ANATOMISCHE HEFTE ERSTE ABTEILUNG: ARBEITEN AUS ANATOMISCHEN INSTITUTEN. X.BAND XXXI, XXXIL, XXXIH. HEFT). ANATOMISCHE HEFTE. REFERATE UND BEITRÄGE ZUR ANATOMIE UND ENTWICKELUNGSGESCHICHTE UNTER MITWIRKUNG VON FACHGENOSSEN HERAUSGEGEBEN VON FR. MERKEL, UND R. BONNET, ©. Ö. PROFESSOR DER ANATOMIE IN GÖTTINGEN. O. Ö. PROF. DER ANATOMIE IN GREIFSWALD. ERSTE. ABTEILUNG. ARBEITEN AUS ANATOMISCHEN INSTITUTEN. X. BAND (XXXlI., XXXIL, XXXIUI. HEFT.) MIT 32 TAFELN UND 21 ABBILDUNGEN IM TEXT. EEE — WIESBADEN. VEREAGEVON 1 E- BERGMANN. 1898. Das Recht der Uebersetzung bleibt vorbehalten. Druck der Kgl. Universitätsdruckerei von H. Stürtz, Würzburg. Irma. XXXI. Heft ausgegeben im Februar 1898. Hermann Triepel, Über die elastischen Eigenschaften des elasti- schen Bindegewebes und der glatten Muskulatur - W.H.Cox, Der feinere Bau der Spinalganglienzelle des Kaniucheng Mit 5 Figuren in Lichtdruck auf Tafel I/II und 13 Figuren auf den lithogr. Tafeln III/VI ; AEME R. S. Bergh, Beiträge zur vergleichenden Histologie, Mit 24 Ab- bildungen auf Tafel VII/IX . ü A. Kirchner, Das obere Brustbeinende und das Tieren len elavieulare nebst Zusammenstellungen über das Verhältnis des sagittalen Brustdurchmesserss und der Brustbeinlänge zur Körperlänge Se XXXII. Heft ausgegeben im Mai 1898, Ernst Unger, Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Milch- drüse, Mit 15 Abbildungen auf Tafel X/XI. : iR G. Behrens, Die Reifung und Befruchtung des Benin Mit 23 Abbildungen Tafel XII—XVI . R. Neisse, Über den Einschluss von nen in 1 ee knoten. Mit 6 Abbildungen auf Tafel XVIII/XIX J. Zumstein, Über die Entwickelung der Vena cava inferior bei dem Maulwurfe und bei dem Kaninchen. Mit 19 Abbildungen auf Tafel XX—XXVI und 3 Textfiguren RR XXXIII Heft ausgegeben im Juli 1898, A. Kirchner, Über die Lage der Brustwarze und das Lagever- hältnis der Herzspitze zur linken Brustwarzenlinie A. Cramer, Beitrag zur Kenntnis der Optikuskreuzung im Chinduan und das Verhältnis der optischen Centren bei einseitiger Bul- busatrophie. Mit 18 Abbildungen im Text und 7 Figuren auf Tafel XXVII/XXX . : Friedrich Henckel, Beitrag zur Iinbwiekelnngspeschichte des menschlichen Auges. Mit 4 Abbildungen auf Taf. XXXI/XXXI F. Hochstetter, Bemerkungen zu Zumsteins Arbeit „Über die Entwickelung der V. cava inferior bei dem Maulwurfe und bei dem Kaninchen“ . Seite 127 151 227 287 307 345 415 485 5ll iR ar FR Wr KR u [ " JIIETE sy Y om UA „» Bmplhiet; Y A Base Ps N A N I w Y PIE Yırl "Mm he, ge‘ 1 U \ vo: " ( äh "0 N” ı} - ah In» ve Nu 5 ET f, Y EN bj IR Pro D er Au ANBR { r | KARRNT, da a 7 Mag a hy site do a 12 MW al PN at Se 69 Dar EBENN, 00 lt weite all; Ku er A A He 1 A Y PN TH ra IR u N Ya) ISA Be VRR fe l A | Sat, rl hf (AUS DEM ANATOMISCHEN INSTITUT ZU GREIFSWALD.) ÜBER DIE ES ISCHEN EIGENSCHAFTEN DES ELASTISCHEN BINDEGEWEBES, DES FIBRILLÄREN BINDEGEWEBES UND DER GLATTEN MUSKULATUR. VON HERMANN TRIEPEL, GREIFSWALD. 1 u = jr = > ‚ N ‘ L f = er Bine} z nz 7 3 = (m wo x er Int n AN Po 3 % B- Es scheint mir nötig zu sein, dass den physikalischen Eigen- schaften der Gewebe eine grössere Beachtung geschenkt werde, als dies bisher der Fall gewesen ist. In ganz auffallender Weise ist die physikalische Betrachtungsart hinter der chemischen Be- trachtungsart zurückgeblieben. So findet man in den grösseren Lehrbüchern der allgemeinen Anatomie in der Regel ‚ziemlich ausführliche Angaben über das chemische Verhalten der Gewebe, über ihre physikalischen Eigenschaften aber meistens sehr wenig, und nur die Mitteilungen über Mechanik des Knochengewebes und über optische Erscheinungen bilden eine rühmliche Aus- nahme. Bis zu einem gewissen Grade ist das erklärlich: wir besitzen eine Mikrochemie, wir besitzen aber keine Mikrophysik. Glücklicherweise ist aber die allgemeine Anatomie nicht aus- schliesslich auf den Gebrauch des Mikroskopes angewiesen! Befremdlich muss es vor allem erscheinen, dass bei dem elastischen Bindegewebe das physikalische Verhalten durchaus nicht gehörig gewürdigt wird, also bei einem Gewebe, durch dessen Namen man schon hat darauf hinweisen wollen, dass seine Bedeutung in erster Linie auf physikalischem Gebiete zu suchen ist. Meistens begnügt man sich mit der Bemerkung, dass das „elastische Gewebe“ sehr elastisch ist und darum seinen Namen bekommen hat, während man über sein chemisches Ver- halten genug zu berichten weiss. Später wird sich noch Gelegen- heit für mich finden, genauere Litteraturangaben zu machen, Es liegt mir ferne, die chemische Untersuchung des elastischen r% 4 HERMANN TRIEPEL, Bindegewebes, besonders wenn sie von einem höheren Gesichts- punkte aus unternommen wird, herabzusetzen; doch scheint es mir näher zu liegen, bei einer Gewebsart, die, wie der Augen- schein lehrt, dem lebenden Körper hauptsächlich durch ihre physikalischen Eigenschaften nützt, zuerst diese einer sorg- fältigeren Prüfung zu unterziehen. In der vorliegenden Arbeit habe: ich es mir zur Aufgabe gesetzt, einen Beitrag zur Feststellung der elastischen Eigen- schaften vor allem des elastischen Bindegewebes zu liefern. Die Notwendigkeit der folgenden Untersuchung ergab sich mir, als ich den Versuch machte, für die Anordnung des elastischen Bindegewebes in der Wand der grösseren Gehirnarterien eine Erklärung aufzustellen). Damals ging ich davon aus, dass ich der elastischen Substanz besonders grosse und vollkommene Elastizität zuschrieb, wobei ich diese Wörter in demselben Sinne gebrauchte, in dem sie in den meisten anatomischen Lehrbüchern angewandt sind; jetzt, nachdem die folgende Untersuchung ab- geschlossen ist, ergiebt sich, dass die Ausführungen, die ich da- mals machte, in ihrer Form einzelne Änderungen erfahren müssen, wenn man sie mit den Ergebnissen der vorliegenden Arbeit in allen Punkten in Einklang bringen will. Es musste mir vor allen Dingen daran liegen, das Verhältnis festzustellen, in dem die elastischen Eigenschaften stehen, die den drei hauptsächlichsten Geweben der Gefässwand, dem fibril- lären und dem elastischen Bindegewebe und der glatten Mus- kulatur, eigentümlich sind. Schon a priori lässt sich annehmen, dass die elastische Faser mit ihrer Elastizität etwa in der Mitte zwischen Bindegewebsfibrille und organischer Muskelfaser steht. Die genaueren Beziehungen lassen sich jedoch nur durch den Versuch ermitteln. Da nun über das fibrilläre Bindegewebe einzelne Versuche vorliegen, und da ich glaubte, dass glatte 1) Triepel, Das elastische Gewebe in der Wand der Arterien der Schädel- höhle. 1I. Teil. Anat. Hefte, I. Abt. XXIT. Heft. (VII. Bd., 2. Heft). S. 204 ff., 1896. Über die elastischen Eigenschaften des elastischen Bindegewebes etc. 5 Muskulatur von quergestreifter Muskulatur, die oft genug zu Dehnungsversuchen benutzt wurde, sich wenig unterscheiden würde, habe ich zuerst mein Hauptaugenmerk auf das elastische Bindegewebe gerichtet. Indessen zeigte sich bald, dass es nicht gerechtfertigt ist, von der quergestreiften Faser auf die Muskel- zelle zu schliessen, sodass ich genötigt war, auch mit glatter Muskulatur eine grössere Reihe von Versuchen anzustellen. Endlich war es doch wünschenswert, mit Hülfe derselben Methode Dehnungsversuche auch an fibrillärem Bindegewebe vorzunehmen. Über die Untersuchungen werde ich im ersten Teile der vor- liegenden Arbeit berichten, der zweite Teil ist für litterarische Erörterungen, sowie für einige Bemerkungen allgemeiner Natur über das elastische Bindegewebe bestimmt. T, Das Material zu den Dehnungsversuchen konnte nicht dem Menschen entnommen werden, da es möglichst frisch zur Unter- suchung kommen musste. Es sollten ferner die angewandten Teile so beschaffen sein, dass sie möglichst als Typen für fibrilläres (oder kollagenes) Bindegewebe, elastisches Bindegewebe und glatte Muskulatur gelten konnten. Es lag am nächsten, die Teile dem Rinde zu entnehmen, und zwar Nackenband, Sehnen und Muskelhaut des Darms. Inwieweit diese Objekte der gestellten Anforderung entsprechen, wird im einzelnen zu erörtern sein. Damit die Resultate vergleichbar wären, mussten die Gewebsstücke jeden- falls von derselben Tierspecies stammen. Ich vermutete, dass die elastische Substanz in der Wand der Gehirnarterien, wo ich meine Befunde zuerst zu verwerten ge- dachte, beim Rind im Prinzip nicht anders verteilt wäre als 6 HERMANN TRIEPEL, beim Menschen. Die mikroskopische Untersuchung hat nun freilich einige Unterschiede auffinden lassen, auf die ich bei anderer Gelegenheit eingehen werde. Indessen berührt dies die folgenden Untersuchungen nicht. Zur Begründung der hier vertretenen Auffassung erscheint es mir geboten, an dieser Stelle einige Grundbegriffe aus der Elastizitätslehre kurz zu erläutern). Elastizität ist die in einem Körper durch einen Zwang wachgerufene innere Kraft, Dehnungselastizität im be- sonderen, um die es hier sich ausschliesslich handelt, ist die in einem Körper durch einen Zug wachgerufene innere Kraft. Ihre Grösse wird angegeben durch den Elastizitätsmodul BE; sein reciproker Wert ist der Elastizitätskoöffizient &?). Es ist nämlich __ Kraft % “Veränderung __ Veränderung -— Rrat Die Entstehung der Begriffe < und E kann man sich folgen- dermassen denken. Man beobachtete bei Dehnungen, dass (inner- halb gewisser Grenzen) die Längenzunahme A proportional der ursprünglichen Länge 1 und der Belastung P und umgekehrt proportional dem Querschnitt q war, also IE A=—=2.—, wobei der konstante Koöffizient & von der Natur des gebrauchten Materials abhing. Setzt man in dieser Formel I, Pundg=1, so ergiebt sich & = A für die Einheit der Länge und des 1) Vgl. hierzu F. Auerbach, in Winkelmanns Handb. der Physik, I. Bd., 1891, Art. Elastizität im allgemeinen, S. 214 ff. und Art. Zug und Druck, Ss. 237 £. 2) Französische Autoren bezeichnen den Modul als coöfficient d’elastieite, unseren Elastizitätskoöffizienten als coöfficient d’allongement. Über die elastischen Eigenschaften des elastischen Bindegewebes ete. 7 Querschnittes des untersuchten Stückes und die Einheit des Gewichtes. Mit e kann die Grösse der Ausdehnbarkeit be- zeichnet werden. Diese ist nun umgekehrt proportional der Kraft der Elastizität, es ist Wenn man hier A=1lundq=1 setz, oit E=P, d. h. gleich dem Gewichte, das das untersuchte Stück, wenn es die Einheit des Querschnittes besitzt, um seine eigene Länge ausdehnt, oder ausdehnen würde, wenn nicht vorher der unter- suchte Körper zerrisse und wenn bis zur Erreichung der doppelten Länge Belastung und Ausdehnung proportional verliefen. Streng genommen kann man von einem Elastizitätsmodul, d. h. einem bestimmten Werte, der einem Körper unter allen Verhältnissen zukommt und zu seiner Definition verwendet werden kann, nur bei vollkommen homogenen Körpern sprechen, und bei solchen Körpern, die dem Hookeschen Gesetze folgen, bei denen also bis zur Grenze der Elastizität, bis Dehnungen bleibende Veränderungen zurücklassen, Spannung (oder Be- lastung) und Ausdehnung sich proportional bleiben. Nun sind aber organisierte Stoffe nichts weniger als homogen, und sie folgen auch nicht oder höchstens bei sehr geringen Belastungen dem Hookeschen Gesetze. Die Beobachtung, dass bei tierischen Stoffen Belastung und Ausdehnung sich nicht proportional sind, geht, wie man gewöhnlich annimmt, auf W. Weber!) zurück und wurde durch die grundlegenden Versuche Wertheims?) 1) W. Weber, Über die Elastizität der Seidenfäden. Poggendorffs. Ann. Bd. 34, 1835, pag. 247. Derselbe, Über die Elastizität fester Körper. Poggendorffs Ann. Bd. 54, 1841, p. 1. 2) Wertheim, Me&moire sur l’elastieit& et la cohesion des principaux tissus du corps humain. Ann. de chimie et de physique, IH. S,, T. 21, 1847, pag. 385, 6) HERMANN TRIEPEL, sicher gestellt‘). Zwar äussert sich Wundt?) in entgegenge- setztem Sinne, er wurde aber durch Volkmann?) widerlegt, und später gab er selbst?) eine mathematische Berechnung, aus der hervorgeht, dass nur bei sehr kleinen Veränderungen oder, was bei den meisten organisierten Körper dasselbe heisst, bei sehr kleinen Belastungen Proportionalität zwischen Ausdehnung und Belastung bestehen kann. Dass bei Geweben, die eine wahre Durchflechtung ihrer Elemente zeigen, wie man sie etwa bei der tierischen Cutis findet, das Gesetz der Proportionalität nicht gültig sein kann, wurde von Tresca°) bewiesen. Aber trotzdem kann man, wie das von verschiedenen Autoren gethan wird, auch bei Stoffen, die dem Hookeschen Gesetze nicht folgen, einen Rlastizitätsmodul feststellen, der nur für ver- schiedene Dehnungen immer andere Werte annimmt. E = nn ist auch bei Geweben ein Mass der Elastizität und besagt, dass durch das Gewicht E die Länge eines Gewebsstückes von 1 qmm Querschnitt verdoppelt würde, wenn die weitere Verlängerung der gerade beobachteten proportional wäre. Der Elastizitätsmodul auch der Gewebe ist mit anderen Worten jedesmal das auf die Querschnittseinheit reduzierte Gre- wicht, dividiert durch die auf die Längeneinheit reduzierte Ver- längerung. Er ist aber nicht konstant und könnte in Form einer Kurve hergestellt werden. Wenn man annimmt, dass, wie 1) Wie ich später zeigen werde, sind ähnliche Beobachtungen schon viel früher gemacht worden (s. u. S. 24). 2) Wundt, Über die Elastizität feuchter organischer Gewebe. Müllers Arch. 1857. S. 298. Derselbe, die Lehre von der Muskelbewegung. Braunschweig, 1858, Ss. 17 ft. 5 3) Volkmann, A. W., Über die Elastizität der organischen Gewebe, Reichert und du Bois-Reymonds Arch., 1859, 8. 293. 4) Wundt, Über die Elastizität der organischen Gewebe, Zeitschr. f. rat. Med., 3. R., VIII. Bd. 1860, S. 267. 5) Tresea, Theorie de la resistance des etoffes tisses A l’extension- Compt. rend. 95. Bd., 1882, pag. 1315. Über die elastischen Eigenschaften des elastischen Bindegewebes ete. 9 mehrfach behauptet worden ist, die reduzierten Verlängerungen und Gewichte, den Gesetzen der Hyperbel folgen, so würde sich für den Rlastizitätsmodul eine Kurve höherer (3.) Ordnung ergeben. Einigemale ist die Dehnbarkeit einzelner Gewebe und Organe bestimmt worden, so zuerst von Ed. Weber!'), später unter anderen von Bardeleben?). Diese Forscher geben die Ausdehnbarkeit an als | L,—L sop-rD —— = Di, L,+L Ze (+ )®: iD) wobei L und L, die Längen eines Gewebsstückes bei den Be- lastungen p und p, sind. Es ist offenbar, dass man mit Hülfe dieser Formel wohl die Veränderungen ermitteln kann, die die Ausdehnbarkeit eines und desselben Gewebsstückes bei Ände- rungen der Belastung erleidet, ja dass die Formel Werte liefert, die einen Vergleich der Ausdehnbarkeit verschiedener Gewebs- stücke bei derselben Belastung ermöglichen, vorausgesetzt, dass die verschiedenen Gewebsstücke denselben Querschnitt haben. Es ist aber technisch nicht ausführbar, Teilen verschiedener Gewebe den gleichen Querschnitt zu geben. Ausserdem ist es von vornherein wahrscheinlich, dass die Ausdehnbarkeiten von Muskeln, elastischem Bindegewebe und Sehnengewebe erheblich von einander abweichen werden, und man wird daher den zu untersuchenden Stücken zweckmässigerweise verschiedenen Querschnitt geben, um, wenn irgend möglich, gleiche Belastungen anwenden zu können, ohne dass infolge zu geringfügiger Aus- dehnungen die Genauigkeit der Beobachtung Einbusse erleidet. Bei der Berechnung von E muss jedesmal von der anfäng- lichen Länge und dem anfangs vorhandenen Querschnitte 1) Ed. Weber, Art. Muskelbewegung in Wagners Handwb. d. Physiol. III, 2. 1846, S. 110. 2) Bardeleben, Über Venenelastizität. Jenaische Zeitschr. f. Naturw, Bd. 12, 1878, S. 37. 10 HERMANN TRIEPEL, ausgegangen werden. Bei jeder Längsdehnung findet natürlich eine Verkleinerung des Querschnittes statt. Nun wäre es ja leicht, aus der Veränderung der Länge die Veränderung des @Querschnittes zu berechnen, wenn das Volumen konstant bliebe. Das ist aber nicht der Fall: Zug erzeugt Volumenzunahme: das Verhältnis der Querschnittsverkleinerung zur Längsdehnung („Elastizitätszahl“) ist nicht auf theoretischem Wege zu be- stimmen. Bei der Längenänderung, die ein Körper durch Einwirkung einer äusseren Kraft erfährt, unterscheidet man drei Teile, näm- lich die elastische Verschiebung, die momentan oder fast momen- tan eintritt, die elastische Nachwirkung, die sich im Anschluss daran entwickelt und langsam, während einer unbestimmten Zeitdauer abläuft, und die bleibende Änderung!). Nach dem Aufhören der Kraft beobachtet man wieder eine momentane Verschiebung und eine Nachwirkungsverschiebung, die bleibende Änderung wird nicht wieder ausgeglichen. Hierauf ist bei der Untersuchung Rücksicht zu nehmen, und bei der Bestimmung der elastischen Eigenschaften eines Gewebes handelt es sich nicht nur darum, die Grösse seiner Elastizitätsmodule, sondern auch darum, die Grösse und Geschwindigkeit der Nachwirkung zu bestimmen. a) Elastisches Bindegewebe. Bei der Herstellung der Stücke aus dem Nackenbande leistete mir ein Doppelmesser gute Dienste. Die starken Klingen dieses Messers sind 4,2 cm lang unddcm hoch, ihre Schneide ist fast halbkreisförmig gebogen, ihre Innenfläche plan geschliffen. Die eine Klinge ist mit dem Hefte fest verbunden und trägt in der Nähe des Rückens zwei seitlich vorstehende Stifte, worauf die 1) Vgl. Braun, Art., Elastische Nachwirkung in Winkelmanns Handb. d. Physik. Bd. I. 1891. S. 321. Über die elastischen Eigenschaften des elastischen Bindegewebes etc. 11 an entsprechender Stelle durchbohrte zweite Klinge aufgesetzt wird, um festgeschraubt zu werden, nachdem zwischen die Klingen ein beliebig dickes Zwischenstück eingefügt worden ist. Mit dem Doppelmesser wurde aus dem strangförmigen Teile des Nackenbandes ein parallelepipedischer Streifen unter möglichst gleichmässigem Zuge herausgeschnitten, und davon wurde mit der Schere ein schmälerer Streifen von annähernd quadratischem Querschnitt abgetrennt. Es ist zu beachten, dass das dehnbare Nackenband beim Durchziehen des Messers nachgiebt, so dass der herausgeschnittene Streifen nicht genau dieselbe Breite be- kommt wie das Zwischenstück des Messers. Ist der Zug nicht gleichmässig, so wird dann auch der Querschnitt des Streifens nicht in jeder Höhe gleich gross. Kleine Unregelmässigkeiten schaden übrigens nichts, denn es wird ein mittlerer Querschnitt aus Gewicht und spezifischem Gewicht bestimmt, und man kann annehmen, dass bei nur geringen Differenzen in den einzelnen Querschnitten die Ausdehnung des ganzen Stückes gleich ist der Summe der Ausdehnungen der einzelnen Längenelemente. Zur Befestigung der Stücke habe ich folgenden Apparat be- nutzt. Auf einem horizontalen Fuss erheben sich senkrecht zwei parallel stehende Bretter, die je 42 cm hoch und 7 cm breit sind und einen Abstand von 16 em von einander haben. Die Bretter sind am oberen Ende durch ein 2 cm starkes und etwa in der Mitte ihrer Höhe durch ein schwächeres Querbrett unter einander verbunden. In dem oberen Querbrett befindet sich in der Nähe der einen Seitenwand eine Öffnung vom Durch- messer eines gem, und senkrecht unter dem Mittelpunkt dieser Öffnung ist in dem mittleren Querbrett ein Loch angebracht, das gerade gross genug ist, um einer dünnen Schnur den Durch- tritt zu gestatten. Durch die Öffnung in dem oberen Querbrett dieses Apparates wurde das zu untersuchende Stück aus dem Nackenbande hin- durchgesteckt, und sein hervorstehendes Ende wurde zwischen 12 HERMANN TRIEPEL, zwei starken, an ihrer Innenfläche unebenen Metallplatten fest- geschraubt. Die Platten waren breiter als die obere Öffnung, so dass sie auf dem Querbrett aufliegen konnten; es befand sich somit die obere Grenze des untersuchten Abschnittes immer in gleicher Höhe mit der oberen Fläche des Querbrettes. Durch das untere Ende des Nackenbandstückes wurde ein scharfer Haken geführt, von dem aus ein Faden durch das Loch im mittleren Querbrett bis in die unterste Abteilung des Apparates reichte, wo er eine leichte, aus Holzspänen gefertigte Wagschale trug. Bei der bekannten Struktur des Nackenbandes, die so viele Verbindungen zwischen den einzelnen Fasern aufweist, war es nicht anzunehmen, dass der Haken bei mittleren Belastungen einreissen werde; somit fiel immer sein Scheitel mit der unteren Grenze des untersuchten Abschnittes zusammen. Mit dem Haken hatte ich eine kurze, auf ihm senkrecht stehende Nadel fest verbunden. Die Messung nahm ich nun in der Weise vor, dass ich die Nadel auf einer berussten Tafel, die in senkrechter Stellung auf dem mittleren Querbrett leicht verschoben werden konnte, die beobachteten Längen aufschreiben liess. Die obere Grenze des untersuchten Gewebsstückes bez. die Höhe des oberen Quer- brettes wurde ausserdem in geeigneter Weise angegeben. Die Masse wurden nachträglich an einem verjüngten Massstabe ab- gelesen. Die graphische Methode steht in Bezug auf Genauigkeit hinter der Messung mit Hülfe des Kathetometers zurück, ebenso hinter dem direkten Ablesen einer Skalenverschiebung mit dem Mikroskop. Doch andererseits kommen der graphischen Methode ganz erhebliche Vorteile zu: man hat die Möglichkeit, die von den untersuchten Objekten selbst geschriebenen Protokolle auf- zuheben, man kann die Messung zu beliebiger Zeit nach dem Versuche vornehmen, wodurch grössere Objektivität gesichert jst, und es wird vor allem, was gerade hier besonders ins Ge- Über die elastischen Eigenschaften des elastischen Bindegewebes etc. 13 wicht fällt, für den einzelnen Versuch bedeutend weniger Zeit als bei anderen Methoden gebraucht. Das von mir befolgte Verfahren gestattete freilich nur eine Längenbestimmung mit einer Genauigkeit von 0,1 mm; es wird sich aber zeigen, dass diese Genauigkeit für die verfolgten Zwecke vollkommen. aus- reicht. Von dem Aufschreiben auf einer rotierenden Trommel sah ich ab, um dem Fehler der Reibung auszuweichen, die durch dauernde Berührung der Schreibfeder mit der Trommel ent- stehen musste. Seitliche Schwankungen des Objektes wurden durch den Faden, der durch das Loch im mittleren Querbrett des Apparates hindurchtrat, verhindert, und es war beim Markieren nur eine geringe Torsion möglich; Torsionen, selbst bedeutende, haben aber, wie von Braun!) (für Seide und Kautschuk) festgestellt wurde, auf elastische Längenänderungen keinen Einfluss. Wenn ich glaube, dass eine Genauigkeit der Längenmessung von 0,1 mm genüge, so beruht das darauf, dass wir bei den meisten tierischen Geweben überhaupt auf eine so weitgehende Genauigkeit, wie sie dem Physiker bei der Untersuchung der Elastizität von Metallen, Glas, Hölzern möglich ist, verzichten müssen. Die erste Schwierigkeit bei der Untersuchung tierischer Gewebe liest in der Gefahr der Austrocknung. Wir wissen. durch Wertheims?) Versuche, dass bei Austrocknung der Elastizitätsmodul sich erhöht. Wundt?) hat, um die Austrock- nung zu verhüten, die untersuchten Gewebe in einem gewissen Abstande mit einer wasserdurchtränkten Fliesspapierhülle um- geben; eine solche Vorrichtung wäre indessen bei Anwendung der graphischen Methode störend. Volkmann) umgab seine 1) Braun, Über die Natur der elastischen Nachwirkung. Poggend. Ann. 159. Bd., 1876, S. 354 u. S. 368—372. 2) Wertheim, I. c., S. 396. 3) Wundt, l. c. (m Müllers Arch. 1857), S. 303. 4) Volkmann, |. e., S. 303 u. 304. 14 HERMANN TRIEPEL, Versuchsobjekte unmittelbar mit nassen Baumwollfäden, die mit dem oberen Ende des Gewebsstückes zugleich befestigt waren; Reibung und Adhäsion lassen dieses Verfahren als nicht ein- wandsfrei erscheinen. Da meine Versuchsreihen meistens nicht länger als eine Viertelstunde dauerten, so nahm ich in der Regel auf die Austrocknung keine Rücksicht, in der Voraus- setzung, dass ihr Einfluss in so kurzer Zeit sich noch nicht merklich geltend machen würde. In einigen Fällen allerdings habe ich durch mehrmaliges sanftes Betupfen mit 0,6 proc. Kochsalzlösung die Oberfläche der Gewebsstücke feucht zu er- halten gesucht. Ich werde das bei Wiedergabe der Rechnungs- resultate besonders anführen, die Fälle unterscheiden sich übrigens nicht von den anderen. Eine zweite Schwierigkeit liegt in den Veränderungen, die die Gewebe sehr bald nach dem Tode erleiden. Es muss natür- lich unser Bestreben sein, die elastischen Eigenschaften der Ge- webe des lebenden Tieres kennen zu lernen, und diese Eigen- schaften sind, wenn man auf die Untersuchung nach dem Tode des Tieres angewiesen ist, überhaupt nicht mit Sicherheit zu ermitteln. Die Genauigkeit wird um so grösser, je früher die Versuche angestellt werden ; meine Versuche fielen in die ersten Stunden (1 bis ca. 4 Stunden) nach dem Tode. Da postmortale Veränderungen der Gewebe sehr schnell eintreten, so ist eine kurze Dauer der Versuchsreihen jedenfalls vorteilhaft und lässt hoffen, dass innerhalb der zu einer Reihe gehörenden Versuche die Rlastizität des untersuchten Gewebes sich gleich geblieben ist. Wenn wir die im lebenden Tiere bestehenden Verhält- nisse nachahmen wollten, so müssten wir die Versuche auch bei der Temperatur des tierischen Körpers anstellen, ganz zu geschweigen von der Herstellung einer künstlichen Blutcirkulation. Die Erhöhung der Temperatur würde wieder einen anderen Fehler, nämlich den der Austrocknung begünstigen, wenn wir nicht in einer mit Feuchtigkeit gesättigten Luft arbeiten. Über die elastischen Eigenschaften des elastischen Bindegewe bes ete. 15 Die Verallgemeinerung der am Nackenbande gefundenen Resultate und ihre Übertragung auf reine elastische Substanz ist nicht ohne weiteres gestattet. Denn es enthält ja das Nacken- band ausser dieser noch Gefässe, kollagene Fasern und Binde- gewebszellen. Die elastischen Fasern überwiegen aber die anderen Bestandteile erheblich an Masse, sie selbst und ihre zahlreichen schrägverlaufenden Anastomosen haben in der Hauptsache die Richtung des angewandten Zuges, und überhaupt verleihen sie dem Nackenbande seinen ganzen Charakter. Man beginge so- mit sicher nur einen geringen Fehler, wenn man die gefundenen Resultate auf reine elastische Substanz übertrüge. Die grösste Schwierigkeit bereitet bei der Bestimmung des Elastizitätsmoduls die elastische Nachwirkung. Es fragt sich überhaupt, ob man zur Berechnung von E nur die durch die elastische Verschiebung oder auch die durch die Nachwirkung herbeigeführte Längenänderung benutzen soll. Von Braun!) ist es wahrscheinlich gemacht, dass die Nachwirkung auf einer anderen Form der Molekularbewegung beruht als die Verschiebung. Sie ist also prinzipiell von ihr zu trennen, und man ist berechtigt, E auschliesslich als die der Verschiebung entgegenwirkende Kraft zu berechnen. Bei solchen Körpern, bei denen die Nach- wirkung sehr klein ist und mit einer sehr geringen Geschwindigkeit abläuft, lässt sich, wie man ohne merklichen Fehler annehmen kann, die Verschiebung unmittelbar beobachten. Aber bei Ge- weben ist die Nachwirkung grösser und schliesst sich ohne be- merkbare Grenze an die Verschiebung an, und diese zu messen, ist überhaupt unmöglich. Volkmann?) liess den ganzen Vor- gang der Längenänderung belasteter Muskeln graphisch wieder- geben und glaubte den Ort, an dem die primäre Änderung ein- getreten ist, dort zu finden, wo die gezeichnete Kurve zum erstenmale die grösste Steilheit des Abfalls zeigte; thatsächlich 1) Braun, l. c. (in Poggend. Ann. 1876), S. 237 ff. 2) Volkmann, |. c., S. 296—298, 16 HERMANN TRIEPEL, war es aber ihm nicht möglich, diesen Ort mit Sicherheit zu bestimmen. Von ganz anderen Gesichtspunkten ging Wundt!) aus, er legte das Hauptgewicht auf die endliche Verlängerung, die er erreichte. Die endliche Verlängerung zur Bestimmung von E heranzuziehen wäre aber sicher unzweckmässig. Denn erstens kommt es hauptsächlich darauf an, den Widerstand zu messen, der einer nur kurze Zeit einwirkenden Gewalt entgegengesetzt wird. Und zweitens müsste ich, wenn ich die gesamte Nach- wirkung abwarten wollte, vor einer einzigen Messung unter Um- ständen sehr lange Zeit vergehen lassen 2), und es wäre möglich, dass in dieser Zeit postmortale Veränderungen sich geltend machten, die die Elastizität des untersuchten Gewebes veränderten. Es bleibt also nichts anderes übrig, als eine beliebige Länge, die während der Nachwirkung erreicht wird, zur "Messung herauszugreifen. Es nützt nach Wundt?) nicht einmal etwas, wenn man die Zeiten, die zwischen Belastung und Messung ver- fliessen, gleich macht, denn die Geschwindigkeit der Nach- wirkung ‚ist bei verschiedenen Belastungen verschieden. Das Verfahren ist daher so ziemlich der Willkür anheimgestellt. Ich habe bei meinen Versuchen über die Grösse des Rlastizitäts- moduls immer dann die Länge markiert, wenn eine grob sinn- fällige Längenänderung nicht mehr eintrat, wenn also der erste mit der grössten Geschwindigkeit ablaufende Teil der Nach- wirkung vorüber war. Wundt®) verlangt sodann, man solle nicht „successiv‘“ be- lasten, sondern solle nach jeder Belastung wieder entlasten und 1) Wundt, l. e. (in Müllers Archiv, 1857), S. 308. 2) Bei einem Seidenfaden war in einem Versuche Knoblauchs nach mehreren Monaten die definitive Dehnung noch nicht erreicht. Nach Volk- mann, 1. c., 8. 311. 3) Wundt, ]. e. (in Müllers Arch. 1857), 8. 304 u. 1. e. (in Zeitschr. f. rat. Med. 1860), S. 269 u. 270. 4) Wundt, 1 c. (in Müllers Arch. 1857), S. 305. Über die elastischen Eigenschaften des elastischen Bindegewebes ete, 17 warten bis die erste Länge wieder erreicht ist. Denn es habe eine schon bestehende Belastung auf den Ablauf der Nachwir- kung, die im Gefolge einer Mehrbelastung eintritt, einen ver- zögernden Einfluss. Hinzufügen möchte ich noch, dass, wenn bei den ersten Messungen das Ende der Nachwirkung nicht ab- gewartet wird, man später immer noch Teile der auf die früheren Belastungen zurückzuführenden Nachwirkungen mitmisst. Wenn ich indessen jedesmal nach der Messung entlasten und warten wollte, bis die Verkürzungsnachwirkung abgelaufen ist, so wäre es zweifelhaft, ob ich in der für eine Versuchsreihe festgesetzten Zeit überhaupt mehr als einen Versuch machen könnte. Hiervon werde ich später noch Gelegenheit haben zu sprechen. Ich glanbe zur Genüge gezeigt zu haben, dass man bei tierischen Geweben den Elastizitätsmodul bezw. die für ver- schiedene Ausdehnungen geltenden Elastizitätsmodule nie mit absoluter Genauigkeit, sondern immer nur annäherungsweise be- stimmen kann. Die Versuche (auch die später unter b und ce beschriebenen) wurden sämtlich bei einer Zimmertemperatur von 13—15° R. ausgeführt. Bei den ersten Versuchen, die ich zur Bestimmung von E beim Nackenband anstellte, belastete ich successiv, d. h. ich entlastete nicht jedesmal zwischen zwei einzelnen Beobachtungen. Es sei im folgenden immer p = Eigengewicht des untersuchten Gewebsabschnittes (in g) P = halbes Eigengewicht desselben + Gewicht des angehängten Hakens und der Wagschale!) (in g), — aufgelegte Belastung (in g), — spezifisches Gewicht, —= Länge des untersuchten Abschnittes (in mm), ee — Querschnitt desselben (in gmm), 1) ® ist also die Last, die konstant das untersuchte Stück zu verlängern strebt. Vgl. dazu Auerbach, |. e., S. 243. Anatomische Hefte. I. Abteilung. XXXI. Heft (10. Bd., H.1). DD 15 HERMANN TRIEPEL, A = Längenzunahme (in mm), A P x Era. Ver reg Verlängerung der Längeneinheit, E = Elastizitätsmodul (in kg). Nach den Bestimmungen von Krause und Fischer!) ist für das Nackenband des Rindes s = 1,1219 zu setzen. E musste sein, da P in Gramm angegeben ist, l 15 Tr 1000; Da p in Grammen und 1 in Millimetern gemessen wurde, und da q Quadratmillimeter bedeutet, so berechnet sich == Au lBR und 1's I NEN x E 106 DA 1. Versuchsreihe?). Nackenband. p = 0,510, B = 2,925. P | ] „ v E ) | ae 5 73,1 2,0 0,028 0,028 10 74,0 2,9 0,041 0,038 15 75,3 4,2 0,059 0,040 20 76,2 5,1 0,072 0,044 25 76,8 5,7 0,080 0,049 30 ee 6,6 0,093 0,051 35 | 7,6 0,107 0,051 40 79,7 8,6 0,121 0,052 45 80,3 92 0,129 0,054 1) Krause und Fischer, Neue Bestimmungen der spezifischen Gewichte von Organen und Geweben. Zeitschr. f. rat. Med. 3. R. 26. Bd. 1866, S. 331. 2) Die Nummern der Versuchsreihen bezeichnen ihre zeitliche Reihenfolge. Über die elastischen Eigenschaften der elastischen Bindegewebe ete. 19 EEE EEEEEEEEEEEEEDeEEEREREEEEEEEEEEEEEEEEEEEESEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEBESEEE Enns] P 1 2 | v | E 50 81,2 10,1 | 0,142 0,055 55 81,9 10,8 0,152 | 0,057 100 89,0 17,9 | 0,252 | 0,062 110 91,9 20,8 0,293 0,059 120 942 23,1 0,325 0,058 130 95,8 24,7 0,347 0,059 140 97,6 26,5 0,373 0,059 150 99,1 28,0 0,394 0,060 5. Versuchsreihe. Nackenband. p = 0,655. B = 2,578 12 l 1 v E 0 89,5 5 91,0 1,5 0,017 0,046 10 92,4 2,9 | 0,032 0,047 15 93,7 4,2 | 0,047 0,049 20 95,2 9,1 0,064 0,048 25 96,4 6,9 0,077 0,050 30 97,3 7,8 0,087 0,053 35 98,3 8,8 0,098 0,055 40 99,4 9,9 0,111 0,055 45 100,5 11,0 0,123 0,056 80 101,7 12,2 0,136 0,056 100 112,1 22,6 0,253 0,061 200 130,2 40,7 0,455 0,067 300 143,2 93,1 0,600 0,077 9. Versuchsreihe. Nackenband. p = 0,480. ®B = 2,490. BE 1 /i v E ED En EL u a Eee ne me a er el el en N EEE 0 96,3 6) 99,1 2,8 0,029 0,039 10 101,8 Ro) 0,057 0,039 15 104,5 82 0,085 0,040 B l 1 v | E 20 106,4 10,1 0,105 0,043 25 108,5 12,2 0,127 0,044 30 110,8 14,5 0,151 0,045 35 113,3 17,0 0,177 0,045 40 115,2 18,9 0,196 0,046 45 116,4 20,1 0,209 0,049 50 118,8 22,5 0,234 0,048 99 119,9 23,6 0,245 0,051 60 al 25,4 0,264 0,051 69 123,1 26,8 0,278 0,053 70 125,6 29,3 0,304 0,052 75 126,9 30,2 0,314 0,094 80 128,3 32,0 0,332 0,054 85 129,2 32,9 0,342 0,056 90 130,1 33,8 0,351 0,058 95 130,7 34,4 0,357 0,060 100 132,8 36,5 0,379 0,059 110 133,7 37,4 0,388 0,064 120 135,7 39,4 0,409 0,066 130 137,5 41,2 0,428 0,068 140 140,0 43,7 0,454 0,069 150 141,8 45,9 0,473 0,071 160 142,8 46,5 0,483 0,075 170 144,9 48,6 0,505 0,076 180 146,2 49,9 0,518 0,078 190 147,7 51,4 0,534 0,080 200 150,7 54,4 0,569 0,080 0 104,8 | 10. Versuchsreihe. Nackenband. p = 0,3500. ® = 2,820. 12 1 , v E 0 15,7 5 78,5 2,8 0,037 0,038 10 81,2 5,5 0,073 0,039 15 83,2 7, 0,099 0,043 20 85,7 10,0 0,132 0,043 Über die elastischen Eigenschaften des elastischen Bindegewebes etc. 21 pP 1 | A v E 25 87,3 | 11,6 0,153 | 0,046 30 89,1 13,4 0,177 | 0,048 35 90,8 15,1 0,200 0,050 40 ESF 17,5 0,231 | 0,049 45 94,5 18,8 0,248 | 0,051 50 96,5 20,8 0,275 0,052 55 97,6 21,9 0,289 | 0,054 60 91 | 23,4 0,309 | 0,055 65 1°. 1003 24,6 0,325 | 0,057 70 1031939 26,4 0,349 0,057 75 10288 27,1 0,358 0,059 80 1054 | 29,7 0,392 0,058 85 105,8 30,1 | 0,398 0,061 90 107,3 31,6 | 0,417 0,061 95 107,8 32,1 0,424 0,063 14. Versuchsreihe. Nackenband. p = 0,840. B = 2,715. P 2 | v | E | | 0 96,4 | | 5 97,3 0,9 | 0,009 | 0,069 10 98,2 1,8 0,019 0,069 15 99,1 2,7 | 0,028 | 0,069 20 100.5 4,1 0,043 | 0,061 25 101,3 4,9 | 0,051 | 0,063 30 102,4 6,0 | 0,062 | 0,062 35 103,2 6,8 0,071 0,064 40 104,8 8,4 0,087 | 0,059 45 105,4 9,0 0,093 | 0,062 50 106,3 9,9 0,103 0,063 55 106,3 1) 9,9 0,103 | 0,069 60 107,0 10,6 0,110 0,070 1) Vor der Belastung mit 55 g war (aus Versehen) für kurze Zeit ent- lastet worden. Darauf wird es zurückzuführen sein, dass eine verhältniss- mässig zu geringe Länge erreicht wurde. 22 HERMANN TRIEPEL, P 1 | A | v | H BR 1 lloR. rs CNN SA PER VEREREREINTERRENEREN DRLRE Pen Sa 18 65 108,2 11,8 0,122 0,068 70 108,6 12,2 0,197 0,071 75 110,3 13,9 0,144 0,067 80 110,8 14,4 0,149 0,069 85 111,8 15,4 0,160 0,069 90 112,2 15,8 0,164 0,071 95 113,1 16,7 0,173 0,071 100 113,8 17,4 0,181 0,071 105 114,8 18,4 0,191 0,071 110 115,3 18,9 0,196 0,072 115 116,7 20,3 0,211 0,070 120 117,0 20,6 0,214 0,072 195 118,3 21,9 0,227 0,071 130 118,6 22,2 0,230 0,073 135 118,9 2,5 0,233 0,074 140 119,4 23,0 0,239 0,076 145 120,2 23,8 0,247 0,076 150 120,8 24,4 0,253 0,076 155 121,9 25,5 0,265 0,075 160 129,9 26,5 0,975 0,075 165 193.2 26,8 0,278 0,076 170 124,0 27,6 0,286 0,076 175 1952 28,8 0,299 0,075 180 125,6 29,2 0,303 0,077 185 195,8 29,4 0,305 0,078 190 196,5 30,1 0,312 0,078 195 1269 | 30,5 0,316 0,079 200 198,4 32,0 0,332 0,078 0 101,8 Es ergiebt sich aus den mitgeteilten Versuchen, dass BE nicht konstant bleibt, sondern bei Anwendung verschiedener Belastungen innerhalb ziemlich weiter Grenzen schwankt. Und zwar bekommen wir bei höheren Belastungen oder was damit parallel geht, bei grösseren Verlängerungen ein grösseres E. Ist dieses Resultat auf die Versuchsanordnung zurückzuführen ? Es wäre zuerst zu überlegen, ob die Änderung von E viel- leicht damit zusammenhängt, dass „successiv' belastet wor- Über die elastischen Eigenschaften des elastischen Bindegewebes ete. 23 den ist. Es ist offenbar, dass die einzelnen für A gewonnenen Werte sich nicht vollkommen gleichwertig sind. Schon beim Auflegen der ersten Belastung muss, streng genommen, noch eine Nachwirkung im Gange sein. Denn das untersuchte Stück ist von vornherein durch sein halbes Eigengewicht und das Gewicht des Hakens und der Wagschale beschwert. Sieht man hiervon ab, so wird bei der ersten Messung berücksichtigt die erste momentane Verschiebung und ein Teil der ersten Nach- wirkung. Bei der zweiten Messung werden berücksichtigt diese beiden Grössen, vermehrt um die zweite momentane Verschie- bung und einen Teil der zweiten Nachwirkung und vermehrt um einen weiteren Teil der ersten Nachwirkung. Denn die im Gefolge der ersten Belastung sich einstellende Nachwirkung hört beim Auflegen des zweiten Gewichtes nicht auf, und wahr- scheinlich dauert sie nicht nur während der zweiten, sondern während aller folgenden Belastungen fort, wenn sie auch beim Nackenbande, wie sich später zeigen wird, sehr bald verschwin- dend kleine Werte annimmt. Bei der dritten Belastung wirkt dann auch die von der zweiten herstammende Nachwirkung noch fort u. s. w. Es würde daraus folgen, dass bei den höheren Belastungen A wahrscheinlich verhältnismässig zu hoch ange- nommen wurde, und E also eher noch zu kleine als zu grosse Werte bekommen hat. Doch muss hinzugefügt werden, dass die Abweichungen von den wahren Werten von E nicht gross sein können. Denn einmal war die Zeit, zu der die erste Längenzunahme mar- kiert wurde, so gewählt, dass schon ein recht ansehnlicher Teil der ersten Nachwirkung abgelaufen war, und ausserdem ist es nach den vorhin angezogenen Ausführungen Wundts wahr- scheinlich, dass beim successiven Belasten die Nachwirkungen, die von den später aufgelegten Gewichten herrühren, langsamer ablaufen als die, die sich bei den ersten Belastungen zeigen, so dass für die grobsinnliche Wahrnehmung in den späteren Fällen 24 HERMANN TRIEPEL, die Verlängerung verhältnismässig eher aufzuhören scheint, was das Anlegen der Marke beeinflussen musste. Dass der Elastizitätsmodul bei grösseren Dehnungen höhere Werte annimmt, könnte aber vielleicht daran liegen, dass die untersuchten Stücke dem Vertrocknen ausgesetzt waren, und, wie schon bemerkt, wissen wir, dass die Austrocknung der Ge- webe eine Erhöhung des Moduls im Gefolge hat. Indessen konnte bei der kurzen Dauer der einzelnen Versuchsreihen eine wesentliche Austrocknung nicht stattfinden oder höchstens die äussersten Teile das Nackenbandstreifens betreffen, was bei einem Querschnitte des Streifens von immer mehreren qmm kaum in Betracht kommt. Um den möglichen Einwurf voll- kommen zu entkräften, weise ich auf die Versuchsreihen 16 und 22 hin, die ich später in anderem Zusammenhange mit- teilen werde; auch hier bekam, obgleich der Möglichkeit der Austrocknung durch Betupfen mit physiologischer Kochsalz- lösung vorgebeugt wurde, bei den höheren Belastungen der Elastizitätsmodul einen höheren Wert. Wir können also als feststehend annehmen, dass das Nacken- band sich ebenso verhält wie andere tierische Gewebe, insofern als sein Elastizitätsmodul mit Zunahme der Belastung steigt. Es wird, wie ich an dieser Stelle am besten einfügen kann, allgemein angenommen, dass das Gesetz von der Inkonstanz des Moduls bei organisierten Körpern auf W. Weber und Wertheim zurückgeht. Allein die Beobachtung, dass bei Ge- weben Belastung und Ausdehnung einander nicht proportional sind, ist schon viel früher, ungefähr hundert Jahre vor den Arbeiten der genannten Forscher gemacht worden, wahrschein- lich zuerst von Sauvages. Haller!) führt hierher gehörende Versuche an, für die er als Gewährsmann Sauvages?) citiert; 1) Haller, Elementa physiologiae corporis humani. Tom. IV., Lausannae, 1762, 8. 440 u. 441. 2) Sauvages de la Croix, Theoria tumorum. Monspeliensis, 1753, S. 7 und 8. Das Werk selbst war nicht zugänglich. Über die elastischen Eigenschaften des elastischen Bindegewebes etc. 25 eseneisst z.B. bei Haller... x»... ut a tanto pondere ex- tensa“ (sc. fira musica a centum libris) „omnino maiori vi egeat, si ultra extendere velis‘ und weiterhin: „lorum cutis a pondere simplici ad quatuor lineas: a duplo per septem, a triplo per novem lineas, extensum est“. Das besagt, allgemein ausgedrückt, dass die Belastung schneller zunimmt als die Ausdehnung. Es ist nun natürlich, dass für die absolute Grösse des je- weils gefundenen Moduls nicht die Belastung ausschlaggebend ist, sondern dass zu dieser der Querschnitt des untersuchten Stückes hinzukommt. Man wird bei verschiedenen Stücken und bei gleichen Belastungen in der Regel keine gleichen Mo- dule finden, sondern nur dann, wenn die durch die Querschnitte dividierten Belastungen einander gleich sind. Denn in diesem Falle wird man auch gleiche Verlängerungen 2 haben, und offenbar hängt die Grösse des Moduls von den Dehnungen ab, d.h. von der Grösse der Lageänderungen, die die einzelnen Moleküle erfahren. Bevor ich die Elastizitätsmodule nach dem Werte v geordnet zusammenstelle, möchte ich noch einige an- dere Versuchsreihen besprechen. Es musste mir daran gelegen sein, zu beobachten, wie sich Stücke aus dem Nackenbande verhielten, wenn ich nicht successiv, durch Zulegen neuer Gewichte, belastete, sondern vor dem Auf- legen eines neuen Gewichtes immer erst wieder entlastete. Das Resultat zeigt die folgende Tabelle. Bevor ich nach jeder Ent- lastung die Länge aufzeichnen liess, wartete ich annähernd eben- solange wie zwischen Belastung und Markieren. 26 HERMANN TRIEPEL, 22. Versuchsreihe. Nackenband. p = 0,770. ®B = 2,735. Anfeuchtung mit Kochsalzlösung. pP ] 2 v | E 0 196 | 5 149 | 2,3 0,019 | 0,048 0 192,5 10 126,0 3,4 | 0,028 | 0,064 0 122,3 | 20 (128,3) 1) 5,7 0,046 172178.20:072 0 122,0 30 131,1 8,5 0,069 0,077 ) 121,3 40 134,3 11,7 0,095 0,075 0 120,9 Es zeigt sich nun hier die merkwürdige Thatsache, dass nach Wegnahme der Belastung das untersuchte Stück auf eine kürzere Länge zurückgeht, als ihm vor der Belastung zukam ! Und je grösser die Belastung war, um so grösser ist der Rück- gang. Ich dachte, ich würde die Erscheinung vielleicht ver- meiden können, wenn ich mit grösseren Gewichten begänne und von diesen zu kleineren überginge. In dieser Annahme wurden die beiden nächsten Versuchsreihen angestellt. 23. Versuchsreihe. Nackenband. p = 0,370. ®B = 2,535. P | ] 7 | v E 0 87,6 50 111,3 23,7 0,271 0,049 ) 88,5 40 107,2 1) Die eingeklammerten Zahlen sind wegen undeutlicher Markierung unsicher, . ID 1 Über die elastischen Eigenschaften des elastischen Bindegewebes ete. P | 1 | A v E 0 88,2 30 101,9 0 87,5 | 20 97,3 9,7 0,111 0,048 N) 87,3 10 | 92,1 4,5 | 0,051 0,052 0 | 87,0 | 24. Versuchsreihe. Nackenband. p = 0,265. ®. — 2,903. 72,5 6,9 | 0,105 0,053 SEDESENISEIITSESESISES {er} — or In beiden Reihen wurde nach Wegnahme der ersten Be- lastungen die ursprüngliche Länge während der Beobachtungs- zeit noch nicht wieder erreicht, eine Verkürzung über die An- fangslänge hinaus trat erst später ein, in der 24. Versuchsreihe erst am Schluss; ganz vermisst wurde sie also doch in keinem der beiden Fälle. Wie erklärt sich nun diese übermässige Verkürzung ? Die Längenabnahme nach der Entfernung des Gewichtes setzt sich, ebenso wie die Ausdehnung nach der Belastung, aus 28 HERMANN TRIEPEL, momentaner Verschiebung und Nachwirkungsverschiebung zu- sammen. Da in den letzten beiden Versuchsreihen die erste Belastung grösser war als in der 22. Reihe, so nimmt auch die Nachwirkungsverkürzung eine längere Zeit in Anspruch, und die Marke wurde gemacht, bevor die Nachwirkung vollendet war. Hätte ich länger gewartet, so wäre vielleicht das unter- suchte Stück ebenso wie in der 22. Reihe kürzer geworden als es ursprünglich war. Unverständlich aber bleibt es dann, warum in der 22. Reihe auch nach Wegnahme der grossen Belastungen, und sogar in besonders hohem Grade, die übermässige Ver- kürzung eintritt. Man wird zu der Annahme gedrängt, dass der Zustand der untersuchten Stücke in den einzelnen Versuchs- reihen von einander abwich. Man könnte an die Möglichkeit denken, die übermässige Verkürzung sei durch eine Erhöhung des Elastizitätsmoduls bedingt, die während der Belastung in- folge von Austrocknung eintrat. Aber gerade in der so charak- teristischen 22. Versuchsreihe war der Möglichkeit des Aus- trocknens durch Betupfen mit Kochsalzlösung vorgebeugt. Die übermässige Verkürzung kommt vielleicht dadurch zu- stande, dass die Fasern des Nackenbandes nach der Entlastung Wellenform annehmen. Die Wellen würden aber immer nur so geringe Biegungen aufweisen, dass man äusserlich keine oder fast keine Veränderung an dem untersuchten Stück bemerkt. Nur einmal, in Reihe 22, habe ich mir notiert, dass die Seiten- ränder des Stückes leicht wellenförmig erscheinen. Es würden also an den Nackenbandsfasern nach Entlastung Entspan- nungsgestalten auftreten oder wenigstens auftreten können, wie sie in Bezug auf Form und Ursachen genauer von Valentin!) studiert worden sind. Mit dieser Erklärung stimmt überein, dass in Reihe 22 die übermässige Verkürzung um so grösser 1) Valentin, Vers. einer physiologischen Pathol. d. Blutes. 2. T. Die physikalische Untersuchung der Gewebe. 1867. S. 201 fi. Über die elastischen Eigenschaften des elastischen Bindegewebes etc. 29 ausfiel, je grösser die Belastung gewesen war, nicht stimmt aller- dings damit überein, dass sie, soweit sich das beobachten liess, nicht momentan nach der Entlastung eintrat und in der 23. und 24. Reihe nur nach Entfernung sehr kleiner Gewichte Platz griff. Ist die Annahme von Entspannungsgestalten richtig, so nehmen in dem übermässig verkürzten Stück die Moleküle keinen bleibenden Gleichgewichtszustand ein, den man bei der Berechnung von E zu Grunde legen müsste; man kann bei ihr daher immer nur von der ursprünglichen Länge ausgehen. Dort, wo (in Reihe 23 und 24) die Anfangslänge in kurzer Zeit nicht wieder erreicht wird, ist offenbar die Nachwirkungsverkürzung noch nicht abgelaufen, und eine neue Belastung bringt ein verhältnis- mässig zu kleines A hervor. Man könnte daher hier, wollte man E berechnen, zwar auch nicht von der augenblicklich er- reichten Länge ausgehen, aber ebensowenig von der ursprüng- lichen, denn die Dehnung wird ja thatsächlich bei einer anderen Länge bewirkt. Ein Wert für E ist deshalb im diesen Fällen nicht angegeben. Beim letzten Versuch der 24. Reihe würde E aussergewöhnlich hoch ausfallen; es macht hier geradezu den Eindruck, als ob schon während der sehr geringen Belastung eine Tendenz zur übermässigen Verkürzung vorhanden wäre, die dann auch nach der Entlastung in überraschender Weise eintritt. Auch hier habe ich E weggelassen. Es ergiebt sich aus den vorstehenden Betrachtungen, dass sich dem Untersucher, wenn er nicht „successiv‘‘ belastet, wie ich es in den ersten Versuchsreihen gethan habe, erhebliche Schwierigkeiten in den Weg stellen. Um eine Anschauung von dem Verlauf der Nachwirkung beim Nackenbande zu geben, führe ich die Versuchsreihen 16, 25 und 26 an. Es bedeutet im folgenden: t — Zeit, die nach der Belastung bez. Entlastung vergangen ist, 30 HERMANN TRIEPEL, d= Differenz der einzelnen beobachteten Längen (in mm), c — durchschnittliche Geschwindigkeit der Längenänderung (in einer Sekunde). 16. Versuchsreihe. Nackenband. p = 0,360. ®B = 2,89. Anfeuchtung mit Kochsalzlösung. P t 1 q e oo 62,8 20 (0) 69,6 1a Min. 70,0 0,4 0,01 33 1 70,0 0 0 a 70,0 0 2 RN 70,0 0 \ u 88 02 (0,0004) 0 ic 64,3 Er 656 07 0,0021 14314 „ 62,9 —0,7 0,0014 40 (0) 72,6 1, Min. En 0,4 0,0133 Den 73,0 \ > 0 a 63,6 1 nı 02 0,0033 Es zeigt sich hier, dass die Nachwirkung nach sehr kurzer Zeit abgelaufen ist, dass nämlich sowohl bei einer Belastung von 20 g als bei einer von 40 g nach !/s Minute von einer weiteren Verlängerung nichts mehr zu bemerken ist. Auch ist die Nachwirkungsverschiebung im Vergleich zur momentanen Verschiebung in beiden Fällen sehr klein, wobei allerdings be- merkt werden muss, dass sie wegen der Unmöglichkeit die momentane Verschiebung zu messen etwas zu kleine Werte er- halten hat. Über die elastischen Eigenschaften des elastischen Bindegewebes ete. 31 Die Verkürzungsnachwirkung nach Wegnahme der Belastung verläuft dagegen langsamer. Nach der Entfernung des zweiten (Grewichtes wurde nur kurze Zeit gewartet, um den Versuch nicht zu lang auszudehnen. Aber nach Entfernung des ersten Gewichtes ist nach Verlauf von 14°/s Minuten die Anfangslänge noch nicht einmal vollständig erreicht. Es ist also von der vorhin beschriebenen übermässigen Verkürzung nichts zu be- merken. An dieser Stelle kann auf die Versuchsreihen 9 und 14 zurückgewiesen werden, an deren Schluss auch die Verkürzung nach Entfernung der Belastung gemessen wurde. Es wird hier auch nicht die ursprüngliche Länge wieder erreicht, offenbar ist bei der Vornahme der Messung die Nachwirkungsverkürzung noch nicht abgelaufen gewesen. Eine eigentümliche Erscheinung zeigt sich in der 16. Ver- suchsreihe, die an die übermässige Verkürzung erinnert, aber auf anderen Ursachen beruhen muss; zwischen der 7. und 15. Minute nach dem Auflegen von 20 g verkürzt sich das be- lastete Stück um 0,2 mm. Die Geschwindigkeit dieser Ver- kürzung war nicht genau zu bestimmen, da es ja nicht bekannt war, ob die Verkürzung unmittelbar nach Verlauf von 7 Minuten begann. Worauf diese nachträgliche Verkürzung beruht, ist nicht klar. Dass man es mit einer Erhöhung des Elastizitäts- moduls zu thun hätte, die während des Versuchs durch Aus- trocknen eingetreten wäre, ist wegen des Betupfens mit Koch- salzlösung auszuschliessen. Denkbar wäre es allenfalls, dass vor der Belastung schon einmal eine Dehnung, die ich nicht beachtet hatte, vorgekommen war und eine noch auf diese Dehnung zurückzuführende Nachwirkungsverkürzung wegen der neuen Dehnung erst viel später zur Beobachtung kam A); Etwas genauere Angaben über den Verlauf der elastischen Nachwirkung in der ersten Zeit nach der Belastung erhielt ich 1) Über die Übereinanderlagerung verschiedener Nachwirkungen vgl. Braun e.l. (in Winkelmanns Handb.), S. 325 u. 326. 32 HERMANN TRIEPEL, dadurch, dass ich die Zeit durch ein Uhrwerk angeben liess, das in Intervallen von 0,433 Sek. schlug, so dass ich in der Lage war, nach bestimmten kürzeren Zeiträumen die Länge des untersuchten Stückes zu markieren. 25. Versuchsreihe. Nackenband. p = 0,36. B = 2,658. Anfeuchtung mit Kochsalzlösung. P Ir 1 d | G 0 192,3 20 4,3 Sek. 135,8 13200, 136.2 0,4 0,046 217, 136,4 0,2 0,023 303 „ 136,5 0,1 0,012 390 „ 136,5 0 0 7,60, 136,5 0 0 26. Versuchsreihe. Nackenband. p = 03355. ® = 3,643. Anfeuchtung mit Kochsalzlösung. B t | 1 d [0 0 108,2 50 4,3 Sek. 132,5 r 217, (143,2) 04 900 Sa ss) 08 ca 22,00 143,7 N h 30,9, | 143,7 0 0 108,3 ,„ | 143,7 1 0 125,677... 143,7 1) Kurz vor dem Markieren dieser Länge war eine Störung des Ver- suches durch Anstossen am untersuchten Stück eingetreten. Über die elastischen Eigenschaften des elastischen Bindegewebes ete. 33 Auch in diesen Versuchsreihen ist die Nachwirkung nicht gross und läuft in kurzer Zeit ab; ihre Dauer ist bei der schwereren Belastung etwas länger als bei der leichteren. Ihre Schnelligkeit ist im Anfang am grössten, sie nimmt aber sehr bald bis 0 ab; die Abweichung hiervon in der 26. Reihe erklärt sich durch die eingetretene Störung. Eine bleibende Änderung scheint beim Nackenbande normalerweise, d. h. wenn es sich in möglichst frischem Zu- stande befindet, überhaupt nicht vorzukommen, vorausgesetzt, dass die Dehnung nicht allzuweit getrieben wird. Öfter zeigte sich dagegen nach Entfernung der stets nur mittelgross gewählten Belastungen sogar eine übermässige Verkürzung, so dass die Möglichkeit einer bleibenden Verlängerung nicht weiter diskutiert zu werden braucht. Übrigens kann eine bleibende Dehnung eines Gewebes im lebenden Körper überhaupt nicht vorkommen, ohne pathologische Veränderungen nach sich zu ziehen. Man kann auch umgekehrt sagen: es häuft sich an Stellen, die einem Zuge ausgesetzt sind, so viel von einer Substanz, z. B. der elastischen, an, dass in Rücksicht auf die Grösse des Quer- schnittes in dem fertigen Gewebe eine dauernde Verlängerung durch den einwirkenden Zug nicht entstehen kann. Es bleibt mir jetzt nur übrig, die gefundenen Elastizitäts- module, nach den zugehörigen Verlängerungen geordnet, zu- sammenzustellen. Ich benutze dazu sämtliche Werte aus den Versuchsreihen 1,5, 9, 10, 14, 22, aus der Reihe 23 nur den1., 4., 5., aus der Reihe 24 nur den 1. Versuch (aus vorhin er- örterten Gründen). Dazu kommen noch vier Werte von E, die ich aus den zum Studium der Nachwirkung angestellten Ver- suchen entnehme und im folgenden zusammenstelle. Auch den zweiten Versuch der Reihe 16 glaube ich benutzen zu dürfen, die Anfangslänge ist hier nur um 0,1 mm grösser als die ur- sprüngliche Länge. Das bei der Belastung in Rechnung ge- Anatomische Hefte. I. Abteilung. XXXI. Heft (10. Bd., H. 1), 3 34 HERMANN TRIEPEL, zogene 1 bezieht sich immer auf die zweite nach dem Auflegen des Gewichtes genommene Marke, um die Verhältnisse den ersten Versuchen anzupassen. Aus der 16., 25. und 26. Versuchsreihe. Versuchsreihe P ] 1 v E 16 0 1,.0,62,8 20 70,0 RO, 0,115 0,034 16 0 62,9 40 73,0 10,1 0,161 0,049 25 0 122,3 20 136,2 13,9 0,114 0,066 26 0 108,2 50 143,2 35,0 0,324 0,056 Man muss, wie schon erwähnt, erwarten, dass der Elastizitäts- modul für gleiche Verlängerungen immer gleich gross gefunden wird. Davon zeigen sich jedoch manche Abweichungen, die zu erheblich sind, als dass sie auf Beobachtungsfehler zurückgeführt werden könnten. Da nun auch die Zeit nach dem Tode des Tieres, zu der die Versuche vorgenommen wurden, immer annähernd gleich war, so bleibt nur die Annahme übrig, dass individuelle Schwank- ungen im Elastizitätsmodul des Nackenbandes vorkommen, sei es, dass sie auf einer Verschiedenheit im Modul der elastischen Substanz, sei es, dass sie auf Schwankungen im Bau des Nacken- bandes beruhen. Ich gebe daher in der folgenden Tabelle eine Zusammenstellung der Mittelwerte, die ich aus den einzelnen bei bestimmten Verlängerungen beobachteten Modulen berechnet habe. Über die elastischen Eigenschaften des elastischen Bindegewehes etc. 35 Mittlere Werte von E. Nackenband. Zahl der Versuche v E ee ne Ver en 14 0 bis 0,05 0,053 20 0 0,053 21 ots, 0,057 14 02 0,058 12 ‚0,25 0,063 14 03 0,064 15 035 0,063 9 » 0,4 0,060 8 „ 0,5 0,068 B) 6 0,078 Die für mittlere Verlängerungen gefundenen Mittelwerte sind verhältnismässig hoch, was auf Rechnung der hohen aus Versuchsreihe 14 stammenden Zahlen zu setzen ist. Das An- steigen des Wertes von E wird regelmässiger, wenn man grössere Gruppen zusammen nimmt. Zahl der Versuche v E 69 0 bis 0,2 0,055 50 04 0,062 13 2.06 0,072 b) Fibrilläres Bindegewebe. Die Charaktere des fibrillären Bindegewebes scheinen mir am reinsten in der Sehne vorzuliegen, und diese wählte ich deshalb zu meinen Untersuchungen. Auch in der Sehne haben wir zwar, ebenso wie im Nackenbande, keine gleichartige Sub- stanz vor uns, sondern im wesentlichen, wenn man von Zellen 3*+ 36 HERMANN TRIEPEL, und eingelagerten feinen elastischen Fasern absieht, ein Ge- misch von kollagenen Fibrillen und der diese verbindenden Kittsubstanz. Doch überwiegt die kollagene Substanz den Kitt erheblich an Masse!), so dass man die gefundenen Resultate ohne grossen Fehler verallgemeinern und auf reine Bindegewebs- fibrillen übertragen kann. Wenn man gelegentlich liest?), dass die Fäden des areolären Bindegewebes sich leichter „ausziehen“ lassen, als die Sehnenfäden, so kann sich das nur auf eine Aus- eleichung der dort stärker ausgeprägten wellenförmigen Biegungen der Fasern beziehen. Den Elastizitätsmodul der Sehne suchten schon festzustellen Wertheim und Wundt. Doch weichen die Resultate beider Forscher erheblich von einander ab. Wertheim nimmt an, dass bei Gewebsstücken die Aus- dehnungskurve eine Hyperbel ist. Er stellt aus zwei Einzel- beobachtungen die Konstanten der Hyperbel fest und berechnet mit ihrer Hülfe E als das Gewicht, das das Gewebsstück um seine eigene Länge ausdehnen würde, wenn es bis zu dieser Ausdehnung sich den Gesetzen der Hyperbel fügte. Auf diese Weise fand er®) bei Sehnen des Plantaris Erwachsener (bis zum 40. Jahre) einmal E = 164,71, einmal = 139,42 und einmal — 134,78, bei der Sehne des Flexor hallueis longus E = 128,39. Es ist offenbar, dass diese Elastizitätsmodule über die Be- schaffenheit des Gewebes nur dann etwas aussagen, wenn man, wie es Wertheim auch thut, die Hyperbelkonstanten hinzu- fügt. Ein anschaulicheres Bild der Verhältnisse bekommt man aber jedenfalls, wenn man in der vorhin angegebenen Weise 1) Vgl. die Lehrbücher der physiologischen Chemie. 2) So s. B. in einer älteren (der 2.) Auflage des Lehrbuches der Physio- logie von Valentin, Braunschweig 1847, S. 39. In der 4. Auflage seines Lehrbuches (1855) bekannte sich Valentin als Anhänger der Reichert’schen Theorie, nach der die Fäden des Zellgewebes durch Faltungen einer gleich- artigen Substanz nur vorgetäuscht werden. (S. 350.) 3) Wertheim, ]. c., 8. 39. Über die elastischen Eigenschaften des elastischen Bindegewebes ete. 37 verfährt, wenn man nämlich die Änderungen der Elastizität nicht durch die Konstanten einer (hypothetischen) Kurve ausdrückt, sondern durch die Veränderlichkeit des Elastizitätsmoduls selbst'). Wundt findet für Kalbssehnen E = 1,6693?). Ein Blick auf die mitgeteilte Versuchsreihe zeigt, dass dieser Wert von E nur nach den beiden ersten Versuchen berechnet ist, dass also E nicht konstant ist. Wundt hat nur sehr kleine Belastungen angewandt, und die erzielten Längenveränderungen waren so gering, dass seinen Versuchsergebnissen keine grosse Genauig- keit zugesprochen werden kann. Zu meinen Untersuchungen benutzte ich die Sehne des Klauenbeinbeugers vom Vorderfuss des Rindes, und zwar aus der Gegend hinter der Fessel, wo man sie in der Scheide findet, die von der Sehne des Kronbeinbeugers gebildet wird. Aus der Sehne schnitt ich mir mit meinem Doppelmesser ein schmales Parallelepipedon heraus, wobei die Messerklingen leicht zwischen den Fibrillenbündeln eindrangen. Von der einen Längskante des Parallelepipedons schnitt ich sodann mit der Schere ein dünnes Streifichen ab, das nur aus einer geringen Anzahl von Bündeln bestehen konnte. Solche Streifehen unterwarf ich in derselben Weise der Ausdehnung, wie die Nackenbandstücke. Um den Haken mit der Wage befestigen zu können, bog ich das untere Ende jedes Streifehens zu einer Schlinge um, die ich mit einem kurzen Faden starken Zwirnes zusammenband, und in die der Haken eingelegt werden konnte. Dass dadurch der Querschnitt des Streiichens auf einer kurzen Strecke sich verdoppelte, wurde nicht berücksichtigt. 1) Vgl. die Annahme verschiedener Elastizitätsmodule beim Kautschuk von Villari, Über die Elastizität des Kautschuks, Poggendorffs Ann. d. Physik u. Chemie. 143. Bd. 1871, S. 88, und seine Tabellen. S. 93 ff. 2) Wundt, ]. c. (in Müllers Archiv 1857), S. 306 u. 1. ec. (Muskelbe- wegung), S. 30 giebt den Modul in Grammen an, also — 1669,3. 35 HERMANN TRIEPEL, Bei der Bestimmung der Elastizitätsmodule der Sehne kamen natürlich wieder dieselben Fehlerquellen in Betracht wie bei der Untersuchung des Nackenbandes, und es ist von vornherein darauf hinzuweisen, dass man auch hier keine vollkommene Genauigkeit erzielen kann. Das gilt hier in noch höherem Grade, denn der mögliche Ablesungsfehler bekommt einen grossen Ein- fluss auf das Resultat, weil die Sehne selbst bei verhältnismässig hohen Belastungen nur geringe Längenänderungen darbietet. Deswegen gebe ich im folgenden auch nur die Versuche wieder, bei denen die grösste Feinheit im Markieren erreicht worden war, Besonders gross war bei den dünnen Sehnenstreifchen die Gefahr der Austrocknung; ihr suchte ich vorzubeugen durch regelmässig und fleissig angewandte Anfeuchtung mit physio- logischer Kochsalzlösung. Als spezifisches Gewicht der Sehne nahm ich 1,1165 an, den Wert den Krause und Fischer!) für menschliche Sehnen gefunden haben. Eigentlich hätte ich in jedem einzelnen Falle das spezifische Gewicht der untersuchten Sehne bestimmen müssen; da mir das aus praktischen Gründen nicht möglich war, so sah ich mich genötigt, einen Durchschnittswert einzu- führen, und ich glaube annehmen zu können, dass das mittlere spezifische Gewicht der Sehne beim Menschen und den höheren Wirbeltieren nicht wesentlich verschieden ist. Zunächst gebe ich drei Versuchsreihen wieder, in denen ich successiv belastete. Um sicher zu sein, dass die Anfangslänge durch eine Marke bezeichnet ist, die erst geschrieben wurde, als das Sehnenstreifehen schon völlig gestreckt war, wird als Anfangslänge die Länge betrachtet, die bei der ersten (geringen) Belastung zur Beobachtung kam. Dieselbe Grösse wird auch zur Berechnung des Querschnittes benutzt, wobei vorausgesetzt wird, dass durch die geringfügige erste Ausdehnung des Streif- 1) Krause und Fischer, |. c., S. 331. Über die elastischen Eigenschaften des elastischen Bindegewebes ete. 39 chens sein Volumen nicht merklich geändert wird. (Vergl. S. 10). Als Belastung (P) wird bei der Bestimmung von E nur, wie ge- wöhnlich, die Mehrbelastung in Rechnung gezogen. 4. Versuchsreihe. Sehne. p = 0,140. BB = 2,320. 10 102.2 50 103,7 1,5 0,015 2,2 100 104,6 2,4 0,023 3,1 200 105,9 3,7 0,036 4,3 250 106,5 4,3 0,042 4,6 500 107,7 5,0 0,054 7,4 0 103,1 6. Versuchsreihe. Sehne. p= 0,225. B = 2,863. P 1 | 2 v | E | | 15 90,6 | 50 91,8 1,2 0,013 1,2 100 92,5 1,9 0,021 1,8 200 93,2 2,6 0,029 23,9 300 94,1 3,5 0,039 3,3 400 95,0 4,4 0,049 3,6 500 95,0 4,4 0,049 4,5 0 91,6 40 HERMANN TRIEPEL, 11. Versuchsreihe. Sehne. p = 0,100. BB = 2,480. P | 1 ji v E | | 10 113,5 20 113,9 0,4 0,0035 3,6 30 114,0 0,5 0,0044 5,8 40 114,2 0,7 0,0062 6,2 50 114,4 0,9 0,0079 6,4 100 114,7 12 0,011 10,8 150 115,2 17 0,015 11,8 200 115,6 21 0,019 13,0 250 115,9 2,4 0,021 14,4 300 116,2 2,7 0,024 15,4 350 116,4 2,9 0,026 16,9 400 116,8 3,3 0,029 17,0 450 117,1 3,6 0,032 17,6 500 117,4 3,9 0,034 18,1 0 114,4 Die Grösse des Rlastizitätsmoduls bewegt sich in den mit- geteilten Versuchen zwischen 1,2 und 18,1 kg. Sie erhebt sich meistens über die von Wundt angegebene Zahl, erreicht aber bei weitem nicht den Wert, den Wertheim gefunden hat. Wie schon erwähnt, lassen sich die Wertheimschen Zahlen für den Elastizitätsmodul mit den von mir angegebenen nicht unmittelbar vergleichen. Wenn ich beispielsweise für meine Versuchsreihe 4, und zwar aus deren erstem und letztem Ver- suche, den Elastizitätsmodul nach der Wertheimschen Methode bestimme, so erhalte ich E = 22,1. Einen Mittelwert für E werde ich nachher angeben. In der folgenden Versuchsreihe habe ich nach jeder ein- zelnen Belastung wieder entlastet. Über die elastischen Eigenschaften des elastischen Bindegewebes etc. 41 20. Versuchsreihe. Sehne p = 0,075. B = 2,388. P | 1 4 v | E | | 20 108,2 20 + 50 110,0 1,8 0,017 4,8 20 109,1 20 + 100 111,1 2,0 0,018 8,9 20 109,3 20 + 150 112,0 2,7 0,025 9,9 20 *109,8 20 + 200 112,9 3,1 0,028 11,6 20 110,0 Nach der Entlastung wird hier die ursprüngliche Länge nie wieder erreicht. Es fragt sich, ob durch die neue Belastung eine noch nicht abgelaufene Nachwirkungsverkürzung unter- brochen wurde oder ob eine bleibende Verlängerung vorliegt. Ich möchte an eine bleibende Verlängerung denken, im Hin- blick auf die recht unvollkommene Verkürzung, nach der voll- ständigen Schlussentlastnng in den Reihen 4, 7 und 11, durch die nicht einmal die Anfangslänge erreicht wurde, obgleich bei dieser schon eine Belastung vorhanden gewesen war, die am Schluss auch mit entfernt wurde. Bei der Berechnung von E wurde darum als Anfangslänge die jedesmal unmittelbar vor der Belastung markierte Länge betrachtet. Für Reihe 4, 7 und 11 folgt, dass diezu den Versuchen benutzten Sehnenstreifehen den ausdehnenden Kräften weniger Widerstand entgegensetzten, als sie es im lebenden Körper gethan haben würden, dass also wahr- scheinlich E immer etwas zu niedrig angenommen worden ist. Beachtenswert ist, dass E in allen vier Versuchen mit zu- nehmender Ausdehnung wächst. Über die Nachwirkung beim Sehnengewebe steht mir nur folgende kurze Versuchsreihe zur Verfügung, 42 HERMANN TRIEPEL, 17. Versuchsreihe. Sehne. p = 0,0855. ®B = 2,733. I B t 1 d c 0 unbestimmt u ask Na 03 0,0017 3 Min. 62,6 0.0 er 0,1 ‚0004 IN 62,7 0 0 0 te 61,4 93/4 & 61,3 —0,1 0,0002 15. sl 5 2 200 (0) 63,1 | S Ä 5 Men: 63,3 | 0, ‚0007 0 Se 62,1 584 R 62,0 | —-0,1 0,0003 Aus dem zweiten Versuche dieser Reihe (l = 61,3 und = 63,1) berechnet sich E = 13,3 für v = 0,029. Soviel lässt sich aus den zwei Versuchen schliessen, dass die Nachwirkung bei der Sehne ziemlich langsam verläuft, sicher langsamer als beim elastischen Bindegewebe. Besonders das Zurückgehen nach der Entlastung macht einen durchaus anderen Eindruck als beim Nackenbande, und es hat auch hier wieder den Anschein, als ob eine bleibende Verlängerung sich einge- stellt habe. Als Mittelwerte für E erhalte ich, wenn ich die gefundenen Zahlen nach den Verlängerungen ordne, die folgenden Grössen. Mittlere Werte für E. Sehne. Zahl der Versuche v | E 17 0 bis 0,027 8,0 12 „ 0,054 9,0 Über die elastischen Eigenschaften des elastischen Bindegewebes ete. 43 Es ergiebt sich hier vor allen Dingen wieder, was auch schon aus den einzelnen Versuchsreihen zu ersehen war, dass der Elastizitätsmodul zugleich mit der Verlängerung wächst, ebenso wie sich das beim Nackenbande gezeigt hat. Ferner ergiebt sich, dass der Widerstand, den fibrilläres Bindegewebe (in seiner typischen Form als Sehne) einer Aus- dehnung um ein Zwanzigstel der ursprünglichen Länge entgegen- setzt, ungefähr 200 mal so gross ist wie der Widerstand, den elastisches Bindegewebe von gleichem Querschnitte einer eben- solchen Ausdehnung leistet, wahrscheinlich aber noch grösser, wenn man bedenkt, dass die von mir angegebenen Werte von E nach den vorigen Ausführungen etwas. zu niedrig bemessen sind. c) Glatte Muskulatur. Genauere Angaben über die Rlastizität der glatten Muskeln finden sich in der Litteratur überhaupt nicht, während die Elastizität der quergestreiften Muskeln häufig zum Gegenstand der Untersuchung gemacht worden ist. Es ist begreiflich, dass die beiden Arten der Muskulatur in ihren elastischen Eigen- schaften erheblich von einander abweichen, im Hinblick auf die durchaus verschiedenen Funktionen, die sie im lebenden Körper ausüben. Der Elastizitätsmodul der quergestreiften Muskulatur ist von Wertheim!) zwischen 0,261 und 1,271 gefunden worden, Wundt?) bestimmte ihn (beim Rind) = 0,2734, und van Mansvelt3), der Untersuchungen am Lebenden anstellte, er- mittelte ihn = 0,069. Es wird sich zeigen, dass der Modul der glatten Muskeln, gleichviel welche Lasten sie zu tragen haben, 1) Wertheim, |. c., 8. 39. 2) Wundt, |. e. (in Müllers Archiv 1857), 8. 306 u. 1. ce. (Muskel_ bewegung), S. 30. E ist bei Wundt in g angegeben. 3) von Mansvelt, Over de elasticiteit der spieren. Dissert. Utrecht, 1863. Ich eitiere nach Hermann, in Hermanns Handb. d. Physiol., 1. Bd., PEN, 1879182018: 44 HERMANN TRIEPEL, stets erheblich niedriger ausfällt. Der wichtigste Unterschied aber zwischen den elastischen Eigenschaften des einen und des anderen Gewebes besteht jedenfalls darin, dass die elastische Nach- wirkung bei der glatten Muskulatur eine viel längere Dauer besitzt als bei der quergestreiften, und dass infolgedessen die Nachwirkungsverlängerung erheblich grösser ausfällt. Die Nach- wirkungserscheinungen sind bei der glatten Muskulatur so sehr ausgebildet, dass sie hier überhaupt das ganze Bild der Dehnungs- versuche beherrschen. Als ein sehr zweckmässiges Material für die Untersuchungen erwies sich die Längsmuskulatur vom Mastdarm des Rindes. Die ersten Versuche, die ich an Quer- und Längsstreifen anderer Darmstücke oder an der äusseren Muskelschicht des Uterus an- stellte, gaben keine guten Resultate, einmal, weil die Serosa, die nur sehr schwer entfernt werden kann, sich sehr bald grösseren Ausdehnungen widersetzt und andererseits, weil mit der Muskulatur zugleich eine grosse Menge Bindegewebe — beim Uterus aus der mittleren, gefässführenden Schicht, die sich nicht vollkommen beseitigen lässt — den Dehnungen unter- worfen wird. Vom Mastdarm lassen sich Bündel längsverlaufen- der Muskelzellen von einigen Millimetern Breite ohne Schwierig- keit mit der Schere auslösen, da sowohl das perirektale als das auf der Seite der Ringmuskelschicht gelegene Bindegewebe sehr locker ist, und die Furchen an der Oberfläche, die die grösseren Bündel von einander abgrenzen, sehr deutlich ausge- prägt sind. Bei dem Herausschneiden eines Muskelstreifens ist es nun vollkommen unmöglich, jede Zerrung an ihm zu vermeiden. Daher waren die Streifen unmittelbar nach dem Herausschneiden stets etwas länger als die Lücken in der Muskulatur, die sie vorher ausgefüllt hatten. Nach kurzer Zeit jedoch, während der sie in feuchter Kammer auf glatter Unterlage sich befanden, er- reichten sie die frühere Länge wieder, Ja, sie wurden sogar Über die elastischen Figenschaften des elastischen Bindegewebes ete. 45 kürzer, als die Lücken waren, aus denen sie stammten! Das besagt offenbar nichts anderes, als dass sie durch die Schwere des Darmstückes, dem sie angehörten, über ihre natürliche Länge ausgedehnt waren. Man könnte daraus schliessen, dass die Elastizität der Muskeln in der kurzen Zeit nach dem Tode des Tieres schon erhebliche Veränderungen erlitten hatte. Dass in der Muskulatur, sowohl der quergestreiften, wie der glatten, sehr bald nach dem Tode und noch vor dem Eintreten der Totenstarre Veränderungen Platz greifen, ist nicht zu bezweifeln. Doch halte ich sie für zu geringfügig, als dass ich glauben würde, es hinge von ihnen die beschriebene Ausdehnung der Muskeln über ihre natürliche Länge ab. Vielmehr ist es mir wahrscheinlich, dass die Verlängerung eingetreten ist, weil mit dem Tode des Tieres und der Herausnahme des Darms nervöse Einflüsse fortfallen, von denen der Kontraktionszustand der Muskulatur abhängig ist. Jedenfalls spricht für die Brauchbar- keit der verwandten Streifen die Thatsache, dass sie sich nach dem Abschneiden vom Darme wieder verkürzten. Das benutzte Material ist auch wieder keine einheitliche Sub- stanz. Die einzelnen Bündelchen der Muskelzellen sind durch Bindegewebe mit einander verbunden, es finden sich darin Nerven und Gefässe, und auch zwischen den Muskelzellen sind, wenn auch verschwindend wenig, Bindegewebsfäserchen vor- handen. Das Gewebe zwischen den Bündelchen ist aber nur spärlich und locker gefügt, so dass es die Dehnung der Mus- kulatur nur wenig beeinflussen kann. Wichtig ist es, dass die einzelnen Muskelzellen durch Protoplasmabrücken mit einander verbunden sind, gerade in der Längsmuskulatur des Mastdarms vom Rinde fand ich die Zellbrücken sehr schön ausgebildet). 1) Triepel, Zu den Zellbrücken in der glatten Muskulatur. Anatom. Anz. XIII. Bd. 1897, S. 501. Über denselben Gegenstand hielt ich einen Vor- trag mit Demonstrationen in der Sitzung des Greifswalder medizinischen Vereins vom 3. Juli 1897; Referat wird in der Deutschen medizinischen Wochenschrift erscheinen. 46 HERMANN TRIEPEL, Wir haben also, wenigstens innerhalb eines Bündelchens, nicht eine Anhäufung aneinander gekitteter Muskelzellen, sondern eine grössere Masse von Muskelsubstanz vor uns, die zwar gegliedert, aber vollkommen zusammenhängend ist. Da die verwandten Muskelstreifen bei ihrer grossen Aus- dehnbarkeit einen Durchmesser von mehreren Millimetern haben konnten, so war der Einfluss der Austrocknung auf die Resultate nur gering anzuschlagen. Eine Betupfung mit Kochsalzlösung wurde deshalb nur in zweien von den nachher mitzuteilenden Versuchsreihen (Nr. 18 und 19) vorgenommen. Das spezifische Gewicht der glatten Muskulatur wurde be der Berechnung des Elastizitätsmoduls = 1,0582 gesetzt, näm- lich gleich dem Werte, den Krause und Fischer!) für das spezifische Gewicht der menschlichen glatten Muskulatur an- geben; die Berechtigung hierzu ergiebt sich aus Gründen, die ich schon bei der Besprechung des fibrillären Bindegewebes an- führte. Bei der glatten Muskulatur ist es viel schwerer als bei den beiden anderen untersuchten Gewebsarten, während die Nach- wirkung abläuft, diejenige Verlängerung herauszugreifen, die für die Berechnung des Elastizitätsmoduls am geeignetsten ist. Die Nachwirkung schliesst sich hier auch wieder unmittelbar an die primäre Dehnung an, so dass es unmöglich ist, die Grenze zwischen momentaner Verschiebung und Nachwirkungsverschie- bung zu ermitteln und für die Berechnung des Moduls nur die momentane Verschiebung — was ja am einfachsten wäre — zu benutzen. ° Die Nachwirkungsverschiebung ist aber ganz ausserordentlich viel grösser als etwa beim Nackenband; sie hat im Anfang bei nicht zu grossen Belastungen mittlere Geschwin- digkeit, und man bekommt oft den Eindruck, als ob das Auf- 1) Krause und Fischer, |. e., S. 331. Über die elastischen Eigenschaften des elastischen Bindegewebes ete, 47 legen des Gewichtes keine oder fast keine momentane Wirkung ausübt, sondern nur den Anstoss zu einer allmählich in der Richtung der Schwere ablaufenden Bewegung giebt. Es wurde auch hier nach der bisher verfolgten Methode und nach den früher entwickelten Grundsätzen verfahren, und die Länge nach der Belastung jedesmal dann markiert, wenn für die grobsinn- liche Wahrnehmung die Verlängerung eben unmerklich geworden war; es war dann aber hier, im Gegensatz zu den früheren Fällen, die Nachwirkung noch bei weitem nicht abgelaufen. Bei den nächsten drei Versuchsreihen habe ich successiv belastet. 7. Versuchsreihe. Längsmuskulatur des Rektums. p= 1185. B = 3,263, P 1 2 v | E 0 TEN b) 211 0,9 0,0128 0,0244 10 73,0 2,8 0,0157 15 75,3 5,1 0,0129 20 79,6 9,4 0.0094 25 84,0 13,8 0,0080 30 87,9 177. 0,0075 35 90,8 20,6 0,0075 40 95,2 25,0 0,0070 45 98,6 28,4 0,0070 50 102,7 32,5 0,0068 50 108,3 38,1 0,0064 100 124,6 54,4 0,0081 0 104,5 0 90,3 (nach 11 Min.) 48 HERMANN TRIEPEL, 12. Versuchsreihe. Längsmuskulatur des Rektums. p= 145. ®B = 3,418. | 1% | 1 A V | E 0 90,1 2 94,6 4,5 0,0499 0,0026 4 98,8 8,7 0,0027 6 108,5 18,4 0,0019 8 118,5 28,4 0,0016 10 121,0 30,9 0,0019 13. Versuchsreihe. Längsmuskulatur des Rektums. p = 1,655. ®B = 3,549. 1% l Ä v E 0 48,1 5 51,4 3,3 0,0686 0,0022 10 54,8 6,7 0,0022] 15 62,3 14,2 0,0016 20 67,7 19,6 0,0015 25 74,6 26,5 0,0014 30 82,5 34,4 0,0013 35 90,4 42,3 0,0012 40 96,6 48,5 0,0012 45 102,3 54,2 0,0012 90 106,3 98,7 0,0013 6%) 111,0 62,9 0,0013 60 118,5 70,4 0,0013 Der Elastizitätsmodul erreicht in den Reihen 12 und 13 noch nicht einmal die Grösse von 3g. Auch aus den nachher noch mitzuteilenden drei Versuchsreihen lässt sich ein Modul von nur wenigen Grammen berechnen, so dass die 7. Reihe mit einer geringeren Ausdehnbarkeit und somit höheren Werten von E vereinzelt dasteht und ein aussergewöhnliches Verhalten des Über die elastischen Eigenschaften des elastischen Bindegewebes etc. 49 untersuchten Gewebes zeigt. Wenn man daher von ihr ab- sieht, so würde — nach der Definition des Moduls — ein Streifchen glatter Muskulatur, das einen Querschnitt von 1 qmm besitzt, durch eine Belastung von ca. 3 g um seine eigene Länge aus- gedehnt werden. Die Reihen 7, 12 und 13 zeigen ferner, dass der Elastizitäts- modul mit zunehmender Belastung oder zunehmender Aus- dehnung abnimmt, dass also die glatte Muskulatur sich anders als die beiden anderen untersuchten Gewebe verhält. Der Unter- schied ist jedoch nur scheinbar. Da die elastische Nachwirkung noch sehr lange Zeit nach der Belastung vorhanden ist, so muss sie alle später zur Beobachtung kommenden Ausdehnungen viel grösser werden lassen, als sie ohne die schon vorangegangenen Be- lastungen geworden wären. Also der Wert von E muss späterhin zu klein gefunden werden. Es ist ausserdem zu berücksichtigen, dass die untersuchten Streifen ein ziemlich hohes Eigengewicht hatten, das — neben der anhängenden Wagschale — sie gleich- falls ausdehnen musste, und die an diese Dehnung sich an- schliessende Nachwirkung ist sicher nicht zu vernachlässigen. Damit hängt es zusammen, dass in Reihe 7 nach der vollstän- digen Schlussentlastung die Anfangslänge bei weitem nicht wieder erreicht wird. Es ergiebt sich hieraus, dass bei der glatten Muskulatur die successive Belastung keine Resultate liefert, die in derselben Weise wie die früheren zu verwerten wären. Ich habe daher auch nur jedesmal bei der ersten Belastung die Verlängerung (v), für die das gefundene E gilt, berechnet; nur diese Zahlen können mit den bei Nackenband und Sehne gefundenen ver- glichen werden. Dass es übrigens, wenn man beabsichtigt, aus einer Versuchsreihe mehrere Werte von E zu gewinnen, ebenso erfolglos ist, nach jeder Belastung wieder zu entlasten, ergiebt sich aus dem, was ich nachher von der Nachwirkung berichten werde. Anatomische Hefte. I. Abteilung. XXXI. Heft (10. Bd., H. 1). 4 D0 HERMANN TRIEPEL, Es stehen mir somit für die Bestimmung von E nur einige wenige Versuche mit geringen Belastungen zur Verfügung, so dass man bei einer entsprechenden Zusammenstellung ein An- steigen des Elastizitätsmoduls bei zunehmender Ausdehnung nicht deutlich erkennen kann; hätte ich die Versuchsreihen mit grösseren Belastungen begonnen, so würden sich für E höchst- wahrscheinlich etwas höhere Werte ergeben haben. Über die elastische Nachwirkung bei der glatten Muskulatur habe ich die folgenden Versuche angesteilt. 18. Versuchsreihe. Längsmuskulatur des Rektums. p = 135. B = 3,018. Anfeuchtung mit Kochsalzlösung. P t ] d e ) (0) 83,2 5 /« Min. 90,5 a 93,9 2 0,0567 De 95,7 1,8 0,0300 alla B2 97,1 1,4 0,0233 4, 98,5 be 0,0233 a 998 1,3 0,0217 SU ANOR 100,9 11 0,0183 un, 101,9 Eu 0,0167 u „ 102,6 2 0,0117 g1/a in 103,5 0,9 0,0150 1012 5 104,4 u 0,0120 1134 „ 105,2 0,8 0,0107 13% „ 106,0 2 0,0067 15% „ 106,5 I 0,0042 n ÄNE nn. 0,7 0,0117 1a „ 103,8 im Boose Ai nn 265 0.0021 bla „ 103,0 j Das Stück wurde abgenommen und in der feuchten Kammer horizontal gelegt. 17 Min. 85,6*%) UA 0,0270 28 „ 79,7* —5,9 0,0087 64! „ 75,0* —4,7 0,0022 1) Die mit* bezeichneten Längen wurden unmittelbar mit dem Zirkel gemessen. Über die elastischen Eigenschaften des elastischen Bindegewebes ete. 51 19. Versuchsreihe. Längsmuskulatur des Rektums. p = 0,915. ® = 2,808. Anfeuchtung mit Kochsalzlösung. P t | 1 d c | 0 (0) 103,1 1> 2 > Min: 104,1 1,0 0,0167 9 5 104,6 0,5 0,0083 2 IA, 108,1 10 > 110,3 2 20% den, 111,4 14 0,0183 ER 112,3 0,9 0,0150 Bu 113,1 0,8 0,0133 u 113,7 0,6 0,0100 alas 114,6 0,9 0,0075 10. „ 115,5 2 AL 1314 „ 115,7 0,2 0,0011 N) Per 115,0 ze; 114,8 —0,2 0,0033 EN 114,3 —0,5 0,0033 Das Stück wurde abgenommen und in der gelegt. 19!/4 273 / 4S3/4 Längsmuskulatur des Rektums. Min. „ 95,4* 91,5* 90,0* feuchten Kammer horizontal —18,9 —3,9 —1,5 ’ 21. Versuchsreihe p = 0,540. ®B = 3,040. 0,0203 0,0076 0,0012 P B t l d C d !/s Min. 61,8 | 34, 65,2 3,4 0,1133 er 66,9 152 0,0567 Be 69.2 2,3 0,0511 Bu , 71,2 2,0 0,0444 Ian 73,3 2,1 0,0350 4 5 74,8 1,5 0,0250 Be, 75,7 0,9 0,0150 64 „ 76,5 0,8 0,0133 SF 77,6 11 0,0092 103/& & 78,0 0,4 0,0033 3, : 0. ee —0,5 0,0042 5 74,8 —0,5 0,0028 Das Stück wurde abgenommen und in der feuchten Kammer horizontal gelegt. 20°%« Min, | 55,7% —19,1 0,0212 50, 59,5* —3,2 0,0018 59'/& 51,2* — 8 0,0024 Aus den drei Versuchsreihen berechnen sich folgende Ela- stizitätsmodule (berücksichtigt werden als Anfangslänge die erste gemessene Länge, als durch die Dehnung erreichte Länge die weite, nur bei Reihe 21 die dritte nach Auflegen des Gewichtes gefundene Grösse): Versuchsreihe P 1 1 v E 18 0 83,2 5 93,9 10,7 0,1286 0,0026 19 0 103,1 2 110,3 7,2 0,0698 0,0034 21 0 55,1 5 66,9 11.8 0,2142 0,0025 Über die elastischen Eigenschaften des elastischen Bindegewebes ete. 53 Man sieht, dass die Nachwirkung sehr lange andauert, und man kann annehmen, dass sie bei der Unterbrechung der Ver- suche, also nach durchschnittlich einer Viertelstunde, noch bei weiten, nicht abgelaufen ist, da in den letzten Minuten noch eine deutlich erkennbare Geschwindigkeit der Verlängerung vor- handen ist. Das Verhalten wird besonders auffallend, wenn man zum Vergleich den Ablauf der elastischen Nachwirkung beim Nackenbande herbeizieht. Dort war schon nach ungefähr einer halben Minute von Nachwirkung nichts mehr zu bemerken. In zwei Reihen (19 und 21) wurde auch die Nachwirkung beobachtet, die sich an die Dehnung anschliesst, die durch das (halbe) Eigengewicht und das Gewicht des Hakens und der Wagschale (®) bewirkt wird. Sie ist, wie sich zeigt, gar nicht so unbeträchtlich. Dort, wo diese Nachwirkung beim Auflegen des Gewichtes wahrscheinlich nicht abgelaufen ist (Reihe 18 und 19), muss sie die durch die Belastung P bedingte Nach- wirkung — wenn auch in geringem Grade — vergrössern. Auf- fallend ist in Reihe 21, dass an dem noch unbelasteten Streifen die Nachwirkung nach 1 Minute sich umkehrt, dass eine Ver- kürzung eintritt. Die Erscheinung erinnert an Verhältnisse, die beim Nackenbande beobachtet wurden. Die Geschwindigkeit, mit der die Nachwirkung verläuft, ist am Anfang am grössten. Und zwar ist die Anfangsge- schwindigkeit um so grösser, je grösser die angewandte, d. h. die auf die Querschnittseinheit entfallende Belastung ist; das ergiebt sich aus einem Vergleich der Versuche, bei dem jedesmal P durch das zugehörige q und c durch ] dividiert werden muss. Mit der Dauer der Nachwirkung nimmt die Geschwindigkeit ab, zuerst schneller, in grossen Sprüngen, dann immer lang- samer, um sich schliesslich der Null zu nähern. Ob die Null überhaupt erreicht werden kann, d. h. ob bei einem einmal gedehnten Muskelstreifen, wie überhaupt bei einem beliebigen 54 HERMANN TRIEPEL, gedehnten Objekte, die Nachwirkung, sowohl positive wie nega- tive, vollkommen verschwinden kann, erscheint fraglich. Die Verkürzungsnachwirkung, die nach der Entlastung auf- tritt, folgt denselben Regeln wie die Dehnungsnachwirkung. Sie setzt mit einer grösseren Geschwindigkeit ein, als sie im wei- teren Verlaufe beibehält. Die Anfangsgeschwindigkeit ist um so grösser, je grösser die entfernte Belastung gewesen war. Um dies zu zeigen, hat man dieselben Reduktionen wie vorhin vor- zunehmen. Die erreichte Verkürzung ist aber nur unvollkommen. Dass das nicht etwa die Folge einer bleibenden Dehnung ist, sondern nur eine Folge der Nachwirkung, die auf die Belastung mit dem Gewichte ® zurückzuführen ist, zeigt sich, wenn man, wie es in den drei Versuchsreihen geschehen ist, den Muskel- streifen nach einiger Zeit abnimmt und in der feuchten Kammer auf glatter horizontaler Unterlage sich selbst überlässt, Dann zieht sich der Streifen anfangs mit grosser Geschwindigkeit zu- sammen, sodass man mit unbewaffnetem Auge die Verkürzung bequem verfolgen kann. Die Geschwindigkeit lässt natürlich bald nach, es wird aber noch nach ungefähr einer Stunde eine Verkürzung beobachtet. Die Folge der Verkürzung auf der horizontalen Unterlage ist, dass der Streifen kürzer wird, als er, vertikal aufgehängt, zu Beginn des Versuches war! Man fragt sich unwillkürlich, ob denn auch im lebenden Körper die Nachwirkung bei der Dehnung glatter Muskulatur so enorme Veränderungen hervorrufen kann, wie sie sich in den Versuchen zeigten. Da dies auf Grund der Beobachtungen, die wir über die Wirkungsweise der glatten Muskulatur machen können, entschieden zu verneinen ist, so müssen wir annehmen, dass andauernd centrale nervöse Erregungen, die den Muskel- zellen zufliessen, sich den Dehnungsnachwirkungen entgegen- stellen. Von der Grösse des Nerveneinflusses, unter dem die glatte Muskulatur steht, erhält man gerade durch die ausser- ordentlichen Nachwirkungsveränderungen eine Vorstellung, die Über die elastischen Eigenschaften des elastischen Bindegewebes ete. 55 bei ihr zu beobachten sind, wenn sie dem Nerveneinfluss ent- zogen ist. Es sind demzufolge die elastischen Eigenschaften des im lebenden Körper befindlichen glatten Muskelgewebes mit den hier beobachteten nicht zu identifizieren. 11. Aus den mitgeteilten Tabellen geht hervor, dass beim Rinde die Elastizität der Sehnen grösser ist als die des Nackenbandes und diese wiederum grösser ist, als die Elastizität der Längs- muskulatur des Rektums. Und zwar sind die Unterschiede in den Elastizitätsmodulen der drei Organe so erheblich, dass ohne Zweifel eine Verallgemeinerung gestattet ist, in der Weise, dass man an Stelle der Sehne ein hauptsächlich aus fibrillärem Binde- gewebe bestehendes Organ setzt, an Stelle des Nackenbandes ein solches, das hauptsächlich elastisches Bindegewebe enthält, und an Stelle der Längsmuskeln des Rektums überhaupt glatte Mus- kulatur. Da es nun offenbar ist, dass die physikalischen Eigen- schaften eines Organes in erster Linie von den physikalischen Eigenschaften des Gewebes abhängen, das in ihm in vorwiegen- der Menge vertreten ist, so ergeben sich folgende zwei Sätze, die sich gegenseitig bedingen: 1. Unter dem fibrillären Bindegewebe, dem elastischen Bindegewebe und der glatten Muskulatur besitzt das fibrilläre Bindegewebe die grösste, das elastische eine geringere und die glatte Muskulatur die kleinste Elastizität. 2. Je mehr fibrilläres Bindegewebe ein Organ enthält, um so grösser ist seine Elastizität, sie wird um so geringer, je mehr die elastische Substanz vorwiegt, und am geringsten, wenn glatte Muskulatur den Hauptbestandteil des Organs ausmacht. Die beiden Sätze gelten sicher für alle Wirbeltiere. Sie sind übrigens schon von vorneherein sehr wahrscheinlich, denn bei der Zergliederung frischer Kadaver fällt es sofort auf, dass 56 HERMANN TRIEPKL, und auch in welcher Weise die Ausdehnbarkeit von Organen, wie der drei genannten, sich unterscheidet. Die Messung bestätigt die Voraussetzung. Zu den aufgestellten Sätzen müssen aber noch zwei wich- tige Zusätze hinzugefügt werden: 1. Es kommt bei der Bestimmung der Elastizität eines Örganes nicht allein auf die Menge an, in der einzelne Gewebs- elemente darin vertreten sind, sondern auch auf die Anordnung, in der sie sich finden. Denn Teile, die vor der Einwirkung irgend einer äusseren Kraft gefaltet oder gekräuselt sind,. werden dieser Kraft, bis sie durch sie geglättet sind, über- haupt keinen nennenswerten Widerstand entgegensetzen. Ferner werden Fasern, deren Längsachse senkrecht zur Richtung der Dehnung liegt, für den Erfolg dieser Dehnung vollständig oder fast vollständig ohne Belang sein. Endlich können die Verhältnisse noch dadurch kompliziert sein, dass die Organe Verflechtungen der faserigen Gewebsbestandteile aufweisen, ähn- lich wie die künstlichen Gewebe, deren Rlastizität, wie Tresca') gezeigt hat, geringer ist, als die ihrer einzelnen Fäden. 2. Wenn ein Organ aus mehreren Geweben mit verschie- denen Elastizitätsmodulen besteht, so hängt seine Ausdehnbar’ keit wesentlich von dem Gewebe ab, das den grössten Elastizi- tätsmodul besitzt, wenn darin alle etwa vorhandenen Kräuse- lungen oder Falten ausgeglichen sind und die Elemente nicht durch grössere Zwischenräume von einander getrennt sind. Denn wäre dies nicht der Fall, so müsste ja das Organ zerreissen, sobald von ihm eine stärkere Ausdehnung verlangt wird, als es das widerstandsfähigste Gewebe in ihm zulässt. Sehr gut lässt sich das an einem von Serosa bekleideten Organe demonstrieren, dessen Ausdehnung zuerst durch den straffen bindegewebigen Überzug behindert wird. 1) Tresea, l. c. Über die elastischen Eigenschaften des elastischen Bindegewebes ete. 57 Aus dem Gesagten ergiebt sich auch, dass es in den Ar- terien und Venen Gewebselemente giebt, die eine grössere, und andere, die eine kleinere Elastizität besitzen als die elastische Substanz. Die Untersuchungen erstreckten sich, gerade im Hin- blick auf die Zusammensetzung der Gefässwände, nur auf drei (rewebsarten, aber auch unter den anderen Geweben des tieri- schen Körpers nimmt das elastische Bindegewebe auf Grund seiner elastischen Eigenschaften durchaus keine Sonderstellung ein, wie man etwa wegen des Namens, der ihm beigelegt wor- den ist, glauben könnte. Vielmehr lässt sich mit grosser Sicher- heit schon a priori annehmen, dass z. B. die Knorpel, die Kno- chen, die Haare!) eine grössere, dass Fett- und Gallertgewebe, quergestreifte Muskeln oder embryonale Gewebe?) eine viel ge- ringere Elastizität besitzen, als die Gewebsart, die man als die elastische zar’ &Soynv bezeichnet°). Es ergiebt sich daraus, dass die Bezeichnung elastisches Bindegewebe falsch oder doch zum mindesten unwissenschaftlich ist. Zunächst möchte ich mich gegen die Bezeichnung „elastisches Gewebe“, die man sehr häufig liest, wenden. Es genügt wohl nicht, wie Kölliker*) thut, das Gewebe als „gesetzmässige, in gleichen Teilen immer in derselben Weise wiederkehrende An- ordnung der Elementarteile‘ zu definieren, vielmehr wird der Begriff des Gewebes durch die Beschaffenheit der Zellen, die sich entweder in einem solchen Verbande von Elementarteilen ı) Vgl. auch die hierher gehörenden Messungen von Rauber, Elastizität und Festigkeit der Knochen, 1876 (betr. Knorpel, S. 28), Messerer, Über Elastizität und Festigkeit der menschlichen Knochen, Wertheim, 1. c., S. 393, Wundt, 1. c. (Muskelbewegung), S. 25, Volkmann, l. c., 8. 302 ff. 2) Vgl. His, Unsere Körperform und die physiologischen Probleme ihrer Entstehung. 1874. i 3) Beim Knorpel und einigen anderen Geweben kommt in erster Linie die Elastizität bei Druck in Frage. Über das Verhältnis der Druck- und Zug- elastizität vgl. Valentin, 1. ec. (Physiol. Pathologie), S. 199. 4) Koelliker, Handbuch der Gewebelehre. 6. Aufl. I. Bd. 1889, S. 78, 58 HERMANN TRIEPEL, finden, oder aus denen er hervorgegangen ist, noch näher um- grenzt. Nicht selten findet man die Bezeichnung „elastische Sub- stanz“. Dieser Begriff bedarf keiner weiteren Erklärung. Dort wo im Bindegewebe die elastische Substanz die kollagene an Menge übertrifft, haben wir die elastische Modifikation des Bindegewebes oder kurz „elastisches Bindegewebe“ vor uns. In diesem Sinne sprach zuerst Ranvier!) von einem tissu con- jonetif elastique. Gegen die zuletzt angeführten Namen wäre nichts einzu- wenden, wenn sie nicht auch das Beiwort „elastisch“ enthielten, das vor einer sorgfältigen Kritik nicht Stand halten kann. In- dessen muss ich leider darauf verzichten, eine Verdrängung dieses Beiwortes durch ein geeigneteres anzustreben, weil ein solches Bemühen erfolglos wäre?). Doch halte ich es, weil die all- gemein angenommene Bezeichnung einer tierischen Substanz die Ansichten über ihre physiologische Bedeutung beeinflussen muss, für nötig, auf die Angelegenheit noch etwas näher einzugehen. Es drängt sich einem die Frage auf, worauf es denn zurück- zuführen ist, dass die getadelte Bezeichnung in die anatomische Sprache eingedrungen ist. Ist etwa beim elastischen Bindege- webe die Elastizität in funktioneller Beziehung wertvoller und wichtiger als bei anderen Gewebsarten? Man erkennt leicht, dass bei allen Geweben die Grösse ihrer Elastizität sehr bedeutungs- voll ist, und dass im besonderen bei allen Bindesubstanzen neben den mechanischen alle anderen Eigenschaften in den Hinter- grund treten. Es ist also offenbar, dass man damals, als man zum erstenmale von elastischem Gewebe sprach, nicht beachtete, 1) Ranvier, Traite technique d’Histologie. 1875. S. 424. 2) Am besten wäre esnoch, wenn man von einem dehnbaren Bindegewebe spräche, da die sogenannte elastische Substanz unter allen zur Bindegewebs- gruppe gehörenden geformten Intercellularsubstanzen (wahrscheinlich) die ge- ringste Elastizität oder die grösste Ausdehnbarkeit besitzt. Allerdings wäre dann eine Verwechselung mit areolärem Bindegewebe möglich. Über die elastischen Eigenschaften des elastischen Bindegewebes ete. 59 dass auch alle anderen Gewebe Elastizität besitzen. Jedenfalls muss gerade der mittlere Grad von Elastizität, den das elastische Bindegewebe aufweist, oder es müssen besondere Eigentümlich- keiten, die sich zeigen, wenn seine Elastizität in Anspruch ge- nommen wird, die Veranlassung für die einseitige Benennung gewesen sein. Die genauere Analyse zeigt, dass das elastische Bindegewebe allerdings annährend in demselben Sinne elastisch genannt werden kann, in dem der Laie dieses Wort zu ge- brauchen pflegt, und dass der wissenschaftliche Elastizitätsbegriff von dem sprachgebräuchlichen abweicht. Über die Verschiedenheit der beiden Begriffe handelt aus- führlich Auerbach!). Zuerst giebt Auerbach eine genaue wissenschaftliche Definition von Elastizität und betont, dass man diese Definition in bezüglichen physikalischen Monographien inımer wieder findet. Sodann erwähnt er aber auch, was hier nicht verschwiegen werden soll, dass selbst Physiker gelegent- lich einmal die laienhafte Verwendung des Wortes nicht scheuen ?). Im gewöhnlichen Leben wird nach Auerbach einem Körper um so grössere Elastizität zugeschrieben, je grösser seine Grenz- veränderung ist, d. h. je grösser die Änderung sein kann, die er in seiner Form, z. B. seiner Länge durch eine äussere Kraft ‚erfahren kann, ohne dass er aufhört, nach Entfernung der äusseren Kraft seine ursprüngliche Form wieder anzunehmen. Ich möchte zu dieser Begriffsbestimmung hinzufügen, dass ein Laie einen Körper überhaupt nur dann als elastisch bezeichnen wird, wenn die elastische Nachwirkung bei der Verkürzung schnell abläuft. Denn es wird wohl kein Laie z. B. der glatten Muskulatur irgend welche Elastizität zuschreiben, wenn er 1) F. Auerbach, Zur Klarstellung des Elastizitätsbegriffes, 65. Jahres- bericht der schlesischen Ges. f. vaterländ. Kultur, 1888. S. 132. Derselbe, Il. c. (in Winkelmanns Handb.), S. 217 u. 218. 2) So finde ich z. B., dass Clebsch in seiner „Theorie der Elastizität fester Körper“, 1862, S. 3, den Kautschuk als einen sehr elastischen Körper bezeichnet. 60 HERMANN TRIEPEL, einen so langsamen Verlauf der elastischen Nachwirkung sieht, wie sie in meinen Versuchen sich gezeigt hat. Dann möchte ich behaupten, dass der sprachgebräuchliche Blastizitätsbegriff überhaupt nichts so ganz feststehendes ist, wie Auerbach annimmt, es mischt sich mehr oder weniger von dem wissenschaftlichen Begriff hinein. Ich fragte eine — aller- dings nur kleine — Anzahl von Laien, was sie für elastischer hielten, ob Stahl oder Kautschuk, ungefähr die Hälfte der Ge- fragten entschied sich für Stahl, die andere Hälfte für Kaut- schuk. Billardspieler, die den Kautschuk zwar für sehr elastisch hielten, räumten ein, dass auch Elfenbein eine grosse Elastizität besitze. Ich glaube, man wird diese Differenz in der Anschau- ung ganz allgemein finden. Wenn jemand die Grösse der Kraft, mit der ein in seiner Form veränderter Körper in die frühere Form zurückzukehren strebt, als massgebend für die Grösse seiner Elastizität hält, so nähert er sich der wissenschaftlichen Auf- fassung, nach der es auf die Grösse des Widerstandes ankommt, die der Körper von vornherein einer formverändernden Kraft entgegensetzt. Aber auch angenommen, der sprachgebräuchliche Rlastizitäts- begriff sei feststehend, so scheint es mir doch ausser Zweifel zu sein, dass prinzipiell der Anatom sich nicht für die laienhafte» sondern nur für die wissenschaftliche, d. h. in diesem Falle die vom Physiker aufgestellte Begriffsbestimmung entscheiden darf. Gegen die Anwendung des Wortes Elastizität, wie sie sich in der anatomischen ‘Sprache eingebürgert hat, lässt sich noch so manches ins Feld führen. Wenn im gewöhnlichen Sprach- gebrauch (nach Auerbachs Deutung) Elastizität mit Grenz- verlängerung identisch ist, so deckt es sich annähernd mit dem, was häufig als Vollkommenheit der Elastizität be- zeichnet wird. Im lebenden Körper, auf den es doch immer in erster Linie ankommt, sind nun offenbar normalerweise alle (rewebe immer vollkommen elastisch; andernfalls müssten patho- Über die elastischen Eigenschaften des elastischen Bindegewebes etc. 61 logische Zustände eintreten. Es kommen aber gerade bei ver- schiedenen Geweben im lebenden Körper grössere Formverände- rungen vor als beim elastischen Bindegewebe, z. B. beim quer- gestreiften Muskel, beim Fettgewebe u. a. m. Dass der sprachgebräuchliche von dem wissenschaftlichen Elastizitätsbegriff gelegentlich auch in den medizinischen Wissen- schaften beeinflusst wird, ist leicht zu zeigen. Einer der ersten Sätze, die der Lernende in der Muskelphysiologie sich aneignen muss, besagt, dass der quergestreifte Muskel zwar bis zu grossen Verlängerungen vollkommen elastisch bleibt, dass seine Elastizität aber nur gering ist. Der Anatom hat sich schon längst daran gewöhnt, den Knorpel als ein sehr elastisches (Gebilde anzusehen. Das ist ebenso im Anfang dieses Jahrhunderts gewesen wie es heute der Fall ist. In Mascagnis Handbuch, das 1819 erschien, heisst es von den Knorpeln !): „Possiedono assai piü di tutte le altre parti del corpo organico animale |’ elasticita.“ Unter den neueren anatomischen Lehrbüchern würdigen die meisten die grosse Elastizität der Knorpel, so z. B. Hyrtl?) ziemlich eingehend, u. a. m. Seltener findet man schon, dass die ausserordentlich grosse Elastizität der Knochen Anerkennung findet. Über diese macht Rauber?) genauere Angaben. Ungefähr zur Zeit Mascagnis, also zu einer Zeit, in der bekannt war, dass der Knorpel sehr elastisch ist, trug man kein Bedenken, einem anderen Gewebe den ausschliessenden Namen „elastisches Gewebe‘ oder ‚elastisches System‘ beizu- legen. Als Erfinder dieses Namens ist ‚entweder Jules Clo- quet anzusehen, der in seinem grossen Handbuche®) 1821 ı) P. Mascagni, Prodromo della grande anatomia. Firenze 1819, p. 113. 2) Hyrtl, Lehrb. d. Anatomie des Menschen. 20. Aufl. 1889. S. 236. 3) Rauber, 4. Aufl. von Quain Hoffmanns Lehrb. d. Anat. I. Bd. 1892, S. 296 ff. Siehe auch oben S. 57 Anm. 1. 4) J. Cloquet, Anatomie de ’homme. T. I. Paris 1821, p. 5. 62 HERMANN TRIEPEL, ein systeme elastique aufführt oder Beclard (s. f. S. Anm. 4), der auch schon 1821 das elastische Gewebe erwähnt. Eine gute Zusammenstellung der zahlreichen, nach Bichat im Anfange unseres Jahrhunderts gemachten Versuche, die Gewebelehre ein- zuteilen, giebt Heusinger!), und hier erscheint Cloquet als der erste Autor, der ein elastisches von dem anderen Systemen ab- trennt. Ebenso wird später Cloquet das Verdienst zugeschrieben, die Sonderstellung des elastischen Gewebes zuerst erkannt zu haben, so von E. H. Weber?), von Henle°), von Arnold‘). Nur einmal finde ich in der Litteratur angegeben, dass zuerst D umeril — gemeint ist jedenfalls Andre Marie Constant Dumeril — ein bestimmtes Gewebe als spezifisch elastisch bezeichnet habe. Es findet sich nämlich in einer späteren, von Blandin besorgten Ausgabe der Bichatschen „Allgemeinen Anatomie“ °) folgende Anmerkung des Herausgebers: „elle (la membrane moyenne des arteres) appartient a un genre d’organes qui forment veritablement la transition entre les tissus precedens, organes que M. Dumeril a propose d’appeler fibreux jaunes ou elastiques“®). Von Dumerils Schriften könnte allenfalls sein aus dem Jahre 1793 stammender Aufsatz „Projet d’une nomen- clature anatomique“ ”) einen solchen Vorschlag enthalten — die Arbeit war mir nicht zugänglich. Andererseits ist nicht wohl anzunehmen, dass, bevor Bichat seine grundlegenden Anschau- 1) Heusinger, System der Histologie. Eisenach 1822, I, T. S. 28 #. 2) E.H. Weber, 4. Aufl. von Hildebrandts Handb. d. Anat. 1. Bd. Braunschweig 1830, S. 180. 3) Henle, Allgemeine Anatomie (Sömmering, vom Baue des menschl. Körpers. 6. Bd.) Leipzig 1841, S 408. 4) Arnold, Handb. d. Anat. 1. Bd. Freiburg 1844, S. 229, 5) Biechat, Anatomie gönerale. Nouvelle edition, contenant les additions publiees prec&demment par Beclard, et augmentde d’un grand nombre de notes nouvelles par F, Blandin. T. II. Paris 1830, p. 54. 6) „Organe“ ist hier augenscheinlich in demselben Sinne wie „tissu“ gebraucht. ?) Dumeril, Projet d’une nomenclature anatomique. Magazin encyclo- pedique 1793. Über die elastischen Eigenschaften des elastischen Bindegewebes ete. 63 ungen über die Abgrenzung einzelner Systeme veröffentlicht hatte (1801), und bevor durch Pinels Nosographie!) die Vor- arbeiten für eine Einteilung der Gewebe geliefert worden waren (1798), schon von anderer Seite einer bestimmten Gewebsart eine besondere Stellung angewiesen wurde. Später, 1825, giebt Dumeril selbst, in einem grösseren naturwissenschaftlichen Werke?), eine Zusammenstellung der verschiedenen Gewebe, bei der ein „elastisches Gewebe“ fehlt; das beweist nun freilich noch nicht viel, da die allgemeinen Be- trachtungen an dem genannten Orte ganz kurz gehalten sind. Nicht ausgeschlossen ist es, dass Oloquet und Beclard aus mündlichen Mitteilungen Dume&rils geschöpft haben. Cloquet war, wie er selbst angiebt®), ein Schüler Dumerils; auch scheint mir für die angedeutete Möglichkeit die Bemerkung Beelards über das gelbe oder elastische Gewebe aus dem Jahre 1821*) zu sprechen: „personne, que je sache, n’a donne de description complete de ce tissu: il n’a presque &te indique jusqw& ce jour que dans des legons orales.“ In jedem Falle muss man aber annehmen, dass Cloquets Einteilung der Ge- webe den Anstoss dazu gab, dass das „elastische Gewebe‘ später allgemein als ein besonderer Typus anerkannt wurde. Die durch Cloquet vorgenommene Abgliederung des elasti- schen Systems war geschichtlich notwendig, wenn später wieder seine Beziehung zum Bindegewebe erkannt werden sollte. Wie alle wissenschaftlichen Fortschritte, so war auch dieser durch Vorarbeiten begründet, denn es hatten schon früher eine ganze Reihe von Forschern die elastische Substanz gesehen. Nur 1) Pinel, Nosographie philosophique (Paris 1798). 6. Ausg. Paris 1818. 2) Dumeril, El&ments des sciences naturelles. T. II. Paris 1825. p. 14. 3) Cloquet, 1. c., T. V, Vorrede. 4) Ich eitiere nach der vorhin angeführten Ausgabe von Bichats Ana- tomie generale, die die Zusätze von Beclard aus dem Jahre 1821 enthält, T.III. Paris 1830, S.218, Anm. 64 HERMANN TRIEPEL, hatten diese nicht, wie Cloquet (und vielleicht Dumeril) die besondere Stellung erkannt, die dem elastischen neben anderen Systemen zukommt. Es ist selbstverständlich, dass schon oft vor Cloquet die Elastizität einzelner Organe hervorgehoben worden war und besonders der Arterien, deren elastische Eigen- schaften ja sofort in die Augen springen; aber man hatte sogar schon die Gewebselemente, die seit Cloquet als elastische be- zeichnet werden, gesehen und beschrieben. Bichat!) betont ausdrücklich, dass die membrane propre der Arterien und die Bänder zwischen den Wirbelbögen unter den Geweben eine Sonderstellung einnehmen, und im besonderen sich die Bestand- teile der Arterienwand vom muskulösen und die genannten Bänder vom fibrösen Gewebe unterscheiden. Hunter?) lässt einige Jahre vorher die Arterienwand aus elastischer und musku- löser Substanz bestehen (S. 231 ff.), und auf die Anordnung bei- der führt er das Verhalten durchschnittener oder ausgeschnittener Teile der Wand zurück. Er giebt an, dass die innere Haut der Arterien aus elastischen und muskulösen Fasern gemischt ist (S. 242), und ferner, dass auch die äussere, „elastische‘‘ Haut faserig und die Richtung ihrer Fasern meist kreisartig ist (S. 243). Home?) ist nicht nur über das Vorkommen elastischer Bänder an den Klauen des Löwen unterrichtet (S. 20 und 21), er kennt auch die ‚elastische Substanz‘, die sich neben Muskelfasern in den Arterien findet (S. 20), und die die Aorta fast ausschliesslich zu- sammensetzt (S. 22). Die elastischen Fasern sollen nach Beclard‘) sogar schon von Nicholls bemerkt worden sein, das wäre also vermutlich schon vor 1750 gewesen (?). »uBichet, ch B. 1E9S843 HT TITES DIE: 2) Hunter, Vers. über das Blut, die Entzündung und die Schusswunden. Aus dem Englischen übersetzt von Hebenstreit. I. Bd, Leipzig 1797. 3) Home, The Croonian Leeture on Museular Motion. Philos. Trans. 1795. 4) Beclard, El&mens d’Anatomie gönerale. Paris 1823, p. 324. Laurent, Essai sur les tissus elastiques et contractiles. Ann. de la med. physiol. T. X. Paris 1826, citiert Nicolle (?). Nachdem Jules Cloquet das elastische von den anderen Systemen abgegliedert hatte, wurde die Sonderstellung dieses Systemes doch nicht sofort überall anerkannt. Heusinger') sprach sich 1822 gegen sie aus, er rechnet die „sogenannten elastischen Bänder“ zu dem „eigentlichen Fasergewebe.“ Auch die Bekanntschaft mit der elastischen Faser war zu dieser Zeit noch nicht allgemein. Reisseisen?), der die zahlreichen elasti- schen Fasern in der Wand der Luftwege entdeckte, beschreibt diese zwar als „elastische, weisse Fasern‘ und erklärt richtig ihre Wirkungsweise; dagegen sagt er (S. 11), ihre Natur sei ihm „etwas rätselhaft,‘‘ sie scheinen ihm eine eigene Art von Fasern zu sein, „die vielleicht mit der Tunica muscularis oder fibrosz der Arterien und den Fibern der menschlichen Gebärmutter in eine Klasse zu setzen sind.“ Wie schon erwähnt, wurde die Ansicht Cloquets geteilt von Beclard, der 1821 in seinen Zusätzen zur „allgemeinen Ana- tomie‘“ Bichats°) ganz ähnlich, wie Cloquet verschiedene Or- sane als gelbe oder elastische vom systeme fibreux abgliedert, sie aber immerhin noch als einen besonderen Teil desselben betrachtet. Die nächsten Jahre bringen zwei Monographien, die die neuauf- gestellte Gewebsart zum Gegenstande haben, 1822 erscheint die Arbeit von Hauff®), von Laurent?) eine eingehende Abhand- lung 1826. Laurent sucht vor allem darzuthun, dass, worauf die Abstufung in der Elastizität der verschiedenen Organe hin- weise, ein Übergang des elastischen in fibröses oder Muskel- gewebe stattfinde, wobei er den Einfluss des Mengenverhältnisses t) Heusinger, ]. c., S. 38 u. 43. 2) Reisseisen, Über den Bau der Lungen. Gekrönte Preisschr. d. kgl. Akademie in Berlin, 1822. 3) Siehe die zitierte Ausgabe von Bichat, Anatomie generale T. II. S. 218. Aum. 4) Hauff, De systemate telae elasticae. Tubingae 1822. Die Arbeit war mir nicht zugänglich. 5) Laurent, |. c. Anatomische Hefte. I. Abteilung. XXXI. Heft (10. Bd., H. 1.) 5) 66 HERMANN TRIEPKEL, übersieht, in dem die einzelnen (Gewebe in den Organen vor- handen sind. Unter den französischen Lehrbüchern ist das von Beclard (1823)!), unter den deutschen das von E. H. Weber (1830)2) das erste, das für die Cloquetsche Ansicht eintritt. Wenige Jahre später giebt H. Lauth?) die erste genauere, wenn auch kurze Beschreibung der elastischen Fasern aus den Lig. intereruralia, wobei er allerdings das Wort „elastisch“ nicht ge- braucht. Indessen ist es nach meinen vorigen Ausführungen unrichtig, wenn Lauth, wie es Henle‘) u. a. thun, als der ntdecker der elastischen Fasern bezeichnet wird. Ein neuer Abschnitt in der Geschichte des elastischen Bindegewebes wird 1836 eingeleitet durch die ausführliche, unter Schwanns Leitung gearbeitete Dissertation Eulenbergs’) „De tela elastica,‘“ deren Verfasser schon die Grundzüge dessen, was wir heute in diesem Kapitel der Histologie wissen, bietet, und zwar im allgemeinen — abgesehen von kleinen Mängeln — richtig. Die Arbeiten, die in der Folgezeit über das elastische Bindegewebe entstanden, sind erst neuerdings zusammengestellt worden®). An dieser Stelle will ich nur hervorheben, dass, wie ich schon erwähnte, die physikalischen Eigenschaften der elasti- schen Substanz stets ausserordentlich vernachlässigt wurden. Vergebens sucht man nach Angaben über diese in fast allen erösseren Monographien, und vereinzelt steht die Arbeit von W. Müller”) da, der die optischen Rigenschaften der elastischen Substanz untersuchte. Aber auch W. Müller lässt die Blasti- 1) Beclard, ]. ec. (Klemens), S. 324 ff. 2) BE. H. Weber, 1..c., S. 364. 3) Al. Lauth, Mitteilung in der Societe d’Histoire naturelle de Stras- bourg. L’Institut, Journal gendral des societes etc. Paris 1334. Nr. 57, 8. 191. 4) Henle, ]. c., S. 408. 5) Eulenberg, De tela elastica. Diss. inaug., Berolini 1836. 6) Seipp, Das elastische Gewebe des Herzens. Anatom. Hefte. 1. Abt. 17. Heft, 1895, S. 111—114. 7) W. Müller, Beiträge zur Kenntnis der Molekularstruktur tierischer Gewebe. Zeitschr. f. rat. Med., 3. R. X. Bd.. 1861, S. 174 ff. Über die elastischen Eigenschaften des elastischen Bindegewebes etc. 67 zität der elastischen Substanz vollkommen ausser acht. Autoren, die die Entwickelung des elastischen Bindegewebes in den Kreis ihrer Untersuchungen gezogen haben, bringen nichts über mecha- nische Verhältnisse, auf die vielleicht das Entstehen der elasti- schen Substanz zurückgeführt werden konnte. Gelegentlich wurde der Versuch gemacht, die Topographie des elastischen Bindegewebes in einzelnen Organen mit mechanischen Ur- sachen in Zusammenhang zu bringen, so von Zenthöfer!) und mir?). Die Lehrbücher der allgemeinen Anatomie und Gewebelehre liefern dem, der in ihnen nach physikalischen Beobachtungen über das elastische Bindegewebe sucht, keine grosse Ausbeute. Einige bringen bei seiner Beschreibung überhaupt nichts aus dem Gebiete der Physik. Andere begnügen sich mit der Be- merkung, das „elastische Gewebe‘ habe deswegen seinen Namen erhalten, weil es sehr elastisch sei. Eine dritte Reihe von Lehrbüchern giebt eine etwas wortreichere Schilderung seines physikalischen Verhaltens, die aber meist nicht viel mehr ent- hält, als eine Umschreibung der Begriffe „grosse Elastizität“ und „grosse Brüchigkeit‘. Genauere Angaben findet man nirgends, höchstens einmal in Gestalt einer kurzen Notiz über die Ausdehnbarkeit des Nackenbandes. Sehr oft liest man die Bemerkung, die elastische Substanz finde sich im Körper an solchen Stellen, an denen eine besonders grosse Elastizität des (sewebes nötig oder zweckmässig sei. Bisweilen wird auch aus- einandergesetzt, dass elastische Bänder Muskeln zu ersetzen vermögen. Einige der Schilderungen sind insofern interessant, als sie die Vorstellung erkennen lassen, die der Autor von dem Begriffe 1) Zenthöfer, Topographie des elastischen Gewebes innerhalb der Haut des Erwachsenen. Monatshefte f. prakt. Dermat. Erghft. I. 1892, S. 9 ff. 2) Triepel, |. c.. (Anatom. Hefte, 22.), S. 204 ff. BE 68 HERMANN TRIEPEL, der Elastizität hat. Beclard') z. B. sagt von der elastischen Faser: „Elle est eminemment e&lastique: distendue elle s’allonge sensiblement et dans quelques parties, elle acquiert le double de sa longueur; abandonnde ensuite elle revient subitement et avec force sur elle m&me“. Bei Gerber?) heisst es vom „ela- stischen Gewebe“: „es ist so elastisch, dass es sich beinahe auf die doppelte Länge ausdehnen lässt und sich wieder vollkommen zusammenzieht“. Bock?) definiert Elastizität alls „die Eigenschaft der Körper, ihren ursprünglichen Zustand wieder anzunehmen, wenn die Ursache zu wirken aufhört, welche ihre Form oder ihr Volumen änderte“. Sie kommt nach Bock „fast allen Sub- stanzen des Körpers zu“. Eine auffallende Inkonsequenz lässt sich Hollstein®) zu Schulden kommen. Er führt aus, dass die Bänder im allgemeinen eine geringe Elastizität besitzen, wo- von nur die Bänder zwischen den Wirbelbögen eine Ausnahnie machen (S. 169); später wird gesagt, die Elastizität der Arterien sei gross (S. 696), die der Venen gering (S. 762). Hollstein identifiziert also bei der Beschreibung der Bänder die Begriffe Elastizität und Dehnbarkeit, bei der der Gefässe setzt er sie einander entgegen. Sehr beachtenswert ist eine Bemerkung von W. Krause in seinem Handbuche?°). Es werden einige Ausdrücke erläutert, und dabei heisst es: „Vollkommene und grosse, resp. unvoll- kommene und geringe Elastizität sind selbstverständlich im physikalischen Sinne gemeint (Kautschuk z. B. hat sehr voll- kommene aber geringe, Stahl dagegen grosse und vollkommene Elastizität. Ersteres setzt ausdehnenden Kräften nur geringen Widerstand entgegen, kehrt aber selbst nach beträchtlicher Aus- 1) Beelard, 1. c. (Elömens), S. 324 u. 325. 2) Gerber, Handb. d. allgem. Anatomie. 2. Ausg. 1844, 8. 118. 3) Bock, Anatomie d. Menschen. Bd. II. 4. Aufl. Leipzig 1850, S. 212. 4) Hollstein, Handb. d. Anatomie d. Menschen. I. Bd. Freiburg, 1844. 5) W. Krause, Bearbeitung von ©. Krauses Handb. d. mensch]. Ana- tomie. 3. Aufl. I. Bd. 1876, S. 4. Über die elastischen Eigenschaften des elastischen Bindegewebes etc. 69 dehnung sehr vollständig zu seiner ursprünglichen Form zu- rück)“. Später, bei Beschreibung der elastischen Fasern (S. 49) spricht der Verfasser von ihrer „grossen und vollkommenen“ Elastizität, ohne näher auf deren Bedeutung einzugehen. Die von Krause in seiner Einleitung befürwortete An- wendung des Wortes elastisch im wissenschaftlichen Sinne ist in der neueren anatomischen Litteratur ebenso selten versucht worden wie in der älteren. Bisweilen ist infolgedessen die Be- grifisverwirrung recht schlimm geworden, wie mir ein Satz beweist, den ich bei Leisering und Müller!) finde. Es heisst dort bei der Beschreibung des Begattungskanales der. Stute: „Seine Muskelhaut . . . . ist mit so vielen elastischen Fasern versehen, dass sie ausserordentlich ausdehnungsfähig wird.“ (relegentlich findet man einmal, dass auch schon von anderer Seite der Name „elastisches Gewebe‘ bemängelt worden ist. So sagt Hyrtl?): „Der Name elastisch eignet sich also schlecht zur Benennung einer einzigen Gewebsart, da ein gleicher Grad von Elastizität auch allen anderen Geweben zukommen muss, welche mit dem elastischen Gewebe anatomisch verbunden sind“. Wenn nun auch Messungen der Elastizität des elastischen Bindegewebes bisher nicht vorlagen, so sind doch öfter Messungen der Dehnbarkeit verschiedener Organe vorgenommen worden, in denen das elastische Bindegewebe in reichem Masse vertreten ist. Arterien und Venen wurden häufig der Untersuchung unter- worfen, ich will mich aber hier darauf beschränken, die aus- gedehnten Versuche von Braune?) und von Bardeleben‘) über Venenelastizität anzuführen. Das Verhältnis zwischen der 1) Leisering nnd Müller, Anatomie d. Haussäugetiere. 6. Aufl. 1885, S. 569. 2) Hyr&l.l.’e. 84,110: 3) Braune, Beiträge zur Kenntnis der Venenelastizität, in Beiträgen zur Anatomie nud Physiologie. Festgabe f. ©. Ludwig, Leipzig 1874, S. 1. 4) Bardeleben, Über Verenelastizität. Jenaische Zeitschr. für Naturw. XII. Bd. 1878, S. 21. 0 HERMANN TRIEPEL, Dehnbarkeit der Gefässe und der Dehnbarkeit seiner einzelnen Gewebsbestandteile ist sehr kompliziert, und es kann zur Zeit noch nicht darauf eingegangen werden. Die vorstehenden Betrachtungen lassen sich kurz in folgendem zusammenfassen: Es ist falsch, eine bestimmte Gewebsart als elastisch zar’ eSoynv zu bezeichnen. Denn alle (rewebe besitzen Blastizität. Und es kann nur der naive Beobachter behaupten, dass beim elastischen Bindegewebe die elastischen Eigenschaften mehr als bei anderen Geweben aus der Reihe der Bindesubstanzen auf- fielen oder gar nützten; wir wissen, dass die Elastizität fast aller (tewebe in hohem Grade in Anspruch genommen wird. Man kann aber auch nicht dem elastischen Bindegewebe eine besonders grosse Elastizität zuschreiben, gleichviel für welche Definition des Wortes Elastizität man sich entscheidet. Wählt man, was vorzuziehen ist, die wissenschaftliche Erklärung des Elastizitätsbegriffes, so muss man einräumen, dass das ela- stische Bindegewebe hinsichtlich der Grösse der Elastizität von manchen anderen und besonders von den meisten ihm genetisch verwandten Gewebsarten übertroffen wird. Doch auch der, der den Elastizitätsbegriff beibehalten will, den die Sprache des Laien gebildet hat, stösst auf Schwierigkeiten. Denn der Sprach- gebrauch ist überhaupt schwankend, und besonders in dem vor- liegenden Falle. Wer etwa Grösse der Grenzverlängerung und Grösse der Elastizität gleichsetzt, dem ist zu bemerken, dass im lebenden Körper einzelne Gewebe unter Umständen grösseren Formveränderungen ausgesetzt werden als das elastische Binde- gewebe. Wer das Hauptgewicht auf schnellen Ablauf der ela- stischen Nachwirkung legt, kann sich allerdings darauf berufen, (dass, wie meine Versuche gezeigt haben, die Nachwirkung im Nackenband schneller abläuft als in Sehnen und glatter Mus- kulatur. Doch spricht durchaus nichts dafür, dass im elastischen 3indegewebe die Nachwirkung schneller abläuft, als in allen Über die elastischen Eigenschaften des elastischen Bindegewebes ete. 71 anderen (Geweben, wie z. B. Knorpel oder Knochen. Endlich macht sich der Anhänger des sprachgebräuchlichen Rlastizitäts- begriffes einer Inkonsequenz schuldig, wenn er ausser dem ela- statischen Bindegewebe auch noch dem Knorpel oder gar dem Knochen eine grosse Elastizität zuschreibt, oder wenn er im Anschluss an die Lehren der Muskelphysiologie die Elastizität (les quergestreiften Muskels als gering bezeichnet. . Das Beiwort elastisch in der Benennung einer bestimmten wohlcharakterisierten Modifikation des Bindegewebes hat sich leider zu sehr eingebürgert, als dass irgend welche Aussicht vor- handen wäre, es aus der anatomischen Sprache auszumerzen. Wenn wir daher genötigt sind, auch fernerhin von einer ela- stischen Substanz und ihrem Vorkommen im elastischen 3indegewebe zu sprechen, so haben wir uns doch immer zu vergegenwärtigen, dass dieser Substanz die folgenden elastischen Eigenschaften zukommen: 1. Ihr Elastizitätsmodul ist bei kleinen und mittleren Aus- dehnungen erheblich kleiner als der der meisten anderen Binde- substanzen. 2. Ihr Elastizitätsmodul nimmt für verschiedene Ausdeh- nungen verschiedene Grösse an, ebenso wie die Module wahr- scheinlich der meisten tierischen Gewebe, und zwar wächst er mit der Dehnung. 3. Sie besitzt im Vergleich zu anderen tierischen Substanzen eine grosse Grenzverlängerung, wenn auch nicht die grösste unter allen. 4. Sehr schnell läuft bei ihr die elastische Nachwirkung ab. Leider kennen wir den Verlauf der elastischen Nachwirkung bei anderen tierischen Substanzen noch zu wenig, um in diesem — jedenfalls besonders wichtigen — Punkte die Stellung der ela- stischen Substanz genauer bestimmen zu können. . & ke: vw Yu —y “ y AH ! 2 zn R f k DE N OF ET. 2 j Aue N un Ds pr | ur 6 N il. tie A ‚Ka: 82) I Bay al 21 I GE Ei RAR 5 mh Ü . BERN 2, RL, Be a y et, En ki “7 wi Fakt NR Ind j " al I “il: Be un un ee Am I De i HER, H; Ya f. De e - Da j h N EEE En Mi he 4% a A ER Ya Ku . ee DER FEINERE BAU DER SPINALGANGLIENZELLE DES KANINCHENN. VON W. H. COX, DEVENTER. Mit 5 Figuren in Lichtdruck auf Tafel I/II und 13 Figuren auf den lithogr. Tafeln I11/V1. » 2 - ’ ’ Fe i ‚ a = » — - ! I r Ri we - 1 & at; ® 2 do’ n Ä 14 ’ ’ \ } x r N) k 4 N u.ä rd E31 ö ! ı TE 17.4 ; . a h = - E | zu h 1 27 HL ar j ar (4 dr ' ’ { > ev & je % a; kr. ‘ 7 r R r Fi Pi as x + ‘ / u { » . ka A ö I ’ In f a PAR Nrer = e ze un.nZ OT U IE. N, 1. Die Granula. Die Geschiebte vom feineren Bau der Spinalganglienzelle fängt eigentlich erst mit Flemmings Untersuchung: „Vom Bau der Spinalganglienzelle“ an'). Leider war mir diese Pu- blikation nicht zugänglich. Die Hauptsachen der darin enthal- tenen Resultate werden jedoch von Flemming mitgeteilt in: Zellsubstanz, Kern und Zellteilung, und wir finden daselbst erwähnt (S. 41), dass man in der Zelle dickere Knötehen oder Körnchen von verschiedener Grösse findet, die mit einem ziemlich gleich- mässig durch den Zellleib verteilten Fadenwerke verbunden sind. Aus der Zeichnung zeigt sich dann, dass diese Fädchen geknickt und wellig laufen, in der ganzen Zelle sich in ähnlicher Weise und ohne Regelmässigkeit vorfinden und dass die Fädchen An- hänge der Körnchen sind oder umgekehrt. Dieser Beschreibung und dieser Ansicht ist Flemming im Streit der Meinungen, welche ich kurz mitteilen werde, treu ge- blieben. Er sagt), dass er nach Untersuchung der Spinalgang- lien von Kaninchen, Hunden und Katzen mit mehreren Reagentien auch nun wieder Körnchen und Fäden fand. („Ich kann meine frühere Beschreibung dieser Gebilde nur wiederholen“.) Diese Körnchen liegen zuweilen konzentrisch: bei diesen Tieren ist die „Erscheinung einer konzentrischen Anordnung der Körner um den Kern in so vielen Fällen... . unverkennbar.“ ı) Henle’s Festschrift. Bonn 1882. 2) Über den Bau der Spinalganglienzellen bei Säugetieren u. s. w. Archiv f. mikrosk. Anatomie. Bd. 46. 76 W. I1.00X7 Flemming meint, dass die Körnerschollen in einem durch den Kern gehenden Querschnitt einer centralen Zelle von Spin delform eine etwa konzentrische Anordnung zeigen werden. Eine solche Zelle, im Laufe der Entwickelung so umgestaltet, dass die beiden Pole an einem Punkt das Umfangs zusammen- kommen, wird gleichfalls die Schollen in konzentrischer Anord- nung zeigen. „Dass man diese nur in einer Minderzahl von Zellen er- ‚kennt, ist natürlich, da die Erscheinung nur dann ganz deut- lieh sein kann, wenn der Kerm in einer ganz bestimmten „Richtung getroffen ist... .“ u. s. w. Auch an anderer Stelle!) spricht Flemming diese Ansicht aus und bemerkt dazu, dass die kleineren Ganglienzellen sich meistens dunkler färben, die grösseren aber hell gefärbt sind und oft weiter auseinander liegende, grössere Körnchen zeigen. Nissl gelang es durch seine fortgesetzten Bemühungen um den Bau der Nervenzellen, das Interesse für diesen höchst wich- tigen Teil der Nerven-Anatomie wach zu rufen. Über die Spinalganglienzelle sagt er:): „Diese Nervenzellen- „form charakterisiert sich dadurch, dass sie in ihrem Zellleibe „zwei scharf von einander zu trennende Substanzen besitzt, „von denen die eine sich nach Alkohol-Vorbehandlung mit „Methylenblau färbt, während die andere ungefärbt bleibt. Die „sich färbende Substanz tritt in Form von grösseren oder klei- „neren rundlichen, ovalen oder sphärischen, manchmal auch „eckigen und unregelmässig geformten Knötchen auf, die äusserst „feine fadenförmige Ausläufer besitzen. Diese gefärbten Knöt- „chen befinden sich in der sich nicht färbenden Substanz, in „einer ungefähr konzentrischen Schichtung um den Kern herum „geordnet; es tritt also die gefärbte Substanz, in einer gewisser- „massen zwiebelschalartigen Anordnung um den Kern herum, 1) Ergänzungsheft. Anat. Anzeiger. Bd. X. 2) Allgemeine Zeitschrift f. Psychiatrie. Bd, 50. S. 372. Anatom. Hefte, I. Abtheilung H. 3ı (10. Bd. H. r.) Verlag von J. F.EB Taf. I/II. Liehtdruck v. Albert Frisch, Berlin W. Der feinere Bau der Spinalganglienzelle des Kaninchens. Zar „auf, so aber, dass zwischen den einzelnen Knötchen sowohl, „als auch, wenn man will, zwischen den einzelnen Schichten „ungefärbte Substanz sich befindet. Die verschiedenen Tink- „tionsgrade der Zellen innerhalb eines Spinalganglions entstehen ‚dadurch, dass in den einen Zellen die sich nicht färbende Sub- „stanz reichlicher entwickelt ist, die Knötchen weniger dicht „gelagert, manchmal auch kleiner sind als in anderen Zellen „wo die gefärbte Substanz vorherrscht. ‚Darüber aber muss man sich klar sein, dass sowohl „die stark als die schwach gefärbten Zellen ebenso ‚wie die Mittelformen den gleichen Bau, dieselbe „Struktur besitzen!“ Finden wir also in dem Öben- erwähnten eine Beschreibung Niss|s über den Bau der Spinal- ganglienzelle, die besonders die Granula oder die Körnchen be- trifft; bei Gelegenheit einer anderen Publikation?) giebt er uns eine Abbildung. während wir wieder an einer anderen Stelle °) vernehmen, dass die Spinalganglienzelle zu den stichochromen Zellen gehört, d. h. Zellen, „bei denen die eine Zellsubstanz (der gefärbte Bestandteil des Zellleibes) in Form einer gleich- gerichteten Streifung, gleichsinnig verlaufender Reihen sich findet“, „wenn auch ihre Struktur etwas von der Struktur „der übrigen (gleichnamigen) Zellen abweicht.“ Ich meine, dass Obenstehendes ziemlich genau angiebt, was Niss] über die Granula der Spinalganglienzelle behauptet hat, und will jetzt noch die Resultate zweier Untersucher auf diesem Gebiete erwähnen: v. Lenhossek und Held. Ersterer erwähnt ‘®), dass er in den Spinalganglienzellen des Rindes in der Grundsubstauz gefunden hat: eine grosse Menge 1) Die Kursivierung ist von mir. 2) Über die sogenannten Granula der Nervenzellen. Neurolog. Central- blatt. 1894. S. 681. 3) Über die Nomenklatur in der Nervenzellenanatomie und ihre nächsten Ziele. Neurolog. Centralblatt 1895. S. 74 u. 75. 4) Der feinere Bau des Nervensystems im Lichte neuester Forschungen. 1895. 78 WNEHCOX, Körnchen, die viel feiner sind als die „Plasma-Schollen‘“ der centralen Nervenzellen. Diese Körnchen liegen durch die ganze Zelle hindurch, nur in einer peripherischen, helleren Zone feh- len sie. Von einer konzentrischen Schichtung (Nissl) konnte er in der überwiegenden Mehrzahl der Zellen nichts wahr- nehmen. „Eine sehr auffallende Erscheinung macht sich bei vielen „Zellen darin bemerkbar, dass hart an der Peripherie oder bei „Gegenwart eines noch zu besprechenden, homogenen Saumes „etwas darunter, die Körnchen dichtgedrängt sich in einer mar- „ginalen Reihe anordnen. Diese Anordnung tritt uns aber nur „hier und da entgegen... .“ Zu den Ausnahmen rechnet v. Lenhossek „eine ganze „Anzahl von Zellen, die sich durch etwas gröbere Beschaffenheit „ihrer Körnchen unterscheiden‘; indem er von diesen Zellen sagt: „dass eine gröbere Körnelung ... .. . häufiger gerade bei „den kleineren Exemplaren angetroffen wird.“ Auch in den grobkörnigen Zellen, meint er, sind die Körnchen rund, dennoch weiter auseinander liegend. Anordnung der Körnchen in paralle- len Ringen achtet er eine seltene Erscheinung. „Bei dieser „konzentrischen Streifung hat es oft den Anschein, als wären „hier statt der kleinen Granula längere, stäbchenförmige, schollen- „artige Gebilde vorhanden. Später!) glaubt v. Lenhossek die Meinungsverschieden- heit zwischen ihm und Flemming über die Form der Granula der Verschiedenheit der Tiere zuschreiben zu müssen, von denen die Spinalganglienzellen herrührten. Ferner erklärt er sich gegen Held’s Auffassung (worüber später), als sollten die Gra- nula nur Präcipitate sein, durch die Fixierflüssigkeiten entstan- den. Die Regelmässigkeit der Spulformen, Kernkappen u. s. w. stehe damit im Widerspruch. Die Schollen bestehen, so meint 1) W.v. Lenhossck, Über Nervenzellenstrukturen. Ergänzungsheft. Anat. Anzeiger. Bd. XII. Der feinere Bau der Spinalganglienzelle des Kaninchens, 79 v. Lenhossek, aus einer blassgefärbten Zwischensubstanz, worin die Körnchen (,,die stark chromatophilen Mikrosomen‘‘) eingebettet liegen. Held!) schliesst sich in seiner Beschreibung der Granula, was die Form betrifft, an v. Lenhossek an. Was das Ent- stehen der Granula angeht, hat er zwar originelle, aber vor- läufig nicht von anderen geteilte Meinungen. Er nimmt nämlich in den von ihm als frisch bezeichneten Zellen keine Granula wahr und glaubt, dass die Körnchen ent- stehen durch Absterben, Fixiermittel u. s. w. Einige von ihm erwähnte mikrochemische Reaktionen der Nissl’schen Körnchen werden wir als weniger unser Thema berührend beiseite lassen. Die Flemming-Nissl'schen Körperchen oder Granula wurden in den Spinalganglienzellen des Kaninchens von mir erst näher studiert, nachdem ich die Fibrillen kennen gelernt und beschrieben hatte ?). Beim Suchen nach Fixierflüssigkeiten, welche die Fibrillen so gut wie möglich zu demonstrieren gestatten, bemerkte ich auch eine mehr oder weniger gute Einwirkung jener Flüssig- keiten auf die Granula. Bevor ich weiter gehe, will ich zuerst mitteilen, was ich bier unter gut verstehe. Ich meine damit solch eine Fixierung, die erstens keinen Raum zwischen Zelle und Kapsel verursacht, zweitens den Achseneylinder nicht zu einem soliden Strang zusammenschrumpfen lässt; drittens die Granula und Fibrillen nieht nur gut fixiert, sondern auch so viel wie möglich die Aussicht vergrössert, dass in der Zelle das Verhältnis zwischen Fibrillen und Granula nicht durch heftige Wasserentziehung gestört wird, wodurch ihre Form und gegen- ı) H. Held, Beiträge zur Struktur der Nervenzellen und ihrer Fortsätze. Archiv f. Anatomie und Entwickelangsgeschichte. Jahrg. 1895. 2) Feestbundel der Nederlandsche Vereeniging voor Psychiatrie. 1896. s0 Ww. H. Cox, seitige Lage, voraussichtlich, gänzlich oder zum Teil sich ver- ändern. Kann doch eine Fixierflüssigkeit, welche die Achsencylinder Fibrillen zu einem soliden Strang zusammenbringt, unmöglich eine gute Fixierung der Zellen bewirken, weil auch die Zellen Fibrillen enthalten, in einer Substanz (Flüssigkeit?) liegend, die gewiss nicht weit von der, welche der Achseneylinder enthält, abweichen kann. Darum betrachte ich Alkohol als eine unzweckmässige Fixier- Nüssigkeit für Spinalganglienzellen. Dies zeigt sich auch aus Nissl’s Wahrnehmungen, welche, in Bezug auf die Granula (und hierin soll nach Niss| gerade die Kraft seiner Methode liegen), die Details dieser Zellen nicht in genügender Weise darthun. Ich versuchte mehrere Fixiermittel und deren Kombinationen wie: Alkohol, Formol, konzentriertes Sublimat, Osmiumsäure, Subli- mat mit Platinchlorid, Flemming's Mischung, Sublimat-Platin- chlorid-Osmiumsäure, Sublimat-Platinchlorid-Osmiumsäure-Essig- säure, Chromsäure-Essigsäure, Essigsäure-Platinchlorid, Chrom- säure-Essigsäure-Platinchlorid, Sublimat-Essigsäure, Sublimat-For- mol-Essigsäure, Alkohol-Essigsäure, einige Mischungen in ver- schiedenen Verhältnissen, wobei immer als Kriteria der Beur- teilung die oben erwähnten Ansprüche gestellt wurden. Dabei zeigte sich, dass mehrere Mischungen, die ich näher angeben werde, mehr oder weniger befriedigten. Nach diesen Auseinandersetzungen in Bezug auf die Präpariermethoden will ich jetzt mit der Beschreibung von der Lage und der Form der Granula anfangen. Erstens unterscheide ich: grosse und kleine Zellen. Zu den grossen Zellen gehören zwei Typen. Typus I kennzeichnet sich durch Granula, die aus kleineren oder grösseren Knötehen unregelmässiger Form bestehen, welche nur an der Der feinere Bau der Spinalganglienzelle des Kaninchens. S] Peripherie der Zelle zum Teil von länglicher Form sind. Diese Knötchen liegen in der Zelle dergestalt, dass von einer konzen- trischen Schichtung, oder von Reihen nicht die Rede sein kann (siehe Fig. I). Eine Ausnahme machen bisweilen die Granula länglicher Form, dicht an der Peripherie, welche aber in keinem Falle mehr als eine Reihe darstellen. Hat eine solche Zelle zwei Kerne, wie dies hier und da, aber selten, vorkommt (Fig. II), so ist das ebenso deutlich. Der Kern dieser Zellen liegt in der Mitte, oder ungefähr in der Mitte der Zelle?). Typus 1. Diese Zellenart ist gewiss auch von v. Lenhossek, Flem- ming und Nissl beobachtet worden. Sie zeigt die grossen streifenförmigen Granula, welche die Neigung haben, sich in Reihen anzuordnen — nicht immer jedoch konzentrisch um den Kern herum, wie Nissl meint. Die Granula dieser Zellen bestehen aus unregelmässigen, länglichen Brocken, welche in Durchschnitten durch die Mitte der Zellen eine konzentrische Lage, zuweilen um den Kern herum, zeigen, an peripherischen Durchschnitten eine mehr oder weniger parallele, gerade Richtung annehmen. Bei diesen Zellen liegt der Kern aber, insoweit ich dies habe kontrollieren können, immer, bisweilen sogar sehr stark (Fig. III u. V), exzentrisch. Es versteht sich, dass dergleichen Zellen bei Durchschnitt auch derart getroffen werden können, dass sie den Eindruck geben, wie wenn der Kern in der Mitte läge, die Granula konzentrisch um ihn herum (Fig. IV). Dass aber auch bei den so durchschnittenen Zellen der Kern stark exzentrisch liegt, sieht man in Serienschnitten. Die kleinen Zellen. Diese gehören alle zum Typus I. !) Zellen dieses T'ypus mit exzentrischen Kernen werden fast nie geschen. Anatomische Hefte. I. Abteilung. XXXI Heft (10. Bd. H. ]). 6 82 W.sH.2C0X, Die Substanz zwischen den Granula, „homogene“ Substanz von Nissl, hat die Neigung, sich bei einigen dieser Zellen stark, bei anderen weniger stark zu färben. Auf Grund dieser Erscheinung darf ich keine Einteilung in zwei Arten vorschlagen. Fast immer sind die Granula der kleinen Zellen kleiner als die der grossen. Nach der Lagerung noch ein Wort über den Bau der Gra- nula. Im allgemeinen kann man behaupten, dass bei Benutzung der meisten Fixierungsflüssigkeiten in den Granula eine stark und eine weniger stark sich färbende Substanz wahrzunehmen ist (v. Lenhossek). Die stark sich färbende Substanz zeigt sich in der Form von Knötchen, mehr oder weniger stark geknickten oder rechten Fädchen (siehe Fig. 12, 13 und 14) oder Pünktchen, die durch feine Fädchen zusammenhängen. Diese Knötchen liegen eingebettet in einer weniger stark sich färbenden Substanz, welche mehr oder weniger sichtbar ist, je nach dem benutzten Farbstoff, dessen Einwirkungsdauer und der Stärke der Differenzierung. Sehr schön kann man z. B. die feinen Fädchen wahrneh- men bei Fixierung mit Flemming'’s Flüssigkeit und Färbung mit Methylenblau Fig. 14 (unten das Rezept). Auch bei Sublimat-Fixierung und Färbung mit Delafield’'s Hämatoxylin oder Heidenhain’s Eisen-Hämatoxylin wird man die geknickten Fädchen mit zusammenhängenden Knötchen sehr deutlich unterscheiden (Flemming). Ferner mit Alkohol- Methylenblau (Nissl) Fig. 13, Sublimat-Platina - Methylenblau Fig. 12 u. s. w. Man muss sich aber hüten, diese Fädchen mit den wahren Fibrillen zu verwechseln, mit denen sie nichts zu thun haben !). 1) M. Colenbrander, Over de structuur der Gangliencel uit den voorsten hoorn. S. 30. Der feinere Bau der Spinalganglienzelle des Kaninchens. 3 Gegenüber Held glaube ich, mit v. Lenhossek u. a. an- nehmen zu dürfen, dass Form und Disposition der Granula im ganzen nicht von einfacher Präzipitation abhängig sein können. Die Ausfällung der, in den Granula enthaltenen Sub: stanzen durch die Fixierungsflüssigkeit dürfte höchstens das körnige oder gestreifte Aussehen u. s. w. der Granula beein- flussen. Wo so deutlich dieselben Granula-Komplexe mit verschie- denen Fixier-Mischungen stets mit derselben Regelmässigkeit sich zeigen, kann der Zufall bestimmt keine grosse Rolle spielen. Mein Standpunkt gegenübar Nissl!). Niss] versteht unter dem Äquivalent einer Nervenzelle: „das mikroskopische Bild der im Gewebe vorhandenen Nerven- „zellen des in einer bestimmten Weise getöteten Tieres, das „sich bei einer bestimmten Behandlung unter bestimmten Voraus- „setzungen erfahrungsgemäss mit einer gesetzmässigen Konstanz „ergiebt.‘ Hieran nun ist nichts auszusetzen, aber vergleiche ich Nissl's Beschreibung der Spinalganglienzelle mit meinen Resul- taten, so ergiebt sich, dass Nissl’s Äquivalent-Bild jener Zelle unvollkommen ist, denn der Unterschied, den ich in den Zellen mit den verschiedenen von mir benutzten Fixierflüssigkeiten wahrnahm, ist Nissl grösstenteils entgangen’). Wie auch Flemming, Mann und viele andere betrachte ich Alkohol als eins der schlechtesten Fixiermittel für Spinal- ganglienzellen. 1) Autoreferat. Neurvlogisches Centralbl. 1896. S. 947. 2) Vorläutig kann ich mitteilen, dass Durchschneidungsversuche mich ge- lehrt haben, den Unterschied in den zwei von mir gesehenen Typen im Zu- sammenhang zu bringen mit der Funktion der fraglichen Zellen. Typus II zeigt mir dabei deutlich morphologische Veränderungen, welche ich an Typus I vergeblich suchte, und umgekehrt; ich hoffe darüber in Kurzem zu berichten. 6* S4 W. H. COX, Da Niss] mit einem solchen Fixiermittel arbeitet, kommt es mir mindestens gewagt vor, dass er auf den erwähnten Satz folgen lässt: „Die wenigen von dem Äquivalentbild abweichenden Formen, „die auf noch nicht erkannte Einflüsse der Technik zurückzu- ‚führen sind, lässt er von vornherein unberücksichtigt.“ Es kommt mir vor, dass gerade jene Formen einen Anlass bilden müssen, entweder an der Methode oder an dem AÄqui- valentbild zu zweifeln. 2. Die Fibrillen. Man kann ohne Widerrede behaupten, dass der fibrlläre Bau der Ganglienzelle eine brennende Streitfrage ist. Nachdem die Golgischen und die mit Hülfe von Ehrlichs vitaler Methylenblau-Reaktion ausgeführten Untersuchungen, die mikro- skopisch-anatomische Kenntnis des Nervensystems in hohem Grade erweitert und ergänzt hatten, wurde der Bau der Gang- lienzelle der Brennpunkt des allgemeinen Interesses. Nicht nur Neurologen und Psychiater suchten die Geheim- nisse der Ganglienzelle zu enträtseln, sondern auch Histologen und Anatomen richteten ihre Mikroskope darauf. Indessen elaube ich zu dem Ausspruch berechtigt zu sein: Es ist auf die Frage, ob die Spinalganglienzelle Fibrillen enthält, die iden- tisch sind mit den Fibrillen des Achseneylinders, noch keine genügende Antwort gegeben; und ich füge sogleich die Behauptung hinzu, dass ich glaube, diese Antwort ent- scheidend und zwar bejahend geben zu können. Zur Bekräftigung der obenausgesprochenen Ansicht brauche ich nur an die Litteratur der letzten zwei Jahre zu erinnern, die so reich war an mannigfachen Spekulationen auf dem Ge- biete der Struktur der Ganglienzelle, und dadurch auch soviel wissenschaftlichen Streit veranlasste. Es war im Anfange hauptsächlich die Rede von den Gra- Der feinere Ban der Spinalganglienzelle des Kaninchens. [6%5) nula von Niss]l, welche durch die Methode Nissls und so vieler anderen sichtbar gemacht werden, von der Form jener Gebilde, von ihrem wirklichen oder vermeintlichen Dasein, ihrem möglichen Entstehen durch Reagentien, ihrer chemischen Zu- sammensetzung, ihrem Verhalten bei Degenerations- und Rege- nerationsprozessen in den Zellen, zufolge der Reize, welche die Zellen trafen, von Giften u. s. w. Erst allmählich erweiterte sich der Streit auf das, was doch gewiss neben dem Kern die erste Stelle verdient: die Fibrillen. Nissl wird wohl die Hauptursache dieser Vernach- lässigung sein; zwar beeile ich mich hinzuzufügen, das er eher gelobt als getadelt werden muss, weil gerade er das Interesse für den feineren Bau der Nervenzelle geweckt hatte. Er legte besondern Nachdruck auf die bei seiner Methode sich färbenden Bestandteile der Zelle und er konnte den Nach- druck verstärken durch den Nachweis von Veränderungen in jenen Bestandteilen, nach chemischer und mechanischer Ver- letzung des Neurons. Der zwischen der Granula liegende Teil der Zelle, der sich bei seiner Methode nicht färbte, oder wie man gewohnt war zu sagen, der sich homogen zeigte, wurde von Niss] beschrieben, so weit es möglich ist etwas zu be- schreiben, das in gefärbten Präparaten ungefärbt bleibt. Von der Spinalganglienzelle sagt er!), dass der Ausläufer aus einem Ring von vorwiegend ungefärbter Substanz entspringt, welche an der Peripherie der Zelle liegend, vom übrigen Teil des Zell- körpers halbkreisförmig begrenzt wird; der konkave Rand der Grenzlinie wendet sich zum Ausläufer hin, der auch im centralen Teil ungefärbte Substanz, doch von anderer Lichtbrechung als die der Zelle, enthält. Niss] fügt hinzu, dass seine Beschreibung der Spinalgang- lienzelle nur „in groben Zügen“ den Bau angibt, und dass er 1) Zeitschrift f. Psychiatrie. Bd. 50. S. 372. 36 WHO, auf deren „äusserst verwickelte Strukturdetails“ nicht eingehen will. Auch ich bin überzeugt von der verwickelten Struktur dieser Zelle, aber auch davon, dass Nissls Methode von den Details sehr wenig erklärt hat oder erklären wird, was genügend aus der Geschichte bewiesen wird). Über die Fibrillen der Spinalganglienzelle besonders hat Nissl sich nicht entschieden geäussert; im allgemeinen behielt er, was Fibrillen betrifft, einen ziemlich neutralen Standpunkt: er machte ihr Dasein nicht streitig, aber er erwähnte sie an- fangs auch nie. Nach und nach hat er seine Meinung in dieser Hinsicht etwas geändert, was sich aus seinen letzten Veröffentlichungen zeigt, worin er erklärt?), dass man „im Hinblick auf den that- sächlichen Nachweis der Nervenfibrillen in den motorischen Zellen?) mit einer gewissen Berechtigung doch die Schlussfol- gerung ziehen darf, dass die ungefärbte Substanz auch in allen übrigen Nervenzellen Nervenfibrillen enthält.“ Er findet es eine offene Frage, ob die ungefärbte Substanz im ganzen oder nur zu einem kleinen Teil aus Fibrillen be- steht ®). Man vergesse nicht, dass mit ungefärbter Substanz immer gemeint wird jener Teil der Ganglienzelle, der bei Nissls Me- thode ungefärbt bleibt. Ausser von Nissl wurde die Frage noch von mehreren andern Forschern erörtert. Vier von diesen will ich zur Sprache 1) Datieren doch die erwähnten Angaben vom Mai 1895. 2) Allgemeine Zeitschrift f. Psychiatrie. Bd. 52. S. 1147. 3) Dies that Becker mit Kupferhämatoxyline. Archiv f. Psychiatrie. Bd 27. 8. 953. 4) Bei Gelegenheit der Versammlung der deutschen Irrenärzte, wo Nissl über die Veränderungen der Nervenzellen nach experimentell erzeugter Ver- giftung“ sprach, sagte er (Autoreferat): „tritt Verfasser ..... namentlich für die Existenz wahrer Nervenfibrillen in der ungefärbten Substanz ein. Der feinere Bau der Spinalganglienzelle des Kaninchens. 87 bringen, Held und v. Lenhossek, die negative, und Flem- ming und Dogielt), welche positive Resultate erhielten. Held?), der vielerlei Zellformen des Nervensystems unter- suchte, behauptet, dass er weder Fäden noch Fibrillen in den Spinalganglienzellen gefunden habe. v. Lenhossek?) leugnet das Dasein einer fibrillären Struk- tur ganz bestimmt, auch in der Spinalganglienzelle; er erklärt ausdrücklich: „meine Erfahrungen weichen sowohl von denen jener Forscher ab, die die Spinalganglienzellen als einen Kom- plex längerer Fibrillen auffassen, wie auch von denen Flem- mings®). Zwischen den Körnchen von Nissl findet Lenhossek (er erwähnt noch dazu: dank der grossen auflösenden Kraft eines Zeiss ’'schen Apochromaten hom. Imm. 2. m. m. N. A. 1. 30). eine feine Struktur, die nicht zu beschreiben ist, und die der Grundsubstanz ein schlammiges oder wabenartiges Aussehen giebt. Diese Struktur setzt sich in den Ursprungshof des Nerven- ausläufers fort. Bei einer späteren Gelegenheit hat Lenhossek°) im Anschluss an Flemming, dessen Untersuchung noch zur Sprache kommt, erklärt, dass er die feine fibrilläre Streifung des Nervenausläufers und seines Ursprungshügels in die Spinal- ganglienzelle hineinstrahlend hat wahrnehmen können. Dennoch vermeint er im Ursprung selbst etwas anderes wahrgenommen zu haben als Flemming. Die Fibrillen sollten daselbst eine Art Wirbel bilden, und nicht pinselförmig in die Zelle ausstrahlen. Nach dieser Erklärung lässt er folgen: „Vor- 1) Becker, l.c. und Reinke, Ergänzungsheft. Anat.-Anzeiger. Bd. XII. S. 21 muss ich ausser Besprechung lassen, weil sie ihre Resultate nur münd- lich und unvollständig mitteilten. 2) Beiträge zur Struktur der Nervenzellen und ihrer Fortsätze. Archiv f. Anatomie und Entw.-Gesch. Jahrg. 1895. 3) Der feinere Bau des Nervensystems im Lichte neuester Forschungen. 4) Vom Bau der Spinalganglienzellen. Festschrift für Henle. Bonn 1882. 5) Ergänzungsheft. Anat. Anzeiger. Bd. XII. 8. 15—20. Die neue Arbeit Lenhossek’s im Archiv f. Psychiatrie konnte nicht mehr berücksichtigt werden, Ss W. H. COX, tragender vermag auch heute von den Fibrillen, die Flemming darin (in den Zellen) beschreibt, nichts wahrzunehmen, ebenso- wenig wie von den fädigen Ausläufern, die die Körnerschollen nach Nissl besitzen sollen; im allen seinen Präparaten, auclhı an den Sublimat-Eisenhämatoxylinbildern, scheint ihm die Grund- substanz ein feinwabig-körniges Gefüge darzubieten, wie er es in seiner ersten einschlägigen Darstellung geschildert hatte.‘ Bis dahin die verneinenden Forscher. Diejenigen, welche auf positive Resultate weisen zu können vermeinten, wendeten vanz verschiedene Methoden an. Dogiel bediente sich selbst- redend der vitalen Methylenblaureaktion. Er hatte damit schon an Retinazellen ') Fibrillen nachgewiesen, und später?) seine Wahrnehmungen ausgedehnt. Seine Resultate bieten ungenü- gende Anknüpfungspunkte mit denen anderer und da sie nicht die Spinalganglienzelle betreffen, und also weniger zur Sache thun, kann ich sie ruhen lassen. Zu der Mitteilung seiner interessanten Untersuchung der Spinalganglien ?) fügt er eine kurze Beschreibung hinzu über den Bau der Zellen selbst. Er meint, dass die Fibrillen sich färben, sehr fein sind, und zwei Systemen angehören. An der Peripherie zeigen sich die Fibrillen als dieht neben einander liegende Parallel-Zirkel; im centralen Teil der Zelle sind es Meridiane, die sich in den Conus des Nervenausläufers begeben. Flemming®) härtete in Chromsäure, seiner bekannten Mischung, besonders aber in Sublimat, und färbte mit Häma- toxylin von Delafield und nach der Methode von Heidenhain, 1) Zur Frage über den Bau der Nervenzellen und über das Verhältnis ihres Achsencylinderfortsatzes zu den Dendriten. Archiv f. mikrosk. Anatomie. Bd. 41. 2) Die Struktur der Nervenzellen der Retina. Archiv f. mikrosk. Ana- tomie. Bd. 46. 3) Anat. Anzeiger- Bd. 12. S. 140-152. 4) Über den Bau der Spinalganglienzellen bei Säugetieren, und bBe- merkungen über den der centralen Zellen. Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. 46. Anatomische Hefte IAbtheilung Heft XXXI (10 Band Heft 1) Tafel IL.WV. Der feinere Bau der Spinalganglienzelle des Kaninchens. sg wobei er fand, dass in den Spinalganglienzellen (von Kaninchen, Katzen, Hunden und Rindern), Fäden sich vorfinden, die sich ihm am deutlichsten zeigten durch Heidenhain’s Färbung, besonders beim Rind. Insbesondere an dünnen Schnitten sind dieselben sichtbar, wiewohl sie dort kurz sind. Die Fädchen hängen oft mit den Körnchen zusammen, jedoch nicht immer; es ist als ob die Körnchen Anlagerungen seien. Die Fäden haben einen wellenförmigen und geknickten Ver- lauf. Ausser den Körnchen (Granula von Nissl) und den Fäden giebt es eine kaum zu färbende interfilare Substanz, die bei engem Diaphragma fein granuliert erscheint. Alle ge- nannten Reagentien bewirken Schrumpfung. Am Ursprung des Achseneylinders sieht Flemmming eine fibrilläre Streifung, die sich sogar in zwei Systeme verteilen soll, welehe er mit dem peripheren und centralen Ausläufer in Zu- sammenhang bringt. Er giebt diese Beschreibung mit Reserve, &laubt aber, dass sie der Wirklichkeit entspreche. Auch der Achseneylinder hat eine fibrilläre Struktur, aller- dings nur mit Ölimmersion sichtbar, (wenigstens wo er die Myelinröhre ausfüllt und nicht geschrumpft ist). Ob die gekniekten und welligen Fibrillen (Fadenwerk) mit der faserigen Einstrahlung am Polkegel in Verbindung stehen, * konnte Flemming nicht ausmachen, sodass er deren Zusammen- hang als hypothetisch betrachtet. Später hat derselbe Autor!) noch eine Bestätigung. für die fibrilläre Struktur der Ganglienzellen gefunden in Rückenmarks- zellen des Gadus callerias (Kabeljau). Er bringt dabei die Spinal- ganglienzelle zur Sprache und erklärt, dass in der Mitte dieser Zelle verzweigte Faserwerke sich befänden. Beim Suchen nach Fibrillen in Ganglienzellen ist von den Forschern meines Erachtens ein Weg betreten worden, der nur zufällig zu einem günstigen Resultat führen konnte. | 1) Über die Struktur centraler Nervenzellen bei Wirbeltieren. Anat. Hefte. Bd. VI. 0 We IIHCOX, Soweit ich habe prüfen können, härteten alle Forscher in dieser oder jener bekannten Flüssigkeit, an welche sie nur die Anforderung stellten, dass, besonders auch bei der Spinalganglien zelle, der pericelluläre Raum abwesend war oder gering blieb; nachher versuchten sie durch Färben die Fibrillen in der Zelle sichtbar zu machen. Als ich mich dazu entschloss die Fibrillen in der Spinalganglienzelle des Kaninchens zum besonderen Gegen- stand der Forschung zu wählen, stellte ich mich auf einen ganz anderen Standpunkt. Des bekannten fibrillären Baus des gut fixierten Achsencylinders eingedenk, erinnerte ich mich des vor kurzem noch von Heidenhain erwähnten Ausspruchs, dass für die Untersuchung einer bestimmten Struktur alles vom Fixier- ınittel abhängt. Es ist eine bekannte Sache, dass bei verschiedenen Härtungsflüssigkeiten die Achsencylinder der Nervenfasern sich verschieden zeigen. Ein frischer, in Osmiumsäure gehärteter Achsencylinder lässt sich erkennen als ein homogener Strang, der den Raum der Markscheide gänzlich ausfüllt, und in der Längsrichtung eine geringe Streifung zeigt. Bei Härtung in allerlei anderen F lüssig- keiten findet man nur sehr selten dergleichen, die Markscheide ausfüllende Achsencylinder; meistens haben sie sich von der Markscheide zurückgezogen, zu einem soliden Strang, welcher bei Färbung sich in die Länge als eine Linie zeigt, bei Durch- schnitt, das einem jeden Histologen bekannte, sogenannte Sonnen- bildehen gewährt. Dieses Bild ist, man kann dies in Hinsicht auf dasjenige, was von frischen Nervenfasern bekannt ist, mit grösster Wahrscheinlichkeit annehmen, ein Kunstprodukt. Dagegen stellt sich bei Härtung in Osmiumsäure, mit darauf- folgender Färbung der Fasern, der Achseneylinder in einem dem Leben ähnlichen Zustand dar'). 1) Schiefferdecker und Kossel, Gewebelehre mit besonderer Be- rücksichtigung des menschlichen Körpers u. s. w. Der feinere Bau der Spinalganglienzelle des Kaninchens. 91 Dennoch leidet diese Härtung an zwei Übeln: erstens hat die Flüssigkeit ein mangelhaftes Eindringungsvermögen, während sehr dünne Schnitte der mit diesem Reagens gehärteten Stückchen schwer zu machen sind. Das Zerbröckeln der Schnitte macht das Passieren durch mehrere Flüssigkeiten gefährlich. Doch sollte, weil Osmiumsäure und bestimmte Färbestoffe die Fibrillen und die Achsencylinder hervortreten lassen, dieses Reagens in erster Linie auf die Spinalganglienzelle erprobt werden, weil es einigermassen wahrscheinlich war, dass dadurch eventuelle Fasern in den Zellen auch nachgewiesen werden könnten. Darf man doch mit ziemlich grosser Bestimmtheit annehmen, dass die Fibrillen der Zellen chemisch identisch sein werden mit denen des Achsencylinders; jedenfalls ist es vorsichtig, beim Suchen nach Fibrillen in den Zellen von dieser Voraussetzung auszu- gehen. Ausserdem ist es wahrscheinlich, dass eine Fixierflüssig- keit, welche die Fibrillen im Achsencylinder schrumpfen lässt, oder aus ihrem Zusammenhang zieht, dies auch mehr oder weniger in den Zellen thun wird. Dies zeigte sich als richtig; dennoch waren Fixierung mit Osmiumsäure und Färbung un- genügend, ein einigermassen detailliertes Studium der F ibrillen zu ermöglichen. Ich suchte also nach Mischungen, die besser als Osmium- säure den Ansprüchen einer guten Fixierung des Achsencylinders und der sich darin vorfindenden Fibrillen genügten. Letztere färbte ich nach den unten angegebenen Methoden. Waren die Achsencylinder tadellos fixiert, und die Fibrillen deutlich gefärbt erkennbar und jeder für sich zu verfolgen, so wurden auch die Zellen untersucht!'). Dies geschah mit Zeiss’ Apochromat Homog. Imm. 3. m. m. N. A. 1.40, was ich besonders erwähne, weil Flemming und 1) Ich lege hierauf besonderen Nachdruck, weil mehrere Schriftsteller sich zufrieden geben mit einer „feinen fibrillären Streifung“ (Lenhossek), einer fasrigen Struktur, feiner Streifung u. s. w. (Flemming). 92 W. 008) v. Lenhossek dies ebenso thun, wiewohl alles, was ich be- schreibe, auch ohne Ölimmersion, (ich muss erkennen, nicht so in Details) wahrzunehmen ist. ” Vorläufig noch die Bemerkung, dass die beiden Mischungen, mit denen ich die besten Fixierungen bekam, Osmiumsäure enthalten; dennoch habe ich noch eine Mischung erprobt, welche zwar nicht so gut ist, als die mit diesem Reagens, aber mancherlei Färbungen viel leichter gestattet (Mischung III). Betrachtet man nun eine nach guter Fixierung und Färbung in Canadabalsam konservierte ?2) Spinalganglienzelle, so bemerkt man erstens, dass mit nur einzelnen Ausnahmen die Zelle ihre Kapsel ganz aus- füllt. Die kleinen Zellen sind dunkler blau gefärbt, als die grösseren, nach Härtung in dem Osmiumsäuregemische zu dunkel, um das Studium des feineren Baus zu gestatten, sodass nur die grösseren Zellen für eine genaue mikroskopische Untersuchung in Betracht kommen können. Erstens treten durch ihre dunkle Farbe, die Granula N iss!'s hervor, überdies sieht man an der Peripherie vieler Zellen, die von Lenhossek u. a. richtig beschriebene Randzone oder den Saum, wo keine Granula vorkommen und wo man bei Alkohol- härtung dieselbe homogene Substanz vorfindet wie zwischen den Granula. Dieser Rand, dieser äussere granulafreie Hof, enthält eine grosse Zahl schmaler mehr oder weniger langer Fasern oder Fibrillen. In einigen Zellen, die nicht genau in der Mitte ge- troffen worden sind (Fig. 1), und wo ersichtlich im Durchschnitt noch ein Teil des Ursprungshofs vorkommt, in den die Fasern des Achsencylinders einstrahlen, haben die Fädchen eine Länge von 5 «. Im weiteren Teil der Zelle sind sie kürzer, in der Nähe des Kerns, dessen Platz durch das hindurchschimmernde Licht (a) sichtbar ist, sind die Fäserchen sehr kurz (1--15 u). Zwischen den Granula sind sie etwas länger. Überall sieht man 1) Die Schnitte waren alle 5 «x dick. Anatomische Hefte IAbtheilung Heft XXXI (10 Band Heft 1) Tafel V.M. 20 € SaE ä ee RS 12V " u | j" Der feinere Bau der Spinalganglienzelle des Kaninchens. II dunklere Pünktchen, welche die Durchschnitte der Fäserchen bezeichnen. Ich bemerke noch besonders, dass es viel mehr Fasern giebt, als in der Zeichnung vorkommen, und überdies, dass sie nur dort gezeichnet wurden, wo sie ganz deutlich wahrzunehmen sind. Die Fasern sind entweder gerade, wenn sie kurz sind, oder verlaufen auch wohl sehr leicht wellenförmig; geknickt, wie Flemming sie beschreibt und abbildet, sehe ich sie niemals !). Bei einem Durchschnitt der Zelle, ungefähr durch die Mitte (Fig. 2), wobei der Kern in der Mitte getroffen worden ist, sieht man auch wieder überall, an der Peripherie wie zwischen den Granula zahlreiche Fibrillen. Aber sie sind hier vorwiegend kurz, man trifft m. a. W. im diesen und dergleichen Durch- schnitten meistens kurze Fädcehen an. Hierdurch, und weil die Fasern in einer so grossen Anzahl vorhanden sind, überdies ihr Durchschnitt einen dunklen Punkt vorzeigt, wo zuweilen zwei Fäserchen einander allem Anscheine nach berühren, macht das Faserwerk den Eindruck eines Netzes. Ob wirklich ein Netz da ist, kann man aber nicht mit Bestimmtheit entscheiden. Auf Grund des folgenden muss ich aber vorläufig die An- wesenheit eines Netzes bezweifeln. Eine Zelle (Fig. 3), mehr peripher durchschnitten, noch mit einem Teil ihres Ausläufers verbunden, zeigt die Einstrahlung von der Faserstruktur in der Form von Fädchen von 6—8 u Länge, welche sich sehr weit selbständig in die Zelle hinein be- geben. Hier, wo die Fasern leicht wellenartig und ungefähr parallel mit einander laufen, ist von einem Eindruck, als wäre ein Netz da, nicht die Rede, die Fädchen laufen unab- hängig von einander; noch deutlicher ist dieses Verhalten in einer Zelle (Fig. 6), welehe ganz peripher durchschnitten wurde. 1) Ausnahmsweise in sehr schlecht conservierten Ganglien und Zellen. “94 WEHEACOR Überdies nenne ich noch ein, obschon nicht genügendes Argument gegen die Anwesenheit eines Netzes. In den Durchschnitten der Achsencylinder sieht man, wenn ausschliesslich die Durchschnitte gewählt werden, welche schein- bar senkrecht auf die Längerichtung getroffen worden sind, fast nie die Fasern in der Form von Pünktchen, fast immer als mehr oder weniger kurze und gerade, zuweilen sehr leicht ge- krümmte Fäserchen, die zusammen das Bild eines ähnlichen Netzes wie in den Zellen (Fig. 5) gewähren. Dennoch ist man berechtigt, anzunehmen, dass ein Faser- netz in den Querdurchschnitten des Achsencylinders nicht vor- kommen kann, weil die Längedurchschnitte in der Nähe und überall sonst, zwar wellenartige (Fig. 7), aber dennoch selbst- ständige und einfache Fasern vorzeigen, denen man in ihrem ganzen Lauf genau folgen kann. Die Färbung ist so gut, dass hierüber kein Zweifel besteht. Dem Eindruck eines Netzes braucht also nicht wirklich ein Netz zu Grunde zu liegen; dies gilt für die Zelle so wie für den Achsen- cylinder, und vorläufig muss ich diese Frage als unentschieden betrachten. In Präparaten, gehärtet in Sublimat und gefärbt nach Heidenhain und Delafields Hämatoxylin, habe ich genau dasselbe gesehen, als oben beschrieben wurde, jedoch viel un- deutlicher. Auch in diesen Präparaten war die Anzahl der Fasern sehr gross, infolgedessen und durch ihre Undeutlichkeit machten sie noch mehr den Eindruck eines Fasernetzes. Drei Fragen muss ich noch im Verband mit dem was von anderen Forschern darüber bemerkt worden ist, besprechen. Erstens: Hängen die Granula Niss1s und die Fasern irgend- wie zusammen? Nach meiner Überzeugung nicht. Zwar meint Flemming auf diese Frage bejahend antworten zu können, und kann ich nicht mit Bestimmtheit das Gegenteil behaupten, aber gegen die Wahrscheinlichkeit willich anführen, dass in der Peripherie der Zelle keine Granula anwesend sind, wohl aber sehr viele Fasern; dass das Dasein der Fasern für sich also gänzlich unabhängig ist von dem der Granula. Das vermeintliche Wahrnehmen eines Zusammenhangs zwischen Fasern und Granula ist meines Erachtens aus denselben Gründen, die ich vorher gegen ein Fasernetz einwandte, kein wirklicher Beweis für das Dasein eines solchen Zusammen- hanges. Zweitens: welches Bild zeigen die Fasern bei ihrem Eintritt in die Zelle? Es kommt mir vor, dass die Beschreibung Flemmings, was die Hauptsachen betrifft, der Wirklichkeit entspricht. Zweitel- los strahlen die Fasern pinselartig (ich behaupte dies gegen Len- hoss&ks Versicherung) in die Zelle hinein (Fig. 4) und nur bei Durchschnitten, welche nicht parallel den Fasern, oder schräg durch den Ausläufer hindurch gerichtet sind, bekommt man den Eindruck einer Art Wirbel, worin jedoch eine bestimmte Rich- tung der Fasern nicht zu verkennen ist. Drittens: welchen Verlauf haben die Fibrillen in der Zelle? Entscheidend kann ich diese Frage nicht beantworten. Nur lässt sich mit Hülfe meiner Präparate behaupten, dass der Faser- verlauf (Fig. 6 u. Fig. 8) verschiedenen Richtungen folgt. Ausserdem lässt sich nicht bezweifeln, dass sogar im Pol- kegel oder Ursprungshof Fasern sind, welche parallel mit der Peripherie der Zelle, m. a. W. konzentrisch mit dem Kern laufen (Fig. 4), sodass man annehmen muss, dass es auch Fa- sern giebt, welche sich mehrmals um den Kern winden. Nur einmal konnte ich eine Zelle ausfindig machen (Fig. 9), welche als Stütze von Flemmings Meinung, dass es zwei Systeme von in die Zelle einstrahlenden Fasern gebe, dienen konnte. Zu meinem Bedauern ist von dieser Zelle nicht die ganze Serie bewahrt, sodass ich nur von dem Bündel «a mit 96 W.H. COX, Sicherheit sagen kann, dass er «direkt in den Achseneylinder übergeht. Ich vermute, dass bei dieser Zelle peripherer und centraler Ausläufer nicht konfluieren, wie dies hin und- wieder stattfindet und in Golgischen Bildern sichtbar ist. Eine derartige Einstrahlung in zwei Systeme habe ich je- doch trotz des Suchens in zahlreichen guten Präparaten niemals mehr angetroffen, wiewohl ich viele Zellen mit deutlichen Fi- brillen im Ursprungshof gesehen habe. In den Typen I und II ist ein verschiedenes Verhalten der Einstrahlung der Fasern nicht zu verkennen. Bei Typus I ist die Einstrahlung sich ausbreitend pinsel- förmig (Fig. 4); bei II mehr bündelweise (Fig. 3 u. 6) und lässt sich noch ziemlich weit in der Zelle das Bündel nachweisen (Fig. 6). Ich komme noch einmal mit Nachdruck darauf zurück, dass bei meiner Färbung nicht davon die Rede ist, dass der fibrilläre Bau des Achseneylinders nur mit Öl-Immersion sicht- bar wäre, wie Flemming von seinen Präparaten sagt. Auch ohne Immersion, und zwar mit Apochromat S mm und Kom- pensationsokular 8 und 12 sind die Fasern sehr deutlich sichtbar (weites Diaphragma). Die Fasern finden sich vor in einer ungefärbten Substanz, über deren Eigenschaften ich mich vorläufig nicht zu äussern wage. Mein Standpunkt gegenüber den Resultaten Flemmings'). Dem Leser meiner obenbeschriebenen Beobachtungen wird es, bei Vergleichung mit Flemmings Untersuchung, schon deutlich sein, dass wir in mehreren Hauptpunkten verschiedener 1) Über den Bau der Spinalganglienzellen bei Säugetieren u. s. w. Archiv f. mikrfoskop. Anatomie. Bd. 46. Der feinere Bau der Spinalganglienzelle des Kaninchens. Sl) Meinung sind. Kurz will ich diese Differenzen auseinander- setzen. Flemming findet und beschreibt geknickte Fasern mit aul- velagerten Knötchen (Fig. 3, 4, 5, 6), — ich vergleiche absicht- lich nur die bei Kaninchen gefundenen Resultate — und wenn die Zeiehnungen richtig sind, muss man zugestehen, dass diese Knötchen (Granula Flemming-Nissls) und Fäserchen dunkler gefärbt und dieker sind, als die Fasern in den Ausstrahlungs- kegeln und im Achseneylinder (Fig. 5, 6, 13 zu vergleichen mit Fig. 3 u. 4). In Fig. 3 Zelle 1 und 4 findet man fast keine (rranula. Ich dagegen finde Fasern, die höchstens leicht wellig sind, wenn sie über einen längeren Verlauf wahrzunehmen sind; die nichts mit den Granula gemein haben: die sich, was die Färbung betrifft, genau ebenso verhalten, wie die Fasern im Achsen- cylinder; die in kurzen Durehschnitten (in der Mitte der Zelle) sich zeigen als ganz kurze, gerade Stäbchen. Überdies finde ich in den Flemming-Nisslschen Granula ‚gerade und geknickte Fasern, wie sie von Flemming in Fig. 3 und 4 gezeichnet worden sind und die sich mit meinen Methoden viel intensiver färben, als die echten Fibrillen. Flemming glaubt imstande zu sein, sich ein Urteil über die interfibrilläre Substanz zu bilden (interfilare Zwischensubstanz S. 385 Fig. 10 bei einer Zelle einer Katze gezeichnet). Bei meinen Methoden zeigt es sich, dass die Zelle soviele Fasern enthält, dass man über die interfibrilläre Substanz nichts mit Bestimmtheit sagen kann, aber überdies, dass in schlecht fixierten Zellen (Sublimat u. s. w.) die Fasern besonders da, wo sie kurz sind, gänzlich den Eindruck der von Flemming be- schriebenen interfilaren Zwischensubstanz machen. Schliesslich muss Flemming sich mit der Hypothese ab- finden, dass das Fadenwerk mit der faserigen Einstrahlung am Polkegel zusammenhänge, während es mir deutlich wurde, dass Anatomische Hefte. I, Abteilung. XXXI. Hoft (10. Bd..H. 1). 7 95 WERELECORE diese Einstrahlung sich weit in die Zelle hinein ausdehnt, aber überdies, dass, wie oben schon bemerkt, die Fasern im Achsen- eylinder und die der Zelle sich dem Farbstoff gegenüber voll- kommen übereinstimmend verhalten. Aus meinen Resultaten folgre ich: Die von Flemming in Fig. 3, 4, 5, 6 gezeichneten ge- knickten Fasern sind Bestandteile der Flemming-Nisslschen Granula, aber nicht Fasern, identisch mit den Fibrillen des Achseneylinders. Die in Fig. 7 gezeichneten Fasern sind echte Fibrillen. Dies erhellt auch aus der Nuancierung der Streifehen, die meines Erachtens sehr richtig abgebildet worden ist, und welche übereinstimmt mit jener der faserigen Struktur im Polkegel bei Fig. 5u.6 und mit jener des Achsencylinders in Fig. 13; nicht mit jener der geknickten Fasern. Die in Fig. 10 (Katze) als interfilare Substanz gezeichneten kurzen Fäden sind wahrschein- lich die Durchschnitte der echten Fibrillen. !) Methoden. Härtung in den folgenden Mischungen. M. I. Sublimat (gesättigt) 30. Osmiumsäure 1°/o 10. Eisessig 5) M. II. Sublimat (gesättigt) 15. Platinachloride 5°], 15. 1) Nachträgliche Bemerkung bei der Korrektur. Die Kenntnissnahme von Flemming’s Aufsatz: Die Struktur der Spinalganglienzellen bei Säuge- tieren: Archiv f. Psychiatrie. Bd. 29. Hat meine Meinung nicht ändern können. Nicht ob die Spinalganglienzelle fibrillenartige oder fädige Gebilde ent- hält, denn dergleichen hat Niss], und Flemming selbst, an den Granula schon beschrieben, sondern ob die Zelle Fibrillen enthält, identisch mit den Fibrillen des Axencylinders, ist der Kernpunkt der Frage, dies hat man wenn möglich zu beweisen oder so wahrscheinlich zu machen, dass etwas andres nicht leicht angenommen werden kann! Der feinere Bau der Spinalganglienzelle des Kaninchens. 99 Osmiumsäure 1°/o 10 Eisessig Ds M. II. Sublimat (gesättigt) 30. Formol 10. Eisessig 5. Nach zwei oder drei Tagen auswaschen; dann durch Alko- hol von 60, 70, 90 und 98° in Alkohol-Bergamotöl, Bergamotöl, Paraffin-Bergamotöl und Paraffin. Aufkleben der Schnitte mit Wasser auf mit Eiweiss präpa- rierte (Methode Mann)!) Deckgläschen. Entfernung des Paraffins durch Xylol und Benzin. Aus dem Alkohol kommen die Schnitte in Tannin-Auf- lösung von 20—25°/o, worin sie acht Stunden verbleiben, hierauf fünf Minuten in viel Wasser und dann für die Methylenblau- Färbung in Eisenoxyd-Ammonium-Sulfat (2!/2°/o) für die Indoin- blau-Färbung in Brechweinstein (5 °/o). Nachdem sie 5—10 Minuten in diesen Auflösungen geblieben sind, werden die Schnitte gewaschen (während 10 Minuten) in _ vielem Wasser und gefärbt in: L. BIST. U RR ee ER ul EEE NONE RENTEN BRERE TR (05 Anilin- und Sodafabrik Indoinblau?) B-B5 '/o | ee | 20. oder BUBEN I a a en iD, wo 1-2 cc. einer Methylenblau-Auflösung zugefügt wird, die besteht aus: ® Methylenblau . . ...2. Kaliumkarbonat . .. ..2. WaRBeR. u 772008 1) Zeitschrift f. wissensch. Mikroskopie. Bd. XI. S. 486. 2) Statt Indoinblau benutze ich jetzt Baumwollblau BB derselben Fabrik, da die Indoinblau-Präparate ihre Farbe einbüssen. 100 W. H. COX, welche fünf Minuten lang auf einem Wasserbade gekocht wor- den sind. Die Mischung der bei I sowie bei II genannten Auflösungen muss kurz vor dem Gebrauch geschehen; die alkalische Methy- lenblau-Auflösung (Unna)') bleibt auf längere Zeit gut. Nach 12—18stündiger Färbung wird in vielem Wasser kurze Zeit abgespült, und werden die Deckgläschen zwischen F iltrier- papier vom überflüssigen Wasser befreit. Nachher kommen sie in: Raloe nn , AtieleeeNEe. AllBho1 49910.) Hr uaslietack war ol Dann in Xylol. Ist die Färbung zu stark, so kann man entfärben mit: Alaun-Anilin (gesättigt Unna)?), indem man Sorge trägt, von Zeit zu Zeit das Präparat zu be- obachten, damit die Entfärbung nicht zu weit gehe. Bei Härtung in III färbt man mit Methylenblau (obiges tezept) ohne Beize. 24 Stunden. Nachher wird in Wasser abgespült und in Xylol-Alkohol entfärbt. Auch Färbung in Delafields Hämatoxylin gibt vorzügliche Präparate. Der Canadabalsam muss entweder nicht oder höchstens mit wenig Cederholzöl verdünnt sein; durch Erwärmen bekommt er die für den Gebrauch nötige Flüssigkeit. Anhang: Über den Bau der Markscheide. tanvier in seinem bekannten: Traite technique erklärt S. 570: „Ewald et Kühne ont attire l’attention sur un retl- „eulum ehromatique, qui se montre dans les tubes nerveux A 1) Zeitschrift f. wissensch. Mikroskopie. Bd. VIII. S. 482 2) Zeitschrift f. wissensch. Mikroskopie. Bd. XII. S. 60. Der feinere Bau der Spinalganglienzelle des Kaninchens. 101 „la place de la myeline lors que les nerfs ont ete traites succes- „sivement par l'alcool ordinaire, l’alcool bouillant et l’&ther, et „quapres avoir ete separes par dissociation on les colore par le „carmin, l’'hemätoxyline ou d’autres matieres colorantes. Ües „auteurs ont pense, que ce reseau etait preforme.“ Hier ist die Rede vom Neuro-Keratm-Netz von Ewald-Kühne.!) Dieses Netz wird im allgemeinen noch als ein Kunstpro- dukt betrachtet (siehe auch Schiefferdecker und Kosse|) und zwar, wie mir scheint, mit Unrecht. Werden Nerven des Kaninchens sofort fixiert in 2°o Osmiumsäure, nach guter Fixierung ausgewaschen, in Alkohol gehärtet und in Paraffın eingeschmolzen und geschnitten, so kommt das Neuro-Keratin- Netz sehr schön ans Licht in den vorzüglich fixierten Mark- scheiden, wenn man nur als Öl zur Alkohol-Entfernung Berga- motöl benutzt, welches die Eigenschaft besitzt, das durch Osmium- säure geschwärzte Myelin aufzulösen, während das Netz intakt übrig bleibt. Fig. 10. Dieses Netz besteht aus mehreren Schichten, die so lange . das Axoplasma (Schiefferdecker) mit den Fibrillen sich nicht zu einem soliden Strang kontrahiert hat, dicht aneinander anliegen. Fig. 10a. Findet die Fixierung aber langsam statt, entweder durch eine Flüssigkeit, die langsam eindringt, oder weil die gut fixie- rende Flüssigkeit in den tiefsten Teil des Nervengewebes erst durchdringt, nachdem schon postmortale Veränderungen einge- treten, so zeigt es sich, dass in den später fixierten Nervenfasern das Axoplasma mit seinen Fibrillen sich zurückgezogen hat, und überdies, dass dadurch das Netz auseinandergerissen worden. Es zeigt das Netz deutlich die Folgen rein mechanischer Ein- _ flüsse, d. h. hier und dort wurden die Maschen zerrissen, an anderen Stellen stark ausgedehnt, da sie beim Zusammenziehen 1)S. L. Gedoelst. La Cellule T, IM. 102 W. H. COX, des Achseneylinders (Fig. 11) haben nachgeben müssen. Der- gleichen mechanische Erscheinungen lassen sich nur erklären durch die Voraussetzung eines präformierten Neuro -Keratin- Netzes!). 1) Jedermann kann sich leicht von der Wahrheit des oben Mitgeteilten überzeugen, durch Wiederholung des folgenden, von mir in derselben Weise ausgeführten Versuchs. Einem eurarisierten Frosch werden die zwei Nn. ischiadici entnommen, und lebenswarm in 1°/, Osmiumsäurelösung fixiert. Nachdem sie 10 Stunden darin geblieben sind, werden beide Nerven in Wasser ausgewaschen und zer- zupft. Einen der Nerven betrachtet man in Glycerin, der andere kommt in Alcohol absolutus und nachher 2 X 24 Stunden in Bergamotöl. Der Nerv in Glycerin zeigt kein, derjenige aus Bergamotöl in Canada- balsam eingebettete ein sehr schönes Neurokeratin-Netz. Die Erklärung ist meines Erachtens nicht schwer. Das Nervenmark macht, in seiner Wirkung den übrigen Fetten gleichend, das Netz durchdringend: dasselbe unsichtbar. Wird das von Osmiumsäure geschwärzte Myelin durch Bergamotöl ge- löst, dann bleibt das Netz übrig. Diese Eigenschaft, von Osmiumsäure geschwärztes Fett zu lösen, teilt Bergamotöl mit Terpentin. Wenn ich mich nicht irre, machte Flemming diese, dem Terpentin eigene Wirkung bekannt, welche er an Präparaten, mit seiner für Mitosen-Studium geeigneten Mischung fixiert, wahrgenommen hatte, Dass man die Anwesenheit eines Neurokeratinnetzes im lebenden Nerv in Frage stellte, so lange dasselbe auf keine andere Weise zur Ansicht gebracht werden konnte als durch sehr eingreifende Wirkungen einer Menge von Reagentien oder durch für Nerven ungeeignete Reagentien, ist begreiflich; aber dem oben beschriebenen Versuch haften diese Nachteile nicht an, und es scheint mir, dass jeder Zweifel weichen muss, wenn man neben dem Neurokeratinnetz die schön fixierten Nerven betrachtet. Erklärung der Figuren. Tafel I/I. Die Photogramme sind angefertigt mit dem grossen Zeiss’schen Appa- rate für Mikrophotographie; die Beleuchtung geschah mit Kalklieht durch Zetnows Kupferchromfilter; die Platten waren in Erythrosin (nach Eder) sefärbten Marionplatten. Die Präparate entstammten in Formol-Sublimatessigsäure gehärteten Ganglien, und wurden gefärbt mit Methylenblau. S. Methoden. Die Vergrössung ist ungefähr 600 fach. Die gebrauchte Linsen-Kombination bestand aus Zeiss Apochromat 3 mm Homog. Immersien N. A. 1.40 mit Projections-Okular 4. Tafel III/IV. V/VI. Alle Figuren sind gezeichnet worden mit Hülfe von Zeiss-Abbe’s neuem Zeichenapparat auf Bernhardts Zeichentisch, nachdem durch einen Objekt- Mikrometer die Vergrösserung bestimmt worden war, die bei allen Figuren 1100 beträgt. Das benutzte System besteht aus Objektiv Zeiss Apochromat. homog. Imm. 3 mm. N. A. 1.40 und Okular 12. Fig. 1. Spinalganglienzelle des Kaninchens gehärtet in I, gefärbt mit 1. 2 und Fig. 3 als Fig. 1. Fig. 4. Spinalganglienzelle des Kaninchens gehärtet in Il, gefärbt mit 11. Fig. 5. Querdurchschnitte von Nerven aus einem Spinalganglion des Kanin- chens. Behandlung wie Fig. 1. Fig. 6 wie Fig. 1. Fig. 7. Längsdurchschnitt einer Nervenfaser aus dem Spinalganglion des Kaninchens. Härtung in II, Färbung mit Il. Fig. 8. Spinalganglienzelle des Kaninchens. Härtung in I. Färbung mit I (statt Indoinblau: Baumwollblau). Fig. 9. Spinalganglienzelle des Kaninchens. Härtung in II. Färbung in Delafields Hämatoxylin. Fig. 10a.Nerven aus einem Spinalganglion des Kaninchens. Härtung in Osmium-Säure. Querdurchschnitt. Fig. 10. Wie Fig. 9. Längsdurchschnitt. Fig. 11. Wie Fig. 9. Härtung in Sublimat-Osmiumsäure-Essigsäure. Färbung in Methylenblau. Tannin-Brechweinsteinbeizung. Fig. 12. Flemming-Nissl’sche Körner aus einer Spinalganglienzelle. Härtung in Sublimat-Platinchlorid. Färbung mit Methylenblau. Fig. 13. Wie Fig. 12. Härtung in Alkohol. Im Paraffin geschnitten. Färbung mit Methylenblau nach Nissl. Fig. 14. Wie Fig. 12. Härtung in Flemmings Gemisch, j p 1 PR: « hu an Ir EIKE h \ N EN hi x 0 N “ - A j ur f x [N j 1 & Nas {1 - y\ ‘ ’ N \ ‘ 3 \ h Ü Fu fi l DT DOM) Kauf N Al, ANEAN Pay I Mn TR | [NP HETONEE NER HER, IR ETNE a KERN Ba f Ans Mg u mer» rg Haie " . En. | Bi, EIERN U j F "\ £ Iran Ju N Rh a Bol aM ur, - AR f N Pu th \ e est Ält PRETTY. TRASH ei HR PAR Ania hl, Kir. nn Kurz IE 4 a GR Ihre EHE ori 97 HAT ARE u \ Im. 1 ann Il % a i x P [' hi = fi e re .* w wi ba) - f ’ \ Inh TEN 1 J Mu j “ 7 2 "} FINE Dtm’! f ı } 2 j 11 leı | } L i ! 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Und die Zoologen beschränkten sich bei ihren histologischen Beschreibungen nur viel zu oft auf die Untersuchung von Schnitten und Schnittserien, ohne andere, feinere Methoden in Anwendung zu bringen, und vieles von dem, was von älteren Forschern auf diesem Grebiete ermittelt war, geriet — da weder Anatomen noch Zoologen sich darum kümmerten — in Vergessenheit. So auch in Bezug auf die Gefässe. Ein jeder kennt ja die Grundzüge des Baues derselben bei den Wirbeltieren,; wie viele (auch unter den Zoologen) wissen aber etwas über die Histologie der Gefässe bei Wirbeltieren? Und dennoch liegt in der Litteratur etwas, wenn auch nur weniges vor. Über diesen Gegenstand hat nämlich vor mehr als 30 Jahren Eberth!) eine ausgezeichnete Arbeit veröffentlicht, welche immer noch die bei weitem wichtigste Untersuchung auf diesem (Gebiete geblieben ist. Das höchst merkwürdige Verhalten, das Eberth bei den Mollusken fand, war dieses: dass in dem Herzen und 1) C. J. Eberth, Über den Bau und die Entwickelung der Blutkapillaren. Zweite Abhandlung. Würzburger naturwiss. Zeitschr. Bd. 6. 1866. pag. 84 ff. 108 R. S. BERGH, in den grösseren Gefässen ein Epithel fehlt resp. wenigstens undeutlich ist, dass hier das Bindegewebe den Blutstrom direkt umgiebt, dass aber den kleineren Arterien ein deutliches Epithel zukommt. Ein paar Jahre später stellte auch -Legros!) das Vorkommen eines Epithels in verschiedenen Gefässen von Helix fest; seine Untersuchung war übrigens bei weitem nicht so ein- gehend wie diejenige von Ebe rth. Noch später hat ganz ge- legentlich auch Nalep a?) das Vorkommen von Epithel in kleinen (sefässen bei Pulmonaten erwähnt. Diese Angaben scheinen aber in der neueren Zeit teils in Vergessenheit geraten zu sein, teils wenigstens nicht genügend gewürdigt zu werden. In allgemeinere Darstellungen ist auf dieselben meistens gar keine Rücksicht genommen (so leider auch in meinem Buche über die Zelle und die Gewebe, wo ich über Gefässepithelien spreche; auch mir waren die genannten Untersuchungen damals noch unbekannt), und Lang?) sagt im allgemeinen von den „eigenwandigen Gefässen“ der Mollusken ge- radezu: „Ein inneres Endothel fehlt.“ Merkwürdig ist es auch, dass ein so hervorragender Forscher wie Flemming*), der doch mit den Resultaten der E berthschen Untersuchungen bekannt war, dazu kommen konnte, folgendes zur allgemeinen Definition der Ge- fässe zu bemerken: „Theoretisch dagegen bin ich mit Kollmann ganz einig darin, dass es zweckmässig ist, den Hauptunterschied zwischen wahren (Blut- und Lymph-) Gefässen und Gewebslakunen darın zu suchen, dass die ersteren ein in Zellen abgegrenztes Endothel haben, die letzteren nicht.‘ Denn das Herz und die 1) Ch. Legros, Note sur l’epithelium des vaisseaux sanguins. Journ. de l’anat. et de la physiol. Annee 5. 1868. pag. 275 ft. 2) A.Nalepa, Beiträge zur Anatomie der Stylommatophoren. Sitzungsber. d. Wiener Akad. math.-naturw. Kl. 1883. Bd. 87. pag. 271. Taf. 1, Fig. 8. 3) Arnold Lang, Lehrbuch der vergleichenden Anatomie der wirbellosen Tiere. Heft 3. 1894. pag. 780. 4) W. Flemming, Über Bindesubstanz und Gefässwandung im Schwell- gewebe der Muscheln. Arch. f. mikr. Anat. Bd. 13. 1877. pag. 852. Anm. Anatom Hefte, LAbtheilung Heft 31.110. Bd. H1.) Taf. VL. VIE ZU re - 7 AIR INTEL N 45. Zi AnsırC-Brst.Lapzig Anatam Hefte ‚I Abtheilhuns Heft 31.110. Bd. HL.) Taf. X Züh.Anst.v.C.Kirst, Legpzig. Ferlag 7 JE Bergmann, Wiesbaden ; > { 4 N ” i=r r = 7 - 5 = Q * r i n R D vh E Zu H a; 4 E - - ur j) \ D ü wart ; ER Er ) en r Be 1 | 2 i h vo. Li (5 1 Las‘ F Y = [a | \ F7 > OS E = ( - i h air r h 1 Mi „er / i + or N E e b el; ‘ f y { F y 1 a % = = \ N 5 v l 1, y { + h x 5 f A Pude 2 . I ö SPEER y m \ { um A | Pe ne £ EN [ ur Kr wo ' { h- 2 e L i a ER B aloe, SuM . e f a o f Z- R 5 "A j ’ » 3 = et m Yn f i L Met , v Der; A ° ie { Da ! on f REN j Ü EN, Beiträge zur vergleichenden Histologie. 109 grösseren Arterien der Mollusken mussten doch auch nach Flemming als (refässe gelten, und ihnen fehlt ein inneres Epithel. Allerdings hat dann später Nalepa (l. e. p. 257) be- hauptet, dass die arteriellen Gefässe „überall“ ein nachweisbares „Endothel“ haben, ohne aber irgend etwas Genaueres hierüber mitzuteilen. Meine Untersuchungen über diesen Gegenstand fing ich vor mehr als einem Jahre an, und da mir die Eberthschen Re- sultate noch nicht bekannt waren, war ich im höchsten Grade überrascht, den gewöhnlichen Begriffen nach so sonderbare Ver- hältnisse zu finden. Wenn nun auch meine Mitteilung zum grossen Teil eine Bestätigung der Ergebnisse des eben genannten Autors bilden, so dürfte teils heutzutage eine solche aus dem oben erwähnten Grund am Platze sein, teils sind auch durch meine Untersuchungen verschiedene neue Thatsachen und neue Auffassungen zu Tage gefördert worden. Was zunächst das Herz der Pulmonaten anbetrifitt — die Landpulmonaten bildeten die Hauptobjekte meiner Unter- suchungen — so habe ich namentlich den Bau der Vorkammer eingehend studiert, weil derselbe verhältnismässig leicht zugäng- lich ist; der Bau der Herzkammer ist prinzipiell der gleiche, nur dass die Muskulatur weit massiger entwickelt ist, was die Untersuchung bedeutend erschwierigt. Die Vorkammer ist ausser- ordentlich stark dehnbar: schlitzt man bei noch lebhafter Cirkula- tion den Perikardialsack auf, so sieht man, wie ungeheuer stark aufgebläht und dünnwandig die Vorkammer bei jeder Diastole wird. Gerade in diesem Zustande ist die Vorkammer für die Untersuchung günstig und muss fixiert werden, und zu diesem Zwecke band ich sie von der Kammer ab und injizierte nun, nachdem eine Ligatur an der Lungenvene angelegt war, durch diese mittelst einer Glaskanüle Osmiumsäure oder Flemming- sche Flüssigkeit oder 30P/oigen Alkohol oder salpetersaures 110 R. Ss. BERGH, Silberoxyd bis zur prallen Anfüllung der Vorkammer (wonach die Ligatur an die Lungenvene festgemacht wurde) oder ich injizierte Luft und fixierte die Atrialwand von aussen in einer der oben genannten Flüssigkeiten. Nach einiger Zeit können dann Stücke der Wand abpräpariert werden und sind für die Untersuchung gut geeignet. Auch wurden zur Kontrolle Schnitte durch ausgespannte oder nicht ausgespannte Atrien angefertigt. Durch alle die genannten Fixierungsflüssigkeiten wird nun das (viscerale) Perikardialepithel sehr schön erkennbar: es zeigt sich als ein Mosaik von polygonalen (meistens 5—6 eckigen) Zellen, deren Grenzen schon nach Behandlung mit Osmiumsäure oder Flemmingscher Flüssigkeit deutlich hervortreten (Fig. 1—-2) und nach der Silberbehandlung (von innen oder von aussen) als regelmässige schwarze Linien sich herausheben (Fig. 3). Die Kerne dieser Zellen sind oft regelmässig oval, bisweilen aber auch mehr polymorph gestaltet: nierenförmig, biskuitförmig oder in zwei Stücken zerfallen. Die Zellen des Perikardialepithels haben eine ziemliche Höhendimension, wie aus dem Sehnitt- fragment Fig. 4 ersichtlich. Innerhalb des visceralen Perikardialepithels findet sich eine Basalmembran von ansehnlicher Dicke. Dieselbe kann nach Behandlung mit 30 /oigem Alkohol und darauf folgender Ab- pinselung besonders deutlich gemacht werden. Nach einem solchen Präparat ist Fig. 2 angefertigt: das Perikardialepithel ist an der Hälfte des Präparats vorhanden, an der anderen Hälfte aber abgepinselt, und gerade hier tritt die Basalmembran mit den ihr anliegenden Muskelfasern sehr deutlich als voll- kommen strukturloses Häutehen hervor (am Rande ist sie stellen- weise nach oben umgebogen). Dass ihre Mächtigkeit eine recht ansehnliche ist, geht aus dem Schnitt Fig. 4 hervor; in den Schnitten färbt sie sich in dem Säurefuchsin-Pikrinsäuregemisch scharf rot (während ja die Zellen und Muskelfasern gelb er- scheinen). Beiträge zur vergleichenden Histologie. 111 Das viscerale Perikardialepithel, bezw. dessen Basalmembran bildet die einzige vollständige Be- erenzungsschicht der Atrialwandung. Innerhalb der- selben verlaufen, sich mannigfach durchkreuzend, die gröberen und feineren Balken von Muskelfasern — auf den Bau dieser hoffe ich in einer späteren Mitteilung zurückzukommen — aber dieselben bilden keineswegs einen kontinuierlichen Beleg, sondern ein stellenweise sogar ziemlich weitmaschiges Netzwerk. Eben- sowenig findet sich eine kontinuierliche Bindegewebsschicht inner- halb der Basalmembran; das Bindegewebe ist überhaupt äusserst sparsam vertreten; doch findet man an den grösseren Muskel- balken hier und da die grossen, von Brock!) sogenannten Plasmazellen (stellenweise auch Körnerzellen) einzeln oder in kleinen Gruppen. Die in Fig. 3 isoliert liegenden Zellen sind der Basalmembran anhaftend gebliebene Blutkörperchen. Von einem inneren Epithel ist weder bei Silber- behandlung noch bei irgend einer anderen Behand. lungsweise auch nur eine Andeutung nachzuweisen. Die Schichtenfolge der Vorhofswandung erhellt deutlich aus Fig. 4: von innen nach aussen folgen sich erstens die diskontinuierliche Muskelschicht, dann die Basalmembran und schliesslich das Peri- kardialepithel. Die Wandung der Herzkammer hat prinzipiell den gleichen Bau wie diejenige der Vorkammer; nur sind die Muskelbündel- viel mächtiger und viel dichter zusammengefügt, bilden eine viel bedeutendere Schicht als in der Vorkammer, sodass das Blut nur nach einem sehr beschränkten Massstabe, durch enge Spalten und Räume mit der Basalmembran des Perikardial- epithels in Berührung kommen kann. Aber auch hier fehlt ein inneres Epithel vollständig ?). ı) J. Brock, Untersuchungen über die interstitiellen Bindegewebe der Mollusken. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. 39. 1883. pag. 1 ff. 2) Eberths Beschreibung des Baues des Pulmonatenherzens (l. e. pag. 90) lautet: „Das Perikard von Helix pomatia besitzt auf seiner äusseren und inneren 112 R. S. BERGH, (Gelegentlich untersuchte ich — wenn auch viel weniger eingehend — den Bau der Vorkammer von Anodonta. Auch hier findet sich — wie schon von Eherth erwähnt — kein inneres Epithel, und die einzige kontinuierliche Begrenzungs- schicht ist das Perikardialepithel, bezw. dessen Basalmembran. Der wesentlichste Unterschied von den Verhältnissen bei den Pulmonaten ist dieser: dass eine bedeutend grössere Menge von Bindesubstanzzellen (mit Ausläufern) zwischen den Muskelzügen an der Innenseite der Basalmembran vorhanden ist. Dieses geht übrigens auch aus den sorgfältigen Abbildungen hervor, welche Grobben!) von der Atrialwand verschiedener Muscheln geliefert hat (wobei ich mich nur frage, ob nicht die von Grobben beschriebenen Fasern im Bindegewebe einfach Falten der Basal- membran sind). Denn echt fibrilläres Bindegewebe tritt ja doch sonst — soweit bekannt — nicht bei den Muscheln auf. — Um den Bau der Arterien zu studieren, wurden verschiedene Methoden in Anwendung gebracht. Teils injizierte ich vom Herzen aus das Arteriensystem mit salpetersaurem Silberoxyd — nach der Reduktion müssen dann die grösseren Arterien ge- spalten, ausgebreitet und von der Innenfläche untersucht werden — teils wurden Organteile auch mittelst anderer Fixierungsmittel Fläche ein Epithel aus kurzen, cylindrischen, kernhaltigen Zellen, welche auf das Herz sich umschlägt. — Im Herzen selbst, oder im Vorhof noch im Ven- trikel, ebensowenig wie in den Hauptarterien und Lungenvenen 'war es mir bei aller Mühe und Sorgfalt bis jetzt möglich, ein deutliches Epithel mit Höllen- stein nachzuweisen. Als einzige Auskleidung des Herzens fand ich eine zarte homogene, bindegewebige Membran mit eingelagerten, runden, bläschenförmigen, kernhaltigen, stark prominierenden Zellen. Letztere unterscheiden sieh in nichts von den Elementen der zelligen Bindesubstanz, als durch ihre etwas geringere Grösse. Oft liegen sie in grösseren Gruppen und machen so, be- sonders da sie durch gegenseitigen Druck abgeplattet sind, den Eindruck eines Epithellagers, das sich jedoch bei weiterer Verfolgung nicht als ein kontinuier- liches ergiebt.‘ 1) Vgl. namentlich C. Grobben, Über den Bulbus arteriosus und die Aortenklappen der Lamellibranchiaten. Arb. a. d. zool. Inst. Wien. Bd. 9, Heft 2. Fig. 12—13. Beiträge zur vergleichenden Histologie. 113 abgetötet und auf den Bau der kleineren Arterien untersucht; endlich wurden — meistens nach Alkoholfixierung — Schnitte durch die grösseren Arterien angefertigt und in verschiedener Weise gefärbt. Bei den Injektionen wurde nur ein sehr mässiger Druck angewandt, sodass die Flüssigkeit nicht in die Leibeshöhle hinaus gelangte (es erfolgte keine Schwärzung oder Bräunung an der Oberfläche der Organe); meistens blieb die Lösung nur innerhalb der Gefässe stehen; doch drang sie auch hier und da in die kleinen Bindegewebsspalten hinaus, welche die Fort- setzungen der arteriellen Bahnen bilden. Bei der Untersuchung der grossen Arterien nach Injektion derselben mit Silberlösung stellt sich, wie schon von Ebertlı angegeben, heraus, dass kein inneres Epithel vorhanden ist. Das Bild, das man von der Aussenfläche einer grossen, ver- silberten Arterie (Art. cephalica von Limnaeus, Fig. 5 z. B.), ist aber von dem Bilde der Atrialwand (Fig. 3) recht verschieden. Man sieht in der Arterie, wie die Muskeln sich nach allen möglichen Richtungen durchkreuzen; diese Muskelfasern sind oft dreistrahlig oder in anderer Weise reichlich verzweigt und bilden diehte Schichten. An manchen Stellen sieht man, wie eine Faser, die eine Strecke weit die innerste Begrenzung der Gefässwand bildet, weiterhin unter andere Fasern vom Lumen ab sich hinausbiegt; in dieser Weise sind die Fasern mannig- fach unter einander verfilzt. — Ausserdem sind die Muskelfasern der Arterien einem anderen Typus als diejenigen des Herzens angehörig: jene gehören dem protoplasmaarmen, diese dem proto- plasmareichen Typus Knolls') an. Und endlich fehlt ja natür- lich die einzige vollständige Begrenzungsschicht des Herzens, das Perikardialepithel resp. dessen Basalmembran der Arterien gänzlich, während in diesen andererseits das Bindegewebe 1) Ph. Knoll, Über protoplasmaarme und protoplasmareiche Muskulatur. Denkschr. der Wien. Akad. Math. naturwiss. Kl. Bd. 58. 1891. pag. 633 ff. Anatomisehe Hefte. I. Abteilung. XXXT. Heft (10. Bd., H. 1.) 8 114 R. S. BERGH, zwischen den Muskelfasern ganz anders kräftig als im Herzen entwickelt ist. In Fig. 6 ist ein Stück der Arteria visceralis von Helix pomatia abgebildet; das Bild ist insofern verschieden von Fig. 5, als die meisten Muskelfasern der versilberten, inneren Schicht eine Hauptverlaufsrichtung, nämlich die quere innehalten. Doch emanzipieren sich immerhin einzelne von derselben. Auch hier sind sie vielfach unter einander verfilzt, biegen sich unter und über einander (was in der Zeichnung allerdings nicht so deutlich wie in Fig. 5 hervortritt). Von einem inneren Epithel ist aber auch hier keine Rede. — In Fig. 9 ist ferner ein kleines Fragment eines Querschnitts der Aorta cephalica von Helix pomatia dargestellt. Man sieht, dass die durch Pikrinsäure gelb gefärbten Muskelfasern der inneren Schicht hauptsächlich ring- förmig angeordnet sind, dass dagegen die äusseren Schichten aus Bündeln längsverlaufender Fasern bestehen, welche hier natürlich quer geschnitten sind; ganz aussen folgen Schichten von grossen, rundlichen Bindesubstanzzellen (Brocks Plasma- zellen); nur die innerste dieser Schichten ist dargestellt. Bei Arion sind es bekanntlich Kalkzellen, welche diese Adventitia bilden und den Gefässen ihre hübsche weisse Farbe verleihen. — Zwischen den Muskelfasern sieht man in dem abgebildeten Sehnitt die reichliche, durch Säurefuchsin rotgefärbte Grund- substanz des Bindegewebes (hier und da sind auch eingelagerte Zellen vorhanden; in der Figur ist jedoch keine solche zu sehen). Diese Grundsubstanz zeigt sich oft als wellenförmig gebogene Häutchen, die im Schnitt eine gewisse Ähnlichkeit mit Binde- gewebsbündeln darbieten. Mit solchen sind sie jedoch absolut nicht zu vergleichen; wodurch aber das sehr eigentümliche Bild zustande kommt, vermag ich vorläufig nicht zu sagen. Im Querschnitt der Längsmuskelbündel ist deutlich erkennbar, wie alle die einzelnen Muskelfasern durch Bindegewebsgrundsubstanz von einander getrennt sind. Beiträge zur vergleichenden Histologie. 115 Fig.7 und 8 zeigen nun zwei Stücke der versilberten Innen- wand mittelgrosser Arterien aus dem das Centralnervensystem von Helix pomatia umgebenden Bindegewebe; Fig. 7 stammt aus einer ein wenig grösserer, Fig. S von einer etwas kleineren Arterie. Die erstere nähert sich noch dem Bild Fig. 6, während die letztere den Übergang zu den von den ganz kleinen Arterien dargebotenen Bildern bildet. In ersterer sind die Zellen noch zum grössten Teil langgestreckt und in verschiedener Weise verzweigt; sie schieben sich auch hier und da dachziegelartig über- und untereinander, dabei oft sehr unregelmässige Kon- figurationen zustande bringend. In der Arterie Fig. 8 sind da gegen die Zellen schon pflasterartig nebeneinander gestellt; sie decken sich nicht gegenseitig, sondern bilden mit ihren gegen- seitigen Begrenzungsflächen ein echtes Mosaik. Auch sind sie kürzer, gedrungener geworden, wenn auch noch immer eine Dimension deutlich überwiegt; ihre Begrenzungsflächen sind aus- gezackt, sodass sie etwas an die Epithelzellen des Lymphgefäss- systems der Wirbeltiere erinnern. In Fig. 13 sieht man ferner ganz kleine Ösophagealarterien von einer mittelgrossen sich abzweigen: schon bei schwacher Vergrösserung ist der dabei auftretende Unterschied im Bau der versilberten Innenwand deutlich zu bemerken. In Fig. 10, 11 und 12 sind auch die Verzweigungen kleiner Speicheldrüsen- arterien sowie stellenweise ihr Übergang in die von Silber er- füllten und dadurch geschwärzten Bindegewebsspalten dargestellt. Fig. 14 endlich stellt bei ziemlich starker Vergrösserung eine kleine sich verzweigende Darmarterie von Limnaeus stagnalis, Fig. 15 und 16 kleine Arterien von Helix pomatia, natürlich nach Silberinjektion dar. Ein Jeder, der sich diese kleinen Arterien für sich anschaut, wird ohne Bedenken zugeben, dass dieselben ein deutliches Epithel besitzen (wie ja auch schon Eberth, Legros und Nalepa angegeben haben), und dass dasselbe grosse Ähnlichkeit mit dem Epithel (.‚Endothel“) nicht gr 116 R. S. BERGH, der Blutgefässe, sondern der Lymphgefässe der Wirbeltiere hat; die Zellen grenzen nicht mittelst gerader Begrenzungslinien an- einander, sondern sind reichlich ausgezackt, sodass sie mittels Fortsätze ineinander eingreifen. In den kleinsten (Fig. 15) ist auch das starke Überwiegen einer Dimension in den Formen der Zellen nicht mehr konstant. Zwei Stücke ganz kleiner Arterien (von denen die eine sich eben verzweigt) sind in Fig. 17 und 18 nach Fixierung in 30 P/sigem Alkohol und Färbung in Methylviolett dargestellt. Die Kerne der innersten Schicht, des Epithels sind sehr läng- lich; dann folgt ausserhalb dieser Intima eine bindegewebige innere Adventitia, aus kleineren Bindegewebszellen bestehend, deren Kerne bedeutend kürzer als diejenigen der Epithelzellen sind; stellenweise ist auch das Protoplasma dieser Bindegewebs- zellen deutlich erkennbar. Endlich sieht man hier und da die äussere Adventitia, aus den grossen rundlichen „Plasmazellen“ bestehend !). Nach der obigen Darstellung ist es klar, dass die auffallende Thatsache, dass die kleinen Arterien der Schnecken ein deut- liches inneres Epithel besitzen, dass dagegen das Herz und die grossen Arterien eines solchen entbehren, nicht so zu verstehen ist, dass in jenen eine neue Schicht hinzukommt, welche diesen ı) Von Eberths Beschreibung der Arterien mag folgendes als die Haupt- sache angeführt werden: „Die Arterien besitzen nach dem Ursprung aus dem Herzen eine sehr zarte, kernführende Intima, in der Höllenstein ähnliche, aber viel unregelmässigere Zeichnungen hervorruft, wie auf der Aussenfläche des Darms und der fingerförmigen Drüsen. Wie später erörtert werden soll, findet sich für diese Figuren, nach den verschiedenen Übergangsformen zu schliessen für jetzt kaum eine andere Erklärung, als die, dass sie teils verschmolzene, teils selbständige Zellen sind. Nicht selten gelingt es auch spindel- oder stern- förmige, kernhaltige Figuren aufzufinden, die ich als Zellen beanspruchen muss. Gegen die Peripherie tritt im Widerspruch mit Semper eine Epithelauskleidung immer deutlicher hervor und Gefässe von '!/s—!/ mm Durchmesser besitzen schon eine zellige Intima. Die einzelnen Zellen sind schöne, von welligen Linien begrenzte, polygonale Platten‘ ete. — Nur von den kleineren Arterien hat Eberth Abbildungen gegeben, nicht von den grösseren. Beiträge zur vergleichenden Histologie 117 fehlt; eine solche Auffassung würde schon etwas sehr paradoxal erscheinen. Die Verhältnisse sind in der Weise zu deuten, dass dieselbe Schicht (die Intima, wie wir sie. ganz wohl nennen können) in dem Herzen und in den grösseren Arterien aus echten, langgestreckten, verzweigten Muskelzellen besteht (welche untereinander in mannigfacher Weise verfilzt sind und sich oft gegenseitig decken, sodass kein Pflaster zustande kommt), in den kleinen Arterien dagegen aus kurzen, zackigen Zellen sich zu- sammensetzt, welche ein echtes Pflaster bilden und demgemäss ganz wohl als Epithelzellen bezeichnet werden können. Mit anderen Worten: die Epithelzellen in den kleinen Arterien sind als umgeformte Muskelzellen zu betrachten. Diese Auslegung hat in der That nichts Paradoxales. Kennen wir doch schon Muskel- zellen von sehr kurzer, gedrungener und gelappter Form, z. B. aus der Aorta des Menschen und der Säugetiere!). Und dass die Epithelzellen in den kleineren Gefässen der Wirbeltiere noch mit der Eigenschaft der Kontraktilität ausgestattet sind, wissen wir auch aus den Untersuchungen der neueren Zeit. Schon seit langem hat man ja dies für die embryonalen Epithelzellen der Gefässe festgestellt; den Untersuchungen der späteren Jahre gelang es aber nachzuweisen, dass auch bei erwachsenen Tieren die Epithelzellen gewisser Gefässe kontraktil sind, ja sich unter Umständen von der Gefässwand loslösen und sogar als Phago- cyten fungieren können). Dass die Epithelzellen der kleineren Arterien der Pulmonaten kontraktil sind, halte ich für äusserst wahrscheinlich; positiv kann ich es allerdings nicht nachweisen. Schon vor Jahren?) habe ich die Hypothese ausgesprochen, dass die Gefässe im Tierreiche auf Grundlage von kontraktilen 1) Vgl. z. B. J. Renaut, Traite d’histologie pratique. Tom. 1. (1893). Fig. 311. pag. 842. 2) Vgl. hierüber E. Metschnikoff, Lecons sur la pathologie comparee de l’inflammation. Paris. 1892. pag. 163 ft. 3) Neue Beiträge zur Embryologie der Anneliden. I. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. 50. 1890. pag. 522. 118 R. S. BERGH, Zellen entstanden seien. Vielleicht sind die oben angeführten Thatsachen dazu geeignet, dieser Hypothese eine weitere Stütze zu geben. Immerhin müssen, um derselben eine festere Be- gründung zu geben, noch viele diesbezügliche Untersuchungen an wirbellosen Tieren angestellt werden. Es erübrigt mir noch, über den Bau der Lungenvenen ein paar Worte zu sagen. Von der Existenz eines inneren Epithels ist hier ebensowenig wie im Herzen und in den grossen Arterien die Rede. Dies hat schon Eberth angegeben; doch scheint ir sein Ausspruch: „Die grösseren Röhren haben die gleiche Struktur wie Herz und Vorkammer“ etwas zu weitgehend. In- jiziert man die Lungen mit ihren zahlreichen Verzweigungen von der Vorkammer aus mit salpetersaurem Silberoxyd'), so erhält man (nach Aufschlitzen und Ausbreiten des grossen centralen Stammes) Bilder wie Fig. 19 und 20. Die erstere stellt ein Stück der angehefteten, die letztere ein Stück der frei in die Lungenhöhle vorspringenden Wand dar. In dieser haben die Muskelfasern der innersten Schichten einen ziemlich regel- mässigen, queren Verlauf, bilden eine ansehnliche Ringfaserlage; nach aussen folgen dann Schichten von längslaufenden Fasern; die Fasern liegen meistens einander dicht an; oft liegen sie über- und untereinander, wie in den Arterien; doch ist ihr Verlauf und ihre Form eine viel regelmässigere als in diesen; sie sind viel weniger verzweigt. Sie gehören aber demselben Grundtypus wie die Muskelfasern der Arterien (nicht wie diejenigen des 1) Bei solchen Injektionen bekam ich ausser den Lungenvenen noch in dem dünnwandigen, linken Teil der Lunge einige kleine Gefässe injiziert , die ganz das Aussehen kleiner Arterien hatten (sie besassen ein deutliches „Epithel‘) und sich in umgekehrter Richtung wie die Lungenvenen verzweigten. Eine Verbindung mit den letzteren war nicht nachzuweisen, und das sonstige Arterien- system war nicht injiziert. Mir ist dieses Verhalten unverständlich geblieben; es verdient aber näher untersucht zu werden. Beiträge zur vergleichenden Histologie. 119 Herzens) an: dem protoplasmaarmen. — In dem angehefteten Teil der grossen Lungenvene sind die Verhältnisse insofern etwas modifiziert, als an vielen Stellen Gruppen der grossen, rundlichen Bindegewebszellen (Brocks Plasmazellen) zwischen die Muskel- zellen eingelagert sind. Dadurch wird der Verlauf der Muskel- fasern weniger regelmässig als in dem frei vorstehenden Teil der Vene, indem sie in verschiedener Weise auseinander gedrängt werden; immerhin ist der Hauptverlauf noch immer ein querer. Die tieferen, längsverlaufenden Fasern haben einen etwas regel- mässigeren Verlauf (sie sind in der Figur nicht angedeutet). Von der grossen Lungenvene sind in Fig. 21 und 22 noch zwei Schnittfragmente abgebildet; Fig. 21 ist der freien, Fig. 22 dem angehefteten Teile hergenommen. Die Bindegewebsgrund- substanz ist durch Säurefuchsin rot, die Muskelfasern durch Pikrinsäure gelb gefärbt. Man erkennt ähnliche Verhältnisse wie in den Arterien; aber die Muscularis ist dünner, und die grossen Plasmazellen sind viel mächtiger entwickelt und springen stellenweise (Fig. 22) ins Lumen vor, was in den Arterien nicht vorkommt. Die kleineren Lungenvenen haben denselben’ Bau wie die grossen, nur dass die Schichten allmählich dünner werden!) 1) Eberth (l.c. pag. 92) beschreibt den Bau der Lungenvenen folgender- massen: „Die grösseren Röhren haben die gleiche Struktur wie Herz- und Vor- kammer. Ein Epithel fehlt. Betreffs der feineren Bluträume wüsste ich der Beschreibung Sempers kaum etwas beizufügen. Dieselben sind wirklich keine Kanäle mit eigener Wand, sondern unregelmässige, grössere und kleinere mit einander kommunizierende Lakunen. Ihre Begrenzung ist eine zarte, strukturlose Bindegewebschichte, die direkte Fortsetzung des die Lungenhöhle begrenzenden Bindegewebslagers. Zahlreiche in senkrechter uud schräger Richtung von diesem abgehende, fadenförmige und membranöse Bälkchen, welche ovale oder rundliche sparsame Kerne führen und mit einander kom- munizieren, stellen eine Art kavernöses Gewebe her, in dessen Lücken das Blut stömt. Nirgends war es möglich, in diesen ein Epithel zu finden. Ebenso wenig gelang es sonst eine besondere Bindegewebslage als eigene Wand der Bluträume nachzuweisen, und so mag die Bezeichnung derselben als Lakunen gewiss ihre Berechtigung haben.“ 120 R. S. BERGH Der elastische Stoff, welcher bei Wirbeltieren eine so grosse Rolle im Aufbau des Gefässsystems spielt, das Elastin, fehlt bei den Schnecken vollkommen. Namentlich die sehr zuverlässige Probe mittelst des sauren Orceins ergiebt immer vollkommen negative Resultate. Ist die Silberlösung durch die Lungenvenen in den Darm- sinus eingedrungen, so hebt sich dieser durch eine schwache Bräunung seiner Wandung deutlich ab, und es zeigt sich sein Lumen von grossen, neben einander in dichter Anordnung ge- stellten ‚„„Plasmazellen‘‘ begrenzt (Fig. 23) und kennzeichnet sich derselbe dadurch leicht als ein Bindegewebsraum. Nach dem obem Mitgeteilten vermag ich nicht, mich der heutzutage allgemein angenommenen Anschauung von einem radikalen Unterschied zwischen Arterien und Venen bei Mollusken anzuschliessen: erstere seien nach dieser Auffassung echte Ge- fässe, letztere aber nur Sinusse im Bindegewebe. Nach den oben dargelegten Thatsachen ist der Unterschied zwischen Arterien und Lungenvenen eben kein radikaler, sondern nur ein gradueller: weder für die einen, noch für die anderen ist die Existenz eines Epithels („Endothels“) charakteristisch; die Wandungen beider be- stehen aus Bindegewebe und Muskulatur, welche in den Arterien relativ stärker, in den Lungenvenen schwächer entwickelt ist. Dagegen ist das Herz durch die Art seiner Muskulatur (proto- plasmareiche Fasern) sowohl von den Arterien wie von den Venen verschieden. Also ist insofern das anatomische Verhalten analog demjenigen bei den Wirbeltieren: das Herz ist durch eigenartige Muskulatur ausgezeichnet; Arterien und Venen bestehen aber aus denselben Geweben und Gewebselementen, die nur in ver- schiedener relativer Stärke ausgebildet sind. Es ist wahrscheinlich, dass auch bei den anderen Gruppen der Mollusken entsprechende histologische Verhältnisse des Herzens, der grösseren und der kleineren Gefässe sich vorfinden. Beiträge zur vergleichenden Histologie. 121 Jedenfalls sprechen die kurzen Mitteilungen von Eberth über Cephalopoden und Muscheln dafür, ebenso Grobbens und meine Angaben über das Herz der Muscheln. 94) behauptet Eberth, stellenweise als Begrenzung der Leibeshöhle an der In seiner schon oft citierten Arbeit (l. ec. p. 9 Oberfläche gewisser Organe von Helix ein Epithel durch Silber- behandlung nachgewiesen zu haben. So namentlich an den fingerförmigen Drüsen, weniger deutlich am Ösophagus und an dem Magen. Aus den den letztgenannten Organen hergenommenen Fig. 4, 5, 7 seiner Abhandlung lässt sich nun schwerlich die Existenz eines Epithels mit Sicherheit behaupten, und selbst bez. der viel deutlicheren epithelähnlichen Zeichnung an den finger- förmigen Drüsen (Fig. 1 seiner Arbeit) lassen sich Bedenken geltend machen. So sagt Eberth selbst (l. c. p. 98): „Während hier (s. am Darm) mehr sternförmige, kernhaltige Figuren sich finden, trifft man dort fast nur spindelförmige bis 0.140 mm. Länge mit schönem Kern, neben kleineren und grösseren kernlosen Feldern“ und (p. 94): „Die Kerne liegen teils im Centrum der Figuren, teils peripher; sehr häufig werden sie auch von deren Kontüren geschnitten, so dass die eine Hälfte in der einen, die andere in der zweiten Figur zu liegen scheint“. Wenn nun diese Bemerkungen auch die Sache etwas zwei- felhaft machen müssen, so ist es doch merkwürdig, dass diese Angaben nicht nachuntersucht worden sind, insbesondere da die Frage, ob die Leibeshöhle der Mollusken von einem Epithel aus- gekleidet sei oder nicht, und deren negative Beantwortung mit zur Grundlage allgemeiner Theorien erhoben worden ist. Be- kanntlich ist heute allgemein angenommen, dass die Leibeshöhle der Mollusken (exkl. die Perikardialhöhle) keine epitheliale Aus- kleidung hat; die Verfasser, welche hierüber theoretisiert haben 122 ö R. S. BERGH, [z. B. OÖ. und R. Hertwig'), Brock {l. c.), G robben?)| scheinen die Eberthschen Angaben nicht gekannt zu haben und haben wenigstens dieselben nicht widerlegt. Bei der ersten Untersuchung dieses Gegenstandes, zumal der äusseren Bekleidung der fingerförmigen Drüsen, war ich ge- neigt, die Ansicht Eberths über die Existenz eines Epithels zu teilen; je mehr ich mich indessen mit der Sache beschäftigte, desto zweifelhafter wurde mir diese Auslegung der zu Gesicht kommenden Bilder. Schliesslich gelang es mir durch Fixierung der genannten Organe in dem Renautschen Gemisch von Os- miumsäure und salpetersaurem Silberoxyd und nachträglicher Färbung der abgezogenen Gewebs-Lamellen durch Methylviolett festzustellen, dass in der That hier kein Epithel als Begrenzung der Leibeshöhle vorhanden ist. Die Silberlinien (vergl. Fig. 24) sind manchmal viel unregelmässiger verlaufend, als sie es wären, wenn ein wirkliches Epithel vorhanden sei, und das Verhalten der Kerne zu jenen ist, wie von Eberth in dem oben citierten Satze angegeben. Durch die genannte Behandlungsweise gelingt es aber zugleich, das Protoplasma der Zellen zu färben, und es stellt sich dabei heraus, dass die Kerne Bindegewebszellen an- gehörig sind, welche verzweigte Ausläufer haben, durch welche sie reichlich mit einander anastomosieren. Ich dachte nun zu- nächst daran, ob hier vielleicht ein ähnliches Verhalten vorliege, wie es Ranvier?°) in so höchst interessanter Weise für das grosse Netz gewisser Säugetiere beschrieben hat: dass die Zellen in ihrem oberflächlichen Teil epithelartig, in ihrem tieferen Teil 1) O.u.R. Hertwig, Die Cölomtheorie. Jenaische Zeitschr. f. Naturwiss. Bd. 15. 1881. 2) C. Grobben, Morphologische Studien über den Harn- und Geschlechts- apparat sowie die Leibeshöhle der Cephalopoden. Arbeiten a. d. zool. Institut Wien. Tom. 5. 1884. pag. 179 ff. 3) L. Ranvier, De l’endothelium du peritoine et des modifications qu’il subit dans l’inflammation experimentale. Comptes rendus. Tom. 112. 1891. pag. 842. [1 Beiträge zur vergleichenden Histologie. 12 aber bindegewebig ausgebildet sind; da aber gar keine Relation zwischen Kernen und Silberlinien existiert, kann davon auch keine Rede sein. Es liegt also als äussere Begrenzung der fingerförmigen Drüsen eine feine bindegewebige Membran vor, aus einer Grundsubstanz mit eingelagerten, anastomosierenden Zellen bestehend (hier und da kann auch eine „Plasmazelle“ vorkommen, wie in Fig. 24). — Bei Untersuchung der in oben genannter Weise angefertigten Zupfpräparate kommen auch häufig die kleinen Arterien vor, welche der Oberfläche der ein- zelnen Drüsenschläuche entlang ziehen. Das Epithel derselben ist sehr deutlich; in jeder Zelle sieht man einen deutlichen Kern ; aber solche Protoplasmaausläufer, wie an den Bindegewebszellen, sind keineswegs wahrzunehmen. Sie bilden somit eine gute Kontrolle. Was bedeuten aber die unregelmässigen Silberlinien an der Oberfläche der fingerförmigen Drüsen? Ich vermag hierauf keine ganz sichere Antwort zu geben, vermute aber, dass es sich nur um ganz kleine Falten handelt, in welche sich das Silber niederschlägt. Um die Drüsen recht prall gefüllt zu er- halten, unterband ich bisweilen vor dem Abschneiden und dem Eintauchen derselben in die Fixierungsflüssigkeit den Ausfüh- rungsgang, bekam aber durch diese Methode kein anderes Resul- tat als beim einfachen Abschneiden derselben. Kopenhagen, Mitte September 1897. Erklärung der Abbildungen. 1. Stück der ausgespannten Atrialwand von Helix pomatia, von der Innenfläche. Osmiumsäure, Pikrokarmin. Seibert, Obj. V, Ok. 1. . 2. Ein ähnliches Präparat, mit 30% ,igem Alkohol behandelt, mit Pikro- karmin gefärbt und gepinselt. Seibert, Obj. V, Ok. 1. ig. 3. Stück der Atrialwand von Helix pomatia; Silberimprägnation. Seibert, Obj. V, Ok. I. . 4. Stück eines Schnittes durch die Atrialwand von Helix pomatia. Seibert, Obj. V, Ok. I. .5. Stück der Aorta cephalica von Limnaeus stagnalis, mit Silberlösung injiziert, gespalten und von der Innenfläche betrachtet. Seibert, Ob5-V,5 Ok: 1. .6. Stück der Aorta visceralis von Helix pomatia. Gleiche Behandlung und Vergrösserung wie bei Fig. 5. . 7—8. Stücke der Innenwand mittelgrosser Arterien aus dem Binde- gewebe des Üentralnervensystems von Helix pomatia. Gleiche Be- handlung und Vergrösserung wie bei Fig. 5. .9. Stück eines Querschnitts der Aorta cephalica von Helix pomatia. Alkohol, Hämatoxylin; Säurefuchsin-Pikrinsäure. Zeiss, Obj. F, Ok. 1, (einige Details sind nach dem Apochromat homog. Imm. 2 mm; 1,3 eingezeichnet). . 10. Verästelung kleiner Arterien in den Speicheldrüsen von Helix pomatia und Übergang derselben in Bindegewebsspalten. Silberinjektion Seibert, Obj. II, Ok. I. . 11—12. Kleine Arterien (und Bindegewebsspalten) aus den Speicheldrüsen von Helix pomatia. Silberinjektion. Seibert, Obj. II, Oe. 1. . 13. Verästelung einer kleinen Ösophagealarterie von Helix pomatia. Silber- injektion. Seibert, Obj. II, Ok. I. . 14. Kleine Darmarterie von Limnaeus stagnalis. Silberinjektion. Seibert, Obj. V, Ok. 1. . 15. Kleine Arterie aus den Speicheldrüsen von Helix pomatia. Gleiche Behandlung und Vergrösserung. . 16. Kleine Arterie aus der Lunge von Helix pomatia. Gleiche Behandlung und Vergrösserung. . 17—18. Kleine Arterien aus der Zwitterdrüse von Helix pomatia. 30°/, iger Alkohol, Methylviolett. Seibert, homog. Imm. "/ız, Ok. I. Erklärung der Abbildungen. 125 5 le), ig. 20. . 23. Stück des angehefteten Teils der centralen Lungenvene von Helix pomatia, nach Silberinjektion gespalten und von der Innenfläche be- trachtet. Seibert, Obj. V, Ok. 1. Stück des frei vorspringenden Teils der Lungenvene, wie Fig. 19 be- handelt und vergrössert. . 21—22. Stücke von Querschnitten durch die centrale Lungenvene von Helix pomatia (21 des freien, 22 des angehefteten Teils derselben) Alkohol, Hämatoxylin, Säurefuchsin-Pikrinsäure, Zeiss, Apochr homog. Imm. 2 mm 1,3. Komp. Ok. 4. Stück des Darmsinus von Helix pomatia mit kleineren sinusartigen Räumen, durch Injektion sehr schwach versilbert. Seibert, Obj. V, OR. T. . Oberflächliches Bindegewebe an den fingerförmigen Drüsen von Helix nemoralis (Zupfpräparat). Renaut’s Osmium-Silbergemisch, Methyl- violett. Seibert, Obj. VI, Ok. 1. wo. We; n Dr Ne | el Desche 7 I Hua Men { a h ll ı I { un FR: IR üe MR J Al BR BERN aa" an ur) ’ | N N ar U ji N N a UMBAU fa Ve \ E A ih { 1 s Ka, u ar | ya Re, A een #N kur am w re N PAIN i pl Me DAS DBEREBRUSTBEINENDE UND DAS LIGAMENTUM INTERGLAVIGULARE NEBST ZUSAMMENSTELLUNGEN VERHÄLTNIS DES OBEREN SAGITTALEN BRUSTDURCHMESSERS BRUSTBEINLÄNGE ZUR KÖRPERLÄNGE. VON A. KIRCHNER, DÜSSELDORF. ua N hl ar AN =; f # im - } ’ Li . | » -, x | \ \ j # Inn = } 1 j RE ® h t r - N kr Fi { \ \p! { i 2 - I 7 M% j r i kr B Li) wre - di N f r h U alte: ‚ Y ® BR 2 Nee a A N ' u INTER Ber ua) 1 ie He Ber a N ER SE jr TR a N | Pk SCN SR FR Ei N de 4 en di, Fe aa a R Ar kr - "R SR RER DO Pre TR : IHASENVAJOHSTH MU TIOM Ber RUE At naeh BERNER IC MEINEN ORAL Ne 1 E: ei wa A h e us, Vi ir au tut) M . x v > er in Bee, e. h Um DR Ar j N Keh, x + R | had < hal An ” Y Pe u N? Y hr = N a ge Bar BE A OR Rn N yon ur m BR In den Jahren 1891—94 nahm ich bei einer grösseren An- zahl von Mannschaften des Infanterie-Regiments Nr. 78 in Osna- brück, im ganzen etwa 900 Mann, Brustmessungen vor, wesent- lich zu dem Zweck, die Lage der Brustwarze und das Verhältnis der Herzspitze zu jener genau festzustellen. Bei dieser Gelegen- heit nahm ich regelmässig den oberen sagittalen Brustdurch- messer in Höhe des oberen Endes des Brustbeins. Dies geschah in der Weise, dass ich den einen Knopf des Tasterzirkels auf die Mitte des oberen Randes des Brustbeins (Ineisura semilunaris sterni), den anderen in gleicher Höhe auf den gegenüberliegenden Dornfortsatz aufsetzte. Hierbei erhielt ich in den ersten Jahren, 1891—93, ausserordentlich verschiedene Werte. Die Grösse jenes Durchmessers schwankte zwischen 10 und 16,5 em, und es war auffallend, dass nicht etwa mit der Abnahme der Körper- länge die Grösse desselben in einem gewissen Verhältnis abnahm, sondern innerhalb derselben Körperlänge die grössten Schwan- kungen vorkamen und mehrfach zwei von einander getrennte Höchstzahlen der häufigsten Masse zu verzeichnen waren (Taf. I). Eine Zusammenstellung der Zahlen für den Jahrgang 91 zeigt dies Verhältnisrecht auffallend bei der Körperlänge 170 und besonders in der Summe, in welcher sich ebenfalls zwei getrennte Höhepunkte, einer mit 21 bei 14 cm, der zweite mit 22 bei 11 cm, finden, dazwischen ein Abfall auf 6 bei 12,5 cm. Vor dem Aufsetzen des Knopfes des Tasterzirkels hatte ich mir stets die Incisur genau angefühlt und in einer Reihe von Fällen gefunden, dass ich, um zu dem obersten Rande zu gelangen, in der Incisur ein Stück schräg nach hinten und aufwärts gleiten musste, und dass sich in diesen Fällen jener Rand sehr scharf erwies. Ich setzte Anatomische Hefte. I. Abteilung. XXXI. Heft (10. Bd., H. 1). 1) 130 A. KIRCHNER, alsdann den Knopf vorn an diesem scharfen Rande auf. Ganz vorwiegend diese Fälle waren es, in welchen ich die kleinen Durchmesser von 11,5—10 cm erhielt. Dieses für mich sehr auffallende Verhalten der Ineisur näher zu studieren fand ich bei einera dienstlichen Aufenthalt in Göt- tingen im Frühjahr 94 Gelegenheit. Auf meine Bitte stellte mir Herr Professor Merkel die Brustbeinsammlung des anatomischen Instituts und drei Leichen zur Verfügung. Ihm sowohl wie Herrn Professor Kallius spreche ich für ihr Entgegenkommen und ihre Unterstützung auch an dieser Stelle meinen verbind- liehsten Dank aus. Das Ergebnis der Untersuchung der Brust- beine habe ich am Schluss zusammengestellt (Taf. II). Die Zahl der untersuchten Brustbeine betrug 27. Sie waren sämtlich einzeln, die Grösse und sonstige Beschaffenheit der Personen, denen sie zugehört hatten, nicht bekannt. Drei von ihnen, Nr. 6, 15, 17, gehörten sehr wahrscheinlich Kindern an. Von diesen drei abgesehen schwankt die Länge der Brustbeine zwischen 13 und 18 em, und zwar kommt eine etwas grössere Zahl: 13 auf die grösseren Masse von 18—16 cm, eine kleinere: 11 auf die Masse von 15,5—13 cm. Am zahlreichsten, 3 bis 5, sind Längen von 17,5—16,5 und 15—14,5 vertreten. Der Hand- griff ist ausserordentlich verschiedengestaltige. Bei derselben Länge des Brustbeins ist der erstere sehr verschieden lang und breit, der Einschnitt von ganz verschiedener Breite und Tiefe, so dass nicht zwei Brustbeine in diesen Verhältnissen einander gleichen. Darüber, ob die mit verhältnismässig langem Hand- griff weibliche Brustbeine sind, liess sich naturgemäss nichts feststellen. Sehr verschieden zeigte sich die Krümmung des Hand- griffs in der Längsrichtung. Ich habe die Krümmung sämtlicher Brustbeine durch Entlangführen eines Stifts aufge- zeichnet und gefunden, dass der Körper stets sehr wenig ge- krümmt ist, der Handgriff zunächst die gerade Fortsetzung des Das obere Brustbeinende und das Ligamentum interclavieulare ete, 131 Körpers bildet, dann aber sich in vielen Fällen mehr oder minder stark nach hinten krümmt; in anderen Fällen ist die Krümmung des ganzen Handgriffs gleich der des Körpers äusserst gering, zuweilen fast gar nicht vorhanden. Schon dieses Verhalten er- klärt zum Teil die sehr verschiedenen Werte für den oberen sagittalen Brustdurchmesser. Ein sehr bemerkenswertes Ergebnis hatte die vergleichende Betrachtung der Incisuren. Ich fand dieselbe je 7mal stark — bis zu 0,6 cm — und mässig vertieft, 1Omal flach und sehr flach, 2mal fast wagrecht, einmal nach oben gewölbt, also negativ. Ein ausgesprochener Einschnitt war also nur in der Hälfte der Fälle vorhanden. Das obere Ende des Handgriffs ist am Ein- schnitt sehr verschieden dick; seine Dicke schwankt zwischen 0,3 (Nr. 9) und 1,5 cm (Nr. 7). Der Knochenrand ist daselbst bald abgerundet, zuweilen eigentümlich nach vorn oder hinten vorgewulstet (Nr. 21 und 22), bald läuft er scharf aus, und zwar entweder in der Weise, dass der ganze oberste Abschnitt des Handgriffs sehr dünn ist, oder so, dass sein oberster Rand am Einsehnitt schräg nach hinten aufsteigt und an seiner Grenze gegen die hintere Fläche in einer mehr oder minder scharfen Kante endet (Nr. 7, 18, 20, 23, 25). In den letzteren Fällen war das Verhalten des Einschnitts so, wie ich es beim Lebenden wiederholt gefühlt hatte, und wie es mir V eranlassung gab, den Knopf des Tasterzirkels gegen den scharfen Rand weiter auf- wärts und nach hinten zu führen. Die Form des Einschnitts war in diesen Fällen verschieden; meist war er flach, einmal (25) stark vertieft. An einem Brustbein (Nr. 17) fand ich das Ligamentum inter- clavieulare erhalten. Dasselbe überragte den ziemlich ausge- sprochenen Einschnitt, sass demselben zum Teil fest auf und zeigte einen scharfen oberen Rand; nach diesem zu stieg der oberste Teil des Handgriffs steil auf, und der von letzterem nach dem Bande hinübergleitende Finger gelangte ohne das Gefühl 9* 132 A. KIRCHNER, eines auffallenden Absatzes vom Einschnitt zum oberen Rande des Bandes. Es war nun für mich von grossem Interesse, an weiteren Präparaten das Verhalten dieses Bandes festzustellen. Hierfür standen mir mehrere Spirituspräparate und drei frische Leichen zur Verfügung. Das Ergebnis dieser immerhin wenig zahlreichen Untersuchungen war folgendes. Bei einigermassen ausgesprochener Incisur überragt das Band dieselbe deutlich, bei tiefem Einschnitt zieht es in Form eines queren Stranges durch denselben hindurch, bei flachem Einschnitt ragt es zuweilen kaum über den oberen Rand des Handgriffs hinaus. Namentlich im letzteren Falle, aber auch, wenn die Ineisur deutlich vertieft ist, liegt es jenem Rande, durch lockeres oder strafferes Bindegewebe mit ihm verbunden, an, in anderen Fällen dagegen sitzt es dem ganzen oberen Rande des Handgriffs, mit ihm fest verbunden, auf und zeigt einen dreieckigen Querschnitt. Zuweilen sind, wie bei dem Brustbein 17, nur die vorderen oberen Fasern des Bandes fest mit dem Rande des Hand- griffs verbunden, während die hinteren unteren nur anliegen. In jedem Falle fand ich den freien oberen Rand des Bandes scharf, gewissermassen zugespitzt. In den Fällen, wo das Band überragt, namentlich wenn es dem oberen Handgriff- rande breit aufsitzt, hat man beim Hinübergleiten des Fingers von diesem Rande zum oberen Rande des Bandes das Gefühl, als ob man auf einer schiefen Ebene nach hinten und aufwärts gleitet, ähnlich wie wenn das Brustbein selbst hier einen schräg nach hinten aufsteigenden Rand hat, wie ich das oben beschrieben habe. Man kann daher bei unversehrter Hautbedeckung, wie ich mich an den drei Leichen überzeugt habe, sehr im Zweifel sein, ob die schräge Fläche dem Brustbein oder dem Bande an- gehört. Letzteres hat eine etwas geringere Härte und eine gewisse Elastieität, und wenn es nicht dem oberen Handgriffrande ganz breit aufsitzt, fühlt man bei einiger Übung doch einen leichten Absatz dicht oberhalb jenes Randes. So kann man wohl in den Das obere Brustbeinende und das Ligamentum interclaviculare ete. 133 meisten Fällen auch bei erhaltener Haut über den Befund sich vergewissern. Nach Henle (Handbuch der Bänderlehre S. 67) ist das Ligam. interelaviculare gegen den halbmondförmigen Ausschnitt des Brustbeins durch lockeres Bindegewebe mehr oder minder deutlich abgesetzt. Nach meinen Untersuchungen ist dies dahin zu ergänzen, dass das Band in einer Anzahl von Fällen in fester Verbindung mit dem oberen Rande des Handgriffs steht und so ein wirkliches Verstärkungsband der Kapsel des Sternoclavi- culargelenks, ein Ligamentum sternoclaviculare posterius, dar- stellt. Hyrtl (Lehrbuch, S. 325) spricht von dem rundlichen Ligam. interclaviculare. Das mag für manche Fälle zutreffen. In den von mir untersuchten, war sein oberer Rand stets scharf, seine Gestalt öfters ausgesprochen dreikantig. Nach diesen Untersuchungen war es mir nicht mehr zweifel- haft, dass ich in vielen Fällen den Tasterzirkel nicht auf den oberen Brustbeinrand, sondern vorn auf den oberen Rand des Ligam. interclaviculare aufgesetzt hatte. Bei der Schwierigkeit zu unterscheiden, ob der obere Rand des Brustbeins in der Incisur schräg hinten aufwärts aufsteigt, oder ob die schräge Fläche dem Bande angehört, halte ich es behufs Erlangung vergleichbarer Werte für notwendig, den oberen sagittalen Durchmesser der Brust in der Weise zu nehmen, dass der Zirkelknopf, wenn eine solche schräge Fläche im Einschnitt gefühlt wird, stets an der unteren Begrenzung derselben aufgesetzt, also die ganze Dicke des oberen Brustbeinendes in den Zirkel hineinge- nommen wird. Nach diesem Grundsatz verfuhr ich bei einer neuen Reihe von Messungen im Herbst 94 und fand für jenen Durchmesser nunmehr andere Werte (Taf. I). Die kleinen Zahlen von 11—10 cm fielen ganz weg, Werte von 14 und 13,5 cm fanden sich in erheblich grösserer Zahl, und von da fällt die Anzahl der Werte, wie sie von 16,5 zu 14 allmählich aufstieg, zu 11,5 allmählich ab. Dieses Ergebnis ist um so bemerkens- 134 A. KIRCHNER, werter, als ich im Jahre 94 eine grössere Anzahl kleinerer Leute bis zu 155,5 Körperlänge herunter mass, die im Jahre 91 fehlten. Auch bei den kleinen Leuten fanden sich Werte von 12 und 11,5 cm nur ausnahmsweise, am häufigsten 13,5 und 13 cm!). Bei den Messungen im Herbst 94 habe ich mich bemüht, in jedem Falle festzustellen, in welcher Ausdehnung das Lig. interclaviculare den oberen Brustbeinrand überragt. Wie oben erwähnt, ist diese Feststellung wegen der Beschaffenheit und Verbindungsweise des Bandes mit dem oberen Brustbeinrande öfters schwierig, doch glaube ich nach vielfacher Übung den Befund meist richtig wiedergegeben zu haben. Ich fand zwischen den grossen und den kleinen Leuten einen gewissen Unterschied. Unter den grossen — 255 — war bei 124 das Band deutlich fühlbar, darunter bei 33 stark, bei 6 sehr stark hervorragend, bei 39 war es eben fühlbar, bei 14 kaum fühlbar bezw. undeut- lich, bei 56 nicht fühlbar. Das Band war also in !/s der Fälle kaum bzw. nicht fühlbar. Unter den kleinen Leuten — 36 — war es bei 34 deutlich fühlbar, darunter bei 12 stark hervorragend, nur bei 2 war es kaum fühlbar bzw. undeutlich. Über die Beschaffen- heit namentlich die Tiefe der Incisur war es mir nicht möglich mich genau zu unterrichten, da hier die Ansätze der Kopfnicker stören. Will man indes daran festhalten, dass bei flacher Ineisur das Band meist wenig oder gar nicht, bei mehr oder minder iefer Incisur dasselbe mehr oder minder stark hervorragt, so 1) Wintrich (Krankh. d. Respirationsorgane im Handb. d. spez. Patho- ogie u. Therapie, red. v. K.Virchow, Bd. V, Abt. I, S. 82) giebt als Durch- schnittszahl des oberen sagittalen Brustdurchmessers (Diameter sterno-verte- bralis) bei24 —25 jährigen Männern (50 Untersuchte) 16,58 cm an. Mit dieser Zahl sind die meinigen nicht zu vergleichen, da der Wintrich’sche obere sagittale Brustdurchmesser in der Höhe seines oberen Brustumfangs liegt, welcher den höchsten zugänglichen Punkt der beiden Achseln durchzieht. Dieser in seiner Höhenlage inkonstante Brustumfang schneidet das Brustbein nach meinen Messungen stets unterhalb der Incisur; der Wintrich’sche Durchmesser ist deshalb grösser als der von mir festgestellte obere sagittale Brustdurchmesser. Das obere Brustbeinende und das Ligamentum interclaviculare ete, 135 würden nach jenen Untersuchungen bei den kleinen Leuten deutliche Incisuren häufiger sein als bei den grossen. Sehr auffallend war mir bei diesen Untersuchungen der erhebliche Unterschied in der Entfernung der Luftröhre von der Ineisur bzw. dem Ligament. Diese Entfernung ist manchmal so gering, die Luftröhre liegt so eng an, dass es unmöglich ist, mit der Fingerspitze zwischen beiden einzudringen, in anderen Fällen drang diese mit Leichtigkeit tief zwischen oberem Brust- beinrand und Luftröhre ein. In ersterem Falle fand ich meist den Handgriff stark gekrümmt, schräg nach hinten oben auf- steigend und mehrmals das Band mit scharfem Rande nach hinten ragend, in letzterem den Handgriff sehr schwach oder gar nicht gekrümmt. Der obere sagittale Brustdurchmesser war in ersterem gewöhnlich klein, in letzterem verhältnismässig gross. Einer auffallenden Zeichnung an der Vorderseite des Hand- sriffs, die mir bei den Brustbeinuntersuchungen aufstiess, und die ich in den Handbüchern nirgends erwähnt fand, möchte ich noch Erwähnung thun. Bei einer Anzahl von Brustbeinen fand ich daselbst zwei bogenförmige und eine quere Leiste. Die ersteren beginnen seitlich an den Gelenkflächen (Incis. clavieul.), gewöhnlich an deren unterem äusseren Ende, auch etwas unter- halb oder weiter aufwärts, und ziehen bogenförmig — nach oben konvex — abwärts und nach der Mittellinie zu, vereinigen sich hier, um dann als einfache Leiste in der Mittellinie abwärts nach dem unteren Rande des Handgriffs zu ziehen (Nr. 3). Der von diesen Leisten, dem oberen Rande und den Incisurae claviculares begrenzte Teil der Vorderfläche des Handgriffs tritt mehr oder minder stark hervor; seiner Form wegen habe ich ihn als Schild bezeichnet und in den Beschreibungen auf Tafel Il in den Fällen, wo sich diese Leisten fanden, von Schildbildung gesprochen, die einfache Mittelleiste Raphe genannt. Ich fand die Schildbildung in 11 Fällen, zweimal undeutlich; zweimal war die Raphe be- 136 A. KIRCHNER, sonders stark ausgesprochen. Bis zum unteren Rande des Hand- griffs zieht die Mittelleiste nur selten deutlich. Die quere Leiste fand ich in sechs Fällen und zwar dreimal bei gleichzeitiger Schildbildung (Nr. 9, 10, 12, 15, 20, 23). Die- selbe verläuft zwischen den unteren äusseren Enden der Gelenk- flächen, einmal (Nr. 10) leicht nach unten konvex. Der Schild wird in den betreffenden Fällen durch sie in zwei Teile geteilt. Es lag von vornherein nahe, diese Leisten mit den Muskel- ansätzen in Verbindung zu bringen. Mit dieser Annahme stand indes die Beschreibung Henle’s (Handbuch der Muskellehre S. 86) nicht in Einklang. Nach ihm geht die Ansatzstelle des Pectoralis major vom sternalen Ende des Schlüsselbeins und der Kapsel des Sternoclavieulargelenks längs dem Rande des Handgriffs auf den Körper des Brustbeins über. Diese Beschrei- bung trifft jedoch nicht für alle Fälle zu. Bei den drei mir zur Verfügung stehenden Leichen fand ich jedesmal den grossen Brustmuskel weit auf den Handgriff heraufreichend, und zwar bis zu den in jedem dieser Fälle sehr ausgesprochenen bogen- förmigen Leisten, die beiderseitigen Bündel in der Raphe zu- sammenstossend. Auf der anderen Seite, aufwärts von den bogenförmigen Leisten setzt sich jederseits die Sternalportion des Kopfnickers an. Eine Querleiste fand sich bei den drei Leichen nicht. Es kann demnach kein Zweifel sein, dass die bogen- förmigen Leisten als Muskelansatzlinie für den Pectoralis und den Sternocleidomastoideus anzusehen sind, und dass der Pectoralis in einer grösseren Zahl von Fällen weit auf den Handgriff des Brustbeins heraufreicht und ihn etwa in seiner unteren Hälfte bedeckt. Welche Bedeutung die quere Leiste etwa hat, vermag ich nicht anzugeben. Das obere Brustbeinende und das Ligamentum interelavieulare etc. 137 Anhangsweise möchte ich eine Zusammenstellung der Länge des Brustbeins im Verhältnis zur Körperlänge nach Massen bei 904 Soldaten beifügen (Tafel III). Die Brustbeinlänge, mit dem Bandmass gemessen!) schwankt zwischen 22,5 und 12 cm, und zwar kommt das grösste und kleinste Mass nicht etwa unter den grössten bzw. kleinsten, sondern unter den mittleren Körperlängen vor, 22,5 bei 176, 12 bei 169 cm?). Am häufigsten sind die Masse von 18—16 cm, bei 17 cm die Höchstzahl: 141. Von den grössten Körperlängen bis herunter zu 168 cm liegt die Durchschnitts- länge des Brustbeins mit wenigen Ausnahmen (177 cm) aul- fallenderweise zwischen 17 und 18 cm), erst von 167,5 ab unter 17. Auch bei den kleinsten Körperlängen geht die Brustbein- länge nicht unter 14 cm herunter. Von 165,5 bis 162 abwärts finden wir keine Brustbeinlänge unter 14,5, von da bis 155 cm 14 nur vereinzelt. Dagegen findet sich 12,5 bei derselben Körper- länge, 176 cm, bei der sich auch das grösste Brustbeinmass fand. Bei der grössten Körperlänge von 190 cm beträgt die Brustbein- länge nur 17,5, bei den nächsten längeren Körpermassen finden sich allerdings einige grössere Brustbeinlängen: bei 184 cm: 21, bei 182,5: 20, bei 185,5 und 185: 19 cm. Was das Verhältnis des Brustumfangs zur Länge des Brustbeins betrifft, so ist der- selbe bei den einzelnen Längen ausserordentlich verschieden. Es darf nicht etwa, wie das im vorhinein eine gewisse Wahr- scheinlichkeit für sich hat, als Grundsatz angenommen werden, dass sich bei kurzen Brustbeinen ein voluminöser Brustkorb und damit ein grosser Brustumfang, bei langen Brustbeinen ein kleiner 1) Stets ohne Schwertfortsatz. :) Auch Merkel, Handb. d. topographischen Anatomie, Il. Bd., S. 315, bemerkt, dass die Länge des Brustbeins ‘keineswegs mit der Körperlänge im ganzen zu schwanken braucht, „man findet bei grossen Leuten zuweilen überraschend kurze Brustbeine und umgekehrt“. 3) Hiermit stimmt die Angabe Wintrich’s, a. a. 0. S. 82, der die durch- schnittliche Brustbeinlänge für 24—25jährige Männer auf 17,41 em angiebt, überein. Das Brustbein des Normalmannes Merkel’s (a. a. O. S. 255, 256) misst 17,5 em. 138 A. KIRCHNER, Brustumfang findet. Dies Verhältnis kommt allerdings öfters vor, sehr häufig aber auch das gerade Umgekehrte. So beträgt, um nur wenige Beispiele anzuführen, bei Körperlänge 176 und 22,5 Brustbeinlänge der Brustumfang 90—95 und bei derselben Körperlänge und 12,5 Brustbeinlänge der Brustumfang nur 84 bis 89. Bei 190 Körperlänge haben wir dagegen bei 16,5 Brust- beinlänge einen Brustumfang von 94—100, bei einer wenig grösseren Brustbeinlänge von 17 cm und 183 Körperlänge nur von 83—91. Auch bei der kleinsten Brustbeinlänge von 12 cm haben wir nur einen Brustumfang von 82—89 cm, allerdings beträgt hier die Körperlänge nur 169 cm. 139 Das obere Brustbeinende und das Ligamentum interelaviculare etc. or | IT &I | | | | | | | ger|Pı spr|er "I68T Zuesagef -IOSS9TUEANPISNIT AOfepISBs a919go pun adurpLadıoy Defapı „Lanke oferäiefe oXLer) ns m nnman ı Nu Ih um Dom at Isarler - Ku Ar m ml | —i A| al. je "FEST Suedayger a ar) nm andr a vrlcrt hl! al m cr |ecr | 9r Ka u m au I SER 140 A. 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Das obere Brustbeinende und das Ligamentum interelavieulare ete. 145 | |Ganze|_. | ; ı Länge Breite des = | Nr. | des Hand- Handgriffs ‘ Ein- BeBeh u onher ı Beschaffenheit des Handgriffs Be- |Brust- .. | incem .,,. des Einsehnitts merkunge n meer grifts | sehnitts| nes in em | in em | | in om! Ben une | | | | | Sala | 5411,81 2,3 |mässig ver- |Öberer Teil — zwischen | tieft. den Gelenkflächen —nach | | hinten aufsteigend. Deut- | | liche Schildbildung. 9.117 65 |8 125 | 18 |Mässig ver- Deutliche Schildbildung. |Am unt. | | | tieft. Am Zwischen den unteren | Ende des | | linken Ende,| äusseren Enden der bei- | Körpers | an der Gren-| derseitigenGelenkflächen | Lochbil- | | | ı ze gegen die verläuft vorn eine quere | dung an- | ' Gelenkflä- Leiste, durch welche das | gedeutet. ‚ che, nach Schild in 2 Abteilungen ı oben ragen- geteilt wird. Von dieser | ' derKnochen-; Leiste ab steigt der | | | vorsprung oberste Teil des Hand- | | | (Os supra- sriffes steil auf und endet | ı sternale). am Einschnitt ziemlich | scharf. Der obere Rand | des Handgriffs sehr dünn, 0,3 em dick. 10.| 145152 |6 |27| 0,8 |Sehr flach. Leiste wie vor, verläuft leicht nach unten konvex. ae 022 | 2 |Flach Starke Schildbildung. Sehr mas- Raphe bis zum unteren sives Rande des Handgriffs. Der | Brustbein. Abschnitt zwischen den Gelenkflächen steigt steil nach oben und hinten auf. 1221.15), #9 5% 63 2 Sehr flach. |Schild und Leiste undeut- lich Handgr. von der Leiste sanft aufsteigend. 13.1 175165 |7 |2,3 | 34 |Mässig ver- Oben sanft aufsteigend. Körper tieft. mit. Schwert- fortsatz verknöch., | | zusammen | | 16,5 cm | lang. | 144 A. KIRCHNER, Ganze 2 ı Länge | : Breite Länge | as ı Breite des des Nr. > Hand- Handzrifts Ein- Beschaffenheit Beschaffenheit des Handgriffs Be- Brust- Ir in em F des Einschnitts merkungen : gritfs sehnitts beins |. : A in em in em Hu ou oben unten | | | | 142.16 1179,54.%%.)°3 3 Sehr flach. |Oberster Teil sanft nach | Körpermit | | | hinten umbiegend. Schwert- | | | fortsatz | verknö- | chert zu- sammen 13,5 cm. 1521.13 8: 550.153 725411 2° Elach | Leiste deutlich, von ihr Kind- | | ı aufwärts ziemlich steil| liches nach hinten; obererRand Brustbein (am Einschnitt) rund. (?). 1621714,31. 2:8 27 | 1,7 |Deutlich ver-| Vordere Fläche steigt oben tieft. sehr steil nach hinten | | auf. Keine (Querleiste. | ano wAgE75 3 24 |Ziemlich aus- Kind- gesprochen. liches | Zwischen- Brustbein schlüssel- (2): beinband er- halten, über- | ragt den Kin- | schnitt, dem- | ‘ selben zum | Teil aufsitz- | endund zeigt einen schar- | fen oberen | freien Rand, nach wel- | chem zu der | oberste Teil | | des Hand- | griffs steil aufsteigt. 18.| 14 555 258 Blach: Sagittalschnitt des obersten Teils: | Das obere Brustbeinende und das lLigamentum interelavieulare ete. 145 Ganze : | Länge | : Breite Länge “| Breite des | | des | 408 | Handgrifis | {°® | Beschaffenheit B Nr. [0 2es |Hand- an SıulS Ein- en 5 en = Beschaffenheit des Handeritts = !Brust-| .. in em .,.. |, des Einschnitts merkungen x | eriffs schnitts beins |. ; F 'ın em ın em ın em oben unten FE RER a 1 TH 19.| 158| 6 Bu 27 ‚Sehr flach. Schild deutlich, steil nach | Oberer Rand hinten zum _ scharfen sehr scharf. oberen Rande auf- steigend. 20.| 14,7| 6 56.3215 Mässig aus- Schild ausgesprochen, Ra- Im untern gehöhlt, obe- phe nicht deutlich. Vom Ende des rer Rand unteren äusseren Ende, Körpers sehr scharf. der Gelenkflächen ab Loch. steigt der oberste Teil des Handgriffs steil auf. | Querleiste nicht deutlich. Sagittalschnitt des ober- sten Teils: 21. 147,57 1538| 22 | 22 |Starkvertieft., Oberster Teil des Hand- | Im un- Rand rund. sriffs zwischen den Ge- terenEnde lenkflächen sanft auf-' des Kör- steigend. Sagittalschnitt pers Loch. oben. Verknö- cherung desselben mit dem Schwert- fortsatz. INGE | kaum | 2.13 |45 | 5,8| 2 1 Leicht ver- | Oberer Teil des Handgriffs | | tieft. sehr stark vortretend. unterer vertieft. Keine Schildbildung. Sagittal- schnitt: Anatomische Hefte. I. Abteilung. XXXI. Heft (10. Bd. H.]). 10 146 A. KIRCHNER, Te mn Ganze r Läng z Breite Länge | 8° | Breite des jes | de | Handgrifts | °° | Beschaffenheit Be Nr.| des ung. | Fanteris | min. | PeSenakenneit| Beschaffenheit des Handgriffs 7 3rusti mar. in em ’ des Einschnitts | merkungen x | griffs sehnitts beins |. F =, ıın em ı ın cm SEEN | ‚oben unten | | | 234 44,3 5:5%11.5,64.248 1.5 Rand sehr Oberer Teil zwischen den scharf. Gelenkflächen stark nach Kaum ver- hinten aufsteigend. Deut- tieft. liche Querleiste. Sagittal- schnitt oben: FA 24. 16,46 2313 2,5 Stark vertieft. Zwischen den Gelenk- Körpermit flächen sanft nach hinten Schwert- aufsteigend, Schild deut- fortsatz lich. j ver- knöchert. 5,1686 176235 | 2° Stark vertieft. | Sagittalschnitt oben: | Rand ziemlich | | | scharf. | | | | | | | au 58, ur. 12 > Sehr breitund Schild wenig aus- tief (0,6em). gesprochen. | Rand ganz | rund. | 56 | 68| 22 | 12 |Sehrflach,fast | gradlinig. | | Rand rund. | | | | | 1} | ‘ 14 Das obere Brustbeinende und das Ligamentum interelavieulare etc. Tees | | | je | ae] | ce | I L | ‘6 | ST 88] TE |27| O7 \en| SE 08 Te EIE 6 | G ls | Il | | | | | | el | | 168 | | = 2: |& 9A 2.006 ee = | i ı&$ a ee ee re) 22 % In! &.T mIıE ae Lesen I et DE | |. D-el:ase neo nee FE Gl LE | ED ıyı) Seele lea | g’g2l ed | lekese yo ee Or 9m ; IG | Eur Damm \e.6 en): i | 6 | Te Zac 7.1.9 al LE en Be - | 01 Ba eiB Tele N » 8 | Ba el | Jul | ‚Sal i als, R! at lai Na | Dr | osurfsypugosyoandg Ol | | 2) a ren]! | 1a | 621 vı | gl u | 2621 9 ı | Reg ga | ‚08T | 9 Ze | | | ORT 9 GE NTE REST | sl 19 BA Bi | | IST IB; | ze il 2 DR | | |, | € | ae | I | ı gas 2 | © jez ke I el I | | GEST IS “PST GsT | C'CST 061 ee | | A ! | | | | Berner ee paue| -_— | | | | | il "see ser)» 2]>2. 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Eine grosse Anzahl Autoren hat schon eingehend die Vor- gänge studiert, die in den Zellen der Milchdrüse während der Laktation vor sich gehen, aber noch weichen die Resultate der Beobachtungen vielfach von einander ab- Vier verschiedene Gruppen lassen sich etwa unter den Ergebnissen herstellen: die eine, die vor allem durch die älteren Untersuchungen (Virchow, Reinhardt, Kölliker) repräsentiert wird, stellt fest, dass während der Milchbildung die Epithelzellen der Drüse fettig degenerieren; dabei findet eine fortwährende Erneuerung des Zellbestandes statt. Die neueren dagegen betonen die Bildung von Fetttropfen im Innern der Zellen und die Ausstossung jener Tropfen, einige, wie Heidenhain und Steinhaus, in Verbindung mit Zellsubstanz, sodass man diesen Vorgang eine partielle Nekrobiose nennen könnte; nach Benda bleiben die Zellen vollkommen erhalten, die Fetttropfen werden in ihnen gebildet und ins Alveolarlumen entleert ohne weiteren Substanz- verlust seitens. der Zelle. Eine vierte Anschauung endlich wurde durch Rauber vertreten, der die Milchkügelchen von zer- fallenden Wanderzellen herleitete und dem Epithel keine wich- tige Rolle zuerkannte. An Tiermaterial wurde verwandt: 21 Meerschweinchen, 2 Katzen, 3 Hündinnen, 5 Kaninchen. Mein Verfahren bei der Entnahme von Drüsensubstanz war folgendes: ich habe alle Ope- rationen aseptisch ausgeführt!), und etwa 1 ccm grosses Stückchen der Drüse mit scharfen Instrumenten entfernt; wenn dies auch !) Mit gütiger Erlaubnis des Herrn Prof. A. Fränkel benutzte ich das Vivisektorium des Krankenhauses am Urban. Bei den Operationen assistierte Herr Dr. Borchert. al 154 ERNST UNGER, die Arbeit verlängerte, so hatte ich dafür meist die Genug- thuung, dass die Muttertiere und die Jungen am Leben blieben. Ferner war ich imstande, an demselben Tiere den Drüsen nach einigen Tagen neue Stücke zur Untersuchung zu entnehmen. Ich wählte dazu solche Stücke, die von dem ersten Operations- felde möglichst entfernt lagen, um das Resultat nicht zu beein- trächtigen, und war in der Beurteilung solcher Präparate besonders vorsichtig, Nebenbei hat diese Methode auch noch einiges Interessante gewährt: Ich hatte z. B. dem ersten Meer- schweinchen, das ich benutzte, beide Mammae amputiert und keinen Rest Drüsengewebes gelassen; dies Tier wurde nach vier Monaten wieder trächtig, gebar lebende Jungen, die aber natürlich aus Mangel an Nahrung zu Grunde gingen. Ich tötete das Muttertier und fand bei der Sektion auch keine Spur von neu- gebildetem Drüsengewebe; die Narbenhaut und ihre Umgebung mikroskopisch untersucht, zeigten nur folgende Veränderungen: Jederseits zwei Lymphdrüsen von Linsengrösse, deren Sinus mit polynukleären Leukocyten gefüllt waren. Aus dem Gebiet der vergleichenden Anatomie erhielt ich Material durch die Herren Dr. Matschie und Direktor Dr. Heck. Schliesslich ist es aber doch am nächstliegendsten, auch einmal das menschliche Material einer genauen Prüfung zu unterziehen. In der Litteratur sind erst einige wenige Fälle menschlicher Mammae untersucht, in denen die Drüse nicht vor Ablauf von 24 Stunden nach dem Tode dem Körper ent- nommen wurde. Es ist aber von vornherein zu erwarten, dass gerade die Mamma bei ihrer Turgescens schnell den postmor- talen Veränderungen unterliegt, ich habe mich daher an mehreren unserer grossen Krankenhäuser bemüht, möglichst frisches Material zu erhalten. Ich verfüge hier über 21 Fälle'), !) Durch Vermittlung des Herrn Dr. Gebhardt erhielt ich mehrere Fälle der Kal. Universitäts-Frauenklinik fast unmittelbar post mortem. Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Milchdrüse. 155 davon entlallen sechs auf die ersten fünf Monate der Gravidität, einer stammt aus dem achten Monate, bald nach der Geburt sind neun Fälle untersucht, ohne bestimmte Angabe im Ver- hältnis zu einer Geburt sind fünf. Mehreremale sind die Stücke schon einige Stunden nach dem Tode entnommen, im Durch- schnitt sind zwölf Stunden verflossen, niemals jedoch über 24 Stunden. Ich lege viel Gewicht darauf, dass das Material möglichst lebensfrisch fixiert wird. Benda macht Heidenhains Lehre gerade den Vorwurf, dass sie zum Teil auf nicht lebensfrischem Material basiert. Nur Stücke, die gleich nach dem Tode ent- nommen waren, sind für ihn massgebend. Das Fixieren der Objekte. Um die Resultate der Vorgänger beurteilen und ihre Dif- ferenzen vielleicht erklären zu können, war es notwendig, auch ihre Fixationsmethoden anzuwenden. Behauptet doch Benda gerade auf Grund seiner Fixierung andere und den Verhält- nissen entsprechendere Resultate als Heidenhain erzielt zu haben. Heidenhain hat vor allem den Alkohol angewandt; es ist nun keine Frage, dass dadurch oft Schrumpfungen und Zerrungen hervorgerufen werden. Saefftigen erklärt, mit Chromsäure keine Resultate bekommen zu haben, die meisten dagegen rühmen das Flemmingsche Chrom-Osmium-Essigsäure- (remisch. Ich habe anfangs jedes Präparat mit scharfen Instru- menten, um @uetschungen nach Möglichkeit zu vermeiden, in kleinere Stücke zerteilt und diese in Alkohol, Sublimat, !/a loiger bis 1°/oiger Chromsäure, Flemmingscher Lösung, 10PJoiger Salpetersäure und Nachbehandlung mit Kalium bichromicum fixiert. Ausgiebigen Gebrauch habe ich anfangs vom Formalin gemacht und zwar in der Weise, dass ich Stücke von l ccm in einer 1°/oigen bis 5°/oigen Lösung ein oder mehrere Tage beliess und diese dann in I mm flache Scheiben geteilt ein bis zwei 156 ERNST UNGER, Tage in Osmiumsäure übertrug, worauf die übliche Härtung erfolgte. Diese Konzentration scheint mir aber einen Nachteil für die Osmiumsäure-Behandlung zu haben. Die kleinen Fett- tropfen sind nachher nicht mehr deutlich erkennbar, die grossen etwas gequollen, ihre Konturen nicht scharf; bei 10°/oiger Lösung wurden die Bilder viel deutlicher. Noch bessere Resul- tate erzielte ich mit der 10°/oigen Salpetersäure (zwei Stunden) und nachfolgender 5°joiger Kalibichromatlösung oder Osmium- säure (!/2 bis 1%). Flemming gab nicht immer gute Präpa- rate, besonders weil das Gemisch häufig nur am Rande ein- dringt; von der von Fol angegebenen und von Schmidt ganz neuerdings (1896) empfohlenen Osmiumsäurelösung (1 PJoige Osmiumsäure 10, 2°/oige Essigsäure 50, Aqua dest. 40 Teile) habe ich keine besonderen Vorteile gesehen. Bei älteren Autoren fand ich öfter die Koch-Methode empfohlen. Ich habe mehrere- male die frischen Stücke in kochendem Wasser oder Alkohol eine halbe bis eine Minute belassen und manchmal recht gute Präparate gesehen; Holzessig dagegen wirkte stark schrumpfend. Am besten gelangen, was die Osmiumwirkung anbetrifft, die nach Marchi fixierten Objekte, dessen für das Rückenmark empfohlene Methode ich folgendermassen verwandte: Stückchen etwa von Bohnengrösse wurden 2—5 Tage in Müllerscher Flüssigkeit belassen, vor Erschütterungen möglichst geschützt, kamen dann auf 3—5 Tage in ein Gemisch von zwei Teilen Müllerscher und einem Teil Osmiumsäure, das täglich erneuert wurde, hierauf spülte ich einige Minuten in Wasser ab und härtete in absolutem Alkohol drei Tage (dann Einbettung in Celloidin). Der ganze Prozess geschah im Dunkeln. Die Einbettung geschah teils in Celloidin teils in Paraffin. Der ab- solute Alkohol, der zur Entwässerung notwendig ist, schadet, wenn er nicht übermässig angewandt ist, den Osmiumpräparaten durchaus nicht. Ich habe Ösmiumschnitte wochenlang, um dies zu prüfen, im absolutem Alkohol liegen lassen, ohne dass eine wesentliche Veränderung eintrat; auch Bergamottöl, Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Milchdrüse. 19%. - Xylol, Toluol lässt sich gefahrlos gebrauchen, entgegen den Angaben von Schmidt. Um etwaige durch die Einbettung hervorgerufene Veränderungon der Gewebe konstatieren zu können, habe ich anfangs den fixierten Stücken kleine Scheiben entnommen und nach einstündiger Behandlung mit 10°/oigem Formalin auf dem Gefrierapparat geschnitten und nach den so gewonnenen Präparaten die Eingebetteten kontrolliert. Das Osmium der Schnitte lässt sich durch Reduktionsflüssigkeiten noch stärker von dem übrigen Gewebe differenzieren; brauchbar sind hierbei alle die Flüssigkeiten, die auch in der Photographie Anwendung finden. Ich habe sehr schöne Resultate mit etwa 20°/o Ameisensäure erzielt, in der ich die Schnitte tagelang belassen und dann noch immer eine Nachfärbung mit Safranin erzielen konnte, Konservierung. Ösmiumpräparate pflegen sich in dem gebräuch- lichen Xylol-Canada-Balsam nicht gut zu konservieren, da das Osmium schnell extrahiert wird und der Schnitt dann völlig abblasst: Glycerinpräparate haben immer einige Unannehmlichkeiten. Ich versuchte deswegen verschiedene andere Harzsorten. Vor allem das Colophonium; benutzt man dies in Stücken, die auf dem Objektträger flüssig gemacht werden, so ist die Handhabung nicht leicht, vorzuziehen ist deswegen das Nissensche Verfahren. ÖOsmiumpräpa- rate, die jetzt 6 Monate in solehem Colophonium-Benzin aufbewahrt sind, haben nichts von ihrer ursprünglichen Schärfe verloren; ich erlaube mir daher diese Lösung für Osmiumpräparate zu empfehlen, 155 ERNST UNGER, Meerschweinchen. f Meer, Datum der | Stad. des schwein ; | 3 Operation | Puerperium Nr. | I 9.1. 3a Pen GERT. rel FB. P: SRH 2 pm DT: I 7252.p. | III. psp: Ivair 4082 X (21/2 p:Hp- UHSIXE 30. p. p. | Seit 8 Tagen nieht mehr gestillt. VB ern nel DLR N AT. D Dr Ve I Sol.psinp: | Linke Zitze seit 24 St. abgebunden ; | | | 1. Mamma derber als d. r. vi. 30. X '6p.p. d. 27. und 28. X unzureichende Nahrung, | ' d. 29. X ohne Nahrung. 4. XI + 10. p. p X. ser Hat nicht gestillt. XL | 8% pp. | Injektionen 0,005 Stryehnin nitr. XI. 10711. 10 p: p: Hat seit 24 St. nicht gestillt. 15..17. I ugbaSt. R xl. | 15. p.p. Stu s XIV. | 15. pP, nicht & XV 1260.,p. pe Versuche zur Beeinflussung der Laktation durch die Nerven. VI 5. p. p. | 30 g Jaborandi per os. Entfernung der linken Zitze. Nach 20 Min. allmählich mehrere Spritzen Jaborandi infus. subeutan: keine Sekretionssteigerung. Durchschneidung des N. sperm. ext. u. 2 anderer Stämme: ganz geringe | Sekretsteigerung. Be 1 BED: Rechte Zitze entfernt; Art.u. N. spermat. ' ext. durchschnitten. Injektion von 0,0015 Strychnin. Nach 30 Min. keine | Sekretsteigerung, beginnender'T'rismus. 1!) Abkürzungen: a. p. — ante partum. pP: pP. = post partum. Material vom Menschen. Stadium | Bemerkungen Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Milchdrüse. 159 ' ? Stunden ' p. mortem konserviert | | Ä IL II. Abort im II. Monat Abort Ende des II. Monat | Abort Anfg. (r Sepsis). III. Monat | AbortEndelll.Monat| (+ Sepsis). Entwickelte Mont- ' gomerysche Drüsen. Abort IV. Monat | | Abort IV. Monat | (7 Sepsis). Abort VIII Monat | (rt Sepsis). 10 24 [4] 10 2 p.Pp- Nicht gestillt. 3p. pP. ' Nicht gestillt. 8p.p. | IV Gebärende, Ilp.p ' (r Eklampsie). 14 p. p | 16 P..p: '(r Sepsis). 5 Tage gestillt, dann | d. Kind abgesetzt. 2lep p. (tr Typhus). Nicht gestillt. 2) BD: ' (r Sepsis). 9% p. p- | Nicht gestillt. | Kap. 1. Die Veränderungen der Zellen der Milchdrüse beim (Eigenes Material.) Meerschweinchen während der Laktation. Über das Verhalten des interstitiellen Gewebes beim Meer- schweinchen lässt sich eigentlich nichts aussagen: Die Alveolen erenzen während der letzten Zeit der Gravidität und während der Laktation so dicht neben einander, dass sich die Membranae propriae völlig aneinander legen. Nur eine Erscheinung habe 160 ERNST UNGER, ich öfter zwischen den Alveolen beobachtet: Fall I: In einer Länge von etwa 4—7 u und Breite von !/a—2 u liegen immer gruppenweise angeordnet ganz feine schwarze Pünktchen, im Centrum oder an einer Seite solcher Gruppen bleibt ein runder Fleck frei, der die Form und Struktur eines Zellkernes hat; ich weiss nicht, ob diese Erscheinung, die ich nur an guten Osmium- präparaten beobachtet habe, etwa als Mastzellen mit verfettetem Granula zu deuten ist. Ist das Tier hochträchtig, so wird die Bauchwand ausserordentlich gedehnt, und die Mammae zu einer flachen Scheibe komprimiert; die Alveolenlumina sind dement- sprechend nur klein, die grössten 80 «, manchmal gerade so gross, dass ein Fettkügelchen sie ausfüllt; das Epithel ist in der Regel kubisch, in den kleinen Alveolen gleichen die Zellen Kegelstümpfen, 6,5 « hoch, die Kerne, rund oder oval, ent- halten 3—5 Kernkörperchen, die an der Peripherie verteilt sind, Die grossen Fetttröpfchen liegen an dem freien Ende der Zelle, drängen den Kern an die Wand, und sind von ihm bisweilen durch einen hellen, ungefärbten Hof geschieden. Dieser Peri- pherie sitzen bisweilen noch feinste Kügelchen auf, die sich auch in den übrigen Teilen der Zelle finden können. Etwas abweichend hiervon sind die Verhältnisse im Falle II. Den Meerschweinchen sind zwei Tage a. p. Teile entnommen ; die Drüsen waren äusserst kräftig entwickelt. Sie hatten einen Längsdurchmesser von 8 cm. Die Fettkügelchen sind reichlich vorhanden und meist so angeordnet, dass sie der Membrana propria aufsitzen und lumenwärts ihnen der Kern anliegt, so- dass also, wenn (der Fetttropfen ins Lumen entleert wird, der Kern bisweilen mit zu Grunde gehen kann (Fig. II). An gut fixiertem Material traten noch folgende Einzelheiten hervor: Es war nicht ein grosses Fettkügelchen, das sich da zwischen Kern und Wand bildete, sondern eine grössere Menge, meist 5—8, ganz kleiner Tröpfchen, die den Kern ins Lumen drängten. Material mit Formalin (Flemming), Ohromsäure oder Salpeter- Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Milchdrüse. 161 säure behandelt, stimmt unter einander völlig überein; abweichend sind nur die sofort mit 1PJoiger Osmiumsäure fixierten Stücke: Hier sind die Zellen viel höher, 9--12 «, der Fetttropfen liegt immer in dem freien Ende, stellenweise sind die Zellen aus- gefranzt, und wir haben das Bild vor uns, wie es Heidenhain zeichnet. Nach der Geburt ändert sich das Bild vollständig. Durch die Entleerung des Abdomen gewinnt die Drüsensubstanz Platz, die Alveolen können die Grösse von 150 u etwa erreichen, durclı- schnittlich sind sie etwa 60-80 u. In den grössten Alveolen erreicht die Höhe der Zellen selten mehr wie 3 «, meist nur 1,5 bis 2 u, in den kleineren Alveolen 5—7 u. Die auffallendsten Ver- änderungen zeigen die Kerne da, wo sie nicht durch Fetttropfen zu sehr eingeengt sind, und hier leistet die Safraninfärbung vorzügliche Dienste: Die Zahl der Kernkörperchen ist bedeutend vermehrt, meist sind es 6, doch findet man auch 8—10; meist sind es runde Pünktchen, bisweilen gekrümmte Stäbchen (siehe Fig. I und VD); sie pflegen an der Peripherie verteilt zu sein, werden aber auch im Innern nicht vermisst. Auch die Lympho- cyten zeigen reichlich solche Chromatinpünktchen und machen bisweilen den Eindruck von jenen Epithelkernen en miniature. Fall III: Auch dies Meerschwein steht 24 Stunden nach der Geburt. Das Interstitium ist so geschwunden, dass selbst die Einteilung in Läppchen nicht mehr zu erkennen ist, und eine Alveole dicht neben der anderen lagert. Die Alveolen sind mässig weit, mit Fetttropfen und Gerinnseln erfüllt, das Epithel teils etwas abgeplattet, teils hoch cylindrisch, und diese letztere Form zeigt häufig aufs deutlichste das Phänomen der mehr- fachen Kerne. Der eine Kern liegt der Membranae propriae an, der andere davor in der in das Lumen hineinragenden Kuppe. Mehr als zwei Kerne habe ich nicht beobachten können; beide aber zeigen aufs deutlichste jene charakteristische Anordnung der Chromatinsubstanz, wie in dem vorigen Falle. Allerdings 162 ERNST UNGER, in manchen Zellen hat der innere Kern entschieden an Farb- fähigkeit eingebüsst, erscheint matt granuliert oder hat im Centrum ein helles Bläschen. Wenn die hohen cylindrischen Zellen nur einen Kern besitzen, so ist dieser vval, seine Längs- achse steht der Zelle parallel, und die Chromatinkörperchen scheinen sich zu gleichen Teilen an beiden Polen der Längs- achse zu formieren. Feinere Details konnte ich nicht mehr er- kennen. In den Flemmingschen Präparaten sind jedoch nur sehr selten, entweder kleine schwarze Körnchen, oder ein Gerüst schwarzer Fädchen in diesem inneren Kerne zu bemerken. Fall IV und V: Die Alveolen sind grösser, haben reichlich Fett, die Zellen stets einkernig. In Fall VI haben wir die Drüse vor und nach der Jabo- randi-Injektion zu betrachten. Die normal laktierende Drüse besitzt eine grosse Menge Fettkügelchen, sodass die Osmium- behandlung, bei schwacher Vergrösserung, nur schmale Lücken zwischen den schwarz gefärbten Massen frei lässt, und auch bei starker Vergrösserung scheinen die Alveolen nur aus Fettkügel- chen zu bestehen, von Kern oder Protoplasma ist nichts zu sehen. Im Centrum der Stücke, da wo das Osmium nicht mehr hingedrungen ist, sieht man die Kerne eingeengt zwischen die grossen Fettkugeln, der Membrana propria anliegend; meist haben die Alveolen die gleiche Anzahl Fettkugem und Kerne, seltener liegen zwei Kerne nebeneinander, und es folgen darauf auch zwei Fettkugeln ohne einen Kern dazwischen. An einer Stelle gaben die Alveolen schmale Spalten zwischen sich frei und diese waren von Blutkapillaren ausgefüllt, die reichlich Erythrocyten enthielten. Die Stücke der anderen Mammae zeigen keine intracellu- laren Fetttropfen, nur im Lumen ist reichlich Fett, die Zellen sind kubisch, der Kern hat mehrere Kernkörperchen. Fall VII: Die linke Zitze (B) ist vor 24 Stunden abgebunden: die rechte (A) infolgedessen von den Jungen sehr m Anspruch Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Milchdrüse. 163 genommen. Die Zellen in A sind ausserordentlich hoch, bis 18 u, haben häufig zwei Kerne, nur in den weiten Alveolen sind sie platter. B enthält ein eigenartiges Gepräge durch das Auftreten zahlreicher weisser Blutkörperchen in den Alveolen. Meist sind sie einkernig, seltener zweikernig oder enthalten ge- lappte Kerne. In dem spärlichen Interstitium finden sich auch bisweilen weisse Blutkörperchen, ein Hindurchtreten durch das Epithel habe ich hier nicht bemerkt. Rundzellen sind auch vorhanden, aber nie auffallend viel. Fall VIII: Das Epithel von mittlerer Höhe; wiederholt in den Lumina Leukocyten. Fall IX. Dem Tiere sind die Jungen vor 24 Stunden fort- genommen worden, die Drüse ist also in dieser Zeit nicht in Anspruch genommen. Die ÖOsmiumpräparate zeigen nun die Alveolen fast sämtlich rund, prall gefüllt mit Fettkügelchen, das Epithel enthält zahlreiche Fetttropfen, die meist lumenwärts liegen und die Grösse des Kernes im allgemeinen nicht über- schreiten. Ein eingehendes Studium der Kerne ist nur an den nicht osmierten Präparaten möglich und hier erkennt man nach Safraninfärbung aufs vorzüglichste die Anordnung der chroma- tischen Substanz: Jede Alveole enthält 10—14 Kerne, deren Kernkörperchen an der Peripherie verteilt sind. Sind es 3 oder 4, so zeichnet sich eins durch seine Grösse vor den anderen aus, die es bisweilen um das Doppelte überragen kann. Hin und wieder findet sich im Kern ein helles Bläschen, dann sind jene Chromatinkörperchen verschwunden oder nur noch als blasse Körper kenntlich (Fig. VII); die Peripherie jener Bläschen wird von einer gezackten, matt granulierten Substanz eingenommen und das Ganze ist von einem hellen, ungefärbten Hofe umgeben, der von den Nachbarzellen und der Membrana propria be- erenzt wird, sodass an solchen Stellen nichts weiteres von der Zelle erhalten ist. Im Lumen der Alveolen sind Gerinnsel und Bläschen von der Grösse von Fetttropfen, denen chromatische 164 ERNST UNGER, Körper manchmal an der Peripherie anliegen ; diese chromatischen Substanzen sind jedoch doppelt so gross wie die der Epithel- kerne, auch nicht so rundlich wie jene, sondern dreieckig von Halbmond- oder Häkchenform. Eine Erscheinung, die ich nur an den Alkoholpräparaten nach Hämatoxylinfärbung mehreremale fand, verdient hervor- gehoben zu werden: Die Epithelien sind etwas gequollen und statt eines differenzierten Kernes nur ein grösseres oder mehrere kleinere, bläulich schimmernde Tröpfchen vorhanden, in man- chen Alveolen fand sich diese Erscheinung wiederholt (s. Fig. V'). Demselben Tiere wurde nach Entfernung jener Mamma Stryehnin injiziert, und darauf Teile auch der anderen Drüse entfernt: Hier sind nun die Alveolen im allgemeinen grösser, die Epithelien flacher, im übrigen keine wesentlichen Unter- schiede von der anderen. FallX. Hat fünf Tage nicht mehr gesäugt und die letzten Tage unzureichende Nahrung gehabt. Alveolen sind kaum noch vorhanden, die Epithelien kubisch, fast cylindrisch, die Kerne blass, gleichmässig granuliert, enthalten ein bis zwei Chromatin- körperchen von weit geringerer Grösse als die im vorigen Falle. Im umliegenden Fettgewebe sind Rundzellen und Leukocyten sehr reichlich. Fall XI. Gruppenweise haben die einen Alveolen hohes, die anderen plattes Epithel, aber auch im den hohen Zellen ist nur ein Kern enthalten; mit Sicherheit habe ich nirgends zwei finden können. Was nun diesen Fall vor den andern auszu- zeichnen scheint, ist ein häufigeres Vorkommen von Fettbläschen in den Kernen, entweder ist es nur ganz klein, liegt im Öentrum und im übrigen ist die Struktur des Kernes noch deutlich zu erkennen, oder aber es erfüllt bereits den ganzen Kern und nur an dem Rande sind kleine Pünktchen, Reste der Chromatin- körperchen, sichtbar. Diese nukleären Fetttropfen findet man Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Milchdrüse. 165 noch im Lumen hin und wieder mit den Chromatinsubstanzen am Rande vollkommen erhalten. Die nach der Injektion von Strychnin untersuchte Drüse lässt nichts hiervon Abweichendes erkennen, höchstens sind viel- leicht die Chromatinkörperchen in den Kernen noch reichlicher und finden sich mehr im Innern als m der Peripherie des Kernes. Sobald die Drüse längere Zeit nicht mehr in Anspruch genommen wird, hören auch jene lebhaften Vorgänge in den Kernen auf: In Fall XII zeigt die Drüse, die 24 Stunden nicht in Anspruch genommen ist, immerhin noch deutlich das reiche Chromatingerüst. An demselben Tiere, das dann vier Tage nicht gestillt hat, zeigen sich die Kerne blasser, etwas gequollener, mit zwei, höchstens drei Kernkörperchen. Im interstitiellen Gewebe sind häufig Rundzellen und Leu- kocyten, daneben langgestreckte, spindelförmige Zellen mit einem Kerne, der in den Osmiumpräparaten von einem feinen Kranz von Fetttröpfehen umgeben ist, die an den Polen der Zelle sich in eine Art Perlschnur fortsetzen, sodass die grössten Tropfen dicht am Pol, die kleinsten entfernter liegen (Fig. IX). Die Grenzen zwischen den Epithelzellen treten viel schärfer und deutlicher hervor, als in einer normal funktionierenden Drüse; einzelne Zellen überragen um das Doppelte die übrigen, sind ganz mit Fettkügelchen erfüllt und lassen bisweilen einen Kern vermissen, sodass man glaubt, eine Lücke ir.ı Epithelbesatz vor sich zu haben, die nur von einem Konglomerate von Fett- kügelchen eingenommen wird (vgl. Fig. VI). Fall XIII. Die wenigen Alveolen, die noch vorhanden sind, 7 Kerne in unregelmässigen Zwischenräumen, enthalten 5 häufig mit grossen Lücken; die Kernstruktur weist nur noch 1—3 sich weniger lebhaft färbende Chromatinkörperchen auf. 166 ERNST UNGER, Das Verhalten des interstitiellen kewebes während der Schwangerschaft. (Menschl. Mat.) Ich verfüge hier über sieben Fälle menschlichen Materiales, zwei aus dem zweiten Monat, zwei aus dem dritten Monat, zwei aus dem vierten und eins aus dem achten Monat der Schwanger- schaft. Schon makroskopisch unterliegen ja die Drüsen grossen individuellen Schwankungen und dementsprechend ist auch der mikroskopische Befund nicht der gleiche: In dem einen Fall aus dem zweiten Monate finden sich schon ziemlich zahlreich ausgebildete Alveolen mit Fett produzierendem Epithel, in einem anderen aus dem vierten ist kaum Drüsensubstanz nachzuweisen. Dementsprechend finden sich in dem letzteren Falle reichlich derbe Bindegewebszüge parallel laufend mit spärlichen Kernen, hin und wieder von Lymph- und Blutgefässen auseinanderge- drängt, in deren Umgebung einzelne Wanderzellen und Mast- zellen lagern. Da wo die Drüsensubstanz stärker entwickelt ist, legen sich die Bindegewebsfasern in schmalen, etwa konzen- trischen Lagen um die neuen Lobi an, und hier treten die Wanderzellen und auch Lymphocyten schon zahlreicher auf; sind sie einmal besonders gehäuft, so kann das Bild wohl dem ähnlich werden, wie es Talma und Öreighton beschrieben haben. Oft genug vermisst man aber auch jene Zellen; wo sie vorhanden sind, scheinen sie nach Art von Granulationsgewebe eine Auflockerung der Bindegewebsfasern zu bewirken und somit den jungen Alveolen Platz zu schaffen. Von diesem perilobulären Gewebe dringen nun Fasern in den Lobus selbst, die Alveolen umspinnend. Sie enthalten viel zahlreiche Wander- zellen und auch Lymphocyten, der Kern dieser letzteren wird von einem, Kernfarben sehr intensiv annehmenden Gerüste ge- bildet, das ausserordentlich dieht ist; doch findet sich in ihnen hin und wieder ein quer verlaufender Spalt, sodass sich die Chromatinsubstanz in zwei Abschnitten gegenüber lagert und Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Milchdrüse. 167 dadurch an die sonst bei Kernen dieser Gruppe beobachteten Fragmentierungen erinnert. Die zwei Fälle aus dem dritten Monat sind mikroskopisch auch verschieden. Während in dem einen die Entwickelung der Drüse wenig Fortschritte zeigt, ist in dem anderen das interstitielle Gewebe schon fast verdrängt; nur interlobulär sind noch reichliche Faserzüge, während inner- halb der Lobuli die einzelnen Alveolen nur noch durch ganz schmale, stellenweise kaum sichtbare Fasern von einander getrennt sind, die streng eirkulär verlaufen und in denen die Alveolen wie in einem Netz suspendiert erscheinen. Ein Abort im vierten Monat gewährt, soweit das inter- stitielle Gewebe in Frage kommt, dasselbe Bild wie einer im zweiten. ‚Jemehr wir uns dem Ende der Schwangerschaft nähern, destomehr verschwindet das intralobuläre Gewebe, die Alveolen rücken dicht aneinander, und nur eine Erscheinung erinnert daran, dass überhaupt noch trennendes Gewebe vor- handen ist: das ist ein deutlicheres Hervortreten kapillarer Blut- gefässe; besonders an mit Müllerscher Flüssigkeit fixierten Präparaten sieht man verschiedentlich Gefässe zwischen den Alveolen verlaufen, die mit roten Blutkörperchen gefüllt sind, und die sich in die grösseren (Gefässstämme des interlobulären Gewebes ergiessen. Verhalten des interstitiellen Gewebes nach der Geburt. In den Präparaten von Fall VIII zeichnet sich das intra- lobuläre Gewebe durch den Reichtum an Blutgefässkapillaren aus; die rotgefärbten Blutkörperchen rufen in ihrer dichten An- ordnung fast den Eindruck eines unvollständigen Karminjek- tionspräparates hervor (Fig. 2). Fall IX hat eine Eigentümlichkeit, die ich noch öfter be- obachtet habe und darum noch hier genauer beschreiben will: der Wand eines grösseren Milchganges liegt auf der einen Seite Anatomische Hefte, T, Abteilung. XXXII, Heft (10. Bd., H. 2.) 12 168 ERNST UNGER, eine grosse Masse roter Blutkörperchen (etwa 1200 in einem Präparate) an, die, nirgends streng begrenzt, eine Blutung in das Interstitium darzustellen scheint. Hin und wieder ziehen feine Bindegewebsbündel hindurch; auffallend ist das häufige Vorkommen von Mastzellen im Innern und in der Umgebung dieser Masse. In einem Präparat habe ich deren 25 gezählt!'). In Fall X und XI grenzen die Alveolen dicht an einander, das interstitielle Gewebe ist fast verschwunden. Fall XI ist 11 Tage p. p., hat anfangs gestillt, in den letzten 4 Tagen nicht mehr, die zu untersuchenden Stücke wurden fast unmittelbar nach dem Tode entnommen und zwar von der Rückseite der Mamma, der Grenze der Drüsensubstanz und des retromam- mären Fettgewebes. Auf diesem Grenzstreifen und in dem Fett- gewebe selbst findet sich nun eine ausserordentlich grosse Menge weisser Blutkörperchen. Das in Alkohol gehärtete Material zeigt in den Leukocyten öfter helle Bläschen, meist nur eins, das die halbe Grösse der Blutkörperchen erreichen kann. In den mit Osmium behandelten Stückchen heben sich die weissen Blut- körperchen nur durch ihren matt graubraunen Protoplasmaleib von dem übrigen Gewebe ab und enthalten schwarz gefärbte Tröpfchen, so gross, dass bisweilen das ganze Protoplasma schwarz erscheint, nur noch an der Peripherie kleine Kappen oder Spitzen graubraunen Protoplasmas frei sind. Es ist also hier sicher gestellt, dass die weissen Blutkörperchen Fett enthalten. Daneben sind auch die Mastzellen wieder zahlreich vertreten. Fall XII hat das Eigentümliche, dass beide Mammae sich in verschiedenen Stadien befanden. Die rechte war in voller Funk- tion seit der Geburt, die linke dagegen war infolge schlechter Bildung der Warze nicht zum Stillen benutzt worden. Bei der linken entsprechen die Verhältnisse den beiden vorigen Fällen; hervorzuheben wäre nur, dass merkwürdigerweise feinste Fett- 1) Über das Vorkommen und die Bedeutung der Mastzellen verweise ich auf meine Arbeit in Virchows Archiv (1898 Heft T). Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Milchdrüse. 169 tröpfehen in den Lymphräumen des Interstitium zwischen roten Blutkörperchen lagernd, gefunden werden, oft zu mehreren an einander gereiht und zu Ketten verbunden (Fig. 11). In den vorhergehenden Fällen habe ich dieselbe Erscheinung mehrere- male beobachtet, aber nicht so deutlich. Je weiter wir uns von der Geburt entfernen und je länger das Stillgeschäft ausgesetzt ist, desto grösser wird die Anzahl der weissen Blutkörperchen und Rundzellen im Interstitium. Die Rundzellen, deren äusserst chromatophile Fähigkeit ich oben erwähnte, zeigen jetzt nicht mehr ein so diehtes Kernnetz; sie erscheinen etwas blasser und enthalten meist an der Peripherie 3—6 dunkelgefärbte, an un- gefärbten Präparaten stark lichtbrechende Körperchen. Über den weiteren Rückbildungsprozess habe ich bis jetzt nur einen Fall untersuchen können: 90 Tage p. p. überhaupt nicht gestillt. Das Interstitium hat grosse Ähnlichkeit mit dem aus Aborten vom zweiten und dritten Monate; nur scheinen Mastzellen und Leukocyten häufiger vorzukommen. Das Verhalten der epithelialen Teile während der Schwangerschaft (menschl. Mat.). Fall I: Auf den Schnitten sind nur 3—5 stecknadelkopf- grosse Anlagen von Drüsensubstanz. Dabei sind die Alveolen verhältnismässig gross und zeigen deutliche Lumina. Jeder Lobus enthält 15—25 Alveolen, jede misst im Durchmesser durchschnitt- lich 50 «. Die Milchgänge sind leer, nur an der Wand haften einige Gerinnsel, ihr Epithel ist hoch ceylindrisch (26,0 «). An dem freien Ende sind die Zellen durch eine Deckelmembran verbunden, die als feiner Streifen fast um die ganze Peripherie zu verfolgen ist. Das Epithel der Alveolen ist in den grösseren abgeplattet, die Kerne sind oval und liegen mit ihrer Längsachse der Wand parallel, in den kleineren sind sie rund und bauchen das freie Zellende etwas in das Lumen hinein. Karyokinetische 12* 170 ERNST UNGER, Figuren waren nicht mit Sicherheit festzustellen. Die Osmium- reaktion zeigt hin und wieder im Lumen einen schwarzen Fett- tropfen. In Fall III haben die Alveolen noch kein Lumen, Fett ist nicht nachzuweisen; ganz spärlich fand ich Kernteilungsfiguren. Weit fortgeschrittener schon ist das Bild, das wir bei einem Aborte aus dem Ende des dritten Monats finden. Die Läppchen haben bereits Durchmesser von 1!/.—2 mm und grenzen dicht an einander. In dem intralobulären Gewebe sieht man Epithel- zellen dicht an einander gedrängt, an einigen Stellen Alveolen bildend, deren grösste 26 u im Durchmesser hat. Das Epithel dieser Alveolen ist überall einschichtig und enthält schon eine Anzahl Fetttropfen. Der Kern liegt an der Alveolenwand, der Tropfen ragt in das Lumen hinein. Bisweilen sieht man diesem Tropfen an der Lumenseite noch einen Kern aufsitzen, sodass die Fetttropfen von einer Kernreihe eingesäumt (vergl. Fig. 3) scheinen. Mehreremale habe ich hier deutliche Kernteilungs- figuren beobachtet. Die Diaster waren so angelegt, dass ihre Tochterzellen neben einander zu liegen kamen, zweimal aber lief die Teilungsachse der Wand parallel, sodass die Tochterzelle also vielleicht in das Lumen abgestossen wird. Die Fetttropfen liegen fast alle lumenwärts in den Zellen, höchst selten findet man sie zwischen Kern und Wand; ihre Grösse schwankt zwischen 6—12 u. Es ist allerdings die Möglichkeit an diesen Präparaten, die mit schwachem Formalin behandelt sind, nicht auszuschliessen, dass sie nachträglich konfluiert sind und darum grösser erscheinen. Die Struktur der Kerne ist in den ersten Monaten eine einfache: sie enthalten ein, selten zwei Kernkörper- | chen, die im Centrum liegen und ein schwach sich färbendes Chromatingerüst. Durch das Epithel treten hin und wieder Lymphkörperchen, nie ist aber dieser Vorgang als Regel zu be- trachten. Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Milchdrüse. ıyal Sobald in den letzten Tagen der Schwangerschaft die Fett- produktion steigt, ändert sich das Verhalten der Epithelkerne: In den mehrschichtigen Milchgängen werden die Kerne blasser, sie enthalten 3—5 Kernkörperchen und erscheinen etwas ver- grössert. Färbt man längere Zeit mit schwach alkoholischer Methylenblau-Lösung und entfärbt vorsichtig in Kreosot, so er halten sie eine feine Granulierung; merkwürdigerweise gewähren sie so ein Bild, das dem der durch das Epithel hindurchtretenden Lymphkörperchen durchaus ähnlich ist. Nach der Geburt. Die Grösse der intracellulären Fett- tropfen beträgt in den ersten Tagen nach der Geburt 5—13 1, im Durchschnitt 9 «; die Höhe der Zellen ist durchschnittlich 10 u, daraus ist leicht ersichtlich, dass es einigermassen Schwierig- keiten bereitet, den vom Fetttropfen freien Teil der Zelle genauer zu untersuchen. In Fall VII ist die Begrenzung der Zellen nach innen überall geradlinig, in einzelnen Alveolen, deren Fetttropfen be- sonders gross sind, ragen diese halbkugelig in das Lumen hinein. Dort wo die Fetttropfen entwickelt sind, lässt sich also über das Protoplasma nichts aussagen. Die Kerne liegen fast immer an die Wand gedrückt, sehr selten am Lumen. Ihre Form ist halbmondförmig, wenn sie genau zwischen Fetttropfen und Wand liegen, oder sie bilden ein Dreieck, dessen eine Seite konvex ist und diese liegt der Wand an, dessen andere beiden Seiten kon- kav sind, da sie von den Fettkugeln zweier Nachbarzellen ein- geengt werden. Ist der Fetttropfen klein, so wird der Kern rund oder gar oval und kann mit seiner Längsachse senkrecht zur Alveolenwand stehen; liegt zwischen solchen Kernen und der Wand ein kleineres Kügelchen, so kann hier der. Kern eine Einkerbung erfahren. Bisweilen ist in einer Zelle nichts von einem Kerne zu sehen, nur um den grösseren Teil der Fettkugel zieht sich ein schmaler Streifen matt graugranulierter Substanz, der dem Kern 172 ERNST UNGER, anzugehören scheint. Die Form der Fetttropfen ist gewöhnlich rund, doch kommen auch ovale, sogar eckige Gebilde vor; ihre Zahl übersteigt in einer Zelle nicht vier, wenigstens nach den Formalinpräparaten nicht. Eines sehr seltenen, aber doch sicher beobachteten Bildes möchte ich noch gedenken: Der Epithel- besatz erscheint unterbrochen, etwa in der Breite zweier Zellen, und in dem freien Ausschnitt lagern 3—6 Fetttropfen verschie- dener Grösse (Fig. 6). Fall IX. Die Frau hat vor drei Tagen geboren. Die Fett- tröpfchenentwickelung ist durchaus nicht so reichlich wie in dem vorigen Falle, und dementsprechend treten auch die übrigen Veränderungen etwas zurück. Die Zellen sind stellenweise niedrig kubisch, manchmal hoch eylindrisch, gut gegen einander abge- grenzt, nach innen scharf gerandet. Der Kern nimmt den grösseren Teil der Zelle ein und enthält selten mehr wie zwei Kernkörperchen. Die Grösse der Fettkügelchen ist durchschnitt- lich 6,5 «, also bedeutend kleiner als im Falle VIII. Fall X. Hier ist die Milchsekretion so reichlich, dass an den Osmiumpräparaten Alveolen und Milchgänge stellenweise schwarz injiziert erscheinen. Dabei sind die Zellen selbst ver- hältnismässig frei von Fett, in vielen Alveolen enthält nur der dritte Teil Fettkügelchen. Der Fall bietet weiter keine Besonder- heiten ausser folgender: Quer durch manche Kerne und zwar meist im grössten Durchmesser verläuft ein stark liehtbrechender, mit Hämatoxylin sich etwas färbender, ganz feiner schmaler Streifen, häufig sind nun die zwei vorhandenen Kernkörperchen so an der Peripherie angeordnet, dass ihre Verbindungslinie senkrecht zu jenem Streifen stehen würde. Die Figur kann ver- schieden variieren; so kommt es vor, dass jener Streifen nieht durch den ganzen Kern reicht, ihn also nicht mehr halbiert, sondern nur seineu Radius darstellt. Ferner kann er mit ganz feinen Körnchen besetzt sein. Diese Figuren sind in dem Epi- thel der Alveolen, aber auch in den wandständigen Zellen der Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Milchdrüse. 173 {e} oO mehrschichtigen Milchgänge zu finden, und sowohl in der Profil- wie en face-Ansicht. Ich gedenke ihrer nur deswegen so aus- führlich, weil sie von einigen vielleicht als Kernteilungsfiguren gedeutet werden könnten, während ich dieselben lediglich für Faltungen des Kernes halte, durch die Fixierung bedingt (Fig. 12). Fall XI hat nur wenig Fettkügelchen, doch sind die Alveolen noch deutlich vorhanden. In Fall XIII ist ihr Umfang geringer, beträgt durchschnitt- lich 4 «. Hier wie in den folgenden Stadien der sich rückbil- denden Drüse findet man bisweilen folgendes Bild: Zwischen den Kernen des Epithels und der Wand des Alveolus drängt sich in die Zelle ein Lymphocyt, der den Kern ins Lumen drängt. Der Kern verliert dabei seine eigentümliche Struktur, wird blass und scheint, ebenso wie das benachbarte Protoplasma, körnig zu zerfallen. Drei Wochen nach der Geburt (Fall XIV, überhaupt nicht gestillt) sind nur wenige Alveolen vorhanden. Die Milchgänge, die länger erhalten bleiben, treten schärfer hervor und das Bild wird dem in den ersten Schwangerschaftsmonaten sehr ähnlich. Wo noch ein Lumen vorhanden ist, sind die Zellen flach, ihre Kerne liegen mit der Längsachse der Wand parallel, enthalten 1—2 Kernkörperchen. An Stelle der früheren Alveolen liegen die Epithelien dicht gedrängt, von vielen Lymphocyten umgeben und durchsetzt. Dabei lagern die Lymphocyten nicht allein zwischen den Epithelzellen, sondern auch im Innern. Die Kerne der Epithelien sind bisweilen von einem blassen oder gekörnten Hofe umgeben. Fettkügelchen habe ich in einer grösseren An-: zahl Präparate nur ganz vereinzelt gefunden. Hündin. A. Die Zellen sind mässig abgeplattet, der Kern ist rund und wölbt den Zellleib in das Lumen etwas hinein; ist er oval, ERNST UNGER, so steht seine Längsachse der Wand parallel. Gegeneinander sind die Zellen nicht scharf abzugrenzen, nach dem Lumen zu aber ist fast überall eine scharfe markante Grenzlinie sichtbar, sie fehlt nur in seltenen Fällen, z.B. dann, wenn der Kern direkt ans Lumen anstösst und in dasselbe hineinragt, man hat dann bisweilen den Eindruck, als wenn er an dieser Stelle nicht intakt wäre, er sieht etwas angenagt aus, aus- gezackt; in seinem Innern befinden sich ein grösseres und zwei, höchstens drei, kleinere Kernkörperchen, seine übrige Substanz erscheint fein granuliert. Ganz selten sind solche Kerne auch in dem Lumen zu sehen, denen das grosse Kernkörperchen zu fehlen pflegt, während die feine Granu- lierung noch schärfer hervortritt. Das Epithel ist am höch- sten in den Alveolen, die wenig Fetttropfen in ihrem Innern zeigen, am flachsten, wo das Lumen reichlich gefüllt ist und dabei pflegen bei diesen beiden Formen die Zellen frei von Fett zu sein. Die mittelgrossen Zellen dagegen zeichnen sich durch ihren Gehalt an Fetttropfen aus: Ich habe bis acht Tröpfchen in einer Zelle wahrgenommen, das grösste liegt gewöhnlich dicht am Lumen, die kleineren sind cirkulär um den Kern gruppiert. Ganz vereinzelt waren Lücken in der Epithelwand, etwa in der Länge zweier Zellen, die nur durch ein grösseres Fettkugelkonglomerat ausgefüllt wurden. (202) Die Kerne sind bisweilen von einem hellen, schmalen Hofe umgeben, der in gut osmierten Präparaten häufig schwarz erscheint. In dem eingeschlossenen Kerne ist die Grundsubstanz trüb, körnig, die chromatische hat sich nach dem Centrum zu zurückgezogen. Dies Bild ist vielleicht in der Weise zu deuten, dass durch reichliche Fettbildung in der Umgebung des Kernes diesem kein ge- nügendes Ernährungsmaterial zukommt und er selbst einer fettigen Degeneration unterliegt. Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Milchdrüse. 19 B. Ein Lobus zeichnet sich vor den anderen durch sein hohes Cylinderepithel aus, die Zellen erreichen eine Höhe von 15 u, dabei beträgt die Breite nur 2—3 u; die Alveolen, denen sie angehören, sind auffallend kleiner und enger als die übrigen; ihre Kerne sind länglich, fast spindelförmig und ihre Längsachse fällt mit der Zelle zusammen. ©. Die Fetttropfen in den Epithelien sind spärlich, da- gegen in den Lumina ausserordentlich zahlreich; in einer runden Alveole, deren Durchmesser 60 « beträgt, zählte ich 42 Fetttropfen. E. u. F. Der alveoläre Bau ist fast verwischt durch die zahl- reichen meist polynukleären Leukocyten und Rundzellen. Tabelle. (srössendurchmesser Abgebunden Drüse ’ der seit? Alveolen Epithelien | Epith. Fetttropf. | A 08% | .60-80.% 10,5 u 5 u B 5 St. SO-—O u | 57 u 7—9 u 16 17 St. ı 10-11: u 757 u 4—6 u*) D 48 St. 40 u | 10 u > u E 60 St. 30 u I u Du F gest. ı 0% | u 3 u | | 1) Einzelne Alveolen sind nicht rundlich, sondern vollkommen in die Länge gezogen, ihr Längsdurchm. ist 140 u, ihr Breitendurchm. 20 « und hier sind die Epithelien 10—12 « hoch. 176 ERNST UNGER, Das Verhalten des interstitiellen Gewebes während der Laktation. Das interstitielle Gewebe spielt in der Ranberschen Theorie eine sehr wichtige Rolle: Es beherbergt in seinen erweiterten Blut- und Lymphgefässkapillaren zahlreiche Leukoeyten, die von hier aus durch das Epithel dringen, verfetten und zu Milch- kügelchen werden. Und in der That haben auch andere Autoren eine auffallende Füllung und Erweiterung des kapillaren Gefäss- systems während der Laktation bemerkt, Winkler schreibt geradezu, das interalveoläre Gebälk scheine nur aus Kapillaren zu bestehen. Schon makroskopisch erkennt man nach Sorgius, dass der Hauptlymphstamm, der in der ruhenden Drüse fadenförmig ist, jetzt einen Durchmesser von 3mm hat; da bis zu seiner Zeit keine eingehende Untersuchung über das weitere Verhalten vorlag, studierte er eingehend die perialveolären Räume. Nur von Waldeyer lag eine kurze, aber bestimmte Angabe vor: „Es finden sich um die Drüsenacini herum schalenförmige Räume, welche als Lymphräume angesprochen werden müssen. Ich fand neuerdings an frischen Silberpräparaten von der weib- lichen Brustdrüse ähnliche Bildungen.“ Sorgius injizierte die Lymphräume mit der von Fleischl empfohlenen Asphalt- Chloroformlösung; das Chloroform verdunstet, der Asphalt bleibt in getrennten Kügelchen liegen, zwischen denen man das Lumen der Lymphräume genau mustern kann: „Man sieht an denselben, dass zwischen der Membrana propria der Acini und dem Lumen des Raumes sich noch ein helles Gewebe befindet, dasselbe ist so dünn, dass man es für eine, das Lumen des Raumes begren- zende Wandung nehmen könnte; ich vermag jedoch darüber keinen sicheren Entscheid zu geben, ebensowenig wie darüber, ob die Innenfläche dieser perialveolären Räume mit einem En- dothel ausgekleidet ist..... Es scheint mir aber die reguläre Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Milchdrüse. 177 Kommunikation dieser perialveolären Räume mit echten Lymph- gefässen sicher zu stehen.“ In ähnlicher Weise nimmt Coine an, dass zwischen den Blutkapillaren und der Membrana”;propria der Alveolen noch Lymphräume verlaufen, die Kolessnikow auch durch Injektion von arg. nitr. in Form brauner Ringe um die Alveolen dar- stellen konnte. Das deutlichste und ausgeprägteste Bild kann man sich nach Raubers Beschreibungen und Zeichnungen machen: Danach laufen die Blutgefässe in Lymphgefässen, so- dass ein Rohr in das andere hineingeschoben ist. Vor zwei Jahren nun hat Regaud noch eine Studie über die Lymphbahn veröffentlicht, er imprägnierte mit einem Gemisch von Pikrin- Osmiumsäure und Arg. nitr. und konnte deutlich zeigen, que le systeme Iymphatique est tout entier extralobulaire; man hat zwei Arten Lymphräume zu unterscheiden: les espaces ou sacs et les canaux Iymphatiques. Die ersteren umgeben einen oder mehrere Lobuli, ihre Wand besteht aus Endothelzellen, die dicht aneinander liegen, ihre Ränder sind durch zackige oder wellige feingezeichnete Linien gegeben. Doch sieht man nirgends, dass sie emettent des prolongements interlobulaires. Häufig fehlen auch jene Lymphsäcke; die Lymphkanäle verlaufen auch nur in dem interlobulären Gewebe, hin und wieder eine Anschwel- lung zeigend und dringen nur an dem Hilus zusammen mit den Milchgängen in den Acinus vor: Man sieht une anse Iymphatique grele penetrer dans le lobule en accompagnant le galactophore puis en sortir apres un tres court trajet, en dessinant une courbe elegante A cheval sur Ja biforcation du canal excreteur. Ich glaube, dass Regauds Beobachtungen richtig sind, der Schwerpunkt des Lymphgefässsystems der Mamma liegt extra- lobulär, und nur vereinzelt dringen Lymphgefässkapillaren in das Innere eines Lobus, die Alveolen umspinnend. Daraus er- giebt sich weiter, dass der Lymphapparat für die Milchbildung keine wesentliche Rolle spielen kann, dass er nur notwendiges 178 ERNST UNGER, Ernährungsmaterial für die Sekretion befördert, dass aber seine Elemente direkt sich nicht an der Milchbildung beteiligen. Ebensowenig aber dürfen wir uns ein ausgedehntes Blutgefäss- netz intralobulär denken. Ich habe oben bei den Präparaten von Meerschweinchen nichts vom Interstitium berichten können, es war kaum vorhanden, so dicht waren die Alveolen an einander gedrängt. Beim Menschen habe ich nur kurz vor der Geburt eine reichliche Füllung und ein deutliches Hervortreten der Kapillaren beobachten können. Ihr Vorhandensein erscheint damit gesichert, nur werden sie auch beim Menschen auf der Höhe der Laktation völlig eingeengt. Aus einigen Erscheinungen ist ihre Existenz immerhin noch zu diagnostizieren, vor allem an den Rundzellen, die überall leicht durch ihre intensive Färbung kenntlich sind und an den weissen Blutkörperchen. Über die Bedeutung der ersteren habe ich nichts in Erfahrung bringen können; solange das Drüsengewebe noch in Entwickelung begriffen ist, finden sie sich reichlicher und scheinen nach Art von Granulationsgewebe eine Auflockerung der Bindesubstanzen für die entstehenden Acini zu bewirken. Sind die Alveolen völlig entwickelt, so findet man um jeden Alveolus noch drei bis fünf Lymphkörperchen, die auch durch das Epithel hindurch treten und im Lumen sich dem Sekrete beimengen können. Klarer liegen die Verhältnisse für die weissen Blutkörperchen '). Die Veränderungen der Alveolar-Epithelien während der Laktation. Die Veränderungen, die die Epithelzellen der Alveolen während der Laktation erleiden, sind, seitdem man überhaupt das Milchsekret als Produkt des Epithels auffasst, von vielen Autoren untersucht worden, doch ist noch immer die Frage nicht endgültig gelöst, gehen die Fettkugeln aus einem fettigen 1) s. Virchows Archiv 1898. Heft I. Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Milchdrüse. 179 Zerfall der ganzen Zelle hervor (Virchow) oder eines Teiles derselben (Heidenhain), können die Kerne völlig verfetten (Steinhaus), oder nur teilweise zerfallen (Nissen), oder produ- ziert die Zelle selbstthätig das Fett und stösst es aus, ohne von ihrem Körper etwas einzubüssen (Bizzozero, Benda)? Um diese noch strittigen Punkte entscheiden zu können, wollen wir eingehend die anatomischen Verhältnisse des Epithels studieren, zuerst nach den Angaben, die wir in der Litteratur darüber finden, dann nach eigenen Beobachtungen, und schliesslich das Für und Wider der verschiedenen Anschauungen erwägen. Ob das Epithel einschichtig oder mehrschichtig sei, wird im all- gemeinen dahin beantwortet, dass dasselbe nur aus einer Schicht bestehe. Massgebend können nur genügend dünne Schnitte sein, und findet man in solchen nur eine Schicht, so ist zweifellos keine weitere Deutung zulässig, Da Virchow die Milchdrüse den Talgdrüsen anreiht, so müsste das Epithel mehrschichtig sein, wie es Kolessnikow auch bei der Kuh gefunden hat. „Die innersten Zellen sind bei weitem grösser als die der äusseren Schicht und enthalten gewöhnlich Fetttropfen.“ Coen (1888) berichtet von einem Meerschwein drei Tage p. p., dass einzelne Acini von zwei oder drei Epithelschichten ausgekleidet sind, das Gleiche findet Kehrer bei einem säugenden Kaninchen. „Eine Anzahl Acini ist völlig mit kubischen Epithelien ausge- füllt, sodass das Lumen verschwunden ist. Auf Grund meiner Untersuchungen muss ich annehmen, dass während der Milch- sekretion eine Proliferation von Zellen stattfindet und gleich- zeitig eine Abstossung anderer Epithelien, deren Protoplasma und Kern später eine fettige Degeneration erleiden und dass so die Kolostrumkörperchen und Milchkügelchen entstehen.“ Der grössere Teil der Autoren bestätigt die Angaben, die Heidenhain und Partsch zuerst ausdrücklich hervorgehoben haben, dass das Epithel nur ein einschichtiges ist. Partsch hat auch bei der Kuh nur eine Schicht gefunden und glaubt, 150 ERNST UNGER, dass Kolessnikow die Schnitte von der Fläche betrachtet habe oder dieselben zu dick geschnitten hat. Wenn manche Autoren, wie besonders Benda, eine äussere und innere Epithelschicht unterscheiden, so ist dies nicht im Sinne jener Autoren ein mehrschichtiges, sondern nur die innere ist das eigentliche Alveolarepithel, die äussere sind Bindegewebszellen (Muskel- zellen?), der Membrana propria anliegend, die mit der Sekret- produktion nichts zu thun haben. Auf den Querschnitten liegt eine Epithelzelle dieht neben der anderen, eine Grenze ist im allgemeinen nicht sichtbar, nur wenn die Zellen wachsen, turmähnlich in das Innere hinein- ragen, bezeichnen die Einkerbungen die Begrenzung. Betrachtet man den Alveolus von der Fläche, so sieht man nach Partsch, was einem in der Profilansicht gänzlich entgeht, „helle, zwischen den Epithelien verlaufende, schmale Linien, welche der Ausdruck einer, die Epithelien verbindenden Kittsubstanz zu sein scheinen.“ Nur Saefftigen behauptet, Lücken in der Epithelwand ge- sehen zu haben, und zwar in Alveolen, die reichlich mit Fett- kügelchen gefüllt, also sehr in Anspruch genommen waren. Alle übrigen Autoren fanden nirgends Unterbrechung oder Lücken im Epithel. Über die Form der Zellen finden wir etwas differierende Angaben; nach Reinhardt z. B. sind die Zellen dicht poly- edrisch, platt, nach Langer klein polyedrisch, nach Kehrer kurz prismatisch, nach Kolessnikow eylindrisch-kubisch. Doch wird heute nach Heidenhain und Partsch die verschiedene Form als abhängig von dem Funktionszustande angenommen. „Einer Katze wurden mehrere Tage nach dem Wurfe die Jungen nur auf einer Seite angelegt, diese Drüse also stark in Anspruch genommen, während die Drüsen der anderen Seite völlig ruhten. Bei der Untersuchung fanden sich die Zellen der thätigen Drüse bedeutend höher, die Zellen hatten in einzelnen Alveolen geradezu Cylinderzellen-Form.‘ Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Milchdrüse. 181 Wie sind nun diese Bilder der verschiedenen Höhe der Epithelien zu deuten? Am nächstliegenden wäre es, anzu- nehmen, dass, wenn die Alveolen mit Milch gefüllt sind, und ihre Wand sich dehnt, die Basis der Zellen sich vergrössert, also ihre Höhe abnehmen und wenn die Wand sich wieder kon- trahiert, auch die Höhe der Zellen wieder zunehmen muss. In diesem Sinne hatte schon Kölliker sich geäussert: „Wenn das Lumen eng und kreisförmig ist, so trägt das Bläschen ein hohes Cylinderepithel. Ist das Bläschen dilatiert und der innere Hohl- raum gefüllt, so plattet sich das Epithel ab und stellt ein niedriges kubisches Epithel dar.“ Allen Heidenhain und Partsch lassen diese Anschauung nach ihren Präparaten nicht selten, da sie bei den verschiedensten Füllungszuständen, sowohl hohes wie niedriges Epithel gefunden haben, und da man vom mechanischen Standpunkte allein keine genügende Erklärung findet, dürften andere bestimmende Momente heranzuziehen sein, die sie in der Häufigkeit des Saugens und der Häufigkeit der Nahrung finden. Wird diese Annahme als richtig voraus- gesetzt, so ist doch nicht leicht verständlich, dass sich einerseits die Zellen in der Ruhe ergänzen, also doch infolge des Wachs- tums vergrössern sollen, und andererseits, dass bei starker In- anspruchnahme die Zellen sehr hoch sind. Diesen Einwand hat schon Benda erhoben, der wie Kölliker, Jakowski, Mori Bizzozero und Vassale die Höhe des Epithels von der Ausdehnung der Alveolen, also von mechanischen Momenten herleitet: „che la dilatazione degli alveoli sia dovuta all’ azione meccanica del secreto che si raccoglie nel loro lume‘ (Mori) und Bizzozero und Vassale heben ausdrücklich hervor: „In erweiterten Endbläschen ist das Epithel platt, in engen Bläschen hoch; dabei hat man zu berücksichtigen, dass in vollen Alveolen die Zellen ihren Inhalt entleert haben und schon darum kleiner sind als noch gefüllte Zellen“. Was ferner noch die Form der Zellen anbelangt, so geben Heidenhain und 182 ERNST UNGER, Partsch an, dass die Konturen nach innen hin nicht glatt sind sondern ein gefranztes Aussehen haben, wie „auigefasert, zer- pinselt.‘ An diesen Fransen, zwischen denen vakuolenartige Ausschnitte sein können (Frommel), die die ursprüngliche Stätte der Fettkügelchen andeuten, hängen oft noch mit feinen Fädchen Protoplasmareste, die ein Fettkügelchen einschliessen. Auf Grund dieser Bilder glauben Heidenhain und Partsch den Eintritt von Zellbestandteilen in das Sekret annehmen zu dürfen: das allmählich vergrösserte Fettkügelchen reisst sich mit einem Teile des umgebenden Protoplasmas, in dem auch ein Kern enthalten sein kann, von dem übrigen, sonst intakt blei- benden Zellleibe los und gelangt in das Lumen, wo das Proto- plasma allmählich sich auflöst und das Fettkügelchen frei wird. Benda findet nun solche Bilder nur an nicht lebensfrisch ein- gelegtem oder schlecht konserviertem Materiale und deutet darum jene Faserung als postmortal. Bei lebensfrisch in HNO, und Ka. bi. konservierten und auf der Höhe der Funktion stehenden Drüsen findet er die Zellgrenzen durchaus scharf, glattrandig und nirgends im Lumen Zellbestandteille.e Saefftigen und Mori zeichnen die Zellgrenzen nach innen ebenfalls elatt, während andere wie Landois, Frommel, Tussenbroek sich Heidenhain und Partsch anschliessen. Welche Teile des Zellprotoplasmas pflegen nun der Sitz der Fetttropfen zu sein? Da Virchow eine gleichmässig fettige Degeneration annimmt, so fände man dementsprechend die Fettkügelchen anfangs in der Peripherie, später auch im Centrum der Zelle, jedenfalls aber in verschiedenen Teilen der Zelle. Dem gegenüber betonen Heidenhain und Kadkin, dass die Fetttropfen mit Vorliebe sich in dem lumenwärts ge- legenen Teil der Zelle befinden und Partsch sagt ausdrücklich, dass er nie die Fetttropfen an der Basis der Zelle angetroffen habe. Bei Benda und Fromme] finden wir wieder Anklänge an die alte Anschauung: In dem ganzen Bereiche der Zellen, Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Milchdrüse. 15 auch an dem basalen Teile kommen Fetttropfen vor; allerdings sind es nach Benda nur die kleinsten, aber jedenfalls noch deutlich mit Osmium geschwärzten Fettkügelchen. Saefftigen bemerkt im Text, dass die Fetttropfen nur lumenwärts in der Zelle vorkommen, nach seinen Zeichnungen dagegen finden sich ganz kleine auch in dem übrigen Protoplasma. Dabei sind die Kügelchen, soweit sie noch im Protoplasma liegen, plattgedrückt und radiär angeordnet, eine Erscheinung, die sich durch den Druck des Protoplasmas auf die Milchkügelchen bei seinem postmortalen Schrumpfen erklärt. Tussenbroek hat eine Zelle gezeichnet, wo ein grosser Fetttropfen zwischen Kern und Membran liegt; in anderen Zellen finden sich mehrere kleine Fetttropfen an verschiedenen Stellen der Zelle; wenn sie grösser werden, findet man sie stets dem Lumen anliegend. Nach Tussenbroek wird wahrscheinlich en Druck in der Zelle auf den Tropfen ausgeübt, der sie dem Orte minoris resistentiae zustreben lässt. Man ist aber noch einen Schritt weitergegangen, und hat nicht allein das Protoplasma, sondern auch den Kern für die Fettbildung in Anspruch genommen. So beschreibt Steinhaus in ausführlicher Weise die Verfettung des Protoplasmas und eines Kerns und ihre Abstossung ins Lumen. Vor ihm hatte bereits Nissen seine Aufmerksamkeit dem Verhalten der Kerne gewidmet, ausgehend von der Thatsache, dass nach Hammerstein das Kasein der Milch ein Nukleoalbumin ist. Bei einer acht Tage nach dem Wurf getöteten Hündin findet er die Zellen „turmähnlich in das Lumen hineinragend mit 1, 2, oft 3 und mehr Kernen. Der der Wand zuliegende Kern hat ein deutliches Kernnetz, bei dem anderen hat sich die chro- inatische Substanz an die Peripherie gezogen, das Centrum ist hell, um den Kern herum hebt sich eine kugelförmige Proto- plasmaportion von dem übrigen Protoplasma.“ Es sind dies Anatomische Hefte. I. Abteilung. XXXII. Heft (10. Bd. H. 2). 13 154 ERNST UNGER, die späteren Nissenschen Kugeln!) Vielleicht hat Partsch ‚dieses schon beobachtet, allerdings an hochträchtigen Tieren, denn er schreibt: „Es machen sich im Plasma neben dem Kern helle kreisrunde Stellen bemerkbar“, es gelang ihm nie, diese zu färben, auch nieht mit den Fettfarben. Andere Zellen zeigen nach Nissen die Erscheinungen der Abschnürung; der wand- wärts gelegene Kern erscheint normal; ein zweiter enthält zwei Chromatinsegmente, die zwischen sich einen hellen Fleck lassen, im Protoplasma sieht man einzelne versprengte Chromatin- stückechen. Nach Untersuchungen, die er noch an einem säu- genden Kaninchen und einer säugenden Katze machte, kommt er zu folgendem Resultat: Mitosen hat er nicht auffinden können, also ist die Kernteilung wohl eine direkte; die Kerne gehen manchmal schon in der Zelle, häufiger im Lumen der Alveole einen Zerfallsprozess ein, lösen sich in Chromatinsegmente auf und diese fallen auseinander. Daher stammt das Nuklein in der Milch?). Dieser Kernzerfall ist ein ähnlicher, wie ihn Flemming an den Granulosazellen beim Untergang der Graafschen Follikel gefunden und als Chromatolyse be- schrieben hat. 1) Es verdient hier hervorgehoben zu werden, dass Barfurth auch schon jene Kugeln beobachtet hat. Er beschreibt, wie das Fetttröpfehen den Zellkern zur Seite drängt und das freie Ende der Zelle einnimmt. „Von einem hellen Bläschen umgeben; das Protoplasma der nächsten Umgebung ist un- sichtbar geworden.“ Auch Kadkin nimmt an, dass das Nuklein der Milch von zu Grunde gegangenen Kernen stammt und zwar sowohl von denjenigen des Epithels wie auch der Leukocyten, die während der ganzen Laktation zwischen den Epithelzellen anzutreffen sind. 2) Vielleicht hat Langer schon das Verdienst, eine Fettbildung in den Kernen erkannt zu haben. Er fand bei einer im 5. Schwangerschafts-Monate verstorbenen Frau Kerne, ‚in denen bald grössere, bald kleinere Körperchen (wie Nucleoli) enthalten waren; diese in den Kernen liegenden Körperchen halte ich für Fett. Da an der Identität dieser mit Fett gefüllten Kerne mit den in den Bläschen gelegenen nicht zu zweifeln ist, so ist auch anzunehmen, dass der kernige Inhalt der Drüsenbläschen durch Aufnahme von Fett in die Milchkügelehen umgebildet werde.“ Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Milchdrüse. 185 Mori nimmt keine Beteiligung der Kernsubstanz an, da er keine Zerfallserscheinung an ihnen beobachten konnte. Jeden- falls befinden sich diejenigen Autoren, die eine Verfettung und Vernichtung der Kernsubstanz annehmen, in einer sehr schwie- rigen Lage, denn für die zu Grunde gegangenen Kerne muss ein Ersatz geschaffen werden, und da dieser nur von den noch restierenden Kernen kommen kann, muss bei diesen eine Tei- lung angenommen werden. Mit dieser Thatsache hat man sich nun in verschiedener Weise abzufinden gesucht; zum Teil hat man nur kurz diese Frage berührt, so schreibt Frommel, der keine Mitosen beobachtet hat, aber bei der Geburt zahlreiche zweizellige Kerne findet: „Es ist also bei der Laktation die Bil- dung und Ausscheidung von Fetttropfen aus dem Protoplasma und die lebhafte Kernteilung mit teilweiser Abstossung von Teilen der Zelle auseinander zu halten.“ Der Teilungsprozess, den die Kerne während der Schwanger- schaft durchmachen, ist immer ein indirekter, und man wird a priori annehmen müssen, dass auch in der Laktation an diesem Verhältnis sich nichts ändern wird. Nun aber haben die Autoren, die ein Zugrundegehen von Kernen annehmen, keine karyokinetischen Figuren mit Sicherheit während der Lak- tation nachweisen können. Nur Saefftigen giebt an, hin und wieder eine solche gesehen zu haben; unter seinen Abbil- dungen befindet sich ein isolierter Kern mit einer sternförmigen Verdichtung der Kernsubstanz um das Kernkörperchen herum, die er für eine Phase der indirekten Teilung anspricht. Kadkin allerdings behauptet auch, Karyokinesen während der Laktation, wenn auch in geringem Masse, angetroffen zu haben. In be- stimmterer Weise befinden sich Angaben über ihr Vorkommen bei Krause: stellenweise war in jeder Alveole eine Kern teilungsfigur. Meist sind sie selten, doch wäre es möglich, dass die Figuren erst einige Zeit nach dem Absaugen auftreten, und man sie nur unter bestimmten Umständen findet. Ganz jüngst 13* 186 ERNST UNGER, hat auch Szabö angegeben, dass er in den ersten Tagen nach der Geburt Karyokinesen gefunden habe, später jedoch nicht mehr. Öfter fand er mehrere Kerne in einer Zelle; das Kern- körperchen liegt meist in der Mitte, daneben an der Peripherie mehrere Chromatinkörperchen, wenn die Drüse secerniert. Im tuhezustande dagegen sind die Chromatinstückchen kleiner und nicht so charakteristisch angeordnet. Über Fettbildung in den Kernen berichtet er nichts und resumiert: „Die Zellen gehen nicht zu Grunde, sondern ein und dieselbe Zelle ist während der ganzen Laktationszeit der Sekretion fähig.‘ Jedenfalls reichen auch die wenigen Mitosen, die einige ge- funden haben, nicht aus, um die erforderliche Neubildung von Kernen zu decken und Nissen hat darum seine Zuflucht zur direkten Teilung genommen, ohne dass er eine solche beobachtet hätte, abgesehen davon, dass es, wie Bizzozero und Vassale betonen, unwahrscheinlich ist, dass Kerne, die sich bis dahin indirekt geteilt haben, nun plötzlich direkt teilen sollen. Wir sehen also, dass die Frage nach der Beteiligung der Kerne bei der Milchbildung noch eine offene ist: nehmen wir eine Verfettung von Kernen an, so muss für diese ein Ersatz geschaffen werden, dessen Nachweis bis jetzt noch nicht gelungen ist; nehmen wir keine Vernichtung von Kernen der Epithel- zellen an, so fehlt eine Erklärung für die Chromatinsubstanzen im Innern der Alveolen und für die Bedeutung der Anhäufung von Kernen in einer Zelle. Verhalten des Epithels nach eigenen Beobach- tungen. In hinreichend dünnen Schnitten von 6—12 u habe ich beim Menschen sowohl, wie bei Tieren das Epithel auf der Höhe der Laktation immer einschichtig gefunden. Ist eine ausgedehnte Alveole im grössten Durchmesser getroffen, so sieht man auf dem Querschnitt stets nur eine Schicht, weil die Wölbung der Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Milchdrüse. 187 Wand eine ganz geringe ist; je mehr man sich dem Boden der Alveole nähert, desto eher kann man, besonders in dickeren Schnitten, mehrere Reihen zu Gesicht bekommen. Daher ge- winnt man diesen Eindruck häufiger von kleinen als von grossen Alveolen. Auf Grund derselben Überlegung glaube ich vielleicht noch eine andere Erscheinung erklären zu können: Ich habe nämlich nur selten mehrere Kerne in einer Zelle gefunden. Manche Autoren sagen selbst, dass man oft die Grenzen der Zellen nicht erkennen kann, wie will man da mit Bestimmtheit sagen, diese oder jene Zelle habe mehrere Kerne? Und wenn anscheinend mehrere Kerne vorhanden waren, die dann also vor einander lagen, so gehört vielleicht der eine schon der nächst höheren oder tieferen Fpithelschiebt an. Ich hatte allerdings anfangs auch häufig den Eindruck mehrerer Kerne in derselben Zelle; später aber sah ich doch, dass sie nur sehr selten in der- selben Ebene lagen, meist waren sie nur durch eine Drehung der Mikrometerschraube nach einander sichtbar zu machen. In ganz wenigen Fällen allerdings, das will ich nicht bestreiten, sind die Zellen mehrkernig. Wohl zu unterscheiden von dem mehrschichtigen Epithel im gewöhnlichen Sinne ist die Differenzierung in ein äusseres und inneres Fpithellager im Sinne Bendas. Ich habe jene äussere Schicht an allen Drüsen konstatieren können, besonders an Zupfpräparaten treten ihre Zellen deutlich hervor. Bei Drüsen schwangerer Tiere liegen sie dicht an einander, auf der Höhe der Laktation werden sie weit auseinander gezogen. Ihre Deu- tung als kontraktile Muskelzellen, die Benda vermutet, würde vor allem dann sicher gestellt sein, wenn man ihre Verbindung mit motorischen Nerven konstatieren könnte, was mir bei mehreren Versuchen nach Golgis Methode noch nicht gelungen ist. Die Form der Epithelien halte ich für durchaus abhängig von der Ausdehnung der Alveolen. Nur selten habe ich be- obachtet, dass in derselben Alveole das Epithel verschiedene 188 ERNST UNGER, Grösse hatte, doch liess sich diese lirscheinung so erklären, dass der Alveolarinhalt beim Fixieren nur der einen Seite des Al- veolus aufgelegen und hier die Zellen platt gedrückt hatte. Partschs Beobachtungen, dass die Zellen einer stark in An- spruch genommenen Drüse höher sind als die in der ruhenden, kann ich nicht bestätigen. Ich habe etwa 25 Mammae auf der Höhe ihrer Laktation untersucht, mässig und stark in Anspruch genommene, habe aber einen wesentlichen Unterschied nicht finden können. In beiden Fällen erscheint der Zellleib ganz verkleinert, von einem grossen Fetttropfen an die Wand ge- drückt, sodass der Membrana propria nur ein ganz schmaler Saum Epithelsubstanz anliegt. Im übrigen zeigt das Epithel einer Alveole immer die gleiche Form und im allgemeinen haben auch die Alveolen desselben Läppchens gleiches Epithel. Ich halte demnach die Füllung der Alveolen als das hauptsächlichste Moment, das die Form der Zellen bedingt. Cirkumskripte Kon- traktionen der Zellwand konnte ich nicht konstatieren ; häufig sieht man aber eine Alveole in eine benachbarte übergehen und beide nur durch einen Vorsprung der Wand getrennt, an dem sich auch die Membrana propria und eine geringe Menge inter- stitiellen Gewebes beteiligen. Auch an solchen Faltungen war das Epithel immer von derselben Höhe wie in der übrigen Alveole. Die Zerfaserung an der Innenfläche des Epithels, auf die Heidenhain und Partsch so grosses Gewicht legen, habe ich unter sämtlichen Präparaten nur zweimal an Alkoholmaterial konstatieren können und etwas häufiger, wenn Osmium allein eingewirkt hatte, ferner an der Drüse des Meerschweinchens, dem -Jaborandi injiziert war. In allen normal laktierenden Drüsen, insbesondere an solchen, die mit Öhromsalzen, Formalin oder Salpetersäure fixiert waren, fand sich der Rand immer als scharfe Linie, die je nach der Höhe des Epithels ganz gerade oder wenig gewölbt läuft, auch tiefe Einschnitte zeigt, sobald die Höhe der Zellen zunimmt. beiträge zur Anatomie und Physiologie der Milchdrüse. 189 Noch eine Ausnahme muss hier erwähnt werden: Bei einer Kuh, die bis dicht vor dem Tode Milch gegeben hatte, fand ich 2—3 Schichten Epithelzellen. Es ist gerade bei der Kuh schwer, die Verhältnisse richtig zu beurteilen, da eine eigentliche Men- brana propria nicht vorhanden ist, somit auch eine strenge Be- grenzung des Bindegewebes gegen das Epithel fehlt. Die Bildung der Fetttropfen. Den wesentlichen Faktor der Milch vom Standpunkt der mikroskopischen Untersuchung bildet ihr Fettgehalt und es wird sich im folgenden hauptsächlich darum handeln, die Bereitung und Entleerung der Fettkügelchen klar zu legen. 1. Wann tritt dieselbe auf? Die Zeit der ersten Fettbildung ist individuell durchaus ver- schieden. Bei manchen Frauen finden sich schon im zweiten Monate der Schwangerschaft Fetttropfen, und diese können im dritten schon recht reichlich werden, bei anderen sind sie noch im vierten und fünften Monat sehr spärlich. Bei Meerschwein- chen scheint mir das Fett erst kurz vor der Geburt reichlich gebildet zu werden. 2. Der Sitz der Fetttropfen. Die Fetttropfen werden nicht nur in den Alveolen, sondern auch in dem Epithel der kleinen Milchgänge gebildet (Fig. 15 und 4). Dies habe ich wiederholt beim Menschen, Hund und Meerschweinchen beobachtet. Der Fetttropfen kann sich als kleinstes Kügelchen an jeder beliebigen Stelle des Protoplasma einer Epithelzelle bilden, sowohl lumenwärts, als auch wandwärts vom Kern. Es treten auch gleichzeitig mehrere auf und grup- pieren sich um den Kern herum. Manche Zellen, teils mit, teils ohne Fetttropfen, haben eine trübe, feinkörnige Beschaffen- heit, und dieser Zustand ist wohl als eine Vorstufe für das Auf- treten weiterer Tröpfchen zu deuten: Die Zellsubstanz gewinnt 190 ERNST UNGER, schon eine Verwandtschaft zum Fett und nimmt daher nach Osmiumbehandlung einen grauen Farbenton an. In der Peri- pherie eines Kügelchens verfetten sich die protoplasmatischen Bestandteile weiter, es bildet sich zunächst ein feinkörniger Zer- fall, aus dem kleinste Kügelchen hervorgehen, die sich den schon vorhandenen angliedern. Dies erklärt das Vorkommen nicht völlig runder, sondern mit kleinen hügeligen Vorwölbungen ver- sehener Tröpfchen: Es ist der älteste grösste, mit mehreren jüngeren, die sich ihm angelagert haben. Wird der Tropfen grösser, so findet er sich in den meisten Fällen in dem freien Ende der Zelle und drängt den Kern gegen die Wand. Sehr selten wird der Kern von der Wand fort lumenwärts gedrängt, sodass hier also eine Bedingung vorliegt, wo der Kern mit ins Lumen entleert werden kann. In wenigen Fällen (Fall VIII, menschl. Mat.) scheint die ganze Zelle einem fettigen Zerfall zu erliegen. Wenn der Epi- thelbesatz unterbrochen ist, und diese Lücke nur durch Fett- tropfen ausgefüllt ist, so stellen diese Fetttropfen eben den Rest einer Zelle dar, und wir haben es hier mit einem völligen Unter- gang von Zellen zu thun. Dieser Vorgang ist aber sicherlich ein seltener. Starke hat dann an Osmiumpräparaten bisweilen nur die peripheren Teile der Fetttropfen schwarz gefärbt gesehen, bisweilen war nur eine halbmondförmige Kappe geschwärzt, an anderen hatte das Osmium nur im Oentrum gewirkt, und auf Grund dieser Bilder geglaubt, verschiedene Formen des Fettes annehmen zu können. Ich bin überzeugt davon, dass solche Bilder lediglich bei einer unvollkommenen Wirkung des Osmium entstehen; man findet sie nie da, wo das Osmium völlig gewirkt hat, sondern immer nur an der Grenze nach den vom Osmium nicht berührten Partien. Aus den angeführten Beobachtungen ergiebt sich weiter folgendes über den Ursprung des Fettes. Durch die Spaltung des Eiweissprotoplasmas entstehen im Innern der Zelle Fette Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Milchdrüse. 191 sowohl wie Milchzucker, das eigene Albumin der Zelle also ist es, das das Material für die Fettkügelchen liefert. 3. Die Ausstossung der Fetttropfen. Die Ausstossung erfolgt wahrscheinlich durch eine Kontrak- tion des Zellprotoplasma; doch glaube ich nicht, dass die Tren- nung der Fetttropfen von der Zelle lediglich ein passiver Vor- gang ist, dass der schwere Fetttropfen, der in der Zellkuppe liegt, nur durch seine Zerrung eine Loslösung bedingt. Dann würde sehr häufig ein grosser Teil des Protoplasma mit zu Grunde gehen, und wir müssten regelmässig jene zerfaserten Zellbilder treffen, wie sie Heidenhain beschrieben hat. Nur in seltenen Fällen wird ein Teil der Zelle sich mit ablösen, in der Regel wird der Tropfen entleert, indem sich das Protoplasma langsam an ihm zurückzieht; anfangs hält es ihn von allen Seiten, der Druck, den der Tropfen ausübt, lässt allmählich die schmale, noch stehende Protoplasmabrücke zurücktreten, und schliesslich ist es isoliert, ohne dass die Zelle etwas von ihrem Bestande eingebüsst hat. Eine weitere Frage ist es nun, warum diese Tropfen isoliert bleiben und nicht konfluieren. Eine geringe Konfluenzneigung möchte ich allerdings annehmen, denn man pflegt im Centrum des Lumens viel grössere Fetttropfen zu finden als am Rande, und jene können doch nur durch Konfluenz kleinerer entstanden sein. Man hat nun sogar zeitweilig geglaubt, dass die grösseren Kügelchen aus Milch, die kleineren aus Käsestoff beständen. Raspail war der erste, der eine Membran um die Kügelchen annahm, Ascherson liess diese aus Eiweiss bestehen (Haptogen- membran). Henle behauptete, nach vorsichtigem Ätherzusatz konfluierten die Tröpfehen noch nicht; Kehrer, der sich ganz speziell mit dieser Frage beschäftigte, leugnet das Vorbanden- sein einer Membran: nach ihm sind die Tropfen in einer 192 ERNST UNGER, schleimigen Interglobularsubstanz suspendiert, die den ge- quollenen Zelltrümmern ihren Ursprung verdankt. Das Verhalten der Kerne. Das Charakteristische in den Kernen während der Laktation ist das Auftreten mehrerer Uhromatinkörperchen, ein Punkt, den Szabö ganz jüngst hervorgehoben hat. Man findet fünf bis acht Chromatinkörperchen, die sich intensiv färben, gewöhnlich sind die kleineren an der Peripherie angeordnet, die grösseren mehr im centralen Teile, die näheren Einzelheiten habe ich bei den Präparaten beschrieben. Jedenfalls habe ich während der Sekretion keine Kernteilungsfiguren gefunden und das Fehlen dieses Phänomens weist auf das deutlichste hin, dass ein regel- mässıges Zugrundegehen von Kernen nicht stattfindet, da diese dann durch neue ersetzt werden müssten. Eine Vernichtung von Kernmaterial findet bisweilen statt, aber nur ausnahms- weise, und daran reiht sich gleich die weitere Beobachtung, dass nach meinen Untersuchungen die imtranukleären Fetttropfen ebenfalls zu den Seltenheiten gehören, da sie den Tod des Kernes bedeuten. Was nun die von Nissen beschriebenen Degenerationserscheinungen an Kernen betrifft, so habe ich nie die Bilder so deutlich und einfach gesehen, wie er sie beschreibt. Es ist richtig, dass sich in zweikernigen Zellen die Kerne ver- schieden verhalten, dass bisweilen in den inneren Kernen Fett- vakuolen erscheinen. Die chromatische Substanz ordnet sich dann an mehreren, meist vier gegenüberliegenden Punkten des Kernes an, die Vakuole liegt im Öentrum und diese Bilder sind sowohl noch in der Zelle selbst wie im Lumen zu beobachten, aber äusserst selten. Ausserhalb der Kerne habe ich besondere Formen einer chromatischen Substanz nicht beobachtet. Ist jene Beobachtung des Auftretens von Vakuolen richtig, so ist anzu- nehmen, dass der Kern abgestossen wird und zu Grunde geht. Die Einwände, die Bizzozero und Vassale dagegen erhoben Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Milchdrüse. 195 haben, dass man in zweikernigen Zellen noch neben dem Kern Fettvakuolen findet, ist wohl nicht stichhaltig, da diese letzteren auch als rein protoplasmatische Bildungen angesehen werden können. Eine gesonderte Besprechung erfordern noch Steinhaus’ Beobachtungen über die Zellveränderungen. Ich habe genau nach seinen Vorschriften gearbeitet, das Material m Altmanns Gemisch fixiert, dieselbe Färbetechnik angewandt. Es ist mir nun in der That bisweilen gelungen, Granula in den Zellen zur An- schauung zu bringen, nie aber habe ich jene nach Steinhaus charakteristische Anordnung beobachtet, in den Zellen, die erössere Fetttropfen enthielten, blieb nur ein so minimaler Teil fettfreien Protoplasmas, dass ein feinerer Bau nicht mehr zu erkennen war. Nur in hohen cylindrischen Zellen gelang es mir, die Granula mit Säurefuchsin darzustellen; sie erschienen dann als kleine kuglige Gebilde rings um den Kern, auch im Lumen sieht man sie bisweilen zu Gruppen vereinigt. Der Ursprung des Eiweisses und des Milchzuckers der Milch. Ich glaube nicht, dass man für den Eiweissgehalt der Milch einen Zellzerfall annehmen darf, dazu werden Zerfallserschei- nungen an den Zellen viel zu selten beobachtet, ich bin eher geneigt, dasselbe, zum grösseren Teile wenigstens, von dem Eiweiss des Blutes durch Vermittelung der Gefässe herzuleiten. Was den Milchzucker anbetrifft, so hat vor zwei Jahren Seelig behauptet, ihn mikrochemisch mittelst der Phenyl- Hydrazinprobe, wie sie auch bei der Untersuchung des Harnes verwandt wird, in Diabetesnieren nachgewiesen zu haben; ich habe nun genau nach seinen Vorschriften und mit vielfachen Moditikationen Milchdrüsenstückchen dieser Probe unterworfen, aber stets mit negativem Erfolge!). Demnach wäre vorläufig | 1) Mündlich wurde mir ganz kürzlich berichtet, dass Seelig seine damaligen Resultate widerrufen habe. 194 ERNST UNGER, nur zu konstatieren, dass wir den Sitz der Milchzuckersekretion in der Drüse noch nicht mikrocbemisch kennen. Zusammenfassung. ') Wenn ich also noch einmal zusammenfassen darf, so ge- stalten sich die Veränderungen der Epithelzellen während der Laktation in der Regel folgendermassen: Es werden im Proto- plasma Fetttröpfehen gebildet, anfangs ganz klein, konfluieren sie noch in der Zelle zu grösseren und trennen sich von der Zelle, ohne dass ein Teil des Protoplasma mit zu Grunde geht. Die Kerne bleiben der Zelle erhalten, es finden sich keine Er- scheinungen in ihnen, die auf eine Teilung schliessen lassen, dagegen ist die Anzahl der Chromatinkörperchen auffallend vermehrt. Welcher der bestehenden Theorien schliesst sich nun diese Auffassung am meisten an? Ich glaube am ehesten der, wie sie neben Bizzozero und Vassale am deutlichsten durch Benda vertreten wird: Die Sekretion der Zellen ist eine aktive, die Zellen selbst produzieren, sie zerfallen nicht, gehen auch keine fettige Degeneration ein, sondern stellen lebende Elementar- organismen dar, die während der ganzen Funktionsperiode er- halten bleiben können. Man wird hier einwenden, dass man häufig in dem Bodensatz der Milch Kern und Kernfragmente findet; es sind dies nach meiner Anschauung Reste von Rund- zellen, die man auch auf Schnitten im Lumen findet, dem Kerne selbst ist nicht leicht anzusehen, ob er einer Rundzelle entstammt oder ein Epithelkern ist; ist doch schon oben hervorgehoben, wie ähnlich sich beide sehen. Jener Thatsache reiht sich nun sofort eine Folgerung an, deren Bedeutung wir ausführlicher im nächsten Kapitel behan- uch wollen, dass der Bau und die Funktion der Milchdrüse 1) Üpe die speziellen Verhältnisse des Colostrum verweise ich auf meine Arbeit in Virchows Archiv. Heft I. 1898. Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Milchdrüse. 195 nicht den Talgdrüsen des Körpers entspricht, sondern sich eng an die Knäueldrüsen der Haut anlehnt. Unterbrechung und Unterlassung des Säugens. Mori untersuchte die Drüsen von Meerschweinchen, bei denen 1, 3, 6, 18 Stunden das Säugen verhindert war und fand die Alveolen nach 18 Stunden am meisten erweitert, das Epithel ganz niedrig, die Kerne ohne Zerfallserscheinungen. Nach ihm scheinen die Nissenschen Kugeln nicht in Beziehung zum Kern oder Protoplasma zu stehen, doch ist das gleichzeitige Auftreten chromatischer Substanz im Lumen auffallend. Leukocyten scheinen es nicht zu sein, es dürfte sich aber fragen: non po- trebbero i globi di Nissen esser prodotti da una distruzione di leucociti? Bei sechsstündiger Unterbrechung finden sich zahl- reiche Leukocyten im Bindegewebe, im Lumen, auch stellenweise im Epithel; also spielen sie vielleicht auch bei der Milchbildung eine Rolle. Für die Technik der Unterbrechung ist folgendes wichtig: Wenn man, was bei einem Meerschweinchen sehr leicht gelingt, die Zitze durch eine Ligatur abbindet, so ist sie schon nach 24 Stunden gangränös und fällt nach einigen Tagen völlig ab; durch eine deutliche Demarkationslinie scheidet sich das tote von dem gesunden Gewebe, und die natürliche Folge ist eine Reizung und Entzündung, die sich in einer Anhäufung von Rundzellen und weissen Blutkörperchen äussert. Will man also bei demselben Tiere gleichzeitig Drüsen in Funktion und ausser Funktion stehend gewinnen, so ist dies Verfahren nicht ganz einwandsfrei. Ich habe bei meiner zweiten Hündin darum die Drüse durch einen grossen Lederlappen, der weit von der Drüse entfernt mit wenigen Nähten in der Haut befestigt wurde, vor dem Absaugen durch die Jungen geschützt, während die übrigen Zitzen weiter in Anspruch genommen wurden. Auf diese Weise war auch eine genaue Zeitbestimmung ermöglicht. 196 ERNST UNGER, In Moris Präparaten war nun am auffallendsten das Auf- treten der Leukocyten und dieser Punkt ist eine der wichtigsten Stützen der Üzernyschen Theorie. Wenn eine funktionierende Drüse abgebunden wird, ihre Sekretentleerung behindert ist, so muss sie seine beiden Bedingungen, nämlich der Sekreterzeugung und der Sekretstauung zaz’ &oxyrv zeigen und auch deren Folge- erscheinung. Und dies ist auch in der That der Fall. Ich habe diese Verhältnisse bei einer Hündin studiert, aber in längeren Zwischenräumen als Mori die Drüsen entfernt. Aus der bei- gefügten Tabelle ergiebt sich, dass die Alveolen am weitesten sind, wo 17 Stunden die Entleerung verhindert war, und dass ihre Grösse in den nächsten Tagen abnimmt, deshalb wohl, weil der Inhalt von den Leukocyten resorbiert wird und deren Einwanderung in die interveolären Räume eine Ausdehnung der Lymphkapillaren bedingt. Die Höhe der Epithelien beträgt im allgemeinen 7 « und erreicht nur die grösste Durchschnitts- höhe in der 48 Stunden abgebundenen Drüse, deren Alveolen gegen das vorhergehende Stadium einen grossen Rückgang zeigen. Die Kerne zeigen aufs deutlichste eine grössere Anzahl Chromatinkörperchen, solange noch die Sekretproduktion an- dauert, also bei A, B, GC; in D tritt diese Erscheinung nicht mehr so scharf auf, und bei den mehrere Tage abgebundenen Drüsen sind sie nicht mehr wahrzunehmen. Es ist also keine Frage, dass das vermehrte Auftreten der Chromatinkörperchen ein Charakteristieum einer secernierenden Drüse ist. Noch eine Bemerkung will ich mir über die Nissen schen Kugeln hier erlauben: Mori fragt, ob sie nicht aus einer Zer- störung von Leukoeyten hervorgehen? Ich selbst habe die Er- scheinung so selten beobachtet, dass ich mir danach kein end- gültiges Urteil bilden kann. Nach Moris Abbildungen haben sie durchaus das Ansehen von Leukocyten, und es ist nicht ausgeschlossen, dass auch Nissens eigene Abbildungen in dem Sinne zu deuten sind, dass weisse Blutkörperchen in die Epithel- Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Milchdrüse. 197 zellen selbst eindringen, den hier noch lagernden Fetttropfen umschliessen, und ihre Kernsubstanz dabei jene Anordnung zeigt, wie Nissen dies schildert; wenn nicht jene Erscheinungen überhaupt Kunstprodukte sind und nur einer nicht vollkommen einwandsfreien Fixierung ihren Ursprung verdanken! Einfluss der Nerven und der Ernährune auf die Veränderungen der Zellen. Wenn es gelang, die Milchsekretion, d. h. die Thätigkeit der Epithelien durch chemische oder elektrische Reize zu stei- gern, so konnte man sich auf diese Weise leicht die Drüsen nach starker Inanspruchnahme verschaffen und war nicht mehr von dem Willen der Tiere abhängig. Röhrig war es nun in der That bei Ziegen gelungen, durch Mittel, die den Blutdruck erhöhen, besonders Strychnin und Jaborandi, eine starke Sekre- tion hervorzurufen; bei der Katze erzielte Saefftigen durch Jaborandi das gleiche Resultat. Ich habe nun allerdings nur bei zwei Meerschweinchen Ver- suche mit Strychnin und Jaborandi genau in der Dosierung nach Röhrigs Vorschriften gemacht, und es war, obwohl ich zweimal den Erfolg des Experimentes über zwei Stunden abge- wartet habe, keine Erhöhung der Sekretion zu konstatieren, ich habe ferner nach Partschs Angaben den Nerv. spermat. ext. durchschnitten, die Zitze abgetragen und Strychnin injiziert, zweimal, aber ebenfalls ohne Erfolg. Versuche, die Drüsen- nerven zu reizen, oder durch ihre Durchschneidung die Sekretion zu beeinflussen, sind bis jetzt noch nicht eindeutig gelungen. Arbeiten hierüber liegen von Sinety, Saefftigen und Laf- font vor, eine Zusammenfassung der Ergebnisse findet sich bei v. Herff. Ich glaube, man kann gegen die Experimente der Nervendurchschneidung vor allem den Einwand machen, dass es bei Tieren wie Ziegen, Katzen und Meerschweinchen unmög- 198 ERNST UNGER, lich ist, alle zur Drüse gehenden Nervenäste zu durchtrennen. Eckhardt giebt in seinen Versuchen die Durchschneidung zweier Stämme an, Röhrig drei. Ich habe an einem Meer- schweinchen sorgfältig die Nerven präpariert und schon makrosko- pisch fünf gefunden, deren Freilegung an lebenden Tieren un- möglich ist: 1. Vom Nerv. femoralis zieht der stärkste Ast über das Lig. Poup. nach oben. 2. Ein feinerer Ast kommt von der Analgegend. 3.—5. Sind Äste, die den interkostalen Nerven parallel laufend, von der Wirbelsäule an der Innenseite der Rücken- und Bauchwand zur Drüse verlaufen. Jedenfalls ist es mir nicht gelungen, durch Injektion von Strychnin oder Jaborandi, weder vor noch nach Durchtrennung der Nerven eine makroskopisch sichtbare Steigerung der Sekre- tion hervorzurufen. Auch mikroskopisch war der Unterschied zwischen den, vor und nach den Versuchen entnommenen Drüsen nicht wesentlich, sodass ich vorläufig hier über keine wesent- lichen Erfolge dieser Methoden berichten kann. Ebensowenig kann ich eine bedeutende Beeinflussung der Sekretion durch die Ernährung konstatieren. Es ist ja nicht zu leugnen, dass reichliche und zukömmliche Nahrung, bei Kühen besonders, eine auffallende Vermehrung der Milehmengen be- wirkt, diese Erscheinung weiss jeder Landwirt zu schätzen. Ich habe meine Versuche allerdings nur bei Meerschweinchen an- gestellt, und kann hier nur berichten, dass kärgliche Nahrungs- zufuhr oder gänzliche Entziehung derselben, eine Verminderung der Sekretion hervorruft: Die Alveolen enthalten nicht mehr so reichlich Fettkügelchen, die Zellen produzieren kleinere und weniger Fetttröpfchen, die Gestalt der Epithelien ist dabei nur soweit verändert, wie dies der geringere F üllungsgrad der Al- veolen bedingt. Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Milchdrüse 199 Die Hexenmilch. Bald nach der Geburt kommt schon bei Kindern eine Se- kretion der Brüste vor, eine Erscheinung, die unter dem Namen der Hexenmilch bekannt ist. Wenn wir Aristoteles Glauben schenken dürfen (Hist. animal. III), so haben die alten Griechen dieselbe schon bei jungen Ziegen beobachtet. Barfurth fand sie bei Tieren nicht, bei Menschen trat sie vier Tage nach der Geburt ein und hörte nach einer Woche wieder auf. Im Gegen- satz dazu behauptet Creighton bei Meerschweinchen Hexen- milch gesehen zu haben: derived from the cells of the acini when they have reached the highest point of their development. Nach de Sinety, der sich eingehend mit diesem Gegenstand beschäftigt hat, hat man zu unterscheiden zwischen der Sekre- tion am ersten Tage nach der Geburt und derjenigen, die etwa am vierten Tage beginnt und mehrere Tage andauert. Jene beruht darauf, dass die inneren Zellen der noch soliden Kanäle verfetten und abgestossen werden, dagegen handelt es sich bei der späteren Milch um eine wirkliche Sekretion: le lait que l’on obtient de la mamelle de nouveau-nes quelques jours apres la naissance est le resultat d’une veritable secretion. Basch er- klärt sich die Hexenmilch durch den Reiz, den die sich lockernden, verhornenden Zellen des noch soliden Lumens auf die Drüse ausüben. Darum sollen auch die centralen Teile der Drüse meist eine stärkere Fktasie bilden als die peripheren, weil diese letzteren durch den Reiz weniger betroffen werden. Benda bildet in seiner Arbeit die Drüse eines Neugeborenen ab: nur die Lumina enthalten Fett, in den Zellen selbst findet er nichts. Mir selbst stand nur eine Brustdrüse zweier drei Tage nach der Geburt an Atrophie verstorbenen Kinder zur Verfügung. Die Drüsen entleerten auf Druck eine trübseröse Flüssigkeit, ın der einzelne Fetttröpfehen suspendiert waren. Auf den Schnitten sah man ganz vereinzelte Fetttropfen in dem Cylinderepithel der Anatomische Hefte. I. Abteilung. XXXI. Heft (10. Bd., H. 2). 14 200 ERNST UNGER, ‚Gänge. Einiges Interesse verdiente vielleicht noch folgende Beobachtung: Ich untersuchte die Milch eines lebenden Kindes, dessen linke Mamma reichlich seit vier Tagen secernierte. Ich fand auffallend viele Rundzellen und am fünften Tage stellte sich eine Mastitis dieser Mamma ein. In dem Sekret der anderen Drüse traten nach einigen Tagen auch viele Rundzellen auf, und es liess sich so einigermassen voraussagen, was auch später eintrat, dass auch hier eine Entzündung auftreten würde, die makroskopisch noch nicht erkennbar war. Litteratur über Hexenmilch. 1. Cobbold Milk. fro the male mamma. 1854. 2. G. St. Hilaire: Compt. rend. Acad. d. Sciences 1845. 3. Gubler: Soc. de Biol. t. II. 4. Guillot: Arch. gender. de med. 1853. 5. Joly: These de Paris 1851. 6. Milne: Lecons sur la phys. de ’homme IX. 7. Morgagni: Anatomie Padua 1791. 8. Scanzoni: Verh. d. phys. med. Ges. Würzburg 1852. 9. Tripier: Dietionn. encykl. de sciences med. Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Milchdrüse. 201 Kap. 1. Welche Stellung haben die Milchdrüsen unter den übrigen Drüsen der Haut? Diese Frage gewinnt darum einige Bedeutung, weil wir als Typus der alveolären Hautdrüsen die Talgdrüse und als Typus der tubulösen die Knäueldrüsen ansehen. Wie aber im vorigen Kapitel gezeigt ist, entspricht die Funktion der Milehdrüse Knäueldrüsen, ihr Bau aber erscheint nach der herrschenden Auffassung den Talgdrüsen ähnlich. Dieser Widerspruch wäre also hier zu lösen. Die Grenzen zwischen tubulösen und alveolären Drüsen sind nicht streng gezogen; vielmehr finden wir häufig Übergänge einer Gruppe in die andere. Die Ausbuchtung der Endkammern, die vielfach als Charakteristicum der alveolären Drüsen gilt, ist auch bei den tubulösen anzutreffen. So zeigen die Achselhöhlen- drüsen und Drüsen der Üervix uteri, beides im allgemeinen tubulös genannte Drüsen, neben Erweiterungen des Gangsystems auch weite Ausbuchtungen der Endstücke, und das zusammen- gesetzte Gangsystem, das als Charakteristikum der tubulösen Drüsen gilt, haben auch die Meibomsche Drüse und die Bürzel-Drüse der Vögel, beides Drüsen, die ihrer sonstigen Be- schaffenheit nach als alveoläre Drüsen bezeichnet werden. Aus alledem ergiebt sich, dass wir an einer Einteilung in alveoläre und tubulöse nicht festhalten können, und Flemming hat deswegen schon vor einiger Zeit eine Einteilung nach anderen Gesichtspunkten vorgeschlagen. Nur den Unterschied möchte ich hervorheben, dass bei den alveolären Drüsen der Gang sich 202 ERNST UNGER, scharf und streng gegen die Alveole abgrenzt, wir können unter dem Mikroskop genau die Grenze angeben, wo der Alveolus anfängt und der Gang aufhört, während bei den tubulösen das Epithel des Ganges langsam in das des Acinus übergeht. Nach dem Bild, das eine funktionierende Milchdrüse bietet, liesse sich im übrigen schwer entscheiden, ob sie eine tubulöse oder eine alveoläre Drüse ist; denn die buchtenreichen Aussackungen hat sie mit den alveolären Drüsen gemein, während ihr hohles Lumen und der allmähliche Übergang der Gänge in die Alveolen sie den tubulösen Drüsen ähnlich erscheinen lassen. Die andere Frage ist ungemein wichtiger: ist die Milch- drüse eine Knäueldrüse oder eine Talgdrüse? Wir haben im vorigen Kapitel gesehen, dass wir sie nach ihrer Funktion durchaus den Knäueldrüsen anzureihen haben. Doch hören wir erst die Autoren, die in speziellen Abhandlungen oder in den Lehrbüchern sich darüber geäussert haben: Virehow: (Cellularpathologie): nichts weiter als eine ko- lossal entwickelte und eigentümlich gestaltete Anhäufung von Hautdrüsen (Schmeer- oder Talgdrüsen). Scherer: (inWagners Handwörterbuch der Physiologie) zusammengesetzt blasige Drüsen mit baumförmig verzweigter Grundlage eines Hauptausführungs- kanales. Kolessnikow: nach dem Typus der traubigen Drüsen gebaut. Munk: Eulenburgs Real-Encyklopädie 1893): nach dem Typus der zusammengesetzt acinösen Drüsen gebaut. (1894): Als im Dienste der Brutpflege behufs Lieferung eines spezifischen Sekretes, der Milch, umgewandelte Drüsen der Hautdecke. Gegenbaur: (Lehrbuch der Anatomie 1896) bilden eine Ab- teilung der alveolären Hautdrüsen, die in den Talgdrüsen Verbreitung finden. Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Milchdrüse. 203 Ferner: Creighton, Henle, Hollstein, Th. Kölliker, Hyrtl, Rauber, Röhrig, Toldt, Böhm und v. Davidoff und viele andere. Auch Flemming (Archiv für Anatomie und Physiologie 1888) fügt die Milchdrüse in seinem Schema als alveolär, lobär ein, allerdings macht er eine kleine Einschränkung: er rechnet die Milchdrüse nur einigermassen zu den Drüsen, welche wahr- haft rundliche bauchige Endsäcke tragen und wahrhaft ver- engerte Eingänge haben, und (S. 292) „Selbst die Milchdrüse entspricht nicht dem üblichen Schema des acinösen Baues, son- dern nähert sich etwas dem eines verästelten Langschlauches; da jedoch die Ausbuchtung verhältnismässig weit und oft wirklich sackig erweitert ist, lässt sie sich immerhin alveolär nennen.“ Wenn wir nun auf die Vertreter der gegenteiligen Ansicht eingehen wollen, so wird uns dieser Übergang sehr erleichtert durch einen Autor, der ihn selbst schon gemacht hat; Stöhr schreibt 1892: „Die Milchdrüse besteht zur Zeit der Schwanger- schaft und Stillens aus 15—20 alveolären Drüsen“, 1894: „Die Milchdrüsen sind zusammengesetzt tubulös .... die Milchdrüse besteht zur Zeit der Schwangerschaft aus 15—20 tubulösen Drüsen“. Dieser Umschwung hat sich also zwischen den Jahren 92/94 vollzogen, 93 erschien über diesen Punkt nur Ben das Arbeit; vielleicht ist diese also der Anstoss gewesen '). Somit hätten wir uns nun mit der Anschauung bekannt zu machen, dass die Milchdrüse ihrem anatomischen Baue nach den Knäueldrüsen zuzuzählen sei, und da die Zellveränderung und insbesondere die Sekreterzeugung doch mehr zum Gebiete der Physiologie gehört, wird es sich empfehlen, auch diese hier beim Vergleich mit heranzuziehen. So findet Ge genbaur (1896) 1) Ähnlich verhält sich Brösiceke den Speicheldrüsen gegenüber‘; während sie im Jahre 1892 als zusammengesetzt acinös aufgeführt wurden, zählt er sie 1895 zu den zusammengesetzt tubulösen, wahrscheinlich infolge Flemmings Klassifikation. 204 ERNST UNGER, gerade im Sekrete der Milchdrüse eine Verwandtschaft mit den Talgdrüsen: ‚Fassen wir das Wesentliche ins Auge, so ist das Produkt beider Drüsenarten eine Fettsubstanz. Bei den Milch- drüsen wird das Fett in kleinen Körnern oder Tröpfehen pro- duziert, die eine dünne Umhüllung besitzen und diese Form- bestandteile stellen eine Emulsion, die Milch, her, indem auch eine seröse Flüssigkeit abgesondert wird. Die Produktion der letzteren geht den Talgdrüsen ab; sie ist deshalb der einzig: be- deutendere Unterscheidungspunkt von beiderlei Produkten. Denn dass wir kein allzu grosses Gewicht auf die spezifischen Verhältnisse der chemischen Konstitution der Milch legen dürfen, geht daraus hervor, dass die Milchdrüsen auch das chemische verschiedene Kolostrum absondern. Das Hauptverdienst, das Richtige betont zu haben, gebührt Heidenhain und seinem Schüler Partsch; sie weisen nach, dass die Fettnekrose der Talgdrüsen, die von den Aussenschichten des Epithels nach innen fortschreitet, bei den Milchdrüsen nicht eintritt, ja unmöglich ist, da diese nur ein einschichtiges Epithel besitzen. „Die grösste Analogie hat die Milchdrüse mit der von Wendt in einer Monographie ausführlich bearbeiteten Har- derschen Drüse der Kaninchen und anderer Tiere. Der Prozess der Talgbildung ist durchaus an eine Nekrobiose der Zellen ge- knüpft; wenn nun auch bei der Laktation Zellen zu Grunde gehen, so ist dies doch in verschwindend geringem Masse der Fall; das Punctum saliens bleibt” eine aktive Thätigkeit der Zellen, die Erzeugung von Fetttropfen in ihrem Innern, und dies Bild bieten Talgdrüsen nirgends. Sie geben allerdings zu, dass ein kleiner Teil des Zellprotoplasma und auch oft ein Kern, wenn der Fetttropfen ausgestossen wird, sich von der Zelle trennt und zu Grunde geht; doch bleibt auch nach ihrer Ansicht der grössere Teil der Zelle und der zweite Kern erhalten, und so „hat die Fettbildung in den Milchzellen mit der Verfettung der Talgzellen nicht die mindeste Ähnlichkeit.“ Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Milchdrüse. 205 Im letzten Hefte der morphologischen Arbeiten äussert sich H. Schmidt über diesen Punkt: „Benda beweist überzeugend, dass die Milchdrüse zum Typus der tubulösen Drüsen gehört, ich kann mich dieser Anschauung auf Grund mikroskopischer Untersuchungen von Milchdrüsen des erwachsenen Menschen, der Kuh, des Schafes, sowie der entwickelungsgeschichtlichen Studien bei menschlichen und Schweine-Embryonen nur an- schliessen.“ Wir wollen nun weiter an der Hand der ontogenetischen und phylogenetischen Anatomie diese Verhältnisse untersuchen ; vielleicht kann auch die pathologische Anatomie einige interes- sante Daten liefern. Entwickelungsgeschichtlich zerfallen die drüsige Bil- dung der Haut in die beiden scharf geschiedenen Gruppen der Talg- und Knäueldrüsen; Hertwig fügt als dritte selbständige Gruppe die Milchdrüse hinzu, und auch mit Recht, soweit die Anlage des Drüsenfeldes in Frage kommt, die nur ihr eigen ist. Mit der Frage, ob die weitere Entwickelung mehr zu den Talg- oder Knäueldrüsen neigt, haben sich besonders Hertwig Kölliker und Benda beschäftist. Hertwig (1893) schreibt „Es wachsen frühzeitig aus der Schleimschicht des Drüsenfeldes solide Sprossen in die Lederhaut hinein, in ähnlicher Weise wie an anderen Stellen aus der Epidermis die Talgdrüsen ent- stehen. .... Jeder Spross ist die Anlage einer milchbereitenden Drüse, die sich mit einer besonderen Mündung auf dem Drüsen- felde öffnet. Jede ist in morphologischer Hinsicht, wenn auch ihre Funktion eine andere geworden ist, mit einer Talgdrüse zu vergleichen.“ Dieses Entwickelungsstadium ist jedoch zum Vergleich noch nicht ganz geeignet, weil eine deutliche Differenzierung der ver- schiedenen Sprossarten noch nicht hervortritt. Anders urteilen Benda und Kölliker. Nach Benda setzt sich bei Talg- drüsenanlagen das Stratum eylindricum einer Haarwurzelscheide 206 ERNST UNGER, und kleine Sprossen des Haarbalges in eine abgeplattete Zell- lage fort; in den inneren Zellen bilden sich Vakuolen, die Knöpfichen vergrössern sich zu Alveolen, während die centralen Teile verfetten, sodass jede Talgdrüsenanlage sofort als kleine Talgdrüse erscheint. Die Knäueldrüsenanlagen dagegen haben Schläuche, die überall von einer doppelt differenzierten Zelllage umgeben sind, die Aussenzellen bilden eine Faserzellenlage, die inneren das Drüsenepithel. Die erste Milchdrüsenanlage findet, wie dies auch Hertwig hervorhebt, bis zum fünften Monat des Embryonallebens keine Analogie. Die ersten Zellzapfen sind solide, aber sobald sich ein Lumen in den Gängen zeigt, wird auch die Struktur der Wand deutlich zweischichtig, innen ein hohes Cylinderepithel, aussen spärliche flache Zellen. Diese letzteren sind in den Milchgängen deutlich differenzierte, glatte Muskelfasern und entsprechen somit einer bei den grossen Knäueldrüsen vorkommenden Einrichtung. Auf einen kleinen Unterschied macht noch Kölliker auf- merksam (Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie 1850): „In der Entwickelung besteht zwischen Talg- und Schweissdrüsen eine grosse Analogie. Beide bilden sich aus dem Stratum Mal- pighii, diese direkt, jene mehr indirekt von dem der Haarbälge aus.“ Wenn Basch und Rein behaupten, Kölliker hätte zuerst die Milchdrüsenanlagen mit der der Knäueldrüsen ver- glichen und sich dabei auf einen Bericht in der Züricher Gesell- schaft 1850 beziehen, so sind sie wohl im Irrtum, denn hier weist er nur nach, dass ebenso wie die Knäuel- und Talgdrüsen, so auch die Milchdrüsen zuerst ganz solide Wucherungen des Rete Malpighii der Oberhaut sind. An einer anderen Stelle (Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie) findet er die Ent- wickelung der Milchdrüse vielfach mit der der Talgdrüse überein- stimmend. Dagegen heisst es in seiner Entwickelungsgeschichte 1579: „In derselben Weise wie die Schweissdrüsen bilden sich auch die Milchdrüsen.“ Anatomische Hefte I. Abtheilung Heft AMIL(X Bd. Heft 2.) Taf X. Ser. Parta Guenther Lehre. Druck I kl. Urivers-Druckersi vH.Stirtz, Wärzburg- Verlag von UF Bergmann, Weesbaden. Anatomische Hefte T. Abtheilung Heft NRIT EN Bei: Heft 2.) r Fi. X. Fis . NR. [185 } GR.) u Pr ® —- eG #ec. Paula Guenther. Tap M. Zihru. Druck I kgl. Univers-Druckerei vH. Stärtz ‚VRerzburg: Verlag von IF. Bergmann, Wesbader. Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Milchdrüse 207 Drei Jahre später hat Rein (1882) unter Waldeyers Leitung in einer sehr eingehenden Arbeit die Verhältnisse bei der Entwickelung der Milchdrüse an Tierembryonen studiert; was er über die Anlagen des Drüsenfeldes, der Warze und des Warzenhofes sagt, kommt hier nicht in Betracht. Ein Punkt ist aber für unsere Frage von grosser Bedeutung: Er beschreibt bei einem Pferdeembryo, wie von dem flachen Drüsenfelde zwei kolbenförmige Epithelsprossen in die Tiefe wuchern, ‚jede dieser Sprossen trägt an ihrer Basis die Anlage einer Talgdrüse. Schon in dieser Periode unterscheiden sich die Anlagen der Talgdrüsen bedeutend von denen der Milchdrüse; sie haben eine charakteristische längliche Form und tragen hohe cylinderische, wandständige Epithelzellen, welche sich scharf von den übrigen Zellen abhebent,. Wenn er hier die Milchdrüse also von den Talgdrüsen scheidet, so erklärt er sie andererseits auch nicht direkt für eine Knäueldrüse, nimmt eher ein Organ sui generis an. Allerdings macht er später die Bemerkung: „Die Milch- drüse des Erwachsenen ist genau genommen keine acinöse, son- dern eher eine tubulöse Drüse.‘ Ich möchte nicht unterlassen, hervorzuheben, dass auch An- schauungen behauptet und bewiesen worden sind, die sich mit den uns heute im allgemeinen geläufigen durchaus nicht decken und auch nicht in Einklang bringen lassen. Vertreter dieser Richtung sind besonders Creighton (1877) und Talma (1882). Creighton stützt sich auf eigene und frühere Beobach tungen, die Goodsir veröffentlicht hatte. Der letztere glaubte nachgewiesen zu haben, dass die Acini der Mamma sich in- mitten von Bindegewebe entwickeln; anfangs geht eine Binde- gewebszelle aus dem gestreckten in den kubischen Zustand über, wird epithelähnlich, von ihr entwickeln sich weitere, es entsteht 1) Diese Talgdrüsen finden sich nach Kruszynski auch bei der er- wachsenen Stute in der Nähe der Strichkanal-Mündungen. 208 ERNST UNGER, ein Keimlager (germinal spots), sie bilden eine Höhlung, die jedenfalls noch von dem späteren Ausführungsgange unab- hängig ist. Creighton glaubt nun nachgewiesen zu haben, dass jene ersten centralen spots sich von dem zahlreichen umgebenden Fettgewebe herleiten, und dass dieses Fett der Mutterboden für die Anlage der Acini ist: the mammary gland would there fore be a further specialisation of fat tissue, and a product of the mesoblast und etwas später: In certain instances it has been observed that the smaller branches of the duct are not formed by continued protrusion of the original blind sac, but are hollowed out independently in the substance of the blastema, and subsequently communicate with de ducts. Dementsprechend sind auch seine Schlusssätze abweichend von unseren sonstigen Anschauungen: 1. that the mammary acini of the Guinea-pig develop at many separate points in a matrix-tissue; that the embryonie cells, from which they develop, are of the same kind that give origin to the surrounding fat tissue; and that the process of development of the mammary acini is step for step the same as that of the fat-lobules. 2. that the ducts of the mammıa develop from the same matrix-tissue by direet aggregation of the embryonie cells along predetermined lines . Einen verwandten Gedankengang finden wir m Talmas Arbeit: Bei Kölliker vermisst er den Hinweis auf den grossen Reichtum an Zellen im Korium, den Huss schon betont hatte. Diese zahlreichen Zellen finden sich besonders in der Peripherie junger, sich noch bildender Acini und haben grosse Ähnlich- keit mit den Zellen des umgebenden Bindegewebes; die inneren centralen zeigen den typischen Bau des Epithels; je weiter man nach der Peripherie zuwandert, wird das Protoplasma um die Kerne spärlicher, die Bindegewebszellen werden zahlreicher, Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Milchdrüse. 209 anfangs mit grossem Kern, allmählich zu typischen Bindegewebs- zellen übergehend, mit langen, faserigen Fortsätzen und läng- lichen Kernen. Dies alles macht es wahrscheinlich, dass die neuen Acini und die Milchgänge wenigstens zum Teil aus Binde- gewebszellen entstehen. Ein weiterer Beleg hierfür ist folgender: beim halberwachsenen Kaninchen findet er, ebenso wie bei einem sieben Monate schwangeren Weibe, folgende Eigentüm- lichkeiten: mitten in den Fasern des Bindegewebes zeigen sich Inseln aus zahlreichen, Iymphoiden Zellen zusammengesetzt, die stellenweise vollkommen die Umrisse neuer Drüsenbläschen und Drüsengänge bilden, wobei die Centraldrüsenlymphzellen epi- theloid werden. Die Kerne schwellen an, das Protoplasma nimmt zu; während die Lymphzellen sich intensiv mit Alaunkarmin färben, nimmt diese Fähigkeit bei der epitheloiden Umwandlung allmählich ab. Man bemerkt sogar Drüsengänge, deren Lumen schon mit Epithelzellen gebildet ist; die vielen Bindegewebs- zellen stammen wahrscheinlich aus dem Blute von weissen Blut- körperchen, die man häufig während der Schwangerschaft in den Gefässen findet. Dieses solitäre Auftreten von Bindegewebs- zellen macht es gleichzeitig zur Unmöglichkeit, dass die alten Fpithelzellen in die Tiefe gewuchert und hier neue Anlagen ge- bildet haben. Strikten Beweis dafür, dass diese neuen Epithelbildungen nicht mit denen der alten Drüsenanlage in Zusammenhang stehen, bleibt Verfasser schuldig. Talmas Angaben haben sich nicht bestätigt, insbesondere hat Barfurth, der sich mit der extrauterinen Entwickelung der Mamma beschäftigte, Talma widerlegt. Nach ihm geschieht die Anlage neuer Drüsenmassen in folgender Weise: „Ein mit Lumen versehener, im gewissen Sinne schon fertiger Follikel wird hervorgestülpt, der mit der Mutteralveole von einer zu- sammenhängenden Membrana propria umschlossen wird.“ 210 ERNST UNGER, Mit dem Eintritt der Schwangerschaft geht das bis dahin ruhende Drüsengewebe eine lebhafte Entwickelung ein. Um die Pubertätszeit hat die Mamma etwa die Grösse eines Thalers, auf der Höhe ihrer Funktion wird sie faustgross und darüber; ihr Umkreis bleibt nicht rund, sondern sendet häufig Ausläufer aus, einen nach der Achselhöhle (einer unserer Gynäkologen hat das Auftreten axillarer Lappen der Milchdrüse auch für die Frühdiagnose der Schwangerschaft verwertet) und diesen habe ich am häufigsten gefunden, einen zweiten aufwärts und einen dritten abwärts in der Mammillarlinie oder innerhalb derselben. Die Drüse ist vor Beginn des Wachstums eine flache Scheibe, so, que la plupart des lobules des grains glanduleux regardant la face cutande sont situdes du cöte de la peau. Cependant sur une glande mammaire en pleine evolution on peut reconnaitre que tous les lobules ne sont pas situes sous le tegument. (Duret). Fassen wir die Ergebnisse der Entwickelungsgeschichte, soweit die Autoren sich mit der Frage der Stellung der Brust- drüse zu den anderen Hautdrüsen beschäftigt haben, zusammen, so finden wir, abgesehen von Talma und Creighton, dass Hertwig diese zu den Talgdrüsen zählt, auf Grund von Be- obachtungsstadien, deren Erklärnng nach Kölliker noch nicht hinreichend eindeutig erscheint. Rein sondert sie jedenfalls von den Talgdrüsen, rechnet sie auch nach ihrer Entwickelung nicht unbedingt zu den Knäueldrüsen, sondern will sie als Organ sui generis bezeichnet wissen. Kölliker und Benda, die sich beide sehr eingehend mit der Frage beschäftigt haben, erklären sie für tubulös. Das Kapitel der vergleichenden Anatomie, die uns weiteren Aufschluss über die Stellung der Milchdrüse zu den übrigen Hautdrüsen geben soll, ist bei weitem das schwierigste, und es macht einigermassen Mühe, ein klares, phylogenetisches Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Milchdrüse. Di Bild zu geben. Vor allem werden uns hier Gegenbaurs und Klaatschs Untersuchungen interessieren. Die niederste Klasse der Säugetiere ist die der Monotremen, die sich auf drei Gattungen verteilen: Echidna, Proechidna und Ornithorhynchus. Owen hat zuerst genauer angegeben, wie der Milchapparat bei Ornithorhynchus sich zusammensetzt: er besteht in einer siebförmig durchlöcherten Hautplatte, in die die Drüsengänge einmünden; eine Zitze ist nicht vorhanden '!). Bei einer erwachsenen Echidna liegt das Drüsenfeld nicht mehr in einer Ebene mit dem übrigen Integumente, sondern bildet eine Einsenknng, die Owen Mammary pouch nennt (Mammartasche). Die Deutung der Mammartasche als Schutzapparat für das Junge wurde durch Haake bestätigt, der im Beutel von Echidna hystrix ein Ei fand. Von diesen Befunden ausgehend, hat Gegenbaur in einer Monographie „zur Kenntnis der Mammar- organe der Monotremen“ histologisch die Milchdrüse untersucht. Vor ihm hatten dies schon Leydig und Ribeiro gethan. Als Ausgangsform nahm Gegenbaur ursprünglich die Talgdrüsen an: denn 1. ist bei den Säugetieren im allgemeinen der acinöse Typus jedenfalls mehr ausgesprochen, als der tubulöse, 2. gehen bei der Milchbereitung Zellteile wie bei der Talebildung zu Grunde. „Wenn nun auch die Milchdrüsen durch viele Eigen- schaften von Talgdrüsen verschieden sind, wie auch das Sekret ja nicht das gleiche ist, so sind sie jedenfalls noch mehr diffe- rent von den tubulösen Drüsen der Haut..... Dass die Drüsen- bläschen oder die Alveolen Buchtungeu der Gänge sind, das haben die Milchdrüsen mit den Talgdrüsen gemein. Auch die Talgdrüsen sind nicht rein acinöse Drüsen, das Epithel ihrer terminalen Ausbuchtungen geht ohne Unterschied in das der Gänge über, und der Durchmesser der Gänge ist von dem der 1) Deswegen hat Häckel für diese Tiere auch den Namen Amasta-Zitzen- lose vorgeschlagen. Das Fehlen der Zitze war auch einst für Rudolphi der Grund, dies Drüsenorgan für nicht identisch mit den Milchdrüsen zu erklären. 212 ERNST UNGER, Alveolen nur wenig verschieden. Der Hauptunterschied zwischen acinösen und tubulösen Drüsen beruht ja nur darauf, ob mehr oder minder Erweiterungen des Endapparates der Drüsen vor- handen sind“. Übereinstimmend mit Leydig findet er bei Ornithorhynchus nur wenig Talgdrüsen, in der Mammartasche dagegen finden sich Gänge, die neben den Stichelhaaren mün- dend zu einem grösseren Drüsenkomplex, den Mammardrüsen, führen und an der Stelle der Schläuche bestehen, die Leydig vom übrigen Integumente als Schweissdrüsen aufgeführt hat. Der Verlauf der Gänge, wie ihn Gegenbaur in seinen Abbildungen darstellt, ist nun dem Gange der Schweissdrüsen ausserordentlich ähnlich; er verläuft teils in schwachen Krüm- mungen, teils sich stärker windend durch die oberen Teile der Cutis, von hier einen mehr gestreckten Lauf annehmend. Bei seinem Eintritt in die Drüse giebt er vielfach Äste ab, die in benachbartes Drüsengewebe ziehen, so dass eine solche Drüse nicht ein einfacher, aufgerollter Schlauch ist, sondern sich aus vielen Schläuchen zusammensetzt. Soweit sind auch die Ver- hältnisse bei Echidna die gleichen. Doch kommt hier ein neues Moment dazu, sie Knäueldrüsen zu vergleichen, nämlich das deutliche Vorhandensein glatter Muskelzellen in der Wand der Kanäle unmittelbar nach aussen vom Epithel. Auch das ist auffallend, dass die Knäueldrüsen weiter abseits vom Mammar- apparat deutlich fehlen, dass sie dagegen an der Grenze der Mammardrüsen sehr ansehnliche Bildungen sind. Diese Drüsen senden ebenso wie Mammardrüsen ihre Ausführungsgänge zu den Haarbälgen und münden unmittelbar neben ihnen an die Oberfläche. Diese Untersuchungen führen Gegenbaur zu dem Schluss, „dass wir berechtigt sind die Mammardrüsen morphologisch für homolog mit den kleineren tubulösen Drüsen des Integumentes anzusehen“ und an anderer Stelle: „Es ist somit von allen Seiten begründbar, dass die Mammardrüsen der Monotremen Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Milchdrüse. 213 aus tubulösen Drüsen des Integumentes entstanden seien, den- selben Drüsen, die man sonst als Schweissdrüsen anzuführen pflegt.‘ Ieh will hier hervorheben, dass sowohl Talg- wie Knäuel- drüsen neben einem Haare münden können; bei Talgdrüsen ist es ja in der Regel der Fall, von Knäueldrüsen wären die Ohren- schmalz- und Achselhöhlendrüsen zu erwähnen, nnd somit wäre dieser Punkt nicht als striktes Beweismaterial zu verwenden. Die weiteren Ausführungen Gegenbaurs suchen den Nachweis zu führen, dass die Milchdrüsen der höheren Säuge- tiere durchaus jenen Mammardrüsen entsprechen; die bei Echidna in der Nähe des Drüsenfeldes sehr bedeutend entwickelten Talg- drüsen sind diejenigen, aus denen man die Milchdrüsen der übrigen Säugetiere ableiten muss. Also: bei niederen Säuge- tieren sind die Knäueldrüsen, bei höheren die Talgdrüsen zu Milchdrüsen umgewandelt. Infolge dieses Unterschiedes bezeich- net er jene umgewandelten Knäueldrüsen als Mammardrüsen, diese umgewandelten Talgdrüsen als Milchdrüsen. Man wird nun zugeben müssen, dass nach unseren sonstigen Anschauungen über phylogenetische Entwickelung eines Organes jener Satz etwas paradox erscheint, doch hat man sich bisher damit, wie mit etwas Unveränderlichem abgefunden. So schreibt Tussenbroek: „Diese Erscheinung muss natürlich Befremden erwecken, doch findet man ja auch sonst In der Natur Beispiele dafür, dass mit verschiedenen Organen gleichartige Funktion verbunden ist.“ Gegenbaur hat jenen Satz auch nur so formulieren müssen, weil er von der Überzeugung ausging, dass die Milchdrüsen der höheren Säugetiere von Talgdrüsen sich ableiten. Wenn nun aber die Anschauungen, wie sie durch Kölliker, Benda und Minot vertreten wird, zu Recht be- steht, wenn wirklich auch diese Milchdrüsen Knäueldrüsen ent- sprechen, so wird Gegenbauers Befund bei den Säugetieren um so bedeutungsvoller, und die phylogenetische Entwickelung 214 ERNST UNGER, der Milchdrüse, ein Schmerzenskind des Darwinismus, reiht sich ungezwungen in Darwins grosse Lehre ein. Und umgekehrt — gerade Gegenbaurs Befunde bei Ornithorhynchus und Echidna sind ein neuer Beweis dafür, dass unsere Milchdrüsen Knäueldrüsen sind. Vielleicht hat Waldeyer schon die Lösung dieser Frage geahnt, als er Bendas Arbeit referierte und auf folgende wichtige Thatsache hinwies: .,An dem Mammarorgan von Echidna hat bereits 1886 Gegenbaur unmittelbar aussen vom Epithel das Lager glatter Muskelfasern nachgewiesen und die- selben daher von Schweissdrüsenanlagen abgeleitet. Da nun damals ein gleicher Bau für die Milchdrüsen der übrigen Säuger unbekannt war, so zieht Gegenbaur den Schluss, dass die von ihm sogenannten Mammardrüsen der Monotremen und die Milchdrüsen der übrigen Säuger zwei verschiedenen Typen ange- hörten. Nach den Bendaschen Ergebnissen bedarf dies nun einer erneueten Prüfung.‘ Die Kluft, die Gegenbaurs Arbeit geschaffen hatte, ist auch von anderen Autoren anerkannt worden, so z. B. von Klaatsch in einer Arbeit über die Mammartasche bei er- wachsenen Huftieren; er beschreibt hier die Anlage einer Inguinal- tasche bei Antilope cervicapra, in die Knäueldrüsen zahlreich münden und spricht sie als Mammartasche an. Denn andere Antilopen haben jederseits zwei Zitzen, diese hier nur eine, also ist wohl die Tasche eine der zweiten Zitze homologe Bil- dung; sodann kommt er auf unsere Frage zu sprechen, auch ihm erscheint eine Lücke vorhanden, aber zur Lösung des Rätsels kann er nichts beibringen. Unsere Kenntnisse über die phylogenetische Entwickelung der Milchdrüse haben vor vier Jahren eine sehr wertvolle Be- reicherung in einer Entdeckung O. Schultzes erfahren. Er fand bei Schweinsembryonen von 1,5 cm Scheitel-Steisslänge eine Epithelleiste beiderseits von der vorderen bis zu der hinteren Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Milchdrüse. 215 Extremität reichend, die früheren Untersuchern völlig entgangen war. Erst später bilden sich die ‚„Primitivzitzen“ anfangs spindelförmig, später sich abrundend, zwischen ihnen ver- schwindet die Epithelverdickung und es beginnt nun der von anderen Autoren genau untersuchte Vorgang der Drüsenent- wickelung in die Tiefe. Bei Embryonen von Eichhörnchen ist jederseits eine doppelte Epithelleiste.e Schmidt hat nun auch acht menschliche Embryonen auf diese Milchleiste untersucht; während makroskopisch keine deutliche Epithelverdickung nach- zuweisen war, fanden sich in den mikroskopischen Präparaten von sechs Embryonen in dem Gebiete des Thorax kolbenförmige Epithelwucherungen sowohl oberhalb wie unterhalb der normalen Hauptdrüsenanlage, deren Verbindungslinie von aussen oben nach unten innen konversiert. Es wäre demnach auch beim Menschen eine normale embryonale Hyperthelie nachgewiesen. Ihre eigenartigste Deutung findet diese Milchlinie bei Klaatsch: sie ist ein Rest der Beutelfalten der Marsupialen, ihre Primitivzitzen oder Milchpunkte sind nicht homologe Bildungen der späteren Zitzen, sondern Anlagen von Mammartaschen. Nun hatte er aber schon früher den Nachweis erbracht, dass auch bei erwachsenen Placentaliern Reste des Marsupium und der Mammartaschendrüsen angetroffen werden, diese z. B. bei Anti- lope cervicapra und isabellina, jene bei Lemur catta. In gleichem Sinne hatten schon 1873 Huss und Gegen- baur unsere phylogenetischen Vorstellungen gefördert. Nach Huss senkt sich das erhabene Drüsenfeld allmählich in die Cutis herab, so dass diese wie ein Wall das Drüsenfeld umgiebt. Beim Neugeboren hat sich das ganze Drüsenfeld bis zum Niveau der Hautoberfläche wieder gehoben und bildet weiter wachsend die spätere Warze. Im Gegensatz zu dieser Entwickelung beim Menschen beteiligt sich an der ersten Anlage der Zitze bei den Wiederkäuern neben dem Epithel auch das Korium, dessen wallartige Erhebungen schliesslich den Kanal der Zitze bedingen. Anatomische Hefte. I. Abteilung. XXXII. Heft (10. Bd. H. 2). 15 216 ERNST UNGER, in diesen Kanal münden erst die Milchgänge, während sie beim Menschen direkt in die Papille enden und demnach ist das Resultat der Arbeit: 1. beim Menschen: „die Papille ist die Erhebung des vorher vertieften Drüsenfeldes, welcher Er- hebung auch die nächste Umgebung des Drüsenfeldes folgt. Die dies durchziehenden Ausführungsgänge entwickeln sich aus der ursprünglichen Anlage am Boden des Drüsenfeldes.‘“‘ 2. Bei den Wiederkäuern: „die Zitze ist die Erhebung der Umgebung des Drüsenfeldes, welches seinen Boden in der Tiefe forterhält, Der die Zitze durchziehende Ausführungsgang der Drüse‘ ent- stand aus der Verlagerung der Einsenkung des Drüsenfeldes. die durch die Erhebung der Umgebung des letzteren zustande kam.‘ Nach Gegenbaur entsprechen nun dem Typus des Menschen die Affen, Halbaffen, Karnivoren, Edentaten, Nager, dem anderen die Wiederkäuer, Cetaceen und Einhufer. Beide Formen jedoch lassen sich von einer gemeinsamen Einrichtung ableiten, wie sie Morgan bei den Känguruhs beschrieben hat, und es ergiebt sich, dass „die Milchdrüsen eine durch Ver- erbung wohl erhaltene Einrichtung sind, die aus einem Zustande stammt, in welchem das Junge sich in einer Mammartasche barg, wie solche noch bei Echidna fortbesteht. Die primäre Zitze des Känguruhs repräsentiert nach dieser Auffassung eine Mammartasche“. Auf Grund aller dieser Vorarbeiten konnte 1893 endlich Klaatsch seine Arbeit mit dem stolzen Schlusssatz krönen: „Der direkte Beweis für die Existenz einer Marsupialperiode in der Geschichte der meisten Placentalier ist erbracht; sowohl bei erwachsenen Formen als auch in der Öntogenese sind Rudimente eines Beutels nachweisbar“. Aber noch in anderer Hinsicht ist Schultzes Entdeckung der Milchleiste von grösster Bedeutung geworden, wenn er auch Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Milchdrüse. 217 nicht ihre Existenz beim Menschen nachgewiesen hat; schon in‘ einem Vortrage der Physikalisch-medizinischen Gesellschaft zu Würzburg 1893 hat er selbst Betrachtungen darüber angeknüpft, welche Perspektive sich für die Erklärung der Hypermastie und Polythelie eröffnet. Bisher hatte man sich keinen Begriff machen können von der Herkunft überzähliger Warzen und Drüsen, in ihrer regellosen Anordnung sah man nur ein Opus mirabile naturae ludentis oder une sorte de caprice ou de bi- zarrerie.. Meckel behauptete, dass jeder Mensch ursprünglich die Anlage zu fünf Milchdrüsen besitze, zwei an der gewöhn- lichen Stelle, zwei an der Achselhöhle und eine in der Mittel- linie). Auch hier traf Darwin genial den Kern der Sache, dass jene überzähligen Gebilde auf Vererbung früher normaler Organe beruhten, doch hatte er sich auf den Einwand, dass sie auch am Oberschenkel und in der Achselhöhle, ja selbst am Rücken vorkämen, wieder etwas von seinem Standpunkte ab- bringen lassen. Leichtenstern hat dieser Entgegnung die Spitze abgebrochen; auf Grund eines ausgedehnten Beobach- tungsmaterials wies er nach, dass jene überzähligen Organe bei weitem am häufigsten an der Vorderseite des Thorax sich vor- finden und dass diese thorakalen Gebilde in 94°/o der Fälle unterhalb der normalen Warze und innerhalb der Mammillarlinie stehen Für ihr häufigeres Vorkommen auf der linken als auf der rechten Seite weiss er keine Erklärung, erinnert nur daran, dass nach Grubers Wägungen die linke Mamma stärker ist wie die rechte. Ich will hier nur beiläufig darauf aufmerksam machen, dass Hippokrates gerade das Gegenteil behauptet: rcegl Yvow dvvauır nAeiorw &49° rrdög de uög. |Eruönmuev, U, 6). 1) Das überzählige Vorkommen von Warzen hat eine grosse Rolle in der mittelalterlichen Ammenstube gespielt, und gar wenn sich im Verlaufe der Schwangerschaft Milch daraus entleerte; war doch der Glaube daran geknüpft, dass solche Frauen Zwillinge gebären würden, und einem hohen medizinischen Kollegium wurde einst von einer besorgten Mutter die Frage unterbreitet, ob ihre Tochter heiraten dürfe, da sie ja wegen ihrer überzähligen Warzen zu Zwillingen disponiere. Das Urteil lautete: sie dürfe getrost heiraten. 15% 218 ERNST UNGER, Jedenfalls ergiebt sich aus Leichtensterns Angaben, dass die Milchlinien beim Menschen, analog denjenigen bei mehrbrüstigen Säugetieren, von oben nach unten konvergierend verlaufen. Doran hat diese Erklärung nicht gelten lassen wollen; man dürfe nicht aus Liebe zum Darwinismus über- zählige Drüsen auffassen comme un retour vers un type ancien. Denn wäre dies richtig, so würde man sie viel häufiger auf dem Bauche finden, wo man sie thatsächlich kaum kennt. So geben Darwin und Schultze völlig ausreichende Er- klärungen für die an der Vorderseite des Abdomen und Thorax vorkommenden Polythelieen und Polymastieen; doch auch für die Achselhöhle wird man leicht in der Phylogenie einen Auf- schluss erhalten: so kommen bei Nagern und Fledermäusen nach Scehultze normalerweise Milchdrüsen in der Achselhöhle vor. Ich selbst habe bei zweiträchtigen Katzen gesehen, wie sich die Milchplatte zwischen der zweiten und ersten Zitze in zwei Zipfel spaltete, der eine zog parallel der Mittellinie weiter, der andere senkte sich in die Achselhöhle. Auf der letzten Deutschen Naturforscherversammlung zeigte Kehrer Brust- drüsen in der Achselhöhle ohne Papillen, die zur Zeit der Laktation anschwollen und nach sieben Tagen wieder zur Norm zurückkehrten. Er leitete dieselben von den epithelialen Milch- leisten ab. Ich will hier noch aufmerksam machen, dass genau an demselben Platze, in der Achselhöhle, accessorische Milchdrüsen und Knäueldrüsen die grössten unseres Körpers zusammen- treffen. Es mag dies ein zufälliges Zusammentreffen sein, und die Milchlinie ursprünglich{nach der Achselhöhle ihre Richtung genommen haben, doch ist die Möglichkeit nicht auszuschliessen, dass ein Teil der grossen Knäueldrüsen sich im Laufe der Zeiten in Milchdrüsen umgewandelt hat. Allerdings kommt eine andere Erklärung wohl der Wahrheit am nächsten, dass solche accessorische Drüsen der Achselhöhle versprengte Drüsen- Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Milchdrüse. 219 keime sind, die sich zur Zeit der Laktation ebenfalls vergrössern. Und in der That haben Puesch und Goldberger z. B. ge- zeigt, dass solche Drüsen auf Druck Milch durch die normale Warze entleeren. Champneys (1896) nimmt für sich die Ent- deckung solcher Drüsenmassen in Anspruch, und auf Grund seiner Beobachtungen glaubte man annehmen zu dürfen, que chez les femmes en couches les follicules sebacees peuvent s£- cereter du lait, während Duval sie nur als modifizierte Talg- drüsen aufgefasst wissen wollte. Ein Anhalt für diese letzte Auffassung ist aber nirgends gegeben, doch ist es mir andererseits nicht möglich, einen strikten Beweis zu liefern, dass die überzähligen Drüsen sich von Knäueldrüsen ableiten lassen; ein Punkt aber wäre doch noch vielleicht beachtenswert. Beim Menschen kommen nur zwei Mammae zur Entwickelung; bei den Tieren sind entweder mehrere funktionsfähige nebeneinander vorhanden, oder wenn sich nur zwei völlig entwickeln, sind die anderen doch noch makroskopisch als rudimentäre Organe nachzuweisen. Dafür aber besitzen, worauf ich früber von anderer Seite aufmerksam gemacht wurde, die Tiere keine ausgeprägten Achselhöhlen- drüsen und dies wäre vielleicht ein Hinweis, dass diese Drüsen rudimentäre Milchdrüsen sind. Da nun aber jene Achseldrüsen wiederum als Knäueldrüsen gelten, so wäre auch dies ein Hin- weis, dass die Mamma ebenfalls dazu zu rechnen ist. Wir wollen uns nun noch weiter im Gebiete der patho- logischen Anatomie, das wir ja mit jenen monstra per excessum schon betreten haben, nach neuer Aufklärung für unser Thema umsehen. Wären die Milchdrüsen Talgdrüsen, so würden gutartige Wucherungen des Drüsengewebes auch diese nachahmen; die reinsten Talgdrüsenadenome sind im Rhinophyma verkörpert, aber es ist nicht bekannt, dass die Milchdrüse je solche Tumoren erzeugt hätte. Im Gegenteil, die Adenome, die die reinste 220 ERNST UNGER, Beiträge z. Anatomie etc. d. Milchdrüse. Drüsengangsvermehrung darstellen, sind nur hohle Schläuche, meist mit einschichtigem, selten mit mehrschichtigem Epithel, das aber nie die Form eines Talgdrüsenepithels gewinnt, son- dern nur vergrösserten und erweiterten Knäveldrüsen ähnlich erscheint, Fassen wir nun die Ergebnisse der normalen, vergleichen: den und pathologischen Anatomie, der Phylogenie, der Onto- genie zusammen, so sind jedenfalls nirgends Beweise erbracht, dass die Milchdrüsen Talgdrüsen sind, oder sich von solchen ableiten lassen. Dagegen spricht alles dafür, dass wir es mit Knäueldrüsen zu thun haben; denn ein Organ sui generis brauchen wir nicht anzunehmen, wo so viele Beziehungen zu den Knäueldrüsen vorhanden sind und es resultiert daraus der Satz: Die Milchdrüsen leiten sich von Knäueldrüsen ab, oder, um mit Minot, dessen Lehrbuch der Entwickelungsgeschichte ich leider erst nach Beendigung dieses Kapitels erhielt, zu sprechen: „Weder die Struktur noch die Funktion der Milchdrüse berechtigt zu dem Vergleich mit den Talgdrüsen. .... Was die ontogenetische Entwickelung anbelangt, so stellt meiner Meinung nach die primäre epitheliale Einwucherung lediglich eine modifizierte Entwickelungsweise des Drüsenfeldes dar. Die Drüsen im engeren Sinne sind solide, lange, schlanke Ein- wucherungen der Malpighischen Schicht und zeigen weitgehende Ähnlichkeit mit den echten Schweissdrüsen und nicht mit den Talgdrüsen .... Demnach würde für eine Abstammung der Milchdrüsen aus den Schweissdrüsen sprechen: Bau und Funktion der ausgebildeten Drüse, ferner ihre ontogenetische Entwickelung, endlich der Bau der Milchdrüse bei Echidna.“ Ich glaube diesen auch die pathologische Anatomie und phylogenetische Entwickelung hinzufügen zu dürfen. 24. Litteraturverzeichnis'). Aeby, Bau des menschlichen Körpers. 1871. . Allen, Mammary glands of baats. Proceed. of the Acad. of Natur. Science of Philadelphia. 1880. Altmann, Elementarorganismen. Leipzig 1890. Aristoteles, Zeugung und Vererbung d. Tiere. Ausg. v. Aubert und Wimmer. (110—120). Arnstein, Nervenendigungen der Milchdrüse. Anat. Anzeiger. Bd. X. 1895 Balfour, Embryologie übersetzt v. Vetter. 1888. Baraban, Lobules mammaires erratiques simulants des gangl. axill. Rev. med. de l’Est. 1890. Bardeleben, Hyperthelie beim -Manne. Verhandl. d. anat. Gesellsch. München, (Wien), (Göttingen) 1891. . Barfurth, Zur Entwickelung der Milchdrüse. Inaug.-Diss. Bonn 1882. . 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Meerschweinchen, 2 Tage a. p. Fetttropfen den Epithelkern ins Lumen drängend. Fig. 4. Hündin, laktierend, Milchgangsepithel Fetttropfen secernierend. Fig. 5. Meerschweinchen, 7 Tage p. p. Mit Hämatoxylin blaugefärbte Körper in den Epithelien. Fig. 6. Mensch, 2 Tage p. p. Lücke im Epithel durch Fetttropfen ein genommen. Fig. 7. Meerschweinchen laktierend, Vermehrung der Kernkörperchen im Alveolar- und Milchgangsepithel. Fig. 8. Meerschweinchen, 7 Tage p. p. -Jntranukleäre Fetttropfen. Fig. 9. Meerschweinchen, 10 Tage p. p. (24 St. nicht gestillt). Mast- zellen mit Fetttropfen in der Umgebung eines (Gefässes. Fig. 10. Mensch. Wanderzellen im Interstitium, Fetttropfen enthaltend Fig. 11. Mensch 14 Tage p. p. (Mamma etwas atrophisch, nicht zum Stillen benutzt.) Interstitielle Fetttropfen in der Umgebung eines Gefässes und grosser Bindegewebszellen. Fig. 12. Mensch, 8 Tage p. p. Faltungen in den Epithelkernen, Teilungs- figuren vortäuschend, im Lumen farbloses Blutkörperchen mit einem Fett- tropfen. Fig. 13. Mensch. Weisse Blutkörperchen, an der Peripherie mit Fett- tröpfehen besetzt in der Umgebung von Kapillaren. Fig. 14. Meerschweinchen (Vor 4 Tagen Drüsenteile entfernt), aus der Narbengegend: Kernteilungsfiguren in der Umgebung des Epithels, im Alveolar- lumen polynukleäre weisse Blutkörperchen, das eine mit Fetttröpfchen. Fig. 15. Milchgang von der Fläche gesehen; das Epithel enthält Fett- tropfen. 1) Die Zeichnungen sind von Frl. P. Günther, Berlin, die Mikrophoto- graphien von Herrn cand. med. L. Bab hergestellt. j ’ M { = s R a u 3 | f \ Y f N) k I Br ' * » Lan N T \ Na N IA en l i rn U j Yv $ nr [| % ) { \ 6; u J a 2 f / H h } k = . Wi 1 3 ’ j Pa a Lie) Se a N en), / Re ( TT.\ £ ' e } tar? a Te ER N RIP 7-2 ar UL er BT Tee Te u xa ID x I i L - { ' Re an { > ' AR h ö H a! OT EAN 20 7 ! oe " / N Ve rn P u ’ } Kara, IM Säl D ’ wi ı NA er v . 4 7 h r dr 4 a \ i j x fi M i i ” Ile f ! dr a au iv.- n Dam f | { - [A h Ren N! ik i ’ f il hi \ Bin, Ian I { B it i Wr L' { j « ® E u Ar s j j N f \ ; 4 j Be, # | f h Da ih y | L ' T Y F ’ \ u I} ae ehe 65; Dr ae. NN u ! MEN DEN Be - hi r #1 j 4 iM HL) D DE h ar d 1 Ne Kia ee N ee REN u Ei ni en Re, ’ BR 1 RITTER NE IRRE Rap ErN PL ODE PN Be f = D,05 Baer - Um A‘ we if N urn ” Yen! A RT UN a N BR MT I Rs a re 1 I king 4 bi Ri, Wi Alınchir Mi FRTERERT Au AR a fi ne | De) Ki a Fi Pe Ai dan Ba MOHEan® ER PASSEN, af La JE A nr Mel“, Ak Ei“ Er penlant an Mina Kakklrv) v BT „’ in bi Ba if Dia ” ae on R‘ u “ { At j BR m \ er kn 2 af Pr \ ei BR a ne, Ye Bl iR aa Pe S Nun b Aus DEM LABORATORIUM DES [INSTITUTS FÜR VERGLEICHENDE ANATOMIE, MIKROSKOPIE UND EMBRYOLOGIE ZU WÜRZBURG. DIE REIFUNG UND BEFRUCHTUNG DES FORELLENEIES. VON G. BEHRENS, GÖTTINGEN. Mit 23 Abbildungen auf Tafel XII-XVI. . ud } IE 2 To 1 y Aa E j wa | ( h iv U a Ten 1 fi N a { N . ] N J Al { \ wol ri f b m \ Y FA i N ! RA f Sa k Int I k j f KM vo L n N ] u \ Y i wi . ' ı # E \ - » f i A, fi f i jL: N \ 2 \ . i r N i \ e Ar “ “ RS l € m E f \ Mi i 4 f ı y \ = + == | £ [} A x Es Dt } j {} fl ” : \ Y j L f. f 1 i NN N [M) D ei a [rl NG 4 { {} - n " 7 I ı T } a! ya { N BETEN NE 7 a 4 Y ir VE AT ER BE N 6 0 a | h ' N your nr i Ä 4 N, an { 1 Hl F \ > { 1 h R- [ | iu { \ \ Ä ) on L I geht ! ' ae \ Pi } Kan, N N j | ra! pr ? \ ] i 2: 5 u [ FINE h Kr f j ur b | \ De } y' ü \ Tr j ; £) l j nn, PT I 1 k r l [ 1 F \ f ua 17 | | s NER EN, N 1 { il u Marl) Li L } 4 ’ j» f BE { } f f RU ) Are are am, Hi f u MERAN \ N u h ER n ! in u N N \ fi La r I Iı% M el = a Al ER 1 bi N Yy = 1a nr J yon De FR Fr DE Wen R: rt Ah ARr ) 5 4 En Te)! EN EA uw N AN ‘ f un il ) ' n vr 2 ' BB WAND Dr ARE Nm Or en ng] a J kur HN: | z 2 = N } pet en ah Pl [ a ° } Ak a, a AN RUHR. OR RER >E,;1 - ie { A N N ” j Ws An Mu ER RE Tape IRRE Ball. ZUR) ALLE WER Sch up ir N N De A RE Tu du Er De We D ip, \ d ’ ’ ar f Einleitung. Es ist eine auf den ersten Blick recht auffällige Thatsache, dass die Reifungs- und Befruchtungserschemungen des Teleostier- eies so wenig untersucht sind, obwohl sich das Material ohne grosse Mühe beschaffen und insbesondere die künstliche Be- fruchtung ohne Schwierigkeiten ausführen lässt. Der Mangel an umfassenden Arbeiten auf diesem Gebiete erklärt sich jedoch dadurch, dass eine direkte Beobachtung der betreffenden Phänomene nur bei durchsichtigen Eiern von sehr geringer Grösse angängig ist und dabei nur spärliche Resultate iefert und dass man sich daher, namentlich bei grösseren Eiern, auf die Untersuchung von Schnitten angewiesen sieht, die Anfertigung solcher aber in technischer Hinsicht grosse Schwierigkeiten verursacht. Der Dotter nämlich wird bei der Konservierung fast steinhart und macht das Schneiden mit dem Mikrotom — wenigstens nach Paraffineinbettung — nahezu un- möglich. Unter diesen Umständen ist es Kupffer!) nicht gelungen, eine genaue und erschöpfende Darstellung der Vorgänge bei der Reifung und Befruchtung des Forelleneies zu geben. Auch Boehm?) gelangte wohl aus ähnlichen Gründen nicht völlig zum Ziele, da seiner vorläufigen Mitteilung keine ausführliche Publikation gefolgt ist. 1) C. Kupffer, Die Befruchtung des Forelleneies. Bayerische Fischerei- zeitung. Jahrgang 1886. 2) A. Boehm, Die Befruchtung des Forelleneies. Sitzungsberichte der Gesellschaft für Morphologie und Physiologie in München, Jahrgaug 1891. 230 G. BEHRENS, Blanc?) hat nun zwar die genannten Schwierigkeiten, an denen früher die Herstellung einer lückenlosen Serie von Schnitten scheiterte, bis zu einem gewissen Grade überwunden, ist aber bei seiner Untersuchung desselben Objekts zu Resul- taten gekommen, die nicht nur den Beobachtungen der beiden erstgenannten Forscher widersprechen, sondern sich auch mit unseren sonstigen Kenntnissen der Befruchtungsvorgänge nicht in Einklang bringen lassen. Umsomehr erschien es bei der Wichtigkeit des Gegenstandes angezeigt, eine neue möglichst genaue Untersuchung der Reifungs- und Befruchtungserscheinungen des Forelleneies vor- zunehmen, erstlich um die in den früheren Beobachtungen vor- handenen Lücken möglichst zu ergänzen, vor allem aber, um die Angaben Blancs einer sorgfältigen Nachprüfung zu unter- ziehen. Ich folgte daher sehr gerne der Anregung des Herrn Privat- Dozenten Dr. Sobotta, Prosektors am Institute für ver- gleichende Anatomie, Mikroskopie und Embryologie zu Würz- burg, mit ihm eine erneute Untersuchung desselben Objekts in Angriff zu nehmen. Da Herr Dr. Sobotta jedoch später von anderen Arbeiten zu sehr in Anspruch genommen war, habe ich auf seinen Wunsch die ursprünglich als gemeinsame Arbeit geplante, in diesem Sinne auch im Wintersemester 1895/96 begonnene und mehrere Semester fortgesetzte Untersuchung allein zu Ende ge- führt. Wenn ich mich der Hoffnung hingeben darf, im nach- stehenden eine zwar nicht absolut, aber doch einigermassen vollständige Darstellung der Reifung und Befruchtung des Forelleneies gegeben, vor allem aber die Unrichtigkeit der von 3) H. Blanc, Etude sur la f6condation de l’euf de la truite. Zoologische Abhandlungen. August Weismann zu seinem sechzigsten Geburtstage ge- widmet von der naturforschenden Gesellschaft zu Freiburg i. B. 1894. Die Reifung und Befruchtung des Forelleneies. 231 Blanc gemachten Behauptungen nachgewiesen und die Gültig- keit der Prinzipien, nach denen diese Vorgänge, soweit unsere Kenntnisse zur Zeit reichen, allgemein verlaufen, auch in diesem besonderen Falle dargethan zu haben, so verdanke ich dies der umsichtigen Leitung des Herrn Dr. Sobotta, der mich bei der Überwindung der technischen Schwierigkeiten und bei der Her- stellung der Zeichnungen in liebenswürdigster Weise unter- stützt hat. Ihm spreche ich daher für seine gütige Unter- stützung wie auch für das mir sonst stets bewiesene Interesse meinen wärmsten Dank aus. Material und Methode. Zur Verarbeitung gelangten Eier sowohl von der gemeinen Forelle (Trutta fario) als auch von der Regenbogenforelle (Trutta iridea). Das Material stammt sämtlich aus der Fischzucht- anstalt Seewiese bei Gemünden in Bayern. Es wurde teils im oben genannten Institute durch Streichen lebend übersandter, laichreifer Tiere, teils in Seewiese gewonnen. Dem Besitzer der Anstalt, dem Königl. preuss. Oberst- Lieutenant a. D. Herrn v. Derschau, erlaube ich mir für sein liebenswürdiges Entgegenkommen und sein lebhaftes Inter- esse auch an dieser Stelle meinen verbindlichsten Dank auszu- sprechen. Von den vier nach der sog. russischen (trockenen) Methode vorgenommenen Befruchtungsversuchen waren leider aus uns unbekannt gebliebenen Gründen nur zwei durchgängig von Erfolg begleitet, sodass sich die folgende Untersuchung im wesentlichen auf zwei Serien erstreckt, von denen die eine von der gemeinen Forelle (Trutta fario) stammt und im vergleichend- anatomischen Institut zu Würzburg gewonnen wurde, während die Eier der anderen von der Regenbogenforelle (Trutta iridea) in Seewiese konserviert wurden. Bei beiden Serien fand sich Anatomische Hefte. I. Abteilung. XXXII. Heft (10. Bd., H. 2). 16 232 G. BEHRENS, kaum ein unbefruchtetes Ei; bei der ersten wurde die Ent- wickelung bis in die mittleren Embryonalstadien hinein verfolgt. Es wäre vielleicht erwünscht gewesen, noch mehr Material der Kontrolle wegen zu untersuchen. Die gelegentlich aus den beiden anderen (nicht völlig geglückten) Serien untersuchten (und befruchteten) Keime zeigten jedoch genau dieselben Bilder, wie die hier beschriebenen. Leider weist die erste Serie einige Lücken auf, die dadurch entstanden sind, dass es selbst bei angestrengtester Arbeit nicht möglich war, die für jedes Stadium ursprünglich geplante Zahl von Eiern zu konservieren, weil die Art der Konservierung sehr viel Zeit erfordert. Jedoch ist dieser Ausfall bei der ersten Serie durch die entsprechenden Stadien der zweiten einiger- massen ergänzt worden, was sich um so mehr rechtfertigen lässt, als, wie zu erwarten war, wesentliche Unterschiede zwischen den Befruchtungsvorgängen bei der gemeinen Forelle und der Regenbogenforelle nicht hervorgetreten sind. Beide Serien, auf welche sich die hier mitgeteilten Befunde stützen, entwickelten sich relativ schnell; die der gewöhnlichen Forelle wegen der relativ hohen Temperatur des hiesigen Leitungs- wassers noch schneller (erste Furche schon nach 12 Stunden sehr deutlich) als die der Regenbogenforelle. Eine andere Serie von Trutta fario, die bei sehr kalter Wassertemperatur be- fruchtet wurde, zeigte nach 20 Stunden noch keine Andeutung einer Furche. Länger wurde der Prozess aus Zeitrücksichten nicht weiter verfolgt. Die Gewinnung des Materials ging in folgender Weise vor sich. Für jedes Stadium wurden ungefähr zehn Eier konser- viert. Mit der Konservierung wurde begonnen kurz vor der Besamung. Die nächste Portion Eier wurde alsdann gleich nach derselben eingelegt, die dritte zwei Minuten nach Besamung, die vierte fünf Minuten nach Besamung. Von da ab erfolgte Die Reifung und Befruchtung des Forelleneies. 233 die Konservierung alle zehn Minuten bis zur zweiten Stunde nach dem Zusatz des Spermas. Hierauf wurden die Eier .nur noch in Zwischenräumen von 20 Minuten, späterhin in solchen von 30 Minuten konserviert!). Die Methode der Konservierung ist von H. Virchow er- funden und wird noch an anderer Stelle genauer publiziert werden. Ihr Hauptvorteil besteht darin, dass sie gestattet, Dotter und Keim völlig voneinander zu trennen, bezw. sämt- liche Dotterelemente schon während der Konservierung zu ent- fernen. Man bringt zuerst die Eier in ein Schälchen mit 2/oo Chrom- säure mit starkem Eisessigzusatz, bis der Keim durch die Schale hindurch eben sichtbar wird. Dann kommen die Eier sofort in eine möglichst grosse Menge ?/oo Chromsäure ohne Eisessig auf ungefähr eine Stunde. Hierauf werden dieselben auf der Gegenpolseite ?) geöffnet und die Reste des von der Konservie- rungsflüssigkeit angegriffenen Dotters von dem bereits erhärteten Keim durch Abblasen mittelst eines fein ausgezogenen Glas- röhrchens in Kochsalzlösung°) entfernt, bis die Unterfläche des Keims völlig sauber ist. Der letztere löst sich dann von selbst von der Schale los. Auf diese Weise erhält man nicht bloss den eigentlichen Keim mit dem unter ihm gelegenen, von Ölkugeln durchsetzten Protoplasma, sondern auch das in der Peripherie desselben ge- legene, den Dotter umhüllende Protoplasmahäutchen in grosser Ausdehnung. . !) Wie oben angegeben, gelang es nicht bei beiden Serien namentlich die Anfangszeiten völlig inne zu halten, so dass die Untersuchungen hier bald bei der Regenbogen- bald bei der gewöhnlichen Forelle angestellt wurden. 2) D. h. der dem Keim abgewandten Seite. Der Keim ist dann immer deutlich sichtbar. Länger als 1'/ Stunden dürfen die Eier nicht in der Chrom- säure verweilen, sonst ist der Keim nieht mehr durch die Schale hindurch vom Dotter zu unterscheiden und auch schwer von ihm zu trennen. 3) In Wasser gerinnt der 'T'eleostierdotter bekanntlich. 16* 234 @G. BEHRENS, Der Keim samt diesem Häutchen kommt nun auf ungefähr drei Stunden in Pikrinsublimat!), dann in gewöhnlicher Weise in 50°/o Spiritus und hierauf in 70°o Spiritus, beide mit Jod- zusatz, sodann in 90 °/o Spiritus, absoluten Alkohol, Chloroform und absoluten Alkohol, Chloroform, Chloroform-Paraffin und auf höchstens !/sz Minute in reines Paraffin. Die Einbettung geht sehr schnell vor sich, da der Keim ohne Dotter leicht vom Paraffin durchtränkt wird. Das so gewonnene Material wurde stets in Schnittserien zwischen 5 und 10 « Dicke zerlegt, mit Eiweissglycerin und Wasser auf den Objektträger aufgeklebt und mit M. Heiden- hainschem Eisenhämatoxylin mit und ohne Vorfärbung von Bordeaux gefärbt (letzteres war ohne Vorteil). Die Beobachtung und Kontrolle der Differenzierung war sehr zeitraubend, da unter den vielen Schnitten — es ergaben sich meist ungefähr 200 Schnitte von jedem Keim, häufig sogar mehr — natürlich immer nur sehr wenige vorhanden waren, die Kerne oder Centrosomen enthielten. Massgebend war daher für den Grad der Differenzierung häufig nur der Entfärbungs- zustand des Protoplasmas, was sich in den meisten Fällen auch als genügend erwies. In einer Reihe von Fällen wurde auch die Kontrolle während der Konservierung mittelst Wasserimmer- sion ausgeführt. Keime mit Schale wurden so gut wie gar nicht geschnitten, da das Schneiden unverhältnismässige Schwierigkeiten verur- sacht und der einzige Vorteil, der sich daraus vielleicht ergeben könnte, nämlich die Erhaltung der zwischen Keim und Schale gelegenen Richtungskörperchen dagegen nicht ins Gewicht fiel. Ausserdem waren diese in den meisten Fällen auch ohnehin er- ı) Pikrinsäure, gesättigt, wässerig. 1 Teil; Sublimat, ges. wäss. 1 Teil; Ag. dest. 2 Teile. Die Anwendung dieser Lösung erschien Herrn Dr. Sobotta nach ausgedehnten, neueren Erfahrungen besser als die von H. Virchow angewandte Pikrinschwefelsäure. Die Reifung und Befruchtung des Forelleneies. 235 halten geblieben,?d.th.Zsie lagen an der Oberfläche des von der Schale befreiten Keims. Das so gewonnene und verarbeitete Material weist zwar einige Lücken auf, jedoch sind diese nicht so von Bedeutung, dass sie die Möglichkeit einer richtigen und vollständigen Dar- stellung der Befruchtungsvorgänge des Forelleneies zu beinträch- tigen vermöchten. Die von Blanc angewendete Konservierungsmethode wurde daneben versucht, lieferte aber in jeder Beziehung schlechtere Resultate, zumal insbesondere die Ablösung des Keims vom Dotter viel schwerer und nur unvollständig gelingt, auch der Keim leicht dabei verletzt wird, was bei Anwendung der oben beschriebenen Methode nahezu ausgeschlossen ist. Litteratur. Wie ich bereits in der Einleitung hervorhob, haben die Befruchtungsvorgänge des Knochenfischeies nur wenige Be- arbeiter gefunden. Wir besitzen Arbeiten von A. Agassiz und CO Wiitimann!), CK. Hoiimann?, JS Kingsley und H. W. Conn?), ferner von C. Kupfier®), A. Boehm‘) und H. Blanc‘). Da für unser spezielles Untersuchungsobjekt nur die Ar- beiten der drei letztgenannten Autoren in Betracht kommen, so kann ich mich bezüglich der übrigen darauf beschränken, auf das im Jahrgang 1896 der „Ergebnisse der Anatomie und Ent- 1) Agassiz, A., and C. O. Whitmann, The Development of Osseous Fishes Il The praeembryonic stages of Development. P I. Memoirs of the Museum of Comparative Zoology of Harvard College. Vol. XIV. Nr. 1. 1889; 2) Hoffmann, C. K., Zur Ontogenie der Knochenfische. Abhandlungen der kgl. Akademie der Wissenschaften zu Amsterdam. 1881. 3) Kingsley, J. S. and H. W. Conn, Some Observations on the Em- bryology of the Teleosts. Memoirs of the Boston society of Natural History. Vol. III. Nr. 6. 1883. a c. G. BEHRENS, wickelungsgeschichte‘“ enthaltene Referat „Die Reifung und Be- fruchtung des Wirbeltiereies‘“ von J. Sobotta zu verweisen, wo die betreffenden Arbeiten einer genauen Besprechung unter- zogen sind. Die ersten Angaben über unseren Gegenstand finden sich in einem die „Befruchtung des Forelleneies“ betitelten Vortrage von ©. Kupffer!') Allerdings waren die Resultate der müh- samen Untersuchung infolge der oben auseinander gesetzten Schwierigkeiten nur sehr unvollständig, was der Autor selbst zugiebt; doch finden sich ausserdem wohl auch einige Irrtümer in seiner Veröffentlichung, wie später gezeigt werden soll. Sodann hat sich A. Boehm!) eingehend mit demselben Objekt beschäftigt. Seine Untersuchung ist weit umfangreicher und vollständiger als die vorige und enthält eine grosse Anzahl sehr guter Beobachtungen, allerdings auch einige Lücken im Material. Die schönen Untersuchungen Boehms sind nicht bis zur Bildung des Furchungskerns oder der ersten Furchungs- spindel fortgeführt, sondern schliessen mit einem Stadium ab, das noch nicht das eigentliche Resultat der Befruchtungs- phänomene erkennen lässt, nämlich mit der völligen Ausbildung und Aneinanderlagerung der Vorkerne. Die umfassendste — aber sicherlich nicht die beste — Arbeit ist wohl diejenige von H. Blanc: „Etude sur la f&con- dation de l’uf de la truite“t). Wie ich bereits oben betonte, stehen die Resultate seiner Untersuchung nicht nur in direktem Widerspruch mit den Beobachtungen Boehms, sondern be- schreiben bezüglich des Verhaltens der Centrosomen einen Vor- gang, der von allen sonstigen an anderen Objekten gemachten Beobachtungen völlig abweicht. Diese Ausnahmestellung, welche Blanc dem Forellenei in Bezug auf die Befruchtungsvorgänge anweist, war daher von vornherein schon vielen Forschern recht I) I.20e. Die Reifung und Befruchtung des Forelleneies. 237, unwahrscheinlich, sodass mehrfach, so auch von Boveri!), offene Bedenken gegen dieselbe ausgesprochen wurden, und in der That haben gerade die neuesten Veröffentlichungen auf diesem Gebiete die Auffassung bestätigt, dass wir es bei den Befruchtungserscheinungen mit Vorgängen zu thun haben, die sowohl bei Wirbeltieren als auch bei Wirbellosen, im ganzen Tierreich, ja selbst wahrscheinlich auch im ganzen Pflanzen- reiche nach denselben Prinzipien verlaufen. Ich will daher gleich vorweg bemerken, dass meine Be- obachtungen nicht nur diejenigen Boehms im orossen und ganzen bestätigen bezw. in einzelnen Phasen ergänzen, sondern auch die völlige Unhaltbarkeit der von Blanc behaupteten Ausnahmestellung der Forellenbefruchtung aufs deutlichste be- weisen, sodass ich nicht umhin kann, Fehler in der Konser- vierung, Verarbeitung oder Beobachtung des Materials seitens Blancs anzunehmen. Auf Einzelheiten kann ich mich hier natürlich noch nicht einlassen, sondern muss dieselben bei den betreffenden Ab- schnitten genauer behandeln. Nur zweierlei möchte ich noch hervorheben, erstlich, dass Blanc mit Methoden gearbeitet hat, die schlechterdings nicht imstande sind, Aufschluss über so sub- tile Vorgänge zu geben, wie über das’ Verhalten der Centrosomen beim Befruchtungsakt. Blanc hat nämlich die Mehrzahl seiner Untersuchungen an nicht mikrotomierten sondern in toto ge- färbten und eingelesten Keimen angestellt und die Schnittmethode nur daneben „zur Kontrolle“ angewandt. So vorteilhaft die erstere Methode für die Gesamtorientierung, namentlich embryonaler Stadien ist, so wenig kann sie leisten, wenn die allerfeinsten Strukturverhältnisse in Frage kommen, Strukturen, die meist sogar die Anwendnng besonders dünner Schnitte erheischen. Ich glaube daher nicht fehl zu gehen, wenn ich die meisten der leider recht zahlreichen Irrtümer Blancs auf diesen Mangel 1) Ergebnisse der Anatomie und Entwiekelungsgeschichte. Bd. I. 1891. 238 G. BEHRENS, der Methode schiebe. Man bedenke z. B., dass Blanc selbst an einer Stelle angiebt, er habe mit den beiden angewandten Methoden nicht konforme Resultate erzielt. Ferner, was für die Beurteilung und Deutung der Präparate nicht ohne Belang ist und gerade bei den Blaneschen Abbil- dungen die Klarheit und das Verständnis sehr beeinträchtigt, hat Blane auf allen Abbildungen versäumt zur Orientierung die Eioberfläche anzudeuten, sodass seine Tafeln eine Zusammen- stellung von beliebigen Ausschnitten der Keime bilden, an denen eine Orientierung kaum mit Hülfe des Textes möglich ist. Seine Abbildungen verfehlen daher auch völlig ihren Zweck, nämlich das Verständnis der Beschreibung zu erleichtern; sie verwirren an manchen Stellen vielmehr im höchsten Grade. Ganz abge- sehen davon sind sie technisch ziemlich schlecht und viele der- selben machen wohl jedem unbefangenen Leser bereits den Ein- druck starker Schematisierung. Allgemeines Verhalten des Forellenkeimes während der Befruchtung. Das befruchtungsfähige, aber noch nicht befruchtete Ei der Forelle misst im Durchmesser etwa !/acm und ist wegen der völlig undurchsichtigen, ihm ganz eng anliegenden Schale der direkten Beobachtung unzugänglich. Wie alle Teleostiereier ist es meroblastisch. Der Keim, d. h. derjenige protoplasmatische Bezirk der Ei- oberfläche, an dem sich die ersten Entwicklungsvorgänge voll- ziehen, stellt sich als eine flache, aber doch deutliche Ver- dickung des den Dotter umgebenden Protoplasmas dar und be- sitzt anfangs noch keine scharfe Umgrenzung, ist also diffus und ziemlich gross. Fig. 1 stellt ihn im senkrechten Durch- schnitt dar. Während der Befruchtungsvorgänge verdickt sich der Keim allmählich durch Konzentration bei gleichzeitiger bedeutender AZ. I 7. Abtheiltung Heft XXX ( 10.Ba.H.2.) n ei Ar . FR N ei ie, 4 } S 3 v { De 2 = - FE ' / E Y > r ® - \ F ” 4 S .- f 3 E r . I N | i 1 3 j h ” 1 \ u . | Y r " u De “ 3 2 & | ü E d h 4 » h r h % f . N in x D 1 7 Ti N “7 = In N 2 - n , i N £ a a r 3 1 M Pi T E - / = de N 2 Kr = i = en 2 > | ; 4 > = x i es A 48 ee j; . ee. f u. 4 Po [ R u 5 5 $v « ee > r - = es 1: _Anatomische Hefe 1. Abtheilung Hei KCAL ( 10.64.12) Taf: MM. N x a tern A D nat Ai ai x Die Reifung und Befruchtung des Forelleneies. 239 Flächenabnahme sehr stark (vergl. Fig. 1—6) und hebt sich dann deutlich von dem den Dotter umhüllenden Protoplasma ab. Zugleich tritt eine immer deutlicher werdende Trennungs- linie auf, die den eigentlichen, rein protoplasmatischen Keim von einer unter ihm gelegenen, mit Fortsätzen in den Dotter (Ölkugelschicht) hereinragenden, dünnen Lage Protoplasma trennt. Erst später, aber noch während der eigentlichen Befruchtungs- stadien setzt sich diese immer deutlicher werdende Trennungs- linie auch nach den Seiten zu fort derart, dass nun auch der eigentliche Keim in seiner Peripherie sich von dem den Dotter ausserhalb des Keimbereichs umgebenden Protoplasma sondert. Die Fig. 1—7 veranschaulichen uns diesen Vorgang. Stets ist die Trennungslinie an der ganzen Unterfläche des Keims deut- lieher als an den Rändern. Fig. 1 zeigt uns den Keim in dem Stadium von 20 Minuten nach der Besamung. Wir sehen hier das Protoplasma als eine ziemlich flache Scheibe, die sich an ihrer Peripherie ohne Grenze in ein dünnes Häutchen fortsetzt. In Fig. 2 macht sich bereits eine geringe Konzentration und Verdickung geltend, die jedoch erst in der folgenden Figur schärfer hervortritt. Jetzt tritt die Trennungslinie zwischen Keim und Dotter auf und zwar zunächst nur in der Mitte der Bodenfläche des ersteren. Dieselbe schneidet also noch nicht bis zu den Rändern des Keims hindurch, d. h. der Keim ist wohl bereits von dem unter ihm gelegenen Protoplasma (und Dotter) abgegrenzt, aber noch nicht von dem seitlich an ihn grenzenden. Unter der Trennungslinie bemerken wir noch, wie dünne Protoplasmabälkchen in den Dotter hineinragen und Maschen für die im Salmonidenei gelegenen, meist gefärbten Ölkugeln bilden. Im folgenden Stadium, Fig. 4, sehen wir auch die seitliche Trennungslinie angedeutet, während die untere nunmehr ganz 240 G. BEHRENS, scharf hervortritt. Zugleich hat der Keim beträchtlich an Dicke zugenommen. In Fig. 5 ist die Abgrenzung des Keims bereits allseitig zu erkennen. Der Keim beginnt jetzt sich deutlich von der den Dotter umhüllenden Protoplasmaschicht durch Verdickung abzuheben und sich sowohl nach innen gegen den Dotter als auch vor allem nach aussen stark vorzuwölben. Die Konzen- tration des Keimes ist jetzt vollendet. Nun haben wir im Teleostierei zwei völlig getrennte Ab- schnitte, den protoplasmatischen Keim und den ringsum von einem dünnen Protoplasmahäutchen umgebenen Dotter. Das folgende Stadium, Fig. 6, zeigt uns in dem ziemlich stark verdiekten und kontrahierten Keim in Gestalt eines Keim- hügels das Auftreten einer schrägen Scheidewand, die mit der von Kupffer!) beschriebenen Zellplatte identisch sein dürfte. In Fig. 7 haben wir eigentlich bereits ein zweizelliges Stadium vor uns. Der auf dem Querschnitt ungefähr als ab- gerundetes Rechteck erscheinende Keim hebt sich scharf von dem unter ihm liegenden Dotter und der peripherischen Proto- plasmaschicht ab und zeigt in der Mitte des seitlichen Randes eine kleine Einbuchtung, welche die Anlage der nun auftretenden ersten Furche ist. (Die Teilung der Tochterkerne hatte an dem Präparate bereits begonnen) [siehe auch u. Nachtrag). Die Trennungslinie, welche während der Befruchtung des Salmonideneies zwischen Keim und dem den Dotter umhüllenden Protoplasma auftritt, scheint den Wert einer Zellmembran zu besitzen. Sie zeigt übrigens ziemlich starke Verwandtschaft zu Eisen-Hämatoxylin und erscheint häufig trotz starker Differen- zierung der Schnitte fast schwarz. Ferner lässt sich deutlich sehen, wie die Fäden des Protoplasmanetzwerkes des Keims an sie inserieren bezw. an ihr ihr Ende finden. Aus diesem 1) 1. c. Die Reifung und Befruchtung des Forelleneies. 241 Verhalten kann man die Grenzlinie bei Anwendung stärkerer Vergrösserungen schon zu einer Zeit erkennen, wo bei schwacher Vergrösserung ‚von ihr noch nichts wahrzunehmen ist. Die Trennungslinie ist übrigens selbst messbar dick, wenigstens an der Bodenfläche des Keimes. Das Forellenei besitzt im befruchtungsfähigen Zustande eine Hornschale mit einer Mikropyle für den Durchtritt der Samenfäden. Da ich fast alles Material nach Ablösung der Schale verarbeitet habe, fehlen mir eigene Beobachtungen über diesen Punkt so gut wie ganz. Ich verweise bezüglich dieser auf die Arbeiten von Boehm') und Blanc!), wo sich ge- nauere Angaben über die Schale finden. Boehm giebt auch zwei sehr gute Abbildungen der Mikropyle. Bildung der Richtungskörper. Meine frühesten Beobachtungen sind an Eiern gemacht, die kurz vor der Besamung konserviert wurden. Leider war es -mir nicht möglich, noch frühere Stadien zu erhalten, was wohl wünschenswert gewesen wäre, da die Bildung der ersten Rich- tungsspindel schon vor der Ablage des Eies, also noch in der Bauchhöhle oder gar im Eierstock vor sich geht. Blanc hat nun einige Beobachtungen an direkt aus der Bauchhöhle entnommenen Eiern gemacht und ich will daher seine Angaben darüber hier kurz anführen. Die noch im Eierstock befindlichen Eier besitzen nach Blanc ein sehr deutliches Keimbläschen, das von einer Membran be- grenzt wird und mehrere Keimflecke enthält. Kupffer giebt an, dass Eier, die im November dem Eier- stock entnommen wurden, an dem Keimbläschen entweder eine dünne, sich leicht faltende Hülle oder aber keine Membran Iyhre. 242 G. BEHRENS, mehr zeigten. Eier von 0,8 mm Durchmesser lassen nach ihm die fragliche Membran nicht mehr erkennen. Blanc giebt dann weiter die Beschreibung eines älteren Stadiums, d. h. eines unreifen Eies aus der Bauchhöhle einer noch nicht laichreifen Forelle. Das Keimbläschen ist hier ver- schwunden. An seiner Stelle sieht man in einem hellen Hof einen Haufen von kleinen Chromatinkörnchen, die von 18—20 aus Mikrosomen gebildeten Stäbchen oder Fäden strahlenförmig umgeben sind. Blanc deutet diese Figur als einen Kern im Zustande der „Auflösung“ und Umbildung der Kernelemente zu Chromosomen. In der ganzen Umgebung des hellen Hofes und sogar zwischen den schon deutlichen Chromosomen soll das Protoplasma des Keims in diesem Zustande dasselbe granulierte Aussehen zeigen wie an anderen Stellen. Bei dem reifen Ei soll nach Blanc die Umbildung des Kerns dann weiter vorgeschritten, insbesondere sollen auch die Chromo- somen weit zahlreicher sein wie vorher. Er hat, wie er angiebt, die Zahl der Chromosomen nicht ermitteln können. Nach der von ihm gegebenen Zeichnung würden es sicher mindestens 20—30 sein. Sie sind zum Teil schleifenförmig gekrümmt und bilden eine der Keimoberfläche parallele Äquatorialplatte. Dieses Stadium geht nach Blanc der Bildung der ersten Richtungsspindel vorher, die noch in der Bauchhöhle erfolgt. Die Chromosomen sollen dann eine zur Oberfläche des Keims fast senkrechte Platte bilden. Das von Blanc gegebene Bild der ersten Richtungsspindel macht wie viele seiner Figuren einen durchaus schematischen Eindruck. Es hat mit den von Boehm und mir beobachteten ersten Richtungsspindeln keine auch nur entfernte Ähnlichkeit. Jedenfalls erscheinen Schnittbilder der ersten Richtungsspindel an auch nurzeinigermassen gut konservierten Präparaten so, wie Boehm und ich sie beobachtet haben. Die Reifung und Befruchtung des Forelleneies. 243 Wenn Blanc die völlige Verschiedenheit der von ihm be- schriebenen ersten Richtungsspindel von der von Boehm ge- gebenen einfach mit der Behauptung abzuthun sucht, der letztere "Autor habe die erste Richtungsspindel infolge seiner mangelhaften Methode überhaupt gar nicht zu Gesicht bekommen und alle seine Angaben hierüber seien auf die zweite Richtungsspindel zu beziehen, so ist das zwar eine recht bequeme, aber damit doch noch nicht zweifellos bewiesene Behauptung. Es mag vielleicht für einige wenige (vielleicht nur eine) der. Beobach- tungen Boehms zutreffen, keineswegs aber für alle. Ich kann im Gegenteil die recht genauen Angaben Boehms im wesentlichen nur bestätigen, bezw. in einigen Punkten ergänzen. Ich will daher zunächst die Beschreibung der ersten Richtungsspindel geben, wie sie von Boehm und mir beobachtet worden ist. Ziemlich nahe an der Oberfläche des Keims, unter einem Winkel von 60--70° gegen dieselbe geneigt, sehen wir eine der Kugelform ziemlich ähnliche Spindel, Fig. 8 (vor der Besamung). Im Äquator derselben sind etwa 12 längliche, leicht gekrümmte, stark gefärbte, chromatische Stäbchen sichtbar. An keinem der vielen Keime, die vor der Besamung bis zwei Minuten nach derselben geschnitten wurden, fand sich ein bereits abgestossener Richtungskörper. In diesen Fällen handelte es sich wohl be- stimmt um die erste Richtungsspindel. Boehm schätzt die Zahl der von ihm beobachteten Chro- mosomen auf etwa sechs. Die von ihm beschriebene. .erste Richtungsspindel stimmt im übrigen fast völlig mit der von mir beobachteten überein. Die ziemlich deutlichen Spindelfasern konvergieren zwar nach den Polen der Spindel, doch zeigt sich keine Spur eines Centrosomas oder einer Polstrahlung. Man kann an der Spindel leicht von Pol zu Pol verlaufende Fasern erkennen, während zu den Chromosomen ziehende Zugfasern deutlich nicht sichtbar 244 @. BEHRENS, sind. Das Protoplasma zeigt in der unmittelbaren Umgebung der Pole genau die gleiche Struktur wie weiter von ihnen entfernt. Ebenso gestaltete erste Richtungsspindeln fand ich sofort nach der Besamung und zwei Minuten nach derselben (bei niedriger Wassertemperatur). Eine Drehung der ersten Richtungsspindel habe ich leider nicht direkt beobachten können. Doch erinnert die in Fig. 8. sichtlich vorhandene Neigung der Spindelachse gegen die Keim- oberfläche offenbar an eine solche. Bei dieser Erscheinung, die nicht nur bei sehr vielen Wirbellosen, sondern auch bei den meisten bis jetzt untersuch- ten Wirbeltieren gefunden ist, handelt es sich bekanntlich darum, die vorher in einem beliebigen Längsdurchmesser der flachen Keimscheibe (oder des runden Eies) liegende, also in Bezug auf das Ei tangentiale Spindel durch eine Drehung um 90° senkrecht gegen die Keimoberfläche, also in einen Eiradius einzustellen, sodass die Bildung der Richtungskörper in der bei gewöhnlichen Zellteilungen üblichen Weise vor sich gehen kann. Wie ich bereits oben hervorhob, hat Blanc frühere Stadien als ich beobachtet, und auch seine Angaben deuten auf eine Drehung der ersten Richtungsspindel hin. Allerdings ist mir dabei folgendes aus seinen Angaben völlig unverständ- lich geblieben und mit dem sonst allgemein beobachteten Ver- lauf der Spindeldrehung ganz unvereinbar. Das Stadium, in dem die Chromosomen eine zur Keim- oberfläche parallele und dieser etwas genäherte Platte bilden und in dem ihre Längsteilung vor sich geht, soll der Bildung der Richtungsspindel vorhergehen, bei der dann die Äquatorialplatte fast senkrecht zur Oberfläche des Keims steht. Wir hätten hier also geradezu eine Drehung im entgegen- gesetzten Sinne, die um so unwahrscheinlicher ist, als man nicht einsieht, wie dabei die Bildung der Richtungskörper er- Die Reifung und Befruchtung des Forelleneies. 245 folgen soll. Die Angaben Blancs müssen also hier offenbar auf unrichtiger Beobachtung infolge mangelhafter Orientierung der Präparate oder, was wahrscheinlicher ist, auf Verwechselung der Aufeinanderfolge der Stadien beruhen. Was nun die von Blanc beschriebene Richtungsspindel selbst betrifft, so weicht ihre Gestalt völlig von der von Boehm und mir beobachteten ab. Während ich sie als ein der Kugelform ziemlich ähnliches Gebilde beobachten konnte, bei dem die Spindelfasern stark ge- bogen nach den beiden Polenden zu konvergieren, bildet Blanc sie in der Gestalt von zwei mit ihren Basen in der Äquatorial- platte aneinander stossenden Kegeln ab. Die Fasern konver- gieren scharf nach den beiden Polenden, an denen man jeder- seits einen hellen, runden Hof bemerkt, von dem einige wenige strahlenartige Fasern ausgehen. Die Zahl der Chromosomen giebt Blanc erheblich grösser an, als ich sie bei meinen Unter- suchungen fand. Meine Beobachtungen stimmen mit denjenigen Boehms dagegen bis auf die Chromosomenzahl fast völlig überein; es dürften die Angaben dieses Autors, die von vornherein schon viel wahrscheinliches für sich hatten, als durchaus zuverlässig anzusehen sein, die Angaben Blancs aber mindestens stark in Zweifel gezogen werden müssen. Meine eigenen Beobachtungen sind in diesem Punkte leider zu spärlich!), um auf Grund der- selben den direkten Nachweis der Unrichtigkeit der Blancschen Behauptungen führen zu können, Es soll übrigens im obigen nicht gesagt sein, dass ich die Angabe Boehms, dass die erste Richtungsspindel zu einer gewissen Zeit nur sechs Chromosomen habe, bezweifle Ich 1) Insofern als sie sich nicht auf alle Stadien der Richtungsmitosen beziehen. Ein unglücklicher Zufall brachte bei der Regenbogenforelle fast genau dieselben Stadien, die wir schon zur Genüge bei der Forelle be- obachtet hatten. 246 @&. BEHRENS, habe ein solches Stadium mit nur sechs Chromosomen nur nicht zu Gesicht bekommen, und es ist wohl möglich, dass ein solches existiert. Weahrscheinlicher ist mir allerdings, dass Boehm die Zahl der Chromosomen unterschätzt hat, da die- selben im Stadium meiner Abbildung S allerdings in anschei- nend viel weniger als halber Zahl vorhanden waren als später (Fig. 9). Der Grund hierfür liegt aber in der etwas abweichen- den Form der Chromosomen, die anfangs ganz gerade Stäbchen sind und von denen sich häufig zwei im Schnitt genau decken, sodass erst die Zuhülfenahme eines starken Okulars die Zählung mit Sicherheit ermöglicht. Ich wende mich nun zu der Beschreibung der zweiten Riehtungsspindel, die wahrscheinlich ohne Ruhepause unmittel- bar aus der im Ei verbliebenen Chromosomengruppe der ersten Richtungsspindel gebildet wird. Leider konnte ich keine Be- obachtungen über diesen Vorgang selbst machen. Ich muss mich daher auf die von mir allein beobachteten späteren Phasen der zweiten Richtungsmitose beschränken. Das in Fig. 9 dargestellte Stadium von 20 Minuten stammt von Eiern mit schneller Entwicklung (Leitungswasser des Instituts) und dürfte wohl schon eine zweite Richtungsspindel darstellen, obwohl der abgestossene erste Richtungskörper nicht nachgewiesen werden konnte). Die Spindel ist durch Streckung etwas länger geworden als vorher. Sie liegt jetzt hart an der Oberfläche des Keims in einem durch lockeres Protoplasmagefüge ausgezeichneten Hofe und hebt sich so von dem übrigen Protoplasma ein wenig mehr ab, als die der Fig. 8. Die Gesamtzahl der Chromosomen konnte ich mit ziem- licher Sicherheit auf etwa 24 bestimmen. Sie sind in zwei an- 1) Dieselben können leicht bei Entfernung der Schalen an diesen hängen geblieben sein. Ein mit Schale geschnittener Keim dieses Stadiums gab darüber leider auch keinen Aufschluss, da mehrere Schnitte verunglückten. Die Reifung und Befruchtung des Forelleneies, 247 nähernd parallelen Platten zu je 12 angeordnet. Die Form der Chromosomen ist die von Stäbchen, doch sind sie im Gegensatz zu vorher leicht gekrümmt, und von mehr unregelmässiger Gestalt. Die einzelnen Elemente sind auch deutlich kleiner, insbesondere schmaler. Auch hier war es mir selbst bei genauester Beobachtung nicht möglich, ein Centrosoma oder centrosomaähnliches Gebilde oder eine Polstrahlung oder auch nur eine besondere, an eine Polstrahlung erinnernde Protoplasmastruktur aufzufinden. Ein späteres Stadium der zweiten Richtungsmitose von der Regenbogenforelle (Trutta iridea) — das früheste, das ich bei dieser beobachten konnte — zeigt Fig. 10. Die Richtungsspindel liegt ziemlich nahe der Keimober- fläche, die sich mit einem mässigen Protoplasmahügel vorwölbt. Das in diesem gelegene Ende der Spindel ist etwas abgerundet, das entgegengesetzte zugespitzt. Die Chromosomen sind bereits im Begriff, die Tochterplatten zu bilden, es hat also die Teilung der ersteren schon stattgefunden. Jede Tochterplatte enthält 12 chromatische Elemente, die mit Sicherheit zu zählen waren. Die Chromosomen bilden Schleifen, deren Umbiegungsstellen den Spindelpolen zugekehrt sind. Die Tochterplatten verbinden sehr deutliche Centralspindelfasern. Daneben bemerkt man an- deutungsweise von den Polen ausgehende, seitlich von der Cen- tralspindel verlaufende Fasern, die im Protoplasma neben der letzteren enden, dieses selbst aber nicht weiter alterieren. Von einer strahligen Anordnung des Protoplasmas ist nichts zu er- kennen. An den Spindelpolen fehlt auch jetzt jede Spur eines Centrosomas oder eines centrosomaähnlichen Gebildes. Ebenso ist keine Andeutung einer Polstrahlung zu sehen; denn die bereits erwähnten Seitenstrahlen, die wir unten nochmals wiederfinden werden, stellen jedenfalls keine Polstrahlung dar. Die Spindel liegt in einem kleinen, etwas helleren Protoplasmahof. Anatomisehe Hefte. I. Abteilung. XXXII. Heft (10. Bd., H. 2.) 17 248 G. BEHRENS, Ein etwas weiter vorgeschrittenes Stadium konnte ich an den Eiern der gewöhnlichen Forelle mehrfach beobachten (40 Min. nach der Besamung bei der Temperatur des Leitungswassers des Instituts). Es handelt sich um die in den Abbildungen 11 und 12 der Taf. XIV wiedergegebenen Spindel-Figuren der zweiten Richtungs- mitose. Wir haben es hier mit dem eigentlichen Diasterstadium zu thun. Die Chromosomen liegen in zwei ausgebildeten Tochter- platten eng aneinander an den Enden der Spindelfigur. Ihre Elemente sind jetzt mit Sicherheit nicht mehr zählbar. Die Zahl derselben beträgt schätzungsweise 12, und wir müssen diese nach Massgabe der oben mitgeteilten Behauptungen als die richtige annehmen. Ihre Gestalt ist die leicht gekrümmter Stäbchen bezw. ganz kurzer Schleifen. Die ausserordentlich deutlichen und ziemlich dicken Oentralspindelfasern laufen jetzt annähernd parallel von Tochterplatte zu Tochterplatte und zeigen eine leichte Torsion. Ausserdem besitzen sie in der Mitte deutliche Verdickungen!). Über die Grenze der Chromosomen hinaus sind keinerlei Spindelfasern mit Sicherheit mehr erkennbar. Die Spindelfigur selbst ist bereits stark verlängert gegenüber dem vorigen Stadium. Ausser diesen sozusagen gewöhnlichen Charakteren finden wir in diesem Stadium der zweiten Richtungsspindel in einer sicherlich ungewöhnlichen Weise oder wenigstens ungewöhn- lichen Stärke die oben bereits erwähnten Seitenfasern, die als mächtige, recht dicke Strahlungen von den beiden Tochter- platten der Spindel (der Gegend des nicht mehr erkennbaren Spindelpols) aus seitwärts in das Protoplasma hineinragen und dort frei endigen. Diese Fasern zeigen häufig die mannigfachsten Krümmungen und insbesondere Torsionen. Die meisten Fasern 1) Verdiekungen der Centralspindelfasern (Centralspindelkörperchen) sind auch bei Richtungsmitosen schon an verschiedenen Objekten beobachtet worden. Die Reifung und Befruchtung des Forelleneies. 249 4 — treffen sich in der Ebene der Mitte der Spindelfasern und laufen dann häufig plötzlich umbiegend parallel neben einander weiter (Fig. 11). Nie verschmelzen die von der Gegend der Pole kommenden Fasern in der Region des ehemaligen Spindeläquators. Ebenso wenig findet eine Überkreuzung der Fasern statt. Es handelt sich stets um Fasern, die an der letzteren Stelle ihr Ende haben. dagegen an der Stelle des Spindelpols mit der Centralspindel- figur zusammenhängen. Ihrem Verlaufe nach sind diese Fasern also jedenfalls keine Uentralspindelfasern, sondern eher als Zugfasern aufzufassen. Allerdings inserieren sie auch nicht an die Ohromosomen. Merk- würdig ist, dass das Stadium des Monasters, Fig. 8, 9, von diesen Fasern nichts zeigt. Allerdings handelt es sich bei Fig. 8 wohl um die erste Richtungsspindel, bei Fig. 9 dagegen wahrschein- lich um das Stadium der Äquatorialplatte der zweiten. Ähn- liche Strahlungen kommen auch bei Richtungsspindeln anderer Eier vor und sind bei Wirbeltiereiern zuerst von Born!) aber unter einer unrichtigen Deutung abgebildet worden. Kürzlich hat dieselben Sobotta®) als eine konstante Erscheinung an der zweiten Richtungsspindel des Amphioxus beschrieben. Hier fanden sie sich schon im Stadium der Äquatorialplatte der zweiten Richtungsspindel, wenn auch im Diasterstadium viel deutlicher. Das umliegende Protoplasma des Keims zeigte in den beiden von mir beschriebenen Stadien (Fig. 11 und 12) eine völlig in- differente Struktur. Es war insbesondere keinerlei Spur einer Strahlung darin zu entdecken. Das Protoplasmagefüge unter- schied sich durch nichts von demjenigen an weiter entfernten Stellen des Keims. ı) Born, G., Die Struktur des Keimbläschens im Ovarialei von Triton taeniatus. Arch. f. mikrosk. Anatomie. 43. Bd. 1894. 2) Sobotta, J., Die Befruchtung des Eies von Amphioxus lanceolatus. Archiv f. mikrosk. Anatomie. Bd. L. 1897. — Siehe ebenda auch Erklärungs- versuche. 17* 250 G. BEHRENS, Boehm giebt ebenfalls eine Beschreibung von Diaster- Stadien. Die Zahl der von ihm beobachteten Chromosomen stimmt mit meinen Beobachtungen überein. Weitere Angaben über die Gestalt derselben finden sich bei ihm nicht. Die von ihm abgebildete zweite Richtungsspindel gleicht auch insofern der von mir beobachteten, als die Enden derselben eher flach oder nur schwach abgerundet erscheinen. Eine Polstrahlung oder ein centrosomähnliches Gebilde hat auch er nicht gefunden. Zu einem ganz anderen Resultate ist dagegen Blanc ge- kommen. Die von ihm abgebildeten zweiten Richtungsspindeln weichen ganz erheblich von den von Boehm und mir be- obachteten ab. Die Verschiedenheit ist fast noch grösser, als es schon bei der ersten Richtungsspindel der Fall war. Während, wie wir oben gesehen haben, die Fasern bei Trutta iridea nur schwach nach den abgerundeten Enden kon- vergieren und bei Trutta fario sogar nahezu parallel nach den abgestumpften Enden verlaufen, zeigen die von Blanc abge- bildeten Richtungsspindeln wieder das Bild eines Doppelkegels. Die Fasern konvergieren dabei scharf nach den beiden Enden, die von je einer Polstrahlung umgeben sind, in deren Centrum sich ein heller Fleck zeigt. Seitenfasern scheint Blanc nicht beobachtet zu haben, da er nichts beschreibt, was darauf hin- deuten könnte. Dagegen hat er die von mir oben angegebene Torsion der Centralspindelfasern beobachtet und führt deren Entstehen auf den Stellungswechsel der Spindel (Übergang von der tangentialen zur radialen Stellung) zurück. Was nun die Chromosomen betrifft, so sind diese nach Blances Angaben nach der Ausstossung des ersten Richtungs- körpers zu 9 oder 10 mehr oder weniger körnigen Packetchen ver- einigt. Kurz darauf sollen sich dann die Kernelemente zu einem wurstähnlichen oder bandartig gekrümmten Gebilde vereinigen, das in der Äquatorialebene der nunmehr auftretenden zweiten Richtungsspindel gelegen ist und dann durch Querteilung in Die Reifung und Befruchtung des Forelleneies. 251 einzelne Stücke zerfällt. Die Äquatorialplatte soll sich senkrecht zur Keimoberfläche einzustellen streben, was Blanc aus zwei Strahlungen schliesst, die er an den beiden Spindelpolen be- obachtet hat. Die Gestalt der Chromosomen hat Blanc in diesem Stadium nicht erkennen können. Dagegen beschreibt er die- selben in einem folgenden Stadium, dem Diaster-Stadium. Die Chromosomen sollen jetzt weniger zahlreich und dünner sein als in den vorhergehenden Stadien. Sie bilden zwei parallele Platten, die durch achromatische Fäden mit zwei gut sichtbaren Strahlungen verbunden sind. Von derartigen Polstrahlungen habe ich, wie ich schon wiederholt betonte, durchaus nichts bemerken können, so grosse Mühe ich mir auch gegeben habe, auch nur irgend eine be- sondere Struktur des Protoplasmas oder ein einem Centrosoma ähnliches Gebilde zu entdecken, obwohl an meinen Präparaten die Protoplasmastruktur vortrefflich zu erkennen war. Was die Struktur des Protoplasmas im Forellenei zur Zeit der Befruchtung betrifft, so beschränke ich mich hier auf eine geringe Anzahl von Angaben, die nicht den Anspruch erheben, diese Frage zu lösen, sondern nur dazu bestimmt sind, das- jenige kurz zu erläutern, was auf meinen Präparaten mit der von mir angewandten Methode erkennbar war und was ich auch auf den Abbildungen der Tafeln wiedergegeben habe. Das Protoplasma des Forellenkeimes erschien in allen Stadien in Gestalt eines deutlichen Maschen- oder Netzwerkes feiner Fädchen, welche wiederum an einzelnen Stellen häufig an den Knotenpunkten leichte Verdickungen zeigten. In den früheren Stadien der Befruchtung, wo der Keim noch niedrig ist, war dieses Netzwerk ausserordentlich viel engmaschiger als in den späteren Stadien. Stets fanden sich an der Keimober- fläche die engsten, in der Tiefe die weitesten Maschen. Zur Zeit, wo die oben erwähnte Abgrenzungslinie (s. oben S. 239) 252 G. BEHRENS, des Keims auftritt, setzen die Fäden der weitesten unteren Maschen an diese Linie an. Letztere sind jetzt mehrfach so gross als die in der Nähe der Keimoberfläche. In den späteren Stadien findet man im Bereiche des Keims stets nur das Proto- plasma, Kerne bezw. Kerngebilde und Centrosomen. Früher jedoch, wenn die Konzentration des Keims noch im Gange ist, findet man mitunter — aber nicht konstant — einzelne meist runde Dotterpartikel von sehr variabler Grösse und Gestalt, namentlich in den tieferen Schichten des Keims (sie färben sich mit Eisenhämatoxylin ziemlich intensiv). Dort werden sie an- scheinend bald aufgelöst, sodass, wie gesagt, in den späteren Befruchtungsphasen der Keim stets frei davon ist!) Da Blanc nun einerseits mit so grosser Bestimmtheit das Vorhandensein von Polstrahlungen behauptet, aber andererseits die — wenigstens an den zweiten Richtungsspindeln — mit ziem- lich Konstanz auftretenden Seitenfasern völlig übersehen hat, so liegt die Annahme sehr nahe, dass diese Fasern bei ihm den Eindruck einer von den Polenden ausgehenden Strahlung hervorgerufen haben. Durch diese Fasern ist ja auch Born?) beim Triton irre geleitet worden. In der That würde ja auch ein zur Spindelachse senkrechter Schnitt recht wohl ein Bild er- geben, wie es Blanc gesehen haben will und bei Beobachtung eines in toto eingelegten, ungeschnittenen Keims mag das noch mehr der Fall sein. Wenn Blane dann weiter die Differenzen, die zwischen seinen Angaben und denjenigen Boehms in betreff des Auf- tretens des ersten Richtungskörpers bestehen, dazu verwerten will, die Zuverlässigkeit der Beobachtungen des letztgenannten Forschers anzuzweifeln, so bin ich durchaus nicht davon über- zeugt, dass Boehms Beobachtungen zu verwerfen sind, da die abweichenden Angaben sich durch den Einfluss der Tem- 1) Keime unbefruchteter Eier sind bei ihrer (ebenfalls eintretenden) Kon- zentration mit solchen Dotterpartikeln vollkommen durchsetzt. 2) ]. c. vergl. auch oben p. 249. Die Reifung und Befruchtung des Forelleneies. 253 peratur des Wassers erklären lassen, und ich halte daher den absoluten Zeitpunkt der Ausstossung des Richtungskörpers für völlig irrelevant. Es liegt also ohne weiteres kein Grund vor, die auf sorgfältiger Beobachtung beruhenden Angaben Boehms in solcher Weise zu kritisieren, denn wenn auch Boehms Untersuchungen, ebenso wie die meinigen, nicht lückenlos sind, so sind doch die von Boehm untersuchten und beschriebenen Stadien sicherlich viel genauer und besser beobachtet, als dies von seiten Blancs geschehen ist, dessen Angaben jedem Nach- untersucher überhaupt unverständlich bleiben müssen, so sehr weichen sie von dem thatsächlichen Verhalten ab. Ich wende mich nun zur Beschreibung des ersten Richtungs- körpers. Ein etwaiger Einwand Blancs, dass auch ich infolge meiner Methode den ersten Richtungskörper gar nicht zu Ge- sicht bekommen hätte, dürfte von vornherein dadurch ausge- schlossen sein, dass ich zu gleicher Zeit in mehreren Fällen einen völlig abgestossenen (ersten) und daneben einen zweiten Richtungskörper beobachten konnte, der noch durch Reste der Centralspindel mit dem Keim verbunden war, wie uns Fig. 16 zeigt. Auch in dem Präparat zu Fig. 14 lag einige Schnitte neben dem der Abbildung ein bereits abgestossener, runder, chromatische Kernbestandteile enthaltender Körper, der nur der erste Richtungkörper sein konnte. Möglicherweise hat bereits Kupffer, wie er auch selbst vermutet, die Richtungskörper des Forelleneies gesehen. Er beobachtete nämlich an zwei Präparaten in der Nähe der Mikro- pyle, zwischen Eihaut und Keimoberfläche eingeklemmt, einen abgeplatteten Ballen fein granulierter Substanz. In dem einen Falle bestand der Ballen deutlich aus zwei dicht aneinander gelagerten Portionen, in deren einer ein gefärbter, kleiner Kern zu sehen war. Boehm hat dann die Bildung der Richtungskörper genauer beobachtet und bestimmtere, zuverlässige Angaben darüber ge- 254 G. BEHRENS, macht. Die zwei aus der Äquatorialplatte der ersten Richtungs- spindel entstandenen Tochterplatten rücken auseinander, wobei die entsprechenden Elemente beider durch Verbindungsfäden verknüpft bleiben. Die eine Tochterplatte erreicht die Ober- fläche des Keims, der hier einen Hügel bildet. Derselbe schnürt sich dann mit der in ihm liegenden Platte von etwa 12 färb- baren Elementen (Chromosomen) von dem Protoplasma des Keims ab. Blanc beschreibt den ersten Richtungskörper als ein ovales Bläschen, das eine körnige Masse enthält, die Hälfte des ur- sprünglichen Eikerns. Genauere Angaben macht er jedoch nicht und aus seinen Abbildungen lässt sich auch nichts weiter ersehen. Der angebliche Richtungskörper Blanes liegt aber in einer seiner Abbildungen (8) gar nicht ausserhalb des Keims, sondern innerhalb (!) desselben und sieht allem andern ähnlich nur nicht einem Richtungskörper. Anders kann ich die Ab- bildung Blanes wenigstens nicht deuten. lch habe in Übereinstimmung mit Boehm in dem ersten Richtungskörper deutlich distinkte, färbbare, stäbchenförmige, leicht gekrümmte Gebilde beobachtet und vermochte ihre Zahl zu etwa 10—12 festzustellen. Der Richtungskörper selbst hatte die Gestalt eines rundlichen Bläschens, das von einer Art membranähnlicher Aussenschicht begrenzt und von lockerem Protoplasma erfüllt war. Blanc behauptet nun, dass in jedem Falle der erste Rich- tungskörper bis zum Sichtbarwerden des zweiten völlig zu Grunde gehe. Dass diese Behauptung hinfällig ist, zeigt uns z. B. Fig. 16, wo sich neben dem abgeschnürten zweiten Richtungs- körper der erste noch völlig intakt findet. Dasselbe konnte ich in fast allen Fällen beobachten, wo nicht überhaupt die Rich- tungskörper durch die angewandte Methode vom Keim getrennt waren. Der erste Richtungskörper geht bei der Forelle, was a priori anzunehmen war, nicht zu Grunde, sondern erhält sich BE i 2 . > ji ’ Abtheilung Heft XRKU ( 10.Bd. 11.2) Da BR SH A HS che Hefte 1. Se VLLREX Anatomische Hefte 1. Abtheitung Heft KCU( 10.B4.12) ne -. JR I r Ab, DÜL Ay UNZSN % AIR Die Reifung und Befruchtung des Forelleneies. 255 neben dem zweiten wahrscheinlich in die Zeit der Furchung hinein. Über die Abschnürung des zweiten Richtungskörpers macht Boehm keine genaueren Angaben, sondern beschränkt sich darauf, auf die Analogie dieses Vorgangs mit demjenigen bei der Bildung des ersten hinzuweisen. Ausserdem giebt er die Zahl der Chromosomen im zweiten Richtungskörper zu zwölf an. Über die Grösse desselben im Verhältnis zu der des ersten finden sich bei ihm keine näheren Angaben. | Bezüglich des Zeitpunktes der Bildung des zweiten Rich- tungskörpers stimmen Boehm und Blanc ungefähr überein. Der erstere giebt die Zeit von 1 Stunde 20 Minuten an, der zweite von 1 Stunde 30 Minuten. Ich fand in einem Stadium von 1 Stunde 45 Minuten (Fig. 14) den zweiten Richtungkörper bereits abgeschnürt. Nach Blanc besitzt der zweite Richtungskörper ungefähr dieselbe Gestalt und Grösse wie der erste. Er ist von einer deutlichen Membran begrenzt und enthält innerhalb einer Flüssig- keit Chromatinkörnchen. Dieselben bilden jedoch hier keine kompakte Masse wie beim ersten. Der zweite Richtungskörper soll sich bis neun Stunden nach der Befruchtung erhalten. Ich fand den ersten Richtungskörper dagegen meist etwas grösser als den zweiten, wie auch Fig. 16 zeigt. Der letztere zeigt sich uns als ein rundliches oder ovales Körperchen (Fig. 15 und 16) mit einer Art Membran und lockerer Protoplasmastruktur. Inu allen Fällen waren chromatische Gebilde darin zu erkennen. Jedoch waren die Chromosomen kaum noch einzeln zu unter- scheiden, sondern bildeten eine kernähnliche, zusammengeballte Gruppe. Die Anzahl der Chromosomen war daher nicht fest- zustellen. Nachdem nun die Abstossung des zweiten Richtungskörpers auf dem Wege der gewöhnlichen Mitose erfolgt ist (Fig. 14), bilden die im Keim zurückgebliebenen Elemente sich zu einem 256 G. BEHRENS, neuen Kern, dem „Eikern‘“ um, der seine Beziehung zum zweiten Richtungskörper noch längere Zeit bewahrt (Fig. 15 und 16). Wir sehen in den letzten beiden Fällen den Richtungskörper mit der im Ei zurückgebliebenen Chromosomengruppe durch achromatische Spindelfasern verbunden. In Fig. 14, dem Stadium der eben vollendeten Mitose, be- merken wir ausserdem noch eine besonders auffällige, stumpf- winkelige Knickung der den Richtungskörper mit dem Ei noch verbindenden Centralspindelfasern, die auch Boehm bereits be- obachtet hat. Er gewinnt den Eindruck, als ob der weibliche Vorkern, d. h. die oben erwähnte Chromosomengruppe (centrale Tochterplatte) heftig von dem männlichen Vorkern resp. dessen Strahlung angezogen würde. Die Reifungserscheinungen und die Befruchtungsvorgänge verlaufen im Ei der Forelle nicht etwa zeitlich völlig getrennt nach einander, sondern das Ende der ersteren fällt mit dem Beginn der zweiten, d. h. dem Eindringen des Samenfadens ins Ei zusammen, wie das an den meisten Eiern in gleicher Weise zu beobachten ist. Ehe ich mich jedoch zur Besprechung der Befruchtungs- vorgänge wende, möchte ich nochmals kurz die wichtigsten Er- gebnisse meiner leider nicht ganz vollständigen Untersuchung der Reifungserscheinungen des Forelleneies zusammenfassen und mit den völlig abweichenden Resultaten Blancs vergleichen. Von entscheidender Bedeutung dürfte vor allem die Frage nach dem Vorhandensein oder Fehlen der Centrosomen und Polstrahlungen an den Richtungsspindeln sein. Denn wenn nachgewiesen ist, dass dieselben hier bereits gänzlich fehlen, so muss mit um so grösserer Wahrscheinlichkeit oder vielmehr völliger Gewissheit ihr Mangel beim neugebildeten Eikern ge- folgert werden, da ja andernfalls eine Neubildung derselben an- genommen werden müsste. Die Reifung und Befruchtung des Forelleneies. 257 In dieser prinzipiellen Frage muss ich nun mit derselben Bestimmtheit, mit der Blanc das Vorhandensein von Pol- strahlungen behauptet, die Anwesenheit derselben in Abrede stellen und kann dies, wie ich glaube, mit um so grösserer Be- rechtigung tkun, als ich mich dabei nicht nur auf eine grosse Anzahl mit der grössten Sorgfalt daraufhin untersuchter und völlig einwandfreier Präparate stützen kann, die mit viel voll- kommeneren Methoden!) hergestellt wurden als die Blancs, sondern auch die von vornherein schon wahrscheinliche Annahme einer unrichtigen Beobachtung Blancs dadurch ziemlich sicher gemacht habe, dass ich angeben kann, wodurch der letztere möglicherweise getäuscht und zu seinen irrigen Behauptungen verleitet ist. Es ist wohl kein Zweifel möglich, dass Blanc die von mir beschriebenen Seitenfasern auf dem Durchschnitt als Polstrahlung aufgefasst und gedeutet hat. Denn es wäre ja fast unerklärlich, wie er die doch mit ziemlich grosser Konstanz und Deutlichkeit auftretenden Fasern so völlig hätte übersehen sollen. Möglicher- weise hat auch der schon in der Einleitung von mir erwähnte Mangel an genügender Orientierung seiner Präparate beziehungs- weise an Durchschnitten Blanc zu seinem schwerwiegendem Irrtum mit Veranlassung gegeben. Damit dürfte wohl der Nachweis geführt sein, dass an den Richtungsspindeln des Forelleneies — der Umstand, dass ich nicht alle Phasen beobachtet habe, spielt in dieser Frage ja keine Rolle — weder Centrosoma noch Polstrahlung vorhanden, ja nicht einmal mehr angedeutet ist und dass schon die Bil- dung der Richtungskörper ohne das Auftreten derselben sich vollzieht. Höchstens könnte an der ersten Richtungsspindel in den von mir nicht beobachteten Prophasen ein Gentrosoma nachweisbar sein, was aber wenig wahrscheinlich ist. 1) Wenn die Strahlungen so deutlich sind, dass man sie an mit Borax- karmin gefärbten Präparaten schon sehen kann, so ist es geradezu unmöglich, dass man sie bei Anwendung der von mir benutzten Methode völlig übersieht. 258 G. BEHRENS, Eindringen des Spermatozoons ins Ei. Bildung des Sperma- und Eikerns. Während der im vorigen Abschnitt beschriebenen Vorgänge findet sich bereits konstant im Ei ein eingedrungener Samen- faden. Wenn ich auch das Eindringen des Spermatozoons nicht direkt beobachten konnte, so unterliegt es doch keinem Zweifel, dass das in der Nähe der Keimoberfläche gelegene, stark ge- färbte, kompakte, annähernd kugelige oder konische Gebilde mit einer begleitenden Strahlung als der bereits in Umwandlung begriffene Kopf eines eingedrungenen Samenfadens anzusehen ist (Fig. 10, 11). Das Centrum der hinter ihm gelegenen, d. h. der Keimober- fläche zugekehrten Strahlung bildet ein mit Eisenhämatoxylin intensiv färbbares, punktförmiges Körperchen, das Centrosoma. Die Strahlung selbst ist zwar sehr deutlich, aber doch nur schwach entwickelt. Insbesondere sind die einzelnen Strahlen relativ kurz und setzen sich nicht auf grössere Strecken des Protoplasmas fort. Blanc hat bereits eine halbe Minute nach dem Zusatz des Spermas zu den Eiern im Mikropylenkanal ein oder zuweilen auch mehrere Spermatozoen beobachtet; er lässt den ganzen Samenfaden in den Keim eintreten. Der Schwanz desselben soll alsdann resorbiert werden. Boehm hat im Stadium von 20 Minuten nach der Be- samung ziemlich regelmässig bei fast allen Eiern den Hals der Mikropyle mit Samenfäden vollgepfropft gefunden. Es waren nach seiner Beobachtung deren stets mehrere (3—7) in demselben vorhanden. 30 Minuten nach der Besamung sah er innerhalb des Keims in der nächsten Nähe seiner Oberfläche und der Mikro- pyle ein stark tingiertes Körperchen, welches mit den oben er- Die Reifung und Befruchtung des Forelleneies. 259 wähnten,, im Mikropylenhals steckenden Spermatozoenköpfen sich identisch erwies. Über die Bildung eines Empfängnishügels fehlen mir Be- obachtungen, ebenso machen Boehm und Blanc keine An- gaben darüber. Dagegen hat Kupffer beim Forellenei eine gewisse Zeit nach der Berührung der Geschlechtsprodukte an der Keimober- fläche mehrere Kopulationshügel beobachtet. Daneben beschreibt Kupffer ganz eigenartige Bildungen, die er mit dem Eindringen der Samenfäden direkt in Verbin- dung bringt und als „Polscheiben‘‘ bezeichnet. Nach seinen Beobachtungen soll das Forellenei stets mehrere völlig ausge- bildete Polscheiben besitzen. Diese Scheiben liegen nach seinen Angaben an der Oberfläche des Keims und bestehen aus einer senkrecht gestrichelten hellen Substanz, die als Fortsetzung der dünnen „Dotterhaut‘ erscheint, gegen die Mitte zu an Dicke zunimmt und hier von einem Pfropfe der Keimsubstanz durch- bohrt wird. Von derartigen eigentümlichen Bildungen habe ich jedoch nichts mehr vorfinden können, sodass dieselben also nach kurzer Zeit schon verschwinden müssten. Da nun auch Boehm und Blanc davon nichts gesehen haben, so liegt jedenfalls trotz der bestimmten Angaben Kupffers doch wohl ein Irrtum dieses Forschers vor, der durch irgend welche andere Gebilde zu der Annahme eines so eigenartigen und von vornherein un- wahrscheinlichen Apparates verleitet ist, zumal das Forellenei gar keine Dotterhaut besitzt'). Ich wende mich nun zu der Beschreibung des Spermatozoon- kopfes in dem Zustande, wie ich ihn zuerst erblickte. ı) Eine unter der Schale gelegene, vielleicht eiweisshaltige Flüssigkeit gerinnt oft namentlich in den früheren Befruchtungsstadien membranartig auf der Keimoberfläche. Vielleicht hat Kupffer derartige unregelmässige Gerinn- ungen beobachtet. Kupffers Präparate waren ja auch infolge der nieht über- wundenen technischen Schwierigkeiten nicht mustergiltig. 260 G. BEHRENS, Wie aus Fig. 11 und 12 ersichtlich, ist das betreffende Ge- bilde stark gefärbt, kompakt und konisch oder halbkugelig bis nahezu kugelig gestaltet. Die Basis ist der Eioberfläche zuge- kehrt. Ziemlich nahe derselben sehen wir eine relativ schwach entwickelte Strahlung mit wenigen, aber sehr deutlichen Fäden, die das übrige Protoplasma nicht weiter alterieren, sondern sich nach kurzem Verlauf in demselben verlieren. Im Centrum der Strahlung bemerkt man ein kleines punktförmiges Centrosoma, welches sich intensiv färbt. Kupffer hat zuerst das Vorhandensein der Strahlung am Spermakern im Forellenei beschrieben. Er sah nämlich am Scheitelpunkte des Keims unmittelbar unter der Oberfläche des- selben in einem Empfängnishügel ein Gebilde, das aus einem stabförmigen „Centralkörperchen“, einem dieses umschliessenden hyalinen Hof und einer centralwärts gerichteten Strahlung be- stand. Bei genauerer Untersuchung konnte er konstatieren, dass das anscheinend stabförmige „Centralkörperchen“ aus fünf aneinander gereihten Partikeln bestand, von denen vier kugelig, das fünfte am Ende der Reihe aber ungefähr kegelförmig er- schien. Bei einem zweiten, etwas älteren Stadium beobachtete Kupffer einen ähnlichen Kern mit einem centralwärts gerich- teten, halbkreisförmigen Strahlensystem. Blanc macht über die ersten Veränderungen, die das Spermatozoon im Forellenei erleidet, folgende Angaben. Bis zu zehn Minuten nach der Besamung hatte der homogene Kopf des Samenfadens nur wenig an Grösse zugenommen und war von einem hellen, rundlichen, vom Protoplasma des Keims deutlich begrenzten Hof umgeben. Im Stadium von 30 Minuten hatte er dagegen seine ursprüngliche Form schon verloren; er war oval geworden und hatte an Grösse etwas zugenommen. Zugleich konstatiert Blanc in unmittelbarer Nähe des Spermatozoonkopfes das Vorhandensein eines schwach gefärbten rundlichen Hofes. Die Reifung und Befruchtung des Forelleneies. 261 Jetzt beginnt der Spermakopf erheblich zu wachsen und seine Homogenität zu verlieren. Nach 40 Minuten bemerkte Blanc dann in dem umgebenden Protoplasma kurze, strahlen- förmige Körnchenreihen. 1!/g Stunden nach dem Eindringen des Spermatozoons in den Keim sah Blane in unmittelbarer Nähe desselben einen Kreis, den optischen Durchschnitt einer Kugel, von dem netz- förmig unter einander verbundene, radiär angeordnete und aus stark lichtbrechenden Körnchen bestehende Fasern in grosser Deutlichkeit ziemlich weit ins Protoplasma des Keims aus- strahlten. Ein sehr wichtiger Vorgang, der bei fast allen Eiern be- obachtet werden konnte und der auch an unserem Unter- suchungsobjekt "mit sehr grosser Deutlichkeit zu sehen war (Fig. 13), nämlich die Drehung des Spermakopfes, scheint Blanc völlig entgangen zu sein. Es handelt sich, um auf meine eigenen Beobachtungen zurückzukommen, dabei, wie überall, um folgendes. Während das von einer Strahlung umgebene Üentrosoma anfangs am hinteren Ende des Spermakopfes liegt!), erfolgt bald eine Drehung des letzteren, sodass das Centrosoma nunmehr dem Eiinneren zugekehrt ist (Fig. 13). Wegen der nahezu kugeligen Form des Spermatozoonkopfes der Forelle, ist es nicht zu ent- scheiden, ob eine Drehung des Kopfes mitsamt dem Centro- soma stattfindet, wie es anderweitig beobachtet wurde und wahr- scheinlich auch bei der Forelle stattfindet, oder ob das Centro- soma allein den Weg beschreibt. Eine Bemerkung Kupffers könnte fast darauf hindeuten, dass er bereits die oben beschriebene Drehung des Spermakopfes für wahrscheinlich gehalten hat. 1) Weil dasselbe wahrscheinlich auch bei den Fischen aus dem Mittelstück des Spermatozoon hervorgeht. 262 G. BEHRENS, Indem er nämlich in den schon erwähnten beiden Fällen die Spermaköpfe bezüglich ihrer Lage mit einander vergleicht, hat er den Eindruck gewonnen, als wenn das in dem einen Falle sichtbare Gebilde sich aus der tangentialen m die radiäre Richtung gestellt und centralwärts sich von der Eioberfläche entfernt hätte. Doch würde andererseits dieser Annahme die schon sehr weit vorgeschrittene Umbildung des Spermakopfes zu „Spermato- meriten‘‘ widersprechen, da die Drehung des letzteren gewöhn- lich schon ziemlich früh erfolgt, ehe Umbildungen an ihm zu beobachten sind. In den Beobachtungen Boehms findet sich bezüglich der ersten Veränderungen, die der Spermakopf erleidet, und des Auftretens der Strahlung eine gewisse Lücke. Boehm hat an zahlreichen Serien bis zum Stadium von 1 Stunde 10 Minuten vergeblich nach Attraktionsphären (Archoplasma, Centrosoma, Sonne) gesucht. Erst von diesem Zeitpunkt ab hat er sie kon- stant gefunden und ganz richtig beschrieben. In dem frühesten von ihm beobachteten Stadium war der Samenfadenkopf bereits stark verändert und von einer starken, dichten Strahlung begleitet. Er zeigte sich schon nicht mehr kompakt, sondern hatte Maulbeerform angenommen, ja schien fast direkt aus Kügelchen zu bestehen. Ich wende mich jetzt wieder zu meinen eigenen Beobach- tungen. Längere Zeit hindurch erleidet der Spermakopf keine wesentlichen Veränderungen und erscheint in nahezu gleicher und stets kompakter Form: allmählich jedoch bildet er sich zum „Spermakern“ oder „männlichen Vorkern“ um. In Fig. 15 sehen wir ihn bereits nicht mehr kompakt, son- dern es macht sich eine deutliche Vakuolenbildung bei ihm geltend, die durch Flüssigkeitsaufnahme bewirkt wird und eine erhebliche Grössenzunahme des so entstehenden Kernes zur Folge hat. Die Reifung und Befruchtung des Forelleneies. 263 Ferner bemerken wir in einer erheblich grösseren Entfernung vom Spermakern als vorher das Centrosoma in Gestalt eines Punktes. Während es selbst gegenüber dem vorhin beschriebenen Stadium keine Veränderungen erkennen lässt, bildet es nun das Centrum einer mächtigen, dichten Strahlung, die fast die ganze Dicke des Keimes durchsetzt und schon bei sehr schwacher Vergrösserung recht deutlich erkannt werden kann; das Centrosoma innerhalb derselben ist dagegen jetzt weniger leicht zu beobachten als vorher. Die Strahlen selbst zeigen einen leicht welligen Verlauf und setzen sich auf eine lange Strecke in das umgebende Protoplasma fort derart, dass sie die Maschen desselben in der Richtung der Strahlungen verlängern (Fig. 15). So lässt sich die Wirkung der Strahlung bis selbst an die Keimoberfläche verfolgen, wo unter dem zweiten Richtungskörper und mit ihm noch durch ziemlich intensiv färbbare Reste der Centralspindel verbunden die centrale im Ei verbliebene und in Umbildung zum „Eikern‘‘ oder „weiblichen Vorkern‘ begriffene Chromosomengruppe der zweiten Richtungsspindel liegt. Von einer Polstrahlung ist in der Umgebung des so ent- stehenden Eikerns keine Spur wahrzunehmen, sondern derselbe liegt, von einem hellen, durch lockeres Protoplasma gebildeten, kleinen Hofe umgeben, völlig passiv im Eiprotoplasma nur eben noch berührt von den letzten Ausläufern der vom Sperma- centrosoma ausgehenden Strahlung. Das Protoplasma in der nächsten Umgebung des entstehenden Eikerns steht deutlich unter dem Einfluss des männlichen Centrosomas (Fig. 15). Eine sehr wichtige Thatsache können wir an einem bereits weiter in der Umbildung vorgeschrittenen, aber gleichalterigen Spermakern beobachten, nämlich das Vorhandensein von zwei punktförmigen Centrosomen innerhalb einer einheitlichen, dichten Strahlung (Fig. 17). Dieselben sind offenbar durch Teilung aus dem ursprünglieh vorhandenen einfachen Centrosoma hervorge- gangen. Es findet also frühzeitig eine Verdoppelung des Sperma- Anatomische Hefte. I. Abteilung. XXXII. Heft (10. Bd. H. 2). 15 264 G@.- BEHRENS, centrosomas auch bei der Forelle statt. Leider konnte ich diesen Vorgang der direkten Teilung des Centrosomas selbst nicht be- obachten, jedoch lagen die Teilstücke so unmittelbar neben einander, dass sie anscheinend eben erst von einander entstanden sind. Der Spermakern selbst hatte durch weitere Flüssigkeits- aufnahme seine ursprünglich kompakte Chromatinmasse in ein allerdings noch grobes Chromatingerüst umgewandelt. Nach den Ergebnissen des vorigen Abschnitts war es von vornherein wahrscheinlich oder vielmehr notwendig, dass wir den Eikern ohne jede Spur von Centrosoma und Strahlung finden würden. Diese Vermutung hat sich, wie wir soeben ge- sehen haben, völlig bestätigt, dagegen konnten wir als äusserst wichtiges Faktum die Teilung des ursprünglich einfachen männ- lichen Centrosoma und seiner Strahlung konstatieren. Der Keim des Forelleneies hat also schon während der ersten Befruchtungs- phasen zwei Öentrosomen männlichen Ursprungs. Blanc ist nun zu ganz anderen Resultaten gekommen. Ich will daher zunächst die Bildung des Eikerns nach seiner Darstellung hier folgen lassen. Die nach der Ausstossung des zweiten Richtungskörpers im Ei verbliebenen Chromosomen der zweiten Richtungsspindel bilden einen Haufen von rundlichen, stark färbbaren Körnchen (Ovomeriten). Sie sind in einer Flüssigkeitsmasse enthalten, die mangels einer festen Membran von dem umgebenden Proto- plasma begrenzt wird. Zwei Stunden nach der Besamung, in dem Stadium, wo die zweite Richtungsspindel senkrecht gegen die Keimoberfläche gerichtet ist, will nun Blanc zwischen dem späteren zweiten Richtungskörper und dem nachher im Ei verbleibenden Kern einen hellen, ziemlich schlecht begrenzten, schwach gefärbten Hof bemerkt haben, von dem Reihen von feinen lichtbrechenden Körnchen ausstrahlen. Die Reifung und Befruchtung des Forelleneies. 265 Aus diesen Angaben dürfte zur Genüge hervorgehen, was es mit dem beschriebenen hellen, schlecht begrenzten Hof und den von ihm ausgehenden Strahlen auf sich hat. Wir haben eben in ihm nichts weiter vor uns, als einen in der Gegend zwischen Mitte und Ende durch die zweite Richtungsspindel ge- legten (optischen) Querschnitt. Dann bilden die quer durch- schnittenen Spindelfasern die Begrenzung des hellen Hofes, d. h. des Innern der Spindel und die z. T. schräg oder gar längs getroffenen Seitenfasern die von ihm ausgehenden Strahlen. (Vergl. Blanc, Fig. 12B und meine Fig. 10—12.) Eine andere Erklärung dieser schwerwiegenden Täuschung Blanes ist gar nicht denkbar. Übrigens ist dies nicht die einzige Angabe aus der Arbeit Blancs, welche den auf die einfachste Weise leicht zu beobachtenden Thatsachen dermassen wider- spricht, dass es eigentlich völlig unnötig ist, sich nach einem Grunde für die irre geleitete Untersuchung dieses Forschers um- zusehen. Hier zeigt sich vor allem wieder die aus den Abbil- dungen ersichtliche, mangelhafte Orientierung der von Blanc untersuchten Keime, anderenfalls hätte ihm ein solcher Irrtum nicht unterlaufen können. Der Eikern selbst soll nun nach Blanc in der Zeit von 2—4 Stunden nach der Besamung keine nennenswerte Ver- änderungen erleiden, also ein Ruhestadium durchmachen. Er zeigt jetzt die Maulbeerform, d. h. er ist aus kleinen Bläschen (Ovomeriten) zusammengesetzt, wie wir sie oben auch beim Spermakern fanden. Dagegen tritt nach Blancs Beobachtungen etwa drei Stunden nach der Besamung in unmittelbarer Nach- barschaft des weiblichen Vorkerns ein rundlicher Fleck auf, von dem noch längere und zahlreichere Strahlen ausgehen, als im vorhergehenden Stadium. Diese Strahlung soll nun als Attrak- tionssphäre den Eikern bis zu seiner Verschmelzung mit dem Spermakern begleiten. Ein Centrosoma hat Blanc jedoch nicht zu erkennen vermocht. 18* 966 G. BEHRENS, Diese ganze Behauptung widerspricht einfach den That- sachen, wie ich durch Präparate wie das im Fig. 18 beweisen kann. Wir sehen hier zwei Kerne, von denen der eine zwei selbständige, ungefähr um 45° der Kernperipherie von einander entfernte Strahlungen mit punktförmigen Centrosomen zeigt, während der andere Kern ohne jede Spur einer solchen ist. Wie lässt sich diese Beobachtung mit der Behauptung Blanes vereinen ? Dass der Kern mit den beiden Strahlungen wirklich der Spermakern ist, dürfte nach dem oben beschriebenen Teilungs- stadium des männlichen Centrosomas (Fig. 12) wohl keinem Zweifel unterliegen. Der Teilung des Centrosomas ist jetzt auch die Teilung der Strahlung gefolgt. Die beiden Strahlensysteme haben sich von einander bereits etwas entfernt. — Auch die Struktur der beiden Kerne deutet übrigens darauf hin. Der Spermakern hatte ja, wie wir oben gesehen haben, seine Chro- matinmasse bereits im vorhergehenden Stadium in ein Chro- matingerüst umgewandelt. Dieses beobachten wir auch in Fig. 18 an dem von zwei Strahlungen begleiteten Kern, während der andere strahlungsfreie wie aus Bläschen zusammengesetzt erscheint. Der letztere ist also wohl ohne Zweifel der noch auf einem früheren Stadium der Umbildung befindliche und daher auch der Keimoberfläche näher liegende Eikern. Aller- dings ist dieses Verhalten sicherlich nicht ohne weiteres mass- gebend, denn es kann sehr wohl sein, dass namentlich bei Eiern verschiedener Befruchtungsserien bald der eine, bald der andere Kern voraus ist. Die Bildung des Eikerns oder weiblichen Vorkermns geht nun nach meinen Beobachtungen in der Weise vor sich, dass sich die nach der Ausstossung des zweiten Richtungskörpers im Keim verbliebene Chromosomengruppe der zweiten Richtungs- spindel (Fig. 18), welche zunächst noch ohne sichtbare beson- dere Begrenzung in einem hellen Hof liegt, mit einer achro- Die Reifung und Befruchtung des Forelleneies. 267 matischen Kernmembran umgiebt. Nach einiger Zeit zeigt dann der -Eikern die oben beschriebene Maulbeerform, die an anderen Präparaten aber auch am Spermakern beobachtet wurde. Die von Kupffer beschriebene eigentümliche Meriten- struktur des Spermakerns habe ich nicht in dieser schroften Form auffinden können. Anscheinend entspricht sie der lappigen Maulbeerform und stellt nur einen hochentwickelten Grad derselben dar. Da sie sowohl Ei- wie Spermakern zu- kommt und sich nur im Ausbildungsstadium der Kerne typisch ausgeprägt zeigt, so dürfte sie jedenfalls nichts für das Wesen des Befruchtungsvorganges Charakteristisches darstellen. Auch die in Bildung begriffenen Tochterkerne zeigen ähnliche oder gleiche Struktur. Wir haben nun die Bildung des Spermakerns und des Ei- kerns bis zu dem Stadium verfolgt, wo beide ihre Ausbildung zu echten Vorkernen erreicht haben. Ehe ich mich nun zur Beschreibung der weiteren Umwandlungen derselben und ihrer Konjugationsvorgänge wende, will ich das wesentliche über die in diesem Abschnitte besprochenen Beobachtungen nochmals hervorheben. Vor allem handelte es sich bei der Bildung der beiden Vorkerne darum, den Ursprung der beiden Oentrosomen nach- zuweisen, welche während der späteren Befruchtungsstadien im Keime des Forelleneies — zuletzt als die Pole der ersten Furchungsspindel — angetroffen werden. Wenn Blanc nun mit aller Entschiedenheit die allgemeine Annahme, dass die zwei Attraktionssphären des Furchungskerns durch Teilung der Sphäre des Spermakerns entstehen, als irrig verwirft und den sicheren Nachweis erbracht zu haben glaubt, dass auch der weibliche Vorkern eine Strahlung besitzt, die bei der Kopulation der beiden Vorkerne mit derjenigen des Spermakerns verschmilzt, so kann ich ihm nicht nur nicht bei 268 G. BEHRENS, stimmen, sondern muss das Gegenteil auf Grund meiner Prä- parate behaupten. Weder Blancs Präparationsmethode noch seine Beweisgründe kann ich als ausreichend zur Entscheidung dieser Frage anerkennen. Ich glaube vielmehr nicht bloss den wirklichen Vorgang an der Hand einwandfreier, gut verarbeiteter und wohl orien- tierter Präparate nachgewiesen, sondern auch gezeigt zu haben, wie wenig die Zuverlässigkeit der Beobachtungen Blancs die Entschiedenheit seiner Behauptungen rechtfertigt. Boehm hat das erste Auftreten einer Attraktionssphäre erst verhältnismässig spät, nämlich an Stadien von einer Stunde zehn Minuten beobachten können. Die Strahlung war bereits ziemlich stark, der Spermakern selbst zeigte Maulbeerform. Weiterhin sah er dann (3 Std. 30 Min.) an einem Spermakern zwei selbständige Strahlungen,, deren Ursprung aus einer einzigen er für wahrscheinlich hält. An allen weiblichen Vor- kernen hat er mit voller Bestimmtheit den Mangel jeder An- deutung einer Strahlung konstatieren können. Boehm hat also, wenn seine Beobachtungen auch einige Lücken aufweisen und infolgedessen noch keinen vollständigen Nachweis der Abstammung der Attraktionssphäre zu geben ver- mögen, doch das Verdienst, bereits die Abstammung der beiden Centrosomen des befruchteten Eies vom Samenfaden mindestens sehr wahrscheinlich gemacht zu haben. Es erscheint wohl jedem unbefangenen Beobachter um so unbegreiflicher, wie Blane auf Grund seiner technisch ent- schieden inferioren Untersuchungsmethode die Zuverlässigkeit der Beobachtungen Boehms bezweifeln konnte, da Blanc seine Untersuchung vorwiegend an Keimen vorgenommen hat, die nach Ablösung vom Dotter in toto gefärbt und eingeschlossen waren, und nur nebenher zur Kontrolle die Schnittmethode an- gewandt hat. Es liegt wohl auf der Hand, dass bei unserem Ob- jekt nur die Untersuchung von Serienschnitten zum Ziele führen Die Reifung und Befruchtung des Forelleneies. 269 konnte. In wie wenig zuverlässiger Weise aber gerade diese Methode von Blanc angewandt sein muss, ergiebt sich wohl am besten aus der Angabe dieses Forschers, dass er von der am Spermakopf auftretenden Strahlung auf Schnitten nichts habe wahrnehmen können! Weitere Ausbildung der Vorkerne. Wir hatten im vorigen Abschnitt verfolgt, wie die vom Centrosom des Spermakerns ausgehende, anfänglich sehr undeut- liche und schwache Strahlung immer deutlicher und dicker wurde. Wir hatten dann weiter beobachtet, wie das vom Samenfaden ins Ei gebrachte Centrosoma sich innerhalb der Strahlung, deren Centrum es bildete, teilte, wie dann auch eine Teilung der ganzen Strahlung erfolgte, sodass nun zwei ge- trennte Strahlensysteme noch nahe benachbart den Spermakern begleiten. Ebenso hatten wir weiterhin die Bildung des Eikerns ver- folgt, an ihm den Mangel jeglicher Strahlung und Centrosomen nachgewiesen und gezeigt, wie derselbe in dem protoplasmati- schen Maschenwerk der vom Centrosoma des Spermakerns aus- gehenden, mächtigen Strahlung liegend sich völlig passiv ver- hält, sodass es den Eindruck macht, als ob er, zwar von den achromatischen Centralspindelfasern, die ihn mit dem zweiten Richtungskörper noch verbinden, festgehalten, doch bereits heftig vom Spermakern bezw. dessen Centrosoma angezogen würde. Wir sahen dann endlich den Eikern von seinem Richtungs- körper losgelöst ohne jede Spur einer Strahlung mitten im Keim in der Nähe des mit zwei selbständigen Strahlungen ver- sehenen Spermakerns liegen. Ich werde nun zunächst meine eigenen Beobachtungen über den weiteren Verlauf der Konjugationsvorgänge angeben, 270 G. BEHRENS, denn sehr bald nach völliger Ausbildung der Vorkerne und Teilung der Strahlung legen sich die Kerne unmittelbar neben einander und leiten somit die Konjugationsvorgänge ein. In Fig. 19 (4 Std. 5 Min.) sehen wir bereits die beiden Vorkerne in inniger Berührung miteinander. Eine Unter- scheidung beider ist nicht mehr mit voller Sicherheit möglich; doch scheint der länglichere Kern wegen der innigeren Be- ziehungen zu den Centrosomen der Spermakern zu sein. Beide Kerne sind erheblich grösser als zur Zeit ihrer eben erfolgten Ausbildung. Ihre Struktur ist ungefähr die gleiche, nämlich ein feines Chromatinnetz. Die Centrosomen, von sehr dichten und deutlichen Strahlungen umgeben — Strahlungen, die man jetzt schon bei schwachen Vergrösserungen leicht erkennt, — liegen einander genau gegenüber. Diese Lage behalten sie von nun an dauernd bei. Sie sind im wesentlichen noch punkt- förmig und jedenfalls nicht erheblich grösser als in den früheren Stadien. In dem folgenden Stadium (Fig. 20), welches ich hier ab- gebildet habe (5 Std. 15 Min. nach der Besamung bei ziemlich hoher Wassertemperatur), ist die Berührung der beiden Vorkerne eine noch innigere geworden. Der eine Kern — vielleicht der Spermakern; eine Unterscheidung beider Vorkerne ist jetzt so gut wie gar nicht mehr möglich — zeigt sich abgerundet und ist mit einer chromatischen Membran umgeben. Auch durch seine Struktur unterscheidet er sich von dem anderen Vorkern, . da dieser aus einem viel feineren, chromatischen Netzwerk be- steht. Der zweite Vorkern, vielleicht der Eikern, ist bedeutend grösser, etwas lappig, anscheinend mit chromatischer Membran. Er ist langgestreckt und umfasst so gewissermassen den Sperma- kern. Das Chromatinnetz des fraglichen Eikerns ist 'gröber und dunkler als das des männlichen Vorkerns. Die beiden Vorkerne sind jetzt ganz beträchtlich grösser als in den vorhergehenden Stadien und vielmals so gross als unmittelbar nach ihrer Bildung. Anatomische Hefte 1. Abtheung Heft XXL ( 10.Ba.H.2) Tat: AM. IT z € % Verlag vorn IF. Bergrmanrı, Weesbader. + nische Hefte I. Abtheilung Heft AXXU ( 10.Bd.H.2.) » Taf: X. nen ER | | Fig. 23. Verlag von IF. Bergmann, WResbaden. +& EU 2 7 Be I Die Reifung und Befruchtung des Forelleneies. 271 Die in dem zur Abbildung gebrachten Präparat dargestellten Verschiedenheiten in der Kernstruktur der Vorkerne dürfte je- doch nicht etwa für den einen oder den anderen charakteristisch sein. Wahrscheinlich handelt es sich nur um Altersdifferenzen, da ja gewöhnlich der eine oder andere der Kerne, meist wohl der Spermakern etwas in der Entwickelung voraus ist. Das hier beschriebene Verhalten war auch durchaus kein konstantes, im Gegenteil, es wechselte von Präparat zu Präparat selbst bei Keimen genau desselben Alters und desselben Tieres. Zu beiden Seiten der Vorkerngruppe sehen wir je ein Centrosoma mit sehr deutlicher und überaus dichter Strahlung, die sich ähnlich verhält wie im Stadium der Fig. 19. Die Strahlungen selbst zeigen übrigens nach Annäherung der Vor- kerne einen anderen Charakter als diejenigen der früheren Stadien. Während z. B. in Fig. 15 ein Strahlensystem mit langen, wellig verlaufenden Fasern sich in ein ebenfalls noch leicht strahlig angeordnetes Protoplasmamaschenwerk fortsetzt, haben wir im gegenwärtigen Stadium ganz dichte, relativ gerade Strahlensonnen mit weit längeren eigentlichen Strahlen, die sich aber weniger direkt, wenn auch trotzdem deutlich in das umliegende Protoplasma fortsetzen. Ich wende mich nun zu der Besprechung der einschlägigen Beobachtungen von Boehm und Blanc. Boehms Angaben stimmen in den wesentlichen Punkten mit meinen Beobachtungen völlig überein. Auch seine Ab- bildungen ähneln in hohem Massstabe den meinigen. Den Nachweis von Centrosomen im Centrum der Strahlungen konnte Boehm mit der von ihm angewandten Färbungsmethode nicht erbringen. Blanc behauptet dagegen, dass auch den weiblichen Vor- kern eine Sphäre bis zu seiner Vereinigung mit dem Sperma- kern begleite und alsdann mit der Sphäre des letzteren ver- schmelze. 272 G. BEHRENS, Blancs Beobachtungen widersprechen also durchaus dem mit Leichtigkeit zu beobachtenden thatsächlichen Vorgang. Auch finden sich bei Blanc in Bezug auf das weitere Verhalten der am Eikern von ihm beobachteten Strahlung einige Wider- sprüche. Während er nämlich, wie wir oben gesehen haben, im Stadium der zweiten Richtungsspindel zwischen der im Ei zurück- gebliebenen Chromosomengruppe und dem in Abschnürung be- griffenen Richtungskörper eine deutliche Sphäre in Gestalt eines hellen Hofes mit davon ausgehenden Strahlen geschen haben will, fand er dann im Stadium von vier Stunden, als die Chromo- somengruppe in Bildung zum Eikern begriffen und mit dem Richtungskörper noch durch achromatische Fäden verbunden war, dieselbe seitwärts vom Eikern. Es müsste demnach eine Drehung der Sphäre stattgefunden haben, was um so unwahr- scheinlicher ist, als die letztere doch nur in der Gegend des ehemaligen Spindelpoles gelegen haben könnte, nicht zwischen den Spindelpolen. Auch hier macht sich wie überall in der Arbeit Blancs die völlige Mangelhaftigkeit seiner Methode wieder geltend. Die Angaben Blancs über Gestalt und Struktur der Vor- kerne weichen nicht wesentlich von meinen Beobachtungen ab. Blanc nimmt bei beiden Vorkernen eine Meritenstruktur an. Boehm hat ausser den beiden Vorkernen noch eine An- zahl anderer Kerne oder kernähnlicher Gebilde beobachtet, die er mit dem Namen „Partialkerne“ bezeichnet. Dieselben sind stets kleiner als die Vorkerne. Man wird nach den Erfahrungen an anderen, namentlich anderen meroblastischen Wirbeltiereiern geneigt sein, wie das auch Boehm in Erwägung zieht, dieselben für Nebenspermakerne, d. h. umgewandelte überzählige Sperma- tozoen zu halten. Boehm glaubt das jedoch ausschliessen zu müssen und hält dieselben vielmehr für Abkömmlinge des Die Reifung und Befruchtung des Forelleneies. 273 weiblichen Vorkerns, mit dem sie auch später wieder ver- schmelzen sollen, denn erstens konnte er die Umwandlung der Ovomeriten in, den Partialkernen gleichende Gebilde Schritt für Schritt verfolgen, und zweitens konnte er am Spermakern, der sich in einem Ruhezustande befand, während dieses Stadiums keinerlei Veränderungen bemerken. Ich habe derartige Partialkerne nicht beobachten können!), möchte aber hier gleich die Frage der Polyspermie des Forelleneies berühren. Ich selbst habe kein einziges poly- spermes Ei beobachtet, d. h. weder mehr als zwei Vorkerne gesehen noch auch mehrere ins Ei eingedrungene Spermaköpfe. Blanc hat zwar verschiedentlich Polyspermie beim Forellenei konstatiert, vermag aber über die weitere Entwickelung dieser Eier keine genauere Angaben zu machen, da er dieselbe nicht weiter verfolgt hat. Er hält die Polyspermie beim Forellenei für einen normalen, physiologischen Vorgang. — Im Gegensatz dazu habe ich die Auffassung, dass die Polyspermie des Forellen- eies nicht häufig sein kann und als nichts weniger als physio- logisch betrachtet werden darf?) Die Verschmelzung der Vorkerne zum Furchungskern und die Bildung der ersten Furchungsspindel. Die Verschmelzung der beiden Vorkerne hat Boehm nicht mehr verfolgt. Das letzte Stadium, welches er beschreibt, zeigt ı) Ich glaube fast annehmen zu müssen, dass die Partialkerne Boehms gar keine Kerne sind, sondern vielleicht in Auflösung begriffene Dotterpartikel- chen (s. oben S. 252), die sich auch lebhaft färben und oft seltsam aussehen. 2) Übrigens teilt mir Herr Dr. Sobotta mit, dass er auch bei marinen Teleostiereiern keine Polyspermie gesehen hat, sodass die Angaben Blancs über Polyspermie bei der Forelle, die den meinigen direkt entgegengesetzt sind, wohl in Anbetracht der vielen Irrtümer dieses Autors bei der Beurteilung der Beobachtungen der Forellenbefruchtung mindestens mit Vorsicht auf- genommen werden müssen. Eine Polyspermie des Teleostiereies ist auch nach den von Sobotta erläuterten Grundsätzen durchaus unwahrscheinlich und jedenfalls nicht physiologisch. 274 G. BEHRENS, uns die beiden Vorkerne in inniger Berührung, doch sind beide noch völlig von einander getrennt. Blanc hat nun die Verschmelzung der beiden Vorkerne beobachtet und beschreibt sie in folgender Weise. Zuerst schwindet an den Berührungsflächen die Membran, sodass als- dann die beiden Kerne einen aus zwei halbmondförmigen, mit Netzstruktur versehenen Teilstücken bestehenden Kern bilden, der von einer dichten Strahlensonne umgeben wird; letztere ist aus der Verschmelzung der Sphäre des männlichen und weib- lichen Vorkerns entstanden. Der aus der Konjugation von Spermakern und Eikern hervorgehende Furchungskern ist deut- lich begrenzt; sein Inhalt zeigt ein aus Mikrosomen bestehendes Netzwerk. 9!/a2 Stunden nach der Besamung sollen die männ- lichen und weiblichen Bestandteile derart vermischt sein, dass der Furchungskern einen völlig gleichmässigen Änblick gewährt. Zugleich soll die Strahlung fast völlig verschwunden sein. Der Verschmelzung der Kerne soll die Verschmelzung der (ungleich geschlechtlichen) Sphären vorhergehen. Während Blanc die Konjugation der beiden Vorkerne sich stets in einer Meridionalebene senkrecht zur Keimoberfläche vollziehen lässt, beobachtete ich, dass die Lage der Vorkerne vor der Konjugation sehr wechselt. Dieselben bleiben mehrere Stunden dicht neben einander liegen, ehe die völlige Verschmelzung des- selben vollzogen ist. Kupffer giebt an, dass er in der Zeit von der dritten bis zur zehnten Stunde in allen von ihm unter- suchten Eiern nur einen Kern gefunden habe. Das ist wohl darauf zurückzuführen, dass die beiden ganz dicht aneinander gelagerten Kerne erst bei genauer Betrachtung auf dünnen Schnitten als zwei sich unterscheiden lassen. Wenn ich nun auch die direkte Verschmelzung der beiden Vorkerne nicht habe verfolgen können, wie Blanc, so habe ich doch den Furchungskern selbst beobachtet, und da weichen Die Reifung und Befruchtung des Forelleneies. 275 nun meine Beobachtungen von denjenigen Blancs wieder ganz erheblich ab. Wie uns Fig. 21 zeigt, stellt der Furchungskern ein grosses, kugeliges Bläschen mit deutlicher Kernmembran dar, indem sich ausgeprägte Chromatinfäden in nicht genau analysierbarer ') Form finden. Von zwei diametral entgegengesetzten Punkten sehen wir starke, dichte Strahlungen laufen, die einerseits den Kern mit einem festen Gewirr umfassen, andererseits sich weit ins Protoplasma hinein erstrecken. Im Centrum jeder Strahlung befindet sich ein immer noch nicht viel mehr als punktförmiges Uentrosoma. Der ganze Kern ist anscheinend von einem Strahlen: mantel umgeben. Leider habe ich nun die Vorgänge bei der Bildung der ersten Furchungsspindel aus dem Furchungskern nicht beobachten können; auch Blanc hat dies nicht weiter verfolgt. Jedoch habe ich die erste Furchungsspindel selbst an einer Reihe von Keimen der gewöhnlichen Forelle beobachtet. Leider waren die Schnitte nicht so gerichtet, dass die Spindelfigur genau längs getroffen wurde. Ich gebe daher in Fig. 22 ein aus vier Schnitten rekonstruiertes Bild einer etwas schräg, aber doch nahezu längs getroffenen ersten Furchungsspindel im Stadium der Äquatorialplatte. In der Äquatorialplatte sehen wir 24 schleifenförmig ge- bogene, stark gefärbte, ziemlich lange und dicke Chromosomen von erheblicher Grösse. Die Spindel selbst wird von sehr deut- lichen und fast messbar dicken achromatischen Fasern?) gebildet, welche jedenfalls z. T. von Pol zu Pol laufen und somit eine Centralspindel darstellen. Daneben bestehen aber auch zahl- reiche an die Chromosomen inserierende Zugfasern. An den 1) Es war nicht zu unterscheiden, ob es sich um einen langen oder mehrere getrennte Fäden handelte. 2) Dies trat sehr deutlich dann hervor, wenn die Spindelfigur quer durch- schnitten wurde. 276 @&. BEHRENS, Polen der riesigen Spindel bemerken wir je ein auffallend grosses, schwach gefärbtes, fein granuliertes, kugelförmiges Cen- trosoma alsMittelpunkt einer Polstrahlung. Die Polstrahlen zeigten ziemlich geraden Verlauf und enden im umgebenden Protoplasma, ohne dass eine übermässig deutliche Einwirkung auf dessen Gefüge zu erkennen war. Die Öentrosomen waren durchweg homogen und enthielten keinerlei stärker färbbares Centralkorn. In der Strahlensonne selbst fanden sich dagegen zahlreiche, ziemlich intensiv färbbare, punktförmige Gebilde, insbesondere in der Nähe des Centrosomas zwischen den Strahlen, über deren Bedeutung ich nähere Angaben nicht machen kann, die ich jedoch in den betreffenden Stadien an allen Präparaten konstant vorfand und die auch nach starker Extraktion den Farbstoff festhielten. Recht auffällig erscheint die beträchtliche Grösse der Cen- trosomen, doch haben bereits zahlreiche andere Untersuchungen ergeben, dass die Centrosomen der Furchungsspindeln durchaus nicht immer punktförmig sind, sondern sehr häufig stärkere Grösse besitzen, was wohl bei der Forelle ähnlich wie beim Amphioxusei wegen der Anwesenheit zahlreicher Strahlen, die an einem einzigen punktförmigen Centrosoma kaum Platz zur Insertion finden würden, sich erklärt. Bemerkenswert ist es, dass die Centrosomen während der früheren Befruchtungstadien sehr lange Punktform behalten und auch am ausgebildeten Furchungskern kaum ein Zeichen von Vergrösserung aufweisen. Hier haben wir analoge Vorgänge bei der Befruchtung des Amphioxuseies. Auch zur Zeit, wo sich der Furchungskern noch im vollen Ruhestadium befindet, sind die Centrosomen sehr klein, und erst wenn die Umbil- dung des Kerns zur ersten Furchungsspindel beginnt, fängt auch das Wachstum der Centrosomen!) an. Die letzteren Stadien habe ich bei der Forelle leider nicht beobachtet. 1) Sobotta, 1. c. Die Reifung und Befruchtung des Forelleneies. 277 Aus demselben Grunde kann ich auch keine Angaben über die Entstehung der achromatischen Spindelfigur machen. Ich möchte aber nur eins erwähnen, dass die Centralspindel unmög- lich durch die Teilung des Centrosoma entstehen kann, da die- selbe zu einer Zeit erfolgt, wo von Spindelbildung noch keine Rede ist. Die Teilstücke rücken dabei auch mit getrennten Strahlungen weit auseinander, sodass die äussersten Enden dieser sich kaum berühren. Erst wenn die Verschmelzung der Vorkerne beginnt, laufen dichtere Strahlenzüge um die eng genäherten Vorkerne von den Centrosomen aus und liefern so die Anlage der achromatischen Spindelfigur. Die Centralspindel entsteht also bei der Forelle (ebenso wie auch beim Amphioxus) aus zwei getrennten von den Centrosomen ausgehenden Strahlen- kegeln, welche in der Mitte verschmelzen, also nach dem von Drüner beschriebenen Modus. Wenn wir die erste Furchungsspindel mit den Richtungs- spindeln vergleichen, so fällt uns natürlich vor allem der ge- gewaltige Grössenunterschied auf (Vergl Fig. 8 und 9 mit Fig. 22). Während die Richtungsspindeln wegen ihrer geringen Grösse oft auch bei stärkeren Vergrösserungen nicht sofort aufzufinden sind, kann man selbst bei sehr schwacher Vergrösserung die viele Male grössere erste Furchungsspindel mit ihren riesigen Strahlungen ohne weiteres erkennen. Weiterhin fällt dann das Vorhandensein der beiden grossen Centrosomen mitihren Strahlen- sonnen bei der ersten Furchungsspindel ins Auge, während wir bei den Richtungsspindeln das Fehlen jeder Spur eines Centro- somas oder einer Polstrahlung konstatierten. | Die achromatische Spindelfigur der ersten Furchungsspindel ist nicht nur erheblich grösser als die der Richtungspindel, son- dern auch die Zahl der Fasern ist eine bedeutend stärkere. Zu- gleich sind auch die einzelnen Fasern, insbesondere die Central- spindelfasern der Furchungsspindel viel stärker als die der Richtungsspindel. 278 G. BEHRENS, Bei der letzteren konnte im wesentlichen nur eine bauschige Centralspindel nachgewiesen werden und daneben die oben mehrfach erwähnten Seitenstrahlen. Letztere fehlen der Furchungs- “spindel, die dagegen typische Zugfasern besitzt. Weiterhin finden wir bezüglich der Chromosomen grosse Unterschiede zwischen der ersten Furchungsspindel und den Richtungsspindeln. Während wir bei der ersten Richtungspindel die Chromosomen noch in Gestalt von 12 länglichen, leicht ge- krümmten Stäbchen fanden, zeigen diejenigen der zweiten bereits die Form von kleinen Schleifen oder. wenigstens gekrümmten Stäbchen. Bei der ersten Furchungsspindel finden wir natür- lich in der Äquatorialplatte die doppelte Anzahl von Chromosomen als in dem entsprechenden Stadıum der Richtungsspindeln, nämlich 24 recht lange, dicke, stark gekrümmte, häufig etwas eingebogene Schleifen. Sie sind nicht bloss mehrfach, sondern vielfach so gross als die Chromosomen der Richtungsspindeln. Ähnliche Verschiedenheiten zwischen der ersten Furchungs- spindel und den Richtungsspindeln finden sich bekanntlich bei vielen Eiern, doch sind beim Forellenei wohl in mancher Be- ziehung extrem starke Unterschiede zu bemerken. Die Längsteilung der Chromosomen der ersten Furchungs- spindel habe ich nicht beobachtet. Dagegen kann ich noch einzelne Angaben über ein weiteres Stadium der ersten Furchungs- spindel machen, nämlich über das Dispirem-Stadium. Fig. 23 stellt uns einen Querschnitt durch die eine Tochter- platte derselben dar. Die Chromosomen haben sich zu Ringen zusammengelegt, eine Erscheinung, die auch bei einigen anderen Wirbeltieren bereits beobachtet worden ist; auch bei Wirbel- losen ist ähnliches gefunden, jedoch scheint es sich hier um Bläschen, nicht um Ringe zu handeln. Die erste derartige Be- obachtung stammt wohl von Bellonci!), vom Ei des Axolotl (spätere Furchungsspindeln). ı) Bellonci, G., Intorno alla cariveinesi nella segmentazione dell’ ovo di Axolotl. Reale Acad. dei Lincei. Roma 1883/84. Die Reifung und Befruchtung des Forelleneies. 279 Mit dem soeben beschriebenen Stadium schliessen meine Beobachtungen ab. Die eigentlichen Befruchtungserscheinungen sind ja schon mit der Bildung des Furchungskerns als beendet anzusehen. Indessen war es zweckmässig, auch die erste Furchungsspindel zur Betrachtung heranzuziehen, nicht bloss wegen der Feststellung der Normalzahl der Chromosomen des Forelleneies, sondern auch wegen der übrigen Vergleiche mit den Richtungsspindeln. | Was den ersteren Punkt betrifft, so kann die Normalzahl der Chromosomen bei der Forelle mit fast absoluter Sicherheit auf 24 angegeben werden, eine bekanntlich sehr beliebte Zahl, die auch bei den Säugetieren und vielleicht auch dem Menschen sich findet. Schlussbetrachtung. Im vorhergehenden glaube ich zur Genüge gezeigt zu haben, dass die Vorgänge bei der Reifung und Befruchtung des Forelleneies im wesentlichen der allgemein giltigen Auffassung dieser Vor- gänge entsprechen. Ich hoffe den sicheren Nachweis erbracht zu haben, dass die Ausnahmestellung, welche Blanc für das Forellenei in Bezug auf Reifung und Befruchtung behauptet, auf irrigen Beobachtungen beruht und daher keinen Anspruch auf Gültigkeit besitzt. Es ist unbegreiflich, wie der genannte Forscher auf Grund seiner mit einer unzulänglichen Methode unter- nommenen Untersuchung die Zuverlässigkeit der recht sorg- fältigen Beobachtungen Boehms anzweifeln konnte. Letztere kann ich voll und ganz bestätigen. Während bereits zahllose Arbeiten für die fast schon zur Gewissheit erhobene Hypothese Boveris sprachen, dass bei der Befruchtung aller Eier nur das Centrosoma des Spermakerns in Thätigkeit tritt, war Blanc einer der wenigen, die die Boverische Entdeckung als irrig angriffien. Blanc hat aber durch seine Untersuchung der Forellenbefruchtung die Angaben Anatomische Hefte. I, Abteilung, XXXII. Heft (10. Bd., H 2). 19 280 G. BEHRENS, Boehms, die in allen wesentlichen Punkten die Boverische Theorie stützen, nicht widerlegt, wie ich oben gezeigt habe, sondern die Befruchtungserscheinungen dieses Eies verlaufen völlig nach den zuerst von Boveri genau formulierten Grund- sätzen, an deren Gültigkeit die Untersuchung Blancs am wenigsten etwas ändern kann. Die Centrosomen der ersten Furchungsspindel leitet Blanc aus der Teilung eines einfachen Centrosoma her, welches vor der Verschmelzung der Vorkerne aus der Vereinigung des männlichen und angeblich beobachteten weiblichen Centrosoma hervorgegangen sein soll. Diese Angaben Blancs sind sicherlich irrtümlich. Wie ich oben gezeigt, konnte ich im Forellenei stets nur zwei männliche Centrosomen und kein weibliches finden und eine (Wieder- Vereinigung dieser Centrosomen findet überhaupt nicht statt, ist auch a priori höchst unwahrscheinlich). Das Verhalten der Centrosomen im Forellenei ist vielmehr genau dasselbe wie auch bei anderen Eiern, die einen Furchungskern bilden, z. B. Seeigel und Amphioxus. Die Angaben Blancs waren daher auch anderen Autoren von Anfang an mehr als zweifelhaft. Wer aber am Forellenei die gerade an diesem Objekt so überaus klaren Verhältnisse selbst untersucht, der begreift überhaupt nicht, wie ein Forscher bei sorgfältiger und planmässiger Unter- suchung zu derartigen Fehlschlüssen gelangen konnte. Hoffentlich dient diese Veröffentlichung dazu, das Ver- halten der Centrosomen bei der Befruchtung des Forelleneies endlich definitiv aufzuklären. 1) Existirte wirklich irgendwo ein weibliches Centrosoma im Ei, dann kann doch nur die Centrenquadrille Fols oder eine ähnliche Erscheinung statthaben. Die Reifung und Befruchtung des Forelleneies. 281 Zusammenfassung. 1. Das unbefruchtete, aber befruchtungsfähige Forellenei enthält eine Richtungsspindel innerhalb eines noch sehr flachen, aber sehr ausgedehnten und diffusen Keims, der ohne Grenze in das übrige Protoplasma des Eies übergeht. Die Richtungs- spindel hat weder Oentrosomen noch Polstrahlung und zeigt 12 stäbchenförmige Chromosomen. 2. In die Keime eingedrungene Samenfäden wurden stets nur in Einzahl gefunden. Polyspermie konnte nicht be- obachtet werden. Zur Zeit, wo die Samenfäden eindringen- enthält der Keim wahrscheinlich immer bereits die zweite Rich- tungsspindel. 3. Während das befruchtungsfähige Ei der Forelle schon zur Zeit der Bildung der Richtungskörper kein Centrosoma mehr enthält, bringt der Samenfaden ein solches in das Ei hinein. Dasselbe entwickelt sehr bald nach seinem Eintritt eine anfangs nur kurze Strahlung. Durch eine deutliche Drehung des Samen- fadens kommt das anfangs hinter diesem gelegene Centrosoma vor denselben zu liegen. 4. Die Bildung des Eikerns geht erst nach dem Eindringen des Samenfadens vor sich und erfolgt aus der central gelegenen Chromosomengruppe der zweiten Richtungsspindel unter gleich- zeitiger Ausstossung des zweiten Richtungskörpers. Der junge Eikern entbehrt natürlich (ebenso wie die Richtungsspindeln) eines Centrosomas oder einer Strahlung und liegt in völlig in- differentem Protoplasma. Die Richtungskörper sind echte Zellen, bilden aber aus ihren Chromosomen anscheinend keinen ruhen- den Kern. Sie sind während der Befruchtung auf der Ober- fläche des Keims leicht zu beobachten. 5. Wenn der Kopf des eingedrungenen Samenfadens sich zum Spermakern umwandelt, teilt sich sein anfangs einfaches Centrosoma unter gleichzeitiger Ausdehnung der Strahlung. Der 19* 282 @&. BEHRENS, Teilung des Centrosomas folgt bald die Teilung der Strahlung, sodass der männliche Vorkern unmittelbar nach seiner völligen Ausbildung stets von einer doppelten, jetzt sehr dichten Strahlensonne begleitet wird, während dem Eikern diese Attri- bute fehlen. Der ganze Keim verdickt sich dabei allmählich immer stärker unter gleichzeitiger Abnahme seiner Flächen- ausdehnung. Ausserdem tritt eine Trennungslinie auf, welche zunächst an der Unterseite des Keims diesen von dem übrigen Protoplasma sondert. 6. Weiblicher und männlicher Vorkern wachsen unter mannigfachen, häufig wechselnden und vielfach unregelmässigen Gestalt- und Strukturveränderungen zur mehrfachen Grösse ihrer ursprünglichen Ausdehnung heran. Sehr bald nach ihrer Ausbildung legen sie sich dicht nebeneinander und sind dann nur noch in seltenen Fällen voneinander zu unterscheiden. In dieser Lage verharren sie sehr lange. 7. Die Vorkerne des Forelleneies verschmelzen anscheinend immer vor der Bildung der ersten Furchungsspindel zu einem ruhenden Kern, dem ersten Furchungskern. Derselbe ist grösser als jeder der Vorkerne auf dem Höhestadium ihrer Ausbildung. Die zu jeder Seite des Furchungskernes gelegenen Öentrosomen sind die direkten Abkömmlinge des vom Sperma- tozoon ins Ei gebrachten Centrosoms. *Sie liegen meist in einer der Keimoberfläche parallelen Ebene. Der Keim hat um diese Zeit eine beträchtliche Dicke erreicht. 8. Aus dem Furchungskern geht die erste Furchungsspindel hervor, die vielmal so gross ist als die Richtungsspindeln und 24 ziemlich lange schleifenförmige Chromosomen führt. Ihre Centrosomen sind nicht punktförmig, sondern grosse Kugeln. Sie stammen beide von dem Üentrosoma des Spermatozoons. Im Dispiremstadium bilden sich die Chromosomen zu Ringen um. 9. Die Dauer der Befruchtungsphänomene ist sehr abhängig von der Temperatur des Wassers und dürfte durch extrem Die Reifung und Befruchtung des Forelleneies. 283 kaltes Wasser bis auf das Doppelte der Zeit verlangsamt werden können, die bei einer nur mittleren Wassertemperatur von 15° erforderlich ist. Zum Schlusse gestatte ich mir noch, Sr. Excellenz Herrn Geheimen Rat Professor Dr. von Kölliker für die gütige Überlassung eines Arbeitsplatzes im Laboratorium des Instituts für vergleichende Anatomie, Mikroskopie und Embryologie meinen ehrerbietigsten Dank auszusprechen. Nachtrag. Nach Abschluss des Manuskriptes bemerke ich, dass auch Hennegny (Recherches sur le developpement des poissons osseux. Journal de l’anatomie et de la physiologie. Annee XXIV. 1888) bereits die während der Befruchtung entstehende Trennungslinie des Keimes vom daruntergelegenen Protoplasma während der früheren Furchung beobachtet, abgebildet (Fig. 60 : Zweiteilung) und richtig gedeutet hat. Erklärung der Abbildungen. Alle Figuren sind so orientiert, dass die Keimoberfläche — auch da wo sie der Raumersparnis wegen nicht mit gezeichnet werden konnte — nach dem oberen Ende der Tafel gelegen ist. Sämtliche Zeichnungen wurden mit dem Zeichenapparat nach Abbe mög- lichst genau nach den Präparaten gezeichnet. Die stärkeren Vergrösserungen (500— 1000) wurden mit Hülfe eines Apochromaten Zeiss homogene Immersion 3 mm, 1,30 Apertur hergestellt; Feinheiten einzelner Figuren mit Hülfe eines Apochromaten 2 mm 1,40 eingezeichnet, beziehungsweise kontrolliert. Einige Abbildungen wurden aus mehreren Schnitten so sorgfältig als möglich kombiniert Für alle Figuren gültige Bezeichnungen. e = Üentrosoma. ok — Ölkugel. dk = Dotterkugel. plh = Protoplasmahäutchen. ek — Eikern. 1 Rk. = erster Richtungskörper. f = erste Furche. 2 RK = zweiter Richtungskörper. k = Keim. sp. = Spermatozoon. tl = Trennungslinie. Fig. 1. Senkrechter Durchschnitt des Keims eines Forelleneies 20 Min. nach der Besamung nebst einem Teile des die Dotterkugel umgebenden Proto- plasmahäutchens. Vergr. 50. Fig. 2. Dasselbe 1 Std. 45 Min. n. d. B. Vergr. 50. Fig. 3. Dasselbe 3 Std. 20 Min. „ „ „ = a Fig. 4 Dasselbe 4 Std. 5 Mn. , ,„ „ x E Fig. 5. Dasselbe 5 Std. 45 Min. „ „ „ n 2 Fig. 6. Dasselbe 7 Std. 15 Min. ,„ ,„ „ x n Fig. 7. Senkrechter Durchschnitt des Forellenkeims während des Auf- tretens der ersten Furche. Vergr. 50. Die dunklen Flecke in den Abbildungen der Fig. 1—7 sind die Kerne bezw. Centrosomen und deuten also die Lage derselben im Keim während der betreffenden Befruchtungsperiode an. Fig. 8. Senkrechter Durchschnitt durch einen befruchtungsfähigen Forellen- keim vor der Besamung mit der ersten Richtungsspindel. Vergr. 1000. Fig. 9. Oberer Teil eines senkrechten Durchschnitts eines Forellenkeims 20 Min. nach d. B. Zweite Richtungsspindel. Vergr. 1000. Fig. 10. Dasselbe von der Regenbogenforelle 55 Min. n. d. B. Zweite Richtungsspindel im Stadium der Metakinese. Eingedrungener Samenfadenkopf mit Centrosoma und Strahlung. Vergr. 1000. Erklärung der Abbildungen. 285 Fig. 11. Dasselbe von der Forelle 40 Min. n. d. B. Richtungsspindel in Diasterphase. Eingedrungener Samenfaden wie in Fig. 10 Vergr. 1000. Fig. 12. Dasselbe wie in Fig. 11. Besonders deutliche Seitenstrahlen an der Richtungsspindel. Vergr. 1000. Fig. 13. Dasselbe Stadinm wie 11 und 12. Samenfadenkopf gedreht. Vergr. 1000. Fig 14. Oberer Teil eines senkrechten Durchschnittes eines Forellenkeims 1 Std. 45 Min. n. d. B. Abschnürung des zweiten Richtungskörpers. Vergr. 1000. Fig. 15. Dasselbe 2 Std. 40 Min. n. d. B. von der Regenbogenforelle. Zweiter Richtungskörper abgestossen. Spermakern in Bildung Vergr. 1000. Fig. 16. Die beiden Richtungskörper des Forelleneies einige Zeit nach ihrer Bildung. 3 Std. 10 Min. n. d. B. Vergr. 1000. Fig. 17. Teil eines senkrechten Durchschnitts eines Regenbogenforellen- keims 2 Std. 40 Min. n. d. B. Centrosoma des Spermakerns geteilt. Vergr. 1000. Fig. 18. Teil eines senkrechten Durchschnitts eines Forellenkeims 3 Std. 20 Min. n. d. B. Spermakern mit 2 Centrosomen und Strahlung. Eikern. Vergr. 500. Fig. 19. Dasselbe 4 Std. 5 Min. n. d. B. Spermakern und Eikern nicht mehr mit voller Sicherheit von einander zu unterscheiden. Vergr. 500. Fig. 20. Dasselbe. 5 Std. 15 Min. n. d. B. Vorkerne in naher Be- rührung. Vergr. 750. Fig. 21. Dasselbe von der Regenbogenforelle. 7 Std. Furchungskern. Vergr. 1000. Fig. 22. Dasselbe von der Forelle. 7 Std. 15 Min. Erste Furchungs- spindel. Vergr. 1000. Fig. 23. Dasselbe von der Forelle. 7 Std. 15 Min. Querschnitt einer Tochterplatte der ersten Furchungsspindel in Dispiremphase. Vergr. 1000. f R v 62) A L 1 } = \ r Li * E' wis 2 4 Le 3 hu \ } N - ’ 1} j am ’ T N h MORC SR ‘ ö { salh! ( ih iR | r ie \ a Mad, E Kr le aukın \ 5 Ur yoR Rf, er f \ m Sr .„ıie ı Tudahualgre c x a ur & H vi st MT ) } &, ih YA vi . > Y Y ‘ vw \ u is a nal ar NL t \ v ) Y fu 2) 2 PR AR 4 } nr b f ; ‚ ee j i ! ’ ’ n a Mi hehe “ ® + 7 r Y1 [ I I, 4 : # ! 2 4 [ t 4 ri ’ { b } z SR eh .g ’ s I \ “ * % 1 f FR * Im r 0 £ 7 }; 4 M I - ! } REDEN A N 4 f u j y } » fr ei R | ' a. | # Bu 7 ‘ I . Pi B FICKEN un N y 1 ’ ir A E ) N N ! ‚ VERA Ed i \ j Yu va DER j A i Large BAT) BER FL TE a2 177 biER: PU MSLHEEL IR ‘ ME I } N | ’ ' h ER N Ba | be) ’ pr’ TR) - a er KH RE ’ x {} { ’ y {) u f RA y a . R r h iv ’ f A 18% DR gi ] Pa j hu ze y y al ’ > [$ ’ iper! 64 vu vo R . . " x .* R f } j AT IcH Aka} ar Hr " Je. ia Br wi‘ u REN AA Rad E ei sure WEST RE TIETT RG OAETT Kit dest | Ki a nn h OR u ? \ { = er y i A EHE N ah ae. ‚x u er it. sh oa Jr f r x N r l | A } E c# Ai Ü h Pr i t LP ‘ 4 ver 4 a Era PR | er : Br Ara al. TEN m ee pad \ - { > Ar, ‚Br w. h u ana art RE ; N Er, + A int Si Wi KR un? BUN .% BER HATG Eu = NT RE TITLE AN, mlaranch, en Me ee ! | Ü j h ! } Be ae. es N aan BE RN. wu a Ba Zafl ara ie Ba A BR na a RE I ro OR boN, aba he ae | hats lieh‘ a bs Er iulhu. ar Ca, ul ul NATERN Se Rp, gar. rl) Ai, Iohnin) an rn: Ar h. a0 fin RR 1: RA Aus DEM PATHOLOGISCHEN INSTITUT zU BERN. (DIREKTOR: PROF. DR. TH. LANGHANRS.) ÜBER DEN EINSCHLUSS VON PAROTISLÄPPCHEN LYMPHKNOTEN. VON R. NEISSE, BERN, Mit 6 Abbildungen auf Tafel XVIII/XIX. l l a ETOnRHanT I j DIE BR; Hu Re \ DM R 3 Frau ur re E ae DE 2 Die nächste Veranlassung zur vorliegenden Untersuchung war die bekannte Thatsache, dass die Parotistumoren sich durch Mannigfaltigkeit ihrer Zusammensetzung ganz besonders aus- zeichnen. Wir finden in ihnen neben bindegewebigem, sarkoma- tösem, schleimgewebigem Stroma noch Inseln hyalinen Knorpels, ferner Zellmassen von im grossen und ganzen epithelialem Charakter in der verschiedensten Anordnung. Die Deutung namentlich dieser letzteren Zellmassen ist ausserordentlich schwierig. Die Mehrzahl der neueren Autoren sieht dieselben trotz der grossen Ähnlichkeit mit normalen Epithelien für Ab- kömmlinge der Endothelien an. Ein anderer rätselhafter Be- standteil sind die erwähnten knorpeligen Einsprengungen, die bald auf das Bindegewebe, bald auf die Lymphgefässe zurück- geführt wurden. Jedoch dringt in neuerer Zeit mehr und mehr die Ansicht durch, dass es sich hier um fötale Absprengungen von Knorpel oder knorpelbildendem Gewebe handelt. Es legte dies den Gedanken nahe, bei einer Anzahl von kindlichen Parotiden auf kontinuierlichen Schnittreihen nachzusehen , ob sich irgendwie ein Anhaltspunkt finden lasse, um die Bilder der Tumoren zu erklären. Allerdings konnte man kaum hoffen, an einer verhältnismässig geringen Zahl von Parotiden zu einem Resultat zu kommen, da die Parotistumoren doch immerhin nicht zu den häufigeren gehören. Andererseits aber lag die Überlegung nahe, dass die normale Parotis des Menschen bis jetzt im ganzen nur wenig untersucht wurde, aus rein äusseren 290 R. NEISSE, Rücksichten behufs Schonung der Leichen. — Herr Prof. Lang- hans fand nun bei der ersten Schnittserie, die er durchsah, ein eigentümliches Verhalten der Drüsenbläschen zu den Lymph- knoten, das bisher nicht bekannt war. Ich habe daher Veran- lassung genommen, zunächst diese Verhältnisse aufzuklären. Für die gütige Überlassung des Materials sowie für seine rege Unterstützung bei der Bearbeitung desselben spreche ich Herrn Prof. Langhans auch an dieser Stelle meinen aufrichtigen Dank aus. Ich will gleich hier erwähnen, dass ich in der beschränkten Anzahl von Parotiden, die ich untersuchte, irgend etwas, das für die Erklärung des komplizierten Baues der Parotisgeschwülste benützt werden könnte, nicht gefunden habe. — Es wurden die Parotiden von 14 Neugeborenen in Schnitt- serien untersucht (in 5 Fällen kam nur die eine Parotis zur Untersuchung). Die Stückfärbung erfolgte mit Hämalaun, die Unterfärbung der Schnitte mit Eosin. Die Schnitte waren mit wenigen Ausnahmen horizontal durch die Parotis geführt. Dicke derselben 20—25 u. In allen Parotiden fand sich eine grössere Anzahl (8—14) Lymphknoten in das Drüsengewebe eingestreut. Eine bestimmte Anordnung lässt sich dabei nicht konstatieren: sie treten sowohl im Innern der Drüse wie auch an ihren Rändern auf. In letzterem Fall ist der Knoten entweder noch von einer dünnen Schicht Parotisgewebe bedeckt, oder er sitzt demselben auf, in eine mehr oder weniger tiefe Einsenkung desselben eingelassen. Die Grösse schwankt zwischen 0,15 : 0,2 und 3,2 : 4,5 mm. Die Form ist sehr verschieden. Die kleineren sind ausschliess- lieh rundlich, ohne hilusartige Einziehung, die grösseren oval, oft sehr langgestreckt, zuweilen etwas unregelmässig eckig, mit ein- springendem Hilus an der einen Längsseite; in einzelnen wenigen Fällen befindet sich der letztere an einem schmalen Pol. Bei den randständigen Lymphknoten ist er gewöhnlich nach der Parotis Anat. Hefte, TAbtheilung, Heft XXXIT. (10.Bd.H.2 ) Taf. ZVIL/AIX. Lith Aust. y C. Kirst, Leipzig Verlag v IE Berämanu Wiesbaden Über den Einschluss von Parotisläppchen in Lymphknoten. 291 zu gelegen, zuweilen aber auch nach aussen, von wo dann auch die in den Hilus eintretende Arterie herkommt. Die kleineren Knoten sind nicht immer scharf durch eine Kapsel abgegrenzt; ihr Inneres nimmt sich aus wie eine blosse Anhäufung von einkernigen Lymphkörperchen, die nur von Kapillaren durchsetzt ist und sehr oft nicht einmal eine An- deutung von Lymphbahnen besitzt; nur in einzelnen Fällen ist die periphere subkapsuläre Lymphbahn ziemlich weit und dadurch sehr deutlich; dagegen sind im Innern niemals Lymph- bahnen oder Trabekel zu erkennen. Die grösseren Knoten stellen sich im Gegensatz dazu als ausgebildete Lymphdrüsen mit Mark und Rinde, Trabekeln, Lymphbahnen und lymphadenoidem Gewebe dar. In den Lymphbahnen findet man öfters grosse Zellen von rundlicher oder ovaler Form mit grossem, bläschenförmigem Kern; man könnte sie als epithelioide Zellen bezeichnen. In seltenen Fällen sind die Lymphbahnen sehr weit, sowohl die die ganze Peripherie einnehmenden subkapsulären, deren Lumen von den Spindel- und Sternzellen des Retikulum durchzogen ist, wie auch einzelne im Innern der Drüse gelegene, die in viel höherem Grade erweitert sind und grosse, rundliche Hohlräume bilden. Ferner sind in den meisten dieser Lymphknoten die Kapil- laren in besonderem Masse entwickelt; entweder sind die Wand- ungen sehr dick oder die Lumina erweitert oder es kommt beides zusammen vor. Die Verdickung der Wandung betrifft allein die Adventitia. Die Weite der Lumina wechselt sehr; viele übertreffen den Durchmesser der andern um das Doppelte. Die Zahl der Kapillaren ist zuweilen so gross, dass die Ge- fässlumina auf dem Durchschnitt vor dem übrigen Gewebe in den Vordergrund treten. Endlich zeigt in sämtlichen Parotiden ein Teil der Lymph- knoten noch ein besonderes Verhalten, das unser Hauptinteresse 292 R. NEISSE, in Anspruch nimmt: es tritt nämlich innerhalb des Lymph- gewebes oft Parotisgewebe auf. Entweder sieht man nur ganz wenige, zerstreute Drüsenbläschen oder eine kleine Anzahl zu einer Gruppe vereinigt; oder es finden sich kleinere oder grössere Läppchen eigentlichen Parotisgewebes mit dazugehörigen Speichelröhren, oder endlich die Drüsenbläschen sind regellos im ganzen Knoten zerstreut. Was die Eigenschaften der Drüsenbläschen im Innern der Lymphknoten anbetrifft, so findet man keine wesentlichen Unter- schiede gegenüber dem eigentlichen Parotisgewebe. Die einzel- nen Acini wie die ganzen Läppchen sind meist durch Binde- gewebe vom Iymphadenoiden Gewebe getrennt. Über die Art und Weise, wie das Parotisgewebe in die Lymphknoten gelangt, ist folgendes zu sagen: In den Fällen, wo ein Hilus vorhanden ist, dringt das Drüsengewebe durch diesen in den Knoten ein; man kann in den Schnittreihen das Vordringen der Drüsenbläschen sehr schön sehen. In einigen wenigen Fällen handelt es sich nicht um ein eigentliches Ein- dringen, sondern um eine blosse Einstülpung der Kapsel durch das Drüsenläppchen im Bereich des Hilus. Im Knoten selbst verbreitet sich die Parotissubstanz ver- schieden weit nach den Seiten hin: zuweilen bleibt sie auf die Markschicht oder sogar auf den dem Hilus zunächst gelegenen Teil derselben beschränkt (s. Fig. 1), zuweilen verdrängt sie auch die Rinde (s. Fig. 5), sodass in den besonders ausgebil- deten Fällen fast alles Iymphadenoide Gewebe bis auf eine schmale Randzone verschwunden und durch Parotisgewebe ersetzt. ist. Noch eine andere Art der Substituierung von Lymphgewebe durch Parotisgewebe wird beobachtet: nachdem das letztere in den Knoten eingedrungen ist, verbreitet es sich hauptsächlich nach einer Richtung hin und ersetzt hier allmählich das Iymph- adenoide Gewebe so vollständig, dass an dieser Stelle nur die Über den Einschluss von Parotisläppchen in Lymphknoten. 293 Kapsel übrig bleibt und nun bei äusserlich gleicher Form der Knoten ‚halb Lymphdrüse, halb Parotis ist (s. Fig. 6). — Ist die Lage eines solchen Lymphknotens in der Parotis derart, dass beim Aufsetzen des Blockes der Hilus nach oben oder unten zu liegen kommt, so erhält man natürlich auch Schnitte, in denen das Parotisgewebe mit den grösseren Gefässen in der Mitte des Knotens liegt und auf allen Seiten vom Iymph- adenoiden Gewebe umgeben ist. Es kann in solchen Fällen zuweilen auch der Anschein entstehen, als ob die Gefässe in der Mitte der einen Breitseite hereinträten und das zutretende Drüsenläppchen von der andern. Es wird dies dann der Fall sein, wenn Blutgefässe und Drüsenkanal ausserhalb des Knotens rasch nach der Seite umbiegen, und zwar die Gefässe nach der einen, der Drüsenkanal nach der andern Seite. Bei den einfachen Lymphknötchen, die nur als grosse Fol- likel erscheinen, sind die gegenseitigen Beziehungen zwischen Parotisläppchen und Knötchen begreiflicherweise viel einfacher. Es treten hier von einem anliegenden Parotisläppchen in der Regel nur wenige (2—4) Drüsenläppchen in das Knötchen ein und auch da, wo die Zahl derselben grösser ist, bleiben sie auf die nächstliegende Randpartie beschränkt, so dass die Follikel niemals so gleichmässig von den Drüsenläppchen durchsetzt sind, wie das bei den grösseren Lymphknoten vorkommt. Wir wollen nun zunächst die Haupttypen der untersuchten Lymphknoten mit Parotiseinlagerungen herausgreifen und an ihnen die weiteren Details verfolgen. Zunächst ein Knoten, in dem sich nur wenige Drüsenbläs- chen im Bereich des Hilus gruppieren (s. Fig. 1). Es betrifft einen im Innern der Parotis gelegenen, nur leicht ovalen Knoten von 1,2: 1,6 mm Grösse, dessen Hilus allerdings nicht sehr aus- gesprochen ist. Von dem vor dem Hilus gelegenen Parotis- gewebe dringt neben den Gefässen ein kurzer Zapfen in den R. NEISSE, 294 Knoten ein, der sich innerhalb desselben nur wenig und nicht nach allen Richtungen hin verbreitert. Die Zahl der Drüsen- bläschen beträgt an denjenigen Schnitten, welche durch die Mitte des Zapfens gehen, etwas über ein Dutzend. Ihre gegenseitige Anordnung und Lagerung ist die gleiche wie in den benachbarten Drüsenläppchen. Gegen das Gewebe des Lymphknotens ist dieser Zapfen durch Bindegewebe geschieden und ebenso ist innerhalb desselben zwischen den Drüsen- bläschen nur Bindegewebe, kein Iymphadenoides Gewebe. Die dünne Lage von Bindegewebe, welche zwischen den Zapfen und das Iymphadenoide Gewebe sich einschiebt, hängt mit der Kapsel des Lymphknotens zusammen, stellt aber nicht die ein- gebuchtete ganze Kapsel dar, denn die äusseren Lagen derselben gehen an der Basis des Zapfens quer durch denselben hin- durch. Auch ist jene innere Schicht von Bindegewebe zwischen Zapfen und lymphoidem Gewebe lockerer gebaut als die an- grenzende Kapsel und etwas reicher an Kernen; sie gleicht darin ganz dem Stroma, das zwischen den Drüsenbläschen sich findet). Nicht weit von diesem Knoten sehen wir in derselben Parotis einen zweiten, etwas grösseren (1,7 :2,2 mm) ebenfalls von ovaler Form, mit vollständig normalem Bau und grossem Hilus- feld, das wesentlich aus Bindegewebe mit den eingeschlossenen (Gefässen besteht, und in diesem Bindegewebe finden sich nun vier Parotisläppchen, jedes aus einem Dutzend Drüsenbläschen und darüber bestehend. Sie hängen alle durch Speichelröhren untereinander wie auch mit den zwei dicht vör dem Hilus ge- legenen Parotisläppchen zusammen. Sie liegen direkt in dem 1) Solche solide Zapfen kommen in verschiedener Grösse vor. Einmal sah ich einen solchen von relativ bedeutenden Dimensionen, so dass er circa ein Drittel des ganzen Knotens einnahm; er war direkt von dem lymph- adenoiden Gewebe umgeben, das keine deutliche Gliederung in Mark und Rinde, Follikel und Lymphbahnen zeigte. | Über den Einschluss von Parotisläppchen in Lymphknoten. 295 lockeren Bindegewebe des Hilus, zugleich mit Blut- und Lymph- gefässen, aber die meisten dringen nicht in das Iymphadenoide Gewebe ein, obwohl sie an einzelnen Stellen ganz dicht an das- selbe herantreten. Nur 3—4 sieht man auch in dem Iymphade- noiden Gewebe der Markstränge. Anders verhält es sich in dieser Hinsicht bei einem Lymph- knoten eines anderen Neonatus. Derselbe befindet sich am Rande der Parotis; Grösse 1,3: 2,0 mm, Gestalt unregelmssäig vierseitig. (Der Fall ist ausserdem noch dadurch bemerkenswert, dass hier der Hilus nach aussen gerichtet ist. Der Eintritt des Parotis- gewebes konnte hier aber nicht festgestellt werden, da das Präparat an dieser Stelle defekt war). Hier sind nun die Lymph- bahnen nicht sehr deutlich, nur die subkapsulären sind in einer Hälfte ausgesprochen. Es grenzen sich auch die einzelnen Follikel nicht scharf gegeneinander ab, es findet sich vielmehr unter der Kapsel eine gleichmässige Lage von Iymphadenoidem Gewebe, welches im Mark in einzelne, nur sehr diffus begrenzte Stränge zerfällt. Gerade in dieser gleichmässigen subkapsulären Schicht finden sich die Drüsenbläschen in grosser Zahl zu kleinen Gruppen vereinigt, wobei sie von der Kapsel immer durch Iymphoides Gewebe in breiterer oder schmälerer Schicht getrennt sind. Gegen letzteres sind sie durch eine schmale runde Linie abgegrenzt, die wahrscheinlich einer Membrana propria entspricht. Nach aussen stossen aber sofort Lymphkörper an. Interessante Abweichungen von den bisher beschriebenen Fällen bietet ein langgestreckter Knoten von 0,5:2,0 mm dar. Von einem eingezogenen Hilus ist hier nichts zu sehen. Im ersten Schnitt zeigt sich das Parotisgewebe an zwei Stellen: un- gefähr in der Mitte der einen Längsseite und an einem schmalen Pol (den ich als den linksseitigen bezeichnen will), hier bereits in Verbindung mit einem ausserhalb liegenden Drüsenläppchen. Hier tritt auch neben dem Parotisläppchen eine Arterie in den Lymphknoten ein und zwar an derjenigen Seite des Pols, welche Anatomisehe Hefte. I. Abteilung. XXXII. Heft (10. Bd., H. 2.) 20 296 R. NEISSE, an die andere Breitseite angrenzt. Venen dagegen laufen von dem Innern des Knotens nach demjenigen Parotisläppchen hin, welches an der einen Breitseite liegt, und zwar nach deren linken Seite. In den folgenden Schnitten treten dann zwischen den beiden Läppchen neue Gruppen von Acini auf, so dass schon vom vierten Schnitt an die ganze betreffende Breitseite vom linksseitigen Pol an bis in die Nähe des rechtsseitigen nicht von Kapsel umgeben ist, sondern durch Parotisläppchen abgegrenzt wird. Die Venen treten zwischen denselben nach aussen. Hier ist also keine hilusartige Einziehung vorhanden, der Hilus be. schlägt vielmehr fast die ganze eine Breitseite, wird aber wesent- lich von Parotisläppchen eingenommen, durch welche die Venen hindurchtreten, während die Arterie zur Seite gedrängt er- scheint und an dem einen schmalen Pol in den Knoten eintritt. Nachdem so durch eine Reihe von Untersuchungen das regelmässige Auftreten Drüsenbläschen enthaltender Lymphknoten in der Parotis Neugeborener festgestellt worden war, handelte es sich noch darum zu untersuchen, wie und wann dieselbe Er- scheinung beim Fötus auftritt. Es wurden zu diesem Zweck Schnittserien von 12 Föten verschiedenen Alters (vom 3. bis 6. Monat) angelegt; von den sieben älteren Föten (5. und 6. Monat), wo die Schnitte nicht durch den ganzen Kopf gingen, kam dreimal nur eine Parotis zur Untersuchung. Die Kopffersenlänge der einzelnen Föten betrug: 8, 9, 12, 17!/,, 20'/,, 21, 21, 23 und 30cm. Ein Fötus ‚ohne Grössen- angabe‘‘ und einer mit der Bezeichnung „aus der ersten Hälfte des vierten Monats stammend“ stimmen ungefähr mit dem von 12cm Länge überein. Endlich kommt dazu ein Fötus mit einem „sagittalen Kopfdurchmesser von 8 cm“, was ungefähr einer Kopffersenlänge von 30 cm entsprechen würde. Färbung wie bei den Neonati. Über den Einschluss von Parotisläppchen in Lymphknoten. 297 Die Parotis entsteht nach Kölliker und Minot in der zweiten Hälfte des zweiten Monats in Form einer einzigen Ein- stülpung des Mundhöhlenepithels vom seitlichsten Teil der Mund- höhle aus. Die Mündung der Einstülpung liegt anfangs ziem- lich weit vorn (in gleicher Linie wie diejenige der Submaxillaris), wandert dann aber im weiteren Verlauf des Wachstumes nach hinten (die Mündung der Submaxillaris nach vorn). Die erste Anlage ist ein einfacher, solider, cylindrischer Zellstrang, der sich aber bald verlängert und verästelt. Die Enden der Äste verbreitern sich leicht. In der Umgebung der- selben verdichtet sich das Bindegewebe zu einer kugeligen Masse, die sich scharf vom umgebenden lockeren Bindegewebe abhebt. Das Lumen der Drüse tritt zuerst im Hauptausführungs- gang auf und schreitet von da allmählich bis zu den Alveolen vor. Um diese Zeit besteht das Epithel aus einer einzigen Schicht von Cylinderzellen. In den Gängen sind die Kerne so verteilt, dass sie zwei Reihen bilden, von denen die äussere sich intensiver färben soll als die innere. Solche Bilder bieten auch die uns vorliegenden Präparate dar. Der auffälligste Unterschied gegenüber der Parotis der Neugeborenen (je jünger die Frucht, desto ausgesprochener ist derselbe) ist die Menge des lockeren Bindegewebes, in das die Drüsenschläuche eingebettet erscheinen, und die relativ stark hervortretende Membrana propria. Ich schildere zunächst kurz die Verhältnisse der Parotis, wie sie sich bei den Föten von verschiedener Grösse darboten. In den Präparaten des kleinsten Fötus von 8 cm Länge besteht die Parotis, die einen sagittalen Durchmesser von 4 mm und einen transversalen von 2 mm hat, aus einer Anzahl sich verästelnder Speichelröhren verschiedener Grösse, auf Längs- schnitten leicht kenntlich an den zwei Doppelreihen, auf Quer- schnitten an den zwei konzentrischen Kreisen, die die Kerne darstellen. Die Kerne der äusseren Reihe sind rund, die der 20* 298 R. NEISSE, inneren mehr oval und senkrecht gestellt und direkt dem Lumen anliegend, so dass zwischen beiden sich ein Streifen helleren Protoplasmas befindet. Zwischen den Speichelröhren sieht man sodann solide Stränge und im ganzen rundliche Zellhaufen, die späteren Drüsenbläschen. Der Durchmesser der letzteren be- trägt durchschnittlich 80 «, einige wenige erreichen eimen solchen von 120 u. Die Durchschnitte der Speichelröhren und Drüsen- bläschen liegen meistens zerstreut, um den einfachen, doppelten und selbst vierfachen eigenen Durchmesser von einander ent- fernt. Sie bilden ein Feld ungefähr von der Form der späteren Parotis, dasselbe ist aber durchaus nicht nach aussen abgegrenzt, sondern sein Bindegewebe geht direkt in dasjenige der um- gebenden Teile über. Bei dem Fötus von 9 cm ist die Grösse und Struktur der Parotis ungefähr dieselbe. Der Fötus von 12 cm zeigt bereits einen Fortschritt in der Grösse der Parotis (3:6mm) und der dichteren Lagerung der Drüsenkanäle und -bläschen. Während bei dem Fötus von 8cm gerade in der Mitte des Parotisfeldes ein grösserer Fleck frei ist von Drüsenelementen, sind die letzteren hier gleichmässiger verteilt. Der Durchmesser der Drüsenkanäle und -bläschen dagegen ist im ganzen der gleiche. Lumina sind hier auch in den Drüsenbläschen vorhanden, doch in der Regel nicht so scharf begrenzt, wie in den Kanälen. Bei dem Fötus von 17! cm sind die Dimensionen der Parotis auf den Frontalschnitten bereits auf 5 mm Dicke zu 5 mm Höhe angewachsen. Die Parotis ist hier schon deutlich abgekapselt durch einen schmalen Zug bindegewebiger Fibrillen, der durch stärkere eosinrote Farbe sich vom übrigen Bindege- webe unterscheidet. Von dieser Kapsel gehen ins Innere der Parotis zahlreiche schmale Züge hinein, die sich netzförmig ver- binden und eine grosse Zahl von Läppchen abgrenzen. In jedem Läppchen finden sich diehtgelegene Drüsenbläschen und -kanäle, Über den Einschluss von Parotisläppchen in Lymphknoten. 299 erstere von regelmässiger Gestalt und denselben Dimensionen wie die Mehrzahl der beim Fötus von Scm gefundenen. Das Bild ist im ganzen also schon hier ähnlich dem bei den Neu- gebörenen. Bei den älteren Föten wird die Ähnlichkeit immer stärker, indem die Grösse der Parotis und der einzelnen Drüsen- läppchen immer mehr zunimmt; die epithelialen Elemente wachsen dabei an Zahl viel mehr als hinsichtlich der Dimensionen. Was nun die Lymphknoten anbetrifft, so fanden sie sich bei allen Föten vor. Bei dem Fötus von 8 cm sind es auf jeder Seite zwei, von ovaler Gestalt und ungefähr gleicher Grösse (0,2 : 0,3 mm). Die Abgrenzung nach aussen ist nicht überall scharf; nur an einem Knoten findet sich eine schärfere Abgrenzung durch eine schmale Spalte oder vielmehr durch ein schmales Gefäss, das aus der Nachbarschaft an den Knoten herantritt und denselben an der Hälfte seines Umfangs begrenzt. Das Gefäss zeigt deutlich endotheliale Auskleidung, auch nach dem Lymphdrüsengewebe hin. Der Knoten selbst enthält zahlreiche bluthaltige Gefässe und von Kernen zweierlei Formen: kleine, runde, dunkle, den Kernen der reifen einkernigen Leukocyten entsprechend — sie bilden die Minderzahl —, und grössere, bläschenförmige, mit doppelt so grossem Durchmesser, meist ebenfalls von runder Forin, zum Teil aber auch oval. Ein Eindringen von Parotis- elementen in diese kleinen Lymphknoten ist noch nirgends zu sehen; nur an einer Stelle tritt ein grösserer, solider Zapfen mit Endkolben ganz nahe an das Knötchen heran (Präp. 41, s. Fig. 2). In der Parotis des Fötus von 9 cm finden sich mehrere Lymphknoten von ovaler Gestalt; etwas grösser als die eben erwähnten des Fötus von 8 em, aber von gleicher Struktur; darunter einer (0,35 : 0,65 mm) mit ausgesprochener peripherer Lymphbahn und einem in die eine Längsseite eingebetteten Nervenstrang (s. Fig. 3). In diesen Knoten tritt von unten her 300 R. NEISSE, ein Drüsenkanal ein und spaltet sich im Innern desselben in mehrere Äste, die alle in Kölbchen enden. Eigentümlich ist, dass diese Endkolben oder soliden Endbläschen sämtlich grösser sind als die in der Umgebung des Knotens gelegenen. Fötus von 12 em: hier tritt innerhalb der Parotissubstanz ein Lymphknötchen von 0,5 : 0,8 mm Grösse und etwas unregel- mässig ovaler Form auf. An der einen Längsseite desselben dringt ein Drüsenkanal ein, um sich gleich beim Eintritt in zwei Äste zu spalten, die beide in 4-5 Kölbchen endigen. Die- selben sind auch hier auffallend gross, zeigen überdies teilweise schon ein Lumen. Die Parotis der andern Seite weist einen rundlichen Knoten von 0,6 mm Durchmesser mit einer ähnlichen Erscheinung auf. Ausserdem finden wir auch hier einige Lymphknoten ohne Parotiseinlagerungen. Ganz ähnliche Bilder liegen bei dem Fötus ohne Grössen- angabe vor. Je älter die Früchte werden, desto grösser werden natürlich die Dimensionen der Knoten, ohne dass sich aber zunächst ihre Struktur komplizieren würde, abgesehen davon, dass sich eine Kapsel 'zu bilden beginnt. So liegen z. B. bei dem Fötus aus der ersten Hälfte des vierten Monats (der aber der Entwickelung nach etwas älter ist als die zwei letzterwähnten) in der einen Parotis nach dem Rande zu drei Lymphknoten der beschriebe- nen Art bei einander. Zwei davon zeigen eine Einlagerung von Parotissubstanz, während beim dritten ein Endkölbchen nur die an einer Stelle undeutliche Kapsel durchbricht, ohne in das Iymphadenoide Gewebe einzudringen. In der Parotis des Fötus von 17!/a cm finden sich die ersten grösseren Lymphknoten mit Mark und Rinde, Kapsel und Hilus. Dem entsprechend ist auch das Auftreten von Parotisgewebe in den Lymphknoten. Über den Einschluss von Parotisläppchen in Lymphknoten. 301 Wir sehen hier z. B. einen ovalen Lymphknoten mit breitem Hilus an der einen Längsseite, durch den die Parotissubstanz ins Innere eindringt. Die Drüsenschläuche breiten sich strahlen- förmig nach der Rinde zu aus und endigen wiederum teilweise in abnorm grossen Kolben, wie sie in dieser Parotis ausserhalb der Lymphknoten nicht mehr zu finden sind. An einer andern Stelle dieser Parotis findet sich ein länglich ovaler Knoten mit etwas unregelmässig verlaufender Oberfläche (1,0: 1,6 mm), der insofern ein eigentümliches Verhalten zeigt, als hier von beiden Polen her Speicheldrüsengewebe ins Innere eintritt; es findet sich allerdings zwischen diesen beiden Eintrittsstellen noch eine dritte, nahe bei der einen polaren, doch ist ein Zusammenhang zwischen beiden nirgends zu erkennen. Ein ähnliches Bild bietet sich uns in der Parotis eines Fötus von 21 cm dar. Es handelt sich um einen Knoten von gleicher Form und den Dimensionen 0,8 : 1,2 mm. Die periphere Lymphbahn ist fast ringsum deutlich zu sehen. Eine hilusartige Einziehung ist nicht vorhanden, doch sieht man in einem Schnitt an einer Längsseite des Knotens eine Arterie nebst einer Vene eintreten. Die Drüsenbläschen nun, die sich im Knoten ungefähr dieser Längsseite entlang gruppieren, gehen schliesslich in zwei an den Polen austretende Speichelröhren über (s. Fig. 4). In einem andern Teil derselben Parotis findet sich noch ein sehr schönes Beispiel eines entwickelten Lymphknotens mit Parotisgewebe, wie es selbst bei Neugeborenen nicht ausge- sprochener zu finden war ; derselbe wurde deshalb als Paradigma abgebildet (s. Fig. 5). Er hat eine regelmässig-ovale Gestalt und eine Grösse von 2,0 : 2,8 mm. Hier sieht man den Eintritt des Parotisläppchens durch den Hilus sehr deutlich; im Knoten breitet sich die Parotissubstanz im ganzen Hilusgewebe aus, entsendet aber auch zahlreiche Fortsätze in das Iymphadenoide Gewebe hinein. 302 R. NEISSE, Im übrigen ist bei diesen und den noch grösseren Föten (30 cm Länge, 8 cm Durchmesser des Kopfes) der Befund so ziemlich derselbe wie bei den Neugeborenen. Es mag hier noch erwähnt werden, dass bei einem Fötus von 22 cm die Submaxillaris ganz analoge Bilder bot: auch hier Lymphknoten im Innern der Drüse, zum Teil mit drüsigen Einlagerungen. Schlussbetrachtung. Fragen wir nach der Bedeutung des von uns erhobenen Befundes, so lässt sich darüber noch nichts Bestimmtes sagen. Derselbe erinnert zunächst an Bilder, die an verschiedenen menschlichen und tierischen, in Rückbildung begriffenen Organen beobachtet worden sind. Eine solche Rückbildung erfahren wie bekannt z. B. die Kiemen des Frosches und die Thymus. Es finden sich nach Maurer (Schilddrüse, Thymus und Kiemen- reste der Amphibien, Morphol. Jahrb. Bd. XIII, 1888, cit. nach Stöhr) an diesen Organen Ansammlungen zahlloser Leuko- cyten, die das rückzubildende Gewebe der Auflösung entgegen führen. Für die Vorniere niederer Wirbeltiere nimmt Stöhr (Über die Mandeln und deren Entwickelung, Korresp.-Blatt für Schweizer Ärzte 1890) einen analogen Vorgang an: „Hier trifft man eine Menge Leukocyten, die möglicherweise eine die Rück- bildung des genannten Organes vermittelnde Rolle spielen, da dasselbe nur in embryonaler Zeit in Ausbildung sich befindet.“ Auch im Processus vermiformis menschlicher Embryonen hat Stöhr (Verhandlungen der anatomischen Gesellschaft auf der XI. Versammlung in Gent, April 1897, Sep.-Abdr.) einen Rück- bildungsprozess an den dort vorkommenden Drüsen beobachtet. Er sagt: „Zu Ende des 5. Fötalmonats sieht man einzelne der grösseren Darmdrüsen von einer dicken, bindegewebigen Hülle umgeben, die erste Andeutung der Rückbildung. Dann erfolgt Über den Einschluss von Parotisläppchen in Lymphknoten. 303 die Abschnürung der Drüse nahe ihrer Mündung; sie wird da- durch zu einem völlig geschlossenen Sack umgestaltet, der mit Schleim, dem Produkt des Epithels, gefüllt ist. Die sekretorische Thätigkeit des Epithels beginnt aber alsbald zu erlöschen, die Zellen gestalten sich erst zu kubischen, dann zu abgeplatteten Elementen um, ein Prozess, der am oberen Ende des Sackes beginnt und allmählich bis zu dessen Grund fortschreitet. Der schleimige Inhalt des Sackes verschwindet offenbar unter Mit- wirkung von Leukocyten..... Schliesslich ist das ganze Epi- thel verschwunden; es bleibt nichts mehr übrig, als die dicke, bindegewebige Hülle, die als ein heller Fleck noch eine Zeit lang sichtbar ist, später aber auch vergeht.“ Von all dem ist bei unseren Parotiden nicht das Geringste zu sehen. Es ist daher auch nicht wohl anzunehmen, dass es sich bei den letzteren um reine Rückbildung handelt. Dagegen sprechen auch noch zwei Umstände: erstens die bedeutende Grösse und eine gewisse Unregelmässigkeit in der Form der Endkolben innerhalb der Lymphknoten. Während sich solche End- kolben ausserhalb der Lymphknoten nur bei Föten bis zu 12cm fanden, liessen sie sich innerhalb der Lymphknoten noch bei dem Fötus von 17!/,cm nachweisen (hier halten sich also diese den ersten Stadien angehörenden Eigentümlichkeiten erheblich länger). Zweitens spricht dagegen der Umstand, dass die Leuko- cytenhaufen nicht in den Drüsenacini auftreten und so das drüsige Gewebe verdrängen, sondern dass die Drüsenschläuche in die Lymphknoten hineindringen, um in denselben mit deren Grössenzunahme meist ebenfalls eine mehr oder weniger grosse Ausdehnung zu erlangen. Abgesehen von den oben erwähnten, früher oder später der Rückbildung anheimfallenden Organen bieten auch die von Rubeli untersuchten Schleimdrüsen des Schweineösophagus einen als partielle Rückbildung zu deutenden Prozess dar (Rubeli, Über den Oesophagus des Menschen und verschiedener Haus- 304 R. NEISSE, tiere. 1.D. von Bern. Berlin 1889). Rubeli fand im Ösophagus des Schweins in grosser Zahl kompakte Leukocytenhaufen, die alle in naher Beziehung zu den Schleimdrüsen standen, indem sie entweder als Belegschicht die grossen Ausführungsgänge um- gaben oder in der Drüse selbst auftraten. „Die scharfen Grenzen des Follikels laufen dann oft kontinuierlich in die Grenzen des Drüsenlappens weiter“, oder einzelne Acini sind durch einen Herd von Lymphzellen ersetzt. Rubeli hält dafür, dass die Acini hier durch die Lymphzellenanhäufung zum Schwund gebracht werden. Auf die Erklärung, die Rubeli dieser Erscheinung giebt, werden wir sogleich zu sprechen kommen. Es sei nur noch hervorgehoben, dass der Vorgang auch hier doch ein wesentlich anderer zu sein scheint, als bei den Paro- tiden, indem es sich bei den Ösophagusdrüsen des Schweins um eine Verdrängung bereits gebildeter Drüsenacini handelt, während bei den Parotiden die Drüsenschläuche, wie schon erwähnt, in die ausserhalb der Acini auftretenden Lymphknoten hmeinwachsen. Vom physiologischen Standpunkt aus betrachtet, könnte es möglich sein, dass von den Lymphknoten aus ein Übertritt von Leukocyten in die Drüsenkanäle stattfände und dass so ein Teil der Speichelkörperchen, die sonst hauptsächlich aus den Ton- sillen und Zungenbälgen hervorgehen, hier ihren Ursprung nähme. Rubeli vermutet einen solchen Übertritt von Leukocyten in das Drüsensekret bei den fraglichen Ösophagusdrüsen und knüpft daran die Hypothese, dass die Leukocyten sowohl in lebensfähigem Zustand (als Phagocyten) wie auch nach ihrem Zerfall die Entwickelung von Mikroorganismen hintanhalten könnten. Es würden also dann die Lymphknoten in der Parotis dazu dienen, eine Infektion derselben durch eindringende Mi- kroben zu verhüten. Natürlich müsste man erst wissen, ob von den in Frage stehenden Lymphknoten aus Leukoeyten in die Drüsenschläuche der Parotis auswandern. Bei meinen Präpa- Über den Einschluss von Parotisläppehen in Lymphknoten. 305 raten konnte ich allerdings etwas Derartiges niemals entdecken; da aber die Speichelsekretion bei Neugeborenen in den ersten Tagen sehr gering ist, so müssten zur Entscheidung dieser Frage noch Parotiden von Erwachsenen herangezogen werden. Weitere Untersuchungen müssen ferner zeigen, ob vielleicht die so häufige tuberkulöse Erkrankung im Bereich der Parotis- Iymphdrüsen mit den beschriebenen Verhältnissen zusammen- hängt. Denn möglich wäre es immerhin, dass pathogene Mikro- organismen, die von der Mundhöhle her in die Parotis ein- wandern, die mit der Parotissubstanz in Verbindung stehenden Lymphknoten besonders leicht infizieren müssen. Erklärung der Abbildungen. Alle Abbildungen sind mit Leitz Obj. 3, Oe. I gezeichnet. Fig. 1: Parotis vom Neugeborenen. Fig. 2: Parotis eines Fötus von 8 cm. Ein Drüsenkolben nähert sich einer Lymphknotenanlage. Der Lymph- knoten erscheint links durch ein kleineres Blutgefäss eingebuchtet, rechts liegt ihm ein grosses Blutgefäss an. Das streifige Gewebe am oberen Ende ist Muskel. Fig. 3: Parotis eines Fötus von 9 cm. In dem Lymphknoten liegen 3 solide Drüsenkolben; der hellere Kreis am linken Rande derselben stellt einen Nerven dar. Figg. 4 und 5: Parotis eines Fötus von 21 cm. Fig. 6: Parotis vom Neugeborenen. ÜBER DIE ENTWIGKELUNG DER VENA GAVA INFERIOR BEI DEM MAULWURFE UND BEI DEM KANINCHEN VON J-: ZUMSTEIN, MARBURG. Mit 19 Abbildungen auf Tafel NX—AXVI und drei Textfiguren. Au f : ei een Ik j " 7 f Don nn En er eo er: A ne # anlninAa [2 a On? Re. ww in Anatomische Hefte 1. Abtheilung Heft 32 ( 10.Ba.H.2) _ Verlag von IF. Bergmann, Wesbaden. Taf. X. Cd Tich:u.Druck. d kgl. Univers-Druckerei v H-Stärtz Wärzburg- "MW. Taı g Heft 32 ( 10.Bd.H.2.) CH 7. Abtheilun _Anatomische Hefte < Lichzu.Druck. d. kgl. Umivers-Druckerei v.H Stzirtz ‚Werzburg: BEER TS: Arm: JIi S Krraiee-n BIER Cd Verlag von IF. Bergmann, Weesbaden. Über die Entwickelung der Cava inferior bei dem Maulwurfe. Um eine breitere Basis zu gewinnen für das Verständnis der Entwickelung der unteren Hohlvene, habe ich den Maulwurf noch zur Untersuchung herangezogen. Beim Maulwurf ist die Urniere bedeutend grösser als beim Meerschweinchen, und es ist deshalb zu erwarten, dass dadurch das Venenbild etwas andere Verhältnisse darbieten werde. Herr Prof. Strahl stellte mir dazu von seinem reichen Vorrat das nötige Material zur Verfügung. Das Venenbild des erwachsenen Tieres weicht in einigen Punkten von dem Ver- halten, wie es beim Menschen und beim Meerschweinchen ge- troffen wird, ab. Aus dem kleinen Becken sieht man links und rechts je zwei Venen heraufkommen, welche sich mit den ent- sprechenden Venae femorales vereinigen. In die Vena femoralis ergiesst sich ferner von der vorderen Bauchwand herkommend eine starke Vene, grösser als die aus dem kleinen Becken aul- steigenden. Sie wird wohl der Vena epigastrica inferior des Menschen entsprechen. Sie bezieht das Blut aus der Symphysen- Gegend und aus der vorderen Bauchwand und mündet gerade neben den kleinen Becken-Venen in die Femoralis. Nach der Aufnahme der kleinen Becken-Venen treten die beiderseitigen Venae iliacae communes zusammen zur Cava inferior. Diese liegt in ihrem Anfangsteile direkt hinter, dorsal, der Aorta, indem sie die Aorta nach rechts wie nach links hin überragt. Kopfwärts von den Art. iliacae communes treten beiderseits die Venae spermaticae internae an die Cava heran. 310 J. ZUMSTEIN, Die rechte mündet von rechts, die linke von links her in die Cava inferior, letztere in jenes Stück der Cava inferior, welches die Aorta nach links überragt. Weiter nach vorn ergiesst sich zuerst die Vena renalis sinistra mit der linken Suprarenalvene in die Cava, dann die rechte Renalvene. Die rechte Niere, von der Leber fast ganz umschlossen, liegt vielmehr kopfwärts, als die linke. Auf die rechte Nierenvene folgt die Vena suprarenalis dextra, dann kommt die Cava inferior ganz in die Leber hinein- zuliegen. So weit konnte ich das Venenverhalten beim erwach- senen Tiere präparatorisch unter Zuhülfenahme der Lupe fest- stellen. Das kaudale Ende der Cava inferior und die Einmündung der Venae spermaticae internae weichen von dem Verhalten der entsprechenden Gefässe beim Menschen und beim Meerschwein- chen bedeutend ab. Aus dem grossen mir zur Verfügung gestellten Materiale habe ich 25 Embryonen von möglichst verschiedener Grösse herausgesucht. Der kleinste in Schnitte zerlegte Embryo misst etwa 3 mm, der grösste 35 mm. Die Mehrzahl der untersuchten Embryonen steht zwischen 4—10 mm. Es sind die Maulwurfs, embryonen im Vergleich zu den Meerschweinchenembryonen bedeutend kleiner, bei ungefähr gleicher Organ-Entwickelung. Die meisten Embryonen waren fixiert in 10 °/o Salpeter- säure, zum Teil dann mit Pikrinsäure-Alkohol nachbehandelt. Die Gewebe sind gut erhalten, indem man häufig deutliche Kernteilungsfiguren sieht. Auch die Färbung gelang ganz gut, trotzdem einige wohl mehrere Jahre schon in Alkohol gelegen haben. Gefärbt wurde mit Borax-Karmin und Haematoxylin-Eosin. Die in Paraffin eingebetteten Embryonen wurden in Quer- schnitt-Serien zerlegt von 20 Mikromillimeter Dicke. Dann habe ich in gleicher Weise wie früher bei den Menschen-Embryonen und beim Meerschweinchen Rekonstruktionen gemacht, von Über die Entwickelung der Vena Cava inferior beim Maulwurfe ete. 311 denen ich die interessantesten hier wiedergeben werde. Die Rekonstruktionen sind alle bei derselben Vergrösserung ent- worfen, in den beigegebenen Figuren sind jedoch die Bilder der älteren etwas verkleinert. Zur Orientierung werde ich jeweilen ganz kurz einige Angaben über die Organentwickelung voraus- schicken. Die Massangaben beziehen sich alle auf Embryonen im gehärteten Zustande. 1. Maulwurfsembryo von 53 mm Länge. (Fig. 1.) Die Lungenanlage weist beide Bronchen auf. Der rechte Bronchus hat schon eine seitliche Abzweigung. Die Nieren- anlage steht mit dem Wolifschen Gange in Verbindung, ist noch kurz, das Kopfende des Ureters besitzt noch keine Ver- zweigungen. Die Urniere ist noch klein. Beide Aortenbogen sind gleich stark. Auch beide Umbilikalvenen sind noch er- halten. Die Kardinalvenen (Cd. u. Cs.) beginnen zu beiden Seiten der Art. sacralis media (As.). Dorsal von den Art. umbilicales werden sie doppelt. In etwa sechs Schnitten sehen wir einen stärkeren ventralen und einen kleineren dorsalen Ast. Die Nierenanlage liegt dabei mit ihrem kranialen, etwas verdickten Ende gerade vor der Art. umbilicalis (der späteren Art. iliac. communis). Gegen das Kopfende der Urniere treten beiderseits medial und ventral von den Oardinales kleine Venenlumina (x) auf, welche mit den Kardinalvenen sich verbinden. Die rechten lassen sich an die Lebergefässe heran verfolgen. Sie sind noch kapillär. Kopfwärts vereinigen sich die Cardinales mit den Jugularvenen zu den Ductus Cuvieri. Gegenüber jüngeren untersuchten Stadien, die ich hier nicht weiter verfolge, unterscheidet sich Fig. 1 durch die Spal- tung der Kardinalvenen im Bereiche und etwas kopfwärts von Anatomische Hefte. I. Abteilung. XXXL. Heft (10. Bd., H. 2). 21 312 J. ZUMSTEIN, den Art. umbilicales, ferner in der deutlich auftretenden Ver- bindung zwischen rechter Kardinalvene und den Lebergefässen. In der Leber selbst tritt noch kein deutlicheres Gefässlumen hervor, das man als Cava inf. ansprechen könnte, wie das beim ungefähr gleich alten Embryo vom Meerschweinchen (Nr. I, Fig. 5, Tafel XXIII, Heft 25) der Fall ist. 2. Maulwurfsembryo von ca. 4mm Länge (Fig. 2a u. b.) Die Bronchen zeigen mehr Verzweigungen als bei Nr. 1. Der linke Bronchus ist aber viel ärmer in der Ramifikation, als der rechte. Der Ureter ist schon verzweigt, sodass wir bereits von einem Nierenkörper sprechen können, der sich durch etwa 10 Schnitte erstreckt. Er liegt schon zum Teil über den Art. umbilicales oder iliacae communes. Die Urniere hat sich dabei wesentlich vergrössert, und ihr kaudales Ende wird von der heraufsteigenden Niere ventralwärts abgedrängt. Der rechte Aortenbogen ist stark zurückgebildet (Ar. d.). Zu beiden Seiten der Art. sacralis media (As.) haben wir die Anfänge der Kardinalvenen (Cs., Cd.). Diese gehen dorsal von den Art. iliacae communes (A. 1.) hindurch und lassen sich etwas verkleinert zur Seite der Aorta kopfwärts weiter verfolgen. Gerade über den Art. iliacae communes verbinden sie sich mit grossen Venen, die in der Urniere gelegen (Uv.), die sich mit ihrem unteren Ende ventral zur Aorta stellen. (Fig. 2b. stellt eine Seitenansicht der Venen in ihrer Lage zur Aorta dar.) Zwischen diese Urnierenvenen und die an die Aorta sich hal- tenden Fortsetzungen der Cardinales schiebt sich der Nieren- körper ein. Weiter kopfwärts kommt die Urnierenvene (Uv.) mehr und mehr an die Seite der Aorta zu liegen, anastomosiert mehr- fach mit der direkten Fortsetzung der Kardinalvene und ver- einigt sich zuletzt ganz mit ihr. Da wo die Kardinalvenen mit den Urnierenvenen sich zu vereinigen anfangen, kaudal von Über die Entwickelung der Vena cava inferior bei dem Maulwurfe ete. 313 der Art. mes. sup. (Am.), treten zwischen den Urnierenvenen mehrfache kleine Anastomosen (X X) auf, und aus der Gegend dieser Queranastomosen lassen sich von der rechten Urnierenvene Verbindungen zu den Lebergefässen durchverfolgen (bei x). Aus den Kopfenden der Urnieren setzen sich die Kardinal- venen rechts und links gleich stark zu den Jugularvenen (Id., Is.) fort, mit denen sie die Ductus Cuvieri bilden. Die Spaltung im kaudalen Teile der Kardinalvenen, wie wir sie beim vorhergehenden Embryo haben auftreten sehen, erfährt nun durch diesen die Erklärung. Der vordere, sich abspaltende Teil wird zur Urnierenvene. Da die Urniere beim Maulwurfe sehr gross ist, ist auch die Vene derselben viel grösser als wie beim Meerschweinchen. Die eigentliche Kardinal- vene tritt in den Hintergrund. Zwischen beiden Venen schlüpft nun die Niere hindurch. Beim Meerschweinchen ist die Ab- spaltung der Urnierenvene weiter nach vorn, kopfwärts, ver- legt, als wie beim Maulwurf. Beim Kaninchen sehe ich ein ähnliches Verhalten wie beim Maulwurfe. Gegenüber dem vor- hergehenden Embryo tritt hier ferner dieQueranastomose zwischen den beiden Urnierenvenen auf; ebenso wird die Verbindung zur Leber deutlicher. 3. 3 Maulwurfsembryonen von 4!h, 5 und 6 mm (Fig. 3). Ich fasse hier drei Altersstufen zusammen, bei denen die Rekonstruktionsbilder sich im wesentlichen decken. Bei dem kleinsten Embryo von 4!’ mm zeigen die Bronchen noch wenig Verzweigungen, während bei beiden anderen von 5 und 6 mm Länge eine ziemlich starke Verästelung auftritt. Alle drei zeigen einen deutlichen Nierenkörper, der sich beim kleinsten durch etwa 6 Schnitte, bei den grösseren bis durch 12 Schnitte er- streckt. Die Niere liegt dabei schon kopfwärts von den Art. iliacae communes, eingeschoben in jene Spaltung der Venae cardinales. 21* 314 J. ZUMSTEIN, Der rechte Aortenbogen ist bei allen drei Embryonen stark zurückgebildet, gerade vor dem Öbliterieren. Die Kardinalvenen (Cd., Cs.) beginnen zu beiden Seiten der Art. sacralis media (As... Bei dem Embryo von 5 mm sind dieselben schon im Bereiche des kleinen Beckens mehrfach ge- spalten. Bei allen dreien tritt aber dann gleichmässig eine Zweiteilung auf, dorsal und kopfwärts von den Art. iliacae communes (Ai.). In diese Veneninsel schiebt sich, wie schon erwähnt, der Nierenkörper ein. Der vordere, bedeutend stärkere Venenteil kommt gleich in die Urniere zu liegen, welche in ihrem kaudalen Teile durch die heraufsteigende Niere ventral- wärts abgedrängt wird. Die Urniere ist sehr gross, ihre Gefässe stark mit Blut gefüllt, cavernös. Kaudal von der Art. mesent. sup. (Am.) vereinigen sich die beiden Venenteile wieder mit einander, um dann im dorsalen Abschnitte der Urniere gelegen kopfwärts weiter zu ziehen zu den Venae jugulares (Jd., Is). Bei dem kleinsten der drei Em- bryonen ist die rechte Kardinalvene dorsal von der Leber bereits etwas verschmälert gegenüber der linken. Kaudal von der Art. mesent. sup. treten zuerst zwischen den dorsalen Teilen der Cardinales Anastomosen (X) auf, welche sich auch auf die beidseitigen Urnierenvenen erstrecken. Von dieser Querver- bindung, teils auch von der rechten Cardinalis gehen zahlreiche Verbindungen zu den Lebergefässen (X). Bei beiden grösseren Embryonen lässt sich aber noch keine Cava infer. in der Leber feststellen, während bei dem kleineren Embryo am dorsalen Leber- rande ein deutliches Gefässlumen auftritt, das weiter kopfwärts den Ductus venosus aufnimmt, kaudalwärts sich an die rechte Kardinalvene heranverfolgen lässt als Beginn der Cava inferior. Die Abspaltung der Urnierenvene von der Kardinalvene kaudal von der Art. mesent. sup. tritt deutlicher hervor. Der dorsale Teil, der sich an die Seite der Aorta hält, wird verhält- nismässig klein, der grösste Teil des Venenblutes scheint durch Über die Entwickelung der Vena cava inferior bei dem Maulwurfe ete. 315 die Urnieren zu fliessen. Die Queranastomose ventral von der Aorta wird stärker, ebenso die Verbindung hinauf zur Leber, wo sich bereits eine Cava inferior zu bilden beginnt, während gleichzeitig die rechte Cardinalis sich verschmälert. 4. Maulwurfsembryo von 6 mm Länge (Fig. 4). Die Nierenanlage ist bedeutend grösser als bei den vorigen Embryonen, sie erstreckt sich durch 20 Schnitte. Die Urniere hat sich noch weiter vergrössert, deutlich tritt an ihr der Keim- wulst hervor. Der rechte Aortenbogen ist gerade am Ver schwinden. Kopfwärts von den Art. iliacae communes (Ai.) werden die Kardinalvenen (Üd., Cs.) wieder von dem Nierenkörper gespalten in einen kleineren dorsalen und in einen stärkeren ventralen Teil. Dieser letztere kommt in die Urniere zu liegen. Am Kopfende der Niere vereinigen sich die gespaltenen Venen wieder, zugleich treten hier quere Anastomosen (X X) vor der Aorta durch auf, die noch netzförmig sind. Aus dieser Quer- verbindung in der Fortsetzung des dorsalen Teiles der rechten Cardinalis geht ein verhältnismässig starker Stamm hervor (Ci.) an die Leber, lässt sich durch diese durchverfolgen, an deren dorsalem Rande gelegen nimmt er den Ductus venosus (Dv.) und Lebervenen auf. Symmetrisch zu dieser, rechts vor der Aorta gelegenen Vena cava inferior, so können wir sie schon bezeichnen, geht auch links aus der Querverbindung unterhalb der Art. mesent. sup. (Am.) ein kopfwärts ansteigendes Gefäss hervor, das sich nach 15 Schnitten verliert, die spätere Vena suprarenalis sin. (Sr.) Die Fortsetzungen der Cardinales nach vorn sind ungleich stark, die rechte hat sich um die Hälfte verschmälert. Sie ver- binden sich mit den entsprechenden Iugularvenen (Jd., Js.) zu den Ductus Cuvieri. a 316 J. ZUMSTEIN, Die Spaltung im kaudalen Abschnitte der Kardinalvenen hat sich erhalten, durch die Spalte schlüpft die Niere. Die Quer- anastomose vor der Aorta unterhalb der Art. mesent. sup. tritt deutlicher hervor und die Cava inferior differenziert sich auch ausserhalb der Leber. Dabei wird die rechte Cardinalis kopf- wärts schwächer. 5. Maulwurfsembryo von ca. 7 mm Länge (Fig. 5). Der rechtsseitige Aortenbogen ist zum grössten Teil oblitteriert. Die Niere ist aber noch nicht durch die Kardinalvene durchge- schlüpft, sondern liegt noch zwischen dem dorsalen und ventralen Schenkel derselben. Am kaudalen Ende scheint sich die Ver- bindung zwischen den beiden Teilen der Kardinalvene etwas zu lockern. Der dorsale Teil hält sich an die Aorta, der ventrale Teil liegt in der Urniere, und löst sich darin zum Teil auf. Am Kopfende der Niere vereinigen sich der ventrale und dorsale Schenkel der Cardinalis wieder und gleich tritt dann eine starke Anastomose auf zwischen den Venen der rechten und linken Seite, vor der Aorta durch. Links lässt sich die Kardinalvene kopfwärts etwas verkleinert bis zur Vena jugularis sinistra durchverfolgen. Die rechte Cardinalis ist jedoch stellenweise nicht mehr festzustellen, namentlich dorsal von der Leber. Die Verbindung zur Leber, die Cava inferior (Ci.) ercheint wie eine Fortsetzung der rechten Urnierenvene, des ventralen abgespaltenen Teiles der rechten Cardinalis. Links geht noch aus dem Querstück eine Vene kopfwärts, die spätere Vena suprarenalis sin. (Sr.), die Nebenniere ist jedoch noch nicht deutlich differenziert. Wir haben hier eine noch weitergehende Zurückbildung des Kopfteiles der Kardinalvenen zu konstatieren, währenddem die Cava inferior deutlicher hervortritt. Die Niere ist aber noch nicht zwischen dorsalem und ventralem Teil der Cardinalis durch- gewandert. >] Über die Entwickelung der Vena cava inferior bei dem Maulwurfe ete. 317 6. Maulwurfsembryo von 6!/»2 mm (Fig. 6). Die Niere ist durch die Spalte der Kardinalvenen durchge- wandert an deren laterale Seite. In der Spalte der Cardinales liegt der Ureter. Die Spalte selbst hat sich verkleinert. Denn die Trennung der Cardinales in den dorsalen und ventralen Ab- schnitt erhält sich nur durch sechs Schnitte, während sie früher grösser war. Dafür ist die Querverbindung zwischen den beid- seitigen Venen sehr mächtig geworden und aus ihr gehen kopf- wärts hervor rechts: eine sehr klein gewordene Kardinalvene (Cd.) und ein sehr starker Stamm als Oava inferior (Ci.) zur Leber, links die linke Kardinalvene (Cs.) und die spätere Vena supra- renalis sinistra (Sr.). Die Niere wandert also durch die Kardinalvene durch an deren laterale Seite. Die Queranastomose kaudal der Art. mesent. sup. ist ein grosses einheitliches Gefässlumen geworden, und die Verbindung zur Leber, die Cava inferior, ist mächtig entwickelt, wäh- rend die Kardinalvenen kopfwärts sich zurückzubilden beginnen. 7. Maulwurfsembryo von 7!/j mm Länge (Fig. 7). Die Niere erstreckt sich durch 22 Schnitte. Der W olffsche Körper ist, gegenüber dem vorausgehenden Stadium, kaum ver- grössert; Geschlechtsdrüse deutlich. Aortenbogen einfach. Die beiden Kardinalvenen nähern sich vor der Art. sacralis media kaudal von der Teilung der Aorta fast bis zur Berührung. Dann gehen sie dorsal von den Art. iliacae communes (A1.) hindurch und rücken allmählich ventral vor die Aorta. Kleinere Abzweigungen bleiben hinten neben der Aorta. Lateral von den Kardinalvenen liegen die Urnieren, deren Venen vereinigen sich mit den Cardinales. Während bis dahin die Urnierenvenen gross und mächtiger gewesen sind, als die neben der Aorta gelegenen Venen, sind sie jetzt klein geworden. Zwischen der Kardinalvene und deren Verbindung zur Urniere geht der Ureter (Ur.) hindurch. Gleich nachher verbinden sich die beiden Cardinales vor der Aorta. 318 J. ZUMSTEIN, Aus der Vereinigungsstelle lassen sich links durch etwa sechs Schnitte zwei Venenlumina kopfwärts verfolgen, das eine zur Seite der Aorta (Cs.) offenbar Überrest der linken Cardinalis, dasandere ventral vor der Aorta, die spätere Vena suprarenalis. (Sr.) Rechts gehen ebenfalls zwei Venen aus dem Querstück hervor, die eine zur Seite der Aorta ist auf die rechte Cardinalis (Cd.) zurückzuführen, die vordere starke Vene führt zur Leber als Cava inferior (Ci.). Die kranialen Enden der beiden Kardinalvenen sind sehr stark zurückgebildet, links etwas weniger wie rechts (Cd., Os.) vereinigen sich mit den entsprechenden Jugularvenen (Jd., Js.). Ventral vor dem Querstück, das die beiden Cardinales unter- halb der Art. mesent. sup. verbindet, erscheinen noch weitere Venenlumina, die sich mit dem Querstücke bald verbinden. Sie stammen her aus den ventralen Partien der Urnieren, die sich hier einander sehr genähert haben. Diese Venen lassen sich nur durch vier bis fünf Schnitte verfolgen; sie sind in Fig. 7 nicht wiedergegeben. Wir sehen bei diesem Embryo gegenüber den früheren eine Annäherung der Kardinalvenen kaudal von der Teilung der Aorta. Dann hat sich der zur Seite der Aorta gelegene Teil der Kardinalvene sehr vergrössert, währenddem die Urnieren- ‘ vene stark abgenommen hat, sodass sie als kleiner Seitenast der Oardinalis erscheint, während sie früher bedeutend die Cardinalis an Mächtigkeit überragte. Zwischen Urnierenvene und Cardinalis passiert der Ureter (Ur.) durch. Vor der Quer- anastomose der Cardinales treten noch Venenlumina auf, wie solche beim Meerschweinchen und auch beim Menschen von mir nicht beobachtet worden. Sie stammen aus der Urniere. 8. Maulwurfsembryo von 10 mm Länge (Fig. 8a u. b). Die Niere ist gross geworden. Die Nebenniere grenzt sich deutlich ab. Die Urniere scheint gegenüber früheren Stadien etwas verkleinert zu sein. . Taf. 2) gq Heft 32 (10.Bd.H. Lz J. Abtheilun nische Hefte _Änato, Ur----- S z, Werzöurg. r tert .Drucch I kgl. Univers-Druckerei v.11.5 Verlag von J.F. Bergmann, Weesbader.. _Anatomische Hefte T. Abtheilung Heft 32 ( 10.Bd.H.2.) Taf: MM. 1 4 e N Verlag von IF. Bergmann, Weesbadern. Lihzu.Druck 4 kgl. Univers-Druckerei vH Sttrtz , Weirzburg- Taf: WERTERRTENETE 3 TVeroprestsmeErnte Eichzu.Druck.d. kgl. Univers-Druckerei vH Stirtz ‚Veirzburg: nische Hefte I. Abtheilung Heft 32 (10.Bd.1.2) Ca.. Ra. Tee Zu beiden Seiten der Art. sacralis media (As.) liegen wieder die Kardinalvenen (Cd., Cs.). Sie nehmen die Venae ischiadicae und Femorales auf und kaudal von der Teilung der Aorta ver- binden sich die beidseitigen Venen ventral von der Art. sacralis media, doch erst in zwei Schnitten. Dann steigen sie dorsal von den Art. iliacae communes kopfwärts, verbinden sich mit den Venen der Urniere gerade über der Art. iliac. com. und weiter vorn nochmals (bei Uv.). Zwischen beiden Verbindungen geht der Ureter durch. Kaudal von der Art. mesent. sup. (Am.) tritt wieder die Querverbindung der Cardinales auf. Ventral von dieser Querverbindung tritt noch ein quer gestelltes Venenlumen auf, mit je zwei kurzen kaudal und kranial gerichteten Schenkeln (Fig. 8b). Die kaudalen Schenkel kommen aus der Urniere, die kranialen Schenkel verbinden sich rechts mit den Leberge- fässen direkt, links mit dem kranialen Schenkel der Querana- stomose der Venae cardinales, also mit der Vena suprarenalis sin. (Sr.). Aus der Verbindung der Kardinalvenen geht rechts die Vena cava inf. (Ci.) zur Leber. Eine direkte Beziehung der Cava zu den ventral vor ihr gelegenen Venae revehentes der Urniere konnte ich nicht feststellen. Die kranialen Enden der Cardinales sind weniger zurück- gebildet als beim vorausgehenden Embryo, sie vereinigen sich mit den entsprechenden Jugularvenen (Id., 1s.). Es treten also hier die Kardinalvenen unterhalb der Teilungs- stelle der Aorta vor der Art. sacralis med. mit einander in Ver- bindung. Die Urnierenvene steht noch doppelt mit der Cardi- nalis in Zusammenhang; überdies treten aus der Urniere Venen mit denjenigen der anderen Seite in Verbindung, welche teils direkt in die Lebergefässe abfliessen, teils mit der linken Supra- renalvene sich verbinden. Diese Venen sind offenbar die Venae revehentes posteriores der Urniere nach Hochstetter, wie sie auch beim Kaninchen vorkommen. Dort aber stehen sie in Verbindung mit der Cava inferior. 320 J. ZUMSTEIN, 9. Maulwurfsembryo von 8V/zmm Länge (Fig 9). In Bezug auf die Entwickelung der Organe ist kein Unter- schied gegenüber dem vorigen, trotzdem der vorige Embryo etwas grösser ist. Die Verbindung der kaudalen Abschnitte der Kardinalvenen vor der Art. sacral. med. (As.) ist etwas breiter. Vier Schnitte kopfwärts tritt aber eine weitere Verbindung auf, dorsal von der Art. sacralis media, diese löst sich erst hinter der Teilungstelle der Aorta wieder. In diese Vereinigung der Venen münden Venen aus dem kleinen Becken und die Venae femorales, dazu noch kleine Venen aus dem kaudalen Ende der Urniere (Uv.). Aus dieser Verbindung steigen rechts und links die Venae cardinales kopfwärts zur Vereinigung vor der Aorta, rechts sehr stark, links doppelt und schwächer. Kaudal von der Anastomose, ventral vor der Aorta münden weitere kleinere Venen aus den Urnieren in die Cardinales und aus der Queranastomose steigen dann kopfwärts rechts die Vena Cava inferior (Ci.) zur Leber, links die Vena suprarenalis (Sr.) zur Nebenniere. Die Kopfenden der Cardinales sind verhältnis- mässig gut erhalten (Cd., Os.). Gleich wie beim vorigen Embryo treten aus den ventralen Teilen der Urniere Venen hervor, ganz analog wie Bild 8b. Sie vereinigen sich hier mit dem Quer- stücke der Venae cardinales. Neu tritt hier auf die Verbindung der Kardinalvenen dorsal von der Aorta. Dazu werden die links von der Aorta aufsteigenden Teile der linken Cardinalis kleiner, während die rechten Ab- schnitte das Übergewicht erhalten. 10. Maulwurfsembryo von 12mm Länge (Fig. 10). Die Nieren sind gross, die rechte schiebt sich zum Teil in die Leber hinein. Die Urniere ist noch ziemlich gross. Der Müllersche Gang ist in Entwickelung. Über die Entwickelung der Vena cava inferior bei dem Maulwurfe ete. 321 Die kaudalen Abschnitte der Kardinalvenen (Cd., Cs.) ver- einigen sich breit vor der Art. sacralis media (As.) und nehmen zugleich Venen des kleinen Beckens auf. Nachdem sie sich dann durch fünf Schnitte wieder getrennt hatten, treten sie dorsal der Art. sacralis media wieder zusammen und diese Vereinigung erhält sich nun bis hoch himauf hinter die Aorta. Ihr Kopf- ende ist in Fig. 10 punktiert angegeben (X). Aus dieser dorsalen Venenvereinigung gehen links und rechts Venen hervor. Die rechte Vene, rechts von der Aorta ansteigend, ist sehr stark, die linken sind mehrfach und schwächer. (In Fig. 10 ist nur eine angegeben.) Es setzt sich aber noch eine Vene dorsal von der Aorta kopfwärts fort aus der dorsalen Vereinigung. Ihr Anfang ist ebenfalls punktiert angedeutet (bei X‘). Die linken und die rechten Venen vereinigen sich nun gleich ventral vor der Aorta wieder, und aus dieser Vereinigung geht rechts die Cava inferior (Ci.) zur Leber, links die Vena suprarenalis (Sr.) zur linken Nebenniere und auch vor der Aorta steigen noch zwei Venenlumina kopfwärts, wie sie neben der Art. mesent. sup. (Am.) auch angedeutet. Die Nierenvenen, die hier zum erstenmal deutlich zu ver- folgen sind, münden zu beiden Seiten in die Querverbindung vor der Aorta (Rd., Rs.). Die Urnierenvenen verbinden sich gerade über den Art. iliacae communes mit den Cardinales, dann ein zweites Mal unterhalb, kaudal von dem Querstück vor der Aorta (Uv.). Die Venen ventral vor dem Querstück der Cardinales treten auch hier wieder auf, in gleicher Weise wie bei den vorausgehenden Embryonen, nur lässt sich ihr Abfluss nicht mit Sicherheit fest- stellen. Die kranialen Enden der Cardinales treten hinter der Leber wieder deutlich auf und münden in die Jugularvenen. Die Verbindungen der Kardinalvenen ventral der Art. sacral. media, dann dorsal von ihr werden sehr breit. Die linke Cardinalis bildetsich weiterzurück. Estreten die Nierenvenen deutlich hervor. 322 J. ZUMSTEIN, 11. Maulwurfsembryo von 15 mm Länge (Fig. 11). Die rechte Niere ist fast ganz von der Leber umlagert, wie dies bei dem erwachsenen Tiere der Fall ist. Die Urniere ist bedeutend verkleinert. Die Müllerschen Gänge sind voll- ständig ausgebildet neben den W olffschen Gängen. Vor der Art. sacral. med. vereinigen sich die Kardinalvenen wieder mit einander. Diese Vereinigung setzt sich nach oben fort hinter die Aorta. In diese Vereinigung ergiessen sich die Venen des kleinen Beckens, die Venae hypogastricae und die Venae femorales. Durch die Venenverbindung bohrt sich die Art. sacr. media hindurch. Aus der Venenvereinigung geht dann rechts die Cava inferior hervor. Diese nimmt gleich die Vena sperm. int. (Sp.) dextra auf. Links setzt sich auch eine Vene kopfwärts fort, aber nur durch wenige Schnitte (Cs.). Ferner mündet links die Vena spermatica interna sin. (Sp.) ein. Kopfwärts von der Vena sperm. int. dextr. mündet die rechte Renalvene (Rd.) und ihr gegenüber, vor der Aorta verlaufend, vereinigt sich die linke Renalvene (Rs.) mit der Cava inferior. Die linke Renalvene nimmt die Vena suprarenalis sinistra (Sr.) auf. Von der Gegend der Einmündung der Renalvenen an schiebt sich die Cava inferior allmählich ventral vor die Aorta. Zur rechten Seite der Aorta lässt sich aber noch ein Venenlumen (Cd.) kranial durch etwa 20 Schnitte weiter verfolgen. Es mag dies Stück wohl auf die Kardinalvene bezogen werden. Zwischen dieser dorsal gelegenen Vene Cd. und der Vena cava inf. geht die rechte Renalarterie hindurch. (In Fig. 11 nicht angegeben.) Weiter kopfwärts, hinter der Leber, treten zu den Seiten der Aorta wieder kleine Venen auf, die rechte vereinigt sich höher oben mit der linken, indem sie dorsal von der Aorta durchgeht; die rechte ist die Vena azygos (A), die linke die Vena hemiazygos (H.), beides offenbar die kranialen Enden der Über die Entwickelung der Vena cava inferior bei dem Maulwurfe ete. 323 Kardinalvenen. Die beiden Jugularvenen haben sich zur Cava superior vereinigt, und das Herzende der linken ist fast ganz oblitteriert. Nur das ganz unterste Ende. hat sich noch erhalten (Js) und in dieses mündet die Hemiazygos, und zusammen ergiessen sie sich in den rechten Vorhof. Die Venen gleichen schon denjenigen des erwachsenen Tieres. Die linke Kardinalvene hat ihre Verbindung zum Querstück unterhalb der Art. mesent. sup. aufgegeben. Es bleibt aber der Teil, der kranial von der Art. iliac. com. sin. gelegen, bestehen, er nimmt die Vena sperm. int. sinistra auf, und diese ist wegen ihrer Lage zum Ureter auf die vordere, kopfwärts gelegene Verbindung der Urnierenvenen mit den Cardinales zurück- zuführen. Der Ureter geht bei Fig. 8, 9 und 10 zwischen den beiden Urnierenvenen (Uv.) und den Cardinales (Cd., Cs.) hin- durch. Die kaudale Urnierenvene liegt dabei dorsal zum Ureter, die kraniale Urnierenvene ventral und mehr kopfwärts. Ebenso liegt bei diesem Embryo die Vena spermatica (Sp.) ventral zum Ureter. Die Urnierenvenen Venae revehentes post., die ventral vor der Querverbindung der Kardinalvenen aufgetreten waren, sind hier wieder verschwunden. Die Cava superior hat sich gebildet, die linke Jugularis ist in ihrem kaudalen Abschnitt zum Teil verschwunden, bis auf das am Herzen gelegene Ende, das die Vena hemiazygos (kraniales Ende der linken Cardinalis) zum Herzen führt. 12. Maulwurfsembryo von 30 mm Länge (Fig. 12). Die Lage der Eingeweide ist im grossen und ganzen die gleiche wie beim erwachsenen Tiere. Die Venae sacrales mediae (kaudalen Enden der Cardinales) sind ganz unten im kleinen Becken doppelt, anastomosieren häufig mit einander (in Fig. 12 nicht angegeben). Nach oben vereinigen sich beide zu einer einzigen Vene. Diese liegt zuerst 324 J. ZUMSTEIN, gerade vor der Art. sacralis media, dann kommt sie mehr und mehr an deren rechte Seite. Es verbinden sich nun mit ihr die Venae hypogastricae, epigastricae und femorales, indem die linken und rechten vor der Art. sacral. media -zusammenfliessen, gerade unterhalb der Art. iliacae communes. Links und rechts gehen aus der Vereinigung zwei kopfwärts steigende Venen hervor, die sich aber bald wieder mit einander verbinden, dorsal von der Aorta, indem sie links und rechts die Aorta überragen. Links mündet die Vena spermat. int. sin. ein, rechts die Vena spermat. int. dextra (Sp.). Dann schiebt sich die Vene allmäh- lich an die rechte Seite der Aorta, als Cava inferior (Ci.). Höher oben vereinigen sich in ungefähr gleicher Höhe die beiden Renalvenen (Rs., Rd.) mit der Cava inferior, die linke führt das Blut der linken Nebennierenvene (Sr.) mit. Die rechte Renal- arterie geht etwas höher aus der Aorta hervor als die linke. Da wo die linke Nierenvene sich mit der Cava verbindet, geht noch eine Vene in die Cava inf., welche dorsal von der Aorta aufsteigend durch etwa 20—25 Schnitte verfolgt werden kann. Diese ist vielleicht noch auf die linke Cardinalis zurückzuführen (Cs.). Azygos (A.) und Hemiazygos (H.) verbinden sich mehr- fach hinter der Aorta durch mit einander. Die Azygos entleert sich hauptsächlich nach der Hemiazygos, nur ein kleiner Ast geht zur Cava superior (C. sup.). Die Hemiazygos verbindet sich nach oben mit dem Herz- ende der linken Jugularvene (Js.), die kopfwärts teilweise oblitte- riert ist, und geht mit ihr zum rechten Vorhofe. Ergebnisse. Die Urniere des Maulwurfs ist bedeutend stärker entwickelt als die des Meerschweinchens. Die Maulwurfsembryonen sind aber verhältnismässig klein im Vergleiche mit den entsprechen- den Entwickelungsstadien des Meerschweinchens. Auffallend Über die Entwickelnng der Vena cava inferior bei dem Maulwurfe etc. 335 klein ist besonders der Abstand von der Arteria mesent. superior bis zur Teilung der Aorta in die beiden Iliacae communes. Gerade in diesem Bereiche spielen sich aber sehr wichtige Ver- änderungen in den Venen ab. Es erfordert deshalb das Studium der Venenumbildungen beim Maulwurfe viel grössere Aufmerk- samkeit, als wie beim Meerschweinchen, bei welchem dıe Ver- hältnisse einfacher und leichter zu verfolgen sind. Im grossen und ganzen sind jedoch bei beiden die Vorgänge zur Bildung des definitiven Venenbildes gleich, einige Abweichungen kommen jedoch vor. Schon sehr früh leiten sich beim Maulwurfsembryo Verbind- ungen ein zwischen rechter Kardinalvene und den Leberge- fässen. Gleichzeitig verbinden sich die beiden Kardinalvenen kaudal von der Art. mesent. sup. mit einander. Durch Erweiterung dieser ursprünglich nur kapillären Verbindung zwischen Leber und Cardinalis dextra bildet sich die Cava inferior. Die Er- weiterung der Blutbahn zur Leber erfolgt sehr rasch, es wird dadurch das Blut der rechten Cardinalis zur Leber abgeleitet, ihr kopfwärts gelegener Teil bildet sich zurück, oblitteriert stellen- weise ganz. Durch die Queranastomose bei der Art. mesent. sup. wird auch das Blut der linken Cardinalis zur Leber abge- leitet. Die linke Cardinalis erhält sich jedoch länger als wie beim Meerschweinchen. Denn dort (Fig. 9 u. 10) bildet sie sich schon zurück, bevor eine ganz deutliche Querverbindung auf- getreten ist. Später erst tritt dann hinten, bei der Teilung der Aorta ventral vor der Art. sacralis media eine Verbindung der beiderseitigen Cardinales ein, gleich aber auch noch eine weitere Verbindung dorsal von der Teilungsstelle der Aorta. Die Art. sacralis media schlüpft dann gewissermassen durch ein Loch dieser grossen Venenvereinigung. Durch diese kaudalen Venenverbindungen wird das Blut der linken Kleinbeckenvenen und der linken Femoralis nach rechts hinübergeleitet, die linke Cardinalis kann sich nun auch 326 J. ZUMSTEIN, hier hinten zurückbilden und sie giebt ihre Verbindung kopf- wärts zur Queranastomose bei der Art. mesent. sup. auf. Da sie aber das Blut der linken Vena spermat. aufnimmt, kann ihr kaudaler Abschnitt gegen die hinten gelegenen Verbindungen nicht verschwinden. Es wird denn wohl dies links neben der Aorta vorspringende Stück der Cava inferior noch auf die linke Kardinalvene zurückzuführen sein. In die Querverbindung bei der Art. mesent. sup. mündet die linke Vena renalis und die Vena suprarenalis sinistra. Sie wird also zu einem Teil der Vena renalis sinistra. Ihr gegen- über mündet die rechte Nierenvene in die Cava inferior. Kaudal von der Art. mesent. sup. bilden sich in den Kar- dinalvenen des Maulwurfs frühzeitig Spaltungen in ventral und dorsal gelegene Teile. Die dorsalen Venen halten sich an die Seite der Aorta, behalten also die Lage der ursprünglichen Car- dinales bei. Die ventralen Abspaltungen sind ursprünglich die stärkeren, entfernen sich aber von der Aorta, indem sie in das kaudale Ende der Urniere zu liegen kommen und hier in sehr innige Beziehung mit derselben treten. Der Zusammenhang beider Venen wird aber gewahrt, so- wohl kaudal wie kranial. So lange die Urniere noch im Wachstum begriffen ist, ist die ventrale Vene bei weitem die stärkere. Der grösste Teil des Blutes aus den hinteren Enden der Kardinal- venen wird offenbar durch die Urnieren geleitet. Sobald die Urniere ihr weiteres Wachstum einstellt, treten die dorsalen Venen wieder in Geltung (Fig. 7). Die aus den Kardinalvenen abgespaltenen ventralen Teile werden sehr klein. Sie lösen hinten ihre Verbindung zur Cardinalis, ihre vordere Verbindung wird zur späteren Vena spermatica interna. Mit der Rückbil- dung dieser ventralen Äste der Kardinalvenen treten am ven- tralen Rande der Urmiere neue Venenlumina auf, welche mit denen der anderen Seite sich verbinden. Sie liegen ventral vor der Queranastomose der Cardinales, münden teils in dieselbe, Uber die Entwickelung der Vena cava inferior bei dem Maulwurfe ete. 327 teils rechts direkt in die Lebergefässe, oder auch links in die spätere Vena suprarenalis. Diese Gefässe scheinen später wieder zu verschwinden bei der Rückbildung der Urniere. Ich habe sie weder beim Meerschweinchen noch beim Menschen beobachtet, wohl aber beim Kaninchen. Es sind wohl die von Hoch- stetter als Venae revehentes posteriores der Urniere bezeich- neten Venen. Über die Entwickelung der unteren Hohlvene beim Kaninchen. Da die Ergebnisse meiner bisherigen Untersuchungen mit den Angaben von Hochstetter nicht vollständig übereinstimmen, so untersuchte ich auch noch das Kaninchen auf die Entwickel- ung der unteren Hohlvene. Vom Kaninchen stehen mir 15 Quer- schnittsserien zur Verfügung. Ich fertigte auch in gleicher Weise wie bei den früher untersuchten Tieren Rekonstruktionen an, von welchen ich hier sechs aus verschiedenem Alter und von ziemlich verschiedenem Venenverhalten kurz beschreiben werde. Die Resultate stimmen ziemlich mit denen von Hochstetter überein. Es gilt für die hier wiedergegebenen Rekonstruktions- figuren das Gleiche wie für die des Maulwurfs und des Meer- schweinchens. In Bezug auf das Venenverhalten beim erwachsenen Tiere verweise ich auf die Angaben von Hochstetter. Bei einem alten männlichen Kaninchen fand ich eine links von der Aorta gelegene Cava inferior. Bild 13 giebt eine Skizze von dem Venenverhalten. Mit der Vena sacralis media oder caudalis (S.) vereinigen sich die beiden Venae hypogastricae (Hy.) zu einem Stamme, der etwas vor und links von der Arteria sacralis media (As.) gelegen ist. In diesen Stamm münden die beiden Venae femorales (Fd., Fs.) zur Cava inferior (Ci.), die nun links von der Aorta zur Nierengegend emporsteigt. Es treten Anatomische Hefte. I. Abteilung. XXXII. Heft (10. Bd. H. 2). 22 328 J. ZUMSTEIN, an die Cava inferior heran zuerst die Vena spermatica interna sinistra (Sp., s.), dann eine Vena lumbalis posterior transversa sinistra (L. tr. p.s.) (nach Hochstetter), weiter vorn die Vena renalis sinistra (R. 8). Diese nimmt eine kieine linke Neben- nierenvene auf (Sr.) und die Vena lumbalis transversa anterior sinistra (L. tr. a. s),. Dann geht die Cava vor der Aorta durch, nach rechts hinüber und nimmt die Vena spermat. int. dextra auf (Sp. d.), in welche die Vena lumbalis transversa posterior dextra (L. tr. p. d.) eingemündet hat. Kranial von der rechten Vena spermat. vereinigt sich die rechte Nierenvene (R. d.) mit der Cava inferior und diese setzt sich dann wie eine normale Cava zur Leber fort. Von den nun folgenden Embryonen kann ich keine genauen Altersbestimmungen angeben, da sie schon vor Jahren und nicht. zum Zwecke vorliegender Untersuchung gesammelt worden. Ich werde deshalb jeweilen nur die grösste Länge angeben und kurz einige Notizen über den Entwickelungszustand beifügen. Ich habe auch noch jüngere Kaninchen-Embryonen untersucht, als die hier beschriebenen. Da dieselben für die Entwiekelung der Cava inferior keine Bedeutung haben, lasse ich sie hier weg. 1. Kaninchenembryo von 7! mm Länge (Fig. 14). Die Nierenentwickelung ist noch nicht über die Bildung des Ureters hinaus, dessen freies Ende ist etwas verdickt. Die Ur- niere ist noch verhältnismässig klein und liegt ventral zu den beiden Kardinalvenen. Beide Aortenbogen sind noch in gleicher Stärke vorhanden. Zu beiden Seiten der Aorta liegen die Kardinalvenen (Cd., Cs.). Sie beginnen zu beiden Seiten der Art. sacralis media (As.) und verlaufen dorsal von den Art. umbilicales (Au.) kopfwärts zu den Venae jugulares (Jd., Js.), mit welchen sie sich zu den Ductus Cuvieri (D.C.) vereinigen. Beide Cardinales sind ungefähr gleich- stark. Von jüngeren Stadien unterscheidet sich dieser Embryo Über die Entwickelung der Vena cava inferior bei dem Maulwurfe ete. 329 dadurch, dass sich von den Lebergefässen kaudalwärts (aus der Leber heraus) zu der rechten Kardinalvene ein deutliches 'Ge- fässlumen verfolgen lässt, das sich mehrfach mit der rechten Cardinalis verbindet (bei X). Diese Verbindung der Leberge- fässe zur rechten Cardinalis ist wohl als der Beginn der Ent- wickelung der späteren Cava inferior aufzufassen. 2. Kaninchen-Embryo von 10mm Länge (Fig. 15). Der Ureter zeigt die ersten Verzweigungen. Die Urniere ist gegenüber dem vorausgehenden Embryo stark vergrössert. Der Keimwulst ist noch klein. Beide Aortenbogen sind noch gleich stark. Zu beiden Seiten der Art. sacralis media (As.) befinden sich die kaudalen Anfänge der Kardinalvenen (Cd., Cs.). Diese gehen wie gewöhnlich dorsal von den Art. iliacae communes (Ai.) durch. Gerade hinter diesen Arterien sehen wir in den Cardinales eine Spaltung (bei X) auftreten. Ein stärkerer ventraler Teil löst sich vom schwächeren dorsalen Stücke, welches an der Seite der Aorta gelegen ist, während ersterer sehr innige Beziehungen zum kaudalen stark vergrösserten Urnieren-Abschnitte zeigt. Die Trennung erhält sich durch etwa 12 Schnitte, dann ver- einigen sich beide Teile wieder. Gegen diese Venenspalte wächst die Nierenanlage, um dann offenbar dort durchzuschlüpfen, wie im folgenden Stadium zu sehen ist. Kopfwärts von dieser Stelle (X) treten ventral vor der Aorta aus der Urniere kommend, zwei Venen auf, die sich bald mit einander vereinigen (Rv.). Nach ihrer Vereinigung treten sie an die rechte Cardinalis heran, gerade an der Stelle, wo diese einen stärkeren ventralen Ast zur Leber abgiebt (Ci.). Die rechte Cardinalis zieht kopfwärts zur rechten Jugular- vene (J. d.). Die aus der Urniere kommenden ventralen Venen werden vonHochstetter als Venae revehentes post. der Urniere bezeichnet. Sie verbinden sich in der Höhe der Art. mesent. 22* 330 J. ZUMSTEIN, sup. (Am.) auch mit der linken Cardinalis und senden noch einen Zweig links vor der Aorta kopfwärts. Die linke Cardinalis (Cs) hat noch ihr früheres Kaliber beibehalten. Es tritt also bei diesem Embryo eine Spaltung im kaudalen Abschnitte der Cardinales auf. Der ventrale stärkere Teil hält sich an die Urniere, der dorsale Teil bleibt zur Seite der Aorta. Aus der Urniere treten neue Venen auf, ventral zur Aorta ge- legen, die Venae revehentes, die sich bald vereinigen und ihr Blut gegen die rechte Cardinalis abgeben, respektive gegen die Leber zu, indem sich hier nun die Verbindung von der Leber zur rechten Cardinalis mächtig vergrössert hat. Dadurch kann nun das Blut der rechten Cardinalis zur Leber abfliessen, und die Kardinalvene bildet sich in ihrem kranialen Abschnitte zurück. Von den Venae revehentes der Urniere leiten,sich auch Verbindungen ein zur linken Kardinalvene. 3. Kaninchenembrvo von 11—12 mm Länee (Fie. 16). a Oo Oo Hier hat sich ein deutlicher Nierenkörper entwickelt. Die Urniere ist sehr gross. Der Keimwulst ist aber noch klein, Der rechte Aortenbogen hat sich stark zurückgebildet. Zu den Seiten der Art. sacralis media liegen wieder die kaudalen An- fänge der Kardinalvenen (Üd., Cs.). Gegen die Art. iliacae com. (Ai.) hin verbreitern sie sich und steigen dorsal von ihnen kopf- wärts, indem sie sich wıeder gerade hinter den Arterien in einen ventralen stärkeren und in einen dorsalen-kleineren Ast spalten. Zwischen beiden liegt die Niere (bei X). Am Kopfende der Niere treten beide Venen wieder mit einander in Verbindung. Der ventrale Schenkel löst sich teilweise auf in der grossen Urniere. Aus der Urniere sammelt sich ein Teil des Blutes wieder in zwei Venen, welche ventral vor der Aorta gelegen sind, den Venae revehentes (R. v.). Diese vereinigen sich kopf- wärts, und gleich nach ihrer Vereinigung verbinden sie sich auch mit den beidseitigen Kardinalvenen. Aus dieser Venen- w. — Über die Entwiekelung der Vena cava inferior bei dem Maulwurfe ete. 3: vereinigung geht rechts die Cava inferior (Ci.) zur Leber, und neben der Aorta lässt sich noch eine kleine Vene kopfwärts verfolgen, ein Überrest der rechten Cardinalis, die sich nach vorn hin nicht mehr durchverfolgen lässt Nur das Kopfende ist noch erhalten, dieses mündet in die rechte Jugularvene (J. d.). Wir sehen aber diesen Überrest der Cardinalis dextra (bei X X) sich noch mit der Cava inferior verbinden. Links geht aus der Venenvereinigung unterhalb der Art. mesent. sup. eine ventrale Vene zur Nebenniere (Sr.); eine dorsale Vene, die sich an die linke Seite der Aorta hält, lässt sich bis an das Kopfende der linken Urniere verfolgen, es ist die linke Cardinalis (C. s.) Stellenweise ist sie aber vor der Urniere schon oblitteriert, nur das Kopfende tritt dann wieder deutlich hervor, und dieses ver- bindet sich mit der linken Jugularvene (J. s.). In der Spalte der Kardinalvenen, in der Gegend kranial von den Arteriae iliacae com. liegt die Niere. Aus der Urniere führen verhältnismässig grosse Venen einen Teil des Blutes in die Venenvereinigung kaudal von der Art. mesent. sup. Dieser Venenzusammenfluss ist gegenüber dem vorigen Embryo sehr stark ausgedehnt, und durch ihn wird nun auch das Blut aus der vom hinteren Körperende aufsteigenden linken Kardinal- vene zur Leber abgeleitet, sodass sich auch diese, ebenso wie beim vorigen die rechte Cardinalis, kopfwärts zurückbilden kann. Beide Cardinales sind denn auch stellenweise schon verschwunden, die rechte mehr als die linke. 4. Kaninchen-Embryo von 16-18 mm Länge. (Fig. 17). Die Niere zeigt einen deutlichen Körper. Die Urniere ist sehr gross, der Keimwulst immer noch klein. Die Nebenniere beginnt sich deutlich abzugrenzen. Der rechte Aortenbogen ist nicht mehr durchgängig. Kaudal von der Teilungsstelle. der Aorta in die beiden Iliacae communes (Ai.) vereinigen sich die beiden Kardinalvenen (Cd., Cs.) miteinander vor der Art. sacralis med. (As.) und nehmen hier die grossen Venae hypogastricae (Hy.) auf. Die Venae femorales sind noch nicht deutlich entwickelt. Aus der Ver- einigungsstelle gehen rechts und links die beiden Kardinal- venen dorsal von den Art. il. com. (Ai.) durch. Wenige Schnitte kopfwärts von den Art. iliacae com. werden die Cardinales durch sechs Schnitte doppelt, durch die Spalte passiert der Ureter (bei X). Der ventrale Teil der geteilten Cardinales zeigt innige Beziehungen zu den Urmnieren. In der Höhe der Vereinigung der beiden Teile der Kardinal- venen treten ventral vor der Aorta wieder die beiden Venae revehentes (Rv.) der Urniere auf. Ihre kaudalen Enden lassen sich an die Cardinales heranverfolgen. Diese Venae revehentes vereinigen sich bald miteinander und ergiessen sich so vereinigt in die sehr grosse Queranastomose zwischen den beidseitigen Kardinalvenen. Aus der Verbindung geht rechts die Cava inferior (C1.) zur Leber, links eine kleine Vene zur Nebenniere (Sr.). Auch zur Seite der Aorta lassen sich rechts wie links durch etwa 12 Schnitte kleine Venenlumma kopfwärts verfolgen, welche offenbar auf die Cardinales (Cd., Cs.) zu beziehen sind. Sie schwinden und erst weiter vorn treten dann zu beiden Seiten der Aorta wieder kleine Venen auf, die sich mit den Jugularvenen vereinigen, die Kopfenden der Cardinales (Cd., Cs.). Es tritt bei diesem Embryo gegenüber den vorher unter- suchten eine Verbindung der Kardinalvenen bei der Teilungs- stelle der Aorta auf. Dann ist die Niere ganz durch die Spalte in den Kardinalvenen gewandert, und in der Spalte liegt nur noch der Ureter. Der dorsale Teil der gespaltenen Kardinal- vene hat sich hier nun mächtig erweitert, während er bis dahin nur sehr klein war, dagegen ist der ventrale Teil (Urmierenteil) etwas zurückgebildet. Die Venae revehentes der Urniere sind vielleicht etwas stärker als beim vorigen, und lassen sich kaudal an die Kar- dinalvene heranverfolgen. Die Verbindung der rechten Cardi- nalis zur Leber, die Cava inferior hat sich mächtig vergrössert. Die vor dem Querstück gelegenen Fortsetzungen der Kardinal- venen haben sich noch weiter zurückgebildet und sind eine lange Strecke vollständig verschwunden, nur die vordersten kranialen Enden sind noch erhalten. 5. Kaninchen- Embryo von ca. 25 mm Länge (Fig. 18). Die Urniere ist im Vergleich zum vorhergehenden Embryo kleiner geworden. Die Müllerschen Gänge sind nur im Be- reiche der Urniere vorhanden (lassen sich noch nicht bis an den Sinus urogenitalis heranverfolgen). Die Keimdrüse ist grösser und deutlicher geworden. Zu beiden Seiten der Art. sacralis media (As.) liegen wieder die kaudalen Anfänge der Venae :ardinales (Cd., Cs.). Diese nehmen die Venae hypogastricae (Hy.) auf und vereinigen sich dann breit vor der Art. sacralis media (As.) durch etwa 40 Schnitte. Aus der Vereinigung gehen dann die Cardinales dorsal von den Art. iliacae communes (A1.) durch an die Seite der Aorta. Die linke Cardinalis ist hinter der Art. il. com. sin. bedeutend verschmälert, wird aber dann kranial wieder etwas stärker. Die Urnierenvenen, d. h. die ventral abgespaltenen Teile der Cardinales sind klein geworden und haben kaudal ihre Verbindung zur Cardinalis aufgegeben. Die rechte vereinigt sich mehr kranial mit der rechten Kardinal- vene, als die linke mit der linken Cardinalis (bei Sp.). Die Venae revehentes (Rv.) der Urniere sind noch da, ventral vor der Aorta gelegen, sind aber ebenfalls bedeutend verkleinert. Sie ergiessen sich in die Queranastomose zwischen den beiden Cardinales, kaudal von der Art. mesent. sup. (Am.). In der Gegend dieses Querstückes münden auch die beiden Nierenvenen ein (Rs., Rd... Aus der queren Verbindung geht rechts die Vena Cava inferior (Ci.) zur Leber. Ein dorsal gelegenes Venen- lumen geht in die Leibeswand. Links zieht eine Vene zur 334 J. ZUMSTEIN, Nebenniere und dorsal davon lässt sich gleichwie rechts ein Gefässlumen in die Leibeswand verfolgen (L. tr. a. d. u. L. tr. a. s.). Die Kopfenden der Cardinales, die anf der Figur nicht angegeben sind, vereinigen sich mit den entsprechenden Jugularvenen. Sie haben sich stark zurückgebildet. Die Anastomose der kaudalen Abschnitte der Kardinalvenen hinter der Teilungsstelle der Aorta wird sehr breit. Die linke Cardinalis beginnt sich kranial von dieser Vereinigung zurück- zubilden. Sie ist dorsal von der Art. iliaca com. sin. stark ver- schmälert. Die Urnierenvenen lösen sich kaudal von den Car- dinales los, zwischen ihnen und den Cardinales geht wie früher der Ureter durch. Die Venae revehentes sind stark verkleinert. Die Nierenvenen treten deutlich hervor. Die Kopfenden der Kardinalvenen bilden sich noch weiter zurück. 6. Kaninchen-Embryo von ca. 30 mm Länge (Fig 19). Die Nieren haben ihre spätere Lage eingenommen. Die Ur- nieren sind gegenüber dem vorausgehenden Embryo bedeutend kleiner geworden; die Keimdrüse ist gross. Die Müllerschen Gänge sind vollständig ausgebildet. Ihr Durchmesser ist aber im Vergleich zu den Wolffschen Gängen sehr klein. Diese zeigen ein verhältnismässig grosses und weites Lumen. Das Rekonstruktionsbild der Venen gleicht ziemlich dem des erwachsenen Tieres. Zu beiden Seiten der Art. sacralis media sind zwei Sakral- venen, die kaudalen Anfänge der Kardinalvenen (s=(Ud., Cs.). Diese vereinigen sich mit den Venae hypogastricae (Hy.) und gleich nachher treten die beidseitigen Venen zusammen, vor der Art. sacralis media (As.) In den vereinigten Venenstamm ergiessen sich weiter kranial die Venae femorales (Fs., Fd.). Aus dem ventral zur Art. sacral. med. gelegenen Venen- stamme geht links und rechts je eine Vene hervor. Diese steigen dorsal von den Art. il. com. (Ai.) kopfwärts, indem sie _Anatomische Hefte TI. Abtheitung Heft 32 ( 10.Ba.1.2. Taf: MV. 1 nd w % = . ri vor IF. Bergmann, Weesbader. Lehru.Druck I kgl. Umtvers-Druckerei v.H-Stirtz ‚Weirzburg- Tat. Anatomische Hefte I. Abtheilung left 32 ( 10.Bd.N.2.) Fig. 17. irtz ,Werzburg: Lid. Druck A kgl. Univers-Druckerei vH, ‚Verlag von IF. Bergmann, Weesbader. _Anatomische Ilefte I. Abtheitung Heft 32 ( 10.Bd.H.2.) Tel: XXWM. Gr: Verlag von IF. Bergmann, Weesbe.den. Lithiu.Druck. d kgl. Univers-Druckerei v H,Stirta ‚VRirzburg- Über die Entwiekelung der Vena cava inferior bei dem Maulwurfe ete. 339 to} von links und von rechts her eine grössere Vene, aus der Leibeswand kommend, aufnehmen. Diese aus der Leibeswand kommenden Venen sind offenbar die späteren Venae lumbales transversae posteriores (L. tr. p.). Die links von der Aorta auf- steigende Fortsetzung aus der Venenvereinigung vor der Art. sacr. med. verliert sich nach etwa 20 Schnitten, es ist der Über- rest der linken Kardinalvene (Cs.). Die rechts von der Aorta aufsteigende Vene, die Cardinalis dextra (Cd.), oder jetzt kaudaler Teil der Cava inferior, nimmt eine rechte Urnierenvene auf, welche zugleich das Blut aus der Keimdrüse abführt, also die Vena spermatica interna dextra (Sp. d.) Dann verbindet sich mit der Cava inferior von links herkommend die Vena renalis sin. (Rs.), deren Endstück ist der Überrest der früheren Quer- anastomose beider Cardinales an dieser Stelle. Mit dieser (Rs.) haben sich vorher vereinigt die Vena sper- matiea int. sin. (Sp. s.), die Vena suparenalis sinistra (Sr.), und eine aus der Leibeswand kommende Vena lumbalis transversa anterior sin. (L. tr. a). Die linke Suprarenalvene ist sehr klein. Weiter kranial mündet in die Cava inferior die rechte Renal- ‘vene (Rd.) und eine rechte Vena lumbal. transv. ant. (L. tr. a.). Die Cava inferior zieht dann zur Leber weiter. Die kranialen Enden der Kardinalvenen habe ich bei diesem Embryo nicht weiter verfolgt. Wie gesagt besitzt dieser ca. 30 mm lange Embryo nahezu die gleichen Venenverhältnisse wie das erwachsene Tier. Nur jenes kurze Venenstück links neben der Aorta kopfwärts von der Art. iliaca com. sin. weist noch auf die linke Cardinalis hin, und wird sich noch mehr zurückbilden, wenn nicht allenfalls die linke Vena sperm. int. sich damit verbindet, wie von Hoch- stetter ein Fall auch abgebildet (pag. 586, 9. Morphol. Jahr- buch 20. Band). Das quere Verbindungsstück kaudal von der Art. mesent. sup., das die beiden Cardinales ursprünglich ver- band, ist zu einem Teil der Vena renalis sinistra geworden, 396 J. ZUMSTEIN, welche für gewöhnlich die Vena spermat. int. sin., Vena supra- renalis sin. und eine Lumbalvene aufnimmt. Die Einmündung der rechten Urnierenvene liegt mehr kranial, entsprechend der höheren Lage der rechten Niere. Die Venae lumbales transv. anteriores mögen wohl noch teilweise auf die Kardinalvenen zu beziehen sein. Ergebnisse. Die Entwickelungsvorgänge im Gebiete der Cava inferior sind beim Kaninchen im grossen und ganzen dieselben wie beim Maulwurfe; in einigen Punkten weichen sie indessen ab. In höherem Grade aber unterscheiden sie sich von den Venen- umwandlungen beim Meerschweinchen; aber auch hier sind die Vorgänge zur Entwickelung der Cava inferior in den Haupt- punkten die gleichen. Zuerst liegen zu beiden Seiten der Aorta die beiden Kardinalvenen, die sich nach vorn zu (kopfwärts) mit den Jugularvenen zu den Ductus Cuvieri verbinden. Dann stellen sich Verbindungen ein zwischen den Lebergefässen und der rechten Vena cardinalis. Diese Verbindungen werden sehr rasch gross, sodass das Blut der rechten Cardinalis zur Leber abgeleitet wird, und der kraniale Abschnitt der rechten Cardi- nalis bildet sich zurück und verschwindet stellenweise ganz. Gleichzeitig mit der Ausweitung dieser Verbindung der rechten Cardinalis zur Leber tritt eine quere Verbindung ein zwischen den beiden Kardinalvenen kaudal von der Art. mesent. sup. Dadurch wird auch das Blut der linken Cardinalis zur Leber abgeleitet und ihr Kopfteil kann sich ebenfalls zurückbilden. Inzwischen hat sich die Urniere in ihrem kaudalen Abschnitte sehr stark vergrössert und wird durch die aufsteigende Nieren- anlage ventral abgedrängt. Dadurch wird eine Spaltung in den Kardinalvenen bedingt; ein stärkerer ventraler Teil hält sich au die Urniere, löst sich teilweise in der Urniere auf, Über die Entwickelung der Vena cava inferior bei dem Maulwurfe ete. 331 während ein schwächerer dorsaler Teil sich an die Seite der Aorta hält. Zwischen beiden durch wandert die Niere. Mit der Vergrösserung der Urniere treten nun noch neue Gefässe an deren medialem Rande auf. Sie liegen ventral vor der Aorta: die Venae revehentes der Urniere. Sie geben ihr Blut ab in die quere Verbindung der beiden Kardinalvenen. Diese sind beim Meerschweinchen nicht vorhanden, beim Maulwurfe schwächer entwickelt als beim Kaninchen. Beim Maulwurfe können sie sich auch direkt mit den Lebergefässen verbinden. Bei der Rückbildung der Urniere scheinen diese Venae revehentes vollständig zu verschwinden. Mit den Venae revehentes bilden sich auch die ventralen Abspaltungen der Kardinalvenen zurück, ohne aber ganz zu verschwinden. Sie geben zuerst für gewöhnlich ihre kaudalen Verbindungen zur Cardinalis auf und werden, indem sie das Blut der Keimdrüsen noch aufnehmen, zu den Venae spermaticae internae. Durch die Verkleinerung der Urnierenvenen muss das Blut des kaudalen Körperabschnittes durch die zur Seite der Aorta gebliebenen dorsalen Teile der Kardinalvenen nach vorn ab- fliessen, und diese werden nun rasch grösser. Hochstetter lässt sie ganz neu entstehen, während ich sie bei meinen Prä- paraten immer deutlich verfolgen kann (wie auch in den Ab- bildungen wiedergegeben). Mit der Vergrösserung dieser dorsalen T'eile der Kardinalvenen geht nun Hand in Hand eine Ver- breiterung derselben kaudal von der Teilungsstelle der Aorta. Die Verbreiterung führt bald zu einer Verschmelzung vor der Art. sacralis media. In diese Vereinigung der Cardinales er- giessen sich dann die Venae hypogastriecae und die Venae femorales. Infolge der Vereinigung der beiden Cardinales hier hinten bildet sich nun auch das Stück der linken Cardinalis zurück, das kranial von der Art. iliac. com. sin. gelegen war. Bei dem zuerst beschriebenen Falle einer linksseitigen Cava inferior hat sich offenbar die rechte Kardinalvene kranial von 338 J. ZUMSTEIN, der Art. iliac. com. dextra zurückgebildet, während das ent- sprechende Stück der linken Kardinalvene durchgängig ge- blieben ist. In seiner Arbeit „Zur Entwickelung der Venae spermaticae“ (XXVII. Heft dieser Anatomischen Hefte) wendet sich Hoch- stetter pag. 805 gegen einen Passus meiner Mitteilungen ‚zur Entwickelung des Venensystems bei dem Meerschweinchen“: „Im grossen und ganzen bestätigen diese Untersuchungen die bei menschlichen Embryonen gemachten Beobachtungen und Schlüsse, so auch in Bezug auf die Herleitung der Venae sper- maticae internae, von welchen Hochstetter in seinen Uhnter- suchungen nichts angiebt.“ Hochstetter ist damit vollständig im Recht und ich bedaure es, bei der Abfassung meiner Arbeit die bereits von Hoch stetter gemachten Angaben über Entwickelung der Venae spermaticae internae übersehen zu haben. Pag. 806 sagt ferner Hochstetter: „Wenn aber Zumstein sagt, dass die Nierenanlage schon in den frühesten Stadien beim Meerschweinchen lateral von den Venae cardinales gelegen sei, so möchte ich diese Angabe mit dem Hinweise auf neben- stehende Abbildung als unrichtig zurückweisen.“ Hochstetter stützt diese Zurückweisung auf ein Entwickel- ungsstadium des Meerschweinchens (10 mm Länge) und giebt von demselben pag. 807 einen Durchschnitt. Es liegen mir die Durchschnitte von jüngeren, gleich alten und älteren Embryonen des Meerschweinchens vor. Ich wähle aus denselben die in Fig. I, IT und HI abgebildeten aus. Die- selben stehen im Alter von 21—23 Tagen. Der jüngste, Fig. I, ist etwa aus dem gleichen Alter wie der von Hochstetter abgebildete. Man sieht aus den Abbildungen, dass der Ureter, indem er kopfwärts wächst, den Weg zur lateralen Seite der Über die Entwickelung der Vena cava inferior bei dem Maulwurfe ete.. 339 Vena cardinalis einschlägt, und dass die Nierenanlage sich lateral von der Vena cardinalis befindet. — Die Beziehung des Ureters resp. der Nierenanlage zu der Kardinalveneninsel ist teilweise aus den Figuren 2 und 3, in denen die Abspaltungen der Cardinalis beginnen, zu ersehen. Es folgt weiter kopfwärts der Hauptteil der Insel. Der 77. Verrolinalts Mrelor- 10 A / a | N TG Lamb IE Fig. 1. Querschnitt durch einen Meersehweinchen-Embryo von 20—21 Tagen. J. ZUMSTEIN, VE Von. NET: Fig. II. Quersehnitt durch einen Meerschweinchen-Embryo von 22 Tagen. Aorla TV rmrdinaldtS Mieren- Ar lage: Cole Fig. III. Querschnitt durch einen Meerschweinehen-Embryo von 23 Tagen. Über die Entwickelung der Vena cava inferior bei dem Maulwurfe ete. 341 Pag. 808 schreibt dann Hochstetter weiterhin: „Schliess- lich sehe ich mich noch veranlasst, einen Punkt der Schluss- folgerungen Zumsteins zu besprechen, der besagt, dass auch die Befunde beim Meerschweinchen die bezüglich der Venae spermaticae beim Menschen gezogenen Schlüsse bestätigen“ — und pag. 809: „Ich frage nun: Worin findet Zumstein be- züglich der Entwickelung der V. spermatica interna die Über- einstimmung zwischen Meerschweinchen und Mensch ete.?‘‘ Hier die Antwort: Bei dem Menschen besteht in der Urnierenregion ausser der Vena cardinalis eine Urnierenvene (Fig. 9 ce unterstes Stück von Ci. unterhalb der Verbindung von Cd. mit Ci.), aus dieser wird die Vena spermatica interna. Die von Hochstetter pag. 808 vermissten Gründe ergeben sich aus dem Vergleich von Fig. 9, 10 und 11. (Zur Anatomie und Entwickelung des Venensystems des Menschen.) Bei dem Meerschweinchen besteht ausser einer Vena car- dinalis eine durch Inselbildung aus ihr hervorgegangene Vene, welche das Urnierenblut zurückführt, also Urnierenvene (Fig. 13, links gezeichnetes Stück von Cd., das sich kopfwärts direkt in Ci. fortsetzt, dazu pag. 180. Die Urnierenvenen, ventral vor ihnen [Cd., Cs.| gelegen, verbinden sich kaudal und kranialwärts mit ihnen) und diese wird weiterhin zur Vena spermatica interna. So finde ich durch den Befund beim Meerschweinchen meine weniger vollständigen Ergebnisse beim Menschen gestützt. Um eine sichere Entscheidung zu geben über die Urnieren- venen beim Menschen bedarf es des Studiums eines grösseren Materiales. Ich stelle mir auf Grund der Ergebnisse beim Meerschwein- chen, Maulwurf und Kaninchen die Venenverhältnisse in der Urnierenregion folgendermassen vor: Kopfwärts von der Art. iliac. com. treten in der Kardinalvene Spaltungen oder Insel- bildungen auf. Die ventralen Teile stehen in inniger Beziehung 342 J. ZUMSTEIN, zum Hauptteile der Urniere, und zeitweise wird fast alles Blut- des hinteren Körperendes durch diese Urnierenvenen geleitet. Mit der Rückbildung der Urniere bilden sich diese Venen zurück und werden zur Vena spermat. int. Zugleich mit ihrer Rückbildung erweitern sich die dorsalen neben der Aorta ge- legenen Teile der Veneninseln, und leiten dann das Blut des hinteren Körperendes nach vorn. Diese dorsalen Venen sind beim Maulwurf stärker als beim Kaninchen. Durch diese Veneninsel geht beim Maulwurfe und beim Kaninchen die Nieren- anlage, währenddem sie beim Meerschweinchen kaudal von dieser Inselbildung die Kardinalvene von der ventralen zur lateralen Seite überkreuzt. Venae revehentes posteriores der Urniere kommen beim Meerschweinchen nicht vor, wohl aber beim Maulwurfe und Kaninchen. Bei dem letzteren stehen sie in engem Zusammenhange mit der Cava inferior. Bei dem Maulwurfe können sie auch unabhängig von der Cava inferior sich mit Lebergefässen direkt verbinden. Diese Venae revehentes post. der Urniere scheinen später vollständig zu verschwinden. Fig Erklärung der Abbildungen. l. Rekonstruktion der Venen vom Maulwurfsembryo Nr. 1 von 3 mm Länge. Tafel XX. .2. Rekonstruktion der Venen vom Maulwurfsembryo Nr. 2 von 4 mm Länge. a) Vorderansicht, b) Seitenansicht. Tafel XX. ig. 3. Rekonstruktion der Venen von Maulwurfsembryonen von 4!/, 5 und 6 mm Länge. Tafel XXI. . 4. Rekonstruktion der Venen vom Maulwurfsembryo Nr. 4 von 6 mm Länge. Tafel XX1. . 5. Rekonstruktion der Venen von Maulwurfsembryo Nr. 5 von 7 mm Länge. Tafel XXI. . 6. Rekonstruktion der Venen vom Maulwurfsembryo Nr. 6 von 6'/ mm Länge. Tafel XXI. g. 7. Rekonstruktion der Venen vom Maulwurfsembryo Nr. 7 von 7!/s mm Länge. Tafel XXI. g.8. Rekonstruktion der Venen vom Maulwurfsembryo Nr. 8 von 10 mm Länge. Tafel XXIII. g. 9. Rekonstruktion der Venen vom Maulwurfsembryo Nr. 9 von 8!/,;, mm Länge. Tafel XXIII. . 10. Rekonstruktion der Venen vom Manlwurfsembryo Nr. 10 von 12 mm Länge. Tafel XXIV. . 11. Rekonstruktion der Venen vom Maulwurfsembryo Nr. 11 von 15 mm Länge. Tafel XXIV. . 12. Rekonstruktion der Venen vom Maulwurfsembryo Nr. 12 von 30 mm Länge. Tafel XXIV. . 13. Venenverhalten bei einem alten männlichen Kaninchen. Tafel XXV. . 14. Rekonstruktion der Venen vom Kaninchenembryo Nr. 1 von 7'/, mm Länge. Tafel XXV. . 15. Rekonstruktion der Venen vom Kaninchenembryo Nr. 2 von 10 mm Länge. Tafel XXV. 16. Rekonstruktion der Venen vom Kaninchenembryo Nr. 3 von 11 bis 12 mm Länge. Tafel XXVI. .17. Rekonstruktion der Venen vom Kaninchenembryo Nr. 4 von 16—18 mm Länge. Tafel XXVI. . 18. Rekonstruktion der Venen vom Kaninchenembryo Nr. 5 von 25 mm Länge. Tafel XXVI. ig. 19. Rekonstruktion der Venen vom Kaninchenembryo Nr. 6 von 30 mm Länge. Tafel XXVII. Anatomische Hefte. I. Abteilung. NXXII. Hett (10. Bd. H. 2). 23 Litteratur. Vergleiche die Litteraturangabe in meiner Untersuchung zur Anatomie und Entwickelung des Venensystems des Menschen, Anatomische Hefte von Fr. Merkel und R. Bonnet, 19/20 (Bd. VI, H.3) und zur Entwickelung des Venensystems bei dem Meerschweinchen ebenda, 25. Heft (8. Bd. H. 2). Ferner: F. Hochstetter, Zur Entwickelung der Venae spermaticae, ebenda 27. Heft (8. Bd. H. 4). Erklärung der Abkürzungen. Für alle Figuren gültige Bezeichnungen. A. = Vena azygos. Je. = Vena iliaca communis. Ai. = Art. iliacae communes. Jd. = Vena jugularis dextra. Am. = Art. mesent. superior. Js. = Vena jugularis sinistra. Ao. — Aorta. L. tr. a. = Vena lumbalis transversa Ard = Arcus Aortae dexter. anterior (s. —sinistra. d.— dextra). As. = Art. sacralis media. L. tr. p. = Vena lumbalis transversa Au. —= Art. umbilicales. posterior. Cd. — Vena cardinalis dextra. Rd. — Vena renalis dextra. Ci. — Cava inferior. Rs. — Vena renalis sinistra. Cs. — Vena cardinalis sinistra. Rv. — Vena revehens posterior der C. sup = Cava sup. Urniere. D B. = Ductus Botalli. S. = Vena sacralis media. D. v. = Ductus venosus. Sp. = Vena spermatica interna. Fd. = Vena femoralis dextra. s. = sinistra. d. — dextra. Fs. = Vena femoralis sinistra. Sr. = Vena suprarenalis. H. = Vena hemiazygos. Uv. = Urmierenvene. Ur = Ureter. Hy. —= Vena hypogastrica. ÜBER DIE PAGE DER BRUÜSTWARZE UND DAS LAGEVERHÄLTNIS DER HEZRSPITZE ZUR LINKEN BRUSTWARZENLINIE. VON A. KIRCHNER DÜSSELDORF. Anatomisehe Hefte. I. Abteilung. XXXIII. Heft (10. Bd., H. 3.) 24 u 4; k ‘ - Y D ee . } Eu En ’ e x er En 4 _ _ ‘ D m EOS E » y- f Zu =; REN DRAW! Ve BP abe) '% ET 11 ei Nach der herrschenden, in allen Lehrbüchern wiedergegebenen Ansicht findet sich der Spitzenstoss des Herzens beim aufrecht stehenden oder in Rückenlage befindlichen gesunden erwachsenen Menschen im linken 5. Zwischenrippenraum zwischen Neben- brustbein- und Brustwarzenlinie. Die linke Herzgrenze liegt stets etwas nach aussen von der Stelle des Spitzenstosses!), kommt also der Brustwarzenlinie mehr oder minder nahe. Die sicherste Bestimmung der linken Herzgrenze, wie der Herzgrenzen über- haupt, geschieht mittelst Feststellung der sogenannten Herzresi- stenz, welche besonders von Ebstein?) und seinen Schülern geübt und ausgebildet worden ist. Nach Schlaefke (S. 17) liegt der linksseitige Anfangspunkt der maximalen Breite der Herz- resistenz durchgängig in der Mammillarlinie, in einzelnen Fällen einige wenige Millimeter innerhalb, aber nie ausserhalb derselben. Ebenso äussert sich Busse (S. 26). Liegt der Spitzenstoss in der linken Brustwarzenlinie, so überschreitet die linke Herzgrenze dieselbe schon um ein Weniges, 1) Henle, Handb. d. Anatomie, Bd. II, S. 892. S. auch Merkel, Handb, d. topograph. Anatomie, II. Bd. S. 347. 2) Ebstein, Zur Lehre von der Herzperkussion. Berl. klin. Wochenschr. 1876, Nr. 35. — Ebstein, Über die Bestimmung der Herzresistenz beim Menschen. Berl. klin. Wochenschr. 1894, Nr. 26 u. 27. — Lüning, Über die Perkussion des Herzens, Inaug.-Dissert. Göttingen 1876. Schläfke, Beiträge zur Perkussion des Herzens. Inaug.-Dissert Göttingen 1877. — Hornkohl, Über die Bestimmung der Herzresistenz beim weiblichen Geschlecht. Inaug.- Dissert. Göttingen 1887. — Busse, Über die Bestimmung der Herzresistenz beim männlichen Geschlecht. inaug.-Dissert. Göttingen 1888. 24* 348 A. KIRCHNER, und das ist nach der herrschenden Ansicht bereits krankhaft'). Liegt der Spitzenstoss nach aussen von der Brustwarzenlinie, so würde dies bereits auf erhebliche krankhafte Zustände schliessen lassen. Bei Kindern beobachtet man nach Eichhorst?) nicht selten, dass der Spitzenstoss wegen des relativ grösseren Um- fanges des kindlichen Herzens die linke Brustwarzenlinie nach auswärts überschritten hat. Es kann diese Entfernung bis zu 3 cm betragen. Bei den jährlichen Rekrutenuntersuchungen habe ich schon seit Jahren die Beobachtung gemacht, dass bei einer nicht un- beträchtlichen Anzahl von Leuten der Spitzenstoss in der linken Brustwarzenlinie oder nach aussen von derselben liegt, ohne dass diese die geringsten Beschwerden hatten, oder der Befund der übrigen Untersuchung des Herzens und des Gefässystems den geringsten Anhalt für die Annahme eines Herzfehlers geboten hätte. Und diese Leute dienten ihre drei bezw. zwei Jahre ab, grösstenteils ohne nur ein einziges Mal innerlich krank gewesen zu sein. Auf der anderen Seite kamen mir wiederholt Mann- schaften zur Untersuchung und Beurteilung, die beim Truppen- teil oder gelegentlich anderweiter Untersuchungen wegen Herz- fehlers für unbrauchbar erachtet worden waren, ohne dass sich irgend etwas anderes am Herzen fand als Überragen der Herz- spitze über die linke Brustwarzenlinie. Die Leute waren zum 1) Auffallender Weise führt Busse unter seinen normalen Fällen einen solchen (Nr. 14) an, bei welchem der Spitzenstoss in der Mammillarlinie, und zwar im 4. Zwischenrippenraum liegt (kindlich wie Fall 24?) 2) Lehrbuch der physikalischen Untersuchungsmethoden innerer Krank- heiten Th. II. S. 45. Ebenso Rosenstein in v. Ziemssen, Handb. d. spez. Path. u. Ther. Bd. VI. S. 20. Guttmann, Lehrb. d. klin. Unters.-Meth. 8.198 giebt für das Überragen des Spitzenstosses nur l cm an. Nach Henoch, Vorles. über Kinderkrankh. $. 15, fühlt man den Spitzenstoss gewöhnlich etwas nach aussen von der Mammillarlinie, zumal im ersten Kindesalter. Nach Merkel, a. a. O. S. 358, findet er sich bei Kindern niemals lateral von der Mammillarlinie. Über die Lage der Brustwarze, Lageverhältnis der Herzspitze etc. 349 Teil selbst erstaunt, dass sie einen Herzfehler haben sollten, sie hätten gar keine Beschwerden. Nach diesen Erfahrungen war es mir nicht zweifelhaft, dass die Schulansicht über die Lage der Herzspitze beim erwachsenen, gesunden Menschen nicht für alle Fälle zu Recht bestehen könne. Von grosser Wichtigkeit schien es mir jedoch zu sein, festzu- stellen, unter welchen Umständen die Herzspitze die linke Brust- warzenlinie nach aussen überragt, und vor allem zunächst die Lage der Brustwarze genau zu untersuchen. Zu diesem Behufe habe ich in den Jahren 1891—1894 bei sämtlichen Rekruten — Mannschaften im Alter von 20—22 Jahren — nach ihrer Ein- stellung nach einem bestimmten Plane Brustmessungen ausge- führt und in dieser Weise im ganzen 905 Mannschaften unter- sucht (Taf. ]). I. Brustmessung. Die Messung wurde meist 3—4 Monate nach der Einstellung vorgenommen. Die linke Herzgrenze war gleich bei der Ein- stellung festgestellt worden und wurde bei der Messung noch- mals geprüft. Bei jedem Manne wurde, wenn angängig!), fest- gestellt: 1. die Körperlänge (nach den Nationallisten), 2. das Körpergewicht bei der Einstellung und zur Zeit der Messung, . die allgemeine Körperbeschaffenheit, der Brustumfang in der Höhe der Brustwarzen, . der Bau des Brustkorbs, 6. die Breite des Brustkorbs in der Höhe der Brustwarzen, . die Tiefe des Brustkorbs a) in der Höhe des oberen Endes des Brustbeins, b) an der Grenze zwischen Körper und Schwertfort- om -] satz des Brustbeins, 1) Aus äusseren Gründen mussten bei einer Anzahl Leuten einzelne Messungen unterbleiben bezw. konnten einige Angaben nicht gemacht werden. 300 A. KIRCHNER, 8. die Länge des Brustbeins a) vom oberen Rande des Handgriffs bis zum unteren Ende des Körpers („ganze“), b) oberhalb | der Verbindungslinie zwischen den c) unterhalb -| Brustwarzen, 9. die Lage der Brustwarzen im Verhältnis zu den Rippen (R. = Rippe, ZR. = Zwischenrippenraum), 10. die Entfernung der Brustwarzen von einander a) ganze, b) der rechten | c) der linken f 11. die Herzgrenze nach links in ihrem Verhältnis zur linken von der Mitte des Brustbeins, Brustwarzenlinie !). Sämtliche Masse wurden im Stehen genommen, der Brust- umfang, bei gestreckt seitwärts bis zur Schulterhöhe erhobenen Armen, bei den übrigen Messungen hingen dieselben bequem zur Seite des Rumpfes herunter. Nr. 6 und 7 wurden mit dem Baudelocqueschen Tasterzirkel, die übrigen Masse mit dem Centimetermass genommen. Bei Feststellung der Breite des Brustkorbs wurden die Knöpfe des Tasterzirkels dicht vor den herabhängenden Armen aufgesetzt, an dieser Stelle fand sich, wie Versuche ergeben hatten, stets die grösste Breite in der Höhe der Brustwarzen. Das obere Ende des Brustbeins und damit das obere Tiefen- mass des Brustkorbs ist für die Jahrgänge 91, 92, 93 verschieden vom Jahrgang 94 festgetellt worden. Bei den ersteren ging ich mit dem Knopfe des Tasterzirkels bis zum obersten Rande des Handgriffs hinauf und geriet dabei oft bis an den oberen Rand des Zwischenschlüsselbeinbandes. Auf diese Weise erhielt ich 1) In Tafel I bedeutet BL —= Brustwarzenlinie, — 0,5, 1 u. s. w.: 0,5, 1 em innerhalb BL, +0,5, 1 u. s. w.: 0,5, 1 cm ausserhalb BL, X = Spitzen- stoss sichtbar, , = nur fühlbar, + 1 oder — 1 ohne X oder , Spitzenstoss nicht sicht- und fühlbar. Über die Lage der Brustwarze, -Lageverhältnis der Herzspitze ete. sol je nach der Beschaffenheit dieses obersten Randes und des er- wähnten Bandes, besonders je nach dem Grade, in welchem letzteres ersteren überragte, sehr verschiedene Zahlen. Nachdem ich im Frühjahr 1894 Gelegenheit gehabt hatte, im anatomischen Institut zu Göttingen die verschiedenartige Beschaffenheit des oberen Brustbeinendes genauer zu untersuchen '!), habe ich den Tasterzirkel vorn stets am oberen Rande der vorderen Brust- beinfläche aufgesetzt, so dass ich stets die ganze Dicke des Brustbeins im Zirkel hatte. Auf diese Weise war das Ergebnis der Messung ein gleichartigeres. Ein besonderes Tiefenmass des Brustkorbes in der Höhe der Brustwarzen zu nehmen, hielt ich nicht für erforderlich, da dasselbe dem Tiefenmass an der unteren Grenze des Brustbeins sehr nahe kommt, oft ihm gleich ist?). Bei Feststellung der Herzgrenze nach links legte ich be- sonderen Wert auf Besichtigung und Betastung; ich suchte die Herzspitze möglichst abzutasten. Stets stellte ich daneben die linke Herzgrenze noch durch Beklopfen fest, beim Jahrgang 94 durch Tastklopfen. Schlaefke und Busse, von deren Arbeiten ich erst nach Untersuchung des Jahrganges 94 Kenntnis erhielt, haben bei ihren Herzresistenzbestimmungen ebenfalls Brustmessungen aus- geführt, um etwaige Beziehungen der Breite und Höhe der Herz- resistenz zur Beschaffenheit des Brustkorbes festzustellen. Sie massen den Sagittal- und Transversaldurchmesser, Brustumfang und Länge und Breite des Brustbeins, und zwar nur den Brust- umfang mit dem Centimetermass, die übrigen Masse nahmen sie mit dem Tasterzirkel. Schlaefke nahm die Brustmasse im ı) Das Ergebnis findet sich in meiner Arbeit: „Das obere Brustbeinende und das Ligamentum interclaviculare“, Anat. Hefte, herausgeg. v. Merkel und Bonnet, 1898. 2) Wintrich, Krankheiten der Respirationsorgane, Bd. V, 1. Abt. des Handbuchs der spez. Path. u. Ther. redigiert v. Virchow, S. 82, giebt beide Masse als gleich an für Männer mit dem Durchschnittsalter von 24'/2 Jahren. 352 A. KIRCHNER, Stehen, Busse im Aufrechtsitzen (im Bett), die Herzresistenz bestimmten beide im Liegen. Den Sagittal- und Transversal- durchmesser nahm Schlaefke nur in der Höhe der Brustwarzen, Busse den ersteren in der Höhe der Basis des Schwertfortsatzes, den letzteren auf der 6. Rippe in der mittleren Axillarlinie. Die Lage der Brustwarze wurde von Schlaefke nur in ihrem Ver- hältnis zu den Rippen bestimmt, von Busse gar nicht erwähnt. Wie sie das Verhältnis der linken Herzgrenze zur Brustwarzen- linie feststellten, habe ich bereits S. 347 berichtet. Die Masse der Herzresistenz nahmen sie mit dem Sievekingschen Ästhesio- meter. II. Die Lage der Brustwarze. Merkel?) äussert sich über die Lage der männlichen Brust- warze folgendermassen: „Sie findet sich gewöhnlich über dem 4. Interkostalraum oder der 5. Rippe, doch kommen mancherlei Abweichungen vor. Die Warze kann höher hinauf und tiefer hinabrücken, und besonders können beide auch auf beiden Seiten verschieden hoch stehen, was sogar ganz gewöhnlich ist. Auch ihre Entfernung von der Mittellinie, welche zu 10 bis 10,5 cm angegeben wird, ist keineswegs beidseitig ganz gleich. Meist steht die rechte Brustwarze von ihr weiter entfernt und höher als die linke (Luschka).“ Nach meinen Untersuchungen an 890 Männern stehen die Brustwarzen bei ®7 der Untersuchten beiderseits in Höhe der- selben Rippe (R) beziehungsweise desselben Zwischenrippenraums (ZR), bei !/ in Höhe verschiedener R bezw. ZR. Von den 763 Fällen von Gleichstand der Brustwarzen fand sich dieselbe in fast der Hälfte = 358 in Höhe der 5. R., in mehr als !/s — 298 in Höhe des 4. ZR., in 86 in Höhe der 4. R., in 21 in Höhe des 5. ZR. Schlaefke fand bei seiner kleinen Anzahl von 4) Fällen allerdings den 4. ZR. bevorzugt, es folgte die 4. R., 1) A. a. 0. S. 300. Über die Lage der Brustwarze, Lageverhältnis der Herzspitze ete. 303 dann die 5. R., diese mit nur 6 Fällen. Das ist Zufall. Auch ich fand im Jahrgang 1892 den 4. ZR. bei weitem überwiegend, 1894 etwas zahlreicher als 5. R., 1891 und 1893 dagegen 5. R. um fast das Doppelte zahlreicher als 4. ZR. 4. R. war stets weit weniger zahlreich als 4. ZR. und 5. R. Unter den 127 Fällen von beiderseits verschiedenem Stand- ort stand, entgegen der vorstehenden Angabe von Luschka, in 82 — fast ?/s die rechte Warze, in 45 die linke Warze tiefer. Die Warzen fanden sich rechts im 4. ZR. links auf 4 R. : Smal sau daB: slim de Zei lurimni 4 ZAB: aeg Bol 9i; sets u: el ISAHZRUE 22,08, yoxıma ASZR; area Bi 3 Alle, salık-DaBe lit DZ elliii; Einmal (Jahrgang 1891 Nr. 94) betrug der Unterschied einen ganzen Zwischenrippenraum, die Warzen standen rechts 4. R., links5.R.; in diesem Falle bestand eine geringe Verkrümmung der Wirbelsäule im unteren Rückenabschnitt nach hinten. In den Fällen mit beiderseits verschiedenem Standort ergab die Besich- tigung und die Anlegung einer Wagerechte nicht immer einen deutlich verschiedenen Hochstand der Warze; in diesen Fällen verliefen die Rippen nicht beiderseits in gleicher Höhe. Genauere Messungen konnte ich in dieser Beziehung aus Mangel an Zeit nicht vornehmen. Ausser mit Bezug auf Rippe bezw. Rippenzwischenraum habe ich den Hochstand der Brustwarze noch mit Bezug auf das untere Brustbeinende (Ende des Körpers) bestimmt und hierzu das Mass Sc genommen. Auf Tafel II habe ich die Ent- fernung der Zwischenwarzenlinien vom unteren Brustbeinende zusammengestellt. Das Ergebnis ist, dass unter 899 Fällen bei 153 = etwa !/s die Brustwarzen in der Höhe des unteren Brust- beinendes stehen, bei 202 = nicht ganz !/ die Zwischenwarzen- 304 A. KIRCHNER, linie bis zu 1 cm, bei 308 = etwa !/s bis zu 2 cm, bei 162 = mehr als !/s bis zu 3 em, bei 48 bis 4, bei 5 bis 5 cm nach aufwärts vom unteren Brustbeinende entfernt bleibt, und dass schliesslich m 21 Fällen diese Linie unterhalb des letzteren liegt, und zwar in 13 bis zu 1, in 7 bis zu 2, in 1 bis zu 2,5 cm. Wie aus der Zusammenstellung ersichtlich, ist als Regel anzu- nehmen, dass, je länger das Brustbein, um so grösser die Ent- fernung der Zwischenwarzenlinie vom unteren Ende desselben nach aufwärts ist. Namentlich ist dies für die Entfernung von 0-2 cm auffällig. Dagegen hat die Linie nicht etwa bei den längsten Brustbeinen den grössten Abstand, und ebenso liegt sie bei den kürzesten nicht am tiefsten unterhalb des unteren Brustbeinendes. Das längste Brustbein wird 3 cm oberhalb des letzteren von der Linie geschnitten, und das kürzeste sogar noch 0,5 em oberhalb, obwohl zwischen beiden — 22,5 und 12 cm — ein Längenunterschied von 10,5 em besteht. Den grössten Ab- stand aufwärts: 5 cm hat die Linie bei Brustbeinen von 20 und 19 em Länge, am tiefsten abwärts: 2,5 cm liegt sie bei einem Brustbein von 16 cm Länge. Nach Toldt!) fällt die Horizontalebene, in welcher die Brustwarzen liegen, vorn zwischen das mittlere und untere Drittel des Brustbeinkörpers in den Knorpel und das vordere Ende der 4. Rippe. Dies ist nach meinen Untersuchungen auch im Durch- schnitt nicht richtig. Jene Stelle liegt durchschnittlich 3—4 cm oberhalb des unteren Endes des Brustbeinkörpers, während nach den obigen Zahlen die Brustwarzen durchschnittlich bis höchstens 2 em oberhalb desselben stehen, in einer beträchtlichen Zahl von Fällen dagegen in gleicher Höhe mit ihm. Aus einer weiteren Zusammenstellung auf derselben Tafel II geht hervor, dass, wie dies von vornherein anzunehmen war, im 1) Studien über die Anatomie der menschlichen Brustgegend mit Bezug auf die Messung derselben. Stuttgart 1875, S. 28. (St) O1 ot Über die Lage der Brustwarze, Lageverhältnis der Herzspitze etc. allgemeinen, je weiter sich der Stand der Brustwarze vom unteren Brustbeinende nach aufwärts entfernt, auf einer um so höheren Rippe bezw. Zwischenrippenraum sie steht. Bei den grössten Entfernungen steht sie nur auf 4. R. bezw. im 4. ZR. Je kleiner die Entfernungen werden, desto häufiger steht sie in Höhe der 5. Rippe, bereits bei 2,5 em Entfernung einmal im 5. ZR. Von da ab, wo die Warzenverbindungslinie unterhalb des unteren Brustbeinendes liegt, steht die Brustwarze fast nur auf 5. Rippe oder im 5. ZR., ausnahmsweise noch im 4. ZR., nicht mehr auf 4. R. Im Einzelnen ist das Verhältnis der Brustwarze zur Rippe bezw. zum Zwischenrippenraum wesentlich abhängig davon, ob die Rippen mehr wagerecht oder schräg aufwärts zum Brust- bein verlaufen. Ersteres ist im allgemeinen bei grossem Brust- umfange und stark gewölbter Brust, letzteres bei geringem Brust- umfange und flacher Brust der Fall. Dem entsprechend steht die Brustwarze bei grossem Brustumfange häufiger in der Höhe der 5., bei kleinem in der Höhe der 4. Rippe, während die Warzenverbindungslinie bei gleicher Brustbeinlänge gleichweit vom unteren Ende entfernt bleibt. Als ein Beispiel will ich nur aus dem Jahrgang 91 Nr. 61 und 62 herausgreifen. In beiden Fällen ist das Brustbein 16,5 cm lang, in beiden die Entfernung der Warzenverbindungslinie vom unteren Brustbeinende = 1,5 cm, die Entfernung der Brustwarzen von einander die gleiche, beide haben dieselbe Körperlänge und annähernd dasselbe Gewicht, dagegen Nr. 61 einen Brustumfang von 90—95, Nr. 62 nur 81 bis 89, und bei Nr. 61 steht die Brustwarze in Höhe der 5., bei 62 in Höhe der 4. Rippe. Nach meinen Beobachtungen hat es den Anschein, dass bei kleineren Körperlängen die Brustwarze verhältnismässig tiefer steht. Die Grenze, bei welcher dies auffällig wird, ist etwa 168 cm. Von den 56 Leuten des 4. Bataillons steht bei 23 die Brustwarze in der Höhe des unteren Brustbeinendes, bei 27 auf 306 A. KIRCHNER, der 5. Rippe. Auffallend ist es dagegen wieder, dass bei den kleinen Leuten in keinem Falle die Brustwarze unterhalb des unteren Brustbeinendes und im 5. ZR. steht. Ich komme jetzt zu der für meine Untersuchungen über die Lage der Herzspitze im Verhältnis zur linken Brustwarzen- linie besonders wichtigen Entfernung der Brustwarzen von der Mitte des Brustbeins bezw. der Entfernung der Warzen von einander (WE.). Die Entfernung der Brustwarzen von der Mitte des Brust- beins fand ich unter 902 Fällen bei 401, also nicht ganz der Hälfte, beiderseits gleich, bei 392 rechts grösser als links, bei 109 links grösser als rechts. Bei rechts grösserer Entfernung war der Unterschied des Abstandes verhältnismässig grösser, als bei links grösserer Entfernung, wie nachfolgende Zusammen- stellung zeigt. Der Unterschied betrug bei rechts | links cm grösserer Entfernung 9 Belt ah 1,5 17 1 1 89 10 0,5 284 98 Summe 392 109 Wie ersichtlich, ist der Unterschied verhältnismässig gering, nur in 20 Fällen mehr als 1 cm und zwar in 18: 1,5, in nur 2: 2 cm. In 382 Fällen beträgt er 0,5, in 99: lem. DBerück- sichtigt man hierbei, dass sich das Brustbein keineswegs immer genau an die Mittellinie hält, sondern nach der einen oder an- deren Seite abweichen kann !), dass also ein geringer Unterschied in der Entfernung von der Mitte des Brustbeins noch keinen Unterschied in der Entfernung von der Mittellinie der Brust zu 1) Merkel, a. a. O. S. 315. Über die Lage der Brustwarze, Lageverhältnis der Herzspitze ete. 357 bedingen braucht, so ergiebt sich, dass in der bei weitem grössten Mehrzahl der Fälle die Entfernung der Brustwarzen von der Mittellinie beiderseits nicht wesentlich verschieden sein wird. Aus diesem Grunde erschien es mir zulässig, in den nachfolgenden Zusammenstellungen und vergleichenden Betrach- tungen nicht die Entfernung jeder bezw. der linken Brustwarze von der Mitte des Brustbeins, sondern die ganze Entfernung beider Brustwarzen von einander aufzuführen, um so mehr als dies die Vergleiche wesentlich vereinfacht. Die Warzenentfernungen (Tafeln III, IV, V) schwanken zwischen 18 und 26 em. Am häufigsten kommen Werte von 21—22,5 vor; 22 hat die Höchstzahl. Merkels oben ange- gebene Zahl ist ein wenig kleiner. Im ganzen kann man sagen, dass die Warzenentfernung mit der Körperlänge abnimmt, aber im Durchschnitt doch nur um sehr wenig, von 22,5 bei den grössten bis 20,5 bei den kleinsten Längen. Dagegen schwankt sie bei den einzelnen Längen in sehr weiten Grenzen, am stärksten bei den Längen von 171—175,5 em, wo die Schwank- ungen bis zu 7,5 cm betragen (171). Ganz ähnliche Schwank- ungen finden wir in den Warzenentfernungen in ihrem Ver- hältnis zum Brustumfang. Die Warzenentfernung nimmt eben- falls mit dem Brustumfang ab, aber im Durchschnitt in denselben engen Grenzen wie bei der Körperlänge, und die Schwankungen bei den einzelnen Brustumfängen betragen bis zu 6,5 cm (85—88). Auch beim Vergleich zwischen Warzenent- fernung und Brustkorbbreite (Transversaldurchmesser) besteht dasselbe Verhältnis; die Schwankungen bei den einzelnen Brust- korbbreiten betragen wie bei der Körperlänge bis zu 75 cm (27,5 und 23). Sehen wir uns die Tafeln im einzelnen an, so finden wir sowohl bei der Körperlänge als beim Brustumfang und der Brustkorbbreite, dass weder bei den höchsten Zahlen dieser Masse die grössten, noch bei den niedrigsten die kleinsten 308 A. KIRCHNER, Warzenentfernungen vorkommen. Am ehesten finden sich noch bei den grossen Brustkorbbreiten verhältnismässig grosse, bei den kleinen verhältnismässig kleine Warzenentfernungen, die grössten sowohl als die kleinsten Warzenentfernungen dagegen bei sämtlichen drei Massen in den mittleren Zahlen. Um nur einiges Bemerkenswerte herauszugreifen, so findet sich bei 184 em Körperlänge eine Warzenentfernung von 19, dabei ein Brustum- fang von 85 cm bei der Ausatmung, bei welchem die durch- schnittliche Warzenentfernung 21,5 beträgt, und im ganzen die Warzenentfernungen bis zu 24,5 betragen können. Auch bei 185 cm Körperlänge findet sich eine gleich kleine Warzenent- fernung bei 86cm Brustumfange, bei derselben Länge allerdings noch eine grössere von 22. Eine Warzenentfernung von 18 findet sich schon bei 175,5 cm, die grösste Warzenentfernung, dagegen erst bei 171 cm Körperlänge. Mit 169,5 cm hören die kleinsten Warzenentfernungen von 18,5 und 18 bis auf eine 15 bei 165 cm nach abwärts auf, und von 163 em abwärts gehen die Warzenentfernungen mit Ausnahme bei 156,5 und 155,5 nicht unter 20 em herunter, im auffallenden Gegensatz zu den grössten Körperlängen, bei denen wir Warzenentfernungen von 19 häufig finden. Weniger auffallend ist dies Verhältnis bei den Brustumfängen und Brustkorbbreiten, aber auch hier finden wir Warzenentfernungen von 18,5 und 18 erst bei Brust- umfängen von 83 cm aufwärts und — nur einen Fall bei 24,5 ausgenommen — bei Brustkorbbreiten von 27 cm aufwärts. Schon diese grosse Verschiedenheit der Warzen- entfernungen bei derselben Körperlänge, demselben Brustumfange, derselben Brustkorbbreite, die inner- halb derselben Masses bis zur Mittellinie fast 4 cm beträgt, beweist, dass es unzulässig ist, die linke Brustwarzenlinie als nicht zu überschreitende linke Grenze des normalen Herzens festzuhalten. Einen weiteren Beweis im Vorhinem für diese Unzulässigkeit finden Über die Lage der Brustwarze, Lageverhältnis der Herzspitze etc. 359 wir in dem Vergleich der vorhandenen Angaben über die Ent- fernung der linken Herzgrenze von der Mittellinie und der von mir festgestellten Grösse der Warzenentfernung. Busse!) giebt als grösste Breite der Herzresistenz links von der Mittellinie im Durchschnitte 9,8 em an, als höchste Zahl für die grösste Re- sistenzbreite links hat er in zwei Fällen 11,5 cm, ferner zweimal 11 und einmal 11,3 em gefunden und weitere 6 Fälle unter 23 übersteigen noch das Mittel. Diese Zahlen sind durch Messung mit dem Ästhesiometer gefunden. Um sie mit den meinigen vergleichbar zu machen, müssen sie in Zahlen, die durch Mes- sung mit dem Brustmass auf gleiche Entfernung festgestellt sind, umgewandelt werden. Durch vergleichende Messungen habe ich festgestellt, dass die Messung mit dem Brustmass um 1—1,5 cm höhere Zahlen ergiebt als die mit dem Ästhesiometer. Die Mittelzahl Busses würde also in 10,8, die Höchstzahl in 13 umzuwandeln sein. Halbiere ich meine Zahlen für Warzen- entfernung, so bewegt sich die Entfernung der linken Brust- warze von der Mittellinie zwischen 9 und 13 em, im Mittel be- trägt sie 11 cm. Da ich gerade kleine Warzenentiern- ungen bei grossen und zugleich kräftigen Leuten in verhältnismässig grosser Zahl gefunden habe, und Busse bei diesen häufig grosse Resistenzbreiten fest- gestellt hat, so ist es von vornherein höchst wahr- scheinlich, dass öfters die linke Herzgrenze und da- mit die Herzspitze die linke Brustwarzenlinie mehr oder minder beträchtlich überragen wird. Wie ist nun der thatsächliche Befund meiner Untersuch- ungen? III. Das Lageverhältnis der Herzspitze zur linken Brustwarzen- linie. Auf Tafel VI habe ich das Lageverhältnis der Herzspitze zur linken Brustwarzenlinie für die einzelnen Brustwarzenent- 1) A.a. O. S. 24 und 26. 360 A. KIRCHNER, fernungen, und zwar die einzelnen Jahrgänge von einander ge- trennt, dargestellt. Das Gesamtergebnis ist, dass in fast der Hälfte der Fälle: 449 unter 900 die linke Herzgrenze die linke Brustwarzenlinie erreicht, in 217 von ihr medianwärts zurück- bleibt, in mehr als !/ı: 234 Fällen sie lateralwärts überschreitet. Die Zahl, um wie viel die Herzspitze die Brustwarzenlinie überragt, beträgt in 92 Fällen 0,5, in 98:1, in 25:1,5, in 16:2, in 3:2,5 cm. Nach innen bleibt die Herzspitze zurück bis zu 4 cm, am häufigsten 0,5 (7%mal) und 1 cm (95mal), 1,5 in 26,2 in 17,2,5 in 2,3 in 6 und 4 cm in einem Falle. Die Beteiligung der einzelnen Jahrgänge an diesen Zahlen ist verschieden. Im Jahre 1891 fand ich unter 189 Leuten nur 25 (nicht ganz 1), im Jahre 1892 unter 186:60 (fast Vs), im Jahre 1893 unter 235:73 (ebenfalls fast '/) und im Jahre 1894 unter 290:76 (etwas mehr als !/s) mit +, dagegen im Jahre 91:82 =}, im Jahre 1892’nur 18 = 71, 93:53 —= nicht ganz #4, 94:64 = 3 der Gesamtheit mit, —, B. L. endlich war im Jahr 1891 mit 82—=4, 92 mit 108 = etwa 3, 93 mit 109 = 7, 94 mit 150 — etwas mehr als der Hälfte vertreten. Vom Jahre 1892 ab wurde also die linke Herzgrenze durchschnittlich weiter nach links gefunden als im Jahre 1891. Es ist dies die Folge grös- serer Übung in der Bestimmung der relativen Herzdämpfung bezw. der Herzresistenz. Die — Zahl im Jahre 1891 entspricht ohne Zweifel nicht der Wirklichkeit; sie ist erheblich zu hoch. Ich habe in diesem Jahre noch zu oft nur die absolute Herz- dämpfung festgestellt, die in solchen Fällen, wo die Herzspitze in grösserer Ausdehnung von der Lunge überlagert war, sehr klein ausfiel. Betrachten wir nun die Lage der linken Herzgrenze bei den einzelnen Warzenentfernungen, so finden wir, wie dies von vorn- herein zu erwarten war, bei den kleinen vorzugsweise ein Über- ragen der Herzspitze über die Brustwarzenlinie nach links, bei den grossen letzteres nur ausnahmsweise, zum Teil ein über- ” Über die Lage der Brustwarze, Lageverhältnis der Herzspitze etc. 361 wiegendes Zurückbleiben von der Brustwarzenlinie. Im einzelnen überragt von 18 bis einschliesslich 20 cm Warzenentfernung die Herzspitze m etwa der Hälfte der Fälle die Brustwarzenlinie, bei 18 und 18,5 finden wir — Entfernungen gar nicht, von 19 bis 20 nur spärlich. Während bei 20,5 noch etwas mehr als !/s der Fälle nach links überragen, geht diese Zahl bei 21 auf ?/r her- unter und bei 23,5 auf '/ıe, nur bei 22,5 geht sie noch einmal auf !/a, bei 24 auf '/s herauf. Von 24,5 aufwärts überragt nur noch einmal, bei 25,5, die Herzspitze um 1 cm die Brustwarzenlinie nach links. Es ist dies Fall 72 des Jahrgangs 1893, bei welchem insofern ungewöhnliche Verhältnisse vorlagen, als das untere Ende des Brustbeins eingezogen war, und infolgedessen eine gewisse Raumbeschränkung für das Herz bestand. Die — und B. L.-Zahlen nehmen von 20,5 cm Warzenentfernung aufwärts rasch zu; bis 22 einschliesslich beträgt die — Zahl noch nicht die Hälfte von B. L.!), bei 22,5 und 23 mehr als die Hälfte, bei 23,5 fast ebensoviel wie B. L. Hinsichtlich der Grösse der — und — Zahlen kommt -+- 2,5 noch bei 20,5 cm Warzenentfernung, + 2 noch bei 22,5, -+ 1 bei 24 vor, auf der anderen Seite — 1 schon bei 19, — 2 bei 20,5. Bei den grössten Warzenentfernungen kommen verhältnismässig geringe Entfernungen der Herzspitze von der Brustwarzenlinie vor, von 23 aufwärts mit wenigen Ausnahmen nicht über 1,5 und fast die Hälfte der Fälle von — 1,5 Entfernung gehören dem Jahrgang 1891 an. Bei den beiden grössten Warzenentfernungen beträgt die — Entfernung nur 0,5. Vergleichen wir nun die von Busse festgestellten Werte für die Maximalbreite der Herzresistenz links von der Mittel- linie des Brustbeins und die von mir festgestellten für die Ent- fernung, bis zu welcher sich die Herzspitze von der Mitte des 1) Bei diesen Berechnungen sind die Zahlen aus dem Jahre 91 fortge- lassen. Anatoıische Hefte. I. Abteilung. XXXII. Heft (10. Bd., H. 3.) 25 362 A. KIRCHNER, Brustbeins erstreckt (Tafel VI)'), so schwanken dieselben bei Busse zwischen 8 und 11,5 (auf Bandmass übertragen: 9 und 15), bei mir für die Fälle, wo die linke Herzgrenze in der linken Brustwarzenlinie liegt oder 0,5 cm nach innen von derselben zurückbleibt, die also den Fällen Busses ganz entsprechen, zwischen 9 und 12,5. Für die Fälle mit nach aussen über- ragender Herzspitze bewegen sich diese Werte für + 0,5 zwischen 9,5 und 12,5 en] h 105 EN er 10,70 eo e 11. 9105 ER SI 12,25 „ 12,7. Nur in zwei Fällen überschreitet die Entfernung der Herz- spitze 13 cm, in dem vorher erwähnten Falle 72 des Jahr- gangs 1893, bei welchem dieselbe 13,75 cm misst, und im Falle 137 des Jahrgangs 1893, welcher einen sehr kräftigen Menschen mit 22,5 cm Warzenentfernung betrifft, bei dem die Herzspitze die Brustwarzenlinie um 2 cm überragte, und die Entfernung der- selben von der Brustbeinmitte somit 13,25 cm betrug. In den Fällen, in welchen die Herzspitze mehr als 0,5 cm von der linken Brustwarzenlinie zurückbleibt, schwankt ihre Entier- nung von der Brustbeinmitte — den Fall mit — 4 unberück- sichtigt gelassen — zwischen 8 und 11,25 cm. Die von mir festgestellten Zahlen bewegen sich also fast durchweg in den von Busse festgestellten Grenzen. Überschritten wird seine Maximalbreite nur in zwei Fällen, und wo seine niedrigste Zahl für dieselbe nicht erreicht wird, könnte man annehmen, dass die linke Herzgrenze zu weit nach innen festgestellt wurde. Aber auch mit der Durchschnittszahl Busses 10,8 (mit dem Ästhesiometer 9,8) stimmt der aus meinen Zahlen gewonnene 1) Beim Vergleich sind die WE wieder zu halbieren, die + und — 1 Zahlen zur Hälfte zuzuzählen bezw. abzuziehen. Über die Lage der Brustwarze, Lageverhältnis der Herzspitze ete. 363 Durchschnitt auffallend überein. Der Durchschnitt aus den sämt- lichen Zahlen für B. L. ergiebt genau die Zahl 10,8, und der Durchschnitt aus den + und — Zahlen zusammengerechnet er- giebt sogar eine etwas kleinere Zahl 10,5, wobei allerdings zu berücksichtigen ist, dass wahrscheinlich einige — Zahlen zu niedrig angegeben sind. Diese sehr bemerkenswerte Überein- stimmung ist für die Beurteilung des Wertes meiner Untersuch- ungen von grosser Wichtigkeit. Wir haben oben gesehen, dass die Herzspitze die Brustwarzen- linie um so häufiger überragt, je geringer die Warzenentfernung ist. Eine geringe Entfernung der Brustwarze von der Brustbeinmitte wird also allein schon alsGrund für das Überragen der Herzspitze über die Brustwarzen- linie anzusehen sein. Aber es machen sich hierfür noch andere Einflüsse geltend. Zunächst eine Raumbeschränkung im unteren Abschnitte des Brustkorbs infolge ge- ringer Tiefe desselben. Nach Merkel!) bedingt es die grössere oder geringere Tiefe des Brustkorbes, d. h. Entfernung des Brustbeines von der Wirbelsäule, dass das Herz einmal mehr, einmal weniger weit nach links herüberreicht. Meine Untersuchungen haben dies gerade für die Fälle mit über- ragender Herzspitze bestätigt. Da, wo letztere Thatsache nicht schon in der geringen Warzenentfernung ihre Erklärung fand, also in den Fällen von mittlerer und grösserer Warzenentfer- nung, fand sich auffallend häufig eine geringe Tiefe des Brust- korbs von 20 cm abwärts (vergl. Tafel VII) im unteren Tiefen- durchmesser. Nächstdem kommen für das Überragen der Herzspitze alle diejenigen Einflüsse in Betracht, welche auf die Masse des 1) A. a. O. 8. 349, Steffen, Klinik der Kinderkrankheiten, Bd. IH Berlin 1889, S. 4. 364 A. KIRCHNER. Herzmuskels einzuwirken im stande sind. Schlaefke und Busse, die schliesslich, wie oben erwähnt, als einzig mass- gebend für die Breite der Herzresistenz links die Brustwarzen- linie ansehen, gestehen doch dem Alter, der Konstitution, der Körpergrösse, dem Körpergewicht und der Thoraxgrösse einen gewissen Einfluss zu. Das Alter kommt für meine Untersuch- ungen nicht in Betracht. Auch auf die Konstitution als einen zu unbestimmten, jedenfalls nicht in Zahlen auszudrückenden Beoriff möchte ich nicht weiter eingehen. Von den übrigen angegebenen Momenten schreibt Merkel!) allein dem Körper- gewicht einen Einfluss auf die Masse des Herzmuskels zu. „Das- selbe bedingt bei seinem Zunehmen ein Anwachsen der abso- luten, eine Verminderung der proportionalen Gewichtsmasse des Herzens. Die Körperlänge übt auf die Masse des Herzmuskels einen nachweisbaren Einfluss nicht aus.“ Durch meine Untersuchungen wird das Abhängigkeits- verhältnis der Masse des Herzmuskels vom Körper- gewicht bestätigt, während Körperlänge und Brustumfang keinen nachweislichen Einfluss auf erstere ausüben. In den Fällen von die Brustwarzenlinie überragender Herzspitze finden wir sehr häufig das Körpergewicht auffallend hoch, besonders bei mittleren und grossen Warzenentfernungen?). Das Durch- schnittsgewicht für jede Körperlänge habe ich auf Tafel III zu- sammengestellt. Oft finden wir neben dem hohen Körpergewicht als zweiten beeinflussenden Faktor die geringe Brusttiefe, in anderen Fällen indes nur einen dieser beiden Faktoren als Ursache für das Überragen der Herzspitze. 1) A. a. O. 8. 357. 2) Eine dieses nachweisende Zusammenstellung habe ich als zu kom- pliziert, da nicht nur das Körpergewicht sondern auch die Körperlänge in jedem Falle zu berücksichtigen war, nicht beigefügt und überlasse die einzelnen Fälle in Tafel I daraufhin zu prüfen. Über die Lage der Brustwarze, Lageverhältnis der Herzspitze ete. 369 Umgekehrt finden sich in den Fällen, wo die Herzspitze die linke Brustwarzenlinie nicht erreicht, vorzugsweise kleine Körpergewichte und grosse untere Tiefendurchmesser, namentlich bei den kleinen Warzenentfernungen. Auf Tafel III findet sich eine Zusammenstellung der Fälle, in welchen die Herzspitze die Brustwarzenlinie überragt, mit Rück- sicht auf die Körperlänge, auf Tafel VIII und IX mit Rücksicht auf Brustumfang und Brustbeinlänge. Ein Einfluss dieser Fak- toren ist, wie schon erwähnt, nicht nachweisbar. Die vorstehenden Untersuchungen haben dargethan, dass es nicht statthaft ist, jeden Fall, in welchem die Herzspitze die linke Brustwarzenlinie überragt, als krankhaft anzusehen, und falls andere Krankheitszeichen fehlen, als Herzhypertrophie (häufig mit dem Beiwort „idiopathische“) zu bezeichnen. Ich möchte hier auf die beiden ersten pathologischen Fälle von Busse (S. 31 ff.) hinweisen. Er bezeichnet beide als Hyper- trophie des linken Ventrikels. Im ersten Falle beträgt die Maximalbreite der Herzresistenz 15,5, links von der Mittellinie des Brustbeins 11, im zweiten 16,9 und 12,2 em. Unter seinen normalen Fällen hat er zwei (9 und 23) mit 16,1 und 11,2 bezw. 11,1. Da ist es mir unerfindlich, warum, besonders im ersten Falle, etwas Pathologisches angenommen werden soll, nur weil der Spitzenstoss ausserhalb der Brustwarzenlinie liegt, zu- mal die für eine Hypertrophie sprechenden Zeichen, namentlich verstärkte Herzthätigkeit fehlen: die Töne sind leise. Auch ein Grund für die Herzhypertrophie kann nicht aufgefunden werden, denn das im ersten Falle angegebene starke Rauchen kann doch wohl nicht als solcher angesehen werden. Das Vorhanden- sein des Spitzenstosses im 6. Zwischenrippenraum kann noch nicht als pathologisch angesehen werden, ich habe das auch in meinem Falle Jahrgang 92 Nr. 143, der vollständig dienstfähig war und geblieben ist, beobachtet. Zudem führt Busse selbst 366 A. KIRCHNER, einen normalen Fall (6) mit Spitzenstoss im 6. Zwischenrippen- raume auf. Übrigens befindet sich unter den normalen Fällen Busses, wie schon oben S. 348 Anmerkung 1 erwähnt, einer (Nr. 14), in welchem die linke Herzgrenze die Brustwarzenlinie überragen muss. In demselben befindet sich nämlich der Spitzen- stoss in der Mammillarlinie, nicht intramammillär wie sonst stets vermerkt ist. Die grosse Zahl — 234, mehr als !/ı der Gesamtzahl — von solchen Fällen, in welchen die Herzspitze die linke Brust- warzenlinie überragt, könnte auffallend erscheinen. Indes über- ragt die überwiegend grosse Mehrzahl: 190 die Brustwarzenlinie nur um ein Geringes, !/J—1l cm, und ein Überragen in dieser geringen Ausdehnung muss naturgemäss häufig vorkommen. Es ist mir unverständlich, wie Schlaefke und Busse, nachdem sie festgestellt hatten, dass die Maximalbreite der Herzresistenz links von der Mitte des Brustbeins in breiten Grenzen, zwischen 8 und 11,5 cm schwankt, sich dahin aussprechen konnten, dass die linke Grenze stets in die Brustwarzenlinie oder wenige Milli- meter innerhalb, nie ausserhalb derselben falle. Dieser Aus- spruch ist nur die Folge der althergebrachten Schulansicht, dass die Spitze des gesunden Herzens die Brustwarzenlinie nicht über- schreiten dürfe. Wäre ihnen zum Bewusstsein gekommen, dass die Warzenentfernung in denselben Grenzen schwankt, und hätten sie berücksichtigt, dass die Brustwarze ihnen nicht immer den Gefallen thut, gerade an der Grenze der Herzresistenz zu stehen, sondern, dass sie sehr wohl bei kräftigen Leuten mit breiter Resistenz innerhalb der letzteren stehen kann, dass ferner nach Luschka die durehschnittliche Entfernung der Brustwarze von der Mittellinie 10—10,5 cm beträgt, so hätten sie im Gegen- teil zu der Ansicht kommen müssen, dass die linke Grenze der Herzresistenz die Brustwarzenlinie sehr wohl um ein Geringes, um etwa 1 cm, überschreiten könne. Über die Lage der Brustwarze, Lageverhältnis der Herzspitze etc. 367 Bei der grossen Zahl meiner Fälle von die Brustwarzenlinie überragender Herzspitze könnten wohl Zweifel entstehen, ob dieses Überragen immer sicher festgestellt ist. Diese Zweifel mögen in einer kleinen Anzahl von Fällen eine gewisse Berech- tigung haben, nämlich in denjenigen, in welchen der Spitzen- stoss weder sicht- noch fühlbar war, in denen also die linke Herzgrenze nur durch Perkussion festgestellt wurde. Die Zahl dieser Fälle beträgt 29 — etwa !/s der Gesamtzahl. Unter den gesamten untersuchten Mannschaften ist die Zahl der Leute mit nicht sicht- und fühlbarem Spitzenstoss verhältnismässig viel grösser, sie beträgt 207 von 903, also nicht ganz !/aı. Ich bin bei der Untersuchung dieser Leute besonders vorsichtig gewesen. In allen Fällen, in welchen mir das Ergebnis der Perkussion nicht ganz zweifelsfrei erschien, habe ich die Grenze nur bis zur Brustwarzenlinie angenommen. Immerhin könnte bei dem einen oder anderen von den 29 die Grenze noch zu weit an- gegeben sein. Von den übrigen 205 Fällen mit überragender Herzspitze war der Spitzenstoss in 99 sichtbar, in 106 nur fühl- bar '); in diesen konnte also die Lage der Herzspitze durch das Gesicht oder jedenfalls durch DBetasten festgestellt werden. Übrigens befinden sich unter den 44 Fällen, in welchen die Herzspitze 1,5 cm und mehr die Brustwarzenlinie überragt, nur 4, in denen der Spitzenstoss nicht sicht- und fühlbar ist, in 25 ist er sichtbar, in 15 nur fühlbar. Nachdem ich im Vorstehenden erörtert habe, unter welchen Umständen und Einflüssen beim gesunden Menschen die Herz- spitze die linke Brustwarzenlinie überragen kann, wird es er- forderlich sein, in jedem Falle von überragender Herzspitze, in welchem keine krankhaften Erscheinungen am Herzen und Ge- fässystem nachweisbar sind, auf diese Faktoren zu rücksich- 1) Von der Gesamtzahl der untersuchten Mannschaften: 903 war der Spitzenstoss sichtbar in 254 nur fühlbar in 442 Fällen. 368 A. KIRCHNER, tigen. In jedem solchen Falle ist also die Brustwarzenentfernung, erforderlichenfalls auch Körpergewicht und unterer Tiefendurch- messer des Brustkorbs zu bestimmen und diese Zahlen mit den von mir angegebenen Durchschnittswerten zu vergleichen. Ausser- dem ist festzustellen, ob sich die Entfernung der Herzspitze von der Mitte des Brustbeins bezw. die grösste Breite der Herzresi- stenz links derselben in den angegebenen Grenzen hält. 369 Über die Lage der Brustwarze, Lageverhältnis der Herzspitze etc. ‘co+| or |g6 ser uzHr zZ r|ı 3% GE Zur ; 8688| C'99 #9 Sgay 'ssyw|Xcg‘o+ ale (nl 18% yoaq “yoeg| 0648| C'29' 79 ydıpıaız &+ le‘6 1r |c’08 = Ei — |c‘ır\ er \s‘og| ZT] 68 yeg| 16—78 #9'89 ‘Zew gay sea ‘co— (car | er Icce| ae) us|iet |gist| 21) 28 g’sı ca "n88 mal C6—98 82 'T2 a AA ea x | ee 22 007—26 82808 R | el % = T 97) 2T| 2a, CT| 08 493 ns 'Tuaız| P6—88| GEL" C'29 = ‘Id 0T| 07 0s| uz r| uz»r| co el ee ea | a Kele “ ossgw| 0678| 29'709 - ee ee ll eh! v1 SicT| 6T| IT |C/6z | Yamaas sl 16—c8|c‘E9'c9 Ingeay sewlXc‘o— |c'ır | 81 sel usıuzr| BUOZ -aoyun -1940 sqaoy4snIg sop neql -od | E -10dIoM HUrPwes[y om sıq |ozue3 aop ode] | 9 -ISNIT -19A110M -2z19H uszıeM suroggsnig sop afoIL | eyaıgq -ı04 ıop Sunuroug sop e3urT ( 3 geverhältnis der Herzspitze etc. Lage der Brustwarze, La Uber die Sropmay sywul Xı—|eor| ı1 Ieıe| url ur 23 | Il 9rleier| er) 67| Meaq “gougl a6-98 | 902° 99 re R “071 Tr Koma Tg Si aısc| 0 | str| sr) 33 \g‘771| ga] +aramas mal co—g8 | c'29°c9 | 227 |G2 s 2, (SIE. 2 @R ICse .« |az+r|ca | er gar| mager | 8a jr “Mes yuegs| 16-26 | 2'a2 02 | Supsasl XTa | er isor |caa| * |uzs| co er] 6T|Tos|ctr| <62 i 7688| 8.°99 |a’z2r |e2 zuergos sunge| XT— I IT ETT ıcaa As 49 0 ur | 27T |e‘18 | ET| c'sg| areas mmsl g6—98| 69°C9 SEA Smpeay ayas| ‘7 Ie‘ot | TI |\C'Te| A4Zyr Pi co aT | s’6r | ‘ra |g’er Te |pu “"ma8 ms g96—-88| 22° 12 STR, Srgyayy yoıworz| “IA Erle 85 ev A ne ehe ır\sioT| ET| 65| ag "np agela6—r8| 29'C/c9 ° 102 || Fa Da Tee ur rd 27 6T 16-88 |4'89°69 | 821 |69 R Tl ei Ger (cr HZ Zur Beer Se TZ ET etz yaaq “ypeg| E6—88 g'6g ac) TI 0F| 07 | 0 T Ge OR ve—88| z2eiegl * 129 = nett | wine aa! 22 eG SS er lG Zr srl 26T ee 63 |paraa3 'ssewf 36—98 | 82°02 |8’82T]99 Summası) IE CO EL dep ee ° \s#T| E9Tr| 02| 7 8z| yaroma8 mal g6—98 | 29°C'99 ° Ic9 3 Xxza—| zı \e'rı |e’ez uz #|luz#H|eıT Icar| 6T| 08) Er| «ug 5 68—F8 | C9°79 179 Supeay 'ssyul IF7 LE E27 ezuı as, ae I 97 AT | g'02.|g°TT | G'6% weg ol 26— 16 02 “ 189 Zupeay aygesıXxc’o+ Icor Isoor ı8| url ur|st | sıT| car | ST coT| 8 x 68—78| 2999 “ 129 5 OT 13 R “| et | er| gigr | c'aa |eFr | ‘6a | Yarmgma3 mal co—o6 | c‘69"c‘cal * 119 S x 71 1 |e77 | r o o| sr ST | 6TIg'ar| 8z [mwyos "g 'ayalgg—egs | 89° 4‘E9 3 09 zum ze Tele ze Ei x 2. 27:12.208)| 0.02. ea ROSE x 1648 | 8'221 ' 19 aloe og pworz yuegs| | 31| | r ; e ıg’ar | g’sı | 08|c’er G22 E e 16—98 Rn F n Supeaıı e—IE0r | 37T | ge x SIG Me LT LT cos ger) 83| Yaraama3 ma] 06-78 g° aoseıu ‘ON -yogmyos yaeıgosl XT—| Tr |STT |e’as| Leluzr 2 n RN cos| gr | a2z| yaaq “g Ay Se on ’ e g I EDIT O2 Bar Ser ec ie —_ Suppay ayas| XIq Dialerz: 8 ? ; (a eis! sr | ces Icpr | Fe u) gIe EFT 3 65 | Yamaas malF6—2g |c‘29' 89 st Suyoymyos| Ta [Tor Cor Tg Yag0| az| 1 |S/9r gog| Fr |e’cz 98— 18 | C'E9 'c‘09 Ir er—| ziel 2er | 92 uzg 2 WE 26—16| T2'C'89 ort Snpeay Sem) Ta |STTICTT | € nl F er c'est |7os: Er | 68 yeg 'ayal 86—28 | 29'7'79, 6or Snpeay| ‘So+| Tr gor |gTz VA Per IeT8 GT, 8z | Yamaas nd] 9g6—68 | 02 °'7'99 sor Supeay 'ssewu| I ae] ol 13 eur EG & |9’8T | E02 | 021 OL se “ I1T6—78| €89°19 ‚0F ‚Sem ‘Suyorugos| X IA TLıG TE |@2z F $ Zu AR g‘6r g’erT | g’8d weg] 06—F8 | 69’ cC'09 90F da a q E Er 87 e6—18| 0289 cor augen) Go—| ET) ET | 9 uz»r| as er 85 SHIT 85 | amaas mälcs—o6 | 82 'C‘c9 TAT (For wn ut w» UI stun | syur | syypo« IT| orussun lese | 8 uasunydouog peu rn nur -purtqtoA P uoyun| uogo | SA102 Bene um ur y ur R' N ozua13 -ysnagg sop mol ae -zogun Ach nu sqroy4snıg Be sop neq elle = -19dıoy Purmwasıy oyım Sıq \ozued ı9p o3eT BE sop -ISnIg -1adıoy - -Z19H UIZIEM Een er sap oJorL | ooagq ı9p Sunulsprug Te — << a aa 374 A. 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Abteilung. XXXIII. Heft (10. Bd. H. 3.) Anatomisehe Hefte. KIRCHNER, A. 394 “ Sumaal 1 -+|e6 |s6 | el U 2 4 v| — [s’sr set | 08 sr er 16 —98 7 | ser € zuergss| ‘1 — [str | ar ee as us, LT 227 1978, ST og | Weg semgolgs —z6 cF8 ‘zu |T‘cetl z sıyeaa| ‘CO + or [et srl uzr u ;| & le'prls/gr | c'ag I2‘er | #'62 "na3 'sspw[00T—F6| 88'042 | 06T I I -uorpreIegl St FegI JSuedayerf Sea 'ssywul LEI TI ZZ yz#»|ce cerl 21T | 02| zT e/ez | 3araaad mal ıs—es | 09°65 | F91 Jogz Sgypaıl XII OR .GO TE | 20 4s| ı| 27 8st| 6L| TT| 83 [uoeg'Aago‘neiq| c6—28 89 c9L 1653 Sopeay gl zZ +leoı Cor | 18 “ |yz#r|ecı | ercigr | osleHT | 23 [ad seem gl 76—28| 02°89 | 99T (82% un xraa OT OT 02 Kzarı ar | Fr om 0a Sen elz na3 mal 06—c8 | 99°CH9 “ 1222 Snreayl X H+| 01 cor |eoal as| as 23| 21 67T | 08| Friciaz [Mas sem ıgl76—68 | 8. 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Az el lee rn er Ir esse | ern la RR ee 2 I ze Store ee ee lee No} ——' _— Ss m egnZnnanmmm|en| | Ima| I I IAI Im I IT &n NY wm ann amım Nolte) nn 1m NoR'c} S= ZFOAOF-S-ÖHLESSHHAUSTHAFTWOH-HHMSKHDocnd SSOSSCSSGSDOSWOOOMOSOOGMSOGSOSOSDSWMWMDSON ewung N N SE a ISIN EEE UT = a = BER DERRREEEE EB EIKBGES EIER ET 1m oo ee se le alles een ll lat Ku | = | loan ee lmialmel III III IR Te) & man In En Dun In 3 Be BE Eu I a a a a a a a En a »oaHaa-marma| | | I II II Im III 1 IS 12 "B o 2 | onana [as || Imam | Im Immaam | I Im I Ie|8 a N 3 | FB3o8o0awarna | |mamm | Im | Irma 1 1 1|8 Ne) h > = | SaSonae | | Imalall il lel lie lie l]e nah For) m 3 | Brotaonnk lila lem ee IE Ne) > Ss I onen 1a ten 15 ee ER RE 15 Er 2 BE a I En Ei a DE erasasarem | Tellilld tele Ne) 10 $ Silorils 9 Ro 00 ea ra EN IR m I IR=S un I Re ae a a a Fa = VE EL 5: a a ed el ea A a I Be a N EI EN a ae a DE ld im) x ee le le SL al KR SR Se a MIADIERS IK Balz labalsiellg ei elle in) 1 a I ER FIETSTOL A STR EN SAER BET RAETRIIRNen a — a Beer Blaze laser 3 ee ee el eeive aaa en & „A THHSOosawoarL soon 4m mnmwmuamshnawmrmsonil| 3 --LFFESSSSHHOSSGSHSHSOGHGHOSODOOHAMDMMAMWIDıD| 3 dl “mm, [fe fe TH WesTBTMTMei TH fi mg eb m ed gi em m ed Hd dm Hm m m 7 Anatomische Hefte. I. Abteilung. XXXIII. Heft (10. Bd., H. 3.) 28 A. KIRCHNER, (s2so ee ‘[9NAO MN) Ppuy 6228 :UOINBALÄSXT 109571978 Toq 19 puoayya YgamsuR uossoud ayny Aap ur Suppungsnig Up agfaseıp ep eyppomz gqrorq “sı pusypaadsyusa zue3 Inaıy uoA Iyez aıp 940 'F178 ‘(29T 'S ‘T68T USSOMSIENULS-APIM "WAY ST A "PA ‘ua ‘aduoyf "orpawm ‚Wudogur "X 'p "[puwgieA "odurpıedaıoyy ınz sıu AEYIOA wm Igoraostodıoy pun negisnig) [95398 pun 2'C8 :228T uoypunw ‘yeypsaszyesiq wog usdunssougsnig ap 119 M uoyosmyeıd uop 199) ITFOoA UOA uafyez ap spe aasso.ıa Js pun „8‘98 :(63 AN II pad ypsuoypoM 'orpaut oypsmmag) Sunıy uoA [gez 19p pun ‘79‘g98 :TgeZsprugosyoang uauegesasur AauuRgW ssragelz/,Fg any (08 '8 Aoydary "g 'A "per “ıoyg m Tomeg "zods 'p 'qpuaeg sop Iqy "TI ‘A pa "uwsıosuorgadsey 'p "yyueay) YOrayuıry UOA a9p Iyorıdsyuo Surpungsnig oropyru apuadaıy 8 pun 98 uayasımz 23q (1 | DOT TE er zelzeege ger | 9TT m LOT 68 {a3 II | 6 ji sururmg a ee us u a a EEE | Tanne I = = u = >e= 66 li! | | |» #aaworar- | | | | Milde ee ee L 1 i — ” 68 1 Ia Iarwontamm| | III I III er) | x) ml a ri la lmoan nor III I | Sl SO Ser a El 410 l | | | l ewung | sI | esı | 61 | e'6L | 08 | 08 IG | 18 66 | 478 8 | a 129 | 77 “ | er 9 Anlezrel | | | | een]. | "Sunumesny op 19q) Suvpungsnig pun SUNUPJUDUSZIENISNIT * AI ISJ& L, 412 Über die Lage der Brustwarze, T,ageverhältnis der Herzspitze etc. "u9Sug[wogIsnIg Aap ammmnsymwsen) (z "uoyey Isnıg amegqas „Yaızıs STOPuosagq aura Yruyosyoand] u U9197292] SIp »peıas ssep ‘IST uasyasyonIeg nz SSupaaıje TOgom °gZ aayum yoılluasom IyoIu ame] usufa[Y uap Teq yons uadunssom uauraur yoru 4öR179q aqfesaaıı '21'9g :AaSlıparu yorqayıo 781 (28 'S 'O ® '®) yprıyuıy UOA AOSSOWUYHIMPIBSTOASURLTL arapyrun Oct (1 I] | | ee I selzes |e| » \az| ee 9 TI = 1) E11 108 ge ea cs > Zee 0a — | — = — | le een ee GE 18 | 7 171.8 418.,.T 860 = ek ee le ee 8 Ist) T IT 8 18, 8 — | — |. 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WE = Brustwarzenentfernung. Über die Lage der Brustwarze, Lageverhältnis der Herzspitze ete. 413 zu Seite 359. DD m DH 92|93 9491 92 93 94[91/92|93 94]91 92 93 94] 91 | 92 | 93 | 9a | — |BL| + [wel — |91| 92 | 93 | 94 1 ee | 1 | ea Kris ala — | 3% WE 3 ıl3 1 11 ee ee: 3 1l 2 1 3 1 EEE EEE 4 2l5lılılıı 1 | ı/\#»|slao|-ı5 |12|.2 9 sia2al Iıl ılalı |ı 1 15/38/37 Po5l-ı |ss|ıı [38 | 18 445 21 3 2\s|slal-os|wla || sısl |ılı 2 28 | es | 20 Pı.5| BL | s2 108 109 |150 144 |Jılı s|sılalae|+o5|ı|22| 2 | 3 315 2 3 1 35/4 |oa7|e25| +ı |ıo|sı|ar | so ııl3alıl Jı 3/5 so |s/+ı5|s |5 |n|r ıı in bss| F2aillı "32 12 TE El re sliııI-5| — Ie2lıs|s|e ı |3 I-[35| BL |82 |1os [109 |150 1 ae 5 aha 1 | | — | % | Summa | 189 |186 |235 |290 311271301 3] 510 | ıl Jısl 2| | 2) ı) Jıse Jıse 1935 390 [soo — | — I — A. KIRCHNER, 414 Tafel VII. Breiten- und unterer Tiefendurchmesser des Brustkorbs. —oaa Te — } 25,5|25 24,5 24 | 23,5 2; 93 | 21,5 | 21 | 20,5 |201| 19,5 | 19 1a jaslınsjunlinn 10) EHoası rusite +95 | | | un ! 51 - | |< 7) =) 2202| 0 Be BE ee Be a Br eo | _ | | 121 _ la) |) Sl Se ee 5 _ | 2 =), 2A sı ı _ 2. 1121 -|m02| 20 2 12 ee a Se ee ek aa a 53 me ee 5 Denn 0 1 el A ee te a el an = ee re ee | le li. 29 |. u ee on nl ga 111101 122 4 2| 1 (100020000 vol on ee iu 85 — || | 812 |6 | 19 1a 1a 18 1a 2) 3 aa een, Tee 98 | l2I = ]e12a || 16 18 20. ame 15.| 20) /10.) 2ulez BE) malen Bl Eee 25. — | -| 11-51 |8 3-8: 814 2992.06.| 7,172 222 60 Sn 6 9|18) 6) A| — Er RE DE a BE er era Zeus a a ee 5 ı | ==, Ir |.4 le | 2] 8) ır [ol Alan Pa une ern 26 N ee |) 1.85 7 1025 mal 121 1 | 0 a0 ee ze 955. 2 212) 12 1:17 )@8.00 08a | 5 0 el erregte ler a ne u 2; - Zee eeseree u | _ nee ee Pe en 85 ._ _| 2 |, 2,2) Zen el a | I Seel ee el FeBe BEE B 1. U 3| 8 |19| 31 ‚52| 80 1091126 144 92 |87 ss |27|15 |2 ı |1 889, | NB. Die obere Zahlenreihe giebt die Tiefendurchmesser an. 1) Der durchschnittliche untere Tiefendurchmesser, der sich nach obigen Zahlen auf 20—20,5 berechnet, ist etwa um 1 cm grösser als Wintriehs Durchschnittszahl des unteren Sagittaldurchmessers (a. a. ©. S. 82), die 19,23 beträgt, übrigens dem mittleren (in der Höhe der Brustwarzen) ganz gleich ist. AUS DER PSYCHIAIRISCHEN KLINIK ZU GÖTTINGEN. (GEHEIMRAT L. MEYER.) BEITRAG ZUR KENNTNIS DER OPTIRUSKREUZUNG IM CHIASMA VERHALTENS DER OPTISCHEN CENTREN EINSEITIGER BULBUSATROPHIE. VON A. CRAMER, GÖTTINGEN. Mit 15 Abbildungen im Text und 7 auf Tafel XXVIIIXXX. 2 . a et RR BE INd.E } 2 pe 8 fie Bay ip $ fi Y ,, } ; ® Tu, a “ah n Hi ven! Day Mr NE r WERT, " ca Ku a fü 2 TER, = pi . 5 N wie u ih MILE a La IT, PN a . Ya Dr Bad) ! = Eu) ö m F eh Ma, Der Entschluss, das Ergebnis der anatomischen Untersuchung des nachstehenden Falles von einseitiger Bulbusatrophie zu ver- öffentlichen, wurde im wesentlichen herbeigeführt durch die folgenden Passus in dem ausgezeichneten Handbuch des grossen Würzburger Anatomen von Kölliker!), „Ganz allgemein möchte ich mich nun noch dahin aus- sprechen, dass, wer in Zukunft nach den hier mitgeteilten, ganz unbefangen angestellten Beobachtungen beim Menschen, beim Hunde und der Katze noch für das Vorkommen eines stärkeren ungekreuzten Optikusbündels im Chiasma oder ungekreuzter, in der ganzen Breite des Chiasma vorkommender Fasern einstehen will, in erster Linie die Aufgabe hat, diese Bündel anatomisch nachzuweisen. Hier kann meiner Meinung nach keine physio- logische Hypothese, kein Experiment die Hauptrolle spielen, sondern hier heisst es in erster Linie Anatomie!“ Dabei er- klärt er kurz vorher nach Untersuchung einer Horizontalschnitt- serie vom Chiasma des Menschen ?): „Ich bin schliesslich, ob- schon ich von Hause aus mit dem Gedanken, dass die Kreuzung keine totale sei, an diese Untersuchung ging, doch zu der Über- zeugung gelangt, dass auch beim Menschen ungekreuzte Bündel an Schnitten nicht nachzuweisen sind.“ Wenn ein Mann von der Bedeutung von Köllikers sich so skeptisch über die Frage der partiellen Kreuzung im Chiasma 1) v. Kölliker, Handbuch der Gewebelehre des Menschen 1896. Bd. II, S. 870. 2) Derselbe, 1. c., S. 567. 418 A. CRAMER, ausspricht, so waren weitere Untersuchungen trotz der vielen mühevollen Studien zahlreicher gewissenhafter Autoren dringend geboten, zumal sich von Kölliker z. T. auf Präparate stützt, welche von Michel gehören. von Michel hat von jeher sich gegen die Annahme einer partiellen Kreuzung gesträubt und ist seit von Guddens Zeiten bis auf den heutigen Tag seiner Über- zeugung treu geblieben. Die Litteratur über die Optikuskreuzung ist bekannt und häufig zusammengestellt'); ich brauche deshalb hier auf die De- tails nicht einzugehen und werde erst bei Besprechung der von mir erhaltenen Resultate, soweit als notwendig, darauf zurück- kommen. Das Präparat, das mir zur Verfügung stand, verdanke ich der Liebenswürdigkeit des Herrn Geheimrat Zinn f Eberswalde. Es stammt von einem 60 jährigen chronischen Geisteskranken, welcher 13 Jahre vor seinem Tode infolge von Ulcus corneae von einer rechtsseitigen Phthisis bulbi befallen wurde. Ich habe den Kranken selbst gekannt: es bestanden bei demselben keinerlei Lähmungserscheinungen; auch fehlten alle anderen Symptome, welche auf eine organische Veränderung des Gehirns hätten hin- weisen können. Das erhaltene linke Auge ist ophthalmologisch nie untersucht worden. Sicher aber war seine Sehkraft dauernd eine gute. Der Kranke beaufsichtigte das Federvieh der Anstalt, schnitt das Brot für dasselbe klein und beaufsichtigte dasselbe auf der Weide, Er starb an einer gangränösen Pneumonie am 6. Februar 189%. Die Sektion fand 11 Stunden post mortem statt. Das Sektions- protokoll lautet: 1) v. Gudden, Gesammelte Abhandlungen: Singer und Münzer, Bei- träge zur Kenntnis der Sehnervenkreuzung. Wien, 1888. — J. v. Michel, Sehnervendegeneration und Sehnervenkreuzung. Festschrift. Würzburg, 1887. — v. Michel, Augenheilkunde. 2. Aufl. 1890. — Henschen, Klinische und anatomische Beiträge zur Pathologie des Gehirns: Bd. I, II und II. Upsala; 1890, 1892 und 1894. Beitrag zur Kenntnis der Optikuskreuzung im Chiasma ete. 419 Schlecht genährte männliche Leiche, auf dem Rücken diffus blaurot ver- färbt. Todtenstarre zum Teil gelöst. Dura des Rückenmarks auf der Innen- fläche glatt, nicht verdickt, stark bluthaltig. Substanz des Rückenmarks von guter Konsistenz mit deutlicher Zeichnung, ohne Besonderheiten. Schädeldach mit deutlichen Gefässfurchen, compakt und schwer zu sägen, symmetrisch. Dura des Gehirns nicht verdickt, auf der Innenfläche glatt. Längsblutleiter leer. Pia auf der Konvexität nur leicht getrübt, leicht und ohne Substanzverlust abziehbar. Die Windungen des Gehirns sind namentlich im vorderen Teil etwas verschmälert. Die Hirnhöhlen sind nicht erweitert, ihr Ependym glatt. Suh- stanz des Gehirns von guter Konsistenz, mässig bluthaltig. Gehirn mit weichen Häuten wiegt 1277 g und wird nach Meynert seziert, Hirnstamm und Hirn- mantel getrennt in Müllersche Flüssigkeit eingelegt. Der rechte Bulbus oculi ist bis auf die Hälfte zusammengeschrumpft, der linke wohl erhalten. Der rechte Optikus erscheint gegenüber dem linken um die Hälfte verschmälert. Der rechte Traktus ist flach. Es besteht Atherom der Basalgefässe. Bei Eröffnung des Thorax weichen die Lungen nicht zurück. Das Herz ist mit dem Herz- beutel fest und derb verwachsen, der Klappenapparat intakt. In den Herz- höhlen dunkle Cruormassen. Koronararterien atheromatös. Die rechte Lunge liegt mit verdickter Pleura in der mit circa 1'/» Ltr. jauchiger Flüssigkeit ge- füllten Brusthöhle. Das Gewebe der Lunge ist derb infiltriert nnd enthält z. T. Höhlen mit zerfetzten Rändern und jauchigem, übelriechendem Inhalt. Die Bronchien enthalten z. T. eine ähnliche jauchige Flüssigkeit. Die linke Lunge durchweg lufthaltig, entleert beim Durchschneiden reichlich schaumige Flüssigkeit. Milz klein, atrophisch mit stark gerunzelter Kapsel und deut- licher trabekulärer Zeichnung. Nieren leicht vergrössert. Kapsel ohne Sub- stanzverlust abziehbar. Rinde mit geblichen Pünktchen besetzt. Pyramiden gelblich gestreift. Nierenbecken enthält geringe Mengen trüben gelblichen Urins. Blase kontrahiert mit geschwellter Schleimbaut und trübem, mit Schleimhautfetzen vermischtem Inhalt. Gallengänge wegsam. Magen stark kontrahiert, leer, ohne Besonderheiten. Leber mit gerunzelter Kapsel, Centrum der Acini dunkel, Peripherie hellgelblich verfärbt. Gallenblase enthält eirca 50 ccm grüner, dickflüssiger Galle. Wurmfortsatz am Ende kugelig bis zu Wallnussgrösse aufgetrieben mit einer schleimig gallartigen, gelblichen Masse geflüllt. Sonst Dünn- und Diekdarm ebenso wie der Geschlechtsapparat ohne Besonderheiten. Die kurzen Daten über den Kranken und das Sektionspro- tokoll zeigen uns, dass wir bei dem Gehirn, abgesehen von Alters- veränderungen, pathologische Veränderungen nicht annehmen dürfen. Da nur der eine Bulbus zu Grunde gegangen ist, können wir einseitig auftretende Veränderungen im Centralnervensystem, falls sich nicht bei genauer Untersuchung des Gehirns noch eine besondere Erkrankung dieses Organs feststellen lässt, soweit sie 420 A. CRAMER, im Gebiet der optischen Leitungsbahnen liegen, unbedenklich auf die einseitige Bulbusatrophie beziehen. Die genauere mikro- skopische Untersuchung des Gehirns hat nun gezeigt — es er- giebt sich das auch, wie wir sehen werden, aus dem Befund, der bei Verfolgung der optischen Leitungsbahnen erhoben wurde, — dass eine schwere Erkrankung des Gehirns sicher nicht vorhanden ist. Die Altersveränderungen waren noch nicht soweit fortgeschritten, dass sie sich selbst bei den exak- testen modernen Methoden in einem pathologischen Verhalten der Fasern und Zellen markiert hätten. Es kann also das vor- liegende Präparat genau dieselbe Dignität beanspruchen, wie wenn der Bulbus zu experimentellen Zwecken zur Atrophie ge- bracht worden wäre. Ich habe das Präparat in vier getrennten Teilen nach Här, tung in Müllerscher Flüssigkeit untersucht und stets abwech- selnd den einen Schnitt nach Weigert-Pal, den nächsten mit Nigrosin, Karmin oder Alaunhämatoxylin gefärbt. Die vier Teile sind: 1. die Optici, welche horizontal und vertikal geschnitten wurden; 2. das Chiasma, horizontal in Serienschnitte zerlegt; 3. der Hirnstamm, frontal in über 300 Serienschnitte zerlegt; 4. die Rinde der beiderseitigen Fissura calcarina, in einer zur Furche senkrechten Ebene geschnitten. I. Nervi optici. Aus dem „gefässlosen“ Teil der Nerven Längs- und Quer- schnitte. a) Linker Nervus opticus. Nach Pal. Alle Fasern wohl erhalten und deutlich gefärbt sowohl auf Längs- als auf Querschnitten. An Karmin- und Nigrosinpräparaten erweist Beitrag zur Kenntnis der Optikuskreuzung im Chiasma etc. 421 sich das Zwischengewebe und das Perineurium als nicht ver- diekt und durchaus normal. Auch in Präparaten, in denen die Arterie bereits eingetreten ist, zeigt sich, dass dieselbe keinerlei atheromatöse Veränderungen aufweist. b) Rechter Nervus opticus. Im ganzen Nerven bis dicht zum Chiasma lässt sich weder an Längs- noch an Quer- schnitten eine markhaltige Faser nachweisen. Der Nerv ist um mehr als die Hälfte kleiner als der linke. (Siehe Fig. 1.) An Karmin- und Alaunhämatoxylin-Präparaten zeigt sich deutlich, dass die Struktur des rechten Nervus opticus, je mehr man sich dem Bulbus nähert, immer mehr verwischt wird. Während sich im „gefässlosen“ Teil nahe dem Chiasma wenigstens noch einzelne Reste der nervösen Felder, in welche auf dem Querschnitt der Optikus zerfällt, erkennen lassen, verschwinden diese im gefäss- z 7 führenden Teil nach dem Bulbus .. 1. zu vollständig, indem sich das Zwischengewebe, welches zahlreiche verdickte und entartete Ge- fässe führt, immer mehr ausbreitet. Daher kommt es auch, dass die Kerne, welche sich unter normalen Verhältnissen nur im Zwischengewebe zahlreicher finden, sich schliesslich über den ganzen Querschnitt ausbreiten. Auf Längsschnitten zeigt sich bis nahe an den Bulbus das Bild so verschoben, dass nirgends die geraden parallelen Linien des normalen Optikus hervortreten. Erhaltene Achseneylinder konnte ich nirgends auffinden. Auch in den Schnitten nahe dem Bulbus, wo auf Querschnitten noch Reste von nervösen Feldern sich zeigten, liessen sich niemals Achseneylinder auffinden, wie auch nach Pal alle Fasern fehlten. Es ist also mit Bestimmtheit nachgewiesen, dass im rechten a. normaler linker Optikus. b. atrophiseher rechter Optikus. Nervusopticusalle Fasern untergegangen sind, wäh- 422 A. CRAMER, rend im linken Nervus opticus nicht die geringste pathologische Veränderung besteht. Ich möchte noch besonders betonen, dass auch von einem Atherom der Arteria centralis retinae und einem deletären Ein- fluss einer atheromatös entarteten Arteria ophthalmica und ihrer Äste im Sinne von Otto!) nicht die Rede sein kann. Es handelt sich also, wenn ich so sagen darf, um einen absolut reinen Fall von rechtsseitiger Optikusatrophie. Ich kann dabei die Bemerkung nicht unterdrücken, dass ich eine an einen zu Grunde gegangenen Bulbus sich anschliessende totale Atrophie eines Optikus zur Verfolgung der sekundären Veränderungen für geeigneter halte als eine tabische Atrophie. Selbst wenn dieselbe nur eine partielle ist und, wie in einzelnen der Henschenschen?) Fälle nur das ungekreuzte Bündel be- trifft oder zu betreffen scheint, ist der erhobene Fund nicht un- bedingt beweisend, weil, wie bekannt, die supponierten Toxine der Tabes nicht nur im Nervus opticus, sondern in den ver- schiedensten anderen Partien des Centralnervensystems ihren schädlichen Einfluss entfalten können. Auf jeden Fall sind die im weiteren Verlauf der optischen Bahnen in solchen Fällen gefundenen Veränderungen mit grosser Vorsicht aufzunehmen. 2. Das Chiasma. Das Chiasma ist, wie bereits erwähnt, horizontal geschnitten. Es wurde eine lückenlose Serie von über 60 Schnitten angefertigt. Die ventralsten und dorsalsten Schnitte, in welchen nur einzelne oberflächliche Teile der Optiei oder der Traktus gefasst waren, wurden nicht konserviert. 35 Schnitte der Serie sind nach Pal gefärbt, die übrigen mit Karmin oder Nigrosin. 1) Otto, Sehnervenveränderung bei Arteriosklerose. Berlin beiSpringer 1898. 2) Henschen, I. ce. Beitrag zur Kenntnis der Optikuskreuzung im Chiasma etc. 423 Ieh beschreibe zunächst den Befund, wie er sich am Pal- schen Präparate ergiebt, und beginne damit, den Verlauf der Fasern im Chiasma an einzelnen Schnitten der Pal-Serie, welche mir besonders charakteristisch erscheinen, zu beschreiben. Die Schnitte sind von der ventralen Seite her numeriert. An Schnitt 2, also dem zweituntersten der Serie, finde ich folgende Verhältnisse, welche auch in Fig. 2') deutlich zu er- sehen sind. atr, a EZM: Fig. 2. Die mediale Hälfte des erhaltenen linken Optikus zieht zum weitaus grössten Teil längs des nasalen Randes des Chias- mas nach der rechten Seite, biegt in dem rechten Optikusstumpf in konvexem Bogen nach vorn und schlägt dann kaudalwärts 1) Sämtliche Zeichnungen durch das Chiasma sind mit dem Winkelschen Zeichenapparat bei 7facher Vergrösserung hergestellt und dadurch entstanden, dass mit der Zeichenfeder die einzelnen Fasern nachgefahren wurden. 1. ©. linker, r. O. rechter N. optieus; ]. t. linker, r. t. rechter Traetus opticus; atr. atrophische Stelle in Tractus, a. atrophisches Feld im Chiasma, em. Commis- sura Meynert. Zum Drucke sind dieselben um !/s verkleinert. 424 A. CRAMER, nach dem rechten Traktus um. Die laterale Hälfte des linken Optikus zerfällt in zwei sich verschieden verhaltende Teile. Das lateralste Viertel der lateralen Hälfte beschreibt zum grössten Teil einen kaudalwärts gerichteten konvexen Bogen nach dem linken Traktus zu, zieht dann schwächer werdend am kaudalen Rande des Chiasmas entlang nach dem rechten Traktus hinüber und gelangt an dessen mediale Seite. Ein anderer kleinerer Teil dieses lateralsten Viertels schwenkt direkt in den gleich- seitigen linken Traktus um. Diese Fasern sind am dichtesten direkt am lateralen Rande des Nervus und Traetus opticus. Auch aus dem medialen Viertel der lateralen Hälfte des linken Optikus gelangt ein geringerer Teil in den gleichseitigen linken Traktus und zwar in die mehr mittleren Teile desselben. Der grössere Rest des medialen Viertels der lateralen Hälfte gelangt mit den Fasern aus der medialen Hälfte des linken Optikus nach dem rechtsseitigen Traktus. Die aus dem linken Optikus stammenden Fasern haben, wie sich das aus dem Vergleich mit den folgenden Schnitten ergiebt, fast sämtlich eine dorsalwärts aufsteigende Richtung. Im linken Traktus finden sich lateral- wärts dichte Fasermengen, welche, etwa zwei Drittel des Traktus einnehmend, medianwärts immer lichter werden. Das medialste Viertel des Traktus ist so licht, dass das Palsche Präparat deutlich eine degenerierte Stelle (atr.) markiert. An Karmin- und Nigrosinpräparaten ist die betreffende Stelle deutlich dunkler tingiert. Im rechten Traktus findet sich ebenfalls eine de- generierte Stelle (atr.), welche ungefähr das zweite Viertel von aussen im Durchschnitt einnimmt. Ausserdem findet sich im Chiasma selbst eine äusserst faserarme Stelle im kaudalen Teil links von der Medianlinie (bei a). Diese Stelle wird durchzogen von den Fasern, welche, aus der lateralen Hälfte des linken Optikus stammend, am kaudalen Rande des Chiasmas entlang nach dem rechten Traktus ziehen. Schliesslich ist noch zu er- wähnen, dass am medialen Rande des linken Nervus opticus an Beitrag zur Kenntnis der Optikuskreuzung im Chiasma ete. 425 der Stelle, wo er in das Chiasma eintritt, sich einzelne kleine Faserbündel befinden, welche quergetroffen sind und aus ven- tralen Tiefen dorsalwärts zu ziehen scheinen. Schnitt 3. Hier sind die Verhältnisse, wie sie in Schnitt 2 sich darstellten, noch deutlicher geworden. Nun kommt hinzu, dass von dem atrophischen Stumpf eine deutliche Faserlichtung nach dem degenerierten Bündel im rechten Traktus hinzieht. Ausserdem sieht man deutlich, dass links die im lateralen Rande des Traktus ungekreuzt verlaufenden Fasern aus ventralen und lateralen Teilen des linken Optikus nach dem Chiasma und Traectus dorsalwärts aufsteigen. Schnitt 5, 6 und 7. Die Verhältnisse sind im grossen und ganzen unverändert geblieben, nur die faserarme Stelle a ist fast ganz verschwunden. Die von links nach rechts herüber- ziehenden Fasern haben, immer dichter werdend, diese Stelle fast ganz verdeckt. Daraus, dass in den ventralsten Schnitten das degenerierte Bündel im rechten Traktus noch nicht mit dem atrophischen rechten Optikusstumpf zusammenhängt, lässt sich entnehmen, dass die kreuzenden medialen und ventralen Fasern des linken Optikus zum Teil an die laterale Seite des rechten Traktus kommen. Sie lassen sich z. B. auf Schnitt 2 ununter- brochen auf dem Wege dahin verfolgen, während bereits vom 3. Schnitt an dorsalwärts dieser Zug unterbrochen ist. Schnitt 9. (Fig. 3.) Die mediale Hälfte des linken Optikus zieht, wie auch an den Schnitten aus ventraleren Ebenen, nach der nasalen Seite des Chiasmas. Das medialste Viertel gelangt aber nicht, wie tiefer ventralwärts, nach dem rechten Traktus, sondern erscheint am rechten atrophischen Stumpf wie abgeschnitten; es wendet sich, wie wir an den tieferen ventraleren Partien gesehen haben, ventralwärts. Dem ent- spricht ganz, dass auch die Fasern des lateralsten Viertels des rechten Traktus am rechten Optikusstumpf verschwinden, indem sie sich ventralwärts wenden. Anatomische Hefte. I. Abteilung, XXXII. Heft (10. Bd., H. 3). 29 426 A. CRAMER, 7 Die laterale Hälfte des linken Optikus wendet sich, wie in den ventraleren Ebenen, mit einem Teil ihrer Fasern in nach dem linken 'Traktus kaudalwärts gerichteten Bogen nach dem kaudalen Rande des Chiasmas und zieht in dichten Zügen, die tiefer unten lichte Stelle a fast vollständig bedeckend, nach dem rechten Traktus, dort namentlich dessen mediale Hälfte ein- nehmend; die lichte Stelle a erscheint, soweit sie sich noch er- kennen lässt, weiter nach rechts verschoben. Es ist in diesem ( \\ N N AN N \ atr, atr, b. GEM: Fig. 3. Schnitte die ganze Breite des Chiasmas von Fasern eingenommen, welche aus der ganzen Breite des linken Optikus stammen und den Weg nach dem rechten Traktus nehmen, denselben aber, wie erwähnt, nur in ihren kaudalen Teilen erreichen. Der andere Teil der Fasern der lateralen Hälfte des linken Optikus und, wie mir scheint (ich kann das nicht mit Bestimmtheit sagen), auch einzelne Fasern aus der medialen Hälfte wenden sich nach dem gleichseitigen linken Traktus ganz in derselben Weise, wie das auch in tieferen Ebenen geschehen ist. Beitrag zur Kenntnis der Optikuskreuzung im Chiasma ete. 427 Das degenerierte Bündel im linken Traktus nimmt unver- ändert das mediale periphere Viertel ein. Im rechten Traktus behauptet das degenerierte Bündel im zweiten lateralen Viertel seine Stelle und geht ununterbrochen, indem es sich nasal wendet, in den atrophischen rechten Op- tikus über. Bei dem Übergang der Fasern aus dem linken Optikus in den linken gleichseitigen Traktus sieht man die Fasern häufig scharf kaudalwärts am Übergang aus dem Chiasma in den Traktus umbiegen (b). Ganz frei von Fasern ist der periphere rechte Optikus nicht. Die erhaltenen Fasern sind ausserordentlich fein und erscheinen bei stärkerer Vergrösserung zum Teil varikös aufgetrieben. Alle diese Fasern zeigen eine Neigung, sich zu Zügen, welche einen konvexen, nasalwärts gerichteten Bogen bilden, zu vereinigen. Schnitt 11, 12, 13, 14 und 15 bieten im grossen und ganzen dieselben Verhältnisse. Nur ist zu bemerken, dass sich die lichte Stelle a immer mehr nach rechts verschiebt und wieder deutlicher wird; sie liegt schliesslich rechts von der Medianlinie im kaudalen Teil des Chiasmas und dehnt sich nach dem rechten atrophischen Optikus zu aus. Schnitt 16 und 17. Dieselben Verhältnisse. Es lässt sich hier mit Sicherheit bei starker Vergrösserung erkennen, dass auch einzelne Fasern aus der medialen Hälfte des linken Optikus nach dem gleichseitigen linken Traktus gelangen. Schnitt 18 (Fig. 4) Die lichte Stelle a hat sich dem atro- phischen rechten Optikus bereits erheblich genähert. Sie ist nur noch durch ein sich immer mehr lichtendes Bündel von Fasern, welches aus dem medialen Teil des rechten Traktus stammt, von demselben getrennt. Die mediale Hälfte des linken Optikus hat immer noch ihren Zug längs dem nasalen Rande des Chiasmas nach dem rechten Optikus, gelangt aber nur mit einem geringen Teil der am centralsten im Chiasma gelegenen Fasern 29* 498 A. CRAMER, nach dem rechten Traktus. Im rechten atrophischen Optikus sieht man bei stärkerer Vergrösserung deutlich, dass fast alle daselbst vorhandenen feinen Fasern in einem nasalwärts kon- vexen Bogen nach dem rechten Traktus hinstreben. Nur ver- einzelte Fasern laufen, der früheren Faserrichtung der Nerven entsprechend, eine Strecke gerade aus, um dann aulzuhören. Auffallend ist eine vom atrophischen Optikus in den nasalen Z r. ©, EIN NN ZEN: IE ’ atr, Teil des Chiasmas hineinziehende Zunge (z). Ebenso hören auch die aus dem linken Optikus stammenden, im nasalen Teil des Chiasmas dem rechten Optikus zustrebenden Fasern in zungen- förmigen Formationen auf. Der lateralste Teil des linken Op- tikus biegt in den gleichseitigen Traktus um und gelangt in mehr centrale Teile des Traktus. Der mehr mediale Teil der lateralen Hälfte des linken Optikus zieht in einem kaudalwärts konvexen Bogen nach der Mitte und anscheinend über den kaudalen Rand des Chiasmas hinaus und kreuzt hier spitz die Meynertsche Kommissur, welche in ventro-dorsaler Richtung Beitrag zur Kenntnis der Optikuskreuzung im Chiasma ete. 429 immer mehr an Mächtigkeit und Ausdehnung zunimmt und einen nasalwärts konvexen flachen Bogen beschreibt. Nachdem diese Fasern die Meynertsche Kommissur fast überschritten haben, hören sie auf. Sie sind offenbar der Rest jenes in den ventralen Schnitten des Chiasmas mächtigen Bündels, das kreuzend vom linken Optikus zum rechten Traktus zieht, und wenden sich in der Stelle, wo sie in Schnitt 15 aufhören, wieder ventralwärts und nach rechts und vorn (nasalwärts), um zum rechten Traktus zu gelangen. Im linken Traktus findet sich an der lateralen Peripherie eine Reihe von Fasern, welche zum linken Optikus nicht hin- gelangen, nach aussen zu abgeschnitten zu sein und sich ventral- wärts zu wenden scheinen. Es sind dies offenbar die in ven- tralsten Ebenen direkt aus den peripheren lateralen Teilen des linken Optikus in den lateralen peripheren Teil des linken gleichseitigen Traktus umschlagenden Fasern. Der Zusammenhang des rechten atrophischen Optikus mit dem degenerierten Bündel im rechten Traktus ist nicht mehr zu verkennen. Das degenerierte Bündel im rechten Traktus hat an Ausdehnung zugenommen, es nimmt das zweite laterale Viertel ein und greift auf das erste laterale und zweite mediale Viertel noch etwas über. Die bei Schnitt 2 erwähnten quergetroffenen Fasern am medialen peripheren Rande des linken Optikus dicht vor dessen Eintritt in das Chiasma schlagen sich jetzt medialwärts um und ziehen an der nasalen Peripherie des Chiasmas nach rechts. Das degenerierte Bündel im medialsten Viertel des linken Traktus ist an Grösse gleich geblieben und entschieden kleiner, als das degenerierte Bündel im rechten Traktus. Schnitt 18, 19, 20, 21 und 22 bieten im grossen und ganzen dieselben Verhältnisse. Die Fasern, welche aus dem linken Optikus nach dem rechten Traktus gelangen, werden immer 430 A. CRAMER, spärlicher. Die lichte Stelle a vereinigt sich mit dem atrophischen rechten Optikus. Schnitt 23 (Fig. 5). Es erreicht keine Faser aus dem linken Optikus mehr den rechten Traktus. Einzelne Faserbündel laufen zungenförmig in den rechten Optikus aus. Die Verbindung des degenerierten Bündels im rechten Traktus mit dem atrophischen rechten Optikus ist weniger deutlich. atr. ©. M. Fig. >. Die Fasern aus dem linken Optikus, welche die Meynertsche Kommissur zu kreuzen scheinen, sind sehr spärlich geworden. Im linken Traktus hat der laterale Teil des Traktus, der das Chiasma nicht erreicht, erheblich an Mächtigkeit zugenommen. Auffallend ist, wie an allen bisherigen Schnitten, dass das degenerierte Bündel im linken Traktus, also das gekreuzte, ganz an der Peripherie des Traktus liegt. Finden sich daselbst auch noch Fasern und zwar zum Teil stärkere, zum Teil schwächere, so ist doch eine Fasernmenge, welche der v. Guddenschen!) Commissura inferior entsprechen könnte, nicht vorhanden. - 2 v. Gudden.|]. c. Beitrag zur Kenntnis der Optikuskreuzung im Chiasma etc. 431 Schnitt 29 (Fig. 6). Ich habe eine Abbildung dieses Schnittes nur deshalb gegeben, weil sich zeigt, dass in den dor- salen Partien des rechten Traktus das degenerierte Bündel nicht mehr deutlich markiert ist. Interessant ist auch die Ver- laufsrichtung der Fasern im linken Optikus. Ich glaube, nicht zu weit zu gehen, wenn ich behaupte, dass sich nach dem soeben Mitgeteilten ein Bild machen lässt, l. tr. CM. Fig. 6. wie die Optikuskreuzung im Chiasma für den vorliegenden Fall vor sich geht. Zunächst wird es wohl auf den ersten Blick klar, dass die Kreuzung eine partielle sein muss; denn sonst wäre nicht zu verstehen, wie sich ein degeneriertes Bündel in beiden Traktus finden könnte. Weiter kann ein Zweifel darüber nicht bestehen, dass rechts das ungekreuzte Bündel in mehr ceutrale Partieen des Traktus gelangt. Denn auf dem Horizontalschnitt liegt das Bündel im zweiten äusseren Viertel des Traktus, und, wie wir 432 A. CRAMER, später (Fig. 7) sehen werden, liegt das Bündel auch weiter hinten noch ungefähr an dieser Stelle und zieht sich schräg von ventro- medialen Partien des Traktus dorso-lateralwärts. Dabei erreicht es medial und ventral nicht ganz die Peripherie, erstreckt sich aber latero-dorsal fast bis zur Meynertschen Kommissur. Der dorsale Teil des Traktus wird, wie Horizontal- und Quer- schnitte ergeben, von dem degenerierten Bündel nicht berührt. Über die Lage des ungekreuzten rechten Bündels im Optikus lässt sich nichts sagen. Nur soviel scheint mir aus meinen Präparaten hervorzugehen, dass es im Nerven dicht vor dem Chiasma mehr ventral liegt. Das linke, ungekreuzte Bündel ist deutlich zu sehen, obschon es sich hier nicht um degenerierte Fasern, sondern um den rein anatomischen Nachweis desselben im Sinne v. Köllikers handelt. Es zeigt sich, dass aus dem ventralen und lateralen Teil des linken Optikus dicht vor seinem Chiasma- Eintritt stammende Fasern sich direkt nach den lateralen Partieen des Traktus wenden. Dabei kommen einzelne Fasern auch aus der medialen Hälfte des Optikus dazu. Am stärksten und, wenn ich so sagen darf, am konzentriertesten ist das Bündel sowohl im Nerven als im Traktus nahe der lateralen Peripherie. Auch im Chiasma nimmt das Bündel: seinen Weg durch das laterale Viertel. Es ist auffällig, dass links das ungekreuzte Bündel direkt der lateralen Peripherie anliegt, während es rechts im Traktus wenigstens mit Ausnahme einer kurzen Strecke in mehr dorsalen Ebenen in der Höhe der Meynertschen Kommissur (siehe Figur 7!) nirgends die Peripherie erreicht. Das linke ungekreuzte Bündel nimmt dabei im grossen und ganzen nach dem Traktus zu auch einen leicht ventro-dorsal gerichteten Zug an. Aus dem Nervus opticus gelangen aus seinem dorsalen Viertel keine Fasern mehr nach dem gleichseitigen Traktus. Was nun die gekreuzten Bündel betrifft, so ist deutlich zu erkennen, dass der grösste Teil des linken Nervus opticus Beitrag zur Kenntnis der Optikuskreuzung im Chiasma ete. 433 kreuzt, d. h. nach dem Traktus der anderen Seite zieht. An der Kreuzung nehmen teil die gesamte mediale Hälfte des Optikus und das obere dorsale Viertel und auch noch ein beträchtlicher Teil des Restes des Optikus. Diese Fasermassen ziehen, das Chiasma in seiner ganzen Breite von der nasalen bis zur kaudalen Peripherie überflutend, nach rechts, um zum rechten Traktus zu gelangen. Sie sind von der grössten Mächtig- keit in den mehr ventralen Ebenen des Chiasmas. Auf dem Wege nach der anderen Seite beschreiben sie eigentümliche Bogen, welche meines Wissens von Henle zuerst beschrieben sind, aber auch namentlich von v. Michel, v. Kölliker und zahlreichen anderen Autoren erwähnt werden. Diese Bogen oder Schleifen gestalten sich folgendermassen: Die Fasern des ge- kreuzten Bündels aus dem linken Optikus, welche aus der lateralen Hälfte des Nerven entspringen, wenden sich in einer Schleife, welche nach dem gleichseitigen Traktus und nach der Commissura Meynert ihre Konvexität hat, indem sie sich in den kaudalen Partien des Chiasmas aufhalten, nach dem Traktus der anderen Seite; während die aus der medialen Hälfte des Nerven stammenden Fasern, in dem nasalen Teil des Chiasmas nach rechts ziehend, in den ventralen Ebenen des Chiasmas deutlich eine ausgedehnte, mit ihrer Konvexität weit in den atrophischen rechten Optikus hineingreifende Schleife bilden und sich dann erst zum rechten Traktus wenden. Auch weiter dorsalwärts im rechten Optikus finden sich noch, allerdings spärlicher, und begreiflicherweise ganz isoliert, weil ja der rechte Optikus atrophisch ist, solche Schleifen. Ob die Schleifen unter normalen Verhältnissen auch so weit in den gekreuzten Optikus sich hineinziehen, lasse ich dahingestellt, da im vorliegenden Falle immerhin die Schrumpfungsvorgänge in dem bis über die Hälfte verkleinerten rechten Optikus eine Retraktion dieser Schleifen in nasaler Richtung veranlasst haben können. 434 A. CRAMER, Auf jeden Fall lässt sich in meinen Präparaten ohne jede Schwierigkeit das gekreuzte Bündel aus dem linken Optikus auf seinem ganzen Wege bis zum rechten Traktus verfolgen. In durch das Chiasma gedachten frontalen Ebenen würde das Bündel, wie man sich leicht rekonstruieren kann, wenn auch einzelne Fasern dorsal und kaudal gerichtete, bis zur Meynert- schen Kommissur reichende Schleifen beschreiben, im allge- meinen einen von links dorsal nach rechts ventral geneigten Zug nehmen. Auch die erwähnten Schleifen, welche mit ihrer Kon- vexität die Meynertsche Kommissur fast überschreiten, wenden sich in der rechten Hälfte des Chiasmas wieder ventralwärts. In den ventralsten Ebenen des Chiasmas ziehen die Fasern des aus dem linken Optikus stammenden gekreuzten Bündels hauptsächlich in der nasalen Hälfte des Chiasmas. Alle diese erwähnten Verlaufsrichtungen zeigen Züge, in denen die Fasern dicht und geschlossen bei einander liegen; der Übergang der einen Verlaufsrichtung in die andere geht allmählich vor sich, indem sich die Fasern strahlenartig auseinander weichend all- mählich der anderen Verlaufsrichtung anpassen. Das gekreuzte Bündel aus dem rechten Optikus. Dieses Bündel kann in seinem Ursprung aus dem rechten Optikus nicht bestimmt werden, weil der gesamte rechte Optikus atrophisch ist. Es lässt sich aber sein Hauptweg durch das Chiasma verfolgen. Dieser Weg ist gegeben durch das Ver- halten der lichten Stelle a, welche, wie wir gesehen haben, in den ventralsten Ebenen mit dem degenerierten Bündel im linken Traktus, in den dorsalsten Ebenen mit dem atrophischen rechten Optikus unmittelbar zusammenhängt. Es zieht danach aus dorsalen nasalen Partien des Chiasmas quer durch das Chiasma und wendet sich dabei ventral- und kaudalwärts; es nimmt also den gerade umgekehrten Weg wie das ungekreuzte linke Bündel. Die feineren Details können selbstverständlich nicht erkannt Beitrag zur Kenntnis der Optikuskreuzung im Chiasma ete. 435 werden, weil der Untergang vereinzelter Fasern sich nicht be- merklich macht. Es kann deshalb auch über das Verhalten der Schleifen, die bei diesem Bündel sicher auch vorhanden gewesen sind, nichts ausgesagt werden. Die lichte Stelle ist im Hinblick auf die grossen Fasermassen, welche zu Grunde ge- gangen sind, gering. Es ist dies aber sofort verständlich, wenn man überlegt, dass diese beiden kreuzenden Bündel, obschon ihre Hauptverlaufsrichtung festgelegt ist, in ausgedehntester Weise sich durchflechten, sodass an Präparaten, in denen beide Optici erhalten sind, stellenweise ein gitterförmiges Bild entsteht. Es erübrigt noch, zu bemerken, dass die übrigen Schnitte der Serie, welche mit-Nigrosin oder Karmin tingiert wurden, wenn auch nicht so distinkt, so doch mit Sicherheit genau die- selben Verhältnisse, das degenerierte Bündel betreffend, an- zeigten; es erschienen die betreffenden Partien dunkler. Auch sei noch erwähnt, dass sich in allen diesen Präparaten, welche sämtlich genau durchmustert wurden, nirgends ein Anhaltspunkt zur Annahme entzündlicher Vorgänge in den degenerierten Partien ergab. Um die Objektivität meiner Zeichnungen zu erweisen, habe ich auf Tafel XXVIIU/XXIX, Fig 1 und 2, zwei Photographien reproduzieren lassen. Fig. 1 ist nach Schnitt 18 der Palserie; Fig. 2 stellt ein Nigrosinpräparat, Schnitt 14, dar. Nach meinen Untersuchungen würde sich für meinen Fall das nachstehende Schema (Schema 1 und 2) über die Kreuzungs- verhältnisse der Nervi optici im Chiasma ergeben. Begreiflicher- weise haben, wie schon angedeutet, die von der rechten Seite kommenden Bündel ursprünglich, d. h. vor Eintritt der Bulbus- atrophie, eine viel grössere Mächtigkeit gehabt. Dass durch den Ausfall, resp. durch Reduzierung auf die Hälfte, eines so mäch- tigen Bündels wie des gekreuzten rechten im Chiasma Ver- schiebungen vorkommen können, wie das v. Kölliker andeutet, halte ich nicht für ausgeschlossen. Sehr ausgedehnt können 456 A. CRAMER, aber diese Verschiebungen nicht sein, sie können höchstens die Ausdehnung der einzelnen Bündel betreffen. Verhalten des degenerierten gekreuzten und unge- kreuzten Bündels im Traktus. Ungefähr ein Centimeter hinter dem Chiasma finden wir in den Traktus folgende Verhältnisse: Sehema I. Schema II. 1. Linker Traktus, degeneriertes gekreuztes Bündel: Es findet sich eine deutliche, stark gelichtete, sichelförmige Stelle an der ventralen und zum Teil lateralen Peripherie des Traktus (Fig. 7). Es hat sich also das degenerierte gekreuzte Bündel aus dem rechten Optikus seit dem Verlassen des Chiasmas noch weiter ventralwärts gewandt. Zur Beurteilung des Verhaltens des degenerierten Bündels in den kaudaleren Partien des Traktus stehen mir die Schnitte Beitrag zur Kenntnis der Optikuskreuzung im Chiasma etc. 45% aus der frontalen Serie durch den Hirnstamm zur Verfügung. Es zeigt sich hier an den Palpräparaten, dass nahe an der Stelle, wo der linke Traktus beginnt, sich nach den Corpora geniculata zu wenden, eine deutliche, ebenfalls wieder sichel- förmige Faserlichtung an der medialen und ventralen Peripherie vorhanden ist. Allerdings nimmt diese lichte Stelle hauptsäch- lich nur die Spitze des Keiles ein, den hier der Traktus auf dem Durchschnitt bildet. Diese lichte, sichelförmige Stelle ist nicht etwa ein Kunst- produkt, denn sie findet sich durch über 50 Schnitte der Serie hindurch fortlaufend und gleichmässig und ist am rechten Traktus, z DI el; R-nn Fig. 7. 1. linker, 2, rechter Traktus. /ae Präparat, cm Commissura Meynert, a atrophisches Bündel. wie wir gleich sehen werden, nicht vorhanden. Zugleich weisen die Karminpräparate eine entsprechende dunklere Stelle auf. 2. Das rechte ungekreuzte Bündel liegt einen Uenti- ıneter hinter dem Chiasma noch ungefähr an derselben Stelle, wo es uns an den Horizontalschnitten durch das Chiasma ent- gegengetreten ist. Es nimmt (siehe Fig. 7) eine centrale Lage ein und erstreckt sich, etwa ein Viertel des Querschnitts ein- nehmend, schräg von der medio-ventralen Kante, ohne dieselbe indessen zu erreichen, nach der dorso-lateralen Kante des Traktus. In den kaudaleren Partien des Traktus dicht vor der Stelle, wo derselbe nach dem Corpus geniculatum umschlägt, finden wir an 438 A. CRAMER, der Frontalserie durch den Hirnstamm am Palpräparate in den dorso-lateralen Partien eine lichtere Stelle, während die Spitze des Keils gleichmässig gut schwarz gefärbt erscheint und auch bei stärkerer Vergrösserung eine Lichtung nicht erkennen lässt. So deutlich wie links ist indessen die Atrophie nicht markiert, ob- schon sie sich auch an allen Schnitten aus dieser Gegend er- kennen lässt. Die allgemeinen Verhältnisse der Traktus betreffend, ist hervorzuheben, dass auf allen Schnitten der Frontalserie, wo die Traktus getroffen sind, der linke kleiner erscheint. Es ist damit ein Hinweis dafür gegeben, dass auch in meinem Falle das gekreuzte Bündel stärker ist als das unge- kreuzte; es wäre sonst diese Verkleinerung, die durch irgend welche entzündliche Prozesse sicher nicht bedingt ist, nicht zu verstehen. Auf dieses Überwiegen der gekreuzten Bündel hat von Gudden und besonders Schmidt-Rimpler') bereits im Jahre 1877 unter Demonstration von Präparaten, welche von einem Falle einseitiger Optikusatrophie stammten, hingewiesen. Vergleichen wir jetzt den von uns erhobenen Befund über die Kreuzung des Optikus im Chiasma mit den von anderen Autoren gemachten Angaben, so können begreiflicherweise nur solche Untersuchungen zum Vergleiche herangezogen werden, welche sich auf das Uhiasma des Menschen beziehen und Fälle von einseitiger Bulbusatrophie oder einseitiger Optikusläsion mit totaler sekundärer Atrophie des Nerven betreffen. Ergeben sich hiernach für die Lage des gekreuzten und ungekreuzten Bündels konstante Verhältnisse, so können auch Fälle von partieller Op- tikusatrophie mit zum Vergleiche herangezogen werden. Vorausschicken will ich eine Beobachtung von Ganser?), welche, obschon sie keine Optikusatrophie betrifft, doch auf der !) Schmidt-Rimpler, 10. Versammlung der ophthalmologischen Ge- sellschaft zu Heidelberg, 1877. S. 48. 2) Ganser, Über die periphere und centrale Anordnung der Sehnerven- fasern und über das Corpus bigeminum. Archiv. f. Psychiatrie, Bd. 13. S. 31. Beitrag zur Kenntnis der Optikuskreuzung im Chiasma ete. 459 rechten Seite genau den Verlauf des ungekreuzten Bündels er- kennen lässt, weil dasselbe angeboren vollständig isoliert ist. Es ist aus der Abbildung des Chiasmas eines 72jährigen Epilep- tikers deutlich zu ersehen, dass ein rechtes ungekreuztes Bündel, an der lateralen Seite des rechten Optikus gelegen und auch im Chiasma der lateralen Seite anliegend, nachdem der Traktus das Chiasma verlassen hat, allmählich auf die ventrale Seite des Chiasmas gelangt und schliesslich vor dem Übergang des Traktus in die Corpora geniculata sich in den ventro-lateralen Teil des Traktus einsenkt. Das Bündel ist verhältnismässig mächtig, und wenn auch nicht ausgeschlossen ist, dass ausser demselben noch andere ungekreuzte Fasern vorhanden sind, so zeigt doch dieser Fall, dass starke Variationen vorkommen können, sodass ge- legentlich zum mindesten der Hauptteil der ungekreuzten Fasern sich vollständig von Nerv, Chiasma und T'raktus loslöst. Zwei dem Ganserschen Falle sehr ähnliche Beobachtungen sind kürzlich von Schlangenhaufer!) mitgeteilt worden. In dem ersten, von Schlangenhaufer selbst beobachteten Falle „findet sich ein zum Teil isoliertes, ungekreuzt verlaufendes kompaktes Sehnervenbündel, das nach seinem Durchtritte durch die Lamina eribrosa an der unteren Partie des Sehnerven all- mählich sich vom Optikus loslöst, um isoliert an der Aussenseite des rechten Sehnerven, resp. des Chiasmas zu verlaufen und endlich nach Überquerung desselben (ventral) an der Innenseite des gleichseitigen Traktus in das Corpus geniculatum laterale einzutreten“. Das Bündel erscheint, wenigstens der Abbildung nach, wesentlich kleiner als das Gansersche. Im zweiten, Schlangenhaufer von Fuchs zur Verfügung gestellten Falle, „findet sich ein anfangs im Sehnerven verlaufendes, später sich isolierendes kompaktes Bündel, das im Orbitalteile an der unteren 1) Schlangenhaufer, Anatowische Beiträge zum Faserverlauf in den ehnervenbahnen etc, Jahrbücher f. Psychiatrie, Bd. 16, Heft 1 u. 2.8.1 440 A. CRAMER, Peripherie des Optikushauptstammes liegt“. In dem ersten Falle waren beide Nervi optiei, mit Ausnahme des abirrenden Bündels, atrophisch; im zweiten Falle war nur das isolierte Bündel atrophisch. Schlangenhaufer vergleicht das Verhalten dieses ab- irrenden Bündels mit dem Ergebnis der pathologisch-anatomischen und experimentalen Forschung und kommt zu der, wie wir sehen werden, richtigen Überzeugung, dass die in den drei Fällen nach- gewiesenen isolierten Bündel nur einen Teil der Fasern des un- gekreuzten Bündels darstellen. Die mir zugänglichen Fälle aus der Litteratur, welche als rein im oben gedachten Sinne angesprochen werden müssen, sind die nachstehenden. Marchand') untersuchte das Chiasma einer 76 jährigen Frau mit total atrophischem rechtem Nervus opticus und konstatierte in sehr sorgfältigen Untersuchungen folgendes: „Ein Teil der atrophischen Nervenfasern, welche anfangs am oberen Umfang des Chiasmas, später mehr nach der Mitte des Traktus zu ge- legen sind, verläuft ungekreuzt; ein anderer Teil tritt allmählich nach dem Traktus der anderen Seite über und erscheint hier, nachdem die Trennung sich vollzogen hat, am unteren Umfange medianwärts. Der schmalen Randzone am oberen Umfange des Chiasmas, welche zuerst am lateralen Rande neben dem ungekreuzten Bündel erscheint und sich allmählich am oberen Umfange des Traktus dieser Seite verbreitert, entspricht keine atrophische Zone der anderen Seite. Es kann sich also nur um ein System von Kom- missuralfasern handeln, welche links von dem ungekreuzten Bündel nicht zu unterscheiden sind.“ !)Marchand, Beiträge zur Kenntnis der homonymen bilateralen Hemian- opsie und der Faserkreuzung im Chiasma opticorum. Archiv f. Ophthalmo- logie, Bd. 28. Abt. 2. S. 63. Beitrag zur Kenntnis der Optikuskreuznng im Chiasma ete. 441 Deutschmann!) stand ein Präparat zur Verfügung von einem Menschen, der 40 Jahre vor seinem Tode den rechten Bulbus eingebüsst hatte. Es fand sich eine rechtsseitige Optikus- atrophie. Kurz vor dem Chiasma war die Optikusentartung nicht mehr total. In den beiden Traktus fand sich nur eine partielle Entartung und zwar im gekreuzten stärker als im gleichseitigen. Der Kern der Entartung findet sich im linken Tractus opticus nach innen, weiter nach hinten gleichmässig nach oben und unten im rechten nach oben und unten und schliesslich nur noch nach oben. Die nicht mehr totale Entartung des rechten Optikus dicht vor dem Chiasma ist offenbar, wie auch in meinem Falle, be- dingt durch die Schleifenbildung aus dem kreuzenden Bündel des linken Optikus. Das Chiasma eines Mannes, dem eine Reihe von Jahren vor dem Tode der linke Bulbus enukleiert worden war, beschreibt Burdach?). Auch hier war der dem enukleierten Auge entsprechende linke Optikus total degeneriert bis dicht an das Chiasma. Der rechte Optikus erschien gesund. Die Atrophie stellte sich am gleichseitigen Traktus in Form einer schmalen Sichel dar, welche, hauptsächlich am äusseren Rande des unteren und oberen Qua- dranten verlaufend, oben etwas breiter beginnend nach unten zu schmaler wurde. Im entgegengesetzten Traktus zeigte sie sich als ein in dem ganzen unteren Rande verlaufender atrophischer Streifen. Bei Henschen’) finden wir namentlich im zweiten Bande seines ausgezeichneten Werkes umfangreiche Untersuchungen über die Sehbahn der Einäugigen. 1) Deutschmann, Zur Semidecussation im Chiasma nervorum opti- corum des Menschen. Archiv f. Ophthalmologie. Bd. 29. Abt. 1. S. 323. 2) Burdach, Zur Faserkreuzung im Chiasma und in den Tractus nervorum opticorum. Archiv f. Ophthalmologie, Bd. 29. Abt. 3. S. 136. 1883. 3) Henschen, |. ce. Anstomische Hefte. I. Abteilung. XXXII. Heft (10. Bd., H. 3.) 30 442 A. CRAMER, Von:den neun Fällen, welche Henschen mitteilt, betrifft nur einer eine reine Bulbus- und Optikusatrophie. Es handelt sich um einen 44jährigen Arbeiter, welcher im dritten Lebensjahre das linke Auge verlor. Der rechte Sehnerv ist ganz erhalten, der linke ganz atrophisch. „Aber an den un- mittelbar vor dem Chiasma gelegenen Schnitten wird man über- rascht, dass Nervenfasern im Nerven (linken Optikus) auftreten. Es sind zuerst einzelne Bündel, die im ventro-medialen Teil ein bogenförmiges Feld bilden und die laterale Peripherie nicht er- reichen. In Schnitten näher dem Chiasma nimmt die Anzahl der Fasern zu, sodass sie ein zusammenhängendes schwarzes Feld bilden.“ An analogen Schnitten des rechten Optikus findet sich im ventro-medialen Teil ein entsprechendes atrophisches Feld- chen. Henschen sieht mit Recht in diesen Bündeln und Feld- chen die von Michelschen und von Köllikerschen Schleifen. Im Chiasma (frontal geschnitten) erscheint im vorderen Teil die linke Hälfte schmaler, ebenda findet sich ein dorsales und dorso-mediales bleiches Feld mit spärlichen Nervenfasern. Dieses Feld erstreckt sich schräg nach unten medianwärts, um dann in ein ventro-mediales Feld an der rechten Seite überzugehen. Die kreuzenden Fasern aus dem rechten Optikus ziehen radien- förmig gegen die Peripherie der linken Chiasmahälfte. Sie er- reichen in grossen Mengen den Rand der Peripherie und lassen reguläre, gelbe, nervenlose Lücken zwischen den Radien. Im Traktus nimmt das gekreuzte Bündel die ventro-mediale Kante ein, weiter nach hinten zu ist die Verfolgung der Atrophie schwieriger. Henschen hat nach dem Ergebnis seiner, eigenen neun Fälle und nach den Angaben in der Litteratur, welche sowohl totale als partielle Atrophien des einen oder beider Optici be- treffen, die Lage und den Verlauf des gekreuzten und unge- kreuzten Bündels festzustellen versucht und kommt zu folgendem Resultat. Das rechte ungekreuzte Bündel ist im distalen Teil Beitrag zur Kenntnis der Optikuskreuzung im Chiasma ete. 443 des Sehnerven getrennt in zwei gleich grosse Fascikel, von denen das eine dorsal, das andere ventral unmittelbar der Peripherie anliest. Weiter proximalwärts vereinen sich die beiden Bündel an der lateralen Peripherie des Sehnerven und sind von da ab zu- sammenhängend bis zum Chiasma. Das gekreuzte Bündel liegt unmittelbar vor dem Chiasıma medial im Optikus. Die abweichenden Verhältnisse in dem weiter unten zu be- sprechenden Schmidt-Rimplerschen Falle sieht Henschen als auf individuellen Schwankungen beruhend an. Im Chiasma nimmt das rechte gekreuzte Bündel eine von oben nach unten sich verschiebende Lage ein, da es im Optikus dorso-medial, im Traktus ventro-medial liegt. Die un- gekreuzten Fasern liegen im hintersten Teil des Sehnerven der latero-ventralen Partie unmittelbar an, bilden da ein schiefes Bündel, das sich bisweilen jedoch mehr medial- als lateralwärts ausbreitet. Die ungekreuzten Fasern bündeln sich radienartig auf, durchflechten sich mit den Schlingen der anderen Seite und breiten sich dabei über das ganze Chiasma aus. Allmählich ver- schiebt sich dabei das ungekreuzte Bündel von der ventralen gegen die dorsale Peripherie der Chiasmas, erreicht aber die letztere nicht. In der Mittellinie des Chiasmas dürfte man nach Henschen nur kreuzende Fasern antreffen. Es würde also danach ein Sagittalschnitt biteımporale Hemianopsie zur Folge haben. Im Traktus liegt das ungekreuzte Bündel nach Henschen dorso-ventral, während das gekreuzte Bündel, was allerdings dem genannten Forscher nicht ganz sicher erscheint, latero-ventral liegt. Auch in v. Guddens Fall!) von einseitiger Optikusatro- phie liegen die atrophischen gekreuzten und ungekreuzten Bündel 1) v. Gudden, Über die Kreuzung der Nervenfasern im Chiasma ner- vorum opticorun. Archiv f. Ophthalmologie, Bd. 25. S. 1 u. 238. 30* 444 A. CRAMER, an der Stelle des Traktus, wie das Henschen beschreibt und auch mein Fall zeigt. Ein Blick auf die von diesem Autor ge- gebenen Abbildungen zeigt das deutlich. Als eine willkommene Ergänzung zu den Beobachtungen, welche die sekundären Veränderungen im Anschluss an ein- seitige Bulbusatrophie betreffen, ist ein Fall von Schmidt- kimpler!) zu betrachten, da dieser in selten reiner Weise uns die Degeneration des ungekreuzten Bündels vom Centrum aus darbietet. Es war der rechte Oceipital-Lappen einem schweren Trauma ausgesetzt gewesen. Das atrophische Bündel bildete im rechten Nervus öpticus am Foramen opticum eine schmale Sichel, welche die Hälfte der Peripherie umfasste und zwar so, dass die Mitte der Sichel nach innen und unten lag. Weiter nach dem Bulbus zu schob sich ein Keil gesunder Nervensubstanz in die innere untere atrophische Partie des Op- tikus. Es liegen also in diesem Falle die Verhältnisse umge- kehrt, als wie sie Henschen nach seiner Zusammenstellung findet. Werfen wir noch einen Rückblick auf diese mitgeteilten Be- funde, so zeigt sich, dass Fälle von einseitiger Bulbusatrophie bisher zur genaueren Lokalisierung des der Atrophie entgegen- gesetzten. ungekreuzten Bündels kaum benutzt worden sind. Dass dieselbe nicht ganz unmöglich ist, dürften meine Unter- suchungen beweisen. Was nun die Übereinstimmung des Be- fundes in den einzelnen Fällen betrifft, so lässt dieselbe zu wünschen übrig. Dass grosse individuelle Schwankungen vor- kommen, zeigt die Beobachtung von Ganser und der Fail Schmidt-Rimplers. Am besten stimmen die Angaben über die Lage des ge- kreuzten Bündels im Traktus überein, welche Henschen noch 1) Schmidt-Rimpler, Kortikale Hemianopsie mit sekundärer Optikus- degeneration. Archiv f. Ophthalmologie. Bd. 19. S. 296. Beitrag zur Kenntnis der Optikuskreuzung im Chiasma etc. 445 als unsicher bezeichnet.!) Auch der Verlauf der einzelnen Bündel im Chiasma scheint im grossen und ganzen sicher fixiert zu sein. Auffallend ist in meinem Falle der Unterschied im Ver- halten des rechten und linken ungekreuzten Bündels im Traktus dieht hinter dem Chiasma, insofern auf der linken Seite dieses Bündel der Peripherie anliegt, auf der rechten nicht. Nach dem von Henschen gegebenen Schema erreicht das ungekreuzte Bündel beiderseits im Traktus die Peripherie nicht geschlossen, sondern es vermischt sich nach der Peripherie zu mit gekreuzten Fasern. Es würde danach also das schmale Bündel erhaltener Fasern im rechten Traktus unseres Falles, wie das auch die Verfolgung an den Serienschnitten ergab, als aus gekreuzten Fasern bestehend aufzufassen sein. Im linken Traktus kommen diese Verhältnisse nicht zum Ausdruck, weil der Ausfall dieser peripher gelegenen gekreuzten Fasern sich nicht bemerklich macht. Dies ist um so leichter verständlich, wenn man erwägt, wie wenig das ursprünglich gleichgrosse atrophische gekreuzte Bündel gegenüber dem erhaltenen gekreuzten Bündel ins Gesicht fällt. Auf jeden Fall müssen wir nach vorstehendem immer etwas vorsichtig sein, wenn wir aus Fällen von partieller Optikus-Atrophie bindende Schlüsse ziehen wollen, denn erstens kommen, wie wir gesehen haben, individuelle Schwankungen in der Lage der einzelnen Bündel vor und zweitens sind die Bündel nicht scharf von einander abgegrenzt. Henschen hat seine Endresultate, wie ich sie mitgeteilt habe, nach allen publizierten Fällen zusammengestellt und da- nach sein Schema entworfen. Ich brauche deshalb auf die 1) Zusatz bei der Korrektur: Die Publikation von Hellendall, Ein Beitrag zu der Frage der Kreuzung der Sehnerven, Arch. f. Anat. u. Physiol. 1897, S. A. zeigt uns, dass das Verhalten des atrophischen Bündels im Traktus doch sehr inkonstant und offenbar individuell sehr verschieden ist. 446 A. CRAMER, gesamte in Betracht kommende Litteratur nicht mehr einzugehen und will nur einzelne, mir besonders charakteristisch erscheinende Fälle von partieller Optikus-Atrophie kurz mitteilen. Den Fall von Schlangenhaufer, welcher Henschen noch nicht be- kannt war, habe ich bereits erwähnt. A. Delbrücks!) Beobachtung betrifft einen 72 jährigen Mann, bei welchem der linke Optikus nahezu vollständig, der rechte zur Hälfte degeneriert war. Es war „fast“ allein das rechte ungekreuzte Bündel erhalten. Delbrück kommt zu folgendem Untersuchungsergebnis: „Die ungekreuzten Fasern sind im Nerven zu dicken Bündeln vereinigt und verlaufen als geschlossene Gruppe im wesent- lichen auf der lateralen Seite des Nerven. Im Chiasma aber und noch mehr im Traktus vermischen sie sich allmählich mehr und mehr mit den gekreuzten Fasern, doch so, dass sie sich nicht über dem Gesamtquerschnitt des Traktus verteilen, sondern zunächst dem inneren unteren Quadranten, um später eine all- mählich sich verschmälernde Zone am ganzen freien Rande des Traktus freizulassen.“ Hebold?) fand bei einem Paralytiker mit kombinierter Strangsklerose den 1. N. opticus atrophisch, während er im rechten von einem degenerierten Hof umgeben, zwei noch erhaltene Bündel, ein äusseres und ein mediales Bündel, nach- weisen konnte. Das mediale Bündel kreuzte, wie sich auf Schnitten durch das Chiasma erkennen liess, während das laterale auf derselben Seite verblieb. Als Endresultat seiner Untersuchungen giebt Hebold an: „In jedem N. opticus ver- laufen Nervenfasern des Traktus derselben und der anderen Seite und zwar in geschlossenen Bündeln. Das ungekreuzte !) Delbrück, L., Zur Lehre von der Kreuzung der Nervenfasern im Chiasma nervorum opticorum. Arch. f. Psych. Bd. XXI. 1890. 2) Hebold, Der Faserverlauf im Sehnerven. Neurol. Centralbl. 1891. S, 167. Beitrag zur Kenntnis der Optikuskreuzung im Chiasma etc. 447 Bündel liegt durchweg am äusseren Umfange des Optikus- stammes, wie auch des Chiasma und des Traktus. Das gekreuzte Bündel, welchesim Sehnerven central liegt, liegtim Traktus central.“ Siemerling'), in dessen Beobachtung es sich um einen sehr genau untersuchten Fall von gummöser Erkrankung der Hirnbasis handelte, erklärt, dass die ungekreuzten Fasern im Optikusstamm lateralwärts verlaufen und mit dem grössten Teil ihres Umfanges die Peripherie erreichen. Im intraorbitalen Teil liegen die ungekreuzten Fasern mehr nach unten, weiter centralwärts rücken sie mehr nach aussen. Im Chiasma liegt das ungekreuzte Bündel nach Siemerling lateralwärts, im vorderen Teil der ventralen Fläche, um dort allmählich in die dorsale Lage, welche es im hinteren Teile einnimmt, einzurücken. Im Traktus hat das ungekreuzte Bündel eine centrale Lage und erreicht nirgends die Peripherie. In einem Falle von einseitiger quadrantenförmiger Optikus- Atrophie bei Tabes konnte Uthoff?) überzeugend nachweisen, dass die untere Hälfte des ungekreuzten Bündels ihren Platz in erster Linie unten aussen im Optikus hat und sich weiter nach hinten um einen Winkel von 45° nach unten herumschiebt, jedoch die innere Seite des N. opticus an keiner Stelle erreicht. Jatzows?) Fall spricht direkt gegen die Totalkreuzung, denn der rechtsseitige Traktus war hochgradigatrophisch und dasChiasma bis auf seine laterale linke Partie von einer Neubildung oceupiert. In Hüflers*) Beobachtung war der rechte Optikus voll- kommen atrophisch, im linken Optikus nur im unteren äusseren Quadranten noch ein paar Faserbündel erhalten. 1) Siemerling, Ein Fall von gummöser Erkrankung der Hirnbasis mit Beteiligung des chiasum nervor. opticorum. Arch. f. Psych. Bd. 19. S. 401. 2) Uthoff, Untersuchungen über den Einfluss des chronischen Alkoholis- mus auf das Sehorgan. Arch. f. Ophthalmologie. Bd. 32. Abt. IV. S. 154. 3) Jatzow, beitrag zur Frage des Faserverlaufes im Sehnerven. * Arch. f. Ophthalmologie. 4) Hüfler, Über den Faserverlauf im Sehnerven des Menschen. Deutsche Zeitschrift f. Nervenheilkunde. Bd. 7. 1895. 448 A. CRAMER, Bin Teil der Faserbündel aus dem unteren äusseren Qua- dranten des N. opticus und zwar der mittlere Teil bleibt auf derselben Seite, lässt sich bis zum Traktus verfolgen und bleibt auch dort lateral. Die untere ventrale Partie begiebt sich an der anderen Seite und legt sich auch dort lateral. Es sind also hier Reste sowohl von gekreuzten als ungekreuzten Bündeln er- halten geblieben. Endlich will ich an dieser Stelle auch noch auf die unter v.Monakows Ägide ausgeführten UntersuchungenLeonowas!) hinweisen. Auch sie ergeben in Fällen von angeboren ein- seitiger Anophthalmie oder angeborener Bulbusatrophie deutlich, dass jeder Sehnerv in ein gekreuztes und ungekreuztes Bündel zerfällt. Abbildung 12 zeigt uns deutlich, dass auch hierbei das gekreuzte und ungekreuzte Bündel im Chiasma ungefähr den Verlauf nimmt, wie es sich nach meinem Falle und all- gemein nach den Untersuchungen und Zusammenstellungen von Henschen ergeben hat. Nur die Schlingenbildung scheint nicht so ausgedehnt zu sein, wie beim Erwachsenen. Es ist das auch der Grund, weshalb ich diese Beobachtung nicht weiter oben unter den Fällen einseitiger Bulbusatrophie mit an- geführt habe. Denn es liesse sich gegen den bei einem zwei- bis dreitägigen Kinde erhobenen Befund immerhin der Einwand machen, dass bei dem Kinde die Verhältnisse doch gznz anders Jiegen könnten, als bei einem Erwachsenen. Zum Schluss möchte ich noch eine Veröffentlichung von Dexler?) hinweisen, welcher einem Fohlen einen Bulbus enu- kleierte und sodann nach drei Monaten die Optikuskreuzung studierte und ebenfalls eine partielle Kreuzung fand. !) Leonowa, Beiträge zur Kenntnis der sekundären Veränderungen der primären optischen Centren und Bahnen in Fällen von kongenitaler Anoph- thalmie und Bulbusatrophie bei neugeborenen Kindern. Arch. f. Psych. Bd. 28. S. 58. 2) Dexler, Untersuchungen über den Faserverlauf im Chiasma des Pferdes etc. Jahrbücher für Psychiatrie. 16. Bd. S. 179. Anatomische Hefte. I. Abtheilung H. 33. (X. Ba. H. 3.) Tafel XXVIIL[XXIX. Fig. 1 r.O. YE,(6) 1.0. a atr. Ltr r ! D Ltr atr. d.s c.m r.ir. « links rechts Bias links rechts Lichtdruck von Albert Frisch, Berlin W. Verlag von J. F. Bergmann, Wiesbaden. Hr af Y; 1 4 . . 3uE fl r Nuhr ro Eu B Beitrag zur Kenntnis der Optikuskreuzung im Chiasma ete. 449 Nach dem bisher Mitgeteilten komme ich zu folgendem Resultat: 1. Der Nervus opticus kreuzt partiell. 2. Das gekreuzte Bündel ist stärker als das un- gekreuzte. 3. Das ungekreuzte Bündel sowohl wie das ge- kreuzte haben im Nervus und Tractus opticus auf dem Querschnitt ein geschlossenes Feld, sind aber nicht scharf abgegrenzt, sondern gehen allmählich in einander über, sodass wir auf dem Querschnitt sowohl im Traktus als im Nervus, abgesehen von den Stellen, wo das Bündel die Peripherie berührt, als Grenze eine Zone finden, wo sowohl gekreuzte als nicht gekreuzte Fasern zugleich vorkommen. 4. Im Chiasma nehmen die ungekreuzten Bündel hauptsächlich die lateralen Partien ein, doch finden sich auch hier kreuzende Fasern. 5. In der sagittalen Medianebene der Chiasma finden sich nur kreuzende Fasern. 6. Für gewöhnlich liegt das ungekreuzte Bündel im N. opticus dieht vor dem Chiasma lateral und etwas ventral und erreicht die Peripherie; im Traktus dicht hinter dem Chiasma dorso-ventral, ohne die Peripherie des Traktus zunächst zu erreichen. 7. Die kreuzenden Bündel liegen dicht vor dem Chiasma medial und mehr dorsal im Optikus, ziehen im Chiasma sich nach der andern Seite und ventral wendend nach hinten und nehmen im Traktus dicht hinter dem Chiasma eine ventrale Lage ein. 8. Auf dem Wege von der einen Seite zuranderen bilden die kreuzenden Fasern Schlingen nach dem Nervus und Tractus opticus hin. 450 A. CRAMER, 9. Die gekreuzten Bündel verlaufen im Chiasma nicht kompakt, sondern durchflechten sich. 10. Einzelne Fasern der kreuzenden Bündel er- reichen auch den lateralen Rand des Chiasmas. 3. Verhalten der primären Optikuscentren. Ich beschreibe zunächst den in meinem Falle erhobenen Befund, um ihn sodann mit den Angaben in der Litteratur zu vergleichen. Dass mir zur Beurteilung des Verhaltens der primären Optikuscentren eine Frontalserie durch den Hirnstamm, von der ich jeden zweiten Schnitt abwechselnd entweder nach Pal oder mit Karmin gefärbt habe, zur Verfügung steht, habe ich bereits erwähnt. a) Das Corpus geniculatum laterale. Makroskopisch fällt zweierlei an den Corpora geniculata lateralia meines Falles auf, erstens, dass sie etwas kleiner sind als am normalen Vergleichspräparate und zweitens, dass der gefaltete und schichtenförmige Aufbau viel undeutlicher ist als an normalen Präparaten. Das letztere tritt besonders am Pal- schen Präparate hervor, lässt sich aber auch am Karminpräparat deutlich nachweisen. Auch die Photographien lassen das gut erkennen (Taf. XXVHI/XXIX Fig. 5 u. 4). Sind nun die Öorpora geniculata lateralia diffus oder partiell verändert? Diese Frage lässt sich nur so entscheiden, dass die einzelnen Schnitte, welche die Corpora geniculata lateralia treffen, beson- ders in dieser Hinsicht gemustert werden. Um nicht zu aus- führlich und dadurch unübersichtlich zu werden, will ich den Befund nur je eines Schnittes aus dem nasalen, mittleren und kaudalen Teil der Corpora geniculata lateralia beschreiben. Beitrag zur Kenntnis der Optikuskreuzung im Chiasma etc. 451 Was die Zellformen des Corpus geniculatum laterale betrifft, so habe ich an Kontrollpräparaten, welche zum Teil nach Nissel, zum Teil mit Karmin gefärbt sind, feststellen können, dass im allgemeinen die Zellen in der ganzen Ausdehnung durch den Kniehöcker dieselbe Form und Grösse haben. Gleichmässig über die einzelnen zellhaltigen Felder sind verhältnismässig grosse ovale Zellen verteilt. Kleinere Zellen finden sich nur wenige und ebenfalls gleichmässig zwischen den grossen verteilt. Nur in der ventralsten Schicht des Kniehöckers sind die er- wähnten grossen Zellen um ein geringes, aber doch deutlich kräftiger entwickelt als in den übrigen Feldern des Kernes (ventraler Kranz grosser Elemente, von Monakow). Zur Beur- teilung des Verhaltens der Corpora geniculata lateralia in meinem Falle stehen mir Schnitt 8 bis 115 der Frontal-Serie zur Ver- fügung. An allen diesen Schnitten ist es leicht möglich das rechte Corpus geniculatum laterale von dem linken zu unterscheiden, insofern das linke, ganz allgemein ausgedrückt, von vorn bis hinten das zellärmere ist, resp. die meisten kleinen Zellen auf- weist. Diese Zellaffektion trifft nicht diffus sämtliche Felder des Kernes, sondern, wie wir sehen werden, ganz bestimmte Partien. Eine deutlich ausgeprägte Affektion des Zwischen- gewebes habe ich dabei nirgends wahrnehmen können, doch kommt die stärkere Affektion des 1. corp. genie. laterale auch makroskopisch zum Ausdruck, wie das deutlich die Photographie (Taf. XXVIIXXIX Fig. 3 u. 4) erweist. Im kaudalen hinteren Drittel des Corpus geniculatum sind die Zellen links, namentlich im ventralen und lateralen Teil des Kernes, an Umfang und Zahl reduziert, während rechts, nament- lich die centralen Partieen der Ganglien und auch die lateralen Teile aber weniger ausgeprägt, affiziert sind. Betrachten wir die Verhältnisse an einem Schnitt aus dem kaudalen Drittel (Schnitt 27), so finden wir links im lateralen Drittel des Quer- 452 A. CRAMER, schnitts gar keine grossen Zellen mehr, im ventralen Drittel sind sie auch stark reduziert, während im übrigen Teil des Ganglions noch reichlich grosse Zellen sich finden. Nur im medialsten dem hier noch freien der Brücke zugewandten Rande des Ganglions parallel verlaufenden Felde finden sich auch noch die grossen Ganglienzellen an Zahl namentlich im Vergleiche mit rechts erheblich vermindert. Rechts erscheinen ganz allgemein die grossen Zellen weniger reduziert als links. Deutlich ausgeprägt ist die Atrophie der- selben im lateralsten, ventralsten Drittel. Ausserdem findet sich deutlich ausgeprägt die Zellreduktion in einem central und dorsal gelegenen Felde. Das erst kurz vorher erwähnte äusserste mediale Feld am Rande nach der Brücke zu lässt keine Zellreduktion erkennen. Diese Differenz zwischen rechts und Jinks im Verhalten der Zellreduktion tritt in allen Schnitten des kaudalen Drittels der Corpora geniculata lateralia hervor. Ich glaube deshalb nicht, dass sie zufällig ist und halte mich für berechtigt, daraus zu schliessen, dass in diesem kaudalen Drittel die gekreuzten Optikusfasern in mehr laterale, ventrale und zum Teil auch mediale Schichten der Ganglien gelangen, während die ungekreuzten nur zum geringen Teil in lateral- ventrale oberflächliche Partien zum grösseren Teil in centrale Teile unseres Kernes einlaufen. Im medialen Drittel ungefähr bis zu der Stelle, wo das Corp. genic. in einen kleineren medialen und grösseren lateralen Teil auf der ventralen Seite sich spaltet, liegen die Verhältnisse ebenso, abgesehen davon, dass in den in dieses Drittel fallenden Schnitten natürlich das Ganglion erheblich mächtiger geworden ist. So finden wir im Schnitt 66 rechts folgende Verhältnisse. Deutlich reduziert an Umfang und Zahl sind die Zellen im centralen und dorsalen Teil des Ganglions, und zwar stellt die atrophische Partie ein schmales langgestrecktes ventro-dorsal Beitrag zur Kenntnis der Optikuskreuzung im Chiasma ete. 453 verlaufendes Feld dar und nimmt etwa !/s des Ganglions ein. Eine kleine atrophische Stelle findet sich sodann noch im lateral ventralen Winkel. Im linken Corpus geniculatum laterale ist deutlich affiziert das gesamte laterale Drittel inklusive des lateralen Drittels des ventralen Teils. Auch die Affektion des äussersten medialen Feldes ist noch ausgeprägt. Zugleich tritt in der dorsalen Hälfte central eine kleine atrophische Partie auf. Diese zuletzt erwähnte Zell-Reduktion ist indessen nicht konstant, sie findet sich an keinem der andern Schnitte, ich vermute, dass sie davon herrührt, dass die Ebene des Schnittes 66 an dieser Stelle auf die Grenze eines Mark- und Zellfeldes des Ganglions gefallen ist. Die Schlussfolgerungen bleiben bei diesem Befunde für das mittlere Drittel des Corpus geniculatum dieselben wie für das kaudale Drittel. Im frontalen Drittel ändern sich die Verhältnisse inso- fern etwas, als in den Schnitten, in denen das Ganglion durch einen ventralen Spalt in einen lateralen und medialen Teil ge- trennt erscheint, am medialen Teil eine zellarme Schicht beider- seits erscheint. Im übrigen findet sich bis zum nasalen Ende des Ganglions stets rechts eine centrale Partie mit Zellreduktion, welche in den Schnitten, in denen das Ganglion ventralwärts geteilt erscheint, über den Einschnitt bogenförmig hinwegzieht, und links eine deutliche Zellreduktion des lateralen Drittels des Ganglions. Allerdings sind an den letzten nasalen Schnitten, welche die Corpora geniculata lateralia treffen, diese Verhältnisse nicht mehr so deutlich. Was schliesslich das Verhalten der markhaltigen Fasern angeht, so liess sich ein deutlicher Unterschied zwischen rechts und links nicht nachweisen, nur bei dem Vergleich mit Kontroll- präparaten fiel, wie bereits erwähnt, ein Unterschied in der Deutlichkeit der Zeichnung auf. 454 A. CRAMER, Eine ausgesprochene Veränderung der Zwischensubstanz, ein besonders auffälliges Näherrücken der Ganglienzellen in den affızierten Partien der seitlichen Kniehöcker ist mir nicht auf- gefallen. Dagegen erscheint das laterale Mark des Corpus geni- culatum laterale links an Umfang reduziert. Ich komme darauf bei Besprechung des lateralen Markes des Pulvinars zurück. Aus Vorstehendem dürfen wir nach meiner Überzeugung schliessen : 1. Dass das gekreuzte Bündel aus dem Optikus, namentlich im lateralen Drittel, aber auch ventral und medial in die Peripherie des Corpus geniceu- latum laterale einstrahlt. 2. Dass das ungekreuzte Bündelaus dem Optikus namentlich in die centraleren Partien des Ganglions gelangt und vielleicht auch mit einem geringen Teil seiner Fasern namentlich im nasalen Drittel des Kerns die mediale Peripherie desselben erreicht. 3. Der Umstand, dass daslinke, gekreuzte Corpus geniculatum stärker affiziert ist, beweist auch weiter, dass das gekreuzte Bündel das stärkere ist. 4. In der Thatsache, dass bei einseitiger Bulbus- atrophie beide Corpora geniculata deutlich nach- weisbar Veränderungen erkennen lassen, ergiebt sich ein weiterer Beweis für die partielle Kürzung. Studieren wir die in Betracht kommende Litteratur, so sehen wir, dass es namentlich v. Monakow!) ist, welcher auf Grund experimenteller und pathologisch-anatomischer Untersuchungen !) v. Monakow, Experimentale und pathologisch -anatomische Unter- suchungen über die optischen Centren und Bahnen. Arch. f. Psych. Bd. XX. S. 714. Derselbe, Experimentale und pathologisch-anatomische Untersuchungen über die optischen Centren und Bahnen. Arch. f. Psych. Bd. 23 Heft 3 und 24 Heft 1. Beitrag zur Kenntnis der Optikuskreuzung im Chiasma ete. 455 die Bedeutung der Corpora geniculata lateralia als primäre optische Centren gebührend in den Vordergrund rückte. Er hat uns an genauen Untersuchungen gezeigt, dass nach einem umfangreichen Defekt in der Sehsphäre des Oc- cipitallappens stets auch das gleichseitige Corpus geniculatum laterale neben den andern primären op- tischen Centren in Mitleidenschaft gezogen wird. Er stellt dabei fest, dass weitaus die meisten peripher gelegenen Ganglienzellen des Corpus geniculatum, voran der ventrale Kranz grosser Elemente, ihre Achsencylinder centralwärts ent- senden und dass der eigentliche Ursprung der Sehstrahlung in den primären Centren, also auch im Corpus geniculatum laterale zu suchen ist. Dass der ventrale Kranz grosser Zellelemente in unserem Falle nur ganz partiell im linken Corpus geniculatum laterale affiziert ist, darauf möchte ich noch einmal ganz be- sonders hinweisen. Die Angaben v. Monakows fanden vielfache Bestätigung, so durch Wilbrand'), welcher bei einem umfangreichen Defekt in der Sehsphäre das gleichseitige Corpus geniculatum laterale affiziert fand. Richter?) erhob ähnliche Befunde, will ihnen aber eine unbedingte Beweiskraft nicht zukommen lassen, weil sich multiple Herde vorfanden. Auch Möli®), der ebenfalls bei alten Herden im Oceipital- hirn in sehr ausgedehnten und exakten Untersuchungen der- artige Veränderungen fand, drückt sich vorsichtig aus, und er- klärt nur die Fälle für rein, wo eine selbständige Erkrankung oder Fortsetzung der Erkrankung auf das Mittelhirn per contigni- 1) Wilbrand, Ein Fall von rechtsseitiger lateraler Hemianopsie mit Sektionsbefund. Arch. Ophthalmolog. Bd. 31. 3 Abt. S. 119. 2) Richter, Pathologisch-anatomisches und klinisches über die optischen Leitungsbahnen des menschlichen Gehirns. Arch f. Psych. Bd. XX. Heft 2 3) Möli, Veränderungen des Traktus und N. opticus bei Erkrankungen des Occipitalhirns. Arch. f. Psych. Bd. XXII. Heft 1. 456 A. CRAMER, tatem ausgeschlossen werden kann. Möli denkt daher auch an arterielle Einflüsse und macht darauf aufmerksam, dass eine Arterie Pulvinar und Corpus geniculatum laterale versorgt. In Kreusers!) Fall fand sich ebenfalls eine Affektion des Corpus geniculatum laterale bei einem umfangreichen porence- phalischen Defekt, der den ganzen Oceipitallappen in Mitleiden- schaft gezogen hatte. Auch dieser Fall ist nieht ganz rem, so- weit unsere Studien in Betracht kommen, weil zu viel zerstört ist. Einen verhältnismässig rein zu nennenden Fall hat W. Zinn?) veröffentlicht. Ich habe diesen Fall selbst mit untersucht und mich überzeugen können, dass wirklich sekundär im Anschluss an den apoplektischen Defekt in der Sehsphäre das entsprechende Corpus geniculatum laterale entartet war. Auch der bereits erwähnte Schmidt-Rimplersche?) Fall, der in seiner Reinheit einem Experimente gleichkommt, kommt in Betracht. Nach den ausgedehnten mühevollen und sorgfältigen Unter- suchungen von Henschen‘) über diese Frage ist wenigstens nach meiner Überzeugung kein Zweifel mehr in die v. Mo- nakowschen Angaben zu setzen. Ich will nur auf zwei Fälle kurz eingehen. Zunächst Fall 29 (Bd. I). Es findet sich nur eine ausgedehnte Narbenbildung und Verschrumpfung im rechten Parietal- und Oeceipitallappen, welche die Sehstrahlung zerstörte. Es waren hier irn rechten Corpus geniculatum laterale die Markleisten und kleinen Gang- lienzellen in dorsalen und dorso-medialen Teilen atrophisch. 1) Kreuser, Über einen Fall von erworbener Porencephalie mit sekun- därer Degeneration in der Optikusbahn und im lateralen Bündel der Hirn- schenkelfasern. 2) Zinn, W., Das Rindenfeld des Auges in seinen Beziehungen zu den primären Optikuscentren. Münch. med. Wochenschrift 1892. 3) Schmidt-Rimpler, |. c. 4) Henschen, |. c. Beitrag zur Kenntnis der Optikuskreuzung im Chiasma ete. 457 In einem weiteren Falle (Fall 1, 3. Bd.) war ebenfalls Pa- rietal- und Oceipitallappen in grosser Ausdehnuug durch eine Erweichung zerstört. Dabei war die Sehstrahlung in ihrer ganzen Ausdehnung untergegangen. Die primären Optikuscentren waren stark sekundär affiziert. Im Corp. geniculatum laterale war eine Anzahl von Zellen wohl erhalten. Die Zellen lagen ventral und im inneren Abschnitt des Kniehöckers. Dass eine Anzahl Zellen im äusseren Kniehöcker erhalten geblieben sind, veranlasst Henschen zu der Annahme, welche auch von Monakow ausgesprochen hat, dass es zwischen Re- tina und Kniehöcker rückwärts verlaufende Fasern giebt. Der Zellbefund im lateralen Kniehöcker lässt sich nicht un- bedingt mit dem von uns erhobenen Befund in Parallele stellen, im grossen und ganzen waren aber Zellpartien zerstört, welche in unserem Falle erhalten waren. Wenn ich auch nicht auf alle litterarische Angaben ein- gegangen bin, so zeigt uns doch das Mitgeteilte deutlich, dass das Corpus geniculatum laterale auch von dem Sehcentrum in gewisser Beziehung abhängig ist, d. h. dass Zerstörung der Rinde in der Fissura calcarina oder der Sehstrahlung eine partielle Atrophie des gleichseitigen Corpus geniculatum laterale nach sich zieht. Auch darüber, wie sich das Corpus geniculatum la- terale nach Zerstörung des Nervus opticus verhält, liegen Angaben in der Litteratur vor. Es sind diese Befunde von sekundärer Affektion des Corpus geniculatum laterale nach Bulbus- resp. Optikus-Zerstöürung nach meiner Überzeugung besonders wertvoll, weil hier von einem gemeinsamen nutritiven Einfluss eines Gefässes, auf den, wie erwähnt, Möli in vor- sichtiger Weise hindeutet, nicht die Rede sein kann. Richter!) hat bereits im Jahre 1884 in einer ganzen Zahl von Fällen nachgewiesen, dass bei Optikusatrophie die Ganglien- t) Richter, Die optischen Leitungsbahnen des menschlichen Gehirns. Neurolog. Centralbl. 1884. Anatomische Hefte. I. Abteilung. XXXII. Heft (10. Bd. H. 3). sl 458 A. CRAMER, zellen im äusseren Kniehöcker zum partiellen Schwund gebracht werden. Auch konnte er konstatieren, dass bei einseitiger Op- tikusatrophie beide Kniehöcker befallen werden. Bei Henschen!') finden wir zahlreiche exakte derartige Untersuchungen. In allen Fällen dieses Autors fand sich das Corpus geniculatum laterale affiziert. Und in Fällen einseitiger Optikus-Atrophie ergab sich ebenfalls wieder eine doppelseitige Erkrankung des Corpus genieulatum laterale. Bei einem 66Jäh- rigen, seit seinem 18. Lebensjahre erblindeten Manne hatte die Atrophie beider Bulbi und Optiei sich in den Üorpora genicu- lata lateralia dadurch markiert, dass sie stark atrophisch er- schienen. Die Zellen waren atrophisch, wenige normal. Ausser den grossen, welche spärlich vorkommen, erscheinen zahlreiche kleine, hauptsächlich in den lateroventralen und lateralen mitt- leren Teilen. Ungefähr stimmt diese Angabe mit dem von mir erhobenen Befunde überein, wenn wir uns daran erinnern, dass in Henschens Falle beide Optiei, also auch das gekreuzte und ungekreuzte Bündel atrophisch waren. Nehmen wir in unserem Falle die dem gekreuzten und ungekreuzten Bündel entsprechen- den atrophischen Stellen zusammen, so bekommen wir eine un- eefähr an derselben Stelle liegende veränderte Partie im Corpus genieulatum laterale, wie sie Henschen gefunden hat. Auch Leonowa?) fand in den Füllen von angeborener Bul- busatrophie stets die Corpora genieulata affiziert und zwar bei einseitiger auf beiden Seiten (Fall 7). Die Affektion der Corpora eenieulata scheint in ihren Fällen besonders in einem Schwund des Grundgewebes bestanden zu haben. Der Fall von Optikus- atrophie, welchen v. Monakow‘) beschreibt, ist mit Vorsicht zu verwenden, weil er einen Paralytiker betrifft. 1) Henschen, I. ce. 2) Leonowa, |. c. 3) v. Monakow, Experimentale und pathologisch - anatomische Unter- suchungen über die Beziehungen der sogenannten Sehsphäre zu den infrakorti- kalen Optikuscentren und zum N. opticus. Arch. f. Psych. Bd. 16. $. 151. Ss. 319. Beitrag zur Kenntnis der Optikuskreuzung im Chiasma ete. 459 Von den Autoren, welche sich rein anatomisch mit dieser Frage beschäftigt haben, möchte ich nur Bernheimer erwähnen. Bernheimer!) stellt einen Doppelursprung der Traktusfasern aus dem Corpus geniculatum laterale fest, Fasern, welche aus den oberflächlichen Schichten des Ganglions oben und unten aussen entspringen und solche, welche aus den inneren Schichten des Ganglions stammen. Die vorstehenden kurzen Mitteilungen aus der Litteratur stimmen mit dem von mir erhobenen Be- funde gut überein und zeigen uns deutlich, dass das Corpusgeniculatumlateralealsein primäres Optikus centrum aufzufassen ist. Sie zeigen uns weiter, dass dieses Öentrum abhängig ist, sowohl von der Hirn- rinde, als von der Retina, und zwar scheinen es ver- schiedene Felder zu sein, welche im Corpus geni- culatum laterale diesen verschiedenen Beziehungen entsprechen. Es scheinen die dorsalen und medialen Partien des Ganglions mehr zur Rinde, die lateralen und centralen mehr zur Retina in Beziehung zu stehen. Ob das gekreuzte und ungekreuzte Optikusbündel im Corpus geniculatum laterale isoliert repräsentiert wird, dafür sind, wie wir gesehen haben, und wie auch v. Monakow’°) neuerdings wieder besonders betont, sichere Anhaltspunkte nicht vorhanden. Unser Fall spricht allerdings dringend dafür, denn das ab- weichende Verhalten der Zellen, wie es von mir beschrieben wurde, ist sehr deutlich. Ein Fall ist allerdings nicht beweisend und es muss daher die Frage noch eine offene bleiben. Da von hervorragenden Autoren, namentlich von Anatomen, Stilling, Bernheimer und neuerdings auch v. Kölliker 1) Bernheimer, Über die Sehnervenwurzeln des Menschen. Wiesbaden. J. F. Bergmann 1891. ?2)v. Monakow, Gelirnpathologie.e Wien 1897 bei Ho. S. 636. 31* 460 A. CRAMER, u. a. eine Beziehung des Optikus zum Corpus geniculatum in ternum, zum Corpus Luysi, zum Tub. cinereum und anderen Ganglien angenommen wird, muss ich auch über das Verhalten dieser Hirnteile m meinem Falle berichten. Was zunächst das Corpus geniculatum internum be- trifft, so ist dasselbe in meinem Falle beiderseits in normaler Grösse vorhanden; irgendwelche Veränderungen in seinem Zell- und Fasergehalt konnte ich keinem Schnitte meiner Serie nach- weisen. Auch der Luyssche Körper liess keinerlei Ver- änderungen erkennen. Nur in den Schnitten, welche den kaudalsten Teil dieses Körpers trafen, hat es den Anschein, als ob rechts die Zellen nicht ganz so deutlich wären, als links. Ich möchte indessen darauf keinen besonderen Wert legen, weil es nur zwei oder drei Schnitte sind, worin dieser Unterschied deutlich ist. Auf jeden Fall sind also im meinem Falle deutlich nach- weisbare Veränderungen im Corpus geniculatum internum und im Corpus Luysii nicht vorhanden. Wenn auch daraus noch nicht hervorgeht, dass keine Beziehungen zwischen dem Optikus und diesen Ganglien bestehen, so ist doch soviel sicher, dass die etwa vorhandenen Beziehungen nur sehr geringfügiger Natur sein können. Ich kann deshalb v. Monakow nur zustimmen, wenn er diese Kerne nicht zu den primären optischen Centren rechnet. b) Der vordere Vierhügel. Ich bediene mich bei Beschreibung des Befundes in den vorderen Vierhügeln der von Ganser!) zum Teil nach Tar- tufferi gegebenen Bezeichnungen: 1. Zonale Fasern, 2. Ober- Aächliches Grau, 3. Oberflächliches Mark, 4. Mittleres Grau, 5. 1) Ganser, |. c. io 7 ae Schrei S5. > Anks. rechts. er Schnitt 65. Schritt 73. N) Fass eh Schritt 08. N ] Schrift 26. S “> ER Umrisse der vorderen Vierhügel bei 1,7facher Vergrösserung. Schritt 35. Schnik 25. 462 A. CRAMER, Mittleres Mark. 6. Tiefes Mark. 7. Tiefes oder röhrenförmiges Grau. Makroskopisch fällt an den vorderen Vierhügeln in meinem Falle auf, dass in den distalen Partien des Vierhügels und auch noch über die distale Hälfte des Vierhügels nasalwärts der linke Vierhügel kleiner ist als der rechte. Auch der linke vordere Vierhügelarm erscheint durchweg schon makroskopisch (siehe Taf. XXVIIUXXIX Fig. 3 u. 4) erheblich kleiner als der rechte. In dem proximalen Teil des Vierhügels und zwar im proximalen Viertel dieses Hirnteils erscheint dagegen der rechte Vierhügel stärker als der linke (zum mindesten ist der linke flacher als der rechte). Für die Vergleichung des Volumens beider Vierhügel insgesamt kann indessen diese Differenz im proximalsten Teil kaum in Be- tracht kommen. In Fig. 8 habe ich mit dem Zeichenapparat von Winkel die Umrisse der vorderen Vierhügel in der Entfernung von 10 zu 10 Schritten nachgefahren. Man sieht an diesen Umrissen auf den ersten Blick, dass im grössten Teil des vorderen Vier hügels der linke kleiner als der rechte ist. Es wird jetzt unsere Aufgabe sein, festzustellen , welche histologische Elemente diese Verkleinerung des linken Vierhügels herbeigeführt haben und weiter ob auch rechts gegenüber einem normalen Vierhügel Ver- änderungen sich finden. Am Palpräparate ist durch alle Schnitte der distalen Zwei- drittel des vorderen Vierhügels sofort auffällig, dass beiderseits, und zwar links mehr wie rechts, die zonalen Fasern reduziert sind. Auch die Fasern des oberflächlichen Graus sind in gleicher Weise vermindert und ebenso die Fasern des ober- flächlichen Markes. Ich habe versucht, in den Figuren 9 bis 12 diese Verhältnisse wiederzugeben. In Fig. 13 habe ich bei stärkerer Vergrösserung die zonalen Fasern eines normalen und in Fig. 14 dieselben Fasern vom linken vorderen Vierhügel aus einem entsprechenden Schnitte unseres Falles wiedergegeben. An diesen beiden letzten Zeichnungen ist auch ein Teil des feinen Beitrag zur Kenntnis der Optikuskreuzung im Chiasma ete. 463 Fig. 9. Schnitt 47. Linker vorderer Vierhügel. 8fache Vergrösserung zum Druck um !, verkleinert. Fig. 10, Sehnitt 47. Rechter vorderer Vierhügel. Sfache Vergrösserung zum Druck um Y, verkleinert. 464 A. CRAMER, Fig. 11. Linker vorderer Vierhügel normal. Dieselbe Vergrösserung wie bei Fig. 9 und 10. 1. Zonale Fasern. 2. Oberflächliches Grau. 3. Oberflächliehes Mark. 4. Mittleres Grau. 5. Mitt- leres Mark. 6. Tiefes Mark. 7. Tiefes oder röhrenförmiges Grau, Fig. 12. Vorderer Vierhügel normal rechts. Dieselbe Vergrösserung wie bei Fig. 9 u. 10. \ nalomische Hefte. I. Abtheilung H. 33. (X. Ba. H. 3.) Tafel XXX. er va —I Fig. 6. Lichtdruck von Albert Frisch, Berlin W. Verlag von J. F. Bergmann, Wiesbaden. vr Beitrag zur Kenntnis der Optikuskreuzung im Chiasma etc. 465 Fasergewirrs aus dem oberflächlichen Grau reproduziert. Es fällt dabei auch auf, dass die groben Fasern in der zonalen Schicht unseres Falles fast ganz verschwunden sind. In den tieferen Schichten des Vierhügels habe ich ausgesprochene Veränderungen in dem Verhalten der markhaltigen Fasern nicht auffinden können. In den proximalsten Teilen des vorderen Vierhügels ist am Pal-Präparat rechts in den letzten Schnitten, welche in den EA R Rx — ES EEE ii ) Sa = y% SZ RT AD UN ‘ ee AR ws, Fig. 13. Zonale Fasern eines normalen Vierhügels. Winkel. Okular 3. Obj. 3. — Fig. 14. Sehnitt 47. L. vorderer Vierhügel. Zonale Fasern. Dieselbe Vergrösserung. Beide Figuren zum Druck um ", verkleinert. Vierhügel fallen, ein ausgesprochenes oberflächliches Grau nicht mehr markiert, dasselbe findet sich nur in dem linken sich er- heblich mehr wölbenden Vierhügel. Da links im oberflächlichen Grau erheblich mehr Zellen vorhanden sind als rechts, das Ver- halten der Zellen und Fasern sich also hier nicht deckt, nehme ich an, dass der grosse Frontalschnitt mit seiner Ebene rechts etwas eher das Corpus quadrigeminum anterius verlässt als links. Es ist also in den letzten Schnitten rechts bereits die äusserste Peripherie des Vierhügels getroffen, während links noch ein kleines Segment abgetrennt wird. Derartige Erscheinungen be- 466 A. CRAMER, obachtet man fast bei jeder Serie durch den Hirnstamm, auch wenn man nach Möglichkeit senkrecht zur Sagittallinie schneidet. Die Photographien, welche ich von meinen Schnitten wieder- gegeben habe, zeigen ausserdem auch aufs deutlichste, dass die Schnittführung in der gewünschten Richtung gut gelungen ist. Dass das oberflächliche Mark nicht nur im allgemeinen, sondern links besonders erheblich reduziert ist, zeigen ausser den Zeichnungen auch die Photographie (Taf. XXVHLXXIX Fig. 3). Die Zellen des vorderen Vierhügels fand ich nur verändert in der Schicht des oberflächlichen Grau’s. Sie sind beider- seits gegenüber normalen Präparaten vermindert. Auch ist diese Verminderung links stärker ausgeprägt als rechts. Während ich im Mittel am normalen proximalen Vierhügel 30-35 Zellen in einem Quadrat von bestimmter Grösse zählte, erhielt ich in meinem Falle in demselben Quadrate folgende Zahlen: rechts links Schnitt 56. Höhe der Kuppe 23 16 „58. Lateraler Abhang 15 il „. 58. Medialer Abhang 23 16 „* 45. Höhe,der Kuppe 27 21 „45. Lateraler Abhang 22 13 „32. " Höberder Kuppe 15 9 „....50. 'Höhe’der Kuppe 14 8 Der Unterschied im Verhalten der Zellen zwischen rechts und links ist so deutlich ausgeprägt, dass ich fast in allen Schnitten beim Studieren des oberflächlichen Grau’s aus der ungefähren Schätzung der Zellzahl bestimmen konnte, ob ich mich im rechten oder linken Vierhügel befand. Über etwaige Veränderung der Zellform, speziell über die Frage, ob die vor- handenen Zellen kleiner sind, als unter normalen Verhältnissen, kann ich keine Auskunft geben. Die Zellen sind auch an normalen Präparaten verhältnismässig klein, sodass man zu- Beitrag zur Kenntnis der Optikuskreuzung im Chiasma ete. 467 frieden sein kann, wenn sich die Zellen am Karminpräparat so deutlich markieren, dass man sie erkennen und zählen kann. Die Zwischensubstanz liess deutlich ausgeprägte Ver- änderungen nicht erkennen. Aus dem mitgeteilten Befunde ergiebt sich, 1. dass der vordere Vierhügel in seinen drei dor- salsten Schichten (Zonale, oberflächliches Grau, oberflächliches Mark) in Beziehung zu den aus der Retina stammenden Optikusfasern steht. 2. Dass die durch einseitige Optikusatrophie hervorgerufene Reduktion der zonalen Fasern und der Fasern des oberflächlichen Markes in einer Zell- reduktion des oberflächlichen Grau’s zum Ausdruck kommt. 3. Das kreuzende Bündel muss grösser sein, weil sowohl das gekreuzte Corpus geniculatum als der gekreuzte vordere Vierhügel stärker affiziert sind. 4. Da beide Vierhügel affiziert sind, ist auch daraus auf eine partielle Kreuzung zu schliessen. Der vordere Vierhügelarm ist links deutlich schwächer als rechts (Taf. XXVIIU/XXIX Fig. 3 u. 4), und zwar an sämtlichen Schnitten. Dass auch der rechte erheblich schwächer als unter normalen Verhältnissen sei, habe ich nach meinen Präparaten nicht nachweisen können. Ich muss es aber annehmen, weil, wie erwähnt, seine Ausstrahlung in dem vorderen Vierhügel, in der zonalen und oberflächlichen Markschicht deutlich geringer ist als unter normalen Verhältnissen. Im distalen Vierhügel habe ich deutlich nachweisbare Veränderungen nicht nachweisen können. Der von mir erhobene Befund deckt sich im grossen und ganzen mit den bisherigen Erfahrungen. Dass nach Enukleation eines Auges beim Tiere (Kanin- chen, Katze, Hund) die sogenannte Cappa cinerea, id est das 468 A. CRAMER, oberflächliche Grau des Vierhügels zellärmer wird, ist durch exakte Untersuchungen schon lange bestimmt erwiesen. Ich nenne nur v. Gudden und Ganser!). Wir wissen auch durch Ganser, dass das gekreuzte oberflächliche Mark in Mitleiden- schaft gezogen wird. Auch beim Menschen hat man bei Optikusatrophie ähnliche Befunde erhoben, ich weise auf die Untersuchungen von Richter und ganz besonders auf den von v. Monakow?) bei einem Paralytiker erhobenen Befund hin. v. Monakows Fest- stellungen in diesem Falle decken sich bis auf das Verhalten der zonalen Fasern mit den von mir gefundenen Veränderungen, namentlich kommt dabei auch ein Faserausfall im oberfläch- lichen Mark in Betracht. Ebenso entsprechen Henschens Angaben, welche sich auf ein umfangreiches Material stützen, meinem Befunde. Doch soll nicht unerwähnt bleiben, dass er bei einem 66 jährigen seit dem 18. Lebensjahre blinden Manne die proximalen Vierhügel nicht deutlich verändert fand. Leonowa°) konstatierte in den sieben Fällen angeborener beiderseitiger oder einseitiger Anophthalmie oder Mikrophthal- mie, dass namentlich das oberflächliche Grau mit den Sehfasern im Zusammenhang steht, und nimmt auf Grund eines der Fälle an, dass auch das oberflächliche Mark zu den optischen Fasern Beziehungen hat. Dass auch bei Zerstörung der Sehstrahlung und der op- tischen Rindencentren der proximale Vierhügel in Mitleidenschaft gezogen wird, ist durch dieselben Autoren erhärtet, welche ich bereits aufgeführt habe, als ich die Beziehungen zwischen Rinden- centrum und Corpus geniculatum externum erörterte. Ich machte dabei besonders darauf aufmerksam, dass v. Monakow‘) 1) v. Gudden, Ganser|l. ce. 2) v. Monakow, |. c. Arch. f. Psych. 16. 3) Leonova,]. c. #) v. Monakow, ]. c. Arch. f. Psych. Bd. 23 u. 24. einen Teil der in Betracht kommenden Fälle tabellarisch zu- sammengestellt hat. Ich glaube, dass wir nach alledem berechtigt sind, zu re- sumieren: 1. Jeder Nervus opticus steht mit der zonalen Schieht und dem oberflächlichen Grau beider proxi- maler Vierhügel in Beziehung. 2. Auch mit dem oberflächlichen Mark scheint eine Beziehung zu bestehen, mit Sicherheit wenig- stens mit dem gekreuzten. 3. Nur ein Teil der genannten Schichten des proximalen Vierhügels steht zum Nervus opticus in Beziehung. Der andere Teil, und wie es scheint, der grössere, ist nach den Untersuchungen v. Monakows und seiner Nachfolger von der Sehstrahlung in Ab- hängigkeit zu bringen. c) Die Okulomotoriuskerne. Ich kann die Vierhügelgegend nicht verlassen, ohne noch kurz auf die Okulomotoriusregion, speziell das Verhalten ihrer Kerne einzugehen. Bewegt hat der Kranke, von dem die Präparate stammen, in den letzten Jahren seines Lebens, wie ich aus eigener Anschauung weiss, seinen atrophischen Bulbus nur in sehr geringem Umfange. Es konnte also wohl eine Inaktivitäts- atrophie im Kern erwartet werden. Über das Verhalten des Nervus oculomotorius selbst kann ich nichts aussagen. Einen deutlichen Unterschied im Verhalten seiner austretenden Wurzeln konnte ich nicht feststellen. Allerdings erscheinen an zahl- reichen Schnitten, aber nicht an allen, die rechts austretenden Wurzeln eine Spur schwächer. Das Verhalten der Zellen in den Kernen ist auf den ersten Blick überraschend. Zunächst ist beiderseits im distalen Teil des Kerns gegenüber dem normalen 470 A. CRAMER, Präparat eine, wenn auch nicht grosse, aber doch nicht zu ver- kennende Verminderung der Zellen zu bemerken, ohne dass ein markanter Unterschied zwischen rechts und links auffällt, höch- stens wenn man die dorsalsten Partien des Kerns in Betracht zieht, woselbst der rechte Teil zellarmer erscheint. Weiter proximalwärts kommt eine Reihe von Schnitten, in denen ein deutlicher Unterschied zwischen rechts und links und auch eine deutliche beiderseitige Atrophie nicht nachzuweisen ist. In dem proximalen Teil des Kerns erscheint namentlich die dorsale Partie rechts zellarmer. Besonders deutlich aus- geprägt war die Differenz zwischen rechts und links nicht, aber sie liess sich nicht verkennen. Dieser eigentümliche Befund ist nur zu verstehen, wenn man an die partielle distale Kreuzung der Okulomotori denkt. Dass eine solche besteht, ist von zahlreichen Autoren nachgewiesen (v. Gudden, Berlin, Breg- mann u. a). Ich habe mich selbst am menschlichen Embryo davon überzeugen können!). Der Befund in meinem Fall deckt sich ganz mit dem, was der erfahrenste Autor auf diesem Gebiete Siemerling?) und sein bewährter Mitarbeiter Bödeker?) in einem Fall von ein- seitiger Okulomotoriuslähmung gefunden haben. Es schreiben diese Autoren: „Dieses eigenartige Verhalten der Kerne (beider- seitige Atrophie bei einseitiger Lähmung im distalen Teil, stärkeres Befallensein der der Lähmung entsprechenden Seite im proximalen Teil) erklärt sich ungezwungen aus der Okulo- motoriuskreuzung.“ Genau auf das Verhalten der Okulomotoriuskerne einzu- gehen, halte ich mich bei dem Thema meiner Arbeit nicht für 1) Cramer, A., Beiträge zur feineren Anatomie der Medulla oblongata und der Brücke mit besonderer Berücksichtigung des 3. bis. 12. Hirnnerven Jena 1894. 2) Siemerling und Bödeker, Chronisch fortschreitende Augenmuskel- lähmung und Progressive Paralyse. Arch. für Psych. Bd. 29. Heft 3 und Siemerling. Arch. f. Psych. Bd. 29. Suppl. Beitrag zur Kenntnis der Optikuskreuzung im Chiasma ete. 471 berechtigt. Bezüglich der Litteratur verweise ich auf Siemer- lings und Bödekers Arbeiten. d) Thalamus opticus (Pulvinar). Schon makroskopisch fällt namentlich am Pal-Präparate auf, dass das Pulvinar sich beiderseits verschieden verhält. Zu- nächst. erscheint das Pulvinar rechts flacher als links. Das laterale Mark des Pulvinars ist, wie an Taf. XXVIIIXXIX Fig. 3 und 4 sowie an den Umrissen bei 1,7 facher Vergrösserung (Fig. 15) deutlich zu sehen ist, links entschieden schwächer entwickelt. Betrachtet man Taf. XXVIIUXXIX Fig. 3 und 4 und zwar genau, so sieht man auch, dass die Fasermassen, welche aus dem lateralen Mark in das Pulvinar eintreten, links entschieden eeringer sind. Daher mag es auch kommen, dass die einzelnen Bündel links stärker auffallen als rechts. Bei dieser Gelegenheit sei auch bemerkt, dass links das laterale Mark des Corpus geniculata laterale stärker affiziert ist. Ein deutlicher Unterschied in dem Verhalten des den dor- salen und medialen Rand des Pulvinars umsäumenden Faser- zuges bestelıt makroskopisch zwischen rechts und links nicht. Ebenso unterscheidet sich dieser Faserzug resp. diese oberfläch- liche Faserschicht nicht von demjenigen normaler Präparate. Das laterale Mark dagegen ist namentlich links etwas schmaler. Das Verhalten der Zellen genau zu beurteilen, macht Schwierigkeiten. Auf den ersten Blick scheint ein Unterschied zwischen dem Pulvinar unseres Falles und dem eines normalen Präparates nicht zu bestehen. Studiert man die einzelnen Zell- lagen genau, so zeigt sich, dass die dicht unter der Peripherie liegende Zellschieht gelitten hat. Es sind sowohl am ventralen als medialen, als dorsalen Rande die Zellen daselbst an Zahl reduziert. 472 A. CRAMER, Diese Zellreduktion daselbst findet sich aber nur ım Pul- vinar. Um ganz sicher zu gehen, habe ich die Zellen an be- e& d. Fig. 15. Umrisse des Pulvinar’s und lateralen Markes bei 1,7facher Vergrösserung. a rechts und b links, Sehnitt 34. e rechts und d links, Sehnitt 40. 1. Pulvinar. 2. laterales Mark. 3. Corp. genieulat. ext. 4. Corp. genieulat, intern. stimmten Stellen gezählt. Die nachstehenden Zahlen zeigen, dass ich mich nicht geirrt habe. Beitrag zur Kenntnis der Optikuskreuzung im Chiasma etc. 473 rechts Be links Schnitt = F: E =% = — = S 3 E 20 lH Ense = SE ar I ae ur Mi Bel kte Wae No. 45 5 9 7 34 6 7 10 44 aut 6 7 31 5 10 11 32 62 g 7 8 38 g gr) 8 37 a 9 13 15 36 16 15 18 38 182 24 16 16 34 18 16 14 34 normal. 14 22 18 37 Ein deutlicher Unterschied zwischen rechts und links im Verhalten der Zellen besteht nicht. Dagegen ist deutlich, wie in den proximaleren frontalen Ebenen, also an der Stelle, wo das Pulvinar in den Thalamus opticus übergeht, die Zellen an allen Stellen zunehmen !). Dass der centrale Teil des Pulvinars von dem Zellschwund nicht berührt ist, zeigt ebenfalls deutlich die vorstehende Tabelle. Die auffällige allgemeine Differenz im Zellreichtum eines gleich- grossen Quadrats vom centralen Teil des Pulvinars und seiner Peripherie rührt daher, dass das Pulvinar von einer Schicht markhaltiger Fasern umgeben ist, in welcher wenige oder gar keine Zellen sich finden. Diese peripherische Schicht musste ich in die Massquadrate aufnehmen, um einen sicheren Anhaltspunkt zur Einstellung des Quadrats, die Peripherie, zu haben. Ich glaube, dass ich nach Vorstehendem berechtigt bin, für meinen Fall eine Beziehung desrechtsseitigen Optikus mit der periphersten Ganglienzellenschicht beider Pulvinar des Thalamus optieus anzunehmen. 1) Die Schnitte sind von der kaudalen nach der proximaleren Ebenen aufsteigend numeriert. Anacomische Hefte. I. Abteilung. XXXIII. Heft (10. Bd., H. 3). 32 474 A. CRAMER, Vielleicht spricht auch hier die stärkere Affektion des la- teralen Markes des Pulvinars auf der linken Seite dafür, dass das kreuzende Bündel des Nervus opticus das stärkere ist. Auffällig erscheint mir, dass die periphere Schicht mark- haltiger Nervenfasern des Pulvinars nicht in nachweisbarer Weise affıziert ist, obschon die Zellen deutliche Reduktion an Zahl er- kennen lassen. Dass nach Enukleation eines Auges die Zellen des Pulvinars zum Teil entarten, ist in exakten Untersuchungen durch von Gudden und seine Schüler Ganser, von Monakow!) und andere schon lange erhärtet. Auch beim Menschen sind posi- tive Befunde in dieser Richtung erhoben worden. Richter, von Monakow, Henschen?) Auffällig ist, dass Leonowa°) bei angeborener Bulbusatrophie in zahlreichen Fällen erhebliche Veränderungen, abgesehen von sogenannten Defekthöhlen, im Pulvinar nicht nachweisen konnte. Ich vermute, dass dieser abweichende Befund daher kommt, weil es sich in den Fällen Leonowas um Präparate von neugeborenen Kindern handelte, also um Fälle, bei denen eine Aktion des Optikus nie oder höch- stens für einige Tage stattgefunden hat. Es würde sich aller- dings daraus entnehmen lassen, dass das Pulvinar in einem ganz andern Verhältnis zum Nervus opticus stehe, als das Corpus geniculatum laterale, welches in den Fällen Leonowas viel deutlicher verändert war. Dass bei der Zerstörung der Rinde in der Umgebung der Fissura calcarina und der Sehstrahlung das Pulvinar in Mit- leidenschaft gezogen wird, ist durch zahlreiche Beobachtungen erwiesen. (v. Monakow, Richter, Möli, Kreuser, Wil- brand, Zinn, Henschen‘).) 1) v. Monakow,l. c. 2) Henschen, |. e. 3) Leonowa,l. c. 4) Henschen,l. c. Beitrag zur Kenntnis der Optikuskreuzung im Chiasma ete. 475 Wir dürfen also unsern Befund im Pulvinar un- bedenklich mit der Optikusatrophie in Zusammen- hang bringen, nachdem so viele Autoren eine ähnliche Ver- änderung konstatiert haben und, wie ich noch erwähnen will, auch rein anatomisch von Bernheimer!)u. Anderen die Beziehungen des Nervus opticus zum Stratum zonale des Pulvinar erwiesen sind. Im übrigen Thalamus optieus, im Nucleus caudatus, im Linsenkern, im Nucleus amygdalae konnte ich deutlich markierte Veränderungen nirgends auffinden. Da von Michel?) Misstrauen gegen meine Präparate ge- äussert worden ist, will ich noch hinzufügen, dass das Ependym der Ventrikel nirgends eine Veränderung erkennen lässt und sich durchaus keine Anhaltspunkte dafür finden lassen, dass etwa die von mir beschriebenen Veränderungen auf primären lokalen Entzündungsvorgängen beruhten. Es hat sich also, wenn ich alles bisher Beschrie- bene zusammenfasse, in unserem Falle eine ein- seitige Optikusatrophie markiert in sämtlichen von v. Monakow als primär bezeichneten Optikuscentren und zwar beiderseits. 4. Rinde der Fissura calcarina. Kein Geringerer als v. Gudden hat eine direkte Wurzel der Traktus zum Oceipitalhirn angenommen. Allerdings fehlt es bisher an einer Bestätigung für diese Annahme beim Er- wachsenen. Auch spricht sich ein so erfahrener Autor wie v. Monakow°) mit aller Bestimmtheit dagegen aus. Trotzdem habe ich in meinem Falle die Rinde der Fissura calcarina untersucht. Die Veranlassung dazu war die schon oft 1) Bernheimer, |. ce. 2) Michel, Nagels Jahresbericht über die Fortschritte der Ophthalmo- logie. Tübingen 1897. S. 212. 3) v. Monakows, Gehirnpathologie. 1. ce. S. 434. 32* 476 A. CRAMER, citierte Arbeit von lLeonowa®). Allerdings nimmt Leonowa an, dass der Weg zur Oceipitalrinde über die primären optischen Centren geht. lıeonowa hat die Breite der Rinde in der Fissura calcarina gemessen und zwar an einem Punkte, an der Basis. Ich halte diese Methode der Vergleichung für etwas bedenklich, weil nur ein ganz senkrecht die Rinde durchtrennender Schnitt deren wirkliche Breite angiebt und die Fissura calearina auch an ihrer Basis allerlei Windungen und Drehungen macht. Am sichersten fährt man, wenn man die engsten Partien der Hirnrinde als die wirkliche Breite ansieht. Denn es giebt keinerlei Schnitt- richtung, durch welche die reelle, bei senkrechtem Schnitte i nl Ü 1% Fig. 16. n normale’ Rinde der Fiss. calearina, 2 linke Rinde der Fiss. ealearına, r rechte Rinde der Fiss. calearina in meinem Falle bei 1,7facher Vergrösserung. Der Querschnitt bedeutet die schmalste Stelle, von der Fig. 17 und 18 entnommen sind. schmalste Breite noch weiter verschmälert werden kann. Aber auch hierbei thut man gut, wenn man nicht einzelne Punkte misst, sondern ganze Strecken vergleicht. Wie die von mir auf Tafel XXX Fig. 5, 6 und 7 reprodu- zierten Photographien erweisen, ist es namentlich die links- seitige Fissura calcarina, deren Rinde verschmälert erscheint. Um genauer darüber ins Klare zu kommen, habe ich die schmalsten Partien aus meinem Präparat mit dem Winkel- schen Zeichen-Apparate reproduziert (Fig. 15). Am meisten schienen mir dazu geeignet Palsche Präparate, weil sich hier die Rinde sehr scharf absetzt. Es ergiebt sich daraus deutlich, wie auch aus der Photo- graphie, dass die Rinde der linken Fissura calcarina schmäler 4) Leonowa,|. c. Beitrag zur Kenntnis der Optikuskreuzung im Chiasma ete. 477 ist, als unter normalen Verhältnissen. Betrachten wir diese Zeichnung und die Photographie genauer, so zeigt sich, dass es weniger die Hirnrinde in toto ist, welche verschmälert erscheint, als der unter dem gennarischen Streifen liegende Teil. Dieser Teil ist auch rechts um ein geringes schmaler als unter normalen Verhältnissen. Auch im Vergleich mit andern normalen Präparaten der Fissura calcarina tritt dieser Unter- schied hervor. Die Zeichnungen in Fig. 17 zeigen uns indessen, dass dieser Grössen-Unterschied in den Teilen, welche unter dem genna- rischen Streifen liegen, bei stärkerer Vergrösserung nicht so er- heblich ist. Es kommt das daher, dass dieser Streifen, welcher bei schwacher (1,7 facher) Vergrösserung als eine schwarze Linie am Palschen Präparate erscheint, sich bei der stärkeren Ver- grösserung in eine breite, undeutlich begrenzte Fläche auflöst. Diese Zeichnungen bei stärkerer Vergrösserung sind genau durch die schmalste Stelle der betreffenden Fissura calcarina gelegt, sie geben also sicher die betreffenden Verhältnisse richtig an. Als Basis ist der äussere Rand der Markleiste angenommen. Der Fasergehalt erscheint im wesentlichen nicht vermindert. Höchstens in der Schicht des superradiären Faserwerkes (Edinger) könnte man von einer leichten Lichtung der Fasern sprechen. Auch der gennarische Streifen markiert sich nicht ganz so deutlich. Die Differenzen sind aber so gering, dass ich sie nicht unbedingt als pathologisch ansprechen möchte. Die Verschmälerung sowohl rechts als wie links gegenüber dem normalen Präparat ist deutlich markiert. Es zeigt sich, dass links auch der über dem gennarischen Streifen liegende Teil verringert ist. Über das Verhalten der Zellen ins Klare zu kommen, machte mir Schwierigkeiten. Das Präparat war wie erwähnt, um eine sichere Palsche Färbung zu ermöglichen, in Müller- scher Flüssigkeit gehärtet worden. Ich konnte also nur mit Obj. 3. Ok. 1. CRAMER, A. AN My N \) } Kl) g gennarischer Streifen. Palfärbung. Winkel. n, normal, !. links, r. rechts in vorliegendem Fall. Sehmalste Stelle der Rinde der Fiss. calcarina. Fig. 17. N. l. T. 0 ir = ER 7 23 ze e [0] no 183 Ss % (176) 4 v . ‘ 146 167 (146) (141) 82 (55) g g g 68 56 (43) (31) 132 99 96 (119) (75) (76) Fig. 18. Rinde der Fiss. calearina. Winkel Obj. 3. Okul. 1. n normal, Z links, r reehts in vorliegendem Falle, g gennarischer Streifen. Die beistehenden Zahlen bezeichnen die Zellzahl in, über und unter dem gennarisehen Streifen. Die eingeklammerten Zahlen sind die Resultate einer an anderer Stelle vorgenommenen Zählung. 480 A. CRAMER, Karmin oder Nigrosin die Zellen zur Darstellung bringen. Auch die Kontrollpräparate sind von einem Gehirn, das ebenso lange in Müllerscher Flüssigkeit gelegen hatte, und mit Nigrosin oder Karmin gefärbt. Deutlich zu erkennen sind die Zellen an sämtlichen Präparaten, sie markieren sich bei schwacher Ver- grösserung als eine dunkle, von einem hellen Hof umgebene Masse, wie sie sich meist an Präparaten darstellen, welche lange in Müllerscher Flüssigkeit gelegen haben. Kern und Kern- körperchen sind meist, aber nicht immer zu sehen. Bei stärkerer Vergrösserung fiel auf, dass allgemein, namentlich aber in der Schicht unter dem gennarischen Streifen die Zellen bei dem vor- liegenden Falle erheblich kleiner waren, als am normalen Prä- parat. Ich konnte mich davon deutlich überzeugen, wenn ich die Umrisse der Zellen mit Hülfe des Zeichenapparates nach- fuhr und nachher verglich. Am deutlichsten trat diese Verkleinerung der Zellen links hervor. An der beistehenden Skizze (Fig. 18) der Zellen in der Rinde der Fissura calcarina tritt dieses abweichende Verhalten in der Zellgrösse ebenfalls deutlich hervor. Auch diese Zeich- nungen stellen mit dem Winkelschen Zeichenapparat durch Nachfahren erhaltene Bilder dar. Ich habe keinen Wert auf eine Adonisierung gelegt, sie sind deshalb um so wahrheits- getreuer. Sie stellen genau denselben Ausschnitt der Rinde wie die Zeichnungen nach Palschen Präparaten dar. Die Zellen zu zählen in den Meynertschen Schichten der Hirnrinde halte ich für unmöglich, weil die Schichten nicht scharf von einander abgegrenzt sind, sondern allmählich in einander übergehen. Auch wenn man sich gleichgrosse Stücke aus den Schichten auszuwählen versucht, ist man stets im Zweifel, wo man das Zählquadrat einstellen soll. Als ein einigermassen scharf differenzierendes Moment er- schien mir auch am Karmin- und Nigrosinpräparate nur der Beitrag zur Kenntnis zur Optikuskreuzung im Chiasma etc. 481 gennarische Streifen. In Fig. 18 habe ich denselben nach dem Palpräparate eingezeichnet. Ich habe in den durch den gen- narischen Streifen abgetrennten Teilen der Hirnrinde die Zellen gezählt. Es zeigt sich, dass in dem vorliegenden Falle die Zellen gegenüber einem normalen Präparate unter den gennarischen Streifen ganz erheblich vermindert sind. Zellzählungen, welche ich an anderen Stellen der Fissura calcarina unter Berücksichti- gung des gennarischen Streifens als Richtschnur vornahm, haben ein ähnliches Resultat ergeben. Es fanden sich im gleichgrossen Raum Am normalen | Im vorliegenden Fall Präparat rechts links In der Mitte zwischen gennarischem Streifen und Peripherie 92 93 86 Zunächst dem Mark | 74 (54) 39 (24) 42 (22) Diehtunter dem gennarischen Streifen 72 (65) 61 (48) 57 (89) Die eingeklammerten Zahlen beziehen sich auf Messungen mit einer etwas kleineren Fläche. Aus diesen Zahlen ergiebt sich dasselbe, was auch schon bei Betrachtung der Zellgrösse aufgefallen war, dass nament- lich die Zellschichten unter dem gennarischen Streifen gelitten haben. Eine besondere Veränderung des Zwischengewebes habe ich nicht auffinden können, dagegen fiel beim Vergleich mit dem normalen Präparate sofort auf, dass die Zellen namentlich links näher aneinander standen. Bei Kernfärbungen fiel ein Unter- schied zwischen den normalen und pathologischen Präparaten nicht auf. 489 A. CRAMER, Auch im Gyr. occipito-temporalis habe ich diese Unter- suchungen angestellt, ohne einen Unterschied zwischen dem normalen und pathologischen Präparate zu finden. Wie das auch von fast allen Autoren hervorgehoben wird, unterschied sich aber die Rinde der Fissura calcarina auch am normalen Präparate durch die Armut an grossen Zell-Elementen, an Pyramiden-Zellen von der Rinde der Gyr. oceipito-temporalis. Entzündliche oder atrophische Veränderungen fanden sich in der Hirnrinde nirgends, ich halte mich daher für berechtigt, die von mir konstatierte leiehte Veränderung der Rinde der beiderseitigen Fissura calcarina nament- lich unter dem gennarischen Streifen mit der ein- seitigen totalen Bulbus- und Optikus-Atrophie in Be- ziehung zu bringen. Dieser Befund deckt sich mit den Angaben von Leonowa, nach welchen hauptsächlich die vierte Schicht der Fissura cal- carina als mit dem optischen System in Beziehung stehend zu betrachten ist. Ieh komme also zu dem Resultat, 1. dass auch die Rinde des Sehcentrums zu dem Nervus opticus in Beziehung steht, 2. dass der einzelne Nervus opticus mit der Fissura calcarina jeder Seite in Beziehung steht. Wie diese Beziehung aufzufassen ist, kann ich nicht ent- scheiden. Ich muss also die Frage offen lassen, ob, wie von Gudden annahm, von der Retina eine ununterbrochene Op- tikuswurzel bis zur Hirnrinde gelangt, oder ob, wie Leonowa annimmt, der Weg auch dieser Wurzel über und durch die pri- mären optischen Centren führt. Auf jeden Fall steht der Be- fund mit der Neuronlehre in Widerspruch. Dass die weitaus grösste Zahl der Optikusfasern in den primären Optikuscentren in dem von v. Monakow angenom. Beiirag zur Kenntnis der Optikuskreuzung im Chiasma, ete. 483 menen Sinne Station macht, muss ich um so mehr annehmen, als unsere Untersuchungen ergeben haben, dass wenigstens im Corpus genieulatum laterale die Sehstrahlung, also das zweite Neuron, höchst wahrscheinlich an anderen Partien ihr Ende findet als das erste Neuron, die Optikusfasern. Weiter auf diese Verhältnisse einzugehen, halte ich mich nach dem von mir gelieferten anatomischen Material nicht für berechtigt. Ich schliesse, indem ich Herrn Professor Kallius für die in liebenswürdigster Weise in grosser Zahl angefertigten Photo- graphien meinen verbindlichsten Dank ausspreche. 08 Erklärung der Abbildungen. . Taf. XXVIII/XXIX. Fig. 1. Nigrosinpräparat. Schnitt 14. Fig. 2. Pal- Präparat. Schnitt 18. Buchstabenbezeichnung wie pag. 423 angegeben. Fig. 3. Schnitt 50 und Fig. 4. Schnitt 61 der Serie von Frontalschnitten durch den Hirnstamm nach Pal. Taf. XXX. Fig. 5. Rinde der rechten, Fig. 6 Rinde der linken, Fig. 7 Rinde einer normalen Fiss. calcarina nach Pal. Aus DEM ANATOMISCHEN INSTITUT ZU GIESSEN. BEITRÄGE ZUR ENTWICKELUNGSGESCHICHTE DES MENSCHLICHEN AUGES. VON FRIEDRICH HENCKEL, MAINZ. Mit 4 Figuren auf Tafel XXXIXXXI. un Bi Non BAWPTIR, m ' u TS LE "u; EurE & Vor einer Reihe von Jahren hat Vossius (Graefes Archiv für Ophthalmologie, Bd. XXIX, Abteilung IV, 1883) Unter- suchungen über die Eintrittsstelle der CÖentralgefässe in den Sehnerven und Mitteilungen über eine Drehung des Sehnerven und des Bulbus während des Entwickelungsganges des Auges veröffentlicht. Die Anregung zu seiner Arbeit erhielt Vossius durch einen Fall von centralem Skotom, in welchem sich bei Verfolgung der atrophischen Fasern im Optikus ein eigentümliches Verhalten des Herdes zur Eintrittsstelle der Centralgefässe der Retina herausstellte. Er warf damals auf Grund seiner Beobachtungen die Frage auf, ob die Eintrittsstelle der Retinalgefässe in den Sehnerven eine konstante sei und für den Fall, dass sich dies beweisen liese, zur Orientierung an Sehnerventeilen ausserhalb des Zusammenhanges mit dem Bulbus verwandt werden könne. Im anatomischen Institut von Schwalbe zu Königsberg wurde zunächst an vier injizierten, menschlichen Sehnerven, die durch Entfernung des Orbitaldaches und des retrobulbären Fettgewebes vorsichtig von oben her freipräpariert waren, makroskopisch die Eintrittsstelle der betreffenden Gefässe festgestellt, sodann wurden sie nach genügender und genauer Vorbereitung mit dem Mikro- tom serienweise in Querschnitte zerlegt und auch mikroskopisch ‚auf diesen Punkt hin untersucht. Im ersten und im zweiten Fall giebt nun Vossius an, gefunden zu haben, wie der Ein- tritt der Gefässe in den Sehnerven ausnahmslos im unteren 488 FR. HENCKEL, lateralen Quadranten erfolgt sei, und zwar in einer Entfernung vom Bulbus von durchschnittlich 10—12 mm. Vergleichende anatomische Untersuchungen an Tieren wie Kalb, Katze und Hammel sollen genau dasselbe Resultat rück- sichtlich der Eintrittsstelle der Gefässe ergeben haben. Aus diesem Verhalten der Gefässe zum Sehnerven beim Erwachsenen gegenüber der bekannten Lage der fötalen Augen- spalte beim Embryo im unteren, medialen Quadranten des Optikus, in welche ja die Einstülpung der in Frage stehenden Gefässe mit der mesodermalen Glaskörperanlage erfolgt, zog Vossius den Schiuss, dass der Sehnerv mit fortschreitender Entwickelung eine Drehung um seine Längsachse von mindestens 90° erfahren müsse, und zwar in der Richtung von unten, innen nach aussen, oben. Indem er nun zum Beweise seiner Annahme andere Untersuchungen an fünf-, sechs- und achtmonatlichen Embryonen vornahm, will er in der That schon makroskopisch bei Föten aus dem fünften Monat einen Bogen und den Beginn einer Torsion des Sehnerven gefunden haben. Noch ausge- sprochener soll diese Torsion bei Erwachsenen gewesen und mit dem Beginn des Bogens zusammengefallen sein, den der Sehnerv bei seinem Eintritt in die Orbita beschreibt. Eine entsprechende Drehung wies er an Sehnerven der oben genannten Tiere ebenfalls nach. Es lag jetzt allerdings infolge des innigen, entwickelungs- geschichtlich bewiesenen Zusammenhanges zwischen Optikus und Bulbus die Vermutung nahe, dass letzterer sich der T'orsion des Sehnerven anschliesse. Vossius hielt diesen Punkt für die genannten Tiere schon allein aus der Lage der Gefässspalte dicht hinter dem Bulbus für erwiesen. Um die Teilnahme des Bulbus an der Drehung des Seh- nerven auch für den Menschen sicher zu stellen, lenkte er seine Aufmerksamkeit auf die Augenmuskeln, besonders auf das Ver- halten des Musculus rectus superior und des Levator palpebrae Beiträge zur Entwickelungsgeschichte des menschlichen Auges. 489 zu einander. Die Lagebeziehungen dieser beiden Muskeln suchte er an Embryonen, Neugeborenen und Erwachsenen zu ermitteln, und erhielt dabei ein Resultat, welches seinen Vermutungen entsprach. Bei Embryonen von fünf und sechs Monaten bemerkte er den Musculus rectus superior unter der lateralen Hälfte des Orbitaldaches gelegen, während der Levator ziemlich unter dessen Mitte verlief. Beim Neugeborenen lag der Rectus superior unter dem Levator, und beim Erwachsenen gestalteten sich seinen Forschungen nach die Verhältnisse so, dass der Rectus superior vollständig in die Mitte gerückt war, sodass sein medialer Rand denjenigen des Levator nach innen hin sogar überragte. Aus diesem Verhalten der beiden Muskeln während der Entwickelung des Auges schliesst er, dass der Reetus superior eine Wanderung von innen nach aussen gemacht hat infolge einer Drehung des Bulbus, welche der Drehung des Optikus um seine Längsachse und damit der Lageveränderung der Eintritts- stelle der Centralgefässe aus dem unteren inneren in den unteren äusseren Quadranten des Nerven entspricht. Was nun die Erklärung dieser Torsion des Sehnerven und der sekundären Drehung des Augapfels anlangt, so sucht Vossius den Grund derselben hauptsächlich in einer Verschie- bung der ersten Augenanlage aus der seitlichen Stellung in eine später mehr oder weniger nach vorn gerichtete; sodann in einem Missverhältnis zwischen Länge des Optikus und dem Raum, der dem Nerven zur Verfügung steht, wodurch der Sehnerv zu einer seitlichen Abweichung in Gestalt einer Torsion und des schon oben erwähnten Bogens gezwungen wird. Schwalbe hat diese Resultate der Untersuchungen von Vossius über die fraglichen Punkte zum Teil acceptiert und in seinem Lehrbuche über „Anatomie der Sinnesorgane“ (1887) ebenfalls angeführt. So finden wir auf Seite 83 dieses Werkes unter dem Kapitel „der Sehnerv“ angegeben, dass der Optikus neben dem Bogen, den er nach seinem Eintritt in die Orbita Anatomische Hefte. I. Abteilung. XXXIII. Heft (10. Bd. H.3). 33 490 FR. HENCKEL, beschreibt, eine Torsion um seine Längsachse von medianwärts über unten, nach Jlateralwärts und oben erfährt, die an der Grenze zwischen mittlerem und hinterem Drittel beginnen soll. Gleichzeitig giebt er in Übereinstimmung mit Vossius an, dass der Eintritt der Gentralgefässe in den Sehnerven im Gegensatz zum fötalen Leben beim Erwachsenen im unteren, äusseren Quadranten desselben erfolgt. Weiter finden wir in einer An- merkung (S. 86) ebenfalls im Sinne jenes die Erklärung dieser Thatsache dahin ausgesprochen, dass sie der Ausdruck einer während des embryonalen und postembryonalen Wachstums vor sich gehenden Rotation des Sehnerven und des Augapfels in der bekannten Richtung sei. Also bezüglich der Eintrittsstelle der Retinalgefässe sowie der Drehung des Optikus und des Bulbus stimmen die beiden Autoren überein. Was fernerhin die Angaben über das Verhalten des Mus- culus rectus superior und des Levator palpebrae zu einander anlangt, so finden wir nichts darüber, dass ein solches als ein Beweis für die Rotation des Bulbus von Schwalbe angesehen würde, im Gegenteile, es.widersprechen sich die beiden Forscher. Schwalbe sagt in seinem Lehrbuche (S. 227), dass der Levator mit schmaler Sehne aus dem Periost der dorsalen Seite der vorderen Mündung des Canalis opticus entspringe zum Teil im Zusammenhang mit der Ursprungssehne des Rectus superior. Er verläuft dicht unter dem Orbitaldache und verbreitert sich nach vorne zu einer dreiseitigen Muskelplatte bis zum oberen Lide. Bezüglich des Rectus superior lesen wir weiter (S. 230), dass er während seines Verlaufes zum Teil von oben her durch den Muskelbauch des Levator palpebrae gedeckt wird, jedoch nur sehr unvollkommen derart, dass hinten ?/s, vorn etwa !/s der Breite des Muskels frei über den Rand des Levator nach lateral- wärts hervorragen; es wird also nur der mediale Rand des Rectus superior vom Levator überdeckt. Der Widerspruch Beiträge zur Entwickelungsgeschichte des menschlichen Auges. 491 besteht also darin, dass nach Schwalbe der Musculus rectus superior auch beim Erwachsenen nicht in die Mittellinie, sondern weiter lateralwärts zu liegen kommt, während er nach Vossius den medialen Rand des Levator noch nach innen hin überragt. Neuerdings hat nun Deyl (Anatom. Anzeiger, Centralblatt für die gesamte wissenschaftliche Anatomie, Bd. XI) die An- gaben von Vossius gelegentlich anderer, vergleichend ana- tomischer Untersuchungen über die Entwickelung des Auges einer Nachprüfung unterzogen. Er kommt zu ganz anderen Ergebnissen nicht nur bezüglich des Verhaltens der betreffenden Muskeln, sondern auch aller übrigen Punkte. Deyl beobachtete bei niederen Wirbeltieren, dass der Eintritt der Centralgefässe in den Sehnerven durchgängig im unteren, inneren Quadranten erfolgt. Indem er dann der Sache weiter nachging, hat er an Embryonen ziemlich aller Wirbeltierklassen einschliesslich des Menschen konstatiert, dass die Einstülpung der sekundären Augenblase mit den zugehörigen Gefässen sich an der medialen Seite befindet. Er hat weiterhin an 21 injizierten und 8 nicht injizierten Sehnerven von erwachsenen Menschen die Untersuchungen fortgesetzt und durch Präparation derselben nicht von oben her, sondern von der nasalen Seite aus die Eintrittstelle der Gefässe bestimmt. Er giebt an, dass nach seinen Präparaten der Eintritt der Gefässe im unteren, inneren Quadranten erfolge, ganz abgesehen von der Entfernung vom Bulbus, in welcher er stattfand, und davon, ob die Arteria cen- tralis retinae direkt von der Art. ophthalmica oder von Ästen der- selben abstammte. Infolgedessen vermochte sich Deyl nicht von einer Torsion des Sehnerven zu überzeugen; aber auch hinsicht- lich einer Drehung des Bulbus, wie sie von Vossius und Schwalbe angenommen war, konnte er sich nach seinen Unter- suchungen über das Verhalten der Reetus superior zum Levator palpebrae der Ansicht jener nicht anschliessen. An Embryonen von 5, 6 und 7 Monaten entdeckte er von einer Lageverände- 33* 492 FR. HENCKEL, rung des Bulbus nichts mehr, und selbst als er zurückging auf Embryonen von 3 und 4 cm Länge, konnte er keinen Anhalts- punkt dafür finden, dass sich der Rectus superior unterhalb der lateralen Partie des Orbitaldaches entwickele, um später mittels Rotation in die Mitte zu gelangen. Das Resultat der Deylschen Forschungen ist also noch einmal kurz zusammengefasst im Gegensatz derer von Vossius folgendes: 1. Der Eintritt der Centralgefässe in den Sehnerven erfolgt beim Embryo wie beim Erwachsenen in dessen unterem, inneren Quadranten. 2. Eine Torsion des Sehnerven um 90° existiert nicht, und 3. eine Rotation des Bulbus ebenfalls nicht. Die Angaben der Lehrbücher der Entwickelungsgeschichte über die in Rede stehenden Fragen sind ausserordentlich spärlich. Bei Kölliker „Entwickelungsgeschichte des Menschen und der höheren Tiere‘ hören wir unter Entwickelung des Auges, dass ausser der Einstülpung der primären Augenblase durch die Linsenanlage zur sekundären Augenblase, diese letztere median- wärts von der Linse von unten her noch eine andere Einstülpung erfährt, die sich auf einen Teil des Optikus fortsetzt und dass fernerhin in diese Spalte die Einstülpung der Glaskörperanlage mit der Arter. centralis retinae erfolgt. Dementsprechend wurde auch von ihm die Chorioidealspalte als ein Rest dieser fötalen Augenspalte erkannt, die, wie aus Fig. 424 ersichtlich ist, ihren Sitz im vorderen, unteren Quadranten des embryonalen Bulbus hat. Die Frage bezüglich einer Drehung des Optikus lässt Kölliker offen. Dieselben Angaben über die Einstülpung der sekundären Augenblase durch die Anlage des Glaskörpers und der centralen Gefässe, ebenso über die Chorioidealspalte finden wir bei OÖ. Sehultze in seinem „Grundriss der Entwickelungsgeschichte des Menschen und der Säugetiere‘ (1897). Von den übrigen, Beiträge zur Entwickelungsgeschichte des menschlichen Auges. 493 oben angeführten Punkten ist auch in diesem Buche nichts erwähnt. Hertwig stimmt in seinem „Lehrbuche der Entwickelungs- geschichte des Menschen und der höheren Säugetiere‘‘ (1896) mit den beiden vorgenannten Autoren im wesentlichen überein. In seinem ganz neuerdings (1898) erschienenen Werke ‚„Lehr- buch der Entwickelungsgeschichte des Menschen“ wird von Kollmann ebenfalls die fötale Augenspalte als auf der unteren Seite des Augenblasenstieles gelegen beschrieben, und nebenbei die Chorioidealspalte in demselben Sinne wie von dem Vorher- gehenden erwähnt. Des weiteren spricht er von Stellungs- veränderungen des Auges, dadurch bedingt, dass das Auge aus seiner ursprünglich rein seitlichen Stellung, in welcher es mit dem anderen Auge einen Winkel von 180° bildet, mehr und mehr nach vorn rückt. Hierdurch erfährt der Bulbus eine Drehung in dem Sinne, dass die ursprünglich nach vorn gerichteten Partien des Optikus und Bulbus an die mediale Seite rücken; demgemäss müsste auch die Eintrittsstelle der Centralgefässe, welche in ihren Anlagen in den frühesten Stadien der Entwickelung auf der vorderen, unteren Seite des Augen- blasenstieles erfolgt, nach Vollendung der soeben beschriebenen Wanderung des Bulbus im medialen, unteren Quadranten des Optikus zu finden sein. Soweit die Angaben der Lehrbücher. Auf Veranlassung von Prof. Strahl und in Übereinstim- mung mit Prof. Vossius habe ich durch die nachstehend mit- geteilten, eigenen Untersuchungen, die sich vorläufig auf den Menschen erstrecken, zu ermitteln gesucht, wie weit Deyl berechtigt ist, die früheren Angaben von Vossius als unrichtig zu bezeichnen. 494 FR. HENCKEL, Das Material, welches mir von Prof. Strahl, der auch über die Ergebnisse der Arbeit bereits kurz .berichtet hat (Anatom. Anzeiger Bd. XIV, Nr. 11, 1898), zur Verfügung gestellt wurde, ist menschlichen Embryonen aus den allerverschiedensten Stadien, von der fünften Woche bis zum siebenten Monat der Gravidität entnommen. Ausserdem wurde von mir eine Anzahl Schädel Erwachsener präparlert. Wir gehen bei unserer Darstellung so vor, dass wir zuerst die Frage der Eintrittsstelle der Retinalgefässe in den Optikus behandeln und hieran anschliessen das, was unsere Präparate über die Lagerung der Augenmuskeln zu einander ergeben haben. Das Material, welches wir für den mikroskopischen Teil unserer Untersuchungen verwenden konnten, besteht, wie eben erwähnt, aus einer ganzen Reihe von menschlichen Embryonen verschiedenen Alters, die teils speziell für unsere Zwecke her- gerichtet wurden, teils in Schnittserien bereits vorlagen und zur Kontrole der eigenen Präparate verwendet werden konnten. Bei jüngeren Embryonen konnte der ganze Kopf in ent- sprechender Weise in Schnittserien zerlegt werden, die etwas vorgeschritteneren konnten zum Teil unter der Leitzschen Doppellupe — Doppellupen mit etwas stärkerer Vergrösserung sind für solche Zwecke sehr zu empfehlen — präpariert werden, zum Teil wurden dieselben ebenfalls mikrotomiert. Dies wurde bei den letzteren dann so gemacht, dass die Orbita mit Wan- dungen und Inhalt in toto eingebettet und dann senkrecht zur Längsachse in Serie geschnitten wurde. Wir gehen bei unserer Darstellung aus von der Schilderung der Eintrittsstelle der Retinalgefässe in den Optikus und beginnen am zweckmässigsten mit der Betrachtung der Bilder, die uns Beiträge zur Entwickelungsgeschichte des menschlichen Auges. 495 eine Schnittserie durch einen Embryo von 60 mm Scheitel- Steissbeinlänge, also etwa aus der Mitte des dritten Monats lieferte. Die Schnittreihe ist durch die ganze Augenhöhle von der Eintrittsstelle des Optikus bis zur vorderen Cornealfläche gelegt. Die Schnitte, welche etwa durch die Mitte der Augenhöhle hin- durchgehen, zeigen als Begrenzung nach oben das knorpelige Orbitaldach medialwärts ist die laterale Wand der Nasenhöhle miterhalten. In dem bindegewebigen Orbitalinhalt erkennt man die Anlagen der Augenmuskeln, auf die wir weiter unten zurück- kommen und zwischen diesen den runden Stamm des Sehnerven, der von seinen Hüllen umgeben ist. Etwas hinter dem letzten Ende des Bulbus findet sich die Eintrittsstelle der Retinalgefässe. Man sieht den Strang der Gefässe von unten her in den Optikus eintreten und begleitet von etwas Bindegewebe fast senkrecht in dem blassen Nerven in die Höhe steigen. Wir können an diesem Präparat die Eintrittsstelle kaum anders bezeichnen, als dass wir sagen, dieselbe liegt direkt am, unteren Rande des Optikus und ist weder wesentlich nach der medialen noch nach der lateralen Seite verschoben. Wir benutzen zur Orientierung dabei das Orbitaldach und würden den Optikus- stamm durch eine Ebene, welche dem Orbitaldache parallel durch die Mitte des Optikus geht, in eine obere und eine untere Hälfte zerlegen können. Erriehten wir auf dieser eine Senk- rechte wieder durch die Mitte des Sehnerven, so würde damit _ die Einteilung des Nerven in seine vier Quadranten gegeben sein. Mit der letzten senkrechten Linie fällt dann so weit an- nähernd die Eintrittsstelle der Retinalgefässe zusammen, dass wir sagen können, dieselbe ist weder wesentlich in den medialen, noch in den lateralen Quadranten verschoben, liegt also ziemlich in der Mitte des Nerven. Fast das gleiche Bild erhalten wir in einer Schnittreihe durch die Orbita eines Embryo von etwa 75 mm Scheitel-Steiss- länge; derselbe wäre also 2°/—3 Monate alt. Die einzelnen 496 FR. HENCKKL, Schnitte, die in derselben Weise wie bei dem eben beschriebenen dargestellt sind, geben auch hier sehr klare Bilder bezüglich der fraglichen Stelle. Hier stellt der Nervenquerschnitt keine runde Scheibe dar wie oben, sondern wäre eher als ein liegendes Oval zu bezeichnen; die ganz exakte Bestimmung der Mittellinie ist schwierig. Auf jeden Fall aber können wir sagen, dass die Gefässe an dem unteren Rande in den Sehnerven eintreten in einer der oben beschriebenen ganz entsprechenden Richtung (Fig. 4). Wenn man schätzungsweise von einer Abweichung von der Medianlinie reden will, so wird vielleicht eine solche um ein geringes medialwärts zu verzeichnen sein, keinenfalls nach der lateralen Seite und keinenfalls in auch nur nennenswertem Grade. Soweit unsere Untersuchungen reichen, sind mit den Ver- hältnissen, wie wir sie eben für relativ junge Embryonen ge- schildert haben, bereits die endgültigen Lagebeziehungen der Retinalgefässe zum Stamme des Optikus gegeben. Wenn wir nämlich mit den Embryonen vergleichen, was uns unsere Präparate vom Erwachsenen lehren, so ergiebt sich, dass bei letzterem wesentlich die &eleichen Befunde gemacht werden, wenn man vorsichtig die Arteria centralis und den Stamm des Sehnerven von der Unterseite her präpariert. Zur Verfügung standen mir, um dies festzustellen, eine Anzahl halbierter Schädel von Erwachsenen, zum Teil mit in- jizierten Gefässen, zum Teil ohne solche. Die Präparation der Retinalgefässe ist bei einiger Übung ganz gut am uninjizierten Objekt möglich. Ich eröffnete die Orbitalhöhlen nicht wie Vossius von oben her, sondern von der medialen Seite aus, wie es auch von Deyl geschehen war, oder durch Wegnahme der unteren Orbitalwand, da es auf diese Weise bedeutend leichter gelingt, die mediale und untere Fläche des Sehnerven blosszulegen, ohne ihn aus seiner Lage zu verschieben. Nach Entfernung der medialen Orbitalwand mit ihrem Periost und einer darunter befindlichen Fettschicht wurde zunächst der Muse. Hy: 10. Bd.H.3) ( \ eit 33 ilung H AU 1 eı TAbthe ft i he-He mise Anato or lieh ra Ge Taf. XXXI. XXX. > _ _ Orbitaldac. 4. Reck. sup. ' Orbitaldacs. I Verlag vu. [E Bergmann Wiesbaden. ir 147 2 ” F f} } PALIN u Beiträge zur Entwickelungsgeschichte des menschlichen Auges. 497 rectus. medialis und inferior so weit als möglich freigelegt, durch- geschnitten und die beiden Enden zurückgeklappt. Darauf nahm ich durch vorsichtiges Zerzupfen mit zwei Pincetten das retro- bulbäre Fettgewebe weg und präparierte so allmäblich den Optikus in seinem ganzen Verlauf innerhalb der Orbita frei, ebenso die Arteria ophthalmica mit einem Teil ihrer Äste. Die letztere ist in dem hintersten Abschnitte der Höhle auf der unteren Seite des Optikus gelegen, schlägt sich aber bald um dessen äussere Seite herum nach oben. Von dieser Umschlagstelle zweigt sich als dünnes Gefässchen die Arteria centralis retinae ab, die sich etwa 1 em hinter dem Bulbus an einer Stelle in den Sehnerven einsenkt, wie sie der Eintrittsstelle bei beiden zuletzt beschriebenen Embryonen von 60 und 75 mm Länge vollständig entspricht. Der Eintritt erfolgt auch beim Erwach- senen am unteren Rande des Nerven ziemlich in der Mitte, auf jeden Fall nicht im unteren, äusseren Quadranten. Diese Stelle fällt zusammen mit dem Scheitel eines Bogens, den der Nerv nach seinem Austritt aus dem Canalis opticus nach innen hin beschreibt, und der wohl mit dem von Vossius erwähnten Bogen identisch ist. Dies ist der Befund, den das erste der Präparate ergab. Die übrigen lieferten nur noch die Bestätigung dessen, was so- eben schon konstatiert worden war. Stets war die Eintrittsstelle der Gefässe an der unteren Seite des Nerven in oder dicht neben der Mittellinie gelegen, stets fiel sie mit dem Scheitel des be- kannten Bogens zusammen. Die verschieden lautenden Angaben der Autoren über die Eintrittsstelle mögen sich zum Teil dadurch erklären, dass in der That kleine Schwankungen vorkommen können; um die Be- deutung und den Grad dieser festzustellen, müsste gelegentlich ein grösseres Material untersucht werden, als ich es aus äusseren Gründen jetzt verarbeiten konnte. Dann könnten aber vielleicht auch die Präparationsmethoden verantwortlich gemacht werden; 498 FR. HENCKEL, es ist denkbar, dass dadurch, dass mehr oder weniger Binde- gewebe an der Aussenwand des Gefässes oder des Sehnerven sitzen bleibt, die Bilder gewissen Schwankungen unterworfen wären; wenn z. B. bei verhältnismässig schrägem Verlauf der Gefässe diese weit in den Stamm hinein verfolgt werden, so könnte dadurch das Bild anders erscheinen, als wenn man mit der Freilegung des Stämmchen früh aufhört. Es ist also dabei der individuellen Auffassung ein gewisser Spielraum gelassen. Wir können aber auf Grund unserer Beobachtungen sagen, dass vom dritten Monat der Gravidität an eine wesentliche Ver- lagerung sich für uns nicht nachweisen lässt, es findet in späteren Entwickelungsperioden und nach der Geburt keine gröbere Veränderung mehr statt. Eine Veränderung der Eintrittsstelle der CUentralgefässe in geringem Grade tritt nun aber doch ein, allerdings viel früher als es Vossius angegeben hat. Die erste Einbuchtung der primitiven Augenblase zur sekun- dären führt ja auch zu einer Einstülpung des Sehnerven; und wie in das Innere des Auges Mesoderm miteingelagert wird, das den Glaskörper liefert, so tritt solches auch in den Sehnerven- stamm ein und führt hier mit sich die Anlagen der Central- gefässe. Und die Einstülpungsstelle liegt anfänglich in der That so, dass sie dem späteren inneren, unteren Quadranten des Seh- nerven entspricht. Wenn also von der Mitte des zweiten Monats an die Eintrittsstelle unten am Sehnerven gefunden wird, so muss ‚dieselbe im Anfang etwa des zweiten Monats eine Drehung von beiläufig 45 Grad gemacht haben. Wenn wir die der vergleichenden Anatomie entnommenen Angaben der Autoren ausser acht lassen, welche die Einstülpung des Sehnerven und der Augenblase unten innen beschreiben, so können wir dafür, dass beim Menschen die Stelle ursprüng- lich in der gleichen Weise liest, in erster Linie das Zeugnis von His anführen. Beiträge zur Entwiekelungsgeschichte des menschlichen Auges. 499 His hatin seinen Untersuchungen über die „Formenentwicke- lung des menschlichen Vorderhirns vom Ende des ersten bis zum Beginne des dritten Monats (Abhandlungen der math.-phys. Klasse des Königl. Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften, Bd. XV, Nr. VIII) die Bildung und Ablösung der Augenblasen beim menschlichen Embryo einer besonderen Betrachtung unter- zogen. Von seiner Darstellung ist für uns in erster Linie der l. c. auf Tafel 1 Fig. 1 abgebildete Embryo von 6,9 mm (Br,) von Interesse. Bei diesem etwa 4 Wochen alten Embryo steht die Augenachse noch ziemlich senkrecht auf der medianen Sagittal- ebene, und in der gezeichneten Seitenansicht sieht man gerade von vorn in den Augenbecher hinein; würde man in die Figur ein Kreuz einzeichnen so, dass der eine Balken senkrecht, der andere horizontal verläuft (den Scheitelhöcker dabei als oben gerechnet), und dass die Kreuzungsstelle in die Mitte der Ein- gangsöffnung in die Augenblase fällt, d. h. auf diese Weise von der Seite her vier Quadranten an der vorderen Augenblasen- fläche gegen einander abgrenzen, so läge die Augenblasenspalte im unteren vorderen, d.h. später unteren, inneren Quadranten. Allerdings verläuft sie von hier nicht gerade, sondern etwas windschief in die Tiefe und sie würde näher an dem unteren (senkrechten) als an dem vorderen (horizontalen) Schenkel des Kreuzes liegen. His schildert auch die Drehung der Augenblasen nach vorn und giebt an, was für uns von Wichtigkeit ist, dass die ursprüng- lich vorderen Abschnitte der Augenanlage den späteren medialen Teil der Netzhaut liefern. Er fügt noch zu, dass die Teile, die anfangs am meisten dorsalwärts liegen, später lateralwärts zu liegen kommen. Ein ausserordentlich instruktives Bild ist die Textfigur 12, die den Augenblasenstiel eines Embryo von 13,8 NL (Embryo Sch.) von der nasalen Seite her wiedergiebt. Auf dem Seh- 500 FR. HENCKEL, nerven ist hier inmitten des unteren, inneren Quadranten der Rest der Augenblasenspalte als schräger Schlitz sichtbar, an dessen hinterem Ende die Arteria centralis retinae in den Optikus eintritt. Es ist also nach dem Zeugnis von His unzweifelhaft, dass die Augenblasen- und Sehnervenspalte ursprünglich im unteren inneren Quadranten liegt. Wir können aber auch aus eigener Erfahrung einiges über die Lagerung der Augenblasenspalte in früher Zeit der Ent- wickelung der Menschen beifügen. So liegt uns die Zeichnung eines im Besitz von Prof. Strahl befindlichen menschlichen Embryos von 6,5 mm grösster Länge vor. Derselbe war bei einer Operation gewonnen und sogleich in Formol konserviert. Seine Erhaltung ist vorzüglich. An dem vor der Färbung ge- zeichneten Embryo war zunächst von einer Spalte nichts deut- lich zu sehen. Als aber der Embryo durchgefärbt war, wurde er durchsichtig gemacht, und nun liess sich die Augenblasen spalte mit dem Mikroskop gut nachweisen. Sie verlief, genau wie es His beschrieben, nach vorn und unten und wurde so in die mir vorliegende Zeichnung eingetragen. Sodann konnte ich eine Serie von Längsschnitten durch den Kopf eines leidlich gut erhaltenen Embryo von 15mm — also aus dem Anfang des zweiten Monats — untersuchen. Auch hier lässt sich eine Schrägstellung nicht nur des Sehnerven, sondern der ganzen sekundären Augenblase nach- weisen. Die Augenblase ist seitlich ziemlich abgeplattet und steht mit ihrem unteren, offenen Rande nach vorn und unten. Das Gleiche ist mit dem eingestülpten Teile des Sehnerven der Fall; die Einbuchtung sieht mit ihrer offenen Seite nach vorn und unten; diese Stelle entspricht aber dann natürlich dem unteren, inneren Quadranten des Optikus, wenn er aus seiner ursprünglichen Querstellung nach vorn gedreht ist. Die gleichen Verhältnisse zeigt ein etwas älterer Embryo von 24mm grösster Länge, dessen eine Orbita zur Herstellung Beiträge zur Entwiekelungsgeschichte des menschlichen Auges. 501 einer Schnittserie verwendet wurde. Das Auge ist hier mitten in der Drehung von seiner Seitenstellung in die Vorderstellung begriffen, sodass die Schnittebene etwa 45° gegen die Sagittal- ebene geneigt werden musste, damit dieselbe die Längsachse der Orbita senkrecht traf. An den Durchschnitten durch den Sehnervenstamm finden wir an der Strecke unmittelbar hinter den Bulbus die Augen- blasenspalte deutlich vor. Sie klafft noch ziemlich beträchtlich- doch können wir die Gefässe in derselben nicht mit Sicherheit feststellen. Der Spalt selbst läuft hier genau so, wie wir ihn bei dem jüngeren Embryo beschrieben haben, er teilt den unteren, inneren Quadranten des Sehnerven etwa in zwei gleiche Teile, geht also ungefähr im Winkel von 45° nach unten. Nimmt man die früheren Untersuchungen von His und unsere eben mitgeteilten Beobachtungen zusammen, so ergiebt sich, dass die Augenblasenspalte und damit die Eintrittsstelle der Centralgefässe beim menschlichen Embryo bis zum Ende des zweiten Graviditätsmonats anders liegt als nach dieser Zeit, dass also in der That eine Drehung des Sehnervenstammes um seine Längsachse stattfinden muss, um die Lageverschiedenheit zu erklären. Wir können also zwar Deyl nicht. zustimmen, wenn er eine solche Drehung überhaupt leugnet, müssen ihm aber zugeben, dass dieselbe nicht in der von Vossius ange- gebenen Zeit stattfindet. Sie läuft beträchtlich früher ab. Der zweite von Vossius aufgestellte und von Deyl be- strittene Satz bezog sich auf die Teilnahme des Bulbus an der Torsion des Optikus und wurde von ersterem zu beweisen ge- 502 FR. HENCKEL, sucht durch Verschiedenheiten in der Lage der Augenmuskeln, speziell des Musculus reetus superior und Musculuslevator palpebrae zu einander während des Entwickelungsganges derselben. Auch dieser Punkt wurde, wie erwähnt, von mir einer Nach- untersuchung unterzogen, und das Lageverhältnis oder die Lage- veränderung der beiden genannten Muskeln während der ver- schiedenen Stadien ihrer Entwickelung festzustellen gesucht. Als Mittel der Untersuchung konnten wir vielfach die direkte Präparation zu Hülfe nehmen, ergänzten die Ergebnisse derselben aber auch, wenn nötig, durch Anfertigung von Schnittpräparaten. Es konnte dabei auch ohne weiteres ein Teil der Serien verwendet werden, die wir zur Feststellung der Lage der Augenblasenspalte angefertigt haben. Unser jüngster Embryo, der auf den Schnitten noch ein deutliches Bild der fötalen Augenspalte darbot, lässt die Anlagen der Augenmuskeln nicht mit Sicherheit erkennen. Dies ist bei dem nächst älteren Embryo schon wenigstens im allgemeinen möglich. Es sind innerhalb der Orbita die Querschnitte der geraden Augenmuskeln und des Musc. obliquus superior schon zu er- kennen, und zwar erscheint der Rectus superior als starkes, breites Muskelbündel, welches den ganzen mittleren und Jateralen Raum unter dem Orbitaldache besetzt hält. Ein Levator palpebrae ist dagegen in diesem Stadium als isolierter Muskel noch nicht zu sehen. Nun wissen wir durch die Untersuchungen von Reuter über die Entwickelung der Augenmuskeln beim Schwein, dass hier Levator palpebrae und Rectus superior aus einer gemein- samen Anlage durch Trennung hervorgehen. Reuter (Über die Entwickelung der Augenmuskulatur beim Schwein. Anatomische Hefte von Merkel und Bonnet Bd. IX., H 28-30, 1897) hat sich im Göttinger anatomischen Institut unter Leitung von Merkel mit Untersuchungen über die Ent- wickelung der Augenmuskulatur beim Schweinsembryo beiasst. Beiträge zur Entwickelungsgeschichte des menschlichen Auges. 503 Er hat bei Embryonen des Schweines von 25mm Länge die Augenmuskeln gesehen, nur, sagt er, war von dem Levator palpebrae in diesem Stadium keine Spur zu bemerken. Bezüglich dieses Muskels heisst es an einer anderen Stelle der Arbeit weiter: „Bei Embryonen von etwa Tem Länge ist mit dem Auf- treten des Levator palpebrae die Entwickelung der Augenmuskeln beendigt. Dieser Muskel stellt sich dar als eine Zacke des Muse. rectus superior, an dessen innerer Kante er liegt, und an dessen Ursprungssehne er beginnt. Nach vorn überdeckt er mit seiner breiten Sehne den genannten Muskel und endigt damit in dem oberen Augenlide. Seine Entwickelung ist demnach eine relativ sehr späte und findet statt durch Abspaltung vom Muse. rectus superior vermittelst des einwachsenden Bindegewebes. Es ist nun nicht ausgeschlossen, dass die Entstehung des Levator aus dem Rectus superior, wie sie Reuter für das Schwein bewiesen hat, ebenso beim Menschen vor sich ginge, und zwar hätten wir dann in unserem zuletzt angeführten Embryo von 29mm Länge ein Stadium vor uns, in welchem die Trennung der beiden Muskeln noch nicht eingetreten ist, so dass beide Muskeln vorläufig noch vereinigt sind und, wie vorher beschrieben, ein einziges, solides Muskelbündel darstellen. Da jedoch unser nächst älterer Fötus schon eine Länge von 60mm besitzt, also etwa einen Monat älter ist als der vorhergehende, und da bei diesem beide Muskeln bereits deutlich getrennt vorhanden sind, so müssen wir im Augenblick mangels geeigneten Materials die durch die Beobachtung zu liefernde Entscheidung der Frage für den menschlichen Embryo offen lassen. _ Betrachten wir nun weiterhin unsere Schnittpräparate, die von den oben beschriebenen 60 und 75mm langen Embryonen stammen, so sehen wir bei beiden bezüglich der betreffenden Muskeln annähernd das gleiche Bild. An den Schnitten, welche wir von den nach hinten vom Bulbus gelegenen Partien der Orbitalhöhle besitzen, bemerken wir, dass über dem Optikus FR, HENCKEL, 504 nicht mehr ein zusammenhängendes Muskelbündel vorhanden ist, sondern dass hier die beiden Muskeln scharf von einander durch eine bindegewebige Einlagerung getrennt sind. Der Rectus superior, der den Levator an Stärke bei weitem übertrifft, liegt mit dem grössten Abschnitte seiner Breite lateralwärts von der Mittellinie des Orbitaldaches. An seiner medialen Seite ist der Querschnitt des äusserst schmalen Levator gelegen, sodass derselbe gewissermassen eine Ergänzung des Querschnittes vom Rectus superior zu einer annähernd längsovalen Figur darstellt (Fig. 4). Je weiter wir in der Untersuchung der Schnitte nach vorn gehen, umso mehr finden wir eine zunehmende Verbreiterung des Levator, der allmählich die Gestalt einer Muskelplatte an- nimmt. Während er dabei anfänglich noch relativ stark erscheint, plattet er sich nach vorn weiterhin beträchtlich ab und während seiner fächerartigen Ausbreitung überlagert die laterale Kante des Levator den Rectus superior (Fig. 3), sodass schliesslich in der Nähe seiner vorderen Ansatzstelle am Bulbus etwa zwei Drittel desselben von dem ersteren bedeckt werden. Unser mikroskopisches Material wird nun vervollständigt durch eine Reihe von Präparaten, die wir von gleichalterigen oder älteren Embryonen gewinnen konnten. Bei diesen lassen sich die Muskeln nach vorheriger Fixierung präparatorisch dar stellen, ja wir waren bei Bearbeitung der Frage eigentlich von solchen ausgegangen. Es ist aber hier nicht immer leicht, in jugendlichen Stadien an fixiertem Material Bindegewewebe und Muskelfaser zu unterscheiden, und wir haben es deshalb für zweckmässig gehalten, die gleich zu beschreibenden Objekte durch die Schnittpräparate zu kontrollieren. Die beiden jüngsten Embryonen, die wir präparierten, stehen etwa auf derselben Stufe der Entwickelung, wie die zuletzt be- schriebenen, ihre Länge beträgt vom Scheitel bis zur Steissbein- spitze 7Omm (Ende des III. Monats). Schädeldach und Gehirn sind abgetragen. Die beiden Orbitaldächer des einen Exemplares Beiträge zur Entwiekelungsgeschichte des menschlichen Auges. 505 wurden mit der zugehörigen Periorbita abgehoben und auf diese Weise die beiden Muskeln blosgelegt. Wir finden hier Bilder, die vollkommen mit den oben beschriebenen Schnittpräparaten in Übereinstimmung stehen. Was den Levator anlangt, so zeichnet sich dieser in seinem hinteren Abschnitt durch eine ausserordentlich geringe Breite aus und ist zur Hälfte von hinten her direkt seitlich vom Rectus superior gelegen, an dessen medialem Rande, ohne denselben hier irgendwie zu bedecken. Nur vorn, wo er sich auszubreiten beginnt, überlagert er mit seinem lateralen den medialen Rand des unter ihm liegenden, sehr kräftigen Rectus superior. Denselben Befund ergab der andere, etwa gleich grosse Embryo. Ein dritter, etwas älterer Embryo liess in seinem Verhalten bezüglich des strittigen Punktes keine wesentliche Verschieden- heit erkennen. Er besitzt eine Länge von 105 mm vom Scheitel bis zum Steiss und gehört demnach dem vierten Schwanger- schaftsmonat an. Er wurde ebenso präpariert wie die beiden vorhergehenden. Der hintere Abschnitt des Levator ist zu dieser Zeit ebenfalls noch medial, rein seitlich neben dem Rectus superior gelegen, also immer noch in einer Ebene mit diesem. (Fig. 2). Weiter nach vorn breitet sich der Levator fächerartig aus und überlagert damit je weiter nach vorn um so mehr und schliesslich vollkommen den Rectus superior. Sowohl für dieses, wie für das vorhergehende und das folgende Stadium, das uns zur Untersuchung diente, sei bemerkt, dass der Levator in seinem hinteren Teile relativ bedeutend schmäler und schwächer ist, als er sich in späteren Entwicke- lungsperioden und beim Erwachsenen präsentiert. Das nun dem Alter nach folgende Objekt entspricht etwa dem Ende des vierten Monats (Sch.-St.-Länge 125 mm). Hier können wir einen Unterschied in den Lagebeziehungen beider Muskeln gegen vorher nicht verkennen. Denn abgesehen davon, dass der Levator sich in seinem hinteren Teile kräftiger ent- Anatomische Hefte. I. Abteilung. XXXIII. Heft (10. Bd. H. 3.) 34 506 FR. HENCKEL, wickelt hat und schon eher dem vollendeten Muskel beim Er- wachsenen in Form und Ansehen gleich kommt, hat sich inso- fern eine Änderung vollzogen, als der hintere, schmale Abschnitt des Levator nicht mehr rein seitlich, medial neben dem Rectus superior gelegen ist, sondern jetzt im ganzen mit seinem Ursprung etwas höher gerückt ist. Es wird nun der mediale Rand des Rectus in seiner ganzen Ausdehnung vom Levator überragt, so dass etwa ein Drittel von dessen Breitenausdehnung an dieser Stelle unsichtbar geworden ist. Nach vorn nimmt diese Über- wachsung von seiten des Levator mehr und mehr zu ganz nach Massgabe der Ausbreitung desselben, sodass der Rectus superior nahe seiner Insertion am Bulbus unter dem Levator verschwindet. Der Rectus superior hat während des ganzen Entwickelungs- verlaufes bis dahin seine Lage gar nicht oder nur unmerklich geändert. Seine mittlere Längsachse fiel zumeist beinahe mit der Mittellinie des Orbitaldaches zusammen und kreuzt dieselbe von hinten lateral nach vorn medial unter einem nur ganz geringen, spitzen Winkel. Dasselbe haben wir gefunden bei dem ältesten unserer Embryonen, der bei einer Länge von 175 mm etwa dem fünften Schwangerschaftsmonat entstammt. Das von ihm ge- wonnene Präparat stellt den oberen Teil der linken Kopfhälfte dar mit entferntem Schädeldach und von oben her eröffneter Orbitalhöhle. Hier herrschen nun genau dieselben Verhältnisse wie beim Erwachsenen. Der Levator entspringt über dem Rectus superior etwas weiter oberhalb an der Peripherie des Foramen opticum, medialwärts von der Mittellinie. Um seine Beziehungen zum Rectus superior mehr hervortreten zu lassen, wurde das mittlere Drittel des Muskels ausgeschnitten, sodass man die beiden Enden umklappen kann und auch den Rectus superior in seiner ganzen Ausdehnung zu Gesicht bekommt. Auf diese Weise findet man, dass etwa ein Drittel der Breite des Muskels von dem lateralen Rande des Levator hinten über- deckt war. Beiträge zur Entwickelungsgeschichte des menschlichen Auges. 507 Um das Lageverhältnis auch beim Erwachsenen noch ein- mal selbst feststellen und mit den Embryonen vergleichen zu können, habe ich an einer Anzahl von Schädeln die Orbita von oben freigelegt. Ich habe die obere Knochenwand unter Hinter- lassung einer medialen Knochenbrücke mit Hammer und Meissel abgetragen, die zugehörige Periorbita, den Nervus supraorbitalis und die unter diesen gelagerte Fettschicht weggeräumt. Nach- dem so die beiden Muskeln blossgelegt waren, liess sich leicht zeigen, dass man hier im wesentlichen die gleichen Lage- verhältnisse hat, wie bei dem zuletzt genannten Embryo; auch die Stellung der Muskeln zur Mittellinie war dieselbe geblieben. Der Rectus superior wird auch hier in dem hinteren Bulbus- abschnitt nur zur Hälfte seiner Breite von dem lateralen Rande des Levator überragt, und vor allen Dingen haben wir nirgends bemerkt, dass etwa der mediale Rand des Rectus denjenigen des Levator noch nach innen hin überrage. Die übersichtlichsten Bilder bekam ich, wenn ich am gut erhärteten Objekt den mittleren Abschnitt aus dem Levator palpebrae herausnahm und die übrigen Teile in situ erhielt. (Vergl. Fig. 1.) Wenn wir hiernach das Ergebnis unserer Untersuchungen bezüglich des Verbaltens der beiden Muskeln zu einander noch einmal zusammenfassen, so können wir feststellen, dass aller- dings eine gewisse Verschiebung der beiden Muskeln gegen einander stattgefunden hat. Diese beschränkt sich aber in den von uns untersuchten Stadien auf die hinteren Abschnitte der Muskeln derart, dass der Levator aus einer ursprünglich rein seitlichen Lage neben dem Rectus superior etwas mit seinem Ursprunge in die Höhe gerückt ist und späterhin den medialen Rand dieses überwächst. Wenn also auch Vossius jedenfalls eine Verschiebung richtig beobachtet hat, so erreicht diese jedoch an unseren Präparaten nicht den hohen von ihm angegebenen Grad. Hinsichtlich des Zeitpunktes dieser Verschiebung können 34* 508 FR. HENCKEL, Beiträge zur Entwickelungsgeschichte ete. wir nach unseren Präparaten angeben, dass dieselbe mit dem fünften Monat ihr Ende erreicht hat. Aus der von uns beobachteten Verschiebung der beiden Muskeln auf eine Drehung des Bulbus zu schliessen, geht nicht an. Wir haben gesehen, wie der Recetus superior zu allen Zeiten annähernd die gleiche Stellung zur Mittellinie der oberen Wand einnimmt, und auch bezüglich seiner Ansatzstelle am Bulbus ist eine Verschiebung nicht zu beobachten. Es ist vielmehr der hauptsächlichste Anteil an der geringen Verschiebung zwischen beiden Muskeln dem Levator palpebrae zuzuschreiben, und sie ist im wesentlichen als ein reiner Wachstumsvorgang aufzufassen. Denn, wie oben erwähnt, zeichnet sich bei jugendlichen Föten der Levator durch eine relativ bedeutend geringere Stärke und Breite in seinem hinteren Abschnitte aus gegenüber späteren Stadien. In diesen wird er infolge seines vermehrten Breiten- wachstums durch die Organe der Umgebung gewissermassen verdrängt und muss sich durch die Verschiebung in die Höhe und über den Rectus superior den Raumverhältnissen in der Spitze der Orbitalpyramide anpassen. Im Rückblick auf das Vorhergehende müssen wir mit Deyl übereinstimmen insofern, als wir, wie er, bei unseren Unter- suchungen keinen Anhalt dafür finden kounten, dass der Rectus superior eine Wanderung von aussen nach innen begehe. Wir können uns Vossius insoweit anschliessen, als er mit der Er- kennung einer Verschiebung zwischen den beiden Muskeln richtig beobachtet hat, mit den Folgerungen jedoch, welche er daran knüpft, können wir uns nicht einverstanden erklären. Erklärung der Abbildungen. (Die Figuren sind von dem Assistenten des anatomischen Iustitutes Herrn Dr. Friedrich gezeichnet.) Fig. 1. Orbita des Erwachsenen, von oben eröffnet. Aus dem Levator palpebrae ist ein Stück herausgeschnitten, um dessen Lagebeziehung zum Rectus superior zu zeigen. Die Grenzlinien des excidierten Stückes sind durch die schwarzen Punktreihen angegeben. Natürliche Grösse. Fig. 2. Orbita eines Fötus von 105 mm Scheitel-Steisslänge, von oben eröffnet. Lupenvergrösserung. In dem hinteren Abschnitt der Orbita liegen Levator palpebrae und Rectus superior neben einander, vorn verschwindet der Reetus unter dem stark fächerförmig verbreiterten Levator. Fig. 3. Frontalschnitt durch den vorderen Teil der oberen Abschnitte der Orbita eines menschlichen Fötus von 75 nım Scheitel-Steisslänge. Levator palpebrae über dem Rectus superior. Fig. 4. Frontalschnitt hinten durch die Orbita eines Fötus von 75 mm Länge. Levator palpebrae neben dem Reetus superior. Eintrittsstelle der Retinalgefässe am unteren Rande des Opticus. Aa Bemerkungen zu Zumsteins Arbeit „Über die Entwickelung der V. cava inferior bei dem Maulwurfe und bei dem Kaninchen').“ Von F. Hochstetter in Innsbruck. Ich will hier zunächst zwei Bemerkungen Zumsteins in seiner neuesten Arbeit, die sich auf Angaben meines Artikels „Über die Ent- wickelung der V. spermaticae“?) beziehen, kurz besprechen. — Erstens will ich mir festzustellen erlauben, dass das in Zumsteins Textfigur 1, welche mit der Textfigur meines Artikels nahezu übereinstimmt, als Ureter bezeichnete Gebilde, nicht der Ureter, sondern die Anlage der Niere ist und dass niemand wird behaupten können, dass diese Nierenanlage in dem Entwickelungsstadium, dem die Schnitte unserer Figuren enstammen, nicht ventral von der Kardinalvene liegt. — Zumstein hält jedoch noch immer daran fest, dass die Nierenanlage bei Meerschweinchenembryonen stets lateral von der Kardinalvene ge- funden wird. — Wie er sich aber unter dieser Voraussetzung vorstellen kann, dass die Nierenanlage wie er $. 342 sagt, bei ihrer Wanderung die Kardinalvene von der ventralen zur lateralen Seite überkreuzt, wird wohl niemand verstehen. — Zweitens möchte ich bemerken, dass die Antwort, welche Zumstein auf meine Frage giebt, worin er eine Übereinstimmung in der Ent- wiekelung der V. spermatica interna beim Menschen und beim Meer- schweinchen sieht, keine Beantwortung dieser Frage ist. — Um dies 1) Anatomische Hefte Bd. 10 H. 2. 2) Anatomische Hefte Bd. VIII, H. 4. 512 F. HOCHSTETTER, zu zeigen ist es notwendig meine Frage vollinhaltlich neben Zumsteins Antwort zu stellen. — Ich fragte: Worin findet Zumstein bezüglich der Entwickelung der V. spermatica interna die Übereinstimmung zwischen Meerschweinchen und Mensch!), wenn dieses Gefäss bei dereinen Form ausdem ventralen Schenkel einer Kardinal- veneninsel entsteht, während für die andere Form ein Ursprung aus der V. revehens posterior der Urniere an- genommen wird, einer Vene, deren Existenz bei den Em- bryonen des Meerschweinchens von Zumstein gar nicht nachgewiesen wurde? Zumsteins Antwort lautet: „Bei dem Menschen besteht in der Urnierengegend ausser der V. cardinalis eine Urnierenvene (Fig. 9e unterstes Stück von Ci, unterhalb der Verbindung von Cd mit Ci); aus dieser wird die Vena spermatica interna. — Die von Hochstetter ver- missten Gründe ergeben sich aus dem Vergleiche von Fig. 9, 10 und 11 (Zur Anatomie und Entwickelung des Venensystems der Menschen). Bei dem Meerschweinchen besteht ausser einer V. cardinalis eine durch Inselbildung aus ihr hervorgegangene Vene, welche das Urnierenblut zurückführt, also Urnierenvene (Fig. 10 links gezeichnetes Stück von Cd, das sich kopfwärts direkt in Ci fortsetzt, dazu 8. 180: Die Ur- nierenvenen, ventral vor ihnen (Cd, Cs) gelegen verbinden sich kaudal und kranialwärts mit ihnen) und diese wird weiterhin zur Vena spermatica interna. — So finde ich durch den Befund beim Meer- schweinchen meine weniger vollständigen Ergebnisse beim Menschen gestützt.“ — Das ist ja aber doch keine Antwort auf meine Frage. — Wo ist denn da der Nachweis geliefert, dass die Urnierenvene aus der die V. spermatica nach Zumstein beim Menschen entstehen soll, der Urnierenvene, aus der sie nach demselben Autor beim Meer- schweinchen entsteht, entspricht? Woher hat Zumstein nun plötz- lich die Gewissheit, dass die V. spermatica beim Menschen thatsächlich aus der Urnierenvene sich entwickelt, von der er solches annimmt, während er dieses in seiner ersten Arbeit (S. 599) nur annehmen zu dürfen glaubt? Der Vergleich seiner schematischen Figuren 9, 10 und 11 untereinander kann ihm diese Gewissheit doch nicht verschaift haben. — Wie erklärt sich der Widerspruch zwischen dieser bestimmten Angabe und einer gleich darauffolgenden Äusserung, welche besagt: „Um eine sichere Entscheidung zu geben über die Urnierenvenen beim Menschen bedarf es des Studiums eines grösseren Materiales?“ Also ist Zumstein doch nicht ganz im Klaren über die Venenver- hältnisse der Urniere beim Menschen? Woher aber dann die Sicher- heit in der Ableitung der V. spermatica? Zumstein hat doch in 1) Den hier gesperrt gedruckten Teil der Frage hat Zumstein in seiner Arbeit merkwürdigerweise weggelassen und an seine Stelle ein einfaches ete. ge- setzt, aber gerade auf den Inhalt dieses ete. kommt es eben an. — Bemerkungen zu Zumsteins Arbeit. 513 seiner ersten Arbeit!) (S. 599) gesagt, dass ich von der Urnierenvene aus der nach ihm beim Menschen die V. spermatica interna entstehen soll, angebe, dass sie später wieder verschwinde. — Ja, ich habe solches nur von der V. revehens posterior der Urniere angegeben. — Zum- stein musste also, als er seine erste Arbeit schrieb, der Ansicht gewesen sein, dass seine beim menschlichen Embryo beschriebene Urnierenvene, die schon vorher von mir beschriebene V. revehens posterior der Ur- niere ist?). Eine solche V. reveheus posterior existirt jedoch bei Meerschweinchen- embryonen nicht, wie Zumstein neuerdings?) bekräftigt hat. — Folgt daraus nicht zwingend, dass nach den Angaben Zumsteins eine Über- einstimmung in der Entwickelung der V. spermatica interna beim Menschen und beim Meerschweinchen gar nicht bestehen kann, weil, wie dies aus seinen Angaben zu ersehen ist, diese Venen sich aus Venen entwickeln würden, die einander nicht entsprechen? — Neuerdings hat nun Zumstein die Entwickelung der V. sper- maticae des Maulwurfes und des Kaninchens kennen gelernt und dabei gesehen, dass dieselbe, was er merkwürdigerweise vollständig mit Still- schweigen übergeht, mit dem was ich über dieselbe für das Kaninchen und die Katze angegeben und nach meinen Befunden an menschlichen Embryonen auch für den Menschen als höchst wahrscheinlich bestehend hingestellt habe, vollkommen übereinstimmt. — Dieser Umstand allein schon, sollte man meinen, hätte Zumstein in seinen neuerlichen Aussagen über die Herleitung der V. spermatica des Menschen etwas vorsichtiger machen sollen, umsomehr als er schon durch meine Angaben darauf hätte aufmerksam sein müssen, dass bei menschlichen Embryonen aus bestimmten Zeitperioden der Entwickelung doch noch etwas mehr ge- sehen werden könne, als er gesehen hat, und dass er an seinem mensch- lichen Materiale, dessen gute Beschaffenheit er ja so rühmt, nachzusehen gehabt hätte, wie sich die Beziehungen der kopfwärts wandernden Nieren- anlage zur Kardinalvene stellen. — Dies hätte er freilien schon ge- legentlich seiner ersten Arbeit thun müssen, wenn er auf meine ge- nügend deutlichen Angaben Rücksicht genommen hätte. 1) Anatom. Hefte VI. Bd. H. 3. 2) Neuerdings sagt Zumstein freilich (S. 327), dass er die V. revehens posterior der Urniere beim Menschen nicht beobachtet habe. — Diese Angabe steht aber in direktem Widerspruch mit der Beschreibung, welche er in seiner ersten Arbeit (l.e.) von der Urnierenvene giebt, aus der nach ihm die V. spermatiea ent- stehen soll. — Nach der auf S. 593 für einen menschlichen Embryo von 16 mm Länge gegebenen Schilderung der Lage und des Verlaufes dieser Vene, entspricht dieselbe in jeder Beziehung, der von mir für den menschlichen Embryo beschriebenen V. revehens posterior der Urniere und der gleichbenannten Vene des Kaninchens. Jedenfalls hätte Zumstein angeben müssen, warum er in seiner letzten Arbeit die fragliche Urnierenvene nicht mehr für das hält, für was er sie früher gehalten hat, — 3) Anat. Hefte Bd. 5 H. 2. 514 F. HOCHSTETTER, Merkwürdig ist übrigens die auch in seiner neuesten Arbeit zu Tage tretende Abneigung Zumsteins sich auf meine ausführlichen Angaben und Abbildungen zu beziehen, obwohl seine Untersuchungen insbesondere an Kaninchenembryonen doch nur als Nachuntersuchungen meiner an derselben Form durchgeführten Untersuchungen betrachtet werden können. — Es ist daher für den Leser, der meine Arbeiten vorher nicht eingesehen hat, recht schwer darüber ins Klare zu kommen, was in Sachen der hinteren Kardinalvenen und der hinteren Hohlvene von Zumstein schon vor mir gefunden oder was etwa von Zumstein neuentdeckt worden ist und ferner ist es dem Leser gar nicht möglich, sich über die zwischen unseren Angaben vielfach bestehenden Differenz- punkte ein Bild zu verschaffen. — Zumstein ignorirt einfach die meisten meiner Angaben und hält es daher auch nicht für der Mühe werth, dort, wo er etwas vorbringt, was mit meinen Angaben nicht übereinstimmt, genauer anzugeben, worin seine Angaben von den meinigen abweichen. — Da aber Zumstein die Leser seiner Arbeit auf die meisten Differenzen zwischen seinen und meinen Angaben nicht auf- merksam gemacht hat, so will ich dies wenigstens bezüglich zweier solcher Punkte thun, die die Verhältnisse beim Kaninchen betreffen. — Damit will ich zugleich zeigen, dass Zumstein wenn er auf die in meiner Arbeit!) ausführlich berücksichtigten topographischen Verhält- nisse geachtet hätte, die Fehler nicht gemacht hätte, die er thatsäch- lich gemacht hat. — Ich bespreche zuerst das, was Zumstein über einen Kaninchen- embryo von 10 mm Länge angiebt und (Fig. 15) abbilde. — Er sagt über die Venen dieses Embryo, der vielleicht etwas älter ist, als der, dessen Urnieren mit den anlagernden Venen in Fig. 18 Tafel XXI meiner Arbeit nach einem Plattenmodell abgebildet wurden und als derjenige war, dem der Sagittalschnitt meiner Figur 10 Tafel XXII entstammt (S. 130): „Es tritt also bei diesem Embryo eine Spaltung im kaudalen Abschnitte der Kardinales auf. Der ventrale stärkere Teil hält sich an die Urniere, der dorsale Teil bleibt zur Seite der Aorta. — Aus der Urniere treten neue Venen auf, ventral zur Aorta gelegen, die V. revehentes, die sich bald vereinigen und ihr Blut gegen die rechte Kardinalis abgeben, respektive gegen die Leber zu, indem sich hier nun die Verbindung von der Leber zur rechten Cardinalis mächtig vergrössert hat. — Dadurch kann nun das Blut der rechten Cardinalis zur Leber abfliessen und die Kardinalvene bildet sich in ihrem kranialen Abschnitte zurück. — Von den V. revehentes der Urniere leiten sich auch Verbindungen ein zur linken Kardinalvene.‘“ — Aus der diese Beschreibung illustrierenden Fig. 15 ersieht man jedoch erst deutlich wie sich Zumstein die Verhältnisse vorstellt. — Eine einfache die topischen Verhältnisse berücksichtigende Erwägung ergiebt jedoch sofort, dass die Vorstellung, welche sich Zumstein über das 1) Morphologisches Jahrbuch Bd. XX. 1893. {sb} | Bemerkungen zu Zumsteins Arbeiten. 51 Verhalten der V. cava posterior zu den hinteren Kardinalvenen dieses Stadiums gebildet hat, nicht den Thatsachen entsprechen kann. — Es kann nicht richtig sein, dass die Querverbindung zwischen beiden Kardinalvenen, in welche die beiden V. revehentes posteriores der Ur- niere einmünden, unabhängig von der Cava posterior und doch in derselben Höhe wie diese in die V. cardinalis posterior dextra, wie dies Zumsteins Figur zeigt und wie dies aus seinen Ausführungen hervorgeht, einmündet. — Die V. cava posterior legt sich nämlich, wenn man sie von der Leber aus gegen die Urniere herab verfolgt, dem medialen Rande der ventralen Fläche dieses Organes an, was aus meiner Figur 7 (Taf. XXI)') sowie an den nach Plattenmodellen hergestellten Figg. 17 und 18 auf Tafel XXII deutlich zu sehen ist, ein topisches Verhältniss, welches Zumstein nicht erwähnt. — Soll die so gelagerte V. cava mit der rechten V. cardinalis, die an der Dorsalseite der Urniere verläuft, in Verbindung treten, so kann dies nur durch ein Venenrohr geschehen, welches von der Cava winkelig abbiegend an der medialen Fläche der Urniere vorbei in die V. cardinalis posterior übergeht. — Diese rechtwinkelig auf V. cava und V. cardinalis posterior verlaufende Verbindung ist an meiner Fig. 10 (Tafel XXI) aufs deutlichste zu sehen. — Auf der Fig. 15 von Zumstein jedoch liegen der kaudale Abschnitt der hinteren Kardinalvene und die V. cava posterior in einer Flucht und die kraniale Fortsetzung der V. cardinalis posterior erscheint gegenüber dem kaudalen, an der Aus- mündungsstelle der V. cava posterior winkelig abgebogen und in diese Biegung lässt Zumstein auch seine Querverbindung, welche das Blut aus den beiden V. revehentes posteriores der Urniere aufnimmt, ein- münden. — Diese Darstellung ist jedoch auch wieder unrichtig. — Meine Fig. 9 auf Tafel XXI zeigt nämlich einen Querschnitt durch den Rumpf eines Kaninchenembryo von ungefähr demselben Alter wie der besprochene Zumsteinsche Embryo, welcher die Querverbindung trifft. — Diese Querverbindung erweist sich an so einem Schnitte als ein Bogen, der vor der Aorta gelegen, mit seinen beiden Schenkeln zwischen Aorta und Urnieren eindringt. — Für jeden, der über ein bischen Vorstellungsgabe verfügt, kann es keinem Zweifel unterliegen, dass bei dem oben geschilderten Verlaufe der V. cava posterior diese Vene, wenn sie der ventro-medialen Kante der Urniere weiter folgt, dort in die Querverbindung einmünden muss, wo diese ihren rechten Schenkel zwischen Aorta und Urniere in die hintere Kardinalvene schiekt und ebenso kann es für niemanden einem Zweifel unterliegen, dass die in meiner Figur 10 ersichtliche Verbindung zwischen hinterer Hohlvene und Kardinalvene zugleich auch der rechte Schenkel der Querverbindung zwischen beiden hinteren Kardinalvenen ist. — Da ferner die V. revehens der rechten Urniere ebenfalls an der ventro- medialen Karte dieses Organes kranialwärts verläuft und in diese 1) Morpholog. Jahrbuch Bd. XX. 1893: 516 F. HOCHSTETTER, Querverbindung einmündet, so muss dieses Gefäss in der Fortsetzung der Verlaufsrichtung der V. cava posterior gelegen sein!). — Es ist also das Bild, welches Zumstein von dem Verhältnisse der V. cava posterior zu der rechten Kardinalvene und der die V. revehentes posteriores der Urnieren aufnehmenden Querverbindung zwischen den beiden Kardinalvenen dieses Stadiums giebt, vollkommen unrichtig. — In der That wäre es interessant die Konstruktionsmethode kennen zu lernen, der Zumstein ein so unrichtiges Bild, wie das der Fig. 15 verdankt, doch hat sich Zumstein über seine Methode nicht ge- äussert. — Zumstein beschreibt ferner für denselben Embryo das Auftreten einer Spaltung in der hinteren Kardinalvene, die zur Inselbildung in dieser Vene führen soll. — Leider hat Zumstein wieder nicht an- gegeben, wie er sich diese Spaltung in der Kardinalvene zustande kommend denkt und warum er meine Angaben, welche die Bildung der Insel in den hinteren Kardinalvenen durch Entwickelung einer die segmentalen Venen dieser Gegend (16, 17 und 18, 'Thoracolumbal- vene) in Verbindung setzenden kollateralen Venenbahn entstehen lässt, für unrichtig ansieht. — Denn wenn an allen den von ihm unter- suchten Embryonen, wie er sagt!), der dorsale Schenkel der Insel schon vollständig zu sehen ist, so beweist dies doch durchaus nicht, dass erstens die Insel durch Spaltung der ursprünglich einheitlichen Kardinalvenenbahn entsteht und zweitens, dass ihr dorsaler Schenkel nicht der Ausbildung einer kollateralen Venenbahn seine Entstehung verdankt. — Der zweite Punkt, den ich besprechen will, betrifft das Schicksal und die Bedeutung der Inselbildungen in der hinteren Kardinalvene. — Auch das, was ich über diese Dinge gesagt habe, ignoriert Zumstein vollständig. — Und doch hätte Zumstein angeben müssen, dass ich beim Kaninchen zwei Inselbildungen der hinteren Kardinalvene be- schrieben und abgebildet habe (Figg. 19, 20, 21, 22 auf Tafel XXID), die zeitlich aufeinander folgen und von denen nur die Ausbildung der zweiten eine Bedeutung hat für die Umlagerung, welche sich zwischen Kardinalvene und Ureter vollzieht. — Oder hat Zumstein auch diese Angabe und die sie erläuternden Abbildungen übersehen und deshalb angenommen, dass die Inselbildung, die er in Fig. 16 von einem 11—12 mm langen Kaninchen-Embryo abbildet, dieselbe ist wie die in Fig. 17 von einem 16—18 mm langen Embryo? Thatsächlich sind jedoch diese beiden von Zumstein in Figg. 16 und 17 abge- bildeten Inseln verschiedene Bildungen, die nur darin übereinstimmen, dass ihre ventralen Schenkel aus einem Stück der V. cardinalis posterior 1) Vgl. meine Fig. 18 auf Taf. XXII. Morpholog. Jahrb. Bd. XX. 2) Wenigstens verstehe ich den Passus auf S. 337 so, in dem Zumstein sagt: „Hochstetter lässt sie (die dorsalen Theile der Kardinalvenen) ganz neu ent- stehen, während ich sie bei meinen Präparaten immer deutlich verfolgen Kann.‘ Bemerkungen zu Zumsteins Arbeiten. 517 gebildet werden, während ihre dorsalen Schenkel, sowohl nach Lage als nach Entstehung verschieden sind. — Freilich ist es nicht ganz leicht die Verhältnisse dieser beiden Veneninseln zu einander heraus zufinden und ich habe mich gewiss nicht ohne Not, der Mühe Platten- modelle und Profilkonstruktionen, nach Sagittalschnittserien, herzustellen unterzogen. — Die beiden Embryonen deren Venenverhältnisse Zumstein in Figg. 16 und 17 abgebildet hat, sind viel zu verschieden in der Ent- wickelung, als dass ein Vergleich ihrer Venenverhältnisse einen sicheren Schluss darüber zuliesse, dass die beobachteten Veneninseln, bei beiden Embryonen die gleichen Bildungen sind. — Schon die relative Grösse der Veneninsel des Embryo der Fig. 16, die für die Aufnahme der ganzen Niere Raum bietet und die Kleinheit der Veneninsel des Embryo der Fig. 17 in der nur eben der Ureter Platz hat (vergl. auch meine Figg. 19 und 22 auf Tafel XXII) hätte Zumstein auf den Gedanken bringen können, dass es sich in den beiden Inseln nicht um die gleichen Bildungen handle. Jedenfalls hätte Zumstein eine Reihe von Zwischenstadien zwischen den beiden der Embryonen der Figg. 16 und 17 untersuchen müssen, um die Kontinuität der beiden beobachteten Veneninseln und die Art und Weise darzulegen, wie aus der grossen Insel des jüngeren Embryos, die kleinere Insel des älteren sich bildet. Zum Schlusse will ich noch hervorheben, was Zumstein in seiner Arbeit zu thun unterlassen hat, dass dieser Autor keinerlei neue Thatsachen über die Entwickelung der hinteren Hohlvene des Kaninchens zu Tage gefördert hat. — Allerdings stimmen eine Reihe seiner An- gaben mit den meinigen nicht überein. — Über die Ursachen dieser Erscheinung wird der Leser dieser Zeilen, wie ich hoffe, aus dem Vor- hergehendem Klarheit gewonnen haben. — Druck der Kgl BL/WHOL LIBRARY