lebens. Indefs sei hier ngeh als Vermuthung erwähnt , dafs unter gleichen Bedingungen und Verhältnissen beim Manne vorzugsweis Hepatisation , beim weiblichen Geschlechte vorwiegende Neigung zur Zer- störung durch den brandigen Prozefs anzunehmen sein dürfte. Unter 10 Beobachtungen von Lun- genbrand , welche Hergs anführt , betrafen 8 die Seite der Frauen. Am leichtesten und am schwierigsten zugleich möchte die Diagnose der Tubereulosis sein; am leichtesten , sofern die die späteren Stadien der Lungentuberculose , d. h. die Erweichung, Vereiterung eruder Tubercel und das Colliquationsstadium , bezeichnenden Symptome auch bei Irren augenfällig und unverkennbar zu sein pflegen ; am schwierigsten, wenn es sich um die Diagnose einer rapiden Ablagerung und eines rapiden Verlaufes des Tubercels handelt. Da diese letztere , von der chronischen wesentlich verschiedene Form der Tuberculose auch in den Schriften der neuesten Autoren auf dem Gebiete der psychischen Krankheiten unberücksichtigt geblieben , deren Kenntnifs aber eine der wichtigsten Bereicherungen ist, welche die Pathologie in der Neuzeit erfahren hat, so halte ich es für angemessen, das Hauptsächlichste darüber mit wenigen Worten hier zu berühren. } Diagnose , Prognose und gar erst 'Therapeutik dieses höehst tückisch und gefährlich verlau- fenden Leidens sind jedenfalls voch in tiefes Dunkel gehüllt. Nach den Lehren der Wiener Schule, die uns hier Lehrmeisterin ist, verlaufen die verschiedenen Arten dieser exsudativen Dyscrasie gewöhnlich mit einem mehr oder weniger heftigen, leicht unter echt entzündlichen Erscheinun- gen auf das Lungenparenchym fortgepflanzten Bronchialcatarrh; andere Fälle sogar exquisit un- ter der Form einer solchen Affection, wozu sich sehr häufig die Erscheinungen grofser Adyna- mie hinzugesellen. Daher die Neigung, die Krankheit für Typhus zu halten, eine Verwechse- lung, welche in unseren Tagen bereits mehrfach erkannt und zur Warnung öffentlich bekannt worden ist. Ja man hat nicht angestanden zu behaupten, dafs die acute Tuberculose am häu- figsten unter dem Bilde des Typhus verlaufe, weshalb auch acute Tuberculosen meistentheils als Typhen dignosticirt würden. =, m = Auch Vorboten und Begleiter der Tubercelablagerung sind der Art, dafs sie, weil sie höchst verschiedenartigen Krankheitszuständen gemeinsam erscheinen, so gut wie keine Hülfe gewäh- ren. Es sind diefs sämmtlich Symptome eines regelwidrig gereizten, verstimmten Nervensystems: dumpfer Kopfschmerz und Eingenommenheit des Kopfes bis zum Delirium,, ein Gefühl von Ab- geschlagenheit und Unlust, Mangel an Efslust, erhöhte Temperatur des Kopfes bei ungewöhnlich kühlen Händen und Füfsen,, gereizter , leicht fieberhafter Puls abwechselnd mit Frösteln und plötzlichem Anflug von Hitze, endlich ziehende synochische Schmerzen in Rumpf und Glied- mafsen,, insbesondere in den Schultergegenden. Kein ärztlicher Beobachter hat häufiger Gele- genheit, diese Symptome einer gestörten Sensibilität und Könästhesis wahrzunehmen , als der Irrenarzt, zumal bei weiblichen, mit Hysterismus geplagten Kranken. Diese Häufigkeit der Beo- bachtung ist es denn auch, welche leicht dazu verführen kann , jene Vorläufer zu niedrig an- zuschlagen und als geringfügig zu betrachten. Eben deshalb aber kann man auch nicht genug einprägen,, hier jedesmal auf seiner Hut zu sein, das Schlimmste zu befürchten und namentlich die Brust wiederholt genauer Untersuchung zu unterwerfen. Der Zeitraum , innerhalb dessen Absetzung und tödtlicher Verlauf des Tubercels vor sich ge- hen, scheint je nach der Individualität des Falles sehr verschieden zu sein. Es ist wahgscheinlich eine der Eigenthümlichkeiten der mit Irrsein combinirten Krankheiten , dafs der Verlauf der Tu- bereulose überhaupt, der acuten wie der chronischen Form, weniger acut ungestört, dage- gen mehr in Absätzen, ruckweise erfolgt, als dies aufser solcher Verbindung zu geschehen pflegt. Bei der Vorliebe , mit welcher sich der tuberculöse Prozefs in den Lungen localisirt, ist es dienlich in Erinnerung zu bringen , dafs Lungen und Gehirnleiden augenscheinlich in einem antagonistischen Verhältnifs zu einander stehen. Wiederholt ist in neuerer Zeit auf die Thatsache hingewiesen worden, dafs bei Phtisikern mit den Zeichen nachlassender Manie , überhaupt be- ginnender psychischer Reconvalescenz , plötzlich das colliquative Lungenleiden um so jäher dem sicheren Tode entgegen eile. Ich glaube dasselbe Gesetz der Ausschliefsung zur Erklärung mehrerer mich ursprünglich sehr befremdender Fälle benutzen zu müssen. Bei Irren, welche tobsüchtig und verwirrt waren, trübten die physicalischen Zeichen eines krankhafl beschaffenen, theilweise sehr verdichteten Lungenparenchyms , deutliches cavernöses Athmen, reichlicher Auswurf eilriger Sputa in Verbindung mit der anamnestisch begründeten Erblichkeit der Tuber- eulose , den Habitus und dem gegenwärtigen gesunkenen Stande der Ernährung die Prognose in hohem Grade ; nichtsdestoweniger hatte bei anhaltendem Bestehen der Seelenstörung das eingeschlagene Curverfahren einen Erfolg , wie ihn der Arzt unter anderen Umständen bei schon weit vorgeschrittenen Lungenleiden leider kaum jemals zu Gesicht bekommt. Die Besserung der Lungenstörung war hier nicht blos scheinbar , wie dies freilich das Gewöhnliche ist; vielmehr bezeugten die objektiven Kennzeichen eine wirkliche Sistirung , mindestens offenbare Verzöge- rung des Krankheitsprozesses. Aehnlich ist nicht selten der Verlauf des tuberculösen Prozesses im Darmkanale. Auch dieser bietet in seiner Kombination mit Irresein Eigenthümlichkeiten, welche ihm sonst fremd sind. Bei der Section findet man die Mucose des Darms in dessen verschiedenen Theilen mehr oder weniger aufgelockert, mit blutigem Exsuldat infiltrirt, mit zahlreichen, ja selbst wohl zahllosen Tubercelknoten und tubereulösen Geschwürsflächen in verschiedenen Stadien der Ausbreitung besetzt, desgleichen tubereulöse Infiltration der Mesenterialdrüsen; dennoch waren die Erschei- nungen im Leben nicht von der Art, dafs man solche Fortschritte der Verschwärung vermuthen konnte. Nicht selten geht das Stadium der Entwickelung mit beträchtlicher Obstruction einher. Wie mir scheint, fällt diese Art der Obstruction gerne mit hartnäckiger Nahrungsverweigerung zusammen : der Darmkanal befindet sich seiner ganzen Länge nach in einem Zustande functio- neller Störung, welche einerseits als Anomalie der Empfindung, des Instinktes, andererseits als Pseudomorphose auftritt. In der Praxis ist die Regel, dafs solche Verweigerung der Nahrung und Stuhlverstopfung die Anwendung auflösender und abführender Mittel erheischt. Bedient man sich nun hier statt mild wirkender Klystire und Laxanzen heftig reizender Drastica, so ist nichts natürlicher, als dafs jenes Stadium nicht nur nicht verzögert, vielmehr das Weiterschreiten des Tubercelprozesses sehr beschleunigt, seine Reife beeilt wird. Ganz unerwartet erfolgen profuse, durch Gestank ausgezeichnete Durchfälle, so sehr überraschend, dafs das Gefühl des Bedürf- nisses und die Entleerung der Excremente in der Zeit zusammenfallen, letztere aber, desgleichen der Urin, wie bei Paralyse, unwillkürlich in Kleider und Bett abgehen. Die gleichzeitige Gegen- wart anderer colliquativer Erscheinungen, des mit reichlichem Auswurf. verbundenen Hustens und erschöpfender Schweilse, verhüten in solchem Fall den naheliegenden Irrthum, das einem blos paralytischen Zustande zuzuschreiben, was der fortschreitenden Tuberculose angehörig ist. Auch diese Durchfälle lassen bisweilen wieder nach, statt ihrer nur dickbreige, fast gebundene Stühle, während deren Gestank und öftere Vermischung mit Eiter, das Fortbestehen sonstiger Colliquations-Symptome in Verbindung mit einer die Symptome früherer Serofulose enthaltenden Anamnese den Verdacht auf Darmtubereulose auch jetzt noch rechtfertigt und ebendeshalb die Prognose nieht minder ungünstig als zuvor stellen heifst. Diese Betrachtungen liefern mithin neue Beweise für die sehr eigenthümliche Lentescenz, mit welcher acute, sonst von heftigen Reaclionserscheinungen begleitete Krankheitsprozesse gar nicht selten bei Irren verlaufen. Und zwar sind es die durch tiefe Prostralion des Nervensystems, durch die verschiedenen Abstufungen der Paralyse charakterisirten Formen, die Melancholie in ihren mannigfaltigen Graden, der Blödsinn, die paralysie generale, welche hier in Frage kom- men. Unter solchen Umständen ist nichts natürlicher, als dafs Complicationen mit einem ohnehin nicht leicht kenntlichen Gepräge, wie das der acuten Tuberculose ist, besonders leicht dem Auge des Beobachters sich entziehen und so zu schlimmen diagnostischen Mifsgriffen Anlafs werden. Cylinder, Plessimeire und Mikroskop sind der technische Apparat, dessen Anwendung heut- zutage die Diagnostik der respiratorischen Krankheiten leitet. Weil die fast constante Erwähnung von Abdominalslörungen in der Anamnese gar leicht in Versuchung führt, die secundären Lei- den der Brustorgane zu übersehen oder zum wenigsten gering zu schätzen, gerade deshalb thut häufige Handhabung dieser Hülfsmittel, häufige Untersuchung der Gegenden des Thorax und des Auswurfes gewils in keiner Art Praxis mehr Noth, als in der Behandlung von Geisteskranken. Nur allein durch die physikalische Exploration dürfen wir Aufschlufs über Umfang und Grad, ja durch sie erst Gewifsheit über den Sitz der Entzündung und ihre Ausgänge erwarten, wenn 9 u anders man nicht Gefahr laufen will, durch die gänzliche Abwesenheit jedes Schmerzgefühles, jeder Klage oder, was wegen der tausendfältigen Gefühlsanomalieen bei Nervenkranken_ gleich- falls wohl zu bedenken ist, durch Klage über eine ganz entfernte Stelle, vielleicht über die der leidenden just entgegengesetzte Scite, arg getäuscht zu werden. Allerdings scheint die latente Pneumonie der Irren von vorzugsweis ungünstiger Prognose zu sein. Der rasche Wechsel des Krankheitsverlaufes, die Unmöglichkeit, selbst wenn die Krankheit klar vor Augen liegt, fest und energisch einzuschreiten, weil der asthenische Charakter der Entzündung Blutentziehungen im Allgemeinen entgegen ist, sowie endlich die bekannte Unsicher- heit der Arzneiwirkuug bei geschwächtem, alterirtem, psychisch verkehrt fungirendem Central- Nervensystem beschränken den Arzt nur zu gerne auf die Rolle eines Zuschauers, der ein un- glückliches Drama seinem Ende zueilen sieht, ohne im Stande zu sein, wirksame Hülfe zu lei- sten. Um so erfreulicher demnach solche Fälle, in denen eine an der Hand einer sorgfältigen stethoscopischen Beobachtung durchgeführte 'Therapeutik mit siegreichem Erfolg gekrönt wird. Dennoch sei es ferne von uns, wegen der Vorzüge und Unentbehrlichkeit der in Rede ste- henden Technik die Behauptung aufstellen zu wollen, durch sie, abgesehen von den aus der ganzen Constitution und mancherlei allgemeinen Erscheinungen einer gestörten Respiration ge- nommenen Beweisen, sei uns die Möglichkeit geworden, speziell Art und Bedeutung jedes ge- gebenen Krankheitsfalles genau zu messen und so gewissermafsen als Diagnostiker unfehlbar zu werden. Es gieht Fälle, in welchen auch die physikalische Untersuchungsmethode im Stich läfst, solche Fälle nämlich, in denen der psychische Zustand des Kranken deren Anwendung nur un- vollständig gestaltet, selbst gänzlich vereitelt. Hindernils ist eine zu grofse Aufregung und Ver- kehrtheit des Leidenden. Dennoch kommen wohl selbst bei der grölsten Tobsucht Zeiten vor, in welchen ein vorübergehender Nachlafs der psychischen Aufregung die stetlhoscopische Untersu- chung und demzufolge Beuriheilung des Zustandes der Brustorgane möglich macht. Fällt nun gleich dieses Hindernifs bei Seelenstörungen entgegengeselzter Art weg, so dafs deshalb die physikalische Untersuchung in Pflegeanstalten ungleich mehr gang und gäbe sein kann, im Ver- gleich mit den der Aufnahme frischer, mehr acuter Fälle bestimmten Heilanstalten, so wirkt hier doch ein anderes Geschick erschwerend, ja sogar sehr erschwerend. Es ist dies die aufser- gewöhnliche Schwäche, die Unmerklichkeit, mit welcher bei hohen Graden von Depression des Nervensystems, insbesondere des Gehirns und derjenigen demselben angränzenden Theile, unter deren Einflufs Herz und Lungen ihätig sind, der Respirationsact vollzogen wird, ein Uebelstand, der dem Auscultirenden noch unwillkommener sein kann als eine krankhafte Beschleunigung jenes Actes. Hier müssen die Unterschiede im Pereussionsschall als physikalische Grundlage der Dia- gnose genügen. Beklemmungen und Hüsteln werden selten bei lungenkranken Irren vermifst. Dagegen kann heftiger, schmerzhafter, die Aufmerksamkeit den Brustorganen zuwendender Husten so gut feh- len, wie der Auswurf Verdacht erregender, die Diagnose durch positive Entscheidung oder durch exclusive Schlufsfolgerung fördernder Sputa. Theilweise mag als Ursache dieser Erschei- nung eine zu den somatischen Bedingungen des Irreseins in Beziehung stehende wirkliche Se- erelions-Unlerdrückung zu betrachten sein. Einfacher lautet für andere Fälle die Erklärung dahin, Pr dafs gleichwie der Kranke in seiner Verkehrtheit oftmals den Speichel, statt denselben herun- terzuschlucken, rücksichtslos vor sich hinfliefsen läfst, so er andere Mal befangen und störrisch nicht zu bewegen ist, die abgesonderten Sputa auszuwerfen, er sie im Gegentheil wieder auf- zehrt. Daher denn auch vielleicht zum Theil jener Abgang ungewöhnlicher Schleimmassen dureh den Darm, welcher bei der Pneumonie im Irresein wie bei der Pneumonie im kindlichen Le- bensalter beobachtet wird. Soviel über die Vortheile, welche eine gehörige Verbindung der pathologischen Anatomie und unserer heuligen physikalischen Untersuchungsmethoden für die Erkenntnils von Lungenleiden, welche mit Seelenstörung combinirt sind, zu gewähren vermögen. Der Werth dieser Vortheile ist relativ, je nachdem die Individualität des Falles ihre Benutzung zuläfst. Dafs aber der Kreis jener Fälle, in welchen von einer vollen Ausbeutung dieser Vortheile die Rede sein kann, ein leider verhältnifsmäfsig beschränkter ist, gehört mit zu den vielfachen Schwierigkeiten, mit de- nen der Irrenarzt zu kämpfen hat und welche auch in unserer Zeit der exacteren Forschung das altrömische Wort bestätigen : coniecturalis ars medicina. Dieser Vortrag gab Veranlassung zum Austausch der Ansichten. Herr Dr. Schneevogt aus Amsterdam bemerkte , dafs der Lungenbrand auch in Holland bei Irren selten vorkomme, wäh- rend bei andere Entzündungskrankheiten der Brand nicht selten sei. Er habe den Lungenbrand bei Irren in 8 Jahren nur ein Mal beobachtet. — Geheimrath Flemming sah ihn 2 Mal in 17 Jahren, Professor Radius aus Leipzig ebenfalls nur 2 Mal in 14 Jahren. — Professor Schröder van der Kolk erwähnt , dafs er die elastischen Fasern des Lungengewebes mehre Mal in den sputis bei Lun- genbrand aufgefunden und dafs deren Vorhandensein im Auswurf vielleicht als diagnostisches Zeichen jener Affeetion betrachtet werden dürfe. — Professor Krahmer aus Halle macht darauf aufmerksam, dafs nach Dr. Virchow eine mechanische Verstopfung der Arteriae pulmonales beim Lungenbrand Statt finde, worauf Dr. Virchow bemerkt, dafs seiner Ansicht nach ein Exsudat ins Parenchym entstehe, das die Cireulation hemme und dafs sich in dessen Umgebung der Zer- selzungsprozefs bilde; die Verstopfung aber erscheine nur als Accidens. Dagegen hält Professor Krahmer die Verstopfung der Arterien für die Ursache des Brandes und bemerkt, dafs nach seinen Versuchen an Hunden nach Verstopfung dieser Gefäfse Erweichung des Lungengewebes eingelreten sei. — Geheimrath Flemming stellt die Frage , ob in einem Holland nah gelegenen Lande die Gangrän der Lungen häufiger vorkomme und ob kräftige Ernährung den Lungenbrand geheilt habe, worauf Dr. Heinrich erwiedert, dafs zwar öfter ein schwarzes Gewebe in den Lungen vorkomme, welches indefs nicht immer für die Folge von Lungenbrand angesehen wer- den dürfe und dafs früher manches für Lungenbrand möge gehalten worden sein, was jeizt nicht dafür gelten würde. — Medizinalrath Stiebel aus Frankfurt gesteht ebenfalls, den Lungen- brand nur selten gesehen zu haben; wichtig sei es aber festzustellen in welchem Verhältnifs das körperliche Leiden zu den psychischen stehe und er macht darauf aufmerksam, dafs nach langwierigen psychischen Leiden häufig schnell verlaufendem Lungenschwindsuchten beobachtet würden, während doch früher keine Spur von Tuberculose zu entdecken gewesen. Die übrigen Fragen glaubt er in die medizinische Section verweisen zu müssen. — Professor Radius sucht die Ursache der Häufigkeit der Tuberculose bei Irren in der mangelhaften Verpflegung in den Irrenanstalten. — Dr. Virchow macht noch auf die Messung des in die Lungen eindringenden Luftvolumens mittels des Pyrometers von Hutchinson zur Diagnostik der Lungenkrankheiten bei Irren aufmerksam. Nur Vogel habe es in Deutschland angewendet, es liefere aber schätzbare Thatsachen über die Ausdehnung der zur Respiration fähigen Flächen. — Dr. Heinrich äufsert endlich noch den Wunsch, es möge die Psychiatrie immer mehr den somatischen Charakter annehmen. Zuletzt wurde Herr Professor Schröder van der Kolk zum Vorsitzenden der nächsten Ver- sammlung gewählt. 3. SITZUNG. Dienstag, den 21. September. Vorsitzender : Prof. Schröder van der Kolk. Der Vorsitzende griff die in der Sitzung von gestern eröffnete Verhandlung über Lungenbrand bei Irren wieder auf und dehnte dieselbe auf Lungenkrankheiten im Allgemeinen aus. Gangrän der Lungen habe er 4—5 Mal beobachtet, unter anderen ein Mal bei einem jungen Manne mit Mania atonica, welche 4—5 Jahre gedauert und dann geheilt wurde. Später entstand Blutspeien und beginnende Gangraena pulmonum. Er gab Decoct Chinae mit Acid. sulphur. und war so glücklich Heilung herbeizuführen. Er habe ferner in Holland mehre Familien kennen gelernt, in denen einige Mitglieder an Walınsinn , andere an Phtisis gelitten. Auch sei es ihm gelungen , bei Maniacis Krankheiten der Lungen zu heilen, die er bei Nichlirren zu heilen aufser Stande gewesen, Seiner Ansicht nach spreche sich aber hierin nicht immer eine allgemeine Beziehung zwischen Lungenkrankheiten und Manie aus, sondern die Lungenkrankheit sei häufig nur eine zufällige Reflexerscheinung der Manie, indem der nerous vagus sowohl in Lungenkrankheiten , wie in der Manie betheiligt sei. Geheimrath Flemming bat die Discussion hierüber auszusetzen bis er seinen Vortrag über Präcordialangst gehalten , an den sich dieselbe leicht wieder anknüpfen lasse, was von der Versammlung ge- nehmigt wurde. Wenn wir, so fuhr der Redner fort, die grofse Menge von Krankheits-Symptomen überblicken, welche sich zu den verschiedenartigsten Cumbinationen vereinigen, um den Geistesstörungen ihr proleusarliges Gepräge aufzudrücken , so finden wir darunter zwei, welche, constanter als alle übrigen, fast immer die beiden Stadien der Vorboten und des Ausbruchs begleiten , ent- weder vereint, ‚oder einzeln : nämlich Kopfschmerz und Präcordial-Angst. Wenn wir einen Irren examiniren, welcher noch im Stande ist, uns von seinen gegenwärtigen körperlichen Empfin- dungen und von denen, welche ihn in der letzten Vergangenheit belästigten, Rechenschaft zu geben, oder wenn wir einem Convalescenten einen Bericht über die Entstehung seiner Krank- heit abgewinnen, so wird er entweder über einen Kopfschmerz Klage führen, der ihn lange Zeit =. = gequält und der in der Stirn- oder Scheitelgegend oder im Hinterkopfe seinen Sitz habe, — der bei dem einen Kranken drückend und dumpf ohne den Schlaf zu stören, das Denken und die Aufmerksamkeit beeinträchtigt (was besonders von dem Kopfschmerz in der Stirngegend gilt) , bei den andern bohrend,, reifsend, heftig, Tag und Nacht anhält und besonders Nachts exacerbirend den Schlaf verscheucht , wie es der Schmerz in der Scheitelgegend zu Ihun pflegt. Oder : der Kranke wird über ein Gefühl von Angst klagen, das in der Brust und den Präcor- dien seinen Sitz hat und mit der Empfindung innerer Hitze und mit einer solchen verbunden ist, als ob dort ein Stein laste, oder ein eisernes Band den Leib zusammen schnüre. — Oder endlich : der Kranke wird beider Syınptome zugleich erwähnen , in welchem Falle das eine dem andern vorauszugehen pflegt. Das häufige Zusammentreffen dieser beiden Symptome in dem Beginn der Geisteskrankheiten ist es, was mich veranlafst eine engere Beziehung derselben zu einander zu vermuthen. Es: ist aber zu beklagen, dafs die Beobachtung bisher über dies Verhältnifs so gut wie nichts festge- stellt hat. Dies ist nicht eben zu verwundern. Kopfschmerz ist eine so häufige Uebelseinsform, dafs er besonders, wenn er oft wiederkehrt oder lange anhält, leicht als ein gewohntes Uebel er- tragen und kaum von den Kranken selbst beachtet, viel weniger noch von dem Arzte gehörig gewürdigt wird. Bricht später die Seelenstörung aus, so läfst der Sturm der gegenwärtigen Symptome die früheren vergessen und die spätere anscheinliche Abwesenheit aller Kopfschmerzen stellt sogar in Frage, ob jene früheren Beschwerden mit der jetzigen Krankheit im wesentlichen Zusammenhange stehen. Ich selbst mufs mich daher für jetzt aufser Stande erklären, über die Beziehung des Kopfschmerzes zur Präcordialangst irgend etwas von Belang auszusagen, es wäre denn das, dafs jener nicht immer fehlt, wo der Kranke nicht darüber klagt, oder seine Abwe- senheit behauptet, und dafs er wahrscheinlich häufiger mit der Präcordialangst verbunden vor- kommt, als es den oberflächlichen Anschein hat. Ich wende mich daher zu dieser letztern. Es ist bekannt, dafs die Präcordialangst in sehr verschiedenen Graden vorkömmt. Das leise und flüchtige Unbehagen , das zuweilen den gesundesten Menschen überkömmt,, wenn er einer Anstrengung eines bis zur Ermüdung fortdauernden Eindrucks überdrüfsig wird und das sich schon durch einen starken Athemzug Luft macht, ist nur ein geringer Grad dieses Empfindungs- Zustandes. Weiter begegnet man häufig Kranken, die bei keiner Arbeit, wie lieb sie sonst, wie geläufig sie ihnen sei, ausdauern können, von einer unbestimmten Angst getrieben, welche in der Herzgrube ihren Sitz hat. Nicht selten begleitet diese Unruhe ein unangenehmer und pein- licher Gedanke, welchen der Kranke als die Ursache derselben betrachtet und angibt. — Als eine fernere Steigerung reihet sich jene Rastlosigkeit an, die den Kranken von einem Flecke zum andern treibt, durch Feld und Wald, wo er ohne Nahrung und Schlafdie Nächte im Freien zubringt, bis er mit verwildertem Aeufsern zurückkehrt oder aufgefunden wird. Gewöhnlich , doch nicht immer, ist auch hier eine Wahn-Idee der scheinbare Grund : die Furcht vor einge- bildeten Gefahren oder vor einem Verbrechen, das der Kranke begangen zu haben wälhnt oder begehen zu müssen glaubt. — Unmittelbar gränzen hier die höchsten Grade der Präcordialangst: die welche zu wirklichen Unthaten , zu Angriffen auf die eigene Existenz oder das Leben und Eigenthum anderer hinäufseren und nicht selten von entsprechenden Sinnestäuschungen begleitet sind. m m Wie die Präcordialangst ein Arankhafter Gemüthszustand ist, scheint sie auch wesentlich den Gemüthskrankheiten und zwar der eigentlichen Melancholie anzugehören , nicht der Melancholia attonita (Stupidite der Franzosen.) Wenigstens kommt bei dieser die Gemüths-Verstimmung nicht als eine Aufregung, sondern als Depression zur Erscheinung , nicht als wirkliche Angst, sondern mehr Furcht, Scheu, oder Schmerz und Weh. — Auch nicht der Manie gehört sie an. Wenn sie dem Ausbruche der Manie vorhergeht, wie es meistens der Fall ist, so ist sie eben die Begleiterin des melancholischen Stadiums,, des gewöhnlichen Vorläufers der Manie. Sobald aber die Ideen anfangen , sich in gewaltiger Fluth zu überstürzen, so wechseln auch eben so schnell die Gefühle. Die ıPräcordialangst aber ist ein gleichmäfsig bleibender Zustand , und wenn sie überhaupt durch eine Idee bedingt ist, so mufs diese eine fixe, ‚stelige sein, wie sie mehr im Charakter der Melancholie liegt, — Dagegen fällt sie zusammen mit der sogenannten Mania sine delirio oder Manie instinetive , die aber von den Alten nicht unrichlig rapfus melancholicus genannt wurde. Es läfst sich bebaupten,, dafs hier die Erscheinungen , welche die Benennung „Manie“ rechtfertigen, vielmehr die Wirkung als die Ursache des krankhaften Gefühlszustandes, der Präcordialangst, sind. — Verwirrtheit und Blödsinn haben nie Präcordialangst in ihrer Begleitung ; wenn hier dieses Symptom auftritt, geschieht es nur vorübergehend und mit seeun= därer Bedeutung , etwa wie ein spaslischer Zustand im Verlaufe einer Entzündung. Die Präcordialangst hat gewisse Alterationen der leiblichen Verrichtungen in ihrem Gefolge, deren einige fester, andere weniger fest an sie gebunden sind. Am constantesten ist die Ver- änderung , welche das Athmen erleidet. Sie zeigt sich schon bei den niedrigsten Graden in einer Verstärkung und Beschleunigung der Inspiration , die dadurch tief und heftig wird, und welcher eine entsprechend starke , jedoch weniger hastige Exspiration folgt. In der krankhaften Unruhe , welche oft die Hypochondrie begleitet wird diese Verstärkung einzemer Inspirationen zu einem häufgen unwillkührlichen Seufzen , das gewöhnlich dem Kranken selbst zum Bewulst- sein kömmt , so dafs er sich darüber wundert, wenn man ilm um die Ursache fragt, und nun erst veranlafst wird eine solche aufzusuchen. Bei den höheren Graden macht sich das Bedürfnifs tiefer Inspirationen so häufig bemerkbar, dafs es sich als ein wirklicher Lufthunger darstellt ; bei den höchsten endlich sind die übrigen Symptome von solcher Heftigkeit, dafs die Störungen der Respiration entweder‘ überschen werden oder doch so untergeordnet erscheinen , dafs man sie leicht für blofse Wirkungen der Hemmung in den übrigen Lebensverrichtungen halten kann. Nicht minder hervortretend, obgleich weniger gleichmäfsig und constant sind die Störungen des Gefäfssystems. Am häufigsten ist eine krampfarlige Unterdrückung‘der Herz- und Arterien- Pulsationen, oft bei gleichzeitiger Beschleunigung Celerität mit Frequenz verbunden. Nicht selten ist der Puls unregelmäfsig , indem einzelne Schläge voller, andere kleiner und frequenter sind. Auch ein meist unregelmäfsiges Aussetzen des Pulses wird öfters bemerkt, Alle diese Ano- malien des Kreislaufes aber sind wandelbar, erscheinen und verschwinden wieder, oder lassen wenigstens nach, so dafs man zuweilen durch die beträchtlichen Störungen der Cirkulation auf den Gedanken an ein organisches Herzleiden geführt, aber schon einen Tag später durch das Verschwinden jener Anomalien völlig enttäuscht wird. Stets ausgeschlossen ist aber, so weit meine Beobachtungen reichen, von der Präcordial-Angst ein häufiger und voller Carotiden- Puls, wie man ihn meist bei der Manie findet. Auch die Functionen des Verdauungskanals er- leiden gewöhnlich Störungen während der Dauer der Präcordial-Angst; aber es herrscht hiebei noch weniger Gleichartigkeit. Der Appetit ist hier vermindert, dort gesteigert, dort wieder wech- seln beide Abnormitäten mit einander ab; in wenigen Fällen bleibt die Efslust stets natürlich. Zuweilen klagen die Kranken über Durst, zuweilen über innere Hitze, und fast immer verlan- gen sie häufig kaltes Getränk; dieses Bedürfnifs regt sich schon bei den niedrigsten Graden ; man findet schon hier den Mund trocken, die Zunge schleimig belegt und den Speichel, der sieh leicht in den Mundwinkeln anhängt, dick und zähe. Ich übergehe die übrigen ferner lie- genden objectiven Symptome, deren Vorhandensein noch weniger an die Präcordial-Angst ge- bunden ist und bemerke noch, dafs es an subjectiven Krankheits-Erscheinungen fast ganz fehlt, da sich der Kranke gewöhnlich für gesund erklärt und alle Fragen nach lästigen Empfindungen in anderen Theilen des Körpers, die sich nicht auf sein Angstgefühl und dessen Ursachen be- ziehen, entschieden verneint. Da die Präcordial-Angst ein Gefühl ist, so wird niemand in Abrede stellen, dals sie ein Ner- ven-Sympiom sei. Aber dasselbe kommt auch bei einer Menge anderer Krankheitszustände vor; und zwar bei so vielen, dafs es angemessen scheint, diese sogleich in verschiedene Gruppen zu ordnen. Bei einigen dieser Krankheiten nämlich hat die sie begleitende Angst ihren Grund offenbar in. beträchtlichen mechanischen Hindernissen des kleinen Kreislaufes, in Hemmungen des Blutumtriebes in dem Herzen, den grofsen Gefälsen oder den Lungen. Dieses Causal-Ver- hältnifs darf man annehmen bei den organischen Krankheiten des Herzens und der grofsen Ge- fälse, bei der Lungenentzündung, Pericarditis, Herzbeutel- und Brustwassersucht; ferner wo durch ein abnorm vermehrtes Volum eines Abdominal-Organs oder durch Ansammlung von Was- ser oder Luft in der Bauchhöle das Zwergfell in die Brusthöhle gedrückt, Lungenund Herz zusammen- geprefst und ihre Functionen gehemmt werden. Gleiche Hemmungen des kleinen Kreislaufes müssen eintreten, wenn die Ausdehnung der Lungen und der Eintritt respirabler Luft in dieselbe gehindert ist, sei es durch Krampf oder durch mechanische Hindernisse (Asphyxie, Asthma, Pneumothorax). In allen diesen Fällen werden unzweifelhaft die Nerven dieser Theile durch solche Hemmungen in einen abnormen Erregungszustand versetzt, welcher sich im Bewulstsein als Angstgefühl darstellt, Ich mufs aber dahin gestellt sein lassen, ob dieses Gefühl von Erstickungs-Angst in der subjectiven Empfindung gleich oder verschieden ist mit oder von dem hier in Rede stehenden Gefühle der Präcordial-Angst. Bei einer andern Gruppe von Krankheitszuständen scheint eine solche Erklä- rung der sie begleitenden Angst entweder gar nicht zulässig oder doch nicht ausreichend. Ich will die Angstgefühle bei Seite liegen lassen, welche zuweilen den Eintritt des epileptischen Anfalls begleiten : denn es könnte ja auch hier ursprünglich ein krampfhafter Zustand die Or- gane des kleinen Kreislaufes, die Respirations-Musceln, die Bronchien oder das Herz ergreifen und so die Ursache von vorübergehenden Hemmungen des Blutumtriebes werden, für deren Vorhandensein der in solchen Fällen gewöhnlich unterdrückte und unregelmälsige Puls zu sprechen scheint. Sehr bedenklich halte ich’s aber, dasselbe Causal-Verhältnifs dem Angstgefühl zu Grunde zu legen, welches den Magenkrampf begleitet und das jedem Erbrechen vorhergeht. Ich will mit Schönlein annehmen, dafs das Erbrechen nothwendig sei zum vollständigen Magen- krampf. Dadurch wird die Frage vereinfacht : es handelt sich alsdann darum, wie die Präcordial- Angst mit-dem Erbrechen physiologisch zusammen hänge? Nun sollen zwar Versuche an Thie- ren erwiesen haben, dafs allem Erbrechen ein kugelförmiges Aufballen des Magens gegen das Zwergfell vorhergehe (Budge). Würde aber wohl der Druck, den auf solche Weise der Magen auf die Brustorgane auszuüben vermag hinreichend sein, um Hemmungen in der Cireulation dieser Organe zu bedingen, die beträchtlich genug wären zur Erzeugung einer Präcordial- Angst, welche der bei den erheblichsten organischen Fehlern des Herzens und der grofsen Ge- fäfse beobachteten an Hefligkeit nichts nachgiebt? Ich glaube, dafs dies verneint werden muls. Es sprechen auch gegen die Annahme einer solchen mechanischen Ursache der Präcordial-Angst vor dem Erbrechen einige andere Erscheinungen. Erstens : dafs ein Nachlafs der letzteren schon nach dem geringsten Aufstofsen erfolgt, sei die Menge der dadurch aufgeworfenen Luft auch so unbedeutend, dafs eine erhebliche Erschlaffung und Volum-Verminderung des aufgeballten Ma- gens dadurch nicht bedingt werden kann. Sodann: die leicht anzustellende Beobachtung, dafs bei der Tabacs-Narkose die Präcordial-Angst schon bemerkbar wird und selbst einen sehr hohen Grad erreichen kann, lange bevor das Erbrechen oder der es verkündende Ekel eintrifft. Es scheint mir aus allem diesem hervorzugehen : dafs, während allerdings bei vielen Krankheits- zuständen die zun: Grunde liegende Nerven-Alteration durch Hemmungen des Kreislaufes, also vom Blutsystem aus bedingt wird, — bei andern dagegen die Nerven-Alteration das Ursprüng- liche ist, welches die Hemmungen des kleinen Kreislaufs erst in seinem Gefolge hat, die denn auch unter solchen Umständen nicht so constant und gleichartig eintreten, wie bei jener vorhin gedachten Krankheitsgruppe, und dafs demnach zwischen Suffocations-Angst und Präcordial- Angst ein pathogenetischer Unterschied besteht. — Zu dieser primären oder rein nervösen Prä- cordial-Angst mufs aber, wie ich glaube, die gerechnet werden, welche als begleitendes Symp- tom der Cardialgie, des Erbrechens und der Seelenstörungen beobachtet wird. Die letztere rechne ich hieher, weil nicht nur die Erscheinungen von Circulations-Störungen wenig constant und gleichmäfsig, sondern auch die mechanischen und dynamischen Bedingungen der letzteren, in so fern sie aufserhalb der Nerven-Alteration liegend gedacht werden können, sonst nirgends nachweislich sind. Zwar könnte man in Bezug auf eine beträchtliche Anzahl von Fällen, wo die anderweitig erkennbare Abdominal-Plethora, Stockungen in den Unterleibs-Ge- fälsen u. s. w. auf Störungen des allgemeinen Kreislaufes hinweisen der Vermuthung Raum ge- ben: es veranlasse der verzögerte Eintritt des aus der Abdominal-Cireulation zum rechten Her- zen zurückkehrenden Venenblutes in die vena cava inferior eine Lücke im kleinen Kreislaufe, entziehe dem Herzen den für seine Thätigkeit erforderlichen Reiz und wirke auf diese Weise fortwährend unterbrechend auf den kleinen Kreislauf. Obgleich aber das angedeutete Mifsverhält- nifs nicht selten seinen störenden Einflufs auf die Blutcireulation in Herz und Lungen ausüben mag, so sprechen doch gegen seinen Einflufs auf die Erzeugung der Präcordial-Angst das oft plötzliche Auftreten und die Remissionen der letzteren, welche mit dem anhaltenden Fortbestehen jener vermeintlichen Ursache nicht in Einklang zu bringen sind. Wenn wir sonach annehmen dürfen, dafs die Präcordial-Angst bei Geisteskranken auf einer primären Nerven-Alteration beruhe, d. h. eine reine Neurose ist, so liegt es ziemlich nahe, == welche 'Nervengebilde hiebei hauptsächlich zu beschuldigen sind. Alles weiset auf den Nervus vagus, (vielleicht in Verbindung mit dem Nervus sympathicus) hin, dessen Bereich alle die Or- gane sind, deren Functionen bei der Präcordial-Angst getrübt erscheinen, und in welchem die subjective Empfindung der letzteren gleichsam ihren Sitz hat. Ich will mich, indem ich auf das in dem symptomalologischen Theile dieses Excurses Beigebrachte zurückweise, bei der Beweis- führung dieses Satzes nicht unnöthig verweilen, sondern mich zu der Frage wenden : woher jene Verstimmung des Nervus vagus ihren Ursprung nehmen mag? ! Es lassen sich zwei Verhältnisse denken. Entweder geht die Erregung des Nervus vagus von seiner Peripherie, oder von seinem Centrum, der Medulla oblongata aus. Im, ersten Falle würde der Zustand derjenigen Organe, in welche der Nervus vagus seine Zweige schickt bei der Prä- cordial-Angst eine Veränderung erfahren, welche, durch den Nerven zu dessen Centrum fort- geleitet, sich im Bewulstsein als jenes Angstgefühl darstellt. Im zweiten Fall würde angenommen werden müssen, dafs ein abnormer Erregungszustand der Med, oblongata nach einem bekannten physiologischen Gesetze am peripherischen Ende des Vagus zur Erscheinung komme und als Präcordial-Angst empfunden werde, Wollen wir uns die Präcordial-Angst vor dem Erbrechen und bei der Cardialgie erklären, so werden wir unbedenklich die erstere dieser Entstehungsweisen annehmen. Es ist unzweitel- haft, dafs die Organe, zu welchen sich der vagus begiebt, insbesondere der Schlund, die Speiseröhre und der Magen sich in einem abnormen Zustande befinden, oder selbst angefällt sind mit Stoffen, welche ihn belästigen, die Nerven reizen, und ungewöhnliche Absonderungen und Bewegungen hervorrufen. Sobald sich dieser Zustand der Organe geändert hat, sobald jene Stoffe entfernt sind, verschwindet die Präcordial-Angst. Nichts liegt also näher, als dafs diese letztere die Wirkung einer peripherischen Reizung des Vagus ist, Etwas schwieriger siellt sich schon die Frage in Bezug auf die Präcordial-Angst bei der Tabacs-Narkose. Wir wissen, dafs der Tabac zu den narkotischen Substanzen gehört, deren Genuls Einflufs auf das Gehirn ausübt, venöse Congestionen in diesem Organe hervorruft, welche die Empfindung trüben und Betäu- bung erzeugen. Es ist möglich, dafs dieser abnorme Erregungszustand des Gehirns sich auch den von ihm ausgehenden Nerven mittheilt. Auch hier könnte demnach eine centrale Reizung angenommen werden. Wenigstens lehrt die Beobachtung hiebei, wie bei, der Seekrankheit, dafs der Zustand des Magens, ob er voll oder leer, mit reizenden oder milden Stoffen angefüllt sein mag, gegen die Wirkung nicht schützt. Anlangend nun die Präcordial-Angst der Melancholi- schen, so finden sich bei diesen Kranken freilich häufig krankhafte Zustände der Unterleibs-Or- gane, welche schon vor den Angst-Gefühlen vorhanden waren. Aber die Organe, in welche der Vagus sich verzweigt, sind es grade am wenigsten, deren Zustand in dieser Zeit verän- dert erscheint, sondern die von ihm unabhängigen (Leber, Darm und Gefälssystem des Unter- leibes.) Also kann es nicht der peripherische Theil des Vagus sein, welcher ursprünglich in einen abnormen Erregungs-Zustand versetzt ist, es bleibt vielmehr nur übrig, an eine solche Erregung des centralen Theils (der Med. oblong.) zu denken, die im peripherischen zur Er- scheinung wird. Vielleicht wird man dagegen die Beobachtung anführen, dafs Brechmittel in Geisteskrankheiten so aufserordentlich nützlich wirken und dafs sie nicht allein die Mania subita 10 Ei FE coupiren, sondern auch bei Melancholie die Präcordial-Angst vorübergehend beseitigen können. Aber dies zeugt nicht für das Bedingisein der Präcordial-Angst durch einen abnormen Zustand des peripherischen Endes'des Vagus. Denn erstens ist hiebei wohl zu berücksichtigen, dafs eine radikale Wirkung‘ eines einzigen kräftigen Brechmittels nur bei plötzlicher Manie, niemals, so viel mir bekannt, bei Melancholie mit Präcordial-Angst beobachtet wurde. Im Gegentheil' wird eine Veränderung indem Zustande des Magens, sei sie durch arzneiliche oder diätetische Ein- flüfse hervorgerufen, niemals dieses Angstgefühl dauernd beseitigen. Zweitens kann diese’ vor- übergehende Wirkung der Brechmiltel zur Beseiligung der Präcordial-Angst eben so gut von de Central-Ende des Vagus, wie von dem peripherischen ausgehen, und durch Fortleitung des peripherischen Reizes zum Centrum bedingt sein. Endlich ist es gar nicht erwiesen, dafs die Brechmiltel auf die ‘peripherischen Enden des Vagus wirken; da sie überhaupt nicht eher, als nachdem 'sie resorbirt, und am besten nach blofser Injection in die Venen Brechen erzeugen; Würden aber nicht, wenn die Präcordial-Neurose durch einen Erregungszustand der Med. oblong. bedingt wäre, andere aus eben diesem Hirntheil 'enispringende Nerven auch daran Theil neh=- men, eben so gut wie der Nervus vagus? Diese Frage liegt. allerdings nahe, aber die Erfah- rung antwortet bejahend darauf. In der 'That sind mit der Präcordial-Angst der Melancholischen sehr häufig sensorische Störungen des Nervus acusticus (Gehörstäuschungen) und des glos- sopharyngeus (Depravation des Geschmacks, Vergiftungs-Furcht) verbunden. Dies sind jedoch die 'sämmtlichen mir zu Gebote stehenden Beweisgründe für die aufgestellte Ansicht : dafs die Präcordial-Angst der Geisteskranken eine. von einem abnormen Erregungszu- stande der Med. oblong. ausgehende Erscheinung sei. Ich räume ein, dafs noch manches zur Sicherstellung dieser Ansicht fehlt, — vor allem der Versuch. Es fehlt an Experimenten; welche beweisen, dafs die Reizung der Medull. oblong. ein Gefühl von Angst und Hitze in der Brust= und Magengegend hervorruft. Nur dies kann ich nach Beobachtungen und mündlichen Mitthei- lungen meines Freundes Stannius erwähnen, dafs die Durchschneidung des Vagus bei verschie- denartigen Tlieren niemals Schmerz-Erscheinungen, wohl aber solche von Schauder und Unruhe mit'sich führte. Weiter frägt es sich, ob der abnorme Erregungszustand der Med. oblongata ein primärer,) oder aber ein secundärer sei? A priori mufs die Möglichkeit einer primären Affeclion der Med. oblong. anerkannt werden. Allein es fehlt durchaus an charakteristischen physischen Kennzeichen derselben. Weder topi- scher Schmerz oder andere subjective Empfindungen, noch objeetive Merkmale begünstigen die Erkenntnifs einer Affeelion dieses Theils. Endlich sind keine pathologisch-anatomischen 'Thatsachen bekannt geworden, welche für die Existenz solcher primären Alfection zum Beweise dienen könnten. Viele 'Thatsächen sind dagegen vorhanden, welche auf eine secundäre Affeclion der Med. oblong. hinzuleiten scheinen. Wenn wir den oberflächlichen Anschein in der Mehrzahl der Fälle von Irrsein befragen, in denen uns die Präcordial-Angst begegnet, so werden wir uns zu der Ansicht geführt sehen, dafs es stets ein physischer Reiz, und zwar zunächst eine Idee, ein Gedanke sei, was dieses un- u a behagliche ‚Gefühl hervorruft. Es sei, ausdrücklich, beme:kt,, dafs. hier, von einer. directen Einwir- kung des Gehirns, als Denk-Organs, auf.die Med. ob'ong. die Rede ist; mit andern Worten : es wird die Frage verhandelt, ob ein Gedanke,, eine Idee, an sich und ohne Vermiltlung des Gefühls Präcordial-Angst hervorrufen könne. Viel häufiger ‚als die hier zu erwägenden Thatsachen sind nun zwar die , wo die. Kranken, wie sie ‚sich ausdsücken , sich ängsligen , weil sie sich übler Gedanken nieht. erwehren können, weil ihnen beständig traurige Dinge, häfsliche Worte, böse und unmoralische Handlungen einfallen , sie ‚sich nieht davon. losmachen können und sie sich. fürchten, sie kundgeben zu müssen. Hier scheint die Affeelion der, Med. oblongata das ur- sprüngliche zu sein und von dieser aus das Organ des Denkens erst in einen abnormen Erre- gungszustand versetzt zu werden. Aber es gibt auch nicht wenige Fälle, in denen der Gedanke das ursprüngliche, die Angst das secundäre zu sein scheint. Schon jener Hypochondrist, der noch ‚auf der Gränze zwischen. geisliger Gesundheit, und Krankheit steht trilt uns mit dem Bekenntnils entgegen, ‘dafs er von einem gewissen Gedanken verfolgt werde, der Reue , Unzufriedenheit mit sich oder dergleichen in ihm erwecke, Ich erin- nere mich eines geachteten und. gelehrten Schulmannes ‚der in den Perioden vonHypochondtrie, welche ihn mehrmals mit Jahre langen Intervallen befielen, von jedem Unternehmen durch den Gedanken zurückgeschreckt wurde, dafs er dazu wegen übler Verwendung seiner Vergangen- heit nicht gehörig vorbereitet sei. Er 'wufste dies in jedem ‚Falle ziemlich glaubhaft zu machen und man hätte meinen können‘, dals wirklich ‚die Reue über, Mifsbrauch der Zeit der.Grund sei- nes Milsbehagens sei. Aber abgesehen davon, ‚dafs er in seinen gesunden Tagen nie an der Zuläuglichkeit seiner Kenntnisse ‚zweifelte, sogar eine ziemliche Meinung davon halte, so erstreekte sich seine Selbst-Kritik auch auf andere offenbar ganz unschuldige Handlungen und Untersu- chungen, die er. als Ursache seiner. Krankheit anklagte. und .er mufste selbst oft lächeln über das Thörigle der Vorwürfe, die er sich machte. Es ist wahr , dafs in jedem der drei Krank- heitsanfälle, denen er bisher unterworfen war, sein Angsigefühl von ihm auf die nämliche Ursache zurückgeführt wurde. In andern Fällen dagegen verhält sich dies anders. Ein Kranker , auch ein Schulmann,, lebensfroh in seinen gesunden Tagen, versicherte in dem ersten hypochondrischen Anfalle keine Ruhe zu haben vor dem Gedanken, dafs er in den Kriegsjahren an irgend ‚einem Orte hei einem Landmann, ‚seiner Ordre folgend, ein Pferd requirirt und dadurch möglicher Weise ‘zum Ruin des Mannes beigetragen habe; in einem. zweiten Anfall peinigle ihn der Ge- danke, er.habe durch ein amtliches , zu Ungunsten eines andern Lehrers lautendes Gutachten, dessen langwierige Krankheit verschuldet , ‚obgleich ein: Zusammenhang zwischen jenen That- sachen nachweislich nicht exislirte. Da wo sich die Geistesslörung schon mehr entwickelt, die Präcordial-Angst sich gesteigert hat, sind die physischen Gründe, auf welche die Kranken diese zurückführen , meist aberwilzig und geradezu unmöglich. Dieser glaubi Menschen vergiftet zu haben, welche lange vor, ihm lebten; jener niehts hinunter schlucken zu können und verhungern zu müssen, während er tapfer schluckt; dieser fürchtet kräfig um Verbrechen geriehtet zu werden, die noch nicht begangen sind. Läfst es sich annehmen, dafs solche Ideen, die oft mit jedem Tage wechseln, die Angstgefühle wirk- lich erst erzeugen, welche von den Kranken auf sie bezogen werden ? — Soll man nicht viel- mehr glauben, dafs der Kranke hingerissen von seiner Angst und durch sie verwirrt gemacht, erst einen Grund für dieselbe aufsucht? — Es lassen sich ferner Fälle anführen, in denen die Präcordial-Angst in höchster Heftiskeit Wochen und Monate fortbesteht, dem Kranken keine Ruhe läfst, ihn zu Selbstentleibungs-Versuchen hinreifst, ohne dafs er jemals versucht, noch im Stande ist, einen Grund dafür anzugeben. Ich habe einen solchen Kranken vor Jahren in ‘der Anstalt zu Siegburg gesehen und beobachte eine andere gegenwärlig. Es kann folglich die heftigste Präcordial-Angst entstehen und lange fortbestehen, ohne dafs die ihr zu Grunde liegende Ner- ven-Alteration von der Gedanken-Sphäre aus angeregt wird. Endlich ist gegen den psychischen Ursprung die Thatsache anzuführen, dafs Wahn-Ideen der trübsten Art keinesweges eine Prä- cordial-Angst hervorrufen. Denn es giebt viele Fälle von Wahnwitz oder Verwirrtheit, welche von traurigen Ideen begleitet sind, sei es, dafs der Irre auf der Höhe der Krankheit Unthaten (z. B. Mord) begangen hat, welche noch in der Erinnerung haften und ihn stets in einer trüben Gemüthsstimmung erhalten, — oder, dafs er sich mit der Vorstellung von ihm bevorstehenden peinlichen Martern herumträgt; in beiden Fällen wird man ungeachtet der trüben Ideen und der allgemeinen Disposition zu Nervenverstimmungen niemals Präcordial-Angst beobachten. Es kön- nen folglich nicht diese trüben Ideen sein, welche Präcordial-Angst erzeugen, sondern diese mufs anderweilig bedingt sein. Es kommen gleichwohl einige seltne Fälle vor, in welchen die Präcordial-Angst lediglich und unmittelbar durch einen Gedanken hervorgerufen zu sein scheint. Mir ist ein Fall dieser Art vorgekommen; doch bin ich nicht ganz sicher, dafs er beweisend sei. Eine Melancholische, bei welcher jenes Angstgefühl lange Zeit als ausschliefsliches Symptom der Gemüthsstörung, mit eintretenden Remissionen bestanden hatte, indem es von der Kranken auf die vermeintliche Schuld an dem Tode ihres einzigen, an Masern verstorbenen Kindes bezogen wurde, genas, war vier Jahre lang gesund und ertrug selbst den unerwarteten 'Tod ihres Mannes und die daran sich knüpfende Verschlimmerung ihrer äufseren Lage ohne Nachtheil. Zwei Jahre nach dem Tode ihres Mannes wird sie von ihrem Brodherren veranlafst, die bisher verschlossen gehaltenen Klei- der des ersteren zu verkaufen, und sie schickt sich daher zu einer Reinigung derselben an. Der Anblick dieser Kleider macht einen so starken Eindruck auf sie, dafs eine namenlose Angst sie befällt, die sich nach einigen Stunden so: gesteigert hat, dafs man genöthigt ist, die Kranke vor sich selbst zu schützen. Fortan war es aber wieder die frühere fixe Idee von dem verschul- deten Tode ihres Kindes, auf welche sie ihre Angst bezog. Ein zweiter Fall wurde mir aus der Erfahrung eines der glaubwürdigsten Beobachter, meines Freundes Jessen, mitgetheilt. Er be- trifft einen Apotheker, der, mit mäfsigen Geisteskräften begabt und niemals geisteskrank, zu mehreren Malen durch den Anblick eines an ungehörigem Orte gefundenen Giftpäckchens von Furcht vor Vergiftung und in Folge dessen von grofser Angst und Unstätigkeit befallen wurde, von welchen der Kranke sich nur durch anhaltendes Spazierengehen befreien konnte. Aber auch diese Fälle beweisen noch nicht mit Sicherheit eine directe Einwirkung des Denk- Organs auf die Med. oblong. als Locus minoris resisientie, denn es bleibt noch die Frage, ob nicht diese Einwirkung durch die Vermittlung einer andern psychischen Thätigkeit, nämlich eines Gefühls, erfolgt. Denn in der That ist es psychologisch undenkbar, dafs z. B. die blofse Vorstel- Peaus Wr lung „Gift“ eine so: heftige Alteration des Nerven-Systems, wie die Präcordia'-Angst ist, her- vorrufen, dafs nicht als vermittelndes Moment das an die: Vorstellung ,‚Gift“ sich knüpfende Ge- fühl der Furcht vor einem durch das Gift herbeizuführendem Unglück dazwischen treten sollte. Es entsteht also die zweite Frage : ob subjective oder Zustands-Empfindungen, ob Gefühle Präcordial-Angst erzeugen können? Physiologisch ausgedrückt wird die Frage lauten : kann eine Alteration des Organes der Gefühlsthätigkeit in ihrer Fortwirkung auf die Medulla oblongata in dieser den die Präcordial-Angst bedingenden Erregungszustand erzeugen? Leider ist eine Erör- ierung dieser Frage von physiologischem Standpunkte aus für jetzt noch nicht möglich, aus dem einfachen Grunde, weil wir das Organ des Gefühlsvermögens noch nicht mit Sicherheit anzuge- ben wissen. Bekanntlich sind die Meinungen in dieser Hinsicht sehr getheilt. Da der Streit noch nicht entschieden ist, so müssen wir abstehen, von dieser physiologischen Seite aus die Lösung der Frage zu versuchen, und wenden uns zur psychologischen. Hier tritt uns bedeutungsvoll die Thatsache entgegen : dafs nicht allein ein gewisses geistiges Gefühl in höchster Steigerung alle charakteristischen Kennzeichen der Präcordial-Angst mit sich führt, nämlich die Furcht; sondern, dafs auch die meisten anderen Gefühle, geistige und körperliche in ihren höheren Graden schon Abnormitäten in der Athmungs-, Herz- und Magenthätigkeit hervorrufen, welche denen bei der Präcordial-Angst analog sind, während einige derselben in ihren höchsten Graden einen der letzteren ähnlichen Empfindungszustand mit sich führen. Dies ist nicht allein bei'm Zorn und bei der Eifersucht der Fall, auch bei den höchsten Graden des Hungers und Durstes soll es vor- kommen. Hieraus lälst sich folgern, dafs entweder diese Gefühle selbst in demselben Organe, von welchem die Präcordial-Angst ausgeht, also nach unserer Ansicht in der Med. oblongata ihre nächste Quelle haben, oder dafs das Nervenorgan, durch welches die Gefühle bedingt sind, in einer besonders nahen Beziehung zu jenem ersteren, der Med. oblongata, steht, so dafs sein Erregungszustand auf letztere besonders leicht fortgeleitet werden kann. Und hiedurch würde sich allerdings der grofse Einflufs erklären, welchen die Gemüthsbewegungen, sowohl durch die Stärke, in welcher sie auftreten, als auch durch ihre Dauer auf die Erzeugung der Gemüths- krankheiten, namentlich der Melancholie, haben. Indessen läfst sich auch noch ein drittes Verhältnifs secundärer Erregung der Med. oblongata denken, ausgehend nämlich von anderen Nervenproyinzen. Es giebt Thatsachen, welche für diese Entstehungsweise sprechen. Ziehen wir nämlich in Betracht, dafs einerseits die Präcordial-Angst häufig vorkommt bei Krankheiten des motorischen Nervensystems, insbesondere des Rückenmarks, — dafs sie ande- rerseits vornehmlich die Melancholie begleitet, und besonders diejenige, welcher Abdominal- Plethora und dadurch bedingte Störungen in der Vitalität der reproductiven Abdominal-Organe lange Zeit vorhergegangen sind, — so werden wir allerdings eine solche Wirkung auf die Med. oblongata von entfernteren Nervenprovinzen aus glaubhaft finden können. Zwar haben solche Krankheitszustände auch andere Formen der Seelenstörung in ihrem Gefolge, bei denen die Präcordial-Angst nicht vorwaltendes Symptom ist, — namentlich die Manie. Es dient‘ aber zur Beseitigung dieses Einwurfes zweierlei. Erstens : dafs der Manie gewöhnlich ein merkliches, und oft'ein längeres von Präcordial-Angst begleitetes Stadium melancholicum vorausgeht, also auch hiebei eine Fortwirkung 'auf die’ Med. oblongata Statt zu finden’ scheint. Vermöge der wichligen Verbindung der reproductiven Organe mit dem Gehirn miltels des Rückenmarkes mag diese Art von Rellexwirkung so’ leicht zu Stande kommen, dafs vielleicht eben deshalb die Präcordial- Angst eines der häufigsten Symptome: der Geistesslörungen ist. Zweitens : in Fällen, wo. die Manie plötzlich, ohne vorhergegangenes Stadium melancholieum und ohne voraulgegangene merkliche Präcordial-Angst auftritt, (z. B. bei der Mania subita a potu oder von gastrischen Unreinigkeiten, falls eine solche existirt) wird man berechtigt sein anzunehmen , dafs eben nicht die Med. oblongaia , sondern das grofse Gehirn der Locus minoris resistenliae ist, auf welchen der Erregungszustand der entfernteren Nervensphäre fortgeleitet wird. Dafür spricht die Thatsache, dafs in Fällen solcher plötzlichen Manie häufig chronischer, dumpfer Kopf- schmerz vorausgegangen ist. Ich kann nicht 'umhin, hier die Frage anzuknüpfen und den Beobachtern zu empfehlen : ob vielleicht chronischer Kopfschmerz in der: Stirngegend vor- zugsweise der Mania subita als Vorboten-Symptom‘, dagegen der Kopfschmerz in der Scheitel- gegend und im Hinterkopfe dem Stad. prodromorum der Melancholie der von einem Stud. me- lancholicum eingeführten Manie angehöre ? Hiemit würde durch dieses Symptom ‘der bezügliche Hirntheil gleichsam im Voraus als Locus minoris resistentiae bezeichnet werden. Als das Ergebnifs dieser Untersuchung mögen folgende Sätze hier zusammengestellt werden: . Kopfschmerz und Präcordial-Angst sind die constantesten Symptome der Seelenslörungen, . Der Kopfschmerz gehört mehr dem Stadio der Vorboten, die Präcordial-Angst denen der Vorboten und des Ausbruchs an. ; 3. Die Präcordial-Angst ist vorzugsweise Symptom der Melancholie, des Stad. melanchol. der Manie, und der Mania sine delirio. 4. Von den sie beoleitenden Functionstörungen sind die constantesten und gleichmälsigs- ten die, welche die Respiration beireffen ; weniger sind es die der Herzthätigkeit, noch weniger die Anomalien der Magenfunction. 5. Die Präcordial-Angst beruht auf einer krankhaften Affection des Nervus vagus, welche bei verschiedenen Krankheiten , in deren Gefolge sie auftritt, einen verschieden Ursprung hat. 6. Diejenige , welche die Geistesstörung begleitet, hat ihren Grund in einem krankhaften Erregungszustande der Radication des Vagus in der Medulla oblongata. 7. Ob diese Alteration der Medulla oblongata in einzelnen Fällen eine primäre oder idio- pathische sei, ist noch nicht zu entscheiden. 8. In nicht seltenen Fällen tritt sie als secundäre oder deuteropathische Krankheits-Affeklion auf, ausgehend entweder vom grofsen Gehirn, oder von dem noch nicht mit Bestimmt- heit vermittelten Organe, auf dessen 'Thätigkeit die Gefühle beruhen; oder von anderen entfernteren Provinzen des Nerven-Systems , namentlich den Rumpfnerven. IV Herr Dr. Hahn eröffnete hierauf die Besprechung mit derBemerkung, dafs er in dem ebengehaltenen ausgezeichneten Vortrage die Andeutung einer Krankheit vermisse, wo die Beziehung des Vagus zur Präkordial-Angst sehr‘ deutlich hervortrete, nämlich den Keuchhusten bei Kindern. Die Um- stände, dals Präcordial-Angst dem Anfalle des Keuchhustens vorangehe,, und dafs (das kindliche 5 Alter vorzugsweise den Krankheiten der Centralorgane des Nervensystems unterworfen sei, las- sen ihn annehmen, dafs beim Keuchhusten der Sitz der Krankheit nicht‘ in einem Leiden des peripherischen Theils des Nervus vagus, sondern in einem Leiden des Ursprungs dieses Nerven, in der Medulla oblongata, zu suchen sei, ‚obschon in Folge eines lange andaurenden Keuchhustens krankhafte Veränderungen in peripherischen Organen nicht selten hervorgerufen würden. Herr Dr. Richarz glaubt, dafs es.bei dieser Discussion von Wichtigkeit sei, daran festzuhalten, dafs alle physischen Erscheinungen, mithin auch, die Angst, nur im Gehirn zu Stande kämen und ist der Ansicht, dafs die Präcordial-Angst entstehe , wenn das grofse Gehirn sieh im Zu- stande der Depression befinde und das deprimirte Gehirn zugleich gereizt werde. Er glaubt, dafs nicht unmiltelbar ein Zustand der Medulla oblongata oder des. Gehirns Angst hervorrufe, sondern. dafs von Seilen anderer-Organe vorerst ein Reiz auf das Gehirn ausgeübt werde. Es scheine der Angst ein vermehrtes Athmen zu Grunde zu liegen, entweder durch organische Krankheit , Wassersucht, oder durch Nervenzustände bedingt , welche ein vermehrtes, Atmen anregsten, um das erschöpfte Nervensystem zu restauriren. Geheimrath Flemming entgegnet, es sei noch streitig, ob alle psychischen Zustände vom Ge- hirn ausgingen. Es bestehe ferner das Gehirn wieder aus Theilen, dem grofsen, dem kleinen Gehim; diese, sowie das Gangliensystem und ein grofser Theil des übrigen Nervensystems dürften bei der Beantwortung der Frage über den Sitz des Gefühls nicht unberücksichligt bleiben. Dr. Richarz fragt, ob es mehr als ein Seelenorgan gebe; er behaupte der der Angst zu Grunde liegende Zustand liege im Seelenorgan, seiner Ansicht nach im grofsen Gehirn und zwar in dessen obern Theilen zunäehst der Convexität. Dr. Heinrichs ist der Ansicht, dafs die psychiatrischen Neurologen im Allgemeinen zu wenig Gewicht auf die Analyse der Functionen der einzelnen Nervenparlien legen. Zur Erklärung der Präcordial-Angst macht er auf eine durch neuere Experimentatoren an Thiere festgestellte, durch Oesterlens Untersuchungen über das Verhältnifs der Athemzüge zum Puls beglaubigte Thatsache aufmerksam, nach welcher die Medulla oblongata, die obersten Theile des Rückenmarkes und vielleicht auch gewisse Theile des Gehirns die Nervengebilde sind, von welchen aus die Bewe- gungen des Herz- und Respiralionsapparates geleitet werden. Dr. Krieger stimmt ‚damit ein, dafs Reizungen des Rückenmarkes in Beziehung. zur Präcor- dial-Angst stehen und erwähnt eines hieher gehörigen Falles, während Dr. Richarz auf der An- sicht beharrt, dafs die Präcordial-Angst vom Centralnervensystem ausgehe. Professor Schröder van der .Kolk ‚endlich hält die Präcordial-Angst für eine Nervenalfektion, bei welcher kein einzelner Punkt als Heerd.bezeichnet werden könne, es sei aber das sympathische Nervensystem besonders zu. beachten. Man beobachte sie bei Hämorrhoiden , bei Menstrualstö- rungen namentlich aber bei, Anschoppungen im Colon, sinistrum, dessen Nerven mit dein Plexus hypogastricus und so mit dem Vagus zusammenhingen. Geheimrath Flemming erkennt mit Dank diese Bemerkungen an, sagt aber, er habe den Sym- pathicus mit, Absicht aus dem Spiele, gelassen, da derselbe und namentlich seine Verbindung mit dem Vagus in letzter Zeit eine so bedeutende Niederlage erlitten. — DD Dr. Jakobs bemerkt, die Verhandlung habe ergeben, dafs Präcordial-Angst keine Krankheit, sondern nur ein Symptom sei. Herr Dr. Richarz habe behauptet, das Athmen sei in der Präcor- dial-Angst beschleunigt, er dagegen habe es verlangsamt gefunden. Im Uebrigen stimme er mit Herrn Schröder van der Kolk überein und halte die Unterleibsorgane für besonders betheiligt. — Geheimralh Flemming erwidert, auch er habe die Präcordial-Angst nur als Symptom bezeich- net, aber er habe dasselbe auf seinen Ursprung zurückführen wollen. Der Vorsitzende stellt zum Schlusse folgende Anträge : 1. sofort in der nächsten Sitzung über hydriatrische Versuche in der psychiatrischen Praxis zu verhandeln, 2. eine aufserordentliche Sitzung der Section anzuordnen, um über die Gründung einer psy- chiatrischen Zeitschrift und über ein zweckmälsiges Schema zu statistischen Tabellen über Irre zu berathen. E Man war hiermit einverstanden, und Herr Medizinalrath Ruer wurde zum Präsidenten der nächs- ten Sitzung erwählt. 4, SITZUNG. Mittwoch, den 22. September. Vorsitzender : Prof. Schröder van der Kolk. Herr Geheimrath Flemming eröffnete die Verhandlungen mit einer Besprechung über Vergan- genheit und Zukunft der seit einigen Jahren in Deutschland wieder bestehenden psychiatrischen Zeitschrift und fafste die Wünsche und Anforderungen derselben in nachstehende Sätze zusammen. 1. Als Mitarbeiter an der Zeitschrift gelten aufser Deutschlands Aerzten die Psychiatriker nicht deutscher Länder germanischen Ursprunges, Holländer, Dänen , Schweden und Schweizer durch Einsendung ihrer Jahresberichte und Mittheilung aller vorkommenden Bewegungen bezüglich der Psychiatrie. Viele derselben sind bereits ohne besondere an sie geschehene Anfrage in Folge der Anregung von Seiten ihrer Freunde als Mitarbeiter verzeichnet. 2. Bisheran hat die Beantwortung allgemeiner statistischer Fragen (über Fundamental-Einrich- tungen, Verpflegungsbestand u. dgl.) leider nicht ordnungsmäfsig Statt finden können, weil die Berichte von den Directionen vieler jdeutschen und selbst preufsischen Anstalten uner- wartet ausgeblieben sind. Es fehlen dieselben von Prag, Wien, Halle, Mannheim , Strau- bing, Kiel, Hildesheim, Hessen-Kassel und von ganz Baiern. Dadurch ist die Aufstellung einer General-Uebersicht trotz der vorhandenen Materialien unmöglich geworden. — Dem- nach mufs man sich die Frage stellen : Worin kann dies Ausbleiben, welches seit dem Zusammenireten des Vereins das erste deprimirende Zeichen mangelnden Gemeinsinn’s der deutschen Psychiatriker ist, — worin kann es seinen Grund haben ? Geheimnisse sind nicht zu bewahren; Mühe ist nicht dabei; dolce far niente nicht anzunehmen, da von allen Seiten über Geschäftsdruck geklagt wird ! 3. Die Einsendung von Excerpten von Seiten der Irrenanstalts-Directoren aus den Zeitschriften ihres Bezirks an den ihnen zunächst wohnenden Redacteur ist von Seiten der Redaction spezieller anzuregen durch Erwählung von Correspondenten. gg = +4. Von: derselben 'müssen Aufmuünterungen und Anregungen zu Original-Arbeiten ausgehen. 5,.Da das vom Verleger gezahlte Honorar nur mit der Zahl der abgesetzten Exemplare steigen kann, so wird die Redaction erst durch reichlichern Absatz zu angemessenen Honorarzah- lungen an die Mitarbeiter in Stand gesetzt. Die Redaction wünscht daher, dafs auf Anre- gung der Irrenanstalts-Directoren und sonstiger Gönner das Beispiel Preufsens und Badens Nachahmung finden möge, welche Staaten je 50 und 10 Exemplare für eigene Rechnung beziehen und von Physikern und Behörden vertheilen lassen. 6: Die Redaction wünscht, es möge über die hierüber gefalsten Resolutionen und angegebenen Zusicherungen ein Protokoll aufgenommen und der Zeitschrift einverleibt werden, auch - 7. Sobald wie thunlich Abschrift oder Abdruck der Sitzungsprotokolle der Redaction zugestellt werden *), um wenn möglich noch dem vierten Hefte des vierten Bandes der Zeitschrift einverleibt zu werden oder eventuell ein Zusatzheft zwischen viertem und fünftem Bande bilden zu können. 8. Neue Mitarbeiter, auch im Fache der Recension neuerschienener in- und ausländischer Werke werden willkommen sein. «Herr Dr. Hahn glaubt, dafs die Zeitschrift dadurch in hohem Grade ihren Zweck erfülle, dafs sie nicht ein einzelnes System, sondern die Ansichten von ganz Deutschland zu vertreten sich bemühe. Herr Dr. Heinrich wünscht zu wissen, welches Prinzip dieselbe bei Annahme von Aufsätzen verlrete, worauf Geheimrath Flemming erwidert, er werde dafür Sorge tragen, dafs in der Zeitschrift selbst darüber sich ausgesprochen werde. Herr Dr. Richarz endlich ‚bittet um Beschleunigung der Zusendung derselben. Der Vorsitzende , Professor Schröder van der Kolk, geht sodann über zur Besprechung einer statistischen Tabelle für Irre, namentlich wie sie in Holland gesetzlich eingeführt ist. Diese von Herrn Evers redigirte Tabelle enthalte keine Fragen, von denen man nicht mit Sicherheit wisse, dafs sie auch beantwortet werden können. Namentlich seien die Fragen über psychische Ursachen übergangen,, da es sich zuletzt immer herausstelle, dafs eine somalische Ursache zu Grunde liege. Er legte sodann eine derartige Tabelle vor und erläuterte sie. — Die Versammlung sprach sich über deren Zweckmäfsigkeit sehr günstıg aus und wurde von Herrn Dr. Heinrich der Wünsch geäufsert, dafs das Schema in der psychiatrischen Zeitschrift abgedruckt werden möge. — Prof. Sehröder van der Koli trug darauf an, dafs spätestens in der nächsten Versammlung eine all- gemeine statistische Tabelle für ganz Deutschland festgestellt werden möge, wobei Geheimrath Flemming die gröfstmöglichste Einfachheit als wünschenswerth bezeichnet. Herr Sanitätsralh Ruer aus Marburg bemerkt, dafs es sich jedoch bei solchen Tabellen nicht blofs von den Irren einzelner Anstalten und Provinzen, sondern von denen ganzer Länder handeln müsse, *) Die Einsenduug eines besorderen Abdrucks der Verhandlungen der “psychiatrischen Section bei der 25. Ver- u: ö sammlung deutscher Naturforcher und Aerzte an die Redactıon der psychiatrischen Zeitschrift hat, durch die pohtischen Umwälzungen verspätet , erst Ende Mai dieses Jahres Statt finden können, 11 — ee Dr. Richarz hält es für wichtig zu bestimmen, ob die Zahl der Irren in unserer Zeit zunehme und Physiker und Bürgermeister seien daher anzuhalten, sämmtliche Erkrankungen zur Anzeige zu bringen. Geheimnrath Flemming erwidert, dafs dies mehr zu dem sehr schwierigen und vielleicht weniger nothwendigen Geschäfte der Irrenzählung gehöre. Werde jedoch auch dies für nothwendig er- achtet, so sei über ein Mittel zur Beseitigung der dabei obwaltenden Schwierigkeiten zu berathen. Professor Schröder van der Kolk trägt darauf an, eine Commission zu ernennen , welche sich mit der Bearbeitung von statistischen Tabellen für ganz Deutschland beschäftige, um auf der nächstjährigen Versammlung den Gegenstand weiter zu berathen. Sanitätsrath Ruer hält es für unmöglich, schon im künftigen Jahre diese Arbeit für ganz Deutsch- land vollendet zu haben; glaubt indefs, dafs Mittheilungen über sämmtliche Anstalten und deren nächste Umgebung vorliegen könnten. Geheimrath Flemming wünscht, dafs die Commission sich zuvörderst mit der von Professor Schröder van der Kolk gelieferten Tabelle befasse und ferner sich darüber ausspreche , ob die Aufnahme einer allgemeinen Zählung zweckmäfsig erscheine. E wurde beschlossen, dafs die Redaction der psychiatrischen Zeitschrift sich zu diesen Zwecken mit den ihr bekannten Männern in Verbindung setzen möge. 5. SITZUNG. Donnerstag, den 23. September. Vorsitzender : Sanitätsrath Ruer. Geheimer Medizinalrath Flemming hält nachstehenden Vortrag über die Wirkung des Brechweinsteins in seiner Anwendung gegen die Psychopathien. Mehr als einmal schon ist der Brechweinstein als dasjenige Arzneimittel gerühmt worden, wel- ches am meisten gegen die Seelenstörungen, und zwar gegen fast alle Formen derselben, aus- zurichten vermag. Oft schafft er rasche Heilung ; zuweilen langsame; oft bricht er der Genesung Bahn ; wenigstens aber mäfsigt er vorübergehend den Sturm der Symptome , indem er den Kranken beruhigt. Es ist daher wohl der Mühe werth zu fragen, worauf die grofse Macht be- ruhet , mit welcher der Brechweinstein , wie sich Friedreich ausdrückt , als das souveraine Mittel die Geisteskrankheiten beherrscht. Die äufsere Anwendung desselben übergehe ich, obgleich auch von ihr manches zu sagen wäre; denn es handelt sich hier mehr um die freiere dynamische , als um die gröbere mecha- nische Wirkung. Die erstere wird erzielt durch die innere Anwendung theils in hoher Gabe als Brechmittel,, theils in gebrochener Gabe. Von der Anwendung in hoher Gabe hat man besonders bei rasch sich entwickelnder Manie die glänzendsten Erfolge gesehen. Ein einziges starkes Brechmittel kann eine solche heflige Manie coupiren ; sobald es kräftig gewirkt hat, wird der Kranke erschöpft und verfällt in einen mehrstündigen Schlaf, aus dem er gesund und ohne Erinnerung an den in Wahnsinn verbrachten Zeitraum erwacht, Aber auch bei anhaltender Manie und bei milderen Formen von psychischer = 9 = Aufregung sind mit grofsem Nutzen wiederholte Brechmittel wochenlang angewendet worden Hom). Man nimmt gewöhnlich an, dafs sie diesen Nutzen entweder vermittels der Ausleerung oder vermittels' der Erschütterung leisten. Diese Erklärung hat jedoch viele Zweifel gegen sich. Was die Ausleerung betrifft, so kann sie sich entweder blofs auf den Magen oder auf den untern Theil des Darmkanals, mittels der Catarrhsis, oder auf beide zugleich erstrecken. In diesen ver- schiedenen Fällen wird die Heilung des Wahnsinns entweder von der Entfernung von qualitativ schädlichen Stoffen, welche die Geistesstörung bedingen aus dem Darmkanal, oder von der Verminderung der Säftemasse und der Ableitung derselben von dem Gehirn hergeleitet werden müssen. Qualitativ schädliche Stoffe, welche vom Magen aus den Wahnsinn erzeugen sollten, müfsten aber entweder gastrische Unreinigkeiten oder narcotische Gifte sein. Ich kenne keinen Fall, dafs durch sogenannten Gastrieismus, hätte er auch den höchsten Grad erreicht, Wahnsinn, weder plötz- licher und vorübergehender, noch dauernder erzeugt worden wäre; denn es müfste dieser Zustand des Magens nicht allein durch die vorausgegangene Schädlichkeit, sondern auch durch die ihm eigenen charakteristischen Merkmale kenntlich werden. Gäbe es aber wirklich solche Fälle, so könnte doch die Entleerung des Magens nicht eine so rasche Wirkung haben, da es bekannt ist, dafs die Kennzeichen des verdorbenen Magens, die belegte Zunge, der üble Geschmack , und folglich der abnorme Zustand der Magenschleimhaut stets noch über die ausleerende Wir- kung des Brechmittels hinausdauren : es könnte daher die Geistesstörung nicht so rasch ver- schwinden. Viel eher möchte jene Wirkung da eintreten können, wo der Magen von narcotischen Giften angefüllt ist; wenn auch nur von den flüchtigsten unter ihnen, den aleoholhaltigen, anzu- nehmen steht, dafs sich ihr nachtheiliger Einflufs so rasch auf das Gehirn verbreiten kann, um das rasche Verschwinden des Wahnsinns bei ihrer Entfernung aus dem Magen erklärlich zu machen. In der That sehen wir nicht allein die höheren Grade der Trunkenheit, sondern selbst jene Mania subita , die in Folge von Berauschung zuweilen entsteht, rasch nach der Wirkung eines Brechmittels verschwinden. Allein der Rausch verschwindet auch nach kalter Begiefsung des Kopfes oder des Körpers, und es fragt sich, ob man nicht das Mittel mit gleichem Erfolge bei der eben erwähnten Manie anwenden könnte. Dann würde die Entfernung des Giftes aus dem Magen, als unnöthig zur Beruhigung des Wahnsinns, da wo diese jener vorhergeht, nicht deren Grund sein können. Indessen beim Mangel zulänglicherer Gegenbeweise wollen wir vor- läufig die Manie von Alcoholnarkose als eine solche stehen lassen, bei welcher die Brechmittel durch Entfernung des Giftes, durch Ausleerung der qualitativen Schädlichkeit nützen. Die Wirkungsweise der Brechmittel durch Befreiung des Gehirns mittels quantitativer Auslee- rung von Säften ist noch weniger annehmbar. Um sie zuläfsig halten zu können, mülste man einen noch rascheren und heilsameren Erfolg von einem direct vermindernden Eingriff in die Säftemasse, durch Blutentziehung sehen. Dieses Mittel täuscht aber bekanntlich die davon gehegte Erwartung so oft, dafs man fast allgemein die örtliche Blutentleerung für ein untergeordnetes, die allgemeine sogar für ein schädliches Mittel anzusehen gelernt hat. Auch ist es ganz und gar nicht eine starke und erschöpfende Catarrhsis, was den prompten Erfolg der Brechmittel a bei den Seelenstörungen: bedingt; man müfste ihn 'sonst ‚auch durch heftige: Drastika ‚gleich rasch und sicher erzielen können, was bekanntlich nicht der Fall ist; ja die materielle Ent-) kräfligung durch den Säfteverlust steigert sogar gewöhnlich die Nervenaufregung — sondern es ist vielmehr dieser Erfolg bei der plötzlichen Manie an eine rasche und kräftige Darmenileerung, bei dem anhaltenden Wahnsinn ‚an eine fortgesetzte und wiederholte Darmentleerung gebunden. Auch würde man, wenn die plötzliche Säfteentziehung den Nachlafs der psychischen Aufregung bedingen sollte, sich wundern, diese bei rascher Wiedererzeugung der Säfte nicht sogleich wieder exacerbiren zu sehen, wie es z. B. bei Entzündungen gewöhnlich der Fall ist. Wenn man sagt, dafs die Brechmittel den Wahnsinn durch. Erschütterung ‚heilen‘, so denkt man dabei an eine wirkliche mechanische Erschütterung , mittels deren entweder die Thätigkeik des Gefälssystems bis in die kleinsten Capillargefäfse hin lebhafler angeregt, theils das Nerven- system in seinen peripherischen und Centraltheilen kräftig ineitirt und in Folge dessen die sämmtlichen Se- und Excretionen beschletinigt, der Stoffwechsei in allen Provinzen des Körpers befördert werde. Das Gesetz der Bewegung ist nun in allen Lebenserscheinungen so durchgrei- fend, dafs eine Erklärung dieser Art, welche sich wesentlich auf die Förderung der Bewegungs- thäligkeit im Organismus bezieht, im Allgemeinen nichts gegen sich hat, zumalen wir sogar Entzündungen in drüsigen und häutigen Organen allein auf die Anwendung von Brechmilteln sich zertheilen sehen. Nur eine Thatsache. stimmt nicht darin überein: dafs; es, laut einer grofsen Reihe von Beobachtungen, nicht lediglich der Act des Erbrechens ist, was bei den Geistes- stlörungen die wohlthätige Wirkung übt, sondern dafs die Catarrhsis ebenfalls dazu nöthig. ist. In vielen Fällen frisch enistandener Manie erfolgte auf Darreichung eines starken Brechmiltels die rasche Genesung nicht, wenn. blos die emetische Wirkung eintrat, sondern nur, wenn: sich zugleich eine reichliche Catarrhsis damit verband. Es liegt aber zu Tage, dafs die letztere keinen Antheil an. der erschütternden Wirkung der Vomitive haben kann, und es kann folglichin dieser allein der nützliche Erfolg derselben nicht beruhen. Die zweite Methode der Anwendung des Brechweinstleins ist die anhaltende Darreichung des- selben in gebrochener Gabe, und gewöhnlich in einer solchen, dafs fortwährend Ekel, möglichst mit Vermeidung des Erbrechens , unterhalten wird, — die sogenannte Ekelkur. Die objecliven Erscheinungen, welche man bei dieser Behandlung eintreten sieht, sind ein unbehaglicher Zu- stand des Kranken, Mäfsigung des übergrolsen Hungers, wo er vorhanden ist, wie überhaupt Beruhigung des Nervensystems im Allgemeinen, allmählige Beförderung der Darmausleerungen. Erklärt wird der Nutzen dieser Methode entweder durch eine specifische, sedative Wirkung des Brechweinsteins auf das Nervensystem , oder durch eine psychische Wirkung der unangenehmen Empfindung des Ekels. Es werde, sagt man, durch diese fortwährend widrige Einwirkung auf das Gemeingefühl ein psychischer Gegenreiz ausgeübt, welcher der krankhaften Aufregung der intelleciuellen Thäligkeiten die Wage halte und den Kranken von seinen Wahnideen ableite, aus; seinen Träumereien in die wirkliche Welt zurückführe (wie Göthe sich ausdrückt : ihn aus seinem Wahnsinn hinaus coujonire). — Die erste dieser Erklärungen ist nichtssagend und fehlerhaft zugleich. Wenn man. sagt. : der, Brechweinslein in gebrochner Gabe beruhigt die Nerven, ist dies nur eine etwas allgemeinere Formel für den Satz : der Brechweinstein in gebrochener Gabe ist im Stande, die Geistesstörung zu heilen. Es ist eben so nichtssagend, wie wenn man den Brechweinstein ein antiphlogistisches Mittel nennt. Sodann aber ist es keineswegs eine Beruhi- gung des Nervensystems, was den Wahnsinn heilt; bei Melancholischen, die auch oft durch diese Behandlung geheilt werden befindet sich das Nervensystem vielmehr in einem Depressionszu- stande‘ und bedarf der Anregung, um zur normaler Function zurückgeführt zu werden. Die An- sieht von der psychischen Wirkung des Ekels als Heilmittel halte ich ebenfalls für unrichtig; oder so weit sie richlig ist mufs sie, um verständlich zu werden, erst so zu sagen aus dem Psychologischen ins Physiologische übersetzt werden. Allerdings gehört der Ekel zu den unangenehmen Empfindungen und es giebt der letzteren eine grofse Menge, welche man in der Absicht anwendet, den Wahnsinn zu heilen. Aber man würde heut zu Tage gewils wenig Glück mit dem Vorschlage machen, einen Irren durch Schmerz oder Furcht vor Schmerz zu zwingen, dafs er von seinen Wahnideen lasse und die Dinge so ansehe, wie andere Menschen. Soll da- gegen die unangenehme Empfindung als ein physischer Gegenreiz auf das centrale Nervensystem wirken, so fragt es sich nur, weshalb gerade der Ekel in dieser Hinsicht mehr leistet, als Hunger, Schläge, Moxen u. dgl. Worauf beruht nun aber die wohlthätige Wirkung des Brechweinsteins bei den Geistesstö- rungen? Die Antwort auf diese Frage, deren künftige genügende Lösung gewifs ein helles Licht auf das Wesen der Psychopathien werfen wird mufs meiner Meinung nach gesucht werden, theils durch Erwägung derjenigen pharmako-dynamischen Wirkungsweise, welche die Beobachtung an dem Tart. stib. in andern Krankheiten kennen lehrt, theils durch die vorsichtige Erwägung der äufseren Erscheinungen, welche in Folge der Anwendung dieses Mittels bei dem Geistesstörungen auftreten. Wir kennen aber den Brechweinstein als einen Arzneistoff, welcher durch seine Leichtlöslich- keit in den thierischen Flüfsigkeilen besonders geeignet ist, die Säftemasse rasch und völlig zu durehdringen, und folglich: seine Wirkungen schnell in die Nähe der feinsten Gefälsverzweigun- gen hinzulragen. Wir schliefsen aus der Vermehrung aller Secretion, die seiner Anwendung folgt, dafs er die Kraft besitze, die Säfte flüfsiger zu machen. Eben dahin deutet die durch: ihn bewirkte Beförderung der Ausscheidungen zunächst des Darmkanals und der ihm benachbarten Eingeweide, der Leber, der Bauchspeicheldrüse und der Nieren, sodann auch der Lungen und der Haut. Es liegt hienach nahe, dafs er auch den Säftenumlauf in den feineren Gefäfsen und insbesondere im Lymphsysteme des Unterleibes befördert. Die Erscheinungen, welche der An- wendung gröferer Gaben dieses Mittels folgen, nämlich Ekel, Erbrechen und vermehrte Stuhl- Ausleerungen, lassen uns schlielsen, dafs er auf das splanchnische Nervensystem einen beson- deren Einfluls auszuüben und dadurch namentlich die peristaltische so wie die entgegengesetzte Bewegung des Darmkanals kräftig zu befördern und hiedurch den venösen Blutumlauf lebhaft zu unlerstülzen vermag. Erwägen wir nun die Erscheinungen, unter welchen der Brechweinstein eine wohlthätige Wirkung auf die Mäfsigung und Heilung der Psychopathieen äufsert, so lassen sie sich offenbar in‘ zwei Gruppen sondern. = u Die eine umfafst diejenigen, die gleichsam eine Krisis mit sich führen, welche den psychischen: Fünctionen rasch wieder zur Norm zurückzukehren gestattet : wir beobachten sie in seltneren Fällen bei plötzlich entstandener Manie. Es ist immer eine Emeto-Catarrhsis, als Wirkung: grofser Gaben des Brechweinsteins, welche diese Krisis vermittelt. Wir haben oben gesehen, dafs hiebei nicht eine Entleerung von Stoffen, weder eine qualitative noch eine quantitative der Träger der Krisis seyn kann; wir haben zugleich gesehen, dafs die Erschütterung durch die Emesis, wenn sie auch wohlthätig zu Hülfe kommen mag, es doch wenigstens nicht allein ist, was diese Krisis' vermittelt : denn die Catarrhsis ist dabei unentbehrlich. Gleichwohl kann der Tart. stib. auch nicht direkt als chemisches Agens, durch seinen Eintritt in die Säftemasse diese kritische Macht: ausüben : denn die Wirkung ist eine zu rasche, als dafs ein so langsamer, den ganzen Orga- nismus durchdringender Prozefs das Vermittelnde seyn könnte. Es bleibt also nur übrige, dem Antagonismus im Nervensystem die Vermittelung zuzuschreiben; mit anderen Worten : anzuneh-- men, dafs jener mächtige Einflufs, welchen der Brechweinstein in grofsen Gaben auf das splanch- nische Nervensystem ausübt, übertragen durch die sympathische Kette oder durch das Rücken- mark im Gehirn seinen Wiederhall findet, in Folge dessen hier die allerdings noch nicht tief in. die Vegetation dieses Organes eingedrungenen Störungen ausgeglichen werden können. Auch die vorübergehend palliative Wirkung der Brechmittel in der Manie und dem Wahnsinn wird auf diese Weise ihre Erklärung finden müssen. Die zweite Gruppe von Erscheinungen umfafst diejenigen, welche eine allmählige Lösung der Psychopathieen begleiten. Sie kommt bei der Manie, dem Wahnsinn und selbst bei der Melan- cholie vor. Hier verbinden sich gewöhnlich oder lösen sich ab die ekelmachende, die brechen- erregende und die eröffnende Wirkung des Brechweinsteins. Den entschiedenst günstigen Erfolg habe ich jedoch stets dann beobachtet, wenn nur die letztere Wirkung eintrat und der Tar£. stib. in ziemlich gesteigerten Gaben gereicht werden konnte, ohne weder Uebelkeit noch Er- brechen zu bewirken. Ich halte daher die sogenannte Ekelkur für eine unangenehme und über- flüfsige, wenn auch oft unvermeidliche Zugabe zur Anwendung des Tart. stib. Des letztern Nutzen aber bei der Anwendung in gebrochner Gabe scheint auf einer sehr combinirten Wirkung zu beruhen : theils auf der direct chemischen, nämlich jener die Säfte verflüfsigenden und den Stoffwechsel begünstigenden; theils auf der Nerven ineitirenden, welche den Motus peristaltieus und die Abdominalcirculation fördert; theils endlich auf der antagonistischen, welche die Vi- talitätsalteration der splanchnischen Nerven auf das Gehirn überträgt. Wahrscheinlich wird jede dieser Wirkungen durch die andere unterstützt und je mehr sie in einander greifen können, desto schneller die Genesung herbeigeführt werden und vermuthlich gründet sich auf dieser vereinigten dreifachen Wirkung der Ruf, den sich der Brechweinstein in der Therapie der Psy- chopathieen erworben hat. Prof. Schröder von der Kolk reihte hieran die Mittheilung seiner Erfahrungen. über die Wir- kung des Brechweinsteins in der Behandlung des Irreseins. Der Tartarus emeticus. wirke auflö- send und deprimirend. Wo das Gefälssystem sehr aufgeregt sei, da müsse er in grofsen Gaben gegeben werden und zwar um so kräftiger, je höher die Wuth. Es trete aber nicht immer so- = = gleich nach seiner Anwendung Depression des Nervensystems ein, sondern er habe beobachtet, dafs in Fällen von Mania idiopathica mit grofsem furor bei einem Steigen bis zu 25 Gr. täglich in 3—4 Gaben oft erst nach drei Tagen Heilung und zwar ohne Erbrechen eingetreten sei. — In der Mania sympathica erwiesen sich dagegen die kleinen Gaben durchgängig vortrefliich. Grofse Gaben seien hier um so mehr contraindieirt, als nach Griesinger die bei Mania sympathica ge- wöhnlich vorhandene Plethora coli leicht in Entzündung des Colon hinübergeführt werden könne. Der Tart. emet. bewirke meist vermehrten Stuhlgang, was von Nutzen sei. Bei schwachen Subjec- ten aber, und wenn Durchfälle sich ausbildeten, dürfe er nur mit Vorsicht angewendet werden; länger fortgesetzte Anwendung erzeuge Furunceln, Kachexieen und hektisches Fieber. — Der Vortra- gende hält es ferner nicht für gleichgültig, in welcher Form man den Brechweinstein reicht‘, ob in Auflösung oder in Pulver. In Auflösung werde derselbe schneller in’s Blut aufgenommen, als in Pulverform; er gebe ihn ferner nie nüchtern, sondern stets erst nachdem die Kranken etwas gegessen; dadurch trete die Brechwirkung nicht so schnell ein und die deprimirende Wirkung herrsche vor, was bei chronischer Manie besonders erwünscht sei. Vorsicht rathe er aber, un- geachtet der deprimirenden Eigenschaft des Mittels in seiner Anwendung bei Meningitis cerebralis. — Der Redner knüpfte hieran ferner seine Ansichten über einige anderen Brechmittel, die Ipecacuanha und das Cuprum sulphuricum. Erstere habe keine so stark deprimirende Kraft, wie der Tart. emet., meist errege sie seiner Erfahrung nach keine Diarrhoe. Erst in steigender Gabe angewendet, rufe sie die früher von ihr gestillte Diarrhoe wieder hervor. In chronischen Fällen wirke sie übrigens nicht so gut wie der Turt. emet. — Das Cuprum sulphuricum zeichne sich durch seine adstringirende Kraft aus, verderbe die Säfte nicht, wirke nicht so’ nachtheilig auf den Körper, selbst lange fortgebraucht errege es keine Diarrhoen, keine Kachexie, es wirke ebenfalls deprimirend und lasse sich oft noch mit Vortheil nach Anwendung des Tart. emet. und der Ipecacuanha geben und bringe mitunter die Efslust, die nach ersterem verloren ge- gangen wieder zurück. Man müsse es indefs immer in Pillen mit succus Ligwiritiae geben von Y/, gr. pr. dos. steigend, in anderer Form werde es von den Irren verweigert. Es sei nicht so nachtheilig wie man glaube und man könne selbst grofse Gaben anwenden. Er habe es in mehren Fällen mit sehr günstigem Erfolg angewendet, unter andern in einem Falle von Pyromanie, die später in Manie und Nymphomanie überging. Anfangs wurden Tart emet. und andere Mittel ohne Erfolg gebraucht, zuletzt Cuprum sulphur. während 10 Tagen (vom 16.—25. Februar) 3 Mal täglich zu 12 Gr. Die Kranke wurde bald etwas ruhiger, dann immer mehr und zuletzt ganz und nun konnte sie nicht ein Mal mehr '/, Gr. ertragen. Die Heilung sei bis jetzt, nach %, Jah- ren, noch immer beständig geblieben. Sanitätsrath Ruer nahm aus diesen Vorträgen Veranlassung zu mehren Vorschlägen für phar- makodynamische Beobachtungen in der Irrenheilkunde. Zuvörderst bemerkte derselbe, es sei von Interesse, die in Frankreich als Preisaufgabe gestellte Frage, wie sich ein Zustand ohne alle Darreichung von Arzneien bei blofs animalischer oder blofs vegetabilischer Kost verhalte auch bei Irren zur Prüfung zu bringen. Sodann wurde auf den Vorschlag des letztgenannten Redners von der Versammlung gewünscht und beschlossen : a ER .'4. dafs verschiedene Irrenärzte sich vereinigen sollten, um über die Wirksamkeit von be= 2. stimmten Arzneimitteln bei Geistesstörungen planmälsige Versuche anzustellen; in der Art, dafs jedesmal wenigstens drei Aerzte zusammenträten' in der Wahl eines be- stimmten Arzneimittels, um mit demselben in den ihnen geeignet scheinenden Fällen Ver- suche anzustellen und dafs, nachdem sie jeder für sich zu bestimmten Resultaten über die Wirkungen, Indicationen und Cautelen seiner’ Anwendung gekommen sein würden, dieselben mit den zur Basis dienenden genauen Beobachtungen einem Arzte aus ihrer Mitte zur Ge- sammtredaction und Berichterstattung übergeben würden; . dafs dieser Bericht in der allgemeinen Zeitschrift für Psychiatrie, wenn Ihunlich spätestens in dem zweiten Hefte des betreffenden Jahrgangs, veröffentlicht werde, damit derselbe beider nächsten Versammlung des Vereins der deutschen Naturforscher und Aerzte Veranlassung zu weiteren Besprechungen geben könne; A, dafs zunächst zu solchen Versuchen gewählt würden : 5 a. Tartarus stibiatus und Sulphas Cupri im Vergleich zu einander; b. Digitalis purpurea und Digitalin ; ce. Opium und seine Präparate; d. Camphor ; , und dafs sich einstweilen vereinigen sollten : zu a. die Herren Schröder van der Kolk in Utrecht, Flemming in Sachsenberg, Zeller im Wienenthal; zu b. die Herren Jacobi in Siegburg , Jefsen in Hornheim, Roller in Illenau; zu c. die Herren Bergmann in Hildesheim , Schneevogt in Amsterdam , Riedel in Prag; zu d. die Herren Damerow in Halle, Ruer in Marsberg, Amelung in Hofheim. dafs die von den genannten Herren hier nicht anwesenden, welche in. anderer als der vorgeschlagenen Weise sich bei diesen Versuchen zu betheiligen vorziehen würden , ihren desfallsigen Beschlufs der Redaction der allgemeinen Zeitschrift für Psychiatrie mittheilem möglen, damit diese einen Ersatzmann wähle; . dafs dieser Vorschlag in der vorliegenden Form nur als eine Grundlage für diese Unterneh- mung und das dabei einzuschlagende Verfahren betrachtet werden, und dafs die hier nicht genannten anwesenden und nicht anwesenden Collegen geneigen mögten, sich ebenfalls zu betheiligen und der Redaction der allgemeinen Zeitschrift für Psychiatrie seiner Zeit das Arz- neimittel, welches sie für ihre Versuche gewählt , und die Collegen , mit welchen sie sich dieserhalb in Verbindung gesetzt haben, namhaft machen möge, damit durch Bekanntına= = MW chung darüber eine gewisse Einheit und Ordnung der gemeinschaftlichen Bestrebungen er- zielt werden können. Die eben gepflogene Berathung brachte die in der vorigjährigen Versammlung in Kiel ge- stellte Aufgabe: Versuche mit Opium anzustellen, in Erinnerung und der Vorsitzende stellte die Frage, ob jemand desfallsige Mittheilungen zu machen habe. Hr. Dr. Droste aus Osnabrück sprach sich demnach zuerst über die vorzügliche Wirksamkeit des Opiums in der Präcordial-Angst aus. In kleinen Gaben fand er es aufregend und den Stuhl verstopfend. Erst als er zu 4 Gr. Morgens und Abends stieg, trat die beruhigende Wirkung ein und zugleich hörte die Verstopfung auf, Hr. Kreisphysikus Dr. Grimm aus Thedinghausen theilte ähnliche Erfahrungen über Opium mit. Er fand es angemessen, sogleich mit ziemlich grofsen Gaben zu’beginnen, aberin weitauseinander- gelegenen Zeiten, Morgens und Abends; dann gewöhne sich der Körper nicht wie bei allmählich- steigenden Gaben an das Mittel, sondern es behalte eine gleichmäfsige Wirksamkeit und es werde nicht nöthig, noch gröfsere Gaben zu nehmen. Er theilte sodann einan Fall mit von einer Frau, welche sechs Jahre lang Morgens und Abends 2'/, Gr. erhielt und ohne diese Gabe nicht beruhigt werden konnte; Minderung derselben oder Steigerung um '/, Gr. ertrug sie nicht. Auch bei einer inzwischen auftretenden Lungenentzündung durfte er das Mittel nicht aussetzen. Erst in der letzten beginnt sie sich davon zu entwöhnen und befindet sich wohl, Vom Vorsitzenden wurde hierauf ein Schreiben des Hrn. Dr,.Friedrich Engelken aus Oberneu- land bei Bremen, in dessen Familie das Opium lange Zeit Geheimmiltel war, verlesen wie folgt; Ich kann es nur bedauern, den interessanten Verhandlungen der Section für Psychiatrie nicht ferner beiwohnen zu können, da ich schon heute Abend von hier wieder abzureisen mich ge- nöthigt sehe. Gern hätte ich über ein oder den andern Gegenstand, namentlich in praktischer Beziehung, auch meine Ansichten mündlich mitgetheilt, wozu der sehr gehaltvolle Vortrag des Hrn. Geheimeraths Flemming sofort einen Anknüpfungspunkt geboten hätte. Da mir nun dieses leider nicht vergönnt ist, und ich in Erfahrung bringe, dafs Sie in morgender Section die Dis- eussion gelegentlich auf das Opium zu bringen beabsichtigen, so erlaube ich mir, freilich nur in aphoristischer Kürze, wie die Zeit und Umstände es heute nicht anders gestatten, Ihnen darüber einige Mittheilungen aus meiner Erfahrung vorzulegen. Das Opium wurde, wie Ihnen bekannt sein wird, bei Gelegenheit der Versammlung der Na- turforscher und Aerzte zu Bremen so sehr empfohlen und zwar in grofsen Gaben von 3 bis 16 Gran, dafs man es fast für ein Universalmittel hätte ansehen können. Jedoch wurden keine weitere Indicationen dafür angegeben, denn die Begriffsbestimmungen ,„Manie und Melancholie“ kann man doch nicht als solche unbedingt gelten lassen. Gegen ein rein empirisches Verfahren wie diesos, mufs ich mich unbedingt erklären; gleichwohl halte ich das Opium, wie ich auch in meinen Beiträgen zur Seelenheilkunde ausgesprochen habe, für eins der vorzüglichsten Heilmittel in psychischen Krankheiten. Seit 18 Jahren, während welcher Zeit ich in einer grofsen Anzahl ‚von Fällen aufserhalb' und: innerhalb der‘ Anstalt das Opium in Gebrauch gezogen habe, sah ich davon die überraschendsten Erfolge und kann mich in Betreff der Anwendbarkeit dieses Mittels zugleich auch noch auf die dreifsigjährige Erfahrung 12 a meines Vaters und Vorgängers in der Anstalt berufen. Im Allgemeinen ist dem Opium die reiz- bare, nervöse Constitution günstig und es ist vorzugsweise angezeigt, wo ein gröfserer oder ge- ringerer Erethismus der Nerven vorhanden, das Uebel also nicht dynamischer Natur ist, und sich in psychischer Beziehung durch vorwiegende Exaltation ausspricht. Es ist mit Gaben von 1 bis 2 Gran zu beginnen und allmählig damit zu steigen. In den allermeisten Fällen erreicht man mit 3 bis AGran pro dosi, Morgens und Abends zu reichen, seinen Zweck, und die Fälle, wo man höher zu steigen hat, kommen schon seltener vor. Der erste dann eintretende Schlaf bildet, wie beim Delirium tremens, zu Zeiten eine förmliche Art von Krisis. Man nimmt gleich hinterher eine Besserung wahr, die dann von Tag zu Tage weiter fortschreitet. Eigenthümlich ist dabei, dafs die Aufregung, die das fragliche Mittel Anfangs hervorzubringen pflegt, sich sehr bald ganz verliert und auch regelmäfsige Sedes beim weitern Fortgebrauch zu erfolgen pflegen. Bei einer gleichmäfsigen nur geringen Vermehrung der Gefäfsthätigkeit pflegte ich mit- unter dem Opinm das Acetum digitalis hinzuzufügen und dann damit zu steigen, bis Ekel und auch wohl Erbrechen erfolgte, was per antagonismum jedesmal eine ganz entschiedene Ablei- tung vom Gehirn zur Folge hat. Ganz vorzüglich, ja, ich möchte fast sagen, spezifisch wirkt aber das Opium in einem Zu- stande, den ich als Melancholia hypochondriaca bezeichnet habe, derselbe, welchen Herr @. R. Flemming gesters so trefflich als Präcordial-Angst göschildert hat. Vollkommen unterschreibe ich das, was er über primäres und seeundäres Entstehen dieses Uebels mitgetheilt, glaube aber auch mit Herrn Professor Schröder van der Kolk die Erfahrung gemacht zu haben, dafs häufig auch die Plexus des Sympathicus im Unterleibe in Anklagestand zu versetzen seien. Das erste Stadium der Präcordial-Angst wird sehr häufig noch aufserhalb der Anstalt Gegen- stand der Behandlung und kömmt in der allgemeinen Praxis nicht selten vor. Am häufigsten entsteht sie nach heftigen Gemüthsbewegungen, als : Kummer, Verdrufs, Aerger, Schrecken, Furcht u. s. w. Ist das derartige Uebelbefinden neu, so kann man in kürzester Zeit gewöhnlich Abhülfe schaffen. Aber auch bei veralteten Zuständen dieser Kategorie erreicht man durch fort- gesetzten Gebrauch des Opiums seinen Zweck. — Die Gabe ist hier 1 bis 2 Gran; schafft diese keine Hülfe, so thut es eine gröfsere meistentheils eben so wenig. Dafs Opium bei dieser Präcordial-Angst und Melancholia hypochondriaca gewöhnlich so treff- lich wirkt, kann man mit als einen Beweis für die meistens nervöse Natur des Uebels ansehen. Wenn nun die Aerzte in der allgemeinen Praxis Versuche mit dem Opium in der fraglichen, Krankheitsform machen wollen, so lebe ich der festen Ueberzeugung, dafs sie sich damit manch- mal bei ihren Kranken nicht nur augenblicklichen grofsen Dank verdienen, sondern in manchen Fällen auch verhüten werden, dafs die Präcordial-Angst weiter in Melancholie, Selbstmord oder auch Manie übergehe,. — Beiläufg bemerke ich nur noch, dafs bei der Präcordial-Angst die Magnet-Elektrizität eine treffliche Beihülfe gewährt, Schon längst steht bei mir die Ueberzeugung fest, dafs das Opium in kleinen Gaben weder in seiner Erst- noch in seiner Nachwirkung zu den Narkotieis zu zählen sei; es vermehrk offenbar nachhaltig das Wirkungsvermögen im Nervensystem. — Mi Schults-Schultzenstein stellt in seiner neuen sehr beachtenswerthen Pharmakologie das Opium mit Wein und Aether in einer Kategorie. Erst in grölseren Gaben, sagt er, schlägt esiin Biolyse (Lebensanflösung) um. — Hierauf fufsend habe ich denn auch schon seit längeren Jahren beim Veitstanz das Opium mit bestem Erfolge angewandt, und sind mir im vorigen Jahre vier Fälle von dieser Krankheit bei Kindern von geringen Landleuten vorgekommen, von’ denen drei mit entschieden wahrnehmbarer Geistesabweichung und Verwirrung verbunden waren. Diese Com= plieation‘ tritt dann sehr leicht ein, wenn die Krankheit nicht sogleich einer ordentlichen Be- handlung unterworfen wird. Der erste Fall betraf ein Mädchen von 14 Jahren. Das Uebel war 10 Wochen alt und bereits von drei Aerzten behandelt worden, und der letzte hatte den Eltern sagen lassen, nachdem das Kind die letzte Arznei (Ag. Laurocerasi) verbraucht, möchten sie nur das Mediziniren aufgeben, es würde doch nicht durchkommen. Ich fand das Kind höchst blafs und elend aussehend; Kör- per sehr abgezehrt, es konnte weder sitzen noch gehen, sondern mufste immer liegen, Die Hände konnte es gar nicht gebrauchen und mufste deshalb gefüttert werden, es war nicht im Stande sich allein umzudrehen. Stellte man Fragen, so schien es dieselben zu verstehen, konnte aber nicht antworten, sondern babbelte ganz unverständiges Zeug durcheinander, dabei ärger- lich, verdriefslich, zornmüthig und überhaupt in Mienen, Gesten und Gebärden zeigte es sich durchaus unverständig.— Ich verordnete Op. pur Gr. '/,, rad. Valerian. Gr. 8, flor. Zinci Gr. 2 Morgens und Abends zu reichen. Nach acht Tagen wurde mir berichtet, dafs sich eine ganz geringe Besserung zeige. Opium p. d. ‘/, Gran erhöht. Nach drei Wochen wahrnehmbarer Bes- serung mit Opium wieder um '/, Gran gestiegen. Nach fünf Wochen konnte das Kind wieder etwas gehen und sprechen. Mit 1 Gran Opium etc. fortgefahren. Nach acht Wochen im Wesent- lichen genesen, mit der Arznei ausgesetzt. Das Mädchen ist bis jetzt blühend und gesund. Der zweite Fall betraf ein Kind von 10 Jahren. Dasselbe hatte heftige Zahnschmerzen ge- habt, und als man versucht hatte, ihm den Zahn auszuziehen, war die Reizung auf’s Rücken- mark übersprungen, es entstand Veitstanz. Das Gehirn nahm so entschieden Antheil, dafs sich das Kind als ganz geistesverwirrt gerirte. Die Heilung erfolgte vollständig mit Y, bis /; Gran Opium in drei Wochen. Der dritte Fall betraf einen Knaben von 10'/, Jahren, Bei ihm war auch bereits eine gewisse Schwäche eingetreten und zeigte sich bei ihm neben einer geringen Geistesverwirrung auch das eingenthümliche Symptom des anhaltenden Jammerns und Weinens ohne Thränen, ohne dafs es möglich war, ihn zum Aufhören zu bringen. In diesem Falle dauerte die Cur fünf Wochen. Der Knabe ist jetzt vollkommen gesund. - Diesen Fällen könnte ich aus früherer Erfahrung noch andere hinzufügen, inzwischen ei die angeführten genügen, um die Aufmerksamkeit auf ein treffliches Heilmittel bei dieser Krank- heitsform hinzulenken. — Ich habe das Mittel mit einer fast ängstlichen Vorsicht geprüft, sowohl bei Gesunden wie bei Kranken, und erinnere mich in Wahrheit keines Falles, weder beim Irrsein noch beim Veitstanz mit oder ohne Geistesverwirrung, wo es direct geschadet hätte, Am besten wirkt es allerdings in neuen, wenigstens nicht ganz veralteten Fällen. Gleich ‚mit grofsen Gaben von etwa drei Gran zu beginnen und dann rasch hinaufzusteigen, halte ich im’ Allgemeinen für sehr gefährlich, wiewohl man dadurch mitunter wenigstens etwas schneller zum Ziele gelangt. Tritt aber bald nach eingeleiteter Behandlung Apoplexie ein, wie dies ja sogar zufällig sich ereignen könnte; so kann man wenigstens nicht mit Bestimmtheit behaupten, dafs das Opium durchaus keine Schuld daran sei. Nur bei entschiedener Hyperaesthesis psychica et nervosa mit geringer 'Theilnahme des Gefälssystems wäre es gestattet gleich mit gröfseren Gaben zu be- ginnen. Herr Sanitätsrath Dr. Lamby aus Iburg bemerkt schliefslich noch, dafs auch er Opium zu 7 Gran täglich zwei Mal gegeben, ohne dafs Verstopfung entstanden sei, wohl aber habe er bei A Gran Erbrechen und Durchfall gesehen. Herr Dr. Schnell aus Eberbach machte nun auf eine Form von Manie aufmerksam, die sich in der Pubertätsentwickelung zeige und das Eigenthümliche habe, dafs unwillkührliche Bewe- gungen wie beim Veitstanze dabei Statt fänden. Er beobachtete sie bei zwei Knaben von 12--15 Jahren und hielt den Zustand für eine Verbindung von Spinalirritation mit Manie. Einen dritten Fall sah er in der Klinik von Roller. Sanitätsrath Ruer macht darauf aufmerksam, dafs zwar die Verbindung von Veitstanz mit Irre- sein nicht selten sei, dafs man aber zwischen Manie und Ideenflucht wohl unterscheiden müsse, Die Manie sei keineswegs häufig, während Aufregung und Ideenflucht oft beobachtet und wohl auch mit Manie verwechselt würden. Dr. Schnell hält seine Fälle dennoch für wirkliche Manieen; die Behandlung habe in lauwar- men Bädern mit strenger Diät bestanden. Auch Geheimrath Flemming bemerkt, dafs er, dergleichen Zustände bei Mädchen beobachtet und dafs sie in remittirenden Anfällen aufgetreten seien. Sanitätsrath Ruer erwidert, dafs er bei einem solchen Veitstanz in den Entwickelungsperioden meistens mit anthelminthischen Mitteln ausgekommen. Geheimrath Flemming sprach hierauf über hydriatrische Versuche in der psychiatrischen Praxis. Er setzte von vorn herein grofse Hoffnungen in die Anwendung der Hydriatrik bei Irren, wurde indefs durch die ersten Versuche etwas entmuthigt, bis er die Heilung einer Manie durch kalte Uebergiefsungen beobachtete. Er wandte die Methode sowohl in Zuständen mit Exaltation wie mit Depression an. In einemFalle von Exaltation gelang ihm die Heilung, nachdem alle anderen Mittel erfolglos geblieben waren. Ebenso erwies sich das Mittel günstig in einem Falle von De- pression, wo. Präcordial-Angst, Congestion nach dem Herzen und Schlaflosigkeit vorhenden wa- ren. Nervina und die gegen die heftige Präcordial-Angst angewendete Digitalis bekamen schlecht, bis zuletzt die mit Rücksicht auf die trockene lederne Haut versuchten Einwickelungen in Kalt- wassertücher den günstigsten Erfolg herbeiführten *) Sanitätsrath Ruer knüpft hieran eine Hinweisung auf die von Türk und Briere de Boismont empfohempfohlene Anwendung des warmen Wassers, namentlich in Form von Bädern zu 28°R., #) Auch Herr Dr. Engelken rühmte am Schlusse der früher erwähnten brieflichen Mittheilung den ausgezeichne- ten Erfolg der Einwickelung in nasse Leintücher und der Anwendung des kalten Wassers bei Irren. => MB = worin der ‘Kranke 15 Stunden (nach Türk Tage lang) bleibt, verbunden mit Irrigationen' von kaltem Wasser. Es habe sich diese Anwendungsweise bei Manie, besonders bei acuter, ferner bei Delirium tremens und bei Puerperalmanie sehr hülfreich erwiesen. Herr Dr, Richarz endlich sah ebenfalls vollständige Heilung nach Anwendung der vollen Kalt- wassercur bei-einem Mädchen , welches an Depression mit Menostasie litt, Er glaubt, dafs die volle Cur nicht bei Exaltation angewendet werden dürfe, für welchen Zustand das laue Wasser vortheilhafter sei. Zum Vorsitzenden für die nächste Sitzung wurde Herr Dr. Hahn aus Aachen gewählt. 6. SITZUNG. Freitag , den 24. September. Vorsitzender : Herr Dr. Hahn. Der Vorsitzende eröffnete die Verhandlungen mit der Verlesung eines Briefes des Herrn Dr. Schneevogt, worin derselbe bedauert, einen Vortrag über das Irrenwesen in Holland wegen nothwendiger Abreise nicht zu halten können, jedoch verspricht, diesen Vortrag in der allge- meinen psychiatrischen Zeitschrift nachzuliefern. Hierauf hielt Herr Dr. Focke, erster Assistenzarzt an der Irrenheil-Anstalt in Siegburg nach- stehenden Vortrag über typisches Irreseyn, Psychosis typica. Meine Herren! Erlauben Sie mir, Ihre Aufmerksamkeit auf eine Classe von Irreseinsfällen zu lenken, deren Entstehen dem Wechselfiebermiasma zuzuschreiben , deren Verlauf in genau typischer , und deren Heilmittel im Chinin oder verwandten Mitteln zu finden ist. Schon Sydenham macht auf das Wechselfieber als ursächliches Moment des Irreseins im All- gemeinen aufmerksam. Andere, wie Sebastian in Hufel. Journal, wie Baillarger in den An. med. psych. sprechen von dieser Ursache, ohne jedoch der typischen Form zu gedenken, die einzelne dieser Fälle zu einer besonderen Gruppe vereinigt. Guislain erörtert vielseitig den intermittirenden Charakter, indem er die Verwandtschaft des Irreseins mit den übrigen Neurosen abhandelt. Wie er vom Chinin in diesen Fällen nur behaup- tet, dafs es bei dem intermittirenden Irresein den typischen Charakter nehme und die Krankheits- form in ihrer Reinheit hervortreten lasse; so führt er auch das Intermittensmiasma nicht als als Ursache auf. In der Heilanstalt Schlesiens wurde mir das Chinin als wirksames Mittel ge- rühmt in Manie, in welcher Form es auch von Guislain und Anderen empfohlen worden. Doch waren damit nicht intermittirende Fälle gemeint, Griesinger spricht in seinem Handbuche vom Intermittensmiasma als Quelle des Irreseins, so wie von den Wechselbeziehungen zwischen Intermittens und Irresein am ausführlichsten, und er unterscheidet mit Reeht drei Reihen, deren letzte die Fälle von Irresein umfafst, welche nach lang andauerndem Wechselfieber als Nachkrankheit auftreten. Nur diese sind es, von denen Sydenham, Baillarger, Sebastian u. A. m sprechen. Als selten bezeichnet Griesinger die Fälle, wo in Wechselfiebergegenden das Irresein sogleich oder bei bestehender Intermittens durch Umsprung der Neurose als larvirte Intermittens eintritt. Diese letzteren Formen der psychischen Neurose, von denen die psychiatrische Literatur nur sehr vereinzelte Beobachtungen aufweist, wie ich deren eine von Meyer in Friedreich’s allge- meiner Pathologie der psychischen Krankheiten mitgetheilt gefunden, sind aber so selten nicht. Wenigstens war mir mehrfach in der Siegburger Heilanstalt Gelegenheit geboten, dahin gehörige Fälle zu sehen, die bei aller sonstigen Verschiedenheit den gemeinsamen Character der u chischen Intermittens-Neurose trugen. Es sei mir erlaubt, drei dieser Fälle, so wie einen von Dr. Nockher in Siegburg in seiner Privatpraxis beobachteten hier kurz zu skizziren. Ueber den letzteren, der in der med. Zeitung v. d. Ver. f. H. in Pr. kurz veröffentlicht worden, verdanke ich meinem Kollegen Nockher noch ausführlichere Notizen. Erster Fall. Ein kräftiger Bauer, 30 Jahre alt, der nie an Intermittens gelitten, aber wohn- haft in einem der vielen Fieberheerde der Umgegend Siegburgs, ward plötzlich von Tobsucht befallen, hielt sich für Christus und die ihm Nahenden für Hexen, mifshandelte seinen Herrn w s. w. Der Kopf war heifs, die Augen geröthet, wild rollend, die Zunge weils, das Epigastrium aufgetrieben, der Puls etwas beschleunigt, nicht fiebernd, die Füfse kalt. Auf Eisumschläge, Schröpfköpfe in den Nacken, Blutegel an die Schläfe, Sinapismen an die Extremitäten und Tart. stib. innerlich trat in der Nacht Ruhe ein und der Patient erschien in den nächsten zwei Tagen geistesgesund. Ein inzwischen gereichtes Emeticum wirkte gehörig. Am vierten Tage wiederholte sich genau um dieselbe Tageszeit die frühere Scene, und Dr. Nockher, durch vielfältige Beobach- tungen larvirter Intermittenr-Neurosen darauf hingeleitet, vermuthete alsbald eine solche. Es ward noch ein Abführungsmittel gereicht, dann Salmiak mit Brechweinstein und Extr. trif. fibr. gegeben. Im Quartantypus zeigte sich wiederum ein dritter Unfall, aber gelinder, von kürzerer Dauer und mit nachfolgendem Schweifs, worauf durch Chinin die Neurose beseitigt ward. Trotz noch längeren Fortgebrauchs der China trat doch nach fünf Wochen ein Rückfall dieses typi= schen Irreseins ein, der aber, wie ein späterer, endlich dauernd durch China und Chinin ver= scheucht wurde. i Zweiter Fall. Ein Schiffer, 50 Jahre alt, hager und von abdomineller Hautfarbe, hatte 1821 einen Typhus, später sechs Mal Febris intermittens überstanden und war '/, Jahr vor Ausbruch des Irreseins, weil er sich im Rhein festgefahren, aus seinem Dienste als Steuermann von dem Herrn, dem er 24 Jahre gedient, entlassen worden, was ihn tief betrübte, Im Mai 1847 ward er-wiederum von einer Tertiana befallen, statt deren drittem Paroxismus Tobsucht eintrat. Patient hatte kurz vorher geäufsert, dafs es ihm im Kopfe nicht richtig sei. Er lief nun umher, war Papst, wollte kaufen und verschenken, demolirte Fenster und 'Thüren und zuletzt einen Brun- nen in der Absicht, an dessen Stelle einen goldenen zu setzen. Man fesselte ihn mit Ketten. Tags darauf aber war er ruhig und vernünftig. Am dritten Tage begann die Tobsucht aufs Neue u. s. f. im Tertian-Typus. Im Anfalle klagte er Ohrehsausen, wie von tausend Mühlen: Die Paroxismen schwanden von selbst, noch ehe Patient in die Anstalt kam. Hier zeigte er Verdauungsbeschwerden, grofse Schwäche, geistig und körperlich, so wie eine nicht unbedeu- —- %- tende Milzanschoppung. Unter Fleischdiät, Kalmusaufgufs mit Salzsäure, später Chinin und China mit Wein wurden diese Erscheinungen in Kurzem beseitigt. Dritter Fall, Eine 37 Jahre alte Schiflersfrau, Virago,‘von sehr kräftiger Musculatur, schwar- zem Haar, braunem Auge, dunkler Hautfarbe, die an nichts mehr Freude fand, als an fleifsiger Arbeit auf dem Schiffe, das sie nur mit ihrem Manne verliefs, kam auf eigenen Wunsch im Mai 1847 in die Anstalt. Sie halte in zwanzigjähriger Ehe nur einmal, aber sehr schwer gebo- ren, und war im Frühjahr und Herbst 1844 angeblich nach psychischen Anlässen von Intermit- tens befallen, jedesmal aber bald durch Emetiea, Laxantia und späteren Chinagebrauch hergestellt worden. Im Januar 1847 wurde sie nach einem heftigen Zank mit ihrer Schwiegermutter sehr aufgeregt und tanzte und vagirte wie närrisch auf dem Verdeck und in der Schiffsküche umher, ein Zustand, dem mifsmuthige Stimmung mit grofser Reizbarkeit folgte. Als nach einigen Wochen die beiden Frauen wieder zusammenireffen und wie unbekannt an einander vorüber gehen, ver- anlafste dies eine neue hefligere Aufregung, welche dauernd ein melancholisches, unbehagliches Gefühl zur Folge hatte, wegen dessen man ärztliche Hülfe zu suchen sich beeilte. Während nun V. S. und Laxantia angewendet wurden, verschlimmerte sich der Zustand immer mehr und seit Anfang März trat jede Nacht gegen 1 Uhr ein Paroxysmus unüberwindlicher Schwermuth mit Todesangst und Hang zum Selbstmorde ein. Von 9—1 Uhr schlief die Frau und erwachte sodann unter quälender Angst und mit einer Art Aura, die sich von der Spitze des linken Fufses schnell nach oben fortpflanzte. Alsbald folgte Herzklopfen und ein fürchterliches Gefühl des Un- glücks. Im Bette war es ihr unerträglich; sie sprang auf und mufste auf alle Weise gehütet werden. Später, bei Tage, nahm diese melancholische Aufregung allmählig ab, während das Gesicht noch roth, der Kopf eingenommen und in den Schläfen schmerzend blieb. Nach Tisch folgte zuweilen noch eine leise Steigerung und gegen Abend fühlte sich die Kranke vollkommen frei. Es blieb dann nur die vernünftig ausgesprochene Furcht vor der Rückkehr des Uebels. Patientin suchte bei mehreren namhaften Aerzten Hülfe, brauchte die Homburger Quelle, wurde wiederholt venäseeirt und magerte bedeutend ab —alles vergebens. So kam sie nun nach Sieg- burg, mit der Versicherung, sie werde sich jeder, auch der strengsten Cur unterziehen. Hier veränderte sich das Krankheitsbild zuerst gar nicht, während Patientin einige Wochen hindureh beobachtet wurde. Es schien zuweilen, als wenn das Leiden den Tertiantypus anneh- men wolle; dann aber wiederholten sich die Unfälle nächtlich in der beschriebenen Weise. Das Gewicht war noch im Abnehinen. Einige der obern Brustwirbel zeigten Schmerz beim Druck ; die Leber war nicht, wohl aber die Milz etwas vergröfsert, herabgetreten und beim Druck schmerzhaft. Neigung zu Verstopfungen. Das Leiden ward bezogen auf jene psychische Aufre- gung als ursächliches Moment, das in dem zu typischem Erkranken prädisponirten Nervensystem die intermittirende Melancholie, eine Quotidiana, hervorgerufen. Aufser geregelter Diät wurden kalte Regenbäder angeordnet, Chinin in gröfseren Dosen (vier Mal täglich zu Gran 3) gereicht, und ein Setaceum in die Milzgegend gesetzt. Sehr bald, nach etwa vierzehn Tagen, trat auffallende Besserung ein, die Anfälle kamen später, der Sehlaf verlängerte sich, Patientin wurde Morgens munterer und pries sich glücklich, so bald hergestellt worden zu sein. Nachdem sie acht Tage frei gewesen, ward zur Zeit der Menses das Chinin ausgesetzt. Alsbald kehrte die Melancholie — GT zurück, wenn auch minder ‚heftig. Das Mittel zeigte aufs Neue seine Wirksamkeit, aber — plötzlich entsprang die Kranke, und war von dem ihr nachgeschickten Oberwärter und dessen’ Begleitern nicht zur Rückkehr zu vermögen, behauptend, dafs sie nun das schützende Mittel besitze (sie hatte sich die Signatur, wie später die Wärterin, die die Arzneien reicht berich- tete, copirt) und sich jetzt so weit hergestellt fühle, dafs sie ihrer Pflicht, dem Manne bei sei- nem Geschäft behülflich zu sein, wieder nachkommen könne und müsse. Da die Wärter Gewalt brauchen wollten, wurde die Frau von den Hausbewohnern geschützt und jene kehrten, um der‘ Schmach einer Niederlage zu entgehen, in die Anstalt zurück. Da auch der Mann seine Frau nicht wieder herausgegeben wollte, ward sie in unseren Listen unter die vor beendigter Cur Zu- rückgenommenen gesetzt. Sie ist aber, nachdem sie die Pulver fortgebraucht, gänzlich herge- stellt, fährt wieder fleifsig Rhein auf und ab und sandte vor Kurzem Grüfse mit dem Bemerken, dafs sie der Anstalt höchst dankbar sei und uns nächstens einmal besuchen werde. Vierter Fall. Ein gebildeter Landwirth, 34 Jahre alt, aus einer durch häufige und schlimme Formen von Intermittens sich auszeichnenden Gegend, nahe der holländischen Grenze, hatte in der Kindheit ein Fieber (angeblich Nervenfieber) überstanden und war mit 24 Jahren durch die Pechhaube von einem alten Kopfausschlag geheilt worden. Vier Jahre nachher bildete sich" Hy- drocele, die später mit Erfolg operirt wurde. Mit 21 Jahre litt Patient an einer heftigen Ter- tiana,| die, nach kurzer Zeit vertrieben, dasJahr darauf in geringerem Grade wiederkehrte. Ob und wie man diese. Tertiana, den darauf folgenden Kopfausschlag und die spätere Hydro- cele in Causalzusammenhang bringen will, wird der Theorie eines Jeden zu überlassen sein. Wichtig aber für den gegenwärtigen Zweck ist, dafs von der Zeit jenes Wechselfiebers an sich zuweilen melancholische Zustände einfanden, die Patient Anfangs 'einem nicht ganz glücklichea Liebesverhältnifs zuzuschreiben geneigt war. Es wurden aber diese Zustände von Melancholie immer heftiger, und nahmen, nachdem Patient sich mit 30 Jahren verheirathet, so zu, dafs. es auch Andern auffiel. Auch schob sich jetzt in die Zwischenräume eine früher nie vorhandene Unruhe und Lust an tollen Streichen aller Art ein, welche zu vielen Mifshelligkeiten in der Fa- milie Veranlassung gaben. Beide Pcrioden, die der Niedergeschlagenheit und der Aufgeregtheit grenzten sich immer schärfer ab, beide Zustände wurden immer intensiver und es fielen zuletzt während der Exaltationen Handlungen vor, die endlich die Verwandten überzeugten, dafs sie es mit einer Gemüthskrankheit zu thun hatten. Dennoch wäre vielleicht die Versetzung in eine Anstalt trotz der langjährigen Dauer des Leidens aufgeschoben worden, hätten nicht die wäh- rend der Aufregung vorgenommenen unbesonnenen Käufe und Verkäufe, das Vermögen des Patienten wie seiner Familie bedrohend, die Interdiction -wünschenswerth erscheinen: lassen. Da der vorliegende Fall als „zweifelhafter Gemüthszustand“ später ein motivirtes Gutachten nöthig machte, das ich bei Gelegenheit in der psychiatrischen Zeitschrift mittheilen zu können hoffe, so übergehe ich die Details mit der Bemerkung, dafs die intellectuelle Sphäre sich fortwährend nur wenig getrübt zeigte, dafs der Kranke im einen wie im andern Zustande für Laien nicht als Irrer erschien, dafs manche Psychiater von einer mit Melancholie abwechselnden Manie rai- sonnante würden gesprochen haben, dafs aber der Kranke in der Melancholie seinen aufgereg- ten Zustand als den kranken bezeichnete und umgekehrt. = = Das Bild der beiden Zustände, vor wie nach der im Juli 1846 erfolgten Aufnahme in die Anstalt, war in Kurzem Folgendes : Während der Melancholie zeigt Patient gehörige, selbst starke Efslust; die Zunge ist dick belegt, der Geruch aus dem Munde sehr übel, der Unterleib stark gespannt, der Stuhl träge, der Puls ruhig, der Kopf oft eingenommen, die Hände etwas zitternd, der Schlaf gut. Neigung zum Schlafe auch bei Tage, weshalb Patient zu Hause diese Periode fast ununterbrochen im Bette zubrachte. Keine oder geringe Lust zum Rauchen. Patient spricht wenig, ist traurig über das, was er in der Aufregung begangen, unterwirft sich allen Vorschriften mit Folgsamkeit, äufsert keine Bitten oder Beschwerden. ü Plötzlich ändert sich die Scene, nachdem der geschilderte Zustand 8—12 Tage gedauert. Nach einer unruhigen Nacht steht Patient als ein anderer Mensch auf. Der Appetit bleibt stark, aber die Zunge reinigt sich und wird oft zitternd vorgestreckt. Der üble Geruch aus dem Munde ist fast verschwunden, der Unterleib weniger aufgetrieben und die Stühle erfolgen häufiger (früher andertägig, jetzt zwei, drei Mal täglich und öfter) und sie sihd reichlicher und breiiger, der Puls wird frequenter, der Kopf frei. Die Hände zittern stark. Volles Wohlgefühl tritt ein und eine nicht zu befriedigende Lust zum Rauchen. Patient widersirebt den ärztlichen Vorschriften und hat immer neue Verlangen. Statt zu schlafen, setzt er sein Räson- niren auch Nachts fort, und seine Schlafgenossen zu stören hustet und spuckt er rücksichtslos um sich. Die Speichelsecretion zeigt sich dann überhaupt vermehrt. Zuweilen ist es möglich, den Patienten zu besänftigen, die Arbeit wird dann mit Fleifs und Anstrengung verrichtet. Plötz- lich aber läfst er sie liegen, räsonnirt, macht Fluchtversuche, Späfse, lustiger wie ernster und feuergefährlicher Art. Noch ist eine grofse Neigung zu Spirituosis, zu kleinen Diebstählen u. dgl. m. während dieser Aufregung bemerkenswerth. Auch diese Periode der Manie dauert 8-12 Tage. Beide Perioden verkürzten sich zuweilen bis auf sieben, verlängerten sich bis auf vierzehn Tage. Ueber und unter diese Termine aber ging deren Dauer nie hinaus. Es zeigt sich meist am dritten oder vierten Tage die grölste In- tensität, dennoch aber ist der Uebergang aus einem Zustande in den andern stets ein plötzlicher, meist während der Nacht erfolgend. Die körperliche Untersuchung ergab aufser den mitgetheilten Erscheinungen eine nicht unbe- deutende Lebervergröfserung. Karlsbader Wasser, Heppinger Wasser mit Bittersalz, verschiedene Bäder brachten keine Ver- änderung hervor. Nach einigen Monaten wurden abführende Salze, verbunden mit bitteren Ex- tracten gereicht, wiederum ohne Erfolg. Eben so wenig wirkte später ein Haarseil und eine, freilich nicht streng durchführbare, Hungercur. Die Wassereur schien einigen, doch nur vor- übergehenden Einflufs zu üben, indem die Perioden etwas länger und weniger intensiv wurden, Nach mehrmonatlicher Anwendung derselben ward auch sie verlassen; der Patient befand sich in seinem früheren Zustande, nur war er etwas magerer geworden, nachdem er vorher auffal- lend an Gewicht zugenommen. — Mit Berücksichtigung der typischen Form des Irreseins ward nun zur Solut. arsen. Fowleri in der üblichen Dosis geschritten und diese allmählig etwas ge- steigert. Die nachtheiligen Folgen dieses Mittels auf die Verdauungsorgane nöthigten uns bald, 13 = de damit einzuhalten. Es war jedoch psychisch merkliche Besserung eingetreten, die unter dem Gebrauche des Chinins, erst zu Gr. 2, dann zu Gr. 4 viermal täglich stetig zunalm,- Besonders ist die Melancholie viel weniger ausgeprägt als sonst und auch während der Exaltation kann man den Kranken in der Abtheilung der Ruhigen verweilen lassen. Das Jahre alte Leiden läfst keine schnelle, aber doch eine allmählige Rückkehr zur vollen Genesung hoffen. Während in den. zuerst aufgeführten drei Fällen, wie dies bei larvirter Intermittens gewöhn- lich, sich kein Analogon des Frost- und Hitze-Stadiums findet, ist dieser letztere dadurch inte- ressant, dafs ein solches sich hier der Betrachtung lebhaft aufdrängt. Es zeigte sich in der Me- lancholie Depression, in der Manie Aufregung in den Functionen fast sämmtlicher Nervensphä- ren. Der Typus erinnert an die in Deutschland freilich seltenen Formen von Febris intermittens quartana, welche, wie die mit noch gröfseren, zwei, vierwöchentlichen und längeren Intermis- sionen, in den Tropengegenden häufiger vorkommen sollen. Es ist aber dieser Fall, der nach Guislain als Manie melancolique zu bezeichnen sein würde, höchst interessant, wie für die Auffassung der Seelenstörungen als Neurosen überhaupt, so ins- besondere für die Abgränzung des typischen Irreseins als einer besondern Gruppe. Es dienen sich die vier Fälle in dieser Beziehung zu gegenseitiger Ergänzung und Bestätigung. Wenn es nun gerechtfertigt erscheint, ein solches Genus zu bilden, so knüpft sich daran die natürliche Frage, ob nicht überhaupt wie für sämmtliche Neuropathien, so insbesondere für die, psychischen das Haupteintheilungsprinzip aus allgemeinen nosologisch-äthiologischen Grundsätzen entnommen werden müfste? So verfahrend wird man; die psychischen Krankheitszustände der übrigen Pathologie und was fast eben so wichtig den: Nicht-Irrenärzten näher bringen und we- sentlich dazu beitragen, dafs im Beginn dieser Krankheiten weniger Behandlungsfehbler vorfallen. Es liegt eine solche Theorie des Irreseins in den wissenschaftlichen Ansichten der meisten jetzigen Irrenärzte gewissermafsen vorgebildet. Warum sie noch nicht weiter ausgeführt worden, das erklärt sich vielleicht aus der Schwierigkeit des Unternehmens; denn gewifs bedarf es noch Sichtung des Materials, grofser Massen von scharfen Beobaehtungen, grofser Kämpfe für und wider die einzelnen Genera, bevor man dahin kommen wird, für alle Einzelfälle, die dem Ir- renarzt zugeführt werden im System den geeigneten Platz zu finden, Doch das ist das Loos aller Pathologie und auch der Psychopathologie und darf nicht abhalten von: der Betretung‘ der durch die Entwickelung der Psychiatrie vorgezeichneten Bahn. Die psychologischen. Charaktere können nicht in der bisherigen Weise als Hauptmomente: der Eintheilung: gelten. In den mitge- theilten vier Fällen z. B. sehen wir zwei Tobsuchtern, eine Melancholie und eine. Manie raison- nante mit Melancholie abwechselnd. Für die physio-pathologische Erfassung der Zustände ist hier offenbar das Wichtigste der typische Procefs. In ätiologischer und diagnotischer Beziehung bietet er die Anhaltspunkte und gestattet auch prognostisch einen: sicheren: Blick. Desgleichen erhält die Therapie bei solcher Gruppirung bestimmtere Indicationen. Aehnlich wie diese Gruppe verhält sich beispielsweise, die der Paralysies generales. Auch diese stellen sich, nach den bisherigen Systemen betrachtet, bald als Manie, bald als Melan- cholie, bald als Wahnsinn oder Wahnwitz: dar, und: doch: sind nicht; diese Formen, sondern das der gesammten Paralyse zu Grunde liegende Nervenleiden: das Hauptmoment für die rationelle —_- Ww— Erfassung des Zustandes, Freilich sind auch gewisse psychologische Grundcharactere diesen verschiedenen Gruppen, der der Paralysen, wie der der typischen und anderer, z. B. der hyste- rischen , der puerperalen ete. Psychosen eigen, deren Feststellung jedoch längere Studien er- fordern wird, da es an Vorarbeiten fast. gänzlich fehlt. Hoffend, dafs mir Zeit und Umstände gestalten werden, diese allgemeinen Gesichtspunkte näher zu begründen, habe ich dieselbe hier kurz andeuten, und vorläufig der einen Gruppe, den typischen Irreseinsformen ihr Recht vindi- eiren wollen, zu einem besonderen Genus vereinigt zu werden. Zugleich erlaube ich mir — in- dem ich getrost die Erklärung der Wirkungsweise des Chinin’s in diesen Fällen den Pharmakologen überlasse — zu weiterer Anwendung desselben in ähnlichen psychischen Neurosen aufzufordern. Sanitätsrath Ruer bemerkt hierauf, dafs er bei typischem Irresein das Chinin früher ohne Er- folg angewendet; in neuerer Zeit habe er jedoch bei einer Frau, die früher an Wechselfieber gelitten und bei der auch das Irresein zuweilen Remissionen gezeigt, durch Anwendung des Chinins zu 2 Gran pro dosi zweistündlich schnelle Heilung bewirkt. Auch Herr Dr. Richars sah in typischen Fällen günstige Wirkung vom Chinin, namentlich ‘wenn Schwächung vorangegangen war, so bei Mania lactantium. Er fand, dafs in solchen Fäl- len ein frequenter, schneller und schwacher Puls nach Anwendung des Chinins langsamer und kräftiger wurde. Oefter traten beim Gebrauche des Mittels Ohrensausen und Schwerhörigkeit ein. “Geheimrath Flemming fand in Fällen, wo Melancholische den einen Tag in Aufregung, den andern in Depression sich befanden, das Chinin hülfreich. Ferner beobachtete er, dafs sich im Stadium decrementi des Irreseins öfter etwas Typisches entwickele. Er glaubt dies dem Einflusse «des splanchnischen Nervensystems zuschreiben zu müssen, das beim Irresein so häufig aflizirt ‘sei. ‚Schliefslich theilte derselbe einen Fall von intermittirender Manie mit deutlich viertägigem Typus mit, welcher letztere später in den siebentägigen überging. Herr Dr. Richarz sprach sodann in einem grölseren Vortrage über die Vorzüge mehrerer kleinen, über einen Landestheil vertheilter, öffentlicher Irrenheil- Anstalten vor einer einzigen grofsen Central-Anstalt wie folgt : Als ich vor drei Jahren in einer kleinen Schrift: „‚Ueber öffentliche Irrenpflege und die Noth- 'wendigkeit ihrer Verbesserung“ die Nothwendigkeit der Errichtung mehrer kleinen öffentlichen Irrenheilanstalten zuerst entwickelte, wurde gegen diesen Vorschlag hauptsächlich der Vorwurf der Kostspieligkeit erhoben. Abgesehen davon, dafs es noch die Frage ist, ob nicht die kleinen "Heilanstalten durch Vervielfältigung der Genesungen und durch daraus folgende Vermeidung der Zahl zeitlebens zu verpflegender Unheilbarer die Mehrkosten ihrer Errichtung und Unterhaltung nahezu ausgleichen werden; kann ganz im Allgemeinen bei allen für das öffentliche Wohl bestimmten Einrichtungen das Beste und Zweckmäfsigste nie zu theuer sein, zumal bei Humanitäts-Anstalten. Der Hauptzweck öffentlicher Irrenpflege, gegen welchen andere Nebenzwecke derselben sehr untergeordnet erscheinen, ist, möglichst viele Irre zu heilen; und ist diejenige Organisation des öffentlichen Irrenwesens die beste, welche für diesen Hauptzweck das Meiste leistet, selbst wenn sie in andern weniger wichtigen Beziehungen nicht ganz befriedigen sollte. — Die Heil- — 10 — barkeit der Seelenstörungen aber nimmt in einer rapiden Progression mit der Dauer der Krank- heit ab, und immer wird die frühzeitige Versetzung des Kranken in eine Anstalt ein absolutes Erfordernifs für den günstigen Erfolg einer Cur psychischer Krankheiten bleiben. Deshalb kann nur diejenige Organisation viele Genesungen erzielen, welche die Aufnahme frischer Fälle bald nach dem Ausbruche der Krankheit begünstigt. Dieser Vorzug aber kommt mehreren kleinen, über ein Land verbreiteten Heilanstalten und nur ihnen im hohen Maafse zu. Bei den kleinen Heilanstalten ist nun die Hülfe viel bereiter und näher, der Transport der Kranken kürzer und leichter. Dieselben werden durch ihre viel ausgebreitetere und deshalb viel besser gekannte Wirksamkeit und durch ihre geringere Verschiedenheit im Aeufsern und Innern von gewöhnlichen Wohnhäusern in viel höherem Grade auf Bekämpfung der gegen die Ver- setzung in Anstalten bestehenden Vorurtheile hinwirken, als es eine grofse Central-Anstalt ver- mag, welche von allen entferntern Landestheilen immer zu wenig gekannt und bei vielen ab- schreckenden Vorstellungen von ihrer innern und äulsern Einrichtung stets mit allen gegen das Irresein bestehenden schimpflichen Begriffen in Verbindung gesetzt, ja identificirt und deshalb nur zu sehr gemieden werden wird. Es wird sich den kleinen Anstalten in einem viel höheren Maafse das Vertrauen des Publicums zuwenden, als es die grofsen jetzt besitzen und zu erwer- ben im Stande sein werden. Es ist also nur das System mehrerer verbreiteter kleiner Heilanstalten, welches dem seithe- rigen Hauptgebrechen aller öffentlichen Irrenpflege, der Seltenheit der Anmeldung und Aufnahme frischer Erkrankungsfälle, gründlich abzuhelfen vermag. So lange aber dem System dieser Vor- theil unbestreitbar zukommt, ist es jedem andern für den Zweck öffentlicher Irrenpflege vorzu- ziehen, selbst wenn es mir nicht gelingen sollte, die den kleinen Heilanstalten gemachten Vorwürfe gänzlich zu entkräften, was, wie ich hoffe, doch der Fall sein wird. Für den Curzweck ist bei Geisteskranken nur die Entfernung aus dem Kreise ihrer Familien und die Versetzung an einen fremden Ort nothwendig, dagegen ist nicht gerade eine weitere Entfernung von .der Heimath erforderlich, als die kleinen Anstalten sie darbieten werden, ja dieselbe würde für Zeiten und Zustände mit gröfserer Besonnenheit leicht geradezu schädlich sein. Wenn die Aerzte gröfserer Anstalten behauptet haben, dafs es kleinen Anstalten an den zur gehörigen Belebung nöthigen Elementen fehlen werde, so ist darauf zu erwidern, dafs es zu den ersten Erfordernissen einer guten Irrenanstalt gehöre, dafs sie Ruhe darbiete, da Ruhe das Hauptbedürfnifs und das heilsamste Mittel für die bei weitem gröfsere Mehrzahl von Geisteskran- ken ist. Doch lehrt auch die Erfahrung sowohl bei kleinen Privatanstalten, als auch bei den öffentlichen von nur 90—100 Kranken (Winnenthal in Würtemberg), dafs in dem Leben der- selben so viel Mannichfaltigkeit wechselnder Eindrücke und Ereignisse besteht, dafs niemals ein nachtheiliges Gefühl von Einsamkeit aufkommt, während dabei zugleich eine solche freundliche Beachtung des Einzelnen durch alle anderen Hausgenossen Statt findet, welche durchaus ‚den Eindruck eines gemeinsamen Familienlebens macht, wogegen nur zu leicht in grofsen Anstalten der Einzelne trotz alles Geräusches seiner Umgebung in der Masse und durch die Masse sich vereinsamt fühlt, In ähnlicher Weise, wie auf die Kranken, wirkt das Leben in grofsen: Anstalten nachtheilig — 11 — auf die Aerzte und deren Leistungen. Indem die Directoren grofser Anstalten mit dem redlich- sten Eifer und der edelsten Aufopferung vergeblich streben, das Unmögliche, eine individuali- sirende Behandlung von 200—400 Irren, zu leisten, leben sie in einer Anspannung, die selbst die Kräftigsten ermüden und der für ihren Beruf so höchst nöthigen Gemüthsruhe und Sammlung berauben mufs, während ihnen dabei zuletzt doch nichts Anderes übrig bleibt, als einen grofsen Theil der ihnen auferlegten und zukommenden ärztlichen Geschäfte auf eine unstatthafte und für die Einheit der Behandlung nachtheilige Weise an ihre Gehülfen zu übertragen. Bedenkt man nun noch, dafs diese Anstalts-Directoren zugleich die obersten Leiter der gesammten Ver- waltung sind, so kann man sich vorstellen, in welchem Maafse ihre ärztliche Wirksamkeit be- einträchtigt ist. Mögen diese Männer aufrichtig sagen, ob sie für diese ihre Beschwerden und Leiden, um ihrer und um der Kranken willen, in ihren edeln Herzen sich entschädigt fühlen durch die Befriedigung, welche das menschlich süfse Gefühl der Herrschaft über das kleine Königreich einer grofsen Irrenanstalt und die ihnen übertragene Ausübung der höchsten Auto- rität in der öffentlichen Irrenpflege eines Landestheils gewährt. Die Wissenschaft mufs endlich in denjenigen Anstalten am meisten gewinnen, in welchen am meisten geheilt wird. Die Masse der Beobachtungen und Leichenöffnungen bei Irren, welche allerdings manche obwohl auch negative Aufschlüsse uns bisher geliefert haben, läfst in der Zukunft nur sehr wenig mehr für einen positiven Fortschritt erwarten, welcher nur: durch eine solche Genauigkeit aller Untersuchungen gefördert werden kann, wie sie nur in kleinen An- stalten möglich ist. Was endlich die Pflegeanstalten betrifft, so ist vor Allem festzuhalten, dafs eine Trennung der Heilbaren von den Unheilbaren, sei es eine absulute oder relative, blos der Eigenschaft der Unheilbarkeit an sich wegen, durchaus nicht erforderlich ist, sondern vielmehr ganz zwecklos und unvernünftig wäre. Die hier zu beachtenden leitenden Grundsätze sind : 1. Alle Kranken, bei welchen noch nicht alle Hoffnung auf Genesung gänzlich aufgegeben werden mufs, müssen in der Heilanstalt und zwar können sie füglich in absoluter Mischung mit den sogenannten Heilbaren verbleiben. 2. Alle Kranken, bei welchen der Gedanke an eine relative Genesung so sehr allen unsern Kenntnissen über die pathologischen und therapeutischen Prozesse widerspricht, dafs man sie für positiv unheilbar halten mufs, z. B. gelähmte Blödsinnige, viele Epileptische u. dergl.', müssen theils um die Heilanstalten nicht zu überladen, theils und hauptsächlich wegen ihrer widerwärtigen und den Heilbaren leicht nachtheiligen äufseren Erscheinung in einer absolut getrennten Pflege- und Siechenanstalt untergebracht werden, wobei es die hier zulässige Rücksicht auf die Oekonomie gebietet, dafs jeder gröfsere Landestheil nur. eine grofse Central-Siechenanstalt für viele Kranke habe. 3. Kein Kranker darf der Siechenanstalt übergeben werden, ohne vorher in der Heilanstalt einer Beobachtung und nöthigenfalls einem Curversuch unterworfen zu sein. 4. Positiv Unheilbare, die nicht gemeingefährlich werden und die in Privatverpflegung ge- halten werden können, müssen in ihre Heimath entlassen werden. Alle an diese Erfordernisse sich knüpfenden Maafsregeln sind viel leichter auszuführen bei - —- 1 — mehreren über einen Landestheil verbreiteten Heilanstalten mit einer einzigen Central-Pflegean- stalt, als bei einer einzigen relativ verbundenen Central-, Heil- und Pflegeanstalt. In Erwiderung' auf den eben gehaltenen Vortrag bemerkt Herr Dr. Foche.: , dafs der Kostenpunkt bei der vorliegenden Frage wohl einer entschiedenen Berücksichtigung be- dürfe. Man könne nicht unbegrenzt Alles, was dem Elend und Unglück abzuhelfen geeignet sei, vom Staate verlangen, weil derselbe nur über begrenzte Summen verfüge, Mit demselben Recht würde man von ihm vollständige Aufhebung des Proletariats, genaueste Sorge für moralische, diätetische und ärztliche Ueberwachung jedes Einzelnen verlangen müssen, wodurch freilich die Irrenzahl sich bedeutend vermindern würde. Es sei aber unmöglich, selbst aus der enormsten Besteuerung der besitzenden Classen solche Summen zu erlangen, wie sie zur Erreichung. dieser und aller ähnlichen Zwecke nöthig sein würden. Da der Staat also nur über gewisse Summen disponiren könne, so sei man nicht befugt, auf eine einseitige Verwendung. derselben zu dringen. Die Kosten der Irrenanstalten würden aber, errichte man viele kleinere, aufserordentlich vermehrt werden, da die Beschaffung der nöthigen ärztlichen Apparate, der Bäder u. s. f., die Küchen- einrichtungen u. s. w. in den kleineren fast ‚ebenso viel kosten würden, wie in den gröfseren; da ferner ‘die Wärterzahl bei der nöthigen fast gleich grofsen Subdivision der Kranken auch fast gleich grofs sein müsse; da endlich die Verwaltungskosten für den Kopf eine unverhältnifs- mäfsige Höhe erreichen müfsten. Auch sei keineswegs, selbst für Anstalten mit weniger als 50 Kranken ein Arzt hinreichend, da nirgends die fortwährende Anwesenheit ärztlicher Hülfe drin- gender sei, als in Irrenanstalten, und der Arzt doch der Erholung bedürfe, auch nach Dr. Richarzs Privatpraxis üben solle. Abgesehen aber von den gröfseren Kosten mehrerer kleineren Anstalten, frage es sich, ob diese denn nun wirklich zweckentsprechender, also die Verwendung so grofser Summen ge- rechtfertigt sei. Vor Allem hätten die Irrenstatistiken keineswegs den Beweis geliefert, dafs die Gröfse der Anstalt zu der Zahl der Heilungen in einem umgekehrten Verhältnifs stehe. Durch die Verzögerung der Uebergabe wegen gröfserer Entfernung der Anstalten würde freilich die Zahl der Heilungen verringert, wobei jedoch zu beachten sei, dafs während solcher Verzöge- rung eine gewisse Anzahl von Fällen aufserhalb der Anstalt genese. Zwar sei die möglichste Beschleunigung der Uebergabe an die Anstalten zu wünschen, aber es sei nachweisbar, dafs die gleiche Zahl frischer Fälle bedeutend mehr Heilungen liefere in guten Irrenhäusern, als bei der Behandlung aufserhalb derselben; aber man dürfe nicht glauben, dafs — wie einzelne Irren- ärzte behaupten °— nur unter ihrer und der Anstalt Obhut Heilung möglich sei. Das Nöthige für Beschleunigung der Aufnahme könne aber, sobald die Eisenbahnnetze vollendet seien, dadurch erzielt werden, dafs der Staat die Eisenbalindireetionen verpflichte, auf jeder gröfseren Strecke einen besonderen Wagen für Irrentransport zu halten, wie dies in England der Fall sei. Ferner sei die Nähe der Heimath für die Geisteskranken wicht erwünscht, und fast überall sei ceteris paribus leichtere und schnellere Heilung der Ausländer beobachtet worden (wobei sich Dr. Focke auf die Aussage des anwesenden englischen Irrenarztes Dr. Lockhardt Robertson bezieht, in dessen Militairhospital die überseeischen Irren viel schneller genesen). — 19% — Es habe der. vorige Redner ferner behauptet, dafs die Furcht vor den Anstalten mehr schwin- den werde. Doch sei diese schon geschwunden oder im Schwinden begriffen, da ja viele Kranke jetzt schon selbst ihre Aufnahme in die Anstalt forderten u. s. w. Nun aber sei noch einiger wichtiger Vortheile zu gedenken, die die gröfseren Anstalten vor den kleineren voraus hätten. Die geregeltere Ordnung, die in denselben leichter erhalten werde, sei sehr vortheilhaft für den Kranken. Es lasse sich für ihn eher die passende Gesellschaft fin- den. Der Zustand der Kranken mache gewisse Subdivisionen nöthig, die oft schon bei einer Zahl von 200 klein würden, deren einzelne aber bei noch geringerer Krankenzahl sich bis auf 4 oder 2 Individuen verringern könnte. Es sei aber der Nutzen der Beschäftigung der Irren allgemein bekannt und nichts sei geeigneter, zur Arbeit zu nöthigen, als die Macht des Bei- spiels. Man bedürfe ferner bei vorkommenden Fällen der Concentration einer gröfseren Menge von Wärterkräften auf einen Punkt. Sollte nun die Zahl der Wärter in den kleineren Anstalten nicht unverhältnifsmäfsig vergröfsert werden, so würde man in solehen Augenblicken die übri- gen Kranken fast ohne Beaufsichtigung lassen müssen. Endlich aber sei der wichtigste Grund gegen die kleineren Anstalten der Gewinn, den die Wissenschaft aus grofsen Anstalten ziehe, durch die nur in ihnen mögliche vielseitige Beobach- tung. Tüchtige Spezialisten könnten nur aus gröfseren Anstalten hervorgehen. Männer wie Skoda, Hebra, Oppolzer, tüchtige Chirurgen u. s. w. hätten in grofsen Spitälern ihre Schule gemacht. Dasselbe gelte für die Irrenärzte, und, da in den Irrenspitälern das Mouvement viel geringer sei als in anderen, so müsse natürlich die Gröfse der Krankenzahl dies einigermassen ausglei- chen. Um das Wesentliche der verschiedenen Zustände beim Irresein zu ergründen, sei es durchaus nöthig, viele ähnlich geartete Fälle zu sehen, wodurch die Beobachtung corrigirt, Irrthümer ausgeschieden, bestimmte Anhaltspunkte für die Therapie gewonnen werden würden. Ebenso verhalte es sich mit den Seclionen. Es betrage die Zahl derselben in Siegburg jährlich nur 10—20. Es würde daher eine Anstalt von 50 höchstens 5 im Jahr haben. Da könne denn sehr leicht ein pathologisches Product als Hauptursache der Seelenstörung betrachtet werden, “während bei öfteren Sectionen das Fehlen dieser Erscheinung nach dem gleichen Zustande den Irrthum corrigiren würde. Schliefslich bemerkt Dr. Focke, dafs das Kasernenartige, die langen Corridore u. s. w., wenn man deren übeln Eindruck vermeiden wolle, leicht auch in gröfsern Anstalten beseitigt werden könnten, wenn man dieselben aus kleineren Gebäuden. zusammensetze, was z. B. Mr. Gaskell in Lancaster verlange, und wozu auch die Anlage der Baulichkeiten Illenau’s sich hinneige. Herr Dr.. Richarz erwidert,. er habe sich über die Gröfse der Anstalten. nicht bestimmt aus- gesprochen; er wünsche nur, dafs: dieselben nicht über 100 Personen fassen möchten. Aller- dings müsse die Staatsgesellschaft auch für Aufhebung. des Proletariats und für manches Andere noch sorgen;, auch, sei dies für die. Irrenärzte von: Wichtigkeit als Maafsregel zur Verhütung von. Seelenstörung; doch sei davon zunächst hier nicht die Rede, sondern nur von deren: Hei- lung.. —.Dafs, mehrere. kleiriere Anstalten mehr Heilungen. herbeiführten, als eine grolse, könne unmöglich; statistisch nachgewiesen. werden, da noch, nirgendwo das Irrenwesen: eines Landes — 14 — 3 darnach organisirt sei; doch sei dieser Nachweis nicht absolut erforderlich, da, wie geschehen, sich ihre Wirksamkeit aus inneren Gründen vorher bestimmen lasse. Geheimrath Flemming stimmt Herm Dr. Focke bei. Zwar würde für die Vervielfältigung der Genesungen der Irren die Anleihe nie zu grofs sein können; allein es frage sich, wenn mehre kleinen Anstalten errichtet werden sollten, wie viele deren auf die Bevölkerung kommen müfs- ten. Seien die Irrenanstalten da, blos um die Kranken, welche in der Privatpraxis nicht geheilt werden könnten, zu behandeln; so müsse man bescheiden in den Anforderungen sein; seien sie da, um die ärztliche Wissenschaft in der Behandlung der Irren, um. die bessere Kennt- nifs des Ireseins zu fördern; so werde man mit wenigen Anstalten ausreichen. Spezialisten könnten nämlich nur aus solchen Anstalten hervorgehen, in denen eine grofse Zahl von Kranken der Beobachtung dargeboten werde. Erst nach langer Zeit werde die Wissenschaft so weit vor- gerückt sein, dafs die Anstalten blos auf Unheilbare beschränkt werden könnten und eben die Hoffnung, zu diesem Ziele zu gelangen, bestimme ihn, sich gegenwärtig noch für die Beibehal- tung grofser Anstalten zu erklären. Heır Dr. Richarz bemerkt in Beziehung auf den von grofsen Anstalten hervorgehobenen Vor- theil, „dafs nur aus ihnen Spezialisten der Psychiatrie hervorgehen könnten“ : die Irrenärzte müfsten mehr als alle andern Spezialisten wissenschaftlich mit den Leistungen der gesammten Medizin und praktisch auch mit andern Krankheiten als Seelenstörungen vertraut bleiben, sonst werde der Spezialismus zu leicht in Einseitigkeit übergehen. Um dies aber zu verhüten, müsse der Irrenarzt nicht zu sehr von seiner Anstalt in Anspruch genommen sein. Zuletzt sprach Herr Dr. Focke über mehre in England gebräuchliche Vorrichtungen, um Zwangsmittel überflüfsig zu machen, über gepolsterte Zimmer, über eine Einrichtung, wodurch die Kranken Schuhe und Jacken auszuziehen behindert werden u. dgl., welche sämmtlich von der Versammlung als zweckmälsig anerkannt wurden. Zweite Section, für Medizin, Chirurgie und Geburtshülfe. 1. SITZUNG. Montag, den 20. September. Präsident : Geheimerath Dr. Harlefs. Secretäre : Dr. Wetzlar. Dr. Reumont. Der für diese Sitzung gewählte Präsident, Herr Geheimerath Dr. Harlefs, eröffnete dieselbe mit einem kurzen Vortrage, in welchem er mit einem Hinblick auf die am Schlusse der ersten fünf und zwanzig Jahre des Bestehens dieser Versammlungen für den medizinischen Theil ihrer Mitglieder nicht unerhebliche Frage : was für die Physiologie und in’s Besondere für die Medizin als Wissenschaft und Kunst durch die Bestrebungen und Leistungen der dafür thätigen Mitglieder als Gewinn angeregt, verhandelt und zu Tage gefördert worden sei — den Wunsch aussprach, dafs doch das Geleistete und Gewonnene während dieses Zeitabschnitts von kundiger Hand bald — 105 — unternommen werden möge, zugleich mit einer unpartheiischen Erwägung der Vorfrage, welche Zeil ist es in der Medizin? Was ist durch die Hauptphasen derselben als Theorie und (zum Theil blos) als Kunst seit der hingeschwundenen Erregungstheorie und der Naturphilosophie in ihrer ursprünglichen Gestaltung, für den Hauptzweck aller Medizin, das Heilen und seine er- spriefslichsten Wege und Mittel wirklich gewonnen, oder aber nur scheinbar erworben, und re ipsa schlimmer oder unsicherer geworden? Dann berührte der Sprechende auch das von Wede- kind zuerst ausgesprochene Votum, dafs die medizinische Section sich immer für die nächsten Jahre ein oder einige wichtigere und noch näherer Untersuchung bedürfende Heilmittel oder Heilarten zum Hauptgegenstand ihrer Discussionen wählen möge. Er glauble aber, es entspräche zu wenig den mehr umfassenden Zwecken des medizinischen Theils der Gesellschaft, wenn sie sich solche Spezialgegenstände zu Hauptaufgaben, die sich gleichsam als leitender Faden durch das Ganze ihrer jedesmaligen Verhandlungen ziehen solle, machen wollte, wie dieses auch schon seit mehren Jahren das Wiederaufgeben jener Proposition bewiesen habe. Aber wohl möge sie den revidirenden, kritisirenden Blick auf den jetzigen Zustand der Medizin und ihrer Bearbeitung immer als eine besondere, würdige und wichtige Aufgabe gestatten.“ Dr. Virchow hält sodann einen Vortrag über Entzündung mit parenchymatösem Exsudate. Der Prozefs läfst sich am Besten an den Zellen zeigen ; sobald entzündliche Zufälle auftreten, bemerkt man, dafs sich ihr Inhalt verändert ; sie werden undurchsichtig , so dafs man den Kern nicht mehr wahrnimmt; durch Anhäufung des Exsudates wird die Entwickelung der Zelle ge- stört, die Zelle geht zu Grunde und an die Stelle des festen Gewebes tritt ein Brei, den Vir- ‘chow Protein-Brei nennt. Da wo der Prozefs zu acut verläuft, entsteht Fetf-Metamorphose , die ganze Zelle füllt sich mit feinkörnigem Fette ; später atrophirt die Zellen-Membran und es bleibt die Fett-Agregat-Kugel zurück ; hierdurch zerfällt die Masse in eine albuminöse Flüs- sigkeit, in welche sich das Feit verändert. Am charakteristischsten sieht man diese Veränderung an den Nieren (Morbus Brightiö) vor sich gehen; sie tritt zuerst im Epithelium der Harnkanälchen auf; diese werden breiter, verlieren ihre spirale Form und werden gestreckt. Tritt die Verände- rung an den Nierenkelchen auf, so zeigen sich kleine Knoten ; wird die ganze Niere befallen , so rückt ihre ganze Oberfläche heraus. Die Epithelial-Zellen können in einen Protein-Brei zer- fallen ; dieses geschieht selten in der ganzen Niere, sondern mehr partiell. Im gewöhnlichen Verlaufe des Morb. Br. tritt die Feit-Metamorphase auf; die Harnkanälchen zerfallen in eine emulsive Flüssigkeit, alle Theile der Nieren , in denen die Feit-Metamorphose auftritt, werden undurchsichtig, erscheinen weifslich. Die milcharlige Flüssigkeit kann mit dem Harn ausgeleert werden; es erscheint im Harne Felt. Sie ist zuweilen resorptionsfähig; deshalb sieht man zuweilen an einem bestimmten Abschnitt des Nierenparenchyms Resorption auftreten ; die Harnkanälchen collabiren und es müssen sich, wenn die Nieren vorher vergrölsert waren, Vertiefungen bilden , (granulirte Nieren). Der Redner erwähnte hierauf mit wenigen Worten der Nierenentzündung mit freiem Exsudate (die Kanälchen füllen sich damit und werden verschlossen) und mit faserstoffigem Exsudate. 14 — ii. — Der Redner geht dann zu einem anderen Organe , der Leber über; bei der Entzündung dieses Organs können ähnliche Erscheinungen, wie bei der Nierenentzündung auftreten ; hier betrachtet Virchow blols das Zerfallen der Zelle in einen Protein-Brei. Man sieht in einem Leber-Läppchen eine Farben-Veränderung auftreten ; untersucht man genauer , so findet man die Leberzelle mit einem dichten Inhalte angefüllt, an dessen Stelle später ein Brei tritt. Die Musceln bieten in der Entzündung sehr charakteristisch die Verwandlung in Protein-Brei und bei der Fett-Metamorphose der nichtacuten Entzündungen sieht man eine starke Hyperämie; die Primitiv-Bündel haben ein graurothes , schmutziges Ansehen; geht der Prozefs weiter, so schei- nen die Bündel zu zerreifsen und es entsteht eine partielle Erweichung des Muscels. In der chronischen Muscel-Entzündung gehen die Primitiv-Fasern die Fett-Metamorphose ein ; ob aber - jede Fett-Metamorphose als Entzündungs-Product anzusehen ist, kann Virchow nicht angeben ; so viel ist sicher, dafs man bei Thieren durch traumatische Reize solche Metamorphose hervor- bringen kann. Allmählig werden solche degenerirte Stellen resorbirt; am Herzen führen solche Stellen zu partiellen Aneurismen (Ruptur). a Geheimerath Dr. Harlefs bemerkte, so gründlich Herr Dr. Virchow den mikroskopischen Theil der Entzündung behandelt habe, so sei doch der chemische Theil im Hintergrunde geblieben. Professor Stromeyer bittet den Dr. Virchow anzugeben, ob Contraction bei der Entzündung der Musceln Statt finde. Dr. Virchow bedauert, hierüber keine Erfahrung zu haben. Professor Schröder van der Kolk hat bei entzündeten Musceln eine Verkürzung wahrgenom- men; ebenso hat Professor Baum bei Quetschungen der Musceln eine Contraction beobachtet. Professor Robert führt einen Fall an, wo bei Entzündung des Biceps keine Contraction Statt fand. Hierauf sprach Professor Heyfelder über einen Fall von Exstirpauon des Eierstocks, wie folgt: Meine Herren! Der Gegenstand, für welchen ich Ihre Aufmerksamkeit auf einige Minuten in Anspruch nehme, betrifft die Exstirpation eines degenerirten Eierstocks, welche ich im Verlaufe des letzten Sommers an einem 22 Jahr alten Mädchen zu machen Gelegenheit hatte. Der Fall endigte tödtlich in Folge einer Verblutung aus Gefäfsen, die ich nicht unterbunden, sondern torquirt hatte, und dies wird die verehrten Anwesenden vielleicht veranlassen, ihre Erfahrungen und Ansichten über die Torsion mitzutheilen,, deren Werth ich, nicht allein nach diesem Falle, in Zweifel zu ziehen mich geneigt fühle. Die Kranke, an der ich die Ovariotomie zu machen genöthigt war, hatte in ihrem sechszehn- ten Jahre zum ersten Mal den Monatsflufs bekommen, nachdem acht Tage lang sehr heftige Molimina vorangegangen waren. Zwei Jahre lang hatte sie ihn regelmäfsig alle vier Wochen, obwohl immer von mehr oder minder bedeutenden Beschwerden begleitet. Im achtzehnten Jahre erlitt sie durch eine Erkältung eine Menostasie, wozu sich Bleichsucht gesellte. Nach einer neun- monatlichen Unterbrechung kehrte der Monatsfluls zurück, der nun alle vierzehn Tage sich ein- stellte, mit seinem Aufhören trat Leucorrhoe ein. Der Unterleib war aufgetrieben , die Harnent- leerung mit Strangurie, der träge Stuhlgang mit 'Tenesmus verbunden. Im zwanzigsten Jahre bemerkte die Kranke in der Gegend des Nabels eine Geschwulst von der Gröfse eines Eies , — u. — ‚die bei’ Bewegungen im. Bette von einer Seite zur andern fiel, bald den Umfang einer Faust erreichte, enlich unbeweglich ward und sich links in der Gegend der Milz fixirte. Der Unter- leib war wie im schwangern Zustande, jedoch auf der linken Seite stärker entwickelt. Vor einem Jahre machte man, da Fluctuation sich aussprach, in der weifsen Linie die Paracentese und es entleerte sich eine grofse Menge Flüssigkeit. Jetzt erkannte man eine feste unbewegliche Ge- schwulst vom Umfange einer doppelten Mannsfaust. Drei Vierteljahr später mufste die Paracen- tese wiederholt werden, die diesesmal auf der linken Seite gemacht wurde. Auch diesmal flofs viel Flüssigkeit ab und die Geschwulst erschien fester, umfangreicher und gänzlich unbe- weglich. Nach jeder Paracentese blieben die Menses sechs Wochen lang aus, dann stellten sie wieder ‚alle vierzehn Tage sich ein, worauf Leucorrhoe folgte. Analoges bemerkte ich an der Kranken, als ich nach ihrer Aufnahme in der chirurgischen Klinik zu Erlangen sie gleichfalls in der Linea ‚alba paracentesirte. Sie hatte niemals an Oedem oder Anasarca gelitten, der Harnabgang war zuweilen sparsamer geflossen, die Verdauung und ihr Allgemeinbefinden dagegen gut geblieben. Unmittelbar nach der Paracentese war es leicht, den Umfang der Geschwulst genauer zu con- statiren, die sich von den falschen Rippen über die ganze linke Hälfte des Unterleibes bis zum Sehambein ersireckte, sehr hart war und aus mehreren Abtheilungen zu bestehen schien. Die Untersuchung durch den Mastdarm und durch die Scheide zeigte die Vaginalportion nach links, den Uterus nach rechts gedrängt. Die akustische Exploration erwies alle Brust- und Unterleibs- eingeweide gesund. Da bald nach der letzten Paracentese von Neuem Flüssigkeit sich ansam- ‚melte und Fluctuation deutlich hervortrat, so unterlag es keinem Zweifel, dafs im vorliegenden Falle eine Complication von Degeneration des linken Eierstocks mit Sackwassersucht das Leiden ausmachte. Auch bezüglich der‘ ätiologischen Momente glaubte ich im Klaren zu sein. Das ‘Mädchen hatte während des Monatsflusses eine Erkältung erlitten, dies hatte eine Unterdrückung ‚der Menses nach sich gezogen, deren unmittelbare Folge Blutanhäufung in den Geburtstheilen war. Da dieser Zustand nicht vorübergehend war, sondern Monate lang anhielt, da derselbe ferner nicht durch entsprechende Mittel beseitigt wurde, so waren hier hinreichende Momente vorhanden, um ein organisches Uebel hervorzurufen. Bei dem grofsen Umfange der Geschwulst blieben für den Wundarzt nur zwei Wege einzu- schlagen, entweder nichts zu thun und die Kranke ihrem Schicksal zu überlassen oder eine ‚Operation zu wagen, deren Chancen der Kranken nicht verschwiegen werden durften. Ich ent- ‚schied mich für die Exeision der Geschwulst, welche von der Kranken lebhaft gefordert, ja auch nach den statistischen Zusammenstellungen Cornack’s häufig genug mit einem günstigen Erfolge ‚gekrönt ward. Dazu kam, dafs der allgemeine Zustand des Mädchens sehr befriedigend war und ‘dafs auch eine andere Rücksicht Muth zur Operation einflöfste, die nämlich, dafs oft sehr be- -deutende mit Commotion der Eingeweide verbundene penetrirende Verletzungen des Unterleibes ‚glücklich geheilt werden. Selbst der Kaiserschnitt gestattet nur eine ungünsligere Prognose, da hier, das Organ, welches verletzt: werden mufs, in. Zustand hoher Aufregung ist und da das ‘Puerperium für den Ausgang einer Operation nicht als erfreulich betrachtet werden kann. 80 schritt ich ‘denn zur. Exstirpation des Aftergebildes, nachdem die Kranke durch Irhalatio- — 18 — nen des Schwefeläthers in einen Zustand von Empfindungs- und Bewufstlosigkeit versetzt wor- den war. Ein 13 Zoll langer Schnitt ward von unterm Rande der letzten falschen Rippe linker Seits über den gröfsten Durchmesser der Geschwulst bis in die weifse Linie zwei Zoll unter den Nabel geführt. Durch ihn hatte ich die Haut und eine Fettlage getrennt, durch einen zweiten gleich grofsen drang ich durch die Muskeln bis aufs Peritoneum. Kaum war dieses ein- geschnitten, als eine grofse Menge Flüssigkeit hervorstürzte. Das nın blosgelegte Aftergewächs hatte die vor der Operation schon konstatirte Ausdehnung, es reichte von der untersten falschen Rippe bis zum Uterus und war an seiver hintern Fläche mit dem Netze adhärent. Diese Adhä- renzen löste ich theils mit den Fingern, theils mit dem Messer, und stillte die Blutung durch Torsion der spritzenden Arterien. An der Insertionsstelle des Eierstocks auf der Gebärmutter hing das Aftergewächs mit schr breiter Basis mit dem Uterus zusammen. An dieser Stelle umgab ich es mit einer Ligatur und vollbrachte über dieser letztern die Trennung mit dem Messer. Bis jetzt hatte die Kranke sehr wenig Blut verloren, und es erfolgte auch später kein Blut- ergufs, als nach einigen Minuten die Ligatur sich löste und ich die hier aufgefundenen Gefäls- mündungen zu terquiren mich genöthigt sah. Das Vorfallen der Gedärme verhinderten die vorge- gehaltenen Hände eines Gehülfen. Die Wunde ward durch dreizehn blutige Nähte vereinigt, bei deren Anlegung ich das Peri- toneeum vermied. Aufserdem bedeckte ich die Wunde mit einem gefensterten Ceratlappen, einer leichten Compresse und einem Handtuche. Die Kranke war während der Operation und während des Verbandes durch intermittirende Inhalationen des Aethers in einem empfindungs- und bewulfstlosen Zustande erhalten worden. Erst nachdem sie in ihr Bett zurückgetragen worden war, kehrte das Bewufstsein zurück, sie hatte keine Ahndung von der Statt gefundenen Operation. Noch blieb sie mehrere Stunden ohne Puls, ihr Gesicht blafs und kühl, dabei hatte sie Durst und unterhielt sich vergnügt mit ihrer Wärterin. Ohrenklingen und sonstige Zeichen von occulter Hämorrhagie fehlten. Gegen Abend er- folgte Erbrechen, die Blässe und Kälte verlor sich, der Puls wurde fühlbar. Die Nacht verlief ruhig. Am Morgen kehrte der Brechreiz zurück, der erst nach Anwendung einer kleinen Dosis Mohnsaft wich. Am Abend klagte die Kranke über Schmerzen im Unterleibe, über Harndrang und Stuhlzwang, welche Erscheinungen nach Application des Katheters und eines Klystiers ver- schwanden, sobald eine copiöse Stuhlentleerung erfolgt war. Eine Stunde lang fühlte die Ope- rirte sich behaglich, dann erneuerten sich die Unterleibsschmerzen, und ‘der gespannte Puls zeigte 110 Schläge. Unter diesen Umständen schien ein Aderlafs angezeigt. Kaum war dieser gemacht, so folgte Collapsus und der Tod bei ungetrübtem Bewulstsein. Die Section erwies eine sehr bedeutende Blutergiefsung im Unterleib, Blutcoagula an zwei Stellen des Netzes, welche mit dem Aftergewächse 'adhärirt und eine Lösung nöthig gemacht hatten, sowie an dem Punkte, wo es mit dem Uterus in Verbindung gewesen. Alle übri- gen Organe waren gesund und nicht übermäfßsig blutleer. Die exstirpirte Geschwulst wog A'/, Pfund. Sie bestand aus einem Balge und einer gelappten, abgerundeten festen Masse, (die im Innern gefächert und von einer bienenzellartigen 'Structur ‘war und noch aufserdem eine grauweilse, schleimarlige und zerlliefsende Masse enthielt, die unter dem Mikroskope Zellen- — 109 — und Körnchenbildung zeigte, Der Balg war auf der äufseren und innern Fläche weils, fest, le- derartig, glänzend, 2 Linien dick und bestand aus 2 Sehichten. Unter dem Mikroskope zeigte er eine zellgewebsfasrige Struetur. Mit diesem Balge war die hintere Fläche des Tumors fest verwebt, nach vorn gegen die Bauchdecke zu war dagegen zwischen Balg und Geschwulst ein freier Raum und in diesem der Sitz der Flüssigkeit gewesen. Wie ich schon zu Anfang ausgesprochen, ist nach dem Ergebnifs der Section der Tod durch eine Verblulung aus den nicht unterbundenen, sondern torquirten Gefäfsen erfolgt. Bevor ich das Aftergewächs an seiner Basis durchschnitt, hatte ich eine Ligatur angelegt, die, so fest ich sie auch zugezogen, dennoch nach vollbrachter Exeision der Geschwulst abglitt, was bei der Beschaffenheit der Theile und bei der ungestielten Insertion des Tumors nicht auffallen kann. Sollte mir ein ähnlicher Fall je wieder vorkommen, so werde ich durch die Basis mit Hilfe einer Nadel einen doppelten Faden ziehen und so die Unterbindung nach zwei Seiten hin bewerkstel- ligen. Uebrigens schien es mir im vorliegenden Falle von Nutzen, die Blutung auch ohne Unter- bindung zu stillen, denn die Unterbindungsfäden würden nicht unbedeutende Entzündungsreize abgegeben haben, und diese möglichst zu vermeiden, mufste nach einem solchen operaliven Eingriffe eine Hauptaufgabe für den Arzt sein. Darum torquirte ich, während es wahrscheinlich besser gewesen wäre, die blutenden Gefäfse zu unterbinden. Ob die durch die Aetherisation herbeigeführte und während der Dauer der Operation unterhaltene Muskelerschlaffung die nolh- wendiger Weise auch auf die Muskelhaut der Arterien sich erstreckte, mit dazu beitrug, dafs die Torsion nicht genügte, will ich dahin gestellt sein lassen, denn ich wiederhole, dafs sie auch bei einigen andern 'Gelegenheiten, wo keine Aetherberauschung Statt gefunden, sich mir nicht bewährt hatte, Die in dem vorliegenden Falle angewandte Torsion gab Herrn Professor Rour zu folgender Mittheilung Veranlassung : Er habe nie die Torsion angewendet, da er von Vorne herein über- zeugt gewesen sei, dafs sie nie die Ligatur vertreten könne. Er habe immer die Ligatur zu- reichend gefunden und sich somit nie veranlafst gefunden, ein anderes Verfahren anzuwenden. In zwei und siebenzig Fällen von Unterbinduug grofser Arterien seien ihm keine üblen Folgen vorgekommen. j Gebeten von mehreren Seiten seine eigenen Erfahrungen über Aefherisation anzugeben, theilte Herr Roux folgendes mit : die Aetherisation. sei eine der dankenswerthesten Erfindungen und habe ihm die günstigsten Resultate geliefert. Er habe sie bis jetzt in 150 Fällen angewandt ; zu Anfang habe er sie nur bei kleineren Operationen versucht, dann auch in den schwierigsten. Er bediene sich eines ganz einfachen Apparates, eines kleinen Sackes aus Taffent mit einem Mundstück , das zugleich die Luft zuläfst, einer Erfindung des Dr. Rouz in Toulon. Der Grad der Empfänglichkeit bei den verschiedenen Individuen sei sehr verschieden. Die entzündliche Reaction sei weniger grofs bei ätherisirten Operirten. Im Verlauf der Rede führte Prof. Rouz noch an, dafs der Hospital-Brand im Hötel Dieu ver- hältnifsmäfsig selten sei, auf keinen Fall aber epidemisch vorkäme ; die letzten Fälle vom 'Hos- pital-Brand, welche er dort beobachtet habe, seien merkwürdiger Weise 'bei ätherisirten Kran- ken vorgekommen, doch wolle er hieraus keine’ weiteren Schlüsse ziehen. e — 10 — Herr Geheimrath Kilian sprach sodann über das von ihm erfundene Instrument zur Hebung des Vorfalles der Gebärmutter, über das Elythromochlion. Folgende Sätze leiteten bei der Erfindung. Der ‘Uterus werde gestützt 1, durch die durch die Mutterscheide wirkende Luftsäule; 2. durch die kräftigen Befestigungen des Peritonaealsackes an der obern Region des Uterus, besonders aber durch die Faltenordnung zwischen Gebärmutter und Mastdarm ; 3. endlich durch die Mutterscheide ;selbst, die ein wahrer Uterusträger sei. — Der Redner geht dann auf das Geschichtliche ein, und erwähnt hiebei Astruc und Kiwisch von Rotterau. Um daher den vorgefallenen Uterus gründlich zurückzuhalten, müsse man die Mutter- scheide emporheben und ihr die Inversionsfähigkeit nehmen. Nach mehren Versuchen , diese zu bewerkstelligen, kam Kilian auf folgendes Instrument. Er liels eine 4 Zoll lange Stahlfeder mit Leder überziehen und dieselbe mit zwei hölzernen Köpfen versehen. Diese wurden, nachdem sie mit zwei Fingern gegen einander gedrückt worden waren, in dem Querdurchmesser des Beckens bis zu einer passenden Höhe emporgeschoben , worauf die Feder durch ihre elastische Kraft.die Vaginalwandung auseinander spannte. Da das Instrument jedoch in dieser Form Schmerzen ver- ursachte, so liefs Kilian dasselbe mit elastischem Gummi völlig gleichmäfsig bekleiden. Er liefs es zuerst von Lasserre anfertigen. Der Instrumentenmacher Eschbaum in Bonn liefert es jetzt in grofser Vollkommenheit. Es hat sich dem Erfinder in einer sehr bedeutenden Anzahl von Fällen als sehr zweckentsprechend erwiesen. Es befanden sich darunter Uterusvorfälle von fünf- zehnjähriger Dauer. In einzelnen Fällen sei eine kleine Vorbereitungscur nothwendig. Man könne das Instrument mehre Tage liegen lassen , jedoch sei es gut , dasselbe, von Zeit zu Zeit heraus- zunehmen und es zu reinigen. Man habe dem Instrumente den Vorwurf gemacht, es dehne die Vagina so sehr aus, dafs diese es am Ende nicht mehr zurückhalte. Dieser Vorwurf werde durch die Erfahrung widerlegt. Für einzelne exceptionelle Fälle bedient sich Kilian zur grölsern Be- festigung des Instruments eines Beckengurtes mit einer Platte für die Symphyse nach Art des Mouermannschen (Denmanschen) Trägers. Kilian hat das Elythromochlion durch ein Nufsgelenk mit dem Gurte befestigen lassen, um eine ganz freie Bewegung zu gestatten. Dr. Virchow meint, um zu beweisen, dafs die Scheide den Uterus trage, müsse man mit der ausgeschnittenen Scheide an dem ausgeschnittenen Uterus Versuche anstellen, und sehen ob dieser von jener getragen werde. Kilian glaubt nicht, dafs eine ausgeschnittene Scheide den Uterus trage, es könne sich hier nur um einen Uterus im lebendigen Körper handeln. Herr Geheimrath Harlefs verlies’t ein Schreiben des Herrn Dr. Boisseree aus Cöln, welcher sich bereit erklärt, ein Individuum vorzustellen, an welchem er vor mehren Jahren die Exarti- culation des Oberschenkels wegen eines Osteoids vorgenommen habe, und das Präparat des exar- tikulirten Knochens vorzuzeigen. Zuleizt wird ein Schreiben des Geheimrathes Carus in Dresden vorgelesen, worin derselbe sein Bedauern darüber ausdrückt‘, der Versammlung nicht ‚beiwohnen zu können. . — ME — 2, SITZUNG, Dienstag, den 21. September. Präsident : Herrn Professor Dr. Stromeyer. Herr Sanitätsrath Dr. Metz von Aachen hielt folgenden Vortrag über die Amputation im Fufsgelenk nach Syme. Hochverehrte Herren! Vor Ihnen das Wort zu ergreifen und Sie zu bitten, mir auf einige Minuten ein geneigtes Ohr zu schenken, erlaube ich mir hiermit. Ich möchte Ihnen nämlich aus dem Bereiche meiner Praxis letzterer Zeit zwei interessante, ganz gut gelungene Operationen, wovon eine noch wenig bekannt, vortragen, die Ihnen viel- leicht einiges Interesse abgewinnen dürften. Ist ja doch Austausch gemachter seltener und wich- tiger Erfahrungen der Zweck unserer Versammlung Der eine Ihnen vorzutragende Fall betrifft die Amputation im Fufsgelenke nach Syme in Edin- burgsh, welche ich am 9. März d. J. dahier zu machen Gelegenheit hatte und deren Ausgang ein glücklicher war. Der zweite Ihnen vorzutragende Fall betrifft eine Resection des unteren Gelenkkopfes des Oberarms. Zum Schlusse meines Vortrages werde ich Ihnen, meine Herren, die beiden Operirten vorführen und Ihnen ebenfalls den von dem hiesigen Instrumentenmacher Bildheuser verfertigten künstlichen Fufs, den der erstgenannte Operirte trägt, vorzeigen. Wenn auch das Streben des Wundarztes stets dahin gerichtet war, dem einmal angenomme- nen Prinzipe treu zu bleiben, bei der Abnahme eines Gliedes, mit geringen Ausnahmen, so wenig als möglich von dem Bereiche des gesunden Theiles wegzunehmen, so konnte dies doch besonders in den häufig vorkommenden Fällen, wo die Fufswurzelknochen, die Gelenkflächen des Calcaneus, Astragalus und selbst auch der Tibia von Caries ergriffen, mithin zuvörderst die Exarticulation im Fulsgelenke indizirt war, keine Anwendung finden und man fühlte sich aus mannigfachen Gründen bewogen, die Amputation des Unterschenkels hier vorzuziehen. — Man überzeugte sich nämlich bald, dafs diese allgemeine Mifsgunst, welche die Exarticulation zu er- leiden hatte, eine wohlgegründete war. Denn abgesehen von der in etwa geringeren Gefährlich- keit der Operation, wo der Umfang der Weichtheile ein geringerer, die Heilung der Wunde eine schnellere und das Eintreten consecutiver Zufälle ein weniger zu erwartendes war, wurde dem Operirten nach Beseitigung seines Uebels durch diesen Eingriff neues Leiden aufgeladen, indem namentlich der Umstand von grofser Bedeutsamkeit war, dafs bei dem Gebrauche der Stelze die Gröfse des unbrauchbar gewordenen Gliedes die Wohlthat, die man zu erreichen glaubte, zu nichte machte, indem der Amputirte nun gezwungen war, stets ein grofses, überflüs- siges Stück für einen zum Gebrauch werthlosen Theil nachzuschleppen, der ihm bei seiner Bewe- gung ein Hemmnifs war. — Gestatteten auch Verhältnisse die Anschaffung eines künstlichen Fufses, so zeigte die Erfahrung noch gröfsere nicht zu beseitigende Leiden, indem, abgesehen von der Schwierigkeit der Wahl eines dem Zwecke entsprechenden Schuhes, durch den Druck der Hervorragungen der Tibia und Fibula das dünne und magere Polster des Stumpfendes beim Gehen bedeutende Irritation zu erleiden hatte, fortwährend Entzündung und Excoriation, mit grofser Schmerzhaftigkeit verbunden auftraten, mithin der Gebrauch des Gliedes als abso- lut unmöglich zu betrachten war. Oder gestalteten sich die Verhältnisse so günstig, dafs es dem Operirten vergönnt war, sich einige Zeit hindurch des Fufses zu bedienen, so traten doch bald nach Monaten, oft erst nach einem Jahre, selbst noch später obengenannte Uebelstände ein. Die Narbe brach wieder auf, Geschwürsbildung zeigte sich von Neuem, ja Knochen-Affec- tionen wurde durch die stelige mechanische Einwirkung hervorgerufen und man sah sich in die Nothwendigkeit versetzt, zur Amputation des Unterschenkels zu schreiten. Deshalb liefs man nun auch die Exarticulation in articulatione pedis gänzlich fallen und neigte sich zur Amputation des Unterschenkels, was auch bis jetzt von den meisten Wundärzten vorgezogen wurde und bald an dem obern oder untern Drittheile des Unterschenkels, bald auch in der Mitte desselben in Ausführung kam. In neuester Zeit indessen wurde durch Syme in Edinburgh eine neue, sehr zweckentspre- chende und erfolgreiche Methode angegeben, wodurch allen oben angeführten Uebelständen auf das Schönste Abhülfe verschafft und Vortheile erzielt wurden, denen die Erfahrung in mehr- facher Weise das Wort redet : 1. dafs die Operirten nach vollendeter Heilung vermittels eines künstlichen Fulses gut zu gehen vermögen, wie sich dies auch in dem Ihnen vorzuzeigenden Falle bekundet, wenn wir die etwa bestehende Furcht und das wegen Mangel an Uebung noch nicht ganz sichere Vertrauen des Ampulirten in Abrechnung bringen, da ja der Mensch nach über- standener Heilung von Neuem dazu angewiesen ist, das Gehen erst zu erlernen. 2. Dafs dem Amputirten kein anderes neues Gebilde, sondern dasselbe feste Polster, die dicke und harte Fufssohle der Fersenhaut zum Transporte seines Körpers bestimmt wird. 3. Dafs ferner der Stumpf selbst eine eigenthümliche Form, ähnlich dem untern dicken Ende einer Stelze erhält, mithin gehörig Festigkeit und Sicherheit im Auftreten erlangen kann. . Dafs das Bein, woran die Amputation vollzogen, dem Gesunden an Kürze kaum um die Länge eines Zolls nachsteht, und endlich noch ein ebenso wichtiges und nicht zu über- sehendes Moment : “ 5. Dafs die durch die Amputalion entstandene Narbenbildung nach vorn und queer über den Stumpf zu liegen kommt, wo derselbe vor jeder möglichen Reizung. gesichert wird. Syme verrichtete diese Amputation zuerst im September 1842 und machte sie in den Jahren 1843 und 1844 bekannt. Seit dieser Zeit hat Syme dieselbe an 24 Kranken mit glücklichem Erfolge gemacht. Der Privatdozent Dr. Chelius in Heidelberg, welcher diese Operation von Syme in Edinburgh machen sah, hat dieselbe zuerst in Deutschland ausgeführt und. beschrieben. Der Erfolg war sehr günstig. Vernarbung trat neun Wochen nach der Operation ein und der ampulirte Unterschenkel war nur um einen Finger breit kürzer, als der gesunde. Innerhalb des verflossenen Halbjahres wurde diese Amputation fünf Mal in der Würzburger Klinik ebenfalls mit vielem Glücke vorgenommen : zwei Mal: von meinem würdigen Lehrer, dem pi - 13 — Herrn Hofrath Textor, drei Mal von dem Privatdozenten Dr. Textor und ein Mal von: mir. Ich lasse nun die Beschreibung meines Falles hier kurz folgen : Joseph Hahmen, 32 Jahr alt, von schwächlicher Constitution, jedoch anfser einem vor meh- reren Jahren ohne alle Folgen überstandenen Nervenfieber, stets gesund, Anstreicher und Laki- rer von Profession, hatte vor zwei Jahren seinen linken Fufs mit heifsem Wasser so sehr erhitzt — eine andere Ursache war nicht aufzufinden — dafs eine bedeutende Entzündung des Fufses die Folge davon war. Diese Entzündung ging trotz allen angewandten Mitteln in Suppuration über und der Fufs brach nach und nach an verschiedenen Stellen auf. Der übrige Theil des Fufses war stark geschwollen, livid geröthet und äufserst schmerzhaft. Auf dem Rücken des Fufses zeigten sich sieben und an der Planta pedis eine Fistel. Die Geschwüre waren mit schwammigem Fleische bedeckt, bluteten leicht und sonderten einen übelriechenden Eiter ab. Die Untersuchung mit der Sonde ergab aufs Deutlichste cariöse Zerstörung der Mittelfufs- und Fufswurzelknochen. Da bisher alle ordentlichen Mittel zur Heilung vergebens angewandt worden waren, so wurde nun, weil noch Hoffnung zur Erhaltung der Ferse vorhanden zu sein schien, die Exarticulation des Fufses in der Gelenkverbindung des Astragalus und Calcaneus mit dem Os scaphoideum und Os euboideum nach Chopart beschlossen und am 9. März d. J. von. mir ausgeführt. Nachdem alle bekannten Vorbereitungen zur Operation getroffen waren, wurde zuerst. die Inhalation der Schwefelätherdämpfe vermittelst des Lüer’schen Apparates angewandt. Nachdem ich die Aetherdämpfe sechs Minuten lang hatte einathmen lassen, trat die Wirkung derselben, welche sich als ein heiterer Rausch zeigte, ein. Patient wurde ausgelassen, lachte, scherzte und machte allerlei Spässe und Grimassen in Gegenwart der vielen anwesenden Collegen; er rifs sich die Inhalationsmaschiene vom Munde, wodurch die Inhalation unterbrochen wurde und wo- her es auch kam, dafs dieselbe beinahe eine Viertelstunde lang fortgesetzt werden mulste. Erst nach dieser Zeit trat völlige Empfindungslosigkeit ein, so dafs die Operation begonnen werden konnte. — Beim Einschneiden war nicht das geringste Zeichen von Schmerzempfindung bei dem zu Operirenden wahrzunehmen etc. -- Die Operation selbst war in einigen Minuten vollendet. Leider ergab es sich aber bei genauere Untersuchung des Astralagus und Calcaneus, dafs auch dieser Knochen in einem krankhaften Zustande sich befand, was sich früher nicht ermitteln liefs. Es durfte also, sollte die Krankheit entfernt werden, mit dieser Amputation sein Bewenden nicht haben, und es mufste durchaus sofort zu einer zweiten Ampulation geschritten werden. Diese zweite Amputation würde nun den Verlust des Unterschenkels zur Folge gehabt haben, wenn ich nicht vorher durch die Brochüre des Privatdozenten Dr. Chelius in Heidelberg, die Beschreibung einer glücklich vollzogenen Amputation im Fufsgelenke nach Syme’s Methode er- halten und .auf letztere aufmerksam geworden wäre. Mit grofsem Interesse hatte ich diese Me- ihode einsitudirt und an einigen Cadavern eingeübt. Nach dieser Methode wurde dann auch die zweite Amputation von mir vollzogen. Um Ihnen aber, meine Herren, diese Amputation deutlich vorzuführen, halte ich es für nö- thig, — wenn vielleicht einem oder dem andern von Ihnen, die Brochüre von Chelius nicht zu 15 —- 14 — Gesicht gekommen sein sollte, — die Hauptacte bei dem Verfahren der Syme’schen Amputation voranzuschicken. Der Acte sind fünf : der erste : Führung der Hautschnitte ; der zweite : Lösung der Weichtheile der Ferse von den Knochen bis an die Winkel der Hautschnitte mit gleichzeitiger Durchschneidung der Achillessehne ; der dritte : Exarticulation des Fufses ; der vierte : Trennung der Weichtheile von den Knöcheln, Absägung der letzteren und der Gelenkfläche der Tibia ; der fünfte : Nach Unterbindung der Arterien, Vereinigung der Wunde durch die blutige Nath und Heftpflaster. Operation. — Erster Act. Ich fixirte mit Daumen und Zeigefinger der linken Hand auf der Mitte beider Knöchel die Haut und setzte ein kleines Amputationsmesser am äufseren Knöchel auf die stärkste Erhaben- heit desselben in die Mitte auf, drang damit bis auf den Knochen und führte das Messer in einem kräftigen Zuge in grader Linie nach unten über die Planta pedis, stieg dann in grader Richtung bis zu dem entgegengeseizten Knöchel hinauf und trennte dann mit mehreren Messer- zügen die noch nicht ganz durchschniltenen Weichtheile bis auf die Kuochen. Zweiter Act. Hierauf präparirte ich die Weichtheile von dem Calcaneus ab bis zum Tendo Achillis, durch- schnitt denselben etwas oberhalb seines Insertionspunktes und schlug nun den kappenförmig ge- bildeten Hautlappen nach oben. Dritter Act. Nachdem dieser kappenförmige Lappen nach oben umgestülpt war und von einem Assistenten zurück gehalten wurde, fafste ich mit der linken Hand das vorragende Fersenbein, an welchem Knochen ich jedoch keinen sehr festen Halt mehr hatte, indem durch die Chopart’sche Amputa- tion der Fufs entfernt war und mir also durch diesen Umstand die Operation um vieles er- schwert wurde, machte nun einen Queerschnitt über das Gelenk, drang mit dem Messer in den andern Theil des Fufsgelenkes ein, durchschnitt die seitlichen Gelenkverbindungen und vollführte so die Exarticulation. — Zu meiner Zufriedenheit bemerkte ich, dafs die Gelenkflächen der Tibia und Fibula gesund waren, und konnte ich in der angefangenen Operation fortfahren. Vierter Act. Nachdem die Weichtheile gehörig zurück und in die Höhe gehalten wurden, trennte ich durch einen Zirkelschnitt alle Weichtheile bis auf die Knochen und zwar so, dafs dieser Schnitt um etwas höher, als die vertiefte Gelenkfläche der Tibia zu fallen kam, in welche ich nun die Säge einsetzte und die beiden Knöchel nebst der Fossa glenoidalis absägte. — 15 — Fünfter Act. Nachdem die Arteria tibialis antica, postica und peronea ‘unterbunden waren, so wurde. die Wunde gereinigt,"der ‚durch die Fersenhaut gebildete kappenförmige Lappen über die Wund- fläche der Knochen geschlagen und mittels fünf blutiger Näthe mit dem entsprechenden Wund- rande vereinigt. Diese Vereinigung wurde durch die Heftpflasterstreifen, welche ‚zuerst von hinten nach vorn und oben und dann von einer Seite zur andern‘ geführt wurden, und ‘einen zweckmäfsigen Verbande unterstützt. Die Blutung bei der Operation war gering. Die Wunde liefs .sich sehr gut vereinigen, die Wundränder schlossen sich überall gut an und der Stumpf bekam genau die Form des untern Endes einer Stelze, wie sie Chelius gezeichnet und beschrieben hat. Patient schlief nach einigen Stunden ruhig, zuweilen verspürte er ein leises Brennen in der Wunde; sein allgemeiner Zustand war indessen gut, weshalb kein allgemeines Heilverfahren nöthig war. Nachdem Patient‘ aber am dritten Tage Hitze und heftiges Brennen im Stumpf empfand und sich eine febrile Reaction bei ihm eingestellt hatte, so wurden auf den Stumpf kalte Umschläge gemacht und innerlich eine kühlende Mixtur verordnet. Der Verband blieb liegen. “Da jedoch am‘ vierten Tage nach der Operation heftiges Brennen und Schmerzhafligkeit im Stumpf noch immer bedeutend vorhanden war, ja sich sogar nach Aussage des Patienten gestei- gert hatte, so wurde der Verband abgenommen. Es zeigte sich nun der ganze Stumpf bedeutend geschwollen und mit einer erysipelatösen Röthe bis zum Unterschenkel hinauf überzogen. Die Wundlappen sahen etwas livide aus, fühlten sich nach hinten teigig und kühl an, was dann in mir den Verdacht erregte, dafs die Wund- lappen brandig werden könnten. Die Heftpflaster wurden entfernt. Aromalische Umschläge mit Plumb. acet. und Spirit. camphor. Einige Tage wurde damit fortgefahren. Am sechsten Tage wurden die blutigen Hefte entfernt, indem sich die Wundlappen, aufser den beiden Wundwinkeln gut angelegt hatten. “Beim Druck auf das untere Ende des Stumpfes entleerte sich ein blutiger Eiter. — Eine Höhle war daselbst ‘vorhanden. Druckverband bis zum Knie hinauf nach Seutin. Die. Wundwinkel blieben offen, um dem Wundsekret freien Abflufs zu gestatten. ‚Am: zwölften Tage zwei Uhr Nachts stellte sich ohne. alle Veranlassung. eine bedeutende Nachblutung ein. «Patient hatte. ‘sich das Tourniquet angelegt. — Kalte Umschläge. -Am zwanzigsten Tage zeigte sich am Stumpf eine Höhle. Gegenöffnung. — Obgleich Patient sich ganz wohl befand, der Stumpf eine gute Form und Beschaffenheit angenommen, so zeigte doch die gemachte Gegenöffnung, welche nur noch sehr klein war, keine Tendenz zur Heilung und wollte trotz Einspritzungen einer Solution von salpetersaurem Silber und Druckverband sich nicht: schliefsen.-Die Sonde drang einen Zoll tief ein, ohne auf einen Körper zu stofsen, was mir. die.Hoffnung gab, dafs wenigstens keine Caries am Knochen vorhanden sei. So blieb dieser Zustand-bis zum 15. August, an welchem Tage ein drei: Zoll langer Ligatur- — 16 — faden sich löste. Hierauf schlofs sich die Wunde in einigen Tagen und die Heilung war be- endigt. — Schliefslich bemerke ich nur noch, dafs die queer über die Fibula laufende feste, ganz schmale Narbe, kaum eine Linie breit ist, und der Stumpf eine dicke, ganz runde, kolbige Form von der Dicke eines starken Daumens hat. — Das Bein ist: kaum ’/, Zoll kürzer als das gesunde. Da, wie schon bemerkt, nunmehr die Heilung gänzlich vollendet ist, auch das Stumpf- polster fester geworden, so habe ich dem Amputirten sofort einen künstlichen Fufs machen lassen. — Obgleich mir die zögernde Heilung des Operirten der angegebenen Ursache wegen: viele Mühe und Sorge gemacht, so kann ich doch am Schlusse dieses: Vortrages nicht umhin, hiermit in den Wunsch von Chelius einzustimmen, dafs diese neue Amputationsmethode recht bald unter Ihnen, meine Herren, Eingang finden. und ferner auf deutschem Boden gedeihen möge. Der Ampulirte wird vorgezeigt. Professor Stromeyer fordert die Versammlung auf, in Bezug auf diesen glücklichen Fall: eine Discussion zu eröffnen. — Professor Heyfelder findet es nach seinen Experimenten an Leichen. am besten, gleich ins Gelenk einzudringen. Die Fälle in Würzburg habe er selbst gröfstentheils gese- hen und überall einen schönen Stumpf gefunden. In Prag seien die Lappen brandig geworden. Herr Dr. Metz stellt endlich noch einen Fall von Resection des Gelenkkopfs des Oberarms vor. Herr Professor Ehrmann aus Strafsburg spricht sodann über Polypen des Kehlkopfs. Es handle sich von einer sehr seltenen Krankheit, die mit Ausnahme eines Falls stets mit dem Tode geendet habe, Der Verlauf sei langsam, gefährlich, die Diagnose schwierig. Indessen sei die Krankheit heilbar und müsse*aus der pathologischen Anatomie in die operative Chirurgie auf- genommen werden. Es seien ihm zwei Fälle vorgekommen, ein Knabe von acht und eine Dame von vier und dreifsig Jahren. Der Knabe befand sich sehr wohl und die Stimme war bis zwei Tage vor seinem Tode unverändert. Nach einem Aerger traten Erstiekungssymptome ein. ohne Zeichen von Entzündung. Die Operation wurde verweigert, und der Tod erfolgte. Die Section ergab einen Polypen des Kehlkopfs. Bei der. 34 jährigen Dame war der Gang der Krankheit derselbe. Vier Jahre hatte der Polyp bestanden, ohne wesentliche Veränderungen hervorzubringen, aufser einer Veränderung der Stimme, welche sich bis zur Stimmlosigkeit steigerte. Die Diagnose war nicht schwierig, weil die Kranke mehrmals Stücke des Polypen ausgehustet hatte. Durch Anstrengung beim Husten trat der Polyp in die Stimmritze und es erfolgten Erstickungssymptome. Ehrmann machte die Tracheotomie und legte eine Röhre ein, wonach fürs Erste die gefährlichsten Zufälle verschwan- den. Er verschob die Vollendung der Operation, um Bluteintritt in die Bronchien zu verhindern. Zwei Tage später verlängerte er den Schnitt nach oben, bis in die Gegend des Zungenbeins, indem er den Schildknorpel in seiner Mitte vollkommen durchschnitt. Der Polyp safs auf der ganzen Länge des untern Stimmritzenbandes fest auf, und liefs sich ohne grofse. Schwierigkeit: exstirpiren. Am folgenden Tage wurde die Canüle herausgenommen und die Wundränder wum. den vereinigt, Die Narbe war am ein und zwanzigsten. Tage vollkommen: gebildet. Längere Zeit = Mm = nachher starb die Kranke am Typhus. Die Section zeigte eine Narbe an der Stelle, wo das Gewächs gesessen hatte. Auf der Schleimhaut sah man kleine Granulationen. Herr Dr. Urner aus Elberfeld bemerkt , dafs er in seiner im Jahre 1834 erschienenen Disser- tation zwei Fälle von Herrn Professor Albers mitgetheilt habe. Er meint, dafs das Stethoskop die Diagnose erleichtern könne. — Professor Ehrmann bemerkt , dafs ein klappenartiges Geräusch nur bei den gestielten Poiypen entstehen könnte. — Professor Stromeyer erklärte diese Ope- ration für einen Triumph der Diagnostik sowohl wie der Chirurgie. — Professor Roux bemerkt, dafs die eben von Professor Ehrmann mitgetheilten Fälle in der Akademie der Medizin in Paris mit grofsem Lobe erwähnt worden seien. Er wiederhole hier dieses Lob. Dr. Wetzlar spricht über die Nothwendigkeit einer gröfseren Betheiligung der Aerzte bei der medizinischen Gesetzgebung in Deutschland. Aus dem Mangel einer gehörigen Betheiligung der Aerzte an der Gesetzgebung schreibe sich deren grofse Mangelhaftigkeit her. Ein eclatantes Bei- spiel bilde die neueste preufsische Pharmakopoe, deren Fehler bestimmt vermieden worden wären, wenn man vor deren Herausgabe die Ansichten mehrer Aerzte hätte vernehmen wollen. Herr Schröder van der Kolk hielt hierauf einen Vortrag über Carcinom : Scirrhus, Carcinoma, Fungus medullaris bestehen sämmtlich aus Zellen, welche gemäfs ihrer fer- neren Entwickelung entweder klein sind und kaum Spuren von Kernen haben oder mit einem oder zwei Kernen versehen sind, oder auch in mehre in einer Mutterzelle enthaltene Zellen zerfallen. Zwischen ihnen befindet sich mehr oder weniger vollkommen neugebildetes Bindegewebe, theils unter der Form von verlängerten Zellen, theils von Zellen, welche bereits mehr oder weniger die Faserform angehommen haben. Diese verlängerten Zellen sind nicht das Charakte- ristische des Carcinoma oder des Fungus medullaris, wie von einigen Schriftstellern ange- nommen worden, sondern müssen als zufällige Beimischungen betrachtet werden. Durch mikros- kopische Untersuchungen hat es sich. ihm herausgestellt, dafs die Zellen und ihre fernere Ent- wiekelung im Seirrh, Careinom und Medullarsarcom vollkommen dieselben sind, und dafs sie einer Krankheit von einer und derselben Natur angehören, deren Verschiedenheit allein in ihrer mehr oder weniger schnellen Entwickelung besteht. Der Scirrh und das Carcinom sind härter und entwickelen sich langsamer. Das langsamere Wachsthum gibt der Bildung von Bindegeweben mehr Zeit. Durch die Vermehrung der Zellen und deren Druck auf das dieselben einschliefsende Bindegewebe bekommt der Seirrhus seine Härte. Im. Careinoma sind die Zellen vergröfsert mit deutlichen Kernen und Kernchen in Grup- pen von kleinen Auswüchsen vertheilt. Im Verhälmifs zum Bindegewebe haben die Zellen an Gröfse und Umfange zugenommen. Beim beginnenden Fungus medullaris sind keine kleinen Zel- len, sondern Spuren von Bindegewebe oder verlängerten Zellen vorhanden , welche gleichwohl in Gröfse und Form ganz mit den Zellen im Seirrhus übereinkommen. Im mehr entwickelten Fun- gus medullaris findet man die Zellen gröfser, manchmal mit zwei Kernen, welche überdies sich vollkommen in zwei Zellen zu scheiden scheinen , und endlich grofse Mutterzellen, worin eine ansehnliche Zahl kleinerer Zellen von verschiedener Gröfse und Entwickelung eingeschlossen ist. — m18 — Zwischen diesen Mutterzellen sind in verschiedener Anzahl lange Zellen und mehr öder weniger entwickeltes Bindegewebe vorhanden. — Sodann glaubt Professor Schröder van der Kolk, dafs, wo einmal ein Fungus vorhanden sei, durch Absorption der careinomatösen Flüssigkeit und Aus- breitung der Careinomzellen über die Adern, eine carcinomalöse Dyskrasie sich viel eher secundär bilde, als dafs umgekehrt von vornherein eine carcinomatöse Dyskrasie anzunehmen sei, damit Seirrhus entstehe. Er sah bei einem Kaninchen nach Durchschneidung des Nervus cruralis und ischiadicus und darauf bewerkstelligter Fractur ‘der Tibia, vollständigen Fungus medullaris au der Bruchstelle entstehen. Hier konnte doch nicht an eine frühere Dyskrasie ge- dacht werden. Vielfache Untersuchungen haben den Redner überzeugt, dafs Fungus medullaris selbst schmerzlos ist; die brennenden schiefsenden Schmerzen im Careinom werden durch die Bildung von Carcinomzellen und das Mitleiden der angrenzenden Nerven erzeugt. Dr. Virchow tritt im Wesentlichen den Ansichten des vorhergehenden Redners bei und setzt seine Ansichten über die Entwickelung des Krebses und der Tuberkeln auseinander. Dr. Wenzel aus Mainz knüpft hieran eine Mittheilung über Krebsübertragung; er verletzte sich bei der Operation eines Brustkrebses am Finger. Es entstanden sehr heftige Schmerzen und Geschwulst. In dem abgesonderten Eiter zeigten sich keine Krebszellen. Als am fünften Tage das Geschwür im Heilen begriffen war, begann über den ganzen Körper die Bildung von blaurothen schmerz- haften Pusteln, welche geäzt wurden, allein wiederkehrten. Später verschwanden sie nach dem innern Gebrauch von Arsenic in hohen Dosen. Dr. Heinrich bemerkt, es sei eine sehr erfreuliche Erscheinung ‚ zu sehen, wie an die Stelle der chaotischen Verwirrung , welche bisher unter den Mikroskopikern über die Natur und Ent- stehung des Krebses, so wie über die Krebsdyskrasie geherrscht , gegenwärtig eine Ueberein- stimmung der Ansichten zu treten beginne, Er erinnerte hierbei an das kürzlich erschienene Werk von Dr. Bruch in Heidelberg, „über die Diagnose der bösartigen Geschwülste.“ Je wahr- scheinlicher es jetzt werde, dafs eine spezifische Krebsdyskrasie nicht existire, desto mehr verdiene der Einflufs des Nervensystems auf die Entwickelung des ‚Krebses berücksichtigt zu werden. Als einen Beleg für diesen Einflufs führt er das verhältnifsmäfsig seltene Vorkommen von Parasiten bei Irren, so wie den hier eigenthümlich unregelmäfsigen intermittirenden Verlauf an. Zuletzt hielt Professor Stromeyer einen Vortrag über die Anwendung eines permanenten warmen Bades nach der Operation der Blasenscheidefistel durch die Naht und erzählte mehrere Fälle , wo dieses Verfahren zum Ziele geführt hatte. Er wurde dazu bewogen , durch die Ansicht, dafs die Schärfe des Harns die Hauptursache des gewöhnlichen Milslingens dieser Operation sei. Um den Urin schnell zu entfernen und zu verdünnen,, gibt es nun wohl: kein einfacheres und sichereres Mittel als das Verweilen des Patienten in einem warmen Bade bis zur. erfolgten völligen Ver- heilung. Es wurde zu diesem Zwecke ein im Bette angebrachtes: Sitzbad gebraucht und das Wasser fortwährend erneuert durch Zuströmen aus einem neben dem Bette stehenden Fafse, Die Erfahrung hat nun gezeigt, dafs dieses Bad selbst 5 Tage und Nächte fortgesetzt ohne alle Beschwerden ertragen wird. ? - m = Zu gleicher Zeit zeigte Professor Stromeyer einige Instrumente vor, mit deren Hülfe sich an jedem "Theile der Scheide die umwundene Naht anlegen lälst. Am Schlusse der Sitzung zeigte Herr Instrumentenmacher Lüer aus Paris mehrere Instrumente vor, andenen die ausgezeichnete Arbeit allgemeinen Beifall fand. 3. Sitzung. Mittwoch, den 23. September, Präsident : Professor Blasius. Dr. Horst aus Cöln proponirte einen Vortrag über spontane Zerreifsung des Herzens welcher sich aber wegen seiner grofsen Ausführlichkeit nicht zum Vortrag in der Sitzung eignete *). Patient, ein verheiratheter Mann, 74 Jahre alt, von starker Constitution und fettem Körperbau, blafsgelblichter Gesichtsfarbe, von etwas heftigem, schnell aufbrausendem Gemüthe, früher bei einer mäfsigen Lebensart thätig und ohne besondere Krankheit fast immer gesund, wurde nur von Zeit zu Zeit von gichtischen Anfällen, leichtem Podagra, zuweilen hefligem Zahnweh, öfte- rem Schwindel, auch habitueller Stuhlverstopfung gequält, wogegen er von einem Arzt verord- nete abführende Pillen mit Erleichterung genommen hatte. Etwa sechs Monate vor dem Ende seines Lebens wurde er gemäfs der Aussage der Angehörigen zum ersten Male von heftigen, mit völliger Intermission abwechselnden Anfällen von Brustbeklemmung, ohne Husten und ohne Herzklopfen ergriffen, welche in Folge einer eingeleiteten, genauen Nachforschung von allen wesentlichen der sogenannten Angina Pectoris zugehörigen Symptomen begleitet waren; wäh- rend dieser - Anfälle wurden die Angst, die Beklemmung, der Druck auf der: Brust, besonders nach der linken Seite, zuweilen den Hals hinauf, nebst einer schmerzhaft drückenden Empfin- dung, Steifigkeit in dem linken Arm bis an den Ellenbogen so grofs, dafs er gezwungen wurde , laut aufzuschreien; zugleich wurde er dann von einem starken Drang zum Stuhl gequält, ohne die geringste Ausleerung bewirken zu können; aufstofsende Blähungen gaben eine grofse Linderung und baldigen Nachlafs aller Zufälle; später wurden dergleichen An- fälle in Folge einer jeden anhaltenden Bewegung, beim Treppensteigen oder einem vorgekom- menen Aerger, und zwar ohne den geringsten Husten und ohne Herzklopfen, bemerkt, wobei das Einathmen eigentlich nicht erschwert war, sondern zuweilen noch zur Erleichterung diente; aufstofsende Blähungen gaben immer ein Zeichen, dafs der Anfall zu Ende gehen werde, und aufser dem Anfall fühlte der Patient nicht die geringste Beschwerde in der Brust. In letzterer Zeit bekam der Patient nach dem Genufs einer guten Portion Reis mit gebratenen Zwetschen B worauf er sich früher nie wohl befunden hatte, wieder einen sehr heftigen Anfall; ein hinzuge- ‚rufener Wundarzt zweiter Klasse verordnete einen Aderlafs und einen Aufgufs von Sennesblät- *) Wir theilen aus dem eingesandten Manuscript die Erzählung des Falles mit, haben jedoch die literarischen Bemerkungen ihres grossen Umfanges wegen nicht aufnehmen können, tern, doch ohne einigen Erfolg von Stuhlgang und ohne alle Erleichterung des Anfalles; jetzt wurde der Puls, welcher früher gemäfs der Aussage des Wundarztes voll und regelmäfsig ge- wesen sein soll, allmählich schwächer; unter diesen sich fast gleich bleibenden Umständen von Verschlinmerung , mit untermischter Intermission der Zufälle, verordnete der Wundarzt eine andere Arznei, angeblich wieder ein Abführungsmittel, worauf alsbald und gleich nach dem ersten genommenen Efslöffel zwei Mal ein hefliges Erbrechen mit grofser Anstrengung erfolgte und eine sehr gefährliche Verschlimmerung ohne alle Stuhlausleerung eintrat. Der Patient konnte jetzt keinen Augenblick auf einer Stelle ruhig liegen bleiben, drehte sich mit grofser Noth hin und her, setzte sich zuweilen auf die Kniee mit vorwärts gebeugtem Oberleibe, wollte aufstehen wegen Drang zum Stuhl und Urin, klagte fortwährend mit kurz abgebrochenen Worten über grofse Beklemmung und reifsendes Gefühl in der Brust; das Gesicht und alle Glieder wurden auf einmal eiskalt und blieben kalt, ein kalter Schweifs stand auf der Stirne, die Gesichtsfarbe wurde blafsbläulicht, der Unterleib meteoristich aufgetrieben und bei der Berührung leicht schmerzhaft; die Zunge war wenig belegt, übrigens feucht, weder Herz- noch Pulsschlag war nach der Aussage des Wundarztes zu fühlen. Das Erbrechen hatte indessen aufgehört, der Patient war noch bei völliger Besinnung, klagte über Durst; gegen eilf Uhr desselben Abends war die Beklemmung fast zum Ersticken, und die Respiration wie ganz erloschen; er fiel sitzend im Bett hinterwärts nieder, lag nun ganz erbleicht, ohnmächtig, wie ein Todter, das Gesicht und alle Glieder waren und blieben eiskalt, nicht der geringste Herz- oder Pulzschlag war zu bemerken und jeder von den gegenwärligen Angehörigen glaubte, der Patient sei dem Sterben nahe. Gegen Mitternacht wurde ein anderer Arzt, Herr Dr, Hons, zu Rathe gezogen, welcher alle oben beschriebenen Symptome in hohem Grade fortdauernd gefunden haben soll, und ebenso weder durch Auflegen des Ohrs und der flachen Hand auf die Gegend des Herzens, noch durch die genaueste Untersuchung verschiedener Pulsadern den geringstenSchlag wahrnehmen konnte. Dieser Arzt verordnete mehrere mit warmem Wasser gefüllte Krüge theils zur Seite des Kopfs, des Rückens, theils der Arme und Schenkel zu legen und den ganzen Körper noch mit einigen wollenen Decken zu belegen; zugleich wurden Sinapismen auf die schmerzhafte Precor- dialgegend gelegt, der Unterleib mit spirituösen Arzneien eingerieben, in warmen Chamillen- Aufgufs getauchte Tücher auf den Unterleib angewandt, Klystiere gesetzt und ein Decoct mit Spirit. Minder. und etwas Tinct. Opii zum innerlichen Gebrauch verordnet; der Patient blieb in- dessen die ganze Nacht ohne die geringste Erleichterung, mit fortwährend kalten Gliedmassen, unbeschreiblicher Angst und Beklemmung, bei fortwährendem Mangel an Herz- und Pulsschlag , doch gutem Bewufstseyn; am folgenden Morgen war die Besinnung eine Zeitlang verschwunden, kehrte aber nach dem Genufs von einer Tasse Kaffe allmählich wieder zurück; er klagte nun über heftigen Drang zum Urinlassen, konnte aber nichts ausleeren, und die Blase war auch nach einer genauen Untersuchung gar nicht angefüllt. Die Symptome blieben den ganzen Vor- mittag hindurch dieselben. Unter diesen Umständen wurde ich ebenfalls und zwar um die Mit- tagszeit zum ersten Male zu dem Patienten gerufen; ich mufs hier bemerken, dafs ich den Kran- ken vorher nie ärztlich behandelt habe, und dafs die bisher angegebenen Symptome von den bisher behandelnden Aerzten und den Angehörigen mitgetheilt worden sind; ich fand bei = u > meiner Ankunft zwei von meinen Herren Collegen, nämlich Dr. Hons und Dr. Stiker; der Blick, die Züge des Leidenden, welche mir in gesunden Tagen wohl bekannt gewesen, schienen mir nicht sehr verändert zu sein, seine Gesichtsfarbe war etwas blafsgelblich, er sprach noch ganz vernünftig, nur mit abgebrochenen Worten wegen grofser Beklemmung, konnte sich links und rechts in meiner Gegenwart ohne Unterstützung herumdrehen,, das Gesicht und alle übrigen Glieder waren noch immer eiskalt anzufühlen, er klagte sehr über grofse Beängstigung und starke Brustbeklemmung, welche mit Augenblicken ein wenig vermindert wurden, er war ge- zwungen, mit kurz aufeinander folgenden Zügen die Luft einzuathmen, hatte stechende reifsende Schmerzen in der Brust, besonders nach der linken Seite, welche sich bis zu dem Ellenbogen und Vorderarm verbreiteten, doch ohne den geringsten Husten; er klagte über starken Durst, die Zunge war indessen feucht, mit etwas Schleim belegt; der Unterleib war sehr gespannt, aufgetrieben, doch nicht besonders schmerzhaft; die Lebergegend war frei und gar keine Nei- gung zum Erbrechen, Stuhlausleerung hinreichend erfolgt, doch innerhalb 24 Stunden kein Tropfen Urin ausgeleert worden; die Blase schien auch bei der äufserlichen Untersuchung gar nicht angefüllt, und ein eingebrachter Catheter konnte sehr wenig Urin ausleeren; ich konnte eben so wenig wie meine Herren Collegen durch Auflegen der flachen Hand, Auflegen des Ohrs auf dieHerzgegend, noch durch eine genaue und anhaltende Untersuchung irgend einer Pulsader das geringste Klopfen bemerken; nur zuweilen und in langen Intervallen glaubte ich eine etwas zitternde Bewegung des Herzens wahrgenommen zu haben. Nachdem ich alle vorhergegangenen und gegenwärtigen Erscheinungen in Erwägung gezogen hatte, erklärte ich gleich meinen Collegen, dafs eine baldige Auflösung zu erwarten und jedenfalls eine organische Krankheit des Herzens vorhanden sei; aber welche Krankheit des Herzens? Es war schwierig, eine entscheidende Meinung hierüber zu äufsern ; die lange vorhergegangenen Anfälle von sogenannten Brust- bräunen konuten einerseits den Verdacht einer beinahe vollkommenen Lähmung des Herzens erregen, andererseits waren die vorhandenen Erscheinungen ganz abweichend von dem ge- wöhnlichen Verlauf jener Herzkrankheit, und liefsen auf eine wichtige Catastrophe anderer Art schliefsen, nämlich eine plötzlich entstandene Zerreifsung des Herzens ahnden; die physikalischen Zeichen konnten hierüber auch keine bestimmte Aufklärung geben und wir mufsten uns begnügen, nach den vorliegenden Symptomen zu verfahren, die Thätigkeit des Herzens durch nervenstärkende Mittel wo möglich wieder zu erwecken. In dieser Hin- sicht wurden die Glieder mit erwärmten wollenen 'Tüchern gelinde gerieben und ein Auf- gufs von Baldriun mit Moschus, Lig. €. C. suce. zum innerlichen Gebrauch verordnet, wo- durch aber nicht die geringste Veränderung bewirkt werden konnte; alle Zufälle dauerten im höchsten Grad fort bis zum Tod, welcher an demselben Abend gegen 6 Uhr plötzlich erfolgte , indem sich Patient eben herumdrehen wollte. Die Leichenöffnung, welche ungefähr 36 Stunden nach dem Tode mit Beihülfe der Herren Collegen gemacht wurde, ergab folgendes : Der Kör- per hatte äufserlich ein sehr genährtes, fettes Ansehen, und zeigte hier und dort einige soge- nannte Todtenflecken, die Unterschenkel waren gar nicht ödematös angeschwollen. Bei der Durchschneidung der Haut an der Brust zeigte sich eine sehr starke, beinahe zwei Zoll dicke Fetimasse; eine ähnliche fand sich im Mediastinum anterius. Die Lungen waren nirgend ent- 16 — m — zündet, nicht angewachsen, enthielten gar keine Verhärtung, keine Abcesse, beide Brusthöhlen keinen Tropfen wäfseriger Flüssigkeit; der vorsichtig aufgeschnittene Herzbeutel enthielt mehr als 6 Unzen ganz geronnenes, dunkelrothes Blut, die innere Seite des Herzbeutels war ganz normal, ‘die Muskelsubstanz des Herzens, welche übrigens ihre natürliche Dicke hatte, war im ganzen Umfange sehr erweicht, mürbe; man konnte dieselbe wie einen Brei zwisehen den Fin- gern auseinanderdrücken; der linke Ventrikel hatte äufserlich einen fast zwei Zoll langen, die ganze Wand durchdringenden, beinahe verticalen Rifs; die Fleischbündel waren an dieser Stelle nur theilweise durchbrochen und bildeten gleichsam ein Sieb, an welchem sich geronne- nes Blut auf solche Weise angesetzt hatte, dafs man bei dem ersten Augenblick glauben sollte, der Rifs wäre nicht ganz durchgedrungen; allein dieses Bluteoagulum konnte mit der Pincette sehr leicht weggebracht werden, so dafs der Rifs als ein ganz vollkommen durchgedrungener erschien; derselbe war indessen in seiner Länge von Aufsen nach Innen genommen allmählich abneh- mend, so dafs die innere Oefinung einen halben Zoll mafs; aufser diesem vollkommenen Durch- bruch der ganzen Wand des linken Ventrikels sahen wir neben dieser Stelle, ungefähr einen halben Zoll davon entfernt, in fast horizontaler Richtung einen kleineren Rifs von der Gröfse eines Zolls, welcher aber nur ein Viertel der Herzwand, von Aufsen nach Innen genommen, verletzt, aber an der inneren betreffenden Stelle gar keine Oeffnung hatte; man konnte deshalb als wahrscheinlich annehmen, dafs beide Risse ihre Richtung von Aufsen nach Innen genommen hatten. An keiner Stelle des Herzens, weder an den Klappen noch gröfseren Schlagadern war die geringste Verknöcherung zu bemerken. Nach Eröffnung des Unterleibs zeigten die Gedärme viel Gasanhäufung, übrigens kein Eingeweide einen besonderen Fehler. Der Kopf wurde aus Mangel an Zeit nicht eröffnet. Dr. von Sartorius hält folgenden Vortrag über die Wirkung der Aachener und Burtscheider Wässer. Wenn es auch gewifs ist, dafs es keinen Arzt gibt, dem nicht die Wirkungen der 'Thermal- quellen auf den menschlichen Körper bekannt wären; wenn wir auch das Wissenswertheste über die Aachener und Burtscheider Thermen bereits aus den Schriften der älteren und neue- ren Autoren, unter anderen eines Blondel, Kortum, Reumont, Zitterland, Monheim und Wetzlar kennen, so würde ich doch glauben, mieh eines Vergehens schuldig zu machen, wenn ich in dem Augenblicke, wo eine so zahlreiche Schaar von Aeskulaps Jüngern auf Hygea’s geweihter Stätte versammelt ist, nicht mit einem Worte der Heilquellen gedächte , welche die ‚Natur hier so freigebig der leidenden Menschheit spendet. Ja, gerade in dem gegenwärligen, für Aachen, für die Mit- und Nachwelt so wichtigen Momente geziemt es uns, den Thermen, wo- durch Aachen und Burtscheid eine in späte Jahrhunderte hinaufreichende Berühmtheit erlangt haben, um derentwillen Tausende und Tausende hierher gepilgert sind, um durch ihren Ge- brauch Genesung zu suchen und su finden, einige Betrachtung zu widmen. Wenn die Thermalquellen schon als Naturkörper die Aufmerksamkeit des Naturforschers in hohem Grade verdienen, wie viel mehr müssen sie nicht das Interesse des Arztes in Anspruch nehmen, in dessen Händen sie zu einem der wirksamsten Heilmittel werden ? Ich hoffe deshalb, —_- 13 — hochgeehrte Herren, bei Ihnen ein geneigtes Gehör zu finden, wenn ich, obgleich nur in Kürze , unsere Thermen, in so weit: solche. den Arzt interessiren, Ihrer Würdigung empfehle, Wenn wir. den Werth einer. Mineralquelle und den Rang bestimmen sollen, den sie unter ihren Schwestern einnehmen soll, so müssen ‘wir vor Allem nach ihrem: chemischen , physikali- schen Gehalte forschen. Was nun zuvörderst die heifsen Schwefelquellen von Aachen betrifft, so geht aus, den von Herrn Dr. Monheim mit so vielem, nieht genug zu rühmendem Fleifse und Sachkenntnils ange- stellten Analysen derselben hervor, dafs sie durch den Reichthum ihrer flüchtigen sowohl als fixen Bestandtheile alle übrigen bekannten Schwefelquellen der Erde übertreffen. Diese Analysen zeigen, .dals in 100 Theilen des trockenen Rückstandes der Aachener Kaiserquelle ungefähr 2 Theile Schwefelnatrium,: beinahe 65 Theile Chlornatrium, 20 Theile kohlensaures Natron und mehr als 6 Theile schwefelsaures Natron enthalten sind. Der Ueberrest besteht noch aus phosphorsaurem Natron, phosphorsaurem Natron-Lithion, animalisch-organischer Substanz, Kie- selsäure, flufssaurer und kohlensaurer Kalkerde, kohlensaurer Talkerde und kohlensaurer Stron- tianerde. Es ist ferner durch diese chemische Untersuchung dargethan, dafs 100 Kubikzoll der aus der Aachener Kaiserquelle frei sich‘ entwickelnden Gasmischung 69'/, Kubikzoll Stickgas, 30 Kubikzoll kohlensaures Gas und einen halben Kubikzoll überschwefeltes hydrothionsaures Gas enthalten. Die sogenannten untern Schwefelquellen enthalten zwar dieselben fixen und flüchtigen Be- standtheile wie die Kaiserquelle, sind aber von dieser durch eine geringere Temperatur, die nur 37° R. beträgt, während die Kaiserquelle 47° R. hat, und durch eine etwas geringere Quantität der gasförmigen und fixen Contenta unterschieden. Die Burtscheider Thermalquellen weichen von denen in Aachen hinsichtlich ihrer Zusammen- setzung in so fern ab, als die oberen kein Schwefelnatrium und kein Schwefelwasserstoflgas , dagegen aber in der frei sich aus ihnen entwickelnden Gasmischung Spuren von Sauerstoflgas enthalten, welches bei den Aachener und Burischeider Schwefelquellen fehlt. Was die übrigen fixen und flüchtigen Bestandtheile sämmtlicher Burtscheider 'Thermalquellen betrifft, so verhalten 'sie sich völlig wie die Aachener und unterscheiden sich nur von einander und von den Aachenern durch unbedeutende Unterschiede in den Mengenverhältnissen. ihrer Be- standtheile. Dagegen ist, der Wärmegrad der oberen nicht geschwefelten Burtscheider Mineral- quellen erheblich 'gröfser als: jener der Aachener , indem er zwischen 48° R. und 62° R, varüirt, während die Temperatur der unteren, geschwefelten Quellen 35° bis 46° R. beträgt — Koch- brunnen 48°, Krebsbad 46°, Neubad 47°, Quelle des ‚Schwertbades, Goldmühle, Prinz von Lüttich u. s. w. 62° (70° 9. Wenn wir nun erwägen, welch’ eine Menge der wirksamsten Stoffe, wie z. B. Schwefelna- trium, Chlornatrium, .kohlensaures, schwefelsaures, phosphorsaures Natron u. s. w. die Natur hier im Wasser aufgelöst in den geschwefelten Quellen mit hydrolhionsaurem, in sämmtlichen Aachener und Burischeider Quellen mit einer grofsen Menge von kohlensaurem und Stick-Gas, Jann noch mit animalisch-organischer Substanz unter einem hohen Wärmegrad verbunden hat; so läfst sich hieraus kein anderer Schlufs ziehen, als der, dafs die Natur in den Aachener und —- m — Burtscheider warmen Mineralquellen muriatisch erdige Schwefel- und muriatisch erdige unge- schwefelte Thermen in höchster Potenz erzeugt habe. Dafs aber die Innigkeit der Verschmelzung der einzelnen Bestandtheile zu einem Ganzen, welches einen specifischen Körper darstellt, ein Geheimnifs ist, wohinter zu kommen der chemischen Synthese noch nicht gelungen ist, beweist der so unvollkommen ausgefallene Versuch der künstlichen Bereitung des Aachener Schwefel- wassers nach Struve’s Verfahren. Man kann sich leicht beim Kosten dieses Fabrikates schon durch den Geschmack überzeugen, wie weit es hinter der Natur zurückgeblieben. Es ist Ihnen bekannt, hochgeehrte Herren, dafs es eine der Haupteigenschaften der Ther- malwässer überhaupt, insbesondere aber der Schwefelthermen ist, bei ihrer Anwendung auf den menschlichen Organismus tief in die Ernährung einzugreifen. Diese Wässer umfassen daher als Heilmiltel das weite Gebiet der Krankheiten des Pfortadersystems; die Arthritiden, Hämorrhoi- den, Dyschymosen und Cyanosen. Die Aachener und Burtscheider Thermalquellen sind durch erregende, die Ab- und Aussonderungen befördernde Kräfte gegen die Krankheiten des Iympha- tischen Systems, gegen Skrofeln und Drüsenverhärtungen von grofser Wirksamkeit. Sie sind nicht minder wirksam gegen chronisch-rheumatische und gegen mehrere Arten impetiginöser Leiden, wie z. B. gegen Flechten, Eczema, Porrigo u. dgl. Specifisch ist ihre Heilkraft gegen die Folgen von Metallvergiftung, und gegen Mercurial-Krankheit. Bekannt ist die Eigenschaft der Aachener Schwefelquellen, wenn sie in Fällen angewendet werden, wo es zweifelhaft ist, ob die obwaltenden Symptome wirklich noch der Syphilis oder aber den Folgen des ge- brauchten Quecksilbers angehören, indem, wenn wirklich die Syphilis noch nicht vertilgt ist, durch den Gebrauch des Thermalwassers selbe mit verstärkter Kraft wieder hervor- bricht, während im entgegengesetzten Falle durch Anwendung der Therme die Zufälle ver- schwinden und die Krankheit heilt. Ob hier in beiden Fällen der Schwefel chemisch durch Neu- tralisirung wirkt, wie Viele, unter andern auch Wendt, glauben, lasse ich dahingestellt sein, kann aber versichern, dafs ich mittelst der Burtscheider ungeschwefelten Thermalquellen in der Mercurialkrankheit ebenfalls so glückliche Resultate erzielt habe, als in Aachen, wiewohl ich in schweren Fällen dieser Art immer der Aachener Kaiserquelle den Vorzug geben würde. Das Specifische der Wirksamkeit unserer Thermen überhaupt besteht darin, dafs sie an Inte- sität alle andere Thermen um vieles übertreffen, d. h. dafs unsere Thermen vermöge ihres quantitativ und qualitativ höheren Gehaltes an wirksamen Bestandtheilen zwar in höherem Grade ineitirend wirken, dafür aber auch den Organismus desto inniger und kräftiger durchdringen. Also, je tiefere Wurzeln das gichtische, hämorrhoidalische, dermatische, Iymphatische, rheu- matische Leiden geschlagen, je längere Zeit die Krankheit gedauert hat, je mehr und je länger sie mittelst anderer Mittel vergeblich bekämpft, um so mehr stellt sich die Nothwendigkeit her- aus, zu Aachens oder Burtscheids Thermen seine Zuflucht zu nehmen, Mit Recht hebt der um die Balneographie von Aachen und Burtscheid so sehr verdiente Herr Medicinalrath Zitterland in seinem Werke ‚‚Aachens heifse Quellen‘‘ als eine Eigenthümlichkeit derselben heraus, dafs sie nicht durch stürmische Krisen, durch starke Entleerungen wirken, sondern indem sie die in Unordnung geralhenen Secretionen normiren, vorhandene Schärfen neutralisiren, flüssige oder feste Aftererzeugnifse auflösen und durch vermehrte 'Thätigkeit der Resorptionskraft fortschaffen, hierdurch oft die Nerven mittelbar, nämlich durch Entfernung krankhafter Reize oder Hemmungen der Kraftäufserung stärken. Welche ist aber nun die che- mische Einwirkung der Thermen auf die festen und flüssigen Bestandtheile des menschlichen Organismus? Diese Frage wird erst dann genügend beantwortet werden können, wenn die Chemie im Allgemeinen und die Wissenschaft des thierischen Chemismus insbesondere abge- schlossen sein werden, und bis es dahin kommt, dürften wohl noch Jahrzehende, wo nicht Jahrhunderte vergehen. Freilich gebietet die Anwendung unserer Thermen, wenn sie von Erfolg sein soll, Vorsicht und eine geübte Hand von Seiten des Arztes, der die Trink- und Badecur leiten soll; deshalb können aber auch die bei unsern 'Thermen Heil Suchenden nicht genug gewarnt werden vor jener Ungeduld, mit welcher sie jeden Tag ihrer Cur einer Abnahme ihrer Beschwerden ent- gegensehen, deshalb oft von überschnellem Baden und Trinken nicht abzuhalten sind und ent- weder dadurch allein oft eine ganze Cur vereiteln, oder weil der gehoffte Erfolg nicht schnell genug eintritt, die Bade- und 'Trinkeur abbrechen, ehe die Heilquelle ihre Wirkung äufsern konnte. Je tiefer aber das Leiden des Kranken liegt, je veralteter es ist, um so längere Zeit wird zur Entfernung des Uebels erfordert, desto ausgedehnter an Zeit und Umfang mufs die Behand- lung mittelst der Brunnencur sein, und eben der lange Zeitraum, dessen die Therme bedarf, um bis in die innersten Tiefen zu dringen und der erforderlich ist, damit die Natur vermöge andauernder Anstrengung zu der nölthigen Reaction zu gelangen vermag, ist der Grund, wes- wegen die glänzendsten Erfolge von Curen mittelst unserer Thermen erst in der oft Monate lang nach beendigter Cur noch eintretenden Nachwirkung sichtbar werden. Ausdauer und Be- harrlichkeit sind unerläfsliche Bedingungen für das Gelingen einer Brunnencur. Oft ist die Wie- derholung der Cur’im zweiten und auch wohl im dritten Jahre ein wesentliches Erfordernifs zur Heilung, und mancher Kranke ist nur deshalb durch unsere Thermen nicht geheilt worden, weil er und sein Arzt, abgeschreckt durch den nach der ersten Saison nicht eingetretenen Er- folg, nicht daran dachten, dafs ein zweiter Versuch glücklicher ausfallen würde. Hören wir zum Schlusse noch, was der für Heilkunde und Balneographie zu früh dahinge- schiedene geheime Medicinalrath Wendt in seinem Werke über die Gicht von den Aachener Thermen sagt : „Alle Thermen, welche Deutschland zu besitzen das Glück hat, wie Töplitz, Wiesbaden, Aachen, Nenndorf, Baden, sind bei atonischer, bei der herumirrenden, bei der Arthrithis re- tenta, reirograda, organica (und möchte ich hinzusetzen: bei der Arthritis larvata) zu empfeh- len. Bei Aachen mufs aber noch bemerkt werden, dafs dasselbe in seiner Temperatur das höchste, in seinen Bestandtheilen das wirksamste ist. Unter günstigen Umständen, wenn sonst keine Contraindication den Gebrauch verbietet oder beschränkt, läfst sich erwarten, dafs auch weitgediehene Gichtknoten und andere tiefwurzelnde Mifsbildungen, wie sie bei der Arthitis organica wohl vorkommen, durch einen längeren Gebraueh zurückgebildet werden.“ Auf solche Autorität gestützt darf ich hier auch wohl, ohne den Vorwurf der Parteilichkeit — 16 — zu fürchten, die Versicherung aussprechen, dafs in jeder Saison unter den hier erscheinenden Curgästen mehr als ein Beispiel vorkömmt, dafs Kranke, welche bisher vergeblich bei anderen Thermen Hülfe gesucht, endlich durch die hiesigen Genesung fanden. Gewifs werden viele schwer Behaftete auch durch andere Thermen geheilt, denn nicht ohme Ursache hat die Natur so viele verschiedene Thermen über die Erde verbreitet. Wir wollen Aachen keineswegs als das Mekka ausrufen, wohin jeder Kranke pilgern soll. Uns genügt es, die vorzüglichen Eigenschaften unserer Thermen anzuerkennen, der Wahrheit ihr Recht und dem Urheber der Natur die Ehre zu geben, dessen wunderbare Fürsorge für das Menschenge- schlecht sich durch die Existenz von Heilquellen am glänzensten offenbart. Dr. Wetzlar fand sich veranlafst, einige Bemerkungen zu dem eben gehaltenen Vortrage hin- zuzufügen. Die von Dr. von Sartorius ausgesprochene Ansicht, als wirkten die Quellen haupt- sächlich durch Lysis, sei im Allgemeinen richtig. Indessen känen doch viele Fälle vor, wo, um Heilung zu bewerkstelligen, man die Quellen in solcher Gabe anwenden müsse, dafs heftigere Erscheinungen ihrer Wirkung, wie namentlich der sogenannte Badesturm, einträte. Es sei diese Einwirkung der Quellen dann zu erzielen, wenn man inveterirte chronische Krankheiten zu be- handeln habe. Bei chronischem Rheumatismus namentlich sei es häufig die Aufgabe des Bade- arztes, einen solchen Badesturm zu erzeugen, um so die chronische Krankheit gewissermafsen in eine acute zu verwandeln. Sei dieses gelungen, so habe man oft zur Herstellung des Kran- ken nichts weiter zu thun, als demselben Ruhe zu empfehlen und ihn vor schädlichen äufsern Einflüssen zu bewahren. Bei Entstehung eines solchen Badesturms sei es Aufgabe des Brunnen- arztes, denselben gehörig zu leiten, und wo er zu stark auftrete, zu mäfsigen. Die Dauer einer Bade- oder Trinkcur sei gar nicht im Voraus zu bestimmen. Habe man einen Kranken zu behandeln, dessen Uebel durch Lysis geheilt werde, so wäre die Zeit, welche ein Kranker in Aachen zuzubringen habe, oft kürzer, als wo eine Crisis zu erzielen sei. Oft könne man in einer Saison den Kranken nur bis auf einen gewissen Punkt der Besserung bringen, und müsse einer späteren Saison die vollkommene Heilung überlassen. Sei es z. B. in einer Saison gelungen, einen rheumatischen Kranken von seinen Schmerzen zu befreien, so müsse man sehr häufig eine zweite Cur vornehmen, um die Nachkrankheiten der früheren rheumali- schen Anfälle, wie Gelenkanschweilungen, Lähmungen etc. zu heben. Dr. Wetzlar spricht ferner über die Zweckmäfsigkeit, die Aachener, besonders aber die Burtscheider Quellen in einer Weise anzuwenden, welche bisheran ganz vernachlässigt worden. Es sei bekannt, dafs eine feuchtwarme Atmosphäre den Brustkranken wohlthue; anstatt Schwind- süchtige nach Italien oder Madera zu schicken, könne man dieselben sehr gut während des Winters in den Burtscheider Badehäusern sich aufhalten lassen. Es bedürfe nur kleiner Vor- richtungen, um die Luft in diesen Badehäusern mit Wasserdämpfen zu impriegniren, und er könne nicht genug auf die Nützlichkeit solcher Einrichtungen hinweisen. Aerzte, welche Texas besucht hätten, hätten ihm versichert, dafs in Folge der dort fortwährend herrschenden feucht- warmen Temperatur Husten zu den Seltenheiten gehöre. Man solle sich diese Beobachtung zu Nutze machen. Die Aachener und Burtscheider Quellen glichen sich sehr in ihrer Wirkungsweise, doch käme - DI -— es sehr darauf an, auf den Unterschied der Wirkung beider Quellen hinzuweisen. Zwischen den Aachener und untern Burtscheider Quellen bestände nur ein quanlitativer Unterschied, indem die Aachener Quellen etwas mehr feste Bestandtheile hätten; die oberen Burtscheider Quellen seien aber durch ihren gröfseren Gehalt an Glaubersalz ausgezeichnet, wogegen die Aachener Quellen Schwefelwasserstoff enthielten, welches den Burtscheider obern Quellen gänzlich fehle. Kortum habe richtig darauf hingewiesen, dafs die“Aachener Quellen mehr bei Hautkrankheiten, die Burtscheiber obern Quellen mehr bei Unterleibsleiden anzuwenden seien. Wenn Kortum in seiner Vorliebe für die Quellen auch zu weit ginge, und sie den Karlsbader Quellen gleich- stellte, so sei doch aufser Zweifel, dafs der innere Gebrauch der Burtscheider obern Quellen als eines gelind auflösenden Mittels, bei Unterleibskrankheiten von dem gröfsten Nutzen begleitet sei. Dr. Wetzlar tadelt sehr, dafs bis jeizt kein öffentlicher 'Trinkbrunnen der oberen Burtscheider Quellen existire. Dr. Hahn knüpft an die Aeufserungen des Herrn Dr. von Suartorius über die Wirksamkeit der Burtscheider Quellen in Mercurialkrankheiten einige Bemerkungen, Er ist der Meinung, dafs in dieser Beziehung die Aachener vor den Burtscheider Quellen bei Weitem den Vorzug verdienen, indem er die Wirksamkeit der Thermen in dergleichen Fällen hauptsächlich ihrem Schwefelgehalte zuschreibt. Zur Unterstützung seiner Ansicht erzählt er folgenden Fall. Ein bucklicher sehr schwächlicher und über 40 Jahre alter Mann bekam ein Geschwür an einer Tonsille. Sein Arzt, ohne irgend Erkundigun- gen über seine früheren Verhältnisse einzuziehen und sich lediglich stützend auf die Inspek- tion des Geschwürs, hielt letzteres für syphilitisch und verordnete demgemäfs eine Mer- eurialcur. Das Geschwür wurde auch zur Vernarbung gebracht, kam aber nach einiger Zeit wieder zum Vorschein und wurde nun abermals mit Quecksilber, nämlich durch die Dzondi’sche Cur behandelt, worauf wieder eine scheinbare Heilung erzielt wurde. Indessen kamen nach wenigen Wochen nicht allein Geschwüre am Gaumen und im Halse zum Vorschein, sondern allmählig bildete sich auch ein stinkender Ausflufs aus der Nase und es zeigten sich Symptome einer ausgebreiteten Caries mit Nekrose in den Nasenhöhlen, indem verschiedene Knochenfrag- mente ausgestofsen wurden. Patient falste nun Mifstrauen in seinen bisherigen Arzt und consul- lirte einen andern. Dieser sagte ihm, seine Krankheit sei nicht syphilitisch, sondern rühre ledig- lich von der grofsen Menge Quecksilber her, die er verschluckt habe; man müsse, wie er sich ausdrückte, das alte Queksilber durch eine kräftige Inunctionscur aus dem Körper heraustrei- ben. Der unglückliche Patient wurde also nun mit Mercurial-Einreibungen mifshandelt; er bekam einen starken Speichelflufs, es lösten sich noch zahlreiche Knochenstücke und das Nasengewölbe stürzte ein. Der weitere Erfolg schien indessen auch diesmal die Behandlung zu rechtfertigen, indem der stinkende Ausflufs aus der Nase allmählig aufhörte und eine scheinbare Heilung be- wirkt wurde, leider aber auf eine sehr kurze Dauer. Schon nach wenigen Wochen flofs wieder eine stinkende Jauche theils durch die natürlichen Oeffnungen der Nase, theils durch eine Oeff- nung, welche sich im harten Gaumen gebildet hatte. Patient gerieth nun völlig in Verzweiflung, wollte von keinem Arzte mehr hören und nur auf dringendes Zureden seiner Verwandten wil- — 18 — ligte er endlich ein, einen dritten Arzt, nämlich ihn (Dr. Hahn) zu Rathe zu ziehen. Er hielt dem Kranken nun vor, wie die Heilung lediglich von der Aufrichtigkeit seiner Aussagen abhangen werde, es frage sich, ob er je an einer syphilitischen Krankheit gelitten habe. Patient betheuerte aber, dafs er nie ein Weib berührt und keinerlei Krankheit je an den Geschlechtstheilen erlitten habe. Dr. Hahn hatte keinen Grund, die Wahrheit dieser Aussage in Zweifel zu ziehen und behandelte das Uebel als Mercenrialkrankheit. Demgemäfs verordnete er den Gebrauch der Aachener Kai- serquelle sowohl innerlich als auch äufserlich in der Form von Dampfbädern, liefs diese Cur zwei Monate lang ununterbrochen fortsetzen, und verordnete dem Patienten während der letzten Hälfte der Cur aufserdem noch jeden Abend eine Dosis von 10 Gran Kali sulphuratum. Schon mit der vierten Woche fing Patient an jede Nacht stark zu schwitzen, ohne sich dadurch im Mindesten geschwächt zu fühlen. Der Schweifs nahm bald einen deutlichen Schwefelgeruch an und tingirte stark die Beittücher. Noch mehrere Wochen nach Beendigung der Cur dauerte dieses Schwitzen fort und verlor sich ganz allmählig. Während der Cur lösten sich noch einige Knochenstücke, dann aber versiegte der Ausflufs und es erfolgte eine vollständige Vernarbung aller Geschwüre. Patient hat bis zu seinem Tode, der erst zehn Jahre später in Folge eines Leberleidens mit Bauchwassersucht Statt fand, nie mehr irgend eine Spur jener qualvollen Krankheit wahrgenommen. Dr. Hahn schliefst seinen Vortrag mit der Bemerkung, dafs die Aache- ner Schwefelquellen bei Personen, die viel Quecksilber gebraucht haben, nicht selten Speichel- flufs und zuweilen sogar Mercnrialgeschwüre im Munde oder im Halse hervorrufen, dafs diese Geschwüre aber, in so fern sie nicht syphilitischer Natur sind, wie er mehrmals beobachtet habe, im weitern Verlaufe der Cur wieder vernarben. In zweifelhaften Fällen, wo man nicht wisse, ob man Reste der Syphylis oder Mercurialleiden vor sich habe, biete der Gebrauch der Aachener Thermen ein eben so sicheres als gefahrloses Criterium. Medizinalrath Dr. Zitterland und Dr. Streter machen noch einige Bemerkungen über die Heil- kraft der Aachener und Burtscheider Quellen bei syphilistischen Hautkrankheiten. Auf die Frage des Sanitätsraths Dr. Lamby, wann der sogenannte Badefriesel sich beim Ge- brauche der Aachener Schwefelquellen zeige und ob er häufig vorkomme, erwiedert Dr. Reu- mont, dafs die Zeit seines Eintrittes sehr unbestimmt sei, es hänge von der Constitution im Allgemeinen, namentlich von dem Zustande des Hautsystems insbesondere ab; so habe er in dieser Saison bei einem schwächlichen, mit einem chronischen Leberleiden behafteten Englän- der, im Alter von 45 Jahren, dessen Haut äufserst reizbar war, nach zwei Bädern von 27° R., in denen er blos eine Viertelstunde verweilte, den Badefriesel über den ganzen Unterleib er- scheinen sehen. Uebrigens komme der nach den hiesigen Bädern entstehende Bläschenausschlag im Ganzen selten vor. Dr. Wetzlar stellte eine Kranke vor mit einer eigenthümlichen Entartung der Finger. Seit län- ger als vierzehn Jahren war dieselbe mit kurzen Unterbrechungen, wo sie bei anderen Aerzten Hülfe suchte, in seiner Behandlung. Die Kranke ist 46 Jahre alt und seit ungefähr 20 Jahren verheirathet, und abgerechnet ihr locales Uebel vollkommen gesund. Vor sechszehn Jahren be- merkte sie zuerst, ohne alle bekannte äufsere Veranlassung, ein Einschrumpfen der Finger. Zu — 19 — Zeiten entzünden sich die Nagelglieder und es entstehen kleine Eiterpunkte an denselben. Die so entstandenen Wunden heilen schwer. Es zeigt sich jetzt eine Atrophie des Zellgewebes der Finger und sind dieselben in ihren Functionen behindert. Man war über die Natur und die Be- handlung des Leidens sehr verschiedener Meinung; doch vereinigten sich die Meisten nachher in der Ansicht, dafs lange fortgesetzte erweichende Umschläge das Fortschreiten der Krankheit am besten hindern würden. Professor Hohl aus Halle hielt hierauf folgenden Vortrag über Verletzungen des Kindes im Mutterleibe. Es ist nicht meine Absicht, hier einen Vortrag zu halten über Verletzungen des Kindes im Mutterleibe, die ihm während der Schwangerschaft durch äufsere Gewaltthätigkeiten zugefügt werden können. Die Erfahrung hat. darüber entschieden und ihre Existenz unzweifelhaft heraus- gestellt. Eben so wenig bin ich gesonnen, diejenigen Verletzungen zur Sprache zu bringen, die das Kind während der Geburt treffen, von einem Mifsverhältnifs zwischen ihm und dem Becken, oder von Fehlern des letztern ausgehen, oder endlich in angewendeten Instrumenten ihren Grund finden können. Es gelte vielmehr der Erörterung einer andern Frage, die zwar nicht unbesprochen ist, aber ihrer Wichtigkeit wegen auch weiterer Besprechung wohl bedarf- Sie lautet : Kann das Kind im Mutterleibe verletzt, können ihm Knochen gebrochen werden, ohne dafs irgend eine äufsere Gewalt die Mutter getroffen hat, ohne dafs die Geburt eine schwere, lang dauernde gewesen ist? Die Beantwortung dieser Frage verlangt Vorsicht, denn bejahen wir sie, so geben wir bei Verletzungen durch operative Hand freien Spielraum der Entschuldigung — und der Mutter, die ihr Kind selbst beschädigte ein Mittel an die Hand, die Anklage von sich ab und auf die Natur zu schieben; verneinen wir sie gerade hin, so wälzen wir die Schuld unabwendbar auf jede Hand, die operativ eingegriffen, wenn das Kind mit Knochenbrüchen u. dgl. geboren wird und sprechen das „Schuldig“ über jede Mutter aus, deren Kind mit Verletzungen leicht geboren wird, und die als von ihr zugefügt gedacht werden. Es ist bekannt, dafs häufig von dergleichen Verletzungen und Knochenbrüchen die Rede ist; bekannt auch, dafs manche Geburtsgeschichte ihnen ihr Dasein verdankt, ohne dafs man eine eigentliche Entstehungsweise angeben konnte. Spontane Knochenbrüche ist ihr Titel, auch hat man wohl zum Versehen ‚seine Znflucht genommen, um sie zu erklären, wo sie sich zeigten. Es steht fest, dafs dergleichen Verletzungen und Knochenbrüche vorkommen; wo dies aber der Fall ist, mufs auch die Art und Entstehungsweise vorliegen und angegeben werden können. Um dies möglich zu machen, müssen wir streichen. Streichen müssen wir 1. alle Fälle, die als spontane Knochenbrüche angeführt werden und, wie man sagt, gestützt sind; 2. alle Fälle, wo die Knochenbrüche durch Versehen u. dgl. entstanden sein sollen, denn. wir werden unser Ge- wissen nicht belästigen, wenn wir den Geschichten von Malebranche, Harstecker, Muys u. A. keinen Glauben schenken, und läugnen, dafs Frauen, welche der Execution des Rä- derns zusahen, Kinder gebären komnten, deren Gliedmassen auf dieselbe Weise zerbrochen waren, wie die des Verbrechers. Wir wollen nicht mehr mit Bohn glauben, dafs die Einbil- 17 > N — dungskraft hinreicht, dem Kinde Wunden und Kaochenbrüche beizubringen. — Wir müssen. aber auch streichen 3. alle Fälle, wobei die Hand einer Hebamme oder eines Geburtshelfers werk- thätig gewesen ist, und keine andere Ursache der Verletzung nachgewiesen werden kann. Wer wird es läugnen, dafs, bei der Wendung und: Extraction nieht sehr leicht mit und ohne vor- sichtige Ausführung ein Arm oder ein Bein zerbrochen werden kann, wenn namentlich eine Disposition dazu in einem Fehler der chemischen Composition der Knochen besteht. Es kann der Bruch mittelbar und unmittelbar veranlafst werden, indem die Hand oder das Instrument auf den Knochen selbst wirkt, oder der Bruch bei der Operation zu Stande kommt, ohne dafs die Hand auf den brechenden Knochen einwirkt, wie z. B. bei Lösung eines Arms und beste- hender Kreuzung der Arme, bei der Wendung‘ oder der Extraction an einem Fulse, wenn die Beine übereinander liegen, oder das nicht ergriffene Bein sich aufstemmt.u. s. w. — Es sind mir eine Zahl von Fällen solcher spontanen Knochenbrüche wohl bekannt, doch im Augenblicke nicht so gegenwärtig, dafs ich mich 'auf eine Kritik derselben gründlich einlassen könnte, allein es ist eine solche nieht schwer, und die Resultate derselben führen zu der Aufforderung, nicht weiter so gulwillig im Glauben zu sein, vielmehr zu sagen : „‚ipse fecisti“, so bald nicht eine andere Ursache des abgelehnten Knochenbruches nachgewiesen wird. Am wenigsten schenke man den Hebammen und der als Zeugen aufgerufenen Umgebung ein geneigtes Ohr in derglei- chen Fällen, denn jene braucht zum Brechen eines Arms keine so auffallende Anstrengung, dafs es diese gerade bemerken muß. Wenn wir nun nicht mehr an Knochenbrüche glauben, welche die Einbildungskraft bewirkt haben soll; wenn wir ähnliche Ursachen von Knochenbrüchen, wie z. B. das Aufstemmen einer Sehwangern mit den Händen auf ihre Oberschenkel, um sich vom Stuhle zu erheben, und die dadurch erfolgten Brüche beider Oberschenkel des Kindes; wenn wir die spontanen Knochen- brüche bei operativen Eingriffen nicht gelten lassen, weil keine andere änfsere und innere Ur- sache nachweisbar ist; überhaupt die ohne notorische Ursache entstandenen. Knochenbrüche streichen : so werden wir im Stande sein, vorkommende Verletzungen und Knochenbrüche am Kinde bei nicht vorgekommener äufserer Gewaltihätigkeit während der Schwangerschaft und, nicht schwerer und andauernder Geburt zu erklären. Wir können als Ursachen solcher Verletzungen und Knochenbrüche aufstellen : 1. Convulsio- nen des Kindes; 2. Einfluls seiner Lage; 3. Einwirkung der‘ Umgebung des Uterus, besonders der Wirbelsäule und des Beckens auf das Kind; A. fehlerhafte oder mangelhafte, Entwickelung und Krankheiten der Knochen; 5. Mangel an Raum; 6. Umschlingung der Nabelschnur und fal- sche Ligamente. Es würde mich zu weit führen, hier die angegebenen Ursachen gründlich zu erörtern, was; an einem andern Orte geschehen mag. Nur auf Einiges will ich die Aufmerksamkeit hinlenken. Convulsionen des Fötus wurden in: der früheren Zeit wohl angenommen , nicht aber durch, Beobachtungen bestätigt. Die Erfahrungen von Chaussier, d’Qutrepont, Carus u. A. haben ihr Vorkommen unzweifelhaft gemacht. Die Folgen: dieser Convulsionen haben sich jedoch. häufiger als Luxationen, seltener als Knochenbrüche gezeigt. Sie zeigen sich als heftige, äufser- lich fühlbare, selbst sichtbare Bewegungen des Fötus, treten periodisch auf, werden der Schwan- —- 21 — ‘gern empfindlich, schmerzhaft, und erregen zuweilen selbst bei dieser convulsivische Zuckun- ‚gen. Die Kinder werden gewöhnlich todt geboren, so dafs auch die Mütter nach den Anfällen ‘die Bewegungen des Kindes wenig oder gar nicht fühlten. In manchen Fällen folgt dem ersten Anfall kein zweiter, und die Bewegungen hören auf. Wenn auch nicht immer, so kann man ‘doch in vielen Fällen diese Krämpfe als letzte Lebenszeichen betrachten, indem man auch bei ‘eintretendem Tode des Kindes während der Geburt die Todeszuckungen wie Stöfse, Schläge fühlt. Der Einflufs der Luge des Kindes auf seinen Körper ist unläugbar, und tritt um so deutlicher hervor, wo es ihm zugleich an Raum gebricht. Auch hier kommen Luxationen, Anchylosen, man- gelhafte Eutwickelung, Verwachsungen vor. L. F. v. Froriep, Jörg, Osiander, Stein, Klein, Brechet haben Fälle mitgetheilt, welchen ich einige anreihen kann, wo der Einflufs der Lage des Kin- des im Uterus in Folge von Druck die Entwickelung unterliegender Theile hemmte, Verwach- sungen dicht an einander liegender Theile, Biegungen des Rumpfes oder der Extremitäten u. s. w. bewirkte. Ganz besonders wichtig ist die Einwirkung der- Umgebung des Uterus, namentlich der Wir- belsäule und des Beckens auf das Kind. Hier können Sugillationen, Extravasate, Blutgeschwulst, Trennungen der bereits vereinigten Knochenfasern, Eindrücke mit und ohne Fissuren, wahre Knochenbrüche vorkommen, und nach der leichtesten Geburt gefunden werden, es mag der 'Kopf oder der Steifs vorgelegen haben, denn ich selbst habe Fälle von Eindrücken und Fissuren ‚am Kopfe bei der letzten Lage zu sehen Gelegenheit gehabt. D’Outrepont fand nach einer ‘schnellen und leichten Geburt einen Bruch am linken ‚Seitenbein, in zwei anderen Fällen Ein- (drücke; ‚Carus bei gleichartiger Geburt einen Eindruck in den Schädelknochen mit einer Fissur im Stirnbein; Osiander einen Knocheneindruk; Düntzer einen bedeutenden Eindruck im Stlirnbein ‚und ich selbst fand bei einer gestorbenen Schwangern einen Eindruck im Scheitelbein. Diese ‚Fälle mögen für diesen Vortrag genügen. — Aber wie entstehen diese Verletzupgen, und zu- ‚nächst die Knocheneindrücke mit und ohne Fissuren, mit und ohne Hautröthung und Sugillation? “Wie mir scheint, so gibt es zwei Arten von Knocheneindrücken, die sich unterscheiden durch ‚Beschaffenheit des Knochens, der Form und der Knochenbedeckungen. Der Knochen mit dem Eindruck ist nämlich entweder fest, durchaus nicht auszugleichen oder er ist weichlich, kann ‚sogleich durch einen Druck auf dem Rande des Eindruckes ausgeglichen werden, wie von mir ein Fall bekannt gemacht‘ worden ist, oder die Natur gleicht ihn allmählig aus. Die erste Art dieser Eindrücke kann nur ‘nach und nach entstehen, die andere plötzlich, also auch während ‚der Geburt. Sind sie mit Fissuren oder Fracturen vereint, so stirbt das Kind immer. Was die Form betrifft, so sind die Eindrücke .dreiwinklich oder. rund, auch oval. Die Haut ist geröthet, exco- rürt, Sugillation vorhanden oder nicht. Die erste Art der Eindrücke, bei welchen die Knochen hart sind, der Eindruck nicht auszugleichen ist, die Haut nicht geröthet, keine Sugillation zeigt, entsteht allmählig, also während der Schwangerschaft, und zwar entweder in Folge von Exoste- sen an der Wirbelsäule‘ oder auf der Grenze des grofsen Beckens, oder er verdankt seinen Ursprung dem Vorstehen der Verbindungsstelle des vorletzten und letzten Lendenwirbels, wo- durch gleichsam ein’ zweiter Vorberg gebildet wird, ‘oder die an die Stelle des eigentlichen , — 132 — dann tiefer stehenden: Vorbergs getreten ist. So kann auch diese Art des-Eindruckes an dem wahren Vorberg sich bilden, wenn er bei starker Neigung des Beckens höher liegt und unge- wöhnlich hervortritt. Ist eine Exostose die Ursache des Eindruckes, so ist die Form desselben gewöhnlich rund, selten oval, während sie dreiwinklich erscheint, wenn der Eindruck durch die bezeichnete Verbindungsstelle, oder den Vorberg gebildet wird. Auch pafst er genau an diese Stellen fast an jedem Becken. Bemerkenswerth ist es, dafs die Beobachter von solchen in der Schwangerschaft entstandenen Eindrücken bemerken, dafs die Schwangern über einen fixir- ten und dumpfen Schmerz geklagt haben, und auch die Stelle des Schmerzes der Exostose ent- sprochen habe. Ich habe in einem Falle, wo der Eindruck durch das vorstehende Promontorium veranlafst worden war an der entsprechenden Stelle des Uterus eine Erweichung gefunden. Die Wöchnerin war an einer Endometritis gestorben. Fissuren, sie mögen vom Rande des Kno- chens bis zu dem Eindrucke gehen oder nicht, halte ich erst für die Folge der Geburt, und können sie also bei den während der Geburt sich bildenden Eindrücken — die gewifs nicht so häufig vorkommen, als man glaubt — entstehen, oder zu den schon vor der Geburt gebildeten — das häufigere Vorkommen, hinzukommen. Dies ist aber dann der Fall, wenn der Bindruck durch das Promontorium, oder durch eine Exostose auf oder vor dem Beckeneingange veranlafst ist. Hier nämlich wird durch den Druck der Wehen der Knochen nicht nur mehr angedrückt, sondern auch nach unten geschoben, während der am stärksten vorstehende Rand, das Dach des Eindruckes auf das Promontorium sich stützt und so den Knochen bricht, So ist es auch möglich, dafs nun noch Zeichen des Druckes an den Bedeckungen des Knochens sich darstellen. Sugillationen, Fissuren und Fracturen, Trennungen der Kopfknochen aus ihren Verbindungen etc. können nicht minder schon während der Schwangerschaft entstehen; durch die Geburt dann, wenn sie auch selbst eine, leichte ist, vergröfsert werden. Dies kommt besonders 'vor, wenn der Kopf, öfters bei der ersten Schwangerschaft, mit dem untern verdünnten Abschnitt des Uterus tief steht, aber eine fehlerhafte Stellung hat, nämlich zu einer Seite oder vorn mit einem Scheitelbein sich aufstemmt, und der übrige Theil des Kopfes in das Becken gedrückt wird. Dieser Druck steigert sich schon bei den Erectionen des Uterus, mehr noch bei den fol- genden. Wehen, und bewirkt jene bereits vorbereiteten Verletzungen ehe noch die dritte Ge- burtsperiode eingetreten ist. Gewöhnlich wird dadurch das Zurückziehen des Muttermundes er- schwert, weil die Wirkungen der Contractionen den Rand des Muttermundes nicht gehörig tref- fen können. Wirken endlich Treibwehen, so wird: es dem Explorator nicht entgehen, wie der Kopf mit seinem schrägen Theil in den Beckencanal: vorgeschoben, ‘das’ Scheitelbein aber gegen das Becken. gedrückt wird und sein oberer Rand von: dem»entsprechenden des andern Schei- telbeins entfernt ist, und der letztere vorsteht. Dies mit Beispielen zu‘ belegen, gestattet mir hier die Zeit nicht. Als vierte Ursache von Knochenbrüchen nannte ich fehlerhafte oder mangelhafte Entwickelung und Krankheiten der Knochen. Beide Zustände kommen einzeln, aber auch:in Verbinduug vor, und müssen wir hierbei wahre und scheinbare Knochenbrüche annehmen, indem bei den’in Folge von mangelhafter Entwickelung vorkommenden Trennungen der Knochen voneinander nicht eigent- liche Brüche zu ‚Grunde liegen. JM. Meckel sah ein neugebornes Kind mit‘113 Knochenbrüchen — 13 — in Folge einer mangelhaften Knochenbildung, und die Fälle von Adelmann und Jungmann zähle ich diesen und andern bei. Nicht gering ist die Zahl der Knochenbrüche, die in Folge krank- hafter Beschaffenheit der Knochen entstehen. Nicht immer'ist der Knochen vollständig gebrochen, und neben Fracturen kommen auch deutliche Callusbildungen vor, oder diese allein. So veran- lafst Weichheit und Biegsamkeit der Röhrenknochen beim Fötus eine theilweise Zerbrechung, wie bei dem Zweig eines Baums, den man zerbrechen will, und wo der eine Theil einknickt und bricht, der andere sich biegt. Eine solche Weichheit und Biegsamkeit der Knochen kommt zwar bei Rhachitis des Fötus vor, setzt aber diese nicht als nothwendig voraus. Allerdings ist es diese Krankheit, die zu enormen Biegungen der Knochen, aber auch zu Brüchen Veranlassung geben kann, wobei auch die gröfsere oder geringere Beschränkung des Raums im Uterus, also der Einflufs der Lage in Anschlag zu bringen ist. Das Kind, an welchem Chaufsier 130 Kno- chenbrüche, darunter 70 Rippenbrüche fand, war ein rhachitisches, ebenso das Kind mit 45 Knochenbrüchen, dessen Murat gedenkt. Ein Fötus, der mit Hydrocephalus und Rhachitis gebo- ren: wurde, hatte, wie Sartorius berichtet, viele Knochenbrüche. Fälle von d’Outrepont,, Cec- coni u. A. beobachtet, können in nicht geringer Zahl hinzugefügt werden, wo nicht blos Rha- chitis, sondern auch andere krankhafte Beschaffenheit der Knochen zu Brüchen führt, wie in einem von Watkinson bekannt gemachten Falle, die Trennung ihren Grund hatte in einer bran- digen Zerstörung des Zusammenhanges, und nach Hoere’s Mittheilung ein Knochenrifs bei einem inneren Kephalämatom "entstand, wobei die innere Knochentafel zerstört war. Nur kurz willich der Verletzungen gedenken, die den Fötus wegen Mangels an Raum im Uterus treffen können. Hier kommt der Schnürleib an die Reihe, dem man nachsagt, dafs er in der Schwan- gerschaft die freie Entwickelung des Fruchthalters und Kindes zurückhalte, das Rückgrat ver- schiebe, das Becken verunstalte, Mutter und Kind tödte, denn in Löwenstein’s 156 Aphorismen steht : „Die Schnürbrüste haben mehr Mütter getödtet als Dolch und Gift.“ Man hat über diesen Panzer, wie Osiander den Schnürleib nennt, den Stab zu allgemein gebrochen, wenn man be- sonders die Einrichtung der Schnürleiber der jetzigen Zeit mit den früheren Arten vergleicht. Junge Mädchen, die noch keine Schnürleiber tragen, zeigen die meiste Neigung, schief zu wer- den, und Frauen, die nichts von Schnürbrüsten wissen, haben aus andern Gründen häufiger schiefe und fehlerhafte Becken, als die Frauen höherer Stände. Wäre es wirklich so schlimm es müfsten die meisten Krüppel sein. Obwohl Osiander von Frauen einiger Negerstämme rühmt, dafs sie während der Schwangerschaft alle beengenden Kleider ablegen und ausruft : „Mufs man nicht gestehen, dafs diese schwarze Frauen gescheidter sind als viele weifse,‘“ so kann die grofse Schädlichkeit doch nur unter besondern Bedingungen anerkannt werden, wobei ich mich nur auf den Einflufs des Schnürleibes, auf die Entwickelung des Fruchthalters und Kindes be- schränken will. Hier kann nun zunächst von einem nachtheiligen Einflufs in den ersten Monaten der Schwangerschaft nicht Rede sein. Auch versteht es sich von ‘selbst, dafs es mir nicht in den Sinn kommen kann, 'ein unsinniges, die ganze Schwangerschaft andauerndes Schnüren und gewaltiges Einzwängen des Leibes irgendwie als unschädlich in Schutz nehmen zu wollen. Wenn wir aber mit Recht die Leibbinde empfehlen, die fest anliegen mufs, wenn sie ihren Zweck erfüllen soll, so dürfen wir "auch'nicht unbedingt den Schnürleib verwerfen. Es kommt hier be- _ 134 — sonders auf das Verhältnifs der weiblichen Gestalt an. Ist diese in allen Verhältnifsen echt weib- lich, und zeigt sie sich besonders in dem Gröfsenverhältnifs des Rumpfes und hier: wieder zwi- schen Brust= und Bauchhöhle, ‘so kann unter der vorgestellten Voraussetzung der Schnürleib nicht verdammt werden. Ich kann in der That aus meiner Erfahrung eine nicht geringe Zahl unverhei- ratheter, aber wohlgestalteter Schwangeren anführen, die sich während der ganzen Schwanger- schaft in einem so hohen Grade geschnürt hatten, dafs die gerade in diesem Punkte sehr’ vigi- lirenden Augen der Frauen von der bestehenden Schwangerschaft keine Ahnung gehabt haben, und die Kinder waren ausgetragen, gut genährt und wohl gestaltet. Nicht bei allen Frauen-aber findet sich das berührte Verhältnifs vor, namentlich nicht, wenn die weibliche Gestalt der männ- lichen sich nähert, ohne dafs man dergleichen Frauen als Viragines bezeichnen kann, Der ganze Rumpf ist zu kurz, die untern Extremitäten länger als sonst, ‘die Bauchhöhle zu klein, Solche Frauen tragen gewöhnlich nicht aus und erreicht auch die Schwangerschaft ihr Ende, so, gebä- ren sie kleine, keineswegs elende Kinder, die auch an der Brust vorireflich gedeihen. Aechn- liches bemerkt man auch öfters bei Scoliotischen. Wenn nun solche Frauen den Raum noch mehr beschränken, so’ kann es nicht fehlen, dafs die Entwickelung des Uterus und des Kindes leiden mufs. Einen Fall, wo eine kleine Frau glücklicherweise im siebenten Monat ein lebendes Kind gebar , theilt Schneider mit, und andere Fälle von Beschädigungen und Fehlern am Kinde in Folge zu kleinen Raumes mufs ich unberührt lassen, so gern. ich auch der Verwachsungen ganzer Körper miteinander und einzelner Glieder untereinander oder'mit dem Rumpfe gedenken möchte. — Wohl aber habe ich noch hier der platt gedrückten Kinder im Uterus zu gedenken. Wir wissen, dafs Zwillinge geboren werden, von'welchen der eine reif und gesund, der andere schon im vierten oder fünften Monat‘ der Schwangerschaft abgestorben und ganz platt gedrückt ist. Eine nicht unbedeutende Zahl habe’ ich zusammen: gestellt und könnte zwei von mir selbst beobachtete ‘Fälle hinzufügen, .die ich für die Beantwortung einiger Fragen, die sich hierbei uns aufdrängen, benutze. Es fragt sich zunächst, welches die Todesursache ‚dieser Kinder ist, ob Druck in Folge des Mangels an Raum? Geneigt, diese Ursache nicht, gelten zu lassen, bin ich doch weit entfernt, auch die Ansicht zurückzuweisen, ‘dafs Verbildungen, Verwachsun- gen etc. nicht die Folgen beschränkten Raumes und einer abweichenden Haltung des Kindes im Uterus sein könnten. Allein bei den platt gedrückten Zwillingen ist.die Enge des Raumes und dadurch bedingter Druck von Seiten des andern Zwillings wohl nicht anzuklagen. Es ist viel- mehr anzunehmen, dafs der eine Zwilling stirbt, der Uterus nun sich nicht in dem Mafse ent- wickelt, wie bei einer fortschreitenden Zwillingsschwangerschaft, und. daher erst der todte Zwilling nach und nach platt gedrückt wird. In dieser Beziehung kommt es aber auch darauf an, ob.die Todesursache des Kindes auf die Entwickelung ‘des Uterus einen zurückhalienden Einflufs ausgeübt hat 'oder nicht, indem keineswegs alle abgestorbene Zwillinge platt gedrückt werden. So war der etwa vier Monate alte, neben einem lebenden und 'ausgetragenen Zwil- linge geborne Fötus nicht platt gedrückt, und wird dasselbe auch in einigen andern Mittheilun- gen bemerkt. Nicht alle sind gleich stark platt gedrückt, zuweilen nur drei Zoll diek, und in Haller’s Fall war der Fötus so dünn als ein Blatt"Papier. Es kann der Tod: dieses Zwillings seinen Grund haben in einem zu schwachen Uterinleben, allein der‘ andere: Fötus wird reif, _— 19 — gesund und kräfig und die Geburt, bei welcher der platt gedrückte Fötus häufiger dem gesun- den folgt, als ihm vorausgeht, verläuft gut und regelmäfsig. Es kann auch die Entwickelung des gesunden Kindes zu schnell vorschreiten und so mechanisch die Eutwiekelung des andern Fötus hemmen; allein zu dieser Annahme würde nur eine nach der Geburt sich zeigende un- gewöhnliche‘ Gröfse des gesunden Kindes berechtigen, und'dies ist nicht der Fall. Endlich kann auch die Lebenskraft des einen Fötus zu schwach sein, und so schon an sich den Tod herbei- führen, oder Veranlassung geben, dafs er leichter als der andere irgend einem Einflufs unter- liegt. Diese Annahme wird dadurch unterstützt, dafs in vier Fällen der Tod der platt gedrückten Kinder durch. eine gewaltsame Einwirkung auf den Leib der Mutter bewirkt zu sein scheint, da das, erreichte Alter der Zeit der Einwirkung entspricht, mithin‘ der stärkere dem Einflufs nicht unterlag, und dafs von Zwillingen nach der Geburt der: schwächere am gewöhnlichsten zu Grunde geht, auch bei Drillingen der stärkere sein Leben fortsetzt, wenn ihin diese Ausnahme überhaupt beschieden ist. Es ist auch dieser Ansicht nicht entgegen, dafs in einigen Fällen der platt gedrückte Fötus Mifsbildungen zeigte, die in einer zu geringen Energie der bildenden Kraft ihre Erklärung: finden. Nun aber glaube ich die Ursache der geringeren Lebenskraft und der zu geringen Energie der bildenden Kraft solcher Früchte in der Beschaffenheit der Nabel- sehnur vorzugsweise zu: finden. Es wird nämlich in den meisten Mittheilungen, wo die Beschaf- fenheit der Nabelschnur angemerkt ist, angegeben, dafs sie dünn, kurz, membranartig, ohne sulzige Masse trocken gewesen sei. In einem Falle erhielt sie nur eine Nabelarterie. In meinen zwei Fällen ist sie dünne, stark um ihren Längendurchmesser gedreht und zeigt dicht am Nabel eine auffallend dünne Stelle. Gerade diese Nabelschnüre bedingen den Tod des Kindes in der Regel, und‘ zwar im vierten Monat des Alters, wo wahrscheinlich der zu geringe Blutzuflufs für die weitere Fortbildung des neuen Organismus nicht mehr ausreicht und auch schon ursprüng- lich darin ein Grund der geringen Lebenskraft liegt. In meiner Privatsammlung befindet sich eine Reihe drei- und viermonatlicher einzelnen Früchte mit dergleichen Nabelschnüren. Ich er- innere mich aber auch gegenwärtig mit Sicherheit, dafs ich unter zwanzig Angaben des Alters vier Mal den dritten, ein Mal den siebenten und fünfzehn Mal den vierten Monat als das erreichte Lebensziel des platt gedrückten Fötus gefunden habe. — Schliefslich will ich nicht unberührt lassen, dafs sowohl bei Zwillingen, wenn beide mit den Köpfen vorliegen, als bei zweiköpfigen Mifsgeburten der eine Kopf oder beide an ihren innern Flächen eine platte Form zeigen können. Eine zweite Frage, die ich bei diesem Gegenstande aufstellen: will, lautet : Warum fault das im Uterus so lange todt liegende Kind in der Regel nicht? — Bei dem einfachen im Uterus sterbenden Kinde scheint eine folgende durch Beobachtungen ermittelte Ansicht richtig. Wenn nämlich das Kind im Uterus stirbt, und: die Placenta aus ihrem Lebensverhältnifs mit dem Uterus tritt oder sich von ihm trennt, also auch dies die Ursache des Todes ist, so wird das Kind von Fäulnifs ergriffen und in der Regel bald: ausgestofsen. Dieser Uebergang in Fäulnifs erfolgt oft überraschend schnell, während der Geburt, wenn namentlich die Temperatur des Uterus und der Geburtswege durch: heftige Wehen oder durch Manual- oder Instrumentalhülfe gesteigert ist, So fand. Osiander bei, sieben Monate alten Zwillingen den einen lebend, den andern ganz faul. Die, Placenta des letztern war klein, weich, mifsfarbig. Bleibt aber die Placenta mit dem — 1356 — Uterus in ihrem Lebensverhältnifs oder trennt sie sich nicht, so bleibt sie gewöhnlich frischer und das Kind fault nicht, wird mumificirt, nimmt keinen cadaverösen Geruch an und zwar um so weniger, wenn sein Absterben nur allmählig erfolgt, wie dies bei den platt gedrückten Kindern der Fall zu sein scheint, wenn es also eine Zeitlang ein latentes Leben führt. So ist auch der Uebergang zur Bildung des sogenannten Steinkindes. Es hat aber der platt gedrückte Fötus mit dem gesunden in der Regel nur eine Placenta, wie ich angegeben fand, die also mit dem Ute- rus in Verbindung bleibt, und in andern Fällen, wo die Placenta doppelt war, wird der "Theil des kranken Fötus als gut oder dick, gesund bezeichnet. Wo die Placenta faul war, wird auch der Fötus als weich, aufgelöst beschrieben. — Die Schlufsfrage sei, ob nicht aus der Ver- schiedenheit des Alters ein Beweis für die Superfötation zu entnehmen sei? Ohne hier‘ der vielen Gründe zu gedenken, die einer späteren zweiten Conception entgegen stehen, will ich nur bemerken, dafs gewöhnlich beide Zwillinge ein gemeinschaftliches Chorion und jeder sein Amnion halten. Endlich noch ein Wort über die Verletzungen, die das Kind im Mutterleibe durch die Nabel- schnur oder durch fremdartige Ligamente während der Schwangerschaft acquiriren kann. Es kann die Nabelschnur den Hals, Rumpf, auch die Extremitäten umschnüren. Die Umschlingungen entstehen am Halse und Rumpf durch Drehungen des Kindes, während die Umschlingungen um die Extremitäten durch Bewegungen desselben, Durchgreifen durch Schlingen der Nabelschnur zu Stande kommen können. Lose Umschlingungen können auch zur Entstehung wahrer Knoten führen. Die Drehungen des Fötus sind am stärksten bei horizontaler Lage der Schwangern, und besonders in der Nacht. Ich habe bei meinem häufigenjAuscultiren, das ich auch oft für beson- dere Zwecke in der Nachtzeit unternahm, sehr oft die obige Bemerkung bestätigt gefunden. Es ist die Bemerkung überflüssig, dafs dergleichen Umschlingungen unzählig oft ohne allen Nachtheil vorkommen, dafs sie aber auch das Kind beschädigen, ja tödten können. Beschädi- gungen der Extremitäten durch die Nabelschnur in Folge von Einschnürung beweisen die Fälle von Montgomery, Tourtual, Schwabe, Buchanan, v. Siebold, Nettekoven, Ninon u. A. Ich selbst besitze zwei Fötus aus dem vierten und fünften Monat, bei welchen Einschnürungen vorkom- men. Bei dem einen Fötus umgibt die Nabelschnur das ganze Schultergelenk so fest, dafs es stark nach oben gezogen ist und die Nabelschnur tief in den weichen Theilen liegt. Nicht ein- zeln stehen die Fälle von Umschnürungen des Halses mit Strangulationsmarken, tiefen, dunkel- blauen Furchen um den Hals, und die Sammlung der geburtshülflichen Klinik in Breslau besitzt ein Präparat von einer Umschlingung der Nabelschnur um den ganzen Körper des Kindes, wo sie so fest war, dafs sie um den ganzen Leib herum eine gürtelförmige phagedänische, zwei Zoll breite Geschwürfläche bildete, in deren Mitte die Nabelschnur fest adhärirte. Auch ich be- sitze einen einmonatlichen Fötus, dessen Hals von der Nabelschnur umschlungen ist, wobei die hintere Hälfte des Halses die an dieser Stelle sehr verdünnte Nabelschnur in einer tiefen Furche fast verborgen hält. — Fragen wir nun, welche Nabelschnur und welche Art der Umschlingung schadet dem Kinde und kann ihm den Tod bringen, so fällt die Antwort dahin aus : Es kommt auf die ursprüngliche und folgende Beschaffenheit der Nabelschnur, auf die umgebenden Theile und auf die‘ Zeit der Entstehung wesentlich an. Ist die Nabelschnur dick, stark sulzig, vielleicht varicös, hat sich die Umwickelung nach vollendeter Ausbildung des Fötus gebildet, so schadet eine selbst mehrfache Umschlingung dem Kinde während der Schwangerschaft nicht. Ist aber die Nabelschnur ursprünglich mager, dünne, gedreht, entsteht die Umschlingung in einer frü- heren Zeit, so wird sie dem Kinde gefährlieh. Denn während sie selbst einen Druck auf die weichen Theile ausübt, quellen die- Theile zu beiden Seiten der gedrückten Stelle in Folge des Wachsthums empor, schliefsen die drückende Nabelschnur ein, umgeben sie auch wohl ganz, und es wird der Blutumlauf in ihr gehemmt, unterdrückt. So kann auch die Nabelschnur ursprüng- lich ihre normale Beschaffenheit haben, den 'Theil umschnüren und nun an der Einschnürungs- stelle sich verdünnen, und in ihr der Blutumlauf aufgehoben werden. Es liest auf der Hand, dafs eine solche Umschlingung des Halses oder einer Extremität das Kind tödten, auch gleich einer Ligatur wirken kann. Der Einschnürung der dünnen Nabelschnur ähnlich wirken die membranösen Fäden, die einige Beobachter derselben für nicht getrennte Fortsätze der Eihaut, aus. welcher der Fötus hervor- wächst, halten, Andere aber aus organischer Lymphe entstehen lassen, die sie für eine Folge einer entzündlichen Thätigkeit ansehen. Diese Meinung findet allerdings in den 'Thatsachen Un- terstützung, dafs die Haut des Fötus sich entzünden kann, dafs Verwachsungen der Extremitä- ten mit dem Rumpfe vorkommen, und dafs man (Heller) membranöse Ausbreitungen an dem Fötus gefunden hat, durch welche z. B. der Rücken des Fufses an den Unterschenkel geheftet war. So auch sah Oldham bei einem Fötus eine aus plastischer Lymphe bestehende Membran, die den ganzen Fötus umschlossen hielt. — Eindrücke, Amputationen u. s. w. sind die Folgen dergleicher fremdartiger Schlingen und Fäden. ; Endlich will ich hier noch des interessanten Falles gedenken, den R. Froriep mittheilt, wo einem neugebornen kräftigen Knaben an der linken Hand an dem kleinen Finger eine ganze, und an dem Ringfinger eine halbe Phalanx fehlte, und es sich nachher ergab, dafs der Knabe die Gewohnheit, den kleinen und Ringfinger der linken Hand so in den Mund zu stecken, dafs die Kieferränder gerade auf jene Stellen der genannten Finger aufdrückten, an welchen die Röh- renknochen ganz fehlten, mit auf die Welt gebracht hatte. Dem guten Fötus kann es also schon im Mutterleibe schlimm genug ergehen. Mit seiner Mutter kann er geschlagen, gestofsen und so verletzt zu werden. Die nächste Umgebung kann ihm Schaden zufügen, also die Nachbarschaft. Schuldlos in isolirter Gefangenschaft droht ihm die Schnur, durch welche er Hals und Glieder verlieren kann. Ueberall stölst er an, ob er gleich weder ein Dissident ist, noch eine politische Meinung hat, und fortwährend wird ihm der Kopf gewaschen. Mit Gewalt wird er aus seiner friedlichen Wohnung herausgetrieben, woran seine nächste Verwandtin, die eigene Mutter, lebhaft Theil nimmt, und widerstrebt er nur eini- germassen, so mischen sich eiserne oder natürliche Hände dazwischen, um ihn am Kopfe oder an den Füfsen hervorzuziehen, wobei er Hals und Beine brechen kann. Geheimerath Kilian fügt dem eben gehaltenen Vortrage folgende Bemerkungen hinzu : Ver- letzungen der Knochen des Kindes im Mutterleibe entstehen bei sehr heftigen Wehen, bei evolutio spontanea, bei geburtshülflichen Operationen. Er bemerkt, dafs solche Knochenbrüche sehr leicht heilten, wenn man nur sorgfältig und namentlich gewissenhaft verfahre. Er theilt 18 einen Fall von einer Fractur des Oberarms eines Neugebornen bei einer ungetrübten Geburt mit, die in neun Tagen heilte. Dr, Boisseree aus Cöln stellt einen Mann vor, an dem er vor sechs Jahren die Exarticulation, des Oberschenkels wegen eines Osteoids vorgenommen hatte. Er behandelt die Frage, ob das Osteoid zu den bösartigen Geschwülsten des Knochens gehöre, und sucht den Gegenbeweis durch vorliegenden Fall zu führen, indem das Individuum seit der Operation sich vollkommen gesund befinde. Er zeigt das pathologische Präparat vor. Ueber den von Dr. Boisserde vorgestellten Patienten äufserte Professor Stromeyer, dafs der- selbe schwerlich an einem Osteoid gelitten habe, da dieses ein krebshaftes Uebel sei, an dem er vermuthlich längst zu Grunde gegangen sein würde. Auch gutartige Geschwülste, wie die Sarkome des Unterkiefers, gingen in Ossifikatior über. Auch sei es möglich, dafs der Zustand nichts anders gewesen sei als Ostitis, wobei eine sogenannte spontane Fractur entstanden sei, so dafs man die neugebildeten Knochenmassen als krankhaften Callus betrachten könne. Professor Blasius schliefst sich Stromeyer’s Ansicht an. Es sei ihm ein ähnlicher Fall vorge- kommen. Dr. Virchow sagt, Professor Stromeyer’s Beobachtungen würden durch das Mikroskop bestätigt. Professor Michelis zeigt ein künstliches Cataplasma vor, welches aus Schwamm und Wolle besteht und mit einer leichten Schicht Gummi elast. überzogen ist, Es ist eine englische Erfin- dung und unter folgender Adresse zu beziehen : Impermeable spongio-piline. Marwick’s patent Epithems. 69 King William-Street. London. Dieses zweckmäfsige und durch seine Dauerhaftig- keit namentlich für die Hospitalpraxis sich eignende Präparat ist bereits im Hamburger Kran- kenhause eingeführt. Professor Krieger spricht über grofse eingeklemmte Scrotalbrüche; es werde gewöhnlich ge- gen die Operation gewarnt, da im Falle ihres Gelingens die Bauchhöhle die Gedärme nicht mehr fassen könne. Dies verhalte sich nicht so. Er führt einen interessanten Fall an, welcher beweisen soll, dafs man auch ohne grofse Gefahr bedeutende Brüche in die Unterleibshöhle zurückführen könne. Herr Dr. Debey theilte hierauf den Fall einer mit Croup complicirten Masernkrankheit und gleichzeitigem Herzpolypen bei einem dreijährigen Mädchen mit, — Als das Kind, dessen Ael- tern und Geschwister aufser unzweifelhaften skrofulösen Erscheinungen keine beachtenswerthe Krankheitsanlage darbieten, anderthalb Jahre alt war, wurde es von Varioloiden befallen, welche nicht regelmäfsig verliefen, sondern nach wenigen Tagen eintrockneten. Sofort entwickelten sich Repirationsbeschwerden und Oedem der Füflse. Die Percussion der ganzen linken Brusthälfte wurde auffallend dumpf und die Auscultation ergab in der ganzen linken Lunge und theilweis auch in der rechten ein anfänglich feines, später grofsblasiges Knistern, das links zuletzt in ein starkes Gargouillement, fast in ein plätscherndes Geräusch überging. Auswurf gelblich, spar- sam wie immer bei Kindern, grofse Respirationsbeschwerden, Zunahme des Oedems der Fülse. Schon gleich beim Beginn hielt ich das Lungenleiden für Oedema pulmonum und gab innerlich je nach den zeitweisen Indicalionen abwechselnd Tari. emet. in r. d. und mitunter als Brech- — 139 — mittel, Kali acet., Calomel, Squilla. Aeufserlich wurde ein starkes Vesicans im Rücken in der Gegend des linken untern Lungenlappens lange Zeit offen gehalten. Dem inzwischen sehr sin- kenden Kräftezustande und der grofsen Abmagerung wurde durch Fleischbrühe u. dgl. und in der spätern Zeit durch Wein in entsprechenden Gaben entgegengewirkt, so dafs das Kind nach etwa dreimonatlicher Krankheit wieder vollständig genesen war. Von da an erholte es sich zu- sehends und erlangte ein auffallend kräftiges Ansehen. — Im Laufe des Winters und Frühjahrs 1847 trat eine der fast jährlich hier zur Beobachtung gelangenden kleinen Masernepidemieen auf, die sich nach den mir zur Beobachtung dargebotenen Fällen dadurch auszeichnete, dafs mehre Kinder auf der Höhe der Krankheit und ohne Zurücktreten des Exarthems plötzlich von einem eroupartigen Husten mit heftigen Respirationsbesehwerden befallen wurden und unge- achtet aller Bemühungen in zwei bis vier Tagen starben. Von den vier oder fünf vorher zu meiner Kenntnifs gelangten Fällen war es mir nicht gestattet, die Section zu veranstalten. In jener Zeit erkrankte nun auch das vorerwähnte Kind an den Masern. Am dritten oder vierten Tage wurde ich hinzugezogen, weil sich in den letzten 24 Stunden jener eroupartige Husten mit bedeutenden Ath- mungsbeschwerden eingestellt hatte. Ich behandelte mit fortgesetzten Brechmitteln (Tart. emet. , Cuprum sulphur.), Blutegeln an den Hals und Fufsbädern. Die Croupsymptome nahmen zu. Am zweiten Tage ersuchte ich meinen Collegen, Herrn Dr. Portz, der auch früher zur Zeit des Oedema pulmonum das Kind einige Male gesehen, dasselbe gemeinschaftlich mit mir zu behan- deln. Brechmittel fortgesetzt, zwischendurch 1 Gran Moschus, und einige Mal Galomel mit Sulphur aurat., ohne Erfolg. Am dritten Tage bei Zunahme der suffocatorischen Erscheinungen Vebergiefsungen des Kopfes, des Halses und der Brust mit kaltem Wasser, die wir selbst vor- nahmen, die das übrigens sehr verständige Kind gerne zuliefs und wonach es sich auch jedes Mal unverkennbar erholte. Die beharrliche Anwendung blieb dennoch ohne Erfolg und das Kind starb am Nachmittage des dritten Tages. Die Seetion des Halses und der Brusthöhle ergab nun folgende sehr interessanten Aufschlüsse. Der ganze Schlund war mit einer ziemlich diekflüssigen eiterig-membranösen Masse bedeckt (Pha- rynxeroup); der Larynz und der obere Theil der Trachea enthielten ebenfalls ein deutlich mem- branöses Exsudat, das aber keineswegs, wie in den meisten Croupfällen, eine dickhäutige Röhre darstellte, sondern nur stellenweise in einzelnen Lappen und Fetzen die Schleimhaut überzog. Lungengewebe beiderseits durchaus gesund, am untern Lappen der linken Lunge nach hinten einige ziemlich starke Adhäsionen. Herzbeutel äufserlich sehr fettreich, eine ziemliche Menge Serum enthaltend. Bei Eröffnung des linken Vorhofs und der linken Kammer trat eine wallnufs- grofse, ziemlich consistente, gelbliche Masse hervor, welche sich bereits auf den ersten Anblick in etwa von den gewöhnlichen Blutgerinseln unterschied. Die genauere Untersuchung ergab, dals diese Masse durch zahlreiche Y,—'/, Zoll lange, ziemlich starke Fäden sowohl mit den Wänden des Vorhofes, wie mit der Mitralklappe innig verwachsen war und dafs die Fäden nicht, wie so häufig bei den Coagulis nur in sehr verwickelter Weise um die Zipfel und Sehnen der Klap- penmusceln herumgeschlungen seien. Die Bildung durfte demnach als ein wahrer Polyp bezeich- net werden. Ich habe sie bald nachher in einer unserer ärztlichen Versammlungen vor einer grofsen Anzahl hiesiger Collegen vorgezeigt und es wurde kein Zweifel gegen das wirkliche = Verwachsensein der Fäden des Polypen mit den Wänden des Vorhofes und der Klappe erhoben. Ich bewahrte das Präparat in Weingeist, ohne irgend etwas daran zu verändern, um dasselbe im Herbste bei unserer Versammlung der Naturforscher und Aerzte vorzuzeigen. Als ich nun so eben die Absicht hatte, das Präparat hervorzuheben, fand ich zu meiner nicht geringen Verwun- derung, dafs der ganze Polyp verschwunden — dafs er demnach wahrscheinlicher, wiewohl sehr auffallender Weise im Weingeist sich aufgelöst habe. Dies führt zunächst auf die Vermuthung, dafs der Polyp aus Fett und wenigem lockeren Zellgewebe bestanden habe, was in der starken Fettbildung an der Körperoberfläche und am Herzbeutel selbst eine Stütze findet. Es dürfte ein auffallender Fettreichthum in der Butflüssigkeit angenommen werden können, durch welchen die Bildung des Afterproductes im linken Vorhof allmählich zu Stande kam. Dafs der Polyp erst in den letzten Tagen des Lebens bei der langen Agonie sich gebildet habe, ist wegen der festen Adhäsion der Fäden nicht wahrscheinlich. Leider haben die chemische Analyse und mikrosko- pische Untersuchung durch die unerwartete Zerstörung des Gebildes nicht Statt gefunden. Auch hat sich für die Diagnose im Leben nichts herausgestellt, da die Complication mit dem Croup die Respirationssymptome wenigstens während der letzten Krankheit gänzlich verdeckte und die Auscultation bei dem aufgeregten Kinde erschwert war. Ich habe allerdings am ersten Tage des Croupleidens die Auscultation der Brust vorgenommen, aber nichts wahrgenommen. Der Polyp dürfte übrigens immerhin als ein der Diagnose sowohl wie der Therapie kaum zugäng- liches accessorisches Leiden zu der mit Croup complicirten Masernkrankheit zu betrachten sein und ich habe vorzugsweise auf das letztere Leiden das Interesse der Beobachter für die Zukunft hinlenken wollen. Die mir vorgekommenen perniciösen Fälle von plötzlichen suffocatorischen Er« scheinungen im Verlaufe der Masern dürften durch die vorliegende Section als eine Croupform erwiesen sein. Fernere Beobachtung wird nachzuweisen haben, in welchem innern Zusammen- hange das exanthematische Hautleiden mit einem in einzelnen Epidemien auftretenden exsudativen Processe auf den Schleimhäuten und in wie fern diese beiden wieder mit einer krankhaften Veränderung der Blutflüssigkeit in Verbindung stehen. Endlich zeigte Professor Stromeyer einen Obturator, von welchem er bei einem Knaben von 12 Jahren Gebrauch gemacht, bei dem er mit Erfolg die Staphyloraphie verrichtet hatte, ob- gleich auch der ganze harte Gaumen gespalten war. Dieser Apparat rührt von dem verstorbenen Dr. Otto in Basel her, welcher ihn zur Verschliefsung einer Oeffnung im weichen Gaumen gemacht hatte. Sie mufste für den vorliegenden Fall verändert werden und hat durch guten Erfolg den Beweis geliefert, dafs man die Staphyloraphie jetzt nicht mehr zu scheuen braucht, wenn auch der ganze Gaumen gespalten ist, da wir in der Erfindung des Dr. Otto ein Mittel besitzen, mechanisch zu verschliefsen, was sich organisch nicht mehr vereinigen läfst. Diese Erfahrung würde sogleich ihre Anwendung finden auf die beiden Mädchen, welche, an Spaltung des gan- zen weichen und einen Theils des harten Gaumens leidend, der Versammlung vorgestellt wurden. Herr Professor Roux sprach sich gegen die Operalion der beiden Mädchen aus, entwickelte aber nichts desto weniger alle die Gründe, welche uns bewegen müssen, so früh als möglich zu operiren, namentlich damit die Spalte im harten Gaumen sich schliefse. —_— 141 — Schliefslich vertheilt der Präsident die ihm zugesandte Schrift des Dr. Hanckroth in Siegen, über die Nothwendigkeit, die Zahl der Aerzte zu fixiren. 4, Sitzung. Freitag, den 24. September. Präsident : Professor Dr. Heyfelder. Dr. Wetzlar staitet als Secretair Bericht ab über die von Dr. Hoppe in Bonn der Versamm- lung eingereichte Abhandlung über das unverbrennbare Glüheisen (Bonn 1847). Es besteht aus deutschem Eisen, das mit Platinablech überzogen ist und soll im Feuer nicht verbrennen, son- dern unverändert stets dieselbe Dicke und Gröfse, dieselbe Glätte, Reinheit und Schönheit be- halten. Dr. Metz zeigt das Glüheisen vor. Dr. Metz gibt einige Zusätze zu dem Vortrage des Professors Hohl über spontane Knochen- brüche des Kindes im Mutterleibe. Medizinalrath Dr. Zitterland spricht hierauf über die Wirkung der Aachener Quellen bei syphi- litischen Resten und stimmt mit Dr. v. Sartorius darin überein, dafs auch die Burtscheiter Trinkquelle bei Mercurial-Krankheit nützlich sei. Der Präsident stellt die Frage, ob der Vortragende in solchen secundär-syphilitischen Fällen, wo vorher kein Mercur angewendet sei, durch das Aachener Wasser Heilung bemerkt habe? Dr. Zitterland entgegnet, es seien ihm solche Fälle vorgekommen. Dr. Stöfs bemerkt, dafs die Pyrenäen-Bäder die Syphilis verschlimmerten; sie seien nur da von Nutzen, wo eine Complication von Syphilis und Mercurial-Krankheiten vorhanden sei; in solchen Fällen trete die Syphilis wieder in den Vordergrund und könne dann durch andere Mittel geheilt werden. Dr. Hahn bemerkt, dafs die Diagnose zwischen Mercurial-Krankheit und Syphilis oft höchst schwierig sei, dafs die Aachener Quellen in einigen Fällen heilten, in andern hingegen ver- schlimmerten; dieses letztere sei nach seiner Erfahrung das Kriterion für den syphilitischen Cha- rakter des Uebels. Dr. Streter führt an, dafs syphilitische Hautausschläge oft durch den Gebrauch der Aachener Bäder geheilt würden. Es kämen Fälle vor, wo als Reste der Syphilis nur noch ein Exanthem bestehe, das häufig dem Gebrauche des Jods und Quecksilbers widerstehe; in solchen Fällen seien die hiesigen Bäder indizirt. Dr. Wetzlar bemerkt, dafs nach seiner Erfahrung bei Psoriasis guttata, bei Pityriasis versi- color und rubra die Aachener Quellen weniger wirkten, wenn es nicht secundäre oder tertiäre syphilitische Formen; dagegen würden diese Hautkrankheiten fast immer geheilt, wenn es Syphi- liden seien. Physikus Dr. Ernsts bittet hierauf seine Aachener Herren Collegen, nun auch einige Worte über die Contraindicationen der Aachener Bäder zu sprechen. Dr. Hahn nimmt hierauf das Wort und bemerkt, dafs die Contraindicationen der Bäder haupt- sächlich von deren reizenden und erregenden Eigenschaften herzuleiten seien. Diese Bäder seien daher sowohl bei acuten Entzündungen, als auch bei chronischen Krankheiten, welche von Fieber begleitet werden durchgehends zu vermeiden. Eben so seien sie bei activen Blutungen, bei Blutcongestionen nach wichtigen Organen, besonders nach den Organen des Kopfes und der Brust, bei organischen Herzfehlern und bei den meisten tubereulösen und krebshaften Entartungen contraindieirt. Eine zu grofse Reizbarkeit der Haut, wie sie selbst bei chronischen Hautkrank- heiten, namentlich beim Eczema nicht selten vorkomme, oder eine übermäfsige Reizbarkeit der Nerven, wie sie bei manchen Frauen, namentlich bei hysterischen häufig beobachtet werde, seien auch wohl zu den Contraindicationen zu rechnen; es lasse sich aber in solchen Fällen, wenn übrigens die Bäder indieirt seien, durch zweckmäfsige Zusätze zu den Bädern oder durch die besondere Art der Anwendung die zu befürchtende Benachtheiligung nicht selten beseitigen. So seien in dergleichen Fällen die Burtscheider Bäder in der Regel vorzuziehen; wolle man aber die Aachener Quellen benutzen, so könne man deren reizende und erregende Kraft da- durch mildern, dafs man dieselben mit einem Leinsaamen-Absude oder mit sonstigen beruhi- genden Substanzen versetzen lasse. Auch könne man bei Personen, welche die Vollbäder nicht gut vertragen würden, in manchen Krankheiten durch Halbbäder Hülfe schaffen. So seien z. B. die Aachener Bäder bei Lungentuberculose im Allgemeinen contraindieirt; er habe aber dennoch in einzelnen Fällen dieser Krankheit, wo diese sich noch im ersten Stadium befand und wo keine Spur von Fieber vorhanden war, die Bäder in der Weise mit entschiedenem Nutzen an- gewandt, dafs er die Kranken über die untern Extremitäten und die untere Hälfte des Rumpfes täglich duschen liefs, dagegen aber ganze Bäder stets strenge vermied. Dr. Stöfs macht hierauf die Bemerkung, dafs unter solchen Umständen die Aachener Quellen wohl überall pafsten; es gäben also wohl keine Contraindicationen, sondern es komme nur auf die Art der Anwendung an. Medizinalrath Dr. Zitterland erwidert, dafs nach seiner und vieler anderer Aerzte Erfahrung Tuberculosis und organische Herzfehler allerdings Contraindicatiönen bildeten. Dr. Wetzlar bemerkt noch, dafs wohl jeder hiesige Arzt oft genug Gelegenheit gehabt habe, Kranke von hier wegzusenden, denen die Aachener Quellen von fremden Aerzten empfohlen worden seien. Herr Dr. Reumont hält hierauf folgenden Vortrag über die Einrichtung von Gasbädern zum Einathmen der Dämpfe und Gase der Aachener und Burtscheidter Quellen in chronischen Brustkrankheiten. - Es ist eine bekannte Wahrheit, dafs in der richtigen Anwendungsart irgend eines therapeuli- schen Agens mit die Haupttugend seiner Wirkung liegt. Wenn dieses hauptsächlich von den Indicationen gilt, so kann man es nicht minder für die eigentliche Methode des Gebrauches in Anwendung ziehen. Der kluge Priefsnitz wufste dieses sehr wohl, und nur durch die höchst mannigfache Methode der Anwendung seines kalten Wassers ist es ihm gelungen, das Inte- resse des Publicums fortwährend aufrecht zu erhalten und sein eigenes zu wahren. “ Fern liegt von mir der Gedanke, diese oft an Charlatanismus gränzende Methode für unsere wichtigen Thermen vindieiren zu wollen : wir bezweckten blofs anzudeuten, dafs unser Apparat — 145 — zum Gebrauche unserer Quellen noch lange nicht erschöpft sei; dafs es unsere Pflicht ist, das heilspendende Gut, womit der Schöpfer unser schönes Thal gesegnet, im Dienste der leidenden Menschheit nach allen Seiten hin zu benutzen. Wie oft hat man durch eine neue oder auch durch eine vergessene, wieder in ihre Rechte eingesetzte Methode die therapeutische Wirkung einer Mineralquelle gesteigert! Was die unsere betrifft, so darf ich hier nur an Blondel erin- nern, der im letzten Viertel des siebenzehnten Jahrhunderts die Trinkcur, trotz der gröfsten Widersprüche seiner Zeitgenossen, einführte, und bald bewies eine hundertfältige glückliche Erfahrung, welche segensreiche Früchte diese neue Anwendungsart zu tragen bestimmt sei. Demselben Arzte haben wir die Einrichtung der Dampfbäder und Douchen zu verdanken. Der Gegenstand nun, für den ich Ihre gütige Aufmerksamkeit auf einige Augenblicke in An- spruch nehme, ist keineswegs ein neuer; er ist bereits vor vielen Jahren gründlich besprochen worden und dennoch, was unsere Stadt wenigstens betrifft, leider stets wieder in Vergessen- heit gerathen. Ich meine nämlich die Einrichtung von Gasbädern bei unseren und den Burtscheidter Ther- men. Gerade in jüngster Zeit ist die Aufmerksamkeit der Aerzte wieder auf diesen Gegenstand durch die von Lallemand aus den Schwefelbädern von Vernet mitgetheilten Fälle von geheilter Phthise gelenkt worden. Es ist hier nicht der Ort zu erörtern, ob wirklich ausgesprochene Lungen-Phthise zugegen war, ob sich nicht diese Fälle auf ein chronisches Leiden der Bron- chien beschränkten; genug, darüber ist man wohl einig, dafs das hepatische Gas in gewissen Krankheiten des Respirations-Apparates von der gröfsten Heilsamkeit sei.. Und schon der Ge- danke, dafs es im Bereiche der Möglichkeit liege, der Phthise, dieser stets verheerender auf- tretenden Geifsel, Schranken zu stellen, mufs uns auffordern, kein Mittel unversucht zu lassen, das nicht mit einer rationellen Erfahrung in Widerspruch steht. Bereits im Jahre 1797 machte Kortum in seinem klassischen Werke über unsere Thermen die Bemerkung, „dafs das Einathmen des hepatischen Gases den Lungensüchtigen sehr heilsam zu sein scheine.“ Er wies darauf hin, wie die Gasart nur dann heilsame Wirkungen hervorbringen könne, wenn sie anhaltend und unaufhörlich eingealhmet werde. Kortum bemerkt, dafs man in Aachen. im Vergleiche mit der umliegenden Gegend auffallend wenig Schwindsüchtige finde. Ob. dieses nun aber, wie Kortum annimmt, dem aus den Quellen steigenden, mit der atmosphärischen Luft beständig eingeathmeten Schwefelwasserstoffgas, oder der durch Hügel rings geschützten Lage unserer Stadt zuzuschreiben sei, will ich nicht entscheiden. Auch steht Kortum’s Behauptung nicht so ganz fest; es sind zum Beweise die genauesten statistischen Forschungen nöthig, wobei auf alle individuellen Verhältnisse unserer Stadt (namentlich als Fa- brikort) und der Umgegend zu achten wäre. Kortum’s Anregung blieb indessen ohne Erfolg. Auch mein Vater machte in seiner, im Jahre 1810, erschienenen „Analyse des eaux sulfureuses d’Aix-la-Chapelle“ auf die Zweckmäfsigkeit einer Anstatt zur Einathmung der Gase und Dämpfe aufınerksam und pries deren Anwendung namentlich in Bronchial-Katarrhen, im sogenannten Asthma pituitosum und spasmodicum, nament- lich wenn sie gichtische Grundlage hätten, und im ersten Stadium der sogenannten Phthisis pituitosa. Auch schlug derselbe als Inspektor der Aachener Bäder zu wiederholten Malen in = Mi — seinen Berichten an die Regierung die Einrichtung von Gasbädern vor. Es wurden jedoch keine Schritte dafür gethan. Mein verehrter ‘College, Herr Medizinalrath Dr. Zitterland, theilte mir mit, wie auf seine Veranlassung vor mehreren Jahren im Rosenbade in Burtscheidt ein Gasbad eingerichtet worden, jetzt aber schon längst in Verfall gerathen sei, Das Wasser sprudelte fontainenartig in einem Zimmer und gab so die Dämpfe und Gase von sich. Herr Dr. Zitterland fand die Anwendung dieser Gasbäder namentlich im Asthma und in den chronischen Katarrhen sehr nützlich. So ist denn diese häufig angeregte, höchst wichtige Angelegenheit doch wieder in Verges- senheit gerathen. Aber gerade jetzt, wo Lallemand seine wichtigen Beobachtungen bekannt ge- macht, verdient die Sache wieder angeregt zu werden, und es hat mich herzlich gefreut, wie alle, die sich für unsere Thermen interessiren, darin mit mir übereinstimmen. Es ist hier nicht der Ort und auch noch nicht an der Zeit, die speziellen Indicationen für den Gebrauch der geschwefelten Gasbäder aufzustellen. Was Fourcroy von den Schwefelquellen zu Enghien sagte, läfst sich auf jedes therapeutische Agens anwenden : „‚L’experience seule peut fournir des connaissunces ewactes sur les proprietes d’une eau minerale.“ Dafs sie haupt- sächlich in den Krankheiten des respiratorischen Apparates ihre Wirkung zeigen werden, ist wohl unbestritten. Von Wichtigkeit wird es sein, zu bestimmen, wo Aachen, wo Burtscheit pafst, wo wieder die oberen, wo die unteren Quellen beider Thermen (die eine so grofse Ver- schiedenheit in ihren chemischen Bestandtheilen darbieten) vorzuziehen seien. Nach meiner Ansicht besitzen wir auch wieder bei dieser Methode eine wichtige Scala therapeutischer Einwirkung. Wir werden manchen Kranken in Burtscheit die Cur beginnen und in Aachen sie schliefsen lassen und umgekehrt; wir werden zwischen den geschwefelten und nicht geschwefelten Burt- scheiter ‘Thermen einen wichtigen Unterschied machen. Werfen wir nur einen flüchtigen Blick auf die Verschiedenheit der Gase, auf die Wichtigkeit ihrer Wirkung : wie wichtig ist der Antheil an übergeschwefeltem Schwefelwasserstoff-Gas der Aachener Kaiserquelle, wie wichtig die bedeutende Menge an Stickstoff in Burtscheit, das Fehlen der Hydrothion-Säure in den oberen Burtscheiter Quellen! Dazu kommt nun noch die hohe Temperatur, durch welche eine bedeutende Menge Wasserdampf sich fort und fort entwickelt und mit den Gasen vereinigt die Bronchial-Scheimhaut trifft : gewifs von hoher Bedeutung! Während in Vernet die Temperatur blofs 44° R. beträgt, hat die Aachener Kaiserquelle 46° und der Burtscheiter Kochbrunnen 48° (53°9). Es bleiben mir noch einige Bemerkungen über die bauliche Einrichtung solcher Gasbäder zu sagen übrig. Kortum schlug vor, den Dunst der Quellen durch Röhren, welche durch Kühlfässer geleitet werden müfsten, in kleinen Zimmern zu sammeln und dieselben zur Aufnahme phthisi- scher Individuen zu bestimmen. Weshalb Kortum Kühlfässer vorschlägt, ist nicht einzusehen. Als äufserst zweckmäfsig werden die Anstalten in Vernet gepriesen : es sind grolse Räume | welche der Schwefelwasserstoff-Dampf von unten nach oben durchzieht; es wird andauernd eine Temperatur von 44—16° R. unterhalten. In diesen Räumen bleiben die Kranken anfänglich nur 4—2 Stunden Morgens und Abends; sie gewöhnen sich bald daran und können dann 12 Stun- den lang, ohne die geringste Unannehmlichkeit zu empfinden, daselbst in ihren gewöhnlichen Beschäftigungen zubringen. Neben Eisen rühmt sich Langenbrücken einer sehr zweckmäfsigen —_— 145 — Einrichtung : vermöge eines Druckwerkes wird das Wasser der Gasquelle durch eine Röhre in ein hermetisch geschlossenes Reservoir getrieben, aus dem es, durch eine besondere Vorrich- tung in feine Strahlen zertheilt, in einen tiefer gelegenen, ebenfalls hermetisch geschlossenen Behälter fällt, aus dem mit Schiebern zum Schliefsen versehene Röhrchen von Zink in die zum Gebrauch des Gases bestimmten Zimmer aufsteigen. Die an das Wasser gebundenen Gasarten werden durch die feine Zertheilung und Erschütterung frei und dringen mit Zurücklassung der zu Boden sinkenden Kohlensäure durch die Röhren in die Gaskabinets. Dr. Hergt theilt über die zu Langenbrücken beobachtete physiologische und therapeutische Wirkung der dortigen Gasbä- der höchst wichtige Beobachtungen mit. i Wie man hier und in Burtscheit die Gasbäder einzurichten hat, mufs Technikern in Verbin- dung mit Aerzten überlassen bleiben. Die gröfste Schwierigkeit wird wohl stets darin bestehen, die Gase und Dämpfe, ohne dafs sie bedeutend an ihrer ursprünglichen Kraft verlieren, in obere Räume zu führen und eine gleichmäfsige Temperatur zu erhalten. Ein wichtiger Vorzug dieser Bäder ist noch der, dafs der Winter ihrer Anwendung nichts entgegensetzt. Im Gegentheil kann man auf diese Weise ein gemäfsigles, leichförmiges und dabei heilsames Klima künstlich schaffen. Wenn ich es wagte, in dieser Versammlung das Wort zu ergreifen, so ‘geschah es blofs, um bei Ihnen, meine Herren, eine Stütze zu finden. Ich wollte gerade die Gelegenheit be- nutzen, wo uns ein günstiges Geschick von nah und fern die Männer unserer Wissenschaft zugeführt hat, um vor Ihnen diese Anlegelegenheit von Neuem in Anregung zu bringen, um ihr durch Sie, meine Herren, bei unseren Behörden mehr Nachdruck zu verschaffen. Ich glaubte zudem gerade jetzt um so eher das Wort ergreifen zu müssen, weil von einem Umbau unse- rer wichtigsten, der Kaiserquelle nämlich, die Rede ist. Möchten bald in unserem freundlichen, heilspendenden Thale die grofse Zahl der mit Brust- leiden aller Art Beladenen diejenige Hülfe finden, welche unsere trefllichen Thermen so man- chen anderen, das Leben tief verbitternden Uebeln gewähren! Kreisphysikus Dr. Ernsts erzählt sodann nachstehenden Fall von Tabescenz der Glastafel, Schwamm der Sehhügel und der gestreiften Körper. Am 7. November v. J. wurde im Krankenhause zu Düsseldorf der 21 Jahre alte Bäckergeselle August Ribbe aus Weilsenstein bei Königsberg aufgenommen. Er wollte bis vor etwa acht Wochen, wo er am Nervenfieber erkrankt und in das medizinische Klinikum in Bonn aufge- nommen worden, stets gesund gewesen sein, auch nie an Syphilis gelitten haben. Seine einzige Klage bei der Aufnahme war ein heftiger Kopfschmerz, als würde ihm der Schädel auseinander getrieben. Der Kranke lag still, dumpf vor sich hin brütend im Bette, wechselte fast nie die Rückenlage, sprach mit keinem Kranken und gab auch auf die von dem Arzte und den Wärtern an ihn gerichteten Fragen nur kurze Antworten. Respiration, Kreislauf und Verdauung zeigten keine besondere Abweichungen vom normalen Zustande. Etwa vierzehn Tage nach seiner Aufnahme be- klagte er sich, dafs es so dunkel im Krankensaale sei, und nach abermals vierzehn Tagen war sein Sehvermögen auf beiden Augen erloschen. In den nächstfolgenden beiden Wochen erlosch der 19 —_ 146 — Geruchsinn, die Beweglichkeit der Zunge und das Schlingen wurde beschwerlich. Gegen das Ende der achten Woche trat Lähmung der linken Körperseite ein, der Kranke gab auf die an ihn gerichteten Fragen keine Antwort mehr, der Gehörsinn war ebenfalls erloschen, die Zunge fast gänzlich gelähmt, das Schlingen äufserst beschwerlich, die beigebrachten Flüssigkeiten ge- langten nur theilweise in den Magen. Bald hierauf wurden auch die Extremitäten der rechten Seite gelähmt, die Respiration wurde röchelnd, Urin und Stuhl gingen unwillkührlich ab, es folgte Decubitus und am 28. Januar befreite der Tod den Kranken von seinen unsäglichen Leiden. Leichenbefund. Die Schädelhaube konnte ohne gleichzeitige Durchschneidung der Dura mater nicht abgenommen werden, da diese so fest mit den Knochen zusammenhing, dafs sie sich später erst durch die Maceration davon ablösen liefs. Die innere Fläche der harten Hirnhaut war rauh anzufühlen, gleich als wenn unter derselben Sandkörner lägen. Das Gehirn quoll nach der Ent- fernung der Schädelhaube ungewöhnlich stark hervor, ohne jedoch einen besonderen Blutreich- thum zu zeigen. Die schichtweise Untersuchung des grofsen Gehirns von oben nach unten zeigte, so bald man den rechten Seitenventrikel erreicht und diesen geöffnet hatte, dafs sowohl der rechte Sehhügel, wie der gestreifte Körper in einen Blutschwamm entartet war, welcher den Seiten- ventrikel ganz ausfüllte, und die Wandungen desselben nach allen Seiten hin auseinander drängte. Die fungöse Entartung schien im Sehhügel begonnen zu haben, weil hier die Gefäfsentwickelung am deutlichsten wahrzunehmen war, und sich von hier aus über die benachbarten Gehirntheile verbreitet zu haben. Vom Adergellechte war nichts mehr zu erkennen und dasselbe ganz mit in die krankhafte Metamorphose hineingezogen, In ähnlicher Weise war der Sehhügel und der gestreifte Körper der linken Seite entartet, jedoch hier die Fungusbildung noch nicht so weit vorangeschritten, als auf der rechten Seite. Die Structur dieser Körper zeigte eine der Leber ganz ähnliche Farbe, sie waren mit einzelnen Blutgefäfsen durchzogen, füllten aber den linken Ventrikel ebenfalls ganz aus und hatten ihn besonders nach oben ausgedehnt. Von den Sehhügeln beider Seiten schritt die krankhafte Metamorphose bis zum Chiasma ner- vorum oplicorum und der Basis der vorderen Gehirnlappen nach vorn und abwärts, und halte endlich auch die Geruchnerven mit in den krankhaften Prozefs hineingezogen. Das kleine Gehirn und das verlängerte Mark waren gesund. Ebenso liefsen sich in den Organen der Brust- und Bauchhöhle keine organischen pathologischen Veränderungen wahrnehmen. Nach einer mehr- wöchentlichen Maceration des Schädels und Entfernung aller Weichtheile von: demselben zeigte es sich, dafs folgende Veränderungen während des Lebens mit demselben: vor sich gegangen waren. Die äulsere Tafel ist noch fast ganz unverändert, nur an einigen wenigen Stellen zeigt sich einige Porosität. Die Diplo& ist zum gröfsten Theile, an manchen Stellen sogar ganz ge- schwunden, und der Schädel hat hier kaum die Dicke eines Kartenblatts, so z. B. am Schup- pentheile des Schläfenbeins, den grofsen Flügeln des Keilbeins, stellenweise am Seitenwandbeine und an den unteren Gruben des Hinterhauptbeins. Die Glastafel fühlt sich überall ganz: rauh, wie mit grobkörnigem Sand bestreut an, und zeigt alle Stadien der Tabescenz, von der Osteoporose an bis zur völligen Zerstörung. durch Necrose. Durch Osteoporose haben am meisten. gelitten die beiden Seitenwandbeine, weniger das Stirn- und Hinterhauptbein. Völlig zerstört ist die —_— 1 — die Siebplatte, die Sella turcica mit ihren vorderen, mittleren und hinteren Fortsätzen, ein Theil der Processus ensiformes und die obere Wölbung der Orbita. Die Juga cerebralia der grofsen Keilbeinflügel so wie der Schläfenbeine sind fast ganz ausgeglichen und bilden ebene, poröse, durchlöcherte Stellen. Die Canales carotici beider Felsentheile des Schläfenbeins sind fast gänzlich zerstört, ebenso die abgestumpften Spitzen des Felsenbeins. Die Procefsus anonymi des Hinterhauptbeins sind siebförmig durchlöchert, die Linea eruciata so wie die Protuberantia occipitalis interna sind gänzlich geschwunden und stellen eine ebene, durchlöcherte, viereckige, eiwas vertiefte Fläche dar. Die sämmtlichen Knochen des Schädels sind sehr spröde und leicht zerbrechlich. Dr. Streter liest einen ihm von Dr. Königsfeld in Düren mitgetheilten Bericht über eine Vorrichtung zur Erwärmung der Nabelschnur bei Vorfällen derselben vor. Der Verfasser bedauert sehr, dureh Berufsgeschäfte abgehalten zu sein, die Discussion über den angeregten Gegenstand nicht selbst leiten zu können. Von dem Grundsatze ausgehend, dafs die Erhaltung des Kindeslebens unter allen Umständen des Geburtshelfers heiligste Pflicht bleibt, kann es denselben oft nur schmerzlich berühren, die- ses Leben schon zu einer Zeit, wo es den, Gefahren mancher Art mit sich bringenden Ueber- gang zum selbstständigen Bestehen eigentlich noch nicht betreten hat, durch ein zufälliges Auf- heben seiner bis jetzt noch einzigen Lebensbedingung : Hemmung der Blutzufuhr von Seiten der Mutter gefährdet zu sehen. Dieses unglückliche Vorspiel der Geburt wird uns da am ersten vorgeführt, wo räumliche Beckenbeschränkungen schon an sich die Aussicht auf eine schwierige Entbindung eröffnen; denn grade in den Fällen osteomalacischer oder arthritischer Verkrüm- mungen ist die Möglichkeit des Nabelschnurvorfalls am leichtesten vorhanden. In diesen Fäl- len wird nicht der Druck auf die Nabelschnur (denn dafür ‚schützen sie die unregelmälsige Vorsprünge bildenden Knochen), sondern nur die Einwirkung der äufseren kühleren Temperatur auf dieselbe den Blutwechsel zwischen Mutter und Kind verhindern; die Resultate sind : vorzei- tige Einleitung des Athmungsprozesses, wovon die unmittelbare Folge wieder sullocatorischer Tod durch Plethora pulmonum ist. Diesen lethalen Ausgang zu vermeiden ist man von jeher bemüht gewesen, durch eine möglichst rasche Beendigung der Geburt ein naturgemälses Ver- hältnifs für das kindliche Leben zu behalten, welches sehr oft bei ebengenannter Beckenbe- schränkung unmöglich ist, während jede Minute Aufschub schon Yerderben bringt. Da die unter solchen Umständen gewöhnlich angewandten Mittel der Reposition der vorgefallenen Nabelschnur, sei es mit der Hand oder mit Instrumentalhülfe, gewöhnlich nicht stichhaltig. sind, die Zurück- haltung derselben aber in der Vagina vermiltelst des warmen Schwammes alles übrige ope- rative Eingreifen hemmt, so habe ich zu dem folgenden Verfahren meine Zuflucht genommen, welches zwar höchst einfach, aber hoffentlich deshalb auch am leichtesten mit Erfolg anwend- bar ist. Ein in flaschenähnlicher Form construirter, 8“ langer, 6 breiter, mit einem Halse von 2—3' Länge, 1“ Durchmesser versehener Schlauch von lackirtem, leichtem Leder wird mit warmem Wasser bis zu 32° R. gefüllt, der Art, dafs noch zwei Zoll seines Halses von der Fül- — 18 — lung frei bleiben. In denselben wird die vorgefallene Nabelschnur gelegt, alsdann der Schlauch bis zur Höhe von drei Zoll in die Vagina eingeschoben, und von aufsen durch eine unter einem Schenkel durchgreifende Hand gehalten und zur Seite gedrückt. Die Raumbeschränkung durch den in seinem Durchmesser einen Zoll haltenden Schlauchhals ist so gering, dafs die nebenbei operirende Hand oder Zange nicht im Geringsten behelligt wird. Der vorzüglichste Nutzen aber, den dies Verfahren gewährt, ist der, dafs man ohne Uebereilung mit Ruhe die gebotene Ope- ralion, sei es Wendung oder Zangenanlage, vollenden kann, und während derselben die Was- serwärme noch bethätigend auf das Kindesleben einwirkt. Dr. Fr. Schieffer aus Schleiden theilt hierauf folgenden interessanten Fall von Blausucht mit : Lambert Jaeger zu Wilschen, Bürgermeisterei Schleiden, 27 Jahre alt, wurde von schwäch- lichen Eltern gezeugt; der Vater starb phthisisch und ob zwar die Mutter noch lebt, 51 Jahre alt ist, leidet sie schon längere Zeit an Luftröhren- und Kehlkopf-Affectionen mit beständiger Heiserkeit, welche Leiden bevorstehende Phthisis trachealis befürchten lassen. Schon vor sieben- zehn Jahren fiel mir der damals kleine Junge wegen seiner auffallend blauen Farbe auf. Ich erkundigte mich bei der Mutter und erfuhr, dafs er gleich von Geburt an diese auffallend blaue Farbe über den ganzen Körper gehabt habe. Das Kind sei gleich nach der Geburt so schwach gewesen und so blau, dafs der dasselbe taufende Geistliche erklärt habe, es würde die ersten Tage nicht überleben. Obgleich nun das Kind fortwährend sehr schwer geathmet, öfter an Con- vulsionen gelitten, habe es das Zahnen gut überstanden und, zwar schwach, sich doch langsam entwickelt. In den letzten siebenzehn Jahren hatte ich nun öfter Gelegenheit, denselben zu untersuchen und zu beobachten. Der Puls war stets klein und selten mehr als siebenzig Schläge in der Minute. Der Herzschlag isochronisch mit dem Pulse. Die Percussion dumpf in der Herzgegend. Besondere Geräusche konnte ich nicht wahrnehmen. In den letzten Jahren sah ich mich wieder- holt veranlalst, wegen grofser Athemnoth demselben eine Ader zu öffnen und erhielt jedesmal mit grofser Mühe bei weit geöffneter Vene höchstens sieben bis acht Unzen pechschwarzes Blut, so schwarz wie die dunkelste Dinte. Der Aderlafs war jedesmal mit grofser Erleichterung ver- bunden. Andere Krankheiten hatte derselbe nie zu überstehen. Am 6. Mai kam dessen Mutter in der Nacht zu mir und erklärte, ihr Sohn habe die rothe Ruhr, häufige mit Blut gemischte Stühle und grofse Beängstigungen seien die vorherrschenden Symptome, wogegen sie eine Ver- ordnung von mir verlangte. Da hier in der Gegend mehrere Ruhrkranke von mir behandelt wurden, vermuthete ich wirkliche Ruhr, verordnete eine Emulsion von Gummi arabie. und erbat mir folgenden Tages Bescheid. Indefs es ward mir der Bescheid, dafs dersellfe am 7. unter Convulsionen gestorben. Den 8. verfügte ich mich zur Mutter und erfuhr, dafs eine Masse pech- schwarzes Blut per anum abgegangen. Nach vielem Zureden erlangte ich die hier seltene Er- laubnifs, die Brust des Verstorbenen öffnen zu dürfen. Ich bat meinen Collegen, den Herm Sanitätsrath Dr. Schöller zur Section, derselbe scheint aber verhindert gewessu zu sein, erschien nicht und ich verrichtete sie allein. —- 19 — Die Leiche war 310“ grofs, der’'Thorax nach oben besonders enge, die Farbe derHaut da, wo nicht bereits Todtenflecken und Fäulnifs, bei weitem nicht so blau wie im Leben, doch noch immer etwas dunkeler als sonst bei Leichen, eigentlich schmutzig grau. Der Mund fest geschlossen. Nach Eröff- nung der äufseren Brustbedeckungen öffnete ich denHerzbeutel, und fand in demselben ungefähr eine Unze dunkel gefärbter seröser Flüssigkeit. Das Herz nahm ich nach Unterbindung der Vena cava su- per. et infer. heraus, fand dasselbe im Verhältnifs zum übrigen Körper ziemlich grofs. Auffallend war es mir gleich, die Arteria pulmonalis so klein zu finden, kaum halb so grofs als normal. Bei Eröffnung der Ventrikeln ergab es sich, dafs die Muskelsubstanz des Herzens sehr fest und aufserordentlich dick war, die Ventrikeln selbst an Raum beengt, pechschwarzes geronnenes Blut enthaltend. Beide Atrien voll geronnenen Blutes. Das Foramen ovale ganz offen, die Klappe kaum angedrückt, der Ductus arteriosus Botalli ebenfalls ganz offen, das Lumen so dick wie ein Schwanenfederkiel. Mit einer Sonde verfolgte ich den Ductus bis in die Aorta. Die Arteria pulmonalis war besonders klein hinter dem Ductus urteriosus. Die Lungen waren mit der Pleura meist verwachsen, übrigens gesund, frei von Knoten, sehr blutarın, desto reicher an Luft, sie knisterten auffallend, obgleich die Fäulnifs nicht sehr vorangeschritten. Dabei waren die Lungen aber sehr klein, ganz in den hintern Raum der Brust zurückgedrängt. Sonst fand ich in der Brust nichts Bemerkenswerthes. Gerne hätte ich das Herz mitgenommen, allein nicht zu be- kämpfende Vorurtheile und sonstige Hindernisse vereitelten mein Vorhaben. Eine Verbildung des Penis war noch an der Leiche bemerkenswerth. Die Vorhaut fehlte ganz, die Eichel war kaum angedeutet und da, wo das Frenulum preputii gewöhnlich ist, die Harn- röhren-Oeffnung, wodurch der Penis nach unten gekrümmt erschien. Ich halte diesen Fall deshalb für so interessant, weil der Verstorbene das bei Blausüchtigen so seltene Alter von 27 Jahren erreicht hatte und sowohl der Ductus arteriosus wie auch das Foramen ovale gleichzeitig offen geblieben waren. Dr. Streter zeigt ein neues Nabelbruchband vor, von dem hiesigen Instrumentenmacher Bild- heuser verfertigt; die Federn sind vorn getheilt, wodurch der Bruch leichter zurückgehalten wird. Dr. Koenen theilte mehrere Fälle von sporadischer Cholera mit, welche durch Einathmen von Sumpfgas bei der Reinigung eines Teiches in Düren vor mehreren Jahren entstanden waren. Ein Individuum starb innerhalb sechs Stunden. Es war von mehreren Seiten geltend gemacht worden, der Brechdurchfall sei durch verdorbene Fische erregt worden, was Dr. Koenen jedoch entschieden zurückweist. Er knüpft zugleich an diese Fälle die Bemerkung, ob nicht auf ähn- liche Weise die Cholera im Ganges-Delta sporadisch entstehe, und ob nicht solche Fälle in Europa unter begünstigenden Umständen epidemisch werden könnten ? Professor Heyfelder spricht hierauf über Aetherisation. Nachdem Professor Rouxz seinen Vortrag über die Aetherinhalationen beendigt hatte, wurde vom Vorstande der ersten Sitzung der Wunsch ausgesprochen , dafs dieser Gegenstand vor dem _ 40 — Schlufs unserer Versammlung noch einmal erörtert werden möge. Meine Absicht geht nur dahin, etwas zur Ergänzung dessen zu bringen, was wir von Rouz gehört haben. Zunächst sehe ich mich veranlafst, Sedillot zu widersprechen, der in einer der pariser Aca- demie der Wissenschaften unterm 30. August l. J. vorgelegten Denkschrift unter anderm auch das behauptet, dafs Niemand der Aethereinwirkung widerstehe, und dafs, wo es geschehe, der Grund entweder in der schlechten Beschaffenheit des Apparates, dessen man sich bediene, oder in der Ungeschicklichkeit des Operateurs zu suchen sei. — Ich mufs diesen Satz durchaus als einen irrigen bezeichnen. Es finden sich hin und wieder, wiewohl sehr selten, Individuen, welche weder das Bewufstsein, noch das Empfindungsvermögen verlieren, auch wenn die Aetherinha- lationen mit aller Umsicht, mit gutem Aether und mit dem zweckmäfsigsten Apparate fortgesetzt werden. Soweit meine Erfahrung geht, sind es ganz besonders die dem Genusse geistiger Ge- tränke ergebenen Personen, welche der Aethernarkose widerstehen. Auch einige hysterische Mädchen sah ich in einen Zustand von grofser Aufregung versetzt, ohne dafs ihr Gefühl und ihr Bewulstsein schwanden. Ebenso war es mir auffallend, dafs ein junger und kräftiger 20 Jahr alter Apothekergehülfe, trotz einer über eine Stunde forlgesetzten Aetherisation mit verschie- denen Apparaten, in Folge welcher zuletzt Uebelkeit und Erbrechen eintraten bei ungetrübtem Bewufstsein und Gefühle blieb. Es gibt aber auch einzelne Thiere, welche der Aeihereinwirkung widerstehen. Freiherr v. Bibra beobachtete dieses vor allem bei Katzen und Professor Dr. Will bei einem Bastard von einem Königshunde. Die Ansielligkeit eines Individuums und die Beschaffenheit des Aethers selbst sind überdies von grolsem und sehr entschiedenem Einflufs bei der zu erreichenden Aetherisation. Manche Individuen benehmen sich gleich von Anfang an bei den Inhalationen so ungereimt, dafs der beste Operateur, mit Hülfe des besten Apparates und des besten Aethers, keine Narkose her- beiführen wird. — Aether von schlechterer Qualität narkotisirt enlweder gar nicht oder unvoll- kommen, und es unterliegt gewils keiner Frage, dafs der Schwefeläther, wie er häufig in un- sern Apotheken verabreicht wird, zu viel Wasser angezogen hat und daher seinen Zweck ver- fehlen mufs. Nicht selten sah ich Gefühl und Bewufstsein schnell verschwinden, wenn ich den im Apparate vorhandenen , schon zu einem andern Experimente benutzten Aether durch frischen ersetzte, während vor dieser Aenderung der Kranke die Inhalationen lange ohne den beabsich- tigten Erfolg gemacht hatte. Um einem unkräflig gewordenen Schwefeläther wieder seine specifische Stärke zu geben, schlägt v. Bibra vor, ihn mit Chlorcaleium zu behandeln, in Folge dessen er Anfangs sich trübe, dann sich kläre und abgegossen von dem dicken Sediment wieder seine volle Stärke habe — ein Verfahren, das unsere Beachtung verdient. Somit widerspreche ich also Sedillot sehr bestimmt, dafs Jeder durch die Aetherinhalalionen in absolute Empfindungslosigkeit und in einem Zustand vollständiger Muskelerschlaffung (une resolution complete du systeme musculaire) versetzt werde. Von Wichtigkeit ist es bei solchen Operationen, welche keine schnelle Beendigung zulassen, die Empfindungslosigkeit und die Muskelerschlaffung, mit einen Worte den höhern Grad der Aeihernarkose längere Zeit zu unterhalten, was am angemessensten durch intermittirende — 151 — Aethereinathmungen geschieht, d. h. die Inhalationen müssen abwechselnd während einiger Minu- ten ausgesetzt und dann wieder continuirt werden. Auf solche Weise habe ich Kranke, an wel- chen ich langwierige Operationen vollführt, eine ganze Stunde und noch länger empfindungs- und bewufstlos erhalten. Die Inspirationes intermittentes sind um so mehr zu empfehlen, wenn das Individuum sehr jung ist und sehr rasch in den Aetherrausch versetzt wird. Wollte man hier ohne Unterbrechung die Inhalationen fortfetzen, so könnte dadurch selbst der Tod herbei- geführt werden, wie dies Versuche an Thieren, von Will, Herz, v. Bibra u. a. angestellt, evi- dent gemacht haben. In meiner Schrift über die Versuche mit dem Schwefeläther habe ich zu exclusiv die Behaup- tung hingestellt, dafs Lungenkranke sich zu den Aetherinhalationen nicht eigenen. An Lungen- emphysem Leidende husten zwar beim Beginn der Inhalationen, aber das Husten hört bald auf und die Kranken bleiben längere Zeit nachher noch frei von den Beschwerden, von welchen sie vorher sich heimgesucht fühlten. Schädliche Wirkungen habe ich niemals nach der Aetherisation beobachtet und doch ist die Zahl meiner Versuche nicht unbedeutend, indem sie ungefähr 200 beträgt. Allerdings sind einige der unter Beihülfe des Aethers von mir Operirten kürzere oder längere Zeit nach der Operation gestorben, namentlich eine Kranke, welcher ich den linken Eierstock exstirpirt, eine andere welcher ich den Oberschenkel amputirt, ein dritter, dem ich die entartete Ohrspeicheldrüse aus- geschnitten, aber in allen diesen Fällen war kein Zusammenhang zwischen der Aetherisation und dem Tode, was durch die Nekroskopie nachgewiesen werden konnte. Einigemal schien mir während der Operation die Blutung aus den kleinen Arterien auffallend stark zu sein, was in: der absoluten Erschlaffung der Nerven und Muskelfasern um so mehr seinen Grund zu haben scheint, als gerade die in einem Muskel sich verzweigenden Arterien- slämme vorzugsweise stark und lange bluteten. Eine grölsere Neigung zu Nachblutungen nahm ich bei Operationen im Gesichte und am Halse wahr , und auch diese Disposition zu Nachblutungen dürfte in der Muskelerschlaffung bedingt sein. Bei allen, an welchen ich unter Beihülfe der Aetherisalion gröfsere Operationen machte beobachtete ich eine auffallend geringe Reaction, wenn überhaupt eine solche auftrat, und grade dieser Umstand ist von grofsem Werthe für die operative Chirurgie, wie mit mir jeder der Anwesenden anerkennen dürfte. Was die Inhalationsapparate anbetrifft, so kann man mit jeder einfachen Vorrichtung leicht zum Ziele gelangen. Der von Luör verfertigte und hier vorgezeigte ıst von mir schon in Erlan- gen erprobt worden, und er verdient allerdings als zweckmäfsig vor allen empfohlen zu werden. Dr. Sicherer aus Heilbronn bemerkt in Bezug auf die Erfolge der Aetherisation bei Tetani- schen, dafs er bei einem zwölfjährigen Knaben, der an Tetanus rheumaticus litt, den Aether sowohl durch Inhalation, als per anum angewandt und trotz einem halbstündlichen Einathmen keinen Schlaf erzielt habe; erst später sei lang anhaltender Schlaf erfolgt, der jedoch von kei- ner Wirkung auf den tetanischen Knaben gewesen sei. Dritte Seetion, für Zoologie, Anatomie und Physiologie, 1. SITZUNG. Montag, den 20. September. Vorsitzender : Professor W. Vrolik aus Amsterdam. Secretäre : Professor Budge aus Bonn. Dr. B. M. Lersch aus Aachen. Herr Professor Stannius führt Versuche an, welche er an Katzen angestellt hat, um die Functionen der drei in der Zunge verbreiteten Nerven zu erhellen. Die Katzen sind dazu besonders geeig- net, weil sie sehr feinschmeckende Thiere sind. Die gewonnenen Resultate schliefsen sich denen von Panizsa und Valentin am Meisten an. Den hauptsächlichen Streitpunkt, nämlich über die Verrichtung des N. glossopharyngeus löst Herr Stannius,, wie jene, indem er ihn als den eigentlichen und einzigen Geschmacksnerven bezeichnet. Erhalten unversehrte Katzen Milch, der schwefelsaures Chinin zugesetzt ist, so bieten sie, nachdem sie eben daran geleckt haben, entschiedene Zeichen der Abneigung dar, suchen die Flüssigkeit abzuwischen, schütteln mit dem Kopfe u. s. w. Noch mehr widersteht ihnen eine Lösung von Salmiak. — Werden hingegen die N. glossopharyngei durchgeschnilten und aus dem Foramen lacerum herausgenommen, so trinken die Thiere die mit Chinin versetzte Milch, ohne irgendwie Abneigung dagegen an den Tag zu legen. Wurde hingegen der bitteren Milch noch Salmiak zugesetzt, so trat Erbrechen ein und die Thiere liefsen das Getränk stehen. Der Mangel an Geschmack dauerte lange nach der Operation fort. — Nach Durchschneidung des N. lingualis war das Schmerzgefühl zwar zerstört, aber der Geschmack bestand noch fort, und endlich hob die Trennung des N. hypo- glossus weder das Schmerzgefühl noch die Geschmacksempfindung auf, während sie die Zunge bewegungslos machte. — Uebrigens war die Operation an jedem Nerven während der Durch- schneidung schmerzhaft. Herr Dr. Lersch las einen von Professor ©. H. Schultz-Schultzenstein in Berlin eingesandten Aufsatz vor über Zucker und Gummi als normale Bestandtheile des gesunden Blutes und des Chylus. Der Brief lautet also : Dafs im Blute der Harnruhrkranken Zucker vorgebildet gefunden wird, ist, nachdem es von Rollo entdeckt und später vielfach geläugnet worden, jetzt nicht mehr dem geringsten Zweifel unterworfen. Man ist aber nach dem bisherigen Zustand unserer 'Kenntnisse von den Bestand- theilen des gesunden Bluts gezwungen gewesen anzunehmen, dafs die Zuckerbildung im Harn- ruhrblute eine ganz abnorme Erscheinung sei, welche in den Bestandtheilen des gesunden Blu- = 19 = tes keine Analogie finde. Man ist nach den bisherigen Ansichten gewohnt gewesen nur stick- stoffhaltige chemische Bestandtheile im Blute zu suchen, während man stickstoflose Substanzen, wie Zucker und Gummi, nur als ausschliefslich dem Pflanzenreich angehörig betrachtet hat, Wären die Untersuchenden nicht in diesen Vorurtheilen befangen gewesen, so müfste man bei der grofsen Menge, in welcher sie zu finden sind, Zucker und Gummi im gesunden Blute längst gefunden haben. Zucker und Gummi setzen im Wesentlichen das zusammen, was man bisher mit dem unbestimmten Namen : Extractivstoff des Bluts genannt hat. Ueber die Natur dieses Extraetivstoffs ist man bisher gänzlich im Dunkeln geblieben, wozu der Umstand viel beigetra- gen hat, dafs darin nicht blos Zucker und Gummi im reinen Zustande, sondern vermengt mit Blutfarbstoff, Käsestoff und schwer zu sondernden Salzen vorkommen. Der Zucker im Blute ist Traubenzucker, das Gummi dem Stärkegummi am ähnlichsten. Ich habe beide Substanzen durch dieselben Reagentien und im Wesentlichen auf dieselbe Art entdeckt, wie ich den Zucker und das Gummi in den Lebenssäften und den Holzsäften der Pflanzen gefunden und in dem gröfse- ren Werke über ,‚Cyklose des Lebenssaftes, Bonn 1841 ,“ S. 193—200 beschrieben habe. Die zu prüfende Flüssigkeit wird nämlich mit Kupfervitriol versetzt und dann unter Zusatz von Aetz- kali erwärmt, wobei der Traubenzucker einen hellbraunrothen, das Gummi einen olivengrünen Niederschlag bildet, und wenn beide Substanzen zugleich vorhanden sind, eine schwarzbraune Trübung entsteht, aus der sich später zwei Bodensätze absetzen, ein unterer braunrother und ein oberer olivengrüner. Die Methode der Abscheidung von Gummi und Zucker aus dem Blute ist folgende : 1. Man nimmt frisches Blut, wie es aus der Ader fliefst, oder auch frisch geschlagenes Blut und erhitzt es bis zum Sieden alles Eiweifses, Farbstoffes, Fasergewebes, unter Verhütung des Anbrennens durch Umrühren. Die heifse Masse wird mit reinem Wasser übergossen, welches daraus Gummi, Zucker und Salze auflöst. Die krystallisirbaren Salze kann man aus dieser. Auflösung durch Krystallisation abscheiden, die leicht löslichen, besonders essigsauren Salze sind schwer zu trennen, wie denn auch überhaupt für den Zweck der Gummi- und Zuckerreaction diese Tren- nung gar nicht nöthig ist. Aus der concentrirten Auflösung kann man das Gummi durch Alkohol präeipitiren, worauf dann die übrige Flüfsigkeit den Zucker enthält. Beide sind durch die eben angegebenen Reagentien zu erkennen. Bei Anwendung des ganzen frischen oder geschlagenen Blutes ist sowohl Gummi als Zucker mit einem Theil Blutfarbstoff verunreinigt gefärbt, was oft die Reaction mehr oder weniger stört. Um dieses zu verhüten, ist die folgende Methode vorzuziehen. “2. Man läfst das Blut gerinnen und wählt zur Untersuchung das sich durch Gerinnung ab- scheidende farblose Serum. Das Serum wird ebenso behandelt, wie eben vom reinen Blute an- gegeben; nämlich man erhitzt es bis zum vollständigen Gerinnen und extrahirt das Gerinsel mit reinem Wasser. Hierdurch erhält man eine fast farblose Auflösung, welche den Zucker und das Gummi in beinahe farblosem Zustande enthält, so dafs sie durch die oben angegebenen Rea- gentien leichter zu erkennen sind. Zur Abscheidung des Gummi und Zuckers aus der Lymphe wird ganz wie beim Serum ver- fahren. Der Chylus enthält immer weit mehr Zucker als das Blut; die gröfste Menge findet man 20 —_ 14 — während und kurz nach der Verdauung. Auch im Pfortaderblut findet sich Zucker und Gummi Bis jetzt habe ich Zucker und Gummi gefunden im Chylus und im Blute der mit Roggenschrot und Kartoffeln gemästeten Schweine; im Chylus und im Blute mit Heu und Hafer gefütterter Pferde; im Chylus und im Blute säugender und eben abgesetzter Kälber; im Blute der Schafe , im Chylus und im Blute der Rinder; im Blute einer schwangeren Frau; im Blute einer mit Mais gemästeten Gans. Die Menge des im Blute vorhandenen Zuckers und Gummi’s ist zu allen Zeiten gleich. Im nüchternen Zustande und nach längerem Fasten nimmt sie bis zum Verschwinden ab; während und nach der Verdauung ist sie am gröfsten, vorzüglich nach dem Genuis von Brot, Heu, Gras, Hafer. Es ist keinem Zweifel unterworfen, dafs Gummi und Zucker mit den übrigen Blutbestandthei- len aus dem Magen und Darmkanal in die Lymphe und das Blut gelangen. Die Zuckerbildung im Magen durch die Einwirkung des Speichels auf Pflanzenspeisen ist bekannt. Ich habe durch die eben angegebenen Reagentien gefunden, dafs der Zucker im Duodeno nach der Zumischung der Galle nicht sogleich ganz verschwindet und besonders bei Pferden noch durch die ganze erste Hälfte des Dünndarms zu finden ist. Meistens findet sich noch Zucker so weit die Säure- bildung des Darminhaltes nicht ganz verschwunden ist, Neben dem Zucker findet sich aber auch Gummi im Magen und Darmkanal schon vorgebildet. Man kann beide durch Auskochen des Magens und Darminhaltes absondern. Dafs Gummi ein regelmäfsiger Begleiter des Zuckers im Darmkanal, in der Lymphe und im Blute ist, scheint denselben Grund zu haben, wie die gleichzeitige Anwesenheit beider Stoffe in den Lebenshöhlen und Holzsäften der Pflanzen, nämlich dafs beide Stoffe sich beständig in einander umbilden. Zuerst finden wir, dafs sich in der thierischen und pflanzlichen Digestion Stärke in Gummi, und Gummi in Zucker umbildet. Dieser Prozefs setzt sich im Blute ähnlich wie in den Lebenssäften der Pflanzen fort, nur mit dem Unterschiede, dafs die Gummi- und Zuckermasse in den Lebenssäften der Pflanzen überwiegend ist, während sie im Blute gegen die stickstoffhaltigen Bestandtheile sehr zurücktritt. Indessen sehen wir jetzt, dafs, wie es frü- her ein Irrthum war, zu glauben, dafs die Pflanzen keine stickstoffhaltigen Bestandtheile enthiel- ten, es bis jetzt ebenso irrthümlich gewesen ist, alle stickstofffreien Bestandtheile vom Blute auszuschliefsen. Herr Dr. Lersch machte zu dem vorgelesenen Aufsatze die Bemerkung, dafs (gegen die Meinung des Herrn Schultz-Schultzenstein) bereits von anderen und zwar sowohl in den Verdauungsorganen, als im Blute gesunder Menschen und Thiere von Thomson und kürzlich auch von Magendie u. A. Zucker aufgefunden worden sei und dafs namentlich Bouchardat und Mialhe im Blute der mit mehlhaltigen Stoffen gefütterten Thiere Traubenzucker und Dextrin auf eine bestimmtere Weise nachgewiesen hätten, als es im vorliegenden Aufsatze geschehe. Er erinnerte zugleich an die Behauptung Raspail’s #) von einem Zuckergehalt des ganzen Uterinsystems im schwangern Zustande und *) Nouveau Systeme de chemie organique. Paris 1833, $ 116. - 15 — im Fötus — eine Behauptung, die in jetziger Zeit, wo im bebrüteten und unbebrüteten Hüh- nerei Zucker nachgewiesen worden, nicht mehr, wie bisher, ohne fernere Prüfung zu verwerfen sein möchte, obschon Raspail’s Beweis (der allein in der Purpurfärbung beruht, die diese Theile von concentrirter Schwefelsäure gleich einem Gemisch von Zucker und Eiweis erleiden sollen) hier allein nicht genüge. Er selbst habe auch eine Mittheilung über Spuren von Zucker, die er in dem Fruchtwasser eines kleinen abortirten menschlichen Fötus fand, gemacht und habe später in einem ähnlichen Falle sich wieder von der Gegenwart eines Stoffes überzeugt, der deutlich redueirend auf das Kupfersalz der Frommherz’schen Probeflüssigkeit wirkte. Er be- merkte ferner noch, dafs nicht blos Eiweis, Oel, Fett und Gallensäure die Eigenschaft besäfsen, mittelst concentrirter Schwefelsäure bei Gegenwart höchst geringer Mengen von Zucker purpurn gefärbt zu werden, sondern dafs auch mehrere Harze (Galbanum, Euphorbium, Elemi, Dam- marharz, Asa foetida, Ammoniacgummi) sich in Bezug uuf Zucker und Schwefelsäure mehr oder weniger ähnlich verhielten. Alle Harze der Art schienen aber vom Colophonium in dieser Hinsicht übertroffen zu werden. Das Phänomen, dafs ein Tropfen concentrirter Schwefelsäure auf unseren jetzigen Schreibpapieren, ehe er durchfrifst, einen purpurrothen Fleck mache, beruhe auf einer Umbildung des Mehls, womit das Papier geleimt sei, in Zucker und der Ge- genwart von Colophonium in diesem Leime. s Herr Duvernoy beschrieb den merkwürdigen den Respirationsapparat unterstützenden Sack eines indischen Fisches, Silurus Lingio (S. fossilis), von Valenciennes Saccobranchus genannt. Dieser Sack, welcher seiner Function nach an die Aushöhlungen der oberen Schlundknochen der Labyrinthfische (Chersobatae) erinnert, von Taylor schon gekannt, liegt unter der Wirbel- säule und ist nicht unähnlich den Backentaschen beim Hamster. Er ist sehr ausgedehnt und empfängt eine grofse Menge von Gefälsen, die Arterie kommt von der letzten Kiemenarterie. Die Wände derselben sind drüsig und er ist von einem von Querfasern ‚gebildeten Muskel um- - geben. Der Sack enthält Wasser, welches vermittels des Muskels in die Kiemen getrieben wird und sie feucht erhält, wenn das Thier sich aufserhalb des Wassers aufhält. Herr Professor Stromeyer zeigte der Versammlung ein Präparat von Professor Kobelt aus Frei- burg, um zu zeigen, dafs neben dem weiblichen Eierstock noch ein Nebeneierstock vorhanden sei, welcher aus Röhren bestehe. Der Referent verweist auf die über diesen Gegenstand erschie- nene Schrift des Herrn Kobelt. Herr Dr. Debey zeigte der Versammlung Abbildungen von mehren neuen Acarus-Arten vor und gab dazu folgende Erläuterungen : Diese Acariden leben auf den Larven mehrer Rüsselkäfer, namentlich des Rhynchites Betuleti und Attelabus curculionoides, in deren für den Aufenthalt der Eier und Larven bestimmten Gehäusen an Weinrebe, Hasel, Buche, Birke, Linde und an der Eiche. Ausgezeichnet sind dieselben durch eine Fortpflanzungsweise, welche bei keiner einzigen anderen Gattung der Familie bis jetzt beobachtet worden. Es wächst nämlich dem Weibchen am hinteren Ende des Leibes eine anfangs längliche, glänzende, braungefleckte Kugel hervor, —- 156 — welche von einem mit der Oberhaut des Weibchens in ununterbrocheneım Zusammenhang ste- henden Sack umschlossen ist. Dieser Sack liegt fest an der Kugel an, löst sich aber in Wein- geist in so weit ab, dafs man deutlich die Gränze zwischen dem Kugelinhalt und dem umge» benden Sack wahrnehmen kann. Mit Vergröfserung der Kugel rundet sich diselbe ab und die Brücke zwischen ihr und dem Leibe des Weibchen wird schmäler, bis sie endlich mit dem sie umgebenden aus der Fortsetzung der Oberhaut des Mutterthiers gebildeten Sacke sich vollstän- dig abschnürt. In diesem Zustande hat sie einen Umfang erreicht, der den des Mutterlhiers bei- nahe um das Zehnfache übertriflt. Die weitere Entwickelungsgeschichte der Kugel hat bis jetzt noch nicht durch Beobachtung festgestellt werden können. Ihr Inhalt, sowie die eben angeführ- ten Thatsachen machen es im höchstem Grade wahrscheinlich, dafs sie der Behälter für eine Auzalıl von Eiern sei, bei der Reife dieser letztern aufbreche und den Larven freien Austritt gestatte. Es besteht nämlich die abgeschnürte Kugel aufser aus dem vom Mutterthier herkom- menden Sack aus einer verhältnifsmäfsig ziemlich harten, glänzenden, durchscheinenden, braun- gefleckten Schaale und einem zelligen Inhalt. Die Theilung des Innern in Zellen läfst sich schon bei ziemlich schwacher Vergröfserung auf der Oberfläche der Kugel erkennen. Beim Zerdrücken treten aber mehre Reihen unregelmäfsig sechsseitiger, untereinander zusammenhängender Zellen hervor, welche einen aus zahlreichen kleinen Kugeln bestehenden unregelmäfsigen Kern ent- halten. In der Umgebung dieser Zellenreihen fand sich jedesmal nach dem Zerdrücken eine Flüfsigkeit, welche sowohl kleine, dem Kerninhalt der Zellen entsprechende, wie sehr grofse , etwa '/, einer ganzen Zelle umfassende gelbe Tropfen (Dotterflüfsigkeit?), sowie längliche Krystalle und verschiedene Fäden enthielt. Die wahrscheinliche Annahme festgehalten, dafs die ebenerwähnten Zellenreihen die in einen gemeinschaftlichen Behälter aneinander gereihten Eier seied; so bieten sich Analoga für die vorliegende Erscheinung bei zwei den Acariden nahestehenden Ordnungen dar : nämlich bei den Sackträgerspinnen, welche die einzelnen in einem freien Sack unregelmäfsig zusammenge- häuften Eier beständig am Hinterleibe mit sich forttragen — und beim Hummer, bei welchem nach Erdl die Eier ebenfalls in einem mit der Oberfläche des Mutterthiers zusammenhängenden Sacke mit fortgetragen werden. Leider sind die hier erwähnten Acariden allem Anscheine nach äufserst selten; ich habe sie nur zwei Mal zu beobachten Gelegenheit gehabt und die in Wein- geist aufbewahrten Stücke sind mit der Zeit verdorben. Es dürfte jedoch von. Interesse sein, au dieser Stelle auf den Gegenstand aufmerksam gemacht zu haben, um fernere Beobachtung zu veranlassen und die ganze Entwickelungsgeschichte der Kugeln in’s Klare zu bringen. Für die systematische Stellung der Arten dürfte zunächst als wichtig hervorzuheben sein, dafs sie nicht, wie die übrigen Acariden, auf den ausgebildeten Insecten, sondern auf den Larven leben. Fer- ner theilte mir Herr Forstrath Koch aus Regensburg, unser ausgezeichnetster Kenner dieser Ordnung, dem ieh zur Zeit die Abbildungen einsandte, mit, dafs die Thiere wahrscheinlich unter seine Gattung Dermaleichus, Familie der S;wkoptiden, in die Nähe der drei auf Käfern (Chrysomela) lebenden Arten einzuordnen sein dürften. Die beiden bis jetzt als unzweifelhaft verschieden dastehenden Arten. bezeichne ich als Dermaleichus: rhynchitinus DB. und‘ Derma- leichus attelabinus DB. — 137 — Herr Professor Baum bemerkte, dafs Schilling in Greifswalde beobachtet habe, dafs in den Muskeln lebender Vögel zuweilen Säcke vorkommen, welche eine grofse Menge Milben ent- halten. Herr Schröder van der Kolk. machte hinsichtlich der Gefühls- und Bewegungsnerven auf ein Gesetz aufmerksam, nach welchem der Gefühlsnerv jedesmal zu dem Theile hingeht, welcher von demjenigen Muskel bewegt wird, welchem der entsprechende Bewegungsnery angehört. Er leitete von diesem Gesetze das Bewufstwerden unserer eigenen Bewegung ab. Er glaubt, dafs die Muskeln keine eigenen Gefühlsnerven haben und dafs das Ermüdungsgefühl auf einer Zer- setzung der Muskelmasse beruhe und somit von den vegetativen Nerven ausgehe. Zuletzt spricht er noch die Hypothese aus, dafs von den Nervenschlingen der eine Faden dem Gehirne ange- höre, der andere dem Rückenmarke. 2, SITZUNG. Dienstag, den 21. September. (Morgens.) Vorsitzender : Herr Professor Stannius. Herr Professor Vrolik hielt einen Vortrag über Hyperoodon, welchen er durch Abbildungen erläuterte. Er fand, dafs die Querfortsätze der Rückenwirbel aus dem Körper und nicht aus dem Bogen hervorkommen. Die Halswirbel sind alle verwachsen. An dem sechsten Halswirbel zeigen sich zwei durch ein Septum getrennte Löcher. — Unter den Schädeldecken ist kein Sperma ceti vorhanden. Das Sternum ist in zwei Hälften getheilt. In der linken Seite des Unterkiefers waren fünf Abortivzähne, deren mikroskopische Untersuchung eine Uebereinstimmung mit denen des Cachelot ergab. In der Luftröhre zeigt sich die Spirale, wie bei allen Cetaceen. An der Pars pylorica des Magens befinden sich mehre durch kleine Oeffnungen mit der Magenlıöhle communicirende Fächer, in welchen schlauchartige Drüsen erkennbar sind. — Den Inhalt des Magens bildeten hauptsächlich Cephalepoden, welehe (durch die peristaltische Bewegung) in einander geschoben waren. — Das Duodenum enthält grofse Zellen, welche kleine in sich tra- gen, ganz ähnlich wie im Darme des Störs. Ein ©oecum ist nicht vorhanden; auch eine Gal- lenblase fehlt. Mehre Nebenmilzen fanden sich. Im Herzen waren gegen Eschricht’s Behauptung Museuli papillares sichtbar. In der Vagina waren die Längsfalten wie bei dem Narwall, dem Delphine und den Ruminantien sehr stark entwickelt. Herr Hermann von Meyer sprach seine Zweifel darüber aus, dafs das Becken an dem in Haarlem befindlichen Skelette von Hyperoodon richtig angebracht sei. Es hänge nämlich an Wir- beln an, welche sich durch ihre unteren Bogen als Schwanzwirbel charakterisirten, und er könne nieht glauben, dafs Schwanzwirbel das Becken getragen, wie er auch schon Herrn Professor von Breda in Haarlem bemerkt habe. Herr Professor Straufs-Dürkheim schlofs sich der Ansicht des’ Herrn von: Meyer an mit dem Bemerken, dafs auch im Delphin das Becken eine schräge Lage einnehme, wodurch man leicht veranlafst werden könne, weiter hinter liegenden Wirbeln das Becken beizulegen. — 153 — Herr Professor Stannius machte zur Bestimmung des Artencharakters der Gattung Delphinus auf die Anzahl der Barthaare aufmerksam. So fand er z. B. bei Delphinus phocaena in sechs Exemplaren nur zwei Barthaare. Herr Professor Duvernoy spricht von den Geschlechtsorganen der Myriapoden und zeigt Ab- bildungen in dieser Beziehung von Julus maximus. — Er macht sodann Bemerkungen über die Aehnlichkeit der Cöcilien mit den Schlangen, indem Milz und Pankreas wie bei diesen gebildet und die Leber gelappt sei. — Er beschreibt ferner die Geschlechtsorgane von Siphonops an- nulatus. Bei ihm ist der Hoden in eine grolse Anzahl Lappen getheilt, das Vas deferens wendet sich erst rückwärts, dann nach vorn, um eine Schlange zu bilden, ehe es in die Kloake mün- det. In dem äufseren Theile der Kloake finden sich drei harte, zellige Falten. Beim Weibchen ist die Kloake viel kürzer. Er glaubt, dafs bei der Begattung die Falten sich umwenden und dafs damit die Krümmung des Vas deferens zusammenhänge. — Das Herz des Thieres hat nur einen sehr grofsen Vorhof und einen kleinen Ventrikel. Herr Professor d’Alton sprach über die aus zwei durch einen soliden Mitteltheil verbundenen Abtheilungen der Lungen von Proteus. Beide lassen sich einzeln aufblasen, ohne dafs es mög- lich ist, sie zusammen aufzublasen, weil niemals die Luft das Mittelstück ausdehnt. Er macht eine Vergleichung mit den doppelten durch eine Einschnürung getrennten Schwimmblasen der Fische. Eine von Herrn Professor Mayer aus Bonn eingesandte Abhandlung über ein neues Systema animalium wird vorgelesen. Sie lautet : Jeder Naturforscher wird mit mir darin einverstanden sein, dafs es eine schwierige und ich möchte sagen, das Maafs der menschlichen Geisteskraft fast übersteigende Aufgabe ist, die Thiere in eine systematische oder logisch streng geregelte Reihe zu ordnen. Die vielen bis jetzt versuchten, so sehr von einander abweichenden, aber sämmtlich ungenügend befundenen Eintheilungen der Säugethiere, Vögel, Amphibien, Fische u. s. w. beweisen dies hinreichend. Noch bei weitem gröfser ist die Schwierigkeit, welche sich dem Versuche einer Eintheilung des gesammten Thierreiches entgegenstellt. Und doch kehrt die Anforderung unseres Geistes, Einheit in die Mannigfaltigkeit der Natur zu bringen, immer wieder und läfst sich nimmermehr ganz abweisen. Ich habe hier den Versuch gemacht, diesem Bedürfnifse des menschlichen Geistes nach Ein- heit entgegenzukommen und das gesammte 'Thierreich nach einem Prinzipe einzutheilen. Es entstand zuvörderst nun die Frage, welcher Theil des Thierkörpers, welches Organ des- selben soll die Basis gleichsam dieser Eintheilung bilden? Diese Frage beantwortete ich dahin : „Das Wesen des Thieres ist freiwillige Bewegung,“ dies ist sein ausschliefslicher Charakter. Das willkürliche Bewegungs-Organ mufs und kann daher allein das discernirende Merkmal zu einer Unterscheidung und Eintheilung der 'Thiere darbieten. — 159 — Auf diesem Grundsatz festen Fuls so zu sagen fassend, habe ich nun das Organ der willkür- lichen Bewegung der Thiere, wie es als Hand, Fufs, Flügel, Flosse, Cirrhe, endlich zuletzt bei den Infusorien als Wimperfaden erscheint, als Merkmal der Eintheilung hingestellt. Da aber alle Eintheilung der Thiere zum Behufe der Unterscheidung derselben von Aufsen eine äufserliche, leicht fafsliche und in die Augen springende sein mufs — eine Eintheilung nach einem innern verborgenen Organ, eine anatomische also, wenn solche mit durchgreifender Consequenz je könnte durchgeführt werden, würde für den Zoologen unbrauchbar sein, — so mufste gleichsam ein malhematisches Schema gesucht und entworfen werden, welches der vor- zunehmenden Eintheilung zu Grunde gelegt werden könnte. Dieses mathematische Schema schien mir nun eben so einfach als consequent ausführbar und zwar Folgendes zu sein : Systema Animalium secundum situm (diathesin) organorum motus. Paramesomelea. Membra axi corporis parallela, Homo erectus. Prototypus Animalium, I. CLASSIS, Cathetomelea. Membra ad axin perpendicularia, rectangula, Gradgliederthiere. Mammalia. . Chiropoda, Handfüfser.(Simi, Pedimana.) . Chelopoda, Krallenfüfser. (Ferae.) . Labopoda,Pfötler, Nager. (Prensiculantia.) - Polyoplopoda, Vielhufer. (Multungula.) . Dioplopoda, Zweihufer. (Bisulca.) . Monoplopoda, Einhufer. (Solidungula.) VII. Pterygopoda, Finnenfüfser. (Cetacea.) s«Z2E=,„_ II. CLASSIS, Oxygoniomelea. Membra ad axin acutangula, Schiefgliederthiere. Aves. I. Labopodes,, Greiffüfser. II. Porpopodes , Kletterfüfser. III. Harpopodes, Krallenfüfser. (Raptatores.) IV. Baenopodes, Gangfüfser. (Coraces.) V. Almatopodes, Hüpffüfser. (Passeres, Os- eines. VI. Scaptopodes , Scharrfüfser. (Gallinae , Struthiones.) VII. Eretmopodes, Ruderfüfser. (Natatores.) VIH. Trochopodes, Lauffüfser. (Grallae.) II. CLASSIS. Plagiomelea. Membra ad axin transversa, horizontalia. Quergliederthiere. Amphibia. I. Onychopoda, Krallenfüfser. (Saurii.) I. Thelopoda, Warzenfüfser. (Batrachii.) II. Tylopoda , Schwielenfüfser. (Chelonii.) IV. Pleuropoda, Rippenfüfser. (Ophidii.) Sä<<28=. IX. X. Al. — 160 IV, CLASSIS. Sporadomelea. Membra dispersa, Pisces. . Aidopterygüi,Schaamfufsflosssr. (Selacii.) . Bdellopterygü, Saugflosser. . Chiropterygü, Handflosser. . Pteropterygü, Flugflosser. . Monopterygü, Einflosser. . Anisopterygü, Ungleichilosser. . Hypopterygii, Unterflosser. (Thoraeici.) . Ephexopterygii, Hinterflosser. (Abdo- minales.) . Peropterygü, Stumpfllosser. (Apodes.) . Cercopterygü, Schwanzflosser. (Cyelo- stomata. V. CLASSIS. Distichomelea. Reihengliederthiere. Membra disticha, Crustacea. Decapoda, Krebse. Massopoda, Kieferfüfser. (Stomapoda.) Amphipoda, Flohkrebse. Heteropoda, Haftfülser. Poecilopoda, Stachelfülser. Lophyropoda, Kammfüfser. Phylliopoda, Blaitfüfser. Gnathopoda, Kaufülser. Laemodipoda, Kehlfülser. Isopoda, Gleichfüfser. Myriapoda, Tausendfülser. VI. CLASSIS. Synectomelea. Heftgliederthiere. Membra conniventia, Insecta. A. OCTMODA. I. Arthroura, (Scorpionidae et Pseudo- scorpii.) 1. Syphonoura, (Pyenogonideae.) II. Theloura, (Aranae.) IV. Anoura, (Phalangita,, Acaridiae.) dB. WEXABODA. I. Coleoptera. H. Hemiptera. II. Orthoptera. IV. Neuroptera. V. Hymenoptera. VI. Lepidoptera. VII. Diptera. . Aptera. VII. CLASSIS. Stomatomelea. Mundgliederthiere. Membra stomatica. I. Cotylopoda, Napffüfser. (Cephalopoda.) II. Bostrychopoda, Schnurrenfüfser. II. Brachiopoda, Armfülser. VI. CLASSIS. Gasteromelea. Bauchgliederthiere. Membra trunco confluentia, Gasteropoda. I. Palmatopoda, Sohlenfüfser. II. Pelecypoda, Beilfüfser. — 161 — II. Heteropoda, Keilfülser. XI, CLASSIS, » IV. Pteropoda , Flossenfüfser. V. Apoda , Fufslose. (Tunicata. Aseidiae, Cercomelea, Salpae.) Schwanzgliedthiere. IX. CLASSIS. Membra terminalia, Circomelea. Radiata. Rundgliederthiere. I. Pachypoda, (Actiniae), Dickfüfser. Membra sessilia, eyclica, II. Strongylopoda, (Polypi), Walzenfüfser. II. Synpoda, Astkorallen. Annulata. IV. Ecastopoda, Blätterkorallen. I. Cryptopoda, Nacktwürmer. Nematoidea All. CLASSIS. Ce. Acanthocephala R.) 103 Periphoromelea. le Cestoidea et Cyslica. Toemaiddar Wimperthiere. U. Arthropoda, Gliedfülser. Membra peripheriea, II. Symphyopoda ‚ Stumpflüfser. Ih fikbndi IV. Lasiopoda, Borstenfüfser. I. Trochopoda, Räderthiere. X. CLASSIS, II. Spiropoda, Windefüfser. (Vorticellae.) Enteronelea. III. Sarcopoda, Fleischfüfser. (Conchifera.) Darmgliederthiere. IV. Allagopoda, Wechselfülser. (Proteus &ec.) V. Apoda, \ 2% Urodela. Membra canalieulata, Fufslose | b. Anura. I. Actinopoda, Stachelfülser. VI. Rhizopoda, Wurzelfüfser, II. Malacopoda, Weichfüfser. (Holothurie.) (seu Phytozoa, Pflanzenthiere.) IN. Trichopoda, Haarfüfser. (Crinoidea.) (Vaucheria, Oscillatoriae.) IV. Branchiopoda. (Ctenophora.) V. Physopoda. VI. Apoda. Pflanze. Conferva. Seizen wir die Axe der Wirbelsäule oder die des Körpers überhaupt als Grundlinie und be- trachten wir die Neigung und Stellung der Axenlinien, der Extremitäten oder Glieder zu den- selben, so werden wir nachfolgende Schemata erhalten : Bei dem zur aufrechten Stellung bestimmten Menschen laufen die Linien der Extremitäten mit der Axe parallel. Er bildet also die Klasse der Gleichgliederthiere, Paramesomelea. In oder auf dieses Schema kann der Zeichner kein Thier, sondern nur die Figur eines Menschen eintragen. Er bildet also, wie bisher, die Krone der animalischen Schöpfung. — Bei den Säugethieren, als erster Klasse des Thierreiches, bilden die Extremitäten einen rechten Winkel mit der Axe; daher ich sie Animalia Cathetomelea genannt habe. Bei den Vögeln sind die hintern Extremitä- 21 = ıı = ten wegen der ‚schiefen Lage der Axe der Wirbelsäule in einem spitzen Winkel angelagert; die vordern oder die Flügel aber zeichnen sich in Folge des nicht breiten, sondern blos cylin- derischen Schulterblattes dadurch aus, dafs sie (beim Fliegen) nach aufwärts und rückwärts übergebogen werden, was bei keinem andern Thiere möglich ist. Ich nannte sie daher Oxygo- niomelea. Sollte diese Charakterisirung der Extremitäten der Vögel Widerspruch finden, so würde ich die Benennung Eteromelea vorschlagen, indem die Flügel quer stehen, wie bei den Amphibien sämmtliche Füfse, die hintere Extremität nach abwärts niederfällt, wie bei den Säu- gethieren. Doch würde ich erstere Benennung vorziehen. Man betrachte nur den Adler im Fluge, den Hahn im Krähen! Die Amphibien charakterisiren sich dadurch, dafs die Extremitäten in der Fläche mit der Axe der Wirbelsäule einen rechten Winkel bilden, oder in die Quere angela- gert sind, daher als Plagiomelea von mir aufgeführt. In dieses Schema wird man kein Säuge- thier und keinen Vogel auftragen können, sondern nur Eidechse, einen Frosch oder eine Schild- kröte; (bei den Schlangen vertreten die querliegenden Rippen die Gliedmassen) aber nur bei Amphibien kann man von oben alle vier Extremitäten in ihrer ganzen Ausdehnung überblicken! Die Bezeichnung der Fische als Sporadomelea erläutert sich durch die verschiedene und auch noch wandelbare Lage der Glieder (Flossen) von selbst. — Die Krustenthiere glaube ich tref- fend und charakteristisch durch dieses räumliche Verhältnifs der Extremität des Körpers unter- schieden zu haben. Bei den Crustaceen laufen die Glieder nebeneinander oder hintereinander parallel, in einer Reihe, dagegen bei den Insekten kommen dieselben gegen einen mittlern Punkt der Axe, gegen das Bruststück des Insectes, convergirend zusammen, so dafs die Schenkel der vordern Beine schief nach hinten, die der mittlern quer, die der hintern nach vorne eingesetzt sind. Jene nannte ich daher Distichomelea, diese Synectomelea. — Die Stoma- tomelea, Gasteromelea, Circomelea und Cercomelea erläutern sich von selbst. — Die Sepien (Cephalopoda) glaubte wegen des höhern Standes ihrer Organisation von den Gasteropoden oder Gasicromelea absondern und als eigene Klasse aufführen zu dürfen. Ich habe gewagt, die Brachiopoden und Bostrychopoden noch hieher zu rechnen, obwohl ich das Gewicht der Einwen- dung, dafs sie keinen abgesonderten Kopf wie jene besitzen, fühle; doch möchte ein Rudiment des Kopfes nicht zu läugnen sein und die Entwickelung ihrer Bewegungswerkzeuge eine höhere, freilich bis jetzt noch ununtersuchte Organisation des Gehirnganglions voraussetzen lassen. Je- doch beseitigt die Benennung Stomatomelea jeden Einwurf. Bei den Circomelea sind die Leib- ringe die Bewegungsglieder, und wenn Füfschen vorhanden, so sind auch sie in Bogen oder Halbkreisen angelagert. Als eine neue eigene Klasse habe ich die Enteromelea aufgeführt. Hierher gehören alle Thiere, bei welehen Wasserkanäle vom Darme ausgehend und in den Gliedfortsätzen auslaufend, sich vorfinden, und diese Glieder eben dazu bestimmt sind, diese Wasserkanäle nach den verschie- denen Richtungen hin zu bewegen. Die Unterabtheilung ist sodann von den Rudimenten herge- nommen, welche noch als Füfse angesehen werden können, wie die beweglichen Fleischzapfen der Stacheln der Echinodermata, die Kiemen bei den Branchiopoda (Ctenophora), eine mit Luft angefüllte Blase bei den Sipkonophora. Die Eintheilung der Cercomelea in Pachypoda (Actinien), Strongylopoda (Polypen), Synpoda — 169 — (Zweigkorallen), wo die Polypen in einen Stamm zusammenfliefsen und Ecastopoda (Blätter- korallen), wo sie zerstreut in Blätterform sich vorfinden, glaube ich für sehr erschöpfend anse- hen zu dürfen. Die letzte Klasse begreift die bisher so unschicklich genannten Infusorien (besser hätte man sie Zumozoa (Gährungsthiere), oder weil sie an der Gränze aller thierischen Organisationen stehen, Teleozoa genannt), bei welchen die Flimmer- oder Wirbelorgane das Charakteristische sind. Dafs die Flimmerorgane bei einigen dieser Urthiere, den einfachsten, z. B. den Monaden, fehlen sollen, glaube ich nicht. Sie kommen immer in gewissen Perioden ihres Lebens und Le- bensaktes wenigstens vor, und sind später nur so fein, dals sie nicht wahrgenommen werden können. Da diese Wimpern an der äufseren Oberfläche oder an der nach aufsen umgestülpten innern Oberfläche (letzteres bei den Räderthieren) sitzen, so habe ich sie Periphoromelea ge- nannt. Die Unterabtheilung ist wieder von dem Theil hergenommen, der noch als Analogon des Fufsrudimentes betrachtet werden kann; dem Räderorgan bei den Trochopoda; dem gewundenen Fadenbündel der Vorticellen; dem wirklich, wie bei Gasteropoden sich zeigenden Fleischfufse der Navicula ete.; den fulsähnlichen, willkürlich veränderlichen Ausbuchtungen der Allagopoda,, Amoeba, Proteus etc., der fulslosen Enchelis Monas etc., bis endlich in den Rhizopoda, den Vaucherien, Oscillatorien und Conferven durch die Anheftung als Wurzelfufs die Pflanze an das Thier sich anschliefst. In den Conferven wurzelt Pflanze und Thier; aus Conferven, nicht aus todten Zellen, entstehen und erwachsen alle Theile des thierischen Leibes. Herr Professor Straufs-Dürkheim zeigte seine künstlichen Apparate zur Injection von feinen Gefälsen und zur Erleichterung beim Anfertigen mikroskopischer Untersuchungsobjecte vor. Herr Professor Stannius zeigte der Versammlung bei einem Salme, wie der für einfach an- gesehene Ductus choledochus aus zwei Gängen bestehe, von denen der eine der Gallengang,, der andere der Ductus pancreaticus. Sämmtliche Anwesende überzeugten sich von dem Vor- handensein des Pankreas und seines Ausführungsganges. 3. SITZUNG. Dienstag, den 21. September. (Nachmittags.) Vorsitzender : Professor Stannius. Herr Dr. Schaaffhausen führt zur Bestätigung eines von Herrn Professor Schröder van der Kolk in der vorhergehenden Sitzung mitgetheilten Gesetzes der peripherischen Vertheilung der sensitiven und motorischen Nervenzweige die Beobachtung an, dafs enthauptete Frösche bei einem gewissen Grade der Reizbarkeit in ausgestreckter Lage behutsam auf den Rücken ge- legt, in dieser Streckung verharren, während sie, auf die Bauchseite gelegt, plötzlich die Schenkel anziehen, so dafs also mit den empfindenden Hautnerven der Lungenseite die entsprechenden Nerven der Lungenmuskeln in nächster Beziehung stehen, Er glaubt, dafs dies Gesetz auch die bekannte Reflexerscheinung erläutere, dafs auf leichte Reizung einer Körperstelle zunächst die Bewegung des entsprechenden Theiles erfolge. Dann macht er darauf aufmerksam, dafs die = 164 = neue Entdeckung R. Wagners von der Endigung, d. h. Theilung der Nerven des elektrischen Organs und der Muskeln die gröfste Beachtung verdiene; er selbst habe Theilung der Muskel- nerven in den Augenmuskeln der Fische beobachtet, er halte die Endigung in Schlingen für nicht erwiesen und sie scheine mehr der Theorie von geschlossenen Nervenbahnen zu lieb fast allgemein angenommen zu sein. Daran schlofs er einen Vortrag über das Verhältnifs der Elek- trizilät zur Nervenkraft. Nach dem leitenden Grundsatz der Wissenschaft, in den Naturerschei- nungen keine neuen unbekannten Kräfte anzunehmen, wenn man mit bekannten dieselben erklären könne, und nach dem Vorgange so manchen Fortschrittes der Physiologie, die die Elemente und Kräfte der anorganischen Natur jetzt überall in dem Kreise des organischen Lebens ange- wendet sehe, gewännen solche Thatsachen eine immer gröfsere Bedeutung, die eine Identität der sogenannten Nervenkraft mit der Elektrizität wahrscheinlich machten. Schon Prochaska habe voreilig eine solche behauptet, man habe ihr seitdem schlagende Beweise entgegengestellt, und auch Müller halte eine solche nach den neuesten Ergebnifsen der Elektrophysiologie kei- neswegs für erwiesen. Es frage sich zunächst, ob eine Quelle der elektrischen Erregung im le- benden Organismus denkbar sei. Der Stoffwechsel, diese beständige Bewegung der kleinsten organischen Theile, biete eine solche ungezwungen dar, und von Liebig sei diese Andeutung des Stofiwechsels zuerst hervorgehoben worden. Die Elektrizität habe vor allen andern Reizen eine so ausgezeichnete Wirkung auf die Nerven, dafs die Annahme, es geschehe die Muskel- contraction durch dieselbe, am nächsten liege. Jeder andere Reiz auf motorische Nerven lasse sich auf Elektrizität zurückführen. Ein Nachweis elektrischer Strömung während der Muscelkon- traclion sei freilich bisher noch zweifelhaft, und die Angaben von Davy und E. Weber, die eine solche am Galvanometer beobachtet, noch nicht bestätigt. Es sei indessen zu erwägen, dafs in diesen Erscheinungen der organischen Elektrizität in’ Bezug auf Stromerregung und Strom- leitung gar manche Verschiedenheit vorkommen könne, da unsere Kenntnifs der galvanischen Verhältnisse meist von der Wirkung anderer und zwar melallischer Stoffe und Leiter herge- nommen sei. So sei z. B. die Muskelfaser, dies empfindlichste Elektroskop, durch Annäherung einer geriebenen Glas- oder Harzstange nicht zur Contraction zu bringen. Die genauere Unter- suchung der elektrischen Fische gebe einen wichtigeren Beitrag zur Uebereinstimmung des in den Nerven wirkenden Agens mit der Elektrizität, Hier gebe es Nerven, deren elektrische Wir- kung unläugbar sei. Die Elektrizität sei keine von der gewöhnlichen verschiedene, wiewohl noch Davy dies behauptet habe. Wasserzersetzung, Funkenbildung, sogar Wärmeerscheinung sei mit Hülfe verbesserter Versuche durch sie hervorgebracht worden. Die elektrischen Nerven verhielten sich nach Matteuei ganz wie motorische; man könne’nach Willkühr eine theilweise Entla- dung des Organs hervorrufen durch Reizung einzelner motorischer Zweige, ganz so wie bei den Mus- keln; es gebe, wie bei diesen, Reflexerscheinungen und in dem hintern Gehirnlappen ein elektrisches Centralorgan. Dafs die Natur nun bei diesen Thieren zum Zwecke elektrischer Wirkung besondere Organe gebildet, sei keineswegs ein Beweis für die Unfähigkeit anderer organischer Theile, Elektri- zität zu erregen und zu sammeln, wiewohl man es dafür gehalten; denn bei.diesen Fischen komme es darauf an, eine ungewöhnlich starke Spannung der Elektrizität und eine Entladung derselben über die Gränze des Organismus hinaus möglich zu machen, während sie im Uebrigen nur zur = 165 = Vollführung gewöhnlicher organischer Prozesse, insbesondere der Muskelbewegung zu dienen habe. Sehr auffallend sei das von Rüter und Marianini gefundene Gesetz, dafs die Zuckungen unter gewissen Verhältnissen der Reizbarkeit nur dann erfolgen, wenn die elektrische Strömung in einer bestimmten Richtung durch die Nerven geht; dafs Tetanus, durch eentrifugale Strömun- gen hervorgebracht, durch Einwirkung des umgekehrten Stroms augenblicklich aufhört. Was aber die Haupteinwürfe betreffe, die man geltend gemacht, dafs nämlich die Nervenfaser als feuchter Leiter die Elektrizität nicht werde isolirt leiten können, so wie dafs die Elektrizität die Unterbindung. eines Nerven überspringe, die Nerventhätigkeit dieses aber nicht thue, so bemerke er Folgendes : Werde ein motorischer Nervenstamm elektrisch gereizt, so zuckten nur die Muskeln der von ihm abgehenden Zweige, jedenfalls werde aber die Elektrizität in den getroffenen Fasern auch aufwärts geleitet, springe aber hier nicht auf nebenliegende und höher abgehende Zweige über, wenn nur die elektrische Reizung nicht zu stark sei, da sie in diesem Falle sich durch alle organischen Theile verbreite und den ganzen Körper erschültere. Das Neurilemma könne als eine isolirende Hülle angesehen werden, da sein Verschwinden an den peripherischen Nervenenden sowohl als in den Centratheilen hier die leichte Mittheilung der Nervenerregung erkläre. Diese isolirende Eigenschaft könne aber nur sehr schwach sein, da sie uns in den Versuchen nicht störe und die schwächste elektrische Ladung auf die Nerven bei vorhandener Reizbarkeit wiriisam sei, wie dies Humboldt's Hauchversuch und die Zuckung auf blofses Zurückbiegen des Norven gegen den Muskel zeige. Jedoch beobachte man auch, dafs ein Reiz, auf die Durchschnittslläche eines Nerven angebracht, weit stärkere Wirkung zur Folge habe, als wenn der Stamm selbst, also durch das Neurilemma hindurch gereizt werde. Auch Longet schlielse aus seinen Versuchen, dafs das Neurilemma isolirende Eigenschaften besitze. Bei den Angaben Bischoff's und Matteuci’s, die Nerven seien schlechte Elektrizitätsleiter, seien die Veränderungen der Nervensubstanz, insbesondere das Gerinnen des Markes nach dem Tode zu beachten. Sei es doch eine gewöhnliche Erfahrung, dafs starke Kälte das Gefühl unserer Hände abstumpfe und das Bewegungsvermögen schwäche, also die Leitungsfähigkeit der Nerven vermindere. Ein Versuch bewiese enischeidend, dafs der lebende Nerv die Elektrizität besser leite als die andern organischen Gebilde. Habe man durch schnelle Folge elektrischer Entla- dungen Tetanus im ganzen Körper eines Frosches hervorgebracht, so höre er doch plötzlich auf in dem Gliede, dessen Nerv durchschnilten werde, und war derselbe vorher durchschnitten, und werde durch Einwirkung der elektrischen Ströme oberhalb dieser Stelle Tetanus im ganzen Rumpfe hervorgebracht, so bleibe das gelähmte Glied davon verschont. Auch E. Weber habe diese Versuche angestellt. Was die Unterbindung eines Nerven angehe, so sei es wahr, dafs Jie Nerventhätigkeit sie nicht überspringen könne, aber es lasse sich durch den Versuch zei- gen, dafs auch elektrische Ströme durch eine Unterbindung des Nerven aufgehalten würden. Schon Humboldt habe dasselbe beobachtet, und es werde in den Versuchen von Zonget und du Bois-Reymond bestätigt. Das Wesentliche dieser Unterscheidung falle also auch weg, und man habe nur nöthig anzunehmen, dafs die elektrischen Ströme während des Lebens von so schwacher Intensität seien, dafs eine Unterbindung das Leitungsvermögen des Nerven dafür hemme. Die von der Bimpfänglichkeit der Sinnesnerven für Licht, Schall, Wärme hergenommene — 16 — Vorstellung einer Molecularschwingung in den Nerven stehe mit der Annahme elektrischer Be- wegung in ihnen nicht im Widerspruche, da nach den schönen Versuchen von de.la Rive und Poggendorff metallene Stäbe und Röhren, die ein elektrischer Strom durchgeht oder in einer Spirale umgibt, zu tönen anfangen, also auch für die Elektrizität die Vorstellung einer Molecu- larschwingung gerechtfertigt scheine. Herr Professor Schröder van der Kolk. bestritt diese Ansicht mit dem Bemerken, dafs die Elektrizität sich in den verschiedensten Körpern verbreite, die Nervenkraft an ein ganz bestimm- tes organisches Substrat sich gebunden zeige, der innige Zusammenhang aller sogenannten In- ponderabilien aber wohl nicht zu bezweifeln sei. Er versicherte dann, die Endschlingen der Muskelnerven im Diaphragma der Maus genau gesehen zu haben, eine Theilung der Nerven aber für sehr unwahrscheinlich zu halten. Er ging sodann zu den Versuchen über, die er gemein- schaftlich mit Donders zur Bestätigung der von Volkmann und Bidder angegebenen Verhältnisse des sympathischen Nervensystems zu dem spinalen unternommen habe. Es sei ihm die Frage wichtig geworden, warum nur die sensitiven Nerven, nicht die motorischen mit Ganglien ver- sehen seien, und er glaube den Grund darin zu finden, dafs ihnen, als centripetalleitenden Nerven die gangliosen Fasern zum Zwecke der Ernährung beigegeben seien, da man sich die vegetativen Prozesse nicht anders als durch centrifugale Nerventhätigkeit zu Stande kommend denken könne. Der Einflufs der Nerven auf die Ernährung zeige sich auch in der Entwickelung der Mifsbildungen nach der Aeufserung Tiedemann’s, dafs, wo ein Nerv fehle, auch der ihm entsprechende organische Theil nicht gebildet sei. Donders bestreite dies zwar und habe den Olfactorius fehlend gefunden, wiewohl das Riechorgan gebildet war, den Opticus vermifst, wiewohl die meisten Gebilde des Auges vorhanden waren. Heır Prof. Schröder van der Kolk erwähnte dann, dafs es Anencephali gebe, deren ganzes Hirn sich durch Hydrocephalus zer- stört finde, bis auf das Ganglion Gasseri, dem entsprechend seien aber auch alle Theile des Gesichtes, die daher Nerven erhalten, wohl gebildet. Bei Spina bifida sei das Rückenmark oft zerstört, und nur die Wurzeln der Spinalnerven seien vorhanden, die Bildung der Gliedmassen defshalb ohne Fehler. In einem Falle war von dem Gehirne fast nur das verlängerte Mark gebildet, kein Trigeminus, wohl aber der Auditorius, dem entsprechend hatten sich die Ohren entwickelt , das Gesicht aber fehlte. Magendie’s Experiment der Durchschneidung des Ophthalmicus vor dem Ganglion Gasseri und darauf folgender Vereiterung des Bulbus habe erst dann den Antheil der Gangliennerven aufser Zweifel gesetzt, als man gesehen, dafs bei Durchschneidung des Nerven hinter dem Ganglion die Störungen der Ernährung ausbleiben. Eine Erregung, die die sensiti- ven Nerven treffe, springe in der grauen Substanz auf die Gangliennerven über, werde reflec- tirt und so entstehe z. B. die Entzündung auf hefligen Reiz der Haut. Herr Professor Vrolik bemerkte, indem er auf seine Schrift über Doppelmifsgeburten verwies, dafs er die Theorie Tiedemanns über das Verhältnifs der Nerven zu den Mifsbildungen nicht theile; es gebe Cyclopes, wo der Opticus normal gebildet sei. Er habe eine Kalbsmilsgeburt gesehen, ohne Kopf, der ganze Körper in eine amorphe Masse verwandelt, aber mit wohlge- bildeter Haut und einer Zunge mit ihrem Nerven. Man beobachte überhaupt eine gewisse = I = Selbstständigkeit der einzelnen Gebilde in ihrer Entwickelung; man habe ja Fötus beschrieben, nur aus einer untern Extremität bestehend. Der Nerv sei gewifs nicht die Ursache der Forma- tion der Theile. _ Herr Professor Stannius macht darauf aufmerksam, dafs in den meisten Mifsgeburten mit Mangel wichtiger Theile die Möglichkeit des spätern Verschwindens, der Zerstörung früher vor- handener Theile, zu berücksichtigen sei. Herr Professor Vrolik ist anderer Meinung und will z. B. nicht alle Anencephali in Folge von Hydrocephalus entstanden wissen, weil oft alle Spuren dieser Krankheit fehlten. Herr Professor Schröder van der Kolk wiederholt noch einmal, es sei die Frage von der gröfsten Wichtigkeit, ob der Nerv die Bedingung zur Bildung der organischen Theile sei oder nicht. Er glaube dies, denn es sei niemals eine Zunge oder eine Gliedmasse ohne die Nerven gut gebildet, und die Gangliennerven seien wenigstens zur Ernährung unentbehrlich. Dr. Spiefs nahm das Wort und bemerkte nachträglich in Bezug auf die Endschlingen der Nerven, dafs er Jdas Bestehen derselben keineswegs für ausgemacht! halte. Die Schlingen als Verbindungen ungleicher Nervenfasern, sensitiver mit molorischer, verwirrten eine Menge von 'Thatsachen , und zwischen gleichnamigen Nervenfasern seien sie überflüssig. Dafs der sensible Nerv defshalb mit Ganglien versehen sei, weil ihm an sich centrifugale Wirkung fehle, scheint ihm eine gewagte Hypothese, und halte er eine Erklärung dieses merkwürdigen anatomischen Verhaltens zur Zeit für unmöglich. Die Erklärung der Entzündung durch Nerven- reflex sei unstatthaft, denn es bleibe bei dieser Annahme doch immer möglich, dafs ein Reiz auch über die gereizte Stelle hinaus oder an einer ganz andern Stelle Reflex verursache, was aber nie beobachtet werde, die Entzündung erfolge immer genau an der gereizten Stelle und wenn sie sich verbreite, so geschehe dies aus andern Ursachen. Halte man die Entzündung für einen solchen Reflex, so müsse man auch annehmen, dafs in den Ganglien nur diejenigen sen- sitiven und vegetativen Nerven sich eine Erregung mittheilen könnten, die sich in demselben peripherischen Punkte endigten, was den gewöhnlichen Erscheinungen der Nervenreflexe wi- derspreche. Henle’s Ansicht, die Entzündung beruhe auf einer durch Reizung sensiliver Nerven antagonistisch hervorgebrachten Paralyse der Gefäfsnerven sei nicht begründet, die Reizung der sensiblen Faser sei oft Folge der Gefälsreizung, aber nicht Ursache einer Reizung oder gar einer Lähmung derselben. Auch sei die Verbreitung der sympathischen Fasern nicht auf die Spinalganglien beschränkt, und es sei möglich, dafs diese in einer viel nähern Verbindung zum Rückenmark stehen, als zum peripherischen Nervensystem. Herr Professor Schröder van der Kolk führt noch zur Begründung des Antheils der sensitiven Nervenstämme an der Ernährung an, dafs zwar Müller nach Durchschneidung des Cruralis die Reizbarkeit der davon abhängigen Muskeln habe verloren gehen sehen und die Muskelirritabi- lität defshalb von den Nerven abhängig gemacht habe, dafs aber Longet deutlich gezeigt, wie nach Durchschneidung der sensitiven Wurzel des Trigeminus die Reizbarkeit in kurzer Zeit er- —_ 18 — lösche, nach Durchschneidung der Muskelnerven aber, des Facialis, erst nach vier Monaten. Diesen Einflufs auf die vegelativen Prozesse hätten die sensitiven Nerven aber nur durch die ihnen so zahlreich beigemischten gangliösen Fasern. Herr Dr. Spiefs leugnet die Wichtigkeit und Nothwendigkeit der Centralgebilde für die vege- tativen Nervenfasern nicht, sie sei so allgemein, dafs jeder Nerv aller seiner Kraft verlustig gehe, sobald er von seinem Centraltheile getrennt worden sei. Es sei unleugbar, dafs auch im Gebiete der Gefäfsnervenfaser die mannigfaltigsten Störungen der Secretionen entstehen könnten, allein von den Nervencentren aus, aus centraler Ursache. Bezeichne man als Hauptkrankheits- formen der Gefäfsnervenfaser die active Hyperämie, das Fieber und die Entzündung, so sei es überaus merkwürdig, dafs man nie die Entzündung aus centraler Ursache entstehen sehe, son- dern nur auf örlliche Einwirkung. Die Entstehung des Fiebers sei indessen von den Centralge- bilden aus möglich, wiewohl schwer nachweisbar, weil bei ihm eine durch das Blut ganz all- gemein wirkende Krankheitsursache vorhanden sei. Herr Professor Stannius fragt, was man aber von den Entzündungs-Erscheinungen halten soll, die periodisch mit neuralgischen Schmerzen auftreten und verschwinden, und erzählt einen von ihm behandelten Krankheitsfall, wo nach emem Falle auf den Arm, der aber keine örtliche Verletzung zur Folge hatte, sich eine heftige Neuralgie entwickelte, ganz in der Form der von Brodie sogenannten Hysterie. Bei jedem Anfalle der neuralgischen Schmerzen bildete sich eine papulöse Entzündung genau in dem Kreise der schmerzende Stelle. Die ganze Krankheitser- scheinung wich der Behandlung mit Eisen. Herr Professor Schröder van der Kolk führt an, dafs er einmal nach Durchschneidung des Cruralis und Ischiadicus durch heftige Reizmittel Entzündung am Unterschenkel habe hervorru- fen wollen, es sei aber keine an der gereizten Stelle entstanden, sondern an einer ganz an- dern, davon entfernten, und die anatomische Untersuchung habe gezeigt, dals an dieser letztern Stelle ein Nervenfädchen unverletzt geblieben sei. Herr Professor d’Alton hält hierauf einen Vortrag über das Entstehen von Doppelmiflsgeburten. Das Präparat, welches ich mich beehre der Versammlung vorzulegen, ist von einem doppel- köpfigen neugebornen Kalb, das noch aufserdem mit einer Spina bifida, beträchtlicher Ver- krümmung der Wirbelsäule nach unten und hohem Grad von Bauchwassersucht behaftet war. Uns interessiren hier nur die Respirations- und Circulationswerkzeuge. Die ersteren bestehen in zwei Kehlköpfen nebst zwei Luftröhren, welche den beiden Köpfen entsprechen. Jede Luftröhre theilt sich wie gewöhnlich in zwei Aeste, der rechte Ast der rechten Luftröhre und der linke der linken gehen auf regelrechte Weise jeder in eine Lunge über, die in entsprechenden Pleura- stücken der einfachen Brusthöhlen eingeschlossen sind; der linke Bronchus der rechten Luft- röhre communieirt dagegen mit dem rechten der linken Luftröhre und beide bilden ein Paar kleine unvollkommene, theilweis unter sich verwachsene Lungen, die mit dem Herzen in einem serösen Sack eingeschlossen sind. ei ie = @ > Als Cireulationsorgane erkennen wir zwei unter sich verwachsene Herzen, ein rechtes grö- fseres und vollkommneres und ein'linkes kleineres, die, wie ich eben bemerkte, keinen geson- derten Herzbeutel' haben, sondern beide mit den eben erwähnten verwachsenen Lungen in einem serösen Sack liegen. Das rechte Herz besitzt zwei Vorhöfe und zwei Kammern ; sein rechter Vorhof nimmt die Blutadern der 'beiden Köpfe auf (welche dem oberen Hohladersystem entsprechen) und die Adern der hinteren einfachen Hälfte des Leibes, sowie die Kranzblutadern des Herzens selbst. Dieser Vorhof communieirt durch eine länglichrunde Oeffnung mit dem linken mehr diekwandigen Vorhof, in den sämmtliche Blutadern von den vollkommenen wie den unyollkommenen Lungen einmünden. Aus der rechten und linken Kammer entspringen die be- kannten Pulsaderstämme. Das kleine linke Herz ist mit dem rechten innig verwachsen und von einer beiden gemein- schaftlichen serösen Hülle überzogen; es besteht nur aus einem Vorhof und zwei Kammern. Der Vorhof hängt nicht blos äufserlich genau mit dem linken Vorhof des gröfseren Herzens zu- sammen, sondern es findet auch zwischen beiden eine weite Höhlengemeinschaft statt, ebenso hängt diese Vorhofshöhle mit den. Höhlen der beiden Kammern des kleinen Herzens zusammen und. diese Höhlen sind überdies noch dadurch untereinander vereinigt, dafs eine kleine Oefl- nung in der Kammerscheidewand in der Nähe der Spitze des Herzens befindlich ist. Die rechte Kammer schickt eine Lungenschlagader, die linke eine grofse Körperschlagader ab und von den Herzkranzschlagadern , welche aus dieser linken Aorta abgehen, begibt sich merkwürdiger Weise die rechte zu dem. grofsen Herzen und versorgt hauptsächlich seinen linken Ventrikel: Die rechte und linke Aorta vereinigen sich mit ihren respectiven Lungenschlagadern durch weite arteriöse Gänge und beide Aorten vereinigen sich so, dafs sie durch eine bogenförmige Ver- bindung in einen Stamm zusammenfliefsen, der an der einfachen Wirbelsäule durch die ge- wöhnliche Oeffnung im Zwergfell in die Bauchhöhle dringt. Beiläufig }bemerke ich noch, dafs die beiden Speiseröhren auch dicht vor dem Zwergfell in einem Kanal zusammentreffen. Was nun das Skelet anlangt, so genügt es anzuführen, dafs zwei vollständige gänzlich ge- trennte Schädel mit den vorderen Halswirbeln vorhanden waren, dafs aber vom dritten Hals- wirbel ab die ganze übrige Wirbelsäule einfach blieb, und dieser Einrichtung entspricht auch die Bildung der Rippen, ihrer Knorpel und des Brustbeins. Kurz, es war ein einfacher Thorax mit fast durchgängig doppelten Contentis und darin erkennt man. leicht ‚einen auffallenden Wi- derspruch in der Bildung des Skeletes und der dazu gehörigen Bänder und Muskeln mit der Bildung des Verdauungs-, Athmungs- und Blutbewegungs-Werkzeuge, so weit'sie an dem Hals und in der Brust liegen. Wenn ‚man sich nämlich die Duplieität als eine Spaltung eines ursprüng- lichen Einfachen denkt, so liegt hier deutlich ein Mangel an ‚Uebereinstimmung zwischen der Spaltung in den äufseren Theilen und der Spaltung in den Eingeweiden vor. Völlig doppelt sind nur die Köpfe (und natürlich. alle hierher gehörigen harten und weichen Theile) sowie die vorderen Halswirbel; doppelt von inneren Theilen dagegen die Luft- und Speiseröhren, die Lungen und. Herzen nebst den ‚grofsen Gefäfsstämmen, sowie ihre Nerven — also reicht die Duplieität im Innern bis an das Zwergfell, äufserlich nur bis zur Hälfte‘ des Halses. Diese Betrachtungen in Verbindung mit eigenen embryologischen; Untersuchungen haben: mich 22 ee in der schon früher gewonnenen Ueberzeugung bestärkt über die Art, wie die Doppelmifsbil- dungen entstehen. Bekanntlich herrschen über diesen Gegenstand zwei Ansichten, die sich fast diametral entgegen zu stehen scheinen; ein Theil nimmt an, dafs die besagten Monstrositäten, wie eben erst erwähnt ist, ihre Entstehung einer Spaltung eines ursprünglich einfachen Keimes verdanken, die man selbst wieder von einem Uebermaafs der bildenden Kraft ableitet — der an- dere Theil erkennt in den Doppelmifsgeburten einen gröfseren oder geringeren Grad der Ver- schmelzung von ursprünglich einfachen Keimen. Den Vertretern der letzteren Ansicht schliefse ich mich an und glaube behaupten zu dürfen, dafs bei Weitem der gröfste Theil jener Monstra sich ohne Zwang und mit Beibehaltung der Erfahrungen, welche die Embryologie uns geliefert hat, aus der Verschmelzung und nicht aus der Spaltung ableiten läfst. Eine erschöpfende Unter- suchung gestatten gegenwärtig weder der beschränkte Raum dieser Blätter, noch war es mög- lich, alles Material beizubringen, was zu einem anschaulichen Beweis erforderlich sein würde. Ich will also hier, an die älteren Wahrnehmungen bewährter Beobachter anknüpfend, einige bekannte Fälle von solchen Monstrositöten in nähere Betrachtung ziehen und indem ich Sie auf einen für die Entwickelung der höheren Wirbelthiere sehr wichtigen Umstand hinweise, hoffe ich zu zeigen, dafs ich zu meiner Erklärung keiner Hypothesen bedarf, sondern mich einzig an diejenigen Vorgänge halte, die als normale Bildungserscheinungen schon längst zu allgemei- ner Anerkennung gediehen sind. Die wichtigsten und sichersten Aufschlüsse über die Entstehung der Doppelmifsgeburten dürfte man natürlich dann erwarten, wenn man, vom Glücke begünstigt, bei embryologischen Unter- suchungen und besonders bei Betrachtung solcher Eier, welche sich noch in den ersten Ent- wickelungsstadien befinden, auf Fötus stofsen würde, welche in der Ausbildung einer solchen pathologischen Duplicität begriffen waren. In der That hat die Litteratur mehrere Fälle von die- ser Art aufbewahrt und ich erwähne als die wichtigsten hierher gehörigen Beobachtungen jene von K. F. von Bär und von Reichert. Der erste Fall ist von Bär in Meckel’s Archiv. vom Jahre 1827 beschrieben und betrifft einen Hühnerembryo des dritten Tages, oder richtiger zwei mit dem Kopfe verwachsene Embryonen. Von diesem Doppelembryo befindet sich eine skizzirte Ab- bildung in dem Bulletin de la Classe physico-mathemalique de l’Academie imp. des sciences de St. Peiersbourg. Tom. 11. Nro. 56. Fig. 1. Bär betrachtete in seinem ersten Aufsatz diesen Embryo als einen solchen, dessen erste Anlage eine gemeinsame war, worin die Anlage des Kopfes, statt an einem Ende zu sein, sich in der Mitte bildete. Von diesem Fall unterscheidet sich der von Reichert ebenfalls bei einem Hühnchen beobachtete wohl hauptsächlich nur durch die Einfachheit und hufeisenförmige Gestalt des Herzens, denn in Bär’s Fall lagen die beiden Herzen in den beiden Winkeln, welche die beiden Bauchplatten bildeten. Reichert hat aber aufserdem noch in einem anderen Fall an dem einfachen Dotter eines Flufskrebses beobachtet, wo die beiden Embryonen, freilich noch in den ersten Anfängen befindlich, aber beide gleich entwickelt, bereits die Anlage von 5 Maxillen und auch die Andeutung der Mund- und After- öffnung darbietend, sich noch durch einen kleinen Zwischenraum getrennt fanden. Diese Em- bryonen lagen einer hinter dem anderen in dem Durchmesser des Eies und zwar so, dafs ihre Schwanzenden einander zugekehrt waren. - m - Dieser letzterwähnte Fall läfst gleich wie der von Wolf beschriebene, Zwillings-Embryonen eines Hühnchen betreffende, keinen Zweifel übrig, dafs auf einem Dotter zwei völlig getrennte Embryonal-Anlagen (die sogar ziemlich weit entwickelt sind) neben einander vorkommen können und bietet aufserdem noch das zweite höchst interessante Moment dar, dafs diese Embryonen mit den Schwanzenden sich gegenüber stehen. Daraus ist leicht zu entnehmen, dafs hier bei fortschreitendem Wachsthum eben so gut eine Verwachsung mit den Schwanzenden entstehen mufste, als eine Verschmelzung der Kopfenden bei den früher beschriebenen doppelleibigen Hühnerembryonen eingetreten war. Wir haben also bereits mehrere Fälle, wo die Entstehung von Doppelmifsgeburten deutlich durch die Verschmelzung von zwei gesonderten und anfangs einfachen Embryonalkeimen nachzuweisen ist. Diese Fälle zeigen die Verschmelzung am Kopf, die bei Vögeln , besonders Enten schon öfters beobachtet ist und auch bei den Menschen nicht so ganz selten vorkömmt; ja sogar, wie die Erfahrungen in Europa und Asien gelehrt haben, nicht hindert, dafs die Kinder lebendig geboren und 410—12 Jahre am Leben bleiben, ja sich sogar psysisch ziemlich vollständig entwickeln. Zweitens dürfte auch der Fall, welcher an dem Krebsei gesehen wurde, geeignet sein, solche Rildungen zu erklären, wie die bekannten Unga- rischen Schwestern, die in der Kreuzbeingegend verwachsen waren und über zwanzig Jahre gelebt haben. Mehrere Beobachter und selbst Herr von Bär haben Anstand genommen, die Doppelmilsge- burten von einer Verwachsung oder Verschmelzung abzuleiten, weil dazu eine Bewegung nöthig sei, damit die Embryonen aneinander rücken, und auch ein andauernder Druck bei völliger Ruhe erfordert werde, um die zur‘ Verwachsung bestimmten Theile aneinander zu pressen. Mir scheint, dafs diese Erfordernifse sich leicht erledigen, wenn man bedenkt, dafs die Bewegung durch das fortschreitende Wachsthum vermittelt wird und Theile, die sich begegnen, indem sie durch ihre zunehmende Gröfse zusammen stofsen, wohl verwachsen müssen, wenn nicht der eine den anderen durch grölsere Energie überwältigt und verkümmert. ‘Mich veranlassen vielmehr schon die wenigen Erfahrungen, die ich hier aufgezählt habe, zu dem Schlufs, dafs die meisten Doppelmifsgeburten deutlich aus einer Verschmelzung zweier Keime oder Embryone in früheren oder späteren Stadien der Entwickelung abgeleitet werden können. Dabei kömmt es aber aufser den Fortschritten der Ausbildung selbst auf die Lage an, welche die beiden Keime ursprünglich gegen einander halten und dies sieht man am auffallen- sten an den beiden Gegensätzen der Verwachsung, nämlich der Verbindung am Kopf und der Verbindung am Steifs. Obgleich mir zum directen Beweis geeignete Beobachtungen aus der Embryologie noch nicht bekannt sind, nehme ich doch nicht Anstand zu erklären, dafs mir Verwachsungen an Brust und Bauch, sowie die verschiedenen Formen der seitlichen Duplieität aus einer solchen Lage zweier Keime entstanden seien, wo die Achsen derselben mehr oder weniger parallel waren. Ein anderer sehr wichtiger Umstand ist die Entfernung der Keime von einander, denn daraus lassen sich ebenfalls auf ungezwungene Weise viele Erscheinungen ableiten. Dies wird deutlich werden, wenn wir zuerst auf die Beispiele der am Kopf verwachsenen Monstra sehen und er- gibt sich mit entsprechenden Abweichungen für andere Körpertheile fast von selbst. Nehmen a a, wir an, die ersten Anfänge zweier Embryonen ständen sich mit den Köpfen 'einander gegen- über, nur durch einen sehr kleinen Zwischenraum getrennt, so werden sie bald zusammen- stofsen und wahrscheinlich an der Stirn miteinander verwachsen; befindet sich dagegen ein grölserer Zwischenraum zwischen den beiden Köpfen, sö haben sie mit dem zunehmenden Wachsthum auch die bekannte Krümmung nach unten erreicht, und wenn sie nun sich berüh- ren, so geschieht es in der Scheitelgegend. Anders verhält sich die Sache, wenn die Embryo- nen nebeneinander liegen und fast parallel; denn wenn in diesem Fall die Entfernung nur ge- ring ist, beginnt die Verwachsung frühzeitig und es gibt Beispiele, wo nicht einmal zwei voll- ständige Wirbelsäulen zu Stande kommen, andern Falls bei einem weiteren Abstand der beiden Keime können sich sogar die Bauchplatten an den inneren einander gegenüber befindlichen Seiten der beiden Embryonen ausbilden und auf diese Weise kommen wohl die Monstra zum Vorschein, die an Brust und Bauch verwachsen sind. Die ursprünglich getrennten Anlagen der beiden Embryonen können aber auch nebeneinander liegen, ohne parallel zu sein, vielmehr einen grölseren oder kleineren Winkel miteinander bil- den, wobei wieder spezifische Abweichungen eintreten müssen, je nachdem die Kopf- und Schwanzenden einander genähert und die entgegengesetzten Theile entfernt sind. Das schönste Beispiel dieser Art sehen wir an den beiden mit den Köpfen verwachsenen Kindern, welche Albrecht beschrieben hat; sie stofsen mit den Scheiteln aneinander und bilden zusammen genau einen rechten Winkel. Auch für die Verwachsung an den Hüften gibt es Beispiele von Kindern, die sogenannte Hy- pogastrodidymi, die es aber oft zweifelhaft lassen, ob die ursprüngliche Lage der Keime nicht eine solche war, wo sie sich in einer geraden Linie einander gegenüber befanden und mit den Schwanzenden zusammen stiefsen. (Vergleiche die Dissertation von Gerling, Marburg 1845 und das Doppelkind Philomele-Helene, welches Dr. Chereau beschrieben hat.) Hierher gehört auch die schöne Beobachtung von Tiedemann (siehe Zeitschrift, Bd. 3, Tab. II. IV.), welche um so lehrreicher ist, als wir hier wirklich eine Zergliederung des Rückenmarkes vor uns haben. Man sieht in Fig. 2, dafs die beiden Rückenmarke durch ihr conisches Ende innig mit’ einander verwachsen sind und das kürzere Mark des kopflosen Kindes oben in eine Anschwellung über- geht, ähnlich dem Markknopf, während das vollkommene Mark des mit einem wohlgebildeten Kopf versehenen Kindes auch aus einem vollständigen Hirn entspringt. Man. braucht sich" nur einige schematische Figuren, von den verschiedenen Lagen, welche die jüngsten Embryonen paarweis zusammen gestellt, gegen einander einnehmen können, mit sorgläliger Beobachtung der Entfernungen und Neigungswinkel auf dem Papier zu entwerfen, um sogleich wahrzunehmen, welche Folgen in den verschiedenen Fällen eintreten werden. Da- bei erkennt man auch leicht, dafs die Schwierigkeit, welche von einzelnen Beobachtern gegen die Erklärung der Doppelmifsgeburten aus einer Verwachsung von zwei Individuen erhoben wurde, gar nicht exislirt; es ist nämlich gesagt worden, dafs wenn man bei Mifsgeburten, die nur theilweis Verdoppelung zeigen, also zwei Köpfe mit einem Leib oder einen Kopf mit zwei Leibern haben, die einfachen Theile als die sich ergänzenden Hälften zweier Embryonen betrach- ten wolle, nöthig sei erst eine Zerstörung oder ein Schwinden derjenigen Hälften anzunehmen, — 113 — die bei normaler Bildung zwischen jener in der Mitte liegen würden; es müfsten also erst die linke Hälfte des linken und die rechte des rechten Embryo irgendwie entfernt werden, damit die beiden übrig bleibenden Hälften sich vereinigen können und es sei nicht abzusehen, wie diese Entfernung vor sich gehen sollte, da noch in jener Zeit keine Organe für die Resorption etc. vorhanden seien. Die Hälften, welche man als der Verwachsung hinderlich bestätigt wissen wollte, kommen aber bei solchen Monstrositäten gar nicht zur Ausbildung, denn es fehlen die beiden wesentlichen Bedingungen ihrer Entstehung, es fehlt nämlich an Raum und an Bildungs- material, wie jeder Unbefangene leicht wahrnehmen wird, der die natürlichen Vorgänge der Embryonen und die allmählige Abschnürung des Embryo aus der Keimhaut mit eigenen Augen beobachtet hat. Ja, man kann dreist noch einen Schritt weiter gehen und sagen, dafs selbst, wenn die neben einander liegenden inneren Hälften zweier Früchte schon eine gewisse Vollen- dung erreicht haben, dieselben bei zunehmendem Wachsthum des Ganzen verkümmern müssen, wenn sie in Berührung kommen und ein Theil dem anderen den Raum streitig macht, den beide zu ihrer Entwickelung bedürfen. Dies wird um so deutlicher, je schneller bekanntlich anfangs das Wachstlum ist, so dafs z. B. die Wirbelsäule schon in der Breite einen drei- bis viermal gröfseren Raum einnimmt, und nun denke man sich zwei parallele Linien, deren Entfernung unveränderlich die nämliche bleibt als die Mittellinien der beiden Wirbelsäulen, von denen auf beiden Seiten die Wirbelbildung gleichmäfsig fortschreitet, so wird man zu dem angedeuteten Resultat von selbst gelangen. Es fehlen aber sogar solche Beispiele nicht, wo man schon bei der äufserlichen Betrachtung von Doppelmonstris die Verschmelzung auf das Unzweifelhafteste wahrnimmt und diese unter- scheidet sich von der eben erst erwähnten hauptsächlich dadurch, dafs hier die inneren Hälften der neben einander liegenden Embryonen sich zu einem einfachen Theil vereinigen. Betrachtet ‚man die von Tiedemann gegebene Abbildung eines dreiköpfigen Kindes (Taf. V. VI.), so erkennt man auf den ersten Blick die Verschmelzung des rechten und linken Armes der beiden Körper- seiten, die in der ganzen Höhe des Rumpfes verbunden sind. Einen ähnlichen Fall besitzt das Meckel’sche Museum und das von Chereau beschriebene Kind, welches ich vorhin erwähnte, hatte drei Beine, wovon zwei ganz natürlich, ja eines der Helene, das andere der Philomele zugehörte, das dritte Bein gehört beiden und erscheint da, wo die rechte und linke Seite bei- der Kinder Kinder in einander übergehen. Es enthält verschmolzene Oberschenkel und Schien- 'beine, hat sieben Zehen und ist also deutlich aus den Elementen zweier Beine entstanden, zu denen jedes Kind seinen Antheil geliefert hat. Wir haben also hier ähnliche Erscheinungen, wie die Sympodie oder Sirenenbildung bei einfachen Embryonen. Ich habe durch die bisher angeführten Beispiele gezeigt, welchen Einflufs hauptsächlich zwei Umstände auf die Beschaffenheit der Doppelmifsgeburten haben; nämlich die Stellung, welche die beiden Keime gegeneinander einnehmen und die Entfernung derselben von einander, und wenn bereits jede von diesen Bedingungen je nach ihrem graduellen Verhalten verschiedene Erscheinungen und Folgen hervorruft; so werden diese noch manchfaltiger werden, wenn die Bedingungen selbst sich in verschiedenen Graden combiniren. Es ist aber noch ein Umstand vorhanden, dessen bisher nicht gedacht ist, der eben so interessante Einwirkungen veranlafst — 1714 — und von den Beobachtern gar nicht gewürdigt ist, wie er doch verdient. Ich meine die Drehung der Embryonen höherer Wirbelthiere, welche wie Herr von Bär schon vor zwanzig Jahren gezeigt hat, mit mehreren anderen Entwickelungs-Phänomenen im genauesten Causelnexus steht. Bekanntlich wachsen die jüngsten Früchte an ihrem Kopfende viel schneller als am entgegen- gesetzten, und an der Rückenfläche ebenfalls rascher als an der Bauchfläche; defshalb krümmen sie sich nach dem Rücken, indem zuerst der gröfsere Kopf eine starke Biegung nach unten gegen den Bauch macht, der späterhin langsamer und in geringerem Maafs das Schwanzende des Rumpfes folgt. Gegen Ende des zweiten Tages gesellt sich bei dem bebrüteten Hühnchen zu der Krümmung des Kopfes nach unten eine zweite Krümmung nach rechts, so dafs allmäh- lich die linke Seite des Kopfes zur untern, die rechte zur oberen wird. Diese Krümmung schrei- tet vom Kopf rückwärts gegen den Rumpf weiter und während die vordere Körperhälfte ihre Drehung bereits vollendet hat, liegt die hintere noch gerade, bis von der Schwanzspitze aus in entgegengesetzter Richtung (das heifst, gegen den Rücken vorschreitend) eine überein- stimmende Wendung nach rechts beginnt, wodurch Kopf und Schwanz einander ganz nahe gebracht werden. Diese regelmäfsige Drehung erfährt nur in sehr seltenen Fällen eine Störung; doch ist bereits von dem vielerfahrenen K. F. von Bär ebenfalls beim Hühnchen eine Drehung in enigegen- gesetzter Richtung, nämlich nach links, gesehen worden, und drei Fälle ähnlicher Art, nämlich zwei mit vollständiger Drehung nach links und einer mit derselben Drehung, welche jedoch blos die vordere Körperhälfte betraf habe ich selbst im Laufe von zwölfjährigen Beobachtungen gesammelt. Den unverkennbarsten Einflufs dieser Drehung auf die Entwickelung der Doppelmifsgeburten nimmt man wahr bei einer Vergleichung derjenigen Fälle, wo die Verwachsung an den Köpfen Statt fand. Man braucht blos einen Blick auf die oben angeführte Tafel Bär’s zu dem Bulletin der Akademie zu werfen und wird sich sogleich von der Wahrheit dieses Satzes überführen. So bemerkt man, dafs die beiden Doppel-Enten, die mit den Stirnen verwachsen sind, diese Verbindung schon frühzeitig eingegangen, denn sie liegen einander fast gerade gegenüber und nur die Schnäbel kreuzen sich. In ähnlichem Verhältnis befinden sich die Fig. 4 abgebildeten Doppelkinder der Petersburger Sammlung; hier geschieht die Verschmelzung durch die Stirn- beine und die Verschiebung ist dabei so gering, dafs sich die rechten Augen der beiden Köpfe kaum drei Linien entfernt gegenüber stehen, während die linken Augen frei nach Aufsen zur Seite gerichtet sind. Die vier folgenden Figuren stellen am Scheitel verwachsene Kinder dar und zwar scheint es, dafs in den von Sannie und Klein beschriebenen Fällen die Verschmel- zung ebenfalls frühzeitig eingetreten war, bevor jeder Embryo einen gröfseren Theil seiner ge- wöhnlichen Drehung vollendet hatte; denn in den Sannie’schen Kindern liegen die rechten, in dem Klein’schen die linken Augen gerade übereinander. An diese Kinder reiht sich das Kind, welches in Bengalen gelebt hat und auf seinem Scheitel nur einen Kopf trug. Everard Home hat es in seine Lectures beschrieben und abbilden lassen; die Verwachsung fand ebenfalls am Scheitel Statt und zwar so, dafs die Stirn des einzelnen Kopfes über dem rechten Ohr des Kin- des sich befand, folglich das Hinterhaupt des Kopfes über dem linken Ohr des Kindes und —_— MI — die Stirn dieses letzteren unter dem rechten Ohr des Kopfes. Aus den Schädeln sieht man überdies, dafs die Verwachsung nicht, wie man gewöhnlich angibt, blos durch gleichnamige Theile vermittelt wird, weil das eine Stirnbein des einzelnen Kopfs mit dem Scheitelbeine des anderen und umgekehrt das andere Stirnbein und Scheitelbein mit dem Stirnbein des Kindes verwachsen sind. Bei dieser Mifsgeburt war also die normale Drehung weiter fortgeschritten als in den beiden kurz vorher erwähnten verwachsenen Zwillingen. Noch un einen Grad weiter ist aber die Drehung vorgerückt bei den von Villeneuve be- schriebenen Doppelkindern, weil hier Stirn und Hinterhaupt sich gegenüber befinden und daher ein Kind auf dem Bauch liegen mufste, wenn das andere auf dem Rücken lag; hier trat die Vereinigung erst ein, nachdem jeder Embryo seine Wendung vollbracht hatte. Hiermit stimmen denn auch die Albrecht’schen Kinder überein, nur dafs dieselben blos oder wesentlich durch die rechten Scheitel an einander hängen, was wieder davon herrührt, dafs die Kinder einen rechten Winkel mit einander bilden, wobei ebenfalls das eine auf dem Bauch, das andere auf dem Rücken liegt. Man sieht leicht ein, welchen Einflufs diese Drehungen bei den verschiedenen Arten der Ja- nus-Mifsgeburten haben müssen und wenn bei den Verschmelzungen der unteren Körperhälfte ähnliche Verschiebungen weniger auffallend hervortreten und überhaupt seltener zu sein scheinen; so rührt dies wohl mit davon her, dafs die Krümmung des Schwanzendes später eintritt und, wie der geringere Umfang dieses Theils, in Vergleichung zum Kopf, namentlich beim Menschen schon deshalb unbedeutend bleibt, weil eine eigentliche Verlängerung der Wirbelsäule zu einen wirklichen Schwanz hier nie erreicht wird. Zum Schlufs theilte Herr Baum die Beobachtung mit, dafs Ohrpolypen und solche, die nur im äufseren Gehörgange wurzeln, mit Flimmerepithelium bedeckt sind, obgleich im äufseren Ge- hörgange noch kein Flimmerepithelium beobachtet ist. 4, SITZUNG. Donnerstag, den 23. September, Vorsitzender : Herr Professor d’Alton. Vorgelegt wurden : das Prachtwerk von Herrn Straus-Dürkheim, Anatomie descriptive et comparative du chat. 2 tom. 4° avec un atlas. 1845 und Giergensohn Anatomie und Physiologie des Fisch-Nerven-Systems mit 15 Tafeln A° Petersburg, 1846. Professor Krahmer sprach nochmals über die Entstehung des Carcinoms mit Rücksicht auf frühere Verhandlungen. Er wies darauf hin, dafs dabei nicht blos auf die Nerveninfluenz Rück- sicht zu nehmen sei. Er hält die Excereta für die chemischen Producte der als Nahrungsmittel in’s Blut aufgenommenen Stoffe, nicht des Stoffwechsels der Organe selbst. Er nahın dabei Be- zug auf seine Versuche über die Harnsecretion. Beim Hungern z. B. nehmen die Bestandtheile des Harns allmählig immer mehr ab. Die relative Menge der Harnbestandtheile bleibt sich ungefähr gleich. Ganz eigenthümliche Bedingungen müssen hinzutreten, um aus einer anormalen — Mm — Ernährungsweise die Entstehung des Krebses zu erzeugen. Ob diese‘ von den Nerven abgegeben werden, bleibt vorderhand ungewils. Herr Virchow sprach über die Ungewifsheit des Langenbeck’schen Versuchs. Ueber die von Herrn Professor Krahmer aufgestellte "Theorie entspann sich eine: Discussion zwischen den Herren Dr. Verlooren, Dr. Virchow und Dr. Lersch. Herr Professor d’Alton sprach sodann über den Gebrauch des Mikroskops zur Anfertigung von Zeichnungen. *) Der Gegenstand, welchen ich mir erlaube in unserer 25. Versammlung deutscher Na- turforscher und Aerzte zur Sprache zu bringen, betrifft zwar ein Instrument, anscheinend nur von speziellen Interessen für einzelne unter uns, das jedoch in den Naturwissen- schaften, sowie in der Arzneikunde täglich an Wichtigkeit zunimmt und daher wohl ver- dient, in der Gestalt, welche ich ihm zu geben wünsche, dem gegenwärtigen Verein zur Prüfung vorgelegt zu werden. Es ist nämlich meine Absicht von dem Mikroskop zu reden und zu nächst von der Benutzung desselben für die bildliche Darstellung von kleinen Objeeten, die blos durch vergröfsernde Linsen deutlich unterscheidbar sind. Eine besondere Aufforderung, mein Vorhaben in der heutigen Sitzung auszuführen finde ich in der Anwesenheit zweier Freunde unter uns von dem der eine, Herr Straufs-Dürkheim, der gelehrten Welt durch seine vortreff- lichen mikrographischen Arbeiten schon seit Jahren auf das rühmlichste bekannt nnd eben durch den langen Gebrauch auf das Innigste mit dem Mikroskop vertyaut ist; der andere dage- gen unser kunstfertiger Landsmann, Herr @. Oberhäuser, aus Paris zu uns zum Besuch zurück- kehrend, keinem unbekannt bleiben konnte, der sich in dem letzten Decennium um die Fort- schritte der Mikroskopie bekümmert hat. Von diesen beiden Herren hoffe ich ebensowohl freund- liche Belehrung, als ich vielleicht durch Mittheilungen andere Beobachter zu glüklichern Ver- suchen und weiterer Ausbildung der von mir erdachten Technik anregen möchte. Die Verbindung des Sömmerring’schen Spiegels und der Camera clara mit dem Mikroskop darf ich als bekannt voraussetzen und ich will nur bemerken, dafs ich mit einem Oberhäuser’- schen Instrument von der gröfseren Geltung und vollständigsten Ausrüstung oft und mit viel Befriedigung gearbeitet habe. Allein so vortrefflich die Leistungen dieses Instrumentes, nament- lich in den starken Vergröfserungen waren, so begegnete mir gerade bei meinen Untersuchun- gen eine Schwierigkeit, die sich mit dem vorhandenen Apparat nicht überwinden liefs. Ich ge- rieth nämlich bei den embryologischen Untersuchungen in die Verlegenheit, Objeete vor. mir zu haben, die nur mit schwächern Objectivlinsen betrachtet werden können, wenn man sie auf *) Von nachstehendem Vortrage war bereits oben S. 43, bei der zweiten allgemeinen Sitzung die Rede, Da aber zur Zeit des Abdruckes der betreffenden Verhaudlungen der vollständige Vortrag des Herrn Professor d’Alton noch nicht eingegangen war, ferner auch derselbe Gegenstand in der zoologischen Section noch einmal zur Sprache kam : so nehmen wir keinen Anstand, die einschlägigen Mittheilungen nochmals und zwar ausführlich aufzunehmen, Die Redaction. = m = ein Mal übersehen will — und da das Ocularglas, welches in dem Oberhäuser’schen Mikroskop zu dem Prisma der Camera lucida gehört, stärker ist als die schwächeren Oculare (Nro. 1. 2.), so konnte ich die Objecte, eben weil sie an sich schon grols und im Ganzen genommen kaum zu den mikroskopischen zu rechnen sind, nicht auf ein Mal projiciren, wenn ich sie mit der Camera clara zeichnen wollte, und auch die einzelnen Bilder aneinander gefügt stellten ein Bild dar, weit gröfser als mir wünschenswerth war. — Diese unangenehme Wahrnehmung ver- anlafste mich auf eine Abhülfe zu sinmen; zuerst dachte ich an eine Schwächung der Objectiv- oder Ocularlinsen oder beider zugleich, da aber diese nicht so schnell zu beschaffen war, fiel ınir ein, mit einem Chevalkier’schen Mikroskop, welches ich schon früher besessen hatte, einen Versuch zu machen, da dieses Instrument mit einem Gelenk versehen ist, selbst der Tubus, wie an den Schiek- und Plössel’schen Instrumenten in eine wagerechte Lage gebracht werden kann. Es schien mir unzweifelhaft, dafs ein Mikroskop mit dem nöthigen Geschick angewendet, sich ebenso müsse benutzen lassen, wie eme Laterna magiea, dergleichen die Kinder zur Belusti- gung mit dem Schattenspiel gebrauchen. Es kam hier nur darauf an, den mikroskopischen Ge- genstand mit gehöriger Stärke zu beleuchten und die von ihm ausgehenden Lichstrahlen durch eine entsprechende Linse in einen dunkelen Raum (Camera obscura) zu leiten und auf einer hellen Fläche z. B. einem Stück weisen Papiers aufzufangen. Wenn alles gehörig eingerichtet war, mufste sich dann auf der besasten Fläche ein scharfes Bild darstellen, welches sich ebenso gut zeichnen liefs, wie man die Bilder in der Camera obscura zu umreissen pflegt. Ich griff nun zu meinem Chevallier'schen Mikroskop, schraubte den gröfseren oberen Theil des Tubus mit dem Ocular ab und brachte den unteren zürückbleibenden Theil des Tubus, der durch ei- nen starken Metallring mit dem Gelenk am Fufs in Verbindung steht und auf einer conischen Verlängerung die Objectivlinsen trägt, in die horizontate Lage. Nachdem ich das Object befe- stigt und die Beleuchtung geordnet hatte, gewann ich auch sehr schnell in dem dunkeln Raum, den ich mir durch Abschliefsung des unnöthigon und reflectirten Lichtes verschafft, ein schönes und völlig befriedigendes Bild von dem gewählten Gegenstand und schon der erste Versuch zeigte, dafs die Umrisse dieses Bildes ohne Beschwerde mit einem Bleistift sich nachgehen liefsen. Man konnte eine genaue Linearzeichnung auf diese Weise zu Stand bringen und diefs gelang um so besser, als das Bild gerade wie beim Schattenspiel oder der Camera obscura ein wirkliches oder objectives ist d. h. ein solches, das von jedem gesehen wird, der die auf- fangende Fläche betrachtet — wogegen bekanntlich das Bild bei der Camera elara nur durch eine Täuschung unseres Auges auf das Papier versetzt wird und deshalb blos gesehen werden kann, wenn sich das Prisma vor dem Ocular zwischen dem Auge und Papier in der Richtung der Sehstrahlen befindet. Man mufs daher sobald man auf diese Weise zeichnen will, das Auge, wie vor einem Diopter genau an derselben Stelle festhalten und sowie dieses Bestreben bald ermüdet, so geschieht es gewöhnlich, dafs man zwar ein schönes Bild, aber nur sehr unvoll- kommen den Bleistift sieht, mit dem man zeichnen will, oder umgekehrt die Spitze des Stiftes deutlich erkannt wird, während das Bild blafs und nebelig erscheint. Dafür hat aber die Be- nutzung der Camera clara den Vorzug, dafs man dabei ein Bild in einer horizontalen Ebene 23 — 18 — bekömmt, und defshalb leichter zeichnen kann als bei der Anwendung der eben von mir ge- schilderten Vorriehtung. Sobald ich diesen Uebelstand inne geworden, war es meine Aufgabe, auch für seine Beseili- gung zu sorgen und ich erkannte alsbald, dafs dazu nichts erforderlich sei, als eine völlige Umkehrung des Mikroskopes oder eine Stellung desselben, wobei das Objekt über der ver- gröfsernden Linse sich befand und in deren Folge sich das Bild natürlich auf dem Tisch in der horizontalen Ebene präsentirt. An meinem Chevallier'schen Mikroskop war jedoch das besagte Gelenk für die horizontale Direction des Tubus in seiner Beweglichkeit durch einen Zahn ge- hemmt und ich konnte erst durch Abfeilen desselben die umgekehrt senkrechte Stellung errei- chen. Ich bemerke diefs, weil diese einfache Operation ganz allein schon ausreichte das Instru- ment zu dem Gebrauch, wovon bisher die Rede war, fähig zu machen und daher die Besitzer ähnlicher Instrumente (und dahin gehören, soweit in diesem Moment meine Erinnerung reicht, auch die meisten Mikroskope von Schieck und Plössel) sich den gedachten Vortheil ebenso leicht verschalfen werden. Als ich nun im Stande war mein Mikroskop in die umgekehrte senkrechte Stellung zu brin- gen, bestätigten mir einige wenige Versuche, dafs sowohl mit dem gewöhnlichen klaren Tages- licht, als mit Sonnen- und Lampenbeleuchtung Bilder von mikroskopischen Gegenständen zum Behuf einer leichten und genauen Nachzeichnung mit dem Bleistift sich gewinnen lassen, Ich fand ferner, dafs wenn die Gegenstände an sich grols sind und daher eine mäfsige Vergröfse- rung verlangen, man dennoch durch Entfernung der Fläche, worauf man das Bild auflängt, von dem Object selbst im Stand ist dieses Bild beliebig und zwar ausführlich zu vergröfsern; so z. B. brauchte ich das Bild nur statt auf den Tisch auf den Fufsboden zu werfen, um ihm eine kolossale Gröfse zu geben und dabei verlor es, sofern nur die Beleuchtung kräftig genug und die Einstellung in den Fokus genau war, kaum merklich an Schärfe. Aber auch von sehr klei- nen und wirklich mikroskopischen Objeeten als den bekannten Schmeiterlingsschuppen habe ich durch scharfe Linsen oder durch die bekannten Combinationen von Objectivlinsen ganz schöne und stark. vergröfserte Bilder erhalten; ja ich habe bemerkt, dafs man selbst die Linsen von Loupen (wenn sie nur nicht gröfser sind als die Oeffnung, woran man die eigentlichen Objec- tivlinsen (nebst ihrer Fassung) des angewendeten Mikroskops anschraubt) oder die Objectivlin- sen anderer Mikroskope sehr füglich zu diesem Behuf anwenden kann. Schon das Festkleben der Linsen mit etwas Wachs reichte zu diesem Zweck hin und vor Allem bewährten sich die starken Linsensysteme von Herrn Oberhäuser durch herrliche Effecte. Freilich mufs ich noch anführen, dafs wenn man nur mit reinem Tageslicht (ohne direkte auffallende Sonnenstrahlen) experimentirt, die Fläche worauf man das Bild auffaugen will, um so mehr verdunkelt werden mufs. Wer nur einiger Maafsen mit dem Mikroskop vertraut ist, er- kennt von selbst, dafs diese senkrechte Umkehrung des Mikroskops auch das einzige Mittel ist, wie Objeete abgebildet werden können, die man unter Wasser halten mufs, und daher nicht auf einen verticalen Objeetträger gebracht werden dürfen. In einem geeigneten Raum werde ich den verehrten Heren die oben beschriebenen Versuche bei jeder beliebigen Beleuchtung wiederholen und hoffe Sie dadurch zu überzeugeu, ein jeder = mW Beobachter, der nur einigermafsen einen Bleistift zu gebrauchen versteht, auch fähig sein wird, die angewendeten Gegenstände in ihrer mikroskopischen Vergröfserung” mit Sicherheit, Treue und ohne Mühe nachzuzeichnen. Sie werden dabei inne werden, dafs jedes Instrument von dem Bau desjenigen, welches ich hier in Händen halte, zu solchen Versuchen völlig geeignet ist und dafs man also um mit dem Mikroskop zu zeichnen keine weiteren Vorkehrungen, wie das sonst übliche winkelförmige Ocular, den Sömmerring’schen Spiegel oder die Camera clara bedarf, sondern das Mikroskop allein dazu ausreichend ist, sobald man es in der beschriebe- nen Weise gebraucht. So viel Befriedigung mir die gelungenen Versuche , deren ich eben gedacht, für meine näch- sten Zwecke gewälırt haben, so beschlich mich doch bald der Wunsch, vielleicht mit ähnlichen einfachen Mitteln mir von mikroskopischen Gegenständen Lichtbilder zu verschaffen. Da ich selbst in der Daguerrotypie nicht bewandert bin, erbat ich mir die Hülfe eines Künstlers von Fach und wir beide wurden nicht wenig überrascht, als wir schon bei den ersten Versuchen Cobgleich dieselben unter durchaus ungünstigen Bedingungen angestellt wurden) Bilder erhiel- ten, die wenn auch nicht tadelfrei, doch den Beweis lieferten, dafs die wesentlichen Bedingun- gen zur Gewinnung guter Bilder vorhanden seien. Ich beehre mich den Herrn zwei solche auf Metallplatten fixirte Bilder vorzulegen, die wenn auch manches Detail noch mangelt, doch völ- lig riehtige und scharfe Umrisse und fehlerfreie Proportion des vergröfsert abgebildeten Gegen- standes darbieten und daher schon in dieser Beschaffenheit einen entschiedenen Werth für die Uebertragung auf Papier und weitere Benutzung zum Kupferstich haben. Ich bekenne gern, hier nur von unvollkommenen Versuchen gesprochen zu haben, denn sie sind erst einen Tag vor meiner Abreise angestellt worden; allein sie werden sowohl für jeden Sachverständigen hinrei- chen, als sie mich selbst überzeugt haben, dafs die Daguerrotypie mit viel einfacheren und daher auch wohlfeileren Mitteln mit dem Mikroskop verbunden werden kann, als die von Donne und Berres angewendeten Apparate sind, denn zu meinen Versuchen reichte schon der Kasten eines gewöhnlichen Daguerrotyps hin, an den ich statt semer eigenen Linsen mein Mikroskop in der oben angeführten Weise (blos mit der Objectivlinse, ohne Ocular) angefügt halte. Es ist ferner klar, dafs, wenn man der gewöhnlichen Daguerrotypie auf Metall die Photographie: auf Papier zu substituiren vermag, dem Naturforscher ebenso neue als unermefsliche Vortheile geboten werden und der gegenwärtige Zustand der Photographie berechtigt schon an sich zu den schönsten Erwartungen. Wie leicht kann man sich, sobald dieser Erfolg gesichert ist, in kürzester Zeit mit wenig eine grofse Sammlung der treuesten Bilder von vergröfserten Gegen- ständen verschaffen. — Schliefslich erlaube ich mir noch die verehrten Anwesenden auf die Vorkehrung zu mikroskopischen Arbeiten und Zeichnungen aufmerksam zu machen, deren sich Herr Dr. Debey bedient. Sie werden dieselbe, aus einen Tisch mit einen Mikroskop bestehend, in dem anderen Locale sehen, wo wir unsere Sectionsversammlungen halten. Herr Dr. Debey zeigte hierauf seinen Tisch zum mikroskopischen Zeichen vor, der in seinem optischen Theile wesentlich dasselbe ist, wie die so eben von Prof. d’Alton mitgetheilte Einrichtung und gab die nöthigen Anweisungen zurBenutzung desselben. Nebenstehende Abbildung gibtdie Maals- verhältnisse der einzeln Theile des Tisches an, wie sie sich als zweckmälsig für den Privatge- — 180 — brauch erwiesen haben. — Die Tischplatte ist an drei Seiten von.einer Leiste umgeben; welche an der Rückenseite höher geht und dort mittels einer ‚zweiten parallellaufenden Leiste, und vier kleinen Querleisten zur Bildung von vier, nöthigen Falls durch Deckel verschliefsbaren Ge- fachen beiträgt, in welchen die’ mikroskopischen Objecte, die Zeichengeräthschaften u. dgl. Platz finden. Das mittlere Feld der Tischplatte ist doppelt vorhanden und läfst. sich. ausheben. Beim gewöhnlichen Gebrauch zum Untersuchen und Zeichren liegt ein mit grünem Safian über- zogenes Brett ein. Zum mikroskopischen Zeichnen wird dagegen eine schwarzpolirte Tischplatte (aa) eingelegt, welche in der Mitte eine runde Oeffnung (b) hat, im Durchmesser von ungefähr 4-5. Zum Verschlufs dieser Oeflnaung dienen zwei. Holzdeckel : ein ganz geschlossener Gvenn der Apparat für kurze. Zeit nicht benutzt wird und man das Eindringen des Staubes von oben her verhüten wil), und ein Deekel mit einer kleinen runden Oeflfnung (ec), von dessen Anwendung weiter unter die Rede sein wird. — In der, Tangentenlinie der runden Hauptölfnung in der Tischplatte befinden sich parallel mit dem Längendurchmesser des Tisches je zehn kleine Löcher zum Einbohren von Schrauben (dd.) Sie dienen dazu, um die über der Hauptöffnung liegende mit Pauspapier oder dgl. überzogene Glasplatte mittels zweier schmalen, ‚an ihrer un- teren Fläche mit Tuch überzogenen, an beiden Enden mit Schraubenlöchern versehenen Holz- streifen (ec) festzuschrauben und zugleich derartig verschieden stellen zu können, dafs die ganze Glasplatte allmählich über die Hauptöffnung gebracht und der ganze Raum des Papiers mit Ab- bildungen bedeckt werden kann. Den Boden der Tischplatte bilden zu beiden Seiten zwei Kasten (BB), in denen sechs Schuh- laden angebracht sind. — Der mittlere Raum unter der Tischplatte (C) ist dagegen in der Breite von ungefähr 1’ ganz frei. Die Rückenwand dieses hohen Raumes wird durch das Rük- kenbreit (D des Tisches geschlossen; hat aber in ihrer Mitte einen von unten her ansetzenden Ausschnitt (g) von ungefähr 8“ Höhe, um den mehr senkrecht fallenden Sonnenstrahlen das Eindringen zu gestalten. An den Seiten des hohlen Raumes und zwar etwas oberhalb des obern Randes des obengenannten Ausschnittes (g) laufen zwei schmale Leisten (Ch), auf welchen ein. dünnes Brett bis wider die Rückenwand des Tisches hingeschoben werden kann. Dieses Breit- ehen hat eine runde Oeffnung, welche der Haupt-Oelfnung der Tischplatte entspricht und wo hindurch die verlängerte Röhre des Mikroskops hindurchgeleitet wird. Dieses Breitchen hält das letztgenannte Rohr in senkrechter Richtung und mufs deshalb etwas knapp an dasselbe anpas- sen; es schliefst ferner den obersten Raum unmittelbar unter der Tischplatte gegen das von unten fallende Licht ab. Das von der vorderen Seite her etwa einfallende Licht wird. theils durch den davor sitzenden Beobachter abgehalten, theils kann ein Verschlufs durch Bücher oder ein hineingestecktes Tuch gebildet werden. s Endlich befindet sich zwischen die untern Enden der Tischstempel eingesenkt ein viereckiger überall mit Leisten umgebener beweglicher Tischboden (D), der mittels zweier Tragleistchen, die auf Einkerbungen (k) ruhen, welche sich an der Seite der Tischstempel befinden, hoch und niedrig gestellt werden kann, je nachdem der Raum zwischen dem Objeetträger des Mi- kroskops und der Tischplattenoberfläche verlängert oder verkürzt werden soll. Die Tischplatte und der ganze huhle Raum in der Mitte unter derselben, sowie der bewegliche, — 181 — Tischboden sind theils zur raschen Aufiindung kleiner hellfarbiger Objecte, theils wegen Ver- minderung, der Lichtreflexion schwarz angestrichen und des,Preises halber statt im Holze polirt, blofs lackirt. Zu’ beiden Seiten des Tisches befinden sich Gehänge zum Hin- und Hertragen desselben. Die Stempel müssen fest und etwas breit sein, um das Schwanken des Tisches zu verhüten; dabei läfst er sich sehr schön und geschmackvoll zu einem Preise von 8-10 Thalern anfertigen. An der Rückseite des Tisches, an welcher die Leisten der Tischplatte etwas vor- springen, befinden sich zwei einfache Hacken, in welche diejenige Tischplatte, welche nicht benutzt: wird, ohne Raumbehinderung eingehängt wird. Figur i gibt eine Darstellung dieser Hängevorrichtung: Bei der Benutzung des Tisches zum mikroskopischen Zeichnen wird nun das Object auf den Objeetträger gebracht, mit den bekannten Oberhäuser’schen Klammern befestigt und der opti- sche‘ Apparat, vor Einsetzung des Mikroskops in den Tisch, so eingestellt, dafs ein klares Bild erscheint. — Sodann nimmt man, was wesentlich ist, das Ocular hinweg , schiebt in den obern Theil der Mikroskopröhre, so weit dieselbe nicht geschwärzt ist, ein Rohr von mattem schwarzem Papier ein, das man jedes Mal zusammenrollt und bei Einschiebung etwas auseinan- derschnellen läfst, so dafs es den Tubus des Mikroskops ‚genau ausfüllt und etwas über den obern. Rand «desselben hervorragt. Dann stellt man das Mikroskop auf den beweglichen Tisch- boden; setzt von oben her ein 4—5‘’ weites, innen schwarzes ausziehbares Rohr von Pappdeckel mittels genau anpassender Oeflnung auf die Mikroskopröhre, indem dasselbe vorher oder zu- gleich durch die Oeffnung des Querbrettchens im hohlen Raum unter der Tischplatte durchge- führt wird, legt sodann die Tischplatte oben auf und stellt das ausziehbare Rohr so, dafs es genau oben wider die untere Fläche der Tischplatte anstölst. Zweckmäfsig ist es, eine Kreis- rinne hier einschneiden zu lassen, in welche der Rand des Rohrs hineinpafst und wodurch dieses letztere fester steht. Nun legt man eine recht reine Glastafel, über welche Pauspapier mittelst Befeuchtung und Bestreichen der Ränder mit arabischem Gummi glatt aufgespannt wor- den auf die Oeflnung und stellt den wo möglich grofsen Spiegel des Mikroskops so, dafs die ganze runde Papierfläche über der Oeffnung hell erleuchtet wird. Dann schiebt man das etwa noch nicht in der gehörigen Stellung befindliche Object in die Mitte des Feldes und richtet unten die Einstellungsschraube so lange, bis das Bild des Gegenstandes schön und klar hervor- tritt. Das Nachfahren des Rifses geschieht dann am Besten mit einer feinen Stahlfeder und ge- wöhnlicher guter Dinte. — Man kann auch das Bild zum schärferen Erkennen des Umrisses sehr zweckmäfsig noch mit einer schwachen Loupe besehen. In dieser Weise lassen sich nun alle durchsichtigen Gegenstände genau, von halbdurchsich- igen (z. B. Krystallen) die Ränder und schattigen Flächen und von ganz opacen mindestens die Ränder genau erkennen und nachzeichnen. Von sehr durchsichtigen und mit nicht gar zu zarten Contouren versehenen Gegenständen können die gelungensten Bilder gewonnen werden und lassen sich, wenigstens beimSonnenlichte, die stärksten Linsencombinationen dabei anwenden. Wie bei allen Einrichtungen der Art bedarf es indefs einiger eigenen Erfahrung und Uebung und es würde nutzlos und zeitraubend sein, hier die kleinen Vorrichtungen anzuführen, die für den einen oder andern Fall am zweckdienlichsten sind. — Eine der wichtigsten Bedingungen —- ıı1 — des Gelingens ist die Beleuchtung. Die ganze Einrichtung des Tisches ist wesentlich ‘darauf be- rechnet, um am Tage zeichnen zu köpnen, da mir das Zeichnen am Abend unmöglich ist und ich wie viele andere Beobachter Abends ebensowenig mit dem Mikroskop arbeiten kann. Es ist aber die Sonnenbeleuchtung nicht allein ausreichend und zweckmäfsig, sondern für dunkele Gegen- stände, wie namentlich für Durchschnitte von versteinten Hölzern unumgänglich nothwendig. Sehr geeignet ist eine Stube, in der das Sonnenlicht, um gemeinverständlich zu reden, nicht wandert, sondern in die es längere Zeit in derselben Richtung und unter möglichst kleinem Winkel, also recht weit, hineinfällt; kurz eine Stube, die hoch liegt und gerade nach Osten (für Morgensarbeiten) oder gerade nach Westen (für Nachmittagsarbeiten) gerichtet ist. — Mat setzt dann den Tisch fernab vom Fenster, so dafs nur der Tischboden in die Sonnenbeleuch- tung kommt. Es erscheint dann der obere Raum des Tisches schon so wenig beleuchtet, dafs bei hellem Tage das Bild auf der matten Papiertafel auf das Schönste sichtbar wird, wozu in- dels der etwas höhere Rand an der Rückenseite des Tisches vielleicht einiges beiträgt. Genügt dies nicht, so bedarf es nur des Vorsetzens eines /,-1‘ hohen Gegenstandes, eines Kastens, eines Folianten, um die nöthige Dunkelheit der Tischplatte zu gewinnen. Es ist indefs auch die künstliche, Beleuchtung anwendbar; sie gibt aber bei Anwendung ge- wöhnlicher guter Lampen nur für sehr durchsichtige mit scharfen Umrissen versehene und nur schwache Vergröfserungen verlangende Gegenstände, wie für die meisten Inseetenflügel, ein hinreicheud klares Bild; hat aber den Vorzug, dafs man unabhängig von der Witterung arbei- ten kann. Wahrscheinlich läfst sich auch durch Einrichtungen mit Gaslicht u. dgl. manches ver- vollkommnen. All dem ungeachtet gibt es Gegenstände, deren Umrisse nur mit der gröfsten Schwierigkeit machzuzeichnen sind. Selbst in günstigen Fällen haben die Bilder etwas Nebelarliges, wodurch bei langem Daraufhinsehen das genaue Nachzeichnen der Risse erschwert wird, so dafs man zuweilen vom Bilde absehen und das Auge beim Zeichnen möglichst fern halten mufs, um nicht in Verwirrung zu gerathen. Dies ist um so mehr der Fall bei Gegenständen, wo die dunkeln Stellen sehr breit sind und das Schwärzen derselben mit der Feder schwer ausführbar ist, das Zeichnen mit dem 'Tuschpinsel aber nicht hinreichende Begränzung des Umrisses zuläfst. — Ganz besonders störend ist aber die nebelige Gestalt der Bilder bei Gegenständen, welche, wie Schliffe von versteinten Hölzern, verhältnifsmäfsig dick bleiben müssen und somit aus meh- ren Schichten von verschiedener Lichtbrechung bestehen. Es sind in diesem Falle, ungeachtet eines aus der Ferne recht schön ansehenden Bildes, die Schwierigkeiten der Nachzeichnung fast unüberwindlich. Hier scheint mir die Anwendung der Daguerrotypplatten an ihrem Orte zu sein und es dürfte das Copiren eines so gewonnenen, ruhigen, wenn auch weniger hellen Bildes sieh bequem erweisen. Eigene Versuche hab’ ich in Ermangelung der Kenntnifs der Behandlung von Daguerrotyp- platten nicht gemacht. Die Versuche mit photographischem Papier sind mir mifslungen; sie gaben nur sehr grobe und rohe Umrisse. Schon oben war die Rede davon, dafs zum Verschlufs der Hauptöffnung in der Tischplatte auch ein mit einer kleinen runden Oefinung versehener Deckel vorhanden sein müsse. Zum — 19 — Schlufse komme ich darauf zurück, weil sich ‚hieran noch eine andere nicht unvortheil- hafte Benutzungsweise des Tisches anreiht. Bringt man nämlich auf die Mikroskopröhre eine gleich weite Verlängerungsröhre in solcher Länge an, dafs deren oberes Ende durch jene kleine Oeffnung im Deckel bis auf oder etwas über die Tischplatte hinreicht und setzt dann ein Oeular in die obere Mündung dieser Röhre ein; so läfst sich das Mikroskop schr bequem in der gewöhnlichen Weise, aber mit bedeutend (und zwar beliebig) verlängerter Röhre, mit- hin auch stärkerer Vergröfserung, anwenden, was bei schwachen Ocularen nur mit wenig Nach- theil für die Klarheit des Bildes geschieht. Der Vortheil aber wird dadurch gewährt, dafs beim Zeichnen das Auge dem auf der Tischplatte liegenden Papier sehr nahe ist und die Abbildung aus freier Hand dadurch sehr erleichtert wird. Natürlich mufs der Tisch eiwas vom Fenster ab- stehen, so dafs hinreichend Licht auf den Spiegel fällt. Herr Winnertz aus Crefeld zeigte hierauf eine neue Methode zum Copiren derartiger Licht- bilder vor. Auf eine in zweckmäfsiger Weise milchig gefärbte Glasplatte wird das sehr durch- sichtige und feste Hausenblasenpapier, dessen sich die Kupferstecher zu ihren Durchpausen bedienen, aufgespannt und dann der Rifs der Bilder mittels einer Nadel eingeritzt. Bei nach- heriger Anreibung mit rother Farbe treten dann die äufserst scharfen Contouren auf das Schönste hervor und können so unmittelbar auf den Stein abgedruckt werden. Endlich legte Herr Dr. Debey noch Proben des von Professor Schönbein in Basel erfundenen und von demselben eingesandten, wie Glas durchsichtigen Papiers vor, dessen in Hugo von Mohl’s Mikrographie Erwähnung geschieht und das sich zum Bedecken mikroskopischer Objekte und wohl auch zum Durchpausen besonders zu eignen scheint. Herr Lemercier aus Paris zeigte und erläuterte zum Schlufs die vortrelllichen und sehr in- shructiven klastischen Präparate aus der menschlichen und vergleichenden Anatomie von Dr. Auzoux aus Paris. 3 SITZUNG. Freitag, den 24. September. Vorsitzender : Herr Professor d’Alton. Herr Dr. Verlooren aus Utrecht legte m der zoologischen Section seine neuerdings heraus- gekommene Abhandlung über die Circulation bei den Insecten, welche im Jahre 1844 durch die Brüsseler Academie gekrönt wurde, vor. Später zeigte er mehr als hundert Zeichnungen über die Haushaltung und Anatomie des Hydrophilus piceus , während den verschiedenen Lebenszuständen vom Eie an, bis zum vollkommenen Zustande, welche dureh Herrn Schubärt, Prosector der Anatomie an der Universität zu Utrecht angefertigt waren. Die Arbeit war aber noch nicht vollständig, und wird zu ihrer Vervollkommung noch einige Zeit bedürfen. Es ist schwer, um hier ohne die Zeichnungen Etwas ausführlicheres über das anatomische Detail mitzutheilen, es sind nur drei Punkte zu erwähnen. — Zuerst das Vor- — 114 — kommen eines höchst kleinen Eingeweidewurmes in dem Darmkanal der Larve, welcher'zu den Distomen zu gehören scheint, und in ziemlich grofser Menge: vorhanden war, dann das Vor- kommen von contractilen Zellen in dem Fettkörper (der Larven, welche unter: dem Mikroskope ihre Bewegungen zeigten, wenn ein Stückcheu von diesem Körper aus einer lebendigen Larve genommen, und: sogleich unter das Mikroskop gebracht wird. Diefe Zellen unterscheiden sich durch ihre ‚Gröfse von den andern, woraus der Fettkörper besteht, und liegen hin und wieder in dem Gewebe zerstreut. Endlich noch, dafs bei der Häutung nicht blofs die innere Mem- bran der Tracheen ausgeworfen wird, sondern auch die mittlere mit den Spiralfasern. An den abgeworfenen Häuten der 'Tracheen kann man noch sehr gut die Spiralfasern erkennen. Man beobachtet zuweilen, dafs die äufsere Membran der Tracheen sehr verdickt ist, und viel- leicht findet dieses statt zur Zeit, wann eine neue Häutung anfangen soll, während sich in der angeschwollenen äufseren Haut die neuen inneren Membranen mit den Spiralfasern bilden. Die Haken, welche sich am Brustschilde der Puppe vorfinden scheinen dazu zu: dienen, die Puppen, welche nur mit einer zarten Haut bekleidet sind in der Höhle, welche die Larve im Boden macht, suspendirt zu halten , so dafs sie, durch die Berührung mit der rauhen Innenfläche dieser Höhle sich nicht beschädigen kann. Der Herr Director Dr. Kribben hielt einen Vortrag über die von ihm im Manuscript verarbeitete Naturgeschichte von Alytes obstetricans oder Bufo campanisonus. Er hob die Haupmomente in dem Leben dieses Thieres hervor und erläuterte seine Beobach- tungen an colorirten Abbildungen, welche insbesondere die Metamorphose, die Entwickelung im Ei, die Anatomie der Kaulquappe in ihren verschiedenen Stadien, so wie die Anatomie des Glockenfrosches selbst vollständig vorlegten. Der übrige Theil des Vortrages erörterte die Lebensweise dieses interessanten Thieres, welches auch in. der unmittelbaren Nähe Aachens seine angenehmen Glockentöne erschallen läfst. Entomologische Abtheilung der zoologischen Section. Secretär : Herr Arnold Foerster aus Aachen. Obgleich unter der Zahl der anwesenden Naturforscher sich verhältnifsmäfsig sehr wenige Entomologen eingefunden hatten; so darf doch behauptet werden, dafs für diese die Zeit nicht blofs in einer angenehmen sondern auch lehrreichen Weise zugebracht wurde. Gewöhnlich wohn- ten dieselben der zoologischen' Section bei, auch fanden Besprechungen im engeren Kreise, namentlich bei Besichtigung der aufgestellten Sammlungen statt. Von den Entomologen Aachens waren 3 Sammlungen aufgestellt und zwar eine sehr reichhaltige Schmetterlings-Sammlung von Herrn Püngler aus Burtscheid, die sich vortheilhaft durch Reinheit der Exemplare, wie durch — BB — Reichhaltigkeit an Arten namentlich europäischer auszeichnete. Eine zweite Schmetterlings- ‚Sammlung hatte der Lehrer Branchard aufgestellt, welche dadurch einen besonderen Werth erhielt, dafs sich in derselben die Meigen’schen Originalstücke befanden, welche demselben bei Abfassung seines Schmetterlingswerkes zu Gebote standen. Die dritte der aufgestellten Samm- Jungen umfafste alle Insectenordnungen mit Ausnahme der Lepidopteren und konnte wohl dazu dienen die Fauna von Aachen in raschem Ueberblick zu repräsentiren. Besonders reichhaltig war letztere Sammlung an parasitischon Hymenopteren. An diesen kleinen aber interessanten Thieren übertrifft sie gewifls alle Sammlungen des Continents und dürfte kaum den bedeutendsten Samm- lungen Englands nachstehen. Sie ist Eigenthum des Lehrers Foerster. Von namhaften Entomologen, die auch einem gröfseren Publicum bekannt sind, hatten sich zur diesjährigen Versammlung blofs Hr. Walker aus England, Hr. Legationsrath von Roser aus Stuttgardt, Hr. de Selys-Longehamps aus Lüttich und Hr. Winnertz aus Crefeld eingefunden. Hr. Walker zeigte auf welche Weise er die Aphiden behandle um sie zu wissenschaftlichem Ge- brauche aufbewähren zu können. Seine ganz einfache Methode besteht darin, diese schwachen Geschöpfe zwischen zwei Glasplatten in Canada-Balsam aufzubewahren. Obgleich hierdurch die Fühler und Flügel sehr gut conservirt erschienen, so erlitten doch alle übrigen Körpertheile durch das Zusammenpressen eine solche Veränderung, dafs sie von der ursprünglichen Beschal- lenheit kaum eine Spur erkennen liefsen. Die Behandlung der Aphiden durch die Methode des Herrn Walker scheint daher keinen Vorzug zu verdienen vor der mehrerer deutschen Entomo- logen, welche dieselbe mit Silberdraht aufzustecken pflegen, wodurch Flügel und Fühler eben- falls sehr gut erhalten, und bei schneller Austrocknung auch die übrigen Körpertheile noch mehr ‘oder weniger brauchbar bleiben. Herr Walker hatte ferner eine grofse Anzahl der von ihm beschriebenen Chaleciditen mitgebracht, um ‘sie mit den von Herrn Foerster in den „Bei- trägen zur Familie der Pteromalinen““ beschriebenen Arten zu vergleichen und die Synonymie zu berichtigen. Letzterer Gegenstand ist darum von besonderer Wichtigkeit, weil die Familie der Chaleiditen nicht nur die gröfste, sondern auch die schwierigste unter den Hymenopteren ist, und ohne Ansicht von Originalstücken die Identität der Spezies bei den vorhandenen und bereits beschriebenen sehr schwer ermittelt werden kann. Bei der geringen Zahl von Autoren aber, welche sich bis jetzt diesem schwierigen Geschäft der Bestimmung unterzogen haben, wozu von älteren Schriftstellern Spinola und Boyer de Fonscolombe, dann Westwood, Haliday und vor allen Walker gehören, denen sich in Deutschland @. W. Nees von Esenbeck, Foerster und Ratzeburg anschliefsen, dürfte es verhältnifsmäfsig noch leicht sein, dem anwachsenden Strom der Verwirrung in Bezug auf die Synonymie einen Damm entgegenzusetzen. Von diesem Ge- sichtspunkte aus betrachtet müssen wir den guten Willen und den Eifer des Herrn Walker ge- bührend ‚anerkennen. Obgleich fast täglich Besprechungen mehrerer Mitglieder über entomologische Gegenstände Statt fanden, so versammelten sich doch auch die Entomologen einmal als gesonderte und von der allgemein zoologischen Section getrennte Abtheilung. In dieser Zusammenkunft hielt Herr Winnertz aus Crefeld einen Vortrag über Dipteren und erläuterte das Gesagte durch viele herr- lichen und höchst naturgeireuen Zeichnungen, welche derselbe nach einer von ihm aufgefunde- 24 — 186 — nen Methode durch Hülfe des Mikroskops angefertigt. Sein lehrreieher Vortrag erstreckte sich zuvörderst über die Tipularien, mit besonderer Berücksichtigung einzelner Gattungen, über welche Herr Winnertz seit mehreren Jahren genaue Beobachtungen angestellt und namentlich durch die Zucht einzelner Arten Resultate erzielt hatte, welche es aufser allem Zweifel setzen, dafs die Beschreibungen von Meigen in einzelnen Gattungen als durchaus ungenügend angese- hen werden müssen, ja einzelne Gattungen nicht nur einer Revision unterworfen, sondern einer völligen Umarbeitung bedürftig seien. Hauptsächlich waren es die Flügeladern, denen Herr Winnertz eine mehr als gewöhnliche Aufmerksamkeit zuwendete und er lieferte in einer gedrängten Uebersicht den überzeugendsten Nachweis, dafs auf diesem Felde der Forschung, das in Bezug auf die Dipteren von seinen Vorgängern sehr wenig berücksichtigt worden ist, wenn man die davon hergenommenen Gattungscharaktere ausnimmt, noch unendlich viel zu leisten übrig bleibt. Ja, dieser fleifsige Forscher nahm keinen Anstand zu behaupten, dals jede Spezies schon in dem Flügelgeäder den speziellen Charakter an sich trage, und dafs dieser ein viel zuverläfsige- rer sei als der, welcher von den andern Körpertheilen hergenommen werde. Nicht nur erweise sich nämlich die Farbe als sehr trügerisch, auch andere Merkmale seien mehr oder weni- ger schwankender Natur. und deshalb müfste in Zukunft die Flügelbildung vor allen übrigen Merkmalen berücksichtigt und obenan gestellt werden. Dafs diese Behauptungen nicht etwa leere Demonstrationen seien, wies Herr Winnertz sehr lehrreich an den Flügelzeichnungen der Gattung Cecidomyia nach. Ueber diese Gattung, deren Arten er seit mehren Jahren sammelt und so viel als möglich auch erzieht, nm ihre Lebensweise kennen zu lernen, beabsichtigt Herr Winnertz eine vollständige Monographie herauszugeben, und wer die vorgelegten Zeichnungen der Flügel und Fühler dieser schönen Gattung zu sehen Gelegenheit gehabt hat, kann nur den lebhaftesten Wunsch theilen, eine solche Arbeit je eher je lieber in Händen zu haben. So ein- fach nun auch der Adernverlauf bei Cecidomyia ist und so wenige Adern in dem Flügel hier auftreten, um so überraschender mufste die Bestätigung für die Ansicht des Herrn Winnertz über das Flügelgeäder werden. An den Vortrag des Herrn Winnertz knüpfte Herr Foerster einen ähnlichen über die Gattung Psylla. Von der Voraussetzung ausgehend, dafs mit Hülfe des Flügelgeäders eine festere und genauere Bestimmung der einzelnen Arten gewonnen werden könnte, hatte derselbe mit allem möglichen Fleifse die Arten der Umgegend von Aachen ge- sammelt und war auch von mehreren anderen Seiten her in Herbeischaffung eines gröfseren Materials unterstützt worden. Herr Foerster wies zuvörderst darauf hin, dafs diese Gattung, trotz der Bearbeitung durch mehrere namhafte Entomologen, weder in Bezug auf die Bildung und Gestaltung einzelner Organe, noch auch in Bezug auf den speziellen Reichthum an Arten gehörig auseinandergesetzt worden und deshalb ein reiches Feld für eine sorgfältige und anhal- tende Untersuchung geboten habe. Nicht einmal über das Verhältnifs der Nebenaugen seien die einzelnen Autoren, z. B. Burmeister, Zeiterstedt und Hartig einig, da alle drei in Bezug auf die Gattung Psylla unter sich abweichen, in Bezug auf die Zahl derselben aber darin überein- stimmen, dafs Livia keine Nebenaugen habe; der wahre Sachverhalt sei aber der, dafs keiner Gattung, ja selbst keiner Spezies in der Familie der Psylloden die drei Nebenaugen fehlen, ob- gleich sie bei Livia nur schwer aufgefunden werden können. Ueber den Saugschnabel herrsche — 17 - wo. möglich eine noch gröfsere Verschiedenheit. Burmeister bekämpfe die Ansicht Leon Dufour’s, wonach derselbe der Brust entspringe, ohne jedoch den: wahren Sachverhalt aufzuklären; auch Hartig und Zetterstedt hätten hierüber keine neue Meinung aufgestellt, ja letzterer adoptire ge- radezu die Angabe Dufour’s, welche Latraille schon in seinem berühmten Werke ‚‚Genera Crusta- ceorum et Inseclorum“ in folgenden Worten klar ausspreche. Rostrum brevissimum, subperpen- diculare, inter pedes anticos e pectore exsurgens, ceylindrico-conicum, articulis tribus, ultimo brevissimo, conico. Die Sache verhält sich aber nach dem Vortrage des Hrn. Förster wie folgt: Der Saugschnabel besteht aus einer dreigliedrigen Scheide, diese ist theilweise, vom Munde allerdings entspringend, mit der Brust mehr oder weniger fest verwachsen, jedoch nicht so, dafs sich nicht durch eine geschickte Manipulation die ganze Scheide von der Brust ablösen liefse, erst hinter den Hüften des vordersten Beinpaares erhebt sich das zweite Glied der Scheide von der.Brust ab senkrecht in die Höhe und artikulirt ganz deutlich mit dem dritten kleineren, aber ganz freien Gliede. In dieser dreigliedrigen Scheide liegen zwei eng verbundene feine Borsten, welche bisweilen aus der Spitze des dritten Gliedes hervorragen und bald getrennt, bald fest zusammenhaftend beobachtet wer- den. Verfolgt man nun weiter den Ursprung, so sieht man, dafs beide nicht einfach, sondern wieder aus zwei Stücken bestehen. Ihrer Deutung nach kann man diese vier Stüeke für die vereinigten Ober- und Unterkiefer halten. Sie sind an ihrer Basis grade so erweitert, wie Ratzeburg in seinem Werke über die Forstinsekten sie bei Coccus abbildet. Sie bilden auch eine Schlinge, aber eine viel kürzere als bei Coccus. Diese vier Borsten wurden nicht blofs bei Psylla, sondern auch bei Livia, Aleurodes und selbst bei Aphis Rose wahrgenommen, obgleich Herr Kaltenbach in seinem Werk über die Aphiden angeblich nur drei gefunden haben will. Was die Schriftsteller bei Psylla über die Genitalien mittheilen, ist äufserst dürftig und theil- weise unrichtig, wie aus dem weiteren Verfolge des Vortrages hervorgeht. Dieselben bestehen bei dem männlichen Geschlechte aus zwei Klappen, von welchen die obere gewöhnlich senk- recht in die Höhe steht und gewölbt ist, entweder ganz oder getheilt erscheint, und wenn Letzteres der Fall, dann sind beide Theile wagerecht zurückgeschlagen. Die untere Klappe ist abgesiutzt, zugerundet und stark vertieft; aus derselben entspringen in der Tiefe und nicht vom Rande aus zwei Lamellen, welche mehr oder weniger aufgerichtet und etwas gebogen sind, aber mit der Spitze zusammen neigen. In Länge und Breite varüiren dieselben beträcht- lich; meist sind sie stark behaart und ihre Spitzen werden oft von der oberen kappen- förmigen Klappe bedeckt. Zwischen diesen Theilen liegt die hornartige, pfriemenförmig zuge- spitzte Ruthe. Der Hinterleib der Weibchen läuft meist in eine kurze und höchst selten stark verlängerte, aber immer von der Seite etwas zusammengedrückte Spitze aus. Der ganze weib- liche Apparat besteht aus fünf Hauptstücken; aus zwei Klappen, einer oberen und einer unteren, dann zwei seitlichen, «queergestreilien Lamellen und der eigentlichen Legeröhre, in welcher zwei feine Borsten liegen. Das wichtigste Moment zur Unterscheidung bilden bei der Familie der Psylloden die Flügel. Nicht nur kann man nach Betrachtung derselben aus der frü- her bestandenen Gattung Psyllia mehrere leicht kenntliche Gattungen bilden, sondern auch für die Unterscheidung der Arten bietet der Adernverlauf sehr wesentliche Anhaltspunkte dar. Herr Foerter legte eine Tafel mit Flügelzeichnungen vor und deutete dabei an, dafs er in einer _— 188 — späteren Ausarbeitung einer Monographie eine Flügelzeichnung von allen ihm bekannten Arten geben werde. Zuletzt wies derselbe noch darauf hin, dafs über die Stellung von Aleurodes , welche von Hartig sogar zu den Psylloden gebracht worden, grolse Unentschiedenheit herrsche, offenbar sei Hartig hierin zu gewaltthätig verfahren, und auch Burmeister sei hierin nicht zw folgen, welcher diese Gattung zu den Coceinen stelle. Dagegen gehe aus einer sorgfältigen Untersuchung hervor, dafs Aleurodes eine eigene Familie bilde, deren Charakter in folgenden Punkten angegeben wurde : 1. Am Kopfe bemerkt man eigenthümlich gebildete Netzaugen,, zwei an jeder Seite. 2. Der Saugschnabel hat eine freie Oberlippe, die den Psylloden fehlt. 3. Die Fühler sind siebengliedrig und haben an dem Endgliede eine Borste. 4 In beiden Geschlechtern sind zwei Flügel vorhanden und übereinstimmend gebildet, was diese Gattung von den Coccinen entfernt, bei welchen die Weibchen der Flügel entbehren. Die Vorder- und Hinterflügel besitzen nur eine einzige Ader, welehe von Hartig in den Vorder- flügeln als zweizinkig angegeben wird, was indefs durch mikroskopische Untersuchung als unriehtig sich herausstellt, denn da, wo Hartig den nach dem Vorderrande hinlaufenden Ast zu sehen glaubte, hat sich nur der körnige Staub, mit welchem der ganze Flügel bedeckt ist, verdich- tet, so dafs eine solche Täuschung unter der Loupe leicht möglich erscheint. Auch beruht die Angabe Hartig’s, dals der ganze Rand der Oberflügel durch eine fortlaufende Randader gestützt werde auf einer Täuschung. Die Sache verhält sich vielmehr so. Wenn unter dem Mikroskop der Flügelstaub sorgfältig entfernt-wird, dann sieht man einen Rand, der dicht und fein gekerbt ist, aber keine Spur emer Randader. Am Rande liest eine Reihe durchsichtiger nicht zusam- menhängender Kügelchen, die, wenn beide Flügelschichten sich ganz oder theilweise decken, hierdurch so wie auch durch den körnigen Staub den Flügelrand verdicken und ihm dieses feingekerbte Ansehen verleihen. Das Vorhandensein einer Randader wird defshalb auf das Be- stimmteste in Abrede gestellt. Die Hinterflügel bei der Gattung Psylla sind merkwürdig gebildet,sie haben eine Hauptader (Unter- randader), von welcher sich zwei Aeste abzweigen, nämlich der Radius und von diesem der Cubilus. Der Letztere theilt sich gabelig, bevor er den Innenrand erreicht. Diese Adern des Hinterflügels haben das Eigenthümliche, dafs blos die Unterrandader bis zu ihrer Theilung sich unter der Loupe als eine starke und durch ihre dunkele Färbung stets deutliche Ader erweist, während die übrigen gleichsam wie ausgegossene, wasserhelle Linien erscheinen. Wegen ihrer-Durchsichtig- keit treten sie selbst unter dem Mikroskop nur undeutlich hervor, aber sie sind leicht an der regelmäfsigen, eigenthümlichen Stellung von kegelförmigen Wärzchen kenntlich, welche bald in einfachen (Ps. Alni L.) bald in Doppelreihen (Ps. viridis Hart.) sich darstellen. Als Adern ireten sie nur dann recht scharf hervor, wenn man das auf den Spiegel des Mikroskops auf- fallende Licht etwas dämpft. An die Vorträge in der Morgenstunde schlofs sich Nachmittags die Besichtigung der Samm- lung des Herrn Kaltenbach an, die derselbe aus Mangel an Raum in dem Locale des Gewerbe- vereins nicht hatte aufstellen können. Namentlich waren es die von Herrn Kaltenbach erzoge- nen Thiere, über. deren Lebensweise viele ‘neue Aufschlüfse durch die Sammlung geboten — 189 — wurden. Die Nachforschungen über die Lebensweise und das vorhandene gesammelte Material wies nach, dafs in allen Odnungen sich vieles Neue vorfand, auch waren die Parasiten nicht vernachläfsigt worden und die Sammlung konnte somit jedem Beschauer als Fingerzeig dienen, dafs auf diesem Felde noch eine reiche Erndte dem rüstigen Beobachter bevorstehe, Von auswärtigen Entomologen waren fast keine Zuschriften erfolgt; die Theilnahme an der Ver- sammlung kann daher in dieser Beziehung keine erfreuliche genannt werden. Eine rühmliche Ausnahme macht in dieser Beziehung allein der ausgezeichnete irische Entomolog Herr Haliday aus Belfast, der durch briefliche Mittheilung werthvoller Beobachtungen sein grolses und gedie- genes Talent so wie den rühmlichsten Fleifs bekundete. Zuerst sprach sich Herr Haliday in diesen brieflichen Mittheilungen über die Mejamorphose und die innere Structur von Coniopterya tineiformis aus, um die Verwandtschaft mit’ Hemerobius darzuthun. Nach seiner Darstellung sind die Gallengefäfse von der Normalzahl 8 auf 6 reducirt. Die Larve ist schon von Curtis Brit. Ent. pl. 528 und die Puppe von Westwood (Introduction to the modern Classification $c. 1. fig. 70) abgebildet worden, jedoch hat Herr Haliday die ganze Metamorphose erforscht, um eine vollständige Vergleichung mit Hemerobius anstellen zu können. Das Resultat der Untersuchungeu stellte die Ueberzeugung fest, dafs Coniopteryz ent- weder eine bestimmte Familie der Neuropteren, oder eine besondere Gruppe in der Familie der Hemerobien bilden müsse, dafs mithin die Stellung in die Nähe der Psociden, wohin Bur- meister sie gebracht hat, unhaltbar sei. Eine andere sehr umfassende Arbeit desselben Autors, die wir hier nur in einem kurzen Auszuge mittheilen können, betrifft das Genus Thrips, worüber schon in dem Entom. Mag. Vol. Ill. eine sehr werthvolle Abhandlung vor mehreren Jahren erschien. Herr Haliday hatte mit dieser Abhandlung zu den Arbeiten von Burmeister im zweiten Bande des Handbuches der Entomologie und der Genera insect. $c., so wie auch des von West- wood in seiner Introduction to the Classification $c. gesammelten Materials, jetzt noch eine reiche Nachlese geliefert. Ueber diese schöne Arbeit, welche von einer grofsen Menge von Zeichnungen begleitet war, kann hier natürlich nur im Allgemeinen berichtet werden, weil der Verfasser dieselbe in aller Ausführlichkeit dem eentomologischen Publikum nicht lange vorent- halten wird. Sie umfafst namentlich eine ausführliche Darstellung der verschiedenen Organe, sowohl der äufsern wie der innern, und verfolgt dieselben nicht blos bei einer einzigen Art oder blos einer Gattung, sondern bei fast allen Gattungen dieser {Gruppe. Das hier folgende Verzeichnifs der einzelnen beigefügten Zeichnungen wird den reichen und wichtigen Inhalt der- selben am klarsten zeigen. Fig. 1—6. Idolothrips spectrum. 1. Das ganze Thier stark vergröfsert. 2. Der Fufs. 3. Die beiden ersten Glieder der Fühler. 4. Das dritte und vierte Glied. 5. Die zwei letzten Glieder der Fühler. 7.—15. Phleothrips Pini. 7. Die junge Larve. 8. Der Fühler. 9. Die Spitze des Hinterleibs derselben. 10. Die ausgewachsene Larve von Phleothrips Ulmi. 11. Der Kopf. 12. Das Gesicht, 13. Hornige Theile an der Basis des Mundes. 44. Die Propupa. 15. Die Puppe dieser Art. 16-34. Thrips rufa. 16. Die Larve. 17. Die Spitze des Fühlers. 18. Die Schiene mit dem Fufs. 19. Die Afteröffnung. 20. Die Propupa, 21. Ein Schenkel derselben. 24 und 25. Die Spitze —_ 1% — des Hinterleibs. 26. Der Fühler. 27. Das vollkommene Weibchen. 28. Der Fühler desselben. 29. Das Gesicht. 30. Die Schenkel. 31. Die Lage der Eingeweide im Hinterleib. 32. Der Hin- terleib des Männchens. 33. Die Seitenansicht desselben. 34. Die Spitze desselben. 35-45. Thrips cerealium. 35. Die Propupa. 36. Der Kopf. 37. Die Spitze des Hinterleibs der- selben. 38. Die Puppe 2. 39. Kopf und Prothorax, Lage des Kopfganglions und des Oesopha- gus. AO. Spitze des Hinterleibs. 41. Die Schiene und der Fufs. 42. Die männliche Puppe. 43. Der Hinterleib des ausgebildeten Männchens. 44. Lage der Samengefäfse. 45. Lage der Luftlöcher in der Haut zwischen Pro- und Mesothorax. A6—49. Sericothrips. 46. Larve. 47. Aeulsere Augenlinie. 48. Fühler. 49. Propupa. 50-54. Velanthrips. 50. Larve. 51. Auge. 52 und 53. Spitze des Hinterleibs. 54. Fühler. 55—56. Aeolothrips fasciata. 55. Larve. 56. Spitze des Hinterleibs. 57—58. Hauptstamm der Trachea von Thrips rufa mit den Luftlöchern. 58. Thorax und ein Theil des Hinterleibs. 60. Seitenansicht von Thrips physapus. 61. Der Kopf. 62. Ein 'Theil des Thorax und Hinter- leibs derselben Art. 63. Unterseite des Prothorax von Heliothrips. 64. Die Scheide und Klappe. 65. Eine Klappe des Bohrers derselben Art. 66. Eierstöcke von Labolips undrogyna. 67. Spitze des Hinterleibs. 68. Ei derselben Art. 69. Ein Theil des Hinterleibs und verschiedene andere Organe von Thrips cerealium. 70. Geschlechtstheile derselben, a. ein Hode, b. die Blase. 71 und 72. Der After mit der Vorhaut. 73. Spitze des Hinterleibs von Thrips Ulicis Z. von oben. 74. Seitenansicht. 75. Schulterlappen des Vorderflügels. 76. Geschlechtsorgane von Sericothrips £. 77. Spitze des Hinterleibs von der Seite gesehen. 78. Gallengefäls von 2. 79. Ein Ei. , 80—83. Thrips Ulicis 2. a. Der Samenbehälter, b. das Gallengefäls, c. der Eierleiter, d. ein Theil des Darmkanals. 84. Das Gallengefäfs besonders. 85. Geschlechtsorgane von Aeolothrips fasciata. S'. 86. Spitze des Hinterleibs des 2 mit dem Samenbehälter und dem Gallengefäls. 87. Das letz- tere allein. 88. Das Ei. 89. Geschlechtsorgane von Phleothrips. J'. 90. a. Kopf und Darmkanal. b. Speiseröhre, c. Magen, d. der Ventrikel, e. Colon, {. Gallen- gefäfse, g. Jejunum. 91. Der Oesophagus ‘allein. 92. eine Herzklappe. 93. Darmkanal der Larve. 94. Speicheldrüse. 95. Ein nicht befruchteter Eierstock. 96. Die mehr ausgebildeten Eierstöcke. 97. ein Ei. 98. Trips satyrus, der Kopf und Prothorax, mit der Speiseröhre, dem Kropf, dem Speichel- leiter &c. etc. 99. Das Kopfganglion mit dem Sehnerven &c. etc. 100. Die vereinigten Gefäfse. 101. der Vorderfufs. 102. Das Ganglion des Mesothorax, Metathorax und Hinterleibs mit der Rücken-Verlängerung bei Phloeothrips, 103. Ganglionkette in der Larve. 404. Kopf von Thrips atra. 105. Der Unter- und Oberkiefer. 106. Spitze des Unterkiefers. 107. = Mm = Unterlippe und Zunge. 108. Spitze der Unterlippe. 109. Zunge. 110. Der Oberkiefer. 111. Die Unterlippe. 112. ein Lippentaster. 103. Der Darmkanal von Melanothrips. 114. Der Fühler. 115. Häckchen des Hinterflügels. 116. Der Mund. 117. Der Unterkiefer. 118. Kiefertaster. 119. Vorderflügel von Aeolothrips fasciata. 120. Gesicht. 121. Unterkiefer. 122. Die Unter- lippe. 123. Der Kiefertaster. 124. Ein Lippentaster. 125. Spitze eines Fühlers. . 126. Mund von Phloeotrips. 127. Oberlippe. 128. Kiefertaster. 129. Unterlippe. 130: Der Un- terkiefer. 131. Der Vorderschenkel. 132. Der Vorderfufs. 133. Der Hinterfufs. 134. Basis des Vorderflügels. 135. Basis des Hinterflügels. 136. Darmkanal und Geschlechtsorgane von Aeolothrips fasciata 5‘ sammt den Speichelleitern. 137. Ein Theil von einem solchen Speichelleiter. 138. Die Gallengefäfse nebst ihrer Insertion. 139. Darmkanal von Heliothrips. 140. Ein Ei. 104. Darınkanal von Thrips cerealium. Hieran reihen sich die Abbildungen der verschiedenen Organe von (oniopteryx, welche Hr. Haliday ebenfalls gründlich untersuchte. Folgende Zeichnungen lagen vor : 1. Der Darmkanal, a. die Speiseröhre, b. der Saugmagen, c. der Magen, d. der Dünndarm, e. Colon, f. die Gallengefäfse. f.‘ ein freies Paar. f.“ vier andere mit ihrer Befestigung. g. der Hoden. 2. Ein Theil des Darmkanals vom 2. mit einer Mifsbildung eines Gallengefäfses. m. Drüsen. n. Insertion der Gallengefälse. 3. Derselbe Theil, mit dem Eierleiter, dem Fettgefäfs und der Spitze des Hinterleibs. 4. Die Eierstöcke. 5. Eine freie Eihülle. 6. Ein dunkelgrauer Hoden mit röthlichen Punkten. 7. Die Spitze der Ganglienkelte. 8. Der Darmkanal der Larve mit dem Kropf (Ingluvies). 9. Ein Theil desselben mit der Inserlion der Gallengefäfse. E. das Kopfganglion. 10. Basis der freien Gallengeläfse. 11. Spitze der übrigen. 12. Die Larve in natürlicher Gröfse. 13. Dieselbe vergröfsert. 14. Eier. 15. Puppe. 16. Ein 'Theil der Fühlerscheide. ‚Ohne anf die Details dieser Arbeit näher einzugehen mag hier der Wunsch nicht unterdrückt bleiben, dafs Hr. Haliday recht bald diese Arbeit veröffentlichen möge. Von Herrn de Selys- Longehamps wurde in der zoologischen Sektion das neuere und gröfsere Werk über die Libel- len zur Ansicht vorgelegt. Der Verfasser, rühmlichst bekannt durch seine Arbeiten über die belgische Fauna, hat sich durch dieses Werk, welches einen grofsen Theil der Schwierigkeiten in dieser schönen Familie hinwegzuräumen bestimmt ist, den Dank des entomologischen Pu- blicums in hohem Grade verdient. Vierte Section, für Botanik, Land- und Forstwissenschaft. 1. SITZUNG. Montag, den 20. September. Zu Präsidenten wurden gewählt : Joseph Fürst zu Salm-Dyck und Dr. Schultz aus Deidesheim , zum Secretär : Herr Lehrer Kaltenbach. Herr Dr. Schultz hielt einen Vortrag über die Zerstörer der Herbarien und über Vertlilgungs- mittel derselben. Aufser Pfinus fur nannte er Anobium pertinax (2) als sehr verderblichen Feind. Ungeachtet der Präservativmittel, als : Sublimat, Calomel etc., womit das Papier ge- tränkt oder theilweise bestrichen worden war, konnten diese Inseeten nicht ganz unterdrückt werden. Selbst das Eintauchen dieser Thiere in solche Flüfsigkeit hatte ihn belehrt, dafs diese Mittel nicht genugsam schützen, da die Feinde, nachdem sie wieder aus der Auflösung her- ausgenommen, sich langsam erholten und forikrochen. Am wirksamsten wurde das Tödten der Eier, Larven und ausgebildeten Insecten durch Backofenhitze in verschlossenen Kapseln ange- priesen und das weitere Aufbewahren in gut verklebten und geschlossenen Holzkästen empfohlen. Herr Bach aus Boppart und Herr Kaltenbach konnten als Entomologen aus eigener Erfahrung die vortheilhafte Behandlung des Herrn Dr. Schultz bestätigen. Herr Bach gab als den geeig- netsten Zeitpunkt des Tödtens durch die Hitze den Monat Mai und Juni an, da sich um diese Zeit die Larven vorfänden. Herr Regierungsrath Ritz legte die Zeichnungen und Beschreibung eines neuen Balgpilzes, Re- ticularia Schmitzi, von Dr. Debey vor. (S. Verhandl. des naturhist. Vereins der preufs. Rhein- lande. Bonn 1847. S. 1. Taf. 1. Fig. 1—A). Herr Apotheker Löhr aus Köln verlas folgende kurze Abhandlung über die Einwirkung der geognostischen Beschaffenheit des Bodens auf das Wachsthum und Gedeihen der Pflanzen, was zu lebhaften Besprechungen Anlals gab : Theodor de Saussure war der erste, welcher durch seine chemischen Untersuchungen nach- gewiesen hat, dafs die Vegetabilien die unorganischen Stoffe, die sich in ihrer Asche finden, zum gröfsten Theile aus dem Boden, worauf sie wachsen und aus der Luft aufnehmen und wir müssen deswegen diese als Nahrung für die Pflanzen betrachten, wie die organischen Stoffe, z. B. Wasser, Gasarten, welche die Pflanzen zu ihrer Bildung und zu ihrem Wachsthume ver- wenden. — Fest steht aber noch keineswegs, ob alle diese aufgefundenen Stoffe für das Pflan- zenleben und ihre Nahrung als unbedingt nothwendig zu betrachten sind oder ob nicht einzelne dieser Bestandtheile entbehrt werden können; man kann dieses Letztere um so mehr annehmen, als die Pflanzen gewifs einzelne unorganische Stoffe, weil sie gerade im Boden, worauf sie —- 1% — wachsen,‚enthalten sind, aufnehmen, ohne dafs diese zu ihrer ‚Nahrung. und ihrem. Wachsthume erforderlich sein dürften, indem es Thatsache ist, dafs ‚oft eine und dieselbe Pflanzenspecies, auf geognostisch-verschiedenen oder auf denselben: Bodenarten . gewachsen, oft ganz verschie- dene Resultate an einzelnen unorganischen Bestandtheilen bei der Analyse gibt, ohne dafs diese Pflanzen sichtbar an Vegetationskraft verlieren. Dals gewisse unorganische. Stoffe des Bodens bestimmten ‚Pflanzenarten zu ihrem Wachsthume nöthig sind, ‚dafür spricht, dafs. ‚sie ‚oft nebeneinander auf demselben Boden stehen, die Bestand- theile desselben aber in ganz verschiedenen Verhältnissen. aufnehmen können, z.B. Fumaria, Salsola werden immer vieles Kali, dagegen Equisetum viele Kieselerde aus demselben entnehmen; Es erklärt sich dieses um so mehr, da man weils, dals die eine Pflanze in salzführendem, die andere in kieselhalligem‘ Boden und wieder andere. in Kalk- und Sandboden. kräftiger gedei- hen und das Wachsthum derselben durch’Beimischung des einen ‚oder anderen Stoffes, wo der- selbe fehlt, sehr, befördert wird. — Dafs die Vegetabilien nur, allein die zu ihrer. Nahrung nölhigen Bestandtheile ‚des Bodens mit Auswahl aufnehmen und die wntauglichen nicht aufsaugen sollen , ist wohl noch keineswegs begründet, indem ohne Zweifel. die Pflanzen alles im Wasser Lösliche aufnehmen, ‚ohne. sich. um. ‚die Nützlichkeit ‚oder Nichtnützlichkeit zu bekümmern und eben so wohl ist anzunehmen, dafs der eine Stofl als Aequivalent für den anderen dienen kann; 2. B. Seepflanzen, auf, salzarnem Boden. gewachsen, werden ‚gewöhnlich. Kali statt Natron ent- halten, auch bemerkt man keinen wesentlichen Unterschied in .dem ‚Mehrgedeihen der Pflanzen auf Kalk und Dolomit oder auf Kalk uud. Kieselerde. Die Ansichten ‚über diesen Gegenstand sind einander. theilweise widersprechend, aber man mufs doch zugeben, dafs einzelne Pflanzenarten sich zu den unorganischen Bestandtheilen des Bodens in ihrem Wachsthume verschieden. verhalten, . oft sehr verschiedene dieser Stofle als Nahrungsmittel verwenden können; während andere auf bestimmte Bestandtheile angewiesen zu sein scheinen und nicht mehr vollkommen ‚gedeihen, wenn diese fehlen, wie auch. selbst ver- gehen, wenn die Stoffe im Boden ihnen nicht zuträglich sind... Nach Sprengel soll z. B. Chry- santhemum segetum bei 1 Prozent Mangan nicht mehr wachsen; dafs dieses stets der Fall ist, habe ich nicht ‚durchgehends auf dem Standorte der wilden Pflanze bestätigt gefunden; ‚auch ist es bei der so geringen: Löslichkeit des Mangans leicht anzunehmen, dafs es, ‚wie die wenig lösliche Kieselerde, oft indiflerent erscheinen kann; dann folgen die Thonerde und die Bittererde, indeni der Kalk sich schon ..der leichteren Löslichkeit seiner kohlen- und humussauren Salze wegen mehr.den kräftiger wirkenden Alkalien nähert. — Der Pilanzengeograph ist wohl selten in.dem Falle, zwuntersuchen, ob das, Wachsthum gewisser Pflanzen ‘von der relativen Menge der im Boden vor- handenen oder fehlenden Bestandtheile abhängt oder nicht, weil er es mit einer zu grofsen Menge von Pflanzen und zu grolsen Bodenstrecken zu thun hal; er kann sich demnach nur an den all- gemeinen geognostischen Verhältnissen einer Gegend, den verschiedenen Gebirgslormationen und Bodenlagern halten ; erhat, auch kein sicheres Mittel, um die Zuträglichkeit oder den Nach- theil einer bestimmten Bodenart zu ‚ermitteln, als das Fehlen gewisser Pflanzenarten auf einem bestimmten Boden, die ungewisse Schätzung ihres ‚besseren oder geringeren. Wachsthums und 23; = 191 — ihrer relativen Häufigkeit — welches aber Alles wohl auch von anderen Ursachen bedingt sein kann, als von der Zusammensetzung des Bodens. Genauere Resultate erhält zwar in dieser Beziehung der Landwirth; er hat den Vortheil, dafs er nur eine geringere Zahl von Pflanzenarten beobachten und durch die Untersuchungen sichere Resultate erhalten kann, die der Pflanzengeograph wegen der Masse von Material wohl nie er- reicht; doch haben diese letzteren nicht so genauen Resultate einen gröfseren wissenschaft- lichen Werth für die Pflanzengeographie, weil sie meistens nur mit wildwachsenden Pflanzen angestellt sind. — Wir finden in den pflanzengeographischen Schriften in dieser Beziehung keine Uebereinstimmung; während ein Theil der Pflanzengeographen, wie Wahlenberg, DeCandolle etc. nicht annehmen, dafs die Verschiedenheit des Bodens einen erheblichen Einflufs auf das Vor- kommen der Pflanzen ausübe, so ist es gerade ein anderer Theil, wie Hoppe, Unger ete., welche in diesem Verhältnifse den hauptsächlichen Grund der Verschiedenbeit der Vegetation in geogno- stisch verschiedenen, sonst einander ganz ähnliche Gegenden finden. Diese letzteren Pflanzen- geographen gründen ihre Ansicht auf das Vorkommen, die Häufigkeit oder das Fehlen bestimmter Pflanzenarten auf gewissen Gebirgsformationen z. B. in den Alpengegenden, wo man auf einem meist scharf begrenzten Raume diese Beobachtungen viel leichter durchführen und für diese Gegen- den zu einem bestimmteren Resultat gelangen kann. Wollte man aber alle einzelnen Gebirge in dieser Beziehung auf ihre Vegetation berücksichtigen, so würde dieses keinen richtigen Schlufs abgeben, indem die Vegetation einer Gegend sehr oft nicht mit der Bodenart wechselt. — Kei- nem Botaniker kann es wohl auch entgehen, wenn er die auf geognostische Verhältnisse basir- ten Pflanzenverzeichnifse durchsieht, dafs sich darin zu oft nur locale Eigenthümlichkeiten ab- spiegeln und er gewils fast alle dort aufgeführte Pflanzen auch auf ganz verschiedenen Boden- arten in anderen Gegenden gefunden hat. Die Pflanzengeographen, wie Unger etc., welche das Erscheinen gewisser Pflanzenarten in der Zusammensetzung des Bodens suchen, berufen sich auf das Gesammtbild der Vegetation einer bestimmten Gegend, geben aber doch auch zu, dafs eine Kalkpflanze auch auf anderem Boden wachsen könnne, erklären dieses aber nur als Aus- nahme von der Regel. Die Gegner dieser Ansicht, wie Wahtenberg, DeCandolle, läugnen zwar nicht/das Vorherrschen gewisser Pflanzenarten auf einem bestimmten Boden, glauben aber keinesweges, dafs diese darauf beschränkt seien und dafs die Vorliebe einzelner Pflanzenarten für eine Bodenart nicht blofs von der chemischen Zusammensetzung desselben, sondern auch von den physikalischen Verhältnissen des Bodens abhänge, und es ist demnach gewagt, Pflanzen, die auf einer bestimm- ten Bodenart vorkommen sollen, als wirklich bodenstete zu betrachten, da es wohl keinem Bota- niker unbekannt ist, dafs oft die verschiedenartigen als bodenstet angenommenen Pflanzen auch auf einem gemeinsamen Standorte wachsen, ohne sich an das Mehr oder Minder von Kiesel, Kalk, Sand etc. zu stören. Man glaubte anfangs, als man das Vorkommen und Gedeihen der Pflanzen mit den geognosti- schen Verhältnissen des Bodens in Verbindung brachte, dafs jede Pflanze an eine bestimmte Erdart gewiesen sei, aber man sah bald das Unrichtige dieser Ansicht ein; denn was der eine auf Kalk angab, fand der andere auf dem Sande, und was dieser dem Urgebirge (Granit) zu- _- 9 — schrieb, entdeckte jener auf den jüngeren Gebirgsformationen (Flötzgebirgen). Es häuften sich die Widersprüche so, dafs man diese Gesetzmäfsigkeit zuletzt bezweifelte, die Beobachtungen als einseitig und iin Allgemeinen als nicht richtig bezeichnete. — Die Sache erklärt sich wohl da- hin, da beide Ansichten ihre Gründe und Anhaltspunkte haben, dafs es Pflanzen gibt, die ein gewisses Vermögen besitzen, wodurch sie sich nach jedem Boden richten und darin wachsen können; man findet auch wohl an vielen, geognotisch gar nicht ähnlichen Orten, eine gewisse Zusammensetzung und Beschaflenheit desBodens, welchen schon DeCandolle „Wohnort (habitation)* nennt. Auch bildet sich auf jeder Gebirgsart, jedem Gesteine eine mehr oder weniger starke Humusschichte, welche aus zerseizten oder unzersetzten, aus organischen oder unorganischen Stoffen besteht; auf dieser Schichte werden sich nun fast alle Pflanzen, die keine tiefen Wur- zeln haben niederlassen, und so ist es erklärlich, dafs fast alle einjährigen und mit ihnen auch viele perennirenden Pflanzen überall angetroffen werden müssen. Herr Oberförster Mohr aus Trier spricht hierauf über das Cultursystem des Oberförsters Biermanns aus Höven bei Montjoie, und hebt die Vortheile desselben vor allen andern hinsichtlich der Sicherheit, Wohlfeilheit und Production hervor : Selten hat in irgend einem wissenschaftlichen Gebiete eine Erscheinung ein so allgemeines Aufsehen erregt, wie in unserer Zeit das neue Cultursystem des Herrn Oberförsters Bier- manns im Gebiete der Forstwissenschaft. Seit dessen im Jahre 1845 in der Versammlung der Forstwirthe zu Darmstadt gehaltenen Vortrage über die Grundlage und Resultate dieses Systems entstand eine förmliche Wallfahrt deutscher und ausländischer Holzzüchter nach dieser Gegend, wo Herr Biermans seit 20 Jahren sein Verfahren übt. Deutsche Regierungen sandten Commis- sarien zu dessen Prüfung, und Alle sind befriedigt zurückgegangen. Beweis dafür : die sofortige Verbreitung des Gesehenen durch die ganze Forstliteratur und dessen Nachahmung, eine be- neidenswerthe, in Händen des Herrn Biermanns befindliche Correspondenz, und die ihm auf die Berichte der höchsten Forstbeamten von mehreren deutschen Fürsten gewordenen Auszeich- nungen. Es unterliegt keinem Zweifel, dafs der erste Grund dieser Aufregung in dem Bewufstsein der Forstwirthe wurzelte, dafs in dem wichtigsten Theile der von ihnen geübten Wissenschaft, in der Holzzucht, eine Leere, ein Stillstand vorhanden waren, die um so mehr empfunden wurden, als die persönliche, allgemeine wissenschaftliche Ausbildung in diesem Fache wie in jedem andern vorangeschritten war. Noch ein Umstand trat hinzu, nämlich dafs manche Forstbeamten, welchen dieser Zustand schon lange klar geworden war, durch den Zwang positiver Vorschrif- ten gebunden, es nicht ‘wagen durften oder wollten, hiervon abzugehen, so sehr sie auch die Nothwendigkeit erkannten. Da trat plötzlich Herr Biermanns auf, zeigte, dals er, von aufgeklärten Vorgesetzten begünstigt, diesen Zwang abgelegt hatte und führte nun die überraschenden Resultate eines gänzlich umgeänderten Verfahrens vor Augen. Ich überlasse selbstredend demselben, da er hier anwesend ist, die Auseinandersetzung seines Systems, auch = 16 = erlaube ich ‚mir nur das in kurzem Umrisse anzugeben, was ich selbst gesehen und aus den erhaltenen Erklärungen gelernt habe. Die Culturen zeigen sich in den hier nahe gelegenen Waldungen Burtscheit, Forst und Cor- nelimünster und in den entfernteren des königlichen Reviers Höven auf allen Böden und in allen Expositionen. Sie sind ausgeführt in trockenem flachgründigem, wie auf besserem tiefgründi- gem Sande, auf Moor- und Bruchboden, an den dürren sonnigen Hängen im 'Thonschieferge- birge der Ruhr, in hoher Haide- und Haidelbeerdecke, wie in Schiffelländereien und durch Streunutzung herabgekommenen Distrieten, in Hoch- und Niederwaldungen, auf abgeholzten Waldflächen wie auf Blösen, die Jahrliunderte wunfruchtbar gelegen, in Höhen von 700, 1200 und 2000 Fufs über dem Meere, überall mit sehr gutem, sehr oft mit höchst überraschen- dem Erfolge. Dieselben sind 4- bis 1Sjährig; unter letzteren befinden sich Pflanzungen von Kie- fern, welche durchschnittlich pro Morgen 9—14 Klafter Knüppelholz enthalten, während zehn- jährige Lärchen, auch Fichten 30 resp. 20 Fufs Höhe erlangt haben, aber in herrlichsier Ge- sundheitsfülle prangend. Die Culturflächen zusammen mögen wohl an 7000 Morgen betragen. Dabei handelt es sich nicht allen um den Anbau von Nadelhölzern, sondern wir sehen auch die Eiche und Buche, letztere bis zu dem Plateau des hohen Venns hinauf, zusammen mit jenen erzogen, wie es denn überhaupt zu den Vorzügen des Biermanns’schen Systems gehört, dafs es die Laubholzzucht da zuläfsig macht und erhält, wo durch ungünstige örtliche oder klimatische Verhältnisse die natürliche Verjüngung durch Saamen selten oder unzureichend eintritt; daher auch die Lehre von der Mischung der Holzarten zu dessen interessantesten Theilen gezählt werden mufs. Gedenkt man der Nützlichkeit dieses Systems durch Vermehrung der Holzproduction, welche die bisherige um ein Drittel übersteigen kann; durch die frühe Gewinnung brauchbaren Mate- rials in einem Alter, wo die Waldungen sonst fast keinen Ertrag abwarfen; auch durch den Einflufs des Forstwirthes auf die Erziehung der Bäume, welche mehr als irgend sonst in seine Hand gelegt ist; rechnet man‘ hierzu die sehr wesentlichen Vortheile der unschädlichen und leichten Gewinnung einer Masse von Grünstreu und von Gras, sowie der frühen Zuläfsigkeit der Viehweide; ‚betrachtet man endlich die Ordnung, in welche der Wald gebracht und wo- durch die Stellung der Schläge, das Geschäft der Betriebsregulirung, sowie jenes der Taxation aufserordentlich erleichtert wird : so kann es keinem Zweifel unterliegen, dafs diese neue Me- thode nicht allein eine gänzliche Reform des bisherigen Waldeultw-Verfahrens hervorrufen, sondern auch ihren Einflufs auf die Behandlung der Waldungen überhaupt geltend machen werde. Gewils liegt in allen diesen Momenten die vollständige Rechtfertigung dafür, dafs ich mir erlaubte, Ihre Aufmerksamkeit mit dem vorgeiragenen Gegenstande zu beschäftigen, dessen Wichtigkeit in seiner ganzen Stärke hervortreten wird, wenn sie die nahen und fernen öden Landstriche in's Auge fassen wollen, worunter ich das hohe Venn mit seinen 150000 Morgen nennen will, welche nur mittelst Durchziehen breiter, ‘getrennter Waldstreifen dem Menschen nutzbar gemacht werden können, während sie jetzt, allen Winden blos gelegt, meistens ver- sumpft, auch versauert, nur einen Ertrag an Haide oder Torf liefern, auch ihren schädlichen klimatischen. Einflufs noch weit über ihre Grenze hinaus in fruchtbare Gegenden verbreiten, = u —= Herr Oberforstmeister vorn Steffens spricht: über die wahrscheinlichen ‘Ursachen der in den letzten Jahrzehenden so häufig vorkommenden Ueberschwemmungen in Frankreich und verliest darauf einen diesen Gegenstand betreffenden Aufsatz, welchen derselbe aus einem französischen Journale entnommen. Dieser Aufsatz lautet wie folgt : „Die Ueberschwemmung der Loire mufste die Aufmerksamkeit auf verschiedene Projekte zu- rückführen, welche nicht nur das Austreten der Flüsse zu hemmen, sondern auch die schreck- lichen Wirkungen dieser Ueberströmungen zu vermindern, gefafst worden waren. Das Steigen der Gewässer hat eine zu unwiderstehliche, Unglück bringende Gewalt, als dafs allein durch eine zweckmäfsige Regulirung des Laufs der Gewässer der Ausbruch derselben verhindert werden könnte. Die Einen schlagen vor, die Flüfse zu kanalisiren. Wenn diese Kanalisirung den Ausbruch verhindern soll, so hat man vielleicht die Milliarden nicht berechnet, welche eine solche Aus- gabe verschlingen würde, und diese Eindämmung würde die Gewalt der Fluthen noch vermeh- ren und die nächste Folge davon sein, dafs bei dem seringsten Anschwellen der Flüfse die Dämme überfluthet oder durchbrochen würden. Auf diese Weise würde die Unterhaltung und Wiederherstellung der Dämme bei jeder noch so unbedeutenden Fluth ungeheure Kosten verur- sachen. Im Gegensatze schlagen Andere vor, die Dämme zu zersiören und das Senken der Ufer, damit die Ueberschwemmung auf keinen Widerstand stolse, so ihre Gewalt verliere und weni- ger sehädlich und verwüstend werde, indem sie sich dann ganz ungehindert ausdehnen könne. Die Ausführung eines solchen Projektes hätte den Nachtheil, bei der kleinsten Fluth die an- grenzenden Ländereien zu überschwemmen; es würden die austretenden Wässer die Felder beschädigen, statt sie zu befruchten. Noch Andere schlagen vor, die Zuflüsse an ihren Quellen aufzufassen und auch das durch Regengüsse entstehende Uebermaals der Wasser aus den Fluthen durch, zur Berieselung be- stimmte Kanäle abzuleiten. Diese Canäle würden statt die Ueberschwemmung einzuschränken, nur deren gröfsere Ausdehnung zur Folge haben. So sucht man Mittel auf, die Fortdauer einer Landplage zu bewirken, weil man daran verzweifelt, dem Uebel abhelfen zu können. Die Beunruhigungen, ‚welche durch die seit einigen Jahren stets wiederkehrenden Ueber- schwemmungen und damit verbundene periodische schreckliche Verwüstungen in der öffentlichen Meinung entstanden sind, haben die Hauptfrage, nämlich die Wiederbewaldung Frankreichs hervorgerufen. Alle Vorbeugungsmittel, die man anräth, sind ohnmächtig, weil sie nicht auf den Ursprung des Uebels zurückgehen. Die Ansicht derjenigen, welche sich mit den Beobachtun- gen über die klimatischen Einwirkungen ernstlich beschäftigt haben ist die, dafs die UVeber- schwemmungen in einer parallelen Progression mit der Entwaldung der Gebirge stehen, oder besser gesagt, gleichen Schritt halten. *) Die Vegetation zieht die atmosphärische Feuchtigkeit #) Wegen der practischen Wichtigkeit des Gegenstandes findet die Redaclion sich veranlasst darauf hinzuweisen, dass nach zahlreichen und mit vieler Umsicht gemachten Erfahrungen die Entwaldung nicht eine Zunahme des — 198 — an. Der Baum von den Blättern seines höchsten Gipfels bis zur Wurzel ist der Leiter dieser tigkeit und die Wälder sind die Regulatoren der Quellen. Wenn die Vegetation an dem Absorbiren oder Verschlingen der Feuchtigkeit gleichen Antheil mit der Sonne nimmt, so geben die Flüsse in allen Jahreszeiten beinahe denselben Wassertribut an die Meere ab. Diese Harmonie ist vernichtet, wenn die Vegetation den Antheil an der Sonne zu klein oder zu grofs macht; im ersten Falle nehmen die Wälder zu viele Feuchtigkeit auf, und im zweiten überlassen sie zu viel der Einwirkung der Sonne. Mag entdecken, wer da wolle, die geheimnifsvolle Wirkung des Baumes auf die Strahlen der Sonne; es genügt lestzustellen, dafs dieses Anziehungsgesetz zwischen Wald und Quellen be- steht. Ehe die Berge entwaldet, war das Austreten eines Flufses aus seinen Ufern ein Ereig- uils, wovon man lange das Andenken behielt. Heuer folgt die Ueberschwemmung der Loire unmittelbar auf jene des Rhöneflufses und geräth in Vergessenheit, wie die der Adour jene der Garonne vergessen macht. Während die Flüsse aus ihren Betten treten und die schönsten Gegenden Frankreichs perio- disch verwüsten, hören wir nie von solchen Ueberschwemmungen in Deutschland, dessen Ge- birge vom Rhein bis zur Donau und dem Dnieper mit Waldungen bedeckt sind, sprechen. Die Quellen in den 'Thälern und Niederungen der Garonne versiegen, während sie sich in den Flächen der Weichsel erhalten, die eben so unfruchtbar sind, wie jene der Garonne! Wa- rum? Weil die Pyrenäen, wo die Garonne entspringt, ihre Wälder, die sie ehemals bedeckten, nach und nach verlieren. Durch die Sorglosigkeit seiner Gesetzgeber fühlt Frankreich schon den Mangel an Waldun- gen, und was am auffallendsten, ist, dals sich vorzüglich in den gebirgigten Gegenden der Holzmangel zeigt. Eilt man sich nicht, so wird es bald unmöglich werden, die Gebirge wieder zu bewalden. Die vegetabilische Erde stürzt mit dem Stamm, der sie festhält, von dem Felsen herab und entblöfst dieselbe. Die älteren Leute erinnern sich noch, dafs die Gebirge mit Waldungen be- deckt waren, während jetzt kein Grashalm auf denselben wächst. Der Baum, welcher ein Jahr- hundert zu seinem Wachsthum braucht, fällt in ein paar Stunden unter der Axt des Holzdiebes. Wasserreichthums einer Gegend zur ‚Folge hat, sondern das gerade Gegentheil. Dagegen wird das heim Beste- hen grosser Waldungen Statt findende regelmässige Fallen und Steigen der Flüsse in ein unregelmässiges und plötzliches umgewandelt und Veberschwemmungen werden dadurch begünstigt, An jähen und zugleich nackten Flussufern stürzen die Gebirgsbäche zur Regenzeit theils mit verhältnissmässig grösserem Wasserreichthum , theils mit vermehrter Heftigkeit herunter und veranlassen durch Aufstauungen u, dgl, das plötzlicbe Auschwellen. der Flüsse, während die grössere Zeit des Jahres hindurch das Land ausgedorrt wird, wie das angezogene Beispiel der Rboneufer hinreichend lehrt. — Das Austrockenen einer zu wasserreichen Gegend wird aber demnach keineswegs durch Bewaldung derselben erzielt, sondern vielmehr bebindert; wogegen die Bewaldung steiler Flussufer durch Erreichung eines regelmässigen Ab- und Auschwellens der Bäche und Flüsse gegen Veberschwem- mungen vortheilbaft wirkt, Wir verweisen wegen dieses wichtigen Gegenstandes auf die in Bronn's Geschichte der Natur Bad. II. (Naturgeschichte der drei Reiche Ed, XIV, Heidelberg 1843) S. 474—493 zusammengestellte reichhaltige und belelirende Literatur, — 19 — Möge man bedenken, dafs bisher die Bewirthschaftung der Waldungen in Frankreich ohne Vor- sicht und Sachkenntnifs geführt worden ist. Frage man die Einregistrirungs- und die Controlbehörde. Die einfache Constatirung der Forst- frevel wird euch von der Gröfse der Waldverwüstungen überzeugen. Die Mehrzahl der Frevler ist zahlungsunfähig. Der Verwaltung fallen Prozefskosten zur Last und mufs dabei noch den Frevler während seiner Haft im Gefängnifs ernähren. Dem Gesetze ist genügt und der Forst- frevler ist auf Kosten des Staats bestraft; das Uebel aber bleibt und Niemand denkt daran, ihm abzuhelfen. Die Eisenhütten Frankreichs verbrauchen zur Erzeugung des Roheisens nur Holzkohlen, Ein so vorzügliches Brennmaterial würde die Hütten zu Grunde richten, wenn sie den wirklichen Werth dafür zahlen sollten; es wird ihnen aber zu sehr billigen Preisen von Holzdieben gelie- fert, die nichts zu verlieren haben, weil zahlungsunfähig sind, und ein Attest über deren Zah- lungsunfähigkeit setzt allen Verfolgungen ein Ziel. Man ist daher gezwungen, sich in dieser höchst wichtigen Frage des Wiederbewaldens an das Gouvernement und an die Stände zu wenden, denn vergebens würde man sich bemühen, Private dafür zu interessiren, Die Anlage von Waldungen bietet denselben keine hinlänglichen Vortheile dar. Die Prämien, welche ihnen der Staat bietet, sind nicht so bedeutend, dafs diese sie für die Wiederbewaldung interessiren könnten. Das Wichtigste, was gleich geschehen muls, ist eine Revision der Forstgeseizgebung, und dasjenige, was ohne Weiteres ausgeführt werden kann, ist die Verwendung der Zusatz-Centime zur Waldkultur. Die Departemental-Generalräthe können hier die Initiative nehmen, weil jetzt diese Zusatz-Centime für Instandsetzung der gröfseren und kleineren Bezirks- und Vicinal- Wege, welche seit der Publication des Gesetzes von 1834 in ihrer Herstellung sehr vorge- schritten, weniger nöthig sind. Für den Staat wird es eine dringende Nothwendigkeit, sich mit dieser Frage ernstlich zu beschäftigen, und da er nicht vorsichtig genug gewesen, so mufs er schnelle Abhilfe schaffen, wenn er nicht die Versehen und Fehler, die schon zu sehr auf Frankreich lasten, noch vergsöfseren will.“ Derselbe Redner theilte der Section seinen der Königlichen Regierung gemachten Vorschlag über die zweekmäfsige und höchst nützliche Vertauschung der Pappeln und Obstbäume an den Landstrafsen mit Eichbäumen mit. Hierauf wurde Herr Oberförster Biermanns gebeten, seine neue 'Theorie und Praxis in der Waldcultur mitzutheilen, was derselbe aus ‘Mangel an Zeit für heute jedoch nur übersichtlich zu thun vermochte. Herr Dr. Voget aus Heinsberg zeigt Wolle (elastische Fasern) aus Tammennadeln vor, und vertheilte unter die anwesenden Botaniker getrocknete Exemplare von Sison verticillatum ,„ wel- ches bei Heinsberg auf nassen Wiesen wächst. 2. SITZUNG, Dienstag, den 21. September. Herr Präsident Dr. Schultz theilt seine Ansichten über die von ihm für eine neue Species er- klärte, hier auf dem Grünsande der Kreideformation entdeckte Filago Kaltenbachi Schlz. mit, — 200 — denen er einige Worte über die Charaktere der (19. Linneischen) Classe der Syngenesisten voran- anschickt; er bezeichnet kurz die Familien-Charaktere derselben und insbesondere die wichtigsten Merkmale der verschiedenen Gattungen aus der Familie der Gnaphalioideen, so wie den Unterschied zwischen Filago und Gnaphalium. Hierauf spricht derselbe über Luctuceen der ‘canarischen In- seln, hebt einige auffallenden Formen und deren geographische Verbreitung hervor und legt so- wohl getrocknete als gezeichnete Exemplare derselben vor; er gibt an, welche deutschen Lactu- ceen dort wachsen oder gänzlich daselbst fehlen und durch andere Gattungen vertreten werden. Auf den canarischen Inseln wächst kein Hieracium; sie sind vertreten durch Triala, wohl aber kommen beide Sonchus, asper und oleraceus, dort.vor. Den Artencharakter der Filugo Kaltenbach: gibt Hr. Schultz in folgender Diagnose : F. K. cano‘ tomentosa, foliis linearibus, cauli adpressis, glomerulo terminali, involueri squamis acuminalis. Herr Kreisphysikus Dr. Kopstadt legt mehrere Exemplare von Agaricus, Duedalea und Boletus vor, welche von Grashalmen, dürren wie lebenden Grasblättern und Pimpenella Sazifraga- Blättern durchwachsen und durchbohrt waren. Den Grund dieser Erscheinung findet Herr Kal- tenbach theils in der Umschliefsung des Halmes, durch Umwallung, theils in der Durchbohrung des Pilzes durch Grasblattspitzen. Der letztere Vorgang wird durch Herrn Dr. Schultz an einer ansehnlichen Kartoffel bestätigt, welche von dem Queckengras (Triticum repens) durchbohrt worden war. Herr Apotheker Voget legt verschiedene Kartoifeln vor, welche er aus mexikanischem Saamen erzielt hatte. Er findet das Kartoffelkraut sehr üppig und die Erndte erfolgreich. Dafs die Säm- linge von Fäule verschont bleiben sollen, konnte Herr Yoget leider nur verneinen, Es war von dem Königlich Preufsischen Consul zu Mexiko eime Quantität Kartoffelsaamen nach Europa gesandt und durch Verfügung Königlicher Regierung ihm etwas zu Cultur- versuchen übergeben worden. Von dem im April gesäeten Saamen erhielt er in mäfsig feucliter guter Gartenerde die vorliegenden schönen Knollen. Einige hatten das Gewicht von 7 Loth sechs Monat nach der Aussaat. Das Stroh dieser Mexikaner zeichnete sieh durch einen sehr üppigen Wuchs aus. Herr Vogel war gespannt, wie sich die Sorten im nächsten Jahre in zwei- ter Saat machen würden. — Die oft wiederholte Nachricht, dafs Kartoffeln aus Saamen von der Kartoffelfäule verschont blieben, konnte er nicht bestätigen, indem bei vier grolsen Parzellen Kartoffeln, blos mit Schlamm und Rasenasche gedüugt, keine einzige kranke Kartoffel gefunden wurde; wohl aber bei den Sämlingen, wie vorliegende Proben beweisen. Herr Voget sprach ferner über eine neue Anwendung der Thonerde zu plastischen Arbeiten und deren Benutzung für naturwissenschaftliche Zwecke. Früchte, Saamen, Knochen, nsekien, Theile des menschlichen Körpers lassen sich in rohen plastischen Thon gut abdrücken, indem man zuvor diese Theile mit etwas Oel fetlig macht. — am — Hierauf werden zwei Theile Wachs mit einem Theile Stearin geschmolzen und beliebig gefärbt in die Thoneindrücke heifs eingeschüttet. Man kann sehr leicht auf eine Thonfläche eine Anzahl Früchte, ais Aepfel, Birnen, Kartof- feln, Cerealien, Maiskolben eindrücken und mit der Wachsmasse mit höchster Formentreue copiren. Der Pomolog kann seine Obstarten, der Landwirth seine Weizen, Korn, Hafer und Kartoffelarten sich darstellen und daraus Sammlungen bilden, der Anatom kranke Theile des Körpers vervielfältigen u. s. w. Dafs der Thon auch dem Botaniker dienen kann, zeigen die vie- len Pflanzenabdrücke der Vorwelt. Beiläufig erwähne ich auch noch die Anwendbarkeit des Thones zur Darstellung von Land- schaften, Gebirgsbildungen u. dgl. und lege Ihnen hier ein Stück des mit einem Bindemittel, Buchweizen- oder Leinmehl versetzten Thons vor, aus welchem das vorliegende Bild (eine Schweizerlandschaft) dargestellt wurde. Meine Methode besteht darin, dafs der reine, keine Kies- und Steinstücke und dergleichen enthaltende Thon mit '/,; Mehl innig gemischt, auf ein rauhes Brett gestrichen wird. Man glättet die Oberfläche mit einem grofsen Messer oder Lineal und läfst es trocknen. Hierauf werden die Vertiefungen der Thäler etc. mit einem kleinen scharfen Messer ausgestochen respective geschabt, desgleichen Baumstämme, Brük- ken, Kirchen, Häuser etc., welche in den Vordergrund ihren Stand erhalten, durch Aus- schneiden in die Masse angedeutet. Nach dieser Vorrichtung wird alles mit feingeriebenem Bleiweifs und Gummiwasser überstrichen. Sobald die Fläche trocken ist, wird mit dem Uebermalen begonnen; man nimmt dazu blos Erd- oder Deckfarben mit Gummiwasser angerieben. Etwas Uebung gehört allerdings dazu, um ein solches Reliefthonbild darzu- stellen; im gröfseren Mafsstabe gewinnt der Effect bei richtiger Behandlung der Perspec- tive und des Colorits ungemein. Da der Thon die feuchten Farben schnell einsaugt, so wird dadurch die Arbeit sehr erleichtert. Zu bemerken ıst noch, dafs man Acht geben mufs, wann das Brett mit der feuchten Thonmasse trocknet, die dadurch sich bildenden kleinen Risse glatt und fest zu streichen. Gut ist es, die Masse 2—3 Zoll dick aufzutragen und sehr langsam trock- nen zu lassen. Schliefslich erinnerte Herr Voget noch an die grofse Wirksamkeit des gebrannten Thones als Düngmittel. Im vorigen Herbst liefs er mehrere hochliegende trockene Wiesenparzellen einen Fufs tief um- graben und im Frühjahr mit Kartoffeln bepflanzen. Mitte August, nach der Kartoffelernte liefs er die Rasen jener Parzellen mit dem Pfluge an die Oberfläche bringen und in kleinen kegel- förmigen Haufen in Brand stecken. Seit sechs Wochen sind so 50—60 Haufen am Glühen, ohne dafs eine Flamme sichtbar würde. Die trockenen Rasen mit der anhängenden Thonerde lieferten eiue srolse Quantität Asche. Eine vorläufige Prüfung dieser Asche mit Säuren und Wasser ergab, dafs Chlorwasserstoffsäure aus einem Loth Asche auflöste Gran 54 Salpetersäure ae ee > = 06 Schwefelsäure N 2: re ol Kochendes Wasser „ 5, Ba En RS 26 —- 202 — Die Wirksamkeit dieser Rasenasche unterliegt keinem Zweifel; aufserdem ist der Verbren- nungsprozels der am wenigsten kostspielige zur Verbesserung des Grundstücks, und überall, wo es die Trockenheit des Bodens zuläfst, anzuempfehlen. Der Secretair verlas sodann einen von Herrn Dr. Schultz-Schultzenstein in Berlin eingesandten Aufsatz über eine neue Pilzart, Erysibe phosphorea, welche die Ursache des nächtlichen Leuchtens am Holze sein soll. Das Leuchten des faulen Holzes ist bisher als Wirkung einer rein chemischen Zersetzung oder langsamen Verbrennung betrachtet worden. Im zweiten Bande meiner Schrift : „Die Natur der lebendigen Pflanze, S. 197,“ stellte ich die Vermuthung auf, dafs das Leuchten des faulen Holzes nicht an völlig abgestorbenen, sondern an den im Absterben begriffenen Theilen Statt finden möchte, weil besonders das in frischer Triebkraft der Pflanze abgehauene Holz leicht leuchtend wird und zwar besonders stark die zwischen Holz und Rinde befindlichen jüngeren Splintschichten. Obgleich ich das letztere Factum, dafs immer nur die weicheren jüngeren Splint- schichten, niemals das alte Holz oder Herz leuchtend werden, durch wiederholte Beobachtungen widerlegen mufs, so hat mich die Erfahrung doch darin eines besseren belehrt, dafs nicht blos das im Absterben begriffene, sondern auch das wirklich abgestorbene und im Vermodern begriffene Holz noch leuchtet. Die Wurzelstämme alter abgehauener Buchen zeigen das Leuchten noch, wenn sie nach mehreren Jahren ausgegraben werden und im Splint schon durchaus morsch und mürbe sind, so dafs es hier schwer wird, noch eine Lebensfortdauer anzunehmen, wenn gleich nicht zu leugnen ist, dafs auch erst im Absterben begriffenes Holz, wie von Fichtenstämmen, nach Wurmtrocknifs oder wenn sie im Anfang des Sommers geschlagen werden, leuchtend wird, sobald eine Zersetzung unterhalb der Rinde begimt. In allen diesen Fällen ist aber die wahre Ursache des Leuchtens nicht in einer chemischen Zersetzung, sondern in Entwickelung einer neuen parasilischen Vegetation in den in Zersetzung und Auflösung begriffenen Theilen, nämlich in einer Pilzbildung zu suchen, die das ganze leuchtende Holz durchwurzelt. Wir wol- len diese Pilzbildung beschreiben, wie sie sich in den stockenden Wurzeln abgehauener Buchen zeigt, An den von Rinde entblöfsten Stellen leuchtet der Splint nicht nur an der Oberfläche, sondern auch anf den Bruch- und Schnittflächen im Innern, doch nicht überall, sondern nur in einzelnen, meist inselförmig durch dunkele Linien abgegrenzten Stellen, die im Leuchten durchscheinend sind, so dafs das Licht wie durch Glas aus dem Innern schimmert. Untersucht man dünne Schnittflächen dieser leuchtenden Stellen mit dem Vergröfserungsglase, so finden sich diese von einem spinngewebartigen Pilzgewebe (Rhizothallus) durchzogen, das aus sehr feinen glasartig hellen Fäden besteht, die vielfach anastomosiren und besonders an den Vereini- gungsstellen anschwellen, sonst aber keine Scheidewände und keine scharfe Gliederabsätze zeigen. Wegen der glasartigen Durchsichtigkeit sind diese Fäden oft sehwer zu unterscheiden, wo sie zwischen den Gefäfsen und Markstrahlen hinlaufen, doch treten sie deutlicher ‚hervor, wo die Gefäfs- und Zellenmembranen des Holzgewebes schon durch Auflösung mehr zerstört sind. Diese Auffösung des Holzgewebes schreitet mit der Vermehrung des Pilzgewebes vor, — 200 — indem das Holzgewebe von dem Pilz nach und nach ausgesaugt und verzehrt wird, so dafs die Holzschichten zuletzt als feine Lamellen erscheinen. Das in Zerstörung begriffene Holzgewebe wird dabei auch durchscheinend, wie die Pilzfäden selbst und gestattet daher, dafs die Pilzfäden aus dem Innern des Holzes durchleuchten. Im Innern des Holzes sieht man keine Fructification an den Pilzfäden; sie verbreiten sich vielmehr wie Ausläufer rebenartig als Rhizothallus immer weiter nach allen Seiten im Splint bis auf das Holz. Dagegen bildet sich eine Fructification an der mit der Luft in Berührung stehenden Oberfläche des Splintes. Hier bilden die Pilzfäden erst ein dichtes weilses Fadennetz, in dem besonders zahlreiche Anschwellungen an den Ver- bindungsstellen der Fäden, wie Verknotungen, anfangs ebenso glasarlig durchsichtig wie die Fäden selbst, erscheinen. Diese knotigen Anschwellungen vergröfsern sich und bilden Mittel- punkte, von denen die Fäden des Rhizothallus strahlenförmig auslaufen. Anfangs sind diese Anschwellungen länglich, zackig, eckig, von verschiedener Form und scheinen noch mit den Fäden des Rhizothallus zu verfliefsen. Später gränzen sie sich mehr ab und bilden sich zu Spo- rangien aus, wobei sie undurchsichtig werden und sich färben. Die ausgebildeten Sporangien sind braun und indem die strahlenförmigen Pilzfäden, aus deren Vereinigung sie entstehen, absterben, erscheinen die Sporangien zuletzt ganz frei liegend, oval oder kugelrund, während sie im Anfang ihrer Entwickelung sternförmige Ecken von den Inserlionsstellen der Fäden des Rhizothallus zeigten. An den jüngeren Sporangien sieht man einen dunkelen Kern durch die hellere Hülle durchschimmern. Später wird auch die Hülle dunkel und undurchsichtig. Der Spo- rangien-Inhalt (die Sporen) ist körnig zusammenhängend. Die Bildung der Sporangien an stern- förmigen Vereinigungspunkten der Thallusfäden nähert diesen Pilz der Gattung Erysibe, von deren Arten er jedoch durch die dichten ungegliederten, im Innern von Holz herumwurzeln- den 'Thallusfäden sich unterscheidet. Indessen mögen die Erysibe-Arten, die man bis jetzt als solche mit freien Sporangien ohne Strahlenfäden (E. pannosa, E. epixylon) unterschieden hat, ebenfalls ein im Innern ihrer Unterlage wurzelndes Pilzgewebe besitzen und mit dem hier beschriebenen Pilz Aehnlichkeit gewinnen, daher wir diesen Pilz vorläufig mit dem Namen Erysibe phosphorea belegen wollen. Herr Oberförster Biermanns setzt den in der vorigen Sitzung abgebrochenen Vortrag über Forsteulturen fort. Von den verschiedenen bis jetzt über dessen Waldeultur-Verfahren mitge- theilten Ansichten ist die in den forstlichen Mittheilungen von Dr. W. H. Gwinner, Hit. 12, Stuttgart 1847, durch Herın Forstamts-Assistenten Jäger in Zwiefalten am ausführlichsten und genauesten dargelegt, worauf er diejenigen, welche sich mit seiner Methode bekannt zu ma- chen wünschen, aufmerksam macht. Er zeigte hierauf mehrere scheibenartige Querschnitte von Pinus-Stämmen, welche auffallend breite Jahresringe hatten. Die ungleichmäfsige Holzanlage an den verschiedenen Stammseiten schreibt er nicht so sehr den stärkeren Aesten und der reiche- ren Nadelbildung, als der günstigeren Wurzelbildung der einen oder anderen Seite zu. Hierauf verbreitete er sich ausführlicher über die Bodenbearbeitung und Erziehung der Pflanzen aus Saamen. Er gab an, wie man auf einem Boden mit dünner Dammerdeschicht diese ohne künst- liche Düngung vermehren könne, wodurch die Wurzelbildung eingesetzter Bäumchen rascher —_— 04 — gefördert werde. Es wird nämlich die Saat am zweckmäfsigsten ‚auf Aschenplätzen (in Rasen- asche) gepflpanzt, in welcher zugleich der angemessenste Grad von Feuchtigkeit unterhalten wird. Herr Oberförster Mohr schliefst dem Vortrage des Herrn Biermanns den Wunsch an, dafs diesem wie dem Vortrage des Oberforstmeisters Herm von Steffens ein allgemein praktischer Nutzen entwachsen möge. Herr Dr. Debey theilt den Anwesenden mit, dafs er seinen angemeldeten Vortrag über die fossile Flora der Umgebung von Aachen auf den Wunsch mehrer Herren Geologen am Don- nerstag in der combinirten botanisch-geologischen Section halten werde. Darauf sprach derselbe über die morphologische Bedeutung des Kolbens von Arum maculatum. Der Blüthenkolben von Arum muculatum L. trägt bekanntlich zu unterst die keimfähigen, im unreifen Zustande gelbgefärbten Fruchtknoten, welche mit ihren fadenförmigen Narben fast sämmtlieh nach aufwärts gegen den zunächst folgenden fruchtbaren Antherenring - gerichtet sind. Auf diesen fruchtbaren Antherenring von violetter Färbung folgt dann ein gelbgefärbter Ring, bestehend aus kleinen, länglichrunden Warzen, welche in lange fadenförmige, insge- sammt nach unten gegen die fruchtbaren Antheren gewendete Spitzen endigen. — Den Schlufs des Blüthenstandes bildet der nackte, violette Kolben. Es scheint mir nun, dafs dieser Gesammtblüthenstand in zwei gesonderte Blüthenstände ge- trennt werden kann, in einen ausgebildeten nämlich und in einen fehlgeschlagenen. Ich be- trachte demgemäfs den oberen gelben Ring mit den Fadenwarzen als fehlgeschlagene Frucht- knoten und den violetten endständigen Kolben als Boden der fehlgeschlagenen Antheren, worauf sowohl die Reihenfolge, wie die entsprechende Färbung mit den Theilen des ausgebildeten unteren Blüthenstandes hindeuten. Nees von Esenbeck d. jüng. (Gen. pl. germ. 11.) erklärt zwar die Fadenwarzen für staminodia glandulas filamentosas referentia. und bezeichnet als abortive Fruchtknoten, germina abortiva s. pistillidia cuspidata, nur die zunächst unterhalb der Antheren stehenden Knoten des ausgebildeten Fruchtknotenringes. Für diese Ansicht fand ich jedoch keine Gründe und konnte mich mit ihr nicht befriedigen. Auffallend ist es nun aber, dafs die abortiven Fruchiknoten des oberen Ringes ihre Fäden nach abwärts gegen den ausgebildeten Antherenring und nicht nach aufwärts gegen die ihnen entsprechenden abortirten Staubbeutel richten. Ich stelle nun die Frage, ob nicht etwa dieser Anordnung das in der Natur öfter zur Beobachtung kommende Streben nach einer Compensation der Kräfte zu Grunde liegen möge? so nämlich, dafs in dem Falle, wo einer der in der Regel fehlschlagenden Fruchtknoten noch einigermassen der Ausbildung fähig wäre, ihm die Zuführung des befruchtenden Pollen’s vom unteren Antherenkreise zu Theil würde, welche bei Richtung der Narben nach oben bedeutend erschwert und vollständig wohl nur durch Ausbildung eines zweiten Antherenringes erreicht worden wäre. Es wird von Interesse sein, darauf zu achten, ob vielleicht eine höhere Ent- wickelung der aborlirten Fruchtknoten des oberen Ringes als regelwidrige Bildung vorkommt. _ 10 — Ferner zeigte Herr Dr. Debey mehre Pflanzenmifsbildungen vor :: zur Rankenbildung. hinnei- gende Zweige von Sumbucus nigra L. :(s. Verh. des naturhist. Vereins der preufs. Rheinlande, 1846, S. 11), ferner ein androgynisches Kätzchen von Pinus sylvestris, ähnlich dem von Richard beschriebenen, u, a. 3. SITZUNG. Donnerstag, den 23. September. Präsident : Herr Regierungsrath Ritz. Secretair : Herr J. H. Kaltenbach. Herr Kreisphysikus Dr. Kopstadt hält einen Vortrag über die angebliche Erfahrung, dafs die Buche (Fagus sylvatica L.) vom Blitze verschont bleibe. Schon vor dreifsig Jahren wurde er durch Haller’s Ausspruch : „Keine Buche wird vom Blitze getroflen!“ darauf aufmerksam gemacht und hat in diesen drei Jahrzehenden viele Erfahrungen darüber eingezogen und fleifsige Nachforschungen in und aufserhalb Deutschland angestellt. Nur ein einzelner Fall, der jedoch nicht geeignet ist, eine Ausnahme bilden zu können, ist ihm bekannt worden. Dr. Kopstadt bezieht sich auch auf eine Mittheilung der Pariser Akademie, in welcher abgerathen wird, sich während eines Gewitters unter eine Buche zu flüchten. Herr Löhr gibt zwei Fälle an, wo Fagus sylvatica vom Blitze getroffen worden; bei einem derselben wurden drei Menschen erschlagen. Herr Forst-Inspektor Labri bestätigt das seltene Vorkommen von Blitzbeschädignngen an Buchen aus seinem früher überwachten Forstreviere, wo er in wenigen Jahren auf einem klei- nen Raume von 20 Quadratmorgen eiwa 50 Eichen, aber keine einzige Buche vom Blitze ge- troffen sah. Ueber den Grund dieser Erscheinungen glaubten die Anwesenden vor der Hand noch rlicht entscheiden zu dürfen. Herr Garten-Inspektor Sinnig spricht über die Cuscuta chilensis und ihre Wahl der Pflanzen, an denen sie sich zu winden und auszusaugen pflege. Die hiesigen Cuscuta-Arten liegen zur Vergleichung vor. Cuscuta europea, welche sich hier nur um Urtica und Humulus schlingt , schmarotzt im botanischen Garten zu Bonn zum gröfsten Nachtheil der Haidepflanzen-Cultur an Erica und Caluna und soll dasselbe auch in anderen Rheingegenden thun. Cuscuta_ chilensis liebt Balsaminen und Geranien. Herr Medizinalrath Dr. Müller legt verschiedene amerikanische und australische Früchte und Saamen vor, worunter die von Banksia, Hymenaea, Erythrina, Carya, Abrus, Adenandra und einer Palmenart Herrn Sinnig bereits bekannt sind. Mehrere derselben werden von Herrn Müller zu Keimversuchen dem Secretair übergeben. Herr Löhr zeigt einige Galmeipflanzen, die er von der gestrigen Excursion mitgebracht und findet sie sehr abweichend von denen anderer Standorte. Herr Kaltenbach legt die verschiedenen Formen von Viola lutew und Viole arvensis vor und gibt die allmähligen Uebergänge von der einen zur anderen an. Das gelbe Veilchen des Gal- meibodens kommt in Thalwiesen , welche von Galmeierzwäschen zu Zeiten überschwem —- 06 — werden, üppiger und sehr verschiedenartig gefärbt vor; an Rainen und auf Klee-Aeckern des Galmeibodens erleidet hingegen das Ackerveilchen eine ähnliche Veränderung und bildet eine eigenthümliche Form, welche in der Flora von Aachen Viola arvensis var. hybrida ge- nannt wird. | 4. SITZUNG. Freitag, den 24, September. Präsident : Herr Regierungsrath Ritz. Secretair : Forst-Inspektor Labry. Die Mitglieder der vierten Section schlossen sich am Vormittage der fünften Section an, um dem Vortrage des Herrn Dr. Debey über die fossile Flora des Aachener Kreidegebirges bei- zuwohnen *). Nachmittags versammelten sich dieselben wieder getrennt. Der Präsident vertheilte einen Katalog der Toskanischen Flora, welcher im Auftrage des Herrn Dr. Ouracedo durch den Herrn Geheimerath Dr. Mitscherlich übergeben war. Herr Oberförster Biermanns spricht über die Erziehung von Eichenpflänzlingen. Er verlangt als erste Bedingung zur Erzielung tauglicher Pflanzen vollkommenen Saamen und verweist auf die Nothwendigkeit durchaus gesunder Kernstücke. Dabei führt er Beobachtungen an, welche er hinsichtlich schadhafter Kernstücke über den Fortgang einzelner Eichenpflänzlinge gemacht “ hat. Darauf ging er über zu einem von ihm beobachteten Verfahren zur Erziehung jeder belie- bigen Wurzelbildung. Auf den Wunsch des Herrn Sinning erklärte er sich bereit, seine Methode durch Veröffentlichung in wissenschaftlichen Blättern zur allgemeinen Kenntnifs zu bringen. Im Allgemeinen beruht sie darin, dafs die Pflänzlinge in einer mehr oder minder starken Schicht von Rasenasche auf einer Unterlage von festem humusarmem Boden erzogen werden. Herr Apotheker M. J. Löhr aus Köln nahm den am gestrigen Tage verhandelten Gegenstand, die Gattung Cuscuta betreffend, wieder auf. Er ist der Ansicht, dafs Cuscuta hassiaca Pfeiffer, Cuscuta corymbosa Thuiz. & Pav., Cuscuta suaveolens Sering nur synonym sind und Cuscuta trifoliüi Hensl. nur Varietät von jenen ist; derselbe charakterisirt die bis jetzt in Deutschland beobachteten Cuscuta-Arten, wie folgt : 1. Cusceate L. Blumenkelch, 4—5spaltig; Krone glockig oder krugförmig ; Saum 4—5spaltig oder fast blätterig; Griffel 2; Kapselfiucht am Grunde rundum aufspiingend, Kletternde Schma- rozerpflanzen mit fadenfürmigen, blattlosen Stengeln, welche andere Pflanzen überziehen, Die Pflanze keimt auf der Erde, wenn selbe aber ihre Saugwarzen an andere Pflanzen angelegt hat, so stirbt die Wurzel ab und die Pflanze ernährt ‚sich dann auf Kosten derjenigen Pflanze, die sie überzieht. a. Stengel ästig; Blumenkeleh 4—5spaltig; Narbe fädlich, Cuscuta europea L., Cuscuta major DC., Cuscuta vulgaris Pers., Cuscuta tubulosa Presl. — Blumen röthlich; Blumenröhre walzis, kaum länger als der Saum; Schuppen in der Röhre *) Siehe unten in der geologischen Section, da Ki — (ea — aufrecht anliegend, den Schlund nicht schliefsend; Kapsel birnförmig, an der Spitze vorgezo- gen. Durch ganz Deutschland ete. auf Nesseln, Hanf, Hopfen, Weiden und anderen Pflanzen schmarotzend. (=) BH. Juli bis September. Cuscuta Schkuhriana Pfeiffer. —Blumenröhre walzig, länger als der Saum, Schuppen fehlend; Kapsel eiförmig, stumpf; sonst wie vorige und mit dieser wohl auf ähnlichen Pflanzen schma- rotzend. Hessen. Cuscuta planiflora Tenore. Cuscuta alba Presi. — Blumen weifslich; Blumenröhre gedrungen, glockig, nur halb Mal so lang als der Saum; Schuppen fehlend. — Bis jetzt nur im südlichen Tyrol bei Botzen, Meran auf Colutea arborescens schmarolzend. (®) Juli bis August. Cuscuta epithymum L., C. minor DeC. — Blumen um die Hälfte kleiner als bei Cuscuta euro- pea, rosenroth; Blumenröhre walzig, so lang wie der Saum; Schuppen in der Röhre gegen- einander neigend, den Schlund schliefsend. —Durch ganz Deutschland und weiter verbreitet; auf sandigen, trockenen Wiesen, Triften, Haiden, Nadelholzpflanzungen etc., als Schmarotzerpflanze auf Haidekraut, Ginster, Quendel, Gräsern und auf anderen Pflanzen, so auch in seltenen Fäl- len an der Frucht der Weinrebe, wo sie dann die sogenannten Barttrauben bildet. (e) Juli bis August. b. Stengel einfach ; Blumenkeleh fast 5blätterig ; Blätter an der Basis durch einen häutigen Anhang verwachsen ; Narbe keulig-verdickt. Cuscuta Epilinum Weihe. Cuscuta major Koch et Ziz. Cuscuta densiflora Soyer. Willm. Epi- ” linella cuscutoides Pfeiffer. Epilin. densiflora Fr. Schultz. — Blumen weifs, in’s Grünliche ziehend; Blumenröhre fast kugelig-bauchig, zweimal so lang als der Saum; Schuppen in der Röhre auf- recht anliegend. Durch ganz Deutschland als eine sehr schädliche Schmarotzerpflanze auf Flachsäckern, besonders in etwas feuchten Jahren fast allenthalben, wo Lein gebaut wird. («) Juli. 2%. Buchingera Fr. Schultz. Jalıb. der Pharmacie. 3. Heft. 1847, Pfeifferia Buchinger, — Narbe koplig; Kapsel oben aufspiingend, Sonst wie Cuseuta. Buchingera suaveolens Schltz. Pfeifferia suaveolens Buchinger. Cuscuta suaveolens Sering. Cuscuta hassiaca Pfeiffer. Cuscuta corymbosa Ruiz et Pav. fl. peruv. Choisy. — Stengel äslig, pomeranzengelb; Blumen weifs, ziemlich grofs, büschelig gestellt, gestielt und wohlriechend; Blumenröhre glockig, so lang wie der Saum und mit gegeneinander neigenden Schuppen ge- schlossen; Saum fünfspaltig; Zipfel abstehend und an der Spitze hornförmig einwärts gebogen; Staubkölbchen gelb und hervorgestreckt. Cuscuta corymbosa ß. pauciflora Del. Prodrom. Cus- cuta trifolü Hensl. — Die Pflanze stammt ursprünglich aus Peru und Chili und ist wohl durch fremden Saamen, wie wahrscheinlich mehrere Arten dieser Gattung, zu uns gekommen. Diese Schmarotzerpflanze liebt, wie es scheint, vorzugsweise die Luzernerklee-Aecker, welche sıe zum grofsen Nachtheile der Landwirthe oft ganz überzieht, sie wächst aber auch auf vielen anderen Pflanzen; sie wurde in Italien, der Schweiz, in Hessen, im Nassauischen, in der Pfalz und am Rhein bei Koblenz u. s. w. beobachtet. (e) August bis November. Die Variation 8. wächst auf Klee und Luzerne in Piemont und Südfrankreich. — 208 — Buchingera monogyna. . Cuscuta monogyna Vahl., C. lupuliformis Krock. . — Stengel äslig: ziemlich diek, rauh; Blumen ährig gestellt, dickblätterig, zuletzt gestielt; Blumenröhre wal- zig, zweimal so lang wie der Saum; Schuppen in der Röhre aufrecht angedrückt; Staubkölb- chen nicht vorgestreckt; Griffel in einen verwachsen, mit ausgerandeter, kopfiger Narbe ; Kapsel erbsengrofs, mit dem Griffel gekrönt und so viel man an den Früchtchen getrockneter Exemplare, welche in Schlesien gesammelt wurden, sehen kann, springt die Kapsel oben auf. In Waldgebüschen auf Pappeln, Weiden und anderen Sträuchern. Schlesien bei Breslau, Böh- men u. s. w. (®) Juli bis August. Herr Apotheker Dreesen legt ein jetzt häufig im Handel vorkommendes, den Pferdehaaren täuschend ähnliches Ausstopf- und Polsterungsmaterial vor. Es wird aus den haarförmigen Stolo- nen der Tillandsia bulbosa var. picta bereitet und nachher schwarz gefärbt. Nachträglich erhält der Vorsitzende von Herrn Wirtgen aus Koblenz eine Sendung seltener Pflanzen der Rheinprovinz zur Vertheilung an die Mitglieder der botanischen Section, welche leider im Sinne des Gebers nicht alle mitgetheilt werden konnten. Herr Braunscheidt aus Bonn empfiehlt den versammelten Forstmännern sein neues praktisches Cultur-Instrument zur bequemeren und sicheren Unterbringung von allen Waldsaamen, worüber beifolgende Gebrauchs-Anweisung das Nähere besagt. 1. Wie ein Centrumsbohr um seine Achse laufend, wird das eigenthümliche neue Instrument gebraucht, indem man es mit der mittleren längeren Spitze durch Druck oder geringen Stofs in den Boden läfst, demnächst — so wie der Zımmermann mit seinem grofsen Handbohrer um- geht — einige Mal ziemlich kräftig und stofsweise umgedreht, wodurch der Boden (Hacke, Rechen u. s. w. ersparend) völlig und schön cultivirt und für die Aufnahme des Saamens ge- schickt gemacht wird. 2. Ist der Boden nun so schnell präparirt, so wird die erforderliche Quantität Saamen, den der Arbeiter in einem Säckchen oder an der Seite bequem aufbewahrt, aufgestreut, das Instru- ment zum zweiten Male aufgesetzt, ein oder zwei Mal umgedreht und der Waldsaamen liegt eingehüllt; das Culturgeschäft ist auf dieser Stelle dem Segen der Natur een und der belehrte Arbeiter geht an andere Stellen. 3. Es ist das einfachen Werkzeug so beschaffen, dafs keine kleinen Vegetabilien seiner Gewalt trotzen können; Alles: Hederich, Gras u. s. w. unterliegt seiner schneidenden, reifsenden, schla- genden und wühlenden Kraft, zu welchem Ende die eine Hälfte des Instruments aus messerför- migen stählernen, die andere aber aus verschobenen eckigen Zinken besteht, das Ganze jedoch so genau zusammengesetzt ist, dafs jeder Zahn seine besondere nachdrucksvolle Wirkung nicht verfehlen kann und die Form des Cultivators überhaupt darauf abzielt, überall mit möglichster Leichtigkeit und Vollkommenheit den Zweck zu erreichen, annähernd der natürlichen Bewegung der Rindviehzunge beim Grasen. 4. Das ausgereutete Unkraut sammelt sich, ohne Nachtheil 2 zu verursachen, im Instrument an, und man vermag jenes eben so leicht aus diesem zu entfernen, wenn das Werk s«ıxnur auf = 20T die Seite geschleudert wird. Der praktische Arbeiter erkennt schnell die vortheilhaftesten Hand- griffe von selbst. — Für festen mit Hindernifsen versehenen Boden werden die Instrumente an dem wirkenden Ende zweckdienlicher kleiner und ganz von Eisen und Stahl; dagegen für ein mür- beres Erdreich gröfser angefertigt und mit einem hölzernen Stiel versehen. Geschieht von der Konsistenz des zu kultivirenden Bodens bei Bestellungen keiner Erwähnung, so werden die letztgenannten Exemplare versandt. — Preise : 1 Exemplar mit hölzernem Stiel 1 Thlr. 20 Ser. 1 Exemplar mit eisernem Stiel 2 Thlr. Fünfte Section, für Geologie, Mineralogie und Geographie. Am Abend des Eröffnungstages, Samstag den 18. September, fand eine vorläufige Versamm- lung der Section zur Wahl der Präsidenten und Secretaire Statt. Auf den Antrag des Herrn Oberbergraths Koch wurde zunächst ein Namensverzeichnifs der Sectionsmitglieder aufgenommen und dann zur Wahl geschritten. Zu Präsidenten wurden gewählt : Herr Geheimer Bergrath und Professor Nöggerath aus Bonn, » Geheimrath und Professor Mitscherlich aus Berlin, „» Hermann von Meyer aus Frankfurt. Zu Secretairen : Herr Oberbergrath von Carnall aus Bonn, | „» Dr. Hermann Bleibtreu von der Alaunhütte auf der Hardi bei Bonn. Hierauf kam zur Sprache, dafs die im Programm angekündigten Excursionen nach dem Al- tenberge und nach Maestricht sich nicht vereinigen liefsen. Es wurde daher, damit keine zweck- widrige Spallung der Section entstehe, der Antrag gestellt, nur einen dieser Orte zu besuchen. Da die Meinung für die Excursion nach dem Altenberge die vorherrschende war, so wurde der Beschlufs gefafst, die nach Maestricht ganz ausfallen zu lassen. Ferner wurde beschlossen, dafs an jedem Tage, einschliefslich der Tage der General-Ver- sammlungen und nur mit Ausnahme der Excursionstage, Sections-Sitzungen Statt finden sollten. Am Sonntag Nachmittag führte Herr Dr. Debey die geologische Section zu den geognostisch wichtigsten Punkten der nächsten Umgebung der Stadt, an den Loosberg und den Willkomms- berg und gab an Ort und Stelle die nöthigen Erläuterungen mit Beziehung auf einen in den Sitzungen zu haltenden Vortrag. 27 1. SITZUNG. Montag, den 20. September, Präsident : Herr Geheimerath Nöggerath, Secretaire: ,„, Oberbergrath von Carnall. „» Dr. Bleibtreu. Der Herr Präsident eröffnete die Sitzung mit Vorlesung und Vertheilung folgender der Sec- tion eingereichten Druckschriften : 1. Primordia indieis generum Malacozoorum von A, N. Hermannsen. 2. Palaeontographica, Beiträge zur Naturgeschichte der Vorwelt, von Dr. M. Duncker und Hermann von Meyer. 1.—3. Lieferung. 3. Zur Fauna der Vorwelt. 2. Abtheilung. Die Saurier des Muschelkalks u. s. w. enthaltend. Von Hermann von Meyer. 4. Homoeosaurus Maximiliani und Rhamphorhynchus (Pterodactylus) longicaudus, zwei Sau- rier aus dem Kalkschiefer von Solenhofen, von demselben. 5. Beobachtungen und Untersuchungen über die regelmäfsigen Formen der Gebirgsarten, von Ober-Medizinalrath Jäger. 6. Der Bergschlüpf vom 20. Dezember 1846 an den Unkeler Basaltbrüchen bei Oberwinter, vom Herrn Präsidenten selbst. 7. Das Erdbeben vom 29. Juli 1846 im Rheingebiet und den benachbarten Ländern, von demselben. 8. Die Entstehung und Ausbildung der Erde, von demselben. 9. Die sogenannten natürlichen Schächte oder geologischen Orgeln, von demselben. 10. Abhandlung über die Kunst Onyxe, Carneole , Chalcedone und andere verwandten Steinarten zu färben, zur Erläuterung einer Stelle des Plinius secundus, von demselben. Der Herr Präsident legte hierauf einige pelrefactenähnliche Gebilde, welche Aehnlichkeit mit Eindrücken von 'Thierhufen zeigen, aus dem Muschelkalk von Driburg vor. Sie waren von Herrn Müller in Driburg eingesandt worden, Der Vorsitzende hielt es für zweifelhaft, ob diese Eindrücke wirkliche Fährten seien und glaubte sie vielmehr für Concretionen halten zu müssen. Hierauf entgegnete Herr Hermann von Meyer, wie diese Hufeindrücke zu den sogenannten Fufseindrücken oder vorweltlichen Thierfährten gehörten, und dafs dieser Gegenstand bereits vor mehreren Jahren während der Versammlung der deutschen Naturforscher in Bonn zur Ge- nüge abgehandelt worden. Damals schon habe er sich förmlich verwahrt gegen die Schlüsse, welche aus diesen Erscheinungen auf die Existenz von Thieren gezogen werden könnten für eine erdgeschichtliche Zeit, aus der keine wirklichen Ueberreste von solchen 'Thieren vorlägen. Selbst die posıtive Wissenschaft habe ihre Mode, von der man sich nicht sollte hinreifsen las- sen. Das Phänomen der sogenannten Fufseindrücke wäre allerdings interessant, aber sicherlich nicht durch Wirbelthiere veranlafst; es sei vielmehr eine an die Oberfläche der Ablösungs- schichten der Gesteine gebundene Erscheinung, die über Quadratmeilen gleichförmig ausgedehnt sein könne und häufig dann gefunden werde, wenn mit der Schichtengränze der petrographi- sche Charakter sich ändere, wenn das Gestein sandiger oder mergeliger werde. Die Erschei- nung selbst gehöre in das Bereich der nur zu wenig studirten Concretionen, bei denen nichts gewöhnlicher sei, als eine regelmäfsige Wiederholung von Formen, die mit organischen Ge- bilden täuschende Achnlichkeit besitzen, wodurch sich eine wirkliche Vis plastica verrathe. Was das reihenweise Auftreten von übereinstimmenden Formen und den regelmäfsigen gegen- seitigen Abstand dieser Formen anbelange, so könne hiernach durchaus nicht auf einen organischen Ursprung geschlossen werden. Er habe Platten von Glimmerschiefer oder Hornblendeschiefer unter- sucht, worauf übereinstimmend geformte Krystallbüschel von Hornblende in regelmäfsigem gegenseiligem Absiande reihenweise vertheilt gewesen; Niemand aber werde es einfallen , die- ser Erscheinung einen organischen Grund unterzulegen. Es entspann sich hierauf eine Discussion über die Thierfährten in den Gesteinen der Trias- Formation, wobei der Herr Präsident sich dahin aussprach, dafs das Vorhandensein wirklicher Thierfährten in den Gesteinen von Hildburghausen und an manchen anderen Orten nicht mehr in Abrede zu stellen sei. Herr de Koninck dagegen trat der Ansicht des Herrn von Meyer bei und hielt diese Formen lediglich für Concretionen. Herr Ober-Medizinalrath Jäger bemerkt in Betreff der Aehnlichkeit der vorliegenden Concre- tionen mit einem Pferdehuf, dafs dieselben gar keine Aehnlichkeit mit dem knöchernen Kerne des Hufs, wohl aber eine entfernte mit dem Hornkörper des Hufs zeigten. Wenn aber auch die Achnlichkeit mit letzterem in der äufseren Form grölser wäre, so müfste der Mangel einer Spur von Theilung in eine Menge kleiner Rhomben, welche er bei länger an der Luft gelegenen Pferdehufen bemerkt habe, mifstrauisch gegen diese Deutung des Concrements machen, da der Petrification doch wohl eine längere Maceration, oder ein längeres Liegen an der Luft, oder eine Art Verwitterung des Hufs vorangegangen sein würde, durch welche somit die ebener- wähnte rautenförmige Theilung der Hornsubstanz veranlafst worden wäre. Bei der Metamorphose des Hufs in Steinmasse würden aber mehr oder weniger deutliche Spuren davon zurückgeblie- ben sein, welche an dem vorliegenden Exemplar gänzlich fehlen. Der Herr Präsident legte ein Exemplar eines eigenthümlichen röhrenartigen und mit Absätzen versehenen Gebildes, welches in Chalcedon von Oberstein eingeschlossen war, vor. Es hatte Aehnlichkeit mit den von B. Cotta beschriebenen und abgebildeten sogenannten Chalcedon- Thierchen von Schlottwitz, nur zeichnete es sich im Verhältnils zu diesen durch seine riesen- mäfsige Gröfse aus. Der Vorsitzende richtete die Frage an die Versammlung, ob etwa einer der Herren eine Ansicht zur Erläuterung dieser Erscheinung mitzutheilen hätte. Die Frage blieb ohne Erfolg. - 12 — Herr F. W. Höninghaus aus Crefeld sprach nun über die bei Ratingen in den Spalten des Bergkalks vorkommenden Fischzähne wie folgt : Das Terrain, welches den Kalkstein überlagert, hat meist eine Höhe ven 38 bis 40 Fufs, und besteht von oben nach unten aus : 1. einer Schicht Lehm: und Dammerde , 2. ” ” Kies, : ” Lehm mit einzelnen Stücken Mergel, 4. und zwar unmittelbar auf dem Kalkstein aus einer Lage Thon mit Dolomitknollen. In dem Kalkstein, wo derselbe durch Gewirre unterbrochen ist, befinden sich Erdzungen oder Spaltungen, gefüllt mit einer grüngrauen, fettigen, mit schneeweifsen Bröckchen gemisch- ten Substanz, in welcher der Fischzähne vorkommen. Dafs solche zur tertiären Bildung ge- hören, ist wohl nicht zu bezweifeln, da auch in dem wenig entfernten Grafenberg bei Düs- seldorf in einer eisenschüssigen Sandschicht tertiäre fossile Conchylien vorkommen. Agassis bemerkt (Volume 3, pag. 247) : „Le carcharodon ne remonte pas au dela du terrain tertiaire. Les plus anciens debris paraissent provenir du caleaire grossier etc.“ Die bei Ratingen gefundenen Zähne sind meist von kleinen Meeresfischen (Lamna ete.); die gröfseren sind selten und ich kann davon blos vorzeigen : Carcharias angustidens (Ag. T. 28, f. 20) und Carcharodon polygurus (Ag. T. 30, f. 9 et 10). Wegen der bedeutenden Gröfse der Exemplare zeige ich noch folgende aus anderen Gegen- den vor : Carcharias megalodon (Ag. T. 29) von Malta, Carcharias megalodon von Calvert County (Maryland) und Carcharias megalodon von Puerto Ricco. Letzterer übertrifft an Gröfse selbst den gröfsten der von Agassis abgebildeten Zähne. Agassis erwähnt von denselben (Vol. 3, pag. 247) : „Les dents de cette espece sont de nature ä exiter un vif interet, ä cause de l’ide effrayante que nous nous faisons en les voyant, de animal qui les portait. Dans la creation actuelle il n’existe aucun Carcharias dont les dents aient m&me la moiti& de ces dimensions.“ Schliefslich mufs ich noch bemerken, dafs in dem Werke von Agassis dies Geschlecht alg Carcharodon, in den Abbildungen aber als Carcharis angeführt worden ist, welches daselbst also erläutert wird (pag. 247): „Nous avons dit plus haut que la plupart des especes fossiles rentraieni dans le genre Carcharodon, en sorte que le nom de Carcharias, sous lequel elles se trouvent inserites sur nos planches, ne deyra @tre conserv& que pour le Carcharias tenuis.“ Herr Ober-Medizinalrath Jäger aus Stuttgart zeigte ein Exemplar des noch in den süfsen Gewässern von Grönland lebenden kleinen Fisches, Salmo grenlandicus Bloch, Clupea villosa Gm., Mallotus villosus Cuv., ferner Mergelnieren aus Grönland vor, in welchen solche fossil eingeschlossen sind. Agassiz hat diese früher mit dem Namen Pachygnathus corregonoides be- zeichnet, später aber unter dem Namen Mallotus villosus im fünften Bande seines Werks (Tab. 60) zum Theil nach Exemplaren des Stuttgarter Kabinets abgebildet. Er bemerkt zuvörderst, dafs um solche Nieren und damit auch das eingeschlossene Skelet in zwei Hälften zu theilen, —- 13 — es blos einer leichten Erschütterung der Niere durch öfteres Anschlagen an ihrer seitlichen scharfen Kante mit einem Stahl oder Schlüssel bedürfe. Durch den Uebergang des Leims des Fisches in die ihn umgebende Mergelmasse erhalte diese wie bei anderen ähnlichen Nieren von runder elliptischer Form (z. B. mit Einschlüssen von Amblypterus in dem Kohlengebirge von Palaeoniscus in dem Liaskalke, von Zähnen und Knochen in dem Eisenoolith) einen höheren Grad von Festigkeit. Dies sei nicht selten auch bei einzelnen Knochen und Zähnen gröfserer Thiere, namentlich einzelner Stofszähne des Mammuths der Fall. Dagegen habe der Boden in der nächsten Umgebung eines beinahe vollständigen Skelets des Mammuths, das auf dem Rosen- stein bei Canstadt gefunden wurde, eine schmierige Beschaffenheit, wie von Beimischung von Feit (Leichenfett) gezeigt. Die Vermuthung somit, dafs der ganze Leichnam des Thieres an diese Stelle geschwemmt worden sei, habe sich auch dadurch bestätigt, dafs mit diesem Skelet das dazu gehörige Zungenbein gefunden worden sei. Im Uebrigen bezieht sich der Redner in Ansicht auf das Vorkommen und die Bildung der fraglichen Nieren aus Grönland auf die Angaben von Agassiz. Der Herr Präsident knüpfte hieran einige Bemerkungen über die nach den längeren Ach- sen oben spaltbaren Sphärosiderit-Nieren mit eingeschlossenen Fischen und Sauriern aus dem Saarbrücken’schen Steinkohlengebirge von Lebach, Börschweiler u. s. w., indem er eine Ana- logie dieser Vorkommnisse mit jenen grönländischen Ellipsoiden in Anspruch nahm. Auch Herr Oberbergrath von Carnall fügte noch einigg, Bemerkungen über diesen Gegen- stand hinzu. Herr Dr. Debey sprach hierauf über die Verschiedenheit solcher sphäroidischen und ellipsoidischen Bildungen. Er bemerkte, dafs dergleichen auch im Aachener Eisensande in grofser Menge und als cha- rakteristische Eigenthümlichkeit für dies Gestein sich vorfänden. — Häufig bilde ein Pflanzenrest den Kern des Sphäroids und die Entstehung dieses letzteren erkläre sich dann leicht dadurch, dafs die Zersetzungsproducte des organischen Körpers (namentlich der entweichende Sauerstoff) in mehr oder minder gleichmäfsiger Entfernung rings um den Kern auf den Sand, insbesondere auf das mit demselben gemengte Eisenoxyd eingewirkt und das Gestein fester gebunden hätten, wie dergleichen noch in der Jetztwelt bei Einschliefsung organischer Körper an Meeresgestaden und anderwärts beobachtet werde. Es lasse sich aber nicht minder in hiesiger Gegend nachweiseu, dafs dieselben sphäroidischen Formen auch ohne alle organische Grundlage zu Stande kämen. Sowohl ganz frei im Sande und in urspünglicher Lagerung befindlich, wie als Vorsprünge an den Flächen (namentlich den unte- ren) der den ganzen hiesigen Eisensand durchziehenden plattenförmigen 1—3 Fuls mächtigen Sandsteinbänke zeigten sich die auffallendsten und sonderbarsten sphäroidischen Gestaltungen. Die horizontale und schwach wellenförmige Schichtung des Gebirges gehe unverändert durch sie hindurch und trete zuweilen in absatzweisen Schichtungsvorsprüngen noch an der Oberfläche hervor. Ein organischer Kern als Mittelpunkt sei fast nie vorhanden, dagegen die Schichtungsflächen — WU — durch Anhäufung von versteintem pflanzlichem Mulm deutlich bezeichnet. Eine mehr oder minder dünne und locker anliegende, zuweilen sogar ganz abhebbare Eisenoxydkruste überziehe mit- unter die rundlichen Vorsprünge. Meist aber sei die Oberfläche der Sphäroide glatt und nicht selten fester als der Inhalt, so dafs dieser nach Zerstörung ‚der oberen Lage oft locker heraus- riesele und eine sphäroidische Hohlgestalt zurücklasse. — Herr Geheimrath Mitscherlich habe bei Ansicht der hiesigen Bildungen sogleich bemerkt, dafs er eine auffallende Aehnlichkeit der- selben mit den im Quadersandstein der sächsischen Schweiz im Grofsen entwickelten Formen finde. Formen der Art, so fuhr der Redner fort, seien nun bekanntlich sehr häufig in allen Formna- tionen, insbesondere in den Feuersteinen der Kreide; Ehrenberg habe sich mit ihrer Entste- hungsweise äuf mikroskopischem Wege beschäftigt und nenne sie Kristalloide oder Morpho- lithe, Er schreibe ihre Bildung einer eigenthümlichen, noch nicht hinlänglich erforschten kristallisirenden Kraft zu. Bei der Entstehung der hiesigen Sphäroide der letzteren Art glaubt aber Herr Dr. Debey auf eine wahrscheinlich vorhandene andere Ursache aufmerksam machen zu müssen. Er ist der An- sicht, dafs eine Ausspühlung des Sandsteins mittels Wasser und Luft dabei wirksam gewesen und zwar noch während der Kreidezeit. — Der aus zahlreich abwechselnden dünnen horizon- talen Schichten von Sand und vegetabilischem Detritus gebildete Strandkehricht des Kreidemee- res sei in den Sandsteinbänken, vielleicht auf Veranlassung der hier in gröfserer Menge abge- setzten organischen Stoffe bald nac# seiner Ablagerung und wahrscheinlich unter Begünstigung einer Zurückziehung der Wasser in einer Art von Ebbe rasch zusammengebacken und erhärtet; dann aber mit rückkehrender Fluth in jene rundlichenFormen ausgewaschen und ausgespühlt worden. — Aus dieser Annahme erkläre sich vorerst das ungestörte Durchgehen der Schichtung des Gebir- ges durch die Sphäroide. Es spreche aber noch ein anderer beachtenswerther Umstand für diese Erklärungsweise, nämlich der, dafs an der Oberfläche der Sphäroide nicht selten ganz zarte Pflanzenreste, Zweige, Blüthen- und Fruchttheile in Kiesel oder Eisenoxyd versteint nur noch mit einer schmalen Brücke angeheftet, nach ihrer Hauptausdehnung aber völlig frei, wie ringsum ausgespühlt ansäfsen. Es lasse sich an manchen derselben unzweideutig erkennen, dafs sie ursprünglich auf einer das Sphäroid durchziehenden Schichtungsfläche abgesetzt und ganz in der Gebirgsmasse eingeschlossen gewesen, und dafs sie später an derjenigen Stelle, wo das Gestein fortgespühlt worden, ganz oder zum Theil frei an der Oberfläche der Sphäroide her- vorgetreten seien. — Dafs nun diese Auswaschung nicht. in einer späteren geologischen Epoche, sondern zur Kreidezeit selbst und zwar schon-in kurzer Frist nach der Absetzung Statt gefun- den, dafür sprächen unzweideutig die Lagerungsverhältnisse der Sandsteinbänke sowohl wie der freien Sphäroide mitten. zwischen unzweifelhaft ungestörtem Eisensand, dessenAbsatz unmit- telbar vor und nach der Bildung der Sandsteinbänke Statt gefunden. Dagegen scheine nur zu sprechen, dafs der Versteinerungsprozefs rasch habe von Statten gehen müssen. Er sei aber der Ansicht und werde bei anderer Gelegenheit die Beweise dafür liefern, dafs selbst die Ver- kieselung in kurzer Frist erfolgen könne. Endlich bemerkte der Redner noch, dafs die morpholilischen Bildungen der besonderen Auf- merksamkeit des Geologen werth seien und dafs die hiesigen Kreideschichten einen grofsen Reichthum an solchen darböten, über welche er in einer späteren Arbeit Ausführlicheres mit- zutheilen die Absicht habe. Der Herr Präsident vertheilte sodann unter die Mitglieder mehrere von Herrn de Koninck mitgetheilte Exemplare einer Abhandlung : „Notice sur la valeur du caractere puleontologique en geologie, reponse d ume notice publice sous le meme tütre par M, Dumont ‚“ indem er hierbei sein Bedauern aussprach, dafs er nicht zugleich auch die Schrift des Herrn Dumont vertheilen könne, welche diese Entgegnung hervorgerufen habe, da sie der Mehrzahl der Mitglieder vielleicht noch unbekannt sei. Herr Omalius d’Halloy erbot sich hierauf, über das Wesentliche der Ansichten des Herrn Dumont einen kurzen Abrifs zu geben und hielt hierüber folgenden Vortrag : Mr. Dumont, tout en admettant I’hypothese de la fluidit& ignee du globe terrestre, est con- vaincu que les ötres vivants n’ont pu s’etablir a sa surface que dans des lieux oü la tempera- ture etait assez basse pour qu’il y eu de l’eau liquide, c’est-a-dire d’environ 100 degres centi- grades, et il pense que quand certaines parties de la terre auraient atteint 'cette temperature, il etait impossible que les effets de la chaleur solaire, qui produit en ce moment des differences de temperatures moyennes de plus de 40 degres, ne fut pas sensible; d’ou il econclud que la vie a pu s’etablir dans les regions polaires, lorsqu’elle etait encore impossible dans les zönes tem- perees et torrides et que, quand l’abaissement de la temperature de la zöne temperee a permis a la vie de s’y etablir, les regions polaires avaient deja eprouve un refroidissement tel que les premiers habitants avaient du perir ou se modifier, et ainsi de suite. De sorte que, des les iemps les plus r&cules, comme ä present, les organismes variaient selon les latitudes et que bien loin d’admettre avec les pat6ontologistes , que la presence de restes d’animaux semblables dans les couches terrestres annonce toujours la eontemporandte de ces couches, Mr. Dumont pense, que cette ressemblance, lorsque les couches sont plac&ees sous des latitudes tres-diffe- rentes, annonce, au contraire, des formations d’epoques differentes. Es entspannen sich sodann noch verschiedene Discussionen, an welchen die Herren de Koninck, von Carnall und Omalius d’Halloy Theil nahmen, welche Seitens des Ersten in weiteren Ausfüh- rungen seiner gedruckten Entgesnung der Dumont’schen Ansicht und Seitens der beiden letzteren in der Anführung noch mancher Thatsachen und der daraus sich ergebenden Folgerungen gegen die Dumont’sche Theorie bestanden. Herr Pomel sprach schliefslich seine Ansicht über denselben Gegenstand wie folgt aus : Les hypotheses, par lesquelles Mr. Dumont combat les applications de la paleontelogie a la determination de l’äge des terrains fossiliferes paraissent avoir quelque chose de specieux, et beaucoup de Geologues serait tentes de croire äla possibilit& de ce cheminement des organis- mes du pöle vers P’&quateur, ä mesure que la chaleur propre du globe perdait de son intensite, quoiqu’il soit encore tout contraires aux faits observes. Personne ne refusera d’admettre ä l’auteur, que les organismes des pöles, ou mieux les faunes et flores polaires sont differentes de celles de l’equateur. Mais si on examine les lois de distribution geogräaphique des especes, on reconnaitra que touts les Etres, qui peuplent les glo- be, ne sont pas confines dans chaque climat et que, tandis que quelques-uns n’habitent que des espaces tres eirconseripts en longitude, d’autres au contraire ont des habitats plus varies plus &tendus dans les sens des meridiens; et l’on pourrait ceiter bon nombre d’especes qui s’e- tendent sur le quart et m&me le tiers du demi meridien. Or les premiers sont en möme temps resseres dans d’aussi etroites limites sur les m&mes paralleles, et les dernieres, que pour cela on nomme ubiquistes ou cosmopolites, ont un habitat aussi etendu dans les deux sens. Il est entendu que nous ne parlons ici ni de ’homme, ni des animaux qu’il a enchaines a ses pere- grinations. Si l’on representait sur un glöbe, par des lignes droites, la longueur des espaces habites par chaque etre, on aurait un reseau sere, un enchevetrement de lignes, qui d&mon- irerait que louts les organismes sont sous ce rapports lies enir’eux d’une maniere intime et que toutes les flores et les faunes locales se rattachent directement entre elles par des chainons intermediaires. Aujourd’hui on ne pense plus, que je sache, qu’une meme espece doive Etre caracleristique d’une m&me formation sur toute la surface de la terre, car on serait en opposition directe avec les paleontologiques et les lois de distribution geographique des organismes. Mais cette espece avant d’arriver aux limites de son royaume, s’associera A une autre epece qui bientöt dominera ä son tour et remplacera cette derniere dans sa propriete caracteristique : le phenomene deyra se presenter dans toutes les directions, puisque les organismes sont en masse aussi differents d’une face ä l’autre de chaque hemisphere que du pöle a son @quateur. Il y a done concor- dance parfaite entre les phenomenes biologiques d’autrefois, tels que l’observation nous les a fait connaitre, et ceux que nous observons ä notre &poque. Faisons encore remarquer que les organismes consideres dans leurs caracteres plus generaux, c’est-ä-dire dans leur reunion en groupes suivant leurs affinites, nous montrent ä l’Epoque ac- tuelle une certaine uniformite ä la surface du globe; quun meme groupe par exemple a des representants sur toutes ses parties, que les flores et faunes de chaque grande region des deux hemispheres ont encore plus de ressemblances entr’elles sous ces rapports; que les climats astro- nomiques ne determinent pas seuls les modifications organiques; mais que les differences d’al- titudes ou des profondeurs des eaux, celles dans l’&tendue des continents, dans l’etendue des iles, des archipels et dans leur isolement exercent une influence aussi grande. Observons encore que dans les temps anciens il est hors de doute, qu'il y avait en raison de la chaleur propre du globe et de l’ötat hygrometique de son atmosphere, en m&me temps que de la forme et de l’etendue des terres immergees, une grande uniformit® de temperature a la surface et nous n’aurons pas besoin d’en conclure combien les hypotheses de M. Dumont sont denuees de fondements. Der Herr Präsident zeigte hierauf sehr schöne Exemplare eines kleinen fossileu Krebses vor, den Herr Dr. Jordan in Saarbrücken in dem Sphärosiderit des Steinkohlengebirges von Lebach = a = bei Saarbrücken entdeckt hatte. Durch das Rösten dieses Eisensteins waren die zarten thieri- schen Reste erst erkennbar geworden. Dr. Jordan hat diesen Krebs Gumpsonyx fimbriatus ge- nannt. Unter den lebenden Krebsen bieten die Amphipoden mit dem Gampsonyz die meiste Aehnlichkeit dar 9). Nach einer halbstündigen Pause eröffnete der Präsident die Sitzung wieder, indem er zu einem auf den Nachmittag 4 Uhr bestimmten Besuche der bedeutenden Marmorschleiferei des Herrn Matthee aufforderte, wozu Seitens des letzteren eine freundliche Einladung an die Sec- tionsmitglieder ergangen sei. Herr geheimer Bergrath Nöggerath legte eine ausgewählte Reihe von Kugeln und Mandeln, mit verschiedenen kieseligen Mineralien (Achaten u. s. w.) ausgefüllt oder innerlich ausgekleidet, aus dem Melaphyr der Nahegegend und aus Brasilien vor, und demonstrirte daran diejenigen Phänomene, welche deren Genesis zu erläutern im Stande sind. Zu dem letzteren Zwecke hat der Herr geheime Bergrath Nöggerath eine grofse Sammlung solcher Gebilde in dem natur- historischen Museum der Rheinuniversität angelegt und daraus waren die vorgezeigten sehr charakterischen Exemplare von ihm mitgebracht worden. In Bezug auf die Gestalt der Mandeln wies er die Form derselben als diejenige der Gas- oder Dampfblase nach, welche durch Druck, Anziehung u. s. w. mannichfach gegen die normale Kugelform modifizirt ist. Die interessantesten Beispiele von zweien, dreien und mehreren zusammengelreltenen vereinigten Blasen in der Art, dafs die Umrisse der einzelnen Blasen noch theilweise erhalten waren, welche sich in der heifs- flüssigen, aber zähen Melaphyrmasse nicht völlig zur neuen ‚gröfseren Kugel ausbilden konnten, wurden in herzförmigen und mannichfach modifizirten tuberkulösen Mandeln vorgelegt. Er zeigte ferner an anderen über 18 Zoll grofsen Mandeln, dafs dieselben oder eigentlich ihre Wandun- gen durch irgend einen Druck durchgebrochen waren, nachdem sie schon ihre Festigkeit er- langt hatten, aber noch vor ihrer Ausfüllung mit kieseligen Mineralien; es waren bei diesen Mandeln die durchgebrochenen Stücke gegeneinander verschoben und an dieser Verschiebung nehmen die concentrischen Lagen der Ausfüllung nicht Antheil, zum Beweise, dafs die Aus- füllung noch nicht vorhanden war, als der Bruch und die damit zusammenhängende Verschie- bung Statt fand. An anderen Beispielen war ein solcher Bruch und die Verschiebung erst nach der Ausfüllung erfolgt; durch neue, in die Bruchspalte eingedrungene Kieselmasse ist die Spalte ausgefüllt, zugeheilt und es setzt ein feines gangarliges Gebilde von anderer Farbe quer durch die Achat-Mandel. Zur Beweisführung, dafs die Ausfüllung der Mandeln von Aufsen nach Innen herein durch Infiltrations-Oeffnungen Statt gefunden hat, wurden nicht allein ganz erfüllte ge- schliflene Achat-Mandeln vorgelegt, welche auf dem Schnitte in den abweichenden Färbungen mehrere solche vormalige, nunmehr ausgefüllte Infiltrations-Stellen, selbst in einem Exemplar deren erkennen liefsen; sondern auch noch andere nicht ganz ausgefüllte Mandeln, an welchen *) Seitdem hat Herr Dr, Jordan die Beschreibung und Abbildung des Gampsonyz fimbriatus in den Verhand- lungen des naturhistorischen Vereins der preussischen Rheinlande, viertem Jahrgang, 1847, Seite S9, Taf, I,, selbst mitgetheilt, 28 — MS — die Zuführungs- oder Jdnfiltrations-Canäle noch offen, unausgefüllt waren. Andere Stücke zeigten, wie von zwei Oeffnungen ausgehend, von jeder derselben deutlich unterscheidbare gesonderte Systeme der concentrischen Lagen gebildet worden sind. Noch eine fernere Anzahl in ähnliche Kategorien gehörige beweisführende Erscheinungen legte Herr geheimer Bergrath Nöggerath in sehr deutlichen Exemplaren vor. Er wird über diese und verwandte Gegenstände ausführliche schriftstellerische Arbeiten noch bekannt machen, auf welche er durch seine Demonstrationen an den Stücken nur die Aufmerksamkeit lenken wollte, und deutete vorläufg im Allgemeinen an, wie das ursprüngliche Verdienst der wahren Erkenntnifs der Genesis der Mandelbildungen in den Melaphyren und anderen Mandelsteinen den beiden Naturforschern Lasius und L. von Buch zustehe; seinerseits habe er blos die Beweise durch neue für dasjenige vermehrt, was von diesen Männern schon ausgesprochen war. — Dann redete Herr Nöggerath noch, unter Vor- zeigung interessanter Exemplare, von der Kunst Chalcedone, Carneole, Onyxe u. s. w. zu färben, über welchen Gegenstand er bereits anderwärts ausführlichere Abhandlungen bekannt gemacht hat, und nahm diese Erfahrungen als sehr wichtig für die Geologie im weiteren Sinne in Anspruch, da sie den Beweis liefern, wie weit die Durchdringbarkeit fester Gesteine durch die Gebirgsfeuchtigkeit, welche feste Stoffe aufgelöst enthalten und diese absetzen kann, anzu- nehmen sei. Manche schwierig zu erklärende Erscheinung der sogenannten Metamorphose der Gebirgsarten dürften in solchen Thatsachen den Schlüssel finden. — Die vorgezeigte reiche und instructive Reihenfolge zur Erklärung der mandelsteinartigen Bildung und der bezüglichen Raumausfüllung blieb während der ganzen Zeit der Naturforscher-Versammlung in einem Glas- Aufsatze zur Beschauung ausgestellt. Herr geheimer Bergrath Nöggerath legte Namens seines kranken Collegen, des geheimen Regierungsrathes Goldfufs, die interessanten Exemplare des merkwürdigen Reptils aus dem Sphä- rosiderit des Steinkohlengebirges bei Lebach, im Regierungsbezirk Trier, vor, welches Herr Goldfufs mit dem Namen Archegosaurus Dechenii belegte. Herr Nöggerath zeigte zugleich davon die getreuesten Abbildungen vor, welche zu einer ebenfalls von ihm mitgebrachten Abhandlung von Goldfufs über jenen Stammvater der Saurier gehörten. In den Abbildungen waren die ein- zelnen Knochen des Thieres mit Buchstaben bezeichnet, auf welche die Abhandlung die erfor- liche Hinweisung enthielt. Die Abhandlung wurde vorgelesen *) und mit den Originalien und den Bildern verglichen. Hierzu bemerkte Herr Hermann von Meyer, er habe sich während der Pause mit den Origi- nalversteinerungen beschäftigt und von der hohen Wichtigkeit dieses Fundes überzeugt. Es erfordere indefs mehr Zeit als die einer kurzen Pause, um den Gegenstand erschöpfend zu =) Sie ist seitdem noch unter der Besorgung des verewigten Verfassers nebst den Abbildungen erschienen in „Beiträge zur vorweltlichen Fauna des Steinkohlengebirges, von Dr. Goldfuss, (herausgegeben von dem natur- historischen Vereine für die preussischen Rheinlande etc. Bonn 1847. 4°.)‘* und überlassen wir es dem Urtheile des Lesers, in wie fern die folgenden von Herrn Hermann von Meyer gemachten Ausstellungen an der Vorarbeit noch auf die vollendete Abhandlung Anwendung finden, Die Redaction. beurtheilen. Die Auseinandersetzung, wie sie Herr Goldfufs gebe, sei nicht hinlänglich genau, namentlich wäre die Begränzung der einzelnen Schädelknochen nicht immer richtig angenom- men und Suturen übersehen worden, welche weitere Aufschlüsse über die Structur des Schä- dels gäben. Die Geschöpfe erinnerten zunächst an die den Triasgebilden zustehenden Labyrin- thodonten, gegen die sie aber auffallend klein sich darstellten. Herr von Meyer legte dabei aus seinem Werke über die Muschelkalksaurier Abbildungen von einem Bruchstück eines Labyrin- thodonten-Schädels aus dem Keuper vor, der sieben Fufs lang war, während die Schädel von Archegosaurus nur einige Zoll messen, Was das Vorkommen in der Steinkohlenformation von Ueberresten beireffe, welche an Saurier erinnern, so bemerke er, dafs er bereits vier Jahre früher im Jahrbuche für Mineralogie darauf aufmerksam gemacht habe, dafs im Schiefer der Stein- kohlenformation zu Münsterappel ein kleines Thier gefunden worden, das eher Reptil als Fisch gewesen zu sein scheine. Dieses Thierchen habe mit dem Archegosaurus nichts gemein, es sei von ihm Apateon pedestris benannt worden, und er werde es in der unter der Presse befind- lichen vierten Lieferung der Palaeontographica ausführlich darlegen. Herr Ober-Medicinalrath Jäger äufserte noch, dafs er zwar keineswegs irgend einem Zweifel über die in der Gröfse verschiedenen Arten der von Herrn Goldfufs aufgestellten Sauriergattung Raum gebe, jedoch hier gelegentlich die von ihm gemachte Beobachtung mittheilen wolle, dafs bei den Crocodilen und wohl auch bei manchen anderen Sauriern die Verschiedenheit des Alters nicht nur eine Verschiedenheit der Gröfse, sondern auch der Form des Schädels in sofern be- dinge, als bei dem ganz jungen Crocodile das Verhältnifs der Länge der Gesichtistheile, des Schädels oder der Schnauze viel geringer sei, als bei dem ausgewachsenen Thiere, so dafs man dadurch leicht zur Annahme eines spezifischen Unterschiedes bei unvollständigen fossilen Schädeln von verschiedener Gröfse verleitet werden könnte. Am Nachmittage begab sich eine grofse Anzahl der Mitslieder der Section auf die Einladung des Herrn Matthee und unter Anführung ıhres Präsidenten, des Herrn Geheimen Bergraths Nöggerath nach der interessanten Werkstätte des genannten Herrn, um die Verarbeitung ver- schiedener Marmorarten aus der Nähe von Aachen und dem benachbarten Auslande, so wie aus Italien in Augenschein zu nehmen. Es waren daselbst verschiedene häuslichen Gegenstände, besonders Tische und Kamine, so wie Platten zu Fufsböden in ausgewählten Mustern aufgestellt. Das Vorkommen der Marmore wurde von dem Herrn Präsidenten mittels der Notizen, welche Herr Matthee über die Fundorte gab, erläutert und von letzterem dann in den Werkstätten selbst auf das Bereitwilligste jede Erläuterung über die Verarbeitung der rohen Marmorblöcke bis zur Darstellung dieser ausge- zeichnet schön polirten Arbeiten gegeben. Im Auftrage der mineralogischen Section statlete der Präsident derselben dem Herrn Matthee den freundlichsten Dank ab für die lehrreiche und angenehme Stunde, welche dieselbe in der genannten Werkstätte zubrachte. Am Dienstag den 21. September fand eine Exeursion nach Stolberg und Eschweiler Statt, über welche die Herren Dr. Joseph Müller, Vietor Monheim und Dr. Bleibtreu nachste- henden Bericht ertheilten : h Morgens um 7 Uhr versammelten sich 90—100 Mitglieder der mineralogischen und chemischen Section und begaben sich in Wagen bis auf den Büsbacher Berg und von da zu Fufs weiter in das nahe gelegene Maschinengebäude der Herren Bredt $ Comp., wo Herr Regierungsrath Bredt die Herren aufs Freundlichste empfing, ihnen zuerst die Einrichtungen des Gebäudes zeigte und dann als ihr Führer mit ihnen die mineralogische Reise begann. Zuerst bestieg man den Büsbacher Berg und nahm dort die Förderung des Brauneisensteins, des Pyromorphits und des Galmeis in Augenschein. Hierbei machte Herr Regierungsrath Bredt darauf aufmerksam, dafs viele an einer Seite mit Zinkspathkristallen überzogene Stücke Brauneisenstein gefördert waren, welche aus einer alten abgebauten Strecke herrührten, wo sich die ganze Strecke entlang diese Zinkspathkristalle neuerdings gebildet und an den Brauneisenstein abgesetzt hat- ten. Bisher war diese neue Bildung, aus der Angabe Gustav Bischof’s in dessen Geologie zu schliefsen, nur von Herrn Geheimerath Nöggerath bei Tarnowitz beobachtet worden. Bei Fortsetzung der Exeursion lenkte Herr Victor Monheim aus Aachen die Aufmerksamkeit der Theilnehmer auf die unter den geförderten Erzen befindliche Willemitstücke, wovon theil- weise schön kristallisirte Exemplare herausgesucht wurden. Bei dieser Gelegenheit theilte Herr V. Monheim den nachstehenden Vortrag mit : Nachdem Levy im Jahre 1830 zuerst das wasserfreie drittelkieselsaure Zinkoxyd vom Alten- berge bei Aachen beschrieben und dasselbe Willemit genannt hat, ist dieses seltene Mine- val noch zu Raibel in Kärnthen und bei Franklin in New-Yersey in Nord-Amerika aufgefun- den worden. Auf einer kleinen mineralogischen Excursion, die Herr Regierungsrath Bredt, Herr Lehrer Arnold Förster und ich im Anfange Oktobers vorigen Jahres in der Gegend von Stolberg anstellten, fanden wir den Willemit zuert für preufsischen Boden auf dem Busbacher Berge. Hier kommt nicht allein die sechsseitige Säule mit rhomboedrischer Zuspitzung vor, wie am Altenberge, sondern wohl häufiger die sechsseitige Säule mit grader Endfläche. Von den wenigen Exemplaren, die schöne weifse zur Analyse geeignete Krystalle enthielten, habe ich einige Krystalle abgeschlagen, deren spezifisches Gewicht 4,18 war und deren Härte zwischen 5 und 6 fiel und solche analysirt. Das Resultat war : 72,91 Zinkoxyd, 0,35 Eisenoxyd, 26,90 Kieselsäure, 100,16, welche Zusammensetzung ziemlich mit der Berechnung von Zn ® Si, nämlich : - 1 — 27,53 Kieselsäure, 72,47 Zinkoxyd, 100 — übereinstimmt. Ich untersuchte nun auch ein Stück dichten röthlichen Willemit des Busbacher Berges und fand ihn zusammengesetzt aus : Zinkoxyd........ 69,06 Eisenoxyd....... 4,36 ls nrone 0,41 Magnesia.......- 0,13 Kieselsäure...... 26,53 Kohlensäure...... 0,04 100,53 Die spezifischen Gewichte der dichten Willemit-Stücke des Büsbacher Berges variiren zwi- schen 4,12 und 4,16 und kommen sie in sehr verschiedenen Farben vor. Die Krystalle sind gewöhnlich weifs, halbdurchsichtig bis durehscheinend, doch finden sich auch gelbliche, röthliche und schwärzliche Krystalle auf dem Büsbacher Berge. Zuweilen sind solche Krystalle mit weilsen oder bläulichen Ueberzügen oder mit bräunlichen Ueberzügen von Eisenoxyd bedeckt. Auf manchen der Büsbacher Willemit-Krystalle befinden sich auch kleine dunkelbraune Rhom- boeder, die nach der Analyse Zinkspathrhomboeder mit Eisenoxydhydrat überzogen sind. Unter der freundlichen Führung des Herrn Bredt begab man sich nun zum Breiniger Berge, wo einige ergiebige Galmei und Bleiglanzförderungen in Augenschein genommen wurden und von da zur Bleihütte, wo die Gewinnung des Bleis aus dem Pyromorphit des Büsbacher Berges Statt fand. Hier wurde Herr V. Monheim aufgefordert, einige Aufschlüsse über den Verhüttungs- prozefs zu geben und theilte er demzufolge ungefähr das Folgende mit : Aus verschiedenen Schächten des gröfstentheils der im Oktober vorigen Jahres conslituirten Gesellschaft Bredt & Comp. gehörenden Büsbacher Berges wird nebst Zinkspath, Willemit und Brauneisenstein die Verbindung des phosphorsauren Bleioxyds mit Chlorblei, welcher Hausmann den Namen Pyromorphit gegeben hat, gefördert. Krystallisirt fand ich diese Verbindung bisher nur ein einziges Mal und zwar blos in wenigen kleinen weifslichen Krystallen; gewöhnlich kommt sie derb vor, mehr oder weniger mit Brauneisenstein und etwas Zinkspath verunreinigt. Das reinste diehte von mir untersuchte Büsbacher Bleierz enthielt 66*/, Prozent metallisches Blei und bestand das Erz aus eirca 87 Prozent Pyromorphit und circa 43 Prozent Brauneisenstein. Ich untersuchte ferner noch Stufen desselben Erzes, in welchen der Gehalt an Pyromorphit ab und der Gehalt an Brauneisenstein zunahm. So fand ich in einem 2. Stücke 56'/, Prozent Blei, ” 3. ” 52"), ” ” &) 24 ” ” _— m — und sind sicher auch viele Stücke von Brauneisenstein gefördert, in welchen so viel Pyromor- phit enthalten ist, dafs aus diesen 12, 10, 8 u. s. w. Prozent Blei gewonnen werden könnten. Sobald die bis jetzt noch nicht conzessionirten Bleiöfen der Herren Bredt & Comp. in geregel- tem Gang gebracht sein werden, werden ganz genaue Versuche und Berechnungen angestellt, um hierauf bestimmen zu können, welches das geringste im Brauneisenstein enthaltene Quan- tum von Blei sein mufs, damit ein solcher Brauneisenstein noch mit einigem Vortheil auf Blei verhüttet werden kann. Die scheinbar ärmeren Erze wird man dann wohl als Zusätze bei Ver- hüttung des Bleiglanzes benutzen müssen, wie dieses jetzt schon in den gemietheten Krummöfen geschieht. Nach den metallurgischen Werken wäre der Pyromorphit für sich bisher noch kein Gegen- stand hüttenmännischer Prozesse gewesen. Nur Dumas sagt in seiner angewandten Chemie, er werde an einer Stelle, nämlich bei Weilsenberg im Elsals, wo er sich mit Weifsbleierz ge- mengt finde, einer metallurgischen Behandlung unterworfen, indem er mit Zusatz von Kohlen- staub in einem Flammenofen verhüttet werde; das Verfahren sei ihm nicht genau bekannt, schiene ihm aber unvollkommen. Dumas ist der Ansicht, es sei am besten, dem Pyromorphit einen Zuschlag von Kalk zu geben, damit sich phosphorsaurer Kalk bilden könne und die Ent- stehung eines phosphorhaltigen Bleisteins verhindert werde. Dafs Pyromorphit aber auch ohne Kalkzusatz vollständig zersetzt werden kann, beweist die hiesige Verhüttungsmethode. Die Arbeiter gaben den Büsbacher Pyromorphit zuerst in den Krummofen, beschickt nach der bei Verhüttung des Bleiglanzes gewohnten Weise mit Römer- schlacken, Glasabfällen und Coaks und erhielten so wirklich sehr schönes reines Weichblei. Die Schlacke flofs ruhig ab und es bildete sich in der Regel gar kein Bleistein; blos wenn die reicheren Erze allein verhüttet wurden und die Temperatur sich steigerte, setzte sich beim Ablassen des Bleies auf dasselbe eine dünne Schichte eines Steines ab. Die Untersuchung die- ses sogenannten Bleisteines ergab, dafs in demselben nur Phosphoreisen mit überschüssigem metallischen Eisen enthalten und dafs der eigentliche Stein durchaus frei von Blei war, indem ihm nur an der Stelle, wo er sich auf das Blei abgelagert hatte, noch eine höchst dünne Schichte metallisches Blei anhing. Die Analyse der Bleischlacken zeigte, dafs sich im Anfange in denselben phosphorsaures Eisenoxydul bildete, welches sich bei gröfserer Hitze in Phosphor- eisen verwandelte und war die Schlacke entweder ganz frei von Blei oder sie enthielt davon nur Spuren. Als versuchsweise Kalksteine zugeschlagen wurden, konnte hierdurch keine Aenderung im Verhüttungs-Prozesse gespürt werden, weshalb dieses bald wiederum unterlassen wurde. Was nun aber das im Pyromorphit enthaltene Chlorblei anbelangt, so wird dieses, da es sich nur bei einer viel höheren Temperatur verflüchtigt, als Eisenchlorid und Chlorzink, wenn es mit Eisenoxydhydrat, wie im Büsbacher Erze zusammen vorkommt, wohl bei der ersten Ein- wirkung der Wärme zersetzt, und Blei und Eisenchlorid gebildet, wovon letzteres sich verflüch- tigt. Da das Büsbacher Mineral aber auch Zinkspath enthält, so wird ebenfalls wohl Chlorzink entweichen, denn in dem Pulver, welches sich in dem Schornstein des Krummofens abgesetzt hatte, war Bleioxyd, Eisenoxyd, Zinkoxyd, Kalk und Salzsäure enthalten, und mochte der Kalk _— 93 — wohl daher rühren, dafs solcher mehrere Tage lang versuchsweise zugesetzt und wohl theil- weise mechanisch in die Höhe gerissen worden war. Die sogenannten Römerschlacken, welche als Flufsmittel zugefügt werden, sollen noch aus Römerzeiten herrühren ; sie werden in der Umgebung des Büsbacher Berges in grofser Menge ausgegraben und sind sie wie Eisenfrischschlacken, die bei stark vorgeschrittenem Frischpro- zesse gewonnen werden, zusammengesetzt, denn die Analyse derselben gab folgendes Resultat : 22,56 Kieselsäure , 60,44 Eisenoxydul, 7,29 Manganoxydul, 7,84 Thonerde, 1,67 Kalkerde, 0,74 Magnesia, 100,54. Aus dieser Zusammensetzung liefs sich ungefähr folgende chemische Formel construiren : 4 (Fe, Mn, Ca, Mg) ® Si + Al Si; es sind die Römerschlacken mithin den Hauptbestandthei- len nach sechstelkieselsaures Eisenoxydul. Das Blei, welches bei Verhüttung des brauneisensteinhaltigen Pyromorphit mit Römerschlak- ken (Glasabfälle werden nicht mehr zugesetzt, da diese den Schmelzprozefs nur etwas beför- dern, was nicht mit dem Preise derselben im Verhältnifs zu stehen scheint) gewonnen wird, ist wohl die beste weicheste Sorte Blei, welche in der Rheinprovinz dargestellt wird; denn während bisher noch kein rheinisches Blei zur Bleiweifsfabrikation hat benutzt werden können, ist dieses Blei hierfür sehr gesucht. Es hat ein spezifisches Gewicht von 1138, und fand ich in einem Stück desselben folgende Zusammenselzung : 98,34 Blei, 0,52 Kupfer, 0,20 Eisen, 0,07 Silber (2!/, Loth in 100 Pfund), 0,20 Phosphor, 99,83. Der Phosphor wird als Phosphoreisen und Phosphorkupfer in diesem Blei enthalten sein. Aus dem bisher Angeführten läfst sich der Schlufs ziehen, dafs die Verhüttung des Büsbacher Pyromorphits mit sogenannten Römerschlacken das Blei ohne anderen Verlust, als was in Gas- form weggeht, gewinnen läfst. Da es nun ferner bekannt ist, dafs sich Phosphoreisen bildet, wenn man phosphorsauren Kalk mit Eisen, Sand und Kohle zusammenschmilzt, so möchte der von Dumas vorgeschlagene Kalkzusatz zur vollständigen Gewinnung des Bleies aus einem durch Eisenerz verunreinigten oder mit Zusatz von Eisenfrischschlacken behandelten Pyromorphit nichts beitragen können, indem dieser Kalk bei höherer Temperatur sich doch wohl nur mit Kieselerde der Schlacken verbinden würde. Ferner würde ein solcher Zusatz noch dazu bei- tragen, dafs die in hiesiger Gegend mit feuersten Sandsteinen im Innern ausgemauerten Krumm- = we öfen noch stärker angegriffen würden als jetzt, wo schon durch die basischen Römerschlacken von den Sandsteinen stets aufgelöst wird. Hierauf begleitete Herr Regierungsrath Bredt die Herren in sein früheres Geschäftsgebäude zu Stolberg und bewirthete sie mit einem reich besetzten Frühstücke, wobei Herr Professor Stiebel von Frankfurt die Gesundheit des Gastgebers ausbrachte, worauf dieser mit einer schöner Rede antwortete. Nachdem noch andere Toaste ausgebracht waren, setzten die Herren gegen 12 Uhr ihre Reise weiter und verfügten sich zu den Hüttenwerken der Gesellschaft des Herrn Marquis de Sassenay, wo sie vom Direktor Herrn de Gaurias sehr freundlich empfangen wurden, der ihnen bereitwillig die grofsartigen nach schlesischer Art eingerichteten Zinkhütten, sammt dem Zinkwalzwerke zeigte, die die Bewunderung aller Anwesenden erregten. Dann wurde die Ma- schine der nebenliegenden Kohlengrube und die Oefen der in der Nähe liegenden Fensterglas- hütte besichtigt und der Weg bis zur Glashütte der Herren Siegwart & Comp. fortgesetzt, wo man auch die Anfertigung von Flaschen und Medizinglas in Augenschein nahm. Nachdem die Gosellschaft das Gebiet der Zinkgewinnung von Stolberg verlassen hatte, trat man in das Gebiet der Eschweiler Pumpe über. Der Betrieb dieser srofsarligen der Familie Englerth angehörenden Gruben ist trotz der nicht besonderen Reichhaltigkeit und Mächligkeit der Eschweiler Kohlenflötze in jeder Beziehung einer der grofsartigsten und technisch-wichtig- sten in Deutschland. Neben der Gelegenheit, sich einen Ueberblick desselben unter der höchst belehrenden Führung des Herrn Bergmeisters Bauer zu verschaffen, hatte dieser ausgezeichnete Bergingenieur den Herren Geognosten einen Genufs bereitet, durch die grofse Gefälliskeit der Erläuterung des Entwurfs einer geognotischen Karte, welche sich über fast die ganze dem Preufsischen Staate angehörende linke Rheinseite erstreckt, welcher leider dem gröfsten Theile der Gesellschaft entging. Diese Karte wird auf Veranlassung der Königlichen Bergwerksverwal- tung bearbeitet, und auch Herr Bauer hat dazu vieles Material geliefert. Wie sehr die neueren Geologen dem über das Feuer gebietenden Vulcane und seinen Erzeugnissen huldigen, bewährte sich auch hier wieder. Sei es, dafs man nicht unterrichtet war davon, dafs Herr Bergmeister Bauer die Gesellschaft durch das Auflesen seiner Karte und einer ganzen Reihe von Profilen zu erfreuen bereit war, oder fand man sich wirklich auf der anderen Seite zu sehr angezogen durch die grofsartigen gewerblichen Feuerstätten; — kurz, bei weitem der gröfste Theil der Gesellschaft bewegte sich nach diesen und versäumte dadurch die Kenntnifsnahme einer Arbeit, die als eine der exactesten und gelungensten dasteht, welche je in Deutschland ausgeführt. Wir halten uns deshalb verpflichtet, dieselbe einer besondern rühmlichen Erwähnung durch das Protokoll der mineralogischen Section um so mehr zu empfehlen, als sie das geognotisch-klas- sische, an Mineralprodueten und auf ihre Gewinnung gerichtete berg- und hüttenmännische Unternehmungen so überaus gesegnete Gebiet umfalst, dem diesmal der Besuch deutscher Na- turkundiger gewidmet war. Auch hatte Herr Bergmeister Bauer eine ganze Reihe von Grund- und Saigerissen, die räum- lichen Verhältnisse der Eschweiler Kohlenmulde darstellend, zur Belehrung für die mineralo- gische Section aufgelegt. Sie gewähren vor Allem ein vortrefliches Bild über die eigenthümlichen _- m — Veränderungen und Verwerfungen, welche hier unter einer gewissen die ganze Schicktenreihe ergreifenden Intensität der erschütternden Kraft zu Stande gekommen. Zuletzt wurde von den verschiedenen in der Umgebung liegenden Walz- und Hammerwerken der Herren Michiels & Comp., der Herren Eberhard Hoesch und Söhne, der Herren Piedboeuf & Comp. und der Herren Englerth $ Cünzer, das erstere sehr grofsartige Hüttenwerk in der Eschweiler Au näher in Augenschein genommen und waren dessen Einrichtungen, durch welche täglich 4000 Centner Eisenbahnschienen und 1400 Centner Eisenbahnräder verfertigt werden, wobei 1700 Arbeiter beschäftigt sind, für alle im höchsten Grade überraschend. Die Werke erregten besondere Bewunderung durch ihre Grofsartigkeit, wie durch ihre zweckmäfsigen Ein- richtungen. Von dort begaben sich die Herren zum Eschweiler Stationsplatze und trafen gegen 6 Uhr mit dem Zuge in Aachen wieder ein. Prof. von Klipstein. Victor Monheim. Dr. Bleibtreu. Dr. J. Müller. 2, SITZUNG. Mittwoch, den 22, September. Präsident : Herr Hermann von Meyer. Der Herr Präsident eröffnete die Sitzung Morgens 8 Uhr, indem er die vortrefliche geogno- stische Karte des östreichischen Staates, herausgegen von Herrn Bergrath Haidinger, der Ver- sammlung vorlegte, wobei Herr Oberbergrath von Carnall darauf aufmerksam machte, dafs dies in Deutschland die erste Karte sei, wobei Farbendruck, gleichwie bei der vom französischen Gouvernement veranstalteten geognostischen Karte von Frankreich, angewandt worden. Herr Krantz aus Berlin legte sodann lithographirte Tafeln bei ihm verkäuflicher Gypsmodelle von seltenen fossilen Wirbelthieren und einige seltenere Mineralien vor. Herr Hermann von Meyer zeigte den Abgufs des Unterkiefers von einem Saurus, der in einem Gebilde bei Melsdorf im Gothaischen gefunden wurde, das einen Uebergang des Muschel- kalks zum Keuper bildet, und worin auch Reste von Labyrinthodonten und Ceratodus vorkom- men. Dieser Abgufs wurde Herrn von Meyer durch Herrn Dr. Berger in Koburg während der Versammlung zugesandt. Er umfafst den vorderen Theil des Kiefers und läfst auf einen Notho- saurus von der Gröfse des N. mirabilis schliefsen. Ein nachträglicher Vergleich ergab, dafs der Kiefer von allen bekannten Unterkiefern des Nothosaurus mirabilis sich durch auffallend längere Symphysis unterscheidet, worin er dem Kiefer von Nothosaurus Andriani gleicht, dessen Sym- physis aber noch einmal so breit ist. Eine genauere Untersuchung der Originalversteinerung wird ergeben, ob der Kiefer von Melsdorf wirklich einer eigenen Species von Nothosaurus angehört. ; Der Herr Präsident legte ferner aus dem Muschelkalk von Jena ein von Herrn Professor Schmidt mitgebrachtes Schädelfragment von Nothosaurus Münsteri, sowie ein Stück Unterkiefer von einem grofsen Fisch aus derselben Formation vor, der neu ist und von ihm in den Pa- laeontographica wird beschrieben werden. 29 —E 2 _ Hierauf trug der Herr Präsident noch Folgendes über Reste eines Dasypoden aus der Zeit des tertiären Europa’s vor : „Meine frühere Vermuthung, dafs das Wiener Tertiärbecken Ueber- reste von einem Thiere aus der Familie der Dasypoden umschliefse, scheint sich zu bestätigen. Zu den vereinzelten Hautknochen, welche im Jahre 1846 Herr Geheimerath von Hauer in Wien mir mittheilte und von denen ich mich beehre, Ihnen einige Stücke vorzuzeigen, kommt nun- mehr von demselben 'Thiere ein Panzerfragment aus dem tertiären Sandstein unter dem Leitha- kalk zu Neudorf an der Marsch in Ungarn, wovon ich eine Abbildung dem Herrn Custos Partsch in Wien verdanke. Die Originalverstemerung ist in Privatbesitz in Pesth. Dieses Panzerfragment enthält noch 70 zusammengefüste Knochenplatten und die Abdrücke von anderen. Es zeichnet sich durch eine mittlere Reihe von Platten aus, welche etwas länger und vorn und hinten gerader begrenzt erscheinen, während die übrigen Platten von verschiedener Gröfse und unre- gelmäfsiger gestaltet sind und dabei ohne Ordnung durcheinander liegen. Gehört das Thier, von dem diese Hautknochen herrühren, wirklich zu den Dasypoden, was man glauben möchte, so ist es das erste Beispiel, dafs in Europa ein Thier dieser Familie gefunden, welche bekannt- lich lebend und fossil auf Amerika beschränkt ist. Es führt zwar Bravard (Monogr. de la mon- tagne de Perries et de deux felis etc. 1828. p. 13. 91) unter den fossilen Thieren des Puy- de-Döme Ueberreste eines Tatu an, wogegen aber Blainville (Comptes rend. 1839, Nr. 5, p. 144) erklärt, dafs diese Annahme eines fossilen Tatu in der Auvergne auf einem Calcaneus beruhe, der einem biberartigen Thier angehöre. Bei den neuerlich vorgenommenen Nachfor- schungen in der Auvergne haben sich wohl viele fossile Wirbelthiere, aber nichts von einem Dasypoden gefunden, die auch sonst aus der alten Welt selbst in vorgeschichtlicher Zeit nicht bekannt sind. Ich habe das Thier aus Ungarn Psephophorus polygonus benannt.“ Sodann sprach Herr Dr. Jos. Müller über die neue von ihm aufgestellte Muschelgattung Mo- diolina und lieferte den Nachweis, dafs dieselbe von der Gattung Modiola und Lithotomus durch- aus verschieden sei. Er fügte ferner hinzu, dafs er der Species den Namen Modiolina Bosque- tiana gebe und dafs sie dieselbe sei, welche er in der ersten Abtheilung der Aachener Krei- depetrefacten Tab. I. Fig. 15 als Lithotomus diserepans abgebildet habe. Hierauf begaben sich die Sectionsmitglieder zu der um 9 Uhr beginnenden allgemeinen Ver- sammlung, nach deren Schlufs um halb ein Uhr die Sectionssitzung wieder eröffnet wurde. Die Herren Oberberbergrath von Carnall und Victor Monheim hatten Vorträge angekündigt, um be- hufs leichterer Orientirung auf der für den folgenden Tag festgesetzten Excursion nach dem Altenberge schon ein vorläufiges Bild dieses interessanten Punktes vorzuführen. Zunächst hielt Herr von Carnall®) einen ausführlichen Vortrag über die Lagerstätte und das spezielle Vorkommen des Galmeis am Altenberge, als Vorbereitung zu der beabsichtigten Ex- %) Die Redaction hat sich vielfache Mühe gegeben, die ausgezeichneten und sowohl im Allgemeinen wie nament- lich für die hiesige Gegend besonders werthvollen Vorträge des Herrn von Carnall in besonderer Ausarbeitung für die vorliegenden Verhandlungen zu erlialten. Aber leider war es Herrn von Carnall wegen der durch die Umgestaltungen in allen Verhältnissen im vergangenen Jahre sehr gehäulten anderweitigen Beschäftigungen unmög- — cursion. Er berührte zunächst die Zinkproduetion in ihrer Entwickelung während der letzten Jahrzehnden im Allgemeinen, ging dann auf die Formation und das Vorkommen des Galmeis über, sowie auf die Gesteinformationen, worin derselbe sich vorfindet. Der Redner sprach über die Thonschiefer- und Grauwackeformation und stellt das Gesetz auf, dafs die Streichungslinien oder die Längenrichtung der Schichten sich hierbei durchweg zeige, dafs hingegen eine sehr grofse Verschiedenheit des Einfallens der Schichten Statt finde, so dafs über das Liegende oder Hangende bei diesen Schichtungen immer noch Zweifel bestehen könnten, — Bei der grolsen Breite dieser Formation sei es wahrscheinlich, dafs die Schichten nicht nur eine eigentliche Aufrichtung, sondern vielmehr einen seitlichen Druck erfahren hätten. — In diesem Schiefer- gebirge fände sich Kalkstein von diehtem Gefüge eingelagert und ‚zwar in unregelmäfsiger La- gerung in Bezug auf das Schiefergebirge. Was nun die Lagerstätte des Galmeis selbst angehe, so zeige sich, dafs der daselbst vor- kommende Kalkstein allmählig eine geringere Mäfsigkeit annehme und dafs er dicht vor der Grube Altenberg nur noch eine einzelne Kuppe bilde. Der Redner erläuterte die Formations- verhältnifse weiter durch Erklärung einer in gröfserem Mafsstabe und in Farben ausgeführten Zeichnung. Er hob besonders hervor, wie keine bestimmte Abgränzungsrichlung des Galmeis gegen den Dolomit, wohl aber gegen das Schiefergebirge sich wahrnehmen lielse, wie ferner für diese Galmeiablagerung am besten die Bezeichnung Galmeistock anwendbar sei. Durch meh- rere ebenfalls in Farben ausgeführte Querprofile machte der Redner noch die näheren Verhält- nisse dieses Galmeistocks anschaulich. Er sprach nun von dem Galmei und den mit demselben vorkommenden Mineralien. Für die Erklärung der Bildung dieses Galmeistocks sei es von Wichtigkeit, das Vorkommen eines eisen- schüssigen Thons hervorzuheben, sowie die unbestimmte Abgränzung gegen den Dolomit. Der Dolomit sei gewissermafsen als die Gangart anzusehen, der Galmei als die von dieser Gangart eingeschlossene Substanz. — Ueber die Entstehungsart des Galmeistocks äufserte der Redner, dafs das Dasein des Dolomits immer auf das Dasein des Kalksteins zurückzuführen sei, dafs eine Umwandlung vorgegangen und zwar eine Umwandlung ohne Ortsveränderung. Hierauf nahm Herr Victor Monheim das Wort und hielt über die Verbindungen von kohlensaurem Zinkoxyd mit kohlensaurem Eisenoxydul vom Altenberge, die Bildung derselben, sowie über zwei dort vorkommende Pseudomorphosen folgenden Vortrag : *) Bei der Versammlung des naturhistorischen Vereins der Rheinprovinz zu Linz am Rhein glaubte ich zuerst auf die Verbindungen des kohlensauren Zinkoxyds mit dem kohlensauren lich, den Wünschen der Redaction zu entsprechen und dieselbe hat sich daher auf die in den Protokollen aufbewahrten Nittheilungen beschränken müssen, *) Diese Mittheilung ist, in Folge einiger nach der Versammlung der Naturforscher angestellter Analysen, für die Verhandlungen des naturhistorischen Vereins der preussischen Rheinlande umgearbeitet worden, und .ıst ein Theil obiger Notiz aus dem 5. Jahrgange jener Verhandlungen (Seite 36 bis 39) entnommen, — 28 = Eisenoxydul aufmerksam zu machen *), doch erfuhr ich später, dafs Breithaupt eine solche Verbindung vom Altenberge schon unter dem Namen Kapnit im zweiten Bande seines vollstän- digen Handbuchs der Mineralogie, Dresden 1841, Seite 236, beschrieben habe. Hier finde ich jetzt das spezifische Gewicht zu 4,164 bis 4,184 und den Gehalt an Eisenoxydul nach einer vorläufigen Probe über 15 Prozent bestimmt. Breithaupt hatte also wohl die Ansicht, dafs diese Verbindung eine konstante Zusammensetzung besitze, doch habe ich schon zu Linz nach den bis dahin angestellten zwei Analysen die entgegengesetzte Meinung geäufsert. Seit der Zeit habe ich noch Kristalle von vier Stufen des Altenberges untersucht und zwar erst Ende 1847 die von zweien, auf welchen sich die hellgrünen Grund-Rhomboeder durch einen viel stärkeren Glanz von den gewöhnlichen grünen Kristallen auszeichnen. Zur letzten Analyse, deren Resul- tate ich mittheile, konnte ich nur wenige Kriställchen nehmen, daher solche nur als eine ap- proximative anzusehen ist, und ist in dem kohlensauren Eisenoxydul derselben auch noch etwas kohlensaures Manganoxydul enthalten. Das spezifische Gewicht der wenigen Kriställchen habe ich nicht bestimmt. Die Resultate meiner sechs Analysen sind folgende : Kohlensaures Zinkoxyd...neoseesesenrn en. .... 71,08 60,35 58,52 55,89 40,413 28 Kohlensaures Eisenoxydul.........2erer2222.. 23,98 32,21 35,41 36,46 53,24 67 Kohlensaures Manganoxydul .............. an2,5 4,02 3,24 3,47 218° — Kohlensaurer Kalk.....2ceeessorenenee nee A 7! 1,90 3,67 2,27 5,09 5 Kohlensaure Magnesia ...ersesseen een on — 0 — = N - Kieselzinkerz........... ER TULR ANKRAMEL, _ 2,419 0,48 0,441 - — 100,18 101,114 101,32 98,50 100,94 100 Spezifische) Gewichte... 1... #=0mes er nenn 4,09 4,15 4,00 4,04 4,00 Durch diese sechs Analysen ist wohl der vollständige Beweis geliefert, dafs das kohlensaure Zinkoxyd in keinem konstanten Verhältnisse mit dem kohlensauren Eisenoxydul vorhanden ist; denn suche ich beide auf atomistische Verhältnisse zu bringen, so erhalte ich ungefähr folgende Resultate : Kohlensaures Zinkoxyd......... Boos Atome 11 7 3 Mi 5 2 Kohlensaures Eisenoxydul........2.2222220.. Atome 4 4 2 5 7 5 und enthalten sie ferner noch die isomorphen Vertreter kohlensaures Manganoxydul und koh- lensauren Kalk in verschiedenen atomistischen Verhältnisser. Bei den vier ersten Analysen ist das kohlensaure Zinkoxyd vorherrschend, bei den zwei letzien das kohlensaure Eisenoxydul; der Namen Kapnit wird also wohl zur Bezeichnung von so verschieden zusammengesetzten Verbindungen nicht beibehalten werden können, sondern möchte es vielleicht passend erscheinend, die Verbindungen mit vorherrschendem Zinkspathe mit dem allgemeinen Namen Eisenzinkspathe zu bezeichnen, dagegen die Verbindungen mit vorherr- schendem Eisenspathe mit dem allgemeinen Namen Zinkeisenspathe, indem man die Eisenzink- spath-Kristalle als Varietäten vom Zinkspathe, und jdie Zinkeisenspath-Kristalle als Varietäten '#) Siehe Verhandlungen des naturhistorischen Vereins der preussischen Rheinlande, 2, Jahrgang, Seite 77 (Bonn 1845.) vom Eisenspathe betrachtet, und zwar in der Art, wie ich solches anderwärts *) auseinander- gesetzt habe. Nach dem dort gemachten Vorschlage **) würde die allgemeine Formel für die bis jetzt untersuchten Eisenzinkspathe sein : 24 In + 8-17 Feö + 1-2 InC + 1-2 Öa6, und für den Zinkeisenspath nach der mitgetheilten fünften Analyse (weil die sechste nur eine annähernde ist) : 24 FeÜ + 17 ZnC + 1 ImC + 3 Cal Die Kristalle des Eisenzinkspathes sind meistentheils schmutzig olivengrün oder grünlichgelb von Farbe, doch finden sich auch schwärzlichgrüne, graugrüne und buntangelaufene Kristalle dieser Verbindung. Ferner sind einige Kristalle bräunlich gefärbt; diese haben aber schon durch Einwirkung von kohlensäurehaltigem Wasser eine kleine Umwandlung erlitten, indem ein Theil des kohlensauren Eisenoxyduls in Eisenoxydhydrat verwandelt ist; sie sind also unvollständige Pseudomorphosen von Eisenoxydhydrat nach Eisenzinkspath. Die Eisenzinkspath-Kristalle besitzen Fettglanz bis Seidenglanz; ihr Strich ist weils bis gelb- lichweifs, ihre Härte fällt zwischen A und 5 nach der Mohsischen Skala. Gewöhnlich sind sie kristallisirt im Grundrhomboeder, welches bei einem von Breithaupt ***) bestimmten Kristalle einen Winkel in der stumpfen Seitenkante von 107° 7’ besitzt, doch fügt Breithaupt hinzu, dafs bei der Bestimmung ein Fehler von 0° 5° wohl möglich sei. Es kommen aber auch schärfere Rhomboeder vor, doch erkennt man die meisten derselben unter der Loupe als eine Masse übereinander abgelagerter Grundrhomboeder. Die Kristalle sind deutlich spaltbar nach dem Grundrhomboeder und ist ihr Bruch uneben, etwas splitirig. Sie sind entweder ganz oder nur an den Kanten durchscheinend. Vor dem Löthrohre nimmt der Eisenzinkspath eine schwarze Farbe an, die zuweilen an der Stelle, wo der Kristall aufsafs, mit einem weifsen Fleck versehen bleibt. Befeuchtet man das ganze Stückchen mit Kobaltsolution und behandelt es nochmals vor dem Löthrohr,, so verändert *) Siehe meinc Notiz : „Ueber die am Herrenberge bei Nirm, unweit Aachen, vorkommenden Manganzinkspath- kristalle, sowie über die Unterscheidung, Benennung und Bezeichnung solcher aus isomorphen Verbindungen bestehenden Kristalle‘ im fünften Jahrgange des naturliistorischen Vereines der Rheinprovinz, Seite 171. *#) Nach meiner Ansicht ist der Zweck, weshalb chemische Formeln für die einzelnen Mineralien aufgestellt worden sind, derjenige, dass man aus diesen Formeln die Zusammensetzung der bis jetzt analysirten Minera- lien entnehmen soll. Wenn nun die Herren Mineralogen mit den Chemikern in dem Punkte einverstanden sein werden, dass die isomorphen Verbindungen des Mineralreichs in allen möglichen Verhältnissen zusammen kristallisiren können, so wird es denselben doch auch wohl angenehm sein, wenn Formeln aufgestellt wer- den, aus denen sie ersehen können, welche dieser isomorphen Verbindungen schon zusammen kristallisirt gefunden worden sind und in welchen Verhältnissen, Dieses, meine ich, würde durch die von mir vorge- schlagene Bezeichnungsweise erreicht, und würde sie dann aufhören, eine willkührliche zu sein, wie sie doclı nach der Ansicht einiger ausgezeichneten Mineralogen sein soll, Ich behalte es mir vor, in einer Notiz in den Verhandlungen des naturhistorischen Vereins der preussischen Rheinlande hierauf ausführlicher zurück zu kommen, *4%)a. a, O, Seite 236. — 230 — sich die schwarze Farbe nicht, der weilse Fleck wird aber gewöhnlich blau und nicht grün, als Beweis, dafs dort noch etwas Kieselzinkerz sich befand, auf welches der Zinkspath sich abgelagert hatte *). Mit Soda vor dem Löthrohre auf Kohle in der Desoxydationsflamme behandelt bemerkt man beim Eisenzinkspath bald den starken weifsen Zinkrauch. Hat man die Kohle in geringem Ab- stande von der Probe mit Kobaltsolution befeuchtet, so wird diese Stelle nach kurzen Blasen schön grün. — Bei einzelnen Kriställchen erhielt ich bei Beginn der Behandlung in der Des- oxydationsflamme einen geringen Cadmiumanflug, als Beweis der Gegenwart des Cadmiums in einzelnen Kristallen. Mit Borax oder Phosphorsalz behandelt löst sich der Eisenzinkspath vollständig auf und zeigt in der Oxydations- und Desoxydationsflamme die Farbveränderungen der Eisenperle. Die Zinkeisenspath-Kristalle sind gröfstentheils hell olivengrün von Farbe; es läfst sich also nach der Farbe nicht beurtheilen, ob in den Kristallen der Zinkspath oder der Eisenspath vor” herrschend ist. Einige Kristalle sind aber auch eiwas bräunlich, wahrscheinlich ist in diesen etwas kohlensaures Eisenoxydul schon in Eisenoxydhydrat verwandelt. Die grünlichen Kristalle besitzen einen sehr starken Glasglanz, fast Diamantglanz, und unterscheiden sich hierdurch schon gleich von den Eisenzinkspath-Krystallen; auch fällt ihre Härte etwas unter 4 der moh- sischen Skala. Im Striche, der Spaltbarkeit, dem Bruche und dem Durchscheinen kommen sie mit den Eisenzinkspath-Kristallen überein, und sind sie gröfstentheils im Grundrhomboeder kri- stallisirt; doch scheinen auch einige der Zinkeisenspath-Kristalle einem viel schärferen Rhom- boeder anzugehören; indessen könnte dieses auch nur ein Ueberzug von Zinkeisenspath über scharfe Zinkspath-Rhomboeder sein, da auch die Zinkeisenspath-Rhomboeder der Grundform gröfstentheils auf scharfen weifsen Zinkspath-Rhomboedern aufsitzen. Vor dem Löthrohre nehmen die Zinkeisenspath-Kristalle eine schwarze Farbe an, doch blei- ben wohl an einzelnen Orten gelblichweifse Fleken. Mit Kobaltsolution befeuchtet verändert sich die schwarze Farbe vor dem Löthrohre nicht, die gelblichweilsen Fleken aber wurden grün, weil sie von Zinkspath herrührten. Uebrigens ist das Verhalten des Zinkeisenspathes vor dem Löthrohre dasselbe wie das des Eisenzinkspathes. Noch mufs ich anführen, dafs am Altenberge einzelne mit Kristallen bedeckte Stufen vor- kommen, auf welcher die Kristalle an einer Seite der Stufe ganz weifse Zinkspath-Kristalle sind, und werden die Kristalle nach der anderen Seite hin grünlicher, so dafs sie zuletzt, nach der Farbe zu urtheilen, eigentliche Eisenzinkspath-Kristalle bilden; doch findet man bei genauer Untersuchung der letzteren, dafs sie im Innern ganz weilse Zinkspath-Kristalle sind, bedeckt mit einem Ueberzuge von Eisenzinkspath. Auch kommen schöne dunkelgrüne Kristallmassen auf diese Weise gebildet vor, die nach dem Aeufsern für Eisenzinkspath-Kristalle gehalten werden müssen, im Innern aber ganz weifse Zinkspath-Kristalle sind. Diese sind also auf ähn- liche Weise entstanden, wie auch der Chemiker Salze erzeugen kann, die im Innern eine ganz *) Vergleiche F. von Kobell’s Aufsatz über einen Zinkspatlı im Journal für praktische Chemie, 28, Band, Seite 480. e D andere Farbe besitzen wie im Aeufsern, wenn derselbe den Kristall eines Salzes zur Ver- gröfserung in die Auflösung eines anders gefärbten isomorphen Salzes legt. Die Eisenzinkspath- und Zinkeisenspathkristalle finden sich hauptsächlich an einer Stelle der altenberger Galmei-Ablagerung und zwar in den oberen Teufen; sie sitzen am häufigsten in den Drusen eines sehr harten gelblichen Galmeis, der gröfstentheils aus Kieselzinkerz besteht. Die Zinkeisenspath-Kristalle haben sich entweder auf den dichten Galmei abgelagert, oder auf Kieselzinkerz-Kristalle oder sie haben Zinkspath-Kristalle überzogen. Einzelne Eisenzinkspath- Kristalle haben sich auf Zinkspath-Kristalle abgelagert. Manchmal sind die Drusen, in welchen die Kristalle sich befinden, mit Wasser angefüllt, und habe ich sehr gewünscht, dieses Wasser einmal untersuchen zu können, doch geht es immer beim Durchschlagen der Galmeimasse verloren. Bleibt noch eine Spur in einer Druse, so pfle- gen die Bergleute sich davon in die Augen zu streichen, indem sie solches für diese sehr zu- träglich finden wollen, weil darin wohl noch ein wenig kohlensaures Zinkoxyd enthalten ist. Um die Zusammensetzung des härtesten gelblichen altenberger Galmeis, in dessen Drusen die kristallisirten Verbindungen von kohlensaurem Zinkoxyd mit kohlensaurem Eisenoxydul ge- wöhnlich angeschossen sind, kennen zu lernen, unterwarf ich ein Stück desselben einer Analyse und erhielt folgendes Resultat *) : Zinkoxyd......... 64,19, PISENOXNE ern. 10 ICH lBIere Merereret era efatnte DENT 2A, "Thonerde....nn.... 0.27, Kieselsäure....... 24,22, Kohlensäure....... 2,78, NWASSEHeer. ee oT IS, 100,31. Hieraus berechnet sich folgende wahrscheinliche Zusammensetzung : Kieselzinkerz **).. 88,52, Zinkspath......... 7,44, Kohlensaurer Kalk. 0,37, Eisenoxydhydrat... 1,79, Kieselthon........ 1,07, Kieselsäure....... 1,12, 100,31. *) Vergleiche meine Notiz : „Ueber die Ablagerung der versehiedenen am Altenberge bei Aachen vorkommenden Galmeispezies und über die künstliche Bildung des Kieselzinkerzes‘‘, Seite 2 und 3 des sechsten Jahrganges der Verhandlungen des naturhistorischen Vereins der preussischen Rheinlande. ##) Ueber die Zusammensetzung des Kieselzinkerzes vom Altenberge bei Aachen vergleiche meine Notiz im fünf- ten Jahrgange des naturhistorischen Vereins der preussischen Rheinlande, Seite 127. _ 33% — Bei Betrachtung dieser Zusammensetzung möchte man sich schon berechtigt glauben, den Schlufs zu ziehen,. dafs die Eisenzinkspath- und Zinkeisenspath-Kristalle wohl alle nach der Galmei-Ablagerung in Folge der Einwirkung eines Kohlensäure und organische Substanz ent- haltenden Wassers auf den dichten Galmei entstanden seien; denn wie möchte es sonst wohl erklärlich sein, dafs in einem Galmei, der nur 1—2 Prozent Eisenoxydhydrat enthält, in kleinen Drusen Kristalle anschiefsen, in denen bis 50 und mehr Prozent kohlensaures Eisenoxydul vor- handen sei? — Für jene Ansicht spricht aber auch noch die Anwesenheit des Wassers in den Drusen und die Bildung von Eisenzinkspath-Kristallen, in einem seit längstens 80 bis 100 Jah- ren verlassenen alten Baue des Herrenberges, durch Zersetzung von oxydirter Blende mit Kalkspath *); ferner noch die Manganzinkspath-Kristalle von Nirm**), in welchen jetzt noch organische Substanz zugegen ist. Ich meine daher, die Bildung jener Kristalle habe auf folgende Weise Statt gefunden. Reg- nete es auf die Oberfläche des Galmeilagers, so drang das Wasser zuerst durch die obere mit organischen Substanzen versehene Schicht und hierauf als ein Kohlensäure und organische Sub- stanz enthaltendes Wasser durch die Galmei-Ablagerung. Hierbei zersetzte die organische Sub- stanz einen Theil des Eisenoxydhydrats und Manganoxydhydrats (welches letztere an manchen Stellen in gröfserer Menge im dichten altenberger Galmei enthalten ist) sie in kohlensaures Eisenoxydul und Manganoxydul verwandelnd, die sich nebst kohlensaurem Zinkoxyd und koh- lensaurem Kalk durch die vorhandene freie Kohlensäure auflösten. Da das kohlensaure Eisen- oxydul in kohlensäurehaltigem Wasser löslicher ist als das kohlensaure Zinkoxyd, so ist es natürlich, dafs sich auch von kohlensaurem Eisenoxydul mehr lösen konnte, wenn die Gelegen- heit dazu gegeben war. Kamen solche Auflösungen nun bis in Drusenräume und es konnte vielleicht ein Theil der zur Auflösung erforderlichen freien Kohlensäure entweichen, so mufsten sich die Eisenzinkspath- und Zinkeisenspath-Kristalle als neutrale kohlensaure Verbindungen absetzen. Diese Kristalle mufsten in der Regel verschieden zusammengesetzt sein, weil die Auf- lösungen, aus welchen sie anschossen, doch gewils verschiedene Mengen von kohlensaurem Zinkoxyd, kohlensaurem Eisenoxydul, kohlensaurem Manganoxydul, kohlensaurem Kalk, auch wohl einmal etwas kohlensaure Magnesia, ferner noch ein wenig Kieselzinkerz ***) enthielten. Beim Anschiefsen der Kristalle spielte aber auch die Auflöslichkeit der einzelnen kohlensauren Verbindungen eine bedeutende Rolle, indem von den schwerer löslichen Verbindungen’ fast alles anschiefsen mufste, dagegen von den in kohlensäurehaltigem Wasser leichter löslichen Salzen desto mehr gelöst bleiben konnte, je löslicher sie waren. Dieses wird noch deutlicher, *) Vergleiche meine Notiz : „„Ueber Gypsbildungen und über gleichzeitige Bildungen von Eisenzinkspatl-Kriställ- chen und von einer aus Schwefelzink und Schwefeleisen bestehenden Ablagerung,“ Seite 24 des sechsten Jahrganges des naturhistorischen Vereins der preussischen Rheinlande (1849). **=) Vergl. die angeführte Notiz, Seite 172 und 173 des fünften Jahrganges d. n. V. d. pr, Rh, #2%#)UDeber die Auflöslichkeit des Kieselzinkerzes in kohlensäurehaltigem Wasser habe ich ausführlicher in der Seite 1 des sechsten Jahrganges des naturhistorischen Vereins der preussischen Rheinlande beginnenden Notiz gesprochen, EEE ea — wenn man betrachtet, dafs das Anschiefsen der Kristalle manchmal nicht im Entweichen der zur Auflösung erforderlichen Menge freien Kohlensäure, sondern darin seinen Grund gehabt haben wird, dafs die freie Kohlensäure enthaltende Flüssigkeit Gelegenheit hatte, von der in der Galmeimasse befindlichen löslichsten Verbindung, dem kohlensauren Kalk, mehr und mehr aufzunehmen, in welchem Falle sich die schwerer löslichen kohlensauren Verbindungen ab- setzen mufsten. Diese Ansicht wird dadurch bestätigt, dafs die am Altenberge vorkommenden Eisenkalkspath-Kristalle sich gewöhnlich in den Galmeidrusen auf die Eisenzinkspath-Kristalle abgelagert haben. Die Eisenkalkspath-Kristalle sind aber nach zwei von mir angestellten *) und nach einer von Dumont **) angeführten Analyse wie folgt zusammengesetzt : 1 2 v.Dumont Kohlensaurer Kalk...... ee uesee RÄT ee 89,000 700:50 65,6 Kohlensaures Eisenoxydul.........20csennr. 0. HN Een es 9,31 8923.77 218 Kohlensaures Zinkoxyd.......... TEN N ara re a EN 1,64 1,01 —_ Kohlensaures Manganoxydul............... EI AP, Nörkaaan er —_ 0,69 _ Kohlensaure Magnesia........... OT _ —_ 4,8 Kieselsäure....... er SSR Er re AED . 0,18 — 100,22 99,67 95,2 Aus diesen Resultaten geht genügend hervor, dafs nach dem Anschiefsen der hauptsächlich aus kohlensaurem Zinkoxyd und kohlensaurem Eisenoxydul bestehenden Verbindungen eine Auf- lösung zurück blieb, die gröfstentheils kohlensauren Kalk enthielt, jedoch auch noch ziemlich, viel von der in der Löslichkeit zunächst stehenden Verbindung‘, vom kohlensauren Eisenoxydul, und ist es leicht zu begreifen, dafs die aus dieser Auflösung sich ablagernden Kristalle keine feste Zusammensetzung haben konnten. Auch wird es einleuchtend, warum in den Zinkeisen- spath-Kristallen, die eine gröfsere Menge kohlensaures Eisenoxydul enthalten, gewöhnlich eben- falls eine gröfsere Menge kohlensaurer Kalk vorhanden sein wird, wie in den Eisenzinkspath- Kristallen. Betrachten wir noch in der Kürze die Bildung der Eisenoxydhydrat-Pseudomorphosen. Wenn nach der Bildung der Eisenzinkspath-Krystalle die in der Druse befindliche Flüssig- keit Gelegenheit hatte tiefer zu dringen, so konnte auch einmal ein an Kohlensäure reiches Wasser, welches noch atmosphärische Luft enthielt, bis in die Druse gelangen. Die Kohlensäure begann dann auflösend auf den Eisenzinkspath einzuwirken, doch in demselben Augenblick oxydirte sich auch das Eisenoxydul und es bildete sich Eisenoxydhydrat, welches in derselben *) Vergleiche meine Notiz : „Ueber den kristallisirten eisenhaltigen kohlensauren Kalk vom Altenberge bei Aachen!‘ im zweiten Jahrgange des naturhistorischen Vereins der prenssischen Rheinlande, Seite 75, — Diese Verbindung führt Breithaupt im zweiten Bande seines vollständigen Handbuchs der Mineralogie, Seite 243, unter dem Namen „Spargelgrün — grünlichweisser Karbonit von Aachen“ auf, **) A, H, Dumont, Memoire sur la constitution geologique de la province de Liege (Bruxelles 1832) Seite 188. 30 — Br — Kristallform des Eisenzinkspathes abgesetzt blieb. So entstanden die im Aeufsern braunen Eisen- zinkspath-Kristalle, in welchen: auch Eisenoxydhydrat enthalten ist. Kam später abermals ein Kohlensäure und atmosphärische Luft enthaltendes Wasser zu den in der Entstehung: begriffenen Pseudomorphosen, so ging die Zersetzung auf dieselbe Weise: tiefer in’s Innere der Kristalle, und zuletzt wurde alles Zinkoxyd gelöfst und eine vollständige Pseudomorphose von Eisenoxyd- hydrat blieb zurück. Dafs dieses nach Umständen nicht das gewöhnliche Eisenoxydhydrat, sondern auch Stilpnosiderit sein kann, wie Blum solches beschreibt *), versteht sich von selbst. Auch ist es einleuchtend, dafs eine solche Pseudomorphose sich eben so gut aus reinen Zinkspath-Krystallen bilden kann, indem zuerst aus einer Auflösung von Eisenzinkspath eine gleichförmige Kristallschichte den isomorphen Zinkspath überzieht, wie ich dieses früher angeführt habe. Wenn dann abwechselnd Flüssigkeiten hinzu kommen, die freie Kohlensäure und atmosphärische Luft, und solche, die freie Kohlensäure und kohlensaures Eisenoxydul enthalten, so wird die Umwandinng bis in’s Innere fortschreiten. Da, wie angeführt, auch Manganoxydhydrat im dichten Galmei enthalten ist, so können die Pseudomorphosen von solehem Manganoxydhydrat nach Zinkspath sich auf dieselbe Weise bil- den, wie die von Eisenoxydhydrat. 3. SITZUNG. Donnerstag, den 23, September. x Präsident : Herr d’Omalius d’Halloy, welcher an die Stelle des abgereisten Herrn Oberbergrathes Koch gewählt wurde. Herr Dr. Joseph Müller hielt einen Vortrag über die Gattung Turritella Lam. Die gewöhnliche Erscheinung, dafs in petrefactenreichen Gebirgsbildungen die Gasteropoden an Zalıl und Mannichfaltiskeit der Gattungen und Arten die Acephalen weit übertreffen, bewährt sich auch in der Kreidebildung bei Aachen in auffallender Weise. Unter den Gattungen der Gasteropoden gibt es nun aber wenige, welche so zahlreich an Species sind, wie die der Turritellen. In der 80. Lieferung der weitverbreiteten Naturgeschichte der drei Reiche (Geschichte der Natur von Dr. H. @. Bronn, II. Band, 2. Theil) pag. 391—397 sind nicht weniger als 268 Arten Turritellen namhaft gemacht, welche sich geologisch also vertheilen : Es kommen davon ' *) Vergleiche : Nachtrag zu den Pseudomorphosen des Mineralreichs, von Professor Dr, J, Reinhard Blum (Stutt- gart 1847), Seite 143, auf. die ‚Kohlenperiodenu.nsenesserennenareaneserne nennen nnn ann nun. 86, Arten, Salzperiode. um noconcsnnereneneeennenenennnnnnnneneennenenen een OO Et) 35.» Oolithperiodeu. so dreennensonnannerornnennsennenneneennnnennnennn en En Ei u Kreide en en sean nen ann anennermenmenenanunnnuneennennennunenene AD, 9 05 Molasse Desereieae anne eo ein dengheleleielele nun enimein inne ee neuer enaean nenn. SaRAUSIT 25 268. Davon kommen 14 Arten aus dem obern Tertiären und dem Diluvium noch lebend vor, bei einigen anderen ist dies noch zweifelhaft. Es erhellet aus dieser Aufstellung, dafs die Gattung Turritella von der ältesten Periode bis in die jüngsten Bildungen hinaufragt. Mit Unrecht behauptet daher der gelehrte französische Pa- leontologe Ale. d’Orbigny im zweiten Bande seiner Paleontologie frangaise terrains eretaces, pag. 33, dafs die Turritellen im Uebergangskalk und der Juraformation nicht vorkämen, son- dern dafs sie zuerst in der Kreide aufträten. Die weitere Behauptung d’Orbigny’s, dafs je jün- ger die Kreidebildung, desto zahlreicher die Turritellen-Species würden, ist noch keineswegs bewiesen, dafs aber die Zahl derselben, wie er ferner bemerkt, sich im Tertiären unglaublich vermehre, ist eine unbestrittene Thatsache. Was die noch lebenden "Turritellen betrifft, so be- richtet uns derselbe Schriftsteller, dafs sie sich sehr zahlreich in bedeutender Tiefe am Litto- rale aller Meere aufhielten und zahlreicher seien in den heifsen, als in den kalten Regionen. Nehme ich nun diese Aufenthaltweise der lebenden Arten als genau und bestimmt an und schliefse davon auf eine analoge Aufenthaltweise der ausgestorbenen, so sind die Turritellen für das Gebiet sehr bezeichnend und tragen zur Erhärtung der Ansicht meines Freundes Herrn Dr. Debey nicht wenig bei, welcher dafür hält, dafs unsere Gegend einst eine Meeresbucht gewesen sei. Keine Gattung ist nämlich in unserem Grünsande so zahlreich an Arten, als eben die der Turritellen. Auf einem Raume von nur wenigen Quadratfufs findet man hier der Anzalıl nach fast die Hälfte der Turritellen der Kreide von ganz Europa und in unserem Gebiete allein so viele, als ganz Deutschland, soweit literarischer Nachweis uns darüber vorliegt, zusammen genommen. Nach der obigen Zusammenstellung sind 46 Species aus der Kreide beschrieben, das Aachener Gebiet zählt deren mir bis heute zur Kenntnifs gekommenen 23, worunter ich 12 für noch nicht beschriebene Arten zu erkennen glaube. . Fast alle lebten nach den Bruchstücken und Steinkernen zu urtheilen in grofser Anzahl zu- sammen. Ich sage nach den Bruchstücken und Steinkernen zu urtheilen, denn vollständig erhal- tene Exemplare werden immer zu den Seltenheiten gehören. Die Schale aller Arten ist dünn wie Papier und springt daher beim Herausklopfen leicht ab, ebenso zerbrechen sie leicht in den einzelnen Windungen und namentlich werden die sich häufig verjüngenden Windungen der Spitze nur höchst selten mit dem unteren Theile zusammen gefunden. Nach den Ländern vertheilen sich die Turitellen der Kreide in folgender Weise : #) Wie bedeutend die Anzalıl der Arten in’der neueren Zeit sich gemehrt hat; mag man daraus ersehen, dass Lamarck in seiner Histoire naturelle des animaux sans vertöbres (1822) Tom. VII, pag. 59 und pag. 561—564 aus dem Tertiären nur erst 12 Species aufführt, — 236 — Nach Reufs enthält die böhmische Kreide....eeseerserenenen.. Species, eigenthümlich 4 Nach Geinitz die sächsische.......s..orossenenoneoenonesnene 900» SS 3 Nach Roemer die norddeuische........-..seseseennennornnnne 7 = a 5 15» » 9 Bei Goldfufs und von Münster sind aus der deutschen Kreide noch angeführt............ ag also wirklich verschiedene Species...... ee a enbeusy Dazu aus der französischen Kreide nach d’Orbigny.uuer..... hece3e 0 ae na okay nie,0.a 0.0.0 ee Auf England und Belgien kommen noch...... EEE SEE A ste tote ee | und aus der amerikanischen Kreide...... EEE RR RE TE ee Die Gesammtzahl der bekannten Species ist also........... ENDEN tel eietelete SER er 46 Was die Kreideformation in Schweden und auf der Insel Rügen betrifft, so scheint die Gat- tung darin gar nicht vertreten zu sein, denn wir finden keine einzige Art angeführt, weder bei Nilsson noch bei von Hagenow. Ebenso finde ich bei Pusch (Polens Palaeontologie, Stultgart 1837) keine Species Turritella der Kreide Polens, Volhyniens und der Karpathen angeführt. Dieser Umstand stimmt nicht mit der eben angeführten Ansicht d’Orbigny’s überein, dafs je jünger die Kreidebildung, desto zahlreicher die Arten, vielmehr scheint sie dieselbe zu wider- legen. Auch in dem Mergel von Vaels, welcher mit der Rügener Kreide die meisten Species der Bivalven gemein hat und den ich für jünger als den Grünsand ansprechen mufs, der ihn unterteuft, fand ich keine Spur von Turritellen. Dasselbe gilt von den Feuersteinen und Horn- steinen des Aachener Waldes, welche ich für BIEIRIAeRR, mit dem Vaelser Mergel halte, denn sie umschliefsen dieselben Petrefacten. Der Reichthum und die grofse Mannichfaltigkeit an Turritellen, welche mir das hiesige Gebiet lieferte und der Vergleich einer nicht unbedeutenden Anzahl Arten aus anderen Formationen, den ich anstellen konnte, veranlafsten mich, eine Eintheilung oder vielmehr Gruppirung aller Turvitellen zu versuchen. Von Klipstein *) fühlte, so viel mir bekannt, zuerst das grofse Be- dürfnifs, bei dem grofsen Reichthum der Cassianer Turritellen, dieselben in Gruppen zn theilen und fafste dieselben in fünf Abtheilungen nach der Bedeckung der Schalen mit Knoten oder Stacheln (armatae), mit Rippen (costatae), mit Spirallinien oder Leisten allein (cinctae), mit Zuwachsstreifen allein (striatae) und ganz glatte (nudae). Nachstehende Eintheilung, welche ich nach dem ganzen Habitus der Turritellen aufgefalst habe, zerfällt nur in drei Gruppen, Globiformes, Scalares, Turritae, und glaube ich, dafs die verschiedenen Arten aller Formationen in dieselben eingereiht werden können. Die einzelnen Gruppen würde ich dann folgendermafsen charakterisiren : I. Gliobiformes. Singuli anfractus globulos efficiunt, sutura inter singulos anfractus profunda, lata. Die einzelnen Windungen bilden Kugeln, die Naht zwischen den Windungen ist tief und breit. *) Mittheilungen aus dem Gebiete der Geologie und Paleontologie, I, Band, pag, 172. Giessen bei G, Fr, Heyers, 1845, m fe Face 6 eu = u = II. Scalares. Singuli anfractus teguliformes, sultura profunda, angusta. Die einzelnen Windungen sind dachförmig, die Naht ist tief und eng. III. Turritae. Singuli anfractus appropinquati, ut quasi cohaerentes videantur, sulura angusta, paene distin- quenda. Die einzelnen Windungen schliefsen sich aneinander und scheinen gleichsam zusammen zu hängen, die Naht ist eng, kaum zu unterscheiden. Der Vollständigkeit wegen reihe ich die bereits von anderen Auctoren beschriebenen Arten des hiesigen Gebietes in die folgende Beschreibung ein. TURRITELLA Lam. I. Globifermes. 1. Turritella multistriata Reufs, Tab. 10, Fig. 17 und Tab. 11, Fig. 16, pag. 51, I und pag. 114, I. T. quadricincta Goldf. Tab. 196, Fig. 16, a—b und Fig. 17, pag. 106, II. Wohl auch T. Dupiniana d’Orbigny. Tab. 151, Fig. 1—3, pag. 34, I. Die Figuren bei Reufs sind völlig mifslungen, die auf Tab. 11 läfst gar keine Vorstellung von dem Petrefacte zu, Reufs selbst nennt sie schlecht. Die erstgenannte Figur bei Goldfufs gibt ein richligeres Bild der Versteinerung. Das Charakteristische dieser Species besteht in den kah- len, scharf hervortretenden, gleich weit von einander abstehenden A Querreifen jeder Windung, zwischen welche noch viele feine Querlinien liegen. Die einzelnen Umgänge sind stark gewölbt und durch eine tiefe und breite Naht bedeutend eingeschnürt. 2. T. quinquelineata Müller. Diese Species ist schlanker als die vorhergehende. Die einzelnen Windungen sind weniger gewölbt und weit schmäler, die Naht ist bei weitem nicht so tief und breit, daher nur eine schwache Einschnürung. Jede der 10—11 Umgänge ist mit 5 scharf hervortretenden Querlinien umgeben, zwischen welchen jedesmal noch eine feinere Linie zu erkennen ist. Aufserdem zei- gen sich über und unter der Naht auf jeder Windung noch 2 feine Querlinien von der Mittel- stärke der bereits angegebenen Linien. 3. T. Hagenowiana Goldf. Tab. 197, Fig. 5, a—b, pag. 108, Il. Wir glauben, diese Species, welche Goldfufs aus der grünen Kreide von Haldem anführt, in unseren Exemplaren aus dem Gründsand am Schindanger zu erkennen. Sie unterscheidet sich ganz wesentlich von der vorigen Art durch stärker gewölbte und breitere Windungen, breitere und tiefere Nähte und weit gröfsere Einschnürungen. Jede Windung ist mit 5 scharf hervorire- tenden Linien oder vielmehr Gürteln umzogen, zwischen welchen sich eine Coneavität bildet. Die Zwischenräume der Gürtel sind erheblich breiter als bei Quinquelineata. Ferner liegen über dem —_— 133 — fünften Gürtel nach der oberen Naht noch 3 schwächere Querlinien, von welchen die mittlere jedoch immer etwas stärker ist, als die beiden andern. Unter dem ersten Gürtel nach der unteren Naht zeigt sich ebenfalls noch eine zarte Querlinie. Diese Art ist bei gleicher Zahl der Umgängänge um die Hälfte länger als die vorige. 4. T. sexlineata Roemer, Tab. 11, fig. 22, pag. 80. T. sexeincta Goldf., Tab. 197, fie. 2, a—b, pag. 107, II. T. diffieilis d’Orbigny, Tab. 151, fig. 19—20, pag. 39—40, II. Die Zeichnung bei Roemer ist so mangelhaft, dafs Goldfufs seine besseren Exemplare für eine neue Species halten konnte. Die angeführte Figur bei Goldfufs ist naturgetreuer. Diese Art gehört zu den gröfsern der Gattung, bei einigen Exemplaren erreicht die Windung an der Mundöffnung die Dicke eines Zolles und die Höhe 3%, Zoll. Die Windungen sind mäfsig gewölbt von 6 starken Gürteln umzogen, welche zuweilen etwas knotig erscheinen. Dieselben stehen gleich weit von einander entfernt, nur der sechste ist unbedeutend entfernter vom fünften, als die übrigen unter sich es sind. Zwischen je zwei Gürteln liegen 3—5 feinere Querlinien, von denen die mittlere auffallend stärker ist und die dem unbewaffneten Auge sich deutlich zeigt. Doch nur bei höchst vollständiger Erhaltung sind die feineren Querlinien zu erkennen, bei min- der guten Exemplaren etwa noch die Mittellinie, bei den meisten erscheinen die Zwischen- räume glatt. Die Naht ist schr breit und tief. 5. T. Reufsiana Müller. Diese Art übertrifft die vorige noch an Gröfse und milst bis 4 Zoll. Sie unterscheidet sich von derselben ganz wesentlich dadurch, dafs alle sechs Gürtel knotig sind, dafs der sechste vom fünften bedeutend entfernter steht als die übrigen; dann durch die glatten Zwischenräume zwischen den Gürteln, ferner durch wellenförmige Längslinien, welche besonders auf dem untersten Umgange stark hervortreten und endlich noch dadurch, dafs von dem sechsten Gürtel bis zur Naht sich eine dachförmige Fläche bildet, welche allmälig in jene übergeht, während bei T. sexlineata ein plötzlicher Uebergang zur Naht Statt findet. Die Windungen 10—12 sind etwas mehr gewölbt als bei der vorigen Art. Am Schindanger in Bruchstücken und Steinkernen nicht selten. 6. T. multilineata Müller. Wir glaubten anfangs diese Species mit T. sexlinenata vereinigen zu können, indessen haben wir uns durch charakteristische Exemplare aus dem Grünsande von Vaels die völlige Ueberzeu- gung verschafft, dafs sie durchaus eine eigene Art ausmacht. Sie hat statt Gürtel ganz und gar nur scharfe Linien, zwischen welchen bald nur eine, bald zwei, bald drei nur etwas schwä- chere, jedoch scharf markirte Linien hervortreten, dergestalt, dafs man sie mit den sechs stärkeren hin und wieder fast für gleich stark ansehen kann. Besonders bezeichnend für diese Species sind dann noch die beiden Querlinien über der sechsten Querlinie, wo die Windung sich sanft wölbend in die obere Naht übergeht. Die Umgänge 9—10 sind weit bauchiger und gerundeter als bei Sewlineata. nn 7. T. Carnalliana Müller. Es erinnert diese Species an T. nodosa Roemer, allein der ganze Habitus unterscheidet sie auf den ersten Blick von derselben. Sie hat 10—12 gerundete, in der Mitte etwas bauchige Windungen, welche ganz allmälig nach der Spitze hin abnehmen und durch sehr breite Naht- furchen von einander getrennt sind. Jede Windung hat 4 Reifen, von welchen die drei unteren in gleichen Abständen von einander liegen, von diesem ist der mittlere bedeutend dünner. Vom dritten bis zum vierten etwas tiefer liegenden Reifen ist der Abstand gröfser, als bei den übri- gen dreien unter sich. Alle sind mit runden von einander ziemlich entfernt stehenden Knoten versehen, welche bei dem erwähnten dünneren Reifen verhältnifsmälsig zarter sind. Nur zwi- schen den Nahtfurchen laufen dicht stehende Querlinien, Längsstreifen wie bei T., nodosa sind nicht vorhanden. Kommt am Schindanger und Lusberg nicht selten vor. 8. T. goihica Müller. Es gehört diese Species zu den niedlichsten und zierlichsten Turritellen. Sie ist kaum 6 lang und die stärkste Windung 1” breit. Sie zählt 19—20 Umgänge, welche sich nach der Spitze hin rasch verjüngen. Die Windungen sind mäfsig gewölbt und trägt. jede derselben A Reifchen in gleichen Abständen von einander. Die Zwischenräume sind glatt, nur zwischen dem dritten und vierten Reifchen ist eine zarte Linie sichtbar. Die Nähte zwischen den 6 ersten Umgängen sind tief und breit, verschwinden aber gänzlich bei den oberen Umgängen. Fundort, im Grünsand bei Vaelsbrug und selten am Schindanger und Lusberg. 9. T. microscopica Müller. Diese Turritelle ist die kleinste aller uns bekannten Species. Sie ist nur etwas länger als 1 und nur '/,“ dick. Die 8-9 Umgänge sind stark gewölbt, erscheinen glatt und nur bei starker Vergröfserung schwach wellenförmig längsgestreift. Charakteristisch ist bei dieser Species noch, dafs fast alle Windungen von gleicher Dicke sind, nur die drei obersten nehmen sichtlich an Stärke ab. Die tiefen Nähte sind daher zwischen allen Umgänge deutlich zu unterscheiden. Wir besitzen diese Spezies nur in einem vollständigen Exemplare aus dem Grünsande von Vaels. 10. T. socialis Müller. Als man vor einem Jahre auf der Höhe des Lusbergs eine Strecke desselben zur Gewinnung von Mergelsteine für den innern Ausbau des hiesigen Raihhauses abbaute, fand sich unter der Quader-Mergel-Schichte ein lockerer grüner Sand und unter diesem ein festes Conglomerat von Conchilien und gelbem Sand, bei welchem mir sogleich die Menge einer kleinen Turritellen- Species auffiel, welche mit Fungia coronula fast das ganze Gestein bildet. Man wird beim An- blick desselben unwillkürlich an den Paludinen-Kalk erinnert und könnte dasselbe füglich Tur- ritellen-Kreide nennen. Diesem Vorkommen gemäfs wählte ich die Benennung Turritella socialis. Das Peirefact hat 7—8 stark gewöbte Windungen, welche alle durch tiefe, jedoch weniger breite Nähte von ein- ander getrennt sind. Die Bedeckung dieser Species mufs äufserst zart gewesen sein. Bis jetzt kommt die Art nur als Steinkern vor, nach den Hohlabdrüeken zu urtheilen war dieselbe fast glatt nur höchst schwach quergestreift. Sie kann mit der vorhergehenden Art durchaus nicht _ u = verwechselt werden, indem sie kegelförmig zugespitzt ist und jeder einzelne Umgang von un- ten auf verhältnifsmäfsig dünner und kleiner wird. II. Scalares. 11. T. scalaris Müller. In dieser Species zeigt sich der Character der Abtheilung recht deutlich. *). Sie hat 8-9 Umgänge, welche sich mit tiefen und engen Nahtfurchen. aneinander reihen. Die Umgänge sind concav, gleichsam ausgehöhlt und mit A—5 Reifchen umzogen, zwischen welchen noch feine Gürtelchen laufen. Von dem 5. Reifchen bis zur Naht erhebt sich dachförmig ein breiter, star- ker Wulst, welcher mit sehr feinen Querlinien bedeckt ist. Die Windungen nehmen in schö- nem Verhältnifs nach der Spitze hin allmählig ab. Fundort in der Wolfsgracht bei Gimmnich, Selten. -12. T. Eichwaldiana Goldf. T. 197. pag. 108. II. Das Gehäuse ist kegelförmig und besteht aus 10—12 Umgängen. Jede derselben zeigt zwei stark hervortretende, gerundete, wulstige Kiele, von denen der nach der obern Nahtfurche immer breiter und stärker ist, als der nach der untern, zugleich geht der erstere in flach- concaver Abdachung zur Naht, während der schwächere Kiel völlig gerundet ist. Unter dem stärkern Kiele laufen zwei Gürtel, von denen der untere etwas stärker ist, unter dem schwä- chern Kiele befindet sich ebenfalls ein Gürtel, welcher noch deutlicher hervortritt, als die bei- den andern. Auf der Abdachung des stärkern Kieles und ebenso zwischen den Kielen und Gür- telchen zeigen sich unter der Loupe noch zarte Querlinien. Findet sich im Grünsand bei Vaels und bei Aachen. 13. T. affinis Müller. Der ganze Habitus dieser Species nährt sich der vorhergehenden, wir haben aber keinen Anstand nehmen können, sie als neue Art hinzustellen. Sie charakterisirt sich wesentlich durch folgende Merkmale. Die beiden Kiele jedes Umganges sind fast gleich stark, der obere dacht sich flacher und schärfer ab, als bei der vorhergehenden Art, unter demfelben liegen 5 Gür- tel, wovon der mittlere der stärkste ist; unter dem Kiele nach der untern Nahtfurche liegen endlich stets 2 Gürtel. Die Anzahl der Umgänge ist 10—12. Vorkommen wie die vorherge- hende Art nur seltner. 14. T. Omaliusi Müller. Sie ist kegelförmig, besteht aus 12—14 Windungen, welche sich nach der Spitze hin rasch und stark verjüngen. Jeder Umgang hat drei schwach gekörnte Kiele, in gleichen Abständen von einander, wovon der mittlere etwas zarter als die beiden andern erscheint. Die Zwischen- räume zwischen den Kielen sind concav. Unter dem Kiele über der Nahtfurche ist ein zartes Gürtelchen und unter dem Kiele unter der Nahtfurche zwei desgleichen, wovon das obere das *) Während wir diese Abhandlung schrieben, ging uns die dritte Lieferung der Palaeontographica (Cassel bei Theodor Fischar 1847) zu, worin Dunker pag. 132, Tab, 18, fig. 10 eine neue Species Turritella acutica- rinata aus dem Tertiären von Java beschreibt, welche ebenfalls den Typus der Scalarcs recht deutlich zeigt, I nn a stärkere ist. Zwischen den Kielen und Gürtelchen zeigen sich unter starker Loupe noch feine concentrische Linien. Bis jetzt nur am Lusberg. 15. T. acutissima Müller. Diese kleine Turritelle bildet den Uebergang von den Scalaren zu den Turriten. Sie hat 17 Umgänge, welche sich wie in- und übereinandergeschobene Becher darstellen. In Bezug auf die Anzahl der Umgänge oder Windungen bei den Twritellen scheint es, -dafs dieselbe desto gröfser, je zarter die Bildung des Gehäuses. Jeder Umgang unserer Species trägt drei Kiele in gleich weiten Abständen von einander. Zwischen den Kielen bemerkt man unter der Loupe eine zarte concentrische Linie. Die Windungen nehmen nach der Spitze hin unter sich ganz allmälig ab, so dafs die letzte eine scharfe Spitze bildet. Die Nahtfurchen erscheinen als glatte Bänder. Kommt bis jetzt nur im Grünsande bei Vaels vor. III. Turriiae. 16. T. Noeggerathiana Goldf. Tab. 197, fig. A, a—b, pag. 107. Die Gestalt dieser Species ist kegelförmis, das Gehäuse ist der Länge nach wellenförmig gestreift. Die 10-—-12 Windungen schliefsen sich mit sehr enger Naht aneinander und nehmen nach der Spitze hin allmählig ab. Jeder Umgang hat fünf schwachgekörnte Gürtel, wovon die drei mittlern in gleich weiten Abständen von einander, die beiden äufsern aber von diesen etwas entfernter stehen. Die Zwischenräume sind concav mit feinen concentrischen Linien durch- zogen, welche sich zwischen dem unteren Gürtel und der unteren Naht sehr häufen, bei ande- ren Exemplaren erscheinen die Zwischenräume fast glatt. Kommt vor im Aachener Wald, am Lusberg und Schindanger. 17. T. nodosa Roemer. Tab. XI, fig. 20, stellt blos die drei unteren Windungen dar. Sie hat mit der vorstehenden Art fast gleichen Habitus; die 10—12 Windungen sind nur enger noch aneinander gerückt und ist daher das ganze Gehäuse mehr thurmförmig. Der Länge nach ist dasselbe wellenförmig gestreift, der Quere nach mit feinen Linien bedeckt. Jeder Um- ‚gang hat vier Reifchen, wovon die beiden obern breit, wulstig und mit starken dicht gereihter, etwas länglich gezogenen Erhabenheiten versehen sind. Von diesen beiden Reifchen ist das untere das stärkere. Der Reifen über der Nahtfurche ist schmäler, tritt aber schärfer gekielt hervor und ist mit denselben Erhabenheiten versehen, wie die beiden andern. Das darauf fol- gende Reifchen ist das zarteste, liegt etwas vertieft und ist nur schwach gekörnt, so dafs es bei nicht völlig gut erhaltenen Exemplaren nur als eine Linie erscheint, die nicht selten sogar ganz verwischt ist. Vorkommen wie die vorhergehende Art. 18. T. Althausi Müller. Eine sehr schlanke kegelförmige Turritelle mit scharf markirter Bereifung. Die Anzahl der Umgänge vermögen wir nicht anzugeben, indem wir bis jetzt noch kein vollständiges Exemplar besitzen. Jede Windung trägt fünf Reifchen, von denen die beiden unter der Naht wulstig und stark geknotet sind, von den dreien über der Naht ist das miltlere wie die beiden vorgenann- ten beschaffen, tritt nur noch etwas mehr hervor, die beiden dasselbe umfassenden Reifchen 31 u sind schmäler und glatt. Ueber der Naht zeigen sich noch einzelne schwach angedeutete con- centrische Linien. ‚Bis jetzi nur am Schindanger gefunden. 19. T. Humboldti Müller. Eine der schlankesten uns bekannten Species. Die Nähte sind an derselben kaum zu unter- scheiden, so dafs das ganze Gehäuse wie aus einem Stück gemeifselt sich darstellt. Die unte- ren Windungen mit der Mundöffnung haben wir bis jetzt noch nicht gesehen. Die 10—11 Windungen, welche uns vorliegen, verjüngen sich rasch nach der Spitze hin. Jede derselben hat vier Reifchen in fast gleichen Abständen von einander und ebenso von fast gleicher Stärke. Das erste Reifchen über der Naht und das zweite unter der Naht sind nur um etwas dicker. Drei der Reifchen erscheinen dem unbewaffneten Auge völlig glatt und nur das zweite unter der Naht ist stark gekörnt. Bei mäfsiger Vergröfserung zeigen aber auch die drei übrigen eine schwache Körnung. Zwischen den Reifchen laufen dann noch höchst zarte Querlinien. Findet sich am Lusberg und am Schindanger. 20. T. acanthophor« Müller. Die Behauptung, dafs die Turritellen auf den Reifchen, Gürteln oder Kielen, womit fast alle bekannte Arten umzogen sind, weder Wulste, noch Knoten, noch Stacheln trügen *), hat sich als völlig unhaltbar erwiesen, was schon von Klipstein in seinen geologischen und palaeonto- logischen Mittheilungen (1845) pag. 172, ssq. nachweiset. Die vorliegende Species ist, so weit uns bekannt, aus der Kreide die erste, welche auf den Reifen vielmehr Stacheln als Knoten trägt. Die einzelnen Windungen sind in der Mitte etwas bauchig, jede derselben hat fünf Reifen, von welchen die vier oberen in gleich weiten Abständen stark hervortreten, der fünfte über der Naht ist schwächer und der Abstand zum folgenden nicht so weit wie bei den übrigen; alle sind mit Stacheln besetzt. In den Zwischenräumen der Reifen und selbst über diese letzteren laufen sehr zahlreiche wellenförmige Querlinien, welche mit feinen ebenfalls wellenförmigen Längslinien durchbrochen sind und dadurch ein zartes Netz bilden. Wir besitzen von dieser Species nur die vier unteren Windungen, welche wir am Schindanger fanden. *) Lamarck in seiner histoire naturelle des animaux sans vertebres (Paris 1822) Tom, VII, pag. 55 sagt aus- drücklich : „„Ces coquilles sont la plupart munies de stries ou de carenes transverses, mais aucune d’elles, parmi les especes connues, n’offre ni cötes verticales, ni bourrelets, ni tubercules dpineuw.‘* Fr, Adolph Roemer in den Versteinerungen des norddeutschen Oolithen-Gebirges (Hannover 1836) pag. 154, hält es für eines der Unterscheidungs-Merkmale von Cerithium, „‚dass die einzelnen Windungen der Turri- tellen nie mit Knoten, Wulsten oder Stacheln, vielmehr nur mit einfachen Querlinien und gebogenen An- wachsstreifen versehen sind.‘ Derselbe Verfasser fülırt in der norddeutschen Kreide (Hannover 1841) pag. 80, Tab, 11, fig. 20, Turritella nodosa auf mit knotigen Querrippen uud widerlegt dadurch faktisch seine frühere Ansicht, Man vergleiche noch unsere T, Carnalliana, T, Althausi, T. Humboldti, welche alle knotige Reifen haben, ferner bei d’Orbigny, pag. 35, Tab, 151, fig. 4-6, Turnitella angulata, welche auf den Windungen Wulste trägt und einem Cerithium ganz ähnlich sieht, und endlich die obenstehende 7, acantho- phora mit Stacheln, wie bei Ceritkium serratum Brug, aus dem Tertiären, — 43 — 21. T. alternans Roemer. Tab. XI, fig. 23, pag. 20. Bis jetzt fand ich am Schindanger und Lusberg nur Bruchstücke, welche ich zu dieser Spe- cies rechne. Wie Roemer nach dem abgebildeten schwachen Bruchstücke die Windungen der Species zahlreich nennen kann, ist mir nicht klar geworden, vielmehr scheint sie mir, nach dem uns vorliegenden oberen Theile zu schliefsen, zu den Arten zu gehören, welche weniger zahlreiche Windungen haben, man müfste denn eine plötzliche und starke Verjüngung der Spitze annehmen, wozu kein Grund vorhanden ist. Jede Windung hat drei Reifchen, wovon das über der Naht belegene am stärksten hervortritt. Zwischen den Reifchen zeigen sich viele feme Querlinien. 22. T. eingulato-lineata Müller. Von dieser Species besitzen wir bis jetzt nur acht Windungen der Spitze und glauben dar- nach sie zu Turritella stellen zu müssen. Sıe scheint zu den kleineren Arten zu gehören. Jede Windung hat über der Naht einen stark hervoriretenden gerundeten wulstigen Gürtel, über wel- chem fünf zarte, unter der Loupe schwach gekörnte Reifchen liegen; von diesen sind die drei mittleren etwas stärker, als die sie einfassenden. Die Windungen selbst sind etwas gewölbt, in der Mitte aufgetrieben. Kommt am Schindanger vor. 23. T. Buchiana Goldf. Tab. 197, fig. 7, pag. 108, II. Wir verdanken das einzige in unserem Besitz befindliche Exemplar der Güte des hier leben- den eifrigen Naturfreundes Herrn Winkler, welcher dasselbe im Eisensand des Aachener Wal- des auffand. Wir sind nicht völlig überzeugt, ob diese Species zu Turritella zu zählen sei, die Zeichnung bei Goldfufs gibt uns, weil sie die Mundöffnung nicht darstellt, wenig Anhalt, viel- mehr deutet sie, wie auch unser sehr mangelhaft erhaltenes Exemplar, eher auf Buccinum als auf Turritella. Wir lassen die Sache bis zum Auffinden eines besser erhaltenen Exemplares unentschieden. Die Anzahl der Umgänge beträgt nur 5—6 mit scharf markirter Nahtfurche. Jede Windung hat drei Kiele, von welchen der unter der Naht doppelt so breit ist und mehr als einmal so weit liegt, wie die beiden andern. Unter dem stärkeren wulstigen Kiele läuft eine etwas erhabene Linie. Das ganze Gehäuse ist mit stark rückwärts gebogenen, wellenförmigen Längslinien bedeckt. Sollte sich das Petrefakt als Turritella erweisen, so würde diese Art die dickeste und zugleich die am wenigst zahlreiche an Windungen sein. Aufser den angeführten Species besitzen wir noch eine Anzahl Steinkerne und Bruchstücke mit mehr oder weniger ausgeprägter Bereifung, welche wir zu Turritella zählen, allein wir tragen Bedenken, dieselben jetzt schon als neue Species aufzuführen, was namentlich bei Steinkernen stets mifslich ist und selbst die tüchtigsten Palaeontologen zu Irrthümern verleitet hat. So ist beispielweise in Bronn’s Lethea geognostica, Tab. XI, fig. 14, Turrilites scalatus und auf derselben Tafel, fig. 15, (Steinkern) Turbinites dubius ein und dieselbe Species. Eben so wenig kann ich mich der Ergänzungs- und Restaurationsweise d’Orbigny's anschlielsen, wel- eher nur gar zu häufig nach mangelhaften und schwachen Exemplaren schöne Zeichnungen liefert. = 44 = Die anderen bei den Verhandlungen der geologischen Section vom 25. September von mir vorgezeigten neuen Species aus den Gattungen Avellana, Bulla, Mitra, Cassidaria, Naticella u. A., wodurch ich besonders den Uebergang der Kreideperiode in die Tertiär-Epoche nach- zuweisen suchte, kann ich hier nicht ausführlich behandeln, zumal da die Tafel, welche die- selben darstellt, noch nicht vollendet ist. Endlich sprach Herr Dr. Müller noch über eine neue Chemnitzia d’Orb. wie folgt : Aus der deutschen Kreide finden wir nur eine Species dieser Gattung bei Reufs pag. 51. Tab. 10. fig. 7. als Chemnitzia arenosa beschrieben, welche er früher zu Melania Lamarck gestellt hatte. Nach d’Orbigny pag. 32. I. sind aber alle bis jetzt aus der Kreide beschriebenen Melanien zu Chemnitzia, Eulima oder Rissoina zu ziehen, indem die wahren Melanien, wie auch Lamarck Tom. 8. pag. 425. ssq. schon bemerkt, Flufsschneken und auf die Tertiär-Epoche zu beschrän- ken sind. Melania incertau Deshayes weist d’Orbigny. Tom. II pag. 62, Tab. 155, fig. 11—13. zu Rissoina und würden wir nach dem oben Gesagten Melania decorata Roemer pag. 82. Tab. 12, fig. 11 ohne Bedenken zu Chemnitzia zählen. Wir bereichern die Deutsche Kreide mit der Species : Chemnitzia Kochi Müller. Das Gehäuse ist thurmförmig und besteht aus 10—11 Windungen, welehe nur schwach ge- wölbt sind; die unterste derselben ist am breitesten, jede der folgenden verschmälert sich ver- hältnifsmäfsig und nur nach der Spitze hin ist die Abnahme der Breite plötzlicher. Die Nähte zwischen den Windungen sind schmal, jedoch scharf markirt. Das ganze Gehäuse ist mit äufserst zarten, sehr dicht gereihten, gleich starken, Querlinien bedeckt, (etwa wie bei Cy- clostoma elegans, nur dafs die Linien dichter und feiner sind) am Mundrande zeigen sich einige Querfalten. Die Höhe des Petrefactes beträgt 10° Rh. Fundort : Vaelsbrug im Grünsand und am Lusberg. Herr Professor von Klipstein bemerkte hierzu, wie auch er der Ansicht sei, dafs das Alter der Turritellen sehr weit hinaufreiche, indessen glaube er, dafs die Cassianer Schichten, worin sie sich zahlreich vorfänden, neuere seien, dafs sie zur mittleren Juraformation gehörten. Herr Dr. Debey war ebenfalls der Ansicht, dafs die 'Turritellen nicht für die obere Kreide bezeichnend seien. Die hiesigen obersten Kreideglieder, Mergel und Hornstein, seien äufserst arm an Gasteropoden und von Turvitellen sei bis jetzt noch keine Spur darin aufgefunden. Das mittlere Glied der hiesigen Kreide, der Grünsand, sei dagegen reichlich damit versehen und das häufige Vorkommen der Turritellen im Aachener Sand, dem untersten (vorzugsweise pflanzenführenden) Gliede unserer Kreide, sei um so auffallender, als dieser Sand sehr arm an thierischen Petrefacten überhaupt sich erweise. In den ‚von ihm und Herrn Winkler im Eisensand zahlreich aufgefundenen, durch die Art der Versteinung in Eisenoxyd aber meist sehr unkenntlichen Bruchslücken liefsen sich vorzugsweise Turritella quadricincta Goldf., T. sexlineata Roemer, T. nodosa Roem., T. Hagenowiü? Goldf., T. Noeggerathiana Goldf., T. = er = Eichwaldiana Goldf. und wohl auch T. multilineata Müller unterscheiden. Ein einziges von Herrn Dr. Müller als Turritella Buchiana Goldf. bestimmtes Exemplar, von Herrn Winkler aufgefunden, mache das Vorkommen einer fünften Art wahrscheinlich. Es sei indefs zu vermuthen, dals bei besserer Erhaltung wohl die meisten Turritellen des Grünsandes auch im Eisensande sich wür- den nachweisen lassen. Herr d’Omalius d’Halloy theilte hierauf folgende von ihm verfafste Brochüren über verschie- dene geologische Gegenstände mit: 1. Notice sur le gisement et Vorigine des depots de minerais, d’argile, de sable et de phtanite du condros. 2. Notes sur la succession des etres vivants. 3. Notes sur les dernieres revolutions geologiques, qui ont agite le sol de la Belgique. Er knüpfte an die erste derselben folgenden Vortrag : Je crois ä cause de la circonstance que la section a visite des gites metalliferes des environs d’Aix-la-Chapelle, pouvoir donner une analyse succincte de l’une de ces brochures ou je cherche ä demontrer que les sables, les argiles et les phtanites (Kieselschiefer), qui accompagnent les minerais de fer, de zinc et de plomb, dans les pays situes entre l’Escaut et la Roer, ont une origine analogue ä celle de ces minerais, c’est-ä-dire qu’ils ont ete &jacu- les de Vinterieur. J’invoque a l’appui de cette opinion la eirconstance que la plupart des amas de sable et d’argile qui se trouvent dans des creux ou filons ne presentent pas de siratification reguliere, mais que les differentes modifications de couleur ou de nature y sont disposees comme si elles avaient ete injustees l’une dans l’autre. La stratificalion ne se remarque dans ces malieres que quand elles s’etendent dans des bassins plus considerables et par consequence dans les portions de ces depöts, que l’on peut considerer comme plus Eloigndes des eaux par lesquels ces matieres ont ete amendes ä la surface. Herr Geheimerath Nöggerath nahm hierauf das Wort und hielt einen ausgeführten Vortrag über die Entstehung der Galmei-Lagerstätten am Altenberge und in der Umgegend von Aachen. Er brachte zahlreiche Beweise für die Bildung derselben auf nassem Wege bei und sprach namentlich seine Meinung dahin aus, dafs heifse Mineralquellen dabei vorzugsweise ihre Thä- tigkeit und die Production des zinkhaltigen Absatzes bewirkt haben würden. Bei seiner Betrach- tung zog er vielfach das Vorkommen des Galmeis in dem oberschlesischen Muschelkalk mit in Rücksicht. Ungeachtet der verschiedenen Gebirgsformationen, in welchen die rheinischen Zink- lagerstätten einerseits und die von Oberschlesien andererseits vorkommen, glaubte er dennoch jene metallischen Bildungen als wesentlich gleichartig in ihrer Genesis betrachten zu müssen. Herr Geheimerath Nöggerath verlas hierauf ein Schreiber des Geheimen Bergrathes Professor Bischof aus Bonn über die Glimmerbildung auf nassem Wege. *) *) Eine Unpässlichkeit raubte mir‘ das Vergnügen, an der Versammlung der Naturforscher in Aachen Theil zu nchmen; den» ich war genöthigt, gerade zu dieser Zeit eine Kaltwasserkur zu gebrauchen. Auf meiner Reise ‚o o Statt dieses Schreibens theilt die Redaction nachstehenden, auf ihren Wunsch von Herrn Ge- heimen Bergrath Bischof im März 1. J. eingesandten, durch neuere Beobachtungen bereicherten Aufsatz mit. ’ Da, so viel mir bekannt, nur das einzige Beispiel zu Garpenberg in Schweden vorliegt, wo man die Bildung des Glimmers auf künstlichem Wege wahrgenommen hat : so ist daraus zu schliefsen, dafs ganz besonders günstige Bedingungen eintreten müssen, wenn dieses Fossil künstlich gebildet werden soll. In den Schlackenhalden beim Schlosse Garpenberg, die vom Rohstein-Schmelzen herrühren, welches vor mehr als hundert Jahre im Brauche war, findet sich dieser künstliche Glimmer in Drusenräumen der Schlacken in sechsseitigen Prismen. Er hat alle physikalischen Merkmale des natürlichen Glimmers; jedoch in seiner chemischen Zu- sammensetzung weicht er von allen bisher analysirten Glimmerarten sehr bedeutend ab *). Er enthält nach Mitscherlich's Analyse 6, 23 Prozent Kalkerde, einen Bestandtheil, der in diesen Fossilien meist gänzlich fehlt und da, wo er sich findet, noch nicht 4 Prozent erreicht; dage- gen beträgt das Kali in ihm weniger, als in irgend einer Glimmerart; er enthält nur 1,05 Pro- zent davon, während der an Kali ärmste Glimmer immer noch 4 Prozent und der Lepidolith aufserdem noch Lithion in seiner Mischung hat. Doch dieser Zusammensetzung wegen stehe ich nicht an, dieses auf künstlichem Wege gebildete Fossil wirklich für Glimmer zu halten und um so weniger, da auch die gewöhnlichen Glimmerarten in ihrer Zusammensetzung aufserordentlich schwanken. Es mag wohl noch Niemand eingefallen sein, an der Bildung jenes Glimmers in den Schlacken von Garpenberg auf feuerflüssigem Wege zu zweifeln, da doch ohne Widerrede die Schlacken selbst auf diesem Wege entstanden sind. Gleichwohl lassen sich einer solchen Vorstellung Ein- wendungen entgegen stellen. Die Drusenräume, in denen der Glimmer zu Garpenberg vorkommt, mufsten früher vorhanden gewesen sein als ihre Einschüsse. Sollten die Wände dieser Räume schon erstarrt gewesen sein, ehe die Bildung des Glimmers Statt gefunden hätte, so hätte derselbe nicht aus einer geschmolze- nen Masse hervorgehen können, es sei denn, dafs in den Blasenräumen, gleichwie in einem Schmelztiegel, eine solche Masse, welche nothwendiger Weise leichtflüssiger, als die der er- in eine solche Anstalt besuchte ich einige Punkte in den Umgebungen des Laacher See’s, die mir von frühe- ren Zeiten her wegen eigenthümlichen Vorkommens von Glimmer bekannt waren, und ich nalım auch Gele- genheit, da mich mein Weg über Aschaffenburg führte, die Verhältnisse des dortigen so klassischen Glim- mers in Augenschein zu nehmen. Meine Beobachtungen konnte ich mit den herrschenden Ansichten der Bil- dung des Glimmers nur auf feuerflüssigem Wege nicht in Einklang bringen, Ich nahm daher Veranlassung, von Aschaffenburg aus einige Bemerkungen gegen diese Ansicht meinem verehrten Freunde und Collegen Nöggerath mit der Bitte brieflich mitzutheilen, dieselben in einer Seetionssitzung zur Kenntniss der Versamm- lung bringen zu wollen, dem zu entsprechen er die Güte hatte, Die verehrliche Redaction sprach gegen mich den Wunsch aus, dass dieser Vortrag im amtlichen Berichte nicht wegbleiben möchte, Mit Vergnügen ent- spreche ich diesem Wunsche und habe noch Einiges hinzuzufügen mir erlaub', GB, *) Jern-Kont, Ann, 1826. X, B, p. 156. starrten Wände hätte sein müssen, noch eingeschlossen geblieben wäre. Nehmen wir dies auch an, obgleich die Glimmerarten meist sehr strengflüssig sind, so hätten doch gewils so geringe Mengen geschmolzener Massen, aus denen nur zwei bis drei Linien grofse Glimmerblättehen entstanden wären, innerhalb der schon erstarrten Wände der Blasenräume auch bald erstarren müssen. Gerade aber der Umstand, dafs es bis jetzt noch nicht gelungen ist, aus geschmolze- nen Massen Glimmer künstlich zu bilden, obwohl auf diese Weise Augite dargestellt worden sind, läfst schliefsen, dafs der Glimmer, wenn seine Bildung auf feuerflüssigem Wege überhaupt möglich ist, nur bei einer noch viel langsameren Abkühlung entstehen kann. Wollte man sich etwa vorstellen, dafs der Glimmer in der noch flüssigen Masse der Schlacken in den Umgebungen der Drusenräume sich gebildet hätte und durch die noch weichen Wände derselben eingedrungen wäre, so müfste man die Spuren eines solchen Durchbruches wahr- nehmen und es müfsten die Glimmerblättchen von der Schlackenmasse wie von einer Haut um- geben erscheinen. Kurz, wir mögen uns die Sache denken, wie wir wollen, immer stofsen wir bei der Annahme einer feuerflüssigen Bildung jenes Garpenberger Glimmers auf Schwierigkei- ten, welche nicht aus dem Wege geräumt werden können. Die Bildung des Glimmers in diesen Drusenräumen auf nassem Wege läfst sich dagegen auf feststehende Analogien gründen. Ich glaube annehmen zu können, dafs es in diesem Augen- blicke keinen Geologen oder doch wenigstens keinen Chemiker mehr geben werde, der an einer Bildung der Fossilien in den Blasenräumen der Mandelsteine, der Basalte etc. auf feuer- flüssigem Wege glaubt. Findet man, wie gar nicht selten, namentlich in den Einschlüssen der Mandelsteine, noch die Infiltrations-Oeffnungen, durch welche die Gewässer eingedrungen sind, so kann man an einer Bildung auf nassem Wege eben so wenig zweifeln, als es Jemand einfallen wird, eine solche Bildung bei den Tropfsteinen in den Kalkhöhlen in Abrede stellen zu wollen. Seit länger als hundert Jahren waren die Schlackenhalden beim Schlosse Garpenberg den eindringenden Meteorwassern ausgesetzt; der Betrieb der dortigen Kupfergruben reicht sogar bis in’s zwölfte Jahrhundert hinauf. Diese Gewässer sickerten durch die Schlacken, zersetzten dieselben mit Hülfe ihres atmosphärischen Sauerstoff- und Kohlensäuregases allmälig und kamen mit Erden, Alkalien etc. beladen in die Drusensäume. Man kann nicht fragen, wie konnten sich diese Stoffe in den Drusenräumen absetzen; denn gerade die Bildung der Zeolithe, des Amethysts, des Kalkspaths etc. m den Drusenräumen der Mandelsteine zeigt die wirkliche Bildung durch Infiltration. Finden wir aber z.B. im Chabasit, der in Blasenräumen von Mandel- steinen vorkommt, Kieselsäure, Thonerde, Kalkerde und Kali, finden wir im Kirwanit, den man in Drusen von basaltarligem Gestein antrifft, eine sehr bedeutende Menge Eisenoxydul: so ha- ben wir in diesen beiden Zeolithen, bis auf die Magnesia, dieselben Bestandtheile, wie im Gar- penberger Glimmer. Konnten aber diese Zeolithe durch Infiltration gebildet werden, wie kann man denn an einer ähnlichen Bildung von Glimmer zweifen? — Doch wohl nicht, weil die Magnesia, welche ein Bestandtheil in diesem ist, in jenen Fossilien wie in den Zeolithen über- haupt fehlt; denn diese Erde gehört ja zu den ganz gewöhnlichen Bestandtheilen unserer Quell- wasser? — Genug, alle Bestandtheile des Garpenberger Glimmers und aller Glimmerarten des Mineralreichs, selbst die Flufssäure und das Lithion finden wir in Quellwassern; an Material zur Bildung dieser Fossilien fehlt es daher nicht. Man mufs nur den Muth haben, an eine Bil- dungsart zu denken, die freilich von derjenigen abweicht, welche, seitdem man fast Alles durch das Feuer erklären will, die Herrschaft sich angemafst hat, die sich aber auf Analogien stützt, welche der angenommenen Bildung des Glimmers auf feuerflüssigem Wege fehlen. Es wird gewifs eine Zeit kommen, wo es unbegreiflich erscheinen wird, wie man sich so sehr sträuben konnte gegen die Bildungsart des Glimmers und anderer Fossilien auf nassem Wege, einer Bildungsart, der wir überall begegnen und sie mit unseren Augen verfolgen können, wenn die- selben nur nicht durch Vorurtheile geblendet sind. Am Leilenkopf, ungefähr eine halbe Stunde Wegs von Brohl am Rhein entfernt, in der Nähe des Dorfes Nieder-Lützingen, ein Schlakenkegel, der aufgeschlossen ist durch eine grofse Sand- grube, wird man überrascht, Glimmer manchmal in zollgrofsen Täfelchen zwischen den Rapillis zu finden, deren deutliche geneigte Schichtung zeigt, dafs sie ohne Zweifel aus einem derma- len zerstörten Krater ausgeworfen worden und auf einer schiefen Ebene hinabgerollt sind. Diese Rapilli haben einen meist so losen Zusammenhang, dafs man sie mit den Fingern von einander absondern kann; blofs mit Ausnahme einzelner dazwischen liegender vulkanischer Bomben und gewundener Schlacken. Jeder Gedanke, dafs jene Glimmertäfelchen und Blättchen mit den Ra- pillis aus dem Krater geworfen worden und auf der schiefen Ebene hinabgerollt seien, mufs entfernt werden; denn Glimmertäfelchen, welche aus einer gröfseren oder geringeren Zahl der zartesten und feinsten Blättchen bestehen und einen nur sehr geringen Zusammenhalt haben, welche man nur schwierig mit den Fingern herausziehen kann, ohne dafs sie sich zwischen denselben zertheilen und zerbrechen, hätten im Herabrollen mit ihren groben Begleitern, mit den Rapillis, sich zu den kleinsten Blättchen, wie man sie etwa im bunten Sandsteine findet, zertheilen müssen. Die Glimmertäfelchen scheinen also zwischen den Rapillis an den Stellen, wo wir sie finden, gebildet worden zu sein. Ist aber unter diesen Umständen an eine Bildung auf feuerflüssigem Wege zu denken? — Wollte man auch den höchst unwahrscheinlichen Fall annehmen, die Masse, woraus die Rapilli entstanden sind, sei wie Lava ausgeflossen, so mufste die Erstarrung jedenfalls sehr schnell von Statten gegangen sein, da wir in der Regel keine kristallisirten Fossilien darin finden, sondern nur formlose schlackige Massen. Ist aber anzuneh- men, dafs unter diesen Umständen Glimmer, ein Fossil, entstanden sei, von dem man annimmt, dafs es sich nur bei einer sehr langsamen Erstarrung bilden könne? — Wäre nicht zu vermuthen, dafs sich weit eher Augit, selbst Feldspath (Labrador) gebildet haben würde, als Glimmer, oder dafs wenigstens dieser mit anderen kristallisirten Fossilien in Gesellschaft vorkäme? — Mir er- scheint es als ein unumstöfslicherBeweis, dafs Glimmer, wenn er in irgend einer vulkanischen Masse als einziges selbsiständiges Fossil auftritt, während die Elemente zur Bildung anderer Fossilien (Augit, Labrador etc.) vorhanden sind, von späterer Bildung sein müsse. Ist aber Glimmer später gebildet worden, so bleibt kein anderer als der nasse Weg übrig, wenn man nicht annehmen will, dafs, nachdem die Rapilli gebildet waren, das vulkanische Feuer wie ein Deus ex machina wieder erschienen sei und die Massen aufs Neue gebraten habe. Indefs selbst dann, wenn man eine solche Metamorphose auf feuerflüssigem Wege vorausseizen wollte, so a 1 würde wiederum nicht zu begreifen sein, warum nicht auch andere kristallisirte Fossilien sich gebildet hätten, sondern nur einzig und allein Glimmer. Die Elemente zur Bildung von Augit und Labrador waren gewils eben so gut wie die des Glimmers vorhanden. Ein herabgefallener Block lose zusammenhängender Rapilli zeigt besonders lehrreiche Er- scheinungen. Auf seiner Oberfläche findet man unzählige Glimmertäfelchen im Gemenge mit einem weilsem Fossile, welches häufig nur als ein Anflug erscheint. Die Prüfung mit Salzsäure zeigte, dafs es kohlensaurer Kalk ist. Die Säure löset unter Aufbrausen den kohlensauren Kalk auf und läfst die Glimmerblättchen zurück. Kaum dürfte es einem Ultraplutonisten selbst von der extremsten Richtung einfallen, diesen kohlensauren Kalk für eine ursprüngliche plutonische Bildung zu halten; denn das leidige Steckenpferd, der Druck, welcher in der Glühehitze die Kohlensäure zurückgehalten haben soll, versagt hier seinen Dienst. Als die Vulkane des Laacher See’s thätig waren, war die Atmosphäre gewifs von derselben Beschaffenheit wie heut zu Tage; denn wir finden die Auswürflinge auf tertiären Bildungen auf- gelagert. Es hat aber nicht die mindeste Wahrscheinlichkeit, dafs in einer Zeit, der eine Or- ganisations-Periode schon lange vorher gegangen war, ein ungeheurer Atmosphären-Druck geherrscht habe; es ist wenigstens nicht denkbar, dafs unter einem solchen Drucke, der die Kohlensäure in dem glühenden Kalke hätte zurückhalten können, Pflanzen und Thiere, den heutigen ähnlich, zu leben und zu gedeihen im Stande gewesen wären. Noch weniger kann man aber annehmen, dafs die Rapilli selbst, ausgeworfene und lose aufeinander gehäufte Mas- sen, einen Druck hätten ausüben können. Kurz, es kann nicht im Mindesten bezweifelt werden, dafs jener kohlensaure Kalk eine spätere Bildung sei. Ich war geneigt, diesen kohlensauren Kalk für ein Zersetzungsprodukt des Augits oder La- bradors zu halten, besonders da ich auf dem benachbarten Herchenberge in einer erst vor eini- gen Jahren eröffneten Sandgrube Rapilli fand, welche einen weifsen Ueberzug hatten, der mit Säuren stark brauste, während die nicht entblöfsten Rapilli davon frei waren; denn dieser Ueber- zug kann nur als ein Zerseizungsprodukt solcher Fossilien betrachtet werden, welche, wie Augit und Labrador, Kalksilicate enthalten. Allein bei einem späteren Besuche des Leilenkopf fand ich in einer mittlerweile eröffneten Sandgrube die Rapilli mit Löfs, der stark mit Säuren brausie, bedeckt und in demselben die bekannten knolligen und nierenförmigen Concretionen (Mergel- kinder, Löfskindehen etc.) Die unter diesem Löfslager befindlichen Rapilli hatten meist an ihrer unteren Seite einen stark brausenden Ueberzug, der ohne Zweifel von der kohlensauren Kalk- erde im Löfs herrührte, welche von den Tagewassern aufgelöfst und auf den Rapillis wie- der abgesetzt wurde. Es ist daher wahrscheinlich, dafs der zwischen den Glimmerblättchen auf dem vorhin beschriebenen Block befindliche kohlensaure Kalk einen ähnlichen Ursprung habe. Wie dem aber auch sein mag, so viel ist gewifs, dafs zwischen den Glimmerblättchen Gewässer geflossen sind, und konnten dieselben kohlensaure Kalkerde absetzen, so konnten sie auch metamorphische Wirkungen hervorbringen. Auch die in Eisenoxydlıydrat und in. Thon gänzlich zersetzten Schlackenmassen, die sich an manchen Stellen in, mit der Schichtung paralle- len Streifen durch die Rapilli hindurchziehen, geben Zeugnifs von Umwandlungen auf nassem Wege. Wenn nun der Glimmer zwischen den Rapillis auf dem Leilenkopf weder mit denselben aus- 32 u MD) geworfen, noch durch eine Metamorphose auf feuerflüssigem Wege gebildet worden sein kann, so ist nur an eine Entstehung desselben durch einen Umwandlungsprozefs auf nassem Wege zu denken. Blum *) beschreibt einen Augit (sogenannten Fassait aus dem Fassathale), welcher eme Um- wandlung in Glimmer unzweifelhaft zeigt. Liegt daher die Möglichkeit vor, dafs kristallisirter Augit einer solchen Umwandlung fähig ist, so kann auch nicht an einer Umwandlung einer formlosen augilischen Masse, wie wir sie in den Rapillis finden, gezweifelt werden. Die Glimmertäfelchen und Blättchen, welche sich, jedoch nicht sehr frequent, in den soge- nannten vulkanischen Bomben und in den oft seilförmig gewundenen blasigen Schlacken am Leilenkopf finden, können eben so wenig, wie der Glimmer zwischen den Rapillis, während der Erstarrung dieser vulkanischen Massen entstanden sein. Diese schwammigen und blasigen Schlacken tragen so ganz das Gepräge einer raschen Erstarrung, dafs man durchaus nicht begrei- fen könnte, wie gerade der Glimmer unter diesen Umständen sich gebildet haben sollte. Es sind Schlacken, ganz ähnlich denen unserer Schmelzhütten, wenn die Abkühlung sehr rasch erfolgt, oder den Schlacken der Schmiedefeuer, oder den schlackigen Massen, welche man beim Schmelzen von Basalt, Trachyt etc. in dem oberen Theile des Schmelztiegels erhält. Da die Aehnlichkeit zwischen diesen Kunstprodukten und jenen vulkanischen Schlacken so sehr grofs ist, so sind wir vollkommen berechtigt, auf eine gleiche Bildungsart, d. h. bei letzteren auf eine eben so schnelle Abkühlung, wie bei ersteren zu schliefsen. Hätte sich daher in den natürlichen Schlak- ken Glimmer auf plutonischem Wege bilden können, so wäre nicht einzusehen, warum sich dieses Fossil nicht auch in den künstlichen bilden sollte. Aufser dem oben angeführten Glimmer zu Garpenberg, der keineswegs für eine Bildung auf feuerflüssigem Wege spricht, kennt man aber kein zweites Beispiel eines Vorkommens von Glimmer auf künstlichen Schlacken. Auf dem Herchenberg fand ich den Glimmer nicht zwischen den Rapillis, aber ebenso, wie am Leilenkopf, in den schwammigen Schlacken und in den vulkanischen Bomben, jedoch gleich- falls nur selten. Das Brausen mit Salzsäure zeigte sich hier nur bei einigen der letzteren, an denen der kohlensaure Kalk schon aus dem weilsen Ueberzuge zu erkennen war. Einige der gröfseren vulkanischen Bomben, welche ich zerschlagen habe, waren auf den Bruchflächen sehr merklich feucht. Deutlich sah man, wie sich diese Feuchtigkeit, den Sonnenstrahlen zugekehrt, verflüchtigte. Auch hieraus ergibt sich, wenn man es nicht schon längst wüfste, wie selbst die diehteren Gesteine vom Wasser durchdringbar sind, und wie sie es auch bei trockenem Wetter in sich bewahren können; denn es hatte, als ich jene Bombe zerschlug, seit vier Tagen nicht geregnet. Kann man, wenn man solche längst bekannte Erscheinungen berücksichtigt, an der Realität chemischer Umwandlungs-Prozesse in den Gesteinen auf nassem Wege zweifeln? Das Agens sehen wir hier vor Augen; das Feuer aber, welches plutonische Metamorphosen, wenig- stens im vorliegenden Falle, hätte bewirken können, ist eine leere Vermuthung. Freilich wird man manchmal nach Jahrhunderten, ja selbst nach Jahrtausenden noch keine auffallenden Ver- änderungen, keine neuen Bildungen von Fossilien auf nassem Wege wahrnehmen. Was sind ®) Nachtrag zu den Pseudomorphosen des Mineralreichs S, 30. _ DS — aber Jahrhunderte und Jahrtausende gegen die langen Zeiträume, während welcher jene Rapilli, vulkanische Bomben etc. den meteorischen Einflüssen Preis gegeben waren? Bedenkt man, dafs mit dem Wasser die beiden mächtigen Agentien der Atmosphäre, Kohlensäure und Sauerstoff, in das Innere der Gesteine dringen, und dafs diese beiden es eigentlich sind, welche zersetzen und zu Umwandlungen Anlafs geben : so wird Niemand läugnen, dafs Metamorphosen auf nas- sem Wege vollständig begründete Erseheinungen, dagegen plutonische Metamorphosen nur Ver- muthungen sind. Schon der Umstand spricht für jene und gegen diese, dafs die Agentien bei jenen immer gegenwärtig sind, während das Agens bei diesen, die Wärme, wenn man auch in manchen Fällen ihre Gegenwart beweisen könnte, nothwendig in ihren Wirkungen abnehmen und endlich ganz verschwinden mufs. Von diesem Glimmer auf Schlacken vom Herchenberge sandte ich von zwei derselben abge- löste Quantitäten meinem Freunde, Herrn Professor Bromeis in Hanau, der bekamntlich früher eine Analyse eines ähnlichen Glimmers auf einem Auswürfling des Vesuv’s ausgeführt hatte, *) mit der Bitte, auch diesen zu analysiren. **) Anbei theile ich die Resultate dieser Analyse mit und füge die eines thonerdehaltigen Augits aus dem Augitporphyr vom Zigolonberge im Fassa- thale zur Vergleichung bei. Glimmer Augit nach nach Bromeis. Bromeis. Kudernatsch. EUR) 50,09 Ihnnendesi- ck Sala ae ech een 6:09 71,41 4,39 Mae asian hralmat een Lüitls.sirn nee: he 13,93 EISEN Ey ah Berner ne rcdaskrtneermnedgee rel) 40,59 13,34 Eisenoxydul 11,16 Balkerlespitssn- ass nee et ee uurte 0,64 20,53 ag Snalsiäterarolersieretle.a gehe iTheTer erre aan brewere 9,86 Daitonesc ls ade erraten sub seine 1,35 Warsemsik snieh- ar dee seneeteeee a 3,40 100,47 100,00 100,10 Diese beiden Glimmer, wovon wegen Mangel an Material die Analyse des zweiten nicht voll- ständig ausgeführt werden konnte, zeigen, wie die Thonerde, der im Kali- und Lithion-Glimmer so prädominirende, im Magnesiaglimmer so ziemlich nahe in gleichen Verhältnissen auftretende Bestandtheil sehr bedeutend herabgehen kann; denn die geringste bisher in Glimmer gefundene Menge dieser Erde beträgt immer nech 12 Prozent. Es ist aber von ganz besonderem Interesse, dals ein Glimmer, wie der auf jenen Schlacken vorkommende, welcher wahrscheinlich aus einer augilischen Masse hervorgegangen ist, so wenig Thonerde und kaum mehr, als die thon- *) Poggendorff’s Annal., B. LV, S. 112. #*) Ich habe mir die Aufgabe gestellt, ınehrere durch Metamorphosen entstandene Glimmer theils selbst zu ana- Iysiren, theils von chemischen Freunden analysiren zu lassen. Die Resultate dieser Analysen werde ich in meinem Lehrbuche der chemischen und physikalischen Geologie mittheilen. erdehaltigen Augite enthält. Die Vergleichung der Bestandtheile der beiden obigen Glimmerarten mit denen des Augits zeigt überhaupt, wie wenig bedeutende chemische Veränderungen hin- reichen, um diesen in jene umzuwandeln; denn es braucht blos die Kalkerde des Augits durch Magnesia und Alkalien verdrängt zn werden, und man erhält die Mischung jenes Glimmers sehr nahe. Durch Versuche habe ich gezeigt, dafs kieselsaure Kalkerde durch kohlensaure Magnesia und durch kohlensaure Alkalien auf nassem Wege zerlegt werden, so dafs kohlensaure Kalkerde und kieselsaure Magnesia und kieselsaure Alkalien entstehen *). Ein thonerdehaltiger Augit braucht also blos mit Gewässern fortwährend in Berührung zu kommen, welche kohlensaure Magnesia und kohlensaure Alkalien enthalten, und es wird diese Zersetzung nach und nach von Statten gehen. Diese kohlensauren Salze kommen aber so häufig in Quellwassern vor, dafs man sich ohne die mindeste Schwierigkeit denken kann, wie solche Gewässer durch Rapilli, welche augitische Massen als Gemengtheile enthalten, sickernd, nach und nach die Kalkerde des Augits fortführen und Magnesia sowie Alkalien an ihre Stelle setzen und dadurch eine Umwandlung in Glimmer bewirken können. Dieselben Gewässer, welche die Magnesia und die Alkalien zufüh- ren, werden gleichzeitig die gebildete kohlensaure Kalkerde fortführen. Ein Analogon eines solchen Zersetzungsprozesses bietet die Fabrikation des Salmiaks dar : man filtrirt eine Lösung von kohlensaurem Ammoniak durch Gyps; beide Salze tauschen ihre Bestandtheile gegen ein- ander aus, es entsteht schwefelsaures Ammoniak, welches vom abfiltrirenden Wasser fortgeführt wird und kohlensaurer Kalk bleibt zurück. Der Umstand, dafs mit der Umwandlung des Augits in Glimmer nothwendig eine Ausschei- dung von Kalkerde verknüpft ist, hat mich zuerst zu der Vermuthung geführt, dafs der kohlen- saure Kalk, welcher den Glimmer in den Rapillis des Leilenkopfes so frequent begleitet, ein solches Zersetzungsprodukt sei. Es ist aber wahrscheinlicher, dafs die geringen Mengen koh- lensaurer Kalkerde, welche sich bei dieser Umwandlung ausscheiden, von den Gewässern gänz- lich aus dem Bereiche des Umwandlungsprozesses geführt werden. Denjenigen Geologen, welche nahe liegende, auf chemische Gesetze basirte Erklärungen von Erscheinungen verschmähen und durch Feuer, durch heifse Dämpfe und Gase, durch Druck u. s. w. Alles erklären wollen, ohne sich aber um chemische Verwandtschaftsgesetze zu bekümmern, will ich folgendes Räthsel zu lösen geben. Beim Erhitzen des Glimmers von den Schlacken des Herchenberges in einer gläsernen Retorte erhielt ich ein ammoniakalisches Wasser von brenz- lichem Geruche. Bromeis erhielt dasselbe gleichfalls bei der Analyse des ihm gesandtien Glim- mers. Dieses Ammoniak rührt ohne allen Zweifel von zersetzten organischen Ueberresten her, die im Glimmer enthalten waren. Sollten jene Geologen wohl im Ernste glauben, dafs diese Ueberreste ursprünglich in den Schlacken vorhanden gewesen seien und der Zersetzung durch das vulkanische Feuer widerstanden hälten, während dieselben in gelinder Destillationshitze zer- setzt werden? — Müssen sie von einer solchen widersinnigen Erklärung abstehen, so bleibt ihnen keine andere Annahme übrig, als dafs diese organischen Ueberreste erst nach der von ihnen vorausgesetzten plutonischen Bildung des Glimmers zugeführt worden seien. Schwerlich #) Geologie B, II, S. 420 und 489, u ac = 3 = werden sie jedoch dafür einen anderen, als den wässerigen Weg finden. Können nun aber Ge- wässer solche Stoffe in das Innere oder auch nur zwischen die einzelnen Blättchen führen, so setzt dies ein Eindringen wässeriger Flüssigkeiten voraus, und dann ist es eben so gut zu be- greifen, wie Gewässer auch die augitischen Massen durchdringen und Austausche zwischen unorganischen Bestandtheilen bewirken und so die augitischen Substanzen in Glimmer umwan- deln konnten. Da alle Meteorwasser, welche die Dammerde durchdringen, sich mit organischen Ueberresten beladen, so kann es gar nicht befremden, wie solche Gewässer, wenn sie Um- wandlungen im Mineralreiche durch Austausche zwischen unorganischen Stoffen hervorrufen, auch das Organische absetzen. Nachdem durch den Besuch des Leilenkopfs und des Herchenbergs meine Aufmerksamkeit auf das erwähnte eigenthümliche Vorkommen des Glimmers gerichtet worden war, nahm ich noch zwei Stellen der dortigen Gegend in Augenschein, welche ähnliche Verhältnisse zeigten. In der Sandkaule am Fufse der Kunksköpfe, gegen Wassenach, findet sich in den Rapillis selten Glimmer. Schlackige Massen, welche darin eingeknetet sind, enthalten aber viele und schöne tombakfarbene Glimmertäfelchen. Hier und da trifft man auch Efilorescenzen von kohlen- saurer Kalkerde als weifsen Beschlag auf der Oberfläche gröfserer Kugeln. In der Nähe der Bucht an der östlichen Seite des Laacher See’s sind die basaliischen Ge- steine mit zahlreichen Glimmerparthien, welche sonst im See lagen, durch das seit einigen Jahren eingeleitete theilweise Ablassen desselben trocken gelegt worden, so dafs sich dort eine reiche Fundgrube für den Mineraliensammler eröffnet hat. Dieses Gestein findet man auf einer langen Strecke in grofsen und kleinen Blöcken, wovon manche so reich mit oft zollgrofsen Glimmertafeln durchwachsen sind, dafs die Grundmasse ganz zurückgedrängt erscheint. Unmit- telbar neben den Blöcken dieses Gesteins finden sich andere eines sehr dichten Basalts, der aber keinen Glimmer enthält. An der identischen oder wenigstens sehr ähnlichen Zusammensetzung beider Gesteine ist wohl nicht zu zweifeln. Woher kommt es nun, dafs das erstere so reich an Glimmer ist, das letztere nichts davon enthält? — An der Erstarrungszeit könnte es, sofern der Glimmer ein primäres plutonisches Produet wäre, nicht liegen; denn es wäre zu vermuthen, dafs das dichtere Gestein langsamer erstarrte, als das minder dichte. Dieser Umstand, welcher der plutonischen Bildung des Glimmers entgegensteht, ist gerade in völliger Uebereinstimmung mit seiner späteren Entstehung aus der augitisch-labradorischen Grundmasse; denn je dichter die Gesteine, desto schwieriger dringen die Gewässer ein. Erfolgte übrigens diese Umwandlung auf nassem Wege, woran gewils nicht zu zweifeln ist : so ist es klar, dafs die Bedingungen dazu in Gesteinen, die während einer langen, sehr langen Periode unter Wasser gelegen ha- ben, in hohem Grade gegeben sind. Sie lagen gleichsam in der Beitze und es ist der Umstand nicht aus dem Auge zu verlieren, dafs an mehreren Stellen des See’s Kohlensäuregas aus dem Wasser in einzelnen Blasen aufsteigt. Lagen jene Gesieine etwa in der Nähe einer solchen Kohlensäure-Exhalation, so enthielt das Seewasser an dieser Stelle gewils bei weitem mehr Kohlensäure, als die Meteorwasser. Sofern daher in diesen Gesteinen Glimmer- und Kalkspath- Bildung coordinirte Erscheinungen sind, so ist leicht zu begreifen, wie |die Begünstigung des einen dieser Prozesse auch eine Begünstigung des andern herbeiführen könne. Schon vor vielen Jahren hatte ich das Wasser des Laacher See’s analysirt und darin die Bestandtheile der vielen Mineralquellen in den Umgebungen desselben, jedoch in viel geringerer Menge als in diesen gefunden. Unter diesen Bestandtheilen waren kohlensaure Alkalien die vor- herrschenden. Das Vorkommen des Glimmers in jenen basaltischen Blöcken veranlafste mich, dieses Wasser noch einmal zu analysiren und zu prüfen, ob in den früher gefundenen kohlensauren Alka- lien kohlensaures Kali neben kohlensaurem Natron vorhanden sei. Jenes Alkali liefs sich mit aller Bestimmtheit darin nachweisen. Hier haben wir also ein Wasser, welches die Stoffe, kohlen- saures Kali und kohlensaure Magnesia, die zur Verdrängung der Kalkerde im Augit erforder- lich sind, enthält. Wenn nun in einem solchen Wasser Basalte mit ihren Augiten und ihrer augitischen Grundmasse seit langen Zeiträumen gelegen haben, wenn eine Umwandlung des Augits in Glimmer zu den Möglichkeiten gehört, und Umwandlungen dieser Art nur auf nassem Wege von Statten gehen können : so bin ich der Meinung, dafs nichts näher liege, als die Annahme, dafs jener Glimmer im basaltischen Gesteine des Laacher See’s ‘wirklich durch einen solchen Umwandlungsprozefs entstanden sei und um so mehr, da auch der kohlen- saure Kalk, welcher sich hierbei bilden mufste, in dem Wasser dieses See’s in reichlicher Menge aufgelöfst ist, und da eine sorgfältige Analyse von Augiten, die im See gelegen hatten, die Gegenwart von Alkalien nachgewiesen hat. Doch ich breche ab, weil das Nähere über diese Glimmerbildung einer besondern Untersuchung, womit mein Sohn und ich beschäftigt sind, vor- behalten bleibt. Ausführlicher hiervon werde ich jedoch schon in der nächsten Lieferung meiner Geologie sprechen. Ich verliefs die Umgebungen des Laacher See’s, voll von Glimmer-Ideen und steuerte nach Aschaffenburg, um das dortige so ausgezeichnete Vorkommen des Glimmers in Augenschein zu nehmen. Es'sei mir erlaubt, nur einige wenige Beobachtungen, ‘die ich dort gemacht habe, hier mitzutheilen. ; In einem der dortigen Gneifs-Brüche, wo, wie überall, wo ich anstehenden Gneifs fand, die Schichten fast senkrecht stehen, waren die Schieferungsflächen, nachdem ich mehr als Fuls grofse Tafeln abgelöfst hatte, überaus feucht. Dieser Umstand erschien mir natürlich für die Möglichkeit einer Metamorphose auf nassem Wege sehr günstig, da bekanntlich zwischen den Schieferungsflächen die Gewässer viel leichter eindringen, als quer durch dieselben. In einer Stufe fand ich in einem Quarze einen mikroskopisch feinen Sprung. Nachdem ich den Quarz herausgelöfst hatte, fiel er in zwei Theile und auf den Bruchflächen zeigten sich äufserst dünne Glimmerblättchen. Dafs dieser Sprung erst nach der Erhärtung des Quarzes ent- standen ist, leidet keinen Zweifel; der Glimmer mufs daher später eingedrungen sein. Die Ultraplutonisten werden dies für sehr natürlich halten, da der Glimmer viel leichtflüssiger als Quarz ist. Abgesehen aber davon, dafs man Glimmertäfelehen von starker Papierdicke findet, welche mitten im Quarze stecken, und dafs dieser, wie ein Keil, dickere Tafeln auseinander ge- trieben hat, so müfste doch jener Glimmer, wenn er zwischen die Bruchflächen des zersprun- genen Quarzes eingedrungen wäre, dünnflüssiger als das dünnflüssigste Metall gewesen sein; denn ich zweifele sehr, dafs z. B. dünnflüssiges Blei in eine solche Spalte, die gewils noch nicht einen Zwischenraum läfst, im welchem Postpapier Platz fände, eindringen könnte. Wäre 4 i = 9 — aber der Gneifs je in einem so dünnflüssigen Zustand gewesen, dafs der Glimmer in eine solche Spalte des Quarzes hätte eindringen können, so hätte die ursprüngliche Schichtung desselben völlig verschwinden müssen. Einige meiner geologischen Freunde, mit denen ich hinsichtlich der Bildung des Glimmers durch Umwandlungsprozesse auf nassem Wege in lebhaftem Wortwechsel oft gerathen bin, schlossen gewöhnlich, zwar nicht mit dem bekannten Ausspruche des Cato, wohl aber mit der Frage : „ob denn der Glimmer in den Laven des Vesuvs auch eine solche Bildung sei.“ Ich blieb die Antwort schuldig, weil ich nicht wufste, dafs ein nur etwas aufmerksames Durchlesen des Vesuvs von Monticelli und Covelli schon hinreichend ist, diese Frage dahin zu beantworten, dafs dieser Glimmer kein Erstarrungsprodukt sein könne. Diese treflichen Forscher theilen über das Vorkommen des Glimmers in den vulkanischen Auswürflingen des Vesuvs von den Jahren 1821, 1822 und 1823 Folgendes mit : Die Laven von 1821 bestanden aus Leuzit, Augit und Glimmer. In denen vom 26. Februar 1822 fanden sich, aufser Augit, Leuzit, Olivin (2) und Parthien von schwärzlichem Bimstein, welche mit der Lava zusammen gewachsen waren, Glimmer in schwarzen, stark glänzenden Blättchen. In den Laven vom Oktober 1822 fanden sie neben Leuzit, conglomeratartigen Zusammenhäu- fungen von Leuzit und Brocken von Augitkristallen, Bruckstücke von bräunlichem, glänzendem Glimmer. In dem Sande, welcher am 26. und 27. Februar 1822 vom Vesuv ausgeworfen worden, fan- den sich Blättchen-Fragmente von glänzendem, schwärzlichem Glimmer. Die verschiedenen Bruchstücke oder Brocken, welche bis zu einer Entfernung von zwei Meilen vom Krater ge- schleudert wurden, enthielten gleichfalls, neben Leuzit und Augit, Glimmer, aber nur in geringer Menge, aufserdem jedoch Glimmerblättchen und sechsseitige Säulen. Nicht minder fanden sich im feinen Sande, der bis zu bedeutenden Entfernungen rings um den Krater getragen worden, Trümmer von Glimmer. Auch in den Aggregaten, welche vom Vesuv ausgeworfen worden sind, fand sich Glimmer. So in Kugeln von 4 bis 1”/, Fufs Durchmesser, welche aus festen, granitarlig verbundenen Bruch- slücken von Augit und grünem Glimmer bestanden, und in Lavabrocken, meist im verglasten Zustande, in deren Zwischenräumen röthlich-gelber Glimmer in den dünnsten und glänzendsten Blättchen in Menge vorhanden war. Da alle diese vulkanischen Producte bald nach ihrem Auswurfe und ihrer Erstarrung unter- sucht wurden, so ist eine spätere Bildung des Glimmers nicht anzunehmen. Es bleibt daher nur die Alternative, dafs dieses Fossil entweder im Krater präexistirt habe und mit den übrigen Produeten blos ausgeworfen, oder dafs es während der Erstarrung der vulkanischen Massen er- zeugt worden sei. Bruchstücke von Glinmer, wie sie sich in den Laven vom Oktober 1822 fanden, können unmöglich für eine Bildung während der Erstarrung sprechen; sie deuten entschieden auf eine Präexistenz und Zertrümmerung während des Aufsteigens und Ausfliefsens. Glimmerblätichen, ohne wohl er- haltene Kristalle zu zeigen, können eben so wenig für eine Bildung in der erstarrenden Lava —_ 156 — beweisen. Dafür scheinen aber die zarten Kristalle in den Höhlen der Lavastücke zu sprechen, welche deutliche Spuren einer abermaligen Feuereinwirkung zeigen. Es ist jedoch zu bedauern, dafs Monticelli und Covelli gerade in der Beschreibung dieser Lava etwas unbestimmt sind. Was endlich den Glimmer im Sande betrifft, so dürften wohl die hartnäckigsten Vertheidiger vulka- nischer Bildungen, während der Erstarrung vulkanischer Massen, seine Präexistenz nicht bezwei- feln. Monticelli und Covelli schliefsen selbst aus ihren Beobachtungen, dafs ein Theil dieses Sandes aus dem Lavatiegel hervorgegangen sei. „Die fadenförmigen, borstenartigen und bauchi- gen Theilchen zeigen ganz unmwidersprechlich, dafs sie im flüssigen Zustande in die Luft ge- worfen und schnell abgekühlt worden sind.“ Niemand wird aber wohl behaupten wollen, dafs während einer so schnellen Abkühlung auf der Reise durch die Luft Glimmer sich hätte bilden können! — Aber sehr bemerkenswerth ist, dafs selbst bis zu einer Entfernung von zwei Meilen vom Krater sechsseitige Glimmersäulen geschleudert worden sind und ihre Form bewahrt haben, obwohl der feinkörnige Sand, welcher Glimmerblättchen-Fragmente enthielt, „den Ursprung von festen Körpern zeigte, welche durch das beständige Aneinanderreiben mittels der unaufhörlichen Thätigkeit der elastischen Flüssig- keiten in Staub zermalmt wurden.“ Der Glimmer, welcher in den genannten vulkanischen Producten von den Jahren 1821 bis 1823 zu Tage gekommen ist, zeigt also nichts, was entschieden auf seine Bildung während der Erstarrung dieser Massen deutet. Man mufs sich also wohl hüten, aus dem Vorkommen von Fossilien in den Feuerproducten der Vulkane unbedingt auf ihre Bildung auf feuerflüssigem Wege schliefsen zu wollen. Herr Obermedizinalrath Jäger sprach hierauf über fossile Schildkröten in dem Süfswasserkalk von Steinheim und Canstadt. Er bemerkte zuerst, dafs die Süfswas- serkalke Würtembergs sehr verschieden in Absicht auf die organischen Einschlüsse seien und dafs unter denselben der von Steinheim am reichsten an untergegangenen Arten von Säuge- thieren, Fischen und Mollusken sei, zu welchen nun auch Ueberreste von zwei specifisch ver- schiedenen Schildkröten in Folge der vorgelegten Randschildknochen hinzugekommen. Die der einen Art zeigen grofse Aehnlichkeit mit denen der Chelonia caretta, und Dr. Jäger nannte. sie daher Chelonia carettoides; die andere Art ist durch platte und dünne Randschildknochen aus- gezeichnet und erhielt den Namen Chelonia Steinheimensis, indem nach der Ansicht des Red- ners die Form derselben mehr der der Chelonia sich anschliefse, worüber er sich jedoch die nähere Auseinandersetzung für die von ihm beabsichtigte Beschreibung vorbehält, indem er vorerst der von Herrn H. von Meyer geäufserten Ansicht, dafs die Schildkröten-Ueberreste von Steinheim nicht einer Chelonia, sondern einer Emys angehören, nicht theilen könne. — Dies scheint jedoch von einem Bruchstück des Oberarmknochens einer Schildkröte zu gelten, welches in einer Höhle des Süfswasser- oder vielmehr Mineralwasser-Kalks bei Canstadt gefunden wor- den war und zwar mit Geweihstücken und Knochen des Edelhirsches, des Stieres, Pferdes und einzelnen Knochen des Rhinoceros tichorrhinus und des Bibers., Der Oberarmknochen selbst ist a — dem der europäischen Schildkröte sehr ähnlich und Dr. Jäger bezeichnete daher die fragliche Schildkröte mit dem Namen Emys canstadiensis. Während somit diese Schildkröte in Begleitung der dem Diluvial- oder älteren Alluvial-Boden gewöhnlichen Säugeihiere vorkommt, schliefst der Süfswasserkalk von Steinheim namentlich Ueberreste von Paleontheriun, einem dem Rhino- ceros mirutus nahe stehenden Nashorn und mehrere Arien von Paleomeryz ein. Die letztere Gallung scheint auch in der Molasse Oberschwabens vorzukommen, in welcher auch einzelne Knochen gefunden wurden, welche vielleicht einer Schildkröte zuzuschreiben waren, die vor- läufig durch den Namen Tesiudo molassicw unterschieden werden könnte. Das von Herrn Ober- medizinalrath Jäger vorgezeigte Knochenbruchstück schrieb dagegen Herr Hermann von Meyer einem Säugelhiere zu, was Herr Obermedizinalrath Jäger vorerst unentschieden läfst, da er deutlichere Belege für das Vorkommen einer Schildkröte in der Molasse Oberschwabens seiner Zeit mittheilen zu können hofft. Derselbe bemerkt ferner, dafs er unter den in dem Diluvialboden von Canstadt schon im Jahre 1709 aufgefundenen Säugethier-Ueberresten Bruchstücke von Mittelfufsknochen und meh- rere Phalangen einer Hirschart gefunden habe, welche dem Rennthier oder einer demselben sehr nahe verwandten Hirschart zugehören. Eben so fand sich in demselben Boden ein Bruch- stück einer Rippe und ein Lendenwirbel eines Murmelthiers, der mit allen seinen zarten Fort- sätzen erhalten war und also nicht aus gröfserer Enifernung an diese Stelle geschwemmt wor- den sein konnte. Das vereinzelie Vorkommen der Ueberresie zweier Säugethiere, von welchen das eine dem äufsersten Norden, das andere den Hochalpen Europas zugehöre, sei allerdings auffallend , indefs doch aus den früheren Verhältnissen der Gegend erklärlich. Sie hing durch ausgedehnte Wälder eben so mit dem hohen Norden, wie mit den Gebirgen Tyrols und der Schweiz zusammen oder war wenigstens durch weit geringere Zwischenräume offener und be- wohnter Länder gelrennt. Die Wanderung der Säugeihiere aus einer Gegend in die andere war daher in jener Zeit viel mehr erleichtert oder wenigstens zeitweise ihr Verbreitungsbezirk viel gröfser. Es sei doch selbst innerhalb des letzten Jahres in Würltemberg nicht blos ein Wolf erlegt worden, der ohne Zweifel aus den Vogesen den Weg in die Enz- und Neckar-Gegenden gefunden habe, sondern auch auf der Würtembergischen Alp ein sehr grofser Luchs, wovon seit 100 Jahren kein Beispiel aufgezeichnet sei. Wenn nun jetzt noch trotz der vielen Hinder- nisse, welche diesen Thieren bei ihrer Wanderung entgegen standen, diese in so bedeutende Entfernungen ausgedehnt werden, so möchte dies in früheren Zeiten noch viel mehr der Fall gewesen sein, in welchen diese Wanderungen wenigstens in einzelnen Jahren durch die Ueber- einstimmung der localen und klimatischen Verhältnisse mit denen der ursprünglichen Heimath eben so begünstigt waren, wie dies in noch höherem Grade bei den Vögeln auch jetzt noch der Fall sei, von welchen man in Süddeutschland in heifsen Sommern schon die in Afrika ein- heimischen Flamingos, wie im Winter einzelne dem höchsten Norden angehörige Enten gese- hen habe. Auf den Vortrag des Herrn Obermedizinalraths Jäger enigegnete Herr Hermann von Meyer, dafs, was die Schildkrötenreste beireffe, er in dem Knochenfragmente aus der Molasse von 33 — 33 — Baldringen nicht Schildkröten, sondern Säugethiere erkenne und dafs die Ueberreste von Stein- heim und Canstadi nicht zu Cheloria, vielmehr zu den Emyden gehören. Er habe überhaupt aus den Molassegebilden Deutschland’s und der Schweiz, wozu auch Baldringen und der Süls- wasserkalk von Steinheim zu rechnen sei, nichts untersucht, woraus auf Meerschildkröten ge- schlossen werden könne. In Betreff der von Herrn Jäger von Steinheim angeführten Reste von Antilopen müsse er ferner bemerken, dafs diese Annahme wohl nur auf einer unrichligen Be- stimmung der Zähne beruhe. Es sei ihm gelungen, nach vereinzelnen Zähnen zu entscheiden, ob der Wiederkäuer Geweihe oder Hörner getragen oder ob er zu Moschiden gehöre. Dadurch habe er gefunden, dafs es gar nicht wahrscheinlich sei, dafs Ueberreste von hörnertragenden Wiederkäuern, zu denen die Antilopen gehören, aus den Molassegebilden Deutschlands und der Schweiz vorliegen; was er von diesen Antilopen-Zähnen selbst zu untersuchen Gelegenheit ge- habt, habe sich als Cervus oder Pal@omeryx, ein Moschidengenus, herausgestellt. Herr van Laer zeigte sodann ein eigenes Vorkommen von Steinkohle an der Ruhr vor, näm- lich ein Stück Kohle, welches auf dem Bruch eigenthümliche concentrische Ringe hatte und es erhob sich hierauf die Frage, ob diese Ringe die Folge einer eigenthümlichen Contraction oder ob sie organischen Ursprungs seien. Der Vorsitzende erklärte diese Erscheinung in den Stein- kohlen schon seit langer Zeit auch aus anderen Niederlagen des Inflammabils zu kennen. Man war allgemein geneigt, dieselbe nicht für ein organisches Gebilde zu halten. Die Sitzung wurde schon um 11 Uhr geschlossen, worauf die Mitglieder der Section mit den übrigen Theilnehmern an der Exeursion nach dem Altenberge zu gemeinsamer Fahrt zusammen traten. Das grofse Galmeilager vom Altenberg (vieille montagne) liegt zwei Stunden von Aachen, auf dem kleinen, zwischen Preufsen und Belgien ungetheilten Landesgebiete, welches gewöhn- lich das neutrale Gebiet genannt wird. Die naturforschenden Freunde fuhren in einer bedeuten- den Anzahl Wagen dahin. Bei der Ankunft an dem Werke erschollen Böllerschüsse so zahlreich hinter einander, als wollten sie nicht endigen. Der Director des Werkes, Herr Saint Paul de Sincay, empfing und führte die Gäste zunächst zu dem grolsartigen Tagebaue, einer ungeheu- ren offenen Aushöhlung unter der ehemaligen Oberfläche, entstanden durch die Gewinnung des Galmei’s, welche hier seit einer Reihe von Jahrhunderten geführt und noch immer sehr lebhaft fortgesetzt wird. Im Innern dieser Aushöhlung oder grofsen Pinge hielt der lange Zug der Na- turforscher in der Begehung still. Herr Oberbergrath von Carnall nahm das Wort und hielt einen höchst belehrenden Vortrag über die räumlichen Verhältnisse, die Art der Einlagerung und die technischen Beziehungen der Lagerstätte, aus welchem sich ergab, dafs dieselbe noch sehr grofse und mächtige Reichthümer von Galmei in sich schliefst. Herr Geheime Bergrath Nöggerath reihte daran einige Bemerkungen über die Entstehung dieser Lagerslätie; er behaup- tete ihren neptunischen Ursprung und bezog sich dabei auf einen anderen umsiändlichen Vor- trag, den er zu Aachen in der Sectionssitzung über denselben Gegenstand gehalten hatte. —. 59 — Hierauf wurde nun die nähere Besichtigung der mauerartig sich erhebenden Wände von reinem Galmei und die Bearbeitung derselben vorgenommen. Wie die Gesellschaft endlich aus der Tiefe der Pinge herausgetreten war, erfolgte auf ein gegebenes Signal die Abbrennung einer grolsen Anzahl zum Sprengen im Galmei gebohrter Löcher. Der Effekt dieser nicht auf einmal, sondern in kurzen Intervallen nach eimander erfolgenden Sprengschüsse, verbunden mit dem Aufliegen der dadurch gelösten Galmeimassen in der Pulverdampfwolke war imposant; die dumpfen Töne erschallten fremdartig aus dem Grunde der tiefen Pinge. Noch wurde die Besich- tigung der Massen, welche die Galmeilagerstälte begränzen, vorgenommen, die Vorräthe des bereits gewonnenen reichen Zinkerzes untersucht, die Hüiten-Anlagen nach der ganzen Reihen- folge der Vorrichtungen und Manipulationen zur Darstellung des Zinkmetalles in Augenschein genommen. Darauf lud der erste Direcior des riesigen Werkes, Herr Saint Paul de Sincay, die Gäste zum Mahle ein. In einem geschmackvoll und reich decoririen Zelte, welches zu die- sem Zwecke errichtet war standen drei Reihen Tische; die miltlere derselben war mit herr- lichen Sinfen alles Vorkommens am Altenberg bedeckt und zu Geschenken an die Gesellschaft bestimmt; die beiden seitlichen Tafelreihen waren auf das Geschmackvollste geziert und reich- lich mit kostbaren Speisen besetzt, die besten Weinsorten flossen in Fülle. Ein aufgestelltes Musikchor erhöhte noch die Freude des Mahles. Her Geheime Bergrath Nöggerath brachte der Gesellschaft des Altenberges und deren Directoren in der gewohnten launigen und geistreichen Weise einen Toast, worin alle Anwesenden freudig einstimmten. Herr Director de Sincay brachte dann den deutschen Naturforschern in den wärmsten und begeistertsten Ausdrücken ein „Hoch“ aus und Herr Professor Wiebel liefs die rheinischen freundlichen Berggeister, den Gehei- men Bergrath Nöggerath und Oberbergralh von Carnall hoch leben. Diesen Toasten reihten sich noch viele andere an und die freudigste Stimmung herrschte überall. Erst gegen Abend nahm die Gesellschaft Abschied von den freundlichen Bewirthern und Alle stimmten darin überein, dafs dieser Tag einer der lehrreichsten und schönsten gewesen sei, welche sie je bei einer Versammlung der Naturforscher verlebt hätten. Bei der Abfahrt nach Aachen ertönte abermals ein Lebehoch der Gesellschaft de la grande calamine, und es hallten die Schläge einer Batterie weit in die Berge. 4. SITZUNG. Freitag, den 24. September. Präsident : Herr Professor Wiebel. Herr Geheime Bergrath Nöggerath legte eine von Herrn Dr. Leube in Ulm eingesandte Ab- handlung über die Kristalle im Tafelglase von Dr. H. Reinsch vor und bemerkte, dafs bereits vor einem halben Jahre in Bonn solche Gläser von Herrn Vopelus aus Sulzbach bei Saar- brücken gezeigt worden seien. Die bereits anderwärts gedruckte Abhandlung wurde der Ver- sammlung vorgelesen und dieselbe überzeugte sich durch Betrachtung solcher von Herrn Dr. Leube mitgeiheilten Gläser unter dem Mikroskope von der ausgezeichneten Schönheit dieser Kristallbildungen. Herr Geheime Bergraih Nöggerath sprach sodann über die Braunkohlen, welche auf der Hardt bei Pützchen unfern Bonn in einem neu eröflneten Betriebsfelde gewonnen werden. Diese Braunkohle verändere ihre ursprüngliche Natur an der Atmosphäre in einer sehr merkwürdigen uud auffallenden Weise. Nicht die ganze Gewinnung dieses Lagers, sondern etwa ein Drittel der Förderung unterliege jener Veränderung; die übrigen zwei Drittel blieben unver- ändert. Die in Rede stehende Veränderung bestehe aber darin, dafs aus gewöhnlichem glanz- losem bituminösem Holze beim Austrockenen an der Luft nach und nach die allerschönste Pech- kohle mit vollkommen muscheligem Bruche und dem charakteristischen Fettglanze, wobei zugleich die braune Farbe in eine vollkommen schwarze sich verkehre, hervorgehe. Es könne die Er- scheinung nur in einer wesentlichen chemischen Veränderung der Kohle an der Luft ihren Grund haben. Sie wäre um so merkwürdiger, als sie in anderen entfernteren Theilen derselben Lagerstälte früher niemals beobachtet worden sei und auch an anderen Localitäten, z. B. am Meifsner in Hessen, wo die Pechkohle gewonnen wird, diese schon völlig ausgebildet in der Erde lagere und ihre Eigenschaften daher schon gleich bei der Gewinnung besitze. Das bitu- minöse Holz von der Hardt, welches erst beim Eintrocknen zur Pechkohle werde, unter- scheide sich im noch feuchten Zustande in keiner Weise von jedem anderen gewöhnlichen bi- tuminösen Holze, welches dieser Umwandlung an der Luft nicht unterworfen sei. Der Vortragende machte zugleich auf die grofse technische Wichtigkeit der vortreflliichen Hardter Pechkohle aufmerksam und hielt somit den Fund nicht blos wissenschafilich, sondern auch von der indu- strielle Seite von Bedeutung. Herr Dr. Bleibtreu legte eine Anzahl frischer sowohl wie bereits umgewandelter Braunkoh- lenstücke vor, indem er sein Bedauern aussprach, dafs noch keine genügende Reihe von Ver- suchen vorliege, um darauf jetzt schon mit einiger Sicherheit eine Erklärung dieser auffallen- den Umwandlungs-Erscheinung begründen zu können. Was er der Versammlung mitzutheilen hätte, das beschränke sich lediglich auf einige Analysen der bereits umgewandelten Kohle, Ueber den Prozefs der Umänderung selbst liefsen sich zur Zeit nur Hypothesen aufstellen. In Ermangelung eines Besseren möge ihm denn auch dieses gestatiei sein; die Hypothese sei ja der Ausgangspunkt der Forschung, zumal für die geologische Abiheilung, die in so vielen Fäl- len den Weg einschlagen müsse, von dem Gewordenen und Fertigen zurückzugehen auf das Werdende, auf den Grund und die Ursache des Werdens. Der Beobachtung der Thatsache, dafs die gewöhnliche Braunkohle durch Austrocknen an der Luft in Pechkohle umgeändert wird, hälte unmittelbar die Muthmafsung nahe gelegen, dafs hier eine Einwirkung des Sauerstoffs der Luft, ein Oxydalionsprozefs, Statt finde, dafs also einfach eine Wirkung des Sauerstofls auf ein in der Braunkohle enthaltenes bituminöses Oel, eine Ver- harzung desselben erfolge. Eine Bestäligung des einen Theils dieser Annahme, dafs nämlich in der That eine Sauerstoffabsorbtion Statt finde, sei bereits durch einen Versuch gewonnen worden, der von dem Herrn Geheimen Bergraihe Bischof angestellt wurde. Derselbe habe nämlich einige Stücke frischer Braunkohle, die er selbst an Ort und Stelle der Grube eninom- En a. men in eine Flasche gebracht, durch deren Kork er, in der Absicht zu beobachten, ob etwa eine Kohlensäure-Entwickelung Statt habe, eine gebogene Glasröhre führte, die er im einer Vorlage in Kalkwasser tauchte. Als er nach einiger Zeit nachsehen wollte, ob eine Trübung des Kalkwassers erfolgi sei, habe er die Vorlage leer gefunden, indem das Kalkwasser sämmt- lich in die Flasche hinübergetreten und anstatt einer Gasentwickelung im Gegentheil eine Ab- sorbtion der die Kohlenstücke umgebenden Lufi erfolgt war. Durch wiederholte Versuche hätte Herr Bischof noch ferner bestäligt, dafs wirklich eine Sauerstofl-Aufnahme Statt finde und zwar merkwürdiger Weise, dals durch die Kohle der Luft in einer geschlossenen Flasche die Hälfte ihres Sauerstoffes entzogen würde, gerade eben so viel, als der Luft in einem geschlossenen Raume durch einen brennenden Körper bis zum Momente des Erlöschens entzogen wird. In einem Widerspruche mit dieser Beobachtung habe ein anderer Versuch gestanden, der gleichfalls von Herrn Bischof angestellt wurde. Es habe sich nämlich ein Stückchen Kohle, unter die Glocke der Lufipumpe gebracht, in einigen Tagen in Pechkohle verwandelt. Fortgesetzten umfassenden Versuchen, bemerkte Dr. Bleibtreu weiter, müsse die Lösung die- ses Widerspruchs vorbehalten bleiben. Derselbe möge nur als ein scheinbarer Widerspruch anzunehmen sein, wenn man bedenke, dafs einmal unter der Glocke der Luftpumpe nur ein lufiverdünnter Raum sei und dafs vielleicht die noch vorhandene Menge Sauerstoff hinreiche, das kleine Stückchen Kohle zu metamorphosiren; ferner wenn man berücksichlige, dafs die Kohle vor dem Unterbringen unter die Glocke schon eine gewisse Zeit der Luft ausgesetzt war, also die Möglichkeit vorhanden war, dafs sie schon diejenige Quantität Sauerstoff aufgenommen halte, die zur theilweisen oder gänzlichen Umbildung in Pechkohle nöthig ist, dafs also nur noch eine zweite Bedingung, das Austrockenen zur Vollendung der Metamorphose hinzuzukommen brauchte. Die Schnelligkeit der Einwirkung der Atmosphäre auf die Braunkohle lasse sich schon aus der auffallenden Farbenveränderung ermessen, die ein frisch gehauenes Stück Kohle an der Luft erfährt. Die frische Bruchfläche sei Anfangs hellbraun, oft sogar von ganz heller holzarti- ger Färbung; im Verlaufe mehrerer Minuten aber werde die Farbe dunkeler und dunkeler, bis sie endlich ganz in’s Dunkelbraune oder Schwarze übergegangen. Es sei nun wahrschein- lich, dafs der Sauerstoff mit gewissen Bestandtheilen der Kohle eine bestimmte chemische Ver- dung eingehe. Welcher Complex der Kohlenbestandtheile dies aber sei, wie der Hergang dieses Prozesses, von welcher Natur die Producte desselben, dies Alles sei noch durch weitere Beobachtungen und Versuche zu erforschen. Er habe vorhin seine Vermuthung ausgesprochen, dafs ein in der Kohle enthaltenes Erdöl in einen harzarligen Zustand übergehe. Schon die blofse Anschauung eines Stückes umgewandelter Kohle rede dieser Annahme das Wort. Auf dem Län- _ genbruche, wo man auf die Zellenwände der Holzstructur sehe, sei kein Glanz wahrzunehmen; in hohem Grade aber sei dies der Fall auf dem Querbruche, wo man in die Zellen hineinsehe. Es sei also nicht die Substanz der die Zellen bildenden Holzfaser, welche die Veränderung erlitten hälte, sondern ein in diesen Zellen selbsi enthaltener Bestandtheil. Je vollständiger die Zellen entwickelt wären, je deutlicher die Holzstructur, um so deutlicher trete die eben bezeichnete Verschiedenheit der Bruchflächen hervor. Sie sei vorzugsweise bei den Stücken gröfserer Baum- slämme zu bemerken, deren Jahrringe noch zu erkennen; bei solchen Stücken hingegen, wo = m = die Holzfaser nicht so vollständig ausgebildet wäre, also bei den jüngeren Stämmen und bei den Stücken, welche zunächsi der Rinde den Splint der Baumstämme ausmachten, zeige sich keine Verschiedenheit der Bruchflächen ; die leizteren bildeten eine vollkommen gleichmälsige, harzarlige, in jeder Richtung muschelig brechende Masse. Jede dieser beiden Varietäten von Pechkohle habe er der Analyse unterworfen. Diejenige Sorte, deren Holztextur und Jahrringe noch deutlich wahrzunehmen, bestehe aus : 65,4 Procent Kohlenstoff, DT Wasserslof, 26,7 5 Sauerstoif (nebst einer Spur Schwefel) , 22%, Asche, 109,0. Die andere Varietät, eine gleichmälsig glänzende Masse bildend, bestehe aus : 64,27 Procent Kohlenstoff, 550755 Wasserstoff, 289% Sauersioff (nebst einer äufserst geringen Spur Schwefel), 1240 5 Asche, 109,09. Auch in diesen Analysen scheine eine Besläligung dafür zu liegen, dafs die Sauersioff-Ab- sorbtion nicht von der schon ausgebildeten Holzfaser (oder, da von Braunkohle die Rede, von der dieser entsprechenden secundären Form) ausgegangen sei. Die mehr holzartige Kohle habe nämlich einen um mehrere Procente geringeren Sauerstoffgehalt, als die andere Varietät; es möge also bei jener ein grölserer Theil unverändert geblieben sein. Es würde unnülz sein, aus den Ergebnissen der mitgetheilten Analysen eine Form für die Constitution der organischen Substanzen herausrechnen zu wollen, da man es hier offenbar mit mehreren neben einander stehenden Verbindungen zu thun habe, deren gegenseiliges Ver- hälteifs noch unbekannt sei. Der Weg der weiteren Erforschung wäre also, diese verschiede- nen Verbindungen von einander zu trennen und zu untersuchen, ob und welchen Antheil eine jede an der fraglichen Umwandlung nehme. } Die in den Zellen enthaltene Substanz wäre durch Lösungsmittel, wie Aeiher, Alkohol, äthe- rische Oele u. dgl. auszuziehen; es wären die Einwirkungen, welche atmosphärische Luft und andere Oxydationsmiltel darauf üben, zu verfolgen und die Natur der erscheinenden Producte zu untersuchen. So einfach dies mit der bereits umgewandelten Kohle geschehen könne, so schwierig sei es durch Anwendung dieses Verfahrens auf die frische Kohle sichere Anhalts- punkte zur Vergleichung und zur Erkenntnifs der Stufenfolge fraglichen Umbildungsprozesses zu gewinnen. Gerade die rasche Einwirkung des Sauerstoffs der Atmosphäre würde der Erfor- schung des ursprünglichen Zustandes der Braunkohle, wie sie in dem noch nicht angegriffenen Flötz sich befindet, hinderlich im Wege stehen. Und doch scheine der eben angedeutete Weg der einzige, auf dem ein Resultat zu erreichen, welches zur Erkenninifs des in Rede ste- henden Umwandlungsprozesses führen könne, einer Erkenninifs, die um so mehr zu wünschen stehe, da sie vielleicht einen Standpunkt gewähre, von dem uns ein Blick zurück in das Wesen . [9 — 163 — der Braunkohlenbildung überhaupt, vielleicht auch noch ferner zurück — in die Entstehungs- geschichte der Steinkohle — gestaltet sein möge. Herr Geheimerath Mitscherlich sprach auf die Bitte des Herrn Dr. Bleibtreu seine Ansicht aus, wie wohl am zweckmäfsigsten die ferneren Versuche zur Erklärung dieser Erscheinung einzuleiten wären, worauf Herr Professor von Klipstein noch die Beobachtung anführte, dafs die in der Gegend von Giefsen am Vogelsberg schon als Pechkohle vorkommende Braunkohle durch Austrocknen einen noch weit compaeteren Zustand annehme. Herr Braun, Director der Gesellschaft für Zink- und Bleigewinnung zu Corphalie, jetzt Di- rector am Altenberg, sprach hierauf über die Zinklagerstälten an der Maas, mit spezieller Darstellung des Erzlagers von Corphalie bei Huy (Provinz Lüttich). Das Längenthal, in welchem die Maas zwischen Huy und Chokier fliefst, befindet sich im Thonschiefer und scheint gröfstentheils durch Auswaschung gebildet zu sein. Dieser Thonschie- fer ist dem unteren (oder mittleren?) devonischen Kalkstein aufgelagert und bildet die Unter- lage des Berg- oder Kohlenkalkes, auf welchen dann das Steinkohlengebirge folgt. Das allgemeine Streichen der Schichten ist östlich und westlich und ihr Einfallen meist süd- lich, so dafs die an der Maas zu Tage ausbeifsenden Schichten ein widersinniges Einfallen haben und (wie es das Profil Fig. 1 zeigt) die älteren Schichten den jüngeren aufgelagert er- scheinen. Alle dem Steinkohlengebirge vorausgehenden Schichten, die auf dem Profil angegeben sind, gehören dem „terrain anihrazifere“ des Herrn Dumont an und sind von ihm mit folgenden Namen bezeichnet worden : 1> Sysieme quarzo-schisteux inferieur, 2. Systeme calcareux inferieur, 3. Systeme quarzo-schisteux superieur, 4. Systeme calcareux superieur (Bergkalk). Von diesen erwähnten Ablagerungen interessirt uns zunächst die letzte, der Bergkalk, denn in ihm und auf seiner Grenze mit dem Steinkohlengebirge treten die sämmtlichen Zinklager- stätten des Maasthales auf. Dieser Kalkstein bildet zwischen Huy und Chokier das linke Maasufer; seine Schichten erhe- ben sich steil (60—70°%) aus dem Thale bis zu einer Höhe von 4A0—45 Lachter. Seine ganze Mächtigkeit ist ungefähr 150 Lachter (300 metres) und zerfällt in zwei Abtheilungen. — Die _ hangende (ihrer Bildung nach ältere) Abtheilung besteht aus einem Bittererde haltigen Kalk- stein, von theils feinkörnigem, theils grobkörnigem kristallinischem Gefüge, dann und wann in kristallinischen Dolomitsand zerfallend; die liegenden (jüngeren) Schichten bestehen aus dich- tem, leichtgrauem oder bläulichem Kalkstein. Die zunächst folgenden (also ältesten) Schichten des Steinkohlengebirges sind ein feinkör- niger Sandstein von 1 bis 2 Meter Mächtigkeit, der jedoch oft ganz verschwindet und in des- sen Liegendem folgt der 20—30 Meter mächtige Alaunschiefer und dann der gewöhnliche kohlige > _ % 1 — Schieferthon mit Sandsteinschichten wechsellagernd und von drei Kohlenflötzen begleitet, die mehr oder weniger bauwürdig sind und eine magere Sinterkohle liefern. Diese in genelischem Sinne liegenden Flötze sind durch mehr als 200 Lachter (400 metres) mächtigen Kohlenschiefer und Sandstein von den nächstfolgenden Flötzen getrennt, die ebenfalls noch zur unteren Abthei- lung des Steinkohlengebirges gezählt werden. Die bedeutendsten der erwähnten Zinkerzlagerstätten finden sich nun als liegende Stöcke auf der Grenze des Bergkalkes und des Steinkohlengebirges, einige kleinere aber zwischen dem dichten Kalkstein und dem Dolomit. Jede dieser Lagerstälten entspricht einer mehr oder minder bedeutenden Haupiverwerfung der Schichten und ist von einer Menge Klüfte und Gänge oder Gangtrümmer begleitet, die den Kalkstein durchsetzen, häufig erzführend sind und sich in ihrem Streichen meist der Hauptkluft nähern. Auch diese ist, wo sie den Kalkstein durchsetzt, meist erzführend, aber nie im Koh- lengebirge, wo sie sich nur als Verwerfungskluft verlängert. Die bis jetzt in dem bezeichneten Revier zwischen Huy und Chokier bekannten Lagerstätten sind, wenn wir Maasaufwärts gehen : die von der Gesellschafi des Neuenbergs (mowvelle mon- tagne) bei Engis bebauten, die der Gesellschaft des Grofsenbergs (grande monlagne) gehörigen, aber noch wenig aufgeschlossenen bei Flone, und endlich die am längsten in Betrieb stehenden Lagerstälten von Corphalie. Die Lagerungsverhältnisse und Zusammensetzung sind analog, bei Flone scheinen jedoch die mit den liegenden Stöcken in Verbindung stehenden Klüfte mehrere Verwerfungen zu bilden und den Haupterzreichihum zu enthalten. Die Felderstreckung, Mächligkeit und Niedergehen der liegenden Stöcke ist sehr verschieden. Das ‚‚Gite du dos“ bei Engis und die beiden Stöcke von Corphalie scheinen die grölste Aus- dehnung zu haben. Die Ausfüllungsmassen dieser liegenden Stöcke sind in oberer Teufe : Sand, Lehm, Leiten, Eisenstein und Galmei, wie im Stolberger Revier; in tieferer Sohle : Thon, Galmei, Bleiglanz, Schwefelkies und Blende; letztere Erze sind besonders am Liegenden (in Berührung mit dem Steinkohlengebirge) vorherrschend. Das ‚‚Gite du dos“ ist bis jetzt nur auf eine geringe Teufe ausgerichtet, die unedelen Aus- füllungsmassen, Thon, Sand und Dolomit, sind bis dahin ungemein vorwaltend, doch hat man einzelne edele Mittel von sehr schönem Galmei und am Liegenden eiwas Blende mit Schwefel- kies angehauen. Die westliche Lagerslälte von Corphalie, ,‚Göte S1.-Leonard‘‘, ist auch erst auf wenige Lachter unter der Stollensohle untersucht nd führt bis dahin nur zinkhalligen Eisen- stein und Thon, hie und da etwas Galmei und Bleiglanz. Der östliche oder St. Barbara-Stock ist dagegen bis auf eine Teufe von 22 Lachtern unter der Stollensohle ausgerichtet und in ver- schiedenen Sohlen rings umfahren und durchfahren und hat mir seit einem Jahre Veranlassung zu inlerssanlen Beobachlungen gegeben, die ich hier in Kurzem miltheilen werde. Die Lagerungsverhällnisse des Gite de la Mallieue bei Engis und seine Zusammensetzung scheinen nahe dieselben zu sein, nur enthält der St. Barbara-Stock weniger Schwefelkies und nach der Teufe zu mehr Bleiglanz. — 265 — Ich habe mich bestrebt, in den anliegenden horizontalen und vertikalen Durchschnitten dieses Lager darzustellen und gehe nun zu dessen spezieller Betrachtung über. Der St. Barbara-Stock setzt auf der Grenze des Steinkohlengebirges und des Bergkalkes auf, seine ganze Felderstreckung ist auf der Stollensohle 60 Lachter, seine Mächtigkeit A0, wovon jedoch nur 26 Lachter auf dem bauwürdigen Theile gerechnet werden können, während 12—14 Lachter am Hangenden beinahe ganz mit ‘Thon und Kalksteinblöcken angefüllt sind. Etwas unter der tiefsten Sohle der Arbeiten scheint sich die ganze Lagerslätte ganz auszu- keilen, wenigstens hat man an mehreren Punkten bereits das Ende des bauwürdigen Theils erreicht. Sein Liegendes ist der den Alaunschiefer begleitende Sandstein, sein Hangendes dichter Kalkstein, der jedoch an der Contactfläche durch Dolomit ersetzt ist. — In oberer Teufe ist Thon, Sand und Eisenstein die herrschende Gangmasse, in welcher sich in der Mitte und nach dem Hangenden zu Galmei in Nestern und Trümmern findet, während am Liegenden grauer und brauner Thon mit etwas Bleiglanz vorkömmt. In tieferer Sohle ist Blende und Bleiglanz mit Schwefelkies das vorwaltende Erz; es bildet den liegenden Theil des Stockes, während der hangende Theil in Berührung mit Kalkstein aus Galmei und eisenflüssigem Thone besteht. Der Kalkstein des Hangenden ist in Berührung mit der Lagerstätte zerklüftet und zertrüm- mert; einzelne grofse Blöcke treten in die Lagermasse hinein und bilden sogar gegen die Mitte des Stockes einen Damm, der demselben eine hufeisenförmige Gestalt gibt. Nach der Teufe tritt eine sattelförmige Kalkkuppe östlich am Liegenden in die Lagermasse herein. Die liegende Grenze dieses Erzlagers ist immer sehr scharf durch das Steinkohlengebirge bezeichnet, während die Verbindung mit dem Hangenden durch die Kalkblöcke und zahlreiche in den Kalkstein auslaufende Gangtrümmer sehr innig ist. Der mit dem Hauptlager in Verbindung stehende Gang hat eine südliche Felderstreckung von mehr als 100 Lachtern und scheint der Hauptkluft zu entsprechen, die sich im Stocke selbst etwas östlich herüberzieht und als Verwerfung in das Steinkohlengebirge übersetzt. Dieser Gang streicht eine Stunde und fällt 50—60° nach Westen; er ist häufig in zwei oder mehrere Trüm- mer getheilt, die durch Nebentrümmer wieder in Verbindung stehen. Ein liegendes Trumm scheint sich jedoch nach der Teufe mit einem steileren Einfallen abzuziehen. Das Verhalten dieses Ganges ist jedoch erst über der Stollensohle und bis zu sechs Lachter unter derselben erkannt. Am Liegenden findet sich ein Besteg von gelbem oder braunem Letten, welches sich jedoch häufig mit den Ausläufern des Ganges im Nebengestein verliert. Im Hangenden ist das Erz von einem schwarzen Thon umhüllt, welcher dasselbe vom Nebengestein trennt. Dieses letztere ist meistens, besonders im Liegenden, dolomitisch, wo es mit dem Gang in Contact ist und umschliefst Kalkspathdrusen. Die Gangmasse ist der schon erwähnte schwarze Thon, Dolomit und Kalkspath. Das Erz ist in oberer Teufe und in den liegenden Trümmern eisenschüssiger Galmei, unter der Stollensohle und in den hangenden Trümmern Blende und Bleiglanz Cohne allen Schwefel- kies). In den Klüften des Nebengesteins und in den alten Bauen haben sich Gypskristalle angesetzt, 34 — 166 — die oft die schönsten Kristallgrotten bilden und an die Gypsschloten des Mansfelder ‚Reviers erinnern. Die Schwefelmetalle des Hauptstockes finden sich in grofsen nierenförmigen Gestalten, die von dem die Gangmasse bildenden schwarzen 'Chon umhüllt sind. Diese Nieren sind häufig zer- trümmert, was auf eine spätere Senkung oder Zerrüttung des 'Gebirges hindeutet. Blende, Bleiglanz und Schwefelkies sind in diesen Nieren in abwechselnden concentrischen Zonen angeordnet. Schwefelkies bildet gewöhnlich den innern Kern, über welchem der Blei- glanz in kristallinischen Formen abgelagert ist; die Blende füllt die Zwischenräume dieser For- men aus und umschliefst dieselben in concentrischen Schalen. Sie ist meist ganz dicht und ihre Farbe schmutzig gelb oder leicht braun; es finden sich jedoch braune kristallinisch-strahlige Schalen zwischen dieser dichten gelben Blende und dem Schwefelkies oder Bleiglanz. Die äufsere Rinde der Nieren ist gewöhnlich wieder von Schwefelkies gebildet, der sich auch manchmal in strahligen Zonen zwischen der Blende und dem Bleiglanz findet. Dem Volumen nach herrscht die Blende vor und kann ihr Verhältnifs zu der der Volumina des Bleiglanzes und Schwefelkieses durch die Zahlen 5 : 3 : 2 ausgedrückt werden. Der Schwefel- kies fehlt manchmal gänzlich und dann ist der Kern der Nieren von.Bleiglanz oder von brauner Blende gebildet. Die Anordnung der Schwefelmetalle im Hauptgang ist ähnlich, doch fehlt, wie schon bemerkt, der Schwefelkies. Gewöhnlich sind die Nieren in die Länge gezogen und nur nach einer Seite ausgebildet, also halbe Sphaeroide. Die Längenausdehnung entspricht der Streichungslinie des Ganges, der Kern dem Liegenden der einzelnen Trümmer und die sphaeroidische Oberfläche ist dem Hangenden zugewandt und von der thonigen Gangmasse umhüllt. Der Bleiglanz zeigt meistens eine dendritische Anordnung kleiner oktaedrischer Kristalle nach den Kristallaxen, welche von dichter Blende eingeschlossen sind. Auch finden sich dann und wann gröfsere Bleiglanzkristalle (Oxtaeder und Combinat des Oktaeders und Hexaeders) an der Basis der Nieren. ° Eine äufserst interessante Erscheinung ist das Zusammen-Vorkummen von Blende und Galmei. Der Galmei bildet alsdann entweder die äufsere Schale der Blendefund Bleiglanznieren oder er erfüllt als ein poröses braungelbes Mineral kleine Klüfte und Drusen in der Blende. Im ersteren Falle ıst die Galmeischale meistens durch einen leeren Zwischenraum von der Blende getrennt, ' in welchem die Bleiglanzkristalle unverändert vorkommen. Dieses Zusammen-Vorkommen beobachtet man gewöhnlich auch da, wo die Schwefelmetalle in mälsiger Berührung sind; da also, wo sich kohlensaurer Kalk vorfindet. Es geht hieraus offenbar hervor, dafs dieser Galmei aus der Umwandlung der Blende durch Austausch der elektronegativen Bestandtheile mit Zuziehung von Sauerstoff entstanden ist (eine wahre Epigenie). Aus Schwefelzink und kohlensaurem Kalk hat sich kohlensaures Zink und schwefelsaurer Kalk gebildet. Letzterer ist im Wasser gelöst weggeführt worden, um sich an anderen Punkten in Kristallen wieder abzusetzen. Doch finden sich häufig noch Gypskristalle in und um den erwähnten Galmeischalen, namentlich zwischen dem Galmei und der Blende. Dieses ng 2 we — u — Vorkommen wird überall da beobachtet, wo die Zerklüftung des Gesteins den Zutritt der At- mosphärilien gestattet’ hat, wo also Sauerstoff vorhanden war. Ich will nicht unterlassen, an diesem Orte eine ähnliche Umwandlung von Blende in Galmei zu) erwähnen, die ich) bei Philippeville (Provinz Namur); beobachtet habe. b Der Galmei findet sieh daselbst mit Bleiglanz in. Nestern und Putzen; im Dolomit. Schon in geringer Teufe, namentlich da wo das Gestein weniger zerklüftet, tritt meist Blende an die Stelle des Galmeis. Es zeigt sich nun hier ein ganz allmähliger Uebergang; der Kern der oft nur nufsgrofsen Nester besteht nämlich noch aus unzersetzter kristallinischer Blende, während die Rinde derselben in directer Berührung mit dem Dolomit und Galmei verwandelt ist. Ein dem in Corphalie analoges Vorkommen von Blende und Galmei habe ich in den bei Brilon in Westphalen aufsetzenden Galmeiklüften beobachtet; auch im Stolberger Revier hat man in vielen Lagerstätten, (Herrenberg, Hammerberg etc.) in unterer Teufe Blende aufge- schlossen. Zum Verwechseln ähnlich mit: den Nieren des St. Barbarastockes von Corphalie sind die Erze des im Kreidegebirg aufsetzenden Ganges von Blankenrode bei Stadiberg in Westphalen. Schwefelkies, Bleiglanz und Blende bilden daselbst sich überlagernde concentrische Schalen , wie ich sie eben beschrieben habe. In oberer Teufe findet sich ein schaliger poröser Galmei, ganz dem aus der Zersetzung der Blende in den Corphalier Lagerstätten entstandenen, ähnlich. Eine längst bekannte analoge Zersetzung eines Schwefelmetalls ist die Umwandlung des Schwefelkieses in Brauneisenstein, die sich ebenfalls in Corphalie wie bei Blankenrode beobach- ten lälst. Somit hätten wir nun die Bildung eines Theils des in den Zinkerzlagerstätten vorkommenden Galmeis erklärt, ich mufs jedoch sogleich hinzufügen, dafs ich nur den kleineren Theil allen daselbst anbrechenden Galmeis als auf diese Weise entstanden ansehe. Was die Bildung der liegenden Stöcke oder vielmehr deren Ausfüllung im Allgemeinen be- trifft, so läfst sich dieselbe nur durch Absatz aus Mineralquellen (wahrscheinlich von sehr ho- her Temperatur) erklären. Die, in oberer Teufe mit Thon, Sand und sogar kleinen Geröllen ab- gelagerten Massen von Galmei und Eisenstein deuten schon darauf hin. Diese Mineralquellen enthielten höchst wahrscheinlich das Zinkerz als doppelt kohlensaures Salz gelöst. Wie aber läfst sich die Bildung der Blende, des Bleiglanzes etc. erklären ? Die eigenthümlichen, nierenförmigen, concentrisch schaligen Gestalten deuten offenbar wie- derum auf einen Absatz aus Mineralquellen hin. Schwefelzink, Schwefelblei, Schwefeleisen sind aber unlöslich! In Torfmooren bildet sich dessen unerachtet täglich Schwefelkies und somit können sich wohl auch aus Mineralquellen Schwefelmetalle abgesetzt haben. Höchst wahrschein- lich wurde das Zink und Eisen als lösliche, doppelt kohlensaure Salze, (das Blei als Doppel- salz?) von diesen Mineralquellen aus der Tiefe heraufgeführt und haben sich durch eine che- mische Reaction durch Zusammentreten mit Schwefelwasserstoff oder mit anderen Schwefelver- bindungen — als Schwefelmetalle, Bleiglanz, Blende und Schwefelkies niedergeschlagen. Da wo die Einwirkung des Schwefelwasserstoffes unterblieb, hat sich dennoch Galmei bilden müssen. Auf diese Weise läfst sich auch leicht erklären, warum der Bleiglanz weniger m _— 168 — Galmei, als mit Blende vorkömmt; da jedoch wie bekannt die Affinität des |Bleis zum Schwefel gröfser ist als die des Zinks, so hat sich auch da, wo nur wenig Schwefel disponibel war, noch Bleiglanz mit Galmei bilden können. Ich begnüge mich diese wenigen Andeutungen gegeben zu haben und wünsche, dafs die Herren Chemiker diese Untersuchungen weiter verfolgen und meine Darstellung entweder be- stätigen oder widerlegen mögen. Als Nachtrag zu dieser Darstellung will ich noch des seltenen Vorkommens von gediegenem Schwefel in deutlichen Kristallen von bis zu 2 Millimeter Ausdehnung erwähnen. Diese Kristalle finden sich in kleinen Drusenräumen in der derben gelben Blende. Ihre Ent- stehung mag wohl eine spätere sein und mit der Zersetzung der Blende in Zusammenhang stehen ? Herr Oberbergrath von Carnall knüpfte an den Vortrag des Herrn Braun die Bemerkung, dafs auch in Westphalen, in der Gegend von Brilon, sich in Spalten von Kalkstein stets Gal- mei, im Schiefergebirge stets Blende finde. Hierauf sprach derselbe über das Vorkommen des Galmeis im Muschelkalk in Oberschlesien. Der untere Theil bestehe meist aus einem dichten Kalkstein, der an mehren Stellen, nament- lich wo sich metallische Vorkommnisse fänden, eine thonige Beschaffenheit annehme. Die Schich- tung seie in der Regel horizontal. In diesem Kalksteinzuge, den man Sohlstein nenne, finde sich in der Gegend von Tarnowitz Dolomit; bei diesem Dolomit sei eine entschiedene Schich- tung wahrzunehmen, die nicht der Schichtungslinie der Sohlsteins folge. Man unterscheide in Schlesien die rolhe und weilse Galmeilage. Die erstere, der dichteste feste Galmei schliefse sich immer an die Grenzen des Dolomits an. Der weifse Galmei, der in einer bröcklichen Thonmasse vorkomme bilde mit dieser das weifse Galmeilager. Solches nehme die untere Lage ein, es finde indefs eine scharfe Grenze zwischen diesem und dem rothen Galmeilager Statt. Die untere Grenze des weifsen Galmeilagers gegen den wellenförmigen Kalkstein sei ganz unbestimmt. Es fänden sich in der rothen Galmeimasse Dolomitstücke, die im Innern noch durchaus reiner Dolomit seien und nach dem Acufseren zu in rothen Galmei übergehen, Ueberbleibsel von Do- lomit, dem durch Einwirkung kohlensaurer, metallführender Wässer kohlensaurer Kalk entzogen sei und der sich dadurch in Galmei umgewandelt hätte. : Die Bildung des weilsen Galmeilagers erklärte der Redner durch die Gegenwart eines lelligen Sohlensteins und die Abwesenheit von Dolomit, und schlofs mit der Bemerkung, dafs, weil im rheinischen Uebergangsgebirge kein lettiger, dünnschiefriger Kalkstein vorhanden sei, man auch das weilse Galmeilager Oberschlesiens hier vermisse. » — 269 — Herr Dr. Debey gab sodann ungefähr in nachstehendem Vortrage und uuter Vorzeigung von Karten und Durchschnitten den Entwurf zu einer geognostisch-geogenetischen Darstellung der Gegend von Aachen. Am nordwestlichen Abhang des rheinisch-belgischen Grauwackengebirges, da wo sich das Stufenland von mehr als 2000° über dem Meeresspiegel bis gegen 500° gesenkt hat liegt unter dem 23°, 44‘, 17 östl. Länge und dem 50°, 46°, 34" nördl. Breite die Stadt Auchen. Mit ihrem kleinern südöstlichen Theil, dem Gebiet aus welchem ihre berühmten Heilquellen emporsteigen, ruht sie unmittelbar auf den schon innerhalb der Stadt zu Tage gehenden Schiefern der Grau- wacke; mit dem nordwestlichen dagegen auf mächtigen jüngern Gebilden, auf dem unteren Sand der Kreide, auf ausgedehnten Lettenablagerungen und auf ziemlich mächtigen Diluvial- schichten. Das ältere Gebirge steigt gegen Südosten in langsamer Erhebung zu dem in weiten, halb- kreisförmigem Bogen das Aachener Gebiet umschliefsenden Hauptsaltel des rheinisch-belgischen Schiefergebirges (Venn, Hundsrück, Ardennen) hinan. Zahlreich abwechselnde, lange, schmale, von Nordost gegen Südwest streichende, pa- rallele Züge von Kalken und Schiefern, ähnlich denen der belgischen und westphälischen pa- läozoischen Gebilde setzen in der nächsten Umgebung von Aachen dieses Gebirge zusammen und nehmen in langerstrekten, wenig breiten, ebenfalls von Nordost gegen Südwest streichen- den Mulden östlich und westlich von der Stadt die bekannten und mehr oder minder mächtigen Ablagerungen des Steinkohlengebirges östlich bei Eschweiler und im Wurmgebiet und westlich bei Hergenrath und Elset in sich auf. Die verwickelte Zwischenlagerung der Glieder der Grauwacke und des Kohlengebirges, die mehrfache Theilung und Wiedervereinigung der Kalkzüge, die petrographische Aehnlichkeit der Gesteine, insbesondere der Kalke, das geringe Aufseschlossensein des Gebirges und die da- durch bedingte Seltenheit an Petrefacten einerseits; aber andererseits auch die der sorgfältigen Untersuchung vorbehaltenen wichtigen Ergebnisse, der stellenweis dennoch vorhandene Reich- thum eigenthümlicher organischer Ueberreste und endlich die überaus ergiebigen und interes- santen Lagerstätten der Zink- und Bleierze, sowie der Steinkohle — machen sowohl Jas Aa- chener Gebiet zu einer klassischen Oertlichkeit für die paläozoischen Gebilde, wie sie der Grund sind , welshalb diese letzteren ungeachtet wiederholter Untersuchungen durch namhafte Geologen, doch bis zur Stunde noch nicht in all ihren Theilen richtig begränzt und gedeutet worden. Die erste ausführlichere und sehr dankenswerthe Darstellung der Ablagerungsverhältnisse des älteren Gebirges in der Umgebung von Aachen von Bergmeister Schulse aus Düren im Jahre 1522 (Rheinland-Westphalen Bd. 1, S. 2831—327, Taf. VI und VID fällt in eine Zeit, wo die Kenntniss des Grauwackengebirges noch in ihrer Entstehung, die Trennung in mehrfache Glie- der durch die Arbeiten der Engländer und die genauere paläontographische Begränzung dersel- = 70 — ben unter sich und von den verwandten Steinkohlengebilden durch eben diese und gleichzeitige deutsche, belgische und französische Arbeiten noch nicht begonnen hatte. Die berühmten Bearbeiter der englischen Grauwacke, Sedgwick und Murchison, berührten, als sie ihre Studien nach Deutschland, insbesondere auf die rheinische Grauwacke übertrugen, auch die Gegend von Aachen — und entsprechend der Anordnung in den von ihnen genauer untersuchten paläozoischen Gebilden Westphalens wurde der südöstlichste der sieben Kalkstrei- fen des Aachener Gebietes, welcher von Gressenich (wo er als Strygocephalen-Dolomit auf- tritt) über Vicht, Raeren und Eupen bis Verviers und weiter nach Belgien hinstreicht von ihnen zuerst als devonischer Kalk, wofür er mit Recht noch jetzt gilt, und die denselben un- mittelbar unterteufenden rothen Schiefer, sowie das ganze südöstlich ansteigende Grauwacken- gebirge des Venn’s als dem silurischen System angehörig bezeichnet. Sämmtliche nördlich hie- von auftretenden Kalke und Schiefer in der Gegend von Aachen gehören jener Darstellung und der der deutschen, von @. Leonhard besorgten Ausgabe beigefügten Karte zufolge zum Stein- kohlengebirge. *) Endlich deutet auch der neueste Bearbeiter der rheinischen Grauwacke, ©. F. Römer, welcher unter anderem auch ausführlich die Aachener Gegend behandelt, seine unmittelbaren Beobach- tungen jedoch vorzugsweise nur auf die Umgebung von Stolberg ausgedehnt zu haben scheint, nur den vorgenannten südöstlichsten Kalkzug als devonischen Kalk. Wir verdanken jedoch sei- nen Bemühungen die Kenntnifs einer nicht unbedeutenden Zahl bis dahin in unserem Gebiet un- gekannter und zum Theil überhaupt neuer Petrefacte aus den Kalkzügen vou Vicht und Hahn, aus dem Dolomit von Wenau, und aus dem den Kalk unmittelbar überlagernden Mergeln von Venwegen und Breinig (s. Römer S. 20—23) : Orthoceratites sp. indet. mit seitlichem Sipho, Cyrthoceratites sp. indet., Goniatites sp. indet., Loxonema. sp. indet., Spirifer Lonsdalii Murch. (in den mannigfachsten Varietäten Verneullii, Archiaei u. a.), Spirifer resupinatus Sow.t, Orthis umbraculum Schloth., Or- this testudinaria Dalm., Terebratula pugnus Sow. (in verschiedenen Varietäten, oft allein die Schichten zusammensetzend), T. concentrica v. B. (mit der Normalform der Eifel ganz identisch), T. prisca v. B., Stringocephalus Burlini Defr., Pentamerus (Atrypa) galeatus Conr., Productus spinulosus (P. subaculeatus Murch.?), Lingula sp. indet. und Crinoiden-Stielstücke sp. indet., Stromatopora polymorpha Goldf., Oyathophyllum qua- drigeminum Goldf., Porites pyriformis Ehrenb. (Astraea porosa Goldf.), eine Reihe von organischen Resten, welche das genannte Gestein als unzweifelhaft devonisch erweisen. Die unmittelbar nördlich gelagerte Kalkbank von Cornelimünster, welche sich südwestlich von Stolberg in drei Arme theilt und mit den zwei nördlichen derselben einen von Römer noch unzweifelhaft richtig als Grauwackenschiefer gedeuteten Sattel, den Hammerberg, umschliefst und die #) Die Bezeichnung des zwischen den Kalken von Stolberg zu Tage gehenden Sattels des Grauwackenschiefers als jüngeres vulkanisches Gestein auf jener Karte wird wohl als blosser Uluminationsfehler zu entschuldigen sein, nn = a = südliche Gränze der ‚grofsen Eschweiler Kohlenmulde ‚bildet, zieht Römer nach den von ihm selbst dort aufgefundenen, ‚jedoch 'sehr seltenen“ Petrefacten : Productus limaeformis v. B. (P. striatus de Kon.) und Prod. antiquatus Sow. (P. semireticulatus Flem.) zum Kohlenkalke. Ebenso gehören ihm sämmtliche nördlich hievon gelegenen Gesteine, Kalke und Schiefer, insbesondere die „3—4*:im Nordwesten der gröfseren Kohlenmulde (von Stolberg) auftrelenden schmalen Kalk- züge in der Gegend von Aachen zum Kohlenkalk. Wie gerechtfertigt dies nach den angeblich aus dem Cornelimünsterkalk herrührenden Peire- facten für diesen Kalkzug scheint, so wenig kann man jener Ansicht für alle übrigen Glieder des Gebirges beitreten. Es darf nicht unerwähnt bleiben, dafs selbst in den beiden die Ham- merberger Grauwacke umschliefsenden Kalkzügen, welche der allgemeinen Annahme zufolge mit dem Cornelimünster-Kalkzuge zusammenhängen, Cyathophyllum flexuosum in grofser Menge und Terebratula concentrica v. B., also ächt devonische Vorkommnisse, aufgefunden werden und demnach die Frage über die Stellung jener Kalke mindestens noch schwebend erhalten werden mulfs. Nördlich von der zwischen Cornelimünster und Eilendorf eingelagerten grofsen Kohlenmulde treten nun drei den früheren parallele und mit ihnen in gleicher Streichungslinie befindliche schmale Kalkzüge mit Schiefern auf, welche schon die alte Hoffmann’sche Karte annähernd richtig andeutet, nämlich 1. unmittelbar das Kohlengebirge nach Norden begränzend der Kalk- zug von Forst nach Eilendorf, 2. Schiefer, 3. der Kalkzug von der Bever zur rothen Erde u. s. w., 4. Schiefer, 5. der Burtscheider Kalk und 6. der Schiefer, auf welchem innerhalb der Stadt die St. Adelbertskirche ruht. Es kann hier nicht die Absicht sein, eine genauere Beschrei- bung der Lagerung und Begränzung dieser Gesieine zu geben und ich beschränke mich daher darauf hinzuweisen, in wie fern die bisher gegebenen Deutungen derselben als Kohlengebirge vielleicht zu berichtigen seien. Den nördlichsten der Kalkzüge, den Burtscheiter Kalk, sprech’ ich nach den von Herrn Dr. Jos. Müller und mir aufgefundenen Petrefacten zuvörderst als Glieder des devonischen Systems an. Die stellenweis zahlreich und ausgezeichnet schön darin erhaltenen Cyathophyllum Ananas Goldf., Cyathophyllum pentagonum Goldf., Cyathophyllum cerati- tes Goldf., Calamopora spongites Goldf., Aulopora serpens Goldf., Spirifer resupinatus Schloth., Spirifer Archiaci Murch., Spirifer Verneullü Murch., Orthis striatula Schloth. sp. liefern den unwiderleglichen Beweis hiefür. Ebenso dürfte der zweite Kalkzug von der Bever über die rothe Erde und Rötgen bis zu den Nirmer Galmeilagerstälten hieherzuziehen sein, wofür die vor Kurzen (s. Verh. des naturhistor. Vereins der preufs. Rheinlande. Bonn 1848, S. 142) von Herrn Obersteiger Fladen am letztge- nannten Orte nicht selten aufgefundenen in Kieselzinkerz versteinten Stücke von Cystiphyllum vesiculosum Phill. sprechen. Aehnliche Petrefacte sowie Crinoidenstielstücke wurden bereits in früheren Jahren von Herrn Geheimerath Nöggerath (s. ebenda 1848, S. 144) in der Nähe von Eilendorf vererzt gefunden und es ist daher nicht unwahrscheinlich, dafs auch der dritte am meisten auf Kohlenkalk deutende Kalkzug von Eilendorf dem devonischen System angehöre , eine Ansicht, zu deren Bestätigung es jedoch der genauen Untersuchung noch bedarf. —_- ıın2 — Aehnliches Verhalten zeigen die bisheran fast gar nicht beachteten zahlreichen Kalkzüge im Westen von Aachen, in deren einem die berühmten Gameilagerstätten am Altenberg abgebaut werden. — In einem dieser Züge in der Nähe von Lontzen fand ich, wiewohl meist in sehr schlechtem Zustande der Erhaltung, zahlreiche Bruchstücke von Cyathophyllum ceratites Goldf., Cyathophyllum helianthoides Goldf., C. vermieulare Goldf., Calamopora spongites Goldf., Syringopora ramulosa Goldf., Ceriopora Goldfufsi? Michelin, zahlreiche Crinoiden-Stielstücke, Spirifer Verneullii Murch., Orthis umbracu- lum Schloth. sp., Cardiomorpha de Konickiana m. (nova spec.), Pecten transversus? Sow.u.a., deren genaue Bestimmung ich zum Theil der Güte des Herrn Professors de Koninck in Lüttich verdanke und wodurch nun auch ein Theil dieser Kalke als devonisch nach dem augenblick- lichen Standpunkt der Wissenschaft erwiesen ist. Unzweifelhafte Pflanzenreste sind bis jetzt in unserer Grauwacke nicht aufgefunden worden. Wenn demnach die bisherige Forschung fast nur Kohlenkalk kannte, so müssen die neuesten Ergebnisse demselben eine beschränktere Stellung anweisen *). Den Bereich einer Skizze würde es überschreiten, wollt’ ich an dieser Stelle auf die für den Bergbau wichtigen Verhältnisse der Erzlagerstätten und der Kohlenflötze eingehen. Es genüge die Bemerkung, dafs die ersteren meist in Lagern vorkommen, jedoch in jüngster Zeit auch in gangförmiger Ablagerung sollen aufgefunden sein und ferner, dafs sowohl die Grauwacke wie das Steinkohlengebirge in einer schwer zu ermittelnden geologischen Epoche Veränderungen CVerwerfungen, Senkungen) erlitten haben, denen wohl das Empordringen unserer heifsen Quellen, die Ablagerung der Galmei- und Bleierze, die vielen Störungen in den Kohlenflötzen und die beiden grofsen von Bufsbach bis Herzogenrath und von Gressenich bis Röhe streichenden Risse (der sogenannte Feldbifs und die Sandgewand), wodurch stellenweise das ältere Gebirge in bedeutende Teufen niedergeworfen wurde, eine gemeinschaftliche Entstehung zu verdanken scheinen. Längs dem vorderen, nordwestlichen Rande des Gebirgsfufses bilden sich nun mittels vier schmaler, meist in nordwestlicher Richtung vom Gebirgsstock sich absenkender Vorsprünge — von denen der erstere bei Eschweiler, der zweite von Haaren bis Herzogenrath, der dritte von Eynatten über Hergenrath bis nach Epen im Holländischen, der vierte endlich von Lüttich gegen Nordost über Vise bis nach Thimister zu Tage geht —. vier buchtförmige Einschnitte in das ältere Gebirge, von denen die beiden westlichen durch untere Tertiärgebilde ; der dritte, an dessen ösllichem Rande die Stadt Aachen liegt und der vierte bei Kapellen (Henry-Chapelle) beginnend und über Herve westlich bis gegen Lüttich hin einschneidend, durch eine mehr oder minder vollständige Reihenfolge der Kreidegesteine ausgefüllt sind. *) Zur Förderung der endlichen Entscheidung der hier einschlägigen wichtigen Fragen sehen wir mit besonderem Interesse den bald zu erwartenden ausführlichen Mittheilungen des Herrn Prof, Dumont aus Lüttich entgegen, in welchen zufolge mündlicher Mittheilung die oberen devonischen Schichten, der Kohlenkalk (terrain car- bonifere) und das eigentliche Steinkohlengebirge (terrain houillier) in eine grosse Gruppe des Systeme anthra- xifere vereinigt werden sollen, Die ganze Reihe der älteren Secundärgebilde ist dagegen bis zur Höhe der nächsten Umge- bung Aachens nicht hinangestiegen und tritt erst bei dem südwestlich gelegenen Düren am westlichen Fufse des Venns in ihren ältesten Gliedern, dem bunten Sandstein und Muschel- kalk, auf. Unmittelbar über dem Grauwacken- und Kohlengebirge, ähnlich wie in Westphalen, Böhmen und Schweden, ruht also in dem mittleren Einschnitt, in der Aachener Bucht, das Kreidege- birge als 5—600° mächtiger Strandniederschlag jenes grofsen Kreidemeeres, welches westlich zwischen Frankreich und Grofsbrittanien zu beiden Seiten des heutigen Canals und östlich über ganz Nord- und Mitteldeutschland, Schweden, Polen, Rufsland bis tief nach Asien sich er- streckte — in nachstehender, bald mehr bald minder allgemein verbreiteten Reihenfolge der Gesteine nach Tag wie folgt : 1. Aachener Sand mit zwischenlagernden 'Thonschichten I. Untere Abtheilung (AashenertKreideleiten)...H 2. 22 a 250’ — 300’ 2. Unterer Grünsand von Aachen... ..........cr02 220 15'— 50° IL. Mittlere Abiheilung | 3. Gyrolithen-Grünsand...udacenesneessuasseensenenn 40‘ 50° A. Oberer Grünsand und chloritische Kreide.......... 5’— 10° II. Obere Abtheilung a. ohne Feuerstein.............0.. 5’— 50° 5. Kreidemergel b. mit Feuerstein...... EEE 5’— 50° 6. Lusberger Breecie Y/,‘—2’. Vetschauer und Kunrae- ders Kalkmenselsas ga entaeteeein tete a detail 15'— 50° IV. Oberste, Abtheilung 7. Vetschauer und Kunraeder Corallenkalk...........- 6'’— 10° 8. Hornstein @diluvialE disloerd .. 22.22.22. 00022 \ 9. Valkenberger und Maestrichter Kreidetuff.......... 50’— 250° 1. Der Aachener Sand, in seiner unmittelbaren Auflagerung auf dem älteren Gebirge bis jetzt noch an keiner Stelle mit voller Sicherheit aufgeschlossen, mag in seiner untersten Abtheilung ein mehr oder minder mächtiges Thonlager und Conglomeratgesteine führen, ähnlich dem Hils- thon und dem Hilsconglomerat der westphälischen und den Conglomeratschichten der böhmi- schen Kreide. — Wo nämlich das ältere Gebirge an seiner Abgränzung gegen die Kreide zu Tage geht, treten mächtige graue Thone auf, die der eben kund gegebenen Vermuthung Raum geben und es scheint insbesondere der den Bergleuten im Kohlengebirge des Wurmge- bietes unter dem Namen „Baggert“ (backend) bekannte feste, graue, aber durchaus peirefacten- leere Leiten, der dort unmittelbar über dem Kohlengebirge und unter Kreide- oder Tertiärge- birge zu liegen scheint, hieher zu gehören. Es ist indefs in diesem Augenblick noch unmöglich, mit unbedingter Sicherheit zu entscheiden, ob derselbe als ältestes Glied der Kreide zu betrach- ten sei. Die weiter unter folgenden Nachweisungen über die Regeneration unseres Kreidegebir- ges innerhalb der Tertiär- und Diluvial-Zeit werden nämlich die Aufmerksamkeit auf mächtige , den vorgenannten petrographisch sehr ähnliche Thonablagerungen, sowie auf die grofse Nähe 35 =- Be - unzweifelhaften Braunkohlensandsteins und plastischen Thons hinlenken und die Entscheidung über die Stellung der in unserem Gebiete in einer oft mehr als 100‘ betragenden Mächtigkeit auftretenden Thone in hohem Grad erschweren. Die untersten aufgeschlossenen Schichten des Aachener Sandes sind etwa 100° m. lockere, ziemlich feinkörnige, schwach wellenförmig oder söhlig geschichteie, stellenweis zu festeren, platten- oder nierenförmig gestalteten Sandsteinbänken erhärtete Sande von meist weilser, auch eisenschüssiger oder grauweifser, grünlicher und mitunter selbst schwärzlicher Farbe, letztere in schmalen Streifen durch beigemengten kohligen Detritus veranlafst, welcher letztere in Ver- bindung mit einzelnen Stücken verkieselten oder in Eisenoxyd übergegangenen, meist zerirüm- merten oder von Bohrmuscheln zerstörten Holzes und einigen Blattabdrücken bis jetzt die ein- zigen organischen Reste dieser Abtheilung darstellt. — Die Sande sind durchaus frei von kalki- gen Theilen, dagegen thonige Beimengungen hie und da vorhanden. Feuersteine und Hornsteine fehlen sowohl hier wie in der ganzen Gesteinsfolge des Aachener Sandes und nur ganz aus- nahmsweise nimmt das Innere der Sandsteinbänke stellenweis ein glasig-splilteriges Gefüge und schwärzliche Färbung an, durch die es dem Feuerstein entfernt sich nähert. — Die ganze untere Abtheilung der Sande zeichnet sich vor der gleich weiter zu beschreibenden oberen Abtheilung durch Vorherrschen der rein weilsen oder grünlichen Färbung, durch geringeren Eisenoxyd- gehalt, durch seltneres Auftreten der festen Sandsteinbänke und durch den viel geringeren Gehalt an Pflanzenresten aus. In der unmittelbar sich anschliefsenden mittleren Abtheilung des Aachener Sandes, von einer Gesammtmächtligkeit von 50’—60’, erscheinen mehr oder minder zahlreiche und mächtige Thon- schichten, in oft wiederholter Zwischenlagerung zwischen den Sanden und Sandsteinbänken und bei häufiger Verbindung mit diesen ‚in den manchfachsten: peirographischen Verschie- denheiten und von der Consistenz eines ganz weichen Thones bis zu der eines sehr festen und spröden thonigen blauen Sandsteins von eigenthümlichem Ansehen, die ich in einer umfang- reichen geognostischen Sammlung von hiesiger Gegend zusammengestellt habe. Die Thonschich- ten von wenigen: Zoll bis zu 20 und mehr Fufs Mächtigkeit bilden theils auf weite Strecken aushaltende, söhlige Lagen, theils auf beschränkte Stellen zwischen den Sandschichten ein- gebettete, oft genau abgegränzte Mulden und führen dort wie hier, vorzugsweise in ihren oberen Schichten zahllose Trümmer von Land- und Seepflanzen. Es bestehen dieselben meist aus einem vollkommen unkemntlichen kohligen Detritus, zuweilen mib gröfseren, oft fast stein- kohlenartigen Kohlenstücken und Kiesel- oder Kieselthonholzblöcken untermengt. Selten auch und. an vereinzelten Stellen tritt eine reiche vorweltliche Flora im Zustande schönster Erhaltung auf, die an Zahl der Arten sämmtliche bis jetzt bekannten Kreidefloren um mehr als das Dop- pelte übertrifft und in welcher die zariesten Stamm-, Blatt-, Blüthen- und Fruchttheile, die Harze der Coniferen in kleinen: tropfartigen Stücken, sowie die Oberhäute ganzer: Blätter, bei einigen Arten noch in gebräuntem Zustande und in ihren mikroskopischen Structuren erkennbar, vorhan- den sind. — Die zwischenlagernden Sande und Sandsteine enthalten ähnliche Reste, doch meist seltener und weniger gut: erhalten, so viel es wenigsiens die bis jetzt aufschlossenen Stellen erkennen lassen. — Von thierischen Resten sind aufser den in den versteinten und verkohlten Hölzern vorkommenden zahlreichen Bohrmuscheln und aufser einigen zum Theil schön er- haltenen Infusorienschaalen in den 'Thonen bis jetzt keine mit Sicherheit nachgewiesen worden. In der oberen Abtheilung oder besser bezeichnet in den oberen Schichten des Aachener Sandes werden die Thone selten; sie verschwinden auf weiten Strecken ganz, während sie stellenweis noch bis unmittelbar unter den Grünsand hinaufsteigen. Dagegen werden die Sand- steinbänke häufiger und es lassen sich deren in der in Rede stehenden oberen Schichtenabthei- lung gegen 6—8 nachweisen, die fast durch das ganze Gebiet in ziemlich gleicher Höhe und Mächtigkeit aushalten. In der Nähe der Gränze zwischen den mittleren Thonen und den oberen Sanden ist in einer Seehöhe zwischen 620—697° *) eine im ganzen Gebiet auftretende, stel- lenweis fast ganz aufgeschlossene sandige Thonschicht bemerkbar, welche dadurch eine beson- dere Aufmerksamkeit verdient, dafs sie von zahllosen, schmalen, braunen, vegetabilischen Streifen durchzogen wird, welche sämmtlich in fast senkrechter Richtung aufsteigen und da aufhören, wo die besagte Thonschicht sich begränzt und wieder neue Schichtungsflächen durch Aenderung der Färbung und petrographischen Beschaffenheit des Gesteins beginnen. Diese stel- lenweis als unzweifelhafte flache Mulde von 5—6’ Tiefe sich darstellende Schicht scheint eine kurze Zeit hindurch eine stehende Lache am Meerbusen gebildet zu haben, in welcher rasch fucoiden- oder najadeenarlige Gewächse zur Entwickelung kamen, die sich noch jetzt in ihrer ursprünglichen Stellung erhalten haben. Auf das Nähere werde ich in dem botanischen Theile meiner gröfseren Arbeit über hiesige Gegend zurückkommen. Die Sandsteinbänke der in Rede stehenden oberen Schichten, meist 1—3’ mächtige, mehr oder minder poröse Gesteine, zeichnen sich durch sehr eigenthümliche sphäroidische und buchlige Vorsprünge und Aushöhlungen ihrer Oberflächen aus, durch welche die Schichtung des Gebir- ges, wie ich bereits Seite 213 angeführt, unverändert hindurch und in den um- und zwischen- lagernden lockeren Sand übergeht. Sie enthalten wie dieser und früher die Thonschichten eine Menge vegetabilischen Detritus in verkieseltem, verkohltem, kieselkohligem und eisenerdigem Zustande, darunter stellenweis Zweige mit und ohne Früchte, zuweilen so wohl erhalten, dafs es mir gelang, bei der Gattung Cycadopsis m. sogar die einzelnen Samenhüllen und das Sa- menwürzelchen wiederzuerkennen. — Als grofse Seltenheit finden sich in den Sandsteinbänken zwischen den Pflanzenresten auch vereinzelte Seethiere. Insbesondere besitzt Herr Winkler von hier ein derartiges interessantes Stück, in welchem Holztrümmer mit Cardium Becksi Müll. vor- kommen. Aufserdem enthalten die lockeren Sande spärliche Seethierreste, Gasteropoden (ma- mentlich Turritellen) und Conchiferen, worunter auch Trigonia alaeformis, von denen weiter unten ausführlicher die Rede sein wird. Am meisten Aufmerksamkeit aber verdient ein etwa 10—15 Fufs im Durchmesser haltendes, etwa 3° dickes Bruchstück einer plattenförmigen Sand- steinbank, welche an einer vereinzelten Stelle des Aachener Waldes die Decke eines kleinen Hügels bildet und sich noch in ursprünglicher Lagerung zu befinden scheint. Dasselbe besteht stellenweis aus einer aufserordentlichen Menge schlecht erhaltener Meeresconchilien in unregel- *) Das genaue Nivellement einer der wichtigsten Stellen, wo diese Schicht auftritt, verdank’ ich der Güte des Herrn Hermann von hier, = AM mäfsiger Zusammenhäufung, wie wir es später in den Muschelbänken des Grünsandes wieder- finden werden. Das übrige Gestein der Bank hat ein sehr eigenthümliches Ansehen und bildet einen ungemein festen Sandstein von gelbbrauner Farbe und feinsplitterigem, an den Kanten durchscheinendem Bruch, geht aber stellenweis ganz in das Ansehen der übrigen Sandsteinbänke über. Die Petrefacte sind sehr schlecht erhalten. Man unterscheidet darin Ostrea vesicularis (sehr selten), einige anderen Ostreen in grofser Menge, ferner einen Gasteropoden, der einem Cerithium ähnlich sieht, aber eben so sehr an Turritella costulata Goldf. aus dem Oolith erin- nert, jedenfalls aber diesem Gestein allein eigen sein dürfte. Aufserdem habe ich einige Stücke einer grofsen Tornatella, eine neue Patella und einiges andere herausschlagen können. Die Zukunft wird wohl erst unbedingt sichere Aufschlüsse über dieses eigenthümliche Vorkommnifs zu geben vermögen. — Endlich werden die oberen Sande und Sandsteinbänke noch von einer grofsen Zahl /,‘—3’ langer, stengeliger und röhriger Bildungen meist in senkrechter Richtung durchsetzt, deren Analoga hin und wieder als Fucoiden beschrieben werden, die aber nach den in hiesiger Gegend zahlreich vorkommenden Formen und Entwickelungsstufen entschieden zu den Kristalloiden oder Morpholithen gezählt werden müssen. — In seinen allgemeinen Lagerungs- verhältnissen endlich scheint der Aachener Sand eine dem unterteufenden älteren Gebirge ent- sprechende Mulde, östlich mit westlichem, westlich mit östlichem schwachem Einfallen gegen die Mitte, gebildet zu haben, die jedoch durch mehrfache kleine Erhebungen und Senkungen ein wellenförmiges Ansehen darbietet, aber im gegenwärtigen Zustande in Folge zahlreicher, innerhalb der Tertiär- und Diluvialzeit Statt gehabter Auswaschungen sich nicht mehr in allen Theilen zusammenhängend wiederfinden läfst. Die obersten Lagen des Aachener Sandes werden allenthalben durch eine mehrere Fufs mächtige, grobkörnige Sandschicht mit breiten, bandförmigen, schmutzig gelben Schichtungs- streifen bezeichnet, zwischen welchen stellenweis zahlreiche erbsen- bis taubeneigrofse, meist hell weilse oder grau weiflse Kieselgeschiebe auftreten und dann folgt unmittelbar .d 2. der untere Grünsand, indem die Sande fast plötzlich eine gelbgrüne Farbe annehmen, feinkörnig, fast staubig werden und so in den Grünsand übergehen, wie unter anderen ein Durchschnitt in der unmittelbaren Nähe der Stadt rechts vom Königsthor am Pulverthurm. zeigt. Die nnn folgenden Sande sind meist gelbgrün mit wenigen dunkelgrünen Körnern, feinkörnig staubig, fühlen sich weich an, zeigen manchfache Farbenverschiedenheiten und an die Stelle der thonigen tritt eine sehr geringe kalkige Beimengung, das Eisenoxyd aber wird seltener. Die zahlreichen welligen Schichtungsstreifen des unterlagernden Aachener Sandes und dessen röh- rige und kugelige Bildungen verschwinden fast ganz und nur stellenweis trelen Grünsandkugeln oder Nieren und kalkige Röhren auf. Die Schichtungsstreifen sind meist sehr regelmälsig söhlig gelagert und deuten auf einen ruhigen Absatz. Statt der Schichtungsstreifen aber zeigen sich an einigen Stellen gelbliche oder röthliche Wellenlinien und die ganze oft mächtige Ablagerung hat dann das Ansehen einer gleichmälsigen ungeschichtenen Sandanhäufung. Jegliche Spur von Pflanzenresten, die noch in den oberen Lagen des Eisensandes, namentlich in den Thonschichten, wenn auch sparsam vorkamen, verschwindet plötzlich und es Ireten Meeresconchylien, vorzugs- weise Bivalven in gröfserer Zahl auf, meist unregelmäfsig durch die Sandmasse zerstreut und — A — als kaum kenntliche Abdrücke erhalten. Hie und da finden sich länger aushaltende Streifen sehr trümmerhafter Bruchstücke von Pecien quadricostatus (meist nur die Unterschaale) und einer Ostrea ; ferner die Abdrücke von Cardita Goldfufsi Müll., Lucina lenticularis, einer Tel- lina u. a. So erscheinen die unteren Schichten des unteren Grünsandes am Lusberg, im Aache- ner Wald, wo er sich bis zu einer Höhe von nahe an 1000’ über der Nordsee erhebt, am Willkommsberg, unter der Kirche von Laurenzberg und am Vetschauer Berg in einer ungefäh- ren Mächtigkeit von 10—50'. In der mittleren und oberen Abtheilung dieses Grünsandes treten nun an den meisten der ebengenannten Stellen etwa 4—8 mehr oder minder sandige, meist aber feste, hellbraune Kalk- steinbänke von Y/,—2’ Mächtigkeit und fast söhliger Lage in Abständen von /,—1 Fuls auf, welche aus einer ungeheuern Menge von Meeresthieren aus fast allen Ordnungen, vor allen aber aus Conchiferen, Gasteropoden, Cephalopoden und Serpuliten, meist in Form der Stein- kerne, selten auch mit vollkommen erhaltener Schaale, in regelloser Zusammenhäufuang gebildet sind. Diese Bänke halten oft auf weite Strecken aus, sind über- und zwischen einander gelagert und durch zwischenliegenden, lockeren, meist etwas kalkreichen Grünsand mit einander verbunden und stellen inselartige Ablagerungen eines aus Seethierresten bestehenden Strandkehrichts dar, durch welche das Ende der Grünsandbildung und der Beginn einer petrographisch wie palaeon- tologisch neuen Ablagerung scharf bezeichnet wird, ohne jedoch vermittelnde Bildungen ganz auszuschliefser. Die durchgängig regellose Zusammenhäufung der organischen Reste erleidet dadurch einige Ausnahme, dafs einzelne Arten in einzelnen Bänken zahlreicher angehäuft zu sein scheinen, so die Baculiten, Turritellen, Avellanen, Solen aequalis, Ostreen u. a. und insbesondere ist es eine auch pelrographisch eilwas abweichende Kalkbank des Lusberges, welche ausschliefslich Turritella socialis Müll. in grofser Menge enthält. Eiwas anders als in der eben geschilderten Weise verhalten sich die Grünsande südlich und südöstlich von Vaels. Sie haben eine bei weitem gröfsere Mächtigkeit, welche stellenweis 40 bis 60° und vielleicht mehr erreichen dürfte und eine etwas dunklere Farbe, welche von grö- fseren grünen Körnern herrührt, die zugleich ein etwas gröberes Korn des ganzen Gesteins bedingen. Die Sande zeigen deutlichere Schichtungsstreifen und in ihren oberen Lagen ireten hie und da einige dünnen grünlich-grauen Thonschichten mit rostfarbenen Flecken auf, welche an Pflanzenresie erinnern. Die braunen Kalksteinbänke des Aachener Grünsandes fehlen, die Conchylien finden sich mehr in grünsandigen Concretionen, meist mit vorzüglich gut erhaltenen, ganz in einen chalcedonartigen Kiesel umgewandelten Schaalen, welche eine Zierde der aus- gezeichneten Sammlung des Herrn Dr. Jos. Müller bilden. — Endlich unterscheidet sich der Vaelser Grünsand von dem Aachener noch durch mehre im Aachener Grünsand noch nicht aufgefundenen Peirefacte, was aber offenbar nur eine locale Abweichung ist und nicht behin- dert, denselben mit dem Aachener Grünsand enge zu verbinden. Von den in Dr. MHüller's Mo- nographie beschriebenen Conchiferen sind beiden Fundorten gemeinsam 34 Arten; 23 Arten finden sich ausschliefslich im Grünsand von Aachen, 11 ausschliefslich im Grünsand von Vaels — 978 = (Pinna quadrangularis, die zwölfte Art, fand ich vor Kurzem im Aachener Gestein wieder und sie wurde daher dorthin gezogen). 3. Der Gyrolithen-Grünsand bildet unverkennbar ein eigenthümliches Uebergangsgestein des Vaelser Grünsandes in die obere Abtheilung unserer Kreide, in den Kreidemergel. Obgleich nun auch der Aachener untere Grünsand mit dem Mergel durch ein Mittelgestein verbunden ist, so haben mich doch sowohl petrographische wie palaeontologische Gründe bestimmt, beide Uebergangsgesteine mit verschiedenen Namen zu bezeichnen und das an der holländischen und belgischen Gränze unseres Gebietes und stellenweis auch auf deutschem Boden, hauptsächlich aber mehr in der westlichen Abtheilung des Aachener Strandgebietes auftretende Gestein mit dem unteren Grünsande vereinigt zu lassen und als Gyrolithen-Grünsand zu bezeichnen; dage- gegen das Uebergangsgestein in der Gegend von, Aachen als oberen Grünsand in nähere Be- ziehung’ zu den oberen Gliedern der Formation, zu den Kreidemergeln, zu stellen. Schon d’Omalius d’Halloy führt in seinem „Coup d’eil sur la g&ologie de la Belgique, Brux. 4842, pag. 68, sr“ ein Gestein unter der Abtheilung Smectite de Verviers auf, welches er in folgender Weise charakterisirt : „‚Ce systeme sableux (der Aachener Sand und der untere Grünsand) passe dans sa partie superieure ä une marne bleuätre, qui passe de son cöte ä une smectite exploit&e dans plusieurs localites pour ötre employ&e comme terre ä foulon dans les fabriques de Verviers. Le fossile le plus remarquable de ce systeme est un corps en forme de baguette contournde, que l’on a rapporte ä des fucoides ou ä des annelides. M. Dumont y a aussi observ& l’Ammonites Buchü, un Nautile et une Bucarde.“ Diese wiewohl kurze Charakte- ristik und namentlich die schlangenförmig gewundenen Körper bezeichnen dies Gestein sogleich und unzweifelhaft als dasjenige, was ich mit dem Namen Gyrolithen-Grünsand benannt. Es sind blau-graue, grau-gelbe und grau-grüne, etwas glimmerführende, mehr oder minder feste Ge- steine mit erdigem Bruch und feinem, etwas sandigem Korn. Eine deutliche Schiehtung fehlt; statt dieser treten unregelmälsig zerklüftete, feste, 1--2° mächtige Steinbänke auf, welche mit lockeren, thonigen Grünsanden wechsellagern, wie mehrere Durchschnitte in der Gegend von Vaels und Holset nachweisen. Die festen Gesteine fühlen sich weich an und haben vollkommen das Ansehen eines vorherrschend kalkig-thonigen Gesteins, eines Mergels (‚„‚mar- ne“), in welchem bald der eine, bald der andere Bestandtheil vorzuherrschen scheint. Man täuscht sich aber ungemein, wenn man das Gestein blos nach dem äufseren An- sehen beurtheilt, wie eine von Herrn Victor Monheim auf meine Veranlassung angestellte qua- litative Analyse erwiesen hat. Es besteht dasselbe nämlich nach dieser Analyse fast nur aus Kieselerde (darunter auch kieselsaure Magnesia) und enthält von Kalk und Thon nur höchst unbedeutende Spuren. In einzelnen Schichten ist dagegen der reichere Kalkgehalt durch das Brausen mit Säuren unverkennbar. Das Gestein reiht sich also schon seiner Zusammensetzung nach entschieden näher an die unlere sandige Gruppe von Aachen als an die oberen, kalkigen und mergeligen Abtheilungen der Kreide. Aber auch die bis jetzt nicht gar zu häufig darin aufgefundenen Petrefacte, von denen mir Lucina lenticularis, Avellana cassis, Turritella Hage- nowiana, T. multilineata, Baculites Faujasü, Scaphites binodosus, Spatangus bufo und meh- rere andere vorgekommen sind, stellen diese Bildung entschieden in die Nähe der unteren Grünsande. Vor Allem bezeichnend aber sind die vorerwähnten schlangenförmig gewundenen, hie und da eingeknickten (nach einer mir gewordenen Mittheilung selten auch gabelig gelheil- ten) Cylinder, welche stellenweis in erstaunlieher Menge vorzukommen scheinen und mir Ver- anlassung zur Benennung des Gesteins mit dem Namen Gyrolithen-Grünsand gaben. Selten sind sie in den Gesteinen bei Vaels und Gymnich, um so häufiger aber in der westlich von der Bleiberger Grauwacke auftretenden belgischen Kreideablagerung. Häufig ist die ganze Oberfläche dieser Gyrolithen mit wurmförmig durcheinander gewundenen dünnen zottenartigen Fäden be- deckt, welche merkwürdiger Weise mitunter die ganze Cylinderhöhle ausfüllen, wo dann der eylindrische Steinkern fehlt. Ich enthalte mich hier eines Urtheils über die Natur dieser Bil- dungen und: bezeichne sie nur als ein unzweifelhaft von einem organischen Wesen herrührendes charakteristisches Vorkommen für das in Rede stehende Gestein. Weiter Seite 69, ss bemerkt nun d’Omalius, dafs der Smeelite sich an ein grauliches Thon- gestein mit chloritischen Körnern (argilite) anschliefse und so nach oben in die ehloritische Kreide übergehe. In der unmittelbaren Nähe des Aachener Gebietes ist mir diese Uebergangsschicht noelı nicht begegnet, ich habe jedoch einige Gründe zu glauben, dafs ein derartiges Thonlager in der Entfernung von einigen Stunden allerdings vorkomme. Leider hab’ ich die schwer zu erhaltenden Schriften von Dumont und Davreux nur nach einem schriftlichen Auszuge benutzen können, woraus ich indefs zu entnehmen im Stande war, dafs ın den Originalen der Gyrolithen- Sandstein und. die ihn überlagernden Thone ausführlicher abgehandelt werden und dais diese Ge- steine von beiden Autoren mit dem Gault verglichen worden *). 4. Der obere Grünsand. Schon bei den Muschelbänken des unteren Grünsandes war davon die: Rede, dafs die zwischenlagernden Sande nicht selten mehr kalkig seien und namentlich eine grofse Menge schwarzer, grüner und weilser Kieselgeschiebe von der Dicke einer Erbse bis zu der einer Baumnufs führten; ferner dafs Haizähne und Belemnites mucronatus zuerst aul- zutreien begönnen. Unmittelbar über den Muschelbänken aber erreichen diese petrographischen und palaeontologischen Eigenthümlichkeiten ihre vollste Entwickelung, jedoch bald mehr in der Ausbildung eines grün-weilsen oder gelb-weilsen, kalkig-mergeligen, sehr dünn geschichteten Gesteins, bald mehr in dem Auftreten eines dunkeln, pistazitgrünen, mit zahlreichen kleineren und: gröfseren, schwarzen, grünen und weifsen Kieselgeschieben untermengten, hie und da thonigen oder sogar vollkommene, aber dünne, braune, graue und grüne 'Thonschichten ent- haltenden Sandes, den ich als oberen Grünsand: bezeichne und der sich petrographisch wie palaeontologisch hinreichend abgränzt, um besonders benannt zu werden und als Uebergangs- glied der Grünsande zu den Mergeln mit vorherrschender Hinneigung zu den letzteren angese- hen werden muls. Zahlreiche Seethierreste, meist aus den oberen Kreidegliedern : Haizähne, Belemnites mucronatus, die im unteren Grünsand noch gänzlich fehlenden Terebratein, Corallen (na- mentlich Fungias coronula, Celleporen und Escharen), Apiocrinites ellipticus, mehrere Ser- *) Ich habe mich im vorliegenden Entwurf jeglichen Urtheils über den anderweitigen Inhalt dieser Schriften, sofern ich denselben nach jenem Auszuge kennen gelernt, enthalten zu müssen geglaubt und werde in mei- ner ausführlichen Arbeit darauf zurückkommen. — 1890 = puliten, Echinodermen, Zahn- und Knochenbruchstücke von Sauriern u. a. kommen darin vor, sind aber meist mehr oder minder zertrümmert und rollsteinarlig abgerieben. — In solcher Weise tritt der obere Grünsand über dem unteren an mehreren Stellen des Gebietes auf; am Lusberg und an einigen Stellen des Willkommsberges mehr in der mergeligen Abänderung; an anderen Stellen des letztgenannten Berges und an verschiedenen Orten in der Nähe von Vaels als dun- kelgrüner Sand. Seine Mächtigkeit scheint 5—10° kaum zu übersteigen. Schichtung ist in dem- selben nur da vorhanden, wo er fast ganz in den Mergel übergeht und dessen dünnblätterige Schichtung annimmt. 5. Der Kreidemergel. Wo der obere Grünsand nicht in grofser Mächtigkeit entwickelt ist und als bestimmtes Mittelglied zwischen dem unteren Grünsande und den weilsen Kalkgesteinen unserer Kreide auftritt, beginnen die Kreidemergel fast unmittelbar über den kalkigen Muschel- bänken des unteren Grünsandes. Die unteren Schichten, etwa Y,—3‘ mächtig, enthalten noch eine grofse Menge kleiner dunkelgrüner Körner (craie chloritee) und einige Kieselgeschiebe, zeigen jedoch sogleich die regelmälsige söhlige Schichtung und die Zerklüftung in dünne, Y,—1“ dicke Platten oder Blätter wie der überlagernde weilse Kalkmergel. Sehr bald aber tritt an die Stelle der grünlichen Färbung eine grau-weilse oder kreide-weilse Farbe, die grünen oder schwarzen Körner werden selten und die quaderförmig zerklüfteten Platten erlangen eine Dicke von '5—1’. Das Gestein gewinnt stellenweis eine gröfsere Festigkeit und Härte und die Zer- klüftung erscheint regelmäfsiger. Nur nach unten sind die Massen mehr erdig, reiben sich stark ab und zerklüften in gröfsere, aber weit unregelmäfsigere quaderförmige Blöcke, die an der Luft bald in söhlige, bald in senkrechte dünne Blätter zerfallen, je nachdem sie von der einen oder anderen Richtung vorzugsweise von den Atmosphärilien angegriffen werden. Von Beimengung anderer Mineralkörper sind die Mergel fast ganz frei und nur ausnahmsweise treten kleinere Kiesel und kalkspäthige oder eisenerdige Septarien in ihnen auf. Sie errei- chen eine Mächtigkeit von 10—100 und vielleicht mehr Fufs und können als untere Abtheilung des Aachener Kreidemergels (ohne Feuerstein) bezeichnet werden. Nach oben hin werden dieselben stellenweis in der Mächtigkeit von 1—1'/,‘, durch gröfsere Beimengung von Eisenoxyd und von Grünsandkörnern hellgelb gefärbt, erlangen mehr zerreibliche Beschaffenheit und es treten zahlreichere Bruchstücke von Fossilien, namentlich von Terebrateln, Belemnites mucronatus, Ostreen und einigen Corallen (Eschara elegans u.a.) darin auf. — Dann folgen zahlreiche Schich- ten von Y,—'/,‘ dicken schwarzen Feuersteinen, meist in weit aushaltenden Platten, oft auch in knolligen plattenförmigen Schüren, welche mit weifsen, bald sehr festen, bald sandig zer- reiblichen Mergelschichten von '/,—2’ Mächtigkeit wechsellagern und theils in söhliger, theils schwach geneigter Lagerung die obere Abtheilung der Kreidegesteine des Lusberges und des gegenüber liegenden Willkommsberges darstellen und eine Mächtigkeit von 10—50‘ und mehr zu erreichen scheinen. An anderen Stellen fehlen die feuersteinführenden Mergel entweder ganz oder doch in der regelmäfsig plattenförmigen Ablagerung und die hier vorkommenden Verschie- denheiten sind es, für welche ich in der Folge die ganz speciellen Analoga in den Ablagerun- gen von Kunraed und von Maestricht nachweisen werde. Es ist übrigens unzweifelhaft, dafs ein Theil der obersten Mergel- und Feuersteinlagen innerhalb der Terliär- und Diluvialzeit hin- — aM —- weggeführt worden, wie die zahlreichen Trümmergesteine von Feuer- und Hornsteinen über den Mergeln und über der Lusberger Breccie beweisen. Die organischen Reste kommen vorzugsweise in den Mergeln ohne Feuerstein vor und sind in denen mit Feuerstein sehr selten. Die Anhäufung der Petrefacte in einzelnen Schichten wird nur ausnahmsweise beobachtet, vielmehr finden sich dieselben meist regellos durch die ganze Gesteinsmasse zerstreut und nicht selten artenweise zu vielen Hunderten auf beschränkte Stel- len zusammengedrängt, wie es namenllich mit den Terebrateln der Fall ist, wodurch es wahr- scheinlich wird, dafs die Thiere genau an den Orten gelebt haben, wo sie jetzt auftreten und nicht, wie es bei den Muschelbänken des Grünsandes der Fall war, dorthin erst durch die Meereswellen, wenn auch aus geringer Entfernung, zusammeggespühlt worden. Zahlreiche Arten der Gattung Terebratula, Pecten, Inoceramus und Ostrea, der Belemnites mucronatus und die Echinodermen sind die am häufigsten vorkömmende Petrefacte. Einige andere Mergelfundorte, namentlich die südwestlichen, sind reich an Baculites Faujasi. Ferner enthal- ten dieselben noch mehrere Uni- und Bivalven, Cephalopoden, wenige Corallen und Foramini- feren. Die Gasteropoden aber gehören zu den gröfsten Seltenheilen und nur ein Trochus ist haufiger verbreitet. Von Pflanzenresten sind nur sehr zweifelhafte Bruchstücke in gröfster Sel- tenheit bekannt. Die gesammte Mergelablagerung ohne und mit Feuerstein erreicht in der Nähe von Aachen eine ungefähre Mächtigkeit von 20—130° und bildet theils die oberste Decke des Lusberges, theils andere inselartig vereinzelte Decken des Aachener Waldes; vor Allem setzt sie in unun- terbrochenem Zuge die unteren Schichten der nordwestlich vom Aachener Kessel bis in die Nähe von Valkenberg und Maestricht sich ausbreitende Hügelreihe zusammen, welche in der Gegend von Kunraed noch eine Höhe von etwa 430‘ hat, aber schon bei Heerlen durch Ter- tiärgebirge abgeschnitten wird. 6 und 7. Die Lusberger Breccie, die Vetschauer und Kunraeder Kalkmergel und Corallenkalke. Seit einer geraumen Reihe von Jahren ist unter den Geologen ein Gestein auf dem Gipfel des Lus- berges bekannt, in welchem eine grofse Menge von Haizähnen und kleinen Corallen vorgekom- men und das bereils von Hausmann ziemlich richtig mit den Maestrichter Bildungen verglichen worden. Die in den letzten Jahren aufgeschlossen gewesene und aus eigener Anschauung mir bekannte Stelle lag unmittelbar über den fenersteinführenden Mergeln und unterhalb einer 3—4 mächtigen diluvialen Trümmerschicht von Feuersteinen und Mergeln und bestand in einer Mäch- tigkeit von 1—1'/,’ aus einer kalkig sandigen, schmutzig grünen, erdigen Schicht mit zahl- reichen gröfseren und kleineren, schwarzen, weifsen und grünen Kieselgeschieben. In einiger Entfernung fanden sich dieselben Massen zu einem festen, breceienartigen Gestein verbunden und hie und da findet sich auf der Oberfläche noch eine dritte unzweifelhaft hieher gehörige Gesteinsabänderung, welche durch eine nicht undeutliche Schichtung mit abwechselnd grünen und weisen, wenige Linien dicken Lagen ein sehr hübsches Ansehen hat und in welcher statt der gröfseren Kieselgeschiebe nur ganz kleine vorkommen. — Die öftere Besprechung dieses Gesteins in geologischen Berichten, sowie die Eigenthümlichkeit, dafs die Fisch- und Saurier- zähne unseres Gebietes fast ausschliefslich in ihm vorkommen, "haben mich veranlafst, demsel- 36 ee — ben eine gröfsere Aufmerksamkeit zuzuwenden und sowohl seine Verbreitung, wie seine geolo- gische Stellung und die in ihm enthaltenen organischen Reste genauer zu ermitteln. Die einzige Stelle, in der dasselbe bis jetzt in wahrscheinlich urspünglicher Lagerung aufgefunden worden, bleibt immer nur die Höhe des Lusbergs und auch hier ist dasselbe in letzter Zeit (1848) durch sogenannte Verschönerungen verschüttet worden. Anderwärts kommt die Schicht nur diluvial regenerirt vor, bietet aber hier durch die ihr eigenthümlichen Petrefacte und die, besondere Art der Erhaltung einzelner derselben wichtige Anhaltspunkte zur Deutung diluvialer Vorgänge. Betrachtet man das Gestein aber in den ihm ähnlichen Vorkommnissen, so sind schon die Uebergangsschichten zwischen den Grünsanden und Mergeln und insbesondere die oberen Grün- sande in vieler Beziehung seine pelrographischen Aequivalente, ohne jedoch in der Altersstel- lung damit übereinzustimmen. Die charakterischen Kieselgeschiebe und das Auftreten von Hai- zähnen, Fungien und anderen Gorallen und des Belemnites mucronatus in beiden liefern die Beweise hiefür. Ferner finden sich an einigen Stellen auf den Schichtungsklüften der gröfseren Mergelbänke zuweilen mehre Linien starke Anhäufungen eines dunkelen Grünsandes und so erscheint die Lusberger Mergelbreccie als nichts anderes denn eine Wiederholung der bereits an der ebengenannten Gränze zuerst auftretenden Bildungen. Sie unterscheidet sich von dieser aber durch das entschiedenere und reichlichere Auftreten der obersten Kreidepetrefacte und endlich dadurch, dafs eben diese Peirefacte in viel deutlicherer Weise als Roll- und Geschie- bestücke, überhaupt als ein unverkennbarer Strandkehricht erscheinen, während die zunächst unierteufenden Feuersteine und Mergel einen ganz ruhigen Niederschlag andeuten. Was die Petrefacte betrifft, so ist es mir gelungen, eine weit grölsere Anzahl von Formen darin aufzufinden, als bisheran daraus bekannt waren; darunter sowohl solche, die bisheran in unserem Gebiete noch nicht aufgefunden und dieser Schicht allein anzugehören scheinen, wie einige andere, welche für die Wissenschaft überhaupt als neue Vorkommnisse gelten. Sie gehören, so viel ich zu beuriheilen vermocht, ohne Ausnahme der Kreide an *). Von Haizähnen finden sich Arten der Gattungen Corax (pristondontus), Lamna, Otodus, Odontaspis und eine unzweifelhaft neue Fischgaltung, über deren Vorkommen auch in der Pariser Kreide mir die Belege vorgelegen haben. Kleine Koprolithen verschiedener Art sind nicht selten. — Die Saurier sind durch grofse und kleine Zähne des Mosaraurus Hoffmanni vertreten und bildet jene Schicht die einzige Fundstätte für dieselben. — Nach den Haizähnen finden sich am häufigsten die Bruchstücke von Corallen aus den Gattungen Eschara, Cellepora und Ceriopora, namentlich aber die für unser Gebiet neue Fungia coronula in grofser Menge und zwar erscheint dieselbe durch die Art ihrer Versteinerung’ in losen, kleinen, schwarzen, häufig etwas irisirenden Scheibchen (ganz wie bei Essen) als vorzüglichste Leitversteinerung für die Lusberger Breecie, wodurch sich dieselbe auch anderwärts in ihrer diluvialen Regeneration wiederfinden liefs. — Stachel- und Schaalentrümmer verschiedener Echinodermen, Stielglieder von Baculiten und von *) Herr Zermann von Meyer äusserte die Ansicht, dass die als Mosasaurus Hoffmanni geltenden Zähne diesem nicht angehörten und dass unter den Haizähnen mehre tertiär seien, eine Ansicht, die von den übrigen An- wesenden nicht vertreten wurde und gegen die auch die Thatsache spricht, dass von anderen Tertiärpetre- facten nicht eine Spur dort vorkommt. =—ı.389 — Apiocrinites elliptieus; Bruchstücke verschiedener Terebrateln, die anderwärts im Gebiet noch nicht aufgefundenen Thecidea hieroglyphica und hippocrepis; Schaalentrümmer von Ostreen, Pecten quadri- und quinquecostalus; einige Steinkerne von Gasteropoden , worunter namentlich nicht selten einer, der dem Trochus onustus (2?) anzugehören scheint und der auch in den Muschelbänken des Grünsandes vorkommt; dann verschiedene Sepuliten, besonders Serpula cincla Goldf. und $. heptagona v. Hag. (nach Dr. Müller’s Bestimmung) und endlich seltene Stücke von Calianassa Faujasii und von Pollicipes ornatissimus Mäll. gehören hieher. Das sehr beschränkte Auftreten sowohl wie die Lagerung der Lusberger Breccie machen es nun aber fast unmöglich, die Parallelisirung dieser dünnen Schicht mit nah oder fern gelegenen ähnlichen Schichten mit unbedingter Sicherheit festzustellen. Es gibt jedoch im Aachener Ge- biet, wie in einiger Entfernung von demselben Kreidegesteine, welche in ursprünglicher Lage- rung diejenigen Glieder nachweisen, von denen die Lusberger Breccie nur ein trümmerhaftes Ueberbleibsel ist, das jedoch den wichtigen Dienst leistet, die Aufmerksamkeit auf jene anderen Gebilde hinzulenken und bei deren Bestimmung das Urtheil zu leiten. Diese Gesteine sind die Vetschauer und Kumraeder Kalkmergel und die ihnen unmittelbar auf- lagernden Corallenkalke. Untersucht man zuvörderst die Maestrichter Kreide, so findet man am Petersberg zu unterst ein 8—10’ mächtiges, weilses Kalkgestein, welches von zahlreichen, mehr oder minder zusam- menhängerden Schnüren schwarzer Feuersteine in fast horizontaler Lagerung und in Abständen von 4—2° durchsetzt wird. Ueber den Kalken mit Feuersteinbänken folgen sodann 8-10’ mäch- tige Kalklager, in denen die regelmäfsigen Feuersteinbänke fehlen und nur hie und da noch einzelne Nieren desselben auftreten. Darüber lagert eine 4A—6’ mächtige erdige Schicht mit vielen hellgrünen Körnern, mit sehr sparsamen Kieselgeschieben und mit einer grofsen Zahl von Petrefactentrümmern, unter denen mir Herr Bosquet aus Maestricht Thecidea radiata Defr., Terebratula pectiniformis Schloth., Pecten pulchellus, P. membranaceus, Belemnites mucronatus, Stacheln von Cidaris granulosus, Apiocrinites (Bourgelicrinus) ellipticus, über 20 Arten kleiner Entomostraceen und endlich Zähne von Corax appendiculatus und Corax heterodon und Zahn- bruchstücke von Mosasaurus Hoffmanni nannte. Dann folgen sogleich die gelben zerreiblichen Kalke von Maestricht, hie und da mit grauen (nicht mehr schwarzen) Feuersteinen, an die sich zu oberst die bekannten Bänke mit Polypen und Foraminiferen, abwechselnd mit Bänken, welche vorzugsweise Conchiferen, Gasteropoden und Echinodermen führen anschliefsen, deren ge- nauere Bezeichnung aber hier nicht nothwendig ist. Sucht man nun, aufmerksam gemacht durch die Zähne und Corallen der Lusberger Breccie, in der Umgegend von Aachen verwandte Gesteine, so sind es besonders zwei Fundorte, die man zu beachten hat. Den einen findet man, wenn man über Maladen, Seffent bis zum Vet- schauer Berg; den anderen, wenn man über Gülpen, Trintelen und Uebachsberg zu den Stein- brüchen von Kunraed sich begibt. Auf dem Wege von Gülpen nach Eiserheydt trifft man zuerst auf weilse Kalkmergel, in denen nicht mehr die horizontalen Bänke von Feuersteinen mit zwischenlagernden feuersteinfreien Mergeln anftreten, sondern die ganze weifse Kalkmasse regellos von zahllosen kleinen Knollen — 384 — und Stengeln des Feuersteines durchsetzt wird. Steigt /man sodann über Eys nach Trintelen hinan, so trifft man auf eine sehr mächtige Mergelablagerung, in der nur noch schwache Spu- ren von schwarzen Feuersteinen vorkommen. Es sind meist feste, mitunter auch weıche Kalk- mergel von grau-weilser Farbe, stellenweis mit vielen schwarzen oder grünlichen Körnern er- füllt und reicher an Petrefacten als die früher erwähnten Mergel zwischen den Feuersteinbänken von Aachen. An mehren Stellen fand ich Fischschuppen, die übrigens genau mit solchen über- einkommen, die ich in den Mergeln mit Feuerstein bei Aachen fand. Ferner enthielten dieselben mehrere Bivalven und besonders einen Gasteropoden (als Hohlabdruck), der mir nur aus den Kalken von Kunraed und Valkenberg bekannt ist. Je mehr man sich nun den Kunraeder Stein- brüchen nähert, desto häufiger findet man die Petrefacte. Aulserdem zeichnen sich diese Mergel durch das Auftreten zahlreicher, langer, dünner, eylindrischer Stengel, die ich für morpholithi- sche Bildungen und nicht für organischen Ursprungs halte und die keineswegs mit den Gyrolithen des Grünsandes für identisch gelten können. Bei Uebachsberg endlich sieht man zugleich, wie zwischen den festen Mergelbänken erdige, thonigkalkige Schichten auftreten. — Alles dies zeigt sich nun aber in seiner vollsten Entwickelung in den Steinbrüchen von Kunraed. Ich be- schränke mich übrigens hier darauf, eine allgemeine Uebersicht zu geben, indem ich die ge- naueren Nachweisungen für meine mehrerwähnte gröfsere Arbeit aufbewahre. In den genannten Steinbrüchen, wo das Gebirge in einer Höhe von eiwa 60° aufgeschlossen ist, treten feste grau- weilse oder gelb-weilse Kalkmergel von 1—2° Mächtigkeit auf, die mit erdigen, thonigkalkigen Schichten von '),—3’ Mächtigkeit wechsellagern, so zwar, dafs die erdigen Schichten nach unten an Stärke zunehmen. — In den untersten Lagen der festen Kallımergel bemerkt man nun wieder stellenweise das Auftreien grauer, grünlicher und schwarzer Feuersteinkerne und es wird dadurch sowohl, wie durch die früher erwähnten Schichten von Gülpen und Trintelen klar, dafs die Kunraeder Kalke oberhalb der schwarzen Feuersteine von Aachen zu setzen seien. — Untersucht man den palaeontologischen Charakter, so. stölst man sowohl auf viele Formen, die man in den unteren Kreidemergeln von Aachen nicht findet, wie auf eine geringere Zahl, die beiden gemeinschaftlich sind. Im Allgemeinen aber findet man eine Fauna von Conchileren, Gasteropoden und Cephalopoden, die sich entschieden mehr der Maestrichter Bildung anschliefst, ohne mit dieser idenlisch zu sein. Es fehlen nämlich in den unteren Schichten die für den Maestrichter Kalk so bezeichnenden Polypen fast ganz. Steigt man nun aber höher hinauf, so nimmt die Zahl der petrefactenreichen Bänke zu und einzelne derselben, vor allen die festen Gesteine bestehen fast nur aus Fossilien. Zu den interessanten Erscheinungen gehört fer- ner auch das Wiederauftreten von höheren Pflanzenresten in diesen Schichten, unter denen ich einige dicotyledonische Phylliten, eine Cycadopsis-arlige Conifere, welche ©. aquisgranen- sis m. am nächsten steht, ohne jedoch identisch mit ihr zu sein und besonders die Abdrücke eines najadeenartigen Blattes erwähne. — Die Reihe der Kunraeder Gesteine ist jedoch hiemit nicht abgeschlossen, sondern man beobachtet an mehreren Stellen zu alleroberst gelagert eine 4—6’ mächtige meist nur sehr schwer zugängliche Schicht, welche aus einer zahllosen Anhäu- fung kleiner, rundlich geriebener Bruchstücke von Corallen, Echidermenstacheln, Conchiferen und anderen in ziemlich regelmäfsigen dünnen Schichten besteht, zwischen welchen 2--3 eiwas festere Gesteinslagen auftreten, die ähnlich den vorhin erwähnten Pelrefactenbänken vorzugs- weise aus Conchiferen gebildet sind. Kleine Fischwirbel und Zähne finden sich ebenfalls. Kie- selgeschiebe gehören jedoch zu den äufsersten Seltenheiten, wogegen hellgrüne Körner stel- lenweise sehr zahlreich auftreten. — Besonders bezeichnend aber dürfte der grofse Reichthum an Corallenbruchstücken sein, die sich aber, was ich für wichtig halte, auffallend näher an die Corallen der Lusberger, als an die von Maestricht anschliefsen, während das ganze petro- graphische Ansehen glauben läfst, man habe ein vollkommenes Glied des Maestrichter Kalkes vor sich. Die grofse ‘Seltenheit der Foraminiferen und das Fehlen vieler Corallenformen von Valkenberg und Maestricht mufs indefs der Ansicht Geltung verschaffen, dafs es sich hier nur um ein Uebergangsglied handle und zwar um ein solches, das den Vetschauer Corallenkalken näher steht als denen von Maestricht. Es ist aber ebenso unverkennbar, dafs dasselbe den petrographischen wie palaeontologischen Anschluls an diese letzteren darbictet. Den letzten Aufschlufs bieten nun die Gesteine von Velschau bei Aachen. In den oberen La- gen der feuersteinführenden Kreideabtheilung, wie sie vor dem Königsthore am Wege nach Maladen aufgeschlossen ist, ireten bereits grau-weilse feste Mergel mit den, wie mir scheint, für die oberen Schichten charakterislischen runden Stengeln, aber noch immer mit zwischen- lagernden Feuersteinen, auf. Die Feuersteinbanke fallen hier unter einem Winkel von ungefähr 10--12° ein und weiterhin bei Seffent findet man dieselben schon nicht mehr wieder. Steigt man aber aus der Tiefe des Selfenter Thales gegen die Vetschauer Höhen hinan, so trifft man auf Kalkınergel, in welchem hie und da wieder schwarze Feuersieinnieren, aber nicht mehr die zusammenhängenden Bänke des Feuersteins sichtbar werden. Höher hinauf scheinen die Feuersteine fast ganz zu verschwinden. Begibt man sich von da zu den Steinbrüchen des Vet- schauer Berges, so trifft ınan in der Nähe von Nierstein auf den ächten unteren Grünsand von Aachen, welcher die Mergel unterteuft. Steigt man nun zu den Mergelbrüchen hinan, so läfst sich allerdings die ganze untere Abtheilung der erdigen Kreidemergel und der Kreidemergel mit Feuersteinbänken nicht wiederfinden, da das Gebirge nicht aufgeschlossen ist. Auch kann es nicht auffallen, dafs dieselbe hier nur eine geringe Mächligkeit besitzen können, wenn man erwägt, dafs dieselben Gesteine auf dem Lusberg vom unteren Grünsand bis zur Breccie eben- falls nur 9° Mächtigkeit erreichen. In den untersten Steinbrüchen trifft man nun aber auf feste grau-weilse bis grünlich-weilse, in regelmälsigen horizontalen Bänken abgelagerte Kalkmergel, welche die früher erwähnten langen eylindrischen Stengel und stellenweis Flecken oder Kerne von grauen und schwarzen Feuersteinen enthalten und welche mit erdigen Mergelschichten wechsellagern. Diese Gesteinsfolge erinnert sofort an die festen und erdigen Kalkmergel von Kunraed einer- seits. Untersucht man jedoch die erdigen Schichten genauer, so findet man, dafs diese sich durch die zahlreichen schwarzen, weilsen und grünen Kieselgeschiebe, durch die vielen grünen Körner und durch die in ihnen auftretenden Bruchstücke von Corallen und Harzähnen mehr an die Lusberger Breccie anschlielsen. Oberhalb dieser Gesteinsreihe findet man nun noch an einigen Stellen auf dem höchsten Punkte des Berges (757') ein in diesem Augenblick leider nicht mehr in seiner ursprünglichen Lagerung sichtbares Gestein, das eine Menge von Corallen (Eschara, Cellepora, Ceriopora, Manon, COnemidium, Anthophyllum), Echinodermen (Caratomus Gehrdensis, Catopygus Gold- fufsi u. a.), Brachiopoden, Conchiferen (Ostrea, Lima, Pecten), Haizähne, Pollicipes ornatis- simus u. a. in regelloser Weise zusammengehäuft und durch festen grau-gelben Kalk und Kie- selgeschiebe gebunden enthält, sich aber deutlich, auch noch in den Bruchstücken, in die vor- erwähnten Gesteine hinüberführen läfst. Diese oberste Gesteinslage scheint nun nichts anderes als eine weitere Ausbildung der früher erwähnten erdigen Schichten mit Petrefactentrümmern und Kieselgeschieben, ähnlich der Lusberger Breceie, zu sein und sich durch die zahlreichen Corallen enge an die obersten Kunraeder Corallenkalke anzuschliefsen und mit diesen sodann den Uebergang in die Maestrichter Kreide darzustellen. Bemerkenswerth ist endlich noch, dafs genau dieselben Najadeenblälter und einige neuen Corallen, die ich von Valkenberg und Maestricht noch nie gesehen, sowohl in den Kunraeder wie in den Vetschauer Gesteinen von mir aufgefunden wurden, wodurch die Verwandtschaft, die sich in der ganzen Fauna ausspricht, noch gröfser wird. Demnach läge uns in den Veischauer und Kunraeder Gesteinen eine Kreideabtheilung vor, welche, wenn auch der sorgfältigen Untersuchung noch bedürfend, als ein sehr deutlich cha- rakterisirtes Mittelglied zwischen den obersten Aachener und obersten Maestrichter Bildungen be- trachtet werden mufs und seine Stellung oberhalb der schwarzen Feuersteinbänke des Lusberges und des Willkommsberges von Aachen und unterhalb der Foraminiferen- und Polypenführenden Kalke von Maestricht findet, sich aber durch sein petrographisches Verhalten wie durch mehrere palaeontologischen Eigenthümlichkeiten als eine kleine Unterabtheilung der oberen Kreide be- zeichnen läfst. — Das letzte Glied der bei Aachen vorkommenden Kreidegesteine, das sich aber nur auf secundärer Lagerstälte befindet und dessen ursprüngliche Stellung nur schwer mit Sicher- heit festzustellen sein dürfte, ist: $. Der Hornstein. Nicht mehr auf ursprünglicher Lagerstätte, sondern als hauptsächlicher Be- standtheil des hiesigen Diluvialkieses und meist durch Sand oder sandigen Löfs gebunden kom- men über das ganze Gebiet verbreitet die Hornsteine unseres Kreidegebirges vor. Horngelbe bis leberbraune selten bis in’s schwärzliche der Feuersteine übergehende oder grauweilse bis hellweifse Kieselgesteine von flachmuscheligem bis splitterigem Bruch, in dünnen höchst unregel- mäfsigen Schaalen, seltner auch in mehre Fufs dicken knolligen oder stengeligen und röhrigen Formen, meist wie zerfressen oder zerhackt aussehend sind die Gesteine, welche ich mit dem Namen Hornstein bezeichne und die sowohl petrographisch wie paläontologisch eine kleine Un- terabiheilung und zwar die oberste unserer oberen Kreide darstellen. Sowohl die physikalischen Eigenschaften, wie ihre Formen, bekunden eine von der der Feuer- steinplatten deutlich verschiedene Art der ursprünglichen Ablagerung und lassen vermuthen, dafs sie entweder als Kieselconeretionen zwischen lockerem kalkigen jetzt zerstörten Gesteinen unregelmäfsig zerstreut vorhanden gewesen seien, oder, was ebenso wahrscheinlich, beim Zu- rückweichen des Kreidemeeres als rücksländige gallerarlige Kieseldecke den trockengelegten Meeresboden überzogen haben, sodann erhärtet und in unregelmälsigen Stücken auseinanderge- rissen seien, und zuletzt diluvial dislocirt worden. — 237 — Sie führen meist als Abdrücke an ihrer Oberfläche bei den schaaligen Stücken, oder in ihrem Innern einschliefsend bei den rundlichen Blöcken oder in ganz freien Stücken die organischen Reste als Steinkerne oder selbst als wahre Versteinerungen darstellend, eine grofse Menge ächter Kreidepetrefacte der obern Abtheilungen, und zwar so, dafs die Hornsteinfauna, wenn auch wesentlich mit der der Kreidemergel übereinstimmend, so doch in dem Vorkommen eigen- thümlicher und in dem reicheren Auftreten gemeinschaftlicher Arten mit der Mergelfauna nicht geradezu identisch genannt werden darf, sondern den petrographischen Unterschied in elwa auch palaeontologisch festhält. — Bei weitem die gröfste Ausbildung erlangen die Echinodermen. Von den 21 Echiniden aller Aachener Kreideschichten führt der Hornstein 11 ausschliefslich. Stiele des Apiocrinites ellipticus finden sich in gröfserer Länge als in irgend einem anderen unserer Kreidegesteine, Köpfe sind noch nicht aufgefunden. — Der Belemnites mucronatus er- scheint als grofse Seltenheit, Fischzähne fehlen ganz, dagegen Fischschuppen (von Beryz ornatus ?) und Spuren von Fischwirbeln häufiger auftreten. Zuweilen finden sich ausgezeichnete Reste von Krebsen. — Gasteropoden gehören zu den gröfsten Seltenheiten und meines Wissens ist aufser einem schönen Trochus, den ich selbst gefunden und welcher mit dem Trochus der Kreide- mergel nah übereinkommt, kein anderer Gasteropode im Hornstein aus dem Aachener Gebiet bekannt geworden. Im Hornstein bei Kunraed fand ich noch Dentalium Mosae. — Corallen sind ebenfalls sehr sparsam, fehlen aber nicht ganz. Um so häufiger sind neben den Echinodermen die Bivalven vertreten, namentlich Terebratula carnea, T. subplicata, T. striatula ; ferner kom- men vor : Avicula gryphaeoides, Exogyra lateralis, Pecten membranaceus, P. Nilssoni, P. pul- chellus, P. quinquecostatus und einige anderen; ferner einige Ostreen (darunter eine höchst ausgezeichnete Ostrea armata in der Sammlung des Herrn Dr. Jos. Müller), ein Bruchstück von einem Inoceramus und eine Crania ignabergensis sind die wichtigsten Formen, die bis jetzt im hiesigen Hornsiein beobachtet wurden. — Pflanzenreste sind äufserst selten, doch findet sich ein eigenthümlicher, in rothbraunen Feuerstein umgewandelter, von zahlreichen Bohrmu- scheln zerstörter Pinites in unverkennbaren Rollstücken als Seltenheit zwischen den diluvialen Hornsteintrümmern und in jüngster Zeit fand. ich sogar die unzweifelhaften Blattabdrücke der Najadee, welche in den Mergeln von Vetschau und Kunraed vorkommt, auch im Hornstein des letztgenannten Fundortes. — Sucht man nun nach der Verbreitung und ursprünglichen Stellung des Hornsteins, so findet man ihn über das ganze Gebiet von Aachen, ostwärts bei Henry- Chapelle u. s. w. in grofser Menge und nordwärts bis nach Kunraed, wo er vorzugsweise in merkwürdigen röhrenartigen Bildungen auftritt. — Anstehend hab’ ich denselben noch nie ge- funden. Wenn man jedoch erwägt, dafs derselbe bei Maestricht fehlt, dafs er vorzugsweise die Aachener und Kunraeder Kreidegesteine überlagert, dafs seine Fauna mit der dieser Fundorte am meisten übereinkommt; so wird es gestaltet sein, ihn jener Uebergangsschicht anzuweisen, die wir zwischen die Feuersteinbänke von Aachen und die Corallenkalke von Maestricht hin- gestellt. Hiemit begränzt sich die Gesteinsfolge der Aachener Kreide, wie sie in der Jetztwelt vor- liegt. Wir werden nur noch bei Darstellung der Diluvialperiode drei bis vier jetzt nicht mehr anstehende Kreidegesteine zu erwähnen haben, welche in vereinzelten Stücken hie und da — 138 — zwischen den Diluvialträmmern vorkommen und wichtige Aufschlüsse über den ehemaligen Zu- stand unserer Kreide darbieten. Es sind die Trümmer der Muschelsandbänke (des Aachener Sandes?), der muschelführenden Sandsteinconcrelionen des unteren Grünsandes und des Ino- ceramen-Sandsteins (des Kreidemergels?). Wenden wir uns nun zur Behandlung der Frage, wie sich die eben beschriebenen Gesteine und Schichten der Aachener Kreide in Gruppen zusammenordnen und sondern. — Schon das pelro- graphische Verhalten deutete darauf hin, dafs wenn auch die ganze Gesteinsreihe in unmittel- barer Aufeinanderfolge von den Meereswassern abgesetzt und daher an der Gränze der einzel- nen Gesteinsgruppen durch dünne Schichten von Uebergangsgesteinen vermittelt sei; doch die Hauptabtheilungen derselben da, wo sie in ihrer vollen Enwickelung auftreten, so bestimmt auseinandergehen, dafs eine sehr verschiedene chemische Beschaffenheit der sie absetzenden Wasser mufs Statt gefunden haben. — Ebenso beweisen auch die organischen Reste unserer Kreideabtheilungen und zwar in höherem Grade noch als die Gesteine, dafs die einzelnen Ab- theilungen, wenn auch an ihren Gränzen durch einige wenigen Petrefacte vermittelt, doch in ihrer vollen Entwickelung schärfer geirennt sind, als dies vielleicht bei irgend einer der bis jetzt genauer untersuchten Kreideablagerungen (in England, in Frankreich, in Norddeutschland, in Böhmen und anderwärts) beobachtet worden. Der durch seinen Reichthum an Land- und Seepflanzen so sehr ausgezeichnete Aachener Sand beansprucht durch die auffallende Thatsache, dals von diesen Pflanzenresten bis jetzt auch nicht eine Spur in den Grünsanden aufgefunden wurde, ungeachtet die unmittelbar den Grün- sand unterteufenden Thonschichten des Eisensandes noch ziemlich reich daran sind, eine eigen- ihümliche Begränzung als unteres Glied der Aachener Kreide. — Nur die spärlich in demselben aufgefundenen Seelhiere, von denen blos einige wenigen ihm ausschliefslich anzugehören scheinen, bringen denselben mit dem unteren Grünsand in nahe Beziehung. Turritella quadricincta Goldf., T. nodosa Roem., T. sexlineata Roem., T. Hagenowü Goldf., T. Noeggerathiana Goldf., Rostella- ria Parkinsoni Mant., eine Avellıma, Cardita Goldfufsi Müll., Corbula Goldfufsi Müll., Venus ovalis Sow., Cardium Marquarti Müll., Trigonia alaeformis Sow., Hytilus scalaris Müll., Ostrea flabelliformis Nilss., Pecten quadricostatus Sow. sind die Hauptvorkommnisse im Aachener Sand und finden sich zugleich, wenn auch der Mehrzahl nach in weit grölserer Menge, im unteren Grünsand. Ausschliefslich eigenthümlich scheinen dem Aachener Sande nur wenige, durch ihre schlechte Erhaltung oft kaum der Galtung nach bestimmbare thierische Petrefacte : darunter Turritella? Buchiana Goldf., eine wahrscheinlich neue Turritella oder ein Cerithium; ferner eine grofse Tornatella, eine Patella, ein Serpulit und einige sehr eigenthümlich gebildeten Monomyarier, von denen namentlich einer etwa 8 Länge erreicht *). — Endlich gehört die grofse Menge der *) Die letztgenannten Petrefacte gehören der muschelführenden Sandsteinbank des Aachener Waldes und derer an mehren Stellen des Gebietes vorkommenden Trümmern an und können daher nicht mit unbedingter Ge- wissheit dem Aachener Sande zugerechnet werden, . Fistulanen und Teredinen in den fossilen Hölzern des Aachener Sandes jedenfalls zu seinen Besonderheiten, da der Grünsand deren nur in äufserst geringer Anzahl enthält, die zudem noch der Art nach verschieden zu sein scheinen. — Merkwürdig ist das Vorkommen eines ein- zigen von Herrn Winkler gefundenen Individuums des Spantangus cor anguinum. Ich fand die- selbe Art ebenfalls in einem einzigen Exemplar in den Muschelbänken des unteren Grünsandes. Wenn nun der untere Grünsand durch die grofse Zahl von Seethieren, deren nur wenige dem unterliegenden Aachener Sande und noch weit wenigere den überlagernden Mergeln an- gehören, sich auszeichnet (vergleiche die nachfolgende Verzeichnisse); so darf dies in Ver- bindung mit den petrographischen Eigenthümlichkeiten wohl dazu berechtigen, denselben eben- falls als eine besondere Abtheilung und zwar als die mittlere unserer Kreide hinzustellen, womit indefs zunächst nur seine örtliche Beziehung, nieht aber unbedingt auch seine Stellung in der gesammien Kreideschöpfung bezeichnet werden soll, worauf wir erst später eingehen werden. — Mit dem unteren Grünsande in eine Hauptabtheilung habe ich jedoch den Gyrolithen-Grünsand vereinigen zu müssen geglaubt. Er findet im Allgemeinen im Vaelser Gebiet seine Stelle über den Grünsanden, wiewohl ähnlich wie mit den Muschelbänken des Aachener Grünsandes lockere Sande denselben stellenweis in gröfserer oder geringerer Mächligkeit überlagern oder mit ihm wechsellagern und darin übergehen. Wenn auch die Seethiere nicht gerade in jener Häufigkeit vorzukommen scheinen, wie in den Muschelbänken des unteren Grünsandes, so gibt doch die bis jetzt noch beschränkte Durchsuchung desselben immer gröfseren Reichthum zu erkennen. Conchiferen und Gasteropoden sind neben den Gyrolithen entschieden vorherrschend‘und zwar in solchen Formen, die entweder identisch mit denen des unteren Grünsandes oder denselben doch sehr nahe verwandt sind. Pecien quadricostatus, Lucina lenticularis, Crassatella arcacea, Turritella Hagenowi, eine Avellana, Scaphites binodosus und andere sind durchaus gemein- schaftliche Vorkommnisse. — Wie aber schon der Aachener und Vaelser untere Grünsand bei unverkennbarer Verwandtschaft locale Verschiedenheiten darbieten, so nämlich, dafs sie theils petrographisch in etwa von einander abweichen, theils durch eine nicht unbedeutende Zahl nicht gemeinschaftlicher Arten gesondert sind; so unterscheidet sich auch der Gyrolithengrün- sand vom unteren Grünsand durch unverkennbar eigenthümliche Formen, zu denen ich schon jetzt eine neue Turritelle, mehre Rostellarien, einige Conchiferen, einen Fischwirbel, die Gy- rolithen und die als Thalassocharis Mülleri m. bezeichnete Najadee zählen darf. — Es ist indefs gar nicht unwahrscheinlich, dafs dies ebenfalls nur ganz locale Abweichungen sind und dafs überhaupt der untere Grünsand mit den Muschelbänken und der Gyrolithengrünsand mit den stellenweise festeren Gesteinsschichten ganz gleichalterige, blos örllich abweichende Schichten und keine Unterabtheilungen einer Hauptgruppe seien, was die Zukunft näher bestimmen wird. Den palaeontologischen Charakter der mittleren Abtheilung anlangend, so fehlt diesen Grün- sanden bis jetzt jede Spur von Brachiopoden. Meines Wissens ist nicht ein Stück einer Tere- bratula u. dgl. in dem eigentlichen unteren Grünsand und im Gyrolithensandstein aufgefunden worden. — Fast eben so selten sind die Echinodermen. Ophiura Fürstenbergi Müll., Asterias quinqueloba, das eine Bruchstück des Spalangus cor anguinum, dann Spatangus bufo nebst einem anderen in wenigen Exemplaren im Gyrolithengrünsand aufgefundenen kleinen Spatangus 37 — 290 — sind die einzigen Arten aus dieser überhaupt und in den obersten Abtheilungen der Aachener Kreide insbesondere so reich vertretenen Gruppe. Sehr sparsam enthält der Grünsand Corallen, unter denen nur einige Fungien zahlreich vorkommen, während die obere Aachener Kreide von denselben viele Gattungen und Arten in zahlreichen Individuen aufweist. — An gemein- schaftlichen Artenvorkommnissen der Conchiferen in den Grünsanden und Mergeln enthält die Schrift von Dr. J. Müller nur Inoceramus Cripsi, Osirea minuta und Exogyra laciniata , denen Arcu glabra als gröfste Seltenheit noch hinzugefügt werden mufs. — Dazu kommen noch an Cephalopoden : Belemnites mucronatus, der in sehr seltenen Stücken in den Muschelbänken des Grünsandes sich findet, während er in den Mergeln ungemein zahlreich wird; sodann Baculites Faujasi, der im Gyrolithedgrünsand und in den Kreidemergeln von Gymnich stellen- weise ziemlich häufig ist. — Rhyncholithes ist nur der Gattung nach in zwei verschiedenen Arten im Grünsand von Aachen und im Kreidemergel von Vaels vertreten und endlich sind es einige wenigen Haizähne (darunter auch ein Myliobates), welche in den oberen Schichten des unteren Grünsandes vorkommend die Nähe der überlagernden Mergel und oberen Grünsande bezeichnen. — Dagegen findet die reichste Ausbildung der Conchifer&n und namentlich der Gasteropoden Statt, während im Mergel die letzteren fast gar nicht und die ersteren nur in wenigen gleichen Arten und Galtungen im unteren Grünsand vertreten sind. Das unten folgende vollständige Verzeichnifs der Conchiferen und Gasteropoden des unteren Grünsandes von Aachen und Vaels wird dies beweisen. Wenn nun auch die als mitilere Abtheilung der Aachener Kreide bezeichneten Gesteine so- wohl petrographisch wie palaeontologisch von der unteren Abtheilung, dem Aachener Sande, sich unterscheiden, so erscheint es doch tiheils wegen der Einfachheit der Uebersicht, wie wegen pelrographischer und palaeontologischer Verwandtschaft nicht unzulälsig, beide Abthei- lungen in eine Gruppe zu vereinigen und als untere Kreide von Aachen zu bezeichnen. Sämmtliche nun folgende Gesteine, vom oberen Grünsand bis zum Maestrichter Kalk ein- schlielslich, würden dann die obere Kreidegruppe bilden, die sich eben so zweckmäfsig wie die untere in zwei Abtheilungen sondern läfst. Das nachstehende genauere Verzeichnifs der wichtigsten Vorkommnisse der oberen Kreidegruppe (des oberen Grünsandes, der Kreidemergels, der Lusberger Breccie, des Vetschauer Coral- lenkalks und des Hornsteins) wird ihre scharfe Trennung von der unteren Gruppe aufser allem Zweifel setzen. Es sind : Terebratula subplicata, T. pisum, T. mantelliana, T. chrysalis, T. Gisü, T. gracilis. T. minor, T. pumila, T. striatula, T. semiglobosa, Crania parisiensis, O. nummulus, C. antiqua, CO. ignabergensis, Thecidea hieroglyphica, Th. hippocrepis, Ananchytes ovata, A. striata, Nucleolites pyriformis, N. Goldfussi, N. lapis cancri, Spatangus lacunosus, Sp. Bucardium, Sp. prunella, Sp. hieroglyphicus, Sp. cortestudinarium, Sp. granulosus, Sp. nodulosus, Sp. radiatus, Cidaris vesiculosa, C. variolaris, Galerites gehrdendis, @. subuculus, Salenia antophora, Asierias Dunkeri, A. quinqueloba, Inoceramus Cripsü, 1. concentrieus, 1. planus, 1. Brongniarti, .I. Cuvieri, Pecten membranaceus, P. Nils- soni, P. pulchellus, P. quinquecostatus, Lima semisulcata, L. multisulcata, Ostrea vesi- = m —= calaris, O. larva, O. hippopodium, O0. minuta, Exogyra haliotoidea, E. lateralis, E. decussata, Spondylus lineatus, Arca glabra, Avicula gryphaeoides, eine vielleicht neue Nucula und einige andere; Serpulu implicata, S. quadrangularis, $. subtorguata, 8. conica, $. subrugosa, 8. lophioda, S. cincta, Nodosaria Zippei, Cristellaria rotula und mehre anderen Foraminiferen. Verhältnifsmäfsig selten sind die Cephalopoden. Belemnites mucronatus (in grofser Menge), Nautilus simplex, Ammonites complanatus?, Rhyncholithes aquisgranensis Müll., gehören hierher. Pollieipes ormatissimus und ein ausgezeichnetes Bruchstück eines Krebses vertreten die Crusta- ceen. — Fast ganz fehlen die Gasteropoden. Nur ein Trochus kommt nicht ganz selten im Mergel, ein sehr nahestehender, vielleicht derselbe, im Hornstein vor. Ferner findet sich eine kleine Rostellaria und bei Vetschau ebenfalls ein Gasteropode, der zu Chemnitzia gehören dürfte. Um so reicher endlich stellt sich die Zahl der Corallen aus den Galtungen Eschara, Celle- pora, Ceriopora, Retepora, Manon, Cnemidium, Fungia, Turbinolia, Anthophylium und nicht minder häufig sind die der Art nach leider sehr schwer bestimmbaren Fische aus den Gattungen Lamna, Corax, Otodus, Odontaspis, Euchodon u. a. Die Zähne des Mosasaurus Hoffmanni endlich bezeichnen die Nähe der obersten Kreide von Valkenberg und Maestricht. Das ausschliefsliehe Vorkommen der Brachiopoden, das fast ausschliefsliche Auftreten der Echinodermen, das Vorherrschen des Belemnites mucronatus, die zahlreichen Corallen, die vie- len Fisch- und Saurierzähne, das Zurücktreten der Conchiferen, namentlich der Dimyarier und endlich das beimah gänzliche Verschwinden der Gasteropoden, vor Allem im Gegensatz zu der Häufigkeit derselben in den unteren Grünsanden sind vollgültige Gründe, um die Gesteinfolge vom oberen Grünsand und Mergel bis hinauf zu den Hornsteinen als obere Gruppe der Aachener Kreide hinzustellen, auf das schärfste von der unteren Gruppe zu trennen und als einen Theil der oberen Kreide überhaupt zu bezeichnen, an den sich als letztes Glied der Maestrichter Kalk anschliefst. Die wichtigste Frage für die Aachener Kreide ist endlich das Verhältnifs ihrer einzelnen Glieder zu den Hauptabtheilungen der Kreideschöpfung überhaupt, wie sie als 1. Neocomien, oder unterste Kreide, 2, Shanklin-Sand und unterer Grünsand Englands, 3. Gault, 4. weilse Kreide mit Einschluss des böhmischen Plänerkalkes, der eraie chloritee und des Kreidemergels mit und ohne Feuerstein und 5. als Kreidetuff von Maestricht in der neueren Wissenschaft über- einander geordnet zu werden pflegen. Ich habe hier mit Absicht das als Quadersandstein bekannte unterste Glied der meisten Deut- schen Kreide-Ablagerungen nicht mit aufgeführt, weil erst im Folgenden seine Stellung näher zu erörtern ist und dieser Nachweisung nicht vorgegriffen werden soll. Bei der Altersbestimmung von Formations-Abtheilungen ist es mit Recht üblich, diejenige Oertlichkeit welche zuerst genauer untersucht worden, gewissermässen als Normaltypus zu be- trachten und darnach die anderen in der Folge untersuchten Oertlichkeiten so lange zu bemes- sen, bis eine allgemeinere Kenntnifs eine andere Art der Vergleichung möglich macht. Diese Normalstellung haben für die Kreide der schweizerische Neocomien und die englischen u und französischen Kreidegesteine (Shanklin sand oder lower greensand, Gault, upper greensund, eraie chloritee, chalk marl, lower chalk without flints und upper chalk with flints, eraie blanche) behauptet, an die sich als oberstes Glied der Maestrichter Kalk anschliefst, Es kann nun für die Aachener Kreide kein Zweifel darüber obwalten, dafs in derselben der Neocomien und sein deutsches Aequivalent, der Hilsthon und das Hilsthonconglomerat, fehlen, wiewohl es eigenthümlich genug ist, dafs nicht wenige Aachener Vorkommnisse und darunter sogar meist solche, die unserer weisen (oberen) Kreideabtheilung ausschliefslich angehören, im Hilsconglomerat, im Hilsthon und im französischen Neocomien Cs. F. A. Römer norddeulisches Kreidegebirge 1841. S. 131 und 137-—-145) wiedergefunden werden. Anthophyllum conieum?, Fungia radiata?, Cidaris vesiculosa, Tetragramma variolare, Serpula hexagona?, Serpula lophioda, Exogyra haliotoidea, Ostrea carinata, ©. hippo- podium, Pecten aequicostatus, P. quadricostatus und Mya elongata sind in Hilsconglo- merat; Asierias Dunkeri, Ostrea carinala, Pecten quinquecostatus, P. striatocostatus , Panopaea plicata und Trigonia alaeformis selbst im Hilsthon oder im französischen Neocomien nachgewiesen. Verwickelter wird aber die Frage, wie die Stellung der unteren Gruppe von Aachen zum Skanklin sand oder lower greensand der Engländer und zum deutschen unteren Quader sich ver- hält. — In jüngster Zeit tritt vorzugsweise bei einigen norddeutschen Geologen die Ansicht auf, dafs die Kreide in drei Abtheilungen : Neocomien mit Einschlufs des lower greensand, Gault und weilse Kreide gesondert werden müsse — dafs die sämmtlichen Kreidegesteine in Mittel- deutschland, der untere Quader Sachsens und Böhmens mit eingeschlossen, bis zu den obersten Schichten hinauf und so auch die Aachener Kreide-Ablagerungen lediglich der oberen Kreide- Abtheilung, der weifsen Kreide zugezählt werden müssen — dafs die untere Abtheilung, der Neocomien und lower greensand nur im Hils ein Aequivalent besitzen und anderwärts in Deutsch- land nicht vertreten sind und endlich, dafs die mittlere Abtheilung, der Gault, in der deutschen Kreide bisheran nirgendwo mit Sicherheit nachgewiesen worden. Dagegen hält die auf eine Fülle von Thatsachen gestützte und bis jetzt als Musierarbeit für die Kreide geltende Monographie der Böhmischen Kreide von Reufs ®) S. 115—128 daran fest, dafs der Böhmische untere Quadersandstein (eine Gesteinsfolge von quaderförmig zerklüfteten Sandsteinen mit zwischenlagernden pflanzenreichen Thonschichten und steilenweis mil einer grolsen Menge von Meeresthieren) dem lower sreensand Englands gleichzustellen sei. — Das unzweifelhafte und bis jetzt allein mit Sicherheit in Deutschland nachgewiesene Aequivalent des englischen und französischen Gault erkennt Reufs im Plänermergel Böhmens und einigen damit nah verwandten Gesteinen Sachsens. — Der Plänerkalk aber und der obere Quader Böhmens vertreten nach demselben den grey chalk marl, den lower chalk und dıe weifse Kreide. wu Dr. > Si =) Die Versteinerungen der Böhmischen Kreideformation von Dr, Reuss, Brunnenarzt zu Bilin in Böhmen. Stutt- gart 1846 bei Schweizerbart, Die Bearbeitung der Pflanzen ist von Corda; die 51 Tafeln Abbildungen, zum Theil gezeielinet von Rubesch , litbographirt von Federer, sind vielleicht das Beste, was in der neueren Lithographie geleistet worden. Die Schrift darf nicht verwechselt werden mit der älteren. Arbeit „geognosti- sche Skizzen des Königreichs Böhmen, Prag 1843—44°: von demselben Verfasser. Bevor wir auf die Entscheiduug über diese Fragen eingehen, bedarf es einiger allgemei- nen Betrachtungen über die leitenden Grundsätze bei Vergleichung von Schichten aus enlfern- ten Oertlichkeiten. Es ist eine nicht zu übersehende Thatsache, dafs je mehr die genaue Erforschung verschiedener Oertlichkeiten vorangeschritten, sich auffallender Weise mitunter die Schwierigkeiten vermehrt haben, welche einer strengen Parallelisirung der einzelnen Formationsglieder verschiedener Fundorte und namentlich dem Festhalten der zuerst genau bearbeiteten. Fundorte als Normal- typen der gesammten Formation sich entgegenstellen. Dies führt auf die Beachtung und Würdi- gung der in den älteren Schöpfungsperioden nur wenig, in der Jetztwelt aber in höchster Aus- bild ausgesprochenen, daher in den Secundärgebilden, mithin auch in der Kreide, in vermit- telnden Verhältnissen entwickelten geographischen Vertheilung der Organismen, wonach ganz gleichalterige Gesteine mehr durch ähnliche als durch gleiche Arten bezeichnet sind. Herr Pomel hat in seinem S. 216 der vorliegenden Verhandlungen mitgetheilten Bemerkungen gegen die Dumont’sche Ansicht über die Bedeutung der Paläontologie in der Geologie dieses Verhältnifs richtig bezeichnet, wenn er sagt : „Aujourd’hui on ne pense plus que je sache, q’une meme espece doive Eire caracleristique d’une möme formation sur toute la surface de la terre, car on serait en opposition directe avec les paleontologiques et les lois de distribution geographique des organismes. Mais cette espece avant d’arriver aux limites de son royaume, s’associera ä une autre espece qui bientot dominera ä son tour et remplacera cetie derniere dans sa pro- priete caracteristique.‘“ — Und wir glauben, dafs dies nicht allein mit den Arten, sondern auch mit nahverwandten Gattungen der Fall sei. Die den eben ausgesprochenen Ansichten zu Grunde liegenden Thatsachen sind es aber, welche unserer Meinung nach bei Beurtheilung und Vergleichung von Gesteinen verschiedener Fundorte fortan weitmehr beachtet werden müssen, als es bisheran geschehen. — Nothwendig werden hiebei die Vergleichungen, welche sich fast ausschliefslich auf ein mehr oder minder langes Verzeichnifs gleicher Arten stützen, an Bedeutung verlieren; nicht als sei eine solche Artenübereinstimmung ein nicht genügender Beweis der Identität gewisser Schichten, sondern weil es wenigstens in der Kreide sich als thatsächlich unausführbar erweist, dergleichen auf- zustellen und weil das Fehlen der Artenübereinstimmung noch keineswegs die Nichtzusammen- hörigkeit der Schichten zu beweisen im Stande ist. Der Aachener Sand mit seinen zwischenlagernden Lettenschichten, mit seinem auffallenden Pflanzenreichthum und zum Theil auch mit seinen meerischen Petrefacien bekundet petro- graphisch wie palaeontogisch betrachtet in seiner Gesammterscheinung eine unverkennbare Uebereinstimmung mit dem unteren Quader Böhmens und dennoch stimmt nicht eine einzige der zahlreichen Pflanzen aus beiden der Art nach überein. Ja, was noch auffallender, die einander so nalı liegenden sächsischen 'Thonschichten des Quaders (Niederschöna) und die ebenfalls pflanzenführenden Thone und Quadersandsteine Schlesiens zeigen nicht die mindeste Ueberein- stimmung in den Arten, und Schlesien und Böhmen haben nur die Gattung Dammarites gemein, aus welcher Dammarites albens in Böhmen, D, crassipes in Schlesien vorkommt, ungeachtet es —gg 1:7 doch schwer fallen dürfte, die sächsischen, böhmischen und schlesischen unteren Quader von ein- ander zutrennen. Der Vergleich der gesammten Kreideflora, wie sie in Sachsen, Böhmen, Schlesien, Schweden, England, Frankreich und Aachen auftritt, ergibt sogar, dafs dieselben entweder gar keine oder nur sehr wenige Gatlungen und Arten gemein haben und dafs jeder Fundort eine eigenthümliche Flora darstellt, ohne dafs sich nur mit der mindesten Wahrscheinlichkeit behaup- ten liefse, sie gehörten sämmtlich verschiedenen Kreideabtheilungen an und ohne dafs sich dies eigenthümliche Verhalten etwa aus einer inselartigen Trennung jener pflanzenführenden Festländer deuten liefse; denn der gröfsere Theil jener Fundorte wird demselben, wenn auch weit aus- gedehnten Strandgebiete desselben Kreidemeeres angewiesen werden müssen *). Achnliche, wenn auch nicht so auffallende Verhältnisse lassen sich bei den Seethieren nach- weisen. — Von den 400—450 Arten der gesammten englischen Kreide, wie sie hei Fitton zu- sammengestellt sind, finden sich kaum 30—40 Arten in der gesammten Aachener Kreide wieder, ungeachtet der Artenreichthum dieser letzteren gewils nah an 300 beträgt und ungeachtet wohl von keiner Seite wird in Abrede gestellt werden, dafs wenigstens ein Theil der englischen Kreide auch bei Aachen vertreten ist. — Ferner enthält die Aachener Kreide von den 817 Arten der gesammten norddeutschen Kreide mit Einschlufs des Hils nach A. Römer’s Zusammenstel- lung etwa 85 Arten aus allen Gattungen. — Es hat endlich die ganze englische Kreide (mach Fitton’s Verzeichnils) mit der ganzen norddeutschen (nach A. Römer) nur die höchst unbedeu- tende Zahl von 67 Arten gemein. Ich enthalte mich, diese Verhältnisse im Einzelnen auszuführen, da die angeführten Zahlen hinreichend beweisen, wie ungeachtet der reichsten Arten-Entwickelung in den einzelnen Fau- nen die gemeinschaftlicken Formen mit anderen Fundorten so sehr selten sind und wie sehr demnach die Bedeutung der localen Entwickelung und der geographischen Vertheilung bei der Vergleichung verschiedener Schichten in die Waagschaale gelegt zu werden verdient. Rechnet man hierzu noch, dafs von den zu einer Vergleichung übrig bleibenden wenigen Arten mehre durch alle Kreideschichten hindurchgehen, wie namentlich Peeten quadri- und quinguecostatus, Cidaris vesiculosa und viele anderen und daher aus der Betrachtung wegfallen müssen; ferner dafs die Vertheilung der übrigen auf wenigstens drei Kreide-Abtheilungen die Zahl der Leitversteinerungen noch mehr beschränkt : so leuchtet es ein, wie wenig haltbar die. Bestimmungen nach den spärlichen Verzeichnissen gleicher Arten sich erweist. Dazu fällt es endlich nicht, schwer, Verzeichnisse von angeblichen Leitversteinerungen für einzelne Schichten zusammenzubringen, die aber nicht weniger als beweisend sind. Wir haben vorhin wenigstens 15 Peirefacte aus dem Neocomien und Hils zusammengestellt, die bei Aachen vorzugsweise in den obersten Schichten vorkommen und sind nicht einmal geneigt, selbst die untersten mit dem Neocomien zu vergleichen. — Inoceramus concentrieus findet sich in England nur im Gault, im lower greensand und im Blackdown sand (Fitton); in Norddeutschland nur im €) Siehe meinen Aufsatz : „Uebersicht der urweltlichen Pfanzen des Kreidegebirges überhaupt und der Aachener Kreideschichten insbesondere‘* in den Verhandlungen des naturhistorischen Vereins für die preussischen Rheinlande, Bonn 1848, S, 113-125, re Quader (A. Römer); in Böhmen erscheint derselbe niemals bis in den oberen Plänerkalk hin- auf, sondern immer nur in tieferen Schichten (Reufs S. 121) und bei Aachen findet er sich nur in der oberen Abtheilung, im Kreidemergel ohne Feuerstein bei Vaels, wogegen Inoceramus Crip- si, der anderswo mehr nach den oberen Schichten hinneigt im Aachener Gebiet in einzelnen Stücken und wie Herr Dr. Müller richtig bemerkt, meist in jugendlichen Exemplaren schon in den Muschelbänken unseres Grünsandes vorkommt. — Trigonia alaeformis seizt A. Römer S. 68 lediglich in seine oberste Kreide-Abtheilung mit Angabe der Fundorte : Oberer Kreidemergel bei Gehrden, Quedlinburg, Blankenburg, Dülmen, Aachen, wobei wir übrigens für Aachen ver- sichern müssen, dafs nie ein Stück von Trigonia alaeformis in unseren Kreidemergeln aufge- funden worden. Die Art beschränkt sich hier lediglich auf die beiden unieren Abtheilungen, unteren Grünsand (in grofser Menge) und Aachener Sand. Aus Frankreich führt Römer die- selbe Art d. 131 im Neocomien an und in England findet sie sich wie Inoceramus concentrieus nur in den dreı unteren Abtheilungen, Gault, lower greensand und Blackdown sand. — Venus ovalis Sow. findet sich in Böhmen nur im oberen Plänerkalk; bei Aachen nur im unteren Grün- sand und in England nach Fition nur im lower greensand. — Avicula gryphaeoides erwähnt Fitton aus dem upper greensand und nach Römer kommt sie in Norddeutschland nur in seinem seinem Grünsand und Gault vor. — Discoidea (Galerites) subuculus ist ein ansschliefsliches Peirefact des englischen lower greensand (Fitton) und des deutschen Hilsconglomerates (Römer), während es bei Aachen auf die obersten Schichten, den Vetschauer Mergel, beschränkt ist. — Ebenso ist Exogyra haliotoidea bei Aachen nur im Mergel von Veischau gefunden, während dieselbe in England nur im Blackdown sand und in Norddeutschland im Hilsconglomerat angege- ben wird. Wir würden das Verzeichnils solcher Arten noch bedeutend mehren können; die angeführten aber beweisen zur Genüge, mit welcher Vorsicht die Verzeichnisse sogenannter Leitversteine- rungen zu behandeln sind, wenn es sich nicht um Vergleichung grofser Gruppen, sondern um Parallelisirung von Unterabtheilungen handelt. — Es werden demnach für die Zukunft statt der bisheran so gewöhnlich angewandten Artenlisten wohl mit gröfserer Umsicht sämmtliche petro- graphischen, palacontologischen, geognostischen und physiologischen Kriterien, dann vorzugs- weise die allgemeinen Entwickelungsstufen der Familien und Gattungen, ferner die Ausbildung gewisser Formengruppen im Bereiche der Art und endlich die richtigere Würdigung blos localer, geographischer Eigenthümlichkeiten bei Vergleichung weit entlegener Gesteinsmassen besonders malsgebend sein müssen. Falst man diese Erwägungen in ihrer Anwendung auf die Bestimmung der Aachener Kreide- Abtheilungen, so wäre vorerst Werth zu legen auf die allgemeine Entwickelungsstufe der orga- nischen Wesen in den drei Abtheilungen. Die Aachener Kreideglieder verhalten sich in dieser Beziehung ungefähr *) wie folgt : *) Da die Untersuehung unserer Fundorte noch keineswegs erschöpft ist und ungeachtet der vielen Bemühungen noch manches Neue dürfte aufgefunden werden, so habe ich die Zahlenverhältnisse, so viel sie mir aus ge- druckten und schriftlichen Mittheilungen meines Freundes des Herrn Dr, Jos. Müller und aus meinen eigenen Es enthalten die........... ER rettie era erafaeihkeie a aan untere Gruppe. Oberste u. obere ” Mittlere Untere Abtheilung. Abtheilung. Abtheilung, Pflanzen (Land- und Seepflanzen).. 2.2.2.2 cc. 3 1 70 SEC ER. 26 Ce Sara NEE. 1 0 0 BISCHE.SntC rs. >> AO. neun RL EEE 10—12 3—A 0 Crustaceen. A E.. SH ne 3 1 1? Aunehden. seen. Aue FORTE. IERFn 3 1 Genhalonoden. ne er 1er AR 2 u sra ae 3—4 6—7 0) Gasteropoden are tan ne an ran 2-3 120 10—12 Eonchilerenk ir een NR 15 70 12 Brachiopoden? Mr Alena. 2. 2 TS BERER R 16 0 0) Budısten non ER SÜSSER AN 0 0) 0 FRAUIaTIer. 00.2 ee LE 20 A 1 BOIYPAaLIET.. er N ere.c an. ra A 15 A—5 1 Horaminileten ne A 1 0 Vergleicht man hiemit die böhmischen Kreideschichten, so stellt sich eine überraschende Achnlichkeit heraus. Dieselben ordnen sich nach Reufs II, S. 126, wie folgt : Obere Mittlere | Untere Abtheilung. | Abtheilung. | Abtheilung. (Oberer Quader,| (Plänermergel |(Unterer Quader, Plänerkalk.) oder Gault.) u. Ss. W.) PÄON ZEN: 2 Sr r lehe ein. ee ct . 3 3 22 Fische. .....kkmiks ER ER IE 69 7 8 Grustaceent N 2 IH N NE Ren 19 23 A Armelidene. 2... ae a RR a ae 15 5 D) VEHhalONBUEN!.. Nee rk nee se no an EN 13 15 9 Gasteropoden........... BHERNTe Tniata:a..030.0 or oT 24 A7 49 Conchileren... 2 za....° NEE ran ahs ran ee 128 s1 128 Brachionpkan nase des ernennen ae 29 6 10 Rudisten;. Aocı Aainnar. er elenisteie IE PR ne. 2, 0 6 Radiarier.. om DE ec a ee NE 21 9 6 BOINDaLIEH... ne 119 7 13 Foraminiferen......... en RR A 53 101 2 Arbeiten bekannt sind, mitgetheilt, ohne jedoch mehr als eine annäherungsweise Richtigkeit in Anspruch nehmen zu können. = mn = Weniger Uebereinstiimmung zeigt sich mit den englischen Kreideabtheilungen nach Fitton, wozu wir indefs gleich unten die nöthigen Erläuterungen beibringen werden. Die englische Kreide enthält im....... ROROUER Pa „| Malt. Bi 4. eu Pflanzen....... SR ENLEREN, a a'ate. alle BER ann 1 2 2 0 FISCHER SR elate efere sofa alelatalnteisianie seen» 2 A 1 0 Crustaceen...... Sage. N I 0 5 6 2 Amneliden........:--- Beh os 3 2 5 7 Cephalopoden........ ende ee Mlekaaie 13 37 20 17 Gasteropoden....... ehe an Tele Aa Keks ber ataga ie Srafe ia R 14 20 17 4 Gonchiferen. are see ae te erstere Wefetefeleakktern uf 30 35 447 108 Brachiopoden........... rldees N Je are 6 6 21' 9 Rudisiennudsenuas des N N 0 0 1 0 Radiarier......... en ET. SUR eteretele 4 2 9 3 Polypariex.4.0r amt ll annazkrete sende“ : 2 A A 0 Foraminiferen....2.e222seer ee Keen AUTURE N) 0 0 0 Leider stand mir zur Vergleichung der französischen Kreide die Literatur nicht zu Gebot. Eine Abhandlung von d’Archiae aus dem Jahre 1839 hab’ ich defshalb nicht benutzt, weil ich erfahren, dafs seitdem eine vollständigere und genauere Arbeit von demselben Verfasser er- schienen, die ich leider vor Abdruck dieses nicht erhalten kann. — Die norddeutsche nach A. Römer hab’ ich ebenfalls hier nicht genauer berücksichtigt, weil mir, nach den Aachener Vor- kommnissen zu urtheilen, die von dem sonst sehr verdienten Verfasser angenommene Deutung und Verbindung der verschiedenen localen Gesteinsfolgen nicht gelungen zu sein scheinen und eine Vergleichung ohne Sonderung nach Oertlichkeiten die Verwirrung nur vermehren dürfte. Ein ziemlich übereinstimmendes Ergebnifs stellt sich nun aber heraus, wenn wir den Vergleich zwischen der aachener, böhmischen und englischen Kreide auch auf die in den verschiedenen Abtheilungen vorwaltenden Arten und Gattungen ausdehnen. In Betreff der Floren der unteren sandigthonigen Gesteine hab’ ich bereits darauf hingewie- sen, dafs eine Uebereinstimmung in den Arten nicht besteht. Es wird aber immer von Interesse sein, das Vorhandene wenigstens in seiner Gattungs-Verwandtschaft kennen zu lernen und ich lasse daher die Verzeichnisse der Floren von Sachsen, Böhmen, Schlesien, Aachen und anderen hier nachfolgen. Die fossile Flora Englands ist zu dürftig, als dafs eine erfolgreiche Vergleichung Statt finden könnte. Die fossile Flora der sächsischen unteren Kreidegesteine (Niederschöna u. a.) zählt folgende Arten : Farenkräuter ............ Alethopteris Reichiana Sternb., Pecopteris Schönae Reich., Chiropteris Reichii Bronn. 38 — 28 — Lepidodendreen .......... Bergeria minuta Sternb., wohl eine Conifere. Lyeopodiaceen........... Lycopodites insignis Reich., wohl ebenfalls eine Conifere. Oyeadeen..»2r220.000... Plerophyllum cretaceum Rofsm., Pt. saxonicum Reich. Coniferen.aeusennnnnn... Ounninghamites oxycedrus Sternb. SAlIDINBEN, «nee Credneria. cuneifolia Bronn., O. n. sp. Gein. Die Algen scheinen gänzlich zu fehlen, wenn nicht, wie von gewichliger Seite alla ig behauptet wird, Chiropteris Reichii Bronn. als Halyserites Reichiü Sternb. dazu gehört. Aus der Flora des Quadersandsteins von Schlesien nennt Göppert : Alban. alabrntelefe'se'nfaiserste Cylindrites spongioides Göpp., ©. daedaleus Göpp., C. arteriaeformis Göpp., Münsteria Schneideriana Göpp. Farenkräutel............. Polypodites Schneiderianus Göpp., Protopteris Singeris Presl. Balmenkeree testen ere .... Flabellaria chamaeropifolia Göpp. GONWETEN" ei a entetein a ud ce Dummarites crassipes Göpp. JuliHDIENE nee ee Carpinites arenaceus Göpp., Credneria Schneideriana Göpp. Unbestimmte Dikotyledonen. Phyllites Geinitzianus Göpp., Ph. enervis Göpp., Ph. emarginatus Göpp., Ph. acuminatus Göpp., Ph. testaceus Göpp. Die fossile Flora der böhmischen Kreide, gröfstentheils von Corda in Reufs’ Versteinerungen bearbeitet, enthält 25 Arten, die sich vorzugsweise auf die untere Abtheilung beschränken und nur ın wenigen Arten bis in den Plänerkalk hinaufsteigen. Algen..enueeneneennen.. Halymenites cylindricus Sternb. Farenkräuter .oeueuou0... Pecopteris bohemica Corda, P. Zippei Corda, P. lobifolia Corda. Cyeadeen. demwesae .... Zamites familiaris Corda, Microzamia gibba Corda. Conifereneseseseeennee.. Geinitzia cretacea Endl. (bis in den oberen Plänerkalk), Pinites Reufsü Endl., P. exogyrus Endl., Peuce cretacea Endl., Cunninghamites ele- gans Endl., C. planifolius Endl., Dammarites albens Sternb. Araucar ites crassifolius, A. acutifolius und Widdringtonites fasti- giatus Endl. finden sich nur im böhmischen Plänermergel, nach Reufs dem Aequivalent des Gault, oder im Plänerkalk. SAHBIRBEIS,H= 210. seien sie Phyllites n. sp. Sternb. Unbestimmte Blätter...... Eilf Arten unbestimmte Phylliten. — Zusammen 25 Arten. Die (oberen) Kreidegesteine von Nord- und Mitteldeutschland führen Algen : Chondrites subverticillatus Presl., Ch. furcillatus Roem.;; einige Faren : Pecopteris Reichiana Sternb., P. Siernb. und vor allem die bezeichnenden Crednerien im oberen Quader von Blankenburg : Cred- neria integerrima Zenker, C. denticulata Z., C. biloba Z., C. subtriloba Z. Die englischen Grünsande von Lyme Regis, Feversham, Selmeston u. a. enthalten nur diko- tyledonische Hölzer, die keinen Vergleich gestalten und drei Cycadeen, Aumaaabg abs macro- cephalus Endl., Z. ovatus Göpp. und Z. sussexiensis Göpp. Die schwedischen Pflanzenreste hab’ ich wegen der zweifelhaften Stellung der Gesteine, aus denen sie angegeben werden, nicht aufgezählt. EEE. Alle aber werden bei weitem überwogen von der Flora der unteren Kreidegesteine von Aachen. Dieselben enthalten : Algen....22cesennnnn... Halyserites trifidus m., H. Schlotheimi m., Sphaerococcites cornutus m., Sph. Mohli m., Costarites *) undulatus m., Laminarites cerena- tus m., L. spathulatus m., L. n. sp. m., Bryocarpus monostachys m., B. polystachys m. Farenkräuter ......... ... Pecopteris polypodioides m., P. tenella m., P. incerta m., P. n. sp. m., Polypodites blechnoides m., Didymosorus varians m., D. comp- toniaefolius m., Pachypteris crelacea m., Zonopteris Göpperti m. und fünf noch unbestimmte Formen. Hydropteriden............ Rhacoglossum heterophyllum m., Rh. dentutum m. Aus unbekannter Familie... Campteroneura paradoxa m., C. truncata m. Najadeen................ Zosterites vittata m., Z. aequinervis m., Nechalea serrata m., N. petiolata m., N. lobata m. Cycadopsis aquisgranensis m., C. Monheimi m., CO. araucarina m., ©. Foersteri m., C. Ritzi m., C. thujoides m., Mitropicea Noegge- rathi m., M. Decheni m., Belodendron Neesi m., B. lepidodendroides m., B. gracile m. Dikotyledonen............ Bowerbunkia attenuata m., B. emarginata m., B. repanda m., B. maszima m., B. rotundifolia m., ferner 16 andere Phylliten und 6—8 Früchte. — Zusammen ungefähr 70 Arten **). GONIkeIen. ee era Durch ihren Reichthum an Algen, Farenkräutern u. dgl. und durch ihren Mangel an Cyca- deen weicht nun die Aachener Flora am meisten von den anderen ab. Die Formen der Conife- ren und zum Theil die der dikotyledonischen Blätter bekunden aber eine deutliche Verwandt- schaft. Die Cunninghamites, die Gleinitzia, die Araucarites, die wahrscheinlich ebenfalls zu den Coniferen gehörenden Lycopodites sind mit den Cycadopsis durchaus verwandte Formen, von denen vielleicht einzelne mit der Zukunft gar als identisch erwiesen werden. Von den di- kotyledonischen Blättern ist es bemerkenswerth, dafs die von Göppert in jüngster Zeit aus dem schlesischen Quader in den Acta Leop. vol. XXII, P. I., p. 361, f. 5, 6, 7, 10 und 11 mitge- theilten Ph. Geinitzianus und Ph. emarginatus einige Uebereinstimmung mit den Arten unserer Gattung Bowerbankia darbieten, während andererseits die Crednerien, welche vorzugsweise den oberen Quadern (?) von Blankenburg anzugehören scheinen und nur in wenigen Arten im Schlesischen Quader und in den Niederschöna-Schichten vorkommen dem Aachener Sande, so- wie dem böhmischen Quader spurlos fehlen. #) Die gesperrt gedruckten sind neue Gattungen %*#) Die 5—6 Arten aus den oberen Kreide-Abtheilungen, Thalassocharis Mülleri m, aus dem Gyrolithengrün- sand und einige Coniferen uud Phylliten aus den Mergeln, mufsten aus diesem Verzeichniss wegfallen, Mit ihnen zusammen erreicht die Aachener Kreideflora bis jetzt die aufserordentlich bedeutende Zahl von beinahe 80 Arten, — 30 — Bringt man nun aber die bezeichnendsten Fflanzenreste der gesammten Kreide *) in eine nach den Kreide-Abtheilungen geordnete Uebersicht, so stellt sich wenigstens so viel als unzwei- felhaftes Ergebnifs heraus, dafs das Vorherrschen der Pflanzen für die unteren Kreideschichten Deutschlands durchaus bezeichnend ist. Das Verhältnifs ist ungefähr wie folgt : Obere Mittlere Untere Kreide. Kreide. Kreide. Weisse Kreide. | - . Unterer Quader- ObererQuader.(?) Gränsand, Gault.| A4ehener Sand. Algen..... eisen ini ein RGe TREE or. (015 CHeleinlare safe 12 0 15 Faren........... re ee 0 RR ek ee 6 0 28 Hydropteriden ........... 2 OR BR ARCHE, 0 0 2 Cycadeen........ ER A EN. Art a 0 3 5 Najndeene een Se EL... 21 TEN RN SR 1 1 ET est 05 co 1 0 1 EEE Bee. Ar ubegaarsore A A 20 Julifloren........ ans n- nah 0 3 5 (Erednenien een sonen near yo 5 0 3 Unbestimmte (Dikotyledonen) Blätter........ LE OREER U 4 4 26 Unbestimmte Früchte........ AS SAHERS ES RO! 1 0 0 8 Unbestimmte Hölzer... .csun.-sc22200. as lan 5 = —_ om; 34 13 119 Demnach liegt uns ein erstes Beweisstück vor, dafs der Aachener Sand als Aequivalent des deutschen (und böhmischen) unteren Quaders zu betrachten sei. Schliefslich möge hier nur noch ein vergleichender Hinblick auf die Flora des englischen und norddeutschen Wälderthon’s (Wealden) eine Stelle finden. Die Zusammenstellung in Dr. W. Dunker’s Monographie der norddeutschen Wealdenbildung , Braunschweig 1846 mit 21 Tafeln ergibt folgende wichtigen Verhältnisse : Algen....... Or Equisetites.......... 1 Cyeadeen.......... Pterophyllum.. 8 Equisetaceen......- Confervites ..»....... 3 Oycadites..... 2 Farenkräuter....... Sphenopteris.. 8 "Zamites...... 2 Pecopteris....10 Endogenites... 1....13 Lonchopteris.. 2 GORELED en oo 000 Abielites...... 3 Alethopteris... 1 Thuittes.......7 A. go Neuropteris... 2 Liliaceen......»- Beh re TR 1 Oyelopteris.... A....27 Dikotyledonische (?) Früchte. .........»» A Hydropteriden...scesanee en STONE RRRRRIE 30. = *) Vergleiche meine derartige Zusammenstellung in den Verhandlungen des naturhistorischen Vereins der preus- sischen Rheinlande. Bonn 1847, S. 113 f, a = 33H = Nach dieser Uebersicht wird wohl kaum einen Augenblick Zweifel darüber sein können, dafs die Floren des Wealden und des Aachener Sandes sehr scharf von einander getrennt sind. Während dort die meerischen Algen gänzlich fehlen, treten sie in den unteren Kreideschichten zahlreich auf. — Es überwiegen in der Kreide entschieden die Coniferen und Dikotyledonen, während in der Wälderformation die Farenkräuter aus den ältesten Gatlungen und die für den Jura so bezeichnenden Cycadeen auf das Entschiedenste vorwalten. Wenn nun auch das ‘eben nicht spärliche Vorhandensein von Cycadeen in der Kreide und der sogar grofse Reichthum an Farenkräutern eine Verwandtschaft mit der älteren Entwicklungsstufe des Pflanzenlebens bekundet; so sind doch die neu hinzugetretenen Dikotyledonen der entschiedene Beweis einer Annäherung der Kreideschöpfung an die Jetztwelt und der Wealden, in welchem wir den Schlufs des Jura betrachten scheidet sich um so schärfer von der Kreide, als hier die neue: Entwick- lungsstufe gerade wieder mit einer eigenthümlichen Pflanzenwelt beginnt. Eine noch zu entscheidende Frage wäre nur, ob nicht etwa die Süfswasserbildung des Weal- den als untere Abtheilung der Meeresbildung des Neocomien betrachtet werden könnte und ob nicht die zahlreichen Ammoniten dieses letzteren den Auschluls an die auf höchster Stufe der Entwickelung stehende Ammonitenfauna des Jura zu bieten geeignet wären. Gehen wir nun zum speziellen Vergleich der Faunen der unteren und mittleren Kreide- schichten von England, Böhmen und Aachen über *). Der untere Grünsand von Aachen enthält nachstehende, nach den sorgfältigen kritischen Bestimmungen des Herrn Dr. Jos. Müller bis jetzt ermittelte Arten, von denen die mit wückWiegender Schrift gedruckten zugleich in der oberen, die mit schmaler und gesperrt gedruckter Schrift zugleich in der unteren Ab- theilung der Aachener Kreideschichten vorkommen : Serpulidae, Serpula gordialis Schloth., S. socialis Goldf., S. ampullacea Sow. Conchifer®. Trigonia alaeformis Goldf., T. excentrica Goldf. — Arca y\abra Goldf., A. exaltata Nilss. — Cucullaea glabra Sow., C. Goldfussi Roem., C. texta Roem. — Nucula caudata K. & D., N. Foersteri Müll., N. tenera Müll. — Pectunculus sublaevis Sow., P. Hoening- hausi Müll.— Isocardia cretacea Goldf. — Cardita Goldfussi Müll. **) — Cardium tubuli- ferum Goldf., ©. Becksi Müll., C. semipustulosum Müll., C. Debeyanum Müll., C. Marquarti Müll., C. alutaceum v. Münst., C. galeatum Müll. — Astarte caelata Müll. — Crassa- *) Das hier folgende sehr vollständige Verzeichniss der Conchiferen, Gasteropoden und Serpuliten des unteren Grünsandes von Aachen und Vaels verdanke ich der bereitwilligen Mittheilung meines Freundes des Herrn Dr. Jos. Müller, und mache ich darauf aufmerksam, dass der grösste Theil der darin entlialtenen Gasteropo- den, die eine besondere Eigenthümlichkeit des Aachener Gebietes und eine Zierde der ausgezeichneten Samm- lung des Herrn Dr. Müller bilden, bis dahin nicht veröffentlicht waren und den zweiten binnen Kurzem er- scheinenden Theil der öftererwähnten „‚Monogrsphie“ füllen werden. Nur wer aus eigener Erfahrung die Schwierigkeit kennt, mit der im hiesigen Gebiete die Gewinnung wollerhaltener Petrefacte gelingt, wird den Wertli jenes reichhaltigen Verzeichnisses zu würdigen vermögen. **) Cardita Goldfussi Müll. kommt nach der Mittheilung des Herrn Zosquet auch im Maestrichter Kreidetuff vor, Die Exemplare, die ich gesehen sind aber entschieden mehr gerundet und nicht so lang gestreckt wie die Formen des Aachener Gebietes und bilden mindestens eine Varietät, Bei Aachen ist sie auf den Grünsand und Aachener Sand beschränkt. = 302 — tellä arcacea Roem. — Lucina lenticularis Goldf., L. producta Goldf., L. Geinitzi Müll. — Venus ovalis Sow., V. faba Sow., V. plana Sow., V. tumida Müll., V. numismalis Müll. — Gorbula striatula Sow., R. lineata Müll., R. obtusa Müll. — Tellina strigata Goldf., T. costulata Goldf., T. Goldfussi Roem., T. plana Roem. — Solen compressus Goldf., S. aequalis d’Orb. — Panopea plicata Sow. — Lysianassa designata Goldf. — Mya elongata Roem. — Avicula pectinoides Reufs., A. modiolaeformis Müll. — Gervillea solenoides Defr. — \norwamus Cxiystli Mant. — Pecten quadricostatus Sow., P. equi- costatus Lamk., P. striato-costatus Goldf., P. laminosus Mant., P. arcuatus Sow., P. levis Nilss., P. divaricatus Reufs. — Spondylus truncatus Lamk. — Pinna quadrangu- laris Goldf. — Mytilus lineatus d’Orb., ‘M. lanceolatus Sow., M. falcatus d’Orb., M. sealaris MülZ., M. inflatus Müdl., M. tegulatus Müll. — Modiola faba Müll. — Modiolina Bosquetiana Müll. — Ostrea carinata Lamk., O. flabelliformis Nilss., O. una Goldf., O. multiformis K. & D., O. wiuwmta Roem. — Exogyra cornu arietis Goldf., E. plicata Goldf., E. reniformis Goldf. — Zusammen 72 Arten. Gasteropoda. Dentalium glabrum Gein., D. ellipticum Sow., D. alternans Müll., D. rugosum Mütt. — Vermetus cochleiformis Müll. — Fissurella levigata Goldf. — Pileopsis compressa Müll., P. militaris Müll., P. carinifera Müll. — Natica canaliculata Sow., N. acutimargo Roem., N. vulgaris Reufs., N. Klipsteini Müll., N. exaltata Goldf., N. unicarinata Gein., N. elongata Müll. — Naticella Strombecki Müll. — Actceonella acuminata Müll. —- Acteon giganteus Sow. (Tornatella gigantea Sow.), A. uffinis Sow. Cbei Fitton), A. bulliformis Müll., A. eylindraceus Müll., A. doliolum Müdll., A. coniformis Mütl. — Avellana Archia- ciana d’Orb., A. paradoxa Müll., A. Humboldti Mült., A. Hagenowi Müll. — Globiconcha nana Müll. — Pyramidella involuta Müll. — Eulima acuminata Müll., E. lagenalis Müll. — Chemnitzia Kochi Müll. — Scalaria pulchra Sow. (bei Fitton), Sc. Ritzi Müll., Se. Phi- lippü Müll, Sc. macrostoma Mill. — Turritella quadricincta Goldf. (multistriata Reufs), T.!quinquelineata Mült., T.Hagenowiana Goldf., T. sexlineata Röm., T. Reufsiana Miüll., T. multilineata Müll., T. Carnalliana Müll., T.gothica Müll., T. mieroscopiea Müll., T. socialis Müll, T. scalaris Müll., T. Eichwaldiana Goldf., T. affinis Müll., T. Omaliusı Mill., T. acutissima]Müll., T. Noeggerathiana Goldf., T.nodosa Roem., T. Althausı Müll., T. Humboldti Müll., T. acanthophora Müll., T. alternans Roem., T. cingulato-l- neata Müll. — Rissoa costata Müll., R. Winkleri Müll. — Litorina rotundata Sow. — Turbo glaber Müll., T. cyelostomoides Müll. — Trochus onustus Nilss., T. concinnus Roem., T. Konincki Müll., T. quadricinetus Müll., T. pulcher Müll., T. levis Nilss. — Pleurotomaria gigantea Sow., Cerithium fasciatum Reufs, C. clathratum Roem., C. fo- veolatum Müll., C. Rhynckholti Müll. — Rostellaria papilionacea Goldf., R. calcarata Sow., R. striata Goldf., R. anserina Nilss. — R. vespertilio Goldf., R. inornata d’Orb., R. granulosa Müll., R. Parkinsoni Mant. — R. Roemeri Müll., R. minuta Müll., R. furca Müll., R. arachnoides Müll., R. Nilssoni Müll. — Strombus clathratus Müll., St, inermis Müll. — Murex pleurotomoides Müll. — Fusus Renauxianus d’Orb., F. nodosus Reufs., F. Buchi Müll., F. Decheni Müll,, F. Noeggerathi Müll., F. Salm-Dykianus Müll, U F. Burkhardi Müll., F. Nysti Müll., F. Dunkeri Müll. — Pyrula minima Hoeningh, P. coronata Roem., P. planulata Nilss., P. Monheimi Müll. — Pleurotama induta Goldf., P. Heisiana Müll. — Cassidaria cretaceu Müll. — Voluta cingulata Müll., V. laticostata Müll., V.nitidula Müll, V. d’Orbigniana Müll. — Mitra Murchisoni Müll., M.pyruliformis Mill, M.nana Müll. — Conus eylindraceus Gein.— Volvariatenuis Reufs. — Bullacretacea Müll. zusammen 119 Arten, zu welchen nach Mittheilung des Herrn Dr. Müller noch mehrere bis jetzt nicht genauer bestimmte hinzukommen werden. Von diesen 195 Arten des unteren Grünsandes von Aachen und Vaels sind, so viel bis jetzt bekannt, nicht weniger als 96 Arten der Aachener Kreide ausschliefslich eigenthümlich und müssen daher aus der Vergleichung ausfallen, zum Beweise, wie sehr locale Verschiedenheiten geeignet sein können, eine allgemeine Uebereinstimmung zu überwiegen und zu verdecken. Von den übrigen Arten finden sich in der gesammten böhmischen Kreide nach Reufs 63 Ar- ten wieder, die sich in nachstehender Weise vertheilen. Durch alle drei Abtheilungen der böhmischen Kreide (1. oberen Quader und Plänerkalk; 2. Plänermergel oder Gault; 3. unteren Quader mit seinen fünf Unterabtheilungen, a. Hippuriten- schichten, b. Plänersandstein, .c. Grünsandstein mit grauem Kalkstein von Czenezic, d. Exogy- rensandstein, e. eigentlicher unterer Quader) gehen hindurch 17 Arten : Arca glabra ‘), Lucina lenticularis Goldf.°), Gervillew solenoides Defr.”), Inoceramus Cripsi Mant. *), Pecten quadricostatus Sow., P. arcuatus Sow., P. divaricatus Sow., Spondylus truncalus Lamk.°), Ostrea carinata Lamk., O. flabelliformis Nilss., Natica canaliculata Sow.°), N. acutimargo Roem., N. vulgaris Reufs., N. exaltata Goldf.”), Litorina rotundata Sow., Rostellaria Parkinsoni Mant ®) und Serpula socialis Schloth. In der oberen und mittleren Abtheilung kommen vor : Cardium alutaceum v. M., Ostrea minuta Roem., Turritella quadrieineta Goldf.— Ausschliefslich der oberen gehören an : Isocar- dia cretacea Goldf., Venus ovalis Sow. und Serpula ampullacea Sow. Nur im Plänermergel (oder Gault) finden sich : Dentalium ellipticum Sow., Volvaria tenuis Keufs., Trochus (Turbo) concinnus Koem., Kostellaria papilionacew Goldf.°), Pyrula planulata Nilss., Conus eylindraceus Gein.; also nur Gasteropoden. Der Plänermergel und untere Quader hat von den Arten des Aachener und Vaelser Grün- sandes gemeinschaftlich : Avicula pectinoides Reufs '"), Pecten laevis Nilss., Natica unicarinata Gein., „Cerithium fasciatum Reufs und Rostellaria calcarata Sow. Bei weitem die Mehrzahl der Aachener Grünsandarten gehört aber ausschliefslich dem unte- ren Quader Böhmens in seinen verschiedenen Unterabtheilungen an, nämlich die folgenden 29: X) Findet sich sehr häufig im unteren Quader und nur vereinzelt im Plänerkalk , genau wie bei Aachen. — *) Sehr häufig jedoch nur im Grünsandstein, — °) Häufig nur im unteren Quader und Plänermergel. — °) In sämmtliehen Abtlheilungen, überall aber ziemlich selten. — °) Fehlt im Plänermergel — ©) Häufig nur im Gault. — °) Reuss vereinigt mehrere der eben angeführten Arten von Natica, Dr, Müller glaubt jedoch die Trennung festhalten zu müssen — °) Sehr häufig nur im Gault, — °) Eine der frühesten aus dem Aachener Gebiet beschriebenen Arten, — *") Häufig nur im Gault, — 504 — Trigonia aleformis Goldf., Arca exaltata Nilss., Cueullea glabra Sow., Pectunculus sublevis Sow., Cardita Goldfussi Müll.*), Crassatella arcacea Roem., Venus faba Sow., V. plana Sow., Tellina strigata Goldf., T. costellata Goldf., T. Goldfussi Roem., T. plana Roem., Solen compressus Goldf., S. equalis d’Orb., Panopea plicata Sow., Lysianassa designata Goldf., Pecien equicostatus Lamk., P. striato-costatus Goldf., P. laminosus Mant., Pinna quadrangularis Goldf., Mytilus lanceolatus Sow., Dentalium glabrum Gein., Turritella sexlineata Roem., T. alternans Roem., Pleurotomaria gigantea Sow., Rostel- laria anserina Nilss., R. vespertilio Goldf.?, Fusus nodosus Reufs. und Serpula socialis Goldf. (S. filiformis Sow.). Aus den vorstehenden Zusammenstellungen ergibt sich nun unzweideutig, dafs je mehr nach unten in der böhmischen Kreide, um so mehr die Arten des Aachener und Vaelser Grünsandes zunehmen und zwar so, dafs unverkennbar die Gasteropoden mehr im Plänermergel oder Gault, die Conchiferen (Acephalen) dagegen überwiegend im unteren Quader vertreten sind und wir glauben daher, dafs die untere und mittlere Abtheilung der Aachener Kreide, der unteren und mittleren Abtheilung der böhmischen als unzweifelhaftes chro- nologisches und zum Theil auch physiologisches Aequivalent an die Seite gestellt werden könne. Wir übergehen hier das bei Reufs nachzusehende Zwischenglied der Beweisführung, wonach die böhmische mittlere Abtheilung, der Plänermergel, dem englischen Gault und der böhmische untere Quader dem lower greensand parallel gestellt werden mufs und geben nur noch eine Vergleichung der Aachener unteren Abtheilungen mit den englischen unmittelbar, wobei [natür- lich wegen der Seltenheit gleicher Petrefacte überhaupt, ein genügender Beweis gar nicht zu liefern ist und nur mehr oder minder wahrscheinliche Vermuthungen ausgesprochen werden können. Schon oben haben wir darauf hingewiesen, dafs bei den Aachener und englischen Kreidegesteinen, ungeachtet der unzweifelhaften vollständigen Gleichalterigkeit wenigstens ein- zelner Abtheilungen (namentlich der gewifs von keiner Seite angefochtenen oberen), doch nach dem gegenwärtigen Stande der Literatur eine Gemeinschaft von nur 30—A0 Arten **) bestehe und zwar von : *) Ich habe bereits oben bemerkt, dass die Art, aus der Herr Dr. Müller nächstbin eine neue Gattung bilden wird, zu denjenigen gehören dürfte, welche nebst einigen anderen durch simmtliche Kreideabtheilungen hindurch gehen. ##) Sehr werthvoll zum Vergleich mit diesen und anderen weiter oben angeführten Thatsachen über die Aachener und andere Kreideschichten und zur Belehrung über ähnliche Verhältnisse in der Jetztwelt sind die im amt- lichen Bericht der 23. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte zu Nürnberg 1845 von Dr. Krauss aus Stuttgart mitgetheilten Beobachtungen über die Vertlieilung der Molluskenfauna an den südlichen Küsten der Cap-Colonie und bei Natal an der östlichen Küste Südafrika’s. Unter den 300 Arten waren 54 Acephalen, 1 Brachiopode, 239 Gasteropoden und 4 Cephalopoden. Darunter kamen 117 an der südlichen Küste der Cap-Colonie, 182 in Natal und nur 11 Arten an beiden Küsten zugleich vor. — 505 — Galerites subuenlus, Spatangus Bucardium, Sp. granulosus, Serpula ampullacea, S. filiformis Sow. (S. socialis Goldf.), Panopea plicata, Corbula striatula, Venus ovalis Sow., V. faba Sow., Cucullea glabra Sow., Pectunculus sublevis, Trigonia aleformis, T. excen- irica, Mytilus lanceolatus, Avicula gryph&oides, Gervilleu solenoides, Inoceramus Cripsüi, I, concentrieus, Lima semisulata, Pecten quadricostatus, P. quinquecostatus, Gryphea vesicu- losa, Exogyra haliotoidea, Ostrea carinata, Terebratula pisum, T. semiglobosa, T. striatula, Dentalium ellipticum, Natica canaliculata, Pleurotomaria gigantea Sow., Litorina rotun- data, Rostellaria calcarata und R. Parkinsoni. ; Davon fallen nicht weniger als 12 (die mit schmaler Schrift gedruckten) für Aachen auf die obere Kreideabtheilung, wohin die meisten derselben auch für England gehören. Panopea pli- cata und Pecten quinguecosiatus gehen durch alle drei Abtheilungen Englands. Cucullea glabra und Peeten !quadricostatus kommen in der weifsen Kreide und im lower greensand dort vor, fehlen aber im Gault. Terebratula pisum findet sich in der weifsen Kreide und im Blackdown sand. Die übrigen 17 vertheilen sich, wie folgt : Im englischen Gault finden sich : Corbula striatula, Trigonia aleformis, Inoceramus Cripsi, 1. concentricus, Dentalium elliptieum, Natica canaliculata (diese beiden zugleich im Black- down sand), Rostelluria Parkinsoni, R. ealcarata, Pleurotomariu gigantea. Im englischen lower greensand allein oder zugleich im Blackdown sand : Serpula ampullacea, S. filiformis, Pectunculus sublevis, Trigonia excentrica, Exogyra halyotoidea, Terebra- tula striatula (diese sechs nur im Blackdown sand), Corbula striatula, Venus ovalis, V. faba, Trigonia aleformis, Mytilus lanceolatus, Inoceramus concentricus, Ostrea ca- rinata, Litorina rotundata, Rostellaria Parkinsoni und R. calcarata (im lower greensand und die beiden Letztgenannten im Gault, lower greensand und Blackdown sand zugleich.) Unter den zuletzt angeführten 17 Petrefacten dürfen aber gewifs mehrere als ziemlich be- zeichnende Vorkommnisse für die unteren Kreideschichten überhaupt angesehen werden und es läfst sich also auch hier ungeachtet des sehr dürftigen Stoffes eher eine Aehnlichkeit als eine Verschiedenheit der unteren Aachener Abtheilungen mit den unteren englischen behaupten und dies dürfte wohl die Gränze sein, bis zu welcher mit einiger Sicherheit ein Vergleich zwischen den Aachener und englischen unteren Kreidegesteinen bis jetzt Statt finden kann. Was endlich die norddeutsche Kreide nach der Darstellung von A. Römer betrifft, so hat uns, wie schon gesagt, die chronologische Deutung und Zusammenordnung, welche dort den unter sich so verschiedenen Aachener Kreideabtheilung zu Theil wird, bedenklich gemacht, dieselbe fortan als mafsgebend für allgemeine Vergleichungen zu betrachten und es scheint uns eine genauere Bestimmung der Oertlichkeiten und Gesteine nöthig, aus welchen die Petrefacte entnommen Unter diesen gehören 135 Species ausschliesslich der südafrikanischen Küste an; 95 waren ganz neu. Die übrigen vertheilen sich wie folgt : 67 Arten im indischen Ocean, 20 Arten im Mittelmeer, 14 Arten im amerikanichen Ocean, 5 Arten in den europäischen Meeren, 22 Arten an den Küsten von Neuholland, 3 Arten in der Nordsee, {0 Arten im rothen Meere, 39 — 8306 — wurden, bevor die sonst sehr dankenswerlhe Zusammenstellung der einzelnen Arten nach den Abtheilungen der Gesteine, die bei Reufs leider fehlt, von erheblichem Nutzen sein kann. Von den etwa 85 Arten, welche nach Römer’s Verzeichnifs zugleich bei Aachen vorkommen gehören zur oberen Aachener Abtheilung, ohne in die tieferen hinabzusteigen, nicht weniger als 50 Arten. Bei den übrigen 35 stellt sich die Vertheilung ganz auffallender Weise wie folgt. — In die obersten Schichten, in die obere weifse Kreide setzt Römer : Fungia radiala, F.coronula, Hamites intermedius, Scaphites binodosus, Baculites anceps, Turritella nodosa, T. sexlineata, Exogyra cornu arietis, E. lacineata, E.harpa, Pecten arcuatus, P. quadricostatus, P. striato-costatus, Cardium tubuliferum (tuberculiferum), C. alutaceum, Crassatella arcacea, Cucullea glabra, Gervilleau solenoides, Isocardia crefacea, Pholadomya caudata (Cardita Goldfussi Müll.), Spondylus truncatus, Tellina plana, Venus plana und Trigonia aleformis, die bei Aachen und anderwärts mit wenigen Ausnahmen nur in den mittleren und unteren Ab- theilungen vorkommen. Auf Römer’s Pläner, Grünsand und Gault kommen : ? Osirea carinata, Arca exaltata und Pecten laminosus. — Auf den Quader : Inoceramus concentrieus!, Mya elongata, Pecten aequicostatus und Pinna quadrangularis. und endlich auf das Hilsconglomerat und den Hilsthon sogar die zum Theil schon oben erwähnten : Anthophyllum conicum, Asterias Dunkeri, Cidaris vesiculosa, Galerites subuculus, Te- tragramma variolare, Exogyra haliotoidea, Ostrea carinata, O. lateralis, O. hippopo- dium, Pecten quinquecostatus, P. laminosus, P. aequicostatus, Panopeaa plicata, Serpula hezagona und $. lophioda, welche für Aachen fast eine Reihe von Leitversteinerungen für die oberen Kreidemergel sein könnten. So wird es denn gerechtfertigt erscheinen, sowohl dafs bei der Altersbestimmung der Aache- ner Schichten mehr allgemeine Gesichtspunkte und Entwickelungs-Verhältnisse beachtet wurden, wie dafs nur sehr sorgfältig getrennte und beschriebene ‚Oertlichkeiten mafsgebend gewesen sind. Demnach erweist sich als eines der Hauptergebnisse der gesammten vorangegangenen Erör- terungen : 4. Eine sehr nahe Verwandtschaft der drei Abtheilungen der böhmischen (und zum Theil der sächsichen) Kreide mit den drei Abtheilungen der Aachener Kreide. Dort wie hier finden sich in der untersten Abtheilung sandigthonige Gesteine mit einer mehr oder minder reichen Flora von Land- und Seepflanzen und mit verwandten und gleichen Meeresthieren. — In beiden stim- men die mittleren Abtheilungen überein : a. im Allgemeinen in den zahlreichen Gasteropoden und Conchiferen, in der sparsamen Vertretung der Pflanzen, der Fiche, der Anneliden, der Brachiopoden, der Radiarier und Polyparier; b. im Besonderen in einer nicht unbedeutenden Zahl gleicher Arten aus derselben oder nahe verwandten untersten Abtheilung. — In den bei- derseiligen oberen mehr kalkigen Gliedern entsprechen sich die zahlreicheren Fische, Brachio- poden, Anneliden, Radiarier und Polyparier. Ja sogar minder wichtige Zahlenverhältnisse zeigen auffallende Neigung zur Uebereinstimmung. e>} 8307 — 2. Weniger in die Augen springend ist die Aehnlichkeit mit der englischen Kreide. Die Pflan- zen fehlen der englischen Kreide fast ganz *); aber die nicht seltenen Coniferenhölzer in den unteren sandigen Abtheilungen sind ihre Vertreter. — In den wenigen Fischen, Crustaceen, Anneliden, Brachiopoden, Radiariern und Polypariern herrscht fast das umgekehrte Verhältnifs. Dagegen besteht bei den Gasteropoden und Conchiferen wieder unzweideutige Uebereinstim- mung nach Zahl und Art. Bevor wir indefs zu unserer Schlufsansicht übergehen, bedarf es eben so sehr der Würdi- gung der in den drei genannten Kreidefundorten (Aachen, Böhmen und England) obwaltenden Verschiedenheiten. — Am wenigsten abweichend erscheint die obere Abtheilung in den drei Ge- bieten; jedoch ist auch hier der weit gröfsere Reichthum der böhmischen Schichten an Conchiferen, an Polypariern und an Foraminiferen auffallend und es stimmen hier die Gesteine von Aachen mit denen von England weit mehr überein. Dafür zeichnet sich die Aachener obere Kreideabthei- lung wieder vor der englischen und zum Theil auch vor der böhmischen durch die verhältnifs- mälsig so sehr überwiegenden Radiarier und Brachiopoden aus, während in England und Böh- men die gröfsere Zahl der Gasteropoden und Cephalopoden mehr Uebereinstimmung bekundet. Wenn nun die allgemeine Uebereinstimmung der obersten Kreideschichten jener drei Gebiete wohl von den wenigsten Seiten wird in Abrede gestellt werden, so werden die angedeuteten Unterschiede nicht wenig dazu beitragen, die Bedeutung und den Werth localer Verschieden- heiten hervorzuheben und darauf hinzudeuten, wie mifslich es ist, aus dem Vorherrschen ein- zelner Formen ein verschiedenes oder gleiches allgemeines Alter von weit entlegenen Schichten herleiten zu wollen. ? Die mittlere Abtheilung weicht je nach den drei Kreidegebieten vorzugsweise dadurch ab, dafs die böhmischen Plänermergel einen wahrhaft erstaunlichen Reichthum an Foraminiferen und Cythe- rinen darbieten, während dieselben in der englischen Kreide gar nicht angeführt werden, minde- stens also selten sind, und im Aachener Gebiet ebenfalls nur sehr spärlich vertreten werden. Dafür stimmen aber die englischen und böhmischen Schichten, der Gault und der Plänermergel in den ziemlich zahlreichen Cephalopoden, namentlich in dem Auftreten von Ammoniten überein, die bei Aachen fast ganz fehlen. — Dagegen ist das Aachener Gebiet durch die erstaunlich reiche Ausbildung der Gasteropoden aller anderen überlegen, nähert sich aber in dieser Eigen- schaft entschieden wieder den böhmischen Plänermergel (oder Gault nach Reufs) und dem Blackdown sand Englands, der sehr wahrscheinlich ebenfalls zu den unteren Schichten gehört. In dem Reichthum der Conehiferen entfernen sich aber die mittleren Schichten Aachens sehr von den entsprechenden Englands, jedoch keineswegs mit Hinneigung zu der oberen Abthei- lung, sondern zum lower greensand und Blackdown sand. Die untere Abtheilung der Aachener Kreide, der Aachener Sand, enthält zu wenig Conchy- lienreste, um ihn mit den übrigen Gebieten vergleichen zu können. Seine auffallende Ueberein- stimmung in den Seethieren mit der mittleren Abtheilung aber läfst die für diese geltenden Aehnlichkeiten und Verschiedenheiten zum Theil auch für ihn nannehmen; nur die Pflanzen und *) Vielleicht weil man nicht darauf aufmerksam war, naclı denselben zu suchen, gerade wie früher bei Aachen. — 308 — das petrographische Verhalten reihen ihn wie gesagt an die unterste Abtheilung der böhmi- sehen Kreide. Erwägt man nun unbefangen diese sämmtlichen Verhältnisse, so dürfte sich immer deutlicher herausstellen, dafs die vorhin ausgesprochene Zusammengehörigkeit der drei mehrfach erwähn- ten Kreide-Abtheilungen aus den drei genannten Gebieten viele Gründe für sich hat, vor Allem aber, dafs die erwähnten petrographischen und paläontologischen Verschiedenheiten als durch- aus locale geographische Entwicklungs-Verhältnisse angesprochen werden dürfen. — Gehörte zufällig die Aachener Kreide zu den am frühesteu bearbeiteten Gebieten, so würde sie durch die strenge und eigenthümliche petrographische wie paläontologische Abgränzung ihrer Abtheilun- gen, wie kaum eine andere dazu geeignet gewesen sein, zu dem Irrthum zu verleiten, es könne dieselbe als Normaltypus für die Kreideschöpfung überhaupt angesehen werden. — Dann würde man dieselbe nicht nach all ihren Gliedern mit der weifsen Kreide vereinigen wollen, weil ihr die Ammoniten des Gault abgehen; die 24 Species von Turritellen und 116 Gasteropoden würden mindestens eine ebenso maafsgebende Fauna dargeboten haben, wie es jetzt die Ammoniten des Gault für manche Paläontologen zu sein scheinen — beides aber mit gleichem Irrthum. — Wie ferner wohl nicht leicht wird behauptet werden, dafs den englischen und deutschen Krei- debildungen die der Rudisten-Kreide des südwestlichen Frankreichs gleichalterigen Gebilde abgehen, ungeachtet die Rudisten in England, in Nordfrankreich und Aachen ganz oder fast ganz fehlen und daher eine bestimmte Vergleichung sehr schwer oder gar unmöglich ist; so dürft’ es wohl auch nicht gelingen, die allgemeine Uebereinstiimmung der drei Aachener Kreide-Abthei- lungen mit den dreien Englands und Böhmens zu widerlegen, weilim Aachener Gebiet die Ce- phalopoden der mittleren Abtheilung Englands und Böhmens fehlen und weil es Schwierigkeiten darbietet, eine strenge Gleichheit einzelner Schichten zu beweisen. Es werden die Aachener Gasteropoden ein geographisches Aequivalent für die englischen Cephalopoden und für die böhmischen Cephalopoden und Foraminiferen bieten. Demnach könnt’ es nun den Anschein haben, als wollte ich die Behauptung aufstellen, die mittlere Abtheilung der Aachener Kreide sei der englische Gault. Ich bin aber weit entfernt von dieser Behauptung. Ich betrachte die als Gault in Frankreich und England beschriebene Kreide-Abtheilung als eine locale Bildung, die man in all ihren Eigenthümlichkeiten schwerlich anderswo und also auch bei Aachen nicht genau wiederfinden wird. Aber ich behaupte, dafs die mittlere Kreide-Abtheilung von Aachen, ebenfalls in ihrem petrographischen und paläonto- logischen Verhalten locale Eigenthümlichkeiten darbietend, die sich anderwärts nicht genau so wiederfinden, ein chronologisches Aequivalent des Gault sei, ebenso wie es nach Reufs der Plänermergel Böhmens zu sein scheint. — Es ist aber nicht unmöglich, dafs die fernere Unter- suchung des Gyrolithengrünsandes und der ihn überlagernden Thone von Verviers (Smeclite) eine noch gröfsere pelrographische und paläontologische Annäherung an den Gault darthun wird, als dies bei den Gesteinen in der unmittelbaren Nähe von Aachen thunlich ist. Indem ich diese Ansichten ausspreche, kenne ich sehr wohl die Bedenken, die sich dagegen erheben können und weils, dafs sie von mancher Seite werden angegriffen werden. Ich habe sie aber dennoch aufgestellt, vorzugsweise um den Gegenstand in eine neue Bahn der Erörte- — 309 — rungen hineinzubringen, Ich glaube wenigstens durch Thatsachen dargethan zu haben, dafs die Weise, in der man bisheran bei der Vergleichung und Altersbestimmung von Schichten ver- schiedener Orte verfahren, zu einseitig war, und man wird in diesem Sinne meinen Versuch, allgemeinere Gesichtspunkte festzuhalten, wohl billigen, sollte man auch mit einzelnen Ansich- ten nicht einverstanden sein. Der Vergleich der drei Aachener Kreide-Abtheilungen mit den drei böhmischen und sächsischen wird wohl allgemeine Annahme finden. Dafs die Vergleichung mit den drei englischen ihre Schwierigkeiten und Bedenken hat, ist mir selbst nicht entgangen und es wird auch wohl die Folge erst im Stande sein, darüber mit voller Sicherheit zu ent- scheiden. So blieben mir nur noch wenige Worte hinzuzufügen über die Ansichten anderer Geologen über die Aachener Kreide. Es ist aber an dieser Stelle keineswegs meine Absicht, auf eine nähere Beurtheilung derselben einzugehen, die ich für meine gröfsere monographische Arbeit aufbewahre. Dafs der im Jahre 1833 von B. von Strombeck *) gemachte Versuch zur Deutung des Aache- ner Sandes und seiner Lettenschichten als Braunkohlenformation nach dem Vorangegangenen wohl keiner besonderen Wiederlegung mehr bedarf, dürfte wohl kaum Anstand finden und es wird diese Ansicht nach so geraumer Zeit gewifs nicht ein Mal mehr von ihrem ersten Vertre- ter festgehalten werden. Um so auffallender erscheint es, dafs während dieser Versammlung von mehreren namhaften Seiten dieselbe Behauptung vertreten wurde. Ich mufs indefs hinzufü- gen, dafs sie nachträglich von einigen entschieden wieder aufgegeben ward. Es kann aber auch die Ansicht von Fitton, nach welcher die Lettenschichten des Aachener Sandes zum Gault gehören sollen, nicht ferner festgehalten werden. Wenn vorhin von einem chronologischen Aequivalent des Gault bei Aachen die Rede war, so kann ein solches nur in der mittleren Atheilung gesucht werden. Der Aachener Sand hingegen mit seinen 'Thonen läfst sich in England nur mit dem Shanklinsand in Beziehung bringen, eine Ansicht, welcher auch Murchison bei seiner Anwesenheit in Aachen nach Einsicht der aufgeschlossenen Stellen und der hiesigen Sammlungen beitrat. Ich kann endlich ebensowenig der von A. Römer in seinen Versteinerungen des norddeutschen Kreidegebirges und der von F. Römer im Jahr 1845 **) wiederholten Behauptung beitreten, dafs die gesammten Kreidegesteine des Aachener Gebietes den obersten Kreidegliedern, der weilsen Kreide, gleichzustellen seien. Ja es findet sich sogar bei dem letzgenannten Geologen die Ansicht wieder, dafs ein grofser Theil der Sande des Aachener Waldes dem Braunkohlenge- birge oder gar dem Diluvium angehöre. Es entspricht meiner vorhin ausgesprochenen Absicht nicht auf die Berichtung mehrfacher anderer ungenauer oder unrichtiger Mittheilungen hier einzugehen. Das Angegebene wird ge- nügen, um darzuthun, wie nicht allein die beiden leiztgenannten Geologen, sonderen auch die *) von Strombeck, über die Lagerung der niederrheinischen Braunkohle, Kursten’s Archiv, Bd. 6. 1833 S. 299— 318. Tf. XII. ##) Leonhard’s und Bronn’s Jahrbücher 1845, S. 385 - 394 meisten anderen, etwa mit Ausnahme von Dumont und Davreux, deren letzterer Arbeiten ich wie gesagt leider nur aus einem schriftlichen Auszuge kenne, eine unklare und auf ungenü- gende Beobachtung gestützte Ansicht über die Aachener Kreide geäufsert haben und vor Allem dürften die nntersten Glieder unserer Kreide, der Aachener Sand mit den ihm eingelagerten Thonschichten, nur von wenigen gekannt und vielleicht von allen ohne Ausnahme nicht hinrei- chend untersucht und gewürdigt worden sein. *) In den vorangegangenen Mittheilungen liegen die Ergebnisse der Beobachtung vor, auf welche gestützt es gestattet sein möge, den freilich unsichern und zweifelhaften Boden einer geogene- tischen Betrachtung unseres Gebietes zu betreten. Die Umgebung von Aachen erscheint in diesem Sinne schon seit der Ablagerungs-Epoche der obern Grauwackenglieder als ein meerischer Küstenslrich, welcher das Inselland des rheinisch- belgischen Grauwackengebirges begränzte. — Schon das starke Abfallen des Hauptgebirgs- stockes, so wie die buchtförmigen Einschnitte, in welche die jüngeren Bildungen sich eingela- gert haben, deuten auf die Nähe des Gebirgsfulses oder des ehemaligen Strandes. Mehr aber sind es die zahlreichen Corallenriffe, welche als schmale Kalkbänke des devonischen Systems die äufserste Begränzung unseres Grauwackengebirges bildend und seit Ehrenberg’s bekannten Untersuchungen als Bewohner seichter Küsten geltend, eine Meerestiefe von einigen 100° be- zeichnen. — Mit der Erhebung des Hauptgebirgssattels fällt sodann wahrscheinlich das Zurück- weichen des Meeres und die starke muldenförmige Umbiegung der Schichten zusammen, wodurch das Bett für die in zurückbleibenden meerischen Lachen emporwachsende Vegetation gebildet ward, welche in der unmittelbar darauf folgenden Epoche das Material zu unserer Steinkohle geliefert. Ob aber die zahlreichen Schichtenstörungen, welche in der Stolberger und vor allem in der Wurmmulde vorkommen, ob ferner die beiden früher erwähnten unter dem Namen „Feldbifs“ und „Sandgewand“ im Bergbaue bekannten grofsen Quersprünge, wodurch das Koh- lengebirge des Wurmgebietes stellenweis zu einer Teufe von 300‘ und ein Theil der Kollen- mulde bei Eschweiler in eine wahrseheinlich noch weit beträchtlichere Teufe hinabgeworfen worden —— der Zeit bald nach der Ablagerung des Steinkohlengebirges oder vielmehr einer *) So eben, wie Vorstehendes zum Druck bereit ist, kommt mir noch ein Aufsatz von A. Pomel in dem Bulletin de la societe geologique de France, Janvier 1849 p. 15—29 zur Ansicht, worin die gesammte Aachener Kreide- Ahlagerung der Maestrichter Kreide gleichgestellt wird. Es ist weder die Zeit noch der‘Ort hier, die zahlreichen Ungenauigkeiten, die gänzliche Missdeutung der Lagerungs-Verhältnisse, die sehr unvollständige Kenntniss der Vertheilung der Petrefacte in den verschiedenen Schichten in diesem Aufsatz einer Kritik zu unterwerfen; um so mehr da der ausgezeichnete Präsident der Gesellschaft, Hr. d’4rchiac, sofort auf den Vortrag des Hr. Pomel S. 29 erwidert uud die Unzulässigkeit der Behauptungen desselben dargethan hat. — Was Hr. Pomel! von den Aachener Geologen meint, kann ich füglich unbeantwortat lassen. Das Beste ist, dass er sagt : in meinen Schriften könne man meine Ansichten lesen und ich habe noch gar nichts über die geognostischen Verhält nisse von Aachen, sondern nur über die fossile Flora drucken lassen, Aus meinem Vortrage während der Versammlung kann aber Ur. Pomel die nähere Auseinandersetzung meiner Ansichten, zumal bei den ziemlich verwickelten und eigenthümlichen Verhältnissen ebenfalls nicht füglich entnommen haben, da er kein Deutscli versteht, = 31 = späteren Epoche angehören, ist noch zweifelhaft. Es sprechen einige Thatsachen dafür, dafs sie in einer späteren Zeit, in der Tertiär-Epoche, Statt gefunden, worauf ich weiter unten zu- rückkommen werde. Die nächste Umgebung von Aachen hat nun in dem langen Zeitraume zwischen dem Stein- kohlen- und Kreidegebirge keine nachweisbaren Veränderungen erlitten. Der mit seiner höchsten Erhebungslinie von Nordost gegen Südwest streichende Vennrücken scheint dieselbe vor den von Südost andringenden Meereswassern der Triasgruppe geschützt zu haben, welche noch bis zu einer Seehöhe von 1500’ bei Malmedy angestiegen und dort in vereinzelten Ueberresten die Zeichen ihrer Anwesenheit bis auf die Jeiztwelt zurückgelassen hat. — Dafs aber von der west- lich und nördlich gegen Frankreich und England offenen Seite die Glieder des Lias, des Jura und des Wealden nicht einmal bis zu einer Seehöhe von 300° emporgekommen, bis zu welcher Teufe das Kohlengebirge nördlich von Aachen unmittelbar unter dem älteren Tertiärgebirge nachgewiesen worden, ist auffallend, da dieselben in England bis zu einer Seehöhe von 1134 sich erheben. (Clevehill bei Cheltenham.. Conybeare $ Phillips, p. 230) #). — Wahrscheinlich ist es jedoch, dafs sie an tieferen Punkten des Formationsbeckens zu beiden Seiten des heutigen Kanals auch in nicht gar grofser Entfernung vom Aachener Strandgebiet vorkommen und zur Auffüllung des Beckens beigetragen haben, innerhalb welchem später die Kreideschich- ten bei Aachen bis zu einer Seehöhe von etwa 1000‘ und in England zu einer nur um weniges geringeren Höhe (Kreidemergel von St. Catherines Down auf der Insel Wight 830°, Fitton **), Taf. X a, f. 7, p. 182°; Kreidemergel von Wendover-Hill 905’, ebenda T. X a, £. 20, p. 283; Kreidemergel des Lusberges 800°. Unterer Grünsand vom Aachener Wald 1000’; unterer Grün- sand von Hindhead 923°, ebenda T. X a, f. A, p. 144) sich zu erheben vermogt. Das wahrscheinlich geraume Zeit hindurch öde Felsufer unseres Grauwacken- und Kohlenge- birges scheint nur wenige Jahrhunderte vor dem Andringen des Kreidemeeres (die im Aachener Sande begrabenen Baumstämme deuten nach der Zahl ihrer Jahresringe auf ein Alter von 150 bis 200 Jahren) von einer reichen und eigenthümlichen Vegetation bedeckt worden zu sein, deren Trümmer wir in den Sand- und Thonschichten des Aachener Sandes erhalten finden. Mit dem Ansteigen der Meereswasser mufste diese Vegetation hinweggerissen, längere oder kür- zere Zeit am Strande umhergetrieben, vom Wellenschlage langsam zertrümmert, von den zahl- reichen Teredinen, Fistulanen und Pholaden (deren mitunter mit dem deutlich erkennbaren Schlofs erhaltenen Ueberreste nur in wenigen Holzstücken fehlen) noch mehr angegriffen und zuletzt als Strandkehricht zwischen den Sand- und Thonniederschlägen abgesetzt werden und *) Leider gehört die Bestimmung der heutigen Seehöhen, welche ‚die einzelnen geologischen Formationen bei normaler Lagerung erreichen, bis jetzt noch zu den unerfüllten Wünschen der geologischen Wissenschaft und ist dadurch ein grosses Hinderniss für manche wichtige geogenetische Betrachtungen noch unleseitigt. Beson- ders wichtig wären in dieser Hinsicht die Vergleichungen der gegenüber liegenden und geologisch in so enger Beziehung stelienden Küsten von England, Frankreich, Belgien, Holland, Rheinland und Westphalen. Für das Aachener Gebiet habe ich dieser Anforderung zu entsprechen gesucht und werde in meiner grösseren Arbeit die Ergebnisse mittheilen. ##) Observations on the strata between the Chalk and Oxford Oolith in the South East of England. London 1836, = B2 = es ist diese Erscheinung des Auftretens der Pflanzenreste fast ausschliefslich in den untersten Lagen und unterhalb der Schichten mit vorherrschenden Seethieren, worin unsere Kreide mit der sächsischen, schlesischen und böhmischen Kreide, ferner mit dem bunten Sandstein, mit dem Wealden und vielleicht auch mit der älteren Braunkohlenformation des Tertiärgebirges übereinstimmt, ein geogenelischer Beweis dafür, dafs unsere unteren Sande und Thone zu den älteren Abtheilungen des Kreidegebirges gehören. — In einzelnen Schichten ist die, Wechsella- gerung des vegelabilischen und mineralischen Strandkehrichts so häufig, dafs man 50—60 und mehr Absatzstreifen auf die Dicke von 1’ zählen kann. An anderen Stellen sind dieselben dagegen 10 und mehr Fufs von einander entfernt, aber es lassen, sich dann nicht selten in den blos mineralischen Niederschlägen zahlreiche Streifen nachweisen, welche die einzelnen Wellenschläge zu bezeichnen scheinen. Wenn ich vorhin die Ansicht aussprach, dafs jene Vegetation auf dem nahe gelegenen Grau- wackengebirge ihren Boden gehabt, so stützt sich dies auf die 'Thatsache, dafs ein grofser Theil der Pflanzenreste sich in einem Zustande so ausgezeichneter Erhaltung wiederfindet, dafs an eine Herbeiführung derselben von fernen Festländern nicht gedacht werden kann. Wo mehrere Zoll lange Stücke von Najadeen noch mit vollkommen vegetabilischer Oberhaut vorhanden sind, wo lange Kätzchen von Coniferen oft noch mit den Zweigen zusammenhängend, wo äufserst zarte Blätter und Früchte, wo die feinsten Wedelbruchstücke von Farenkräutern mit deutlichen Fruchtabdrücken, wo endlich die vollkommen erhaltenen Samen in Coniferenzapfen (sowohl aus der so leicht ihre Samen ausstreuenden Abtheilung der Abietinen, wie aus der sehr winzige Samen tragenden Familie der Cupressinen) sich wiederfinden — da können dieselben nur kurze Zeit ein Spiel der Meereswellen gewesen, da kann die Stätte ihres Wachsthums nur eine sehr nahhe gewesen sein. Für die Nähe des heimathlichen Bodens jener Flora spricht auch noch der interessante Umstand, dafs von den 10-12 mir bekannt gewordenen Fundorten fossiler Pflanzen fast jeder die eine oder andere Art, entweder ausschliefslich oder doch in gröfserer Häufigkeit enthält und nur wenige Arten, vor allen Oycadopsis aquisgranensis m., sämmtlichen Fundorten gemeinschaftlich sind. Es deutet dies darauf hin, dafs auch auf dem engen Bereich des ursprünglichen Bodens eine ähnliche Vertheilung Statt gefunden und die einzelnen Arten je nach der jedesmal durch Atmosphärilien u. dgl. bedingten Wellenrichtung von ihren betref- fenden Standorten gesondert weggerissen und in dieser Absonderung auch verschüttet worden seien. Diese Thatsachen in Verbindung mit dem öfteren Vorkommen der Pflanzenreste in abgeschlos- senen Mulden, wobei einzelne, wie vorerwähnt, sogar noch die aufrechte Stellung der in ihnen lebenden Flora bewahrten; ferner der grofse Reichthum von Landpflanzen und endlich die Sel- tenheit der Seethierreste lassen einen Augenblick die Vermuthung auftauchen, als sei der Aachener Sand eine Sülswasserbildung, die dem Wealden parallelisirt werden könne. Abgesehen aber davon, dafs schon vorhin die scharfe Trennung zwischen dem palaeontologischen Charak- ter der Wealdenvegetation und der des Aachener Sandes nachgewiesen wurde — beweisen die zahlreich in unseren Schichten vorhandenen Fukoiden und Najadeen und die, wenn auch seltenen, so doch unzweifelhaft vorhandenen meerischen Weichthiere der Kreide, unter denen — 30 — sowohl tiefere See- wie Strandbewohner auftreten, unwiderleglich den meerischen Ursprung des Aachener Sandes. Auffallend mag indefs im Vergleich mit dem grofsen Reichthum anderer unteren Kreidege- steine, insbesondere der englischen, sächsischen und böhmischen unteren Grünsande und Qua- dersandsteine, die Armuth des Aachener Sandes an Seethieren und umgekehrt sein Reichthum an Pflanzenresten, welche in jenen ebengenannten Gebieten zu den grofsen Seltenheiten gehö- ren, immerhin erscheinen. Dafs aber ebenansteigende Meereswasser vorzugsweise die Vegeta- tion des überflutheten Gebietes und vorerst nur wenige Seethiere mit sich führten , liegt nicht fern. Die Bestimmungen der Regionen der nordfranzösischen Küste von Audoin und Milne Ed- wards und der norwegischen Küste von Sars (s. Bronn, Gesch. d. Nat. II, 257) weisen fer- ner nach, dafs die oberste Meeresregion, welche bei gewöhnlicher Ebbe trocken liegt an den Felsen nur Balanen, auf dem Sande aber gar keine Meeresthiere führt. Wenn nun auch der Aachener Sand mehrere 100° Mächtigkeit besitzt und demnach mehrere Regionen in sich befas- sen würde, so mufs hiebei beachtet werden, dafs eben dieser Sand ein allmählig ansteigender Niederschlag der zuerst vordringenden Meereswasser, also längere Zeit erste Region war und dafs erst nach Anhäufung mächtiger Sandmassen ein tieferes Ufer gebildet und erst zur Zeit der Ablagerung der oberen Schichten Seethiere so weit hinaufgestiegen oder gar überhaupt vorhanden sein konnten. Diese oberen Schichten des Aachener Sandes führen nun auch in der That die früher aus diesem Gestein angeführten Petrefacte, und zwar vorzugsweise Turritellen, welche, wie Herr Dr. Jos. Müller sehr passend nach d’Orbigny anführt, noch in der Jetztwelt vorzugsweise Strandbewohner sind. Schwierig ist endlich noch die Deutung der in ziemlich regelmäfsigen Abständen übereinan- der zwischen dem lockeren Sande auftretenden plattenförmig-sphäroidischen festen Sandstein- bänke. Fände sich eine entschieden reichere Anhäufung vegetabilischer Stoffe in ihnen, so wäre sowohl die Erhärtung des Sandes zu Gestein, wie die öftere Wiederkehr derselben hin- länglich begründet. Das ist aber keineswegs der Fall, da der zwischenlagernde lockere Sand oft eben so viel Pflanzenreste enthält und dieselben in den Sandsteinbänken nicht selten gänz- lich fehlen. Dadurch wird man auf eine hypothetische, sogenannte Kristalloide oder Morpholithe bildende Kraft hingewiesen, die sich bekanntlich in vielen Bildungen : in den Feuersteinen, den Imatrasteinen, den Kieselringchen, den Steinen von Lyme Regis, den Schwefelkiesnummuliten, den Röhren- und Stengelbildungen des Aachener Sandes und des Kreidemergels u. dgl. aus- spricht. Dafs aber eine solche Kraft weite Strecken aushaltende Bänke bilde und nicht vielmehr, wie sie es zum Theil allerdings thut, regellos im Sande zerstreute Platten und Knollen erzeugt, ist nicht ohne Schwierigkeit für die Erklärung. Eine durchaus verwandte Erscheinung sind die söhligen Platten und Schnüre von Feuersteinen, welche in den oberen Lagen der Kreide vor- kommen. Man hat die Anhäufung der Kieselerde in den letzteren aus dem Vorhandensein von organischen Substanzen erklären wollen. Es sind aber wenigstens in unserem Gebiet die schwar- zen Feuersteine am allerärmsten an Petrefacten und von Infusorienresten habe ich kaum Spuren darin zu erkennen vermogt. — Bei den Sandsteinbänken schien mir daher die Annahme eines Einflusses der Gezeiten und der Atmosphärilien nicht unzulässig, wie ich oben 8. 214 angedeutet. 40 _— 314 — Das zeitweise Trockenliegen und wieder Ueberflutketwerden soll nach Göpper! den künstlichen Versteinerungsprozefs sehr fördern und mag demnach auch zur Erhärtung eines Gesteins bei- tragen. Während der beginnenden und rückkehrenden Fluth würde dann durch die Wasser und während der Ebbe durch die Luft die Bildung der sphäroidischen Oberflächen von Statten ge- gangen und das theilweise oder vollkommene Hervortreten wohl erhaltener Pflanzenreste aus den Vorsprüngen der Sphäroide durch eine solche Auswaschung erklärt sein. Viele jener Sphä- roide sind, wie bereits angeführt, blos an der Oberfläche fest und innen aus lockeren Sande gebildet oder an der Oberfläche mit einer abhebbaren, genau den vorspringenden Schichtungs- flächen entsprechend gebildeten Eisenoxydkapsel umgeben und auch diese Erscheinung würde sich aus einem Verdampfen der eisenoxyd- und kieselhaltigen Wasser mit Niederschlag des Aufgelösten an der Gesteinsoberfläche zur Zeit der Ebbe deuten lassen. — Bei alle dem darfiman sich indefs nicht verhehlen, dafs solche Erklärungsversuche nur mit Vorsicht und Zweifel hin- zunehmen sind. Mit der peirographischen Umänderung des Gesteins, mit dem Auftreten des eigentlichen Grünsandes und der allmählig sich mehrenden Beimengung kalkiger Bestandtheile ändert sich nun auch entschieden und zum Theil plötzlich der organische Charakter. — Die Pflanzen des Aachener Sandes, die meerischen nicht minder wie die Landpflanzen verschwinden spurlos und nicht einmal Reste fossiler Kohle oder fossilen Holzes fanden sich bis jetzt im eigentlichen unteren Grünsand. Nur der Gyrolithengrünsand macht hievon eine unbedeutende Ausnahme. — Dagegen werden die bivalven Muscheln und vor allen die Gasteropoden zahlreicher und deuten auf das Vorherrschen der meerischen Natur, auf die ständig gewordene See hin. Sie Ireten jedoch in dem eigentlichen Grünsande nur als schwache, oft kaum erkennbare, durch das ganze Gestein ziemlich regellos zerstreute, doch schichtweise etwas häufiger vorkommende Abdrücke im Aachener Gebiet auf, bis die in den oberen Schichten fast plötzlich erscheinenden reichen Anhäufungen derselben in den muschelführenden Kalkbänken von Aachen eine besondere Auf- merksamkeit auf sich ziehen. Die verschiedensten Familien, tiefe See- und Sirandbewohner, Bivalven, Gasteropoden, Cephalopoden, Serpuliten, Crustaceen, wenige Corallen, als gröfste Seltenheiten auch Echinodermen und Fischreste liegen auf engem Raum regellos zusammen- gehäuft und beweisen, dafs unmittelbar an dieser Stelle ihr gemeinschaftlicher Wohnort nicht gewesen sein könne. Indefs bietet uns die Jetztwelt eine ähnliche Erscheinung dar. S. 259 bei Bronn, Gesch. der Natur, Bd. II, heifst es nach Darstellung der durch ihre organischen Reste ziemlich scharf getrennten Strandregionen an der norwegischen Küste bei Bergen, mitgetheilt von Sars, wie folgt : „Wenn nun nach heftigen Stürmen das Meer den Sand seichter Ufer auf- gewühlt und ausgeworfen hat, so sieht man an allmählich ansteigenden Sandküsten bald viele Tausende der zuvor in jenem Sande versenkt gewesenen Conchylien durcheinander umher lie- gen, ohne Rücksicht auf die Tiefe, in der sie gewohnt hatten“ und ferner a. 0. S. 516, C, b : „nach jedem Seesturme trägt die Brandung eine Menge meist unversehrter, wenn auch mitunter sehr gebrechlicher Mollusken, Strahlenthiere, Anneliden an die Küste und setzt sie gleichzeitig mit Sand und Schlamm ab. Was unbedeckt bleibt, wird durch die Atmosphäri- lien bald gänzlich zerstört; von stärker verschülteen Körpern der Art pflegen sich wenigstens die unorganischen Schaalen und. Knochen zu erhalten. Diese Ablagerungen haben die gröfste Achnlichkeit mit denen der Subappenninenbildung.‘“ — Sie haben eine nicht mindere mit denen der muschelführenden Kalkbänke des Aachener Grünsandes. Ja, wenn Forchhammer von der dänischen Küste bei Friedrichshavn mittheilt, dafs dergleichen Bildungen auch dort vorkämen, jedoch nicht überall an jener Küste, wo dieselben Bedingnisse gegeben schienen und er nicht im Stande sei, die Ursache hiefür anzugeben; so findet auch diese Erscheinung in dem Fehlen der Bänke im Vaelser Grünsand, wo die Seethieren mehr zerstreut vorzukommen scheinen, ihr Analogon. Eine heftige Bewegung des Meeres am Ende der, nach der Mächtigkeit des Gesteins zu urtheilen, nur kurz bestandenen Zeit der Grünsand-Ablagerung scheint aber um so mehr ange- nommen werden zu dürfen, als nicht allein das Gestein, sondern auch der organische Charakter sich nach Ablagerung jener Muschelbänke viel wesentlicher umzuändern beginnt, als es zwi- schen dem Aachener Sand und dem unteren Grünsand der Fall war. Schon oben wurde das erste und zugleich so zahlreiche Auftreten der Brachiopoden, das be- deutende Vorherrschen der Echinodermen, des Belemnites mucronatus, der Corallen und Fora- miniferen und namentlich der Hairesie, so wie das beinahe gänzliche Verschwinden der Unival- ven erwähnt, was gemeinschaftlich mit dem auffallend veränderten petrographischen Charakter der Gesteine die Trennung der oberen kalkigen von den mittleren sandig-kalkigen Kreideglie- dern rechtfertigte. Die fast söhlig gelagerten, in breite Platten zerklüfteten Mergel, die Vertheilung der Conchy- lien mehr durch die ganze Masse hindurch, als in einzelnen Schichten, das massenweise Auf- treten einzelner Arten an umschriebenen Stellen, so namentlich mehrere Terebrateln (T. Gisü s. Müller, Monographie der Aachener Kreide, S.14 und der T. semiglobosa) ganz wie es noch mit den in der Jeiztwelt lebenden vorkommt, deuten auf eine noch ruhigere Ablagerung hin, als die des unteren Grünsandes. Doch bezeichnen die zwischen einzelnen Mergellagern vorkom- menden dünnen Schichten oberen Grünsandes, namentlich aber die an Kieselgeschieben und zertrümmerten, abgeriebenen, zum Theil aus tieferen Schichten herrührenden organischen Reste der stellenweis auftretenden Lusberger Breccie und des Vetschauer Corallenkalkes, dafs auch im Mergelmeer von Zeit zu Zeit unruhigere Bewegungen eintraten und einen unverkennbaren Strandkehricht auswarfen, wie wir ihn in gröfserem Mafsstabe in den kohligen Anhäufungen im Aachener Sande und in den kalkigen Muschelbänken des Grünsandes nachwiesen. Ja, es lälst sich nicht verkennen, dafs im Aachener Gebiet ruhige Meeresniederschläge mit solchen, die auf ein stark bewegtes Meer hindeuten, wiederholt abwechseln und dafs beinah mit jedem dieser Wechsel eine petrographisch wie palaeontologisch neue Epoche beginnt. Es scheint nun schliefslich sowohl nach den Gesteinen wie den organischen Resten die Ver- muthung nicht ungegründet, dafs jene unverkennbar mehr ruhige Meeresbedeckung eine Ver- anlassung. zum reicheren Absatz kalkiger Niederschläge und zum allmählichen Abtrocknen und Zurücksinken der salzigen Wasser gegeben hat, womit auch der unverkennbar tiefere Spiegel der oberen Kreidegesteine übereinstimmt. — 3116 — Die vorangegangenen Mittheilungen lassen eine auf weite ‚Strecke zusammenhängende, den Fuls des Grauwackengebirges überall fast gleichmälsig bedeckende Kreide-Ablagerung vor- aussetzen. Wenn nun aber in der Ebenenverbreitung unserer Kreidegesteine inselartig vereinzelte Abla- gerungen vorkommen; wenn unzweifelhaft zusammengehörige Schichten durch tiefe Thalein- schnitte von einander getrennt; wenn stellenweis in diesen Einschnitten das Grauwacken und Kohlengebirge, nur von Letten und Löfs bedeckt, zu Tage geht, von den vereinzelten Kreide- Inseln aber um mehre 100° über dem heutigen Meeresspiegel überragt wird; wenn endlich allerwärts Trümmergesteine des Kreidegebirges vorkommen und darunter sogar solche, die ge- genwärtig nirgendwo mehr im Gebiete anstehen : so folgt daraus mit Sicherheit, dafs unsere Kreide nach ihrer Ablagerung, Tertiär- und Diluvial-Zeit, in der vielfache Zerstörungen erlit- ten hat. Die Kenntnifs des Tertiärgebirges in unserem Gebiete ist aber noch in ihrer Kindheit; um so genauer war es mir dagegen in der letzten Zeit möglich, die bisheran ganz unbeachteten Diluvialgebilde kennen zu lernen und es ergibt sich hieraus, dals das Kreidegebirge zweifelhafte, schwer zu enträthselnde Veränderungen in der Tertiärzeit, tiefeingreifende und genau nachweis- bare in der Diluvialperiode erlitten habe. Zerstörungen der festen Erdrinde von unten und Einwirkung ausspühlender Wasser von oben kommen wie überall, so auch hier in Betracht. Es läfst sich aber bei dem jetztigen Stande der Thatsachen noch unmöglich mit Sicherheit bestimmen, in welchem Grade die eine oder andere vorwaltend in unserem Gebiet wirksam gewesen. Die Geschichte dieser Regeneration ist aber zum Theil die Geschichte der Tertiär- und Diluvial-Bildungen selbst, auf die wir demnach näher einzugehen haben. Die orographischen Verhältnisse des Aachener Gebietes sind eigenthümlicher Art und stehen zur geologischen Geschichte des jüngeren Gebirges in naher Beziehung. Die Umgebung von Aachen bildet in ihrem jetztigen Zustande ein Kessellhal, dessen tiefste Punkte wenige hun- dert Schritte vom südöstlichen Ende der Stadt (Wormspiegel an der Ketschenburg) und in gröfserer Entfernung in der nordöstlichen Abtheilung des Kessels (Wormspiegel an der Wolfsfurther Mühle 424 par. Fuss) liegen. Die südliche Einfassung dieses Kessels bildet das schon gleich am rechten Ufer des Wormbachs hinter der Ketschenburg langsam ansteigende Grau- wackengebirge, das in einer Entfernung von eiwa zwei Stunden südlich von der Stadt bis zu 800° — 900° sich erhoben hat. Aber südwestlich erhebt sich innerhalb der Grauwacken-Umgrän- zung kaum '/, Stunde von Aachen das Kreidegebirge des Aachener Waldes bis zu einer Höhe von ungefähr 1000° und zieht in lang anhaltender westlicher Streichung mit seiner nördlıchen Abdachung nach Vaels und Vylen hin die südwestliche und einen Theil der westlichen Einfas- sung des Aachener Kessels, während die südliche Abdachung mit dem nördlichen des Grau- wackengebirges ein- bogenförmige 'Thalschleuse bildet, welche ungefähr durch den Lauf des Geulbaches bezeichnet, nördlich von diesem sich ausdehnt. Am südöstlichen und östlichen Rande erhebt sich sodann in nordöstlicher Streichung ein lan- Be = 1 0 a ZZ ger schmaler Zug des Grauwacken- und Kohlengebirges zu einer Höhe von 600— 750° (720' Höhe des Gebirges über dem Nirmer Tunne)). Die nördliche Einfassung endlich verbindet durch die Sande und Mergel des Kreidegebirges den östlichen mit dem westlichen Rande in einer Höhe von etwa 600° Chöchster Punkt der Strafse nach Richterich an der Linde 615’, Vetschauer Berg 757°). Es kommen indefs gegen Orsbach hin noch höhere Punkte vor, die noch nicht genauer ermittelt sind, aber wohl 800° erreichen dürften. *) Innerhalb dieses Kessels erheben sich nun mehre inselartig vereinzelte, durch flächere oder tiefere Thaleinschnitte von einander getrennte Höhenzüge, von denen der ausgezeichnetste und bekannteste im Nordosten der Stadt, der Lusberg, in weitem Abstande vom gegenüberlie- genden Grauwackengebirge in nordwestlicher Streichung bis zu 800° sich erhebt und sowohl ein klassischer Punkt für das ganze Gebiet wie insbesondere für die Kreidebildungen ist, aus deren drei Haupt-Abtheilungen der Berg zusammengesetzt worden. Gegenüber in gleicher Streichung und durch einen schwachen Thaleinschnilt getrennt liegt der Willkommsberg (unge- fähr 740°); dann mehr nordwestlich ebenfalls in nordwestlicher Streichung, jedoch nicht ringsum frei, sondern den Kesselrand bilden! der Schneeberg; ferner südwestlich wieder in entschieden nordwestlicher Streichung der Vaelser und Gymnicher Gebirgssaitel, ebenfalls nur mit seinem nördlichen Rande den Aachener Kessel begränzend, durch seine freiliegende Höhe aber den vorigen Berginseln ganz gleichstehend — sämmtlich aus Kreidegesteinen gebildet mit zwischen- liegenden, durch grauen Leiten oder Löfs ausgefüllten Thaleinschnitten, von denen der Soerser Thalgrund zwischen dem Lusberg und dem östlichen Kesselrand der breiteste und tiefste ist. Einige andere kleinere Berginseln treten weniger auffallend hervor und sind zum Theil nur Aus- läufer des Aachener Waldes und wie dessen Hauptmasse von den Schichten des Aachener Sandes gebildet. Die letzte beachtenswerthe Erhebung innerhalb des Kessels ist endlich der nordöstlich streichende Burtscheiter Berg an der Gränze des Grauwackengebirges mit der Kreide liegend und hauptsächlich aus Gesteinen des ersteren bestehend. Es beträgt nun der Abstand der tiefsten Punkte des Kessels von den höchsten 400° 600°, also mehr denn die mittlere Höhe von Aachen (Marktplatz 534°) über der weit entfernten Nord- see am Amsterdamer Pegel, und das Kreidegebirge innerhalb und am Kesselrande überragt das östlich und westlich umgebende Grauwackengebirge um 100—300'. Aus diesem Kesselthal aber ist für den Abflufs der Wässer nur das über 100° tiefe Aufrils- oder Spalten-Thal des Kohlengebirges gegeben, durch welches der Wormbach mit seinen klei- nen Zuflufsbächen den Ausweg findet. Gegen die ganze nördliche und nordwestliche Seite des Aachener Beckens steigt nun das Tertiärgebirge (das Braunkohlengebirge von Nirm und die Meeresconchylien führenden un- #) Ich verdanke die meisten dieser durch Nivellement bestimmten Punkte der besonderen Freundlichkeit des Herrn Ingenieurs Wittfeld von hier, sowie den Directiouen der Rheinischen und Aachen-Nlaestrichter Eisen. bahnen und fühl’ ich mich verpflichtet, sür die Zuvorkommenheit mit der meinen desfallsigen Anfragen ge- nügt wurde meinen besondern Dank hier auszusprechen, — NR teren Terliärschichten von Alsdorf, Heerlen und Richterich) an, ohne jedoch den Beckenrand von 6—700° zu überschreiten. Nur auf der Höhe nordöstlich zwischen Seffent nnd Laurenzberg lagert an einer allem An- schein nach sehr umschriebenen Stelle ein grobkörniger, gelber, etwas glimmeriger Sand mit einzelnen Eisenoxydstreifen in ziemlich regelmäfsiger ungestörter Schichtung über dem Kreide- gebirge und unter einer wenige Zoll mächtigen Dammerde. Dieser Sand hat ganz das Ansehen eines tertiären und am Rande des tiefen Auswaschungsthales von Seffent gelegen, das in den grofsen Kessel des mit mächtigem, vielleicht tertiärem Leiten ausgefüllten Soerser Feldes aus- mündet, darf derselbe vielleicht als ein Niederschlag jener Wasser angesehen werden, welche jenen Kessel sowohl gebildet wie später zum Theil wieder aufgefüllt zu haben scheinen. Es ist aber dieser Punkt defshalb besonders bemerkenswerth, weil ein Zusammenhängen dieser wahr- scheinlieh tertiärenSande mit den nahgelegenen tertiären Sanden von Richterich nicht nachzu- weisen ist, sondern Kreidegebirge zwischen denselben die Gränze bildet. Am höchsten erhebt sich die ausgezeichnete Braunkohlen-Ablagerung von Nirm (am Nirmer Tunnel) auf dem nordöstlichen Abhang der dort mächtig zu Tage gehenden Kalke und Schie- fer der Grauwacke; aber die höchsten Punkte des Rückens sind frei, und der nordwestliche Abhang wird nur von Löfs und Kieseln bedeckt. Die Gesteinsfolge der Nirmer Braunkohlen-Ablagerung, welche jenseit des Nirmer Tunnels zu beiden Seiten der Rheinischen Eisenbahn in einer kleinen Bucht zwischen Nirm und der Kambacher Mühle eingebettet liegt, ist leider nicht genau bekannt, ungefähr aber nach Tag wie folgt : 1. Grauer plasüscher Thon mit Braunkohle, 2. Grobkörniger gelber Sand, 3. Grauer und schwärzlicher Thon mit Braunkohle 10°, A. Sand mit zwischenliegenden grofsen Sandsteinblöcken 15—20'. 5. Bunter Thon mit überlagerndem Löfs 8°-10'. Die Sandsteinblöcke von Nr. A geben dieser Ablagerung ein Interesse, wie es kaum eines der zahlreichen Braunkohlenlager am Niederrhein darbietet. Es enthalten nämlich diese Blöcke eine Menge ausgezeichneter Pflanzenreste, nainentlich dikotyledonische Früchte (darunter selbst Leguminosen), laurineenartige Blätter und mehre ausgezeichneten Coniferenzapfen und Hölzer, über welche ich zur Zeit in einer ausführlichen Abhandlung berichten werde. Es genüge hier, darauf aufmerksam zu machen, dafs die Phylliten denen der Altsattler Braunkohle am nächsten stehen, und dafs sie mehrfache Aehnlichkeiten auch mit den wenigen mir bekannt gewordenen Pflanzenresten aus dem Braunkohlensandstein von Fontainebleau darbieten. Conchylien und andere thierische Reste sind bis jetzt in jener Ablagerung nicht gefunden worden. Eine fernere wichtige Entdeckung für die Kenntnils des Tertiärgebirges in der Umgebung von Aachen war die Auflindung meerischer Tertiärschichten bei Gelegenheit des Bohrens arte- sischer Brunnen in der Gegend von Heerlen im Holländischen drei Stunden nördlich von Aachen, westlich von dem Kohlengebirge des Wormgebietes. Ich verdanke die Kenntnifs hievon einer 2. = Mittheilung des Herrn A. W. G. van Riemsdyk aus Maestricht, die derselbe im Jahr 1846 in einer kleinen Gelegenheitsschrift zur Belehrung über artesische Brunnen (Jets aanjaande de ar- tesische Putten in het Hertogdom Limburg, p. 8) veröffentlicht hat *). Auf den Besitzungen des Herrn von Boeselager-Heefsen, zwischen der Strafse nach Kunraed und dem Gute Terworm, wur- den zum Zwecke einer ausgedehnten Wiesenbewässerung in den Jahren 1842—1844 eine Anzahl artesischer Brunnen gebohrt. Sie erreichten eine Teufe von 13—17 Meter (40—60') in Lehm und Sand, worauf sie in mehreren aufeinander folgenden Lettenschichten von einer Gesammt- mächtigkeit von ungefähr 3—6 Meter stehen blieben und reichliche Mengen von Wasser gaben. Die Reihenfolge der im ersten Brunnen durchbohrten Schichten ist nach den in genannter Schrift mitgetheilten Angaben folgende : 1. Lehm 'und Sand.............. We SEE et En ne nen 9 m., 62. 2. Schwarzer 'Thon mit zahlreichen Kohlenstückchen und Sand............ 0 m., 30. 3. Braunkohle und schwarzer Kohlenmulm...............2cee@sseennnne 0 m., 58. A. Wasserbett...... BE hal ats RER ER LO a relene 020.4 rorb ieh 2 m., 60. 5. Grauer Letten durchsunken bis.......... Blade aleyere Eeloie las 0 ae tgkenrhr 0 m., 87. Nro. 5 enthielt nach der Bestimmung meines Freundes, des Herrn Bosquet, eines sehr kennt- nifsreichen Palaeontologen Corbula pisum Sow. (findet sich auch im Systeme bruxellien), Cor- bulomya triangula Nyst., Corbulomya complanata Sow. var. Nyst., Venus incrassatoides Nyst., Cerithium subcostellatum Schloth., Cerithium margaritaceum Brocchi (zugleich in der form. super. marine de Wight nach Nyst.) und Cerilhium n. sp. Bosq. **) In Nro. 2 fanden sich aufser verkohlten Pflanzenresten ebenfalls Bruchstücke von Corbula pisum und Cerithium subcostellatum; also sämmtlich Petrefacte des Systeme Tongrien von Du- mont oder der unteren (und mittleren) Tertiärschichten. — Ohne Zweifel stehen diese Thone mit denen von Klein-Spawen bei Maestricht und mit denen von Tongern in unmittelbarem Zu- sammenhang, da die in denselben aufgefundenen Petrefacte sämmtlich Vorkommnisse von Klein- Spawen sind, nicht aber zu dem merkwürdigen norddeutschen Septarienthon des Professors Beyrich gehören, was für die künftige Deutung unseres Tertiärgebirges von besonderer Wich- tigkeit ist. Im Jahre 1848 wurden nun auch an der östlichen Seite des Kohlengebirges der Wormmulde, zwischen Alsdorf und Heugen, ähnliche Schichten durch die Versuchsarbeiten der Gesell- schaft Schöller & Comp. auf Steinkohlen aufgeschlossen und theile ich hier einige der durch die Güte des Herrn Friedensrichters Bölling in Aachen mir bekannt gewordenen Gesteinsfolgen in den Schachten mit : *) Zur genaueren Ermittelung der Verhältnisse habe ich vor Kurzem eine Reise in die dortige Gegend unter- nommen, aber bis jetzt nicht Näheres darüber erfalıren können, als hier mitgetheilt ist. #%*) Die hier angegebenen Bestimmungen sind die Berichtigungen der in dem gedachten Schriftchen angeführten Benennungen und wurden mir vor Kurzem mündlich durch Herrn Bosquet mitgeiheilt, Die früheren Bestim- mungen waren : Corbula pisum Sow., Corbula triangula Duchast,, Corbula donaciformis Nyst,, Cytherea in- crassata Desh,, Cerithium Galeotti Nyst,, Cerithium labyrinthicum Duchast. 1. Versuchsschacht am Alsdorfer Wald. Tehml. Hansa Re 14 KIESEIrE Ne er ee abet 6’ Gelber'Sand... ...%.2.. 8 KIeSel. Ne ee 18° Weifser Sand mit Letten.. 34° Kieselut an RER 2! Weilser! Sand... 2.2... 24' Rother se Era ie Bene areng 68° Welser... ..'2 ro roreeeiote 52’ Grüner Sand mit Letten... 46° eh) Er) ” eb} 7 30’ 302’ 4, Heugener Wald, Behm... 2. or Kiesel: 2 2: No en - MMeuser Sande ee euere GEelBer? sun 2 RE Weifser „ mit Letten....... Grüner „ „ viel Letten... Blauer"sSand. 1... 2..0ee Versteinter röthlicher ne Blauer. Sand... 0:..eeee “ 2 SAILUSPEIN 6. Ei. er re Sea } Steinkohlengebirge............ 3 — 2, Oestlich von Alsdorf. Sand ER s1’ Rother: Sand.!2..7 0% Au Rother Sand mit etwas Let iRTRE NEE ie 18° Grünlicher Sand......... 22! Grüner fester Sand...... 106° 271' Steinkohlengebirge...... _ 3, Bei Hengen, Leni. RR 20 Weifser Sand............ 19° KEBEIT 76 Rother Sand............ . 20° Grüner Sand mit Leiten... A4' Grüner fester Sand....... 28° 137° Steinkohlengebirge....... _ Die grünen Sande enthalten nach den mir vorliegenden Pro- ben zahlreiche, aber unbestimmbare Bruchstücke von Tertiär- conchylien, eines derselben deutet auf eine Nuecula. 5. Bei Heugen. leere 6' Lehm. aa ale Aare aaa ee 12° Na ner ano Br Nekeas 33° 3.. IRTRONG rereata6.. are tete BI VRR 12° Bieselsis: . nsaaslee Merlee Meere ie RE ee 31° Braunkohlensand. ....cu@2eesenenen nn. 12 ee 20' Braunkohle... :5%.2.saeee afeeersn.ate Sa Gelblich-weilser Sand..........22.... 30° m Kiesel....... ei ano te a eher naja ste getan eprete 10° ee Gelblich-weifser Sand................ 15° Braunkoble/ 2). .-..2..200 Ser SR er 7 gas Braunkohlensand.......... Site ee nel eee Sal? ER _ 168° Es treten also hier Braunkohlengesteine und Meeresconchylien führende grüne Sande unmit- telbar über dem Kohlengebirge auf und lassen sich nach den Ergebnissen der übrigen Bohrver- suche zu urtheilen wahrscheinlich auf eine ziemlich regelmäfsige Ebenenvertheilung zurückfüh- ren. Dafs aber dieselben mit den verwandten Gesleinen des etwa zwei Stunden westlich lie- senden Heerlen zusammenhängen und zur selben unteren Tertiärbildung gehören ist wohl sehr wahrscheinlich. Innerhalb des Aachener Beckens finden sich nun in den Niederungen ansteigend bis nah an 600° (575‘2) Ablagerungen eines grauen fetten oder sandigen Lettens, den man sehr geneigt sein mögte als eine Tertiärablagerung, etwa als plastischen Thon der Braunkohle zu betrachten. Er füllt namentlich die Thalschleuse zwischen dem östlichen Zuge des älteren Gebirges und dem Lusberg, dringt mit einem nordwestlichen, genau nachweisbaren Zuge in die Niederungen der =) In einem anderen Bohrloche wurde ein sehr mächtiges Braunkohlenlager aufgefunden. — 391 — Stadt ein und läfst sich über Burtscheit südwestlich an das Grauwackengebirge sich anlehnend und den Niederungen folgend vermuthlich bis zu den grauen Lettenablagerungen bei Diepen- benden verfolgen, tritt endlich in nicht geringer Mächtigkeit und Verbreitung in der Niederung zwischen Eynatten und dem südöstlichen Abhange des Aachener Waldes auf und erreicht eine Mächtigkeit von 100 und mehren Fufs, ohne dafs es meines Wissens gelungen wäre, ein ande- res Gebirge als die älteren Schiefer unter demselben nachzuweisen. An vielen Stellen geht der- selbe unmittelbar unter dem Hornsteingeschiebe des Diluviums zu Tage und ist nirgendwo mit Sicherheit unter ungestörten Kreidegesteinen aufgefunden worden. Die Altersstellung dieser Thone ist unseres Erachtens das Zweifelhafteste in unseren sämmt- lichen geognostischen Verhältnissen und eine sichere Entscheidung ist auch durch die nach- stehenden Erörterungen noch keineswegs erreicht. Wiewohl man bei weitem am meisten geneigt sein mufs, diese 'Thone für Tertiärniederschläge zu halten, so liegt doch die Möglichkeit vor, dafs dieselben als das durch Auswaschung offen gelegte unterste Kreideglied, welches vielleicht den Aachener Sand unterteufet, zu betrachten seien. Aufser sparsamen Bruchstücken von Braun- und Pechkohlen, zum Theil in Schwefelkies vererzt, ist bis jetzt, ungeachtet zahlreiche Brun- nenarbeiten denselben durchsunken haben, noch kein Peterfact in ihm aufgefunden worden. Wenn nun jene Braun- und Pechkohlenstücke die Verbindung mit dem plastischen Thon zu ge- statten scheinen, so mufs anderseits doch geltend gemacht werden, dafs äusserlich ganz gleiche Holzkohlenreste in den Lettenschichten vorkommen, welche unzweifelhaft zur Kreide gehören die mikroskopische Structur aber'in den Braun- und Pechkohlen, wie fast überall so auch hier, nicht mehr erkennbar ist und somit von dieser Seite keine Aufschlüsse zu erwarten stehen. Wenn nun ferner nicht zu verkennen ist, dafs die Wasser, welche jenseit des Nirmer Tun- nels Niederschläge bis zu einer Seehöhe von weit über 600° abgesetzt, den gröfsten 'Theil der jenes Gebiet früher überdeckenden Kreideablagerungen gänzlich zerstört, mit sich fortgeführt und zum Theil als ihre eigenen Niederschläge wieder abgesetzt haben : so ist es doch auch andererseits nicht leicht einzusehen, wie diese Wasser das Kreidegebirge zu einem mehre 100° tiefen Becken mit vereinzelten Kreideinseln vermögten ausgespühlt zu haben, ohne in den innerhalb des Beckens zurückgelassenen Niederschlägen vorzugsweise die verschiedenarligsten Trümmer von Kreidegesteinen und deren Petrefacte zusammenzuhäufen, statt vielmehr ein sehr gleichmäfsiges, auffallend mächtiges, an mehr ruhigen Absatz erinnerndes Thonlager. Es muls daher ein günstiger Zufall durch Auffindung bezeichnender Petrefacte in dieser Lettenablage- rung jene Aufschlüsse gewähren, die bis jetzt noch unmöglich sind. Zur. Geschichte der Tertiärzeit unseres Gebietes und zum Theil auch zur Beantwortung der Lettenfrage gehört nun aber noch die Geschichte eines Theils jener Zerstörungen, welche das Kreidegebirge erlitten hat und von denen bereits oben andeutungsweise die Rede war. — Dicht längs dem östlichen Rande des zu Tage gehenden Zuges des älteren Gebirges, welcher die Ost- gränze unseres Beckens bildet, zieht sich von Klosterrath durch den Nirmer Tunnel bis gegen Busbach der früher erwähnte Feldbifs, eine Gränze, an welcher das ältere Gebirge in mehre 100‘ Teufe hinabgeworfen worden. Gleichzeitig mit dieser vollständigen Trennung des Zusammen- hanges hat wohl. der theilweise in gleicher Streichung liegende, kleine und oberflächliche Einrifs 4 westwärts Statt gefunden, welchen wir als das jeiztige Wurmthalı kennen und der den alleinigen Abflufs für die Wasser des Beckens darbietet. — Die Auffüllung des Feldbisses wird nun aber, wie. sich aus den vorhin mitgetheilten |Bohrversuchen ergibt, nur durch tertiäres Gebirge gebildet und es fragt sich demnach, in’ wie fern jene Vorgänge, das Niedersinken des älteren Gebirges und die Auffüllung der Lücke mit einander in Verbindung stehen und ob nicht vielleicht die Ablagerung der Thone in den Aachener: Niederungen. derselben Epoche ihre Entstehung verdankt. — Für die Entstehungszeit der durch unterirdisch wirkende Kräfte bedingten: Zeı- reifsung des älteren Gebirges bieten sich aber zwei Zeitabschnitte dar: entweder vor oder nach Ablagerung der Kreide. Geschah sie vorher, so wurde: die ganze Niederung von der regel- mäfsigen Folge der Kreidegesteine angefüllt, die jedoch unter solchen Verhältnissen an ihrer Oberfläche ein starkes Abfallen nach Osten und insbesondere eine stellenweis stark geneigte Ablagerung der oberen Lagen nach derselben Richtung darbieten mulsten. Geschah sie nachher, so mufste eine gewaltsame Abtrennung der östlich gelegenen Theile der Kreide mit gleichzei- tiger bedeutender Zertrümmerung derselben Statt finden, wobei jedoch die westlich gelegenen in einiger Entfernung vom Rifs möglicher Weise nur unbedeutend gestört zu werden brauchten. Die östliche Abtheilung unserer Kreide mufste nun aber mit dem Ansteigen: der Tertiärwasser in. jedem Falle tiefeingreifende Veränderungen erfahren, auch dann noch, wenn die Niederwer- fung des Kohlengebirges vor der Kreideablagerung Statt gefunden, indem nämlich die lockeren Sande. der unteren Abtheilung zur Ausspühlung vorzugsweise geeignet, dem Andringen der Tertiärwasser kaum Widerstand zu leisten im Stande waren, mithin das baldige Nachstürzen der oberen festen, kalkigen und feuersteinartigen Gesteine begünstigten und die gänzliche Zerstö- rung der Ablagerung innerhalb des Feldbisses veranlassen konnten, Noch bedeutender mulste jedoch diese Regeneration sich gestalten, wenn das Niedersinken des älteren Gebirges innerhalb: der Tertiärzeit die überlagernden Kreidegesteine plötzlich zerstörend hinabrifs. Es liegen nun aber einige Gründe vor, welche die Versetzung jenes Vorganges in die Ter- tiärperiode zu rechtferligen geeignet scheinen. Hieher gehört der Umstand, dafs die Tertiärzeit überhaupt reich an Hebungen und Senkungen: durch unterirdische Kräfte ist; ferner dafs in die- selbe nach. ziemlich allgemeiner Annahme das häufige Emporsteigen heifser Quellen fällt, welche metallische Niederschläge abgesetzt haben, wobei denn die Aachener und Burtscheiter Mine- ralquellen und die offenbar ebenfalls als Quellenabsatz zu betrachtenden zahlreichen Galmeistöcke in unserem Gebiet sofort die thatsächlichen.Belege zu dieser Ansicht zu: bieten geeignet wären. Dazu kommt dann noch, dafs die Nirmer und Busbacher Galmeiablagerungen in der Streichungs- linie des Feldbisses liegen und dafs Herrn Obersteiger Fladen mitten in den Nirmer Gahneien Braunkohlenstücke fand‘, welche nach einer von Herrn Wictor Monheim angestellten Analyse ganz von schwefelsaurem Zinkoxyd: durchdrungen sind: und nur bei noch flüssigem Zustande der Zinkerze in deren Mitte gelangen konnten, wenn anders die Angabe des Herrn Fladen nicht auf Täuschung beruht, Die. Entstehung des Feldbisses in der Tertiär-Periode und die unzweifelhaft gleichzeitige Bildung des Aufrifsthales der Wormufer läfst endlich. vielleicht auch die Vermuthung zw, dafs ein Arm des Tertiärmeeres von Richterich und: Herzogenrath her durch die wenn auch schmale —_ 323 — Spalte des heutigen Wormbettes bis zu 5—600’ hinauf gedrungen sei und von hier aus zur lang- samen Auswaschung und Wegführung der bereits am östlichen Rande zertrümmerten Kreide- gesteine im Soerser Thal, ferner zur inselartigen Umspühlung des Lusberges, zur Bildung des Aachener Kessels und zur Ablagerung Coder wenn sie aus der Kreidezeit schon vorhanden waren doch zur Offenlegung) der mächtigen grauen 'Thonniederschläge in sämmtlichen Niederungen ‚des Beckens beigetragen habe. Es kommt hiebei endlich nur noch die Frage zur Sprache, ob denn das Kreidegebirge inner- halb des Beckens Schichtenstörungen nachweise, welche in Folge der Niederwerfung des Feldbisses eingetreten sein möchten. Es läfst sich aber diese Frage eher verneinen als bejahen. In der am westlichen Abhange des Lusberges aufgeschlossenen Sandgrube und am gegenüberliegenden Willkommsberg kommen einige Stellen vor, in denen unzweifelhaft zusam- men ‚gehörige Lagen 1—1?/,’ verschoben sind. Es liegen dieselben jedoch in dem Berggehänge und die während der Diluvialzeit Statt gehabten Auswaschungen genügen vollkommen, um diese kleinen Verschiebungen als Einstürze zu deuten. Die unteren Lagen des Lusberges, welche in -dem grofsen Einschnitt der Aachen-Maestricht-Gladbacher Eisenbahn often gelegt worden, zei- gen keine Störungen, wohl aber haben sich bei den Durchstichsarbeiten daselbst Lostrennungen und Rutsche grolser Gesteinsmassen gebildet, die die urweltlichen noch entschieden übertreffen. Das übrige Kreidegebirge,, namentlich die Mergel und in der westlichen Richtung auch die Sande, zeigen ebenfalls keine deutlichen Zeichen solcher Vorgänge. Namentlich entbehrt, wie ich glaube, die Ansicht alles Grundes, dafs die mehrere 100° beiragende Erhebung des Kreidegebirges über die seitlichen Beckenränder Folge einer stellenweisen Hebung des älteren Gebirges sei. Es ist jedoch eben sowohl möglich, dafs die Spuren der Wegreifsung des Kreidegebirges sich nur in geringer Entfernung fortgepflanzt; wie es wahrscheinlich ist, dafs dieselben durch die die Gebirgsformen abrandenden Wasser der Diluvialzeit gänzlich verwischt worden sind und daher kann das Fehlen deutlicher Schichtenverwerfung in den übrig gebliebenen Resten keinen Gegenbeweis gegen die übrigen vollgültigen Belege Statt gehabter Zerstörung abgeben. Die letzten und nicht wenig eingreifenden Veränderungen hat unser Gebiet in der Diluvial- periode erfahren. — Obgleich nun stellenweise bis zu 30—40’ mächtige diluviale Trümmer- Ablagerungen auftreten, so dürfte es dennoch gewagt erscheinen, die ganze heutige orogra- phische Gestaltung des Aachener Beckens lediglich von der Diluvialregeneration herleiten zu wollen. Vielmehr hat dieselbe nur an der in der 'Tertiärzeit zur Zerstörung vorbereiteten Kreide die letzte umgestaltendeThätigkeit versucht und theils durch bedeutende Freilegungen tiefer lie- gender Gesteine die Forschung erleichtert, theils aber auch die Vorgänge aus der Tertiärzeit wieder verwischt und deren Erkenntnifs erschwert. Die Diluvialbildungen waren bisheran in unserem Gebiete gar nicht genauer untersucht, wie- wohl sie grofses Interesse erregen und ich habe denselben daher besondere Aufmerksamkeit zugewandt, deren Ergebnifs ich hier kurz andeute. Die ganze Oberfläche des Aachener Gebietes von den tiefsten bis zu den höchsten Punkten (1000) wird von einer mehr oder minder starken, wenige Fufs bis zu 40° mächtigen, 'Trüm- — 314 — merschicht bedeckt, welche fast ausschlielslich aus Kreidegesteinen, theils in noch deutlich nachweisbarer Gestalt (wie bei den Horn- und Feuersteinen), theils in veränderter Gestalt (wie beim Löfs) gebildet ist. Es läfst sich eine bestimmte Reihenfolge der Diluvialablagerungen, gewissermaafsen eine Art von Schichtung derselben, erkennen und zwar : 1. Zu unterst reiner und lehmiger Sand (regenerirter Aachener Sand oder regenerirter Grün- sand) oder sandiger Löfs (Lehm) mit wechsellagernden Schichten von Hornstein-, Feuer- stein- und Mergeltrümmern, mit Trümmern von Kreidepetrefacten, namentlich aus dem Grün- sand, mit vielen Wirbelthierresten und mit Löfsconchylien, meistens Helix hispida. 10—20' 2. Darüber diluvialer Kies, meist aus Hornstein bestehend], mit zwischenlagernden grofsen Sandsteinblöcken, selten mit Feuersteinen und weifsen Kieseln, noch seltener mit kleinen Grauwackengeschieben; alle durch Eisensand und Löfs gebunden. Enthält fast allein die in Hornstein erhaltenen Kreidepetrefacte.........-..20..... tan te, 5—10’ . Als ganz örtlich beschränktes Va das mer der Lusberger Breccie...1’ A. Fester gleichmäfsiger Lehm mit Löfsconchylien und sehr sparsamen Mergel-, Feuerstein- und Hornstein-Trümmern, noch in einer Höhe von 700 stellenweise bis 5° mächtig vorkom- mend; als Aequivalent desselben unmiltelbar über den Mergeln : ein weifs-gelber, grober Mergelschlamm mit vielen Feuersteintrümmern und fast gar keinem Hornstein, ebenfalls mit Lölsconchylienspk sa. 2... 6a „90% IH AL OO ET» BT NER reale lee BehhReNeTaNd 5. Erratische Sandsteinblöcke von 6—8° Durchmesser, ansteigend bis zu den höchsten Punkten des Gebietes, genau dieselben wie in Nro. 2 und vielleicht nur wegen ursprünglichen Feh- lens oder mittels Wegwaschung des Lehms in der Jetztzeit aus der Schicht Nro. 2 freigelegt. Die Mächtigkeit dieser Ablagerungen wechselt sehr; selten treten sie in der eben angegebe- nen Reihenfolge vollständig auf und gehen meist an den Gränzen in einander über und das Vorherrschen des einen oder anderen ist unverkennbar theils von den unterliegenden Gesteinen bedingt, theils scheint die Vollständigkeit der Reihenfolge davon abzuhängen, ob ihr Absatz auf Höhen oder Niederungen des Gebietes Statt fand. Die Höhen führen meist nur die Reste des unmittelbar unterteufenden Gesteins nebst dem überall auftretenden Hornsteinkies, während in den Niederungen zugleich und vorzugsweise die Lehm- und Sand-Ablagerungen vorkommen. Ueber den Kreidemergeln wird der Löfs, wie bereits angeführt, vom Mergelschlamın vertreten. In der nordwestlichen Abtheilung in gröfserer Entfernung von der Stadt verschwinden die Trümmergesteine der Aachener Kreide und werden durch die Flufsgeschiebe ersetzt, welche das Maafsthal bedecken und von dort bis zu einer Höhe von mehr als 600’ ansteigen. An eini- gen Stellen, auf, dem Willkommsberg und bei Vetschau, ist endlich noch das Vorkommen von sogenannten geologischen Pützen von geringem Umfang, jedoch mit regelmäfsig concentrischer Lagerung der sandig-thonigen Ausfüllungsmasse bemerkenswerth. Die wichtigsten Vorkommnisse der Aachener Diluvialbildungen aber, die wir zum Schlusse noch gesondert und näher zu betrachten haben, sind die erratischen Blöcke und der Ein- flufs des Diluviums auf die orographischen Verhältnisse unseres Beckens. Bis zu den höchsten Punkten des Gebietes ansteigend kommen 2— 8 Fufs im Durchmesser haltende, flache oder rundliche, Se) = 35 = rollsteinartige Sandsteinblöcke vor, theils frei auf der Oberfläche liegend, theils bis zu einigen Fufs tief eingesenkt, welche den Sandsteinen unserer Kreide auf den ersten Anblick nicht ähn- lich sehen. Die meisten sind sehr dichte, harte, gelb-weifse oder grau-weifse Sandsteine, zu- weilen so dicht, dafs das Korn fast ganz verschwunden ist. Wenige zeigen ein grobes Korn und lassen sich durch leichte Hammerschläge zertrümmern. Organische Reste sind fast spurlos selten, nur kommen öfter wurzelähnliche, zum Theil hohle Eisenoxydverästelungen darin vor, welche, wenn auch nicht organischen Ursprungs, doch entschieden auf jüngere Sandsteine hin- weisen und an Braukohlensandsteine erinnern. Bei Moresnet finden sich jedoch grofse quaderar- tige Bänke des Aachener Sandes, welche nicht unbedeutende petrographische Aehnlichkeit mit den erratischen Blöcken darbieten, so dafs man bei der unverkennbaren Zerstörung grofser Strecken ehemaligen Kreidegebirges geneigt ist, die erratischen Sandsteinblöcke als Trümmer- gesteine dieser letzteren zu betrachten, um so mehr, da die übrigen diluvialen Trümmerschichten nur unbedeutende Spuren von Grauwacken und Kohlengesteinen, dagegen grofse Massen Kreide- trümmer (Hornstein, Feuerstein, Mergel) mit sich führen. — Diese Blöcke sind aber weder die ein- zigen, noch selbst die wichtigsten, welche sich von erratischen Gesteinen in unserem Gebiete finden. Es kommen nämlich noch an mehren Stellen kleinere Rollstücke vor, welche wichlige Auf- schlüsse über ihre Herkunft und über den ehemaligen Zustand unserer Kreide bieten. — An einigen Stellen des Aachener Waldes finden sich feste Sandsteine, welche ähnlich den kalkigen Muschelbänken des Grünsandes fast ganz aus Seethierresten der Kreide zusammengesetzt sind. Das Bindemittel hat nicht die entfernteste Aehnlichkeit mit dem der Muschelbänke des Grün- sandes, sondern schliefst sich an die festesten Bänke des Aachener Sandes an und besitzt eine ausnehmende Härte; zuweilen verschwindet das Korn gänzlich und die Masse erlangt ein durch- aus gleichmäfsiges, fast opalartiges Ansehen, das aber durch die zahlreichen feinen, blätterigen Splitterbrüche von diesem abweicht und mehr das Ansehen eines festen Kieselschiefers erlangt. Bereits oben war von diesem Gestein beim Aachener Sande die Rede und die vorliegenden Rollstücke sind nichts anders als Bruchstücke dieser, wie es scheint, in der Vorzeit an meh- ren Stellen des Gebietes anstehenden Muschelbank des Aachener Sandes oder doch eines höher gelegenen Kreidegesteins. — Noch beachtenswerther sind dann ferner ähnliche, durch ihre ungemeine Härte sich auszeichnende, wachsbraune Sandsteine, welche in ihren petrographischen Eigenschaften, in dem feinen, fast verschwindenden Korn, in der Annäherung an den Hornstein oder Kieselschiefer mit der vorigen einige Achnlichkeit besitzen. Sie unterscheiden sich aber wesentlich dadurch, dafs sie von Petrefacten nichts anderes als eine grofse Menge von Inoce- ramus Cripsii Mant. einschliefsen und ferner unseres Wissens bis jelzt nur in der rothen thonigen Diluvialbedeckung des nahgelegenen Grauwackengebirges gefunden worden. Dies Ge- stein steht an keiner Stelle des Gebietes mehr an und die in ihm enthaltenen Inoceramen kommen jelzt fast ausschliefslich im kalkigen Mergel von Vaels (als grofse Seltenheit auch in den muschelführenden Kalkbänken des Grünsandes am Lusberg, Willkommsberg und Aachener Wald) vor und gehören im Aachener Gebiet enischieden zu den Leitversteinerungen unserer oberen Kreide, insbesondere des Kreidemergels. Jene Sandsteingeschiebe aber sind es, die ich bereits oben wegen ihrer wichtigen Bedeutung für die Geschichte unserer Kreide und wegen ihrer — 36 — bezeichnenden Petrefacte mit einer besonderen Benennung als „Inoceramen-Sandstein“ bezeich- nen zu müssen geglaubt, unter welchem Namen ich sie auch den von mir versendeten geognosti- schen Sammlungen hiesiger Gegend beigefügt. — Endlich finden sich noch Trümmer eines drit- ten und vierten Gesteins, eines grünen und eines gelben, mehr oder minder festen Sandsteins, von denen der erstere mit zahlreichen kleinen weifsen Kieselgeschieben untermengt ist und unregelmäfsige, gerundete Massen bildet, der letztere aber ein feinkörniger, milder Sandstein ist und eine plattenförmige Schichtung gehabt zu haben scheint, die aber beide einestheils nach den in ihnen enthaltenen Petrefacten den kalkigen Muschelbänken des unteren Grünsandes gleich stehen, anderntheils mit keinem jetzt noch anstehenden Gestein identificirt werden können. Es sind demnach unverkennbar in früherer Zeit Kreideablagerungen vor- handen gewesen, welche gänzlich zerstört worden und nur geringe Ueber- bleibsel zurückgelassen haben. Nimmt man nun die Thatsache zu Hülfe, dafs die Dilu- vialtrümmer nicht selten in engere Beziehung zu dem zunächst unterteufenden Gestein stehen, d. h. vorzugsweise von diesem entnommen worden, so läfst sich mit Grund die Vermuthung aus- spreechen, dafs jene Sandsteine zu denjenigen Kreideschichten gehört haben, welche theils das nun frei zu Tage gehende Grauwackengebirge, theils die heuligen Thaleinschnitte unseres Beckens ausgefüllt haben. Die unverkennbare nordwestliche Streichung fast sämmtlicher Höhenzüge und Thaleinschnitte unseres Gebietes dürfte aber die Richtung bezeichnen, welche die ausspühlenden Wasser genommen. Eigenthümlich ist hiebei nur, dafs die meisten kleineren Ausfurchungen unserer Gebirgszüge und mit ihnen die zahlreichen kleinen Bäche meist die entgegengesetzte nord- östliche Streichung haben, die aber auch schon bei den Hauptzügen des älteren Gebirges an der südlichen Einfassung des Aachener Beckens sich kund gibt und den nordöstlichen Lauf der Inde zu Folge gehabt hat und dies veranlafst uns endlich noch zu einem kurzen Hinblick auf den Einflufs des Diluviums auf die orographische Gestaltung unseres Beckens. Die früher gegebene Darstellung des Aachener Kesselthals bedingte nämlich fast nothwendig, dafs wenn grofse Wassermassen sich in demselben ansammelten, diese an den tiefsten Punkten des Kessels (d. h. um den Lusberg und Willkommsberg herum, im Soerser Thal und bis in den südlichen Theil der jetztigen Stadt hinein), längere oder kürzere Zeit eine stehende Lache müssen gebildet und ihre Niederschläge vorzugsweise an den bezeichneten Stellen müssen ab- gesetzt haben. In der That läfst sich nun auch diese Voraussetzung in eimer überzeugenden Weise an mehren der genannten Stellen darthun und insbesondere sind es 1. die Niederun- gen östlich vom Lusberg, über Haaren, bis Burtscheit sowie 2. die jenseits des Marschierthors in den Aachener Wald einschneidende Thalausweitung, ferner 3. der durch den stark abfal- lenden Willkommsberg am Königsthor und durch den die Jakobstrafse bildenden Zug begränzte Thalausschnitt gegen Vaels hin und endlich A. die Thalschleuse zwischen dem Lusberg und Willkommsberg — wo die mächtigsten und bemerkenswerihesten Diluvialniederschläge abgesetzt sind und welche auf das Deutlichste nachweisen , in welcher Richtung die Kreideschichten vom Diluvium ausgewaschen und zerstört wurden, nach welchen Seiten hin die Diluvialwasser sich am meisten ausgedehnt und wie sie den heutigen Höhen und Thälern ihre Gestalt gegeben. —ı u — Vor allen aber bietet der unter Nro. 4 genannte Punkt, das Thal zwischen Lusberg und Willkommsberg die reichste und interessanteste Fundstätte für die organischen Reste aus der Diluvialzeit dar. Er liefert die Stellen, an denen es mir gelang, nicht allein die Trümmer sämmtlicher Kreideschichten bis zur wenige Fufs mächtigen Lusberger Breccie sowohl in ihren Gesteinen wie in ihren Petrefacten wiederzufinden; sondern vorzugsweise eine reiche Fauna von Diluvial-Conchylien und diluvialen Wirbelthieren nachzuweisen, welche den Uferauswurf jenes dilnvialen Sees gebildet haben, der allmählig austrocknete oder seinen Abflufs durch das Wormthal fand und am Schlufs der grofsen geologischen Ereignisse das Land in dem Zustande zurückliefs, wie wir es jetzt vor uns finden. Ich gebe schliefslich nur noch das nachstehende Verzeichnifs der bis jetzt m den Aachener Diluvialschichten aufgefundenen organischen Reste — mit Ausschlufs derjenigen, welche der Kreide angehören. Von Mollusken fand ich*) : Helix hispida (in grofser Menge und als Hauptleitpetrefact für den hiesigen Löfs), H. sericea, H. ericetorum, H. obvoluta, H. pulchella, Bulimus obscurus, Bulimus acicula, Achatina lubrica, Succinea oblonga, Clausilia parvula. Von Wirbelthieren : einen Fischwirbel, eine grofse Anzahl von Froschknochen, welche sich sowohl durch die Art ihrer Ablagerung in dünnen thonigen Schichten von regenerirtem Grünsand wie durch das mittels Analyse durch Herrn Victor Monheim darin nachgewiesene Fluorcaleium als unzweifelhaft fossil erwiesen und von Herrn Hermunn von Meyer als vier verschiedenen Ar- ten angehörig erkannt wurden. Von Säugethieren enthält das Aachener Diluvium : Zwei Arvicole, die nach einer von dem Herrn de Selys Longchamp aus Lüttich, den ich gebeten hatte zu diesem Zwecke seine reiche Schädelsammlung von Arvicole mitzubringen gemeinschaftlich mit Herrn Hermann von Meyer angestellten Vergleichung der Arvicola amphibia und der A. agrestis am nächsten slehen. Im Laufe des Druckes gegenwärtiger Verhandlungen fanden sich sodann noch verschiedene Reste von Elephas primigenius, von Equus adamiticus, von einem diluvialen Ochsen, von einer Mustela, ferner fast sämmtliche Skeletttheile einer Arctomys, die sich von A. marmoltta sowohl durch die allgemeine Gröfse wie durch relativ gröfsere Verhältnisse der Schädeltheile deutlich unterscheidet und die ich Arctomys No@ genannt. Endlich gehören noch zu den freilich längst bekannten diluvialen Thierresten die Geweihe von Cervus elaphus fossilis, deren schon Goldfufs gedenkt, die aber dadurch besonders bemerkenswerth sind, weil sie bis jetzt lediglich auf ganz umschriebener Stelle, nämlich zwischen den diluvialen Mergeltrümmern und in kleinen Höhlen am Rande der nicht regenerirten Mergelablagerungen auf dem Gipfel des Lusberges vorkommen und weil durchaus keine anderen Knochenreste dieser Thiere im Aachener Gebiet bekannt geworden. *) Jch sandte die hier verzeichneten Schnecken an Herrn Professor Dr, Moritz Seubert in Karlsruhe mit der Bitte, dieselben mit der bekannten und klassischen 4. Braun’schen Sammlung, zu vergleichen und so ein unzweifellaftes Urtheil über den hiesigen Löss zu gewinnen und erhielt die nachstehenden Pestimmungen zurück, wodurch die Aachener Schnecken als unzweifelhafte Lössvorkommnisse erwiesen sind. we Beiliegende Tafel IV nebst Erklärungen möge zur Veranschaulichung der sämmtlichen vor- stehend mitgetheilten Erörterungen nicht ohne Nutzen sein. Ich schliefse mit der Bitte, dafs die vorliegenden Mittheilungen als der erste Versuch zu einer alle geologischen Verhältnisse des Gebietes umfassenden Darstellung eine der Schwierig- keit des Gegenstandes entsprechende nachsichtige Beurtheilung finden mögen, wie sie denn auch nur als Skizze zu einer künftigen ausführlichen Bearbeitung gelten wollen *). Herr Hermann von Meyer bemerkte hierauf, dafs der Lusberg immer für eine Kreidebildung gehalten worden sei. Durch die Anschauung, welche er jetzt gewonnen habe, sei er der Ansicht, dafs der obere Theil der am Lusberg vorkommenden Schichten nicht älter sei, als die Mastrichter Schichten und dafs die feuersteinführenden Mergel grofse Aehnlichkeit mit feuer- steinführenden Tertiärgesteinen Böhmens darböten. Es knüpfte sich hieran eine weitere Discussion, wobei Herr Geh.-Rath Nöggerath den Vergleich der böhmischen Tertiärgesteine mit den Aachener Schichten als keineswegs begründet bezeichnete und woran Herr Dr. Müller und andere noch Antheil nahmen, worauf Herr Dr. Debey noch eine weitere Ausführung der Verhältnisse des Lusbergs vortrug und sich dahin äufserte, dafs sich daselbst nur Peirefacte, welche der Kreide angehören, gefunden hätten. In dem vorangegangenen Vor- trage habe er nachgewiesen, dafs diejenigen Kreideschichten, welche der obersten Mastrichter Bildung nahe ständen sich nur in sehr unbedeutenden Resten, in der Lusberger Breceie, auf dem Lusberg vorfänden und in voller Entwickelung, wie bei Valkenberg und Mastricht, ent- weder gar niemals da gewesen oder später zerstört worden seien. Der Behauptung aber dafs auch der Aachener Sand zu den obersten Kreidegliedern (weifse Kreide) oder gar zum Tertiä- ren gehöre, mülse er nochmals entschieden widersprechen. Hierauf sprach Herr Professor Schmid über den Muschelkalk von Jena ungefähr wie folgt : Die Kürze der Zeit erlaubt mir nur, einige Haupimomente aus meinen Untersuchungen über die Thüringer Trias, soweit sie bei Jena von der Saale durchschnitten wird mitzutheilen; die mei- sten derselben sind in einer kürzlich von Professor Schleiden und mir herausgegebenen Mono- graphie „die geognostischen Verhältnisse des Saalthals bei Jena, bei Engelmann 1846“ ausführ- lich bekannt gemacht. Die Schichten, welche an den Rändern des Saalthals zwischen Kahle und Naumburg zu Tage treten, gehören sämmtlich zur mitleren Trias. Der eigentliche bunte Sandstein erhebt sich bei Jena nur wenig über das Niveau der Saale; der Gips und die bunten Mergel bilden den un- tern sanfteren Theil der Thalränder. Am obern steilern Theile derselben streichen die Schichten des Muschelkalks aus, ohne sich jedoch bis zu ihrer obern Grenze zu entwickeln; die höchsten *) Der vorstehende Aufsatz ist mit mehren wichtigen Zusätzen bereichert, welche in diesen Verhandlungen nicht füglielı mitgetheilt werden konnten, da sie in eine viel spätere Zeit fallen, besonders abgedruckt in Com- mission bei der B. Boisser&o’schen Buchhandlung (E, ter Meer) in Aachen 1849 erschienen. = 89 = Muschelkalkschichten, zusammen jedoch nur 50° mächtig, treten vielmehr bei Apolde nordwest- lich von Jena erst in einer Entfernung von 1’, Meilen auf. Der bunte Sandstein bei Jena unterscheidet sich durch seine chemische Zusammensetzung bestimmt von dem der Umgebung; sein Bindemittel ist dolomitisch, während es schon bei Naumburg aus kohlensaurer Kalkerde nur mit Spuren von Talkerde besteht. Denselben dolomi- tischen Charakter tragen auch die Gipse, wenigstens die unreineren Gipsmergel und die bunten Mergel. Im Muschelkalk fehlt zwar die kohlensaure Talkerde fast nirgends, nimmt sogar hin und wieder bis zu 20 und mehr Procent zu; allein eigentliche Dolomite, d. h. Gesteine von feinkörnigem krystallinischem Gefüge finden sich nirgends. Man könnte also höchstens von do- lomitischen Muschelkalkmergeln reden. Die Gipse erscheinen nicht überall als selbstständiges Formationsglied. In der unmittelbaren Nähe von Jena, am Hausberge, schwellen sie bis zu einer Mächtigkeit von 200° an; am linken Ufer sind sie fast überall den bunten Mergeln untergeordnet. Sie, bewähren in mehrfacher Be- ziehung ihre spätere Einschiebung in das Schichtensystem der Trias. Die höheren Schichten der Trias ziehen sich wellenförmig über sie hinweg, und weichen vom Parallelismus mit der oberen Sandsteingränze um ebensoviel ab, als die Mächtigkeit der Gipse beträgt. Namentlich schön zeigt sich dieses Verhältnifs am rechten Saalufer, an den Kernbergen , dem Hausberge und Jen- zig (l. c. $ 14 und Taf. II, Fig. III.) In die bunten Mergel dringen die Gipse gang-, schnur- und trümmerweise ein; sie finden in dieser Hinsicht ein, wenn auch schwaches Analogon in den Cölestinen der unteren Muschelkalkschichten. Die bunten Mergel bieten weniger Interessantes. Als ihre untere Grenze kann man einen eigenthümlichen Sandstein annehmen, der aus Quarzkörnchen, verkittet durch Dolomit und Gips, besteht und dessen Unterfläche mit dem sonderbaren Relief des Rhizocorallium jenense Zenk. überzogen ist, Der Muschelkalk ist eine fast ununterbrochene Reihenfolge von Kalkschiefer, Kalkmergelschiefer und Kalkbänken. Nach petrographischen Kennzeichen bietet er keine Analogie mit dem schwäbi- schen Muschelkalk, den man gewifs mit Unrecht .als Norm für den ganzen deutschen Muschelkalk anzunehmen sich gewöhnt hat. Hinsichtlich jedoch der Vertheilung der Petrefacte, auf die ich meine Aufmerksamkeit besonders richtete, findet zwischen dem Muschelkalk des Saalthals und dem schwäbischen eine bestimmte Analogie statt (s. l. c. $S. 14.). Naturgemäfs mufs unser Muschelkalk in einen unteren, durchaus dünnschiefrigen und einen obern abgetheilt werden, in welchem durch Schiefer getrennte regelmäfsig dicke Kalksteinbänke auftreten. Der untere Muschelkalk bildet den steilen, bei jedem starken Regen abrollenden Theil des Thalabhanges; Die untere Grenze des obern Muschelkalks markirt die vordere Kante des 'Thalabhanges. Im untern Muschelkalk findet sich Terebratula vulgaris nie, im obern ist sie sehr häufig. Mit Aus- nahme der untersten ebenen Kalkschiefer, dem Muttergestein des Cölestins, den sogenannten Cölestinschichten, verdient der untere Muschelkalk den Namen des Wellenkalks. Das Detail der Resultate bei Seite lassend, erlaube ich mir der Versammlung nur über zwei Punkte Bericht zu erstatten, über die vegetabilischen Reste des Muschelkalks und über das Vorkommen von Knochen. 42 — 30 — In den Cölestinschichten bei Wogau haben sich zerstreut ın höchstens handgrofsen, kaum ”/, Zoll dicken linsenförmigen Massen Kohlenreste gefunden, die in mehr als einer Beziehung die Aufmerksamkeit der Geognosten verdienen möchten. Sie haben das Aussehen der Schwarz- kohle, aber die Zusammensetzung der Braunkohle, d. h. sie bestehen aus Humussubstanzen. In ihnen haben wir den ältesten Humus, indem die bituminöse Substanz im Zechstein schon die chemischen Charaktere der Steinkohle trägt. In Wasser zerspringen sie in kleine polyedrische Stücke, aus denen Alkalien und kohlensaure Alkalien Humussaüre ausziehen; der Rückstand, welcher nach der Entfernung der Humussaüre bleibt, nach altem Sprachgebrauch die Humuskohle, ist eine Anhäufung von Pflanzenzellen. Gewöhnt alle derartige Rückstände gemeinschaftlich mit meinem verehrten Collegen Hrn. Prof. Schleiden mikroskopisch zu untersuchen, waren wir nicht wenig erstaunt, Pflanzenzellen von der vollkommensten Erhaltung zu erblicken. Herr Professor Schleiden untersuchte sie mit der ihm eigenthümlichen Umsicht und Sorgfalt. Er erkannte in ihnen Coniferenzellen (Pinites Göppertianus) und Laubholzblaltfragmente mit erhaltenen Spiral- gefäfsen, Spaltöffnungen und deutlicher Behaarung (Phyllites Ungerianus), nebst andern minder charakteristischen Theilen. — Ich erlaube mir die von ihm gezeichneten, seiner Abhandlung in der erwähnten Monographie beigegebenen Abbildungen vorzulegen. Mit Ausnahme dieses Fun- des hat jedoch die Trias von Jena nur sehr wenige Pflanzenresie geboten (s. über Endolepis communis und elegans I. c. S. 71 und folgende). Knochen und ähnliche Gebilde sind zwar durch den ganzen Muschelkalk verbreitet, aber doch nur sehr zerstreut; dagegen finden sie sich auf einzelnen Schichten regelmäfsig und wenn auch nicht gerade sehr häufig, doch so zu sagen gesellig. Die erste dieser Schichten gehört zu den untern Muschelkalkschichten, die ich vorhin als Cölestinschichten bezeichnete; sie ist nur 3 bis 6‘ mächtig. Die zweite Schicht bildet das untere Grenzglied des oberen Muschelkalks, den Te- rebratulitenkalk, eine mächtige Kalkbank, die fast überall aus dicht verkitteten Schalen von Terebratula vulgaris besteht. Der wichtigste Fundort ist jedoch der Saurierkalk, eine bis zu 150° mächtige Folge von ebenen, häufig dolomitischen Kalkschiefern, die zwar eine entfernte Aehnlichkeit mit den Solenhofener Schiefern besitzen, aber nicht die Feinheit und Gleichmäfsig- keit des Korns, um zur Lithographie verwendet werden zu können. Diese Schiefer sind jedoch nicht überall gleich mächtig entwickelt und gleich knochenreich. Am schönsten und zugleich durch Steinbrucharbeiten am bequemsten zugänglich gemacht erscheinen sie eine Stunde unter- halb Jena, auf dem linken Saalufer im Reufsthale. Sie werden von einer oolithischen Kalkbank, der einzigen unseres Muschelkalks bedeckt. Die Grenzschichten des Muschelkalks in der Nähe von Apolde enthalten endlich noch eine glaukonitische Kalkschicht von derselben Beschaffenheit wie sie im Muschelkalke der Krienberge bei Berlin vorkommt, welche ebenfalls reich ist an Knochen und Zähnen. Alle diese Gebilde gehören zu Sauriern und Fischen. Obgleich sie der Mehrzahl nach sehr wohl erhalten sind, habe ich doch nur selten einige zusammenhängend gefunden; in der Re- gel sind sie ganz vereinzelt. Herr Graf v. Münster, dem ich früher Mittheilungen gemacht hatte, und der sich sehr lebhaft dafür interessirte erkannte Reste von Dracosaurus, Nothosaurus, Charitosaurus und Conchiosaurus, vermochte jedoch nur den kleinsten Theil bestimmt unter- = 31 — zuordnen. Ich freue mich aussagen zu können, dafs Herr ©. Meyer ihre Bearbeitung zu über- nehmen bereit ist, so dafs auch die Reste unseres Muschelkalks in seinem schönen Werke über die Saurier des Muschelkalks und Keupers eine Stelle finden werden. Der Schädel am Nothosaurus Münsteri, welchen Herr v. Meyer vor einigen Tagen vorzeigte kommt aus dem Saurierkalke; der Fischgaumen, den Herr v. Meyer als eine Novität anerkannte ist im Tere- bratulitenkalk gefunden, in dem Gaumenzähne von Placodus gigas nicht gerade als grofse Sel- tenheiten erscheinen. Eigenthümlich für unseren Saurierkalk ist der niedliche Schädel von Saurichthys tenuirostris. In chemischer Beziehung zeigen die Knochen des Saurierkalkes einen überraschend hohen Fluorcaleiumgehalt; ich fand ihn zu 10,6 Prozent. Man kann mit ihnen ätzen fast wie mit Fluls- spath. Dafs ich bei derartigen Versuchen sorgfältig alle Zähne ausgeschlossen hatte, brauche ich schliefslich wohl kaum zu erwähnen. Herr Geheimerath Nöggerath knüpfte an diesen Vortrag die Bemerkung, dafs man auf die schwäbische Lettenkohle hinsichtlich der Pflanzenreste die Aufmerksamkeit richten möge, da diese eine auffallende Analogie mit jenem Vorkommen von Jena darzustellen scheine. Herr Obermedicinalrath Jäger legte Zeichnungen mehrer zum Theil noch nicht beschriebenen Pflanzen aus dem Lias und aus den oberen Schichten des Keupersandsteins so wie aus den untern Schichten desselben, nämlich der Lettenkohle oder dem Alaunschiefer, von Gaildorf vor, in wel- chem die Ueberreste von Mastodonsaurus (Labyrinthodon Jägeri Owen) zuerst entdeckt und von ihm beschrieben wurden. Er bemerkt hiebei, dafs die in dem Alaunschiefer vorkommenden Pflanzen meist verkiest seien. Sie bilden häufig blos einen dünnen Anflug von Schwefelkies, wie ein in der Zeichnung vorgelegtes Exemplar einer Taeniopteris , welche wahrscheinlich mit der Taeniopteris vittata Brongniart des Bausandsteins übereinkomme; so wie auch die dieser Letten- kohle eigene, dem Myacites elongatus nahe stehende Muschel, häufig in Schwefelkies umgewan- delt sei und dieser auch das Innere der Knochen des Mastodonsaurus ausfülle, was auf eine Reduction des ohne Zweifel in Auflösung vorhanden gewesenen Eisenvitriols in Schwefeleisen zu erklären sei. Herr Geheimrath Nöggerath sprach nun über das Geschichtliche und die seitherigen wissen- schaftlichen Untersuchungen der problematischen grofsen Eisenmasse , welche gegenwärtig im Hofe des Regierungsgebäudes zu Aachen lagert. Er meinte, dafs der verschiedene chemische Gehalt, den diese Masse an verschiedenen Stellen zeige und andere Umstände die Vermuthung zuliefsen , dafs es wirklich eine Meteormasse sei, obgleich der nachgewiesene Arsenikgehalt dagegen sehr abweichend sei; indefs habe man doch auch schon anderwärts von den gewöhnlichen sehr ab- weichende, erweisliche Meteormassen gefunden. Die absolute Entscheidung über den Ursprung jener Masse wäre aber zur Zeit noch nicht möglich. Herr A. Pomel sprach hierauf über die fossile Flora des französischen Jura und der franzö- sischen Kreide und sandte später einen gröfseren Aufsatz über die fossile Flora des Jura ein, den wir hier mittheilen : = 332 — Materiaux pour servir ä la flore fossile des terrains jurassiques de la France, Pendant longtemps on n’a connu des terrains jurassiques de la France qu’un bien petit nom- bre de vegetaux fossiles, qui ont ete decrits ou indiques par Mr. Brongniart dans son pro- drome ou dans son histoire des vegetaux fossiles. Presque toutes les especes avaient &te trou- vees ä Mamers (Pecopteris Reglei, Zamites Bechü, Z. Bucklandi, Z. lagotis, Z. hastata, Ma- millaria Desnoyersi [plante incertaine]); une seule (Zamia Feneonis) provenait d’une autre localite aux environs de Seyssel. . Mais cette pauyrete n’etait qu’apparente; car des recherches plus actives nous ont procure la connaissance d’un plus grand nombre de vegetaux et des plus remarquables, sur lesquels _ nous appellons aujourd’hui l’attention des naturalistes. En effet au lieu de dix especes, en ajou- tant aux pre&cedentes trois autres decrites plus tard par Mr. Brongniart (Pecopteris Desnoyersi de Mamers, P. cycadea de Hettange, Clathropteris meniscioides de Lamarche), nous pouvons actuellement dresser un catalogue de plus de soixante plantes differentes, dont nous ferons plus tard connaitre toute les caracteres distinctifs. Dans le memoire nous devons nous attacher surtout a l’expos@ des prineipaux faits destines ä jeter un grand jour sur la question des analogies de quelques genres de cette flore. Nous devons auparavant dire quelques mots sur les gisements nouveaux d’ou proviennent les plantes. 1. Nous avons deja dans un me&moire sur le lias du departement de la Moselle (Bull. soc. geol., serie 2., Vol. 3., pag. 652) signales 14 especes d’algues, de fougeres, de cycadees et de coniferes, decouvertes tant par nous que par MM. Hennocque, Simon et Terquem dans les diverses etages liasiques des environs de Metz. 2. M. Moreau ä recueilli de son cöte dans le terrain coralien de la Meuse une tres belle serie de fougeres, cycadees, coniferes etc. au nombre de pres de vingt especes dont la fraicheur de conservation contraste fortement avec la grossierete de la roche qui les contient. 3. Dans les departements de l’Isere et del’Ain, la localite de Morestel et celle de Seyssel ont aussi fournie un certain nombre d’especes (8 a 10) dont il existe plusieurs series dans diverses collections et surtout dans celle de Mr. Ittier; ce sont encore des algues, des cycadees et des coniferes, dont le gisement parait eire le Coral-rag ou le Kimmeridien d’apres quelques auteurs. 4. Les couches analogues ont presente ä Chateau- roux (Indre) d’autres belles especes d’algues, fougeres, najadees, cycadees et coniferes, que Mr. Michelin a bien voulu nous confier pour l’etude, et dont nous le prions, ainsi que les sa- vants cites plus haut, d’agreer nos sinceres remerciments. 5. Enfin quelques autres debris ont ete envoyes du midi de la France au museum par Mr. Duval, et Mr. Boube nous a cede une piece du sud-ouest, dont nous ignorons egalement le gisement. . AL6GUES. S’il fallait admeltre toutes les especes de plantes fossiles jurassiques decrites comme des al- gues, celte classe aurait Ete tres developpee ä l’epoque dont il s’agit, puisque les catalogues en comptent dejä plus de quarante, que l’on a reparties dans les genres Sargassites, Cauler- pites, Codites, Encoelites, Münsteria, Baliostichus, Chondrites, Halymenites , Spherococcites. — 23 — Mais une etude plus approfondie des caracteres de ces diverses plantes nous ä demontre "que la plupart des Caulerpites, pour ne pas dire tous, et plus certainement encore le Balostichus ne sont que des coniferes d’un genre particulier dont nous parlerons plus loin ä Varticle de cette famille. En outre il est indubitable qu’un examen critique des especes rangees sous les noms de Codites, Chondrites, Halymenites en &liminerait plusieurs comme trop incertains ä plusieurs egards; il sufflit pour s’en convaincre de lire les diagnoses qui en ont &i& publies; actuellement cet examen nous ferait sortir de nötre sujet. On a donne ä l’Algacites granulatus de Schlotheim le nom generique de Sphaerococeites, ainsi qu’a quelques autres especes de divers terrains, qu’on a ainsi toutes rapprochees du genre Sphaerococcus; mais, pour la plante de Schlotheim, ce rapprochement est loin d’etre satisfaisant, car la forme si singulierement tuberculeuse et granul&e de la surface des rameaux de touts les ordres n’est nullement comparable ä ce qui existe dans les Sphaerococcus, quelque extension que l’on donne ä& cette denomination generique; et comme il n’ya pas plus d’analogie avec les autres algues connues, je ne pense pas que l’on puisse lui conserver ce nom generique, pas plus que lui en appliquer un autre d’origine semblable. Il me parait m&äme hors de doute que cette algue n’ait constitue un genre distinct de touts ceux de la flore actuelle ct je me crois, des lors, autorise & lui imposer un nom de genre nouveau, qui devra comprendre plusieurs autres especes toutes jurassiques, dont voici les diagnoses ou la liste. Granularia Pom. Syn. Algacites granulatus Schlotheim. — Sphaerococcites (ex parte) Sternberg. Frons ramosa, cylindrica, coriacea, mamillis granuliformibus, irregula- ribus, creberrimis, contiguis undique tecta; ramis ramulisque pinnatim ramosis. Comme la forme plus ou moins regulierement cylindrique des diverses parties de la fronde s’est presque toujours conseryee, aussi bien dans les argiles que dans les calcaires, on est autorise ä admettre que le tissu en etait plus ou moins coriace et resistant, aussi bien ä l’extre- mite des rameaux que sur les parties les plus inferieures. Si les extremites etaient seules cou- vertes de tubercules, on pourrait croire que ceux-ci etaient les organes de reproduction de la plante; mais cette idee est peu rationelle lorsqu’on reconnait qu’ils existent partout et que ceux qui recouvrent les principaux rameaux sont m&me les plus developpes. Nous en connaissons six especes des terrains jurassiques de France. 1. G, Schlotheimi Pom. — (Algacites granulatus, Schloth., — Sphaerococcites erenu- latus Sternb.) Fronde dichotoma vel pinnatim ramosissima; ramis crassis plusminusve remolis, ramulis bre- vibus vel elongatis, laxe denseque pinnatis, inaequilatis; ramusculis medio subinflatis, apice obtusis; mamillis crassis inaequalibus, rugosis. — Du Lias de Bol et des environs de Metz. 2. G. lomentariaeformis Pom. Fronde pinnatim ramosissima; ramis primariis subnudis, crassis, elongatis, secundariis ca- pitato-denseque ramosis; ramulis inaequilatis, basi attenuatis, hinc illine consirietis, vel —534 — brevibus, ovoideis, apice obtusis; mamillis erassiusculis, rugosis. — Du Lias de Bol et des environs. de Metz. 3. @. Simonii Pom. Fronde subdichotome pluriesque pinnatim ramosa; ramulis cujusque ordinis simplieibus, vel pinnatis, eylindrieis, contiguis, aequalibus, apice obtusis, aliquis longioribus ; superficie tenue granulata. (An huc referenda Corallinites arbuscula Ung.?) — Du Lias superieur des environs de Metz. 4. @. elegans Pom. Fronde dichotoma et pinnatim ramosa flexuosa, aequali, sinu dichotomiarum aperliori; ra- mulis distantibus, armatis, longioribus, subintricatis, simplieibus vel furcatis, quandoque subpinnatis; superficie rugosa. — Du Lias des environs de Metz. 5. G. repanda Pom. Fronde ramosissima; ramis ramulisque aequalibus, repandis, gracilibus ; ramusceulis obtu- siusculis brevibus vel elongatis, granulis minutis. — De l’Oolithe moyenne de Chateauroux. 6. G. pusilla Pom. Fronde pusilla, filiformi , pinnatim ramosa, subrigida; ramulis haud numerosis aequalibus , elongatis, distanlibus. — Du Lias des environs de Metz. Je crois devoir ranger sous le m&me genre les especes suivantes : 7. G. Goldfussüü Pom. — (Halymenites Goldfussii Sternb.) 8. G. concatenata Pom. — (Halymenites concatenatus Sternb.) 9. G. Stockii Pom. — (Halymenites Stockü Sternb.) 10. G. Brongniarti Pom. — (Halymenites Brongniarti Sternb.) G. 14, 12. G. creiacea Pom. — (Chondrites cretaceus Sternb.) ramulosa (2) Pom. — (Halymenites ramulosus Sternb.) On pourrait y rapporter quelques autres especes deerites sous les noms de Chondrites, Haly- menites, Sphaerococeites et meme Münsteria (M. lacunosa Sternb.); mais elles ne nous sont pas encore assez connues. MM. Lindley et-Hution, dans le fossil Flora of great Brittain, ont deerit sous le nom de Tym- panophora deux plantes fossiles Ir&s curieuses, dont les analogies avec celles de la flore ac- tuelle sont tres dificiles A &tablir. En £ffet, s’il ne peut ötre douteux, que ce ne soient des algues, il ne lest pas d’avantage qu’on puisse les rapprocher des formes actuelles dont elles semblent avoir les caracteres. Leur fronde, sans aucun doule assez coriace, puisque leur relief est conserv& dans les empreintes, est plus ou moins rameuse, une ou deux fois pinnde ou ä rameaux irr&guliers , dont les derniers ramuscules tres couris se terminent par un &paississement considerable turbine ou globuleux (par deformation ?) et toujours pelte. Cette forme rappele le genre Turbinaria des mers du Cap ; mais dans celui-ci les ramuscules turbinds sont disposes en grappes et non disliques, et parmi eux se montrent d’autres ramus- cules non renfles, mais tuberculeux, qui portent les spores. Nous avions d’abord pense trouver =. 355 — l’analogue de les derniers dans une espece d’Angleterre (T. simplex), mais son absence dans les autres ne permet pas de les considerer comme tels. I ya en plus petit quelque ressemblance avec cerlains Gigartina, tels que le @. pectinata et certains varietes du @. faedia; mais la fronde de les derniers est moins coriace. On peut en dire äpeupres autant des Caulerpa de la sec- tion des Schemnitzia, qui n’ont aussi que de ressemblances un peu moins &loignees. Il est probable, que c’est encore un de ces genres etaints, quil sera long-temps diflicile de classer d’une ‚maniere certaine dans leur vraie famille, et qui peut-eire en constituaient de speciales, comme il arrive pour des £tres d’un autre regne. Il paraitrait meme, que son existence n’a pas eie restrainte aux Epoques jurassiques; car on ne peut m6connaitre entre ces plantes et celles de monte Bolca decrites par Mr. Brongniart sous les noms de Fucoides turbinatus et F. discophorus une grande analogie, surtout avec l’une de celles, que nous faisons connaitre et d’un autre cöte le Caulerpites sphaeroides du Zechstein rappele les formes du Sphaereda para- doxa d’Angleterre, mais la ressemblance est bien moins Evidente. Nous croyons pouvoir rapporter les especes suivantes ä ce genre, dont les caracteres sont : Tympanophora Lindl, et Hutt. Spheredu Lindl. et Hutt. — Fucoides (spec.) Ad. Brong. Frons coriacea, stipitata, irregulariter vel pinnatim ramosa, ramis distichis, crassis, latioribus rugosis, ramusculis extremis peltatis, turbinatis, subglobosis. 1. T. ramosa Lindl. et Hutt. 2. T. simplex (?) Lindl. et Hutt. Can precedente distincta 2). 3. T. conferta Pom. Fronde oblonga pinnata; rachi strieta, subflexuosa; ramis alternis simplieibus vel tri-quadrilo- batis; ramusculis oppositis, confertis, brevissimis, turbinatis, truncatis, in ectypis trian- gularibus. — Coral-rag de St. Mihiel, communiquee par M. Moreau. 4. T. paradoza Pom. — (Sphereda paradoza Lindl. et Hutt.). 5. T. irregularis Pom. Fronde irregulariter ramosa, quandoque subdichotoma, caule crasso, rug0so, flexuoso; ra- mis gracilibus, alternis, distantibus, erectis; ramusculis remotis, longe peltatis, arcuato truncatis. — Loc. Seyssel. 6. T. turbinata Pom. — (Fucoides turbinatus Ad. Brong.). 7. T. discophora Pom. — (Fucoides discophorus Ad. Brong.). 8. T. sphaeroides Pom. — (Caulerpites sphaeroides Münst.). Parmi les auires algues nous signalerons une espece assez voisine de l’Halymenia niceensis, que nous nommerons: Halymenites lobatus Pom. Fronde substipitata, simpliei, plana, apice laciniato-lobata, lobis rotundo-obtusis, contiguis, vel discretis; margine integro], basi subrotunda. - 6 — I. FOUGEREN Dans mon travail preeite sur le Lias de la Moselle j’ai decerit sous le nom generique de Loxopteris deux plantes dont les pinnules ont leur nervure laterale comme les Lindsea et cer- tains Adiantum. Je lui rapporte une troisieme espece decouverte de Mr. Moreau dans le Coral- rag de Mihiel. Loxopteris Pom. Frons tripinnata, pinnulis plus minusve adnatis, integris vel profunde pinnatifidis nervo inferne marginali, nervulis secundis simplicibus, furcatis pinnalisque. L. elegans, Pom. Fronde tri...pinnata, pinnis contiguis late linearibus; pinnulis falcatis, oblongis, approxi- matis, rachi decurrentibus, angulo superiore subauriculatis, apice obtusis, margine infe- riore integris, superiore repando-crenatis; rachi strieta, gracili; nervo distincto; nervulis obsoletis. Les deux autres especes du genre sont de l’epoque houillere et proviennent du bassin de Saarbruck. Nous les avons nommees L. adiantoides et L. Lambryana. Il n’est pas ä& notre connaissance que l’on ait encore pu reconnaitre quelque plante fossile de la famille des Lygodiees. Le Schizopteris n’a en effet que des ressemblances Eloignees avec les Schizea. On sait que le mode de fructification de ces plantes est tout-ä-fait particulier et qu'il consiste dans des sortes d’epis qui naissent des bords ou du sommet des pinnules; les Schisea nous offrent un exemple de cette derniere disposition et les Lygodium de la premiere. Ces Epis sont formes d’e- cailles distiques, alternes, pliees en portion de cornet et s’emboitant les uns dans les autres; elles se fixent sur la face inferienre d’une lame foliacee, ou entourent un prolongement de nervure; & leur interieur se trouvent les capsules. Nous avons et assez heureux pour decouvrir sur deux planies fossiles des terrains juras- siques de France des fructifications qui ont avec celles de telle famille de Lygodiees la plus grande ressemblance; car il est facile d’y reconnaitre lidentite de forme des Eeailles, surtout avec les epis des Lygodiums, mais leur disposition est ici toute-ä-fait differente; car elles ter- terminent les pennes sur le prolongement des rachis et sont ainsi parfaitement isolees des pin- nules. C’est donc encore un genre &teint, qui du reste differe beaucoup des Lygodiums par la forme et la disposition de ses pinnules. — Nous lui imposerons le nom de Stachypteris Pom. Frons pluries pinnata; pinnulis ovatis, integris, basi angustis, nervis obsoletis; fructificatio spicaeformis, summisrachibusinserta,squamis distichis, alternis, imbricatis constans. 1. St. spicans Pom. Fronde bi...tripinnata; pinnis patentibus elongatis; pinnulis discretis, frondis basilari parte pinnatim multilobatis, media parte tantum quinque-trilobatis, superioribus simplieibus, pin- = ae nulam majoris ordinis praecedentibus similem efformantibus; lobis basi plus minus discere- tis, obovatis basi angusta subdecurrentibus-, minutis, terminali aliis conformi; rachi strieta, gracili, subflexuosa, nervulis obsoletis.. — Spieis fructiferis lineari oblongis, obtusis, fron- dis summe pinnarum pinnularumque superiorum rachim terminantibus. — De St. Mihiel. L’analogie de forme nous engage ä rapporter au meme genre une autre espece du m@me gite, dont nous ne connaissons pas cependant les organes de fructification. On pourrait lui appliquer presque la meme diagnose avec les changements suivanis : 2. St. Iitophylla Pom. Fronde tri-(quadri?) pinnata, pinnis angulo acuto divergentibus , remotis ; majoribus pinnu- lis lineari oblongis, distantibus, lobis ovatis minulis; rachi angusta, stricta. Nous ne pouvons encore que signaler la troisieme espece dont nous ne possedons que la partie fructifere , ol se trouve une seule pinnule ou plutöt un seul lobe ovale un peu lanc£ole plus grand que ceux de la premiere espece tandis que les epis frucliferes sont plus etroils , plus lineaires et sensiblement moins larges ä leur extr&mit@ que vers la base. Nous lui donne- rons le nom de 3. St. pulchra Pom. Fronde......, lobis ovato-lanceolatis; spieis minoribus angustioribus, apice obtuso sub- altenualis. — De Chateauroux. Nous devons faire observer que la position des fruits, au sommet de la fronde ou des pennes sup6rieures rappele en quelque sorte la famille des Osmundacees ; mais comme il faudrait con- naitre Torganisation des capsules pour r&soudre le probleme , nous devons nous borner ä con- stater que la forme des organes frucliferes est plus semblable ä celle des parties analogues des Lygodiees; du reste dans les Schizea les organes sont aussi terminaux. Beaucoup d’autres fougeres nous sont encore connues; mais nous ne pouvons que les ranger dans les genres artificiels er&&s par Mr. Ad. Brongniart, puisque nous n’en connaissons que des organes de vegelalion. — Parmi les Sphenopteris nous signalerons: 1. Le Sph. angusta Pom., dont les frondes sont au moins tripinndes , dont les rachis raides, greles et dresses,, sont profondement canalicul&s en dessus, dont les pinnules tres obliques sont lineaires, peu rap- prochees, divisees elles m&mes en lobules peu nombreux, lineaires, ä peine divergents du rachis et simulant des dents aigues; le lobe terminal est un peu plus grand, lineaire-lanceole et tr&s aigu; malgr& la petitesse de ces lobes et de pinnules on reconnait des nervures simples se derigeant chacune dans un lobe. Cette espece et de St. Mihiel. 2. Le Sph. lobophylla Pom., qui appartient ä la section des trifoliolatae et qui, comme elles, varie considerablement dans le nombre des lobes qui forment les pinnules. Ainsi celles des divisions inferieures de la fronde sont ovales-oblongues, divis6es en sept ou huit lobes decroissants de la base au sommet de la pinnule dans les parties sans doute moyennes soit de la fronde totale, soit des grandes 43 — 38 — pennes primaires, elles n’ont plus que trois lobes qui sont de moins en moins profonds et l’on passe ainsi a des pinnules simples qui devenant plus petites et se rapprochant, constituant de nouveau, sans doute des pennes plus superieures, une pinnule semblable ä celles des parties inferieures, mais appartenant a un ordre moins eleve de division, Quelque chose de semblable existe dans les Stachypteris. Les pennes sont tres divergentes, plus ou moins contigues, ainsi que les pinnules, dont les lobes sont ovales-lanc&oles, ä sommet obtus, ou un peu arrondi dans les pinnules trifoliees ; les rachis sont robustes „ raides, les nervules divergentes, bifurquees,, ayant le rameau moyen plus allonge en forme de neryure principale. Ces variations rendent tres difficile la determination exacte de certains Echantillons; touts ceux que je connais viennent des environs de St. Mihiel. 3. Le Sph. Michelinü Pom., appartenant, a la section du Sph. latifolia, mais encore trop. peu connu; les pinnules. sont assez separdes entr’elles, de forme lanccolee, divisees en lobes plus ou moins profonds, peu nombreux, separes par des limes bien distincts mais n’attaignant pas !e rachis, plus ou. moins ovales-lanceoles et decroissant rapidement en grandeur; leur sommet est un peu obtus: dans les basilaires, d’avantages dans les autres; le terminal est plus large, simple ou lobule. Les ner- vures emeltent des nervules une, deux ou trois fois bifurquees suivant la grandeur des lobes, leurs rameaux sont simples ou eux m&me bifurques. — De Chateauroux. 4. Le Sph. pennatula Pom. , remarquable par la longueur de ses pennes du dernier ordre, qui sont tres divergentes du rachis, tres rapprochees entr’elles et portant des pinnules contigues-lanceolees, presque line- aires, relrecies & la base, pointees au sommet et d’une longueur egale presque jusqu’a l’extre- mite de la penne; ce qui rappele plutöt la forme des Pecopteris. La fronde parait avoir ete tripinnee; les. rachis sont robustes, surtout ceux du premier ordre. Cette espece vient du Coral- rag de St. Mihiel. A Marestel et ä Seyssel on a trouve 5. Le Sph. macrophylla. On peut aussi provisoirement rapporter au grand genre des Sphenopteris de petites frondes qui paraissent avoir &l& simples, terminant un petiole assez large, canalicule, .et qui se divisent par dichotomure en six ou huit lobes, lineaires, disposes en &vantail plus ou moins; amincie et obtus au: sommet; leur dimension est {res petite; le detail de leur nervalion n’a pas &lE con- serve ä cause dela grossierei@ de la roche. C’est sans doute une forme voisine des Trichomanes, quoique cependant assez differente, et qui rappele, encore mieux le. Bajera dichotoma Braun par son port, mais en differt encore beaucoup. On pourra donner ä la section, qu’elle formera dans le grand genre Sphenopteris, le nom de Dicropteris. Nous en connaissons deux especes de St. Mihiel, la seconde ayant les lobes plus attenues ä la base et sensiblement dilal&s en massue au sommet. Une troisieme espece de Chateauroux est beaucoup plus grande et ires dislincte, mais elle se rapporte sans doute au meme type gene- rique; on y dislingue des nervures paralleles, ögales entr’elles, rapprochees et non anastomosdes. —- 28 — Dieropteris Pom. Frons simplex, stipitata, dichotoma, 6—8 lobis linearibus subflabellatis; petiolo tereti, superne canaliculato, medio crassiore; nervis (tenuibus parallelis aequalibus) obsoletis in typica specie. 1. D. laciniata Pom. Fronde pollicari, lobis 8, divergentibus, elongatis, apice attenuatis, obtusiusculis; dichoto- miarum angulis remolis, zquidistantibus; nervis obliteratis. 2. D. flabelliformis Pom. Fronde minori , 8. lobis erectis, subflabellatis, apice obtusis, basi subattenuatis, dichotomia- rum angulis approximatis, inequidistantibus; nervis obliteratis. — Des environs de St. Mihiel, ainsi que la pr@cedente. 3. D. longifolia Pom. Fronde semipedali, 6—lobis interioribus simplicibus, omnibus elongatis, basi altenuatis erec- tis; dichotomiarum angulis approximatis; petiolo tereti, canaliculato ; nervis parallelis con- tiguis tenuibus (an medio validiore ?). — De Chäteauroux. Le groupe des Pecopteris paräit avoir &te moins repr&sente dans les lerrains juras- siques de la France; car nous n’en connaissons encore que trois especes de diverses lo- ealites. — Disons d’abord que 1. Pecopteris eycadea est certainement un Odontopteris, comme j’ai pu m’en assurer sur un exemplaire trouve ä Het- tange (Moselle). Ses nervures sont seulement moins nombreuses et tres separdes cequi la diffe- rence beaucoup cependant des Odontopteris de l’Epoque houillere. — Mais on y trouve aussi une plante differente, dont les pinnules tres &paisses ont une nervure principale tres forte, tandis que les nervules se perdent dans le parenchyme. C’est sans doute 2. le P. Agardhiana , dont les pinnules ont en effet beaucoup de ressemblances avec celles de l’Odontopteris cyca- dea par leur contour. Mais elle ne peut appartenir au genre Odontopteris. — Nous nommons 3. P. ctenis Pom., une espece dont les pinnules sont lineaires-oblongues, un peu falciformes, obtuses, scpa- rees presque jusqu’au rachis par un sinus arrondi et assez Etrait, mais se r&unissant ce- pendant un peu par leur base decourente ei comme dilatee, ce qui rappele en quelque sorte les Pterophyllum de la section des COtenis (Braun); mais il n’y ä qu’une seule nervure mediane €mettant sans doute des nervules, dont les traces ont disparu. — Cette espece est de St. Mihiel. 4. Le P. Iittieri Pom. de Seyssel est une autre espece, qui rappele un peu les Neuropleris par sa forme gene- rale, mais ses pinnules sont adherentes par toute leur base, et la nervure moyenne est tres — 340 — epaisse et distincte jusqu’au sommet; les nervures sont oblitörees, la fronde paraissant avoir Ele Ires Epaisse comme celle des Ceterach.; les pinnules sont presque contigues, distinetes Jusqu’au rachis, oblongues, arrondies-obtuses au sommet, les terminales sont grandes lanceolees, obtuses, plus ou moins er ou inegales ä leur base de maniere & rappeler les pinnules termina.es de certains Neuropteris ou du Ceterach. Maranta. Le Clathropteris meniscioides Brong. se irouve ä Hettange dans le Lias ä gryphdes. On lui a rapporte d’autre debris des Vosges qui ne paraissent pas tous lui avoir appartenu. Quelques-uns se rapprochant surtout des Phlebopteris, nommes Camptopteris, mais constituant sans doute une nouvelle espece : Camptopteris meniscioides Pom. Fronde...., pinnis oblongis, latis, basi subangustalis, dentalo-serralis; dentibus triangula- ribus, subaculis; nervo medio crasso, tereti; nervis secundaris patentibus, parallelis, aequi distanlibus, crassis, ad apicem cujusque dentis excurrentibus; nervulis transversis parallelis aequi distantibus conjunctis, areas parallelogramas efformanlibus; ramulis anasto- mosantibus in areolas hexagonoideas vel parallelogramas confluentibus. Nous ne parlons pas de quelques auires plantes certainement distinctes de celles qui precedent, mais que leur conservation Irop imparfaite ne permet pas de determiner d’une maniere assez rigoureuse. Il. CYCADEES Les plantes de cette famille, qui a joue un tres grand röle dans la flore des terrains juras- siques de l’Europe ne sont cependant pas tres communes en France; mais nous pouvons des aujourd’hui signaler plusieurs especes nouvelles, et plus specialement faire connaitre quelques organes tres curieux, qui jeiterons quelque lumiere sur les caracleres les plus importants de quelques especes pour la determination de leurs allinites reelles. La classification des cycadees fossiles, que l’on doit a Mr. Ad. Brongriart, quoique exemptie de loute reproche d’imperfections et suffisante encore en partie pour l’etat actuel de nos con- naissances, n’est cependant que purement artificielle, c’est-ä-dire que les caracteres sur les- quels elle est fond&e ne sont que d’une valeur secondaire et que les vegetaux quelle r&unit sous le meme nom generique peuvent bien avoir appartenu ä plusieurs genres r&ellement diffe- rents. Les organes de fructificalion, que l’on rencontre malheureusement si rarement a l’etat fossile pourraient seuls fournir les el&ments d’une determination vraiement naturelle. C’est un travail dont nous recueillons chacun les maldriaux, mais que nous leguerons sans doute ä nötre posterite. Il ne paraitra pourlant pas superllu d’exposer ici quelques remarques sur l’associalion des diverses especes de Irones, de frondes et de fruits que ’on connait jusquw’a ce jour. Parmi les premiers on ‘peut etablir quatre formes principales : Celles des Clathraria, des Bucklandia, des Mantellia (dont le type est le M. eylindrica) et des Cycadeoidea (nom im- E — AI — propre comme l’a deja dit Mr. Brongniart, parcequ’il peut. s’appliquer a toutes les eycadees fossiles ‚et que l’on pourrait remplacer par celui d’Echinostipes, car les plantes qui en sont le type ne peuvent eire reunies aux Hantellia). Les Echinostipes rappelent les troncs des Zamia , Macrozamia, Ceratozsamia par leur forme spheroidale et la disposilions des bases persistantes de leurs petioles qui rappelent aussi beau- coup ceux des Encephalartos ei Dion par moins d’obliquite et moins d’elargissement, mais &tant cependant plus longues. Les Bucklandia presenteni quelque chose d’intermediaire aux Cycas et aux Zamia. Le tronc est allonge comme dans ceux-ci, mais ses bases de pelioles sont plus regulieres, plus syme- Iriques et leur disposilion embriquee s’ajoute ä ceite parlieularit@ pour rapprocher la plante fossile des Macrozumia ou Zamia. Les Mantellia ne different des Cycas que par la regularit&e des bases persistanles des petioles et par moins d’epaisseur du trone ; d’un autre cöle la difference avec les Dion et Encephalartos eonsiste seulement dans la plus grande brievete et la forme plus rhomboidale de la cicairice des bases de petiole dans la plante fossile. Les Clathraria enfin (Zamwostrobus crassus Göppert) voisins des Mantellia, ressemblent plus aux Cycas qu’aux aulres genres, mais il ya encore bien de difference dans la forme des cica- trices, qu’il serait trop long d’enumerer iei et que l’on peu facilement reconnailre par l’examen des dessins que l’on possede. > 2. Les frondes, sans parler du Cycadites Nilssonü, qui ne peut pas avoir appartenu aux liges dont nous venons de parler, ont ei& separdes en lrois genres plus ou moins succeplibles eux meme d’elre divises; ce sont les Zamia et Zamiles, les Pterophyllum et leur section des Ütenis, les Nilssonia et une section de ces dernieres les Taeniophyllum. x Les Zamia et Zamites sont assez differents pour qu’on puisse les separer generiquement, mais il est ires probable que les premiers ne sont pas plus des Zamia que les seconds; car la res- seımblance presque compleite des feuilles n’entraine pas celle des organes de reproduclion, & quoi il faul ajouter qu’il y a presque autant d’analogie avec les Hacrosamia. Les Pierophyllum ä feuilies lineaires dont cerlaines especes ont servi de Iype pour le genre Ctenis vessemblent assez au genre Dion recemment cr&& pour une espece mexicaine. Quand au genre Nilssonia el surtoul au Tweniophyllum, qui n’est qu’une Nilssonia ä feuilles entieres , ils ne trouvent dans la flore actuelle aucune forme analogue. 3. Les organes de fructificalion sont de plusieurs sorles. Les Zumiostrobus a &cailles fortlement embriquees termindes par un disque polygonal seraient bien diflerents des cönes des zamides actuelles, s’il &tait vrai que chaque Ecaille eut porte une seule graine & son aisselle, ce qui nous parait douleux. On les a lrouves avec des Nilssonia et des Plerophyllum. Ne pourrait-on pas penser que le Hamillaria de Mamers n’esi qu’un long chaton mäle ou un cöne A Ecailles peltees, terminees par un disque hexagonal comme dans les Zamia? ceci ne nous parait pas impossible. On sait que trois ou qualre zamides se sont trouves dans le meme gite. Mais un fait, assez remarquable nous est ollert par Yassocialion de feuilles ires voisines de celles des Zamia d’ecailles dont nous parlerons bientöt, qui se rapprochent surtout de celles du senre Dion. I y a meme aussi des trones assez semblables ä ceux des Zamia, plus m&me qu’aux Echinostipes et qu'il est difficile de ne pas attribuer a la meme plante. Mais avec une autre espece de feuille tres voisine de la precedente on ä aussi trouve des fruits qui ressemblent beaucoup ä ceux des Cycas ou, du moins, paraissent avoir ete isoles entr’eux et s’etre inseres A Faxe par une base tres large : nous en parlerons: sous le-nom d’Ulospermum. D'’autres fruits du Keuper sont au contraire plus semblables a ceux des Cycas sous touts les rapports; mais ils sont unignement associes ä des Pterophyllum & feuilles lineaires, ce qui s’accorde peu avec l’analogie entre ces feuilles et celles du Dion. D’un autre cöte, on a trouve dans les gres bigarres des Pterophyllum avec une Mantellia ; ailleurs une Bucklandia avec des Pterophyllum ei des Zamites; un Echinostipes avec des Zamia et un Pierophyllum & folioles larges et courtes. Les autres tiges ont ee trouvdes beaucoup trop isoldes pour donner lieu ä aucun rapprochement. De tout cela on ne peut evidemment rien conclure, sinon qu’il faudra attendre que chaque espece soit aussi bien connue que celle dont nous allons donner la description pour en faire une classification vraiement nalurelle. Crossozamia Pom. peut £ire facilement caracterise par la forme des &cailles de son cöne qui le rapprochent un peu du genre Dion. Les divers genres de zamices different assez entr’eux par ces organes pour qu’on puisse les considerer comme caracterisliques. Celles du Zamia sont peltces termindes par un disque hexagonal. Dans l’Encephulartos leur disque est rhomboidal, tres large transversale- ment. Le Ceratozamia presente un disque termine par deux fortes cornes dilatees lateralement. Celles du Macrozamia ont un disque convexe du milieu duquel s’Eleve une longue &pine appli- qude contre le cöne. Enfin chez le Dion ce sont des &cailles embriquees sans disque terminal, amincies vers les bords ; les organes fossiles sont aussi des Ecailles sans disque , mais dont les bords sont pro- fondement d&coupes en lobes lineaires , presque flabelliformes et sont comme franges. Du reste elles devaient &ire longuement embriquees et se reunir au rachis ou axe par un onglet assez long que l’on observe par fois et qui Etait presque perpendieulaire au plan de l’Ecaille. La base de celle-ci presente egalement, comme dans le Dion, deux Echancrures internes, une de chaque cöt& de l’onglet, sans doute pour loger deux graines que nous trouvons isolees, ainsi que les ecailles, dans les me@mes gites. Ces fruits nous paraissent si semblables a ceux figures par Sternberg sous le nom de Car- polithes diospyriformis et par MM. Lindley et Hutton Nro. 193 Fig. 1, 2, 3, 4, que nous ne doutons pas qwils n’aient appartenu ä des plantes du meme genre. Nous avons dit que nous connaissions les feuilles de ce genre; cependant il existe des diffe- rences assez marqu6es entre plusieurs de ces organes de vegetalion pour que nous hesitions encore ä les ranger toules sous un meme chef specifique quoiqu’il soit probable que ces diffe- rences viennent uniquement de l’äge de ces feuilles (soit qu’elles n’aient pas acheve de se de- — 343 — velopper, soit qu’elles aient appartenu & des tiges plus ou moins jeunes); mais d’un autre cöte, il n’y aurait aucun inconvenient ä les separer specifiguement tout en les rapporiant au meme genre, comme: leur grande ressemblance ainsi que quelques differences dans cerlaines ecailles semblent indiquer qu’il en est reellement ainsi. Une autre de ces £cailles, mais d’espece diffe- rente, a &l& rencontree ailleurs avec une feuille qui montre evidemment la forme des Zamites ; mais il serait trop hardi de les r&unir, par ce que nous; savons qu’on a Irouv® dans le meme gite d’autres feuilles de zamiees „ dont les formes nous sont tout ä fait inconnues. Cependant nous en possedons un fruit tres voisin de ceux de St. Mihiel qui a plus certainement appartenu a la meme espece. Nous avons dejä dit que nous pensions devoir attribuer a l’espece type du genre un tronc qui rappele un peu ceux des Eckinostipes ; cependant il en differe a plusieurs egards; il est d’abord beaucoup plus allonge, les bases persistantes des petioles sont plus courtes, un peu embriquees, leurs disques sont rhomboidaux & diametres peu diflerents entr’eux et regardant un peu en haut, l’angle correspondant ä la carene inferieure du petiole est tr&s marque, ainsi que ceux des carenes lalerales et superieures. La forme exterieure generale pärait avoir te ellip- tique oblongue, la longeur est de 0m,05 et la largeur de 0m,03. On peut done ainsi formuler les caracteres du genre : Crossozamia Pom. Zamia (ex parte) Ad. Brong. Prodr. — Zamites Göpp. (ex parte). Amentum......; strobilus squamis attenuatis, imbricatis, adpressis, lanceolatis, flabellatim laciniatis, laciniis linearibus, aequalibus con- stans; stipes oblongo ellipsoideus, petiolorum basibus persistentibus brevibus, subimbricatis, contiguis, cicatricibus rhombeis undique tec- tus; frons pinnata, petiolata, pinnis basi contractis, lineari lanceo- latis oblongisve; nervis aequalibus tenuibus, parallelis vel paululum basi divergentibus, (an pinnulis basi cordato-auriculatis”). 1. C. moreana Pom. — Zamia moreana Ad. Brong. msc. coll. du mus. Par. Fronde late oblonga; pinnis lineari lanceolatis, fere e basi ad apicem attenuatis, acutis, basi contracta incrassataque rachis crassae margini superiori insertis, alternis , approximalis , quandoque contiguis, patenlibus, summis angustioribus, infimis brevissimis; peliolo crasso, longo; nervis validis, crebris, parallelis, simplieibus; strobili squamis margine profunde ineisis, parte integra late lanceolata, acuminata; semine ovoideo, apice subattennato, obtusiusculo; stipite oblongo ; petiolorum residuis infimis palentibus, supremis adpressis, dorso valde carinatis. 2. C. Buvignieri Pom. An praecedentis varielas? Tantum differt fronde late oblonga, pinnis Iinearibus, aequilatis, apice breviter attenualis, falcato incurvatis, margine convexo: superiore. — Du meme lien. 3. ©. Hennocqui Pom. Fronde...., an Zamites Hennoequi?; strobili squamis majoribus margine minus profunde dis- sectis, parte integra cordato lanceolatis, haud apice acuminatis; semine subrotundo, erasso. Les frondes des Crossozamia etant tout a fait conformes au type des Zamia fossiles de Mr. Brongniart, il serait peut-etre plus convenahle de reunir sous ce nom g@nerique nouveau toutes les especes de cette forme; mais quoiqu’il soit probable que la plupart devront un jour y rentrer, il ne serait pas prudent de croire qu’il en sera de m&me de toutes; en sorte qu’il conviendrait peut-etre mieux d’employer une designation provisoire telle que Palaeozsamia. D’un autre cöte ces especes different assez de celles qui ont regu celui de Zamites pour qu'il soit convenable de les en separer. Les autres especes de zamices dont nous connaissons les frondes sont les suivanles., Nous hesitons ä peine a ranger les deux premieres dans le genre Crossosamia. Crossozamia (Palaeozamia) Feneonis. (Zamia Feneonis Ad. Brong.) Fronde breviter petiolata, oblongo-elliptica ; pinnis lineari-lanceolatis, basi contracta rachis gracilis margini superiori inserlis, e basiad tertiam exiremam partem subaequilalis, trans attenualis acutissimis, patenlissimis , superioribus 4—5 erectis, anguslioribus, inferioribus autem abbreviatis ; petiolo incrassalo ; nervis crebris parallelis, tenuibus. — De Seyssel, Morestel, Bourges, Chateauroux. Crossosamia (Palaeozamia) oblonga Pom. Fronde lineari oblonga; pinnis oblongis, basi conlracta subaltenuataque rachis compressae superiori margini insertis, apice subatlenuatis, rotundo obtusis,, approximatis, patenti- bus, superioribus extremis falcato erectis; nervis validis subparallelis, simplieibus , raro dichotomis. — De St. Mihiel. Palaeozamia Simonü Pom. C’est surtout pour les frondes , dont les pinnules recouvrent un peu le rachis en conservant la forme plus ou moins lineaire de celles des Zamia , que nous avons cru devoir adopter une designation generique provisoire. Celte espece en est un exemple : Fronde lineari, subaequilata ; pinnis integris, approximatis imbricalis, lanceolato-oblongis , falcatis, obtusis, basi rolunda superne subauriculatis, rachim qui erassam tegentibus ; nervis crebris, arcualis. — Du Lias superieur de Metz. Elle est tres voisine du Zamites brevifolius F. Braun. Quelques pinnules isolees du Lias de la meme contree nous signalent deux aulres especes aussi trouvees ä Bol et dont les caracteres sont: Palaeosamia Kuhrü Pom. Fronde lineari, pinnis linearibus, basi contiguis, apice falcato-truncatis, aculis, basi sub- auriculata rachim tegentibus, patentibus; nervis tenuibus, subparallelis. Palaeozamia linearis Pom. Fronde lineari; pinnis conliguis, rachim basi subauriculata tegentibus, oblongis, apice truncato-obtusis, aequilatis aequilongisque, patentibus ; nervis subdivergentibus, erebris. —_— 345 — Zamites Hennocquei Pom. Fronde lanceolata; pinnulis falcatis, oblongis, margine atque basi subdilatata superneque cordato-auriculata imbricatis rachimque tegentibus, obliquis, crassis, margine inferiore apice recurvo velut oblique truncato abrupte attenuatis obtusisque ; lobo rotundo dila- tato ; nervis crebris in lobo flabellatis, furcatis, aliis parallelis, simplicibus, margine su- periore fere omnibus desinentibus. Ne serait-ce pas la fronde du Crossozamia Hennocquei, trouve dans la m&me localit& ä Het- "tange? Cela nous parait encore peu probable; mais nous n’avons aucune certitude ä cet Egard. Parmi les cycadees fossiles que l’on range dans le grand genre artificiel des Zamites se trou- vent quelques especes curieuses qui different beaucoup plus que les autres des cycadees actuelles. Aussi a-t-on propose de les en separer sous le nom d’Ofopteris qui indique par la desinence, qu’on les a considerees comme des fougeres, mais sans raison suffisante, je crois. Ce sont les Otopteris Beani, O. acuminata, O. acuminata var. brevifolia, O. obtusa, O. ovalis, O. cuneata, O. Dufrenoyi. Mais toutes ses epeces sont loin de presenter les m&mes caracteres et d’appartenir ä la me&me famille. Ainsi les O, ovalis et cuneata sont des fougeres (Taeniopteris ovalis Sternb., Cyclopteris? cuneat«a Sternb.) L’O. Dufrenoyi est encore une fougere intermediaire aux Nevrop- teris et Odontopteris; elle seule pourrait conserver le nom generique. L’O. dubia parait etre un Palaeozsamia ou un Zamites un peu deforme (Zamites Lindleyana Pom.). L’O. acuminata est un Zamites (Z. acuminata Pom.); mais sa variete brevifolia est bien differente. Ce sera le Z. cuneata Pom., tres voisin du Z. undulatus Sternb., formant ensemble une section des Spheno- zamia. Que l’on tronque le sommet du foliole, on aura en petit une forme voisine du Z. Beani Pom. msc., qui sera le type d’une section et pourra former avec les Sphenozamia le sous-genre des Cyclosamia qui comprendra les Cycloz. cuneata, undulata et Beani, une autre espece plus voisine de cette derniere sera le Zamiles insignis ou COyclozamia insignis Pom. Fronde late lineari, pinnis remotis, alternis suboppositisqgue, obliquis, late ovatis, apice quandoque margine superiore sinuato-truncatis, basi subangustatis vel rotundis, rachis compressae latae margini insidentibus, illumque paulullum imbricantibus; nervis e basi divergentibus, erebris, dichotomis, arcuatis. — De Seyssel. Taeniophyllum Pom. Nilssonia Göpp., Münst. (ex parte). Frons petiolata, integra, oblonga, nervo medio crasso, nervulis simpli- cibus parallelis, plus minusve perpendicularibus, validis equedistan- tibus cum tenuioribus alternantibus. 1. T. Münsteri Pom. (Nilssonia contigua Münst.). 2. T. Terquemii Pom. Fronde lata; nervulis e nervo (seu rachi) angulo recto exeuntibus, validis singulis cum te- nuioribus 3—4 alternantibus. — D’Hettange. AA -_— 46 - Du genre Ulospermum Pom, je crois devoir designer sous un nom generique special des fruits fossiles, qui paraissent avoir appartenu ä des cycadees de la sous-famille de ce nom; car la largeur de leur base d’attache, l’absence de toute deformation ä leur surface, et m&me la presence de tubercules sur celle-ci d&montrent qu’ils n’ont pas ete renfermes dans un cöne, mais sans doute qu'ils se sont inseres simplement sur un rachis deforme comme celui des Cycas. La cicatrice de leur attache, tres elendue, porte en outre une rangee cireulaire de tubercules avec quelques-uns ou des cretes au centre, qui correspondaient sans doute ä des vaisseaux de l’organe qui les portait. — Nous en connaissons trois epeces; deux sont d’Angleterre. 1. U. conicum Pom. — (Carpolithes conicus Lindl. et Huit. foss. fl.) 2. U. ormatum Pom. — (Carpolithes Bucklandi Lindl, et Hutt. foss. fl.) 3. U. lucumaeforme Pom., ovoide, un peu comprime parallelement au grand exe et comme carene au petit bout, dont la cicalrice est non sous la grosse extremite, mais occupe toute une partie laterale, ce qui lui donne une certaine ressemblance avec les fruits de Lucuma. Bucklandia Brong. Bucklandia gracilis Pom. Nous donnons le nom ä un ironc de cycadee des terrains jurassiques de France, sans doute du bassın du sud-ouest, mais dont la localit& est inconnue; elle offre les caracteres essentiels des Bucklandia, c’est-ä-dire qu’elle porte des restes de petioles en forme d’ecailles embriquees, mais elle est plus mince, plus grele que le Bucklandia squamosa; les bases de petioles sont plus rhomboidales et paraissent plus &paisses. Echinostipes Pom. Caulis globosus, crassus, petiolorum residuis longis, contiguis, rhombeo eicatrisatis, cortice? fibroso disjunctis. 1. E. nidiformis Pom.— (Mantellia nidiformis Brong., Cycadeoidea megalophylla Bronn. 4 Buckland.) Trunco subgloboso depresso residuis petiolorum transversim rhomboideis. 2, E. Dwalii Pom. Minore; trunco breviter eylindrico, truncato, residuis petiolorum transversim rhombeis. — Trouves dans le sud-est de la France aux environs de Castellane. Les autres especes du genre sont : 3. E. microphyllus Pom. — (Strobilites Bucklandi Lindl. et Hutt., Cycadeoidea micro- phylia Buckl.) Trunco breviter conico truncato , residuis petiolorum transverse acuminate rhombeis. 4. E. pygmaeus Pom. — (Cycadeoidea pygmaea Lindl. et Hut.) Trunco rotundato truncato residuis petiolorum transverse acute rhomboideis. Il faudra peut-eire compter une troisieme espece de France dont un exemplaire du musde de Mans porte de longs restes de petioles assez Epais, perpendiculaires & l’axe, a disque con- vexe dont les carenes superieures et inferieures sont tres obtuses de m&me que les angles pro- duits par leur section. La tige est plus allongee, renflee vers la base, mais incomplette aux deux extremites; son gisement n’est pas connu. Je presume que ec’est sur un exemplaire con- servi de m&me qae repose le genre Roemeria Göpp. Enfin un Echantillon du Coral-rag de St. Mihiel nous montre une Mantellia malheureusement en assez mauvais @tat et dont nous attendrons de meilleurs debris pour la caract£riser. IV. GONIFERES, Cette grande famille, qui s’est perpetude depuis les äges les plus anciens, compte deja un nombre assez grand d’especes jurassiques qui ont donne lieu ä l’etablissement de plusieurs genres artificiels bas&s sur les differences entre les organes de veg£tation et plus rarement sur les fructifications : ainsi les Taxodites, les Cunninghamites, Thuites, Cupressites, Araucarites , Brachyphyllum, Tazxites, Blate, Pitys *) des terrains jurassiques, comme Pindiquent ces diverses denominations, ont &l& rapprochees du Taxodium, Cuninghamia, Thuia, Cupressus, Araucaria, Taxus, Abies, Pinus. On n’a rencontree que deux formes pour les trones par l’Etude anatomique de leurs tissus, les Peuce et les Pinites. Beaucoup d’especes de vraies coniferes ont ete par les auteurs rapprochees de plantes d’autres familles; tels sont la plupart des Caulerpites de Sternb., le Lycopodites Williamsonis de Mr. Brongniart, etc. Lorsqu’on etude avec soin lorganisation de la plus grande partie de ces plantes on est frappe de la liaison intime qui existe entr’elles. Ainsi les Brachyphyllum passent aux Thuites; ceux-ci aux Araucarites, qui ä leur tour se lient aux Cunninghamites, par les- quels on passe au Zycopodites Williamsonis, puis aux Taxodites et de la m&me aux Tazxites ; et quoique une liaison semblable s’observe entre plusieurs des genres de cette famille qui appartiennent ä la flore actuelle, elle n’en serait pas moins tres remarquable dans cette flore fossile quand bien m&me on n’en pourrait tirer les consequences, qui decouleront d’un autre ordre de faits que nous allons exposer; il n’est pas moins remarquable que ces diverses modi- fications des organes vegetatifs s’observent dans chacune des tribus ou sous-familles qui constituent Vensemble de ce groupe; ainsi les Araucaria ä feuilles embriquees, les Thuia et Cupressus, les Dacrydium ; d’un autre cöt& les Eutassa, les Oryptomeria, certains Daerydium ; enfin les Abies, Taxodium, Taxus, certains Cupressus ont entr’eux pour la forme et la disposition de leurs feuilles des analogies qui permettent d’etablir que les m&mes formes se repetent chez plu- sieurs familles dans les organes qui ne tiennent pas ä la fonction de reproduelion. Jusqu’a ces derniers temps, on n’a connu aucune espece de conifere fossile des terrains jurassiques de la France; mais aujourd’hui nous pouvons en signaler un assez grand nombre , *) Remarguons ici que I’Zlate est bien douteuse, et que le Pitys n’est probablement qu’un trone de cycadee. - 3453 = et ce qui est plus important encore, faire connailre pour plusieurs les caracteres des organes de reproduction ici. Encore nous aurons lieu de faire remarquer combien il reste encore ä faire pour que la pal&ontologie botanique puisse @tre debarassee des entraves d’une nomenclature mixte et d’une methode artificielle qui seront encore long temps peut-eire les bases les plus solides et ne cesseront cependant pas de lui rendre les plus grands etles plus salutaires services. En general ces plantes offrent des rameaux alternes plus ou moins rapproches, disposes plus ou moins‘regulierement dans le m&me plan ce que Pon peut conclure de leur disposition la plus frequente ä l’etat d’empreinte ; ces rameaux sont couverts de toute part par des feuilles de forme assez variable disposees en une spirale telle qu’il n’y a jamais deux feuilles exactement opposees comme dans les Thuyas et lorsque les feuilles sont pour ainsi dire reduites ä leur base elles forment des mamelons contigus plus au moins rhomboidaux dont la flore actuelle n’oflre aucun exemple. Lorsque les feuilles sont embriquees elles rappelent quelques Araucaria, mais surtout les Arthrotaxis dans les especes a rameaux Epais et les Ducrydium Jans celles a ra- meaux greles, mais avec cette difference pour ces dernieres que les feuilles sont polymorphes dans les vivants et toutes semblables dans les fossiles. Lorsque ces feuilles sont &paisses, coniques, @tal&es tout autour de la tige, on croit y voir de vraies Araucaria, et quelquefois meme des Voltzia. Ces feuilles s’allongeant en se courbant un peu en crochet, et se retrecissant ä la base passent a la forme de celles des Cryptomeria (Lycopodites Williamsonis),, mais sans &tre cependant aussi exactement quadrangulaires. Dans d’autres especes elles sont moins Epaisses, presque plates, allongees et elles ont alors servi a l’etablissement du genre Cunninghamites, sans doute parcequ’on pensait plutöt aux Arau- caria, car les Podocarpus presentent dans quelques especes peut-etre plus d’analogie que les Cunninghamia. De lä aux Taxodites et aux Taxites il n’y a qu’un peu plus de gracilit€ dans les feuilles et dans les rameaux, mais les fossiles de cette forme que nous connaissons se rappor- tent moins certainement au m&me groupe que les precedents. Mais en somme s’il y avait un rapprochement ä faire c’etait moins avec les Thuyas et les Cypres qu’avec tout autres genres. Et c’est cependant ä ces deux formes qu’on a rapporte la majeure partie des especes ä feuilles courtes embriquees sans songer qu’elles n’etaient jamais exactement sur quatre rangs opposees deux ä deux. Nous avons pour la premiere fois observ& des organes de reproduclion sur deux especes, l’une a feuilles epaisses coniques, l’autre ä feuilles courtes embriquees. Les plus remarquables de ces organes sont des &cailles ovales-lanc&olees, amineiees au som- met, qui est creus& sur la moitie superieure d’une cavil& oblongue destinee a loger une graine de meme forme et un peu comprimee. La forme toujours identigue de l’empreinte de ces or- ganes indique que c’etaient reellement des Ecailles plus ou moins foliacees, mais plates et seulement un peu &paissces au sommet. On aurait pu croire d’abord que c’elaient des Ecailles detachees d’Araucaria, en considerant comme base ce que nous avons nomm& sommet. Mais lorsqu’on &tudie un certain nombre de ces ecailles on reconnait bien que la partie la plus elargie est la base par la concavite quelle forme en dessus et en outre elle est toujour accompagnde d’une autre empreinte en portions de cercle, large mais courte et se terminant ae 7 — 349 — evidemment par un court onglet. L’epaisseur de ceite empreinte indique une forte &ecaille ou une large feuille, dilatee en cuiller, sur la quelle s’inserait l’ecaille carpellaire et qui terminait sans doute un rameau. Il est donc evident que ceite forme constitue tout l’organe femelle et qu’ainsi il y a une tres grande analogie avec les Taxinees, les Dacrydium par exemple dont le fruit s’insere de meme sur une feuille terminale dilatee et epaissie. I n’y a eu du reste plus de doute pour nous des l’instant que nous avons eu observ& cette disposition sur un fragment de rameau que terminait une semblable Ecaille fructifere. On pourrait donc croire que ces vegetaux sont des Taxinees, mais cependant leur fruit n’est jamais drupace ; Y’ovule est toujours renfermee dans une veritable Ecaille, non charnue. I y a la des motifs pour croire que les fossiles constituaient une petite famille eteinte, voisine de celle des Taxinees, que l’on en pourra separer sous le nom de Lepidocurpees. Les chatons ou organes mäles sont ovoides ou cylindriques-oblongs, formes d’ecailles plus ou moins grandes etalees ä leur base, mais recourbees au sommet et appliquees les unes sur les autres, d’une maniere plus ou moins läche ou serree. On reconnait bien des traces de la presence des etamines sous les &cailles probablement assez coriaces et &paisses; mais il est impossible d’en apprecier les caracteres. Partant de ces faits, c’est-ä-dire la connaissance des organes de fructification et la liaison entr’elles des diverses formes d’organes de vegetation, j’ai port mon attention sur les nom- breuses especes connues de coniferes jurassiques et j’ai pu constater, sur la plupart des formes considerdes comme generiques, leur identit de caracteres telle, qu'il me semblerait impossible de les laisser plus longtemps separees. Aussi les Thuytes de Stonesfield et de Solenhofen , les Araucarites d’Angleterre et de France, le Lycopodites Williamsonis du meme pays, ainsi que les Brachyphyllum , le Cunninghamites de Bayreuth, peut &tre m&me le Taxites de Stonesfield , s’il etait vrai, comme je le pense, que l’on doive lui rapporter un fruit qui l’accompagne (diffe- rent de celui considere comme tel par Mr. Brongniart). I y aurait de doute pour les Taxo- dites du Keuper; mais si les Pinites roessertianus et microstachys leur ont appartenu, ils ne presenteraient d’autre difference qu’un organe mäle compose de plusieurs chatons lächement reunis. Il en est result€ pour nous la conviction que toules ces especes de coniferes ont des carac- teres generiques identiques, ou si l’on veut des caracteres de famille qui les distinguent de touts les genres de nötre flore; car on pourrait croire que l’on trouverait dans les organes mäles des differences concordanies avec celles des formes des familles, le nombre des &tamines par exemple, ce qui autoriserait l’etablissement de coupes generiques : mais ce-ci nous parait encore peu probable. lei nous pouvons faire remarquer que les bois fossiles au contrairent indiques deux formes generiques toutes deux de la famille des Abietinees; ce qui vient ajouter un aulre caraclere ä la famille des Lepidocarpees pour les isoler des Taxindes. Du reste les terrains du Lias et d’Oo- lithe n’ont encore offert que de Peuce et le Keuper un Pinites. Or ce dermer terrain renferme aussi d’autres coniferes assez distincts de nos fossiles, Nous n’hesitons donc pas plus a les placer dans un m&me genre, pour lequel nous nous — 550 — eroyons en droit de ereer un nom special; puisque aucun de ceux qu'on a deja imposes aux diverses especes connues ne peut lui &tre rigoureusement applique, le seul qui n’indique pas une fausse analogie n’etant applicable qu’& une section dont il indique le caractere essentiel. Nous nous faisons un devoir de le dedier ä Mr. Moreau de St.-Mihiel qui nous a fourni les premiers elements de sa determination. Les nouvelles especes de Moreauia que nous avons ä decrire sont les suivants : Moreauia Pom. Fructus : squama ovato-lanceolata, acuminata, apice perfosso semen unicum oblongum (inversum nudum) includens, folio terminali dila- tato inserta. Amentum simplex, ovatum, globosum vel oblongum; squa- mis staminigeris axi perpendicularibus, apice adpresso imbricatis. Rami pinnatim alterni; folia polymorpha, mamillaeformia vel squam- oso imbricata aut rigida subconica lineariaque, disticha vel undique patentia. Plantae arboreae jurassici aevi in Europa. 1. Moreauia araucarına Pom. ’ Ramis crassis, laxe ramosis ramulisgue subaequilatis, alternis, erectis; foliis erassis, ob- longo-corieis, obtusis, margine carinatis, incurvis, 3—5 spiraliter ramum semiambientibus. — De St.-Mihiel. 2. M. rigida Pom. Ramis crassis, elongatis, subdichotome laxe ramosis vel subnudis; foliis crassis, brevibus, ovato conicis, margine carinatis, obtusis, subincurvis, basi contiguis, 4—7 spiraliter ra- mum semiambientibus. — De St.-Mibiel. 3. M. brevifolia Pom. Ramulis crassis, alternis vel suboppositis, patentibus, elongatis; foliis brevibus, crassis, conieis, tricarinatis, obtusiusculis, bası dilatata contiguis, 3—5 spiraliter semiamplexan- tibus. — De Chateaurovx. ; i 4. M. imbricata. Pom. Ramulis suberassis, elongatis; foliis ovatg-lanceolatis, obtusis, crassiusculis, subplanis, dorso carinatis, basi subquadrangulari incrassatis, laxe imbricalis, plus minusve elongatis. — De Hettange (Moselle). 5. M. thuioides Pom. Ramis subgraeilibus; ramulis angustioribus, alternis vel suboppositis, patentibus, remotis vel pinnatim approximatis ; foliis late lanceolatis, squamiformibus, brevibus paullulum imbricatis, convexis, adpressis, ramum 4A—6, ramulum 3—A spiraliter semiambientibus ; amento parvo ovoideo, subacuminato, squamis paucis. — De St.-Mihiel. 6. M. Jauberti Pom. Ramis subgracilibus, elongatis; foliis squamiformibus, imbricatis, convexis subovoideis; amento crassiore. ovato, obtuso; squamis crebrioribus. — De Chateauroux. La 2 2 oe — ai — 7. M. speciosa Pom. Ramis suberassis, ramulis gracilibus elongatis, aequalibus, inflexis, pinnatim subeonfertis, alternis, simplicibus vel ramulosis; foliis [squamiformibus, adpressis subimbricatis, lan- ceolato-rhombeis, A—5 spiraliter semiambientibus. — De Seyssel. 8. M. cupressina Pom. Ramis gracilibus, angustis, elongatis ramulisque simplicibus vel ramosis, aequilatis; foliis ovato-lanceolatis, squamiformibus, subimbricatis, alternis, longe spiraliter dispositis. — Du Coral-rag de St.-Mihiel. Nous connaissons les Ecailles carpellaires des especes des Nrs. 1, 5, 7 et les chatons des Nrs. 1, 5, 6. Nous terminerons cet article par une liste des especes que nous croyons pouvoir reunir dans le m&me genre et dont nous publierons plus tard une monographie complette avec touts les developpements qui nous feraient ici sortir de notre sujet : a. Brachyphyllum Brong. Brachyphyllum, Thuites, Cupressites auct. — Caulerpites Sternb. 1. Moreauia mamillaris Pom. (vami, amentum, fructus). — (Brachyphyllum mamillare Brong. prodr.). 2. M. Jauberti Pom. 3. M. speciosa Pom. 4. M. ihuyoides Pom. 5. M. cupressina Pom. 6. M. acutifolia Pom. — (Thuites acutifolius Sternb.). 7. M. divaricata Pom. — (Thuites divaricata Sternb. Caulerpites ochreatus Sternb.). $. M. expansa Pom. — (Thuites expansa Sternb., divaricata (ex parte) Sternb.). 9. M. baliostichus Pom. — (Baliostichus ornatus ; Caulerpites longirameus Sternb.). 10. M. Kuhrii Pom. — (Cupressites liasina Kuhr.). 11. M. colubrina Pom. — (Caulerpites lavus et colubrinus Sternb.). 12. M. sertularia Pom. — (Caulerpites sertularia, elegans et princeps Sternb.). Plusieures de ces especes ne resultent peut-&ire que de deformations dues ä la fossilisation. P. Platypiulium. Araucarites Sternb. 13. M. latifolia Pom. — (Araucaria peregrina Lindl. et Hutt.). 14. M. imbricata Pom. y. Pachyphyllum. Araucaria Kuhr., Lycopodites spec. Brong. 15. M. brevifolia Pom. 16. M. araucarina Pom. 17. M. rigida Pom. 18. M. Williamsonis Pom. — (Lycopodites Williamsonis. Ad. Brong.). 19. M. subdisticha Pom. — (Araucaria peregrina Kuhr. [non Lindl.]). 20. M. patens? — (Lycopodites patens Brong.). 21. (16) M. densifolia Pom., Foliis conico oblongis, obiusis, densis, subadpressis; amento oblongo ellipsoidali, squamis longe ovatis, obtusis, paueis adpressis. — Lias de Bayreuth. 22. M. subulata Pom. Ramis crassis, foliis discretis, basi dilatatis, medio et apice subulatis, subobtusis, rigidis, elongatis, patentibus, subquadricarinatis. — Meme lieu. d. Naxorden. Taxites (spec.)', Taxodites, Cunninghamites auct. 23. M. sphenolepis Pom. — (Cunninghamites sphenolepis F. Braun.). 24. M. Münsteri Pom. — (Taxodites Münsteri Sternb.). 25. M.? podocarpoides Pom. — (Tazxites podocarpoides Brong.). Especes douteuses : Pinites microstachys et roessertianus (amenta?); Abietites Sternbergi Hisinger ; Thuytes cupressiformis Sternb.; Taxodites dubius et tenuifolus Sternb. Ces derniers pourraient peut etre aussi se rapporter au genre Voltzia Brong. On trouve dans les terrains eretaces des plantes qui se rapprochent beaucoup des Cunninghamites jurassiques et d’autres des especes de la section des Pachyphyllum ou des Brachyphyllum; il se pourrait que quelques-unes aient et© des Moreauia, mais nous avons des motifs pour croire que d’autres ont certainement constitue d’autres genres soit dans la famille des Cupressinees soit dans celle des Abietinees. C’est aux paleontologistes ä partie des rares gisements de cette epoque riche en vegetaux fossiles, qu’il sera plus specialement donne de resoudre cette question importante. V. NAYADES. Cette famille est tres importante ä connaitre; car elle a eu des representants ä plusieurs epoques geologiques m&me assez anciennes. Les Caulinia, Zostera,' Thalassia ete., mais sur- tout les premieres offrent heureusement des caracteres qui les font toujours reconnaitre & l’etat fossile, soit dans leurs feuilles soit dans leurs tiges. Les Caulinia Cou Posidonia) ont ete ob- servees dans les terrains subappenins, dans les terrains tertiaires parisiens ; Mr. Müller nous en a montr& une espece cretacee des environs d’Aix-la-Chapelle (Caul. Müllerii Pom. cicatricibus obliquis valde punctatis)*) et nous avons dejä signale une espece jurassique de Chateauroux qui *) Zur Geschichte dieser Species findet sich der Unterzeichnete zu einer kurzen Mittheilung veranlasst. Es ist dieselbe. die ich oben als Thalassocharis Müller m bezeichnet.- Herr Dr. Müller, der Auffinder derselben, = a — s’eloigne un peu cependant des precedentes par certains caracteres que nous allons signaler. Dans les especes vivantes les racines sortent ä des distances irregulaires et quelques fois plu- sieurs sont sur le m&me merithale ; dans le fossile les racines sont plus fortes, toujours egale- ment separces, naissant isolement d’un gros tubercule de la face inferieure ; les tiges sont simples, toriueuses, plus ou moins £paisses et portent des restes des cicatrices de feuilles pres- que entierement amplexicaules. C’est notre Caul. Michelin Pom. — (Bull. soc. geol. France 1845.) — Du calcaire lithographique de Chateauroux). Il est bon d’exposer ici les modifications que ces plantes subissent dans les autres epoques. Quelques debris me prouvent leur existence dans le Lias, mais il ne m’est pas permis de les determiner specifigquement, quoique je pense y avoir reconnu une forme plus semblable ä celle de certaines especes que j’ai separees en un genre distinet, Amphitoa, dont le Caulinites nodo- sus et le Culmites ambiguues sont les types, et dont le principal caraclere est de ne porter que des cicatrices semi-annulaires, libres a leurs extremites, tandis qu’elles se r&unissent chez les Caulinia. Il n’y a sans doute pas eu de stipules. L’Amphitoa ambigua plus que IA. nodosa pa- rait ressembler a nötre debris de plante jurassique. N parait que c’est surtout a l’epoque tertiaire ancienne que ces vegetaux ont ete varies et abondants, car nous en connaissons au moins quatre especes d’Amphitoa et autant de Caulinites qui s’eloignent plus ou moins des formes actuelles, et que nous decrirons en detail dans un autre memoire. Nous avons encore ä parler d’une feuille que nous rapporions aussi ä cette famille, du moins provisoirement; car elle presente des nervures paralleles toutes egales entr’elles. Mais ce qui la distingue de celles des Nayades vivantes, c’est qu’elle se retrecit en petiole ä la base, comme celles du Thalassia stipulacea ou de quelques especes fossiles de Niederschöna ä feuilles lan- ceolees. Mais elle ne presente pas comme la plante vivante des nervures lransversales, et elle differe des fossiles cretaces en ce que ses nervures sont plus rapprochdes; c’est done quelque chose d’intermediaire ä ces deux formes et aux Zostera actuels. D’un autre cöte ä en juger par le dessin du Preissleria antiqua de Sternberg, on serait tenle de rapporter cette feuille ä une übergab sie mir zur Bestimmung und Aufnahme in meine monographische Arbeit über die fossile Flora unserer Kreide, Zufällig aber befand sich das Stück zur Zeit der Naturforscher-Versammlung nicht in meiner Sammlung, sondern in der seines Eigenthümers aufgestellt und dort hat Herr Pomel, wie Herr Dr. Müller mir versichert, dasselbe nur unter dem Glase des Kastens gesehen und eine flüchtige Zeichnung und Beschreibung davon entworfen, die ich zu meiner Verwunderung in dem Aufsatze über den französischen Jura wieder- fand. Ich bemerke, dass die Beschreibung durchans schlecht und dass die Gattungsbestimmung als Caulinia unrichtig ist, wie ich in der Folge nachweisen werde. Ein so unwürdiges und zugleich lächerliches Verfahren glaubt’ ich nicht ungerügt lassen zu dürfen und scheint mir ein solches per raptum gewonnenes mihi nicht ein Mal eine Aufnahme unter die Synonyme zu verdienen, Dr. Debey. 45 = espece tres voisine de celle-ei, et des lors sa position dans une famille naturelle est plus difficile a determiner. On pourra la nommer Preissleria ou mieux Zosterites oblongifolia, du moins provisoirement ; car si c’est une Nayade il serait bon de la distinguer generiquement des autres especes. Si nous resumons les observations qui precedent nous verrons que la flore des terrains juras- siques de la France, dont nous n’avons encore probablement qu’une ebauche ne differe pas par des caracteres essentiels de celle des me&mes temps des autres regions de l’Europe dont on connait aussi les vegetaux fossiles. Tandis que la flore houillere etait si riche en especes, en genres et m&me en familles natu- relles, celle des epoques jurassiques peut &tre au contraire consideree comme ires pauvre sous touts ces rapports. Cependant si l’on ne considere que les deux groupes des coniferes et des eycadees qui ont entr’eux de si grands rapports, on trouvera qu'ils ont pris un developpement bien remarquable. Avec les fougeres et les algues ils ont le privilege de s’ötre montres ä la surface du globe ä toutes les epoques genesiques, mais ces deux grands groupes eux m&me ne se comportent pas exactement de m@me. Les eycadees en particulier sont tres abondantes a l’epoque paleozoique puisqu’il faut leur rapporter les Sigillaires, les Lepidofloyos, et peut- etre les Nöggerathia ; mais il y a une grande difference entre ces genres et les cycadees actuelles ; au contraire les coniferes sont rares dans les terrains houillers et le genre Walchia differe moins de ses congeneres actuels. Les cycadees paraissent avoir deserte nos climats avant l’epoque tertiaire; on sait que les coniferes n’ont fait qu’y revetir des formes differentes. La simplieite de la flore secondaire est un fait reellement remarquable,, si l’on fait abstrac- tions des deux &epoques qui commencent et closent cette longue periode et qui ont des carac- teres transitoires de celle-ei ä la flore ancienne et a la plus recente ; mais on doit remarquer que si nos classifications sont re&ellement naturelles, certains botanistes pourront trouver les deux extrömes de la chaine vegetale, c’est-ä-dire une immense lacune entre les plantes les plus simples et celles de l’organisation la plus superieure: mais toutes les opinions ne s’accor- dent pas en ce point, et m&me si l’on tient compte dans la mesure de cette superiorite orga- nique de tout ensemble de ces £tres, je erois qu’il serait plus convenable de se tenir ä l’opi- nion exprimee par Mr. Brongniart dans son prodrome; les phanerogames gymnospermes sont reellement transitoires aux cryptogames et aux phanerogames angiospermes. Aux temps les plus aneiens cette classe avait sans doute un developpement superieure ä celui qu’elle nous montre aujourd’hui, car il n’est guere plus douteux qu’il ne faille y reunir cette innombrable quantite de plantes houilleres si singulieres par leur feuilles verticillees, dont les Calamites, Calamitea, Asterophyllites, Sphenophyllum, Annularia, Hallonia, Volkmannia ete, etc. sont que les differents organes. Mais iei nous devons nous arreter, si nous ne voulons sortir entierement du but de ce memoire. Herr Obermedicinalrath Jäger sprach sodann über den Schädel von Bos primigenius Bojanus, wovon er ein ausgezeichnetes Exemplar, die hintere Hälfte des Schädels darstellend, vorzeigte, EEE welches in dem Flufsbette der Ruhr gefunden worden war und zwar angeblich mit der Hälfte einer Cocusnufs. Derselbe bemerkte zuvörderst in Betreff des Bos primigenius, dafs er Kuo- chen und Zähne mehrer Exemplare desselben mit den Knochen und Zähnen des Mammuths, Rhinoceros’ und Pferdes, zum Theil auf gleiche Weise verändert bei Stuttgart und Canstadt gefunden habe. Jene Ueberreste seien von den im Torfe vorkommenden nicht verschieden und namentlich kommen beide in der Form und Richtung der Hornkerne überein. Ein ganz ähnliches Schädelbruchstück, wie das vorgezeigte aus dem Flufsbette der Ruhr, sei in Würtemberg schon vor vielen Jahren in dem Flufsbette der Enz gefunden worden. Wäre dies erst in neuerer Zeit geschehen, so hätten gar wohl mit denselben Saamen von Guilandia bonducella, einer gleich- falls tropischen ‘Pflanze , aufgefunden werden können, von welcher ınan in der Nähe des inner- halb des Flufsgebietes der Enz gelegenen Lustschlosses Solitude ziemlich viele Saamen bei dem Graben von Torferde fand. Ohne Zweifel seien dieselben früher für die in der Nähe gestande- nen Gewächshäuser bestimmt gewesen. Er führe diese Erfahrung, von welcher er schon in der Flora von 1827 Nachricht gegeben habe, zur Erläuterung des zufälligen Vorkommens einer halben Cocosnufs mit dem vorgezeigten Schädel an, wenn anders dieses gehörig constatirt sei, wobei noch überdies die deutlichen Spuren künstlicher Theilung der Cocosnufs für die Zufällig- keit dieses gleichzeitigen Vorkommens sprächen. 3. SITZUNG. Samstag den 25. September. Präsident : Herr Dr. Jos. Müller. Der Vorsitzende eröffnete die Sitzung, indem er der Section einige freundlichen Worte zum Abschied sagte und namentlich hervorhob, wie der Aufschwung der mineralogischen und geo- logischen Studien am Rhein vorzugsweise den Verdiensten der Herren Geheimräthe Nöggerath und Goldfufs zuzuschreiben sei. Herr d’Omalius d’Halloy sprach nun über die sogenannten geologischen Orgeln (puits et poches naturels) s. T. V, F. 2. in der Gegend von Paris, mit Bezugnahme auf den Vortrag, den der Herr Geheimerath Nögge- rath in der ersten allgemeinen Sitzung über die Erscheinungen solcher Art gehalten hatte. Derselbe äufserte Folgendes : | On sait qu/une partie du sol des environs de Paris est forıne de calcaire grossier en couches horizontales et qui est quelquefois immediatement recouvert par un depöt diluvien. Les couches calcaires ont Et& entamees par des cavites maintenant remplies qui sont quelquefois d’une tres pelite profondeur et qu’alors on nomme des poches, mais qui d’autres fois s’enfoncent comme des puits ä une profondeur plus considerable. Les poches sont remplies du meme depöt diluvien que celui qui recouvre le sol et nul doute que le remplissage ait eulieu de haut en bas. Deux eirconstances ont conduit aussi beaucoup de geologues ä attribuer la m&me origine aux ma- tieres que sont dans les puits. La premiere, c’est que l’on voit egalement du diluvion dans la _— 3560 — partie superieure, la seconde c’est que souvent les puits paraissent s’arreter a une profondeur quelconque. Quant au premier point si ’on examine altentivement la composition des matieres qui remplissent les puits on verra facilement que le depöt diluvien avec cailloux n’y forme qu’un cöne renverse au milieu d’une argile rouge, tres ferrugineuse,, qui tapisse les parois du puits et que, ä une petite profondeur oü le veritable diluvion cesse, le puits n’est plus rempli que par l’argile rouge. D’un autre cöte, lorsque l’excavation est poussee sur une largeure suflisante on voit le puits reparaitre dans la couche ä la surface de laquelle il s’etait arrete, et alors la partie du joint de stratificalion qui separe les deux trongons du puits est aussi enduit d’argile rouge. C’est la un fait que les travaux des fortifications de Paris, et notamment du fort d’Ivry, ont fait voir plusieurs fois. On sent d’apres cet etat des choses quil est tres difieile d’admettre que la partie inferieure du puits ait et remplie par le haut, car d’oü proviendrait cette argile puisqu’il n’en existe pas de semblable au dessus du calcaire grossier? A la verite le diluvion des environs de Paris est quelquefois color& en rouge comme l’argile des puits, mais ce n’est en general que dans le voisinage de ces derniers, car dans les autres lieux il est plus ordi- nairement jaunätre, et du reste ce diluvion rouge est tres different de l’argile des puits puis- qu'il est prineipalement compos& de sables et contient beaucoup de cailloux de diverses natures. Si l’on suppose, au contraire que l’argile rouge a et& amende de bas en haut par des sources ferrugineuses, on se rend aisement compte de tout ces faits; on concoit pourquoi l’argile des puits ne ressemble ä aucun des autres depöts de la contree, pourquoi le diluvion est colore en rouge dans le voisinage des puits, et comment des portions de ce diluvion auront apres la fin des ejaculations rempli dans la partie superieure du puits le vide que se sera forme, soit par le lassement des matieres molles qui s’y trouvaient, soit par l’expulsion de ces matieres par des gaz. Herr van Rimsdyk aus Maestricht bestätigte ‚die Angaben des Herrn d’Omalius durch Erläu- terung analoger Vorkommnisse aus der Gegend von Maestricht. Herr Geheimerath Nöggerath bemerkte, dafs er in dem von Herrn d’Omalius d’Halloy vorge- legten skizzirten Profilbilde von geologischen Orgeln nur das gewöhnliche Phänomen von später vorgekommenen Verwerfungen dieser Röhren, durch das Uebereinanderschieben der Gebirgs- schichten, in welchen dieselben schon vorhanden waren, erblicke. Von dieser Ansicht ausge- hend müsse er aber die ganz genaue Richtigkeit der Zeichnung bezweifeln, um so mehr als sie von dem Herrn d’Omalius d’Halloy nur aus dem Gedächtnifs entworfen sei, denn es würde bei einer Verwerfung nicht möglich sein, dafs der obere Theil der einen Röhre links von ihrem untern vorgeschoben sei, während bei der andern Röhre desselben Profils die Verschiebung nach der rechten Seite Statt finde. Herr Victor Monheim erbat sich von Herrn Geheimerath Nöggerath eine Aeulserung seiner Ansicht über die von ihm vorgeschlagene Benennung „Zinkeisenspath‘ anstatt der Benennung „Kapnit“. Herr Geheimerath Nöggerath sprach sich dahin aus, dafs er der von Herrn Monheim aufgestellten Benennung den Vorzug gebe, eben weil sie die Zusammensetzung im Allgemeinen = 397 — andeute, dabei aber die in der Natur wandelbaren Verhältnisse des kohlensauren Zinkes und des kohlensauren Eisens nicht ausdrücke. Herr Dr. Müller reihte hieran einige Bemerkungen über die Grundsätze, welche auch in der Petrefactologie bei der Nomenklatur mafsgebend sein sollten, indem er dies durch Vorzeigung einer Reihe von etwa 50 Exemplaren der Species Pectunculus sublaevis erläuterte und darauf hinwies, wie erst durch eine gröfsere Folge der verschiedensten Alterstufen die Uebergänge der einzelnen Formen ersichtlich würden, woraus man häufig verschiedene Arten aufstelle. Herr Oberbergrath von Carnall legte die von ihm gefertigte geognostische Karte von Ober- schlesien vor und erklärte die Verhältnisse der Muschelkalkformation und der sich an dieselbe anreihenden Gebirgsbildungen. Die Zusammensetzung des Muschelkalks sei meistens sehr ein- fach , das Ganze scheine auch durchweg horizontal abgelagert. Nur im östlichen Theile zeige sich mehr Mannigfaltigkeit, die durch das Auftreten von Dolomit bedingt wäre. Der Redner ‚sprach sodann über die Schichtenverhältnisse des Dolomits und zeigte, wie die Schichten nach aufwärts hin immer an Mächtigkeit zunehmen. Man könne annehmen, dafs die mehr kristallinische Ausbildung in den höheren Schichten erst im Verlaufe der Zeit entstanden sei. Nach Aufsen zu, wo atmosphärische Einflüsse auftreten könnten, zeigten sich sehr ausgezeichnete Zersetzungs- erscheinungen des Dolomits, namentlich in der damit zusammenhängenden Brauneisensteinbildung, die einen sehr klaren Aufschlufs über die Natur dieses Zersetzungsprozesses gebe. Nach einer andern Gegend hin zeige sich eine Verschiedenheit der Zersetzungserscheinungen; der Dolomit erscheine hier mergelartig und sei wieder durch eine dichte Kalksteinschicht überlagert, den sogenannten Opakowitzer Kalkstein. Was nun die Fundorte der Versteinerungen angehe, so zeige sich der Dolomit bis an die mergeligen Schichten durchaus leer von Versteinerungen. Erst in der Nähe dieser mergeligen Schichten und in denselben ireten Versteinerungen auf, bis sie in dem darüber liegenden Kalkstein sehr häufig sich vorfinden. Der Redner sprach dann über die Theorie der Dolomitbildung ; bei den vielen Aufschlüssen, die der Bergbau da geliefert habe, habe man nirgend eine Verbindung der Dolomitmasse nach unten zu gefunden, so dafs also der Dolomit eben so wie der Kalkstein als durch Niederschlag aus Wasser entstanden anzu- nehmen wäre. Herr Dr. Müller zeigte zwei neue Species der Gattung Avellana vor und wies nach, dafs die- selben von den bis jetzt bekannten verschieden seien und benannte die eine A. Humboldti und die andere A. Hagenowi. Herr Dr. Debey zeigte eine von Herrn Winkler ihm mitgetheilte rundliche sandige Masse von dem Ansehen einer fossilen Coralle vor, die aber an den Schwellen der Eisenbahnschienen an- gewachsen gewesen. Die mikroskopische Untersuchung habe ergeben, dafs diese Bildung ein Pilzgewehe sei, das allmählich ganz und gar von feinem Sande durchdrungen worden und so das Ansehen einer Versteinerung erlangt habe. Herr von Carnall bemerkte hierzu, dafs ähnliche Durchdringungen mit Sand sich im anorga- nischen Reiche fänden, indem er die bekannten Kalkspathe vn Fontainebleau als Beispiel anführte. = 8 = Herr Director Gutberlet aus Fulda legte den Entwurf einer sehr ausgeführten geognostischen Karte des Rhöngebirges vor und erläuterte dieselbe durch folgenden Vortrag (s. T. V, F. 1.) : Das Land zwischen dem rheinischen Schiefergebirge und dem Thüringer Walde hat seit- her nur wenig die Aufmerksamkeit der Geologen gefesselt; einzelne Theile desselben harren fast noch der geologischen Entdeckung und dieser Umstand möge die folgenden Worte über das bis jetzt auch so sehr vernachlässigte Rhöngebirge entschuldigen. Wie diese Bodenerhe- bung und die.in ihr hauptsächlichst vorwaltende bunte Formation (Trias) westlich, östlich und nordöstlich gegen das Uebergangsgebirge und die Kupferschieferformation sich abgrenzt, so ist sie auch gegen Süden und Norden geologisch scharf abgeschlossen. Dort durch die Jurabildung in Franken und durch die plutonischen Gesteine in der Gegend von Aschaffenburg, hier durch die Verbreitung des Lias. Noch weiter gegen das Innere der Fläche gehen die Begrenzungslinien des Grobkalkes in der Gegend von Hanau und Kassel vor. Innerhalb dieser Grenzen erscheinen Muschelkalk und die untern Schichten des Keupers als die jüngste meerische Bildung. Die Er- hebung dieser weiten Fläche fällt also in die Periode des Keupers. Während nördlich und süd- lich das Land unter Meer lag und die jüngsten Flötze vom Lias aufwärts abgelagert wurden, ragte es in der angedeuteten Begrenzung, siehet man von den basaltischen Gebilden ab, als ein breiter flacher Rücken empor, und wohl mit der Haupterstreckung von Südwesten gegen Nordosten. In dem östlichen und westlichen Theile lagern tertiäre Süfswasserbildungen mit Braunkohlen; zwischen diesen beiden Gebieten aber erhebt sich ein fast ohne Unterbrechung fortziehender Höhenzug in der Richtung von Süden scharf gegen Norden, und scheidet sie scharf als ein östliches und ein westliches. Auf dieser Höhe nicht eine Spur von tertiären Gesteinen. Während das Meer von diesem Boden ausgeschlossen war bedeckten Süfswasserseen die Gegenden östlich und südöstlich der Ulster (Kaltenordheim, Tann, Fladungen, Bischofsheim), und im Westen die Fläche, welche durch das Vogelsgebirge und den Knüll bezeichnet ist. In diesen Seen setzten sich die Süls- wasser-Mergel- und Thone mit Braunkohlen ab. Diese Ablagerungen sind nach den Pflanzen- resten und nach den eingeschlossenen Süfswasser-Conchylien gleichzeitig mit einigen Gliedern des Grobkalkes. Aufserhalb der angegebenen Gränzen lagerte sich Grobkalk , innerhalb dersel- ben Südwassergesteine ab. In andern Gegenden wechsellagern beide Gebilde. In jener Hochgegend, welcher Tertiärgesteine nach meinen seitherigen Beobachtungen ganz fremd sind, erlangen Phonolithe, trachytische Gesteine und Basalte eine bedeutende Entwicke- lung. Nach meinen Beobachtungen, deren Hauptresultate ich in der Zeitschrift von Herrn v. Leonhard Jahrgang 1845 S. 129 u. w. mittheilte durchbrach der Phonolithschiefer (älterer Pho- nolith). zuerst die Flötze; um ihn in randlicher Verbreitung erhob sich älterer Basalt; diesen durchbrach ein jüngerer Phonolith, trachylischer Phonolith, und nach diesem erfolgten Durch- brüche von jüngern Basalten. Zu der Zeit als ich meine frühern Beobachtungen bekannt machte fehlten noch die zur Unterscheidung der beiden Basaltreihen, zu der Auffassung ihrer pelro- graphischen und geologischen Verschiedenheit nöthigen Thatsachen. Seitdem aber ist es mir gelungen, ich darf mir wohl diesen Ausdruck erlauben, da das Rhöngebirge nur äufserst wenig aufgeschlossen ist, weniger als irgend ein anderes Gebirge, die basallischen Gesteine petro- u — 359 graphisch und in ihrer Durchbrechung auch da zu bestimmen, wo die Phonolithe und die trachytischen Gesteine fehlen. Dafs die Basalte der Rhön verschiedenen geologischen Zeiten an- gehören ahnete ich schon früher, da in den Basaltgebieten bei Göttingen und in Althessen, selbst am Vogelsberge, soweit mir derselbe bekannt ist, und in vielen andern Gegenden nir- gends Hornblende-Basalt auftritt. So weit meine Erfahrung reicht herrscht in den grofsen Ba- saltverbreitungen des Habichtswaldes, des Weifsners, des Knülls u. s. w. allein der dichte olivinreiche Basalt. Niemals tritt der Hornblende-Basalt, d. h. Basalt mit regelmäfsig prophyrisch vertheilter Hornblende auf, während derselbe so ausgezeichnet und weit verbreitet auf der Rhön, in Böhmen und im südlichen Frankreich vorkommt. Bei fortschreitender Beobachtung nun fand ich, dafs die porphyrisch ausgesonderte Hornblende und die Bildung und Aussonderung von Chabasie — er durchdringt oft den ganzen Basalt in Blasenräumen, Poren und Klüften, krystallinisch und derb — aus den Bestandtheilen des Basaltes, wo dieser von Zersetzung stark ergriffen ist, und noch andere Eigenschaften den ältern Basalt charakterisiren, während in den jüngern Basalten die Hornblende nur in zufälligen vereinzelten, meist nicht krystallinisch be- grenzten Partieen neben sehr häufigem Olivin vorkommt. Die Zersetzung des letztern führt vor- wiegend zur Ausscheidung von Mesotyp und Harmotom und nur in seltnern Fällen von einzelnen Chabasie-Partieen oder Krystallen. Dafs die abweichenden Zersetzungsprodukte dieser Gesteine auch auf eine Verschiedenheit in der chemischen Zusammensetzung der Gemengtheile hindeutet, bedarf keiner Erwähnung; ganz ähnliche Erscheinungen sind den plutonischen Gesteinen eigen, Dieser Gegenstand kann indessen hier, so wie andere Eigenthümlichkeiten jener Felsen, nicht weiter verfolgt werden. Das relative Alter erkennt man da, wo der scheidende trachytische Phonolith fehlt, aus dem gegenseitigen Verhalten der beiden basaltischen Formationen nach fol- genden Beobachtungen. Der Hornblende-Basalt hat wie es scheint überhaupt und so auch auf der Rhön, im Vergleich zu dem jüngern Gestein, ein mehr beschränktes Vorkommen, und zwar fällt dasselbe meist in die mittle Rhön, welche westlich durch die Heun und östlich durch die Ulster begrenzt wird; nordwärts kommt derselbe noch in einzelnen Kegelbergen bei Morles und Rafsdorf vor, südlich geht er bis in die Gegend von Gersfeld. Aufserhalb dieser Grenzen habe ıch seither selbst auf der hohen weit erstreckten Basaltplatte der Osirhön vergebens nach ihn gesucht Oft umlagern Trümmern und Blöcke von bedeutender Gröfse den Fufs der Olivinbasalte, während der anstehende Basalt bisher nie als Hornblende-Basalt an solchen Orten sich bekun- dete. Diese Bruchstücke wurden von dem Olivinbasalte aus der Tiefe emporgehoben. Der Hornblende-Basalt schliefst in gewissen Verbreitungs-Linien den Olivin-Basalt aus. Klar ist dieses Verhältnifs in der Linie von Hornblende-Basalt, welche mit den s. g. Todten- köpfen, dem nordöstlichen Fufse der grofsen Nalle bei Gersfeld beginnt und von hier nördlich über den Maienstein in die Gegend von Poppenhausen bis zum Küllküppel, dem Bildstein u. s. w. fortziehet. Olivinbasalt kommt nur östlich und westlich dieser Linie vor und tritt nicht in sie selbst ein. Besonders denkwürdig ist es, dafs das gangförmige Riff der Todtenköpfe auch eine Strecke an der Ostseite der grofsen Nalle in südlicher Richtung fortsetzt und dafs hier eine Linie sich markirt, von welcher die eine Seite nur Hornblende-Basalt und die andern nur Olivinbasalt aufweiset. — 560 — Der Pathsastein, ein Olivinbasaltfels östlich vom Pferdskopf, rings um von Hornblendebasalt umgeben, tritt über die Oberfläche des letztern in einer Weise hervor, dafs unwillkührlich der Gedanke sich aufdrängt, es sei die abgeschlossene fast individualisirte Felsgestalt dem Gesteine fremd, dessen Oberfläche weit umher in abweichender Richtung und in schwacher Neigung die sanfte westliche Böschung des Berges bildet, und welches schon in geringer Entfernung von dem anstehenden Olivinbasalt unter der Rasendecke als Hornblendebasalt erkannt wird. Bei nä- herer Untersuchung des Pathensteines, zunächst nur auf die Phonolitheinschlüsse gerichtet, fiel ein kugelförmig begrenzter Einschlufs auf, der sich sehr bestimmt gegen den stark fast dünn- schiefrig abgesonderten Basalt abhob und beim Herunterschlagen als Hornblendebasalt erschien. Nordwestlich bei Sieblos bildet ein jüngerer Basalt einen kleinen Berg und ist an seiner Süd- seite überladen mit Einschlüssen von Phonolithschiefer, trachytischem Phonolith, Sandstein u. s. w; auf der Nordseite aber liegen in einem wackenarligen Basalt und Tuff, welche beide dem Olivinbasalt angehören Kugeln und Trümmer von Hornblendebasalt, welche sich ganz fremd gegen das einschliefsende Gestein abgrenzen. Daneben erscheinen auch viele Trümmer von Olivinbasalt selbst, gehen aber in Wacke über. Aehnliche Erscheinungen bietet die Eube und das Bergganze dar, welchem der Weihersberg bei Abtsroda und das Gemeindeholz von Dittges angehören. Hiernach ist es wohl keinem Zweifel unterworfen, Jafs der Hornblendebasalt das durchbro- chene ältere, der Olivinbasalt das durchsetzende mithin jüngere Gestein ist, und dafs beide verschiedene abgeschlossene Bildungszeiten und Gruppen vertreten, welche nach hoher Wahr- scheinlichkeit auch in Böhmen und im südlichen Frankreich unter ganz ähnlichen Verhältnissen vorkommen. Neben den vier erwähnten sich scharf bezeichnenden Gesteingruppen treten nochandere tra- chytische Bildungen auf, deren geologische Stellung zu den vorhergehenden sich bisher noch nicht ermitteln liefs. Die vorgelegte Karte gewinnt eine leichtere Uebersicht durch Zerlegung in vier Theile, sie zerfällt nämlich in einen nordwestlichen, südwestlichen , in einen nordöstlichen und in einen südöstlichen Theil. Der zuerst aufgeführte Bezirk ist bei weitem der reichhaltigste des Gebirges. Auf seiner Südostseite treten die Gebirgsgesteine in der geschilderten wechselseitigen Beziehung und successiven Durchbrechung auf. Das Verhalten der Rhöngesteine erhält durch beigehendes Profil von der Südseite des Pferdskopfes, der in sich fast die ganze Rhön im Kleinen wieder- holt, noch eine nähere Erläuterung. Auf der westlichen Seite dieser Gebirgspartie herrschen die Sedimentbildungen besonders Sandstein und Röth vor. In dem südwestlichen Theile ‚des Gebirges kommt der Phonolith nur in Trümmern und in von Basalt eingeschlossenen Bruchstücken, näm- lich in der Gegend von Gersfeld vor. Die Basalte sind hier besonders am Kreuzberge , in der Gruppe der schwarzen Berge und in dem Gebirgsmassiv des Demmersfeldes entwickelt. Tra- chytische Gesteine treten an der kleinen Nalle und an der Dalherdaör Kuppe auf. Aufserdem lagert hier mit Ausnahme weniger Muschelkalkpartieen von geringem Umfange nur Sandstein. In der Nordostfläche herrscht der Basalt sehr vor, Sandstein erscheint untergeordnet, Muschelkalk gewinnt nur gegen Osten gröfsere Ausdehnung. Allein auf der äufsersten Westseite dieser Ab- — 361 — theilung, auf dem westlichen Ufer der Ulster und parallel mit ihr bringt ein etwa in die Mittags- linie fallender Zug Basaltberge, alle dem jüngern Basalt angehörig, Phonolith zu Tage; er er- streckt sich bis zum Bocksberg bei Tann. Das südöstliche Rechteck der Karte zeigt nur im nordwestlichen Winkel Basalt und Phonolith, letzterer beschränkt sich nur auf den Beilstein , einen südöstlichen Auslaufer des Kreuzberges, und auf den Nordabhang des Käulingsberges; nordöstlich herrscht Muschelkalk vor und in der südlichen Hälfte fast ausschliefslich Sandstein. Aus diesen Verhältnissen folgt, dafs die vulkanoidischen Gesteine nur wenig Theil an der Erhebung des betrachteten Berglandes haben. Sie fällt in eine geologische Zeit lange vor dem Durchbruche der Phonolithe. Und welche war nun die nächste Ursache? Sie gibt sich kund in den Einschlüssen plutonischer Gesteine, welche von den sämmtlichen vulkanoidischen Massen zwischen dem rheinischen Schiefergebirge und dem Thüringer Walde und in gar vielen andern Gegenden der Erde umschlossen werden. Unter diesen tritt Granit, Gneusgranit und Glimmer- schiefer in die erste Reihe. Ich habe dieselben in allen hessischen Basalten und auf der Rhön beobachtet. Die reichhaltigsten unter den mir bekannten Stellen sind Schackau, Kleinsassen, der Sparhof und Umgebung im Kreise Schlüchtern, nicht mehr zu der Rhön gehörig, und ganz besonders der Kalvarienberg bei Fulda. Diese Thatsachen, wie auch andere vergleichende Stu- dien über die Granite verschiedener Zeiten, welche hier keinen Raum finden können führen auf den Granit als die erste hebende Kraft. Nur sind die Granite nicht an die Oberfläche, nicht zum Durchbruche gekommen, wie anderwärts, selbst in ganz benachbarten Gegenden, am Thü- ringer Wald, in der Gegend von Aschaffenburg, Heidelberg u. s. w. Phonolith und Basalt haben aus diesem Grunde nur örtlichen Einflufs auf die Schichtenstellung. Man erkennt diesen zumal in den Gegenden der obenerwähnten Süfswassergebilde, auf der Rhön besonders am Ostabhange bei Fladungen. Dort wechselt Basalttuff mit dem Süfswassergestein, beide sind wieder durch neuere Basalte durchsetzt. Die Ablagerung des Braunkohlengebildes fiel also in die Zeit des jüngern Basaltes. Vielleicht ergossen sich wahre Basaltströme mit dem Tuff in die Wasser. Ueber diesen Gegenstand konnte ich jedoch noch’ nicht die nöthigen Beobachtungen machen. Entschie- den ist da die Schichtenstellung der Tertiärschichten von dem Basalte abhängig, und so auch die des Muschelkalkes in dieser Gegend , weil ihm die Braunkohlenbildung an einigen Stellen parallel aufgelagert ist. Herr Dr. Müller schlofs hierauf die Sitzung mit der Mittheilung, dafs seine paläontologische Sammlung, um dem Wunsche vieler Fremden und Einheimischen zu genügen, noch bis zum folgenden Donnerstag zu Jedermanns Einsicht geöffnet sei. Dieses gefällige Anerbieten wurde mit allgemeiner Anerkennung entgegengenommen und be- vor die Anwesenden sich trennten, sprach sich von allen Seiten die freudige Aeufserung leb- haftesten Dankes gegen die Herren Dr. Müller, Victor Monheim und Dr. Debey aus für die grofse Freundlichkeit und Zuvorkommenheit, womit dieselben in unermüdlicher Geschäftigkeit Alles aufgeboten hatten, um den Mitgliedern der geologischen Section die reichen Schätze zu erschliefsen, welche Aachen mit seiner Umgebung in so ausgezeichnetem Mafse der wissen- schaftlichen Forschung darbietet. 46 Sechste und siebente Section, für Mathematik, Astronomie und Mechanik und für Physik, Chemie und Pharmazie, Am Abende ‚des Eröffnungstages, Samstag den 18. September fand eine vorläufige Ver- sammlung der Sectionen Statt. Die Mitglieder der Section für Mathematik, Astronomie und Mechanik beschlossen, sich mit der Section: für Physik, Chemie und Pharmazie zu verbinden. Zu: Präsidenten wurden gewählt : Herr Geheimer Medizinalrath Mitscherlich. aus Berlin, » Medizinal-Assessor Dr.. Hohr aus Coblenz, » Professor Dr. Müller aus Freiburg. Zu. Secretairen : Herr Oberlehrer Heis aus Aachen, » Dr. Hasenclever aus Aachen. 1. SITZUNG. Montag, den 20; September, Präsident : Herr Geheimer Medizinalraih Mitscherlich , Seerelair : , Dr. Hasenclever aus: Aachen: Folgende Druckschriften. wurden den. Sectionen theils vorgelegt, theils unter dieselben ver- theilt : 1. Denkschrift zur Säeularfeier der Universität Erlangen, am 23.—25. August 1843, von Dr. J. S. C. Schweigger, Professor der Naturwissenschaft in Halle. 2. Ueber das Eleetron der Alten und den fortdauernden Einflufs der Mysterien des Alterthums auf die gegenwärlige Zeit, von Dr. J. S. C. Schweigger, Professor der Physik an der Univer- sität zu Halle (aus Grunert’s Archiv der Mathematik und Physik) nebst Vorrede. 3. Mathematische Studien zur geometrischen Arithmelik und arithmetischen Geometrie von L. Klövekorn, Pastor in Bissendorf bei Osnabrück. Münster 4846. 1. und 2. Heft. 4. Chemische Untersuchung des St. Matheiser Stahlbrunnens bei Trier, von M. J. Löhr. — Archiv des Apothekervereins in Norddeutschland, Juniheft 1845. ' 5. Graphische Darstellung der zu Aachen von E. Heis angestellten meteorologischen Beobach- tungen. Jahre 1842, 43, 44, 45, A6. Herr Medizinal-Assessor Dr. Mohr legte verschiedene von ihm auf galvanischem Wege mit, Kupfer überzogene Glas- und Porzellangefäfse vor. Der Zweck dieses Ueberzuges ist dieselben vr — 363 — zu chemischen Zwecken einem rascheren und stärkeren Feuer aussetzen zu können, wo- durch die Operationen bedeutend abgekürzt werden. Diese Gefäfse waren zuerst auf der grofsen Industrie-Ausstellung zu Paris im Jahre 1844 ausgelegt, das Verfahren aber als Geheim- nifs bewahrt. Dem Berichtenden ist es nach einigen Versuchen gelungen, diese verkupferten Gefälse in gleicher Schönheit und Stärke, wie jene auf der pariser Ausstellung, darzustellen , und ist dies Verfahren bereits in Dinglers polytechnischem Journale (Bd. 103, Seite 361) be- schrieben worden. Der Zweck der gegenwärtigen Vorzeigung dieser Apparale ist kein anderer, als durch eigene Anschauung, der man immer mehr traut wie der besten und glaubwürdig- sten Beschreibung, zur Vervielfältigung dieser nützlichen und wohlfeilen Geläfse beizutragen, da sie ungeachtet genauer Beschreibung des Verfahrens noch nicht häufig angefertigt worden, ja sogar auf der diesjährigen Gewerbe-Ausstellung zu Brüssel noch einmal als Neuigkeit ausge- stellt waren. Das Verfahren besteht im Wesentlichen darin, dafs man erst das Glas oder Por- zellangefäfs wit einer dünnen Schichte eines metallischen Leiters überzieht, und dann das Kupfer nach bekannten Verfahrungsarten galvanoplaslisch darauf abseizt. Die dünne metallische Schicht stellte Referent mit dem gröfsten Erfolge in der Art dar, dafs er die zu verkupfernde Stelle mit einer dünnen Schicht Kopalfirnifs überstrich, diesen ein wenig abtrocknen liels, so dafs er noch klebrig war, und nun mit einem dieken feinhaarigen Pinsel gemeine nürnberger Metallbronze aufstreute und dann glättend verrieb. Es entsteht eine im reflectirten Lichte zu- sammenhängend metallisch erscheinende, im durchscheinenden aber sehr durchsichtige dünne und lockere Metallschicht, welche nach vollständigem Austrocknen des Firnisses zum Absetzen des Kupfers dient. Man taucht das Glasgefäfs mit Wasser gefüllt, in eine koncentrirte Lösung von Kupfer- vitriol unter, und setzt seinen Ueberzug mit der Spitze eines kupfernen Drahtes in Ver- bindung, der an eine Zinkstange geht, welche in eine mit verdünnter Schwefelsäure gefüllte Thonzelle gesenkt ist. Im ersten Augenblick ist die Wirkung sehr gering, wenngleich durch- aus nicht die ganze Bronzeschichte als Leiter angesehen werden kann, sondern nur die we- nigen Metallflitterchen, welche die Spitze des Drahtes berühren. Im Verhältnifs aber als sich Kupfer absetzt, werden die einzelnen Bronzeflitterchen mit einander metalliseh verklebt, und wirken: nun wie eine zusammenhängende Oberfläche. Der Kupferüberzug breitet sich wie Eisblumen an Fensterscheiben weiter aus, und indem man die Drahtspitze von Zeit zu Zeit weiter bis an den Rand auf dem verkupferten Theile fortrückt, gelingt es die ganze Fläche zu überziehen. Die nun bronzirten Stellen sind sehr: leicht von der berührenden Drahtspitze verletz- bar. Verletzte Stellen wachsen nur zu, wenn sie sehr klein sind.. Es bleibt aber immer eine Narbe. Besser ist es, sie mit einem kleinen Pinsel zu firnissiren und zu bronziren, und dann nach dem Trocknen dem Zinkeylinder möglichst nahe zu bringen. Ueberhaupt ist es nothwen- die, das Gefäls in seiner Lage zum Zinke öfter zu drehen, und der Reihe nach alle Seiten darzubieten, und den Ueberzug an allen Stellen gleich dick oder absichtlich am Boden am dicksten zu machen. Zweckmäfsig giebt man dem Ueberzuge eine Dicke von °/, bis 1 Millimeter. Ein verkupfertes Gefäfs der Art verträgt eine sehr starke und rasche Hitze. Destillationen von Säuren und andern Stoffen gehen auf freiem Feuer sehr rasch von Statten. Auch vertragen sie — 364 — schon gröfsere mechanische Gewalt als nackte Gefäfse, obgleich man ihnen nicht zu viel zu- muthen soll, da der Ueberzug immerhin noch sehr dünne ist. Herr Professor Dr. Böttger nahm hierauf das Wort und sprach über das Verplatiniren gläserner und porzellanener Gefäfse und zeigte zugleich mehrere Gefäfse vor, die derselbe sehr schön mit einer dauerhaften Schicht von Platin-Metall überzogen hat. Derselbe theilte mit, dafs er ein neues krystallisirbares, in Wasser, Alkohol und Aether un- lösliches Platin-Doppelsalz aufgefunden, welches die Eigenschaft habe, bei Annäherung einer Kerze flammend zu verbrennen, so wie in einigen ätherischen Oelen löslich zu sein. In solch’ aufgelöstem Zustande eigne sich dasselbe im hohem Grade, um Glas, Porzellan, Fayance u. s, w. bei geringer Temperaturerhöhung, mit einer vollkommen spiegelnden Platinschicht zu überzie- hen, so dafs die Anfertigung von gläsernen Hohlspiegeln u. s. w. zu physikalischen Zwecken, von welchen Dimensionen solche auch verlangt werden möchten, etwas Leichtes und mit verhält- nifsmälsig sehr geringen Kosten auszuführen sei. Derselbe legte mit vollkommen spiegelndem Platin bekleidete Glasröhren und Kölbehen, defsgleichen einen 6 Zoll im Durchmesser halten- den gläsernen Hohlspiegel (aus einem gewöhnlichen Uhrglase verferligt), so wie eine verpla- tinirte spiegelglänzende Porzellanschale der Versammlung vor und zeigte durch einen Versuch, dafs, wie fest die Plalinschicht dem Glase oder Porzellan auch anhafte, der spiegelnde Metall- überzug dennoch mit Leichtigkeit durch galvanische Action wieder entfernt werden könne, da- durch, dafs der Gegenstand in Salzsäure gelegt und hierauf an irgend einem Punkte mit einem Zinkstäbehen berührt werde. Da nun zwar das Verfahren, Glas- und Porzellancylinder mit einem Platinüberzug zu bekleiden, z. B. Behufs der Anfertigung von Grove’schen Säulen,’ desgleichen das Verplatiniren von Tellern und Geschirren aller Art etwas Bekanntes sei, indem unter An- dern ein sehr zweckmäfsiges Verfahren der Art erst ganz vor Kurzem von Dr. Lüdersdorf durch Böttger’s „polytechnisches Notizblatt“ Jahrg. II. auf Seite 212 veröffentlicht worden sei, so wolle er doch darauf aufmerksam machen, dafs die Lösung des von ihm entdeckten Platindoppelsalzes zu genanntem Zwecke weit geeigneter erscheine und viel vollkommnere Metallspiegel gebe, als die bisher dazu in Anwendung gekommenen und empfohlenen Salze; es thue ihm nur leid, wenigstens vor der Hand, noch keine näheren Angaben über dieses auch noch in anderer Be- ziehung merkwürdige Doppelsalz machen zu können, indem er fürchte, durch eine solche Pu- blikation einem seiner Collegen zu nahe zu treten, der, wie verlaute, ein analoges Verfahren, Porzellan in mäfsiger Temperaturerhöhung mit einer spiegelglänzenden Goldschicht zu bekleiden, entdeckt, aber dasselbe zur Zeit noch nicht der Publieität übergeben habe. z Herrn Prof. Dr. Fresenius sprach hierauf über die Ober-, Unter- und Nachgährung im All- gemeinen, besonders aber in Bezug auf die Nassauer Weine von 1845 und 1846, die derselbe im Auftrage der Herzogl. Nassauischen Regierung untersucht hat. Herr Patka hielt einen Vortrag über die Bildung der Harze und deren Eigenschaften. y = 808, Herr Prof. Dr. Zenneck aus Stuttgart sprach hierauf über ein neues Kaffeeprüfungsmittel und erläuterte seinen Vortrag durch Vorzeigung von desfallsigen Präparaten. Herr Dr. Schmedding aus Münster hielt nachfolgenden Vortrag über die Wirkungsart und das Wirkungsgesetz der elektrischen Kraft und über einige sich daraus ergebende Gesetze der galvanischen Säule. Die Naturwissenschaft ist eine innige Verbindung von Theorie und Praxis. Die Erfahrungen bilden den praktischen Theil, die Hypothesen den theoretischen. Die Hypothesen beziehen sich grofsentheils auf die Natur der Grundkräfte. Die hier mitzuthei- lende bezieht sich auf die Natur der electromotorischen Kraft, und zwar in Beziehung auf ihre statischen Wirkungen. Wir haben in dieser Hinsicht das Verhalten der festen und der flüssigen Erreger abgeson- dert zu betrachten. 1. Electromotorisches Verhalten der festen Erreger. Die Natur einer Kraft spricht sich aus in der Art und dem Gesetze ihrer Wirkung. Die Wir- kung der electromotorischen Kraft besteht in einer Vertheilung von Electrizität. Sie hat dies mit der gewöhnlichen freien Electrizität gemeinschaftlich. Sie unterscheidet sich aber von ihr da- durch, dafs sie gleich der chemischen Kraft durch die Masse des Körpers gleichmäfsig vertheilt und unbeweglich an ihren Sitz gebunden ist. Für jede Intensität dieser Kraft mufs sich daher eine aequivalente Menge Electrizität angeben lassen, welche, als unbeweglich betrachtet, die- selbe Vertheilung von Elecirizität in einem berührenden Leiter hervorbringen würde. Denken wir uns nun eine Anzahl gleich grofser leitender Körper, welche mit verschiedenen Mengen unbeweglicher Electrizitäten geladen sind, miteinander in Berührung gebracht; so wird eine Vertheilung von Electrizität Statt finden und so lange fortdauern müssen, bis die Electri- zität aller Leiter, bewegliche und unbewegliche zusammengenommen, gleich ist. Es ist aber die algebraische Summe der beweglichen Electrizitäten, weil sie durch Verthei- lung entstanden sind, gleich Null. Deshalb wird der Enderfolg der Einwirkung derselbe sein, als ob blofs die Summe der unbeweglichen Electrizitäten sich gleichmäfßsig über alle Leiter ver- breitet habe *). Bezeichnet demnach s die Summe dieser Electrizitäten, n die Anzahl der Lei- ter von gleicher Capazität; bezeichnen a, b, c, d die unbeweglichen Electrizitäten der einzel- * - - ” “tun Ss - nen Leiter, so wird jedes Element nach der Vertheilung die Electrizitätsmenge en besitzen. Es werden demnach die einzelnen Elemente, deren feste Electricitäten sind =, ur ar) d an beweglicher Au. s s s s h Electrieität erhalten : zen Ina —d. Die Summe Ss Ss Ss Ss n n n n *) Es wird hierbei von dem Einflusse der Gestalt der Oberfläche der Leiter abgesehen und vorausgesetzt, dass jeder Leiter gleich viel Electricität aufnehme, Oder in einem Zahlenbeispiele : Es seien die festen Electrieitäen = 2; 9; 41; 4. (Summe 16). so sind die beweglichen — +2; —5; +3; 0. (Summe 0). die gleichvertheilten — Aa Ar ahe E (Summe 16). Nennt man nun die festen Blectricitäten die vertheilenden Kräfte (Spannkräfte); die beweg- lichen Electricitäten aber die eleetrischen Spannungen, so ergeben sich aus der Ansicht obiger Werthe leicht folgende Sätze : 1. Die algebraischen Spannung-Unterschiede je zweier Leiter sind gleich dem mit entge- gengesetztem Zeichen genommenen Unterschiede der vertheilenden Kräfte. 2. Die Spannungs-Unterschiede je zweier Glieder einer Combination von electromotorischen Leitern (Erregern) sind unabhängig von der Anzahl und der Reihenfolge der Glieder; die Spannungen selbst aber sind mit der Zahl und Kraft der mitberührenden Erreger veränderlich *) (weil = veränderlich ist). 3. Bei jeder Vereinigung von Erregern ist die Summe der Spannungen — 0. Die beiden letzten Gesetze sind die Grundgeseize der electrischen Spannungsreihe. Betrachten wir noch einige Einzelfälle : 1. Sind die erregenden Kräfte mehrerer Elemente, die sich berühren, unter sich gleich % SR ; s s und bezeichnet man sie mit a, a, a...., so ist ebenfalls — —a und,” —a—0. Es findet keine Erregung Statt. 2. Die Spannungen zweier Erreger a und b sind gleich der halben Differenz der erregenden Kräfte. Es ist EIER. ur. und daher 2b = aD und la — az n 2 n 2 n 2 3. Ist der eine Erreger, z. B. a in einer unendlichen Anzahl von Elementen oder, was dasselbe ist, in einem einzigen Elemente von unendlich grofser Oberfläche vorhanden, so ist die Spannung des anderen Elements doppelt so srofs wie im vorigen Falle und —=a—). _ @a+b s 3 ai Ss s Es ist dann nämlich -———— =a; ——a = 0 und ——b = a-l. n n n 4. Sind a und b beide unendlich grofs, so ie und die Spannungen wie bei Nro. 2. Il. Electromotorisches Verhalten der Flüfsigkeiten. Die Flüssigkeiten üben auf die Metalle in vielen Fällen keine electromotorische Wirkung aus, in anderen aber auch nicht unbeträchtliche. Die bisherige Theorie der galvanischen Säule hat sich auf den ersten Fall als die Regel gestützt und den zweiten als Ausnahme behandelt. Es *) Dieser Satz lässt auch folgenden für experimentale Untersuchungen bequemeren Ausdruck zu : Der Spannungs- Unterschied je zweier Erreger ist gleich der Summe ihrer Spannungs-Unterschiede mit irgend einem dritten Erreger, Deun es ist immer (a—x) + (x—b) = a—b, — dom — würde aber schon im Voraus eine Theorie annehmbarer erscheinen, welche umgekelirt auf die allgemeine Wirksamkeit der Flüssigkeit gegründet wäre und ihre Unwirksamkeit als einen spe- ciellen Fall enthielte, also für alle Fälle palste. Eine solche Theorie läfst sich durch die einfache Annahme erreichen, dafs die erregende Kraft einer Flüfsigkeit für verschiedene Metalle verschieden sei. Denn hieraus läfst sich leicht die Fol- gerung ziehen, dafs in der offenen Kette der Spannungs-Unterschied der durch eine Flüssigkeit getrennten Metalle nicht ihrem electromotorischen Verhältnisse entspreche, welches bekanntlich die Bedingung ist, unter welcher bei Schliefsung der Kette ein galvanischer Strom entsteht. Um dies zu zeigen, mögen m und m‘ die erregenden Kräfte zweier Metalle, f und f die entspre- chenden Kräfte einer und derselben Flüssigkeit bezeichnen. Nehme» wir ferner an, was in Zu- kunft immer vorausgesetzt wird, dafs alle Elemente eine gleiche Oberfläche besitzen, die Flüs- sigkeit also so viel, wie die beiden Metalle zusammen, so haben wir bei der Berührung eine Combination von vier Elementen, wovon zwei der Flüssigkeit angehören. Diese vier Elemente besitzen die oben genannten Spannkräfte, welche bezeichnet wurden mit : mr bei Hd; Die Spannungen, welche sie annehmen würden, wenn sie lauter feste Erreger wären, mögen bezeichnet werden mit : Brauer eiife EA Da aber die Electricitälsmengen e und e’ auf der Oberfläche derselben Flüssigkeitsportion entstehen, so werden sie sich ausgleichen und der Betrag der Aenderung, welche sie dadurch erleiden, mufs auch auf E und E’ übergehen, damit der Spannungs-Unterschied erhalten bleibe. : EA ER te . Ber Eee s Nach der Ausgleichung besitzt jede Flüssigkeitshälfte die Electrieitätsmenge 5) Die Zuschüsse Ba r : b EN erh. a von Electricität, welche zu e‘ und e hinzukommen müssen, um sie in 5 überzuführen, be- 2 4 e+e ee! tragen e’— und e— —— oder : 2 2 e’—e e’—e, p) und — 2 ala enmeggle Da I OL Setzt man e'—e—d—f—f/, so ist rm Es sind also +/,d und —'/,d’ an neüvertheilter Electricität zur Ausgleichung von e und e‘ erforderlich. Eine gleiche Menge Electrieität mufs ferner durch Vertheilung entwickelt werden, um als Zuschüsse für E und E’ zu dienen, damit der Spannungs-Unterschied zwischen der Flüssigkeit und den Metallen erhalten bleibe. Spannungen der einfachen Kette. Nach Obigem ergeben sich Spannungen, welche’ den Gleichgewichtszuständ der offenen Kette bilden, durch folgende Uebersicht : — 368 — Ursprüngliche Spannkräfte......... SE ars era m f f m’ Entsprechende Spannungen ............ rende. de Hrealaae E e e’ BE’ Ausgleichende Electrieitäten........ecrseresen0n. ad Hyd —Yd —/,d Electricitäten der ausgeglichenen Kelte........ en E+\,d | e+Y,d e—),d | E'—'),d Zahlenbeispiei. Ursprunpliche ‚Spannkrafte ne en. 2... c2elelerna seine 2 9 1 4 Unausgeglichene Spannungen... ......esserernnnnneee +2 2) +3 0 Ausgleichende Electricitäten..... \agadbree OSSbeDe oe +4 +4 —A —A Ausgeglichene Spannungen... ...u.22222eeseeeeenenee +6 —1 —1 A Der Spannungs-Unterschied der beiden Metalle der offenen Kette ist : E+"/,d—(E’—'/,d)=E—E’+d. Bei metallischer Berührung ist er : E—E'. Jenes d ist also der Unterschieds-Ueberschufs, welcher beim Schliefsen der Kette frei cirku- lirt, die galvanischen Erscheinungen hervorbringt und wovon die Kraft der Keite abhängt. Spannungen der offenen Säule. Verbinden wir zwei offene Ketten miteinander, so dafs die Metalle m und m’, deren Elec- trieitäten E+"/,d und E’—'/,d betragen, sich berühren; so sind ihre Spannungen um +"/,d und —'/,d gröfser als sie bei Berührung aufserhalb der Kette sein würden. Sie müssen sich also ausgleichen und zu diesem Zwecke einen Zusatz von resp. —'/;d und —+!/,d an neuver- theilter Electrieität erhalten. Jedes Glied derselben Kette mufs aber zur Erhaltung des Span- nungs-Unterschiedes einen gleichen Zusatz erhalten. Demnach berechnet sich der Gleichge- wichtszustand einer Säule von zwei einfachen Ketten so : E-+'/,d e+!,d e’—'/;d E’—-V.d; E+',d e+tVW;d e/—/,d E’—!/,d +'/d +yd Hd +yd; —'/d al u a —/;d E+d | e+d e’ Ei; E e e’—d E’—d wo die erste Zeile die Eleciricitäten vor der zweiten Ausgleichung, die zweite die ausglei- chenden Electricitäten und die dritte die Electrieitäten der ausgeglichenen Kelten enthält. } Verbindet man drei Ketten, so entstehen zwei Ausgleichungsstellen, und für jede in der gan- zen Reihe der Glieder ein Zusatz von resp. +'/,d und —Y,d nach folgender Uebersicht : Nro. 1. Nro. 2. Nro. 3. E-+"/,dlje+!/;d e—'/,d|E’— /,d; E+'/,dje+Y,d e'—!,,d|E’—Y/,d; E+"/,dje+'/,d e—'/,d|E’-"/;d +'/.d +14 +'/,d +V.d; —'/,d —/.d —Y,d — 1/24; —'/,d —/;d —/,d -1/,d + + + + Hd Hd Hd el rd — Ya -Yd E-+°/,dje+°/,d e+1/,d|E’+Y.d; E+'/,dje+"/,d e'—V/,d|E’—'/,.d; E—"/,d|je—'/,;d e’—/,d|E’-/,d wo die erste Zeile die unausgeglichenen Ketten, die zweite die Ausgleichung zwischen Kette 4 und 2, die dritte die Ausgleichung zwischen Kelte 2 und 3 und die vierte die ausgeglichene Säule enthält. — 369 — Fährt man in ähnlicher Weise fort, die Ketten paarweise zusammen zu setzen und die Aus- gleichung vorzunehmen, so findet man leicht das Gesetz, nach welchen die Electricitäten nach den Polen hin zunehmen. Folgende Uebersicht wird dasselbe veranschaulichen. Unpaarsäule. Paarsäule. Summa. Summa. E’+',d +d+d+d —=E’+3'/,d E’—1,d +Yd+d+d+d —=E’+3d E-+!/,d —+d+d =E+2Y,d E-+!/,d +,,d+d+d =E+3d e+1/,d +d+d =e-+2/,d ? e+1/,d —+1,d+d+d =e+3d ad re ed | re a N RR RBREN is. lı Ed +d+d =E'+14d } Ed +'4d4d+d —E+2d E-+'/,d +d =E+1'/d E+!/,d +'\,d+d =E+2d | e-+'/,d +d =e+1Y,d e+Y,d +1,d+d =e-+2d e—1/,d euere ei y.d RE OR ni. E’—Y,d "+d =E’+'/,d E'’—Y,d +Y,d+d =E’+d E-+'/,d —E+!,d | h E-+'/,d +Y, —E+d 1 e+'/,d —e+'/,d AS+ Zu e+'/;d +),d —e+d BERlahe iatultite elula.nidlale aldte bed deines s ulhlelhleneieiuia dien e/—Y,d +Y,d —el Ss-+2d. e!—'/,d —e/—"/,d / / 1 E'—!. d —=E’—y,d | 1,8—Y/.d. E —'/ad +Y.d —=E Erd Br, E-+V,d —!/,d —=E e+Y/,d eg ana a a _, 8-24 1 = 4 x Ss—Ad. e'—\,d —Yd ed |" ren Re ae E'—V,d —),d —=E/d E’—Y,d | —=E’—1Y,d ) ’2 /2 —= E+y,d —d-d =E-17/,d Ba ET e+ 7/2 omg ET Su Pe e—Y,d ee N. ed —dod ernn,a | 8 3 £ a gi E/—Y,d —1,d—d —E'—2d Se 2 Be ld dd —=E—d | E—Y,d —d—d—d =E—3! z Ya E 3Y,d e+!/,d —1/,d—d—d —e—2d | ade E-yd —Y,d-d—d —=E’—3d E+',d —y,d—d—d—d =E—3d Die in der vorigen Uebersicht mit „Summa“ überschriebene Reihe enthält die Summe der in Jeder Kelte enthaltenen freien Electricitätsmengen, wobei E-te-te‘+E’—=S gesetzt ist. Es ist A7 —e I — dieses S=0, weil die Eleetrieitäten E, e, e’ und E‘ durch Vertheilung neutraler Electricitäten entstanden sind. Es ist ferner die Electrieität zweier sich berührender Metalle halb zur einen, halb zur andern Kette gerechnet worden, weil sie wirklich sowohl von der Flüssigkeit der einen wie der andern Kette erregt worden ist. Hieraus wird klar werden, warum bei der mittleren Kette der Unpaarsäule die Electrieität der positiven Hälfte -> + Y,d und die der negaliven Hälfte = = — '/,d angegeben worden ist. Die erstere ist : E+E' d ‘ 1% (E’+Y,d) +Y (E+'4,d) +e+Y,d = + Zn => —+Y,d. Die andere ist: E+E' d Kb 2 E0) +, EYl) Hey = I + = g/l Nennt man die Differenz, welche man erhält, wenn man die algebraische Summe der Elec- trieitäten der negativen Hälfte einer Säule algebraisch abzieht von der der positiven Hälfte, den Spannungs-Unterschied einer Säule, so ergeben sich aus obigen Uebersichten durch eine sehr einfache Rechnung folgende Gesetze für die Spannungen offener Säulen : 1. Die algebraische Summe der freien Electrieitäten jeder einzelnen Säule ist ein ganzes Vielfaches von d d. h. von dem Spannungs-Unterschiede einer einzelnen Kette. . Die Unterschiede der ganzen Säulen nehmen zu wie die Quadrate der Anzahl der Ketten. 3. Die mit jeder neuen Kette hinzukommenden Unterschiede wachsen also wie die ungraden Zahlen. 180) 4. Werden die Unterschiede der ganzen Säulen gleichmäfsig auf alle Ketten vertheilt ge- . dacht, so wachsen die auf die einzelne Kette kommenden Unterschiede wie die Anzahl dieser Ketten. 5. Die Unterschiede der Endglieder (Pole) nehmen zu wie die Anzahl der Kelten. Es sind also bei Säulen von......... oe rel elcıe 2.0.0 Melsfeieke sat usa .A.2 3 Akelien. Die Unterschiede der saulen®.... u... «seele mjun es sefalonsn eben meden 5.404916 Die gleichvertheilten Unterschiede ............r202... an REINE DieUnterschiederder-Bolet; .. .: 2. Ai een ee ee = ein Man wird bemerken, dafs die unter 2, 3, 4 angeführten Gesetze denen des freien Falls ana- log sind, mit dem Unterschiede jedoch, dafs die Beschleunigungsgesetze der Bewegung hier für den Zustand der Beharrung gelten und umgekehrt, in so fern man nämlich annehmen darf, dafs von der Gröfse des gleichvertheilten Unterschiedes die Stärke des galvanischen Stromes abhängt. Der früher erwähnte Fall, dafs die Flüssigkeit nicht electromotorisch wirkt, tritt dann ein, wenn die entsprechenden beiden Erregungswerthe derselben denen der Metalle gleich sind, nämlich {m und f—m’. In diesem Falle findet in der einfachen Kette keine Electrieitäts-Ent- wickelung Statt und in der offenen Säule ist die Unterschieds-Einheit d=f-f=m— m gleich dem Spannungs-Unterschiede der Metalle. ee — 371 — Man hätte daher dieselben Geselze auch aus der bisherigen Berechnungsweise der Säule her- leiten können, wenn man nur beachtete, dafs die Electrieität eines Metalles halb der eigenen, halb der benachbarten Kette zugezählt werden müsse und daher die Electricitäten der Endme- talle überhaupt nur zur Hälfte in Rechnung kommen, wenn sie gleiche Oberfläche besitzen, wie die übrigen oder dafs sie nur halb so grofs, wie diese angenommen werden müssen, wenn ihre Electrieitätsmenge ganz in Rechnung kommen soll. Folgende Uebersicht wird dies deut- licher machen. — Es werde darin die Menge positiver Electrieität, welche das Zink (Zr) und die halbe Portion Flüssigkeit (Fl) zusammen annehmen, wenn ersteres mit Kupfer (Cu) berührt wird —=+1 gesetzt. Unpaarsäule. Paarsäule. Cu — 6 Cu — 7 Zn Zn — 5 a . Fl 8 n — 10 Fl h DE Sl Cu ke en nn Zn 3 z Rn = da Fl rR Re: ek | FI Cu — 2 Cu Zn 1 7 BEP PNPAD EBENE UERNEINBERLE ag | Zu 0 4 Fl io Fl Fl ey Een als teletainınt ta aha. a atehn Marne, lee en Cu Fl 1) 4 Zn Cu nr Fl + 1 Fl + 2 Zn 1 Fl + 2 \ Cu a7 Fl 2: Zn tr 2 Fi + 3 x a up \ + 3 er ar Z Fl n u 3° e PB Cu + 5 +10 +5 Zu + 6 Cu = m Es ergeben sich ferner aus dem Vorigen noch folgende Beziehungen : 1. Da die erregenden Werthe der Flüssigkeit von denen der Metalle wenig verschieden sind, so wird auch der Werth von d wenig verschieden sein von dem Werthe von m—m‘. Ist nämlich =m-d und f=m‘—d’, so ist d=m—d— (m’/—d‘) =m—m’+d'—d. 2. Damit die Stärke des Stroms bei Säulen von gleicher Flüssigkeit und verschiedenen Me- tallen dem Spannungs-Unterschiede der Metalle proportinal sei, mufs d’—d proportional sein m—m’. 3. Wenn letzteres der Fall ist und die Stromstärke von d abhängt, so mufs sich zwischen den Stromkräften eine ähnliche Beziehung finden, wie zwischen den Spannungs-Unter- schieden der Metalle. Der Spannungs-Unterschied zweier Metalle ist nämlich die Summe der Spannungs-Unterschiede derselben mit einem dritten Metalle. — Die entsprechende Beziehung zwischen den Stromslärken hat Poggendorf kürzlich experimentell nachge- wiesen, und daraus darf man also, wenn die gegenwärtige Theorie überhaupt richtig ist, schliefsen, dafs d‘’—d proportinal sei m—m’. Die angeführte Theorie ist auch auf die thermoelectrischen Ströme anwendbar, wenn man annimmt, dafs durch die vorhandenen Wärme-Unterschiede entsprechende Erregungs-Unter- schiede hervorgebracht werden. Herr Professor Dr. Böttger theilte ein höchst einfaches Verfahren mit, die geringsten Spuren von Mangan in Hölzern, Kohlen, organischen Säuren u. s. w., besonders in solchen Fällen, wo einem kaum wägbare Mengen von den genannten Stoffen zu Gebote ständen, in wenig Au- genblicken ganz zuverlässig nachzuweisen. Das Verfahren selbst besteht in Folgendem : Man bringe in einem kleinen Probirglase ein paar Drachmen vollkommen manganfreies chlorsaures Kali über einer einfachen Weingeistlampe in Flufs, bis sich Sauerstoffgas zu entwickeln be- ginnt; und werfe dann ein oder ein paar erbsengrofse Stücke von der zu prüfenden Holzkohle, Graphit, Kock und dergl. unmittelbar auf die schmelzende Salzınasse. Hierbei tritt in den mei- sten Fällen eine sehr glänzende, immer aber völlig gefahrlose Verbrennungs-Erscheinung ein; bei der Anwendung von Kohle, sieht man diese bis zu ihrem gänzlichen Verschwinden in dem Probirglase auf- und abhüpfen, und es resultirt endlich beim Erkalten, falls die angewandte Kohle manganhaltig war, in Folge der Bildung übermangansauren Kalis, eine schwach röthlich (rosa) gefärbte Salzmasse. Auf diese Weise wies der Genannte durch mehrere wohlgelungene Versuche den Mangangehalt eines kaum erbsengrofsen Stückes Korkhols, Buchenholzkohle, Graphit u. s. w. nach, und zeigte endlich noch die gefahrlose Verbrennung des Schwefels , beim Aufwerfen desselben (in erbsengrofsen Stückchen) auf das in Flufs gesetzte chlorsaure Kali, wobei in Folge der Bildung von schwefelsaurem Kali sich ein höchst intensives weifses Licht kundgab, das dem glich, welches bei der Verbrennung des Phosphors in einer Atmosphäre von Sauerstoffgas auftritt, Derselbe legte der Section guten englischen Graphit vor, den er einige Zeit hindurch mit einem Gemisch von Salpetersäure- und Schwefelsäurehydrat (1 Theil Salpetersäure von 1,51 spec. Gew. auf 2 Theile Schwefelsäure von 1,48 spec. Gew.) in der Siedhitze behandelt, sodann mit starker Aetzkalilauge gekocht und vollständig mit Wasser ausgesüfst hatte. Der so behan- delte, scheinbar völlig entsäuerte Graphit zeigte beim Erhitzen in einem Platinschälchen über der gewöhnlichen Weingeistlampe, die auffallende Erscheinung, sich zu einer ungemein volumi- nösen, die Ränder des Schälchens weit überschreitenden Mafse aufzublähen, ein Verhalten, ganz analog demjenigen, welches von Marchand zuerst bei der Behandlung des Graphits mit Schwefelsäure allein beobachtet worden, hier aber in einem weit auffallenderen Grade sich zu erkennen gab. Böttger führte dabei an, dafs ein mit jenem Säuregemisch behandelter Graphit , wie lange man ihn auch nachgehends mit Kalilauge behandle, dennoch beim Erhitzen, sowohl salpetersaure, wie schwefelsaure Dämpfe ausstofse, so dafs es beinahe den Anschein habe, als ob genannte Säuren sick chemisch mit dem Graphit verbunden hätten. 2, SITZUNG. Mittwoch, den 22, September, Präsident : Herr Geheimer und Medizinalrath Mitscherlich. Der Section wurden folgende Schriften vorgelegt : 1. Notice sur l’etat de ’oxydation du fer contenu dans le sol, par M. Richard Phillips jun. Traduit par M. Louvet. Extrait du Bulletin du Musee de l’Industrie. 2. livr. 1845. 2. Sur les recentes explosions de coton-poudre en Angleterre, par M. Louyet. Extrait du Bulletin du Musee de l’Industrie. 3. livr. 1847. 3. De la veritable. nature de l’acide fluorhydrique anhydre, par M. Louyet, de Bruxelles. Extrait des Comptes rendus des seances de l’Academie des sciences. Tome XXIV. Herr Professor Dr. Loyet hielt folgenden Vortrag über die Darstellung des Fluors, die Zusammensetzung der Fluorverbindungen, über das Atomgewicht des Fluors und des Fluorwasserstoffs , wobei er zugleich den von ihm aus Flufsspath könstruirten ausgezeichneten Apparat erklärte : Je m’oecupe depuis longtemps de l’isolement du fluor, et j’ai fait dans ce but differentes ten- tatives. Neanmoins ces experiences bien que m’ayant donne des r&sultats nouveaux et satisfai- sants, n’auraient pas encore et& livrees ä la publieite, si ’on ne m’avait fait craindre la con- eurrence d’un autre chimiste, pour prendre date, j’ai donc publie ce que j’avais fait jusqu’ä ce jour, me reservant de prefectionner mon travail, de continuer et varier mes recherches dans la suite. Le 23 Novembre 1846 j’ai presente ä l’Academie des Sciences de Paris un memoire sur le sujet que je viens d’indiquer, et dans la seance du m&me jour, j'ai eu l’'honneur de lire un extrait de ce travail. Comme cet extrait seul a &t& livre ä la publieite et que la commis- sion nommee par l’Academie n’a pas fait encore de rapport sur mes recherches, comme de plus ia nature des ces experimens, les apparails particuliers que j’ai du employer, etaient de nature ä interesser tous les chimistes, j’ai pris la libert& de demander la parole pour dire quelques mots sur le sujet, et presenter mes instruments ä la section de chimie de l’assemblee scienti- fique reunie en ce moment ä Aix-la-Chapelle. — 3 Le premier but de mon travail a et& l’isolement du fluor. — J’ai eu ä ma disposition les appareils qui avaient servi ä MM. Ch. Knox et G@. Knox, membres de l’Academie Royale d’Ir- lande; en outre le dernier de ces savanls ä eu l’extröme obligeance de me faire construire ä Londres tous ceux que je desirais. Ces appareils sont faits en spath fluor du Derbyshyre, lequel est tout-a-fail pur de silice, comme je m’en suis convaincu par experience, J’ai decouvert, que l’on pourrait faire cristalliser le fluorure d’argent pourvu que l’on abaisse la temperature de la solution concentree jusqu’a zero.— On obtient alors une masse cristallisee aiguillee. J’ai decouvert de m&me un fluorure de mereure cristallise. On l’obtieni en faisant digerer ä froid l’acide fluorhydrique etendu sur du protoxyde de mercure. Remuant de temps-en-temps, filtrant la dissolution a l’aide d’une entonnoir de platine, la concentrant par la chaleur, et l’a- bandonnant ä une Evaporalion spontane dans capsule de platine, on obtient des aiguilles trans- sparentes et incolores, qui jaunissent a l’air ce que j'aliribue ä la formation d’acide fluorhy- drique et d’un oxydofluorure de mercure. L’action du fluorure d’argent fondu sur la silice et l’acide borique m’a permis de demontrer experimentalement la presence de l’oxygene dans ces corps, en preparant ce gaz avec leur aide. — Je chauffe dans des tubes de verre, fermes par un bout, de la silice ou de l’acide borique fondu pulverise avee un morceau de fluorure d’argent fondu; je ferme le tube par un bouchon surmonte d’un petit tube e£troit qui va s’engager dans une petite cloche pleine de mer- eure renversee sur le cuve ä mercure. Par la reaction du fluorure d’argent sur les acides si- lieique et borique, il se forme des fluorures de silicium ou de bore, qui se degagent avec Voxygene des acides et il reste de l’argent melallique. — Si !’on agite le melange du gaz recueilli avec une solution de potasse, les gaz acides fluorsilicigue ou fluorborique sont absorbes et l’oxygene reste pur. — Ü’est une experience elegante et facile pour les cours de chimie. — Quand on agit avec la silice, au-dessus du melange de silice et de fluorure d’argent, on verse du sable sec de maniere a expulser presque tout l’air atmospherique de l’appareil. Avec Vacide borique il faut prendre d’abord la precaution de verser un peu de spathfluor en poudre au fond du tube pour &viter que l’acide borique ne troue celui-ci, ensuite 'il faut s’arranger de maniere ä empecher le contact entre les parois du tube et le morceau de fluorure d’argent qu’on y introduit, sans quoi le fluorure agirait sur le verre de preference ä l’acide borique. Hierauf sprach Herr Dr. Strecker aus Giefsen über Ochsengalle und zeigte dabei die von ihm aus der Galle bereiteten Salze und Säuren und anderen Präparate vor. Der Vortrag findet sich vollständig abgedruckt in den Annalen der Chemie und Pharmacie, LXV. Bd., 1. Heft, S. 1-37. — ua 3, SITZUNG. Freitag, den 24, September, Präsident : Herr Medicinal-Assessor Dr. Mohr. Herr Professor Fresenius hielt einen Vortrag über den Ernährungsprozels und den Werth der Nahrungsmittel. — Hierauf sprach Herr Dr. Bromeis aus Hanau über die Kohlensäurebildung der Quellen der Weiterau.— Hieran reihete sich ein Vortrag des Herrn Dr. Henneberg über phosphor- saure Salze, die er mit Herrn Dr. Fleitmann in Giefsen gemeinschaftlich bearbeitet und im La- boratorium des Herrn Professor Liebig untersucht hat; derselbe befindet sich in einer späteren Umarbeitung vollständig abgedruckt in Liebig’s Annalen, Band 65, Seite 304—334. März 1848. Präsident : Herr Professor Dr. Müller aus Freiburg. Herr Oberiehrer Heis aus Aachen hielt einen Vortrag über Sternschnuppen. Nach kurzer Einleitung über die Sternschnuppen im Allgemeinen und insbesondere über die periodischen führte derselbe an, dafs vom Jahre 1839 bis 1847 in den Tagen des 8., 9. und 10. August im Ganzen 1540 Sternschnuppen zu Aachen beobachtet worden seien und zwar 37 im Jahre 1839, 136 im Jahre 1841, 526 im Jahre 1842, 109 im Jahre 1844, 732 im Jahre 1847 *). In den Tagen des 11., 12. und 13. November wurden in demselben Zeitraume 463 Beobachtungen angestellt und zwar 119 im Jahre 1839, 35 im Jahre 1841, 5 im Jahre 1843, 304 im Jahre 1846 **). Herr Heis gab alsdann die Methode zur Bestimmung der Convergenzpunkte der periodischen Sternschnuppen an. Seine vielfachen Untersuchungen führten zu dem interessanten Resultate, worauf man bisher nicht gekommen, dafs man zur Annahme von mehr als einem Convergenz- punkte genöthigt sei, indem die Zusammenstellung der Beobachtungen zeige, dafs Gruppen von parallel laufenden Bahnen von andern Gruppen ebenfalls unter sich parallel laufenden Bah- nen unter rechten oder schiefen Winkeln durchschnitten würden. Als Haupteonvergenzpunkt für die Sternschnuppenbahnen der Augusiperiode wurde ein Punkt A von 50° Rectascension und —+ 50° Declination in der Nähe des Sternes Algol im Perseus, als zweiter ein Punkt B in der Nähe des Sterns 64Fl. im Drachen von 302° Rectascension und + 65°Declination, als dritter ein Punkt N in der Nähe des Nordpols nahe beim Sterne 32 H. im Cepheus von 337° Rectascension und —+ 86° Declination angegeben. Für die Novemberperiode führten seine Untersuchungen auf einen *) Hierzu kamen noch 221 im Jahre 1848 und 464 im Jahre 1349, so dass die Zahl sänimtlicher in den letzten 11 Jahren in Aachen während der Augustperiode beobuchteten Sternschnuppen 2155 beträgt. *%*) Hierzu kamen noch 50 im Jahre 1847 und 37 im Jalıre 1848, so dass die Zahl sämmtlicher Beobachtungen der Novemperiode 550 beträgt, Ausserdem wurde im December 1847 an den Tagen des 8. und 10, 321 und 1848 am 11. 17 Sternschnuppen beobachtet, _ 36 — Hauptconvergenzpunkt P in der Nähe des Sterns im Perseus von 37° Rectascension und + 39° Declination, aufserdem auf einen zweiten Punkt C in der Cassiopeja von 8° Rectascension und —+ 56° Declination, auf einen dritten D im Drachenkopfe nahe beim Sterne 213 B von 280° Rectascension und —+ 51° Declination und auf einen vierten L endlich im Kopfe des grofsen Löwen, unfern vom Sterne y, von 150° Rectascension und + 28° Declination. Hierauf wurde eine Methode zur Berechnung der Höhen einer an verschiedenen Orten gleich- zeitig gesehenen Sternschnuppe angegeben. Mehrere gleichzeitig in Aachen von dem Sprecher und in Mons von Houzeau im August des Jahres 1842 angestellte Beobachtungen ergaben Hö- hen, welche die Höhen unseres Luftkreises bei Weitem übertrafen. Zum Schlusse stellte Herr Heis eine neue Hypothese zur Erklärung der Lichterscheinungen der Sternschnuppen und Feuer- kugeln auf. Der Vortrag findet sich ausführlich in der folgenden Schrift niedergelegt : „Die periodischen Sternschnuppen und die Resultate der Erscheinungen, abgeleitet aus den während der letzten 40 Jahre zu Aachen angestellten Beobachtungen. Hierauf wandte sich der Vortragende zu einigen Bemerkungen über das Zodiakallicht und theilte nach vorausgeschickter Einleitung über das Phänomen im Allgemeinen seine Beobach- tungen über die Erscheinungen desselben vom 14., 15., 16., 17., 18. März 1847 in einer im grofsen Maafsstabe ausgeführten Zeichnung mit. Die Spitze des Zodiakallichtes ging am 14. März 8 Uhr Abends bis zu d im Widder und 18. März über die Plejaden hinaus. Zum Schlusse wurde ein von dem hiesigen Fabrikanten Herrn Benrath sauber ausgeführtes Modell der Bahnen der 7 Asteroiden Ceres, Pallas, Juno, Vesta, Astraea, Hebe und Iris vor- gezeigt und auf die gegenseitige Lage der Bahnen und ihr gegenseitiges Ineinandergreifen auf- merksam gemacht und zugleich auf das Verhältnifs der Asteroiden in Bezug auf die übrigen Planeten und auf die Kometen von kurzer Umlaufszeit hingewiesen. Herr Professor Frische aus Stuttgart knüpfte an den letztern Vortrag einige Bemerkungen über das Keppler’sche (Bode’sche) Gesetz des Abstandes der Planeten von der Sonne. Herr Professor Frische, welcher die Herausgabe sämmtlicher Schriften Keppler’s beabsichtigt und im Besitze von fast allen Werken Keppler’s ist, fordert die Versammlung auf, die ihm fehlenden Schriften, welche sich vielleicht in den Händen des Einen oder des Andern befinden mögen, mitzutheilen. Herr Professor Dr. Müller aus Freiburg hielt hierauf einen Vortrag über die Vergleichung der natürlichen Farben der Körper mit den Interferenzfarben und weist nach, dafs die natürlichen Farben der Körper sich nicht durch die Vibrationstheörie erklären lassen. Zuletzt sprach Herr Mechanikus Rheydt über excentrisch wirkende Universal-Mühlen nach Bogardus. Nachdem er auf die Fehler der gewöhnlichen Mühlen aufmerksam gemacht, setzte er die Vortheile der excentrischen Bogardus-Mühlen, deren Mahlsteine aus hartem Metall ange- fertigt sind, auseinander und erwähnte der von ihm selbst angebrachten bedeutenden Verbes- serungen. Herr Professor Dr. Böttger sprach über die Einwirkung starker Electromagnete auf magne- tische und diamagnetische, desgleichen auf eisenfreie und eisenhaltige krystallisirte Körper und erwähnte dabei der interessanten Plücker'schen Versuche über das Verhalten des Turmalins u. s. w. zum Magnetismus, unter Anstellung einiger hierauf sich beziehenden Versuche mit einem vom Mechanikus Efter aus Bonn der Section vorgelesten kräftigen Electromagneten *). Herr Professor Dr. Müller sprach hierauf über einen sehr einfachen Apparat zur Darstellung der Grundgesetze der Brechung der Lichtstrahlen; eine ähnliche demselben Zwecke entspre- chende Vorrichtung theilte Herr Dr. Greifs mit. Herr Oberlehrer Heis zeigte das der Section eingesandte Modell eines von Herrn Professor von Boguslawski, Director der Sternwarte zu Breslau, erfundenen astronomischen Reise-Univer- salstativs vor und erläuterte an demselben die Einrichtung und den Zweck. Dieses Universal- stativ gestaltet mit einem und demselben Fernrohre und von einem einzigen unveränderten Standpunkte aus die Beobachtungen eines Culminatoriums, eines drehbaren Passage-Instruments oder eines Theolithen und Nivellir-Instruments und endlich, sobald man will, auch die eines Aequatorials. Beiliegende Tafel VI zeigt die Abbildung dieser höchst zweckmäfsigen, in der Ausführung äufserst wenig kostspieligen Vorrichtung in seinen einzelnen Theilen. Weil alle Längen-Dimensionen an diesem Stative von der Länge des Fernrohrs (1) ab- hängig sind, so ist diese letztere als Mafsstab (Einheit) für jene zu Grunde gelegt, und hiezu in zwölf Theile getheilt worden. Der Fufsrahmen (2) (dessen angemessene Stärke der Mechanikus bei der Ausführung zu beurtheilen hat) hat die Gestalt eines Quadranten, dessen Radius wie z. B. der mittlere EW eine halbe Fernrohrs-Länge mifst, und ‘/, der Länge EW von W und E enifernt zwei Trage- Schienen trägt, deren jede hinwiederum eine der beiden unter (3) abgebildeten Stützen oder Azenträger zu tragen erhält, welche von der rhombischen Oeffnung R bis zu der Fufsschraube U u u ebenfalls wieder die halbe Länge des Fernrohrs zur Höhe haben müssen. Jeder dersel- ben wird durch drei Anzieheschrauben U mit dem Fufsrahmen, zuvörderst mit dessen Trage- schienen verbunden. Der erforderliche Abstand der beiden Axpfannen über der rhombischen Oeffnung R wird weiter unten in Betrachtung gezogen werden. Diese Arpfannen P P der beiden Stützen sind zur Auflagerung der Axe zum Umlegen () bestimmt, so dafs die cylindrischen Zapfen, welche aufsen dicht vor den Axpfannen (oder Zapfen) hervorragen, die Libelle (5) zum Nivellement der genannten Axe (A) noch aufnehmen können, und dann nach aufsen hin in zwei senkrecht mit ihnen fest verbundenen Schienen endigen. Die Länge dieser beiden Schienen wird bedingt durch das Gewicht des Fernrohrs (1), durch das des Kreises (6) und durch den gewählten Durchmesser des letzteren. Damit die beiden obengenannten, auf der Tafel mit (3) bezeichneten Tragestützen oben und unten in der gehörigen Weite auseinandergehalten werden, sind drei Riegel (7, 8, 9 er- forderlich. Da der obere Riegel (7) und der mittlere (8) eventualiter weiterhin dazu dienen sollen, einer langen cylindrischen Axe den Durchgang durch ihre Mitte zu gestatten, so mufs diese Mitte bei beiden sogleich von Hause aus die dazu erforderliche Stärke erhalten. *) Der Preis des zweckmässig eingerichteten Apparates ist 45 Thlr, 48 ——.: 0 Weil endlich auch noch der Fall vorausgesehen werden mufs, dafs zwei Quadranten, wie unter (16) einer abgebildet worden ist, innerhalb an die beiden Stützen (3) sich anlehnend in der Folge noch eingezogen werden, und durch die drei Riegel ebenfalls auseinandergehalten werden müssen, so mufs bis dahin der oberste Riegel (7) auf jeder Seite eine kreisförmige Zwischenplatte (10) von Dicke der künftigen Quadranten lose aufgesteckt erhalten, während die beiden untern Riegel auf jeder Seite in eine ebenso starke Ziischenplatte (11) reichen, welche bis dahin an jede der beiden Stützen unterhalb durch Schrauben befestigt wird. Dann wird zur Aufstellung des Stativs der Fufsrahmen (2) auf eine Unterlage von gehöriger Festigkeit so aufgelegt, dafs er angenähert nach den Weltgegenden orientirt ist, d. h. so, dafs der mittlere Radius E W des Quadranten nahe zu von Ost nach West gerichtet ist, und die östliche Trageschiene von Nord nach Süd. Dann wird unten die westliche Fufsschraube W von den drei Fufsplatten (12) diejenige von eylindrischer Form W, welche unterhalb in der Mitte eine in die Unterlage eingreifende Spitze hat, so untergeschoben, dafs die untere Spitze der Fufsschraube gerade in die kleine stählerne Vertiefung oder Pfanne trifft. Die Fufsplatte für die Nordschraube Nd schiebt sich auf einem kastenförmigen Untersalz frei längs einer Spille, welche durch eine untere Vertiefung der Platte hindurchgeht und so gestellt wird, dafs sie so nahe als möglich eine Kreistangente zum Centrum W bildet. Während die Fufsplatte uNd sich nur secundär fortschiebt, wird bei erforderlichen Azimutal- Correktionen die südliche Fufsplatte uSd durch eine Schraube primär bewegt, und zwar auch wieder in der Richtung einer Kreistangente zum Mittelpunkte W. Ist der Fufsrahmen (2) in dieser Weise auf die Unterlage aufgelegt, einigermafsen orientirt und noch zuletzt durch eine Dosen-Libelle beiläufig in das Niveau gebracht worden: dann wer- den die beiden Axträger oder Stützen (3) aufgerichtet, und durch die Fufsschrauben « beiläufig befestigt, nachdem die drei Riegel (7, 8, 9) nebst ihren Zwischenplatten (10 und 14) dazwi- schen gebracht worden sind. Zur Zusammenhaltung dienen endlich B B B verschraubte Bolzen, welche ihre Stelle oberhalb der Mitte der Stützen haben. Hiermit ist das Stativ, so weit es als Culminatorium I dienen soll, aufgerichtet und bereit, durch Einlagerung der Umlegungs-Axe (A) mit dem daran befindlichen Fernrohre und Kreise in die Axpfannen P P nach vollständiger Regulirung seine Funktionen zu beginnen. Diese Regulirung fängt damit an, dafs nach Einlegung der Axe (A) in die Axpfannen P P mittelst der beiden Laufgewichte G @ an den Spillen der Schiene $ zum Fernrohr und mittelst denen G’ G‘ an der Schiene S‘ zum Kreise das Gleichgewicht in der Richtung des Fernrohrs ausgeglichen wird, so dafs letzteres frei schwebend in horizontaler Richlung wie in jeder schrägen ruhig verharrt. Hierauf wird die Axe (4) wieder ausgehoben und mit der Kante H in der Mitte auf einem erhabenen festen Punkte so aufgelagert, dafs sie mit Fernrohr und Kreis frei schwebt. Dann ist es leicht, mittelst der Laufgewichte Gh und Gh’, welche beide genau in der verlängerten Rich- ar tung der Axe (A) sich verschieben lassen, das vollständige Gleichgewicht der Fernrohrseite mit der Kreisseite zu bewirken. In ihre Axlager P P wieder eingelegt, kann dann ihre Horizontalität durch die Libelle (5) vollständig in beiden Lagen geprüft und die gefundenen Fehler nach Erfordern mittelst der drei Fufsschrauben corrigirt werden. Auch wird bei öfterer Vornahme des Nivellements weiter- hin auch wohl immer eine kleine Verschiedenheit in der Dicke der Axpfannen gefunden, deren geringer Betrag man indessen doch nicht gern verabsäumt durch eine kleine Corrections- Rechnung bei jeder Beobachtung zu berücksichtigen. Zuletzt wird, und so oft es erforderlich scheint, die Richtung der Axe (A) von Ost nach West d. i. die Orientirung der Fufsplatte (2) überhaupt durch Beobachtung zweier dazu geeigneter Sterne auf.die bekannte Weise untersucht, um den gefundenen Azimutalfehler entweder mittelst der Schraube an der Fufsplatte «sd mög- lichst zu entfernen, oder, wenn er nur geringfügig gefunden wurde bei den Beobachtungsre- sultaten durch Anbringung einer numerischen Correktion zu beseitigen. Es darf hier nicht erst weiter erwähnt werden, dafs auch die übrigen kleinen Correktionen, welche jeder beobachtete Durchgang durch den Meridian erfordert, bei diesem Culminatorium gehörig ermittelt werden können : die des Collimationsfehlers und die Reduction der Seiten- fäden auf den Mittelfaden in bekannter Weise aus Beobachtungen eines Circumpolarsternes, die Correktion der nicht ganz senkrechten Bewegung. des Fernrohrs durch beständige Anwen- dung der Libelle. Wer nichts weiter, als ein Culminatorium, ein Passage-Instrument im Meridian, verlangt, wie z. B. unter Andern das Bedürfnifs der Chronometer-Verfertiger, wird dasselbe durch die Einrichtung bis hieher schon vollkommen befriedigt finden, ja es wird eine nur beiläufige Zeitbestimmung mittelst der Sonne auch schon dann hiemit erlangt werden, wenn statt des Fernrohrs ein einfaches Diopter-Lineal, und statt des Kreises (6) ein blofses Gegengewicht in Anwendung gebracht wird. Dagegen kann das Stativ noch zu vielen andern nützlichen und interessanten Beobachtungen befähigt werden , wenn man noch eine lange Axe (13) hinzufügt, zu deren Aufnahme die Ver- stärkungen in der Mitte des oberen Riegels (7) und des mittleren (8) sehr leicht zu conischen Axplannen so ausgedreht werden können, dafs die untere Spitze der langen Axe gerade bis auf den untersten Riegel (9) auf eine von ihm getragene Federplatte (&) hinabreicht. Auf die neue entstandene conische Axpfanne im obersten Riegel wird ein nach Bedürfnifs eingetheilter Kreis (14) aufgesetzt und verschraubt, auf welchem sich vier über Kreuz stehende Nonien n n n n aufsetzen, welche in der Mitte der langen Axe befestiget sind. Da diese Axe eine ganze Länge des Fernrohrs hat, so erstreckt sie sich noch um eine halbe Länge desselben über die Nonien hinaus, um oben noch ein aufgestecktes Kreuz mit vier Axpfannen p p p p zu tragen, welche wie die P P oberhalb der Stützen die Axe zum Umlegen (4) aufzunehmen be- stimmt sind, und daher auch je zwei genau so weit auseinander entfernt sein müssen, als P von P. Von den je zwei und zwei zu einander gehörigen Axpfannen hat immer die eine zur horizontalen Correktion, die andere zur vertikalen, eine Vorrichtung. Die vier horizontalen Ax- — 380 — pfannenträger stützen sich mittelst vier Federn nach unten auf die vier Nonienträger , welche hinwiederum auf dem Kreise (14) aufliegen. Wird die Axe (A) mit Fernrohr und Kreis in das eine Paar Axpfannen eingelegt, so ist das drehbare Passage-Instrument fertig, welches durch Hülfe der Libelle (5) dann mittelst der drei Fufsschrauben W, Nd und $d, ferner in Bezug auf die Axträger (3) durch deren sechs Fufs- schrauben U und sechs Stofsschrauben V, und endlich in Bezug auf die beiden Axlager pp durch deren vertikale Correktionen bei wiederholter Umlegung der Axe (A) mit aufgelegter Libelle vollständig auscorrigirt werden kann. Wird dies auch für das andere Axlager-Paar p’ p‘ wiederholt, so kann man mittelst der Cor- rektion der Axpfannen im azimutalen Sinne diese immer paarweise rechtwinkelig zu einander reguliren, was zu Beobachtungen im ersten Vertical vom wesentlichen Vortheil ist, zumal da es leicht ist, immer jedes Paar Axpfannen p p der langen Axe mit denen P P der Stützen (3) in Bezug auf den Meridian übereinstimmend zu corrigiren. Hiernach lassen sich auch der Azi- mutalkreis und dessen vier Nonien n n n n sehr genau in Bezug auf den Nullpunkt reguliren, so dafs, wenn sonst die Schärfe der Eintheilung des Kreises es zuläfst, das Instrument als Theodolith und, wenn auch die Eintheilung des Kreises (6) entsprechend ist, als Universal-Instru- ment seine vollständigen Dienste leisten kann. Endlich mufs noch bemerkt werden, dafs das Instrument in dieser Gestalt ebenfalls sehr leicht zu Beobachtung von Niveau-Differenzen eingerichtet werden kann, dadurch, dafs man den Träger (15) für die Libelle (5) auf den Kreis (6) aufsetzt, wenn das Fernrohr (1) die dazu geeignete, horizontale Richtung erhalten hat. Die hier geschilderte Einrichtung des Stativs mit senkrechter Stellung der langen Axe (13) gestattet hiernach eine ganze Reihe höchstnützlicher Beobachtungen, welche indessen alle in die Klasse der Untersuchungen gehören, welche für gewöhnlich nicht alle Tage, sondern nur von Zeit zu Zeit als Ausführung von Beobachtungs-Reihen vorkommen. In den Zwischenzeiten würden dann mit diesem Stativ nur Meridian-Beobachtungen angestellt werden können. Diese sind freilich vor allen hochgeschätzt, und werden als Fundamental- Beobachtungen betrachtet, besonders, wenn dabei der Höhenkreis (6) durch seine Theilung auch sehr scharf und genau Zenith-Distanzen angiebt; allein, mit Ausnahme weniger, sind diese vortrefliichen Beobachtungen nur möglich, wenn das betreffende Gestirn bei Abwesenheit des Tageslichts culminirt. j Darum dürfte es wohl ein empfehlender Umstand für das Stativ sein und noch um etwas mehr die gewählte Benennung „Universal-Stativ‘ rechfertigen, dafs es nur noch der leichten Hinzufügung einiger wenigen Stücke bedarf, um die lange Axe unter jeder geographischen Breite zwischen den Polen und dem Aequator parallel mit der jedesmaligen Richtung der Erd- Axe stellen zu können; das Stativ demnach in ein parallaktisches zu verwandeln, und demsel- ben noch einen sehr weiten Kreis täglicher angenehmer und nützlicher Beobachtungen zu eröffnen. Hierzu ist es nur erforderlich, dafs für unsere Breite statt der vier Zwischenscheiben (10) und (11), zwei Quadranten wie (16) eingeschoben werden, welche die halbe Länge des Fern- — 38 — rohrs zum Radius, und die gleiche Dicke, wie jene Zwischenscheiben haben, aber auch die nämliche Oeffnung, wie die obere Zwischenscheibe (10) zur Hindurchlassung der Axzapfen des oberen Riegels (7), unten aber auch die Zapfenlöcher mf, wie die unteren Zwischenplatten (11) zur Aufnahme der Zapfen des mittleren Riegels (8) und des untersten (9) mit der Federplatte haben. Diese beiden Quadranten hängen somit auf dem durch ihre Mittelpunkte gehenden oberen Riegel (7), welcher nunmehr ihre Drehungs-Axe bildet, welche in den rautenförmigen Oeffnun- nungen R der beiden Axträger (3) als Axlager ruht. Aufser den obengenannten drei Haupiriegeln haben noch vier Nebenriegel bbbb, welche durch die äufseren Radien gehen, die Bestimmung, die zwei Quadranten in der bestimmten Entfernung, und parallel zu einander auseinander zu halten, während sie diese'ben zugleich auch durch eine Verschraubung von Aufsen gleich Bolzen suhammenhalten. Zwei Knacken (17) auf dem mittleren, von Ost nach West gehenden Radius des Fufsrahmens über dem nach innen vorspringenden Rande der Felgen der eingeschobenen Quadranten dienen eines Theils zur Führung der theilweisen Umdrehung der Quadvanten, theils zur Festklemmung einer bestimmten Stellung derselben. So lange die Axpfannen des oberen (7) und des unteren Riegels (8) noch senkrecht über einander stehen, wie bei der Stellung als drehbares Passage-Instrument, und in II kann die hineingelassene Axe (13) auch noch auf ihren oberen Axpfannen die aufgelegte Axe (MD mit Fernrohr und Kreis tragen , ohne dafs das Gleichgewicht im System der beiden Quadranten dadurch gestört wird. Bei der .allerkleinsten Drehung der Quadranten um den oberen Riegel (7) wird indessen sogleich eine sehr bedeutende Störung darin eintreten, weil das Gewicht der Axe (A) mit Fernrohr, Kreis und Gegengewichte keinesweges unbedeutend ist, und die Hebellänge noch mehr als die halbe Länge des Fernrohrs beträgt. Darum mufs noch ein bedeu- tendes Moment an Gegengewichten M M unten zwischen den oberen und unteren Riegel ange- bracht werden, am Besten durch scheibenförmige Laufgewichte, welche auf zwei Stengeln zu beiden Seiten der langen Axe verschiebbar sind. Ist hierdurch in. Bezug avf diese letztere ein vollkommenes Gleichgewicht erlangt, so wird sie in jeder Lage zur Verticallinie nebst ihrem Zubehör mit gröfster Leichtigkeit gestellt wer- den können, und dann frei sich überlassen, darin beharren. Ist wie in III die lange Axe ganz genau in die Richtung zur Weltaxe gebracht, so wird der ‚Azimutalkreis (14) [K in I und II] nunmehr zum Stundenkreise, und der Höhenkreis zum De- klinationskreise. In niedrigeren Breiten wird es zweckmäfsig sein, den Axpfannen einen star- ken, oberen Verschlufs, oder vielleicht auch die Form ap zu geben. Wenn der Deklinations- Kreis C (6) nicht unnöthigerweise schwer und massenhaft eingerichtet ist, weil durch Laufge- wichte, wie Gh’ ohnedies die nothwendige Aequilibrirung viel vollständiger und genauer be- wirkt wird, so kann noch ein zweites, leichtes Fernrohr vor den Kreis angebracht werden, 2. B. mit grofsem Vortheil ein Kometensucher, wefshalb auch der Bügel By‘ vor demselben schon voraussichtlich eine weite Biegung erhalten hat. Auf der entgegengesetzten Seite fehlt dagegen das Mittel nicht, das Gleichgewicht dann wieder herzustellen. — 332 — Welche Fülle von Beobachtungen, und welche Annehmlichkeit dabei aufserdem noch Jurch ein parallaktisch montirtes Fernrohr erreicht wird, darf Sachverständigen nicht erst besonders auseinandergesetzt werden. Auch ist in dieser Stellung hinwiederum die Anwendung des Stativs als Culminatorium frei und ungehindert, wenn die Lagen P P über den rhombischen Oeffnungen R R eine solche Höhe haben, dafs die Axe (A) niemals mit der Axe (13) und auch nie mit den aufserhalb angebrach- ten Stützfedern iu Berührung und Collision kommt. Wenn es blofs auf die lange Axe (13) und deren Halbmesser R ankäme, würde für die höchste geographische Breite, unter welchen das Instrument in Gebrauch kommen dürfte, für r den Radius der Axe (4) die Höhe der Mittellinie der letzten über die der Zapfen des oberen R { ! } , Riesels (7) = er sein, unter 60° der Breite wenigstens die Summe der Durchmesser der ’ cosp Axe (A) und des Abstandes der äufseren Fläche zweier gegeneinander überstehenden Trage- schienen s, da wo diese an die Axe (A) stofsen, betragen. In niedrigeren Breiten ist dann diese gefundene Entfernung beider Pfannen von einander noch mehr als hinreichend. Es sind vornehmlich zwei Prinzipien, deren consequente Durchführung dieses Stativ die mei- sten seiner in die Augen springenden Vorzüge verdankt, ja vielleicht alle. Diese sind : 1. das bestimmte Verhältnifs, in welchem alle Längen-Dimensionen desselben zu der Länge des dazu in Anwendung kommenden Fernrohrs stehen, und 2. die völlige Aequilibrirung aller zusammen- gehörigen Theile unter sich, und in Bezug auf den gemeinsamen, jeder Zeit hinlänglich unter- stützten Schwerpunkt. Am Augenfälligsten liegen die Vortheile davon bei der Aufstellung IH als Aequatorial zu Tage. Es giebt in beiden Lagen der Axe (4) keine einzige Stellung des Fernrohrs, bei welcher die weitere Bewegung desselben auf irgend eine Weise gehindert würde. ‚ Es kann ferner diese Art der parallaktischen Aufstellung ohne wesentliche Umänderung in jeder Zone, von beiden Polen bis zum Aequator, in Ausführung und Anwendung gebracht wer- den, ja sogar dann ohne Weiteres, wenn gleich von vorn herein statt zweier Quadranten (16) volle Halbkreise eingezogen worden wären, wie es sogar unerläfslich ist, sobald eine Aufstel- lung desselben in niedrigeren Breiten, als 47° bis 46° nach dem Aequator zu in Aussicht steht. Symmetrie und Gleichgewicht wird indessen gar nicht gestört, wenn in höheren Breiten, als 46° und 47°, d.i. in Zonen, in welchen wie bei uns, für’s Erste das Stativ wohl nur in Anwen- dung kommen dürfte, auf jeder Seite des Halbkreises ein Octant so hinangelassen wird, dafs er vorkommenden Falls auf jeder Seite wieder angesetzt werden kann, wie (18) einen der dann wieder einzuschiebenden Octanten zeigt, (19) die Falzung dabei, und (20) die Ver- schraubung beider Theile. ; Eine aufserordentliche Leichtigkeit bei jeder angebrachten feinen Bewegung ist ebenfalls eine Eigenthümlichkeit beim Bau dieses Stativs durch symmetrische Vertheilung aller Massen daraus hervorgehende Vollkommenheit der Aequilibrirung , und möglichste Reducirung der Reibung auf das Minimum. In Cm II sieht man die Anbringung der Mikrometer-Bewesung Cm an dem corrigirbaren Siegenden Nonius des Declinations- eventualiter Höhenkreises. Der Träger von beiden kann, wie man auch in (13) sieht, an jeder der vier Axpfannen liegen, so wie auch unterhalb der Axpfannen P der Stützen (3) angebracht werden. Statt der Handschrauben zu dieser feinen Bewegung kann ein für den Beobachter am Fern- rohre bequemer, englischer Schlüssel in Anwendung kommen; so in gleicher Weise auch bei der feinen Bewegung Kır am Stunden- eveniualiter Azimutal-Kreise, die wie in Fig. 13 bei dem einen n angebracht sich zeigt. Eine besondere Fürsorge war darauf gerichtet, mit Leichtigkeit und Schnelligkeit die lauge Axe in die Richtung der Weltaxe zu stellen, oder in Jie zum Zenith zurückzubringen. Um da- bei die beiden Quadranten mit Leichtigkeit um den obersten Riegel (7) drehbar zu machen, werden die untersten Schrauben U des Fufses der beiden Stützen (3) etwas gelüftet, ebenso wie die beiden Knacken der Querschiene (17). Dann können mit Leichtigkeit vermittelst der Stofsschrauben V beide Stützen (3) um den geringen Betrag so gehoben werden, dafs die beiden Quadranten nicht mehr auf der Schiene E W des Fufsralhmens (2) ruhen, sondern vom obersten Riegel herabhängend schweben. Sie können dann mit der gröfsten Leichtigkeit ange- nähert in die Stellung gedreht werden, wie sie beim Aequatorial erforderlich ist. Um dann noch genauer, nach Maafsgabe der Prüfung am Himmel die Axe mittelst ganz feiner Drehung der Quadranten in die parallele Richtung zur Weltaxe, oder in die zum Zenith bringen zu kön- nen, hat der westliche Quadrant auf jeder der beiden Seiten der westlichen Stütze eine Klemme, deren jede eine feine Schraube in tangentialerRichtung in Bezug auf den Bogen des Quadranten führt, die sich in entgegengesetzter Richtung gegen den Fufs der westlichen Stütze stemmt, wodurch eine freie Drehung nach jeder der beiden Richtungen, und zuletzt auch eine Fixirung möglich wird. Ruhen dann beide Quadranten wieder auf den Tragschienen E W, fesigeklam- mert durch deren beide Knacken, so dienen endlich auch noch zwei Klemmen am östlichen Quadranten auf beiden Seiten der östlichen Stützen zur völligen Fixirung der vorher geprüften und richtig gefundenen Stellung, indem zwei starke Schrauben mit feinen Gewinden in radialer Richtung vom Centrum des Quadranien aus, au[ die von Nord nach Süd gehende Sehne des Fufsrahmens aufstemmen und jede weitere Rotationsbewegung des östlichen Quadranten, und somit auch des anderen hindern. Es wird nicht erst nothwendig sein, darauf aufmerksam zu machen, dafs das ganze Stativ in allen seinen Verwandlungen unbeschadet seiner Festigkeit aus lauter einzelnen Theilen zusam- mengesetzt ist und daher auch leicht wieder in diese zerlegt werden kann. Dieser Um- stand und die Symmetrie bei den meisten einzelnen Theilen untereinander erleichtert die Verpackung bei Reisen damit aufserordentlich, ja ist sogar bei gröfseren Instrumenten von sol- cher Bedeutung, dafs man auch dann, wenn ein dergleiches Instrument auf seiner Stellung zu verbleiben bestimmt ist, vielleicht Bedenken zu tragen hat, von dieser Construction und Zusam- mensetzung wesentlich abzuweichen. Ueber die spezielle Anwendung des geschilderten Instruments auf Reisen; von der zweck- mälsigsten Verpackung beim Transport; von der jedesmal zu schaffenden festen Grundlage; von — 5 — einer leicht mitzuführenden und doch bei den Beobachtungen nicht hinderlichen Bedachung; von der Regulirung des Fufsrahmens (2) und der Stützen (3) bei der Aufstellung; von der Weise, wie das Fernrohr (1) zur Umlege-Axe (4) und der Kreis (6) zum Fernrohre (A) in Bezug auf Lage, Richtung und Stellung geordnet und regulirt, und die weiter oben angedeu- teten Einrichtungen und Correetionen beim drehbaren Passage-Instrument nach den vorherge- gangenen Ermittlungen ausgeführt werden; von der Einstellung desselben in den ersten Vertical; von den Einstellungs- und Prüfungs-Operationen beim Aequatoriale und endlich von der man- nigfachen Verwendung dieses Proteus zu den erspriefslichsten Beobachtungen künftig bei einer anderen Gelegenheit *). Herr Professor Dr. Böttger hielt hierauf einen Vortrag über Gutta Percha. Er sprach besonders über deren Benutzung und Anwendung zu physikalischen, chemischen und technisch-chemischen Zwecken und führte an, dafs das als bestes Lösungsmittel für Guita Percha bisher empfohlene Terpentinöl sich keineswegs und zwar insofern nicht als solches bewähre, als aus einer solehen Lösung die Gutta Percha nach der Verdunstung des Lösungsmittels sich in einem völlig veränderten Zustande abscheide und in einem solchen keineswegs mehr wasser- dicht, vielmehr als eine äufserst fpröde, bröckliche Masse erscheine. Als das beste Lösungs- mittel habe er, wie diefs bereits auch schon beim Cautchouc erwiesen sei, den Schwefelkoh- lenstoff erkannte. Der Redner legte das durch trockne Destillation der Guttau Percha gewon- nene ätherische Oel, defsgleichen allerlei Proben jenes interessanten Vegetabils vor, zeigte unter andern einige aus Guita Percha geprelste elastische Formen, defsgleichen die hiervon auf galvanoplastischem Wege erzeugten kupfernen Copieen, die hinsichtlich ihrer Schärfe und Ge- nauigkeit nichts zu, wünschen übrig liefsen. Herr Medicinal-Assessor Dr. Mohr sprach über die Aethertheorie. Derselbe nimmt an, dafs der Bildung des Aethers die Bildung einer andern Verbindung voran- gehe, welche nach Art der Amide durch Austreten von 2 Atomen Wasser mit zwei verschie- denen Körpern entstanden ist. 2 Atome Schwefelsäure geben 1 Atom Sauerstoff, und 1 Atom Weingeist gibt 1 Atom Wasserstoff ab. Die daraus übrig bleibende Verbindung hat die Ele- menlarzusammensetzung der sogenannten Aetherschwefelsäure. Der Verfasser nimmt jedoch keine Schwefelsäure darin an, weil die Reactionen derselben nicht hervorgerufen werden kön- #) Nach der oben angegebenen Zeichnung und Beschreibung ausgeführte Instrumente, entweder vollständig mit allen einzelnen Theilen oder auch mit Hinweglassung der Aequatorialvorrichtung als Theodolıth und Nivellir-Instrument oder zu astronomischen Zwecken als Passage-Instrument dienend, werden je nach der Länge des Fernrohrs zu verschiedenen höchst billigen Preisen von den in Breslau wohnenden Mechanikern Nösselt und Pinzger angefertigt, = 389 — nen. Er sieht die Verbindung als ein Ganzes ohne besondere Gliederung an. Sie entsteht nur unter dem Einflufs der wasseranziehenden Kraft der Schwefelsäure, welcher bei einer ge- wilsen Erhöhung der Temperatur die steigende Verwandtschaft vom Sauerstoff zum Wasser- stoff zu Hülfe kommt. Diese Verbindung, in welcher man Unterschwefelsäure in Verbindung mit dem eines Atoms Wasserstoff beraubten Weingeistes annehmen könnte, wird durch erhöhte Temperatur selbst zersetzt. Aus dem organischen Körper tritt noch 1 Atom Sauerstoff an die Elemente der Unterschwefelsäure und es entstehen 2 Atome Schwefelsäure mit allen ihren Er genschaften. Der nun im Ganzen eines Atoms Wasser beraubte Weingeist entweicht wegen der Flüchtigkeit der neuen Verbindung. Die Zersetzung findet nur am Boden des Gefäfses Statt, wo die Wärme eintritt. Die restituirte Schwefelsäure wirkt auf neue Antheile Weingeist in dersel- ben Art wie früher. Dem gebildeten Aether kommen keine basische Eigenschaften zu, weshalb seine Trennung von der Schwefelsäure nichts auffallendes hat. Er entsteht in Folge einer inne- ren Zersetzung und nicht einer blofsen Losreifsung, wie nach der Aethyltheorie. Die zusammengesetzten Acther enthalten keine der Säuren, aus denen sie entstanden sind, welche auch nicht durch Reactionen in ihnen nachgewiesen werden können. Es sind amid- arlige Körper, durch Austreten von 1 Atom Wasser aus 2 Körpern entstanden. Durch Hinzutreten von 1 Atom Wasser können beide Körper wieder gebildet werden, ohne dafs man ihre Präexistenz annehmen kann, ebensowenig wie im Oxamid Kleesäure und Ammoniak ent- halten oder darin angenommen werden können. Nach der Aethyltheorie tritt das 1 Atom Wasser zum Aether allein, und restituirt Weingeist, während an der Säure, die doch durch keine Reac- tion erkannt werden konnte, keine Veränderung vor sich gegangen sein sollte. Es ist nicht einzu- sehen, wie ein so schwaches Oxyd, als die Aethyliheorie ‘selbst im Aether annehmen mufs, die Eigenschaften einer so starken Säure als die Schwefelsäure, vollkommen verdecken kann. Nach Ansicht des Verfassers sind die zusammengesetzten Aetherarten ebenso wie Oxamid, Harnstoff, Schiefswolle und andere durch Austreten von 1 Atome Wasser entstandene Körper einfache organische Verbindungen ohne innere Gliederung. Die bisher Chloräthyl, Jodäthyl ge- nannten Körper sind nichts als Aether, in dem der Sauerstoff durch einen ihm ähnlichen Körper, Chlor, Jod, Schwefel schon vertreten ist. Die Vertretbarkeit von Jod durch Chlor beweist noch nicht, dafs der übrige Theil der Verbindung eine für sich bestehende chemische Verbindung sein müsse, und es berechtigt auch die Existenz der Chloräthyl genannten Verbindung nicht zur Annahme eines Radicals Aethyl, dessen Darstellung auch niemals gelingen möchte. Ueber- haupt liegt in der ganzen Auseinandersetzung des Verfassers ein directer Angriff auf die ganze sogenannte Radicaltheorie. Viele mit der Chemie der unorganischen Körper bestehende Unver- träglichkeiten werden durch die Ansicht des Verfassers beseitigt. Die vollständige Abhandlung, die für diesen Bericht bestimmt war, ist unterdessen in dem Archiv der Pharmacie, zweite Reihe, 58. Bd., S. 150 und 259 erschienen. Herr Professor Müller erläutert einen von Herrn Dr. Garihe mitgebrachten, von Herrn Mecha- nieus Hilt in Köln angefertigten Störer’schen Rotations-Apparat; er macht zugleich auf die 49 — 386 — nachtheilige Wirkung des Induktionsstromes aufmerksam, wie sich durch einen einfachen Ver- such mittels des Apparates deutlich unterscheiden läfst *). Herr Apotheker E. Müller von Drieburg bei Paderborn übergibt schliefslich der Section eine geschriebene Abhandlung über den Arsenikgehalt der Mineralquellen von Drieburg und Höxter, *) Der Preis des sehr zweckmässigen und eleganten Apparates ist 50 Thlr. Erklärung der Tafeln Tafel IE. Zum Vortrag über Doppelmifsgeburten von Herrn Professor d’Alton. Zu Seite 168. (Die sämmtlichen Figuren, welche Theile des zweiköpfigen Kalbes darstellen, sind in dem Maafsstab von der Hälfte der natürlichen Gröfse gezeichnet). Fig. 1. Zeigt das Herz mit den grofsen Gefäfsen nebst den Respirationsorganen von der unteren oder Bauchseite und zwar sind alle dem rechten Kopf entsprechenden Theile mit stehenden, die des linken Kopfs mit liegenden und die den verwachsenen gemeinschaftlichen Theilen angehörenden Stücke mit gotlifchen Buchstaben bezeichnet. Cd ist das rechte grofse Herz, welches nebst dem kleinen linken (Cs) und der gemeinschaftlichen Lunge (3 ©) in einem serösen Sack (9 und $ ») lag, der zugleich die Bedeutung eines Pericardiums und eines Pleurasackes hat. Am rechten Herzen erkennt man ein Stückchen der rechten Aurikel (a d), den rechten Vorhof CA s), die rechte Kammer (V d) und die linke Kam- mer (V s). Der Ursprung der Aorta aus der letzteren ist zwar versteckt, verräth sich aber durch die linke Kranzschlagader (a ce s); nur zwischen der oberen Hohlader (€ s) und der rechten Luftröhre (T d) erscheint ein kleiner Theil der Aorta des rech- ten Herzens, woraus gerade die Wirbelschlagader (v d) und der gemeinschaftliche Stamm für die rechte Schlüsselbeinschlagader (s d) und rechte Carotis Ce d) entste- hen. A p, die rechte Lungenschlagader verbirgt ihre Aeste für die Lungen hinter den benachbarten Theilen, steigt aber mit einem Botallschen Gang (d a) zur Verbindung mit der eben genannten gemeinschaftlichen Körperschlagader in die Höhe und um die- sen Gang schlägt sich der N. recurrens hinunter (r s) für den rechten Kehlkopf, wäh- rend der Stamm des Vagus selbst vor dem Gefäfs herabläuft. Die linke Carotis des rechten Kopfs Ce s) entsteht aus der Verbindung des Duct. arteriosus mit der Aorta. Die obere Hohlader (C s), welche in den rechten Vorhof mündet, nimmt zuerst auf die unpaarige Blutader (v a), dann eine rechte und linke Vene, die jede eine andere Zu- sammensetzung haben. Die rechte besteht aus der rechten Schlüfselbeinvene (v s d) und der rechten Drosselvene (vi d); die linke dagegen (v ic) ist die gemeinschaftliche Drossel- blutader für die linke Vene des rechten Kopfs (vis) und die rechte des linken Kopfs @j d. Von der linken Seite des linken Kopfs, Halses, der Brust und dem linken Vor- derbein sammelt sich das schwarze Blut in dem Stamm (v ic) der besonders im rech- ten Vorhof des rechten Herzens mündet. BB — Am linken Herzen nimmt man wahr den Ursprung seiner starken Aorta (A «@) und schwachen Lungenschlagader (a p), die sich bald wieder verbinden; hier sieht man nur den Ursprung der rechten Kranzschlagader, die blos durch einen schwachen Zweig auf dem unpaaren Herzen sich verbreitet, gröfstentheils zum grofsen Herzen, nament- lich dem linken Vorhof und der unteren Fläche der Kammer sich begibt. (Die linke Kranzschlagader des kleinen Herzens sieht man hier eben so wenig wie die rechte des grofsen Herzens). Aus dem ansehnlichen Schlagaderstamm .des linken Herzens, der sich hinter Luft- und Speiseröhre mit dem rechten Stamm zur einfachen Aorta des- cendens vereinigt, entstehen auf der linken Seite zuerst die linke Wirbelschlagader, (a v s), dann die linke Schlüsselbeinschlagader (@ s s) und zuletzt ein beträchtlicher gemeinschaftlicher Stamm (# e) für die beiden Schlagadern des linken Kopfs, (e d und c s). Pd sind die Lungenlappen im rechten Brustfellsack, Ps die entsprechenden Lappen des linken Sackes und P x die gemeinschaftliche aus einer Verschmelzung der rechten und linken Lunge, des rechten und linken Kopfes entstandene mittlere, vor dem Her- zen gelegene Lunge, an welcher man (7 .d) einen Luftröhrenast aus der linken Trachea und (A p) einen Ast der linken Lungenschlagader wahrnimmt. Die rechte und linke Speiseröhre (O0 ed und Oes) haben sich unter dem Zwerch- fell (D) zu einem gemeinschaftlichen Rohr (© © c) verbunden, welches in den abge- schnittenen Magen übergeht und von N v d, dem rechten Lungenmagennerven, so wie vom linken (N » s) begleitet wird. Auf der oberen Fläche des Zwerchfells (@ s) sieht man die Endigung der Zwerchfellsnerven, des rechten (N ph dJund des linken (Nph s). L d ist der rechte Kehlkopf mit seinem Zungenbein, L s der gleichnamige linke Theil. Fig. 2 und 3 zeigen die Kammern des grofsen und kleinen Herzens allein, nebst den Schlag- Fig. 1. aderstämmen und den Nerven, da die übrigen Theile das Verhalten der Schlagadern verdeckten. Die Bezeichnungen der Theile sind die nämlichen, wie in der ersten Figur und man erkennt hier besonders die Umschlingungen der drei Nervi recurrentes. Zu Fig. 2 ist besonders zu bemerken, dafs man hier die Schlagadern der Lungen deutlich wahrnimmt, p d der Art. pulm. aus dem rechten Herzen gehört der rechten grolsen Lunge, p s derselben Arterie und p d der Art. pulm. aus dem linken Herzen gehen zur mitlleren gemeinschafllichen Lunge, ps auf der linken Seite entspricht der linken Lunge. In Fig. 3 sieht man die beiden Herzen nebst den Gefäfsen von der hinteren oberen oder Rückenseite und bemerkt die Art. coronaria cord. aus der rechten Aorta und die Coronaria sinisira für das linke Herz, so wie einige Intercostalarterien aus der Aorta. Die hier als abgeschnilten erscheinenden Zweige des Geflechtes der Nervi vagi bege- ben sich zu den beiden Speiseröhren,.die auch absichtlich weggelassen sind. Tafel EH. Dr. Königsfeld’s Omphalothermantion, Schlauch zur Erwärmung der vorgefallenen Na- belschnur. Zu Seite 147. A te An Zn Fig. 2. Fig. 1. Fig. 2. — 389 — Dr. Debey’s Tisch zum mikroskopischen Untersuchen und Zeichnen. Zu Seite 43 und 179. Tafel ZIEH. Lagerungs-Verhältnisse der Zinklagerstätten im Maasthal von Herrn M. Braun. Zu Seite 263—268. Allgemeines Querprofil der Schichten, welche die Zinkerzlagerstätten im Maasthal einschliefsen. Die Höhen sind in einem 4 Mal grölsern Mafsstab aufgetragen als die Längen. Horizontaler Durchschnitt des St. Barbarastockes zu Corphalie. Die Linien I bezeich- nen die Form des Stockes auf der Stollensohle, die Umrisse U den Schnitt 10 Lach- . ter (20 m.) unter der Stollensohle, und die Linien II den Schnitt 20 Lachter (40 Fig. 3 Er Fig. 1. Fig. 2. m.) unter derselben Sohle. 4,5 und 6 sind verticale Durchschnitte nach den Linien AB,CD,EF,GH. Tafel EV. Geognoslische Durchschnitte der Gegend von Aachen von Herrn Dr. Debey. Zu Seite 269—328. Ideeller Durchschnitt des Aachener Gebietes von Nord-Ost nach Süd-Süd-West nach der Richtung der Rheinischen Eisenbahnlinie. Die gebogene Linie dieser Bahn durchschneidet mehre Schichten des älteren Gebir- ges zweimal und in verschiedenen Richtungen und es ist daher das gegenseitige La- gerungsverhältnifs der Glieder des Grauwacken- und Steinkohlengebirges aus dem Durchschnitt nicht wohl zu erkennen. Zur Verständigung sind daher die einander ent- sprechenden und verschiedenen Gesteine mit Nummern bezeichnet, wie folgt : 1. Kalksteinzug von Astenet. — 2. Grauwackenschiefer vom Geulviaduct. — 3. Kalk- zug von Lontzen (Forst-Eilendorf). — 4. Steinkohlengebirge. — 5. Kalkzug von Her- genralh (Rötgen). — 6. Grauwackenschiefer vom Altenberg (Burtscheit). — 7. und 9, Burtscheiter Kalkzug. — 8. Grauwackenschiefer von Aachen. — 10. Grauwacken- schiefer von Burtscheit. — 41. Kalkzug von Rötgen. — 12. Steinkohlenschiefer. — 13. Kalkzug von Eilendorf. — 14. Aachener Sand. — 15. Unterer Grünsand von Aachen. — 16. Oberer Grünsand und Kreidemergel ohne Feuerstein. — 17. Kreide- mergel mit Feuerstein. — 18. Lusberger Breceie. — 19. Braunkohlenformation von Nirm. — 20. Grauer Letten von zweifelhaftem Alter, Quer-Durchschnitt von Süd-Süd-West nach Nord-Nord-Ost, zur Darstellung der ge- genseitigen Lagerungs-Verhältnisse der Kreidegesteine von der Höhe des Aachener Waldes bis in die Nähe des durch das ältere Gebirge gebildeten östlichen Beckenrandes und zur Versinnlichung der tiefsien Auswaschungstuäler. Durchschnitt von Süd-Ost nach Nord-West, von der Steingrube im Grauwacken- schiefer vor dem Adelbertsthor durch den Lusberg bis zum unteren Tertiärgebirge bei — 390 — Richterich. Die Anhöhe 120-140 Ruthen rechts von der Durchschnittslinie ist die Höhe von Laurenzberg, wo der Grünsand noch ein Mal auftritt. Fig. 4. Durchschnitt von Süd-Osi nach Nord-West, parallel mit dem vorigen, 340 Ruthen mehr nach Westen, von Burtscheit über die südwestliche Höhe von Aachen, über den Will- kommsberg und Seffent bis zur Höhe des Vetschauer Berges. Die Kuppe seitlich von Seffent ist die Höhe von Laurenzberg etwa 200 Ruthen westlich von der Durch- schnittslinie. Die Mächtigkeit und Ausdehnung, sowie der obere Spiegel der zweifelhaften grauen Thone hat in sämmtlichen Durchschnitten nur muthmafslich angegeben werden können. Im Durchschnitt 2 geht aber der zuverläfsige obere Spiegel derselben am Fufse des Titertberges bis zu 525’—527'. In den Durchschnitten 2 und A sind die Diluvial-Ablagerungen nur da angegeben, wo sie in ihrer gröfsten Mächtigkeit, zwischen 10—30 und mehr Fufs auftreten oder diluviale Wirbelthierreste enthalten. Uebrigens bedecken dieselben das ganze Gebiet bis zu den höchsten Punkten. Der Löfs (Lehm) steigt jedoch nur bis etwas über 750’ und wird das Diluvium von da ab meist nur durch Hornsteintrümmer bezeichnet. Sämmtliche Höhenangaben auf den Durchschnitten sind durch Nivellirung bestimmt. = 2} Tafel VW. ig. 1. Ideelle Darstellung der Entstehungsweise der geologischen Orgeln und Pützen von Herrn d’Omalius d’Halloy. Zu Seite 355. Fig. 2. Durchschnitt zu Herrn Director Guiberle”’s Vortrag über das Rhöngebirge. Zu Seite 357. Tafel VE. Darstellung eines Reise-Universalstativs und seiner einzelnen Theile, von Herrn Professor or v. Boguslawski. Zu Seite 377—384. . Das Fernrohr als Maafsstab aller Verhältnisse und Theile bei dem Stativ-Aufrifs: CCDb), perspectivisch wiederholt (Cf und Be), als Maalsstab betrachtet : (Dd). . Der Fufsrahmen im Grundrifs : (Ag), perspectivisch wiederholt (Bf, Be, Dd). . Die swei Träger oder Stützen der horizontalen Axe; einer derselben als Aufrifs: CCDg), beide perspectivisch wiederholt : (ABef, ABbce und C’Da). . Die horizontale Axe mit zwei gehärteten, gleich starken cylindrischen Zapfen, in Aufrifs: (Cab), in der Perspective wiederholt: (Cef und Be); zugleich mit den Schienen und Bü- geln zur Aufnahme des Fernrohrs und des Einstellungskreises, wie auch mit den Laufge- wichten zur vollkommenen Aequilibrirung in zwei Richtungen; perspectivisch gesehen: (Cef und Bde). . Libelle zur horizontalen Regulirung und fortwährenden Prüfung der Axe 4 : (De). . Der Einstellungskreis, welcher principaliter als Höhenkreis, eventualiter aber auch als Declinationskreis dienen kann; in Profil : CCDa), perspectivisch : (Ce und Bad). . Der oberste Riegel der beiden Träger der horizontalen Axe, wie er principaliter zu einer 12. —, 32 — eventuellen Durchbohrung uud zur Anfnahme eines zweiten Kreises eingerichtet ist, von oben und im Profil gesehen (Ae, Ac und Cd). . Der mittelste Riegel, ebenfalls zu einer eventuellen Durchbohrung eingerichtet, von oben gesehen : (CfQ), in der Perspective: (Bf, BC und C’Ded). . Der unterste Riegel, eventuell zur Aufnahme einer Federplatte; von oben : (Cfg), von der Seite: (Bf, Be und De). . Zwei kleine lose Zwischenplatten, eine auf jeder Seite des obersten Riegels, um eventuell den Flatz räumen zu können; im Aufrifs : (ABe), perspectivisch : (Ae und Af). . Zwei gröfsere lose Zwischenplatten, principaliter zum Träger des mittelsten (8) und un- untersten Ringes (9), eventualiter um dem Quadranten zum Aequatorial den Platz räu- men zu können; im Aufrifs : CDg), perspektivisch (Be und Bf). Drei untere Fufsplatten, eine feste nach Westen, »W, eine verschiebbare nach Norden, nN, und eine mikrometrisch hin und her zu verstellende nach |Süden n$ : (De, Bef und Ded). I. Zusammensetzung der von 1 bis 12 genannten Theile zu einem Culminatorium (ABef), um mit dem Fernrohre Durchgänge der Sonne, "des Mondes, der Planeten und Fixsterne durch den Meridian beobachten zu können, wobei das Stativ zugleich so eingerichtet ist, dafs es nur durch Hinzufügung einiger wenigen Theile in ein drehbares Passage-Instrument verwandelt werden kann, welches aufser seiner bekannten Anwendung am Himmel auch noch den Gebrauch als Theodolith und Nivellir-Instrument bei geodätischen Vermessungen gestattet. Dazu gehört alsdann als Haupterfordernils : 13. 14. 15. 16. eine lunge aufrechte Axe : (CDbc), ganz oben ein Kreuz enthaltend mit vier Pfannenla- gern zur Aufnahme der Horizontalaxe 4, darunter in der Mitte mit einem kleineren Kreuz zur Auflagerung auf den obersten Riegel 7. Die Axe geht dann mit dem stärkeren Theil durch den obersten Riegel 7, mit dem mittleren verjüngten Theile durch den durchbohr- ten Riegel 8, um dann mit der untersten Spitze auf der Federplatte des untersten Rie- gels 9 zu ruhen. Sie zeigt sich endlich auch noch in (BCDd) schräg gestellt zu noch anderweitiger Anwendung. \ Ein eingetheilter Kreis : (Acd), welcher auf den obersten Riegel aufgesetzt und mit ihm verbunden wird. Das untere Kreuz der aufrechten Axe gibt dazu vier Alhidaden mit No- nien ab. Perspectivisch sieht man diesen Kreis (zunächst als Azimuthalkreis zu betrachten) auch in CAf und Ac). Ein Libellenträger: (Df) wird auf den Kreis 6 aufgesetzt, wenn das Instrument zum Ni- velliren angewendet werden soll, oder wenn man zwei Sterne in absolut gleichen Höhen beobachten will. Zwei Quadranten : (ABa) können endlich statt der Zwischenplatten 10 und 11 eingezo- gen werden, um das drehbare Passage-Instrument so einzurichten, dafs es in jedem Augenblick in ein Aequatorial mit parallactischer Bewegung umgewandelt, aber auch sogleich wieder in ein drehbares Passage-Instrument hergestellt werden kann. Beide Quadranten bewegen sich mit allen ihren Theilen um die hervorstehenden Zapfen — 392 — des obersten Riegels 7 als Axe und zwar mit dem unten hervorstehenden Rand unterhalb der in 17. abgebildeten beiden Knacken (Bg) auf der von Ost nach West streichenden Querschiene des Fufsrahmens. Perspectivisch abgebildet sieht man die beiden Knacken in (Bf) und (BC) und in (Dd) und über den beiden letzteren auch die Quadranten. 3 I. Das Culminatorium, vorbereitet zum drehbaren Passage-Instrument und zum Aequatorial (ABbe), so wie links daneben eines der beiden aus Scheiben zusammengesetzten Gegen- gewichte, welche in der letzteren Stellung erforderlich sind, um die aufrechte Axe zu aequilibriren. IN. Das Universalstativ in der Stellung als Aequatorial CABCDed), bei welchem dann der Hö- henkreis als Declinationskreis, der Azimuthalkreis als ‚Stundeukreis zu dienen hat, und auch das Culminatorium in seine alte Funetion tritt. Ueber jeder Polhöhe, die gröfser als 45° ist, sind die Quadranten zum Aequatorial aus- reichend. Mit der gröfseren Annäherung zum Aequator wird zu jedem der beiden Quadran- ten noch . 18.Fein Anschiebeoctant (Aa) erforderlich. Ihre Anbringung macht dann eine Falzung noth- “ wendig, welche 19. und 20. (Ba) durch Abbildung verdeutlicht worden ist. Anmerkung. Alle Theile sind aufserdem aufs Sorgsamste so eingerichtet, dafs sie sich leicht auseinander nehmen und dann symmetrisch in einen engen Raum zusammen geschoben, bequem verpacken und transporliren lassen. ua] ‚p uoa 5777 WENDET un mengon yummya um Taf H. Omph alothermantion. von DY Koenigsfeld ; Fig.ı zu Ss; A\ i N \ Fig. 2. su S 42 u. 179. Tisch zum mikroskop. . E a ser EREERET » j 3 VerkinlE Ds rechne: BZ 2 2070 I: D 2 GR 7 Get BAER Fer 2 . Näch AB 2 as SF Darlara RE ea: eu), - Ba3 a N 1.2. R I. #3. ° n“ \ NA u--— —- IS \ N El sand & Thon Es Eisenstein FE Galmei A yicude, Bleiglanz «© Schwefelkies . ‚Haasstab von "1: 2000. [92] Zieh w Cunin. & Markinz in: Aachen Brogsunuoyppiy ogl Bussopapug: zpmumalıy usny gap vpssuy Li MRDIPTN 908 ansanpap gun assung Lie Bags Ja] ER0\ Bing uaıwy u apanp, zol\ opung ang 519 yanyaıy\yoo yawung sung bol up 220 Ya] y | Zee 29 u u brsgeny, oop "aosguag quasuy uanyaygbe wpany-jmg Hl yerqpuen flo Taf WM zu 5.269. \ as ann sub | 77710207771 7770727 7 Pu oguibuny ap wer | Ze 7777) | | NY NNO WWS 0008 2 go on Pa Rsny pe, I (mpnpsuon]) vapag 20 | 8 | ‘ | m "PRMPBSBINL NS any, any sau ZZ | | OS) BPINPSLN, | ueggsfanoysp up £9 | | | Brsgsu] IE | [u | | || pop‘ | | eva sobayy sa 3097 NEL vergab uspuyup log ‚Löss.u Dilu- nialkies, Grauer Thon von 3, Alter. 4 Unter Ternängeb ie uaffg 009 erIer. uletschauerhialk. (ist. Tongrien), Lusbe rin. ‚Äireidemergel ‚Fiterst.u.ohbrinsand. mit Keu Bros I; oa 2pany zol | Vireidemengel ohne Um. Orän- sand. A „Jachener and Steinkohlen- ‚gebirge. PT 1] To] TE HE TE BE höhlenkalb;? I} grmupnuysamınsy Ze Devon. halk. n.u.ober. Ship [ vr | M 7 | 1! RI | . Sl) ' i | \) | | | | | | | | | | EL re ur | as 2. | del Se SEHR | 318 | SS | | | | ” | a | | ee | SR Sa | | hi N x RN I. SI Na Is] N & \ u: ax | N N | 3% | a MO UI PUR) 0 Dh pun naysag yasYgSPUSQLLIO] I IRURRITET R: 1# 20 SIUBSSOJYPSUM 207) yayyouoyg yospggzsessßung ee para Diy "19321, S24psyly a) S2yaS11 140107 ipsug LE Sup Bahmen I Anschteb-ortant. 07 @dranten Intlzung der eusseren Badıten der a I. Mittter Rreget Auadranten. Nlarer.: EI (Or des Culmtnatorıums EZ sm 7U202 I. hrne ver beiden Stutzen ‚od. Arenträger HM Eine der briden unteren Lmwrschenplatlen aamır dıeseiDe ın jenes Verzeichnis mit aufgenommen und durch das Tagesblatt veröffentlicht werden könne. 50 Darltellung eines ReisesAUhriversalstativs und seiner einzelnen Cheile. VI. ru 974 = FIN Anschieb-Orlanı 7 > 2. 2yfs-Bah men I" Oberster R vg, z Ar r, I— 67 adranten zur Aug Zar B 1, m? Y. 2 knacken aufder@uessohrene EM. ll 1] m = | | S Wettter Riegel EW 8 ee — L.Als Culminatorium 747 Yerzerıtung zum drenb lassage-Instr IR und zum Argwatorial Palzung der dusseren Badıtn der vorberertet zum Lheodoleten drehbaren lassunge Instr nm (@) jtiljen uf NO Auadrenten. ( 9 untrster Bıiegel des Culmınalorıuıms eventualiter Drdinations I Kine der baden Stutzen ‚od. ÄAsrentrager dire. R7, ; \) ” D N L a 73 Jrbellentrager. D j | N a 2. Drei Bussplutten N | A 79377 N a j Ä 5 N ud N \ ee (ee! / ® & x V ) [r R | I NEO ® .,® N | u Als Culminatorium und Aegıatorial. 2 4% x ; if y 7 9 j 6 x # 2 £ { 1. 2 72 Lu % B: /£ z d / Kine der beiden unteren (#2 Ihrıten Vf » Haassftab der hangtn Drmens gonen Imischenplatten \jz c Junge des lernrohrs IV. Anlagen. I. Programm zur 25. Versammlung der deutschen Naturforscher und Aerzte in Aachen. $1. Gemäfs dem Beschlufs der 24. Versammlung der Naturforscher und Aerzte in Kiel und mit Allerhöchster Genehmigung Seiner Königlichen Majestät Friedrich Wilhelm’s IV. von Preufsen wird die 25. Versammlung vom 18—25. September d. J. statutenmäfsig in Aachen Statt finden. S2. Als Mitglied der Versammlung wird jeder Schriftsteller im naturwissenschaftlichen und ärztli- chen Fache betrachtet. Als Theilnehmer haben dagegen alle Zutritt, welche sich wissenschaft- lich mit Natur- oder Heilkunde beschäftigen. Stimmrecht .besitzen ausschliefslich die bei der Versammlung anwesenden Mitglieder. Ss 3. Die Mitglieder und Theilnehmer erhalten gegen Erlegung von 1'/, Thalern eine Anmeldungs- karte, welche als Eintrittskarte in alle Versammlungen gilt und zur unentgeltlichen Verabfolgung des Tagesblattes der Versammlung und der später zu veröffentlichenden Verhandlungen berechtigt. Ne Die Anmeldungen der Fremden geschehen auf dem Rathhause und werden vom 16. Septem- ber an für die Dauer der Versammlung von 8 Uhr Morgens bis 8 Uhr Abends angenommen. Ebendort werden die Eintrittskarten ausgegeben und, wenn es verlangt wird, Nachweisungen über Wohnungen ertheilt. $ 5. Die sämmtlichen Mitglieder und Theilnehmer werden ersucht, in die vom Anmeldungs-Aus- schufs vorgelegten Einschreibelisten Namen, Stand, Wohnort und wissenschaftliche Section mit eigener Hand. deutlich einzuschreiben und nachträglich ihre Wohnung in Aachen einzusenden, damit dieselbe in jenes Verzeichnifs mit aufgenommen und durch das Tagesblatt veröffentlicht ‚werden könne. 50 —ı 8947 — $ 6. Diejenigen Herren, welche gröfsere Vorträge zu halten beabsichtigen sind gebeten, dieselben vollständig oder in zweckmäfsigem Auszuge den Geschäftsführern mitzutheilen, damit der amt- Jiche Bericht treu und den Wünschen der Vortragenden entsprechend abgefalst werden könne. Ebenso werden die Secretaire der einzelnen Seclionssitzungen ersucht, die von ihnen ver- falsten Protokolle sogleich nach der Sitzung einem der betreffenden Sectionseinführer zu über- geben. ST. Die drei allgemeinen Versammlungen finden im Festsaale der Erholungs-Gesellschaft (dem Elisenbrunnen gegenüber) Statt und zwar Sonnabend den 16., Mittwoch den 22. und Sonnabend den 25. September, Morgens von 10—1 Uhr. S8. Für die Sections-Versammlungen sind acht Säle im Gebäude der Gesellschaft für nützliche Wissenschaften und Gewerbe (Komphausbadstrafse) ‘bestimmt. Folgende 'Sectionen ‚und Seetionseinführer sind sangeordnet:: 1. Section für Mathematik, Astronomie’ und Mechanik. — ‘Die Herren Directoren Dr. Schön und Dr. Kribben. 2. Section für Physik, Chemie und Pharmazie. — Herr Oberlehrer E. Heis und Herr Dr. Hasenclever. 3. Section für Geologie (Petrefactenkunde), Mineralogie (Metallurgie) und Geographie. — Herr Oberlehrer Dr. Müller uud Herr Victor Monheim. 4. Section für Botanik, Land- und Forstwissenschaft. — Herr Regierungsrath Ritz und Herr Lehrer Kaltenbach. 5. Section für Zoologie, Analomie und Physiologie. — Herr Lehrer Förster und Herr Dr. Lersch. 6. Section für Medizin, Chirurgie und Geburtshülfe. — Brunnenarzt Herr. Dr.. von Sartorius und Herr Dr. Vossen. . Section für Anthropologie und Psychiatrie. — Stadtphysikus Herr Dr. Hartung und Herr Dr. Hahn. Die nähere Anordnung; der. Sectionen wird iin. der Tagesordnung bestimmt;:doch ist die Ein- richtung mit ‚den .Räumen ‚und der. Zeit so ‚getroffen, dafs zweckmäfsige Abänderungen während der Versammlung ohne Schwierigkeit eintreten können. $s9. An jedem Abend sollen innerhalb der Stunden 5 bis 8, wie.die Tagesordnung genauer an- gibt, ‚kurze . allgemeine ‚Zusammenkünite in „der Gesellschaft ‚für nützliche Wissenschaften, und Gewerbe ‚gehalten. werden, ‚um (die nöthigen: Vereinbarungen für. die ‚Vorträge, Excursionen, und dgl..des folgenden ‚Tages. zu.treffen. Die desfallsigen :Besiimmungen, werden von,.den.,Sections- einführern dem Ausschufs für die Redaction des Tagesblattes, bestehend aus den Herren, Dr. NT > Velten, Dr. Straeter und Dr. Lersch' übergeben, um durch das Tagesblatt des folgenden Tages zur allgemeinen Kenntnifsnahme zu gelangen. Die verschiedenen Wünsche der verehrten Gäste können auch in die Einschreibelisten in der dafür bestimmten Abtheilung „Bemerkungen‘“ niedergelegt werden, wo sie zuverlässig zur Kenntn’fs der Geschäftsführer und’ Sectionsvorstände gelangen. $ 10. Von öffentlichen und Privatsammlungen finden sich im Museum der Gesellschaft für nützliche Wissenschaften und Gewerbe aufgestellt : 1. die eigene Sammlung des Vereins; . die Sammlung des nalurhistorischen Vereins für die preufsischen Rheinlande; . die entomologische Sammlung des Herrn A. Förster ; . die Lepidopterensammlung des Herrn Püngeler ; . die Sammlung von Galmeien und Bleierzen, vorzüglich aus der Umgebung von Aachen, von Herrn Victor Monheim ; 6. die seognostische Sammlung und die Sammlung der Pflanzenreste der Aachener Kreide- und Braunkohlenformation, von Herrn Dr. Debey. ; Ferner hat Herr Dr. Joseph Müller in einem der Säle des Gymnasiums seine geognoslische und palaeontologische Sammlung aus allen 'Formalionen und vorzugsweise aus der Aachener Kreide aufgestellt. Besonders aber machen wir darauf aufmerksam, dafs Herr Dr. Lemercier eine grofse Samm- lung der Dr. Auzoux’schen künstlichen Präparate aus der menschlichen und vergleichenden Anatomie vorzeigen wird, die für den anatomischen Unterricht auf Universitäten von der höch- sten Bedeutung zu werden versprechen. Zur allgemeinen Uebersicht sämmtlicher Sammlungen ist für die Naturforscher der zweite Tag der Versammlung, Sonntag den 19. September, bestimmt. Aufserdem sind sie für Fremde wie für Einheimische an jedem Nachmittage von 2 bis 5 Uhr geöffnet und die Mitglieder des Aus- schusses für die Sammlungen, die Herren Dr. Jos. Müller, Pfarrer Nänny, Dr. Koenen, A. För- ster, Dr. Ports, E. Heis, Dr. Hasenciever und Victor Monheim haben es sich zur Aufgabe gestellt, denjenigen, welche über einzelne Gegenstände besondere Aufschlüsse wünschen, solche zu ertheilen. mo $ 11. Es werden innerhalb der acht Tage der Versammlung mehrere wissenschaftlichen Excursionen Statt finden und zwar : 1. Sonntag den 49, September, Nachmittags, eine kleine Excursion zur naturwissenschaft- lichen Kenntnifsnahme der nächsten Umgebung von Aachen; 2. Dienstag den 21. September eine Excursion für die Mineralogen und Geologen nach den Berg- und Hüttenwerken von Stolberg und Eschweiler; 3. am Donnerstag den 23. September eine Excursion nach dem Altenberg und Bleiberg und — 396 — A. eine gröfsere Exeursion nach Valkenberg und Maestricht, welche den ganzen Donnerstag und Freitag in Anspruch nehmen wird. Da die verschiedenen Excursionen nicht für sämmtliche verehrten Gäste gleichen Werth haben, so sollen an den Excursionstagen mehrere Sections-Versammlungen unverändert Statt finden. Diejenigen Herren aber, welche sich an einer oder der anderen jener Excursionen zu beihei- ligen wünschen werden gebeten, die Anzeige davon in die Einschreibelisten auf dem Rathhause einzutragen, damit die nöthigen Einrichtungen dazu getroffen werden können. $ 12. Ueber die anderweiten Festlichkeiten, Mittagessen, Zusammenkünfte, Concerte, Bälle wird die Tagesordnung, welche bei der Anmeldung jedem der verehrten Gäste mitgetheilt wird das Nähere besagen. Im Allgemeinen bemerken wir : 1. dafs bei frühzeitiger Anmeldung, auf Verlangen, feste Wohnungen besorgt werden kön- nen und 2. dafs, wenn mehrere zu einer Section gehörige Herren sich zu einem gemeinschaftlichen Mittagessen in einem bestimmten Gasthofe vereinigen wollen, die nöthigen Anordnungen desfalls getroffen werden, wenn die Anzeige davon dem Anmeldungs-Ausschusse am Tage vorher mitgetheilt wird. Aachen, den 12. August 1847. Die Geschäftsführer der 25. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte in Aachen, Dr. Monheim. Dr. Debey. 397 opumgg Opal any ıpuIs op Sungasun uasypen , puns Spalt any IprIS af I N 19% spoyos | ur JeoSI[os| -9%) op uau -ney 19.100 uop ur (o.red) neqsag „urO 78 un ydıs wop *oey -]s9, 7 op ur pun uay.teg) un Sunponojog yu 1.199U09 sasjo.1s ung Jeyosj[fosaQg) -S.SUNJOLLIT ‘p I59JSJn]y9S SISJO.1N : spuaqy yIsapy ru yeyosposeNg -SDUNJONL.IF'P oznsog op ur YonsynIf un Fr -oy 118 anop d9p ne pun uoypeyos -][9599 uou -IPOTOSADA uopursungey -19Junpuagy Sun 2 -Sunjoyug Jop ul UOSSOHENI saurowmad SONOMZ Be I "Dunjwwes -d ourou -95]je ONLIA un &r6 dag '9z uap MUTTTK >>} “orsanımy) “upon 39 — “adeıdooy *arsopoon “ardomıau dag cz uop NICH LUTHTTUr=2 VAIOMOND | "DUnjouLisT nm "MM Tanu, dap un An] sog 'p ur, uam pun pun Sunjoya, UDO any op ur dungey, Sumey.oyun -taunpuaqy | -puoqy pun aoedg | MP.«09U0) huma | 1OP 1I9U0N na ua) : Au 2 sap J19uon| "Pqıaaon sosjoy m "M 'zinu 2 au] 2 ng son 'p u "U19]S9I om) Sunyoaudsog “au 9 N ) "U9S0[OUOAR] -tg pun u9Sojoon op any Saquaypeg pun 1yOLISOR Yoeu UOISANOXTT AUOSJOAK BoagO gun Bojsarun& ‚Sıoqlopg pun Sog -UON]y UP You U9.00]00% pun u9sopedoumy oIp an UOISAINIX Bozstoun sn /OT-OF| Psneq 3407-07 ZEIES LO OR Re) "u9ounjuures "uodunjuunes I9ASUONIOS |-19ASUONDAg un 78 |: aya 1—8 das ‘7 uap das 'gz uop NTPRRE) En MU ERTTNTTGEN "Sunppnopog aoyoı -1597 ru uou -UNIQUOSTT um Sunmey -1ojunpuogqy oredg “oNoupMw UIISIAYOS J9p 1190U0N) "du 2 LIOM -99 pun ua] -[EIIOSUOSST AA oyorzınu any Ijeyos -1[9599 a9p ur Sunyoaıdsag 19 "UOSSq aung ‘Sunjwues -19A 9urou -95][e O1OMZ ‚un 676 poayyayea |Sunjorig op uruouegg pun UWOALOH Any ISnW u Sumpeg -oJunpuoqy Saum 2 9q1om -90 pun ua} -Jeyosuassi aydıpzynu any 3jeyos -[[9599 aop ur Sunyoaıdsog “un 9 ‚Jo MyosSA pun Saogqfois yoeu uols -INOIXA Ay 1594 soyasn| 7, um uonaag -PRIS SOSJOAI ayosıoopeaou -TUU-JOSTOO] -093 ap ına DORT -UOdunjuues -I9ASUONIAS » un 78 dag "zz uop|1dag ‘Tg uop es FA Soysun “189 C—y IpeIS a0p qeysauı gayeg ou 19p ur pun gpeplouur uole] any UAUoOS, "ILIOM -99 pun uol -JEUOSUOSSTAA Sydızınu any IJeyos -1[9899 op ur uoweg pun uanıoy any TOJe.oparT Jap 1.199U09 : un 8 9qLam -99) pun ua] -Jeyosuassı ayoıpzınu any Jeyos -1[9899 op ur Sunyooadsog auf 2 sneq ’/;OT-OT Dr 97 "U9dUnjWwunes -19ASUONIAS un 78 das og uop NUT renpäsg “opodomguy : *, — "aInysjungeN) “oopoısäyg aruoyeuy *9180j007 6 ZN COmag NISÄyg “zy pun TOypSAoJImeN UOSInap dap Funpwmesaoy *Cz ap "DUNJOYAT J9p ur uote«] pun uarıop ANJ OlUOULIEH u Sunyey -A9Junpuagy doyeds "opounpepy LIOISOMUOS JOp 2190U09 u] 2 191599 IM au 9 a4peıs op Sungodun SISyoRuoıp ur UAUOLSANIXA SUN I "SIOgsno Tue ATUOULTE JItU 1S9JU9S.LON tun IH "u9Sunjunumg -jeALIg pun uayoıuayo 19p yonsog SH TE =6 dag 67 uap ou) "0 — "EOSUOSSTANSIOT PUN -PuRT Fyluwyog : [Pzu9 apaf any srarg — "189 0% Od 7— nz ade op Stodd 9A, 'n uajeyosuas SLAM TZInU "7 ‚sog 'p urn eyosIoson -Söunjoyug dop ursungjpey -19junpuagy Smazyaro]g "9nopay Jap jne jjeg au 8 "sooeL, uHPU9SLOJSOP Junup.touy don oqıoMm -ar) pun ua] -Jeyäsuossı AA aypızınu any aJeyos -1[9899) op ur Sunyoaıdsog ung -Sunjwimes 194 auau -95][e 91SıT un 7—0F dag 'gT uap ug in % — MUEIDON “ormouongsy "yeuapen : uoNaag *F AM) Dunuprososk,y, 0 m — 399 — BEE. Bericht des Ausschusses zur Berathung über die vorgeschlagenen Aenderungen der Statuten, Auf den Wunsch der Herren Geschäftsführer der Versammlung in Kiel wurden dem Herrn Professor Oken in Zürich gleichzeitig mit der von Aachen aus ergangenen- Einladung zum Be- such der 25. Versammlung folgende als Mängel in der Einrichtung der Gesellschaft bezeichnete Punkte zur Begutachtung vorgelegt, nämlich : 1. dafs das Ganze zu sehr in Sectionen zerfalle, wogegen die allgemeinen Versammlungen zu erweitern seien; 2. dafs es der Gesellschaft an einem von Jahr zu: Jahr fortlaufenden inneren und äufseren Bande fehle. Diese Mittheilungen begleiteten die Geschäftsführer der 25. Versammlung mit ihrer gutachtlichen Ansicht, dahin gehend, dafs bei der vorherrschend wissenschafllichen Grundlage der Gesell- schaft nur Nachtheil für dieselbe daraus erwachsen könne, wenn die allgemeinen Versammlun- gen auf Kosten der Sections-Versammlungen nur einigermafsen noch erweitert würden. Sie seien entschieden der Ansicht, dafs die jetzt bestehende Einrichtung mit drei allgemeinen Ver- sammlungen innerhalb acht Tagen mit Einschluls der gemeinschaftlichen Exeursionen und der ‘ı den Zwischenzeiten Stait findenden Besprechungen allen Anforderungen gemügten. Was den zweiten Punkt betreffe, dafs nämlich die Versammlungen in den zwischenliegenden Jahresfristen des inneren und äufseren Bandes enibehrten, so sei dieser Punkt allerdings von grofser Wichtigkeit. Die Errichtung eines Centralsitzes für die Gesellschaft werde aber den grofsen Nachtheil herbeiführen, dafs die jetzt nach allen Richtungen über das deutsche Vater- land hinwandernden und die Geister verbindenden Versammlungen nur zu bald Monopol des Centralpunktes werden würden. — Dagegen dürfte ein Unternehmen, wie die Herausgabe eines umfassenden Vereinswerkes, in der Art wie die Acta Leopoldina, dem ausgesprochenen Wun- sche am zweckmäfsigsten entgegen kommen. Es sei nun aber bereits in der ersten Versamm- lung zu Leipzig im Jahre 1822 dieser Gegenstand zur Sprache gekommen, ohne jedoch im Laufe der Zeit eine genügende Erledigung gefunden zu haben. Die Unterzeichneten erbaten sich demnach die Entscheidung des Herrn Professors Oken, in wie fern bezüglich der genannten Punkte eine Aenderung in dem bis dahin unverändert geblie- benen Statut vorzunehmen sei, und fanden dieselben hierin eine noch dringendere Veranlas- sung, Herrn Professor Oken’s Theilnahme an der 25. Versammlung angelegentlich zu erbitten. Hierauf erfolgte von Seiten des Gründers der Gesellschaft unter dem 28. Mai 1847 nachste- ‚ hende Antwort : „Was die Vorschläge zu Abänderungen in der Einrichtung der Versammlung betrifft, so kann ich nicht anders als Ihrer Meinung beistimmen, nämlich, dafs dieselben sehr nachtheilig und zerstörend wirken würden. — Allerdings würde mehr Einheit in die Versammlung gebracht, wein es blos allgemeine Sitzungen gäbe. Das war äuch der Fall, so lange die Zahl der Theil- ichmer nicht über hundert stieg, und bei einer solchen Theilnahme war es sogar nothwendig; denn für manche ‚Fächer waren so wenig Mitglieder vorhanden, dafs sie nicht Beschäftigung und auch nicht Lust und Leben genug haben konnten, wie die Physiker und Zoologen. Als aber die Zahl der Mitglieder in die Hunderte ‚ging, war eine Trennung nothwendig und höchst vortheilhaft. Die allgemeinen Sitzungen wurden auch so gemischt, dafs die Geschäftsführer im- mer die gröfste Noth hatten, passende Vorträge beizutreiben und man daher nicht selten unge- hörige Dinge anhören mufste. ‚Drei allgemeine Sitzungen sind indessen nicht blos passend, sondern selbst nothwendig. ‚In der ersten die Eröffnung, Begrüfsung und Anordnung der Fachabtheilungen, in der zweiten die,Wahl des nächsten Versammlungsortes nebst einigen Vorträgen, welche in so geringer Zahl niemals mangeln; in der dritten die Berichte über die Arbeiten der Fachabtheilungen und die Danksagung. Auf ‚einen Nachtheil möchte ich indessen aufmerksam machen : Bisher wählte man sogleich in.der zweiten Sitzung auch die Geschäftsführer. Da nun aber manchmal ein Ort gewählt wird, an welchen vorher fast Niemand gedacht hat, so weils auch fast Niemand, wen man zu Ge- schäftsführern vorschlagen soll. Darüber sind Erkundigungen und Besprechungen nölhig und daher wäre es besser, wenn die Geschäftsführer erst in der letzten Sitzung gewählt würden. In ‚Bezug auf die Zahl der Abtheilungen bin ich der Meinung, dafs man volle Freiheit ge- währen soll. Wollen die ‚Chemiker, die Pharmaceuten, die ‚Entomologen u. s. w. besondere Sitzungen halten, so ist kein Grund vorhanden, dasselbe zu wehren, denn ihnen allein mufs es überlassen bleiben, zu beurtheilen, ob sie dazu zahlreich ‚genug, sind und Stoff genug zur .Be- sprechung haben. ‚Was nun den zweiten Hauptpunkt betrifft, nämlich, dafs es den verschiedenen Versammlun- gen in. den zwischenliegenden Jahresfristen an einem inneren und ‚äufseren Bande mangele, so mufs man ‚auch Ihrer Ansicht beitreten, . dafs er von gröfserer Wichtigkeit sei. Sie zerlegen denselben in zwei Theile : Centralsitz und literarisches Unternehmen. Sie halten den ersten ohne Zweifel mit Recht für den gröfsten Nachtheil, welcher der Versammlung wi- derfahren könnte. ;Ein Centralsitz würde,sie allerdings nicht blos einförmig und einseitig machen, sondern gänzlich zerstören. In wenigen Jahren würden nur einerlei ‚Mitglieder darin erscheinen, wodurch sie nichts ‚weiter wäre ‚als eine, Localversammlung, deren wir viele in unserem Vater- lande haben. Es braucht. nicht auseinander gesetzt zu werden, ‚dafs der wesentliche Zweck dabei verloren ginge, nämlich jährlich den. Gelehrien einer anderen Provinz die Gelegenheit zum Besuche zu verschaffen und ‚dadurch fortwährend neu zu sein. Der zweite Theil dieses:Vorschlages ist allerdings in. Betrachtung zu ziehen, nämlich ein ge- meinschaftliches literarisches Unternehmen. Dafür scheint mir aber schon hinlänglich gesorgt zu sein. Man hat wiederholt vorgeschlagen, literarische Berichte über die jährlichen Arheiten und Entdeckungen herauszugeben und die Bearbeitung ‚derselben an Mitglieder zu vertheilen. ‚Hin ‚und. wieder wurde dieser Vorschlag auch ausgeführt, jedoch sehr einzeln. Auch fehlt es wirk- lich nieht mehr an solchen Berichten. Für die medicinischen Arbeiten geben die medieinischen Zeitschriften literarische, Berichte im Ueberflufs; für die, naturhistorischen erscheinen deren jähr- — 40 — lich in Berlin; auch für die physikalischen und chemischen besteht hierin kein Mangel mehr. Wollte die Versammlung noch dergleichen herausgeben, so würden sich kaum Verleger finden; müssen ja selbst die amtlichen Berichte auf ihre Kosten oder die der betreffenden Regierungen gedruckt werden. Dazu kommt noch ein anderer Umstand, welcher selbst die thätigsten Köpfe der Versammlung entziehen könnte. Wird Jemand zur Uebernahme einer solchen Arbeit in einer Versammlung aufgefordert, so mag er es nicht abschlagen, zum Theil auch, weil er sich die Sache nicht so schwer vorstellt. Kommt er aber daran, so fühlt er erst, welche Hilfsmittel ihm fehlen und wie viel Zeit er dazu aufwenden mufs. Viele würden deshalb von den Versammlun- gen wegbleiben. Ueberlasse man also diese Arbeiten denjenigen, die aus freiem Entschlufs die- selben übernommen haben. Gemeinschaftliche Unternehmungen, welche von den Versammlungen ausgehen könnten, wä- ren etwa auch Wörterbücher der verschiedenen Fächer; allein mehrere sind schon im Gange, und wenn noch ein Bedürfnifs für andere vorhanden ist, so bleibt es ja den anwesenden Ge- lehrten unbenonmen, sich deshalb zusammen zu thun, was auch schon bei verschiedenen Ver- sammlungen geschehen ist, namentlich für Zeitschriften. Wenn aber auch sogar die Versammlung selbst sich der Sache annehmen wollte, so ist nicht abzusehen, wie sie die Leitung eines solchen Unternehmens besorgen könne, da die Geschäfts- führer wechseln und da man ja keinem derselben diese Last ohne Weiteres aufbürden könnte. Man muis überhaupt nicht vergessen, dafs die Versammlung keine stehende Gesellschaft, mithin kein Centrum und also auch nichts Centrales unternehmen und fortführen kann. Endlich bringen Sie die Herausgabe eines umfassenden Vereinswerkes zur Sprache, wie die Verhandlungen der kaiserlich leopoldinischen Academie. Diese haben wir aber schon und zwar so gut und schön als irgend ein anderes Volk. Kann man die Naturforscher veranlassen, ihre besten Werke dahin zu geben, so wird die Versammlung in ihrem Berufe handeln und ihre Wirksamkeit erhöhen. Der gegenwärtige Präsident der Academie wird gewifs mit Vergnügen entgegen kommen. Es scheint mir daher, dafs alle Vorschläge, welche der Versammlung irgend eine Fessel anlegen, nicht ausführbar sind. ’ Dagegen hat die grofse Vermehrung der Geschäfte und ein besonderer Vorfall gezeigt, dafs Einiges in den Statuten bestimmter gefafst werden sollte (Isis 1823, S. 1.). Bei der Gründung glaubte man, dafs ein Geschäftsführer und ein Secretair hinlänglich sein würden. Bald aber wurden zwei Geschäftsführer nöthig und zwei Secrelaire. Der $ 41 könnte daher so lauten : Der erste und der zweite Geschäftsführer, welche im Orte der Versammlung wohnhaft sein müssen, übernehmen die Geschäfte bis zur nächsten Ver- sammlung. $ 12. Der erste Geschäftsführer etc. $ 13. Der zweite Geschäftsführer besorgt die Protokolle, die Rechnungen und den Briefwechsel. Zu $ 16 könnte kommen : Die Beamten wählen sich so viele Secrelaire wie sie für nöthig halten. $ 17. Sollte die Gesellschaft den zweiten Geschäftsführer verlieren, so wählt der erste einen = m — anderen; sollte sie den ersten verlieren, so tritt der zweite an seine Stelle und wählt einen anderen als zweiten Geschäftsführer; sollte sie beide verlieren, so wählen die Beamten des vorigen Jahres zwei neue Geschäftsführer. Da der $ 20 nunmehr überflüssig ist, so könnte dafür gesetzt werden: $ 20. Bei jeder Ver=- sammlung werden die Statuten neu gedruckt und an die Anwesenden vertheilt. Genehmigen Sie, hochgeehrte Herren! die Versicherungen meiner Hochachtung und den auf- richtigen Wunsch, dafs Sie Ursache haben möchten, mit den Ergebnissen der Versammlung zufrieden zu sein. Mit Hochachtung Ihr ergebener Professor Oken.“ Da nun aber die fünf Jahre, innerhalb welcher satzungsgemäls keine Vorschläge zur Aende- rung der Statuten angenommen werden sollten, abgelaufen waren (s. Amtl. Bericht der Versamm- lung zu Mainz 1843, S. 396); so fanden sich doch die Geschäftsführer der 25. Versammlung ver- pflichtet, den Gegenstand zur öffentlichen Berathung zu bringen, in Folge welcher in der ersten allgemeinen Versammlung ein Ausschufs, bestehend aus den Herren Geheimraih Harlefs, Ge- heimrath Jäger, Geheimrath Nöggerath, Berghauptmann von Dechen, Professor Heyfelder, Pro- fessor Wiebel, Dr. Monheim und Dr. Debey zur Erledigung der betreffenden Fragen erwählt wurde. Der Ausschufs irat am 28. September zusammen und nach Verlesung der vorhin mitge- theilten Actenstücke fand eine sorgfältige Prüfung der eingegangenen Vorschläge Statt, deren Ergebnifs der nachstehende Beschlufs war : Die Unterzeichneten haben nach genauer und gewissenhafler Prüfung der Statuten der Ge- sellschaft der deutschen Naturforscher und Aerzte durch sieben Stimmen gegen eine (Harlefs) beschlossen, es habe keine Aenderung der Statuten Stalt zu finden, sondern in allen Punkten beim Alten zu verbleiben. _ Verhandelt am 18. September 1847. Harlefs. Noeggerath. Dechen. Wiebel. Dr. Jäger. Dr. Heyfelder. Dr. Monheim. Dr. Debey. In Folge obigen Beschlusses ward in der zweiten allgemeinen Versammlung, Mittwoch den 22. September, nachstehender Bericht erstattet und mit lebhafter Acclamation angenommen : Heute am 18. September 4847 sind die Unterzeichneten zusammen gelreten, um in Folge des Beschlusses in der ersten allgemeinen Sitzung der 25. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte die Prüfung und Begutachtung der eingegangenen Anträge auf Veränderung der Statuten vorzunehmen. Nach genauer und gewissenhafter Erwägung der gestellten Anträge und nach sorgfälligster Prüfung derjenigen Paragraphen, deren Aenderung den Antragstellern wünschenswerth geschie- nen, ward entschieden, dafs die am 1. October 1822 zu Leipzig aufgestellten Statuten dem Zwecke der Gesellschaft vollständig genügen und dafs eine Veranlassung zur Aenderung derselben nicht vorliege. Aachen am Tage wie oben. Harlefs. Noeggerath für sich und im Auftrage des abwesenden Herrn Berghauptmanns von Dechen. Wiebel. Dr. Jäger. Dr. Heyfelder. Dr. Monheim. Dr. Debey. 51 IV. Verzeichniss der Mitglieder und Theilnehmer. Nr. ee Ssanousone| 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 Name. Abels, Albert Ackens, W. Aldefeld Alfter, Ludw. Dr. Althaus = d’Alton, E. Appelius Ark Armbruster, Dr. d’Asda, Baron Auth, Georg Maria Bach, M. Backes, Dr. Backer, Mr. Baillie, Hugh de Bartels Bartenstein Barth, Dr. Barthels, G. Bassenge Basting, J. H. C. Batka, J. H. Baumhauer, E. von Baum, Dr. Baur Beaufort, Herzog von Behr, Dr. Beifsel-Chorus, Jos. Eigenschaft. Mineralog Dr. Med. Reg.-Secretair Arzt Baumeister Professor Pastor Stadtbaumeister Arzt Gutsbesitzer Calligraph Lehrer Oberlehrer Literat Oberst Ober-Regierungsrath Dr. Med. Arzt Pharmazeut Oekonom Militairarzt Arzneiwaarenhändler Professor der Chemie Professor der Chirurgie Bergmeister Arzt Mineralog Wohnort. Commeren Kirchrath Aachen Zülpich Rotenburg a.d.F. ‚Halle Braunschweig Aachen Aachen Paris Fulda Boppard Cöln England London Aachen Hildburghausen Aachen Aachen Dresden Maestricht |Prag |Maestricht ‚Greifswalde Eschweil. Pumpe England Burtscheit Aachen Section. Mineralogie. Medizin. Physik. ' Medizin. Mineralogie. Anatomie. u. Physiol: Chemie. Mineralogie. Medizin. Mathematik. Physik. Zoologie. Physik. Mineralogie. Geologie u. Astron. Botanik. Medizin. Medizin. Pharmazie. Geologie u. Botanik. Med., Chem., Phys. Chemie u. Pharmac, Physik u, Geologie. Medizin. Mineralogie. Chemie. Medizin, Mineralogie. Beifsel-Guffanti, Jos. Beifsel, Ignaz Beifsel, Peter Beifsel, Heinrich Bellesheim Benrath, Hermann Bergemann, Dr. Bergerhoff, C. Bernhardi, R. Bernharts, J. H. Berns-Rosbach Besener, A. J. Bienbar, J. A. Biermanns Binkhorst, J. Bischoff Bischoff, Gustav Blasius Bleibtreu, H. Dr Bleifsner Bock, B. )J. Bodifiee Boehme, C. Boeliing Boettger, Dr. Bonn, M. J. Bonn, Alex, Bossier Bosquet, Jos. — 405 ° — Eigenschaft, Wohnort. Mineralog Aachen Relerendar Aachen Kaufmann Aachen Kaufmann Aachen Apotheker Montjoie Lehrer Düren Professor Bonn Kaufmann Aachen Professor Dreissigacker bei Meiningen Kaufmann Aachen Kaufmann Aachen Privater Aachen Eupen Oberförster Montjoie Privater Amsterdam Tuchfabrikant Aachen Apotheker Herzogenrath Professor Halle Hüttenbesitzer bei Bonn. Arzt Raeren Med. Dr. Cöln Apotheker Jülich Tuchfabrikant Aachen Friedensrichter Aachen Dozent der Phys. u. Chem.|Frankfurt a. M. Gymnasiallehrer Aachen Aachen Landgerichtsrath Aachen Apotheker Maestricht Section.“ | | ‚Mineralogie. |Mineralogie. Medizin. Physik. Chemie u. Physik. Botanik. Chemie. Physik. Mineralogie. Chemie. Landwirthschaft. Physik. Physik u. Chemie, Botanik. Physik. Zoologie. Chemie. Medizin. Alaunhütte Hardi|Mineralogie u. Geel. Medizin. Medizin. Chemie. Astronomie. Mineralogie. Physik u. Chemie. Mathematik Physik. Anthropol. u. Psych. Geologie. 404 — a tt Name Both, W., Boys, Edward Branchart Braun Bredt Bretschneider, J. C. Breuer Breuning, G. Dr. von Breuwers, L. Broich, Dr. Bromeis, Dr. Broudelet Brühl, Moritz Dr. Budge, Julius Dr. Burkart Burke, John Buys-Ballot Calm, Ad. Campen Carnall, von Charge, Dr. Chaufepie, de Cielecki, Waldemar Claren Clässens-Senden Claus, €. F. Clausen, Dr. Closset, Alexander Cockerill, H. Cohen, Carl Eigenschaft. Schlossermeister Capitain Lehrer Ingenieur Regierungsrath Schornsteinfegermeister Director Arzt Kaufmann Arzt Arzt Friedensrichter Lilerat Privatdozent Oberbergrath Genealogist u. Professor Lehrer Kaufmann Dr. Med Oberbergrath Arzt Arzt Gutsbesitzer Apotheker Rentner Student Oberlehrer Apotheker Rentner Wohnort. Aachen Deal Aachen Karlsruhe Aachen Aachen Kohlscheidt Wien Aachen Bedburg Hanau Aachen Kissingen Bonn Bonn London Utrecht Aachen Göltingen Bonn Marseille Hamburg Byezkowee in Oesterreich. Zülpich Aachen ‘Aachen | [Elberfeld Sectiom —_ Chemie. Astronomie. Geologie u. Astron. Mineralogie. Mineralogie. Chemie. Mineralogie. Medizin. Mineralogie. Medizin u. Chirurgie. Chemie u. Geologie. Anthropologie. Physik. Physiologie u. Anat, Geologie. Mathematik. Physik u. Chemie. Mathematik u. Physik. Medizin. Geologie. Medizin. Medizin. Physik. Chemie u. Botanik. Physik. Medizin. Geologie. Chemie u. Pharmazie. Mineralogie. Mathemalik, Nr. Name. re 883 89 90 9 92 93 94 95 96 97 98 99 100 101 102 103 - 104 105 106 107 108 109 110 111 112 113 114 115 116 117 Cohen, Chr. Carl, Coxe, Ferd. Cünizer Daverkosen, Hub. David De Bary, Dr. Debey, Dr. De Berghes, M. Dechen, von Decker Decrom, F. C. Delhougne, M. Deusner, H. Dewey Dierikat Dossing, Arnold Dremel Eigenschaft. Zahnerzt Rentner Hüttenbesitzer Gulsbesitzer Eisenbahnbeamter Arzt Arzt Apotheker Bershauptmann \Lehrer Grubenbesitzer |Notar Rentner Reniner Lehrer Kunstgärtner Gastgeber Driesen-Eisenhuith Driessens, H. Droste, Dr. Dubuse, €. Du Verneis, G. L. Eberhard, Dr. Ecker, Carl Ehrmann, €. H. Elvenich Emonts, Alb, Urb. Emundis, Engelken, Friedr. Dr. Englerth-TheLosen Kaufmann Pharmazeut Arzt Auscultator Wohnort. Aachen Amerika Eschweiler Aachen Cöln Frankfurt a. M. Aachen Eiberfeld Bonn Dülken Gent Dürwils Aachen Lyon Aachen Haaren Aachen Aachen Maeseyk Osnabrück Aachen Mitglied der Par. Academie!|Paris Professor Grubendirector Professor der Medizin Dr. Med. Lehrer Oberbürgermeister Arzt Bergwerksbesitzer Koburg Kohlscheidt Strafsburg Vaels Aachen Aachen Section Medizin Chirurgie. Botanik. Mineralogie. Physik. Mineralogie. Medizin. Medizin u. Geologie. Mineralogie. Geologie. Botanik. Botanik. Physik. Botanik. Physik. Geologie. Botanik. Physik. Physik. Chemie. Medizin. Mineralogie. Zoologie u.Anatomie. Physik. Mineralogie. Medizin. Augenheilkunde. Physik. Mineralogie. Oberneuland bei|Psychiatrie u. Med. Bremen Aachen Mineralogie. * 406 T — — ————— —\\—_—e Name. Enniskillen, Earl of Erkelenz, Peter Erlenmayer, E. Ernsts, Ant. Dr. Ernst, G. Eschweiler, Carl Eschweiler Evers Everts, B. H. Feilitzsch, Freiherr v. Feuillant-Lavorst Fey, C. Fey, Andreas Fievet Firmanns, J. Fischer Fisenne, P. Fitzroy, William Lord Fleitmann Flemming, C. Flemming, Dr. Flohr, A. Focke, Dr. Foerster, Arnold Franke Freiberg Fremmerey, Bruno Frenken Frentzen, F. )J. Fresenius, Eigenschaft. ————— Kaufmann Chemiker Kreisphysikus Arzt Bergwerksbeflissener Director der höhern Bür- gerschule Assessor Med.-Rath u. Director Privatdocent Arzt Kaufınann Priester Kaufmann Mechaniker Feldjäger Rentner Admiral Chemiker Studiosus Med. Geh. Med.-Rath Lehrer Arzt Lehrer Werkführer Eisenbahn-Ingenieur Kaufmann Regierungsrath Färber Eisenbahn-Ingenieur Wohnort. Irland Aachen L. Schwalbach Düsseldorf Montzen Bardenberg Cöln Düren Deventer Bonn Lyon Aachen Aachen Aachen Aachen Paris Aachen England Giessen Heidelberg Schwerin M. Gladbach Siegburg Aachen Berlin Aachen Aachen Aachen Aachen Aachen Section Geologie. Physik. Chemie. Medizin u. Chirurgie. Medizin. Geognosie. Mathematik u. Physik. Physik. Psychiatrie. Physik. Medizin. Mineralogie. Geologie. Geologie. Mechanik. Forstwissenschaft. Mineralogie. Astronomie. Chemie. Physik. Psychiatrie u. Med. Physik. Anthrop. u. Psych. Zoologie. Mathem. u. Physik. Mathem. u. Physik. Antlıropologie. Geologie. Chemie. Zoologie. — 407 — Name Fresenius, R. Dr. Frisch Fromm, Franz Früsafs, Chr. Ernst Ganser, Dr. Garihe Geller, Franz Geuljans, L. Geyr, Freiherr v. Gilgenberg, Gillon, G. Gloesener, M. Goeddertz, Al. Goettel, Ferd. Wilh. Golz, von der Görissen, M. Görschen, von Gormanns Graef, H. A. Gray, James Greifs, Dr. Grice Grimm, Dr. Gronen, Grootendorst, J. C. Grosjahn, Dr. Gruber, Dr. Günther, Fr. Guffanti, J. Gustaldi, Graf von Eigenschaft. Professor Professor Gutsbesitzer Obersteiger Arzt Dr. der Philosophie Kaufmann Auscultator Rentner Apotheker Provinz.-Rath u. Bürgerm. Professor der Physik Kaufmann Kaufmann Rittmeister a. D. Kaufmann Ober-Regierungsratlı Notar Buchhalter Künstler. Oberlehrer Ingenieur Physikus Notar Arzt Arzt Arzt Arzt Rentner Rentner Wohnort. Wiesbaden Stuttgart Aachen Emmaburg Aachen Cöln Aachen Aachen Aachen Eupen St. losse-ten- Noill Lüttich Aachen Aachen Stollberg Aachen Aachen Erkelenz Aachen London Wiesbaden Aachen Thedinghausen Aachen Maestricht |Sehladen Mosbach 'Düren Cöln ‚Nancy Siection. nn Chemie, Mathem. u. Astron. Land- u. Forstwiss. Mineralogie. Medizin. Physik u. Chemie, Chemie. Anthropologie. Botanik‘ Chemie u.Pharmazie. Zoologie. Physik. Botanik. Landwirthschaft. Geologie. Physik. Botanik. Landwirthschaft. Physik u. Botanik. Anatomie. Physik u. Chemie. Physik u. Mineral. Medizin. Anthropologie. Phys., Chem., Med. Medizin. Physik u. Medizin. Mellizin, Landwirthschaft. Physik. 408 Name. Gutberlet Hagen Hahn, Dr. Haamers, J. Hammer, F. Hamacher, Dr. Hansen, E. Hansen, L. Hansen, Nicolas, Hauck, Ludwig Hautermann, Steph. Hautz ı Harlefs, Dr. Hasenelever, Dr. Hasencamp, von Haflslacher Hastenrath, L. Heine, J. Dr. Heinrich, Dr. Heinz, R. Heinze, von Heis, E. Held Henneberg, W. Hergersberg Hermann, A. Hermann Hertz, Dr. Herwartz, Dr. Herzog, Carl Heumann, Felix Gregor Eigenschaft. Schulinspector Oberlehrer Arzt Privater Kaufmann | Oberlehrer | Arzt | Fabrikbesitzer Wagenfabrikant |Landgerichis-Secretair Rentner Haupt-Zollamts-Assistent Geh.Med.-Rathu. Professor Apotheker Eisenbahn-Spec.-Direcior Landrath Maler Arzt Privatdozent Buchhalter Resierungsrath Oberlehrer Kaufmann Student Arzt Vermessungs-Conducteur Auscultator Arzt Arzt |Rentner \Gerichtsvollzieher Wohnort. Fulda Aachen Aachen Aachen Aachen Trier Hadersleben (Aachen Aachen Aachen Aachen Aachen Bonn Aachen Aachen Aachen Aachen Cannstadt Siegburg Aachen Aachen Aachen Aachen Giefsen Cöln Aachen Aachen Bedburg Aachen Aachen Aachen Seetiow Geologie. Geo logie. Med. u. Psychiatrie. Chemie. Physik. Mathematik. Medizin. Mechanik. Mechanik. Botanik. Botanik. Physik u. Mineralogie Medizin. Chemie u. Physil:. Physik. Geologie u. Botanik. Anatomie Medizin u. Chirurgie. Psychiatrie. ' Geologie. Physik u. Chemie. Mathematik u. Physik. Mineralogie. Chemie. Medizin. Mathematik u. Mech. Geographie. Medizin. Psychiatrie. Psychiatrie. Botanik. Name Heusgen, Dr. Heyfelder, Dr. Heyse Hilgers Hirte Hölscher Hoening, Fr. Hoeninghaus,F. W. Hoffmann Hohl, Dr. Hohmann Holger, Ritter von Homberg Honigmann Hoppe, Dr. Horst, Jos. Horst, J. G. Horstmeyer Houben, J. Houiem, G. H. van Houtem, Ign. van Höver, Ph. Howitz, @. Hoyer, @. Hüls, H.J. Hüllverding, Ed. Hünemeyer, Ph. "Hufschmidt, P. Jacobi Jacobs, Dr. Jacobssohn — 49 — Eigenschaft. Wohnort. Arzt Cöln Professor Erlangen Regierungsrath Aachen Oberlehrer Aachen Eisenbahn-Spee.-Director |Cöln Spiegelfabrikant Aachen Kaufmann Aachen Handelsgerichts-Präsident) Crefeld Landgerichts-Präsident |Aachen Professor Halle |Lehrer Aachen |Professor Wien Bergmeister Aachen Rentner Düren Privatdozent Bonn Bäckermeister Aachen Arzt Cöln Restaurant Aachen Goldarbeiter Aachen Gutsbesitzer Aachen Kaufmann Aachen Lehrer Aachen Candidat Kopenhagen Gastwirth Aachen Gerichtsvollzieher Aachen Privatgelehrter Wien Taubstummenlehrer Aachen Lehrer Aachen Domainen-Rentmeister |\Aachen Kreis-Physikus Eupen Kaufmann Aachen ———— m — m m — Section Anatomie u. Physiol Medizin. Geologie u. Botanik. Geologie. Botanik. Botanik. Zoologie. Geologie. Physik. Medizin. Mineralogie. Mineralogie. Medizin. Mineralogie. Chirurgie. Botanik. Medizin. Physik. Physik. Landwirthschaft. Physik. Mathematik. Geolog. Chemie u. Physik. Botanik. Botanik. Mineralogie. Geologie. Mineralogie u. Geol. Botanik. Medizin u. Chirurgie. Mathematik. 52 = 410 = TFT TFT [TTTT TL —,L1Pm——— — — Name. Jacques, C. A. Jaeger, Dr. Jancke Jansen, C. Jansen, J. Jansen, P. Jansen, Wilh. Jardon Jerusalem, Aug. Joerissen Johnen-Fuls, W. John Istas Jung Jung, Dr. Jungbluth, B. Dr. Jungbluth, F. Jungbluth Jungbluth, Wilh. Jütting, Dr. Iwanowsky Kämpfer, Gregor Kalt, Dr. Kaltenbach, J. H. Kauertz, Dr. Kaufmann, Herm. v. Kelp,L. Dr. Kern, Jos. Kern, Marlin Kersten, Jos. Kesselkaul, Dr. Eigenschaft. Arzt Geh. Med.-Rath u. Prof. Stadtgärtner Student Handelsgerichtsschreiber Kreis-Secretair Student Student Handlungsdiener Advocalt-Anwalt Kaufmann Oberbergrath Maler Bergwerks-Director Arzt Arzt Advocat-Anwalt Notariats-Candidat Kaufmann Arzt Staatsrath Candidat der Medizin Arzt Lehrer Kreisphysikus Offizier Kreisphysikus Kaufmann Kaufınann Kaufmann Arzt ‚Stuttgart Aachen Aachen Aachen Aachen Aachen Aachen Aachen Aachen Aachen Düren Aachen Stollberg Kreuznach Aachen Aachen Aachen Aldenhoven [Münster ‚Petersburg Aachen Coblenz Aachen Kempen Kopenhagen Delmenhorst Aachen Aachen Aachen Aachen Wohnort. Section. Waremme(Belg.\|Medizin. Medizin u. Geologie. Botanik. Anthropologie. Physik und Botanik. Botanik. Physik und Botanik. Botanik. Physik. Botanik. Botanik. Geologie. Anatomie. Mineralogie. Medizin. Medizin. Geologie. Mineralogie. Physik u. Chemie. Medizin. Physik. Medizin. Medizin. Botanik. Medizin. Mathematik u. Mech. Anthropol. u. Psych. Physik. Physik. Chemie. Medizin. PER, — nl — Sue Kilian, Dr. Kleinermann Klinkenberg, Aug. Klinkenberg, Ernest Klinkenberg, Herm. Klipstein, Dr. von Kloth, M. Klotz, W. Kloubert, F. Knippenberg, B. Knippenberg, H. Dr. Koch, F. Koelges, Dr. Koenen, C. Koenen, E. Dr. Koerfer, FE. Koerfer, Ludwig Kolster, J. W. Koninck, Dr. de Kopstadi, Dr. Kortum, Dr. Krahmer, Dr. Krantz, A. Krause, A. Krause Krauthausen, Dr. Krecke, F.M. Dr. Kremers, Dr. Kremers, Jos. Kremers, P. Krey Eigenschaft. Wohnort. Geh. Med.-Rath u. Prof. ‚Bonn Rentner Kaufmann Kaufmann Kaufmann Professor Kaufmann Hüttenbeamter 'Kaufınann "Kaufmann Arzt Bergrath Apotheker Juslizrath Arzt |Referendar Gymnasiallehrer Apotheker Professor [Kreisphysikus |Arzt ‚Professor | Mineralog Landgerichtsrath \Gutsbesitzer Arzt Dr. der Philosophie Arzt Student Student 'Hofralh Aachen Aachen Aachen |Aachen Giefsen ‚Aachen |Würtemberg Aachen Afrika Bremen Grünenplan ‘Aachen |Aachen Aachen Aachen Aachen Schleswig ‘Lüttich 'Rheydt |Stolberg ‚Halle ‚Berlin Aachen Camnitz 'Odenkirchen ‚Utrecht Remscheidt Bonn 1 ‚Bonn Aachen Slie.cı Ki’oin. —— |Medizin. |Botanik, Mineralogie. Mineralogie. Mineralogie. |Mineralogie. Chemie. |Geognosie. ‚Physik. Zoologie. Medizin. Geologie, Chemie u. Pharmac. Geologie. Mineralogie. Physik. Anthrop. u. Psych. Chemie. Chemie u, Geologie. Botanik u. Mineralog. Medizin. Meldizin. Mineralogie. Anthropologie. Physik. Medizin. Physik. Medizin. Chemie. Physiku. Mineralogie Botanik. 412 Tr Th Name Kribben, -Joh. Jos. Dr. Krieger, J. H. Kroymann, J. H. Küchen Kuck Kuetgens, H. Kuetgens, Jos. Kuetgens, Carl Kuetgens, P. Kueigens, W. Küppers, H. Kysacus, R. Labry Lachmann, W. Laer, J. van Lambert, Dr. Lamberti, W. Lambertz, A. Lamby, Dr. Lange, @. Lauffs, Jos. Dr. Laurent, J. Lausberg, Dr. Lauter, Dr. Lavaissiere Laven, W. Lax, L. Leichenich Lemercier Leers, H.J. | Leeuwen, van Eigenschaft. Director d. h. Bürgerschule ‚Arzt \Dr. der Philosophie Advocat-Anwalt Advocat-Anwalt Kaufmann Rentner Kaufmann Kaufmann Kaufmann Gymnasjallehrer Lehrer Forstinspector Professor Naturalist Kreisphysikus Musiklehrer Kaufmann Sanitätsrath Arzt Arzt Bibliothekar Arzt Reniner Privater Fabrikant Redacteur Haupt-Zollamts-Assistent Arzt Apotheker Arzt Wohnort, | Aachen _ [Rotterdam Holstein Aachen Aachen Aachen Aachen Paris Aachen Aachen Aachen Siegen Aachen Braunschweig Utrecht Düren Aachen Burtscheit Iburg Niederlahnstein Aachen Aachen London Karlsruhe Paris Aachen Aachen Aachen Paris Berlin Utrecht Sectiom Zool., Min. u. Geogn. Medizin. Mathematik. Mineralogie. Mineralogie. Physik. Physik. Mineralogie, Physik. Physik. Mathematik. Geologie. Forstwissenschaft. Medizin u. Geognosie " Geologie. Medizin. Physik. Geologie. Medizin, Medizin, Med. u. Psychiatrie. Anthropologie. Medizin. Mineralogie. Mineralogie. Mineralogie. Physik. Physik. Anatomie. Chemieu. Pharmazie. Medizin. — 4493 — Name Lersch, B. Dr. Leube, G. Dr. l.euchtenrath, H. Levy Lexis, E. Dr. Liebe Lieck Lingens, Aug. Lippe Lisner, Dr. Lloyd, Ch. Lochner, F. Löhr, N. J. Lorentz Lorey, Dr. Lorsbach Lossen, Dr. Louis, .Herm. Louyet Lücke Lüer, A. Maafsen, L. Maenicke, L. Maelsen Maltitz, von Marhaise, Dr. Marcus, Dr. Martin Marx): Mathce, Al. May, Dr. Eigenschaft. Arzt Apotheker Buchdrucker Lotterie-Einnehmer Arzt Kaufınann Kaufınmann Kaufınann Kaufmann Arzt Rentner Kaufmann Apotheker Gymnasialoberlehrer Arzt Berggeschworener Arzt Lehrer Professor Kaufınann Instrumentenmacher Fiscalals-Actuar Kreiswundarzt Apotheker Director Arzt Arzt Schriftsteller Kaufmann Kaufmann Arzt Wohnort. Aachen Ulm Aachen Aachen Eschweiler Aachen Aachen Aachen Kassel Ruhrort London Aachen Cöln Cöln Frankfurt a. M. Stolberg Kreuznach Aachen Brüssel Magdeburg Paris Aachen Burtscheit Dülken Aachen Eupen Düren Paris Bonn Aachen Aachen Section. Medizin u. Zoologie. Mineralogie. Mathematik. Physik. Medizin. Physik. Physik. Bolanik. Mineralogie, Medizin. Botanik. Astron. u. Mechanik. Chem., Bot. u. Min. Physik. Medizin. Mineralogie. Meldlizin. Mathemalik. Physik u. Chemie. Physik u. Chemie. Medizin. Mineralogie. Medizin. Chemie. Mathematik. Medizin. Medizin. Physik. Chemie u. Physik. Mineralogie. Medizin. # — 44 — ————— —GÖRg m Nr. Name. 364 | Mayer, Ph. 365 | Mayer, 6. Dr. 366 | Mayer, Jul. Sal. 367 | Mayer, Siegmund 368 | Mecs, Georg 369 | Melcher, Louis 370 | Menn 371 | Mengelbier, J. jun. 372 | Mengelbier 373 | Messow, Dr. 374 | Meicherszi, Prinz 375 | Metz, Dr. 376 | Metz, Carl 377 | Meulen, A. van der 378 | Meyer 379 | Meyer, Fr. 380 | Meyer, G. Dr. 381 | Meyer, Herm. von 382 | Meyerhoff, M. 383 | Meyn, A.L. 384 | Meyn, L. 385 | Michaelis, G. A. 386 | Michel, P. 387 | Mickerts, Jul. 388 | Mitscherlich, Dr, 389 | Mohr, Dr. 390 | Mohr. 391 | Monheim, Dr. 392, | Monheim, Edmund 393 | Monheim, Victor 394 | Moreau, Otto Eigenschaft. Wohnort. Advocat-Anwalt Aachen Arzt Aachen Kaufmann Aachen Kaufınann Aachen Kaufınann Aachen Büreau-Chef d. Eisenbahn Brüssel Privater Cöln Kaufmann Aachen Student labsiren Arzt Aachen - Warschau Arzt und Sanilälsralh Aachen Student Aachen Spitalverwalter Aachen Privaler ‚Hamburg Apotheker Heilbronn Arzt Hildesheim Privatgelehrter Frankfurt a. M, Kaufmann Aachen Stuatsralh und Professor |Kiel Dr. der Philosophie Kiel Professor Kiel Kaufınann Brüssel Kaufmann Aachen Geheimer Medizinalrath |Berlin Medizinal-Assessor Coblenz Oberförster Trier Medizinal-Assessor Aachen Sindent Aachen Apotheker Aachen Auscullator Aachen Sectiom Physik. Physik u. Medizin. Geologie. Medizin. Botanik. Mathematik u. Mech. Botanik. Astronomie u.Physik. Zoologie. Medizin. Physik. Medizin. Medizin. Anthropologie. Mineralogie. Botanik. Psychiatrie. Geologie. Botanik. u Medizin. Mineralogie, Medizin. Mathematik u. Physik. Botanik. Chem: ‚Phys.u. Geog, ‚Chemie. Botanik; Physik u, Chemie, Mineralogie. Chemie u. Mineralog, Anthropologie. I =— 45 — Nr. Name | Eigenschaft. Wohnort. She ctroln. 395 | Moyk, Dr. larzt Korbach Physiologie. 396 | Mühle, Graf von der lOfizier München Zoologie. 397 | Müller ıProfessor Freiburg Chemie u. Physik. 398 | Müller, €. Dr. Apotheker Aachen Chemie u.Pharmazie. 399 | Müller, Chr. Gymnasiallehrer Aachen Mineralogie. 400 | Müller, Dr. Geheimrath Homburg a. d. H.| Medizin. 401 | Müller, E. Apotheker Freiburg Chemie. 402 | Müller, H. Arzt Leipzig Medizin. 403 | Müller, Joh. Dr. Med.-Rath Soest Physik, Chem. ; Bot. 404 | Müller, Jos. Dr. Gymnasialoberlehrer Aachen Geologie. 405 | Müller, W. Dr. Arzt Homburg a. d. H.|Medizin. 406 | Mund, E. E. Arzt Duisburg Medizin. 407 | Munker Guisbesilzer Crefeld Geologie. 408 | Naegele, Dr. Arzt Sterkradt Medizin. 409 | Neeff | Kaufınann Aachen Chemie. 410 | Negri, von IAuscultator ‚Aachen Landwirthschaft. A411 | Nellessen, Carl Bürgermeister Aachen Physik 412 | Nellessen, Franz Kaufınann Aachen Physik 413 | Nellessen, H. |Tuchfabrikant Aachen Physik 414 | Nettelhorst Apotheker Ibürg Pharmazie. 415 | Neuenborn Obereinfahrer Düren Mineralogie. 416 | Neukirchen Regierungs-Assistent Aachen Forstwissenischaft. 417 | Neumann, L. H. Kaufınann Aachen Physik. 418 | Neumann, N. Lehrer Crefeld Anthropologie, 419 | Neufs Kaufmann Aachen Physik. 420 | Noeite, Fr. Maler Düsseldorf Physik. 421 | Nöge, von der Naturforscher Texas Botanik. 4122 | Nöggerath, Dr. Geheimrath und Professor|Bonn Mineralogie. 423 Nögwerath, Carl Dr. Arzt Rolandseck Medizin. 424 | Nücker, Jos. Kaufmann Azehen Physik. 425 | Nuellens, L. (Gastwirth Aachen Chemie. — M6 — Name Oberhäuser, Georg Ocbecke, Dr. Ocynhausen, von Offergelt Ohlrich, Carl Oldenburg d’Omalius d’Halloy, J.J. Packenius Panhuys, A. van Pappert, Dr. Pastor, G. H. G. Peeters de Mersmann Peters, L. Peltzer, Arn. Edm. Peltzery PR: Pfeiffer Pleimes, Dr. Plöm, Ch. Dr. Pommer-Esche, von Pomel, A. Portz, H. J. Dr. Post, A. Püngeler Radius, Justus Dr. Rees, R. var Reiff, Heinr. Reincke Reumont, Dr. Rey, A: J.yan Rheins, F. W. Rheydt Eigenschaft. Ingenieur Gymnasialoberlehrer Wohnort Paris Aachen Geheimer Oberbergrath |Berlin Rentner Arzt Apotheker Gutsbesilzer Oberprocuralor Obrist Arzt Fabrikant Rentner Auvocal-Anwalt Kaufınann Steuercontrolleur Reclor Arzt Regierungs-Assessor Agrege del’ecole de mines Arzt Kaufınann Kaufınann Professor Professor Nofhulmacher Regierungsralh Arzt Apotheker Apotheker Mechaniker Aachen Hannover Delmenhorst Halloy Aachen Vaels Aachen Burtscheit Termonde Aachen Aachen Aachen Aachen Eupen Vaels Aachen Paris Aachen Eupen Burlscheit Leipzig Utrecht Aachen Aachen Aachen Vaels Neufs Cöln Sieectiom Mechanik. Mineralogie. Geologie. Mineralogie. Medizin u. Chirurgie, Chemie. Mineralogie u.Geogn. Physik. Geologie. Medizin u. Chirurgie, Mechanik. Mathemalik. Botanik. Physik. Aineralogie, Mathemalik. Physik u. Chemie. Medizin u. Chirurgie. Physik. Geologie. Medizin u. Zoologie, Physii. Zoologie. Medizin. Physik. Chemie. Geologie. Medizin u. Chirurgie. Physik und Chemie. Physik und Chemie. Mechanik. ae = MM — Name Richard, Carl Richard Richarz, Fr. Dr. Ridolfi, Louis Dr. Riemsdyk, A. W. van Riflart Rimbach, Fr. Ritschl Ritz, W. Robertson, C. J. Robert Roderburg, Dr. jun. Roderburg, Dr. sen. Roeder, Heinr. Roeder, Dr. Roemer Koenigsfeld, G. F. Dr. Roest, A.M. C. Roosen Rofs, Dr. Rossum, A. E. Rosbach Rosenheim, A. Rosenheim, M. Roser, von Roux, Dr. Ruer, Dr. Rumler, Carl Rupp, L. Rütgers, Julius Saint Paul de Sincay [Director vom Altenberg |Paris Eigenschaft. Wohnort. Section a nz re ni 0 Major Aachen |Geologie. Apotheker |Aachen Chemie. Vorst. einer Irrenanstalt |Endenich Psychiatrie; Deputirter Florenz Physik. Schatzmeist. d.Prov. Limb.|Maestricht Mineralogie u. Geol. Apotheker Aachen Chemie. Apotheker Aachen Chemieu. Pharmazie. |Rector Bonn Geologie. Regierungsrath |Aachen Botanik. |Med. Dr. Yarmouth Psychiatrie. ‚Professor Marburg Physiologie u. Med, Arzt Aachen Medizin. |Arzt Aachen Medizin u. Chirurgie. |Eisenbahn-Ingenieur Aachen Physik. |Arzt |Schweinfurt a. M.|Medizin. Rentner Eupen Physik. |Arzt Düren Medizin. Eisenbahn-Ingenieur ‚Aachen Physik. ‚Notar Gladbach Forstwissenschaft. ‚Professor Halle Geognosie. ‚Kaufmann ‚Aachen Physik. ee \Aachen Physik. Kaufmann Aachen Physik. |Kaufmann Aachen Mineralogie. Geheimer Legationsrath |Stuttgart Zoologie. [Professor |Paris Chirurgie. Sanitätsrath Marsberg Psychiatrie. Custosadjunct d. Museums| Wien Mineralogie. Juwelier Aachen Mineralogie. Student Aachen Chemie. Geologie. 53 — 418 Name. Salm-Dyck, Fürst zu Sartorius, Dr. von Sauvigny Schaafhausen, Dr. Schadt van Westreen Schaefer, Dr. Schaffrath, L. J. Scheerer Scheibler, C. Scheibler, H. Scherpenzeel-Thim,v. Schervier, C. G. Schervier, L. H. Schick, J. W. Dr. Schiffgens, Dr. Schillings, Leo Schleicher Schlitte Schmedding, Dr. Schmid, J. H. Dr. Schmid, Dr. Schmitz, J. Schneevogt, Dr. Schneider, Fr. Dr. Schnell, Dr. Schoeller, Richard Schoen, Dr. | Scholl, Dr. SchrödervanderKolk Schümmer, M. J. Schümmer, ). Eigenschaft. Arzt Steuerrath Privatdozent Ingenieur Kreisphysikus Kaufmann Legationsrath Student Kaufmann Director vom Altenberg Religionslehrer Kaufmann Arzt Arzt Rentner Apotheker Obersecretair Privatdozent Geheimrath und Professor Professor Rendant Arzt Arzt Arzt Rentner Gymnasial-Director Professor Professor Bergwerks-Director Notar Wohnort. Schlofs Dyck Aachen Aachen Bonn Aachen Montjoie Aachen Aachen Aachen Drimborn Moresnet Aachen Aachen Haag Vorweiden Aachen Eupen Aachen Münster Berlin Jena Kohlscheidt Aınsterdam Crefeld Eberbach Düren Aachen Trier Utrecht Klinkheide Aachen Section. Botanik. Medizin. Physik u. Mineralogie Physiologie. Physik. Medizin. Forstwissenschatt. !Physik. Chemie. Physik u. Chemie. Physik u. Chemie. Anthropologie. Anthropologie. Medizin. Medizin. Physik. Chemie. Botanik. Physik und Chemie. Medizin. Chemie u. Physik. Geognosie. Psychiatrie u. Med. Medizin. ‚Psychiatrie. (SEO | Gevgnosie. Medizin. Geognosie. Physik. 'Astron. u. Mathemat, le en Nr. Name. Eigenschaft. Wohnort. Seetion. — ' Dr 519 | Schürmann, 6. ‚Kaufmann Aachen Physik. 520 | Schürmann ‚Kaufmann \Anchen Physik. 521 | Schultz, C. H. Dr. ‚Arzt Deidesheim Botanik u. Medizin. 522 | Schumacher, Dr. Arzt Aachen Medizin. 523 | Schwamborn, C. Bürgermeister Aachen Physik. 524 | Schwandner, Dr. \Arzt Murhardt Medizin. 525 | Schwarzmann, Otto |Bergwerks-Ingenieur Herbesthal Geognosie. 526 | Schweich, Dr. Arzt Kreuznach |Medizin. 527 | Schweitzer, A. G. Dr. |Professor Bonn [Geolögie u. Botanik. 528 | Schwenger, Gustav (Rentner Aachen Bot. u.Landwirthsch. 529 Seckendorf, von 'Salınen-Inspector |Freiburg ‚Chemie. 530 | Sehlmayer, J. F. |Apotheker Cöln Botanik. 531 | Selys-Longchamps, de Mitglied d. belg. Academie Lüttich Zoologie. 532 | Sicherer, Fr. Dr. Arzt Heilbronn Medizin. 533 | Sickermann, H. Apotheker Cöln ‘Chemie. 534 | Simeon, W. Ingenieur Aachen Mineralogie. 535 | Sinning Garten-Inspector (Bonn ‚Botanik. 536 | Sinning ‚Bergamts-Expectant ‚Bonn Geologie. 537 | Skarsynsky, Graf ‚General ‚Paris 'Physik. 535 | Smaasen, W. Dr. der Philosophie Utrecht 'Mathem. u. Physik. 539 | Smythies |Reniner |BurySt. Edmunds Physik. 540 | Somnmter, Dr. (pöiheker ‚Aachen [Physik‘ 541 | Somya, H. ‚Mechaniker ‚Aachen ‚Physik. 542 | Spiegelthal ‚Post-Secretair Aachen ‚Medizin. 543 | Spies, Dr. ‚ Arzt Frankfurt a. M. |Physiolog. u. Medizin. 544 | Spies, F. J. Stadtbrunnenmeister Aachen [Physik. 545 | Sprenger |Oekonom Bornheim ‚Landwirthschaft, 546 | Springsfeld, F. Kaufmann Aachen |Mechanik. 547 | Stannius Professor Rostock ‚Anatomie u. Physiol. 548 | Stark Lehrer Eupen |Physik. 549 | Stalz Advocal-Anwalt Aachen Physik. Name. Steeg, Dr. Steenaerts, P. Steffens, von Steffens, A. von Steifensand, Dr. Steinmeister Stephan, Dr. Stiebel, Friedrich Dr. Stift, Dr. Stoels, Dr. Stoll, @. Stollwerck, F. Stoltenhoff, A. W. Stoltenhoff Straeter, Dr. Straus-Dürkheim, H. Strecker, Dr. Strom, Martin Stromeyer, Dr. Stürenburg | Stürtz, Carl Stumpf | Suermondt, C. | Swellengrebel, J. G. H. | Tappe | Taylor, William Ter Meer, Ernst | Termonia, Dr. | Termonia, J. Fr. Theifsen, Dr. Theisen, Fr. | Eigenschaft. ‚Arzt 'Seilensieder ‚Oberforstmeister |Referendar Arzt Kaufmann Arzt Hofrath ‚Arzt Arzt ‚Ingenieur |Lehrer Bergwerksbesitzer (Kaufmann Arzt |Dr. med. Assistent d. chem. Labor. Kaufmann Professor (Hypotheken-Bewahrer [Rentner [Droguist Rentner Dr. der Mathematik ‚Ingenieur |Geistlicher ‚Buchhändler |Arzt Juwelier Arzt Kaufmann Wohnort. | Section | | I Zülpich Medizin. Aachen Chemie. [Aachen Igopanik läschen Mineralogie. Crefeld Medizin. |Aachen Chemie. Aachen Medizin u. Chirurgie. Frankfurt a. M. Medizin u. Physiolog. Wiesbaden Medizin. Strafsburg ‚Medizin u. Chirurgie. Aachen | Physik. Uerdingen Zoologie. Stollberg Geologie. Aachen ‚Anthropologie. Aachen |Medizin. Paris Anatomie. Gielsen Chemie. Aachen Mineralogie. Freiburg Medizin. Aachen Mineralogie u. Geol. Aachen Mineralogie. Coblenz Chemie, Aachen Mineralogie. Utrecht Mathematik. Dortmund Physik. London Anthrop. u. Psych. Aachen Geologie. Lüttich Medizin. Aachen Chemie. Eschweiler Medizin. Aachen Physik. Name. Thimus, Freiherr von Thissen Thorn, Ed. Dr. Tölle Trautwein, Dr. Trüppel Turanyi, von Twining, Mr. Uhle, Joh. Ulrich, Dr. Urner, Dr. Useyski, K. Vallance, James Vallance, T. W. Velten, Carl Dr. Velten, Herm. Dr. Velten, Jos. Dr. Verloren, M. C. Vietoris, M. Virchow, Dr. Voget, A. H. L. Dr. Vogler, Dr. Vohl, J. Vonderbank, Dr. VoflssAak Vossen, F, Vossen, B. Dr. Vossen, G. Vrolik, W. Vry, Dr. de Waller-Perry — 4 Eigenschaft. Guisbesitzer Parket-Secretair Kaufmann Bierbrauer Arzt Referendar Musikdirector Rentner Mechaniker Med.-Rath Arzt Gutsbesitzer Rentner Rentner Arzt Arzt Arzt Dr. der Philosophie Rentner Professor Apotheker Obermedizinalrath Chemiker Arzt Königl. Berggeschworener Fabrikant Arzt Landgerichtsrath Professor Lector Ingenieur Wohnort. Seetion. —— Haus Goudenrath| Landwirthschaft. Aachen Neuwied Aachen Kreuznach Aachen Aachen London Aachen Coblenz Elberfeld Lemberg England England Coblenz Aachen Bonn Utrecht Aachen Berlin Heinsberg Bad Ems Cöln Zülpich Kohlscheidt Aachen Aachen Düsseldorf Amsterdam Rotterdam London Mineralogie. Medizin. Physik. Medizin. Physik. Physik und Chemie. Physik. Mechanik u. Physik. Medizin. Medizin. Physik. Mineralogie. Mineralogie. Medizin. Medizin. Medizin. Zoologie. Botanik. Medizin, Chemie u. Botanik. Medizin. Physik. Medizin. Geognosie. Physik u. Chemie. Medizin u. Chirurgie. Physik. Anatomie. Chemie. Geologie. * = Id — ——mhERÖ©aÖ®]‘Ä'Ä,'{,«...-_- See TB — Nr. Name. Eigenschaft. Wohnort. Section. 612 | Wallmarck Akademiker Stockholm Chemie u. Physik. 613 | Walker, Francis Entomolog London Entomologie 614 | Walsham, Chevalier Baronet BurySt. Edmunds| Astronomie. 615 | Waterkeyn Professor Löwen Geognosie. 616 | Weber, Dr. Professor Bonn Anatomie u. Physiol. 617 | Weber, Gustav Kaufmann Aachen Physik. 618 | Weckauf, Jos. Kaufmann Aachen Physik. 619 | Wegeler, Dr. Medizinalrath Coblenz Medizin. 620 | Weidenhach, Dr. Apotheker Aachen Physik und Chemie. 621 | Weiler Kaufmann Aachen Physik. 622 | Welter, A. Apotheker Stollberg Chemie. 623 | Wengler, E. Buchhändler Aachen Physik. 624 | Wenzel, Dr. Arzt Mainz Medizin. 625 | Wertheim Physiker Paris Physik. 626 | Wersifosse, N. Banquier Aachen Mathematik. 627 | Westermacher, Dr. [Arzt Büdingen Medizin. 628 | Wetzlar, Dr. Arzt Aachen Physik u. Medizin. 629 | Weyers, Theodor Assessor Aachen Psychiatrie. 630 | Weynen Kreisthierarzt Aachen Anatomie. 631 | Wiebel Professor Hamburg Mineralogie. 632 | Wildenstein, Friedr. |Fabrikant Aachen Chemie. 633 | Wildenstein, Otto Kaufmann Aachen Physik. 634 | Winkler, €. F. Musiklehrer Aachen Geogmosie. 635 | Winnertz, J. Kaufmann Crefeld Entomologie. 636 | Wittfeldi, Friedrich Ober-Ingenieur Aachen Geognosie. 637 | Wolff, Dr. Arzt Frankfurt a. M. |Medizin. 638 | Wolff, H. Dr. Arzt Bonn Medizin. 639 | Wolff, J. Dr. Arzt Bonn Medizin. 640 | Wolff, Baron von |Paris Mathematik. 641 | Wrede, C. Apotheker Bonn Chemie. 642 | Wunderlich Gerichtsschreiber Gemünd Anthropologie. — A3 — Nr. Name Eigenschaft. Wohnort. Section. 643 | Wurzer, Rudolph Dr, FR Bonn Medizin. 644 | Zambra, Carl Vicar Malmedy Psychiatrie, 645 | Zenneck Professor Siuttgart Chemie u. Physik. 646 | Zentifs, Franz Gulsbesilzer Thiergarten Physik. 647 | Zitterland, Dr. Medizinalrath Aachen Medizin. 648 | Zurhelle Oekonom Aachen Landwirthschaft. 649 | Zurhelle, G. Rentner Aachen Chemie. 650 | Zur Hosen Ober-Postdirector Aachen Botanik. v. Uebersicht der bis jetzt gehaltenen Versammlungen deutscher Naturforscher und Aerzte, Erste Versammlung, in Leipzig 1822. — Geschäftsführer : Prof. Schwägrichen und Prof. Kunze. — Mitgliederzahl : 20. — Vgl. Isis von Oken, 1823. Heft 6. S. 1—3. 563—553. Zweite Versammlung, in Halle 1823. — Geschäftsführer : Prof. Sprengel und Prof. Sehweigger. — Mitgliederzahl : 34. — Vgl. Isis von Oken, 1823. Heft 12. S. 1336—1346. Dritte Versammlung, in Würzburg 1824. — Geschäftsführer: Prof. vo. d’Outrepont und Prof, Schönlein. — Mitgliederzahl : 36. — Vgl. Isis von Oken, 1825. Heft 7. S. 761-777. Vierte Versammlung, in Frankfurt a. M. 1825. — Geschäftsführer : Dr. Neuburg und Dr. Cretzschmar. — Mitgliederzahl : 110. Vgl. Isis von Oken, 1826. Heft 3. S. 263—293. Fünfte Versammlung, in Dresden 1826. — Geschäftsführer : Prof. Seiler und Prof. Carus. — Mitgliederzahl : 116. — Vgl. Isis von Oken, 1827. Heft A. S. 296—409. Sechste Versammlung, in München 1827. — Geschäftsführer : Prof. Döllinger und Prof. v. Martius. — Mitgliederzahl : 156. — Vgl. Isis von Oken, 1828. Heft 5 und 6. S. 417—594. Siebente Versammlung, in Berlin 1828. — Geschäftsführer : Baron Alex. v. Humboldt und Prof. Lichtenstein. — Mitgliederzahl : 464. — Amtlicher Bericht über die Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte zu Berlin, herausgegeben von den Geschäftsführern. Berlin 1829. 4. — Vgl. Isis von Oken, 1829. Heft 3 und 4. S. 217—450. Achte Versammlung, in Heidelberg 1829. — Geschäftsführer : Prof. Tiedemann und Prof. Gmelin. — Mitgliederzahl : 273. — Amilicher Bericht u. s. w., herausgegeben von den Geschäftsführern, Heidelberg 1829. 4. — Vgl. Isis von Oken, Heft 5. S. 449—736. —_— 4m — Neunte Versammlung, in Hamburg 1830. — Geschäftsführer : Bürgermeister Bartels und Dr. Fricke. — Mitgliederzahl : 412. — Amtlicher: Bericht u. s. w., herausgeeeben von den Geschäftsführern. Hamburg 1831. 4. Zehnte Versammlung, in Wien 1832. — Geschäftsführer : Baron v. Jacguin und Prof. v. Littrow. — Mitgliederzahl : 418. — Amtlicher Bericht u, s. w., herausgegeben von den Geschäftsführern. Wien 1833. 4. Eilfte Versammlung, in Breslau 1833. — Geschäftsführer : Prof. Wendt und Prof. Oito. Mitgliederzahl : 273. — Amtlicher Bericht u. s. w., herausgegeben von den Geschäftsführern. Breslau 1834. 4. Zwölfte Versammlung, in Stuttgart 1834. — Geschäftsführer : Staatsrath v. Kielmeyer und Prof. Jäger. — Mitgliederzahl : 546. — Amtlicher Bericht u. s. w., herausgegeben von den Geschäftsführern. Stuttgart 1835. 4. Dreizehnte Versammlung, in Bonn 1835. -— Geschäftsführer : Prof. ‘Harlefs und Prof. Nöggerath. — Mitgliederzahl: 484. — Bericht, herausgegeben von den Geschäftsführern. Oken’s Isis 1836, Heft IX. und X. Seite 642—810. Vierzehnte Versammlung, in Jena 1836. Geschäftsführer : Prof. Kieser und Prof. Zenker. — Mitgliederzahl : 370. — Amtlicher Bericht u. s. w., herausgegeben von den Ge- ‚schäftsführern. Weimar 1837. 4. Fünfzehnte Versammlung, in Prag 1837. — Geschäftsführer : Graf Sternberg und Prof. v. Krombhols. — Mitgliederzahl : 382. — Amtlicher Bericht u. s. w., herausgegeben von den Geschäftsführern. Prag 1838. 4. Sechszehnte Versammlung, in Freiburg 1838. — Geschäftsführer : Prof. Wucherer und Prof. Leuckart. — Mitgliederzahl : 479. — Amtlicher Bericht u. s. w., herausgegeben von den Geschäftsführern. Freiburg 1839. 4. Siebenzehnte Versammlung, in Pyrmont 1839. — Geschäftsführer : Hofrath Menke und Medizinalrath Krüger. — Mitgliederzahl : 215. — Ein besonderer amtlicher Bericht über diese Versammlung scheint nicht veröffentlicht worden zu sein. Achtzehnte Versammlung, in Erlangen 1840. — Geschäftsführer + J. M. Leupold und Z. Stromeyer. — Mitgliederzahl : 350. — Amtlicher Bericht u. s. w., herausgegeben von den Geschäftsführern. Erlangen 1841. 4. Neunzehnte Versammlung, in Braunschweig 1841. — Geschäftsführer : F. K. v. Strombeck und Dr. Mansfeldl. — Mitgliederzahl : 651. — Amtlicher Bericht u. s. w., heraus- gegeben von den Geschäftsführern. Braunschweig 1842. 4. Zwanzigste Versammlung, in Mainz 1842. — Geschäftsführer : Medizinalrath Gröser und Notar Bruch. — Mitgliederzahl : 980. — Amtlicher Bericht u. s. w., herausgegeben von den Geschäftsführern. Mainz 1843. A. ’ Ma Einundzwanzigste Versammlung, in Grätz 1843. — Geschäftsführer : Prof. L. Lan- ger. und Prof. A. Schrötter. — Mitgliederzahl : 701. — Amtlicher Bericht u. s. w., herausgege- ben von den Geschäftsführern. Mit einer Kupfer-, vier Steintafeln und 24 Blättern lithographier- ter Autographieen. Grätz 1844. A. Zweiundzwanzigste Versammlung, in Bremen 1844. — Geschäftsführer : Bürger- meister Smidt und Dr. @. W. Fochke. — Mitgliederzahl : 651. — Amtlicher Bericht u. s. w., herausgegeben von den Geschäftsführern. Erste und zweite Abtheilung mit 3 Tafeln Abbildun- gen. Bremen 1845. 4. -- Dreiundzwanzigste Versammlung, in Nürnberg 1845. — Geschäftsführer : Dr. J. 8, Dietz und Dr. J. S. Ohm. —. Mitgliederzahl : 447.. — Amtlicher Bericht u. s. w., herausge- geben von den Geschäftsführerh. Nürnberg 1846. A. Vierundzwanzigste Versammlung, in Kiel 1846. — Geschäftsführer : Prof. Dr. @. A. Michaelis und Staatsrath Dr. H. F. Scherk. — Zahl der Mitglieder : 119, der Theilnehmer 322, zusammen 441. — Amtlicher Bericht u. s. w., herausgegeben von den Geschäftsfüh- rern. Mit A Steintafeln. Kiel 1849. 4. Fünfundzwanzigste Versammlung, in Aachen 1847. — Geschäftsführer: Dr. J. P. J. Monheim und Dr. M. H. Debey. — Mitgliederzahl : 650. — Amtlicher Bericht u. s. w., herausgegeben von den Geschäftsführern. Mit 6 Steintafeln. Aachen 1849. A. INHALT. Borze a > 2 en scene m li I. Geschichte. der Versammlung: . »..,. +. elite ME Hi: AllgemeineSitsungensk is +. ih ee nl en. Dee Erste Sitzung.’ Eröffnungsredeivon Dr. Monheim .. 2000 vonder nn 1 VOrleRung (ders utulenguneDe: Debayı', wunsmee Me ar dene Dar Me BB RENNEN 3 3 Ernennung eines Ausschusses zur Berathung über die Vorschläge zur Abänderung der Statute 4 Vorlage der eingesandte#lSchriften und Briefen Sm Dr lid a a, 5 Ueber die Bedeutung geognostischer Karten von Berghauptmann von Deehen:. - :» >». 6} Ueber die Bohrversuche auf Steinsalz zu Neusalzwerk in Westphalen vom Geh. Oberbergrath DORSMIBURNQUSEHFEE, > >. , even 0 ee ee eh Re Ze Ueber die Stellung des Arztes in der Gegenwart in Beziehung zur Wissenschaft und Religion von Dr. Roeder 2%. „N SEE a EEE IHR I SE EEE BR Ueber die geologischen Orgeln in verschiedenen Kalksteinbildungen vom Geh. Bergrath Profes- BORN DORT u 50h rn he en a en een 2 RR EEE Zweite Sitzung. Bericht des Ausschusses zur Prüfung der Statue . » 2 2: 2 2 2 2 2.34 Wahl des Ortes und der Geschäftsführer der sechsundzwanzigsten Versammlung. -» » » » 25 Anzeigeltüber "Einsendmieenw 5... 0. own Velen ee ee Ueber die Bedeutung und den Einflufs der Naturwissenschaften auf die Fortschritte der Huma- nitat; von Obermegszinalrath Dr, Jager.uus: in Seren Bemerkungen hierzu vom Oberbergrath von Carnadl 2 2 2 rn rn rer re. Kernere ‚Bemerkurgen@auns Dr. Jucobs 2 0 ve ee Schbefsiiche "Erkisrinegvann Dr. Jagen. 2 ee Be Se eo Ueber Vorrichtungen zur Erleichterung des mikroskopischen Zeichnens von Professor d’Alton, Bemerkung. hierzu wong Debey.. .. ., m". = Kennel elle. een ee Vorschlag zur Vereinigung der vielen naturwissenschaftlichen Vereine am Rhein von Dr. Schultz Ueber ‚Selbstverbrennanksvon Dr. Jacobs. 2. 20 ae Sr Bemerkungen dazu vom Geheimrath Harlefs und von Wenzel Batka . » » >» 2...» Dritte Sitzung. Ueber eine bevorstehende Sonnenfinsternifs von Oberlehrer E. Heis. . -» - » Anzeienscher, Einsenügngan. ; meh’ sun A eu 0. en a en re EM Abschesrede von DrSiheyi. le =. an a ne en > 0 WERE Worte@lesgäbschiedes@yon Dr: Monheim „0, Wen one ne ee Ucber die Gesellschaft deutscher Naturforscher und Aerzte und ihre Wirksamkeit vom Ge- heimraßiHurlefs „EA uEa oı. 1202 5 Bez. een 0) ge uiee: 7 Sauer ae Abschiedserukssyom GeheimrathlSchmidt » sum 2 20 me ee Schlufs der Versammlung durch'Br. Monheim. 2 200 ee: Seite II. Sections-Versammlungen - - -» » = 2 2 2 2 2200. N I I. Section, für Anthropologie und Psychiatrie. Erste Sitzung. Ueber die Bildung der Section für Psychiatrie von Dr. Hahn. . . Sr Zweite Sitzung. Ueber die Trennung der Section für Psychiatrie vom Gcheimrath Dr. Ben . PR} Ueber die Grundformen der chronischen Seelenstörung von Dr. Richurz . >» : 2 2 2. 55 Ueber differentielle Diagnostik der bei den Irren vorkommenden latenten Lungenkrankheiten Mr RE anne ee ee Bemerkungen hierzu von Verschuedenen 2 WR ee una ruhen en 0 Dritte Sitzung. Ueber Lungenkrankheiten bei Irren von Professor Schröder von der Kolk. . . 68 Ueber Praecordialangst von Geheimrath Flemming. =» = = = 2 2 2 2 2 2 0er .68 Bemerkuneen. hiexzu. von Merschiedanen re Aa Aa ei re ee are re es RB Vierte Sitzung. Ueber psychiatrische Zeitschriften von Geheimrath Flemming» = =» 2 .....8% Bewerkuueeni iernu von VErschiclenen „Va en na in een Ueber statistische Tabellen für Irre von Professor Schröder van der Kolk » » .». 2.2... 81 Bemerkung hierzu. von’ Verschiedene I ot ee area echte sn DB Fünfte Sitzung. Ueber die Wirkung des Brechweinsteins in seiner Anwendung gegen die Psycho- DAthIEcH EVONTGEHEIIK ACH RLEINTEN NEE SE ee lee > 10 lei een BR Ueber die Wirkung verschiedener Brechmittel in der Behandlung des Irreseins von Professor RED eSOEAer ROH A ee 3: none sure met eo, 45 Vorschläge zu pharmakodynamischen Beobachtungen in der Irrenheilkunde von Sanitätsrath Ruer 87 DIOREUINERUBLICKEUBEHCHIUGNE- Mur Se ee 5 Ne er er BR Ueber die Wirksamkeit des Opiums in der Präcordialangst von Dr. Droste. -. ». .2.....8 Ueber denselben Gegenstand von Kreisphysikus Dr. Grimm und von Dr. Friedr. Engelken. . 839 Bemerkungen hierzu’ von! Sanıtätsrath Dr: Bamby.ı ans in 7 - m ar akuten 92 Ueber eine Manie während der Pubertätsentwickelung von Dr. Schnell. » =» 2 2 2..2....92 BIERErKUNGENUNIETZURVORNVErKcHiedenenieh.. oem ea pr ee 5 Ueber hydriatrische Versuche in der psychiatrischen Praxis von Geheimrath Flemming. » . 9 Bemerkungen hierzu von Sanitätsrath Ruer und Dr. Richarz. . » = 2» 2 2 2.2.0.8 Sechste Sitzung. Ueber typisches Irresein, Psychosis typiea, von Dr. Focke, - » 2» 2... Bemerkungen hierzu von Verschiednen © - 2 2 vn en em nr Hure rn. 9 Ueber die Vorzüge mehrer kleinen über einen Landestheil vertheilten öffentlichen Irrenheil- anstalten vor einer einzigen grofsen Central-Ansalt von Dr. Richarz. . 2 =» 2.2.2.9 ERNEHTERIGEINETANERVONMDIE- SROCKe Me SS ee ie 000 Slmaın me 102 Immer ES \ MERNOTBÜBEINEN EINE CRÄUFCTICHEN Se een eher SE Se ne, een ge 08 DA I. Section, für Medizin, Chirurgie und Geburtshülfe. | Erste Sitzung. Eröffnung von Geheimrath Dr. Harle[# . » 2: 2 2 ne nenn. 104 Ueber Entzündung mit parenchymatösem Exsudate von Dr. Virchtw . » » » =. + +. 105 1 Ueber eine Exstirpation des Biergtocks von Professor Heyfelder - » x = *» * re. . 10 Bemerkungen hierzu und. Erfahrungen über Aetherisation von Professor Rur - » » . . 109 Ueber das. Elythromochlion. von- Gebeimrath Kilian. 2 = 2 2 ne ee re. NO Bemerkungen hierzu und. Vorlesung von eingetroffenen Schreiben - » = = = 0... 110 Zweite Sitzung. Ueber die Amputation im Fufsgelenk nach Syme von Sanitätsratk Dr. Metz , . 11 Bemerkungen hierzu. Sr. ST s, 1.7 ee Ueber Polypen des Kehlkopfs von Professor a Bir a), se, Bemerkungen hierzu von Verschiedenen. . 2. 2... 0. ee ae Mr rn Ueber die Nothwendigkeit einer gröfseren Betheiligung der Aerzte bei der medizinischen Ge- setzgebung in Deutschland von Dr. Wetzlar... wu en) ld Ueber Carcinom von Professor Schröder van der Kolk . 2. 20 x: ee Ueber die Anwendung eines permanenten warmen Bades nach der Operation der Blasenscheiden- Bemerkungen hierzu von Verschiedene... 2. en “u. fistel Yon“PröfusHorNfromeyer "u „une SBONBGEBEH IEINE VER NE TUSTRREE En e nt) Dritte Sitzung. Ueber spontane Zerreifsung des Herzens von Dr. Horst » 2 2. Ba |: Ueber die Wirkung der Aachener und Burtscheiter Wässer von Dr. von Sartorius » » . .„ 13 Ueber die Benutzung dieser Quellen von Dr, Werl 2 In 2 2 7... 1% Ueber die Wirksamkeit der Burtscheiter Quellen in Mercurialkrankheiten von Dr. Haın . . 197 Bemerkungen von Dr. Zitferland und Dr. Strack. 00 2 2 2. 18 Vorzeigung von InStnamemten » ee LANE N) Ueber die Zeit des Eintritts des sogenannten Badefriesels von Dr. Reumont . An 12: Ueber Entartung der Tinger von Dr. West. 0 408 Ueber Verletzungen des Kindes im Mutterleibe von Professor Hohl. - = 2 2 2 2. 2..1%9 Bemerkungen hierzu VOR Ce en ar Ueber eine Exartieulation des Oberschenkels wegen eines Osteoids von Dr. Boisseree, . . 138 Bewerknmgenthierzu vonmVerschiedenen. ef. . te MUWENURNMIARREG IE RLDSSREE ae Ueber ein künstliches Cataplasma von Professor Micheis 2 2 2 2 2 2 2 22.138 Ueber grofse eingeklemmte Scrotalbrüche von Professor BiNeder =. 0, el ae RN Eee Ueber eine mit Uroup complizirte Masernkrankheit und gleichzeitigem Herzpolypen bei einem drerjabrıgen Mädckenu yon Dr. Döbey: wa 2. 2 al EBn DATEN) WEONNEL LEERE = NEE Vorzeigung eines Obturators durch Professor Stromeyer . © = >» » 2 0 er en. 140 Bemerkungen hierzu vonspröfcssor Röuz” I... HN RESRHNEE RBB RIES Vorlage einer zugesandten Ey ae Mr ne ee en le Vierte Sitzung. Vorlage einer Abhandlung des Dr. Hoppe über das unverbrennbare Glüheisen „ . 141 Ueber die Wirkung der Aachener Quellen bei syphilitischen Resten von Medizinalrath Dr. Ziifterland: = re .6; €. anle eae e ee re aeı 10 RR HE BEER Erorterungen-brerubergvons Verschiedenen u 2 em ee EEE Ze Ueber die Contraindieationen der Bäder von Dr. Hahn » 2 2 2 2 N er nr 2 2 0. Bemerkungen hierzu von-Verschiedenen . ." c 0 mann UULRUT ARmREn Ai SER Ueber die Einrichtung von Gasbädern zum Einathmen der Dämpfe und Gase der Aachener und Burtscheiter Quellen in chronischen Brustkrankheiten von Dr. Reumont. » 2». + Ueber Tabescenz der Glastafel, Schwamm der Sehhügel und der gestreiften Körper von Kreis- Physikus Dr. Emmen 2: 2:00.00 000 VB) ER UNE ED er era he Ueber eine Vorrichtung zur Erwärmung der Nabelschnur bei Vorfällen derseiben von Dr. Kö- nigsfeld (hierzu Tafel I, Fig. 1) : .» 2... N ae ea Ueber einen Fall von Blausucht von Dr. Fr. Schiefer - » 2 2 vr re 2 er ee. Vorzeigung eines neuen Nabelbruchbandes von Dr. Strater. 2 2 2 2 2 en m er. Ueber mehre Fälte von sporadischer Cholera von Dr. Koenen » » x sr vr ee.“ Ueber Actherisation von Professor Heyfelder EI A Ar a DET A Bar Seite Ueber die Erfolge der Aetherisation bei einem an Tetanus rheumaticus leidenden Knaben von ESS ee EEE de er © ausland Aal IH. Section, für Zoologie, Anatomie und Physiologie. Erste Sitzung. Versuche an Katzen, um die Functionen der drei in der Zunge verbreiteten Nerven zu. erhellen vonlBrofessontstanniks KUN Un. ARE RE re ana 12 Ueber Zucker und Gummi als normale Bestandtheile des gesunden Blutes und des Chylus von Professor €. A. Schultz-Schultzensten ds ANA Mu. ee van 192 Bemerkunren hierzu von Dr. Daraeken ten. ernannt „ 192 Ueber einen merkwürdigen den Respirationsapparat unterstützenden Sack eines indischen Fi- ScHesFson. Professox DuVerzons, +. nel ANBANEHE le use wel a 1 Vorzeigung eines Praeparates von Professor von Kobelt durch Professor Stromeyer „ . . 155 Ueber mehre neue Acarus-Arten von Dr. Debey » » » 2 2 2 nn nr en. + 156 Ueber Milben in den Muskeln lebender Vögel von Professor Baum . =» 2 2 2 20. ..17 Ueber Gefühls- und Bewegungsnerven von Professor Schröder van der Kolk . » 2.» . 157 Zweite Sitzung. Ueber Hyperoodon von Professor Vrolik. » » 2 0 ee ne ne. 157 Bemerkungen hierzu von Hermann von Meyer - 2.» 2 Hr m 2 re ee ee. 17 Ueber die Gattung Delphinus von Professor Stannius - >» >» = zn 2 2 nn + 18 Ueber die Geschlechtsorgane der Myriapoden von Professor DuVernoy » » 2» 2... 18 Ueber die Abtheilungen der Lungen von Proteus von Professor d’Alton » » 2 2... 158 Ueber ein neues Systema animalium von Professor Mayer» » = =» 2 vr rn nn. 158 Vorzeigung von anatomischen Apparaten durch Professor Straus-Dürkheim » » * +. . 155 Beweis, das der bei einem Salme für einfaeh angesehene Ductus choledochus aus zwei Gängen heskelie! wan/Profässors Stannius. Vu. ı2 nr Vela Ne Heike ee ee a 168 Dritte Sitzung. Bestätigung der Ansichten des Professor Schröder vun der Kolk über die periphe- rische Vertheilung der Gefühls- und Bewegungsnerven durch Dr. Sehaafhausen „ . . 163 Bemerkungen hierzu von Verschiedenen »- 2 2 2 2 2 2 nn nee ren. 166 Ueber das Entstehen von Doppelmissgeburten von Professor d’Alton (hierzu Taf.D .„ . . 168 eben, Ohrpolypen von Baumann Male Te TO MorrenSiEzung a Norlezungtindn erkenWt 7.0 a, ER ee ae 17 Ueber die Entstehung des Carcinoms von Professor Krahmer » » =» *» er er re» 10 Verbandlang hierüber von Verschiedenen » 2 2 2 2 nn nr er nn. + 16 Ueber den Gebrauch des Mikroskops zur Anfertigung von Zeichnungen von Professor d’Alton. 176 Vogzeigung und Erläuterung eines Tisches zum mikroskopischen Zeichnen von Dr. Debey (hierzu a TEE. 1. A ee rap. >; Sinn) wor ee: 5.179 Ueber Me neue Methode zum Copiren von Lichtbildern von Winnertz 2 2 2 22. . 18 Vorlegung des ganz durchsichtigen Papiers des Professors Sehönbein. » 2 2 2 20° 183 Vorzeigung und Erläuterung der sogenannten klastischen anatomischen Präparate des Dr. Auzoua UCCRADEREHEN ENTER a ar. ARE Fünfte Sitzung. Vorlegung einer Abhandlung und Mitiheilung über den Haushalt und die Anatomie des Hydrophilus piceus von Dr. Veroorn » » >» 2 2 2 nn nenn. 18 Ueber die Naturgeschichte von Alyfes obstetrieans oder Bufo eampanisonus von Dircetor Dr. RÄUBER RE IE ee Se a a9. Ve 20 ee Entomologische Abtheilung der zoologischen Section. Ueber die Aufbewahrungsweise der Aphiden von Franeis Walker» © = = ven. „0185 + Seite Ueher«Dipteren'vyon Aiemmertstı Hp) na A Re Rn Ueber die Gattung Paylla von Arnold Förster. se ne. .men. u .. 186 Briefliche Mittheilungen über die Anatomie von Coniopteryx, Hemerobius und Thrips von Haliday 189 Vorlegung seines Werkes über die Libellen durch de Selys-Longehumps. : 2 2.00.19 IV. Section, für Botanik, Land- und Forstwissenschaft. Ueber die Zerstörer der Herbarien und über Vertilgungsmittel ‚terselben von Dr. Schulz . . 19% Bemerkungen hierzu von Bach und Kaltenbach JE. vn nn. en . , 12 Vorzeigung eines neuen Balgpilzes, Reticularia Sehmitzi Debey » 2 2 2 2 2.2.4192 Ueber die Einwirkung der geognostischen Beschaffenheit des Bodens ‘auf das Wachsthum und Gedeihen der Pflanzen von Apotheker Löhr Sn vu SUR rn... 12 Ueber das Cultursystem des Oberförsters Biermanns von Oberförster Mohr. » » 2... 419% Ueber die wahrscheinlichen Ursachen der in den letzten Jahrzehenden so häufig vorkommen- den Ueberschwemmungen in Frankreich von Oberforstmeister von Steffens » 2»... 197 Anmerkung.hierzulvonkdasifRedaction” zunc.Tunt er ee ber Senn ed 197 Vorzeigung von Wolle (elastischen Fasern) aus Tannennadeln vwnd Vertheilung von Sison ver- ticilammadunchWrVoget’. . 2 an nu Sl EEE VE HE u Zweite Sitzung. Ueber Filago Kaltenbachi Schulz von Dr. Schulz aus Deidesheim . .» . » . 19 Vorlage einiger botanischen Merkwürdigkeiten von Kreisphysikus Dr. Kopstadt. - 2. . 200 Vorzeigung von Kartoffeln, die aus mexican. Saamen gezogen waren von Apotheker Dr. Voget 200 Ueber eine neue Anwendung der Thonerde zu plastischeu Arbeiten und deren Benutzung für naturwissenschaftliche Zwecke von demselben 2 2 2 2 22 2 2 22 0.0. 200 Ueber die Wirksamkeit des gebrannten Thones als Düngmittel von demselben » x» .. . 201 Ueber eine neue Pilsart, Erysibe phosphorea, welche die Ursache des nächtlichen Leuchtens am Holze sein soll, von Dr. Schultz-Schultzenstein » 2 en 2 2200. 202 Ueber Forstculturen von Oberförster »Biermanns ul Hu ie lm een 203 Bemerkungen hierzu von#Oberförster. Mor. ... 2 0. E ME En. ae ee 2 Ueber die morphologische Bedeutung des Kolbens von Arum maculatum von Dr. Debey „ . 204 Ueber mehrere Planzenmifsbildungen von demselben 222 2 mn nr ne ee. 208 Dritte Sitzung. Ueber die angebliche Erfahrung, dafs die Buche vom Blitze verschont bleibe von Dr. "Kopakaat, wre, um Sue Poser) Hol SE En Tears aD Bemerkungen hierzu von Apotheker Löhr und Forst-Inspector Labri 2. 2 2 2 nee, 205 Ueber Cuseuta chilensis von Garten-Inspeetur Sinning » » 2 = 2 202. zn = 200 Vorlage von amerikanischen und australischen Früchten durch Medizinalrath Dr. Müllgr. . 205 Vorlage von Galmeipflanzen durch Apotheker Löhr » 2 2.2 2 2 2 2 tm ee» 205 Ueber Viola Iutea und arvensis von Kaltenbach = 2 = 2 22. .Ö ae 205 Vierte Sitzung. Vorlage eines Kataloges der toscanischen Flora. . . 2 2.2.2 202 0.» .206 Ueber die Erziehung von Eichenpflanzlingen von Oberförster Biermanns * 2 2 2 2. + .207 Ueber die Gattung Cuseuta von Apotheker Lölr » 2 2 2 00 en ee ee 207 Vorlage eines neuen vegetabilischen Polsterungsmaterials von Apotheker Dreesen » » . . 208 Vertheilung von Pflanzen des Herrn Wirtgen » 2. KV zu Sm ie 2 2.208 Empfehlung eines neuen praktischen Cultur-Instrumentes von Braunscheidt » » = 2 + + 208 V. Section für Geologie, Mineralogie und Geographie. Vorläufee, Versanmidnaep 1:27 3 an N 2 N ER re SOLAR SE Se ee Erste Sitzung. Vorlezung von Druckschriften „2 2 m 2 en ee a N. 20 — 43 — Vorzeigung von petrefacten-ähnlichen Gebilden von Driburg, » 2 2 2 2 2 2 nn. Bemerkungen hierzu von Hermann von Meyer. 2 v2 vr er nr rn ee rer Verhandlung hierüber von Verschiedenen » » 2 2 N nn 0 nr ne elle. Ueber eine eigenthümliche röhrenartige Bildung im Chalcedon von Oberstein von Geheimerath BNOg geraten N En a RE Ueber die bei Ratingen in den Spalten des Bergkalks vorkommenden Fischzähne von F. W. [ERTRRAEHLIRIE TEN. BE N NE m a N ET Vorzeigung fossiler Fische aus Grönland durch Obermedizinalrath Jaeger. » » x» 2...» Bemenionren lerzu von Verschiedenen. = 3 „Us I le. Ueber spheroidische und ellipsvidische Gesteinsbildungen von Dr. Debey.: » » x»... Vertheilung des Schriftchens „Sur la valeur du caractere palaeontologique en geologie par le BrocRZEHKoONInOke ee SERIE BI ea. , En we. > Mittheilung der Ansichten des Prof. Dumont über diesen Gegenstand durch d’Omalius d’Halloy DiseussionäiiierubervonuVerschiedenene SR WIBEE nn ee WE . Bemerkungen von Pomel über denselben Gegenstand 222 0 m ne Vorzeigung des Gampsonyx fimbriatus Jordan, eines fossilen Krebses. » 2» 2» 2 20020. Ueber die Bildung der Achatkugeln und Mandeln von Geheimerath Nöggerath., . -» : » =» Vorlegung von Archegosaurus Dechenii Goldfuss durch denselben . . ee ER FNEENER Bemerkung hierzu von Hermann von Meyer und Jaeger » 2 2 2 m nr re Besichtigung der Marmorschleiferei des Herrn Mathee-Hoesch. » » » 2 2 2 2002. Bericht über die Excursion nach Stolberg und Eschweiler, mit Vorträgen von Viefor Monheim über den Willemit und über die Verhüttung des Pyromorphits vom Busbacher Berge . . Zweite Sitzung. Vorlegung der Haidinger’schen geognostischen Karte des österreichischen Staates. Vorlegung verkäuflicher Mineralien und lithographirter Tafeln verkäuflicher Gypsmodelle durch UMTS a ee ae Be N a TE EEE Vorzeigung des Abgusses eines Unterkiefers von einem Saurus durch Hermann von Meyer . Vorzeigung eines Schädelfragmentes von Nothosaurus Münsteri durch denselben. - » » » Ueber Reste eines Dasypoden aus der Tertiärzeit von demselben » » 2 2» 2 2 2 2. Ueber die neue Gattung Modiolingyvon Dr. Jos. Müller. 2 2 2 20 nr ne Ueber die Lagerstätte und das Vorkommen des Galmeis am Altenberge von Oberbergrath von EN ET AT EEE RE A ET FE Ueber die Verbindungen von kohlensaurem Zinkoxyd mit kohlensaurem Eisenoxydul vom Alten- berge und die Bildung derselben, sowie über zwei dort vorkommende Pseudomorphosen nme 12a DURTANEED or See TE at 2. REN Dritte Sitzung. Ueber die Gattung Turritella Lam. von Dr. Jos. Müller x» =» 2 2 2.2. BemeckniegennlierzusyonnVerschzedenensr 2 Me le Vertbeilung von Schriften und Mittheilung über das gleichzeitige Alter von Erz- und Gesteins- ADIAFBEIDIBENEVOnndOmalus. G>Haloy 2. ee ee eine Ueber die Entstehung der Galmeilagerstätten bei Aachen von Geheimerath Nöggerath » » -» Schreiben des Geheimen Bergrathes Professor @ust. Bischof über die Glimmerbildung auf nas- sem Wege, vorgelesen durch Geheimerath Nöggerah >» > : >» 2 vr en 22° Ueber fossile Schildkröten von Steinheim und Canstadt von Obermedizinalrath Jaeger. » » Bemerkungen ‘hierzu von Hermann von Meyer. © » 2 2 2 2 2 er ne en. Vorzeigung von eigenthümlich gebildeten Steinkohlen von der Ruhr durch van Laer. . . » ” vv vw vw vv Rene 2 a oo au w - [0 >] Bericht über die Excursion nachdem Altenberge. u 00 ne a 38 Vierte. Sitsung:, Vorlage einepr Abhandlung. . a, MU an en Ueber die Umwandlung der Braunkohle in Pechkohle von Geheimerath Nöggerath und Dr. Bleibtreu 260 Benierkungen, hierzu wen Werschiedenen .. 2 ln tar leeren Ed 263 Ueber die Zinklagerstätten an der Maas, mit spezieller Darstellung des Erzlagers von Cor- phalie bei Huy von! Max Braun (hierzu Tat. I) » 2 om nn le. 268 Bemerkungen hierzu und Vortrag über das Vorkommen des Galmeis im Muschelkalk in Ober- schlesien von Ohexhargrath von. Carnallı \ı\.. Da. UV a a. 268 Entwurfzu einer geognostisch-geogenetischen Darstellung der Gegend von Aachen von Dr. Debey Wierzu. Taf. INNE ee NEE aa en 207 26 Bemerkangen ‚hierüber Xanı Verschiedenen un I Shen al, an en 282 eber den Muschelkalk von Jena von Professor Schmid. > 2220 m m m nn. 3238 Bemerkung hierzu von Geheimerath Nöggerath. 2220 m mn nn. 3 Ueber Pflanzen aus dem Lias und Keupersandstein von Gaildorf von Obermedicinalratı Jaeger 33t a 0 Materiaux pour servir ä la Slore fossile des terrains jurassiques de In France par A. Pomel 33% Ueber Bos primigenius von Obermedzinalrathı Jaeger 2 2m 20 nn nenn. 354 Fünfte Sitzung, Abschiedswor& von. Dr. „I: Müllenui.st naE Serlmlens. DIR ah Dre oh Ueber die geologischen Orgeln von d’Omalius d’Halloy (hierzu Taf. V.F. 2) , 2»... 93 Bemerknngen dazu von van Riemsdyk und Geheimerath Nöggerath. >» > 2 2 en 0.0. 336 Bemerkungen über die Benennung des Zinkeisenspathes von Geheimerath Nöggerath . . . 356 Veber Nomenclatun den Betrefacte von Dr. I. Müller. si =." 0 Hui Melia Hanle 2 Te Bo Ueber den Muschelkalk Oberschlesiens von Oberbergrath von Carnall. =» 2 2 2 2.2... 37 Zwei Mus Avellanen von Dr. Je Müller: on mem SEE I a. chic Ein Pseudonetrefsch voygDr. Debey.. 7. Sp.n .ı Eu ken Nee Bemerkung dazu von von Oberbergrath (arnall > 2 m Er m ee ee en. 87T Geognostische Darstellung des Rhöngebirges von Director @utberlet (hierzu Taf. V. FE. 1) . 358 Schlufs‘ der Verkannaleta ste selerer VO ne er ae ee ao Ueber die Aachener Eisenmasse von Geheimerath Nöggerath » » >» 2... VI. und VII. Section, für Mathematik, Astronomie, Meoanik, Physik, Chemie u. Pharmazie. Erste, Sitzung. Vorlesung van Druckschriften „2 00. 0 000 ee ah Ueber galvanischen Kupferüberzug von Glas- und Porzellangefäfsen von Dr. Molr, . .„ .. 362 Ueber Verplatiniren gläserner und porzellanener Gefälse von Dr. Böttger » » 2... 364 Ueber Ober-, Unter- und Nachgährung von Dr. Fresenius » 2» 2 2 0 2 2 0... .864 Ueber die Bildung demaklasze von, W. Batka . 2, ea 0 0, en en Ueber ein neues Kaffeprüfungsmittel von Professor Dr. Zenneck 2 2 2 2 2 2.0. 360 Ucber die Wirkungsart und das Wirkungsgesetz der elektrischen Kraft von Dr. Schmedding. 365 Ueber ein höchst einfaches Werfahren die geringsten Spuren von Mangan zu entdecken von DIEMOnOtiger. > Re ee en es un a, 172 FEBBEre Usa ee Ueber Aufblähen des mit Salpetersäure- und Schwefelsäure-Hydrat behandelten englischen Grapuitazvon Dr.T Boteger tee I er ner mel ne Hadız 2 1072) Be RE ER Zweite Sitzung. Vorlesung von Drucksehrifien . » ©. 0 2 0 2 0 el nen dic Ueber die Darsteilung des Fluors, die Zusammensetzung der Fluorverbindungen, über das Atom- gewicht des Fluors und des Fluorwasserstoffs von Professor Dr. Louyet » » x» . . 937 Seite Ueber die Bestandtheile der Ochsengalle von Dr. Strecker 2 22 2 m 2 2 2 00. 9374 Dritte Sitzung. Ueber den Ernährungsprozefs und den Werth der Nahrungsmittel von Dr. Fresenius 374 Ueber die Kohlensäurebildung in den Quellen der Wetterau von Dr. Bromeis » » » . . 937% Ueber die phosphorsauren Salze von Dr. Henneberg. » 2 2 2 m mn En 2 200. 9% Ueber Sternschnuppen und Zodiakallichter von E. Heis. 2 2 2 2 2 2 2 02 000° 976 Vorzeigung eines Modells der Bahnen der neu entdeckten Planeten durch E. Heis . . » . 376 Bemerkungen zu den vorhergehenden Vorträgen von Professor Frische » 2» * 2... .976 Ueber Vergleichung der natürlichen Farben von Körpern mit den Interferenzfarben von Dr. Müller 376 Ueber excentrisch wirkende Universal-Mühlen nach Bogardus von Mechanikus Rheydt. -. . 376 Ueber die Einwirkung starker Elektromagnete auf magnetische und diamagnetische Körper von DR DEER ee Wer. SEE N A N N: Ueber einen sehr einfachen Apparat zur Darstellung der Grundgesetze der Brechung der Licht- BiuaftenEyonDETOIESSOTSDDRESUZI ET u . en 0 ee Vorzeigung des der Section eingesandten Modells eines von Professor v. Boguslavski erfundenen astronomischen Reise- Universal-Stativs nebst Erklärung der Einrichtung und des Zweckes von I ERDE ae Wehe ee N ER Ye Ueber Gufta Percha von Professor Dr. Böttger » » » » = 2 nn 0 0 en. 384 Debersdier Aethertheoriesyon Dr...Monne ee ee Vorzeigung eines von Mechanikus Hilt angefertigten Störer’schen .Apparates und Erläuterungen A RO IRRE DES RL A El RE DE SE re = Vorlegung einer von Apotheker E. Müller geschriebenen Abhandlung über den Arsenikgehalt der Mineralquellen von Drieburg und Höxter. » © 2 2 2 2 2 2 ee ee. 386 lurungndenETafe ee. een eWe, 25887002 NN Ale ee ae TE ABRBNGLbE 725 1 an er N EN Ne EB HE IRRE BETZ ERO dan Eee. ee, en ee KB 3. Bericht des Ausschufses zur Berathung über die vorgeschlagene Aenderung der Statue . 398 4. Verzeichnifs der Mitglieder und Theilnehmer . © = 2 2 me ne ee ee. 402 5. Uebersicht der bis jetzt gehaltenen Versammlungen deutscher Naturforscher und Aerzte .„ 423 [ROT Er ee Rn he N 5 a Ne 126 ENTAEE e e E S E EE 7 u) 55 Seite Seite Seite Seite Seite Seite Seite Seite Seite Seite Seite Druckfehler, VI, Zeile 20 von oben statt des lies der. 50, Zeile 16 von oben statt Schule lies Schale. 82, Zeile 16 von oben statt E lies Es. 113, 180, Seite 22 Seite Seite Seite Seite Seite Seite Seite Seite Seite Seite Seite Seite Seite Seite Seite Seite Seite Seite Seite Seite Seite Seite Seite Seite 2 Seite "Zeile Zeile ‚ heile Zeile heile , Zeile Zeile ‚ Zeile Zeile Zeile Zeile Zeile Zeile "Zeile "heile Zeile Zeile Zeile "Zeile Zeile Zeile Zeile Zeile ‚ Zeile Zeile ,„ Zeile Zeile Zeile Zeile Zeile Zeile Zeile Zeile Zeile 12 von unten statt Astralagus lies Asfragalus 2 von oben statt vier lies drei. 17 von oben statt (ce) lies (e) 92 von oben statt Rülken lies Rücken. 5 von oben statt oberen lies unteren. 12 von unten statt erforliche lies erforderliche. t von unten statt feuersten lies feuerfesten. 3 von unten statt Saigerissen lies Saigerrissen. 5 von oben statt schöner lies schönen. 16 von oben statt herausgegen lies herausgegeben. 15 von unten statt der Gattung lies den Gattungen. 5 von unten statt erscheinend lies erscheinen. 5 von oben statt gelöfst lies gelöst. 21 von oben statt welche lies welchen. 11 von oben statt Mergelsteine lies Mergelsteinen. 3 von oben statt fünften lies achten. 13 von unten statt Verdüng lies Verbindung. 1 von unten statt m lies mit. 7 von oben statt Strygocephalus lies Stringocephalus. 19 von oben statt Gesieine lies Gesteine. S von oben statt Konickiana lies Koninckiana. 14 von oben statt 50' lies 180'. 12 von unten statt Mosaraurus lies Mosasaurus. 5 von oben statt Sepuliten lies Serpuliten. 19 von oben statt hängerden lies hängenden. 96 von oben statt Bourgetierinus lies Bourquetierinus. 35 von oben nach Maladen setze und. 11 von oben nach Stengel setze aus. 2 von unten statt Echidermen lies Echinodermen. 14 von unten statt dieselbe lies dieselben. 14 von unten statt Hagenowii lies Eichwaldiana. 16 von unten nach €. Margquarti Müll. setze €. Becksi Müll. 10 von oben statt Gyrolithed lies @yrolithen. 10 von oben statt Ausbild lies Ausbildung. — 455 — Seite 293, Zeile 7 von unten statt paldontogisch lies palüontologisch. Seite 298, Zeile 11 von oben statt Singeris lies Singeri. Seite 301, Zeile 14 von unten statt Becksi lies Becksi (in schmaler und gesperrter Schrift). Seite 303, Zeile 14 von unten in den Wörtern Keufs, Kömer, Kostellaria setze R statt K. Seite 304, Zeile 7 von unten statt Krauss lies Kraus. Seite 316, Zeile 15 von oben statt zweifelhafte lies tiefeingreifende aber. Seite 316, Zeile 16 von oben statt fiefeingreifende und lies weniger bedeutende aber. Seite 324, Zeile 16 von unten statt des lies der. Seite 325, Zeile 10 von unten statt der lies den. Seite 326, Zeile 16 von oben nach Grauwackengebirge setze bedeckt. Seite 353, Zeile 14 von oben statt ambiguues lies ambiguus. Seite 364, Zeile 1 von unten statt Patka lies Batka. Seite 373, Zeile 15 und 20 von oben statt Louvet und Loyet lies Louyet. Seite 377, Zeile 22 und 23 von oben statt U lies «. Seite 377, Zeile 31 von oben statt Länge lies Stärke und Länge. Seite 57 Seite 37 schrauben v, v, v. Seite 380, Zeile 1 von oben statt Federn lies Federn f. Seite 380, Zeile 6 von oben statt U, V lies x, v. Seite 382, Zeile 9 von oben statt höchste geographische u. s. w. lies geographische Breite y, unter welcher das Instrument in Gebrauch kommen soll, bei r dem Radius u. s. w. Seite 382, Zeile 11 von oben statt die Summe der Durchmesser lies die doppelte Summe des Durch- 8, Zeile 12 von oben statt unten lies unter. 9, Zeile 5 von oben statt Fufsschrauben lies Fufsschrauben u, u, uw und ihren drei Gegen- messers der u. Ss. w. Seite 382, Zeile 12 von oben statt Fläche lies Flächen. Seite 382, Zeile 15 von oben statt schienen lies federn f (pag. 3.) Seite 582, Zeile 36 von oben lies Leichtigkeit der Wirkung. Seite 383, Zeile 7 von oben statt die lies der. Seite 383, Zeile 14 von oben statt V lies v. Seite 384, Zeile 3 von oben statt Fernrohr (4) lies Fernrohr (1). Seite 406, Nro. 134, statt Fisenne, P. lies Fisenne, P. von. Seite 417, Nro. 473, Koenigsfeld setze unter Nro. 286 Seite 411. Seite 418, Nro. 497 Scheibler, H. lies Scheibler, H. von. Seite 425, Zeile 4 von unten statt 1849 lies 1847. a 2. a EU 174 \ A ’ ‘ Ad; ei IB N ae er 3 rs P; r " E R # a Sand a Aa e R x. “ e 2 ah de r Hari io: AORENTER Die XXVI. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte zu Begenshburg, im Allgemeinen geschildert von deren erstem Geschäftsführer Professor Dr. Fürnrohr. 1 Bekanntlich hatten im Herbste des Jahres 1847 die zu Aachen | versammelten deutschen Naturforscher und Aerzte fast einstimmig _ Regensburg als den Ort der nächsten Versammlung bezeichnet. Die wenige Monate später eingetretenen politischen Ereignisse, welche ob der Sorge für des Vaterlandes Wohl jede wissenschaftliche Thä- tigkeit in den Hintergrund drängten, liessen es den gewählten Ge- 'schäftsführern räthlich erscheinen, die Versammlung im Jahre 1848 auszuselzen, und sie glaubten dieselbe auch im darauffolgenden Jahre nicht eher ausschreiben zu dürfen, als bis der im Westen des _ Vaterlandes entbrannte Bürgerkrieg sein Ende erreicht hatte. Aller- dings hätten sie auch jetzt noch Anstand nehmen können, die Ver- sammlung einzuberufen, da die politische Lage Deutschlands und ‚die Stimmung seiner einzelnen Völkerstimme noch keineswegs eine \beruhigte zu nennen war und daher in manchen wohl zu beachten- den Kreisen des engeren Vaterlandes die Meinung sich geltend machte, dass ‚die Zeit für die Wiederaufnahme solcher wissenschaft- lichen Vereine noch nicht gekommen sei; — allein es konnte den eschäftsführern ebensowenig entgehen, dass eine abermalige Ver- tagung der Versammlung ihr vielleicht für immer den Scheidebrief usstellen heisse, und daza wollten sie weder den Namen ihrer Va- \terstadt, noch den eigenen herleihen. Da es dem Staate nicht mög- "lich war, für die Zwecke dieser Versammlung Geldmittel auzuwei- sen,,,so musste von allen bisher üblichen Ehrenansgahen Umgang ) 6 > 4 genommen, die Vorkehrungen auf das Nothwendigste beschränkt und zur Deckung der Kosten die eigenen Beiträge der Mitglieder, wie es die Statuten wollen, verwendet werden; im Uehrigen rechneten die Geschäftsführer auf den gastfreundlichen Sinn ihrer Mitbürger und fanden sich darin auch nicht getäuscht. Von diesen und nament- lich den Vorständen des hiesigen Magistrates unterstützt, war ea ihnen möglich, kurz vor dem Beginne der Versammlung folgendes Programm bekannt zu geben: Programm der XXVI. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte in Regensburg. 1. Die X\VI Versammlung deutscher Naturforscher und Aeızte wird statu- tenmässig vom 18. bis 24. September dahier abgehalten werden, 2. Vom 16. September an ist das Anmeldebureau in dem Zeichnungssaale der k. Kreis-Landwirthschafts- und Gewerbsschule nächst der Post geöffnet. Jedes Mitglied und jeder Theilnehmer der Versammlung hat sich dort persönlich zu melden, sich einzuzeichnen und die Anmeldungskarte gegen Erlag von 2 fl. ıh. in Empfang zu nehmen. Daselbst erfährt jeder auch die ihm bestimmte Woh- nung, insofern er sich zuvor angemeldet, und trifft im entgegengesetzten Falle das Verzeichniss der zur Verfügung gestellten Privat Quartiere, $. 3. Die erste allgemeine Sitzung findet statt Dienstag den 18. Sept,, Vormit- tags 10 Uhr, im sogenannten Reichssaale des alten Ratlıhauses, Diejenigen ' Mitglieder, welche gesonnen sind, hier öffentliche Vorträge zu halten, sind ge- beten, hievon vorher den Geschäftsführern Anzeige zu machen, Zu dieser, wie zu den folgenden beiden allgemeinen Sitzungen haben auch Nichttheil- nehmer der Versammlung gegen besondere, im Anmeldebureau gratis zu er- theilende Karten Zutritt, insoweit es der Kaum und etwaige besondere Be- stimmungen gestatten. $. 4. Nach der ersten Sitzung verfügen sich sämmtliche Mitglieder in das k. Gymnasialgebäude, woselbst die Räumlichkeiten für die Sections-Versammlun- gen bezeichnet sind, wählen in den einzelnen Sectionen die Vorsitzenden und Schriftführer, und regeln ihre Tagesordnung. S.5. Vorläufig sind folgende Sectionen in Vorschlag gebracht: I. Physik, Astronomie, Mathematik. * II. Chemie und Pharmacie. IIL. Mineralogie, Geognosie, Geographie. IV. Botanik, Land- und Forstwirthschaft. V, Zoologie und tomie, VI, Medicin, Chirurgie und Geburtshülfe, VII, Anthropologie, Physiologie, Psychiatrie, bi) . Die Sectionen I, IIT. 1Y. V. und VII, haben in der Regel Vormittags von 8—10 Uhr, die Sectionen II. und VI, aber Vormittags von 10-12 Uhr Sitzung. Es ist zu wünschen, dass nur erhebliche Gründe eine Aenderuug dieser Stun- denordnung hervorbriugen möchten. $. 6. Die Herren Schriftführer werden ersucht, eine kurze Uebersicht der iu den Sectionssitzungen vorgekommenen Verhandlungen unverweilt dem Redaclions- Comite des Tagblattes zukommen zu lassen. Dieses Tagblalt erscheint wäh- rend der Dauer der Versammlung täglich Morgens 9 Uhr, und kann gegen Vorweisung der Anmeldungskarte sowohl im Anmeldebureau als im k, Gyın- nasialgebäude unentgeltlich in Empfang genommen werden, -T. Für die 2te öffentliche Sitzung * Freitag der 21.Sept., Vormittags 10 Uhr, bestimmt. In derselben wird der nächste Versammlungsort gewählt, Stimm- berechtigt sind nach den Statuten nur Schriftsteller im naturwissenschaftlichen und ärztlichen Fach, die mehr als eine blosse Inauguraldissertalion verfasst haben. 5.8. Die Schluss- Sitzung wird Montag den 24. September Vormittags 10 Uhr gehalten, $.9. Grössere gemeinschaftliche Mittagsmahle finden während der Dauer der Versammlung“3mal, an den Tagen der allgemeinen Sitzungen am 18., 21. und 24. September ‚ im Saale des Gasthofes zum goldenen Kıeuze um 1 Uhr statt. Ausserdem kann täglich. auch in den Gastl;öfen zu den 3 Helmen und zum goldenen Engel um 1 Uhr der Mittagstisch genommen werden, Der Preis des Couverts incl. ?/2 Flasche weissen oder rothen Tischweins ist an genannten Plätzen 1 fl. 24 kr, und wird an der Tafel bezahlt. Es ist indessen durchaus nöthig, dass die Anmeldungen oder Einzeichnungen zu diesen Essen, welche entweder in den betreffenden Gasthöfen oder im Anmeldebureau geschehen "können, spätestens bis 9 Uhr Morgens erfolgt siud, weil sonst eine befriedi- gende Bedienung nicht verbürgt werden könnte. $. 10, Zu gesellschafilichen Zusammenkünften an den Nachmittagen erscheinen der Waldmanngarten, die rg der Eltelekeller, der Prinzengarten etc, am passendsten, $. 11. ! Für die abendlichen Zusammenkünfte hat die Gesellschaft der Ressource re Räumlichkeiten freundlichst angebote” "Däs Vorzeigen der Anmeldungs- rte gewährt hier jedem auswärtigen und einheimischen Theilnehmer Zutritt. Daselbst kann stündlich auch das Lesekabinet benützt und Abends nach der rte gegessen werden. Auf ähnliche Weise ladet die Gesellschaft der Har- onie die Angehörigen der Versammlung zur Benützung ihres Lese- und Con- rsatious-Zimmers ein, und die beiden Schützengesellschaften zum grossen und einen Stahl werden nicht minder die sie besuchenden Gäste freundlich will- mmen heissen. ! $. 12, # Die hiesigen Gesellschaften des Liederkrauzes und des Musikvereins be- g ten sich vor, die verehrlichen Gäste an zwei verschiedenen Abenden und und an noch näher zu bestimmenden Plätzen durch ihre Vorträge zu ehren. $..13. ü Zu gemeiuschaftlichen Exeursionen dürfte bei günstiger Witterung Mitt- woch der 19. Sept., Nachmittags 2 Uhr, für Donaustauf und Walhalla, Sonn- tag der 23. Sept., der ganze Tag, für Kelheim und Weltenburg zu bestimmen sein. Zu Ausflügen kleinerer Gesellschaften erscheinen insbesondere Prüfe- niug, Winzer und Tegernheim geeignet. $ it. Die Preise für Lohnkutschen sind im Anmeldebureau angeschlagen, wo- selbst, sowie im Gasthause zum weissen Hahn, auch die Bestellungen von Chaisen oder Omnibus gemacht werden können. $. 15. , Ueber die Geschichte der Stadt und ibre Sehenswürdigkeiten gibt eine den Angehörigen der Versammlung bei ihrer Einzeichnung eingehändigte Brochure Aufschluss. Die Stunden, zu welchen dieselben am besten in Augenschein genommen werden können, sind in einem besondern Verzeichnisse angegeben, $. 16. Sonstige Bestimmungen, die während der Dauer der Versammlung getrof- fen werden dürften, werden immer rechtzeitig durch das Tagblatt der Ver- sammlung zur Kenntniss gebracht werden, Regensburg im September 1848. Die Geschäftsführer: Dr, Fürnrohr. Dr. Herrich-Schäffer, Die Bestimmungen dieses Programms sind pünktlich eingehal- ten worden und somit wurde am 16. September das Anmeldebureau eröffnet, wo jeder Ankommende seinen Namen in eine Liste eintrag und gegen Erlag von 2 fl. seine Anmeldungskarte , eine Brochure „die Merkwürdigkeiten der k. b. Kreishauptstadt Regensburg. Zum Gebrauche der Fremden übersichtlich zusammengestellt von Adal- bert Müller“, sowie das der Versammlung gewidmete erste Heft der „Abhandlungen des zoologisch- mineralogischen Vereins zu Re- gensburg‘‘ mit Arbeiten von Haupt, von der Mühle, Fraas, Herrich-Schäffer, ete. als Andenken zugestellt erhielt. Hier konnten auch Anträge von Wohnungen in Einsicht und gegen Vorweis der Karten die Taghlätter in Empfang genommen werden. Der Reichssaal im alten Rathhhause, in welchem Dienstag den 18. Sept. die erste allgemeine Sitzung stattfand, war durch ‚die gütige Fürsorge des Magistrats zweckentsprechend mit einer Red- nerbühne und den erforderlichen Sitzen versehen worden, die Wände waren mit den Bildnissen von Keppler, Schäffer, Placidus Heinrich und Hoppe geschmückt; für Verrierung der Treppe u des Eingangs mit lebenden Gewächsen und Klumengewinden hat Hr. Plantagengärtner Meyer gesorgt. Nachdem die anwesenden Mitglieder und die geladenen Ehrengäste ihre Plätze eingenomme; hatten, begrüsste der rechtskundige Bürgermeister, Hr. Satzinger, vr : ‚die Versammlung im Namen der Stadt mit herzlichen Worten, worauf ‚der erste Geschäftsführer , Prof, Dr. Fürnrohr, die Sitzung selbst ‚mit folgender Anrede eröffnete: Hochansehnliche Versammlung! An den freundlichen Ufern der Donau, in den Mauern der alten Ratisbona, in diesen ehrwürdigen Hallen, die ein Jahrhundert lang den Berathungen der deutschen Reichsversammlung lauschten, rufe ich aus vollem Herzen ein freundliches Willkommen Ihnen Allen zu, die Sie, verehrteste Herren und werthe Freunde, treu dem zu Aachen gefassten Beschlusse, hieher gewallt sind, um an der Grahesstätte des grossen Keppler den Bund der Wissenschaft und der Freund- schaft zu erneuern. Durch Ihr gütiges, wenn gleich unverdientes Zutrauen zum Geschäftsführer dieser hochansehnlichen Versammlung gewählt und ais solcher berufen, ihre Arbeiten durch einige Worte einzuleiten, erlaube ich mir nach dem Ablaufe des ersten Viertel- jahrhunderts dieser Versammlungen Ihre Blicke zuvörderst zu lenken auf die zurückgelegte Strecke, die sich von selbst als eine schöne Erinnerung aufdrängt; es wird mir dann um so leichter werden, Sie dem Standpunkte näher zu rücken, auf welchen sich Ihre Geschäfts- führer bei dem Eintritt in einen neuen Zeitabschnitt stellen zu müs- sen glaubten, und Sie werden dann vielleicht um so eher geneigt sein, den von uns getroffenen Anordnungen Ihre Billigung, unsern Versäumnissen Ihre gütige Nachsicht zu schenken, Es war der würdige Vorgeher der deutschen Naturforscher und Aerzte, der von uns Allen hochverehrte Oken, auf dessen wieder- bolte Einladungen heute vor 27 Jahren in Leipzig der Zusammen- tritt jener Männer stattfand, durch deren anregendes Beispiel und besonnenes Zusammenwirken die Gesellschaft der deutschen Natur- forscher und Aerzte in’s Leben gerufen ward. Fünfundzwanzigmal ist seitdem dem Hauptzwecke dieser Gesellschaft, die persönliche Bekanntschaft der Fachgenossen zu vermitteln, durch Versammlungen iß den verschiedensten Orten Deutschlands Genüge geleistet worden; alle seine grösseren Residenzen, die meisten seiner Universitäts- städte, sowie die Hauptstapelpläize des deutschen Handels wurden dach und nach von ihr heimgesucht; an den Strand der Nordsee, wie in die Alpen des Südens, nach den Gränzmarken des Vaterlan- des im Westen wie im Osten hat seitdem der Wanderstab die deut- Ba Naturforscher und Aerzte geleitet, und es ist nicht zu ver- kennen, dass der zu Leipzig gestreute Same für die Wissenschaft. 8 manche schöne Frucht getragen hat, und dass vielfältig die belebende Wirkung sich erprobte, die der persönliche Umgang vor dem schrift. lichen Verkehr, das lebendige Wort vor dem todten Buchstaben voraus hat. Hier bei diesen persönlichen Zusammenkünften war ja die schönste Gelegenheit gegeben, sich über die wissenschaftlichen Fragen der Zeit in Rede und Gegenrede zu verständigen, hier konn- ten neue Entdeckungen zur Kenntniss gebracht und allseitiger Be- urtheilung unterstellt werden; mancher neue Gedanke wurde hier zuerst angeregt, für manche wissenschaftliche Untersuchung. die Bahn. gebrochen oder der leitende Faden gefunden. Aber es kann auf der anderen Seite auch nicht geläugnet werden, dass diese dem wissen- schaftlichen Verkehr bestimmten Versammlungen mit. der Zeit noch eine andere Aussenseite gewannen, die ausser der ursprünglichen Berechnung ihrer Gründer lag, die aber, allmählig mehr und mehr hervortretend, zu den gegründetsten Befürchtungen für den guten Kern des Ganzen Veranlassung gab. Jedes Jaud, in welchem eine Versammlung angesagt wurde, jede Stadt, in welcher sie auf eine Woche ihren wechselnden Wohnsitz aufschlug, suchte Ausserordent- liches zu leisten und es den anderen zuvor zu thun in grossartigen Huldigungen für die erschienenen Gäste; ihre Zusammenkünfte ge- stalteten sich so allmählig zu einer Reihe glänzender Feste, die aber dem eigentlichen Zwecke eher entfremdeten als frommten. Denn wo ein Vergnügen das andere drängt und es darauf angelegt wird, den Geist fortwährend in Zerstreuung zu erhalten, da kann nicht jene innere Sammlung und Ruhe einkehren, bei welcher die Musen gedeihen; da tritt ihre Pflege mehr und mehr in den Hinter- grand, und Minerva's Tempel bevölkern allmählig andere Gottheiten. Es hat zwar von jeher nicht an Stimmen gefehlt, welche auf diesen. Uebelstand aufmerksam machten und auf möglichste Vereinfachung, und Beseitigung aller nicht im ursprünglichen Zwecke dieser Ver- sammlung liegenden äusserlichen Zuthaten drangen; allein sie wur- den wenig gehört und blieben in der Regel unbeachtet. Was in- dessen der freie Wille nieht durchzuführen vermochte, das hat jetzt die Nothwendigkeit zur Pflicht gemacht. Bei der Jubelfeier zu Aachen im Jahre 1847 haben Sie aus freiem Antriebe unser Regensburg als den Ort der nächsten Versammlung bezeichnet. Regensburg, dessen früherer Glanz längst erblichen ist, dem die Genüsse der Residenz wie die wissenschaftlichen Mittel ‚einer Universität gleich ferne lie- gen; Regensburg, dessen Handel und Gewerbe neuer Belebung be- dürfen und dessen schönster Vereinigungsplatz heute vor 3 Monaten eine Beute des wüthenden Elementes geworden ist, — Regensburg u 9 ‚ kann Ihnen nichts bieten, als Erinnerungen an eine grosse Vergan- genheit, eine von der Natur schön ausgestattete Gegend und ein ‚ bescheidenes Plätzchen am häuslichen Heerde, woselbst Sie der gastliche Sinn seiner Bewohner willkommen heisst. Aber Sie stehen hier ganz auf eigenen Füssen, sind frei und unabhängig in ihrem Thun und Lassen, denn nicht wir haben Ihnen ein grossartiges Fest bereitet, Sie selbst haben dasselbe in unsere Mauern gebracht. Grosse und welterschütternde Ereignisse sind seit dem letzten Bei- sammensein dieser Versammlung an Deutschland vorübergegangen. Die Sehnsucht nach einem freien und einigen Vaterlande, die früher nur als ein schwacher Funke in den Herzen der Patrioten glimmte, loderte plötzlich empor zur hellen Flamme, leider nicht, wie die Gutgesinnten hofiten, um den Geistern zu leuchten und die Herzen zu erwärmen, sondern um in den schönsten Gauen des Vaterlandes die Brandfackel des Aufruhrs zu entzünden und Verwicklungen her- beizuführen, deren endliche Lösung noch immer der Zukunft anheim- gegeben bleibt. Diese Bewegungen der Zeit sind auch nicht ohne Einfluss auf unsere Versammlung geblieben. Sie entrissen zunächst - unserer Stadtgemeinde ihren vieljährigen verehrten Bürgermeister, den jetzigen Staatsrath Freiherrn v. Thon-Dittmer, und somit auch Ihnen den Mann, dem Sie für hier die Stelle eines ersten Ge- schäftsführers zugedacht hatten, und der bereits mit der dankens- werthesjen Sorgfalt und mit der innigsten Liebe für die gute Sache sich den Arbeiten eines solchen unterzogen hatte. Als übrig geblie- bener zweiter Geschäftsführer hatte ich mir nunmehr nach dem $. 17. der Statuten selbst einen Collegen zu wählen; — ich glaube ganz in Ihrem Sinne gehandelt zu haben, dass ich meinen verehrten Freund, Hrn. Stadtgerichtsarzt Dr. Herrich-Schäffer, ersuchte, mit mir die Ehren dieses Amtes zu theilen. Unsere erste amtliche Wirksamkeit musste leider eine negative sein. Die den politischen Horizont des Vaterlandes immer mehr umdüsternden Wolken, welche ein nahendes Gewitter verkündigten, die Fülle und Mannigfaltigkeit der politischen Ereignisse, welche die Gemüther in fortwährender Spannung erhielten und den Geist von der Beschäftigung mit der - Wissenschaft abzogen, die Ungewissheit aller Zustände in den näch- sten Herbsttagen, und das beistimmende Urtheil vieler Fachgenossen, insbesondere auch des würdigen Stifters dieser Gesellschaft, liessen ‚es uns räthlich erscheinen, die XXVI. Versammlung derselben auf ruhigere Zeiten zu vertagen. Wenn wir hierüber auch manche miss- billigende Stimme vernehmen mussten, so haben sich doch leider unsere Befürchtungen seiner Zeit nur als zu wahr erwiesen, denn 10 gerade der Tag, der zur Eröffnung dieser Versammlang bestimmt gewesen wäre, beleuchtete in Frankfurt die ersten Schrecken des Bürgerkrieges. Wer hätte da wohl mit Ruhe der Pflege der Wis- senschaft sich hingeben können ? Freilich ist auch unsere damals ausge- sprochene Hoffnung einer bessern Zukunft bis jetzt noch nicht in Erfül- lung gegangen. Aber wir haben uns allmählig an diese Schwebe der Zustände gewöhnt; wir fühlen sogar schon das Wohlthätige, die Gegenwart mit ihren oft unerquicklichen Erscheinungen, wenn auch auf kurze Zeit, vergessen zu können, und gehen in dieser Absicht mit erneuter Liebe an das alte Tagwerk, an das Stadium der Mutter Natur, die jugendlich stets in nimmer veränderter Schöne züchtig ehret das alte Gesetz. Je mehr wir hier die Macht und Weisheit des Schöpfers im grössten wie im kleinsten seiner Werke erkennen und bewundern lernen, um so mehr überzeugen wir uns auch von der Ohnmacht des Menschen, die ewigen göttlichen Ge- setze umzusfossen ; und wenn durch fortgesetztes Forschen manche dunkle Seite der Natur nach und nach in ein helleres Licht tritt, und für manche früher unerklärbare Erscheinung die gesetzliche Lö- sung gefunden wird, so schöpfen wir daraus die Beruhigung, dass auch in das Dunkel der jetzigen Zeitverhältnisse dereinst ein Bicht- strahl fallen werde und dass das ewige Gesetz auch in den Wirren dieser Zeit den rettenden Faden in fester Hand halte. Von dieser Ueberzeugung geleitet und gehoben, haben wir, nachdem der Bürgerkrieg im Westen unterdrückt war, nicht länger angestanden, Sie, verehrteste Herren, zu der Pilgerfahrt nach den Mauern Regensburgs einzuladen, und Ihr Erscheinen in unserer Mitte ist ein Beweis, dass wir diesmal die rechte Saite angeschlagen haben. Mit Stolz und Freude erblicken wir aber auch darin die, unbeirrt aller Stürme des Lebens, fortbestehende Einheit der deut- schen Naturwissenschaft, die in ihren Vertretern unter dem Bilde der Einigkeit sich darstellt, und die dem deutschen Namen zu allen Zeiten und bei allen Völkern etwas mehr als eine blos A phische Bedeutung sichert. Regensburg, das heute die Ehre hat, dieses schöne Bild in sei- nen Rahmen zu fassen, bietet allerdings dem Naturforscher gar Man- & rs % ches dar, was seine Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen, seinen Studien Vorschub leisten kann. Andem mächtigsten Strome Deutsch- lands findet hier der Zug des Jura seine östliche Lehne an die 4 Mn mächtigen Granitmassen des böhmischen und bayerischen Waldge- birges, die schon in unserer Nähe, bei Brennberg und Falkenstein, durch ihre grotesken Formen dem Beobachter reichlichen Stoff zum‘ h 11 Nachdenken geben, Den Jura unterteuft der Lias und diesen .der Keuper, die in ihren verschiedenen Schichten auf dem Keilberg, an der Gränzscheide des Jura und des Granites, als ein dünner Streifen zu Tage gehen. Ueber dem Jurakalke und dem Juradolomite lagert, nur stellenweise durch den Jithographischen Schiefer getrennt, weit- hin verbreitet der Quadersandstein mit dem Plänerkalk, so dass sich hier im kleinen Umkreise die Gebirgsbildungen fünf verschiedener Lebensepochen unsers Planeten berühren. Die chemische Mannig- faltigkeit des durch Verwitterung dieser Felsmassen erzeugten Bo- dens, der einerseits zur hreiten Thalfläche mit fruchtbaren Aeckern und Wiesen sich ehnet, andererseits zu waldbekränzten Hügeln und Bergen emporsteigt, gewährt einer reichhaltigen Flora Unterhalt, die einen selbstständigen Charakter sich bewahrt bat, und in ihren Ve- getationsformen das Gepräge der Vermittlung zwischen dem Süden und dem Norden trägt. Hier können sich auch die Lebenskeime einer reichen Fauna. entwickela, die, wie in früherer Zeit einem ‚Schäffer, so in neuerer namentlich einem Koch das Materiale zu ‚den fleissigsten Untersuchungen geliefert hat und noch heutigen Tags ihren Erforschern reichlichen Lohn gewährt. Mehrere hiesige Lehran- stalten, insbesondere das kgl. Lyeeum mit seinen physikalischen Sammlungen und der Sternwarte, dann ‚die kgl. Kreis- Landwirth- schafts- und Gewerbsschale, gewähren dem jugendlichen Geiste Ge- legenheit, sich mit den Naturwissenschaften zu befreunden,, deren Pflege auch der Obhut einer seit beinahe 60 Jahren hier bestehen- den botanischen Gesellschaft, und-einem seit 3 Jahren mit ihr weit- eifernden zoologisch-mineralogischen Verein unterstellt ist. 2 Diese günstigen äusseren Verhältnisse haben in Regensburg von jeher den Sinn. für Naturforschung rege erhalten und es darf sich Er auch rühmen,, in seine Geschichte den Namen manches {refl- lichen Naturforschers einflechten zu können. Sie selbst, meine Herren, haben zu Aachen wuusere Stadt als die Grabesstätte des ‚grossen Keppler bezeichnet, an welcher Sie diesem unsterblichen enius aller Jahrhunderte Ihre Huldigung darbringen wollten. Wohl t Regensburg. der irdischen Hülle desselben das Grab, ihm elbst aber während seines bewegten Lebens auch oftmals ein l’gewährt, in das er sich und seine Familie immer gerne zurück- 08; und wo ihm zuerst die dankbare Nachwelt durch Carl von Dalberg ein Mausoleum errichtet hat. Vier Jahrhunderte früher | e- glänzte auf dem hiesigen bischöflichen Sitze ein Stern erster rösse, Albert Graf v. Bollstädt, genannt Albertus magnus, 12 dem die neuere Zeit erst wieder die lange vörenthaltene Palme des ersten Naturforschers seiner Zeit zurückgegeben hat, Ein Jahr- hundert später lebte und wirkte hier der Domherr Kunz von Mai. denburg, genannt Conradus a monte puellarum, der Verfasser eines Buches der Natur, das nach seinem Tode in mehreren Aufla‘ gen verbreitet wurde. Hier auf dem Neupfarrplatze zeigte der Bür- germeister von Magdeburg, Otto v.@uerike, KaiserFerdinandIll, und vielen Reichsfürsten seine berühmten Versuche mit den Magde- burger Halbkugeln. Besondere Rührigkeit für Naturforschung gewah- ren wir im 18. Jahrhundert; der Fürstabt von St. Emmeram, Fro- benius Forster, errichtet in seinem Stifte die Sternwarte, auf welcher zuerst Cölestin Steiglehner, dann Placidus Hein- rich, der treflliche Erforscher des Lichtes und des Leuchtens der Körper, regelmässige Beobachtungen anstellten, der Jesuit Nieasius Grammaticus giebt seine damals sehr geschätzten Sonnen- und Mondstafeln heraus und auch der Abt des Schottenklosters, Bene- dictArbuthnot, beschäftigt sich mit der Lösung meteorologischer Fragen. Um dieselbe Zeit beginnen Agricola und Weinmann, der Verfasser der Phytanthozaiconographia, ihre botanischen Arbei- ten, und geweckt durch Harrer, erscheint als erster Stern dieses Jahrhunderts der Superintendent Jakob Christian Schäffer, der, selbstständig fast alle Zweige der Naturforschung beherrschte, und in allen Fächern, die er beärbeitete, vorzüglich aber in der Entomologie und Botanik, Ungewöhnliches leistete. Einer etwas späteren Zeitperiode gehören unter Andern an: Hoppe, der Stifter der botanischen Gesellschaft, der immer rüstige Besteiger der Alpen und Mitbegründer einer genaueren Kenntniss der deutschen Ge- wächse; Graf Caspar v. Sternberg, der treflliche Bearbeiter der Flora der Vorwelt; v. Voith, der eifrige Erforscher der geognosti- sehen Verhältnisse des engeren Narattauden. a u Die Manen all’ dieser entschlafenen Priester der Wissenschaft, insbesondere die eines Keppler,Schäffer,Heinrich undHoppe, deren Bildnisse den einfachen aber schönsten Schmuck dieser Wände bilden, umschweben diese Versammlung in dem gegenwärtigen feier- lichen Augenblicke, und werden sie segnen, dass auch aus ihr die erfreulichsten Früchte für die Wissenschaft, und die freundlich- sten Erinnerungen für Sie, meine Herren, erspriessen mögen! Und so erkläre ich denn, kraft der mir von Ihnen ertheilten Vollmacht : i 1s Die XXVI. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte ist eröfinet! Glückauf der mit ihr beginnenden neuen Aera! Hierauf verlas, dem bisherigen Gebrauche gemäss, der zweite Geschäftsführer, Dr. Herrich-Schäffer, die Statuten und legte ‚die eingegangenen Zusendungen vor, bestehend aus 2 Brochuren des Hrn. Geheimraths v.Struve in Hamburg über „Struvit‘‘ und „‚Con- troverse: was ist Mineralspecies‘‘, einem Briefe des Hrn. Dr, Ne- vermann zu Plau in Mecklenburg und endlich einer Zuschrift der Geschäftsführer der 25. Versammlung zu Aachen, worin sie die Ur- sache der bisherigen Verzögerung des Erscheinens des amtlichen Be- richtes angeben und dessen baldigste Veröffentlichung zusichern. Hieran knüpfte Dr. Herrich-Schäffer die Bemerkung, dass bei der Beschränktheit der Mittel die Ausgabe eines amtlichen Berichtes über die gegenwärtige Versammlung sehr in Frage gestellt, ja fast unmöglich sei, wesshalb die Protokolle der Sectionen am besten in den zuständigen Zeitschriften niedergelegt werden dürften; dass in- essen die Geschäftsführer gerne bereit seien, in einer der nächsten allgemeinen Versammlungen hierauf bezügliche Anträge entgegen zu nehmen und zur Berathung zu bringen. Diesem schlossen sich folgende Vorträge an: 1) Herr Prof. Kolenati, Deputirter des naturhistorischen Ver- eins „‚Lotos‘‘ in Prag, verbreitete sich über Acelimatisation. Auf eine Einleitung über die Unerschöpflichkeit der Aufgabe des Natur- forschers, über seine Hauptaufgabe, Ursachen und Wirkungen der Naturerscheinungen zu ergründen, sowie ferner die Nutzanwendung der erforschten Gesetze auf das Leben aufzufinden, folgten Bemer- kungen über: Klima, insbesondere Wärmeverhältnisse, sodann eine Definition des Begriffes Acclimatisation, Andeutungen über Acclima- fisationskrankheiten, endlich eigene Beobachtungen und Erfahrungen über den vorliegenden Gegenstand: bei raschem Uebergange vom 40. zum 65. nördl. Breitengrade merklich später eintretende Ab- schuppung der Oberhaut, — im Verhältnisse zum Eintritt des De- Squamationsprocesses bei den Eingebornen ; ähnliche Beobachtung rücksichtlich des Härungsprocesses und der Mauser bei Säugethieren und Vögeln; bei rascher Rückkehr in ein südliches Klima nur sehr mählige Wiederherstellung des diesem entsprechenden Desquama- tionstypus, Schliesslich ladet der Redner Naturforscher und Aerzte ein, durch Gründung eines Acclimatisationsvereins zum Wohle der 14 Auswaändernden beizutragen, und verweist auf eine bald erscheinende ausführliche wissenschaftliche Abhandlung über diesen Gegenstand. 2) Hr. Dr. Oscar Schmidt aus Jena entwarf nach eigener Anschauung ein lebensvolles Bild der Faröer. Zunächst verbreitete er sich über Beschaffenheit des Bodens, Klima's, der Vegetation und der gesammten dort vorkommenden Thierwelt und knüpfte daran eine Schilderung des Körperbaues, der Sitten, Gewohnheiten und Culturverhältnisse der Eingebornen. 3) Hr. Graf Heinrich von der Mühle sprach über die Le- bensweise der hochnordischen Vögel im Vergleiche zu jener d r südeuropäischen. Unter den Gegensätzen ke derselbe vorzügli folgende hervor: im Norden Arsanıh an Arten, Reichthum an Indi duen, Mangel des Auswanderungstriebes, Eintönigkeit der Farbe geringe Anzahl der Singvögel: im Süden Reichthum an Arten be zurücktretender Menge der Individuen, Manchfaltigkeit und Prach der Farben, vorherrschende Wanderlust und auffallend grosse Za der Sänger. | Der erste Geschäftsführer schloss hierauf die Sitzung und Iud die Anwesenden ein, sich nunmehr nach dem k. Gymnasialgebä zu begeben, um in den daselbst bezeichneten Räumen die Bildung der Sectionen vorzunehmen. Diese erfolgte dann auch auf nach. stehende Weise. Erste Section: Für Physik, Astronomie und Mathematik. Vorsitzender: Prof. Dr. v. Schmöger. Schriftführer: Prof. Huther. Zweite Section: Für Chemie und Pharmacie. Vorsitzender: Hofrath Prof Buchner. Schriftführer: Apotheker Schmid. Dritte Section: Für Mineralogie, Geognosie und Geographie. Vorsitzender: Prof. und Conservator Dr, Schafhäutl. Schriftführer : Dr. Fraas. Vierte Seetion. Für Botanik, Land- und Forstwirthsehaft. Vorsitzender: Hofrath und Prof. Dr. v. Martius. Schriftführer : Dr. Koch von Jever. Fünfte Section: Für Zoologie und Anatomie. Vorsitzender: Dr. Oscar Schmidt. Schriftführer: Dr. Waltl. Sechste Section: Für Mediein, Chirurgie und Geburtshülfe, Vorsitzender: Prof. Dr. Siebert. Schriftführer : Dr. Rapp, Dr. Eichhorn. 15 Diese Sectionen begannen am 19. Sept. ihre Arbeiten und es kamen in jeder derselben, wie aus den im Tagblatte abgedruckten Protokoll- 'auszügen hervorgeht, interessante Gegenstände zur Verhandlung. In der “botanischen, für welche sich 24 Theilnehmer eingezeichnet hatten und deren ausführliche Protokolle später in diesen Blättern mitgetheilt “werden sollen, sprachen unter Andern Hofrath v. Martius: über ‘schung der Waldbestände und über krummes Wachsthum der Lärche; "Geh. Ratlı Link über das Wesen und das Leben der Pflanzenzelle, über eine durch Ustilago Caricis verursachte Missbildung einer Carex- Frucht, über die Vertheilung der Waldbäume in Europa; Prof. Ko- lenati über die Flora des Caucasus, besunders des Kasbek etc, Vortreffliche anatomische Präparate, von Hermann Schucht in Jena eingesandt und das Eindringen der Pollenschläuche in das vulum darstellend, sowie von Schultz-Schultzenstein in Ber- n, die Milchsaftgefässe verdeutlichend, wurden unter vorzüglichen Mikroskopen in Augenschein genommen und boten zu mancherlei "Erörterungen Anlass. alten. Nach Erwähnung der an die Versammlung neuerdings ein- gesandten Gegenstände, die an die zuständigen Sectionen abgegeben yorden waren, wurde zur Wahl des Ortes der XXVH. Versammlung eutscher Naturforscher uud Aerzte geschritten. Da von keiner Stadt ne officielle Einladung erfolgt war, auch auf geschehene Umfrage einer der Anwesenden einen Auftrag hiezu erhalten zu haben an- gal ‚ so wurde vom Vorsitzenden aufgefordert, irgend eine Stadt in senach und Junsbruck zur Sprache, unter welchen nach erschö- nder Debatte durch Stimmenmehrheit die Stadt Grejfswalde den raug erhielt. Als Geschäftsführer daselbst wurden einstimmig be- hnet: Professor Dr. Berendt und Professor Dr. Hornschuch. - Hierauf hielt Dr. Merz aus München folgenden, auch. für die tanik interessanten Vortrag über die geographische Ver- eilung des Lichtes. - v.Humboldt hat durch die Bestimmung der Isothermen der na- geschichtlichen Erdkunde einen grossen Dienst geleistet. Vielleicht eine kleine Lücke ausgefüllt, wenn man Aehnliches obwohl in geren Gränzen auch mit der Vertheilung des Lichtes auf der Erde die morphologische Bedeutung und die Entwicklung des Blattes, ins-. ‚besondere des Palmenblattes; Regierungsrath Mördes über die Mi- orschlag zu bringen. Hiebei kamen die Städte Greifswalde, Rostock, ' Die zweite allgemeine Sitzung wurde am 21. September abge-” // 16 versucht; vielleicht auch, dass sich im Verfolge der Untersuchung noch anderweitige Ergebnisse herausstellen. Ein allgemeines Photo- meter hätten wir freilich zu diesem Zweck in der Natur schon alle Tage bereit liegend, ich meine nämlich die Farben der Pflanzen und Thiere. In den Tropenländern sind solche bunt und glänzend, das Grün der Gewächse ist saftig, die Blüthen der Liliaceen, der Eu- phorbien, der Pothosgewächse, selbst der Schmarotzerpflanzen der Mimosen sind prachtvoll, das Gefieder der Vögel und der Insekten ist überreich an schönen Farben, die oft den Metallglanz erreichen, es ist allenthalben eine üppige Entfaltung der besondern Lichtbeu- gungen, welche das allgemeine Sonnenlicht als Keime in die or- ganische Welt gelegt hat. Aber diese Pracht der Farben nimmt von den Tropen hinweg mit den höberen Breitengraden immer mehr ab, die Töne und Schattirungen werden einförmiger, das Feuer der Farben erblasst mehr und mehr, das Licht hat nicht mehr die gleiche Stärke, schöne Wandlungen seiner Bestandtheile in den Naturproducten her- vorzurufen. Höher hinauf aber zu den Polen gewinnt alles ein ödes kaltes Ansehen; wenig grüne Moose und Zwergpflanzen entkeimen dem Boden. welchen den grössten Theil des Jahres Schnee deckt mit seinem eintönigen Weiss ‚das meinem Ermessen nach die Chinesen nicht ganz grundlos zur Farbe der Trauer gewählt haben. Auch di Thiere tragen die gleiche Farbe, der Risbär wie der sibirische Fuchs und die Schwimmvögel der kaiten Zone; nur die Robben kleiden sich in fahles Grau und eine freundliche Ausnahme macht etwa der Eisvogel mit seinem schönen Gefieder. Es liegt übrigens im diesen Erscheinungen nur weise Anordnung, vermöge welcher in den Tropenländern die übermässige Hitze von den dunkleren Stoffen ab- sorbirt wird, während das Schneelicht die laugen Polarnächte mildert. Für unsern Zweck können freilich solche allgemeine Andeutungen nur eine anregende Bedeutung haben, wir werden vielmehr jetzt et- was näher auf die Sache eingehen müssen. Dabei werden wir aber bestimmte Gränzen und Standpunkte zu unterscheiden haben. Wir werden nämlich zunächst nicht etwa nach der Helligkeit verschied ner Sterne forschen, obwohl andrerseits Sterne erster Grösse eine) sichrern Anhaltspukt geben, als etwa der wechselnde Mond; wir werden uns weiters durch locale Störungen nicht aufhalten lassen sondern nur an das Allgemeine der Erscheinungen uns halten müsse Aber nöthig ist sodann zu unterscheiden, was bei der täglichen Er- leuchtung und Lichtmenge, deren gewöhnlicher Mittelbetrag für 17 ‚mehrere Orte eben die Gleichlichtlinie geben soll 1) von den geome- trischen Verhältnissen, was 2) von der Absorption in der Luft, und was 3) von der Rückstrahlung und Zerstreuung auf der Erdfläche "bedingt ist. ad 1) ist bekannt, dass die Lichtmenge, welche ein Element emer leuchtenden Fläche dem Element einer dunklen Fläche mittheilt, ‚der Oberfläche beider Elemente, dem Sinus des Ausflusswinkels und ‚dem Sinus des Einflusswinkels direct, dem Quadrat der Entfernung beider Elemente aber umgekehrt proportional ist. Die daraus ent- "stehende Function nun mit dem Elemente der Zeit multiplieirt und ‚inner den entsprechenden Gränzen integrirt gibt uns die Lichtmengen eines Ortes von einer bestimmten Polhöhe in einem Tag. ad 2) muss erst nach Erfahrung und genauern Untersuchung zwischen zweierlei Angaben entschieden werden. Lambert will nämlich: die "Luft absorbire beim senkrechten Einfall des Lichtes 0,59; Beugure "dagegen sagt, dass am Aequator schon von 1000 Strahlen oder Licht- heilen nur 378, hei 45° Breite 228 und unter den Polen 110 durchgelassen werden. Ich entscheide mich vorderhand lieber für “ erstere. Das allgemeine Verhältniss ist übrigens sehr einfach dieses: dass die Lichtstärke in geometrischem Verhältnisse abnimmt, "wenn die Dicke iu arithmetischem zunimmt, und man hienach und "nach Versuchen berechnet, dass eine Luftschichte von 518385 Toisen “Ausdehnung alles Sonnen-Licht absorbire. Nun ist aber auch die Euft' weder an verschieduen Orten noch in verschiednen Zeiten gleich dicht. Daher muss bei der Formel für die Lichtintensität der Effeet "des Barometer- und Thermometerstandes mit eingerechnet werden, "was am besten mit Zuhülfenahme der Schmid’schen Formel über "astronomische Refraction geschieht, worüber übrigens auch die Ephe- "meriden mehrerer Sternwarten eigene Tabellen enthalten. Endlich muss drittens die Liehtabsorption durch den Erdboden berücksichtigt "werden, da dieser nicht alles Licht absorbirt, sodern einiges zurück- wirft oder zerstreut, und zwar un so mehr, je glatter und heller er ist. Hierüber wären noch ausserdem, was Lambert geleistet hat, noch weitere Untersuchungen anzustellen, es ist aber an diesem Orte nicht sachgemäss, ins Flügeln einzugehen, wesshalb nun die nächste Frage sein wird, welche Mittel wir zur Lichtmessung haben. Wir "haben 15 oder 16 Photometer, von denen aber keines eine absolute Geltung ansprechen kann. Ich vermöchte noch fünferlei Ideen zu ‚neuen Photometern anzugeben, habe dies auch in der ersten Section 'gethan. Auch ihnen kommt nicht derselbe Werth zu, welchen das 2 18 Thermometer bei Wärmebestimmungen hat. . Das einfachste ‚und zweckmässigste Photometer für unsere Aufgabe ist vielleicht das vom Grafen de Maistre, nur möchte ich es dahin abändern, dass statt eines weissen und eines blauen Glasprisma zwei blaue genommen werden. Indem man nun diese so. lauge mit einer Mikrometer-N schraube gegen einander verschiebt, bis eine bestimnite Lichtmenge ausgelöscht erscheint, kann man auf der angebrachten Skale den Liehtgrad bezeichnen. Ist diese Skale für das Maximum des Sonnen- lichtes am heitern Mittag und für das Minimum des Vollmondlichtes eingerichtet, so hat man zu Unterabtheilungen. hinlänglichen Baum, und erhält somit ein Diferentialphotometer. Uebrigens, wenn an verschiednen Stationen photometrische Beobachtungen angestellt wür- den, müsste jedenfalls eine Commission über das gleichmässig anzu- wendende Instrument entscheiden. Welche Resultate ‚liegen nun), wohl nach den bisherigen Kenntnissen schen vor. Die erste und), einfachste Wahrnehmung, ist, dass wir es beim Lichte nie mit sol- chen Differenzeu und Extremen zu thun haben, als bei der: Wärme.) Weiters wird sich herausstellen, dass am Meer die Lichtmenge ge- zinger ist als im Innern der Continente, weil dort: die Wasserdünste die Luft verdichten, und jedenfalls so lange als sie dieselbe nur in feinverdünntem, also nicht tropfbarem Zustaude durchziehen, den Lichtdurchgang hemmen. !ch glaube dafür in einem praktischen Bei- spiele einen Beweis zu finden. Mau macht nämlich in ‚gleichweitl; vom Mittag entfernten‘ Stunden weit leichter am Morgen als Abende Daguerreotype und Talbot'sche Bilder, auch wenn die Ver- dunstungsmenge die gleiche ist. Wir haben im Westen das Me mit seinen Dünsten, durch welche die Sonnenstrahlen am Abende gesiebt werden. Die hellsten Gegenden werden nun mit den‘ rege losen Landstrichen zusammenfallen, also wird ein Theil von Chile), das Innere von Senegambien und (die westliche Hälfte‘ der Gol oder Schan nanlu dazu gehören, sowie auch Iran, das ja vorzugs weise das Lichtland heisst im Gegensatz zum tiefer gelegenen Turan, dem Lande der Dunkelheit, Auf dem Meere und in den Küsten- ländern werden die Gleichlichtlinien oder Isophoten nicht. viel, von den Isothermen abweichen, wohl aber im Festlande zumal in Hochasien nehmen sie einen geradezu entgegengesetzten Gang linie ihren Scheitel, wenn auch lange nicht so stark, gekrümmt, nach Norden schickt. Ich kann weiters nicht denken, dass die wes 19 Jiehen Küsten eines Continentes lieller sein sollten als die östlichen : also auch hier eine Abweichung von der Isotherme. Einen Punkt, ‘einen Pol für kie geringste Lichtmenge dürften wir in der nordwest- lichen Passage des Eismeeres suchen. Analoga der Isotheren und Isochimenen: auch’ für’s Lieht aufzustellen, wird nicht eben von we- sentlichem Vortheile sein. Dagegen müssen wir schliesslich noch ‚ausser der horizontalen Verbreitung des Lichtes auf der Erde auch noch seiner verticalen Verbreitung gedenken, und da stellt sich ein dem Gang der Wärme. geradezu entgegengesetztes Verhältniss dar. Bisher hat man in der Untersuchung der Alpenregionen hinsichtlich ‚des Lichtes höchstens auf die Himmelsbläue und auf die Belewchtung der Gletscher Rücksicht genommen, und erstere mit dem gewiss sehr ‚mangelhaften Kyanometer von Saussure gemessen. Es wird sich ‘aber mit sorgfältigen Lichtmessungen zweifelsohne auch ein bestimm- ter Quotient der Lichtprogression im Verhältniss der absoluten Höhe ‚des Standortes gerade so gut finden lassen, als wir jetzt das Maass der Wärmeabnahme kennen, und darauf sogar Höhenmessungen ba- 'siren. Sehr deutlich zeigt sich die grössere Lichtmenge auf den "Höhen auch an den dort wachsenden Pflanzen. Die grössere Frische (der ‘Alpenkräuter ist gewiss nicht blos dem verminderten Druck und veränderten Kohlensäuregehalt der Luft zuzuschreiben, sondern auch dem Lichte, das, wenn kaum die Schneedecke entschwunden ist, saftiges ‚Grün auf den Bergen hervorruft. Ich bedauere, dass ich in meiner ‚Stellung als Praktiker nicht Zeit zu ausgedehnten theoretischen Unter- suchungen und vervielfältigten Experimenten habe, daher auch nicht “weitere Resultate vorlegen kann. Freuen würde es mich, wenn Männer von mehr Musse und grösseren Talenten den Gedanken einer 'weitern Ausführung für würdig finden sollten. Würden übrigens, nachden man auch das Moment der Lichtintensitäten in die Reihe der meteorologischen Beobachtungen aufgenommen hätte, sich für unsern unmittelbaren Zweek nicht auffallende Resultate ergeben, so würden dessohngeachtet nebenbei sich manche interessante Erfahrun- gen über die Klarheit der Luft und deren Bedingungen machen lassen, ‚die namentlich für den Astronomen nicht olıne Werth sein können. Man findet z. B., dass die Durchsichtigkeit der Luft grösser ist, ‚wenn das Firmament etwas bewölkt ist, dass sie nach Regen und im‘Frühjahr bei Thauwetter oft sehr klar ist, klarer auch Morgens ‚und Abends als am hellen Mittag. In feuchten nördlichen Gegenden bat man oft wenig gute Momente zu astronomischen Beobachtungen, DE; 20 aber im Winter bei sehr strenger Kälte, wenn die Eisnadeln aus der Luft fallen, zeigen sich die Sterne oft in wunderbarer Klarheit. So übrigt mir denn: nur der freundliche Wunsch, dass ich. mit.der besagten Idee für den Meteorologen, wie für den Geographen und den Botaniker einen anregenden Stoff geboten haben möchte, und bitte nochmals für Unvollkommenbheit des Vortrags um Nachsicht. Professor Dr. v. Schmöger von hier reihte hieran seinen Vor- trag über die Osecillationen in der Luftwärme um Re gensburg. WM Er erzählte vorerst, wie gemäss einiger kurzer Notizen in öffentlichen Schriften Nervander, Professor in Helsingfors, ge- funden habe, dass innerhalb 27,26 Tagen immer eine plötzliche Er- niedrigung und darauffolgende Wiedererböhung der Luftwärme ein- treffe, welche Schwankungen derselbe, und Ballot im Haag, aus einer nach Jen Meridianen der Sonne verschiedenen, Erwärmungs- fähigkeit «dieses Himmelskörpers. ableitet und also in Beziehung. zu dessen beinahe ebenso grosser Rotationszeit bringt. Der Redner er- klärte, wie die Curve der aus 74 Jahrgängen der zu Regensburg angestellten meteorologischen Beobachtungen für alle Tage des Jah- res berechneten wahren Mittel der Luftwärme eine ähnliche Periode zu erkennen gebe, indem von den 40 in einem Jahre eintretenden Wärmedepressionen 35 mit den aus seiner für diese Erscheinungen‘ aufzustellenden Hypothese abgeleiteten Wendetagen übereinstimmen. Gemäss seiner Ansicht nämlich sind solche plötzliche und meistens‘ stärke Abnahmen der "Temperatur eine Folge der. Gravitation‘ des Mondes überhaupt, welcher in bestimmten Stellungen unsere Atmos- phäre stärker als in andern anzieht, somit die Luft verdünnt, »hie- durch die Verdünstung befördert, wodurch Abkühlung und mittelst dieser Niederschläge entstehen müssen. Diese Wirkung des Mondes wird für einen Ort auf der Erde ein Maximum, sobald dort der Sinus der Culminationshöhe des Mondes am grössten ist, und ist mithin von dem anomalistischen und 'siderischen Monate (welche zu- sammen die Mittelzahl 27,44 geben) abhängig. Der Einfluss ‚des synodischen Monates kann sich nach der Meinung des Vortragenden’ nicht anders äussern, als dass in den Temperaturmitteln die einzelnen 4 Depressionen sich öfters nicht auf einzelne Tage beschränken, sondern“ vielmehr auf mehrere ausdehnen. Derselbe weiset zum Schlusse noch darauf hin, wie diese kurze Untersuchung, deren tabellarische Beilägen er bereits in der ersten Section vorgelegt hat, einen prak- 5 21 tischen Nutzen gewähren könne, und empfiehlt sie zur nähern ' Prüfung. | Prof. Weissenborn aus Jena sprach hierauf über die bis- U herigen Bemühungen der früheren Naturforscher-Versammlungen zur "Herstellung einer gereinigten und "berichtigten Textesausgabe von Plinius Naturgeschichte, nachdem er vorher über die Lebensverhält- U nisse des Mannes, seinen für die Gescbiehte des Vesuvausbruchs unter © Kaiser Titus so wichtigen Tod (wie derselbe in dem Briefe seines Neffen an Taeitus beschrieben ist), über seinen unermüdeten Fleiss und‘ die grosse Anzahl der von ihm verfassten, grösstentheils ver- loren gegangenen Schritten berichtet hatte, von denen namentlich die 20'Bücher Geschiebte der in Germanien geführten Kriege schmerz- lich vermisst werden. Die einzige uns noch erhaltene reichhaltige "© Sechrift von Plinius, dieHistoria naturalis, aus 2000 Schriften excerpirt, deren Verfasser er im ersten Buche mit anerkennenswer- her Bescheidenheit und Gewissenhaftigkeit aufführt, enthält in 37 ‚Büchern eine Beschreibung des Weltgebäudes, der Elemente und estirne (B.2.), der einzelnen Welttheile und Länder (3. 4. Europa . Afriea,. 6. Asien) mit reichem Verzeichniss ihrer Städte (leider bis jetzt noch in tlieilweise sehr verdorbener Gestalt); hieran schliesst sich die Beschreibung des Thierreichs, welche mit der Lehre vom Menschen und seinen Erfindungen beginnt (B. 7), woran sich die Kunde von den Thiergattungen anschliesst (Landthiere B. 8, See- thiere 9, Vögel 10, Insecten 11) und die Beschreibung der Pflanzen (woblriechende Gewächse B. 12, Bäume B. 13, Weinstöcke und deren Cultar, Obstbäume 15, Waldbäume 16, Culturpflanzen, na- mentlich Küchengewächse 17, @Cerealien mit Einschluss des Land- baus 18, Lein und Gartengewächse B. 19). Die folgenden Bücher handeln von der Anwendung des Pflanzenreichs für Ernährung des Menschen und Heilung der Krankheiten, ‘worauf im 26. und 27. B. einige neue Krankheiten und die gegen dieselben anzuwendenden Heil- mittel beschrieben werden; sodann die aus dem Thierreiche zu ge- winnenden Heilmitttel B. 28. 29. 31. 32, wobei im 30. Buche die Lelire von der Magie eingeschoben ist. Die letzten 5 Bücher ent- halten die Beschreibung des Mineralreichs und der Anwendung seiner Schätze fir das Leben und die Kunst, B. 33 handelt von den edlen Metallen, Gold und Silber, und von der Münzprägung, B. 34 vom Erz und Blei und von der Kunst des Erzgusses und der getriebenen Arbeit; B. 35 von den Mineralfarben und der Geschichte der Malerei; 22 DB. 36 vom Marmor und von andern Steinen; B. 37 von den Edel. steinen und deren Behandlung durch die Steinschneider. So enthält das Werk eine fast vollständige Eneyclopaedie der praktischen Wissen- schaften, welche sich auf das Weltgebäude, die damals bekannten‘ Länder, die Naturerzeugnisse und ihre technologische und künst- lerische Anwendung auf dem Standpunkte der gebildeten Römer ‚des ersten Jahrhunderts der Kaiserzeit beziehen, und enthält auch wichtige, Notizen aus ältern Schriftstellern, deren Werke für uns verloren gegangen sind, so dass das Werk für die Geschichte aller dieser mehr praktischen Wissenschaften, wie namentlich‘ der Technologie, und der Künste, von unschätzbarem Werthe ist. Um so dringender! aber machte sich schon seit Jahren das Bedürfniss einer neuen, von, den frühern Verderbnissen der schlechteren Handschriften und von: den oft gewagten Textesänderungen der frühern Herausgeber ge-- reinigten Ausgabe des Werks mit einem erklärenden Commentar. füblbar, da den frühern Herausgebern theils nicht die besten Hand-' schriften zu Gebote gestanden hatten, theils von ihnen (wie vom Abbe Hardouin) nur ungleichmässig und planlos benutzt worden. waren. Dies brachte zuerst auf der Dresdner Naturforscher- Ver- sammlung 1826 Carl August Böttiger zur Sprache und fand unter den Coryphäen der Versammlung die lebhafteste Beistimmung. und Unterstüzung. Auch auf der darauf folgenden Versammlung zu München 1827 kam die Sache aufs Neue zur Sprache; doch. wies! Hofrath Thiersch in einem gediegenen Vortrage die Schwierig-. keiten nach, welche der Ausführung des: Böttiger'schen Plans’ im) Wege ständen (dieser wollte nämlich “schon. die Herstellung des), Textes gemeinschaftlich‘ durch einen Pbilologen und Naturforscher.) ins Werk gesetzt wissen) und zeigte, dass dies Geschäft zunächst! einem füchtigen, mit dem Plinius schon vertrauten Philologen über-, tragen werden müsse, Nachdem Alexander von Humboldty Oken, Kurt Sprengel, Liechtenstein u. a. Gelehrte sich hierüber beistimmend erklärt hatten, wurde der Gymnasiallehrer Dr. Jul. Sillig zu Dresden damit beauftragt, und. diesem. bewilligte, sein König Friedrich August eine beträchtliche Unterstützung, damit er nach Paris reisen und die. daselbst befindlichen Handschrif- ten des Plinius vergleichen könne. Bald nachher, als dem Könige‘ sein Bruder Anton gefolgt war, vermittelte dieser auf Anregun des Prinzen Johann von Sachsen durch seine Gesandtschaft in Madrid die Vergleichung einer werthvollen zu Toledo befindlichen‘ x wir ur 23 Handschrift durch einen spanischen gelehrten Geistlichen. Ausser- dem verwendete sich auf Thiersch’s Betrieb die bayerische Aka- ‚demie der Wissenschaften für Förderung des Unternehmens bei König Ludwig und empfahl hiezu den Dr. Ludwig v. Jan (gegen- wärtig Professor in Schweinfurt), welcher vom Könige unterstützt eine zwölfmonatliche Reise nach Italien und Paris unternahm und die wiehtigsten Handschriften verglich. Das gewonnene Material theilte er dem Dr. Sillig mit, welcher in Folge der Berliner Natur- forscher-Versammlung 1828, auf der durch Böttiger's und Oken’s Anregung freiwillige Beiträge zusammengeschossen und durch be- deutende Zuschüsse von Heinr. Liechtenstein uw. a. Berliner Gelehrten vermehrt worden waren, mit diesem Gelde eine Reise mach Leyden unternahm und die beiden im Besitze von @. J. Voss gewesenen Handschriften benutzte. Den wichtigsten Fund machte indess Dr. von Jan im Jahre 1831 auf der Bamberger Bibliothek, deren eine Handschrift die Bücher 31—35 in viel cor- ‚reeterer Fassung enthält als alle andero Handschriften, und viele ücken derselben ausfüllt, so dass sie als sichere Grundlage des En für diesen Theil des Werks benutzt werden kann. Mit diesen beträchtlichen Hülfsmitteln ausgerüstet hat nun Dr. Sillig seit 1851 an der Herstellung eines bessern Textes des Pli- nius gearbeitet: der grösste Theil der Madeibe liegt schon druckfertig da, aber die Grösse des Väternehliehe? schrecekte schon vor dei März 1849 mehrere namhafte Buchhändler, denen er den Verlag es Werkes antrug, ab, denselben zu übernehmen, und die neuesten Zeitverhältnisse sind noch weniger geeignet, einem derselben Ver- trauen einzuflössen. Auch möchten die Kosten wohl die Kräfte eines Verlegers übersteigen; damit also dieses Werk deutscher Gelehr- samkeit, für deren Förderung schon so viele bedeutende Männer deutscher, Wissenschaft sich thätig bewiesen haben, ins Leben trete, wird ‚der, Weg der Subscription vorgeschlagen. Sobald sich 400 Sobseribenten unterzeichnet haben, ist die Auffindung eines Verlegers und die Feststellung der Verlagsbedingungen gesichert. Professor Wüstemann in Gotha uuterzieht sich der Zusammenstellung. der eingehenden Subscriptionsbestellungen und bittet um schleunige Kin- sendung auf buchhändlerischem Wege, an Herın Friedrich und Andr. Perthes zu adressiren. Der Reduer sprach am Schlusse seines Vortrags die Hoffnung aus, dass auch die gegenwärtige Versammlung, deren Vorgängerinnen 24 soviel zur Erledigung der notbwendigen Vorarbeiten zur Herstellung einer guten Ausgabe des Pliuius gethan hätten, in deren Geiste, handeln und dureh Förderung des Unternehmens dafür mitwirken werde, dass diese langersehnte Ausgabe endlich ins Leben trete. Zwar habe nieht Jeder unter den Anwesenden die Mittel, noch auch das gleiche Interesse an dem Werke, dass er es sich selbst au-, schaffen sollte; wohl aber könnte ein Jeder in seinem Kreise dazu beitragen, dass wenigstens wohlbabendere Privatleute, dass nament-. lich die akademische, städtische oder Schulbibliothek seines Wohu- orts auf dasselbe subseribiren, Nach der Sitzung wurden Listen aufgelegt und mit Unterschrif- ten bedeckt, welche folgende Ueberschrift enthielten: „Die Unterzeichneten ermächtigen den Professor Weissenborn. „ihren. Namen der Subseriptionsliste auf ..,„@. Plinii Se- „„eundi, Naturalis Historiae libb. plurimoerum Codiecum ope a „se eollatorum recensuit, commentario eritico instruxit Jul. »,dillig „beizufügen. Die Zusendung erwarten sie durch „die in der Sten Columne bezeichnete Sortimentsbuchhandlung.“ | Name und Stand | Wohnort Buchhandlung | Das Werk ist auf ungefähr 250 Bogen in 6 Bänden berechnet; der Preis jedes Bogens wird 2Y/, Silbergroschen (9 Kreuzer), nicht, übersteigen; bei grösserer Subscribentenzahl wird er noch ermässigt werden können. *) In der dritten allgemeinen Sitzung, am 24. September, machte der erste Geschäftsführer den weitern Einlauf bekannt und theilte ei- nen Antrag der Dr. Hundögger aus Hannover und Dr. Oettinger aus München mit, von Seite der Versammlung deutscher Naturfor- scher und Aerzte zur Einführung einer allgemeinen deutschen Phar- macopoe, dann eines gemeinschaftlichen Medicinalmaasses und Ge- wichtes bei den deutschen Regierungen die geeigneten Schritte zu thun, worauf die Versammlung einstimmig beschliesst, die derzeitigen Geschäftsführer mit Ausführung dieses Antrages zu betrauen. Hierauf hielt Professor Dr. Zenneck aus Stutfgart einen aus- führlichen Vortrag über die äussern Zweckverhältnisse in der Natur, sowohl der organischen als anorganischen. } *) Die Redäction der Flova ist gerne bereit, fernere Subscriptionen auf dieses Werk anzunehmen. 4 25 Diesem folgte Bat.-Arzt Dr. Schrauth aus Neumarkt mit einem Vortrage „des Menschen Gerüst“ in poötischer Form. Hieran reihte sich eine Aufforderung des Oberfeldarztes Dr. Dietrich aus Leipzig zur Gründung von Krankenwärterschulen. Wegen Verhinderung des zweiten Geschäftsführers Dr. Her- rieh-Schäffer gab als dessen Stellvertreter Dr. Popp folgenden Rückblick auf die Resultate dieser Versammlung. Hochansehnliche Versammlung! Wir feiern heute den Schluss- tag unseres Festes; ein Fest der Wissenschaft ist es ja wohl zu nennen, wenn treue Pfleger derselben von nah und ferne zusammen- treten, um sich ‘ihre Erlebnisse auf dem Gebiete der Forschung im freiesten Auslausche mitzutheilen. ‘War der Zahl nach die diesjäh- rige: Versammlung‘ der deutschen Naturforscher und Aerzte 'eine 'min- der glänzende, wir wollen daraus: keienen Vorwurf herleiten, wir wollen vielmehr zugestehen, dass wir uns nach den Tagen des Völkersturmes in die Werke des Friedens erst wieder hineinleben müssen. ‘Sicher wird aber gerade der stille und milde Ernst der Wissenschaft nicht wenig dazu beitragen, die von politischer Leiden- schaft bewegten und verletzten Gemüther zu beruhigen; in dieser Voraussetzung hatten wir die Einladung zum Feste der Wissenschaft ergehen lassen. -— Ueberblicken wir nun das Wirken‘ der jüngsten Tage, so können wir getrost behaupten, dass'der eigentliche Zweck der Versammlung, wenn auch bei kleinerem Kreise der Theilnehmer, dennoch in erfreulicher Weise erreicht wurde. Als die Versamm- lung deutscher Naturforscher und Aerzte gegründet ward‘, galt als eine wichtige Aufgabe des Vereins, die gesammte Naturwissenschaft als: Ein lebendig gegliedertes Ganzes darzustellen. Jedes einzelne Fach derselben sollte aus seiner Abgränzung heraustreten, seine Be- ziehungen zu den übrigen Theilen klar erkennen lassen und seine Ergänzung aus denselben einholen; durch den Verband von Aerzten und allen übrigen 'Naturforschern aber sollte die höchste Nutzanwen- dung aller Naturkunde zu glücklichstem Gedeihen gebracht werden, Jedes einzelne Fach der Naturwissenschaft nun war bei unserer Ver- sammlung in würdiger Weise vertreten, ja es hat nicht gefehlt an hochgefeierten Namen, die im ganzen deutschen Vaterlande und dar- über hinaus sich ruhmvolle Geltung‘ verschafft haben. Unstreitig hat die diesjährige Versammlung wieder dem hohen Zwecke entsprochen, das: Gesammtgebiet ‘der Naturforschung in innigstem lebensvollstem Zusammenhange. mit‘ fruchtbarer Thätigkeit zu umfassen. 26 } - Als ein, ‚weiteres Ziel; der. Versammlungen‘ deutscher Natarfor- scher und Aerzte erschien ‚es immer, die herrlichen Segnungen der Na- turwissenschaft. über die akademischen Hörsäle hinaus auf den Markt des Volkslebeus zu brivugen. und daselbst ihre gesündesten ‚und er: quickendsten Früchte zum Herz und ‚Geist erfrischenden Genusse darzubieten.. Wir erfreuten uns bei der hiesigen Versammlung einer regen warmen Theilnahme so mancher Naturfreunde, die sich nicht strenge zu. den Jüngern der Wissenschaft zählen, wir. dürfen darum der beruhigenden Ueberzeugung leben , dass unser Beisammensein auch in dieser Beziehung wohlthuende Spuren hinterlassen wird, denn wo immer Sinn für die unwandelbare und doch so wundervoll wech- selreiche ‚Natur geweckt und genährt wird, da. ist -Same gestreut worden, aus dem alles ‚Edle und Gute ‚hervorgehen kann. Wer sich daran gewöhnt, die Natur ‚mit richtigem Blicke zu betrachten, dem wird sie die beste Eızieherin zur wahren Frömmigkeit; zur vollen Menschenwürde. x In allen Zeiten ‚hat die Erfahrung sich bestätigt, dass im» per- sönlichen Verkehr ihrer eingeweihten Priester die Wissenschaft am besten gedeilit, Das lebendige Wort entzündet den Gedanken weit sicherer und nachhaltiger als das geschriebene. Den Versamm- lungen der deutschen Naturforscher und Aerzte liegt darum auch als Hauptzweck mit zu Grunde, durch unmittelbaren Umtausch der Gei- stesschätze für ihre möglichst volle und glückliche Verwerthung Sorge: zu tragen; Auch unsere, Versammlung hat! manches Band’ geistiger Freundschaft ‚geschlungen, hat manche Gegensätze versöhnlieh, aus- geglichen, 'mauch alte Erfahrung berichtigt, manch neue» dargeboten, und. ohne Zweifel auch. die‘ Gewinnung. reicher ‚ Ausbeute | für die nächste Zukunft angebahnt und vorbereitet. ; Die . Versammlung nennt sich. eine‘ Versammlung deutscher: Naturforscher und Aerzte; es: ist damit keineswegs etwa die Aus- schliessung Fremder gemeint, es. soll: nur bezeichnet werden, dass deutscher Geist ‚bestrebt sein ‚soll, auch in: der Wissenschaft: eine edle Selbstständigkeit: und Unabhängigkeit zu: behaupten. Deutsche Wissenschaft hatte ja von jeher guten Klang, wenn ‚auch -hie und da gewisse Schwächen nicht abzuläugnen waren. » ‘Die Fülle, ‚die Schärfe‘ deutschen Geistes berechtigen auch heut zu Tage dazu, in der, Wissenschaft frei und unbehindert die, eigene Bahn zu gehen und die Früchte unseres Fleisses nicht auf fremden Markt’ zu. bringen. Ferne ist es, sagen zu wollen, dass wir das Fremde vernachlässigen » sollen, auch ‚sind wir ja ohnehin immer. viel eher in den entgegen- gesetzten. Fehler gerathen; dahin nur ‚soll gewirkt werden, dass wir Deutsche, auch; in ‚der Wissenschaft als ein grosses und starkes Volk uns fühlen sollen, das. keinem andern den Vorrang einzuräumen braucht. Jedes grosse und lebenskräftige Volk muss auch in der Wissenschaft seine Eigenthümlichkeit bewahren, ein gerechter gei- sliger Stolz steht ihm wohl an, denn es sollen die verschiedenen Völker sich zwar ‚aushelfen mit, ihren geistigen Errungenschaften, sich ergänzen mit ihren einzelnen Vorzügen, aber nicht nachahmen sollen sie einander, nicht zur Unkenntlichkeit in einander. schmelzen. Auch dazu mag unsere Versammlung beigetragen‘ haben, dass wir ‚neues Selbstvertrauen zu der schöpferischen Macht . deutschen Geistes gewannen, dass wir aufs Neue als ein Volk uns fühlen lernten, geistig ebenbürtig allen übrigen, Auch auf künftige Versammlungen gehe ‚diese Sorge. über für Erhaltung der Selbstständigkeit, und Eigenthümlichkeit deutscher Wis- senschaft, und allen ‚Freunden, derselben sei als vorzüglichstes Mittel hiezu die treue Pflege. unserer‘, herrlichen unerreichbaren deutschen Sprache ans Herz gelegt. Vielfach hat man an den Versuchen ge- mäkelt, auch in der. deutschen Wissenschaft die Alleinherrschaft der deutschen Sprache mehr und mehr zur Geltung zu bringen — sehr mit Unrecht — denn mit heimischem Laute ‚bezeichnet wird. jeder Gedanke uns vertrauter, ‚und, ‚seine Wirkung ‚auf. uns eine reinere und entschiedenere. ‚Wir ‚haben. es uns als Aufgabe gesetzt, den Kern. unseres Wissens volksthümlich zn machen, das kann uns aber nur gelingen, wenn wir die Wissenschaft in den Rahmen der Mutter- sprache fassen. . Sie haben diesmal in einer der ältesten deutschen Städte getagt, meine Herren, mögen Sie Ihren Sinn an treuer deutscher Sitte bei uns ‚gelabt haben; Regensburg ‚wird sicher Ihre Anwesenheit immer zu ‚seinen schönsten Erinnerungen zählen. . Wir haben Ihnen wenig bieten ‚können, keine prunkvollen Ehrenbezeugungen, keine gross- artigen ‚Festlichkeiten, aber mit ‚warmer Liebe hat man Sie hier .em- ‚pfangen, ‚mit inniger Theilnabme ‚Ihre Bestrebungen verfolgt, und mit treuen Wünschen für das Gelingen redlichen Bemübens sagt man Ihnen Lebewohl. „Nun. übrigt mir noch, herzlichen Dank. zu sagen den lieben ehrenwerthen Gästen für ‘ihr freundliches. Kommen, für ihr eifriges wissenschaftliches Zusammenwirken, den: Vorständen und Schrift- 28 führern der einzelnen Abtheilungen für ihre vielfachen Mühen und erfolgreichen Anstrengungen, Dank zu sagen den hiesigen Behörden für ihre bereitwillige Unterstützung, Dank endlich allen Freunden der Naturwissenschaft, die im männichfacher Weise uns ihre innige Theilnabme bezeugten. - Glücklich gedeihe, was hier gepflegt wurde, der Himmel aber segne deutsche Wissenschaft am deutschen Volke! — Obermedieinal-Rath Dr, Jäger aus Stuttgart sprach sodann im Namen der anwesenden Gäste den Geschäftsführern,, den Behörden und der Stadt mit herzlichen Worten Dank und Anerkennung aus. Freundlichen Abschiedsworten des rechtskundigen Bürgermeisters Satzinger folgte von Seite des ersten Geschäftsführers der Scheide- gruss und mit dem Zurufe: ‚auf Wiedersehen in Greifswalde“ der Schluss der 26sten Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte. Dieser hatten im Ganzen 199 Mitglieder und Theilnehmer, und zwar 99 auswärtige und 100 von Regensburg beigewohnt. Am zahl- reichsten war die Stadt Jena mit 7, Berlin mit 5, Wien mit 3, ete. vertreten; unter den Universitäten des engeren Vaterlandes hatte Würzburg gar keinen, Erlangen nur einen einzigen Repräsentanfen gesendet. Für die Unterhaltung der Gäste in den Stunden ausser den Sitzungen war auf möglichste Weise gesorgt worden. Die hier bestehenden Gesellschaften der Ressource und der Harmonie hatten ihre Räumlichkeiten zu gesellschaftlichen Zusammenkünften für die Mitglieder geöffnet, der Liederkranz veranstaltete eine sehr gelun- gene Production im dem Saale der Ressource, der Musikverein ein vortreffliches Concert auf dem schön gelegenen Eltelekeller. Von‘ Jen Schützengesellschaften zum grossen und zum kleinen Stahl, dann von den Pistolenschützen waren die Angehörigen der Versammlung zu Festschiessen geladen; der Gewerbsverein gewährte freien Ein-' tritt zu der von ihm veranstalteten Kunst- und Industrie- Ausstellung. Bei den gemeinsehaftlichen Mittagsmahlen an den drei Tagen der allgemeinen Sitzungen fehlte es nieht an belebenden Trinksprüchen, unter den auswärts gelegenen Punkten fand vorzüglich der auch wegen seiner geognostischen Lage höchst merkwürdige Tegernheimer Keller beifälligen Besuch. Zu grösseren gemeinschaftlichen Exeur- sionen vereinigte sich die Gesellschaft zweimal, und benützte dazu das Dampfschiff ‚‚Königim Marie“, um zunächst der untern Donau mit der Walhalla und Donaustauf einen Besuch abzustatten, dann’ aber das obere Donaugebiet bis Kelheim und Weltenburg näher ken- 29 nen zu lernen. Auf den malerisch gelegenen Ruinen der Veste Donau- stauf überraschte die Gesellschaft eine Einladung des Herrn Fürsten von Thurn und Taxis zur Einnahme von -Erfrischungen, welche unter einem Zelte ergötzlich aufgestellt, mit wahrhaft fürstlicher Freigebigkeit den Gästen gespendet wurden. Medieinal- Assessor Dr. Göschen aus Leipzig und Prof. Kolenati aus Prag über- nahmen es, dem edlen Fürstenhause, das deutsche Gastfreundschaft ‚zu seinen schönsten Tugenden zählt, in herzlichen Trinksprüchen den Dank der Gesellschaft auszudrücken. — Unter solchen Um- ständen nahte die Stunde des Abschiedes von den uns so lieb ge- wordenen Gästen schneller, als wir es ahnten; mögen sie alle wohl- behalten ihre Heimath wiedergefunden haben und sie dort unserer ‚ebenso freundlich gedenken, wie die mit ihnen verlebten Tage unver- ‚gesslich unserm Herzen eingeschrieben bleiben werden! | und PN ERBEN BERIEO. L A rt ar nee ae Dechadjegeß. rdananı ale ga un EI LEP PIE wen eine baue au Mi wei ae. Matanylar alshisöum a } za Asninihe. nehwon tslamyasz " nalehd mare‘ Hedgldsgi Big en drannied Dorl Aa ara) nn on Seiser en: erobert nei le U ihlie Rebe Van 1, ash "ao — anheeeeaeuee eat, on dal ne us bafdande mirnhmurt, gibt sting. abe Aloe alla dien ein ins ea. B73 inollo dep. “ j Ian ab ih abe vohuntoguechaie datt; hi ann: Aw Anka Fsadi Missionen ya PT iz asdi, "r “ enkaidttege ang }: ui Pill > A ’ z 6 B vr ä rw ur? au h a u lsuöVY nodsziigeruabne. anlaisım 9 ab ‚daimmabns W 7 arssal mab ni nab n0Y aninsw « bau bus) ammuli 32i „Hoazad maliowzus »slaizr naılo2 .noiıA nebnendow zabnäd nadazibıon Tab ı ) 1S92 19 i [ i [u ] n l ! 1 Er I ‚baszsäla dr srl m bau ‚sin AlsmisH sıdi nt ı l d 1:19 ) Im i di N u mardi- bu 1. Vorträge a aus deh öffentlichen Sitzungen. | N ) N dom ; nnoZ sib mag WW sin WE n ” ’ 14 s 09 _ a Hlayäürbus.t asb is iv 911 19 sion un 19d/ MERTHT a us d in! Arte dir Srbenneise der: er hensehihen Yageli im Betec zu jener der füdenropäifchen, u. -Alszug' eines re gehalten in ‘der 1sten' ‚allgemeineh ei a Sitzung \ von H. Graf Von der, ‚Mühle. RL bau nad vl i ’ sr - ’ zig f 0 : ürrBS,; Kawahrs aim eigenes: Interesse, Orhan säirhsadih ‚Blick auf.den Haushalt, und, anf ‚das; Treiben ‚der, hochnordischen und südeuropäischen Vogelwelt zu werfen. 15dausT | #0 Dort im ohohein Norden’ 'zwischen'"schroffen'“Eisber&en und Seil ewigelm''Schnee;) wo selbst die letzte’ krüppelhäfte Zwergbirke werschwunden, der! unternehmende' Mensch‘nicht: mehr ausdauern | ‘kann’ und von! Säugethieren „ausser dem''zottigen Eisbären und bepelaten' Schneefuchse nur Schaaren fettuimpanzerter 'Seehunde wohnen; leben noch wohlgemuth > in 'Zahlloser: aa die woh- Bahn leichtsinnigen' Kinder! der Natur, die Vögel. :' An"Aren' "Arm, An’ "Individuen 'desto reicher, "beherbergt der en Miflionen'von Vögeln, die ihre Heimath nie verlassen und "zwigcheh' diesen Sthheegeiilden "und Eisfeldern, an "welche die "Brafdenden Wogen’rakliog 'schäumen und über welche der Orkan mil zügelöser 'uhgestimer Wulth rast, ihr heiteres Leben be- ihren U ihr! korgloses Daseyn enden! \ 3 Der Wandertrieb, der die meisten südeuropäischen Vögel beseelt, ist ihnen fremd und nur wenige von den in dem Innern der nordischen Länder wohnenden Arten sehen sich zuweilen, aber nicht regelmässig, aus Futtermangel gezwungen, südlicher zu gehen, die zahlreichen Wasserbewohner hingegen verlassen ibre Heimath nie, und mit Treue ihrem Geburtsorte anhängend, ertragen sie mit Gleichmuth die Wuth der Elemente. Die meisten derselben sind ihrem Baue nach für das Wasser geschaffen, ihr dat feltaeg Aisharpefe iii Varast BAUART ıch und nur nothgedrungen begeben sie desshalb sich auf das öde Land. AEDDEREINTER Wenn die Sonne nicht mehr untergeht und der kurze Som- mer für diese eisigen Gegenden anbricht, erweckt in ihnen die Natur nicht das Gefühl der Liebe wie bei den Landvögeln, son- dern nur den Drang sich zu wervielfältigen. Aber nur wenige Plätze bietet die ungastliche Küste oder das starre Felsen - Riff, IND Jdies? armen, MEaresdewnhnen hathfürfligiährel itemigen Bildr hinlegen können, und diese Kelsen Oasen, des Nordens sind dann der Sammelplatz von unzähligen Schaaren Yon" Vögeln, die, durch ‚die eiserne, Nothwendigkeit gezwungen, Sriedlich ‚zusammennisten- Die unabsehbaren, Schaaren ‚yon Vögeln, „die;die nordischen Meere bedecken, die rauhen Felsen-Eilande umschwärmen, die schroffen Felsenklüfte der tief eingeschnittenen Buchten und jähen'Abhänge der/Ufer’ des "Resulandes'"ald'Ruhepufike atrswäh- denysindidieSturmvögel,) Teisten, 'Euhnen,'Möven, 'Seeschwälbeh und Taucher. salraw us NawlayoY asdazisgonmabne buw hu, Der. kleinste ‚Schwimmwvogel ‚auf, den Welb;lodenıSchwalben- ‚sturmyogel, „in, zweiiArten im «Norden verbreites,ihatıkeine, Hei- ‚mathl,.; Dean das; ‚heisst-keine.Heimathı,haben, Tag ımndiNacht ‚auf dem; endlosen Eismeere zu-sohweifen,iiberbrandende Wogen ‚scherzend ‚auf, und; abı'zw fiegen; „An kühnem schwalbenähnliehen Fiuge ‚vom. ‚:Qrkane,!\,dahingerissen:\ken ‚izackigen,! Eisbeigen auszuweichen, um;;micht, daran/zerschmieitert:zui werdenyiundinur in, des Sturmes mächtigem Brausen eingm hedrängten „Schiffe ‚sich nähernd, aus der gewaltigen ‚Furche, welche, das; kühng.Eahp- zeug in die tobenden, Wogen schneidet, die untersten, Thiere; der Schöpfung, Qualen, ‚Medusen und, Holoihurien als, Beute ‚zu er- haschen. ‚Kaum legt sich die, Wuth, der ‚wilden Elemente,. Yer- schwindet er dem menschlichen Blicke, — Wo, und; wie „er die Iarigen Winternächte' des’ Nordens verlebt,' weiss Niemand; ja selbst ob ler\‘schläft" ja’nur'ausruht nach tafelangen "Kämpfen 'gbyen die eisigen"Nordstürme, 'ist ein Geheiimniss; — 'im’Monate Mai nähert er sich'den Gestaden Farö's, der Orkaden' und Shellands- Inseln, sucht sich Nachts zwischen dem Geklüfte und losen Ge- steine eine Spalte'oder Höhlüng, grabt sich selbst 'wöhl eine mit ‚seinen’schärfen' Nägeln, legt ein’ grosses Ei und beide Galten bebrüten es mit ängstlicher Sorgfalt. Wie lange er brütet, wie 'er''sein’ Junges "ernährt: und dann fortführt, ist unbekannt; so plötzlich’ er erscheint, verschwindet er wieder mit dem Jungen. \Die'armseligen Bewohner des Nordens fangen ihn’ während der Brütezeit,‘ ziehen ihm 'einen Docht durch den Körper und bren- neh ihm als Lampe! 'Das- ist 'alles, was man von ihm weiss. Näher"ist die Lebensweise der Eis- und Taucher - Sturmvögel bekannt, weil sie dem Menschen 'mehr Nutzen liefern, aber Auch 'sie besuchen’ die öden Inseln nur um zu’brüten — sonst ist das Weltmeer ihr’ Element. \1"s Einen Haupibestandtheil der"ungeheuern Vogelkolonieen des Nordens bilden die 'Tölpel “und”sie sind’ desshalb'von "äusserster Wichtigkeit, weil ihre Jungen vorzugsweise die Wintervorrä- ihe'der’armen Nordländer ausmachen. Sie kommen nur auf ein- einen Felsen; Eilanden und ’sofenlannten Vogelscheeren des Nor- dens vor, aber dann in’unglaublicher Menge.‘ Mänche 'von die- ‚sen Veinsamen' unbewohnten’Felsenriffen habenVdieses Vogels we- ‚gen ‘seit’ Jahrhunderten eine’ Berühmtheit im Norden erhalten, "so die! Inseln'Bass und'St! Kilda: "Die Menge'der auf letzterer dusgenöhmehen"Jungen wird dhf'22 Millionen ‘geschätzt, welche "Stämme, dädiese' Vögel’ nur ein Jüngeserziehen, 'im geringsten JAtrschlage'60 Milliönen’ alter! Vögel 'auf (dieser kleinen Felseninsel voraussetzt. ’So wie’ die’ Tölpel die Oberfläche" dieser 'sogenann- “ten "Vogelberge, 'Nest'än“Nest' gereiht) bedecken, und im oberen losen Getölle und’ Geklüfte Tandscheu 'der''Sturmvogel heimlich 'seine'Neströhre führt, so nehmen die Mitte dieser schroffen Fel- senwände die Lummen und Alken, die untersten Felsenstellen nähe ‘an der'Brandung 'die Teisten ein. In den 'schroffen Basalt- wähden, deren’ Absturz’der See zugewendet ist, nistet am lieb- sten der Papageitaucher. Ist die obere Fläche mit Rasen 'be- deckt, so gräbt er in denselben seine Nesihöhle, in Ermanglung ‘des Rasens steigt er in 'das felsige' Geklüft zu seinem 'Nestbau 3% herab, in (die, ‚Region .der ‚Lummen, und, selbst, den Teisteny welch’ letztere ‚beide,izur, Brutzeit auch in: das, Ingexe „deriBuchten, dritr gen, „während, ‚die Alken. undiPapageitauchen, stels; dem;Meere zur gekehrte -Felsenabhänge ‚zu ihrer, Fortpflanzung. aussuchen: ; Nur des instinkimässige ‚Drang, ızur, ‚Korspflanzung ish.esg der „diese Meergsbewohner:die ‚wüsten ‚Felsen-Eilande,.‚obne,jedach je,.den Anblick, des; Meeres: zu.,entbehren, während, dieser-Pariode,.hesur chen lässt; geräth, einen, dieser ‚erwähnten. ‚Vöge} durch Stürme „erschlagen; in das Innere ‚des, Laudes,, so; ‚werliertsen.die Besipr aung, ‚und lässt ‚sich, ohne, Widerstand. mit den.Händen, ergreifen. Ihre, Sorglosigkeit „bei dem. Brutgeschäfte (ihre Unbehülßichkeit auf, dem ‚Lande, in ‚Gemeinschaft, mit ‚der ungeheuern: Anzahl ıdie- ser. Vögel; ist,,es, „welche ..den ‚arınseligen;Bewohnern dieser Por larländer, ‚es möglich macht, ihr dürfliges Daseyn ızu fristen..Zwei ‚Mgnate,sammelt;der Nordländer ‚während fast, beständigen, Tages, um zehn ‚Monate, in, fast .beständigen-Naeht.zu leben}, .Und mit welchen Gefahren sind diese Sammlungen; verbunden !, ‚Jährlich xerunglücken einige, dieser, Wagehälse, und ‚doch, wird diese Fahrt immer, von ‚Neuem ‚begonnen, „um; das kärgliche Leben; mitdie- sem, eklichen Vorrathe, zu erhaltenunuut ar Now .nadamdantt -i„ Zu den durch,ihren Nutzen, ‚für, die),Polarländer „wichtigsten ‚und, zugleich, ‚auch, durch, ibne, ungeheuer 1,Anzahl ‚auflallendsten „Vögeln ‚des;Nordens ‚gehören ‚die Möven und Seeschwalben, Letz- tere „..dureh „nimmer. zu „befriedigenden „Heisshunger,.. gelrieben, ‚durghspähen,‚in,uwermüdetem, leichten.Hluge ‚die endlosen; Küsten- sjrecken nach ‚Nahrung, ‚die:in kleinen Fischen bestehl,innd brü- ‚jen..gesellig, auf, Sandinselp und; Dünen, ‚wo, ,sie vom, Kluge .er- ‚müdet; zur Mittagszeit ‚aussuhen und anch.ühernachten., —.,Aber zwischen ‚den ‚Lummen, ‚Allen und, Tejsten,, ‚wahl auch, für,.sieh allein, leben.in,unglaublich grossen Schwärmen ‚die Möyen, ‚wo- ‚Yon ‚die ‚an ‚Individuen ;rejchstg,Art,..die ‚Dreizehen-Mönre, „ynsene ‚Aufmerksamkeit, hauptsächlich,.fesselt,'An, steilan Felsenwänden, vorzugsweise ‚auf, der Westseite, Island’s, Faröls,..Norwegens, ja ‚Dis. Grönland hinauf, ‚nistet diese, Möye „in, ‚Jabelhaften ‚Anzahl. Klippen von tausend Fuss Höhe ‚undyeiner Breite, soweit das Auge reicht,, sehen, weiss, ‚aus,,‚yon. der. Menge; ‚der; == sitzenden Vögel. bl first ;b ala „Nest, ‚steht Bere, a, nNes! vom, Kaapet en eigene ‚wo man ‚sie, ‚yom, Boote; aus mit.der Hand,jerreichen. kann, bis.zu = Einer 'sbhWindeinden Höhe, wo die’ ab ind" "zuiliegenden Möven Wie Bienähschwärme erschemen. Feuert ein Schütze’ in der Nähe dieser Vogelkolöhidn" Sein Gewehr ap so erhebt sich ein = der Hort'sitzenden Vvoher und "obwohl 'nür ein Kleiner Theil, verfinstert" ihre "Wehke dennoch ’die Luft. Auch bei’ diesen ‚wie Bei 'den' früher! erwänhten' vöge hat man die Sonderbare Er- scheinung bemerkt" dass ‚man ‚täglich von demselben Neste die Alten wegsthibsteh Kant und”sich doch immer "andere die Eier pebrütend abrr'einninden." Diese Myriaden"von' Möven mit ihrem Beiälibenden "Geschrei "begleiten die Fischzüge zu ihrer Laichzeit ind" sind"'däher’‘deh Nörätändern willkommene Vorboten eines erbiebigen Fischfanges" "Aber auch die Vogelwelt' des Nordens hat ihre Feudalherrn und’ Parasiten, ‘die ‚keine Revolution vernichten, kein 'Gesetz un- $chädtich’ matheh Kahn "ich 'meine die Haubinöven, * ‚Sie wohnen in"hicht" bedeutender Anzahl’'ahf diesen mehrerwähnten Vogel- Kölonieen’ und behandeln‘ die dort 'hausenden Vögel als ihre Leib- eißeneh. "Ihre angeborne Trägheit verbunden mit einer "fürchl- bären’"Stärke"ded Schnäbels macht''sie bermülhig gegen die härmlosbh"" Bewohner "des ‘Oceans! Den’ ganzen Tag in wünder- lichen’ Schwenkungen und hüpfendem Flüge sich spielend “über hei Brändenden "Woßen bewegend, haben sie kaum eine arme eimsige'Seeschwaibe entdeckt, die ein zolllanges Fischchen er- Beiitet, "triümphirend‘ dieses’im Schnäbel' allend, freudig nach Hause"eint80 stürzen" sie’ darüber her ind Kneipen sie so lange, die Sb’ die’mühsam errüngene Beute Fähren lässt, aber ehe noch der Fisch die Wellen’ "berühft) hat ihn’ der ‚gewahdte Räuber schon erhascht! X’ So'ungefähr ‘gestaltet sich das Leben der nördischen Mettesvögel;' aber" dad! Innerk''der räufigen Länder, die die hördische"sälzhuuh"heschäumts" birgt Frösse Seen von {rostlosen Ufern" und ’zerklüftetem Gestein umgeben, enthält ausbedehnte Moräste"mitspärlich&m ‘Grün Belecht, "und Auch 'diele" 'geben während der Brütezeit in''ber&dndes Asyl der nordischen Vogel- welt. Schwanen, Gänse und Enten hecken Aihe' zunfreiche Brut iniden“sehilfbewächsenen 'Mörksten‘,' ' die" 'Schärbe "bewohnt ‚die zerklüffeten’ Felsen‘, und’ dartinter nahe in Wästetspieger die Seetahher,' deren’ ‚einfacher Löckton Hort dem Eutöfäer wie Musik Erklingtt!" Wie’ wäre es’ überhaupt /möglich, "Wohftaut zu Suchen in’ Ländern! wo der Sturm’ heult, die'Winde in den Felsen 36: klagen und die erzürnten Wogen dumpf dröhnend ‚an ‚den Klippen, brausen? Und ‚doch haben einzelne Singyögel ‚sich bis, an die Polargegenden gewagt. In , dem ‚zwerghaften ‚ Birkengesträuche zwitschert munter der ‚schöne Leinzeisig, auf ‚ödem ‚Gestein, hüpft, der Steinschmätzer und in geschützteren lagen, ‚wo,,Gebüsch an Quellen wächst, singt das Blaukehlchen, sein melancholisches Liedchen, Was hilft es jedoch, dass, diese harmlosen Vögel die äussersien Klippen des Nordpols bewohnen, ihre Räuber ‚verfolr gen sie auch bis, dahin, Auf ‚hohen einzelnen, Felsenzinnen, hor- stet der mächtige See- Adler und überschaut ‚mit, kühaem, Blicke die Millionen von Vögeln, ‚die unter ihm ıbr Wesen ‚reiben, nach Bedürfniss sich seine Beute mit leichter Mühe holend; ‚die ‚grösz seren, Falken langen im reissenden „Fluge ‚die verschiedenen Strandläufer - und Regenpfeifer- Arten,; und, die,‚kleineren, Vögel werden dem kleinen Falken ‚zu Theil. ‚Bei ‚dem, ‚schauerlich zackigen. Aufllackern des ‚Nordlichtes,,, dem prächtigen. aber arm- seligen Ersatze der Sonne ‚in den langen _Winternächten, der Polarländer,, ‚raubt im, geräuschlosen Fluge ‚die Schnee - Eule.die ihr gleichgefärbten Schneehühner, lauert der Lapplandskauz, auf die, Züge der wandernden ‚Lemminge, und heult dumpfklagend der Steinkauz seine Unglück weissagenden Töne. ‚Selbst der Rabe wird in diesen, rauhen Ländern zum «gefürchteten. Räuben und die armseligen Bewohner dieser, Gegenden, wissen; ihre-Lämmer und getrockneten Fische kaum ‚vor ‚seinen, Anfällen ‚zu schützen, Doch wenden wir unsere Blicke nach dem ‚Süden ‚Europa’s; nach den herrlichen Ländern, die das miltelländische Meer be- spühlt! .,.... Kaum kann man es ein Meer nennen! Denn der prächtige Wassergürtel,. der Europa von ‚Afrika :scheidet_ vom Pontus euxinus,bis zu den Säulen des Herkules, als. wäre, diese gewaltige Wassermasse nur ‚da, um das, grüne Europa. von,den öden , Sandwüsten Afrika’s zu trennen und, den, .versengenden Saınum mit, Feuchtigkeit zu schwängern ‚ist, nur, ‚ein, ‚mächtiger Binnensee, der die reitzendsten Länder der; Welt, mit seinem,er- frischenden Hauche belebt. biz Desshalb bietet ‚auch, der Haushalt der Vögel in diesen: ‚Par radiesischen Fluren ein ganz verändertes weit heitereres.Bild, als jenes, welches wir im rauhen eisigen Norden, betrachteten, ‚An Arten viel,seicher, wenn auch, nicht an Individuen, verbreiten sich die lieblichen ‚harmlosen,;Kinder der Natur, die Vögel, über anediese'pezäubernden' Länder des’ pe ie ahnter'füne ind Manmigfaltigkeit, Moon» Da ist kein Berg und kein Thal, kein Bay und keine Ebene, Rein ’Häin" und keine Flur, ’wornichtder "fröhliche"@esang der sie bewöhnenden Vögel ertöht)' kein Ufer, von 'dem eities-Baches bie 26 dem der"seen ‚dag! nicht‘ von" emsigen’ 'Beflügelten’"Bei Wöhnerit wimmelt, pdine! Bücht"in' den Öherrlichen vielzackigen Gestäden des’ Meeres|*in’ Welcher nicht in" immer" 'wechselndem Bilde"die'leichtbeschwingten Möven' und’ Seeschwalben"in fröh- licher’ Eebenslüst’ münter ‘sich’ tümmelnd ‚"gäukelnd’ihre”heiteren Spiele"treißen!' Veberailin’ diesew’ Ländern findet'’der "Vogel Nahrting‘)"überalı Kine’ Zufüchtsstätte "überall einen 'Brüteplatz) Aber \eblendesshätb;, weil das gastliche "Land! sö viele Reize’ den Ländvößeld datbietet}"das"Meeraber"den' Seevögeln’ weit weni! ger’ Nahrung: gewährt 'älsini'Norden;so treten! letztere 'hier' gan? inaen Hinterkrand ‚"uind® die "Landvögel!sind es' vorzugsweise) die imsare/Aufmierksämkeit' fesseln. "Die grossen‘ Vogelkolonien) aiesm'Norden den düstern' Eindruck ,\den'\die \gewalligen" EisZ ferder!! dds''graue Ibrausende ‘Meer "und 'die’nackten' zerrissehlen Feiseiriffessnf 'den"Beschaner machen! "beleben ind” erheitern, fehlen den 'Süden ‚abet änjedeh”Büsch"erschällt Gesang, ‘"Auf jedem? Zweig" wiegt sich‘ ein befiederter Sänger, ind in den Lüften‘ ıfillern-die'kierehen"iht heiteres' Lied!" 9°" so Während: däss)in'den kürzen Sommiertagen des Nordens 'nur 324 'stümperkafe "Sänger in 'verkrüppeltem Birkengebüsche ihr melanchiolisches‘ Liedehen"zwitschern, erfüllen über’ 60 Sänger- Akteh "den" Süden mit herrlichen’ Melodieen!” Ih’ ten‘ engen Thä! letn,'wo eine kleine “Quielle'herrlich -Blühende’ Oleandergebüsche erfrischt; ertönt"in' den’ laten'Frühlingsnächten 'bei immer blauem Himmel "der" Schlag" der Nachtigall ; in'den’Oliv&nhäinen‘ in’den Pometanzen-Wäldern, iht’Schilfe, im Gesträuche, in’ den'Hecken und‘ Auf einzelnen Bäunien' singen "und 'trillern' "hunderte von Kehlen 'ind”erfreiien" $0'’sehr 'durch’ ihren "Gesang as! Ohr, als as Augesich dureh’ihre\ Färbenprächt ergötzt!’ Wie" Kchön ist ie Familie Goldamsein' zwischen‘ dem’ dunklen Laube’ des’FeiL kenbaumes)”ein"Riug’Rösehstadren' auf dem’ matten" Grün”der Maäülbeerbäume;,' eiti& Kolonie Mandelhäher in den Oliven Wal- düngen,, veine’'schaar Bienenwölfe im" Sonnenschein’ von ‚allen ‚Farben 'erglähzend} über "blühende Wiesen dahin ziehendi" Wie Kar eh in unge: b noh now herzlich, leuchtet, das blendende, Weiss der.Silberreiher abstechend von den dunkeln kupferrothen Gestalten. der, Ibisse am; Meeresz strand} „nis, bais foxüh mio ‚IsdT nisd bau wistt nisd nr all ‚sh Und. „hat ‚auch, der, ‚Süden; unfruchtbare „Steppen,, undj,dürze Haiden, „so; sind, sie ‚belebt von. Trappen, Giazelen und Sandilug- hühnern..und,„die,.nackten „lelsigen, Hügel wimeln ‚yon Stein und Rothhühnern; ‚kurz ‚überall, und, jeder, Zeit begegnet man..dem emsigen ‚Treiben, ‚der, ‚Vogelwelt;,; Wie, ;sollte ‚es; auch ‚nicht, sp seyn? ‚Zm, Süden; ‚ist, die ‚Nahur, freigebig,, und ıwas.immer,die Gäste.,an,ihrer ‚grossen Tafel, verzehren, ,‚steisı.findem.sie,.den andern ‚Morgen, ‚die ‚Tafel; wieder, gedeckt. «Selbst, der, Mensch; der ‚diese ;gesegneten, Länder, bewohnt, kennt nicht;;die, Sorgen auf, den, morgigen ‚Tag; durch; Klima und; Religion; mehr ‚auf ,Pflan- zen-Nahrung, angewiesen,gewährt ihm, überdiess(die Jagd.jeder- zeit die, ;reichste; Fülle,; Ausser... den, Stammgästen ‚ „den; ‚Steinr und Feldhühnern, den. Fasanen und ‚Trappen, bringt, der ‚Frühling eine, Menge yon, Fremdlingen aus. Afrika, „die; .den,‚europäischen Süden, ‚zum ‚Fortpflanzungsplatze, ‚ausersehen;, und nach ‚vollender tem. Geschäfte ‚nicht, ohne ‚fendalistischen, Zehnt wieder.im Herbste ihren, Geburtsort ‚verlassen. ‚Sieht der, Nordländer | mehr,;auf.die Masse,, ,um;,Vorrath ‚auf; seinen ‚langen Winter ‚zu sammeln, ;,so sieht ‚der, Südländer bei Erlegen, seines Wildpreis mehr,anf solche, welche seinen Gaumen ;kilzeln. ; Alle, Schwalben,- Arten, werden zum leckern Mahle ‚gefangen, die Steinschmätzer„gelien ‚als ein köstlighes ‚Gericht ‚und. ‚die, Ortolane,; zu, .Retklumpen ‚gemästet, zieren die, Gastmahle;,der Reichen.; Doch kaum; sind diese, Som; meryögel ‚entflohen; so,kommen; andere,an; dig, nach; kurzer ‚Ruhe diesen nach, Afrika, folgen. Die prächtige „ Goldamsel und „die lieblichsingende, Grasmücke, ‚vom;:Genusse, der, Feigen, gemästet, selbst, der, ‚bei, uns; ‚yerachtete ‚Wiedhopf, kommen ‚auf,die ‚Tafel der Feinschmecker, „und, dann die, Schaaren von. Wachteln, ‚die; ehe sie, ‚das, Meer. überfliegen,,, „in. den, südlichen., Ländern aus; rasten; nnd, zur, Reise ‚sich; stärken „ ‚werden, ‚zu, ‚Tausenden ger fangen; ‚und; erschlagen, und „bilden zu, ‚dieser, (Zeit;.in, ‚einigen Gegenden, ‚den Hauptnahrungszweig, ‚der, Bewohner. ‚Kaum sind aber, auch ‚diese, europäischen, Vögel ‚müde, ‚hinübergezogen, nach Afrika, „so ‚kommen; die; nordischen, Vögel von, Kälte, ‚und, Hunger getrieben und , warten, in, ‚dem; milden; ;Winter,;des,, Südens, „bis die, bleiche,, Sonne, ihre, Heimaih, ihnen ‚wieder ‚wohnlich „macht. Schwärme von’ Schwäneh, "Gänsenund' Enten, jasselbst notdische Tericher“treiben"sichin: dem'eisfreien Möbreider Adria und auf den)grössern Seken!\des> Binnenlanddsys worlausser ihnen“ noch zuweilen |der'riesige' Pelekan »weilt;'herum.'oDie:Pelekanevallein geben Auf Snianchen dieser’ grössern ‘Seen eim’schwaches ‘Bild jeher grossen 'Vogelkolonieh', ‘die im>Norden’ so’ sehr die" Auf- erksdmkeit des Beobachters'erregen;%so'auch die’ verschiedenen Rörher’dinde/scharben/slIn"morastigen Ebenen "vom.stinkenden Sümpfeinwngebeni'iind’ trägeschleichdhdemV Wasser" durchzogen; sieht allerdings kleine" Wäldungen' von PappelmEschen and Weiden'$anz bedeckt’von’den Nestern dieset»Vögel; das üppige Grün ©des Laudes verschwindet "unter! ihrem >Kälkartigen Kothe und das Ab-/und''Zufiegenider Alten’ sowiedas heiserd/Geschrei und Gekrächze" der Jungen! machen? auf !dendiese »Stellen" Be- süicheiiden’ einen’ betäubenden ‘Eindruck, und“ doch halfen: diese Niseplätse Keinen“ Vergleich’ mit ’denen ‚der! nordischen » Vögel; wo stundenwWeitikeine Russbreite' ohne. Bier ist ‚und wenn wir hier'im Süden 'nach Hunderten zählen,“ müssen" wir:es’im Norden nach Tatsehden. Die Mövenund die! Seeschwalben’ zeigen aller- dings’ auch im'Süden die’Neigung'izum gesellschaftlichen -Brüten; doch istihre Anzahl so" gering; die "Auswahl der Brüteplätze so gross!" dassimandiese kam 'mit’denen"desi«Nordens’wergleichen Kann) ®wöbeil'die" grössere)Bevölkerung) des’ Südens) die; ausge- dehntel Urbarmachung)'ündVBenülzung'ldes’'Bodehs allerdings’ mit ihnderlich einwirken imiögen, obgleichleben diese Ursachen ander- seits. wieder’eine"Menge/änderer Vogel& Arten ‚herbeizichen; als Lerehen, Aimmer' iind andere‘ Körherfressende. u Hodapyghltebengei! ‚wie im Süden die Vogelwelt‘ im: MleckUBeR er "narnigfäliiget "sie h'gesiätiel, &hened ‚mehren sich ihre’ Kiu? ber, die Raubvog ei ‚an Arten, und“ während, der "Norden (dere 8 10 'zählt, t „finden y wir im ‚Süden deren 32m ‚mit ‚den wandernden, yon, allen Arösgen, und Gattungen, , die, in ‚dieser buntgemischten j Vogelwelt,, hinreichend Nahrung, ‚nach, ihren Bedürfnissen , finden; und. da, der„üüberwiegende‘Theil!.der. südlichgn „Vögel, ‚sich -von den im: Süden) so: häufigrauftretenden ‚Insekten seruährt,-so.finden wir alıch unteriden Raubvögelm mehrere,ndie diese-Nahrung'theil- \weisewdicht* verschmähen! / Nicht‘ "die"ilebendem"Thiere* Allein, sonderh’auch «ie ‘tödten,' das''Aa$ im Allgemeinen-tind'äller Un- rath, der ‚Bei der Indolenz’ der Südlätider diese herrlichen; Länder verpesten 'würde,, werden won..diesen ‚Raubvögeln, verzehrt; & Geier-Arten mit; mächtig’ ausdauerndem Eluge und„unersättlicher Fressgier: teinigen das,Land, von „den: verderblichen ‚Ausdünstun+ gen'der.in! se heissen ‚Gegenden schaell'-verfaulenden |‚Thiere., x bi Die»Zeit-gebrieht näher einzugehen auf, die,mannigfachen lie» benswürdigen- Eigenschaften, den abwiechselnden Gesang „die Farbenpracht , und ‚sonstigen. ‚Eigenheiten. den! südeuropäischen Vögel ; „näher, zu entwickeln; ı wie :im:ihoheni;,Norden,,‚bei.gtets trübem! Himmel; grauem; Meere ‚und .schwärzlichen. verwilterien Felsenmassen,/ohne‘] belebendes‘ Grün. ‚und farbige! Blumen .(die Vögel in! entsprechende Farbem ‚gekleidet sind; ‚während, .im Süden beiibeinahe ‚stets; blauem Himmel, ‚der ‚sich, ebenso ‚rein in: den‘)Meereswogen»abspiegelt, ı bein dem lachenden ‚Grün der Bäume; ‚Wiesen und, Felder, der.. fröhlichen ‚Farbenpracht ‚der manhigfaltigsten Blumen, diess'alles übergossen! von, warmem,ıhe- lebenden ‚Sonnenschein, auch‘ die,‚Vögel,in: bunten, Farben: schim- mern; näher;zu erörtera, wie im; Norden bei.dem-Wimmern der Winde und Geheule ‚des: Sturmes die :Stimmen ‚der ‚Vögel nur, als rauhes ‚Gekrächze ‚erlönen- und selbst, die Zeit den,Lieberihnen nur''misstönende.' heisere ‚Laute. .entlockt, während, im,. Süden jeder 'Vogeltuf «in Wohllaut «schallt;- und: im. ‚alles,ıbelebenden Frühling: zur: Zeit.der Liebe; .'wenn laue Winde, ‚durch, duftende Haine. säuseln,„\gerade die,in ‚unscheinbare ‚ Farben;.gekleideten Vögel. :weithinschallend ‚ihren, ‚Jubelruf,.ertönen lassen und, im herrlichen! Gesange: ihr, wonnevolles Daseyn preisen}, \silınlınl Doch. glauben „wir. darum nicht,.die,.einen,glücklicher ,.ıdie andern von der Natur. vernachlässigten;.,— .‚was,,dem südlichen frommt,. .taugt,‚nicht den ‚nördlichen, die südliche, Lebhaftigkeit ersetzt im Norden, stoischer Gleichmuth, und um alles. Ungemach, das so vielfältig über die, Vogelwelt hereinbricht, Jeich er zu er- {ragen „ ist ja ein unerschöpflicher Leichtsinn ihr Erbt theil, ‚und selbst, wenn ihre vielen Feinde unter. den Thieren bei ihren Räubereien ihnen "manChen Anßstrhf, manches wehklägen dus- pressen , 'so ist" doch” schnell der'herbe Verlust vergessen,‘ X der gefährlichste "Feind aber’ bleibt 'der'Mensch; "denn er’ räubt und'tödtet nicht nur zu seinem Bedürfnisse, ' sondern auch aus Muthwillen‘, “und darum sehen: wir immer mehr‘die Zahl der Vögel sich vermindern, ja.einzelne‘ Arten’ gänzlich, verschwinden! Darum, sagt unser grosser Dichter, mit, so BE Rechte; u» „Die Welt, ist vollkommen, überall ® r 1175 Wo der Mensch nicht hinkömmt mit og Aal Ren 3b aladsel aib bau nsdol 9zendlädı9V narsiiodanam 71% zu n3s!9219 Is zobasin B.. sinsenisnar asrgenn nonnlorai er Kilperung der ürder »- = er samısdlövod re „von Dr, ‚Oskar ‚Schmidt | in Jena. ads, ra -10 Es! äst eine! häufig anpsibgleiEasgn ob: der, Naktirgenuss durch ein! wissenschaftliches;Verständniss; der: Natur ‚erhöht werde, ‘oder eb nicht. wielmehr ‚ veiwa»! wie wir das Interesse. am einem‘ Auto- maten verlieren, sobald wir in das Getriebe: seiner: Räder "Ein- sicht! bekommen haben, die Kennfniss von Steinen, Pflanzen und Thieren)und) vonder Entstehung des Regenbögens und .des:Blitzes deh Geist«so »entnüchtere;, dass; dabei ı den'Sinn. für «allgemeine ästhetische Naturauffassung ımehr(nnd mehr abhanden:komme: Die Anitworb sistivon’ versehiedenem Seiten, erfolgt. » Die- ausgezeich-+ netsten Naturforscher, es; genüge- einen Namen — Humboldi = zu.inennen;. habeni'es,-ihren Schilderungen zufolge, auch im :Ge- nusse: der ‚Natur: am- weitesten igebracht;,,' und dass überhaupt die grosse: Mengender -Gebildeten nicht: nüurı\ins Blaue (hinein: von;den Schönheiten des. ;Himmelsı und: der Erde‘ sich will/ entzücken /as- . sen,'sondern mit der: bewussten, :geflissentlichen Erkenntniss der Schöpfung auch des ‚wahren 'Naturgenusses theilhaftig, zu! werden meint; »\davon »zeugt:die'rege« Theilnahme, 'die, in nnsern Zeiten die, vielfachen Versuche; von. Naturforschern ı der verschiedensten Fächer: gefunden haben; „ihre; Wissenschaft: in sogenannter; popu- lärerı Weise darzustellen und mündrecht' zu machen ; um’ endlich aus nächster ‚Nähe ‚den: Beweis zu: holen, "gewiss hat nicht‘ die Neugier! diese -Räumesgefüllt, ‚sondern ein tieferer/Drang :nach dem Bekanntwerden mit allgemeinen Ergebnissen der Wissenschaft: -s/TIndem 'es mir vergönnt worden, zur ‚Ausfüllung: dieser -Sitz=- ung ein: Schärflein 'beizutragen) will ich Ihre Aufmerksamkeit: mit der ‘Schilderung einer kleinen, unscheinbaren Inselgrüppe:in An- spruch nehmen; )>die»Sie seliwerlich' schon einmal ‘einer näheren Betrachtung unterworfen haben, die aber gerade wegen ihrer Ab- geschiedeäheit, in‘ihrer nackten Wildniss, ‘mit ihren‘ grösstentheils kümmerlichen Erzeugnissen‘ des Eigenthümlichen: so: viel bietet, dass /sie:'wohl‘ eines «kurzen ‚Verweilens bei ihr werth ist. Ich meine: die:Rarinseln oder ‚Faröer, (die ich im Frühjahr 1848 zum Zwecke zoologischer ‚Untersuchungen: bereist, und wo mir der Kampf’ der Elemente; bei. tiefem: Frieden und 'uralter Einfachheit der menschlichen Verhältnisse, das Toben und die Fackeln der Revolution unseres gemeinsamen-Vaterlandes hat ersetzen müssen. Die Faröer sind ein; Blied, jener,Insetbrürke, welche das Fest- land von Europa mit Grönland verbindet, und deren Bevölkerung durch die Normänner" schon 'mehrere Jahrhunderte früher, ehe Coliü m'biu sıdie‘ Schätzeo der: meuen: Welt seinen! lsandsleutei er- schloss}zw einer vorübergehenden‘ und» darumviwellgeschichtlich nicht‘. folgereiohen Entdeckung und »Colonisirung'' des>amerikani+ sehen ıFestlandes’ geführt hatte.» wi sw bindlos „morwilor ala s. Dem: Reisenden 'äuf tropischen »Meeren:'wird häufigsdie! Nähe: des' Ländes‘ darch: .das' ‚aus -der unendlichen Fülle’ deriGewürg*+ pllanzen 'ausströmende»Aroma'verralhen;''nöch'ehe «mamidie Is+ ländische‘Küste'zu Gesicht'bekommt, führt‘ der seewärts wehende: küftzug:die Schwefelgerüchevenfgegen.')Die-Faröer’haben‘ weder Blumendüfte'äoch Sohwefelatmesphärez als Botschalter;über dem Horizont hinaus, aber doch'ientdeckt sie'das-spähende Auge'schon inbansehnlicher Entfernung }"dässie' hoch ‘aus(dem' M&ere;, gleich todten Colossen ‚'sich ‘erheben, !meist»in unbestimmten »Abrissen, da'Nebel':und’ Wolken 'sie''zu umgürten | pflegen.’ »Die"grösseren der 17 Inseln, 'zusammen‘von ungefähr 23:Quadratmeilen'Flächen- inhalt; haben eine höchst iunregelmfässige: Küste), "indemsie von schmälen'Fiorden oft'tief eingerissen’ sind; mehrere derikleineren ragen: wie ungeheure' Kegel" oder‘ unregelmässige Säulen empor Die ‚Küsten sind fast: überall'‘steil/ und!'werden' an leinigem Orten von'senkrechten} 1000: bis!1800:Fussı'hohen Felswänden gebildet; daher'der Landungsplätze für die Boote!! nur» wenige ‚"unddiese, wenn «das !Wasser'inicht nuhig.ist, gefahrvollin 'Däs sehr feste Ge+ stein; aus Wem hdie Inseln. 'bestehen;,;2ist Iderisogenänate Trapp, wahrscheinlichiein ErZeugnissıunterseeischer, vulkanischerThä- tigkeit, durch: ‚dessen:Namen'\ aufidiei'terrassenförmigen;'"trep+ peartigen ;Erkiebungen ‘welche: fürn diese’ Gebirgsart' charäeteris+ tischSind,hingewiesenowird:' »'DierRarbe:idesBelsennist reinymg® lancholisches:#Schwarzgraul;; und ‚er«behält'dieselbe‘, sor'weit' er von(der! Brandung! bespritzt wird ;ı über: dieser vıdem:Meörwässer ausgesetzten: Region. aber ist.'spgleich"wieder-die schAffende«ar+ gahische Naturbemüht‘ wie'sie unterhalb: des‘gewöhnlichen Was+ serstandes ımit!igrünen (und: bunten’ „'ah ‘Zierlichkeitsmitiöinander wetteifernden Algen’ und TangenıdasGesteinüberzielt, so>auch nach ‚oben miti'grünen,ogelben;nrothen und! schwätzen’Moosen — wndiKlechten die-losen, wild'ıdarch einänder'‘gewürfelten- Blöcke zu zeichnen und mit; üppigen'Gräserni«den wasserreichen, von anzähligen \‚Qnellens und>!Sturzbächen »durchfurchten „Bodem: zu ‚schmücken.isDiev auf Farön wachsenden "Gräser sind. dieselben, ‚welche ‚dieusüdlicheren‘ Shetlandihselmsund\:di& Orkaden;-besi+ dzen, dieselben, welcheıden:Häuptbeständtheil der» Grossbrittani- ‚schen: Grasflorasausmachenis So; reich aberuäuch nach'Verhältniss ‚diese »niedere; Viegetation “auf Farö. ist ‚so! vergeblich: sucht der Blick nach einem wild wachsenden »Strauehe, ‚oderigaroBaume;; iuriieinige, ‚sorgsamlhinter Mauern ı:gehegtehStachelbeersträuche kommen fort,;:uwähreädi«dieswenigen ‚Versuche ‚von Baumanpflan- aungen,sdie:man bisher! gemacht jinichtogelingen: wollen.;»Selbsit ‚dieran,Bis:und Schnlee: gewiöhnte: Norwegische ;Fiehte ‚vermag auf Farö:nicht auszudauern;indem \ihr>hichtidie,-Kälte,, ısondern» das sauhe ‚o'nasse ‚Klima: und die nur.selten) längere: Zeil’ schweigen- den; namentlich» aber» ins iden«Wintefmonaten, tosenden Stürme Jeindlich sind. Durch:diesen Mangelisan-Baumschläg,»dessen-Fülle and "Abwechslung ıdensEropengegenden! einen "besonderen Reiz ‚verleiht, und dessen:Einförmigkeit vielen «nördlichemLandstrichen einen gewissen.Ausdruck «des !Eriedens » zu''geben‘ vermag;, wird die Wildheib'undKeckheitoder sfaröischen Landschaften:nicht we- -nigierhöht,; dar manıinirgendsiweiche»Conturen "erblickt ‚sondern „überall“zackigei Kanten und'schroffes Abfälleidäs“Auße''nach ‚phy- ısiologischen: (Gesetzen ’ weiiiger!/angenehm berühren!‘ Um 'däher den! erhabensten') Eindruck''von seiner ‚faröischem Landschaft’ mil- zunehmen; ludarfsnichtisetwaldie Sonne: freundlich'sie beleuchten lund (das»Meet: sein Ungestim abgelegt ‘haben';"der' Himmel muss mit düsterenWolkensumlangen,:hie undıda «die’hohem’Fiolde''voh _Nebeln bedeckt; das’Meer im Innersten: aufgewühlt' seyn;dass' die !Wogen:nsichbiin einer'vinehrereü'hundert ‘Füss !hoch' schäümenden ‚Brandung lösen 4sundstürz"sich' 'inveinen''solchen Sirudel'von -obens'heräb ein Wasserfäll,iwie'Bostalaföss, der\Ausfluss des 'Bilt- mensee’siBörvaagsvafa Auf'deriinser\Wäagö;' so'gibst’Du um. 'die- . isesı Schauspiel"vielleichtlden'igeglätieten Gölf’von®Neäpel hin:N* nollsılohsägteivorhini) dass’. nicht” die Kälte: das'Hinderniss’ der „Vegetation! seyı; die''mittlere' Temperatur 'von Färve’ist im Ver- hältniss zur geographischen Breite gemässigt, und es liegt diess darin i. ss/.die, Inseln, isolirt in dem, die Temperatur. weit aus- gleichenden Ocean sich befinden und nicht- etwa» den'winfenlichen / 9 Einflüssen’ eines’ ‘polarischen: Continentes ausgesetzt sindj! wozu noch der! günstige ‚Umstandı kommtys;dassi auch !ein Arm!des un- geheuern:\warmen 'Meeresstromesi aus den' Aequätorial + Gegenden von’ Amerikänach 'Färoe gelangt! ‚'Zeugniss davon'‘geben die'frei- lieh\sparsamen Treibhölzer!» Meist: sind es'Fichteiistämme, ‘welohe die: Wellen‘ dem |hölzentblössten.Ländeimitleidig zuwerfen!; auch ‚einzelne Mahagonibäume;; und' als einen 'seltenen'G@ast’traf ich am Strande|des ‚Dürfchens. Kirkboe! aufiStromoe veine»langigereifte, sehr ‘Morsch igewordene: 'Palme.o- ou him mono don lol ‚Ich ‘gehe nun ‘dazwrüber ; Ihnen die Thierwelt, seÜiweitisie ‚characteristisch für die: Physiognomie ‚von Faroe’rund für (dasiLe- ‚ben: der Färinger von‘Bedeutung; »zu‘schildera. » Fürseinen Z00- logen ‚der, wie: ich, ttief»im Lande Isitzt: undidas Meer: höchstens _ änlveinen;Rerienreise: nach Helgoland kennen’ gelernt hät; list na- türlioh’rdie Meeresküste der 'ergiebigste Boden." Ich würde. wenig Dank -einärnten, wollte ich’ Sie mit’ den' grösstentheils ımikrosko- pischen-Specialitäten,'diemir den'Strand unweit! meiner Wohnung in, dem: Städtchen ‘Thorsha: von: Werth’ machten, :unterhalten.*))'So weit win däs' Meer kennen, ’ist es «ungleich“mehr bevölkertials (das: Testeu Land; und‘ es bewährt »die oben berührte Eigenschaft des Ausgleichens,-auch darin,» dass es in/seitien nördlichen und ‚nördlichsten, Zonen ‚fast: eben:iso reich; » wenn nicht an! Thierfor- men, ;so:,doch; an. Thiermengen'ist,als.im denheisseren «Strichen. ‚Dabei macht ‘man; die eigenthümliche'Bemerkung,; dass namentlich die, Granitküsten: der- Entwickelung ı eines: unendlich manhigfalti- ‚gen ‚thierischeni Lebens. günstig sind; wası unter ‚andernindiesan Thierreichthum; fast, unübertroffenen: Küsten won Norwegen Iund Grönland jerweisen., Damit; können sich.freilich ‚die G@estade von Island und ‚Farö ‚micht: messen; ; doch: aber Iwimmeln auch (diel-fä- ‚töischen Ufer, von -Thieren;,. Vons:den».Bolypen findetisman dert ‚zwar.nicht jene ‚Arten, welche, grosse::Corallenstöcke :aufbaueh, aber in, grosser’ Zahl jene, niedlichen (Hydrinen/ und Gampanula- rien, ‚welche in: der. neuern Zoologie durch das Hervorbringen: von später sich, ‚loslösenden ‚und ıfrei..im -Meere»umherschwinimenden Knospen ‚berühmt, geworden. sind... Auch diei,eigentlichen iQuallen und die Seesterne ‚und ihre..‚Verwandten: sind, mehrfach: vertreten. z 116 UN «€ il *) Ein Theil meiner Untersuchungen ist niedergelegt in: N) " Beiträge zur Naturgeschichte der Würmer &c. Von FR. 0. ‚Schmidt. Jena 1848: > u ö EIN una Dach! ie will «Sie. nicht mit) einem! Namenregister ermüden und aurletwähnen, dassınamentlichihegionem mehrerer: kleinen Krebs- astem'sich unmittelbär sam Strandelumhertümmeln; unter ihnen die dünnleibigen Caprellen;; \ welchev\änter' ihres‘ Gleichen» durch ihre gaukelnden;ı kömischen!Bewegungenodie Pdpageien und' Affen ıer- setzen «au: sollenıscheinen: 1 Unmittelbar »aben über demıMeeres- niveau, so weit(\der gewöhnliche »Wellensolilag noch reicht, ist daslıG@estein vonl/anderen festsitzenden Krüstenthieren ‚| ‘den'so- ‚genannten ‚Rankenfüssern,; bedeckt; diesauch) der Nicht = Zoologe ‚zuiıbeachten/ pflegt,; weil‘ auf‘ ihren spitzen ‚Schalen ‘der: ‘Fuss beim :Herausspringen aus ‚dem Boote! am sichersten haftet. An Fischen (ist dasiıMeer um: Farö ‚ausserordentlich reich , und ina- mentlichsistiıder Dorschfang 'im:Frühjahr sehrergiebig: »Diejeni- gen Thiere,; welche;.wenn vichnmich ‚(des Ausdruckesobedienen kdasf,i vorzugsweise won .landschaftlichem Interesse sind , weil ‘sie at meistem zur. Belebung‘ einer’ Gegend! beitragen und ‘desshalb als, Staffage \ungern vermisst! werden, sind'«die Vögel. Die ‚nordi- schen Vögel» sind ;ı wie den 'des!Nordlichtes "Pracht entkleidete nerdischeoHimmiel;smeist einfarbig,;grauy weiss, schwarzj>braun “odeniin diesen Farbenigefleckt; vergebens suchen :wir das |glüh- ende 'Golorit, ‚so>tiefes,, schillerndes. Blau; ‘so ‘üppiges''Grün! und Roth; wie dasıi Gefieder »der: zahllosen indischen »Schmuckvögel zeigt>.\iSchiefergrau ıodersilbergrau ‘sind ‘die’ flugfertigen Möven, ‚didsbaldıtaubvogelähnlich in’'den Lüften kreisen, "bald, unmittel- bar «über den :Wogen' sohweben ‚- mit>diesem' sich''hebend' und senkend.; Dörtısitzemiiauf einer ‘einfachen Klippei'die braunfar- heinen Gormorane;,wiahre Misarithropen , «denn nur) selten gelingt ‚es.dem Jäger;iusichübis.auf Schussweite-ihnem zu nähern; »Hin- wieder oschwimmt }1.fast\\mitten) ins den Brändung,'' eine- Heerde Lummen:in dummer Neugier, das Boot ‘bis auf wenige Schritte ıheranlassend, ıbisialle) plötzlich 'wie auf einen Schlag ‚untertäuchen, am,'etsb 50 bis'70, Fuss davon!wieder zu erscheinen- und dasselbe Spieksvon. Neuem: zu beginnien.: Oder hoch eben !auf: ‚den«Berg- ‚abhängen; hat: man die: rothbeinigen’Austernfischer:aufgestört, und mit; gellendem ;Geschreii umziehen'sieiidas 'Nest;' Eine der stau- inensweıthesten !Erscheinungen bieten’ die sogenannten Vogelberge dar. Denken Sie sich eine über '4000>Fuss hohe’ steile Küste, ‚die, aber «von. oben bis ‚unten /mit parallelen, t bis’ 3 Fuss vor- ‚springenden Kanten versehen ist, und diese -Vorsprünge buch- 'stäblich mit Vögeln bedeokt,:Mövenoder «Lummeny diei häufig neben! einander, ‚aber; nie: untereinander:gemischt sioh'ansiedelm, während dien oberste ‚Region: durch: die in Erdlöchern (nistenden possierlichen Seepapageien » (Morsmon: fratercula) eingenommen wirdı;idenken Sie, sich‘fernen ein: fortwährendes' Kommeny'‘Kort+ Sliegen‘und Untereinanderflättern:währer Mückenschwärme. dieser Vögel; »:die:ieim ohrbetäubendes Geschrei: ausführen; im welchem manı:seinem: unmittelbaren Nachbar» nur 'mitMühe: verständlich wirdg und .ıwiotinssich »die-Execulanten dureh’ nichis' stören nlassen, ‚so haben ;Sie:eine ungefähre: Vorstellung dieser; Vögelkolonien, in welchen sich. die »beirelfenden «Artenv alljährlich‘zunoBrutzeit einfinden., Einheimische'Säugethiere »hat«Farö‘wohkinieibesessen, aber hieheniwerpflanzt ist:iausser‘ ‘den: Mäuseh und Katzeiindas ıkleine;norwegische /Pferd, ‘vorallem aber’ dasıSchaf, vonwelchem die Inseln/sogar-benannit worden«sind «(Raröer = Schafinseln) \und \neleheivortreflich gedeihen.» Beide Jebenfastwild (indem'dasıSchaf nie,'das:Pferd»nur selten.in: den Stall kommt.» Das Pferdsistlein ge- drewier iGehilfe;:där Bewohner‘ bei derimühsamen Bearbeitung der kleinen: Kelder, näch’ welchen: es‘ den Düngenvingrossen über den.Rückengehangenen‘Körben schleppen'niussi Häufig wird'es auch: 'züm:-“Rejten »benützt ‚-»und'/man kann''sich ‚ ihm/omitiider \grössten «Sicherheit Anvertrauen;ı dahesismit seinem eisenhatteh Hufe ;\ ohne‘ sich 'zu, beschädigen; seinen kurzen Trapp über:idie steinigen ‚ unwegsamen Fielde däuft;: augenblicklichvaber| stehen bleibt, sobald sein:»äussersti scharfer, Geruchssinn «ihm 1eine ge+ fährlicbe Sumpfstelle verrathen hat. Zwingtsman'däs widerstre- bende Thier- dennoch’ in eine) solche// scheinbar "ganz ungefähr- liche Stelle.hiwein,»:wiesich’es’iaus Unkunde einige) Mäl gethan, so: »versinkt; man sicher bis) an: dem'Sattelgurt \änıdie! morastigen Torflager;-Die Schafe bilden einenıHauptreichthum deriBewohk- ner. Da;sie, :wie»gesagt,) nie in ‚den‘ Stall; kömmen, sind sieideh Unbildenl;desı Wetters Jahr ausıiJahrıein ausgesetzt: Ihre-Weide im» Sommer:ist osehr reichlich‘); im: Winter ıdagegem/müssen’igie isich auf:das :kümmerlichste:behelfen, und: man hatı mir! versichett, -dass siebhäufig tagelängeinschneiten.«:«Ihr Fleisch (bekommt aber «im ı Sommen einens'sehr:iguten;: Geschmack ) »aund ist» namentlich eingesalzen: von,besonderen!Gütelü ni Ani» 2 asdanil .ınh ‚ Inudiesen Umgebung! nun, inıfortwährendemiKampfe mit dem ‚feuchten. «Elemente»und den Natuni-gleichsam» ihren Träbuniab- | | | | | | N | | | | I 42 trotzend, lebt ein kräfliges Geschlecht von Menschen, norwegi- schen Ursprungs, blauäugig, voll Muskelkraft, genügsam, flink im Lauf, unermüdet in der Handhabung des Ruders. Unter den Männern findet man viele hohe Gestalten, wie sie einem auch in Norwegen so häufig begegnen, Gestalten, die unmittelbar in die Zeiten der Edda und Frithiofssage zu gehören scheinen. Die Mädchen haben oft feine, blühende Gesichter und angenehme Formen, verblühen aber bald. Den Frauen sind die häuslichen Tugenden Gewohnheit. Die Familie ist die Familie in alter Be- deutung‘, indem auch das Gesinde mit dazu gehört; gleichwohl gibt es auch in Farö den Gegensatz zwischen reich und arm. Reich sind viele der Bonden oder Bauern, die gegen geringe Abgabe mit den Bauerhöfen von der dänischen Krone belehnt werden, und die nicht selten baare 10 bis 12,000 Thaler besitzen sollen. Die ganze Bevölkerung beträgt über 7000 Seelen, und die Inseln sind in vier Distrikte, Syssel, getheilt, an deren Spitze je ein von dem dänischen Gouvernement 'bestäligter Sysselmann steht. Die Bildung der Faringer ist, wie man erwarken kann, keine hohe; sie haben, namentlich auf den dem Ankerplatze und dem Sitze der Verwaltungsbeamten, Thorshaven, ferneren Inseln, die nordische Einfachheit bewahrt, sind aber desshalb, weil sie uralte Zustände verkörpert darstellen, für den Alterthumsforscher von 'hohem Interesse. 'Die faröische Sprache ist ein isländischer Dialekt. ‘Wie Island, ist auch Farö an Sagen unendlich reich, und durch diese sind wir mit jenem Völkchen auf's Engste ver- knüpft, da aus den faröischen Epen dieselben Namen und zum Theil dieselben Begebenheiten ertönen, von welchen unsre gros- ‘sen nationalen Gedichte, die Gudrun und die Nibelungen, wieder- allen. Wie einst die Griechen nach vollbrachten Völkerkämpfen von den Thaten ihrer Helden und von den Irrfahrten der Heim- 'kehr unter dem südlichen Himmel in ihrem Epos behaglich fa- Bulirten, gestalteten sich auch jenen nordischen Ansiediern fast “alle Erlebnisse in den langen Winternächten zur Sage und zum Gedicht. Dabei ‘wurde in Island bald eine merkwürdige Gelehr- samkeit gepflegt, die Sagas sorgfältig niedergeschrieben. In Farö ‚pflegte man dagegen die Schreibkunst nicht, und den Philologen ‚einer nunmehr überstandenen Periode wäre manches Geschreibsel ‚ über die Conservirung der Homerischen Gesänge erspart worden, "hätten sie beachtet oder gewusst, dass fast jeder Faringer meh- A 48 rere ‚tausend „Zeilen, alter epischer, Gedichte,in „derselben, Gestalt auswendig, weiss, wie, sie, von,mehreren, ‚hundert. Jahren ‚und ‚da- rüber ‚gesungen | worden, sind, Er, muss, sie aber im, Gedächtniss haben, um zum, Tanze zu,singen. ‚Bei „allen, Völkern, die ‚eine gewisse ‚Stufe der, Cultur nicht überschritten ‚haben, ist Tanzyund Gesang und Poösie ‚Eins. Nicht Fiedeln,, und ‚frompelen,;spielen auf; ‚aus dem ‚Kreise, den, Mädchen und, Burschen, gebildet,haben, beginnt, ‚ein ‚‚Vorsänger, mit, kräftiger, Stimme, „die Strophe,n.die andern ‚fallen ‚ein,, freilich ‚oft mit; unmelodiseher ‚Stimme, ‚und; wie,gs, der Sinn, ‚des ‚Gesanges,, mit, ‚sich,bringt, „wenn won,;den Schlachten „der, alten, Helden, das Lied, tünt; und ‚die;Leidenschalt im Gesange. wüthet, werden die, Bewegungen, der, Tänzer helligen, und, in, ein ‚langsamergs ‚Tempo ‚fallen ‚sie, wenn von den zanteren Tugenden, ‚der; Krauen die Sage, meldet. Auch an,viele den Ka- röischen ‚Lokalitäten ‚selbst ‚knüpft, sich ‚unmittelbare , „wenn, augb nicht, in. dichterische, Form. gebrachte, Sage;, Schon. die, Namen vieler ‚einzelner Felsen , bekunden, die ‚Phantasie desı Volkes. , Da steigt nicht „weit, von. dem ‚Dörfchen, Mitwaag, ‚aufrWaagoe ein Spitzer, ‚schlanker, Felsen, aus dem,‚Meere empor, „er heisst Inolz konefingeren, der,Hexenfinger; „und ‚die gewöhnliche, Bezeichnung für einsame, mehr, an ‚der ‚Küste, aus. dem, Wasserıragende Kelsen ist Dreng, Kjärling,, Rise, Knabe, ‚Kerl, Riese, ‚Wie,fast nichts unler, „den Sonne, vereinzelt. steht , ‚finden wir, „auch „die, über- taschendsten Wiederholungen von, Sagen bei, awei.,von einander entfernten ‚Völkern. Im südlichen Eingange der, die, ‚heiden\grös- seren, Inseln Stromö,;und ‚Waagoe ‚trennenden, Meeresenge ‚liegen ungefähr, eine ‚ Viertelstunde, ‚von einander ‚diey kleinen, ‚Eilande Kolter, ‚und Hestö, ‚Sie,und ‚das, ‚Wasser, zwischen) ihnen, sind ‚der Schauplatz, , derselben _ rührenden Begebenheit, geweseny welche von,‚Hero und ‚Leander. erzählt, ‚wird, ‚nur. dass, „diey nordische Sage ‚eine, noch mehr ‚düstere, Färbung, hat; ‚Yon Kolter schwamm ‚allnächtlich Magnus, Hansson ‚nach; Hestoe, hinüber, zu ‚seiner, ;Ge- Jiebten, Katharina, ‚indem, er ‚die Zeit, der Ruhe wahrnahm, „die bei, ,dem, yon, 6,zu 06; Stunden ;erfolgenden ‚Umsatz. ‚der Megres- ‚Strömung ‚eintritt. Einst, als;er, zurückkehrt,,, erwartet, ihn, sein ‚Vater ‚am, Ufer, ‚das Beil in der Hand; um, den. Ungehorsamen zu ‚erschlagen, Er wendet. um, und; will Hestoe, wieder, gewinnen, da,erfasst, ihn die Strömung und ‚reisst ‚ihn ‚fort, ,„Der,Mann ,.der mir, ‚die, Geschichte, erzählte, nannte.,sich; selbst;einen ‚Verwand- ten. des, Jünglings „und, ;behaupiete; „dass.(vons!Zeit zw.Zeit ein tragisches, Schicksal ‚in, seine, Familie ‚eingegriffen.hätte. ı-Das ist wahre, Volkspo@sie; sieigestaltet,sich„von, selbst, ıverwehtJahr- hunderte ‚mit „einander, undı ketlet ‚die iGenerationeny von -haule an,.der ‚Väter, Wohnsitze, Doch' genug von.diesen farüischen Ro manlik;,die,, wie,Sie „mirzugeben ‚werden, voller Reiz isby? 10h saidehr will „im.-Gegentheil,inoch einmal: auf (die ‚prosaischen Schafe zurückkommen;. die inivielen ‚Stücken! für,:den „Raringer dasselbe zu,bedeuten.haben, wies fün'dem.d,appen die Renthiere. Von Kopenhagen werden zwar mancherlei Tücher,jund: Knüpf- lücher ‚und. ‚anderer,jweiblicher. Putz, eingeführt, allein ‚die,Haupt- kleidungsstücke,.und die, für. das, Klima. zweckmässigsten «wenden aus.der Schafwolle „gelertigtsi, Die, Zeuge: ‚warden «meist van,.den Erauen gesponnen;jund. gewebt, und/entweden in:ihrer, nalürlichen Farbe,,gelragen, oder ‚mit ‚den, ausızwei sehr gemeinen Flechten (Korke und .„Steinamgos).;gewonnenen;: Farbstoffen „braun: ‚oder schwarz gefärbt. Die ‚Wolle wird „nicht ‚geschoren, ‚sondern ge- rupft, und gewöhnlich lässt, sich, "das ganze zusammenhängende Vliess ohne Mühe abnehmen. Da "die, Schafe nur im Sommer gute Weide haben und fett we erden, „so schlachtet ‚man..den Vorrath für das ganze Jahr im Oktober, die einzige Zeit, wo man frisches Schaflleisch in Farö geniesst. Alle Hochzeiten, die sich im Laufe des Jahres vorbereitet, verspart man bis auf diesen Fleisch- jubel. Wohlhabende Bauern schlachten 3-400 Schafe. Eine andere Nahrungs- und Erwerbsquelle ist ein Delphin (D. globiceps), dessen Fang schon seit Jahrhunderten betrieben wird und für das Leben, der; Färinger'von\‘der ;höchsten Bedeutungiäst In den Sommermonaten, namentlich im Juli und August, pflegen sich ungeheure "Heerden :dieser'Thiere bei) den ’Inseln’einztitlellen. ‚Sobald 'die irgendwo bemerkt’ sind, werden die "nächste Dörfer \alarmirt,' Feuer angezündet, zum! Zeichen’ Für 'die 'benächbärten Inseln’; Man eilt von"allen ‘Seiten in’ die’Boofe’ und 'umstellt die "Heerde, um’ sie’ in’eind"zür Födtung’bequeme Bucht" einzutreiden. Die! Delphine versuchen nur/'selten' zu "enifliehen, sondern folgen "Hukig den‘ Sieinwürfen"imd’ Schreien der ver&nügten“ Fitchet)die währen‘ Uebernnthe bisweilen so weit'gehen } dass’ sie, Meran- Tudeindjdeh’Thieren:zum Spass’die langen Messer in den /Speck Hagen!‘ VRRaNieN hat’ indn sie’ in’ eitier eigen Bucht und %er"kri- ische! Aukeiblier!isvaa. "ES gilt,'"mie Wer ghössten” Mirligkeit 4* 50 das Wasser: mit dem Delphinenblute zu trüben ; man stürzt sich zu einer allgemeinen Schlacht und es entwickelt sich eine Scene voll’ imposanter ‚Wildheit, mit der diejenigen, die ihr beigewohnt, nichts 'zu vergleichen wissen. Der Ertrag der erlegten Delphine wird 'getheilt; das Fleisch wird frisch und getrocknet gegessen, der Speck nach Dänemark verkauft. Wenn man bedenkt, dass nicht selten 600 bis 1000 Stück dieser 20 Fuss langen Delphine an-einem Tage erlegt werden, deren jeder ungefähr 1 Tonne Thran gibt, so kann man sich eine Vorstellung von dem Gewinne daraus machen. Ich muss es mir leider versagen, diese leicht hingeworfenen Umrisse noch weiter fort- und auszuführen. Mögen sie dazu bei- tragen, in den 'geehrien Anwesenden die Ansicht zu begründen und zu: befestigen)‘ dass’die' Natur überall gleich gross und 'mäch- tig ist, und'‘dass der grösste'unserer Dichter’ mit Recht eine schwächliche 'und' philiströse' Naturauflassung so abtertigt: Natur hat weder Kern noch Schale, Alles ist sie mit einem Male; Du'nur prüfe dich allermeist, 0b du Kern, oder ob du Schale seyst. C. Dortrag des Profefiors Bennech aus Stutfgart. Zuerst.bemerkte ‚er, dass die Bestimmung der innern,Zweck- verhältnisse bei .den,..org. Körpern ‚(den ‚Funktionen ‚ihrer org. ‚Theile),als Hanptaufgabe, der Physiologie, schon längst; anerkannt sey, die äussern,Zweckverhältnisse .der,unorg. Körper zu jener hingegen immer ‚noch als, Etwas, angesehen werde, das, gar, nicht zur Naturwissenschaft (wie die Physiologie) gehöre, widerlegte ; hierauf diese Ausicht durch mehrere Gründe, und zwar unter andern durch die Forderung, der höhern Urtheilskraft, die Zwecke der Natur auch von dieser Seite zu verfolgen, durch den richti- gern Begriff von der Natur als einem harmonischen System ‚von org. ;und; unorg. Kräften, durch die ‚Unzulänglichkeit,des blossen mechanischen Erklärungsprincips bei einer Menge von Erschei- mungen und durch die unbestreitbare Abhängigkeit der org; Kön- per überhaupt und des Menschen insbesondere zur Befriedigung seiner physischen und geistigen Bedürfnisse von der äussern unorg. Natur, wies dann auf die Grundsätze hin, nach denen die Naturerscheinungen auch von dieser Seile betrachtet und besser als bisher (meistens von Theologen). bestimmt werden könnten und' sollten, und fing nun noch an, aus den verschiedenen Haupt- fächern der Naturwissenschaft einige Gegenstände herauszuheben und seine teleologischen Ansichten darüber vorzulegen ;: beider beschränkten Zeit für noch andere: Vorträge konnte: er: jedach aur die Zweckverhältnisse der fünferlei Sinneserscheinungen zu einander berühren und die Gründe kurz angeben, denen zu’Folge die Gesichtserscheinungen eine höhere Bedeutung als die Ge- hörserscheinungen hätten, und musste, unter Verzichtung auf seine teleologischen Bemerkungen über die Zahl der Elemente, die Beziehungen der verschiedenen unorg. Körper auf Beförderung der menschlichen Kultur, die zweckmässigen Erscheinungen bei der Erdgeschichte und den grössern noch bestehenden Erdmas- sen (Gebirgen, Gewässern und Atmosphären) und über die Be- schaffenheit der Erde als eines Weltkörpers, mit der blossen Hindeutung auf die Natur als nachahmungswerthes Vorbild un- serer industriellen Zwecke und auf ihren allgemeinen Organis- mus, wohin eine verständige Erweiterung des teleologischen Princips führe, schliessen. -i9doeı# noY oyast 10], »Protokolless ıT andozinsdssm ».' D&"3. Section für Mineralogie, Geögnösie ind gaugibsimlad 1ux a15baoa‘ de CET hie, sb bau Terdında 19q n79?7n6 19b 1o a9 epgrap! ie. bau a9d5 imvı iq 17n192 gib nansb (Sitzung. Den; 19,.September,,, IA yıonm mess bau \Abnsitzender: Professor S dhalhämbkindsaminie” wolunod nobıSechnifgfährer : NikamOldcar Fraassım) wilaul ls nl uDes'Erischman nn, Conservator arm ırhenzogl.s-beuchlen- iberg!schen ı Kubinet' zw.Eichstädt gibt-einen’ kurzen sVeberblick übersden gegenwärtigen Zustanddieser Sammlungs#)! onis2 bau I!) eimrother Turmolin 5 Pfund: BAyEO BEENDEN monndet»chi- us nnesischen-Grenze, u! ul 19b sraimtlädısvissnk sib 10a 2)rein Topas yon-3 Pfund 2:both;) ib bu usrdürgd Tobnknia +3) ein Beryll, ausgezeichnet, als, Prisma. mit hahsesiumpfieR End- kanten, und Ecken. „stazum baum ‚molti anaiady21a21öd „ Yorgewiesen y ee ein, Prachtstück, eines "Per 'odactylug, \ wahr- ‚scheinlich, ‚Kechüi,. ‚eine ‚Qualle,. (schon 1845 in Nüraberg gezeigt), ‚ein „Squalus, eine „Cicade,, verschiedene Crustaceen und. ‚Phalan- | Sam "giten, sammilich von der Umgebung ‚Eichstädts. Tat ‚a... Professor, Dr. Kolenati, aus, Prag hat einen ‚N‘ Pas Ir ‚angekündigt, über die ‚Prager, Vorkommnisse, "zunächst ‚über ‚di Kammerthiere, dnavwemaumilsdasan 2le sl sib Ing zuntns bit .1,.m88 ‚st mir, (yon der Gpsollsphafl,Loigs), die, Aufgabe, ge- „stellt, Sie, mit de m, Zustand, ‚der Paläpntologie in Böl men näher bekannt zu machen. Nachdem Graf Sternberg den, lanals; zur Untersuchung des Kohlengebirges gegeben, hat in neuerer Zeit ein Franzose Barrande den Auftrag bekommen, das Ueber- gangsgebirge Böhmens auszubeuten und hat Sieber in Prag reiche Sammlungen sich angelegt und durch Krantz in Berlin nach Deutschland verschickt. In Prag selbst constituirte sich vor 2 Jahren die Gesellschaft „Lotos“, die sich das Studium der Petrefakten zur Aufgabe gemacht und eine Sammlung angelegt hat. Die Gesellschaft anerkennt vollkommen Barrandes Leistun- gen, der (in Haidinger’s Annalen) über die Brachiopoden eine Arbeit lieferte und 90-100 Arten von Trilobiten aus Beraun beschrieb. Als num aber in Prag 2 junge Gelehrte auflauchten und ohne Barrande die Hrn. Harle u. Corda eine Monographie der Tri- lobiten herausgaben, entstand ein gewaltiger Streit, da die beiden viele Species von Barrande, zum Theil nur flüchtig bestimmt, *) Siehe Korr.-Blatt Nr. 8 pg. 91. I08 nicht conservirten. Es sind aber doch wohl die” 2’Böhmen als Eingeborne vor Atdländern' berechtigt, ie Vorkommnisse, ihres Yandeszh Bestinimen! mi w REITER, Ich beschäftige mich mit den For&miniferten ag 'd&m Pliiner um Prag, wo ich gegen 150 Arteny"dartnter®2y3 nehB Ühfdeckte. Nur wenige stimmen mit denen des Wiener Beckens.» T Kurz darauf beschäftigte sich Hofrah Sch er in» Prak da- mit, die Vorkommnisse des"Vebörghng&gebirges auszubeuten. Bei Seinen’ Bestimmungen" harsächer’selbsv"die Namen! r&spekfirt, die ohne Beschreibung'nür!'hingeworfen? waren" doch” fänd’er’ hint reichend" Gelegenheit) "bei’dem vielen Neuen, ig 'er fand, ein- zu. BENDER zu berichtigen.\\ www 00% 8 moto nina be vAsKohlengebirge. wunuyonden»F iisichen‘)" welchem" dei koMensehbhteh? den Kupferschiefern, sich finden „sind )5 Arten’ beschrieben 1 it «einem „Schwänze, „iu; dessen Flosse! der Wirbel; sich fontsetzt, grossem Kopf, .bürstenförmigen ‚Zähnen, und eckigen Schuppen, „besonders .eigen ist ‚der, Schmelz, der ‚Schuppen; ‚ aus. luorsaurem „Kalkıbestehend.,Bauch-,‚und ‚Afterflossen; ısteheni gleichweit ab. Es! ist: diess, Zalaeoniseus; Rehani,,.darz obgleich.ioft in,Menge in „den „Kohlenschichten ‚sich ‚findend,,, doch ‚selten, vollkommen.;ist. usiiuUnten den Kammerthieren sind. neu: Onthaceras Cu: ‚vieriimib:31,.Kammern bei: Branik ‚am, rechten ‚Moldauufer; sb „@ Barrandi Kolenati, mit 2 bangsrinpns; in ‚gleichabstehen- den, ‚Awischenräumen ‚gestreift. u smohnA olama dom u O. dulce Barrande, mit erhabenen Teiniäh und. feinen Quer- ‚streifen. 191dandosH 19tnsib1sr nis ‚mindsd b nl Os Sacheri Kol. im, weissen. n Kalke von ec Int) ıub int us ©..originale ‚Barr. mit, gestreifter Schaalenoberfläche, „ur. ‚usdo 4 GoHAacalıns Bolsa sib ‚aund 1olnmilzad mi as mob nn eresisKal: tan odyie 7b bau Fmohmir lo 0» .Gamphoser as Fe ‚schwillt ap, hat eine 3lappige Oeffnung, die 2 untern was breit und kurz, der ‚obere lang ‚andı schmalain win.“ om +@, Ppoliticus, Kol, nimmt alle Formen an. lan, transiens\ Kol. macht: schon den Uebergang zur Krümmung. G. amphora Kol. ib vE@yrtkooeras, Bucht ‚Kal.,die, Epidermis ist, wellig,; quer- nörRetmeält 10 .nstoiinslor mi wiw ‚bnie Iloiıbog Nsl q smlinosmuk C. plebejum, feine, gleichlörmig quere Streifung. > > BE €. imperiale. \ a 109 Ad C, corbulatum; Kol, zellenförmige Schaale, Phragmoceras Broderipii Barr. hat in, den Zwischen: räumen keine Längsstreifen. Trochoceras/Sandbergeri Kol, Tr, asperum. Litaites simplex. B.. Plaeneer. An dem Prager. l,aurentiusberge werden. die, Bausteine khr die Stadt gewonnen.®Die oberste Schichte ist . « bröckeliger, zerreiblicher Kalk, versteinerungsleer., ı # Thone mit Foraminiferen, y fester derber Kalk,' die. Foraminiferen sind darin selten. Die Schichten, unterscheiden,sich.'wesentlich ‘von dem Vorkommen des Pläners 'bei Nussdorf. ; (Wiener: Tegel. ) IL Leopold von’ Buch. Es’ ist jede Beobachtung, die einen Beitrag zum Aptychus: liefern ‘kann, von grosser Wichtig- keit. Bekanntlich zeigt die innere Organisation dieses "Petrefakis keine Muschelstruktur ,: die Fasern ‚ "welche die Schaale' bilden, stehen senkrecht 'auf der Fläche, was’ mit‘'der 'Knochenstruktur stimmt." Siezfinden sich 'oft'in grosser ‘Menge, "ganze Bänke 'bil- dend,» bald’ frei und'lose,' bald 'an ‘oder in einem Ammoniten. Aus letzterem Grund hielten 'sie die Einen für Ammonilendöckel, was aber nicht möglich’ ist: da der Ammonit Fangarme hat, die er von sich streckte, Andere für — welche a Ammionitön zur'Nahrungdienten, Ewald in Berlin, ein wohl verdienter ee ‘'hat'nun bei der Untersuchung eines Scaphites "aus Westphälen, die Wohn- kammer’ aufgemacht "und darin jedesmal einen Aptychus gefun- den. Er liegt in bestimmter Lage, die breite Seite nach oben, die spitze nach unten, und der Sipho geht unter dem 4ptychus mitten durch. "So erscheint’ er in dertter norbrahe Lage als ein Organ der Mastigation.’ Valenciennes in Paris besitzt 2 Spirula mit dem Thiere, in welchem ein kleiner Aptychus sitzt, "in derselben Lage wie beim 'Sddphiter Er zeigt Solches aber Niemand’ mehr und macht vor der Hand noch ein Geheimniss daraus. In normaler ‘Lage findet sich’ endlich der apnyjehaen wo die “dmmoniten platt gedrückt sind, wie in Solenhofen, Oft sieht man si | | | ' um den ‚4ptychus''herum: nur einen, runden-Eindruck (im ‚Gestein, eine, ‚Art, Glorie,.aber siei zeigt die Umrisse des #mmoniten, Vorgewiesen wird ein Exemplar von, 4, ‚Rexuosus, zerdrückt, von Solenhofen, ‚wo; der Aptychus in’ normaler Lage in der Wohn- kammer obenan ‚sitzt. ’ 2. Sitzung. Den 20. September. Vorsitzender »Schafhäutl. Schriftführer : Fraas. I. Moritz Gugenheimer und Apotheker Eser von uchihe haben: der Versammlung die sämmtlichen. Vorkommnisse des Keil- bergs bei’ Tegernheim vorgelegt. :Gugenheimer gibt. ein Profil des eingetriebenen Schachtes und ein Verzeichniss ‚der. Gebirgs- arten, won Quenstedt bestimmt. ıVikar Oskar Fraas fasst..das Gegebene zusammen und -zeigt'wie diese Lias und Keuperbildungen ganz den schwäbischen entsprechen. 'Der:Keilberg, in: Nordöstlicher Richtung: von: Re- gensburg gelegen), ist;von Granit ‚auf der einen und den Jura- dolomiten ‚auf der andern Seite umgeben. Vor einigen Jahren schlug man hier auf Erz einen Schacht. Man fand auch wirklich ein sehr reichhaltiges Rotheisenerzlager, nicht aber die rechte Methode bei Behandlung der Erze, wesshalb der Schacht wieder verlassen und bereits halb eingestürzt ist. Er war 200° tief und die herausgegrabenen Schuttmassen wurden sämmtlich unter einander geworfen. Nach den in den einzelnen Stücken enthaltenen Muscheln und deutlich erkennbaren Handstücken möchte nach Analogie der schwäbischen Verhältnisse folgendes Profil dieses Schachtes gegeben werden: 1. graue sandige Thone mit Pflanzenresten und Schwefelkies- knollen;: ; Diese gehören vielleicht zum unteren braunen Jura. 2. Schwarze, alaunreiche,, blättrig brechende Schiefer, zum Theil: zersetzt! und: gelb ‚gefärbt. Sind ‚deutlich. Posidonienschiefer. Aptychus sanguinolarius; Amm. lythensis, elegans; Belemn. -acuarius,ı Posidonia und Fischschuppen: liegen inne: 3. Lager der Rotheisenerze. Zahlreiche Muscheln lassen keineniZweifel übrig, dass sie dem! mittleren Lias angehören. 4A. costatur,, B. paxillosus, Peecten aequivalvis, Ter. vicinalis, rimosa, acuta, Spirifer rostratus, Pholadomya und Thalassites Listerivbezeichnen die Bank. gFobsaahge Schichten'’von geringer) Mächtigkeit. "Sehen dem" ihrerenLias) deriials), quarzreicher Sandsteimlallenthalben in Franken "AüftrittNadfallend“ähnlichl mio baiw nosahnayıoY -odoy/ Warıei weiksgeibensder rölhlich» gefärbte Sähdkteine won feinem Korn, von „grosser Mächtigkeit und zw! Page'gehendinVer- steinerungsleer. Entspricht vollkommen dem Buchstein Schwabens und gehört WEHHBAFEN“: gelßen Kelpersärttitrkid An.“ 6. Mächtige rothe ‚Letten !sind geradewwie»z, B. in der Um- gebung Tübingens unter den gelben Keupersaudsteinen und wer- “den nach imten sahdigobis div 1amisdaszud tirol .I -116.1729 in) gleiehmächlige> weisse, ''grobkörnigen Sandsteiney» den !SchWäbischen Rubeirsdndsteinübergehen. ‚BuntelLetteil' und Arcose -sindhier!@ingelaßerti1o / nis bau estdasda? asusda3mauniy Sob Obgleich also durch die Ausgrabung! (des »Schachtes»und»ge- Igen wärlige Zerstörung "desselben‘(die Möglichkeit genommen ist, „die,Schichtenlage \zu2erkennen;''so unterliegt: ies (doch wohlukei- ‚nem (Zweifel ‚| dass die Schichten 'des»Keilbeigs in besagter) Ord- u ee Jagenn.u yındanay sy1dh N Em 10.08 x Be. ; "Professor N „ladet N ‚die "Gesellsel art" In" seine Hi "ein, wo er die orkommn) ssg des Prager Si 'Siiarischen 1928179082190 292: ds» nis 13h L Ybazll "Die Graptolithen der, sehe tzen Schief fer "müssen nach ihm aligıs Tu, ee du 197 IF A gliedert seyn. in em Sie sich ae gen han zu ammen rollen. am) yranın pe PEIEDISRERENTSEN II zu: Unterschieden 'werden von ih m {w Arten. U ’ u 77 net sig AO M..09 ‚n9l10 W982 are. san sidröm and oh ısısdauadıg dailtwob } s alsdszuM osastlsdıas 19019 zoba 3,81 yer tzung. „Den, zu. : Sep ember. Isa dos Yorsitzender: Schafhä wbluuu auıdanıdaa ega0ih illetgmtaz Schriftführer; Einaas anndT ayihane aunın t s'Dr.oRohat zisch aus'München hat der’ geologischen«Sektion veine Anzahl“ von! Versteinerüngen vaus»Blomberg‘ bei Tölz “über- sand Janwelches' Terrain bisher: fürı Molassesund»Tertiärsgehallen ‚wordeh seyin\'' ‚aianardty) uh, Y2usinnlosispens aamlaygıt Der Vorsitzende: gibt hiezu eine: hähere»Brläuterungvund' er- klärt dies Rormation fün'’Kreide undiGrünsandı ‘Unter den mit eingesandien'Petrefakten befindet sieh 7. carnea|v. Buch. ‘Ganze Bänke von’ Austerm’durchziehen 'die’Schichtey welche»aber nie deutlich zwierkennen»war;,\ bisi\im\ vorigen Jahr. seines te vbeit- muschel der unteren Kreide die Guyphaea\vesiedlaris) äufs'beste | | ‚erhalten 'sichskeratisschälte.. Bernerhenthälti.die, Sehichte JKrebse ganz;dennsouthöfern ähnlich: .asiınıl moroib nA oumüh ba Io Auf düesAallirageı Dr. Eiwa 1 d’s ‚ausı'Benlin; ob,.daun sauchı der Kressenberg Kreide seyi?, wird»diessötheilweise,ibejaht:.Nur gegen Norden #lagert im!'deri-Gegend. des :Kochelsees ‚die, Molasse-iund „as Tentiär;; Sandsteine bilden den Vebergangı von: iden Kreide, und ‚Braunkolitenlager»/. die, aber rg Conaksi &shangoßusabzichen die Molassesnsb us ‚IAsurbsz Inlq „Niorasy PBieeimloys ‚rs oib bir wohn ıQa r.ma ls meist hichei Huf die YNagsaläche Braunkohle -Jiny? welche, im rohen 'Zuständiinicht, ‚wohl aber ‚gemahlen „Coaks diefett.: Hietnachı liegt 'wohl die! Schuld nicht.in denzrnnern Natur, -sohlderni der äusseren «Behandlung (der Kohle» Diess: wäre umso Iwichtiger.lals.nach ‚den ıweitern:>Mittheilungen::des, Vorsitzenden 5 Braunkohlenläagenswom !Kochelse®, bist Tölz isich ziehen! . Hier ästıdas ‚letzte: nutzbareoGeringere Flötzeiitreten «zwischen die- «semirdetzten -aufy welche /Coaks» bilden, manche ‚brennen‘ wie \englische: Kolileiund lassen';wenig Asicchei übrig; es ist durchaus -keine Holzstruktur\mehr«zu erkennen: und trägtralle Eigenschaf- -ten ächter:l Stein kohle! anl sich.» Obgleich nun die Leute, welche idas Geschäft 'haben, sich Ibemüheny für: ächte‘ Steinkohle» sie, aus- zugebens-s0) ist!diess: doch nimmer der Hall; denn;'sieliegl: in »dersMolassei-il miniobun- mi ni I ind ıbrnrad . i sib zanhblidastlon 19: silheidhi, Bergwerkinspektor Micksphe aus Pilsen theilt, eine, ge- agnostische, Karte, yan; Böhmen mit, auf, weleher „besonders, die ‚Steinkohleplager ‚und ‚das; Streichen. der, Schichten mit ‚grosser „fenayigkgit. verzeichnet ‚sind, „Hierauf macht ex; Mittheilungen „über die, böhmischen, Kohlenlager und, die fossilen, Baumstämme- -IöH Zwischenrsdemh Thale : des Misaflusses bei Pilsenvıund».des ı Drummelfnerbächesserhebtr:sichisdie' Anhöhe. vom Lohotimvin 1der nAusdehnung) von: Westen: gegen Osten. 'SowohbudieseiAnhöhe als die beiden Thäler gehören der Steinkohlenformätioh an}; aufidem uBargrücken stehtsder KohlensandsteinyzusTäge „innwielchemiM ühl- ısbein® gebrochen,i werden: | Dieser Sandsteinv nwärirt im'seinen «Mischungsbeständtheilen;»'amLohotinsist»dienuuntere Lage)ein grobkörniger.Kohlensandsteinmit weissgrauen/Quärzkörnern, fleisch- ‚rothemuKeldspathrund silberweissem | Glimmer gemengt ‚die mit Iweissem,ıthonigen: Bindemittel verbunden sind: »Die Quarzkörner sind abgerundet, oft haselnussgross »dagegen liegt’ der Feldspath scharfkanlig und eckig 'in der Masse, der Glimmer ist ‘sparsam und dünne. Auf diesem harten, treffllichen 'Sandsteinliegt 'ein mehr 'mit"verwittertem Feldspath gemengter Sandstein, in’ wel- chem 'ganze ‘Stücke von Glimmerschiefer eingeschlossen ' sind. Zwischen’ diesen 2 Sandsteinen kömmt ein Flötz von 'Schiefer- 'thon, im’ dem die ‚Pflanzenabdrücke 'sich befinden. ' Besonders der dunkelbradne Kohlenschiefer führt Pecopteris-Arten, auch Stämme, die zwar regelmässig gestreift, platt gedrückt, an denen jedoch ‘die Gliederung bis jetzt nicht bemerkt worden ist.' An der süd- lichen Abdachung sind schwache Kohlenflötze zwischen den’Sand- steinen gelagert. In der westlichen Ausstreichung dieser Flötze findet man in den oberen Schichten Trümmer: von fossilen 'Höl- zern. Ich besitze von da einen Stamm von 14 Zoll Länge! und 6 Zoll’Dicke. 'Bei dem Dorfe Malesit gehen Wasserrisse'nörd- lich gegen die Ziegelhütte bis an das Dorf Kotiken, 1%, Stunde W.N.W. von Pilsen. In diesen Wasserrissen’ sieht manı'die obere Lagerung theils im’ Kohlensandstein, {heils in grauem und bläulichem Thon und Mergelschiefer eine’ 3:Zoll mächtige Stein- kohlenschnur, die tieferen Schichten bestehen aus Kohlensand- stein von 47° Conglomerat von. 3‘, Thoneisenstein von ‘3‘ und dann wiederholt sich der Kohlensandstein. In diesen Rissen findet man besonders bei Losstin im Sandstein Eisenknollen bis zu 20‘ Diametr. Es scheint, dass bei dieser Knollenbildung die chemische Thätigkeit erst dann erfolgte, nachdem die mechanische Anhäufung der obersten Sandsteinlage bereits vollbracht war. Hier finden sich besonders gegen das Dorf Kotiken’ ganze Stämme von fossilen Hölzern in den oberen Thonlagern: sie werden’alle liegend gefunden, der Länge der Holzfaser nach fast immer et- was verwittert. Bei Pilsen und Br’is sind die verkieselten Höl- zer von den bei Kotiken so weit verschieden, dass der‘ Quaär auskrystallisirt vorkommt. Uebrigens gehören alle diese fossilen Hölzer den Coniferen an. a) 26210 Diese Stämme fehlen ganz in der 2 Stunden weit entfernten Radnitzer Kohlenmulde, die durch Thonschiefer von der Pilsner getrennt ist, in welcher die reichen Alaunschieferlager sich finden. »Inıdem Dachgestein des Radnitzer :Kohlengebirgs, beson- ders bei Chamle und: Wianöwitz- findet iman: die Stämme von Sigillarien, Calamites, Lepidodendron häufig, alle senkrecht auf ' «der-Schichtungsfläche stehend. Es dürfte anzunehmen’ seyn, dass dieisenkrecht stehenden hier‘.an Ort und; Stelle vegetirten, ‚ da- gegen die verkieselten später augeschwemmt und verkieselt:wur- den. Ob: es zufällig: ist, oder.ob die Verhältnisse bei der. Pilsner Bildung verschieden waren, hängt von weiteren Aufschlüssen in die Teufe ab, das aber ist sicher, dass bei Pilsen keine auf- rechtstehenden Sigillarien-Stämme und bei Radnitz keine lie- genden verkieselten : zu: finden sind.'; Ferner ist die Beschaffen- heit der Kohlen verschieden wie die Lagerung. Bei Radnitz: ist sie unter den Schiefern von ‚bedeutender Mächtigkeit, rein von Aschengehalt, aber durchaus arm an Bitumen. Dagegen liegen die Pilsener. Kohlen zwischen den Sandsteinen in: mehreren schwachen ‚Flötzen, -haben zwar grösseren ‚Aschengehalt, sind aber bituminös. Diess ist wichtig für die technische Behandlung, indem .die-Radnitzer‘ Kohle zwar als vortreffliche Brennkohle An- wendung findet,''nie: aber, Koaks liefert, während die Pilsner, besonders bei Lititz, zu.Chatceschau gehörig, reine und brauch- bare Koaks lieferte. von'Carnall führt. ganz ähnliche Erscheinungen in den Steinkohlerlagern von ‚Schlesien an, wo ein. mageres Flötz im Fortstreichen ; fett «wird... In. Westphalen sind Flötze, wo das Hängende fett, das Liegende mager ist, in Saarbrücken ist, es umgekehrt, kurz, es ist keine Regel. zu beobachten und, doch ‚auch kein Zweifel, dass nicht, Eine Pflanze es war, welche das Material, für's Feite wie für das Magere lieferte. Der ‚Vorsitzende nennt noch St. Etienne, wo ein Flötz durch Verwerfung getrennt, rechts und links bebaut wird. Links ist es fett, voll schlagender Wetter, rechts mager und von Wettern keine Rede. Hier war es, wohl die Verwerfung, welche die ‚Beschaffenheit des Flötzes veränderte. ‚Nach einer Besprechung, ‚über die Karte, von Böhmen, das parallele Streichen der Silbererze und Eisenerze, über die geo- graphische Beschaffenheit des Südens u. s. f. theilt der Vorsitzende noch, mit, wie in Regensburg, sich eine Gesellschaft ‚zu Stein- kohlenversuchen gebildet, aber bisher wegen Mangels an Leitung missglückt sei. Der Vorsitzende schlägt zu weiteren Versuchen das Bohren an verschiedenen Punkten, von Garnall das Quer- 'schürfen vor, ob sich nicht am Ausgehenden Kohle zeige. Ill. Professor Beyrich aus: Berlin, veranlasst durch die ‚von Kolenati vorgewiesenen Fischreste aus ‚dem Kohlengebirge, zeigt -wieldieselben Jdem’Rothliegenden''ängehören)- welches'scharf von "den Kohlengebirgenzwirennen sey.j” mmllammılını sh asuoy “pis’Roikhliegende!ziehl sich von’Glatz' aus!quer durch ganz Böhmen nach! Sachsen.) "Scharf 2gettennt'ist es'vohdem ‘älteren Gebirge in/Sachseh und im Thüringerwald, ebenso in Schlesien] nur bei’ Hälle' sind noch einige Schwierigkeiten‘ zw lösems.Diebas gerungsverhälfnisse des’ ReInBeD he sind nach’ lnehne in’ Schlesien folgendeuan.! aib sin asidoil.1sb. Yiad "1) braune !Oonglomerate) ohne alle aa Ziobehbanian von "sokalkigen"Bildung!"'Sie "beginnen'ihr'südwestlicher Richtung "und" ziehen sich 9600‘ mächtig gegen Neurodt. na-lil ih '2)' Rothe 'Sändsteine>mit schiefrigen"lettigen' Steinen and‘ Kalk. "Die Unteräbtheilungen des Kälkes’ sind folgendenimulid sods a) mnteres’pefrefaktenleeres" Lager von’! Kalkjom48simächlig, \w@lg&ht FesüchlwWegen’der Kärkarmuth: deri Gegend zuuhnow “Apy Die lschwärze Schichte mil Fisch? Jund ‚Pflänzenfesten.?alt aeoniscus ist hier leitend und am weitesten awerbreitet. > An" Pnanzen sind 689 lMucären-Reste. ||Die 'Schichte’ wird "bald Rüpkerkaltis, bald -bituminög »AeVorkonlamisseraber h ostehen'dem Kohlengebirze WE ochuii ‚sehr fermionianıo 1) eg ni „ai 1ogsm abuayai.T 26b „Net abaszaäll Ir Es, ist gar "kein Zweileh dass’ alfe diese’ Schichten” Alter sind als der Zechstein und ‚Bein Grund, ‚den Namen’ des Roıhliegehäh in, den de ‚permischen Systems“ „yon "Russland ur umzuä ändern n "Es ist Ba das permisch - - russische System’ ein Theil ads Roth- lie enden, das Ba {öhlen gebirge e und Bunt "Sah isiein, genden, das a) 88 scharf, geirennt, mitlen une, lie Sole Mai vonCarnalle erinnert an dr Rothliegende der yalneet Grenze, 2% die ‚Kohle „ein - und übergelagert sey. "Es "enispinnt sich eine "Debalte hierüber, in't fer Beyri ch in dem beire enden Falle, eine ‚grossa rüige, Verwerfung” annimmt. IR Fer un sd9zad scdaaidgsıy = TL"SKotetatithaltle einen‘ Vortrag‘ ir Krgetälkinde‘ an- gesagt, erschien Are Rn wesshalb - ‚3 asnauarsraaldod nsdamz z2im „ger Vorsitzende en’auf die, ‚nächste Sitzung angekündigten Vortrag über die ‚Kormationsreihe der bayerischen Vorgebirge I hal. %b ‚Unter den'yonDr.uRiohatızs ch 'eingesandtenoGebirkarten befinden ‘sich! eimbrother Sandstein. «In»dessen'Näherfinden sich a Fe - am Blomberg Braunkohlenlager. Man hat nun wohl schon diesen rothen Sandstein„lür „äleren „roihliegenden, „Sandsigin und die Braunkohle für Steinkohle ausgegeben , aber beide sind jünger, zwischen Molasse und‘ reide, Im a sind chloritische Körı er, von ‚Infusorien grün gefärbt" welche wohl im Alter roth wech) Diese ‚ehloritischen | Körner, ‚der Kıeide Sgenlhünlich, tur zus ni rden immer ; sparsamer, je näher” män dem Jura kommt!“ as del Tolze er ‚Formation. ist Folgendes!” | e- 2 ka 2. Molasse mil Braunkohlen. R RE 09 obon Grünsand: ‚Gryphaea vesicnlärte Yen) karnea.” BIBRDEL WON ‚4. Nother, Narmor: Nummuliten, Apioerin. “Ener iites“ Lima- schfehte, | )a-io vs zuolurgd ti sinsläd re Sale, des Blomberg. tal eig eg A . nn er nen warzer Kalk- und Sandstein! ri ei " or \ 3 nu eisser ‘dichfer Kalk: Be minimüs, er x 2 e = er "Schwarze Merg ed Ft © dig .dasnsil. ‚nedtinds 9" Welzstein- EN dunkelröth‘ "ind’schwärziich."Auf Dofomit“ lagernd, mit 4. Aid zanıa TB" tbds. ‚n9mıol aonsbsida2 Felt ir) Fr 1 2) y 12191 tiey i olne e Ka Ike ddr % mm. ib Sl ‚sad daiıysä vo Kunde folgen” wieder” Dolomft Yhd Häfln ragt üre Bene- dhlenwand schtdi emör. Dieser wie ale hönen zwischef' dein Kochelsee Era Berchtolsgaden, bestehen aus weissgelßem "Kalkt jein, von kornigem' 6b erüge” und sind dolithig&h?" Lokt ndn ein Site ücnchen it in Salzeäure!"% 0 bekömmt man 'polirte' hand” 'wie Rufschllächen und PTR oder treten die Ungterehnbiten‘ Hd-tor, welche "Fenau bi eträchtet bald“ erg ‚mit‘ Querstreifeh iune,, bald wurstförmig mit darmartigen. inien. Diese Kügelchen sınd "oft in’ solcher" Masse, ass sie gegenseitig Sich drutkeh und eine Ant 1 Zeilensystem bien, "© Ban. MON ASSIEENER en fhar. "ie Bench Hähh "bitiminöse Merge’ühe Stinkdolomit und’ähnn Gype. in’ den Dolomiten tteteh KOCheAtz- u Auf) was "Ahch“Oubılen adehten)' die an Jod" Brom‘ "ahdere die an kohlensdur&in Natröd (20%) eich sind A ab Fim. you 5 Tagen dein die Centratptnkte! her- vor, an welche die Fofätiöheh' mäntelkorlig ’sich’ ähteiheh'“ Unl egelmässigkeiten. dem Lagenimgsverhältnisse «sind) meist da, wo ‚Rlüsse,jaus ‚dem. Gebirge lkommen;, Jedoch” waren:,es wohl'nicht ‚die, Flüsse ‚selbst ‚.welchedie,/Verschiebung «erzeugten, ‚sondern ‚dieselben wählten die ‚vorhandene /Spalteizu ihrem .„Bette.ohs: a a Br a tal in a an 4. Sitzung. Den 22. September. Porsitzender: Schafhäutl. Schriftführer : Fraas. 1. Kolenati trägt seine auf gestern angekündigten Ent- deckungen, Vereinfachung der Krystallsysteme betreffend, nach. Zuvörderst legt er der Versammlung eine Anzahl Krystall- modelle, aus Horn verfertigt, zur Einsicht vor. Dieselben sind von Kammmacher Preller in Hof. Das Schwierigste in der Krystallographie sind die Axenver- hältnisse. Mit Berufung auf den Erfolg bei seinen Schülern geht Kolenati von 2 Axen an Einem Krystalle aus, von der krystallo- graphischen und der Systemaxe. Die erste entsteht aus dem Parameter der Begränzungsflächen, die zweite aus den Durch- schnitten. Hienach gibt es nur 2 Systeme, ein orthobasisches und ein, klinobasisches. Diese gehen unter sich, in ihren ver- schiedenen Formen, Combinationen ein. Beyrich bezweifelt zuerst die Einfachheit und Klarheit dieser Methode und hält das Weiss’sche System für einfacher, indem die doppelte Betrachtungsweise Eines Körpers schon ‚som- plicirt sei, . Ewald, beruft sich auf die rein ‚natürliche Betrachtungs- weise der Körper, und weist am Granatoid nach, dass es, nach der physikalischen Beschaffenheit der Flächen ein einfacher Kör- per sei, während Kolenati es sich als Combination der sechs- seitigen Säule und des Rhomboids denkt, Leopold v. Buch nennt als Hauptvorzug Weiss’s die Unab- hängigkeit von den Flächen und die. alleinige Betrachtung der Axen. Das System ist so auf Nichts Aeusseres, sondern auf die Substanz, auf die Individualität der Körper basirt. Endlich weist v. Carnall auf die Praxis und seine Erfahr- ung mit den Erfolgen des Weissischen Systems hin. Die unfruchtbare Debatte, die sich noch erhob, brach der Präsident durch Schluss dieses Thema’s ab. IE. von Carnall zeigt der Versammlung jeine neue geo- gnostische Karte des Siegerlandes im %,,000 Massstab. Die Form der Berge und die Einschnitte der Thäler ist besonders genau wiedergegeben. ‘Schiefer und Grauwacke ist das Gestein, das Hauptstreichen regelmässig zwischen hora 4 und 5. Titel der Karte: Siegener Hauptrevier - Karte, gez. durch den Geometer Heis. Berlin bei Simon Schropp. Hierauf zeichnet er 2 Profile, deren eines die Gangverhält- nisse eines Eisenstein-Stollens darstellt, in welchem die Streich- linie in 6maliger Wiederholung unter spitzem Winkel vom Gang in das Taube, vom Tauben in den Eisenstein-Gang kömmt, wo- durch die Schnittlinien zwischen den Schichtungsflächen und Gangflächen hervortreten. Das andere Profil zeigt Grauwacke im Liegenden und Schiefer im Hängenden. Im Hang zeigt sich auf der Seite des Liegenden die Blende, welche sich noch in die Grauwacke fortsetzt, so dass selbst in’s Liegende getrieben wird. Im Hängenden ist keine Spur mehr, was im betreffenden Falle klar beweist, wie der Hang vom Liegenden aus sich füllte. II. Der Vorsitzende gibt noch Zusätze zum gestrigen Vor- trag und legt der Versammlung die Leitmuscheln der verschiede- nen Formationen Oberbayerns vor. Bezeichnend ist- für Ober- bayern die rasche Aufeinanderfolge der Formationen ohne be- merkbaren Uebergang. Der Kreidezug lässt sich von Sonthofen bis an den Untersberg verfolgen. Exogyra Couloni. Spongia saxonica mit Hippurites aequicostatus Bel. mucronatus. Ter. carnea von Heilbrunn. Unter den jurassischen Muscheln zeigt sich Pteroceras Oce- ani, Pentacr. cingulatus, Apiocr. mespiliformis. Der Lias hat eine rolhe Farbe angenommen und ist reich an 4mm. radians, Jimbriatus,, heterophyllus,, insignis und Bel. compressus. Diese Schichte ist die erste braunrothe. — Die zweite. rothe Schichte ist heller und enthält die Ammoniten des Salzkammerguts, /Mo- notis salinaria; darüber liegen die hellen Korallen - Kalke mit Cidaritenstacheln, Znerinites, Lithodendron_ di -trichotomum, Ichthyodorulithen, draucanthus und Ctenacanthus Mülleri. — Die Höhen bildet endlich weissgrauer Kalkstein mit Aptychus, Pycnodus.— Amm. Bucklandi aus dem unteren Lias mit F’ueus imbricatus sich findend, hat Schafhäutl dmm. Charpentieri, ge- nannt. —. Die schliessliche Beobachtung ist, dass bei Berchtes- gaden die Salze auf.der Schichte des Amm. heterophyllus auf- lagern. 5 64 IV. Dr. Ewald legt Chama ammonia Goldf., Caprotina ammonia d’Orb. vor, von Orgon bei Marseille. An dem Exem- plar sind die inneren Charaktere der Muschel sehr deutlich her- ausgearbeitet. Die Unterschale ist gross, wie eine Univalve um eine Columella gewunden. Von einem Zahn ist keine Spur, das Schloss ist eine einfache Linie. Die zweite Schale gleicht ganz den Operkeln der Bivalven.. Innen läuft vom Wirbel aus in einer Spirale eine hohe Leiste, welche dem Muskel zur Anheftung diente. Die Schale bewegte sıch nicht charnirförmig sondern parallel, was an Univalven oder Rudisten erinnert. Constatirt ist, dass diese Muschel zur untern Kreide oder Neocomien ge- hört. Die Lagerung ist folgende: 1) Ancyloceras -Schichte. 2) Weisse krystallinische Kalke mit Caprotina ammonia. 3) Graue Kalke und Mergel mit 4. asper. und platten Belemniten. Gewöhnlich aber findet sich die Caprotinen - Schichte nicht eingelagert zwischen Neocomien und Ancyloceras, sondern sie ist ein Aequivalent der Ammoniten, eine andere Facies der Neocomien- Schichte. Facies fasst die Formen zusammen, die abgesehen vom zoologischen Charakter das Andere gemein haben und gleiche lokale Bedingungen vorausseizen. Sternkorallen z. B. und Rudisten setzen einen flachen Meeresboden voraus, im Ge- gensalz zu den Ammoniten, welche auf hoher See lebten. Caprotina wäre etwa in der Sternkorallenfacies, was der Ancy- loceras in der dmmonitenfacies. Mit Caprotina ammonia findet sich noch Hippurites Blu- menbachii Stud., Diceras carinatum. Leizteres besonders ist sehr wichtig und zeigt, wie die Di- ceras die Form ist unter den Bivalven, welche die Kreide mit dem Jura verbindet. V. Der Vorsitzende macht auf ein von Dr. Merz in Mün- chen verfertigtes Reisemikroskop aufmerksam, das 2 — 300fach vergrössert. 5. Sitzung. Den 24. September. I. von Garnall weist ein geognostisches Profil vor, wel- ches die Lagerung des Braunsteins in Nassau in 4-5 Fuss mäch- tigen Letten darstellt. Ein anderes Profil gıbt ein Bild der La- gerung der Sphärosiderite in Oberschlesien, welche in die For- nie malion des braunen Jura gehörig auf wasserreichem losem Sand auflagernd, nach unten gross und brodlaibförmig, nach oben klein und rund sich darstellen. II. Dr. Merz aus München bespricht die neuen Lehrbücher der Geographie und beklagt, dass sie Ritter nicht folgen. Eine Ausnahme mache Ragemonts Lehrbuch, übersetzt von Hu- gendübel. Aufmerksam. wird gemacht auf Briefe von Missionären in Hochasien, erscheinend in den Annalen der Verbreitung des Glau- bens, Jahrgänge. 1847, 1848, Nr. 78, 79, 82-84 incl. (Lyon, über- setzt in München). Diese Missionäre sind die ersten, welche von China aus in die Tatarei und zurück am Jant-se-kiang diese Reise machten. Da einmal -von Geographie die Rede ist, so spricht von Carnall über die Nothwendigkeit der geognostischen Behand- lung der physikalischen Geographie. Der Geognost vermag die Formen der Berge und Thäler zu erklären aus deren Beschaffen- heit. Herr von Buch protestirt jedoch hiebei gegen die Aus- waschungstheorie, als ob je grössere Gebirgsmassen vom Wasser entführt worden wären; er erinnert hiebei an das Moselthal, Neckarthal bei Heidelberg &c, wo der Fluss deutlich eine schon vorhandene Spalte im Gebirge zum Bette sich erwählt hat. II. Professor Dr. Jäger aus Stutigart nimmt. Veranlassung über ein in Aachen besprochenes Reptil aus dem Kohlenschiefer sich weiter zu verbreiten. Agassiz hat es fälschlich nach dem Kopf, den er kannte, Pygopterus Luceus genannt, anfänglich es für'einen 4spidorhynchus gehalten. Es ist bei der Bestimmung um so grössere Vorsicht nöthig, ‚als die Schädel der Reptile mit dem ‘Alter an Länge zunehmen. Ein junges Thier hat eine stumpfe Schnauze, welche aber immer spilzer wird, je älter das Thier. IV. Hofrath von Martius schickt voraus, dass er nichts Neues vorzutragen wisse, sondern nur eine Frage in Anregung bringen und bei den Geognosten sich Raths erholen wolle. Aehn- lich dem geognösticchen Begriff der Formation gibt es Reiche für den Botaniker, die Florenreiche, d. Iı. eine Anzahl Pflanzen, welche innerlich an einander gebunden sind durch die Nothwen- digkeit der Schöpfung. Wie fern nun nimmt die Rücksicht der 5% Geognosie an dem Florenreich Antheil? Fallen Formationen und Florenreiche zusammen ? — Solcher Florenreiche stellt von Mar- tius 40 auf, deren kleinsies 70 Quadratmeilen (Azoren), deren grösstes 177,000 Quadratmeilen (Wüste von Afrika) beträgt. Unter diesen Reichen selbst gibt es dreierlei Arten: insularische Flächen — Florenreiche, Gebirgs — es sind Becken, welche das Meer oder einen Fluss zum Mittel- punkt haben, gleichsam als Basis, von wo aus sich die Vegeta- tion bis zu gewissen Grenzen erhebt. Natürlich haben die Pflan- zen verschiedenen Werth, den höchsten Werth scheinen wohl die Palmen zu haben, welche gleichsam Fahnenträger sind für Pllanzenregionen. Dass nun Vegetation und Geognosie in Be- ziehung zu einander stehen, lässt sich wohl kaum läugnen. von Link meint, es lasse hierüber nichts Bestimmtes sich sagen. Alle hohen Berge haben dieselbe Flora, die Gentianen des Chimborasso sind die gleichen wie die der Alpen, es möchten darum wohl nur die climatischen Verhältnisse es sein, welche eine Flora bestimmen. Wie anders lasse die Flora von Süd-Amerika, von Neuholland sich bestimmen, welche so sonderbare Pflanzen- composila, wunderliche Zusammensetzung von Blume und Blatt aus verschiedenen Familien habe. Unerklärlich sei z. B. das Vorkommen von Stipa pennata, die nicht im westlichen Deutsch- land, nicht in England, Frankreich, Spanien sich finde, aber‘ im Osten, in Ungarn, Polen, Russland, Oestreich, und wieder in Italien und Sicilien. Dieses Gras bildet einen Streifen von Berlin bis Messina. Mit der Veränderung climatischer Verhältnisse verändert sich auch die Vegetation, man denke nur an die bei Genua aus- gegrabenen Zapfen von Pinus Laricio. Diese Pinus ist heut‘ zu Tage nirgends mehr um Genua, während Plinius von Genua schreibt, man führe Mastbäume aus und Oel herein. Jetzt sind die Höhen von Genua mit Oelbäumen besetzt. Das Resultat weiterer Besprechungen ist, dass ohne genaue gründliche Kenntniss der Flora der Tropenländer besonders ein sicheres Ergebniss über den Zusammenhang der Geognosie und Botanik im Grossen nicht möglich sei. { V. Oskar Fraas theilt einige Beobachtungen mit über die Gestaltung des oberen weissen Jura in Schwaben und Franken. Ueber den plumpen Felsmassen, die bald als Kalke bald als Dolo- mile emporragen, ist ein System von Platten und Schiefern gela- .gert, welche an gewissen Lokalitäten so zarten und feinen Kornes werden, dass man sie zum Lilhographiren benützt. Dieses Platten- system lässt sich vom Randen an verfolgen bis nach Regensburg und muss als Eines angesehen werden, ob es sich gleich in ver- schiedenen Gestalten und Formen darstellt. Das erste Auftreten in Schiefergestalt ist bei Nusplingen. Das Gestein ähnelt hier so sehr dem von Solenhofen, dass ich in Verbindung mit einem Ge- schäftsmann auf lithographische Steine schärfen liess. Es fanden sich die Schiefer 18-20‘ mächtig, schöne feste Dachplatien und Fussplatten, dagegen nur Eine Schichte, die sich zum Lithogra- phiren eignete, wesshalb grösserer Abbau unterblieb. Charakteri- stische Leitmuscheln sind Krebsscheeren, 4Aptychus, Amm. fle- xuosus, Lumbricaria, Schuppen von Leptolepis, Pflanzenreste. Von da zieht sich über die Alp hin dieses Plattensystem bald schieferig bald mehr massig, bald thonig bald in reiner Kalkform über den Felsmassen auflagernd. Einsingen bei Ulm ist durch diese Kalke berühmt geworden, indem hier Mytilus amplus, Trigonia, Bivalven in Menge sich finden. Bei Steinweiler, Ne- resheim zeigen sich die Platten wiederum grossartig, erreichen aber erst auf der fränkischen Alp die Hauptentwicklung an den classischen Orten: Langenaltheim, Solenhofen, Mernsheim und Pappenheim. Hier wird das Korn des Kalkes von grösster Fein- heit, keine Muscheln mehr, aber Fertebraten, Crustaceen, Sepien, Belemneen füllen die Schichten. Jeder einzelne Ort hat seine eigenen Vorkommnisse, sind doch schon die alten und neuen Brüche zu Solenhofen, die doch neben einander anstehen, in Be- zug auf Qualität der Kalke und auf die Vorkommnisse verschie- den. Bei Eichstädt sind es Insekten, Ophiuren, die vor andern Sachen sich finden. Nach Hrn. Dr. Frischmann gibt ein ge- nauer Durchschnitt der Eichstädier Vorkommnisse folgendes in- teressante Verhältniss der Befunde: ı Reptil, 206 Fische, 21. Se- pien. 19% Crustaceen, 75 Insekten, 93 Phalangiten, 23 Lumbrica- rien, 16 Pilanzen, bei Kelheim sind es Fische und Krebse, aufs beste erhalten. Hier nun ist das merkwürdige Vorkommen, wo die Schiefer in Kalke übergehen. Diese Kalke sind mit Chama Münsteri, Diceras, Nerinea, Natica, Terebr. inconstans und einer Menge Corallen angefüllt. Es ist der Steinbruch von Kel- 63 > heimwinzer, ‘welcher deutlich diese Uebergänge der Schiefer in die Diceraten-Kalke zeigt. Hier treten denn auch, entsprechend dem Bruche von Pointen, zum letztenmal Schiefer auf, und Kalke mit den besagten Muscheln und Korallen vertreten weiterhin gegen Regensburg ihre Stelle. Somit hat man die Schieferplatten in verschiedenen Formen, es zeigt sich eine Zerzebratenfacies, wie bei Nusplingen, Solen- hofen, Pappenheim, Eichstädt, und eine Muschelfacies wie bei Einsingen, Aue, Kelheim, Regensburg — entsprechend den alten Meeresverhältnissen, welche, nach der Beschaffenheit der Ufer, der Tiefe oder Seichte der Seen, verschieden selbst in Einer Schichte sich gestalteten. VI. Ordinarius Richter von Saalfeld tritt mit einer Bitte auf an die bayerischen Geologen, den Zug des ‚Grauwackegebir- ges gegen das Fichtelgebirge näherer Untersuchung zu würdigen und gibt eine kurze Darstellung der geognostischen Verhältnisse dieses Gebirges bei Saalfeld. Die bläulichen Schiefer, zu Dachplatten vorzugsweise benützt, wechseln mit Sandsteinen,, die ebenfalls einen bläulichen Stich haben. Untergeordnet ist das Auftreten der Kalke, die nur auf kurze Strecken wie in Mulden eingelagert sind, von einem dün- nen Mantel blauen Schiefers umgeben Kiesel und Alaun sind stete Begleiter. Hierauf folgt ein dünnblälteriger Sandstein, darin sonderbare Versteinerungen, schwer zu bestimmen, sich finden, “ Vorgewiesen wird ein Stück, das Murchison Nereites Sedgewickü nennt. In den Kalken sind undulate Orzthoceratiten, jedoch sehr selten. In den schwarzen, schwefelkiesreichen Schichten sind Grapto- lithen (sagittarius, scalaris und einige neue) und Dentaculiten. Darunter liegen die grünen Schiefer in grosser Masse, leer an Versteinerungen, vielfach von plutonischen Parlieen durch- brochen. Die Masse von Versteinerungen, von Pflanzen und Hölzern, meist verkieselt, tritt aber erst in den Sandsteinen auf. VI. Dr. Frischmann legt eine Zeichnung vor von Me- galurus lepidotus von Eichstädt. S VII. Der Vorsitzende erklärt die Sitzungen der Versamm- lung für geschlossen. Verhandlungen der Sektion für Boologie und Anatomie. Nach den Mittheilungen des Schriftführers derselben, Professor Dr. Waltl. Erste Sitzung am 19. September. Vorsitzender: Dr. Oskar Schmidt. 4) Herr Archidiakonus Klopffleisch aus Jena hält einen freien Vortrag über seine Beobachtungen der Honig-Biene Kr setzt die Verschiedenheiten in der Gestalt der Königin, der Arbeitsbienen und Drohnen auseinander. Der Königin fehlt die Vertiefung in den Schaufeln, die borstige Zunge u. s. w., die Drohnen sind plump und hummelähnlich:. In jede Zelle wird nur ein Ei gelegt, es bleibt sv bis zum dritten Tag, wo es sich senkt, am siebenten Tag ist die Made ausgewachsen; sie :nährt sich von dem Futter- brei, den die Arbeitsbienen ihr vorlegen. Die Made gibt. keine Excremente von sich. Am achten Tag hebt sie sich in die Höhe, sie ist ausgewachsen oder reif. Nun verschliessen die Arbeiter die Oeffnung mit einem Deckel von Wachs. ‘Zehn Tage bleibt sie so in der Ruhe als Puppe und am einundzwanzigsten Tag kommt die Biene zum Vorschein. Diese muss sich selbst durchbeissen, die Arbeiter helfen nicht, und wird nun von diesen freundlich em- pfangen. Es werden keine eigenen Eier gelegt, aus denen eine Königin entstehen sollte, sondern die Arbeitsbienen wählen die Made einer Arbeitsbiene, bringen ‚sie in die königlıche Zelle, die wie ein Eichelkelch ist, und füttern sie mit besserem Futter. Die Aus- wahl muss am dritten oder vierten Tag nach dem Eierlegen ge- schehen, sonst wird keine Königin mehr aus einer solchen Larve. Herr Dr. Klopffleisch meint, dass durch die Befruchtung der Königin durch die Drohnen nur weibliche Eier entstehen und dass die männlichen Eier von den Arbeitsbienen gelegt werden, von welchen einige zur Fortpflanzung geeignet seien; gegen welche Annahme von Seite mehrerer Anwesenden Einsprache gethan wird. oO Herr Klopffleisch nimmt eine einmalige Begattung der Köni- gin an und zwar bei dem ersten Ausflug im Fluge; wird die Kö- nigin hier nicht trächtig, so bleibe sie für immer unfruchtbar. Die Drohnen kommen Mitte bis: Ende Mai, bleiben bis zur Schwarmzeit und wenn sie die Königin befruchtet haben, werden sie von den Arbeitern getödtet. Das Eierlegen dauere immer fort, selbstim Winter, am stärk- sten sei es im Frühjahre.. Die eilegenden Arbeiter legen desshalb wenig Eier, weil ihre Eierstöcke klein sind. Wenn mehr als eine Königin vorhanden sind, so tödten die Bienen die überflüssigen. Hierauf entspinnt sich eine Debatte über die Fortpflanzung. Dr. Herrich-Schäffer macht aufmerksam, dass man genaue anato- mische Untersuchungen mit den Arbeitern anstellen soll, um zu einer Gewissheit zu kommen, ob sie wirklich Eier produziren und so lange dıeses nicht nachgewiesen, sei die Meinung des Herrn Klopffleisch ohne besondern Werth; auch solle man ver- schiedene Arten von Hautflüglern, die mit den Bienen verwandt sind, genau beobachten, um von jenen auf diese schliessen zu können. Hierauf macht Dr. Waltl aus Passau einige kleine Beobach- tungen über verschiedene Insekten und andere bekannt; das We- sentlichste in Folgendem. Der gewöhnliche Maikäfer, Melolontha vere, ist in Ober- bayern äusserst gemein, z. B. um Weilheim, wo auch die Enger- linge in den Wiesen oft so grossen Schaden machen. Die Käfer lieben besonders die Obstbäume, am meisten den Birnbaum und entblättern selbe, so dass sie sehr schädlich sind. Um so auffal- lender ist es, dass sie um Passau selten sind, so dass der Samm- ler Mühe hat, für seine Sammlung und zum Tausch selbe zu be- kommen. Nur ein einzigesmal in 15 Jahren erschienen sie in sehr grossen Schwärmen, daher man eine Wanderung annehmen müsse. Eine andere Art, der Walker Melolontha fullo, kommt um Passau alle Jahre vor, obwohl in einem Jahre, z.B. 1849, häufiger, wie in andern. Sehr auffallend ist es aber, dass die Weibchen an Anzahl die der Männchen um das zwanzigfache übertreffen, so dass man äusserst selten ein Männchen erhascht. Durch das Reiben des Hinterleibes an dem scharfen Rand der Flügeldecken eu entsteht ein Ton wie von einem jungen Sperlinge ; diese Art liebt ein ziemlich mildes Clima, in Oberbayern findet man sie nicht. Ein anderes Insekt, bei welchem die Anzahl der Weibchen ebenfalls die der Männchen bei weitem übertrifft, ist der Bostri- chus dispar. Auf einen Mann kommen im Durchschnitt 20 Weib- chen. Dieser Borkenkäfer lebt in Obstbäumen, die abstehen, und muss einen sehr guten Geruch haben. Er bohrt sich tief in das Holz hinein und es ıst ein Thier hinter dem andern Die Männ- chen sind sehr klein und äusserst kurz, ihre Gestalt weicht sehr ab vonder der Weibchen, daher der Name Bostrichus dispar. Diese kugelige kurze Gestalt ist dem Männchen nothwendig, um die Weibchen in den Gängen befruchten zu können. Gesunde Obst- bäume geht dieser Käfer nicht an, daher er unschädlich ist. Er soll nach Baron von Pechmann um München auch in Birken 'vor- kommen, was nicht unwahrscheinlich ist, indem der Bostrichus limbatus, der ebenfalls mit obigem im abstehenden Apfelbäumen vorkömmt, auch in Birken nicht selten ist. Im bayerischen Wald muss eine Art von Dircaea, die Dr. Waltl ephippium nennt, nicht selten sein, indem ein Scheit wei- chen Triftholzes ganz durchlöchert war von den Larven; der Käfer wurde aus der Larve gezogen. DieFörster möchten dieses Thier beobachten und sammeln und an den zoologisch-mineralo- gischen Verein in Regensburg einsenden. Ein Stück Fichtenholz, worin die Larven lebten, zeigte er den versammelten Herrn vor. Den Argulus foliaceus, über dessen Lebensart und Fortpflan- zung schon so viel beobachtet worden ist, siehe Oken’s Naturge- schichte und andere, eines unserer niedlichsten und interessante- sten Krustenthiere, beobachtete ich zuerst in Kellberg'zwei Stun- den von Passau im dortigen Stahlbad, als man Forellen zum Kochen herrichtete. Einige hatten 4—8 Stücke solcher Argulus, die fest angesaugt waren mit ihren Saugnäpfen, an sich. Im Brunnenwasser lebten sie nicht lange, es scheint, dass sie ein kaltes bewegtes Wasser brauchen, wie die Forellen. Diese Art des Vorkommens, nämlich auf Fischen, ist bis jetzt noch von Niemand beobachtet worden, gewöhnlich sollen sie an Steinen fest ansitzen. Prof. Martius aus Erlangen hatte hierauf die Güte, seine Erfahrungen über Caprification der Feigen vorzulragen und zeig das Insekt vor, welches hiebei thätig ist, auch theilt er einen BriefvonDr. Rosenhauer, Erläuterungen hierüber enthaltend, mit Zweite Sitzung am 20. September. Vorsitzender: Prof. Dr. Döbner. Herr Professor Kolenati legt das I. Heft seines Werkes über die Haarflügler oder /hryganiden vor, (welches in Commission bei Manz in Regensburg zu beziehen ist); dieses enthält die He- teropalpiden,, das zweite Heft wird die Zsopalpiden. enthalten. Kolenati fand einen grossen Reichthum an Arten in den Sümpfen Finnlands, sie sind se zahlreich, dass sie die Schiffer sehr belä- stigen und die Schiffe zolldick bedecken. Die Arten, welche in dem erwähnten Hefte beschrieben sind, zeigt der Verfasser nebst Larve. ‚Es ist auffallend, dass das Gehäuse der Larve bei jeder Art anders ist, so dass man aus diesen genau die Art erkennen kann. ° s Viele Arten erscheinen periodisch und zwar zu.der Zeit, wenn die Schwalben ihren Zug antreten, z. B. Phryganea fusca, sie ist träg, sehr häufig und die Schwalben mästen und stärken sich damit zur weiten Wanderung ;so wie diese Wasserinsekten weni- ger werden oder aufhören, ziehen sie fort. — Wenn im Frühjahr die erste Art im Gebirg erscheint, so beginnen die Lachse ihren Zug und ziehen diesen Insekten nach, indem die weiter in die Höhe hinauf lebenden Larven etwas später das vollkommene In- sekt liefern, als die wärmeren unteren Regionen Diese Phry- ganeen legen ihre Eier in die Mitte des Baches und zwar plötz- lich alle auf einmal, entweder in Schnüren oder langen Säcken, sie schwellen im Wasser zu einer Gallerte auf, die Larven krie- chen aus und verzehren selbe, dann erst beginnen sie den Bau der so merkwürdigen Häuser. Man kann durch Beobachtung der Arten von Phryganea die Beschaffenheit des Wassers erkennen, ob es sumpfig, kalk- oder eisenhaltig oder ganz rein ist, so z. B. lebt eine Art von Zri- chostomum nur in eisenhaltigen Wässern. Für die Anlegung von Fischteichen ist dıe Beobachtung der Phryganeen wichtig; wo keine vorkommen, gedeihen die Fische nicht; wo viele vor- kommen, sind die Fische schmackhaft. Sie tragen stets zur Ver- besserung des Wassers bei, indem sie alles Animalische, was durch Fäulniss das Wasser verderben würde, verzehren. Nur eine Art von Phryganea, nämlich die digitata Schrank, jetzt Hallesus digitatus Schk. macht einen Schaden an den Schif- fen, die lange ohne Benülznng auf unbewegtem Wasser ruhen, z.B. um St. Petersburg, indem sie abgenagtes Holz zum Bau ihrer Wohnungen verwenden. Die merkwürdigen Gehäuse der Larven beschreiben zu wol- len, wäre zu weitläufig, man muss sie sehen, um den Instinkt der 'Thiere und ihre Kunstfertigkeit hinreichend bewundern zu können, sie sind in ihrer Art ebenso merkwürdig, wie die Waben der Bienen. So z. B. .nagt die Larve der hr. rhombica ‚kleine Stengel von Pflanzen oder Fasern ab, legt sie in vier Lagen re- gelmässig und rollt sie dann zusammen. Die Trichostoma bauen aus Sand Cylinder und befestigen flache Steinchen daran, so dass sie Nügelähnlich aussehen. Die Fledermäuse lieben wie viele Vögel die ?hryganeen und erbeuten sie leicht, indem sie durch einen eigenthümlichen Ge- ruch sich verrathen. Einige‘ Arten von /hryganea machen im Norden Züge und zwar südlich, doch kann man nicht leicht welche erhaschen, .da sie ziemlich hoch fliegen. Dass in der Vorzeit auch schon solche Wasserinsekten gelebt haben, wird durch vorgelegte Stücke von Bernstein, worin der- gleichen eingeschlossen sind, bewiesen. Dr. Waltl zeigte zwei aus Pflanzenwolle verfertigie und mit 2 langlichen Eiern ausgeschmückte Colibri-Nester vor. Auch hatte derselbe eine grosse Sammlung von brasilianischen und europäischen Käfern, Landconchylien u. a. ausgestellt. Dritte Sitzung am 21. September. Vorsitzender: Prof. Dr. Kolenati. Dr. Schmidt aus Jena hielt einen Vortrag über den gegen- wärtigen Standpunkt der Infusorienkunde. Er kann zwar nicht in allen Stücken den Ehrenbergischen Ansichten beipflichten, kann sich aber auch nicht mit der neuern, Ehrenberg entgegenstehen- den Richtung befreunden. — Ehrenberg glaubt, dass die Infuso- rien vollkommene Organismen seien und suchte die vier Systeme im Körperbau nachzuweisen, 1) Das Nervensystem betreffend, so fand man bisher noch kein ausgebildetes: Andeutungen oder Spuren fand Ehrenberg in ee ”4 den Augenflecken, er hält nämlich die Anhäufung von Pigment dafür. Bei einigen Gattungen beobachtete er deutliche Ganglien. 2) Das Bewegungssystem anlangend, so entdeckte Ehrenberg bei den Aoticellinen Muskeln, so z.B. geht einer durch die hoh- len Stiele derselben, welche den Polypenstock bilden. 3) Das Ernährungssystem ist ganz eigenthümlich. Man findet eine grosse Anzahl von Magenbläschen, wohin die Speise kommt und verdaut wird; es ist sehr schwierig, ihren Zusammenhang nachzuweisen, doch gelingt es bei vieler Mühe und guten Instru- menten, dass man diese Uebergänge sieht.. Bei vielen fand man keinen Mund, diese saugen die Nahrung durch die Oberfläche des Körpers ein. #) Die Fortpflanzungsorgane glaubt Ehrenberg doppelt gefun- den zu haben d. h. männliche und weibliche Individuen. Die grünen Körperchen des Parenchyms hält er für Eier, einen be- sondern Eierstock fand er jedoch nicht. Die männlichen Fort- pflanzungsorgane erkennt er an den drüsenartigen dunklen runden Körpern, in deren Nähe eine oder mehrere-Blasen sind, die sich rhythmisch zusammenziehen. Diese hält Ehrenberg für Saamen- drüsen oder Hoden. Gegen diese Deutung erhob man von allen Seiten Zweifel und Einsprüche, in Frankreich Dujardin, in Eng- land Johns, in Deutschland besonders v. Siebold in Freiburg. Das Muskelsystem der Infusorien betreffend, so hat Professor Eckert in Basel ein Werk herausgegeben, nämlich das Programm | über die contractile Substanz. Er sagt, dass bei Polypen z B: Mydra viridis und anderen, die Muskelsubstanz noch nicht ausge- schieden sei, sondern dass die ganze Substanz contractil wäre und zwar nach jeder Richtung, aus einer solchen sollen die In- fusorien bestehen. Eigene Gefässe kann man nicht erkennen, man sieht jedoch Blasen Wiegmann meint, es seien Rudimente eines Herzens; dieser Ansicht ist auch von Siebold, der aber inconsequent ist, weil er keinen Nahrungskanal annimmt. Ehrenberg meint, in die- sen contractilen Blasen wäre Samen, man fand aber noch kei- nen. Dr. Schmidt beobachtete bei mehreren Arten, besonders bei Bursaria leucas, eine sternförmige Blase mit einer Oeffnung nach Aussen, sie füllt sich von Aussen und entleert sich eben- dahin; Dr. Schmidt hält sie für ein Wasserrespirationsorgan; denn bei allen wirbellosen Thieren, die regelmässig Wasser auf- 75 nehmen und abgeben , z. B. bei den Polypen, ist seine innere Respiration; bei den Seesternen, Ophiuren u. mehreren a. sind Oeffnungen am Körper zur Aufnahme des Wassers, das heisst zur Respiration. Die Drüsen oder Hoden betreffend, so hält Dr. Schmidt die Beobachtungen noch für unvollständig. Nach seiner Ansicht haben die Infusorien die nächste Verwandischaft mit den Ringel- würmern und stehen also nicht abgesondert da. Professor Kolenati von Prag entgegnet hierauf, dass er über die angebliche Wasserrespiration mit Corda Beobachtungen ange- stellt habe; er habe dieses Ein- und Ausströmen allerdings auch gesehen, es sei aber eine Täuschung, indem sie durch den Druck von Aussen zwischen den 2 Glasplatten, also auf mechanische Art entstehen; es sind also die Acten hierüber noch nicht ge- schlossen. Professor Kolenati hält hierauf einen Vortrag über die Chi- roptera oder Fledermäuse. 4 Die Flughaut besteht aus der Fortsetzung der Haut von bei- den Seilen, sie bekömmt aber andere Structur und Function. Sie hat auch eine fibröse Membran zwischen den Häuten, ist weiss, mehr oder weniger undurchsichtig, in ihr sind die Gefässe und Nerven. Die Flughaut dient als Gefühlsorgan, indem das Gefühl durch den Luftdruck vermittelt wird; es ist das Gefühl in der Flughaut der Fledermäuse in der höchsten Potenz entwickelt. Wozu das braune Pigment, welches als eine feine Schichte unter der Haut sich befindet, dient, ist nicht leicht zu ermitteln. Bringt man die Flughaut unter das Mikroskop, so sieht man, dass die Muskelfasern ein Gefieder vorstellen, jede Faser ist ein Mus- kel und eben desshalb ist die Contractilität nach verschiedener Richtung möglich. Die Flughaut hat hohle Röhren oder Kanäle, die mit Luft angefüllt werden können; an der Vorderseite des Lagers geht ein hohles bandförmiges Organ, wodurch sich die Flughäute mit Luft füllen, wie die Luftsäcke der Vögel. Die Arten der Fledermäuse erkennt man unter andern auch an dem Bau oder der Verschiedenheit der Haare ; z. B. bei Plecotus auritus sind die Haare spiralföürmig, bei den Ahinolophen oben abgestutzt u. s. w. 76 Die Geburt der Jungen geschieht auf eigenthümliche Art. Die Mutter hängt sich an den Daumen der Vorderhände auf und gebährt in dieser Stellung; das Junge klammert sich fest an die Mutter ein und wird von ihr herumgetragen. Derselbe sprach ferner über die Periodicität und die Le- bensweise der Singeicaden in Grusien. Im Mai erscheint um Tillis Cicada fraxini (Tettigonia) in grosser Menge auf Wallnussbäumen, selten auf Eschen, sie machen einen furchtbaren Lärm, so dass man seine eigne Stimme nicht mehr hört, an den Gipfeln der Bäume. Eine fängt allemal den Chorus an, dann fallen alle andern ein, gerade wie bei den Fröschen. Während sie so taktmässig musiciren, spaziren sie allmählig am Stamme abwärts, , da angekommen, fliegen sie auf, setzen sich am Gipfel und marschiren dann wieder musicirend abwärts. 14 Tage später kömmt dann Cicada plebeja an Paliurus .acu- leatus, einem niedern Gesträuch, macht grosses Geräusch, wie zwei Scheeren aneinander gestossen; dann erscheint eine andere Art, Cicada armeniaca Kol., sie unterscheidet sich von der vori- gen durch die rothen Nerven. Sie schreit wie eine hölzerne Kindertrompele, und nach 10-12 Tagen die Grascicaden, die nur am Boden sich befinden. Selten ist Cicada Stevenii, so gross wie fraxini, die Nerven orange, sie halten sich paarweise zu- sammen und singen nur während des Fluges. — Die Grascicaden erscheinen im Juli, wo die furchtbare Hitze alle Gewächse ver- brennt, wo Alhagi und das Süssholz einen Saft ausschwitzen, von dem die Cicaden wahrscheinlich leben. Cicada geodesma Kol. zirpt lliegend wie Locusta cantans gegen 3-4 Uhr Nachmit- tag zwischen Alhagigesträuch. Ausser den erwähnten Arten kommen noch vor Cie. paliuri Kol., glycyrrhizae und Lehmanniana Kol. Alle erwähnte Arten wurden in schönen Exemplaren vorgezeigt. .. Vierte Sitzung am 22. September. Vorsitzender. Prof. Zenneck, Patrimonial-Gerichtshalter Forster hält einen ausführlichen Vortrag über die von ihm erfundene Art der Messung der Gonchylienschalen und zeigt praktisch, wie diese Mes- sungen angestellt werden müssen. Dieser Vortrag nahm die all- gemeine Aufmerksamkeit in hohem Grade in Anspruch, da da- durch der grossen Schwierigkeit in der Bestimmung der Conchy- lien abgeholfen wird. Der Vortragende verweiset übrigens, da die Zeit zu den Messungen der Schnecken nicht mehr ausreichte, auf seine Abhandlungen im Correspondenzblatt des zoolog. - mi- neral. Vereins zu Regensburg Jahrgang 1847 Nro. 5u.6 und 1848 Nro. 3, 6, 7,8 .u.9. Fünfte Sitzung am 24. September. Vorsitzender: Prof. Zenneck. Dr. med. Gemminger aus München sprach über Mormyrus oxyrhynchus u. dorsalis, zwei elektrische Fische aus Aegypten. Der elektrische Apparat liegt bei diesen Fischen zu beiden Seiten des Schweifes und es ist dessen Lage schon von Aussen wegen der eigenthümlich gebauten Knochen, zwischen denen er ausgespannt ist, erkennbar. Bei beiden Arten zeigt sich eine starke Muskulatur ohne Grälhen. Die 2 stärksten, der obere und _ untere Seitenmuskel, schicken ihre Sehnen über die obere und untere Portion des elektrischen Organes zur Schwanzflosse; seh- nige Fäden gehen aber auch nach oben und unten von ihnen ab, ' welche sich über die elektrischen Organe hinlegen, so dass diese mach Hinwegnahme der äusseren beschuppten Haut erst noch von einer Schichte sehniger Gebilde bedeckt erscheinen. Der elektrische Apparat beider Arten ist nach Analogie des Gymnotus electricus gebildet, nur an einer andern Stelle ange- bracht. Er besteht aus 4, scheinbar gesonderten Abtheilungen, indem das, auf jeder seitlichen Mitte der Wirbelsäule hinunter- ziehende Ligament. den horizontalen, die oberen und unteren, dazwischen liegenden processus spinosi den vertikalen Durch- schnitt bilden, und entspricht in seiner Gestalt dem Schwanze, nur ist der. Anfang und das‘Ende einer jeden Parthie bedeutend verschmälert, Betrachtet man den Fisch in schwimmender Stel= lung, so stehen die einzelnen Platten des elektr. Organes senk- recht. Die Zahl der Platten beträgt im ganzen Apparat bei Morm. oxyrrhynch, 720, bei M. dors. 330-400. Nerven- und Gefässver- zweigung scheint der des Gymnot. elect. gleich zu sein. 79 Verhandlungen der Section für Botanik, Land- und Forst- wirthschaft bei der XXVI. Versammlung deutscher Naturfor- scher nnd Aerzte zu Regenshurg im Herbste 1849. Als Mitglieder dieser Section hatten sich folgende Herren ein- gezeichnet: Berchem, Frhr. v., Gutsbesitzer von Steinach. Dr. Dietrich, Oberfeldarzt #on Leipzig. Dr. Döbner, Professor von Aschaffen- “burg. Drexel, k. Forstmeister von Wernberg. Eser, Apotheker von Stadtamhof, Dr. Fürnrohr, Professor von Regensburg. Dr. Gruber, Physicas von Mosbach am Neckar. Hofmann, Rechnungsrath von Regensburg. Dr. Jäger, Obermedicinalrath von Stuttgart. v. Kellner, Major von Regensburg. Dr. H. Koch von Jever. Dr. Kolenati, Professor von Prag. Dr. Link, Geh. Medicinalrath von Berlin. Dr. v. Martius, kgl. Hofrath von München. v. Melzl, k. Forstmeister von Kemp- ten. Mördes, k. Kreisforstrath von Regensburg, Mörike, > Oekonom von Pürkelgut. Carl Graf v. d. Mühle von Regens- burg. Oechsner, Docent von Aschaffenburg. Pangkofer, Privatier von Regensburg. Dr. Rottermundt, Landgerichts- arzt von Regensburg. Rüger, Oekonom von Wien. Schmid, Apotheker von Regensburg. Dr. Schuch, prakt. Arzt von.Re- | gensburg. Waldmann, k. Forstcommissär von Regensburg. - Die Section constituirte sich unmittelbar nach der ersten allge- ‚meinen Versammlung und wählte durch Acelamation: Hofrath v. Martius zum Präsidenten und Dr. Koch zum Schriftführer. Erste Sitzung, am 19. September 1849. 1; Ein Vortrag des Präsidenten v. Martius über die morpholo- gische Bedeutung und die Entwicklung desBlattes, ins- besondere des Palmenblattes, füllt die ganze Sitzung. Vorlegung der betreffenden Tafeln aus dem Werke des Redners über die Gat- tungen und Arten der Palmen, und Zeichnungen an der Tafel erläu- tern den Vortrag. Wenn die Blattbildung als eine partielle und daher unsymetrische Astbildung aufgefasst wird, so lassen sich die vielfachen Formen der Stipeln leicht als die dazu gehörigen Vorblät- ter begreifen, die in dem ähnlichen Verhältnisse zu diesem Theil- reige stehen, wie der Kelch zur Blumenkrone. Die eigenthümliche Entwicklung der Palmblätter macht diese Ansicht ebenso deutlich, ‚wie nothwendig. Aus dem Centrum des Knospenkernes entstehend erheben sich die vollkommnen Blätter der Palmen (aber oft abwech- N ; 80 selnd mit andern scheidenförmigen Blättern, die anfänglich wie = convexer Teller aussehen) helmförmig aus ihrer Vagina, die später mit dem Blattstiele verwächst. Die hervorgehobene Blattspreite theilt sich dann sowohl bei den Arten mit fiederspaltigen als mit fücher- förmigen Blättern, indem die an den Einfaltungen befindliche Mem- bran zerrissen wird. Die Gefässbündel, welche endlich das Blatt durchsetzen, haben ihren Entstehungspunkt nicht in diesem selbst, - sondern in dem Knospenkerne, und bilden, wenn sie quer durch den Stamm hindurch das gegenüberstehende Blatt aufsuchen, die den Monocotylen eigenthümliche Kreuzung. Hinsichtlich der Blattstellung | kommt bisweilen noch das eigenthümliche Verhältniss vor, dass Blatt- und Stipulartheile zweierlei Stellungen einhalten, jene z. B. zu ?/,, diese zu ?/s, wodurch, wenn später beide verwachsen, eine einseitige ohrenförmige Erweiterung der Stipeln an dem Blattstiele hervorgebracht wird (Leopoldina): Zweite Sitzung, am 20. September 1849. Kreisforstrath Mördes sprach über dieMischung der Wald-, bestände. In frühern Zeiten, bei grossem Holzreichiham und dünner Be- völkerung, ging die Ausnützuog der in buntester Mannigfaltigkeit | der Baumarten sich darstellenden Bestandformen in der Weise von statten, dass man lediglich die Stellen vom Holzbestand absäuberte, wo sich vollständige Verjüngung bereits gezeigt hatte. In diesem Plänterbetriebe lag bei ungeschwächter Bodenkraft die Möglichkeit” der Forterhaltung aller, unter gleiche elimatische Bedingungen ge- stellten, sich zusammengesellten Holzarten ; die Verschiedenheit der geognostischen Zusammensetzung des Bodens konnte sich nicht für die Entstehung und Fortpflanzung der vorhandenen Arten geltend’ machen, da reiche Vorräthe an humosen Bestandtheilen die Existenz sämmtlicher Species sicherte. ‘ Bei zunehmenden Angriffen auf die Waldungen ging der natur- gemässe Plänterhieb in eine regelmässige Schlaghauung über, welche nur die dominirenden Bestandarten in's Auge fassie; später sogar nur auf die Regenerirung einer Holzart auf einer und derselben Fläche gerichtet war. Hiermit verschwanden nicht nur viele unter- geordnete, sondern auch anbauwürdige Arten, für welche die schlag. weise Behandlung des Schutzes enlwveiler zu viel oder zu weni bot, sondern die temporäre Blosstellung des Bodens verursachle auch eine Verflüchtigung der Bodensäfte, welche den Anbeginn der Der generation der Waldbestände bildet. 81 Die bald gewonnene Ueberzeugung, dass die Zusammenreihung nur gleichartiger Baum -Individuen auf einem Standorte entweder Massenverlust durch den oft lange andauernden Kampf der dicht ge- stellten Pflanzen um das Dominium, wie z. B. bei der Fichte, zur Folge hat, oder bei andern nicht nur die Ertragminderung wegen ihrer vorzeitigen Lichtstellung, wie bei Eichen, Kiefern, Birken, sondern auch eine Verschlechterung des Bodens durch übermässigen Lichtzutritt mit sich führt, war zwar eine ziemlich allgemeine, aber dennoch begegnete die Rückkehr zu einer naturgemässen Bestand- mischung noch lange, und bezüglich einiger Arten selbst jetzt noch hartnäckigen Bekämpfungen. Die Vortheile der Mischung liegen anerkaunt in der Erhaltung der Bodenkraft bei deren vollständiger Benützung — in dem Fortbestand der verschiedenen Baumspeeies — in der Erziehung‘ der Befriedigungsmittel für die verschiedenarti- gen menschlichen Bedürfnisse — in der höhern Massenhaltigkeit der Bestände ete. Ihre Anzucht knüpft sich aber an die Voraussetzung vollständiger und fortdauernder Bestandspflege, und hierin war zu- ‚meist die Schwierigkeit für ihre Verallgemeinerung zu finden, bis 'endlich in der Neuzeit im Wege der Pflanzung, namentlich bei den Nadelhölzern, dieses Verfahren erleichtert ward. 0b die Mischung gleichmässig oder in Gruppen durchzuführen, hängt von Umständen ab — bei letzterer Untermengungsweise, die oft unvermeidlich oder förderlicher für die gleiche Begünstigung der gemeinschaftlich anzuziehenden Holzarten, gehen die Vortheile einer vollständigen Aufnützung der Bodenkraft auf einem und demselben Standort mehr oder weniger verloren. “Präsident v. Martius bemerkte zu dem obigen Vortrage, dass — theoretisch betrachtet — es bei dieser Forstcultur als Hauptfrage erscheine: in welchem Verhältnisse die Verwesungszeit der verschie- enen Laubarten zu einander stehe. Eine Ermittlung derselben durch _ e Erfahrung würde eine vortheilhafte Zusammenstellung und da- irch erhöhtes Wachsthum möglich machen. "Die Discussion verweilte darauf bei der Frage: In welchem Iter die der Pubertät bei den Menschen und Thieren entsprechende t bei den Waldbäumen anzunehmen sei. Es traten sich dabei 2 ichten entgegen, die eine, dass es allerdings ein solches Alter unsere Waldbäume gebe, und gegen dasjenige Lebensjahr zu setzen , wenn der Baum voll blühe und keimfähigen Samen liefere; die jere, dass eine solche Analogie nieht anzunehmen sei, keine be- timmte Zeit der Mannbarkeit bei der Pflanze statifinde, indem sie öglicherweise ununterbrochen fortzuwachsen und fortzublühen im 5 82 Stande sei. Jene Ansicht wurde von v. Martius und Regierungs- _ rath Mördes vertreten, die letzte von dem Geh.-Rath Link. Eingegangen war bei der heutigen Sitzung: 1) Ein Schreiben des Prof. Schultz-Schultzenstein aus Berlin mit einigen Präparaten von Milchsaftgefässen. 2) Ein Aufruf an alle Botaniker, durch Beiträge das durch Brand zerstörte Herbarium des Hofraths Reichenbach in Dresden dem- selben möglichst zu ersetzen. 3) Ein Convolut Tillandsia muscoides Culs Packungsmittel). Dritte Sitzung am 21. September. | Geb.-Ratlı Link sprach unter Vorlage von illuminirten Zeich- nungen über die Bildung der parasitischen Wurzeln von Cuseuta. Das Zellgewebe der Pflanzen ist allein zum Einsaugen der Nah. rungssäfte bestimmt, indem die Gefässe nur zur weitern Beförderung dieser Säfte zu dienen scheinen. Die feinen Wurzeifasern, welche überall mit Zellgewebe umgeben sind, in denen die Gefässe nie bis | an die Oberfläche dringen, beweisen dieses aufeine auffallende Weise. Die Gefässe, fast immer abrollbare Spiralgefässe, liegen meistens in der Mitte der Wurzelfaser und hören vor der Wurzelspitze nicht sel- ten 1—2 Linien über derselben auf. Sie endigen sich dort in einer zarten Spitze, sie sind durchaus gleichförmig ohne alle Querwände, also keineswegs aus Zellen entstanden, wie man oft und ohne Grund. wiederholt. Wenn man Wurzeln in Wasser zieht, so kann man diese Gefässe in ihrer Jugend genugsam beobachten; aber es be- darf dessen nicht einmal, jede zarte Wurzelfaser zeigt es deutlich. Nach Ohlert’s in Königsberg Versuchen ist es aber ausge- macht, dass nicht die Wurzelspitzen selbst die einsaugenden Organe „ sind, wie man immer geglaubt hat; eine Meinung, welche DeCan- " dolle bewog, diesen Wurzelspitzen den Namen spongioles, Schwänim- chen, zu geben. Die Zellen in diesen Wurzelspitzen sind meistens mit Zellenkernen angefüllt, wodurch sie zum Einsaugen, wie es‘ scheint, untüchtig werden. Die Stelle, wo die Wurzeln einsaugen, ist über der Spitze, wie jene Versuche zeigen und zwar in einer ziemlich grossen Ausdehnung. Gefärbte Flüssigkeiten, Lackmustine- tur (Aufguss), Tinte u. dgl., welche leicht in alle offenen Gefässe, also in abgeschnittene Zweige dringen und diese schnell in einer beträchtlichen Länge durchziehen, gehen nie in die Wurzeln, wenn auch das Wasser selbst — in dem Lackmusaufguss — eindringt und die Pflanze zu nähren vermag. Jene Flüssigkeiten werden durch die Membran der Zellen gleichsam filtrirt und die färbenden Theil- 83 chen zurückgehalten. Das schnelle Verbreiten der gefärbten Flüs- sigkeiten in den Gefässen lehrt uns aber doch, dass die Flüssigkeiten, wenn sie einmal die Gefässe erreicht haben, bald mit grosser Schnel- ligkeit weiter geführt werden. Die Papillen, welche an den Wurzelspitzen gar oft wahrgenom- men werden, scheinen zum Einsaugen der Nahrungssäfte nichts bei- - zutragen. Sie sind gar oft nicht vorhanden und hängen in den mei- sten Fällen von dem Häuten der Wurzeln ab; sie sind nämlich nur Zellen, welche anfangen sich abzulösen. Wir wollen nun die Warzen an den Stengeln der Cuscuta eu- - ropaea, diese parasitischen Wurzeln mit den Wurzeln in der Erde vergleichen, Es ist bekannt, dass die Arten der Gattung Cuscuta in der Erde keimen, dann mit einem geraden Stengel in die Höhe wachsen, und wenn sie eine andere Pflanze mit einem saftigen Sten- gel erreichen, nicht allein sich daran legen und Warzen treiben, ‘sondern auch mit diesen Warzen in den saftigen Stamm jener Pflanze ‘eindringen und daraus die Nahrung ziehen, sie also zu ihrer Nähr- pflanze machen. Sobald die Cuscuta eine andere Pflanze erreicht Fund sich angesogen hat, stirbt der untere Theil des Stammes mit der Wurzel ab, welches auch geschieht, wenn die Pflanze sich an „einen trockenen Stamm oder gar an eine eiserne Stange gelegt hat, woraus sie keine Nahrung ziehen kann, Auch stirbt die Pflanze ab, wenn sie keinen Gegenstand findet, woran sie sich legen und wo- von sie sich nähren, ungeachtet sie Nahrung genug aus der Erde "ziehen könnte. Ich habe im Berliner kgl. botanischen Garten eine Menge von jungen Pflanzen der Cuscula eurupaea auf einem Platze überall zerstreut gesehen, ohne Zweifel durch zufällige Aussaat von einer Mutterpflanze entstanden, die alle, da sie keinen saftigen oder auch nur steifen Stamm einer andern Pflanze erreichen konnten, nachdem sie eine Länge von 6—8 Zoll erreicht hatten, abstarben. "5 Die Saugwarzen auf den Stengeln der Cuscuta-Arten sind von ;, verschiedener Gestalt, meistens aber stumpf, kegelförmig, mit einer abgerundeten Spitze. Oft fliessen 2, 3 und mehr an der Basis zu- sammen und dann ist ihre Gestalt kammförmig. Eine solche ein- fache noch nicht eingedrungene Warze zeigte in einem Längssehnitt bei gehöriger Vergrösserung (von 182mal i. D.) Folgendes. Die _ äusserste Zellenschicht an den Seiten bestand aus papillenartig her- vorstehenden Zellen, gleich den Papillen an den Wurzelspitzen. Hier- ‚auf folgten 3 Reihen von rundlichen Parenchymzellen, welche in einem Bogen die ganze Warze umgaben. In der Mitte der Warze befand sich ein stampfer Kegel von langgestreckten, engen, fast // schen dem Stengel der Cuscula und dem Stamm der Urtica sah man) 84 parallelen Zellen, welche den Kern der Warze machten. Die Rich- tung dieser Zellen war senkrecht auf die Axe des Stengels‘ Die Gefüsse des Holzkörpers in diesem Stengel, sowie die Zellenreihen der Rinde hatten ihre Richtung nicht geändert, ausgenommen die beiden äussersten Zellenreihen der Rinde, welche eine gelinde Bie- gung gegen die Warze machten. ‘In dem Kern der Warze, der sich übrigens durch die Gestalt der Zellen sehr auszeichnete, waren keine Gefässe zu entdecken. Es wurde nun ein Schnitt durch eine. eingedrungene Doppel- warze (2 an der Basis zusammengeflossene Warzen) gemacht, welche sich an einem Stengel der Cuscuta ‘befand, der sich quer um den Stamm der Urtica dioica gewunden hatte, so dass der Längsschnitt durch den Stengel der Cuscuta ein Querschnitt durch den Stamm der Urtica war. Hier fielen nun sogleich die beiden Kegel aus langgestreckten Zellen in die Augen, den beiden Theilen der: Dop- pelwarze angehörig, welche in den Stamm der Urtica eingedrungen waren, und dem Kegel in der Mitte der einfachen freistehenden Warze völlig glichen, nur dass sich in der Mitte eines jeden ein Bündel von Spiralgefässen zeigte, welches gegen die Spitze. des Kegels sich‘ verschmälerte und mit einzelnen Gefässen verlief. Die- ses Bündel kam, wie es schien, von den nahe gelegenen, der Axe des Stengels der Cuscuta parallelen Gefässen des Holzkörpers, doch war die Verbindung durch Schnitte nicht aufzufinden. Der Kegel mit seinem Gefässbündel ging nur bis an die innere, dem Holzkörper anliegende Rinde der Urlica, nicht in denselben hinein. Er. war ohne die Umhüllung eingedrungen, welche .die freistehende Warze zeigt, denn auf beiden Seiten sah man die Zellenreihen der äussern Rinde und der: mittleren der Urtica in ihrer Richtung völlig unge- „ stört, auch war dieses in dem eingeschlossenen Stück der Rinde zwischen den beiden Kegeln der Fall. In dem Zwischenraum zwir- nur einige Papillen als Andeutung von der äussern Umhällung. ‘Es lässt sich also wohl schliessen, dass eine Warze, wenn sie sich mit ihrer Umbhüllung ‚gebildet hat, nicht mehr eindringt, sondern. dass dieses sogleich mit einem innigen Berühren anfängt. ‚Wirklich. war dieses auch besonders da geschehen, wo die Stengel der Cuscuta den Stamm der Urtica umschlungen haben. E Es erhellt aus dem Gesagten, dass die Verbindung zwischen der Nährpflanze und dem Parasiten durch Vermittlung des Zellgewe- bes geschah; auf dieselbe Weise, wie die nährende Feuchtigkeit aus der Erde erst durch Zellgewebe gehen muss, ‘um "weiter, höchst 85 wahrscheinlich durch die Gefässe fortgeführt zu werden. - Auch scheint es nach den angegebenen Untersuchungen; dass die Aufnahme des Nahrungsstoffes aus der Rinde der Nahrungspflanze seitwärts in die parasitische Wurzel übergeht, wie, Versuchen gemäss, der Ueber- gaug aus der Erde in die Faser der Wurzel geschieht. Das Zell- gewebe der parasitischen Wurzel hat sich nämlich an das Zellge- webe der Rinde in der Nährpflanze angelegt, ohne das letztere zusammenzudrücken und dessen Verrichtungen auf irgend eine Weise za stören. In dieser Rücksicht ist also die parasitische Wurzel der Cuscuta der ächten Faserwurzel in der Erde ganz ähnlich. Zu den künstlichen Parasiten gehören die Pfropfreiser und die Verbindung derselben mit dem Wildling geschieht durch Zellgewebe wie die Verbindung der natürlichen Parasiten mit der Nährpflanze, doch so, dass der Nahrungssaft durch dasselbe sogleich den Gefäs- sen zugeführt wird. Ich habe Pfropfreiser von Robinia Pseud- Aca- cia, welche auf Aeste anderer -unächter Acaciensträucher zwischen ‘Holz und Rinde gepfropft waren, untersucht, sobald die Knospen des - Pfropfreises sich entwickelt hatten. Ich fand die Rinde zwischen Bien pseudo-porösen Gefässen des Wildlings und solchen Gefässen mit zarten Zellen von Parenchym angefüllt, welehe durch ihre Zart- heit ihre kurz vorher geschehene Bildung anzeigten. Die Zellen standen in schiefen Reihen vom Wildling zum Pfropfreise, welche ziemlich regelmässig waren und nur an einigen Stellen eine Ver- schiebung erlitten hatten. Sie hatten den Saft den Gefässen zuge- - führt , die ihn dann und schnell weiter führten; denn die obern - Knospen des Pfropfreises entwickelten sich viel früher, als die dar- unter befindlichen, Geh,-Rath Link legte ferner die Zeichnung einer von Ustilago Caricis ergriffenen Carex-Frucht vor, welche einen ziemlich regel- „mässig gespaltenen Viriculus neigte, wodurch die bestrittene Drei- theiligkeit desselben bewiesen zu werden scheint. Diese Beobach- tung veranlasste Hofrath v. Martius über die verwandten Verhält- _ nisse der Bracteen und Bracteolen bei den Palmen zu reden und die grosse Manuigfaltigkeit ihrer Stellungsweisen auf der zu seinem grossen Palmenwerke gehörigen "Tafel nachzuweisen. Eine Discussion, von Dr. Dietrich angeregt, über die Ver- schiedenheit der Hopfen Varietäten, wovon vielleicht die Verschieden- ‚beit der Biersorten abzuleiten sei, wurde durch den Schluss der Sitzung abgebrochen, nachdem Hofrath v. Martius noch aufmerk- sam gemacht hatte, dass die Verschiedenheit an Stickstoffgehalt in den zum Brauen verwendeten Gerstenarten, namentlich des Hordeum 86 vulgare und Hordeum distichum , einen vielleicht noch bedeutende- ren Einfluss darauf ausübe. Vierte Sitzung am 22. September. Geh.-RathLink schilderte dieVertheilung derWaldbäume in Europa nach eigenen auf vielfachen Reisen gemachten Beobachtungen. Was zuerst die Coniferen betrifft, so ist die Verbreitung unse- rer Pinus sylvestris nach Süden hin durch die Alpen begränzt; nach Osten fängt schon bei Wien Pinus nigrescens Host. ihre Stelle zu vertreten an, welche sich durch das Banat, Croatien und Dalmatien erstreckt. Einige Botaniker verbinden Pinus nigrescens mit Pinus Laricio, z. B. Endlicher in der Synopsis Coniferarum, doch wahr- scheinlich mit Unrecht. Pinus Laricio hat durch kürzere Nadeln, welche sparrig stehen, einen abweichenden Habitus, und findet sich in Italien, auf der Insel Corsica und in der Krimm, wo sie Pallas als Pinus taurica beschrieb. Am Aetna erscheint eine besondere Form, die man als varietas aetnensis sondern kann. Pinus brutia unterscheidet sich leicht durch ihre feinen langen Nadeln; sie bildet Wälder in Calabrien, z. B. bei Cosenza, Pirus Pinaster findet sich auch in Italien, z, B, bei Florenz, auch noch an der südlichen Küste Frankreichs und durch ganz Spa- nien und Portugal. Ihre langen Zapfen und dicken Nadeln zeichnen diese Art vor allen aus. Pinus maritima, womit die vorige Art verwechselt wurde, ist ein niedriger Baum mit hellgrünen Nadeln, man findet sie in’ Italien und Griechenland, wo sie durch ihre eigenthümliche, zierliche Krone den Blick leicht auf sich zieht. Die Rothtanne geht nicht nach Süden, dagegen zeigt sich die Weisstanne, Pinus FPTIREN — Abies pectinala DE. noch bei Modena, Florenz und Reggio. Die Tanne in Griechenland dagegen, welche .Sibthorp Abies pectinala nannte, ist eine andere Art. ‘Link fand % den Parnass damit bedeckt und nannte sie Abies Apollinis, doch hatte früher Napier sie schon unterschieden und Abies cephalonica genannt. Abies cephalonica hat nicht die Einkerbung der Blatt spitzen, wie Abies peclinata. Pinus Larix endlich verliert sich ebenfalls nach Süden or Osten. Die von Pallas sogenannte P. Lariz der Krimm ist eine andere Art. Hug Unsere beiden deutschen Eichenarten gehen nach Osten nicht viel weiter, wie Litthauen,; nach Süden tritt schon von Triest an statt ihrer Quercus pubescens auf, welche lange damit verwechselt wurde. Der Süden Europa’s hat mehrere Eichenarten, unter denen 87 ©. Suber, deren Rinde den Kork liefert, in Italien schon Wälder bildet. ©. Dex stimmt ausser in der Korkbildung genau mit jener Art überein. ‘@. Aegilops findet sich besonders in der Türkei und Griechenland reichlich; in Arkadien bildet sie grosse Wälder. Sie und nicht unsere Buche ist der Baum, welchen die Griechen unter ®ryos und Virgil unter Fagus verstanden. Ihre Früchte sind ess- bar und die cupulae werden unter dem Namen ‚‚Knoppern‘“‘ von den Gerbern benützt. Eine andere Art mit essbaren Früchten ist O. Ballota, welche Desfontaines am Atlas fand, die jedoch auch in Portugal vorkommt. Die Buche hat ihre schönste Entwicklung in Mecklenburg und auf der Insel Seeland. Nach Norden hin findet sie sich noch auf der scandinavischen Halbinsel in der Provinz Blakingen; bei Upsala aber kommt sie nur noch kümmerlich fort. Nach Süden. erscheint sie nur sporadisch noch in Italien, sogar noch bei Neapel, aber strauchartig. Nur in den Geßirgen, z. B. in den Abruzzen und auf der Insel Corsica, bildet sie wieder Wälder. In Frankreich wird sie angepflanzt. Die gemeine Birke ist ebenfalls ein dem Norden angehöriger Baum. Man sieht sie noch in den Pyrenäen, dagegen ist ein Bir- kenwäldchen am Monte Sarron in Portugal ein ganz isolirtes Vor- kommen. Am Schlusse der Sitzung theilte Prof. Kolenati aus Prag noch Einigesüber dieFlora des Cauc’asus nach eigenen Untersuchun- gen mit. Mit Ausnahme der Steppenflora stellen die höheren Berge, z. B. der Kasbek, die Gesammtflora des Landes dar. Nördliche und südliche Abdachung zeigen sich verschieden. So finden sich auf der „nördlichen Seite des Kasbek Quercus Robur und 0. pedunculata, auf der Südseite dagegen stellt sich @. iberica ein. Im Ganzen . herrscht Laubholz vor, Nadelholz ist verhältnissmässig selten. Nur in Armenien zwischen zwei Seen, wovon der eine vermuthlich da-i / her Kerzensee heisst, findet sich ein Wald von Pinus, wahrschein- lich Pinus Nordmanniana. Auch eiue Wachholder-Art (Juniperus virginiana?) tritt hin und wieder baumartig auf. Man sieht viele starke Stämme, z. B. von Corylus Colurna, die nicht selten 1 Fuss im Durchmesser erreichen. An der Gränze der Waldregion bis zu 8000 F. treten Betula nana und eine Ephedra - Art auf, welche C. A. Meyer als E. procera beschrieb. Darüber hinaus beginnt die ‚Grasregion, in der Rhododendron und Azalea zu Hause sind; be- sonders ziert Axalea pontica diese Region, indem sie nicht allein _ durch ihre Blüthen, sondern auch im Herbste darch die purpurrothe Färbung ihrer Blätter sich auszeichnet. In der darüber liegenden Moosregion fällt die von andern Gebirgen abweichende Sonderung der Moos Arten auf.; Vielleicht hängt diese gruppenweise Verthei- lung von den Gesteinen ab, worauf sie wachsen. Selbst in der Schneeregion erscheinen noch einige kahle Felsenspitzen mit einzel- nen Pflanzen geschmückt. So bemerkt man noch Individuen von Andropogon vaginatus, Thymus Marschallianus, Delphinium cauca- sicum, Sawifraga flagellaris u. a. . er Fünfte Sitzung am 24. September 1849. Obermedicinalrath Jäger theilteBeobachtungen überMiss- bildungen von Pflanzen mit und erläuterte dieselben durch Zeichnungen, welche auf den beiliegenden Steintafeln IV. (zur Hälfte verkleinert) und V. wiedergegeben erscheinen, Zunächst sprach derselbe über die unvollständige Entwicklung der Blatt- substanz auf der einen Seite des Blattstiels mehrerer Blätter von Digitalis purpurea. Vor etwa 5 Jahren hatte ich mehrere Pflanzen der Digitalis purpurea vom Schwarzwalde mitgebracht und in meinem Gärtchen hinter ‚dem Hause eingesetzt. Die meisten gediehen sehr gut in den ersten 2 Jahren, im 3ten blieben mehrere aus, im 4Aten hatten sich nur noch ein Paar an der alten Stelle, wie es schien, durch Wur- zelausschläge erhalten, im Frühjahre 1847 waren alle verschwunden, trotz der Menge von Samen, welche alle Jahre ausgefallen war. Im Herbste 1847 jedoch fand ich eine kräftige junge Pflanze 8-9’ von dem Standpunkte der ersten Digitalispflanzen entfernt. Sie kam gut durch den Winter und zu Ende Mai’s 1848 öffneten sich die ersten Blüthen an dem kräftigen Stengel, der eine Länge von mehr als 5‘ erreichte und an seinem Ursprunge mit Blättern dicht besetzt war, von welchen 3 eine unvollständige Entwicklung der Blattsubstanz auf der einen Seite des Blattstiels zeigten. Am auffallendsten ist diess an einem der:nntersten Stengelblätter Taf. IV. A. , Auf der einen linken Seite des Blat'stiels ist die Blattsubstanz gehörig entwickelt, während sie auf der rechten Seite beinahe fehlt, so dass ich auf den. ersten Anblick versucht war, diese Beschaffenheit einer etwa früher 'stattgefundenen zufälligen Verletzung; zuzuschreiben, zumal da das Blatt sichelförmig gekrümmt ist, was mit als Folge einer sol- chen ‘Verletzung angenommen werden konnte. Bei näherer Betrach- tung fand sich jedoch diese Vermuthung nicht bestätigt. Der Blatt- stiel ist in seiner untern Hälfte etwas gedreht und dadurch die eigenthümliche. Stellung des Blatts veranlasst. An ‚seiner oberen Hälfte aber ist er auf der rechten Seite mit einem nur I—1!/,‘' 89 breiten Saum von Blattsubstanz besetzt, an welcher aber durchaus keine Verletzung erkannt werden kann; ihr Rand ist beinahe gerade oder etwas ausgeschweift, aber ohne Spur. von Kerben. B. Diese sind dagegen schon deutlich an. dem etwas höher am Stengel gestellten Blatte. B, auf dessen Jinker Seite die Blattaus- breitung gleichfalls normal. wie bei A, auf der rechten Seite aber ebenfalls mangelhaft ist. Die Entwicklung der Blattsubstanz beginnt aber auf dieser Seite schon etwas unterhalb der Mitte des Blattstiels, nimmt dann bis auf die Breite von 7—8’’ zu und verliert sich all- mählig abnehmend gegen die Spitze des Blatts. Sie zeigt übrigens namentlich an ihrem breiteren Theile schon ziemlich tiefe Randkerben. C. An dem dritten weiter oben am Stengel gestellten Blatte ist die Blattausbreitung nicht auf der rechten wie beiA undB, son- dern auf der linken Seite des Blattstiels verkümmert, jedoch weniger als bei A-undB.. Die Blattausbreitung beginnt ohngefähr am untern Drittheile des Blattstiels mit einem schmalen Saume, nimmt aber bald an Breite zu und nähert sich theils in Absicht auf Umriss und " Kerbung: der normalen Hälfte, jedoch erreicht sie nur ohngefähr die halbe normale Breite. Die Wurzelblätter, sowie die übrigen Blätter des Stengels haben die normale Form. Diese Beispiele von. ver- minderter oder verkümmerter. Entwicklung der Blattsubstanz schei- nen darauf hinzudeuten, dass die Entwieklung derselben von der Spitze des Blatts ausgehe, indem dieselbe von der Spitze abwärts auf der einen Seite. der 3 Blätter stufenweise zunimmt. Zugleich findet aber auch wieder eine. Abnahme ihrer Ausbreitung gegen den untern Tbeil der Blattnerven statt*), dessen Basis sie bei keinem der 3 Blätter erreicht. Durch diese Zunahme der Ausbreitung der Blattsubstanz von der Spitze des Blatts aus und ihre Wiederabnahme gegen «den untern Theil des Blattstiels entsteht nun eine der nor-ı malen Form der andern Blatthälfte analoge Form nur in. verkleiner- tem Maasstabe. Es gleicht die Abweichung dieser Blätter dem nicht sehr selten vorkommenden Zurückbleiben der einen Seite des Kör- pers bei Menschen, so dass die eine Hälfte des Gesichts oder ein einzelnes Organ am Kopfe wenigstens, insbesondere aber der Arm und Fuss derselben Seite verkümmert ist. Bei solchen Menschen *). Diess ist ebenso der Fall an einem Wedel von Blechnum occidentale: die Blättehen fehlten am untern Theile desselben auf der linken Seite ganz und sind gegen die Spitze um 12 bis 2|3 kleiner als auf der rechten Seite; an einem andern Exemplar ist die Zahl der Blättchen auf 6 im Ganzen beschränkt, Die einzelnen Blättchen sind bedeutend grösser. Beide Exem- plare sind einer im Garten eultivirten Pflanze entnommen, bleibt in der Folge bei normaler Weiterentwicklung der normalen Hälfte des Körpers ‚der Arm der abnormen Hälfte im Wachsthum an Masse und Kraft mehr zurück, als der Fuss, der später dem nor- malen Fusse gleichen wird, da dessen Wachsthum der nothwendig gewordene Gebrauch beim Gehen mehr befördert‘‘, indess das Wachs- thum des Arms mehr zurückbleibt, da dessen Uebung in der Regel mehr vernachlässigt wird, indem seine Dienste durch die nothgedrun- gene Uebung und die relativ vorschnelle und gesteigerte Kraft und Gewandtheit des andern Arms eher entbehrlich wird. Ob vielleicht die verkümmerte Hälfte der Digitalisblätter in Folge der längern Ausübung ihrer Function oder etwa durch künstliche Steigerung die- ser Function durch Hinwegnahme eines grösseren Theils der Blätter der Pflanze auch zu weiterer Entwicklung der Blattsubstanz gebracht werden könnte, steht dahin. Erfahrungen oder Versuche darüber sind /nir nicht bekannt. Einige Ungleichheit der beiden Hälften des Blatts findet übrigens auch bei vielen sonst normal gebildeten Blät- tern der Digitalis purpurea stait. Sie ist bekanntlich als Hulium trapeziforme bei manchen Pflanzen und selbst bei der Mehrzahl der ° Arten einiger Gattungen, z. B. Bignonia, normal und bei manchen Arten ist sogar der Umfang beider Hälften des Blatts in auffallendem Missverhältnisse. Um so weniger unerwartet erscheint eine solche ungleiche Entwicklung beider Hälften des Blatts auch bei andern Pflanzen und sie tritt auch bei vielen Pflanzen nicht selten ein, in- dess bei andern, z. B. Impomaea coerulea, mit der wenn gleich beschränkten Variabilität der Form häufig auch eine Dissynmetrie beider Hälften des Blatts verbunden ist. Meistens gibt sich jedoch die ungleiche Entwicklung beider Hälften des Blatts blos durch ge- ringere Breite der einen Hälfte (Folium dimidiatum und subdimidia- tum) zu erkennen, ohne dass, wie bei den vorliegenden Blättern der Digitalis purpurea, diese Verkümmerung der ‚einen Hälfte nur auf einen Theil der Länge des Blatts beschränkt wäre, wie diess z. B, bei Artanthe (Macrostachys richardiaefolia und pothifolia) norwal ist (Acta Nat. Cur. Vol. XXI. Supplem. tab. 72 und 74). Merkwür- dig scheint mir dabei, dass bei manchen Pflanzen, z.B. dem gemei- nen Epheu (Hedera helix), der Ruizia variabilis, dem Sambucus hetero- phylla, der Cussonia thyrsiflora, der Varietät von Cytisus Laburnum mit getheilten Blättern, trotz der grossen Verschiedenheit des Umrisses und der Zahl der Loben oder Lacinien die Symmetrie beider Hälften verhält- nissweise selten und nur in den kleineren Abtheilungen gestört ist, welche allerdings mehrere Verschiedenheiten in Absicht auf Thei- lung und Form zeigen 9 Beinahe dieselbe Mannigfaltigkeit der Form, wie bei Hedera heli@, bemerkt man bei Morus nigra in verschiedenen Altern des Baums, jedoch, so viel ich finden konnte, ohne dass die Symmetrie beider Hä'ften verhältnissweise häufiger gestört wäre; indess scheint der Vebergang von dem mehr oder weniger unregelmässig getheilten Blatte zu dem einfach herzförmigen im Laufe der Entwicklung: des Maulbeerbaums bis zur Blüthenbildung eine ähnliche Beschränkung der Blattentwicklung anzudeuten, wie in dem von Vrolick*) mit- getheilten Falle des bei Aristolochia Sipho beobachteten Uebergangs des einfachen herzförmigen Blatts zu der schmäleren und zugespitz- ten Form gegen das Ende der Ranke, an deren oberem Theile der Blattnerve nur mit einer schmalen Blattausbreitung besetzt ist. Es wird also in diesem Falle das Blatt mehr zu einem blos mit Blattsubstanz besetzten Blatinerven. Es reiht sich diese Er- scheinung an die Fälle an, in welchen die Blattsubstanz ganz ver- schwindet und blos der Blatinerve oder der Stengel übrig. bleibt. Ausnahmsweise kommt diese Erscheinung bei vielen Pflanzen, zumal bei abgehaltenem Lichte vor, wodurch sie, wie man sagt, vergeilen oder in ungewöhnlich lange bleiche Triebe auswachsen, an welchen die Blätter meist mehr oder weniger verkümmert sind: Ein auffal- lendes Beispiel davon boten mir vor mehreren Jahren einige Pflan- zen des Cactus phyllanthus dar. Ich hatte sie während des Winters auf einen Kasten im Hintergrunde meines Zimmers gestellt, wo sie also bei vermindertem Lichtgenusse einer höheren Temperatur aus- gesetzt waren und zugleich gar nicht oder nur höchst selten begos- sen wurden. An den einzelnen sogenannten Blättern, die ich auch hier der Kürze halber so nennen will, verlängerte sich der ihre Mitte einnehmende Nerve oder Stengel, blieb aber blass und rund, ohne Blattsubstanz anzusetzen. Solche Triebe entwickelten sich auch aus dem Wurzelstocke und erreichten wohl bis zum Frühjahre zum Theil eine Länge von einigen Zollen. Nachdem sie jetzt an’s Licht und bald auch in's Freie gebracht worden waren, begann .die Entwick- lung der Blattsubstanz und zwar bei mehreren nicht blos nach 2, sondern nach 4 Seiten hin, so ‚dass der Stengel Akantig wurde. ;; Diese Form verwandelte sich aber bei einigen bald in die 3kantige, indem sich eine Kante mit einer zweiten vereinigte und der Stengel oder das Blatt dadurch 3kantig wurde; bei einem andern 4kantigen Sten- gel hörten 2 Kanten auf zu wachsen, indess die beiden andern sich fortentwickelten und dadurch die regelmässige Form der sogenann- ten Blätter des: Cactus phylianthus wieder hergestellt wurde. *), Warneming eener zondelige wisseling von bladderen bij eene Aristolochia Sipho. 92 Auf ähnliche Weise kommt übrigens auch bei andern Cactus- Arten nicht selten eine abnorme Vermehrung der Zahl der Kanten vor, die denn auch auf ähnliche Weise durch Stehenbleiben der einen Kante oder durch Verschmelzung mit einer andern zu der normalen Zahl zurückkehrt. Das Streben, zu dem normalen Typus sich zu entwickeln, dauert also hier, wie in so vielen Fällen von zurückge- bliebener Entwicklung selbst bei höheren Thieren und dem Mensfhen, fort. Bei diesen ist freilich die Entwicklung der Form mit ler Ge- burt abgeschlossen und es bietet hauptsächlich die Pubertätsent- wieklung Beispiele von einem solchen Nachholen der normalen Ent- wieklung dar, oder die Reproduction von Organen, bei welchen eine wiederholte Entwicklung stattfindet, wie bei den Geweihen der Hirsche. In manchen Fällen bleibt das Geweihe mehrere Jahre oder vielleicht auf Lebenszeit einfach, wie bei dem Spiesser, nimmt aber an Läpnge und Dicke zu. Ob ein solches Geweih dann später mit der dem Alter des Hirsches entsprechenden Zahl von Sprossen re- produeirt werde, darüber sind mir keine bestimmten Beobachtungen bekannt; indess bietet die Reproduction von Organen, welche zufäl- lig verstümmelt oder gänzlich entfernt wurden, wie die Scheren der Krebse oder der Schwanz der Eidechsen u. s. w., hinlängliche Belege für diese Tenacität des Organismus und der einzelnen Or- gane sich zu dem normalen Typus zu entwickeln, wenn etwa diese Entwicklung gehemmt oder gestört ‘wurde. — Es fehlt nicht an Bei- spielen, in welchen solche Hemmungen der Entwicklung oder die durch zufällige Umstände veranlasste Reproduction einzelner Organe sogar eine luxurirende Entwicklung hervorruft, welche der bei sol- chen Organen bisweilen ursprünglich oder bei der ersten Bildung einzutretenden entspricht. Von solchen Abweichungen schliessen sich’ an die zuvor angeführte mangelhafte Entwicklung der Blattsubstanz bei den Blättern der Digitalis und an die wiederkehrende Entwicklung der Blattsubstanz bei dem Cactus phyllanthus dieFälle an, in welchen IH. auf einem einzelnen Blattnerven eine solche Ent- wicklung von Blattsubstanz statt findet. Eine solche jedoch sehr. beschränkte Entwicklung von Blattsubstanz fand ich an einer der dem mittleren Haupt-Nerven zunächst gelegenen schwächeren Längsrippen des Blatts einer im Garten cultivirten Pflanze von Gen- liana lutea, ebenso mehrere kleinere blattartige Auswüchse auf der Oberfläche eines Blatts von Aristolockia Sipho. Ein wenn gleich sehr kleines Blättchen, das am hinteren Theile des Haupt-Nervens eines Rosenblatts sich erhob, gab sich doch durch seinen ge- sähnelten Rand als eine Nachbildung des grössern Blatts zu er- 9 kennen, die indess ohne Zweifel durch Insectenstich veranlasst war. Ebenso fand ich auf dem vorderen Theile des Hauptnerven eines sonst regelmässig gebildeten nur an der Spitze getheilten Lor- beerblatts ein kleines Blättchen, das eben damit an die normale Bil- dung bei Ruscus hypoglossum erinnert, wenn gleich bei diesem der Hauptnerve des folium floriferum mehr die Function des Stengels vertritt. Die Production von Blattsubsfanz an der Hauptrippe des Blatts steigert sich in manchen Fällen zu einer merkwürdigen Art von Zwillingsblatt, wie ich sie früher*) von dem Forellensalat be- schrieben und indess öfters an Blättern des Kopfsalats beobachtet habe. Eine interessante Uebergangsform bot mir indess das folgende Doppelblatt der Strelitzia ovata Tab. V. Fig. 1—3. Es besteht aus einem grösseren ziemlich regelmässig gebildeten Blatte und aus einem kleineren verkümmerten, das gleichsam in den Blattstiel des grösseren hineingeschoben oder mit ihm. aufgewachsen ist. Die - Rückseite des grösseren Blatts in der Durchschnittszeichnung Fig. - 3. durch d t d’ angedeutet, ist wie gewöhnlich von blässerer und matterer Farbe und weicht nur dadurch von der Rückseite eines ein- fachen Blatts ab, dass die Mittelrippe stärker ist und die eine Hälfte der Blattausbreitung weiter am Stiele bis t herab sich erstreckt, wie diess die Abbildung des Doppelblatts von der Seite Fig. 2. deutlich macht. Als Rückseite des kleineren Blatts ist die innere Fläche beider Hälften desselben anzusehen, e e c’ Fig. 3., indess die linke Hälfte des grösseren Blatts a und die ihr zugekehrte des kleineren Blattes b die satter grüne und etwas glänzende Farbe der oberen - Fläche des normalen Blatts zeigen. Diess ist ebenso auf der rech- ten Seite des Doppelblatts der Fall, auf welcher b’’ und a’ wieder ein Analogon der obern Fläche des normalen Blatts bilden. Es’ besteht also dieses Zwillingsblatt aus einer der normalen sehr ähn- lichen hinteren Fläche d ce d‘ Fig. 3, aus einer seitlichen linken Hälfte, welche aus der linken Hälfte des grösseren al und aus der linken H Hälfte b 1 des kleineren Blatts besteht. Die rechte Hälfte r des Zwil- lingsblatts sodann wird durch die rechte Hälfte des grössern Blatts a‘ l‘ und die rechte Hälfte des kleineren Blatts b’l Fig.3. gebildet, und die sich zugewandten Flächen des kleineren Blatts ce e e’ Fig. 3. bildeten zusammen dies gemeinschaftliche Analogon der Unter- seite des kleineren Blatts für sich, indess die Fläche d t d die ihr entsprechende Unterseite der beiden Hälften des gemeinschaftlichen *) Ueber die Missbildungen der Gewächse, ein Beitrag“ zur Geschichte und Theorie der Missentwicklungen organischer Körper, Stuttgaıt bei Stein- kopf 1814, pag. 38. Analogons des normalen Blatts bildet. Es ergibt. sich: also. hier wieder eine ähnliche Construction für dieses Zwillingsblatt, wie für das in. meiner Schrift über die Missbildungen der Gewächse Pag. 38. und Tab..I. Fig. 2. und 3. für ein Zwillingsblatt von Forellen- salat versuchte, und die Analogie mit den nicht selten vorkommen- den thierischen Missgeburten, welche an ‘der Brast mit einander verwachsen sind und deren Rückenseiten somit einander entgegen- gesetzt sind, indess auf jeder Seite 2 Arme und Beine sich zage- kehrt sind, von welchen je ein Arm und ein Bein dem einen und dem andern Fötus angehört. Ueber die Entstehungsweise dieses Zwillingsblatts von Strelilzia ist indess zu bemerken, dass bei der normalen Entwieklung der Blätter der Strelitzia die glänzenden oberen Flächen einander zuge- kehrt und durch die Scheiden der unteren Blätter an einander ge- presst sind. Es konnte also die Verschmelzung beider Blätter in ihrer normalen Lage erfolgen und es scheint in der narbigen Stelle r r Fig. 1. und 2. noch eine Spur dieser Verschmelzung zurückge- blieben zu sein, die aber‘ durch die schnellere Entwicklung des grös- seren Blatts zu der mehr normalen Form getrennt wurde, indess das kleinere Blatt mehr verkümmert blieb. Für diese Art der Ent- stehung spricht auch das häufigere Vorkommen dieser Art von Ver- schmelzung von 2 Blättern bei dem Kopfsalat, bei welchem die Blät- ter so in einander geschachtelt sind, dass die obere Seite des einen Blatts die Rückseite des mehr nach innen gelegenen Blatts berührt. Die Abnormität besteht also in diesem Falle vielleicht darin, dass 2 Blätter seitlich mit einander an ihrer Mittelrippe vereinigt sind, wodurch also nach der 1. c. Fig. 2. und 3. gegebenen Construction die matten und glänzenden Hälften beider Blätter je in eine beiden gemeinschaftliche matte und glänzende Farbe vereinigt wurden. Auf eine andere Weise erfolgte diese Vereinigung von 2 Blättern einer Pflanze von Kopfsalat mit 2 Köpfen, die ich kürzlich erhielt, indem 2 der äussersten Blätter, welche gewissermassen beiden Köpfen ge- meinschaftlich waren, seitlich so vereinigt sind, dass die linke und rechte Seite des Doppelblatts (abgesehen von ihrer durch Cultor ver- anlassten grösseren und etwas unregelmässigen Ausbreitung) eine gleichartige Entwicklung zeigte, indess der beide verbindende mitt- lere Theil aus 2 verkümmerten Hälften bestand. Die Verdopplung ging also hier von der beiden Blättern gemeinschaftlichen Mittelrippe aus. Sie schliesst sich daher mehr der gewöhniicheren Form von Zwillingsblättern an und namentlich an die folgenden 3 Beispiele von ungewöhnlicher oder vermehrter Entwicklung der 95 Blattsubstanz auf den Nerven des Blatts bis zar Theilung des Blattstiels und die dadurch bedingte Entstehung eines Döppel- blatts. Die eigenthümliche Vermehrung der Blattsubstanz des normalen Blatts, welche sich bei manchen Pflanzen durch Kräuselung des Blattrandes insbesondere zu erkennen gibt, bildet in gewisser Be- ziehung allerdings zunächst den Gegensatz von der in den voranste- henden Beispielen erwähnten Verkümmerung der Blattsubstanz, in- dess in anderer Beziehung namentlich in den hier bemerkten Beispielen von Digitalis purpurea der Verkümmerung der Blattausbreitung auf der einen Seite des Blattstiels mehr die zum Theil analoge Verküm- merung der Blattausbreitung des einen oder andern Blatts des Dop- pelblatts im Ganzen oder der einen oder andern Hälfte der einzelnen Blätter des Doppelblatts sich anschliesst. Die 2 folgenden Doppel- blätter von Digitalis purpurea beobachtete ich an einer über 5’ hohen sehr üppig gewachsenen Pflanze von Digilalis purpurea, welche ich von dem jetzt verstorbenen Fürsten v.Hohenlohe-Kirchberg (des- sen regem Interesse für die Naturwissenschaften sowie seiner freund- - schaftlichen Unterstützung meiner Studien ich gerne ein dankbares Andenken widme) aus einer neuen Gartenanlage auf dem Sophien- berge bei Kirchberg erhielt. Der verhreiterte Stengel (Caulis fas- cialus), dessen oberer Theil dicht wit Blumen besetzt ist, theilt sich nach oben in 2 etwa 10° lange gleichfalls verbreiterte und -gröss- tentheils noch mit Blumen bedeckte Aeste. Die Blätter sind alle normal gebildet bis auf 2, die ich mit D und E bezeichne. D) Das Stengelblatt D ist an der Spitze getheilt und stellt ein Doppelblatt dar, an welchem die Blattausbreitung auf beiden Seiten des gemeinschaftlichen Blattstiels und auf der äusseren Seite jedes “ Theilblatts a und b vollkommen entwickelt ist, doch hat die rechte Hälfte ‚des Doppelblatts b überhaupt eine mehr normale Form mit regelmässigem Verlaufe der Nerven, indess an der linken Hälfte a der Nerve sich theilt und einen stärkeren Ast*an die beiden Hälften gemeinschaftliche Blattausbreitung abgibt. Diese verbindet beide Theilblätter bis zu ihrer Trennung in 2 gesonderte Enden, also etwa bis auf !/, der ganzen Länge des Blatts, sie gehört jedoch mehr der linken als der rechten Hälfte des Doppelblatts an, indess letztere namentlich auch in ihrem oberen Theile mehr der normalen Form sich nähert. ” E) Diese ist bei den 2 Theilblättern e und d des folgenden Dop- Bun E mehr entwickelt. Der gemeinschaftliche Blattstiel dieses urzelblatts theilt sich in 2 Hauptnerven, von welchen der rechte 7 96 stärkere den Mittelnerven eines beiläufg 8—9” langen Theilblattes d bildet, der andere als Mittelnerve dem kleineren Blatte c ange- hört, dessen Länge von der Theilungsstelle des gemeinschaftlichen Blattstiels ohngefähr 6—7’’ beträgt. An dem rechten Theilblatte d ist die linke Hälfte von ihrem untern Drittheile an mit der rechten Hälfte des linken Blatts e gegen die Basis so vereinigt, dass der zwischenliegende Theil beiden Theilblättern gemeinschaftlich ist. Die Form dieser Blätter entspricht also der des Caulis fascia- tus derselben Pflanze, sofern von der ursprünglich runden Form des untern Theils des Stengels eine naclı oben zunehmende Verbreite- rung und endlich Theilung der Spitze desselben stattfindet, auf ähn- liche Weise wie bei dem Doppelblatt von dem normal sich darstel- lenden gemeinschaftlichen Blattstiele die Theilung in 2 Blätter mit seitlicher Vereinigung und Verschmelzung und sodann wieder deren Trennung nach oben eingetreten ist. Diese Verschmelzung von 2 Blättern zu einem dem Doppelblatte D der Digitalis purpurea ähn- lichen Doppelblatte kommt übrigens ziemlich häufig bei sehr ver- schiedenen Pflanzen vor, von welchen ich sie namentlich, hauptsäch- lich an jungen Trieben von Syringa vu!yaris, Pyrus Cydonia, Betula alba, sodann bei Epimedium alpinum, Salvia officinalis, Sazifraga crassifolia, Cheiranthus Cheiri, Celosia cristata beobachtete. Eine Disposition zu dieser Abweichung scheint bei den gefiederten Blät- tern, die sich mit einem einzelnen Blatt endigen (folia pinnata cum impari), stattzufinden, wie z. B. Rosen, Acacien: doch drückt sich hier in der Form des Doppelblatts mehr blos die Tendenz zur Thei- lung in ein Paar der seitwärts stehenden Blättchen aus. Diess trifft auch gewissermassen bei einem Exemplar von Polypodium decussatum Willd. aus Columbien zu, dessen Spitze sich in 2 un- fähr 2'/,‘ lange gleichfalls mit Blättchen besetzte Aeste theilt, auf eine Weise, wie sie bei dem gleichfalls in Columbien einheimischen Farnkraut Mertensia fuscata Willd. normal vorkommt. An einem Rosenblatt fand ich sogar nicht blos das Endblättchen, sondern auch alle Seitenblättchen der Pinna an der Spitze getheilt, also im Ueber- gauge gewissermassen zu dem folium bipinnatum, indess die häufig vorkommende mehr oder weniger vollständige Trennung an der Basis XXVl. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte, —unn —_—_— —— —- = ——_— ——e Begenshurg, am 19. September 1849. Nr. 3. Tagesordnung für Mittwoch den 19. September 4849. Morgens 8— 10 Uhr: Sitzungen der Sectionen 1. 3. 4. 5. 7. 10— 12 Uhr: Sitzungen der 2. u. 6. Section. Nachmittags Punkt 2 Uhr: Abfahrt der Gesellschaft mit dem Dampfschiffe „Königin Marie“ nach Donaustauf und Walhalla. Der Eintritt in das Schiff ist nur ‘gegen Vorweis der Anmeldungskarten gestattet. Unmittelbar nach Ankunft des Schiffes begibt sich die Gesellschaft über die Stufen zur Walhalla und verweilt daselbst bis 3% ‘Uhr. Hierauf gemeinschaftliche Promenade nach den Ruinen der Veste Donaustauf. Abfahrt des Dampfschiffes von Donaustauf Abends 5%, Uhr. Fahrpreis für die Person hin und zurück: 48 kr. Abendliche Zusammenkunft in der Ressource. TE Fr | ES Erste öffentliche Sitzung am 18. September, Vormittags 10 Uhr. Nach einer herzlichen Bewillkommung der Versammlung im Namen der Stadt Regensburg dınch den’ rechtskundigen Bürgermeister Herrn Satzin- ger eröffnete der erste Geschäftsführer Dr. Fürnrohr die Versammlung mit einer Anrede, worin er zuerst eine 'kurze Schilderung, des bisherigen Verlaufes dieser Versammlungen gab, dann die günstigen Erfolge der- selben für die Wissenschaft hervorhob, aber auch der Schattenseite ge- dachte, dass durch die immer mehr gesteigerten Festlichkeiten die Versamm- lung selbst allmälig ihrem eigentlichen Zwecke entrückt wurde. Die Wahl der Stadt Regensburg mache aber jetzt zur Nothwendigkeit, was früher durch freien Willen nicht erreichbar gewesen sei, und die Gesellschaft möge daher entschuldigen, wenn diesmal; alle äusserliehen Zuthaten ferne gehalten wür- den und lediglich der Hauptzweck ins Auge gefasst werde. Nachdem noch des Einflusses der verschiedenen bisherigen Zeitereignisse auf das Zustandekom- men der gegenwärtigen Versammlung gedacht worden war, wurden kurz die naturhistorischen Verhältnisse der Umgegend berührt und endlich der Männer gedacht, die seit den ältesten Zeiten. hier mit Naturwissenschaft sich ,beschäf- tigt haben, und deren Namen dadurch unzertrennlich ‚au die Geschichte der hiesigen Stadt geknüpft ist. Hierauf verlas dem bisherigen Gebrauche gemäss der zweite @eschäfts- führer Dr. Herrich-Schäffer die Statuten und legte die eingegangenen Einläufe vor, bestehend ‚aus 2. Brochüren des. Herrn Geheimraths: v.. Struve in Hamburg über „Stravit“ und „Contreverse: was. ist Mineralspecies“, einem Briefe des Herrn Dr. Nevermann zu Plau in Mecklenburg und. end- lich einer Zuschrift der Geschäftsführer der 25sten Versammlung! zu Aachen, worin sie die Ursache der bisherigen Verzögerung des. Erscheinens des ‚amt- lichen Berichtes angeben und dessen. baldigste' Veröffentlichung zusichern. Diesem schlossen sich folgende Vorträge an: 1) Herr Professor Kolenati, Deputirter des naturhistorischen Vereins „Lotos“ in Prag verbreitete sich über Acelimatisation. Auf eine Einleitung über die Unerschöpflichkeit der Aufgabe des Naturforschers, über seine Hauptaufgabe, Ursachen und Wirkungen der Naturerscheinungen zu er- Be 2 gründen, so wie ferner die Nutzanwendung der erforschten Gesetze auf das Leben aufzufinden, folgten Bemerkungen ‚über Klima, insbesondere: Wärme- verhältnisse, sodanr eine Definition des Begriffes Acclimatisation, Andeu- tungen über Acclimatisationskrankheiten, endlich eigene Beobachtungen und Erfahrungen über den „vorliegenden Gegenstand: bei raschem Uebergange vom 40sten zum 65sten nördlichen Breitengrade, merklich später eintre- tende Abschuppung der Oberhaut, — im Verhältnisse zum Eintritt des De- squamations-Prozesses bei den Eingebornen; ähnliche Beobachtung rücksicht- lich des Härungsprozesses und. der Mauser bei Säugethieren und Vögeln; bei rascher Rückkehr in ein südliches Klima nur sehr allmälige Wiederher- stellung des diesem entsprechenden Desquamationstypus. Schliesslich ladet derselbe Naturforscher und Aerzte ein, durch Gründung eines Acclimatisa- tionsvereins zum Wohle der Auswandernden beizutragen, und verweist auf eine bald erscheinende ausführliche wissenschaftliche Abhandlung über diesen Gegenstand. 2) Herr Dr. Oskar Schmidt aus Jena entwarf nach eigener An- schauung ein lebensvolles Bild der Faröer. Zunächst verbreitete er sich über Beschaffenheit des Bodens, Klimas, der Vegetation und der gesammten dort vorkommenden Thierwelt und knüpfte daran eine Schilderung des Kör- perbaues, der Sitten, Gewohnheiten und Culturverhältnisse der Eingebornen. 3) Herr Graf Heinrich von der Mühle sprach über die Lebensweise der hochnordischen Vögel im Vergleiche zu jener der südeuropäischen. Unter den Gegensätzen hob derselbe vorzüglich folgende hervor: im Norden Ar- muth an Arten, Reichthum an Individuen, Mangel des Auswanderungstriebes Eintönigkeit der Farben, geringe Anzahl der Singvögel; im Süden Reichthum an Arten bei zurücktretender Menge der Individuen, Manchfaltigkeit und Pracht der Farben, vorherrschende Wanderlust und auffallend grosse ‚Zahl der Sänger. 8 16 > Nach dem Schlusse der ersten allgemeinen Versammlung verfügten sich die Mitglieder in das Gymnasialgebäude und bildeten in den daselbst ange- wiesenen Räumen die Sectionen. Erste Section: Für Physik, Astronomie und Mathematik. Vorsitzender: Professor Dr. v. Schmöger. Schriftführer: Professor Huther. Zweite Section: Für Chemie und Pharmacie. Vorsitzender: Hofrath Professor Dr. Buchner. Schriftführer: Apotheker Schmid. Dritte Section: Für Mineralogie, Geognosie und Geographie. Vorsitzender: Professor und Conservator Dr. Schafhäutl. Schriftführer: Dr. Fraas. Vierte Section: Für Botanik, Land- und Forstwirthschaft. Vorsitzender: Hofrath und Professor Dr. v. Martius. Schriftführer: Dr. Koch von Jever. Fünfte Section: Für. Zoologie.und Anatomie. Vorsitzender: Dr. Oskar Schmidt. Schriftführer: Dr. Walt. Sechste Section: Für Mediein, Chirurgie und Geburtshilfe, Vorsitzender: Professor Dr. Siebert. Schriftführer: Dr. Rapp, Dr. Eichhorn. Zu Vorträgen haben sich eingezeichnet: Il. Section: Professor Dr. Frischmann über das herzoglich - leuchten- bergische Kabinet in Eichstätt. Professor Dr. Kolenati über die neuesten Leistungen in der Paläontologie zu Prag (vier Vorträge mit Demonstrationen). Derselbe über die Krystallsysteme und krystallographi- schen Axen. IV. Section: Hofrath Professor v. Martius über die Genesis des Blattes. Kiel Fortgesetzte Liste der bis zum 18. September Nachmittags eingezeichneten Herren. Dr. Alle, k. k. Universitäts- Assistent, Wien, in den drei Helmen. Bauhof, Gastwirth, Regensburg, in den drei Helmen. Berchem, Freiherr von, Gutsbesitzer, Steinach, E. 85 Dr. Betz, Docent, Tübingen. Brauser, Kaufmann, Regensburg, B. 93. Dr. Buchner sen., Universitäts-Professor, München, in den drei Helmen. Dr. Deisch, Arzt, Regensburg, C. 68. Dr. Ditterich, Universitäts-Professor, München, B. 93. Dr. Döbner, k. Professor an der Forstlehranstalt zu Aschaffenburg, im goldnen Engel. Dörnberg, Ernst Freiherr von, Regensburg, I. 34. Dr. Eichhorn, k. Landgerichts- Arzt, Gunzenhausen, E. 4. Fraas, Stadtvikar, Bahlingen, C. 95. Dr. Gerster, praktischer Arzt, Regensburg, C. 99. Dr. Grimm, Physieus, Thedinghausen bei Bremen, €. 115. Dr. Heigl, praktischer Arzt, Regensburg, E. 78. Henle, Apotheker, nd ade €. 106. Jäger, Particulier, Stettin, im goldnen Kreuz. v. Kellner, Major a la Suite, Regensburg, E. 153. Dr. Kelp, Kreisphysikus, Oldenburg, in den drei Helmen. Dr. Kindt, Medieinalrath, Oldenburg, in den drei Helmen. Dr. Klingsohr, k. Advokat, Regensburg, F. 4. Kranzberger, Hofzahnarzt, Regensburg, E. 10. Dr. Kriechbaum, praktischer Arzt, Stadtamhof, Nro. 11. Dr. Küsser, praktischer Arzt, Regenstauf, E. 106. Dr. Litzikirchner, Advokat, Regensburg, B. 97. 18 Dr. Maistre, praktischer Arzt, München, in den drei Helmen. Martin, Professor der Geburtshülfe, Jena, in den drei Helmen. Martius, Professor der Botanik, München, in der Zuckerfabrik. Martius, Professor, Erlangen, G. 113. Marzius, Apotheker, Weissenburg am Sand, in’ den drei Helmen. Dr. Miller, k. Landgerichts-Arzt, Burglengenfeld, im goldnen Kreuz. v. Melzl.ks Forstmeister, Kempten, B. 35. Dr. Merz, Optikus, München, C. 98. Mördes, k. Regierungs- und Kreisforstrath, Regensburg, G. 154. Dr. Mückl, praktischer Arzt, Regensburg, E. 93. Dr. Nehr, k. Landgerichts-Arzt, Selb, im goldnen Engel. Ostermaier, Apotheker, Wörth, in den drei Helmen. Dr. Pollau, praktischer. Arzt, Windsheim. F. 72. Rüger, Oekonom, Wien, in den drei Helmen. Schmid, Apotheker, Wunsiedel, im goldnen Engel. Schmid, Seminarlehrer, Eichstätt, Stadtamhof Nro, 15. Dr. Seitz, Professor, München, Be Stern, Beneficiat, Steinach, Stadtamhof Nro. 108. Strauch, Cand. Med., Halle, C. 95. Süss, Magistrats-Rath, Stadtamhof, Nro. 178. Waldmann, k. Forstkommissär, Regensburg, 1. 50. Dr. Waltl, k. Professor der Naturgeschichte und Chemie, Passau, ‚c. 14. Dr. Walz, Apotheker und Lehrer, Speyer, E. 29. Dr. Weber, praktischer Arzt, Regensburg. B. 97. Dr. v. Weidenbach, Re Hexenacker,,im goldnen Engel. Dr. mer praktischer Arzt, Sulzbach, F. 6. Zuylen, Freiherr von, Gutsbesitzer, ee D. 93. r (im Ganzen 153.) E19 EINLADUNGEN. Der &ewerbe-Verein der Stadt Regensburg beehrt sich hiemit, die Anzeige zu machen, dass den Herren Naturforschern der freie Eintritt in die Räumlichkeiten der Lokal-Industrie-Ausstellung gegen Vorzei- gung der Anmeldungskarten offen stehe. Die Pistolenschützen - Gesellschaft dahier beabsichtigt zur Feier der Anwesenheit der Herren Naturforscher und Aerzte ein Pistolenschiessen auf 300 Schritte zu geben, welches Donnerstag den 20. und Freitag den 21. dieses Monats stattfinden soll. Das Schiessen nimmt seinen Anfang Früh 8 Uhr und endet Abends 5 Uhr. Es werden daher alle hiesigen und auswärtigen Freunde des Pistolen- Schiessens hiemit höflichst eingeladen, sich an benannten Tagen recht zahl- reich einzufinden, woselbst die näheren Bedingnisse am Schiesshause, sowie bei unterzeichneten Schützenmeistern zu erfahren sind. Regensburg im Monat September 1849. C. Schmidt. A. Weinzierl. ANZEIGE Bei Antiquar Franz Joseph Augustin jun., an dem Obstmarkte, liegt ein Verzeichniss verkäuflicher naturhistorischer. besonders entomologischer Bücher zur gefälligen Einsichtnahme auf. RZ en Fre > Dr. Mair: Le, Martiu Pro aad ug z Sen iabr ar Kgwra We nsy ir Dr, Miller, v. Meile j Dr. Mor z der e x ! E mordes, ke Mi - .d Kreinlaramaiie, ne: 100 er bisb Msisd ' Au F en, Je DE "De, Noht, Bi | Ostkemüiee, Roger | me. eat Pr Beh Pe ye Eu RR Er SE rer 05 = Se re I pas GERINGE ie us: | Vs e Feigen analog SR WIE TÜREN ER - e - #4} s ’ E: lien wire Be „ Fr er Yen "Due t * mie RER STERNE. = K; Er Bat = ai 7 ser t DE % Maul En inc pr Fi IL Di M Fa x\XVI Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte. Regensburg, am 20. September: 1849, Nr. 4. Tagesordnung für Donnerstag den 30. September 1849. Vormittags S— 10 Uhr: Sitzung der Sectionen 1. 3. 4. 5.7. Vormittags 10 — 12 Uhr: Sitzung der Sectionen 2. u. 6. Nachmittags 2 Uhr, bei, günstiger Witterung: Botanisch - zoologisch - minera- logische Excursion :nach Keilberg und dem Tegernheimer Keller. Ver- sammlungsplatz: steinerne Brücke. Abends S Uhr: Production des 'Liederkranzes im ‚Saale der Ressource. Auszüge aus den Sections - Protokollen,. gehalten am 19. September 1849. Erste Section: Für Physik, Astronomie und Mathematik. Vorsitzender: Professor Dr. v. Schmöger. Schriftführer; Professor Huther. Der Vorsitzende, Professor Dr. v. Schmöger, trug eine von dem Lycealprofessor Dr. Meister, von Freising, der wegen Unwohlseins bei der En» Versammlung der Naturforscher nieht selbst erscheinen konnte, eingesandte Abhandlung vor. Der Verfasser verbreitet sich darin über das Verhältniss der Vegetationszeit der Cerealien und. der mittleren Temperatur während der- selben, wobei er von dem zu vermuthenden Gesetze ausgeht, dass das Pro- duet aus der Vegetationszeit und der mittleren Temperatur jener Periode für dieselbe Fruchtart an demselben Orte, aber in verschiedenen Jahren und je bei Verschiedenheit des Orts und der Zeit.nahezu, besonders im mehrjährigen Mittel gleich sein dürfte, dass also jede Fruchtart ein bestimmtes Wärme- Quantum zu ihrer Ausbildung erfordere. Am Schlusse fordert derselbe zu Beobachtungen rücksichtlichtdes(abgehandelten &egenstandes ‚und+zw Mitthei- Iungen der Resultate derselben auf. Ei.) Fi Hierauf sprach Dr. Merz, Optikus aus München, über Distanzen- messer. Derselbe zeigte, dass die Ocularverstellung trotz der Doppler'schen Verlängerung der Fernrohrs’ nicht 'ausreiche und von der. Aceomodation des Auges abhänge. _Eben_so wenig genüge das Mikrometergitter, da dasselbe wegen der dabei nöthigen Rechnung unbequem sei; endlich sei auch die heliometrische Vorrichtung zu, complieirt.und.kostspielig. Derselbe äusserte, dass es daher sehr zu wüuschen sei, dass ein bequemer Distanzmesser kon- struirt werde, und forderte zu Mittheilungen von Ansichten darüber auf. Der Nämliche theilte dann mit, dass ein nach starkem Glühen rasch abgekühlter Glaswürfel mit 4 polirten Seitenflächen genüge, die Polarisation des Lichtes ohne. Apparat zu zeigen. j Eben so machte Dr. Merz: Mittheilung, von neueren Verbesserungen an der parallaktischen Aufstellung der, Refraktoren, die namentlich durch Ver- stellbarkeit der Polhöhe, Minderung der Gegengewichte ete. erzielt werden. Zuletzt theilte derselbe Vorschläge zu einem Riesenmikroskop mit, das in zwei Stockwerken anzubringen wäre. Für die nächste Sections - Sitzung kündigte Dr. Merz einen Vortrag über Photometrie, und Professor Dr. v. Schmöger über Nervanders Er- klärung der Schwankungen der Luftwärme, so wie über eine neue Art von Luftballonen an. if vV-2 n a Zweite Section: Für Chemie und Pharmaeie. Vorsitzender: Hofrath Professor Dr, Buchner. , Schriftführer: Apotheker Schmid. „ 2 Hofrath Dr. Buchner eröffnete .die Sitzung mit, einem Vortrage über die.s. g. „Pultfeuerung“, welche jetzt häufig in Fabriken, u. a. auch in der Saline .zu Reichenhall und Traunstein eingeführt, durch Herrn Salinen - In- spektor Hecker verbessert worden ist, und hinsichtlich der vollkommenen a 23 > Verbrennung des Materials fast nichts zu wünschen übrig lässt. _ Während bei der frübern Construction der .Oefen stets viel Russ erzeı ıot wurde, was auch die traurige Veranlassung des Salinenbrandes in Reichenhall war, ge- schieht durch Er Pultfeuerung die Verbrennung des Kohlenstoffs so vollstän- ständig. dass gar kein Russ gebildet. und eine ganz weisse Asche erhalten wird: Zugleich” wird damit eine Holzersparniss erzielt, welche sich in Traun- stein auf 1090 Klafter pr. Jahr beläuft. Als eine auffallende Erscheinung wurde ferner. bemerkt. dass die Asche gar kein kohlensaures Kali enthält, vielmehr blos kieselsaures Kali, welches inte Wasser behandelt, eine Gällerte bildet. Es wurde herv orgehoben . dass diess dem Umstande 'berelchkiebeh “werden müsse, dass das Kkohlensaure Kali durch den starken Loftstron fort- gerissen würde, da eine wirkliche Verflüchtigung nicht angenommen werden könne. Diese Flugasche ist für die umlierenden Felder einerseits zwar von Nutzen. da sie dieselben düngt, hat jedoch anderseits auch schon zu Klagen Veranlassung gegeben , I sie auf die Vegetation zarter Pflanzen nachtheilig einwirkt. Im Bezug auf das Ahdampfen der Soole. welche im eoneentrirten Zustande Laab senannt wird, war es interessant, zu verneh- men. dass in die Sudpfaune zuerst concentrirte Mutter] auge &eßfächt wird. und hierauf die Soole: erstere entzieht der Soole Schnell” das Wasser. so dass dann das Salz fast augenblicklich sehr schön und regelmässig heraus- krystallisirt. Es entspann sich nun eine Discussion über zweckmässige Construction der Oefen, woran sich die Herren Fikentscher undDr. W alz betheilisten, und welche dann den letztern auf die Zuckerfabrik in Waaghäusel brachte. wo der Rückstand der Rüben seit einiger Zeit mit Vortheil zur Bereitung von Pottasche. Soda und schwefelsaurem Kali benützt wird. Hierauf hielt Professor Dr. Martius aus Erlangen einen Vortrag über ostindische Algen, s. g. zeylanisches Moos, welche mehr Gallerte enthalten, als alle bis jetzt bekannten gallertehaltigen Stoffe, und welche häufig sowohl bei Brustleiden, als auch als Nahrungsmittel angewandt werden. Martius hält dieses 2 identisch mit dem Agaragar, einer in Ceylon wachsenden Alge. Derselbe erwähnte ferner der ausser der Muschel wachsenden Pe: ‚len, einer 'bis jetzt unbekannten und auffallenden Erscheinung, Diese Perlen fin- den sich auf der. kleinen Insel Mindtanao auf Java, und..sollen nach der Ver- sicherung Schmidtmüllers an, Umfang ‚zunehmen , so dass sie, z. B. in Gold gefasst. aus der, Fassung heraustreten. Dr. Walz aus Speier zeigte zuletzt ‚schr ‚schönes Digitalin vor, und veranlasste eine Discussion über "Chlorkohlenstoff und dessen. schwierige Be- reitung., über Collodium ‚und über die Extraetbereitung. an weicher sich Buch- ner, Martius, Walz und Schmid betheiligten. Für die nächste Sitzung, wurde, von Martius ein Vortrag über -Sassa- parilla angekündigt. Dritte Section: Für Mineralogie, Geognosie und Geographie. Vorsitzender: Professor und Conservator Dr. Schafhäutl. Schriftführer: Dr. Fraas. 1) Konservator Dr. Frischmann begann mit einer kurzen Geschichte des herzogl: leuchtenbergischen Kabinets in Eichstätt uud gab sofort einen Ueberblick über den gegenwärtigen Zustand dieser Sammlung, welche sich vorzugsweise durch die Mineralien des Ural und. Altai auszeichnet. Unter Anderem wurden schr kostbare Stücke eines fast 6pfündigen Turmalins von der chinesischen Grenze, eines 3pfündigen Topases und eines prachtvoll cry- stallisirten Berylis vorgewiesen. . Paläontologisch interessant war eine Suite von Vorkommnissen aus den Eichstätter -Schieferbrüchen. 2) Professor Kolenati aus Prag, beauftragt von der Gesellschaft „Lotos“, machte die Versammlung mit der Geschichte der Wissenschaft in Böhmen bekannt. Nachdem, Graf Sternberg den Impuls, zum näheren Studium des böhmischen Uebergangsgebirges gegeben und Barrande auf- gefasst, wurde von Hawle und Corda in einer Monographie der Trilobiten dieser Zweig der Wissenschaft weiter geführt, während Hofrath Sacher mit dem Silurischen Kalke und Kolenati mit dem Pläner von Prag sich beschäftigt. Hierauf wurde eine ‚Suite neuer Cephalopoden aus dem ‚Ueber- gangsgebirge, sowie von Foraminiferen aus dem Pläner vorgewiesen. 3) ‚Leopold von Buch lieferte . neue Beiträge zur Kenntniss des Aptychus und belegte mit Beweisen vom Scaphites und ‚Spirula u. durch Vor- weisung eines Exemplar's von Solnhofen seine Ansicht, dass dieses sonder- bare Petrefaet zum Kauapparat der Ammoneen gehöre. Vierte Section: Für Botanik, Land- und Forstwirthschatft. Vorsitzender: Hofrath und Professor Dr. v. Martius. Schriftführer: Dr. Kooch von Jever. Ein Vortrag des Präsidenten v. Martius über die morphologische Be- deutung und die Entwicklung des Blattes, insbesondere des Palmenblattes, füllt die ganze Sitzung. Vorlegung der betreffenden Tafeln aus dem Werke des Redners über die Gattungen und Arten der Palmen, und Zeichnungen an der Tafel erläutern den Vortrag. “Wenn die Blattbildung als eine par- tielle und daher unsymetrische Astbildung aufgefasst wird, so lassen sich die vielfachen Formen der Stipeln leicht als die dazu gehörigen Vor- blätter begreifen, die in dem ähnlichen Verhältnisse zu diesem Theilzweige stehn, wie der Kelch zur Bluinenkrone. Die eigenthümliche Entwicklung der Palmblätter macht diese Ansicht ebenso deutlich, ‘wie nothwendig. Aus dem Centrum des Knospenkernes entstehend erheben sich die vollkommnen Blätter der Palmen (aber oft abwechselnd mit andern scheidenförmigen Blät- tern, die anfänglich wie ein convexer Teller aussehen) helmförmig aus ihrer Vagina, die später mit dem Blattstiele verwächst., Die hervorgehobene Blatt- spreite theilt sich dann sowohl bei den Arten mit fiederspaltigen als mit fä- cherförmigen Blättern, indem die an den Einfaltungen befindliche Membran zerrissen wird. Die Gefässbündel, welche endlich, das Blatt durchsetzen, haben ihren Entstehungspunkt nicht in diesem selbst, sondern in dem Knos- penkerne, und bilden,; wenn sie queer durch. den Stamm hindurch das ge- genüberstehende Blatt aufsuchen, , die den Monocotylen eigenthümliche Kreu- zung. Hinsichtlich der Blattstellung kommt bisweilen noch das eigenthüm- liche Verhältniss vor. dass Blatt- und. Stipulartheile zweierlei Stellungen ein- halten, jene z. B. zu ”%, diese zu ”%5, wodurch, wenn später beide ver- wachsen, eine einseitige ohrenförmige Erweiterung der Stipeln an dem Blatt- stiele hervorgebracht wird (Leopoldina). Angekündigte Vorträge: 1. Forstrath Mördes, über die Mischung‘ der Waldbestände. 2. v. Martius über die pflanzengeographische Statistik von Bayern. Fünfte Section: Für Zoologie und Anatomie. Vorsitzender: Dr. Oskar Schmidt. Schriftführer: Dr. Waltl. Dr. Klopfleisch aus Jena hält einen umfassenden Vortrag über die geschlechtlichen Verhältnisse der Biene. Nachdem er über die Ent- stehung der Biene aus dem Ei mehreres vorgebracht, stellt er die Behauptung auf, 1) dass die Königin das am vollkommensten ausgebildete Weibchen im Stocke sei, welche aber nur die Fähigkeit; habe, ihr Geschlecht nach einer Richtung hin, und zwar nach der weiblichen fortzupflanzen; 2) dass die Ar- beitsbienen keineswegs Zwitter, sondern ebenfalls, wenn auch unvollkommen ausgebildete Weibchen seien, mit der Fähigkeit, ihr Geschlecht ebenfalls nur nach einer Richtung fortzupflanzen und zwar nach der männlichen: 3) dass demnach von der Königin die Arbeitsbienen, von den Arbeitsbienen die Drohnen herrühren; 4) dass die Drohnen die einzigen Männchen im Stocke seien. Darauf frägt Dr. Herrich-Schäffer: ob man noch nicht be- fruchtete Arbeitsbienen mit entwickeltem Eierstock und Eiern gefunden habe. Dr. Klopfleisch erwiedert darauf, dass bisher nur unvollkommene Beob- achtungen vorliegen, dass aber die Rudimente des Eierstockes bei den Ar- beitsbienen nachgewiesen seien, so wie, dass die dessfallsigen Untersuchungen im Gange seien, dass auch Professor Schleiden versprochen, habe, selbe gründlich vornehmen zu wollen. Mehrere "hierauf gestellte Fragen, führten denselben noch auf: den Begattungsausflug der Königin, auf ‚die Eierlage und das Schwärmen. Dr. Herrich-Schäftfer macht aufmerksam, dass man Gattungen, die mit den’ ‚Bienen. verwandt sind, wie ‚Hornissen, „Wespen, Hummeln uw. a. in Betreff der Fortpflanzung ganz genau "beobachten möge, um die noch dunklen Punkte nach der Analogie aufzuklären, Hierauf theilt Dr. W alt] aus Passau einige Bemerkungen über die Fort- pflanzung des Blutegels mit, und fordert die Anwesenden auf, die Lebensart die- ses nützlichen Thieres genan zu erforschen, um bei’ der Zucht derselben glück- licher zu sein, als bisher; ferner theilte er mit, dass um Passau in 15 Jahren nur einmal der gewöhnliche Maikäfer verheerend aufgetreten, gewöhnlich aber sehr selten sei. und glaubt eine Wanderung aus Oberbayern annehmen zu müssen: sodann die Beobachtung. dass um Passau der Argulus foliaceus auf Forellen nicht selten zu finden sei. Endlich stellt er die Frage an die Mit- glieder, ob man die Ursache und den Zweek kenne, warum bei mehreren In- sekten die weiblichen Individuen an Anzahl die männlichen oft so sehr über- treffen, wie z. B. bel Melolontha fullo und Bostrichus dispar; er selbst glaubt, dass ein Männchen zur Begattung für viele Weibchen. 'hinreiche, und die Weibchen der häufigern Vermehrung wegen an Anzahl vorherrschen. -Dann zeiet er morsches Fichtenholz aus dem bayer. Wald, von der Larve einer noch unbeschriebenen Dircaea ganz durchlöchert. Professor Martius aus Erlangen hatte hierauf die Güte, seine Erfah- rungen über Caprifieation vorzutragen und, zeigt das Insekt vor, welches hie- bei thätig ist, auch theilt er einen Brief. von Dr. Rosenhauer, Erläuterun- gen hierüber enthaltend, mit. Sechste Section: Für Mediein, Chirargie und &eburtshilfe. Vorsitzender: Professor Dr. Siebert. Schriftführer:, Dr. Rapp, Dr. Eichhorn. Der Präsident eröffnet die Sitzung mit. einem. Vortrage ‚über. die Ge- schäftsordnung, nach welcher für die angemeldeten Vorträge. die erste Stunde, für die, freie Discussion die übrige Zeit bestimmt wird. Hierauf folgten ‚die angemeldeten Vorträge. 1. Vortrag des &Gerichtsarztes Dr. Miller von Burglengenfeld, (über- partiellen Wahnsinn ‚angebliche Schwangerschaft, Geburt und Kindsmord). 2. Vortrag des Dr. Rapp von Bamberg über spontane Perforation des Magens und: des Darms. 3. Vortrag des Professors Dr. Martin von Jena über Selhstamputation am Fötus mit Vorzeigung einer Zeichnung eines solchen 'Fötus. (@r. 'Martin nimmt 2 Arten der Selbstamputation an, die eine durch ein plastisches faden- artiges Produkt bewirkt, nur bei missgebildeten und todtgebornen Früchten vorkommend, die zweite bei vollkommen entwickelten Kindern höchst: wahr- scheinlich durch Einwirkung äusserer Gewalt und dadureh bewirkte Knochen- brüche u. s. w. und deren Folgen entstanden.) 4. Vortrag des Professors Dr. Martius von Erlangen über Dasiespjis, Dassipiss oder Hyraceum, einen neuen Arznei-Körper vom Cap d. e. H. den er für in grossen Massen an bestimmten Plätzen abgesetzte Excreinente von Hyrax capensis erklärt und als wohlfeiles dem Castoreum ähnlich wirkendes Antihystericum nach Erfahrungen der Klinik in Erlangen empfiehlt, mit Vor- zeigung des Rohstoffes und der Tinctur; dann über Akar Asar, ein neues als Nutriens sich bewährendes dem Carragheen ähnliches Mittel. Hierauf forderte der Präsident auf, sich auf morgen für die Discussion über die Cholera vorzubereiten und ‚hielt über das VerHäteniz hinsichtlich der Pathologie und Therapie derselben. einen längeren Vortrag. Eine Com- mission zur Vorberathung über dieselbe wurde einstimmig abgelehnt, dagegen folgende vorgeschlagene 4 Fragen genehmigt, und für die morgende Discus- sion bekannt gegeben: 1) Ist die Cholera eine Localkrankheit oder eine Krankheit des Ges ammt- Organismus? 2%) Ist sie eine Krankheit des Blutes? 3) Ist sie eine Krankheit des Nerven-Systems oder einzelner Parthieen desselben? 4) Ist die jetzt herrschende Epidemie von den früheren verschieden, und worin? Zum Präsidenten für die nächste Sitzung wurde mit grosser Stimmen- mehrheit Professor Rothmund von München erwählt und hierauf die Si- tzung geschlossen. r Fortgesetzte Liste I der bis zum 19. September Nachmittags eingezeichneten Herren. yamae - Fr Berghofer, Privatiers, Regensburg, 1. 60. Dr. Blöst, fürstl. Thurn und Taxis’scher Leibarzt, Regensburg, &. 144. Dr. Graf, Medicinal-Rath, München, in den drei Helmen. Dr. Göschen, Medicinal- Assessor, Leipzig, im goldnen Kreuz. Dr. Gruber, Physikus, Mosbach am Neckar, im goldnen Ritter. DS) 7 Ge). 5 5 > Dr. Groll, Stadtgerichts - Arzt, Straubing, I. 49. Hagen, Vorstand der Irren - Anstalt zu Irsee, im weissen Hahn. Heyder, Privatier, Regensburg. F. 39. Heyder, Kaufmann, Abensberg, F. 39. Kaufmann, Prof. der Physik u. Mathematik, Eichstätt, in der weissen Lilie. v. Kobell, Franz, Professor, München, in Donaustauf. Koch, Juwelier, Regensburg, B. 96. Link. geh. preuss, Medieinal-Rath, Berlin, in den drei Heimen. Dr. Mayer, Universitäts- Professor, Würzburg, Stadtamhof. Dr. Mayer, praktischer Arzt, Kelheim, G. 117. Mörike, Oekonom zu Pürkelgut. Dr. Oettinger, praktischer Arzt, München, in den drei Helmen. v. Planckh, k. Kreis- und Stadtgerichts-Rath, München, in den drei Helmen. Dr. Proske, Canonicus, ‚Regensburg, G. 48. Redwitz, Baron von, Regensburg, ©. 154. Reithmayr, Apellationsgerichts-Rath, Regensburg, C. 25. Sauer, fürstl. Thurn und Taxis’scher Bauconduecteur, Regensburg, C. 58. Rothmund, Professor, München. B. 78. Gm Ganzen 176.) ANZEIGEN. Der Unterzeichnete hat eine grosse Sammlung -brasilischer u. a. In- sekten und Landeonchylien mitgebracht und zur Aufstellung derselben den Hörsaal des Isten philosophischen Kurses im Lyceumsgebäude erhalten; er ladet die verehrlichen Herren Naturforscher zur Besichtigung derselben ein, zu treffen ist er in der zoologischen Section und wohnt bei Studienpedell Stadler im Gymnasiumsgebäude zu ebener Erde. Dr. Waltl, von Passau. In Lit. B. Nro. 79, über zwei Treppen, stehen aus der Verlassen- schaft des Herrn Oberbergrath v. Voith eine Anzahl naturwissenschaft- licher Werke, darunter Zieten, die Verstein. Würtemb., zum Verkaufe. XXVI. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte, Begenshurg, am 21. September 1849. Nr. 5. Tagesordnung für Freitag den 22. September 3849, Morgens 8—10 Uhr: Sitzungen der Seetionen. 10 Uhr: Zweite allgemeine Versammlung im Reichssaale. Wahl des Ver- sammlungs-Ortes für nächstes Jahr. — Angemeldete Vorträge: Dr. Merz von München, über die geographische Vertheilung des Lichtes. — Prof. Dr. v. Schmöger von hier, über die Oscillationen in der Temperatur von Regensburg. — Dr. Weissenborn von Jena. über eine neue Aus- gabe des Plinius. — Prof. Zenneck von Stuttgart. über die äusseren Zweckverhältnisse im'der Natur. 1 Uhr: Zweites gemeinschäftliches. Mittagessen im goldnen Kreuz. Nach Tisch: Besuch ‚der Schiessstätte (Pistolenschiessen). 7 Uhr: Concert des Musikvereins im Eltelekeller, Auszüge aus dem Sections - Pretokolien, vom 20, September 1849. Erste Section: Für. Physik; Astronomie und Mathematik. Vorsitzender : Professor ‚Dr. v, Schmöger. Schriftführer: Professor Huther. Dr. Merz eröffnete die Sitzung mit,einem Vortrage über Photometer. Derselbe ‚führte von den beiläufig zwanzig, bekannten Photometern die vor- züglichsten auf, fand. aber,-dass von diesen keines ein absolutes sei, welches den Werth, eines /Thermometers ‚hätte, Alsdann ‚gab er ein neues Photome- ter, an, dessen Construction folgende ist: Dasselbe besteht aus zwei ineinan- 130 3 der zu schiebenden Röhren, welche an den äussern Enden gute Plangläser tragen; an dem äussern Rohre ist vorne eine hohle Glaskugel angebracht, die mit jenem in Verbindung steht. Füllt man die Röhren mit einer gefärbten Flüssigkeit. und schiebt sie dann gegeneinander, wobei ein Theil der Flüssig- keit in die Glaskugel entweicht, so erhält man Flüssigkeitsschichten von verschiedener Dicke, welche dem Lichte im grössern oder geringern Grade den Durchgang gestatten. Merkt man sodann an der äussern Röhre den Stand für's hellste Sonnenlicht und ebenso für das Mondlicht an, so kann man durch die Unterabtheilungen verschieden dazwischen liegende Hellig- keitsgrade bestimmen. so dass. man. auf diese. Weise ein. Differentialphoto- meter erhält. Von den versammelten Herren wurde die Zweckmässigkeit eines solchen Instrumentes gewürdigt, nur bestehe eine Unvollkommenheit desselben darin, dass nicht leicht eine constant gefärbte Flüssigkeit zu er- halten sei. Weiter gab Dr. Merz noch einige andere Ideen zur Bestimmung von Lichtmengen an. Hierauf hielt Professor Dr. von Schmöger einen Vortrag über die Ansichten Nervander's und Ballot's, dass die Oseillationen der Luftwärme einer Erdgegend abhängig wären von einer von dem Meridian der Sonne verschiedenen Erwärmungskraft dieses Himmelskörpers, und mithin auch von seiner geocentrischen Rotationszeit. Die aus den Regensburger Beob- achtungen für jeden einzelnen Tag. des Jahres berechneten Medien lassen zwar Wärmedepressionen erkennen, ‚die indirekte auf eine Periode von nahe- zu 27 Tagen zurückgeführt werden können; jedoch meint der. Vorsitzende, dass dieselbe zunächst die gemeinsame. Folge. des anomalistischen: siderischen und synodischen Monats sei, wie er durch Vorlage. einiger Tabellen zu be- weisen suchte. Zweite Section: Für Chemie und Pharmaeie. Vorsitzender: Professor Dr. v. Martius. Schriftführer: Professor Dr. v. Schmöger. 1) Professor Dr. Martiusveröffnete ‘die Sitzung nach seiner gestern gemachten Erklärung mit dem Vortrage über eine neue Sassaparill-Sorte von Portorieco. Er machte auf die Schönheit dieser neuen Drogue aufmerksam und bemerkt, dass beim Gebrauche zu wenig Rücksicht auf die Verschieden- heit der im Handel vorkommenden Sassaparill-Sorten genommen werde. Dr. Walz äusserte sich damit übereinstimmend und führte noch an, dass nach seinen Untersuchungen das Smilacin vorzugsweise in der Rinde vorkomme. Gegen den Vorschlag des Professors Dr. Martius, die Sassaparill-Wurzeln zu injieiren, und dadurch ein Unterscheidungsmittel für die verschiedenen Arten derselben zu erhalten, erhebt Geh. Rath Link Zweifel, und Walz macht auf die Nothwendigkeit aufmerksam, dass die Medieinalbehörde eine bestimmte Sorte als offieinell erklären möge. 2) Von dem Vorsitzenden wurde als Einlauf ein kurzer Bericht über die jodhaltigen Mineralquellen von Krankenheil bei Tölz in Oberbayern mitge- theilt, sowie auch ein Gläschen mit Kali jodinicum Krankenheilense vorgelegt. 3) Hofrath Dr. Buchner theilte mit, dass jetzt im Handel ein böh- gu» misches Kreosot, aus, Buchenholztheer und 'ein anderes aus Frankfurt a. M. aus Steinkohlentbeer bereitet, vorkomme. Das aus Frankfurt bezogene be- stehe grösstentheils aus Carbolsäure. Von Dr. Walz wird diess bestritten, und eine weitere Untersuchung zugesagt. 4) Apotheker Deissböck theilte Chlorkohlenstoff, so wie die Dar- stellung dieses Präparates in Berlin mit. Wiederholt machte Dr. Walz dar- auf aufmerksam, dass, nach der gegebenen Vorschrift arbeitend, es ihm nicht geglückt sei, das gegebene Präparat zu erzielen. 5) Professor Dr. Martius theilt die Beobachtung mit, dass die im Havanna-Honig befindliche Säure nach der von ihm angestellten Untersuchung Ameisensäure sei. Er bittet die Anwesenden, besonders die Apotheker, diesem Gegenstand eine weitere Folge zu geben. und Landhonig in verschiedenen Perioden des Alters in Bezug auf Ameisensäure zu untersuchen. Er führte noch an, dass nach frühern Arbeiten von Trommsdorff diese Säure nicht erkannt und von Köhnke als Milchsäure erklärt worden sei; er selbst habe Essigsäure vermuthet, dieselbe jedoch nicht aufgefunden. In Folge der De- batte, bei welcher sieh Geh.Ratlı Link, Hofrath Buchner und Dr. Walz betheiligen, wird angeführt, dass in den Stacheln der Processionsraupe, bei dem Stiche der Bienen und Wespen. so wie bei dem Bisse der Schnacken Ameisensäure das Entzündung Erregende sein dürfe. Hofratı Buchner. be- zweifelt diess; Geh.Rath tin) k fügt noch bei, dass in Bengalen Verletzungen init der Urtica erenata Fieberzustände hervorzubringen im Stande seien. 6) Da in der gestrigen allgemeinen medicinischen Section. Professor Dr. Martius von den Wirkungen des Hyraceums sprach, so nahm er heute Gelegenheit, diese interessante Drogue vom. pharmakognostisch - chemischen Standpinkte zu besprechen. . Bei dieser Gelegenheit bemerkt er. dass von Hamburg das Hyraceum, vielleicht unter dem Namen Dasjespjis zu beziehen sei. — Geh.Rath Link erklärte den. ihm vorgelegten Agar-Agar als eine ge- bleichte Ulvacce. 7) Zum Schlusse sprach Professor Dr. v. Martius noch von den Ge- wohnheiten verschiedener überseeischer Völker, vegetabilische Substanzen als Kaumittel zu gebrauchen, um sich dadurch in (einen. aufgeregten, selbst berauschten Zustand zu versetzen. Während er kurz der Verwendung des Opiums und des Haschisch's zu ähnlichen. Zwecken gedachte, verbreitete er sich ausführlich über die in Peru hochgerühmte, Coca, (Exythroxylon Coca) und den in Abyssinien. vorkommenden Khat (von Celastrus edulis), der seit undenklichen Zeiten, von den Bewohnern jenes Landes 'zu ganz ähnlichen Zwecken gebraucht werde. _ Ganz und gar: verschieden von dieser Gewohn- heit ist das Kauen des Bujo in Ostindien. Zum Präsidenten. für ‚die nächste Sitzung wurde Professor Zenneck von Stuttgart gewählt und hiemit diese Sitzung geschlossen. ED Dritte Section: Für Mineralogie, Geognosie und Geographie. Vorsitzender: Professor Schafhäutl. Schriftführer: Vikar Fraas. Moritz Gugenheimer und Apotheker Eser legen die Vorkomm- nisse des Keilbergs der Versammlung vor. Dieselben ‘werden als Bildungen des Lias und Keupers erkannt. Hierauf ladet Professor Kolenati die Anwesenden in seine Wohnung ein und zeigt hier eine Suite von Pefrefakten aus ‚dem böhmischen Ueber- gangsgebirge. Vierte Section: Für Botanik, Land- und Forstwirthschaft. Vorsitzender: Hofrath und Professor Dr. v. Martius. Schriftführer: Dr. Koch ven, Jever. Vortrag des Regierungsraths Mördes über die Mischung der Waldbestände, In frühern Zeiten. bei grossem Holzreichthum und dünner Bevölkerung, ging die Ausnützung der in ‚buntester Mannigfaltigkeit der Baumarten sich darstellenden Bestandsformen in der Weise von: statten, dass man lediglich die Stellen vom Holzbestand absäuberte, wo. sich vollständige Verjüngung bereits gezeigt hatte. In diesem Plänterbetriebe lag bei ungeschwächter Bo- denkraft die Möglichkeit der Forterhaltung aller, unter gleiche climatische Bedingungen gestellten. sich zusammengesellten Holzarten; die Verschieden- heit der geognostischen Zusammensetzung des Bodens konnte sieh nicht für die Entstehung und Fortpflanzung der vorhandenen Arten geltend machen, da reiche Vorräthe an humosen Bestandtheilen die Existenz sämmtlicher Spe- cies sicherte. Bei zunehmenden Angriffen auf die Waldungen ging der naturgemässe Plänterhieb in ‚eine regelmässige Schlaghauung über, welche nur die domini- venden Bestandarten ins Auge fasste: später sogar nur ‚auf die Regenerirung einer Holzart auf einer und derselben Fläche gerichtet war. Hiermit, ver- schwanden nicht nur viele untergeordnetere, sondern auch anbauwärdige Ar- ten, für welche die schlagweise Behandlung des Schutzes entweder zu viel oder zu wenig bot, sondern die. temporäre Blosstellung des Bodens verursachte auch eine Verflüchtigung der Bodensäfte, welche den Anbeginn der Degene- ration der Waldbestände bildet. Die bald gewonnene Ueberzeugung, dass die Zusammenreihung nur gleichartiger Baum - Individuen "auf "einem Standorte entweder Massenverlust durch den oft lange andauernden Kampf der dieht gestellten Pflanzen um das Dominium. wie 2. B. bei der Fichte, zur Folge hat, oder bei andern nicht nur die Ertragminderuug wegen’ ihrer vorzeitigen Lichtstellung, wie bei Ei- chen, Kiefern, Birken, sondern aueh’ eine Verschlechterung des Bodens durch übermässigen Lichtzutritt mit sich führt, war zwar eine ziemlich allgemeine, aber dennoch begegnete die Rückkehr Zu einer naturgemässen Bestandsmischung noch lange, und bezüglich einiger Arten selbst jetzt noch hartnäckigen Bekämpfun- gen. Die Vortheile der Mischung liegen anerkannt in der Erhaltung der Boden- kraft bei deren vollständiger Benützung — in dem Fortbestand der verschie- denen Baumspecies — in der Erziehung der Befriedigungsmittel für die ver- BD schiedenartigen menschlichen Bedürfnisse — in der höhern Massenhaltiekeit der Beständeete. Ihre Anzucht knüpft sich aber an die Voraussetzung voll- ständiger und fortdauernder Bestandspflege, und hierin war zumeist die Schwie- rigkeit, für ihre Verallgemeinerung zu finden, bis endlich in der Neuzeit im Wege der Pflanzung, namentlich bei den Nadelhölzern. dieses Verfahren er- leichtert ward. Ob_die Mischung, gleichmässig oder in. Gruppen «lurehzuführen „ hängt von: Umständen ab — bei letzterer Untermengungsweise .. die ‚oft unvermeid- lich oder förderlicher für die gleiche Begünstigung der gemeinschaftlich an- zuziehenden Holzarten, gehen die Vortheile einer ‚vollständigen Aufnützung der Bodenkraft auf einem und demselben Standort mehr oder weniger verloren. Herr Präsident von Martius bemerkte zu dem obigen Vortrage, dass — theoretisch betrachtet — es bei dieser Forsteultur als Hauptfrage erscheine: in welchem Verhältnisse die Verwesungszeit der verschiedenen Laubarten zu einander stehe. Eine Ermittlung derselben (durch die Erfahrung würde eine vortheilhafte, Zusammenstellung und dadurch erhöhtes Wachsthum möglich machen. ’ Die Diseussion verweilte ‚darauf hei der Frage: In welchem Alter die der Pubertät bei den Menschen und Thieren entsprechende Zeit bei den Waldbäumen anzunehmen sei. Es traten sich dabei zwei Ansichten entge- gen, die eine. dass es allerdings ein solches Alter für unsere Waldbäume gebe, und gegen das 30ste Lebensjahri zu setzen sei, wenn der Baum voll blühe und keimfähigen Saamen lietere: die andere, dass eine solche Analogie nieht anzunehmen sei. keine bestimmte Zeit der Mannbarkeit bei der Pflanze stattfinde, indem sie möglicherweise ununterbrochen fortzuwachsen und fort- zublühen im Stande sei. Jene Ansicht wurde von v, Martius und Reg.-Rath Mördes vertreten, die letzte von dem Geh.-Rath Link. Geh;-Rath Link begann in einem durch’ den Schluss der Sitzung ab- gebrochenen 'Vortrage das Wesen und das Leben der Pflanzenzelle mit: Vor- legung illuminirter Zeichnungen auseinanderzusetzen. Die Pflanzenzelle hat besonders die Funetion der Einsaugung, im Gegensatze zu den Gefässen, denen diese Verrichtung nicht zuzuschreiben ist. Doch sind merkwürdiger Weise die Zellen der Wurzelspitze des sogenannten Wurzelschwämmcehens, welchen ‘man vorzugsweise die Ernährung der Pflanze beigemessen hat, es nicht , welche dieser Funetion verstehen. sondern die der Epidermis. Die Pflanzenzelle vermehrt sieh ferner durch Theilung, mit weniger Ausnahme; eine Fortbildung der in den Zellen oft bemerkbaren Körner zu Tochterzellen sei nicht zu beobachten; der Cytoblast keineswegs zur Entstehung einer Zelle notiwwendig. Eingegangen war bei der heutigen Sitzung: 1) Ein Schreiben des Professors Schultz-Schultzenstein aus Berlin mit einigen Präparaten von Milchsaftgefässen. 2) Ein Aufruf an alle Botaniker, durch Beiträge das durch Brand zer- störte Herbarium des Hofraths Reichenbach in Dresden demselben möglichst zu ersetzen. 3) Ein Convolut Tillandsia muscoides (als Packungsmittel). Eu» Fünfte Section: Für Zoologie und Anatomie. Vorsitzender: Professor Dr. Döbner. Schriftführer: Dr. Waltl. Professor Dr. Kolenati aus Prag hielt einen ausführlichen Vortrag über die Trichoptera und legte das erste Heft seines Werkes hierüber vor. Dasselbe enthält die erste Abtheilung der 'Trichoptern, nämlich die Hetero- palpiden; das zweite Heft, das später erscheinen wird, enthält die Isopalpiden. Zugleich zeigte derselbe alle jene Gattungen und Arten, die im ersten Heft beschrieben sind, den Mitgliedern der Section. Ueber die Lebensart dieser Thiere, die man gewöhnlich Phryganeen oder Wasserfliegen nennt, theilt Professor Kolenati viele merkwürdige Be- obachtungen mit, besonders über den Bau der Larvenwohnungen,, über das Eierlegen u. a. Diese Thiere legen die Eier nicht nach und nach, sondern auf einmal, indem sie den ganzen Klumpen, oder die Bierschnüre heraus- drücken und ir einen Bach, Weiher oder Moorwasser fallen: lassen. ' Die Umhüllung schwillt nun zu einer Gallerte an, indem sie Wasser einsaugt, die Larven kriechen bald aus und verzehren sie, und dann erst beginnen sie den Bau ihrer oft künstlichen Wohnungen. Sie leben dann von animalischen und pflanzlichen Theilen und tragen wesentlich dazu bei, dass die stehenden oder sehr langsam fliessenden Gewässer nicht faul und stinkend werden. Manche Arten von Wasserfliegen sind sehr wählerisch im Betreff ihrer Wohnorte, die einen lieben kalkhaltiges, andere sumpfiges,. andere reines, ja eine Art von Trichostomum wählt eisenhaltiges Wasser. Einige vermehren sich ins Unendliche und erscheinen, besonders im Norden, in solcher Masse, dass die Schiffe zolldick bedeckt und sie den Schiffern äusserst lästig werden. Manche erscheinen im Zügen und wandern im Norden von Europa, besonders in Finnland, stets südlich. Zur Zeit, wenn diese Schwärme erscheinen oder wo die Wasserfliegen häufix zu sehen sind, beginnen mehrere Fische ihre Wanderungen und ziehen immer denselben nach. "Im Herbste stärken sich die Schwalben durch den Genuss dieser reichlichen Nahrung für ihre mühsame Wanderung. — Gewäs- ser, wo diese Insekten häufig sind, liefern schmackhafte Fische; Teiche, die am Grunde keine Larvengehäuse zeigen, taugen nicht zur Fischzucht. — Die Fledermäuse, besonders die Rhinolophen nähren sich grossentheils von Wassertfliegen. Diese geben einen eigenthümlichen Geruch von’ sich. und können von den scharf riechenden' Fledermäusen leicht gefunden werden. Zuletzt zeigt Professor Kolenati noch Bernsteinstücke: niit‘ Wässer- Fliegen. Hierauf zeigte Professor Waltl aus Passau. 2 Colibrinester vor. die aus Pflanzenwolle verfertigt und auf das lieblichste mit 2 länglichen Eiern ausgeschmückt sind. Es wurde dann die Sitzung beendigt, und die verehrlichen Mitglieder der Section verfügten sich in den Hörsaal des 1. philosoph. Kurses im Ly- ceumsgebäude, wo Dr. Waltl eine grosse Sammlung ‚von brasilianischen und europäischen Käfern, Landeonchylien u. a. ausgestellt hat; man bewunderte allgemein den Reichthum an neuen und seltnen Arten, die Verschiedenheit der Form und die Pracht dieser Thiere der Tropenwelt. Sechste Section: Für Mediein, Chirurgie und Geburtshilfe. Vorsitzender: Professor Dr. Rothmund. Schriftführer: Dr. Rapp, Dr. Eiehhorn. Nach Eröffnung der Sitzung verlas der I. Schriftführer eine Einladung des ständigen Ausschusses des Congresses bayer. Aerzte in München zu der schon früher ausgeschriebenen Versammlung bayer. Aerzte auf heute: Nach- mittag im Locale der VI. Section, wozu auch nichtbayerische Collegen freund- lichst eingeladen wurden. Hierauf lud der Präsident Prof. Kolenati ein, den angemeldeten Vor- trag über das Verfahren bei den grusinisch-caucasischen Völkern, Neugeborne zu behandeln und vor dem Frattwerden zu schützen, so wie‘: über ein Ver- fahren der Bergvölker des Caucasus bei Verrenkungen, zu halten. Das Eigenthümliche des beschriebenen Verfahrens bei Behandlung der Neugebornen besteht in dem Binden derselben auf ein eigens dazu vorgerich- tetes Brett mit 2 Oeffnungen, deren grössere mit einem Kranze umgeben zur Aufnahme des Steisses bestimmt ist, die kleinere den hohlen Stiel eines einer cölnischen Pfeife ähnlichen hölzernen Instruments aufnimmt, in dessen pfei- fenkopfähnliches oberes Ende die Genitalien eingebracht, um durch den da- durch bewirkten Abfluss des Urins das Frattwerden der Kinder zu verhüten. Die Kinder werden mit dem untergebundenen Brette herumgetragen. und an die Brust gelegt um die so leicht möglichen Beschädigungen der Rückenwir- belsäule zu vermeiden. : Prof. Jungmann in Prag hat in der dortigen Ent- bindungs- Anstalt diess Verfahren öfters versucht und: mauchfache Vortheile in demselben gefunden. Die Behandlung der Verrenkungen besteht darin, dass die Kranken, je nachdem eine Luxation der obern oder untern Extremität stattfindet, mit den Armen oder den Füssen über den Bauch eines ungesattelten Pferdes ge- bunden werden, das Pferd selbst reichlich mit stark mit Salz vermischtem Haber oder mit Gerste gefüttert und dann zur 'Tränke geführt wird. Durch die hiedurch erfolgende allmählige sphärische Ausdehnung des Bauches wird die Extension bewirkt. Für die hierauf beginnende freie Discussion über die Cholera schlägt Siebert vor, die 4te Frage zuerst zu verhandeln, was durch Acclamation genehmigt wurde. An der Discussion betheiligten sich Seitz, Kolenati, Ditterich und besonders ausführlich Siebert. Die Versammlung erklärt sich für Identität der jetzigen mit den frühern Epidemieen, nur dass die jetzige eine grössere Extensität und Intensität zeige. Bei der Isten oder nunmehr zweiten Frage entwickelt Siebert in einem längern Vortrage seine Ansicht über vorwiegendes Ergriffensein des Rückenmarkes bei der Cholera, welcher Ansicht Seitz beistimmt; Graf da- gegen entwickelt die Ansicht einer Blutvergiftung als Ursache der Cholera und erklärt die Hauptsymptome aus dieser und der dadurch bewirkten Stase und die durch diese erzeugte Belastung des Nervensystems, was er durch die erfolgreiche Behandlung durch Blutentleerungen ‘besonders die auffallend rasche Heilung der s. g. Choleraangst durch dieselben begründen will, bei welcher das Blut schon beginnende Zersetzung zeigt. Er warnt desshalb vor dem Gebrauche der Nervenmittel, woran Siebert anknüpfend eine An- näherung ihrer beiderseitigen Ansichten findet. Göschen spricht sich für die Wirksamkeit der Nervenmittel, besonders des Triehloras earb. in der je- tzigen Leipziger Epidemie aus. Wegen vorgerückter Zeit wurde die Ver- handlung auf morgen vertagt und die Beantwortung der zweiten dahin ver- schoben. Zum Präsidenten für die morgen um 8 Uhr beginnende Sitzung wurde Jäger aus Wien erwählt. Fortgesetzte Liste der bis zum 2®. Sepiember Nachmittags eingezeichneten Bierren. Beyrich, Professor, Berlin, im goldnen Kreuz. Carnall, Ritter von, geh. Legationsrath, Berlin, im goldnen Kreuz. Dr. Dietrich, Ober-Feldarzt. Leipzig, im goldnen Kreuz. Ewald, Dr. phil., Berlin, im goldnen Kreuz. Dr. Grass, prakt. Arzt, Vaduz, in den drei Helmen. Dr. Holger, Ritter von. k. k. Univers.- Prof. , Wien , in den drei Helmen. Dr. Jäger, Carl, prakt. Arzt, Wien, im goldnen Engel. Dr. Schefstoss, prakt. Arzt. Amberg, B. 32. Dr. Walber, prakt. Arzt, Sulzbürg, E. 30. Dr. Weissenborn, Professor der Phil., Jena, Kumpfmühl Nro..26. Zenneck, Professor, Stuttgart. €. 96. (in Ganzen .187.) EINLADUNGEN. Die Herren Mineralogen und Zoologen werden ersucht, ‚sich heute nach dem Mittagessen (4 Uhr) in die Lokalitäten des zoolog.-mineralog. Vereins, zu, einer gemeinsamen Besichtigung der, Sammlungen zu verfügen. Die Schützen - Gesellschaft des kleinen Stahls. feiert Samstag.den 22. September das Jubiläums- Schiessen, nach den Statuten $..15. - Es werden. die verehrlichen fremden Gäste, wie auch die hiesigen Mitglieder zu einem. zahlreichen Besuche. höflichst eingeladen. Die Schützenmeister. der XAXVI. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte, a - —— _ ee Begensburg, am 22. September 1849. Nr. 6. Tagesordnung a) für den 32. September 3849. Morgens S—10 Uhr: Sitzungen der Sectionen 1. 3. 4. ss 10—12 Uhr: r 5 2. und b- Nachmittag: Festschiesssen im grossen Stahl und Jubiläums - Schiessen im kleinen Stahl (am Oberwörth). Abendliche Zusammenkunft in der Ressource. bh) für den 23. September 1849. Morgens Punkt 6 Uhr: Abfahrt des Dampfschiffs „Königin Marie“ nach Kel- heim und Weltenburg. Versammlungsplatz: Weinthor. Beliebiges Früh- stück auf ‘dem Schiffe nach der Karte. Ankunft in Weltenburg: 10'% Uhr. Besichtigung der Klosterkirche und der Umgegend. Abfahrt: 12 Uhr Mittags. Ankunft in Kelheim: 12Y4 Uhr. Besuch des Michaelsberges und der Stein- brüche. 3 Uhr: Gemeinschaftliches Mittagessen im Gasthause zum deutschen Hof. Preis des trocknen Couverts 36 kr. 4 Uhr: Rückkehr des Dampfschiffs nach Regensburg. 6 Uhr: Ankunft in Regensburg. Fahrpreis für die Person: 1 fl. Abendliche Zusammenkunft in der Ressource. 2389 Zweite öffentliche Sitzung am 25. September, Vormittags 80 Uhr. Nach Erwähnung der seit der letzten allgemeinen Sitzung an die Ver- sammlung gelangten Gegenstände, welche an die zuständigen Sectionen abgegeben wurden, und in den Protokollen derselben bereits Erwähnung ge- funden haben, wurde zur Wahl des Ortes der XXVII. Versammlung; deutscher Naturforscher und Aerzte geschritten. Da von keiner Stadt eine officielle Ein- ladung erfolgt war. auch auf geschehene Umfrage keiner der Anwesenden einen Auftrag hiezu erhalten zu haben angab, so wurde vom Vorsitzenden aufgefordert, irgend eine Stadt in Vorschlag zu bringen. Hiebei kamen die Städte Greifswalde, Rostock, Eisenach und Innsbruck zur Sprache, unter welchen durch Stimmenmehrheit die Stadt Greifswalde den Vorzug erhielt. Als Geschäftsführer daselbst wurden einstimmig bezeichnet: Professor Dr. Berendt und Prof. Di. Hornschuch. Dr. Merz trug vor über die geographische Vertheilung des Lichts. Nach einigen einleitenden Worten, in denen er die Farben der Naturprodukte unter verschiedenen Breitengraden als ein allgemeines Photometer benannte, gab er den in der Untersuchung einzunehmenden Standpunkt an, je nach dem geometrischen Verhältnisse, und nach der Absorption des Lichtes in der Luft und im Boden. Er schlug zu gleichmässigen Bestimmungen der Licht- menge an verschiedenen Orten, woraus den Isothermen analoge Gleichlicht- linien gebaut werden könnten, vorläufig das Photometer des Grafen de Maistre mit zwei blauen gegen einander verschiebbaren Glasprismen vor. Dann wies er an mehreren Beispielen die bisherigen Ergebnisse der Untersuchung nach, ging auch auf die Vertheilung des Lichtes in vertikaler Richtung über, bemerkte, dass die Kenntniss von den Bedingungen der Luft- durchsichtigkeit noch anderweitig von Nutzen sein könne, "und schloss end- lich mit der Bitte an die versammelten Fachgenossen, den Gegenstand in Erwägung ziehen zu wollen. Professor Dr. v. Schmöger von hier erzählte ke wie gemäss einiger kurzer Notizen in öffentlichen Schriften Nervander, Professor in Helsingfors, gefunden habe, dass innerhalb 27,26 Tagen immer eine plötz- liche Erniedrigung und darauffolgende Wiedererhöhung der Luftwärme eintreffe, welche Schwankungen derselbe, und Ballot im Haag, aus einer nach den Meridianen der Sonne verschiedenen Erwärmungsfähigkeit dieses Himmelskör- pers ableitet und also in Beziehung zu dessen "beinahe ebenso grosser Rota-- tionszeit bringt. Der Redner erklärte, wie die Curve der aus „4 Jahrgängen der zu Regensburg angestellten meteorologischen Beobachtungen für alle Tage des Jahres berechneten wahren Mittel der Luftwärme eine ähnliche Periode zu erkennen gebe, indem von den 40 in einem Jahre eintretenden Wärmede- pressionen 35 mit den aus seiner für diese Erscheinungen aufzustellenden Hypothese abgeleiteten Wendetagen übereinstimmen. Gemäss seiner Ansicht nämlich sind solche plötzliche und meistens starke Abnahmen der Temperatur eine Folge der Gravitation des Mondes überhaupt. welcher in bestimmten Stellungen unsere Atmosphäre stärker als in andern anzieht, somit die Luft verdünnt, hiedurch die Verdünstung befördert. wodurch Abkühlung und mit- telst dieser Niederschläge entstehen müssen. Diese Wirkung des Mondes wird für einen Ort auf der Erde ein Maximum. sobald dort der Sinus der Kulminationshöhe des Mondes am grössten ist. und ist mithin von dem ano- malistischen und siderischen Monate (welche zusammen die Mittelzahl 27, 44 geben) abhängig. Der Einfluss des synodischen Monates kann sich nach der Meinung des Vortragenden nicht anders äussern, als dass in den Temperatur- mitteln die einzelnen Depressione sich öfters nicht auf einzelne Tage be- schränken, sondern vielmehr auf mehrere ausdehnen. Derselbe weiset zum Schlusse noch darauf hin, wie diese kurze Untersuchung, deren tabellarische Beilagen er bereits in der ersten Section vorgelegt hat, einen praktischen Nu- tzen gewähren könne, und empfiehlt sie zur nähern Prüfung. Professer Dr. Weissenborn aus Jena erstattet Bericht über eine neue Ausgabe von Plinius historia naturalis. Nach vorausgeschickter Schil- derung der Lebensverhältnisse dieses thätigen Schriftstellers und einer kurzen Uebersicht des Inhalts des gedachten Werkes, wurde der durch frühere Na- turforscher - Versammlungen angeregten Bestrebungen zu einer möglichst cor- recten Ausgabe desselben gedacht und sodann bemerkt, dass durch die Be- mühungen des Prof. Sillich, unterstützt durch Ludwig von Jan, die Be- arbeitung derselben soweit gediehen sei, dass mit dem Drucke alsbald be- gonnen werden könne, wenn die Kosten derselben durch Subscription ge- deckt sein würden. Dr. Weissenborn stellte an die Anwesenden die Bitte, diesem Unternehmen zur Ehre der deutschen Wissenschaft in ihren Kreisen die möglichste Unterstützung angedeihen zu lassen. Vierte Section: Für Botanik, Land- und Forstwirthschaft. Vorsitzender: Hofrath und Professor Dr. v. Martius. Schriftführer: Dr. Koch von Jever. Fortsetzung des Vortrages aus der vorhergehenden Sitzung von Geh.- Rath Link über die Pflanzenzelle. Die Spiralgefässe entstehen erst nach der Bildung des umgebenden Zellgewebes, immer aus einzelnen spitzigen Zellen, welche der Länge nach auswachsen ohne jemals untereinander durch Resorp- tion der Zellwände sich zu verschmelzen. Ferner legte derselbe eine Zeichnung einer von Ustilago Carieis ergrif- fenen Carex-Frucht vor, welche einen ziemlich regelmässig gespaltenen Utri- ceulus zeigte, wodurch die bestrittene Dreitheiligkeit desselben bewiesen zu werden scheint. ”) Eine Discussion, von Dr. Günther angeregt, über die Verschiedenheit der Hopfen-Varietäten. wovon vielleicht die Verschiedenheit der Biersorten ab- zuleiten sei, wurde durch den Schluss der Sitzung abgebrochen, nachdem Hof- rath v. Martius noch aufmerksam gemacht hatte, dass die Verschiedenheit an Stickstoffgehalt in den zum Brauen verwendeten Gerstenarten, namentlich des Hordeum vulgare und Hordeum distichum, einen vielleicht noch bedeuten- deren Einfluss darauf ausübe. Fünfte Section: Für Zoologie und Anatomie. Vorsitzender: Professor Dr. Kolenati. Schriftführer: Dr. Waltl. Dr. Schmidt aus Jena sprach über den gegenwärtigen Standpunkt der Infusorien-Kunde. Er kann zwar nicht in allen Stücken den Ehrenbergi- schen Ansichten beistimmen, kann sich aber auch nicht mit der neuern, Ehrenberg entgegenstehenden Richtung befreunden. Als eine neue, ihm eigenthümliche Beobachtung bezeichnete er die Entdeckung einer Oeffnung in der contractilen Blase z. B. hei Bursaria leucas; diese Blase soll als Wasserrespirations - Organ dienen. Der Vorsitzende hält hierauf einen Vortrag über den anatomischen Bau der Flughaut bei den Chiroptern oder Fledermäusen, über ein den Luft- säcken der Vögel analoges Organ, jedoch nach Aussen liegend und dann über einige physiologische Punkte des Lebens der Fledermäuse, besonders über den Geburtsakt, wie auch über die jeder Art eigene Struktur der Haa- re, welche mikroskopisch sehr interessant sind. Der zweite Vortrag ebendesselben betraf die Periodizität und das Verhalten der Singeicaden in Grusien und deren Lebensart, auch wurden mehrere neue Arten vorgezeigt z. B. Cieada armeniaca, paliuri, geodesma, glyeyrrhizae, Lehmanniana Kol. #) Diese Beobachtung veranlasste Hofratıı v. Martius über die verwandten Verhältnisse der Bracteen und Bracteolen bei den Palmen zu reden und die grosse Mannigfaltigkeit ihrer Stellungsweisen auf der zu sei- nem grossen Palmenwerke gehörigen Tafel nachzuweisen, Sechste Section: Für Mediein, Chirurgie und Geburtshilfe. Vorsitzender: Dr. Göschen von Leipzig. Schriftführer: Dr. Rapp, Dr. Eichhorn. Der Präsident, der das Präsidium statt des ablehnenden Jäger aus Wien übernommen, macht zuerst auf sein neues journalistisches Unternehmen „Deutsche Klinik“, welche, ähnlich der „Gazette desHopitaux“ in Berlin wöchent- lich erscheinen wird, aufmerksam und ladet zur Mitarbeit und Theilnahme ein. Hierauf wurde die Discussion über die Cholera fortgesetzt. Graf glaubt, dass durch die Darstellung der Behandlungweise der Cholera geeig- netes Materiale zur Beantwortung der drei noch rückständigen Fragen ge- liefert werde, worin ihm die Versammlung beistimmte. Er gibt sodann einen auf seine eigenen reichen Erfahrungen und die Beobachtungen Anderer ge- gründete Darstellung der Behandlung nach den drei Stadien der Krankheit. Im ersten Stadium, in welchem die Behandlung am erfolgreichsten ist. wenn schon dieselbe leider hier nur selten gesucht wird, empfiehlt Graf zur Her- stellung der Faecalentleerungen und Bethätigung der Gallenseeretion Ipeca- cuanha mit Rheum, bei zu ermittelnden Diätfehlern selbst ein entschiedenes Brechmittel. Im zweiten Stadium (algidum) welches bei der jetzigen Epide- mie viel rascher als bei frühern eintritt, ist die Indicatio vitalis Hauptaufgabe durch Herstellung der Cireulation des Blutes und der Hautthätigkeit, welcher Zweck durch Reibungen mit Eis und den Genuss von Eiswasser, "nach welchem die Kranken ohnehin glühendes Verlangen äussern, erreicht wird. Ist dieses gelungen, wozu öfter 4-5 Stunden fortgesetzte Friktionen erforderlich sind, so wird zur Entlastung des Nervensy stems von dem Drucke durch die Blut- stase die Aderlässe vorgenommen, und der Kranke geht im glücklichen Fall in das dritte Stadium, das der Reaction. über. Ber. empfiehlt Graf die in- differenteste rein symptomatische Behandlung, über welche eine bestimmte Norm sich nicht geben lässt. NYür höchst wichtig erklärt er die sorgfältige Beachtung des Stadiums der Reconvalescenz, in welchem bei scheinbar voll- kommnem Wohlbefinden durch Diätfehler, selbst nur durch Gestattung reich- licherer consistenter Nahrung die weit gefährlicheren Rückfälle herv orgerufen werden. Die Hauptsache bleibt nach @raf immer die Prophylaxis, wie sie bei der Münchner Epidemie in Ausführung kam, und die er als höchst muster- haft und nachahmungswerth erklärt. Göschen knüpft hieran nach seinen Erfahrungen zu Leipzig und Berlin an. Er bestätigt für das erste Stadium die entschieden günstige Wir- kung des Brechmittels, macht aber in diesem Stadium vorzüglich auf Anwen- dung der Wärme durch Federbetten, besonders durch Unterschieben eines Federkissens unter das Kreuz, aufmerksam und empfiehlt zur Unterstützung Sr derselben das Trinken warmer aromatischer Getränke selbst mit einigen Tro- pfen Lig. ammon. anis. in sehr kleiner Menge, selbst nur schluckweise, weil der Genuss grosser Quantitäten warmer Getränke offenbar schädlich ist. Er will auf die angegebene Weise nach eingetretener Transpiration 4 — 6 Tage andauernde Harnkrisen beobachtet haben. Die Behandlung mit Eis und Eiswasser hält er in der Privatpraxis für sehr schwierig, der heftige Durst fehlte nach seinen Beobachtungen, in Leipzig und Berlin. Der Uebergang in das zweite Stadium ist dort häufig furchtbar schnell. Göschen empfiehlt in der Prophylaxis besondre Aufsicht auf den Verkauf der Lebensmittel, da die schädlichsten wegen geringeren Absatzes in den höhern Bevölkerungs- classen durch einen höchst geringen Preis die ärmere Classe zum Ankauf und Genuss reizen. Popp erklärt den Nutzen der Aderlässe daraus, dass durch Entleerung des Inhaltes des Gefässsystems die Aufnahme von wässerigen Bestandtheilen ins Blut befördert und dieses verbessert und zur Circulation tauglicher ge- macht wird. Ditterich bestätigt die gute Wirkung des Brechmittels (Cuprum sulphuricum) und darauffolgender Aderlässe, die er nach 2 Stunden wieder- holt wissen will. Siebert hält die Cholera für keine Profluvies sondern für eine Re- tention, empfiehlt desshalb Calomel, dessen Wirkung auf Darm und Leber er erklärt und erwartet viel von Anwendung der Waschungen mit warmer Lauge, welche gleichmässige Vertheilung der Wärme auf der Haut bewirken soll. Die Fortsetzung der Diskussion findet morgen statt. Zum Präsidenten für die morgende Sitzung wurde Medieinal- Rath Graf aus München gewählt. RB» Fortgesetzte Liste der bis zum 22. September Nachmittags eingezeichneten Berren. Dr. Bernhuber, prakt. und Krankenhaus-Arzt, Passau, E. 78. Dr. Buchner., junior, prakt. Arzt, München, in den drei Helmen. Dr. Dingler, Ph. D., Augsburg, B. 23. Lang, Kaufmann, Regensburg, B. 65. Neuffer, Georg, Grosshändler, Regensburg, €. 95. Dr. Plank, Professor, München, im goldenen Kreuz. Dr. Ritzenthaler, k. Gerichtsarzt, Hersbruck, B. 97. Dr. Schrauth, Med. Dr., Neumarkt, im goldenen Kreuz. Gm Ganzen 195.) Dr. Merz bittet die Versammlung, in Betracht ziehen zu wollen, ob es nicht passend wäre, bei künftigen Versammlungen die Vorstände der Sec- tionen aufzufordern, dass sie einen kurzen Bericht über den Stand der be- züglichen Wissenschaft im verflossenen Jahre durch dieses oder jenes Mit- glied verfassen liessen, welcher nach Art der englischen Reports gedruckt in den Buchhandel kommen könnte. VERKAUF Ein sehr schöner Balg von Sarcoramphus Gryphus. Kondor 7. um 30 fl. Ein Balg von Felis concolor (Puma) %. um 33 fl. Im Tausche werden zu Gunsten der Sammlung des zoologisch - mi- neralogischen Vereins dahier abgegeben und zwar gegen europäische Thiere: Pa EA Eu» Cathartes aura, Ardea leuce, Ard. candidissima 9, Ard. garzetta, Ard. pur- purea, Ard. sp?, Vanellus cayennensis, Haematopus palliatus, Pteroptochus megapodius, Sturnus militaris 9, Rhynchops nigra,sämmtl. aus Chile; Buceras erythrorhynchus, Rhamphastos discolorus, Lamprotornis purpuropterus etc. Anerbieten werden gemacht an den Secretär des zoolog.-mineral. Vereins, E. 100. Gefundenes Augenglas. Nach der ersten allgemeinen Sitzung, Dienstag den 18. d. Mts., ist im Reichssaale ein Augenglas gefunden worden; der rechtmässige Eigenthümer kann dasselbe beim Hausmeister Mack im Rathhause in Empfang nehmen. Berichtigungem Dr. Göschen berichtigt, dass er die Wirkung des Trichlorats carb. nicht in Leipzig beobachtet hat, sondern dieselbe nur aus den Berichten über die Berliner Epidemie im Jahre 1848 kennt. Statt des „geh. Legationsraths v. Carnall“ ist der k. Bergrath v. Carnell hier angelangt, und hat sich derselbe in die dritte Section eingezeichnet. der XxXVI. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte ge Begenshurg, am 24. September 1849. Nr. 9. Tagesordnung für den 34. September 1849, Morgens 8—10 Uhr: Sitzung der Sectionen. 10 Uhr: Dritte allgemeine Sitzung im Reichssaale. 1 Uhr: Abschiedessen im goldnen Kreuz. Auszüge aus den Sections - Protokolien. Dritte Section: Für Mineralogie, Geognosie und Geographie. (Gehalten am 21. ‚September ‚1849.) Vorsitzender: Professor Dr. Schafhäutl. Schriftführer: Vikar Dr. Fraas. 1) Dr. Rohatzsch in München hatte der geologischen Section eine An- zahl Versteinerungen und Gebirgsarten von Blomberg, bei Tölz in Oberbayern zugesandt. Professor Schafhäutl gibt hiezu eine nähere Erläuterung, und erklärt diese Formation für Kreidebildung, dagegen die Braunkohlenlager je- UT N ner Gegend für Molassebildung. Bei der Frage über die Behandlung dieser Kohle macht hier von Carnell darauf aufmerksam , wie nicht sowohl die innere Natur, als die äussere Form der Kohle zu Coaks untauglich mache, und beruft sich auf die Nassauer Braunkohle, welche wohl im gemahlenen Zustand. nicht aber als rohe Masse Coaks liefert. Professor Schafhäutl be- merkte noch, wie die Unternehmer des Braunkohlen-Betriebs bemüht waren, ihre Kohle für ächte Steinkohle auszugeben, woran jedoch bei der geognosti- schen Lagerung dieser Flötze' durchaus nicht zu denken sei. 2) Hieranfschloss sich der Vortrag'%des Bergwerk-Inspektors Mickseh in Pilsen über die geognostischen Ver Ballınsde hä Steinkohlen-Formation sh ner Gegend. Die genaue geognostische Karte von Böhmen, von Micks ch verfertigt, zeigt die beiden "Steinkohlenlager um Pilsen und Radnitz, die ob- gleich unweit von einander entfernt, doch ganz verschiedene Erscheinungen in Bezug auf die Steinkohlenablagerine und die Art der Versteinerung der fos- silen Bäume liefern. Erscheinungen, die sich nach von Carnell in Nieder- schlesien und Westphalen, nach ProfesserSchafh: äutl bei St. Etienne auf gleiche Weise finden, wo dasselbe Flötz| bald fett) bald mager ist. Weitere Bespr e- chungen über die orographischen Verhältnisse Böhmens schliesst Professor Schafhäutl mit Erzählung der fruchtlosen Versuche auf Steinkohlen, die eine hiesige Gesellschaft bei Tegernheim gemacht, lebt aber der Hoft- nung. dass trotzdem Kohle sich finden werde. 3) Professor Beyrich aus Berlin zeigt, ‚wie, das „Rothliegende“; wohl getrennt vom Steinkohlengebir ge, von Schlesien ‚aus durch ganz ,Böhmen ‚nach Sachsen sich erstrecke 3 gibt eine nähere Beschreibung "der Schichten die- ser Formation; Palaeoniscus dl fossile Pflanzen sind für eine dieser Schich- ten Jleitend. 4) Kolenati hatte einen Vortrag über die krystallographischen und System-Axen der Krystalle zugesagt, da er aber, in einer andern Section beschäftigt, zu erscheinen verhindert war, hielt Professor Schafhäutf einen grösseren Vortrag über die &eognostischen Verhältnisse Oberbayerns, beziehungsw eise der Gegend um = Kochel- See. Die Profile dieser Gegend zeigen. wie der Blomberg und die Benedietenwand die stattfindende Yo fung in den Schichten hervorbrachten. "Die weissgelben. jurassischen Kalk- steine ragen als Centralpunkte hervor, an welche sich ringsum mantelförmig- die tieferen Juraschichten' auf de» einen und die Kreide- älid Tertiärbildungen auf der andern Seite anlehnen. Erste Section: Für Physik. Astronomie und, Mathematik. (Gehalten am 22. September 1849.) Vorsitzender: Professor Huther., Schriftführer: Dr. Merz. Professor Huther zeigte eine elegante und sinnige Methode, den Werth einer Funktion, welche für eine gewisse Annahme der Variablen auf %Y führt, auch ohne Differentialrechnung zu bestimmen. Er erläuterte dieselbe an einem Beispiele, das Bernoulli den französischen Mathematikern vorge- lest hatte, und das diese nicht zu lösen vermocht.; Professor v. Schmöger brachte einiges über Meteorsteinfall vor, und Dr. Merz zeigte ein compen- diöses Mikr oskop von besonderer Lichtstärke und Präeision. Professor K Kauf- mann kündete für die nächste Sitzung. Auszüge aus einer Arbeit des Bau- rathes Bicehy über Vorausbereehnung der Aenderungen des Luftdruckes an. Dritte Section: Für Mineralogie, Geognosie und Geographie. (Gehalten am 22. September 1849.) Vorsitzender: Professor und Conservator Dr. Schafhäutl. Schriftführer: Dr. Praas. 1) Professor Kolenati legt Krystallmodelle von Horn vor. Zugleich wacht er nun die Versammlung mit seiner Idee der Axenverhältnisse an den Krystallen bekannt, worüber von vielen Seiten debattirt wurde. 2) von Carnell zeigt eine geognostische Karte des Siegerlandes im Massftab von "/ow. In dem ganzen rheinischen. Schiefergebirge ist das Hauptstreichen regelmässig zwischen hora 4 und 5... An den Auerprofilen, die er vorlegt, zeigen die Gangverhältnisse deutlich, wie der Metallgehalt von den Schichten aus “in. die vorhandenen Spalten eindrang und selbige. füllte. 3) Professor Schafhäutl bringt zu seinem Vortra« über die Forma- tionsreihe der bayrischen Vorgebirge (siehe 3te Sitzung) noch einige Belege bei und‘ zeigt die charakteristischen von ihm in der Gegend vom Kochelsee und Berc hteseaden aufgefundenen Leitmuscheln ‘des Jura und der Kreide vor: 4) Dr. Ewald aus Berlin zeigt der Gesellschaft eine Caprotina am- monia aus der Provence, von ihm in den Schichten der untern Kreide mit Dieeras und Hippurites aufgefunden und knüpft hieran allgemeinere Bemer- kungen über Parallelisirung der Ammoniten- und Rudisten-Schichten in der Kreide. 5) Schliesslich macht der Präsident auf ein vorzügliches von Merz in München verfertigtes Riesenmikroskop aufmerksam. ; } 8wp Fünfte Seetion: Für Zoologie und Anatomie. (Gehalten am 22. September 1849.) Vorsitzender: Professor Zennek von Stuttgart. Schriftführer: Dr. Waltl. Patrimonial- Gerichtshalter Forster von hierähält' einen ausführlichen’ Vortrag über ' die von’ ihm erfundene Art der Messung der Conehylienschalen und zeigt praktisch, wie‘ diese Messungen angestellt werden müssen. ‘Dieser Vortrag nahm die allgemeine Aufmerksamkeit in hohem Grade in’Anspruch, da dadurch der grossen Schwierigkeit in der Bestimmung der Conchylien ab- geholfen wird. * Der‘ Vortragende verweiset übrigens, da die Zeit zu den Messungen der: Schnecken nieht mehr 'ausreichte,, auf seine Abhandlungen im Correspondenzblatt des zoolog.-mineral. Vereins zu Regensburg Jahrgang 1847 Nro. 5. u. 6. und 1848 Nro. 3. 6, 7, S u. 9. Hiermit wurde die heu- tige Sitzung geschlossen. Sechste Section: Für Medicin, Chirurgie und Geburtshilfe. (Gehalten am 22. September 1849.) Vorsitzender: Medicinalvatı Dr. Graf von München. Schriftführer: Dr. Rapp, Dr. Eichhorn, Der Präsident eröffnet die Sitzung mit Bekanntgebung der eingelau- fenen Anträge von Dr. Oettinger aus München und Dr. Hun dögger aus. Hannover über Anfertigung einer deutschen Pharmacopoe und Einführung eines gemeinschaftlichen deutschen Medicinalmasses und Gewichtes. u Oettinger sagt: der Antrag sei kein neuer, aber es sei immer nur beim Antrag, geblieben. Er wünscht, dass die Geschäftsführer den Antrag in die Hand nehmen, und ihn an die einzelnen Regierungen oder an die zu errichtende Centralgewalt bringen : mögen. Der Antrag wurde. einstimmig angenommen. Der Präsident bemerkt noch, dass schon die deutsche National- Versammlung; sich damit beschäftiget und von Pagenstecher darüber habe referiren. lassen. Die Anträge wurden nach Beschluss durch das Büreau den Geschäftsführern der Naturforscher - Versammlung zugefertigt, zur Berathung und Beschlussfassung der nächsten’ allgemeinen‘ Versammlung. Hierauf begann die Fortsetzung der Discussion über Cholera. Zuerst theilt Buchner jun. seine Erfahrungen über die Cholera in Paris mit, die mit denen in Deutschland übereinstimmen. © Bemerkeuswerth erschien ihm, dass die mit Steinkohlen beschäftigten Arbeiter, auch die in chemischen Fabriken thätigen, sowie Apotheker mit ihren Familien frei blieben. Buchner;sen. glaubt, dass Ammoniak das Contagium, wenn es eines gebe, oder das Miasma zerstöre: daher ‚auch das Befreitbleiben der Arbeiter in Sefienfabriken. _ Dass auch die in Pferdställen Beschäftigten frei bleiben, wird von Graf und. Buehner jun. verneint... Graf fügt seinem ‚gestrigen Vortrage, bei, dass, er .des Calomels nur zu erwähnen vergessen, und diesen mit. Erfolg sehr häufig angewendet worden sei. Der nunmehr an der Tagesordnung befindlichen Beantwortung der drei noch rückständigen Fragen geht eine abermalige längere Discussion voraus, an welcher sich S citz “und Ditterich besonders bethe listen. Graf erin- nert hierauf daran, wie seit Jahren die Wissenschaft dei? Weg der Hypo- thesen verlassen, und den der Thatsachen eingeschlagen habe, den sollte man nicht verlassen. '"Thatsache ist nur er mus des Blutes, dieser allein wesentlich und immer constant.\ Ob-vom Blut ausgehend, oder verän- derter Innervation. wird immer im Bereich des Unerklärten bleiben. Nach einigen Aecusserungen Plank’s, Oettinger, Ditterich und Seitz, so wie Graf und Herrich's wird zur Abstininune geschritten, und die rück- ständigen Fragen werden, wie folgt, beantwortet: 2te Frage. Die Cholera ist eine locale Krankheit, die ersten Erscheinungen sprechen für ein Befallenwerden eines Theils des Nerven- systems. 3te Frage. Die Cholera ist eine Krankheit des Blutes, je- doch ist die Erkrankung des Blutes ‚bedingt dureh die, vom Nervensysteme ausgehenden physilogischen Störungen. 4te Frage. Die Cholera geht von einem Theile des Nerven- systems aus mit fast plötzlicher Reflexwirkung auf das Blutsystem. Nach geschlossener Discussion über die Cholera hält zuerst Martius aus Erlangen einen Vortrag über Sarsaparilla und decoctum Zittmanni. Er glaubt dessen verschiedene W irkung unter anderm auch aus den angewende- ten Sorten der Erstern erklären -zu müssen. empfiehlt besonders die Honduras- Sarsaparilla und zeigt eine neue Sorte, Portoriceo-sarsaparilla vor. Graf er- wähnt hierauf Grossis Anwendung eines modifieirten decoctum Zittmanni aus radix Carieis arenariae. Hierauf spricht Siebert über das diastolische Geräusch in den Gefässen als diagnostisches- Zeichen bei fehlerhafter In- nervation, Spinal-Hyperaesthese. Rothmund spricht über eine modifieirte Sauter’sche Schwebe bei Ober- und Unterschenkelbrüchen, angegeben ven Een Dr. Franz Hoering, Oberamtsarzt in Mergentheim und ‚über den Mal- gaigne'sschen Apparat bei Schiefbrüchen des Unterschenkels. Verschiebung der Knochenenden und Durchbohrung der Weichtheile durch, dieselben. und kann dessen Wirkung aus häufiger Erfahrung nicht genug empfehlen. Hierauf schliesst der Präsident die heutige Sitzung mit dem Bemerken, dass wegen erschöpfter Tagesordnung und bevorstehender Abreise vieler Theilnehmer eine weitere Sitzung der sechsten Section nieht mehr stattfinden werde. worauf er mit Dank für das freundliche Entgegenkommen der hiesi- gen Aerzte, für die zahlreiche Theilnahme an dieser Section und für die Thä- tigkeit der Schriftführer, welchem die Versammlung einmüthig beistimmt. ‚die Sitzung schliesst. Fortgesetzte Liste der bis zum 22, September Rachmittags eingezeichneten Herren, Dr. Arbeiter, prakt. Arzt. Köfering, G. 27. Dr. Gemminger, prakt. Arzt, München. E. 64. Dr. Jäger, Obermedizinal-Rath, Stuttgart, im goldnen Engel. Richter, erster Ordinarius an der Realschule zu Saalfeld. in den drei Helmen. Gm Ganzen 199.) Anerbieten. Der k. k. Hofrath und Stadthauptmann Ritter Sacher-Masoch von Kronenthal, bietet den Herren Paläontologen Deutschlands alle neuesten Ver- steinerungen der Uebergangsgebirge des mittleren Böhmens zum Tausche gegen Versteinerungen Deutschlands, insbesondere aber, denjenigen Herren, welche zugleich Mineralogen sind, gegen englische. schwedische, russische, s 51 or amerikanische und Harzer Mineralien an. Sendungen von charakteristischen Mineralien können am besten unter der Adresse: „An das böhmische Museum in Prag, zu Handen des k. k. Hofrathes und Stadthauptmann Sacher“ ge- richtet werden, und nach Disideraten werden dann in kürzester Zeit die Gegensendungen von richtig bestimmten Petrefakten erfolgen. Ersuchen. Prof. Dr. Kolenati in Prag, Nro. 385 IM., bittet alle Herren Ento- lomogen, ihm die Phryganiden gespiesst. sammt Gehäusen und Larven in Weingeist mit der gehörigen Angabe des Fundortes und Datums zum zweiten Theile seiner „Genera et species Trichopterorum* einzusenden, welche be- nutzt und eitirt, endlich nach dem Erscheinen des Werkes authentisirt zu- rückgesendet werden. Anzeige. In Hof werden nach Dr. Prof. Kolenati Krystallmodelle von Horn angefertiget. welche so durchsichtig sind, dass man die Axen und sogar die Ableitungsgestalten genau sehen kann. daher selbe zu Vorlesungen anem- pfohlen werden können. Stehengehlichenes. Ein Stock ist beim Hausmeister Mack im Rathhaus stehen geblieben. Berichtigung. Im Tagblatt Nro. 5. vom 21. September. Seite 33. Zeile 22, von oben, ist die Bezeichnung „30 sten“ hinwegzulassen. Tiere v dans "wöggen era Theitsähnier eine werde, Woran zen Aarzie‘, ! FR een 2; Er oc ı u 8: De se slise Rn 1E wor © aM P wen w 3 wech. Eu inerbieten. . h Siuklanpimene- Bitter Surhen- Magrk je Paliunteingen „Beutschlands ‚le | hir en nike Nhelmenn.c desanso dere ee) E72 sayianbe. ach RN der XXVI. Versammlung deuikcher Naturforscher und Aerzte, =— E — Regensburg, am 25. September 1849. Nr. 8. Auszüge aus den Sections - Protokeollen. Vierte Section: Für Botanik, Land- und Forstwirthschaft. (Gehalten am 22. September 1849.) Vorsitzender: Hofratb und Professor Dr. v. Martius. Schriftführer: Dr. Koch von Jever. Geh.Rath Link schilderte die Vertheilung der Waldbäume in Europa nach eigenen auf vielfachen Reisen gemachten Beobachtungen. Was zuerst die Coniferen betrifft, so ist die Verbreitung unserer Pinus sylvestris nach Süden hin durch die Alpen begränzt; nach Osten fängt schon bei Wien an Pinus nigrescens Host ihre Stelle’ zu vertreten, welche 'sich durch das Banat. Croatien und Dalmatien erstreekt. Einige Botaniker ver- binden Pinus nigrescens mit Pinus Laricio, z. B. Endlicher in der Synopsis Coniferarum, doch, walırscheinlich‘ mit Unrecht. Pinus Laricio hat durch kür- zere Nadeln. welche 'sparrig stehen, ‚einen abweichenden Habitus und findet sich in. Italien , ‚auf‘ der Insel Corsika. und in. der: Krimm, "wo; sie Pallas' als Pinus taurica, beschrieb... Am Aectna erscheint eine besondere Form , die ‘man als varietas aetnensis sondern kann, San Pinus brutia unterscheidet sieh leieht durch ihre feinen langen Nadeln; sie bildet Wälder in Calabrien z. B. bei Cosenza. Fr Pinus Pinaster findet sieh auch in Italien, z. B. bei Florenz, auch noch an der südlichen Küste Frankreichs und durch ganz Spanien und Por- tugal. Ihre langen Zapfen und dicke Nadeln zeichnen diese Art vor allen aus. Pinus maritima. womit die vorige. Art verwechselt wurde, ist ein nie- driger Baum mit hellgrünen Nadeln, man findet sie in Italien und Griechen- land, wo sie ‚durch ihre eigenthümliche, zierliche, Krone den Blick leicht auf sich zieht. ’» Die Rothtanne geht nicht nach Süden, dagegen zeigt sich die Weiss- tanne, Pinus Abies — Abies peetinata DC. noch bei Modena, Florenz und Reggio: Die Tanne in Griechenland dagegen, welche Sibthorp Abies peeti- nata nannte, -ist-eine- andere Art. Zkink fand den Parnass damit bedeckt und nannte sie Abies Apollinis, doch hatte früher Napier sie schon unter- schieden und Abies cephaloniea genannt. Abies cephalonica hat nicht die Einkerbung der Blattspitzen, wie Abies pectinata. Pinus Larix endlich verliert sich ebenfalls nach Süden und Osten. Die von Pallas so genannte P. Larix der Krimm ist eine andere Art. Unsere beiden deutschen Eichenarten gelien nach Osten nicht viel weiter, wie Litthauen; nach. Süden tritt schon von Triest an statt ihrer QAuercus pubescens auf, welche lange, damit verwechselt wurde, Der Süden Europa’s hat mehrere Eichenarten, unter denen @. Suber, deren Rinde den Kork liefert, in Italien schon Wälder bildet. @. IHex stimmt ausser in der Korkbildung genau mit jener Art überein. @. Aegilops findet sich. besonders in der Türkei und Griechenland: reiehlich; in Arkadien hildet sie grosse Wälder. Sie, und nicht unsere Buche ist der Baum, welchen die: Griechen unter. Oyyos und Virgil unter Fagus verstanden. Ihre Früchte sind essbar und die cupulae, werden unter dem: Namen‘ „Knoppern“ von.den Gerbern benützt. Eine andere Art mit essbaren Früchten ist @. Ballota, welche Desfontaines am Atlas fand, die jedoch auch in Portugal vorkommt. Die Buche hat ihre schönste Entwicklung in Meklenburg und auf der Insel Seeland. Nach Norden hin findet sie sich noch auf der skandinavischen Halbinsel in der Provinz Blakingen; bei Upsala aber kommt sie nur noch kümmerlich fort. Nach Süden erscheint sie nur sporadisch noch in Italien, sogar noch bei Neapel, aber strauchartig. Nur in den Gebirgen, z. B. in 25» den Abruzzen und auf der Insel Corsica bildet sie wieder Wälder. In Frank- reich wird sie angepflanzt. Die gemeine Birke ist ebenfalls ein dem Norden angehöriger Baum. Man sieht sie noch in den Pyrenäen, dagegen ist ein Birkenwäldchen am Monte Sarron in Portugal ein ganz isolirtes Vorkommen. Am Schlusse der Sitzung theilte Professor Kolenati aus Prag noch Einiges über die Flora des Kaukasus nach eignen Untersuchungen mit. Mit Ausnahme der Steppenflora stellen die höheren. Berge z. B. der Kasbek die Gesammtflora des Landes dar. Nördliche und südliche Abdachung zeigen sich verschieden. So finden sich auf der nördlichen Seite des Kasbek Quer- cus Robur und @. peduneulata, auf der Südseite dagegen stellt sich @. iberica ein. Im ganzen herrscht Laubholz vor, Nadelholz ist verhältnissmässig sel- ten. Nur in Armenien zwischen zwei Seen, wovon der eine vermuthlich 'da- her Kerzensee heisst, findet sich ein Wald von Pinus, wahrscheinlich Pinus Nordmanniana. Auch eine Wachholder - Art — (Juniperus virginiana?) — tritt hin und wieder baumartig auf. Man sieht viele starke Stämme, z. B. von Corylus Colurna, die nicht selten einen Fuss im Durchmesser erreichen. An der Gränze der Waldregion bis zu 8000 treten Betula nana und eine Ephe- dra-Art auf, welche ©. A. Meyer als E. procera beschrieb. Darüber hinaus beginnt die Grasregion, in der Rhododendron und Azalea zu Hause sind; besonders ziert Azalea pontica diese Region, indem sie nicht allein durch ihre Blüthen, sondern auch im Herbste durch die purpurrothe Färbung ihrer Blät- ter sich auszeichnet. In der darüber liegenden Moosregion fällt die von an- dern Gebirgen abweichende Sonderung der Moos-Arten auf. Vielleicht hängt diese gruppenweise Vertheilung von dem Gesteinen ab, worauf sie wachsen. Selbst in der Schneeregion erscheinen noch einige ‘kahle Felsenspitzen mit einzelnen Pflanzen geschmückt. So bemerkt man noch Individuen von Andro- pogon vaginatus, Thymus Marschallianus, Delphinium eaucasicum, Saxifraga flagellaris u. a. 25» Zweite Section: Für Chemie und Pharmacie. (Gehalten am 23. September 1849.) Vorsitzender: Professor Zenneck. Schriftführer: Apotheker Schmid. Professor Zenneck sprach über die Untersuchung der Milch auf einen absichtlich geschehenen Wasserzusatz, zeigte zwei nach seiner Angabe eonstruirte Laetometer vor, und stellte damit Versuche an. » Das eine dieser Instrumente gibt das der Milch zugesetzte Wasser nach °% an, und das andere zeigt den Gehalt der Milch. woraus sich dann leicht zugegossenes Wasser berechnen lässt. Eine weitere Art. die Milch zu untersuchen erwähnt derselbe noch, welche darin besteht, dass er die Milch durch Zusatz ‘von Salzsäure zum Gerinnen bringt, und das Serum in ein graduirtes Glas abfiltrirt. Das von ihm hiezu benützte Instrument wurde ebenfalls vorgezeigt. Dritte Section: Für Mineralogie, Geognosie und Geographie. (Gehalten am 24. September 1849.) Vorsitzender: Professor Dr. Schafhäut!l. Schriftführer: Vikar Dr.-Fraas. 1) v. Carnell theilt geographische Profile mit, welche die Lagerung des Braunsteins im Nassau’schen und die der Sphärosiderite in Oberschlesien darstellen. 2) Dr. Merz spricht über die neuen Lehrbücher der Geographie und macht auf interessante Mittheilungen von Missionären aufmerksam (in den Annalen für Mission). welche von China aus in die 'Tartarei reisten. Hieran reihen sich Besprechungen über die geognostische Betrachtungsweise der Geo- graphie. 3) Dr. Jäger gibt eine Berichtigung über ein fossiles Reptil, über welches bei der letzten Versammlung zu Aachen die Rede gewesen war. 897 > 4) v. Martius wirft die Frage auf, wie weit die Geognosie Antheil nahn an dem Florenreich? An der interessanten Besprechung hierüber be- theiligen sich v. Link, v. Buch und v. Martius. 5) Oscar Fraas theilt einige Beobachtungen mit über die Gestaltung des oberen weissen Jura an den verschiedenen Lokalitäten von Schwaben und Franken. 6) Professor Richter gibt ein Bild der ‚geognostischen ‚Verhältnisse des Grauwackegebirges um Saalfeld, wobei er. Nereites Sedgwickii Murch. von dort vorlegt, und richtet die Bitte an die bayerischen Geognosten, die Fortsetzung des Gebirgszugs nach Bayern näherer Untersuchung zu unter- werfen. 7) Dr. Frischmann legt eine Zeichnung von Megalurus lepidotus von Eichstätt vor. 8) Der Vorsitzende erklärt die Sitzungen der Versammlung, für ge- schlossen. Fünfte Section: Für Zoologie und Anatomie. (Gehalten am 24. September 1849.) Vorsitzender: Professor Zenneck von Stuttgart. Schriftführer: Dr. Waltl. Dr. Gemminger aus München hält einen Vortrag über das elektri- sche Organ zweier egyptischer Fische, des Mormyrus oxyrhynchus und dor- salis. Derselbe theilt merkwürdige anatomische Beobachtungen mit über das Gehirn, welches sehr gross und dem der Delphine ähnlich ist, über den Zu- sammenhang des elektrischen Organs mit dem Gehirn, über den Bau des Auges, dann über die Lebensart derselben. Er erwähnt auch, dass diese Fische auf hetrurischen Vasen abgebildet zu finden sind, ein Zeichen. dass den alten Völkern des Mittelmeerbeckens die elektrische Eigenschaft dieser Fische so gut wie die des Zitterrochens bekannt war; seine darüber in Druck gelegte Abhandlung theilt er den Mitgliedern der Section mit. & 58 2> Dann zeigt derselbe das Skelett des Proteus Schreibersii Fitz. von Sit- tich in Krain, welche Art grösser und. von anderer Form ist, als der Proteus anguinus der Adelsberger Grotte; er setzt die Verschiedenheit im Bau anato- misch auseinander und erläutert die äussern Unterschiede. Obermedieinal-Rath Jäger von Stuttgart macht sehr interessante Mit- theilungen über in Höhlen vorkommende Thiere aus verschiedenen Klassen, über die Verkümmerung des Gesichtssinnes und andere Eigenthümlichkeiten des Baues und der äussern Form. Somit wurde dann die letzte Sitzung geschlossen. u Bemerkung zur Anzeige im Tagblatt Nro. 7. Seite 51. Diese von dem Professor Kolenati empfohlenen Krystallmodelle von durchsichtigem Horn werden in Hof von dem dortigen Kammfabrikanten Preller angefertigt. Sie stellen die Axenverhältnisse sehr klar dar und sind auch durch Professor von Raumer in Erlangen als zum Unterrichte höchst passend erklärt worden. Dritte öffentliche Sitzung am 34. September, Vormittags 30 Uhr. Der erste Geschäftsführer Professor Dr. Fürnrohr macht ‚den weitern Einlauf bekannt und theilt einen Antrag der Dr. Hundögger aus Hannover und Oettinger aus München mit, von Seite der Versammlung deutscher Naturforscher und. Aerzte zur Einführung einer allgemeinen deutschen Phar- macopoe, dann eines ‘gemeinschaftlichen Medieinalmasses und. Gewichtes bei den. deutschen Regierungen die geeigneten Schritte zu thun, worauf die Ver- sammlung. einstimmig beschliesst, die derzeitigen Geschäftsführer mit Aus- führung dieses Antrages zu betrauen, w 4 Pen Hierauf hielt Professor Dr. Zenneck aus Stuttgart einen ausführlichen Vortrag über die äussern Zweckverhältnisse in der Natur, sowohl der orga- nischen als anorganischen. Diesem folgte Bat.-Arzt Dr. Schrauth aus Neumarkt mit einem Vor- Mirage „des Menschen Gerüst“ in poötischer Form. Meran reihte sich eine Aufforderung des Oberfeldarztes Dr. Dietrich aus Leipzig zur Gründung von Krankenwärterschulen. Wegen Verhinderung des zweiten Geschäftsführers Dr. Herrich- Schäffer richtete als dessen Stellvertreter Dr. Popp Abschiedsworte an die Versammlung. Anerkennung der Leistungen der diesjährigen Versamm- lung im Allgemeinen wie nach den besonderen Richtungen hin, warmer Dank an sämmtliche Theilnehmer, an die Vorstände der einzelnen Abtheilungen, an die Behörden wie an die Einwohnerschaft, dringende Aufforderung. an der Eigenthümlichkeit und Selbstständigkeit deutscher Naturwissenschaft, insbe- sondere auch mit möglichster Berücksichtigung der Muttersprache, fortan fest- zuhalten, bildeten den Haupinhalt dieser Rede. Obermedieinal-Rath Dr. Jäger aus Stuttgart sprach sodann im Namen der anwesenden Gäste den Geschäftsführern, den Behörden und der Stadt mit herzlichen Worten Dank und Annerkennung aus. 5 Freundlichen Abschiedsworten des rechtskundigen Bürgermeisters Sa- tzinger folgte von Seite des ersten Geschäftsführes der Scheidegruss und mit dem Zurufe: „auf Wiedersehen in Greifswalde“ der Schluss der 26sten Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte. Berichtigungem Im Tagblatt Nro. 7. vom 24. September, Seite 47, letzte Zeile ist Reisemikreskop zu lesen, und in dem» selben Blatt, Seite 51, Zeile 7 und 8, Entomologen. “ En r EI er te re ER 8 ee ET Baus anno‘ „u Tuer; Ha} «ol, ui. Sainitüdes EPELTAN 2198 are 3 . ET si lau: A 19 das salabahn errang Kant a sh Sa sem ealoriktag, ai =jeinD dsista Hr zotaikbi erh Era an die Syerwsuzunm alu 187 znubalr 2 Tu ch u) oa Hplisve "anb. urmsbahlie hainsad iR ke AU Beet ein, . r se. ir , J n Bud b EST u} SunansAtokl » Aust susawe El a era Me Ar natur ns as ann, 10 ullsrofaih a 3b: 077 gruss ol Is er rl juf eu Wi dar e er d aaa fo E lan) dies) 1 aa mi 235 mi sad 18 -snbı buw-‘ ie B nr mn NE satz K; bis Ang 2 ee w u Banake rag 8a adhn uahside: ande ie en) starr zul, Bilsel ande 1ab Sands 5 "5 Br eur 3 nulanabar PN tus Er En Er 4 ai Hanpl; u nal: Der er, Pe ie e i a2, Sr RD sie 1a u RN BER