raldın h Hk, r ANEIN ANATOMISCHE HEFTE ERSTE ABTEILUNG. ARBEITEN AUS ANATOMISCHEN INSTITUTEN. 26. BAND (73. 79.180. HEFT). ANATOMISCHE HEFTE BEITRÄGE UND REFERATE ANATOMIE UND ENTWICKELUNGSGESCHICHTE, UNTER MITWIRKUNG VON FACHGENOSSEN HERAUSGEGEBEN VON FR. MERKEL UND R. BONNET ne uentehernen. 0.0, non Dee ERSTE ABTEILUNG. ARBEITEN AUS ANATOMISCHEN INSTITUTEN. 26. BAND (78, 79.80. HEFT.) MIT 25 TAFELN UND 66 FIGUREN IM TEXTE. WIESBADEN. ZERTEALG VON EI BERGMANN 1904, Nachdruck verboten. Übersetzungen, auch ins Ungarische, vorbehalten. ARE Ik armmand Druck der kgl. Universitätsdruckerei von H. Stürtz in Würzburg. Inhalt. Seite 78: Heft (ausgegeben im September 1904). Eugen Muthmann, Über die erste Anlage der Schilddrüse und deren Lagebeziehung, zur ersten Anlage des Herzens bei Amphibien, insbesondere bei Triton alpestris. Mit 43 Textfiguren 1 E. Cords, Beiträge zur Lehre vom Kopfnervensystem der Vögel, Mit 14 Figuren auf Tafel 14 _ . . . . - Bu er) = Fleischer, Beiträge zur Histologie der Thränendrüse e zur Lehre von den Sekretgranula. Mit 20 Figuren auf den Tafeln 5/10 101 E. Hauch, Über die Anatomie der Nierenvenen. Mit 4 Abbildungen im Woxhe 0 E a e eht G#Sterzi,. Berichtigung, 0» es le 79./80. Heft (ausgegeben im Oktober 1904). M. Heidenhain, Die allgemeine Ableitung der Oberflächenkräfte und die Anwendung. der Theorie der Oberflächenspannung auf die Selbstordnung sich berührender Furchungszellen. Mit 17 Ab- bildungen im Text . . . . 195 Karl Baekmund, Entwickelung de ee na Schwenen der Katze. Mit 22 Figuren auf den Tafeln 11/14 . . . . 315 Georg Illing, Vergleichende makroskopische und ee Untersuchungen über die submaxillaren Speicheldrüsen der Haus- säugetiere. Mit 14 Figuren auf Tafel 15-13 .... 389 Carl Müller, Beiträge zur vergleichenden Anatomie und Histo: logie der Prostata der Haussäugetiere mit Einschluss der Pro- stata von Reh, Hirsch und Wildschwein. Mit 15 Figuren auf den. Bateln 192 ee sr: 527 Folke Henschen, Zur Kenntnis N DleSonformieen Seren Mit 16 Figuren auf den Tafeln 24/25 und 2 Abbildungen im Texte 575 Aus DEM HISTOLOGISCH - EMBRYOLOGISCHEN LABORATORIUM DES ANATOMISCHEN InsTıTtUTEs zu MÜNCHEN. ÜBER DIE ERSTE ANLAGE DER SCHILDDRÜSE UND DEREN LAGEBEZIEHUNG ZUR ERSTEN ANLAGE DES HERZENS BEI AMPHIBIEN, INSBESONDERE BEI TRITON ALPESTRIS. VON EUGEN MUTHMANN, ZUR ZEIT ASSISTENT AM ANATOMISCHEN INSTITUTE TÜBINGEN. Mit 43 Textfiguren. Anatomische Hefte, I. Abteilung. 78. Heft (%. Bd. H. 1) 1 rs) DEREN SA ns 1 Eaagaz RALROR DRN Ban Er BEIN AR AR LIEBT N: KR IR Ri. Gm 2 i Mr -i | 7 d 2 #, 4 u B Bd zz "W , 43 P} P- = Be ” u) N Veranlassung zu vorliegender Arbeit gab eine Beschreibung der Entwickelung des Herzens bei Triton alpestris von A. Brachet (Dr. A. Brachet: „Recherches sur le developpement du coeur, des premiers vaisseaux et du sang chez les amphibiens uro- deles“; Archives d’Anatomie microscopique t. II, fasc. II). Brachet fand, dass sich das Herz bei Triton auf ähnliche Weise aus dem Entoderm entwickelt, wie Goette die Herz- entwickelung bei Petromyzon schildert. Bei seinen jüngsten Stadien beobachtete derselbe, dass sich von der Mundanlage bis zur Gegend der Leberbucht entlang der ventralen Darmwand eine rundliche solide Leiste (‚une saillie hypoblastique arrondie“) in der Medianlinie entwickelt; sie bleibt vom Ektoderm getrennt, ihr mittlerer Teil löst sich zuerst von seinem Mutterboden, der ventralen Darmwand, los, während das vordere und hintere Ende noch mit ihm in Verbindung bleibt, da hier die Abschnürung vom Entoderm zunächst noch nicht vollendet wird. Diese anfänglich solide Leiste der ventralen Darmwand hält Brachet für die erste Anlage des Herzens („aux depens de cette saillie hypoblastique se formera l’endothelium endocardique; ou doit la considerer comme constituant la toute premiere ebauche du coeur“). Später höhlt sich zunächst der mittlere Teil aus, der zum Herz wird, und dann der hintere Teil, welcher sich gabelt und die beiden Venae vitellinae bildet. Der kraniale Abschnitt, 1% 4 E. MUTHMANN, welcher mit der Mundanlage zusammenhängt, soll wahrschein- lich Material zur Bildung der beiden Kiemenaorten liefern. Was aber aus ihm selbst wird, nachdem die Kiemengefässe angelegt sind, darüber äussert sich Brachet nicht, obwohl er bestehen bleibt, sogar immer deutlicher wird. Auf Einzelheiten werde ich später noch genauer zurück- kommen; das bisher Gesagte genügt vorläufig zur Orientierung über die Ansicht Brachets. Dieser Ansicht steht gegenüber die Rabls, der wohl an- fänglich die Herzbildung bei Salamandra maculosa mit einer Rinne des Vorderdarmbodens in Zusammenhang brachte, später aber mehr dazu neigte, die Herzzellen vom Mesoderm abzu- leiten. Sie steht aber auch gegenüber der von Schwink und Nussbaum, welche die Herzzellen allerdings ebenfalls vom Entoderm ableiten, aber deren Ursprung weiter kaudal an die Stelle verlegten, wo der „Darmentoblast“ (Schwink) in den „Dotterentoblast“ übergeht. Ausserdem fanden sie nicht wie Brachet eine einmalige Abschnürung eines zelligen Streifens, der das Gesamtmaterial für die Herzanlage vom Entoderm ab- trennt, sondern sie sahen einzelne Zellen vom Entoblast sich loslösen und zur Herzanlage zusammenrücken. Diese Bildungsweise des Herzens aus einzelnen Zellen, die zunächst das mesenchymatöse Stadium der Herzanlage (Rückert) liefern, und sich später erst zu dem einfachen Herzschlauch schliessen, gilt zur Zeit wohl für alle Wirbeltiere, denn die anders- lautenden Angaben C©. K. Hoffmanns für Selachier sind wider- legt worden und die Schilderung Goettes von der Herzbildung bei Petromyzon konnte Hatta nicht bestätigen. Es musste daher sehr auffallen, als Brachet das Resultat seiner eingehenden Untersuchungen über die Herzbildung bei Urodelen veröffentlichte, dass dieses eine grosse Übereinstimmung mit der Darstellung Goettes für Petromyzon ergab. | or Über die erste Anlage der Schilddrüse etc. Es war danach für Cyklostomen und Urodelen nicht nur eine entodermale, sondern auch eine äusserst primitive Art der Bildung des Herzens vem inneren Keimblatt aus anzunehmen, ob für Amphibien mit Recht, das versucht die vorliegende Arbeit zu entscheiden. Brachet hat das Alter der verschiedenen Stadien nach der Länge des Embryo und einigen anderen Merkmalen (Ent- wickelungsstadium des Auges, Öhres u. s. w.) zu bestimmen gesucht. Es ist aber bekanntlich die Länge des Embryo ein recht unzuverlässiges Merkmal; ebenso bezeichnet der Zustand der Augen- und Gehörblase das Alter nicht genügend. Wie wir sehen werden, ist der Altersunterschied zwischen Stadium I und II bei Brachet ein recht bedeutender, obwohl Brachet selbst sie für einander ziemlich nahestehend hält. Ich habe die Bezeichnung nach der Zahl der abgeschnürten Urwirbel gewählt, weil sie bei Triton leicht durchzuführen und vielleicht noch die zuverlässigste ist, immer bei gleichzeitiger Beachtung der gesamten Körperform. Die von mir bearbeiteten Embryonen von Triton scheinen mir alle länger zu sein, als die entsprechenden bei Brachet; solche von 1,5 mm Länge haben bei mir noch offene Rücken- rinne, während die Embryonen aus Brachets Stadium I bei mir etwa 1,35 mm lang sind. Das Material habe ich selbst bei Tegernsee gesammelt. Die Embryonen wurden in frischem Zustand durch einen Scheren- schnitt aus ihrer mit derber Membran umgebenen gelatinösen Hülle befreit und zum Teil sogleich in konzentrierter Sublimat- lösung fixiert, zum Teil vorher kurze Zeit in schwacher Chrom- säurelösung behandelt; letzteres geschah hauptsächlich bei älteren Stadien, um die stets eintretende unregelmässige Krümmung nach Möglichkeit zu verhindern. Färbung mit Borax-Carmin oder Alaun-Cochenille, zum Teil später Schnittfärbung mit Nigrosin-Pikrinsäure; diese Färbung 6 E. MUTHMANN, liefert besonders bei älteren Stadien gute Resultate. Die Dicke der Querschnitte beträgt 10 «, die der Sagittalschnitte meist 15 u. Die erste Entwicklung des Herzens und der Schilddrüse verläuft nachbarlich in der Kopfregion des Embryo, an der ventralen Seite zwischen Ektoderm und Entoderm. Es ist da- her notwendig, zunächst diese Gegend selbst vor dem Sichtbar- werden der genannten Organe kennen zu lernen. Triton-Embryo mit 6 Urwirbeln. Sagittalschnitt. Da die ersten Spuren des Herzens bei Embryonen mit 12—14 Urwirbeln zu finden sind, nehme ich zuerst jüngere Stadien zur Beschreibung vor. Ein sagittaler Medianschnitt durch einen Embryo mit sechs Urwirbeln ist schematisch nach einer Prismenzeichnung auf Figur 1 abgebildet!). Wir sehen das Darmlumen den Dotter umlaufen und können an ihm einen erweiterten kranialen und einen engeren kaudalen Abschnitt unterscheiden. Die Wand des Kanals wird im ganzen Verlauf nur dorsal und seitlich !) Bei allen schematischen Sagittalschnitten ist die vordere Darmregion und der Dotter genau mit dem Prisma bei gleicher Vergrösserung gezeichnet. Über die erste Anlage der Schilddrüse etc. von einem cylindrischen Epithel gebildet, welches ventral in die Dotterzellen übergeht. Der erweiterte Abschnitt des Darmkanales ist blind ge- schlossen und legt sich mit seinem Ende unmittelbar an das Ektoderm an. Seine Vorderwand grenzt fast bis zur halben Höhe an das Hirnrohr, dann liegen zwischen beiden einzelne Mesodermzellen, weiter kaudal werden sie von der Chorda getrennt. b Triton-Embryo mit S Urwirbeln. Sagittalschnitt. Ein gleich gelegener Schnitt durch einen älteren Embryo (acht Urwirbel), Figur2, zeigt zunächst die Längenzunahme des Medullar- rohres bei gleich starker Krümmung des Embryo; die Bauch- seite wird von vorn und hinten überwallt: gleichzeitig sehen wir eine Erweiterung des kranialen Darmabschnittes eintreten, welche wesentlich durch eine Ausbuchtung der Vorderwand be- dingt erscheint. Es endet nunmehr der kraniale erweiterte Darmabschnitt am Ektoderm mit einem verjüngten Endstück. Der Raum zwischen ihm und dem Hirnrohr ist grösser ge- worden und von zahlreichen Mesodermzellen erfüllt. R E. MUTHMANN, Die nächste Figur 3 ist nach Sagittalschnitten durch einen Embryo mit 11 Urwirbeln gezeichnet. 2 Fig. 3. Triton-Embryo mit 11 Urwirbeln. Sagittalschnitt. Fig. 4. Triton-Embryo mit 14 Urwirbeln, Sagittalsehnitt. MB Mundbucht. LB Leberbucht. Der kaudale enge Teil des Darmkanals umläuft wie früher den Dotter bis zur Analöffnung. Der kraniale erweiterte Teil Über die erste Anlage der Schilddrüse ete. 9 hat hingegen wieder seine Form geändert. Er läuft jetzt nicht mehr, wie früher in eine, sondern in zwei Buchten aus, welche durch eine ins Lumen vorspringende Falte der ventralen Darmwand von einander getrennt sind; von ihnen ist die kau- dale die Leberbucht, die kraniale die Mundbucht. Diese wesent- liche Formveränderung fällt zusammen mit einer Streckung des Embryo in seinem vorderen Abschnitt. Während der Bogen des Neuralrohres sich verflacht und seine beiden Enden weiter von einander abrücken, zeigt der Kopfdarm dementsprechend eine Erweiterung. Der Dotter bleibt in seiner früheren Lage und ändert nur seine Form. Die Erweiterung des Kopfdarms betrifft aber sein blindes Ende am meisten und dieses kommt dadurch auf eine längere Strecke mit dem Ektoderm in Be- rührung. In der Mitte dieser Strecke, welche also vom Hirn- rohr bis zum Dotter reicht, entsteht aber gleichzeitig die er- wähnte Falte, welche Leber- und Mundbucht trennt. Als letztes Stadium in dieser Betrachtung ist ein solches von | 13—14 Urwirbeln gewählt. Figur 4 ist ein Sagittalschnitt durch einen derartigen Embryo. Die Streckung des ganzen Embryo ist deutlicher ausgesprochen, ebenso die Erweiterung der Kopf- darmhöhle in kranio-kaudaler Richtung. Die Falte springt jetzt tiefer in den Raum ein, wieder Leber- und Mundbucht trennend; die letztere hat eine Erweiterung erfahren, sodass sie jetzt mit einem längeren Stück zwischen Hirnrohr und Falte an das Ektoderm grenzt. Vergleichen wir nochmals die vier Figuren, so ergiebt sich der eigentümliche Befund, dass das blinde Ende des erweiterten Darmabschnittes auf Figur 1 und 2 die Anlage der späteren Leberbucht und des Leberganges ist und nicht etwa die ento- dermale Mundbucht. Letztere entsteht abgrenzbar erst später infolge Erweiterung der Kopfdarmhöhle, wenn sich der Kopf vom Dotter abzuheben beginnt. Mund- und Leberbucht liegen also ursprünglich nicht kranio-kaudal nebeneinander, sondern 10 E. MUTHMANN, dorso-ventral übereinander; sie verschieben sich erst später in die erstgenannte Lage, dann durch die Falte getrennt. Salamandra atra. Sagittalschnitt. Fig. 6. Salamandra atra. Sagittalschnitt. MB Mundbucht. LB Leberbucht. Beobachten wir die Führungslinie der Leberbucht auf den Figuren, so finden wir sie zunächst rein dorso- ventral ver- laufend. dann allmählich immer mehr von dorso-kranial nach ventro-kaudal geneigt. Das erklärt sich aus zwei Ursachen. Über die erste Anlage der Schilddrüse etc. 11 Erstens aus der wohl passiven Umformung des Dotters bei der Streckung des Embryo, durch welche die grosse Achse des Imtey, (ke oO Salamandra atra. Sagittalschnitt. Th Fig. 8. Salamandra atra. Sagittalschnitt. Th Thyreoidea. Dotterovals aus der Querebene des Rumpfes fast in dessen Horizontalebene eingestellt wird und infolgedessen die vorher 12 E. MUTHMANN, gerade abfallende Vorderwand des Dotters in eine geneigte Lage kommt, — und zweitens aus der Ausbildung der Falte, welche, wie wir sehen werden, dorso-kranial vordringt. Es ist also nach dieser Darstellung das blinde Ende des erweiterten Vorderdarms als gemeinsamer Raum für Mund- und Leberbucht zu bezeichnen, und man könnte sagen, dass die Fig. 9. Triton-Embryo. Frontalschnitt. KT, erste Kiementasche. beiden, zunächst übereinander gelegen, sich später voreinander schieben und sich durch die Falte von einander abgrenzen. Dabei liegt anfänglich nur die Wand der Leberbucht am Ekto- derm an und geht kranio-dorsal in die Vorderwand der Mund- bucht über, welche dem Hirnrohr anliegt (Figur 2). Weicht nun das Hirnrohr aus, so rückt die Wand der Mundbucht vor der sich bildenden Falte gleichfalls bis zur Anlagerung an das Ektoderm herab. Diese Form der Umwandlung des Kopf- Über die erste Anlage der Schilddrüse etc. 13 darms ist besonders gut an Embryonen von Salamandra atra zu beobachten, weil hier eine so starke Krümmung der Embryo- nalanlage um den Dotter herum fehlt. Figur 5—8 sind nach Sagittalschnitten durch verschiedene Stadien von Salamandra atra gezeichnet; ich werde noch kurz auf sie zurückkommen. Fig. 10. Triton-Embryo mit 7 Urwirbeln. Querschnitt. Die Leberbucht wird später eingeengt und damit zum Lebergang, dessen Abgangstelle vom Darm sich allmählich kaudal und dorsal verschiebt, wie Figur 5—8 zeigt. Zur Ergänzung der abgebildeten Sagittalschnitte gehe ich entsprechend der Linie a—a auf Figur 2 einen frontalen Läng- schnitt (Fig. 9) und entsprechend der Linie b—b auf derselben Figur einen Querschnitt (Figur 10). Eine Erklärung der beiden Schnitte ist weiter nicht nötig, höchstens wäre erwähnenswert, dass in diesem Stadium bei KT, die erste Kiementasche sich nach vorne und dorsal aus der seitlichen Wand des Kopf- 14 E. MUTHMANN, darms ausbuchtet und dass auf weiter kaudal gelegenen Schnitten auch die Andeutung der zweiten Kiementasche erkennbar wird ; beim Stadium der Figur 4 sind schon drei angelegt. Nach dieser kurzen Beschreibung des Vorderdarmes und seiner Formveränderung muss ich näher auf die Falte ein- gehen, welche die Scheidung von Mund- und Leberbucht be- wirkt, weil sie in engste Beziehung zur Anlage des Herzens und der Schilddrüse tritt. Die erste, kaum sichtbare Andeutung der Faltenbildung habe ich bei einem Embryo von etwa neun Urwirbeln be- obachtet, bei Stadien von 10—11 Urwirbeln ist sie deutlich aus- gesprochen (Figur 3). Wie die vergleichende Betrachtung der Schnittserie ergiebt, wird zunächst äusserlich an der ventralen Wand des Vorderarmes in der Medianebene ein enger, in dorso-kranialer Richtung nur ein wenig eindringender Spalt sichtbar, welcher sich seitlich in derselben Richtung zu einer Rinne erweitert. Entsprechend seiner schiefen Stellung wird der Spalt in der sagittalen Mittelebene von einer kranialen spitzwinkeligen und kaudalen stumpfwinkeligen Lippe begrenzt, beide verstreichen seitlich mit der Falte. Es umgreift also der Spalt mit seinem mittleren zusammengedrückten und seinen seitlichen weiten Abschnitten halbringförmig schräg dorso-kranial die Darm- wand und trifft mit seinen beiderseitigen Enden auf die äussere Furche zwischen erster und zweiter Kiementasche, d.h. auf den für den Hyoidbogen bestimmten Raum. Das Mesoderm umkleidet zu dieser Zeit als doppelte Zell- schicht den Kopfdarm nicht vollkommen, sondern endet seitlich von der ventralen Mittellinie mit scharfer Kante. Es ist klar, dass zwischen der ventralen und seitlichen Darm- wand einerseits und dem Ektoderm andererseits der. grösste zur Verfügung stehende Raum sich da finden muss, wo die erwähnte Über die erste Anlage der Schilddrüse etc. 15 seitliche Rinne in der Richtung des zweiten Kiemenbogens die Darmwand nach innen zu vom Ektoderm abdrängt. Hier weichen denn auch zuerst die beiden Mesodermblätter — Somatopleura und Splanchnopleura — unter Bildung der Leibeshöhle (Perikardialhöhle) auseinander. Weiter nach der ven- tralen Mittellinie zu wird aber die Rinne immer enger, bis sie Big. 11. Aussenansicht eines Wachsmodells nach einer Querschnittserie durch einen Triton- Embryo mit 14—15 Urwirbeln angefertigt. AB Augenblase. GB Gehörblase. KT ,, »,3 erste bis dritte Kiementasche. in der Mittellinie selbst ein ganz schmaler und zuerst nur sehr wenig tief einschneidender Spalt ist; daher wird auch die Peri- kardialhöhle ventral zu enger, endlich spaltförmig und hört mit scharfer Kante auf, gerade so wie die sie begrenzenden Meso- dermblätter. Figur 11 zeigt die Aussenansicht eines mit etwa 120facher Vergrösserung hergestellten Wachsmodelles der kranialen Hälfte 16 E. MUTHMANN, eines Embryo mit 14—15 Urwirbeln. (Figur 12 ist die Innen- ansicht, Fig. 16—18 sind Querschnitte dieser Serie) Ektoderm und Mesoderm sind nicht dargestellt. Man sieht auf Figur 11 in der Fortsetzung des Raumes zwischen erster und zweiter Kiementasche KT, und KT, die Furche zunächst ziemlich breit schräg nach vorne-unten ver- Fig. 12. Innenansicht des sagittal durchschnittenen Modells. laufen, allmählich enger werden und als schmaler Spalt enden. Der Entodermteil, welcher kranial von dieser Furche liegt, ist die Wand der Mundbucht; diese scheint gleichsam aus dem Entoderm heraus modelliert und zeigt etwa die Gestalt eines kurzen Kegels, dessen Basis kranial, dessen Spitze kaudal liegt; die letztere ist durch den schmalen Spalt vom Dotterentoderm getrennt. Entsprechend der äusserlich sichtbaren halbringförmigen Ein- kerbung findet sich im Innern die in das Lumen vorspringende Über die erste Anlage der Schilddrüse etc. 17 Falte (Figur 12). Entsprechend den in der Mittellinie dicht an- einanderliegenden Faltenblättern ist sie hier schmal und scharf zu sehen. Der Spalt ist im Bild etwas tiefer einschneidend dargestellt, als in Wirklichkeit zutrifft. Seitlich, wo die Falte in den nach innen vorragenden Wulst zwischen erster und zweiter Kiementasche KT, und KT, über- geht, verbreitert und rundet sie sich, entsprechend der hier an der Aussenseite weiten und flachen Furche. ’ @ \ . & [RR “ag! 9» a C% So \ o @\ / oo i o 1 So eh Fa je / ao 0% } ver‘ e® © 0% \n0® .o\ ee ur%., \ os & & 3 o (2°) \ : \ \ & o %Y ATS 22 7ese es ey’ ei \ %& © ® P a2 / F KeR © o f Se rt 00 as ©’ ./’% “/ N Kap „ EEE >. aan EL LI © 7 (230 CY) o ,„? © e.9 0%) © ®’ / “og So 0 o °o ® r 7 ne 2 . 9a 5°, 9° u 7 Sie trennt Leber und Mundbucht von einander. Ihre beiden Blätter wollen wir als kraniales und kaudales Blatt unter- scheiden. Infolge des schrägen Verlaufes der Falte gehen Querschnitte durch Embryonen dieser Stadien eigentümliche Bilder. Ich gehe jetzt zu der Besprechung mehrerer Querschnitt- serien von verschieden alten Embryonen über. 15 Figur 13—15 sind der Querschnittserie eines Embryo mit 11 Urwirbeln entnommen. Figur 13 zeigt einen Sehnitt etwa entsprechend der Linie 1—1 auf Textfigur 3. Anatomische Hefte. I, Abteilung. 73. Heft (26. Bd. H. ı). 2 18 E. MUTHMANN, Bei F sind die seitlichen Schenkel der Falte wie einsprin- gende Ecken deutlich zu sehen. Sie grenzen ventralwärts eine ziemlich breite und flache Rinne ab, welche nach vorn zu weiter, nach hinten zu enger wird, da ja die beiden Schenkel kaudal- wärts konvergieren, bis sie in der Mittellinie in einander über- gehen. Diese Rinne gehört dem Hohlraum der Mundbucht an, welche in dieser Höhe mit dem übrigen Kopfdarmlumen weit zusammenhängt. Wenig ausgesprochen ist die der Falte ent- sprechende äussere Einkerbung. Auf der Abbildung 14 — entsprechend der Linie 2—2 in der Figur 3 — treffen wir gerade das innerste Ende der Falte in der Mittellinie, da wo sie am höchsten ist; hier biegt das kraniale Blatt in das kaudale um. Dadurch wird jetzt auf dem Querschnitt ein Teil des Hohl- raumes der Mundbucht von der übrigen Kopfdarmhöhle voll- kommen abgegrenzt. Die Falte ist aber noch niedrig, daher treffen wir schon zwei Schritte weiter auf Figur 15 — entsprechend Linie 3-3 — Über die erste Anlage der Schilddrüse etc. 19 die Stelle, an welcher das kraniale Blatt in die ventrale Wand der Mundbucht umbiegt. Diese Stelle ist stets bis zu Embryonen mit 25 Urwirbeln leicht daran zu erkennen, dass hier infolge Flachschnittes durch eine Epithellamelle auffallend viel Kerne getroffen sind; sie hat für unsere spätere Beschreibung mindestens eine topographische Wichtigkeit. Das hier sichtbare grosse entodermale Lumen ist schon der Hohlraum der Leberbucht; es ist also die sie ventral begrenzende Epithelschicht das kaudale Blatt der Falte, welches hier von dem kranialen noch nicht durch einen Spalt getrennt ist, obwohl die Stellung der Kerne eine Abgrenznng von dem kranialen Blatt ermöglicht. Auf den beiden jetzt beschriebenen Figuren ist auch die flache Rinne aussen am Darm besser ausgeprägt. El: Die Figuren 16—18 sind Schnitte der Serie, nach welcher das auf Figur 11 und 12 dargestellte Wachsmodell angefertigt wurde. 9* 20 E. MUTHMANN, Figur 16 zeigt einen ganzen Querschnitt. Ventral ist noch die Spitze des Vorderhirns getroffen. Zwischen ihr und der etwas eingebuchteten Wand des Darmes liegt eine entodermale Verbindungsbrücke: ein Teil des Daches, oder besser der vorderen Wand der Mundbucht. An den seitlichen Wänden des Darmes sieht man bei F. wieder die Falte getroffen und zwar hier an ihrem obersten Ende. Dorsal sieht man den kanalförmigen Teil des Darmes, der mit einem trichterförmigen, seitlich zusammen- gedrückten Stück in den weiten Kopfdarmteil übergeht. Dieser trichterförmige Spalt wird von zwei Dotterwülsten seitlich ab- gegrenzt, von denen der rechte auf Textfigur 12 deutlich zu sehen ist. Auf den nächsten Schnitten verschwindet das Vorderhirn, die Falte wird deutlicher, begrenzt die ventrale Rinne, und schliesslich trifft man sie (zehn Schnitte weiter kaudal) auf Über die erste Anlage der Schilddrüse etc. 21 Tafelfigur 17 in der Medianebene wieder derart, dass sie einen Teil der Mundbucht (MB) vom übrigen Darmlumen völlig ab- grenzt. Da sie hier schon erheblich höher ist als beim Stadium I, sieht man ietzt deutlich von ventral nach dorsal: die ventrale Wand der Mundbucht, deren Hohlraum MB, das kraniale Blatt der Falte, deren kaudales Blatt und die Leberbucht. An der Anordnung der Kerne kann man deutlich erkennen, dass jedes der beiden Blätter der Falte aus einschichtigem Epithel besteht; zwischen ihnen wird später der Spalt einschneiden. Besondere Beachtung verdient auf diesem Schnitt das Meso- derm. Man sieht den Hyoidbogen schräg getroffen, mit seinen beiden Blättern den Perikardialhohlraum einschliessend, zwischen Ektoderm und Entoderm liegen. Die Splanchnopleura ist von höheren, kubischen, die Somatopleura von flacheren Zellen ge- bildet. Zwischen Splanchnopleura und Entoderm liegen beiderseits einige freie Zellen, weder mit dem einen noch mit dem anderen zusammenhängend. Es sind, wie ich ın Übereinstimmung mit Herrn Professor Mollier fand, Gefässzellen. Sie stammen bei 22 E. MUTHMANN, -_ Triton in dieser Region vom Mesoderm, und lösen sich in loco von ihm ab, d. h. da wo sie zur Bildung von Gefässen oder des Herzens selbst Verwendung finden, wandern also nicht. Auf den nächsten kaudal folgenden Schnitten verschwindet das Lumen der Mundbucht und ein Schnitt durch die freie Spitze des bei Figur 11 beschriebenen kegelförmigen Wulstes giebt das Bild der Figur 18. Hier schneidet also der Spalt — auf die Länge von 3—4 Schnitten — zwischen den beiden Blättern der Falte ein. Fig. 18. Brachet’s Stadium I muss ungefähr zwischen den beiden jetzt von mir beschriebenen Stadien liegen, würde also etwa meinen Embryonen mit 12—13 Urwirbeln entsprechen. Brachet beobachtet und zeichnet, wie Figur 19 und 20 zeigen, ganz richtig eine medio-ventrale Leiste der Darmwand, welche im Begriff ist sich loszulösen. Figur 19 (2 bei Brachet) entspricht meiner Abbildung 14, Figur 20 (3 bei Brachet) meiner Figur 18. Die „saillie hypoblastique“ (Fig. 13) ist bei diesem Stadium ohne Frage die den Spalt begrenzende voll- getroffene vordere Lippe der Falte, die ja, wie wir gesehen haben, Kegelform zeigt und daher auf dem Querschnitt rund aussieht; Über die erste Anlage der Schilddrüse etc. 23 sie muss infolge Einschneiden des Spaltes von der „ventralen Darmwand‘“ (Fig. 20) wie Brachet sagt, oder von dem kaudalen Blatt der Falte, wie ich mich ausdrücke, losgelöst erscheinen. Fig. 19. Fig. 2 bei Brachet. be saillie hypoblastique, Fig. 20. Fig. 3 bei Brachet. ce coeur. Auf den kaudal folgenden Schnitten beobachtet Brachet, dass dort die „saillie hypoblastique‘ mit dem Entoderm in Zusammenhang bleibt; diese Beobachtung kann ich nicht be- stätigen. Ich habe niemals sehen können, dass die Spitze des kegelförmigen Wulstes mit dem Entoderm (kaudales Faltenblatt — kraniale Wand der Leberbucht) verschmolzen blieb, während 4 E. MUTHMANN, die „saillie hypoblastique“ in ihrer Mitte schon durch eine „feine glänzende Linie“ von ihm getrennt ist. Im Gegenteil löst sich die Spitze zuerst los und dann erst die kranialeren Teile, ent- sprechend dem Vordringen des Spaltes in kranio-dorsaler Richtung. Brachet beobachtete diese Erscheinung auch bei älteren Embryonen, d. h. er sah dass die Herzanlage — und für diese hält er ja schon die besprochene „saillie hypoblastique‘“ — an ihrem kaudalen Ende mit dem Entoderm in Verbindung bleibt. Man muss zugeben, dass diese wohl irrtümliche Auffassung nahe liegt, wenn man aus irgend einem Grunde — wie Götte bei Petromyzon — geneigt ist zu glauben, dass das Entoderm das Material zur Bildung des Herzens liefert; ich glaube aber, es geht schon aus dem bisher gesagten hervor, dass diese „saillie hypoblastique‘ keinenfalls die Herzanlage sein kann. II. Schon vorher ist erwähnt worden, dass die den Dotter weit umgreifende Embryonalanlage sich allmählich streckt, dass die Spitze des Vorderhirns und das Ende der Rückenmarksanlage sich von einander entfernen, dass also die bogenförmige Gestalt des ganzen Neuralrohres -— und gleichzeitig auch die des Darm- kanals — in eine gestrecktere überzugehen beginnt. Dieser Vorgang, welcher bisher langsam begann, wird bei Embryonen mit 15 Urwirbel deutlicber und bei solchen mit 18 Urwirbeln ist die Gestaltung des Embryo schon eine wesent- lich veränderte. Man vergleiche die Abbildungen 4 und 12 mit Figur 21, einem Sagittalschnitt durch einen Embryo mit 17 Urwirbeln. Es ergiebt sich zunächst, dass die Streckung wieder vorne am weitesten voraus ist und ventral am deutlichsten zum Ausdruck kommt. Der Embryo hat im ganzen betrachtet, jetzt eine „Pistolenform‘“, die zwar nicht so ausgesprochen ist wie bei Petromyzonten und Salamandraembryonen dieses Stadiums, aber Über die erste Anlage der Schilddrüse etc. 25 doch deutlich an sie erinnert. Vor allem zeigt der erweiterte vordere Darmabschnitt eine Verlängerung seiner ventralen Wand in kranio-kaudaler Richtung. Das blinde Ende der Mundbucht und der Leberbucht sind auf Figur 21 weiter von einander entfernt als auf Figur 4 und 12, da die beiden Blätter der bisher geschlossenen Falte aus einander gewichen sind und einen ziem- lich tiefen auf dem Sagitalschnitt dreieckigen Raum begrenzen, welcher ventralwärts vom Ektoderm geschlossen wird. Seitlich Triton-Embryo mit 17 Urwirbeln. Sagittalschnitt. Hz Herzzellen. wird er von den Hyoidbögen begrenzt, welche weiter ventral- wärts reichen als früher und sich später in der Mittellinie ver- einigen. Wie weit sie bei Embryonen mit 17 Urwirbeln noch von einander abstehen, ist aus Figur 22 zu ersehen. Schon in diesem Stadium haben sich von einem Zellstreifen der Splanchnopleura, welcher an die mediale Kante derselben angrenzt, Zellen abgelöst, welche sich durch Teilung vermehren, und innerhalb des beschriebenen Raumes in der Mittellinie zu- sammenfliessen bevor die beiden Hyoidbögen einander berühren; 26 E. MUTHMANN, auf Figur 22 und Figur 23 erfüllen sie schon einen grossen Teil des Raumes zwischen den beiden Faltenblättern. Es sind das die Zellen der ersten Herzanlage. Betrachten wir bei Figur 23 — einem genau gezeichneten medianen Sagittalschnitt durch den Raum zwischen den Falten — die mehrfach erwähnte Stelle, an welcher das kraniale Blatt der Falte in die ventrale Wand der Mundbucht übergeht, so sehen wir, dass hier in diesem Stadium (18 Urwirbel) ein kleiner Fig. 22. Zellhaufe liegt, welcher in direkter Richtung gegen den zum Teil von Herzzellen erfüllten Raum vordringt. Dieser Zellhaufe (Th.) ist die erste noch sehr kleine Anlage der Schilddrüse; sie wächst also als solide Epithelknospe aus dem Entoderm der Mundbucht in den für das Herz bestimmten Raum ein, so dass wir sie bei den nächsten Stadien in engster Nachbarschaft mit der Herzanlage finden. Über die erste Anlage der Schilddrüse etc. 27 Wir kehren nun zu der Betrachtung von Querschnittserien zurück, welche jetzt, sobald die Faltenblätter auseinandergewichen sind, erheblich andere Bilder geben müssen. Auf den bisher besprochenen Querschnittsbildern war das Divertikel der Mundbucht, welches dem Hohlraum des kegel- () U R N o / Akn eo a o\ o / f 6) Ei‘ De AR | 9 yv@®en| e a / oo ©| 8 ER Ö. © Pe Sa 0o®© | > © ag \ MB F: „B / Nat, 8 / 89 8 0. 7 | ER ceQ\ N ° I 5 Nato / ae, \( | 'o Hrsszlh Fig. 23. förmigen Wulstes entspricht (Figur 14 und 17) und gleichzeitig beide Faltenblätter getroffen. Nach erfolgter Streckung des Embryo kann das bei gleicher Orientierung der Schnittebene nicht mehr möglich sein. Die Figuren 24, 25 und 26 zeigen Querschnitte durch einen Embryo mit 16—17 Urwirbeln, entsprechend den drei Linien auf Figur 21. ID 6) Ä E. MUTHMANN, Bei Figur 24 (Linie 1—1) sehen wir bei KT, die zweite Kiementasche das Ektoderm erreichen. Von hier aus zieht das Entoderm in gerader Linie bis zur ventralen Mittellinie, der späteren Durchbruchstelle des Mundes; hier ist es ebenfalls mit dem Ektoderm verschmolzen. Es begrenzt so eine deut- liche etwa rechteckige Rinne, während wir auf Figur 13 eine rundliche Rinne sahen. Bei AM ist der Mandibularbogen, bei AH der Hyoidbogen getroffen. Fünf Schnitte weiter kaudal (Linie 2—2) zeigt uns Figur 25 die vorher rechtwinklige Rinne abgerundet, Ektoderm und Ento- derm nicht mehr verschmolzen und einen kleinen Zellhaufen, die Thyreoidea-Zellknospe (Th); wir finden also jetzt nicht mehr das Munddivertikel, nicht mehr beide Faltenblätter getroffen, wie auf Figur 17, sondern nur den Übergang des Mundbucht- Entoderms in das kraniale Blatt der Falte. Auf den folgenden Schnitten treffen wir den Hohlraum zwischen den beiden Faltenblättern. Figur 22 stellt einen solchen dar, zehn Schnitte weiter kaudalwärts als Figur 25. Der Raum innerhalb der Falte ist noch klein; die Hyoidbögen sind noch ziemlich weit voneinander entfernt. Zwischen ihnen liegt eine einzige Reihe von Herzzellen. Der Herzzellenstrang ist in diesem Stadium noch kurz und dünn, seine ganze Anordnung ist folgende. In der Nähe der Thyreoidea-Anlage treffen wir Gefässzellen an deren beiden Seiten, dann im Hohlraum der Falte einen kurzen Strang, endlich liegen wieder weiter kaudal Reihen einzelner Gefässzellen zu beiden Seiten der Leberanlage. Man kann also schon jetzt eine Gabelung der Herzanlage so- wohl an ihrem kranialen wie an ihrem kaudalen Ende fest- stellen, kranial finden sich Gefässzellen vereinzelt auch noch im Bereiche der Mandibularbögen. Es wird jetzt der Herzraum grösser, die Hyoidbögen nähern sich und der Herzzellenstrang wird länger und dicker. Über die erste Anlage der Schilddrüse etc. 30 E. MUTHMANN, Figur 26 (17 Urwirbel) zeigt den Herzzellenstrang aus ein- zelnen Zellen bestehend, welche untereinander in lockerm mesen- chymatösem Zusammenhang stehen und durch mehrfache proto- plasmatische Brücken mit der hochzelligen splanchnischen Wand des Herzbeutels verbunden sind. Eine Ableitung dieser Herz- zellen vom Entoderm ist abzuweisen. Die vorsichtigste Unter- suchung auch zahlreicher jüngerer Embryonen hat nie den geringsten Anhalt hierfür geboten. Anderseits können Bilder Fig. 26. wie Figur 17 und 26 kaum in einem anderen Sinne gedeutet werden, als dass diese ersten Herzzellen (Herzendothelzellen) mesodermaler Natur sind und von der Splanchnopleura abge- geben werden, wofür auch ihre erste Anlage bei jüngeren Stadien mit 12—14 Urwirbel spricht. Der lockere mesenchymatöse Bau des Herzzellenstranges wird bei Embryonen mit 18—19 Urwirbeln geschlossener, in- dem die einzelnen Zellen sich dichter an einander lagern. Häufig Über die erste Anlage der Schilddrüse etc. 31 ordnen sie sich auch sofort zu einem Endothelrohr an. Figur 27 (18—19 Urwirbel) zeigt die Hyoidbogen einander fast berührend und einen soliden Herzzellenstrang. Einige Schnitte weiter Fig. 27. kaudal, Figur 28, berühren sich die Hyoidbögen in der Mitte. Es kommt jedoch noch nicht sofort zur Bildung eines einheit- lichen Perikardial-Raumes, sondern bis zu Stadien mit etwa 21 Urwirbeln bleibt eine dünne ventrale Scheidewand bestehen, das Mesokardium anterius Me.a. Der Herzzellenstrang ist hier, an seinem kaudalen Ende breit; es ist die Anlage des sich weiter kaudal gabelnden sinus venosus. Erwähnt sei noch, dass in seltenen Fällen sowohl Herr Professor Mollier wie ich beobachtet haben, wie die von den 32 E. MUTHMANN, beiden Hyoidbögen gelieferten Herzzellen sich vor ihrer Ver- einigung zu zwei nebeneinander liegenden Herzzellensträngen ordnen, so dass man dann eine doppelte Herzanlage erkennen kann; später scheinen beide in ähnlicher Weise wie die Peri- kardialräume miteinander zu verschmelzen. Es ergiebt sich auf Grund dieser Befunde, dass zwar die Bildung der Herzzellen nicht eine unpaare, sondern eine paarige ist, da beide Seiten des Embryo Zellen, selten sogar einen Zell- Fig. 28. strang liefern, und dies beiderseitige Material sich erst zur un- paaren Herzanlage vereinigt. Jedoch tritt eine durchgehende gleichmässige Höhlung stets einheitlich und unpaar auf und so müssen wir daher das Herz selbst als ein unpaares medianes Organ auffassen. Brachets Stadium II entspricht etwa meinen Serien mit 13 Urwirbeln. Zwischen I und II besteht also ein bedeutender Altersunterschied und inzwischen sind alle die wichtigen Ver- Über die erste Anlage der Schilddrüse etc. 33 änderungen vor sich gegangen, die ich im vorhergenden be- sprochen habe, vor allem die Streckung des Embryo. CHE NESCHIEN EEE SOLL RO, 8 RED 00, Sn DEORERS IE RR Fig. 6 bei Brachet. b bouche definitive, Voraus bemerkt sei, dass Brachet Gefässzellen zwar be- obachtet, aber nicht als solche anerkannt hat; er hält sie für Mesenchymzellen, deren Ursprung vom Mesoderm leicht nach- zuweisen sei; sie sollen aber nur ziemlich weit dorsal zu finden sein. Anatomische Hefte. I. Abteilung. 78. Heft (26. Bd. H. 1.) 3 34 E. MUTHMANN, Figur 6 bei Brachet (Fig. 30) entspricht vollständig, wie man sieht, meiner Fig. 29, einem Schnitt durch die Mundanlage desselben Embryo, dem Fig. 27 und 23 entnommen sind. Seine Figuren 8 und 11 (Fig. 31 u. 32) sind meiner Figur 27 und 28 zu Fig. 31. Fig. 8 bei Brachet. c coeur. Fig. 11 bei Brachet. vergleichen. Auf meinen Bildern fehlt aber die bei Brachet ge- zeichnte Verbindung der Herzanlage mit der Darmwand, welche bei meinen Embryonen nicht vorhanden war, weshalb ich auch eine Ablösung des Herzzellstranges vom Darm, die in dieser schmalen Verbindung ihren Ausdruck finden soll, nicht zu- geben kann. Über die erste Anlage der Schilddrüse etc. 35 Brachet beobachtet ferner, dass die Herzzellen als Strang nach vorne zu in das Mundbuchtentoderm, nach hinten in die ventrale Leberwand ununterbrochen übergehen; beides ist bei meinen Präparaten nicht der Fall. Den kaudalen Zusammenhang der Herzanlage mit dem Entoderm — entsprechend Figur 11 bei Brachet — kann ich nicht bestätigen, immer ist die Grenze zwischen Herz und Darm- wand eine absolut scharfe. Vergleichen wir Brachets Figur 11 mit meiner Figur 28, so kann ich den von Brachet gezeich- neten breiten Zusammenhang nur darauf zurückführen, dass er den zur Bildung des sinus venosus quer verbreiterten Herz- zellenstrang bei seinen Präparaten nicht vom Entoderm ab- grenzen konnte, was bei meinen Serien leicht gelang. Ich muss daher auch in diesem Stadium überhaupt jede Beziehung der Herzanlage zum Entoderm verneinen, besonders auch eine solche zur Mundanlage, auf welche Brachet ja grossen Wert legt. Ich ünde vielmehr in diesem Stadium vor dem kranialen Ende des Herzzellenstranges einen kurzen zellfreien Raum (auf 1—2 Schnitten), dann folgt kopfwärts der Thyreoidea-Zellhaufe als niedriger Vorsprung des Entoderms der Mundbucht, und dann die Mundanlage. Gerade die Thyreoidea aber wird wohl die Ursache der Darstellung Brachets sein, indem er ihre Anlage, die er in diesem Stadium ebenfalls „saillie hypoblastique‘“ nennt, kontinuierlich in den Herzzellenstrang übergehen zu sehen glaubte, und er daher das Herz mit der Mundanlage in Verbindung sah. Brachet glaubt, wie erwähnt, bei Stadium II dieselben Zellmassen zu sehen wie bei Stadium I, während es sich nach meiner Auffassung um wesentlich verschiedene Dinge handelt. Ich glaube nach vorsichtigster Durchsicht und Deutung meiner Präparate die Ansicht aussprechen zu dürfen. dass Brachet beim ersten Stadium die Spitze des kegelförmigen Munddivertikels, im zweiten aber die Anlage der Thyreoidea 3* 36 E. MUTHMANN, mit der Herzanlage verwechselt habe. (Es ist möglich, dass Brachets Figur 8 die Schilddrüsenanlage zeigt, dann wäre die Verbindungsbrücke mit dem Entoderm richtig, aber die Deutung als Herz falsch ; doch lässt sich das nach Brachets Beschreibung nicht entscheiden.) Bei Brachets Stadium I ist ohne Zweifel von einer Herz- anlage noch nichts vorhanden, während bei Stadium II diese schon ziemlich weit entwickelt ist; seine Figur 10 stellt einen Schnitt durch den noch soliden Herzzellstrang dar. IV. Bei Embryonen mit 20--21 Urwirbeln ist die Thyreoidea kaum gewachsen. Sie hängt noch in ganzer Länge mit dem Entoderm zusammen, allerdings in dem kaudaleren Teil nur noch mittelst einer schmalen Verbindungsbrücke. Die Herz- anlage ist fast in ganzer Länge gehöhlt.e Die neben der Thyreoidea gelegenen Gefässzellen haben sich zum Endothelrohr der beiden ersten Kiemenarterien geordnet, doch ist bei diesen Stadien gewöhnlich ihre Einmündung in das Herz, der Bulbus arteriosus, noch nicht einheitlich hohl, sondern besteht aus noch meist wenig geordneten Zellen. Diese Zellen liegen unmittelbar hinter dem kaudalen Ende der Thyreoidea, noch näher an ihr, als beim vorigen Stadium. Die Splanchnopleura beginnt das Herzendothelrohr zu um- wachsen zur Bildung des dorsalen Mesokards. Der Herzschlauch fängt an, sich ein wenig zu krümmen. Die Figuren 33—35 zeigen Querschnitte durch einen Embryo diesen Alters. Auf Figur 33 ist die äusserste Spitze der Thyreoidea (Th) getroffen, mit dem Entoderm nur noch durch eine schmale Verbindungsbrücke zusammenhängend. Rechts und links ist die Arteria hyo-mandibularis (Maurer) (Ahm) zu sehen. Auf dem nächsten (Figur 34) und übernächsten Schnitt treffen wir die Anlage des Bulbus arteriosus. Die Abbildung zeigt die Über die erste Anlage der Schilddrüse etc. 37 Lumina der beiden Arterien, deren Wandungen aneinander liegen und dadurch einen etwas unregelmässigen Zellhaufen bilden. Dass dieser Zellhaufen nicht mehr Thyreoidea ist, auch et namen et 2 EEE 0 00 8,0 We © 000 zu ihr keine Beziehung hat, glaube ich daraus schliessen zu können, dass auf Figur 33 der Schnitt durch die Thyreoidea keine Kerne mehr zeigt, also das äusserste Ende getroffen ist; ausserdem steht der Zellhaufen auf Figur 34 nicht in Verbindung 38 E. MUTHMANN, mit der Darmwand, während noch bei Embryonen mit 25 Ur- wirbeln (Figur 36) die Schilddrüse auch an ihrem letzten Ende diese Verbindung bewahrt hat. Figur 35 (5 Schnitte. weiter kaudal) zeigt den hohlen Herzschlauch, das Mesocardium anterius (MeA) und den Beginn der Umlagerung des Herzens durch das Perikard zur Bildung des Mesocardium dorsale. Bis zum Stadium mit 25 Urwirbeln verändert sich die Thyreoidea so gut wie garnicht. Die Entwickelung der übrigen Organe schreitet jedoch schnell fort. Das Mesocardium anterius verschwindet und der Perikar- dialraum wird einheitlich. Die Arteriae hyo-mandibulares ent- wickeln sich weiter kranial und dorsal zu, der Bulbus arteriosus wird hohl. Die erste äussere Kieme beginnt vorzuwachsen. Das in den Zellen enthaltene Dottermaterial wird infolge starker Vermehrung der Zellen allmählich verbraucht; die Kerne liegen vielfach so dicht neben einander, dass Zellgrenzen nicht mehr zu erkennen sind. Auf Figur 36, einem Schnitt durch einen Embryo von etwa 25 Urwirbeln, liegen die beiden Arterien gut ausgebildet neben Über die erste Anlage der Schilddrüse ete. 39 der Thyreoidea; die kraniale Spitze des jetzt einheitlichen Peri- kardialraumes ist angeschnitten (Pk. H). > © © oo. a fe) 22 o e © er \O @ os". eo k 2 oo 0 N PO .. “ss, 098/ a A o, 30 > .,8 SEE ER. >) _® f ; 5 . A 10850 Lett a 2) ®: Be; = E jeaPoo o 6 03! ,, je 00 2,00 utte % ® es 'g08 969° Az X) "eo 8@ u SU N Sp, 0? > so "00 RL R \ \ ä $ © o-- © ER F 3 Io > 08, ww — < \ ee on BR Dh Fig. 37. Auf dem folgenden Schnitt, Figur 37, liegen die beiden Arterien unmittelbar neben einander und auf dem nächsten, Figur 38, haben sie sich zum Bulbus arteriosus (B 4) vereinigt. 40 E. MUTHMANN, Die unpaare Thyreoidea liegt also in diesem Stadium gerade in der Gabelung des Bulbus arteriosus in die beiden ersten Kiemenarterien des Embryo, aber stets deutlich von den Gefässen getrennt. Die Entstehung der Kiemenarterien bespricht Brachet bei seinem Stadium IV. Er glaubt auch für sie entodermalen Ursprung annehmen zu können; er neigt sogar zu der Ansicht, dass sich im Ento- Fig. 38. derm, gerade da wo die „Saillie hypoblastique“ mit der Darm- wand zusammenhängt, ein Hohlraum bildet, der dann mit Zellen ausgekleidet wird („On dirait sur certaines coupes, que leur cavitee s’ est creusde dans la substance m&me de l’hypoblast‘‘). Die Zellen sollen hauptsächlich von der „Saillie hypoblastique‘ geliefert werden. Ich habe jedoch niemals beobachten können, dass sich von der Thyreoidea Zellen ablösen, dagegen konnte ich bei fast allen Serien von entsprechend jüngeren Embryonen hie und da einen Zusammenhang der Gefässzellen mit dem Mesoderm (hauptsächlich Hyoidbogen) feststellen. Doch ist freilich ihre erste Entstehung im Stadium IV von Brachet Über die erste Anlage der Schilddrüse ete. 41 längst vorüber. Die Thyreoidea bezeichnet Brachet noch immer als „Saillie hypoblastique“ und elaubt, dass sie zum Längenwachstum des Herzens noch Material liefern könne. Die Embryonen seines vierten Stadiums sind etwas jünger, als die zuletzt von mir besprochene Serie; doch lässt sich Brachets Abbildung 18 (Fig. 39) mit meiner Figur 33 und 36, seine Figur 19 mit meinen Figuren 34 und 38 vergleichen. Brachet hält die hier mit coeur bezeichneten Zellen für eine direkte Fort- setzung, für einen Teil der „Saillie hypoblastique“ („la saillie hypoblastigue ou plutöt ce qui la represente encore. .“). Er er- kennt auf dem Schnitt — auf seiner Abbildung ist es nicht deut- lich — die beiden Lumina der Arterien von Zellen umschlossen, Fig. 39. Fig. 18 bei Brachet. c coeur. die von der Entodermleiste abstammen sollen (‚Il parait evident que les cellules qui circonscrivent encore vaguement les deux cavites vasculaires proviennent d’une sorte de dissociation des elements de la saillie hypoblastique‘). Der Irrtum ist in diesen Stadien naheliegend, da ja die betreffenden Zellen unmittelbar an die Thyreoidea grenzen, doch ist mir die Abgrenzung bei meinen Serien stets ohne Schwierigkeit gelungen. Nach meiner Auffassung ist es auch ausgeschlossen, dass 42 E. MUTHMANN, die „saillie hypoblastique“ Material zum weitern Wachstum des Herzens liefert. Über ihr weiteres Schicksal sagt Brachet nichts, sie bietet, nachdem das Herzendothelrohr im wesentlichen fertig ist, kein Interesse mehr für ıhn. Fassen wir das bisher besprochene kurz zusammen. Brachet findet bei Stadien von etwa 1,5 mm Länge eine vom Mundentoderm aus sich kaudal erstreckende Leiste, die mit dem Entoderm noch in ganzer Länge zusammenhängt, aber die Tendenz zeigt, sich von ihm loszulösen und zwar zu- nächst nur in der Mitte. Dies soll die erste unpaare solide Herzanlage sein. Nach meiner Ansicht besteht in diesem Alter eine Herzan- lage noch nicht, und hat daher die Entodermleiste mit dem Herz nichts zu thun; es handelt sich vielmehr um das solide Ende eines sich entwickelnden Vorderdarmdivertikels, dessen äussere Gestalt in diesem Stadium die eines kegelförmigen, mit der Spitze kaudalwärts gerichteten Wulstes ist; dieser Wulst entsteht infolge äusserer Einkerbung und entsprechender innerer Faltenbildung. In der soliden Spitze befinden sich, — schon jetzt auffindbar — die Zellen, welche später die Thyreoidea vorwachsen lassen. Bei Stadien von 1,9mm Länge glaubt Brachet dieselbe „Saillie hypoblastique‘“ zu sehen, sie soll sich verlängert und zum grössten Teil vom Entoderm losgelöst haben, und nur noch vorne mit der Mundbucht, hinten mit der Leber zu- sammenhängen. Nach meiner Auffassung besteht dies Gebilde aus zwei ver- schiedenen und von einander getrennten Teilen: erstens kranial aus der Thyreoidea, welche inzwischen vorzuwachsen begonnen hat und zweitens aus dem von mesodermalem Material ge- bildeten Herzzellenstrang. Über die erste Anlage der Schilddrüse ete, 45 Die Arteriae hyo-mandibulares werden nach meiner Ansicht ebenfalls von mesodermalen Zellen gebildet und nicht, wie Brachet bei Stadium IV beschreibt, von entodermalen Zellen der „saillie hypoblastique“, meiner Thyreoidea. — Nur kurz sei jetzt noch die weitere Entwicklung der Thyreoidea erwähnt. Bei einem eben ausgeschlüpften Embryo mit etwa 30 Ur- wirbeln ist das freie Ende der Thyreoidea etwas länger ge- worden. Die auf Figur 33 und 36 sichtbare Verbindungsbrücke mit dem Entoderm ist auf den kaudaleren Schnitten daher nicht mehr sichtbar, während kranial der Zusammenhang mit dem Mundentoderm noch etwa während der vier ersten Tage der Larvenperiode erhalten bleibt. Am fünften bis siebten Tag des Larvenlebens wird die noch unpaare Schilddrüsenanlage ganz selbständig und beginnt sofort sich der Länge nach in ein linkes und rechtes Organ zu teilen. Etwa am zehnten Tage habe ich in dem kleinen Epithel- bläschen Kolloid nachweisen können; die Bläschen liegen lateral neben dem Musculus sternohyoideus, hinter dem zweiten Kerato- branchiale. Genauere Beschreibung dieser Vorgänge geben Maurer und Livini. Es wird also bei Triton die erste Anlage der Thyreoidea sehr früh sichtbar, gleichzeitig — oder vielleicht etwas früher als die erste Anlage des Herzendothels. Es liegt der zuerst nach- weisbare Thyreoidea-Zellhaufe in der kranialen Wand des Raumes, in welchem sich das Herz entwickelt; später wächst ein kurzer Thyreoideazapfen in diesen Raum ein, um sich endlich vom Entoderm abzuschnüren. Während der ganzen Embryonalzeit und der ersten Tage des Larvenlebens liegt die unpaare Schild- drüse in der vorderen Gabelung des Truncus arteriosus, jedoch tritt sie niemals in irgendwelche Beziehungen zum Herzen, liefert vor allem kein Material zu dessen Entwickelung. 44 E. MUTHMANN, Von anderen urodelen Amphibien habe ich einige Serien vom Axolotl und fast vollständige Entwickelungsserien von Salamandra atra untersucht. Die Entwickelung des Herzendothels ist bei ihnen dieselbe wie bei Triton. Beim Axolotl scheint mir auch die Bildung des für das Herz bestimmten Raumes ganz ähnlich zu sein. Letztere verläuft bei Salamandra etwas anders, da wie die Figuren 5—8 zeigen der Embryo keine so starke Krümmung annimmt wie Triton. Der Raum sieht daher von Anfang an auf dem Sagittalschnitt nicht dreieckig aus (wie bei Triton, Figur 21) sondern viereckig. Bei beiden liegt die Tihyreoidea- Anlage in der Gabelung des Bulbus arteriosus, daher glaubt Brachet auch bei ihnen die „saillie hypoblastique“ und ento- dermalen Ursprung des Herzens gesehen zu haben. Von anuren Amphibien habe ich vollständige Entwickelungs- serien von Bufo vulgaris und Rana temporaria untersucht, welche mir zum grössten Teil Herr Professor Mollier in liebenswürdigster Weise zur Verfügung stellte. Wie bei den Urodelen wird bei den Anuren Leber- und Mundbucht durch eine hier sehr lange und wenig hohe Falte getrennt, in welcher sich das Herz entwickel. Da wo das Mundbuchtentoderm in das kraniale Blatt der Falte übergeht, entsteht die Thyreoidea-Anlage, also auch hier in nächster Nähe des Herzens. Auf Querschnitten sieht man in der ventralen Medianlinie der Mundbucht eine Rinne sich bilden, welche kaudal plötzlich aufhört. An ihrem Ende sitzt eine kleine Epithelknospe, die Thyreoidea. In der Litteratur finde ich widersprechende Angaben, ob diese erste Anlage hohl oder solide ist. Es scheint mir das be! verschiedenen Bufo-Arten nicht übereinstimmend zu sein, da bei den mir von Herrn Professor Mollier zur Verfügung gestellten Serien deutlich eine solide Zellknospe zu sehen war, während Über die erste Anlage der Schilddrüse ete. 45 ich bei einer anderen Art ein kleines kranial in die Rinne sich öffnendes Bläschen beobachtete. Das Herz ensteht wie bei Urodelen aus mesodermalen Zellen, welche vom Hyoidbogen abgegeben werden. Figur 40 ist ein medianer Sagittalschnitt durch einen Embryo von Bufo vulg. Die Mundanlage ist infolge Krümmung des Fig. 40. Bufo vulgaris. Sagittalschnitt. Th Thyreoidea. Kopfes nicht ganz median getroffen. Die Thyreoidea ist deut- lich zu sehen, ebenso die Perikardial- und Herzanlage (H). Die Figuren 41-43 sind Querschnitte durch verschiedene etwas jüngere Embryonen. Figur 41 zeigt die Rinne, welche hier seicht und rundlich aussieht, die Hyoidbögen und Gefässzellen. Kaudal davon auf Figur 42 ist die solide Thyreoidea zu sehen, noch weiter kaudal ist dieselbe verschwunden und die vorher paarigen Gefässzellenstreifen sind vereint und zahlreiche Herzzellen erfüllen den Raum zwischen den Hyoidbögen und der Darmwand (Fig. 43). Das weitere Wachstum und die Teilung 46 E. MUTHMANN, Über die erste Anlage der Schilddrüse ete. 47 der unpaaren Schilddrüsenanlage verläuft ähnlich wie bei den Urodelen; P. de Meuron und W. Müller geben hiervon genaue Beschreibungen. Kurz bevor diese Arbeit druckfertig wurde, erschien eine Arbeit Brachets über die Herzentwickelung der Anuren. Brachet ist auf Grund dieser Untersuchungen zweifelhaft ge- worden, ob er seine 1898 veröffentlichten Ansichten über die Urodelen aufrecht halten könne, da er bei den Anuren die mesodermale Entwickelung des Herzens erkannte, und der Unter- schied zwischen den so nahe verwandten Tierklassen sehr auf- fallend wäre. Zum Schluss bleibt mir die angenehme Pflicht, meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Professor Mollier, für die gütige Überweisung des Themas, sowie für das Interesse und die Unter- stützung, welche er meinem Arbeiten stets entgegenbrachte, meinen wärmsten Dank auszusprechen. Desgleichen bin ich Herrn Prosektor Dr. Böhm und Herrn Privatdozenten Dr. L. Neumayer, Assistenten am histologischen Laboratorium der Anatomie, zu vielem Danke verpflichtet, wie auch meinem Freunde Dr. R. Thoma, welcher einen grossen Teil der Figuren gezeichnet hat. nanpwm Litteraturverzeichnis. Bolau, Glandula thyreoidea und Glandula thymus der Amphibien. Anat. Anz. 1888. Gaupp, Anatomie des Frosches. Goette, A., Entwickelungsgeschichte der Unke. . — Entwickelungsgeschichte des Flussneunauges (Petromyzon fluviatilis). Hertwig, O., Entwickelungsgeschichte des Menschen und der Wirbeltiere. — Handbuch der Entwickelungsgeschichte. Livini, F., Organi del sistema timo-tireoideo nella salamandrina perspici- lıata. Archivo Italiano di Anatomia e di Embryologia. Vol. I, Fase. I. 1902. Maurer, F., Schilddrüse, Thymus und Kiemenreste der Amphibien. Morpholog. Jahrbuch XII. — Die Kiemen und ihre Gefässe bei anuren und urodelen Amphibien und die Umbildung der beiden ersten Arterienbogen bei den Teleostiern. Morpholog. Jahrbuch. XIV. Mayer, Zur Lehre von der Schilddrüse und Thymus bei den Amphibien. Anat. Anz. 1888. . Meuron, P. de, Developpement du thymus et de la glande thyreoide. Archives des sc. phys. et nat. T. XV. 1871. . Morgan, Th., The developpement of the Frog’s Egg. 13. Müller, Über die Entwickelung der Schilddrüse. Jenaische Zeitschrift für Medizin und Naturwissenschaft. 1871. . Rabl, C., Über die Bildung des Herzens der Amphibien. Morpholog. Jahrb. XII. . Schwink, Untersuchungen über die Entwickelung des Endothels und der Blutkörperchen der Amphibien. Morpholog. Jahrbuch XIX. Weysse, A. W., Über die erste Anlage der Hauptanhangsorgane des Darmes beim Frosch. Archiv f. mikroskopische Anatomie. XLVI. Wiedersheim, R., Vergleichende Anatomie der Wirkeltiere. Aus DEM VERGLEICHEND-ANATOMISCHEN INSTITUT zu FREIBURG 1. Br. BEITRÄGE ZUR LEHRE VOM KOPFNERVENSYSTEM DER VÖGEL. VON ELISABETH CORDS, FREIBURG. Mit 14 Figuren auf den Tafeln 1/4 In der Einleitung zum VI. Bande des Bronnschen Werkes schreibt der Verfasser: „Die grosse Zahl der Litteratur-Nachweise scheint die oft gehörte Klage kaum zu rechtfertigen, dass die Vogel-Anatomie ein wenig bebautes Feld sei; im Gegenteil sie erfreut sich jetzt grösserer Zuneigung denn je...“ Leider hat sich diese Zuneigung nicht auf alle Teile der Vogel-Anatomie ausgedehnt und sind z. B. die Kopfnerven, seit sie vor mehr als 50 Jahren (1852) durch Bonsdorff für Cor- vus cornix und Grus ceinerea eine Darstellung gefunden haben, ausser in Bronn (Gadow) nicht wieder zusammenhängend bearbeitet worden. Auch sonst zeigt sich geringes Interesse für dieses Gebiet — so übergeht z. B. Ruge in seiner Arbeit „über das periphe- rische Gebiet des Nervus facialis der Wirbeltiere“ die Vögel gänzlich — und nur über wenige Spezialpunkte (Hypoglossus- wurzeln, Acusticus) liegen neuere Angaben vor. Der Mangel an genauen präparatorischen Durcharbeitungen des Kopfnerven- systems bedingt aber nicht nur auf diesem Gebiete selbst eine unerfreuliche Lückenhaftigkeit der Kenntnisse, sondern macht sich auch vielfach bei der Betrachtung anderer Organsysteme, so z. B. des Kopfskelettes, empfindlich bemerkbar. Ich bin daher gerne der Aufforderung des Herrn Professor Gaupp ge- folgt, auf diesem Gebiete zu arbeiten. Mein Material beschränkte sich auf die Köpfe von Gänsen, iinten und Hühnern, doch glaube ich wegen der grossen Über- 4* 52 E. CORDS, einstimmung, die ich in allen wesentlichen Punkten angetroffen habe, dass auch die Untersuchung anderer Species nur hinsicht- lich der Lagebeziehungen einzelner Nerven und ihrer relativen Stärke abweichende Resultate ergeben wird. Die Köpfe wurden nach der von Langerhans angewen- deten Methode in 20 %/oiger Salpetersäure entkalkt und dann, wo es anging, unter Wasser präpariert. Später verwendete ich statt Wasser mehrfach S0°/sigen Alkohol, weil sich hierbei die un- angenehme Eigenschaft des Bindegewebes, nach Salpetersäure- behandlung in Wasser stark aufzuquellen, nicht so bemerklich macht. — Vorbemerken möchte ich noch, dass am ausgewachsenen Vogelschädel die Lage der Nervenlöcher zu den verschiedenen Schädelknochen nicht immer genau zu bestimmen ist und dass hierüber, wie über die Natur der Schädelknochen, ganz beson- dere entwickelungsgeschichtliche Untersuchungen nötig sind. I. N. olfaetorius. Der Olfactorius entsteht aus dem vorderen Ende des Lobus olfactorius, der in dem vordersten über dem Interorbitalseptum gelegenen Zipfel des Cavum cranii gelagert ist (Fig. 1). Der Nerv tritt durch eine Öffnung zwischen dem Os frontale und dem Septum interorbitale in die Orbita, wo er an der Unterfläche des Os frontale in einem mehr oder weniger tiefen Kanal, dorsal vom M. obliquus superior und dorsal und etwas medial vom R. ophthalmicus V nach vorn verläuft. Er blickt somit auf einer Strecke seines Verlaufes mit seiner lateralen und ventralen Seite in die Orbita, nur von Bindegewebe bedeckt — ein Ver- halten, das an die Zustände bei den Teleostiern erinnert und wie dort offenbar die Folge des Septum interorbitale ist (Fig. 14). Er verlässt die Orbita dicht neben dem Ophthalmieus durch eine Öffnung im Os ethmoidale und tritt von hinten und oben Beiträge zur Lehre vom Kopfnervensystem der Vögel. 53 zur Schleimhaut der Nasenhöhle, zunächst zu der des Riech- hügels. II. N. optieus. Die beiden Tractus optiei bilden nach ihrem Austritt aus dem Zwischenhirn vor der Hypophyse das Chiasma (vergleiche Fig. 1), aus dem jederseits ein kräftiger N. optieus unter ziem- lich starker Divergenz mit dem andersseitigen vor- und lateral- wärts heraustritt, um durch das Foramen opticum in die Orbita zu gelangen. Das Foramen ist, von der Schädel-Innenfläche gesehen, einheitlich und wird erst weiter vorn durch das Septum interorbitale geteilt. In der Orbita zieht der Nerv, von dicker Duralscheide umgeben, medial vom Ursprung des M. rectus medialis vor- und lateralwärts und tritt, nachdem die Sehne des M. pyramidalis bogenförmig über ihn weggegangen ist, in die dorsale und mediale Fläche des Bulbus. III. N. oculomotorius. Der Oculomotorius verlässt das Nachhirn an seiner vorderen Grenze, auf der ventralen Seite, nahe der Mittellinie und etwas hinter dem Hypophysen-Stiel (vergl. Fig. 1). Er tritt lateral vom Diaphragma sellae durch die Dura und geht durch eine lateral und unter dem Foramen opticum im Os sphenoidale gelegene Öffnung (Foramen oculomotoricum Bonsdorff) in die Orbita; dabei liegt er medial und unter dem N. trochlearis und dem Ursprung des M. rectus superior. Gleich nacndem er diesen passiert hat, teilt er sich in den schwächeren Ramus superior und den stärkeren Ramus inferior (vergl. Fig. 2 u. 3). A. Ram. superior. Dieser wendet sich dorsalwärts und tritt in die Unterfläche des M. rectus superior. B. Ram. inferior. Er schlingt sich medianwärts um den M. reetus inferior herum auf dessen ventrale und mediale Seite. >4 E. CORDS, Darauf zieht er zwischen der dem Bulbus zugekehrten Fläche der Harderschen Drüse und dem M. rectus medialis!) zum M. obliquus inferior, in dem er endet. Auf diesem Wege giebt er folgende Zweige ab: 1. Ram. eiliaris. Gleich nach seiner Trennung vom Ram. superior entsendet der Ram. inferior einen verhältnismässig starken Ast, der sofort zu dem sog. Ganglion eiliare an schwillt (vergl. Fig. 2 u. 3). Dieses sitzt somit dem Stamme des dritten Hirnnerven dicht an und zwar liegt es zwischen ihm und dem Opticus, lateral und unterhalb des letzteren. Es ist von länglicher Form, bei der Gans ca. 2—2!/j2 mm lang, etwa I mm breit und von den Seiten her etwas abgeplattet. Eine selbständige sympatische Wurzel, wie sie dem Menschen zukommt, fehlt den von mir untersuchten Vögeln. Beim Huhn senkt sich ein äusserst feiner Nervenast vom Abducens in das distale Ende des Ganglion. Aus dem gleichen Ende des Ganglion gehen ein stärkerer a) N. ciliaris major und 2—3 schwächere b) Nn. ciliares breves (Schwalbe) hervor. Die Nn. eiliares maior und breves verbinden sich noch mehr- [ach untereinander und mit sekundär aus ihnen hervorgehenden Zweigen, ehe sie an der hinteren und medialen Fläche des Bul- bus in dem Winkel, den der Optieus und die bogenförmig nach abwärts verlaufende Sehne des M. pyramidalis bilden, durch die Sklera treten. Auf diesem Wege verbindet sich der N. ciliaris maior mit einem Zweige des ersten Trigeminus-Astes, dem N. cilliaris longus (Schwalbe). Das Ganglion ciliare zeigt bei den verschiedenen Vögeln zahlreiche Varianten in Bezug auf Form, Grösse, Verbindungen und abgehende 1) Die Bezeichnungen „medialis“ und „lateralis“ zur Benennung der Muskeln des Vogelauges sind, dem allgemeinen Gebrauch folgend, der mensch- lichen Anatomie entlehnt und nicht ganz den thatsächlichen Verhältnissen entsprechend. Denn in Wirklichkeit ist bei der stark divergenten Richtung beider Augenachsen der Rectus lateralis ein Rectus posterior. Beiträge zur Lehre vom Kopfnervensystem der Vögel. 55 Zweige. Mehrere derselben sind von Schwalbe (1879) zusammen- gestellt worden. Hervorhebenswert ist besonders die Angabe von Bons- dorff, dass er bei Grus einerea zwei Äste des Abducens' beobachtet habe, von denen der eine in das Ganglion, der andere in den aus dem- selben hervorgehenden Truneus ciliaris sich einsenke, während bei Corvus cornix sich ein Ast des Abducens mit dem R. eiliaris n. ophthalmiei verbinde. — Eigentümlich ist die Angabe von Rochas, dass bei der Gans ein dünner Nerv aus dem Plexus ophthalmieus Sympathiei in das Ganglion eintrete. Ich habe einen solchen nicht beobachtet. Bekanntlich hat die Frage nach der Natur des Ganglion ciliare, die zuerst Schwalbe in seiner berühmten Arbeit von 1879 ausführ- lich erörterte, eine grosse Literatur hervorgerufen. Zu dieser Frage etwas beizutragen, bin ich ausser stande, da es mir hier nur auf eine präparatorische Feststellung der makroskopischen Verhältnisse ankam, und histologische sowie embryologische Untersuchungen mir fern lagen (s. die Arbeiten von Remak, Retzius, Krause, His, Beard C. K. Hoffmann). 2. Ram. ad. M. reetuminferiorem. Bei seinem Verlauf über die ventrale und mediale Fläche des M. rectus inferior giebt der Ram. inferior n. oculomotorii mehrere Zweige in die . Ventralfläche dieses Muskels. Es verhält sich also dieser Ast in seinem Abgang vom Stamm des Oculomotorius und in seiner Lage zum M. rectus inferior ebenso wie bei Amphibien, Reptilien und Säugern. Nach Schwalbe ist der „büschelförmige‘“‘ Eintritt der Nerven in den M. rectus inferior charakteristisch für die Vögel. 3. Ram. ad. M. rectum medialem. Nachdem der Ram. inferior um die Ventralfläche des M. rectus inferior herumge- treten ist, giebt er einen Ast aufwärts zum M. rectus medialis, während der Rest des Nerven als 4. Ram. ad. M. obliguum inferiorem in dem gleich- namigen Muskel mit mehreren Ästen endet. IV. N. trochlearis. Der Trochlearis verlässt das Gehirn auf der dorsalen Seite und schlingt sich um die laterale Fläche des Lobus optieus auf 56 E. CORDS, die Ventralfläche des Centralnervensystems herum (vergl. Fig. lung’). Er tritt weiter lateral als der Oculomotorius und über dem Ganglion semilunare des Trigeminus in die Dura ein; zwischen zwei Blättern derselben verläuft er eine weite Strecke nach vorn, ehe er über dem Ophthalmicus in die Orbita tritt. Seine Aus- trittsöffnung aus dem Schädel stellt entweder eine besondere Öffnung in der hinteren Orbitalwand vor, die dann über und etwas lateral vom Foramen opticum liegt, oder dieses „Foramen trochleare“ (Bonsdorff) verschmilzt mit einer der anderen Durchtrittsöffnungen am Grunde der Augenhöhle. In diese ein- getreten liegt der Trochlearis zunächst über dem Ursprung des M. rectus superior, dann zwischen diesem und dem M. rectus medialis; er verläuft hier in dem den Bulbus umgebenden Fett- und Bindegewebe zum M. obliquus superior, in dem er endet (vergl. Fig. 2 und 7). 1. Ram. communicansce.n. trochlearıi. Da wo der Trochlearis den ersten Ast des Trigeminus kreuzt, verbindet er sich durch einen dünnen Nervenzweig mit ihn. 2. Ram. ad.M. obliquum superiorem, der Stamm des Trochlearis, wendet sich über den medialen und hinteren Rand auf die Ventralfläche des M. obliquus superior, in die er mit mehreren Ästen eintritt. V. N. trigeminus. Der Trigeminus ist nächst dem Optieus der kräftigste Hirn- nerv. Er tritt in zwei Portionen ventro-lateral aus dem vorderen Teile des Nachhirns, wobei die Portio major mehr lateral und dorsal, die Portio minor mehr medial und ventral liegt (vergl. Fig. 1). Die Portio major zerfällt bei Bildung des Ganglion semilunare in zwei Hauptteile, von denen der mediale, schwächere (Ram. ophthalmieus Bonsdorff) zum Ophthalmicus wird, Talel II. ‚hnatom. Hefte, IAbteilung T&HHel (26. Ba 1 1), Fig. 1 n.med. rm Floceulus — rl ‚gang cerrsup\\B Figg: 1,3, 4, 5,6, 8, 9, 10,11, 12, 13, 14 E, Cords del, Fiog. 2 u. 7 R. Senilling del Hertagı von LE Bepgmanın ‚Wtosberden 1! Beiträge zur Lehre vom Kopfnervensystem der Vögel. 5 während ausdem lateralen, stärkeren Maxillomandibularis (Truncus maxillaris Bonsdorff) die als Maxillaris und Mandibularis bekannten Nerven hervorgelien. Von diesen liegt beim Austritt aus dem Ganglion der erstere dorsal, der letztere ventral und etwas mehr der Mittellinie genähert, so dass er bei Betrachtung von oben in der Mitte zwischen dem ersten und zweiten Aste sichtbar wird. Die an der Ventralfläche des Ganglion gelegene, bedeutend schwächere Portio minor, welche sich durch ihre weisse Farbe deutlich von dem rötlichgrauen Ganglion abhebt, geht, wenigstens bei makroskopischer Betrachtung, fast ganz in den dritten Ast über, während der erste nur einen dünnen Zu- schuss von ihr erhält. Der dritte Ast besteht vor der Aufnahme der Portio minor nur aus einem schwachen Bündel vom medialen Rande der gemeinsamen Ganglienmasse des zweiten und dritten Astes (vergl. Fig. 1). Doch macht sich auch hier ein Abhängig- keitsverhältnis von der Grösse der zu versorgenden Teile be- merkbar, indem das Stärkeverhältnis der beiden den Mandi- bularis zusammensetzenden Komponenten, welches beim Huhn dem oben geschilderten Verhalten entspricht, sich bei den Lamellirostres zu Gunsten des sensiblen Teiles umkehrt. Die Bedeutung des Verbindungszweiges der motorischen Wurzelportion des Trigeminus zum Ram. ophthalmieus — ob motorischer oder sensibler Natur — bleibt einstweilen fraglich. Der Trigeminus verlässt den Schädel, entsprechend seinen beiden Hauptzweigen durch zwei Öffnungen, von denen aber die lateral-kaudale, die dem zweiten und dritten Aste als Durch- lass dient, durch eine Knochenspange geteilt sein kann, so dass dann jeder Ast durch ein besonderes Foramen austritt. A. Der erste Ast oder Ramus ophthalmieus (vergl. Fig. 14) tritt nach kurzem Verlaufe unter der Dura von hinten her in die Orbita durch einen medial und aufwärts gerichteten Knochen-Halbkanal, der durch die Wurzel des sog. Ali-Sphenoidale verläuft und durch die Anlagerung des Basi-Sphenoidale von 58 E. CORDS, der medialen Seite her zu einem vollständigen Kanal mehr oder weniger weit nach hinten geschlossen wird. Seine Eintritts- öffnung (Foramen ophthalmieum Bonsdorff) liegt lateral und etwas ventral von dem Foramen opticum. Zunächst verläuft er unter dem N. trochlearis und kreuzt dann den Opticus ober- halb seiner Eintrittsstelle in den Bulbus, auf dessen medialer Oberfläche er alsdann vor und aufwärts zieht, auf der medialen und ventralen Seite vom M. rectus medialis und von oben vom M. obliquus superior bedeckt. Er liegt dabei in dem den Bulbus von den Augenmuskeln (im engeren Sinne) trennenden Fett- und Bindegewebe. Bei seinem weiteren Verlaufe zum vorderen und oberen Teil der Augenhöhle zieht der Ophthalmicus dicht unter- halb und etwas lateral vom N. olfactorius hin. Nachdeın er als N. medialis nasi (N. ethmoidalis Bonsdorff; Ram. internus Gadow) die Orbita verlassen hat, verläuft er am Dach der Nasenhöhle vor- und leicht medianwärts. Von dem anderseitigen nur durch das Septum getrennt, zieht er an diesem als N. septi nasi schräg nach abwärts zum Boden der Nasenhöhle. Nach Bonsdoff und Gadow können die beiderseitigen Nn. septi durch eine Anastomose (Ram. communicans ethmoidalis Bonsdorff) miteinander verbunden sein. Etwa in der Höhe der äusseren Nasenöffnung teilt er sich in seine beiden Endäste, die Rr. praemaxillares medialis und lateralis. Vorher giebt er zahlreiche Äste ab. 1. Ram. communicans e.n. trochleari. Gleich nach seinem Eintritt in die Orbita und kurz bevor er den Opticus kreuzt, verbindet sich der Ophthalmieus durch einen dünnen Ast mit dem über ihm gelegenen Trochlearis. 2. Ram. ciliares. Dicht neben dem vorigen Aste ent- sendet der Ophthalmieus die Nn. ciliares, von denen einer, der N. ciliaris minor sich mit dem aus dem Ganglion ciliare austretenden N. ciliaris maior (Schwalbe) verbindet, während Beiträge zur Lehre vom Kopfnervensystem der Vögel. 59 ein oder zwei weitere Zweige als Nn. ciliares longi (Schwalbe) direkt zur medialen Bulbusfläche gehen. 3. Ram. ad ganglion ethmoidale. Bevor der Ophthal- micus die Orbita verlässt, giebt er einen oder zwei dünne Nn. ethmoidales nach abwärts an das Ganglion ethrnoidale (Bons- dorf£ff; orbito-nasale Rochas). Dieses liegt als kleines Knötchen zwischen der vorderen, oberen Orbitalwand und der Harder- schen Drüse; es ist von recht geringer Grösse, bei der Gans z. B. etwa 1 mm lang und !/a—?/3 mm breit. Ausser diesen eben genannten Ästen des Trigeminus tritt in das Ganglion noch ein Nerv, der von der Schädelbasis heraufsteigt und aus einer Vereinigung von Fasern des Facialis einerseits und des (Glosso- pharyngeus und Sympathicus andererseits sich zusammensetzt (näheres siehe beim Facialis). Aus dem Ganglion gehen Äste nach abwärts zur Harderschen Drüse (rr. ad. gland. Har- deri) und zur vorderen Orbitalwand (rr. orbitales); nach oben gehen solche zur Glandula nasalis externa (Glandula frontalis Bonsdorff) und zum medialen, vorderen Augenwinkel (rr. ad. gland. nasalem externam et rr. palpebrales). 4. Rr. ad gland. nasalem externam. Diese Äste gehen wie die folgenden 5. Rr. palpebrales mit den ihr Versorgungsgebiet teilen- den Zweigen aus dem Granglion ethmoidale zusammen nach oben und lateralwärts. 6. Ram. lateralis nasi (N. nasalis Bonsdorff; ram. externus Gadow; N. frontalis Schlemm). Dieser stärkste Ast des Ophthalmicus spaltet sich dicht hinter der Abgangsstelle der Rr. ethmoidales und kurz bevor er die Orbita verlässt, von ihm ab. Er geht vor- und lateralwärts, um mit mehreren Ästen, die sich gleich im Beginne seines Verlaufes von ihm loslösen, die Haut der Stirn und des Oberlides, sowie des medialen, vor- deren Augenwinkels zu versorgen (rr. frontales et palpe- brales). Der Rest des Nerven verläuft als N. nasalis durch 60 E. CORDS, das sog. Os lacrymale in die Nasenhöhle, deren oberen Teil er mit einem Aste, dem Ram. nasalis internus superior, versorgt. Der Stamm selbst wendet sich, nachdem er eine Strecke an der Unterfläche des Os nasale vor- und abwärts verlaufen ist, um den knöchernen Hinterrand der äusseren Nasenöffnung nach aussen und innerviert die Haut des Schnabelrückens in der Umgebung der äusseren Nasenöffnung sowie den Anfangs- teil der Nasenhöhle als Ram. nasalis externus. 7. Ram. medialis nasi. Nachdem dieser, als immer noch sehr kräftiger Nerv (N. septi nasi) am Septum eine Strecke vor- und abwärts verlaufen ist, teilt er sich etwa in der Höhe der äusseren Nasenöffnung in seine beiden Endäste: a) Ram. praemaxillaris inferior (Ram. inferior n. ethmoidalis Bonsdorff) (vergl. Fig. 14) durchbohrt das Dach der Mundhöhle und zieht hier zwischen der Schicht der Glan- dulae palatinae, die er in ihrem medialen Teile versorgt und der Unterfläche des Zwischenkiefers nahe der Medianlinie nach vorn bis zur Spitze des Schnabels, wo er sich in zahlreiche Äste auflöst, die die vorderen Partien des Schnabels innervieren. b) Ram. praemaxillaris superior (vergl. Fig. 14), der zweite Endast des Ram. medialis nasi, steigt nach seiner Tren- nung vom gemeinsamen Stamme in der spongiösen Substanz des Zwischenkiefers etwas nach oben und lateralwärts. Er schickt seine Zweige durch den Knochen teils nach der Unter- fläche des Zwischenkiefers zu den dort gelegenen Drüsen und der Schleimhaut, teils an die Aussenfläche der vorderen Hälfte des Schnabels; er ist, ebenso wie der Ram. praemaxillaris inf., bei der Gans und Ente sehr stark entwickelt. B. Der zweite Ast oder Maxillaris (vergl. Figur 14) tritt, wie schon oben erwähnt, allein oder zusammen mit dem dritten nach Bildung des gemeinsamen Ganglion aus dem Schädel durch eine Öffnung, die zwischen Basi-Sphenoidale, Ali-Sphenoi- dale und Petrosum gelegen ist. Beiträge zur Lehre vom Kopfuervensystem der Vögel. 61 Bei Hallmann heisst es darüber: „Bei den Vögeln tritt der vereinte zweite und dritte Ast des Trigeminus durch ein Loch zwischen der Ala maena, dem Keilbeinkörper und dem Os petrosum, welches auf dem Hinterhaupts- und Keilbeinkörper aufsitzt.“ Gaupp kommt nach seinen Untersuchungen zu dem Resultat, „dass der zweite und dritte Ast des Trigeminus bei Krokodilen und Vögeln durch ein Foramen austreten, das der Lage (zur Ohrkapsel und Basalplatte) nach dem Foramen prooticum der Saurier entspricht.“ Nachdem der Maxillaris auf diese Weise in die Orbita gelangt ist, nimmt er seinen Weg zwischen der unteren Bulbusfläche und den Mm. depressor palpebrae inferioris und levator bulbi nach vorn und abwärts in die Nasenhöhle, wo er unter den Muscheln hinzieht. Alsdann tritt er durch einen im Zwischen- kiefer allmählich zur Unterfläche des Knochens verlaufenden Kanal unter die Schleimhaut des Mundhöhlendaches. In einem an der Unterfläche des Oberschnabels erkenn- baren Sulcus zieht er schliesslich nach vorn bis zur Spitze des Schnabels. Auf diesem Wege giebt er zahlreiche Aste ab, resp. nimmt solche auf. 1. Rr. commun.n. facialise. ram. secund. n. trigem. (vergl. Fig. 5). Diese vom hinteren Hauptaste des Facialis ab- gehenden Äste begeben sich, nachdem sie sich untereinander und mit Sympathicus-Zweigen aus dem Plexus caroticus ver- bunden haben, teils zum Stamm des Maxillaris, teils zu den Ästen, die er gleich nach seinen Eintritt in die Orbita abgiebt. Mit diesen zusammen beteiligen sie sich auch an dem sog. Plexus temporalis oder rete mirabile ophthalmicum, einem Gefäss- und Nervenknäuel, das sich zwischen zweitem und drittem Aste des Trigeminus in den unteren hinteren Teil der Orbita hinein er- streckt. Bonsdorff nimmt an, dass durch diesen Ast 'Trigeminus- Fasern zum Facialis gelangen und nennt ihn daher Ram. exter- nus n. recurrentis s. vidiani; Näheres darüber siehe beim Fa- cialis. 62 E. CORDS, 2. Ram. temporalis superficialis. Gleich nachdem der Maxillaris in die Orbita eingetreten ist, giebt er diesen Zweig ab, der, an der hinteren Orbitalwand emporsteigend, lateral vorbei an der Thränendrüse zur Glandula nasalis externa sowie zur Haut und Conjunctiva des äusseren, hinteren Augen- winkels zieht. Er geht Verbindungen mit den nächsten Ästen, 3. Rr. laerymales et palpebrales ein, die zwischen Unterfläche des.Bulbus und den Mm. depressor palpebrae in- ferioris und levator bulbi vor- und lateralwärts verlaufen und die Thränendrüse sowie die Conjunctiva und Haut des Unter- lides versorgen. 4. Ram.infraorbitalis. Auch unter den vorhin genannten Muskeln ziehen Nerven in gleicher Richtung wie die Rr. laery- males et palpebrales zum Unterlide. Der stärkste von ihnen versorgt als Ram. infraorbitalis die Haut vor und unter dem medialen Augenwinkel bis zur Grenze des hornigen Schnabel- belags herab. 5. Rr. nasales interni inferiores giebt der Maxillaris bei seinem Verlaufe durch die Nasenhöhle für die Schleimhaut ab, ebenso wie 6. Rr. nasales externi, die zur äusseren Bedeckung des Schnabelrückens bis zum Nasenloch herab gehen. 7. Rr. palatini posteriores gehen etwas weiter auf seinem Verlaufe nach abwärts ab; sie gehen um den hinteren Rand des Os palatinum oder durch den Knochen selbst und versorgen den hinteren, lateralen Teil des Gaumens. Auf der- selben Strecke verbindet er sich mit dem 8. Ram. commun. ce. r. palatino n. facialis durch einen äusserst dünnen Zweig; ebenso geht er mit den am Sep- tum nasi sich verzweigenden, vom Facialis, Glossopharyngeus und Sympathieus stammenden (siehe Näheres beim Facialis) Nervenzweigen Verbindungen ein; ein eigentliches „Ganglion sphenopalatinum“ war makroskopisch nicht zu erkennen, ebenso- Beiträge zur Lehre vom Kopfnervensystem der Vögel. 63 wenig liess sich ein solches mikroskopisch an einem Hühner- Embryo nachweisen. Gadow erwähnt allerdings eine „direkte Verbindung des Ram. II. Trigemini, kurz bevor derselbe in den Oberkiefer eintritt, mit dem Ganglion sphenopalatinum (Rochas) und daher mit dem N. sympath. carotido-cephalieus, also auch wieder mit dem Ganglion cervicale su- premum.“ Dagegen bemerkt Magnien ausdrücklich: „je n’ai jamais trouve chez les esp£ces, que j’ai &tudiees le ganglion spheno-palatin.“ 9. Ram. maxillarisexternus. Dieser geht schräg lateral- wärts vom Maxillaris ab, ehe er in den Zwischenkiefer eintritt und versorgt den hinteren, unteren Teil der Lateralfläche des Oberschnabels. 10. Ram. alveolaris superior (vergl. Fig. 14), der End- ast des zweiten Trigeminus Zweiges, giebt bei seinem Verlaufe an der Unterfläche des Oberschnabels zahlreiche Nerven an die Randpartien des Schnabels. C. Der dritte Ast oder Mandibularis verlässt in der oben angegebenen Weise die Schädelhöhle (vergl. Fig. 14), wo- bei er sich mit der Portio minor verbindet. Er zieht alsdann als starker Nerv zwischen den verschiedenen Portionen der Kaumuskeln vor- und abwärts zur Medialfläche des Unterkiefers. Hier tritt er in das unter dem Processus coronoideus gelegene Foramen mandibulare und verläuft als Ram. alveolaris in- ferior im Unterkiefer unter Abgabe zahlreicher Äste (rr. dentales Bonsdorff) zur Spitze des Schnabels, wo er mit mehreren starken Verzweigungen als Ram. mentalis endet. Vorher giebt er folgende Äste ab: 1. Rr. musculares. Nachdem der Mandibularis die Schädel- höhle verlassen hat, giebt er motorische Äste zu Muskeln ab. a) ır. pterygoidei, ein paar äusserst dünne Nervchen, gehen von der Portio minor zu den gleichnamigen Muskeln. b) Ram. ad. Mm. depress. palp. inf. et levatorem bulbi. Dicht neben den vorigen Nerven und kurz bevor sich die sensible und motorische Portion zum Mandibularis vereinigen, 6A E. CORDS, geht von der letzteren ein dünner Nervenast ab, der an der Unterfläche des Os sphenoidale eine Strecke weit vor- und auf- wärts verläuft; er teilt sich bald wieder in mehrere Aste und tritt von der Ventralfläche her in den M. depressor palpebrae inferioris und in den M. levator bulbi, was für die nahe Zu- sammengehörigkeit beider Muskeln spricht. Ich möchte hier be- merken, dass ich einigemal zwei Nerven in den M. depressor palpebrae eintreten sah; sie stammten beide vom dritten Aste des Trigeminus, und der eine entsprach in seinem Verlauf dem oben beschriebenen Ast; der zweite ging weiter vorn und lateral von einem der Aste für die Kaumuskeln, die er streckenweise durchsetzte, ab. Nach Manz ist der M. «epressor palpebrae inferioris bei Anuren eine Abspaltung vom M. levator bulbi, was auch für die Vögel zu- treffen dürfte. Eine genaue Beschreibung dieser beiden Muskeln findet sich bei Burkard: Die Periorbita der Wirbeltiere. Dieser fasst den M. levator bulbi als Spanner «der Orbitalmembran auf und schreibt über die Inner- vation: „sie wird, ähnlich wie bei den Eidechsen, durch einen zarten Nerven besorgt, der als selbständiger vierter Ast des Trigeminus mit dessen zweitem und drittem Aste zusammen den Schädel verlässt, an der Unterseite der Membran nach vorn und etwas nach innen zieht, um sich bald in zwei Äste zu teilen, von denen der eine in den De- pressor «des unteren Lides, der andere in den Spanner der Membran eintritt“. Fischer nennt den M. depressor palpebrae inferioris bei Reptilien A«dduetor maxillae, weil er seine Insertion am Oberkiefer vermutete; er lässt ihn „durch einen feinen Nerven aus der Wurzel des Trigeminus oder der unteren Fläche des Ganglion Gasseri“ innerviert werden, „der unter dem ersten Aste nach vorne in die Orbita eintritt und sich hier von unten her an den M. adductor maxillae anlegt.“ Eine vergleichende Betrachtung zeigt den M. depressor pal- pebrae inferioris bei den Amphibien vom zweiten Trigeminusast versorgt (Gaupp), bei den Sauriern durch einen Nervenzweig von der Wurzel des V. oder vom Ganglion semilunare (Fischer) oder vom Mandibularis (Bradley), bei den Vögeln vom dritten Aste (Portio minor) des Trigeminus oder „vom vierten Aste‘ desselben Nerven (Burkard). Beiträge zur Lehre vom Kopfnervensystem der Vögel. 65 c) Rr. temporales et pterygoidei gehen. beim Verlauf des Mandibularis durch die Kaumuskulatur in mehreren Ästen zu den gleichnamigen Muskeln. 2. Ram. anguli oris. Bald früher, bald später vom Stamme abgehend, verläuft dieser Nerv nach vorn und unten über die tiefen Portionen des M. temporalis zur Schleimhaut des Mundwinkels und zur Mundwinkeldrüse, der Parotis einiger Autoren. Nach Ritzel fehlt dieser Nervenast denjenigen Vögeln, die die Drüse nicht besitzen: „in iis avibus, quibus glandula parotis deficit, nervus non adest.“ 3. Ram. eircumflexus (Gaupp)!). Dicht neben dem vorigen entspringend, verläuft dieser Nerv steil nach abwärts zum Unterkiefer, wo er in einem lateral und dann etwas ventral vom Meckelschen Knorpel gelegenen Kanale nach der unteren Kante des Unterkiefers hinzieht. Nach seinem Austritt auf der medialen Seite des Knochens versorgt er mit einem Aste von der ventralen Seite her die vordere Portion des M. constrietor colli und nach dessen Durchbohrung den M. mylohyoideus anterior. Der Rest dieses Nervenastes geht um den vorderen Rand des M. mylohyoideus anterior oder durch ihn hindurch (manchmal noch mit Durchbohrung des Sehnenansatzes des M. mylohyoideus posterior |Gadow]) in die Tiefe, wendet sich rück- wärts und geht zwischen dem Knorpel des Zungenbeinhorns und der Dorsalfläche des M. mylohyoidens posterior zum M. inter- hyoideus?), den er in der gleichen Richtung weiter verlaufend versorgt. Der andere Ast des Ram. circumflexus geht ventral vom Ursprung des M. constrictor colli (vordere Portion) weiter, 1) Diese Bezeichnung möchte sich an Stelle der üblichen ‚N. mylo- hyoideus“ empfehlen, weil sie umfassender ist und auf das Charakteristische im Verlaufe der Nerven hinweist. 2) Der Lage nach würde er dem bei Gadow unter dem Namen eines „M. cerato-hyoideus‘“ aufgeführten Muskel entsprechen, doch widerspricht dem die Innervation, da der Gadowsche Muskel als ein Abkömmling des vom N. hypoglossus versorgten M. ceratoglossus aufgefasst wird. Anatomische Hefte. I. Abteilung. 78. Heft (26. Bd., H. ı). hi) 66 E. CORDS, zieht über die Ventralfläche der zwischen den Unterkieferästen eelegenen Glandula submaxillaris anterior weg und endet in der Haut zwischen den beiden Hälften des Unterkiefers. Bonsdorff nennt diesen Ast selbst „N. mylohyoideus“ und seinen Endast „N. submentalis.“ 4. Ram. mandibularisexternus (vergl. Fig. 14). Dieser geht dicht vor oder nach der Abzweigung des Ram. eircumflexus vom Mandibularis ab. Er wendet sich lateral- und etwas aulf- wärts zum Mundwinkel, wo er Äste an die Haut abgiebt, um dann am Unterkiefer, an der Grenze von befiederter Haut und Hornbelag des Schnabels, in einem Sulcus, unter Begleitung einer Arterie, nach vorn zu verlaufen; auf seinem Wege giebt er kleine Zweige an den Hornbelag und die Haut der hinteren zwei Drittel des Unterschnabels. Nachlem der Stamm des N. mandibularis in den Unter- kieferkanal eingetreten ist, zieht er hier nach vorn, wobei er zuerst über dem Meckelschen Knorpel liegt, dann aber über den oberen Rand desselben hinweg sich mehr auf seine laterale Seite wendet. Die Zweige dieses als N. alveolaris inferior zu bezeichnenden Abschnittes des Mandibularis sind: 5. Rami rostrales inferiores, zahlreiche teils kürzere, teils längere Äste, die durch den Knochen zur Aussen- und Innenfläche der vorderen Schnabelhälfte treten. 6. Ram. sublingualis. Dieser geht schon weit oben vom Stamme des Alveolaris inferior ab, bleibt ihm aber noch eine Strecke weit angelagert, tritt dann aus dem Unterkiefer- knochen auf dessen mediale Oberfläche, läuft hier eine Strecke weit entlang und dann zur Glandula submaxillaris anterior, so- wie zum vordersten Teil der Mundschleimhaut. Die genannte Drüse versorgt er mit mehreren Zweigen. Noch innerhalb des Unterkieferknochens nimmt der Ram. sublingualis die von hinten her kommende Chorda tympani auf (s. N. facialis). Beiträge zur Lehre vom Kopfnervensystem der Vögel. 67 7. Ram. mentalis. Dieser letzte Endast des Mandibularis ist bei den Vögeln beim Austritt aus dem Knochen kein einheit- licher Nerv mehr, sondern begiebt sich schon in zahlreiche starke Äste aufgelöst auf die Aussenfläche des Unterschnabels. Beim Huhn zeigt der Nerv vor dieser Aufspaltung in seine Endäste eine kleine Anschwellung; bei der Gans und Ente vermisse ich dieselbe. Bamberg erwähnt bei Beschreibung des dritten Trigeminus-Astes von Gallus domesticus gleichfalls diese Verdiekung: „in apice denique rostri in nodum augetur ex quo multi ramuli digrediuntur.“ Auf den als Ram. circumflexus bezeichneten Ast des N. mandi- bularis, der dadurch charakterisiert ist, dass er den Meckelschen Knorpel von aussen umschliesst und dann zum Mundhöhlenboden tritt, hat Gaupp (1893 S. 468) zuerst aufmerksam gemacht. Der Nerv verläuft, wie Gaupp gezeigt hat, bei Rana subkutan und bildet allein das Ende des Mandibularis. Der Mangel eines in dem Unterkiefer verlaufenden Abschnittes der Mandibularis bei Rana erklärt sich aus dem Fehlen eines Deckknochens an der Aussenseite des hinteren Ab- schnittes des Meckelschen Knorpels.. So kommt der R. eircumflexus in subkutane Lage, während er da, wo der Stamm des Mandibularis als Alveolaris inferior im Unterkieferkanal verläuft (Urodelen, Reptilien), sich innerhalb dieses Kanales um den Meckelschen Knorpel herum- schlingt und durch eine Öffnung am Innenumfang des Unterkiefers austritt. (Gaupp, Anatomie des Frosches Il) Das Verhalten bei den Vögeln, mit ihrer reichlichen Deckknochen-Entwickelung am Unter- kiefer schliesst sich an das der Reptilien an. Der Trigeminus verbindet sich also in seinen drei Haupt- ästen mit je einem Verbindungszweige des Facialis. Der Oph- thalmicus erhält durch seine Zweige, die ins Ganglion ethmoidale gehen, eine Verbindung mit dem vorderen Hauptaste des siebenten Hirnnerven. Der Maxillaris verbindet sich erstens dicht an seiner Abgangsstelle aus dem Ganglion. semilunare und zweitens in der Gegend des Gaumens mit Facialiszweigen, die im ersteren Fall vom Ram. posterior, im zweiten vom Ram. anterior stammen. Der Mandibularis endlich bekommt seinen Zuschuss durch die Chorda tympani gleichfalls vom hinteren Hauptaste des Facialis. VI. N. abducens. Der Abducens entspringt mit zwei hintereinander gelegenen Wurzeln nahe der Mittellinie aus dem Hinterhirn und zieht in 5* 68 E. CORDS, fast sagittalem Verlauf an dessen ventraler Fläche vorwärts (vgl. Fig. 1). Er tritt weit hinten, medial von den Austrittsöffnungen der anderen in die Orbita gehenden Nerven unter die Dura. Nach kurzem Verlaufe unter derselben tritt er in einen langen nach vorn und aufwärts im Basi-sphenoidale verlaufenden Kanal und begiebt sich zwischen dem ersten Ast des Trigeminus und dem ÖOculomotorius, aber etwas tiefer als diese beiden Nerven gelegen, entweder durch ein eigenes Foramen oder zusammen mit dem Oculomotorius in die Orbita (vergl. Fig. 2, 3 und 7). Bei der Ente hat jeder Nerv sein eigenes Foramen, während beim Huhn die Neigung zur Verschmelzung besteht. Er kreuzt den Opticus auf dessen ventraler Seite und geht nach kurzem Verlaufe in den M. reetus lateralis. Vorher gehen folgende Äste von ihm ab: 1. Ram. ad M. pyramidalem (vgl. Fig. 2u. 3). Schon vor seinem Eintritt in die Orbita giebt der Abducens ein paar dünne Zweige ab, die ihm aber während seines Verlaufes im Knochen dicht angelagert bleiben und sich erst in der Augen- höhle von ihm trennen. Einer von diesen Zweigen verläuft lateral vom Ganglion ciliare und von den Mm. recti inferior und medialis, unterhalb des Opticus in der die Mm. quadratus und pyramidalis von aussen überkleidenden dicken Bindegewebs- lage nach vorn und oben, bis er sich, einfach oder geteilt, in den dem Opticus anliegenden Rand des M. pyramidalis ein- senkt. 2. Ram. ad. M. quädratum (vergl. Fig. 2 u. 3), der zweite der schon im Knochenkanal abgehenden Nervenäste, teilt sich alsbald in mehrfache Zweige und steigt dann zwischen dem ersten Ast des Trigeminus und dem Bulbus an dessen medialer und hinterer Fläche in die Höhe; diese Zweige verbinden sich noch mehrmals untereinander, ehe sie zwischen dem unteren Rande des M. quadratus und dem Optieus in den dem letzteren zugekehrten Rand dieses Muskels eintreten. Beiträge zur Lehre vom Kopfnervensystem der Vögel. 69 Beim Huhn umgreift dieser Ast den Ram. ciliaris des Oph- thalmieus schlingenförmig, ohne dass jedoch ein Austausch von Fasern stattzufinden scheint. Bald nach seinem Abgang vom Stamm entsendet dieser Ast ein ausserordentlich dünnes Nerven- fädchen, einen Ram. ciliaris n. abducentis, zum distalen Ende des Ganglion ciliare (vergl. darüber auch das beim Oculomotorius Gesagte). Bonsdorff erwähnt einen Ram. ceiliaris n. abducentis, der bei Corvus comix „in truncum ciliarem externum“ (der vom Ganglion zum Bulbus geht), bei Grus cinerea nach nochmaliger Teilung teils „in Ganglion ciliare“, teils in truncum eiliarem internum ganglii ciliaris abit‘ 3. Ram. ad M. rectum lateralem bildet den Haupt- und Endast des Abducens und senkt sich nach kurzem Verlaufe in die dem Bulbus zugekehrte Fläche des M. rectus lateralis, in ziemlicher Nähe seines Ursprunges. VII. N. facialis. Der Facialis entspringt aus dem lateralen Umfange des Hinterhirns, etwas vor und unterhalb vom Flocculus und kranial von den Ursprüngen des Acusticus (Fig. 1 u. 11). Bedeutend schwächer als der letztere Nerv tritt der Facialis mit ihm zusammen in den sog. Meatus auditorius internus, der bei den Vögeln durch ein flaches Grübchen im Felsenbein, vor und unterhalb der den Floceulus aufnehmenden Fossa subarcuata dargestellt wird. Am Grunde dieser Grube befinden sich 4 bis 6 Löcher, durch deren vorderstes der Facialis seinen Weg nimmt, während die hinteren dem Acusticus bleiben. Der Facialis verläuft dann zuerst eine Strecke Jlateral-, ventral- und vorwärts (vergl. Fig. 5 u. 11), wobei er zunächst vor und allmählich unterhalb des horizontalen Bogenganges gelegen ist. Dort teilt er sich auch in seine beiden Hauptäste, wobei ein Ganglion geniculi, wenigstens bei makroskopischer Be- trachtung, nicht deutlich zu bemerken ist. Die mikroskopische 70 E. CORDS, Untersuchung einer Frontalschnitt-Serie eines Hühnerembryo vom neunten Tage zeigt dagegen ganz deutlich ein Ganglion an der Stelle, wo der Facialis soeben die knorpelige Ohrkapsel ver- lassen hat und im Begriff steht, sich in seine beiden Haupt- äste zu teilen (vergl. Fig. 6). Magnien hat das Ganglion bei Vögeln beobachtet, erwähnt aber auch, dass es mit blossem Auge nicht zu erkennen sei. Aus ihm geht nach seiner Angabe der N. petrosus superficialis maior hervor, der zu- sammen mit einem Sympathicuszweig zum Trigeminus verläuft. Auch Bonsdorff, der es bei Corvus cornix fand, bemerkt: „in- terdum ganglion hocce non observavimus.“ A. Ram. anterior s. palatinus (n. petrosus superficialis major inferior s. ram. com. c. n. sphenopalatino Bonsdorff) wendet sich vor- und medianwärts zur Schädelbasis (vgl. Fig. 5) in einem Knochenkanal, der sich an der Ventralfläche des Os sphenoidale lateral von der Mündung der Tuba Eustachii öffnet. Vor dem Verlassen des Knochens vereinigt sich der Facialis-Ast mit einem Nerven, der durch das Os sphenoidale vom Foramen iugulare herkommt und sich aus Fasern des Glossopharyngeus und des Sympathicus zusammensetzt. Nachdem die beiden Nerven — der Ram. ant. facial. und der Ram. sphenopalatinus — Fasern ausgetauscht haben, trennen sie sich alsbald wieder hinter der Artieulatio spheno-pterygoidea. Während der eine Ast, Ram. ad. ganglion ethmoidale (N. nasopalatinus Scarpae Bons- dorff; Ram. superior n. sympathici carotico-cephalici Gadow; nerve orbitaire Rochas), sich steil nach oben in die Orbita zum Ganglion ethmojdale (Näheres siehe beim Ophthalmicus) begiebt, geht der andere Ast, Ram. pterygopalatinus Bons dorff (Ram. inferior n. sympath. carotico-cephaliei Gadow; branche interne Rochas), über der Articulatio spheno-ptery- goidea nach vorne weiter zum Boden der Nasenhöhle, wo er sich nach Verbindung mit dem zweiten Ast des Trigeminus an einem Geflecht beteiligt, das sich unter der Schleimhaut des Septum nasi und des Bodens der Nasenhöhle verzweigt. Bevor Beiträge zur Lehre vom Kopfnervensystem der Vögel. 71 er sich in diese Endäste auflöst, giebt er einige feine Ästchen an den hinteren Teil des Gaumens und zur vorderen Orbital- wand (rr. palatini et ram. orbitalis Bonsdorff). B. Ram. posterior s. hyomandibularis (vergl. Figur 5) ist der bei weitem stärkere, hintere Hauptast des Facialis. Er geht nach seinem Abgang vom Ganglion am Dach der Pauken- höhle nach hinten, dorsal über die Columella auris und die ihn begleitende Arteria carotico-cephalica (Gadow) hinweg; da- bei liegt er unter dem horizontalen Bogengang, zwischen diesem und der medial und unterhalb von ihm gelegenen Lagena. Als- dann wendet er sich steil nach abwärts und verlässt lateral vom Foramen iugulare den Schädel durch eine oder zwei Öffnungen (Foramen stylomastoideum Hasse) auf der medialen Seite des Processus oceipitalis lateralis. Gleich nach Verlassen des Schädels oder schon kurz vorher: löst er sich in seine Endäste auf, die motorisch sind und die Muskulatur des zweiten embryonalen Schlundbogens versorgen. Vorher gehen vom Ram. posterior folgende Äste ab: 1. Rr. communicantes c. r. secund. n. V. (vergl. Fig. 5). Bei seinem Verlauf im Kanal der Arteria carotico-cephalica ver- bindet er sich durch mehrere Äste, die teils über, teils unter der Arterie ihren Weg nehmen und durch Sympathiecus-Zweige verstärkt werden, mit dem zweiten Äste des Trigeminus. 2. Rr. commun. c. n. glossopharyngeo et sympa- thico (vergl. Fig. 5, 12u.13). Bald nachdem der Ram. hyoman- dibularis die Arterie gekreuzt hat und eine kurze Strecke, bevor er sich in seine Endäste teilt, verbindet er sich durch einen oder zwei Zweige mit dem Glossopharyngeus und dem Ganglion cer- vicale supremum sympathici. Im Falle der Glossopharyngeus eng mit dem sympathischen Ganglion verschmolzen ist, gehen diese Äste aus dem Ganglion hervor, falls aber die Verbindung des neunten Hirnnerven mit dem Sympathicus nur durch einige Nervenzweige hergestellt wird, gelien die betreffenden Äste ge- 72 E. CORDS, trennt vom Glossopharyngeus und Sympathicus ab und ver- einigen sich erst in ihrem weiteren Verlaufe oder erreichen auch wohl getrennt den Facialis. 3. Ram. aurieularis (vergl. Fig. 5). Dieser verlässt als dünnes Nervenfädchen den Facialis in derselben Gegend, wie die vorigen Nerven. Er wendet sich zunächst lateral- und ven- tralwärts, schlingt sich dann, nachdem er durch eine feine Öff- nung im Processus oceipitalis lateralis den Schädel verlassen hat, in vorwärts offenem Bogen um den an der hinteren Wand des äusseren Gehörganges gelegenen Bindegewebskörper (Gehör. gangswulst Schwalbe) herum und endet in mehreren äusserst feinen Zweigchen teils an der Wand des äusseren Gehörganges, teils in der Umgebung der äusseren Ohröffnung, vor und unter- halb derselben. 4. Chorda tympani (vergl. Fig. 4 u. 5). Sie kommt als dünner Nerv vom Anfangsteil des Ram. auricularis oder entspringt dicht vor dem Abgang dieses Astes vom Stamme des Facialis selbst und wendet sich in horizontalem oder leicht ansteigendem Verlaufe vorwärts in die Paukenhöhle. Sie geht dorsal über die Columella auris hinweg, mit der sie dabei durch Binde- gewebe ziemlich fest verbunden ist. Dabei bleibt sie lateral von dem die Columella an der vorderen, oberen Wand der Pauken- höhle befestigenden Bande. An derselben Wand des Cavum tym- pani läuft sie alsdann noch eine Strecke vor- und dann abwärts. Nach Verlassen des Schädels durch eine dorsal vom Gelenk zwischen Quadratum und Petrosum gelegene Öffnung geht sie an der medial-dorsalen Seite des Quadratum, erst dicht dem Knochen angelagert, dann durch lockeres Bindegewebe und Fett, sowie durch einige Muskelfasern von ihm getrennt, in Beglei- tung einer ÄArterie und Vene vor- und abwärts zur medialen Seite der Articulatio quadrato-mandibularis. Am medialen Rand der medialen Gelenkfacette des Unterkiefers tritt sie durch ein manchmal deutlich sichtbares kleines Loch in das Os articulare, Tat I IE. natom_ Helle, IAbteilung ?&Helt (20Ball 1). 2 Fig. 6. Im 6 AK. th. Nmg le h alv. sup Mandl. an R+r% } Max can anf rrudep — rag _ ‚gang ‚ag: arm gland. WM — Nirec. gl thyr ır.gast Be 7777777777773 TOR Sup S. Kol. Intrere.Deuuckeret von KH Stlirte, Wlurabunyy. Vervirer vor IE) Brrgpmanın ‚Wiexbauten Beiträge zur Lehre vom Kopfnervensystem der Vögel, 73 in dem sie schräg nach abwärts und etwas nach vorn verläuft. Eine Strecke weiter, nicht mehr weit entfernt vom unteren Rande des Unterkiefers, verlässt sie den knöchernen Kanal wieder und geht nun, nur vom Periost bedeckt, in der Längs- richtung des Unterkiefers auf dessen medialer Oberfläche weiter. Unterhalb des Foramen wandibulare tritt sie von neuem in einen knöchernen Kanal, der medial von dem des Ram. eircum- flexus verläuft und von hinten in den Canalis alveolaris einmündet. An den in diesem verlaufenden dritten Trigeminus-Ast legt sich die Chorda auf der medialen, oberen Seite an, um sich später wie schon beim Mandibularis erwähnt, dem R. sublingualis an- zuschliessen, der sich vom Stamm schon weit oben abzweigt. An gut macerierten Knochen sind die Ein- und Austrittsstellen des Nerven aus dem knöchernen Kanal, sowie der Sulcus für seinen subperiostalen Verlauf oft deutlich zu sehen. Nach Herkunft und Eude, sowie nach dem charakteristi- schen Verlauf kann es keinem Zweifel unterliegen, dass dieser Nervenast die Chorda tympani ist. Ihr Verlauf entspricht im wesentlichen den Angaben, wie sie Fischer für die Saurier macht; besonders hervorheben möchte ich, dass sowohl bei Sauriern, wie bei Vögeln der Facialis zweimal, dorsal über die Columella auris hinweggeht: das erste Mal als hinterer Haupt- ast, das zweite Mal lateral dazu als Chorda tympani. Etwas ab- weichend scheint sich das Verhalten zum Unterkiefer zu gestalten, indem ich nach Fischers Darstellung annehmen muss, dass bei den Sauriern die Chorda bei ihrem Verlauf in einem allseitig knöchernen Kanal, im Unterkiefer zum N. mandibularis geht, während sie bei den Vögeln, wie oben geschildert, streckenweise nur subperiostal liegt. Die Existenz der Chorda ist vielfach in Abrede gestellt worden, Noch Jacobson (1818) ist der Ansicht: „Chorda tympani mamma- libus propria esse videtur.“ Platner beschreibt 1839 als der erste den Verlauf derselben bei der Krähe und glaubt auch, sie beim Truthahn gefunden zu haben, 74 F. CORDS, Er ist „nicht in Zweifel, dass der von ihm gefundene Nerv die Chorda tympani sei, und dass sich hier in der Klasse der Vögel, wo der Zungen- ast des fünften Nerven fehlt, die Analogie des Verlaufs bei den Säuge- tieren dadurch erhalte, dass die Vereinigung mit demselben Aste des Trigeminus erfolgt, welcher bei den Säugetieren den Zungenast abgiebt.“ Bonsdorff (1852) sah bei Grus cinerea einen Nerven vom hinteren Aste des Facialis durch die Paukenhöhle verlaufen, den er, obwohl er ihn nicht bis zu seiner Vereinigungsstelle mit dem Mandi- bularis verfolgen konnte, für ein Homologon der Chorda zu halten ge- neigt ist: „tamen nobis persuasum habemus, ramum huncce cum chorda tympani hominum atque mammalium esse aequiparandum“. Bei Corvus cornix vermisste er sie, im Gegensatz zu den Angaben Platners, der sie gerade bei dieser Gattung fand. Auch Hasse (1871) erwähnt die Chorda tympani der Vögel. Wenn er dabei ausdrücklich als Unterschied zwischen dem Verhalten beim Menschen und Vogel hervorhebt, dass bei letzterem die Chorda in dem gleichen Kanale liege, wie der Stamm der Facialis, so kann ich diesem nach meinen Befunden nicht ganz beistimmen. Nur wenn sie vom Stamm des siebenten Hirnnerven abgeht, was nach meinen (allerdings nicht sehr zahlreichen) Untersuchungen aber das seltenere Verhalten ist, verläuft sie eine kurze Strecke mit ihm zusammen, wäh- rend sie beim Abgang vom Ram. auricularis von Anfang an in einem gesonderten Kanale liegt. Magnien (1885), der die Chorda bei mehreren Arten erwähnt, eibt an, dass sie vom VII, nahe der äusseren Öffnung des Canalis Fallopiae, abgehe und durch die Paukenhöhle von hinten nach vorn ziehe, dabei „das elastische Bändchen“ Platners begleitend. Er be- merkt auch, dass sie nicht in den Stamm des Mandibularis mündet, sondern in einen Ast desselben, mit dem sie einen „filet mixte‘“ bildend, zum Mundboden zieht „aux glandes salivaires qui existent dans celle rögion, dans Vangle form& par les deux branches de la mächoire in- ferieure“, Nach diesen, die Existenz der Chorda bei den Vögeln bestimmt behauptenden Angaben ist es um so auffallender, dass Gadow ihr Vorhandensein durchaus bestreitet. Gadow sagt: „entsprechend dem Fehlen eines N. lingualis des dritten Trigeminus-Astes, ist keine Ver- bindung mit dem Facialis vorhanden, welche etwa der Chorda tympani der Säugetiere vergleichbar wäre“. Gadow erwähnt übrigens auch einen Ast des Facialis, den dieser gleich nach seinem Austritt aus dem Schädel zum M. stapedius schickt, obgleich er in einem anderen Kapitel seines Werkes das Vorhandensein eines solchen Muskels direkt verneint. Entgegen den Gadowschen Angaben hat dann Gaupp wieder (1888) die Chorda tympani der Vögel beschrieben und auch ihre Ver- bindung mit dem zum Mundhöhlenboden gehenden Aste des Alveolaris inferior, in Bestätigung der Angaben von Magnien, festgestellt. Der Beiträge zur Lehre vom Kopfnervensystem der Vögel. 75 Umstand, dass das Verbreitungsgebiet der Chorda bei den Amnioten (wie auch bei den Vögeln) medial vom Unterkiefer gelegen ist, ist von Gaupp auch zum ersten Mal gegen Frorieps Auffassung, dass der R. mandibularis externus der Selachier das Homologon der Chorda sei, angeführt worden (1888, S. 461). Ebenda findet sich auch der Hin- weis auf den R. mandibularis internus der Selachier als den Nerven, der seiner Verbreitung nach der Chorda der Amnioten entspricht, — eine Anschauung, die seitdem allgemeinere Annahme gefunden hat. Auf Grund meiner eigenen Befunde muss ich also bestimmt die Existenz einer Chorda tympani bei den Vögeln behaupten. Gegenüber den mehr oder minder unvollständigen Angaben der früheren Unter- sucher glaube ich ihren Verlauf in allen seinen Einzelheiten zum ersten Male genau festgestellt zu haben. 5. Ram. digastricus, der eine von den Endästen des hinteren Facialis-Stammes, tritt gleich nach dem Austritt aus dem Knochen um den hinteren Rand des Processus oceipitalis lateralis von hinten in die beiden Portionen des M. biventer mandibulae (Gadow; M. depressor mandibulae d’Alton). 6. Ram. hyoideus, der zweite Endast, verläuft zunächst medial vom M. biventer, dann zwischen dorsalem Rand des Unterkiefers und Zungenbeinhorn zum medialen, distalen Rande des M. mylohyoideus posterior (Gadow); bei denjenigen Vögeln, bei denen, wie bei den Hühnern, die apikale Portion des M. mylohyoideus posterior mit ihrem Ansatz auf die dorsale Fläche des Zungenbeins übergreift, durchbohrt ein feines Ästchen den M. mylohyoideus posterior von hinten nach vorn und verzweigt sich im M. petrohyoideus. Den gleichen Weg wie der Ram. hyoideus, von dem er sich früher oder später abzweigt, nimmt ein dünner Nerv, der sich dann in der hinteren Portion des M. constricetor colli verteilt (vergl. Fig. 10), wobei er sich mit den diesen Muskel durch- bohrenden Hautästen der Cervikalnerven vielfach verbindet (ram. ad. M. constrict. colli). Gadow fasst unter dem Namen eines „M. cueullaris“ drei Muskeln zusammen und unterscheidet als Teile desselben: „1. oberflächliche Lage — constrietor colli; 2. tiefere Lage — sternocervicalis: 3. dritter Teil — cucullaris, pars propatagialis.“ Uber die Innervation macht er 76 E. CORDS, folgende Angabe: sie erfolgt: „durch Zweige der meisten Cervikalnerven, und nach Fürbringer, ähnlich wie bei den Reptilien, auch noch durch einen oft äusserst feinen, aber niemals vermissten Zweig des N. vago- accessorius“. Er schreibt ferner noch: „es ist leicht, in dem oben be- schriebenen Muskel den M. sternocleidomastoideus + M. cucullaris der Säuger zu erkennen“. Für die beiden longitudinal verlaufenden Muskeln kann ich diese Homoloeisierung und Zusammenfassung gelten lassen, für den ersten Teil, den sog. M. constrietor colli, dagegen muss ich eine gesonderte Stellung im Anspruch nehmen. Er wird ganz sicher nur vom Facialis versorgt, ich habe keine Endigung von Cervikal- nerven an seine Muskelbündelehen bemerkt. Er dürfte somit voll- ständig dem Platysma höherer Vertebraten entsprechen. Auch Für- bringer tritt entschieden für eine Sonderstellung des M. constrietor colli ein. Bonsdorff vereinigt die Rr. digastrieus und hyoideus des Facialis unter dem Namen eines „Ram. externus n. recurrentis trigemini secundi s. vidiani“. Als „ram. internus n. recur. s. communicans cum n. glosso- pharyngeo, vago et sympathico“ bezeichnet er den schon erwähnten Verbindungsast des hinteren Facialis- Stammes mit den betreffenden Nerven. Er ist nämlich der Ansicht, dass der ganze motorische Rest des Facialis in seinem Ram. recurrens n. trigemini aufgeht: „... totus, quantus est (Facialis), in nervum recurrentem abit, ita tamen ut fibrillas nervi Facialis, quae albo colore sunt imbutae, usque ad ramum externum nervi recurrentis ... persequi possumus.“ VIII N. acustieus. Der Acusticus verlässt das Gehirn distal und etwas ventral vom Facialisursprung in zwei Portionen, von denen die vordere sich dem Facialis dicht anlagert. Der siebente und achte Hirn- nerv treten alsdann, wie schon beim Facialis beschrieben, zu- sammen in den Meatus auditorius internus, den der Acusticus durch die vom Facialis nicht benutzten Öffnungen an seinem Grunde verlässt. Die von Retzius für alle Wirbeltiere durch- geführte Einteilung des Acusticus in einen Ram. anterior und posterior gilt auch für die Vögel, nur ist seiner Lage nach der Ram. anterior zugleich ein Ram. dorsalis und der Ram. posterior ein Ram. ventralis; ausserdem ist die Trennung der beiden keine so strenge (vergl. Fig. 1 und 11). Beiträge zur Lehre vom Kopfnervensystem der Vögel. 7 A. Ram. anterior. Er liegt dorsal und verläuft eine Strecke dem Facialis dicht angelagert, worauf er sich in den kürzeren Ram. utrieuli und die Rr. ampullae lateralis und anterioris teilt. 1. Ram. utrieuli liegt dorsal und rostral vom Sacculus und wendet sich lateralwärts zur medialen und ventralen Fläche des Utrieulus. 2. Ram. ampullae lateralis verläuft eine Strecke weit zusammen mit 3. Ram. ampullae anterioris zu den Ampullen der be- treffenden Bogengänge. Die beiden letztgenannten Äste treten in ein gemeinsames Foramen, welches den Grund des Meatus auditorius hinter dem Foramen für den Facialis und über der Austrittsöffnung des Rain. ceochlearis durchbohrt. Der Ram. utrieuli tritt entweder durch das gleiche Foramen in den Knochen, oder er löst sich schon vorher los und hat dann eine besondere Durchtrittsstelle etwas hinter dem Ast zu den beiden vorderen Ampullen. B. Ram. posterior. Dieser liegt ventral und etwas caudal zum Ram. anterior. Er bildet kurz vor dem Eintritt in den Knochen ein Ganglion, das zuerst von Stieda beschrieben worden ist. 1. Ram. ampullae posterioris geht am weitesten hinten vom Ram. posterior ab und begiebt sich zur Ampulle des frontalen Bogenganges. Dabei liegt er zunächst der Ventral- fläche des Ram. anterior dicht angelagert und scheint auch einen Zuschuss von diesem Ast zu bekommen. Von ihm geht bald nach seiner Loslösung vom Stamme der äusserst dünne Ram. neglectus (Retzius) nach aussen und oben zum Utriculus. 2. Ram. sacculi geht dicht neben dem Ast zur Ampulle des frontalen Bogenganges vom Ram. posterior ab; er ist stärker als der vorige und wendet sich fast direkt lateralwärts. 28 E. CORDS, 3. Ram. ecochlearis ist der bei weitem stärkste Ast des Acusticus. Er liegt am weitesten ventral und rostral und be- giebt sich vor- und abwärts zur konkaven Seite der Lagena. Retzius nennt den Endast des Ram. cochlearis, der zum Spitzen- teil der sog. Schnecke zieht, „Ram. lagenae“, während er den Rest als „Ram. basilaris“ ihm gegenüberstellt. ' Alle drei (sekundären) Äste des hinteren Acusticus-Astes treten durch gesonderte Foramina aus dem Schädelraum. Dabei liegt das Loch für den Schneckennerven am weitesten vorn und ventral, während die beiden anderen höher und weiter hinten den Knochen durchbohren. Nach Treviranus verläuft der Nervus vestibuli bei vielen Vögeln in der Bahn des Facialis; mitunter soll auch noch eine Ver- bindung zwischen diesem und dem Nervus cochleae stattfinden. Ebenso schreibt Bonsdorff: „interdum nobis visi sunt ramı ad canales semicirceulares e nervo faciali prodire.“ Nach seiner Schilderung geht der Ast für den Canalis semieircularis lateralis vom Ast für den Canalis semicireularis inferior ab, während der Canalis semicireularis superior einen besonderen Nerven erhält. IX. N. glossopharyngeus. Der Glossopharyngeus entspringt proximal von den Vagus- wurzeln von der lateralen Seite der Medulla oblongata und bildet vor seinem Austritt aus dem Schädel das Ganglion jugulare (vergl. Fig. 1, 12 und 13). Dieses zeigt eine mehr oder weniger innige Verbindung mit dem dorsal zu ihm gelegenen Ganglion radicis vagi, wobei der letztgenannte Nerv augenscheinlich schon hier dem Glossopharyngeus einen Zuschuss zukommen lässt. Nach Bildung des Ganglion verlässt der Glossopharyngeus als ansehnlicher Nerv die Schädelhöhle durch eine Öffnung zwischen dem Os petrosum und occipitale laterale, das sog. Foramen Jju- gulare (For. lacerum posterius Gadow). Dieses ist auf der Innenseite des Schädels einheitlich, während es auf der Aussen- fläche aus zwei Foramina in einer gemeinsamen Grube besteht, Beiträge zur Lehre vom Kopfnervensystem der Vögel. 79 durch deren vorderes der N. glossopharyngeus und -durch deren hinteres der Vagus seinen Weg nimmt. Dicht unterhalb seines Austrittes aus dem Schädel geht er an dem Ganglion cervicale supremum des Sympathieus ventral vorbei oder durch dasselbe hindurch und bildet mehr oder weniger weit entfernt davon selbst eine Anschwellung, das sog. Ganglion petrosum. Bald darauf teilt er sich in seine beiden Hauptäste, die Rr. lingualis und pharyngeus. Vorher aber verbindet sich der ge- meinsame Stamm mit mehreren anderen Nerven: 1. Ram. commun. e. r. post. n. facialis (vergl. Fig. 12 und 13). Auf dem Teile seines Verlaufes, wo er in Beziehung zum obersten Sympathicus-Ganglion tritt, verbindet sich der Glossopharyngeus durch einen kurzen Zweig mit dem hinteren Hauptaste des Facialis, dem er ausserdem Fasern vom Ganglion des Sympathicus zuführt. 2. Ram. sphenopalatinus (Bonsdorff; N. sympathice. carotico-cephalicus Gadow, vergl. Fig. 12 u. 13). Dieser trennt sich ungefähr in der gleichen Höhe vom Glossopharyngeus wie der vorige Nery und nimmt auch wie jener Sympathicusfasern aus dem Ganglion mit; er verbindet sich mit dem Ram. palatinus des Facialis in der bei diesem Nerven beschriebenen Weise. 3. Rr. communicantes ce. n. vago. Kurz nach der Bildung des Ganglion petrosum empfängt der Glossopharyngeus einen oder zwei starke Äste von dem dorsal vorbeiziehenden Vagus. A. Ram. lingualis bildet den einen Hauptzweig des Glos- sopharyngeus. Er läuft zwischen Unterkiefer und Zungen- beinhorn vorwärts, durchbohrt den M. geniohyoideus, worauf er seinen Weg lateral von dem Zungenbeinhorn und der lateralen Portion des M. mylohyoideus posterior nimmt, um dessen lateralen Rand er sich auf die Dorsalfläche des Zungenbeinkörpers be- giebt Er liegt dabei dorsal vom M. mylohyoideus anterior und zunächst medial zur Glandula submaxillaris posterior, dann s0 E. CORDS, wendet er sich am Mundboden schräg nach vorn und median- wärts, um die Öffnung des Larynx herum, dicht unter der Schleimhaut gelegen. Hierauf nimmt er schnell an Dicke ab, weil er zahlreiche Ästehen zu den Tastwarzen am Grund der Zunge abgiebt. An der Zungenwurzel bildet er eine Anastomose mit dem anderseitigen und verläuft dann gerade nach vorn. Er ist beim Huhn, auch verhältnismässig, bedeutend schwächer als bei der Gans und Ente. Auf seinem Verlaufe giebt er folgende Äste ab: Rr. pharyngei. Gleich nach seiner Trennung vom Ram. pharyngeus giebt der Lingualis diese dünnen Ästchen zum oberen Teil des Pharynx. 2. Ram. adM. geniohyoideum. Bei der Durchbohrung des M. geniohyoideus versorgt der Lingualis den Muskel mit mehreren Ästen, wobei er durch einen dünnen Zweig vom zweiten Hauptaste des Glossopharyngeus unterstützt wird, mit dem er sich dann ebenso wie mit den Hypoglossus auch noch durch eine dünne Anastomose verbindet. Diese vorwiegende Beteiligung des N. glossopharyngeus an der Innervierung des M. genio-hyoideus und das fast völlige Zurücktreten des N. hypo- glossus sind um so bemerkenswerter, als eine direkte Verbindung zwischen dem neunten und zwölften Hirnnerven centralwärts von ihrer unbedeutenden Anastomose auf dem fraglichen Muskel nicht vorhanden war. Gadow giebt für den M. geniohyoideus folgendes an: „Innervation durch den N. hy poglossus; einige Nervenäste nen aber nur schein- Ka aus dem N. glossopharyngeus. “ Beim N. elossopharyngeus schreibt : bei Gypagus papa ging ein starker Teil des R. lingualis (IX.) direkt zum M. eeniohyoideus; wie er die dazu nötigen Elemente aus dem N. hypoglossus erhielt, blieb mir unerfindlich.“ 3. Ram. ad. glandul. sublingualem. Bei seinem Ver- laufe am Boden der Mundhöhle schickt der Lingualis einen oder einige dünne Nervenäste vor- und lateralwärts zur Unter- zungendrüse. Beiträge zur Lehre vom Kopfnervensystem der Vögel. 81 4. Rr. laryngei externi. Während der Lingualis um den Larynx herum zur Zungenwurzel verläuft, schickt er einige feine Nervchen zur Schleimhaut in der Umgebung des Aditus la- Tyngis. 5. Ram. lingualis sens. striet. (Bonsdorff) bildet den Endast des Ram. lingualis IX und verläuft nach Abgabe der Ästchen zu den Tastwarzen am Zungengrund nahe der Mittel- linie unter dem Hornbelag des Zungenrückens nach vorn. B. Ram. pharyngeus (Ram. pharyngeus s. posterior Bons- dorff), der zweite Hauptast, teilt sich bald nach seiner Tren- nung vom vorderen nochmals in zwei annähernd gleich starke Stämmchen: 1. Ram. descendens sive oesophageus superior (Bonsdorff) behält die Richtung nach abwärts am Halse bei; er geht an der Lateralwand des Oesophageus entlang, wobei er ihm zahlreiche Äste, Rr. oesophagei superiores, zuschickt. Am unteren Teil des Halses, etwas oberhalb des unteren Kehlkoptes, bildet er eine Anastomose mit dem Ram. recurrens s. laryngeus inferior vagi. 2. Ram. anterior r. pharyngei, der zweite Ast, verläuft in der gleichen Richtung wie der vordere Hauptstamm des neunten Hirnnerven. Er begiebt sich zwischen dem M. tracheo- hyoideus und den medial dazu gelegenen Mm. sphincter und dilatator glottidis zum oberen Kehlkopf und endet am Zungen- grund zwischen den dort befindlichen kleinen Drüsen. Vorher giebt er folgende Zweige ab: a) Rr. pharyngei gehen von seinem Anfangsteil zur oberen Schlundwand, gemeinsam mit den gleichnamigen Ästen des Ram. lingualis. b) Ram. ad M. geniohyoideum, ein dünner Nerv geht, wie schon oben erwähnt, teils zum M. geniohyoideus, teils bildet er auf der dorsalen-medialen Fläche dieses Muskels eine Ana- Anatomische Hefte. I. Abteilung. 78. Heft (26. Bd. H. 1). 6 82 E. CORDS, stomose mit dem gleichnamigen Aste des Ram. lingualis. Über eine Verbindung dieses Anastomosen-Astes mit dem Ram adM. ceratoglossum vom Ram. lingualis des Hypoglossus, vergleiche man das bei diesem Nerven Gesagte. d) Ram. laryngeus internus, der Endast des Glosso- pharyngeus, versorgt bei seinem Verlaufe zwischen dem M. tracheohyoideus und den eigentlichen Kehlkopfmuskeln (sphincter und dilatator glottidis) diese sowie die Schleimhaut in der Um- gebung und auf der Innenfläche der Glottis; dabei anastomo- siert er mit den vom. Ram. lingualis zur Umgebung des Kehl- kopfes abgegebenen Rr. laryngei externi. Nach einer Bemerkung von J. G. Fischer, der ihn bei Reptilien gleichfalls beobachtete, ist dieser Kehlkopfzweig als ein Abkömnling des Vagus anzusehen, wie schon daraus hervorgehe, „dass derselbe nicht immer aus dem Glossopharyngeus, sondern bisweilen aus dem Stamme des Vagus entspringt, und dass gleichwohl der letztere vorher keine Verstärkungsfasern aus dem neunten Paare erhalten hat, von denen man diesen Kehlkopfast ableiten könnte.“ Bonsdorff, der den Ram. laryngeus superior bei Corvus cornix und Grus ceinerea vom Vagus entspringen sah, ist geneigt, ihn dem Hypoglossus zuzuteilen und beruft sich dabei auch auf Stannius: „iure ramum Jlaryngeum superiorem ramum nervi hypoglossi putat, quam sententiam etiam nos fovemus, quia fibrillas nervi hypoglossi in ramum commemoratum descendere vidimus.“ X. N. vagus. Der Vagus entspringt mit zahlreichen Wurzeln von der lateralen Fläche der Medulla oblongata und des oberen Hals- markes (vergl. Fig. 1, 11 u. 12). Er tritt in die hintere Abteilung des Foramen iugulare und ver- lässt den Schädel nach Bildung des mit dem Glossopharyngeus- Ganglion eng verbundenen Ganglion radicis vagi, in das von hinten der Accessorius sich einsenkt, um eine Strecke weit gemeinsam mit dem zehnten Hirnnerven zu verlaufen. Auf seinem weiteren Wege geht der Vagus dorsal und lateral am Beiträge zur Lehre vom Kopfnervensystem der Vögel. 83 Ganglion cervicale supremum des Sympathicus vorbei und wird dann von dem von hinten kommenden N. hypoglossus lateral gekreuzt, worauf er am Halse in dem Winkel zwischen Öso- phaguswand und Carotis, dorsal zu dieser, nach abwärts geht. Alsdann zieht er dorsal an der Glandula thyreoidea vorbei und bildet, etwa in der Höhe des unteren Kehlkopfes, eine spindel- förınıge Anschwellung; ob es sich hier um ein Ganglion han- delt, vielleicht um das von Vogt und Bendz bei Reptilien entdeckte Ganglion truncinervivagi (vergl. Fig. 8), möchte ich unentschieden lassen, da mir keine mikroskopischen Präpa- rate darüber zur Verfügung stehen. Jedenfalls giebt der Vagus bei seinem Verlauf am Halse keine Äste vor der Bildung dieses Ganglion ab. Fischer äussert sich über das Ganglion folgendermassen: „ich habe dasselbe von ansehnlicher Grösse bei allen untersuchten Sauriern und Krokodilen im Stamme des Vagus bei dessen Eintritt in die Brust- höhle, in der Nähe des Herzens, gefunden.“ „Vor Bildung desselben gehen nur selten aus dem Stamme des Vagus Zweige aus.“ Bendz beschreibt und zeichnet gleichfalls ein Ganglion trunci nervi vagi bei verschiedenen Reptilien. Beim Durchgang durch die obere Thoraxapertur liegt der Vagus, im Gegensatz zu dem Verhalten bei den Säugern, dorsal von der Arteria subelavia. Hierauf kreuzt er die dorsale Wand der Arteria pulmonalis, geht ventral vom Bronchus und der Vena pulmonalis, rechts ausserdem lateral und ventral vom Aortenbogen vorbei. Auf der gleichen Seite verläuft er über die dorsale Wand der Cava inferior und vereinigt sich dann mit dem anderseitigen unter spitzem Winkel auf der ventralen Fläche des Vormagens, in wechselnder Höhe unterhalb des Herzens. Beide Vagi verlaufen dann gemeinsam unter Bildung eines Plexus, der mit Sympathicus-Fasern vermischt ist, zur Ventralkante des Muskelmagens, wo sie sich in ihre Endäste auflösen (vgl. Fig. 9). Einen „Plexus ganglioformis n. vagi‘, wie ihn Bonsdorff für Corvus und Grus beschreibt, habe ich an der betreffenden Stelle nicht gefunden; wenigstens makroskopisch war nichts davon nachzuweisen. Ebensowenig habe ich einen sogenannten Ram. auricularis vagi gesehen. 6* EN E. CORDS, 3onsdorff beschreibt einen solchen bei Corvus cornix; allerdings ist er seiner Sache selbst nicht ganz sicher: „Ram. auricularis? quem quidem tenerrimum e margine interno ganglii oriundum introrsum aurem internam (?) versus decurrentem ulterius persequi nobis non eontigit.“ Auch einem so sorgfältigen Untersucher wie Fischer ist dieser Zweig bei keinem der von ihm untersuchten Saurier begegnet. Nach Hochstetter erklärt sich das abweichende Verhalten des Vagus zur Arteria subelavia aus der Entwiekelung dieses Gefässes. Die Arteria subelavia der Vögel entspringt nach ihm weder rechts aus dem dorsalen Abschnitt des vierten Arterienbogens noch links aus dem vierten Arterienbogen, wie es das Rathkesche Schema zeigt, sondern aus dem ventralen Ende des dritten Arterienbogens. Die Subelavia, die im definitiven Zustande vorhanden ist, stellt ein sekundäres Gefäss vor, das durch Anastomosen mit der primitiven Subelavia verbunden war. Diese primitive Subelavia geht bei allen, vordere Extremitäten besitzenden Wirbeltieren aus der Rückenaorta hervor, auch wenn später eine sekundäre Subelavia, wie bei den Vögeln, auftritt; sie verschwindet bei dem Herabrücken des Herzens in späteren Embryonalstadien und der dadurch bedingten Verkürzung des oberen Aortenstückes, wobei ihr Versorgungsgebiet auf Grund der vorhandenen Anastomosen von dem sekundären Gefäss übernommen wird. Eine dorsal beginnende Spaltung der primitiven Aortenwurzel, die bei den Säugern symmetrisch, bei den Reptilien und Vögeln unsymmetrisch ist, lässt die Subelavia entweder jederseits oder beide auf einer Seite entspringen. Durch diese Spaltung der Aorta kommt es auch, dass der Ductus Botalli, der in frühesten Stadien jederseits in das Anfangsstück des Aortenstammes mündet, später in die Aortenwurzel geht. Folgende Aste gehen vom Vagus ab, resp. werden von ihm aufgenommen: l. Ram. comm. ce. gangl.cervical. supr. Durch diesen dünnen Nervenzweig steht das Ganglion radieis vagi mit dem distal zu ihm gelegenen Ganglion cervicale supremum und durch dessen Vermittlung vielleicht auch mit dem Glossopharyngeus in Verbindung. 2. Ram. comm. c. n. glossopharyngeo. Nachdem sich der N. accessorius vom. Vagus getrennt hat, giebt dieser einen oder zwei starke Äste zu dem ventral von ihm gelegenen N. glossopharyngeus (vergl. Fig. 12 u. 13). 3. Kr. comm. c. n. hypoglosso. Dort wo der Stamm des Vagus lateral vom N. hypoglossus gekreuzt wird, stehen Beiträge zur Lehre vom Kopfnervensystem der Vögel. 5 beide durch einen dünnen Zweig miteinander in Verbindung. Manchmal findet sich auch ein Verbindungsast zwischen den beiden Nerven kurz nach der Vereinigung der beiden Ursprungs- portionen des Hypoglossus (vergl. Fig. 12 u. 13). 4. Rami ad gland. thyreoid. gehen in geringer Anzahl (1—2) zur gleichnamigen Drüse; sie entspringen wie die folgen- den vom distalen Ende des oben beschriebenen Ganglion trunci nervi vagl. | 5. Rr. cardiaci superiores verlaufen abwärts zum Herzen und Herzbeutel. 6. Ram. recurrens n. vagi s. laryngeus-inferior (vergl. Fig. 8). Etwas weiter distal als die beiden vorigen Nerven- gruppen geht, rechterseits etwa an der Kreuzungsstelle mit dem Aortenbogen, linkerseits etwas oberhalb der Arteria pulmonalis, der Ram. recurrens ab. Er wendet sich in scharfem Bogen um den Ductus Botalli — rechts zugleich um den Aortenbogen — median- und dorsalwärts, worauf er in der Furche zwischen Trachea und Ösophagus kranialwärts zieht. Dabei versorgt er diese beiden Organe inihrem unteren Teile mit Rr. tracheales et oesophagei inferiores. Im unteren Drittel des Halses geht er die schon früher erwähnte Anastomose mit dem am Ösophagus herabsteigenden Aste des Glossopharyngeus, Ram. descendens s. oesophageus superior IX, ein. Ein Ast des Recur- rens geht unter den an der Trachea herabziehenden M. broncho- trachealis und verläuft eine Strecke zwischen ihm und der Trachealwand nach aufwärts; er giebt einige dünne Ästehen an diese und verbindet sich dann in dem oben genannten Muskel mit dem Ram. cervicalis descendens hypoglossi. Das Verdienst, den Ducetus Botalli als die Ursache des merk- würdigen Verlaufes dieses Nerven erkannt zu haben, gebührt Brenner, der auch zuerst auf das Verhalten des Vagus zur Subelavia hingewiesen hat. Im seiner Beschreibung des Vagus-Verlaufes findet sich aber eine Angabe, die ich nach meinen Präparaten nicht bestätigen kann. Es heisst dort: „Der Vagus kreuzt die vordere Wand der Pulmonal- s6 E. CORDS, arterie ... .“% während ich ihn stets dorsal zur Pulmonalarterie und ventral zum Bronchus und der Pulmonalvene gefunden habe. 7. Rr. bronchiales et pulmonales. Dicht unterhalb der Abgangsstelle des Ram. recurrens entspringend, gehen die Äste zu den Bronchien und mit ihnen zum Lungenhilus. 8. Rr. cardiaci inferiores und 9. Rr. hepatici schickt er von seiner Kreuzungsstelle mit der Cava inferior mit dieser proximalwärts zum Herzen, distal- wärts zur Porta hepatis. | 10. Rr. gastricj. Diese Aste gehen unter vielfacher Ver- schmelzung untereinander und mit Sympathicus-Zweigen teils in die Wand des Vormagens, teils zum Muskelmagen, wobei sie sich besonders reichlich an der Grenze beider Magenabschnitte in die Substanz derselben einsenken (vergl. Fig. 9). Bonsdorff unterscheidet nach ihrem Verbreitungsgebiet: Rr. gastrici glandulares et museculares. XI. N. accessorius. Der Accessorius ist nächst dem Trochlearis der schwächste der den Schädel verlassenden Nerven. Er entspringt in der distalen Verlängerung der Vagus-Wurzeln vom Rückenmark, bis zum zweiten Cervikal-Nerven herab und von der Medulla oblon- gata. Die austretenden Wurzel-Fädchen vereinigen sich zur Seite des verlängerten Markes zu einem kleinen Stämmchen und treten so durch das Foramen magnum in den Schädel. Die letzte Wurzel zeigt ein kleines Knötchen; ob es sich um ein Ganglion handelt, kann ich nicht entscheiden, da ich es nicht mikroskopisch untersuchte. Im Schädel verläuft der Accessorius intradural zum dorsalen Rande des Foramen iugulare, wo er von hinten in das Ganglion radieis vagi sich einsenkt (vergl. Fig. 12 u. 13). Er ist dann so vollständig mit dem N. vagus verschmolzen, dass er nur als ein Ast desselben erscheint. Ob Beiträge zur Lehre vom Kopfnervensystem der Vögel. 87 dabei ein Übergang eines Teiles des Accessorius, des Ram. inter- nus, in die Bahn des Vagus stattfindet, konnte ich nicht fest- stellen. Jedenfalls tritt bei den Vögeln, entgegen der Ansicht von Holl, auch der Ram. externus in direkte Verbindung mit dem Vagus. Bald nach dem Austritt des Vagus aus dem Schädel geht ein dünner Ast von ihm rückwärts, der nach seinem Ver- breitungsgebiet kein anderer sein kann, als der Accessorius oder genauer der Ram. externus derselben. Er wendet sich nach seiner Loslösung vom Stamm des zehnten Hirnnerven dorsal, kranial und etwas lateral, tritt zwischen Hinterrand des Unter- kiefers und Zungenbeinhorn hervor und senkt sich alsbald in die Unterfläche der vereinigten Mm. cucullaris und sternocleido- mastoideus (Fürbringer), nicht weit von ihrem Ursprung am Hinterhaupt (vergl. Fig. 10). Vergleiche auch das bei den End- ästen des Facialis Gesagte. Fürbringer fasst den neunten und zehnten Hirnnerven als „Vago-accessorius“ zusammen und nennt den hier als Accessorius aufgeführten Nerven „Ram. externus s. posterior“. Holl betont, dass der Accessorius nur zum Teil (Ram. internus) ein Hirnnerv, und zwar ein Teil des Vagus, zum anderen Teil (Ram. externus) dagegen einer Reihe von Spinalnerven gleichzusetzen sei. „Daher werden wir finden, dass bei manchen Tieren kein Accessorius zu finden ist, und zwar bei solchen, denen jene Teile mangeln, die bei den Menschen der äussere Ast innerviert. Der innere Ast des mensch- lichen ist wohl vorhanden, jedoch innig mit dem Vagus verbunden und nichts deutet auf eine Isolierung hin... Hinwieder bei jenen Tieren, die ein Analogon der Teile aufzuweisen haben, die der äussere Ast des Accessorius beim Menschen innerviert, finden wir den Beinerven klar und deutlich dargelegt, in keiner Beziehung zum Vagus stehend.“ „Der so oft beschriebene Connex zwischen Vagus und Accessorius wird nur durch den Ram. internus des letzteren bewerkstelligt; einen anderen Zusammenhang giebt es nicht; wenn wir den Ram. internus gebührend zum Vagus rechnen, so fällt jeder Zusammenhang des zehnten Hirn- nervenpaares mit dem elften weg.“ Dagegen urteilt Lubosch: „Die Scheidung in einen Accessorius vagi und spinalis ist vom Standpunkte der vergleichenden Anatomie völlig unhaltbar“. 0.) | & E. CORDS, XI. N. hypoglossus. Der Hypoglossus, nach Froriep „ein Komplex von Spinal- nerven“, entspringt mit zwei Portionen, deren jede sich wieder aus zwei bis drei Wurzelfäden zusammensetzt, von der ventralen Fläche des Hinterhirns, in geringer Entfernung von der Median- linie'(verel. Fig. I, 12. 13). Er verlässt den Schädel durch zwei gesonderte Öffnungen im Os oceipitale laterale, die ventral und etwas lateral vom Condylus oceipitalis liegen. Auch auf dem Modell des Primor- dialkraniums von Gallus domesticus (von Tonkoff modelliert) finden sich zwei Durchtritttöffnungen für den Hypoglossus. Fürbringer hat bei Vögeln drei Wurzeln beobachtet, von denen die vorderste fehlen kann, was als Reduktion aufzufassen sei; sie ver- lassen den Schädel durch drei oder zwei Öffnungen, und zwar schliesst sich die vorderste Wurzel beim Vorhandensein nur zweier Foramina der zweiten auf ihrem Durchtritt an. Froriep berichtet über die embryonal auftretenden Ganelien des Hypoglossus, dass bei Schaf- und Rinderembryonen nur noch das hinterste Ganglion deutlich entwickelt ist. Bei Hühnerembryonen sind nicht nur keine Ganglien da, sondern es fehlen auch die dorsalen Wurzeln spurlos, während zwei ventrale stets vorhanden sind. Die vordere der beiden Ursprungsportionen ist beträchtlich schwächer und vereinigt sich eine mehr oder weniger weite Strecke abwärts auf ihrem Verlauf nach Verlassen des Schädels mit der hinteren, worauf beide gemeinsam in einem vor- und aufwärts offenen Bogen nach vorn zur Zunge ziehen. Sie liegen dabei zunächst medial vom N. accessorius und später lateral vom Vagus, ihm dicht angelagert (vergl. Fig. 12 u. 13). An der medialen Seite des Unterkiefers und des Zungen- beins nach vorn verlaufend teilt sich der Stamm des Hypo- glossus bald in seine beiden Hauptäste, die Rr. laryngeus supe- rior und lingualis. Bonsdorff lässt ihn durch eine Öffnung (Foramen condyloi- deum den Schädel verlassen. Er fasst die Rr. laryngeus superior und lingualis unter dem Namen eines „N. laryngo-lingualis“ zusammen und Beiträge zur Lehre vom Kopfnervensystem der Vögel. 89 führt diesen als einen Ast des Vagus auf „quia exceptis ramis mus- eularibus, qui nervo hypoglosso ab origine sunt tribuendi, in duos dirimitur ramos lingualem et laryngeum superiorem, ramo linguali n. trigemini et laryngeo superiori n. vagi apud hominem et mammalia comparandos.“ Zu letzterer Vereleichung kommt er, weil nach seiner Auffassung dieser Vagus-Ast „fibrillas continet ad nervum hypoglos- sum, nervum recurrentem secundi nervi trigemini et nervum vagum pertimentes“. Nach seiner Auffassung versorgt der eigentliche Hypo- glossus nur den M. rectus capitis antieus und giebt einen Verbindungs- ast zum ersten Üervikalnerven. Vom Stamm des Hypoglossus vor der Teilung in die beiden Hauptäste gehen mehrere Zweige ab, die teils von der hinteren Ursprungsportion allein, teils von dem gemeinsamen, schon ver- einigten Nerven entspringen, resp. in seine Bahn übergehen. 1. Rr. comm. c. n. cervical. primo. Gleich nach Ver- lassen des Schädels verbindet sich die hintere Portion durch einen oder zwei dorsalwärts abgehende Äste mit dem vorderen Ast des ersten Cervikalnerven, mit dem er dann zum M. com- plexus (Gadow) verläuft. Etwas weiter abwärts auf ihrem Ver- laufe giebt die gleiche Portion einen zweiten Ast ab, der sich ebenfalls mit einem Zweige von ©, verbindet und mit ihm ven- trale Halsmuskeln versorgt. 2. Rr. comm.c.n. vago. Diese dünnen Nerven verbinden den Vagus mit dem Hypoglossus 1. kurz nach der Vereinigung der beiden Ursprungsportionen des Hypoglossus und 2. an der Kreuzungsstelle der beiden Nerven. Der erste Verbindungszweig kann auch fehlen. 3. Ram. cervicalisdescendens(R.c.d. inferior Häcker). Kurz bevor sich die beiden Hauptäste des Hypoglossus von ein- ander trennen, geht ein dünner Nerv von ihm abwärts zur Trachea, um sich mit dem den gleichen Weg einschlagenden Ram. laryngeus superior auf oder im M. broncho-trachealis der zugehörigen Seite zu vereinigen. Dieser Ast kann auch vom Ram. laryngeus superior abgehen. 90 E. CORDS. A. Ram. laryngeus superior, der eine Hauptast des Hypo- glossus, geht, wie oben erwähnt, alsbald eine Verbindung mit dem xam. descendens ein und mit ihm zusammen in den M. broncho- trachealis, in dem er unter Abgabe zahlreicher feiner Äste, der Rr.adM. broncho-trachealem, die reichliche Anastomosen unter einander bilden, nach abwärts verläuft. Dabei verbindet er sich mit dem beim Ram. recurrens n. vagi erwähnten Äst- chen. Im unteren Viertel der Trachea kommt der Rest des Nerven auf die Aussenfläche des Muskels und geht dann, in mehrere Äste gespalten, zum proximalen Ende des M. sterno- (ysilo)-trachealis (Gadow), inden erals Ram. externus (Bons- dorff) auf der Grenze der ventralen und dorsalen Portion ein- tritt, um ihn zu innervieren. Der Ram. internus durchbohrt, in mehrere Fädchen gespalten, die Wand des Syrinx, um auf dessen Innenseite zu gelangen. Eine etwas abweichende Anordnung der Hypoglossusäste findet Haecker bei Untersuchung des unteren Kehlkopfes der Singvögel. Er bezeichnet die Vereinigung der beiden Hypoglossuswurzeln zu- sammen mit dem Zuschuss vom ersten Cervikalnerven als „Plexus cervicalis“ und den daraus hervorgehenden Nervenstamm als „Ram. cervicalis“. Er findet bei der Elster von diesem Ram. cervicalis einen dünnen Nerven abgehend, der „im wesentlichen die cervikalen Elemente des Plexus mit sich führt“ und den Vagus und die Vena iugularis nach unten begleitet; dabei geht er aber nur ausnahmsweise eine Ver- bindung mit dem Vagus ein. Der Rest des Ram. cervicalis — unser Hypoglossusstamm — teilt sich nach Überschreiten des Vagus in die „Rr. descendens et ascendens“ (Ram. laryngeus superior und” lingualis). „Der Ram. descendens, der genauer als Ram. cervicalis descendens superior zu bezeichnen wäre, läuft an der seitlichen Kante der Trachea herab und vereinigt sich beim Eintritt in die Larynxmuskulatur mit dem oben relhman Ram. cervicalis descendens inferior. Der so ent- standene Ram. syringeus spaltet sich aber sofort wieder, entsprechend den Stärkeverhältnissen seiner beiden Komponenten, in einen dünnen ventralen und einen stärkeren dorsalen Ast, Rr. s ringeus ventralis et dorsalis, ete.“ In der von den beiden Rr. descendentes (superior et inferior) gebildeten Schlinge sieht Haecker ein Gebilde, das „der Ansa hypoglossi der menschlichen Anatomie verglichen werden kann“. B. Ram. lingualis (Ram. laryngo-lingualis Gadow), der zweite Hauptast des Hypoglossus, zeigt hinsichtlich seiner Stärke Beiträge zur Lehre vom Kopfnervensystem der Vögel. 91 das gleiche Verhalten wie der Ram. lingualis des Glossopharyngeus, d.h. er ist beim Huhn, auch verhältnismässig, bedeutend schwächer als bei der Gans und der Ente. Er geht an der medialen Seite des Zungenbeinhorns, zwischen diesem und dem M. interhyoideus nach vorn. Dann verläuft er über die ventrale und mediale Seite des Zungenbeinhorns und begiebt sich über die ventrale Fläche des Gelenkes zwischen Zungenbeinhorn und -körper auf die ventrale Seite des letzteren, wo er durch Bindegewebe dem Knochen sehr fest verbunden ist. Darauf durchbohrt er zunächst die laterale Ursprungssehne des M. hyoglossus (Gadow) und zieht dann auf der Ventralfläche dieses Muskels weiter nach vorn zur Innervierung der übrigen Zungenmuskeln. Er endet als sensibler Nerv an der unteren Fläche der Zunge, wobei er oft mit dem anderseitigen anastornosiert. Vorher giebt er mehrere Äste ab: 1. Rr. ad M. broncho-trachealem. Bald nach seiner Trennung vom Ram. laryngeus giebt er einige Ästchen an den proximalen Teil des M. broncho-trachealis, die untereinander und mit den angrenzenden Verzweigungen des Ram. laryngeus superior zahlreiche Anastomosen bilden. 2. Ram. ad M. tracheo-hyoideum geht etwas weiter nach vorn vom Ram. lingualis ab und in die laterale Fläche des gleichnamigen Muskels, während 3. Ram. comm. c. n. glossopharyngeo nach Durch- bohrung des distalen Ursprungs des M. tracheo-hyoideus_ teils einige dünne Nervenfädchen in den Muskel schickt, teils auf der medialen Fläche desselben eine Anastomose mit einem dünnen Nervchen vom vorderen Ast des Ram. pharyngeus glosso- pharyngei eingeht. 4. Rr. ad M. cerato-glossum, ein stärkerer und ein schwächerer, schlingen sich dicht vor dem Ursprung des M. interhyoideus oder auch durch denselben hindurchgehend von der medialen auf die laterale Seite des Zungenbeinhorns, um im 932 E. CORDS, Beiträge zur Lehre vom Kopfnervensystem der Vögel. M. cerato-glossus zu enden. Dabei bildet der stärkere auf der Medialfläche des M. genio-hyoideus durch ein äusserst feines Nervenfädchen eine Anastomose mit dem vom Ram. pharyngeus glossopharyngei ums Zungenbeinhorn herum zur Verbindung mit dem Ram. lingualis des gleichen Nerven verlaufenden Aste, 5. Ram. ad M. hyo-glossum (Gadow) und 6. Ram. ad M. hypoglossum (Gadow) gehen an die gleichnamigen Muskeln, ehe der lingualis sich in 7. Rami linguales (sens. strict.), seine sensiblen End- äste, auflöst, die den hinteren Abschnitt der Zunge versorgen Zum Schlusse sei es mir gestattet, Herrn Geheimrat Prof. Wiedersheim für die Übernahme des Referates und die Er- laubnis, im anatomischen Institut arbeiten zu dürfen, sowie Herrn Prof. Gaupp für die Überweisung des Themas und die freund liche Unterstützung bei Bearbeitung desselben meinen besten Dank auszusprechen. ax 13. 14. Litteraturverzeichnis. Bamberg, €. F., De avium nervis rostri atque linguae. Dissertat. Halis 1842. 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Anzeig. IX. 1856. 1 Anatomische Hefte. I. Abteilung. 78. Heft (26. PBd., H. 3.) Figurenerklärung. Fig. 1. Gehirn einer Gans. Ventralansicht. °/e. 1.—XII. betreffende Hirnnerven. C, u. ©, erster und zweiter Cervikalnerv. gang. cerv. sup. Ganglion cervicale supremum sympathici. Fig. 2. Auge einer Gans. Medialansicht; ”/ı; linke Seite. Fig. II—VI betreffende Hirnnerven. . 5. M. rectus superior. . m. M. rectus medialis. i. M. rectus inferior. s. M. obliquus superior. ». c. Ganglion ciliare. Q. M. quadratus. Py. M. pyramidalis. G. H. Glandula Harderi. Ak Si ") 3. Augenmuskelnerven und Ganglion ciliare vom Huhn. ansicht; rechte Seite; °/ı. II, III, V,, VI betreffende Hirnnerven. g. c. Ganglion ciliare. Medial- Fig. 4 Verhalten der Chorda tympani zum Unterkiefer bei der Ente. Medialansicht; rechte Seite; °/.. V, dritter Trigeminusast. Ch Chorda tympani. .5. Facialisschema. Rechte Seite; Ente; °/ı. a. €. Arteria carotico-cephalica. F. s. a. Fossa subarcuata. M. a. e. Meatus auditorius externus. Q obere Gelenkfläche des Quadratum. Col. Columella auris. pal. Ram. palatinus VII. hym. Ram. hyomandibularis VII. Figurenerklärung. 99 t. Verbindungsäste des Ram. hyomand. VII mit V;. g Verbindungsäste des Ram. hyomand. VII mit IX. o. Ram. auricularis. Ch. Chorda tympani. VII. Stamm des Faecialis. IX. Glossopharyngeus. gang. cerv. sup. Ganglion cervicale supremum sympatbicı. Fig. 6. Ganglion geniculi des Facialis. Frontalsehnitt eines Hühnerembryo von 9 Tagen. 80fache Vergr. OK. Knorpel der Ohrkapsel. g. g. VII. Ganglion genieuli des Facialis. g. s. V. Ganglion semilunare des Trigeminus. Ch Chorda dorsalis. Fig. 7. Dorsalansicht des Kopfes einer Gans; 'ı; Orbitaldach entfernt. linkerseits ist der M. rectus sup. abgetragen, der M. obliquus sup. umgeklappt r. s. M. rectus superior. r. m. M. rectus medialis. r. 1. M. rectus lateralis. o. s. M. obliquus superior. III, IV, V,, VI entsprechende Hirnnerven. n. med. Ram. medialis nasi (V.). Fig. 8. Verlauf des N. vagus (Halsteil) bei einer Ente. Ventralansicht. '/ı. Tr. Trachea. Oes. Ösophagus. A. Atrium. V. Ventrikel. v. cav. sup. s. Vena cava superior sinistra. v. cav. sup. d. Vena cava superior dextra. gl. thyr. Glandula thyreoidea, linkerseits dicht darüber das Ganglion trunei vagi. N. vag. Stamm des Vagus. N. rec. Ram. recurrens vagı. A, s. s. Arteria subelavia sinistra. A. s. d. Arteria subclavia dextra. gang. t. vag. Ganglion trunei n. vagi. Fig. 9. Verlauf des N. vagus (Brust- u. Bauchteil) bei einer Ente. Ven- tralansicht. '/ı. Herz nach abwärts gezogen; Magen nach rechts umgelest; Leber fast ganz entfernt. A. Atrium. V. Ventrikel. Ao. Aorta. P. A. pulmonalis. A. s. s. Arteria subelavia sinistra. A. s. d. Arteria subelavia dextra. v. cav. inf. Vena cava inferior. IE 100 Figurenerklärung. ventr. gland. Drüsen- oder Vormagen. ventr. musc. Muskelmagen. N. vag. N. vagus. r. card. ram. cardiacus vagi. ır. hep. rami hepatici vagi. ır. gast. rami gastrici vagi. Fig. 10. Nervenverteilung im M. constrictor colli u. M. sternocleido-mastoi- deus + eucullaris VII + XI + C, — (,; Ente; rechte Seite. Yı. Face. rot, Cervikalnerven schwarz, Vagus doppelt contouriert. Verlauf im Muskel punktiert. ce. M. constrietor colli; der Teil des Constriktor, der am Kieferwinkel inseriert, ist weggelassen; die abwärts frei endenden Facjaliszweige gingen zu ihm. IX ist nar mit seinen Endverzweigungen proximal von C, zu sehen. Fig. 11. Gehörorgan und Facialisursprung beim Huhn. Ansicht von aussen und etwas von oben; /2; linke Seite. Das Mittelhirn ist entfernt, um den N. trochlearis zu zeigen. IV, V, VII, VIII betreffende Hirnnerven. hym. ram hyomandibularis. pal. ram. palatinus. Ch. Chorda tympani. Col. Columella auris. can. s. Canalis semicireularıs sagittalis. can. fr. Canalis semicireularis frontalis. can. h. Canalis semicireularis horizontalis. Fig. 12 u. 13. Die letzten Hirnnerven. Lateralansicht; ?/2; rechte Seite. (Fig. 12 Ente; Fig. 13 Gans.) VII, IX, X, XI, XII betreffende Hirnnerven. C, erster Cervikalnerv. gang. cerv. sup. Ganglion cervicale supremum sympatbici. r. a. ram. anterior (palatinus) VII. r. p. ram. posterior (hyomandibhularis) VII. Fig. 14. Hauptäste des Trigeminus. Ente. '/ı; rechte Seite. Der knöcherne Oberschnabel ist zum grossen Teil entfernt. V, Ram. ophthalmicus. V, + V, Truneus maxillo-mandibularis. Mand. Ram. mandibularis. Max. Ram. maxillaris. M. e. Ram. mandibularis externus. alv. sup. Ram. alveolaris superior. P. inf. Ram. praemaxillaris inferior. P. sup. Ram. praemaxillaris superior, etwas zur Seite gezogen, um den Abgang des Ram. praemaxillaris inferior zu zeigen. I Olfactorius. AUS DEM ANATOMISCHEN INSTITUT DER UNIVERSITÄT TÜBINGEN. BEITRÄGE HISTOLOGIE DER TRÄNENDRÜSE ZUR LEHRE VON DEN SECRETGRANULA. VON Dr. med. BRUNO FLEISCHER, früher Assistenzarzt der Universitäts-Augenklinik zu Tübingen. Mit 20 Figuren auf den Tafeln 5/10. Anatomische Hefte. I. Abteilung. 78. Heft (26. Bd. H, 1). 8 Bei der Untersuchung einer Reihe von Drüsen, welche K. W. Zimmermann (50) im Hinblick auf das Verhalten von Zentralkörpern, Kittleisten und Sekretkapillaren angestellt hat, hat Zimmermann auch die menschliche Tränendrüse berück- sichtigt. Er ist hierbei zu bemerkenswerten Ergebnissen ge- kommen, die sich nicht nur auf die genannten Punkte er- strecken. Zum Zweck der Nachuntersuchung der Befunde Zimmermanns bin ich der leichten Erreichbarkeit des Materials halber nicht von der Tränendrüse des Menschen, sondern von der des Rindes ausgegangen. Es hat sich nun bald gezeigt, dass die Tränendrüse dieses Tieres zur Untersuchung der ge- nannten Verhältnisse recht gut geeignet ist; es haben sich dabei aber Unterschiede von der menschlichen Drüse in anderer Rich- tung ergeben, die an sich grosses Interesse boten. Ich habe mich daher im wesentlichen auf diese Drüse bezw. auf die des Kalbes beschränkt, obgleich mir auch gutes Material von Hingerichteten zur Verfügung stand, und habe dieses letztere nur zur Kontrolle benützt. Wesentliche Besonderheiten hat die Drüse des Rindes ergeben in der allgemeinen Anord- nung des Drüsenparenchyms, im Verhalten des ausführenden Systems und der Gestaltung der Zellen der secernierenden Ab- schnitte, Ganz besonders geeignet hat sich die Drüse erwiesen zum Studium der Sekretgranula. Es teilt sich dadurch die Arbeit in vier Abschnitte ein: — Allgemeiner Bau der Drüse und Ausführungsgänge, 2. Sekretkapillaren, 3. Zentralkörper, 4. Sekretgranula. 104 Dr. med. BRUNO FLEISCHER, Material und Technik. Es wurde die Tränendrüse des erwachsenen Rindes und des Kalbes benützt. Unmittelbar nach dem Schlachten wurde der knöcherne Orbitalrand ringsum losgeschlagen, mitsamt dem Inhalt der Orbita, hierauf die Tränendrüse von hinten heraus- präpariert. Dies gelingt leicht; die Tränendrüse liegt oben aussen hinter dem Orbitalrand, ist ein länglich ovales Organ von über Wallnussgrösse, ventralwärts abgeplattet. Nach Zer- legung in kleinere Stückchen mit möglichster Entfernung von derber Fascienumhüllung wurden die Stückchen sofort in die verschiedenen Fixierflüssigkeiten gebracht. Als solche wurden angewendet: Konzentrierte Sublimat- lösung mit 0,6°/, Kochsalzzusatz, Alkohol von 70°/, täglich steigend, eine Mischung von konzentrierter Sublimat- und 2 prozentiger Osmiumsäurelösung, Osmiumsäurelösung !/g °/o, Flemmingsche Lösung, konzentrierte wässrige Pikrinsäure und Trichloressigsäure in 10 prozentiger Lösung. !) Nach 24 bis 48stündigem Aufenthalt in diesen Lösungen wurden die Präparate in Alkohol langsam steigend entwässert, abgesehen von den Trichloressigsäurefixierten, die sofort in 96 prozentigen Alkohol zur Vermeidung der Quellung gebracht wurden. Eingebettet wurde in Paraffin nach der Schwefelkohlenstoff- methode von M. Heidenhain (Alkohol absol., Alkohol absol. und Schwefelkohlenstoff ana., Schwefelkohlenstoff I und II, konz. Lösung von 45 grädigem Paraffin und Schwefelkohlenstoff 1) Die Triehloressigsäure wird von M. Heidenhain schon seit etwa 10 Jahren zu Fixierungszwecken benutzt, meist zu 50/0, jedoch auch bis 1000. Die Präparate dürfen auf keinen Fall in Wasser ausgewaschen werden, weil sonst Quellungen erfolgen. Die Übertragung geschieht direkt in 960/9 oder absolutem Alkohol. Beiträge zur Histologie der Tränendrüse etc. 105 bei ca. 20 Grad, konz. Lösung von 55grädigem. Paraffin bei ca. 40 Grad, Paraffin I und I). Es wurden benützt 3—4—5 u dicke Schnitte, mit Wasser auf dem Objektträger aufgeklebt. Die Sublimatfixation eignete sich gut zur Darstellung der Sekretkapillaren und der Zentralkörper; auch die Trichloressig- säure gab hierzu brauchbare Fixierung. Die Alkoholfixierung hatte starke Veränderung des Protoplasmas der Zellen herbei- geführt, weshalb nur im Stück mit Chromhämatoxylin nach R. Heidenhain gefärbte Präparate zu bestimmten Zwecken benützt wurden. Die in Flemmingscher Lösung fixierten Stücke liessen sich sehr schlecht färben mit den untengenannten Mitteln, weshalb ich von deren Benützung Abstand nahm. Die Osmium fixierten Präparate wurden in beschränktem Mals, be- sonders zur Darstellung der Sekretgranula beigezogen. Be- sonders gute Erhaltung der Granula zeigte sich bei der Pikrin- säurefixation der Kalbsdrüse. Auch die frische Drüse wurde untersucht, indem von der Drüse mit dem Rasiermesser möglichst dünne Schnitte abge- tragen wurden und unter dem Deckglas event. nach leichtem Zerzupfen mit und ohne Zusatz von 0,7 prozentiger Kochsalz- lösung, mit Ölimmersion untersucht wurde. Ich habe auch die frische Drüse maceriert, in: der Weise, wie S. Peiser (39) an- gegeben hat: Einlegen von kleinen Stückchen 12—24 Stunden in konzentrierte Salzsäure, dann Auswaschen und Untersuchung in Wasser mit und ohne Deckglas; dadurch werden die ein- zelnen Tubuli bezw. Gruppen derselben isoliert und es lässt sich ihre Form durch Hin- und Herneigen des Objektträgers (ohne Deckglas) von verschiedenen Seiten beobachten. Die menschliche Tränendrüse wurde ebenso wie die tierische behandelt, unmittelbar nach der Hinrichtung in die Fixier- Hüssigkeiten gebracht (Sublimat, Trichloressigsäure, Osmiumsäure mit und ohne Sublimatzusatz) und wie oben weiter behandelt. 106 Dr. med. BRUNO FLEISCHER, Zur Darstellung der Sekretkapillaren und Zentralkörper wurde die M. Heidenhainsche Eisenhämatoxylinfärbung in der bekannten Weise angewandt. Zum Auffinden der Zentral- körper hat sich mir eine Nachfärbung mit Kongokorinth (konz. alkoholische Lösung) bewährt, wodurch eine leichte Rotfärbung des Protoplasmas erzielt wurde und die um die Zentralkörper befindliche helle Zone deutlicher wurde. Ausser der Eisen- hämatoxylinmethode habe ich zum Studium der allgemeinen histologischen Verhältnisse insbesondere des ausführenden Systems mit Vorteil eine Nachfärbung der mit Delafieldschem Hämatoxylin behandelten Schnitte mit Benzopurpurin 6B angewandt, wie dies kürzlich von M. Heidenhain (19) be- schrieben wurde: Färbung mit konz. alkoholischer Lösung, nachdem der Schnitt durch kurzes Verweilen in leicht alkali- schem Alkohol alkalisch gemacht und dann sorgfältig wieder ausgewaschen war; Auswaschen des überschüssigen Farbstoffes in Alkohol. Zur Darstellung der Sekretgranula habe ich (ausser der Eisenhämatoxylinfärbung) eine kombinierte Anilinfärbung benützt, wie sie in derselben Abhandlung wie oben von Heiden- hain beschrieben ist, nachdem Versuche mit Safranin, Licht- grün, Lichtgrünsafranin, Methylenblau, 'Thiazinrot keine be- friedigenden Resultate ergeben hatten: nämlich eine Kombi- nation von Brillantschwarz, Toluidinblau und Safranin. Die Schnitte wurden in eine lprozentige wässrige Lösung von Brillantschwarz 3B gebracht, für wenige Minuten; dadurch werden die Schnitte bläulichschwarz gefärbt; wenige Minuten in einer gleich starken Lösung von Toluidinblau macht die Schnitte stark dunkelblau, hierauf wurde in einer !/, prozentigen alkoholischen Safraninlösung differenziert (Vorsicht, nicht zu viel) und dann das überschüssige Safranin mit Alkohol entfernt. Diese Färbung verwendete ich besonders für Sublimat-, Tri- chloressigsäure- und Pikrinsäurepräparate. Zur Darstellung der Membrana propria der Tubuli wurde nach Vorfärbung mit Beiträge zur Histologie der Tränendrüse ete. Be Carmalaun eine 1 prozentige wässrige Lösung von BlauschwarzB benützt, wodurch dieselbe als scharfe blaue Linie hervortritt. Zur Untersuchung stand mir ein Mikroskop von Zeiss zur Verfügung, Apochromat 2, 4 und 8 mit verschieden starken Kompensationsokularen ; zur genaueren Beobachtung der Sekret- granula, Sekretkapillaren und Zentralkörper ist unbedingt ein sehr gutes Instrument und stärkste Vergrösserung mit Ölimmersion nötig; bei Anwendung dieser starken Vergrösserungen leistet eine Zwischenschicht von Öl zwischen Abbe und Objektträger ausgezeichnete Dienste. Zu besonderen Zwecken habe ich frisch auch noch die Submaxillaris und Parotis des Rindes, sowie diese und die Tränendrüse des Kaninchens untersucht, die Submaxillaris des letzteren auch fixiert und gefärbt, worüber im Abschnitt über Sekretgranula berichtet wird. Allgemeiner Bau der Drüse und Ausführungsgänge. Es ist schwer, über den allgemeinen Bau der Tränendrüse aus der Litteratur sich eine genaue Vorstellung zu verschaffen. Insbesondere findet man in den Lehrbüchern recht differente Angaben. Diese fussen wohl im wesentlichen auf Untersuch- ungen von Boll (4, 5, 6), ferner von Merkel (30) und neuer- dings von Zimmermann (50). In den Lehrbüchern wird fast allgemein auf die Ähnlich- keit des Baues der Drüse mit den serösen Drüsen, besonders der Parotis hingewiesen, erst neuerdings (Kölliker-Ebner) auch auf Verschiedenheiten insbesondere im Detail aufmerksam gemacht. In den älteren, aber auch in neueren Lehrbüchern 108 Dr. med. BRUNO FLEISCHER, [Ellenberger 1887 (11), Schwalbe 1887 (45), Toldt (49), Böhm und Davidoff 3. Auflage (3), Merkel-Henle 1901 (31)] wird die Drüse als acinös bezw. alveär bezeichnet; Stöhr nennt sie in der 9. Auflage seines Lehrbuches (48) zusammenge- setzt tubulös, ähnlich Sobotta (46), und Kölliker (6. Auflage) tubuloacinös (23). Nach Toldt ist die Tränendrüse in Bezug auf das ausführende System ganz der Parotis ähnlich und Ellenberger lässt die Alveolen zunächst in kapillarähnliche mit hohem Zylinderepithel ausgekleidete Gänge, dann in Tränen- röhren und unter ästiger Vereinigung der letzteren in die Ductus lacrimales übergehen, dabei soll das ursprünglich sehr hohe Zylinderepithel immer niedriger werden. Dagegen läugnen Schwalbe und Böhm und Davidoff »Speichelröhren« ; ersterer beschreibt »verhältnismälsig lange Schaltstücke mit niedrigem Epithel«, ebenso Merkel-Henle. Auch Stöhr und Sobotta lassen die mit zweischichtigem Zylinderepithel aus- gekleideten Ausführungsgänge allmählich in lange Schaltstücke, enge mit niedrigem Epithel ausgekleidete Gänge, übergehen. Kölliker-Ebner schreibt entsprechend den Befunden Zimmermanns: »Die sezernierenden Schläuche gehen all- mählich durch Abnahme der Zellhöhe auf etwa 10 «, ohne dass sich der Charakter der Zellen wesentlich verändert, in intra- lobuläre Ausführungsgänge über, welche sich durch eine weitere Lichtung auszeichnen, und diese in interlobuläre Ausführungs- gänge mit zweireihigem Zylinderepithel. Man hat diese engeren Übergangsschläuche als Schaltstücke bezeichnet, sie haben aber wenig Ähnlichkeit mit den einerseits in die Alveolengänge, andererseits in die Speichelröhren plötzlich übergehenden Schalt- stücken der OÖhrspeicheldrüse.< Stäbchenepithelgänge fehlen vollständig. Diese stark von einander abweichenden Angaben erklären sich meiner Ansicht nach dadurch, dass zwischen dem Bau der Tränendrüse der verschiedenen Tiere nicht scharf unter- schieden wird. Analom. Hefte 1. Abteilung 78.Heft (26. Bd.Hı) j Tafel 5/6 Beiträge zur Histologie der Tränendrüse etc. 10% Boll hatte zwar in seiner Arbeit über die Bindesubstanz der Drüsen (5) die Tränendrüse des Menschen als wesentlich verschieden bezeichnet von der der übrigen von ihm unter- suchten Tiere (Kalb, Schaf, Schwein, Hund); er macht jedoch in seiner Abhandlung in Strickers Lehrbuch keinen Unter- schied mehr: er hatte die Tränendrüse des Menschen ausge- zeichnet gefunden durch eine grosse Distanz der Alveolen von einander, reichliche Entwickelung von Blutkapillaren, diese zu beiden Seiten umgeben von Reihen von Lymphkörperchen; ferner sollten die Drüsenzellen durch besondere Kleinheit ausgezeichnet sein; im Striekerschen Handbuch spricht er aber ganz allge- mein von der Tränendrüse des Menschen und der Säugetiere als von einer durch Septen in Läppchen geschiedenen aci- nösen Drüse, mit im Bereich des Parenchyms seltenen Aus- führungsgängen, die in dieses unter rechtem Winkel eindringen ; Schleimzellen sollen fehlen. Während die Ductus lacrimales ein einschichtiges Epithel tragen, das auch noch nach ihrer Teilung in ihre Äste im Innern der Drüse sich findet, haben die »Tränenröhren«, in die sie sich fortsetzen, hohe Epithel- zellen mit aufgefaserter Basis; allmählich gehen die Tränen- röhren über in feine kapillarenähnliche Gänge mit glatten, spindelformähnlichen Zellen. Diesen Kanälen sitzen dann end- lich die Alveolen mittelst kurzer Ästchen an, die, meist nur aus 4-6 Epithelzellen gebildet, sich bis in das Innere des Al- veolus hinein fortsetzen, wo sie von den eigentlichen sezer- nierenden Epithelien fast rings umlagert werden. Merkel hatte die Tränendrüse des Hundes untersucht und fand hier keine Gänge mit Stäbchenepithelien, dagegen Gänge, die sich mit Blauholz sehr stark färben, und zwar nicht nur die Kerne, sondern auch in diffuser Weise das Protoplasma der Zellen, sodass diese Gänge ganz den Schaltstücken der Sub- maxillaris gleichen. Merkel hat diesem Befund eine besondere allgemeine Bedeutung beigemessen, indem er die stark wässriges 110 Dr. med. BRUNO FLEISCHER, Sekret liefernde Tränendrüse mit ihren langen Schaltstücken der Sublingualis mit ihrem konsistenten stark schleimigen Sekret ohne Schaltstücke gegenüber stellt, entsprechend seiner Ver- mutung, dass die Stäbchenepithelzellen besonders die Kalksalze, die Schaltstücke wahrscheinlich nur eine stark wässrige Flüssig- keit, die Acini den zähflüssigen konsistenten Teil des Sekrets liefern. Von Kirschstein (22) war die starke Entwickelung von Zwischensubstanz mit Fett in der menschlichen Tränendrüse besonders beim Mann im hohen Alter, sowie der tubulöse Charakter der Drüse hervorgehoben worden. Maziarski (29) hat durch die Bornsche Modelliermethode die tubulöse Natur der menschlichen Tränendrüse bewiesen, zugleich leugnet er Schaltstücke und Stäbchenepithelgänge. Und von der menschlichen Drüse hat dann auch Zimmer- mann eine genauere Beschreibung gegeben: Die kleineren Aus- führungsgänge haben ein doppeltes »partiell geschichtetes« ver- hältnismäfsig niedriges Epithel, dessen äussere Zellreihe weniger Kerne und niedrigere Zellen hat als die innere. Gegen die sezer- nierenden Drüsenschläuche zu werden die basalen Zellen immer niedriger und strecken sich mehr und mehr in die Länge, während sie seitlich vollständig ihre Fühlung verlieren, bis sie schliesslich zu dünnen langen Gebilden mit länglichem Kern und feiner Längsstreifung geworden sind, sodass Zimmer- mann sie mit plattgedrückten glatten Muskelfasern vergleicht und sie für »Detrusoren« hält; diese Zellen verzweigen sich schliesslich und verlaufen gegen das Ende der Tubuli mehr zırkulär, zwischen den eigentlichen Drüsenzellen und der Mem- brana propria. Das innere Epithel ist vor dem Übergang in die Tubuli etwa ebenso hoch als breit mit gleichmäfsigem Proto- plasma. Der Übergang in die Tubuli geschieht ohne scharfe Grenze. Beiträge zur Histologie der Tränendrüse etc. hl In den Tubuli selbst unterscheidet Zimmermann zweierlei Zellen: erstens solche, welche in sekretgefülltem Zustand hoch, im leeren Zustand niedrig sind und welche drei Zonen erkennen lassen: eine basale, mittlere und eine gegen das Lumen zu ge- legene; die basale Zone zeigt lamelläre, die mittlere eine feine eleichmälsige gerüstartige Struktur, die dritte ist die Sekret- sammelstelle; sie ist hell, in ihrer Höhe sehr variabel und birgt die Zentralkörper. Die zweite Art Zellen liegt im Endabschnitt der Drüsenschläuche, sie ist niedriger, hat ein gröberes Proto- plasmagerüst und nur eine schmale basale lamelläre Schicht, während im übrigen Zellleib sich das Sekret ansammelt. Nach diesen neueren Untersuchungen müssen wir also die Tränendrüse des Menschen von der anderer Tiere wohl unter- scheiden. Dass tatsächlich ein wesentlicher Unterschied zwischen der menschlichen und der Tränendrüse des Rindes besteht, haben auch meine Untersuchungen ergeben. Betreffs der Nomen- clatur bemerke ich: unter Ausführungsgängen verstehe ich das Gangsystem, soweit es innerhalb der Drüse gelegen ist; die grossen ausserhalb der Drüse gelegenen Ausführungsgänge, die ductus lacrimales, habe ich nicht untersucht; eine Unterscheidung von interlobulären und intralobulären Gängen schien mir nicht praktisch, da der Übergang der eventuell so zu nennenden Gänge in einander ein ganz allmählicher und die Grenze unsicher ist; vielmehr unterscheide ich nur (intraglanduläre) grössere und kleinere Ausführungsgänge und an diese anschliessend enge Kanäle, Schaltstücke. Die sezernierenden Endabschnitte nenne ich Tubuli, ohne zunächst dadurch sie in ihrer Form gegenüber Acini oder alveoli kennzeichnen zu wollen. Betrachtet man Schnitte der Tränendrüse des Rindes oder Kalbes bei schwacher Vergrösserung, so sieht man eine fast homogene Masse von Drüsensubstanz, dargestellt von dem 112 Dr. med. BRUNO FLEISCHER, sezernierenden Parenchym, dessen Gänge in Längs- und Quer- schnitten eng gedrängt nebeneinander liegen. Von der binde- gewebigen Kapsel ziehen Septen in die Drüsensubstanz hinein, welche die einzelnen Drüsenläppchen von einander scheiden; vom Hilus der Drüse her dringen die Gefässe und Ausführungs- gänge ein. Zwischen den sezernierenden Endabschnitten findet sich ein sehr spärliches interstitielles Bindegewebe, stellenweise eine stärkere Ansammlung von Lymphzellen,; nur selten kann man auf eine längere Strecke einen Tubulus verfolgen, häufig findet man Verzweigungen von Tubuli, auch sitzen vielfach kürzere seitliche Knospen an denselben an; Serienschnitte be- weisen den sehr gewundenen Verlauf der Tubuli. Die grösseren Ausführungsgänge zeigen ein relativ weites Lumen, sind auf dem Querschnitt kreisrund, in reichliches lockeres Bindegewebe, das sich an der Wand der Gänge ver- dichtet, eingebettet; mit ihnen verlaufen die Gefässe. Diese Gänge haben ein zweischichtiges Epithel (Fig. 12); die innere Schicht besteht aus hohen Zylinderzellen mit einem leicht ovalen Kern, der mit der langen Achse auf der Basis senkrecht steht und in der äusseren Hälfte der Zelle liegt; er nimmt die ganze Zellbreite ein; die Zellen scheinen auf der zweiten äusseren Schicht aufzusitzen. Das Protoplasma dieser inneren Zellen ist in den Eisenhämatoxylinpräparaten hell mit feinen dunklen Pünktchen durchsetzt, an den Delafield-Benzopurpurin- schnitten ist es mehr diffus leicht körnig, rötlich. Es wäre an diesen Präparaten kaum zu entscheiden, ob es sich tat- sächlich um zwei übereinanderliegende Schichten von Epithel handelt oder nicht. Dagegen kann darüber an den Chrom- hämatoxylinpräparaten kein Zweifel sein: die Zellen, besonders die innere Zellschicht, sind hier dunkler blau gefärbt, und es lässt sich deutlich erkennen, dass die inneren Zellen mit feinen Füsschen zwischen den einzelnen Zellen der äusseren Schicht durch bis zur Basalmembran reichen. Das Studium Beiträge zur Histologie der Tränendrüse etc. > dieser Verhältnisse ist an diesen Schnitten auch ‚dadurch er- leichtert, dass häufig leichte Schrumpfungen bestehen, wodurch die Zellen etwas auseinander gewichen sind. Das Epithel ist also als zweireihig (Schiefferdecker) zu bezeichnen. Die Kittleisten der Zellen, die in Eisenhämatoxylinschnitten sehr scharf hervortreten, bilden von der Fläche gesehen ziemlich regelmäfsige Vielecke von ca. 5—6 Seiten (Fig. 4). Über die Ebene der Kittleisten ragen die dem Lumen zu gelegenen Spitzen der Zellen häufig kuppenförmig vor (Fig. 12), vielfach sind sie selbst in wurstförmige Gebilde ausgezogen. Die basalen Zellen (Fig. 12) sind mehr rundlich, ragen zwischen die Füsse der inneren Zellen kegelförmig hinein, sie sitzen auf der an sie angrenzenden Basalmembran auf und haben einen etwas helleren Zellleib; ihre Kerne sind auf Quer- und Längsschnitten oval bis rundlich, in der Grösse von den Kernen der ersten Reihe nicht wesentlich verschieden; sie sind spärlicher als die der ersten Reihe, z. B. kommen in einem Querschnitt auf ca. 27 der Kerne der zweiten ca. 33 der ersten Reihe. Die Gänge verzweigen sich spitzwinklig, das sie umgebende Bindegewebe wird spärlicher, das Lumen kleiner. Zugleich nimmt die Höhe der inneren Epithelschicht ab und die Zahl der Kerne der äusseren Schicht wird kleiner. Wenn die Gänge beim weiteren Verlauf schliesslich nur noch in spärlichem Bindegewebe liegen, tritt eine Veränderung im Protoplasma der Epithelzellen ein; dasselbe sieht in den Sublimat-Eisenhäma- toxylinschnitten stärker körnig aus, ist unreiner und je kleiner die Gänge werden, um so deutlicher wird eine Anordnung der Körnchen an der Basis der Zellen in Reihenform, indem die Körnchenreihen eine auf die Basis senkrechte pinselartige Faserung bilden, wie es in Fig. 5 bei Zelle b angedeutet ist; die Er- scheinung ist schwer bildlich darzustellen und es geben die Abbildungen kein gutes Bild von der Wirklichkeit, der beste Ausdruck scheint mir der einer »pinselartigen Auffase- 114 Dr. med. BRUNO FLEISCHER, rung«. Sehr deutlich ist diese Auffaserung an den Chrom- hämatoxylinpräparaten und stammt die Fig. 3 von einem solchen Präparat: die Basis der Zellen ist hier vollständig zerfasert in einzelne Fasern und Füsschen, die dieker und dünner durch- einander laufen und auf der Basalmembran aufsitzen. Eine gewisse Neigung zur Faserung zeigt sich übrigens auch an den grösseren Ausführungsgängen, doch ist sie lange nicht so aus- gesprochen und in die Augen fallend, wie in den kleineren Gängen. In den kleinsten Ausführungsgängen ist das Epithel schliess- lich nur noch einschichtig, man findet noch vereinzelte Kerne, einer zweiten Epithelschicht entsprechend, der Basalmembran eingereiht, ca. alle drei bis vier Zellen einen. Ein deutlicher Zellleib ist aber an diesen Basalzellen kaum noch zu erkennen, die Kerne sind oval bis länglich, parallel der Verlaufsrichtung des Ganges gestellt, von Bindegewebskernen kaum noch zu unterscheiden. Die Zellen der inneren Schicht sind kubisch, das Kittleistennetz setzt sich nicht mehr aus regelmäfsig poly- gonalen Feldern mit gleich langen Seiten zusammen, sondern dieselben sind parallel zur Achse (des Ganges lang gestreckt, an den Enden zugespitzt; das Lumen des Ganges ist ein noch verhältnismälsig weites: der Durchmesser desselben übertrifft die Höhe der Zellen um ein weniges. Die Verbindung dieser kleinsten Ausführungsgänge mit den Tubuluszellen nun wird hergestellt durch enge Kanäle, die von den ersteren häufig rechtwinklig abgehen. Diese Gänge fallen an den Chromhämatoxylinpräparaten schon bei schwacher Ver- grösserung auf, indem die Zellen dieser Gänge sich auffallend dunkel und diffus gefärbt haben; sie heben sich dadurch von den hellen Zellen der sezernierenden Abschnitte und der Aus- führungsgänge als dunklere Striche und Flächen deutlich ab. An den Eisenhämatoxylinschnitten sind sie viel weniger in die Augen fallend; an den Osmiumpräparaten, die mit Delafield- Beiträge zur Histologie der Tränendrüse etc. 115 schem Hämatoxylin gefärbt sind, sind sie dagegen wieder leicht erkennbar durch eine Granulierung ihrer Zellen: während in den centralen Teilen der Schnitte nämlich die Sekretgranula der Tubuluszellen sich nicht erhalten haben und die Zellen ausser den Kernen ein leicht graues Aussehen haben, sind die Zellen der engen Gänge, insbesondere ihre gegen die Tubuli zu gelegenen Abschnitte, mit blaugefärbten Granula erfüllt. Die schönsten Bilder erzielte ich jedoch an den Sublimatschnitten durch Färbung mit Delafield und Nachfärbung mit Benzopurpurin. Durch diese Färbung erhält das Bindegewebe eine schöne leuchtend rote Farbe, das Protoplasma der Tubuluszellen und der Zellen der Ausführungsgänge sieht rötlich aus, die Kerne blau; die Schalt- stücke — als solche können jene Kanäle mit Fug und Recht bezeichnet werden — erhalten einen blaurötlichen Ton, welcher sie von den übrigen Zellen deutlich hervorhebt. Der Übergang von den Zellen der Ausführungsgänge in die Schaltstücke ist häufig ein allmählicher: indem die Zellen niedriger und länger werden, die Kerne sich gleichfalls in die Länge strecken, das Lumen sich verengt und nach und nach Granula in denselben auf- treten, zuerst nur längs der Lumenfläche, dann die ganze Breite zwischen letzterer und dem Kern einnehmend. Das Epithel ist einschichtig; charakteristisch ist auch das Kittleistennetz, indem die Zellflächen immer gestreckter werden (Fig. 6). Die Kitt- leisten bekommen ein zackiges welliges Aussehen; der Durch- messer des Lumens beträgt in den Schaltstücken etwa nur ein Drittel der Zellhöhe, die Zellgrenzen sind sehr undeutlich. Wie schon erwähnt, ist der Abgang der Schaltstücke häufig recht- winklig zu dem bisherigen Verlauf des kleinen Ausführungs- ganges; in diesem Fall ist eine plötzliche Verengerung des- Lumens des Ganges sehr auffallend, auch bekommt das Schalt- stück sofort die geschilderten charakteristischen Eigenschaften, ausser der Granulierung; diese tritt erst allmählich in stärkerem: Grade auf, immer deutlicher, je näher die Abzweigung eines Tubulus kommt (Fig. 1). 116 Dr. med. BRUNO FLEISCHER, Die Verzweigung in sezernierende Endabschnitte ist meist derartig, dass sich seitlich, senkrecht auf die Verlaufsrichtung des Ganges ein Tubulus anschliesst (Fig. 1); der Übergang ist dann derartig, dass die an der Einmündung des Tubulus liegen- den Zellen noch hohe Zellen wie die Tubuluszellen sind, jedoch starke den Zellen der Schaltstücke ähnliche Granulierung zeigen, im Gegensatz zu den Tubuluszellen. Diese Zellen (Übergangs- zellen) begrenzen dann wie Pfeiler den Eingang zu dem Tubulus, dessen Lumen weiter ist als das der Schaltstücke (Fig. 1). Der Gang setzt sich nach Abzweigung solcher seitlich aufsitzender Tubuli fort (Fig. 1) und gibt bald in ähnlicher Weise weitere Tubuli ab, um sich schliesslich in 2—3—4 Tubuli zu ver- zweigen. Auf diese Weise ist die Länge des Schaltstückes kaum zu bestimmen, bis zur ersten Abzweigung eines Tubulus sind es meist nur wenige bis zu ca. 10 Zellenlängen. Auch unvoll- kommen ausgebildete Tubuli, nur buckelartig aufsitzende Er- weiterungen der einen Gangwand mit sezernierenden hohen Zellen ausgekleidet, sind zu beobachten. Vielfach sieht man die stark granulierten Übergangszellen auch an Verzweigungen eines Tubulus (Fig. 2), indem die die zwei Tubuli verbinden- den 1—2 Zellen (in der Gabelung) den granulierten Charakter zeigen, auch mehr längliche Kerne besitzen; es kommen auf diese Weise häufig eigentümlich sternförmige Figuren zu stande (Fig. 1). Die Tubuli selbst haben meist keine grosse Länge. Die Granula in den Übergangs- und Schaltstückzellen sind ausgezeichnet durch einen breiten hellen Hof (was in der Abbildung nicht zum Ausdruck kommt); von einer sonstigen Struktur des Protoplasmas ist bei der prallen Füllung der Zellen mit Granula und bei der intensiven diffusen Färbung der Zelle überhaupt nichts zu erkennen. Dass es sich um eine ganz besondere Art von Granula handeln muss, geht aus der Tatsache hervor, dass die Sekretgranula der Zellen der sezer- nierenden Endabschnitte, soweit sie in den Randteilen der Beiträge zur Histologie der Tränendrüse ete. 117 Schnitte vorhanden sind, durch das Hämatoxylin ‚und Benzo- purpurin nur ganz blass gefärbt sind und dass, während in den zentralen Teilen der Schnitte diese Granula nicht erhalten sind, diejenigen der Schaltstücke im ganzen Schnitt gut konser- viert sind. Die Zellen der Tubuli sind hohe Zellen im Verlauf der Tubuli prismatisch, am blinden Ende derselben mehr pyramidal. Auf die Struktur des Zellleibs wird bei Beschreibung der Sekret- granula noch eingegangen werden. Verschiedenheiten der Zellen, wie sie Zimmermann in der menschlichen Drüse beschreibt, sind in der Tränendrüse des Rindes jedenfalls nicht vorhanden, auch war die von Zimmermann erwähnte Teilung der Zelle in drei Zonen nicht vorhanden: die Basis der Zelle ist wohl etwas dunkler und lässt auch zuweilen eine gewisse Streifung erkennen, doch fehlt vollständig eme Differenzierung in zwei innere Zonen. In den mit Karmin und Blauschwarz behandelten Präpa- raten hebt sich die den Tubulus umhüllende Membrana propria in Quer- und Längsschnitten stets, entsprechend ihrem Charakter als Membran, als scharfe blaue Linie ab; sie geht auch auf die Schaltstücke über; die Ausführungsgänge sind umhüllt von einer häufig etwas welligen Membran, die mit dem lockeren Bindegewebe der Umgebung durch Faserzüge in Verbindung steht. Schon bei oberflächlichem Vergleich der Rindsdrüse mit der menschlichen Drüse fällt der grosse Abstand der einzelnen Tubuli von einander in der letzteren und die bei ver- schiedenen Individuen sehr verschieden starke Entwickelung eines mit vielen Lymphkörperchen und Fettgewebe durchsetzten Zwischenbindegewebes auf, ferner die Grösse der Lumina der Tubuli. Von Schaltstücken ist in der menschlichen Drüse nichts zu sehen, vielmehr gehen die Ausführungs- gänge ganz allmählich in die sezernierenden Tubuli über ın Anatomische Hefte. I. Abteilung. 78. Heft (26. Bd. H. 1). 9 118 Dr. med. BRUNO FLEISCHER, der Weise, wie es Zimmermann beschrieben hat; es fehlen auch Zellen mit basaler Auffaserung. Nach der oben angegebenen Macerationsmethode habe ich sowohl die menschliche Drüse eines ca. 20 jährigen Hinge- richteten, als die Drüse des Kalbes behandelt. Bei der letzteren stellen die Tubuli kurze Schläuche dar, die den dünneren stiel- förmigen Schaltstücken aufsitzen; im Gegensatz dazu werden die längeren, schlauchförmigen Tubuli der menschlichen Drüse, seitliche Ausbuchtungen tragend, nach und nach enger und gehen so allmählich in die Ausführungsgänge über. Sowohl die Tränendrüse des Rindes als die des Menschen sind demnach als tubulös zu bezeichnen. Die blinden Enden der sezernierenden Abschnitte beim Rind zeigen ja häufig eine Erweiterung des Lumens und eine gewisse kolbige Anschwellung; von Acini, endständigen, kugelförmigen Bläschen, oder einem alveolären Bau lässt sich aber nicht sprechen. Durch den allmählichen Übergang der sezernierenden Abschnitte in die Ausführungsgänge stellt die menschliche Drüse noch reiner die tubulöse Form dar. Dass es sich bei den engen Verbindungskanälen tatsächlich um »Schaltstücke« handelt, kann wohl nicht bezweifelt werden. Die Form der Zellen, ihre Einschichtigkeit, das enge Lumen, ihr häufiger plötzlicher Übergang in die Ausführungs- gänge entspricht ganz dem, was zuerst v. Ebner bei Speichel- drüsen als Schaltstücke bezeichnet hat. Sehr charakteristisch für die Schaltstücke ist auch ihre diffuse intensive Färbung; schon v. Ebner (10) hatte bei der Submaxillaris des Hundes die Schaltstücke bei 100 facher Vergrösserung als kurze blaue Schläuche beschrieben; dieselbe diffuse Färbung der Gänge hatte Merkel an der Tränendrüse des Hundes beobachtet. Nussbaum (38) und Langley (26) haben eine eigentümliche Dunkelfärbung und Granulierung der »Übergangszellen«, letzterer auch der »duktule« Zellen, der Gängchenzellen, bei Osmium- Beiträge zur Histologie der Tränendrüse etc. 119 färbung in der Submaxillaris des Kaninchens bemerkt; ähnliche Beobachtungen an der Submaxillaris des Igels stammen von Ranvier; Langley beschreibt auch in der frischen Drüse die Übergangszellen erfüllt mit »large conspieuous granules«, die Grenzlinien der »ductule or transition cells« ist nach ihm ganz unsichtbar, so dass sie als dunkle Flecken und Bänder zwischen der umgebenden Drüsensubstanz auffallen. Nussbaum hat die Braunfärbung dieser Zellen als Beweis für ihren Gehalt an Fermenten gehalten, was von Grützner, R. Heidenhaın u. a. bestritten wurde. Dieser erwähnt bei der Besprechung dieser Verhältnisse, dass auch die Submaxillaris des Igels (ohne eine Spur von Ferment) sehr schöne sich schwärzende Über- gangszellen enthält. Das Vorhandensein derartiger grosser Granula in den Schalt- stückzellen, wie ich sie auch in der Tränendrüse des Rindes gefunden habe, spricht mit grosser Wahrscheinlichkeit für eine besondere sekretorische Bedeutung dieser Zellen und zwar muss es sich um eine andere Art von Sekret handeln, als dasjenige, das die Zellen der Endabschnitte ausscheidet, wegen des ganz verschiedenen Verhaltens auf bestimmte Reagentien, wie dies aus den erwähnten Osmiumfärbungen, der verschiedenen Kon- servierung durch dieselben Fixiermittel und der verschiedenen Färbungsintensität hervorgeht. Dass die Schaltstücke nicht allein ein wesentlich wässriges Sekret erzeugen, wie das Merkel an- nimmt, dafür scheint mir eben der Gehalt an leicht konservier- und färbbaren Granula zu sprechen. Auch in der neuen (6.) Auflage des Köllikerschen Handbuchs wird die Ansicht aus- gesprochen, dass die Zellen der Schaltstücke ebenso wie die der Speichelöhren wohl sezernierende Elemente seien. Dafür, glaube ich, ist mein Befund eine weitere Stütze. Viel schwieriger scheint mir die Entscheidung der Frage, ob wir in der Tränendrüse des Rindes auch Gangabschnitte haben, die den Speichelröhren entsprechen. Nach dem 9* 120 Dr. med. BRUNO FLEISCHER, Köllikerschen Handbuch sind Speichelröhren wohl zuerst von Joh. Müller gesehen und von Pflüger zuerst genauer be- schrieben worden, der ihnen ihren Namen gegeben hat. Die Zellen solcher Gänge sind einschichtig, fast kubisch, in grösseren Gängen mehr zylindrisch und zeigen eine pinselartige Auffase- rung, wenn sie mit 5 prozentigem Ammoniumchromat behandelt werden. In Schnitten zeigen die Zellen eine basale Streifung. -— Eine derartige deutlich stäbchenförmige regelmäfsige Streifung habe ich an der Basis der in Frage kommenden Zellen nicht gesehen: sondern die Basis war mehr oder weniger, am wenigsten in Sublimatpräparaten, aber auch in sonst sehr gut konservierten Osmiumpräparaten in feine Fäserchen oder Füss- chen gestellt. Ich kann diese Erscheinung nur als eine leichte Schrumpfung dieser Zellen auffassen, die sich aber gerade nur an diesen Zellen in solcher Weise gezeigt hat. Ich möchte daher diesem Abschnitt der Ausführungsgänge eine grosse Ähn- lichkeit mit Speichelröbren wohl zuschreiben, kann sie aber nicht ohne weiteres, wie Boll, als »Tränenröhren« bezeichnen. Jedenfalls glaube ich aber, dass die Bollsche Angabe nicht einfach als den Tatsachen nicht entsprechend bezeichnet werden kann, wenigstens für die Tränendrüse des Rindes. Im ganzen stimmen demnach meine Befunde bei dieser Drüse wohl überein mit der Beschreibung, die Boll von der Tränendrüse im allgemeinen gegeben hat. Für die menschliche Drüse scheint es mir nach meinen Beobachtungen zweifellos, dass die Angaben Zimmermanns und Maziarskis richtig sind, dass wir es mit einer rein tubulösen Drüse zu tun haben, die keine Schaltstücke und Speichelröhren besitzt, die sich also von bestimmten tierischen Tränendrüsen wesentlich unterscheidet, was mir als eine bemerkenswerte Tatsache erscheint. Ebensowenig wie ich die von Zimmermann beschriebenen beiden verschiedenen Zellarten und die Teilung der einen in Beiträge zur Histologie der Tränendrüse etc. 123 drei Zonen beim Rind nachweisen konnte — die lamelläre Struktur der Basiszone habe ich in der menschlichen Drüse übrigens sehr schön gesehen und kann die Angabe Zimmer- manns in dieser Richtung nur bestätigen, — ebensowenig konnte ich auch den Übergang der äusseren Zellreihe der Aus- führungsgänge in schmale fein gestreifte Bänder, schliesslich in sternförmige Zellen finden. Wie aus der Beschreibung hervor- geht, sind zwar auch in der Rindsdrüse die Zellen der äusseren Schicht weniger zahlreich und werden immer, spärlicher, die Kerne immer mehr länglich, so dass ich vermute, dass ähnliche Verhältnisse vorliegen, wie in der menschlichen Drüse, aber (rebilde, die als muskelähnliche Detrusoren bezeichnet werden könnten, habe ich nicht wahrgenommen. Sekretkapillaren. Die Frage, ob wir am Ende des für gewöhnlich sichtbaren Drüsenlumens auch tatsächlich am Ende des sekretausführenden Apparates sind, oder ob noch feine mit gewöhnlichen Mitteln nicht sichtbare Gänge, Sekretkapillaren, vorhanden sind, ist eine alte und ist schon lange verschieden beantwortet worden. Die früheren Methoden zur Darstellung derselben bestanden in Injektion von gefärbten Flüssigkeiten ins Lumen der Ausführungs- gänge: und es wurden damit tatsächlich feine Röhrchen, Röhrchen- netze und intracelluläre Hohlräume zur Darstellung gebracht, aber es blieb zweifelhaft, ob und inwieweit diese Gebilde präexistent oder durch den Injektionsdruck künstlich hervorgerufen waren. Solche Untersuchungen sind die von Langerhans, Saviotti, Gianuzzi, Pflüger, Ewald, Boll und anderen. Auch Langley erwähnt bei der Untersuchung der frischen Kaninchen- 122 Dr. med. BRUNO FLEISCHER, parotis kurze Verlängerung des Drüsenlumens zwischen die Drüsenzellen. Beweisender waren die mit Golgimethode ge- machten Untersuchungen (Ramon y Cajal, Retzius, E. Müller, Langendorff und Laserstein). Aber die Frage, ob wir es mit intracellulären oder inter- cellulären Gängen zu tun haben, konnte damit nicht gelöst werden. Neue Färbemethoden sollten darüber besseren Auf- schluss geben und besonders geeignet erwies sich dieM. Heiden- hainsche Eisenhämatoxylinmethode: aber die Untersucher waren sich über die Deutung ihrer Befunde nicht einig. R. Krause (24) hält die gefundenen Kapillaren in den Speicheldrüsen des Igels für binnenzellig, E. Müller (85) kommt an seinen Präparaten ebenso sicher zu der entgegen- gesetzten Ansicht. Zimmermann hat nun zur Entscheidung der Frage das Verhalten der Schlussleisten herbeigezogen. »Schlussleisten« sind die Verbindungslinien von Epithelzellen untereinander an ihrer freien Oberfläche. Sie sind zuerst von M. Heidenhain (15) beschrieben worden; Zimmermann hat sie auf der 8. Versammlung der anatomischen Gesellschaft zu Strassburg 1594 an den verschiedensten Epithelien demonstriert. Weitere Untersuchungen liegen vor von Bonnet, Th. Cohn (7, 8), Solger, Carlier, A. Meyer. Nach diesen Untersuchungen finden wir die Schlussleisten an den Epithelien mit feuchter Oberfläche. Zimmermann argumentierte demnach: Wenn die Schlussleisten an allen einen Gang auskleidenden Epithelien zu finden sind, so müssen sie auch vorhanden sein an den letzten Ausstülpungen des Drüsenlumens, den Sekretkapillaren, — wenn sie zwischenzellig verlaufen. Die je nach der Zahl der daran anstossenden Zellen mehrfach vorhandenen Schluss- leisten müssen am Ende des Röhrchens aufeinander treffen, bezw. wenn nur zwei vorhanden sind, bogenförmig in einander übergehen. Zur Entscheidung der Streitfrage werden haupt- Beiträge zur Histologie der Tränendrüse etc. 125 sächlich Querschnitte von Kapillaren dienen können, nicht Längsschnitte, wie sie Krause und Müller besonders zum Beweis ihrer Ansichten heranzogen. Im Querschnitt müssen die Kittleisten als Punkte in der Wand der Kapillare, da wo zwei Zellen zusammenstossen, sichtbar sein, wenn dieselbe zwischenzellig verläuft; bei binnenzelliger Lage können Kitt- leisten überhaupt nicht sichtbar sein. Zimmermann ist zu dem Ergebnis gekommen, dass beim Menschen zwischenzellige und binnenzellige Kapillaren nur ın den Fundusdrüsen des Magens, in den Schweissdrüsen und in der Leber vorkommen, dass dagegen die Kapillaren — wenn sich überhaupt solche finden -— in allen anderen Drüsen zwischenzellig sind, im Gegensatz also zu Krause, über- einstimmend mit E. Müller. Oppel (3Sa) verwirft die Ausdrücke intracellulär, inter- cellulär, pericellulär und spricht von epicellulären Gängen, indem er zentrales Drüsenlumen und Sekretkapillaren zusammenfasst und sie gemeinsam als Endgänge bezeichnet und nach ihm das Lumen dieser Gänge von der Oberfläche der Zelle, nicht von den Seitenflächen der Zelle gebildet wird. Was speziell die Tränendrüse betrifft, so beschreibt Zimmermann »ganz einfach gestaltete, zwischenzellige Sekret- gänge«, welche sich vom Hauptlumen abzweigen, ziemlich gerade radıär verlaufen, um etwa in Kernhöhe zu endigen. Gegen das Ende verjüngen sie sich allmählich; hie und da bemerkt man eine einfache Gabelung. Zimmermann findet die Kapillaren besonders häufig zwisehen seiner zweiten Zellart, zwischen den hohen Zellen hat er nur kurze oberflächliche Buchten gesehen. An der mit Sublimat fixierten Tränendrüse des Rindes habe ich mit der M. Heidenhainschen Färbung nun sehr schöne Bilder bekommen; die Sekretkapillaren treten mit ihren Kittleisten scharf zwischen den Zellen hervor; dadurch lässt sich 124 Dr. med. BRUNO FLEISCHER, ihr Lageverhältnis sehr gut studieren. Die Kapillaren stellen am Ende des Tubulus die direkte Fortsetzung des Lumens des Tubulus zwischen die Zellen dar. Im Längsschnitt scheinen es runde Röhrchen, ohne eigene Wand; sie treten vielmehr als solche hervor nur durch ihre Begrenzung durch die Kitt- leisten. Auch auf Querschnitten sieht man, dass sie keine eigene Wand besitzen, vielmehr röhrenförmige Spalträume zwischen den Zellwänden sind. Stets findet man auf Querschnitten da, wo verschiedene Zellen auf einander stossen, die quergetroffenen Kittleisten als schwarze Punkte von eckiger Gestalt (Fig. 10). Man findet solche Punkte in verschiedener Anzahl, meist drei, aber auch ‚vier, selbst fünf Punkte entsprechend der Zahl der an die Röhre anstossenden Zellen; häufig ist die Zahl der Punkte bei verschiedener Einstellung der Mikrometerschraube verschieden, indem sich ein Punkt allmählich in zwei teilt; auf solchen (Wuerschnitten ist auch gut erkennbar, dass die Röhren nicht streng rund sind, vielmehr stellt die Verbindungslinie zweier Kittleistenquerschnitte eine nach der Zelle zu nur leicht konvexe Linie dar, so dass der Querschnitt der Röhre dreieckig, vier- eckig etc. erscheint; es sind die Röhren eben nur zwischen mehreren Zellen ausgesparte Hohlräume. In Fig. 10 ist ein tangential angeschnittener Tubulus mit verschiedenen Quer- schnitten von Kapillaren gezeichnet; aus der Lage der Kapillaren geht ohne weiteres ihre zwischenzellige Natur hervor; von diesen quergetroffenen Kapillaren sieht man seitliche Kapillaren ab- zweigen, deren Anfang nicht in der gezeichneten Ebene liegt. Ich bemerke übrigens, dass diese Zeichnungen von Sekretkapillaren fast stets nicht aus einer Ebene stammen, da bei den Niveau- verschiedenheiten der einzelnen Kapillaren häufig in einer Ebene zu wenig zu sehen war, um ein deutliches Bild der Verhältnisse zu geben; ich habe mich jedoch bemüht, das, was am oberfläch- lichsten lag, schwarz, merklich tiefer liegendes mehr grau zu zeichnen, wobei jedoch zu berücksichtigen ist, dass in derselben Tafel 7/8 Analom, Hefte 1. Abteilung 78.Heft (26 Bd. Hı ) Beiträge zur Histologie der Tränendrüse etc. 125 Ebene verschieden stark gefärbte Teile, wie z. B. Kittleisten im Gegensatz zu Zellgrenzen, die immer viel schwächer hervortreten, auch in der Zeichnung als heller und dunkler hervorgehoben werden mussten. Es erklären sich daraus manche Unklarheiten in der Figur, wie z. B. die beiden Zellgrenzen der Zelle a in Fig. 10; bei b sieht man eine in der Tiefe unter der darüber gezeichneten Zelle verlaufende Kapillare, die in das bei e ange- schnittene Lumen einmündet. Bei d sind Zellgrenzen in der Nähe derselben etwas dunkler gezeichnet. Dies soll je- doch nicht so zu verstehen sein, dass die schwarze Färbung der Kittleisten zwischen zwei Zellen hineinreicht; die Kittleisten erscheinen vielmehr in der Schnittebene als distinkte schwarze Punkte, und man sieht in dieser Ebene die gegen die Schnitt- ebene aufsteigenden Kittleisten der Kapillare immer deutlicher und schwärzer werdend. Die Röhrchen zeigen sehr verschiedene Längen: die längsten finden sich am Ende eines Tubulus, wo sie fast bis zur Basis der Zelle reichen, doch erreichen sie diese selbst niemals, sondern endigen beim Beginn des basal liegenden Kernes, nachdem sie ungefähr dreiviertel der Zellhöhe durchlaufen haben (Fig. 7, 8, 10). Öfters findet man hier auch Verzweigungen eines Röhrchens in zwei, indem die Zweige eine dreieckige Zelle zwischen sich fassen, welche (im Schnitt) nicht bis zum Lumen des Tubulus reicht (Fig. 8 bei a und b. Am Ende eines Tubulus sieht man häufig ganze Büschel von Kapillaren vom Ende des Lumens aus zwischen die endständigen Zellen aus- strahlen. Die das Röhrchen begrenzenden Kittleisten sind nicht scharfe gerade Linien, sondern sie sind leicht wellig; das Röhrchen erweitert sich gegen sein Ende zu häufig etwas, um sich dann verjüngend spitz zu endigen, sodass das Ende eine Art von Birnform erhält; auch kleine seitliche Ausbuchtungen des Röhr- chens kommen vor. Die endständigen Verzweigungen eines Röhrchens sind manchmal nur sehr kurz, knospenartig (Fig. 9); 126 Dr. med. BRUNO FLEISCHER, auch in diese kurzen Verzweigungen hinein kann man stets die Kittleisten verfolgen, als Beweis ihrer zwischenzelligen Lage. Fig. 8 stellt einen Tubulus dar, in dem die vielgestaltige Ver- „weigung des Lumens des Tubulus in sehr schöner Weise zu sehen ist. Einige der Kapillaren bei d, e, f sind an der Ober- fläche des Präparats abgeschnitten. Im Gegensatz zu diesen langen Kapillaren am blinden Ende des Tubulus kommen viel kürzere Röhrchen vor, manchmal so kurz, dass sie nur kleine kegeltörmige Ausbuchtungen des Lumens darstellen (Fig. 7, 8, 10). Diese kurzen Röhren kommen sowohl am Ende eines Tubulus, zwischen den längeren Röhren vor (Fig. 7) als auch besonders da, wo der Tubulus noch m seinen Verlauf getroffen ist (Fig. 7, 8). Im Lumen der Tubuli sieht man von der Fläche her die Zeichnung der Kittleisten auf der Wand des Tubulus: dieselben zeigen langgestreckte Felder mit leicht gezähnten, welligen Rändern. Dieselbe lange Felde- rung, nur noch zarter zeigen auch die Schaltstücke (Fig. 6 und S), auch in diesen sieht man manchmal kleine kurze Ausbuch- tungen des Lumens zwischen zwei Zellen. Die Kapillaren sind so reichlich vorhanden, dass kaum Zellen vorkommen, zwischen denen man keine solchen, bezw. ihre rudimentären Anfänge findet. Zimmermann sagt, dass bei der menschlichen Tränen- drüse die Kittsubstanz häufig zwischen zwei Zellen noch weiter in die Tiefe reiche, auf dem Querschnitt einer Kapillare also nicht als Punkt, sondern als Strich erscheine. Ich habe dies beim Rind nie gesehen, auch nicht in meinen Präparaten der menschlichen Drüse und ich halte es für möglich, dass es sich bei Zimmermann um eine ungenügende Extraktion des Farb- stoffs handelte. Es ist dieser Punkt für die Beurteilung des Wesens und des Vorhandenseins der Kittsubstanz überhaupt von Wichtigkeit: Th. Cohn hatte gegenüber Kolossow besonderen Beiträge zur Histologie der Tränendrüse ete. 107 Wert gelegt auf die Tatsache, dass die Schlussleisten bei Häma- toxylinfärbung keine Fortsetzung in die Tiefe der Intercellular- lücken hineinsenden, wie das bei der Silberbehandlung nach Kolossow bisweilen vorkommen soll; bei dieser letzteren Fär- bung soll sich eine kapilläre Lymphschichte zwischen den Zellen färben, die nach Th. Cohn sich mit dem Eisenhämotoxylin nie in so distinkter und intensiver Weise färben könnte; Th. Cohn nimmt daher eine besondere Kittsubstanz nur an den freien Rändern der Zelle an. Wenn also Zimmermann statt einfacher Linien in die Intercellularlücken hmeinreichende Bänder findet, so würde diese Tatsache gegen die Th. Cohnsche Auf- fassung sprechen und es würde durch das Eisenhämatoxylin nicht nur die ganz bestimmte Materie der die freien Flächen der Zellen verbindenden Kittsubstanz gefärbt bleiben. Ein Vergleich der Rindsdrüse mit der menschlichen Drüse hat mir ferner gezeigt, dass in dieser die Sekretkapillaren im wesentlichen das gleiche Verhalten zeigen, wie in jener: nur scheinen mir die Kapillaren schlanker zu sein und noch weiter gegen die Basis der Zelle zu reichen; auch war mir häufig der noch stärker wellige Verlauf der Kittleisten auffallend. Nach meinen Präparaten kann also über die zwischenzellige Lage der Kapillaren in der Tränendrüse des Rindes kein Zweifel bestehen. Es geht dies sowohl bei genauerem Studium aus der Beobachtung der längsgetroffenen Kapillaren hervor, als auch ganz besonders aus dem geschilderten Verhalten der quer- getroffenen. Zweifel über die Lage der Kapillaren können nur bei solchen Bildern entstehen, wie sie die Kapillare e m Fig. 8 zeigt; hier scheint die Kapillare sich in den Zellleib hineinzu- erstrecken. Die Tatsache, dass auch diese Kapillaren stets Kitt- leisten haben, beweist entsprechend der Natur der Kittleisten zweifellos ihren zwischenzelligen Verlauf und es erklärt sich das Bild ganz ungezwungen dadurch, dass in solchen Fällen die, 128 Dr. med. BRUNO FLEISCHER, die beiden Zellen trennende Fläche parallel der Schnittebene lieet und so nieht sichtbar ist; in Fig. Se lässt sich auch durch Drehen der Mikrometerschraube ein Zwischenraum zwischen Kern und Kapillare deutlich nachweisen. Nach den Befunden Zimmermanns undEE. Müllers darf diese Behauptung auch für die ähnlich gebauten serösen Speicheldrüsen verallgemeinert werden; es stellt die Tränendrüse des Rindes ein besonders deutliches Beispiel für dieses Verhalten der Kapillaren dar. Etwas Ähnliches, was als die Sekretvakuolen Mülfers aufgefasst werden könnte, habe ich ebenso wie Zimmermann nicht gesehen. Zentralkörper. Betreffs der Zentralkörper hatte sich Zimmermann zur Aufgabe gestellt, ihre Lage und Form in Drüsenzellen klar- zustellen; ferner hat er die Frage zu beantworten gesucht, ob die Zentralkörper ausser der Beteiligung bei der Kernteilung eine Bedeutung bei der Sekretion haben. M. Heidenhain (17, 18, 19) und Th. Cohn (8) hatten ja das Mikrozentrum bei ihrem Material (Entenembryonen), später auch bei erwachsenen Säugetieren schon in fast allen Zellformen gefunden, sowie festgestellt, dass die Lage der Zentral- körper im Zellleib für gewöhnlich zwischen Kern und der freien Oberfläche der Zelle sei. Dies konnte Zimmermann an Drüsenzellen im allgemeinen bestätigen; auch stellte er fest, dass mit wenigen Ausnahmen die Zentralkörper doppelt seien, kugelrund und durch eme Beiträge zur Histologie der Tränendrüse etc. 129 Zentrodesmose verbunden; dies hält er für die typische Form der Zentralkörper im allgemeinen; seltener sind sie stäbchenförmig, auch kommt die Form der »Zentralgeissel« in einigen Epithelien vor. Zimmermann zieht aus seinen Untersuchungen ferner den Schluss, »dass das Mikrozentrum wahrscheinlich das Zentrum für die das Austreiben des Sekrets aus der Zelle verursachende Protoplasmakontraktion sei« und fasst die Bedeutung des Mikro- zentrums als »Kinozentrum» (gegenüber dem Kern als »Ühemo- zentrum«) zusammen. Gerade die Untersuchung der Tränendrüse ergab wich- tige Ergebnisse: Der Nachweis der Zentralkörper in den Aus- führungsgängen war wegen einer starken Dunkelfärbung der Oberfläche nicht gelungen; in den Drüsenzellen waren die Ver- hältnisse verschieden in den von Zimmermann beschriebenen beiden Zellarten. Bei starker Entwickelung der dritten gegen das Lumen zu gelegenen Zone (der Sekretsammelstelle) fand. sich das Mikrozentrum in der Mitte dieser Zone als zwei stäb- chenförmige, vielfach angedeutet hantelförmige Körperchen in verschiedener Lagebeziehung, meist beide in der Zellaxe; vielfach war das Stäbchenpaar von einer dunkleren Kugelschale umgeben. Durch ein Nähertreten der im Niveau des Kittleistennetzes liegenden Zelloberfläche bis an die Zentralkörper heran und einem weiteren Vorrücken der Oberfläche zusammen mit den Zentral- körpern gegen die Basis zu wird die Zelle bei der Ausstossung des Sekrets nur noch halb so hoch wie im geladenen Zustand, die Stäbchen liegen dann unmittelbar an der Zelloberfläche. Das Zentrum der zur Ausstossung des Sekrets sich kontrahie- renden Filarmasse ist das Stäbchenpaar. In seiner zweiten Zell- art hat Zimmermann die Zentralkörper nur in wenigen Tubuli gefunden, da diese Zellen in der Peripherie der Drüse und zu- gleich des Schnittes liegen und häufig starke Sekretfärbung in Form von Granula zeigen. Auch hier fand Zimmermann dann fast ausnahmslos ein Stäbchenpaar und zwar immer ganz 130 b Dr. med. BRUNO FLEISCHER, in der Nähe der Oberfläche. Die sehr veränderliche Lage der Zentralkörper je nach dem Sekretionsstadium in ein und der- selben Zelle ist nach Zimmermann gerade nur der grossen Zellart der Tränendrüse eigen, im Gegensatz z. B. zu Zellen des Fundus uteri, wo sich diese Variabilität für die einzelne Zelle nicht nachweisen liess. Statt der typischen Form der runden doppelten Zentralkörper findet sich die doppelte Stäbchen- form sonst nur im Übergangsepithel vom Nierenbecken bis zur Blase. In dieser Richtung zeichnet sich also die Tränendrüse durch manche merkwürdige Besonderheiten aus. Die Bestätigung dieser Befunde beim Tier schien mir von besonderem Interesse. Dieselben Präparate wie beim Studium der Sekretkapillaren dienten mir für die Untersuchung der Zentralkörper; erleichtert wurde das Auffinden derselben durch Nachfärbung mit Kongo- korinth infolge der leichteren Sichtbarkeit eines hellen Hofes um die Zentrosomen. In Zimmermanns hohen Zellen war das Protoplasma in der Sekretsammelstelle homogen, in meinen Präparaten war das Protoplasma aber in den inneren Teilen des Schnitts ein mehr oder weniger grobes Netzwerk, in dem die Sekretgranula sich nicht erhalten hatten. Ich lasse es dahin- gestellt, ob diese Verschiedenheit auf einer Verschiedenheit des Sekrets beruht oder ob es der Technik zuzuschreiben ist. Jedenfalls machte die Auffindung der Zentralkörper in meinen Präparaten anfänglich erhebliche Schwierigkeiten, da in dem Netzwerk zahlreiche durch Eisenhämatoxylin schwarz gefärbte Körperchen und Körnchen waren. Es ist mir daher lange nicht gelungen, die Zentralkörperchen zu finden, bis ich dieselben einmal in Zellen gefunden hatte, die ein etwas homogeneres Plasma hatten; es handelt sich offenbar um Zellen, die wenig Sekret oder das Sekret in besonders feiner Verteilung haben. Es ist mir dann auch leicht geworden, die Zentralkörper zu sehen in Zellen, die gut erhaltene Sekretgranula enthielten, Beiträge zur Histologie der Tränendrüse etc. 13 welch’ letztere nach starker Extraktion des Hämatoxylins sich mit Kongokorinth rötlich färbten. Es ist mir aber aus den er- wähnten Gründen nicht gelungen, die Zentralkörper in jedem Tubulus zu finden, insbesondere nicht in zentraleren Teilen des Schnitts. Die Angabe Zimmermanns von der Stäbchenform der Zentralkörper kann ich nun nicht bestätigen. Ich finde durchweg nur runde doppelte Zentralkörper die durch Hämatoxylin schön schwarzblau gefärbt sind (Fig. 4, 5, 6, 12, 15, 16). Es scheinen die Zentralkörper manchmal leicht zugespitzt, ähnlich wie Pneumokokken, zuweilen auch leicht länglich, aber ich habe nie eine deutliche Stäbchenform, der von Zimmermann beschriebenen ähnlich, gesehen. Die Körper liegen meist sehr nahe bei einander, kaum einen Durch- messer eines Körperchens von einander entfernt. Das Diplosom ist umgeben von einer deutlichen hellen Sphäre, von der Grösse wie sie aus den Figuren ersichtlich ist. Eine dunklere Kugel- schale um dieselbe wie Zimmermann habe ich nicht wahr- genommen. In Fig. 15 ist ein Tubulus dargestellt mit Körnchen- zellen, wo sehr schön zwischen den rotgefärbten Granula die Zentral- körper zu erkennen sind. Die Verbindungslinie der beiden Körper- chen steht häufig ungefähr parallel der Längsaxe der Zelle, aber ebenso finde ich (siehe die Figuren) die Verbindungslinie auch mehr oder weniger parallel der Zelloberfläche. Häufig liegt das Diplosom weit im Zellleib drinn, dann wieder der Oberfläche genähert, manchmal dicht an derselben; ich habe aber nicht finden können, dass damit der Zelleharakter merkliche Verände- rungen gezeigt hätte. Man findet ja häufig, insbesondere im Längsverlauf des Tubulus weniger hohe, etwas niedrigere, mehr kubische Zellen, in denen ich relativ häufig die Zentralkörper nahe an der Oberfläche gefunden habe. Aber es ist mir nicht möglich gewesen, daraus eine besondere Zellart oder auch nur eine auf verschiedenem Sekretionszustand beruhende Zellver- 132 Dr. med. BRUNO FLEISCHER, schiedenheit festzustellen. Selten waren auch Zentrodesmosen vorhanden, hie und da glaubte ich auch drei Zentralkörper zu sehen, die mit einander geradlinig oder winklig verbunden waren (Kie-1R). Ich habe nun Zentralkörper sehr deutlich auch im aus- führenden System gefunden, was Zimmermann wegen der Dunkelfärbung der Zelloberfläche in der Tränendrüse nicht velungen war. In den grösseren Ausführungsgängen sind sie auf Flachschnitten des Epithels leicht zu sehen (Fig. 4), meist gleichfalls doppelt und immer rund. Wenn sie nicht doppelt vorhanden waren, wie auch in Fig. 4 in einigen Zellen, so elaube ich, dass sie entweder gerade über einander liegen oder dass das eine Körperchen sich schon entfärbt hatte. Vielfach finde ich die Körperchen nicht in der Mitte der Zellfläche, sondern gegen den Rand zu; in der Fig. 4 sind auch die kleinen zackigen, wie dendritischen Ausläuferchen der Kittleisten gezeichnet, wie sie häufig gerade m Ausführungsgängen zu beobachten sind. Die Körperchen liegen ganz nahe der Ober- fläche der Zelle, bei Vorwölbung der Zelle über das Niveau der Kittleisten zuweilen auch in der Kuppe. Auch hier ist die Richtung der Verbindungslinie der Körperchen ganz inkonstant (Fig. 5 und 12). Wie in der inneren Zellreihe, so habe ich die Zentralkörper auch in der basalen Zellschichte nachweisen können; entsprechend der geringeren Höhe und rundlichen Form der Zelle liegen hier die Zentralkörper in der Nähe des Kerns, auf der dem Lumen zugekehrten Seite desselben (Fig. 12). Bei dem körnigen Charakter der Zellen der kleineren fast einschichtigen Gänge, sowie bei der starken Granulierung der Schaltstücke ist natürlich die Wahrnehmung der Zentral- körper sehr erschwert; aber ich habe sie auch hier so oft wahr- genommen, dass ich sie als regelmäfsig vorhanden annehmen kann. Die Lage derselben in den kleinen Ausführungsgängen (Fig. 5) ist ganz ähnlich der in den grösseren Gängen, in den Beiträge zur Histologie der Tränendrüse etc. 133 Schaltstücken (Fig. 6) scheinen sie stets ganz, an der freien Oberfläche der Zelle zu liegen. Ich möchte schliesslich kurz erwähnen, dass ich häufig in den Drüsenzellen ungefähr im Zentrum derselben auf der dem Lumen zugekehrten Seite des Kerns in einem Umkreis von etwa Kernumfang eine eigentümliche Struktur des Protoplasmas gesehen habe; dasselbe ist hier etwas heller, man sieht hie und da dunkle Körnchen und Stäbchen, die sich knäuelförmig um einander herumzuschlingen scheinen und in hellen Sphären liegen. Es handelt sich vielleicht um Analoga der Holmgren- schen Kanälchensysteme, bezw. um den »Apparato reticulare interno« von Golgi; da mir aber eine distinkte Färbung der- selben nicht gelungen ist, habe ich von einem genaueren Studium derselben Abstand genommen (eine Andeutung dieser Gebilde ist in Fig. 15 und 16 dargestellt). Meine Befunde an der Rindsdrüse weichen also betreffs der Form der Zentralkörper erheblich von den Befunden Zimmer- manns bei der menschlichen Drüse ab. Ob dies der Methode zuzuschreiben ist (man vergleiche auch die bandförmige Ein- senkung der Kittleisten in die Intercellularsubstanz bei Zimmer- mann, sowie die starke Dunkelfärbung der freien Oberfläche der Zellen in den Ausführungsgängen) oder ob es von der Ver- schiedenheit des Materials abhängt (Zimmermanns Material wurde erst vier Stunden nach dem Tod von der Leiche er- hoben und stammt von einem an Krankheit Gestorbenen), lasse ich dahingestellt. Die vom Gewöhnlichen abweichenden Befunde Zimmermanns sind jedenfalls auffallend. Wie aus meiner Beschreibung hervorgeht, habe ich Anhalts- punkte für die von Zimmermann vermutete Art der Aus- stossung des Sekrets und die Rolle der Zentralkörper hierbei nicht finden können. Anatomische Hefte. I. Abteilung. 78. Heft (26. Bd. H. 1). 10 134 Dr. med. BRUNO FLEISCHER, Sekretgranula. Die Lehre von den Sekretgranula hängt eng zusammen mit der Frage der Veränderung der Drüsen bei ihrer Tätigkeit, sodass ich genötigt bin, auf diese etwas einzugehen. Ich be- schränke mich hierbei auf die Eiweissdrüsen, mit denen die Tränendrüse ja grosse Ähnlichkeit hat. R. Heidenhain (20) hat uns gelehrt, dass bei der Tätig- keit der Speicheldrüsen die Drüsenzellen an Grösse abnehmen, dass ihr Protoplasma dunkler, trüber, leicht färbbarer wird, und dass der Kern bestimmte Veränderungen erleidet. Dass die im Ruhezustand der Drüse vorhandene helle Grundsubstanz Heidenhains in der frischen, lebenden Drüse aus stark glänzenden Körnern, Granula, besteht, welche nach der von R. Heidenhain gebrauchten Konservierungsmethode (Alkohol) im gefärbten Präparat nicht mehr sichtbar waren, und dass diese Granula bei der Sekretion der Drüse von der Basis der Zelle nach der Spitze zu aus den Zellen verschwinden, ver- danken wir besonders der Beobachtung Langleys (26) an der lebenden Drüse. Auch ihre Konservierung durch Osmiumsäure war ihm schon gelungen. Auf das Studium dieser Granula konzentrierte sich dann in der Folgezeit die Aufmerksamkeit der Forscher. Altmann (1) gelang es, Granula in Drüsenzellen zu kon- servieren und zu färben. Aus seinen »Bioblasten« gehen die Sekretgranula hervor. Dass diese letzteren vitale Bildungen sind und dass sie nicht als kuglige Fällungsprodukte von Ei- weisssubstanzen durch die Fixierungsmittel anzusehen sind, zu welcher Annahme die Versuche A. Fischers (12) Veranlassung eeben konnten, darüber kann nach den mannigfaltigen Unter- suchungen von E. Müller (83, 34), Solger (47), Held (1), Michaelis (vitale Färbung nach Ehrlich) (31a) wohl kein Zweifel sein. Beiträge zur Histologie der Tränendrüse etc. 135 R. Krause (24) allein hat in der Submaxillaris des Igels in der frischen Drüse keine Granula gesehen und hält die im konservierten Präparat vorhandenen Granula daher für Fällungs- produkte im Sinne A. Fischers. Auch er ist jedoch mit den übrigen darin einig, dass diese Bildungen nach der Tätigkeit der Drüse aus der Zelle verschwunden sind; wir haben also die Granula zweifellos als Produkte der sezernierenden Tätigkeit der Zelle anzusehen. Auch darin stimmen die genannten Autoren überein, dass in der frischen Drüse Granula von verschiedenem Aussehen vorhanden sind: es gibt stärker und schwächer lichtbrechende, sowie grössere und kleinere; das numerische Verhältnis dieser Formen schwankt je nach dem untersuchten Material, auch bei derselben Tiergattung und Drüse. Die verschiedenen Formen werden nicht als ganz verschiedene Arten von Granula angesehen, sondern sie stellen nur verschiedene Stadien in der Entwicklung des Granulums dar. Auch im konservierten und gefärbten Präparat zeigen die Zellen Verschiedenheiten der Granula; aber hierin kommen die Autoren zu sehr auseinanderweichenden Er- gebnissen. Denn die Konservierung der Granula ist eine sehr labile und wird durch verschiedene Fixiermittel in sehr ver- schiedener Weise erreicht, sodass ausdrücklich, zuerst von Solger, erwähnt wird, dass die von verschiedenen Fixiermitteln erzielten Bilder streng voneinander zu scheiden sind. Altmann schon hat geglaubt, an seinen Präparaten die Entstehung aus Bioblasten und die Umbildung und Reifung der Sekretgranula beobachten zu können, indem er von in Osmiumsäure konservierten und gefärbten Fettgranula ausging (bei der Resorption im Darm und bei der Sekretion von Fett- drüsen, im Anschluss an Untersuchungen von Krehl und Metzner) und hieraus gezogene Schlüsse auch auf ähnliche Bilder in anderen Drüsen (Augendrüse der Ringelnatter) über- trug: er ist vielen Zweifeln begegnet; von den oben ge- 10* — wo | © Dr. med. BRUNO FLEISCHER, nannten Autoren wendet sich Solger gegen die Altmann- schen Schlüsse, indem er dessen Ringelbilder für unvollständige Osmierung bezw. für Extraktionswirkung hält; er hält ferner den Beweis des Übergangs der nach Reizung in der Parotis der Katze sich findenden stark fuchsinfärbbaren kleineren und kleinsten Granula in die im Hungerzustand vorhandenen schlecht färbbaren grossen graugelben Sekretgranula nicht für erbracht und vermisst insbesondere auch Untersuchungen am frischen Präparat. Die Verschiedenheit der durch verschiedene Fixiermittel und von verschiedenem Material erhaltenen Bilder ist besonders bedingt durch den Gehalt an hellen und dunklen Zellen«. In der Beurteilung der Bedeutung dieser Zellen, in den Versuchen, das Bild des konservierten Präparats auf das der frischen Drüse zurückzuführen, bestehen erhebliche Meinungs- verschiedenheiten. Nach E. Müller enthalten die hellen Zellen Maschenwerke, die snur Ausdrücke für schöne, runde, ungefärbte Granula sind« ; zwar treten die Körner nicht immer scharf hervor, auch sind die Maschen durch Schrumpfung nicht immer regelmäfsig, doch erklärt dies Müller durch die schwierige Fixier- und Färbbar- keit der Körner. Er hält die hellen Zellen im gefärbten Prä- parat für das Produkt der Zellen mit matten Körnern im frischen Zustand, die Zellen mit stark gefärbten Granula für die Nachkömmlinge derjenigen mit stark lichtbrechenden Körnern und hält die ersteren (wie Altmann) für die fortge- schrittensten Stadien, womit auch die Ergebnisse seiner Reiz- versuche übereinstimmen, indem die stark färbbaren Teile des Drüsenparenchyms schwinden und man »die schönsten Über- gänge« erhält, »wo man sieht, wie die Körnermetamorphose stattfindet«. Als Übergangsformen von den stark gefärbten Granula zu den ungefärbten sieht er schwach gefärbte an. Die ungefärbten Granula gehen dann nach Müller in »Sekretvakuolen« Beiträge zur Histologie der Tränendrüse ete. 137 über, die beschrieben werden als regelmälsig runde, anders lichtbrechende Körper, welche die Wand der Kapillaren be- rühren, teilweise mit ihnen in direkter Verbindung stehen und eine eigene Wand besitzen; ihre Menge ist sehr wechselnd. — Dies gilt von der Submaxillaris des Kaninchens. Während diese Drüse also auch im nicht gereizten Zustand in fortwährender Tätigkeit sich befindet, indem sie zu gleicher Zeit die verschiedenen Reifestadien der Granula enthält, finden sich in der Parotis von Kaninchen, Hund und Katze nur die Zellen mit grossen gefärbten Granula; erst in der Tätigkeit. findet man einerseits die hellen Zellen mit grossen ungefärbten Granula, andererseits Zellen mit kleinen gefärbten Granula. Held ist auf Grund seiner Versuche mit verschiedenen Fixiermitteln an der Parotis der Katze und der Submaxillaris des Kaninchens zu einer anderen Anschauung gekommen: nach ihm bringen die verschiedenen Flüssigkeiten eine mehr oder weniger starke Zerfällung der ursprünglichen Granula zu Wege und lösen diese Produkte teilweise auf; am wenigsten tun dies die Alt- mannsche Chromosmiummischung und ein Osmiumessigsäure- gemisch, bei deren Anwendung sich fast keine leeren Maschen finden, vielmehr »enthalten fast sämtliche Zellen granuläre bezw. homogene Sekretkörner in ihren Protoplasmavakuolen«. Wir sind also nicht im stande, am gefärbten Präparat zu entscheiden, was den ursprünglich matten und was den glänzenden Granula entspricht: insbesondere hält er die Meinung Müllers für falsch, dass in den hellen Maschenräumen sich noch Granula ungefärbt befinden, vielmehr glaubt er, dass diese Räume leer seien oder mehr oder weniger geringe Fällungsreste enthalten. Den von Müller gebrauchten Ausdruck Sekretvakuolen für ganz bestimmte, in der Nähe der Kapillaren gelegene Hohlräume mit eigener Wand will er nicht gelten lassen und ist der An- sicht, dass diese Müllerschen Sekretvakuolen nur eine be- sondere Änderungsform der Sekrettropfen sind, »die zum Teil 138 Dr. med. BRUNO FLEISCHER, in dem Beeriff der Altmannschen Ringgranula enthalten ist«. Vakuole ist für ihn der innerhalb des Protoplasmas ausgesparte rundliche Hohlraum, sei es nun, dass in diesem ein Granulum liegt, sei es, dass dieser Hohlraum leer ist. Er wendet sich in dieser Richtung auch gegen Solger, welcher als Vakuolen nur die durch Auflösung der Sekretkörner entstandenen Hohlräume bezeichnen will. Die Lage der Müllerschen Sekretvakuolen gerade in der Nähe der Sekretkapillaren wird von beiden auf Grund ihrer Befunde verneint. Aus den Untersuchungen von Mislawski und Smirnow (32) an der Parotis und Submaxillaris des Hundes möchte ich hervorheben, dass diese Verschiedenheiten in der Umwandlung der Granula in das Sekret beobachteten bei entsprechender Reizung sekretorischer oder trophischer Nervenfasern: bei reich- licher Wasserzufuhr erfolgt eine rasch vor sich gehende Um- wandlung der Granula in eine verschwommene Masse, welche die Zellen leicht verlässt, bei erschwerter Wasserzufuhr geht die Anschwellung und Umwandlung der Granula in das Sekret langsam vor sich, wowei ein dickflüssiges, massiges und eine Vakuolisation der Zellen hervorrufendes Sekret ausgeschieden wird. Diesen Untersuchungen an Speicheldrüsen reihen sich die- jenigen von Noll (37) an der Tränendrüse der Katze an. Auch hier finden sich frische Zellen mit stark- und solche mit schwachlichtbrechenden Granula, letztere in geringer und bei einzelnen Tieren wechselnder Anzahl; ausserdem sah Noll »matte« Zellen, die gar keine Granula enthalten; diese matten Zellen nehmen nach der Tätigkeit der Drüse erheblich zu. Im fixierten Präparat lassen sich helle und dunkle Zellen unter- scheiden, erstere mit Netzwerk und hellen Maschen, die ge- wöhnlich einen schwach tingierbaren Inhalt bergen ; die dunklen Zellen sondern sich in solche, welche reichlich homogen gefärbte Beiträge zur Histologie der Tränendrüse ete. 13% Granula von verschiedener Grösse in mehr oder weniger grosser 7ahl enthalten, und solche, welche entweder ein nur schwer darstellbares Netzwerk mit homogenem, nicht granuliertem In- halt oder nur eine homogene mit Protoplasmakörnchen und Fäden durchsetzte Masse zeigen. Diese letzteren entsprechen ‚en kleinen granulafreien »matten« Zellen des frischen Präpa- rats; sie werden dementsprechend nach Reizung vermehrt ge- funden. Die im frischen Zustand granulahaltigen Zellen liefern sowohl die hellen Zellen mit mehr oder weniger leeren Maschen als die Zellen mit stark tingierten Granula im fixierten Präparat; dass die Zellen mit leeren Maschen etwa auch Zellen ent- sprechen könnten, welche schon in vivo leere Vakuolen ent- hielten, hält Noll für ausgeschlossen. Die Entscheidung, welche der frischen Granula zu leeren Maschen, welche zu den stark tingierten Granula werden, hält Noll noch nicht für möglich, stimmt also darin mit Held überein. Doch vermutet er, dass, diejenigen der frischen Granula, welche zu hellen Maschen werden, die dem definitiven Sekret am nächsten stehenden sind, und diejenigen, die zu fixierten Granulazellen werden, Vorstufen des Sekrets enthalten; diejenigen der dunklen Zellen im fixierten Präparat, welche in ihrem Maschenwerk einen homogenen, nicht als Granula differenzierbaren Inhalt haben, hält Noll für Zellen, deren Inhalt den später maschenbildenden Granula am nächsten stehen. — Er glaubt übrigens, dass zwar nicht eine Vermehrung des eigentlichen Zellprotoplasmas, aber eine Anreicherung des- selben an Protoplasmakörnchen nach der Ausstossung der Sekret- sranula stattfindet. Wesentliche von Speicheldrüsen abweichende Befunde haben Nolls Untersuchungen also nicht ergeben. Damit stimmen in der Hauptsache auch andere Untersuchungen der Tränen- drüse, die in dieser Richtung angestellt wurden, überein. Reichel (41) hatte im Laboratorium von R. Heiden- hain dieselben Verhältnisse bei der Tränendrüse des Hundes 140 Dr med. BRUNO FLEISCHER, gefunden, wie dieser an den Speicheldrüsen. Langley (26) hebt bei der Tränendrüse des Kaninchens hervor, dass in den Drüsenzellen eine Trennung zwischen heller Aussenzone und granulierter Innenzone im Verlauf der Sekretion weniger scharf hervortrete, sowie dass die Tränendrüse nach Osmiumsäure- und Alkoholbehandlung ihr normales Aussehen behalte. Solgers (47) Untersuchung einer menschlichen Tränen- drüse hat gleichfalls der Submaxillaris ähnliche Bilder ergeben; auffallend war ein schwächeres Lichtbrechungsvermögen der Granula, sowie eine sehr verschiedene Grösse derselben, viele Tubuli enthielten überhaupt keine Granula und zeichneten sich dureh ein besonders weites Lumen aus. Zimmermanns (50) Untersuchungen waren nicht auf das Studium der Sekretgranula gerichtet: er hat dieselben nur in der kleineren seiner beiden Zellarten beschrieben, die in den Randteilen seiner Schnitte sich findet, worauf ich schon im Abschnitt über die Zentralkörper eingegangen bin. Schliesslich erwähne ich die Untersuchungen von Axen- feld (la): er hat in den mit Flemmingscher Lösung fixierten Tränendrüsen neben Granula, die nach Altmann mit Fuchsin oder mit Safranin rot gefärbt waren, auch schwarz gefärbte Körperchen, Fettgranula, gefunden, sowohl in Drüsen, die wegen Epiphora exstirpiert wurden, und in einer gelegentlich einer Orbitaloperation entfernten, als in Drüsen von Leuten, die an verschiedenen Krankheiten gestorben waren. Ausser in den Epithelien der sezernierenden Tubuli fanden sie sich auch in den Epithelien von Ausführungsgängen. Axenfeld vermutet, dass der Fettbefund mit der Sekretion zusammenhängt; in dem >efund von Fett in den Duktusepithelien sieht Axenfeld einen anschaulichen Beweis für die sekretorische Funktion derselben. Tafel 9/10 Analom. Hefte 1. Abteilung 78.Heft (26. Bd.Hı ). Verlag v..] F Bergmann. Wiesbaden Jith 0. Krapf, en Mara Beiträge zur Histologie der Tränendrüse ete. 141 Wir wissen also aus den bisherigen Untersuchungen, dass in den Drüsen dieser Art verschiedene Formen von Sekret- granula vorkommen, die verschiedene Stadien der Reifung der- selben darstellen. Im konservierten Präparat stellen schwer färbbare oder ungefärbte Körperchen, bezw. leere Maschen die dem Sekret näher stehenden Formen dar gegenüber den stärker färbbaren und kleineren Formen. M. Heidenhain hat nun eigentümliche Formen von Granula in Geschlechtsdrüsen des Triton beobachtet, die als Übergangsformen solcher verschiedenen Granulastadien anzusehen sind. Nur zwei kurze Notizen bei Held und Nicolas weisen darauf hin, dass solche Formen auch in anderen Drüsen, speziell in Speicheldrüsen bezw. der Tränendrüse sich finden können. Bei Held findet sich eine Beobachtung, welche in dieser Richtung gedeutet werden kann; er unterscheidet in der Sub- maxillaris des Kaninchens ausser den schwach und stark licht: brechenden Granula im frischen Zustand noch eine dritte Art von Granula. Er schreibt: »in einer dritten Art von Zellen, die weniger häufig ist, zeigen sich an mattglänzenden Tropfen noch Besonderheiten, sie gleichen Ringgranulis, welche also eine etwas stärker lichtbrechende Schale erkennen lassen, die oft ungleich- mälsig verteilt ist und entweder zu einem oder mehreren sichel- förmigen Teilen verdickt erscheint, welche sich dann deutlicher von dem matteren zentralen Teil des Tropfens abheben. Es ähneln etwas diese frisch sichtbaren Tropfenformen den Fixierungsbildern von Granulis in der Bauchdrüse von »Triton«, die als »Halbmondkörperchen« von M. Heidenhain benannt sind.« Ausserdem wird in einer Arbeit von Nicolas (36) solcher Formen Erwähnung getan. Dieser hat ausser der Parotis eines Hingerichteten auch die Tränendrüse untersucht; die Drüsen wurden wenige Minuten nach dem Tode entfernt, in Flemming- scher Lösung und in Sublimat fixiert, mit Anilinsafranin, Alt- 142 Dr. med. BRUNO FLEISCHER, manns Säurefuchsin-Pikrin und Ehrlich-Bion discher Lösung gefärbt. Nicolas fand die Zellen mit Granula von sehr ver- schiedener Grösse erfüllt, ohne eine mit Sicherheit erkennbare bestimmte Anordnung derselben, manche Zellen und Tubuli enthielten nur feinste Granula, andere waren ganz leer; die Granula hatte einen hellen Hof um sich, die Intergranularsub- stanz war vollkommen homogen, zuweilen fanden sich helle Lücken. Ausserdem konnte nun Nicolas an manchen Stellen halbmondförmige Granula nachweisen, die vollständig den von M. Heidenhain beschriebenen glichen und die auch von Nicolas selbst in Lieberkühnschen Drüsen gefunden worden waren; einzelne Granula zeigten auch einen hellen Fleck im Zentrum; in der Parotis fehlten solche Formen. Ob die von E. Müller beschriebenen Sekretvakuolen mit solehen Körperchen etwas zu tun haben, bezweifle ich; es ist mir die Natur dieser »Vakuolen« nicht recht klar geworden. Da ich in der Deutung von ähnlichen Formen, die ich in der Tränendrüse des Rinds gefunden habe, mit Heidenhain im wesentlichen übereinstimme, gebe ich einen kurzen Auszug der Heidenhainschen Arbeit, soweit sie diese Verhältnisse berührt: Accessorische Geschlechtsdrüsen (sogen. Vorsteherdrüsen) des Triton sind die Kloaken-, Bauch- und Beckendrüse, welch’ letztere beide in einem Organ vereinigt sind, die sich jedoch von einander trennen lassen und um so mehr verschiedene Drüsen sind, als die erste ektodermalen, die letztere entodermalen Ur- sprungs ist. Für uns handelt es sich um die Beckendrüse: sie besteht aus unverästelten Tubuli. Die Zellen des sekretorischen Teils haben sehr verschiedene Form, teils hochzylindrisch, teils ganz flach (unabhängig von ihrer Sekretionsphase). Die Drüse ist nun in verschiedene Regionen geschieden, deren Zellen in ver- schiedenen Sekretionsphasen sich befinden. Während der Brunst- periode schreiten diese Phasen langsam über die Drüse fort; die Scheidung der einzelnen Regionen ist natürlich keine scharfe, Beiträge zur Histologie der Tränendrüse ete. 143 Übergangsformen kommen in jedem einzelnen Teil vor. Die zunächst sich aufdrängende Frage, ob die einzelnen Regionen nicht überhaupt ganz verschiedenartige Zellen enthalten, entschied Heidenhain gegenteilig: es handelt sich nur um verschiedene Sekretionszustände derselben Zelle. Durch diese eigentümlichen Anordnungen in der Drüse, sowie aus der Tatsache, dass Drüsen aus der letzten Zeit der Brunstperiode eine grössere Zahl von Zellen in fortgeschritteneren Stadien haben, war es Heidenhain möglich, die Reihenfolge der einzelnen Sekretionsphasen festzu- stellen und jede einzelne genau zu beobachten. Heidenhain wandte Sublimatfixierung und Biondifärbung, nur zuweilen Pikrinsäure und Hämatoxylin an. Heidenhain unterscheidet folgende verschiedene Phasen: Phase der physiologischen Indifferenz der Zelle: Erste Stufe: Protoplasmareiche Zellen ohne spezifische Inhaltskörper. Phasen der progressiven Entwicklung des Sekret- materials: Zweite Stufe: Im Zellplasma treten sehr feine strukturlose Granula auf: primäre Granula, primärgranulierte Zellen. Dritte Stufe: Die Granula nehmen an Grösse zu und be- kommen eine besondere Struktur; sie werden zu Halbmond- körperchen. Vierte Stufe: Die Halmondkörperchen quellen auf und nehmen an Dichtigkeit ab. Phasen der sekretiven Tätigkeit der Zelle; Auf- brauch des Sekretmaterials: Fünfte Stufe: Involution der Halbmondkörperchen; sie er- fahren einen Substanzverlust und verlieren ihre Struktur. Der übrig bleibende Rest bildet ein homogenes Körperchen, das Sekundärgranulum. Sechste Stufe: Die Zelle anfangs erfüllt von Sekundärgranulis stösst die letzteren in das Lumen des Tubulus hinein aus. » 144 Dr. med. BRUNO FLEISCHER, Endphasen: Zustand der funktionellen Erschöp- bung .der Zelle: Siebente Stufe: Vielkammerige Zellen ohne Inhaltskörper. tegressive Phasen: Wiederanbildung des verbrauchten Plasmas: Achte Stufe: Rückkehr der vielkammerigen Zelle zum An- fangszustand. Die Zahl der primären Granula ist in verschiedenen Zellen eine verschiedene, man findet dieselben häufig angeordnet in der Innenzone der Zellen, sowie in einer Zone dicht vor dem Kern. oder aber es ist die ganze Zelle von den Granula erfüllt; die Granula sind umgeben von einem hellen Hof. In der dritten Stufe teilt sich das bis zu einer bestimmten Grösse gewachsene Primärgranulum in zwei Zonen, die scharf von ein- ander geschieden sind: ein kugliges, blass gefärbtes Körperchen (»Träger«) und eine dunkle, schalenförmig dem übrigen Körper- chen aufsitzende »Kapuze«, deren optischer Querschnitt sich als Sichel darstellt: die Trennungsfläche zwischen beiden Zonen ist bald mehr gewölbt, bald mehr abgeplattet; zwischen beiden Zonen findet sich eine schmale helle Trennungsschicht. Dieses »Halbmondkörperchen« wird grösser, zugleich tritt eine Abnahme der färbbaren Substanz, eine auffallende Ver- armung des Protoplasmas der Zelle an Eiweissbestandteilen ein; erst wenn das Körperchen grösser geworden ist, ist wieder mehr Plasma vorhanden. In einer Zelle finden sich häufig sehr verschieden grosse Körperchen, dazwischen auch schon Involutionsforınen. Der granulafreie Teil der Zellen, ist nicht ohne weiteres als in Ruhe befindlich zu bezeichnen: H. bringt ihn mit der Sekretion der von corpusculären Elementen freien Flüssigkeit des Sekrets in Zrasammenhang. In der vierten Stufe quillt nun der Träger auf, unter Ab- nahme seiner Dichtigkeit, wobei er der xegel nach sehr blass Beiträge zur Histologie der Tränendrüse ete. 145 wird; hiermit verändert sich auch die Kapuze, sie wird grösser, unter Abnahme ihrer Dicke, vielfach ist sie auch gar nicht mehr zu erkennen und das Körperchen als Ganzes nur durch ein- seitige Schattierung als solches zu unterscheiden; dadurch tritt das intergranuläre Plasma mehr als Netz hervor, zugleich finden sich auch schon granulafreie Hohlräume. In der fünften Stufe nämlich nimmt die Masse des gequol- lenen Körperchens wieder ab, mit Zunahme der Dichtigkeit, aber gleichzeitiger Abnahme der Substanz und schliesslicher Schrump- fung und Auflösung. Die Kapuze wird gleichzeitig dicker, zieht sich zusammen und wird schliesslich zu einer kleinen, geschrumpften Masse, dem Sekundärgranulum, das im Zentrum des Hohlraumes liegt. Das Sekundärgranulum wird nun auch ausgestossen und findet sich wieder aufgequollen in dem Sekret im Lumen der Drüsenschläuche. Die Zelle ist jetzt, je nach ihrem früheren Gehalt an Granula partiell oder total von’ Vakuolen durchsetzt. Diese Vakuolen füllen sich successive wieder mit Plasma an. Heidenhain hebt hervor, dass die Unterscheidung dieses Stadiums von der Phase, wo der Prozess der Bildung des Sekretionsmaterials partiell abgelaufen ist, schwierig ist. Heidenhain hat also hier verschiedene in einander über- gehende Stadien von Sekretgranula beobachtet, die von prin- zıpieller Bedeutung für die Entwicklung der Granula schienen. Ausser den oben angeführten kurzen Bemerkungen von Held und Nicolas sind aber die Formen in anderen Drüsen nicht gefunden worden, so dass es den Anschein hatte, dass ihr Vor- kommen nur auf ganz bestimmte Drüsen beschränkt sei, und dass sie also keine allgemeine Bedeutung für die Sekretion hätten. Die von mir gefundenen Granulaformen nun sind den von M. Heidenhain beschriebenen so ähnlich, dass es sich zweifel- los um ganz ähnliche Prozesse handelt. Ich gehe zur Be- schreibung meiner Befunde über: 146 Dr. med. BRUNO FLEISCHER, Bei den Untersuchungen der Sekretkapillaren und der Zentralkörper war es mir schon aufgefallen, dass nur die Rand- partien der im übrigen gutfixierten Präparate (Sublimat: Sekret- granula zeigten, auch fanden sich hier schon ähnliche Formen, wie sie M. Heidenhain beobachtet hat. Versuchsweise wurden daher besonders kleine Stückchen der Tränendrüse des Rindes in der stark fällenden 10°/,igen Trichloressigsäure fixiert und zugleich die Tränendrüse des Kalbes ausser in Trichloressigsäure in konzentrierte Pikrinsäure eingelegt. Die Trichloressigsäurepräparate ergaben nun an der Ober- fläche der Stücke Schnitte, in denen die Granula durchweg erhalten waren; doch zeigte sich, dass die Fixierung, sobald man mehr in die Tiefe des Stückes kam, gleichfalls die Granula ungenügend konserviert hatte, indem ein unregelmälsiges Maschen- werk im Zellleib sich zeigte, das keine Granula enthielt. Zu- gleich ergab sich, dass die Eisenhämatoxylinmethode für die Färbung der Granula nicht genügte, indem ein Teil der Zellen, welche mit ziemlich grossen Granula gefüllt waren, nur eine leichte diffuse Färbung zeigt ohne distinkte Färbung der ein- zelnen Granula (ähnlich wie dies Müller beschreibt); die Zellen hatten im ganzen ein opakes Aussehen. Auf den Rat von Herrn Professor Heidenhain habe ich daher die oben beschriebene Färbung mit Brillantschwarz-Toluidinblau-Safranin versucht; sie gab an diesen Trichloressigsäurepräparaten gute gleichmälsig gefärbte Schnitte; ich erhielt jedoch besonders schöne Präparate mit dieser Färbung von den in Pikrinsäure fixierten Stücken der Kalbsdrüse. Ich halte mich daher bei der folgenden Beschreibung an diese Schnitte, da die Granula, soweit sie durch andere Fixier- oder Färbemethoden sichtbar wurden, im wesentlichen dieselben Formen zeigten. Bei schwachen Vergrösserungen sieht man die Schnitte ein- genommen von dem leicht rötlich gefärbten Parenchym; die Zellen sind in verschieden starker Weise mit körnigen dunkler Beiträge zur Histologie der Tränendrüse etc. 147 gefärbten Einlagerungen erfüllt. Erst mit stärkeren Vergrösse- rungen (Ölimmersion) erkennt man, dass die körnigen Ein- lagerungen der Zellen die verschiedensten Formen haben, dass die Granula keineswegs alle rund sind, sondern dass auch viel- fach Sichel- bis Halbkugelformen vorkonmen, man erkennt ihre sehr verschiedene Grösse, Anordnungen und Mengen in den einzelnen Zellen. Es lassen sich folgende Formen unterscheiden: Es sind erstens Granula vorhanden, welche ganz rund sind (Fig. 14, 18, 19); sie sind intensiv rot gefärbt und von der ver- schiedensten Grösse. Man findet solche, welche so fein sind, dass sie mit den stärksten Okularen eben aufgelöst werden und Kugeln, die um das Vielfache grösser sind. (In den Abbildungen erscheinen auch die feinen Granula bei der starken zeichnerischen Vergrösserung relativ gross.) Irgend eine Struktur ist an diesen Granula nicht wahrzunehmen; überall wo dieselben nicht so dicht auf einander liegen, erkennt man deutlich einen schmalen, hellen Hof um das einzelne Granulum (Fig. 14, 13c). Ferner sieht man runde Granula, die nicht so intensiv gefärbt sind (Fig. 13b, 17e, f, g, Fig. 20), sondern einen etwas helleren Ton haben. Sie sind von mittlerer Grösse bis zu einer Grösse, die der der grössten vorkommenden Art der vorigen gleichkommt. Andere runde Granula, die fast farblos sind, werden später noch besprochen werden. Von diesen stärker oder schwächer, aber stets homogen ge- färbten Granula lassen sich nun andere unterscheiden, die eine deutliche Struktur haben. Man sieht in ihnen zwei Zonen: die eine ist intensiv dunkelrot, randständig, sichelförmig, sie ist scharf‘ abgegrenzt von dem übrigen Teil, der eine mehr oder weniger helle Färbung zeigt (Fig. 13d, e, Fig. 17, 20). Die Sichel hat meist ungefähr den Umfang eines Halbkreises, manchmal ist sie auch grösser oder kleiner; ihre Breite (d. h. der Querschnitt) ist sehr wechselnd: meist beträgt sie ungefähr ein Viertel oder 148 Dr. med. BRUNO FLEISCHER, weniger des Durchmessers des Granulums; daneben kommen auch seltener breite Formen vor, der Art, dass schliesslich das Granulum geteilt ist in eme dunkle und eine helle Halbkugel. Die Grösse schwankt von ganz kleinen bis zu solchen, die grösser sind als der Durchschnitt der grossen Voll- oranula (Fig. 13); immerhin findet man verhältnismälsig häufig grosse Formen im Gegensatz zu den runden Granula. Eine helle Trennungsschicht zwischen den beiden Zonen (dem »Träger« und der »Kapuze« Heidenhains) habe ich nirgends sehen können. Diese »Halbmondkörperchen« liegen meist in grosser Menge in einer Zelle und es lässt sich so ein heller Hof um das einzelne Granulum häufig nicht er- kennen; bei isoliert liegenden Körperchen ist ein solcher jedoch gleichfalls erkennbar. Selten habe ich ungefähr im Zentrum des Körperchens noch einen dunklen, mälsig grossen Punkt gesehen, der zuweilen auch am Rand des Körperchens lag (Bier al, se): Während der »Träger« dieser Formen, wenn auch in wechselnder Stärke, noch deutlich gefärbt war, trifft man auch runde Granula an, die ausserordentlich schwach gefärbt sind, so schwach, dass man sie als solche kaum erkennt (Fig. 17, h); auch diese Form findet sich massenhaft gedrängt in einzelnen Zellen; daraus, dass manche dieser Granula ganz schmale Sicheln von grossem Umfang haben, wird die Entscheidung, dass es sich wirklich um Körperchen handelt, leichter. Hier ist ein heller Hof nicht vorhanden, die Granula sind stets von einer erheblichen Grösse, teilweise grösser als alle anderen. Im Gegensatz dazu findet man nun Formen, welche zwar häufig noch einen Träger erkennen lassen, wo aber der Träger die Sichel nicht mehr zu einem Kreise ergänzt, sondern wo dieser flacher abgerundet ist, sodass mehr oder weniger stark gewölbte Ovale zu stande kommen (Fig. 13, b, d, e); häufig erkennt man dann überhaupt nur noch eine flache Anhäufung Beiträge zur Histologie der Tränendrüse etec. Am nicht scharf abgegrenzter färbbarer Substanz in der Konkavität der Sichel; die Sichel hat dann stets einen relativ grossen Querschnitt. Und schliesslich findet man Formen, die absolut keinen Träger mehr erkennen lassen, wo das Körperchen nur noch einen Halbmond darstellt (Fig. 13, a, c). Diese Halbmonde sind fast durchweg etwas dicker als der Durchschnitt der Sichelformen mit anhaftendem Träger. Wie aus Fig. 13, ec, erkenntlich ist, findet man auch Körper, die dicker als eine Halbkugel sind (ähnlich den von Heidenhain beschriebenen Involutionsformen). Auch diese Halbmonde haben die ver- schiedensten Grössen (Fig. 13). Stets liegen diese nicht mehr runden Formen in einem hellen rundlichen Hof oder Vakuole (Fig. 13, a, c); da wo man sie in einer Zelle gehäuft antrifft, was vielfach der Fall ist, ist infolgedessen das Protoplasma stark rarefiziert, vakuolisiert, : wobei ich unter Vakuole aber stets einen Hohlraum verstehe, in dessen Zentrum noch ein Körperchen liegt. Die einzelne Vakuole ist bei derartig stark rarefiziertem Protoplasma durch den Übergang der benachbarten Vakuolen ineinander nicht mehr abzugrenzen, und es zeichnen sich diese Zellen infolgedessen durch ein helles Aussehen aus; das einzelne Körperchen ist im Verhältnis zu seiner Vakuole häufig sehr klein. Ich unterscheide also Vollgranula, die mehr oder weniger stark gefärbt sein können, Halbmondkörperchen mit Kapuze und Träger und solche Formen, die nur noch Halbmonde ohne Träger darstellen. Was nun die Verteilung dieser verschiedenen Formen in der Drüse betrifft, so lässt sich ganz allgemein sagen, dass die- selben in jedem einzelnen Tubulus sich finden können, einige selbst in einer einzelnen Zelle; andererseits finden sich wieder Zellen und Tubuli, welche nur eine Art von Granula ent- halten.. Darin unterscheiden sich also meine Befunde wesent- Anatomische Hefte. I. Abteilung. 78. Heft (26. Bd. H. 1). 11 150 Dr. med. BRUNO FLEISCHER, lieh von denen M. Heidenhains, welcher die einzelnen Formen in bestimmten Regionen vorherrschend fand. Häufig findet man Tubuli und Zellen, in denen nur in der Innenzone homogene runde Granula vorhanden sind (Fig. 14, 19); die Mächtigkeit dieser Schicht ist sehr wechselnd: man sieht Zellen, wo nur der äusserste Rand einen ein- bis zwei- reihigen Besatz von Granula trägt, dann wieder solche, wo mehrere Reihen aufeinander folgen, bis zu Übergängen, wo die ganze Zelle mit runden Granula erfüllt ist. Die Grösse der in einer Zelle sich findenden Granula ist wechselnd: bei geringerer Mächtigkeit der Granulaschicht sind die kleinen und kleinsten Granula häufiger; wenn die Schicht stärker ist, sind entweder alle oder ein grosser Prozentsatz von ınittlerer Grösse. Es sind auch (selten) Zellen vorhanden, die überhaupt keine Granula enthalten (Zelle c, Fig. 17 enthält fast keine solche), und es dürfte hier am Platze sein, die Struktur des die Granula umschliessenden Zellplasmas zu besprechen. Dasselbe stellt in diesen Zellen eine fast homogene Masse dar, die eine schwach rötliche Farbe zeigt; man erkennt zwar feinste Unregelmäfsigkeiten und hat den Eindruck, wie wenn viele einzeln nicht mehr aufzulösende Fäden durcheinander liefen, aber irgend eine genauere Differenzierung ist nicht möglich. Insbesondere ist von einem eigentlichen Netzwerk nichts zu sehen ; vielmehr sind die feinen Granula, von einem hellen Hof umgeben, in die homogene Masse eingebettet, sodass demnach ein wabenartiger Bau des Protoplasmas zu stande kommt. Je mehr Granula in der Zelle liegen, um so spärlicher ist natur- gemäls die zwischen den Granula liegende Plasmamasse; in Teilen der Zelle, wo keine Granula liegen, ist das Plasma ebenso gebaut, wie in granulafreien Zellen; in Zellen schliess- lich, welche mit Granula dicht vollgepfropft sind, lässt sich von dem Plasma überhaupt nichts erkennen, da zwischen den ein- zelnen Granula überall die tiefer liegenden durchscheinen. Ganz Beiträge zur Histologie der Tränendrüse etc. 151 ähnlich verhalten sich die Zellen, in denen sich die Halbmond- körperchen mit Kapuze und Träger befinden. Wie sich nun Tubuli finden, die nur Vollgranula führende Zellen haben, so kommen auch solche vor, welche nur Halb- mondformen mit und ohne Träger führen (in Fig. 18 die Mehr- zahl der Zellen); die Halbmondkörperchen können entweder ım allen Zellen ungefähr gleiche Grösse besitzen, oder es finden sich Zellen dazwischen mit durchweg grösseren Körperchen, auch in den einzelnen Zellen kommen verschiedene grosse Körperchen vor (Fig. 18); es variiert in ähnlicher Weise der Gehalt an trägerführenden Körperchen und trägerfreien Halb- monden bezw. ihren Übergangsformen (Fig. 17). Dadurch, dass nun in einem Tubulus vereint Zellen mit Vollgranula und solche mit den verschiedenen Halbmondformen vorkommen und dass ebenso in den einzelnen Zellen die ver- schiedenen Arten sich gemischt finden, kommt ein ausserordent- lich mannigfaltiges Bild zu stande und wird es schwer, die einzelnen Formen von einander zu scheiden (Fig. 17, 18, 19). Wenn demnach eine bestimmte Gesetzmälsigkeit in dem Auftreten der verschiedenen Formen nicht besteht, so ist doch das Vorherrschen eines bestimmten Typus in der einzelnen Zelle nicht zu verkennen, was Grösse und Art der Granula be- trifft, und es finden sich näherstehende Gruppen eher vereint: z. B. grössere und kleinere Vollgranula, Vollgranula und Halb- mondkörperchen mit Träger, Halbmondkörperchen mit vollem und solche mit abgeflachtem Träger ete. Zuweilen sind auch zwischenzellige Sekretkapillaren sichtbar (Fig. 17 und 18). Irgend eine Beeinflussung der An- ordnung der Granula dadurch lässt sich nicht erkennen. Ein Unterschied der Zellen in der Höhe, der Art, dass etwa die sekretarmen Zellen kleiner als die sekretgefüllten wären, habe ich mit Sicherheit nicht feststellen können. Auch boten die Kerne so wechselnde Verhältnisse, dass ich von einer ge- 11> k523 Dr. med. BRUNO FLEISCHER, naueren Untersuchung ihrer Form und Lage Abstand ge- nommen habe. Die Granula der Schaltstücke sind in diesen Präparaten von den übrigen deutlich verschieden (Fig. 19), sie sind meist stark gehäuft, von mittlerer Grösse, aber nicht wie die übrigen scharf abgegrenzt, sondern das umgebende Plasma hat gleich- falls eine rötliche Färbung angenommen. Auch der Ton der Farbe hat in diesen Zellen eine leichte, mehr ins Rote spielende Nuance gegenüber dem blaurötlichen Ton der anderen Granula. Schliesslich liegen die Granula der Wand der Zelle nicht direkt an, sondern entlang derselben ist eine schmale granulafreie Zone. Von anderen Fixierungsmitteln waren bei Osmium- fixierung die Sekretgranula gleichfalls gut erhalten, es gelang aber eine distinkte Färbung derselben nach der obigen Methode nicht, da beim Differenzieren die Farbe leicht in toto ausge- waschen wurde, doch liess sich auch an diesen Präparaten das Vorhandensein von Halbmondformen feststellen. Auf die Frage des Vorhandenseins von Fett in den Epithelien (Axenfeld) bin ich bei meinen Untersuchungen nicht eingegangen; die Art der Behandlung der Präparate (Schwefelkohlenstoffeinbettung) liess die Extraktion auch des eventuell osmierten Fetts nicht unmöglich erscheinen; jedenfalls habe ich nur eine graubraune diffuse Färbung der Zellen wahrgenommen, ohne eine distinkte Schwarzfärbung einzelner Granula. Wie erwähnt, sind bei den Sublimatpräparaten nur in den Randteilen der Schnitte Granula enthalten und zwar sind sie hier teilweise mit Eisenalaunhämatoxylin sehr distinkt gefärbt, insbesondere sind hier die Träger sehr deutlich sichtbar. Der zentrale Teil der Sublimat- und Trichloressigsäureschnitte zeigt an Stelle der Granula ein Maschennetz im Innern der Zellen, und zwar Beiträge zur Histologie der Tränendrüse etc. 153 zeigt dies in den einzelnen Fällen erhebliche Verschiedenheiten: Es sind Zellen vorhanden, in denen die Maschen sehr fein, andere, in denen das Netz viel grösser ist, sodass es schon bei schwächeren Vergrösserungen erkennbar ist, auch sind die Maschen häufig unregelmäfsig und eckig, in anderen Zellen wieder mehr regelmälsig rund, auch wechselt die Dicke der Netzbalken erheblich. In Übergangsregionen sind die Granula teilweise noch erhalten, d. h. sie sind nicht mehr rund, sondern eckig, krümelig, die Grenzen sind keine scharfen „mehr, die Granula sehen wie geschrumpft aus. Anschliessend daran findet man Maschen, in denen an den Wänden nur noch krümelige Körnchen und Massen adhärieren. Demgemäfs sind auch Zellen vorhanden, die ein ziemlich regelmäfsiges leeres Maschenwerk zeigen, in den Ecken und an den Balken sind massenhaft kleine Körnchen und Krümelchen adhärent, wodurch ver- schiedene Zellen ein helleres oder dunkleres Aussehen bekommen. Die Bilder der verschiedenen Arten von Sekretgranula gleichen fast völlig den schon im Jahre 1890 von M. Heiden- hain gegebenen Abbildungen und seiner Beschreibung. Herr Prof. Heidenhain hat auch selbst die Übereinstimmung meiner Befunde mit den seinigen festgestellt. Es finden sich nur wenige differente Punkte: Es fehlt bei der Tränendrüse die Scheidung in verschiedene Regionen, die dieselben Sekretionsphasen haben; die Granula beim Triton sind im ganzen erheblich grösser. Heidenhain hat zwischen den beiden Zonen der Halbmondkörperchen eine helle Zwischenschicht festgestellt, die in meinen Präparaten fehlte. Schliesslich habe ich in der Tränendrüse die runden Sekundärgranula, die beim Triton mit gesetzmälsiger Regel- mälfsigkeit im Zentrum der Vakuole vorhanden waren, nicht gefunden. 154 Dr. med. BRUNO FLEISCHER, Es drängt sich ohne weiteres die Frage auf, ob wir es mit Kunstprodukten der Fixierung oder Färbung zu tun haben. M. Heidenhain hatte mit Sublimat fixiert, ich habe vier ver- schiedene Methoden angewandt und bei allen dieselben Formen gefunden. Heidenhain hat progressiv gefärbt (Biondi), während sowohl die von mir angewandte Eisenhämatoxylin- methode als die oben beschriebene Anilinfärbung eine regressive Methode ist. Es liegt daher nahe, die von mir erhaltenen Formen eventuell von einer mangelhaften Extraktion herzu- leiten: ich habe jedoch die Formen auch in stark überfärbten Präparaten beobachten können ; man müsste bei Kunstprodukten auch eher Ringelformen oder fleckige Färbung erwarten. Ich war daher überzeugt, dass Kunstprodukte nicht vorliegen, habe aber auch noch die frische Drüse untersucht: Es finden sich nun dieselben Bilder in der frischen Drüse. Die Drüse wurde ca. eine Viertelstunde nach dem Tod des Tieres, welche durch den Transport ins Institut verging, unter- sucht: Mit dem Rasiermesser wurden flache Schnitte gemacht, diese auf dem Objektträger eventuell noch etwas zerzupft und mit dem Deckglas ein leichter Druck ausgeübt. Dadurch be- kommt man genügend dünne Schnitte, um mit Ölimmersion untersuchen zu können. Es wurde mit und ohne Zusatz von 0,7 prozentiger Kochsalzlösung untersucht, ohne dass ein wesent licher Unterschied zu beobachten war. Ich kann ganz allgemein sagen, dass die Befunde im ganzen sich decken mit dem am fixierten und gefärbten Präparat er- hobenen Befund. Man sieht kleine und grössere starkglänzende Vollgranula, auch in ihrer Anordnung in der Innenzone der Zelle, Halbmondkörperchen mit verschieden breiter Sichel mit und ohne Träger, auch grosse schwachbrechende Granula mit sehr schmaler Sichel sind vorhanden. In den Halbmond- körperchen mit Träger sind Kapuze und Träger scharf von- Beiträge zur Histologie der Tränendrüse ete. 155 einander geschieden, ohne erkennbare Trennungsschicht; die Kapuze ist stark lichtbrechend und hat einen leicht grünlichen Schein im Gegensatz zu dem schwächerbrechenden Träger. Die Frage, ob um das einzelne Granulum ein heller Hof sich findet, liess sich nicht sicher entscheiden, da von dem intergranulären Gewebe nichts zu schen ist: dasselbe schien vollkommen homogen, auch ohne Protoplasmakörnchen; es ist zwar um das Granulum ein leichter heller Schein zu erkennen, doch schien dieser durch Beugungserscheinung am Rand des Granulums hervorgerufen zu sein. Ich habe im Anschluss daran die Parotis und Submaxillaris des Kalbes frisch untersucht und habe hier keine Halbmond- formen gefunden; es war jedoch auffallend, dass die Granula, in ihrer Grösse in geringer Breite schwankend, vielfach am %and. seltener im Zentrum einen dunkleren, d. h. stärker brechenden Punkt zeigten (ähnlich wie bei einigen Granula der. fixierten Tränendrüse), was durch eine wirkliche Substanzver- diehtung bedingt zu sein schien, da verschiedene nebeneinander- liegende Granula den Punkt teils auf der einen, teils auf der andern Seite zeigten. Ich habe diese Untersuchung jedoch als ausserhalb des Rahmens der Arbeit liegend nicht weiter ver- folet. Auch die entsprechenden Drüsen des Kanin chens wurden kurz frisch untersucht; Held hat ja angegeben, dass er in der frischen Submaxillaris des Kaninchens ähnliche Formen wie M. Heidenhain gesehen habe. Die Tränendrüse ist beim Kaninchen ein sehr schmales längliches Gebilde; ich habe an der von mir untersuchten Drüse nur vereinzelt Halbmondformen gesehen, die grosse Masse be- stand aus in ihrer Grösse wenig voneinander verschiedenen runden stark lichtbrechenden Granula. In der Submaxillaris waren schon mit schwacher Vergrösserung dunklere Flecken in ‚der im übrigen helleren Substanz der Drüse erkennbar; erstere 156 Dr. med. BRUNO FLEISCHER, werden gebildet von Tubuli mit stark lichtbrechenden Granula, während die hellere Substanz aus Tubuli mit schwach licht- brechenden Granula besteht. Ausserdem waren Halbmond- körperchenformen vorhanden, die denen in der Tränen- drüse des Kalbes glichen. Auch in dem in Pikrinsäure fixierten, nach der obigen Färbemethode behandelten Präparat liessen sich Halbmondkörperchen nachweisen und fanden sich fleckenartig eingestreute Anhäufungen von Tubuli mit intensiv rot gefärbten, homogenen, grossen Granula. Auf Grund der Untersuchung der frischen Drüse ist also: die Möglichkeit des Vorliegens von Kunstprodukten durch Fixierung und Färbung ausgeschlossen; bei dem kurzen Zeit- 'aum zwischen Tod und Untersuchung können auch postmortale Erscheinungen nicht wohl in Betracht kommen. Vielmehr handelt es sich wohl zweifellos um schon in vivo bestehende verschiedene Granulaformen. Die Beurteilung der zeitlichen Folge der ein- zelnen Formen ist nun offenbar schwierig und kann, so lange Reizungsversuche nicht vorliegen, sicb nur auf Vermutungen stützen: es ist wahrscheinlich, dass die stark tingierten Granula eiweissreicher sind als die schwach tingierten, und da das Tränensekret zum mindesten sehr eiweissarm [nach den Unter- suchungen von Magaard (28) und Frerichs (14)] ist, so lässt sich vermuten, dass die schwachgefärbten Formen dem Endstadium des Sekrets näher stehen, wie das ja auch die früheren Untersucher angenommen haben. Wir müssten daher die Halbmondkörperchen als Übergangsformen von den eiweiss- reichen Granula zu den eiweissarmen ansehen. Wie die Aus- scheidung der fertigen Sekretgranula aus den Zellen ins Lumen der Tubuli stattfindet, ob überhaupt dasselbe als corpusculäres Element ausgeschieden wird, dafür haben meine Präparate keinen Anhaltspunkt gegeben. Man findet zwar zuweilen Granula, auch stärker gefärbte im Lumen der Tubuli und der Ausführungs- sänge, dies ist jedoch so selten, dass ich nicht gewagt habe, draaus weitere Schlüsse zu ziehen. Beiträge zur Histologie der Tränendrüse etc. 157 Ich schliesse mich also der Heidenhainschen Erklärung der Entwickelung der Sekretgranula im wesentlichen an: Im Protoplasma der Zelle entstehen zunächst feine Granula (Primärgranula Heidenhains): sie treten vielfach vereinzelt in dem im übrigen noch unveränderten annähernd homogenen Protoplasma der Zelle auf. Diese Granula werden grösser und können eine verschiedene Grösse erreichen. Hierauf nimmt ihre Dichtigkeit ab (schwächer gefärbte Granula) und es tritt die Scheidung des Granulum in zwei Zonen ein, die »Kapuze« und den »Träger«. Dieses »Halbmondkörperchen« quillt auf, die Sichel wird platter, der Träger immer weniger färbbar; schliesslich wird letzterer abgestossen, die zurückbleibende Kapuze wird wieder dicker, schrumpft zu einem kleineren, mehr ovalen Gebilde zusammeu, das in der vorher von dem gequollenen Halbmondkörperchen eingenommenen Vakuole liegt. Der weitere Fortgang wird analog der Ansicht Heidenhains wohl der sein, dass diese trümmerartigen Reste der Halbmondkörperchen gleichfalls ausgeschieden werden und dass gleichzeitig eine Wiederanfüllung der Zellen mit Plasma einhergeht. Daraus dass die verschiedenen Formen der Granula neben- einander in der Drüse vorkommen, muss geschlossen werden, dass die Drüse in einer ununterbrochenen Tätigkeit sich be- findet. Es kann kein Zweifel sein, dass wir die im zentralen Teil der Trichloressig- und Sublimatpräparate vorhandenen leeren Maschennetze als Kunstprodukte anzusehen haben, in dem das intergranuläre Plasma im wesentlichen das Netzwerk bildet und die Granula verschwunden sind. Es scheint eine Schrumpfung des intergranulären Plasmas einzutreten und ein teilweiser oder vollständiger Niederschlag des Mascheninhalts auf die Wand der Waben stattzufinden. Ob ein Teil der Granula gelöst wird, lasse ich dahingestellt. Das verschiedene Aussehen der Netz- zellen erklärt sich recht wohl aus der verschiedenen Grösse und 158 Dr. med. BRUNO FLEISCHER, dem verschiedenen Gehalt der Granula an färbbaren Sub- stanzen. Nicolas hat nun, wie erwähnt, ähnliche Körperchen wie Heidenhain auch in der menschlichen Drüse beobachtet. Die verschiedenen mir zur Verfügung stehenden Tränendrüsen von Hingerichteten zeigten erhebliche Verschiedenheiten, sowohl in der Konservierung der Granula, als in der Zahl der granula- haltenden Zellen, sowie im Aufbau der ganzen Drüse, indem das interstitielle Bindegewebe sehr verschieden stark entwickelt war. Ich habe nur wenige dieser Präparate in Hinsicht auf das Verhalten der Sekretgranula gefärbt und die Fixierung war nicht mit Rücksicht auf die Konservierung derselben geschehen ; aus der Tatsache, dass ich in diesen Präparaten keine Halb- mondkörperchen gesehen habe, möchte ich daher ihr Vorhanden- sein nicht in Abrede ziehen. Wenn Halbmondkörperchen vor- handen sind, scheint jedenfalls ihre Konservierung und Färbung anderen Bedingungen unterworfen zu sein als beim Kalb, und es bedarf einer neuerlichen Untersuchung zur Entscheidung dieser Frage. Ich glaube, es kann keinem Zweifel unterworfen sein, dass die Heidenhainschen Halbmondkörperchen besondere Ent- wickelungsstadien der Granula darstellen. Nachdem diese Granulaforınen nun auch in Drüsen von Säugetieren nachge- wiesen sind, glaube ich, kommt ihnen eine erhebliche Bedeutung in der Lehre der Sekretbildung zu. Neue Untersuchungen werden zu entscheiden haben, wie weit das Vorkommen dieser Körperchen verbreitet ist, ob diese Granulaform vielleicht einer bestimmten Art von Drüsen eigen ist und wie die einzelnen Formen zeitlich aufeinander folgen. Es wird das Bestreben darauf gerichtet sein müssen, die Granula möglichst vollständig zu konservieren, da nur dies meiner Ansicht nach den Zustand der Drüsenzellen darstellt, wie er in vivo besteht. Strukturen mit leeren Maschen, die einen mehr oder weniger krümligen Beiträge zur Histologie der Tränendrüse etc. 159 Inhalt bergen, sind als Kunstprodukte anzusehen und es dürfen aus solchen Bildern keine sicheren Schlüsse auf das Aussehen der Zellen im Leben gezogen werden. Ich habe die Arbeit im anatomischen Institut zu Tübingen ausgeführt. Der Vorstand desselben, Herr Prof. Dr. Froriep, hat in freundlichster Weise die Mittel des Instituts zur Ver- fügung gestellt nnd danke ich ihm bestens hierfür, sowie für sein stetiges Interesse an der Arbeit. Herrn Prof. Dr. Heiden- hain, der mich zu der Arbeit anregte und mir stets mit Rat und Tat zur Seite stand, spreche ich auch an dieser Stelle meinen herzlichsten Dank aus. 160 la. = | 10. {Hl 12, Literatur-Verzeichnis. Literatur- Verzeichnis. Altmann, Richard, Die Elementarorganismen. Leipzig 1894. Axenfeld, Th., Über die feinere Histologie der Tränendrüse, besonders über das Vorkommen von „Fett“ in den Epithelien. Bericht über die 28. 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Die Figuren sind möglichst getreu den Präparaten von mir nachgezeichnet, nur die Kerne sind in ihren Einzelheiten schematisiert; in Figur 9 und 10 ist die Struktur des Protoplasmas nicht eingezeichnet. Die Umrisse wurden mit dem Abbeschen Zeichenapparat angelegt, die Einzelheiten mit Tusche eingezeichnet. — Die verschiedenen Vergrösserungen erklären sich durch verschiedene Projektion: auf Objekttischhöhe, unter oder über dieser. Fig. 1. Vergrösserung 800, apochr. 4, comp. ocular 12. Rind, Sublimat, Delafield-Benzopurpurin. Sezernierende Endabschnitte mit Über- gangszellen und Schaltstück; allmählich in einen kleinen Aus- führungsgang übergehend. Der untere Teil der Figur und die beiden oberen Endabschnitte stammen aus Schnitten, die der Serie nach dem in der Mitte gezeichneten Stück am nächsten liegen. Fig. 2. Vergr. 1000, apochr. 4, ocul. 12. Rind, Sublimat, Delafield- Benzopurpurin. Aus einem Schaltstück S sich verzweigende Tubuli; u — Übergangszelle. Fig. 3. Vergr. 1900, apochr. 2, Ölimmersion. Rind, Alkohol, Chromhäma- toxylin. Querschnitt eines kleinen Ausführungsganges mit Zellen, die basale Auffaserung zeigen. Fig. 4. Vergr. 1900, apochr. 2, ocul. 12, Ölimmersion. Rind, Sublimat, Fisenhämatoxylin. Mittelgrosser Ausführungsgang, längs getroffen, Kittleistennetz des Fpithels von der Fläche mit Zentralköipern; bei a anschliessende hohe Zellen und ein Kern aus der äusseren Schicht. Fig. 5. Vergr. 1900, apochr. 2, ocul. 12, Ölimmersion. Rind. Sublimat, Eisenhämatoxylin. Kleiner Ausführungsgang, fast einschichtig, nur selten ein länglicher Kern (a) als Rest der äusseren Schicht; Zelle b zeigt stärkere Körnelung und leichte Zerfaserung an der Basis. Erklärung der Abbildungen. 165 Fig. 6. Fig. 7. lic. 8: Hie. 9. Fig. 10. Fig. 11. Fig. 12. Fig. 13. Fig. 14. Vergr. 1900, apochr. 2, ocul. 12, Ölimmersion. Rind, Sublimat, Eisenhämatoxylin. Schaltstück, Längsschnitt mit Zentralkörpern und länglichen Kittleistenfeldern. Vergr. 1425, apochr. 2, ocul. 12, Ölimmersion. Rind, Sublimat, Eisenhämatoxylin. Sekretkapillaren, lange und kürzere. Vergr. 1425, apochr. 2, ocul. 12, Ölimmersion. Rind, Sublimat, Eisenhämatoxylin. Kurzer Tubulus mit Ausführung in ein Schalt- stück (k), bei Zelle a und b gabelige Teilung einer Kapillare; bei d, e und f Kapillare abgeschnitten, bei e scheinbar binnenzelliger Ver- lauf, bei u kurze zwischenzellige Ausstülpungen des Lumens. Vergr. 1425. apochr. 2, ocul. 12, Ölimmersion. Rind, Sublimat, Eisenhämatoxylin. Tubulus mit kürzeren Kapillaren. Vergr. 1425, apochr. 2, ocul. 12. Ölimmersion. Rind, Sublimat, Eisenhämatoxylin. Verschiedene Querschnitte von Kapillaren, bei b Kapillare in der Tiefe, scheinbar binnenzellig. Vergr. 1950, apochr. 2, ocul. 12, Ölimmersion. Rind, Sublimat, Eisenhämatoxylin-kongokorinth. Tubulus mit Centralkörpern; bei a Centrodesmose, bei b dreifache Centralkörper. Vergr. 1425, apochr. 2, ocul. 12, Ölimmersion. Rind, Sublimat, Eisenhämatoxylin. Epithel eines grösseren Ausführungsganges, Centralkörper, auch in der basalen Schicht; Querschnitte von Kitt- leisten. Vergr. 2700, apochr. 2, ocul. 18, Ölimmersion. Halbmondkörperchen verschiedener Art und Grösse aus verschiedenen Schnitten (Rind und Kalb), Eisenhämatoxylin und Brillantschwarz. a) Halbmonde ohne Träger, nur a mit Träger. b) Schwächer gefärbte Granula teils mit, teils ohne Kapuze von verschiedener Grösse; in der Mitte Kapuze ohne Träger. c) 3 Vollgranula, oben Kapuzen ohne Träger mit ziemlich starkem Querschnitt. d) Grössere Granula, Kapuzen mit und ohne Träger. e) Gequollene schwach gefärbte Granula mit Kapuzen, diese teilweis nur angedeutet. Vergr. 1950, apochr. 2, ocul. 12, Ölimmersion. Kalb, Pikrinsäure, Brillantschwarz - Toluidinblau -Safranin. Verschiedene grosse Voll- granula in der dem Lumen zu gelegenen Hälfte der Zelle. Anatomische Hefte. I. Abteilung. 78. Heft (26. Bd. H 1). 112 Erklärung der Abbildungen. Fig. 18. Fig. 19. Fig. 20. Vergr. 1900, apochr. 2, ocul. 12, Ölimmersion. Rind, Sublimat, Eisenhämatoxylin, Kongokorinth. Zentralkörper in granulahaltigen Zellen eines Tubulus. Wie Fig. 15. Einige Zellen vom Lumen her in der Aufsicht. Vergr. 1900, apochr. 2, ocul. 12, Ölimmersion. Kalb, Pikrinsäure, Brillantschwarz-Toluidinblau-Safranin. Tubulus mit Zellen, die ver- schiedene Arten von Granula führen: bei e, f, g schwach gefärbte grosse Vollgranula mit Übergängen in solche mit mehr oder weniger breiter Kapuze und einigen stark gefärbten Vollgranula: bei a Zelle mit kleineren stark gefärbten Granula. Zelle b enthält nur trümmer- artige Kapuzen ohne Träger; Zelle ce fast ganz leer; in den Zellen d beginnende Neubildung von feinen stark gefärbten Granula; h Zelle aus einem benachbarten Tubulus mit ganz schwach gefärbten Granula mit sehr schmaler Sichel. Vergr. 1400, apochr. 2, oeul. 12, Ölimmersion. Kalb, Pikrinsäure, Brillantschwarz-Toluilinblau-Safranin. a randständige, kleine, stark gefärbte Granula, ausserdem Halbmondkörperchen mit und ohne Träger. Wie Fig 18. Übergang eines Tubulus in ein Schaltstück (8), fast nur Zellen mit randständigen kleinen Granula, oben rechts Halb- mondkörperchen. Vergr. 1950, apochr. 2, ocul. 12, Ölimmersion. Kalb, Pikrinsäure, Brillantschwarz - Toluidinblau - Safranin. Grosse, schwach gefärbte, gequollene Granula mit schmaler Kapuze. ÜBERZDIE ANATOMIE DER NIERENVENEN. VON E. HAUCH, KOPENHAGEN. Mit 4 Abbildungen im Text. x ER AR “ ee r TER DE ARE: I; f ß j ” BEER na “ u E a7 i CHE RIED s Er Pe u f ’ . 3 »s . ‘ BA; 4 j 5 . m “ # 40 re)” F - n WANEIE TE Ed int NR LERLELEN % k e; * ‚ - . 3 4 E we fi P - { De t [| ve LV F - 5 “ Bei einer Anzahl Nieren von Menschen injizierte ich so- wohl die Pelvis als die Venen mit Metall, um ihre gegenseitige Lage, den Verlauf und überhaupt die Verzweigung der grösseren Nierenvenen zu studieren. Hinsichtlich der hierbei angewendeten Technik verweise ich auf die »Anat. Hefte«, Heft 69, Bd. 22, Hauch: Über die Anatomie und Entwickelung der Nieren. S. 159, Zum Zwecke der Vergleichung habe ich den Venen- verlauf in einer Reihe von Nieren von Säugetieren untersucht, und ich habe es mir mehr angelegen sein lassen, Repräsentanten der verschiedenen Nierenformen zu bekommen, als mir Nieren von Tieren zu verschaffen, die allen Säugetiergruppen ange- hörten. Ich injizierte die Nieren und die Pelvis von 27 Menschen- nieren, von denen 17 von Erwachsenen im Alter von 15 bis 64 Jahren und 10 von Kindern von 7 Tagen bis zu 4 Jahren waren. In der Regel geschah die Injektion durch die V. renalis; die kleinsten Kindernieren wurden aber durch die V. cava in- jiziert. An Tiernieren habe ich 7 Kälbernieren, 2 Lämmernieren, 3 Pferdenieren und 4 Schweinenieren injiziert. Die übrigen Nierenvenenpräparate sind Celloidinkorrosionen, die der ver- storbene Prof. Chievitz dargestellt hat. Für die Erlaubnis, diese Präparate bei den vorliegenden Untersuchungen zu be- nutzen, bin ich sehr dankbar. Zuerst injizierte ich stets die Pelvis und danach die Vene, da man fast immer in dem umgebenden Fett und Bindegewebe auf kleine durchgerissene Äste von der Hauptvene stösst, welche die Anwendung von P&eans Pinzetten notwendig machen oder event. bewirken, 170 E. HAUCH, dass man die Injektion zu einem frühen Zeitpunkt vollständig unterbrechen muss. In vielen Fällen gelang es mir, die Venen- äste von 0,04mm im Durchmesser, einige Male sogar von 0,02 zu injizieren, während das Metall in anderen Fällen nur in die grössten Venen drang. Ich werde hier nicht näher auf die Um- stände eingehen, welche zu den verschiedenen Ergebnissen, den Koageln, Rupturen, Kanülenverstopfungen etc. führen; ich will hier nur bemerken, dass der Injektionsdruck hinsichtlich des Durchmessers der injizierten Gefässe nicht von besonderer Be- deutung ist, da die formolgehärtete Venenwand zum grössten Teil ihre Elastizität verloren hat. Bei der Beschreibung des Venenverlaufes werde ich von der Hauptvene ausgehen und von hier den Ästen bis an die Peripherie der Niere folgen, da man auf diese Weise einen besseren und klareren Überblick über die Venenverzweigungen erhält, als wenn man an der Peripherie beginnt und zentral weiter geht. Die im folgenden, von mir gebrauchten Zahlen geben den Durchmesser der verschiedenen Äste, die gegenseitige Entfernung der Verzweigungsstellen ete. an. Ich bin mir vollständig bewusst, dass dieselben als absolute Grössen von verhältnismäfsig geringer Bedeutung sind; jedoch geben sie uns immerhin eine Vorstellung von den Grössen, mit denen wir es hier zu tun haben, und ihre relativen Verhältnisse können eine gewisse Rolle spielen. Der Lauf der Venen ist sehr abhängig von der Form der Pelvis und der Calyces, und zwar nicht nur insofern, dass sie je nach den verschiedenen Hauptnierenformen (uno- und multi- papilläre) verschieden sind, sondern auch insofern, als die in- viduellen Unterschiede in der Form des Nierenbeckens bis zu einem gewissen Grade die Verteilung der Venenäste beeinflussen. Ich werde von dem Lauf der Venen in den Menschennieren ausgehen, wobei ich auf Einzelheiten kommen werde, die zum Teil von den individuellen Unterschieden in der Form des Nieren- beckens abhängig sind, und dann zur Beschreibung der Venen Über die Anatomie der Nierenvenen. 171 in den Nieren der Säugetiere übergehen, und zwar werde ich mich darauf beschränken, dieselben in grösseren Zügen im Ver- hältnis zum Haupttypus der Ureterverzweigung zu beschreiben. Bei den Menschen geht die Vena renalis bekanntlich von der V. cava inf. aus und endet beim Hilus renis vor der Arterie. Sie hat bei Erwachsenen durchschnittlich einen Durch- ınesser von 12mm). Die Vene teilt sich ausserhalb des Hilus in einen kaudalen und kraniellen Hauptast. Die Entfernung von der Teilungsstelle bis zum Hilus variiert von 2—28 mm. Als Durehschnittszahl von 17 Messungen an Erwachsenen fand sich 12 mm. Indessen können auch 2 V. renalis nach einer Niere abgehen, so dass die Teilungsstelle gewissermalsen vor der Ausgangsstelle von der V. cava liegt. Diese Venen sind dann so geordnet, dass die eine kraniell und die andere kaudal ist. (Diese Abweichung findet sich 2 Mal in meinen Präparaten.) Für die Lage der Teilungsstelle ist es gleichgültig, ob es sich um eine rechte oder Iinke Niere handelt. Es können aber auch andere Abweichungen von der Regel vorkommen; z.B. kann sich die Vene gleich bei der ersten Ver- zweigungsstelle in 8 Äste teilen, oder es können eine Anzahl kleinerer kranieller und kaudaler Ästchen von der Vene aus- gehen, bevor man zu der eigentlichen Hauptteilungsstelle kommt. In einem einzelnen Falle sah ich auch, dass die Vene in einem zum Hilus konkaven Bogen vor der Pelvis lief und beim kaudalen Nierenpol endete, indem sie während ihres ganzen Verlaufs Äste von ihrer konkaven Seite aussandte. Diese Äste sind aber ver- hältnismälsig klein, und es ist keine Hauptteilungsstelle vor- handen, von wo die Vene sich in 2 ziemlich gleichgrosse Äste ı) Nach Lenhossek (Virch. Arch. Bd. 68, 1876. S. 364) 10—12 mm. 172 E. HAUCH, teilt. In allen diesen Fällen indessen teilen sich die Zweige fächerförmig in frontaler Ebene über die Ventralseite der Pelvis, wobei die äussersten Äste in kranieller und kaudaler Richtung laufen. In einigen Fällen sendet die Hauptvene einen dorsalen Ast aus; dieser ist aber stets verhältnismäfsig so unbedeutend (s. später), dass man die Hauptteilungsstelle nicht nach dem Punkte verlegen kann, wo dieser Zweig abgeht. Ich stimme also Lenhossek!) nicht bei, wenn er schreibt, dass sich die Vene erst im Sinus Henle in seine primären Zweige, einen vorderen ventralen und einen hinteren dorsalen, teilt und dass Niere von einem 35 jährigen Manne, mit Injektion der Venen, von der Ventral- seite gesehen. Die schwarze Linie über dem Präparate gibt die Hilusgrenze an. Über die Anatomie der Nierenvenen 173 die Teilungsstelle nur in den Fällen ausserhalb des Sinus Henle liegt, wo sich auch der Ureter ohne Pelvisbildung dichotomisch ausserhalb derselben spaltet. Ich konnte im Gegenteil in vielen Fällen eine Ureterverzweigung tief innerhalb, und einer Venen- teilung weit ausserhalb des Sinus Henle nachweisen (z. B. in Fig. 1 und 2, in dieser Richtung nicht besonders stark aus- gesprochen). Dasselbe Präparat als Fig. 1, etwas schematisiert gezeichnet. Diese beiden Hauptäste laufen nun in den Hilus gerade auf die Pelvis zu, oft rinnenförmige Vertiefungen in der Pelvis bildend, wenn diese durch Metall dilatiert ist. In der Regel ist 174 E. HAUCH, der kranielle Zweig grösser als der kaudale. Bei 12 an Er- wachenen vorgenommenen Messungen fand ich hier für den kraniellen Ast als Durchschnittszahl 8,15, für den kaudalen 6,67 cm. Die beiden primären Äste suchen nun ihre Nierenpole zu erreichen und teilen sich wieder in Äste. Diese sekundäre Teilung kann entweder im (Fig. 1 und 2), ausserhalb oder innerhalb des Hilus, oder auch ganz unten bei der kraniellen oder kaudalen Calyx liegen. Es kann natürlich auch vorkommen, dass die beiden Hauptäste nicht von derselben Stelle auslaufen, sondern ‚ler eine kann sich z. B. im Hilus, der andere weiter innen teilen. Auch diese Teilung geschieht in der frontalen Ebene, und das Resultat derselben können entweder 2 Äste sein, die sich sehr bald wieder in mehrere Ästchen (Fig. 1, kaudaler Pol) spalten und diese 3. Teilungsstelle kann sogar gerade im Hilus- eingange liegen. Es kann auch vorkommen, dass von der 2. Teilungsstelle 3 oder 4 ungefähr gleichgrosse Äste ausgehen. Die Zahl derselben ist abhängig von der Zahl der Fornicen, da sie in die Zwischenräume der letzteren laufen, sei es, dass diese vollständig getrennt sind, sei es, dass sie den mehr oder minder zusammenhängenden Pyramidenpapillen entsprechen (Fig. 2, kranieller Pol. Man kann auch 2 Venen in einem Zwischenraume finden, und die Ästchen der einen pflegen dann in kranieller, die der anderen in kaudaler Richtung zu verlaufen. Durchgehends sind es die sekundären Äste, welche zwischen die Fornices laufen: ihre Länge ist aber je nach der Länge der Calyces verschieden; aber nicht so, dass die Venen von Fornices an langen Calyces zu einem mehr peripheren Ast gehören als die Venen der Fornices an kurzen. Zwischen diesen Ästen finden sich sehr oft und meistens ziemlich feine Queranastomosen, die um den dem Hilus zuge- wendeten Teil der Fornices oder Calyces kleine Bögen bilden (Fig. 2). — Oft stehen die Queranastomosen mit einigen kleinen Über die Anatomie der Nierenvenen. 175 Venen in Verbindung, die von der Ven. renalis oder von einem ihrer Hauptäste ausgehen und sich über die Ventralseite des Nierenbeckens ausbreiten. Mit diesen und auch mit einer An- zahl der anderen über die Pelvis sich ausbreitenden Venen ver- einigen sich ganz feine Venen von der Pelviswand, welche der Art. nutritiae pelvis (Hyrtl) entsprechen, und welchen Len- hossek den Namen Venae nutritiae pelvis gegeben hat. Von den zwischen den Fornices verlaufenden Ästen werden nun, nachdem die Venen erst zwischen die Calyces gekommen sind, grössere nach verschiedenen Richtungen ausgesendet, so dass die Teilungsstelle ungefähr in die Medialebene der Niere zu liegen kommt (Fig. 3). Es pflegt dann in dieser Ebene Fig. 3. ventral caudal Dasselbe Präparat als Fig. 1 von der konvexen Seite der Niere gegen die Pelvis gesehen. Etwas schematisiert. ein Ast in dorsaler Richtung zu geben, ein anderer pflegt in kranieller, und einer in kaudaler Richtung, Anastomosen mit den Nachbarvenen in dem nächsten Calyxzwischenraume bildend, zu verlaufen. 176 E. HAUCH, Die fortgesetzte Venenanastomose, die Medianvene, welche auf diese Weise in der Medialebene der Niere gebildet wird, ist nicht ganz konstant, da sie im hohen Grade von der Form des Nierenbeckens abhängig ist. Dieselbe ist am ausgesprochensten als eine einzelne längslaufende Vene in den Fällen, wo sich scharf getrennte dorsale und ventrale Fornices finden, die an kurzen dicken Calyces sitzen (Fig. 3). Ist das Nierenbecken sehr deutlich geteilt in eine kranielle und eine kaudale Abteilung, so kann es vorkommen, dass die Medianvene in der Mitte fehlt oder nur als ein sehr dünner (in einem Fall 1,5 mm dick) Anastomosenast zwischen den zu den beiden Abteilungen gehörigen Venenästen existiert. Wenn ausser den dorsalen und ventralen Fornices ein oder mehrere mehr medial gestellte — was man in seltenen Fällen sehen kann — vorkommen, so teilt sich die Medianvene in der Regel um diese und umschliesst sie wie Inseln. Aber auch ohne eine solche scheinbare Ursache kann die Vene an einigen Stellen doppelt sein und sogar hin und wieder einen ganz kleinen Venenplexus tief in der Medialebene der Niere bilden. Es ist nun nicht immer der Fall, dass die Medianvene wie in Fig. 2 ganz auf der Pelvis sitzt; sie befindet sich nämlich auf demselben Niveau wie die Fornices, und wenn diese an langen Calyces sitzen, kommen sie weit von der Pelvis weg zu liegen (vergl. Fig. 4, wo ein ziemlich grosses Stück zwischen der Pelvis und der Vene ist); die grösste Entfernung zwischen der Pelvis und der Vene, welche ich an meinen Präparaten gemessen habe, betrug Il mm. Diese fand sich in einigen Fällen. Von den ventralen Ästen, die bis zu den Zwischenräumen zwischen den Kelchen gehen, oder auch von der medianen Vene, laufen, wie gesagt, Äste nach der Dorsalseite der Niere aus, indem sie dem Abstande zwischen der Medianvene und der Pelvis entsprechend zuweilen weit von, zuweilen nahe bei der Pelvis abgehen. Diese Dorsaläste verlaufen in den Zwischen- Über die Anatomie der Nierenvenen. 177 räumen zwischen den Kelchen. Ist dieser Zwischenraum gross, so finden sich in der Regel 2 Venenäste, einer bei jedem Kelch; ist dieser Raum kleiner, so sieht man nur eine Vene. In beiden Fällen wird, sobald die Venen auf der Dorsalseite herausgekommen Dasselbe Präparat als Fig. 1 von der Dorsalseite gesehen. Etwas schematisiert. sind, ein Ast in kranieller und einer in kaudaler Richtung aus- gesendet, die mit den Nachbarn so anastomosieren, dass eine mehr oder minder vollständige Reihe von guirlandenförmigen Bögen gebildet wird, die ihre Konkavität nach der Fornix und ihre Konvexität nach dem Hiluseingange haben. (Fig. 4x x) — Von ihnen gehen u.a. kleine Venen nach der Pelviswand auf der 178 E. HAUCH, Dorsalseite, Diese dorsalen Guirlanden werden bei dem kraniellen und kaudalen Pol dadurch vervollständigt, dass der äusserste ventrale, sekundäre oder tertiäre Ast bezw. kraniell oder kaudal um die Pelvis herum in die Medialebene der Niere schwingt (Fig. 1 und 4) und sich hier in Äste teilt, die teils ganz nach der Dorsalseite verlaufen und mit den anderen dorsalen Venen in Verbindung treten, teils in der Medialebene bleiben und mit der Medianvene Anastomosen eingehen und diese in kranieller und kaudaler Richtung vervollständigen. Diese Anastomosen können in der Regel nicht auf der Pelvisverzweigung liegen, da diese von den grossen Polfornicen besetzt ist, sondern müssen sich einen Weg zwischen den Papillen oder nach den Stellen bahnen, wo zwei Pyramiden in einem Papill zusammenlaufen (Fig. 4x). Sie gehen dann vom Hilus in das Nierenparenchym und entsprechen den Bogenvenen, die ich später erwähnen werde. Die Anzahl dieser Guirlandenbögen ist natürlich je nach der Anzahl der dorsalen Fornices verschieden; meistens sind da 5 solcher Bögen. Der Ablauf des Venenblutes von der dorsalen Seite der Niere kann an einigen Fällen ausser auf dem erwähnten Wege durch eine dorsale Vene geschehen, welche hinsichtlich der Grösse und der Abzweigungsstelle sehr variiert. In 5 der vorliegenden 29 Präparaten ging eine Dorsal- vene von der Hauptvene aus. Die Grössenverhältnisse zwischen der dorsalen und ventralen Vene sind folgende: Ventraler Ast Dorsaler Ast ir 12 mm 2. SER 2 >. 12 « 5) (Fig. 4) 4. 6 « 2 d. Tn« 2 Die Dorsalvene läuft anfangs parallel mit der Hauptvene und schwingt dann nach der dorsalen Seite der Pelvis, stets kraniell um diese herum. Über die Anatomie der Nierenvenen. 179 Die ventralen Venen setzen ihren Lauf fort und teilen sich auf die oben beschriebene Weise, ohne dass diese dorsale Vene ihr Grössenverhältnis beeinflusst. Der grosse Unterschied in der Grösse zwischen der dorsalen und ventralen Vene und der Um stand, dass diese sich teilt, als ob vorher keine Vene von ihr ausgelaufen wäre, zeigen, dass man vom praktischen Standpunkte aus selbst in diesen Fällen die Hauptteilungsstelle der Vene nicht nach der Abzweigungsstelle für den dorsalen Ast verlegen kann, sondern dass man davon ausgehen muss, dass die Vene sich in einen kraniellen und einen kaudalen Ast teilen muss und nicht, wie Lenhossek will, in einen dorsalen und einen ventralen Ast, dessen Durchmesser nach ihm sogar bezw. 7—9 und 6—8 mm betragen soll. Ausserdem sei hier noch bemerkt, dass in einigen Fällen ausser dem kleinen Ast nach der Dorsalseite ein ähnlicher nach der Ventralseite der Pelvis ausläuft, der sich hier ver- zweigt oder in einen der grösseren Venenäste (Fig. 1 und 2) übergeht. Häufiger entspringt em dorsaler Ast in der sekundären Ver- zweigung. Dies war bei den vorliegenden Präparaten 6 Mal der Fall; in allen diesen Fällen ist der ventrale Ast grösser als der dorsale. Die Durchmesser waren folgende: Ventraler Ast Dorsaler Ast 1% 7 5 2: 6 2 3 10 4 4, 6 1 5. 6 3. Im 6. Falle war der Dorsalast grösser, aber dieser Fall war überhaupt etwas unregelmäfsig, da zwei Venae renales von der Vena cava ausgingen, von denen der kaudale ausschliesslich nach der Ventralseite ging, während der kranielle den dorsalen Ast aufnahm. Der dorsale Ast entsprang in allen diesen Fällen vom kraniellen Hauptast und verlief nach dem kraniellen Pol 180 E. HAUCH, der Pelvis, wo er in Verbindung mit den Venenästen stand, die von der Ventralseite kamen und zur Bildung sowohl der trans- versellen Bögen, von der ventralen nach der dorsalen Seite zwischen den Calyces, als auch zu den guirlandenförmigen Venen- bögen auf der Dorsalseite beitrug. Diese verschiedenen Venen- bögen werden nie von der dorsalen Vene allein gebildet, sondern die von der Ventralseite kommenden Venen tragen in der Regel am meisten zu ihrer Bildung bei. In einigen Fällen, z. B. Fig. 4, schwingt die dorsale Vene wie gewöhnlich kraniell um die Pelvis und teilt sich in einen Ast nach dem kraniellen (unvollst. injiziert) und in einen nach dem kaudalen Teil der Niere. Unterwegs sendet sie einen einzelnen Ast nach einem Guirlandenbogen aus und nimmt Venen von der Pelviswand auf. In diesen Fällen handelt es sich nur um sehr feine Ästchen; wenn aber die dorsale Vene bedeutender ist, geht sie, wie gesagt, nur nach dem kraniellen Pol. Dass sich in allen Fällen tertiäre dorsale Äste finden; ist schon oben erwähnt worden. Man sieht sie sowohl beim kraniellen als beim kaudalen Pol. Sie schwingen eben längs der Pelvis und senden in grösserer oder geringerer Entfernung von der Polfornix teils ventral, (Fig. 3), teils dorsal (Fig. 4) und teils auch medial Äste aus und vervollständigen die mediane Vene. Man sieht also, dass der Blutabfluss von dem ventralen Teil der Niere reichlicher ist als von dem dorsalen Teil, wie die ventrale Seite der Niere auch im allgemeinen mächtiger ist als ihre dorsale (Hyrtl!). Der dorsale Abfluss geschieht also wesentlich durch die Querbögen zwischen den Calyces der Ventralseite und durch die kaudal und kraniell um die Pelvis schwingenden Venen, die den 1) Das Nierenbecken der Säugetiere und der Menschen. Wien 1870. Über die Anatomie der Nierenvenen. 181 Querbögen ganz homolog sind. Ausserdem kann ein besonderer Dorsalast eine grössere oder geringere Rolle spielen. Das Nierenbecken ist also ganz mit Venen umgeben, welche ungefähr beim Übergange nach den Fornices, oder vielleicht etwas näher bei der Pelvis mehr oder weniger vollständige Bögen um die Calyces bilden. Diese Bögen anastomosieren, wie gesagt, namentlich auf der Dorsalseite und in der Medialebene (Mittel- vene), während die Venen auf der Ventralseite mit einander in Verbindung stehen, wo sie zu einer grösseren mehr proximalen Vene zusammenlaufen und nur selten direkte Queranastomosen bilden (Fig. 1 und 2). Von diesen Venennetzen oder Venenringen um jede Fornix laufen die Venen peripher weiter, oder senden Äste in peripherer Richtung aus. Während die Venen bis jetzt im Sinus Henle lagen, schlagen sie nun die Richtung nach der Nierenmasse längs den Pyramiden, zwischen Mark und Rinde ein, und bei der Basis derselben schwingen sie in grossen Bögen parallel mit der Oberfläche der Niere. Oft, aber bei weitem nicht immer, gehen die Anastomosen mit anderen ähnlichen Ästen zur Bildung von vollständigen Basalbögen, Fornices venosi, in mehreren Ebenen, ein. Diese Basalbögen legen sich dann in die an der Basis der Pyramiden entstehenden Spalten ein, indem die Corticalis in sie eindringen und die primären Pyramiden in mehrere sekundäre spalten‘). Da die Spaltung mehr oder weniger tief vor sich geht und von ganz kleinen Rinnen bis zu tiefen Spalten bilden, welche die Pyramide in zwei oder mehrere Teile teilen können, so variiert die Entfernung zwischen den Basalbögen und dem Nierenbecken ausserordentlich. In einigen Fällen liegen jene ungefähr ganz unten auf der Pelvis, oder richtiger gesagt auf der Fornix zwischen zwei Pyramidenspitzen, in andern sieht man sie ganz nahe bei der Oberfläche. Von den 1) Hauch, 1. c. S. 201. Anatomische Hefte. I. Abteilung. 78. Heft (26. Bd. H. 1). 13 182 E. HAUCH, am tiefsten liegenden Basalbögen können grosse Venen ausgehen, die längs der Pyramide verlaufen und sich an die mehr ober- flächlichen Spalten legen, also gewissermalsen sekundäre Fornices venosi bilden. Man kann z.B. 2 (Fig. 2xx) oder mehrere Reihen Bögen von der Pelvis nach der Oberfläche zu laufen sehen; sie sind aber nicht so geordnet und so regelmälsig wie Lenhossek annimmt. Die Pyramiden werden nun von allen Seiten von solchen aufsteigenden Ästen umgeben, und da diese oft Anastomosen quer zur Achse der Pyramiden eingehen, so entstehen eine ganze Menge kleiner Bögen, welche die Pyra- miden vollständig umschliessen. Von diesen Basalbögen gehen nun die kortikalen Venen ab, welche klein und circa 0,3 mm dick sind. Diese kommen zwischen den Corticalispyramiden heraus und teilen sich in eine Anzahl von kleinen feinen Ästchen, die sich in die Winkel zwischen den Ferrein'schen Pyramiden legen. Sie laufen parallel mit der Oberfläche der Niere, gehen aber unter sich keine Anastomosen, wie sie z. B. von Testut gezeichnet sind, en. Wenn man ein gutes Injektionspräparat von Nierenvenen betrachtet, so wird man sehen, dass der Parenchym durch die feinen Venenästchen in kleine Felder geteilt ist, die vollständig den Ferreinschen Pyramiden entsprechen, man kann aber keine Anastomosen zwischen diesen Ästchen nachweisen. Von diesen gehen die Venae radiatae s. interlobulares rechtwinklig ab. Einige der von den Basalbögen abgehenden Venen enden unter der Nierenkapsel als Stellulae Verheynii, die von den parallel mit der Nierenoberfläche laufenden Ästchen gebildet werden und diese nehmen auf ihrer Unterseite kleine feine Venen von dem Parenchym der Niere unter ziemlich rechtem Winkel auf'), sodass diese ganze kleine Venenbildung Ähnlichkait mit einem alten Lichtgiesserschild bekommt. 1) Steinach. Studien über den Blutkreislauf der Niere, Sitzungsber. der Wiener Akad. 1884. Über die Anatomie der Nierenvenen. 183 Die letzten Anastomosen in der Venenverzweigung liegen stets in den Basalbögen; peripher zu diesen sieht man sie sehr selten, wie sie auch ziemlich selten zwischen den Venae stellatae vorkommen, wie auch Henle!) andeutet, wo es heisst: »Nicht selten senden die Strahlen benachbarter Sterne einander Ver- bindungszweige zu.« Die Venen bilden also eine Art Skelett um die Pyramiden, und man kann sich, wenn man die verschiedenen Venenkörbe, welche immer feiner in den Maschen werden, je näher man der Oberfläche kommt, und die Basalvenen studiert, eine Vorstellung davon machen, wie viele Pyramiden vorhanden sind, oder richtiger gesagt, wie die Basis der Pyramiden von den Corticals- rinnen geteilt ist. In der Literatur finden sich nur sehr wenige Angaben über den genauen Verlauf der Nierenvenen. Oben habe ich einige Male Gelegenheit gehabt, eine Arbeit von v. Lenhossek zu erwähnen. Seine Resultate weichen in vielen wesentlichen Punkten bedeutend von den Ergebnissen ab, zu denen ich ge- kommen bin. Da ich um dieses zu erklären genötigt wäre, grosse Partien aus diesem Werke wiederzugeben, werde ich nicht näher darauf eingehen. Ausserdem scheint mir eine kritische Ver- gleichung ausserhalb des Rahmens dieser meiner Arbeit zu liegen, namentlich da v. Lenhossek nicht erwähnt, auf wie vielen und wie guten Präparaten seine Ergebnisse beruhen und da ich, wie oben erwähnt, in keinem meiner Präparate die Hauptverzweigungsart gefunden habe, die vv. Lenhossek für die gewöhnliche erklärt. Auch von Key?) liegt eine Übersicht über den Venenverlauf in den Nieren vor, aber er hat sein Interesse nur den kleineren Venen zugewendet, während er die grösseren nur zum Gegen- 1) Anatomie des Menschen, Bd. II, Braunschweig, 1373, S. 33. 2) Key, Om Cireulationsförhällandene i Njurarna 1865. 13* 184 E HAUCH, stande einer ganz kurzen, aber klaren und leicht verständlichen Beschreibung gemacht hat, die in allem wesentlichen mit meinen Resultaten übereinstimmt. Im Jahre 1900 hat Max Brödel!) eine ganz kurze Be- schreibung des Hauptverlaufes der Nierenvenen gegeben, die in allem wesentlichen mit den Ergebnissen übereinstimmt, zu denen ich gekommen bin. Auf die mikroskopische Verteilung der Nierenvenen werde ich hier nicht näher eingehen, da hierüber vorzügliche Arbeiten, z. B. von Key, Steinach, Gobulev u. a. vorliegen. Hinsichtlich des Verhältnisses zwischen den Arterien und Venen der Niere werde ich mir erlauben, einige wenige Be- merkungen zu machen, die auf 3 Tripelinjektionen (Celloidin) und 4 Metallinjektionen von Menschennierenarterien beruhen. Bekanntlich ist das Kaliber der Arterien bedeutend kleiner als das der Venen. Ich erwähne hier nur, dass der Durch- messer der Hauptarterie 5—6mm beträgt, während das Kaliber der Vene, wie oben erwähnt, eirca 12mm ist. — Die Arterien verzweigen sich viel plötzlicher in ihre feinen Verzweigungen als die Venen, so dass sich bei den Arterien keine allmähliche Übergänge von grösseren zu kleineren finden, je mehr sie sich der Peripherie nähern. Es sind die Arteriae radiatae, welche sehr klein sind im Verhältnis zu den Arterien, von denen sie sich abzweigen, nämlich den Fornices arteriosi, die sich ebenso wie die Venen in die Furchen der Pyramidenbasis legen. Die Hauptarterie teilt sich beim Menschen in dorsale und ventrale Hauptäste?), die nicht untereinander anastomosieren, !) The intrinsie Blood-Vessels of the Kidney ete. Proceedings of the Assoc. of Amer. anat. 1900. 2) Hyrtl: Das Nierenbecken der Säugetiere u. der Menschen, Wien 1870. Chievitz: Beobachtungen und Anmerkungen über Säugetiere. Arch. f. Anat. und Entwicklungsgesch. Supplementb. 1597. Uber die Anatomie der Nierenvenen. uno wie auch die einzelnen dorsalen und ventralen Aste keine Anastomosen miteinander bilden. Etwas ausserhalb des Hilus liegt ja beim Menschen die Vene am weitesten nach vorne, alsdann die Arterie und end- ‚lieh die Ureter, aber diese Lage wechselt bald. Schon ausserhalb des Hilus teilen sich die Gefässe in ihre Hauptverzweigungen und die Arterien schwingen kraniell vor oder zwischen die Venen und legen sich aussen auf die Venen, so dass diese auf ihrem Wege durch den Sinus Henle der Pelvis am dichtesten liegen und zuweilen die Pelviswand etwas eindrücken, wenn sowohl die Vene als die Pelvis mit Injektionsmassen gefüllt sind. Oben bei der Verzweigungsstelle vor den Calyces tritt wieder eine Veränderung ein, indem die Arterie sich um die Vene schlängelt und sich innerhalb dieser am dichtesten beim Nierenbecken legt!) um dann in ihrem Lauf oben um die Pyramiden und in die Corticalisrinnen bei deren Basis den Venen zu folgen und sich dicht auf deren von den Pyramiden entfernt liegende Seite zu legen?). — Die Venen bilden also ihre Kurven direkt auf den Pyramiden, während die Arterien ausserhalb derselben liegen. Dieses Verhältnis zwischen den Arterien und den Venen findet sich nun keineswegs immer. Man kann nämlich auch beobachten, dass sich dieser oder jener Arterienast in seinem Laufe durch den Sinus Henle zwischen die Pelvis und die Vene Bahn bricht und andererseits, dass die Venen bei der Ver- zweigungsstelle vor den Calyces näher dem Ureteraste liegt als die Arterien. Die Lage der Arterien und Venen in der Nieren- substanz scheint dagegen viel konstanter zu sein. 1) Keyl.c 2) Auch von Brödel erwähnt |. c. 156 E. HAUCH, Man sieht also, dass die Venen im allgemeinen der Pelvis und die Pyramiden viel näher liegen als die Arterien, selbst wenn sich auch ein Arterienast an irgend einer Stelle zwischen die Pelvis und die Vene einschleichen kann. Folgende Säugetiere habe ich Gelegenheit gehabt zu unter- suchen: Phocoena communis 1 Fall (Celloidin) & « ID Phoca vitulina Ursns arctos < R « & « (Metall) & « (Celloidin) & & Lutra vulgaris Bos taurus (Kalb) Sus scrofa Cervus virginianus Halmaturus Auchenia Lama & & « (Metall) DA Hk H ho m Ovis aries Canis familiaris 2 « (Celloidin) Felix catus Imn« « Felix leo 1 & « Equus caballus 3 <« (Metall). Phocoena communis hat eine ausserordentlich ver- zweigte Ureter, dessen Hauptstamm von dem kaudalen nach dem kraniellen Ende der Niere geht und auf seinem Wege eine grosse Menge Äste abgibt. die sich wieder verzweigen und bald in den Fornices enden. Die Vene geht mit der Arterie zusammen in den kraniellen Pol der Niere, legt sich an den grossen Ureterstamm und sendet mit den Ureterästen Äste nach den Fornices und in die Corticalis aus; zuweilen gehen grosse Stämme nach den Stellen, wo sich besonders viele Fornices finden. Uber die Anatomie der Nierenvenen. 187 Phoca vitulina. Der Ureter geht mit der. Arterie und Vene zusammen in die Niere, teilt sich in einen kaudalen und kraniellen Hauptast und hat an der Teilungsstelle eine kleine Ausweitung, eine Andeutung eines Nierenbeckens. Im übrigen teilt sich der Ureter ausserordentlich stark mit kleinen Aus- weitungen an den Teilungsstellen. Die Venen sammeln sich hier teils an der Oberfläche der Niere, teils folgen sie mit der Arterie und dem Ureter in die Niere, an deren Peripherie die Venensysteme anastomosieren. — Das Venennetz an der Oberfläche wird aus Venen von circa 2mm gebildet, und die Maschenräume zwischen ihnen messen 10—15 mm im Durchmesser. Das Blut fliesst von hier direkt nach der V.cava inf., V. illiaca communis et externa durch eine ganze Menge kleinerer oder grösserer Venen sowohl auf der Ventral- als auf der Dorsalseite. Von diesen grossen Ästen, namentlich von den mittleren gehen dann die Venen in die Tiefe der Niere. Diese ganz ausserordentlich feinen Venen schlängeln sich zwischen den Ure- therästen nach der Peripherie zu, wo sie, wie gesagt, mit dem oberflächlichen Venennetz in Verbindung stehen. Es geht also hier nicht eine einzelne Vena renalis von der V. cava ab, sondern eine ganze Menge, die entweder in dorsale und ventrale geord- net sind, oder sich nach einem ganz kurzen Lauf in solche 2 Äste teilen. Ursus arctos besitzt auch emen sehr verzweigten Ureter mit kleinen Erweiterungen an den Verzweigungsstellen. Die Verzweigungen sind hier aber nicht so zahlreich wie beim vorigen Tier. Die Vene teilt sich in einen kaudalen und einen kraniellen Teil, die mit der Arterie zusammen zwischen die Ureterver- zweigungen läuft und sich um die Arterie schlängelt. Die grossen Äste liegen tief gegen die Medialebene und senden von hier Astechen um die Fornices. 158 E. HAUCH, Lutra vulgaris hat auch einen sehr verzweigten Ureter, aber bei weitem keinen so verzweigten wie der Ursus. Die Vene tritt beim oberen Drittel der Niere hinein und teilt sich in einen oder mehrere kürzere kranielle Äste und in einen langen kaudalen Ast. Der kranielle Ast verzweigt sich um die kraniellen Fronices und läuft in Form von Bögen und Kurven um die Pyramiden. Der kaudale Ast geht in der Medial- ebene hinab nach dem kaudalen Nierenpol zu und sendet auf seinem Laufe Äste nach allen Richtungen. Bos taurus ist der letzte in der Reihe der Tiere, die sehr gelappte oder geteilte Nieren haben. Die folgenden haben, wenn es sich um ausgewachsene Tiere handelt, jedenfalls nur eine schwache Andeutung von Lappen. Der Ureter des Bos taurus ist ausserhalb der Pelvis in einen kraniellen und einen kaudalen Ast geteilt, und von hier gehen eine grosse Menge Calyces mit ihren Fornices aus und zwar teils medial, teils lateral, teils dorsal und endlich teils ventral, jedoch ist die Zahl der ventralen geringer als die der dorsalen. Die Fornices sitzen an den 3. oder 4. Verzweigungen oft an sehr dünnen Ästchen und können verschiedene Formen haben; am häufigsten sieht man wohl eine kleine Vertiefung in der Mitte und eine mehr oder minder scharfe Stulpe rings herum; es finden sich aber auch scheiben- oder knopfförmige Fornices, wie sie Hyrtl!) erwähnt und abgebildet hat. Die Hauptvene ist ziemlich dick und liegt zuerst dorsal zum Ureter, wo sie zwischen dem oberen und mittleren Drittel der Nierenlänge hineingeht und sich zwischen den Ureterver- zweigungen in einen kraniellen und einen kaudalen Ast teilt, die beide ungefähr der Medialebene folgen, indem sie einen oder zwei Äste in jeden Zwischenraum zwischen zwei Fornices aus- senden. Von diesen gehen die Bogenvenen und von letzteren die 1) Hyrtl,l.e. Über die Anatomie der Nierenvenen. 189 kleinen Venae radiatae als Strahlen nach allen Richtungen mit der eingeschlossenen Pyramide als Zentrum in die Corticalis- masse, welche teils frei an der Oberfläche der Niere, teils an der Corticalis liegt, die zu der Nachbarpyramide des nächsten Nieren- lappens gehört. An der Oberfläche der Niere breiten sich die Venen etwas aus, wie Stellulae Verheynii beim Menschen, aber bei weitem nicht in der deutlichen und vollendeten Bildung. Sus scrofa hat eine Ureterverzweigung, die bei den ver- schiedenen Individuen etwas variiert. Toepfer!) erwähnt 5 verschiedene Haupttypen, von denen 2 verhältnissmälsig selten sind, während der 3. Typus in 89°/, der Fälle vorkam. Diese Form kommt auch ausschliesslich in meinen Präparaten vor. Der Ureter teilt sich in 2 Äste, einen kraniellen und einen kaudalen, die einen Winkel von 180° miteinander bilden, An der Teilungsstelle im Sinus findet sich eine grössere oder geringere trichterförmige Erweiterung in der Pelvis. Der kranielle Ast ist bedeutend länger als der kaudale; beide tragen eine An- zahl Fornices, die ungefähr direkt am Hauptaste sitzen oder höchstens einen ganz kurzen Kelch tragen. Die Fornices zeigen Spuren von 2 oder mehreren Papillen, namentlich sind die beiden Polfornices verhältnismälsig sehr geteilt. Beim Eingang in den Hilus liegt die Vene am meisten ventral, alsdann die Arterie; mehr kaudal und dorsal kommt der Ureter. Ausserhalb des Hilus teilt sich die Vene in einen kraniellen und einen kaudalen Hauptast, und jeder Ast folgt seinem Hauptureterast, indem sie sich dicht auf die dem Hilus zugewendete Seite des Ureterastes legen. Von hier werden dorsal und ventral Äste zwischen die Fornices ausgesendet, die Querbögen bilden, welche die Ureter- 1) Toepfer: Untersuchungen über das Nierenbecken der Säugetiere mit Hülfe Korrosionsanatome, Berlin 1396. 190 E HAUCH, äste vollständig umfassen, und von diesen gehen auf die gewöhn- liche Weise Bogenäste aus. In drei von diesen Schweinenieren gelang es mir hier und da Injektion vom Ductus papillares zu bekommen. Die Injektion reichte bis zu 16mm und die Kanäle sind hier ca. 0,05 mm dick. Sie verzweigen sich hier meistens gabelförmig, man findet aber ausserordentlich oft, dass 3 Äste von derselben Stelle ausgehen. Cervus virginianus hat eine einpapilläre Niere, die sich auf beiden Seiten des Ureters legt. Die Vene teilt sich in einen dorsalen und einen ventralen Hauptast, wie wir dies auch bei allen folgenden Säugetieren finden, und verzweigt sich dann sekundär in kranielle und kaudale Äste, die sich in die Furchen zwischen den blattförmigen Ausbreitungen des Nierenbeckens legen und Anastomosenbogen mit den entsprechenden Ästen von der anderen Seite und untereinander bilden. Beim Halmaturus teilt sich die Vene ebenfalls in einen kraniellen und einen kaudalen Ast. Auchenia Lama hat auch einen dorsalen und einen ventralen Hauptvenenast, jener ist aber nur klein, und dieser schwingt seine äussersten Äste kraniell und kaudal um das Nierenbecken hinab nach der dorsalen Seite und anastomosiert mit dem eigentlichen dorsalen Ast Von Ovis aries gilt dasselbe, was wir von den vorigen Säugetieren gesagt haben. Die Vene teilt sich in einen dorsalen und einen ventralen Ast von ungefähr gleicher Grösse. Dies ist auch beim Canis familiaris der Fall. Felis catus verhält sich wie die vorigen. Die Vene teilt sich in einen dorsalen und einen ventralen Ast; aber von diesen Ästen gehen dann, ausser den Ästen um das Nierenbecken, grosse Venen, welche sich zu einem Plexus auf der Oberfläche der Niere vereinigen. Dieser Plexus entsteht durch starke Anasto- inosierung der recht bedeutend entwickelten Venae stellatae. Über die Anatomie der Nierenvenen. 191 Dasselbe gilt von Felis leo, nur findet sich hier ein noch mehr entwickeltes Oberflächennetz. Equus caballus erwähne ich zuletzt, weil er ein Beispiel einer Niere mit Tubus maximus darstellt. — Das Nierenbecken ist bekanntlich dreieckig, indem es nur einen einzigen Papill aufnimmt, und es finden sich hier nicht die blattförmigen Ver- längerungen, wie bei den meisten anderen einpapillären Nieren, dagegen geht von der Pelvis ungefähr lcm von den äussersten Ecken ein Tubus maximus kraniell und einer kaudal ab. Diese sind am dünnsten beim Übergang in das Nierenbecken (?2—3 mm), werden aber gegen der Peripherie viel grösser (lOmm im Durchmesser). Sie verlaufen jeder in seine Ecke der dreieckigen Niere und nehmen auf ihrem Wege eine Menge Ductus papillares auf, die spitzwinklig in den Tubus maximus münden, aber gegen die Oberfläche in grossen pinselförmigen Strichen ausschwingen, die sich nach der Peripherie hin ausbreiten. Aber ausser diesen, münden Ductus papillares mehr vereinzelt auf den Tubus. Die Ductus papill. smd bei der Ausmündungsstelle 0,25—0,50 mm im Durchmesser, verzweigen sich aber schnell, so dass sie in einer Entfernung von 12 mm vom Tubus eine Dicke von unge- fähr 0,04mm haben. Die blattförmigen Verlängerungen, die Toepfer!) erwähnt, habe ich einmal auf einem Präparat zu sehen Gelegenheit ge- habt; sie waren aber viel mehr verzweigt und machten den Eindruck, als ob man es mit einem Extravasat in den grossen Bindegewebsräumen längs dem sehr tiefliegenden Sinus zu tun habe. In meinem Präparat findet sich ausser den blattförmigen Extravasaten ein sehr gut injizierter Tubus maximus, was nach Toepfers Ansicht ausgeschlossen ist. Die Vene läuft ventral in die Niere und ausserordentlich nahe beim Ureter und bildet um diesen eine Rinne. Alsdann Inge: 192 E. HAUCH, teilt sie sich in 2 Äste, einen kraniellen und einen kaudalen unten an den Ecken der Niere, folgt genau dem Tub. max. und lest sich auf die dem Hilus zugewendete Seite desselben, gerade so wie bei Sus scrofa. — Darauf sendet sie teils von den grossen Venen längs den Tuben, um diese Anastomosen bildend, teils von der Hauptteilungsstelle in Bögen um die Pelvis dorsale und ventrale Äste aus. Die dorsalen Partien dieser Bögen gehen jedoch von den Tubusvenen aus; von der Vene selber werden keine dorsalen Äste ausgesendet. Zwischen die Venenbögen längs dem Tub. max. laufen dann die langen Pinselstriche der Duct. papill. Es finden sich Venae stellatae auf der Oberfläche ; zur Bildung eines Oberflächennetzes kommt es aber nicht. Abgesehen von den Fällen, wo die Anastomosen durch die sehr entwickelten Oberflächenvenen geschehen, finden sich in keiner der Nieren Anastomosen zwischen den Venae radiatae. In allen diesen Nieren, sowohl in den uno- als in den multi- papillären, liegen die Venen näher beim Nierenbecken und bei dessen Verzweigungen als die Arterie. In den multipapillären Nieren können sich die Arterie und die Vene um einander schlängeln, aber zuletzt kommt doch die Vene stets näher an die Pelvis. Dies ist besonders deutlich bei den einpapillären, da die Venen hier mit der Art. in den Winkeln zwischen den »Fornicesblättern,« aber dichter an der Pelvis liegen, worauf Prof. Chievitz!) auch früher aufmerksam gemacht hat. Aus diesen Untersuchungen über den Lauf der Venen m (len Säugetiernieren kann man den Schluss ziehen, dass dre Venen viel- inniger an die Ureterverzweigungen sebunden sind als dieArterien und dass sich namentlich 1) Chievitz I. c. Über die Anatomie der Nierenvenen. 195 ihre Hauptverzweigungsart nach der Ureterverzweigung richtet, sodass in allen multipapillären Nieren die Vene sich in kaudale und kranielle Äste teilt, während sich die Vene bei den unopapillären in einen dorsalen und einen ventralen Ast verzweigt. Eine Ausnahme hiervon macht die Pferdeniere mit ihrem Tub. max., aber diese Niere ist ja auch so gebildet, dass der Ureter sich in einen kraniellen und einen kaudalen Hauptast teilt, die beide an der Reduktion teilnehmen und wovon sich später der Tubus max. entwickelt, während das Nierenbecken sich an der Teilungsstelle bildet. (Chievitz). Die oberfläch- lichen Venennetze sind an keine Nierenform und an keine be- stimmte Tierordnung gebunden. j . . 7 R iR En r [WE ix 4 0 h 14 ER = ar STE EA Berichtigung. In der Arbeit von G. Sterzi: „DieBlutgefässe des Rückenmarks. Anat. Hefte, I. Abt., 74. Heft (24. Bd., H. 1)“ ist in der Erklärung der Text- figuren 30—36 zu lesen: Embryo des Schafes, statt Embryo des Rindes; in der IX. Linie der dritten Rubrik der Tabelle auf Seite 228 ist centripetal statt centrifugal zu lesen. AUS DEM ANATOMISCHEN INSTITUT ZU TÜBINGEN. DIE ALLGEMEINE ABLEITUNG DER OBERFLÄCHENKRÄFTE UND DIE ANWENDUNG DER THEORIE DER OBERFLÄCHENSPANNUNG AUF DIE SELBSTORDNUNG SIcH BERÜHRENDER FÜRCHUNGSZELLEN. VON Prof. Dr. MARTIN HEIDENHAIN, TÜBINGEN. Mit 17 Abbildungen im Text. Anatomische Hefte. I. Abteilung. 79/80. Heft (26. Bd. H. 2/3). 14 es Dr au E » 5 > Be) an j re} [50% I ea 9 De Ohr Sa an en 2 a® AHHORR PIRRRSEI Bag DRIN Es mag auf den ersten Anblick hin auffällig erscheinen, dass der Autor mit einer Arbeit auf dem Plan erscheint, welche das entwicklungsmechanische Gebiet streift. Daher mag es zu- nächst erlaubt sein, dies Vorhaben in den Augen des Lesers hinreichend zu begründen und zu diesem Behufe mag es gestattet sein etwas weiter auszuholen. Inhalleınnbhaker Theorie der Gewebe, Protoplasmatheorie und Molekulartheorie. Seit einer langen Reihe von Jahren habe ich mich mit der allgemeinen Gewebelehre beschäftigt. Seitdem nun unsere Väter in den vierziger und fünfziger Jahren dieses Thema in Angriff nahmen und die histologischen Grundbegriffe ausbildeten, haben die Zeiten sich sehr geändert. Schwann’s Theorie, welche die Zelle auch für tierische Gewebe als Grundlage der Be- trachtung nahm, war dem Ursprunge nach weniger eine morphologische Strukturtheorie, welche sich auf den fertigen Zustand, vielmehr eine genetische Theorie, die sich auf die Entwicklung bezog. Gleichwohl sah die Folgezeit in der Zelle gleichsam den elementaren Baustein auch des 14* 198 Prof. Dr. MARTIN HEIDENHAIN, fertigen Körpers, — eine offenbare Anlehnung an die Botanik, welche zum mindesten bei Betrachtung der höher entwickelten tierischen Geschöpfe unzutreffend, ja fast ohne allen Wert ist. Die alten Autoren der vierziger Jahre waren nun offenbar des Glaubens, dass sie bei ihren praktischen und theoretischen Untersuchungen über die Zusammensetzung der Gewebe auf dem Boden der exakten Naturwissenschaften ständen; denn mit dem Begriffe der cellulären Theorie der Gewebe verbanden sie (wenigstens im Anfang) die mehr oder weniger deutlich aus- gesprochene Vorstellung, dass die Zelle gleichsam das organische lebendige Molekül sei. Denn die Zelle war in den lebenden Geweben die letzte Einheit, die man hatte. Und so fiel die histologische Theorie der Gewebe gewissermassen mit der Molekulartheorie zusammen; daher war der Name der »Ele- mentarbestandteile« für die Zellen passend und die letzteren selbst waren auf dem Boden der organischen Naturwissenschaften dasselbe, was in der Physik und Chemie die Moleküle waren. Die damaligen Autoren hatten also in der Tat, wenn sie auf der Theorie der cellulären Zusammensetzung der Gewebe fussten, »histologische« Elementarbestandteile, welche der Leistung der Mikroskope insofern adäquat waren, als sie vermittelst derselben aufgesucht und betrachtet werden konnten. Allein die Sachlage musste sich ändern, sobald man erkannte, dass die Zelle selbst doch nicht jenen elementaren Charakter an sich trägt, den man im Anfang ihr zuzuschreiben geneigt war. Die Zelle erschien wiederum in sich zusammengesetzt und man fing an neue feinere »histologische« Elementarbestandteile in ihrer Leibessubstanz zu suchen. Man übertrug die Hypothese von der Existenz besonderer »histologischer« Elementarbestand- teile, welche der Leistung des Mikroskopes adäquat sein sollten, gleichsam von dem Inhalt der Gewebe auf den Inhalt der Zelle. Diese unter sich wesensgleichen morphologischen oder histolo- gischen Elementarteile des Plasmas glaubten die einen unter Die allgemeine Ableitung der Oberflächenkräfte etc. 199 dem Bilde von Fäserchen (Filartheorie), die anderen als Granula (Bioblastentheorie), noch andere als Bläschen (Wabentheorie) wahrzunehmen. Unter diesen so bezeichneten theoretischen Vorstellungen muss der Wabentheorie in gewisser Beziehung eine besondere Stellung eingeräumt werden, da eine Wabe im groben Sinne des Wortes kein diskreter morpholo- gischer Elementarbestandteil sein kann. Und doch ist einerseits das Bläschen, wenn es als Basis einer histologischen Theorie genommen wird, ebenso gut eine elementare Formvorstellung, wie das Fäserchen oder das Granulum, und andererseits kann jedem Bläschen bei genauerem Eingehen auf die Physik der Dinge eine gewisse Individualität zugeschrieben werden, weil jedes derselben im Sinne der Theorie von einer physikalisch wirk- samen Oberflächenschichte eingeschlossen ist, also als ein physi- kalisches und physiologisches Individuum betrachtet werden darf. Die allgemeine Entwicklung der theoretischen Auffassungen ist also offenbar darin gegeben, dass man allgemein zu jeder Zeit nach besonderen morphologischen oder histologischen Ele- mentarteilen der Gewebe suchte. Anfangs nun, nach dem Auf- kommen der Schwannschen Theorie, sah man in der Zelle diesen gesuchten Elementarteil. Nachdem man aber das lebendige Protoplasma kennen gelernt hatte, sah man dieses als den wesentlichen Bestandteil der Gewebe an, und da es zusammen- gesetzt sein musste, suchte man ‘in diesem selbst nach unter sich gleichwertigen Elementargebilden. Auf diese Weise kam es zur Entwicklung der modernen Plasmatheorieen unter der Aegide ihrer Führer: Flemming, Altmann, Bütschli. Es hat sich nun herausgestellt, dass dieser ganze Vorstellungs- kreis sehr viel Irrtümliches enthält. Hier füge ich hinzu, dass bisher, also etwa seit einem halben Jahrhundert, eine konsequente Durchbildung der Theorie der Gewebe nicht angestrebt wurde, und eben aus diesem Grunde lässt sich nur schwer fixieren, welches denn eigentlich zu jeder Zeit die herrschenden theoretischen _ 200 Prof. Dr. MARTIN HEIDENHAIN, Vorstellungen oder die allgemeinen Überzeugungen in Bezug auf die Theorie der Gewebe gewesen sind. Man beschäftigte sich vorzugsweise mit Detailarbeiten. Die einen Autoren gingen wenigstens in Bezug auf einige Punkte voraus, andere blieben zurück; und unter Umständen finden sich in gleichzeitigen Schriften Vorstellungen vertreten, die der inneren Entwicklung der Dinge nach um Jahrzehnte auseinander liegen. Das Eine ist aber vollständig sicher, dass sich der Begriff der »histolo- gischen« Elementarbestandteile immer mehr fixierte und dass mit der Vervollkommnung der Mikroskope und der übrigen Technik jene Elementarbestandteille immer mehr nach der Richtung des Kleinen hin zurückverlegt wurden. Mit dieser Entwicklung sind mehrere Grundirrtümer ver- bunden gewesen. Erstlich verlor die celluläre Theorie der Gewebe (so weit ich sehen kann) sehr bald ihren genetischen Charakter. Man bezog sie auf den fertigen Körper und bei allen höheren Ge- schöpfen fielen die Grundsubstanzen des Bindegewebes gleichsam aus der Theorie heraus. Diese Auffassung der Gewebe, welche später, nach dem Aufkommen der Darwinschen Theorie, gestützt auf die Vorstellung von der allgemeinen natürlichen Descendenz aller Zellen sich dahin verallgemeinerte, in dem Körper auch der höher entwickelten Geschöpfe einen »Zellenstaat« zu sehen, trug mithin von vornherein den Charakter einer einseitigen Schablone an sich, weil in dieser Theorie die Grund- oder Inter- cellularsubstanzen des Stützgewebes keinen Ort hatten. Über- haupt kann man sich dahin ausdrücken, dass die Intercellular- substanzen in der Theorie der Gewebe seit Schwann jederzeit eine mystische Rolle gespielt haben. Der ältere Virchow, welcher wohl eingesehen hatte, dass die Intercellular- substanzen ein schwacher Punkt der Gewebetheorie seien, sah sich veranlasst, in den fünfziger Jahren des abgelaufenen Jahr- hunderts die Formel auszugeben, dass diese Substanzen als ein Die allgemeine Ableitung der Oberflächenkräfte etc. 201 Produkt der Zellen kein eigenes Leben hätten, sondern dass ihr Leben nur erborgt oder entlehnt von den Zellen sei. Allein diese Formel, auf Grund deren die Intercellularsub- stanzen einstweilen passend untergebracht erschienen, ist offenbar unrichtie. da nach meinen Untersuchungen wenigstens bei den 8: 3indegewebsfibrillen und elastischen Fasern ein eigenes Vermögen der Assimilation, des Wachstums und der Vermehrung durch Längsspaltung nachweisbar ist. Aber auch abgesehen von der Nichtberücksichtigung der Bindesubstanzen war die Lehre vom Zellenstaat, welche mit der cellulären Theorie der Gewebe dem Begriffe nach zusammenfällt und nur ein fortentwickelter praegnanter Ausdruck der letzteren ist, eigentlich von vornherein auf höher entwickelte Geschöpfe unanwendbar. Denn diese Lehre vom Zellenstaat setzt unter sich gleichwertige Individuen voraus; es muss aber im Gegensatz hierzu anerkannt werden , dass bei weitem . nicht alle aus den Zellen hervorgehenden Formbestandteile des menschlichen und tierischen Körpers den Charakter als Zellen dauernd bewahren und dass sie daher auf dem definitiven Zu- stande ihrer Entwicklung keineswegs mehr alle unter einander gleichwertig sind. Ein Leukocyt, eine quergestreifte Muskel- faser. ein Neuron und ein rotes Blutkörperchen haben etwa so viel Ähnlichkeit miteinander wie beispielsweise eine Laus, ein Elephant, ein Seestern und ein Hydroidpolyp. Mit anderen Worten: Ich kann es mit meiner Auffassung von wissenschaft- licher Präzision und Genauigkeit nicht vereinigen, dass in der Theorie der Gewebe die kolossalen Differenzen vieler ursprünglich aus Zellen hervorgehender Formbestandteile unberücksichtigt bleiben. In den Geweben sind vielmehr sehr verschiedenartige Abkömmlinge von Zellen vereinigt, welche sehr verschiedenen Reihen der Entwicklung und sehr verschiedenen Stufen der Organisation entsprechen. Demgemäfs ist der fertige Körper eines höher entwickelten Geschöpfes in erster Linie eine Association 202 Prof. Dr. MARTIN HEIDENHAIN, uneleichwertiger Formbestandteile, welche nur teilweise noch als Zellen bezeichnet werden dürfen. Die spezifische Selbst- ständigkeit solcher Zellenderivate geht beispielsweise bei den quergestreiften Primitivbündeln aus dem eigenen Vermögen der Fortpflanzung unmittelbar hervor; freilich, dass die Primitiv- bündel sich durch Spaltung vermehren ist eine Tatsache, die in den Lehrbüchern der Histologie gleichsam geflissentlich, weil unbequem, verschwiegen wird. Weiterhin musste die Lehre von der Existenz besonderer morphologischer Elementarindividuen, nachdem sie in neuerer Zeit auf das Zelleninnere, auf das Protoplasma, über- tragen worden war, einen vollständigen Schiffbruch erleiden. Diese Lehre schliesst die gänzlich irrige Annahme in sich ein, dass die kleinsten überhaupt zu unterscheidenden Teile des Protoplasmas mit bewaffnetem Auge von einander differenzierbar sein müssen. Von dieser falschen Prämisse aus kam man zu verschiedenen morphologischen Strukturtheorieen des Proto- plasmas, und auf Grund dieser Theorieen fand ein Auseinanderfall in verschiedene Schulen statt, welche sich gegenseitig bekämpften. Gilt es freilich als Dogma, dass das Protoplasma überall mor- phologisch in unter sich gleichwertige Teile zerlegbar sein müsse, zwingt man sich unnützer Weise dazu, allüberall in das Plasma morphologisch diskrete Teile gleicher Art hinein- zusehen, so muss man, falls diese Voraussetzung der mor- phologischen Auflösbarkeit des Plasmas an sich unrichtig ist, zu falschen Resultaten kommen; dann gelangt man mit Sicher- heit von verschiedenen Objekten, verschiedenen Methoden, ver- schiedenen Gesichtspunkten ausgehend zu widerstreitenden histo- logischen Strukturtheorieen, welche nicht in Übereinstimmung zu bringen sind. Die Praxis der Dinge hat nun längst gezeigt, dass das Protoplasma nicht überall mikroskopisch auflösbar ist, und man kann auf Grund der Bedingungen der Untersuchung mit Recht Die allgemeine Ableitung der Oberflächenkräfte etc. 203 behaupten, dass man auch in aller Zukunft das Plasma nicht durchaus und überall in morphologisch unterscheidbare Elementar- teile wird auflösen können. Daher habe ich mir schon seit langem klar gemacht und es öffentlich vertreten, dass die Lehre von der Existenz besonderer »histologischer« oder morphologischer Elementargebilde, welche gleichsam für das Mikroskop gemacht, d. h. dessen Leistung angepasst sind, unmöglich richtig sein kann. Vielmehr kann man auf dem gesamten Gebiete der Natur- wissenschaften einschliesslich der Gewebelehre in letzter Linie immer wieder nur zu den nämlichen Elementar- teilen kommen, und wenn diese auf dem Gebiete der Physik und Chemie in Molekülen und Atomen gegeben sind, so muss das Gleiche auch in der Histologie, auf dem Boden der Gewebe- und der Plasmatheorie der Fall Ser: Wir xönnen also dieAnnahme besonderer histo- logischer Elementargebilde nicht gelten lassen. Eine durchgreifende allgemeine morphologische Struktur- theorie des Protoplasmas, welche sich auf das angebliche Vor- handensein wesens-gleicher, morphologischer (oder »histologischer «) Elementargebilde stützt, ist unmöglich. Es kann garnicht denk- bar möglich sein, dass neben den materiellen Elementargebilden der Physik und Chemie, neben Molekülen und Atomen, in der Gewebelehre noch besondere Elementargebilde sollten heraus- konstruiert werden können, welche die rein äussere Bedingung der mikroskopischen Sichtbarkeit erfüllen. Vielmehr ist es das Natürlichste und Wahrscheinlichste, dass der Unter- schied zwischen mikroskopischen und metamikro- skopischen oder molekularen Strukturgebilden ebenso gleitend oder fliessend und ebenso sub- jektiv (anthropomorph) ist, wie der Unterschied zwischen makroskopischen und mikroskopischen Strukturgebilden. 204 Prof. Dr. MARTIN HEIDENHAIN, Wie die Gewebe schon bei oberflächlicher Zergliederung als eine Association ungleichwertiger Bestandteile erscheinen (Zellen, Muskelfasern, Neuronen, Bindegewebsbündel etc. etc.), so ist auch die Zelle selbst offenbar eine Association ungleichwertiger Organisationsstufen. Denn wir haben in der’ Zelle teils neben- einander, teils ineinander geschachtelt: Kern, Chromosomen, Chromatinkügelchen, Mikrocentren, Zentralkörper, Chlorophyll- körner und andere Chromatophoren, fibrilläre Differenzierungen verschiedener Art, Granula (letztere teils mit, teils ohne eigene innere Organisation), Protoplasmamikrosomen und noch viele andere hier nicht aufgezählte Produkte der Differenzierung. Von diesen Gebilden charakterisieren sich die einen deutlich als Individuen, indem sie das eigene Vermögen der Fortpflanzung durch Spaltung besitzen ; solche Körper existieren in der Zelle teils neben und bis zu gewissem Grade unabhängig von einander, teils treten sie als Individuen niederer Ordnung zu organisierten Verbänden oder Individuen höherer Ordnung zusammen. Dies letztere Verhältnis ist am leichtesten beim Kern erkennbar. Denn offenbar sind schon die drehrunden Chromatinkügelchen fortpflanzungsfähige Individuen einer niederen Ordnung; aus ihnen bilden sich die spaltungsfähigen Chromosomen und diese selbst setzen den Kern (in seinen wesentlichen Teilen) zusammen, welcher selbst wiederum teilungsfähig ist. Jedoch muss wohl angemerkt werden, dass in den Aufbau der Individuen oder organisierten Verbände höherer Ordnung ganz gewöhnlicher Weise plasmatische Bestandteile mit eintreten, die für sich selbst betrachtet morphologisch nicht mehr auflösbar, homogen sind (beim Kern z. B. die verbindende Lininsubstanz). Die Grundlage aller sichtbaren Strukturen und aller dis- kreten morphologischen Formbestandteile der Zelle ist aber sicherlich das anscheinend homogene, morphologisch nicht mehr auflösbare, molekular organisierte Protoplasma, das sogn. »intakte« Protoplasma von Altmann. Die allgemeine Ableitung der Oberflächenkräfte ete. 205 Viele Zellen, besonders diejenigen von geringer (Grösse, haben anscheinend homogene Zellleiber. Durch Ver- gleich (z. B. kleiner und grosser Leukozyten) lässt sich am Ob- jekte selbst zeigen, dass bei ihnen die tatsächlich vorhandene Struktur auf molekularem Gebiete liegen muss. Strukturen, welche im Anfang auf molekularem Gebiete angelegt waren, können durch Wachstum die Schwelle des mikroskopisch Sicht- baren überschreiten. Daher geht die mikroskopisch sichtbare Struktur an vielen Stellen gleichsam in sich selbst unmerklich auf das molekulare Gebiet über; so konnte ich zeigen, dass die angeblichen histologischen Elementarfibrillen in den Muskeln (auch im Bindegewebe) nichts anderes sind als ungleichwertige, weil ungleich dieke Bündel von »Molekularfibrillen«. Fassen wir uns also zusammen, so können wir sagen, dass die wahren Einheiten der Gewebetheorie und implicite auch der Plasmatheorie nur die »lebendigen Moleküle« der Physiologen sein können. Diese besitzen an sich das Vermögen der Assi- milation, des Wachstums und der Vermehrung durch Teilung. Auf dieser Basis begründet sich ein gewisses Prinzip der Organi- sation, welches darin zu suchen ist, dass eine Mehrzahl der kleinsten lebenden Teile unter Annahme einer gemeinsamen morphologischen und physiologischen Verfassung und unter Vermittlung von Wachstum und Teilung zu kleinsten morphologisch sichtbaren Individuen zusammentreten, welche ihrerseits wiederum einem ähnlichen Prozess der Organisation unterliegen können, woraus Organisationsstufen eines höheren Ranges resultieren. In der Zelle selbst aber haben wir schliesslich einen organisierten Verband von Individuen oder Organisationsstufen ver- schiedener Art, in welchen Ausdruck wir die meist vor- handenen homogenen oder nur molekular organisierten Plasma- massen mit einschliessen können. Die Zellen selbst wiederum entwickeln sich nach den verschiedensten Richtungen und unter ihrem Einfluss, bezw. mit ihrer Beteiligung entstehen die sogen. 206 Prof. Dr. MARTIN HEIDENHAIN, Interzellularsubstanzen, die aber offenbar wenigstens teilweise selbst wiederum die Fähigkeit der Assimilation, des Wachstums und der selbsttätigen Vermehrung besitzen. Mithin setzt sich der Körper der höher organisierten Geschöpfe aus sehr ver- schiedenartigen Formbestandteilen zusammen, deren gemein- same Grundlage in der molekularen Konstitution der lebenden Masse und deren spezifischen Eigen- schaften zu suchen ist. | Mithin muss es die Aufgabe des modernen Mikroskopikers sein, sich mit der Molekulartheorie zu befassen und auf diesem Gebiete kann eine Tätigkeit nach den verschiedensten Richtungen hin stattfinden. Nachdem ich mich im den letzten Jahren vielfach mit chemischen Dingen beschäftigt habe, möchte ich für meinen Teil wohl glauben, dass zwischen chemischer und histologischer Struktur mit der Zeit gewisse Parallelen sich werden finden lassen. Einstweilen dürfte indessen die Beschäf- tigung mit den auf dem Gebiete der Physik liegenden Molekular- kräften nützlicher sein. Hier haben wir das grosse Gebiet der elastischen Kräftewirkungen, welche, wie allgemein bekannt, so- wohl auf dem Gebiete der Bindesubstanzen (von Ebner), als auch auf dem Gebiete des Protoplasmas (M. Heidenhain schon von 1892 an) Richtung, Ordnung und Differenzierung des lebenden Materiales bewirken. Mit dieser meiner These, dass zwischen den durch elastische Spannung bewirkten Differenzierungen der Bindesubstanz und sehr vielen Differenzierungen des Protoplasmas eine nähere Parallele besteht, stehe ich in einem gewissen Gegensatz zu den- jenigen Forschern, welche bezüglich der Plasmastruktur in erster Linie nicht diejenigen physikalischen Molekularkräfte in Anspruch nehmen wollen, welche typisch sind für den festen Aggregats- zustand, die vielmehr von den bei flüssigen Körpern in be- sonders charakteristischer Weise sich äussernden Molekular- wirkungen ihren Ausgang nehmen (Bütschli, Berthold u. A.). Die allgemeine Ableitung der Oberflächenkräfte ete. 207 Die Behauptung, dass die Strukturfestigkeit tierischer Zellen aus der elastischen Spannung!) der Protoplasmastruktur zu erklären sei, ist von mir zuerst näher beeründet worden (1895); überhaupt habe ich zuerst die Strukturfestigkeit protoplasmatischer Körper als ein besonderes Problem behandelt (schon 1894). Ebenso habe ich zuerst unter allen Autoren darauf hingewiesen, dass das proto- plasmatische Struktursystem des quergestreiften Muskels und analoger Zellstrukturen (z. B. Darmepithelzellen) in demselben Sinne aufzufassen sei, wie die geordneten Systeme der Druck- und Zugkurven der Knochenspongiosa (d. h. dass es sich auch in diesen Fällen um Spannungstrajektorien handle; zuerst 1896, dann 1899). [Diese theoretischen Entdeckungen am Protoplasma gingen Hand in Hand mit weitgehenden Studien über Knochen- spongiosa, für welche meine ausführliche Demonstration über die Struktur des Beckens zu Kiel im Jahre 1898 ein Beleg ist.| Ferner zeigte ich (1897), dass die Stränge beweglichen Protoplasmas in Pflanzellen, welche, weil sie das Phänomen der Körnchenströmung zeigen, von einigen Autoren für flüssiger Natur gehalten werden, von den feinsten bis zu den gröbsten straff gespannt sind, ein Spannungsphänomen, welches nur durch elastische Spannung im engeren Sinne erklärbar ist, durch Oberflächenspannung dagegen nicht, weil letztere, wenn sie irgend einen höheren Wert hätte, die Plasmafäden in Kügelchen zerlegen müsste. Weiterhin habe ich diejenigen fibrillären Differenzierungen des Zellinhaltes, deren Vorhandensein unmittelbar auf die richtende Wirkung elastischer Spannungen zurückzubeziehen ist, mit einem besonderen wissenschaftlichen Namen belegt 1) Über den Einfluss elastischer Spannung auf Form und Differenzierung der Protoplasmastrukturen habe ich seit 1890 in vielen meiner Schriften mich geäussert. Siehe darüber das Lit.-Verz. 208 Prof. Dr. MARTIN HEIDENHAIN, (Tonofibrillen, Tonomitom 1899, auch 1900), dies mit der ausgesprochenen Absicht hierdurch die besondere Aufmerk- samkeit des wissenschaftlichen Publikums wachzurufen, weil ich nämlich wohl wusste, dass hier Tatsachen von ganz allge meiner Verbreitung vorliegen, welche ein unüber- steigliches Hindernis für die Verifikation der Hypothesen der biologischen Theoretiker der Oberflächenspannung sein würden.!) Trotzdessen hat Rhumbler kürzlich versucht, die von mir vertretenen An- schauungen über Strukturfestigkeit der Zellen, meine Theorie der intravitalen Spannung plasmatischer Systeme (von 1895), meine Aufstellungen über das Vorkommen von Kurven maxi- maler Zug- und Druckwirkungen in Plasmastrukturen auf der Grundlage der Oberflächenspannung neu zu entwickeln. In- dessen scheitert dieser Versuch an zwei Umständen. Erstlich findet man, dass die Überschneidungen protoplasmatischer Struktursysteme, wenn Spannung die Ursache einer be- stimmten Orientierung im Raume ist, immer rechtwinklige sind, und zweitens handelt es sich in diesen Fällen gewöhnlicher Weise um permanente Strukturen, d. h. um solche, welche nicht blos von zeitweiliger Existenz sind. Beides ist aber in flüssigen Schäumen unmöglich. Nun ist es aber offenbar immer sehr nützlich, wenn man sich auf das Gründlichste über den theoretischen Fundus der Gegner orientiert, und da, wie schon hervorgehoben, ein moderner Theoretiker der allgemeinen Anatomie ohnehin gezwungen ist, sich mit Molekularstrukturen und Molekularkräften verschiedener Art zu befassen, so habe ich Veranlassung genommen das Wesen der OÖberflächenkräfte, von welchen Bütschli !) In der Tat haben in neuerer Zeit einige Autoren (Maziarski, Wera Polowzow, Studnicka)ihre Aufmerksamkeit den Tonofibrillen zugewendet. In der Arbeit von Maziarski über den Ansatz der Muskein an die Cuticula bei Crustaceen dürfte das schönste Beispiel dieser Art enthalten sein. Die allgemeine Ableitung der Oberflächenkräfte ete. 209 und seine Anhänger ausgehen, allermöglichst genau zu studieren. Dies hätte ich in Rücksicht auf mein Arbeits- gebiet schon um der Wabentheorie willen tun müssen. Ferner aber haben, von den Zoologen nnd Botanikern abgesehen, auch einige Physiologen aus der Lehre von der Oberflächenspannung Nutzen zu ziehen versucht, indem zuerst Verworn, später Jensen!) und last not least Bernstein die Lehre von der Bewegung der lebendigen Substanz auf dieser Basis zu be- gründen suchten. Nun ist aber die Lehre von der Bewegung so innig verknüpft mit der Frage nach dem feineren Aufbau des Protoplasmas, dass beide Gebiete an vielen Punkten gleich- 1) Jensen sagt mit Bezug auf den „Aggregatszustand“ des Protoplasmas : „Hierin vertritt der weitaus grösste Teil der Protoplasmaforscher wie M. Schultze, Haeckel, Kühne, Berthold, Bütschli, Verworn, Schaudinn, Rhumbler, Jensen und viele andere die bei näherer Sach- kenntnis nicht mehr anzuzweifelnde Ansicht, dass die protoplasmatische Grundmasse, im besonderen auch diejenige der rhizopoiden Zellen, eine mehr oder minder zähe Flüssigkeit sei.“ „Den genannten Anschauungen werden die schon etwas veralteten Annahmen eines festen Aggregatszustandes und besonderer Molekularstrukturen nach Art der Micellarstruktur, wie sie von Flemming, Schenck, M. Heidenhain, Hörmann und anderen ver- fochten werden, nicht mehr das Feld streitig machen können.“ Es ist not- wendig diese unbedachten Äusserungen niedriger zu hängen. Die Behauptung, dass „der weitaus grösste Teil der Protoplasmaforscher“ die „Grundmasse“ des Plasmas für flüssig hält, ist positiv unrichtig. Diese Ansicht ist nur bei einer kleinen Gruppe von Gelehrten verbreitet und Jensen’s Äusserung zeigt nur, dass er von der Ausdehnung der Plasmaliteratur keine Kenntnis hat. Die „nähere Sachkenntnis“, ist ferner meiner Meinung nach auch bei denjenigen Plasmaforschern verbreitet, welche der gegenteiligen Ansicht sind, deren Schriften aber von Jensen nicht gewürdigt werden. Auch dürfte die Lehre von dem sogen. „festen“ Aggregatszustand keine „veraltete Annahme“ sein, sondern sie ist einstweilen noch die herrschende und sehr wohl be- gründete Lehre der Anatomie und der Physiologie. Meiner Meinung nach dürften alle Anatomen, alle Neurologen und der weitaus grössere Teil der Physiologen dieser Überzeugung sein. Sachlich werde ich diesen Punkt ein ander Mal behandeln. 210 Prof. Dr. MARTIN HEIDENHAIN, sam in Eins zusammenfallen. Man ist also heutzutage ver- pflichtet, auch im Hinblick auf die Kontraktionstheorie sich mit den Oberflächenkräften zu beschäftigen. Allein ich bin noch von einer dritten Seite her auf eben dieses Gebiet aufmerksam geworden. Es ist nämlich die Adsorption offenbar nichts anderes als eine übrigens genau zu bezeichnende Komponente der Oberflächenkräfte. Da nun die Adsorption eine gewisse nicht zu unterschätzende Rolle in der Theorie der histologischen Färbungen spielt, die letztere aber von jeher und gerade in der jüngst vergangenen Zeit der Gegenstand meiner besonderen Aufmerksamkeit war, so ergab sich für mich ein persönlicher Grund mehr, dem Studium der Oberllächenkräfte Zeit und Arbeit zu widmen. Was schliesslich die im Titel dieser Arbeit genannte Rouxsche »Zellenzusammenfügung« (»Uytarme«) betrifft, so bin ich erst während und infolge einer planmäfsigen Durch- arbeitung der gesamten Lehre von der Kapillarität darauf auf- merksam geworden, dass gerade an diesem Beispiel die Ein- wirkung der Oberflächenkräfte auf protoplasmatische Körper in einer relativ einfachen und durchsichtigen Weise aufgezeigt werden kann. Es erschien daher nützlich, das Beispiel der Rouxschen Cytarme in den Vordergrund der weiteren Behand- lung zu stellen, ein Entschluss, den ich im einzelnen wie folgt zu begründen vermag. Als ich an die Lehre von der Kapillarität heranging, glaubte ich, dass ich die Sache ohne grosse Schwierigkeit be- wältigen würde, da ich ja nicht ohne einige Kenntnis des Gegen- standes war. Erst die genaue Durcharbeitung zeigte mir, dass dies Kapitel ungemein schwierig ist; schwierig werden die Dinge aber immer dann, wenn sie anfangen unklar und undurch- sichtig zu werden, und dies ist hier in hohem Grade der Falle Nach einem langwierigen Studium bin ich zu der Überzeugung gekommen, dass die Lehre von der Kapillarität erst in ihren Anfängen begriffen ist, dass die physikalischen Die allgemeine Ableitung der Oberflächenkräfte etc. ill Grundlagen noch nicht so weit ausgearbeitet worden sind, um eine Anwendung auf biologische Erscheinungsweisen leicht und mit einiger Sicherheit möglich zu machen. Beweis genug hier- für sind die letzten Arbeiten Rhumblers, die nur als ein Zerrbild physikalischer Betrachtungsweise gelten können. Die Lehre von der Öberflächenspannung hat sich noch nicht so weit fixiert, dass betreffs ihrer Grundlagen zwischen den Physikern Übereinstimmung herrschte. Daher dürfte man auch nicht zwei Lehrbücher der Physik auffinden, welche nur in nebensächlichen Dingen miteinander in Streit lägen. Dies soll kein Misstrauensvotum an die Adresse der Physik sein; denn der einzelne Forscher ist nicht dafür verantwortlich, dass die physikalische Ausarbeitung des in Frage kommenden Kapitels im ganzen noch nicht zu einhelligen Resultaten ge- führt hat. Es liegt dies eben in der Schwierigkeit der Sache. Vielmehr muss mit Bewunderung anerkannt werden, dass ein- zelne Physiker geradezu ihr ganzes Leben daran gesetzt haben, um auf diesem Gebiete das Mögliche zu erreichen, und es sind auch im Hinblick auf viele einzelne Fragen glänzende Resultate erzielt worden. Meiner Meinung nach sollte indessen jeder Forscher auf biologischem Gebiete, welcher die Oberflächenkräfte in seiner Disziplin zu verwerten gedenkt, sich zunächst davon überzeugen, wie gefährlich dieser Boden für den Nicht-Physiker ist. Wenn schon die Physiker selbst in der Theorie der Kapillar- erscheinungen von einander differieren, wobei naturgemäfs nicht mehrere Personen gleicher Weise im Recht sein können, also Fehler der Betrachtung hier und dort vorliegen müssen, wie sollte es dann dem Laien möglich sein, auf diesem Gebiete sich ohne Entgleisung zu bewegen. Ich glaube, dass jeder Fachgenosse sich ohne weiteres davon wird überzeugen können, dass der physikalische Boden noch nicht soweit bereinigt ist, dass eine Verwertung der Be- Anatomische Hefte. I. Abteilung. 79/80. Heft (26. Bd. H. 2/3). 15 212 Prof. Dr. MARTIN HEIDENHAIN, griffe und Formeln der Kapillaritätstheorie in der Biologie ohne weiteres stattfinden kann. Ich schlage dem Leser dieser Zeilen, welcher sich für den Gegenstand interessiert, vor, eine Stich- probe zu machen, und die Erklärung einer Kapillarerscheinung einfachster Art bei verschiedenen Autoren nachzusuchen. Als solche nenne ich die Erhebung oder Depression eines Flüssig- keitsspiegels an einer vertikalen Wand: man lese der Reihe nach die Handbücher von Pfaundler (Müller-Pouillet), Violle und Chwolson, und wenn man sich nun überzeugt hat, dass die Erklärung dieses einfachen Phänomens auf ganz verschiedenen Grundlagen gegeben wird, dann lese man weiterhin noch über die Erhebung oder Depression einer Flüssigkeit in einer Kapillare. Es ist selbstverständlich, dass die Steigung an einer Wand und die Steigung in einer Kapillare dasselbe Phänomen sind, dass es sich nur um zwei verschiedene Spezial- fälle, welche aus dem nämlichen Gesetze abgeleitet werden müssen, handeln kann. Und doch wird man wiederum finden, dass die Erscheinungen in Kapillarröhren auf anderer Basis abgehandelt werden als der erstere Fall. Wenn der Leser so weit gediehen ist, wird er vermutungsweise meine Ansicht teilen, beziehungs- weise wenigstens begreifen, dass wir alle Ursache haben, mit der Anwendung der Theorie der Oberflächenkräfte in der Biologie nicht allzusehr zu eilen. Nun liegt aber die Sache so, dass es bereits eine grosse Anzahl biologischer Schriften gibt, welche mit den Oberflächen- kräften arbeiten. Daher hat meiner Meinung nach der Biologe in erster Linie die Verpflichtung zu sagen, an welches Hand- buch der Physik, bezw. an welchen Autor er sich bei seinen Ableitungen halten will. Denn es kann z. B. nicht gleichgiltig sein, ob ich in allen Stücken Quincke folge oder Mens- brugghe, zwei Autoren, die in grundlegenden Beziehungen Gegensätze vorstellen. Bei so beschaffener Lage hatte ich für meinen Teil den Wunsch, mir aus dem Studium physikalischer Die allgemeine Ableitung der Oberflächenkräfto etc. >15 Schriften ein eigenes Glaubensbekenntnis herauszubilden, und ich habe dies getan. Ich habe mir für mein Bedürfnis eine (private) Ausarbeitung über die gesamte Kapillaritätslehre hergestellt, an welche ich mich einstweilen gelegentlich der Ab- gabe von Urteilen in biologischen und histologischen Schriften halten werde. Für heute ist es nur mein Wunsch, bei meinen Fachgenossen einen treffenden Eindruck davon hervorzurufen, wie schwierig diese Dinge sind, und zu diesem Behufe möchte ich in diesem Aufsatz die allgemeine Ableitung der Oberflächen- kräfte voranschicken. In zweiter Linie würde es sich darum handeln, diese Ab- leitung an irgend einem biologischen Beispiel zu exemplifizieren. Die Rouxschen Beobachtungen über Zellenzusammenfügung eienen sich nun meiner Meinung nach darum, weil sie so genau und gründlich geschildert worden sind und weil es sich offenbar hier um einen relativ einfachen Fall der Wirkung von Ober- flächenkräften handelt. Die Fragen der Protoplasmastruktur und der Bewegung sind im Vergleich hierzu sehr viel schwieriger; ich werde mich über diese und ihr Verhältnis zu den Ober- flächenkräften erst in späteren Abhandlungen genauer auslassen. Weiterhin möchte ich sogleich noch folgendes hinzufügen. Die Natur des uns beschäftigenden Gegenstandes bringt es mit sich, dass ich an der physikalischen Auffassung Roux’s Aus- stellungen zu machen habe. Ich halte mich aber in der Tat eben nur am die rein physikalische Seite der Sache, während ich die Folgerungen auf die Entwieklungsmechanik berufeneren Autoren überlasse, Es kommt mir eben weniger auf die Ent- wicklungsmechanik, vielmehr darauf an zu prüfen, in welcher Art die Oberflächenkräfte an der gemeinschaftlichen Grenze der Zelle und eines zweiten wässrigen Mediums sich betätigen. Nunmehr lasse ich jene elementare Ableitung der Ober- flächenkräfte in extenso folgen, an welche ich mich in meinen 15* 214 Prof. Dr, MARTIN HEIDENHAIN, ferneren Arbeiten zu halten gedenke. Diese Ableitung gebe ich absichtlich ausführlich, weil ich bemerkt zu haben glaube, dass die vorhandenen sachlichen Schwierigkeiten und die Lücken der Theorie in den kurz gefassten Ableitungen der physikalischen Lehr- und Handbücher nicht auffällig genug werden. Erster Hauptteil. Elementare Ableitung der Oberflächenkräfte. Die Lehre von der Kapillarität im weitesten Sinne umfasst eine grosse Reihe von Erscheinungen, welche der Annahme nach sämtlich zurückführbar sind auf die Massenanziehung kleinster Teilchen. Es handelt sich also in letzter Linie um Molekularkräfte, um die Anziehungskräfte, welche zwischen den Molekülen herrschen ; jene treten bei festen und flüssigen Körpern für uns zunächst unter dem Bilde der »Kohäsion« in die Erscheinung, während bei gasförmigen Medien diese Kohäsion so gering ist, dass es ganz besonderer Untersuchungen bedarf, um ihre Gegenwart auch dort festzustellen. Begrenzen sich nun zwei Medien an einer gemeinschaftlichen Trennungsfläche, so resultieren aus der allgemeinen Kohäsion Teilkräfte besonderer Art, welche zu besonderen Wirkungen führen. Diese besonderen Wirkungen sind bekannt als: 1. Ober- flächenspannung (Tangentialspannung); 2. Krümmungs- druck; 3. Adsorption; 4. Adhäsion; >. Kapillarität. r Wir besprechen zunächst einleitend und beispielsweise die Grunderscheinungen, welche Veranlassung zu den aufgezählten Unterscheidungen gegeben haben. Die allgemeine Ableitung der Öberflächenkräfte etc. 215 Die Erscheinungen der Oberflächenspannung bieten der Auffassung keine besonderen Schwierigkeiten dar, sobald auf eine Ableitung aus den Molekularkräften Verzicht geleistet wird. Seit etwa einem Jahrhundert (Thomas Young 1805) weiss man, dass eine Flüssigkeitsoberfläche, wenn sie von einem gas- förmigen Medium (bezw. einem Vakuum) begrenzt wird, in einem Zwangszustande befindlich ist, durch welchen eine Ver- kleinerung der Oberfläche intendiert wird. Diesen Zwangszu- stand bezeichnet man als Oberflächenspannung (besser: Tangentialspannung, da der Ausdruck Oberflächenspannung von verschiedenen Schriftstellern in verschiedenem Sinne ge- braucht wird.); hierdurch soll zum Ausdruck gebracht werden, dass die Flüssigkeitsoberfläche einer Kräftewirkung unterliegt, welche am ehesten der elastischen Spannung eines gedehnten Kautschukhäutchens vergleichbar ist. Und wir wollen sogleich hinzufügen, dass auf diesem nicht eben gerade sehr treffenden Vergleiche ein grosser Teil der Kapillaritätslehre beruht. Von der Existenz dieses permanenten Zwangszu- standes kann man sich leicht an Seifenlamellen überzeugen. Man biegt sich zunächst einen rechteckigen Rahmen aus diekem Nickelindraht zusammen; an der einen Ecke wird man passender Weise die überstehenden Drahtenden zu eimem Handgriff ver- einigen. Ferner bringt man in dem Rahmen ein bewegliches, äusserst feines Querdrähtchen an, ebenfalls aus Nickelin; die Befestigung des letzteren beiderseits an den Längsdrähten des Rahmens kann vermittelst weiter spiraliger Umrollungen erfolgen. Nunmehr taucht man den Rahmen in eine Seifenlösung und erzeugt eine Flüssigkeitslamelle, welche sich von dem Quer- drähtchen ausgehend in dem Rahmen nach beiden Seiten hin ausspannen wird. In diesem Falle halten sich die beiden Teile der Flüssigkeitslamelle zu beiden Seiten des Querdrähtchens das Gleichgewicht, da der Wert ihrer Spannung beiderseits identisch ist. Erhebt man also den Rahmen zur Vertikalen, so fällt das 216 Prof. Dr. MARTIN HEIDENHAIN, Querdrähtchen der Schwere folgend herunter. Zerstört man nun aber den unteren Teil der Flüssigkeitslamelle, indem man dieselbe vermittelst Fliesspapier aufsaugt, so wird das Drähtchen von dem oberen Teile der Lamelle sofort entgegen der Schwere bis zum anderen Ende des Rahmens emporgehoben. Zerstört man nunmehr auch den oberen Teil der Flüssigkeitslamelle, so fällt das Drähtchen wiederum herunter. Bedingung des Versuchs ist selbstverständlich, dass das Gewicht des Drähtchens nicht zu gross ist. Man kann sich ferner noch auf eine andere primitive Weise von dem Vorhandensein der Oberflächenspannung überzeugen. Zu dem Behufe bestreut man einen Wasserspiegel mit Lykopodium und setzt einen Tropfen Alkohol hinein. Da der Wert der Ober- flächenspannung beim Alkohol geringer ist als beim Wasser, so findet kein Gleichgewicht zwischen den Flächen Wasser/Luft und Alkohol /Luft statt; vielmehr zieht sich die Fläche Wasser/Luft mit Gewalt zusammen und der Alkoholtropfen erleidet eine ent- sprechende Ausbreitung über den Flüssigkeitspiegel hin. Hierbei wird das Lykopodium mit grosser Geschwindigkeit nach allen Richtungen hin auseinandergedrängt. Mithin führen Differenzen im Werte der Oberflächenspannung mit Leichtigkeit zu heftigen Strömungserscheinungen. Eine Flüssigkeitsoberfläche ist also in der Tat gewissermalsen in dem Zustand einer inneren Spannung begriffen, welche mit der Spannung einer Kautschukmembran verglichen werden kann. Dieser Vergleich ist nicht völlig zutreffend, aber er ist unaus- weichlich, weil eine andere irgendwie mit Vorteil verwertbare Analogie bisher nicht aufgefunden werden konnte. Somit beruht die Lehre von der Oberflächenspannung allerdings zum grossen Teil auf dem Vergleich mit einer gespannten Membran. Diese Spannung ist innerhalb einer Flüssigkeitsoberfläche jedesmal nach allen Raumesrichtungen hin die nämliche, gleichgültig wie gross die Membran ist; sie ist gebunden an die oberste Flüssig- Die allgemeine Ableitung der Oberflächenkräfte etc. 217 keitsschichte, welche eine sehr geringe Dicke hat. Diese Dicke ist genau gleich der maximalen Entfernung, über welche hin ein Molekül noch merklich anziehend zu wirken vermag (ca. 0,05 4). Wir werden diese Schichte fernerhin als das wirksame Flüssig- keitshäutchen bezeichnen. Bei einer Seifenlamelle hätten wir demnach, da zwei Oberflächen vorhanden sind, eine Verdoppelung der wirksamen Flüssigkeitsschichte und demnach auch die doppelte Spannung. Die Oberflächenspannungen verschiedener Flüssigkeiten haben einen sehr verschiedenen Wert. Der letztere wird gewöhnlich ausgedrückt in Milligramm -Millimetern, d. h. man bestimmt dasjenige Gewicht in Milligrammen ausgedrückt, welches der Spannung einer Flüssigkeitsoberfläche von I] mm Seitenlänge (linearer Ausdehnung) das Gleichgewicht zu halten vermag. Dieser Wert ist bei gleicher Temperatur für die nämliche Flüssigkeit unveränderlich und wird daher als Kapillaritäts-. konstante bezeichnet. Man setzt für diese in den Formeln gewöhnlich den Buchstaben « oder F (auch T). Einige Kapillaritätskonstanten: Quecksilber gegen Luft . . 45,0 Wasser 3 SE a 5 Olivenöl > a THE fie Alkohol >» Da el a Was den sogenannten Krümmungsdruek anlangt, so ist derselbe nur eine Komponente der Oberflächenspannung, welche dann auftritt oder wirksam werden kann, wenn der Flüssigkeits- spiegel gewölbt ist. Dieser Krümmungsdruck ist bei konvexer Oberfläche gegen das Innere der Flüssigkeit gerichtet, bei kon- kaver Oberfläche gegen die Richtung der Konkavität, also gegen die Luft, wenn Luft und Flüssigkeit in Berührung stehen. Die Wirkungsweisen des Krümmungsdruckes sind allgemein bekannt, populär. Jede Seifenblase veranschaulicht die in Frage stehenden 218 Prof. Dr. MARTIN HEIDENHAIN, Gesetzmälsigkeiten. Denn die Wand der Blase übt einen ent- sprechenden Druck auf die eingeschlossene Luft aus, welche gegebenen Falls unter der Wirkung dieses Druckes nach aussen entweichen wird. Wie die Seifenblase sich kuglig abzurunden sucht, ist dies ebenso der Fall, bei jedem in sich abgeschlossenen frei suspen- dierten Flüssigkeitsquantum: Die wirksame Oberflächenschicht sucht sich ad maximum zusammenzuziehen und da die Kugelober- fläche die kleinstmögliche ist, so strebt die Flüssigkeitsmasse der Kugelgestalt zu. Plateau hat gezeigt, dass in Alkohol von gleicher Dichte schwerelos suspendierte Ölmassen von be- deutendem Volumen sich zur Kugel abrunden, trotzdem in diesem Falle der Wert der Oberflächenspannung minimal ist; er erhielt Ölkugeln bis zu vielen Zentimeter Durchmesser. Die Erscheinungen der Adsorption sind eine offenbare Folge derselben Molekularkräfte, aus denen die Erscheinungen der Oberflächenspannung, des Krümmungsdruckes, der Adhäsion und der Kapillarität (im engeren Sinne) hervorgehen. Ich halte es nicht für richtig, dass in den Lehr- und Handbüchern der Physik die Vorgänge der Adsorption nicht mit den übrigen Oberflächenkräften zusammen behandelt werden. Denn die Be- dingungen für die Realisierung von Adsorptionsvorgängen sind in praxi ausserordentlich häufig gegeben und so ist die Adsorp- tion fast ebenso verbreitet wie die Oberflächenspannung. Stehen beispielsweise flüssige oder feste Medien in Berührung mit Luft, so treten auch immer Adsorptionswirkungen ein; letztere durch- kreuzen aber nachgewiesenermafsen (Quincke) die Wirkungen der Oberflächenspannung, und so muss die Adsorption bei der theoretischen Behandlung der Oberflächenkräfte von vornherein mit in Rechnung gezogen werden. Unter Adsorption verstehen wir allgemein die An- ziehung und Kondensation von Teilen eines 2. Mediums auf der Oberfläche eines 1. Mediums. Es sind also z. B. alle Die allgemeine Ableitung der Oberflächenkräfte etc. 219 freien der Luft ausgesetzten Oberflächen von einer adsorbierten (verdichteten) Gasschichte bedeckt, welche die Bestandteile der Atmosphäre enthält, jedochinandererZusammensetzung als indieser selbst. Es zeigen sich mithin bei der Adsorption selbst Auswahlerscheinungen, welche mit einer gewissen Wahr- scheinlichkeit darauf zurückgeführt werden können, dass die Oberflächen höherer Spannung die Tendenz haben in Oberflächen niederer Spannung überzugehen. Wenn also ein Flüssigkeits- spiegel aus der Atmosphäre auf sich selbst eine Gasschichte xondensiert, so wird einmal die Kapillarkonstante sinken (wie dies vielfach schon beobachtet wurde); zweitens aber würden die Bestandteile der kondensierten Gasschichte derart beschaffen sein, dass der verhältnismäfsig niedrigste Wert der Oberflächen- spannung (wenigstens nach und nach) erreicht wird. Die Erscheinungen der Adsorption sind leicht zu beobachten. Bläst man eine Seifenblase auf, so bedeckt sie sich sofort mit einer adsorbierten Gas- (Dampf-) Schichte, da die Molekular- kräfte unmittelbar sofort in Wirksamkeit treten. Schlägt man daher eine zweite Seifenblase gegen die erste, so berühren sie sich nicht, da die kondensierten Gasschichten das Zu- sammenfliessen der Blasen verhindern. Die Blasen prallen viel- mehr von einander ab, wie elastische Bälle. Versuche dieser Art sind allgemein bekannt (siehe Boys: Seifenblasen.) Noch schöner lässt sich die in Frage stehende Tatsache unter folgender Form demonstrieren. Man lässt in ein sehr grosses flaches Ge- fäss frisches Wasser einlaufen, so dass also der Flüssigkeits- spiegel ganz rein ist. Alsdann lässt man auf letzteren eine Seifenblase niederfallen; diese wird in den meisten Fällen an dem Flüssigkeitsspiegel abprallen, wie ein Gummiball vom Erd- boden. Es kommt gelegentlich vor, dass die Seifenblase 5—6 mal hintereinander ricochettiert, ehe sie platzt. Auch hier ist die Ursache der Erscheinung in der zwischengeschalteten adsorbierten Gasschichte zu suchen. 220 Prof. Dr. MARTIN HEIDENHAIN, Die Adsorption auf den Oberflächen fester Körper tritt im äusserstem Grade hinderlich hervor bei den Versuchen über das Ansteigen von Flüssigkeiten in Kapillarröhren. Daher kochen die Physiker die Glasröhren mit Kalilauge und Schwefelsäure aus, ziehen dann die Kapillaren vor der Flamme aus und schmelzen letztere an beiden Enden zu, um das Herzutreten der Luft zu verhindern. Die Adsorptionen von Gasen auf fein verteilten staubartigen Körpern, wie z. B. Platinmoor, oder auf fein-porösen Körpern, wie Holzkohle, sind allgemein bekannt; sie gehen mit grosser Geschwindigkeit und mit grosser Heftigkeit vor sich. Ebenso allgemein bekannt sind die Adsorptionen auf feste Körper aus flüssigen Medien, wie z. B. die Bindung der Farbstoffe in wässriger Lösung durch Tierkohle. In allen diesen Fällen handelt es sich um Molekularanziehungen, welche dem Ursprunge nach von derselben Art sind, wie die Kohäsionskräfte, wenn auch oft chemische Wirkungen in zweiter Linie hinzutreten.') Unter Adhäsion versteht man vor allen Dingen die Mole- kularanziehungen, welche zwischen der Oberfläche eines festen und eines flüssigen Mediums stattfinden. Haftet hierbei die Flüssigkeit an der Oberfläche des festen Körpers in der Weise, dass sie sich auf demselben auszubreiten sucht oder ist sie wenigstens durch gewöhnliche mechanische Mittel nicht ohne Rest von der Oberfläche des festen Körpers zu entfernen, so spricht man von Benetzung. Wasser und Quecksilber adhärieren beide auf Glas; Wasser benetzt, Quecksilber nicht. Man statuiert aber auch eine Adhäsion zwischen den kongruenten Flächen zweier fester Körper; so z. B. würden 2 Metalle mit absolut ebener Oberfläche, wenn man sie fest aufeinander drückte, aneinander mit einer gewissen Kraft adhärieren. 1) Vergl. meinen Artikel zur Theorie der histologischen Färbungen in der Encykloplädie der mikroskop. Technik. zu Die allgemeine Ableitung der Oberflächenkräfte etc. >21 Die Begriffe der Adhäsion und der Adsorption scheinen viel Verwandtschaftliches zu haben. Bei der Adsorption denkt man gewöhnlich an die Kondensation von Gasen auf der Ober- fläche fester Körper oder an die Bindung von Farben auf Tier- kohle; hier ist die Vorstellung einer stattfindenden Verdichtung das Wesentliche. Es ist aber ganz gut möglich, dass auch bei jeder Adhäsion eine derartige Verdichtung in der Oberflächen- schicht des adhärierenden Körpers statt hat, so z. B. hat Langergren (zitiert nach Chwolson) behauptet, dass die bei Benetzung pulverförmiger Körper zu beobachtende Wärmeent- wicklung auf eine entsprechende Kondensation des Wassers zurückzuführen sei; diese Kondensation würde ausserordentlich hohen Drucken, bis zu 6000 Atmosphären, entsprechen. Bei der Adhäsion wiederum denkt man gewöhnlich nur an die Benetzung und Ausbreitung flüssiger Körper auf festen Ober- flächen. Es wäre aber auch sehr wohl möglich, die Adsorption von Gasen auf festen Körpern und besonders das erstaunlich feste Haften dieser Gasschichten als eine Erscheinung der Adhäsion zu betrachten. Dies sind Dinge, auf welche einstweilen nur vorübergehend aufmerksam gemacht werden soll. Die Erscheinungen der Kapillarität im engeren Sinne schliesslich umfassen die Vorgänge der Erhebung oder der Depression von Flüssigkeiten in kapillaren Räumen, besonders in den Kapillarröhren selbst. Diese Vorgänge wiederum stehen in allerengstem Anschluss an die Vorgänge der Adhäsion. Man pflegt z. B. die kapillare Erhebung des Wassers an einer Ver- tikalen Wand ganz gewöhnlich als eine Adhäsionserscheinung aufzufassen; in der Tat ist aber dieses Problem dem Prinzipe nach identisch mit dem Problem der Erhebung des Wassers in einer Kapillarröhre. 2229 Prof. Dr. MARTIN HEIDENHAIN. Behufs Gewinnung einer Grundlage für alle weiteren Be- trachtungen würde es offenbar zweckmälsig sein, das Grund- phänomen der Oberflächenspannung aus den Molekularanziehungen abzuleiten. Dies ist aber eine ungemein schwierige Aufgabe, welche in irgendwie vollständiger Weise noch niemals gelöst wurde. Was uns tatsächlich durch massenhafte Beobachtungen und durch eine ausserordentlich grosse Anzahl von Versuchen bekannt geworden ist, das ist in erster Linie der Spannungszu- stand an der freien Oberfläche von Flüssigkeiten, wenn sie in Berührung mit Luft sind. Denken wir uns der Einfachheit halber zunächst ene ebene Flüssigkeitsoberfläche, so ist der Zwangszustand derselben sicherlich prototypisch für alle Mole- kularwirkungen an freien Oberflächen und man muss daher von dieser Erscheinung ausgehen. Wir wollen daher wiederum zur Betrachtung einer ebenen Seifenlamelle zurückkehren, um die bei dieser auftretenden Erscheinungen etwas näher zu zergliedern. Sei ABCD (Fig. 1) ein ebener Metallrahmen, dessen Seite ÜD mit Führung beweglich ist, so wird ein in ihm enthaltenes Seifenhäutchen sich zusammenzuziehen suchen. Wir haben also Die allgemeine Ableitung der Oberflächenkräfte etc. 223 den Ausdruck der Wirkung einer Kraft, zu deren Versinnlichung allüberall der Vergleich mit einer gespannten elastischen Membran herbeigezogen wird. Dieser Vergleich kann nicht wörtlich ge- nommen werden. Wenn wir nämlich durch ein angehängtes entprechend gewähltes Gewicht P die Spannung der Lamelle äquilibrieren (was übrigens nur theoretisch gedacht ist), so können wir nunmehr die bewegliche Rahmenseite be- liebig im Auf und Ab verschieben, ohne dass die Lamelle aus dem Zustande des Gleichgewichtes herauskommt. Es ist eben die Spannung der Lamelle nach allen Richtungen hin die nämliche, wie gross oder wie klein dieselbe auch in jedem Augenblicke sein mag. Also haben wir hier total andere Verhältnisse wie bei einer Kautschukmembran ; bei einem Kautschukfaden würden die ausgeübten Widerstände (das heisst die Spannung) um so mehr wachsen, je grösser die Längsdilatation ist und innerhalb der Blastizitätsgrenze würde die Verlängerung selbst sowie die Spannung proportional der wirksamen Kraft sein. Hiervon ist im Falle der Oberflächen- spannung gar keine Rede und dies haben eine Reihe von Autoren übersehen, welche die Kräfte der Kontrak- tilität durch Oberflächenspannung zu erklären suchten. Denn die Elastizität kontraktiler Gebilde (z. B. eines tetanisierten Muskels) ist eine absolut andere als diejenige flüssiger Membranen (oder gar flüssiger Fibrillen!). Es mögen also im Falle der Ober- flächenspannung in letzter Linie elastische Kräfte vorliegen, die- selben äussern sich aber in anderer Art als bei einer gespannten Kautschukmembran. Ziehe ich in unserem Falle der Fig. 1 die bewegliche Rahmenseite herunter, so leiste ich Arbeit. Der Effekt der Arbeit ist die Vergrösserung der Oberfläche. Meine Arbeit er- scheint mithin in der neugebildeten Oberfläche als potentielle Energie wieder. Ist F die Kapillaritätskonstante, so ist das 994 Prof. Dr MARTIN HEIDENHAIN, Produkt aus F und der Oberflächenvergrösserung die Summe der potentiellen Energie, welche ich durch meine Arbeit der Flüssigkeitslamelle hinzugefügt habe. Dies Verhältnis zwischen Arbeit und potentieller Energie der Ober- fläche ist ganz ungemein wichtig bei Beurteilung der verschiedenartigen Leistungen der Oberflächen- spannung. Wenn ich nun zweitens das Gewicht P, mit welchem ich die Lamelle ins Gleichgewicht brachte, um ein Minimum erleichtere, so wird die Lamelle sich zusammenziehen; in diesem Falle verschwindet Oberfläche, der vorhandene Vorrat an potentieller Energie verringert sich und es wird eine ent- sprechende Menge von Arbeit geleistet, welche eventuell aus der Hebung des Gewichtes berechnet werden könnte. Wir können also sagen, dass, wenn Arbeit geleistet wird, die potentielle Energie der Fläche entsprechend abnehmen muss. Es wird nun hierbei entweder ein Teil der Oberfläche verschwinden oder es wird eine Oberfläche von höherer Spannung in eine solche niederer Spannung übergehen. Man kann aber auch sagen, dass eine Oberfläche, welche nicht abnimmt und deren Kapillari- tätskonstante sich nicht verändert, auch keine Arbeit leisten kann. Umgekehrt wird man, wenn wir den Fall einer Arbeitsleistung durch Oberflächenspannung vor uns haben, den Sitz der arbeitenden Kraft dort suchen, wo die Fläche reduziert wird oder wo die spezifische Spannung abnimmt. Die Vorgänge in der Seifenhaut lassen sich ferner durch folgende Betrachtungen noch etwas näher präzisieren. Wenn ich durch meine Arbeit die Seifenhaut vergrössere, so besteht der eigentliche Prozess jedesfalls darin, dass Moleküle aus der Tiefe an die Oberfläche geschafft werden. Umgekehrt, wenn die Seifenhaut sich verkleinert, treten wiederum Moleküle aus der Oberfläche in die Tiefe zurück. Es liegen nun zwei Mög- lichkeiten vor, welche eventuell auch einer Kombination fähig sind. Entweder es herrscht in der Richtung der Flüssigkeits- Die allgemeine Ableitung der Oberflächenkräfte ete, 223 oberfläche innerhalb der wirksamen Schicht und parallel zu der- selben als primär wirkende Kraft eine Anziehung, bezw. ein Druck zwischen den Teilchen, welcher dieselben zu nähern strebt, gegen welchen ich arbeiten muss, um die Oberfläche zu vergrössern. In diesem Falle würden die aus der Tiefe herauf- tretenden Moleküle gewissermafsen die Lücken füllen, wenn ich die Oberfläche gewaltsam auseinanderzerre. Oder aber es herrscht eine primäre Kraft, welche die an der Oberfläche liegenden Moleküle in die Tiefe zieht; dann muss ich gegen diese Kraft arbeiten, wenn ich die Oberfläche vergrössern will, und ich kann dies nur mittelbar tun, indem ich die Teilchen an der Ober- fläche durch die von mir ausgeübte Zugkraft von einander ent- ferne. [Die Vorstellung, dass in der Oberflächenschicht eine Kraft vorhanden ist, welche die Teilchen nach der Tiefe nieder- zieht, ist von van der Waals gelegentlich der Ableitung seiner »Zustandsgleichung« entwickelt worden; in den Lehr- und Hand- büchern der Physik wird beim Kapitel »Oberflächenspannung« dieser Sache keine Erwähnung getan.) Wenn wir uns nun auf den Versuch einer Ableitung des molekularen Zustandes der wirksamen Oberflächenschicht ein- lassen, so muss zunächst betont werden, dass eine solche Ab- leitung nur in allgemeinen Umrissen möglich ist. Der Umstand selbst, dass man den molekularen Zustand der Oberflächenschicht nicht genau und scharf zu präzisieren vermag, schliesst es in sich ein, dass, um ein hartes Urteil Chwolson’s zu wieder- holen, der gesamten Kapillaritätslehre die eigentliche wissen- schaftliche Basis fehlt. Dies sollte man sich immer vor Augen halten, wenn man den Versuch macht, diese Lehre auf die Biologie zu übertragen; denn die Anwendung physikalischer Gesetze, welche einstweilen nur empirisch genauer bestimmt sind, auf die lebendigen Organismen muss den Grad der allge- meinen Unsicherheit bedeutend erhöhen. Denn im lebenden Körper treten viele Kräfte zu Tage, die wir nicht vollständig 2236 Prof. Dr. MARTIN HEIDENHAIN, auf chemische und physikalische Wirkungen zu reduzieren ver- mögen. Es ist daher kaum zu übersehen, inwieweit die Wirkungen der Kapillarität mit der spezifischen Betätigung der lebendigen Massen zusammenfallen, inwieweit beiderlei Kraft- äusserungen sich durchkreuzen und hemmen. Bei der allgemeinen Ableitung der Oberflächenspannung geht man im Anschluss an Laplace von Massenanziehungen (Kohäsionskräften) aus. Diese Anziehungen der Massenteilchen wirken nur über geringe Entfernungen; Laplace nahm seiner- zeit an, dass die Abstände, über welche hin die Anziehungs- kräfte sich zu äussern vermögen, verschwindend gering, nicht messbar seien. Indessen sind uns die kleinsten Dinge durch die Verbesserungen der Instrumente und Untersuchungsmethoden im Lauf der letzten 100 Jahre immer näher und näher gerückt und man hat daher versucht genauer zu bestimmen, wie gross die Entfernung ist, über welche hin die molekularen Anziehungs- kräfte sich noch merklich äussern. Dieser Abstand r gleich dem Radius der molekularen Wirkungssphäre wird gewöhnlich mit Quincke zu 0,05 u angenommen. Dieser Wert hat für die Mikroskopie ein ganz besonderesInteresse, denn die Formeln der Kapillaritätslehre (speziell die Formel für den Krümmungsdruck) sind offenbar unter der Annahme entwickelt worden, dass die Flüssigkeitsmassen, für welche sie Geltung haben sollen, Oberflächen besitzen, deren zugehörige Krümmungsradien im Verhältnis zum Radius der Wirkungssphäre sehr gross sind. Nun will aber Bernstein diese Formeln anwenden auf die Muskelfibrillen, deren Durchmesser er im äussersten Falle auf 0,2. annimmt. So wäre hier der Radius der Fibrille (0,1 «) gleich dem Durchmesser der Wirkungssphäre!! Ob unter diesen Umständen die an relativ grossen Objekten gewonnenen Erfahrungen der Physiker, bezw. die aus diesen abgeleiteten Formeln ohne weiteres auf das feinste Detail der Mikroskopie übertragbar Die allgemeine Ableitung der Oberflächenkräfte ete. 2927 sind, müsste noch näher geprüft werden. Ich bin meinesteils nicht davon überzeugt. Der Wirkungsbereich eines Moleküls OÖ im Innern einer Flüssigkeit (Fig. 2a) kann durch eine Kugeloberfläche vom Radius r umschrieben gedacht werden. Diese Wirkungssphäre wird zugleich alle diejenigen Moleküle enthalten, welche noch einen merklichen Einfluss auf O durch Anziehung ausüben. Ferner können wir uns, um eine zweckdienliche Anschauung der Sache zu ermöglichen, vorstellen, dass alle zwischen OÖ einer- seits und den die Sphäre erfüllenden Molekülen andererseits ausgeübten Anziehungskräfte sich in der Richtung der Radien ordnen. Hierbei folgen wir einem von mir anderwärts zu Fig 2a. Fig. 2b. anderen Zwecken gegebenen allgemein bekannten Schema. Wegen der Symmetrie der Figur ergibt sich, wie man bemerkt, unmittelbar, dass die im Inneren einer F lüssigkeit auf ein Molekül ausgeübten Anziehungskräfte nach allen Richtungen hin paarweise einander gleich und entgegengesetzt sind. Hier setzte nun die ältere Theorie von Laplace ein und sagte aus, dass diese Anziehungskräfte, da sie nach allen Anatomische Hefte. TI, Abteilung. 79/80. Heft (26. Bd. H. 2/3). 16 228 Prof. Dr. MARTIN HEIDENHAIN, Richtungen hin einander gleich und entgegengesetzt sind, ein- ander aufheben; so findet man es auch fast überall in den Lehr- und Handbüchern. Diese Kräfte sind indessen weit davon entfernt sich (allgemein gesprochen) »aufzuheben« (elles se detruisent, — sagen französische Autoren); vielmehr bewirken sie die Kohäsion der Flüssigkeitsmasse und ohne sie würden die Flüssigkeitsmoleküle nach allen Richtungen hin auseinander- stieben. Wurde also gesagt, dass diese Anziehungskräfte im Inneren der Flüssigkeit »sich aufheben«, so kann damit nur gemeint sein, dass sie keinen Einfluss auf die Bewegung des Moleküls im Zentrum der Wirkungssphäre haben. Dies kann nur insofern richtig sein, als das betrachtete Molekül, von sich aus der Wärmebewegung unterliegend, bezüglich der letzteren von jenen Anziehungskräften keine Veränderung erfährt. Also wird das in Schwingungen begriffene Molekül mit Beziehung auf jene Kräfte gedacht gleichsam aus einer stabilen Gleichge- wichtslage in die andere übertreten. Dennoch ist eine gewisse Bewegungstendenz, welche durch die Kohäsionskräfte ausgelöst oder unterhalten wird, vor- handen. Es muss nämlich beachtet werden, dass in einer Flüssigkeit alle Moleküle gegeneinander beweglich oder ver- schieblich sind. Auf dieser Basis kommt man zu folgenden eigentlich selbstverständlichen Überlegungen. Zwischen den Molekülen der Wirkungssphäre und dem zentral gelegenen Molekül besteht eine gegenseitige Anziehungskraft: die Kohäsion. Halbieren wir die Sphäre der Anziehung durch eine beliebige Ebene ab (Fig. 2b), so können wir ferner sagen, dass das Molekül OÖ mit einer Kraft vo] a deren Grundlage die An- b) ziehungskräfte der halben Wirkungssphäre sind, sich seinem nächsten in der Richtung der Symmetrieaxe Oc gelegenen Nach- bar O, zu nähern sucht. Da aber auf diesen Nachbar in der Richtung gegen OÖ von der ihm selber zugehörigen Wirkungs- Die allgemeine Ableitung der Oberflächenkräfte etc. 229 sphäre die gleichen Anziehungskräfte ausgeübt werden, so sucht ö \ R i | . & auch dieser sich dem Molekül OÖ mit der Kraft 9 zu nähern. Zwischen beiden Nachbarmolekülen wird also eine Anziehung GEL oder ein Druck 9 -- 5 —( wirksam sein. Mithin werden sämt- liche im Inneren der Flüssigkeit gelegenen Moleküle mit der Kraft © sich zu nähern suchen. Haben wir also ein in sich abgeschlossenes Flüssigkeitsquantum, also z. B. einen schwebenden Wassertropfen, so wird die Richtung der allgemeinen Anziehung der Teile oder ihre immanente Bewegungstendenz gegen den Massenmittelpunkt gehen. Die bisherige Betrachtung kann nur Geltung haben für alle Moleküle, welche mindestens den Abstand r (gleich dem Radius der molekularen Wirkungssphäre) von der Oberfläche haben. Für die innerhalb des wirksamen Flüssigkeitshäutchens. gelegenen Moleküle ändert sich indessen der Wert der Kohäsion und wir betrachten deshalb eine Reihe von Moleküle O, O,, O,, und s. f., welche der freien Oberfläche immer mehr und mehr genähert liegen. Beginnen wir mit dem Molekül O, (Fig. 3), 230 Prof. Dr. MARTIN HEIDENHAIN, welches das erste Molekül jenseits der unteren Grenze der Ober- flächenschicht vorstellen soll’), so wird dieses in der Richtung Y nach abwärts (normal zur Oberfläche) mit dem vollen Wert >_ angezogen werden, da dasselbe eine halbe Wirkungssphäre unter sich hat. Zwischen ihm und seinem Nachbar diesseits der Grenze C © wird also immer noch der Cohäsionsdruck —.4+ > — C herrschen. [7 In der Richtung nach oben (aussen) hin hat indessen das Molekül ©, nicht mehr eine vollständige halbe Wirkungssphäre vor sich, da die letztere von der Begrenzungsebene der Flüssig- keit durchschnitten wird. Vielmehr fallen diejenigen Moleküle fort, welche bei vollständiger Sphäre den über den Flüssigkeits- spiegel hinausragenden Raum erfüllen würden. Daher ist die Kraft, mit welcher das Molekül O, von der unvollständigen Hälfte der Wirkungssphäre in der Richtung der Normalen gegen das f a u nächste Molekül O,, hin angezogen wird, nicht mehr gleich 5, 1 sondern nur noch gleich „_ — x. Da wir nun festgestellt haben, _ dass die Bewegungstendenz der Kohäsionskräfte gegen die Tiefe der Flüssigkeit, bezw. gegen den Massenmittelpunkt geht, so wäre es offenbar irrig, sich vorzustellen, dass das Molekül O, mit ZN re a 2 der Kraft „ — x gegen die Flüssigkeitsoberfläche emporgehoben = wird. Vielmehr bewirkt diese zwischen O, und den Molekülen der unvollständigen Sphärenhälfte bestehende Anziehung, dass die letzteren einen entsprechenden Bewegungsantrieb nach ab- wärts erhalten; hierbei muss man sich vergegenwärtigen, dass die in der Kugelschicht a b e d enthaltenen Moleküle ja keines- wegs an der Flüssigkeitsoberfläche irgendwie fixiert sind; !) In Fig. 3 bedeutet F die Oberfläche der Flüssigkeit, W die Dicke des wirksamen Flüssigkeitshäutchens. Die allgemeine Ableitung der Öberflächenkräfte etc. >31 wenn also zwischen dem Molekül O, und einem beliebigen Molekül m in der Kugelschichte eine gegenseitige Anziehung be- steht, so muss diese dazu führen, dass das Molekül m eine ent- sprechende Bewegungstendenz nach abwärts erfährt, denn m ist vergleichsweise beweglich, O, hingegen ist ebenso vergleichsweise unbeweglich, wegen der Verknüpfung aller Kohäsionskräfte in der Richtung auf den Massenmittelpunkt. Haben wir also zwischen dem zentralen Molekül ©, und denen der Kugelschichte abcd eine gegenseitige Anziehung —- — x, so kann der Effekt derselben meiner Auffassung nach etwa dadurch beschrieben 1 werden, dass man sagt, es bestehe ein Druck - a welcher den oberen Teil der Wirkungsphäre gewissermalsen in der Richtung der Normalen dem Molekül O, zu nähern suche. Da nun das nächstgelegene Molekül O,, wiederum mit der ganzen’ x Kraft —-nach abwärts gezogen wird, weil ihm in der Richtung auf die Tiefe eine vollständige halbe Wirkungssphäre zugehört, so wird zwischen O, und O, im ganzen der Kohäsionsdruck C C a x—= 0 — x wirksam sein. ud En Denken wir uns fernerhin auch um O,, die Sphäre der An- ziehung auskonstruiert, so stellt sich für unsere Überlegung heraus, dass diesmal der Ausfall der disponiblen Anziehungs- kräfte noch grösser sein wird, als bei der Betrachtung von O,, da die Wirkungssphäre je näher das Molekül der Oberfläche liegt, um so mehr ausserhalb des Bereiches der Flüssigkeit fallen wird. Mithin wird zwischen O,, und einer über ihr gelegenen, zugehörigen Kugelschicht a, b, c, d,, welche kleiner ist als abed, eine Anziehung — x, herrschen, wobei x, > x ist. vo] @) Da nun das in der Richtung der Normalen folgende Molekül O,,, 239 Prof. Dr. MARTIN HEIDENHAIN, BA \ : abermals mit der Kraft —- gegen die Tiefe gezogen wird, so wird der gesamte Kohäsionsdruck zwischen O,, und O,,, gleich C C e = 4 — — WE klemer alsıC x sein. = Betrachten wir auf die gleiche Weise die in der Richtung der Normalen hintereinander folgenden Moleküle O,,, O,,, und so fort, so werden die zugehörigen Kohäsionsdrucke gleich © —.x,, 0—x,,C—.x, und so fort sein, wobei x, x, <’ x, 41 fläche. Hieraus kann man ein Bestreben des Mediums L, sich auf dem Medium D au szubreiten folgern, d. h. eine negative oder expansive Oberflächen- spannung. Diese expansive Spannung wird fernerhin auch dadurch mit verursacht werden, dass wegen der Wärmebewegung der Moleküle alle gegen die Oberfläche gerichteten Komponenten dieser Bewegung eine Beschleunigung, alle entgegengesetzten Komponenten eine Verlangsamung erfahren müssen. Es besteht also ein permanenter Zug auf die Moleküle in der Richtung gegen die Trennungsebene, was auch für sich allein schon ein Bestreben der Ausbreitung oder Expansion des Mediums L zur Folge haben müsste. Diese Ableitung von Expansionskräften im zweiten oder weniger dichten Medium scheint mir ein ungemein wichtiger Punkt zu sein, zumal in den Lehrbüchern der Physik meist nur von einer »gemeinschaftlichen« Spannung längs der Trennungsfläche die Rede ist. Dass eine derartige expansive oder negative Oberflächenspannung der theoretischen Ableitung nach sicher vorhanden sein muss, geht aus dem blossen Ver- gleiche unserer konstruktiven Schemata unmittelbar hervor. Be- trachten wir nämlich nebeneinander Fig. 5a und ce, so leiten wir aus a in Übereinstimmung mit der Berechnungsweise der Physiker (Violle) für das dichtere Medium D eine kontraktive oder positive Spannung ab; es muss dann aber für ein »zugeordnetes« Molekül im Medium L (welches den gleichen Abstand von der Trennungsfläche haben soll; wie das erstbetrachtete Molekül in D) wegen der vollkommenen Analogie der räum- lichen Verhältnisse der Wirkungssphäre auch eine analoge Betrachtungsweise möglich sein, nur dass alle Relationen der Anziehungskräfte sich umgekehrt verhalten wie im ersteren Falle, d: h. wo vorher die stärkeren Anziehungen waren, sind jetzt die schwächeren u. s. f.. Daher verkehrt sich die vorher positive (kontraktive) Spannungim zweiten Medium in eine negative oder expansive Spannung. 249 Prof. Dr. MARTIN HEIDENHAIN, Ich stimme also auf Grund meiner Überlegungen insofern mit Mensbrugghe überein, als auch dieser Autor für viele Fälle der Berührung zweier Medien dem einen derselben eine expansive Spannung zuschreibt. Eine solche expansive Spannung wird besonders dann reell zur Beobachtung gelangen, wenn ein flüssiges und ein festes Medium sich begrenzen; in diesem Falle bringt nur die Spannung des flüssigen Mediums sichtbare Wirkungen hervor, während der feste Körper, da seine Moleküle unverschieblich sind, sich indifferent verhält. Will man sich Beispiele zur Illustration dieses Falles vergegen- wärtigen, so muss man natürlich das Quecksilber als flüssiges Medium von vornherein ausnehmen, da seine Molekularkraft enorm gross ist. Man denke vielmehr an Wasser oder Alkohol als Medium L im Verhältnis zu Glas als Medium D. In diesem Falle ist die Wirkung der Molekularkraft des Glases derart, dass hierdurch dem flüssigen Medium eine expansive Spannung erteilt wird. Van der Mensbrugghe hat nun schon vor 30 Jahren und späterhin wiederholt versucht für die gegenseitige Binwirkung zweier Medien entsprechende Formeln aufzustellen, aus welchen die gemeinschaftliche Spannung an der Trennungsebene, sei sie positiver oder negativer Natur, ermittelt werden kann. Die Ableitungen van der Mensbrugghe’s, obwohl anscheinend einfach, sind indessen schwieriger Natur und ich muss daher den Leser auf die Originalabhandlungen des Autors verweisen. Es sei mir ferner erlaubt, die Frage der gemeinschaftlichen Spannung an der Trennungsebene mit kurzen Worten zu erläutern. Im Prinzip wird sich diese Frage offenbar darum drehen, wie gross die algebraische Summe aus der positiven und nega- tiven Spannung beider Medien ist. Hierbei müssen wir wiederum die beiden möglichen Ableitungsweisen der Oberflächenspannung berücksichtigen. Gehen wir zunächst auf die Kohäsionsdifferenzen ein, welche in der Richtung normal zur Oberfläche in beiden Die allgemeine Ableitung der Oberflächenkräfte etc. 243 Medien abgeleitet werden können. Ist die Kohäsion im Medium D gleich €, im Medium L gleich C,, so wird der entsprechende C Ö )rP 7 Jar D «fl 3 a € 1 4 1 Druck an der Trennungsfläche (sehr genau gleich) cz 4a sein, da die Wirkungssphäre an dieser Stelle zur Hälfte von dem einen, zur Hälfte von dem anderen Medium erfüllt wird. In der Richtung auf das Flüssigkeitsinnere nimmt der Kohäsions- druck zu beim Medium D um Re Er a N beim Medium L ab um Ö C +9) In beiden Fällen resultiert als Differenz Hieraus scheint hervorzugehen, dass die Antriebe, welche die in Bewegung begriffenen Moleküle in Medium D nach der Tiefe, in Medium L nach der Oberfläche hin erfahren, in Summa beiderseits gleich gross sind, sodass die hieraus abzuleitende positive oder negative Spannung beiderseits gleich gross sein müsste. Indessen ist mir die Sachlage in diesem Falle unüber- sichtlich und ich möchte daher diese Schlussfolgerung auf sich beruhen lassen. Es genügt zu wissen, dass wir bei der Betrachtung von dieser Seite her keinesfalls zu einem Überwiegen der negativen Spannung kommen. Wir wenden uns ferner zu jener Ableitung der Oberflächen- spannung, welche die Differenz der Kohäsionskräfte in den Richtungen normal und parallel zur Oberfläche betrachtet. Wir hatten oben (pag. 241) hergeleitet, dass zwei zugeordnete Moleküle diesseits und jenseits der Trennungsfläche (welche den gleichen Abstand von der letzteren haben), wegen der vollkommenen Analogie der räumlichen Verhältnisse ihrer Wirkungssphären auch eine analoge Betrachtungsweise zulassen, und wir fügen nun Anatomische Hefte. I. Abteilung. 79/80. Heft (26. Bd. H. 2/3). 7 344 Prof Dr. MARTIN HEIDENHAIN, hinzu, dass bei beiden Molekülen die für die Richtungen normal und parallel zur Trennungsfläche berechnete Differenz der An- ziehungskräfte, welche die Oberflächenspannung verursacht, offenbar identisch ist, wobei jedoch der berechnete Über- druck das eine Mal, beim Medium D parallel, das andere Mal, beim Medium L, in der Richtung normal zur Oberfläche wirksam ist, woraus im ersten Falle auf eine positive, im zweiten auf eine negative Oberflächenspannung geschlossen wurde. Hieraus folgt jedoch nicht, dass der Wert der positiven und negativen Spannung beiderseits in Summa gleich sei, vielmehr ist zu berücksichtigen, dass im Medium L, da es weniger dicht angenommen wurde, überhaupt sehr viel weniger Wirkungs- sphären auskonstruierbar sein werden als im Medium D. Nicht jedes Molekül von D hat im Sinne der obigen Redeweise ein zugeordnetes Molekül im Medium L. Daher muss der Wert der positiven Partialspannung des Mediums D grösser sein als der Wert der negativen Spannung in L. Es würde also unter gewöhnlichen Umständen die gemeinschaftliche Spannung zweier Medien immer positiv oder kontraktiv (nach Analogie der Kautschukhaut) sein. Es ist klar, dass, wenn nur die Dichten der beiden Medien ausschlaggebend wären, eine einfache Beziehung zwischen der physikalisch bestimmbaren , gemeinschaftlichen Oberflächen- spannung einerseits und der expansiven Spannung des Mediums L samt den in Betracht kommenden (ebenfalls bekannten) Dichten der beiden Medien andererseits auffindbar sein müsste Nun kennen wir zwar theoretisch nur die Wirkungen der Massen- anziehung als Ursache der Oberflächenspannung; in praxi aber ergibt sich, wie wir noch sehen werden, eine durchgreifende einfache Beziehung zwischen den beobachteten Oberflächen- spannungen einerseits und den ins Spiel kommenden Massen nicht. Die ‘allgemeine Ableitung der Oberflächenkräfte etc. 245 Soweit meine allgemeine Ableitung der Oberflächenkräfte. Ich habe in derselben diejenigen Anschauungen niedergelegt, die ich mir nach dem Studium physikalischer Schriften habe bilden müssen. Die in dieser Darstellung enthaltene Verquickung mit der Theorie der Adsorption entspricht meiner fortdauernden Beschäftigung mit der Theorie der Färbungen. In der An- erkenntnis expansiver Spannungen stimme ich mit Mens- brugghe überein und glaube, dass die Zukunft diesem Autor recht geben wird. Es mag nun erlaubt sein mit Bezug auf obige Ableitung noch einmal die speziellen Verhältnisse der Oberflächenkräfte zu besprechen, welche sich herausbilden bei gegenseitiger Be- grenzung: m fester und gasförmiger, 2. flüssiger und gasförmiger, w fester und flüssiger, 4. zweier flüssiger Körper. Bei gegenseitiger Begrenzung fester und gasförmiger Körper ist die Haupterscheinung diejenige der Adsorption oder Kondensation des Gases auf der Oberfläche des festen Körpers (s. S. 240). Die Dichte der kondensierten Gasschichte nimmt hierbei offenbar über die Dauer der Zeit hin erheblich zu und schliesslich ist die fixierte Gasmasse durch künstliche Mittel nur sehr schwer entfernbar. Man kann sich vielleicht von der Wirkung des festen Körpers auf ein gasförmiges Medium am besten eine Vorstellung machen, wenn man sie vergleicht mit den analogen Wirkungen der Gravitation (Schwerkraft) auf die Atmosphäre. Wie die Erde durch ihre Anziehungskraft die Atmosphäre auf ihrer Oberfläche fixiert und verdichtet, so übt jeder feste Körper auf die umgebende Gas- und Dämpfemasse eine Anziehungskraft aus, welche zur Bildung einer Verdichtungsschichte führt. Da die Erscheinungen der Adsorption ganz allgemeiner Natur sind und überall zu Tage treten, so muss man dieselben 1 346 Prof. Dr. MARTIN HEIDENHAIN, bei Untersuchungen über Oberflächenspannung, Kapillarität ete. überall mit in Rechnung ziehen. Die Adsorption beeinträchtigt unter anderem in starkem Grade die eigentlichen Kapillaritätserscheinungen und sie ist daher oft von ausschlaggebender Bedeutung bei Versuchen über das Ansteigen von Flüssigkeiten in Kapillarröhren. Am störendsten scheint sie zu sein bei Bestimmung der Kapillarkonstanten an der gemeinschaftlichen Trennungsebene flüssiger und gasförmiger Körper. Es ist eine bekannte Erscheinung, dass die Oberflächen- spannung von Flüssigkeiten, welche mit Luft in Berührung stehen, binnen kurzer Zeit abnimmt. Dies erklärt sich meiner Meinung nach auf Grund von Adsorption (vielfache Beispiele besprochen bei Quincke). Wie erinnerlich (s. S. 239) hängt nämlich die an der Trennungsfläche zweier Medien auftretende Molekularwirkung ab von der Differenz der Dichten beider Körper; sinkt nun durch Adsorption die Differenz der Dichten, so muss auch der Wert der Oberflächenspannung sinken. Ich bin der Meinung, dass bei Flüssigkeiten, welche einiger- malsen leicht verdampfen, die durch Adsorption fixierte Schichte wesentlich aus dem Dampf des flüssigen Mediums besteht. Hierauf deutet unter anderem die interessante von Quincke (1870, pag. 84) erörterte Tatsache hin, dass bei der Methode der Be- stimmung der Kapillarkonstante durch Tropfenfall, die Konstante um so kleiner gefunden wird, je langsamer die Tropfen fallen. Quincke führt dies darauf zurück, dass die Tropfen auf ihrer Oberfläche Substanzen kondensieren, »welche in Dampfform in der Atmosphäre enthalten waren«; diese Substanzen betrachtet er offenbar mehr als zufällige Beimengungen der Luft, Er berichtet unter anderem auch (1870, pag. 71), dass die Spannung einer Quecksilberoberfläche sinkt, wenn man einen Tropfen Steinöl, Alkohol oder Ather in die Nähe setzt; diese Dämpfe werden Die allgemeine Ableitung der Öberflächenkräfte etc. 947 nach Quincke’s Meinung adsorbiert und wiederum zu einer Flüssigkeitsschichte kondensirt ) Dass Seifenblasen sich nicht berühren, wenn man sie gegen- einander schlägt, oder dass sie auf einen Wasserspiegel auffallend über diesen tanzend sich hinweg bewegen, möchte ich damit erklären, dass die adsorbierte Gas- oder Dampfschichte zugleich ein Ausbreitungsbestreben (negative Spannung) be- sitzt (s. S. 240 f.). Ich wüsste wenigstens nicht, warum es sonst so schwierig sein sollte, die zwischen zwei Seifenblasen befindliche Gasschichte wegzudrücken. Bei Besprechung der gegenseitigen Begrenzung fester und flüssiger Körper ist die wichtigste Frage diejenige der Ad- häsion (vergl. S. 220 £.). Unter Adhäsion versteht man ge- wöhnlich den Widerstand, den zwei in Berührung befindliche Medien ihrer Losreissung entgegensetzen. Die Adhäsion ist danach eine Kraft, deren Richtung senkrecht zur Berührungs- fläche zweier Medien orientirt ist. Da nun Adhäsion und Ober- flächenspannung beide Wirkungen derselben Molekularkräfte sind, so müssen sie auch in einer näheren gesetzmäfsigen Be- ziehung stehen. Nun ist zu beachten, dass bei gegenseitiger Begrenzung fester und flüssiger Körper die in dem festen Körper etwa vor- handene Oberflächenspannung keine direkte (motorische) Wirkung haben kann, da die Teilchen des festen Körpers gegeneinander unverschieblich sind. Wenn also der feste Körper durch seine Molekularkraft den flüssigen Körper beeinflusst, so können allein die in der flüssigen Oberflächenschichte bestehenden Spannungen eventuell in Bewegungserscheinungen zum Ausdruck kommen. Dieser Punkt bedarf nun zunächst der näheren Besprechung, da Quincke und ihm folgend viele Autoren der Meinung sind, dass auch entlang einer festen mit der Luft in Berührung befindlichen Fläche eine Spannung vorhanden sein kann, welche ähnlich wie bei einer flüssigen Oberflächenschichte als Zugkraft 248 Prof. Dr. MARTIN HEIDENHAIN, wirkt. Wenn wir also z. B. einen Wassertropfen auf einer Glasplatte aufruhend denken (Fig. 6), so lässt Quincke eine Gleichung zwischen drei positiven Spannungen gelten: 40 403 608 VD. Hierbei ist », die Spannung der freien Glasoberfläche, «,, die Spannung Glas/Wasser, «,, die Spannung Wasser/Luft. Damit sind wir an einem Punkte angekommen, welcher für die Lehre von der Oberflächenspannung eine eminente Bedeutung hat. Kieb. Denn wenn man eine positive Spannung «a, »Glas«, nicht anerkennt, kommt man mit Notwendigkeit auf die Existenz von Expansivkräften an der Grenze fester und flüssiger Körper. Die Quinckesche Vorstellungsweise, nach welcher man eine wirksame (!) Spannung fester Oberflächen anerkennt, ist in manche Lehrbücher übergegangen (Warburg, Chwolson). Doch äussert Chwolson bereits eine gerechtfertigte Kritik, indem er sagt, es könne sich bei Konstatierung einer wirksamen Oberflächenspannung in der Grenzschichte eines festen Körpers einstweilen nur um eine Analogie handeln; dagegen be- zweifelt er die Realität einer solchen Spannung. Doch fügt er hinzu, man könne vielleicht eine solche Spannung in der Gas- schichte annehmen, welche die Glasfläche bedeckt. Der Grund, warum excellente Autoren, wie Quincke, Warburg, Chwolson, innerhalb einer festen Oberflächenschichte Die allgemeine Ableitung der Öberflächenkräfte ete. 249 eine aktiv wirksame Zugspannung gelten lassen wollen, ist darin zu suchen, dass viele Phänomene an den Grenzflächen fester und flüssiger Körper, besonders aber das in jedem Lehrbuch durchgesprochene Grundphänomen der Erhebung einer Flüssig- keit an einer vertikalen Wand, nur erklärbar sind entweder durch Annahme der in Frage stehenden kontraktiven Spannung fester Oberflächen oder durch Anerkenntnis negativer (ex- pansiver) Spannungen. Ich für meinen Teil möchte mich dahin entscheiden, dass eine positive Spannung «, in der Glasoberfläche, welche als Zugkraft wirkt, wie in den Gleichungen von Quincke,, Warburg etc. überhaupt nicht angenommen werden darf. Zwar wird aller Wahrscheinlichkeit nach eine solche Spannung in der Glasfläche selbst wohl existieren; wie sie aber kontraktiv oder ziehend auf die übergelagerte Wasser- schichte einwirken soll, bleibt mir unfasslich. Den Ausweg Chwolson’s, der Gasschichte über dem festen Körper eine positive Spannung zuzuschreiben, halte ich für verfehlt. Dieser letzteren Meinung bin ich selbst lange Zeit hindurch gewesen, und zwar ehe ich Chwolson’s Buch kannte. Allein das Ensemble aller Erscheinungen und die Kenntnis Mens- brugghescher Schriften hat mich definitiv davon wieder ab- gebracht. Mir scheint vielmehr, dass, wenn überhaupt, der Gasschichte nur eine negative oder expansive Spannung zuge- schrieben werden darf (vergl. oben pag. 247). Dass Mensbrugghe für alle flüssigen Medien, welche nicht eine ausnahmsweise hohe Molekularkraft besitzen (Queck- silber), im Recht ist, geht aus folgender Betrachtung hervor. Nehmen wir an, wir hätten eine gutgereinigte Glasplatte, so wird eine dünne Wasserschichte auf dem Glase liegen bleiben ohne sich zusammenzuziehen oder sich weiterhin auszubreiten. Stellen wir (und mit Recht!) eine wirksame Spannung vo, (Glas!) 950 Prof. Dr. MARTIN HEIDENHAIN, in Abrede, so bleibt uns als Gleichgewichtsbedingung füglich nur übrig: gg C08.d — 1, —(. Also muss die Spannung «,, (Glas/Wasser) der Richtung nach negativ oder expansiv sein; denn wäre «,, gleichfalls positiv, so wäre ein Gleichgewicht keineswegs vorhanden und infolge der alleinigen Wirkung zweier gleichsinnig gerichteter Kräfte müsste die Wasserschichte sich zusammenziehen. [Ich meinerseits glanbe, dass die Gleichgewichtsbedingung ergänzt werden muss durch Einführung einer expansiven Spannung a,, (Glas/Luft), welche ihren Sitz in der auf der Glasplatte lagernden Gasschichte hat; dann kämen wir zu dem Ausdruck: 095, CS d + a1, — %..] Kommen wir also auf die Frage der Adhäsion zurück, so lässt sich folgendes sagen. Zwar wird unter Adhäsion gewöhnlich nur der Widerstand verstanden den zwei Körper ihrer senk- rechten Abreissung entgegensetzen. Handelt es sich aber um ein festes und ein flüssiges Medium, wobei letzteres das erstere benetzt (wie übrigens in allen gewöhnlichen Fällen), so ist mit der reinen Adhäsion untrennbar ein Expansionsbestreben des flüssigen Mediums auf dem festen verbunden. Denn die Mole- kularkraft, welche den Adhäsionsdruck in der Richtung normal zur Oberfläche erzeugt, erzeugt auch den Kohäsionsdruck parallel zur Oberfläche; da letzterer dem ersteren unterlegen ist, so folgt hieraus die expansive Natur der gleichzeitig bestehenden Ober- flächenspannung. Begrenzt also ein flüssiger Körper einen festen, so ist das Betreben der Expansion ein notwendiges Korrelat der Adhäsion. Mensbrugghe hat über eine Reihe von. Erfahrungen berichtet, welche nur unter Annahme einer Expansivkraft bei Begrenzung fester und flüssiger Körper erklärbar sind; speziell hat Mensbrugghe auch ausgeführt, dass das Problem der Die allgemeine Ableitung der Oberflächenkräfte etc. 951 kapillaren Erhebung des Wassers an einer vertikalen Wand nur auf Grund einer expansiven Oberflächenspannung lösbar ist und hierin hat der Autor, wie mir scheint, vollkommen Recht. Denn gerade dieses Problem, welches sehr einfach und geradezu grundlegend für die gesamte Kapillaritätslehre ist, wird aller Orten unzureichend behandelt und nur bei Violle, welcher die Anschauungen Mensbrugghes übernommen hat, findet sich eine unser Kausalitätsbedürfnis befriedigende Fassung der Aufgabe. Meiner Meinung nach ist auch bei Erhebung von Flüssigkeiten in unbenetzten Kapillarröhren die expansive Spannung zwischen Glas und Flüssigkeit die treibende Kraft.') Schliesslich kommen wir zu einer kurzen Besprechung der Verhältnisse bei gegenseitiger Begrenzung zweier flüssiger Medien. Hier hatten wir für das eine Medium eine positive, für das zweite eine negative, für beide zusammen eine gemein- schaftliche positive oder kontraktive Spannung hergeleitet (vergl. pag. 242 ff.). Deuten nun irgend welche Tatsachen darauf hin, dass bei Begrenzung zweier flüssiger Medien das eine ein Bestreben der Expansion besitze? Hier möchte ich hervorheben, dass wir zu- nächst eine vollständige Analogie zu dem Versuch mit den beiden Seifenblasen haben, welche trotz kräftigen Aneinander- schlagens sich nicht berühren. Schon Plateau hatte angegeben, dass in Alkohol schwerelos suspendierte Ölmassen, wenn sie zur Vereinigung gebracht werden sollen, zunächst nicht in einander verfliessen. Da die in diesem Falle entwickelten Oberflächen- kräfte enorm gering sind, versuchte ich es mit Quecksilbertropfen 1) Ich habe, um mich zu orientieren, viele Versuche über Oberflächen- spannung gemacht, auch solche über das Ansteigen von Flüssigkeiten in Kapillarröhren. Hierbei habe ich eine Reihe von Beobachtungen machen können, welche das Vorhandensein einer expansiven Spannung Glas/Wasser weiterhin bestätigen. Da ich kein Physiker bin, stehe ich einstweilen von einer Veröffentlichung dieser Beobachtungen ab. 252 Prof. Dr. MARTIN HEIDENHAIN, unter Alkohol. Ich brachte einen etwas grösseren Quecksilber- tropfen in eine flache Glasschale mit ebenem Boden und teilte ihn unter Alkohol in sehr viele kleine Teile. Es zeigte sich, dass die Tröpfehen, wenn sie gegeneinander liefen, häufig von einander abprallten. Lagen indessen mehrere so nahe bei ein- ander, dass sie einen dauernden Druck auf einander ausübten, so verflossen sie binnen kurzer Zeit vollständig. Offenbar wurde die anfangs zwischengeschaltete Alkoholschichte durch die gegen- seitige Pressung leicht und vollständig weggedrückt. Nunmehr zerhackte ich einen Quecksilbertropfen unter Alkohol in viele kleine Teile und streute die Tröpfehen auf dem Boden des Gefässes so aus, dass sie nicht in Berührung standen. Als nach 24 Stunden das Präparat untersucht wurde, wollten die Tröpfchen durch Neigung der Schale einerseits zu einem Haufen zusammen- getrieben, sich überhauptnichtmehr vereinigen. Nun- mehr zerkleinerte ich die Masse noch mehr wie vorher und konnte jetzt (nach Herstellung frischer Oberflächen) abermals beobachten, dass vielfache Vereinigungen unter den Tröpfehen zu stande kamen. Diese Erscheinungen kann ich nur darauf zurückführen, dass sich die Quecksilbertröpfehen je länger um so vollständiger mit einer kondensierten Alkoholschichte umgeben, welche gleicher- zeit Expansionsbetreben besitzt. Es würde sonst garnicht zu ver- stehen sein, warum die Quecksilbertröpfehen, nachdem sie einige Zeit unter Alkohol zugebracht haben, nicht mehr miteinander in Berührung treten wollen. Für meine Ansicht spricht auch, dass die gemeinschaftliche Kapillarkonstante von Quecksilber und anderen Flüssigkeiten mit der Zeit abnimmt (Quincke). Denn hieraus kann geschlossen werden, dass die mit Quecksilber in Berührung stehenden Flüssigkeiten auf dessen Oberfläche kondensiert werden, womit ein Expansionsbestreben verbunden sein muss, Die Erscheinungen der gemeinschaftlichen Oberflächen- Die allgemeine Ableitung der Öberflächenkräfte etc. 353 spannung an der Grenze zweier Flüssigkeiten sind am aus- giebigsten und besten durch Quincke studiert worden. Für die Biologie kommen hauptsächlich die Phänomene der Aus- breitung in Betracht, welche besonders durch Bütschli bei Gelegenheit der Bewegung amöboider Protoplasmen benutzt worden sind. Diesen Gegenstand haben wir keine Veranlassung näher zu betrachten, da alle Lehrbücher der Physik in überein- stimmender Weise die gleichen Lehrsätze (meist im direkten An- schluss an Quincke) entwickeln. Das oberste Prinzip der Kapillaritätstheorie ist jedesfalls die Massenanziehung. Es verlohnt sich daher die Frage, ob die für die Oberflächenspannung durch Beobach- tung gefundenen Werte in einem erkennbaren Ver- hältnis zuden Massen, bezw. spezifischen Gewichten stehen. Würden zwei in Berührung befindliche Medien die gleiche Dichte besitzen, so dürfte zwischen ihnen keine Oberflächen- spannung auftreten, falls die Dichte allein ausschlaggebend wäre; wäre die Differenz der Dichten sehr gering, so müsste auch die Oberflächenspannung sehr gering sein. Dies letztere trifft zu in dem Fall der Plateauschen Versuche mit Ölmassen, welche »schwerelos« in Alkohol von annähernd gleicher Dichte suspen- diert waren. Quincke machte eine diesbezügliche Bestimmung und fand die Dichte des Olivenöls zu 0,91599 des Alkohols zu 0,92307, die Oberflächenspannung gleich 0,6934 mgr/mm. Wäre umgekehrt die Differenz der Dichten zweier Medien sehr gross, so müsste auch die gemeinschaftliche Oberflächen- 954 Prof. Dr. MARTIN HEIDENHAIN, spannung sehr gross sein; dies trifft naturgemäls immer dann zu, wenn das eine der Medien Quecksilber ist. Vergleichen wir nun eine Reihe von Kapillarkonstanten bezüglich ihres Verhältnisses zum spezifischen Gewicht, so zeigt sich, dass der Einfluss des letzteren eben nur ganz im allge- meinen bemerkbar wird. Kapillarkonstanten nach Quincke (aus Luftblasen) geordnet nach dem spezifischen Gewichte. Flüssigkeit | Spezif, Gew. | a Siedepunkt. | | | | | Chloroform 0.455, pres 1,4878 | 3,120 61,2 Schwefelkohlenstoff . . . | 1,2687 | 3,274 | 46 Elwennm 2. oe 1,2535 | 7,348 N RN N 1 so |. 100 Rizinusöl I x00833 = 3850 | Deberthran . 2.3 „| 0,9251 3,391 Mandelöl I 0,9173 3,515 Owen are 0,9152 | 3,760 ET en > an 3,348 RARSOl AL at. Me e 0,9130 3,340 Benzol sel e|2 210,898 3,1923 80,4 Merpenunol Pure 1. all 0,8867 3,095 150—175 Stemöler east] ur OLORR 3.233 Kikchold ee: |.) 00.1908 2,354 | 78,4 Ather NE N | 1,70 | 35 | Aus dieser Aufrechnung ersehen wir, dass die Massen allein gewiss nicht ausschliesslich bestimmend sind für den Wert der Oberflächenspannung; es müssen zum mindesten eine Reihe von Nebenumständen hinzukommen, die das Resultat in hohem Grade beeinflussen. Von diesen Nebenumständen lassen sich einzelne genauer bezeichnen. Dıe allgemeine Ableitung der Öberflächenkräfte etc. 955 Es entspricht unserer Ableitung und ist auch von Quincke wenigstens in einer früheren Arbeit (1870) hervorgehoben worden, dass die Kapillarspannung immer herabgesetzt wird, wenn auf der Flüssigkeitsoberfläche Dämpfe (Gase) adsorbiert werden. Später hat dieser Autor der in Rede stehenden Erscheinung eine eigene Untersuchung gewidmet (1877, pag. 568 ff.) und geglaubt »die Abnahme der Oberflächenspannung der Flüssig- keit mit der Zeit als ähnlich den Erscheinungen der elastischen Nachwirkung bei festen Körpern« auffassen zu müssen. Ange- sichts der grossen Schnelligkeit und der Energie, mit welcher Adsorption an Oberflächen verschiedener Art statt hat, ange- sichts der Tatsache, dass selbst bei Berührung flüssiger Medien offenbar analoge Erscheinungen statt haben (cf. oben Queck- silbertropfen und Alkohol), möchten wir bei der Erklärung der Abnahme der Kapillarkonstante durch Adsorption stehen bleiben. Ist dies richtig, dann werden die Zahlen, welche für die Ober- flächenspannung bei Berührung der Flüssigkeit mit Luft ge- funden werden, eine sehr verschiedene Bedeutung haben. Denn die leicht verdampfbaren Medien werden in einer durch Adsorp- tion festgehaltenen ungemein dichten Dampfhülle gleichsam schwimmen. Man wird also in diesem Falle die Spannung zwischen dem flüssigen Medium und der Dampfhülle messen. Auf diese Weise scheint es mir erklärlich, dass z. B. die Ober- flächenspannung von Chloroform und Schwefelkohlenstoff im Verhältnis zum spezifischen Gewicht zu klein gefunden wird. Genauer stimmt die Forderung, dass zu einer grösseren Didhte auch eine grössere Oberflächenspannung gehören muss, nur für Lösungen von Salzen. Quincke hat sich ein sehr grosses Verdienst dadurch erworben, dass er die wässrigen und alkoholischen Lösungen von Salzen genauer untersuchte. Er fand »dass bei derselben Konzentration die Stoffe mit kleinerem Äquivalentgewicht einen besonders hohen Wert der Oberflächen- spannung zeigen«, und die nähere Betrachtung lehrte ihn, »dass 256 Prof. Dr MARTIN HEIDENHAIN, die Kohäsion (Oberflächenspannung — Ref.) nahezu pro- portional der Anzahl y von Salzäquivalenten zunimmt, die in der betreffenden Lösung mit 100 Äquivalenten Wasser verbunden sind«. »In der Tat lassen sich bei den Chloriden die Beobach- tungen an Kapillarröhren nahezu durch die Gleichung (&) = 7 mgr, 35 + 0,1783 y, die Beohachtungen an flachen Luftblasen nahezu durch die Gleichung a == 8 mgr, 30 + 0,1870 y darstellen«. »Äquivalente Mengen verschiedener Chloride (von gleichen Chlorgehalt) zu derselben Menge Wasser gebracht, gaben Salzlösungen von nahezu gleicher Kohäsion oder Ober- flächenspannung«. Hieraus geht mit vollständiger Deutlichkeit hervor, dass bei gleicher Dichte die Molekülzahl wesentlich in Betracht kommt. Hiermit kommt zur Geltung, dass die Oberflächenkräfte Mole- kularkräfte sind. Der Fall der Salzlösungen ist darum ver- gleichsweise so einfach und übersichtlich, weil ceteris paribus nur der Salzgehalt sich ändert. Es ist nun ausserordentlich auffallend und für die Biologen von grösstem Interesse, dass nach den Bestimmungen Quinckes bei wässrigen Lösungen colloidaler Körper der Wert der Oberflächenspannung sich erniedrigt. Dies geht aus folgenden Quinckeschen Zahlen mit genügender Deutlichkeit hervor (s. umstehende Tabelle). Besonders merkwürdig ist, dass Seifenlösungen, obwohl. sie ja viele Kapillarerscheinungen in prachtvoller Weise zeigen, vergleichsweise eine sehr geringe Obenflächenspannung besitzen. Da die Gerbsäurelösung eine starke Erniedrigung der Ober- flächenspannung aufweist, so ist anzunehmen, dass die wässrigen Lösungen ungemein vieler ähnlicher aromatischer Verbindungen (z. B. der Anilinfarben) ebenfalls niedrige Werte der Ober- Die allgemeine Ableitung der Oberflächenkräfte ete 257 Spezif. Gew. | Z | | Wasserku LAITH | 1 | 8,253 Hlühmereiweiss cr eeinmeerr 1,0365 3.934 1,0384 5,370— 4,913 Venetianische Seife . . . ».. 0,9983 2,681 0,9992 2,672 1,0009 2,563 Gerhsaure. (100) > » rl 1,0352 5,897 ArabeGumma (200) 2 1,0708 7,603 Hausenblase (sehr verdünnt) . . . | 1 6,790 Gelatine ; ! DR, 1 TE Agar-Agar 2 h Se | 1 | 7,842 flächenspannung ergeben werden. Die starke Erniedrigung der Kapillarspannung bei Hühnereiweiss kann uns ferner einen Hin- weis darauf geben, was wir bei den eiweisshaltigen Körpersäften, auch beim Protoplasma zu erwarten haben. Schliesslich zeigen die Zahlen für Hausenblase und Gelatine, dass der Zusatz geringer Mengen kolloidaler Körper selbst ohne wesentliche Veränderung des spezifischen Gewichtes genügt, um den Wert der Ober- flächenspannung sehr merklich herabzudrücken. Die Mole- kularkraft des "Mediums nimmt .also, bei ‚Zusatz kolloidaler Körper sogleichab. Diese Bemerkung scheint mir äusserst wichtig zu sein bei Beurteilung der Art und des Wertes der Oberflächenspannung Protoplasma/Wasser. Mit der Frage des Krümmungsdruckes habe ich m dieser Schrift keine Veranlassung mich näher zu beschäftigen. Es seien daher nur einige wesentliche Punkte kurz hervorgehoben. Begrenzen sich zwei flüssige Medien in gekrümmter Ober- fläche, so äussert sich die gemeinschaftliche Oberflächenspannung durch einen Druck, welcher in der Richtung der Radien der Krümmung ausgeübt wird. Dieser Druck (Krümmungsdruck) 258 Prof. Dr. MARTIN HEIDENHAIN, wird als positiv gerechnet bei konvexer, als negativ bei konkaver Oberfläche. Zur Berechnung der Grösse dieses Druckes sind zwei verschiedene Formeln abgeleitet worden, welche auf den ersten Blick hin identisch zu sein scheinen, es aber dennoch nicht sind. Die Verschiedenheit der Formeln beruht auf der Verschiedenheit der Ableitungen. Die eine derselben, welche von Laplace herrührt: H/1 1 =K+-| —+7>-]), Des re en I) 3 s Bene 5 et e je! I ist offenbar in beiden Gliedern [x und 5 (++ R, ) wegen unrichtiger Ableitung anfechtbar, eine Überzeugung, zu der ich zunächst auf Grund eigener Überlegung gekommen war, welche jedoch durch die Lektüre der Schriften Mensbrugghes voll- ständig gefestigt wurde. Da die Grösse K überhaupt nicht existent ist (siehe oben pag. 232 £.), so bleibt als Rest der Ausdruck l 1 Pi=R (tr) welcher (unter Verzicht auf die ursprüngliche Ableitung von Laplace) aus der Oberflächenspannung (Tangentialspannung) sicher und gut in elementarer Weise entwickelt werden kann; die Ableitung dieser zweiten Formel trifft man in verschiedenen Varianten bei verschiedenen Schriftstellern, in wahrhaft eleganter Form jedoch bei Chwolson (wobei man davon absehen muss, 1 1 dass dieser Autor den Ausdruck + « RtR,) wiederum ver- Ü L quickt mit dem Laplaceschen K). 1) p—= Krümmungsdruck, K die schon weiter oben besprochene Konstante, > eine zweite Konstante, welche angeblich mit der Konstante « identisch sein soll, R und R; die beiden Hauptkrümmungsradien eines kleinsten Flächen- stückes. Die allgemeine Ableitung der Oberflächenkräfte ete. 259 Hier füge ich hinzu, dass es Geschmackssache ist, ob man sich als Biologe um die Ableitung solcher Formeln kümmern will oder nicht; ich für meinen Teil würde nicht zufriedengestellt sein, wenn ich Formeln brauchen müsste, deren Ableitung ich nicht kenne oder nicht zu übersehen vermag. Ferner möchte ich darauf aufmerksam machen, dass in den Lehr- und Handbüchern der Physik eine offenbare Unsicherheit betreffs des gegenseitigen Verhältnisses von Krümmungsdruck und Oberflächenspannung besteht, eine Unsicherheit, welche ebenso in die biologischen Schichten übergegangen ist. Bei dem Problem der Erhebung einer Flüssigkeit an einer vertikalen Wand wird z. B. der Krümmungsdruck des gewölbten Flüssigkeits- spiegels (der Regel nach) nicht in Betracht gezogen, vielmehr betrachtet man nur die reinen Tangentialkräfte; umgekehrt pflegt man bei der Erhebung von Flüssigkeiten in Kapillar- röhren nur den Krümmungsdruck des konkaven Meniscus zu betrachten, während man die Erörterung der Tangentialkräfte (z. B. die Spannung Glas/Flüssigkeit bei Erhebung im unbe- netzten Kapillarrohr!) oder die Spannung der adhärierenden hohlzylindrischen Flüssigkeitsschichte im benetzten Kapillarrohr) ausser acht lässt. Aus dem Gesagten erhellt, dass die Kapillaritätslehre nach der gedachten Richtung hin wohl noch einer Bereinigung fähig ist. Meiner Meinung nach wird die Unsicherheit der Auffassung des gegenseitigen Verhältnisses von Tangentialspannung und Krümmungsdruck durch mehrere besondere Umstände bewirkt, deren einer darin begründet ist, dass in der Tat gelegentlich Krümmungsdruck und Tangentialspannung ohne Schaden bei der Auffassung eines bestimmten physikalischen Phänomens !) Ein unbenetztesKapillarrohr nenne ich eine solches, welches nicht benetzt wurde, ehe der Versuch begann; ein benetztes Kapillarrohr wird gewöhnlich dadurch erhalten, dass man die benetzende Flüssigkeit durch Empor- zieheu des Rohrs zurückfallen lässt. Anatomische Hefte. I. Abteilung. 79/80. Heft (26. Bd. H. 2/3). 18 260 Prof. Dr MARTIN HEIDENHAIN, miteinander vertauscht werden können. Da dieser Punkt event. auch bei biologischen Untersuchungen in Betracht kommt, mag ein einfaches Beispiel zur Illustration dienen. Sei in Fig. 7A ein kurzes, stumpfes Pseudopodium gegeben, welches zylindrisch ist und eine halbkugelig abgerundete End- fläche besitzt. Es besteht die Voraussetzung, dass das Gebilde Kisı7. durch Oberflächenspannung sich in der Richtung der Axe zu- sammenzieht. Frage ist: welches ist die Kraft, die im ersten Momente der Zusammenziehung als wirksam anzusehen ist? Hier sind offenbar mehrere Möglichkeiten der Berechnung ge- geben: entweder wir nehmen an, der Krümmungsdruck der halbkugeligen Endfläche sei das wirksame, oder wir halten die Tangentialspannung der Zylindermantelfläche für die wirkende Kraft, oder wir könnten eventuell auch annehmen, dass beide Kräfte sich in der Wirkung superponieren. Das Letztere halte ich für falsch, denn die Oberflächen- spannung ist uns nur einmal als wirksame Kraft gegeben, Die allgemeine Ableitung der Oberflächenkräfte ete 261 denn wir haben nur eine Oberfläche, innerhalb deren die Spannung nach allen Richtungen hin gleich ist. Wir dürfen die Kraft also nur entweder als Tangentialspannung aus der Zylindermantelfläche oder als Krümmungsdruck aus der halb- kugeligen Endfläche berechnen. In beiden Fällen kommt man naturgemäls zu dem gleichen Resultate. Ist R der Radius der halbkugeligen Endfläche, so ist der von der Flächeneinheit ausgeübte Krümmungsdruck Der in der Richtung der Axe ausgeübte Gesamtdruck be- trägt indessen ER denn der Grundkreis der Halbkugel R?x ist zugleich die Projektion der Halbkugel in der Richtung der Axe. Die gesamte wirksame Kraft ist also (im ersten Moment) pr 2. Rn. Oder aber wir gehen von dem Zylindermantel aus, dann kommen wir zu demselben Werte, denn die Spannung der Zylinderfläche ist gleich «. Diese Kraft wirkt aber am ganzen Umfange des Zylinders, welcher gleich 2 Rx ist; also wird die wirksame Gesamtkraft wiederum sein: Dr ea Ron: Genau denselben Fall haben wir bei der benetzten Kapillare (Fig. 7 B), denn man kann die Triebkraft, welche die Flüssigkeits- säule hebt, berechnen entweder aus dem Krümmungsdruck des Meniscus oder aber man geht von der Oberflächenspannung der die Kapillarwand benetzenden Flüssigkeitsschichte aus. Beide Wege führen zu dem gleichen Ziele und man erhält identische Werte der wirksamen Kraft. Ein anderes ist die Frage, ob einer der beiden Betrachtungs- weisen im konkreten Falle der Vorzug zu geben sei. Bei der 18* 962 Prof. Dr. MARTIN HEIDENHAIN, Kapillare kann die Entscheidung nicht schwer fallen, denn wenn man eine stark gefärbte Flüssigkeit aufsteigen lässt, so sieht man ohne weiteres, dass es die flüssige Wandschichte ist, welche: sich zusammenzieht und die nachfolgende Flüssigkeitssäule hebt. Ausserdem ist die aufgewandte potentielle Energie, berechnet aus der Oberfläche der flüssigen Wandschichte, genau gleich der Arbeit, welche durch die Hebung der Flüssigkeit geleistet wird. In anderen Fällen dürfte indessen die Entscheidung, ob man besser von der Tangentialspannung oder besser von dem Krümmungsdruck ausgehen soll, nicht so einfach sein. Den inneren Grund, warum in den beiden gedachten Fällen Tangentialspannung und Krümmungsdruck mit einander ver- tauscht werden können, glaube ich durch folgende Betrachtungs- weise klar legen zu können. Legen wir durch die Axe der Kapillare in Fig. 7 B eine Ebene, so erhalten wir von der Flüssigkeitsoberfläche eine Durchschnittsfigur (Fig. SA), welche aus einem Halbkreise besteht, dessen Enden in zwei gerade, einander parallele Linien auslaufen; der Halbkreis entspricht dem Meniscus, die parallelen Linien der hohlzylindrischen flüssigen Wandschichte. Das schematisch angenommene Pseudo- podium (Fig. 7A) wird natürlich die gleiche Durchschnittsfigur ergeben. Diese Durchschnittsfigur (Fig. SA) kann man in Vergleich setzen mit einem gespannten Faden (mathematisch gedacht: ohne Dicke), welcher über zwei Rollen läuft (Fig. SB). Heisse das Gewicht, welches den Faden spannt, p, so wird diese Spannung p genau der Tangential- oder Oberflächenspannung « in den vorher betrachteten Fällen entsprechen. Daher wird im Zustand des Gleichgewichtes das durch den Flaschenzug gehobene Gewicht P = 2p sein. Der Anhänger P würde im Fall der Kapillare dem Gewicht der Flüssigkeitssäule entsprechen. Es ist nun klar, dass wir bei der physikalischen Betrachtung die Spannung der beiden Längsfäden ersetzt denken können durch Die allgemeine Ableitung der Oberflächenkräfte etc. 263 den Druck, welchen der halbkreisförmige Teil abe der Faden- strecke auf die Rolle ausübt. Der Druck auf die Rolle würde aber analog sein dem Krümmungsdruck. Mithin dürfte aus dieser Analogie deutlich hervorgehen, wie es zu verstehen ist, dass einige Autoren vorwiegend mit dem Krümmungsdruck, andere mit der Oberflächenspannung arbeiten und doch zu dem nämlichen Resultate kommen. Mit diesen Auseinandersetzungen ist allerdings der Gegenstand nicht erschöpft, da die Hervor- drängung bald des einen bald des anderen Prinzipes Einseitig- keiten der Betrachtung zur Folge hat, welche gelegentlich störend wirken. Doch ist hier nicht der Ort auf weitere Details ein- zugehen; hiermit endigen wir unsere allgemeinen physikalischen Betrachtungen. 264 Prof Dr MARTIN HEIDENHAIN, Zweiter Hauptteil. Die Selbstordnung (Cytotaxis) sich „berührender“ Furchungszellen erklärt als Wirkungsweise der Ober- flächenspannung. Wir wenden nunmehr die Theorie der Oberflächenspannung auf die Selbstordnung sich berührender Furchungszellen an und geben zunächst einen kurzen Auszug aus der Rouxschen Be- schreibung dieses sehr bemerkenswerten Phänomens. Hierbei lassen wir soweit wie möglich den Autor selber sprechen. Roux schreitet bei seiner Beschreibung von den einfacheren zu den komplizierteren Fällen fort und beschreibt demgemäss zunächst das Verhalten nur zweier Zellen, S. 287 ff. „ >Isolierte Furchungszellen der zerrissenen Morula und Blastula des Frosches, welche sich punktuell berühren, geschehe letzteres zufällig oder in Folge von aktiver Selbstnäherung (Cytotropismus), können sich in mannigfach verschiedener Weise verhalten »Wenn die Zerschneidung oder Zerreissung des gefurchten Eies in filtriertem Hühnereiweiss oder in !/,—!/s°/, iger Koch- salzlösung bei einer Wärme von 20—27°C. und gleich am An- fang einer rechtzeitigen Laichzeit erfolgt, so findet bei den meisten der... . nach der Isolierung rasch annähernd kugel- rund werdenden Zellen im Laufe von 5—10 Minuten ein aus- gedehntes flächenhaftes Sichaneinanderfügen der sich berührenden Zellen statt, welches manchmal noch mit besonderen Gestalt- änderungen verbunden ist« (Fig. 9). !) Die Rouxschen Figurenbezeichnungen wurden mit den fortlaufenden Figurenbezeichnungen dieser Arbeit vertauscht. Dıe allgemeine Ableitung der Oberflächenkräfte etc. 265 »Dieses flächenhafte Sichaneinanderlegen der Zellen sei kurz als „Zusammenfügung der Zellen“ (Cytarme) be- zeichnet. « Bie29. b »Die Cytarme erfolgt (von oben gesehen) gewöhnlich, aber nicht immer, nach beiden Seiten vom ersten Berührungspunkte aus gleichmälsig, also »gleichseitig« und kann ver- schiedene Grade erreichen und dann stehen bleiben oder auch sich wieder lösen « »Ist die Zusammenfügung von zwei und mehr Zellen soweit fortgesetzt, dass an der Zellengrenze keine Furche mehr besteht (s. Fig. 9), die freie Oberfläche ungebrochen von einer Zelle auf die andere übergeht, so heisse die Zusammenfügung eine vollkommene, die Anordnung eine geschlossene“ »Ist noch eine Furche an der Zellgrenze vorhanden (Fig. 10), so ist die Zusammenfügung eine unvollkommene, die Anordnung eine (mehr oder weniger) offene“ . »Die vollkommene Zusammenfügung ist das Gewöhn- liche bei den von uns verwendeten lebenskräftigen Zellen.« »Zwei einander gleichgrosse Zellen bilden dabei zu- meist eine in Richtung der mittleren Verbindungslinie beider Zellen noch etwas längliche Gestaltung (Fig. 9a). Eine fast vollkommen kugelrunde Form habe ich nur bei ungleich grossen Zellen (Fig. 9b) gesehen.« 966 Prof. Dr. MARTIN HEIDENHAIN, »Die Berührungsfläche beider Zellen ist meist eben (Fig. 9a, 10a), anscheinend selbst bei sehr verschiedener Grösse der beiden Zellen; diese Art der Verbindung heisse „ebene Zusammenfügung“. »Doch kommt es auch vor, dass die eine Zelle stark ge- rundet bleibt, an welcher sich die andere Zelle ausgedehnt an sie anschliesst: „gewölbte Zusammenfügung“ (Fig. 9d, f, 10b, c, d).« Fig. 10. PR® »Wenn die Zellen sehr ungleich gross sind, und besonders, wenn eine kleinere Zelle pigmentiert ist, kommt es vor, dass sie sich nicht so stark flächenhaft verbreitert, um die Möglichkeit einer kugeligen Rundung des Komplexes zu gewähren; dies ist wohl zugleich der Grund, dass in diesen Fällen die grössere Zelle ein halsartig verjüngtes Übergangsstück bildet (SaRie>Irerundz Ve) Weitere instruktive Bilder werden bei der Zusammenfügung von 3 Zellen erhalten (S. 392—394 bei Roux). »Liegen die drei sich punktuell berührenden Zellen in einer geraden Reihe, also die Mittelpunkte der Zellen in einer geraden Linie, so liefert die Abplattung zunächst eine gerade Zellenreihe mit Formverhältnissen, wie sie auch aus Seifen- Die allgemeine Ableitung der Oberflächenkräfte ete. 267 blasen gebildet vorkommen (s. Fig. 11a).« Die entsprechende geschlossene Anordnung sieht man in Fig. 11b. Lagen die drei Zellen anfänglich im Bogen, so erhält man auch eine gebogene Zellreihe (llc und d). Big2 Il: CD a 06 «Sind dagegen drei (oder mehr) Zellen so geordnet, dass jede Zelle zwei (oder mehr) Zellen berührt, so liegt eine Anordnung vor, die verdient, von der einfachen Zellreihe durch eine kurze Bezeichnung unterschieden zu werden; sie heisse daher „Zellkomplex“ »In einem »Komplex« aus drei (oder mehr) punktuell sich berührenden Zellen (s. Fig. 12a) platten sich die Zellen gleich- falls gewöhnlich aneinander ab, und zwar meist derartig, dass bald der anfängliche Hohlraum in der Mitte schwindet und die drei Berührungsflächen in einer Kante zusammenstossen, also eine »Dreiflächenkante« bilden (Fig. 12 b—d), ähnlich wie bei Seifenblasen. Bei letzteren werden die Winkel, welche die drei Berührungsflächen miteinander bilden, durch die relative Grösse der Blasen bestimmt (ist unrichtig, d. Ref.). Bei unseren Zellen können die Winkel diesem Verhalten auch ent- sprechen; doch kommen auch alle denkbaren Abweichungen davon vor, siehe z. B. Fig. 12b, wo die grosse Zelle einen Winkel von fast 150° bildet und Fig. 12 d, wo die kleinste Zelle 268 Prof. Dr. MARTIN HEIDENHAIN, dasselbe tut« ... . Lebenskräftige Zellen erreichen gewöhnlich auch in diesen Fällen das Stadium der vollkommenen Zusammenfügung, bei welchem eine vollkommene oder annähernde Fig. 12. R 7 Kugelform des »Komplexes« erreicht wird, ohne dass sich einzelne Zellen durch einspringende Winkel an den Nachbarzellen absetzen. Auch bei Zusammenfügung von 4 und mehr Zellen konnten analoge Vorgänge und Anordnungen beobachtet werden. Die hierbei bisweilen entstehenden Vierflächenkanten können von langer Dauer sein (s. Fig. 13 und 14). a ce an a b Fig. 14. Die allgemeine Ableitung der Oberflächenkräfte ete. 269 Sehr merkwürdig sind die besonderen Anordnungen des Pigmentes, welche mit der Zellenzusammenfügung verbunden sind. Bei den mit »Rindenpigment« versehenen Zellen der Morula und Blastula, deren Struktur als leicht veränderlich gelten kann, zeigt sich folgendes Verhalten (S. 404 bei Roux): »An den von zwei Seiten her von Zellen berührten Zellen einer einfachen Zellenreihe häuft sich das Pigment allmählich in der Mitte der freien Oberfläche unter Freilassung eines parallel konturierten Saumes neben der Nachbarzelle an und bildet daher ein »die Zelle ringsumziehendes« Äquatorband (s. Fig. 15a). Aus der parallelen Konturierung des pigmentfreien Zellrandes ergibt sich, dass das dunkle Äquatorband die Gestalt der Zelle wiederholt; dass es selber parallel konturiert ist, wenn die betreffende Zelle parallele Berührungsflächen mit den Nach- barn bildet (Fig. 15e), dass es dagegen keilförmig erscheint (Fig. 15 c), wenn die beiden Berührungsflächen nach einer Seite konvergieren, wenn also die Zelle keilförmig gestaltet ist.« »An den Endzellen der einfachen Reihe findet sich schliesslich das Pigment zumeist gegen die Mitte der freien Oberfläche, also am distalen Ende angehäuft, und zwar bei grösseren, also jüngeren Zellen (von der Morula) stammend noch auf eine grössere Fläche verteilt (Fig. 16 b), bei kleineren älteren Zellen der Blastula an beschränkter Stelle dichter zusammen- gehäuft, die dann auch besonders vorspringt WW -1 (==>) Prof. Dr. MARTIN HEIDENHAIN, Fig. 16. Im einzelnen zeigen sich hierbei vielerlei Abweichungen von diesen Regeln; indessen kommt es uns hier nur auf die typischen Fälle, auf die typischen Bilder an. Roux teilt dann ferner mit, dass bereits zusammengefügte Zellen sich auch von selbst wieder trennen können (Cytochorismus), entweder durch Abkugelung einer oder zweier sich berührender Zellen oder auch durch spaltförmige Trennung. Es sind offenbar neu hinzutretende Ursachen, insbesondere » Änderungen der Qualitäten« der Zellen (Roux), welche diesen Effekt bedingen (Zellentod, Kontraktion etc.) und daher haben wir unsererseits kein besonderes Interesse an dieser Sache. Ferner hat Roux besonders ausführlich die von ihm be- obachtete Tatsache behandelt, dass während der Zellenzusammen- fügung auch gleitende Verschiebungen der Zellen gegeneinander vorkommen, sogen. »Cytolisthesis«. Dieses Zellengleiten kann dazu führen, dass selbst verhältnismälsig grosse im Anfang ungeordnete Komplexe von Zellen allmählich sich zur Gesamt- form einer Kugel zusammenschliessen. Mehrere Arten von Zellengleiten werden unterschieden. Berühren sich zwei Zellen punktuell oder flächenhaft, so kann 1. der Fall stattfinden, dass die in Bewegung begriffene Zelle sich nur um ihren Schwerpunkt dreht; 2. kann hierbei gleichzeitig auch eine Verlagerung des Schwerpunktes statt haben: 3. kann die Verlagerung der Zelle auch als einfaches Gleiten ohne Drehung derselben um den Schwerpunkt zu stande kommen; eine analoge Unterscheidung gilt für die gleitende Bewegung von Zellkomplexen. Die allgemeine Ableitung der Oberflächenkräfte etc. ra Das Zellengleiten ist, wie wir später sehen werden, prinzipiell dasselbe wie die Zellenzusammenfügung; es ist daher auch hier nicht nötig, weitere Einzelheiten zu berichten. Roux hat ferner in einer ausführlichen theoretischen Er- örterung zu bestimmen versucht, welchen eventuellen Anteil die Wirkung der Oberflächenspannung bei der Selbstordnung der Furchungszellen hat. Er will die Wirkung der Oberflächenkräfte, wie ausdrücklich hervorgehoben zu werden verdient, einstweilen nur als möglich ansehen und behandelt diese Frage als Problem. Diese langwierige theoretische Diskussion Roux’s bewegt sich sozusagen auf unrichtiger Fährte, wie in kurzem dargetan werden soll. Hat man, wie Roux, eine ergebnisreiche biologische Unter- suchung hinter sich und wünscht man fernerhin die Formeln und Begriffe der Physik auf diese in Anwendung zu bringen, so sollte man, scheint mir, zunächst scharf und genau feststellen, welches die physikalischen Bedingungen waren, unter denen die in Frage kommenden biologischen Vorgänge sich abspielten; denn nur auf diesem Boden kann sich dann ergeben, ob von seiten der Physik bereits Ergebnisse vorligen, welche direkt auf biologische Prozesse bezogen werden können. In unserem Falle sollte man doch wohl zunächst fragen: welches ist die Natur der sich be- grenzenden Medien? Kann hieraus vermutungsweise auf die Existenz einer Oberflächenspannung geschlossen werden und wo haben wir den materiellen Träger derselben zu suchen? Roux fällt aber gleichsam mit der Türe ins Haus; der Autor spricht sogleich von »Blasenspannung«, von der »Plateauschen Öberflächenspannung«, den »Plateauschen (Gesetzen«, dem »Plateauschen Prinzip der kleinsten Oberflächen- 972 Prof. Dr. MARTIN HEIDENHAIN, spannung« etc. Nach welcher Richtung hin der angestrebte Vergleich mit anorganischen Objekten sich bewegt, bleibt dem Leser zunächst unklar. Jedoch ergibt sich alsbald, dass Roux unter Oberflächen- spannung lediglich den Krümmungsdruck versteht. Wir unsererseits wollen dagegen mit Quincke und den meisten deutschen Autoren den Begriff der »Oberflächenspannung« mit demjenigen der Tangentialspannung identifizieren, deren Mafs die Kapillaritätskonstante - ist. Nun würde es für den Leser Roux’s, nachdem er die erste Orientierung gewonnen hat, gleichwohl möglich sein, ein klares Verständnis der Abhandlung zu gewinnen, wenn der Autor unter der allgemeinen Bezeichnung der »Plateauschen Prinzipien« lediglich die bekannte (Laplacesche) Formel für den Krümmungsdruck verstände, mit welcher Plateau arbeitete und welche er durch das Experiment zu begründen versuchte; es wäre dies der Ausdruck: = H 1 1 Be (+; == RK) Aus dieser Formel nämlich würde man die Eigenschaften wenigstens aller gekrümmten Flüssigkeitsoberflächen ableiten können, ja man könnte den Versuch wagen, auch die »Uytarme« und die »Cytolisthesise mit dieser Formel in Einklang zu bringen. Roux bezieht aber offenbar fortwährend den Ausdruck »Plateausche Gesetze« auf den Spezialfall der Seifen- blasen, welchen er des Vergleichs halber immer wieder und wieder benutzt. Auf der anderen Seite versäumt aber Roux den Nachweis, dass der spezielle Fall der Seifenblasen in irgend eine nähere Analogie zu dem Verhalten der Furchungszellen gebracht werden kann; dies wäre ja nur möglich, wenn die physikalischen Bedingungen hier und dort wenigstens annähernd die nämlichen wären. Dies ist aber keineswegs der Fall, und daher ist es auch wieder ganz ohne Belang, dass der Autor bei Die allgemeine Ableitung der Oberflächenkräfte ete. DAS den Furchungszellen massenhafte Abweichungen von dem Ver- halten der Seifenblasen auffindet. Dies ist vielmehr selbst- verständlich. Man verstehe also recht: Es kann das Verhalten der Seifen- blasen aus der Laplaceschen Grundformel abgeleitet werden und es könnten eventuell auch die Rouxschen Beobachtungen einem Versuche der Ableitung aus dieser Formel unterzogen werden. Aber es können gewiss auch Hunderte von anderen Spezialfällen aus jener Formel verständlich gemacht werden, wie man z.B. auch das Ansteigen einer Flüssigkeit in einer Kapillare aus jener Formel abzuleiten pflegt. Allein es ist durchaus nicht. notwendig, dass die aus jener Formel abzuleitenden speziellen Fälle unter sich in direkter Analogie stehen. Daher wird auf Grund der Rouxschen Erörterungen niemand einsehen können, warum viele direkte Analogien zwischen Seifenblasen und Furchungszellen von vornherein angenommen oder wenigstens vermutet werden. Hier füge ich hinzu, dass ich massenhafte Versuche mit. Seifenblasen und flüssigen Seifenlamellen gemacht habe und über die physikalische Seite der Sache genügend orientiert bin. Die Lage wird ausserdem dadurch erschwert, dass Roux annimmt, die Winkel, welche die Seifenlamellen miteinander bilden, seien durch die relative Grösse der angrenzenden Blasen bestimmt. Es ist dies ein Verstoss gegen die physikalischen Grund-Prinzipien der Blasenspannung und hierdurch wird der Wert aller Äusserungen Roux’s über die Dreiflächenkante in ihrer Bedeutung für die Theorie der Zellenzusammenfügung und der Furchung zweifelhaft, denn die Sachlage steht so, dass selbst das massenhafte Vorkommen von Dreiflächenkanten in zelligen Geweben überhaupt nicht irgendwie beweisend für die Wirk- samkeit von Oberflächenspannung ist (was gewiss auch Roux nicht angenommen hat). Ja man könnte aus dem Vorkommen von Dreiflächenkanten nicht einmal vermutungsweise 974 Prof. Dr. MARTIN HEIDENHAIN, auf die Wirkung von Oberflächenkräften schliessen, ausser wenn sämtliche Winkel ohne Rücksicht auf die Grösse der anstossenden Blasen durchgängig gleich 120° sind. Sind aber die eingeschlossenen Winkel ungleich gross, so ist das einzige, was im äussersten Falle gesagt werden kann, dass die Dreiflächenkanten der Theorie der Blasenspannung nicht widersprechen: sind die eingeschlossenen Winkel ungleich, so müsste man darauf reflektieren, die Kapillaritätskonstanten in den verschiedenen Lamellen ungleich gross anzunehmen. Im übrigen wolle man noch auf folgendes acht haben. Ein Rhombendodekaeder zeigt Winkel von 120°; dies ist eine Form, welche gewiss häufig mit grösserer Annäherung bei Zellen vor- kommt, welche zu einem grösseren Komplexe zusammengeschlossen einer allseitig gleichmässigen Pressung ausgesetzt sind. Nun ist es möglich, einen Komplex von Bleikugeln durch äussere Pressung so zu behandeln, dass jede Kugel in die Form eines Rhombendodekaeders übergeht. In diesem Falle würde man innerhalb der ganzen Masse nur noch Dreiflächenkanten haben, obwohl von »Blasenspannung« in diesem Falle nicht die Rede ist. Mithin ist hieraus zu ersehen, dass selbst wenn ein Komplex von Zellen ausschliesslich Dreiflächenkanten mit ein- geschlossenen Winkeln von 120° zeigt, dennoch ein besonderer Beweisgang nötig wäre, um zu zeigen, dass es Oberflächen- spannung war, welche diese Formengebung bedingte. Es geht nun aus der Rouxschen Arbeit offenbar hervor, dass er die Zellen selbst um des angestrebten Vergleichs willen als Analoga der Seifenblasen ansieht; für eine solche Parallele dürften wir indessen meiner Meinung nach in Wahrheit keinen Anhalt haben. Eher würde ich — unter dem Gesichtspunkte der Oberflächenspannung — einen soliden Flüssigkeitstropfen als physikalisches Analogon einer Furchungszelle betrachten. Diese Die allgemeine Ableitung der Oberflächenkräfte ete. 275 Analogie mit dem Flüssigkeitstropfen hat ja auch Roux in einer späteren Arbeit äusserst geschickt benutzt. Jedesfalls sitzt nach Roux die wirksame Oberflächen- spannung in der Oberfläche der Zelle selbst, also etwa in deren Rindenschicht, und da sich nun viele Abweichungen von dem Verhalten der Seifenblasen zeigen, so meint Roux, dass, wenn überhaupt die Oberflächenspannung zur Erklärung der beobach- teten Phänomene herangezogen werden solle, dann die Ober- flächenspannung der Zelle nicht homogen sein dürfe, viel- mehr müsse die wechselvolle Art der Erscheinung auf eine »anomogene« Spannung zurückgeführt werden. (Roux, pag. 440 ff.) »Alle die erwähnten Gestaltungen können durch die Ober- flächenspannungen »vollzogen« werden, sofern die Ober- flächenspannungen der einzelnen Zellen, resp. ein- zelner Stellen der Zellen entsprechend verschiedene sind, und wenn diese Spannungen selber zeitlich wechseln, und sofern noch allerhand Vorbedingungen wie leichte Umgestaltbarkeit des Zellinhaltes und leichte Verschieb- barkeit der Zellen erfüllt sind.« »Diese örtliche und zeitliche Verschiedenheit der Oberflächenspannungen muss aber, so weit durch sie »typische«, das heisst bei den Individuen derselben Art, resp. bei den Nachkommen derselben Eltern stets in gleicher Weise wieder gebildete Ge- staltungen hervorgebracht werden, selber eine »typische« sein. »Daher kommt auch bei der »Vermittlung« der bezüg- lichen typischen organischen Gestaltungen durch »Ober- flächenspannung« wieder die »typische Besonderheit« (die so- genannte individuelle, besser personelle Beschaffenheit oder Spezifi- kation) der einzelnen Zellen wieder vollzur Geltung.... Anatomische Hefte. I. Abteilung. 79/80. Heft (26. Bd. H. 23). 19 180) SI | Prof. Dr MARTIN HEIDENHAIN, »An die Stelle des Herrschens der einfachen physi- kalischen Komponente der Spannung homogener Oberflächen tritt somit wieder als das die Anordnung und die Ge- stalt der Zellen und die »normale« Gestaltung der aus ihnen gebildeten Komplexe Beherrschende die Indivi- dualität der Zelle nebst den aus dem Zusammensein solcher Zellen sich ergebenden, gestaltenden Wirkungen. « »Erst mit diesen Annahmen wird es überhaupt möglich, die Oberflächenspannung für die Ableitung der mannigfachen Erscheinungen der Selbstordnung der Zellen heranzuziehen. « In seiner »Zusammenfassung« am Schluss der Arbeit sagt Roux, dass es möglich, ja in gewissem Malse wahrscheinlich sei, dass die verschiedenartigen von ihm beobachteten Gestal- tungen und Zellwanderungen durch Oberflächenspannungen ver- mittelt seien, und zwar durch die Spannungen anomogener, in ihrer Qualität örtlich und zeitlich wechselnder Oberflächen. Zu dieser Ableitung einer anomogenen Spannung verschiedener Stellen der Zelloberfläche möchte ich folgendes bemerken: 1. Der Gedanke Roux’s, dass die Spannung in den Be- rührungsflächen der Furchungszellen entweder Null werden muss oder wenigstens so gering, dass sie gegenüber der Spannung der freien Oberflächen nicht mehr in Betracht kommen kann, ist vollkommen richtig. Roux sagt darüber pag. 444: »Wenn an den Berührungsflächen der Zellen die Spannung aufhörte, und bloss an der freien Oberfläche eines Komplexes die Oberflächenspannung erhalten bliebe, und wenn diese Ober- flächenspannung von einer Zelle auf die andere sich fortsetzte, so würde der ganze Komplex gleichsam von einer einzigen Haut umschlossen, welche sich möglıchst zu kontrahieren strebt und daher den ganzen Komplex der Kugelform nähert, eine Bildung, die den von uns häufig gesehenen »vollkommen geschlossenen Anordnungen« entspricht, « Die allgemeine Ableitung der Oberflächenkräfte ete. | Diesem Gedankengange hätte der Autor nachgehen müssen. Da aber der Ausgangspunkt der theoretischen Untersuchung nicht genügend gesichert war, so konnte dieser an sich richtige (Gredankengang auch nicht in richtiger Weise fruktifiziert werden. Wenn zwei Oberflächen identischer Medien sich direkt berühren, so ist die Oberflächenspannung zwischen ihnen gleich Null; dieser Fall liegt bei den Furchungszellen vor. Es kommen an den sich berührenden Flächen nur noch die in der Zellrinde etwa vorhandenen elastischen Spannungen in Betracht. 2. Aus der von mir hier betonten Tatsache, dass bei direkter Berührung zweier Zellen die Oberflächenspannung an der Berührungsfläche Null werden muss, kann selbstver- ständlich nicht geschlossen werden, dass die Oberflächenspannung der Zellen »anomogen« geworden ist. Denn da eine Spannung an der gemeinschaftlichen Berührungsfläche fehlt, so ist diese Fläche, unter dem Gesichtspunkt der Theorie der Öberflächen- spannung betrachtet, gleichsam als nicht vorhanden anzusehen, während die gesamte übrige, noch mit dem äusseren Medium in Berührung stehende Oberfläche die nämliche (homogene) Spannung besitzen würde wie zuvor. Dass Roux auf eine »anomogene« Spannung der sich be- rührenden Furchungszellen schloss, war, wie sich späterhin gezeigt hat, sehr ungünstig für die weitere literarische Entwickelung, denn wenn auch Roux selbst bei seinem bekannten Scharfsinn einen malsvollen Gebrauch von dieser Idee einer »anomogenen« Spannung machte, so hat doch eben diese Idee bei Rhumbler eine kolossale Verwirrung angerichtet. Siehe dessen Arbeit über den Aggregatszustand und die physikalischen Besonderheiten des Protoplasmas. Die dort produzierte Theorie der Entstehung der Foraminiferengehäuse ist eine ganz ausserordentliche Verirrung, und diese ist nur auf Grund des Begriffes der »anomogenen« Spannung in Verbindung mit einer total willkürlichen Aus- 19: DT [0 0) Prof. Dr. MARTIN HEIDENHAIN, legung des sogen. Gesetzes von der Konstanz des Randwinkels zu stande gekommen. Dieses Prinzip der »anomogenen« Spannung ist, solange nichts Tatsächliches über das Vorkommen solcher »anomogenen« Spannungen ausgemacht werden kann, überhaupt gar kein Prinzip, wenn nicht ein Prinzip der Willkür, und als solches sehen wir es bei Rhumbler auftreten. Dieses Prinzip gestattet, wie sich jetzt schon gezeigt hat, jedem Autor beliebige Annahmen oder Mutmalsungen zur Erklärung beliebiger in der belebten Natur vorkommender Bewegungs- und Gestaltungsvorgänge. 3. Roux und ihm folgend Rhumbler, sowie auch andere Autoren haben übersehen, dass anomogene Spannungen der Oberfläche nur momentan existenzfähig sind. Denn sie müssten Veranlassung geben zur Entstehung reissender Oberflächen- strömungen, welche dem Ausgleich jener ungleichen Spannungen dienen. In diesem Sinne hat auch Bütschli die ungleiche Spannung der Oberflächen zur Erklärung der Strömungs- erscheinungen des Protoplasmas und mittelbar zur Erklärung der Kriechbewegungen niederer Geschöpfe verwertet. Hat aber Roux in jenen Zellen, welche seiner Mutmafsung nach anomogene Oberflächen in dem bezeichneten Sinne be- sitzen, jemals Strömungserscheinungen längs dieser Oberflächen gesehen ? Ich will es nun versuchen, dem Problem der Zellenzusammen- fügung physikalisch näher zu treten, wobei ich die oben gege- bene Ableitung benutze. Gehen wir von dem Phänomen der Seifenblasen aus, so haben wir in diesem Falle Hohlkugeln, welche direkt unter gewöhnlichen Umständen überhaupt nicht zur Vereinigung, also auch nicht zum flächenhaften Aneinanderlegen zu bringen sind. Die Vereinigung gelingt nur dann, wenn an der einen Seifen- Die allgemeine Ableitung der Oberflächenkräfte etc. 279 blase unten ein Flüssigkeitstropfen hängt und wenn man mit diesem Tropfen die zweite Blase berührt. Warum unter diesen Umständen die Vereinigung relativ leicht von statten geht, möchte ich nicht erörtern, da ich darüber zu keiner Klarheit kommen konnte. Sind zwei Seifenblasen in Vereinigung getreten, so sind sie miteinander im eigentlichsten Sinne verschmolzen; sie ver- halten sich gewissermafsen wie siamesische Zwillinge, denn die Substanz der trennenden Wand ist beiden Blasen gemeinsam. Ferner ist die innere Oberfläche der beiden Blasen entsprechend vergrössert, die Summe der äusseren Oberflächen indessen verkleinert. Die Gesetze, nach denen die Zusammenfügung der Seifen- blasen statt hat, lassen sich leicht entwickeln und man findet die entsprechenden Angaben in allen Lehrbüchern. Es muss der Druck innerhalb der einen Blase plus der Spannung der trennenden Wand gleich dem Druck in der zweiten Blase sein. Ausserdem dürfen immer nur 3 Flüssigkeitslamellen in einer Kante zusammenstossen und die Winkel zwischen den Lamellen müssen unter sich gleich sein (bei beliebiger Grösse der an- srenzenden Blasen). Das Beispiel der Furchungszellen ist nun dem der Seifen- blasen durchaus unähnlich. Ich führe hierfür zunächst folgende Gründe allgemeiner Art ins Feld. I. Die Zellen bestehen nicht aus »flüssiger« Materie, sondern ihre Substanz ist organisiert. Ich will an diesem Orte den alten Streit darüber, ob die lebendige Materie als flüssig oder »fest« anzusehen sei, nicht erneuern. Ich will darüber nur wenige kurze Bemerkungen verlieren. Es hat sich in neuerer Zeit gezeigt, dass die bekannte Streitfrage besser nicht auf einen festen oder flüssigen Zustand der lebenden Masse gestellt wird, sondern dass es sich um die Frage der Organisation der lebendigen Materie handelt. Jenen 280 Prof. Dr. MARTIN HEIDENHAIN, Zustand des Protoplasmas, den andere Autoren als flüssig ansehen (Plasma der Rhizopoden, Pflanzenzellen, Leukocyten etc.) möchte ich mit einem neuen Terminus technicus als den mobilen Zustand des Plasmas bezeichnen. Er ist meiner Meinung und meinen Beobachtungen nach gekennzeichnet durch den schnellen Wechsel der Organisation. Was die Furchungszellen anlangt, so möchte ich zunächst und wiederholt darauf hinweisen, dass sämtliche Versuche, welche sich auf »Furchung unter Pressung« beziehen, durch Ver- änderung der elastischen Spannung!) des Plasmas erklär- lich sind (Spannungsgesetz 1895, 1897), und dass aus diesem Umstande allein schon die Organisation des Plasmas der Furchungszellen hervorgeht. Dass dieser organisierte Zustand, welcher von dem der Flüssigkeiten (einschliesslich der Emulsionen) himmelweit verschieden ist, bei Furchungszellen tatsächlich vorhanden ist, zeigt sich auch wiederum dadurch, dass, — selbst- verständlicher Weise, — die von Roux beobachteten Er- scheinungen auf der Basis der Annahme eines flüssigen Zustandes der Zellen total unerklärlich sind, wie sich sofort aus folgendem ergibt. II. Seifenblasen (mit flüssiger Wand!) vereinigen sich unter gewöhnlichen Umständen nicht, sondern verhalten sich wie elastische Bälle, welche beim Zusammenschlagen voneinander abprallen. Werden sie unter bestimmten Bedingungen dennoch zur Vereinigung gebracht, so verschmilzt ihre Substanz un- auflöslich. Die Furchungszellen vereinigen sich im Gegensatz hierzu spontan; diese Vereinigung ist indessen eine äusserliche, die 1) Die Bezeichnung „elastische Spannung“ verstehe ich hier in engerem Sinne, indem ich es dahingestellt sein lasse, ob die Oberflächenspannung als elastische Spannung in weiterem Sinne bezeichnet werden darf. Die allgemeine Ableitung der Ocerflächenkräfte ete. 281 Substanz der Zellen verschmilzt nieht. Der Umstand selbst, dass die Vereinigung der Zellen freiwillig eintritt, wobei die Zellen sich, gleichsam wie unter einem erheblichen äusseren Drucke, in hohem Grade gegen einander abplatten, doch aber nicht mit einander verschmelzen, beweist, dass es sich um eine totale Adaption der Zellen mit Verdrängung der zwischen- liegenden Wasserschichte handelt. Bliebe nämlich die Wasserschichte erhalten, so würde es überhaupt gar keine Mög- lichkeit geben, auf Grund deren die Zellen lediglich durch Ober- flächenkräfte sich vereinigen könnten. Mithin ist in vorstehendem ein physikalischer Beweis für den »festen« Aggregatszustand, d. h. organisierten Zustand des Plasmas gegeben; denn wären diese Zellen flüssige Gebilde, so müssten sie ohne Grenze verschmelzen, sobald die Plasmen zweier Zellen sich direkt berühren. Hierzu noch folgende Ausführungen: Wäre eine feinste Wasserschichte zwischen je zwei gegen- einander abgeplatteten Furchungszellen vorhanden, so könnte die Abplattung nur auf dem gewöhnlichen mechanischen Wege einer äusseren Pressung bewirkt und unterhalten werden, denn die Summe aller Oberflächen aller Zellen, welche durch Ab- plattung sich zusammenfügen, ist erheblich grösser als die Summe aller Oberflächen ebenderselben, kugelig gedachten Zellen. Wären nun alle Oberflächen der zu einem Komplexe vereinigten Zellen allseitig von Wasser umgeben, so müsste die Summe der potentiellen Energie der Fläche gewachsen sein. Da aber bei der Zellenzusammenfügung offenbar Arbeit geleistet wird, so muss die Summe der potentiellen Energie der Fläche im Gegen- teile abnehmen. Dies kann nur dadurch geschehen, dass ent- weder das der Oberflächenspannung unterliegende Areal ver- kleinert wird, wobei aus der Abnahme der wirksamen Fläche die für die Arbeit der Zellenzusammenfügung notwendige Energie frei wird, oder das wirksame Areal nimmt nicht ab; dann muss 989 Prof. Dr. MARTIN HEIDENHAIN, aber der Wert der Oberflächenspannung, d. h. die Kapillar- konstante entsprechend abnehmen. Nun ist aber schlechterdings nicht einzusehen, warum der Wert der Spannung Plasma/Wasser abnehmen sollte. Es muss also die erste Alternative zutreffend sein: dass während der Zellenzusammenfügung das der Oberflächenspannung unter- liegende Areal verkleinert wird. Da nun während des in Rede stehenden Prozesses die Gesamtoberfläche der Zellen (histologisch genommen) nicht verkleinert, sondern vergrössert wird, so folgt von selbst, dass die miteinander in Berührung tretenden Flächen unter völliger Verdrängung der umgebenden Wassermasse sich vereinigen: denn in diesem Falle ist der Wert der Oberflächen- spannung der in Berührung stehenden Flächen gleich Null und auf diese Weise wird die wirksame Gesamtoberfläche Plasma/ Wasser verkleinert, sodass mithin die geleistete Arbeit durch die Abnahme der Summe der potentiellen Energie der Fläche er- klärbar wird. Es würde zur Ergänzung noch nötig sein eine Erklärung darüber abzugeben, warum an den aufeinander liegenden Flächen der Furchungszellen eine totale Verdrängung der Wasser- schichte gefolgert wird, warum nicht event. die Annahme einer teilweisen Verdrängung genügt. Die Antwort auf diese Fragestellung kann sich erst aus dem folgenden vollständig er- geben. Einstweilen wird folgendes genügen. Eine »Berührung« in physikalischem Sinne unter dem Ge- sichtspunkte der Oberflächenspannung kann erst dann zugegeben werden, wenn der Abstand beider Zellen unter den doppelten Durchmesser der wirksamen Schichte sinkt. Man würde eine Berührung total nennen müssen, wenn der Abstand beider Zellen Null ist, man würde sie unvollständig nennen müssen, wenn die Entfernung beider Zellen unter dem Durchmesser der Wirkungssphäre sinkt (0,1 u). Sobald dies geschehen ist, ver- ringert sich an dieser Stelle die Oberflächenspannung; die, Folge Die allgemeine Ableitung der Oberflächenkräfte etc. 383 davon muss sein, dass die noch zwischengeschaltete Wasser- schichte nach den Orten höherer Spannung abfliesst. Also werden die Zellen sich so lange nähern, bis sie in totaler Berührung befindlich sind und dann wird an der Berührungs- fläche die Oberflächenspannung Null sein. Wir können also zusammenfassend sagen: Der Prozess der Zusammenfügung beginnt damit, dass zwei Zellen sich punktuell und direkt berühren; diese Berührung erst bewirkt, dass die Oberflächenkräfte wirksam werden können. Denn zwei im Wasser schwimmende kuglig abgerundete Zellen besitzen Minimal- flächen; stossen dieselben bis zur völligen Berührung zusammen, so hat die nunmehr gemeinsame Oberfläche der beiden in Kontakt befindlichen Zellen den Charakter einer Minimalfläche nicht mehr; daher ist von jetzt an in der gemeinschaftlichen Oberfläche beider Zellen die Bedingung zur Wirksamkeit der Oberflächenkräfte gegeben, welche auf Herstellung einer neuen Minimalfläche hinwirken werden. III. Die Furchungszellen sind im Sinne der hier vorliegenden physikalischen Betrachtung als Vollkugeln anzusehen; die Seifenblasen sind Hohlkugeln. Eine etwas dichtere Grenzschicht ist bei allen tierischen Zellen ohne Ausnahme, selbst bei den sogen. nackten Protoplasmen, mikroskopisch nachzuweisen. Sollte man in unserem Falle selbst annehmen, dass diese Grenzschicht eine freie innere Oberfläche besitzt, so würde diese Ober- fläche doch begrenzt sein von eiweissreicher Materie und es ist infolgedessen so gut wie sicher, dass die Spannung dieser so herauskonstruierten inneren Oberfläche (welche der Innenfläche der Seifenblase analog zu denken wäre) praktisch äusserst gering, annähernd oder tatsächlich gleich Null sein würde. Der Umstand selbst, dass die Furchungszellen als Vollkugeln anzu- sehen sind, bedingt also das vollständige Verschwinden der Ober- flächenspannung bei direkter Berührung, während bei Seifenblasen die trennende Wandschichte ihre Oberflächenspannung behält. 284 Prof. Dr. MARTIN HEIDENHAIN, In obigem sind meiner Meinung nach die grundlegenden physikalischen Differenzen zwischen Seifenblasen einerseits und Furchungszellen andererseits, beide Objekte betrachtet unter dem Gesichtspunkte der Oberflächenspannung, genügend klar- gelegt worden. Alle sonst noch hervortretenden speziellen Differenzen des Verhaltens entwickeln sich auf der angegebenen Grundlage. Begreiflicher Weise wird weiterhin die gesamte Beurteilung des Zustandekommens der Zellenzusammenfügung von der Frage nach der Natur der Oberflächenspannung zwischen Protoplasma und Wasser abhängen. Viele Autoren haben schon versucht, aus den Sätzen über Oberflächenspannung Ableitungen auf physiologische Fragen zu geben; keiner von ihnen hat indessen die Frage nach der Natur der vorausgesetzten Oberflächenspannung aufgeworfen. Dieses Problem wird hiermit zum ersten Male behandelt. In der Physik kennt man beim Kapitel der Oberflächen- spannung mit Bezug auf die Begrenzung zweier Medien rück- sichtlich der Frage ihres Aggregatszustandes eigentlich nur zwei Fälle: entweder sind beide Medien flüssig oder eines ist fest, das andere ist flüssig; wird hingegen eine Flüssigkeit durch einen gasförmigen Körper begrenzt, so wird der letztere bei fast allen Betrachtungen der Physiker gleichsam als nichtexistierend angesehen. Gehen wir nun auf die Zellenlehre über, so haben wir den Fall, dass das Protoplasma selbstverständlich nicht in eemeinem Sinne »fest« (d.h. starr) ist, etwa wie die Substanz einer gläsernen Kapillare, noch auch flüssig wie Wasser, sondern wir haben einen organisierten Körper vor uns, welcher schon auf Grund des Stoffwechsels in sich veränderlich ist. Diese Sub- stanz ist ferner ihrer Struktur nach umbildungsfähig, d. h. sie ist zu mehr minder schnellen Änderungen ihrer Organisation Die allgemeine Ableitung der Oberflächenkräfte etc. 285 befähigt, eine Eigenschaft, die mangels näherer Bestimmungen unter den Begriff der Entwicklung, diesen im weitesten Sinne genommen, zu bringen ist. Hatten wir früher bei Begrenzung zweier Medien nur gesprochen von festen, flüssigen, gasförmigen Medien (wie Glas, Wasser, Luft), so haben wir nunmehr einen Körper anderer Art, welcher nicht starr wie Glas, auch nicht bedingungslos in sich verschieblich wie Wasser, sondern bis zu gewissem Grade elastisch (wie Kautschuk), jedoch — bei Über- schreitung der Elastizitätsgrenze — plastisch oder modellierbar (wie Ton) und wahrscheinlich auch, unabhängig von aller Ober- flächenspannung, kontraktil ist. In der Physik haben wir ferner bei Begrenzung zweier Flüssigkeiten eine »gemeinschaftliche« Oberflächenspannung, indem angenommen wird, dass sich Sonderwirkungen der ein- zelnen Medien nicht geltend machen; bei Begrenzung eines festen (d. h. hier: starren) und eines flüssigen Mediums hingegen haben wir keine gemeinschaftliche Oberflächenspannung mehr, sondern es tritt nur die Spannung des flüssigen Mediums wirksam hervor. In diesem letzteren Falle differenziert sich also sozu- sagen die Rolle beider Medien: Die Wirksamkeit beider Medien fällt gewissermafsen auseinander, da die kleinsten Teile des einen Mediums unverschieblich sind. Begrenzen sich nun Protoplasma und Wasser, so haben wir nur in letzterem eine unbedingte, in ersterem aber eine bedingte (bloss unter gewissen Umständen mög- liche) Verschieblichkeit der Teile, und wir werden daraus folgern können, dass den beiden Medien Plasma/Wasser eine »gemeinschaftliche« Oberflächenspannung in dem Sinne etwa wie bei Öl und Wasser nicht zukommt; ebensowenig aber werden wir behaupten können, dass die Wirksamkeit beider Medien immer und unter allen Umständen auseinanderfallen müsse (wie bei der Oberflächenwirkung Glas/Wasser). Viel- 286 Prof. Dr. MARTIN HEIDENHAIN, mehr wird hier eine Betrachtung und Beurteilung von Fall zu Fall notwendig sein. Freilich geht nun meine Meinung dahin, dass diejenige Eigenschaft, welche das Plasma den festen Körpern nähert, nämlich seine auf innerer Organisation beruhende Zähigkeit immer als so gross anzunehmen ist, dass Sonderwirkungen der kapillaren Wasserschichte in der Begrenzung protoplasmatischer Flächen in vielen Fällen erwartet werden dürfen, besonders aber in einem solchen Falle wie dem der Furchungszellen, deren Substanz nicht zu den typisch »mobilen« Plasmen zu rechnen ist, obwohl die Furchungszellen ja amöboide Eigenschaften entwickeln können. Welcher Art ist nun die Spannung Plasma/Wasser? Welches der beiden Medien hat die grössere, welches die geringere Mole- kularkraft? Auf welcher Seite liegt der Sitz der kontraktiven, auf welcher Seite der Sitz der expansiven Spannung? Es gibt hier nur eine mögliche Form der Betrachtung. Wir müssen uns daran halten, dass ein Zusatz kolloidaler Körper zu Wasser die Molekularkraft herabdrückt und dass daher die Molekular- kraft des Plasmas im Verhältnis zu Wasser ebenfalls als ver- ringert angesehen werden muss. Hiermit will ich durchaus nicht etwa sagen, dass Protoplasma als ein kolloidaler Stoff an- zusehen sei; diese Bezeichnungsweise, welche mehrfach in modernen Schriften zu Tage getreten ist, halte ich vielmehr für äusserst verfehlt. Denn aus dem Begriff des »Kolloidalen« kann man keine Klasse von besonderen Körpern oder Stoffen machen. Lösungen von Eisenoxyd, von Silber oder Gold, von Eiweiss oder Leim, Gerbsäure, Safranin oder anderen hochmolekularen Anilinfarb- stoffen diffundieren zwar alle samt und sonders nicht; deswegen haben aber dennoch Eiweiss, Silber, Safranin etc. wesentlich nichts miteinander zu schaffen. Daher würde es ohnehin keinen Wert haben, Protoplasma als einen kolloidalen Körper zu be- Die allgemeine Ableitung der Oberflächenkräfte ete. 287 zeichnen; damit dies aber überhaupt möglich sei, muss der be- treffende Körper in Wasser löslich sein.‘ Dies ist aber gerade beim Plasma nicht der Fall. | Ich sage also: das Plasma ist freilich kein kolloidaler Stoff; aber in Bezug auf die Grösse seiner Molekularverbände muss das Plasma ähnlich beurteilt werden wie die kolloidalen Körper. Ja vielleicht können wir die typischen Grundstoffe des lebenden Plasmas als hochmolekular in extremem Sinne auffassen. Da nun konstatiert ist, dass eine Lösung von hochmolekularen Körpern in Wasser von geringerer Molekularkraft ist als reines Wasser, so muss vermutungsweise, da nichts anderes übrig bleibt, angenommen werden, dass auch das Plasma im Verhältnis zu Wasser eine geringe Molekularkraft besitzt. Begrenzen sich also Plasma und Wasser, so meine ich, muss die positive oder kontraktive Spannung auf der Seite des Wassers, die expansive Spannung auf Seiten des Plasmas sein, wenn diese Verhältnisse lediglich von physikalischen Verhältnissen aus beurteilt werden. Nun ist aber die Furchungszelle in unserem Falle ein Körper mit organisierter Oberflächenschicht und ein Körper, dem in verschiedenen Zuständen ein mehr oder weniger hoher Grad von Turgor zugesprochen werden muss, sei es, dass dieser Turgor primär schon vorhanden war und etwa durch endos- motische Wirkung unterhalten wird, sei es, dass er unabhängig von der Oberflächenspannung auf eigener Kontraktilität des Zellleibes beruht. Dieser Turgor würde also in jedem Falle, wie man die Sache auch betrachten mag, durch eine mehr oder weniger deutlich hervortretende elastische Spannung der mikro- skopisch sichtbaren Grenzschichte des Plasmas bedingt sein. Daher würde die durch die blosse Wirkung der Molekular- kräfte verursachte expansive Spannung der physikalischen (direkt nicht mehr erkennbaren) Oberflächenschichte durch die 988 Prof. Dr. MARTIN HEIDENHAIN, Wirkung des Turgors gleichsam zum Verschwinden gebracht oder überkompensiert werden. Ich komme also für meinen Teil zu dem Schlusse, dass an der Zelloberfläche in beiden Medien nur kontraktile Kräfte tätig sind; vor allen Dingen konstatiere ich, dass ausserhalb der plasmatischen Grenzschichteinkapillares Wasserhäutchen, eine »Kapillarhülle«, vorhanden ist, welches der Sitz einer positiven Oberflächenspannung ist. Nunmehr wollen wir prüfen, ob wir auf der gewonnenen Basis zu einer physikalischen Erklärung der Rouxschen Uytarme kommen. Hierbei habe ich keineswegs die Absicht auf viele Einzelheiten näher einzugehen, da das Detail der Erscheinungen von den oftmals unkontrollierbaren Verschiedenheiten der ein- zelnen Zellen abhängt; es kann sich nur um eine grundsätz- liche Erörterung handeln. Stellen wir uns eine kuglige Zelle vor, welche isoliert in einer Flüssigkeit schwimmt, so würde der kuglige Zustand teil- weise durch die blosse physikalische Oberflächenspannung bedingt sein, also abgesehen von einer eventuellen elastischen Spannung der organisierten Wandschichte (Turgor). Indessen beweist der Umstand selbst, dass nach meinen Erfahrungen gewisse einfache Zellformen wie Leukocyten, Samenzellen etc. nicht streng kugel- förmig, sondern in der Richtung der von mir sogen. Zellenaxe verlängert sind, dass die Zellform auch in solchen denkbar ein- fachsten Fällen bis zu gewissen Grade von den physikalischen Kräften der Oberflächenspannung unabhängig ist. Bei der kuglig abgerundeten Zelle bildet nun die wirksame Wasserhaut oder »Kapillarhülle« eine »Minimalfläche«. Berühren sich jedoch zwei Zellen punktuell unter Verdrängung der ein- geschalteten Wasserschichte (so dass also zum mindesten an einer Die allgemeine Ableitung der Oberflächenkräfte ete. 289 kleinsten Stelle die Plasmen beider Zellen direkt aufeinander aufruhen), so verwandelt sich hierdurch (eo ipso) die wirksame Haut zweier Zellen in ein gemeinschaftliches Oberflächen- häutchen. Letzteres entspricht jetzt nicht mehr einer Minimal- fläche. Aus diesem Grunde ist die materielle Möglichkeit einer weitergehenden Verkleinerung der gemeinsamen Kapillarhülle gegeben. Aus der Verkleinerung der wirksamen Oberfläche her würde aber eine gewisse Summe Energie frei verfügbar werden, welche in Arbeit umgesetzt werden kann. Diese verfügbare Energie würde absolut genommen sehr gering sein, relativ ist sie aber ziemlich gross, da zwei sich punktuell berührende Zellen im äussersten Falle nach Roux in Folge der Wirkung der Cytarme zu einer einzigen Kugel sich vereinigen. In der Natur wird nun wohl auch der Fall vorkommen, dass zwei in direkter Berührung stehende kuglige Plasmakörper sich nicht zusammenfügen, sondern ihre Kugelgestalt behalten. Denn mit der Berührung selbst ist nur die materielle Möglich- keit einer gegenseitigen Zusammenfügung oder Abplattung ge- geben. Es muss also eine besondere Gelegenheitsursache hinzu- kommen, damit der Prozess in Gang kommen kann. Da sich bei demselben die Oberfläche der einzelnen Zelle vergrössert, so sehe ich eine genügende Plastizität oder Bildsamkeit der Oberflächenschicht (und entsprechend auch der Plasmamasse des Zellinneren) als die spezielle Bedingung des Zustandekommens der Cytarme an. Diese Plastizität der Oberfläche ist gewiss sehr ver- schieden bei verschiedenen Zellen. Bei den Frosch- blutkörperchen z. B. muss die körperliche Adaptionsfähigkeit als relativ gering veranschlagt werden. Bei den roten Blutkörperchen der Säuger und der Menschen indessen ist die Bildsamkeit schon erheblich grösser. Wenn daher in einem frischen Blutpräparate die sogen. Goldrollenform der roten Blutkörperchen zu stande kommt, so findet man hinterher, nach dem Wiederauseimanderfallen 290 Prof. Dr. MARTIN HEIDENHAIN, der Körperchen !), einen grossen Teil derselben verbogen und verbildet vor, als dauernde Nachwirkung der mechanischen Pressung durch Wirkung der Oberflächenkräfte. Ferner ist auch möglich (was ganz im Sinne der Ausein- andersetzungen Roux’'s liegt), dass selbst bei einzelnen Zellen die Bildsamkeit oder Nachgiebigkeit des Zellkörpers an ver- schiedenen Stellen der Zelloberfläche verschieden gross ist, teils aus unübersichtlichen, teils aus übersichtlichen Gründen, wenn z. B. die oberflächlichen Zellen einer Morula bereits einseitig differenziert sind. Es ist leicht ersichtlich, dass aus solchen biologischen Verschiedenheiten der Zelloberfläche mannigfache Varianten der Cytarme herfliessen können. Da die Zelloberfläche bei der Cytarme ver- grössert werden muss, so arbeiten die Oberflächen- kräfte gegen diejenigen Widerstände, welche einer Dehnung der Zelloberfläche entgegengesetzt sind. Diese Widerstände sind in dem einen oder anderen Sinne elastischer Natur, sei es, dass die elastischen Kräfte primär aus der Kohäsion der Teile hervorgehen, sei es, dass spezifische Kräfte der Kontraktilität vorhanden sind, welche jene Wider- stände zeitweilig oder dauernd (während der Prozess vor sich geht) erhöhen. Wenn nun die Zelloberfläche in vielen Fällen sehr bedeutend vergrössert, gedehnt wird, so ist nicht anzunehmen, dass diese Veränderung auf die Dauer innerhalb der Elastizitätsgrenze 1) An meinem eigenen Blute beobachte ich, dass die Geldrollen sehr bald wieder auseinanderfallen. Da eine gewisse Geschmeidigkeit der Ober- fläche conditio sine qua non der Zusammenfügung ist, so führe ich das Aus- einanderfallen auf den Verlust der Geschmeidigkeit, id est Gerinnung des Plasmas, zurück. Den Fall der Geldrollenbildung sowie einige verwandte Erscheinungen habe ich ausführlich behandelt in den „Folia haematologica“ herausgegeb. von Pappenheim, Jahrg. 1904. Diese Arbeit befindet sich zur Zeit unter der Presse. Die allgemeine Ableitung der Oberflächenkräfte ete. 29] bleibt. Meine Annahme würde also (für den uns vorliegenden Fall) keineswegs dahin gehen, dass, wenn man zwei gegenein- ander abgeplattete Zellen wieder auseinandernehmen, sie von- einander trennen könnte, dieselben sofort wie ein deformierter Kautschukball wieder in ihre frühere Form zurückkehren würden. Vielmehr ist nach der Natur der Furchungszellen anzu- nehmen, dass die dauernde Wirkung der Oberflächenkräfte und die mit ihr verbundene fortschreitende Oberflächenvergrösserung auch eine dauernde materielle Änderung der Zelloberfläche her- vorruft, welche gegebenen Falls nur durch entgegengesetzt ge- richtete Veränderungen wieder rückgängig gemacht werden kann. Sind diese Voraussetzungen richtig, so wird bei der Dehnung der Zelloberfläche jeweilen hier und dort die Elastizitäts- grenze überschritten werden, so dass eine dauernde Veränderung in der Lage der Teile eintritt, welche der Plastizität des Protoplasmas entspricht. Definition:!) »Plastische Körper sind solche, welche dauernde Veränderungen erfahren können, ohne den stetigen Zusammen- hang ihrer Teile aufzugeben, ....... also solche, welche über die Elastizitätsgrenze hinaus ihren stetigen Zusammenhang be- wahren.« »Plastizität für Längszug heisst Ductilitit oder Ge- schmeidigkeit.« Diese Definition verstehe ich wie folgt: Würden wir einen Messingdraht mit Gewichten belasten, so wird die bewirkte Ver- änderung innerhalb der Elastizitätsgrenze proportional dem Ge- wichte sein; wird die Elastizitätsgrenze überschritten, so wird das Metall duktil: Der Draht lässt sich ausziehen und während dieser Veränderung bewahren alle Teile ihren stetigen Zusammen- hang. Ein gutes Beispiel für Geschmeidigkeit besitzen wir in solchen Metallen, welche vorzüglich walzbar sind; ein Stück Gold würde in vorzüglicher Weise sich auswalzen lassen und 1) Nach Auerbach, Kanon der Physik. Anatomische Hefte. I. Abteilung. 79/80. Heft (26. Bd. H. 23). 20 2992 Prof. Dr. MARTIN HEIDENHAIN, seine kleinsten Teile würden gleichsam unter der Wirkung eines walzenden Druckes eine »fliessende« Bewegung durchmachen, ohne dass der Körper aus dem festen Aggregatszustande und dem stetigen Zusammenhang der Teile heraustritt. Dieser physi- kalische Begriff der Geschmeidigkeit entspricht, wie ich glaube, in hohem Grade der Plastizität des Protoplasmas und ich. be- halte mir vor aus diesem Gesichtspunkte heraus eine ausführ- liche Theorie der mobilen Protoplasmen (der beweg- lichen Sarkode) zu geben. In unserem Falle der Furchungszellen haben wir die Ober- flächenkräfte als wirkende Gewalt, während ihr Objekt in erster Linie die Zelloberfläche und in Abhängigkeit davon auch die Masse des Zellinneren ist. Im einfachsten Falle wird der Vorgang der Zellenzusammen- fügung sich zweifellos wie folgt abspielen. Stellen wir uns einen ebenen Mittelschnitt zweier in punktueller Berührung befind- licher Zellen vor, so stossen die wirksamen Flüssigkeithäutchen beider Zellen an dem Berührungspunkte in einem ungemein spitzen Winkel zusammen [Fig. 17]'). Daher muss die von beiden Zelloberflächen her berechnete Oberflächenwirkung eine Resul- tierende R ergeben, welche das Flüssigkeitshäutchen aus jenem spitzen Winkel zwischen den beiden Zellen herauszuziehen sucht. Der Effekt dieser Wirkungsweise kann kein anderer sein als der, dass die Berührungsfläche beider Zellen unter Dehnung der Zellrinde und gleichzeitiger Verkleinerung der gemeinschaft- lichen kapillaren Wasserhülle wächst (Fig. 17 A). Geht dieser Prozess von dem anfänglichen Berührungspunkte aus nach allen Richtungen hin mit gleichmälsiger Geschwindigkeit vor sich, so: 1) In Fig. 17 ist die Kapillarhülle durch eine feine Linie parallel zur Zelloberfläche schematisch angegeben. Die beiden seitlichen Pfeile entsprechen der Oberflächenspannung, der mittlere giebt die Richtung der Resultante an. Die allgemeine Ableitung der Oberflächenkräfte ete. 293 haben wir eine gleichseitige Zellenzusammenfügung; geht der Prozess nach verschiedenen Richtungen hin mit ungleicher Geschwindigkeit vor sich, so werden wir eine ungleichseitige B Zusammenfügung haben. Eine solche wird leicht einmal zu a — stande kommen, wenn die Dehnungsmösglichkeit der Zellober- fläche (oder die Plastizität des Plasmas) an verschiedenen Stellen der Zelloberfläche verschieden gross ist. 20* 294 Prof. Dr. MARTIN HEIDENHAIN, Es ist klar, dass dieser Prozess früher oder später zu Ende kommen wird, je nachdem die Bildsamkeit oder Nachgiebigkeit der Plasmas eine dauernde ist oder von einem bestimmten Zeit- punkt an beschränkt (bezw. aufgehoben) erscheint. Bleibt die Bildsamkeit dauernd erhalten, so würde dies, wenn die Um- stände im übrigen die gleichen bleiben, schliesslich zu der von toux sogenannten »geschlossenen« Anordnung des Zellkomplexes führen, d. h. es würde der Prozess erst dann abgelaufen sein, wenn an der Stelle, an welcher die Flüssigkeitshaut von einer Zelle auf die andere übergeht, die Richtung der Kraft beider- seits identisch und die Resultierende der Kräfte gleich Null ge- worden ist; in diesem Falle geht die Flüssigkeitshaut von einer Zelle auf die andere ohne Brechung über (Fig. 17 B). Zur Ergänzung des letzteren Gedankenganges ist noch folgendes hervorzuheben. Aus der schematischen Vergegen- ständlichung des Prozesses und ebenso aus den Abbildungen Roux'’s (Fig. 9) geht ohne weiteres hervor, dass im Beginne des Prozesses (Fig. 17 A) wesentlich nur die Zellrinde gedehnt wird; je weiter der Prozess indessen fortschreitet, in desto stärkerem Grade werden auch die inneren Plasmamassen auf Dehnung in Anspruch genommen (Fig. 17B, Fig. 9b). Es kann also der Fall gegeben sein, dass anfangs zwar die Ober- flächenkräfte überwiegen, während früher oder später die aus dem Zellinneren her betätigten Widerstände die Oberflächen- wirkung äquilibrieren. Dann bleibt der Prozess früher oder später stehen, und es kommt eventuell nur zu der sogenannten offenen Anordnung von Roux. Ferner ist in Rechnung zu ziehen, dass bei ungleicher Grösse der zusammengefügten Zellen (Fig. 9b und e) sicherlich bei der kleineren Zelle die Widerstände des Zellinneren ver- gleichsweise früher in stärkerem Grade in Anspruch genommen werden als bei der grösseren Zelle. Daher kann unter Umständen die Bildsamkeit der kleineren Zelle bereits erschöpft sein, Die allgemeine Ableitung der Oberflächenkräfte etc. 295 während die der grösseren Zelle noch fortdauert, und auf diese Weise erhält man dann jene überraschenden Bilder, bei welchen die Gestalt der grösseren Zelle der Form der kleineren Zelle adaptiert erscheint (Fig. 9e). Kehren wir wieder zu dem einfachen Beispiele einer gleich- seitigen Zusammenfügung von zwei gleichgrossen Zellen zurück (Schema Fig. 17 A), so würde es interessant sein zu wissen, welches die Veränderungen des Winkels sind, den die beiden Zellen während des Prozesses miteinander bilden. Es ist klar, dass schliesslich dieser Winkel grösser und grösser werden muss, während die gemeinschaftliche Resultierende der Ober- flächenkräfte (R) abnimmt. Wir haben also neben dem vorhin besprochenen Wachstum der Widerstände des Plasmas auch eine Abnahme der wirksamen Kraft, ein Grund mehr für das Auftreten »offener« Anordnungen der Zellen im Sinne Roux's. An welcher Stelle nun findet vorzugsweise die besprochene Dehnung der Zelloberfläche statt? Diese Frage lässt sich offenbar mit ziemlicher Sicherheit beant- worten Vermutungsweise wird dort, wo der primäre Ort der Kräfte- wirkung sich findet, auch die Dehnung der Zelloberfläche (und der angrenzenden inneren Teile des Plasmas) am stärksten sein ; das wäre also die Gegend an und rings um die Stelle herum, an welcher die Zellen sich berühren. Da die Grenzschicht der Zelle gewisslich in höherem Mafse unter sich zusammenhängend ist, müsste indessen die Dehnung sich über die Zelloberfläche wohl in abnehmendem Grade vom Ort der Berührung aus fort- pflanzen ; vermutungsweise würde also die Dehnung um so ge- ringer sein, je weiter man sich vom Orte der direkten Kräfte- wirkung entfernt. Mithin müsste der »distalste« Punkt der Zell- oberfläche, derjenige Punkt, welcher der Berührungsfläche gegen’ über liegt, der am wenigsten betroffene sein. 296 Prof. Dr. MARTIN HEIDENHAIN, Diesen Voraussetzungen entspricht genau die von Roux beobachtete typische Verteilung des Rindenpigmentes der Zellen (Fig. 15 und 16). Unterzieht man die Zeichnungen Roux's einer sorgfältigen Betrachtung, so ergibt sich, dass die systematische Schraffierung der Zellen, durch welche der Autor die Verteilung des Rindenpigmentes zum Ausdruck zu bringen suchte, ebenso gut die relativen Dehnungen oder Vergrösserungen der Zellober- fläche vorstellen könnte, wie sie unmittelbar aus der Theorie folgen. Ist eine Zelle zu Anfang annähernd gleichmäfsig pigmentiert und vergrössert sich alsdann ihre Oberfläche in bestimmter gesetzmälsiger Weise, wobei die Vergrösserung durch Einschiebung ungefärbter aus der Tiefe nachdringender Plasma- teilchen erfolgt, so wird die Pigmentation schliesslich der Form der Oberflächenvergrösserung entsprechen: Je stärker an irgend einem Orte die Oberfläche zunahm, desto geringer wird die Pigmentation sein, oder: die Stärke der Pigmentation wird schliesslich von Ort zu Ort sich umgekehrt verhalten, wie die zugehörige Oberflächenvergrösserung. Freilich ist ferner zweitens möglich, dass die Pigmentverteilung zum Teil auch auch auf Grund einer Pigmentwanderung zu stande kommt; in diesem Falle würden die Pigmentkörnchen in der Richtung des Druck- minimums ausweichen und es liesse sich allenfalls herleiten, dass senkrecht über der Richtung der stärksten Dehnung der Zellrinde und der angrenzenden Plasmamassen auch die Richtung des stärksten Druckes liegt, sodass entsprechend den Rouxschen Skizzen (Fig. 15 und 16) die Abwanderung der Pigmentkörnchen von den Berührungsflächen ausgehend in der Richtung auf den »distalsten« Punkt der Zelle statthaben würde. Hier möchte ich erwähnen, dass ich zuerst darauf aufmerksam gemacht habe, dass die Inhaltsbestandteile der Zelle, vor allem der Kern, aber auch Pigmente, Detritus u. dergi. die Neigung haben in der Richtung des geringsten Druckes auszuweichen (1894, 1895). Diese Beobachtung haben sich hinterher viele Autoren zu nutze gemacht (z. B. Rhumbler), ohne meiner zu gedenken. Die allgemeine Ableitung der O berflächenkräfte etc. 297 Man vergleiche nun mit unseren Ausführungen die Ab- bildungen von Roux (hier Fig. 15 und 16) und man wird finden, dass die Orte, welche an die Berührungsflächen der Zellen angrenzen, welche also unserer Ableitung nach der relativ stärksten Oberflächenvergrösserung bezw. Dehnung unterlegen haben, relativ am wenigsten pigmentiert sind; dagegen findet eine Anhäufung des Pigmentes an demjenigen Pole der Zelle statt, welche der Trennungsebene der Zellen gegenüberliegt, also vom Orte der stärksten Dehnung am meisten entfernt ist. Haben wir also einen Komplex von 3 Individuen (Fig. 16a), so sind die freien Scheitel der Zellen am meisten pigmentiert, bei einer Reihe von drei Zellen (Fig. 15a) treffen wir das nämliche bei den beiden Endzellen, während folgerecht die ein- geschlossene mittlere Zelle ein dunkles Äquatorband_ besitzt. Auf weitere Einzelheiten lohnt es nicht einzugehen; es genügt eine allgemeine Übereinstimmung der Theorie mit den empirischen Daten herausgefunden zu haben. Das von Roux so ausführlich besprochene Zellengleiten (Cytolisthesis) scheint mir ein grösseres physikalisches Interesse nicht zu besitzen (vergl. S. 270). Denn nachdem einmal von uns festgestellt worden ist, dass zwei oder mehrere in Be- rührung befindliche Zellei von einer gemeinsamen Kapillarhülle eingeschlossen werden, ist es auch selbstverständlich, dass der zelluläre Inhalt dieser Wasserhülle so lange gegeneinander be- wegt werden muss, bis die »wirksame« Gesamtoberfläche des- selben möglichst klein geworden und ein allgemeiner Gleichge- wiehtszustand der Kräfte eingetreten ist. Dass hierbei die Zellen gewöhnlicherweise sich gegeneinander verschieben, ist selbst- verständlich, und ebenso selbstverständlich ist, dass ver- schiedene Arten und Formen dieser Bewegung sich werden unterscheiden lassen, wie von Seiten Roux’s geschehen ist. In eine nähere Analyse dieser Bewegungsformen einzu- treten. lohnt indessen nicht, da die speziellen Bedingungen der ) Oo oO 298 Prof. Dr. MARTIN HEIDENHAIN, Bewegung fast überall mehr oder weniger zufällige sein werden, bedingt durch die zufällige Anfangsstellung der sich berührenden Zellen, durch den wechselnden Zustand ihrer zufälligen Ober- flächenbeschaffenheit u. s. £.). Weiterhin hat Roux die Kanten und Winkel, unter welchen die Furchungszellen nach ihrer Zusammenfügung zusammen- stossen, einer Betrachtung unterzogen und konstatiert, dass die Grundprinzipien der Blasenspannung sich bei dieser Gelegenheit nicht verwirklichen. Dies ist auch nicht zu verwundern, denn die physikalischen Verhältnisse liegen in beiden Fällen durchaus verschieden. Ein Komplex von Seifenblasen ist unter sich durchaus »verwachsen«, die trennenden Scheidewände sind den Nachbarn gemeinsam und diese Scheidewände besitzen Oberflächenspannung. In einem Komplex von Furchungszellen bleiben die Zellen von einander isoliert und an den Berührungsflächen existiert keine merk- liche Oberflächenspannung. Vielmehr verhalten sich die Zellen wie mehr oder weniger elastische Bälle, welche durch eine äussere Kraft zusammengepresst werden. Die einzelne freie Zelle für sich genommen hat gewiss ein Rundungsbestreben; dieses kann hervorgebracht werden 1. durch eine gewisse primäre Elastizität der Oberflächenschicht, oder 2. durch ein primäres Rundungsbestreben, welches aus dem Zellinneren stammt (z. B. bei zentrierten Zellen), oder 3. es kann dasselbe sekundär vermittelt sein durch Kontraktilität oder 4. es kann auch das Flüssigkeitshäutchen an der Oberfläche das Rundungsbestreben motivieren. Diesem Rundungsbestreben, wo es auch herstammen möge, wirkt bei Zusammenfügung zweier oder mehrerer Zellen die kapillare Wasserschichte der !) Der von Roux sogen. Vorgang der „Cytolisthesis“ findet ebenso statt bei der rollenartigen Zusammenordnung der roten Säugerblutkörperchen ; vergl. meinen diesbezüglichen Aufsatz in den Folia haematologica. Die allgemeine Ableitung der Oberflächenkräfte etc. 299 Oberfläche entgegen. Die Zellen werden also durch äussere Gewalt zusammengepresst. Daher kann der Fall der Seifen- blasen zum Vergleich nicht herangezogen werden; vielmehr scheint mir in weit höherem Grade der Roux’sche Fall der in Alkohol suspendierten Öltropfen zutreffend zu sein, da diese durch den äusseren Zwang einer begrenzenden Gefässwand zu- sammengetrieben wurden). Allerdings sind die physikalischen Bedingungen hier und dort nicht identisch, aber insofern das Prinzip des äusseren Zwanges beiderseits zutreffend ist, haben wir dennoch ein vergleichsweise hohen Grad von Überein- stimmung, welcher sich in dem Auftreten von Vierflächenkanten, verschiedener Winkelgrössen etc. dokumentiert. Schluss Roux stellte seine Untersuchungen über Zellenzusammen- fügung im Hinblick auf die Entwicklungsmechanik an; da ich nicht das gleiche Ziel verfolge, enthalte ich mich jedes Urteils über die entwicklungsmechanische Seite der Angelegenheit, in- dem ich berufeneren Autoren überlasse dies zu tun. Für mich speziell haben die Oberflächenkräfte vor allen Dingen darum ein Interesse, weil sie möglicher Weise im Sinne Bütschli ’s die Formengebung der Plasmastruktur beherrschen könnten. 1) Es ist kein Zweifel, dass an der gegenseitigen Begrenzungsfläche zweier Öltropfen eine Oberflächenspannung existiert; ich möchte indessen nicht darauf eingehen zu erörtern, ob die Spannung der zwischengeschalteten Alkoholschichte positiver oder negativer Natur ist. Denn Alkohol und Öl sind bis zu gewissem Grade ineinander löslich und unter diesen Umständen dürfte der Zustand der Oberflächenschichte, wie mir scheint, kaum näher be- stimmbar sein. 300 Prof. Dr. MARTIN HEIDENHAIN, Um hiervon zu reden, so bin ich der Meinung, dass bei den ausdifferenzierten Zellen höherer Geschöpfe von einem beherrschenden Einfluss in den allermeisten Fällen nicht die Rede sein kann; allenfalls könnte man behaupten, dass das Strukturbild solcher Zellen, bei denen Vakuolisation eine erhebliche Rolle spielt (z. B. Talgdrüsenzellen) durch Ober- flächenkräfte erzeugt werde!). Indessen ist nicht zu vergessen, dass diese Strukturbilder solche »passiver Prägung« sind, und dass die physiologisch interessante Struktur erst in den Plasmawänden selbst enthalten ist, welche die gedachten Vakuolen begrenzen. Etwas anderes wäre schon die Frage, ob nicht die Ober- tlächenkräfte wesentlich betätigt sind bei der Formung der Strukturen in den mobilen, in sich beweglichen Plasmen niederer tierischer Geschöpfe, ferner der frühen Embryonalzellen und der Pflanzenzellen. Aber auch hier wird man zahlreiche spezifische Strukturerschemungen finden, die durch Oberflächenspannung nicht im geringsten erklärt werden können. Daher kann einstweilen meiner Meinung nach bloss folgender Satz Geltung haben: Wenn irgendwo organisiertes lebendes Plasma einen besonders hohen Grad von Geschmeidigkeit (siehe oben pag. 289 ff.) besitzt, dann ist die Möglichkeit gegeben, dass die plasmatische Substanz der gestaltenden Kraft der Oberflächen- spannung unterliegt. Ich bin aber (übrigens mit Roux) der Meinung, dass die Oberflächenkräfte, wenn sie innerhalb des Protoplasmas eine ausschlaggebende, herrschende Rolle zu spielen berufen wären, alle spezifischen Gestaltungen des Lebens auf- heben würden. 1) Bütschli meint, dass die Abkugelung der von Plasma umgebenen Vakuolen nur durch Oberflächenspannung erklärt werden könne. Ich bin der Ansicht, dass eine elastische Spannung der Vakuolenhaut ebenso hin- reichend sein würde, die beobachte Kugelform zu erklären. Die allgemeine Ableitung der Oberflächenkräfte ete. 301 Die Roux’sche Untersuchung über die Zellenzusammen- fügung ist nun darum so wertvoll, weil sich hier zum ersten Male nahezu mit vollständiger Exaktheit nachweisen lässt, dass es Fälle gibt, bei welchen die Oberflächenkräfte einen wesent- lichen Einfluss auf die Gestaltung plasmatischer Massen haben. Wir sehen Art und Form der Wirkung der Oberflächenkräfte vor uns und lernen kennen, dass der Grad der Ge- schmeidigkeit (Bildsamkeit) des Plasmas schlecht- hin mafsgebend für den möglichen Einfluss der OÖberflächenkräfte ist. Von hier ausgehend wird es vielleicht möglich sein auch andere kompliziertere Fälle richtig zu beurteilen. Der Fall der internen Protoplasmastruktur ist aber gewiss sehr kompliziert und fast alles, was über die Wirkung von Oberflächenkräften in dieser Beziehung gesagt worden ist, ist meiner Meinung nach — und ich kenne beinahe die gesamte Literatur — über das blosse Stadium der Vermutung nicht hinausgekommen. Die beweglichen Protoplasmen der Pflanzenzellen würden wohl mit am ehesten der geforderten Bedingung einer sehr hohen Geschmeidigkeit genügen. Ausserdem ist es in diesem Falle so gut wie sicher, dass eine Oberflächenspannung an der Begrenzung des Plasmas gegen die anorganische Vakuolenflüssig- keit reell existiert. Diese Spannung wird nach der Analogie der Furchungszellen positiver Natur sein und ihre materielle Unterlage haben wir zunächst in dem kapillaren Wasserhäutchen zu suchen, welches den plasmatischen Wandbelag und die Plasma- stränge des Zellinneren bekleidet.!) Trotz dieser genau feststell- baren Sachlage sehen wir, dass dieses Plasma imstande ist enorm dünne Fäden von grosser Länge zu bilden, welche manch- mal kaum sichtbar sind, ähnlich den Pseudopodien der feinsten 1) Von der hier tatsächlich vorhandenen Schaumstruktur des Plasmas wollen wir einstweilen absehen. Prof. Dr. MARTIN HEIDENHAIN, Art bei Rhizopoden, eine Tatsache, die mit einer gleichzeitig bestehenden wirksamen Oberflächenspannung nicht zusammen- zureimen ist, denn eine jede Oberflächenspannung, die im Verhältnis zur Bildsamkeit des Plasmas einen merk- lichen Wert besässe, müsste nach physikalischen Gesetzen einen solchen Plasmafaden in eine Reihe von Kügelchen auflösen. Daher haben die Anhänger der Oberflächenspannungstheorie erklärt, dass feinste Plasmafäden, wie Pseudopodien, immer eine feste Axe besitzen müssten, eine Erklärung, die an sich, abgesehen von einigen wenigen wirklich beobachteten Ausnahmefällen (gewisse Radiolarien, Actinosphaerium) nur Mutmalsung ist und die ausserdem überhaupt nicht geeignet ist das Phänomen der Fädchen- bildung irgendwie physikalisch verständlich zu machen, da nämlich beim Vorhandensein einer festen Axe die flüssige oder bildsame Rindensubstanz dennoch in eine Reihe von Tropfen zerfallen müsste, welche gleichsam wie Perlen auf der Axe aufgereiht sein würden. Versuche, welche dies physikalische Phänomen zeigen, sind ungemein leicht anzustellen, übrigens wohl auch jedem aus der Erfahrung bekannt. Ich rate einen dünnen Draht bei horizontaler Lage in flüssiges Paraffin einzutauchen und man wird beim Herausziehen desselben das Paraffin als- bald in Form erstarrter Perlen an dem Drahte hängen sehen. Wir sehen also, dass auch bei sehr geschmeidigen Proto- plasmen physiologische Wirkungsweisen sich betätigen, welche der Wirkung der Oberflächenkräfte entgegenarbeiten, bezw. dieselbe aufheben. Anders ist die Existenz feinster Plasmafäden garnicht erklärlich. Nun wissen wir durch Roux and durch viele andere Autoren (G. Andrews, His etc.), dass die Furchungszellen die Fähigkeit amöboider Bewegung besitzen. Die nämlichen Froschblastomeren, welche Roux bei seinen Versuchen benutzte, werden unter anderen Umständen zu Amöben. Meine Meinung Die allgemeine Ableitung der Oberflächenkräfte ete. 303 geht nun dahin, dass dies wieder ein Fall ist, bei welchem die Natur den physikalischen Oberflächenkräften entgegenarbeitet. Denn wir haben es hier ja doch so deutlich vor Augen, dass die physikalischen Kräfte für sich allein zur kugligen Abrundung führen, während die Kräfte desLebens, d. h. diejenigen Kräfte, welche auf Organisation beruhen, die Pseudopodien- bildung, id est: Mannigfaltigkeit der Formgestaltung verursachen. Zwar haben ja die Theoretiker der Oberflächenspannung gerade die Pseudopodienbildung durch Änderung des Wertes der Oberflächenspannung erklären wollen. Man braucht nämlich nur an irgend einer Stelle der Zelloberfläche lokal den Wert von « (und damit auch den Krümmungsdruck) sinken zu lassen und man wird unserer Vorstellung nach eine Ausstülpung des Plasmas, eine Pseudopodienbildung bekommen. Aber eben diese Annahme einer Herabsetzung der Oberflächenspannung an be- stimmten Orten ist wiederum rein willkürlicher Natur und würde wahrscheinlich wohl in erster Linie nicht zur Bildung eines Pseudopodiums, sondern zur Entstehung reissender Oberflächen- strömungen führen. Der Zufall hat es gewollt, dass unter allen Theorien der Pseudopodienbildung, welche auf der Basis der Oberflächen- spannung entwickelt wurden, die am meisten ausgearbeitete, nämlich diejenige von Jensen, den physikalischen Grundtat- sachen direkt widerspricht. Dieser Autor bringt die Ausstreckung der Pseudopodien mit einer Assimilation, die Einziehung oder Kontraktion derselben mit einer Dissimilation in Zu- sammenhang. Dies wird als physiologische Tatsache voraus- gesetzt Die Assimilation soll Verminderung der Molekülzahl des Mediums und infolge dessen Verringerung seiner Molekular- kraft und damit auch angeblich eine Abnahme des Wertes der Oberflächenspannung bedingen; daher die Expansion des Plasmas, id est Pseudopodienbildung an der Stelle lokaler Assi- 304 Prof. Dr. MARTIN HEIDENHAIN, milation. Umgekehrt soll die Dissimilation eine Vermehrung der Molekülzahl des Mediums, folglich Vermehrung der Mole- kularkraft und damit auch angeblich eine Erhöhung des Wertes der Oberflächenspannung sowie Kontraktion der expandierten Pseudopodien zur Folge haben. Bei genauerer Berechnung stellt sich indessen heraus, dass unter Zugrundelegung der Jensenschen Annahmen genau der umgekehrte Effekt eintreten würde. Ich komme nämlich meines- teils zu folgenden Schlüssen. Eine Vermehrung der Molekül- zahl (einer wässerigen Lösung, bezw. hier eines wässerigen Ge- misches im Sinne der Oberflächentheoretiker: Plasma) bewirkt nicht schlechthin eine Vermehrung der Oberflächenspannung; sind die in Betracht kommenden Moleküle kolloidaler Natur, so geht die Oberflächenspannung (bei Begrenzung des gedachten Mediums mit Luft) herunter. Aber sehen wir hiervon ab und nehmen wir an eine Vermehrung der Molekülzahl in dem einen der beiden sich begrenzenden Medien (Plasma, Wasser) würde eine Vermehrung der Molekularkraft eben dieses Mediums be- dingen; so würde es eben doch sehr darauf ankommen, welches der beiden Medien eine Erhöhung der Molekularkraft erfährt. Denn wir haben zwei Medien, D und L (siehe oben S. 238 ff.) von grösserer und geringerer Molekularkraft und erst aus der Differenz dieser Kräfte ergibt sich die Oberflächenspannung. Diese wird nun ihrem Werte nach wachsen, wenn die Molekül- zahl, bezw. die Molekularkraft von D vergrössert wird. Denn nur in diesem Falle vermehrt sich die Differenz der Kräfte von D und L. Die Oberflächenspannung wird dagegen verringert werden, wenn wir die Molekülzahl (Molekularkraft) von L wachsen lassen, denn in diesem Falle nimmt die Differenz der Kräfte von D und L ab. Dass diese Argumentation richtig ist, ist leicht einzusehen; denn wir können ja die Molekularkraft von L so lange wachsen lassen, bis sie gleich derjenigen von D ist; D) in diesem Falle würde die Oberflächenspannung gleich Null sein. Die allgemeine Ableitung der Oberflächenkräfte etc. 305 In unserem Falle lässt Jensen bei der Kontraktion der Pseudopodien eine Dissimilation eintreten; dieses ist seine physio- logische Voraussetzung. Es würde also die Molekularkraft des Plasmas in seinem Sinne sich erhöhen. Wenn diese aber wächst, so nähert sie sich der Molekularkraft des Wassers, welches das zweite Medium vorstellt, und die gemeinschaftliche Oberflächen- spannung müsste sinken. Wenn daher Kontraktion und Dissimilation Hand in Hand gehen, dann ist auch sicher, dass die Änderung der Oberflächenspannung nicht die Ursache der Kontraktion ist. Das Gleiche gilt natürlich von dem Verhältnis der Assimilation und Expansion der Pseudopodien. Wird im Plasma assimiliert, so würde sich im Sinne Jensens die Molekülzahl des Plasmas verringern. Geschieht dies, so wächst die Differenz der Molekularkräfte der beiden begrenzenden Medien Plasma/Wasser und der Wert der Oberflächenspannung müsste steigen. Ist es also sicher, dass Assimilation und Expansion Hand in Hand gehen, dann ist auch sicher, dass die Änderung der Oberflächenspannung nicht die Ursache der Expansion des Plasmas ist. Übrigens sind auch Bütschli und Rhumbler bei dem Versuch der Erklärung der amöboiden Bewegung durch Ober- flächenspannung vollständig gescheitert. Bütschli musste in einem Nachtrage zu seinem grossen Plasmawerke die Unzuläng- lichkeit seiner Bewegungstheorie selber zugeben, während Rhumpblers theoretische Vorstellungen, wenn überhaupt, nur für einzelne Amöbenarten passen, für andere dagegen nicht, und man ersieht hieraus ohne weiteres, was seine Theorie wert ist. Anbei sei hinzugefügt, dass auch der Bernsteinsche Versuch die Muskelkontraktion auf Oberflächenspannung zurückzuführen. missglückt ist. Denn aus den von diesem Autor aufgestellten Gleichungen geht direkt hervor, dass seine Schlussfolge unzu- reichend ist. Ich bin also der Meinung, dass gerade im Falle der 306 Prof. Dr. MARTIN HEIDENHAIN, amöboiden Bewegung (bei der Expansion) die vitalen Kräfte (wenn dieser Ausdruck erlaubt ist) der Oberflächenspannung ent- gegen arbeiten und dass dies gerade mit besonderer Klarheit aus dem Fall der amöboiden Furchungszellen hervorgeht, weil wir die Wirkung der Oberflächenspannung an diesen in Folge der Roux’schen Untersuchungen so genau kennen. Oben schon sagte ich, dass alle spezifischen Formen des Lebens aller Wahrscheinlichkeit nach zu stande kommen, ent- gegen der Wirkung der Oberflächenkräfte Es wird gut sein, hierfür einige ganz allgemeine Beweisgründe beizubringen. Jede Differenzierung beruht, allgemein gesprochen, auf einer Sonderung protoplasmatischer Teile, während die Oberflächen- kräfte, nach Analogie der vorstehenden Untersuchung beurteilt, auf eine Zusammenfügung derselben hinwirken. In diesem Sinne sind die Spaltung der Chromosomen, die Vermehrung der Muskelfbrillen durch Spaltung, die Teilung der Zentralkörper und anderer granulärer Elementargebilde, die Vermehrung der Spaltpilze, die Spaltung und Trennung zelliger Lamellen etc. sämtliche Lebensäusserungen, die den Oberflächenkräften ent- gegenwirken. Der Umstand selbst, dass bei vielen Einzelligen (besonders Infusorien) die Oberfläche nicht geschmeidig, sondern fest ist, verhindert die Wirkung der Oberflächenkräfte und gestattet eine spezifische von dem Oberflächenminimum abweichende Formen- gebung. Das Gleiche gilt von den roten Blutkörperchen der Wirbeltiere. Die bikonkave Form der roten Blutkörperchen der Säuger ist darauf zu beziehen, dass eben hierdurch die Zusammen- fügung der Körperchen zur sogen. »Geldrollenform« wenigstens unter den normalen Lebensumständen verhindert wird. Die Existenz der Flimmercilien, Geisseln und der proto- plasmatischen Härchenbesätze aller Art ist ein Beispiel der völligen Wirkungslosigkeit der Oberflächenspannung in diesen Fällen. Wenn fädige Differenzierungen festen Protoplasmas w —] Die allgemeine Ableitung der Oberflächenkräfte ete. 30 in grosser Mannigfaltigkeit an den Zelloberflächen vorkommen, so ist nicht einzusehen, warum nicht ebensolche mehr ‚oder minder feste Differenzierungen auch im Zellinnern vorkommen sollen. Viele der in den Geweben vorkommenden Zellen weichen ferner bekanntlich von dem Oberflächenminimum ab. In den meisten dieser Fälle wird die spezische Formengebung derselben durch äussere Pressung oder durch Gewebespannungen (Zug- wirkung) bedingt. Diese Fälle würden also hier nicht in Betracht kommen. Es kommen aber auch freiliegende Zellen vor, welche nahezu ein Oberflächenmaximum darbieten wie Chromatophoren und Pigmentzellen. — Innerhalb der Epithelien müssten alle Zellen miteinander verschmelzen, wenn nicht mindestens ihre Oberfläche fest wäre. Was ferner die Zellstrukturen anlangt, so sind alle ächten Kerngerüste Formen, sagen wir, eines Oberflächenmaximums. Die vielfach vorkommenden (tertiären) Gerüstformen des Proto- plasmas, welche sich aus dem Ineinanderbrechen vielfacher Vakuolen herausbilden, wären (ebenso wie die Kerngerüste) alle unmöglich, wenn die Oberflächenspannung einen derartigen Wert hätte, dass sie wirksam werden könnte. Wären alle diese Gerüst- formen flüssiger Natur, so müssten sie in Kügelchen zerfallen. Schliesslich noch einige Worte über die primären Diffe- renzierungen des Zellprotoplasmas. Es könnten die Zellstrukturen, auch wenn man histologisch sie als Wabenwerke auffassen wollte, in den meisten und wichtigsten Fällen dennoch nicht als flüssige Schäume betrachtet werden, weil parallelfasrige (oder überhaupt bestimmt orientierte) Differenzierungen (z. B. in Muskeln, Axenzylindern, Epithelzellen) vorherrschen und in allen diesen Fällen die Schaumwände parallel einer bestimmten Richtung (parallel der Faserung) dieker sein müssten als in anderen tichtungen, was in physikalischen Schäumen unmöglich ist. Im Sinne der Schaumtheorie ferner müssten die Maschensysteme <. parallel der Faserrichtung gestreckt sein, was wiederum als Anatomische Hefte. I. Abteilung. 79/80, Heft (26. Bd. H. 23). 2] _ 308 Prof. Dr MARTIN HEIDENHAIN, dauernde Struktureigentümlichkeit bei flüssigem Aggregats- zustande des Plasmas physikalisch unmöglich ist; die meisten dieser Plasmafaserungen sind aber permanente strukturelle Einrichtungen des Körpers. Ferner müssten bei sehr langge- zogenen Maschensystemen, wie sie oft vorkommen, die einge- schlossenen Bläschen oder Waben (des Enchylems) in kleinere Kügelchen zerfallen, da sie durch die Streckung selbst fadenartig verlängert werden. Dies müsste z. B. im Muskel statt haben, wenn seine Masse flüssig wäre; es geschieht dies aber nicht, weil die Substanz des Muskels fest ist. Ebenso wären die massenhaften primären fädigen Diffe- renzierungen des Plasmas (Myo-, Neuro-, Tonofibrillen) bei flüssigem Aggregatszustande unmöglich. Endlich ist die recht- winklige Überschneidung protoplasmatischer Struktursysteme in Muskeln und Epithelzellen weit verbreitet, eine Strukturform, die wiederum bei flüssigem Zustande der lebenden Masse aus- geschlossen ist. Dies wären also einige Daten zur Beurteilung des » Äggregats- zustandes« des Protoplasmas. Späterhin werde ich diesen Gegen- stand im Zusammenhang behandeln. Übrigens habe ich vor einer Reihe von Jahren (1899) über den Aggregatszustand des quergestreiften Muskels mich ausführlicher geäussert, doch ist zu meinem Bedauern keiner von den biologischen Theoretikern der Oberflächenspannung auf meine Auseinandersetzungen ein- gegangen. Nach allen diesen Betrachtungen möchte ich noch anheim- geben zu überlegen, ob nicht in dem Roux’schen Falle der Furchungszellen die Wirkung der Oberflächenkräfte das normale Mals überschreitet. Es könnte eventuell möglich sein, dass, wenn eine Morula oder Blastula des Frosches mit Nadeln zerrissen wird und die Zellen auf diese Weise getrennt werden, eben hierdurch eine Art Shok des Protoplasmas produziert wird, welcher lähmend auf die natürliche Kontraktilität desselben einwirkt. So wäre denn die Möglichkeit gegeben, dass die 309 Die allgemeine Ableitung der Oberflächenkräfte ete. isolierten Furchungszellen in einer das normale Mafs über- schreitenden Weise der Wirkung der Oberflächenkräfte unter- liegen. In diesem Sinne möchte ich es auffassen, dass nach der Vermutung Roux’s das Hervortreten kontraktiler Kräfte wiederum zur Zellentrennung führen kann. Schliesslich noch eins. Es ist nicht gesagt, dass überall innerhalb der Zelle an der Oberfläche differenzierter Struktur- teile wirklich eine Oberflächenspannung existiert. Sobald Vakuolen von anorganischem Wasser im Plasma auftreten, wird man freilich an der Grenze Plasma/Wasser eine solche Spannung haben und folgerecht auch an allen Strukturteilen, die in wässriger Lösung von relativ hoher Molekularkraft suspendiert sind. Ganz anders aber liegt die Sache, wenn wie vielfach in tierischen Zellen, eine lebendige Grundmasse in der Zelle vorhanden ist, auf deren Basis Differenziationen statt haben (Leukocyten, Flimmerepithelien ete.). Mir wenigstens scheint es unzweifel- haft zu sein, dass besonders fädige Differenzierungen innerhalb einer solchen (plasmatischen) Grundmasse auftreten ; es sind dies die Fälle vor allem, die technisch so schwer zu behandeln sind, weil die Grundmasse fast die gleichen färberischen Eigenschaften zeigt, wie die Differenzierungen selbst. In solchen Fällen dürfte eine merkliche Oberflächenspannung an der Begrenzung der Differenzierungen fehlen. Desgleichen ist mir sehr zweifelhaft, ob beim Auftreten geformter Granula im Plasma (Pigmentkörner, Zymogenkörner etc.) eine merkliche Oberflächenspannung an der Grenze des Granulum angenommen werden darf, denn diese Gebilde sind ja doch häufig in das Plasma geradezu eingebettet. Beim Wachstum der Granula und übrigens auch der Vakuolen würde eventuell die Annahme einer passiven Dehnung und Spannung der angrenzenden Plasmamasse genügen, um die rundliche Form zu erklären. Tübingen, Winter 1903/4. 21? >10 Literaturverzeichnis. Literaturverzeichnis. Über den Einfluss elastischer Spannung auf Form und Differenzierung und auf die Lebenseigenschaften protoplasmatischer Strukturen siehe folgende meiner Schriften: 1. M. Heidenhain: Beiträge zur Topographie und Histologie der Kloake und ihrer drüsigen- Adnexa bei den einheimischen Tritonen. S. 67 ff findet man Angaben über die Einwirkung interner Spannungen auf das Strukturbild vielwabiger Becken- und Kloakendrüsenzellen. 2, Derselbe: Über Kern und Protoplasma, Leipzig, W. Engelmann 1892. Enthält Angaben über den Einfluss der Gewebespannung auf die Kern- struktur, S. 112f. und 1321. 3. Derselbe: Neue Untersuchungen über die Zentralkörper und ihre Be- ziehungen zum Kern- und Zellenprotoplasma. Arch. f. mikr. Anat. Bd. 43, 1894. Diese Arbeit enthält die ersten ausführlichen Angaben über die systematische Spannung zentrirter Systeme (Spannungsgesetz), ferner wird 8. 629 zum ersten Mal das Problem der Festigkeit oder Widerstandsfähigkeit lebender Protoplasmen aufgeworfen, auch wird darauf hingewiesen, dass beim Zellentode sich diese spezifische Festigkeit sofort verliert und die Zellen alsdann dem Gewebedruck folgen. Diese Erscheinungen werden in der nächsten Schrift auf elastische Spannung des lebenden Plasmas zurückgeführt. 4. Derselbe: Cytomechanische Studien. Roux’s Arch. Bd. I. 1895. Diese Schrift ist ausschliesslich der elastischen Spannung des lebenden Plasmas gewidmet. Siehe vor allem Kap. V, S. 502 ff.. Theorie der intravitalen Spannung der plasmatischen Systeme; hier die Erklärung für die Strukturfestigkeit lebender Zellen. Ferner: ausführliche Erörterung des Spannungsgesetzes und Zurückführung der Erscheinungen der „Furchung unter Pressung“ auf Änderung der Protoplasmaspannung. 5. Derselbe: Ein neues Modell zum Spannungsgesetz der zentrirten Systeme, Verhandl. d. anat. Ges. 1896. Literaturverzeichnis. 51h 6. Derselbe: Neue Erläuterungen zum Spannungsgesetz der zentrirten Systeme. Morphol. Arb. VII, 1897. In dieser Arbeit findet sich 8. 292 zum ersten Male in der Literatur der Vergleich protoplasmatischer Struktursysteme mit der Spongiosastruktur (Spannungstrajektorien !) 7. Derselbe: Einiges über die sogen. Protoplasmaströmungen. Würzburger Sitzungsberichte 1897. Hier findet sich S. 3 der Hinweis darauf, dass alle (angeblich flüssigen!) Protoplasmastränge in den Kürbiszellen von den feinsten bis zu den gröhsten straff gespannt sind, so dass hier ein wahres Spannungsphänomen bei typisch mobilem Plasma vorliegt. 8. Derselbe: Über die Struktur der Darmepithelzellen. Arch. f. mikr. Anat. Bd. 54, 1899. Aufstellung des Begriffes der protoplasmatischen Wider- standsfibrillen (Tonofihrillen, Tonomitom). 9, Derselbe: Struktur der kontraktilen Materie I. „Ergebnisse“ von Bonnet und Merkel, Bd. VIII, 1899. Hier habe ich S. 49 f den Vergleich der Muskelstruktur mit der Spongiosastruktur wiederholt und eine Verallgemeinerung des Problems rücksichtlich der Protoplasma- architektur in die Wege geleitet. Siehe auch das Resume 8. 65 Punkt 6. Ebenso vergl. S. 16 die allgemeine Einteilung der (Querstreifen: Die eine Klasse der Querstreifen wird repräsentiert durch Streifen, welche der Ausdruck eines allgemeinen Strukturprinzipes sind, Streifen Z und M; sie lassen sich auf die auch sonst bei parallel-fasrigen protoplas- matischen Struktursystemen vorkommenden (Querverbindungen zurück- führen. Diese werden a. a. O. den Streckbandsystemen der Knochen- spongiosa d.h. also den mit der Richtung der maximalen Zugspannung übereinkommenden Knochenbälkchen gleichwertig gesetzt. 9b. Derselbe: Über die Zentralkapseln und Pseudochromosomen etc. Anat. Anz., Bd. XVIII, 1900. In dieser Arbeit habe ich auf 8. 544 Anmerk. aufs neue darauf hingewiesen, dass ich die senkrechte Überkreuzung protoplasmatischer Struktursysteme in demselben Sinne auffasse wie die Spongiosastruktur, Auch eıklärte ich gegenüber Reinke meine Priorität in dieser Sache und aecceptirte im Anschluss an letzteren Autor den Ausdruck „Spannungstrajektorien“ für das in Frage stehende Strukturverhältnis. 10. Derselbe: Über die Struktur des menschlichen Herzmuskels. Anat. Anz., Bd. XX, 1901. Vergl. über die in Betracht kommenden rein morpholoigschen Daten S. 42 bis 49. 312 Literaturverzeichnis. 11. Andrews, Gwendolen Foulke: The living substance, Journal of Morphology, Vol. XII, Snppl. 1897. 12. Auerbach, Felix: Kanon der Physik. Leipzig, Veit u. Comp. 1899. 13. Bernstein, Julius: Die Kräfte der Bewegung in der lebenden Substanz, Braunschweig, Friedr. Vieweg u. Sohn, 1902. l4. Boys, €. V.: Seifenblasen. Vorlesungen über Kapillarität. Deutsch von Dr. G. Meyer Leipzig, Johann Ambr. Barth, 1893 [diese Schrift ist als Einleitung in das Studium der Kapillarität sehr zu empfehlen]. 15. Bütschli: Untersuch. über mikroskopische Schäume und das Protoplasma- Leipzig, W. Engelmann 1392. 15a. Derselbe: Meine Ansicht über die Struktur des Protoplasma und einige ihrer Kritiker. Roux’s Arch., Bd. XI, 1901. 16. Chwolson, ©. D.: Lehrbuch der Physik, Bd. I, Braunschweig, Friedr. Vieweg u. Sohn, 1902. Dieses Handbuch enthält die beste der bisherigen Darstellungen der Kapillaritätslehre. 17. His, Wilhelm: Protoplasmastudien am Salmonidenkeim, Bd. XXV. Abh. d. math. phys. Kl. d. kgl. sächs. Ges. der Wiss. 1899. 18, Jensen, Paul: Die Protoplasmabewegung. Ergebnisse der Physiologie, Jahrg. I, 1902. 19. Maziarski, M. Stan.: Recherches cytologiques sur les organes segmen- taires des Vers de terre. Arch. polonaises des sc. biologiques et medic. Vol. II, 1908. 20. Derselbe: Sur les rapports des muscles et de la eutieule chez les crustaces. Krakauer Anzeiger, 1903. 2]. van der Mensbrugghe, G.: Sur la tension superficielle des liquides ete. M&m. couronnes et m&m. des sav. etrang. publ. par l’acad. roy. de Belgique. T. XXXIV, 1870. 22, Derselbe: Sur les proprietes physiques de la couche superficielle libre d’un liquide et de la couche de contact d’un liquide et d’un solide. Bull. de l’acad. roy. de Belgique. 3. serie, T. XVII, 1859. 23. Derselbe: Sur les phenomenes capillaires. Annales de l’association des Ingenieurs sortis des &coles speciales de gand, T. XXIII, 1901. Die letzteren beiden Schriften eignen sich, weil leichtverständlich, für den Nichtphysiker ! 24. Nernst, Walther: Theoretische Chemie, II. Auflage. Stuttgart, Ferd. Enke, 1900. Literaturverzeichnis. 313 38. 39. 40. 5. Pfaundler, Leop.: Müller-Pouillet's Lehrbuch der Physik, Bd I, Neue Auflage 1902. 26. Plateau, J.: Statique experimentale et theorique des liquides soumis aux seules forces moleculaires, T. I und II, 1873. . Polowzow: Wera: Über kontraktile Fasern in einer Flimmerepithelart und ihre funktionelle Bedeutung. Arch. f. mikr. Anat., Bd. 63, 1903. . Quinceke, Georg: Über Emulsionsbildung und den Einfluss der Galle bei der Verdauung. Pflüger’s Arch. Bd. 19, 1879. 9. Derselbe: Über Kapillaritätserscheinungen an der gemeinschaftlichen Oberfläche von Flüssigkeiten. Annalen der Physik und Chemie 5. Reihe, Bd. 19, 1870. . Derselbe: Über die Kohäsion von Salzlösungen. Ibidem. 6. Reihe, Bd. 10, 1877. . Derselbe: Über den Randwinkel und die Ausbreitung von Flüssigkeiten auf festen Körpern. Annalen der Physik und Chemie, herausgegeben von Wiedemann, N. F. Bd. II, 1877. > Derselbe: Über periodische Ausbreitung von Flüssigkeitsoberflächen ete. Ibidem. N. F., Bd. XXXV, 1888. 3. Rhumbler: Der Aggregatzustand und die physikalischen Besonderheiten des lebenden Zellinhaltes, Zeitschr. f. allgem. Physiol., Teil I, Bd. I: Teil II, Bd. II, 1902. . Derselbe: Mechanische Erklärung der Ähnlichkeit zwischen magnetischen Kraftliniensystemen und Zellteilungsfiguren. Roux’s Arch., Bd. XVI, 1903. . Derselbe: Physikalische Analyse von Lebenserscheinungen der Zellen. Roux’s Archiv. I. Bd. VII, 1898; II. Bd. IX, 1899; III. Bd. IX, 1899. . Derselbe: Versuch einer mechanischen Erklärung der indirekten Zell- und Kernteilung. Roux’s Arch. Bd. III, 1896. . Roux, W.: Uber die Bedeutung „geringer“ Verschiedenheiten der relativen Grösse der Furchungszellen für den Charakter des Furchungsschemas ete. Roux’s Arch., Bd. IV, 1896. Derselbe: Über die Selbstordnung (Cytotaxis) sich „berührender“ Furchungszellen des Froscheies durch Zellenzusammenfügung, Zellen- trennung und Zellengleiten. Roux’s Arch., Bd. III, 1896. Studnicka, F.K.: Die Analogien der Protoplasmafaserungen der Epithel- und Chordazellen mit Bindegewebsfasern. Sitzungsber. d. böhm. Ges. d. Wiss. in Prag, 1902. Violle J.: Lehrbuch der Physik. Erster Teil: Mechanik; zweiter Band, Berlin, Julius Springer, 1893. I g Sy! Literaturverzeichnis. 48. 49. 50. Volkmann P.: Über die Molekularanziehung von Flüssigkeiten auf einander. Ann. der Physik und Chemie, N. F. Bd. XVI, 1882. 9, Warburg. Emil: Lehrbuch der Experimentalphysik, VI. Aufl., 1902. 3, Winkelmann: Handbuch der Physik, Bd. 1. 14. Wüllmner, Adolph: Lehrbuch der Experimentalphysik, Bd. I, IV. Aufl. Leipzig, D. G. Teubner. ‚Fischer, Karl Tobias: Die geringste Dieke von Flüssigkeitshäutchen. Dissertation München 1897. ;. Weber, Rudolf H.: Über die Oberflächenspannung mit Öl bedeckter Wasseroberflächen und die Wirkungsweite der Molekularkräfte. Ann. der Physik. Vierte Folge, Bd. 4. 1901. . Jensen, O.: Über den Aggregatszustand des Muskels und der lebendigen Substanz überhaupt. Pflügers Arch., Bd. 80, 1900. Derselbe: Untersuchungen über Protoplasmamechanik. Pflügers Arch. Bd. 87, 1901. Derselbe: In Sachen des Aggregatszustandes der lebendigen Substanz. Pflügers Arch., Bd. 83, 1900. Heidenhain, M.: Über die Oberflächenkräfte als Ursache der sogen. „Geldrollenform“ der roten Blutkörperchen und verwandte Erscheinungen. Folia haematologica, herausgegeben von Dr. A. Pappenheim. Jahrg. 1904. AUS DEM ANATOMISCHEN INSTITUT DER UNIVERSITÄT WÜRZBURG. ENTWICKELUNG DER HAARR UND SCHWEISSDRÜSEN DER KATZE. VON KARL BACKMUND, VETERINÄR DES K. B. 2. TRAIN-BATAILLON. Mit 22 Figuren auf 2 Doppel-Tafeln 11/12 und 13/14. Anatomische Hefte. I. Abteilung. 7980, Heft (26. Bd. H. 3/3). DV DD W. Krause (l) schliesst in OÖ. Hertwigs Handbuch der vergleichenden und experimentellen Entwickelungslehre der Wirbeltiere den Abschnitt „die Entwickelung der Haut und ihrer Nebenorgane“ mit der Bemerkung, dass über die Ent- wickelung der Schweissdrüsen bei Tieren nichts bekannt sei. Dieser Ausspruch gab den Anlass zu der nachfolgenden Arbeit. Die nächste Aufgabe bestand in dem Studium der Litteratur über die Schweissdrüsen überhaupt, um einerseits eine genaue Einsicht in alle früheren bezüglichen Arbeiten zu gewinnen und andererseits einen geschichtlichen Überblick über die Onto- genie der Schweissdrüsen geben zu können; sodann galt es, das gesamte, sehr umfangreiche Material zu sichten und an der Hand eigener Beobachtungen und Erfahrungen zu ergänzen und zu berichtigen, um einen nutzbaren Beitrag zur Lösung der Frage zu geben. Im Verlaufe der Untersuchungen ergab es sich, dass die Entwickelung der Schweissdrüsen von derjenigen der Haare nicht zu trennen ist, und wurde deshalb auch die Ontogenese der Haare und der Talgdrüsen studiert und beschrieben. A. Geschichtliches über die Schweissdrüsen, Nachstehende Schilderung giebt einen geschichtlichen Über- blick der älteren Arbeiten über die Schweissdrüsen, insbesondere 22* 318 K. BACKMUND, aber eine Zusammenstellung unserer Kenntnisse über das Vor- kommen und über die anatomischen Verhältnisse derselben bei den Haussäugetieren. Alle citierten Schriften haben mir mit ganz wenig Aus- nahmen im Originale vorgelegen. Nil Stenon!) soll der erste gewesen sein, der im Jahre 1683 die Hautporen beobachtete, durch welche der Schweiss auf die Oberfläche der Haut gelangte. Die erste Erwähnung über den Schweissapparat fand ich bei Grew (2) 1684. Dieser Forscher beschreibt die Poren der Schweissdrüsen in ihrer Lage an Hand und Fuss, speziell in der Haut der Fingerspitzen, wo er die Mündungen, welche öfter mit kleinen, wasserhellen Tröpfchen erfüllt sind, auf und inner- halb der an diesen sichtbaren Leistchen gesehen hat. Etwa drei Jahrzehnte darauf im Jahre 1717 behauptete Leeuvenhoek (3) vermittelst des Mikroskops die Hautporen erkannt zu haben. Die übergrosse Zahl, die er anführt, 14400 Öffnungen auf eine Quadratlinie, lässt jedoch schliessen, dass er die eigentlichen Öffnungen der Schweissdrüsen nicht ge- sehen hat. Nach ihm bemerkte im Jahre 1738 Kaau (4) dünne Fäden, die bei der Trennung der Oberhaut vom Corium sichtbar werden. Jede Methode, welche eine allmähliche Ablösung der Epidermis von der Cutis verursacht, bringt sie zum Reissen und lässt aus ihnen Flüssigkeit hervortreten, die als solche zwischen Epidermis und Cutis dann wahrgenommen werden kann, und zwar ist diese Flüssigkeit nicht dünnflüssig, sondern von schleimiger, schlüpfriger Konsistenz (sed mucosus et lubricus). Aus dieser Beschreibung geht hervor, dass Kaau wohl die Ausführungs- gänge gesehen hat; die Erklärung jedoch, die er seinen Be- 1) Ich entnehme dieses Citat der Abhandlung B. Hoffmanns „Über die Talg- und Schweissdrüsen“, Tübingen 1898. In den mir zugänglichen Werken Nil Stenons konnte ich diesbezügliche Forschungsergebnisse nicht finden. Entwickelung der Haare und Schweissdrüsen der Katze. 319 funden giebt, ist falsch, indem er sie für feine Gefässramifika- tionen anspricht, die von der Haut zur Epidermis in die Höhe steigen. Nach ihm wurden diese Fäden von vielen Autoren gesehen, aber keineswegs richtig gedeutet; sie wurden als Gefässe, als Nerven oder als Auskleidungen der Talgdrüsen aufgefasst, so dass bis zum Anfange des vorigen Jahrhunderts die Organe des Schweissapparates immer noch unbekannt blieben. Die erste eingehende anatomische Untersuchung des Schweissapparates lieferte Bichhorn (5) jm Jahre 1826; doch beschränken sich seine Mitteilungen nur auf die Poren und die Ausführungsgänge. Die Poren hat er vermittelst der Lupe ge- sehen und deren Natur als Schweissporen durch Beobachten des Austritts von Schweisströpfchen festgestellt. Ferner hat Eich- horn die nach unten konisch zulaufenden Fäden gesehen, die beim Abtrennen von macerierter oder mit heissem Wasser begossener Haut an der Epidermis hängen bleiben; durch Ein- führen von feinen Pferdehaaren in dieselben und durch Ab- schneiden der Spitze dieser Fäden an getrockneten Präparaten hat er ein Lumen in den Fäden nachgewiesen, sie somit als Kanälchen festgestellt und endlich gezeigt, dass jedes Kanälchen mit einem trichterförmigen Grübchen an der äusseren Ober- fläche der Epidermis korrespondiert. Die Untersuchungen von Purkinje (6) gehen etwas über die Eiehhornschen hinaus. Purkinje untersuchte seine Schnitte mit dem Mikroskop und erweiterte die Befunde Eich- horns, indem er den Verlauf der Schweissdrüsen in der Cutis beschrieb. An in Liq. cali carbonici gehärteter Haut bemerkte er unter den Grübchen der Epidermis fadenförmige, genau be- grenzte Organe, die aus der Lederhaut hervorkommend, in häufigen spiraligen Windungen zu den auf der Oberhaut sicht- baren Grübchen emporsteigen. 320 K. BACKMUND, Wendt (7) setzte die Untersuchungen Purkinjes fort; er hielt die von diesem entdeckten Fäden für selbständige Organe. Das Ende derselben in der Lederhaut sah Wendt meist angeschwollen, entweder gekrümmt oder anders gestaltet mit einem abgeschlossenen Grunde. Die Dicke eines jeden Fadens bleibt im ganzen Verlaufe dieselbe. Die Fäden be- stehen aus einem einfachen körnigen Gewebe und sind hohl. Der untere Teil der Fäden eines in Lig. cal. carbonie. ge- kochten Hautstückes giebt immer den Anblick eines doppelten Säckchens, wodurch sowohl das Lumen des Kanals als die Wände höchst deutlich werden. Da das untere Ende der Fäden ver- schlossen ist, so ist Wendt der .Ansicht, dass der Schweiss auch in den Höhlen derselben abgesondert werden muss, und betrachtet sie wie die Hauttalgdrüsen als einfache Drüsen. Gleichzeitig mit Purkinje entdeckten Brechet und Roussel de Vanzeme (8) in Paris die spiralförmigen Schweisskanäle der menschlichen Haut, obgleich sie ihre Ent- deckungen viel später bekannt machten. Diese beiden Forscher sahen jedoch an den dünnen abgeschnittenen Lamellen der Haut nicht nur die spiralförmigen Schweisskanäle von den trichterförmigen Vertiefungen der Oberhaut ausgehen, sondern dieselben auch in einer Drüse — einem leicht aufgetriebenen Sack (sac l&gerement renfl&) — endigen, die aber nicht genauer beschrieben ist. Sie zeigten also die wirkliche Existenz der schweissabsondernden Drüsen, welche von Purkinje und Wendt nur mutmasslich angenommen, jedoch nicht bestimmt nachgewiesen wurden. Im Jahre 1835 veröffentlichte Gurlt (9) seine Unter- suchungen über die Schweissdrüsen und Schweisskanäle (Glan- dulae sudoriparae et canales sudoriferi). Durch Gurlt wurden die Kenntnisse von dem Schweissapparate bedeutend gefördert. Denn er lässt die Schweissdrüsen nicht aus einem Sack, sondern aus einem vielfach gewundenen Schlauche bestehen. Be u Sn Entwickelung der Haare und Schweissdrüsen der Katze. 321 Gurlts Arbeit erscheint uns jedoch um so mehr wichtig und interessant, weil er als erster Angaben über die Schweiss- kanäle und Schweissdrüsen von Tieren macht und zwar vom Pferd, Rind, Schaf, Schwein und Hund. Gurlt hat die Schweissdrüsen beim Menschen und den Haussäugetieren in allen Gegenden des Körpers, die von der Haut bedeckt werden, gefunden. Nach ihm liegen die Schweissdrüsen tiefer in der Leder- haut als die Talgdrüsen und gehen sogar häufiger über die Haut hinaus bis in das Fettgewebe. Sie kommen zwar überall in der Haut vor, sind aber in verschiedenen Gegenden sowohl in Grösse als auch in Form und zum Teil auch in der Textur voneinander verschieden. Die Schweissdrüsen der Haussäuge- tiere beschreibt Gurlt wörtlich: „Bei dem Pferd sind sie in der Haut der äusseren Ge- schlechtsteile, namentlich in der Vorhaut und in der Haut des Buters grösser als beim Menschen und den übrigen Haustieren; sie sind dort oval und so gross, dass man sie mit unbewaffinetem Auge leicht erkennen kann, und überdies liegen sie in dem lockeren Zellstoff unter der Lederhaut, wo sie leicht aufzufinden sind. An den übrigen Teilen der Haut sind sie beträchtlich kleiner und länglich.“ „Das Rind hat sehr kleine, runde Schweissdrüsen, welche überall gleichförmig und von gleicher Grösse sind.“ „Bei dem Schaf sind sie im Verhältnis zu der sehr dünnen Haut gross zu nennen, wenn sie auch die des Menschen und Pferdes nicht übertreffen; auch bei diesem Tiere finde ich sie in den verschiedenen Gegenden des Körpers nicht verschieden.“ „Die Schweissdrüsen des Schweines sind länglich und kommen an Grösse denen des Pferdes an den dichtbehaarten Hautstellen fast gleich.“ Der Hund hat an den nicht behaarten Sohlenballen der ») Füsse grosse, rundliche Drüsen, welche grösser sind als die in 322 K. BACKMUND, der Hohlhand und Fusssohle des Menschen, aber kleiner als die aus der Haut der Geschlechtsteile des Pferdes. An allen be- haarten Teilen hingegen sind die Schweissdrüsen sehr kleine, lange Bälge, die sehr schwer aufzufinden sind.“ In Beziehung auf Textur und Farbe der Schweissdrüsen macht Gurlt fol- gende Angaben: „Bei dem Menschen, dem Pferd, dem Schaf, dem Schwein und in den Sohlenballen des Hundes bestehen die Schweissdrüsen aus einem vielfach gewundenen Schlauche, bei dem Rind sind es runde und in den behaarten Hautstellen des Hundes lange, schmale Bälge, in welchen durchaus keine Windungen zu erkennen sind. In den meisten Fällen sind die Schweissdrüsen farblos und fast durchsichtig; nur die aus der Haut der Geschlechtsteile des Pferdes sind von brauner Farbe, welche von kleinen braunen, in dem gewundenen Schlauche enthaltenen Körnern herrührt. In den Drüsen der Sohlenballen des Hundes finden sich zwar auch Körnchen, aber sie sind fast ungefärbt, wenigstens erhält die Drüse dadurch kein farbiges Aussehen.“ Über den Ausführungsgang der Schweissdrüsen der Haus- tiere berichtet Gurlt, dass man schöne Spiralwindungen, wie sie die Schweisskanäle der menschlichen Haut an der Hohlhand und Fusssohle bilden, nur beim Schaf findet, während der Aus- führungsgang bei allen anderen Haussäugetieren nur geschlängelt verläuft. Die Ausführungsgänge gehen durch die Lederhaut und Oberhaut bis an die freie Fläche der letzteren, wo sie.mehr oder weniger deutlich erkennbare trichterförmige Öffnungen haben. Bei Gurlt finden sich auch die ersten guten Abbildungen von Schweissdrüsen. In dem im Jahre 1837 erschienenen Lehr- buche der vergleichenden Physiologie der Haussäugetiere von Gurlt (10) findet man Ergänzungen zu seiner ersten Veröffent- lichung, insbesondere über die Form der Schweissdrüsen und der Ausführungsgänge. Auch die Schweissdrüsen der Katze finden dort Berücksichtigung in folgendem: Anatom. Hefte, I Abt. 79u.80 Heft (26.Bd,H 2/3) Haarkanalzellen. \. Pazullen Anlage ser oe ‚Schweissdrüsenanlage & & m = oe r7\ ‚Subintermediare Zeile Taf 7. > (7) > 7 . PLATTEN 22 2° 2 [ Ser I 0 Ro 17} N Sd/ . 2.2 ,. ri E (} en 0) a - -Arrectoranlage? 0° o c Zr DE o> .. 08 UN FEN 7anilemanlage ee =— Wo Ri h) ‚1 FR or fe se o ‚Schweissdrüsen g--- "anlage s .®o an Mitose Entwickelung der Haare und Schweissdrüsen der Katze. 323 „Bei dem Hunde und der Katze sind die kleinen Schweiss- drüschen, jedes aus einem länglichen, einfachen Säckchen be- stehend, schwer zu finden; der Ausführungsgang macht ein- fache Biegungen bis zur Oberfläche der Haut. Nur in der Haut der Nase und besonders in der Haut der Sohlenballen haben sie grosse, aus gewundenen Schläuchen bestehende Schweissdrüschen.“ Auch Tobien (11) erwähnt in seiner Arbeit ‚de glandu- larum ductibus efferentibus‘‘ die Hautdrüsen des Pferdes, Hundes und der Katze; aber er beschränkt sich auf die Bemerkung, dass in den Ausführungsgängen (in ductibus glandularum cutis) beim Hunde und der Katze die Fibrae musculares fehlen, während die Fibrae elasticae und Fibrae spirales beim Pferd, Hund und der Katze, die Fibrae spirales auch beim Rind gefunden werden. Bei den bisherigen Untersuchungen des Schweissapparates, wie sie von den genannten und nach Gurlt noch von anderen Forschern über die Schweissdrüsen angestellt wurden, war der feinere Bau der Drüsen und der Ausführungsgänge nur wenig oder gar nicht berücksichtigt worden. Die ersten eingehenden Mitteilungen machte Koelliker (12) im Jahre 1849, allerdings auch nur für die menschlichen Schweissdrüsen. Er unterscheidet vor allem zwischen den grossen Schweiss- drüsen der Achselhöhle und denen der übrigen Körperstellen. Die ersteren bestehen aus drei Lagen und zwar sowohl das Drüsenknäuel als der Ausführungsgang. Zu äusserst findet sich eine Lage Bindegewebe, der eine einfache Lage längs ver- laufender Muskelfasern folgt. Zu innerst kommt unmittelbar den Muskeln aufliegend eine einfache Schichte polygonaler Epitheliumzellen. Muskeln hat Koelliker noch an den Drüsen der Handfläche, des Skrotum und Anus gefunden, während die Drüsen der übrigen Körperwandungen sowie auch die kleinen Schweissdrüsen, die in der Achselhöhle zwischen den grossen versteckt liegen, keine Muskellage haben. 324 K. BACKMUND, Virchow?) hat später eine von Koelliker nicht an- seführte Membrana propria dargestellt, welche die Bindegewebs- hülle der Schweissdrüsen nach innen begrenzt und die als zellen- freier Teil der Bindesubstanzhülle erscheint. Leydig (13) nimmt in seinem Lehrbuche der Histologie des Menschen und der Tiere 1857 ebenfalls eine Tunica propria®) und bei den grossen Schweissdrüsen glatte Muskelfasern an; letztere liess er jedoch anfangs nach aussen von der Tunica propria gelegen sein, änderte dann (13) seine Angaben dahin dass die Muskellage dieht unter das Epithel verlegt wird. Leydig beschreibt nach Gurlt als erster eingehend die Schweissdrüsen der Tiere. Das Pferd, Rind, Schaf, Schwein und Hund besitzen nach ihm Schweissdrüsen über die ganze Haut weg, jedoch in etwas wechselnder Entwickelung. Die einfachste Form erblickt man beim Kalb; bier ist die Schweissdrüse ein gerader, nicht ge- wundener Schlauch, dessen verengter Ausführungsgang immer unterhalb der Talgdrüsen in den Haarbalg mündet. Fast zu jedem Haarfollikel gehört eine solche Schweissdrüse. Etwas beträchtlicher sind die Schweissdrüsen an den behaarten Partien des Hundes, indem sich seitlich an jedem Haarbalg herab eın sewundener Drüsenschlauch erstreckt, der über das blinde Ende des Haarfollikels ziemlich weit hinausragt und durch seine Schlängelungen einen länglichen schmalen Knäuel bildet. Endlich ganz vom Aussehen der menschlichen Schweissdrüsen sind sie beim Schwein, Schaf, Pferd, ebenso in den Sohlenballen von Hund und Katze. An manchen Orten der Haut bilden sich, 2) Ich entnehme diese Angabe aus Koellikers Gewebelehre des Men- schen. 1889. S. 252. 3) An Stelle des Ausdruckes „Tunica propria“ wäre „Membrana propria“ zu setzen, nachdem jetzt allgemein unter letzterer die strukturlose, homogen den Epithelzellen als Stütze dienende Haut verstanden wird, während das unter dieser Membrana propria gelegene lockere Bindegewebe mit dem Namen „lunica propria“ belegt wird. Entwickelung der Haare und Schweissdrüsen der Katze. 325 ähnlich wie die Schweissdrüsen des Menschen sich spezifisch zu Ohrenschmalzdrüsen umbilden, die Schweiss- und Talgdrüsen zusammen zu grösseren Massen um, wie zum Beispiel in jenen beutelförmigen Einstülpungen der Haut, die unter dem Namen „Analsäcke“ bekannt sind. Vergleichen wir die Resultate Gurlts mit denen Leydigs, so ergeben sich insbesondere Differenzen hinsichtlich der Aus- mündung der Schweissdrüsen. Gurlt sah diese Drüsen stets an die freie Oberfläche münden, während Leydig behauptet, dass sie beim Hunde immer in das obere Ende eines Haarbalges, beim Kalb in den Haarbalg unterhalb der Talgdrüsen ein- münden. Harms (14) sucht diese Widersprüche zu lösen; nach seiner Auffassung münden die Schweissdrüsen an der freien Oberfläche der Haut mit einer trichterförmigen Öffnung aus jedoch verbindet sich an den behaarten Stellen der Haut das obere Ende des Ausführungsganges dieser Drüsen, soweit Haare genug vorhanden sind, mit dem oberen Ende eines Haarbalges derart, dass beide Teile anscheinend zu einem Schlauche oder Kanale zusammentliessen. Im übrigen bringt Harms in diesen Beiträgen zur Histologie der Hautdrüsen der Haussäugetiere weniger eine Darstellung der feineren histologischen Verhältnisse, als in der Hauptsache eine Berichtigung und Ergänzung der Gurltschen Angaben über die Form und den Verlauf der knäuelförmigen Drüsen bezw. deren Ausführungsgänge. Zugleich giebt dieser Autor sehr gute diesbezügliche Zeichnungen der Schweiss- und Talg- drüsen des Pferdes, Rindes, Schafes, Schweines, Hundes und der Katze. Auch wendet sich Harms gegen das Einteilungs- prinzip der Hautdrüsen nach der qualitativen Funktion. Diese Einteilung dürfe nur beibehalten werden, wenn man einräumt, dass nicht jede schlauch- resp. knäuelförmige Drüse Schweiss, und nicht jede traubenförmige Drüse Talg absondert. Harms 326 K. BACKMUND, beschreibt einen Typus für die „knäuelfömigen Drüsen“ wie er sie bezeichnet wissen will, und betont dabei, dass eine ordentliche Aufwickelung des Drüsenschlauches, ähnlich der des Fadens eines Knäuels nicht besteht, sondern dass der Drüsenschlauch nur zusammengeschoben und einem Knäuel ähnlich ist. Im Jahre 1871 erschien die erste ziemlich vollständige Be- schreibung der Hautdrüsen von Pferd, Rind, Schaf, Hund, Katze und Schwein in einer Dissertation von L. Choda- kowski (15). Dieser Autor behandelt in seiner Arbeit das anatomische Verhalten der Hautdrüsen unserer Haussäugetiere, versucht die Differenzen, welche zwischen den Resultaten Gurlts und Leydigs einerseits und Harms andererseits bestehen, zu be- richtigen und giebt bezüglich des topographischen Vorkommens der Schweissdrüsen zahlreiche Aufschlüsse. Auch auf die Histo- logie dieser Drüsen und ihrer Ausführungsgänge geht Choda- kowski ein und beschreibt die Form der Epithelzellen bei den verschiedenen Tieren. Chodakowskis Arbeit wurde grundlegend für unsere Kenntnisse von den knäuelförmigen Hautdrüsen unserer Haus- säuger und deshalb mögen hier die diesbezüglichen Resultate seiner Untersuchungen wörtlich angeführt werden: a) „Die Schweissdrüsen finden sich nicht allein an behaarten Hautstellen, sondern auch an einzelnen unbehaarten, nämlich an den Sohlenballen des Hundes und der Katze, dem Flotzmaule des Rindes und des Schafes. b) An einzelnen Gegenden der Haut häufen sich sowohl Schweissdrüsen als auch Talgdrüsen in grösserer Menge an, so dass dadurch besondere Drüsenapparate gebildet werden. Solche Ansammlungen, bei welchen beide Drüsenarten reichlich ver- treten, sind: beim Pferde und Hunde die Präputialdrüsen, bei der Katze die Unterkieferdrüsen, beim Hunde und der Katze Fntwickelung der Haare und Schweissdrüsen der Katze. 327 die Drüsen der Analsäcke, beim Schafe die der Klauenschläuche und der Thränengruben. An anderen Gegenden finden sich Schweissdrüsenansammlungen in besonderer Menge und be- sonderer Form und erhalten deshalb auch besondere Namen so die Flotzmauldrüsen beim Rinde und Schafe. c) An einzelnen Gegenden der Haut sind weder Talgdrüsen noch Schweissdrüsen vorhanden, nämlich an der unbehaarten Nase des Hundes und der Katze, der Rüsselscheibe des Schweines. d) Die Form der Schweissdrüsen ist eine sehr wechselnde; es sind überall gleich weite, einen Knäuel bildende Schläuche: beim Pferde, Hunde, Schweine; es sind gleich weite, nur ge- schlängelte Schläuche: bei der Katze, oder endlich die ge- schlängelten Schläuche sind nur im unteren Abschnitte erweitert: beim Rinde und Schafe. e) Es kann aber auch die Form des Schlauches bei dem- selben Tiere je nach der Hautstelle wechseln. Beim Schafe fand ich an der ganzen Körperhaut geschlängelte Schläuche, welche. unten erweitert sind, während in den Klauensäckchen, wo die eanze Haut dünner wird, eine deutliche Aufknäuelung des Schlauches sich darbietet. Bei der Katze, deren Schweissdrüsen einfache geschlängelte Schläuche sind, fand ich an einzelnen Schläuchen der Sohlenballen seitliche Fortsätze, in den Anal- säcken desselben Tieres ästig geteilte Drüsenkanäle. An Stellen, wo eine grössere Zusammenhäufung von Drüsen stattfindet, verändert sich mit zunehmender Grösse ebenfalls die Form; statt der einfach geschlängelten Schläuche hat das Rind und Schaf an dem Flotzmaule verästelte Drüsen. f) Auch die Schweissdrüsen nehmen an den Grenzgebieten der nackten und behaarten Haut an Grösse zu. &) Gewöhnlich gehört zu jeder Schweissdrüse ein Ausführungs- gang, selten vereinigen sich zwei oder mehrere Drüsen, wie am Flotzmaule des Rindes und des Schafes, den Analsäcken der Carnivoren, zu einem gemeinsamen Ausführungsgange; auch DS £ K. BACKMUND, co am Präputium des Hundes stiess ich auf einzelne Schweiss- drüsenschläuche, die sich zu einem gemeinsamen Ausführungs- gange vereinigten. h) Die Schweissdrüsen münden an behaarten Stellen in der Regel in den Haarbalg und zwar meist sehr hoch oben, nahe der Öffnung des Haarbalges, so beim Pferd, Rinde, Schafe, bei der Katze, beim Schweine; etwas tiefer beim Hunde. Aus- nahmsweise selten stiess ich auf eine freie Ausmündung. An den nackten Hautstellen dieser Tiere münden die Schweiss- drüsen selbstverständlich frei. i) Die Ausführungsgänge der Schweissdrüsen besitzen kein eigentümliches Drüsenepithel, sondern die Epithelzellen gleichen durchaus den Elementen des Strat. Malpighii der Haut; bei einzelnen Tieren, z. B. beim Pferde, sind sie näher zur Mündung durch einen gleichen Pigmentgehalt wie das Strat. Malpighüi ausgezeichnet. Die von einigen Autoren (Gurlt, Harms) be- schriebene Trichterform der Mündung der Schweissdrüsen beruht auf einer Täuschung; die allmähliche Verdünnung des die Mündung auskleidenden Strat. Malpighii lässt die ganze Zellen- masse kegelförmig erscheinen, während das Lumen durchaus nicht trichterförmig, sondern einfach eylindrisch ist. Nur die Schweissdrüsennündungen des Schafes zeigen neben dem eben beschriebenen Verhalten ein deutlich trichterförmiges Lumen. k) Das Epithel der Schweissdrüsen ist überall einfach d. h. einschichtig. Die Form der Zellen ist bei verschiedenen Tieren verschieden. Die Epithelzellen der Schweissdrüsen sind: beim Pferde: eylinder- oder kegelförmig; beim Rinde: kurz, mehrseitig prismatisch oder eylindrisch ; beim Schafe und beim Hunde: abgestumpft kegelförmig oder polyedrisch ; bei der Katze und dem Schweine: klein und kugelig. Entwickelung der Haare und Schweissdrüsen der Katze. 329 ın) Die Tunica propria (1. e. Membrana propria) der Schweiss- drüsen ist ebenfalls eine Fortsetzung der elastischen Grenz- membran der Cutis. Besonders hervorzuheben ist, dass die Tunica propria nicht bei allen Schweissdrüsen glatt ist, sondern eigentümlich vorspringende Leisten zeigt. Glatt ist sie: beim Pferde, Rinde und bei der Katze. Längsleisten fand ich: beim Hunde und Schweine. Längsleisten, sowie schwach angedeutete Querleisten: beim Schafe. n) Über die Abwesenheit oder Anwesenheit der glatten Muskelfasern in den Wandungen der Schweissdrüsen bin ich zu keinem endgültigen Abschlusse gekommen. Bei einigen Tieren: Pferd, Rind, Katze habe ich nichts gefunden, was ich für glatte Muskelfasern halten könnte. Beim Schafe dagegen habe ich Präparate erhalten, deren Betrachtung mir die Existenz glatter Muskelfasern wahrscheinlich macht. Bei den übrigen untersuchten Tieren: Schweine, Hund muss ich die Frage unent- schieden lassen.“ Mit letzterer Frage befasst sich in der Hauptsache eine Abhandlung Graffs (16), der die Präputialdrüsen bei Mensch, Pferd, Rind, Schaf, Schweine, Hund und Katze, sowie die Sohlen- ballendrüsen nicht nur der Digitigraden, sondern auch die Drüsen der Planta pedis des Menschen, die Fleischstrahldrüsen der Ungulaten und das Klauensäckchen des Schafes untersuchte und zu dem Resultate kam, dass die secernierenden Schläuche der tubulösen Drüsen glatte Muskulatur besitzen. Der Zweck der letzteren sei: die Entleerung des Sekrets zu bewerkstelligen; sie fehle daher dort, wo die Haut durch ihre Spannung dies ermögliche (Präputium, Sohle). Auch Hermann (17) schenkt seine Aufmerksamkeit der Muskulatur der Schweissdrüsen. Sie erscheint ihm als eine zu- sammenhängende Lage, welche zwischen der Propria und dem Epithel der Drüse gelegen sei. Eine starke Ausbildung dieser Muskellage findet Hermann an den Schweissdrüsen des Menschen, Schweines und Schafes, zart und glatt sei diese Drüsenmuskulatur bei den anderen Tieren. Einen Beitrag zu dieser Frage lieferte Bubnoff (18) für die Katze. Er fand, dass der Tunica (Membrana) propria ganz dicht an der Innenseite longitudinale Züge organischer Muskel- fasern angelegt sind, die förmliche vorspringende Leisten dar- stellen und sich auf Querschnitten als dreieckige Fortsätze zwischen die Epithelzellen drängen. Nur die kleinsten Drüsen haben keine Muskularis. Bubnoff verdanken wir überhaupt eine wesentliche Bereicherung unserer Kenntnisse der Schweiss- drüsen der Katze. Wir erhalten in seiner Arbeit Aufschluss über das Vorkommen und über die Form dieser Drüsen bei der Katze. Auf der ganzen Oberfläche der Haut sind kleine sackförmige Drüschen verteilt; durch eine ganze Reihe von Zwischenformen gehen diese in grosse röhrenförmige, zum grossen Teil stark geschlängelte Drüsenschläuche über, wie sie sich auf der Übergangs- stelle der unbehaarten Ballen in die behaarte Haut der Pfoten, auf der Haut des Oberkiefers und des Unterkiefers und zerstreut auch auf der Innenfläche der Ohrmuschel finden. Anders ge- stalten sich wieder die Schweissdrüsen auf den unbehaarten Ballen. Der Drüsenschlauch stellt hier im grossen Teil der Fälle eine langgedehnte, geschlängelte Röhre dar. Das von Chodakowski zuerst und später von Graff beobachtete stellen- weise Auftreten von seitlichen kurzen Fortsätzen an den Drüsen der Sohlenballen bestätigt Bubnoff, jedoch nicht für jede Drüse; im Gegenteil, diese Ausbuchtungen seien sehr selten und könnten deshalb nicht als charakteristische Eigenschaften der Knäueldrüsen dieser Gegend gelten. Bubnoff giebt ferner eine ausführliche Beschreibung über den mikroskopischen Bau des Drüsenschlauches und des Ausführungsganges der Schweiss- drüsen der Katze. Der Drüsenschlauch besteht aus kleinen runden Epithelialzellen mit etwas körnigem Protoplasma und 351 Entwickelung der Haare und Schweissdrüsen der Katze. einem verhältnismässig ziemlich grossen Kern mit einem oder zwei Kernkörperchen. Diese Zellen bilden auf der Innenwand des Drüsenschlauches grossenteils eine einfache Schicht; aber man kann auch Drüsenschläuche beobachten, bei denen diese Zellen zwei, in anderen Fällen sogar drei Schichten bilden. Zwischen Drüsenschlauch und Ausführungsgang ist keine scharfe Grenze zu konstatieren; die Wand des Schlauches sowie seine Epithelialzellen gehen allmählich ohne scharfe Grenze in die entsprechenden Teile des Ausführungsganges über. In zwei Abhandlungen Bonnets (19 a u. b) erfahren wir interessante Aufschlüsse über die Muskulatur der Schweissdrüsen und über die schiefen Muskeln der Haut (Arrectores pilorum, Pressores sebi) als „Haarbalgdrüsenmuskeln‘“. Das Vorhandensein und Fehlen dieser beiden Muskelarten und ihre gegenseitigen Beziehungen werden in folgenden Sätzen gekennzeichnet. „Die eigene Drüsenmuskulatur ist in ihrer Entwickelung unabhängig von der Grösse der Drüse, und um so stärker aus- gebildet, je fetter (zähflüssiger) das Drüsensekret ist und je weniger die Entleerung der Drüse entweder an haararmen Stellen von seiten der schiefen Hautmuskeln oder von der in der Haut befindlichen willkürlichen Muskulatur beeinflusst werden kann (Thränengruben, Leistengruben des Schafes, Carpealdrüsen des Schweines, überhaupt Knäueldrüsen des Pferdes, Schafes und Hundes). Die eigentliche Drüsenmuskulatur ist wenig entwickelt oder fehlt an sehr beweglichen Hautstellen zwischen reichlicher will- kürlicher Muskulatur oder in sonst sehr beweglichen Regionen (Klauensäckchen des Schafes, Analbeutel der Raubtiere, Knäuel- drüsen der Sohlen- und Zehenballen), oder wenn das Drüsen- sekret sehr dünnflüssig ist (Flotzmauldrüsen der Wiederkäuer, küsselscheibendrüsen des Schweines). Von seiten der Veterinäranatomen wurde allgemein ange- Anatomisehe Hefte. I. Abteilung. 79/80. Heft (26. Bd., H. 2/3). 23 332 K. BACKMUND, nommen, dass sich in der Matrix des Hufes keine Schweissdrüsen befänden. Diese Annahme widerlegte im Jahre 1875 Frank (20) durch die Veröffentlichung diesbezüglicher Untersuchungsergeb- nisse. Demgemäss finden sich in der hinteren Partie des Strahles und zur Seite des sogenannten Hahnenkammes Schweiss- drüsen von beträchtlicher Grösse. Piana (21) hat sodann die Knäueldrüsen in der Fleisch sohle unserer Haustiere näher untersucht, und betont, dass beim Rinde, Schafe und Schweine keine gleichwertigen Drüsen exi- stieren und dass sich die in den Sohlenballen der Hunde und Katzen massenhaft findenden Schweissdrüsen durch nichts von jenen des Pferdes unterscheiden. Ähnlich grosse Schweissdrüsen wie beim Menschen fand Hermann (22) an verschiedenen Stellen bei Tieren. So z.B. in der Umgebung der Zitzen des Mutterschweines und der Stute, in der Leistengegend des Schafes, sowie im Schlauche des Pferdes. In all diesen Fällen erschienen die Ausführungs- gänge nicht regelmässig cylindrisch, sondern von Strecke zu Strecke bauchig erweitert. Hermann lässt es dahingestellt sein, inwiefern man es hier, statt mit wirklichen Schweissdrüsen- mit Organen eigener Art zu thun hat. Ficatier (23) be- schäftigte sich gleichfalls mit Untersuchungen der Schweiss- drüsen der verschiedenen Säuger; von den Haussäugetieren be- rücksichtigte er Hund und Katze. Er giebt an, dass die Schweissdrüsen zerstreut in der Sub- cutis sich finden und dass je eine dem entsprechenden Haar- balge angehöre. — Ferner geht Ficatier auf die histologischen Einzelheiten der Drüsenepithelien ein. Die als Muskelschicht des Drüsenschlauches gedeutete Lage fasst er als Basalzellen der Epithelzellen auf. Maurer (24) unterscheidet an der Säugetierhaut Drüsen von zweierlei Art, und zwar so, dass die eine Form nicht von der anderen abgeleitet werden kann. Dabei hat man abzu- Entwickelung der Haare und Schweissdrüsen der Katze. 33 sehen von der Natur des Sekretes. Der morphologische Unter- schied ist derart, dass die eine Form tubulöse Drüsen darstellt, deren Drüsenzellenschlauch einen äusseren Belag von glatten Muskelzellen besitzt, welche innerhalb der Membrana propria liegen, — während die andere Form, die alveolären Gebilde, eines glatten Muskelzellenbelages entbehren. Eine Arbeit Flattens (25) über die Haut der verschiedenen Schweinerassen enthält zahlreiche Daten über die Morphologie der Schweissdrüsen; diese fehlen dem Wildschweine, sind beim englischen Schweine nur schwach, dagegen gut beim kraus- haarigen Schweine entwickelt; die grössten Schweissdrüsen liegen in jedem Falle im Rüssel. Zahlreiche Angaben über Schweissdrüsen sind in den Arbeiten von Tempel (26) und Jess (27) enthalten. Die tubulösen Drüsen bestehen bei allen von Tempel untersuchten Tieren (Paarzeher) aus eylindrischen Epithelzellen, einer Lage glatter Muskelfasern, die in Spiraltouren um die Zellen verlaufen, einer strukturlosen Membrana propria und einer bindegewebigen Adventitia. Zwischen die einzelnen Cylinder- zellen entsendet die Membrana propria bei einigen Arten leisten- ähnliche Vorsprünge, was bereits v. Chodakowski beim Hunde und Schweine, Bubnoff bei der Katze beobachtet hatte, und von Bonnet bestätigt worden war. Die meisten Drüsen sind einfach; bei einigen Tieren wie Dammhirsch, Renntier, Dromedar finden sich jedoch auch zusammengesetzte. Ihr Sekret betrachtet Tempel als ein fettartiges, so dass er keinen Unterschied zwischen Schweiss- und Talgdrüsen macht und nur die allgemeine Form als Einteilungsprinzip benützt. Dagegen wendet sich Jess, weil die Talgdrüsen unter Um- ständen die Form von Schläuchen haben können, wie dies in der Haut des Hundes der Fall sei. Dieser Forscher schlägt vor, die Schweissdrüsen als primäre Hautdrüsen zu bezeichnen, weil sie direkt oder primär von der Epidermis stammten, die 23* 334 K. BACKMUND, Talgdrüsen dagegen als sekundäre, weil sie indirekt oder sekun- där von der Epidermis entstünden. Primäre Hautdrüsen (und zwar tubulösen Charakters) besitzen nur Pferd und Rind, während sie dem Hunde fehlen; sekundäre Hautdrüsen haben sämtliche von Jess untersuchten Tierarten, Pferd, Rind, Hund; bei letzterem kommen sowohl acinöse als auch tubulöse, sekundäre Haut- drüsen vor. Bemerkenswerterweise sollen die Schweissdrüsen beim Hunde bis auf die Haut der Sohlenballen und Nase gänz- lich fehlen. Beim Pferde und Hunde sind die Schweissdrüsen aufge- knäuelt, beim Rinde gerade gestreckt (im Gegensatz zu anderen Autoren). Der sekretorische Teil der Schweissdrüsen enthält glatte Muskelzellen (besonders deutlich beim Pferd), während im ex- kretorischen Teil die Muskulatur vollkommen fehlt. Dementgegen glaubt Hoffmann (28) auch an dem Aus- führungsgang eine Muskelschicht gefunden zu haben, und be- gründet seine Auffassung. Hinsichtlich der Muskularis des Drüsenschlauches schliesst sich Hoffmann den Anschauungen Bonnets an, dass diese Muskulatur je nach den grösseren oder geringeren Anforderungen, welchen sie entsprechen muss, stärker oder weniger stark ausgebildet ist, und je nachdem das umliegende Gewebe die Entleerung des Drüsenproduktes mehr oder weniger begünstigt. Über die Flotzmauldrüsen, sowohl über die morphologischen Eigenschaften wie über das Produkt derselben gehen die An- sichten der verschiedenen Autoren weit auseinander. Hoffmann zog deshalb diese Drüsen in das Bereich seiner Untersuchungen. Die Flotzmauldrüsen waren von Harms (8. 11, 1. ce) zwarskır Schweissdrüsen, aber von traubenförmiger Gestalt erklärt worden. Chodakowski (S. 19.1. c.) bezeichnete sie als Schweissdrüsen- ansammlungen von besonderer Menge und Form, und nach Frank (Handbuch der Anatomie der Haustiere 1883. S. 463), y- DL Entwickelung der Haare und Schweissdrüsen der Katze. be} sind dieselben als modifizierte verästelte Übergangsform zwischen acinösen und tubulösen Hautdrüsen aufzufassen. Graf (8. 7.1. c.) rechnet sie zu den isoliert-acinösen Drüsen; Hoffmann nun kommt durch seine Untersuchungen dahin, dass sich an den Flotzmauldrüsen sämtliche Kennzeichen der Schweissdrüsen finden und dass dieselben echte und nicht modifizierte Schweiss- drüsen sind. Auch den Angaben Chodakowskis und anderer Forscher, dass zu jedem Haarbalge eine Schweissdrüse gehöre, kann Hoffmann nicht zustimmen. Wenigstens bezüglich der Fleisch- fresser unter unseren Haustieren bemerkt Hoffmann, dass die Verteilung der Schweissdrüsen über den Körper der ge- nannten Tiere eine äusserst spärliche sei; so habe er bei etwa 1000 Hautschnitten aus der Rückenhaut des Hundes nur eine einzige Schweissdrüse finden können, dagegen ein zahlreiches Auftreten der Drüsen an der Schnauze und in der Sohle dieses Tieres. Aus diesen Wahrnehmungen ergebe sich für die unter- suchten Tiere, dass eine starke Ansammlung der Schweissdrüsen in der Sohle Hand in Hand gehe mit einer spärlichen Aus- bildung dieser Organe in der übrigen Körperhaut. Da diese Angaben als widersprechende mit denjenigen anderer Forscher, insbesondere Stirlings (29), nach welchem die Schweissdrüsen in der Hundehaut sehr zahlreich, zum min- desten zwischen jedem Haarbüschel in der Einzahl vorhanden sind, erscheinen, ging Spampani (30) daran, durch eigene Untersuchungen die Frage aufzuklären. Mit den Haarbälgen stehen nach diesem Autor ausser den Talgdrüsen auch schlauch- förmige Drüsen in Verbindung, die bezüglich ihrer äusseren Form und der Weite ihres Lumens untereinander abweichen. Diese Drüsen sind auf dem grössten Teile des Körpers schwach entwickelt gegenüber den Talgdrüsen; im Gesichte und auf der Lumenseite der Schenkel dagegen sind sie stärker, auf dem Nasenrücken, zwischen den Zehen, auf den Fussballen sehr reichlich und auch sehr stark. Die Drüsen haben den Charakter echter Schweissdrüsen: einschichtiges Epithel mit mehr körnigem als retikuläirem Plasma. Von den Talgdrüsen unterscheiden sie sich ausser durch ihre Form auch durch ihr Epithel. Ausser der angeführten reichhaltigen Litteratur über die Schweissdrüsen finden in sämtlichen Lehrbüchern der Histologie bei dem Kapitel „Haut“ diese Drüsen Erwähnung. Insbesondere wäre auf Dr. Ellenbergers vergleichende Histologie der Haussäugetiere hinzuweisen, in der „Haut und Anhänge“ durch Bonnet (19b) eingehende Würdigung finden. Ferner finden sich in dem Lehrbuch der vergleichenden Histo- logie der Tiere von Dr. Camillo Schneider (31) (Wien 1902) die neuesten Angaben über die Schweissdrüsen von Felis dome- stiea. Der betreffende Abschnitt lautet: „Die Schweissdrüsen sind einfache Tubuli von beträchtlicher Länge, die sich im Unterhautgewebe und in den tieferen Teilen des Coriums dicht aufknäueln, mittelst eines engen Ausführungsganges in das Epiderm eintreten, hier in gewundenem Verlaufe die Lagen desselben durchsetzen und an der Oberfläche durch die Schweiss- poren nach aussen münden. Der Tubulus wird von einer dünnen zellenfreien Grenzlamelle umgeben, der sich aussen begleitende Züge von Bindegewebsfasern, innen längs verlaufende zarte, glatte Muskelfasern anlegen. Letztere befinden sich also in subepithelialer Lage und sollen epidermalen Ursprungs sein (?). Das Epithel ist einschiehtig und wird von niedrig eylindrischen, fast kubischen Zellen gebildet, die undeutlich längsfädig struiert sind und feine eosinophile Körner enthalten, die ins Lumen ausgestossen werden. Der Kern liegt basal und zeigt einen deutlichen Nucleolus.. Am Ausführungsgang (Schweissgang) verliert das Epithel den drüsigen Charakter, wird aber zweischichtig. In das Epiderm dringt der Gang immer interpapillär ein. Er ist auch hier von besonderen, ringförmig geordneten Zellen um- veben, die aber ohne scharfe Grenze in das umgebende Zell- Entwickelung der Haare und Schweissdrüsen der Katze. 331 lager übergehen. In den höheren Lagen verhornen die un- mittelbar ans Lumen grenzenden Zellen.“ — Demnach scheint Schneider nur die Drüsen der Sohlenballen untersucht zu haben. Aus dieser Übersicht über die Litteratur ergiebt sich, dass in Betreff der Schweissdrüsen der Haussäugetiere noch ver- schiedene Verhältnisse nicht ausreichend erörtert sind und dass die Untersuchung über diese Drüsen noch keineswegs als eine abgeschlossene anzusehen ist. Für die gestellte Aufgabe „Die Entwickelung der Schweiss- drüsen“ kommt in erster Linie das Verhältnis dieser Drüsen zu den Haarbälgen und die Ausmündung derselben in Betracht. Auch hier gehen die Ansichten der Autoren auseinander. Bei der Wichtigkeit dieser Frage dürfte es angezeigt sein, die verschiedenen Angaben noch einmal in Kürze nebeneinander zu stellen. Gurlt sah ausschliesslich frei mündende Schweissdrüsen. Dagegen wandte sich schon Leydig, der sie beim Hunde und Kalbe in den Haarbalge münden sah. Nathusiust) konnte beim Schafe freimündende Schweissdrüsenöffnungen nicht finden, und Harms lässt die Schweissdrüsen an der unbehaarten Haut an der freien Oberfläche münden, während sich an den behaarten Teilen der Haut der Ausführungsgang, soweit Haare genug vorhanden sind, mit dem oberen Ende eines Haarbalges ver- bindet. Nach Chodakowski münden die Schweissdrüsen an be- haarten Hautstellen in der Regel in den Haarbalg und zwar meist sehr hoch oben, nahe der Öffnung des Haarbalges, so bei Pferd, Rind, Schaf, Katze, Schwein; etwas tiefer beim Hunde. Ausnahmsweise kommt eine freie Ausmündung vor, so beim Schweine Ficatier und Bonnet geben an, dass je eine 4) v. Nathusius, Das Wollhaar des Schafes. Berlin 1866. (Ohne spe- zielle Untersuchungen über die Schweissdrüsen.) 398 K. BACKMUND, Schweissdrüse dem entsprechenden Haarbalge angehöre und dass die Mehrzahl in die Haarbälge münde und zwar stets über den Talgdrüsen; selten findet sich eine selbständige Mündung in nächster Nähe des Haarbalgtrichters. Weber?) vertritt die Ansicht, dass Schweissdrüsen und alles, was hierzu gehört, kurzum die tubulösen Hautdrüsen (im Gegensatz zu den Talgdrüsen) mit den Haaren nichts zu schaffen haben. Sie können im einzelnen Falle in einer Haartasche münden, das aber ist eine Zufälligkeit. Im Gegensatz hiezu, jedoch in vollkommener Überein- stimmung mit Chodakowski steht de Meijere®). Dieser tritt in seiner Arbeit über die Haare der Säugetiere der herrschen- den Meinung, welche behauptet, diese Drüsen seien selbständig und nur in einzelnen Fällen mit den Haarfollikeln verbunden, entgegen und stellt den Satz auf, dass die selbständige Aus- mündung nur ausnahmsweise vorkomme. De Meijere kommt durch seine Untersuchungen zu der Ansicht, dass die tubulösen Drüsen, ebensosehr wie die acinösen, mit Recht Haarfollikel- drüsen genannt werden können, und dass sie sich erst sekundär von den Follikeln entfernt haben. — Jedoch will de Meijere damit noch nicht gesagt haben, dass sie nun auch a primo initio an den Follikeln entstanden sind. B. Die Entwickelung der Schweissdrüsen. Die Litteratur über die topographischen, anatomischen und morphologischen Verhältnisse der Schweissdrüsen der Haus- säugetiere erscheint überaus umfangreich gegenüber den wenigen Angaben, welche über die Entwickelung dieser Drüsen existieren. 5) Weber, M., Studien über Säugetiere. Ein Beitrag zur Frage nach dem Ursprung der Cetaceen. Jena 1886, S. 16. (Ohne spezielle Untersuchungen über die Schweissdrüsen.) 6) de Meijere, Über die Haare der Säugetiere, besonders ihre Anordnung. Morpholog. Jahrbuch. 21. Bd., S. 342 u. ff. Leipzig 1894. (Ohne spezielle Untersuchungen über die Schweissdrüsen.) Anatom. Hefte, I Abt. 79u.80 Heft (26.Bd.,H23,) Taf 137 !4 Verhornung öm ‚Haarkanal HN e® Girnchen. der Huxley! “schen Zellen Schweissdrüse — = Henles Schicht N \w == Huxley Schicht Rindenzellen- "|" --Bindege- |. B gewehszelle , . Entwickelung der Haare und Schweissdrüsen der Katze. 399 Selbst die Ontogenese der menschlichen Schweissdrüsen hat nur eine verhältnismässig kleine Litteratur gezeitigt. Doch sind hier die Entwickelungsverhältnisse geklärt, während für die tierischen Schweissdrüsen noch ein weites Feld der Arbeit ge- geben ist. In Nachstehendem folgen chronologisch geordnet die ent- wickelungsgeschichtlichen Daten für die Schweissdrüsen des Menschen sowohl wie der Haussäugetiere. Wendt (1) hat zuerst die Fäden, wie er die Schweissdrüsen in seiner Abhandlung über die menschliche Epidermis 1834 nennt, im viermonatlichen menschlichen Embryo deutlich ge- sehen, ohne aber bestimmen zu können, wie und zu welcher Zeit sie sich bilden. Sie erschienen beim Ablösen der Epidermis durchsichtig, elastisch, von polypösem Bau, liessen aber selbst beim achtmonatlichen Embryo noch keine Höhle oder spiral- förmigen Windungen erkennen, sondern erschienen vielmehr in gerader Richtung durch Cutis und Epidermis zu verlaufen. Während uns Wendt über die Art und Zeit der Bildung der menschlichen Schweissdrüsen keine Auskunft zu geben vermag, sehen wir durch Valentin (2) unsere Kenntnisse in dieser Hinsicht gefördert. Nach Valentins Beobachtungen bilden sich die menschlichen Hautdrüsen auf eine den Haaren gerade entgegengesetzte Weise, d. h. von aussen nach innen, während diese von innen nach aussen hervorkeimen sollen. Sie entstehen in der Mitte oder gegen das Ende des vierten Monats, wahrscheinlich zuerst als runde Gruben, welche anfangs eine völlig konische Höhlung zu haben scheinen; sie sind dann viel häufiger als die rudimentären Haarkeime der Lanugo, jedoch nicht minder spiralig angeordnet und finden sich an jeder Stelle des Körpers. Wie Gurlt (3) zuerst die Schweissdrüsen der Haussäuger studiert und beschrieben hat, so trat er auch als erster der Frage nach Entstehung der tierischen Schweissdrüsen näher. 340 K. BACKMUND, Zu einem positiven Resultate kam Gurlt nicht; er spricht sich nur vermutungsweise dahin aus, dass die Schweissdrüsen höchst wahrscheinlich durch Einstülpung der Oberhaut, wie die Haar- bälge entständen, denn man bemerke bei Tieren mit farbiger Oberhaut auch dieselbe Farbe anfangs im Schweisskanale, und nur mehr von der Oberhaut entfernt sei er durchsichtig und farblos; übrigens hätten die Schweisskanäle auch ganz die Textur der Oberhaut. Bischoff (4) bringt in seiner „Entwickelungsgeschichte der Säugetiere und des Menschen‘ zwar keine neuen Unter- suchungsresultate, doch schildert er dort Beobachtungen von Otto Kohlrausch, welche dieser an sechs bis sieben Monate alten menschlichen Embryonen gemacht hat. Kohlrausch machte schon Querschnitte der getrockneten und wieder auf- geweichten Haut. Es erschien die Schweissdrüse mit einem engen Halse, welcher gewunden herabsteigend dicker wurde und blind endete. Koelliker (5) war es wiederum, der in seiner Abhandlung „Zur Entwickelungsgeschichte der äusseren Haut“ eine ausführ- liche, bis jetzt unbestrittene Darstellung der Entwickelung der menschlichen Schweissdrüsen gab. Nach seinen Ausführungen erscheinen die Schweissdrüsen erst zwischen der 16.—20. Woche des Embryonallebens und zwar in einer solchen Gestalt, dass sie sich nur mit dem Mikroskope entdecken lassen. Ursprünglich sind sie nichts anderes als ganz solide Auswüchse des Stratum Malpighi der Oberhaut und gleichen den ersten Anlagen der Haarbälge fast vollkommen, mit der einzigen Ausnahme, dass sie senkrecht stehen, und nicht weiss, sondern gelblich durch- scheinend sind. Am besten studiert man dieselben auf senk- rechten Durchschnitten der Haut (Planta pedis oder Vola manus, da man an diesen Stellen ausser den Schweissdrüsen keine andere Art von Drüsen vorfindet), wobei sich zeigt, dass jeder Auswuchs mit einem dünneren Teile von der unteren Fläche des Stratum Entwickelung der Haare und Schweissdrüsen der Katze. 341 Malpighi ausgeht, in die Lederhaut eindringt und mit einer kolbenförmigen Anschwellung endet. In der ersten Anlage dieser Drüsen ist keine Spur von Höhlung zu entdecken; sie bestehen vielmehr alle durch und durch aus runden Zellen, ganz denen gleich, die das Stratum Malpighi zusammensetzen ; ausser- dem hat jeder Auswuchs eine zarte Hülle, welcher denselben ganz umgiebt und in die Begrenzung der inneren Fläche der Oberhaut sich fortsetzt. Schweissporen sind keine vorhanden, ebensowenig zeigt sich auch nur eine Andeutung eines Schweiss- kanales.. In der weiteren Entwickelung verlängern sich die flaschen- oder birnförmigen Fortsätze, winden sich verschiedent- lich, und zugleich erscheint eine Höhlung. Im Anfange des sechsten Monates sind sie schon leicht geschlängelt und zeigen wenigstens teilweise in ihrem engeren Teile ein Lumen, ohne jedoch in die Oberhaut einzudringen oder gar sich an der Aussen- fläche derselben zu öffnen. Erst im siebten Monate sind undeut- lich die ersten Spuren der Schweissporen und Schweisskanälchen in der Epidermis wahrnehmbar; zugleich entsteht in dem in der Cutis steckendem Teile die erste Andeutung eines Drüsen- knäuels. In ähnlicher Weise sind um diese Zeit bereits die Drüsen des übrigen Körpers entwickelt, über die Koelliker aus früheren Zeiten nichts berichtet. Von nun an geht die Entwickelung rasch voran und zeigen die Drüsen bald das Ver- halten wie beim Erwachsenen. Diesem von Koelliker beschriebenen Bildungsgang schliesst sich Remak (6) nicht nur für den Menschen an, sondern stellt im allgemeinen den Satz auf, dass bei den Säugetieren der peripherische Teil des oberen Keimblattes, der als drüsenbilden- des Hornblatt oder Hautdrüsenzellen bezeichnet wird, die gene- tische Bedeutung hat, dass aus ihm die Oberhaut gebildet wird. Im Anschlusse daran sind weitere Produktionen des Hornblattes die Haare und die zelligen Auskleidungen (die Epithel- und Sekretionszellen) der Schweissdrüsen, der Ohrenschmalz- und 342 K. BACKMUND, Talgdrüsen, und zwar ist nicht das ganze, mehrschichtige Drüsen- blatt an der Drüsenbildung beteiligt, sondern die tiefere Schicht allein (das einschichtige Cylinderepithel des Strat. Malpighi) sendet einen soliden Auswuchs aus, in welchem sich ein all- mählich auch die äussere Schicht des Drüsenblattes durch- dringender Kanal bildet. Über die Ursache, warum die Gebilde der Epidermis als Haar- oder Drüsenanlage in die Tiefe der Cutis gelangen, giebt 7 uns Kusnetzoff (7) in einem Beitrag zur „Entwickelungs- geschichte der Cutis“ seine Meinung kund. In altherkömmlicher Weise wurde bisher an der allgemeinen Auffassung festgehalten, dass die Epidermidal-Gebilde durch eine in ihnen enthaltene Aktion von selbst in Form solider, zelliger Zapfen sich in die Tiefe hineindrängen lassen. Dagegen wendet sich Kusnetzoff und begründet seine Ansicht in folgendem: „Sobald die Cutis eine gewisse Entwickelung erreicht hat, findet die Neubildung von Zellen massenhaft nur noch in den der Epidermis zunächst liegenden Schichten, viel spärlicher in der Tiefe statt. Wegen der oberflächlich stattfindenden Neu- bildung müssen natürlich Bager, welche der Epidermis anfangs nahe lagen, sich später von ihr entfernen und in die Tiefe hinabrücken, und so erklärt sich auch das Eindringen der Haar- bälge in die tieferen Schichten als eine einfache Wachstums- erscheinung, ohne dass man anzunehmen braucht, die Haarbälge müssten die schon gebildeten Cutislager gewaltsam auseinander drängen“. Auch Wilson (8) lässt die Entstehung von Unebenheiten an der Cutisoberfläche von Embryonen, wie sie mit dem Auf- treten von Leisten, Papillen, Haaren und Drüsen verbunden sind, nicht durch die Epidermis, sondern durch die oberfläch- lichste Schicht der Cutis selbst bedingt sein. Auch Kollmann (9) und Unna (10) widmeten dieser Frage ihre Aufmerksamkeit. Nach Kollmann ist das Einwachsen Entwickelung der Haare und Schweissdrüsen der Katze. 343 sämtlicher Anlagen der Knäueldrüsen aus dem Epithel in die Cutis in genau gleichen Abständen beim Embryo eine Folge des bestehenden ‚Seitendruckes“ in der wachsenden Oberhaut, welcher wohl von der Hornschicht, aber nicht an der Cutis genügenden Widerstand findet. Diese Ansicht ergänzt Unna dahin, dass auch im Innern des wachsenden Epithels ein allseitig gleicher Druck herrscht, bis ein Widerstand a tergo durch die verhornende Epithelschicht aus der Verschiebung nach aussen eine solche nach innen macht. Der Auffassung Kollmanns, dass die spiralige Form des Schweissporus auf einem Längenwachstum desselben mit einem Hindernis am Ende des Porus beruht, pflichtet Unna bei. Grefberg (11) schliesst sich der Ansicht Kusnetzoffs an und sagt, dass die ersten Anlagen der Schweissdrüsen ge- geben sind, sobald die Grenze zwischen Cutis und Epidermis uneben wird, sobald also, wie Wilson (l. c.) hervorgehoben hat, die Leisten entstehen, auf denen die Papillen der Haut sich bilden. Die Schweissdrüsenanlagen erscheinen in Form von kurzen soliden Zellzapfen, die aus der Epidermis innerhalb der Vertiefungen zwischen den Leisten der Cutis in letztere hinein- wachsen. Die Entwickelung der Schweissdrüsenanlagen setzt übrigens nicht auf allen Stellen der Haut gleichzeitig ein und schreitet auch nicht gleichmässig rasch fort, so dass man an bestimmten Stellen des Embryo alle Übergänge nebeneinander finden kann. Die Schweissdrüsenanlagen sind Produkte der Oylinderzellenschicht und unterscheiden sich von den Haar- anlagen in der frühesten Zeit dadurch, dass an letzterer Bildung auch die übrigen Schichten der Epidermis partizipieren und dass dieselben dünner erscheinen. Die weitere Entwickelung der Schweissdrüsen geht mit der Verdickung der Cutis in gleichem Schritt voran. Über die Entwickelung der Knäueldrüsen der Haussäuge- tiere bringt Bonnet (12) sowohl in seiner „Entwickelungs- 344 K. BACKMUND, geschichte der Haussäugetiere“ als in „Ellenbergers bereits erwähnten Histologie“ eine Darstellung, die jedoch von der von Koelliker für die menschlichen Schweissdrüsen gegebenen nicht abweicht. ‚Die Knäueldrüsen entstehen also, wie Bonnet sich äussert, als solide, senkrecht in die Outis einwachsende Epithelzapfen mit kolbigem Ende, an deren Aussenfläche sich bald die Glas- haut markiert. Da diese Zapfen rascher in die Länge wachsen, als die Cutis an Dieke zunimmt, schlängeln sie sich und be- kommen durch das Auseinanderweichen ihrer Zellen eine Lichtung, welche, allmählich bis zur Hautoberfläche fortschreitend, die Pore bildet. Die eigene glatte Muskulatur der ein zähflüssiges, fettiges Sekret liefernden grossen Knäueldrüsen (z. B. Inguinal- drüsen der Schafe) ist ebenfalls epidermalen und damit ekto- blastischen Ursprungs“. Bemerkenswert ist der Schlusssatz dieser Erörterung: „Mitunter sieht man auch die Entwickelung einer Knäueldrüse von einer Haarbalgmündung ausgehen“. Benda (13) hat Beobachtungen über die Entwickelung von Talg-, Schweiss- und Milchdrüsen an menschlichen Embryonen und auch an einem Rindsfetus gemacht, und kam zu folgendem Resultate: „Die verschiedenen Formen von menschlichen Knäuel- drüsen (grosse und kleine Schweissdrüsen, Mollsche Drüsen, Ceruminaldrüsen) erscheinen ebenso wie die Milchdrüsen zuerst als solide Zellzapfen, ähnlich den Haaranlagen. Diese soliden Zapfen wachsen dann schlauchförmig aus. Die sie zusammen- setzenden Zellen ordnen sich im Anschluss an die Bildung des Lumens in zwei Schichten an. Diese verhalten sich derart, dass im Bereiche des eigentlichen Drüsenschlauches die äusseren Zellen, eine Fortsetzung des Stratum Malpighi, sich abplatten und eine Faserzellenlage bilden, während die inneren eylindri- schen Zellen die Eigenschaften eines secernierenden Drüsen- epithels annehmen. Im Bereiche des Ausführungsganges bleibt jedoch eine Doppelschichtung aus einer hohen und einer äusseren mehr abgeplatteten Zelllage erhalten.“ Entwickelung der Haare und Schweissdrüsen der Katze. 345 Während die bisher angeführten Autoren ihre Studien über die Entwickelung der Schweissdrüsen speziell an menschlichen Embryonen gemacht haben und nur gelegentlich tierische Feten in das Bereich ihrer Untersuchungen zogen, ist uns, — entgegen des Eingangs erwähnten Ausspruches von W. Krause in Marks (14) Dissertation: „Untersuchung über die Entwickelung der Haut, insbesondere der Haar- und Drüsenanlagen bei den Haussäugetieren“ eine ausführliche Beschreibung über den Ent- wickelungsgang der Schweissdrüsen bei Pferd, Rind, Schaf und Schwein gegeben. Insofern entbehrt diese Arbeit die Voll- ständigkeit, als Marks nicht eine fortlaufende Reihe der Em- bryonalstadien zur Verfügung hatte und insbesondere vom Pferd und Schwein nur je zwei und zwar ziemlich weitentwickelte Stadien beschreiben konnte. Das Resultat der Untersuchungen Marks kann, soweit es die Entwickelung der Schweissdrüsen betrifft, in folgendem kurz zusammengefasst werden: „Die Entstehung der Schweissdrüsen geht an den mit einem Haarkleide versehenen Körperstellen der Haussäugetiere mit den allerseltensten Ausnahmen stets von den Haarkeimen aus. Die Schweissdrüsen spalten sich am frühesten vom Haarkeim (Marks setzt hierfür den Ausdruck „primärer Epithelkeim) und zwar dicht unter der Epidermis ab. Sie werden schlanke Zapfen, zunächst fast von der Länge des Hauptkeimes und erhalten vom blinden Ende aus ein Lumen. Neben den vom Haarkeime aus entstehenden Schweissdrüsen finden sich an den beharrten Stellen von Pferd, Schaf und Rind als ganz besondere Ausnahme auch selbständige auf die freie Fläche der Epidermis mündende Schweissdrüsen, wie sie beim Menschen die Regel sind. Sehr viel häufiger dagegen ist eine derartige Mündung beim Schweine zu beobachten.“ Marks stellt den Grundsatz als allgemeines Gesetz auf, dass die Art der Ent- wickelung der Schweissdrüsen abhängig ist von der Dichtigkeit des Haarkleides. Während dieselben bei Tieren mit dichtem 346 K. BACKMUND, Haarkleide ausschliesslich von dem Haarkeime aus entstehen, bilden sie sich bei den schwach behaarten Tieren (Schwein) ausser von diesen Stellen auch von der freien Oberfläche der Epidermis, um an haarlosen Stellen nur von letzterer Stelle ihren Ursprung zu nehmen.“ Ganz entgegengesetzter und, wie sich weiter unten zeigen wird, unhaltbarer Anschauung ist Jess (15). Seine Unter- suchungen an Pferd, Rind und Hund gelten zwar nicht der Entwickelung der Schweissdrüsen, aber bei der Einteilung der Hautdrüsen stellt sich Jess auf den histogenetischen Stand- punkt und sagt: „Die als Schweissdrüsen bezeichneten epider- moidalen Abkömmlinge treten im fünften Fetalmonat (von welchem Tiere ist nicht ersichtlich, es scheint aber der Mensch gemeint zu sein) als solide Fortsätze des Stratum Malpighi der Oberhaut auf, die senkrecht in die Cutis hinabsteigen; sie stammen also direkt oder primär von der Epidermis, und sind deshalb als primäre Hautdrüsen zu bezeichnen. Die heute als Haarbalg-, Talg- und acinöse Drüsen bezeichneten epidermoidalen Gebilde entstehen auch als Auswüchse der Epidermis, aber nicht direkt, sondern indirekt oder sekundär als Auswüchse der äusseren Wurzelscheide; dieserhalb bezeichnet Jess die- selben als sekundäre Hautdrüsen.“ Den gleichen Standpunkt vertritt Maurer (16) in seiner Abhandlung „Die Epidermis und ihre Abkömmlinge“, in der er hervorhebt, dass die tubulösen Drüsen selbständig auftretende Gebilde sind, die nur gelegentlich in topographische Beziehung zu den Haarbälgen treten im Gegensatz zu den alveolären Drüsen, die nicht selbständig auftretende Organe sind und deren Bestehen immer an das Vorhandensein von Haarfollikeln ge- knüpft ist. Es erübrigt hier eine Arbeit anzuführen, die zwar nicht direkt einschlägig ist, deren Untersuchungsresultate jedoch von einem zu der tiefstehendsten Ordnung der Säugetiere gehörigen ©) Entwickelung der Haare und Schweissdrüsen der Katze. 347 Tiere gewonnen wurden, und schon deshalb interessant genug erscheinen, erwähnt zu werden. Eggeling (17) untersuchte bei Echidna die Entwickelung der Drüsen der Beutelhaut und deren Beziehungen zu den Haaren. Er schildert an einer Reihe von Entwieckelungsstadien das Auftreten dreier verschiedener Formen von Epidermiszapfen, primärer, sekundärer und tertiärer und ihre Beziehungen zu Corium und Subeutis. In der Rand- partie des Drüsenfeldes wandeln sich die primären Zapfen in Haarbälge um und es kommt zur Anlage eines Haarschaites. Aus den primären Epithelsprossen heraus wuchern ziemlich nahe an deren Ursprungsstelle von der Unterfläche der Epi- dermis in Form von seitlichen, ziemlich kurzen schlanken Fort- sätzen: die sekundären Epithelsprossen. Aus diesen werden Drüsen von dem Charakter der sogenannten tubulösen oder Schweissdrüsen. Ein sekundärer Spross kommt durchaus nicht an allen primären vor. Aus einem primären Epithelzapfen sprosst entweder gar kein sekundärer Zapfen oder nur ein solcher, niemals mehrere dieser Art. Die tertiären Sprossen stellen die Anlagen der Nebenhaare dar. Ontogenetisch treten diese Drüsen sehr früh auf und sind von vornherein charak- terisiert durch die Anordnung der sie aufbauenden Zellen. Aus dieser litterarischen Zusammenstellung geht hervor, dass zwar W. Krause eine unbegründete Behauptung auf- stellt, wenn er sagt, dass über die Entwickelung der Schweiss- drüsen bei Tieren überhaupt nichts bekannt sei, dass aber die Forschung dieses (Gebietes noch nicht sehr weit gediehen ist, insofern ausser den Untersuchungen Marks keine speziellen anderen über die Haussäugetiere vorliegen. — Marks hat einen wertvollen Beitrag geliefert, jedoch als abgeschlossen können seine Untersuchungen nicht gelten, da er — wie es bei der schweren Beschaffung geeigneten Materials nicht anders möglich ist — über alle Embryonalstadien, insbesondere über sehr junge nicht verfügte. Anatomische Hefte. I. Abteilung. 7980. Heft (26. Bd. H. 2/3.) 24 348 K. BACKMUND, Von Pferd und Schwein wurden nur je zwei Feten von 65 und 85 bezw. 18 und 24 cm Länge untersucht und beschrieben. Überhaupt unberücksichtigt blieben Hund und Katze. Betrachten wir die Gesamtresultate über die Entwickelung der Schweissdrüsen, so ergiebt sich, dass die Forscher über die ontogenetische Entwickelungsweise der menschlichen Schweiss- drüsen, sei es solcher an Stellen der Haut wie Vola manus und Planta pedis, welche haarlos und frei von anderen Drüsen sind, sei es an anderen Körperteilen, einig sind. Anders verhält sich das Resultat bei den Schweissdrüsen der Tiere. Verschieden ist immer noch die Auffassung darüber, ob diese Drüsen sich direkt aus der Epidermis bilden oder ob sie aus den Haaranlagen sprossen. Marks stellt, wie bereits erwähnt, den Grundsatz auf, dass sich bei Tieren mit dichtem Haarkleide die Schweissdrüsen fast ausschliesslich von den Haar- keimen bilden, während sie bei schwach behaarten Tieren auch von der freien Oberfläche der Epidermis und an haarlosen Stellen nur von dieser entstehen. Marks gegenüber stehen die aller- dings nur theoretisch erschlossenen und nicht durch spezielle Untersuchungen gewonnenen Ansichten Maurers und Jess, dass die tubulösen Drüsen selbständig auftretende Gebilde sind und direkt von der Epidermis ihren Ursprung nehmen. Ich wollte den Versuch unternehmen, durch Bearbeitung von Haussäugetierembryonen unsere Kenntnisse der bezüglichen Tatsachen zu erweitern und gerade dadurch zur Lösung der schwebenden Frage beizutragen. Ursprünglich bestand die Ab- sicht, sämtliche Haussäuger in das Bereich der Untersuchung zu ziehen; nachdem es sich aber als unmöglich erwiesen hatte, die notwendigen Embryonen zu beschaffen, musste dieser Plan zunächst aufgegeben werden, und wurde die Katze als Unter- suchungsobjekt gewählt. Dieses Tier schien um so geeigneter, weil es in dieser Beziehung noch keine Bearbeitung gefunden hatte und weil an demselben die Unterschiede der Entwickelung Entwickelung der Haare und Schweissdrüsen der Katze. 349 an behaarten und unbehaarten Teilen (Sohlenballen) der Haut geschildert werden konnten. Nicht ohne Mühe gelang es, neun verschiedene Stadien von Embryonen zu erhalten. Einige Schwierigkeit bietet die genaue Bestimmung des Alters der Feten. Für den vorliegenden Fall ist allerdings die genaueste Altersbestimmung nicht von Belang, zumal die verschiedenen Embryonen oder Jungen eines Wurfes durchaus nicht alle gleich gross sind und auf gleicher Entwickelungsstufe stehen. Es ge- nügt eine Reihe aufeinander folgender Stadien der Haut- entwickelung zu haben. Ich benützte deshalb zur Einteilung der verschiedenen Stadien neben der Grösse (Nasen-Steisslänge) den makroskopischen Befund der Haut, insbesondere der Haar- entwickelung. Technik. Die Embryonen wurden sofort nach dem Tode des Mutter- tieres dem Uterus entnommen und, nachdem an verschiedenen Stellen der Haut Einschnitte gemacht worden waren, in toto in Zenkersche Flüssigkeit gelegt, worin sie behufs Fixierung 24 Stunden verblieben. Nach dieser Zeit wurden sie ebenso lange in fliessendem Wasser ausgewaschen und unter Ausschluss des Tageslichtes in allmählich verstärkten Alkohol gebracht. Um die von der Fixierungsflüssigkeit in den Präparaten zurück- gebliebenen Sublimatniederschläge zu entfernen, wurden dem 90° Alkohol Jodtinktur zugesetzt. Die Objekte verblieben 8S—14 Tage in diesem Jodalkohol und wurden dann in reinen 90° Alkohol gebracht, der bis zur Verarbeitung der Feten öftere Male gewechselt wurde. Von jedem der neun Stadien wurden von der Haut des Ober- und Unterkiefers, des Scheitels, des Rückens, des Bauches (Achselhöhle und Inguinalgegend) und der Sohlenballen der Pfoten, ferner teilweise auch von der Altergegend und der Aussenfläche des Oberarmes und des Oberschenkels kleine Stücke 24* 350 K. BACKMUND, entnommen und in Paraffin eingebettet und sodann mit dem Mikrotom in vollständige Schnittserien von 5, 7,5 und 10 u Dicke zerlegt. Es wurden sowohl Längs- als auch Quer- Horizontalschnitte gemacht, d. h. Schnitte senkrecht und parallel zur Hautoberfläche. Die Schnitte wurden mit Eiweissglycerin aufgeklebt und von jedem Präparate Färbungen sowohl mit Hansens Häma- toxylin und Eosin als mit Eisenhämatoxylin und nachfolgender van Giesons Pikrofuchsin-Färbung vorgenommen. Eigene Untersuchungen. Bevor ich auf die eigenen Untersuchungsergebnisse eingehe, möchte ich darauf hinweisen, dass über das Vorkommen der Schweissdrüsen der Katze die Ansichten der verschiedenen Forscher immer noch nicht übereinstimmen. Während Bubnoff’) diese Drüsen auf der ganzen Oberfläche der Haut als kleine sackförmige Drüschen gesehen hat, lesen wir bei Bonnet?) dass die Katze überhaupt nicht nur sehr verkümmerte Schlauch- drüsen besitzt, sondern dass dieselben an vielen Stellen sogar gänzlich fehlen. Die gleiche Darstellung finden wir in Martins?) neuestem Lehrbuch der Anatomie. Über die Ausmündung der Schweissdrüsen dagegen begegne ich nur der einen Meinung, dass dieselben bei der Katze immer in die Haarbälge münden und zwar stets über der Talgdrüsen- 2) Bubnott lee. Slip: 8) Bonnet, Haut und Anhänge in Dr. Ellenbergers vergleichende Histologie der Haussäugetiere, 1887, 8. 428. 9), Martin, Lehrbuch der Anatomie der Haustiere. S. 761, 762, Stutt- sart 1902. lintwiekelung der Haare und Schweissdrüsen der Katze. Bi]! mündung und etwas tiefer als die Öffnung des zugehörigen Haarbalges. Es sind also die Schweissdrüsen des erwachsenen Tieres an das Haar gebunden, und ich möchte dem aus den Resultaten meiner Beobachtungen anfügen, dass die Ent- wickelung der Schweissdrüsen an den behaarten Teilen der Haut nur von den Haaranlagen erfolgt. Es erschien deshalb für vorteilhaft, nicht etwa mit der Be- schreibung der Schweissdrüsenentwickelung anzufangen, sondern ich werde die Entwickelung des Haares von Anfang bis zur Vollendung der fertigen Form vorführen, wobei sich die Dar- stellung der Schweissdrüsenentwickelung von selbst ergiebt. In einem zweiten Abschnitte werde ich mich der Entwickelung der Schweissdrüsen an den unbehaarten Teilen der Haut zu- wenden. Der Beschreibung sind die Figuren zu Grunde gelegt, die Herr Professor Stöhr selbst mit Hilfe des Zeichenapparates von Zeiss bei einer 460- und 900 fachen Vergrösserung ge- zeichnet hat. Hierdurch haben die Zeichnungen eine Gleich- artigkeit mit den Illustrationen der fetalen Haare des Menschen und der Maus, welche Herr Professor Stöhr gleichfalls an- gefertigt hat, erhalten und auf diese Weise werden die Ver- gleiche bezüglich der Haarentwickelung beim Menschen, der Maus und der Katze wesentlich erleichtert. Für diese überaus grosse Liebenswürdigkeit und Mühe- waltung bin ich Herrn Professor Stöhr zu ganz besonderem Danke verpflichtet. 1. Entwickelung der Haare und Schweissdrüsen. Zur Erleichterung der Beschreibung hat Stöhr!) die Ent- wickelungsgeschichte des Haares in 4 Stadien eingeteilt. Ich 10) Stöhr, Entwickelungsgeschichte des menschlichen Wollhaares. 1903. Seite 13. &j| [9 K. BACKMUND, folge dieser Einteilung und stelle sie meinen Beobachtungen voran: Das erste Stadium „Stadium des Haarkeimes“ um- fasst nur die ersten Vorgänge der Entwickelung und endet, so- bald die epitheliale Haaranlage einen deutlichen in das Corium vorspringenden Zapfen bildet; damit tritt die Entwickelung in das zweite Stadium „Stadium des Haarzapfens‘“, das in der Zeit endet, da sich aus dem kelbenförmigen Ende des Zapfens ein die Papille umfassender Bulbus, der „Bulbus- zapfen“ bildet. Dieses dritte Stadium „Stadium des Bul- buszapfens“ erstreckt sich bis zu der Zeit, da sich ein deut- liches Haar unterscheiden lässt. Damit tritt die Entwickelung in das vierte Stadium „Stadium des Scheidenhaares“, das solange währt, als das Haar vollständig in den Scheiden steckt, und das mit dem Durchbruch des Haares auf die freie Oberfläche sein Ende erreicht"). 1. Stadium: Haarkeim. An der Epidermis sind drei Schichten voneinander zu unterscheiden. Die tiefste Schicht, das Stratum cylindricum, welches einer feinen homogenen Basalhaut der Cutis aufsitzt, besteht wie beim Menschen aus niedrig cylindrischen, mehr kubischen Epithelzellen mit dunklem Protoplasma und rund- lichem Kerne, scharf geschieden von den Zellen der inter- mediären Schicht, die in 1—5 Lagen von hellen, vieleckigen, gegen die Oberfläche mehr abgeplatteten Zellen mit querovalem, 11) Die Stadien der Haarentwickelung decken sich nicht mit den einzelnen Embryonalstadien. Es war sehr schwierig, brauchbare senkrechte Schnitte zu erhalten, welche den in das Corium sich hinabsenkenden Kpidermiszapfen in seiner ganzen Länge trafen, insbesondere von den jüngeren Feten, an welchen man makroskopisch keine Anhaltspunkte für die Haarrichtung hatte. Die zum Zeichnen bestimmten Haaranlagen wurden deshalb nicht aus Serienschnitten der jüngsten Stadien entnommen, sondern nur aus solchen älteren, welche die Entwickelungsstufen einwandsfrei wiedergaben. Entwickelung der Haare und Schweissdrüsen der Katze. 399 rundlichem Kerne erscheint. Die oberflächlichste Lage, der dritten Schicht entsprechend, wird aus blassen, mehr abge- platteten Zellen gebildet, ebenso wie beim Menschen; aber von einer scharfen Unterscheidung einer Epitrichialschicht im Sinne Minots!2), wie sie beim Menschen möglich ist, kann nicht die Rede sein. Der Haarkeim charakterisiert sich dadurch, dass die Kerne des Stratum eylindricum länglich sind und dass eine zweite Schicht kleiner mit quergestellten Kernen versehenen Zellen unter der intermediären Schicht — (ich nenne sie „subinter- mediäre Schicht) — aufgetreten ist. Wo diese Zellen her- kommen, zeigt Figur 1, in welcher eine Mitose sichtbar ist und deren Stellung darauf hindeutet, dass das Stratum cylindrieum den Mutterboden bildet. Die subintermediären Zellen werden also nicht in dieser Epidermisschicht selbst gebildet, sondern im Stratum eylindrieum. Damit ergänze ich eine Lücke'?), die von Stöhr offen gelassen worden ist, da an den menschlichen Präparaten keine Mitosen nachzuweisen waren, eine Lücke, welche auch Oyama') an seinen Mauspräparaten nicht aus- füllen konnte. Der Haarkeim zeigt ferner eine ganz unbedeu- tende Hervorbuchtung gegen das Corium, dessen Elemente an dieser Stelle nicht vermehrt sind. Das Gleiche lässt auch noch Figur 2 erkennen, wo der Haarkeim schon mehr in das Corium hinabdrängt. Die erste Anlage des Katzenhaarkeimes ist somit eine rein epitheliale und verdankt ihr Dasein dem Stratum eylin- drieum. 12) Minot, Lehrbuch der Entwickelungsgeschichte des Menschen; deutsche Ausgabe. S. 564 und 565. Leipzig 1894. 13) Stöhr, Entwickelungsgeschichte des menschlichen Wollhaares. 1903. 3. 21: 14) Oyama, Entwickelungsgeschichte des Deckhaares der weissen Maus. 1904. 304 K. BACKMUND, Eine Erhebung der Epidermis, wie sie nach Feiertag”) und Bonnet!%) sich bei Tieren bei der Bildung von Haaran- lagen in den frühesten Stadien vollziehen soll, ist ebensowenig wie beim Menschen und bei der Maus vorhanden. Sobald der Haarkeim etwas besser entwickelt ist, was sich durch Verlängerung seiner ovalen Kerne und durch eine Ver- mehrung der darüber gelegenen subintermediären Zellen kund- giebt, erblickt man an feinen Schnitten ein kleines Bläschen (Fig. 2). Herr Professor Stöhr hat mich auf dasseibe aufmerk- sam gemacht; auch auf seinen Abbildungen des menschlichen Wollhaares — Figur 9, Tangentialschnitt eines Haarkeimes — ist dasselbe sichtbar; ferner in Figur 8 in der Zweizahl, und in figur 9 eine Spur desselben. Nachdem Harrison!”) gezeigt hat, dass die erste Anlage der Hautsinnesorgane von Amphibien ebenfalls solche Bläschen aufweisen, dürfte der Hinweis auf ein solches Vorkommen an Haarkeimen in Rücksicht auf die Dar- stellung Maurers von Interesse sein. Gegen das Ende des Haarkeimstadiums haben sich weitere Veränderungen vollzogen (Fig. 3. Der Haarkeim hat sich tiefer in das darunterliegende embryonale Bindegewebe einge- senkt und zwar in asymmetrischer Weise, indem die eine Seite im spitzen Winkel zum Stratum eylindricum steht, während die andere Seite schräg aufsteigend sich in die Epidermis ver- liert. Entsprechend dieser Asymmetrie haben sich die Zellen der subintermediären Schichte, welche zugleich eine Vermehrun® ihrer Elemente erfahren hat, in gleicher Weise schräg ange- ordnet und bilden die erste Anlage der Haarkanalzellen. Es bestehen demnach die gleichen Verhältnisse, wie sie durch 15) Feiertag, J., Über die Bildung der Haare. S. 26. 1875. 16) Bonnet, R., Haut und Anhänge in Ellenbergers Lehrbuch 1897. Seite 422. 17) Harrison, Experimentelle Untersuchungen über die Entwickelung der Sinnesorgane der Seitenlinie bei den Amphibien. Arch. f. mikroskopische Anatomie. 36. Bd., S. 47. 1903. Entwickelung der Haare und Schweissdrüsen der Katze. 355 Stöhr vom Menschen gegeben wurden. — Als weitere und wesentlichste Veränderung findet man um das tiefste Ende der epithelialen Einsenkung eine dichte Anhäufung kleiner runder Bindegewebskerne: „Die Papillenanlage“'®). 2. Stadium: Haarzapfen. Mit dem Eintritt in das Stadium des Haarzapfens — seine durchschnittliche am Schnitte gemessene Länge, beträgt von der Epidermisoberfläche schräg bis zum Grunde 0,07 mm — hebt sofort die Entwickelung der Schweissdrüsen an. An der Stelle, wo die gegen das Corium abwärts geneigte Fläche in die Epidermisunterfläche übergeht, aber bereits im Bereiche des Zapfens finden sich Mitosen (Fig. 4), der Ausdruck einer leb- haften Vermehrung der Zellen, die alsbald einen umschriebenen plumpen Knoten darstellen (Fig. 5). Ausser dieser Ursprungs- stelle am Halse des Zapfens finden sich häufig Haaranlagen, an denen die Sprossung von der Grenze des mittleren und oberen Drittels oder vom mittleren Drittel des Haarzapfens aus- geht (Fig. 6). Die Schweissdrüsenanlage ist an einem Haarzapfen immer nur in der Einzahl vorhanden und stets auf der nach abwärts gekehrten Seite. Die kleine seitliche Ausbuchtung nimmt bald an Grösse zu — in stetiger Entwickelung mit dem Haarzapfen — und reicht etwa bis zur Hälfte der Länge desselben nach abwärts, umgeben von einer Fortsetzung der Basalmembran (Fig. 7). — An der Ursprungsstelle sind die Schweissdrüsenanlagen etwas schmäler als die dazu gehörigen Haarzapfen, verbreitern sich nach unten, um dort ein etwas verdicktes Ende anzunehmen. Zu der Epidermisoberfläche stehen sie fast senkrecht, da sie 18) Es muss ausdrücklich bemerkt werden, dass die zuletzt geschilderten Vorgänge nur an richtig d. h. parallel der Wachstumsrichtung geführten Schnitten zu ersehen sind. 396 K. BACKMUND, anfänglich dem schräg stehenden Haarzapfen nicht dicht an- liegen, vielmehr sich gegen das untere Ende immer mehr von ihm entfernen. Ich möchte weder diese senkrechte Stellung, noch das Verhältnis des Längs- und Querdurchmessers als sicheres Criterium zur Unterscheidung von Haar- und Schweiss- drüsenanlagen aufstellen, wie es Marks gethan hat. Mir scheint es, dass der bedeutungsvollste Unterschied in dem gänzlichen Fehlen einer Anhäufung von Bindegewebszellen unter dem leicht kolbenförmigen Ende der Schweissdrüsenanlagen und in der ganz verschiedenen Kernstellung der beiden Anlagen zu suchen ist. Der Haarzapfen zeigt in seiner basalen Schicht grosse ovale Kerne, die mit ihrer Längsachse eine schräg, median aufwärts gerichtete Stellung haben und als eine unmittelbare Fortsetzung des Stratum eylindrieum der Epidermis erscheinen. Nach innen von dieser Randzone liegen kleinere, runde und ovale Kerne in 1—3 Lagen, die bereits eine bestimmte Anordnung in der Längsrichtung des Haarzapfens eingenommen haben. Die Schweissdrüsenanlage dagegen enthält kleinere und grössere rundliche Kerne ohne eine bestimmte Anordnung. Der Haar- zapfen selbst hat sich, wie Fig. 5 zeigt, aus dem Haarkeim derart entwickelt, dass er zunächst an Grösse bedeutend zugenommen hat; die Zellen der subintermediären Schicht haben längliche Gestalt angenommen, mit ihrer Längsachse in der Richtung des Haarzapfens verlaufend: „sie sind zu Haarkanalzellen ge- worden“. Ihr oberes, nicht scharf abgegrenztes Ende ist von der freien Oberfläche, die keinerlei Veränderungen zeigt, durch 1—2 Zellenbreiten geschieden. Obwohl ich bis jetzt keine Mitosen gesehen habe, so glaube ich doch nach der Konfiguration der Umgebung eine Teilnahme der Zellen der intermediären oder der oberflächlichsten Schicht an der Bildung der Haarkanalzellen ausschliessen zu dürfen. Die Papillenanlage ist in diesem Stadium noch dichter geworden Fig. 5 (Fig. 7 ist kein reiner Median- schnitt); von ihr ziehen sich, aufwärts an Stärke abnehmend, Entwickelung der Haare und Schweissdrüsen der Katze. 37 Bindegewebszellen mit langgestreckten Kernen, die dem epi- thelialen Zapfen an beiden Seiten dicht anliegen und den binde- gewebigen Haarbalg darstellen. An der geneigten Seite des Haarzapfens ausserhalb der Basalmembran ist eine Mehrung dieser Kerne, die unter den Schweissdrüsenanlagen hinweggehend ihren Verlauf schräg gegen die Epidermis zu nehmen scheinen, bemerkbar (Fig. 7 und 8). Man könnte dieselbe für die Anlage des Muscul. arrector ansprechen. Da ich jedoch solche Mesen- chymzellenhaufen in den folgenden Embryonalstadien bis zur deutlichen Ausbildung der Muskelfasern nicht gesehen habe, so muss ich diese Frage offen lassen. 3. Stadium: Bulbuszapfen. In diesem Stadium hat der epitheliale Zapfen an Umfang zugenommen; die Haarkanalzellen haben die Oberfläche erreicht und enden, ohne durchzubrechen, in einem hakenförmig um- gebogenen, dichtgedrängten Haufen von Zellen, welche nicht selten gefärbte Körnchen — Spuren der Verhornung — erkennen lassen (Fig. 9). Das untere Ende des Zapfens hat seine kugelige Form verloren und wird durch die wachsende Papille, welche eine weitere Vermehrung ihrer Kerne erfahren hat, mehr oder weniger nach oben eingestülpt (Fig. 8, 9, 10, 11). Ein Stadium, wie es Figur 11 bietet, — ein teilweises Umfassen der Papille durch den Bulbus —, konnte erst nach langem Suchen gefunden werden; am häufigsten war das Bild der Figur 10, eine seichte Eindellung, vorhanden. Es scheint, dass die Bildung eines hohlen Bulbus pili in derselben sehr schnellen Weise erfolgt wie beim Menschen !?). Figur 10 lässt die Entwickelung der Talgdrüsen erkennen. Im oberen Drittel des Bulbuszapfens treten zu beiden Seiten 19) Vergl. Stöhr, Entwickelungsgeschichte des menschlichen Woll- haares. 8. 25. 358 K. BACKMUND, desselben mässige Vorwölbungen auf, an denen sich die Kerne der peripheren Epithelzellen weder durch ihre Form noch ihre Stellung auszeichnen, während die rundlichen centralen Zellen bereits eine wesentliche Veränderung zeigen. Einige derselben sind sehr gross und durchscheinend geworden, jedoch noch mit deutlichem Kerne versehen, und geben den Beginn der Fett- metamorphose kund. Unterhalb der Talgdrüsenanlagen sind weitere geringe Anschwellungen wahrzunehmen, ohne jegliche Veränderung in Form und Stellung der Kerne. Diese sind nicht als Anlagen zu einem Wulste, wie er am menschlichen Haare vorhanden ist, aufzufassen. Ein solcher fehlt überhaupt der Katze. Die Schweissdrüsenanlage ist, wenn wir die weitere Ent- wickelung an Fig. 9 und 10 verfolgen, ein langer Schlauch ge- worden, der mit seinem unteren umgebogenen, nm deutlich kolbig angeschwollenen Ende in nahezu gleichem Niveau steht wie der Bulbus und, wie der nächste Schnitt der Serie lehrt, in seinem tiefsten Teile ein kleines Lumen aufweist. Das erste Auftreten eines Hohlraumes fällt ungefähr mit der Bildung des Haarbulbus zusammen. Diese Befunde haben jedoch nicht für alle Schweissdrüsen des Körpers Geltung. Die Figuren 9 und 10 stellen die Haar- und Schweissdrüsenanlagen aus der Haut des Ober- und Unter- kiefers dar und dürfen nicht verallgemeinert werden. Denn nicht allein in der früheren Behaarung, welche sich übereinstimmend bei allen Tieren in einer gewissen Reihenfolge bestimmter Körper- gegenden vollzieht und am Kopfe beginnt, beruht die fort- geschrittenere Entwickelungsstufe der Schweissdrüsenanlagen im Ober- und Unterkiefer, sondern diese Drüsen nehmen überhaupt eine Ausnahmestellung bei der Katze ein, und sollen deshalb in einem späteren Abschnitt gesondert besprochen werden. An den übrigen behaarten Körperregionen haben sich die Schweissdrüsenanlagen ebenfalls in die Länge gestreckt; sie Entwickelung der Haare und Schweissdrüsen der Katze. 359 reichen jedoch nicht bis zur Papille herab, sondern erstrecken sich höchstens bis zur Hälfte der Haaranlagen. In einzelnen Fällen hat sich am Grunde der Anlage durch Auseinanderweichen der Zellen ein kleines Lumen gebildet. Eine bestimmte An ordnung und Differenzierung der Zellen hat aber noch an keiner Stelle des Körpers stattgefunden, ebensowenig wie in diesem Stadium von dem Auftreten von epithelialen Muskelzellen ge- sprochen werden kann. Figur 9 und 10 geben die geschilderten Verhältnisse nur zum Teile wieder. Figur 9 ist nach einem Schnitt gezeichnet, um Ausdehnung und Ende der Haarkanalzellen zu zeigen. Er hat die Schweissdrüsenanlage im oberen Teile nur tangential und unten auch nur schräg getroffen; er zeigt nicht den Beginn eines Hohlraumes in der Schweissdrüse. Ebenso ist das untere Ende des Bulbus nicht in der Mitte durchschnitten ; benachbarte Schnitte lassen eine hübsche Papille erkennen, über welche die ersten Spuren eines Haarkegels sichtbar sind. 4. Stadium: Scheidenhaar. Dieses Stadium manifestiert sich dadurch, dass bereits alle Schichten, die am ausgewachsenen Haare und seinen Scheiden vorhanden sind, erkannt werden können. Die Haaranlage (Fig. 12) hat fast um das Doppelte der Länge des Bulbus- zapfens zugenommen und erstreckt sich nicht mehr in einer Linie in die Tiefe, da der Bulbus sich oberhalb der Papille etwas eingeknickt hat und an dieser Stelle mit dem Schafte einen grösseren oder kleineren Winkel bildet"). Der Bulbus umfasst die Papille, welche gross und längsoval geworden ist, von allen Seiten; ein ganz schmaler Papillenhals von kaum mehr als einer Kernbreite ist ausgebildet. Die Papille wird begrenzt von einer 20) Figur 12 bringt dieses Verhältniss nicht deutlich zum Ausdruck. Nebenstehende Haare zeigen eine solche Knickung, dass das untere Ende des Haares die Form einer Tabakspfeife mit schwachem Krümmungsbogen giebt. 360 K. BACKMUND, Lage von cylindrischen Zellen, welche mit ihrer Längsachse senkrecht zur Papillenoberfläche angeordnet sind und, soweit sie das Material zum Haare selbst liefern, viel Pigmentkörnchen enthalten. Die braunen Pigmentkörnchen setzen sich im Haar- kegel bis zu den völlig verhornten Teilen fort. — Dem oberen Ende der Haarkanalzellen sitzt eine Kappe auf, welche aus den in Figur 9 bereits bemerkbaren, teilweise verhornten Zellen- haufen durch weitere Verhornung und Schrumpfung von Epithel- zellen — unabhängig von dem Verhornungsprozess der Epi- dermis — entstanden ist. Die Haarkanalzellen liegen in der tiehtung zu dieser kappenförmigen Umfassung, gleichsam als würden sie derselben zustreben. — Auf gleicher Höhe mit der Spitze der Papille beginnt medial von der äusseren Wurzel- scheide, welche aus fast glashellen, protoplasmaarmen Oylinder- zellen mit längsovalen Kernen besteht, die Differenzierung der inneren Schichten und der Verhornungsprozess.. Es können deutlich unterschieden werden eine Lage längsovaler Kerne, mit ihrer Längsachse parallel der Haarlängsachse gestellt: sie gehören den Zellen der Henleschen Schicht an, der nach innen die Huxleysche Schicht mit ebensolchen Kernen anliegt; an diese reihen sich kleinere runde Kernquerschnitte; sie gehören den Zellen der Scheidencuticula an, und etwas grössere rundliche, weiter oben schräg ovale Kerne, deren Zellen die Haarcuticula bilden. Die Kerne, welche sich innerhalb der Haareuticula als langgestreckte mit ihrer Längsachse gleich- falls der Haarlängsachse parallele Elemente befinden, gehören dem Haare selbst an und werden Rindenschicht; sie verlieren sich im oberen Drittel desselben, wo sich der Verhornungs- prozess bereits vollzogen hat. An den Henleschen Zellen setzt die Verhornung ungefähr in der Höhe der Papillenspitze ein mit kleinen, nach oben grösser werdenden Schollen von Kerato- hyalin, die einige Querreihen aufwärts in eine homogene Schicht zusammenfliessen. Es beginnt demnach die Verhornung hier Entwickelung der Haare und Schweissdrüsen der Katze. Sol wie an den menschlichen Haaranlagen. Doch schon an der Huxleyschen Schicht prägt sich ein Unterschied aus. Während beim Menschen das Keratohyalin an der Huxleyschen Schicht bereits zwei bis drei Querreihen über den ersten keratohyalin- haltigen Henleschen Zellen auftritt, sehen wir bei der Katze den Beginn der Verhornung dieser Schicht bedeutend weiter oben, ungefähr auf halber Höhe des Haares, in Form von kleinen Körnchen, die sich nach oben etwas vergrössern und dann eben- falls in eine homogene Schicht übergehen. Etwas über der Höhe der beginnenden Verhornung der Huxleyschen Zellen ist an den mit Eosin gefärbten Präparaten (Fig. 12) in der ganzen Breite der Cutieula und Rindenschicht eine diffuse schwach rosa- rote Verfärbung bemerkbar, welche nach oben in die intensiv gefärbte Schicht des verhornten Haares übergeht: der Ausdruck der Verhornung der beiden Cuticulae und der Rindenschicht. Während die Entwickelung des Haares in diesem Stadium so wesentlich, fast bis zur Vollendung der fertigen Form fort- geschritten ist, sind die Schweissdrüsen beinahe auf der im vorhergehenden Stadium geschilderten Entwickelungsstufe stehen geblieben. Wenn wir von den Drüsen der .Ober- und Unter- kieferhaut absehen, so haben die Schweissdrüsenanlagen im all- gemeinen an Umfang nur wenig zugenommen, so dass ihr Länge- und Breitedurchmesser kaum die Hälfte des Haares be- trägt; damit haben dieselben zumeist ihre definitive Länge erreicht und erscheinen grösstenteils als noch solide, aus Zellen- massen bestehende epitheliale Fortsetzungen, welche einen kleinen Hohlraum am Grunde des verdiekten Endes haben. Zuweilen sind die einzelnen Zellen derart angeordnet, dass sie sich gegen- überstehen und zwischen sich die Andeutung des künftigen Lumens in Form einer Berührungslinie zeigen. Die histologische Differenzierung der Schweissdrüsenanlagen vollzieht sich erst nach dem Durchbruch des Haares. Dieser geht in der Weise vor sich, dass die Verhornung 362 K. BACKMUND. der Haarkanalzellen von oben nach unten weiterschreitet (Fig. 19). Durch Zerfall der Haarkanalzellen wird schliesslich über der in der Höhe der Talgdrüsen befindlichen und von der inneren Wurzelscheide umkleideten Haarspitze ein Hohlraum gebildet, der sich allmählich bis an das Stratum corneum verlängert und das emporwachsende Haar enthält. Dieses wächst nicht in gerader, senkrechter Richtung zur Epidermisoberfläche, sondern liegt bis zu seinem Durchbruch leicht hakenförmig gekrümmt unter dem Stratum corneum. Mit dem Haardurchbruch tritt zugleich eine Abstossung der oberflächlichen Hornschichten in Erscheinung, jedoch nur in Form einer Abschuppung der Epidermis; zur Bildung eines dünnen Häutchens, welches nach Art eines Epitrichiums ım ganzen abgehoben wird, kommt es bei der Katze nicht. Während dieses Stadiums vollzieht sich auch am Katzen- haare ein Vorgang, wie er sich, wenn auch nicht in gleicher, so doch in ähnlicher und mehr komplizierter Weise am mensch- lichen Haare abzuspielen pflegt und den Stöhr?!) eingehend beschrieben hat. Ich habe bereits oben angeführt, dass die Oylinderzellen der äusseren Wurzelscheide zu fast glashellen, protoplasmaarmen Elementen werden. Die gleiche Beschaffenheit nehmen die Zellen der äusseren Wurzelscheide des menschlichen Haares gegen das Ende des Scheidenhaarstadiums an. Sobald aber die Aufhellung dort erfolgt, verlassen, nach der Darstellung Stöhrs für das menschliche Wollhaar, die Kerne dieser Zellen ihren bisherigen Platz; ‚sie, die bis dahin in der Mitte oder etwas näher der Glashautseite der Cylinderzellen gelegen waren, rücken mehr nach innen, gegen die Achse des Haares; dabei geben sie die ursprünglich längsovale Gestalt auf, werden rundlich eckig, nicht selten an der der Glashaut zugekehrten 21) Stöhr, Entwickelungsgeschichte des menschlichen Wollhaares. S. 41 u. ff. Entwickelung der Haare und Schweissdrüsen der Katze. 363 Seite geradlinig oder leicht konkav.“ Eine Wanderung und Formveränderung der Kerne ist mit dem Hellerwerden der Zellen bei der Katze kaum wahrzunehmen (Fig. 13). Dieser Unterschied findet eine Erklärung, wenn man Stöhrs Annahme folgt, dass durch die Verdichtung der mit Lücken versehenen (äusseren) Glashaut Ernährungsschwierigkeiten für die äussere Wurzelscheide auftreten, die ihren Ausdruck in den beschriebenen Veränderungen der Cylinderzellen finden. Vergleichen wir nämlich die äussere Glashaut der beiden Haare, so wird offen- bar, dass die Glashaut bei der Katze viel geringere Dicke be- sitzt wie die des menschlichen Haares. Durch die Verdickung wird wohl eine geminderte Ernährung, welche ihren Ausdruck in der Aufhellung der Zellen findet, herbeigeführt, doch ist dieselbe nicht so stark, um auch einen Platzwechsel und eine Formveränderung der Kerne wie am menschlichen Haare zu bedingen. Eine weitere Eigentümlichkeit haben das Haar des Menschen und der Katze gemein; es ist dies die Entwickelung derinneren Glashaut, welche sich bei beiden in gleicher Weise vollzieht. Wie Fig. 13 lehrt, ist zwischen der Innenfläche der äusseren Glashaut und den Cylinderzellenbasen ein feiner, öfters unter- brochener Streifen, teilweise aus kleinen Körnchen bestehend, bemerkbar. Wie Stöhr??) nachgewiesen hat, ist diese Bildung eine Ausscheidung der periphersten Zone der Cylinderepithel- zellen, welche unabhängig von der Aufhellung der Cylinderzellen vor sich geht und als eine Entwickelungsstufe der inneren Glas- haut anzusprechen ist. Die beiden letztgeschilderten Vorgänge fehlen dem Maus- haare in diesem Stadium vollkommen; dagegen gleichen sich Maushaar und Katzenhaar in der Entwickelung der Mark- zellen. Nur der Unterschied besteht zwischen beiden, dass der Beginn der Entwickelung bei der Katze nicht mit der Ent- 22), Sohn, IE. 3449: Anatomische Hefte. I. Abteilung. 79/80. Heft (25. Bd. H. 2/3.) 25 364 K. BACKMUND, stehung der Zellen der Haarcuticula, wie dies bei der Maus der Fall ist, zusammenfällt, sondern etwas später, wenn sich die Verhornung der Cuticulae und der Rindenschicht schon in einem fortgeschritteneren Stadium befindet. — Etwas über der Papillen- spitze, nur einige Zellbreiten von ihr entfernt, treten Zellen mit quergestellten Kernen von verschiedener Form auf. Die Kerne der unteren drei bis vier Zellen sind rundlich, die nächsten drei Zellen haben unregelmässige querovale Kerne, während der letzte, oben liegende Kern dreieckig erscheint und nach oben spitz ausläuft. Mit so gestalteten Zellen beginnt die Ent- wickelung der Markzellen aus dem indifferenten Epithelmaterial, das der Papillenspitze zunächst liegt. Im weiteren Verlaufe der Entwickelung und mit dem Wachs- tum des Haares begegnet man, wie am Maushaar, m verschie- denen Höhen verschieden gestalteten Markzellen. Der wesentliche Unterschied in den einzelnen Abschnitten besteht darin, dass von der Papilienspitze nach oben fortschreitend der Querdurch- messer der Markzellen zu Gunsten des senkrechten stetig ab- nimmt. Die an der Papille liegenden Zellen erscheinen wie schmale, querliegende Streifen mit kleinen, in der Mitte befind- lichen Kernen. Nach oben ändert sich dies Verhalten derart, dass sich der Querdurchmesser etwas verringert und der senk- rechte zunimmt; ungefähr unterhalb der Talgdrüsen haben die Markzellen gleiche Höhe und Breite. Ihre unteren Seiten scheinen leicht hervorgewölbt, während die oberen Seiten in gleichem Masse konkav eingesenkt sind. Noch weiter oben überwiegt der senkrechte Durchmesser den queren ; zugleich werden die Zwischen- räume zwischen den einzelnen Zellen geringer und eine jede Markzelle giebt das Bild, als ob jede der vier Seiten leicht konkav sei, und gewinnt der obere Markzellenstrang das Aus- sehen eines Bambusröhrchens. Die obersten Markzellen des durchgebrochenen Haares sind schmale längliche Gebilde und enden ziemlich weit unterhalb der Haarspitze. Entwickelung der Haare und Schweissdrüsen der Katze. 365 Eine kleine Abweichung gegenüber dem Maushaare besteht in dem Verlaufe des Verhornungsprozesses. Während dort die Keratohyalinkörnchen unregelmässig auftreten und in verschie- denen dichten Gruppen am unteren und oberen Rande einer jeden Markzelle erscheinen ?), werden die Zellen des Katzen- haares in gleichmässiger Weise von den Keratohyalinkörnchen erfüllt. Da sich die Verhornung von unten nach oben vollzieht, nimmt dementsprechend die Dichtigkeit der Keratohyalin- einlagerung in dieser Richtung zu. Am Ende des Scheidenhaar- stadiums entwickelt sich in jedem fetalen Katzenhaar eine Markschicht. Dieser Befund steht im Gegensatz zu Bonnets”*) Angabe, dass „das durch besondere Form und Beschaffenheit seiner Zellen charakteristische Mark dem fetalen Haare fehle“. Aus den mässigen Vorwölbungen, durch welche die ersten Anlagen der Talgdrüsen gekennzeichnet waren, sind am Scheiden- haar halbkugelige, knopfartige, etwas nach abwärts hängende Fortsätze geworden; dieselben liegen nahe der Unterfläche der Epidermis und sind vielfach an schräggestellten Haaren an der geneigten Seite grösser und ausgeprägter. Die Verfettung ist vorgeschritten und das Lumen mit grossen, Sekret enthaltenden Zellen erfüllt. Wenn das Haar auf der Höhe seiner Entwickelung steht, ist diese auch für die Schweissdrüse erreicht. Jetzt treten uns die Schweissdrüsen in Formen entgegen, wie wir sie am er- wachsenen Tiere zu sehen gewohnt sind, ja sie werden bei Feten mit viel grösserer Deutlichkeit und Klarheit wahrgenommen und lassen jede Einzelheit mit Schärfe erkennen, da in dieser Zeit das Haarkleid noch nicht so dicht geworden ist und die Haare nicht in Bündeln beisammen stehen, unter denen die 23) Vergl. Oyama, Entwickelungsgeschichte des Deckhaares der weissen Maus. S. 12. 1904. 24) Bonnet, Grundriss der Entwickelungsgeschichte der Haussäugetiere. Ss. 95. 1891. DD or 2 306 K. BACKMUND, Schweissdrüsen der erwachsenen Katze förmlich verschwinden. Dadurch wurde häufig die irrtümliche Angabe bedingt, dass die Schweissdrüsen an vielen Stellen gänzlich fehlen oder nur rudi- mentär vorkommen ??). Aber weder das eine, noch das andere st der Fall. Auf der gesamten Oberfläche des Körpers sind die Schweissdrüsen verbreitet: ein jedes fetale Haar ist mit einer solchen ausgestattet; nicht rudimentär sind sie zu nennen, sondern nur als klein zu bezeichnen. Ihre Entwickelung hat nur nicht Schritt gehalten mit derjenigen des Haares; sobald die Schweissdrüsenanlagen eine gewisse Länge erreicht haben, bleiben sie auf dieser Entwickelungsstufe stehen, aber nur hin- sichtlich ihrer Grössenverhältnisse; im übrigen bilden sie sich vollkommen aus. Die Dichtigkeit, mit der sie in der Haut eingelagert sind, ist mit der des Haarkleides verknüpft, und in den verschiedenen Hautregionen annähernd gleich. Auch die Form der Drüsen ist mit Ausnahme derjenigen in der Haut der Kiefer und Sohlen- ballen, überall die gleiche. Man hat zu unterscheiden den Drüsen- schlauch und den Ausführungsgang, welch letzterer ohne scharfe Grenze aus dem ersteren hervorgeht. Der Drüsenschlauch stellt ein langes, unten abgerundetes Säckchen dar, dessen Basis auf halber Höhe des Haares liegt und von fast gleichem Querdurch- messer wie das dazu gehörige Haar ist; von unten nach oben wird der Drüsenschlauch allmählich enger, um unmerklich in den Ausführungsgang überzugehen. Dieser verläuft in gerader Richtung bis zur Haarbalgdrüse, lagert sich dieser dicht an und beschreibt um sie einen flachen Bogen und mündet immer ober- halb der Talgdrüsen schief in den Haarbalg ein, ungefähr in den Winkel, der vom Haarbalge mit dem Stratum eylindricum gebildet wird, also immer noch in einer merklichen Entfernung von dem Austritte des Haares auf die Epidermisoberfläche. Nicht 25) Vergl. z.B. Bonnet, Haut und Anhänge, in Ellenbergers Histo- logie der Haussäugetiere. S. 428. 1887. Entwickelung der Haare und Schweissdrüsen der Katze. 367 einmal gelang es mir, bei den sehr zahlreichen untersuchten Schnitten eine Schweissdrüse frei an die Oberfläche der Epi- dermis münden zu sehen. Eine solche wird manchmal dadurch vorgetäuscht, dass die Ausmündung des Ausführungsganges sich häufig so vollzieht, dass seine dem Haare zunächstliegende Wand sich in den Haarbalg fortsetzt, während die gegenüberliegende Wand direkt in die Epidermis übergeht. Nach Marks’) Darstellung findet der Durchbruch des Aus- führungsganges in den Haarbalg an der Ursprungsstelle des Schweissdrüsenkeimes statt. Ich habe aber, wie ich im Abschnitte „Haarzapfen“ beschrieben habe und wie Figur 6 lehrt, häufig die Ursprungsstelle in der Mitte des Haarzapfens gefunden, weshalb ich Marks in diesem Punkte nicht beipflichten kann, vielmehr annehme, dass die Schweissdrüse bezw. ihr Aus- führungsgang während der Entwickelung ihren Ort ändern kann. Andere Formen des Drüsenschlauches kommen selten zur Beobachtung. Der gerade, sackförmige kleine Schlauch bildet die Grundform; wohl sieht man in vereinzelten Fällen einen schwach geschlängelten Drüsenschlauch oder das untere Ende desselben ist gegen das Haar zu umgebogen; aber solche Formen werden auf irgend einer Hautregion in gleichmässiger Verteilung nicht zu finden sein. In einem Falle kam mir in der Rücken- haut eine Schweissdrüse mit einem seitlichen Fortsatz zur An- schauung. Am unteren Drittel des Drüsenschlauches teilte sich dieser gabelig in zwei Äste, von denen der eine seitlich gegen das Haar vorspringende kleiner und von halbem Durchmesser wie der andere war; beide zeigten sonst gleichen Drüsencharakter. Figur 19 ist zwar dem Unterkiefer entnommen, veranschaulicht jedoch in diesem Entwickelungsstadium die äussere Form des allgemeinen Schweissdrüsentypus der Katze. 26) Marks, l. c. S. 54. 365 K. BACKMUND, Sehweissdrüsen der Haut des Ober- und Unterkiefers. Ganz andere Bilder geben uns die Schweissdrüsen aus der Haut des Ober- und Unterkiefers. An diesen Körperregionen, und zwar verteilt in einem Gebiete, welches nach vorne begrenzt ist vom unbehaarten Nasensaum, nach hinten beinahe bis in die Lippe, nach oben bis zum oberen Lidrande, nach unten bis zur Oberlippe reicht, und in der Haut des Unterkiefers an der Übergangsstelle derselben in die Lippenschleimhaut und schon einige Millimeter vorher, hat Bubnoff?”) an der erwachsenen Katze Schweissdrüsen gefunden, welche von denjenigen des übrigen Körpers nach Form und Grösse (grosse, röhrenförmige, stark geschlängelte Schläuche) abweichen. — Nicht allein für die Schweissdrüsen des erwachsenen Tieres hat die Darstellung Bubnoffs Geltung, sondern — wie ich gefunden habe — in noch erhöhtem Masse für die Feten. Bereits zu Beginn des Scheidenhaarstadiums hat die Schweissdrüsenanlage in der Haut der Kiefer eine solche Weiterbildung erfahren, dass sie sich in einem geraden kanali- sierten Schlauch bis zur Hälfte des Haares fortsetzt, und hat somit in dieser Zeit schon die Entwickelung der fertigen Drüse des übrigen Körpers erreicht. Ehe noch die Haare durch- gebrochen sind, treten uns Drüsen von mächtigem Umfange entgegen, deren Ende stets in dichtester Nähe der Haarpapille oder noch tiefer, in dem untersten Teile des Corium gelegen ist. Der Drüsenschlauch ist eine gewundene Röhre, die nicht in einer Ebene mit dem Haare verläuft, sondern im schiefen Winkel zu ihm liest. Über die Form der Drüse vermochte das Studium der Schnitt- präparate keinen richtigen Aufschluss zu geben. Ich habe daher mit Hilfe der Plattenmodelliermethode nach Born eine Drüse 27) Bubmortt, 1. c. »: 113 Entwickelung der Haare und Schweissdrüsen der Katze. 369 mit dem dazu gehörigen Haare rekonstruiert und so einwandfrei die gewundene Form feststellen können. Der Drüsenschlauch besitzt in seinem Verlaufe nicht den gleichen Querdurchmesser, sondern zeigt abwechselnd Ausbuch- tungen und Einschnürungen und hat auch hierdurch ein be- deutendes Unterscheidungsmerkmal gegenüber den Schweiss- drüsen des übrigen Körpers. An Längsdurchschnitten fallen insbesondere die riesigen Ausbuchtungen, die geradezu blasigen Charakter haben, auf, sowie das Verhältnis des Querdurchmessers zu den Haaren, indem der Drüsenschlauch drei bis vier Mal so breit erscheint als der Querdurchmesser der benachbarten Haare. Der Ausführungsgang ist im Vergleiche zur Weite des Schlauches eng, röhrenförmig cylindrisch und setzt sich ziemlich scharf gegen den diekbauchigen Drüsenschlauch ab. Er verläuft an der Talgdrüse in die Höhe und mündet direkt über ihr schief in den Haarbalg. Entsprechend der Mächtigkeit der Schweissdrüsen sind auch die Talgdrüsen auffallend grosse Gebilde geworden. Es ist klar, dass in späteren Embryonalstadien nicht alle Haare dieser Gebiete mit solchen grossen Schweiss- und Talg- drüsen ausgestattet sein können. Nur die zuerst angelegten Haare zeigen diese eigentümlichen Drüsen. Vergleichen wir diese embryonalen Schweissdrüsen mit den gleichartigen der erwachsenen Katze, so muss auffallen, dass letztere zwar eine stark geschlängelte Röhre bilden, aber von gleichmässiger Weite und ohne jede blasige Ausbuchtung sind. Es erfahren demnach die Schweissdrüsen der Ober- und Unter- kieferhaut nach der Geburt eine Rückbildung im Querdurch- messer. Eine Erklärung findet dieses Verhalten vielleicht in der Annahme, dass die bereits intrauterin gebildeten Sekrete keinen Abfluss haben und deshalb die fetalen Schweissdrüsen gleichsam Retentionscysten darstellen. 370 K. BACKMUND, Die histologische Differenzierung der Schweissdrüsen, welche im Anschlusse an die Bildung des Lumens ihren Anfang nahm, hat ebenfalls ihre Vollendung erreicht. Man kann in diesem Stadium sowohl am Drüsenschlauch wie am Ausführungsgang ausser der zu äusserst gelegenen bindegewebigen Hülle, bestehend aus zwei Lagen, einer longi- tudinal verlaufenden und einer quer verlaufenden, drei besondere Schichten unterscheiden: Die strukturlose Membrana propria, der eine Lage von Epithelmuskelzellen folgt und nach innen die Epithelzellen selbst. Die zwischen der Membrana propria und den Epithelzellen liegende Muskelschicht setzt sich zu- sammen aus länglichen, einkernigen Muskelzellen, welche in Zwischenräumen hintereinander gelagert sind, die jedoch auf Längsschnitten nur vereinzelt zur Anschauung gelangen. Auf dem Querschnitt liegt das Protoplasma der Epithelmuskelzellen der Membrana propria dicht an und umschliesst den Drüsen- schlauch oder Ausführungsgang wie ein Ring und springt zwischen den einzelnen Epithelzellen dreieckig nach innen vor. Sobald ein kernhaltiger Bestandteil der Epithelmuskelzellen auf dem Querschnitt getroffen ist, erscheint der Kern als kleines längsovales Element (Fig. 20 und 21). Das Epithel sämtlicher Drüsenschläuche ist immer ein- schichtig und besteht aus hohen Cylinderzellen mit dunklem Protoplasma und grossen hellen, rundlichen Kernen, die etwas basalwärts gelegen sind und ein bis zwei Nukleolen aufweisen. An einzelnen Querschnitten jedoch kann man die Beobachtung machen, dass die Epithelzellen verschieden hoch sind; es zeigen somit die an das Lumen stossenden Epithelzellengrenzen einen welligen Verlauf. Eine weitere Modifikation findet sich in dem Teile des Drüsenschlauches, welcher dem Ausführungsgang zunächst liegt. Hier sitzen, wie ein Querschnitt — Fig. 21 — lehrt, die Epithelzellen der Membrana propria mit breiter Basis auf und verschmälern sich gegen das Drüsenlumen zu, so dass Enutwickelung der Haare und Schweissdrüsen der Katze. Sl sie ein kegelförmiges Aussehen haben. Die grossen runden und dunkler gefärbten Kerne liegen im Centrum der Zellen und sind umgeben von feinen Körnchen in mässiger Zahl. Um das verhältnismässig sehr kleine, fast kreisrunde Drüsenlumen haben sich die Körnchen in dichter Anhäufung gelagert, ohne in das Lumen selbst einzutreten. Betrachten wir ferner Figur 22 näher, so fällt ins Auge, dass die einzelnen Epithelzellen nicht von eleicher Färbung sind. Diese ist bedingt durch eine feine Körnelung der protoplasmatischen Substanz, die in verschiedenem Verhältnis in den einzelnen Zellen zu finden ist. In manchen Zellen sind keine oder nur wenig ganz feine Körnchen bemerk- bar, in anderen in grösserer Zahl, so dass das Protoplasına dunkel erscheint, in dritten ist die Körnelung so ausserordent- lich und gleichmässig stark, dass die Zellen fast schwarz zu Tage treten. Bei dieser letzteren Form umfassen die Körnchen- massen den Kern von oben und seitlich, das unterhalb des Kernes basalwärts gelegene Protoplasma zeigt eine nur spärliche Körnelung. In einer Zelle der Figur 22 ist der dem Drüsen- lumen zugekehrte Teil halbmondförmig hervorgewölbt und fein granuliert und vor demselben liegen grössere kugelige, hell- gefärbte und tropfenförmige Gebilde — der Ausdruck einer Sekretion —. Es muss auffallen, dass bei diesem Stadium bereits eine so starke Sekretion stattfindet. Der Ausführungsgang hat ein einschichtiges kubisches Epithel, das sich an den Schweissdrüsen der Haut des Ober- und Unterkiefers scharf gegen das hohe cylindrische Epithel des sezernierenden Abschnittes der Drüse absetzt, an den Drüsen der übrigen Hautregionen allmählich aus diesem übergeht. An einzelnen Kiefer-Schweissdrüsen konnte ich gerade an der Übergangsstelle der eigentlichen Drüse zum Ausführungsgang hier gelegene cirkulär verlaufende Muskelzellen nachweisen, die vielleicht die Rolle eines Sphinkters ausüben und eine weitere Eigentümlichkeit der Kieferdrüsen darstellen würden. K. BACKMUND, Die übrigen histologischen Befunde haben nicht nur Geltung für die Drüsen der Ober- und Unterkieferhaut, welcher die Figuren entnommen sind, sondern auch für die Schweissdrüsen des gesamten Körpers, wovon ich mich durch Studium der Präparate überzeugt habe. Die Entwickelung der Schweissdrüsen an den unbehaarten Teilen der Haut (Sohlenballen). Das Haarkleid kommt dem ganzen Körper zu mit Aus- nahme der Sohlenflächen der Extremitäten und der äusseren Nase. Hingegen fehlen den behaarten Hautpartien Corium- papillen. Wie bereits Chodakowski?°®) festgestellt hat, besitzen die Sohlenballen nur Schweissdrüsen, während der unbehaarte Nasensaum die einzige Stelle des Körpers ist, die gar keine Drüsen hat. Chodakowski?) fand, dass die Schweissdrüsen an den Sohlenballen der erwachsenen Katze überhaupt die grössten am Körper sind; er beschreibt auch für diese kein Drüsenknäuel; der Drüsenschlauch ist nach ihm langgestreckt, im unteren Abschnitt stark geschlängelt, wie an der übrigen Haut®®) (). Nach Camillo Schneider?!) dagegen sind diese Drüsen einfache Tubuli von beträchtlicher Länge, die sich im Unterhautgewebe und in den tieferen Schichten des Corium dicht aufknäueln, mittelst eines engen Ausführungsganges interpapillär in das Epiderm eintreten, hier im gewundenen Verlaufe die Lagen desselben durchsetzen und an der Oberfläche durch die Schweisspore nach aussen münden. 28) CH 8. 36: 29) ]. c. S. 38. 30) COhodakowski hat nur die Haut des Ober- und Unterkiefers, der Ohren, der Sohlenballen und die der Analsäcke untersucht. U IE 18% (2485 Entwickelung der Haare und Schweissdrüsen der Katze. It: Über die Entwickelung der Soblenballendrüsen der Katze existieren gleichfalls keine speziellen Arbeiten. Meine Untersuchungen ergaben, dass die Entwickelung dieser Drüsen etwas später anhebt als diejenige der übrigen Schweissdrüsen, erst zu der Zeit, wo sich die Haaranlagen bereits im Haarzapfenstadium befinden und ausgeprägte Sch weiss- drüsensprossen zeigen. Die Epidermis ist schon mehrfach ge- schichtet; die Zellen der obersten Lagen beginnen sich abzu- platten, ihre Kerne werden undeutlich und Keratohyalinkörnchen werden sichtbar. In dem ersten Stadium gleichen die Sohlen- ballendrüsen sehr der ersten Anlage der Haare; auch hier ist an der noch papillenlosen Haut eine mässige Hervorbuchtung des mit länglichen Kernen ausgestatteten Stratum eylindrieum gegen das Corium gegeben (Fig. 14 und 15). Aber schon bald, mit dem Grösserwerden der Anlagen, treten Unterschiede gegen- über den Haaren auf, die nicht allein in dem völligen Fehlen einer Anhäufung von Bindegewebszellen — der Papillenanlage — bestehen, sondern auch in der Form der Drüsenanlage ihren Ausdruck finden. Wir haben oben gesehen, dass sich die Ein- senkung des Haarkeimes in asymmetrischer Weise vollzieht und mit einer Vermehrung der Elemente der subintermediären Schicht — der ersten Anlage der Haarkanalzellen — verbunden ist. Beides vermissen wir an den Sohlenballendrüsen. In gleichmässiger Weise senkt sich die Anlage in das Corium, an ihrer Ursprungsstelle noch gekennzeichnet durch eine deutliche Einschnürung von beiden Seiten (Fig. 16 und 17). Eine Beteiligung der Zellen der intermediären Schicht ist ausgeschlossen. Die Anlage ist erfüllt mit Abkömmlingen des Stratum cylindricum, Zellen mit länglichen und rundlichen Kernen, die sich bald schon, kaum dass der Drüsenkeim über eine kolbenartige Einsenkung hinausgekommen ist, anordnen und in ihrer Mitte ein kleines Lumen sichtbar werden lassen (Fig. 17). 374 K. BACKMUND, In der weiteren Entwickelung werden die knospenartigen Sprossen zu zapfenartigen, flaschenförmigen Gebilden, welche bis zu einer bestimmten Länge wachsen und sich am unteren blinden Ende umkrümmen. Entweder finden wir diese einfache Form oder es bildet sich bei weiterem Wachstum ein länglicher gewundener Knäuel. Diese Bildung konnte ich erst wahrnehmen, wenn der Embryo ein deutliches Haarkleid des ganzen Körpers besass. Die Sohlenballendrüse besteht dann aus einem langen, ziemlich geraden Kanal mit engem Lumen, der sich nach unten erweitert und in einem länglichen, tief im Corium liegenden Drüsenknäuel endigt. Meine Befunde stellen mich somit auf die Seite Schneiders gegen Chodakowskı. Zu gleicher Zeit wird auch der Schweisskanal durch die Epidermis gebildet und zwar in der Art, dass vom Stratum corneum nach abwärts zwischen den Zellen rundliche Kerato- hyalinkörnchen auftreten und ein allmählicher Zerfall der ver- hornten Epithelzellen vor sich geht. Es ist also die Bildung des intraepidermoidalen Schweisskanales ein von der Ent- wickelung der Schweissdrüse selbst relativ unabhängiger Prozess. Während des Wachstums der Drüse hat sich aus der um- gebenden Cutis eine bindegewebige Faserhülle gebildet, so dass alsbald die Drüse auf ihrer ganzen Länge in dichtem festem Bindegewebe eingeschlossen ist. Die von verschiedenen Autoren beschriebenen kurzen seit- lichen Fortsätze oder gleichmässigen Spaltungen der Drüsen- knäuel habe auch ich öftere Male gesehen. Dieselben betrachte ich zwar als eine Besonderheit, aber nicht, wie Marks S. 54 seiner citierten Abhandlung erwähnt, als eine Eigentümlichkeit der frei an die Oberfläche der Epidermis mündenden Schweiss- drüsen, da ich eine ästig geteilte Schweissdrüse auch am Rücken einer in den Haarbalg mündenden Drüse beobachtet habe. Was den histologischen Charakter der Sohlenballendrüsen betrifft, so stimmt dieser mit dem der übrigen Schweissdrüsen Entwickelung der Haare und Schweissdrüsen der Katze. 3/5 überein, und sind keine wesentlichen Unterschiede zu verzeichnen ; zu erwähnen wäre nur, dass auch hier die Epithelmuskelzellen in reichlicher Zahl auftreten. Zum Schlusse fasse ich die Ergebnisse meiner Unter- suchungen, zunächst über die Entwickelung des Haares der Katze zusammen und vergleiche dieselben mit den bekannten Thatsachen über die Entwickelung des menschlichen Wolihaares und des Deckhaares der weissen Maus. Hierbei ergeben sich folgende Resultate: 1. Die erste Anlage des Katzenhaares ist eine rein epitheliale. Der Haarkeim charakterisiert sich dadurch, dass die Zellen des Stratum cylindricum länglich werden und dass durch mitotische Teilung dieser Zellen eine subintermediäre Schicht entsteht. Eine Erhebung der Epidermis findet nicht statt. Die Einsenkung des Haarkeimes vollzieht sich in asym- metrischer Weise. In allen diesen Punkten gleicht das Haar der Katze völlig den des Menschen und der Maus. Die erste Anlage der Haarkanalzellen aus der subintermediären Schicht erfolgt in gleicher Weise wie beim Menschen mit dem Auftreten der Asymmetrie des Haarkeimes. 2. Die Papille bildet sich erst gegen das Ende des Haar- keimstadiums, in derselben Zeit wie beim Menschen, also weniger rasch als bei der Maus. 3. Mit dem Eintritt in das Stadium des Haarzapfens hebt die Entwickelung der Schweissdrüsen an. Die bein Menschen in diesem Stadium auftretenden Talg- drüsenanlagen erscheinen viel später, ebenso wie bei der Maus und gleichfalls wie bei dieser in nur geringer Entwickelung in der Nähe der Epidermis. Eine Wulstbildung erfolgt bei der Katze überhaupt nicht. 4. Für eine Entwickelung des Muse. arrector aus dem Epithel habe ich keinerlei Anhaltspunkte gefunden. Zur Feststellung 316 K. BACKMUND, der Entwickelung dieses Muskels aus Mesenchymzellen erscheint die Katze wenig geeignet. 5. Die Entwickelung und Differenzierung des Haares und seiner Scheiden weicht von derjenigen des menschlichen Haares nicht wesentlich ab. Ein geringer Unterschied besteht in dem ungleichmässigen Einsetzen der Verhornung an den einzelnen Schichten. Die Bildung eines Haarkanales vollzieht sich durch Ver- hornung der Haarkanalzellen von oben nach unten und durch Zerfall derselben in der Höhe der Talgdrüsen. Das Haar durch- bricht .nicht senkrecht, sondern in schräger Richtung die Epidermis. Die letzten zwei Punkte stehen in Übereinstimmung mit den gleichen Vorgängen beim Menschen und im Gegensatz zum Maushaar. Die Entwickelung der inneren Glashaut vollzieht sich in gleicher Weise wie beim menschlichen Wollhaar von seiten der periphersten Zone der Oylinderepithelzellen. Das fetale Katzenhaar besitzt eine Markschicht. Die Mark- zellen gehen in der gleichen Weise wie bei der Maus aus dem axialen Teil des epithelialen Haares hervor und wachsen in der Richtung von unten nach oben, während ihre Differenzierung wie die übrigen Haarelemente in einer dem Wachstum entgegen- gesetzten Richtung erfolgt. 6. Durch das völlige Fehlen eines Wulstes ist bereits an- gedeutet, dass ein Haarwechsel in fetaler Zeit nieht stattfindet. 7. Die fetalen Haare vereinigen sich nicht zu Bündeln; sie münden alle frei an die Epidermisoberfläche. Für die Entwickelung der Schweissdrüsen fasse ich die Ergebnisse meiner Untersuchungen in folgende Sätze zu- sammen: 1. Die Entwiekelung der Schweissdrüsen geht an den mit einem Haarkleide versehenen Körperstellen der Katze aus- Entwickelung der Haare und Schweissdrüsen der Katze. 377 schliesslich von den Haaranlagen aus und ist eng verknüpft mit der Entwickelung des Haares. 2. Die Schweissdrüsen entwickeln sich am Haarzapfen durch mitotische Teilung der äusseren Zellen als Sprossungen. Die Ursprungsstelle liegt am Übergang des Haarzapfens zum Stratum eylindrieum oder unterhalb dieser Stelle, ja selbst in der Mitte des Haarzapfens. 3. Die Seitensprossen verlängern sich zu schmalen, am unteren Ende kolbig angeschwollenen Zapfen, welche nur die halbe Höhe des dazu gehörigen Haares erreichen. 4. Im Scheidenhaarstadium erscheint am Grunde der Sch weiss- drüsenanlage ein kleiner Hohlraum, der nach aufwärts fort- schreitet und schliesslich und stets oberhalb der Talgdrüse in den Haarbalg mündet. 5. Nach Durchbruch des Haares vollzieht sich die Differen- zierung der Zellen und wird die Entwickelung der Schweiss- drüsen vollendet. Man hat sodann zu unterscheiden: Den durch ein langes, unten abgerundetes Säckehen dargestellten Drüsenschlauch, der ohne scharfe Grenze in den Ausführungsgang übergeht. Andere Formen des Drüsenschlauches finden sich bei der Katze nur ausnahmsweise. 6. Die Schweissdrüsen der Haut des Ober- und Unterkiefers zeichnen sich durch besondere Eigentümlichkeiten aus. Dieselben nehmen einen rascheren Entwickelungsgang und bilden am Ende ihrer Entwickelung lange gewundene Röhren mit mächtigen Aus- buchtungen, die sich im extrauterinen Leben wieder zurück- bilden. 7. Zwischen der Membrana propria und den Drüsenepithel- zellen liegen stets Epithelmuskelzellen in diskontinuierlicher Schicht. 3. Ein jedes fetale Haar besitzt eine Schweissdrüse. 378 K. BACKMUND, Entwickelung der Haare etc. 9. Von den unbehaarten Teilen der Haut entstehen nur an den Sohlenballen Schweissdrüsen. Die Entwickelung beginnt hier später als diejenige der übrigen Schweissdrüsen. Die erste Anlage ist ebenfalls eine reine epitheliale und unterscheidet sich von den Haarkeimen durch das Fehlen einer subintermediären Schicht und durch den Mangel einer Papillenanlage. Die Sohlenballendrüsen stellen am Ende ihrer Entwickelung einen langen Kanal dar, der in ein längliches Drüsenknäuel übergeht. Der intraepidermoidale Schweisskanal bildet sich vom Stratum corneum nach abwärts in einem von der Entwickelung der Schweissdrüse relativ unabhängigen Prozess. ü 10. Auch die Sohlenballendrüsen haben zwischen Membrana propria und Epithelzellen Epithelmuskelzellen. Es ist mir schliesslich eine angenehme Pflicht, meinem hoch- verehrten Lehrer, Herrn Professor Dr Stöhr sowie Herrn Prosektor Dr. Schmincke für die vielfache Anregung und Unter- stützung bei der vorliegenden Arbeit auch an dieser Stelle meinen herzlichsten Dank auszusprechen. Or 10. Litteraturverzeichnis. A. Geschichtliches über die Schweissdrüsen. . Krause, W., Die Entwickelung der Haut und ihrer Nebenorgane in O0. Hertwigs Handbuch der experimentellen u. vergleich. Entwickelungs- lehre. 1902. 8. 311. Grew, Philosoph. Transact. for the year 1684. Vol. XIV. Nr. 159, S. 566, 567, (freie Übersetzung). Leeuwenhoek, Epist. physiol. super complur. natur. arcan., Delphis Batavorum, 1719, Epist. 43, S. 412, 413. Kaau, Perspiratio dieta Hippokrati per universum corpus Anatomice illu- strata, Lugduni Batavorum, 1738. Kapit. 84, 85, 86, 87, S. 42, 43 (freie Übersetzung). Eichhorn, Über die Aussonderungen durch die Haut und über die Wege, durch welche sie geschehen. Meckels Archiv f. Anat. u. 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Text S. 355, 356. Fig. 6. Senkrechter 7,5 « dicker Schnitt der Unterkieferhaut eines 11,5 cm langen Fetus, gefärbt mit Hansens Hämatoxylin und Eosin. Text S. 355. Fig. 7. Senkrechter 7,5 « dicker Schnitt der Oberkieferhaut eines 8,5 cm langen Fetus (Stad. IV) gefärbt mit Eisenhämatoxylin und nach van Gieson. Text 8. 355, 357. Fig. 8. Senkrechter 5 « dieker Schnitt der Rückenhaut eines 8,5 cm langen Fetus (Stad. IV), gefärbt mit Eisenhämatoxylin und nach van Gieson. Text S. 357. Fig. 9. Senkrechter 7,5 « dicker Schnitt der Oberkieferhaut eines 8,5 em langen Fetus (Stad. IV), gefärbt mit Eisenhämatoxylin und nach van Gieson. Text 8. 357, 358, 359. Fig. 10. Senkrechter 7,5 « dicker Schnitt der Unterkieferhaut eines 10,5 cm langen Fetus. (Stad. V), gefärbt mit Hansens Hämatoxylin und Eosin. Text S. 357, 358, 359. Fig. 11. Senkrechter 10 « dicker Schnitt der Vorderfusshaut eines 13 cm langen Fetus (Stad. VII), gefärbt mit Hansens Hämatoxylin und Eosin. Text 8. 357. Figurenerklärung. 383 Tafel 13/14. Fig. 12. Senkrechter 7,5 « dicker Schnitt der Rückenhaut eines 13 em langen Fetus (Stad. VII), gefärbt mit Hansens Hämatoxylin und Eosin. 460 fach vergrössert. Text S. 359, 361. Fig. 13. Senkrechter 7,5 « dicker Schnitt der Rückenhaut eines 15 cm langen Fetus (Stad. VIII), gefärbt mit Eisenhämatoxylin und nach van Gieson. 9u0fach vergrössert. Text S. 363. Fig. 14. Senkrechter 7,5 « dieker Schnitt der Sohlenballenhaut (Vorder- fuss) eines 11,5 cm langen Fetus (Stad. VI), gefärbt mit Hansens Hämat- oxylin und Eosin, 460fach vergrössert. Text 8. 373. Fig. 15. Desgleichen. Text S. 373. Fig. 16. Desgleichen. Text S. 373. Fig. 17. Desgleichen. Text S. 373. Fig. 18. Desgleichen. Text S. 374. Fig. 19. Senkrechter 7,5 u dieker Schnitt der Unterkieferhaut eines 11,5 em langen Fetus (Stad. VI), gefärbt mit Hansens Hämatoxylin und Eosin, 460 fach vergrössert. Text S. 362, 367. Fig. 20. Horizontaler 7,5 « dicker Schnitt der Unterkieferhaut eines 11,5 em langen Fetus (Stad. VI), gefärbt mit Hansens Hämatoxylin und Eosin. 460fach vergrössert. Schnitt durch einen Ausführungsgang in der Höhe der Talgdrüse. Text S. 370. Fig. 21. Horizontaler 7,5 “« dicker Schnitt der Unterkieferhaut eines 11,5 em langen Fetus (Stad. VI), gefärbt mit Hansens Hämatoxylin und Eosin, 900fach vergrössert. Querschnitt einer Schweissdrüse etwas unterhalb der Talgdrüse. Text S. 370. Fig. 22. Senkrechter 7,5 u dicker Schnitt der Oberkieferhaut eines 15 cm langen Fetus (Stadium VII.), gefärbt mit Eisenhämatoxylin und nach van Gieson. 900fach vergrössert. Text S. 371. ae ht o. ze . i (2 , . Bann. E FOR, „RT: Fr H f 4 in ua dr a vs IA > 3 ° RS Di, On. ’ i Y j | \ . . 3 AUS DEM PHYSIOLOG. UND HISTOLOC. INSTITUT DER TIERÄRZTLICHEN HOCHSCHULE zu DRESDEN. (GEH. Men.-Ratr Pror. Dr. ELLENBERGER.) — 4 VERGERIGHENDE MAKROSKOPISCHE UND MIKROSKOPISCHE UNTERSUCHUNGEN ÜBER DIE SUBMAXILLAREN SPEICHELDRÜSEN DER HAUSSÄAUGRTIERE. VON DR.GEORG ILLING, ASSISTENT AM PHYSIOLOG. UND HISTOLOG. INSTITUT DER TIERÄRZTL. HOCHSCHULE ZU DRESDEN. Mit 14 Figuren auf Tafel 15—18. er 0 [ pe URN Rn u “LT =. A| 4 ee: gr Jr we ei rare N Lei a u i = + 2 ü ;y TO ETTTIE HE TEE ER TE TEE URS TETDER STE ne 4 4 Fin Pe Bart „72 ae] H 12:7 IM Fr EILSUNDNOGE LEN BIT ED LENNLERLERRERTE LINSE DL NER NIE , u > In 14T er i ! “ 4 3» # P, ä 1 ur as FALTEN. Pe Tiatı Ar f 84 - (A er,tıch ö N, ui ie I} Ä ‚ ‚Ts f ’ 1 13 dr KW 2 j , 24h I. ar 1 4 * z u f, « a u B f a f vs u j Inhaltsverzeichnis. I. Emleitung N le ee lenane-ereeinize A. Anatomisches I. Carnivora 1. Canis fariliaris 2. Felis domestica II. Ungulata . A. Perissodactyla 1. Equus caballus 2. Equus asinus B. Artiodactyla Ruminantia 1. Bos taurus 2. Ovis aries 3. Capra hircus Non-Ruminantia Sus crofa domesticus Ill. Rodentia . Lepus cuniculus Schlussbetrachtung . B. Histologisches über die eallon Spöicheldmnens der vor- stehend aufgeführten Tierarten III. Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse . IV. Litteraturverzeichnis V. Erklärung der Abbildungen Seite 389 414 414 416 416 421 424 424 424 427 427 427 427 450 432 34 454 436 4536 459 444 498 518 524 Einleitune. Am Kopfe der Wirbeltiere finden sich drüsige Organe, die mit ıhren Ausführungsgängen in die Mundhöhle münden und deshalb Mundhöhlendrüsen oder, da man die von ihnen in die Mundhöhle ergossene Mischflüssigkeit Speichel nennt, auch Speicheldrüsen, Glandulae salivales, genannt werden. Am besten ausgebildet und am zahlreichsten sind diese Drüsen im allgemeinen bei den Säugetieren und zwar speziell bei den Landsäugetieren. Sie finden sich in grösseren und kleineren Komplexen in und an der Wand der Mundhöhle, oder entfernt von derselben am Kopfe und am Anfange des Halses. Früher kannte man nur drei grosse, ausserhalb der Mundschleimhaut am Kopfe bezw. an der Mundhöhlenwand gelegene Drüsen und zwar die am Grunde des Ohres gelegene Ohrspeicheldrüse und zwei im Kehlgange gelegene Unterkieferdrüsen, nämlich die eigentliche Unterkiefer- und die Unterzungendrüse. Später entdeckte man noch eine ganze Anzahl kleinerer, in der Wand der Mundhöhle und besonders submukös gelegene Drüsen- komplexe. Im ganzen unterscheidet man gegenwärtig folgende Mundhöhlendrüsen bezw. Drüsenkomplexe am Kopfe der Säuge- tiere. 1. Die G@landula parotis. Darunter versteht man eine am Grunde des Ohres, bezw. nahe dem äusseren Gehörgange, zwischen dem Anfange der Halswirbelsäule und dem Unter- 390 G. ILLING, kiefer gelegene Drüse, die mit ihrem Ausführungsgange an der Seitenwand der Mundhöhle (an der Backe bezw. Wange) in den Backenvorhof der Mundhöhle mündet. Sie ragt mehr oder weniger weit in den Kehlgang hinein oder am Halse herab. 2. Die Gruppe der im Kehlgange an oder unter der Man- dibula bezw. zwischen ihren beiden Hälften gelegenen Unter- kieferdrüsen. Zu diesen gehören: a) Die eigentliche Unterkieferdrüse, Glandula sub- maxillaris, Unterkieferdrüse im engeren Sinne Als solche bezeichnet man usuell die im grossen und ganzen zwischen Atlas und Zungenbein, also mit ihrem oralen Teile eventuell im Kehl- gange und unter der Zunge relativ oberflächlich, d.h. nach aussen von dem M. transversus mandibulae (mylohyoideus) gelegene Drüse, deren Ausführungsgang im Boden der Mundhöhle liest und an denselben nahe den Schneidezähnen ventral von der freien Zungenspitze in das Cavum oris mündet. Ihr kaudaler Teil liegt meist zwischen dem Anfange des Halses und dem Unterkiefer und ist oft von der Parotis bedeckt. b) Die Unterzungendrüse, Glandula sublingualis. Unter dem Gesamtnamen Gl. sublingualis bezeichnete man früher die am Boden der Mundhöhle bezw. im Kehlgange, tiefer als die Unterkieferdrüse, also der Zunge näher und nach innen (bezw. über dem) von dem M. transversus mandibulae (mylo- hyoideus) gelegene Drüsenkomplexe, die von der ventralen oder lateralen Seite oft von der Submaxillaris bedeckt werden. Dieser Drüsenkomplex zerfällt bei vielen Säugetieren in zwei mehr oder weniger deutlich getrennte Drüsen. Die eine derselben mündet mit einem, mit dem Duct. submax. verlaufenden grossen Gange, dem Ductus sublingualis major s. Bartholini, am verderen Abschnitte des freien Mundhöhlenbodens in die Mundhöhle, während die andere mit zahlreichen kleinen Gängen, Ductus sublinguales minores s. Rivini, seitlich neben der Zunge in diese Höhle mündet. Es ist nach der Tierart verschieden, ob die- Anatom. Hefte. I. Abt. 79/80. Heft (26. Bd., H. 2/3). Tafel 15. | un Vergl. makrosk. u. mikrosk. Untersuchungen etc. d. Haussäugetiere. 391 beiden Drüsenarten über- oder hintereinander liegen und ob die orale oder aborale, die dorsale oder ventrale den einen grossen oder die vielen kleinen Gänge besitzt. Wir wollen vorläufig die Drüse mit dem gemeinsamen grossen Gange als Bartho- linische und die andere als Rivinische Drüse bezeichnen. 3. Die Backendrüsen, Glandulae buccales s. mo- lares, liegen in der Seitenwand der Mundhöhle, in den Backen, und zwar in zwei oder drei Packeten, die als dorsale, ventrale und event. mittlere Backendrüse bezeichnet werden. Sie münden mit zahlreichen Gängen in den Backenvorhof. 4. Die Lippendrüsen, Glandulae labiales, die in den Lippen liegen und mit zahlreichen Gängen an der Lippen- schleimhaut in den Lippenvorhof münden. 5. Die Gaumendrüsen, Glandulae palatinae, und zwar die Glandulae palati mollis und palati duri. Die ersteren liegen im Gaumensegel und die letzteren im harten Gaumen. Sie münden mit sehr vielen kleinen Gängen in das Cavum oris. 6. Die Zungendrüsen, Glandulae linguales, und zwar: a) Zungenranddrüsen, welche sich am Rande oder den Seitenflächen der Zunge finden und an diesen in die Mundhöhle münden. b) Zungengrund- und Zungenrückendrüsen. Diese finden sich besonders am Ende des Zungenrückens, z.B. an den Papillae vallatae und foliatae, und am Zungengrunde zerstreut und speziell an den Zungenbälgen (Zungenbalgdrüsen, die in diese münden). c) Zungenbodendrüsen, welche sich bei manchen Säuge- tieren submukös an der Bodenfläche der Zungenspitze finden und dort ausmünden. d) Zungenfleisch- bezw. Zungenbeindrüsen, welche tiefer in der Zunge, intramuskulär und über dem Zungenbeine liegen. 392 G. ILLING, 7. Auch in dem Arcus palatoglossus und in der Plica pterygomandibularis finden sich Drüsen, die Zungengaumen- pfeiler- und die Kieferfaltendrüsen. Endlich hat im hiesigen Institut ein Laborant (H. Hamecher) auch in dem freien, unter der Zungenspitze liegenden freien Mundhöhlen- boden, resp. intermandibulär im Boden des Cavum sublinguale apicale bei einer Tierart ein Drüsenpaket gefunden, die Mundhöhlenbodendrüse. Die Drüsen des Schlundkopfes und Nasenrachens gehören zwar, wie auch die Nasendrüsen, in die Gruppe der Kopfdarm- drüsen, sollen aber hier unbeachtet bleiben. Vorkommen und Homologie der Mundhöhlendrüsen im Reiche der Wirbeltiere. Die sämtlichen Mundhöhlendrüsen sind Abkömmlinge des Epithels der Mundschleimhaut, welchem wie dem Epithel aller Schleim- häute und der äusseren Haut die Fähigkeit zukommt, Drüsen zu bilden. Da die Mundhöhlendrüsen als Einbuchtung (Mundbucht) der äusseren Körperwand des Einbryo entsteht, so sind die Mundhöhlendrüsen, d.h. das Parenchym (Epithel) derselben speziell als Abkömmlinge des Ektoderms (und nicht des Entodermes) anzusehen. Die Drüsenbildung ist aber nur an gewissen Stellen der Schleimhaut und zwar im Laufe der Stammes- entwiekelung (der Phylogenie) der Wirbeltiere in der mannigfaltigsten Weise bei len einzelnen Wirbeltierarten erfolet. Es ist oft recht schwierig ja zuweilen unmöglich, die Homologie der einzelnen Mundhöhlendreen im Reiche der Wirbeltiere mit Sicherheit festzustellen. Für diese Fest- stellung könnten in Betracht kommen einmal der Ort der Bildung der einzelnen Drüsenkomplexe, also wesentlich Lage und Mündung der Aus- führungsgänge, sodann der makroskopische und mikroskopische Bau der Drüsen und die Beschaffenheit ihres Sekretes,. Nun ist aber in ersterer Beziehung zu bemerken, dass auch aus der Lage der Mündung des Aus- führungsganges vergleichend anatomisch die Homologie der Drüsen oft deshalb nicht festgestellt werden kann, weil es vielfach recht schwierig ist, zu ee welche Schleimhautpartien der niederen Wirbeluere denen der höheren entsprechen. Die Feststellung der Homologie nach dem Baue der Drüsen ist deshalb oft nieht möglich, weil der Bau der Speicheldrüsen, namentlich die mikroskopische Beschaffenheit der Drüsen- zellen vergleichend histologisch vielfach noch ganz ungenügend er- forscht ist; endlich sind auch die Drüsensekrete im Reihe der Verte- braten vergleichend physiologisch noch nicht genügend bekannt, um aus ihnen Anhalts spunkte für sichere Schlüsse bezüglich der Stellung der Drüsen irgend einer Wirbeltierart gewinnen zu können. Es ist deshalb gegenwärtig unmöglich, die Homologisierung der Mundhöhlendrüsen der sämtlichen Wirbeltiere mit Schenker durchzuführen. Vergi. makrosk. u. mikrosk. Untersuchungen etc. d. Haussäugetiere. 393 Gaupp (44) schlägt vor, die Drüsen auf ihre Nervenversorgung zu prüfen, danach die Drüsen einzuteilen und die Homologien derselben im Wirbeltierreiche festzustellen. Aber auch in dieser Richtung würden erst noch eingehende Untersuchungen notwendig sein, um eine sichere Homologisierung der fraglichen Gebilde durchführen zu können. Bei dem gegenwärtigen Stande unseres Wissens lässt sich über das Vor- kommen der Mundhöhlendrüsen bei den Wirbeltieren kurz zusammen- fassend folgendes sagen. Den Fischen fehlen die grossen Speicheldrüsen. Bei den von älteren Autoren z. B. von Meckel, Retzius u. a. erwähnten Mund- höhlendrüsen handelt es sich offenbar nicht um echte Drüsen, sondern um andere Gebilde, Gefässknäuel, Lymphfollikel und dergl. Da die Mundhöhlendrüsen, abgesehen von anderem (Produktion eines amylo- lytischen Fermentes u. s. w.), in erster Linie den Zweck haben, die Nah- rung zu durchfeuchten und dieselbe schlüpfrig zu machen, so würde das Vorkommen derselben bei den im Wasser lebenden und nur an- gefeuchtete und schlingbare Nahrung aufnehmenden Fischen zwecklos sein. Es mag an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, dass ganz allgemein bei allen Wirbeltieren das Vorkommen von Mundhöhlendrüsen, abgesehen davon, dass besondere sekretorische Funktionen derselben bei bestimmten Tierarten (Giftdrüse der Schlangen etc.) auf das Vorhanden- sein und die Ausbildung der Mundhöhlendrüsen einen bestimmenden Einfluss haben können, und die Grösse derselben sich nach der Art der naturgemässen Nahrung der Wirbeltiere und deren Lebensweise richtet. Demgemäss haben diejenigen Wirbeltiere, welche bereits eine angefeuchtete, schlüpfrige Nahrung geniessen (z. B. die Fische, im Wasser iebende Amphibien, Reptilien und Säugetiere), wenige, kleine, unbe- deutende oder gar keine; die Tiere dagegen, welche eine trockene, rauhe Nahrung aufnehmen (z. B. die Herbivoren unter den Säugetieren) zahl- reiche und sehr grosse Mundhöhlendrüsen. Bei den Amphibien, die nur teilweise, und dann nur zeitweise im Wasser leben, treten demgemäss bereits Mundhöhlendrüsen auf und zwar hat man bei ihnen drei Drüsenkomplexe festgestellt, die Zungen- drüse, die Zwischenkieferdrüse (Gl. intermaxillaris s. internasalis) und die Rachendrüse. Ob diese Drüsenpartien bei den Säugetieren ein Homologon besitzen, ist bis jetzt noch nicht mit Bestimmtheit nachge- wiesen worden, In Beziehung auf den histologischen Bau dieser Mundhöhlendrüsen sagt Wiedersheim (116) folgendes: „Bei den Mundhöhlendrüsen der Amphibien und des grössten Teiles der Reptilien handelt es sich wesent- lich um Schleimdrüsen mit einem ziemlich hohen, hellen Cylinder- epithelium, mit wenig granuliertem Protoplasma und da und dort ein- gesprengten verschleimten Zellen“. Bei den Reptilien sind die Mundhöhlendrüsen höher ausgebildet, zahlreicher und verschiedenartiger als bei den Amphibien. Auch tritt G. ILLING, 394 schon eine Arbeitsteilung in funktioneller und damit eine Verschieden- artigkeit und Differenzierung in morphologischer Beziehung ein; es treten bereits seröse und Schleimdrüsen und als besondere Drüsenart auch die Giftdrüsen auf. Diese Verschiedenartigkeit der Drüsen ist sowohl am Sekrete als auch an dem Aussehen und der Struktur der Drüsenzellen und überhaupt am Drüsenbau zu erkennen. Die Zellen der Giftdrüsen sind wesentlich verschieden von den Zellen der anderen Mundhöhlendrüsen; die Unterzungendrüsen mancher Saurier zerfallen in eine seröse und eine Schleimdrüse Auch Rudolphi (104) unter- schied die Drüsen der Schlangen schon in Schleimdrüsen und Speichel- drüsen. Eine ziemlich genaue Beschreibung der Mundhöhlendrüsen der Reptilien, speziell der Schlangen, Eidechsen und Schildkröten, liefert Carus (17). Er unterscheidet bei den Schlangen: 1. eine Unterzungendrüse, 2. Lippen- oder Kieferranddrüsen, 3. eine Ohrspeicheldrüse oder Giftdrüse. Bei den Schildkröten (Testudo) finden sich Drüsen zu beiden Seiten der Zunge, welche mit der Unterkieferdrüse höherer Tiere verglichen werden können. Bei den Eidechsen kennt Carus nach Cuvier teils ähnliche Drüsen wie bei Schlangen und Schildkröten, teils Drüsen am Unterkieferrande, teils eigene Zungendrüsen (Chamäleon). Beim Krokodil fehlen sie nach Meckel ganz. Owen (95) erwähnt die Unterkieferdrüse der Eidechse und be- schreibt eine solche auch bei den Cheloniern. Ausserdem ist er der Ansicht, dass die Giftdrüse der Schlangen als eine umgebildete Parotis zu betrachten ist. Bezüglich des Baues der Drüsen giebt Leydig (72) an, dass die Mundhöhlendrüsen der Vögel und Reptilien im Gegensatze zu denen der Säugetiere, die nach seiner Ansicht einen acinösen Bau besitzen, die Form eines Beutels haben, dessen Innenfläche durch viele häutige Vor- sprünge vervielfältigt ist. Bezüglich der Stellung und Homologisierung der Reptiliendrüsen rechnet Rudolphi (104) die Kieferdrüse zu den Schleim- und die Giftdrüse zu den serösen Drüsen. Meckel (83) erklärt, dass die Kieferdrüsen den Lippen- und Wangendrüsen entsprechen, die Giftdrüse aber nach Lage und Ein- mündung die Parotis der Säuger darstelle und dass die Unterzungen- drüsen den gleichnamigen der höheren Wirbeltiere an die Seite zu stellen seien. Die vordere paarige Sublingualdrüse der Schlangen vergleicht Leydie (75) mit der mit dem Ductus Bartholini ausmündenden Sub- lingualis der Säuger; die unpaare hintere Drüse dagegen mit der eben- falls hinteren Partie der Sublingualis der Säuger, welche zahlreiche Ausführungsgänge (Ductus Rivini) hat. Vergl. makrosk. u. mikrosk. Untersuchungen ete. d. Haussäugetiere. 33 Bei den Vögeln kommen ähnliche Mundhöhlendrüsen, wie bei den Reptilien vor. Cuvier (17) und Rudolphi (104) sprechen allerdings nur von Zungen-, bezw. Unterzungendrüsen der Vögel. Stannius (109) dagegen hat zahlreiche Drüsenkomplexe bei den Vögeln gefunden und unterscheidet bei denselben folgende Speichel- drüsen: 1. Follieuli linguales, 2. Glandulae submaxillares s. gulares, 3. Glandulae sublinguales, 4. Parotides, 5. kleine einfache Follikel zwischen der Zunge und der Kehl- kopfgegend ; 6. Mehr oder minder zahlreiche, oft sehr dicht stehende Follikel. Zur Seite und hinter den hinteren Nasenöffnungen, gewöhnlich zwischen den hier befindlichen Epithelialpapillen gelegen. Sie wurden von Rapp in Gemeinschaft mit grösseren hinter der Tuba auditiva Eustachii liegenden Follikeln als Tonsillen gedeutet. Auch Kahlmann (53) gibt eine genaue Darstellung der Speichel- drüsen der Vögel. Nach ihm findet man an folgenden Stellen bei diesen Tieren Mundhöhlendrüsen: 1. im Unterkieferwinkel (entspricht der Sublingualis der Säuger); 2. im Winkel zwischen den Kiefern (entspricht der Parotis); 3. in dem dreieckigen Raum unter den erwähnten Drüsen, dem Unterkiefer und der Zunge (entspricht der Submaxillaris); 4. am unteren Rande der Zungenseite (entsprechen den Zungen- randdrüsen) ; 5. an der Zungenwurzel ; 6. im vorderen Oberkieferwinkel ; 7. nahe der Parotis eine Reihe kleinerer Drüsen (entspricht den Buccaldrüsen); 8. nahe der Choanenöffnung Rapps Tonsillen. Dieselben sind mit den Gaumenschleimdrüsen der Säugetiere zu vergleichen und nicht im Sinne Rapps mit den Tonsillen. Nach Ellenberger (34) sind bei den ihre Nahrung im Wasser suchenden Vögeln die Speicheldrüsen schwach entwickelt, sie können auch ganz fehlen. Bei den übrigen Vögeln sind Speicheldrüsen und zwar eine Submaxillaris, eine Parotis und häufig auch eine Sublingualis vorhanden und bei den Herbivoren, besonders den körnerfressenden Vögeln am’ stärksten entwickelt. Was nun den histologischen Bau der Speicheldrüsen bei den Vögeln anlangt, so schreibt Ranvier (99) folgendes: „Die Speicheldrüsen der Vögel sind fast alle nach dem Typus schlauchförmig zusammengesetzter Drüsen gebaut, eine Binde- eewebskapsel umhüllt sie, und von dieser Kapsel ziehen Septen gegen, das Zentrum der Drüse und begrenzen sekundäre Schläuche, welche sich in das Zentrum der zusammengesetzten Drüsen öffnen. Ein Teil 26a 396 G. ILLING, dieser Drüsen ist von Schleimzellen mit wandständigem Kern, der andere von gekörnten Zellen mit rundem Kern ausgekleidet. Aber ge- mischte Drüsen kommen bei Vögeln nicht vor.“ Bei den Säugetieren sind die Mundhöhlendrüsen, wenn man von den im und am Wasser lebenden absieht, am besten unter den Wirbeltieren entwickelt und treten an den verschiedensten Stellen und zwar in den vorn bereits erwähnten Drüsenkomplexen und Einzeldrüsen am Kopfe auf. Die Grösse und Entwickelung derselben richtet sich in ihrer Gesamtheit m. o. w. nach der Art der naturgemässen Nahrung. So fehlen sie nach Ellenberger (34) unter den Säugetieren den ÜCetaceen soweit sie Carnivoren sind, oder sind rudimentär bei den Herbivoren; ebenso sind die genannten Drüsen bei den Robben sehr klein. Bei den Landsäugetieren sind sie bedeutend entwickelt und unter ihnen wieder am schwächsten bei den Carnivoren, am stärksten bei den Herbivoren. Die Edentaten besitzen sehr kleine Parotiden und enorm ausgebildete Submaxillardrüsen. Besonders kolossal sind diese (vom Kieferwinkel bis zum Sternum reichend) bei Myrmecophaga tamandua. Bei Echidna fehlen die Parotiden ganz, die Submaxillar- drüsen sind stark entwickelt. Auch den Robben fehlen die ersteren, und bei den Öttern sind sie nur sehr klein. Fast alle herbivoren Landtiere haben grosse Parotiden, namentlich der Biber, dessen Parotis 20 mal grösser ist als die Submaxillaris. Bei den Carnivoren pflegt die Parotis nicht grösser zu sein als die Submaxillaris, und vielen kommt noch eine besondere Gl. orbitalis zu. Die Wiederkäuer be- sitzen grosse Parotiden. Die Glandula parotis dürfte bei allen Säugetieren vorkommen, wenn auch ihre relativen und absoluten Grössenverhältnisse bei den verschiedenen Mammalia sehr wechselnd sind. Unter den Haussäuge- tieren ist sie bei den Einhufern absolut und relativ am grössten (Ge- wicht ca. 225 g); es folgt dann die ebenfalls grosse Parotis des Schweines, während die der Fleischfresser relativ klein ist; die Parotis des Menschen nimmt eine Mittelstellung ein, sie wieet 20—30 g. Auch bei allen Vögeln kommt eine Parotis vor. Belegt sie aber hier, da sie von einigen Autoren für homolog der Glandula parotis der Säugetiere, von anderen aber für eine Buccaldrüse gehalten wird, und nach den überzeugenden Auseinandersetzungen von Batelli und Giacomini (4), der Ohrspeicheldrüse der Säugetiere jedenfalls nicht völlig homolog zu sein scheint, doch besser mit einem anderen Namen und nennt sie Mundwinkeldrüse, Glandula angu- laris oris. Bei einigen Reptilien erleidet die Parotis dadurch eine Modi- fikation, dass sie sich in die sog. Giftdrüse Gl. venenata umge- wandelt hat. Die Amphibien und Fische besitzen kein Orean, das man nach ji san, Lage oder Funktion mit der Parotis vergleichen könnte. - Vergl. makrosk. u. mikrosk. Untersuchungen etc. d. Haussäugetiere. 397 Die Gl. submaxillaris kommt bei allen Säugetieren, wenn auch in verschiedener Grösse und Entwicekelung vor. Unter den Haus- tieren ist sie beim Rinde sehr gross, grösser als die des Pferdes und erösser als die Parotis und reicht mit ihrem knolligen Kehlgangsende weit aus dem Kehlgang heraus; beim Pferde ist sie erheblich kleiner, ihre Grösse beträgt ca. !/a der Parotis, bei dem Schwein und den Fleischfressern bildet sie ein knolliges, rundliches Gebilde, welches bei der ersteren Tierart im Verhältnis zur Parotis klein, bei den Fleisch- fressern verhältnismässig gross ist; recht klein erscheint sie bei der Ziege. Beim Menschen wiegt sie 10—15 g, ist also halb so gross wie die Paroti, Auch sollen wie bereits erwähnt alle Vögel eine Submaxillaris besitzen, und zwar liegt sie hier in dem dreieckigen Raume unter der Gl. angularis oris, dem Unterkiefer und der Zunge. Auch bei den Reptilien findet sich eine Submaxillardrüse häufig, während man nach den Angaben Wiedersheims (116) bei Amphibien eine der Submaxillaris analoge Drüse bei Geotriton nachgewiesen haben will. Den Fischen schliesslich fehlen, wie bereits erwähnt, die Speichel- drüsen vollständig. Die unter dem Namen Unterzungendrüsen zusammenge- fassten Drüsenkomplexe finden sich bei fast allen Säugetieren aber in der verschiedensten Grösse und Ausbildung. Die Unterzungendrüse ist je nach der Tierart von sehr verschie- dener Grösse, unter den Haustieren ist sie beim Rinde fast doppelt so gross wie beim Pferde; die des Schafes, der Ziege und des Schweines sind klein, die des Hundes ist 3—4 mal so gross als die des Schafes und der Ziege; die des Menschen wiegt 5 g und ist 2—5 cm lang. Was nun das Vorkommen und die Homologie der Sublingualis bei den übrigen Wirbeltiergattungen anlangt, so findet sich die Sublingualis bei allen Vögeln; sie liegt hier im Unterkiefer- winkel; auch bei den Reptilien kommt sie durchweg vor, man unter- scheidet hier sogar bei einigen Schlangen eine Gl. sublingualis anterior und posterior. Eine unter dem M. geniohyoideus gelegene, und als Gl. sublingualis bezeichnete Drüse wird unter den Amphibien nur bei Cryptobranchus japonicus erwähnt. Die Backendrüsen, welche in den Backen ihre Lage haben, können als solche naturgemäss nur bei denjenigen Wirbeltieren vor- kommen, welche Backen besitzen, d. h. bei den Säugetieren. Sie sind bei vielen untersuchten Säugetieren auch angetroffen worden; sie stehen zweifellos in gewissen Beziehungen zur Gl. parotis und können z. T. als eine Ergänzung derselben aufgefasst werden. Vergleichend anatomisch ist aber über dieselben nur wenig bekannt. Nur bei den Haussäugetieren sind über dieselben genauere Untersuchungen von Ellenberger (37) und unter seiner Leitung von Bärner (3) und von Kunze und Mühlbach (62) angestellt worden. Die Zungendrüsen dürften sich bei allen Säugetieren finden. Sie sind bei einer ganzen Anzahl Species genauer histologisch unter- 398 G. ILLING, sucht worden. v. Ebner (24), Ellenberger (37), Ludwig Fer- dinand Prinz von Bayern (77), Podwisotzky (97) u. a. Bei den Vögeln finden sich ebenfalls Zungendrüsen und zwar am unteren Rande der Zungenseite (diese entsprechen den eigentlichen Zungendrüsen der Säuger) und an der Zungenwurzel (Cuvier, Rudolphi, Kahlbaum, Giacomini u. a.). Auch die Reptilien und die meisten Amphibien besitzen eigentliche Zungendrüsen, während den Fischen, da ihnen die Zunge fehlt, auch die Zungendrüsen fehlen müssen. Die Gl. palatinae im weichen Gaumen kommen nur den Säuge- tieren zu (v. Ebner (25), Ellenberger und Kunze (37), Illing (52), Niemand (89) und Seidemann (107). Im harten Gaumen finden sich dieselben nur bei wenigen Tierarten, z. B. zerstreut bei den Wiederkäuern. Und schliesslich Lippendrüsen kommen nur den Lippen besitzenden Säugetieren zu. Einteilung der Speicheldrüsen. Die Mundhöhlendrüsen, über deren Vorkommen und übliche Benennung vorstehend berichtet worden ist, hat man sowohl vom histologischen als vom physiologischen Gesichtspunkte aus in Gruppen eingeteilt. A. Histologische Einteilung. Bei der histologischen Grup- pierung der in Frage kommenden Drüsen hat man entweder die Form der Drüsenendstücke oder die Art des Epithelbelags derselben als Grundlage der Einteilung gewählt. 1. Einteilung nach der Art des Drüsenepithels. Das die Drüsenhauptstücke auskleidende Drüsenepithel ist in den verschie- denen Mundhöhlendrüsen ganz verschiedenartig. R.Heidenhain (49) war es, der zuerst nachgewiesen hat, dass die Funktion der einzelnen Drüsen nicht nur am Sekrete, sondern auch mikroskopisch an der Beschaffenheit der Drüsenzellen festgestellt werden kann. Er wies nämlich nach, dass diejenigen Drüsen, die ein wässeriges, tropfbar- flüssiges, Albuminate und Salze enthaltendes, dem Blutserum ähnliches, also ein seröses Sekret liefern, ein ganz anderes mikroskopisches Bild darbieten als die ein schleimiges, neben Salzen und Albuminaten auch Mucin enthaltendes Sekret liefernden Drüsen. Er unterscheidet dem- nach 2 Typen von Drüsen, die serösen oder Eiweiss- und die mukösen oder Schleimdrüsen. Zu den ersteren zählt man (abgesehen von anderen Drüsen des Körpers), nach unseren jetzigen Kenntnissen und auf Grund der neueren Untersuchungen, die sich aber nur auf eine kleine Zahl der Säugetiere erstrecken, die Parotis des Menschen und aller Säugetiere, die Gl. submaxillaris des Kaninchens, die ventrale Backen- drüse der Wiederkäuer und einen Teil der Zungendrüsen. Sie zeichnen sich aus durch ein enges, kaum wahrnehmbares Lumen ihrer Endstücke, von welchem aus, wie die spätere Forschung gezeigt hat, Sekretkapil- Vergl. makrosk. u. mikrosk. Untersuchungen etc. d. Haussäugetiere. 399 laren zwischen die Drüsenzellen hineinreichen. Letztere zeigen sowohl im lebensfrischen Zustande als auch nach guter Fixierung eine Ein- lagerung von Körnchen, entweder gleichmässig im Protoplasma verteilt oder gegen das Lumen zu angehäuft. Der Kern liegt ungefähr in der Mitte der Zelle und ist m. o. w. kugelig; bei Ansammlung des Sekretes wird er (nach Heidenhain) zackig, die Zelle selbst grösser und heller. Zu dem zweiten Typus zählen die übrigen Mundhöhlendrüsen, die Drüsen des Pharynx usw. Diese Drüsen sind charakterisiert durch ein weites Drüsenlumen und wie neuere Untersuchungen zeigten durch Fehlen der Sekretkapillaren. Die Drüsenzellen sind, im frischen Zu- stande untersucht, weniger lichtbrechend als die der Eiweissdrüsen und lassen nur unter günstigen Umständen blasse Körnchen in ihrem Innern erkennen. Fixiert erscheint die Zelle hell und durchsichtig, ihr abgeplatteter Kern liegt dicht an der dem Glandilemma zuge- wendeten Basis, umgeben von einer geringen Menge körnigen Proto- plasmas, während sich im hellen Anteile der Zelle das Vorhandensein von Schleim chemisch und durch bestimmte Farben (Schleimfarben) nachweisen lässt. Durch Ausstossung ihres schleimigen Inhaltes werden die Zellen kleiner, unter Umständen in toto körnig und da gleich- zeitig ihr Kern sich abrundet und gegen die Mitte der Zelle rückt, den Zellen der Eiweissdrüsen ähnlich. Unter den Schleimdrüsen im Heidenhainschen Sinne finden sich solche, welche eigentümliche Bildungen, die sog. Halbmonde oder Randzellenkomplexe enthalten und solche, welche diese nicht besitzen, und deshalb teilte man die Schleimdrüsen vom histologischen Gesichts- punkte wieder ein in solche mit und solche ohne Halbmonde. Ausser- dem gibt es auch Drüsen, welche Drüsenräume bezw. Drüsenendstücke oder Gruppen von Endstücken mit serösen und solche mit Schleim- zellen nebeneinander oder vielleicht sogar solche Endstücke besitzen, welche beide Zellarten enthalten. Die Drüsen nennt man gemischte Drüsen. Sonach musste man (nach Heidenhain und seinen Schülern und nach Stöhr) histologisch, nach der Beschaffenheit des Drüsen- epithels unterscheiden : 1. seröse Drüsen ; 3. Schleimdrüsen, a) mit Halbmonde, b) ohne Halbmonde; 3. gemischte Drüsen. Da man in neuerer Zeit allmählich zu der Anschauung gekommen ist, dass die sog. Halbmonde Komplexe von serösen Zellen und nicht, wie manche Autoren annahmen sekretleere, abgearbeitete und von den sekretgefüllten an die Wand gedrückte Gruppen von Schleimzellen oder Gruppen von Ersatzzellen der bei der Sekretion zu Grunde gehenden Schleimzellen sind, so rechnet die überwiegende Mehrzahl der Autoren der Gegenwart die Drüsen, welche Schleimzellen und Halbmonde ent- halten (d. h. die früheren Schleimdrüsen mit Halbmonden), zu den gemischten Drüsen. [&6) -—ı Anatomiseche Hefte. I. Abteilung. 7980. Heft (26. Bd, H. 2/3). 400 G. ILLING, Sonach scheidet man gegenwärtig die Mundhöhlendrüsen in: a) seröse Drüsen, mit Drüsenendstücken, die nur seröse Zellen enthalten ; b) Sechleimdrüsen, mit Endstücken, die nur Schleimzellen enthalten ; ec) gemischte Drüsen und zwar «. gemischte Drüsen, welche Drüsenhauptstücke, die nur mit Schleimzellen neben solchen, die nur mit serösen Zellen ausgekleidet sind, gruppenweise oder vereinzelt neben- einander enthalten; £, solche, die neben diesen beiden Arten von End- stücken noch Drüsenendstücke enthalten, welche mit Schleimzellen aus- gekleidet sind, denen stellenweise Halbmonde (seröse Randzellenkom- plexe) anliegen; y, solche, die nur die zuletzt genannten Drüsenend- stücke oder neben diesen nur noch eine der beiden zuerst genannten Arten der Drüsenendstücke enthalten.; d, ausserdem soll es auch Drüsenendstücke geben, in denen seröse und Schleimzellen einzeln oder gruppenweise nebeneinander auf dem Glandilemma sitzen und sämtlich das Lumen erreichen, in denen also die serösen Zellen keine W andzellenkomplexe bilden. Diese Art von Drüsenendstücken kann allein oder mit einer oder mehreren der 3 bereits genannten Haupt- stückarten in einer gemischten Drüse vorkommen. Zweifellos ist diese vierte Art der Drüsenendstücke ungemein selten; &, und endlich gibt es noch Drüsenendstücke, die gemischt funktionierende Zellen enthalten, d.h. die Endstücke sind mit Zellen ausgekleidet, die sowohl ein seröses als mueinöses Sekret absondern und sowohl auf Schleimfarben reagieren als auch die Eiweissreaktionen geben. 2. Einteilung nach der Form der Drüsenendstücke. Die Histologie scheidet bekanntlich die Drüsen weiterhin in verästelte und unverästelte Einzeldrüsen und zusammengesetzte Drüsen und diese drei Arten wieder nach der Form der secernierenden, das Drüsen- parenchym darstellenden Hohlräume, der sog. Drüsenendstücke (Drüsen- hauptstücke) in alveoläre (acinöse), tubulöse Drüsen und Misch- formen und zwar tubulo-alveoläre und alveolo-tubulöse Drüsen, je nachdem, ob die alveoläre oder tubulöse Drüsenform vorherrscht. Eine Anzahl der älteren Autoren hat nun angenommen, dass die mukösen Mundhöhlendrüsen den tubulösen und die serösen Mundhöhlen- drüsen den alveolären Drüsen zuzurechnen seien. Dieser Anschauung ist aber von anderer Seite in neuerer Zeit widersprochen worden; es wird meine Aufgabe sein, auf diesen Punkt an anderer Stelle noch näher einzugehen. B. Physiologische Einteilung. Die Mundhöhlendrüsen sondern sämtlich Sekrete ab, welche durch ihre in die Mundhöhle mündenden Ausführungsgänge in diese ergossen werden und in ihrer Gesanitheit die Mundflüssigkeit, gemischte Mundflüssigkeit oder den Speichel (gemischten Speichel) darstellen, welche den oben ange- gebenen Zweck hat. Vergl. makrosk. u. mikrosk. Untersuchungen etc. d. Haussäugetiere. 401 Die Mundflüssiekeit enthält neben dem Wasser, den Mineral- salzen, Eiweisskörpern, Fermenten usw. zum Schlüpfrigmachen und Einhüllen der Nahrung und zum Schutze der Schleimhaut des Mund- und Vorderdarmes einen bestimmten Körper, das Mucin, den Schleim- stoff. Man nahm früher an, dass dieser Stoff nur von den kleinen (unter 3 inkl. 5 oben genannten) Mundhöhlendrüsen geliefert werde, und dass die drei grossen Drüsenkomplexe eine schleimfreie Flüssig- keit, den Speichel im engeren Sinne produzierten. Deshalb bezeichnete man auch nur die letzteren, die Gl. parotis, submaxillarıs und sub- lingualis als Speicheldrüsen und die kleinen submukös gelegenen Mundhöhlendrüsen als Schleimdrüsen. Später erkannte man aber, dass auch einzelne der genannten grossen Drüsen ein schleimhaltiges und einzelne kleine Drüsen dagegen ein schleimfreies Sekret liefern. Die genauere Untersuchung der einzelnen Sekrete der Mundhöhlen- drüsen hat festgestellt, dass einige Drüsen ein wässeriges, eiweiss-, salz- und event. auch fermenthaltiges, tropfbar flüssiges, andere dagegen ein zähes, fadenziehendes, mueinhaltiges, fermentfreies oder auch ferment- haltiges Sekret produzieren. Nach ihren funktionellen Verschiedenheiten der Mundhöhlen- drüsen teilt man dieselben ein in 1. reine Speicheldrüsen mit einem relativ eiweissreichen und fermenthaltigen Sekrete, die man besser seröse oder Eiweissdrüsen nennt, Zu ihnen gehören die Gl. parotis, Gl. buccalis ventralis der Wiederkäuer und gewisse Drüsen der Zunge, speziell die an den Geschmackspapillen (Papillae foliatae und vallatae) mündenden Drüsen ; 2. reine Schleimdrüsen, muköse Drüsen, deren wasserarmes, zähes Sekret fermentfrei ist, oder nur so viel amylolytisches Ferment enthält, wie man auch in anderen tierischen Flüssigkeiten und Ge- weben findet. Dahin dürften die meisten kleinen submukösen Mund- höhlendrüsen gehören. 3. Schleimspeicheldrüsen, gemischte Drüsen, deren schleim- haltiges Sekret neben relativ viel Eiweiss auch «das amylolytische Ferment in grösseren, bei der Verdauung in Betracht kommenden Mengen enthält und deren Sekret verhältnismässig wasserreich ist. Schon aus den vorstehenden Angaben ersieht man, dass trotz zahlreicher Forschungen, die sich auf die Kopfdrüsen be- ziehen, noch sehr viele Fragen ungelöst sind. Mein Lehrer, Herr Geh. Medizinalrat Prof. Dr. Ellen- berger, der durch seine Schüler schon mehrfache Untersuchun- gen über die Mundhöhlendrüsen der Haussäugetiere hat anstellen und deren Ergebnisse veröffentlichen lassen, hat meine Auf- merksamkeit speziell auf die Kontroversen gelenkt, welche be- 27* 402 G. ILLING, züglich der unter den Sammelnamen Unterzungen- oder Unter- kieferdrüsen sowohl bezüglich der makroskopischen Verhältnisse als des mikroskopischen Baues bestehen. Ich habe mich des- halb entschlossen, die anatomischen Verhältnisse der Unterzungen- drüsen resp. der Unterkieferdrüsen bei unseren Haussäugetieren (Pferd, Esel, Rind, Schaf, Ziege, Schwein, Hund, Katze und Kaninchen) makroskopisch sowie mikroskopisch zu unter- suchen. Ehe ich auf die Darstellung der Ergebnisse meiner Unter- suchungen eingehe, will ich noch einleitend die wesentlichsten Kontroversen besprechen, welche bezüglich der Fragen be- stehen, mit denen ich mich zu beschäftigen haben werde. 1. Bezüglich der Benennung und der Begriffsbe- stimmungdersubmaxillaren Drüsenkomplexe herrscht die grösste Verwirrung in den vergleichend anatomischen und zoologischen Werken. Manche Autoren fassen unter Glandula submaxillaris (bezw. Glandulae submaxillares) alle in der Sub- maxillargegend gelegene Drüsenpackete zusammen und deuten nur an, dass dieselbe je nach der Tierart in verschiedene Ab- teilungen zerfalle. Andere scheiden scharf zwischen der mehr oberflächlich gelegenen Submaxillaris mit dem Ductus Wharto- nianus (submax.) und einer tiefer gelegenen Drüsenmasse, die sie aber, gleichgültig wie sich ihr abführender Apparat verhält und wie ihre genauere Lage ist ete., unter dem Namen der Glandula sublingualis zusammenfassen. Wieder andere Autoren erheben hiergegen Widerspruch und zerlegen diese sublinguale Drüsenmasse in zwei bis drei Drüsen auf Grund von Lage, Bau und Verhalten des Ausführungsapparates und des Sekretes und führen besondere Namen für diese einzelnen Drüsenpackete ein. Es war zuerst Ranvier (98), welcher die sublingualen Drüsen in die eigentliche Gl. sublingualis und die Gl. retrolingualis trennte und sonach drei Gl. submaxillares unterscheidet, von denen aber viele Tierspecies nur zwei Arten besitzen sollten, so Vergl. makrosk. u. mikrosk. Untersuchungen ete. d. Haussäugetiere. 403 dass entweder die Retrolingualis oder die Sublingualis fehlen kann, während die Submaxillaris stets zugegen sein soll. Auch Zumstein (120), Oppel (94) und Maximow (79) scheiden nach dem Vorgange Ranviers eine Gl. retrolingualis von der Gl. sublingualis ab. Oppel spricht sich in seinem Lehrbuch der vergleichenden mikroskopischen Anatomie der Wirbeltiere über diesen Punkt in folgender Weise aus: „In den Werken über menschliche und vergleichende Anatomie besteht eine grosse Verwirrung hinsichtlich der Glandula sublingualis. Dies rührt daher, dass man unter dem Namen Sublingualis zwei Drüsen zusammenfasst, welche sich indessen wohl unterscheiden lassen : die eigentliche Sublingualis und diejenige, welche Ranvier die Retrolingualis nennt. Zahlreiche Physiologen (Ludwig, Claude Bernard, R. Heidenhain etc.) haben beim Hunde die Retro- lingualis mit dem Namen Sublingualis bezeichnet. Die Gl. retro- lingualis des Hundes (und zahlreicher anderer Säugetiere) besitzt einen einzigen Ausführungsgang, welcher von Bartholinus beschrieben wurde und welchen man nach diesem nennt.“ Ranvier berücksichtigt eingehend die über diese Frage ent- standene Litteratur (Cuvier, Meckel, Huschke, Henle, Reichel, Chievitz u.a... Er nennt die der Submaxillaris bei Tieren anliegende Drüse, deren Ausführungsgang mit jenem der Submaxillaris, aber stets unabhängig von demselben ver- läuft, Glandula retrolingualis. Dagegen bezeichnet er als Glan- dula sublingualis jene Drüse, welche vor der Kreuzung des Duetus submaxillaris mit dem N. lingualis am Boden der Mund- höhle liegt. Die Benennung retrolingualis bezieht sich nicht auf die Zunge, sondern auf den N. lingualis: Ranvier nennt also diejenige Drüse, die rückwärts (kaudal) vom N. lingualis liegt, Gl. retrolingualis und diejenige, die vor (oral) und unter (ventral) dem betr. Nerven liegt, Gl. sublingualis. Seine Be- nennungsweise ist also eine topographische. Allerdings soll ein Kennzeichen der Gl. retrolingualis ausser ihrer Lage auch die 404 G. ILLING. Einmündung ihrer sämtlichen Gänge in einen gemeinsamen Gang, den Ductus Bartholini, sein. Oppel (9), welcher sich ımı grossen und ganzen Ranvier anschliesst, hat in seinem Handbuche eine Tabelle nach Ranvier über das Vorkommen und den Bau der drei genannten sub- maxillaren Drüsen aufgestellt, die sich auf einige Rodentia und Carnivora und ausserdem auf Pferd, Schwein, Schaf und den Menschen bezieht. Nach dieser Tabelle ist die Submaxillaris im engeren Sinne bei allen aufgeführten Tieren vorhanden und stellt bei den Nagetieren eine seröse und bei den Raubtieren eine muköse Drüse dar, während sie bei den pflanzenfressenden Haustieren und dem Menschen eine gemischte Drüse mit über- wiegend serösem Typus sein soll. Die Retrolingualis fehlt dem Kaninchen, dem Hasen, dem Schafe, dem Pferde, dem Menschen und ist bei den Nagetieren eine muköse, bei den anderen Tieren in der Regel eine gemischte Drüse. Ähnlich verhält sich die Sublingualis, die den Fleischfressern fehlen soll. Zumstein (120), der makroskopische Untersuchungen über die Unterkieferdrüsen einiger Säuger angestellt hat, schliesst sich der angeführten Namengebung von Ranvier an, ist aber mit der Benennung und Abgrenzung der Drüsen nach der Lage zum N. lingualis nicht einverstanden, ohne aber einen Vorschlag für eine andere und bessere Benennung zu machen. Nach ihm kommt die Retrolingualis folgenden Tieren zu: Ratte, Haus- maus, weisse Maus, Waldmaus, Feld- oder Brandmaus, Wühl- maus, Hamster, Eichhörnchen, Meerschweinchen, Igel, Spitz- maus, Wasserspitzmaus, Maulwurf, Frettchen, Wiesel, Hermelin, Fledermaus, Hund, Katze, Schwein. Sie fehlt bei: Kaninchen, Hase, Pferd und Esel. Ob die mit einem Bartholinischen Gange versehene Sublingualdrüse bei Mensch, Rind und Schaf der Retrolingual- drüse der anderen Säuger zu vergleichen ist, lässt er dahin- gestellt sein. Vergl. makrosk. u. mikrosk. Untersuchungen etc. d. Haussäugetiere. 405 S. Mayer (80) spricht sich über die uns beschäftigende Frage wie folgt aus: „Bei vielen Tieren (Maus, Ratte, Fledermaus, Igel u.a.) finden sich in der Submaxillargegend nicht, wie Ranvier, Zumstein u.a. beschrieben haben, zwei, sondern drei Drüsen von durchaus verschiedenem feinerem Bau, eine muköse, eine seröse und eine dritte, welche dadurch charakterisiert ist, dass die Zusammensetzung aus Schläuchen sehr viel stärker hervor- tritt als bei den anderen Drüsen, die Schläuche selbst sind nach dem gemischten Typus gebaut. Doch zeigen die mukösen Zellen dieser Drüse auch wieder Unterschiede von den Zellen der rein mukösen Drüse.‘ Löwenthal (76) setzt die von S. Mayer begonnene Lite- raturbesprechung über den Bau der Submaxillaris fort. Ausser- dem nimmt er Stellung zu Ranvier. Während Ranvier bei gewissen Säugetieren eine Submaxillaris und eine Retrolingualis unterscheidet, schliesst Löwenthal auf Grund eigener Unter- suchungen, dass diese beiden Drüsen verschieden gebaute Teile einer und derselben Drüse, der Gl. submaxillaris, darstellen. Durch die Untersuchungen von Löwenthal gewinnt die sogen. Bermannsche Drüse wieder neues Interesse, und ich halte es für angebracht, auf die Diskussion über diese angeb- liche besondere Drüse einzugehen. Ich folge dabei in der Haupt- sache den Angaben, welche Oppel in seinem Lehrbuch der mikroskopischen Anatomie bringt, habe aber auch die fragliche Literatur selbst geprüft. Nach Bermann, welcher mehrere Arbeiten über diese Frage publiziert hat (siehe Literaturverzeichnis Nr. 6—9), findet sich in der Glandula submaxillaris bei Kaninchen, Fledermaus, Maus, Meerschweinchen, Katze, Hund, Fuchs und Mensch, einem der grösseren Speichelgänge anliegend, eine zusammengesetzte tubu- löse Drüse eingeschlossen, deren Gänge vielfach umeinander ge- wunden verlaufen. Sie unterscheidet sich sowohl durch das Epithel als auch durch Anordnung und Inhalt der Gänge ganz G. ILLING, 406 wesentlich von dem übrigen Drüsenparenchym und steht mit dem Duct. Whartoni in Verbindung. Es handelt sich nach Bermann hier offenbar um ein Organ ‚‚sui generis“, dessen Sekret dem der übrigen acinösen Drüsen beigemischt wird. Die angebliche Entdeckung Bermanns wird fast von allen Autoren, welche nach ihm die submaxillaren Drüsen untersucht haben, bemäkelt. Sie stellen fast alle das Vorhandensein der Bermannschen Drüse in Abrede und suchen die Bermann- schen Befunde in der verschiedensten Weise zu erklären. Beyer (li) fasst sein Urteil über die Bermannschen An- gaben auf Grund eigener Untersuchungen wie folgt zusammen: „Der von Bermann neu entdeckte, zusammengesetzte schlauch- förmige Teil der Gl. submaxillaris ist nichts weiter als die Gl. sublingualis.‘‘ Dies wird von Beyer unter eingehender Begrün- dung nachzuweisen gesucht. Bermann soll nach Beyer ausser- dem die Schleimzellen in der Drüse übersehen haben, weil er zu dieke Schnitte untersucht habe. Langley (65) dagegen bestätigt die Angaben von Bermann über die Anwesenheit einer schlauchförmigen Drüse in der Sub- maxillaris des Kaninchens. Das weite Lumen und das niedrige kubische Epithel der Mehrzahl der Schläuche dieser Drüse lässt jedoch Langley nicht annehmen, dass dieselbe eine richtige sekretorische Funktion habe. R. Heidenhain (49) äussert sich zu dieser Streitfrage, d.h. über die Angaben Bermanns, dass an der Submanxillaris der Fleischfresser (Hund, Fuchs, Katze) in der Gegend ihres oberen inneren Randes ein besonderer Drüsenteil vorhanden sei, der von dem Typus des grösseren Teiles der Drüse durchaus ab- weiche, und dass der von Bermann beschriebene Drüsenteil nichts anderes als die Glandula sublingualis sei und dass Ber- mann an seinen eigenen Schnitten die auch in der ruhenden Sublingualis vorkommenden Schleimzellen übersehen habe. Anatom. Hefte, I. Abt. 79/80. Heft (26. Bd., H. 2/3). Tafel 16. \ ! I t j { 4 Sr Tafel 17. I. Abt. 79/80. Heft (26. Bd., H. 2/3). Anatom. Hefte. Fig Verlag von J. F. Bergmann in Wiesbaden. Ming. Tafel 18. 79/80. Heft (26. Bd., H. 2/3). I. Abt. Anatom. Hefte. 13. Fig. Verlag von J. F. Bergmann in Wiesbaden. Tlling. Vergl. makrosk. u. mikrosk. Untersuchungen ete. d. Haussäugetiere. 407 W. Krause (57) ist wieder anderer Ansicht. Er bemerkt, dass in der Bermannschen Drüse unzweifelhaft ein morpho- logisch und funktionell differenzierter Drüsenabschnitt vorliegt. Es könnte der tubulöse Teil als die eigentliche, auf rudimentärer Stufe stehen gebliebene Gl. sublingualis und die Verbindung mit dem Duct. submaxillaris als sekundär aufzufassen sein. Dann wäre die oberhalb des M. mylohyoideus gelegene Gl. sublingualis der durch den Ductus sublingualis major s. Bartholini charak- terisierten eigentlichen Gl. sublingualis anderer Säugetiere keines- wegs homolog. Auf Grund eigener Erfahrungen betrachtet v. Ebner (25) die Bermannsche tubulöse Drüse in der Submaxillaris des Kaninchens als durch Sekretstauung ausgeweitete Drüsenschläuche der Submaxillaris. Stöhr (114) gliedert die von Bermann in der Submaxil- laris des Menschen, sowie mehrerer Säugetiere beschriebene „tubulöse Drüse‘“ dem Kapitel der normalen, weder auf patho- logischen Zuständen, noch auf Altersinvolution beruhenden Rück- bildungen an. Nach vorstehenden Darlegungen ist die Frage über die zu- sammengesetzte schlauchförmige Drüse Bermanns, die er bei Kaninchen, Fledermaus, Maus, Meerschweinchen, Katze, Hund, Fuchs gefunden haben will, noch kontrovers. Die Veterinär-Anatomen haben in den Lehr- und Hand- büchern der Anatomie der Haustiere und in ihren sonstigen die Speicheldrüsen betr. Publikationen die Ranvierschen und andere im vorstehenden erwähnte Angaben unbeachtet gelassen. Sie sprechen sämtlich nur von einer Gl. sublingualis und submaxil- laris und erwähnen die Gl. retrolingualis und die Bermannsche Drüse überhaupt nicht. Schon aus dieser Thatsache ergiebt sich die Notwendigkeit, diese Frage bezüglich der Haustiere zu bearbeiten. 2. Auch bezüglich der Form der Drüsenendstücke der submaxillar gelegenen Speicheldrüsen, wie der Speichel- 8 ! 408 G. ILLING, drüsen überhaupt, sind die Ansichten noch geteilt. Früher be- schrieb man alle Speicheldrüsen als acinös. Später erkannte man, dass die kleinen Mundhöhlendrüsen tubulöser Natur sind und in der Regel geradezu Knäueldrüsen darstellen. Mit der Zeit kam die Ansicht auf, dass auch die grossen Speicheldrüsen als tubulöse Drüsen bezeichnet werden müssen. Die Mehrzahl der neueren Histologen nimmt an, dass die secernierenden Räume der Speicheldrüsen zwar schlauchartig sind, dass diese aber nach allen Seiten alveoläre Ausbuchtungen besitzen, so dass die Drüsen endstücke als Alveolengänge bezeichnet werden können. Nur wenige Autoren fassen diese Drüsen noch als rein tubulöse Drüsen auf; nur ganz vereinzelt vertritt einer noch die An- schauung, dass es sich um echte acinöse Drüsen im Sinne der älteren Autoren handle. Oppel (94) bringt in seinem Lehrbuch über die verschie- denen Ansichten eine ausgedehnte und reichhaltige Litteratur, auf welche ich hiermit verweisen möchte. Ich will nur roch auf zwei vor kurzem erschienene Arbeiten von Maziarski (81. 82) aufmerksam machen, weil dieser Autor sich gegen die herrschende Ansicht von dem mehr tubulösen Charakter der Speicheldrüsen wendet und für die alte Lehre vom rein acinösen Bau der Drüsen neue Beweise aufzuführen sucht. Schon durch die Betrachtung seiner Schnittpräparate ist er zur Überzeugung gekommen, dass die Endstücke der Speichel- drüsen keine Tubuli, sondern Acini resp. Alveolen darstellen. Um für diese seine Anschauung noch deutlicher den Beweis zu führen und um die Sache möglichst zu veranschaulichen, hat er eine Methode angewandt, die, obwohl umständlich und zeit- raubend, jedoch in dieser Hinsicht am sichersten zum Ziele führt, nämlich die Rekonstruktionsmethode. Sicherlich ist diese Methode diejenige, welche zu einwands- freien Ergebnissen bezüglich derjenigen Drüse führen muss, welche im gegebenen Falle das Untersuchungsobjekt darstellt, Vergl. makrosk. u. mikrosk Untersuchungen etc. d. Haussäugetiere. 409 Es ist aber nicht angängig, von dem bei der Untersuchung einer bestimmten Drüse erzielten Ergebnisse einen Schluss auf Jen Bau der anderen Speicheldrüsen zu ziehen. Sieht man von der Maziarskischen Ansicht ab, so dürften nach der Anschauung der meisten Autoren die Mundhöhlen- drüsen wie folgt zu gruppieren sein: a) Als acinös resp. alveolär gilt die Parotis und die ventrale Buccalis der Wiederkäuer. b) Als rein tubulös würde die problematische Bermann- sche Drüse zu bezeichnen sein. Von den kleinen Mundhöhlen- drüsen nimmt man an, dass sie in der Mehrzahl echte tubulöse und zwar Knäueldrüsen seien. Allerdings ist von anderer Seite auch behauptet worden, dass die sogen. serösen mehr den acinösen, die mukösen mehr den tubulösen Charakter besitzen sollen. c) Als tubulo-alveolär werden Submaxillaris, Sublin- gualis resp. Retrolingualis bezeichnet. Abweichend hiervon nimmt Flemming (40) an, dass von den Drüsen der Mundhöhle die serösen Zungendrüsen (von denen es aber auch wohl zusammengesetzte giebt), die kleinen Schleim- drüsen des Mundes und des Pharynx einfache tubulöse, die grösseren Schleimdrüsen, die Sublingualis, Submaxillaris und Parotis(?) zusammengesetzte tubulöse Drüsen sind. Nach Behrens, Kassel und Schiefferdecker ®) gehören Submaxillaris, Sublingualis, Parotis, Pankreas und grössere Schleimdrüsen alle zu den zusammengesetzten tubulösen Drüsen. Nach Wildt (118) haben sich bei allen von ihm untersuchten Drüsen Schläuche mit mehr oder weniger stark erweiterten Enden und mit mehr oder weniger zahlreichen Verästelungen, die ihrer- seits verschieden lang und am Ende verschieden stark erweitert sind, als das morphologische Grundelement der Drüsenteile er- wiesen, 410 G. ILLING, b} 3. Bekanntlich hat man in einem Teil der Mundhöhlen- drüsen, und zwar speziell in den Endstücken der submaxillar gelegenen Drüsenkomplexe, die sogen. Haldmonde gefunden, welche nach ihrem Entdecker Giannuzzi benannt worden sind. Über die Frage der Natur und Funktion der Halbmonde und speziell auch über die Frage der event. Schiehtung der Drüsen- zellen an den Stellen der Endstücke, wo die Halbmonde liegen, ist viel diskutiert worden. Bezüglich der Schichtung der Drüsen- zellen an den Halbmondstellen vertritt Opel (94) mit besonderem Nachdruck die Lehre von der Einschichtigkeit des Epithels in den Speicheldrüsen. Zu diesem Zwecke hat er bestimmte Be- griffe der Oberfläche, der Seitenflächen und der Basis einer. Drüsenzelle festgestellt. Er sagt: „Diejenige Seite, mit welcher die Drüsenzelle auf ihrer Grundlage (Wand des Drüsenschlauches, Membrana propria, Bindegewebe) aufsitzt, nenne ich Basis derselben, diejenige Seite, mit welcher sie das Drüsenlumen begrenzt, ihre Oberfläche, und endlich diejenigen Flächen der Drüsenzellen, welche benachbarte Drüsenzellen oder Epithelien des Ausführganges berühren, ihre Seitenflächen (Seitenwände).‘ Er vertritt die Ansicht, dass jede Drüsenzelle an der Be- erenzung des Drüsenlumens mit ihrer Oberfläche teilnimmt, und dass aber andererseits auch keine Drüsenzellen existieren, die nicht mit der Membrana propria in Berührung sind. Beides zugleich kann aber nur bei einem einschichtigen Epithel der Fall sein. Zieht man in Betracht, dass jede Drüsenzelle an den „End- gang“ (unter Endgang versteht Oppel sowohl das Drüsen- lumen selbst als auch das Lumen der Sekretkapillaren) mit einem Teil ihres Zellkörpers grenzen muss, um ihr Sekret abgeben zu können, so ist die erste Anschauung ohne weiteres klar, und man muss die Nützlichkeit der Bezeichnung „Oberfläche“ der Drüsenzelle, worunter er den ganzen sekretorischen Teil der Vergl. makrosk. u. mikrosk Untersuchungen ete. d. Haussäugetiere. 411 Drüsenzelle versteht, anerkennen. Infolgedessen sagt Oppel: „Die Sekretkapillaren liegen in den Drüsen weder ‚intracellulär“ noch ‚intercellulär“, noch „pericellulär“, sondern „epicellulär“. Die Frage, ob die andere Anschauung, dass jede Drüsenzelle mit der Membrana propria im Kontakt ist, was bei einem ein- schichtigen Epithel der Fall sein müsste, richtig ist, müssen weitere Untersuchungen ergeben. Die Mehrzahl der Histologen dürfte Oppel nicht beipflichten. Was die Natur und die Bedeutung der Halbmonde anbe- trifft, so ist, wie man annehmen kann, die Frage bezüglich der Ersatz- und der Phasentheorie wohl endgültig entschieden. Nach der sogen. Ersatztheorie von R. Heidenhain (48) sollten die Randzellen Ersatzzellen für die durch schleimige Metamorphose zu Grunde gegangenen centralen Zellen bezw. die Lieferanten derselben (durch Teilungsvorgänge) darstellen, während nach der Phasentheorie von Hebold (47) und Stöhr (112) die Haldmondzellen bloss in einem besonderen Sekretionsstadium befindliche Schleimzellen vorstellen sollten. Beide Hypothesen sind durch eine ganze Reihe von Arbeiten sowohl älterer als neuerer Schriftsteller, namentlich von R. Krause (59) wieder- legt worden. Die Geschichte dieses wissenschaftlichen Streites und die Begründung der wahren Anschauung über die Spezifität der Halbmondzellen ist von Oppel in seinem Lehrbuche in ganz ausführlicher Weise geschildert worden, so dass ich die weiteren Fragen nicht zu berühren brauche. Die Halbmondzellen der Speicheldrüsen sollen spezifische Zellengebilde, Zellen „sui generis“‘, mit ganz besonderen Eigen- schaften sein und sollen nichts mit Schleimzellen gemein haben, sie sollen in der That echte Sekretionszellen sein und nach R. Krause (59) Albuminate liefern. Ob sie aber mit serösen Zellen andererseits identisch sind, ist eine bis jetzt noch unentschiedene Frage. 412 G. ILLING, Neben diesen echten Halbmonden giebt es sicherlich noch Pseudohalbmonde, die man namentlich an nicht genügend dünnen Schnitten wahrnimmt, die aber auch bei dünnen und richtig und gut hergestellten und gefärbten Schnitten infolge der in den Drüsenendstücken zwischen deren Zellen bestehenden Arbeits- teilung und dem verschiedenen Füllungszustande der Schleim- zellen zu sehen sind. Es giebt aber sichere Hilfsmittel, die uns in die Lage versetzen, die echten von den unechten Halbmonden unterscheiden zu können. Ausser anderen ist es besonders die Frage des Vorkommens oder Fehlens der Sekretkapillaren, welche die Entscheidung in Zweifelsfällen bringt. Die Schleimdrüsen besitzen keine Sekretkapillaren, weil die Schleimzellen nur an der Stirnfäche, d.h. an der dem Tubulus- oder Alveoluslumen zugekehrten Fläche, secernieren. Die serösen Drüsen besitzen aber Sekretkapillaren, das Tubulus- oder Alveoluslumen senkt sich zwischen ihre Zellen ein; sie haben also eine grössere secer- nierende Oberfläche. Wenn also echte Halbmonde zugegen sind, müssen auch Sekretkapillaren nachweisbar sein. Liegen die Halbmonde nach aussen von Schleimzellen, gewissermassen als Belegzellen an diesen, so müssen sie unbedingt eine Verbindung mit dem Tubuluslumen haben, indem sie entweder Fortsätze zwischen je zwei Schleimzellen central senden, oder indem sich Sekretkapillaren zwischen den ihnen aufliegenden Schleimzellen befinden, in welche die Sekretkapillaren der Halbmonde münden. Bezüglich dieser Frage, des Vorkommens oder Fehlens von echten oder unechten Halbmonden und des Vorkommens der Sekretkapillaren sind die submaxillaren Drüsen der Säugetiere in neuerer Zeit und mit den neueren Hilfsmitteln noch nicht untersucht worden. Deshalb war es also notwendig, derartige Untersuchungen vorzunehmen. 4. Eine weitere viel diskutierte Frage ist die, welche Ab- teilungen der submaxillaren Drüsen, im Heidenhainschen Sinne den mukösen, den gemischten und den serösen Drüsen Vergl. makrosk. u. mikrosk. Untersuchungen ete. d. Haussäugetiere. 413 zuzurechnen sind. Bezüglich der Haustiere fehlen in dieser Be- ziehung neuere Untersuchungen durchaus. Bei meinen Untersuchungen, die sich wie erwähnt auf die Haussäugetiere erstrecken sollen, habe ich ausser andereın be- sonders festzustellen: T. ID | 6) Ne) Welche submaxillaren Drüsen bei den Haussäugetieren vor- kommen; ob diese Tiere alle drei Drüsenarten, die eigent- liche Submaxillaris und zwei sogen. sublinguale Drüsen besitzen, oder welche Drüsenarten bei jeder Tierart vor- kommen. Wie sich die gen. drei Drüsenarten in Bezug auf ihre Lage und ihren ausführenden Apparat makroskopisch verhalten. Welchem Typus jede der drei Drüsenarten bezüglich der Formation der Drüsenendstücke zuzurechnen ist. Welcher Drüsenart jede der genannten Drüsen je naclı der Art des die Drüsenendstücke auskleidenden Drüsenepithels zuzuzählen ist, ob zu den serösen, den mukösen oder den gemischten Drüsen und event. zu welcher Unterart der letzteren. Ob die drei Drüsen echte Halbmonde enthalten, und ob auch unechte anzutreffen sind, wie sich die Halbmonde be- züglich ihrer Grösse, ihrer Zahl, der Lage der sie zusammen- setzenden Randzellen und dergl. verhalten. Ob Sekretkapillaren in den verschiedenen Drüsen vorhanden und ob die Kittleisten bezw. das Schlussleistennetz gut wahrnehmbar sind. | Ob es eine Bermannsche Drüse giebt. Wie sich die Drüsenzellen zu den gebräuchlichen Farbstoffen verhalten. Daneben ist natürlich auch zu beachten, wie sich der aus- führende Apparat mikroskopisch aufbaut; ob Schaltstücke Sekretröhren, Sekretgänge zugegen und wie diese gebaut A414 G. ILLING, sind, wie sich das Interstitialgewebe verhält; ob es Muskel- zellen, elastische Fasern, viel oder wenig Gefässe, Nerven und Ganglien enthält. In nachstehendem werde ich die Ergebnisse meiner auf diese neun Fragen gerichteten Untersuchung schildern. A. Anatomisches. Meine makroskopischen Untersuchungen über die Unter- kieferspeicheldrüsen beziehen sich auf: Hund, Katze, Pferd, Esel, Rind, Schaf, Ziege, Schwein und Kaninchen, also auf: Carnivora, Ungulata (Perissodactyla und Artiodactyla) und Rodentia. Die Untersuchung fand in der Weise statt, dass bei den zu unter- suchenden Tieren am Kopfe zunächst die äussere Haut mit der ge- samten Muskulatur von der lateralen Seite des Unterkiefers einer Seite abgetragen, darauf die betr. Hälfte des Kiefers, wie die Fig. 1, 2 und 3 zeigen, abgesetzt und hierbei die an der medialen Fläche desselben ge- legene Muskulatur mit dem Periost vom Knochen lospräpariert wurde, so dass also alle medial vom Unterkieferbein gelegenen Teile durchaus unverletzt blieben und auch nicht aus der Lage gebracht wurden. Das gegenseitige Lageverhältnis aller dieser Teile blieb durchaus unberührt. Besonders erwähnen muss ich, dass nur bei dieser Art der Untersuchung (vor allem bei Pferd, Esel, Rind, Schaf, Ziege und Schwein) (das erstrebte Ziel, d. h. die richtige Lage, Grösse ete. der fel. Teile, festgestellt werden kann. Würde man einfach die von den Fleischern nach dem Schlachten der Tiere aus dem Kopfe zwischen den Kiefern bezw. aus dem Kehlgange herausgeschnittenen Teile, also die Zungen mit Umgebung, untersuchen, was doch bei den üblichen Schlachtmethoden das bequemste sein würde, dann würde man falsche Untersuchungs- resultate erhalten. Bei diesem Herausschneiden der Kehleangs- bezw. Zwischenkieferteile bleibt fast immer ein beträchtliches Stück sowohl der Zungenschleimhaut als auch der Drüsenmasse selbst am Unterkiefer Vergl. makrosk. u. mikrosk. Untersuchungen ete. d. Haussäugetiere. 415 sitzen. Zum Zwecke der weiteren Präparation nach der von mir ge- wählten Methode wurde nach Entfernung der einen Unterkieferhälfte an der Seite der Zunge, und zwar am ventralen Rande des M. stylo- elossus, die Zungenschleimhaut der Länge nach, und zwar in einer Linie parallel zum Zungenrücken, durcehschnitten und zwar vom M. stylo- glossus und den zurückgeschlagenen Mm. myloglossus und mylohyoideus a ausserdem nach de Zungenrücken zu von dem darunter liegenden Bindegewebe und der Muckulaten abpräpariert und nach oben Arc selept. Auf diese Weise mussten die seitlich an und unter der Zunge und medial vom Unterkieferbein etwa liegenden Drüsenkomplexe frei zu Tage treten und ihre Lage und ihr sonstiges Verhalten feststellbar sein, namentlich wenn man vorsichtig alle anderen bedeckenden und die Untersuchung störenden Teile (Bindegeweben, Fettgewebe, Lymph- drüsen und dgl.) abpräparierte und die Gefässe und Nerven, ohne die Lage der eventuell vorhandenen Drüsen und ihrer Ausführungsgänge zu stören, freilegte. Bei Hund, Katze und auch beim Kaninchen kann man aber auch einen anderen Weg einschlagen, der weniger umständlich ist und der schneller zum Ziele führt. Diese Zeitersparnis beim Präparieren ist dann sehr wichtig, wenn man von demselben Tiere noch Drüsenstücke zum Zwecke des Fixierens und Härtens für die mikroskopische Unter- suchung entnehmen will. Man kann bei diesen Tieren, ohne den Kiefer abzusetzen vom Kehlgange aus die Drüsen aufsuchen. Man «durch- schneidet im Kehlgange die äussere Haut und den Zwischenkiefermuskel- gurt und erreicht so die Drüsen. Wenn man erst die Lage der Drüsen genau kennt, kann man diesen Weg behufs Entnehmen von Drüsen- Shaeken zum Härten und Fixieren Ach bei anderen Tieren einschlagen. Bevor ich zur Beschreibung meiner makroskopischen Be- funde übergehe, muss ich, um Missdeutungen und gewisse Schwierigkeiten bei der Schilderung zu vermeiden, die bei den verschiedenen Bezeichnungen, die bei den in Frage kommenden zwei bis drei im Kehlgange und eventuell noch etwas kaudal von demselben liegenden Drüsen in der Litteratur gebraucht worden sind, sich ergeben könnten, erst einige Worte über die Benennung der betr. Drüsen vorausschicken, die ich in dem makroskopischen Teile meiner Darstellung wählen werde. 1. Als Glandula submaxillaris bezeichne ich eine ventral vom M. mylohyoideus, d. h. ausserhalb eines zwischen beiden Hälften der Mandibula bogig ausgespannten, intermandi- bularen, die Zunge tragenden Muskelgurts gelegene Drüse, die Anatomische Hefte. I. Abteilung. 7980. Heft (26. Bd. H. 23) 28 416 G. ILLING, mit einem grossen, gesonderten Gange, dem Ductus submaxil- laris s. Ductus Whartoni, an der Caruncula sublingualis in das Cavum oris, und zwar in die Pars sublingualis desselben (Cavum sublinguale) mündet. Der genannte, die Zunge tragende Muskel- gurt wird aus den paarigen, median zusammenstossenden Mm. mylohyoidei und myloglossi gebildet, die man auch Mm. trans- versi mandibulae oder intermandibulares nennt. 2. Glandula Bartholini nenne ich die Drüse, die dorsal vom M. mylohyoideus, d. h. innerhalb des erwähnten Muskel- gurts, den ich der Kürze halber in der folgenden Beschreibung auch Mylohyoideusgurt nennen werde, seitlich unter der Zunge liegt und einen selbständigen, einfachen, grossen Ausführungs- gang, den Ductus sublingualis major s. Bartholini, besitzt, der mit dem Ductus submaxillaris s. Whartoni verläuft und neben oder mit diesem unter der Zungenspitze an der Caruncula sublingualis in das Cavum oris mündet. 3. Einen anderen Drüsenkomplex, der ebenfalls seitlich unter oder an der Zunge und auch dorsal vom M. mylohyoi- deus und innerhalb des Mylohyoideusgurtes liegt und mit zahl- reichen kleinen Gängen, den Ductus sublinguales minores s. Ductus Rivini, seitlich von der Zunge am Mundhöhlenboden in die Mundhöhle mündet, bezeichne ich als Glandula sublin- gualis Rivini. Die Gl. submaxillaris im engeren Sinne liegt also ausser- halb und beide Gl. sublinguales innerhalb des intermandibularen Mylohyoideusgurtes. Nach dieser allgemeinen Betrachtung gehe ich zur Schilde- rung der Ergebnisse meiner Untersuchungen über. I. Carnivora. EC anis#=amıliaris. Von den Unterkieferspeicheldrüsen des Hundes ist die ausser- halb des Mylohyoidgurtes gelegene Glandula submaxillaris im Vergl. makrosk. u. mikrosk. ‚Untersuchungen ete. d. Haussäugetiere. 417 engeren Sinne längst genau bekannt und oft Gegenstand morpho- logischer und physiologischer Untersuchungen gewesen. Sie wird von allen vergleichenden Anatomen und Veterinäranatomen übereinstimmend beschrieben. Vergleiche Ellenberger und Baum (30-353), Franck (41), Franck und Martin (42), Martin (78), Leisering, Müller und Ellenberger (71), Leyh (74), Ranvier (98), Zumstein (120) u Ganz anders verhält es sich mit der Frage, ob beim Hunde sogen. Sublingualdrüsen, also eine Bartholinische oder Rivini- sche Drüse, überhaupt vorkommen, oder ob wenigstens eine der beiden Sublingualdrüsen vorhanden ist. Einige Autoren leugnen das Vorkommen sublingualer Drüsen beim Hunde vollständig; andere sprechen zwar von einer sub- lingualen Drüse beim Hunde, betrachten diese Drüse aber als eine Fortsetzung der Submaxillaris. Eine dritte Gruppe von Autoren spricht dem Hunde eine gesonderte Sublingualis mit einem besonderen grossen Ausführungsgange, dem Bartholini- schen Gange, zu. Cuvier (22) sagt in seinen Vorlesungen bezüglich der Sublingual- drüsen der Carnivoren: „Die Zungenspeicheldrüsen scheinen beim Hunde nur eine Ver- längerung der Kieferspeicheldrüse zu sein.“ Auch Meckel (84) leugnet die Existenz einer gesonderten Sub- lingual-, speziell einer Bartholinischen Drüse beim Hunde. In gleicher Weise verneint Colin (21), ganz wahrscheinlich auf die Autorität Cuviers (22) gestützt, das Vorkommen einer Gl. Bar- tholini beim Hunde, wenn er sagt: „Les premiers (glandes sublinguales resp. Bartholini sc.) manquent chez le chien“. F. Bider (12) hat beim Hunde ebenfalls keine sublingualen Drüsen, vor allem keine Gl. Bartholini gefunden. „Eine eigene Glandula sublingualis besitzen die Hunde nicht; nur ist der Whartonsche Gang in seinem vorderen Teile mit einzelnen zerstreuten Drüsenträubchen be- setzt, die mit ihren kürzeren Ausführungsgängen in den grösseren Speichelgang ausmünden.“ Wahrscheinlich hat ı er denjenigen sublingualen Drüsenkomplex des Hundes gesehen, den ich als Rivinische Drüse beschreibe, doch ist seine Beschreibung des Verbaltens der Gänge nicht zutreffend. I8*F G. ILLING, Auch Franz Müller (87) vertritt die Ansicht, die Bartholini- sche Drüse fehle, und dass der beim Hunde sublingual vorhandene besondere Drüsenkomplex mit dem Bartholinischen Gang nur ein Fortsatz der Submaxillaris sei. Chauveau und Arloing (18, 19) schreiben bezüglich dieser Frage: „Les sous-maxillaires, dans le chien, sont plus consid&rables que les parotides. Elles ont möme en avant, et le long du canal de Wharton, une petite glande accessoire qui a un canal exereteur distinet, et perce la möme papille que le canal de Wharton. La sublin- guale manque chez le chien.“ Von Bermann wurde, wie bereits oben schon erwähnt, die Bar- tholinische Drüse nur als ein besonderer „zusammengesetzt schlauch- förmiger Teil“ der Submaxillaris beschrieben. Gegenüber diesen Autoren erklärt Rudolphi (104): „wenn auch bei beiden Tieren (Katze und Hund) die Zungendrüsen nur klein sind, so haben sie doch ihren eigenen (Bartholinischen) Ausführungsgang, der neben dem Whartonschen Gang bis zum Zungenbändcehen geht.“ Er nimmt also die Existenz derjenigen sublingualen Drüse bei den Carnivoren an, die ich als Bartholinische Drüse bezeichne. Auch Milne Edwards (85) spricht von dem Vorhandensein einer Gl. sublingualis beim Hunde, indem er schreibt: „Quelques ana- tomistes ont avance, que ces glandes (sublinguales resp. Bartholini) manquent aussi chez le chien; mais la portion de ces organes, qui correspondent au conduit de Rivinus est bien developpee.“ Beyer (11) wies den erwähnten Irrtum Bermanns nach und erkannte in der Bartholinischen Drüse eine selbständige Drüse mit einem besonderen Ausführungsgang, dem Ducetus Bartholini, er nannte sie Glandula sublingualıs. Ebenso wurde die betr, Drüse beim Hunde von anderen Forschern, wie von Cl. Bernard (10), R. Heidenhain (49), Reichel (101) gefunden und als Sublingualis bezeichnet. Ranvier (98), welcher versuchte, die bezüglich des Begriffes der Glandula sublingualis entstandene Verwirrung zu beseitigen, hat gelehrt, dass man beim Hunde von einer Glandula sublingualis eigentlich nicht reden könne, sondern dass es bei diesen Tieren nur gebe: 1. eine wohl charakterisierte Glandula submaxillaris und 2. eine kleinere Drüse von länglicher Form, die sich mit ihrem hinteren Ende an die erstere zwar eng anschliesst, aber eine ganz andere Struktur, einen besonderen Aus- führungsgang, den Ductus Bartholini besitzt, der lateral und dorsal vom Ductus Whartoni verläuft; und er sagt, dass diese Drüse Gl. retrolingualis genannt werden müsse, Zumstein (120), der die Unterkieferspeicheldrüsen einiger Säuger makroskopisch untersucht und beschrieben hat, schliesst sich im all- gemeinen der Terminologie Ranviers an, fügt nur noch hinzu, dass Vergl]. makrosk. u. mikrosk. Untersuchungen etc. d. Haussäugetiere. 419 man beim Hunde einige kleine Drüsenläppchen, die seitlich von der Zunge und vor der Kreuzungsstelle von N. lingualis mit den beiden grossen Ausführungseängen gelegen sind, als eigentliche Gl. sublingualis bezeichnen könne. Er hat also hier eine Drüse gefunden, die man als Rivinische Drüse bezeichnen muss. Alle Veterinäranatomen, welche die Speicheldrüsen der Säugetiere schildern (Chauveau und Arloing (18, 19), Ellenberger und Baum (30—33), Franck (41), Franck und Martin (42), Martin (78), Franz Müller (87), Leisering, Müller und Ellen- berger (71)) erwähnen die Gl. retrolingualis Ranviers in ihren Beschreibungen der Unterkieferspeicheldrüsen der Säugetiere nicht. Sie nennen den sublingual und submaxillar gelegenen, von der eigentlichen Gl. submaxillaris abtrennbaren Drüsenkomplex Glandula sublin gua- lis, unterscheiden aber an dieser Drüse zwei Abschnitte, und zwar speziell beim Hunde eine mehr aboral gelegene Partie mit einem be- sonderen Ausführungsgange, dem Ductus Bartholini und eine weiter oral gelegene Abteilung, die mit mehreren kleinen Gängen (Duectus Rivini) direkt in die Mundhöhle mündet. Noch in allerneuester Zeit sieht sich Maximow (79) veranlasst in seiner Arbeit über die paralytische Sekretion der Speicheldrüsen des Hundes nach Durchtrennung der Chorda tympani, auf die Verwirrung hinzuweisen, die betreffs der Benennung der Unterkieferspeicheldrüsen beim Hunde herrscht. Er giebt eine genaue makroskopische und histo- logische Beschreibung der Bartholinischen Drüse, belegt sie aber nach dem Vorgange von Ranvier mit dem Namen Retrolingualis; die oral vom N. lingualis gelegene Drüsenpartie mit den kleinen Gängen (Ductus Rivini) lässt er ganz unberücksichtigt. Er hat dieselbe also offenbar gar nicht gesehen. Aus den angeführten Litteraturangaben ersieht man, dass bezüglich der Benennung der submaxillaren Drüsen des Hundes thatsächlich die von Ranvier und Maximow gerügte Ver- wirrung noch immer herrscht und dass man sich auch nicht klar darüber ist, welche submaxillaren Drüsenkomplexe that- sächlich beim Hunde vorhanden sind. Bei meiner Untersuchung dieser Frage konnte ich folgendes feststellen: a) Die im engeren Sinne als Glandula submaxillaris zu bezeich- nende Drüse des Hundes ist rundlich, knollig, meist grösser als die Parotis, bei grossen Hunden 4—6 cm lang, 2—2!/a cm breit bezw. hoch und ca. 1 cm diek. Sie ist von hellgelbem, wachsartigem Aus- sehen und wird nur teilweise (dorsal) von der Parotis bedeckt. Ihr starker Ausführungsgang entspringt aus der medialen Fläche der Drüse, 420 @. ILLIN G, tritt über die laterale Fläche des M. digastricus zwischen M. mylo- hyoideus und die eigentlichen Zungenmuskeln und endet mit einer kaum merklichen Caruncula sublingualis am freien Mundhöhlenboden neben dem Frenulum linguae, also unter der Zungenspitze. b) Beim Hunde findet man zwei gesonderte, von der Gl. submaxillaris wohl unterscheidbare, innerhalb des Mylohyoideus- gurtes gelegene sogen. sublinguale Drüsenkomplexe, von denen ich die eine als Gl. sublingualis Bartholini, die andere als Gl. sublingualis Rivini bezeichne. «@) Die Bartholinische Drüse srenzt direkt an den oralen Rand der Submaxillaris, sie liegt mit ihrer konkaven dorsalen (hinteren) Fläche der oralen (vorderen) Oberfläche der Submaxillaris so innig an, dass sie ein Fortsatz der letzteren zu sein scheint, zumal beide von derselben Bindegewebskapsel eingeschlossen sind. Dieser Umstand erklärt es, dass viele Autoren das Vorhandensein einer gesonderten Gl. sublingualis beim Hunde leugnen (s. oben). Beide Drüsen sind aber, wie eine ge- nauere Untersuchung klar ergiebt, vollständig getrennt voneinander und nur bindegew ebig, nicht parenchymalös miteinander vereinigt. Ausser- dem sind sie in ihrem histologischen Verhalten vollständig ver voneinander, was später noch näher erörtert werden soll! Die, 6% Bartholini besitzt eine längliche, unregelmässig viereckige Gestalt; ihr aboraler Teil, mit dem sie der Oberfläche der Submaxillaris aufliegt, ist ziemlich dick und breit, der orale, am Whartonschen Gang (Ductus submaxillaris) entlang gelegene Abschnitt wird in der ahme mund- wärts immer dünner und la ungefähr bis zur Kreuzungsstelle des N. lingualis mit dem Duetus submaxillaris. Die Länge, Breite und Dieke der Drüse richtet sich natürlich nach der Grösse des Hundes. So fand ich bei grossen Hunden, wie Doggen, Bernhardiner und grossen Zughunden die Drüse durchschnittlich 41/6 cm lang, den aboralen Teil 11/g—2 cm breit und 5—10 mm dick, den oralen Teil dagegen nur Ya—1 cm breit und 2—4 mm dick. Sie liegt dem M. biventer, weiter oral dem M. styloglossus auf, lateral wird sie von der Schleim- haut und dem M. mylohyoideus z. T. auch von der Mandibula selbst bedeckt. Die Bartholinische Drüse besitzt einen grossen Ausfüh- rungsgang, den Ductus sublingualis major s. Bartholini, der un- eefähr im aboralen Drittel der Drüse entspringt; ausserdem giebt sie noch einige kleine Gänge ab, die sich mit dem Ductus Bartholini vereinigen. Letzterer verläuft, etwas dorsal vom Whartonschen Gange auf der lateralen Fläche des M. styloglossus und mündet neben dem Ductus Whartoni am Zungenbändchen in das Cavum oris. ß) Oral von der Kreuzungsstelle von N. lingualis mit den beiden Gängen liegt noch eine aus einzelnen locker aneinander gefürten Drüsen- läppchen bestehende und ungefähr 1—1!/e em lange, 1 em breite und Vergl. makrosk. u. mikrosk. Untersuchungen etc. d. Haussäugetiere. 421 32-3 mm dicke Drüse, die &landula sublingualis Rivini. Aus ihr entspringen ungefähr 8—12 kleinere Gänge (Ductus sublinguales minores s. Rivini), die direkt die Schleimhaut durchsetzen und seitlich von der Zunge in die Mundhöhle münden. Aus der gegebenen Beschreibung geht hervor, dass man beim Hunde thatsächlich eine vor und eine hinter dem N. lin- gualis und dessen Kreuzung mit dem Ductus submaxillaris ge- legene sublinguale Drüse findet und dass man bei diesen Tieren von einer „prälingualen“, vor der Kreuzungsstelle des N. lin- gualis mit dem Ductus submaxillaris gelegenen Gl. sublingualis mit den Ductus sublinguales minores s. Rivini und von einer „retrolingualen“, rückwärts von der betr. Kreuzungsstelle ge- legenen Gl. retrolingualis mit dem Ductus sublingualis major s. Bartholini im Sinne Ranviers sprechen kann. Wie wir aber weiter sehen werden, können diese Ranvier- schen Bezeichnungen der fraglichen submaxillar gelegenen Drüsen der Säugetiere vergleichend anatomisch nicht in Anwendung kommen, weil die betr. Drüsen bei anderen Säugetieren eine andere Lage zu einander und zur Umgebung, speziell zum N. lingualis und dessen Kreuzung mit dem Ductus submaxillaris haben als beim Hunde. Ich habe daher, wie ich bereits oben erwähnte, hier und in meinen folgenden makroskopischen Be- schreibungen die Drüse mit den Ductus sublinguales minores s. Rivini als Gl. sublingualis Rivini und die mit dem Ductus sublingualis major s. Bartholini als Gl. sublingualis Bartholini bezeichnet. 32. Felis domestica. Die makroskopischen Verhältnisse der Unterkieferspeichel- drüsen der Katze werden von den meisten vergleichenden Anatomen und Veterinäranatomen überhaupt nicht besonders beschrieben ; die Autoren verweisen in der Hauptsache auf die betreffenden Drüsen des Hundes (vergl. Franck und Martin [42], Ellen- 422 G. ILLING, berger und Baum [31—353] u. a.) oder fassen die Beschreibung noch allgemeiner, indem sie schlechtweg von den Fleischfressern sprechen. Nur bei wenigen Autoren finden die submaxillaren Drüsen der Katze eine besondere Berücksichtigung. So berichtet Cuvier (22): „Bei der Katze fehlen die Zungen- drüsen.“ Meckel (84) giebt zwar an, eine Unterzungendrüse bei der Katze gefunden zn haben; nach seiner Beschreibung scheint sie aber kaum mit der Bartholinischen Drüse identisch zu sein. Auch Colin (21) kennt bei der Katze keine Gl. sublingualis resp. Gl. Bartholini. Anfangs beschreibt Mivart (86) die Submaxillaris der Katze voll- ständig ühereinstimmend mit den meisten Anatomen, er sagt aber später: „There are two accessory submaxillary glands which lie side by side (separated by the facial vein) immediatly adjacent to the lower and anterior end of the principal submaxillary gland.“ Nach ihm be- sitzt also die Submaxillaris noch zwei Anhangsdrüsen, die direkt neben einander liegen und mit dem unteren vorderen Ende der eigentlichen Submaxillaris in Verbindung stehen. Unzweifelhaft meint er damit die Bartholinische Drüse, da er von einer ihr entsprechenden Drüse sonst nichts sagt. Dagegen wird von anderen Autoren, wie Rudolphi (104), Longet (75), nnd Beyer (11) das Vorkommen einer eigentlichen G]. sublingua- lis s. Bartholini bei der Katze erwähnt. In der Spezialanatomie „Anatomy of the Cat“ von Reighard und Jennings (100) werden die Unterkieferspeicheldrüsen der Katze ebenfalls einer besonderen Besprechung unterzogen ; in ihren Ausführungen schliessen sich die beiden Amerikaner vollständig den deutschen Autoren an und beschreiben wie die meisten eine Gl. submaxillaris und eine Gl. sublingua- lis s. Bartholini bei der Katze. Eine besondere Ansicht vertreten Chauveau und Arloing (18, 19). Nachdem sie vorher gesagt haben, dass die Submaxillaris des Hundes eine kleine accessorische Drüse mit einem besonderen Aus- führungsgange besitzt, schreiben sie von der Katze: „Cette glande supplömentaire manque dans le chat; la sublinguale est tr&s petite dans le chat, oüı elle reportee plus en arriere que chez les autres animaux.“ Nach Ranvier (98) besitzt die Katze eine Submaxillaris und eine Retrolingualis, während ihr eine Sublingualis fehlen soll. Zumstein (120) beschreibt bei der Katze ebenfalls eine Gl. sub- maxillaris und eine Gl. retrolingualis; ob man berechtigt ist, die vor der Kreuzungsstelle des N. lingualis mit den grossen Ausführungsgängen Vergl. makrosk. u. mikrosk. Untersuchungen etc. d. Haussäugetiere. 423 gelegene Drüsenpartie mit den kleinen Ausführungsgängen als Gl. sub- lingualis aufzufassen, lässt er dahingestellt. Aus diesen Ausführungen geht hervor, dass auch über die Deutung der Unterkieferspeicheldrüsen bei der Katze noch Kontroversen bestehen. Meine zur Lösung dieser Frage an- gestellten Untersuchungen haben zu folgendem Ergebnisse geführt. a) Die als Glandula submaxillaris (Fig. 1,2) zu deutende Speichel- drüse der Katze hat ungefähr die Grösse und die om einer mittleren Mandel. Sie ist 11/e—2 cm lang, 1—1!/s em breit, 1/4 —1/a cm diek von rötlich-gelbem, wachsartigem Arsen und wird vollständig von einer bindessewebigen Kapsel locker umhüllt. Sie bedeekt ähnlich wie die betreffende Drüse des Hundes den M. biventer, liegt ventral von der Parotis, aboral vom Masseter und der Mandibula und mit ihrer oralen Hälfte auf den Pharynxmuskeln. Seitlich und ventral liegt sie frei, also ausserhalb des Mylohyoideusgurtes. Ungefähr aus der Mitte der Drüsenmasse entspringt der Ductus submaxillaris. b) Glandulae sublinguales. Wie beim Hunde findet man auch. bei der Katze ausser der besprochenen Gl. sub- maxillaris noch zwei weitere submaxillare Drüsen, die Gl. sub- lingualis Bartholini mit dein Ductus sublingualis major und die Gl. sublingualis Rivini mit den Ductus sublinguales minores. a«) Die Bartholinische Sublingualdrüse (Fig. 1,3) (Retro- lingualis) verhält sich wie folgt: An das vordere Ende der Gl. submaxillaris schliesst sich eine zweite Drüse ziemlich so eng an, dass man glauben könnte, es setze sich die Gl. submaxillaris verschmälert nach vorn hin fort. Sie hat eine Länge von 1!/3—21/2 cm, eine Breite von !/a—!/s em und ist mit der Gl. submaxillaris nur bindegewebig, nicht aber parenchymatös verbunden. Sie ist dunkler und mehr rötlich gefärbt als die Sub- maxillaris, so dass sie sich ganz deutlich von letzterer abhebt. Sie reicht vom oralen Rande der Submaxillaris bis ziemlich zur Kreuzungs- stelle von N. lingualis mit dem Ductus submaxillaris. Aus dieser Drüse entspringt ein gesonderter Gang, der Ductus sublingualis major (Bar- tholini). Der Ductus submaxillaris und der Dwuctus Bartholini verhalten sich wie folgt zu einander: Der Ductus submaxillaris tritt am oralen Rande der Gl. submaxillaris aus dieser heraus und verläuft dann sofort ventral von der Gl. Bartholini. Bald wird auch der Ductus Bartholini frei und legt sich an den Ductus submaxillaris, dessen dor- 424 G. ILLING, saler Seite er aufruht. In seinem Anfangsverlaufe nimmt der Ductus Bartholini von Zeit zu Zeit noch Ausführungsgänge aus dem oralen Teile der Bartholinischen Drüse auf. Erst kurz vor der gemein- schaftlichen Ausmündung auf der Caruncula sublingualis kommt der Ductus submaxillaris medial vom Ductus Bartholini zu liegen. 8) Über die zweite sublinguale kleingangige Drüse, die Gl. sub- lingualis Rivini (Fig. 1, 4) ist folgendes zu bemerken: Nach vorn vom Krenzunespunkte des N. lingualis mit den beiden Drüsen-Ausführungsgängen und lateral von diesen, liegen noch einzelne, präparatorisch darstellbare Drüsenläppchen, die mit mehreren kleinen Ausführungsgängen seitlich unter der Zunge, also am Mundhöhlenboden direkt in die Mundhöhle sich eröffnen. Dieser kleine prälinguale (in Bezug auf den N. lingualis und die vorerwähnte Kreuzung desselben mit dem Ductus submaxillaris) Drüsenkomplex stellt zweifellos die zweite sublinguale Drüse, die Gl. Rivini dar. Sie ist unregelmässig_ vier- eckig und 0,3—0,4 em lang, ca. 0,2 cm breit, 0,1—0,2 em dick und besitzt eine viel hellere (wachsähnliche) Farbe als die Gl. Bar- tholini; infolgedessen kann man sie mit Leichtigkeit von dieser unter- scheiden. Man sieht also, dass die Katze drei submaxillare Drüsen besitzt, die Gl. submaxillaris im engeren Sinne, die retrolinguale, eingangige Gl. subliugualis Bartholini und die prälinguale mehr- gangige Gl. sublingualis Rivini. II. Ungulata. A. Perissodaetyla. 1. Equus caballus. Bezüglich der makroskopischen Verhältnisse der Unterkiefer- speicheldrüsen des Pferdes bestehen keine erheblichen Kontro- versen. In allen anatomischen Lehr- und Handbüchern und in einschlägigen Artikeln werden die betreffenden Drüsen über- einstimmend beschrieben. Man unterscheidet danach beim Pferde Vergl. makrosk. u. mikrosk. Untersuchungen etc. d. Haussäugetiere. 425 nur zwei submaxillare Drüsen, die Gl. submaxillaris im engeren Sinne und eine Gl. sublingualis mit Ductus sublinguales minores. (Cfr. die Darstellungen von Chauveau und Arloing (18, 19), Colin (21), Ellenberger und Baum (31-33), Frank (41), Frank und Martin (42), Gurlt (45, 46), Leisering, Müller und Ellenberger (71), Leyh (74, Martin (78), Franz Müller (87), Ranvier (98), Schwab (106), Zum- stein (120) und andere). Das Pferd besitzt also keine gross- gangige Bartholinische Drüse. Nach meinen eigenen Untersuchungen verhalten sich die submaxillaren Drüsen des Pferdes wie folgt: a) Die als Glandula submaxillaris zu deutende Speicheldrüse ist beim Pferde erheblich kleiner als die Parotis und wird in ziemlicher Ausdehnung von der lateralen und kaudalen Richtung her von letzterer überlagert. Die Submaxillaris ist lang und schmal und erstreckt sich in einem leicht konkaven Bogen von der Flügelgrube des Atlas bis zur Ver- einigungsstelle des Een Zungenbeinastes mit dem Körper des Zungen- beines. Die Länge der Drüse beträgt 20—23 em, ihre Breite 2 bis 3!/e em, ihre Dieke ?/a—1 em und ihr Gewicht 45—60 g. Der Ausführungsgang , Submaxillargang, Ductus submaxillaris (Whartoni) fängt in der Nähe des Halsendes der Drüse an und wird, indem er am Kopfrande derselben hinläuft und die aus den Drüsen- läppehen kommenden Gänge aufnimmt, allmählich stärker (12 bis 14 mm Durchmesser. Vom oralen Ende der Drüse tritt er über die Sehne des M. digastrieus zwischen den M. hyoglossus und M. mylo- hyoideus, als dann an die mediale Fläche der Sublingualdrüse; am Ende derselben tritt er seitlich vom Frenulum linguae auf den Unterkiefer, wo er direkt unter der Schleimhaut liegt; er mündet in der Haken- zahngegend lateral an der länglichen, platten Hungerwarze, Caruncula sublingualis in die Mundhöhle ein. b) Ich fand beim Pferde wie die erwähnten Autoren auch nur eine sublinguale Drüse und zwar eine solche mit zahlreichen kleinen Ausführungsgängen, den Ductus sublinguales minores s. Rivini, also eine Drüse, die ich als Gl. sublingualis Rivini bezeichnen muss. Diese Drüse liegt zur Seite des mittleren Teiles der Zunge am Boden der Mundhöhle und reicht von der Gegend des dritten mandibularen Backenzahns bis zum Kinnwinkel. Sie stellt einen langgestreckten Körper dar und ist 12—16 cm lang, 1'/»—3 cm breit und 4—6 mm G. ILLING, 426 diek. Ihr orales Ende erscheint kurz hinter der Ausmündung des Ductus submaxillaris; aboral überschreitet sie den Kreuzungspunkt des N. lingualis mit dem Submaxillargang, zu welchem sie lateral liegt und ihn zugleich dorsal und ventral überragt. Die laterale Fläche dieser seitlich zusammengedrückten, grau-rötlichen, ziemlich kompakten Drüse ist von der Maulschleimhaut, dem M. mylohyoideus und mylo- glossus bedeckt; mit ihrer medialen Fläche liegt sie an dem M. stylo- glossus, genioglossus und dem Submaxillargang; ihr ventraler Rand reicht bis zum M. geniohyoideus und bleibt 21/.—3!/2 cm vom ven- tralen Kieferrande entfernt; der dorsale Rand ist von der Maulschleim- haut bedeckt und markiert sich in der Maulhöhle als ein langgezogener Wulst mit unregelmässig höckeriger Oberfläche (Sublingualiswulst). Die ca. 30 Ausführungsgänge, Ductus Rivini, sind kurz und ge- schlängelt und die Gänge des oralen Abschnitts der Drüse münden von der alveolaren Seite in die Maulhöhle, während die aus dem aboralen Abschnitt der Drüse sich nach der Sublingualiswulst begeben und von da in die Maulhöhle münden. Bei einigen Pferden fiel mir auf, dass die Rivinische Drüse von einem !/a—1!/2 cm breiten Bindegewebsstreifen in der Richtung von hinten oben nach vorn unten also in ventro-oraler Richtung schräg durchsetzt wurde und so in zwei deutliche, makroskopisch sichtbare Abschnitte zerfiel. Mikroskopisch liess sich aber, wie wir später sehen werden, kein Unterschied zwischen der oralen und der aboralen Drüsen- hälfte konstatieren. Auch war ein grosser bezw. gemeinsamer Aus- führungsgang einer dieser Abteilungen nicht zu konstatieren. Auf das Vorkommen dieser Teilung der Drüse untersuchte ich fünfzig Pferde in der hiesigen Rossschlächterei und ausserdem noch zwölf Pferde, die im physiologischen Institute zu Versuchszwecken getötet worden waren und fand, dass dieser Bindegewebsstreifen unter den untersuchten 62 Pferden bei 14 (ca. 22°/o) vorkam. Da ich meist alte Pferde untersuchte, so halte ich diese Differen- zierung für eine durch irgend welche äussere Ursachen hervorgerufene senile Erscheinung, bei welcher das Drüsengewebe atrophiert und dann durch wucherndes Bindegewebe ersetzt worden ist. Nach diesen Darlegungen besitzt also das Pferd nur eine Gl. submaxillaris und eine Gl. sublingualis Rivini. Eine Gl. Bartholini habe ich beim Pferde nicht gefunden. Nebenbei will ich nur bemerken, dass beim Pferde stets gut ausgebildete Zungen- randdrüsen vorkommen (hierüber vergl. Lange [63]), die viel- leicht in Beziehung zu den Sublingualdrüsen stehen. Vergl. makrosk. u. mikrosk. Untersuchungen etc. d. Haussäugetiere. 427 2. Equus asinus. In der Litteratur habe ich keine besonderen Angaben über die submaxillaren Speicheldrüsen des Esels gefunden. Nach meinen an einer Anzahl getöteter Esel vorgenommenen Unter- suchungen konnte ich folgende Verhältnisse feststellen: Die Unterkieferspeicheldrüsen des Esels verhalten sich der Lage und ihres ausführenden Apparates nach genau wie beim Pferde; nur die Grössenverhältnisse weichen etwas ab. Der Esel besitzt: a) eine Gl. submaxillaris von 18-20 cm Länge, 2—3 cm Breite und 5—8 mm Dicke und ausserdem, b) eine Gl. Rivini, die 10—12 cm lang, 1!/a—2!j/2 cm breit und 4—8 mm diek ist. Die Bartholinische Drüse fehlt. Eine Benennung nach Ranvier ist nicht durchführbar; diese Drüse liegt weder total vor, noch total hinter der Kreuzungsstelle des N. lingualis mit dem Ductus submaxillaris.. Sie vertritt im morphologischen bezw. topographischen Sinne die beiden Ranvierschen Drüsen, es fehlt aber der Ductus sublingualis major! Dafür ist die Gl. submaxillaris mit ihrem unter der Zungenspitze mündenden Gange um so mächtiger entwickelt und reicht auch weit in den Kehlgang hinein. Funktionell ist also eine zweite Drüse, die mit einem grossen Gange ihr Sekret in den Raum unter der Zungenspitze ergiesst, nicht vorhanden. Ebenso wie beim Pferde ist also beim Esel nur eine Gl. submaxillaris und eine Gl. sublingualis Rivini vorhanden, während eine Gl. sublingualis Bartholini auch hier fehlt. B. Artiodaetyla. Ruminantia. 1... Bos taurus. Nach den Darstellungen der Veterinär-Anatomen und anderer Autoren soll das Rind zwei submaxillare Drüsen, eine Gl. sub- maxillaris im engeren Sinne und eine Gl. sublingualis besitzen. 428 G. ILLING, Die Gl. submaxillaris wird als ein einheitlicher Drüsenkörper beschrieben, während die Sublingualis aus einer dorsalen, lateralen (äusseren), längeren, dünneren und einer ventralen, medialen (inneren), kürzeren, dickeren Abteilung bestehen soll. Die dorsale Abteilung soll mehrere kleine Ausführungsgänge (Ductus Rivini) und die ventrale einen grossen Gang, den Ductus Bartholini besitzen und der letztere soll mit dem Ductus Whartoni zu- sammen am Mundhöhlenboden sublingual neben dem Zungen- bändchen münden (Chauveau und Arloing (18, 19), Colin (21), Ellenberger und Baum (31—33), Frank (41), Frank und Martin (42), Fürstenberg (43), Martin (78), Franz Müller (87) und andere). Auch Ranvier (98) beschreibt beim Rinde nur eine Sub- maxillaris und eine Sublingualis, während er annimmt, dass die Retrolingualis fehlt. Zumstein (120) dagegen sagt: „Die unter 1 beschriebene Drüse (er meint die Gl. sublingualis mit dem Ductus sublingualis major [Bartholini|) dürfen wir wohl, wie beim Schaf, als Gl. retrolingualis ansprechen, die aber hier noch schwächer entwickelt ist als dort.“ Ausserdem gehen die Ansichten verschiedener Autoren da- hin, dass die beiden Abteilungen der Sublingualis des Rindes der ganzen Gl. sublingualis des Pferdes entspricht. So schreiben Ellenberger und Baum (31-33): „Diese ventrale Abteilung (also die Abteilung mit dem Bartholinischen Gang) dürfte ihrer Lage und Grösse nach der Gl. sublingualis des Pferdes entsprechen.‘ Dagegen schreiben Frank und Martin (42) umgekehrt: „Die dorsale Portion verhält sich wie beim Pferde und besitzt Rivinische Gänge.“ Aus diesen kurzen Notizen ersieht man, dass, obwohl die Unterkieferspeicheldrüsen des Rindes im allgemeinen überein- stimmend beschrieben worden sind, doch noch einige Verschieden- Vergl. makrosk. u. mikrosk. Untersuchungen ete. d. Haussäugetiere. 429 heiten in der Auffassung und Beschreibung derselben bestehen, die einer Klarstellung bedürfen, welche zu geben ich auf Grund meiner eigenen Untersuchungen nachstehend versuchen werde. a) Die submaxillare Drüse des Rindes, der man im engeren Sinne die Bezeichnung Gl. submaxillaris beilegt, ist relativ grösser als die betr. Drüse des Pferdes und stellt einen rundlichen, aus einzelnen Lappen bestehenden sich derb anfühlenden Drüsenkörper von hell- gelber Farbe dar. Mit ihrer medialen (inneren) Fläche liegt sie am M. pterygoideus medialis am Rande des Unterkiefers entlang und reicht vom Atlas bis zum Kaudalrande des M. mylohyoideus in den Kehl- gang hinein. Das Kehlgangsende, das mit dem der anderen Seite meist zusammenstösst, ist knollig aufgetrieben. Der ganze Drüsen- komplex besitzt eine Länge von 18—20 cm, eine Breite von 8—10 cm und eine Dicke von 21/2—4 cm. Ungefähr in der Mitte der Drüse am oralen Rande derselben entspringt der Submaxillargang, der Ductus submaxillaris, der sich aus fünf bis sechs kleineren, aus den einzelnen Drüsenlappen ent- springenden Gängen zusammensetzt. Er überschreitet den M. di- gastricus, gelangt auf den M. mylohyoideus, kreuzt sich wie gewöhn- lich mit dem N. lingualis und mündet auf der bekannten Papille (der Caruncula sublingualis), die beim Rinde breit, knorpelhart und ge- zahnt ist. b) Die sgn. sublingualen Drüsen des Rindes. Das Rind besitzt ausser der Gl. submaxillaris im engeren Sinne ebenso wie die Fleischfresser noch zwei weitere submaxillare bzw. sub- linguale Drüsen, deren Sekret bei der einen Drüse durch einen einzigen grossen, bei der anderen durch zahlreiche kleine Gänge in die Mundhöhle abgeführt wird. Die erstere stellt also die Gl. Bartholini, die letztere die Gl. Rivini dar. a) Die Glandula sublingualis Bartholini des Rindes liegt oral von der Kreuzungsstelle des N. lingualis mit dem Ductus submaxillaris und reicht fast bis zum Kinnwinkel. Ausserdem liegt sie lateral und meist dorsal von dem Ductus submaxillaris; hier und da wird dieser Gang auch von ihr umfasst, so dass derselbe direkt in der Drüsen- masse verläuft. Die Bartholinische Drüse stellt beim Rinde eine gut abge- erenzte, langgestreckte am kaudalen Ende dickere, mundwärts etwas dünner werdende, 10—12 cm lange, 2—3 cm breite, 1—1!/ı cm dicke lachsfarbige Drüsenmasse dar, aus der sich ein grösserer Aus- führungsgang entwickelt, der sich an die laterale Seite des Ductus submaxillaris anlegt und mit demselben im Mundhöhlenboden zur 430 G. ILLING, Caruncula sublingualis verläuft und etwas kaudal von ihm an dieser Papille ausmündet. 8) Die zweite sublinguale Drüse, die Glandula sublingualis Rivini liegt dorsal von der Gl. Bartholini und besteht aus’ locker zusammenhängenden Drüsenläppchen, die ungefähr in der Höhe des Arcus palatoglossus beginnen und wie die Gl. sublingualis Bartho- lini fast bis zum Kinnwinkel reichen. Ihr kaudales Ende liegt also viel mehr halswärts als das der Gl. Bartholini. Sie besitzt eine Länge von 15—18 cm, eine Breite von 2—21/a em, eine Dicke von 0,3--0,5 cm und eine gelbliche Farbe. Aus dieser Drüse gehen zahlreiche, relativ lange und geschlängelte Ausführungs- gänge, die Ductus sublinguales minores s. Rivini hervor, die in zwei, durch eine Reihe langer, verhornter Papillen, getrennten Reihen seit- lich unter der Zunge münden. 2. Oyis arıes, Die Unterkieferdrüsen des Schafes werden nur von Ranvier (98) und Zumstein (120) speziell beschrieben; alle anderen Anatomen handeln die betreffenden Drüsen mit denen des Rindes ab. Demnach soll das Schaf nach den allgemeinen Angaben dieselben Drüsen besitzen, wie das Rind, nämlich eine Gl. submaxillaris und eine Gl. sublingualis, welch’ letztere, wie bereits beim Rinde angegeben, in zwei Portionen, eine mit einem grossen gemeinsamen und eine mit vielen gesondert mündenden kleinen Gängen versehene Abteilung, zerfallen soll. Nach Ranvier (98) sollen beim Schafe eine Gl. submaxillaris und eine Gl. sublingualis vorkommen, die Gl. retrolingualis soll fehlen. Die Gl. sublingualis soll aus zwei Teilen bestehen, einem hinteren langgestreckt und geschlossenen, lateral vom Duetus submaxillaris liegenden Teile, der einen einfachen Ausführungsgang besitzen soll, der in Begleitung des Ductus submaxillarıs und zwar lateral an «diesem zur Papilledes Mundhöhlenbodens entsenden soll und ferner einem vorderen mehr aufgelockerten Teile, der in der Umgebung der Ausmündungs- stelle des Ductus submaxillaris mit mehreren Ausführungsgängen mündet. Dieser letztere Teil, der nach Ranvier nur in der Gegend der Ausmündunesstelle der beiden Gänge gelegen ist und nur einen Teil der Gl. sublingualis darstellen soll, reicht nach meinen Untersuchungen von der Ausmündungsstelle des Ductus submaxillaris und Ductus sub- lingualis major bis zum Arcus palatoglossus. Ranvier scheint bei Vergl. makrosk. u. mikrosk. Untersuchungen etc. d. Haussäugetiere. 43] der makroskopischen Präparation den übrigen, auch noch hinter den N. lingualis reichenden Teil nicht bemerkt zu haben. Vielleicht rechnet er auch mit Absicht diese Drüsenpartien nicht mehr zur Gl. sublingualis. Aus seiner Darstellung lässt sich dies nicht ent- scheiden. Zumstein (120) beschreibt beim Schafe zunächst eine Gl. sub- maxillaris im engeren Sinne und ausserdem noch drei submaxillare Drüsenkomplexe. Er unterscheidet: 1. eine oral vom Kreuzungspunkte des N. lingualis mit dem Ductus submaxillaris gelegene langgestreckte geschlossene Drüsenmasse mit einem grossen Ausführungsgange (den er aber nicht näher be- zeichnet ya beschreibt) ; 2. eine aus mehreren Läppchen sich zusammensetzende Drüsen- masse in der Nähe der Ausmündungsstelle der beiden Gänge, die mit mehreren kleinen Gängen an dieser Stelle in die Mundhöhle mündet; 3. Ähnliche einzelne Drüsenläppchen, die weiter rückwärts, hinter der Kreuzungsstelle von N. lingualis und Ductus submaxillaris liegen und die ebenfalls ihre Ausführunesgänge direkt und gesondert in die Mundhöhle senden. Zum Schlusse fasst er seine Befunde mit den Worten zusammen: „Ich glaube, dass man keinen Fehlgriff thut, wenn man unter Be- rücksichtigung der vorausgeschickten Tiere proponiert, die unter 1. ge- schilderte Drüse als mit einem typischen Ausführungsgange versehene Retrolingualis zu bezeichnen, während die unter 2. und 3. beschriebenen Drüsen als eine ebenso typische, langgestreckte, wenig geschlossene Gl. sublingualis zusammengefasst werden.“ Der Beschreibung von Zumstein kann ich mich bezüglich der submaxillar beim Schafe vorhandenen Drüsenkomplexe im grossen und ganzen anschliessen. Ich habe aber bei keinem der von mir untersuchten Individuen eine Trennung der von Zumstein unter 2 und 3 beschriebenen Drüsenpartien fest- stellen können; die betreffenden Drüsenläppchen stellen zwar keine geschlossene Masse dar, sie reichen aber in unmittelbarer Aufeinanderfolge von der Mündungsstelle der genannten Aus- führungsgänge bis zum Arcus palatoglossus. Ausserdem möchte ich bemerken, dass man die unter 1 beschriebene Drüse topo- graphisch doch auf keinem Fall als Retrolingualis bezeichnen kann, weil sie doch oral vom N. lingualis gelegen ist. Anatomische Hefte. I. Abteilung. 79/80. Heft (26. Bd. H. 2/3). 29 432 G. ILLING, Das Schaf besitzt also nach Vorstehendem drei submaxillare Drüsen, eine Gl. submaxillaris, eine Gl. Bartholini und eine Gl. Rivini. Die Gl. Bartholini liegt oral vom N. lingualis, während die Gl. Rivini sich ungefähr vom Kinnwinkel bis zum Arcus palatoglossus erstreckt. Die Lagenverhältnisse und die Form, ebenso der Ausfüh- rungsapparat verhält sich genau wie beim Rinde, natürlich sind die Grössenverhältnisse von denen des Rindes verschieden. a) Die Gl. submaxillaris des Schafes (Fig. 2,2) ist 10—12 cm lang, an ihrem dorsalen und ventralen Ende 2—2!/g cm und in der Mitte 4—5 em breit und 1—2 em dick. b) «. Die Gl. sublingualis Bartholini (Fig. 2,3) besitzt eine Länge von 7—8 cm, eine Breite von 1/,—3/, em und eine Dicke von 1/4 —1/2 cm. 6) Die Gl. sublingualis Rivini (Fig. 2,4) ist S—10 em lang, !/o—3/4 cm breit und 0,2—0,3 em dick. 3. Capra hireus. Die Ziege ist wohl dasjenige Haussäugetier, das am wenigsten zu anatomischen Untersuchungen herangezogen worden ist. Was nun speziell die Speicheldrüsen der Ziege anlangt, so werden sie von einigen Veterinär- und vergleichenden Anatomen überhaupt nicht erwähnt und die anderen Autoren sprechen einfach von den Speicheldrüsen von Rind, Schaf und Ziege oder von den Hauswiederkäuern zusammengenommen und lehren sonach, dass sich die Kopfspeicheldrüsen bei allen Wiederkäuern gleich verhalten. Ich habe bei einer Anzahl von Ziegen Unter- suchungen über die Speicheldrüsen vorgenommen. Die Ergeb- nisse dieser Untersuchungen sind folgende: Die Ziege besitzt thatsächlich wie Rind und Schaf drei submaxillare Drüsen, deren spezielles Verhalten folgendes ist. a) Die als Gl. submaxillaris im engeren Sinne zu bezeichnende Kopfdrüse der Ziege ist relativ gross, von gelblicher Farbe, liegt ziem- lich oberflächlich und zwar ventral vom M. mylohyoideus. Sie reicht vom Atlas bis tief in den Kehlgang hinein. Nur ein kleiner Teil ihres dorso-medialen Randes wird von der Parotis bedeckt. Ihr Kehl- Ei BD a nn Vergl. makrosk. u. mikrosk. Untersuchungen ete. d. Haussäugetiere. 435 gangsende stösst fast mit dem der anderen Seite zusammen. Sie be- sitzt eine ungefähr dreieckige oder besser dreizipfelige Form, besteht aber nicht aus einer einheitlichen, kompakten Drüsenmasse, sondern ihre Läppchen sind durch breite, lockere Bindegewebsstreifen deutlich voneinander getrennt. Aus den einzelnen Läppchen entspringen fünf bis sechs grössere Gänge, die sich ungefähr in der Mitte der ganzen Drüsenmasse zum Ductus submaxillaris s. Dwuctus Whartoni zu- sammensetzen, der in dem Boden der Mundhöhle schneidezahnwärts verläuft und ähnlich wie beim Schafe unter der Zungenspitze an (der Papilla sublingualis in die Mundhöhle mündet. b) Überdies besitzt die Ziege noch zwei sublingual ge- legene Drüsen. ©) Von den zwei sublingualen Drüsen liegt diejenige mit dem gemeinsamen grossen Ausführungseange, die ich als @l. Bartholini bezeichne als eine langgestreckte, gut abgegrenzte kaudal etwas dickere und abgerundete, mundwärts sich verdünnende Drüsenmasse seitlich im Boden der Mundhöhle und unter der Zunge. Ihr kaudales Ende liegt etwas mundwärts von der Kreuzungsstelle des N. lingualis mit dem Ductus submaxillaris. Ventral liegt sie auf dem M. mylohyoideus und grenzt an den Ductus submaxillaris. Sie liegt also dorsal von diesem Gange. Ihr orales Ende reicht bis in den Kinnwinkel hinein. Aus dieser 5,8—7 cm langen, 4—7 mm breiten und 2—4 mm dicken Drüsenpartie entspringt ungefähr im Übergang vom dritten zum vierten Viertel ein einfacher grösserer Gang, der Ductus Bartholini, der zunächst in der Drüsenmasse dann aber gemeinschaftlich mit dem Ductus submaxillaris verläuft und mit ihm, aber getrennt von dem- selben, an der Papilla sublingualis mündet. ß) Direkt dorsal von der eben beschriebenen Bartholinischen Drüse liegt ein aus mehreren einzelnen Läppchen bestehender, locker gefügter Drüsenkomplex, der auf den ersten Blick mit der Gl. Bartho- lini zusammenzuhängen scheint, sich aber deutlich von dieser sondern lässt. Dies ist die Rivinische Drüse. Sie reicht von der Mündungs- stelle der beiden Ausführungsgänge, also von der Gegend des Kinn- winkels, kaudal bis über die Kreuzungsstelle des N. lingualis mit dem Ductus submaxillaris noch hinaus. Sie mündet mit zahlreichen einzelnen Gängen gesondert am Mundhöhlenboden in die Mundhöhle. Eine kleine Gruppe kürzerer ziemlich gerade verlaufender Gänge münden unter der Zungenspitze, also in der Gegend der Mündung des Ductus submaxillaris und sublingualis major; im übrigen aber mündet die Drüse mit vielen geschlängelt verlaufenden Ausführungsgängen in zwei Reihen an der seitlich unter der Zunge gelegenen sogen. Sub- lingualwulst, also an den kaudal sich gegen die Plica pterygomandi- bularis hinziehenden Seitenschenkeln des Mundhöhlenbodens in die Mundhöhle. 29* 434 G. ILLING, Nach Vorstehendem besitzen also alle drei wiederkauenden Haustiere, Rind, Schaf und Ziege drei submaxillare Drüsen, die eigentliche ausserhalb des Mylohyoideusgurtes gelegene Gl. submaxillaris, die Gl. sublingualis Rivini und die Gl. sublin- gualis Bartholini, von denen die erstere weder retrolingual noch prälingual von der Kreuzungsstelle von N. lingualis und dem Ductus submaxillaris gelegen ist, sondern von diesem Punkte in zwei Teile zerlegt wird, letztere dagegen liegt prälingual und nicht retroliugual. Non Ruminantia. Sus scerofa domesticeus. Das Schwein besitzt nach den Angaben der meisten ver- gleichenden Anatomen und Veterinäranatomen nur zwei sub- maxillare Drüsen, nämlich eine Gl. submaxillaris im engeren Sinne und eine Gl. sublingualis. Betreffs des Verhaltens der Gl. sublingualis herrschen unter den Autoren zwei Ansichten; die einen unterscheiden zwei Abteilungen einer einzigen Drüse und zwar eine Abteilung mit einem grossen Gange und eine Abteilung mit vielen kleinenGängen [Ellenberger und Baum (31—33), Frank (41), Frank und Martin (42), Leyh (74), Leisering, Müller und Ellenberger (71), Martin (78), Franz Müller (87)], während die anderen z. B. Chauveau und Arloing (18, 19), Owen (9), Schwab (106) direkt von zwei Sublingualdrüsen beim Schwein sprechen. Ranvier (9) und Zumstein (120), beschreiben beim Schweine drei submaxillare Drüsen nämlich eine Gl. submaxil- laris, eine Gl. retrolingualis und eine Gl. sublingualis. Nach meinen Untersuchungen verhalten sich die submaxil- laren Drüsen des Schweines wie folgt: a) Die als Glandula. submaxillaris (Fig. 3,2) im engeren Sinne zu bezeiehnende Drüse stellt eine einheitliche kompakte, wohl abge- erenzte Drüsenmasse dar; sie ist rundlich-knollig mit einem mundwärts gerichteten Zapfenfortsatz und wird vollständig von der Parotis bedeckt. Sie besitzt eine Länge von 41/e—5 em, eine Breite von 4—4!/»2 cm und eine Dicke von i1—1!/a em und ist von rötlicher Farbe. Der einheitliche Submaxillargang, der sich aus mehreren kleinen Gängen sammelt, verlässt die Drüse an dem oralwärts gerichteten Zapfenfortsatz und verläuft an der ventralen Seite der Gl. Bartholini- im Mund- höhlenboden bis zur Caruncula sublingualis, woselbst er sublingual, d. h. unter der Zungenspitze neben dem Ansatze des Frenulum linguae in die Mundhöhle mündet. b) Ausser der eigentlichen Submaxillardrüse findet man beim Schweine noch zwei sublinguale Drüsen, von denen die eine mit einem einzigen grossen Gange ihr Sekret in die Mundhöhle ergiesst, während die andere zahlreiche gesonderte Gänge in die Mundhöhle sendet. @) Die Bartholinische Drüse (Fig. 3,3) stellt eine zusammen- hängende, bandförmige Drüsenmasse dar, die sich mit ihrem kaudalen Ende an das orale Ende der Gl. submaxillaris anlehnt, aber so, dass zwischen beiden immer noch ein kleiner mit Bindegewebe ausgefüllter Zwischenraum bestehen bleibt. Sie liegt dorsal vom M. digastrieus und vom M. mylohyoideus und erstreckt sich oral bis zur Kreuzungsstelle des N. Jingualis mit dem Ductus submaxillaris. Sie könnte also nach Ranvier (98) nach ihrer Lage als Gl. retrolingualis bezeichnet werden. Mit ihrem oralen Ende lehnt sie sich ganz innig an die zweite sublinguale Drüse, die Gl. Rivmi an. Sie ist 42-6 cm lang, 1—1!/2 cm breit, 0,3—0,6 em diek und rötlich-gelb gefärbt. Ungefähr im kaudalen Drittel entspringt aus der Bartholinischen Drüse ein grösserer Gang, der sich dem Duetus submaxillaris zugesellt und mit diesem verläuft. Nach einem kurzen Stück des Verlaufes ändert sich die Lagebeziehung der beiden Gänge. Während der Ductus submaxillaris erst ventral von der Bartholinischen Drüse verlaufen ist, rückt er allmählich auf die dorsale Seite dieser Drüse und ihres Ausführungsganges. Er behält diese Lage auch bis zur Mündung bei, indem er in der Hauptsache dorsal von den Drüsenpacketen und medial von dem Ductus Bartholini verläuft. Beide Gänge münden ganz nahe den Schneidezähnen am freien Mundhöhlenboden unter der Zungenspitze, auf der Papilla salivalis sublingualis, welche sich nach hinten in eine seitlich von der Zunge gelegene Leiste (den Sublingual- wulst) auszieht, unter welcher die Gl. Rivini liegt. ß) Die zweite sublinguale Drüse, die Rivinische Drüse (Fig. 3,4) des Schweines ist sehr mächtig entwickelt und reicht vom Kinnwinkel bis zur Plica pterygomandibularis und zum Arcus palatoglossus; sie besitzt eine rötliche Farbe und ist 5—7 em lane, 2—3 cm breit und Y2—1 em dick. Schon ganz oral, nahe den Schneidezähnen, neben der Ausmündung des Ductus submaxillaris und des Ductus 436 G. ILLING, Bartholini öffnen sich mehrere ihrer kleinen Ausführungsgänge, der Ductus sublinguales minores s. Rivini in die Mundhöhle. Mit ihrer kaudalen Partie steigt die Drüse am Alveolarrande dorsal empor und reicht im übrigen so weit kaudal, dass sie dorsal mit den Zungen-Gaumenpfeilerdrüsen zusammen hängt, ebenso lehnt sie sich mit ihrem kaudalen Abschnitte ventral an die Gl. Bartholini an. Oral liegt sie ventral zu den beiden beschriebenen Ausführungsgängen, weiter kaudal umschliesst sie dieselben und erstreckt sich auch noch tief ventral unter dieselben, so dass ihr ventraler Rand noch über den freien oder Kehlrand der Mandibula nach unten herabreicht. Der orale Teil der Drüse liegt in einer Schleimhautfalte seitlich an der Zunge. Die dadurch gebildete leistenförmige Erhebung (der Sublingualiswulst) verliert sich kaudal in der seitlichen Zungenschleim- haut. Kaudal von der Kreuzung des N. lingualis mit dem Duectus submaxillaris lehnt sich die Rivinische Drüse so an die Bartho- linische Drüse an, dass sie nur schwer von letzterer abzutrennen ist. Die zahlreichen, gesondert mündenden Ausführungsgänge, «lie Ductus sublinguales minores s. Rivini sind im oralen Abschnitte der Drüse kurz, weiter kaudal wird ihre Länge ganz beträchtlich und sie kreuzen sich mit dem Ductus submaxillaris und Bartholini in- dem sie an der lateralen Seite gegen den Boden der Mundhöhle auf- steigen. Noch weiter hinten, wo die Drüse wieder näher der Mund- höhle kommt, sind die Ausführungsgänge kürzer. Die Mündungen dieser Gänge liegen seitlich unter dem Zungenrande, also an den kaudal ziehenden schmalen seitlichen Schenkeln des freien Mundhöhlen- bodens; nur eine kleine Gruppe derselben mündet schon oral in der Gegend der sublingualen Karunkel unter der Zungenspitze am Mund höhlenboden in das Cavum oris. III. Rodentia. Lepus cuniculus. Da meine Aufgabe ist, die Unterkieferspeicheldrüsen unserer sämtlichen Haussäugetiere zu untersuchen, so muss ich der Vollständigkeit halber auch das Kaninchen mit in das Bereich meiner Betrachtung ziehen, obgleich das Kaninchen, welches schen seit langer Zeit das gebräuchlichste physiologische Ver- suchstier ist und bereits genau anatomisch untersucht und be- schrieben worden ist. Es war deshalb von vornherein nicht zu erwarten, dass ich bei meinen makroskopischen Untersuchungen zu neuen Ergeb- nissen kommen würde. Über die submaxillaren Kopfdrüsen des Kaninchens ist folgendes bekannt: Die meisten Anatomen lehren, dass sich beim Kaninchen zwei submaxillare Drüsen, eine Gl. submaxillaris und eine Gl. sublingualis vorfinden. Ausserdem hat Bermann (6—9), wie ich bereits erwähnt habe, in der Submaxillaris noch einen besonderen zusammen- gesetzt tubulösen Drüsenteil beschrieben, der von dem übrigen Submaxillardrüsengewebe rings umgeben sein soll. Diese sog. Bermannsche Drüse wurde von Beyer (11), R. Heidenhain (49), Kamocki (54), Reichel (101) und anderen, wie ich ebenfalls schon angeführt habe, in der verschiedensten Weise ge- deutet. °Nur möchte ich noch hinzufügen, dass einige Autoren diesen Bermannschen Drüsenkomplex als Gl. sublingualis aufgefasst haben, obwohl sie einen grösseren Ausführungsgang für diese Drüsenmasse nicht nachweisen konnten. Nach Chievitz (20), der unter Gl. sublingualis eine mit einem langen Gange nahe dem Ductus submaxillaris mündende, also eine ein- mündige, eingangige Drüse versteht, fehlt dem Kaninchen eine Sub- lingualis, während nach ihm kleinere, zwischen Zunge und Proc. alveo- laris mit mehreren kleinen Gängen mündende Drüsen, welche er Gl. alveolo-linguales nennt, auch beim Kaninchen vorhanden sein sollen. Reichel (101) fand beim Kaninchen zwar starke, zur Seite der Zunge gelegene Schleimdrüsen, den Bartholinischen Gang vermisste er aber auch. Auch Ranvier (98) und Zumstein (120) beschreiben beim Kaninchen nur eine Submaxillaris und eine Sublingualıs. In seiner Anatomie des Kaninchens berichtet W. Krause (57) wie die meisten Autoren von einer Gl. submaxillaris und von einer Gl. sublingualis. Ausserdem beschreibt er als Anhang zur Gl. sub- maxillaris noch ein Läppchen von 3—4 mm Länge, von 0,3— 0,4 mm Dicke. Dasselbe liegt nach Krause allseitig von dem Ge- webe der übrigen Submaxillaris umgeben in meist nur geringer Ent- fernung von den in den Hilus der Gl. submaxillaris eintretenden stärkeren Blutgefässen und Ausführungsgängen, unterscheidet sich aber wesentlich durch seine besondere mikroskopische Struktur von dem übrigen Submaxillargewebe. 438 G. ILLING, Obwohl die Unterkieferspeicheldrüsen des Kaninchens von vielen Forschern untersucht worden sind, so sieht man doch aus den angeführten Literaturangaben, dass die betr. Drüsen keineswegs übereinstimmend beschrieben wurden. Nach meinen eigenen Untersuchungen verhalten sich die submaxillaren Speicheldrüsen beim Kaninchen wie folgt: Zunächst ist submaxillar eine Drüse zweifellos und wohl ausgebildet und abgegrenzt vorhanden, welche als Gl. sub- maxillaris im engeren Sinne bezeichnet werden muss. a) Die @l. submaxillaris ist von rundlicher, etwa eiförmiger Gestalt, 11/a—1?/a cm lang, %a—1'/a cm breit und !Ja—!1/» cm diek. Sie liegt medial vom oralen Teile des Ansatzes des M. ptery- goideus medialis, ventral von der Fascie bedeckt, kaudal grenzt sie an den ventralen Teil der Gl]. parotis. Im Kehlgange stösst sie in der Medianlinie mit der Drüse der anderen Seite zusammen, dorsal von ihr liegt der M. mylohyoideus. Dadurch, dass diese Drüse von unten her auf diesem Muskel sitzt, dass sie also ausserhalb des von beiden Mm. mylohyoidei und eventuell von den Mm. myloglossi gebildeten sub- lingualen, beide Unterkiefer verbindenden Muskelgurtes liegt, charak- terisiert sich dieselbe als Gl. submaxillaris. Sie besitzt einen gemein- samen Ausführungsgang, in den alle ihre kleinen Gänge münden. Dieser, der sog. Whartonsche Gang, Ductus submaxillaris, verlässt die Drüse im oralen Drittel an der dorsalen Fläche, verläuft dann an der lateralen Seite der Ursprungssshne des M. digastricus sich mit der- selben in schräger Richtung kreuzen«d nach oro-dorsal, gelangt amı kaudalen Rande des M. mylohyoideus über denselben hinweg und verläuft dann dorsal von der Gl. Rivini an der lateralen Fläche des M. hyo- elossus und genioglossus mundwärts und medianwärts und mündet dann neben dem Frenulum linguae nahe den Schneidezähnen am freien Mundhöhlenboden also unter der Zungenspitze (sublingual) in das Cavum oris. Ausser der Submaxillardrüse finde ich beim Kaninchen nur noch eine kleine submaxillar bezw. sublingual gelegene Drüse, die mit vielen Gängen gesondert in die Mundhöhle mündet und die ich deshalb Gl. sublingualis Rivini nenne. Eine Gl. sublingualis Bartholini ist nicht vorhanden. b) Die Rivinische Sublingualdrüse ist länglich-viereckig, 10— 15 mm lang, 3—5 mm breit und ca. 2 mm dick. Sie liest seitlich von der Zunge, dorsal vom M. mylohyoideus, im Boden der Mundhöhle, an dem sie mit mehreren kleineren Ausführungsgängen, Vergl. makrosk. u. mikrosk. Untersuchungen ete. d. Haussäugetiere. 439 Ductus sublinguales minores s. Rivini in die Mundhöhle mündet. Sie reicht von der Kreuzungsstelle des N. lingualis mit dem Ductus sub- maxillaris bis zur Gegend des oralen Backenzahnes und noch in den zahnlosen Zwischenraum hinein. Sie liegt also prälingual. Eine retro- linguale Drüse ist nicht vorhanden. Schlussbetrachtung. Nach den Ergebnissen meiner an neun Tierarten ange- stellten Untersuchungen liegen bei den Haussäugetieren be- züglich der makroskopischen Verhältnisse der sog. submaxil- laren Speicheldrüsen nicht unwesentliche Verschiedenheiten vor. Die Gl. submaxillaris ist bei allen Tierarten zugegen. Die sub- lingualen Drüsen dagegen sind entweder beide vorhanden oder es fehlt eine derselben oder ist nur rudimentär entwickelt. Nach diesen von mir konstatierten Verschiedenheiten kann man zwei Gruppen von Haustieren unterscheiden. I. Es sind alle drei submaxillaren Drüsen vorhanden, nämlich: l. Die ausserhalb des vom M. mylohyoideus zwischen beiden Unterkieferhälften gebildeten Muskelgurtes gelegene Gl. submaxillaris mit dem an der Caruncula sublingualis mündenden Ductus submaxillaris s. Whartoni. 2. Zwei innerhalb dieses Muskelgurtes bezw. dorsal von dem- selben gelegene sublinguale Drüsen, nämlich: a)Die Gl. sublingualis Bartholini mit einem gemein- samen, alle kleinen Ausführungsgänge aufnehmenden, nahe den Schneidezähnen und dicht neben der Median- ebene am freien Mundhöhlenboden sublingual mün- denden Ausführungsgange, dem Ductus sublingualis major s. Bartholini. b)Die Gl. sublingualis Rivini mit zahlreichen kleinen, seitlich, sublingual gesondert mündenden Gängen, den Ductus sublinguales minores s. Rivini. 440 G. ITLLING, Alle diese drei Drüsen findet man bei Hund, Katze, tind, Schaf, Ziege und Schwein. Bezüglich der Lage der beiden sublingualen Drüsen muss man aber wieder zwei Gruppen unter den genannten Tierarten unterscheiden, nämlich: 1. Tiere, bei denen die beiden sublingualen Drüsen hinter- einander liegen (Hund, Katze, Schwein), 2. solche, bei denen dieselben übereinander liegen (Rind, Schaf, Ziege). Bei den ad 1 genannten Tieren muss man wieder unter- scheiden: a) Tiere, bei denen die beiden sublingualen Drüsen, die Gl. sublingualis Bartholini und die Gl. sublingualis Rivini gleichmässig gut ausgebildet und relativ gross sind (Sch wein), b) Tiere, bei denen die Gl. sublingualis Bartholini relativ gut ausgebildet, die Gl. sublingualis Rivini aber nur rudimentär vorhanden ist (Hund und Katze). Wollte man nach dem Verhalten der Drüsen bei einigen Tierarten nach Zumstein die Drüse mit dem gemeinsamen Ausführungsgange Gl. retrolingualis und die mit den kleinen Gängen als Gl. sublingualis bezeichnen, dann würde man sagen müssen: Eine Glandula retrolingualis besitzen: Hund, Katze, Rind, Schaf, Ziege und Schwein. Dagegen würde im Sinne Ranviers eine eigentliche Glandula retrolingualis, also eine Drüse, die der Gl. sub- maxillaris anliegt, deren einer grosser, gesonderter Ausführungs- gang mit jenem der Submaxillaris aber stets unabhängig von demselben verläuft und die, wie schon der Name sagt, voll- ständig retro also rückwärts (aboral, kaudal) von der Kreuzungs- stelle von N. lingualis mit dem Ductus submaxillaris gelegen ist, nur dem Hunde, der Katze und dem Schweine zukommen. Vergl. makrosk. u. mikrosk. Untersuchungen etc. d. Haussäugetiere. 441 II. Es sind nur zwei submaxillare Drüsen vorhanden und zwar: die Gl. submaxillaris und die Gl. sublingualis Rivini, während die Gl. sublingualis Bartholini feblt. (Pferd, Esel und Ka- ninchen.) Theoretisch muss man, abgesehen von dem eventuellen Fehlen beider sublingualen Drüsen, was wohl abgesehen etwa von den Cetacea bei keinem Säugetier vorkommen dürfte, noch eine dritte Gruppe unterscheiden. Ill. Es sind nur die Gl. submaxillaris und die Gl. sub- lingualis Bartholini vorhanden, während die Rivinische Drüse fehlt. Unter den von mir untersuchten Tierarten kommt dieses Verhältnis nicht vor, aber bei Hund und Katze haben wir den Übergang von Gruppe I zu Gruppe III, indem die Rivinische Drüse nur als ein ganz kleines rudimentäres Gebilde vor- handen ist. Das Lagenverhältnis der sogenannten sublin- gualen Drüsen zum N. lingualis und dessen Kreuzung mit dem Ductus submaxillaris gestaltet sich bei den einzelnen Tierarten wie folgt: 1. Thatsächlich retrolingual (d. h. rückwärts, kaudal von der erwähnten Kreuzungsstelle des N. lingualis) liegt die Gl, sublingualis Bartholini der Fleischfresser und des Schweines. 2. Prälingual (d. h. oral von der Kreuzungsstelle des N. lingualis mit dem Ductus Whartoni) liegen die Glandulae sublinguales Rivini der Fleischfresser, des Schweines und des Kaninchens. Dagegen liegt die Kreuzungsstelle weder vor noch hinter, sondern vielmehr derart an oder in der Gl. sublingualis Rivini, dass man dieselbe danach in zwei Teile, einen prä- und einen retrolingual gelegenen Abschnitt teilen könnte. So ist es bei Pferd, Esel, Rind, Schaf und Ziege. 442 G. ILLING, 3. Die Gl. sublingualis Bartholini liegt prälingual von der Kreuzungsstelle und ventral von der Gl. sublingualis Ri- vini bei Rind, Schaf und Ziege. Aus diesen Thatsachen ergiebt sich, dass die Benennung der sublingualen Drüsen nach ikrem Lagenverhältnis zum N. lingualis, wie dies Ranvier vorschlägt, nicht durchführbar ist. Kämen beide Drüsenarten beim Menschen vor und hätten sie bei diesem die erwähnte Lage, wie sie sich bei den Fleisch- fressern und dem Schweine findet, dann liesse sich die betr. Benennung rechtfertigen. In der vergleichenden Anatomie werden bekanntlich die anatomischen Teile vielfach nach ihrem Verhalten beim Menschen benannt, gleichgültig wie sie sich bei den Tieren verhalten. Ein Muskel kann also z. Be maximus heissen, der bei den Tieren sich durch geringe Grösse auszeichnet, oder er kann extensor genannt werden, trotzdem er bei den Tieren ein Beuger ist US SENV- Die fraglichen beiden Drüsen kommen aber bei den Menschen nicht in der Weise vor, dass die Benennung Gl]. retrolingualis und Gl. sublingualis für den Menschen berechtigt und eingeführt wäre. Nach dem Verhalten anatomischer Teile, also im vorliegen- den Falle der fragl. Drüsen etwa bei den Fleischfressern oder dem Schweine etc. die Benennung zu wählen, ist aber nicht angängig und nicht usuell. Man muss also eine andere Benen- nung als die von Ranvier vorgeschlagene für die Drüsen ein- führen und zwar auf Grund einer charakteristischen makroskopischen oder mikroskopischen Eigentümlichkeit oder nach Art der Genesis der Drüsen. Die am meisten konstante Eigentümlichkeit der Drüsen ist die Art und der Ort der Mündung ihres ausführenden Apparates. Die Lage einer Drüse, ihr grober Bau und ihre histologische Beschaffenheit und die Natur ihres Sekretes ist nicht so wichtig Vergl. makrosk. u. mikrosk. Untersuchungen etc. d. Haussäugetiere. 443 für die Beurteilung der Homologie einer Drüse wie die Art und Weise der Mündung ihres ausführenden Apparates. Die Stelle, bezw. die Stellen, wo der oder die Ausführungsgänge einer Drüse münden, ist der Ort, wo die Drüsenanlage beim Fötus entstanden ist. Man kann daher, worauf Wiedersheim eindringlich hinweist, die Homologie von Drüsen am besten beurteilen nach der Art und Weise ihrer Ausmündung. Was die beiden hier speziell in Frage kommenden Drüsen anlangt, so kann man makroskopisch, wie wir gesehen haben, eine Unterzungendrüse unterscheiden, welche mit einer grösseren Anzahl von Ausführungsgängen seitlich unter der Zunge mündet, bei der also vieleMündungen, Stomata, vorhanden sind und eine solche, deren Ausführungsgänge alle in einen zusammenlaufen, der mit einer Öffnung, einem Stoma nahe den Schneidezähnen fast median unter der Zunge ausmündet. Sonach kann man von einer polystomatischen (vielfach [multipel| mündenden) und einer monostomatischen (ein- mündigen, einfach mündenden) Sublingualdrüse reden. Man würde demnach sprechen von einer Glandula sub- lingualis polystomatica und von einer Glandula sublingualis monostomatica. Die erstere entsteht also beim Fötus aus einer Epithel- leiste, bezw. einer Anzahl Epithelzapfen seitlich am Mund- höhlenboden, während die letztere sich in Form eines Epithel- zapfens anlegt, der dicht neben der Medianebene und dicht hinter der Zahnleiste in das Mesenchym hineinwächst. Danach könnte man auch sämtliche Drüsen des Körpers in diese beiden Gruppen einreihen. Da es aber auch Drüsen giebt, die nicht mit einem oder vielen, sondern mit zwei bis drei oder mehreren, aber immerhin nur wenigen Gängen münden, so könnte man die erwähnte Einteilung noch erweitern indem man auch distomatische, pleostomatische oder oligostomatische Drüsen unterscheidet. 444 G. ILLING, Im nachfolgenden histologischen Teile werde ich die von mir eingeführte Benennung der heiden sublingualen Drüsen an- wenden. B. Histologisches. Meine mikroskopischen Untersuchungen, durch welche ich die in der Einleitung erwähnten Fragen zu lösen suchte, habe ich auf dieselben Tierarten erstreckt, bei denen ich auch die anatomischen Verhältnisse dieser Drüsen festgestellt habe, nämlich auf: Hund, Katze, Pferd, Esel, Rind, Schaf, Ziege, Schwein und Kaninchen. Für die histologischen Untersuchungen wurde das zu unter- suchende Material in folgender Weise vorbereitet. Bei soeben getöteten Tieren wurden in der oben beschriebenen Weise die Drüsen möglichst schnell herauspräpariert. Sodann schnitt ich sofort aus verschiedenen Stellen noch lebenswarmer Organe kleine Würfel von nicht über einen halben Centimeter Seite heraus und brachte dieselben sofort in die Fixierungsflüssigkeit. Als solche be- nutzte ich durchgängig eine heissgesättigte Sublimat-Kochsalzlösung mit Zusatz von etwas Eisessig, nachdem ich vorher zahlreiche Ver- suche mit der sog. Podwysotzkyschen Lösung (1°/o Chromsäure 15 cem, t/2°/o Sublimatlösung 15 cem, 2°/o Osmiumsäure 4 ccm und Essigsäure 6 bis 8 Tropfen) angestellt hatte. Während die Sublimat- methode durchweg ausgezeichnete Resultate ergab, hatte die relativ recht kostspieligee Pod wysotzky sche Methode die gewünschten Er- folge absolut nicht, zumal nicht bei der höchst kapriziösen Färbung mit Safranin und Lichterün S. Deshalb sah ich schliesslich von dem Gebrauche dieser Fixierunesmethode ganz ab. Nach der Fixie- rung in der Sublimatlösung, in der die Objekte vierundzwanzie Stunden verblieben kamen dieselben zunächst vierundzwanzig Stunden in fliessen- des Wasser, dann behufs Härtung nach und nach in Alkohol von 70 °/o, 80 9/0, 90 %/o mit Zusatz von Jodtinktur, 95 °/o und schliesslich in absoluten Alkohol. Nach vollendeter Härtung folgte das Einbetten der Objekte in Paraffin oder Celloidin in bekannter Weise. Von dem in Paraffin einge- betteten Materiale stellte ich Schnitte von durchschnittlich 2—4 u Dicke her. Von den in Celloidin eingebetteten Drüsenstücken fertigte ich mit dem kleinen Celloidinmikrotom (nach Ebner-Weichselbaum) Schnitte von 8-10 u Dicke an. Die Paraffinschnitte befestigte ich mit Wasser auf dem Objektträger; ich habe, wenn die Präparate vierundzwanzig Stunden bei 35° ©. im Thermostaten gelegen hatten, ein Ablösen der Schnitte vom Objektträger bei der nachfolgenden Behandlung (Färbung, Auswaschen, Entwässern, Aufhellen ete.) nie beobachten können. Bei der Färbung der Schnitte hatte ich vor allem zwei Ziele im Auge, nämlich eine möglichst gute Schleimreaktion zu erhalten und möglichst deutlich die Sekretkapillaren zur Anschauung ‘zu bringen. Diesen Zielen gemäss habe ich auch die Auswahl unter den zahlreichen Farbstoffen getroffen, welche den Histologen der Neuzeit zur Ver- fügung stehen. Um die Frage zu lösen, ob in den Drüsenzellen und event. in den Zellen der ausführenden Kanäle, bezw. auch in dem etwa in den Drüsenhohlräumen und dem ausführenden Apparate vor- handenen Sekretmateriale Mucin enthalten sei oder nicht, habe ich verschiedene Doppelfärbungen in Anwendung gebracht, bei denen die schleimhaltigen Zellen und Sekrete eine andere und zwar deutlich hervortretende Färbung annehmen sollten als die übrigen Elemente und Gewebe der Drüsen. Ich habe speziell vier Doppelfärbungen be- nutzt, nämlich: Delafieldsches Hämatoxylin — Eosin oder Kongorot, Muchämatein — Erythrosin, Hämalaun — Mucikarmin und Hämaulaun — Bismarckbraun. Bei allen diesen vier Methoden erhielt ich sehr befriedigende Resultate; ich färbte daher die Schnitte jeder Drüse mindestens einmal mit jedem dieser vier Farbgemische. Ausser diesen schon länger bekannten Schleimfarben machte ich noch Gebrauch von der neuerdings in die Farbtechnik als Schleim- reagentien eingeführten Farbstoffen Toluidinblau und Thionin. Doch musste ich, wie dies auch viele andere Untersucher beobachtet haben, die unangenehme Erfahrung machen, dass sich die mit diesen Farbstoffen tingierten Präparate nicht aufbewahren liessen, und dass die prächtige metachromatische Färbung sofort verschwand, wenn man die betr. Präparate in Alkohol brachte. Für eine momentane Unter- suchung sind also diese Methoden sehr gut verwendbar. Will man aber die Präparate aufbewahren, um später Kontroll- und Vergleichs- untersuchungen vorzunehmen, dann sind diese Methoden nicht zu ver- wenden. Weil die Färbung der schleimhaltigen Zellen bei Anwendung dieser Farbstoffe eine so schöne und scharf hervortretende war, habe ich mich bemüht die diesen Färbungen anhaftenden Nachteile zu be- seitiren. Ich habe zu diesem Zwecke versucht, den diesen Farbstoffen nachteiligen Aufenthalt im Alkohol möglichst abzukürzen; trotzdem musste ich aber in jedem Falle die unangenehme Erfahrung machen, dass die im Balsam eingeschlossenen schön gefärbten Präparate mit der Zeit mehr und mehr verblassten und sich nach Wochen geradezu als unbrauchbar für die Untersuchung erwiesen. Es gelang in keinem Falle verwendbare Dauerpräparate herzustellen. Demnach musste ich von der weiteren Benutzung dieser Farbstoffe absehen. Zum Studium der Sekretkapillaren und des Kitt- und Schlussleisten- 446 G. ILLING, netzes benutzte ich regelmässig die Eisenalaunhämatoxylin- methode nach M. Heidenhain mit immer gleich guten Resultaten; ich färbte dabei öfterer mit dünner wässeriger Lösung von Erythrosin oder Rubin S nach. In anderen Fällen untersuchte ich die Prä- parate bei dieser Methode auch ohne die gen. Nachfärbungen in An- wendung zu bringen. Nach verschiedenen Vorversuchen verfuhr ich bei meinen Unter- suchungen im allgemeinen so, dass ich die Schnitte jeder Drüse zu- nächst einmal mit den vier zuerst angegebenen, für den Schleimnach- weis bestimmten Farbstoffgemischen und ausserdem nach der M. Heiden- hainschen Methode färbte, und nun die nach fünf Methoden gefärbten Schnitte mikroskopisch untersuchte; darauf kontrollierte ich die erhal- tenen Resultate bei jeder Drüse an neuen Schnitten noch vier- bis sechsmal, d. h. ich entnahm die Drüsenstücke vier bis sechs verschie- denen Individuen jeder Tierart und verschiedenen Stellen der einzelnen Drüsenkomplexe; bei den Kontrolluntersuchungen benutzte ich aber nur das Delafieldsche Hämatoxylin mit Nachfärbung mit Eosin und dasEisenalaunhämatoxylin. Es würde mich viel zu weit führen, wollte ich die Resultate aller angewandten Färbemethoden im einzelnen eenau beschreiben. Ich würde ausserdem im wesentlichen auch nur Bekanntes angeben können. Deshalb werde ich mich darauf be- schränken, bei «der Schilderung meiner Untersuchungs-Ergebnisse gelegentlich interessante Färbungsresultate anzugeben und etwaige Ver- schiedenheiten in der Färbung der Drüsen der verschiedenen Tierarten an der betr. Stelle hervorzuheben. Ich will nur noch bemerken, dass ich die Drüsenschnitte auch zum Nachweise der Muskelelemente mit Pikrokarmin und Säurefuchsin-Pikrinsäure und zum Nach- weise der elastischen Fasern mit Fuchsin-Resorcin gefärbt habe. Bevor ich auf die Ergebnisse meiner mikroskopischen Unter- suchungen übergehe, möchte ich noch ganz allgemein auf eine immer wiederkehrende interessante T’hatsache aufmerksam machen. Die Verschiedenheit des Epithels der Gänge von dem der Endstücke geht (ganz abgesehen von der Gestalt und mikroskopisch nachweisbaren Struktur der einzelnen Zellen) schon aus ihrem Verhalten gegen die Tinktionsmittel hervor. So er- scheint das Epithel der Schaltstücke, der Speichelröhren und der Speichelgänge z. B. bei der Färbung mit Delafieldschen Hämatoxylin und Eosin rot und bei der Färbung mit Säure- fuchsin-Pikrinsäure und Vorfärbung mit Delafieldschen Häma- toxylin gelb. Im roten resp. im gelben Zellleibe liegt dann der Vergl. makrosk. u. mikrosk. Untersuchungen etc. d. Haussäugetiere. 447 tiefblau gefärbte Kern. Demgegenüber sind die Schleimzellen der Drüsenendstücke je nach ihrem Füllungszustand mehr oder weniger blau gefärbt u. s. w. Das Epithel der Sekretröhren reagiert auf die verschiedenen Farbstoffe (Eosin etc.) noch lebhafter und schärfer als das der Schaltstücke und Sekretgänge. Interessant ist auch das Ver- halten des eventuell in den ausführenden Kanälen vorhandenen Inhaltes, also eventueller Sekretansammlungen. In gemischten Drüsen färbt sich das in den Sekretröhren und Sekretgängen ent- haltene Sekret in der Regel nicht mit den sog. Schleimfarben, es wird also bei Färbung mit Delafieldschem Hämatoxylin und Eosin nicht blau, sondern in der Regel rot, selten blau und rot ge- färbt, während das Sekret in den Drüsenendstücken die rein blaue Farbe annimmt. Nur in den reinen Schleimdrüsen wird auch das in den Sekretgängen vorhandene Sekret blau gefärbt. Es geht aus dieser Beobachtung hervor, dass sich in den gemischten Drüsen in den ausführenden Kanälen ein eiweissreiches seröses Sekret findet, dessen Mucingehalt kein sehr erheblicher ist oder welches eine mucigene Substanz (eine Vorstufe des Mucins) ent- hält, welche noch die Eiweissreaktion giebt. Das Epithel der Sekretröhren secerniert zweifellos eine seröse Flüssigkeit und kein Muein. Das ergiebt sich aus der Reaktion der Epithel- zellen selbst und des in den Sekretröhren enthaltenen Sekretes mit Sicherheit. Ausserdem ist auch darauf hinzuweisen, dass hie und da auch kleine seröse, sehr selten Schleim-Einzeldrüsen in die Sekretröhren und Sekretgänge münden. Dem aus den Drüsenendstücken den Sekretröhren zugeführten Sekrete wird hier also noch ein rein seröses Sekret beigemischt, so dass der eventuelle Mucingehalt des Sekretes relativ geringer werden muss. Um Wiederholungen zu vermeiden, möchte ich noch erwähnen, dass alle von mir untersuchten Drüsen Läppchen- drüsen sind, deren einzelne Läppchen durch Bindegewebe mit- einander verbunden resp. voneinander getrennt werden. Die Anatomische Hefte. I. Abteilung. 79/80. Heft (25. Bd. H. 2/3. 30 448 G. ILLING, grossen Ausführungsgänge liegen im Interstitialgewebe. Die zahlreichen kleinen im Parenchym liegenden Gänge verästeln sich in der bekannten Weise baumförmig, in der Regel dichotomisch oder trichotomisch; seltener gehen mehr als zwei Äste von einem Punkte ab. Um die Drüsen herum liegt eine mehr oder weniger dicke Bindegewebskapsel. Die grösseren Gefässe, Nerven und Ganglien liegen meist im Interstitialgewebe und begleiten die grösseren Kanäle. Von den nachfolgenden bezüglich des Baues ihrer Unter- kieferspeicheldrüsen zu besprechenden Tierarten sind nur die Carnivoren und das Kaninchen bereits von zahlreichen Forschern einer Untersuchung unterzogen worden. Die Ergebnisse ihrer Untersuchungen werden, insoweit sie für die vorliegende Arbeit in Betracht kommen, bei der Schilderung meiner eigenen Unter- suchungen besprochen und eventuell kritisch gewürdigt werden. Die Untersuchungen der Autoren beziehen sich zum grossen Teile nicht auf den gesamten Bau der Drüse, sondern nur auf einzelne Teile und auf die Lösung ganz spezieller Fragen. Systematisch vergleichende Untersuchungen über den histologi- schen Bau der mich beschäftigenden Drüsen bei einer grösseren Anzahl von Tierarten sind, wie ich aus der Literatur ersehe, nur im physiologischen Institut in Dresden von Ellenberger und unter seiner Leitung von Kunze vorgenommen worden. Dieselben erstreckten ihre Untersuchungen auf Pferd, Rınd, Schaf, Schwein, Hund und Katze. Sie haben also die betr. Drüsen des Esels, der Ziege und des Kaninchens, die von mir ebenfalls unter- sucht worden sind, nicht mit in den Bereich ihrer Betrachtung ge- zogen. Da sich die Mitteilungen der beiden genannten Forscher zugleich auf alle die erwähnten Tierarten erstrecken, so sollen bereits hier in der Einleitung um Wiederholungen zu vermeiden, die Untersuchungs- ergebnisse der beiden Autoren, mit denen ich meine Ergebnisse zu ver- gleichen haben werde, kurz erwähnt werden. Bei der Schilderung meiner Untersuchungsbefunde werde ich an entsprechender Stelle auf dieselben zurückkommen. Kunze (61) untersuchte die Submaxillaris und die Sublingualis von Rind, Schaf, Schwein und Hund. Seine Resultate über die Su b- Vergl. makrosk. u. mikrosk. Untersuchungen ete. d. Haussäugetiere. 449 maxillaris, die sich auf alle vorhergenannten Haussäugetiere be- ziehen, fasst er am Schlusse seines Artikels mit folgenden Worten zu- sammen: „Die Drüsenhohlräume sind meist rund und nur vereinzelt kommen längliche Schläuche vor. Die Membrana propria ist sehr zart und aussen mit länglich spindelförmigen Kernen versehen. Muskel- elemente sind im Zwischengewebe nur spärlich vertreten; ausserdem bemerkt man, dass in der Membrana propria vereinzelt vieleckige oder vielstrahlige, von «den Farbstoffen gefärbte Zellen, die dem Zwischen- gewebe anzugehören scheinen und sowohl als Stütz- wie als Nerven- zellen aufgefasst werden können, vorhanden sind. Das bindegewebige Zwischengewebe ist sehr zellreich und enthält sowohl platte als stark protoplasmatische Bindegewebszellen und viel Leukocyten. Nach innen von der Membrana propria findet man fast in jedem Hohlraum einen oder mehrere halbmondförmig oder sichelförmig gestaltete, mehrere Kerne enthaltende, bei Anwendung von Farbstoffen gefärbte Figuren, die sog, Gianuzzischen Halbmonde, die sich als Komplexe von kleinen Randzellen markieren. Die eigentlichen Drüsenzellen bleiben ungefärbt. Der Gestalt nach erscheinen die Zellen wie aufgetriebene gequollene Würfel oder Cylinder, so dass sie sich demgemäss der Kugelgestalt nähern. Dazwischen kommen jedoch auch einfach kubische und stark gekörnte Zellen vor. Zwischen den die Schleimzellen führen- den Acini finden sich noch solche, welche mit Zellen ausgestattet sind, die ganz und gar den Parotiszellen gleichen. In dem blassen durchsichtigen Zellleibe bemerkt man ein feines Netz, welches aus dünnen zarten Fädchen gebildet wird, welche von der Zellgrenze radiär gegen das Centrum gehen und sich miteinander verbinden. Bei gewöhnlicher Beleuchtung erscheinen die Zellen stark gekörnt, bei Hinzuziehung des Abb&schen Apparates und Betrachtung mit Ölimmersion verschwindet die Körnung und der Zellleib erscheint gleichmässig, nicht granuliert.“ Nach dieser allgemeinen Zusammenfassung hebt Kunze dann die charakteristischen Unterschiede der betr. Drüse der einzelnen Tier- arten hervor. Hierauf werde ich bei der Schilderung meiner Unter- suchungsergebnisse an entsprechender Stelle zurückkommen. Ellenberger giebt sowohl in seiner Abhandlung „Bau der Drüsen der Mundhöhle der Haussäugetiere“ (37), als auch in seinem Hand- buch der vergleichenden Histologie und Physiologie der Haussäuge- tiere (26, 27) und seinen Grundrissen der vergleichenden Histologie der Haussäugetiere (28, 29) eine allgemeine Beschreibung des histo- logischen Baues der Unterkieferdrüsen unserer Haussäugetiere und er- wähnt dabei die speziellen Merkmale dieser Drüsen bei den einzelnen Tieren. Auch die Angaben dieses Autors sollen aus den erwähnten Gründen bereits hier in der Einleitung Erwähnung finden und zwar speziell nach den Auslassungen desselben in dem Artikel „Bau der 30* 450 G. ILLING, Drüsen der Mundhöhle der Haussäugetiere.“ Da dieser Autor in seinen übrigen diesen Gegenstand betreffenden und schon genannten Publikationen dieselbe Ansicht wie in dem erwähnten Artikel vertritt, so brauche ich auf dieselben nicht weiter einzugehen. Über die Submaxillaris schreibt Ellenberger: „Die Submanxillaris ist eine acinöse Drüse mit vereinzelt vor- kommenden schlauchartigen Hohlräumen. Die Acini haben oft eine länglich ovale Gestalt. Die meisten Hohlräume sind mit den vor- stehend beschriebenen Schleimdrüsenzellen ausgekleidet und enthalten Halbmondbildungen, die beim Pferde und der Katze sehr gross, beim Hunde klein, beim Schwein eross und zahlreich sind und oft rundum laufen. Vereinzelt kommen zwischen den Schleimzellen auch solche Zellen vor, die den Parotiszellen vollständig gleichen. Eine Anzahl der Drüsenhohlräume sind ganz und gar mit diesen Eiweisszellen aus- gestattet; die Drüse ist also zum grössten Teil Schleim-, zum kleineren Eiweissdrüse. Das Zwischengewebe enthält ebenso wie das der vor- genannten Drüsen Muskelelemente und bei den Wiederkäuern auch begrenzte Partien eytogenen Gewebes. Die Submaxillaris des Schafes zeichnet sich durch sehr trübe Schleimzellen aus und nähert sich so den Eiweissdrüsen. In der Nähe des Hauptausführungsganges nimmt die Drüse den tubulösen Charakter an. Die Tubuli sind mit Schleim- zellen versehen, enthalten aber keine Randzellenkomplexe. Die Streifung des Epithels ist in den Speichelröhren der Katze nicht vorhanden, beim Hunde und Schweine undeutlich, beim Schaf und Rind dagegen sehr scharf ausgeprägt. In dem Warthonschen Gange kommen mehr Muskulatur, mehr Becher vor, als in dem Stensonschen Gange. Beim Schweine fehlen die Becher. Das Epithel der grossen Gänge ist fast durchgängig zweischichtig, die Zellen sind hoch und hyalin, der Kern sitzt tief. Die Nerven derselben liegen sehr dicht unter dem Epithel, ebenso die zahlreichen Gefässe.“ Über die Sublingualis aller untersuchten Haussäugetiere berichtet Kunze (61): „Die Drüsenhohlräume sind vielfach rundlich, mitunter länglich gestaltet, ja es kommen Stellen vor, in denen die Drüse fast tubulös erscheint. Die Membrana propria ist sehr zart und dünn. Das binde- gewebige Zwischengewebe teilweise sehr zellreich; Muskelelemente sind auch hier vorhanden. Die Gestalt der Zellen ist mehr rundlich, ver- einzelt länglich eylindrisch, ihre Grenzen sowie das im Zellleibe be- findliche Fädchennetz deutlich sichtbar. Die Randzone der Zellen tingiert sich stärker als der übrige Zellleib; halbmondförmig gestaltete Figuren sind nur undeutlich ausgebildet. Die Kerne liegen durch- gängig randständig, von rundlicher bis ovaler Form; mit verschiedenen zahlreichen Kernkörperchen versehen.“ : Ellenberger (37) schreibt über die Sublingualis unserer Haus- säugetiere: Vergl. makrosk. u. mikrosk. Untersuchungen etc. d. Haussäugetiere. 451 „Die Sublingualis aller in Betracht kommenden Tiere lässt den Charakter einer echten Schleimdrüse erkennen. Der Form der Hohl- räume nach bilden die Drüsen eine Übergangsform zwischen acinösen und tubulösen Drüsen. Besonders an dem Ausführungsgange kommen bei Hund und Katze Läppchen von tubulösen Drüsen vor. Beim Schwein kommen in der Sublingualis seröse Läppchen vor. Die Halb- monde sind klein, die Acini gross und oft Tubuli vorhanden. Die die Hohlräume auskleidenden Zellen erscheinen hyalin und nur in der Randzone gekörnt. Der Zellleib baut sich aus einem zarten Fädchen- netz mit weiten Maschen auf, in welchen eine gleichmässige schleimige Masse sich befindet. Die Seitenflächen der Zellen erscheinen durch eine Membran geschlossen. Die Zellkerne liegen peripher, dicht an der Membrana propria der Hohlräume. Ausser den Schleimdrüsen- zellen beobachtet man in den Drüsenräumen noch das Vorkommen von Halbmonden die in der Sublingualis des Pferdes und der Wieder- käuer klein sind, eine mondsichelartige Gestalt haben, während sie in der Sublingualis des Hundes sehr gross erscheinen, ja oft den ganzen Acinus einnehmen. Sie enthalten mehrere Kerne und färben sich mit Farbstoffen dunkel, sie sind dunkler, trüber als die Drüsenzellen und gröber gekörnt.“ Zu den Angaben der beiden genannten Autoren über die Gl. sublingualis muss ausdrücklich bemerkt werden, dass beide es unterlassen haben, zu betonen, welche der beiden Sublingual- drüsen von ihnen untersucht worden ist. Sie sprechen nur von der Sublingualis im allgemeinen; sie haben also offenbar das Vorhandensein zweier Sublingualdrüsen gar nicht beobachtet. Man weiss also nicht, auf welche der beiden Drüsen sich ihre Angaben beziehen. Ich werde später zeigen, dass ich auf Grund meiner Untersuchungsergebnisse einen Schluss darauf ziehen kann, welche Drüsen von Ellenberger und von Kunze untersucht worden sind. Im nachstehenden gebe ich eine Schilderung der Ergebnisse meiner histologischen Untersuchungen der drei in Betracht kommenden Drüsen. I. Carnivora. 1. Canis familiarıs. a) Die Gl. submaxillaris des Hundes ist schon sehr oft und von vielen Forschern in Bezug auf ihren mikroskopischen 452 G. ILLING, Bau untersucht worden. Es existiert deshalb in dieser Richtung bereits eine bedeutende Litteratur. Da meine Untersuchungen im wesentlichen darauf gerichtet sind, die Frage des Vor- kommens, des Baues etc. der beiden sublingualen Drüsen zu untersuchen und da das im engeren Sinne als submaxillare Drüse bezeichnete Organ nur der Vollständigkeit und des Ver- gleiches halber in den Bereich meiner Betrachtung gezogen wurde und da endlich das bezüglich der engeren Aufgabe meiner Arbeit zu bearbeitende und zu berücksichtigende litterarische Material ungemein reichhaltig ist, so würde es mich zu weit führen, hier die Ergebnisse der Untersuchungen aller Forscher zu schildern, die sich mit der Submaxillardrüse des Hundes be- schäftigt haben. Ich werde mich deshalb darauf beschränken, in Kürze die Ergebnisse meiner eigenen Untersuchungen zu schildern und dabei besonders wichtige abweichende oder übereinstimmende Angaben anderer Untersucher zu erwähnen. ') Im mikroskopischen Bilde der Submaxillaris des Hundes sieht man die Drüsenendstücke teils in Form runder und ovaler Durchschnitte, teils in kurzer, gebogener Röhren, teils in der Art von unregelmässig geformten, verschieden grossen Hohlraumdurchschnitten. Die Betrach- tung zahlreicher Schnitte führte mich zu der Überzeugung, dass die Drüsenendstücke kürzere oder längere, gewunden oder geschlängelt ver- laufende, mit einer einschichtigen Zelllage austapezierte, sich mehrfach eabelnde, auch wohl mit kurzen, am Ende erweiterten Seitenästen aus- eestattete Schläuche darstellen, die mit wand- und endständig sitzenden Ausbuchtungen (Alveolen) versehen sind und infolgedessen wohl als Alveolengänge bezeichnet werden können, wenn damit auch keines- wegs gesagt werden soll, dass die seitlich aufsitzenden Alveolen dicht aufeinander folgen müssen. Die Drüse kann sonach nicht als eine alveoläre Drüse bezeichnet werden. Sie stellt eine Zwischenstufe zwischen den tubulösen und alveolären Drüsen dar und muss als tubulo-alveolär bezeichnet werden. An der einfachen Zelllage der Drüsenschläuche 1) Der Kürze halber werde ich in der folgenden Beschreibung die Aus- drücke: Schleim-tubuli oder -alveoli, seröse Tubuli und Alveoli und gemischt- zellige Tubuli und Alveoli anwenden, wenn die betr. Endstücke mit Schleim- zellen oder mit serösen Zellen oder mit beiden Zellarten ausgekleidet sind. Vergl. makrosk. u. mikrosk. Untersuchungen ete. d. Haussäugetiere. 453 sitzen da, wo an deren Enden und Seitenwänden die alveolären Aus- buchtungen vorhanden sind, die bekannten sog. Halbmonde. Diese liegen als flacher Überzug auf den alveolär erweiterten Enden der Schläuche und an den seitlichen alveolären Ausbuchtungen derselben derart, dass sie diese wie eine Kappe bedecken. Die Alveolengänge sind umgeben von einem feinen Netze fibrillären Bindegewebes und besitzen eine dünne subepitheliale Basalmembran von homogenem glän- zenden Aussehen. Bei genauer Betrachtung konstatiert man, dass sich in diesem Glandilemma einige schmale, länglich-ovale bezw. spindel- förmige Kerne befinden. Es handelt sich hier um die Seitenansicht, bezw. den Durchschnitt des bekannten, aus stabförmigen Fortsatzzellen bestehenden Zellkorbes, der vielleicht in eine strukturlose Cutieula ein- gebettet ist. Das die Alveolengänge auskleidende Drüsenepithel besteht aus Zellen von meistens niedrig cylindrischer Form. Die Zellen sind ziemlich breit und scheinen oft auch von polygonaler oder rundlicher Form zu sein. Sie färben sich durch Delafieldsches Hämatoxylin leicht blau, zuweilen auch dunkler blau. Der Kern dieser Zellen sitzt immer an der Basis und ist mehr oder weniger abgeplattet, oft auch gezackt und chromatinreich. Er färbt sich mit den Kernfärbmitteln ziemlich intensiv und fast gleichmässig. Das Protoplasma dieser Schleimzellen, denn solche sind es, wie die beobachteten Schleimreaktionen ergeben, stellt die sog. retieuläre Substanz Schiefferdeckers (105) dar. Diese bildet ein den ganzen Zellleib einnehmendes feines netzartiges Gerüstwerk mit poly- gonalen Maschen, in denen die fixierten Sekretmassen, in Form von kleinen Schüppchen oder Schollen liegen. Das Lumen dieser Schleim- tubuli richtet sich nach dem Füllungszustand der Zellen. In den Tubuli mit prall sekretgefüllten Schleimzellen sieht man überhaupt kein Lumen. In den Tubuli mit weniger gefüllten Zellen erscheint das Lumen auf dem Längsschnitt als ein mehr oder weniger breites Band und auf dem Querschnitt als ein bald runder bald ovaler Fleck; je leerer die Zellen sind um so grösser und klaffender wird das Lumen. In diesem Falle erscheint der lichte Raum meist mit einer sich mit Delafield- schem Hämatoxylin blau färbenden, fädigen Masse angefüllt. Sekret- kapillaren zwischen den Schleimzellen, wie diese R. Krause (59) in den aus echten Schleimzellen bestehenden Halbmonden der Gl. sub- maxillaris der Mangusten beschreibt, konnte ich in meinen Präparaten, abgesehen von den Stellen, wo Halbmonde liegen und wo Fort- sätze bezw. Kapillaren dieser Randzellkomplexe zwischen Schleimzellen hindurch nach dem Lumen führten, nie beobachten. Dem erweiterten Ende eines jeden Tubulus resp. dem Ende jeder kleinen Abzweigung desselben und jedem seitlich dem Tubulus ansitzenden Alveolus sitzt wie eine kleinere oder grössere, stets sehr flache Kappe ein Halbmond, d. h. ein kleiner oder grösserer Komplex von in dieser Drüse niedrigen 454 G. ILLING, Randzellen auf. Natürlich treten nicht alle Bestandteile der Halb- mondzellen, da die Halbmonde selbst gerade in der Gl. submaxillaris des Hundes nur klein bezw. sehr niedrig sind, immer deutlich hervor. Die Halbmonde erscheinen im Schnitt immer nur als flache Mond- sicheln, fast niemals als halbmondähnliche Bildungen. Der Zellkörper der Halbmondzellen ist meistens aufs dichteste mit feinen Körnchen erfüllt, die viel kleiner sind als die Sekretkörner in den Schleimzellen. In der Regel besitzt jeder Randzellkomplex nur zwei, seltener mehr Kerne, von nahezu sphärischer oder auch etwas zackiger Form, von denen jeder wieder einen, selten zwei Nucleoli enthält. Oft besitzt auch der Kern eine schalenförmige Gestalt, so dass er im optischen Schnitt halbmondförmig erscheint. Die Grenzen zwischen den einzelnen Zellen der Halbmonde sind nicht deutlich zu sehen. Es gelang mir nur selten trotz Anwendung der Heidenhainschen Methode, trotz euter Ölimmersionen und der grössten Aufmerksamkeit und Sorgfalt beim Präparieren und Untersuchen intercelluläre Sekretkapillaren deut- lich zu sehen. Sie erschienen dann sehr kurz und waren relativ un- deutlich wahrzunehmen. Bei der Kleinheit der Halbmonde, d. h. der geringen Höhe seiner Zellen war dies auch nicht anders zu erwarten. Immerhin geht aus der Thatsache, dass ich manchmal Sekretkapillaren wahrnahm, hervor, dass dieselben zweifellos stets vorhanden und zum Abführen des Sekrets der Randzellen bestimmt sind. Man sieht öfter, dass von den Halbmonden aus und zwar meist von der Mitte der- selben ein Fortsatz oder eine Kapillare zwischen zwei Schleimzellen hindurch gegen das Lumen zieht. Neben den Endstücken mit Halb- monden, kommen in der Submaxillaris auch noch solche Tubuli vor, die nur Schleimzellen, aber keine Halbmonde enthalten. Diese bieten aber nichts besonderes. Alle Endstücke, d. h. die secernierenden Tubuli bezw. Alveolengänge gehen in kurze, enge Kanälchen, die sog. Scehaltstücke über. Die Schaltstücke treten, wie sie von v. Ebner (27, R. Krause (58) u. a. beschrieben wurden und wie ich soeben erwähnte, als kurze, enge aus den Endstücken hervorgehende Röhrchen auf, die sich wiederholt mit anderen vereinigen und schliesslich in die Sekretröhren münden. Vom Stamm aus beschrieben kann man sie als mehrfach sich teilende Röhrchen bezeichnen. Die dieselben aus- kleidenden Epithelzellen sind entwedar von kubischer oder abgeplatteter länglicher Form, mit relativ grossem Kern und zeigen keine basale Auffasserung bezw. Längsstrichelung oder 'stäbehenförmige Differen- zierung. Sie sind dadurch von den Zellen der Speichelröhren scharf unterschieden. Die Zellen der Schaltstücke heben sich beim Übergang derselben in die Endstücke von den Schleimzellen deutlich ab. Auf das kurze Schaltstück folgt die Speichelröhre. Wie Boll (15, 16), v. Ebner (25), R. Heidenhain (49), Klein (55), Lavdowsky (68), Pflüger (96) u. a. angegeben haben, besteht das Epithel in den grösseren Sekretröhren aus hohen und schmalen, in den kleinen aus niedrigeren Cylinderzellen. Die Kerne der Zellen sind rundlich Vergl. makrosk. u. mikrosk. Untersuchungen etc. d. Haussäugetiere. 455 oder oval und liegen in der Mitte des schmalen Zellleibes oder sogar etwas mehr eentral, also in der dem Lumen zugekehrten centralen Zellhälfte. Diese Zellen der Speichelröhren zeigen peripher eine feine, basale radiäre Strichelung bezw. Längsstreifung, die oft auch durch die ganze Zelle hindurchgeht aber nicht immer deutlich zu sehen ist. Diese Längsstreifung bezw. stäbchenförmige Differenzierung der Epithelzellen ist das einzige charakteristische Merkmal der Sekretröhren. Eine euti- culare basale Zellmembran besteht nicht, denn man kann genau sehen, dass dort, wo sich das Epithel von dem dasselbe umspinnenden Binde- gewebe losgelöst hat, der Zellleib in einem seiner Breite entsprechenden feinen, parallelstreifigen Faserpinsel endet. Die Speichelröhren gehen in Sekretgänge (Speichelgänge) über, die mit einem niedrigen Cylinderepithel bezw. kubischen Epithel ausgekleidet sind, ein grosses weites Lumen und eine deutliche bindegewebige Wand besitzen und von grossen Mengen von Bindegewebe umgeben sind. In den grösseren Gängen wird das Epithel zweischichtig, die Bindegewebswand dicker, und die umliegenden, perikanalären (peritubären) Bindegewebsmassen grösser. Das zweischichtige Epithel der Gänge besteht aus einer ober- flächlichen Schicht von Cylinderzellen und einer tiefen Schicht kleiner Zellen; erstere besitzen längliche, letztere runde oder ovale Kerne. Eine stäbchenförmige Differenzierung dieser Zellen wird zum Unter- schied von denen der Speichelröhren nicht beobachtet. Die Sekret- gänge liegen immer interlobulär, umgeben von einer grösseren Menge von Bindegewebe, welches elastische Fasern, event. Muskelzellen, Ge- fässe, Nerven und Ganglien enthält; dagegen liegen die Sekretröhren direkt im Parenchym und nur von einer geringen Menge von Binde- gewebe umgeben, welches nicht massiger ist, als das Interstitialgewebe, das die einzelnen Tubuli untereinander verbindet. Einzeldrüsen, seröser oder muköser Natur, die direkt in die Gänge münden, habe ich beim Hunde nicht gesehen. Der grosse gemeinsame Ausführungsgang, der Ductus submaxillaris s W hartoni, besteht beim Hunde, wie dies schon Ellenberger (37) und Kunze (61) gezeigt haben, aus drei Schichten, Epithel, bindegewebiger Innenschicht (Mucosa) und fibröser Aussenschicht. Das Epithel besteht aus einem mehrschichtigen Cylinderepithel, das kurz vor der Mündung in ein mehrschichtiges Plattenepithel übergeht. Die Innenschicht besteht aus Bindegewebe, elastischen Fasern und einzelnen Muskelfaserbündeln. Die Adventitia zeigt den bekannten Bau. b) Im Gegensatz zu der reichen Litteratur über die Sub- maxillaris des Hundes gab es bis vor kurzem, bevor die Arbeit von Maximow (79) erschien, in der Litteratur nur äusserst spärliche Angaben über den feineren Bau der Gl. sublingualis monostomatica s. Bartholini des Hundes. Es existierten 456 G. ILLING, darüber nur die Arbeiten von Beyer (11), Langley (66), Seidemann (107) und Stöhr (112), ausserdem einzelne An- gaben von Ellenberger (37) und Kunze (6l). Bei meinen Untersuchungen fand ich die Angaben von Maximow zum grossen Teile bestätigt und stimmen deshalb die nachfolgenden Mitteilungen über meine Untersuchungs- ergebnisse in vielen Punkten mit Maximows Angaben überein. Im mikroskopischen Bilde sieht man neben runden, ovalen und gebogenen schlauchförmigen Durchschnitten, ganz unregelmässige, lang- gezogene Räume mit alveolären Ausbuchtungen. Die mikroskopischen Bilder der von mir hergesteilten Schnitte aus der Sublingualis monostomatica machten auf mich den Eindruck, als wenn die Drüse aus verästelten, weiten, an sehr vielen Stellen unregelmässig ausgebuchteten, stark ge- wundenen und geschlängelt verlaufenden hscchen bestehe. Diesen Eindruck hat auch schon Maximow (79) gehabt, wie dies aus seiner Beschreibung hervorgeht. Betrachtet man das Epithel der Drüsenend- stücke näher, so sieht man und zwar auf den ersten Blick, dass wir es hier mit einer gemischten Drüse zu thun haben. Man sieht einmal Endstücke, die ausgefüllt sind mit charakteristischen Schleimzellen, und stellenweise periphere, den Schleimzellen anliegende, fein granulierte, dunklere, halbmondförmige Gebilde, die sich bei näherer Untersuchung als echte Halbmonde bezw. Komplexe scheinbar seröser Randzellen darstellen. Neben diesen Endstücken finden sich Durchschnitte, die ausschliesslich dunkel gekörnte, einen nahezu central gelegenen rund- lichen Kern bergende, also seröse Zellen enthalten. Schliesslich kommen auch solche Tubuli in der Drüse vor, die nur Schleimzellen aber keine Halbmonde enthalten. Letztere finden wir, wie dies auch Maximow aufgefallen ist, hauptsächlich in der Nähe der grösseren Ausführungs- gänge. Darin kann ich Maximow aber nicht beistimmen, wenn er sagt, dass die Zahl der serösen Zellen in der ganzen Drüse durch- eimtirlie h viel grösser sei, als die der Schleimzellen ; ebensowenig habe ich die Amgabe Beyers (11) bestätigt gefunden, dass die Tubuli, welche nur Schleimzellen enthalten, vorherrschen. Ich habe vielmehr gefunden, dass weitaus die grösste Zahl der Tubuli ein gemischtes Drüsenepithel enthält, nämlich Schleimzellen mit ty pischen Halbmonden. Wenn ich aber ausdrücklich betont habe, dass man in den mikro- skopischen Bildern der angefertigten Schnitte auch Hohlräume findet, die nur seröse Zellen een so lasse ich doch die Frage dahinge- stellt, ob wirklich rein seröse Tubuli vorkommen; wird beim Ferlegen der De in Schnitte bei einzelnen Schläuchen zufällige nur ein Rand- zellkomplex von Schläuchen die gemischtes Epithel enthalten, so ge- troffen, dass im Schnitt auch das Ende des Lumens des Schlanehen oder der Alveole liegt, dann sieht man im mikroskopischen Bilde kleine Vergl. makrosk. u. mikrosk. Untersuchungen etc. d. Haussäugetiere. 457 Hohlräume, in denen nur seröse Zellen sich befinden, die sich um ein kleines Lumen ordnen. In anderen Fällen sieht man nur ein rundes Häufchen seröser Zellen ohne das centrale Lumen. In diesem Falle sind beim Schneiden nur die Wandzellen getroffen, ohne dass der Schnitt durch das Lumen gegangen ist. Über die Schleimzellen selbst ist relativ wenig zu sagen; sie haben die übliche Form und gleichen im allgemeinen den Schleimzellen der Submaxillaris. Es ist nur noch zu erwähnen, dass die in dem Maschenwerk des Zellleibes liegenden sphärischen, schollenartigen Sekretkörner grösser und schärfer begrenzt sind; und sich deshalb etwas deutlicher abheben als in der Submaxillaris. Nach der Form sind die serösen Zellen unregelmässig prismatisch oder mehr pyramidenförmig. Zwischen ihnen bemerkt man sehr deutliche und weite, mit typischen, an Eisenalaunhämatoxylin- präparaten hervortretenden Schlussleisten versehene Sekretkapillaren, die gerade hier in der monostomatischen Gl. sublingualis des Hundes sehr oft mit Sekret erfüllt sind. Diese Sekretmassen wurden in den Zellen, also intracellulär zuerst von Retzius (103) und dann von E. Müller (88) als konstant vorkommender Bestandteil der mensch- lichen Submaxillaris nachgewiesen und mit dem Namen Sekretvakuolen belegt. : R. Krause (59) wies dann nach, dass diese Sekretvakuolen nichts weiter seien als Sekrettropfen, da dieselben nicht allein in den serösen Zellen, sondern auch in den Sekretkapillaren angetroffen werden. Die Krauseschen Angaben kann ich nur bestätigen. Ich fand die Sekrettropfen in den Zellen und zwischen ihnen in den Sekret- kapillaren. Die Sekretkapillaren kommen überall vor, wo sich seröse Zellen befinden. Im sog. Schleimepithel konnte ich keine nachweisen. Sie liegen intercellulär oder wie Oppel (94) will, epicellulär, sind kurz und wenig verzweigt und erreichen die Membrana propria niemals, sondern erstrecken sich nur ungefähr bis zur Höhe des Kernes der serösen Zellen. Die Halbmondzellen haben denselben Bau wie die Zellen in den sog. serösen Endstücken. Sie bilden Wandzellkomplexe, die viel grösser sind als die in der Submaxillaris des Hundes; infolge- dessen sind auch die einzelnen Zellen und die Sekretkapillaren viel deutlicher zu sehen. Die Wandzellkomplexe liegen an den Enden der Tubuli oder an den alveolären Ausbuchtungen. Die Formen der Randzellkomplexe sind ausserordentlich mannigfaltig; oft senden sie feine protoplasmatische Fortsätze aus, die sich keilförmig zwischen die Schleimzellen gegen das Lumen hin erstrecken. Die Halbmonde be- sitzen meist drei bis vier oder auch noch mehr Kerne, ein Zeichen, dass sie aus ebenso viel Zellen bestehen. Die Grenzen zwischen den einzelnen Zellen der Halbmonde sind bei den gewöhnlichen Fär- bungen und an ungefärbten Präparaten relativ undeutlich. Die Drüsenendstücke besitzen eine ausgeprägte Membrana propria; diese ist am deutlichsten an den Stellen des Tubulus, wo die Schleim- 458 G. ILLING, zellen anliegen. Hier sieht man deutlich, dass die Membrana propria aus platten, in der Seitenansicht spindelförmigen Zellen mit ovalen bezw. platten Kernen besteht. Manchmal sieht man auch sternförmige Zellen. Es handelt sich hier um die bekannten Korbzellen. Das bindegewebige Gerüst, welches die einzelnen Tubuli und Läppchen voneinander trennt bezw. miteinander verbindet und sie umgiebt und träst, zeigt in der unikanalären Gl. suhlingualis eine ausserordentlich mächtige Entfaltung. Dasselbe zeichnet sich ausserdem noch aus durch seinen reichen Gehalt an morphologischen Elementen. Was letztere anlangt, so kommen sowohl Leukocyten, die bisweilen‘ reihenförmig angeordnet sind und ganze Strassen zwischen den Tubuli bilden, als auch Bindegewebszellen. vor, die sich scheinbar durch zarte protoplasma- tische Ausläufer miteinander verbinden. Ausserdem findet man im interstitiellen Gewebe, vorzüglich bei älteren Hunden, Fettzellen. Der in den Ausführungsgang übergehende Abschnitt des Drüsen- schlauches ist in der Regel mit Schleimzellen ausgekleidet. Diese gehen allmählich in das Epithel der ausführenden Kanälchen über; sie werden immer kleiner und niedriger und erhalten eine rundliche, oft unregelmässige Form und schliesslich treten an ihre Stelle kleine niedrige, platte Epithelzellen. Diese niedrigen, auf einer struktur- losen Basalmembran aufsitzenden Epithelzellen setzen sich oft eine Strecke weit fort. Den eben beschriebenen Teil des ausführenden Apparates betrachte ich als Schaltstück. Auf diese Schaltstücke folgen die Speichelröhren mit dem stäbchenförmig differenzierten Epithel. Ich habe in allen Präparaten gefunden, dass man Speichelröhren hier viel seltener zu Gesicht bekommt als in der Submaxillaris, auch ist hier die basale radiäre Strichelung der Zellen weniger deutlich aus- geprägt als dort; doch kommen immerhin beim Hunde Speichelröhren, wenn auch relativ selten, vor, während wir, wie wir später sehen werden, in der betr. Drüse der Katze die typischen Speichelröhren ver- missen. Die Speichelröhren gehen dann in Speichelgänge über, die zunächst ein einschichtiges später ein mehrschichtiges Cylinderepithel erkennen lassen. Die grösseren Gänge vereinigen sich schliesslich zum Ductus sublingualis major s. Bartholini. Dieser ist ausgekleidet, wie Steiner (110), v. Ebner (25), Schiefferdecker (105) bei den Menschen gefunden haben und wie ich dies bezüglich der Tiere bestätigen kann, mit einem Öylinderepithel in doppelter Lage. Zunächst kommt eine oberflächliche Lage hoher Cylinderzellen, mit erossen, lJängs-ovalen Kernen. Dann folgt eine zweite Schicht niedriger, mehr kubischer Zellen mit rundlichen Kernen. Die Zellen der zweiten Schicht schieben sich zwischen die spitz nach unten zu laufenden oberen Oylinderzellen ein. Nach aussen vom Epithel folgt eine zellen- reiche Bindegewebslage mit elastischen Fasern und vereinzelten Muskel- Vergl. makrosk. u. mikrosk. Untersuchungen etc. d. Haussäugetiere. 459 faserbündeln; eine subepitheliale Basalmembran fehlt. An der Mündungs- stelle geht das Cylinderepitbel in mehrschichtiges Plattenepithel über, ganz wie im Ductus submaxillaris. c) Da bis jetzt noch keine Angaben über den feineren Bau der Gl. sublingualis polystomatica s. Rivini in der Litteratur existieren, so verdient dieselbe eine besondere Beachtung. Ein Blick auf das mikroskopische Bild der Schnitte dieser Drüse genügt, um sofort den frappanten Unterschied zu erkennen, der zwischen ihr und der Gl. submaxillaris sowohl, als ganz besonders zwischen ihr und der Gl. sublingualis monostomatica besteht. Während dort seröse und muköse Elemente nebeneinander vorkommen, findet man hier die Drüsentubuli ausschliesslich mit Schleimzellen ausgekleidet. Was die Form der Drüsenräume in dieser Drüse betrifft, so habe ich, der ich allerdings nur Schnittpräparate untersucht habe, den Eindruck ge- wonnen, dass dieselben sehr weite, gewundene, sich vielfach verästelnde Schläuche darstellen, die an ihren Enden kolbig aufgetrieben er- scheinen. Die diese Schläuche auskleidenden Schleimzellen gleichen im allgemeinen den der Gl. submaxillaris. Doch möchte ich noch er- wähnen, dass man durch die Fixation mit Sublimatkochsalzlösung die Sekretmassen vornehmlich gut koaguliert findet, und dass das intra- celluläre Netzwerk mit den runden Maschen ganz besonders deutlich hervortritt. Der ganze Zellleib wird von diesem zarten protoplasma- tischen Gerüstwerk gebildet, dessen natürlich vielfach miteinander kommunizierende Maschen von ungefähr sphärischen, mit Delafield- schem Hämatoxylin mattblau und bei Anwendung der M. Heiden- hainschen Färbemethode graugelb gefärben Körnern eingenommen sind. Die Lamellen des protoplasmatischen Gerüstwerkes sind dünn und lassen keine innere Struktur erkennen und werden mit Delafield- schem Hämatoxylin dunkelblau und mit Eisenalaunhämatoxylin tief schwanz tingiert. An der Basis der Zelle sammelt sich meist das Protoplasma zu einer oft dichteren Masse an, die dunkler gefärbt er- scheint und den platten Kern mit nur selten erkennbaren Kern- körperchen hindurchschimmern lässt. Die Membrana propria finden wir gerade hier, wo wir nur Schleimzellen haben, relativ stark entwickelt und mit ziemlich dicht gelagerten spindelförmigen platten Kernen (den Kernen der Korbzellen) durchsetzt, denen eine dünne kernhaltige Bindegewebslage, die auch Muskelzellen enthält, aussen an- Jiegt, so dass oft, . wenn der Tubulus etwas schräg getroffen ist, Bilder von ganz flachen Halbmonden vorgetäuscht werden. Die Membrana propria ist, wie gesagt, ziemlich derb und mit sternförmigen Fortsatz- zellen, deren Fortsätze sich untereinander verbinden, ausgestattet. Zwischen den einzelnen Tubuli finden sich immer nur geringe Mengen von Bindegewebe, welches viel weniger zellreich ist, namentlich weniger Leukoeyten enthält, als das der unikanalären Gl. sublingualis. In dem 460 G. ILLING, intraglandulären (bezw. intertubulären) Gewebe kommen einzelne Muskel- zellen vor. Echte Schaltstücke konnte ich in keinem Präparat kon- statieren. Man sieht zwar Ausführungsgänge, welche die direkte Fort- setzung der Schleimtubuli darstellen und mit ovalen oder niedrig eylindrischen bezw. kubischen oder auch spindelförmigen, mit verhält- nismässig grossem, von einer sparsamen Zellsubstanz umgebenem Kern ausgestatteten Zellen austapeziert sind; diese Röhrchen sind aber viel weiter als die mir bekannten Schaltstücke anderer Speicheldrüsen. Weiterhin habe ich auch keine Sekretröhren mit dem charak- teristischen Epithelbelag gefunden. Die eben beschriebenen, direkt aus den Drüsenendstücken hervorgehenden Kanälchen mit dem weiten Lumen und dem kubischen Epithel setzen sich, indem sich diejenigen mehrerer Primär-Läppchen miteinander zu etwas grösseren Gängen vereinigen, bis zur Mundhöhlenschleimhaut fort. Nahe der Mündungs- stelle in das Cavum oris tragen sie ein mehrschichtiges Plattenepithel, wie die Mundhöhlenschleimhaut, in welche ihre Wand übergeht. Diese Gänge stellen die Duetus sublinguales minores (Rivini) dar. Nach vorstehendem sind also die Gl. submaxil- laris und die Gl. sublingualis monostomatica des Hundes gemischte Drüsen, während die Gl. sub- lingualis polystomatica eine reine Schleimdrüse darstellt. 2. Felis domestiea. a) Wie die Gl. submaxillaris des Hundes, so ist auch die der Katze schon mehrfach mikroskopisch untersucht worden, aber in der Regel nur auf eine bestimmte spezielle Frage hin. So haben Altmann (l), E. Müller (88), R. Krause (59), H. Küchenmeister (60) u. a. die Gl. submaxillaris der Katze speziell auf die Halbmondfrage geprüft. Kolossow (56) benutzte ausser anderen Objekten ganz besonders die Submaxillaris der Katze, um zu zeigen, dass nicht nur die sezernierenden Elemente einer und derselben Art, sondern auch verschiedenartige Drüsenzellen miteinander durch Inter- cellularbrücken in organischer Verbindung stehen, dass also z. B. Schleimzellen mit den Elementen der Halbmonde in dieser Weise zusammenhängen. Allgemeine Angaben über die Katzen- Vergl. makrosk. u. mikrosk. Untersuchungen etc. d. Haussäugetiere. 461 Submaxillaris existieren ausserdem von Ellenberger und Kunze (37) und von Ranvier (98). Der letztere bezeichnet die Submaxillaris der Katze als eine rein muköse Drüse, während sie von Ellenberger und Kunze als eine Schleimdrüse mit Halbmonden, also im anderen Sinne als eine gemischte Drüse beschrieben wird. Bei meinen Untersuchungen konnte ich feststellen, dass die Gl. submaxillaris der Katze in vielen Punkten mit der des Hundes übereinstimmt, dass aber auch erwähnenswerte Unter- schiede zwischen beiden bestehen. Die Drüsenendstücke haben bei beiden Tieren dieselbe Form; es sind also kürzere oder längere Schläuche mit flachen alveolären Aus- buchtungen, also Alveolengänge. Diese Gänge sind mit Schleimzellen, die sich genau wie beim Hunde verhalten, ausgekleidet. Daneben sieht man noch zahlreiche, relativ schmale, den Tubulus lange Strecken umsäumende Halbmonde, die wie schon R. Krause (59) berichtet, nicht wie beim Hunde immer nur am Ende eines jeden Tubulus liegen und diesem wie eine Haube aufsitzen, sondern vielmehr den Schleim- tubulus in grösserer Ausdehnung mantelartig umgeben. Die Rand- zellkomplexe umscheiden also im mikroskopischen Bilde einen ganzen Alveolus- oder Tubulusdurchschnitt ringförmig (Fig. 4, A. e.). Von einer wirklichen Halbmondform kann natürlich bei diesen merkwürdigen Wandzellkomplexen der Katze keine Rede sein. Der Quer- und Schrägschnitt durch die Alveolengänge täuscht uns diese mondsichel- artigen Formen vor, während die Wandzellkomplexe in Wirklichkeit, wie erwähnt mantelartige, Stücke der Alveolengänge umhüllende, Ge- bilde sind. Infolge der grossen Ausdehnung der Wandzellkomplexe enthalten dieselben oft zahlreiche Kerne; die Grenzen zwischen den einzelnen Zellen der Randzellkomplexe sind aber auch hier undeutlich. Trotz- dem kann man mit der Eisenalaunhämatoxylin-Methode intercelluläre Sekretkapillaren zwischen den Zellen dieser Randzellkomplexe relativ deutlich darstellen, ein Beweis dafür, dass die einzelnen Zellen doch entgegen dem Anschein bei anderen Färbungen wenigstens mit ihrem centralen Abschnitte deutlich voneinander geschieden sind, und dass wir es hier mit echten Halbmonden und nicht etwa mit Verdiekungen der Membrana propria oder Schrägschnitten derselben oder mit den un- echten (den Stöhrschen) Halbmonden, d. h. mit Gruppen abgearbeiteter, von sekretgefüllten an die Wand gedrückter, sekretleerer Schleimzellen zu thun haben. Die Sekretkapillaren reichen vom Lumen aus nur eine kleine Strecke zwischen die Zellen vor, erreichen die Peripherie 462 G. ILLING, nicht und dringen nicht in die Zellen ein. Die Membrana propria ist ziemlich dünn und zeigt keine sichtbare Struktur. Auch das inter- stitielle Gewebe ist hier wie an der Gl. submaxillaris des Hundes relativ spärlich vorhanden und arm an morphologischen Elementen. Typische Schaltstücke, wie man sie in anderen Drüsen findet, und wie dieselben gewöhnlich beschrieben werden, konnte ich in dieser Drüse nicht konstatieren. Die secernierenden Tubuli d.h. die Drüsenendstücke gehen in sekretabführende Röhren über, die anfangs ein mehr oder weniger kubisches Epithel mit grossen runden bläschenförmigen Kernen haben; dieser Teil des abführenden Apparates entspricht funktionell den Schaltstücken anderer Drüsen, so dass man mithin diese Kanälchen ler Submaxillaris der Katze auch als Schaltstück bezeichnen kann, obgleich sie morphologisch mit den Schaltstücken anderer Drüsen nicht übereinstimmen. Später wird das Epithel der ausführenden Kanäle eylindrisch; die Zellen besitzen einen grossen ovalen Kern. Man muss diese Kanäle von welchen man zahlreiche Durchschnitte in jedem mikroskopischen Bilde findet, umsomehr als Speichelröhren (Fig. 4, A. i,) auffassen, als man zuweilen auch Längsstreifung, bezw. stäbehen- förmige Differenzierung ihrer Epithelzellen nachweisen kann. Ellenberger und Kunze (37) schreiben in Bezug auf diese Kanäle, die sie auch als Speichelröhren auffassen: „Die Streifung des Epithels ist in den Speichelröhren der Katze nicht vorhanden.“ Dieser Angabe kann ich aber nicht beistimmen. Ich habe vielmehr gefunden, dass die radiäre Streifung der Epithelzellen dieser Gänge zwar sehr selten, aber immerhin manchmal deutlich zu sehen ist. Die Thatsache, dass die Streifung meistens gar nicht, öfter undeutlich und nur selten ganz deutlich zu sehen ist, mag z. T. darin ihre Ursache finden, dass bei der Katze das Stäbchenepithel weniger typisch entwickelt ist; z. T. mag die Ursache aber auch in dem jeweiligen Sekretionszustand des Epithels der Speichelröhren zu suchen sein. Ausser diesen Sekret- röhren sieht man noch grössere Ausführungsgänge mit zweischichtigem Epithel und relativ weitem Lumen und bindegewebiger Wand, in der Muskelzellen nur selten wahrnehmbar sind. Der Ductus sub- maxillaris der Katze ist ebenso gebaut wie beim Hunde und zeigt keine bemerkenswerten Besonderheiten. b) Was ich von der Gl. sublingualis monostomatica des Hundes bezüglich der über diese Drüse angestellten Unter- suchungen gesagt habe, gilt noch in viel höherem Masse von dieser Drüse der Katze. Die Sublingualis monostomatica der Katze ist noch von keiner Seite speziell und in vergleichendem Sinne untersucht und beschrieben worden. In der Litteratur finden sich nur einzelne Angaben von Beyer (11), Ellenberger und Kunze (357) und Ranvier (98). Vergl. makrosk. u. mikrosk. Untersuchungen etc. d. Haussäugetiere. 463 Nach Ranvier ist die Gl. sublingualis monostomatica, die er als Gl. retrolingualis bezeichnet eine gemischte Drüse. Ellenberger und Kunze heben bei ihrer allgemeinen vergleichenden Übersicht der Speicheldrüsen unserer Haussäuge- tiere nur die hauptsächlichsten Merkmale der Sublingualis der Katze hervor, eine spezielle Beschreibung fehlt aber vollständig; namentlich geht aus ihren Angaben nicht hervor, ob sie die Gl. sublingualis monostomatica oder die Gl. sublingualis poly- stomatica untersucht haben, oder ob sich ihre Angaben auf beide Drüsen beziehen. Sie sprechen nur von der Gl. sublingualis der Katze im allgemeinen. Beyers Angaben über die Gl. sublingualis des Hundes beziehen sich zugleich auch auf die der Katze. In seiner Be- schreibung hebt er die einzelnen Unterschiede zwischen Hund und Katze hervor. Wenn er aber diese Drüse als völlig gleich- artig mit der Gl. submaxillaris dieser Tiere hinstellt, so kann ich dem nicht zustimmen, denn die Form der Hohlräume, die Randzellkomplexe und die Ausführungsgänge zeigen in beiden Drüsen ganz wesentliche Unterschiede. Um diese Unterschiede schlagend demonstrieren zu können, habe ich versucht einige ınikroskopische Schnitte herzustellen, welche beide Drüsen zu- gleich getroffen haben, so dass man in demselben mikroskopi- schen Bilde, ja sogar in demselben Gesichtsfelde, Teile beider Drüsen nebeneinander sehen kann. Es ist mir dies denn auch thatsächlich gelungen und ich habe nicht unterlassen, diese Verhältnisse auch bildlich darzustellen. (Fig. 4 A u. B) Die mikroskopische Untersuchung eines solchen Schnittes liefert sofort den Beweis, dass wir es hier d. h. bei der Sublingualis mono- stomatica der Katze mit einer gemischten Drüse zu thun haben, ent- gegen den Ausführungen von Ellenberger und Kunze (37), die dieselbe als eine echte Schleimdrüse beschreiben. Die serösen Zellen überwiegen sogar gegenüber den Schleimzellen und zwar dadurch, dass die Halbmonde bedeutend grösser sind. Der gemischte Charakter dieser Drüse tritt noch viel deutlicher hervor, als bei der betreffenden Drüse des Hundes. Sehr oft sieht man zwischen den Schleimtubuli mit Halb- Anatomische Hefte. I. Abteilung. 7980, Heft (26. Bd. H. 23) al 464 G. ILLING, monden Tubulidurchschnitte, welche nur seröse Zellen enthalten (Fig. 4 B f), diese sind aber mehr oder weniger erheblich kleiner als die Durchschnitte der anderen Tubuli; es handelt sich also offenbar um Schnitte durch Randzellkomplexe. Die Drüsenendstücke stellen blind- darmförmige, mit den verschiedenartigsten seitlichen Ausbuchtungen und Sprossen versehene Hohlräume, d. h. kurze und verzweigte Alveolen- gänge, dar. Man findet im mikroskopischen Bilde (Fig. 4 B und Fig. 5 B) der durch die Drüse gelegten Schnitte in der Mehrzahl runde, dann auch ovale, dann auch vereinzelte längliche, schlauch- förmig gebogene, endlich aber auch Durchschnitte mit seitlichen Aus- buchtungen, ähnlich den Verhältnissen wie wir sie an mikroskopischen Präparaten der Lunge und Milchdrüse sehen; nur dass dieselben hier nicht so unregelmässig und gross und vor allem, dass sie seltener sind. Wir haben also hier eine tubulo-alveoläre Drüse vor uns. Ausser- dem muss der Verlauf der Alveoleneänge auch geschlängelt sein, denn sonst wäre die Thatsache nicht zu verstehen, dass die runden Durch- schnitte vorwiegen und dass neben diesen auch viele gebogene längs und schief geschnittene Röhrchen im mikroskopischen Bilde zu sehen sind. Da diese bogigen Röhrchenstücke meist ohne alveoläre Anhänge sind, so geht daraus hervor, dass die Alveolen nicht dicht aufeinander folgen, sondern nur in grösseren Zwischenräumen vorkommen; sie sind z. T. länglich oval und können z. T. auch als ganz kurze, am Ende erweiterte Seitenästchen der Tubuli aufgefasst werden. Die Drüsenendstücke dieser Drüse sind wie die des Hundes sowohl mit Schleimzellen als auch mit serösen Zellen austapeziert; es besteht aber zwischen dem Bau der Drüse beider Tierarten in dieser Richtung doch ein wesentlicher Unterschied. Während wir in der betr. Drüse des Hundes 1. Tubuli mit nur serösen Zellen, 2. solche mit nur Schleimzellen und 3. Tubuli, die sowohl Schleimzellen als auch seröse (letztere in Form der Wandzellkomplexe) enthielten, vorfanden, kann ich bei der Katze nur solche mit serösen und solche mit gemischtem, aus Schleim- und serösen, Halbmonde bildenden Zellen bestehenden Epitbel konstatieren. Tubuli, die nur Schleimzellen enthalten, fand ich bei der Katze nicht. Die nur seröse Zellen enthaltenden Tubuli sind aber zweifellos sehr selten. Die Hauptmasse der Tubuli enthält ge- mischtes Epithel. Die Schleimzellen in den Schläuchen mit gemischten Epithel, die übrigens viel schleimreicher als die der Submaxillaris sind, liegen rund um das meist gar nicht sichtbare Lumen der Drüsen- schläuche und füllen dasselbe also meist ganz aus und werden in der Regel ringsum von Halbmonden umsäumt (Fig. 4 Be). Die Halb- monde sind ausserordentlich gross und besitzen oft sogar im Quer- schnitte zehn und mehr Kerne. Sie liegen manchmal ähnlich wie die Belegzellen der Drüsenschläuche der Fundusportion des Magens in alveolären Ausbuchtungen, oder aber sie umgeben die Schleimzellen geradezu röhrenförmig (im Schnitte also kranzförmig Fig. 4 B e), so (lass man kaum noch berechtigt ist, diese Wandzellkomplexe Halbmonde Vergl. makrosk. u. mikrosk. Untersuchungen etc. d. Haussäugetiere. 465 zu nennen und von Halbmonden zu sprechen. Die Zellgrenzen zwischen den einzelnen Zellen der Randzellkomplexe sind auch hier relativ un- deutlich ausgeprägt. Mit der Färbung nach M. Heidenhain lassen sich leicht lange, geschlängelt verlaufende und sich dabei stark ver- zweigende intercelluläre Sekretkapillaren darstellen. Der ganze Tubulus ist wie beim Hunde von einer deutlichen Membrana propria umgeben, die wie dort nicht selten Fortsatzzellen (Korbzellen) enthält. Die Tubuli, die nur seröse Zellen enthalten, bieten nichts besonderes, nur wäre zu erwähnen, dass intercelluläre Sekret- kapillaren vorhanden sind, die sich wie in den Randzellkomplexen ver- halten. Das interstitielle Gewebe ist in dieser Drüse der Katze ebenso wie in der betr. Drüse des Hundes ziemlich stark entwickelt und ent- hält auch relativ viele morphologischen Elemente (Fig. 4B hund 5 Bh). Sekretröhren konnte ich in meinen Präparaten nicht finden; hin- gegen kommen Schaltstücke vor, aber immerhin selten. Ihr Epithel ist entweder von kubischer oder abgeplatteter länglicher Form mit relativ grossem Kern und zeigt keine stäbehenförmige Differenzierung. Er ist dadurch von den Zellen der Speichelröhren scharf unterschieden, aber auch den Zellen der Tubuli, abgesehen von der Grösse und Form, durch die Beschaffenheit des Protoplasmas unähnlich. Die Zellen der Schaltstücke gehen unmerklich in die Drüsenzellen der Alveolen über. Daneben finden sich Gänge mit einschichtigem, kubischen Epithel und ziemlich weitem Lumen (Fig. 4 B k und 5B i) und ausserdem noch grössere Ausführungsgänge mit zweischichtigem Epithel und deutlich bindegewebiger Wand, die Muskelfasern und einzelne kleine Blut- gefässe enthält. Daneben liegen im interstitiellen Gewebe oft Nerven. Der Duetus sublingualis major s. Bartholini verhält sich wie beim Hunde (Fig. 5 B k). c) Auch die Gl. sublingualis polystomatica der Katze ist wie die des Hundes bis jetzt noch nicht untersucht und beschrieben worden. Die betr. Drüse verhält sich ähnlich wie beim Hunde. Sie erscheint uns auf den ersten Eindruck als eine reine Schleim- drüse und es ist daher nicht unwahrscheinlich, dass Ellen- berger und Kunze (37) bei ihrer Untersuchung nur diese Drüse untersucht haben und daher zu der Angabe gekommen sind, dass die Gl. sublingualis der Katze eine reine Schleimdrüse sei. Bei sorgfältiger Untersuchung kann man aber nachweisen, dass ganz vereinzelt kleine Halbmonde in dieser Drüse auftreten. Trotzdem könnte man dieselbe als eine Schleimdrüse bezeichnen. 3l* 466 G. ILLING, Auch das in den Ausführungsgängen vorhandene Sekret giebt die reine Schleimreaktion. Die Schleimzellen der Drüsentubuli "sind im allgemeinen sehr schleimreich und das protoplasmatische Gerüstwerk tritt an ihnen sehr deutlich hervor. In einigen Präparaten finde ich ein fleckiges, geradezu scheckiges Bild (Fig. 5 C). Die Schleimzellen sind in manchen Tubuli durch das Delafieldsche Hämatoxylin intensiv dunkelblau gefärbt, in anderen Tubuli haben die Schleimzellen die Farbe dagegen nicht angenommen, erscheinen vollständig hell, nur das feine protoplasmatische Netzwerk ist zu erkennen. Daneben findet man aber auch Tubuli, die helle und dunkle Schleimzellen neben- einander enthalten und zwar ist ganz besonders hervorzuheben, dass alle Schleimzellen überall ungefähr dieselbe Höhe haben (Fig. 5 C a). Es handelt sich hier zweifellos um verschiedene Funktions- stadien der Schleimzellen. Nur nebenbei möchte ich erwähnen, dass das Material dieser scheckig erscheinenden Präparate von einer Katze stammt, die getötet worden war, weil sie sich durch eine Nadel, die sich in den weichen Gaumen gespiesst hatte, eine grössere Verletzung zugezogen hatte. Infolge dieser Verletzung hatte dann die betr. Katze ca. 24 Stunden lang intensiv gespeichelt. In den Querschnitten mit ganz hellen Zellen findet man sichelförmige, durch Eosin rotgefärbte Gebilde, in denen ovale, mit dem Tubulusumfange gerichtete Kerne sitzen, zu denen aber Zellgrenzen nicht nachweisbar sind. Ich halte diese Gebilde nicht für Halbmonde, weil die runden Kerne, die Zell- grenzen und Sekretkapillaren vollständig fehlen. Es dürfte sich also um unechte Halbmonde handeln. Stellenweise liegen zwischen den Tubuli kleine Häufchen von rotgefärbten Zellen mit runden Kernen; diese Zellen sind aber nicht etwa Ganglienzellen, wie man leicht nach- weisen kann. Die Bedeutung dieser intertubulären Zellhäuf- chen ist mir nicht bekannt. Ganz wahrscheinlich sind es Zellen leukoeytären Ursprungs (Fig. 5 C n). Ebenso findet man an ganz vereinzelten Stellen echte helönniige Halbmonde, die den kolbig er- weiterten blinden Enden aufsitzen (Fig. 5 C e). Die Drüsenendstücke stellen gewundene, sich stark verästelnde, relativ weite Schläuche mit kolbig aufgetriebenen blinden Enden dar; seitliche Ausbuchtungen sind selten und dann sehr flach, so dass sie nicht als Alveolen bezeichnet werden können. Im mikroskopischen Bilde werden aber öfters Alveolen dadurch vorgetäuscht, dass die verästelten Endstücke an Abgangsstellen der Äste so getroffen werden, dass die Anfänge der abgehenden Äste schräg abgeschnitten werden und so als alveoläre Anhänge erscheinen. Auch dadurch, dass von einzelnen, einer Anzahl dicht aneinander liegender, gekrümmt verlaufender Endstücke Kappen abgeschnitten werden, während andere mehr längs getroffen sind, werden ebenfalls Alveolen vorgetäuscht. Im übrigen gilt von dieser Drüse dasselbe wie von der des Hundes. Umgeben sind die Drüsenschläuche von einer derben und leicht sichtbaren Membrana propria, die zahlreiche platte Zellen enthält. Das interglanduläre Bindegewebe ist mässig gut ent- Vergl. makrosk. u. mikrosk. Untersuchungen etc. d. Haussäugetiere. 467 wickelt und enthält wenig morphologische Elemente. Dafür kommen aber direkt unter der Schleimhaut in der Nähe der Ausmündungsstelle der Ductus sublinguales minores s. Rivini zahlreiche Lymphfollikel vor. Bezüglich des Vorkommens der nervösen Elemente in den Unter- kieferspeicheldrüsen der Katze überhaupt darf ich nicht unterlassen, darauf hinzuweisen, dass ich gerade bei diesem Tiere fast regelmässig in der Nähe grösserer Sekretgänge und grösserer Gefässe oder in der Drüsenkapsel grössere oder kleinere sehr deutliche Ganglien angetroffen habe (Fig. 5 r), während bei allen anderen Tieren solche nur sehr selten zu finden waren. Dieses häufige Vorkommen von Ganglien bei der Katze konstatiert man aber nicht allein bei den Speicheldrüsen, sondern auch bei anderen Organen, besonders den Geschlechtsorganen; eine Erklärung für diese auffallende Thatsache vermag ich nicht zu geben. Was nun den ausführenden Apparat der Gl. sublingualis polystomatica der Katze anlangt, so habe ich hier weder charakteristische Schaltstücke noch Sekretröhren gefunden; letztere, d. h. Gänge mit dem typischen stäbchenartig differenzierten Epithel, habe ich niemals ge- sehen. Man bemerkt nur die beim Hunde bereits beschriebenen Sekreteänge mit dem weiten Lumen (Fig. 5 C i). In diese münden die Drüsenendstücke gruppenweise ein. Mehrere solcher Gänge ver- einigen sich dann zu einem der Ductus sublinguales minores, die an der Mündungsstelle ein mehrschichtiges Plattenepitel besitzen. Mehrfach habe ich Schnitte durch beide sublinguale Drüsen der Katze derart angelegt, dass sich Stücke beider Drüsen in denselben mikroskopischen Präparaten befanden und man in dasselbe Gesichts- feld Abschnitte beider Drüsen einstellen konnte. In diesem Falle trat der grosse Unterschied zwischen beiden Bildern geradezu frappant her- vor, wie dies auch aus der Fig. 5 ersichtlich ist. Aus meinen Untersuchungsergebnissen folgt bezüglich der Fleischfresser, dass jede der drei submaxillaren Speichel- drüsen der Fleischfresser mikroskopische Besonderheiten erkennen lässt, dass aber jede der drei Drüsen für sich bei Hund und Katze nahezu gleich gebaut ist, wenn auch gewisse Ver- schiedenheiten vorhanden sind, die es möglich machen an dem mikroskopischen Bilde zu erkennen, ob es sich um die betr. Drüse des Hundes oder der Katze handelt. Die Glandula submaxillaris des Hundes und der Katze ist eine gemischte tubulo-alveoläre Drüse. Ihre Endstücke stellen eigenartige Alveolengänge dar und ihr Drüsenepithel ist ein ge- mischtes, Schleim- und seröse Zellen enthaltendes Epithel. Bei 468 G. ILLING, beiden Tierarten findet man in der Drüse reine Schleimtubuli und gemischte Tubuli d. h. Schleimtubuli mit Halbmonden. Die Randzellkomplexe sitzen beim Hunde als flache Kappen auf den alveolären Ausbuchtungen, während sie bei der Katze den ganzen Alveolengang mantelartig umgeben. Sekretkapillaren kommen nur zwischen den serösen Zellen vor. Die zwischen den Wand- zellen liegenden Sekretkapillaren führen zwischen den ihnen central anliegenden Schleimzellen mit mindestens einem inter- cellulären Kanälchen zum Lumen des Alveolenganges. Die Drüsenendstücke (Alveolengänge) gehen beim Hunde in typische, bei der Katze in weniger typische Schaltstücke über. Auf die Schaltstücke folgen dann typische Speichelröhren, welche in die Sekretgänge münden, die schliesslich in einen einzigen Haupt- gang führen. Die Glandula sublingualis monostomatica s. Bar- tholini des Hundes und der Katze ist eine tubulo-alveoläre Drüse ; ihre Endstücke stellen verästelte, breite, an sehr vielen Stellen unregelmässig ausgebuchtete, mit Alveolen besetzte Schläuche (Alveolengänge) mit sehr gewundenem Verlaufe dar. Ausserdem ist die betr. Drüse sowohl beim Hunde als auch bei der Katze den gemischten Drüsen zuzurechnen und zwar finden wir in der Hauptsache gemischte Tubuli, also Schleimtubuli mit sehr grossen Randzellkomplexen, beim Hunde kommen ausser- dem noch reine Schleimtubuli vor, ob aber sowohl beim Hunde als auch bei der Katze reine seröse Tubuli vorkommen will ich dahingestellt sein lassen. Sekretkapillaren fand ich sowohl zwischen den serösen Zellen als auch in den Wandzellkomplexen. Schaltstücke findet man bei beiden Tieren, während Sekretröhren nur beim Hunde, aber immerhin selten, vorkommen. Die Glandula sublingualispolystomaticas. Riviniist bei beiden untersuchten Fleischfressern eine tubulöse Drüse, deren Endstücke weite, gewundene, sich stark verästelnde Schläuche mit kolbig erweiterten Enden darstellen. Betreffs des diese Schläuche Vergl. makrosk. u. mikrosk. Untersuchungen etc. d. Haussäugetiere. 469 auskleidenden Epithels ist zu bemerken, dass dasselbe beim Hunde rein mukös ist, während man bei der Katze vielleicht von einem gemischten Epithel sprechen kann, weil man bei diesem Tiere zuweilen findet, dass Randzellkomplexe. von serösen Zellen auf den kolbig erweiterten Enden der mukösen Schläuche als flache Kappen aufsitzen. Immerhin macht auch diese Drüse ganz den Eindruck einer Schleimdrüse. Sekretkapillaren habe ich in dieser Drüse nicht gefunden. Schaltstücke sowie Sekret- röhren kommen bei beiden untersuchten Fleischfressern nicht vor, sondern nur Gänge mit einem einschichtigen kubischen Epithel und sehr weitem Lumen. Es wäre nun noch die Frage zu besprechen, ob eine Ber- mannsche Drüse bei Hund und Katze vorhanden ist oder nicht. Zu diesem Zwecke habe ich von je einem jungen Hunde und einer jungen Katze die Gl. submaxillaris mit der Gl. sub- lingualis monostomatica zusammen eingebettet und diese beiden Drüsen im ganzen in Schnittserien zerlegt und die einzelnen Schnitte genau gemustert. Ganz besonders wurde die Über- gangsstelle von der Gl. submaxillaris zur Gl. sublingualis mono- stomatica, also die Stelle, wo Bermann seine zusammengesetzte tubulöse Drüse gefunden haben will, berücksichtigt. Trotz aller Bemühungen ist es mir nicht gelungen, eine besondere, sich deutlich differenzierende Drüse aufzufinden. Ich muss deshalb behaupten, dass eine besondere Drüse, wie sie Bermann be- schreibt bei dem Hunde und bei der Katze nicht existiert, und dass er zweifellos wie dies schon Beyer (11), Heidenhain (49), Reichel (101) u. a. gezeigt haben, die Gl. sublingualis monostomatica für einen besonderen Teil der Gl. submaxillaris angesehen hat. Nach meinen Untersuchungen besitzen also die Fleischfresser nur drei submaxillare Speicheldrüsen und zwar die Gl. submaxillaris, die unikanaläre Gl. sublingualis mono- stomatica und die multikanaläre Gl. sublingualis polystomatica. 470 €, ILLING, II. Ungulata. A. Perissodactyla. 1. Equus caballus. a) Über die Glandula submaxillaris des Pferdes finden wir in der einschlägigen Literatur nur wenige Angaben und diese sind meist ganz allgemeiner Natur, ohne dass auf Einzel- heiten eingegangen wird. Arloing und Renaut (2), welche diese Drüse des Pferdes unter- suchten, fanden in den Drüsenendstücken neben den hellen Schleim- zellen, noch aus gekörnten Zellen bestehende Gianuzzische Halb- monde. In einzelnen Schläuchen trafen sie auch nur gekörnte Zellen. Ellenberger (34, 35), welcher die physiologische Wirkung des Sekretes der Gl. submaxillaris des Pferdes auf die Nährstoffe bezw. den Gehalt desselben an Enzymen festzustellen suchte, hat in Ergän- zung seiner physiologischen Versuche die betr. Drüse auch bezüglich ihrer histologischen Einrichtung eingehend untersucht und die Ergeb- nisse veröffentlicht. Er spricht sich hierüber an einer Stelle wie folgt aus: „Die Submaxillaris nähert sich in ihrem Verhalten sehr der Sub- lingualis. Auch an ihr treten Halbmonde auf, dieselben sind aber bedeutend grösser als in der Sublingualis. Ihr Querdurchmesser ist stärker, während es bei letzterer Drüse mehr Mondsicheln sind, beob- achten wir bei ersterer mehr echte Halbmonde, die die Hälfte des Acinus einnehmen, und Übergänge von der Sichel zum Halbmond. So kann also eine Hälfte des Acinus dunkel, die andere hell mit kleiner dunkler Randzone, in der die Kerne liegen, erscheinen. Da- neben findet man auch total helle Acini mit unbedeutender dunkler Randzone, und total dunkel gefärbte Acini, die denen in der Parotis gleichen. Dadurch, dass oft mehrere Halbmonde aneinander liegen und dazu noch eine oder zwei dunkle Acini kommen, entstehen oft grössere dunkle Stellen, die mit grösseren hellen abwechseln. Dieses Bild be- merkt man bei der Sublingualis nicht.“ Er bezeichnet sowohl in seiner Spezialarbeit über die fgl. Drüse als in seinem Handbuche (26) und auch in den Grundrissen der Histologie (28, 29) die Submaxillaris des Pferdes als eine typische gemischte Drüse., Auch Ranvier (98) äussert sich dahin, dass die Submaxillaris und die Sublingualis des Pferdes gemischte Drüsen sind. Jedoch sagt er, dass in der Sublingualis die Schleimzellen in grösserer Anzahl vor- handen seien, als in der Submaxillaris. Die Sublingualis des Pferdes Vergl. makrosk. u. mikrosk. Untersuchungen etc. d. Haussäugetiere. 471 soll nach Ranvier mehr mukös als die Submaxillaris, im Gegensatz zu den Carnivoren, sein. Derselben Ansicht ist auch Ellenberger. Die Ergebnisse meiner eigenen Untersuchungen an- langend, muss ich zunächst betonen, dass man in Bezug auf die na der Drüsenendstücke aus dem mikroskopischen Bilde schliessen mus dass es sich um Schläuche handelt, deren Enden etwas kolbig a getrieben sind und die stark geschlängelt verlaufen. Man sieht im mikroskopischen Bilde der dureh die Drüse geführten Schnitte die Drüsenhohlräume meistens in Form kreisrunder, daneben auch länge- licher, schlauchartiger und gebogener Figuren. Die Thatsache, dass fast alle runden Durchschnitte nahezu gleich in der Grösse sind und dass man weder im Quer- noch im Längsschnitte Schläuche mit auf- sitzenden Ausbuchtungen sieht, dass also Bilder wie bei der Submaxil- laris von Hund und Katze nicht vorkommen, spricht dafür, dass es sich nicht um eine tubulo-alveoläre sondern um eine rein tubulöse Drüse handelt. Zu diesem Schlusse muss ich kommen, obgleich in neuester Zeit allgemein gelehrt wird, dass die Speicheldrüsen sämtlich alveoläre Drüsen und dass ihre Endstücke echte Alveolengänge seien. Wenn letzteres thatsächlich der Fall wäre, so müsste man im mikro- skopischen Bilde doch oft Figuren antreffen, wie man sie in Schnitten z. B. der Lunge und der Milchdrüse so oft sieht, also z. B. Schlauch- quer- und -längsschnitte mit alveolären Ausbuchtungen. Derartige Bilder sehe ich be: in den Schnitten der Submaxillaris beim Pferde nicht. Hier und da sieht man Durchschnitte von auffallend grossem @uerdurchmesser; hier handelt es sich offenbar um Schnitte durch das Scheitelstück bogiger, knieförmiger Röhrenabschnitte. Hinsichtlich der Epithelauskleidung der Endstücke findet man drei Arten von Tubuli: 1. Tubuli, die nur mit Schleimzellen ausgekleidet sind (sog. Schleimtubuli); dieselben sind relativ selten, 2. Tubuli, die nur seröse Zellen enthalten (sog. seröse Tubuli), sie kommen schon häufiger vor und schliesslich 3. Tubuli, in denen ein gemischtes Epithel, also so- wohl Schleimzellen als auch seröse Zellen vorhanden sind. Diese treten wieder in zwei Formen auf «&) in der Art, dass in den Tubuli Schleim- zellen und seröse Zellen nebeneinander auf der Membrana propria sitzen und mit dem centralen Ende das Lumen erreichen, ohne dass die serösen Zellen durch die Schleimzellen an die Wand gedrückt werden oder £) in der Weise, dass die serösen Zellen nur in Form der Randzellkomplexe, der sog. Gianuzzischen Halbmonde vorhanden sind, also den Schleimzellen in Form von Belegzellen aussen anliegen und nur Sekretkapillaren zwischen den Schleimzellen hindurch zum Lumen senden. Die rein serösen und rein mukösen Tubuli zeigen die bekannten Bilder und bieten nichts besonderes; von den serösen Tubuli wäre nur zu erwähnen, dass die intercellulären Sekretkapil- laren in denselben sehr deutlich ausgeprägt sind, sie verlaufen ziem- lich gerade, sind sehr eng und enden ungefähr im Niveau des Zell- kernes. Die Schleimzellen in den Tubuli mit gemischtem Epithel ver- 412 G. ILLING, halten sich in der bekannten Weise (Fig. 6 a); man sieht in ihnen stets ein deutliches protoplasmatisches Gerüstwerk, in dessen Maschen die Schleimkugeln sitzen, der platte chromatinreiche Kern liegt gewöhnlich oanz an der Basis der Zelle, also an der Wand des Tubulus (Fig. 6 b). Die Grenzen zwischen den Schleimzellen sind sehr deutlich. Was nun die Randzellkomplexe anlangt, so sind dieselben sehr zahlreich vorhanden und relativ gross. Sie stellen hier nicht wie in der noch zu besprechenden Gl. sublingualis polystomatiea des Pferdes nur Mond- sicheln (Fig. 8 ec! und e?) dar, sondern, wie dies auch Ellen berger betont, eigentliche typische Halbmonde (Fig. 6 ce). Meist bestehen sie aus fünf bis sechs Zellen. Die Zellgrenzen, sowie die Kittleisten und die Sekretkapillaren werden bei stärkerer Vergrösserung an Eisen- alaunhämatoxylinpräparaten sehr deutlich sichtbar (Fig. 7 e! und e?). Sie verhalten sich, was Form und Verlauf anlangt, ebenso wie die zwischen den Zellen der serösen Tubuli. Alle Tubuli sind mit einer deutlichen Membrana propria umgeben, dieselbe enthält, sowohl an den Stellen, wo seröse Zellen, als auch da, wo Schleimzellen anliegen, Korb- zellen oder Basalzellen mit ovalen Kernen (Fig. 6 g), wie sie Zimmer- mann (119) in der Membrana propria der 'Thränendrüse, der Parotis und den serösen Zungendrüsen des Menschen beschreibt, während er dieselben an der Submaxillaris des Menschen vermisste. Ich kann nicht sagen, dass die Korbzellen etwa an den Stellen wo seröse oder muköse Zellen liegen häufiger oder deutlicher seien; ich finde in dieser Richtung gerade hier keinen konstanten Unterschied. Das intersti- tielle Gewebe ist mässig entwickelt und enthält wenig morphologische Elemente. Der Ausführungsapparat der Gl. submaxillaris des Pferdes ist schon von Mühlbach (35) näher untersucht und beschrieben worden. Dieser Autor spricht sich darüber wie folgt aus: „In den kleinen Ausführungsgängen findet man ein einschichtiges, hohes Cylinder- epithel, welches grosse runde Kerne enthält, die nicht peripher sondern mehr gegen das Lumen hin liegen. Der Zellleib zeigt aussen ein streifiges Aussehen. In den etwas weiteren, grösseren Gängen bemerkt man unter diesen eigentümlichen Stäbchenzellen vereinzelte rundliche Zellen; in noch grösseren Gängen bilden diese eine zusammenhängende Lage. Man sieht dann unter dem Öylinderepithel eine geradlinig ge- ordnete Reihe von bei den Tinktionen scharf hervortretenden . Kernen, die dicht nebeneinander liegen, also nur kleinen Zellen angehören. Die Verschiedenheit des Epithels der Gänge von dem Aecini geht (abgesehen von der Gestalt) schon aus ihrem Verhalten gegen Tinktionsmittel her- vor.“ Diese Mühlbachschen Angaben sind unvollständig, wenn auch im wesentlichen richtig. Mühlbach hat vor allem die Anfangsstücke der Ausführungsgänge, die sog, Schaltstücke übersehen. Er hebt auch die Unterschiede zwischen den Sekretröhren und den Sekretgängen und die Unterschiede zwischen den kleinen und den grossen Sekretgängen nicht genügend hervor. Vergl. makrosk. u. mikrosk. Untersuchungen ete. d. Haussäugotiere. 473 Nach den Ergebnissen meiner Untersuchungen verhält sich der ausführende Apparat wie folgt. Die Zellen der Drüsenendstücke, die allmählich niedriger und damit kubisch geworden sind, gehen unmerk- lich in ein ne: Schaltstück über. Dasselbe besitzt ein kubisches Epithel mit grossem bläschenförmigen Kern und eine strukturlose Mem- brana propria. Diese kurzen Schaltstücke münden in die typischen Speiehelröhren mit hohem Cylinderepithel und durchgehender stäbehenförmiger Differenzierung der Epithelzellen. Renaut (102) beschreibt diese Verhältnisse an der Submaxillaris vom Pferd und vom Esel und bringt eine Abbildung von dem Über- gang des Drüsenendstücks in das Se Fallsna® und von dem Schaltstück wieder in die Sekretröhre. Ich habe in meinen Präparaten konstatieren können, dass man derartige Übergänge ebenso wie die Schaltstücke überhaupt, nur sehr selten zu Gesicht bekommt, dagegen finden sich Speichelröhren (Sekret- röhren) sehr häufig im mikroskopischen Bilde vor; viel seltener bemerkt man Durchschnitte durch Speichelgänge (Sekretgänge); die kleineren Sekretgänge besitzen auf einer dünnen bindegewebigen Wand ein einschichtiges hohes Cylinderepithel, das manchmal einzelne Becher- zellen enthält. Die stäbehenförmige Differenzierung der Epithelzellen fehlt. An der freien Oberfläche der einzelnen Zellen springt gewöhn- lich ein heller, gegen die übrige Zelle scharf abgegrenzter Buckel mehr oder weniger weit vor, welcher wobl als austretendes Sekret aufzufassen ist. Wie schon Ellenberger (37) und Kunze (61) berichten, findet sich in den grösseren, mit einer deutlichen bindegewebigen Wand ver- sehenen Speichelgängen ein Epithel, bestehend aus einer oberflächlichen Schicht von Cylinderzellen und einer tieferer Schicht kleiner kugeliger Zellen, von denen die ersteren mehr einen länglichen und die letzteren ovale bis runde Kerne besitzen. Dieses zweischichtige Cylinderepithel setzt sich auch in den Duetus submaxillaris fort; auch hier haben wir ein zweischichtiges Epithel mit einer inneren Lage hoher Cylinder- zellen, die oft mit Becherzellen abwechseln und einer äusseren Lage niedriger Zellen, die sich zwischen die spitz nach unten zulaufenden oberflächlichen Zellen einschieben. Man kann diesen Epithelbelag aber besser nach der von Schiefferdeceker (105) eingeführten Bezeich- nungsweise als zweireihig charakterisieren, da sämtliche Zellen der Basalmembran aufsitzen, jedoch erreichen nicht alle Zellen die Lichtung des Ganges. In der Nähe der Mündungsstelle geht wie gewöhnlich das zweireihige Cylinderepithel in mehrschichtiges Plattenepithel über. Unter dem Epithel liegt eine bindegewebige Haut mit elastischen Fasern und einzelnen Muskelbündeln. b) Über die Glandula sublingualis polystomatica s. Ri vini liegen in der Literatur noch weniger Angaben als über 474 G. ILLING, die vorbesprochene Drüse vor. Ich fand in derselben nur die Mitteilungen von Ellenberger (35) und Ranvier (9). Ellenberger schreibt über die betr. Drüse des Pferdes: „Bei der Sublingualis erscheint der innere Teil der Acini ganz hell, unge- färbt, der äussere periphere Teil, in dem die Kerne liegen, ist schwach gelblichgrau tingiert, granuliert, die Kerne treten deutlich hervor. Ausser- dem heben sich am Rande der Acini halbmondförmige, schwärzlich erscheinende Figuren ab, in denen oft Kerne (namentlich bei nach- folgender Färbung) deutlich hervortreten. Die Zellgrenzen im Acinus sind sehr deutlich, im Halbmonde sind sie selten sichtbar. Die Halbmonde sind viel kleiner als in der Gl. submaxillaris und stellen nur Mondsicheln dar. Tubuli mit nur serösen Zellen giebt es in der Drüse nicht.“ Ellenberger nennt diese Drüse nach dem früheren Gebrauche eine Schleimdrüse mit Randzellkomplexen (Halbmonden). Nach Ranvier (98) ist die Gl. sublingualis des Pferdes eine gemischte Drüse und zwar herrscht hier der muköse Charakter mehr als in der Gl. submaxillaris vor. Nach meinen Beobachtungen sieht man bei der Betrach- tung von mit Delafields Hämatoxylin und Eosin gefärbten Schnitten der Gl. sublingualis polystomatica des Pferdes auf den ersten Blick, dass wir es hier mit einer reinen tubulösen Drüse zu thun haben, und dieser Eindruck wird durch die nähere Betrachtung der Drüsen- endstücke im optischen Schnitte nur bestätigt. Man sieht meistens kreisrunde, daneben auch längliche und mehr oder weniger gebogene Durchschnittsfiguren von ungefähr gleicher Grösse. Figuren von un- regelmässiger Form und Durchschnitte mit alveolären Ausbuchtungen, also Bilder, wie wir sie in der Gl. sublingualis monostomatica der Katze gesehen haben, kommen hier nicht vor. Im übrigen ist der allgemeine Eindruck dieser Bilder der einer gemischten Drüse, bezw. nach der älteren Einteilung: der einer Schleimdrüse mit Halbmonden. Betrachtet man die Epithelauskleidung der Drüsentubuli näher, so kann man leicht feststellen, dass Drüsenendstücke mit nur serösen Zellen nicht vorkommen. Dadurch unterscheidet sich diese Drüse sofort von der Submaxillaris. Es scheint aber, dass auch Drüsenendstücke, die nur Schleimzellen und gar keine Halbmonde aufweisen, nicht vor- kommen. Diese Frage jedoch zweifelsfrei zu entscheiden, ist mir nicht gelungen. Soviel steht jedoch fest, dass die überwiegende Mehrzahl, wenn nicht alle Drüsenhauptstücke mit Schleimzellen ausgekleidet sind, denen stellenweise, namentlich am erweiterten blinden Tubulusende aber auch an vielen Stellen aussen am Schlauche, besonders an den Biegungsstellen, Halbmonde bezw. Randzellkomplexe so anliegen wie die Belegzellen des Magens den Hauptzellen der schlauchförmigen Magendrüsen aufsitzen. Zuweilen werden seröse Tubuli dadurch vor- getäuscht, dass ein Randzellkomplex, namentlich ein solcher, der wie eine Kappe dem Tubulusende aufsitzt durch das Mikrotommesser vom Vergl. makrosk. u. mikrosk. Untersuchungen etc. d. Haussäugetiere. 475 zugehörigen Tubulus abgetrennt worden ist. Man findet dann im optischen Bilde einen Durchschnitt, der nur aus serösen Zellen besteht. Im übrigen sieht man den aus Schleimzellen bestehenden Wandzell- belag der Tubuli bei Anwendung der gen. Färbung, überall meistens ziemlich tief mit Hämatoxylin gefärbt, die mehr oder weniger weiten Lumina mit blau gefärbtem Schleim erfüllt. Die Schleimzellen weisen die mehrfach geschilderten Merkmale auf (Fig. 8 a). Daneben finden sich andere schön mit Eosin gefärbte Zellen, an welchen alle Merkmale der serösen Zellen nachweisbar sind. Diese letzteren bilden aber, wie bereits erwähnt, keine selbständigen Tubuli, sondern sie sind nur in Form von Randzellkomplexen vorhanden. Die Zahl der letzteren ist sehr gross. Ihre Grösse ist aber nicht bedeutend; man könnte die Halbmonde hier eher als klein bezeichnen. Manch- mal liegen sie ganz und gar, manchmal nur z. T. ausserhalb des zu- sammenhängenden Schleimzellenbelags der Endstücke, manchmal, aber selten, auch wieder ganz zwischen Schleimzellen, so dass sie das Lumen mit umsäumen helfen. Ausserdem sieht man oft, dass die Randzellen einen protoplasmatischen Fortsatz keilförmig zwischen zwei Schleimzellen hindurch bis zum Lumen hinsenden (Fig. 8 e?). Die Halbmonde be- stehen, meistens aus zwei bis drei Zellen, deren Grenzen selbst an Eisenalaunhämatoxylinpräparaten ganz undeutlich ausgeprägt sind. In- folgedessen kann man die Sekretkapillaren nur sehr selten sehen, obwohl sie zweifellos stets vorhanden sind. Dieselben erscheinen ziem- lich eng und haben einen kurzen und geraden Verlauf und münden, zwischen den Schleimzellen durchgehend, in das Lumen aus (Fig. 8 d und d?). Der Innenfläche der Membrana propria liegen auch hier öfters die v. Ebner (25) ausführlich beschriebenen Korbzellen an. Diese Zellen kennzeichnen sich durch ihre platten oder ovalen, zwischen der Mem- brana propria und den Drüsenzellen liegenden, oft tief schwarz ge- färbten Kerne, die von einer kleinen Protoplasmamenge umgeben sind. Nach den Angaben von Boll (15), v. Ebner (25) u.a. soll das Protoplasma zahlreiche, lamellenförmige, dünne Ausläufe entsenden, die der inneren Oberfläche der Membrana propria anliegen und mit den Ausläufern der benachbarten Zellen wahrscheinlich anastomosieren. Da ich diese Frage als ausserhalb meiner Aufgabe liegend nicht speziell studiert habe, so kann ich ein Urteil über die Beschaffenheit der Korbzellen nicht abgeben. Dass platte Fortsatzzellen dem Epithel peripher anliegen, kann man allerdings auch aus den Bildern, welche die Schnitt- präparate ergeben, mit Sicherheit schliessen. Das interglanduläre Gewebe ist mässig gut entwickelt und enthält je nach dem Sekretionszustande mehr oder weniger morpholo- gische Elemente. Die Drüsenendstücke gehen in die Schaltstücke über, auf welche dann typische Speichelröhren folgen. Beide Ab- schnitte bieten die bekannten Merkmale; bezüglich der Speichelröhren 176 G. ILLING, wäre nur hervorzuheben, dass die radiäre, stäbchenförmige Strichelung des Epithels sich nicht nur am basalen Teile der Zelle befindet, sondern deutlich durch den ganzen Zellleib hindurchgeht. Die kleineren Speichelgänge besitzen ein einschichtiges hohes Cylinderepithel. Dagegen sind die grösseren Gänge und ebenso die eigentlichen Ausführungsgänge, die Ductus sublinguales minores s. Rivini mit einem zweischichtigen oder besser zweireihigen Epithel- belag ausgekleidet. Derselbe geht in der Nähe der Mündungsstelle in die Mundhöhle wie gewöhnlich in ein mehrschichtiges Plattenepithel über. Im anatomischen Teile habe ich erwähnt, dass die Gl, sublin- gualis polystomatica des Pferdes oftmals durch einen breiten Bindegewebsstreifen in einen oralen und einen aboralen Absehnitt geteilt wird. Bei der mikroskopischen Untersuchung habe ich sowohl aus dem oralen wie aus dem aboralen Teile der Drüse wiederholt Stücke herausgeschnitten und dieselben genau mikroskopisch untersucht. Dabei habe ich aber nie einen Unterschied der oralen und aboralen Portion der Rivinischen Drüse im mikroskopischen Bau be- obachten können. Dasselbe habe ich auch bei der später zu besprechen- den Gl. sublingualis polystomatica des Esels vorgenommen, obwohl ich dort nie diesen Bindegewebsstreifen gefunden hatte. Das Resultat der Untersuchung war dasselbe wie beim Pferde. 2. Equus asinus. Über den mikroskopischen Bau der Unterkieferspeichel- drüsen des Esels existieren bisher nur die Angaben von Ar- loing und Renaut (2). Dieselben beziehen sich aber nur auf die Gl. submaxillaris des Esels, die mit der Submaxillaris des Pferdes zusammen beschrieben wird. Die Gl. sublingualis dieser beiden Haustiere lassen Arloing und Renaut dagegen un- berücksichtigt. Aus ihren Ausführungen ist zu entnehmen, dass sie die Submaxillaris des Esels ebenso wie die des Pferdes als eine gemischte Drüse auffassen. a) Bei meinen eigenen Untersuchungen habe ich feststellen können, dass die mikroskopischen Verhältnisse der Gl. sub- maxillaris des Esels im allgemeinen denen des Pferdes gleichen, so dass fast alles, was wir über die betr. Drüse des Pferdes ge- sagt haben, auch hier gilt. Die Gl. submaxillaris des Esels ist, wie die betr. Drüse des Pferdes, eine reine tubulöse Drüse. Be- züglich des Epithelbelags der Drüsenendstücke muss sie zu den ausgeprägt gemischten Drüsen gerechnet werden. Die Gl. submaxillaris besteht ebenso wie beim Pferde aus Läpp- chen, die auch ungefähr dieselbe Grösse wie beim Pferde haben. Hervorzuheben wäre nur, dass beim Esel zahlreiche Bezirke vorkommen, die nur aus rein serösen Tubuli bestehen; ein derartiges Verhalten fanden wir beim Pferde nicht. Im übrigen konnte ich keine bemerkens- werten Unterschiede zwischen Pferd und Esel beobachten. b) Bezüglich der Gl. sublingualis polystomatica kann ich gleichfalls auf die Beschreibung der Struktur der betr. Drüse des Pferdes verweisen. Bei meinen Untersuchungen habe ich feststellen können, dass sich die Gl. sublingualis polystomatica bei beiden Einhufern ungefähr gleich verhält. Doch will ich nicht unterlassen hier auf zwei sehr auffallende Thatsachen hinzuweisen. Mitten zwischen grösseren Gruppen von Läppchen die nur aus Schleimtubuli mit kleinen Halbmonden (Tubuli mit gemischtem Epithel, in dem aber die Schleimzellen bedeutend über- wiegen) sieht man plötzlich im Gesichtsfeld ein oder mehrere kleine Läppchen, die nur aus Tubuli mit serösem Epithel bestehen und viele Sekretröhren und Sekretgänge enthalten. Die rein serösen Läppchen scheinen da aufzutreten, wo die Sekretröhren sich in. Sekretgänge ver- lieren, die bald die Drüse verlassen, um in grössere Gänge zu münden. Sie ergiessen also ihr Sekret in die grösseren, in die Speichelgänge mündenden Röhren oder schon in die Anfänge dieser selbst. Ihr Sekret wird mithin dazu dienen, die von den Endstücken produ- zierte zähflüssige Masse wasserreicher und dünnflüssiger zu machen. Ausserdem trifft man zuweilen in der Nähe der mit zweischichtigem Epithel versehenen Gänge im parakanalären (paratubären) Gewebe kleine Einzeldrüsen an, die offenbar ihr Sekret direkt in den Gang abgeben. Man sieht also, dass hier in die Anfänge der Ductus sub- linguales minores parakanalär (paratubär) gelegene Drüsen einmünden, die grösstenteils einen serösen Charakter an sich tragen; es kommen parakanalär aber auch vereinzelt Schleimdrüsen vor. Alle diese Gang- drüsen stellen verästelte oder unverästelte Einzeldrüsen dar. Die Gl. sublingualis polystomatica des Esels ist nach den obigen Ausführungen eine typische gemischte Drüse. Die im Vorstehenden gegebene Schilderung über den mikro- skopischen Bau der Gl. submaxillaris und der Gl. sublingualis polystomatica des Pferdes und des Esels, also zweier Einhufer 478 G. ILLING, zeigen, dass fast volle Übereinstimmung in dem Bau jeder der beiden Drüsen bei beiden Tierarten besteht, dass sich aber die Gl. sublingualis deutlich von der Gl. submaxillaris unter- scheidet. Die letztere ist bei beiden Tierarten eine rein tubu- löse Drüse, mit ausgeprägtem Charakter der gemischten Drüsen; sie enthält Tubuli mit Schleimzellen, solche mit serösen Zellen und solche mit gemischtem Epithel mit relativ grossen Rand- zellkomplexen. Das Vorhandensein seröser Zellen wird, ausser durch die bekannten Merkmale der Zellen selbst und ihrer Kerne, vor allem auch durch das Vorhandensein von imter- cellulären Sekretkapillaren dargethan, welche sich sowohl in den total mit serösen Zellen ausgekleideten Schläuchen, als auch in den relativ grossen und typisch halbmondförmigen Randzellkomplexen in den Schläuchen mit gemischtem Epithel an allen untersuchten Objekten mit Sicherheit nachweisen liessen. DieGlandula sublingualis polystomatica ist eben- falls bei beiden Tieren eine reine tubulöse Drüse. Was den Charakter des Drüsenepithels (des Zellbelags der Drüsenhaupt- stücke) anlangt, so ist die Sublingualis polystomatica beider Einhufer eine gemischte Drüse, nur mit dem Unterschiede, dass wir beim Esel sowohl gemischte Tubuli als auch seröse Tubuli finden, während bei dem Pferde nur Schleimtubuli mit Halbmonden vorkommen. Die Wandzellkomplexe haben bei beiden Tieren, nicht wie in der Submaxillaris die eigentliche Halbmondform, sondern stellen nur niedrige Mondsicheln dar, so dass die Drüse bei oberflächlicher Untersuchung wohl als reine Schleimdrüse erscheinen kann. In jedem Falle ist sie in höherem Grade mukös als die Gl. submaxillaris. Sekretkapillaren sind in den niedrigen Halbmonden schwer und nur selten nachzuweisen, obwohl zweifellos stets solche vorhanden sind. Die Gl. sublingualis monostomatica fehlt den Ein- hufern. Vergl. makrosk. u. mikrosk. Untersuchungen etc. d. Haussäugetiere. 479 B. Artiodaetyla. Ruminantia. 1. Bos taurus. a) Die Glandula submaxillaris des Rindes ist ebenso wie dessen sublinguale Drüsen, wie ich bereits in der Einleitung erwähnt habe, nur im Dresdener physiologischen Institute von Ellenberger (36, 37) und unter seiner Leitung von seinem Assistenten Kunze (61) mikroskopisch untersucht und beschrieben worden. Ich verweise in dieser Beziehung auf das in der Ein- leitung Gesagte. Bei meinen Untersuchungen konnte ich folgendes fest- stellen. Im mikroskopischen Bilde der Gl. submaxillaris des Rindes kon- statiert man zunächst den bekannten Läppchenbau der Speicheldrüsen. Zwischen den Läppchen finden sich Bindegewebszüge, die Gefässe und Nerven und vereinzelte Sekretgänge enthalten. In den Läppchen sieht man in einem netzartigen intralobulären Stützgerüste die Durchschnitte durch die eigentlichen Drüsenhohlräume und durch die verschiedenen Abschnitte der den ausführenden Apparat bildenden Kanäle. Die Durchschnitte durch die Drüsenendstücke erscheinen in der überwiegen- den Mehrzahl rund oder oval; sie stellen z. T. aber auch kurze, ge- bogene, sehr selten gerade Röhren dar; ebenso selten sieht man Durch- schnitte, wo zwei, drei und mehrere alveoläre, buchtige halbkugelige Räume in einen Centralraum münden. Auf Grund dieser Bilder muss man schliessen, dass die Submaxillaris des Rindes eine tubulo-alveoläre Drüse ist. Die Drüsenendstücke sind offenbar etwas geschlängelt ver- laufende, sich vielfach verästelnde mit dem secernierenden Drüsen- epithel ausgekleidete Schläuche, an denen in Zwischenräumen, also nicht dicht nebeneinander kugelige und eiförmige, wohl auch taschen- und tlaschenförmige Ausbuchtungen oder Alveolen sitzen, die mit ihren Öffnungen in den Schlauch münden, der dadurch zu einem Alveolen- gang wird. Das erweiterte blinde Ende des Alveolenganges dürfte in eine Gruppe von kleinen flachen Alveolen ausgehen, die mit einer weiten Öffnung in den Alveolengang einmünden. Alle Endstücke sind mit Schleimzellen angefüllt, denen aussen mittelgrosse Halbmonde aufsitzen, die in so reicher Zahl vorkommen, dass man keinen Durch- schnitt eines Endstückes sieht, an dem sich nicht wenigstens ein Anatomische Hefte. I. Abteilung. 79/80. Heft (26. Bd. H. 23. 22 480 G. ILLING, Wandzellkomplex als Halbmond befindet. Oft bedecken die Wand- zellen die ganze Peripherie des Durchschnittes einer Alveole oder eines Tubulus mantelariig, aber doch in der Weise, dass immer einzelne mondsichelförmige Komplexe sichtbar sind, welche sich so aneinander reihen, dass die Spitzen einer Sichel, an die der nächsten Sichel an- stossen. Von der dieksten (höchsten) mittleren Stelle des Halbmondes springen in der Regel ein oder mehrere sich zuspitzende protoplasmatische Fortsätze, die sich zwischen je zwei Schleimzellen einschieben, central- wärts vor. Auf diese Weise wird die Verbindung der Wandzell- komplexe mit dem Lumen hergestellt. Jeder Wandzellkomplex besteht, wie der Name sagt, aus mehreren Wandzellen, die bei verschiedenen Färbemethoden sich nicht voneinander abheben, vielmehr derart in- einander überzugehen scheinen, dass man nur aus der Zahl der Kerne auf die Zahl der einen Halbmond zusammensetzenden Zellen schliessen kann. Bei anderen Tinktionen kann man zwischen den Wandzellen helle Stellen erkennen, die die intercellulären Sekretkapillaren vor- stellen. Die Wandzellen besitzen alle Eigenschaften der serösen Zellen. Alle Drüsenendstücke der Submaxillaris des Rindes scheinen dieses gemischte Epithel zu besitzen. Alveolen bezw. Alveolengänge, die nur mit Schleimzellen ausgekleidet sind und keine Halbmonde besitzen, habe ich in dieser Drüse nicht gefunden. Ganz vereinzelt trifft man einmal ein Bild, welches an das Vorkommen von rein serösen Tubuli erinnert; man sieht hier und da einen runden Tubulus- oder Alveolus- durchschnitt, der nur mit serösen Zellen mit runden Kernen ausge- kleidet ist und central ein ganz kleines Lumen besitzt. In der Regel fehlt letzteres. Es handelt sich hier offenbar um einen Durchschnitt durch eine Alveole, wobei die Alveole peripher an der Stelle, wo die Halbmondzellen sitzen, getroffen worden ist. Dabei kann die Alveole, bezw. der Alveolengang zufällig so getroffen werden, dass auch das Lumen der Alveole sichtbar ist; in der Regel ist letzteres jedoch nicht der Fall. Man sieht dann nur kleine Häufchen seröser Zellen ohne Lumen. Selbstverständlich müssen die zuletzt besprochenen beiden Bilder selten auftreten, wie es auch thatsächlich der Fall ist. In den Halbmonden sind fast regelmässig intercelluläre, kurze Sekretkapillaren nachweisbar; sie verlaufen meist etwas gebogen und enden -peripher ungefähr in der Höhe des Kernes, während sie centralwärts bis zu den Schleimzellen reichen. Die Membrana propria der Alveolengänge ist sehr zart, trotzdem aber noch deutlich sichtbar und enthält an ihrer Innenfläche Korbzellen. An die besprochenen secernierenden Räume schliessen sich zunächst kurze Schaltstücke an, die mit kubischen Zellen ausgekleidet sind und dann in Sekretröhren übergehen. Letztere sind in den Drüsenläppchen in yrösserer Zahl in Längs-, Schräg- und Querschnitten sichtbar. Ihr Epithel zeichnet sich durch eine eigenartige chemische Reaktion bezw. eine vom Drüsenepithel ver- schiedene Färbung und durch stäbchenartige Differenzierung ihrer Zellen aus. Oft trifft man in dem Lumen Inhaltsreste an, die Vergl. makrosk. u. mikrosk. Untersuchungen etc. d. Haussäugetiere. 481 meistens durch das Eosin rötlich gefärbt erscheinen. Ausserdem sieht man und zwar wesentlich interlobulär noch kleinere und grössere Sekretgänge im Gesichtsfeld, die das bekannte Verhalten zeigen. Neben den grösseren Sekretröhren und neben den kleineren Gängen, findet man häufig kleine seröse Drüschen mit kleinen Acini, die ein enges Lumen besitzen. Die Zellen dieser Drüsen sind durch Eosin rotgefärbt, dicht und fein gekörnt und deutlich von den Nachbarzellen abgegrenzt; ihre Kerne sind mehr oder weniger kugelige. Es handelt sich zweifel- los um kleine seröse Drüsen, die direkt in die grösseren Kanäle des ausführenden Apparates münden. Das intralobuläre und das inter- lobuläre Gewebe ist, wie ich entgegen den Beobachtungen von Kunze (61) konstatieren konnte, gering entwickelt und enthält nur wenige Leukocyten und fixe Bindegewebszellen. Daneben enthält es geringe Mengen von elastischen Fasern und Muskelzellen. Dass häufig Lymph- follikel oder cytogenes Gewebe vorkommen soll, wie dies von Ellen- berger (36, 37) und von Kunze (61) beschrieben wurde, konnte ich nicht finden. Ich halte diesen Befund beider Autoren für eine Zu- fälligkeit, also für eine individuelle Erscheinung. b) Über den feineren Bau der Glandula sublingualis monostomatica s. Bartholini des Rindes existieren nur die Angaben von Ellenberger (36, 37) und von Kunze (6l). Beide Autoren haben es aber bei ihren Untersuchungen unterlassen, die beiden sublingualen Drüsen gesondert zu unter- suchen. Sie sprechen immer nur von der Gl. sublingualis, haben also offenbar ohne Wahl Stücke aus den sublingual liegenden Drüsenkomplexen herausgeschnitten und diese unter- sucht. Aus der Beschreibung der von ihnen unter dem Mikro- skop gesehenen Bildern geht aber zweifellos hervor, dass sie zufälligerweise nur die Gl. sublingualis monostomatica unter- sucht haben. Sie beschreiben die Gl. sublingualis als eine Schleim- drüse mit Halbmonden, also im modernen Sinne als eine ge- mischte Drüse. An meinen mikroskopischen Präparaten der Gl. sublingualis monostomatica des Rindes habe ich folgendes beobachtet. Die Form der Durchschnitte durch die Endstücke, die man im mikroskopischen Bilde sieht, ist dieselbe, wie in der Gl. submaxillaris, nur mit dem Unterschiede, dass hier öfters mehr langgetroffene Räume, also schlauchförmige Gebilde, die meist in bogiger Krümmung zu sehen sind, vorkommen. Die Drüsenendstücke sind in der Gl. sub- 482 G. ILLING, lingualis monostomatica zweifellos ebenfalls geschlängelt verlaufende und verästelte Alveolengänge mit flachen, nicht dicht sitzenden Al- veolen. Bezüglich des Charakters, des diese Gänge auskleidenden Epithels ist der Generaleindruck der einer typischen, gemischten Drüse. Man findet in dieser Drüse Durchschnitte, die nur Schleimzellen und solche, die nur seröse Zellen enthalten; letztere sind hauptsächlich in Form kleiner Läppchen um die grösseren Sekretröhren und die Sekret- gänge gruppiert. Weitaus die Mehrzahl der Durchschnitte besitzen aber ein gemischtes Epithel, d. h. eine Auskleidung von Schleimzellen, denen aussen Wandzellkomplexe, d. h. Halbmonde ansitzen. Die Halbmonde sind viel flacher und niedriger als in der Submaxillaris und bestehen aus drei bis vier Zellen, deren Grenzen undeutlich aus- geprägt erscheinen. Intercelluläre Sekretkapillaren sind an denselben nur selten nachzuweisen, obwohl sie wahrscheinlich regelmässig vor- handen sind. Naturgemäss sind die Sekretkapillaren in den flachen Randzellkomplexen auch sehr kurz und unverzweigt. Umgeben sind die Endstücke von einer deutlichen Membrana propria, die Korbzellen enthält. Auf die Endstücke folgen kurze, enge Schaltstücke von dem bekannten typischen Bau. Sekretröhren sind relativ zahlreich im optischen Schnitte vorhanden und zwar liegen meist verschiedene Quer-, Schräg- resp. Längsschnitte dicht nebeneinander und nur durch eine kaum erkennbare Bindegewebsschicht getrennt; ein Zeichen dafür, dass sie sehr geschlängelt verlaufen oder sich stark verästeln. Die vorhandenen kleineren und grösseren Sekretgänge haben den be- kannten Bau. Das intertubuläre Gewebe ist in grösseren Mengen als in der Submaxillaris zugegen und enthält grosse Mengen von Leukocyten und einzelne Fettzellen; die einzelnen Bestandteile des Drüsenläppchens liegen infolgedessen relativ weit auseinander. Aber auch die einzelnen Läppchen sind durch breite, lockere, bindegewebige Septen, die stark mit Fettgewebe durchsetzt sind, deutlich voneinander geschieden. Durch den Reichtum an Interstitialgewebe wird bedingt, dass die Sublingualis monostomatica schon makroskopisch ein lockeres Gefüge erkennen lässt. In dem interlobulären Gewebe, das, wie erwähnt, aus sehr lockerem Bindegewebe besteht, liegen sehr viele und grosse Blutgefässe, ver- einzelte Nervenfasern und grössere und kleinere Sekretgänge. c) Der mikroskopische Bau der Glandula sublingualis polystomatica s. Rivini des Rindes ist bisher noch nicht unter- sucht und beschrieben worden. Meine eigenen Untersuchungen führten zu folgenden Re- sultaten. Ein Blick auf das mikroskopische Bild genügt, um sich sofort darüber klar zu sein, dass wir es hier mit einer reinen tubulösen Drüse Vergl. makrosk. u. mikrosk. Untersuchungen etc. d. Haussäugetiere. 483 zu thun haben. Man sieht nur runde, ovale und gebogene Durch- schnitte, die nur geringe Unterschiede in ihren Weitenverhältnissen darbieten. Schläuche mit alveolären Ausbuchtungen oder Querschnitte bezw. Schrägschnitte durch solche sieht man niemals; dagegen öfterer Schnitte, welche Teilungsstellen von Schläuchen getroffen haben, so dass, wenn die abgehenden Äste schräg abgeschnitten sind, Bilder ent- stehen, aus denen man auf das Vorkommen von Alveolen schliessen könnte. Es handelt sich aber um Täuschungen. Die Drüsenendstücke stellen geschlängelt verlaufende, sich vielfach verästelnde Schläuche mit kolbig aufgetriebenen Enden dar. Bei näherer Betrachtung erkennt man auch sofort, dass die Schläuche nur mit Schleimzellen ausgekleidet sind, dass also die Gl. sublingualis polystomatica des Rindes eine reine Schleimdrüse darstellt. Die Schleimzellen sind sehr mucin- reich, infolgedessen wird das protoplasmatische Gerüstwerk oder die sog. retikuläre Substanz sehr deutlich markiert. Der plattgedrückte, chromatinreiche Kern liegt wie gewöhnlich an der Basis der Zellen bezw. ganz dicht an der Membrana propria der Schläuche; im übrigen ist nichts bemerkenswertes vorhanden. Die Membrana propria ist, wie ich dies bereits bei der Gl. sublingualis polystomatica des Hundes und der Katze beschrieben habe, sehr stark entwickelt und besitzt zahl- reiche Korbzellen von der üblichen Form. Daher kommt es, dass, wenn diese dieke Membrana propria etwas schräg getroffen wird, sichelförmige Randgebilde entstehen, die aber absolut nichts mit echten, sog. Gianuzzischen Halbmonden gemein haben und mit denselben bei genauer Betrachtung auch nicht verwechselt werden können. Eigent- liche Schaltstücke und Sekretröhren kommen hier nicht vor. Man findet vielmehr, dass die Schleimtubuli direkt in Gänge übergehen, die mit kubischem Epithel ausgekleidet sind und die für ein Schaltstück ein viel zu weites Lumen und eine zu ausgesprochene bindegewebige Wand besitzen. Diese Sekretgänge vereinigen sich zu grösseren Gängen mit zweischichtigem Epithel; die Wand _ dieser grösseren Gänge enthält ziemlich grosse Mengen von elastischen Fasern, Muskelfasern und Gefässen. Aus ihnen entwickeln sich dann die Ductus sublinguales minores s. Rivini, die das Sekret schliesslich in die Mundhöhle abführen. Das intralobuläre bezw. intertubuläre Bindegewebe ist nur in geringen Mengen vorhanden und enthält nur wenig morphologische Elemente. Die einzelnen Tubuli liegen daher sehr eng aneinander. Dagegen ist das interlobuläre Bindegewebe äusserst mächtig entwickelt und reichlich mit elastischen Fasern, Muskelzellen, Gefässen und Nerven durchsetzt. Infolge dieser starken Entwickelung des inter- lobulären Gewebes zerfällt die Gl. sublingualis polystomatica des Rindes in einzelne, makroskopisch getrennte Läppchen, was bereits bei der Beschreibung der makroskopischen Verhältnisse erwähnt worden ist. 484 G. ILLING, 2. Ovis arıes. Über den mikroskopischen Bau der Unterkieferspeichel- drüsen des Schafes existieren nur einige Angaben von Ellen- berger (36, 37), Kunze (61) und von Ranvıer (98). Ausser- dem beschreibt R. Krause (59) die Halbmonde in der Sub- maxillaris des Schafes und giebt von ihnen eine Abbildung. Beim Schafe zeigen die Unterkieferspeicheldrüsen im all- gemeinen eine grosse Ähnlichkeit mit denen des Rindes, so dass das meiste, was wir vom Rinde gesagt haben, auch hier gilt. a) Die Gl. submaxillaris des Schafes rechne ich auf Grund eigner Beobachtungen zu den tubulo-alveolären Drüsen. Die Drüsen- endstücke stellen also Schläuche dar, an denen wie beim Rinde, kugelige und eiförmige Ausbuchtungen oder Alveolen sitzen, die mit ihren Öffnungen in den Schlauch münden; dadurch entstehen Alveolen- gänge. Dem Charakter ihres Epithels nach rechne ich diese Drüse zu den gemischten Drüsen; ihre Endstücke sind mit Schleimzellen aus- gekleidet, denen Halbmonde ansitzen. Bilder, die an Durchschnitte seröser Schläuche erinnern, kommen relativ häufig vor; da man aber nie ein grösseres Lumen in denselben wahrnimmt, muss man annehmen, dass es sich um Schnitte durch Randzellkomplexe handelt. Diese Er- scheinung, auf welche auch R. Krause (59) hingewiesen hat, ist durch die aussergewöhnlich grosse Entwickelung der Halbmonde leicht erklär- lich. Da Randzellkomplexe (die Halbmonds) (Fig. 9c) sind nämlich in der Submaxillardrüse des Schafes entschieden grösser als beim Rinde und ähnlich wie bei der Katze über einen grossen Teil des Alveolus, wenn auch seltener oder gar nicht über den ganzen Umfang desselben verbreitet; sie bilden nicht wie dort eine zusammenhängende Schicht, sondern erheben sich allenthalben wie kleine Kuppen über die Aussen- fläche des Tubulus bezw. Alveolus. Die Randzellkomplexe bestehen aus einer Gruppe von drei, fünf und mehr Zellen; die Grenzen zwischen den einzelnen Zellen sind ziemlich deutlich ausgeprägt, so dass man fast überall imstande ist, Sekretkapillaren zwischen ihnen nachzuweisen. Nach der alten Einteilung und Benennung der Drüsen ist nach meinen Beobachtungen die Submaxillaris des Schafes eine Schleimdrüse mit Halbmonden und keine typische gemischte Drüse Wenn Ellen- berger ‚ Kunze und Ranvier diese Drüse also als eine gemischte im älteren Sinne bezeichnen, so kann ich dem nicht zustimmen. Im modernen Sinne ist sie allerdings eine gemischte Drüse und zwar eine solche, die nur gemischte, aber rin rein serösen und keine rein mu- kösen Endstücke enthält. Schaltstücke (Fig. 92) und Sekretröhren sind reichlich im mikroskopischem Bilde vorhanden. In Bezug auf die Vergl. makrosk. u. mikrosk. Untersuchungen etc. d. Haussäugetiere. 485 letzteren wäre noch hervorzuheben, dass die stäbchenförmige Differen- zierung des Epithels vornehmlich an der Basis und gegen die freie Oberfläche der Zelle stark entwickelt ist, infolgedessen heben sich in den Speichelröhren deutlich zwei Zonen auf dem Durchschnitt ab. Die kleineren und grösseren Sekretgänge verhalten sich wie beim Rinde; an denselben liegen auch wie dort kleme Einzeldrüschen. Zu er- wähnen wäre schliesslich noch, dass sich im interlobulären Gewebe häufiger Ganglienzellen bezw. Ganglien finden als beim Rinde. b) Die Glandula sublingualis monostomatica s. Bar- tholini des Schafes verhält sich nach meinen Befunden genau wie die betreffende Drüse des Rindes. Sie ist also eine tubulo- alveoläre Drüse mit gemischtem Drüsencharakter. Ihre Drüsenendstücke sind mit Schleimzellen und mit Randzell- komplexen (Fig. 10c) ausgerüstet. Die Membrana propria enthält sehr viele Korbzellen mit den typischen platten Kernen. Reine seröse Tubuli kommen in dieser Drüse nicht vor. Ellenberger, Kunze und Ranvier nennen die Gl. sublingualis des Schafes auch eine ge- mischte Drüse. Es gilt in dieser Beziehung das oben von der Gl. submaxillaris Gesagte. Schaltstücke und Sekretröhren sieht man viel seltener als in der Submaxillaris. Auch ist in den Sekret- röhren das Stäbchenepithel nicht so deutlich ausgeprägt als dort. Im übrigen verhält sich die Sublingualis monostomatica genau wie die betr. Drüse des Rindes. c) Die Glandula sublingualis polystomatica s. Rivini des Schafes ist wie die betr. Drüse des Rindes noch von keinem Forscher untersucht und beschrieben worden. Bei meinen Untersuchungen habe ich festgestellt, dass sich diese Drüse des Schafes genau so verhält, wie die des Rindes- Sie ist eine rein tubulöse Drüse, deren Tubuli nur mit Schleim- zellen ausgekleidet sind (Fig. 11a). Schaltstücke und Sekretröhren sind nicht vorhanden, sondern nur die bei Rind, Hund und Katze beschriebenen durch ein weites Lumen und ein kubisches Epithel gekennzeichneten Sekretgänge (Fig. 11 ft und £?), in welche das secernierende Epithel direkt übergeht. Hervorheben möchte ich noch, dass das intertubuläre Gewebe ebenfalls sehr viele Muskelzellen enthält. Irgend einen bemerkenswerten Unterschied zwischen der multikanalären Sub- 486 G. ILLING, lingualdrüse des Schafes und der des Rindes vermochte ich nicht zu konstatieren. 3. Caprahireus. Im anatomischen Teile habe ich bereits darauf hingewiesen, dass die makroskopischen Verhältnisse der Unterkieferspeichel- drüsen der Ziege noch nicht untersucht und beschrieben worden sind, dasselbe gilt auch für den mikroskopischen Bau dieser Organe. Bei meinen Untersuchungen habe ich feststellen können, dass sich alle drei Unterkieferspeicheldrüsen der Ziege im grossen und ganzen ähnlich verhalten wie die betr. Drüsen von Rind und Schaf; jedoch bestehen immerhin bei der Ziege bemerkenswerte Eigentümlichkeiten, die ich im folgenden er- örtern werde. a) Die Formation der Drüsenendstücke der &landula submaxillaris muss man auf Grund der mikroskopischen Bilder wie bei Rind und Schaf als eine tubulo-alveoläre bezeichnen. In dieser Beziehung verhält sich also die Submaxillardrüse aller drei untersuchten Wiederkäuer gleich. Dagegen besteht ein wesentlicher Unterschied bezüglich der Epithel- auskleidung dieser Alveolengänge zwischen der Ziege eines- und Schaf und Rind andererseits. Während wir bei Rind und Schaf nur gemischte Endstücke, also Endstücke, die mit Schleimzellen und Halbmonden aus- gekleidet waren, vorfanden, beobachten wir in der Submaxillaris der Ziere um die grösseren Sekretröhren und Sekretgänge Gruppen von rein serösen Endstücken. In den gemischten Endstücken liegen die relativ niedrigen Randzellkomplexe, die kurze intercelluläre Sekretkapillaren besitzen, in grosser Ausdehnung mantelartig um die Schleimzellen herum. Sie werden durch Eosin rot gefärbt und lassen’ deutlich eine Anzahl Kerne erkennen. Die Randzellkomplexe grenzen sich aber gegen das Zwischengewebe nicht deutlich ab, so dass man sie bei oberfläch- licher Betrachtung für Teile des Zwischengewebes halten könnte. Bei genauer Untersuchung differenzieren sich die Halbmonde aber sehr wohl vom intertubulären Gewebe. Schaltstücke und Sekretröhren sind reichlich im mikroskopischen Bilde anzutreffen, sie zeigen dasselbe Verhalten wie beim Rinde. Auch kleine und grosse Sekretgänge sind ziemlich zablreich vorhanden. In ihrem sonstigen Verhalten gleicht die Gl. submaxillaris der Ziege der Submaxillaris von Rind und Schaf. Vergl. makrosk. u. mikrosk. Untersuchungen etc. d. Haussäugetiere. 487 b) Die Glandula sublingualis monostomatica s. Bar- tholini der Ziege ist wie die betr. Drüse von Rind und Schaf tubulo-alveolär, ihre Endgänge stellen also Alveolengänge dar. Letztere sind mit Schleimzellen ausgekleidet, denen ganz flache Halbmonde aussen anliegen. Rein seröse Tubuli kommen nicht vor; ob aber andererseits keine reinen Schleimtubuli vorhanden sind, konnte ich nicht mit Bestimmtheit feststellen. Man sieht öfterer Durchschnitte durch Tubuli, bezw. Alveolen, die mit dem Schleimepithel erfüllt sind und an denen man keine Halb- monde nachweisen kann; ob in solchem Falle aber der ganze Alveolar- gang frei von Halbmonden war, oder ob es sich nur um randzellfreie Tubulusabschnitte handelte, war nicht zu entscheiden. Typische Schaltstücke und Sekretröhren kommen nur selten vor, dagegen finden sich häufiger Sekretgänge im Parenchym. Im übrigen kann ich keine Abweichungen von den bei Rind und Schaf konstatierten Ver- hältnissen finden. c) Auch die Glandula sublingualis polystomatica s. Ri- vini der Ziege verhält sich histologisch im wesentlichen wie die betr. Drüse bei Rind und Schaf. Sie ist eine rein tubulöse Drüse, deren Schläuche gewunden ver- laufen, sich stark verästeln und am Ende event. kolbig aufgetrieben erscheinen. Austapeziert sind diese Schläuche nur mit Schleimzellen. Schaltstücke und Sekretröhren kommen nicht vor, sondern nur die bereits beim Rınd und beim Schafe beschriebenen Sekretgänge mit dem kubischen Epithel und dem weiten Lumen, in welche die Drüsen- endstücke direkt übergehen. Hervorheben muss ich auch hier wieder, dass das intertubuläre Gewebe dieser Drüse auch bei der Ziege, wie bei Rind und Schaf sehr viele Muskelzellen enthält. Die anderen Teile der Gl. sublingualis polystomatica zeigen denselben mikroskopischen Bau wie bei Rind und Schaf. Zusammenfassend ist über den mikroskopischen Bau der Unterkieferspeicheldrüsen der Hauswiederkäuer, d. h. von Rind, Schaf und Ziege folgendes zu sagen: Die Submaxillaris ist bei allen drei Tierarten eine tubulo-alveoläre Drüse. Ihre Endstücke stellen geschlängelt ver- laufende, sich vielfach verästelnde, mit secernierendem Epithel ausgekleidete Schläuche dar, an denen kuglige und eiförmige Ausbuchtungen oder Alveolen sitzen, die mit ihren Öffnungen 488 G. ILLING, in den Schlauch münden, der-dadurch zu einem Alveolengang wird. Bei allen drei Wiederkäuern ist die Submaxillaris eine semischte Drüse und zwar bei Rind und Schaf eine Schleim. drüse mit Halbmonden, während bei der Ziege rein seröse und gemischte Endstücke in Gruppen nebeneinander vorkommen. Die Randzellkomplexe sind bei Rind, Schaf und Ziege in reicher Anzahl vorhanden: sie bedecken meist mantelartig die ganze Peripherie des Durchschnittes einer Alveole resp. eines Tubulus. Beim Rind sind die Randzellkomplexe ziemlich umfangreich, ohne aber hoch zu sein; beim Schaf verbreiten sich die Halb- monde ähnlich wie bei der Katze über einen grossen Teil des Tubulus, bilden aber nicht wie dort eine zusammenhängende Schicht, sondern erheben sich hier und da wie kleine Kuppen über die Aussenfläche des Tubulus. Bei der Ziege umgeben die Halbmonde ebenfalls wie beim Rinde die Tubuli mantelartig, sie grenzen sich aber nicht wie dort deutlich gegen das inter- tubuläre Gewebe ab. Intercelluläre Sekretkapillaren sind sowohl in den rein serösen Tubuli der Ziege als auch in den Halb- monden aller drei Wiederkäuer vorhanden. Schaltstücke und Sekretröhren sind in jedem Falle im mikroskopischen Bilde häufig zu beobachten. Die Gl. sublingualis monostomatica stimmt bei allen drei untersuchten Wiederkäuern vollständig überein. Sie ist eine tubulo-alveoläre Drüse mit gemischtem Drüsencharakter, d. h. sie besitzt Endstücke, die mit Schleimzellen und Halb- monden ausgestattet sind. Die Halbmonde sind sehr flach, kommen aber sehr zahlreich vor. Intercelluläre Sekretkapillaren sind in den Randzellkomplexen nicht immer nachzuweisen, sind aber zweifellos stets vorhanden. Reine seröse Tubuli kommen nicht vor. Schaltstücke und Sekretröhren sieht man seltener als in der Submaxillaris. Auch die Gl. sublingualis polystomatica besitzt bei allen untersuchten Wiederkäuern den gleichen Bau. Sie ist eine Vergl. makrosk. u. mikrosk. Untersuchungen etc. d. Haussäugetiere. 489 reine tubulöse Drüse mit rein mukösem Charakter. Bei allen drei Wiederkäuern enthält das intertubuläre Gewebe dieser Drüse orosse Mengen von glatten Muskelzellen. Schaltstücke und Sekretröhren kommen in ihr nicht vor, sondern die schon vor- her beschriebenen Gänge, in welche die Endstücke direkt über- gehen, mit dem kubischen Epithel, dem weiten Lumen und der ausgesprochen bindegewebigen Wand. Non-Ruminantia. Sus serofa domesticus. Auch der histologische Bau der Unterkieferspeicheldrüsen des Schweines ist noch ungenügend bekannt. Er wurde nur von Ellenberger (36, 37), Kunze (6l) und von Ranvier (98) beschrieben, obne dass die beiden erstgenannten Forscher die sublingualen Drüsen gesondert untersucht haben. Die von mir vorgenommenen Untersuchungen dieser Drüsen haben folgendes Ergebnis gehabt. a) Die Glandula submaxillaris des Schweines ist eine zusammengesetzte tubulo-alveoläre Drüse, deren Alveolengänge verzweigt und geschlängelt verlaufen. Man sieht in den Gesichtsfeldern unter dem Mikroskop nicht nur runde, ovale Hohlräume und kurze, gebogene Schlauchstücke, sondern auch öfterer Erweiterungen der Schläuche und Schlauch- durehschnitte mit seitlich ansitzenden Alveolen, also ähnliche Bilder, wie man sie bei Durchschnitten durch die Lunge sieht, aber viel seltener. Auch sieht man nicht selten, dass das Endstück eines Tubulus ein erheblich erweitertes Lumen hat. Man muss daher auch die Submaxillaris des Schweines zu den tubulo-alveolären Drüsen rechnen und ihre Endstücke als Alveolengänge bezeichnen. Dem Charakter des Drüsenepithels nach ist die Submaxillaris des Schweines nach alter Einteilung eine Schleimdrüse mit Halbmonden, also nach moderner Anschauung eine gemischte Drüse; als solche bezeichnen sie auch Ellenberger, Kunze und Ranvier. Der ausführende Apparat zeigt die bekannten Verhältnisse, wie man sie in den Speicheldrüsen als zusammengesetzte Drüsen anzutreffen pflegt. Die grösseren Ausführungsgänge sind ausgekleidet mit einem 490 G. ILLING, mehrschichtigen Cylinderepithel; unter der oberflächlichen, das Lumen begrenzenden Schicht hoher Cylinderzellen finden sich ein oder zwei Lager kubischer oder rundlicher bezw. auch platter Zellen, welche auf einer bindegewebigen Wand aufsitzen. Dieses mehrschichtige Epithel geht in den ausführenden Kanälen in der Drüse sehr bald in ein ein- schichtiges Cylinderepithel und schliesslich in ein einschichtiges Stäbehen- epithel über. Dabei wird die Membrana propria dünner und schliesslich zu einer einfachen Bindegewebslamelle. Die Zellen des Stäbchenepithels, welches die Sekretröhren auskleidet, lassen schon bei relativ schwacher Vergrösserung eine deutliche radiäre Streifung erkennen. Je enger die Gänge werden, desto niedriger werden die sie auskleidenden Zellen, bis schliesslich die Stäbehenzellen der Sekretröhren in die einfachen kubischen Zellen der Schaltstücke übergehen. Die Zellen dieses Abschnittes der ausführenden Kanäle lassen besondere, erwähnenswerte Merkmale kaum erkennen, sie besitzen einen verhältnismässig grossen Kern, der nicht selten den grössten Teil der Zelle einnimmt. Das Schaltstück ist relativ kurz und mündet direkt in den mit Schleim- zellen und Halbmonden ausgekleideten Alveolengang. Die Schleimzellen der Submaxillaris des Schweines haben im allgemeinen eine eylindrische oder kegelförmige Gestalt. Der Kern zeigt die schon so oft beschriebenen Eigentümlichkeiten des Schleimzellkernes. Er ist klein, von unregel- mässiger Gestalt, oft zackig ausgezogen oder stark abgeplattet, chromatin- reich und infolgedessen intensiv gefärbt. Jede Schleimzelle zeigt ein deutliches Netzwerk, welches durch das Delafieldsche Hämatoxylin leicht darstellbar ist. Die Wandzellkomplexe (Halbmonde Gianuzzis) (Fig. 12e) in der Submaxillaris des Schweines, die diese Schleimzellen umgeben, sind wie schon R. Krause (59) gefunden hat, wenig grösser als in der Submaxillaris des Hundes, aber sehr viel zahlreicher. Sie sitzen auch nicht nur wie eine Kappe am erweiterten Ende eines jeden Tubulus auf, sondern umscheiden meist einen ganzen Alveolus- oder sogar einen ganzen Tubulus- resp. Alveolengangdurchschnitt vollständig. Die Grösse dieser im mikroskopischen Bilde einen ganzen Alveolus- oder Tubulusdurchschnitt rundum, also ringförmig umscheidenden Wand- zellkomplexe (Belegzellkomplexe) anzugeben, dürfte nicht möglich sein, weil die einzelnen Tubuli und Alveoli ganz verschieden im Durchmesser und mithin im Umfange sind. So viel lässt sich aber immerhin sagen, dass die Halbmonde eine auffallend grosse Ausdehnung zeigen, ohne aber hoch zu sein. Die Längenausdehnung dieser Wandzellkomplexe kann man nicht angeben. Die Grenzen zwischen den Zellen der Rand- komplexe sind relativ undeutlich. Trotzdem lassen sich bei entsprechender Behandlung bezw. Färbung der Präparate in den Randzellkomplexen die intercellulären Sekretkapillaren (Fig. 12d) ziemlich deutlich erkennen, sie verlaufen etwas gebogen und verästeln sich scheinbar stark. Diese scheinbar starke Verästelung wird vorgetäuscht zum Teil durch Sekretstränge und Sekrettropfen, zum Teil durch die wechselnde Einstellung der Präparate, bezw. der betreffenden Stelle des mikro- Vergl. makrosk. u. mikrosk. Untersuchungen etc. d. Haussäugetiere. 491 skopischen Bildes. Man sieht dann die übereinander liegenden Kapillaren aus verschiedenen Ebenen und bekommt das merkwürdige Bild, wie dies die Fig. 12d zeigt, und woraus man auf intracelluläre Kapillaren schliessen könnte, Die genauere Prüfung dieser Verhältnisse nach Zimmermann (119) ergiebt, dass die Kapillaren nur intercellulär liegen. Man kann überall die Kitt- bezw. Schlussleisten nachweisen. Das Epithel der Endstücke sitzt auf einer deutlichen Membrana propria, die die bekannten Korbzellen enthält. Zwischen diesen eigen- artigen, gemischten Alveolengängen kommen noch intertubuläre kleine Zellhäufehen von ganz besonderem Charakter vor. Der Zellleib lässt ein gut gefärbtes Netzwerk erkennen, in dessen Maschen intensiv mit Eosin tingierte Granula liegen. Der ovale oder rundliche Kern mit grossen Kernkörpercehen liegt excentrisch. Diese Zellen erinnern an Ganglienzellen, ohne aber alle Eigenschaften solcher zu zeigen, anderer- seits erinnern diese Zellhäufchen auch an die intertubulären Zellhäufchen im Pankreas. Sie sind verschieden von den Zellhäufchen, die man sieht, wenn Randzellkomplexe vom Messer allein getroffen werden. Man sieht dann Häufchen von serösen Zellen, die die bekannten Merk- male zeigen. Die ganz eigenartigen Zellen der efwähnten intertubulären Zellhäufehen und die einzeln zwischen den Tubuli vorkommenden, an Nervenzellen erinnernden Zellen habe ich auch bei anderen Tieren ge- funden, doch ist es mir nicht gelungen, die Natur dieser fraglichen Gebilde mit Bestimmtheit festzustellen. Das intertubuläre Bindegewebe ist auch hier wie in allen vorher beschriebenen Submaxillardrüsen in relativ nur geringen Mengen vorhanden, so dass die Alveolengänge ziemlich dicht aneinander liegen. Parakanaläre Einzeldrüschen habe ich in der Submaxillaris des Schweines nicht beobachten können. b) Die Glandula sublingualis monostomatica s. Bar- tholini ist ebenfalls eine gemischte Drüse mit tubulo-alveolärer Formation der Drüsenendstücke. Wie die Betrachtung von mit Delafields Hämatoxylin und Eosin gefärbten Schnitten lehrt ist die Gl. sublingualis monostomatica des Schweines durch lockere, verschieden breite, bDindegewebige Septen, welche stark mit Fettgewebe durchsetzt sind, deutlicher in grössere oder kleinere Lobuli gesondert als es bei anderen Tieren der Fall ist. Es ist also das an Leukoeyten und Bindegewebskernen reiche interlobuläre Gewebe reichlicher vorhanden, als bei anderen Tieren, so dass die Drüse einen sehr lockeren Charakter erkennen lässt; infolgedessen liegen die einzelnen Läppchen relativ weit auseinander. Aber auch das intralobuläre, d. h. das intertubuläre Gewebe ist in reichlicheren Mengen als bei anderen Tieren vertreten und auffallend reich an Zellen, besonders an Leukoeyten; deshalb liegen auch die einzelnen Endstücke relativ sehr weit auseinander, so dass die ganze Drüse schon makroskopisch ein lockeres Gefüge zeigt. In der Nähe der grösseren Speichelgänge 492 G. ILLING, liegen Haufen von Leukocyten, die an Lymphfollikel erinnern, aber wegen Mangel eines Keimcentrums nicht als solche zu Behr sind. Was das eigentliche Drüsenparenchym anlangt, so sieht man schon auf den ersten Blick, dass wir es hier mit einer gemischten Drüsenart zu tun haben; dieser erste Eindruck wird durch nähere Betrachtung nur bestätigt. Auch Ellenberger, Kunze und Ranvier beschreiben die Gl. sublingualis monostomatica (Gl. retrolingualis nach Ranvier) des Schweines als eine gemischte Drüse, in der nicht nur gemischte Tubuli, sondern auch rein seröse Läppchen vorkommen. An allen Schnitten finden wir vorwiegend Tubuli mit serösem Epithel, daneben allerdings, wenn auch in der Minderzahl, gemischte Endstücke, d. h. Schleim- tubuli mit Halbmonden (Belegzellkomplexe). Reine Schleimtubili kom- men nach meinem Dafürhalten in dieser Drüse nicht vor. Die Zellen der Durchschnitte rein seröser Tubuli zeigen ausser den schon oft erwähnten Merkmalen zum grössten Teile schöne intercelluläre Sekret- kapillaren, die an den mit Delafieldschen Hämatoxilin und Eosin gefärbten Schnitten als ziemlich weite helle Röhrchen deutlich in der rot tingierten Alveole' zwischen den Zellen zu sehen sind. Dieselben gehen vom Lumen aus zwischen die Zellen hinein und enden blind mehr oder weniger weit entfernt von der Zellbasis. Die Schleimzellen in den gemischten Tubuli sieht man überall meistens ziemlich tief blau gefärbt, die mehr oder weniger weiten Lumina manchmal, mit blau gefärbten Schleim gefüllt, die Zellen in der schon geschilderten Weise die Merkmale der Schleimdrüsenzellen aufweisend. Die Randzellkomplexe, (Fig. 13e und e!), die diesen Schleimzellen ansitzen, sind auffallend gross. Sie verhalten sich ihrer Lage nach ähnlich wie die Belegzellen in den Fundusdrüsen des Schweines; sie tragen scheinbar nicht zur Lumen- begrenzung des Drüsenendstückes bei, sondern liegen meist ganz und gar ausserhalb des zusammenhängenden Hauptschlauches (Schleimzell- schlauches) und zwar in besonderen Buchten und Nischen des peritubu- lären Gewebes resp. der Membrana propria. Letztere ist deutlich sichtbar und enthält die bekannten Basal- oder Korbzellen. Oft scheinen die Rand- zellkomplexe protoplasmatische Fortsätze zwischen den Schleimzellen nach dem Lumen zu senden, welche die Sekretkapillaren enthalten (Fig. 13c'). Überdies sind die intercellulären Sekretkapillaren (Fig. 13d und d!), die ziemlich geschlängelt verlaufen und sich scheinbar geradezu korallen- artig verästeln (=. oben), sehr zahlreich vorhanden. Das von den eigent- lichen, secernierenden Tubuli zu den Epithelzellen der Speichel- röhren hinüberleitende enge Schaltstück ist ziemlich kurz. Seine niedrig kubischen indifferenten Zellen bieten nichts besonders Bemerkens- wertes” dar. Wie an vielen derartigen, den Übergang vermittelnden Epithelien, iassen sich auch hier die Zellgrenzen sehr schwer erkennen. Die stäbchenförmige Differenzierung der Epithelien des nun folgenden Abschnittes des ausführenden Apparates ist ausserordentlich deutlich ausgeprägt, so dass man diese Teile als Speichelröhren bezeichnen a UN EL UL LUDER 2 2 2 ee Vergl. makrosk. u. mikrosk. Untersuchungen etc. d. Haussäugetiere. 495 muss, obwohl dieselben im Vergleich zu den Speichelröhren der vorher untersuchten Drüsen ein sehr weites Lumen besitzen. Letztere enthalten meist durch Eosin rötlich gefärbtes Sekret. Die gröberen Ausführungs- gänge und in Sonderheit der Ductus sublingualis major s. Bartholini sind ausgekleidet mit einem mehrschichtigem Cylinderepithel ; unter den hohen Cylinderzellen der oberflächlichsten Schicht finden sich ein oder zwei Lager von kubischen oder platten Zellen. Zwischen den eylindri- schen Epithelzellen der oberflächlichsten Lage trifft man, vor allem in dem Hauptausführungsgange beim Schwein Becherzellen in so grosser Zahl wie bei keinem anderen Tiere. In den grösseren Sekretgängen und in dem Ductus Bartholini findet man ein Sekret, das bei Färbung mit Delafieldschem Hämatoxylin und Eosin teils blau und teils rot gefärbt erscheint, das also eine seröse Flüssigkeit darstellt, der Muein beigemischt ist. c) Die Glandula sublingualis polystomatica s. Rivini des Schweines ist nur von Ranvier (98), der sie Gl. sublingualis nannte, mikroskopisch untersucht und beschrieben worden. Er bezeichnet sie als eine reine Schleimdrüse, eine Angabe, der ich nicht zustimmen kann. Im mikroskopischen Bilde zeigt die Sublingualis polystomatica des Schweines nach meinen Beobachtungen eine sehr deutliche Läppchen- bildung. Die einzelnen Drüsenläppchen sind durch starke Stränge von festen, derben Bindegewebe, das reich ist an Gängen, Gefässen, Nerven, elastischen Fasern und Muskelzellen, deutlich voneinander geschieden. Auch das intralobuläre Bindegewebe ist im Gegensatz zu dem intra- lobulären Bindegewebe dieser Drüse der übrigen Tierarten relativ stark entwickelt und enthält grosse Mengen von Leukocyten; überdies ent- hält es noch viele Muskelzellen, die man auch im intralobulären Binde- gewebe der betr. Drüse bei den anderen Tieren sehr reichlich findet. Die Membrana propria der Endstücke ist hier ebenfalls reich an Korb- zellen. Die Drüse macht zwar auf den ersten Blick den Eindruck einer reinen Schleimdrüse, bei genauer Untersuchung konstatiert man aber doch, dass an den Schleimtubuli einzelne Halbmonde vorkommen. Letztere haben ungefähr die Form und Grösse der Randzellkomplexe der Submaxillaris des Hundes (Fig. 14c). Sie sitzen dem erweiterten Ende eines jeden Tubulus resp. dem Ende jeder kleinen Abzweigung desselben und jedem seitlich dem Tubulus ansitzenden Alveolus wie eine flache Kappe auf. Die Halbmonde bestehen meist aus drei bis fünf Zellen, deren Grenzen aber undeutlich erscheinen. Sekretkapillaren konnte ich nicht immer konstatieren, doch sind wahrscheinlich stets solche vorhanden. Die Gl. sublingualis polystomatica ist also entgegen 494 G. ILLING, der Angabe von Ranvier eine gemischte Drüse mit vorwiegend mu- kösem Charakter. Was nun die Form der Endstücke anlangt, so muss ich dieselben, wie ich schon angedeutet habe, als tubulo-alveolär auffassen. Im Gegensatz zu den Fleischfressern und den Wiederkäuern sind in der Gl. sublingualis polystomatica des Schweines alle drei Arten von ausführenden Kanälen vorhanden, also Schaltstücke, Sekret- röhren und Sekretgänge. In ihrem Bau zeigen dieselben die be- kannten Verhältnisse; zu erwähnen wäre nur, dass-der Inhalt in den Sekretröhren zuweilen rot, zuweilen blau, zuweilen aber auch gemischt gefärbt erscheint. Nach vorstehendem sind also alle drei submaxillaren Drüsen des Schweines gemischte Drüsen von tubulo-alveolärem Charakter; jede der drei Drüsen zeigt aber gewisse Besonderheiten. Die Gl. submaxillaris hat z. B. sehr grosse Halbmonde, die meist den ganzen Durchschnitt der Alveolengänge umscheiden. Die Randzellkomplexe sind in der Gl. sublingualis monostomatica noch grösser und verhalten sich ihrer Lage nach ähnlich wie die Belegzellen in den Fundusdrüsen des Schweines, dagegen sind die Randzellkomplexe in der Gl. sublingualis polystomatica relativ klein und sitzen wie in der Submaxillaris des Hundes als flache Kappen auf den alveolären Ausbuchtungen. III. Rodentia. Lepus euniculus. Neben Hund und Frosch ist das Kaninchen das gebräuch- lichste physiologische Versuchstier, infolgedessen sind auch alle Organe desselben und nicht zum mindesten die Unterkiefer- speicheldrüsen von zahlreichen Forschern untersucht und be- schrieben worden. Auf die gesamte einschlagende Literatur hier genau einzugehen würde mich als über den Rahmen meiner Arbeit hinausgehend zu weit führen. Ich werde mich deshalb damit begnügen, bei der Schilderung meiner Befunde diejenigen Angaben der Autoren zu erwähnen, die von besonderem Interesse für meine Untersuchungen sind. Vergl. makrosk. u. mikrosk. Untersuchungen etc. d. Haussäugetiere. 495 a) Nach der Formation der Drüsenendstücke muss die Gl. sub- maxillaris des Kaninchens als eine wesentlich tubulöse Drüse be- zeichnet werden. In den mikroskopischen Schnitten sieht man in dem Stützgerüste der Drüse ausser Quer-, Schräg- und Längsschnitten von Ausführungsgängen vor Allem die Durchschnitte der Drüsenendstücke und zwar in Form von vorwiegend schlauchförmigen (röhrenförmigen), geraden oder gebogenen Stücken und runden und ovalen Durchschnitten. Hier und da bemerkt man auch kolbige und buchtige Erweiterungen der Schlauchstücke. Es dürfte sich also nur um Schläuche handeln, die hier und da, besonders aber an ihren Enden alveolär ausgebuchtet erscheinen. Zweifellos ist aber, dass sieh die Schläuche häufig teilen und nicht geradlinig sondern sehr geschlängelt verlaufen. Alveoläre Anhänge an den Tubuli konnte ich mit Sicherheit nicht nachweisen. Die Präparate bieten in Bezug auf Formation und Begrenzung der Drüsenhauptstücke das unklarste Bild von allen Tieren. Die Drüsenendstücke liegen so eng aneinander und sind so unsicher be- grenzt, dass es recht schwierig ist, die genaue Form der Durchschnitte zu erkennen. Das intertubuläre Gewebe ist in minimalen Mengen vor- handen und kaum sichtbar. Das ganze mikroskopische Bild der Drüse war bei den von mir untersuchten wenigen Tieren ein ganz ver- schwommenes. Nach der Beschaffenheit des Drüsenepithels muss die Submaxillaris des Kaninchens aber zweifellos als eine reine seröse Drüse bezeichnet werden. In diesem Sinne haben sich auch schon Boll (15, 16), Nussbaum (90), Langley (65), E. Müller (88), Held (50) und andere ausgesprochen. Die die Tubuli auskleidenden secer- nierenden Zellen zeigen in meinen mit Sublimat fixierten Schnitten ein sehr eigenartiges Aussehen. Man kann in den Zellen zwei Zonen, eine Rand- und eine centrale Zone unterscheiden. In der Randzone erscheinen die Zellen vollgepfropft mit Körnchen, während nach dem Lumen hin die Körnchen sich mehr und mehr lichten und immer sparsamer werden, bis sie nahe dem Centrum schliesslich vollständig verschwunden sind. Wir finden hier also umgekehrte Verhältnisse wie im Pankreas. Die Kerne sind meist von rundlicher Gestaltung und excentrisch und zwar peripher gelagert. Vom Lumen der Drüsentubuli zweigen sich feine helle Röhrchen zwischen die Zellen hin ab, um nach geradem oder gewundenem Verlaufe gewöhnlich in der Nähe der Mem- brana propria zu enden, ohne diese aber ganz zu erreichen. Diese Röhrchen, die nichts anderes sind als die sog. Sekretkapillaren, wurden von Erik Müller (88) ausser in den Speicheldrüsen anderer Säugetiere, besonders in der Submaxillaris des Kaninchens genau unter- sucht und beschrieben. Die Membrana propria der Endstücke ist äusserst dünn und fein und scheint keine Korbzellen zu enthalten. Auf das das eigentliche secernierende Epithel enthaltende Haupt- stück folgt wie gewöhnlich ein als Schaltstück zu bezeichnender Kanalabschnitt mit niedrig kubischen Zellen, welcher zu der Speichel- röhre hinüberleitet. Die Quer-, Längs- und Schrägschnitte der nun Anatomische Hefte. I. Abteilung. 79/80. Heft (26. Bd. H. 2/3.) 33 496 G. ILLING, folgenden Speichelröhren treten schön und äusserst zahlreich im mikroskopischen Bilde hervor; die streifige Struktur des Zellleibes ist sehr gut erkennbar. Neben den grösseren interlobulären Gängen liegen parakanaläre kleine Drüsenhäufchen und Ganglien. Die Wand der grösseren Kanäle ist bindegewebiger Natur, ihr sitzt ein zweireihiges Epithel auf, dessen innerste Schicht aus Zellen mit stäbchenförmiger Differenzierung und länglich, spindelförmigen Kernen besteht, so dass die innerste Schicht dieselben Verhältnisse bietet, wie das Epithel der Sekretröhren; die äussere Zellschicht enthält nahezu kubische Zellen mit runden Kernen. Eine dünne, euticulare, strukturlose Basalmembran besitzen die Gänge nicht, dagegen umgiebt jeden der Gänge, die man doch trotz der öfters auftretenden Zweischichtigkeit des Epithels als Speichelröhre auffassen muss, eine feine Bindegewebslamelle, die sich bei der Härtung deutlich abhebt, so dass zwischen ihr und dem Epithel ein freier Raum bleibt. Sekretgänge, wie ich sie in den Submaxillardrüsen aller übrigen untersuchten Tierarten gefunden und beschrieben habe, konnte ich in der Submaxillaris des Kaninchens nicht konstatieren. b) Die von Beyer (11), Reichel (101), W. Krause (57), Kamocki (54), Ranvier (9), und anderen als Gl. sublingualis und von Öhievitz (20) als Gl. alveolo-linguales beschriebene Gl. sublingualis polystomatica s. Rivini des Kaninchens ist nach meinen Befunden eine reine Schleimdrüse, die niemals echte Halbmonde enthält. Es können sich ja nicht selten halbmondartige Bildungen finden, die bei oberflächlicher Beobachtung einen wirklichen Halbmond vor- täuschen; bei näherer Betrachtung erkennt man aber, dass es sich nur um Schrägschnitte der äusserst stark entwickelten und zahlreiche Korb- zellen enthaltenden Membrana propria handelt. Mit den echten Halb- monden jedoch, wie sie sich in verschiedenen von mir vorher beschrie- benen Drüsen finden, können derartige zufällige Bildungen nicht ver- glichen werden. Die Drüse ist, die Formation ihrer Endstücke betreffend, eine stark verzweigte tubulöse Drüse mit kolbig aufgetriebenen Enden der Hauptstücke und ihrer Äste. Die Endstücke sind, wie ich bereits er- wähnt, nur mit Schleimzellen ausgekleidet, die nichts besonderes zeigen. Auf das eigentliche secernierende Epithel des Drüsenendstückes folgt im Gegensatz zur Gl. sublingualis polystomatica der Fleischfresser und Wiederkäuer ein als Schaltstück zu bezeichnender enger Kanalab- schnitt mit niedrig kubischen Zellen. Das Schaltstück ist in der Gl. sublingualis polystomatica des Kaninchens ziemlich kurz, das Lumen eng und geht dann sehr bald in einen Abschnitt mit einschichtigem Epithel über, welches selbst bei schwächeren Vergrösserungen schon Vergl. makrosk. u. mikrosk. Untersuchungen etc. d. Haussäugetiere. 497 eine deutliche durch den ganzen Zellleib hindurchgehende radiäre Streifung erkennen lässt. Diese Teile des ausführenden Apparates muss man auf Grund der angegebenen Merkmale als Speichelröhren bezeichnen. Die Durchschnitte der Speichelröhren finden sich äusserst zahl- reich im mikroskopischen Bilde. Eine strukturlose, subepitheliale, euti- eulare Basalmembran besitzen die Speichelröhren nicht; sie werden vielmehr von einer zumal bei den grösseren Speichelröhren sehr deut- lich sichtbaren, kernhaltigen Bindegewebslamelle umgeben. Im Lumen der Speichelröhren, das in den grösseren Kanälen relativ weit ist, be- finden sich häufig Sekretmassen, die bei Anwendung der Färbung mit Delafields Hämatoxylin und Eosin meistens blau gefärbt erscheinen. Die grösseren Gänge und die Anfangsabschnitte der Ductus sub- linguales minores sind ausgekleidet mit einem geschichteten Cylin- derepithel; unter den die innerste (oberflächlichste) Lage bildenden Cylinderzellen finden sich meist ein oder zwei Lager von kubischen Zellen. Die Rivinischen Gänge tragen in der Nähe ihrer Mündungs- stelle in die Mundhöhle geschichtetes Plattenepithel. Das interlobuläre wie das intralobuläre Bindegewebe ist relativ spärlich vorhanden. Im intertubulären Gewebe beobachtet man oft kleine Häufchen von Zellen zweifelsohne leukocytärer Natur, manchmal kommen auch acidophile Zellen in den Zellhäufchen vor. Ausserdem enthält das intertubuläre Gewebe grosse Mengen von Muskelzellen. Wie ich bereits in der Einleitung erwähnt habe, ist von Bermann (6—9) auch in der Submaxillaris des Kaninchens ein besonderer „zusammengetzt schlauchförmiger Teil“ gefunden und beschrieben worden. Die Angaben der verschie- denen Forscher, die sich für und wider die Bermannsche Be- hauptung ausgesprochen haben, habe ich in der Einleitung schon angegeben (l. c.). Da diese Frage (betreffs Vorkommen einer sog. Bermann- schen Drüse) bis zum heutigen Tage in gewissem Sinne noch kontrovers ist, so habe ich versucht, etwas zur Lösung derselben beizutragen. Zu diesem Zwecke habe ich mehrere Submaxillar- drüsen des Kaninchens in ihrer Totalität in Schnittserien zer- legt und die einzelnen Schnitte genau gemustert. Von einem besonderen deutlich abgegrenzten und differenzierten Teil in der Submaxillaris des Kaninchens, wie er von Bermann be- schrieben wurde, habe ich nichts finden können. Was er bei 294 9 o 498 G. ILLING, seinen Untersuchungen gefunden und was ihn zu seinen Aus- lassungen veranlasst hat, vermag ich nicht zu sagen. Es ist aber nach meinem Ermessen vollständig ausgeschlossen, dass Bermann die Gl. sublingualis, die ich als Gl. sublingualis polystomatica beschreibe, für diesen besonderen zusammengesetzt schlauchförmigen Teil der Gl. submaxillaris gehalten hat, denn diese Drüse liegt viel zu weit oral von der Submaxillaris, als dass er sie mit derselben zusammen hätte schneiden können. Eine Gl. sublingualis monostomatica kommt beim Kaninchen nicht vor. Zusammenfassung. Überblicken wir nochmals die Hauptresultate meiner Unter- suchungen, so lässt sich das Wesentliche derselben in folgenden Sätzen zusammenfassen. 1. Alle untersuchten Haussäugetiere, also Hund, Katze, Pferd, Esel, Rind, Schaft, Ziege, Schwesrmsnd Kaninchen besitzen die Glandula submaxillaris!) und die Glandula sublingualis polystomatica. während die Glandula sublingualis monostomatica nur bei Hund, Katze, Rind, Schaf, Ziege und Schwein vorkommt, da- gegen bei Pferd, Esel und Kaninchen fehlt. Bei den letzteren Tieren ist auch keine Andeutung und kein Rudiment 1) Es ist in neuester Zeit von Bardeleben (,Einige Vorschläge zur Nomenklatur“, Anat. Anz. Bd. 24, S. 301, 1904) darauf hingewiesen worden, dass man die submaxillaren Drüsen eigentlich als submandibulare bezeichnen müsse, weil bekanntlich mit Maxilla der Oberkiefer nnd mit Mandibula der Unterkiefer bezeichnet wird. Ich kann jedoch diesem Vorschlage nicht bei- pflichten, weil die submaxillaren Drüsen bei den Tieren in der Regel nicht submandibulär sondern mehr zwischen beiden Hälften der Mandibula oder auch kaudal von der Mandibula (also retromandibulär) liegen. Wollte man die bis- herige Benennung ändern, so könnte man Glandulae mandibulares sagen, um auszudrücken, dass sie am Unterkiefer oder demselben ganz nahe liegen, aber nicht Gl. submandibulares. Vergl. makrosk. u. mikrosk. Untersuchungen etc. d. Haussäugetiere. 499 dieser Drüse (etwa als Teil oder Anhang der Gl. submaxillaris oder der Gl. sublingualis polystomatica) nachzuweisen. 2. Die Gl. submaxillaris im engeren Sinne liegt von den drei submaxillaren Drüsen am meisten hals- und ohrwärts und wenn sie weit in den Kehlgang vorragt ausserhalb des Mylohyoideusgurts. Die beiden Gl. sublinguales liegen dagegen mehr oral und stets innerhalb dieses Muskelgurts. 3. Bei Hund, Katze und Schwein liegen die beiden sublingualen Drüsen hintereinander und zwar liegt die Gl. sublingualis monostomatica retrolingual d. h. rückwärts, (kaudal) von der Kreuzungsstelle des N. lingualis mit dem Ductus submaxillaris und die Gl. sublingualis polystomatica prälingual, d. h. oral von der erwähnten Kreuzungsstelle. Bei Rind, Schaf und Ziege liegen dagegen die beiden sublingualen Drüsen übereinander und zwar derart, dass die Gl. sublingualis monostomatica prälingual (also um- gekehrt als bei den anderen Tieren) und ventral von der Gl. sublingualis polystomatica gelegen ist. Dabei reicht die Gl.sublingualis polystomatica weiter kaudal als die GI. sublingualis monostomatica. 4. Beim Schwein sind beide sublinguale Drüsen gut aus- gebildet und relativ gross, bei den Fleischfressern dagegen ist nur die Gl. sublingualis monostomatica voll ent- wickelt, während die Gl. sublingualis polystomatica sehr klein ist. 5. Die Gl. submaxillaris und die Gl. sublingualis monostomatica münden mit nur je einem grossen Aus führungsgange in das Cavum sublinguale apicale, während die bei allen Haussäugetieren vorkommende Gl. sublingualis polystomatica jederseits mit vielen Gängen in das Cavum sublinguale laterale mündet. 6. Die Tiere, bei denen die in das Cavum sublinguale apicale mündende unikanaläre Gl. sublingualis monostomatica fehlt, be- 500 G. ILLING, sitzen eine grosse Gl. submaxillaris, deren Sekret ausreicht, um eine genügende Menge Speichel in den gen. unter der Zungen- spitze gelegenen Mundhöhlenraum zu liefern. (Einhufer, Kaninchen.) 7. Die Funktion der Gl. sublingualis polystomatica (Erguss von schleimhaltiger Flüssigkeit in den seitlich neben und unter der Zunge gelegenen Raum, das Cavum sublinguale laterale) wird durch die Zungenranddrüsen, die Kieferfalten- drüsen und die Gaumenpfeilerdrüsen unterstützt. 8. In der Sublingualis polystomatica des Pferdes beobachtete ich bei 22°o aller untersuchten Individuen einen Binde- gewebsstreifen, der die ganze Drüse in ventro-oraler Rich- tung durchsetzte und dieselbe in eine orale und eine aborale Portion zerlegte. Die mikroskopische Untersuchung hat aber ergeben, dass beide Abschnitte vollständig gleich gebaut sind. Beim Esel habe ich diese Zerlegung der Drüse durch einen Bindegewebsstreifen in zwei Abschnitte nicht gesehen. Auch bei der mikroskopischen Untersuchung der Drüse fand ich keine Verschiedenheit. Auch die Gl. submaxillaris war überall gleich gebaut. Es fehlt also bei den Einhufern jede Andeutung einer Gl. sublingualis monostomatica. 9. Das secernierende Drüsenepithel, d. h. das Epithel der Drüsenend- oder Hauptstücke besteht bei allen in Betracht kom- menden Drüsen aus Schleimzellen und serösen Zellen oder aus nur einer dieser beiden Zellarten. Beide Zellarten bedingen nun je nachdem, ob sie allein oder gemischt nebeneinander vorkommen und im letzteren Falle je nach der Art, wie sie zueinander liegen, den Charakter der Drüsenendstücke. So haben wir rein muköse, rein seröse und gemischte Endstücke. In letzteren bilden die Schleimzellen in der Regel zusammenhängende Lagen, also zusammenhängende Schläuche oder Alveolen, denen aussen Gruppen nebeneinander liegender seröser Zellen, die sogenannten Wandzellkomplexe Vergl. makrosk. u. mikrosk. Untersuchungen etc. d. Haussäugetiere. 501 (Halbmonde) als Belag anliegen; selten liegen beide Zellarten einzeln oder gruppenweise in den Schläuchen oder Alveolen nebeneinander. Die Regel ist vielmehr, dass sie aufeinander liegen, die Schleimzellen innen und die Eiweisszellen aussen. Eine dritte Art von secernierenden Zellen, die ein gemischtes Sekret liefern und die man z. B. in den Pylorusdrüsen des Magens findet, kommt in den Speicheldrüsen nicht vor. Über den Schleimreichtum aller untersuchten Speichel- drüsen lässt sich im allgemeinen sagen, dass derselbe in den Schleimzellen der Sublingualis polystomatica von Hund, Katze, Rind, Schaf, Ziege und Kaninchen sehr gross, in den Schleim- zellen der Sublingualis monostomatica von Hund, Katze, Rind, Schaf, Ziege und Schwein und der Sublingualis polystomatica von Pferd, Esel und Schwein mässig gross und in den Schleim- zellen aller Submaxillardrüsen relativ gering ist. 10. Die Gl. submaxillaris und die Gl. sublingualis monostomatica gehören bei allen Haustieren mit Ausnahme des Kaninchens, dessen Gl. submaxillaris eine seröse Drüse ist, den gemischten Schleimspeicheldrüsen an. Die Gl. sublingualis polystomatica ist eine reine Schleim- drüse bei Hund, Rind, Schaf, Ziege und Kaninchen; dagegen eine gemischte Drüse bei Pferd und Esel, Katze und Schwein. Bei den beiden letztgenannten Tierarten herrscht aber der muköse Charakter derart vor, dass man die Drüse bei oberflächlicher Betrachtung für eine reine Schleimdrüse halten muss. 11. Der gemischte Charakter der genannten Drüsen prägt sich je nach der Tierart und der Drüse in verschiedener Weise aus. a) Es sind nur rein muköse und gemischte (d. h. mit Schleimzellen in zusammenhängender Schicht ausgekleidete und mit serösen Randzellkomplexen stellenweise und zwar in ver- schiedener Zahl und Grösse belegte) Endstücke vorhanden in 502 G. ILLING, un — der Submaxillaris vom Hund, in der unikanalären Sublingualis von Schaf und Ziege und der multikanalären Sublingualis von Katze und Schwein. b) Rein seröse und gemischte Endstücke findet man in der Submaxillaris der Ziege und in der unikanalären Sub- lingualis von Katze und Schwein. c) Alle drei Arten von Endstücken kommen in der Submaxillaris von Pferd und Esel, in der Sublingualis mono- stomatica von Hund und Rind und in der Sublingualis poly- stomatica vom Esel vor. d) Nur gemischte Endstücke besitzt die Submaxillaris von Katze, Rind, Schaf und Schwein und die Sublingualis polystomatica vom Pferd. 12. Die Rand- oder Wandzellkomplexe stellen Gruppen seröser Zellen dar, welche den, einen zusammenhängen- den Schlauch, bezw. einen Alveolus oder einen Alveolengang bildenden Schleimzellen an gewissen Stellen aussen anliegen und die Membrana propria m. o. w. ausbuchten. Sie sind in den drei Drüsen je nach der Tierart recht verschieden, sowohl in Bezug auf ihre Zahl, als ihre Ausdehnung und Form, als auf die Höhe und die Zahl der sie zusammensetzenden Zellen. a) Niedrig aber relativ häufig sind die Rand- bezw. Wandzellkomplexe in der Submaxillaris der Fleischfresser, in der Sublingualis monostomatica der Wiederkäuer und der Sublingualis polystomatica des Schweines, niedrig und selten in der Sublingualis polystomatica der Katze; etwas höher und sehr häufig in der Submaxillaris der Wiederkäuer und des Schweines, in der Sublingualis monostomatica des Hundes und der Sub- lingualis polystomatica der Einhufer; relativ hoch und dabei häufig in der Submaxillaris der Einhufer und in der Sublin- gualis monostomatica von Katze und Schwein. b) Was ihre Ausdehnung in der Breite und Länge und die Zahl der sie zusammensetzenden Zellen (also die Vergl. makrosk. u. mikrosk. Untersuchungen etc. d. Haussäugetiere. 503 Ausdehnung ihrer den Alveolengang oder den Tubulus um- fassenden Fläche) betrifft, so sind die Wandzellkomplexe am grössten in der Submaxillaris der Katze, des Schweines und der Wiederkäuer; dann folgen die unikanalären Sublingualdrüsen von Katze, Schwein und Hund, darauf die Submaxillardrüsen und die multikanalären Sublingualdrüsen der Einhufer, dann die Submaxillaris vom Hund, die Sublingualis monostomatica der Wiederkäuer und die Sublingualis polystomatica des Schweines. Den geringsten Umfang besitzen die Randzellkomplexe in der Sublingualis polystomatica der Katze, die oft nur aus zwei oder drei Zellen bestehen. Vielleicht kommen auch Fälle vor, wo nur eine Zelle aussen an den Schleimzellen liegt. c) Die Wandzellkomplexe sitzen in Form flacher Kappen auf den alveolären seitlichen und Endausbuchtungen resp. den Umbiegungsstellen der geschlängelt verlaufenden Alveolengänge in der Submaxillaris des Hundes, der Sublingualis monosto- matica der Wiederkäuer und der Sublingualis polystomatica von Schwein und Katze. In der Gl. sublingualis polystomatica der Einhufer besitzen die Wandzellkomplexe auf dem Durchschnitt im mikroskopischen Bilde die Form von Mondsicheln, während sie in der Submaxillaris dieser Tierart nahezu die Halbmond- form erreichen. Ähnlich wie die Belegzellen in den Fundus- drüsen des Schweines verhalten sich oft die Randzellkomplexe ihrer Lage nach in der Gl. sublingualis ımonostomatica des Hundes und der Katze und noch viel mehr in derselben Drüse des Schweines. Sie tragen meist scheinbar gar nicht zur Lumen- begrenzung des Drüsenendstückes bei, sondern liegen ganz und gar ausserhalb des zusammenhängenden Hauptschlauches (Schleimzellschlauches) und zwar in besonderen Buchten und Nischen des peritubulären Gewebes resp. der Membrana propria. Zuweilen wird das Schleimzellrohr von den serösen Wandzell. komplexen ringförmig auf Strecken umscheidet, sodass der Wandzellkomplex geradezu einen Belegzellring bildet. Wie lang 504 G. ILLING, bezw. breit dieser Belegzellring ist, ob er eventuell einen Schlauch bildet, der den Schleimzellschlauch bezw. Alveolengang umgiebt, lässt sich nicht sagen. Er umgiebt sicherlich oft einen ganzen Alveolus, stellt also die Aussenwand einer hohlen Blase, einer hohlen Tasche ete. dar. Der Alveolus besitzt dann also gewisser- massen eine zweischichtige Epithelwand, mucinöse Innen- und seröse Aussenzellen. Diese eben geschilderten Verhältnisse finden wir in der Submaxillaris der Wiederkäuer und des Schweines. In der Submaxillaris der Katze umgiebt der seröse Aussenschlauch handschuhfingerähnlich einen grösseren Teil des ganzen Alveolen- ganges, also ein Schlauchstück und mehrere denselben ansitzende Alveolen zugleich, wie der Handschuhfinger die Glieder und die Gelenke und Knöchel umgiebt. 13. Ausser den serösen Randzellkomplexen, den echten Gianuzzischen Halbmonden, kommen in der Sublingualis poly- stomatica von Hund, Katze, Rind, Schaf, Ziege und Kaninchen noch Scheinhalbmonde (Pseudolunulae) vor, die durch Schräg- schnitte der sehr stark entwickelten und reichlich mit Korbzellen versehenen Membrana propria hervorgerufen werden; mit echten Halbmonden sind diese zufälligen Bildungen aber wohl kaum zu verwechseln, da dieselben niemals Sekretkapillaren enthalten und sich auch in anderer Richtung von den echten Halbmonden unterscheiden. Pseudohalbmonde aus an die Wand gedrängten sekretleeren Schleimzellen habe ich nicht gefunden. Wenn sekret- reiche und sekretarme Schleimzellen in einem Schlauche oder Alveolengange zugleich vorhanden waren, dann lagen dieselben gleich hoch nebeneinander; die sekretarmen waren schmäler und färbten sich mit den Schleimfarben schwach, während die anderen breiter waren und sich stark färbten. 14. Intercelluläre Sekretkapillaren findet man in den gemischten und serösen Drüsenendstücken zwischen den serösen Zellen und zwar sowohl zwischen den Zellen der Wand- zellkomplexe als auch zwischen den serösen Zellen der sogen. Vergl. makrosk. u. mikrosk. Untersuchungen etc. d. Haussäugetiere. 505 serösen Alveolengänge. Die Sekretkapillaren fehlen stets zwischen den Schleimzellen,, also vollständig in der rein mukösen multi- kanalären Sublingualis des Hundes, der Wiederkäuer und des Kaninchens und zwischen den Schleimzellen der gemischten und der rein mukösen Tubuli der übrigen untersuchten Drüsen. In den gemischten Tubuli führen allerdings kurze Gänge (Ka- nälchen oder Spalten) von den Halbmonden da, wo diese liegen, zwischen je zwei Schleimzellen hindurch zum Lumen des End- stückes und zwar ist es so, dass sich stets mehrere Sekretkapil- laren der Wandzellkomplexe in ein Kanälchen ergiessen, sodass also bei kleinen Komplexen nur ein einziger Gang von dem- selben durch die Schleimzellauskleidung hindurch zum Lumen führt. Man hat in der Regel den Eindruck, als ob hier ein Protoplasmafortsatz des serösen Komplexes zwischen zwei Schleim- zellen hindurch gegen das Lumen vorgeschickt werde. Die Sekretkapillaren verlaufen stets intercellulär oder nach Oppel epicellulär. Ein binnenzelliger Verlauf und eine even- tuelle korallenartige Verzweigung, wie wir dieselbe z. B. in den Randzellkomplexen der Gl. sublingualis monostomatica des Schweines beobachten können, wird teils durch das Vorhanden- sein von zahlreichen Sekrettropfen in den serösen Randzellen, teils dadurch vorgetäuscht, dass man beim Betrachten der Prä- parate unter Gebrauch der Mikrometerschraube die Sekretkapil- laren in verschiedenen Ebenen sieht. Die Annahme eines intra- cellulären Verlaufs der Sekretkapillaren wird endgültig zurück- gewiesen durch das regelmässige Vorhandensein der Kittleisten in der Begrenzung der Sekretkapillaren, welche nur zwischen den Rändern und den Oberflächen der Zellen, aber nie im Zell- leibe selbst zu finden sind. Diese Kittleisten müssten also den Sekretkapillaren bei einem intracellulären Verlaufe unter allen Umständen fehlen. Sie sind aber bei den untersuchten Drüsen stets vorhanden. Die Länge der Sekretkapillaren richtet sich naturgemäss nach der Höhe der Wandzellkomplexe, bezw. der 506 G. ILLING, serösen Zellen; sie sind infolgedessen bald länger, bald kürzer, verlaufen mehr oder weniger gebogen bezw. geschlängelt und enden meist im Niveau des Zellkernes, erreichen die Membrana propria aber niemals. 15. In Bezug auf die Form der Drüsenendstücke ist zu bemerken, dass die meisten der untersuchten Drüsen alveolo- tubuläre Drüsen sind. Die Drüsenendstücke sind also Alveolen- eänge; die Alveolen sitzen aber nicht dicht hinter- und neben- einander, wie z. B. bei der Lunge, sondern weiter, oft recht weit auseinander. Dabei sind die Schläuche vielfach in toto partiell ausgebuchtet und an den Enden oft geteilt und erweitert, sie verlaufen meist geschlängelt und senden öfters längere und kürzere Äste und Zweige ab. Tubulo-alveoläre oder alveolo-tubuläre Drüsen sind nach meinen Beobachtungen die Gl. submaxillarıs von Hund, Katze, Rind, Schaf, Ziege und Schwein, die Gl. sublingualis monostomatica von Hund, Katze, Rind, Schaf, Ziege und Schwein und die Gl. sublin- gualis polystomatica vom Schwein. Rein tubulöse Drüsen, deren Endstücke relativ weite, gewundene, sich stark verästelnde Schläuche mit kolbig er- weiterten Enden darstellen, sind die Submaxillaris von Pferd, Esel und Kaninchen und die Sublingualis poly- stomatica von Hund, Katze, Pferd, Esel, Rind, Schaf, Ziege und Kaninchen. 16. Der ausführende Apparat setzt sich bei den drei submaxillaren Speicheldrüsen bei allen Tierarten mit Aus- nahme der Submaxillaris des Kaninchens, der Sub- lingualis monostomatica der Katze und der Sub- lingualis polystomatica von Hund, Katze, Rind, Schaf und Ziege aus den drei bekannten Abschnitten, den Schaltstücken, den Speichel- oder Sekretröhren und den Speichel- oder Sekretgängen zusammen. In der Sub- Vergl. makrosk. u. mikrosk. Untersuchungen ete. d. Haussäugetiere. 507 maxillaris des Kaninchens finden wir sowohl typische Schaltstücke mit dem platten Epithel auf einer strukturlosen, Basalzellen enthaltenden Basalmembran, als auch typische Speichelröhren mit hohem, deutlich ausgeprägten Stäbchen- epithel auf einer dünnen Bindegewebslamelle. Daneben kommen noch grössere Kanäle mit stärkerer, deutlich bindegewebiger Wand und zweireihigem Epithel vor. Die innerste Zellschicht dieses Epithels besteht aus hohen Cylinderzellen mit stäbchen- förmiger Differenzierung, so dass dieselbe die gleichen Verhält- nisse bietet wie das einschichtige Epithel der echten Sekret- röhren; die äussere Zellschicht besteht aus kubischen Zellen mit runden Kernen. Die eigentlichen Sekretgänge ohne Stäbchenepithel fehlen dagegen vollständig. Die genannten Gänge mit dem zweireihigen Epithel, wovon die innerste Lage stäbehenförmig differenziert erscheint, bilden direkt den Ductus submaxillaris. In der Sublingualis monostomatica der Katze kommen hingegen nur Schaltstücke und Sekret- gänge, aber niemals Sekretröhren vor. Dagegen fehlen in der Sublingualis polystomatica von Hund, Katze, Rind, Schaf und Ziege sowohl die Schaltstücke als die Speichelröhren; hier gehen die Drüsenendstücke direkt in Gänge über, die mit einem kubischen Epithel ausgekleidet sind und die für ein Schaltstück ein viel zu weites Lumen und eine zu ausgesprochen bindegewebige Wand besitzen; diese Gänge sind aber auch keine Sekretröhren, da ihnen das Stäbchenepithel fehlt. Sie vereinigen sich sehr bald zu grösseren Gängen mit „weischichtigem Epithel, aus denen dann die Ductus sublinguales minores s. Rivipi hervorgehen. In Bezug auf die Häufigkeit der Speichelröhren in den drei Drüsen aller Haussäugetiere lässt sich sagen, dass die- selben sehr häufig sind in der Submaxillaris aller "Tierarten und in der Sublingualis polystomatica des Kaninchens, weniger häufig in der Sublingualis polystomatica von Pferd, Esel und 508 G. ILLING, Schwein und geradezu selten in der Sublingualis monosto- matica von Hund, Rind, Schaf, Ziege und Schwein. Das stäbchenförmig differenzierte Epithel der Speichelröhren ist am deutlichsten ausgeprägt in den Speichel- röhren aller Submaxillardrüsen und der Sublingualis polysto- matica des Kaninchens, weniger deutlich in den multikanalären Sublingualdrüsen von Pferd, Esel und Schwein und relativ un- deutlich in den unikanalären Sublingualdrüsen von Hund, Rind, Schaf, Ziege und Schwein. Die stäbchenförmige Differenzierung der Epithelzellen findet sich teils nur an der Basis, teils an der Basis und der dem Lumen zugekehrten Oberfläche der Zelle (Submaxillaris vom Schaf) oder dieselbe geht auch ohne Unterbrechung durch den ganzen Zellleib hindurch. Zweifellos beteiligt sich das Epithel der Schaltstücke und das der Speichelröhren an der Sekretion ; doch liegen bis jetzt noch keine einwandsfreien Untersuchungs- resultate über die Spezifität ihres zweifellos rein serösen Sekretes vor. Das Epithel der Speichelgänge scheint sich, so weit es keine Becherzellen enthält, an der Sekretion nicht zu beteiligen. 17. Die extraglandulären (grossen) Ausführungs- gänge der Ductus submaxillaris der Gl. submaxillaris und der Ductus sublingualis major der Gl. sublingualis monostomatica sind bei allen untersuchten Haussäugetieren nahe- zu gleich gebaut; sie bestehen in der Regel aus drei Schichten und zwar aus 1. dem zweischichtigen bezw. zweireihigen Epithel mit einer inneren Lage hoher Cylinderzellen und einer äusseren Lage niedriger, kubischer Zellen, die sich zwischen die spitz nach unten zulaufenden oberen Zellen einschieben ; 2. einer bindegewebigen Schicht mit eingelagerten elasti- schen Fasern, und 3. einer ganz dünnen Lage längs verlaufender platter Muskelzellen, die in einer bindegewebigen Grundlage liegt, die Vergl. makrosk. u. mikrosk. Untersuchungen etc. d. Haussäugetiere. 509 nach aussen von der Muskellage noch eine dünne Begrenzungs- oder Verbindungsschicht bildet. Zwischen den Cylinderzellen beider Gänge finden sich meist Becherzellen eingelagert und zwar im Ductus sublingualis major häufiger als im Ductus submaxillaris. Auffallend viele Becher- zellen findet man im Ductus sublingualis major des Schweines. Nahe der Mündung wird das Cylinderepithel beider Gänge zu mehrschichtigem Plattenepithel, das wieder ohne scharfe Grenze in das Mundepithel übergeht. Die Ductussublinguales minores der Gl. sublingualis polystomatica zeigen bei allen untersuchten Haussäugetieren un- gefähr die gleichen Verhältnisse. Sie bestehen aus einem zwei- schichtigen, eylindrischen bezw. kubischen Epithel, dasin der Nähe der Mündungsstelle in ein mehrschichtiges Plattenepithel übergeht; darauf folgt nach aussen eine zellreiche Bindegewebslage mit elastischen Fasern und hierauf eine relativ dicke Lage von längs verlaufenden glatten Muskelzellen. Becherzellen kommen in diesen Gängen zwischen den Epithelzellen nur bei Pferd, Esel und Schwein vor, bei den übrigen Tieren habe ich keine beobachten können. 18. Die Endstücke sämtlicher Drüsen besitzen eine deutlich sichtbare Membrana propria. Diese besteht im allgemeinen aus einer strukturlosen, kutikularen Haut, an deren Innenfläche die bekannten Korb- oder Basalzellen liegen. Die Membrana propria ist bei den einzelnen Drüsen in den genannten Ele- menten mehr oder weniger stark entwickelt. So fehlen nach meinen Beobachtungen die Korbzellen in der Membrana propria der Submaxillaris des Kaninchens so gut wie ganz. Die Mem- brana propria ist relativ stark und zellreich in der Submaxillaris aller übrigen Tierarten, in der unikanalären Sublingualis von Hund, Katze, Rind, Schaf, Ziege und Schwein, und in der multikanalären Sublingualis von Pferd, Esel und Schwein, da- gegen sehr dick und zellreich in der multikanalären Sublingualis 510 G. ILLING, von Hund, Katze, Rind, Schaf, Ziege und Kaninchen. Auch alle Schaltstücke besitzen eine Membrana propria mit Korb- zellen, die sich ungefähr so verhält wie die Membrana propria der zugehörigen Endstücke. Den Speichelröhren und den Speichel- gängen fehlt eine subepitheliale strukturlose (kutikulare) Basal- membran, ihr Epithel wird vielmehr nur von einer mehr oder weniger dicken Bindegewebslamelle umgeben. 19. Alle hier in Betracht kommenden Drüsen sind Läppchen- drüsen, deren einzelne Läppchen von einer bindegewebigen Kapsel, die auch elastische Fasern und glatte Muskelzellen enthält, zusammengehalten werden, wodurch mehr oder weniger einheitliche Organe entstehen. Die eintretenden Gänge, Gefässe und Nerven, welche mit lockerem, fibrillären Bindegewebe um- hüllt sind, das ebenfalls elastische Fasern und glatte Muskel- zellen enthält, bringen bei ihrem Eintritt sowohl das ihnen eigene als auch Teile des der Kapsel angehörenden Bindegewebes mit in das Innere der Drüse hinein. Diese Bindegewebszüge, das sogenannte interlobuläre Bindegewebe, scheiden dann die kleineren Läppcehen. Von diesem interlobulären Bindegewebe dringen wieder feinere Bindegewebszüge in das Innere der kleineren Läppchen ein, die die Drüsenendstücke umspinnen und die man als intralobuläres Bindegewebe bezeichnet. Irgendwelche durchgreifende Unterschiede in Bezug auf die Drüsenkapsel (das Epiadenium, s. Periadenium externum) habe ich weder bei den verschiedenen Drüsen noch bei den ver- schiedenen Tierarten beobachten können. Obwohl die Entwicke- lung des interlobulären und des intralobuiären Bindegewebes bedeutenden individuellen Schwankungen unterliegt, so ist man doch nicht im stande, hier regelmässig auftretende Unterschiede festzustellen. Das interlobuläre (interstitiellel) Bindegewebe (Peri- adenium [internum]) ist relativ gering entwickelt in der Sub- maxillaris aller Tiere und in der multikanalären Sublingualis Vergl. makrosk. u. mikrosk. Untersuchungen ete. d. Haussäugetiere. 511 von Pferd, Esel und Kaninchen; mässig gut in der unikanalären Sublingualis von Hund, Katze, Rind, Schaf, Ziege und Schwein; relativ stark in der multikanalären Sublingualis von Hund, Katze, Rind, Schaf, Ziege und Schwein. Dagegen ist das intra- lobuläre Bindegewebe (Endadenium) in relativ geringen Mengen vorhanden in der multikanalären Sublingualdrüse von Hund, Katze, Rind, Schaf und Ziege; in grösseren Mengen in allen Submaxillardrüsen und der multikanalären Sublingualdrüse von Pferd, Esel und Kaninchen und in relativ grossen Mengen in der unikanalären Sublingualis von Hund, Katze, Rind, Schaf, Ziege und Schwein und in der multikanalären Sublingualis vom Schwein. Infolge der vorhandenen grossen Mengen von lockerem Interstitialgewebe, das überdies noch reichlich mit Fettgewebe durchsetzt ist, besitzt die ganze Sublingualis monostomatica des Schweines eine äusserst lockere Beschaffenheit. Im Verhältnis zu allen übrigen Drüsen kommen im intra. lobulären Gewebe der Sublingualis polystomatica von Hund, Katze, Rind, Schaf, Ziege und Kaninchen auffallend viele glatte Muskelfasern vor. Dies dürfte seinen Grund darin haben, dass die Unterzungenmuskulatur, vor allem der Mylo- hyoideusgurt nicht genügt, um das zähflüssige, stark muköse Sekret dieser Drüse herauszupressen, infolgedessen sind noch andere muskulöse Elemente zur Unterstützung der Entleerung des Sekretes vorhanden. Grössere Mengen von Fettgewebe habe ich im Interstitial- gewebe der Sublingualis monostomatica des Hundes, vor allen Dingen aber in dieser Drüse des Schweines beobachtet. 20. Leukocytenhaufen kommen fast regelmässig ın allen drei Unterkieferspeicheldrüsen des Schweines und in der multikanalären Sublingualdrüse von Hund, Rind, Schaf und Ziege vor; dagegen habe ich wirkliche Lymphfollikel mit Anatomische Hefte. I. Abteilung. 79/80. Heft (26. Bd. H, 213. 34 512 G. ILLING, Keimcentren nur in der Sublingualis polystomatica der Katze gefunden. 21. Ganglien kommen hin und wieder im Interstitial- gewebe jeder Drüse vor; besonders grosse Mengen von Ganglien finden sich in den drei Unterkieferspeicheldrüsen der Katze. 22. Parakanaläre Einzeldrüschen, meist seröser, seltener muköser Natur, habe ich mit Sicherheit nur in der Nähe der grösseren Speichelröhren und Speichelgänge der Sub- maxillaris von Rind und Schaf und in der Gl. sublingualis polystomatica des Esels nachweisen können. 23. Einzelne eigenartige, intertubuläre bezw. interalveoläre Zellen, oder kleine Häufchen derselben, so- wie auch eosinophile Körnerzellen kommen hin und wieder in den Speicheldrüsen aller Tierarten vor; grössere Anhäufungen solcher intertubulären Zellen, die an leukocytäre Zellen erinnern, aber doch verschieden von denselben sind, habe ich nur in der Submaxillaris des Schweines und der Gl. sublingualis poly- stomatica von Katze und Kaninchen gefunden. Ausserdem findet man im mikroskopischen Bilde oft noch Häufchen seröser Zellen zwischen den Drüsenendstücken, die aber keine Häufchen besonderer (eigenartiger) Zellen sind, sondern von serösen Wandzellkomplexen stammen. Durch das Mikrotommesser werden oft mehrere Zellen eines Wandzellenkomplexes von dem zugehörigen Schleimzellschlauch abgetrennt und diese erscheinen dann im mikroskopischen Bilde als eine Gruppe seröser Zellen. Ist der Schnitt relativ tief ge- führt, so befindet sich in dieser Gruppe seröser Zellen ein kleines Lumen, wodurch leicht ein Durchschnitt durch ein seröses Endstück vorgetäuscht werden kann. 24. ÖCentroalveoläre Zellen habe ich zwar öfter im Lumen der Endstücke verschiedener Speicheldrüsen beobachtet, irgendwelche Angaben über ein regelmässiges Vorkommen der- selben zu machen, bin ich aber nicht im stande. 25. Eine sog. Bermannsche Drüse, wie sie von Ber- mann als eine deutlich differenzierte, besondere, zusammen- gesetzte, tubulöse Drüse in der Submaxillaris beschrieben wurde, habe ich weder bei Hund und Katze noch beim Kaninchen oder bei irgend einem änderen Tiere konstatieren können. 26. Die chemische Reaktion bezw. die Färbung des in den ausführenden Kanälen oft anzutreffenden Sekretes mit den üblichen Farbstoffen richtet sich nach dem Charakter der Drüse, d. h. nach dem Überwiegen von serösen oder mukösen Elementen. So habe ich in Präparaten, die mit Delafields Hämatoxylin und Eosin gefärbt worden waren, das Sekret in den Speichelgängen der gemischten Drüsen auch gemischt d. h. rot und blau gefärbt gefunden; während das Sekret in den reinen Schleimdrüsen, also in der Sublingualis polystomatica von Hund, Rind, Schaf, Ziege und Kaninchen stets rein blau gefärbt war. Auffallend war aber, dass das Sekret in den Speichelröhren, auch der gemischten Drüse in der Regel keine Schleimreaktion zeigte, sondern sich meist mit Eosin rot färbte, also die Eiweissreaktion gab. 27. Bezüglich des Charakters des Drüsenepithels und der Formation der Endstücke lässt sich für die drei Unterkiefer- speicheldrüsen aller Haussäugetiere kurz folgendes sagen: Die Submaxillaris und die Sublingualis monostomatica sind bei allen Haussäugetieren, mit Ausnahme der serösen Sub- maxillaris des Kaninchens gemischte Drüsen mit tubulo- alveolärer Formation der Endstücke. Nur die Submaxillaris von Pferd, Esel und Kaninchen hat tubulöse Endstücke. Dagegen ist die Gl. sublingualis polystomatica ent- weder rein mukös oder vorwiegend mukös mit rein tubulösen Endstücken. Nur die Sublingualis polystomatica des Schweines besitzt tubulo-alveoläre Endstücke. 34* 514 G. ILLING, 28. Nach der Tierart lässt sich über die Verhältnisse der submaxillaren Speicheldrüsen in Kürze folgendes sagen: Bei den Fleischfressern (Hund und Katze), welche alle drei submaxillaren Drüsen, wenn auch nur eine relativ kleine Gl. sublingualis polystomatica besitzen, sind die Submaxillaris und Sublingualis monostomatica tubulo-alveoläre Drüsen von gemischtem Charakter. Die Submaxillaris des Hundes besitzt reine Schleim- und gemischte Tubuli, dagegen finden sich in der Submaxillaris der Katze höchstwahrscheinlich nur gemischte Endstücke. Die Randzellkomplexe sitzen in der Sub- maxillaris des Hundes als flache Kappen auf den alveolären seitlichen und Endausbuchtungen der geschlängelt verlaufenden Alveolengänge, während sie in der Submaxillaris der Katze als ein seröser vielfach ausgebuchteter Aussenschlauch geradezu handschuhfingerähnlich einen grösseren Teil des ganzen Alveolen- ganges umgeben. Die Gl. sublingualis monostomatica enthält beim Hunde rein muköse und gemischte und eventuell auch rein seröse Endstücke; bei der Katze sind rein seröse und gemischte Endstücke vorhanden, die rein mukösen fehlen aber. Die Rand- zellkomplexe haben bei Hund und Katze ungefähr dieselbe Form; sie sind aber bei der Katze oft bedeutend grösser. Sie liegen manchmal in förmlichen Ausbuchtungen der Membrana propria; oder sie umgeben die Schleimzellen geradezu röhren- förmig (im Schnitte also kranzförmig). Die Gl. sublingualis polystomatica ist bei beiden Fleischfressern eine rein tubulöse und ausserdem beim Hunde eine rein muköse, bei der Katze dagegen eine ge- mischte Drüse mit vorwiegend mukösem Charakter mit wenigen und sehr kleinen Randzellkomplexen. Bei den Einhufern (Pferd und Esel), denen die uni- kanaläre Sublingualis fehlt, sind die Gl. submaxillaris und Vergl. makrosk. u. mikrosk. Untersuchungen etc. d. Haussäugetiere. 515 die Gl. sublingualis polystomatica tubulöse Drüsen mit gemischtem Drüsenepithel. Die Submaxillaris enthält bei beiden Tieren alle drei Arten von Endstücken, nämlich rein muköse, rein seröse und gemischte, letztere in der Überzahl. Die Rand- zellkomplexe sind hoch und haben eine ausgesprochene Halb- mondform. In der Gl. sublingualis polystomatica findet man nur gemischte, in der des Esels dagegen neben diesen auch noch rein seröse Endstücke, welch letztere ganze Läppchen bilden. Die Randzellkomplexe sind niedriger als in der Sub- maxillaris und gleichen Mondsicheln. Bei den Wiederkäuern (Rind, Schaf, Ziege), welchen alle drei submaxillaren Drüsen zukommen, sind die Gl. sub- maxillaris und die Gl. sublingualis monostomatica tubulo-alveoläre Drüsen mit gemischtem Charakter. In der Sub- maxillaris kommen bei Rind und Schaf nur gemischte Endstücke vor, während sich in der Submaxillaris der Ziege ausserdem noch namentlich in der Nähe der grösseren Sekret- röhren und Sekretgänge Gruppen rein seröser Endstücke finden. Beim Rinde sind die Randzellkomplexe der Submaxillaris sehr ausgedehnt ohne aber hoch zu sein; beim Schafe ver- breiten sich die Randzellkomplexe ähnlich wie bei der Katze über einen grossen Teil des Alveolenganges, oder bekleiden von aussen einen ganzen Alveolengang auf kurze Strecken mantel- artig. Sie bilden aber nicht wie dort eine zusammenhängende niedrige Schicht, sondern erheben sich hier und da wie kleine Kuppen über die Aussenfläche des Tubulus; bei der Ziege sind die Halbmonde ebenfalls von grosser Ausdehnung wie beim Rinde und umgeben teilweise die Alveoli mantelartig; sie erenzen sich aber nicht deutlich gegen das intertubuläre Gewebe ab. Bei allen drei Wiederkäuern enthält die Gl. sub- lıngualis monostomatica vorwiegend gemischte Endstücke; beim Rind kommen ausserdem noch vereinzelte rein seröse und muköse und beim Schaf einzelne rein muköse Tubuli in >16 G. ILLING, der Nähe der grösseren Gänge vor. Die Randzellkomplexe der gemischten Endstücke haben bei allen drei Wiederkäuern dieselbe Form und Lage; sie sitzen ähnlich wie in der Sub- maxillaris des Hundes als flache Kappen auf den alveolären seitlichen und Endausbuchtungen. Die Gl. sublingualis polystomatica ist bei den Wie- derkäuern eine tubulöse Drüse mit rein mukösem Charakter. Beim Schwein sind alle drei submaxillaren Speicheldrüsen tubulo-alveolär und gemischt. Die Submaxillaris besitzt nur gemischte Endstücke, die Sublingualis monostomatica dagegen vorwiegend rein seröse und nur wenige gemischte, und die Sublingualis polystomatica wieder vorwiegend rein muköse und nur in geringer Anzahl gemischte Endstücke. Die Randzellkomplexe sitzen in der Sublingualis poly- stomatica ähnlich wie in der Submaxillaris des Hundes als flache Kappen auf den alveolären Ausbuchtungen; in der Sub- maxillaris ist ihr Querdurchmesser schon etwas grösser und sie sitzen auch nicht wie flache Kappen auf den Ausbuchtungen, sondern umscheiden auf grössere Strecken den ganzen Alveolen- gang. Und in der Gl. sublingualis monostomatica sitzen sie in kleinen Ausbuchtungen der Membrana propria der Alveolen- gänge aussen an dem Schleimzellschlauche. Beim Kaninchen, dem die Gl. sublingualis mono- stomatica fehlt, sind die beiden vorhandenen Drüsen tubulös; dabei ist die Gl. submaxillaris eine rein seröse und die Gl. sublingualis polystomatica eine rein muköse Drüse. Vergl. makrosk. u. mikrosk. Untersuchungen etc. d. Haussäugetiere. 517 Am Schlusse meiner Arbeit erfülle ich gern die angenehme Pflicht, meinem hochverehrten Lehrer und Chef, Herrn Geh. Rat Prof. Dr. Ellenberger meinen ehrerbietigsten Dank aus- zusprechen für die Anregung zu diesen Untersuchungen und für seine während der langen Dauer derselben jederzeit mit der grössten Liebenswürdigkeit gewährte Unterstützung und Belehrung. Auch Herrn Kunstmaler H. Dittrich, Lehrer an der Aka- demie für bildende Künste zu Dresden und Herrn Kunstmaler Willy Tag aus Falkenstein sage ich für die vorzügliche Aus- führung der Zeichnungen meinen besten Dank. ww 10. 11. 12. 13. Litteratur-Verzeichnis. . Altmann, R., Die Elementarorganismen und ihre Beziehungen zu den Zellen. 2. Aufl. Leipzig, Veit & Co. 1894. Arloing et Renaut, Sur l’etat des cellules glandulaires de la sous-maxil- laire apres l’excitation prolongee de la corde du tympan. Compt. rend, de l’academie des sciences. Tome 88. Paris 1879. Bärner, Über die Backendrüsen der Haussäugetiere. Arch. f. wissensch. u. prakt. Tierheilk. Bd. 19. 1893. Batelli et Giacomini, Struttura istologica delle glandole salivari degli uecelli. 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Die mikroskopischen Abbildungen wurden mit Hilfe des Abbe&’schen Zeichenapparates hergestellt. Fig. 1. Die Unterkieferspeicheldrüsen der Katze. 1Gl. parotis, 2% Gl. submaxillaris, 3 Gl. sublingualis monostomatica s. Bartholini, 4 Gl. sub- lingualis polystomatica s. Rivini, 5 Ductus submaxillaris, 6 Ductus sublingualis major s. Duct. Bartholini, 7 N. lingualis, 3 N. hypoglossus, a M. mylo- hyoideus (transversus mandibulae), b M. geniohyoideus, ce M. genioglossus, d M. digastrieus s. M. biventer, e M. styloglossus, f M. pterygoideus medialis. s M. masseter. Fig. 2. Die Unterkieferspeicheldrüsen des Schafes. 1 Gl. parotis, 2,2 Gl. submaxillaris, 3 Gl. sublingualis monostomatica s. Bartholini, 4,4 Gl. sublingualis polystomatica s. Rivini, 5 Gl. palatinae, 6 Ductus sub- maxillaris, 7 Ductus sublingualis major s. Bartholini, 8 N. lingualis, 9 N. hypoglossus, a M. mylobyoideus, b M. geniohyoideus, ce M. genioglossus, d M. digastricus s. M. biventer, e M. styloglossus, f. M. pterygoideus medialis, g. M. masseter. Fig. 3. Die Unterkieferspeicheldrüsen des Schweines. 1G6Gl. parotis, 2 Gl. submaxillaris, 3 Gl. sublingualis monostomatica s. Bartholini, 4 Gl. sublingualis polystomatica s. Rivini, 5 Gl. palatinae, 6 Ductus submaxil- laris, 7 Ductus sublingualis major s. Ductus Bartholini, 8 Ductus sub- linguales minores s. Ductus Rivini, 9 N. lingualis, 10 N. hypoglossus, a M. mylohyoideus, b M. geniohyoideus, ce M. genioglossus, d M. digastrieus s. M. biventer, e M. styloglossus, f M. pterygoideus medialis, g M. masseter. Fig.4. Glandula submaxillaris (A) und Glandula sublingua- lis monostomatica (B) der Katze in einem Gesichtsfeld. Fixierung in Sublimat, Färbung mit Delafields Hämatoxylin und Eosin. a Schleim- zellen, b Kerne von Schleimzellen, « seröse Zellen, d Kerne von serösen Zellen, e Rand- bezw. Wandzellkomplexe (Halbmonde), f Halbmond im Querschnitt d. h. Gruppen seröser Zellen, die durch das Mikrotommesser von einem Rand- Erklärung der Abbildungen. 525 zellkomplex abgetrennt worden sind, g Lumen von Drüsenendstücken, h inter- stitielles bezw. intertubuläres Bindegewebe, i Speichelröhre, k Speichelgang. Fig.5. Glandula sublingualis monostomatica (B) und Glan- dula sublingualis polystomatica (C) der Katze in einem Ge- sichtsfeld. Die Fig. 5 soll den frappanten Unterschied zwischen den beiden sublingualen Speicheldrüsen der Katze demonstrieren. Eine genaue Erläuterung der Figur noch hier zu geben, halte ich für überflüssig, da sich die genaue Beschreibung beider Drüsen im Text befindet. Fixierung in Sublimat, Färbung mit Delafields Hämatoxylin und Eosin. a Schleimzellen, b Kerne von Schleimzellen, ce seröse Zellen, d Kerne seröser Zellen, e Rand- bezw. Wand- zellkomplexe (Halbmonde), £f Halbmonde im Querschnitt d. h. Gruppen seröser Zellen, die durch das Mikrotommesser von einem Randzellkomplex abgetrennt worden sind, g Lumen von Drüsenendstücken, h interstitielles bezw. intertubu- läres Bindegewebe, i Speichelgang, k Ductus sublingualis major s. Bartholini, ] schleimige Sekretmassen, m gemischtes d. h. schleimig-seröses Sekret, n Zellen leukocytären Ursprungs, o Arterie, p Vene, q Nerv, r Ganglion. Fig. 6. Glandula submaxillaris vom Esel. Fixierung in Subli- mat, Färbung mit Delafields Hämatoxylin und Eosin. a Schleimzellen, b Kerne von Schleimzellen, ce halbmondförmiger Rand- bezw. Wandzellkomplex (Halbmond), d Kerne der Halbmondzellen, e intercelluläre Sekretkapillaren, f Membrana propria, g Kerbzellen oder Basalzellen. Fig. 7. Querschnitt durch einen Randzellkomplex aus der Submaxillaris des Esels zur Demonstration des intercellulären Ver- laufes der Sekretkapillaren. Fixierung in Sublimat, Färbung nach M. Heidenhain. a seröse Zellen, b Kerne seröser Zellen, c! Sekretkapillare mit zwei Kittleisten, ce? Sekretkapillare mit drei Kittleisten, d Membrana propria. Fig. 8. Glandula sublingualis polystomatica vom Esel. Fixierung in Sublimat, Färbung mit Delafields Hämatoxylin und Eosin. a Schleimzellen, b Kerne von Schleimzellen, ce! mondsichelförmiger Randzell- komplex mit intercellulären Sekretkapillaren (d), ce? Randzellkomplex, einen protoplasmatischen Fortsatz, der eine Sekretkapillare (d?) enthält, zwischen die Schleimzellen nach dem Lumen (e) hin sendend, f Membrana propria, 8 Korb- bezw. Basalzellen. Fig. 9. Glandula submaxillaris vom Schaf. Drüsenendstück in ein Schaltstück übergehend. Fixierung in Sublimat, Färbung mit Delafields Hämatoxylin und Eosin. a Schleimzellen, b Kerne von Schleimzellen, e Rand- bezw. Wandzellkomplexe (Halbmonde), d intercelluläre Sekretkapillaren, e Mem- brana propria, f Korbzellen, g Längsschnitte durch Schaltstücke mitten durch das Lumen geführt. Fig. 10. Glandula sublingualis monostomatica vom Schaf. Fixierung in Sublimat, Färbung mit Delafields Hämatoxylin und Eosin. a Schleimzellen, b Kerne von Schleimzellen, ce Randzellkomplexe, d intercellu- läre Sekretkapillaren, e Membrana propria, f Korbzellen. Fig. 11. Glandula sublingualis polystomatica vom Schaf. Drüsenendstück in einen Speichelgang übergehend. Fixierung in Sublimat, Färbung mit Delafields Hämatoxylin und Eosin. a Schleimzellen, b Kerne 526 Erklärung der Abbildungen. von Schleimzellen, e Lumen des Drüsenendstückes, d Membrana propnia, e Korbzellen, f! Längsschnitt durch einen Speichelgang, Schnitt in der Wand desselben geführt, f? Querschnitt durch einen Speichelgang, g Lumen des Speichelganges, h schleimige Sekretmassen. Fig. 12. Glandula submaxillaris vom Schwein. Fixierung in Sublimat, Färbung mit Delafields Hämatoxylin und Eosin. a Schleimzellen, b Kerne von Schleimzellen, e Randzellkomplex, den ganzen Durchschnitt um- säumend, d intercelluläre Sekretkapillaren, sich zum Teil stark verästelnd, e Membrana propria, f Korb- oder Basalzellen. Fig. 13. Glandula sublingualis monostomatica vom Schwein. Fixierung in Sublimat, Färbung mit Delafields Hämatoxylin und Eosin. a Schleimzellen, b Kerne von Schleimzellen, e Randzellkomplexe, die sich nach Form und Lage ähnlich wie die Belegzellen in den Fundusdrüsen des Schweines verhalten, ec! Randzellkomplex, der einen protoplasmatischen Fort- satz mit einer intercellulären Sekretkapillare (d!) zwischen die Schleimzellen in das Lumen sendet, d sich korallenartig verästelnde Sekretkapillaren, aus verschiedenen Ebenen gezeichnet, um ihren Verlauf zu demonstrieren, e Kerne der lVandzellkomplexe, f Membrana propria, 8 Korb- oder Basalzellen. Fig. 14. Glandula sublingualis polystomatica vom Schwein. Fixierung in Sublimat, Färbung mit Delafields Hämatoxylin und Eosin. a Schleimzellen, b Kerne von Schleimzellen, ce Randzellkomplexe auf den Schleimzellen als flache Kappen aufsitzend, d intercelluläre Sekretkapillaren, e Membrana propria, f Korb- oder Basalzellen. AUS DEM. PHYSIOLOG. UND HISTOLOG. INSTITUT DER TIERÄRZTLICHEN HOCHSCHULE zu DRrespen. (Gen. Meo.-Rar Pror. Dr. ELLENBERGER.) BEITRÄGE ZUR VERGLEICHENDEN ANATOMIE UND HISTOLOGIE DER PROSTATA DER HAUSSÄUGRTIERR MIT EINSCHLUSS DER PROSTATA VON REH, HIRSCH UND WILDSCHWEIN. VON CARL MÜLLER, DRESDEN. Mit 15 Figuren auf den Tafeln 19,25. Anatomische Hefte. I. Abteilung. 79/80. Heft (26. Bd. H. 23. 5 ji 5 je iR j 3 ’£ w A a AR ss Be: a N | er EEE ER en “ e I Sue Kae Bl Iape ' */ j 4 ß a, " pi ars rt u BERTRAM . Su; yuer BE “ a y\ u Ir SR N ee FREE Pe ! = b Paz i er LE) ei 22 3 2 y N ®“ > u ‚ ’ fi . f Yı As 1 2 # w “ % u fl F u i ’ j = Ruh ö = Fi i . 4 ? er I L a2; ; - In, 5 B , » 4 ri 1 | „aus f ar . nV u" - z Br ar De - » “ h = “ - en er Pin Da über manche, die anatomischen und histologischen Ver- hältnisse der Prostata der Tiere betreffenden Fragen noch Meinungsverschiedenheiten unter den Autoren bestehen, habe ich behufs Lösung einiger dieser Streitfragen auf den Rat meines hochverehrten ehemaligen Lehrers, des Herrn Geh. Medizinal- Rates Prof. Dr. Ellenberger, Untersuchungen über gewisse anatomische und histologische Verhältnisse der Prostata einer Anzahl von Säugetieren angestellt, über deren wesentliche Er- gebnisse ich nun Nachstehendes berichten werde. Meine Untersuchungen erstreckten sich auf Pferd, Rind, Schaf, Ziege, Schwein, Hund, Katze, Kaninchen, Reh, Hirsch und Wildeber und waren zum Teil makro- skopischer, zum Teil mikroskopischer Natur. A. Makroskopisches. Bezüglich des Vorkommens einer Prostata bei den ge- nannten Tierspecies steht es nach den in der Litteratur vor- liegenden Angaben zweifellos fest, dass bei Pferd, Rind, Schwein, Hund, Katze und Kaninchen eine deutlich sichtbare Prostata vorkommt. Über die Prostata vom Hirsch, Reh und Wildschwein habe ich dagegen keine Angaben gefunden. Ob der Schaf- 35* 530 CARL MÜLLER, bock und der Ziegenbock eine Prostata besitzen, ist zur Zeitı noch fraglich. Franz Müller (38), Schwab (48\, Leyh (37), Frank (12), Martin (37a), C. Müller, Leisering (32, 33), Colin (4) Fürstenberg (17), Ellenberger, Baum (9) u. a. sprechen nur I von der Prostata der Wiederkäuer im allgemeinen oder von der des Rindes im besonderen, erwähnen aber die Prostata vom Schaf- und Ziegenbock mit keinem Worte, bilden dieselbe auch nicht ab. In den Atlanten von Gurlt (20), sowie von Leisering und Ellenberger (31) findet man zwar in der darin enthaltenen Abbildung der Geschlechtsorgane des Schaf- bockes eine kleine Prostata eingezeichnet. Es fehlt jedoch jede Beschreibung dazu. Immerhin geht daraus hervor, dass diese Autoren bei dem Schafbock eine Prostata gesehen haben. Be- züglich des Ziegenbockes fehlte bis in die neueste Zeit jede An- gabe, bis Bossi (l) im Jahre 1901 (Il nuovo Ereolani archivia quindicinale di veterinaria e Zooteenia Num. 18 —21) mit der Be- hauptung hervortrat, dass bei dem Schaf- und Ziegen- bocke eine Prostata nicht vorkomme. Ihm ist es makro- skopisch, wie mikroskopisch nie gelungen, bei diesen Tieren eine solche festzustellen. Ebenso stellen Ö(hauveau und Ar- loing (3) bei dem Schafbocke eine Prostata in Abrede, über das Vorkommen oder Fehlen einer Prostata beim Ziegenbocke sprechen sie sich nicht aus. Das von Bossi geleugnete Vorhandensein der Prostata beim Schaf- und Ziegenbocke führen Ellenberger und Baum (9), wie auch Martin (37a) in ihrer neuesten Auflage der Anatomie der Haussäugetiere in einer kürzeren Note an, fügen derselben aber weder ein zustiramendes, noch ein ablehnendes Wort hinzu. Aus diesem Grunde erschien es angezeigt, dieser Frage näher zu treten, um uns über ein Fehlen oder Nichtfehlen der Prostata beim Schaf- und Ziegenbocke volle Aufklärung zu verschaffen. Zu dem Zwecke ist es nötig, zuerst festzustellen, welches Beiträge zur vergleichenden Anatomie und Histologie etc. 531 Organ in der vergleichenden Anatomie als Prostata aufzufassen ist. Übereinstimmend wird von den Anatomen diejenige acces. sorische Geschlechtsdrüse als Prostata bezeichnet, die am An- fangsteile der Harnröhre oder am Blasenhalse bezw. an beiden liegt und nur eventl. vom Musculus prostaticus umgeben ist oder diesen bedeckt. (Näheres siehe Hyrtl, 24.) Sie bedeckt in der Regel den Endabschnitt der Ductus defe- rentes und das Ende des Ausführungsganges der Samenblasen und eventl. die Ductus ejaculatori mit dem zwischen ihnen liegenden Uterus masculinus oder vielmehr dessen ausführenden Gang, also den Endabschnitt desselben, die Vagina masculina. Je nachdem, ob die Prostata den Anfang des Urogenitalkanales und vielleicht auch das Ende des Blasenhalses rund umgiebt oder an einer der vier Wände derselben liest, hat man ver- schiedene Abschnitte der Drüse zu unterscheiden. Liegt sie seitlich und dorsal, so spricht man von zwei Seitenlappen, Lobi laterales und einem Mittelstücke. Letzteres wird auch Isthmus genannt, wenn es sich um einen schmalen Substanz- streifen handelt, welcher zwischen dem Eintritt der Harnröhre und dem Ductus ejaculatorius liegt. Hebt sich vom Isthmus eine selbständige Hervorragung ab, so spricht man von einem Lobus medius. Ist das Mittelstück bedeutend stärker als die Seitenlappen, so nennt man es Körper der Prostata. Finden sich diese Teile ventral am Blasenhalse und am Anfange der Urethra, so spricht man von einem Ventrallappen oder Lobus tertius. An dem Mittelstücke, den Seitenlappen und den Ventrallappen kann man dann wieder einen kranialen und einen kaudalen Teil unterscheiden. Die Seitenlappen entspringen vom kaudalen oder auch vom kranialen Teile des Mittelstückes, wenn sie nicht selbständig beim Fehlen eines solchen vorhanden sind. Wenn von der deutlichen an der besprochenen Stelle liegenden Partie der CARL MÜLLER, Prostata noch Ausstrahlungen unbedeutenderer, ohne Präparieren und ohne Durchschneiden der Harnröhrenwand nicht sichtbarer Drüsenmassen vorhanden sind, so spricht man von Partes disseminatae und nennt den ersteren (deutlichen) Teil dann den Prostatakörper, gleichgültig, wie er gestaltet ist und aus welchen Teilen er besteht. Die Voraussendung dieser Begriffsbestimmungen hielt ich für notwendig für die Beschreibung der anatomischen Verhält- nisse der Prostata der untersuchten Tiere und für die Fest- stellung der Homologien einzelner bei den verschiedenen Tier- arten und dem Menschen vorkommender Prostataabschnitte. Mit der Feststellung der Homologie der Prostataabschnitte der von mir untersuchten Tiere zu den Prostatateilen des Menschen habe ich mich. deshalb beschäftigt, weil dieses Kapitel noch gar nicht bearbeitet worden ist. Ich habe mich bei diesen Untersuchungen an die Ausführungen über die Embryologie und Homologie der Prostata der Menschen von Gustaf, Pallin (42) angelehnt, der die Homologien der Prostataabschnitte einzelner Tiere mit denen der Prostata der Menschen festgestellt hat. Er ist bezüglich der Prostatadrüsen des Rindes zu dem Schlusse gekommen, dass sie den kaudalen, dorsalen Drüsen- partien des Menschen homolog sind. Meine Untersuchungsergeb- nisse waren folgende: 1. Perissodactyla. Aus dieser Gruppe der Säugetiere habe ich nur das Pferd untersucht, da mir andere Einhufer nicht zugänglich waren. Von Eseln kamen nur weibliche Tiere zur Untersuchung. Das Pferd besitzt eine im Verhältnis zu seiner Grösse nur mittel- grosse Prostata, welche aber bei kastrierten Tieren bedeutend kleiner ist. Sie besteht aus zwei grossen Seitenlappen, Lobus dexter et sinister, und einem dieselben auf der dorsalen Fläche Beiträge zur vergleichenden Anatomie und Histologie ete. 533 des Urogenitalkanals gleich einer Brücke verbindenden, bei Hengsten ca. 2 cm breiten und 0,5 cm dieken Mittelstücke. Die Seitenlappen, zu beiden Seiten des Überganges des Blasenhalses in die Harnröhre gelegen, sind bei Hengsten 8 bis 9 cm lang und 5 bis 6 em breit, bei Wallachen sehr atrophiert und nach meinen Wahrnehmungen bei älteren Tieren bis zu 30° derselben kolloid degeneriert. Das Mittelstück als Corpus Prostatae zu benennen, wie es Frank thut, ist meiner Meinung nach nicht richtig, denn als „Körper der Prostata“ müsste es nach dem Nomenclator anatomieus die Hauptmasse derselben bilden. Es macht aber im Gegenteil gerade die kleinere Masse aus. Man würde besser die Benennung: „Dorsales Mittelstück“ dafür wählen. Auch die Bezeichnung „Isthmus prostatae‘“‘, die von einigen Autoren angewendet worden ist, ist nicht zutreffend ; dem Isthmus prostatae würde nur der kraniale Teil des beim Pferde vorhandenen Mittelstückes entsprechen. Gurlt (20) spricht bei der Prostata des Pferdes nur von zwei Seitenlappen und er- wähnt ein Mittelstück überhaupt nicht, da er wahrscheinlich eine mediane Teilung in zwei Seitenhälften annimmt, wie es beim Menschen und den Fleischfressern der Fall ist. Dies trifft jedoch nicht zu. Das Mittelstück wird vom Ductus deferens durchbohrt und bedeckt diesen, nachdem derselbe mit dem Aus- führungsgange der Samenblase seiner Seite einen Ductus ejacu- latorius gebildet hat, so dass also sowohl die Ausführungsgänge der Samenblasen, wie das Ende der Ductus deferentes und die Ductus ejaculatorii von der Prostata verdeckt werden. Einen Uterus masculinus findet man öfter als ein 1-2 cm langes läng- lich eiförmig gestaltetes Hohlorgan zwischen den beiden Ampullen der Ductus deferentes. Sein dünnerer Endabschnitt, die Vagina masculina, liegt, wenn sie da ist, unter dem Mittelstück der Prostata und mündet zwischen beiden Ductus ejaculatorii in die Harnröhre oder in einen Ductus ejaculatorius ein. Die Ausführungsgänge der Prostata ergiessen sich jederseits 534 CARL MÜLLER, in der Zahl von 15—18 seitlich vom Colliculus seminalis unter kleinen Falten in die Harnröhre. Was die Homologie, der einzelnen Teile der Prostata des Pferdes anbetrifft, so halte ich sie, mich den Pallinschen Anschauungen anlehnend, und indem ich zwei Seitenlappen und das Mittelstück unterscheide, den kaudo-dorsalen Prostataanlagen des Menschen homolog. 2. Carnivora. Die makroskopischen Verhältnisse der von mir untersuchten carnivoren Tiere, nämlich Hund und Katze, sind sehr ver- schieden. Während beim Hunde die Prostata direkt am Über- gange vom Blasenhalse zur Harnröhre auf dem kranialen Schambeinrande liegt, ist sie bei der Katze einige Centimeter davon entfernt befindlich. Sie besteht beim Hunde aus zwei knollen- artigen weissen Gebilden, die medial und dorsal durch einen ganz seichten Einschnitt oberflächlich getrennt sind, in der Tiefe aber substantiell zusammenhängen und die Urethra rundum, also auch von der Ventralfläche aus, umfassen. Beim oberfläch- lichen Betrachten erscheint die Prostata des Hundes als ein ein- heitliches knolliges Organ, weil man den Sulcus medianus dorsalis zunächst nicht sieht. Bei der Katze fällt sofort auf, dass die Prostata nicht weiss, sondern von rosaroter Farbe ist, was daher kommt, dass sie von Fasern des Musculus urethralis überstrahlt wird. Sodann stellt sie zwei Lappen dar, die an beiden Seiten der Harnröhre ansetzend, nicht knollenartig sind, sondern flügel- artig zur Seite und dorsalwärts streben. Sie umgreift die Ven- tralläche der Harnröhre nicht, sondern lässt sie frei, doch liegen innerhalb der Harnröhrenwand auf eine kurze Strecke verteilt uoch kleine Drüsenhäufchen, also Partes disseminatae, und zwar rund um die Harnröhre. Beim Hunde sind solche ebenfalls vorhanden, so dass man bei diesem also einen Prostatakörper, ie t a s ee ;“ — 2 ° a u % ” Anatom. Hefte. I, Abt. 79/80. Heft (26. Bd., H. 2/3). x Tafel 19. x e, - Ha r p Ste! BT hi jo “ © N N C. Müller. Verlag von J. F. Bergmann in Wiesbaden. Beiträge zur vergleichenden Anatomie und Histologie ete. 535 aus zwei dorso-lateralen Seitenlappen und einem ventralen Ver- bindungsstücke bestehend, und eine Pars disseminata unter- scheiden muss; bei der Katze fällt das ventrale Verbindungs- stück fort. Darnach ist also die Prostata des ersteren in allen ihren Teilen jenen des Menschen homolog, die der Katze aber nur den dorsokaudalen Portionen derselben. 3. Artiodaetyla. Von diesen habe ich untersucht: Bostaurus, Ovisaries, Capra hircus, Cervus elaphus, Cervus capreolus, Sus scrofa und Sus scrofa domesticus. Im grossen Ganzen gestalten sich die groben Verhältnisse der Prostata dieser artiodaktylen Tiere auf den ersten Anblick einander sehr ähn- lich, doch sind tatsächlich grosse Unterschiede vorhanden. Die Prostata dieser Tiere besteht aus zwei Abteilungen, nämlich einem auf der dorsalen Harnröhrenwand nächst deın Blasen- halse gelegenen, vom Musculus prostaticus nicht überdeckten, bei manchen Tierarten fehlenden oder nur rudimentär vorhandenen Prostatakörper und einer von diesem sich kaudal fort- setzenden, vom genannten Muskel bedeckten und sich verschieden verhaltenden, den Urogenitalkanal entweder rund umgebenden oder nur in einer oder zwei oder drei Flächen desselben vor- handenen, also in der Wand des Urogenitalkanals gelegenen Pars disseminata. Im speziellen verhält sich makroskopisch die Prostata der Artiodaktylen folgendermassen (Fig. X—XV): Je nach dem Fehlen oder Vorhandensein des Prostatakörpers zerfallen ge- nannte Tiere in zwei grosse Gruppen: I. Solche, bei denen der Prostatakörper vorhanden ist: Rind, Hirsch, Rehbock, Schwein (Haus- und Wild- schwein). 536 CARL MÜLLER, II. Solche, bei denen der Prostatakörper undeutlich ist, bezw. fehlt, oder bei denen er nur rudimentär vor- kommt: Schafbock und Ziegenbock. Der Prostatakörper der ad I genannten Tierspecies hat verschiedene Formen: Er ist spangenförmig beim Rinde und dem Hirsche, walzenförmig beim Rehbock und plattenförmig beim Schwein. Die Pars disseminata liegt in der Harnröhrenwand und zwar bedeckt vom Musculus prostaticus. Sie umgiebt die Harn- röhre vollständig oder nur teilweise, und darnach gruppieren sich die hier fraglichen Tiere wieder in zwei Reihen: I. Die Pars disseminata liegt röhrenförmig rund um die Harnröhre bei dem Rind, Ziegenbock, Hirsch und Schwein. II. Die Pars disseminata lässt die ventrale Wand der Harnröhre frei beim Schafbock und dem Rehbock. Beim Ziegenbock und dem Rehbock liegt das Drüsengewebe der Pars disseminata grösstenteils in dem peripheren Teile eines in der Harnröhrenwand rundum gelegenen Corpus cavernosum, auf welches ich später noch zu sprechen komme. Der Musculus urethralis verhält sich bei den einzelnen Gruppen der Artio- daktyla verschieden. Er umgiebt die Harnröhre vollständig rundum nur beim Zieeenbocke (Fie XI). Beim Rind, ‘ o fo) ’ Schafbock, Hirsch und Eber (Fig. X, XI, XII, XV) lässt er die dorsale Fläche der Harnröhre frei und wird hier von einer Platte straffen Bindegewebes ersetzt. Eine Mittelform findet man beim Rehbock (Fig. XIV), bei dem die beiden Hälften des Musculus urethralis auf der dorsalen Fläche der Harnröhre gleich zwei scharf zulaufenden Leisten in der Medianlinie zu- sammenstossen. Das Beckenstück der Urethra ist beim Rinde und Hirsch seitlich, beim Schafbock, Rehbock und Schwein dorso- Beiträge zur vergleichenden Anatomie und Histologie etc. 3 ventral komprimiert. Beim Ziegenbock ist es im Querschnitte kreisrund. Das Lumen der Harnröhre liegt beim Ziegenbocke, beim Rehbock und dem Schwein im Verhältnis zu dem um- gebenden Prostatagewebe central (bezw. axial), beim Rind, Schaf- bock und Hirsch excentrisch und zwar mehr der ventralen Wand genähert. Da aber im speziellen die Prostata jeder unter dieser Rubrik angegebenen einzelnen Tierart noch besondere Charak- teristica aufweist, so muss ich mit kurzen Worten die betreffenden Verhältnisse bei jeder einzelnen nachstehend noch schildern. a) Bos taurus- Beim nicht kastrierten Rinde bildet die Prostata einen die Harnröhre an der Einmündungsstelle der beiden Samenleiter von der dorsalen Fläche spangenartig umklammernden Drüsen-Halb- ring von 4cm Breite und 1--1!!'s cm Dicke und glatter Ober- fläche. Die ventrale Fläche der- Urethra umgreift sie nicht. Von hier aus setzt sich, dem Beschauer jedoch nicht ohne weiteres sichtbar, sondern vom Musculus urethralis bedeckt, an der Wand der Harnröhre, und zwar dieselbe rund umgebend, in einer Ausdehnung von 12—14cm bis zu den Bulbourethral- drüsen hin ein Öylinder von Drüsenmassen fort, welche, wie ich gleich voraussenden will, mikroskopisch den Charakter der Prostata an sich tragen. Sie stellen also eine deutliche Pars disseminata vor. Da über die Ausbreitung dieser an der Wand der Harnröhre gelegenen Drüsenmasse unter den Angaben der Autoren grosse Verschiedenheiten herrschen, so stelleich hiermit endgültig fest, dass sie dieHarnröhre rund umgiebt, und dass sie nicht die ventrale oder gar die beiden Seiten- flächen derselben frei lässt, sondern dass sie sich in der dorsalen, den beiden Seitenflächen und der ventralen Wand 538 CARL MÜLLER, befindet. Die ventralen Portionen sind allerdings sehr dünn, sie sind aber stets vorhanden. Die Ausführungsgänge der Prostata münden in Reihen an- geordnet zwischen zwei Duplikaturen der Harnröhrenschleim- haut, welche divergierend vom Colliculus seminalis ausgehen, in das Harnröhrenlumen. Nach Pallin ist die Prostata des Rindes den kaudalen, dorsalen Drüsenanlagen des Menschen homolog. Das Vor- kommen eines Uterus masculinus oder einer Vagina masculina vermochte ich nicht festzustellen. Es scheint, dass dieses Rudi- ment der Müllerschen Gänge dem Rinde fehlt. b) Ovis aries und Capra hireus. Von diesen beiden Tieren behauptet Bossi (l), dass sie keine Prostata besitzen. Betrachtet man die von ihren nächsten Adnexen frei präpa- rierten Urogenitalapparate beider, so vermisst man auf der dor- salen Fläche des Harnblasenhalses zwischen den beiden kon- vergierenden Ampullen der Ductus deferentes im Gegensatze zum Bos taurus allerdings die spangenartige Hervorwölbung eines Prostatakörpers, also denjenigen Teil der Prostata, der sich beim Rinde ohne jede weitere Präparation dem Beschauer darbot. Dieser Umstand hat Bossi wohl zu der Annahme des Fehlens einer Prostata bei diesen beiden Tieren veranlasst. Zerlegt man aber die Harnröhre von hier ab bis zu den Bulbourethral- drüsen in einzelne Scheiben, so überzeugt man sich beim Schaf- bocke leicht mit dem blossen Auge, dass an der Wand der Harnröhre, mehr unter dem Musculus urethralis und peripher vom Lumen der Urethra eine gelbliche Masse liegt, welche sich mikroskopisch als Drüsengewebe herausstellt. Dieses ist beim Schafbocke sowohl, als auch beim Ziegenbocke der Falle. Bei letzterem muss man allerdings eine scharfe Lupe zu Hilfe nehmen, um die Drüsenmasse zu sehen, denn man sieht Beiträge zur vergleichenden Anatomie und Histologie etc. 539 hier die betreffenden Schichten der Harnröhrenwand von zahl- reichen Löchern durchbohrt, zwischen denen allerorts, nament- lich aber in den peripheren Zonen ganz kleine Drüsenkonglo- merate vorhanden sind. Die Löcher sind Querschnitte der Räume eines Corpus cavernosum, auf welches ich beim Rehbocke noch zu sprechen kommen werde. Ein Unterschied bei beiden Tierarten liegt aber ausserdem noch in der verschiedenartigen Verteilung der Drüsenmassen. Während diese nämlich beim Schafbocke kappenartig nur in der dorsalen und sich verjüngend in den beiden Seitenwänden liegen, die ventrale Wand also frei lassen, sind sie beim Ziegen- bocke rund um die Urethra verteilt, nehmen also auch die ven- trale Wand ein. Ich will voraussenden, dass das, was ich makro- skopisch als Drüsenmasse und zwar als Prostata beim Schaf- bocke sowohl, als beim Ziegenbocke erkannt zu haben glaubte, sich mikroskopisch als Prostata dokumentierte. Sonach ist also bewiesen, dass der Schaf- und Ziegen- bock entgegen den Angaben Bossis eine Prostata be- sitzen. Ein weiterer Unterschied zwischen Schaf- und Ziegenbock liegt im Verhalten des Musculus urethralis. Die Betrachtung der Segmente hat mich belehrt, dass beim Schafbocke der Ure- thralmuskel die Harnröhre nicht in seinem ganzen Verlaufe rund umgiebt; er umschliesst sie allerdings an der ersten Hälfte des Beckenstückes (der Pars membranacea hominis) vollständig, von da ab spaltet er sich aber und lässt die dorsale Fläche frei, woselbst er durch eine Platte fiprösen Bindegewebes ersetzt wird. Er ist an der ventralen Wand am stärksten. (Fig. X. B.) Beim Ziegenbocke dagegen umgiebt ‘er die Harnröhre voll- ständig rundum. Während ich also nach obigen Ausführungen die Prostata des Schafes den kaudalen dorsalen Partien der menschlichen 540 CARL MÜLLER, Prostata homolog erachten muss, ist die Prostata des Ziegen- bockes nicht allein diesen, sondern auch den ventralen homolog. c) Cervus elaphus. In dem Vorhandensein eines Körpers der Prostata und einer Pars disseminata, in der Lage beider zueinander, zur Harnröhre und zum Musculus urethralis, überhaupt in allen makroskopi- schen Verhältnissen gleicht die Prostata des Hirsches vollkommen jener des Rindes, so dass ich darüber kein Wort weiter hinzu- zufügen brauche. Es ist demgemäss auch die Homologie gleich jener des Rindes, d. h. die Prostata des Hirsches ist homolog den kaudo-dorsalen Drüsenpartien des Menschen. d) Cervus capreolus. Die Verhältnisse der Prostata des Rehbockes ähneln in mancher Beziehung sehr denen der übrigen Wiederkäuer, andrer- seits aber machen sich wieder bedeutende Unterschiede geltend. Auf der Einmündungsstelle der V'asa deferentia liegt, wie beim Hirsch und Rind, aber verschieden vom Schaf- und Ziegenbocke, ein Prostatakörper, der dem Beschauer sogleich als eine 1'/ıcm breite und ?/scm dicke, walzenförmige Erhabenheit in die Augen springt. Diesen frei auf der dorsalen Wand liegenden Prostata- abschnitt hatte ich nach meinen beim Schaf- und Ziegenbocke festgestellten Befunden beim Rehbocke nicht erwartet. In seinem Vorhandensein liegt also ein ganz markanter Unterschied in den Prostataverhältnissen dieser drei kleinen Wiederkäuer. Ob sich an der Harnröhrenwand eine Pars disseminata vorfindet, ist wegen der Kleinheit des Objektes mit blossem Auge nicht zu sehen, doch eine Lupe klärt den Beschauer bald darüber auf. Die Verhältnisse liegen hier ebenso, wie beim Ziegenbocke. Es ist vor allem hier wie dort ein Corpus cavernosum, entgegen den betreffenden Verhältnissen des Menschen, aber homolog denen Beiträge zur vergleichenden Anatomie und Histologie etc. 541 des Pferdes, an der Wand des Beckenstückes der Urethra vor- handen. Mit Hilfe des Mikroskopes überzeugt man sich leicht, dass Drüsenläppchen zwischen den Hohlräumen des Schwell- körpers zerstreut eingelagert sind. Die grössere Masse liegt allerdings in den peripheren Regionen. Über die Verbreitung der Pars disseminata an der Harnröhrenwand habe ich fest- gestellt, dass sie die ventrale Wand {rei lässt, in dieser Beziehung also der des Schafbockes gleicht. Der Musculus urethralis hat eine ganz eigenartige Gestalt. Er beginnt bei dem Prostatakörper als dünne Schicht, verdickt sich dann aber nach allen Seiten, namentlich lateral bedeutend und wird nach der Ansatzstelle der Glandula bulbo - urethralis wieder dünner. Auf der dorsalen Harnröhrenwand lässt er eine sehr schmale Einsenkung erkennen, welche fast bis an die um- gebende bindegewebige Wand der Harnröhre heranreicht. Die Ausführungsgänge münden zwischen Falten der Harn- röhrenschleimhaut in die Urethra. Einen Uterus masculinus habe ich nicht konstatieren können, derselbe ist jedenfalls auch hier sehr klein oder fehlt ganz. Was die Homologie anbetrifft, so halte ich die Prostata des Rehbockes der kaudo - dorsalen Drüsenportion des Menschen homolog. e) Sus serofa und Sus serofa domesticus. Da der Aufbau der Prostata des Wildschweines und des Hausschweines nach meinen Untersuchungen der gleiche ist, kann ich die Besprechung der Ergebnisse meiner Untersuchungen an beiden zusammenfassen. Ganz ähnlich den bei den Wiederkäuern konstatierten Ver- hältnissen der Prostata sind jene des Ebers und Wildebers. Die eigentliche Prostata, d. h. der Körper der Prostata hat hier allerdings mehr eine Plattenform. Er hat eine Breite und Höhe von ca. 2'/acm und eine Dicke bis zu Icm und liegt 542 CARL MÜLLER, nicht nur wie bei den bisher beschriebenen Artiodaktylen auf der dorsalen Fläche, sondern erstreckt sich auch auf beide Seitenflächen. Seine Farbe ist rötlich-gelb. Sie setzt sich, vom Musculus urethralis bedeckt, in der ganzen Harnröhrenwand, also die dorsale und ventrale und auch die beiden Seitenflächen einnehmend, bis zu den Bulbourethraldrüsen auf eine Länge von ca. 12cm hin fort und hat durchweg eine Stärke von 4 mm. Diese Pars disseminata ist bei Sagittal-, wie auch bei Seg- mentalschnitten schon makroskopisch mit dem blossen Auge als eine sich von der Umgebung deutlich abhebende Schicht wahr- zunehmen, die sich mikroskopisch als Drüsenmasse mit dem typischen Verhalten der Prostata entpuppt. Ein Unterschied zur Prostata des Rindes liegt darin, dass sie beim Schweine vom Blasenhalse ab bis zu den Bulbourethraldrüsen durchgehend eine gleiche Stärke hat, während sie beim Rinde in der dorsalen Wand am stärksten ist, sich nach Jen Seiten hin verschmälert und in der ventralen Wand ganz schwach ist. Es ist aus diesem also zu ersehen, dass man beim Schweine eigentlich nur von einem Drüsenkörper mit kaudalen Ausführungen sprechen kann. Man muss die Prostata dieses Tieres also den kaudalen Partien der Prostata der Menschen homolog erachten. 4. Rodentia. Aus der Gruppe der an accessorischen Geschlechtsdrüsen ungemein reichen Nagetiere habe ich nur das Kaninchen, Lepus cuniculus, untersucht. Es lassen sich die makroskopischen Ver- hältnisse dieses am besten an der Hand einer Exenteration des gesamten Urogenitalkanals beschreiben. Zwecks dieser habe ich zunächst nach Eröffnung der Bauch- höhle den Penis, welcher wie bei der Katze nach hinten ge- richtet ist, freigelegt, die Crura penis durchschnitten und dann Beiträge zur vergleichenden Anatomie und Histologie etc. 545 das Becken an der Symphyse geöffnet; darauf habe ich die Harn- röhre bis zur Harnblase von ihren bindegewebigen Adnexen befreit. Ich habe die anatomischen Verhältnisse gefunden, wie sie Disselhorst (5) abgebildet und beschrieben hat. Beim Eintritt in die Beckenhöhle bemerkt man auf der dorsalen Fläche der Urethra ein drüsiges Gebilde von grauroter Farbe. Es sind die Bulbourethraldrüsen, welche ca. ®/s cm breit und ebenso lang sind. Darauf beobachtet man eine Einschnü- rung und dann in der Richtung nach der Harnblase hin sich anschliessend eine grössere Masse schwammigen Gewebes von mehr rosaroter Farbe. Dies letztere Organ ist ca. 1'/z em lang und 1 em breit und schimmert in seiner distalen Hälfte gelb hindurch; zu beiden Seiten dieses letzteren liegen einige röhrige Häutchen, es sind nach Disselhorst (5) die beiden Samen- blasen. Die ganze obere schwammige Masse ist Prostata, welche nach meinen Beobachtungen in zwei Portionen, eine vordere von mehr graugelber und eine hintere von mehr schwefelgelber Farbe zerfällt. Beide Teile konnte ich ohne Schwierigkeiten von einander trennen, doch gelang es mir nicht, die vordere in zwei seitliche Hälften zu teilen. An diese Prostataabteilungen schliesst sich dann blasenwärts der bei den Rodentiern wohl entwickelte Uterus masculinus an, der bei grossen Kaninchen fast die Grösse einer Bohne hat. Er liegt an der dorsalen Harnblasenwand. Die Ausführungsgänge der Prostata münden zu beiden Seiten des Colliculus seminalis in die Harnröhre ein. Schlussfolgerungen. Aus den geschilderten Verhältnissen der Prostata geht her- vor, dass die Grösse derselben nach der Tierart sehr verschieden ist. So konstatierte ich beim Pferde und den Fleischfressern eine relativ grosse, bei den Artiodaktylen nur eine relativ kleine Anatomische Hefte. I Abteilung. 79/80. Heft (26. Bd., H. 2/3). 36 544 CARL MÜLLER, Prostata. Bezüglich der Beziehungen der Grösse der Prostata zur Grösse der Hoden kann ich den von Disselhorst (5) auf- gestellten Grundsatz, dass die Grösse der Prostata im um- eekehrten Verhältnisse zur Grösse der Hoden steht, nur bestätigen. Der Schaf- und Ziegenbock besitzen die relativ grössten Hoden, es folgt dann der Eber und darauf das Rind, dessen letztere Hoden schon relativ kleiner sind. Dann folgt das Pferd mit verhältnismässig noch kleineren Testikeln und endlich Hund, Katze und Rehbock mit den kleinsten Hoden. Gerade umgekehrt liegen die Grössenverhält- nisse der Prostata, was aus der folgenden Tabelle zu ersehen ist: Grösste Hoden: Ziegenbock | Kaninchen Grösste Prostata Schafbock Hund | Schwein ı Katze | Rind Pferd | Pferd ı Rind | | | Katze Schwein | | Hund Schafbaock | \ Rehbock ı Rehbock \ Kleinste Hoden: Kaninchen Ziegenbock Kleinste Prostata. Weiterhin konnte ich aber noch feststellen, dass die Grösse der Prostata in einem gewissen Verhältnisse zur Ausbildung und Grösse der anderen accessorischen Geschlechtsdrüsen steht. So konstatierte ich beim Hunde eine relativ sehr grosse Prostata bei nur schwach entwickelten Ampullendrüsen, bei gänzlich fehlenden Samenblasen und fehlenden Bulbourethraldrüsen. Ebenso ist es bei der Katze, der alle anderen Anhangsdrüsen mit Ausnahme der Bulbourethraldrüsen fehlen. Das Pferd, welches zwar über alle, aber doch nur kleine Geschlechtsanhangsdrüsen verfügt, besitzt nur eine mittelgrosse Prostata. Die Artiodaktylen verfügen über eine nur kleine Prostata, haben aber dafür sehr grosse Samenblasen und grosse Bulbourethraldrüsen. Das Beiträge zur vergleichenden Anatomie und Histologie etc. 545 Kaninchen macht von dieser Regel eine Ausnahme mit seiner relativ grossen Prostata bei gleichzeitigem Vorhandensein sämt- licher Anhangsdrüsen. Die Frage, ob die Grösse der Prostata abhängig ist von der geschlechtlichen Leistungsfähigkeit der Tiere, von der Art der Ausführung und der Dauer des Coitus und von den den letzteren begleitenden Nebenerscheinungen, ist wohl dahin zu beantworten, dass sich hierüber bestimmte Regeln nicht aufstellen lassen. Auf die Zahl der von den weiblichen Tieren zur Welt ge- brachten Jungen, d. h. auf die Zahl der zu befruchtenden Keime, hat die Grösse der Prostata auch wohl keinen Einfluss, wenn auch der Succus prostaticus durch seine Beimischung zum Hodensekret zweifellos eine wichtige Rolle spielt. Es sind aber nicht nur die Grössenentwickelung , sondern auch die Gestalt und Ausbreitung der Prostata bei den ver- schiedenen von mir untersuchten Tieren verschieden. Über diese Verhältnisse habe ich mich, was die Artiodaktylen anbetrifft, in dem diese behandelnden Kapitel bereits ausgesprochen. Ich habe nur noch resumierend bezüglich der anderen Tier- arten hinzuzufügen, dass die Prostata des Pferdes aus zwei seitlichen Lappen und einem dorsalen, auf der Urethra und am Blasenhalse gelegenen Verbindungsstück besteht, die des Hundes aus zwei dorso-lateralen Lappen, einem ventral gelegenen Ver- bindungsstück und kleinen Drüsenläppchen, welche sich als sehr schwache Pars disseminata auf die Pars membranacea der Urethra fortsetzen. Die Prostata der Katze setzt sich aus zwei dorso- lateralen Seitenlappen und einer Pars disseminata zusammen, und das Kaninchen verfügt über eine aus zwei grösseren hinter einander gelegenen Lappen bestehende Vorsteherdrüse, welche in der dorsalen Wand des Uterus masculinus gelegen ist. 36* n 546 CARL MÜLLER, B. Mikroskopisches. Bei der Untersuchung der mikroskopischen Verhältnisse der Prostata der Haussäugetiere handelte es sich in erster Linie darum, festzustellen, in welches der üblichen Drüsenschemata die Prostata der Haussäugetiere einzureihen ist. Ist sie eine tubu- löse, eine alveoläre oder eine gemischte Drüse? Wie die Human- anatomen z. B. Hyrtl (24), Richter (45), Gegenbaur (18), Seymonovicz (4), Hoffmann (22), Langhans (30), Koelliker (26), Stöhr (öl), Frey (14), Toldt (55) u. a. über den Aufbau der menschlichen Prostata verschiedener Meinung sind, so sind die Ansichten der Veterinär-Anatomen über die Prostata der Haussäugetiere ebenso geteilt. Die ersten ver- gleichend histologischen und systematisch durchgeführten Unter- suchungen über die Prostata aller Haussäugetiere stammen von Eichbaum (8. Auch Ellenberger und Günther (Il) haben sich eingehend mit der Prostata befasst, und Dissel- horst (5), Oudemans (41) und Bossi (l) haben in aller- neuester Zeit die Prostata zum Gegenstand ihrer Forschungen gemacht. Die erstgenannten drei Autoren sind der Ansicht, dass die Prostata aller Haussäugetiere eine alveoläre Drüse ist, dass aber in dem Verhalten der Endbläschen zu den Aus- führungsgängen der einzelnen Drüsenläppchen und in dem weiteren Verhalten der ausführenden Kanäle Verschiedenheiten unter den Haustieren bestehen. Andere Gelehrte, wie Leise- ring (32), Carl Müller (33), Fürstenberg (17), Franck (12), Franz Müller (38), Schwab (48), Leyh (37) halten sie für eine acinöse Drüse. Franz Müller speziell hält die Prostata des Schweines zum Unterschied zu der der anderen Haustiere für eine tululo-acinöse Drüse. Betreffs der Beschaffenheit des Drüsenepithels der Prostata, des Baues der Ausführungsgänge etc. bestehen zahlreiche Mei- Beiträge zur vergleichenden Anatomie und Histologie etc. 547 nungsverschiedenheiten unter den Anatomen. Über das Vor- kommen von Sekretkapillaren und Kittleisten im der Prostata ist überhaupt noch nichts bekannt geworden. Im nachstehenden werde ich nun die Ergebnisse meiner eigenen mikroskopischen Untersuchungen über die histologischen Untersuchungen der Prostata der angeführten Tierarten schildern. 1. Perissodaktyla. Equus caballus. (Dazu Fig. 1.) Aus den mikroskopischen Beobachtungen der von mir her- gestellten mikroskopischen Schnitte der Prostata des Pferdes folgere ich, dass die Prostata dieser Tierart nicht nur wegen ihrer eigenartigen Anordnung und wegen der grossen Masse des inter- lobulären Bindegewebes, sondern auch wegen der eigenartigen Formation ihrer Drüsenhohlräume und der eigentümlichen Lage der Ausführungsgänge zu dem eigentlich secernierenden Drüsen- teil eine ganz gesonderte Stellung unter den Vorsteherdrüsen der Haustiere einnimmt. Die ganze von einer bindegewebigen, muskulösen Kapsel umgebene Prostata wird durch das eigen- tümliche Verhalten der von der Kapsel nach innen gehenden Trabekeln zu einem ausgesprochenen spongiösen Organe, dessen Hohlräume mit dem secernierenden Drüsenepithel austapeziert sind. Die ganze Drüse wird durch die grossen Trabekeln in Läppchen geteilt, die von je einer von den 'Trabekeln gebildeten bindegewebig-muskulösen Kapsel umgeben sind. Jedes Läppchen wird durch Septen, die von den Wänden ausgehen und radiär gegen das ÜUentrum ausstrahlen, die gegenüberliegenden aber nicht erreichen, in einen inneren freien Raum, den in den Läppchenausführungsgang führenden Sekretsammelraum, und viele seitliche, längliche Buchten geteilt. Von diesen Septen springen wieder dünnere Septen, die oft wieder Nebenäste haben, in reicher Zahl in die zwischen den grösseren Septen bleibenden 548 CARL MÜLLER, Räume vor und bedingen so das Zustandekommen kleiner, läng- licher, peripherer Räume, die mehr oder weniger schlauch- förmig erscheinen und an dem Hauptraum oft wie die Hand- schuhfinger an dem Handschuh sitzen, nur dass sie geschlängelt erscheinen. Die von dem centralen Raume und den Haupt- buchten (Primärbuchten) nach allen Richtungen hin vorspringen- den Schläuche, bezw. Sekundärbuchten, werden beim Schneiden natürlich in den verschiedensten Richtungen getroffen, sodass im mikroskopischen Bilde runde oder ovale Hohlräume und kurze Schläuche sichtbar werden. Alle Hohlräume eines Läppchens münden also in einen schlauchförmigen Innenraum, der keine besondere Wand besitzt. Dieser Axial- oder Centralraum ist der Anfang des Ausführungs- ganges und stellt den Sekretsammelraum dar. Von der Bildung von Schaltstücken und Sekretröhren, wie solche in vielen anderen Drüsen vorkommen, kann also bei der Prostata des Pferdes keine Rede sein. Das Sekret der Drüsenbuchten und Drüsenschläuche ergiesst sich direkt in diesen Innenraum, und die in ihn hinein- ragenden Balken tragen auf ihrem freien, in den Innenraum hineinragenden Rande sekretorisches Epithel, welches dem der sekundären Läppchen und etwaigen Alveolen (Endbläschen) voll- ständig gleicht. Diese grossen Sekretsammelräume führen an der Peripherie der Läppchen in den eigentlichen Ausführungs- gang derselben und haben dann erst eine wirkliche Wand und ein widerstandsfähiges festes Epithel in Form des mehrschich- tigen Plattenepithels, welches schliesslich in das der Harnröhre übergeht. Charakteristisch ist noch für die Prostata des Pferdes, dass auch die Ausführungsgänge seitliche Buchten mit sekretorischem Epithel besitzen. Aber nicht nur hierdurch und durch die eigentümliche Ge- staltung der Drüsenhohlräume zeichnet sich die Prostata des Pferdes aus, sondern auch durch die Mächtigkeit des an kontraktilen Elementen ungemein reichen inter- Beiträge zur vergleichenden Anatomie und Histologie etc. 549 stitiellen Gerüstes. Jeder Drüsenlappen ist, wie schon er- wähnt, rundum von kontraktilem und elastischem Gewebe um- geben, wodurch das Sekret der Drüse z. B. bei der Ejakulation total ausgepresst werden kann. Besondere kontraktile Elemente um die kleinen Drüsenhohlräume sind deshalb thatsächlich über- flüssig und auch nicht vorhanden. Die kubischen Epithel- zellen sind gegen das Lumen scharf, seitlich aber wenig be- grenzt, sodass sie ein Syneytium zu bilden scheinen. Mit ihrer basalen Seite sitzen sie dem umgebenden Bindegewebe direkt auf, sie bilden also auch keine Basalmembran. Der ver- hältnismässig grosse Kern ist chromatinreich und liegt meist peripher. Die Kittleisten der Epithelien sind in den mikroskopi- schen Schnitten als dünne aber scharfe Schlussleisten an den dem Drüsenhohlraum zugekehrten Rändern derselben zu erkennen Sie sind allerdings sehr dünn. Da, wo diese Linien von einer Zelle zur benachbarten übergehen, sieht man öfters eine deut- lich ins Auge springende, knötchenartige Verdickung. Über das Vorhandensein von Sekretkapillaren will ich ein endgiltiges Urteil nicht abgeben, da meine mikroskopischen Schnitte meist von alten Tieren stammen. In wenigen Schnitten, die von jungen, noch in der Pubertät stehenden Tieren her- rührten, machte es manchmal den Eindruck, als seien solche vorhanden. Die Prostata des Pferdes lässt sich also schwer in eines der üblichen Drüsenschemata einreihen. Will man sie nach der ge- bräuchlichen Einteilung der Drüsen in tubulöse, alveoläre und tubulo-alveoläre unter eine dieser drei Typen gruppieren, dann wird man kaum anders können, als dieselbe dem tubulösen Typus zuzurechnen. Am besten sieht man aber von dieser Schematisierung ab und bezeichnet die Prostata des Pferdes als eine buchtige Drüse eigener Art. 550 CARL MÜLLER, Über den Sekretionsvorgang der Prostata ist nichts Sicheres bekannt. Da ich aber auf Grund meiner Untersuchungsergeb- nisse Ursache habe, anzunehmen, dass beim Hengste Sekret- kapillaren vorhanden sind, so möchte ich hieraus schliessen, dass die Sekretion nicht in der Art, wie bei den Schleimdrüsen, oder wie bei der Milch- und Talgbildung abläuft, sondern dass die Zellen ihr Sekret an der ganzen freien Oberfläche, d. h. an der ganzen an das Lumen und die Sekretkapillaren anstossenden Fläche ausscheiden. Ein Zugrundegehen der Zellen oder eines Teiles derselben findet bei der Sekretion nicht statt. 2. Artiodaktyla. Die mikroskopischen Schnitte aus der Prostata sämtlicher von mir untersuchter Tiere dieser Gruppe lehren folgendes: Das Drüsengewebe des auf der dorsalen Fläche der Urethra gelegenen Körpers der Prostata zeigt denselben mikroskopischen Aufbau als das Gewebe der Pars disseminata. Es ist nur die Menge der glatten Muskulatur im Interstitialgewebe etwas reich- licher. Die Drüsenschicht der Pars disseminata stellt einen Hohleylinder dar, der zwischen dem Musculus urethralis und dem Lumen der Harnröhre liegt. Nach dem Muskel hin ist er, wie Querschnitte lehren, von einer bindegewebigen, elastische Fasern und solche glatter Muskulatur in nur geringer Menge enthaltenden Hülle umkleidet, welche ich die äussere (epiglan- duläre) Kapsel nenne, wohingegen er vom Lumen der Urethra von einer ebenso gebauten von mir benannten „inneren (hypo- glandulären) Kapsel“ begrenzt ist. Durch von der epi- nach der hypoglandulären Kapsel ziehende Trabekeln und von diesen aus- gehende sich untereinander verbindende Septen wird das Drüsen- gewebe in fast regelmässige Läppchenpyramiden, Primär-, Se- kundär- und Tertiärläppchen geteilt, welehe nun durch die Form ihrer secernierenden Hohlräume dem ganzen Organ den Charakter Anatom. Hefte. C. Müller. I. Abt. 79/80. Heft (26. Bd., H. 2/3). PR: Er R R u IR N 3 Ta ek IN hi Rd 47 % at NEN # 27 FG E g” i G Bor Tafel 20. Verlag von J. F. Bergmann in Wiesbaden. Anatom. Hefte. I. Abt. 79/80. Heft (26. Bd., H. 2/3). Tafel 91. C. Müller. Verlag von J. F. Bergmann in Wiesbaden. Beiträge zur vergleichenden Anatomie und Histologie etc. 551 % einer tubulösen Drüse verleihen. Aus dem Umstande nämlich, dass man im mikroskopischen Bilde in den Läppchen immer mehrere langgestreckte Hohlräume sieht, in deren unmittel- barer Nähe viele kleinere Hohlräume liegen, die zum Teil rund, meist aber oval und langgestreckt oder schlauchförmig erscheinen, muss man den Schluss ziehen, dass diese Bilder nur Ausdrücke quer oder meist schräg geschnittener Seitenkanäle der grossen Hohlräume sind. Bei einer alveolären Drüse würde man, abge- sehen von den Bildern, welche man durch Quer-, Schräg- und Längsschnitte der Ausführungsgänge erhält, doch nur runde oder allenfalls ovale Hohlräume sehen müssen; längliche oder schlauchförmige Räume können niemals sichtbar werden. Wenn letzteres aber, wie vorliegend, der Fall ist, dann muss es sich um eine tubulöse Drüse handeln. Wären die tubulösen Endstücke mit alveolären seitlichen Ausbuchtungen versehen, so dass sie Alveolengänge darstellten, dann würde man dies am mikro- skopischen Bilde wahrnehmen. Man würde dann Bilder zu sehen bekommen, wie man sie bei Betrachtung von Schnitten aus der Lunge, den Milchdrüsen, gewisser Speicheldrüsen u.s.w. stets sieht. Derartige Bilder habe ich bei der Durchmusterung der Prostataschnitte niemals bemerkt. Ich will noch bemerken, dass die Primärläppchen nicht bei allen Artiodaktylen eine Pyramidenform haben, also nicht alle mit ihrer Basis der epi- und ihrem Gipfel der hypoglandulären Kapsel zustreben, dies ist nur bei Rind, Hirsch und dem Schaf der Fall. Beim Schwein, Ziegenbock und Rehbock haben sie ganz unregelmässige vielseitige Formen, da die Trabekeln nicht radiär, sondern mehr retikulär durch einander laufen. Beim Ziegenbock und Rehbock kommt noch der im makro- skopischen Teile angedeutete merkwürdige Umstand in Betracht, dass das Parenchym in den peripheren Schichten zwischen den Hohlräumen eines Corpus cavernosum liegt. Das Drüsenepithel fand ich bei allen Artiodaktylen gleich. Es bestand aus ziem- 552 CARL MÜLLER, lich deutlich ausgeprägten eylindrischen Zellen mit meist ventral liegendem Kerne und hellem Protoplasma. Wider alles Erwarten fand ich beim Rinde er- hebliche Verschiedenheiten am Epithel einzelner Drüsenpartien, z. B. zwischen dem Epithel der oberfläch- lich, d. h. nahe der epiglandulären Kapsel gelegenen und dem- jenigen der tiefer liegenden Läppchen, d. h. nahe der hypo- glandulären Kapsel. (Fig. 2.) Die Zellen der ersteren sind nämlich sehr hoch und ganz hell, ihr Kern klein, glatt, randständig und reich an Chromatin. Die Zellen dieser Drüsenpartien haben ganz das Aussehen von sog. Schleimzellen, so dass sich die betreffenden Drüsenpartien deutlich und scharf von der übrigen Drüse abheben (Fig. IIb), die mit dem Epithel ‘seröser Drüsen ähnlichen Zellen ausge- kleidet ist. Die grösseren buchtigen Hohlräume an denjenigen Partien der Drüse, welche nicht das den Schleimzellen ähn- liche, sondern das gewöhnliche Drüsenepithel führen, haben ein kubisches, die engeren Endstücke das besprochene, den serösen Zellen anderer Drüsen ähnelnde Drüsenepithel; die ersteren lassen ein grosses, die letzteren jedoch ein kleines, fast gar kein Lumen erkennen. Bei den kubischen Zellen kommt die cen- trale Lage des Kernes öfter vor, als bei den eylindrischen Zellen. Bei diesen liegt der Kern eigentlich stets peripher. Man hat fast den Eindruck, als ob sich die Prostata des Rindes aus zwei verschiedenen Drüsenarten aufbaute, einer oberflächlichen Schicht mit den hohen, hellen Zellen und den kleinen chromatinreichen, zackigen, verschieden gestalteten, meist aber glatten und rand- ständigen Kernen und der Hauptmasse der Drüse mit den dunkleren kubischen Zellen. Auch Bossi (1) hat Unterschiede am Epithel in seinem Kapitel über die Glandulae urethrales des Stieres beschrieben denn er spricht von einer Art von Zellen, deren Spongioplasma eine Flüssigkeit enthält, welche farblos bleibt, weil sie Karmin Beiträge zur vergleichenden Anatomie und Histologie ete. 553 und Hämatoxylin nicht annimmt und einer anderen Art, deren protoplasmatische Flüssigkeit geringgradig tinktionsfähig ist. Ersteren Zustand der Zellen führt er auf Ruhe, letzteren auf Thätigkeit zurück. Diese Bossische Anschauung scheint durch meine Beobachtung gestützt zu werden, dass auch mitten in der Drüse zuweilen ein kleines Läppchen mit den hohen hellen Zellen vorkommt, und dass es auch Übergänge zwischen beiden Zellformen giebt. Eichbaum (8), Disselhorst (5) und Fürstenberg (17) schreiben über Verschiedenheiten der Zellen des Drüsenepithels nichts, doch bemerkt Disselhorst, dass die Prostata des Rindes wegen des fast völligen Fehlens des intertubulären Ge- webes, ihrer Einteilung in grössere Läppchen, ihres auffallend zierlichen Drüsenepithels und wegen des Verhaltens der Kerne und des Muskelreichtums in ihrem Bau eine grosse Ähnlichkeit mit dem Bau der Bulbourethraldrüsen habe. Meine Ansicht über die Verschiedenartigkeit des Epithels der Drüsenläppchen in der Prostata des Rindes geht dahin, dass es sich hier thatsächlich um die durch Arbeitsteilung bedingten Ruhe- oder Thätigkeitszustände einzelner Läppchen handelt; diejenigen meiner Präparate, welche ich zur Veranschaulichung der Kittleisten und Sekretkapillaren gefärbt habe, zeigen solche in beiden Arten in grosser Deutlichkeit. Auf Schleimfarben, wie Delafieldsches Hämatoxylin u.a. reagieren die hellen Zellen in den peripheren Schichten dagegen nicht; sie bleiben vielmehr farblos, ein Zeichen, dass sie kein Muein enthalten, also keine Schleimzellen sind. Dagegen halten sie bei Färbung nach Heidenhain mit Eisenalaun und Weigertschem Häma- toxylin die dunkle Färbung fester, als die übrigen Drüsen- epithelien. . Ich schliesse daraus, dass diese relativ grossen Zellen ein eigenartiges Sekret enthalten, also sekretgefüllte Zellen sind und erachte die Drüsenläppchen mit den grossen hellen Zellen als 554 CARL MÜLLER, solche, welche kurz vor der Sekretion stehen, die anderen da- gegen als solche, welche soeben ihr Produkt entleert haben. Eigentümlich ist nur der Umstand, dass ich die beschriebenen zwei Arten von Drüsenepithelien nicht nur bei Bullen, sondern auch bei Ochsen gefunden habe. Ich halte dies jedoch für einen Beweis dafür, dass nach der Kastration die Sekretion der Prostata nicht sofort erlischt. Hat doch Steinach gefunden, dass auch die Samenblasen bei Ratten noch ein halbes Jahr nach der Kastration Sekret produzieren. Die Kittleisten des Drüsenepithels treten nach Behand- lung mit Eisenalaun und Weigertschem Hämatoxylin als ver- hältnismässig dieke Linien an den dem Lumen der Drüsen zu- gekehrten Rändern der Epithelzellen in die Erscheinung und sind namentlich beim Rinde ganz besonders gut ausgeprägt. Auch die Sekretkapillaren heben sich bei oben genannter Methode der Färbung ganz deutlich ab, deutlicher als bei allen anderen Tieren. Sie stellen sich als intercelluläre Kanälchen zwischen den einzelnen Epithelzellen dar. Sogenannte binnenzellige Kapillaren habe ich nicht gefun- den. Die intercellulären Kapillaren reichen vom Lumen eine erhebliche Strecke zwischen die Zellen hinein, erreichen aber die Peripherie der Alveolen nicht. Was den ausführenden Apparat der Prostata der Artio- daktylen anbelangt, so verhält sich derselbe folgendermassen: Die Drüsenschläuche münden in jedem Läppchen in einen gemeinsamen Gang, der dasselbe Epithel trägt, als die Schläuche selbst. In der periurethralen Innenkapsel fliessen mehrere Gänge in einen grösseren zusammen, doch bekommen diese eine eigene und stärkere Wand, die ein geschichtetes Epithel besitzt. Im weiteren Verlaufe durchbrechen diese geschlängelt, beim Sch weine korkenzieherartig verlaufend, die Innenkapsel und münden trichterartig erweitert in die Harnröhre. Beiträge zur vergleichenden Anatomie und Histologie etc. 553 Während die Ausführungsgänge in der Richtung nach ihrer Ausmündung beim Rind, Hirsch, Schwein enger werden, vergrössern und erweitern sich dieselben in derselben Richtung bei Schaf, Ziege und Rehbock. 3. Carnivora. Die Befunde meiner Untersuchungen über die mikroskopi- schen Verhältnisse der Prostata von Hund und Katze sind so grundverschieden, dass ich dieselben für jede der beiden Tier- arten gesondert schildern muss. a) Canis familiaris. Die Prostata des Hundes zeichnet sich durch ein bedeuten- des Überwiegen des Parenchyms gegenüber dem Stützgerüst aus, ähnlich wie beim Hirsch, doch sind die Drüsenhohlräume be- deutend grösser, als bei jenem. Von einer die Drüse von aussen umhüllenden, also einer epiglandulären, an muskulösen Elementen ungemein reichen Kapsel ziehen nach der hypoglandulären grössere Trabekeln und von diesen aus kleinere Septen gleichen Baues in das Innere der Drüse und teilen sie in Lappen und Läppchen von drei- eckiger Gestalt, welche das Parenchym ausmachen. Dieses be- steht aus Hohlräumen von runder bis ovaler Gestalt, von deren Wänden kurze Vorsprünge kulissenartig in das Lumen hinein- ragen. Dadurch werden seitliche Buchten gebildet, die aber weder von runder, noch von ovaler oder länglicher, sondern vielmehr von dreieckiger oder viereckiger Gestalt mit mehr oder weniger abgerundeten Ecken sind. Öfter findet man aber auch ganze Partien von diesen Drüsenläppehren — und das ist recht auf- fällig — die sich aus lauter ganz besonders grossen Hohlräumen zusammensetzen, welche diese Buchten nicht aufweisen, sondern deren mit einschichtigem Epithel austapezierten Wände eben 556 CARL MÜLLER, sind. Die Drüsenpartien haben eine ausserordentliche Ähnlichkeit mit dem Parenchym der Samenblase. In welchem Zusammenhange diese ganz eigenartigen Drüsen- teile mit dem übrigen Drüsengewebe stehen, ist mir nicht klar. Man könnte diesen auffallenden Befund wohl auf einen gewissen Thätigkeits- oder Ruhestand der betr. Drüsenpartien zurück- zuführen und zwar besonders deshalb, weil man sie gewöhnlich mit einer feinkörnigen Masse angefüllt findet. Andererseits könnte man auch auf den Gedanken kommen, dass es sich hier vielleicht um Partien der prostatischen Drüse handelt, die die Funktion der dem Hunde fehlenden Samenblasen ersetzen. Die letztere Hypothese erscheint mir um so wahrschein- licher, weil ich derartige Verschiedenheiten im Prostatagewebe auch bei der Katze gefunden habe, der die Samenblasen eben- falls fehlen. In der Litteratur finde ich keine Angaben über ähnliche Beobachtungen durch andere Untersucher. Ich halte diese Eigentümlichkeit der Fleischfresser-Prostata jedoch für sehr wichtig und möchte nachdrücklich auf dieselbe hingewiesen haben. Die Epithelien der Drüsenhohlräume bestehen aus ziem- lich hohen, eylindrischen Zellen mit fein granuliertem Proto- plasma in einschichtiger Lage, welche ohne Vorhandensein einer Basalmembran der Wand direkt aufsitzen. Oft habe ich das Protoplasma der Zellen scharf konturiert gefunden, bei anderen bildete es ein Syncytium, und man konnte das Zusammengesetztsein des Protoplasmabelages der Drüsen- hohlräume aus Zellen nur aus dem Vorhandensein der Kerne erkennen. Diese nicht begrenzten Zellen bilden nach dem Lumen hin wolkenartige Auffaserungen und sehen wie zerfetzt aus. Ich halte diese Zellen für solche, welche gerade ihr Sekret ent- leeren. Ich schliesse mich also in diesem Punkte den Ausfüh- OT or I] Beiträge zur vergleichenden Anatomie und Histologie etc. rungen Disselhorsts an, welcher in seinem Werke auf S. 343 solche Zellen beschrieben und auf Tafel XV bis XVI in Fig. 71 abgebildet hat. Der relativ kleine Kern der Epithelzellen liegt wandständig, ist rund und bläschenförmig. Er weist meist ein bis zwei Kern- körperchen auf und ist im allgemeinen ganz fein granuliert. Die Ausführungsgänge heben sich, wenigstens in der Nähe der Harnröhre, durch eine deutliche Zweischichtigkeit des Epitheis von den Drüsenhohlräumen ab und münden, trichter- artig sich erweiternd, in die Harnröhre ein. Kittleisten und Sekretkapillaren konnte ich beim Hunde nicht feststellen. Ich glaube daher, dass die Sekretion in der Weise stattfindet, dass die einzelnen Zellen nur auf der Stirn- seite (Kopfseite) secernieren, denn der Umstand, dass man oft den dem Lumen zugewandten Rand der Zellen zerfetzt an- trifft, und die Epithelien ein Syneytium bilden, liegen diesem Gedanken sehr nahe. Auf Grund dieser Untersuchungen kann ich die Prostata des Hundes nur für eine tubulo-alveoläre Drüse erklären, denn die im mikroskopischen Bilde sichtbaren Querschnitte, die sich als grössere Hohlräume mit an der Wand sich ansetzenden Buchten darstellen, lassen keinen anderen Schluss zu. b) Felis domestica. Die Bilder, welche mikroskopische Schnitte durch die Prostata der Katze bieten, sind von denen der obigen von mir untersuchten Tiere recht abweichend. Die unter „Makroskopi- sches“ beschriebenen flügelartigen Seitenlappen sieht man in geeigneten Schnitten von einer bindegewebig-muskulösen Kapsel (Fig. VIII), dem Epiglandulargewebe, zusammengehalten, deren glatte Muskelfasern nach den verschiedensten Richtungen ver- laufen. Zwischen diesen liegen Bindegewebs- und elastische Fasern. 558 CARL MÜLLER, Die Hauptmasse der letzteren liegt allerdings in der äusse- ren peripheren Schicht der Kapsel, die reich an Blutgefässen und nervösen Elementen, namentlich grösseren Ganglienzellen- haufen, ist. Die von der Epiglandularkapsel nach dem Lumen der Harnröhre zustrebenden mächtigen Trabekeln verlieren auf ihrem Wege die muskulösen Elemente und werden ganz binde- gewebig. Sie bilden in diesem Zustande dann die innere hypo- glanduläre Kapsel. Durch Septen, von denen die peripheren wieder mehr Muskelfasern als die centralen enthalten, wird die Drüse in kleinere Läppchen geteilt. Das Hohlraumsystem des Parenchyms der Prostata der Katze verhält sich bei einzelnen Individuen recht verschieden, und ich glaube, hier einen ähnlichen Unterschied konstatieren zu können, wie ihn Orth (40) zwischen dem Aufbau der Prostata des Jünglings und der des erwachsenen Mannes ge- funden hat. Bei jungen Katzen (Fig. IX) sieht man nämlich an den bezeichneten Querschnitten, dass die Hohlräume des Drüsen- parenchyms im allgemeinen melır oder weniger rund bis oval sind, und dass sie keine seitlichen Ausbuchtungen aufweisen. Bei älteren Katzen (Fig. VIII) aber hat das von den gröberen und feineren Trabekeln umgebene und geschiedene Drüsen- parenchym ein ganz eigenartiges Gepräge; die Anordnung der Drüsenhohlräume (Fig. VIlle) hat, wie die Figur lehrt, etwas Verworrenes an sich; das Bild, welches dieselbe hier darbietet, lässt sich mit den gewohnten mikroskopischen Prostatabildern kaum vergleichen. Die Drüsenhohlräume stellen mehr oder weniger lange und weite Schläuche dar, die mit seitlichen Zweigen und Buchten (Fig. VIILf) versehen sind, welche meist spitz zulaufend enden und sonach fast mit Zacken verglichen werden können. Ihr Lumen ist oft sehr weit und dann wieder plötzlich ungemein eng. Es wechseln also Erweiterungen und Verengerungen regel- mässig ab. In der Nähe dieser Schläuche sieht man wieder kleine runde oder kurze röhrige und gekrümmte Hohlräume. _—— Beiträge zur vergleichenden Anatomie und Histologie ete. 559 Alle diese Hohlräume sind mit einem einschichtigen Epithel ausgekleidet, dessen niedrige cylindrische Zellen sich meist scharf und deutlich gegen einander absetzen. Oft bilden die Zellen auch ein Syneytium ohne alle Begrenzung der dasselbe zusammensetzenden Zellen, wie man dies an der beigegebenen Abbildung (Fig. VIII) sieht. Die Kerne der Zellen sind bläschenförmig und wandstän- dig. Eine Basalmembran ist nicht vorhanden. Sekretkapillaren und Kittleisten sind auch bei der Katze nicht vorhanden. Die Sekretion findet jedenfalls in der- selben Weise statt, wie beim Hunde, indem die Zellen nur auf der Lumenoberfläche secernieren. Auf Grund der Ergebnisse meiner Untersuchungen gebe ich mein Urteil über den Aufbau der Prostata der Katze und zwar speziell über die Gestalt der secernierenden Drüsenräume (Drüsenendstücke) dahin ab, dass man zwischen der Prostata der jungen Katze und der älterer Indivi- duen unterscheiden muss. Der Umstand, dass man bei jungen Katzen im mikroskopischen Bilde am Parenchym dieser Drüse m. o. w. runde bis ovale Hohlräume findet, welche ihrer- seits sämtlich Ausbuchtungen aufweisen, lässt nur darauf schliessen, dass man es mit einer alveolären Drüse zu thun hat. Im späteren Alter wachsen die Alveolen offenbar erheb- lich an Länge, senden Nebenzweige aus und verbinden sich mit anderen. Auf diese Weise müssen bei Schnitten durch die Drüse im mikroskopischen Bilde die eigenartigen Durchschnitte sichtbar werden, wie sie oben geschildert wurden, und wie sie die Fig. VIII darbietet. Man sieht Schräg- und Querschnitte der in die Länge gewachsenen und weiter gewordenen Acini und ihrer engen Fortsätze, bez. Äste. Durch vorgenannten Um- wandlungsprozess wird die vorher alveoläre Drüse entschieden zu einer tubulösen. Es ist also die Prostata der jungen Anatomische Hefte. I, Abteilung. 79/80. Heft (26. Bd. H. 2/3) 37 560 CARL MÜLLER, Katze eine alveoläre, die deralten aber eine tubu- löse Drüse. Das von den Epithelzellen produzierte Sekret wird durch Kontraktion der glatten Muskulatur der Kapsel und des Inter- stitialgewebes in die makroskopisch bekannten Ausführungs- gänge getrieben, die neben und um den Colliculus seminalis münden. Diese Gänge ergiessen dasselbe in die Harnröhre. 4. Rodentia. Die epiglanduläre Kapsel der Prostata des Kaninchens ist sehr reich an muskulösen Elementen, aber arm an bindege- webigen und elastischen Fasern. Man bemerkt aber in ihr aus- gedehnte, langgestreckte Haufen von Ganglien und Nervenquer- schnitten, auch ist sie reich an artiellen wie venösen Gefässen und Lymphräumen. Da Trabekeln und Septen im Gegensatz zu denen anderer Tiere von gleicher Stärke sind, vermisst man die bei allen anderen Tieren deutliche hypoglanduläre innere Kapsel. Diese wird höchstens dadurch angedeutet, dass in dieser Gegend, d. h. in der Tiefe des Drüsengewebes oder unter dem- selben das Interstitialgewebe nicht so reich an glatter Muskulatur ist, sondern fast nur oder thatsächlich nur aus Bindegewebe besteht. Es giebt hier auch weniger nervöse Elemente und Blut- gefässe. Die Trabekeln bilden nur ein Maschenwerk, in dessen Hohlräumen das Drüsenparenchym liegt. Von den Trabekeln ziehen sehr dünne Fäden in das Innere dieser Hohlräume. Sie stellen die Septen kleinster Läppchen dar. Diese Septen sind bald kurz, bald lang, bald gerade, bald mehr geschlängelt und oft verdicken sie sich nach dem Lumen hin kolbig, oder spalten sich in zwei oder drei Zweige. Sie erreichen sich in den grossen Läppchen gegenseitig nicht, wohl aber in den kleineren. Das diesen Septen und Drüsenhohlraumswänden ohne Basalmembran aufsitzende Epithel bildet oft ein Syneythium, oft auch nicht. Beiträge zur vergleichenden Anatomie und Histologie etc. 561 Die bläschenförmigen Kerne der einzelnen Zellen sind wand- ständig. An den kolbigen Verdiekungen der Septen bildet es oft Büschel. Kittleisten und Sekretkapillaren sind vor- handen. | Aus meinen Untersuchungen ziehe ich den Schluss, dass die Prostata des Kaninchens eine rein alveoläre Drüse sein muss. Die Durchschnitte der Drüsenhohlräume, welche die Bilder von meist ovalen Gebilden mit seitlich in das Lumen kulissenartig hineinragenden Vorsprüngen abgeben, lassen er- kennen, dass die ovoiden oder länglichen Drüsenhohlräume kleine flache Ausbuchtungen ihrer Wand, d. h. Alveolen be- sitzen. Die Drüsen entleeren ihr Sekret in die mit einem ein- schichtigen Epithel versehenen Ausführungsgänge, welche in die Harnröhre münden. Zusammenfassung. Die Hauptergebnisse meiner Untersuchungen lassen sich kurz in folgender Weise zusammenfassen: 1. Alle von mir untersuchten Tiere (Pferd, Rind, Schaf, Ziege, Hirsch, Reh, Hausschwein, Wildschwein, Hund, Katze, Kaninchen) haben eine Prostata. 2. Die Grösse der Prostata ist umgekehrt proportinal der Grösse der Hoden. 3. Die Grösse der Prostata steht in einem bestimmten Ver- hältnisse zur Ausbildung und Grösse der anderen accessorischen Geschlechtsdrüsen. 4. Die Grösse der Prostata ist unabhängig von der geschlecht- lichen Leistungsfähigkeit der Tiere, von der Art der Ausführung und der Dauer des Begattungsaktes und von den den letzteren begleitenden Nebenerscheinungen. 37* 562 CARL MÜLLER, 5. Die Grösse der Prostata ist unabhängig von der Zahl der von den weiblichen Tieren zur Welt gebrachten Jungen, d. h. von der Zahl der zu befruchtenden Keime. 6. Die Gestalt, Grösse und Ausbreitung der Prostata ist bei den verschiedenen Tieren sehr verschieden. 7. Bei allen von mir untersuchten Tieren ist ein aus quer- gestreiften Muskelfasern bestehender, am Beckenstücke der Ure- thra in verschiedener Art gelagerter Musculus urethralis vor- handen, der die Prostata je nach der Tierart teilweise oder ganz bedeckt, und da, wo dies geschieht, als Musculus prostaticus bezeichnet wird. 8. Das Stützgerüst der Prostata setzt sich aus einer relativ dicken Kapsel (Epiglandulärgewebe, Epiadenium s. Peri- adenium externum), einem in der Regel relativ reichlich vor- handenen Interstitialgewebe (Periadenium internum), welches in der Regel glatte und beim Rinde sogar stellenweise quergestreifte Muskelfasern enthält, und dem intraparenchymatösen End- adenium zusammen. a) Die Kapsel umgiebt die Drüse ringsum. Umgiebt die Drüse den Urogenitalkanal ring- oder röhrenförmig, so stellt sie zwei konzentrische Bindegewebsröhren vor, zwischen denen das Parenchym der Drüse liest. Man nennt die die Drüse von aussen umgebende Röhre die periphere, epi- oder ektoglanduläre Aussen- kapsel, dagegen die innere der beiden konzentrischen Röhren die periurethrale, hypo-(sub)glanduläre Kapsel. Die epiglanduläre Kapsel besteht, ausgenommen bei Reh- und Ziegenbock, aus glatter Muskulatur und elastischen und Bindegewebsfasern. Bei genannten Tieren fehlt erstere Gewebsart. In der peri- urethralen Innenkapsel fehlt sie ständig. b) Das Interstitialgewebe, auch Periglandulargewebe oder Periadenium internum genannt, zerfällt in die von der Kapsel stammenden Trabekeln (Hauptsepten) und dünnere interlobutäre Nebensepten, dazu kommt dann das Endoglandulargewebe (End- Beiträge zur vergleichenden Anatomie und Histologie etc. 563 adenium) d. h. das intraparenchymatöse, intralobuläre Gewebe dar. Das Interstitialgewebe ist im allgemeinen von derselben Beschaffenheit als die ektoglandulare Kapsel. Ganz besonders reich an glatter Muskulatur ist es beim Pferde, dem Hunde und dem Kaninchen; bei den Artiodaktylen hält sich die Menge derselben mit der Masse an elastischen und Bindegewebs- fasern ungefähr die Wage, während sich bei der Katze die grösste Menge glatter Muskulatur in den der ektoglandularen Kapsel am nächsten liegenden Regionen befindet. 9. Im Stützgerüst der Prostata liegen Gefässe, Nerven und Ganglien. Die Blutgefässe sind bei Pferd, Hund, Kaninchen gleichmässig in der Kapsel und dem Interstitial- gewebe verteilt. Bei Schaf, Hirsch und Schwein liegen die meisten Blutgefässe im interlobulären Bindegewebe. Von hier aus dringen seine Zweige in das Parenchym ein und bilden feine Kapillarnetze um die Drüsenendstücke. Nervöse Elemente finden sich im Stützgerüste überall, be- sonders aber im Epiglandulärgewebe. An Ganglien besonders reich erwies sich die Prostata der Katze und des Kaninchens. 10. Bezüglich der Formation der Drüsenendstücke des Parenchyms verhalten sich die Prostaten der untersuchten Tierarten verschieden. Darnach ist die Prostata des Pferdes eine eigenartige buchtige Drüse, die eher den tubulösen als den alveolären Drüsen zuzurechnen ist; jene vom Hund und Kaninchen eine alveoläre bezw. tubulo-alveoläre Drüse. Die Prostata der Katze hat vor der Pubertät einen rein acinösen bezw. alveolären, nach der Pubertät einen tubulösen Charakter. Die untersuchten Artiodaktylen be- sitzen in ihren Prostaten rein tubulöse Drüsen. 11. Das secernierende Drüsenepithel der Prostata besteht beim Pferde und den Fleischfressern aus relativ niedrigen eylindrischen oder kubischen, bei allen anderen Tieren aus mehr hohen cylindrischen, serösen Zellen. Diese sind im 564 CARL MÜLLER, allgemeinen gegen ihre Nachbarzellen und nach dem Lumen hin scharf abgegrenzt. Bei den Carnivoren bilden sie oft ein Syneythium. Die Kerne liegen wandständig. 12. Merkwürdig ist das Auftreten verschiedenartiger Epi- thelien an den Drüsenläppchen der Prostata des Rindes und der Fleischfresser, welche ich in den betr. Kapiteln beson- ders beschrieben habe. Während ich die Verschiedenartigkeit der Epithelien beim Rinde auf Ruhe- und Thätigkeitszustände zurückführe, zeigen gewisse Drüsenläppchen bei den Carnivoren das jedem Untersucher bekannte Bild der Glandulae vesiculares anderer Tiere. Vielleicht vertreten sie thatsächlich die den Fleischfressern fehlenden Samenblasen. 13. Eine strukturlose, subepitheliale Basalmembran ist bei keinem der von mir untersuchten Tiere an den Drüsenend- stücken mit Sicherheit nachzuweisen. Nur beim Schweine bleibt das Vorhandensein einer solchen zweifelhaft. 14. Konkremente habe ich namentlich in grösserer Menge beim Hirsch und dem Kaninchen gefunden. Während die des Hirsches homogen erscheinen und die verschiedensten Gestalten aufweisen, sind die des Kaninchens kreisrund und lassen eine ganz deutliche Schichtung erkennen. In Schnitten, welche nach M. Heidenhainscher Methode gefärbt sind, geben sie deutliche Bilder der bekannten Schiessscheiben ab. Um einen im Centrum liegenden, schwarz gefärbten Kern liegen kon- zentrisch abwechselnd dunkle und helle Zonen, also Ringe, welche die einzelnen Schichten bilden. Die Schichten sind aber nicht immer von derselben Stärke. 15. Indem Drüsenepithel der Prostata fast aller untersuchten Tierehabeich ausser Kitt- und Schluss- leisten auch kurze intercelluläre Sekretkapillaren nachweisen können. Beiträge zur vergleichenden Anatomie und Histologie etc. 565 16. Der ausführende Apparat der Prostata verhält sich bei den verschiedenen Tieren verschieden. Eine scharfe Scheidung in einzelne Abschnitte, wie z. B. bei den Speichel- drüsen, ist bei der Prostata nicht möglich. Beim Pferde besteht der ausführende Apparat aus einem an jedem Drüsenläppchen central gelegenen Sekretsammelraum, welcher mit primären, sekundären und tertiären Buchten (Haupt- buchten, Nebenbuchten, Drüsenendstücken) seitlich versehen ist. Die Ausführungsgänge mit mehrschichtigem Epithel weisen, im Gegensatz zu denen der anderen Tiere, seitlich angelegte Alveolen auf. Das Epithel sämtlicher Sammelräume, Buchten und Gänge ist ein sekretorisches. Bei allen anderen Tieren sind die Ausführungsgänge einfache Kanäle, die zur Leitung des Sekretes dienen. Bei den Fleischfressern und dem Kaninchen schliessen sich an die secernierenden Hauptstücke sehr dünnwandige Kanäle an, die auf ihrer Lumenfläche ein einschichtiges Epithel tragen. Diese Kanälchen vereinigen sich mit denen benachbarter Läpp- chen, bekommen ein mehrschichtiges Epithel und treten schliess- lich mit trichterförmigen Erweiterungen in die Harnröhre ein. Ahnlich verhalten sich die Ausführungsapparate bei den Artio- daktylen. Die Drüsenschläuche münden in jedem Läppchen in einen gemeinsamen Gang, der dasselbe Epithel trägt wie die Schläuche selbst. In der periurethralen Innenkapsel fliessen mehrere Gänge zu einem grösseren zusammen, doch bekommen diese eine eigene und stärkere Wand, die ein geschichtetes Epithel besitzt. Korkzieherartig gewunden oder geschlängelt durchbrechen sie dann die Innenkapsel und münden meist trichterförmig erweitert in die Harnröhre ein. Während die Aus- führungsgänge in der Richtung nach ihrer Ausmündung beim Rind, Hirsch, Schwein enger werden, vergrössern und er- weitern sich dieselben in derselben Richtung bei Schaf, Ziege und Rehbock. 566 CARL MÜLLER, Beiträge zur vergleichenden Anatomie etc. 17. Die Pars disseminata der Prostata vom Ziegenbock und Rehbock liegt in den peripheren Schichten eines das Beckenstück der Harnröhre röhrenförmig umgebenden Corpus cavernosum. Beim Schafbock findet sich ein solches nur in der von Prostatagewebe frei bleibenden ventralen Wand der Pars pelvina der Harnröhre. Auch bei den Fleischfressern, dem Rinde und dem Schweine findet man im Beckenstücke der Harnröhre, welches bekanntlich bei den Einhufern ein ausgeprägtes Corpus cavernosum in seiner Wand besitzt, ver- einzelte grössere venöse Räume, die an ein rudimentäres Corpus cavernosum erinnern. Die Frage des Vorkommens eines Corpus cavernosum im Beckenstücke der Harnröhre der Haussäugetiere bedarf noch weiterer Untersuchungen. ee vs | x Anatom. Hefte I. Abt. 79/80. Heft (26. Bd., H. 2/3). Tafel 22. C. Müller. Verlag von J. F. Bergmann in Wiesbaden. Anatom. Hefte. I. Abt. 79/80. Heft (26. Bd., H. 2/3). Tafel 23. C. Müller. Verlag von J. F. Bergmann in Wiesbaden. 15. 16. Litteraturverzeichnis. . Bossi, Virginio, Ricerche sopra alcuni organi annessi alla porzione pelvica dell’ uretra maschile dei mammiferi domestici. Il nuovo Ercolani archivio quindieinale di veterinaria e zootecnia. Num. 18, 19, 20, 21, 22. Böhm und Oppel, Taschenbuch der mikroskopischen Technik. Mün- chen 1900. Chauveau, A. (Arloing, $.), Traite d’anatomie comparee des animaux domestiques. Paris 1890. Colin, 6., Traite d’anatomie comparde des animaux domestiques. Paris 1890. Disselhorst, Rudolf, Die accessorischen Geschlechtsdrüsen der Wirbel- tiere; mit besonderer Berücksichtigung des Menschen. 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Archiv für mikroskopische Anatomie und Entwickelungsgeschichte. Bd. 52. 1898. Erklärung der Abbildungen. Fig. I. Schnitt durch ein Drüsenläppchen aus der Prostata der Pferdes. a Von der allgemeinen Kapsel abgezweigter Trabekel, welcher zu b der Kapsel des Drüsenläppchens wird. (Intralobuläres Gewebe.) Bindegewebe. Glatte Muskulatur. Hauptsepten. Centraler Sammelraum. Primäre Hauptbuchten. h Nebenräume (sekundäre Buchten). i Querschnitt der Handschuhfingerähnlichen Anhänge der Nebenräume. rn DD So 0 Fig. Il. Schnitt durch einen Drüsenabschnitt der Prostata des Rindes, an dem man Drüsenendstücke mit verschiedenartigem Epithel sieht. a Tubuli mit hellen hohen Epithelzellen, deren Kerne platt und wand- ständig sind. a’ Epithelzellen derselben. b Tubuli mit dunklen, niedrigen Epithelzellen, deren Kerne mehr central gelagert sind. b‘ Epithelzellen derselben. Fig. III. Prostata des Rindes nach Heidenhain mit Eisenalaun und Weigertschem Hämatoxylin behandelt, sodass man die Kittleisten und Sekret- kapillaren sieht. a Kittleisten. b Sekretkapillaren. Fig. IV. Dorso-lateraler Teil eines Querschnittes durch die Beckenportion der Urethra des Ziegenbockes. a Hohlräume des Corpus cavernosum urethrae mit roten Blutkörperchen an den Wänden derselben. b Quergestreifte Fasern des Musculus urethralis. c Äusserer (peripherer) Abschnitt der Drüsenkapsel (Mantelkapsel). O1 1] ok Erklärung der Abbildungen. d Trabekeln. e Innerer (centraler) Abschnitt der Drüsenkapsel. f Septen. g Drüsenschläuche. h Ein Ausführungsgang mit mehrschichtigem Plattenepithel. i Harnröhrenschleimhaut mit ihrem Epithel. Fig. V. Dorso-lateraler Abschnitt eines Querschnittes durch die Becken- portion der Urethra des Rehbockes. a Quergestreifte Fasern des Musculus urethralis. b Äusserer (peripherer) Abschnitt der Drüsenkapsel. c Innerer (centraler) Abschnitt der Drüsenkapsel. d Trabekeln. e Hohlräume des Corpus cavernosum urethrae mit roten Blutkörper- chen an den Wänden derselben. f Septen. g Anfangsstücke der Ausführungsgänge mit zweireihigem Epithel. h Grösserer Ausführungsgang mit mehrschichtigem Plattenepithel. i Harnröhrenschleimhaut mit ihrem Epithel. k Trichterförmige Einsenkung derselben (Drüsenausgang) mit vorge- lagerten Spermatozoen. Fig. VI. Schnitt aus der Prostata des Schweines. a Trabekeln (Hauptsepten). b Kleinere oder Nebensepten. c Hohlraum des Corpus cavernosum venosum. d Drüsenparenchym. e Anfangsstück der Ausführungsgänge (intralobuläre Gänge), Sekretmassen enthaltend. Fig. VII. Schnitt durch ein Drüsenläppchen aus der periphersten Schicht der Prostata des Hundes. a Äussere, an muskulösen Elementen reiche Bindegewebskapsel. b Trabekeln (interlobuläres Gewebe). c Feine intralobuläre Septen. d Drüsenhohlräume mit kulissenartig vorspringenden Leisten. An dem Epithel sind Zellgrenzen nicht zu erkennen, Fig. VIII. Schnitt durch einen Prostatalappen eines alten Katers. a Kapsel. b Ganglion. c Grössere Trabekeln. e Drüsenhohlräume mit vielen Seitenzweigen. Fig. IX. Schnitt durch einen Prostatalappen eines jungen Katers. Die Hohlräume des Drüsenparenchyms sind rund bis oval und weisen kleine, seit- liche Ausbuchtungen auf. Fig. X. Schematische Zeichnungen, welche das Verhalten des Muse. urethralis, des Körpers und der Pars dısseminata der Prostata und des Lumens 572 Erklärung der Abbildungen. der Harnröhre zueinander an Querschnitten durch das Beckenstück der Harn- röhre der Artiodaktylen veranschaulichen. . Rind. . Schaf. . Ziege. . Hirsch. Reh. F. Schwein. Musculus urethralis. Platte straffen Bindegewebes. Körper der Prostata. Pars disseminata der Prostata. Corpus cavernosum urethräe. Lumen der Harnröhre. Buou» all elle a. b. C. d. e. f. Aus DEM HISTOLOGISCHEN INSTITUT ZU STOCKHOLM. ZUR KENNTNIS DER BLASENFÖRMIGEN SEKRETION. VON FOLKE HENSCHEN, STOCKHOLM. Mit 16 Figuren auf den Tafeln 24/25 und 2 Abbildungen im Texte. Er In den folgenden Zeilen beabsichtige ich einen kurzge- fassten Bericht einiger Untersuchungen zu liefern, die ich in der letzten Zeit über das Epithel gewisser teils dem Darm- systeme, teils dem Harn- und Geschlechtssysteme angehörender Organe ausgeführt habe. Was das Epithel des Darmsystems betrifft, habe ich meine Aufmerksamkeit besonders auf die eigentümliche Form von Sekretion oder Exkretion gerichtet, die man wohl mit dem Namen Blasen- oder Ballonsekretion belegen kann, und welche hier im Darm zuerst und, soviel ich weiss, nur von Van Gehuchten (1) beschrieben worden ist. Daneben werden auch einige andere Details im Bau der Darmepithelzellen erwähnt werden. Das Epithel gewisser Teile der Harn- und Geschlechtsorgane betreffend will ich vorläufig sagen, dass hier bekanntlich eine solche blasenförmige Sekretion von mehreren Forschern beob- achtet und ziemlich genau beschrieben ist, weshalb ich mich darauf beschränke, einige neue Bilder zu veröffentlichen, um ihnen einige Zeilen als Erklärung hinzuzufügen. Neuerdings hat ja auch Courant (2) in den Drüsenalveolen der braunen Präputial- drüse des Kaninchens „eigentümliche, glasige, ungefärbte Gebilde“ beschrieben, die mit den Zellen in direkter Verbindung stehen oder im Lumen zerstreut zu sehen sind. Auch hier begegnet man also einer derartigen Sekretion. Anatomische Hefte. I. Abteilung. 79/80. Heft (26. Bd. H. 2/3). 38 en ». Die zwei Textfiguren, die ich aus seiner Arbeit entnommen habe, zeigen diese zwei Formen der Sekretion. In der ersten (Textfigur 1) haben die Bläschen den Bürstensaum durchdrungen und stehen nur mittelst dünner Stiele mit dem Zellkörper in Verbindung. Die Textfigur 2 zeigt, wie die ganze Kutikula von den Sekretionsprodukten emporgehoben ist und zwar bier und da geborsten scheint. Vom Schicksal des Bürstensaumes im letzten Falle erwähnt Van Gehuchten folgendes: «Lors d’une s&cretion active et abondante, le plateau n’est plus necessaire et peut dis- paraitre momentanement, paru que les produits elimines protegent suffisament le protoplasme cellulaire». Es scheint also als ob er den Bürstensaum als etwas bei der Tropfensekretion weniger Wesentliches auffasste. Zur Frage über die Bedeutung des Bürsten- saumes komme ich später zurück. Bombyx Rubi. Obgleich die Verhältnisse, denen man im Darme der Raupe von Bombyx Rubi begegnet, in hohem Grade denen der Dipteren- larve nach Van Gehuchten angeführten ähneln, möchte es doch von Interesse sein, einige Worte über das Darmepithel dieser Spinnerraupe zu sagen, insbesondere weil ja die Bilder, die man durch Eisenhämatoxylin bekommt, den einfach häma- toxylingefärbten an Schärfe übertreffen. Das Material, dessen ich mich bedient habe, ist mir durch die Güte des Herrn Prof. Holmgren zur Verfügung gestellt und war in Alkohol-Chloro- form-Eisessig in währender Digestion konserviert. Die Epithelauskleidung der Darmwand besteht aus Becher- zellen und den gewöhnlichen bürstensaumtragenden Zellen. Das Protoplasma dieser letzteren ist in konserviertem Zustande körnig mit einer mehr oder weniger ausgeprägten Streifigkeit, wahr- Zur Kenntnis der blasenförmigen Sekretion. 579 scheinlich teilweise davon bedingt, dass ein Teil der Körner in Reihen angeordnet ist. Der Kern besitzt den für die Insekten bezeichnenden Reichtum an gleichförmige Chromatinkörnchen. Gegen das Lumen ist die Zelle von Kutikula und Bürstensaum mit im allgemeinen schwach hervortretender Streifigkeit abge- grenzt. Dazu hat sich das Protoplasma bisweilen in unmittel- barer Nähe der Kutikula zu einer sehr grossen Menge dunkel- tingierter Fädchen differenziert, wodurch es beinahe das Aussehen eines subkutikularen Bürstensaumes be- kommt. Die Figg. 1, 2 u. 3 dürften vom Aussehen der Zellen eine genügende Vorstellung geben. Fig. 1 repräsentiert die Zellen, die sich in einem sehr frühen Stadium der Sekretion befinden, das man gewiss auch bei der Ptychopteralarve möchte wiederfinden können. Diese frühe Stufe scheint mir dadurch ausgezeichnet zu sein, dass es sich unter der Kutikula eine helle Zone,scheinbar durch Verflüssigung vorher festerer Partikeln, bildet. Daneben kann man auch eine bedeutend zunehmende Streifigkeit des basalen Abschnittes der Zelle be- obachten. Im tiefsten Teile des Bürstensaumes liegen sehr kleine Bläschen eingebettet, die dann die Grösse der in Fig. 2 abge- bildeten Ballons allmählich annehmen. Dann lösen sich die Ballons von der Mutterzelle, und im Lumen zerfallen sie. Also dürfte die Sekretion verlaufen, wenn sie nicht allzu lebhaft wird. Wenn aber die Ausscheidung der Bestandteile sehr schnell zustande kommt, bilden sich keine eigentliche Ballons, sondern der ganze oberflächliche Abschnitt der Zelle wird mehr oder weniger verflüssigt und in das Lumen ausgebuchtet, wie Fig. 3 es zeigt. Hier sieht man noch deutlicher als in Fig. 2, wie sich die Zellen während des Verlaufs der Sekretion verändert haben. Der Unterschied zwischen den in verhältnismässiger Ruhe befindlichen Zellen und denen, die einen grösseren oder kleineren Teil ihres flüssigen Inhaltes abgegeben haben, ist ja 580 FOLKE HENSCHEN, sehr auffallend. Dagegen habe ich im Kern keine Veränderungen beobachtet, eine unbedeutliche Verschiebung dem Lumen ent- gegen ausgenommen. Dagegen habe ich nicht finden können, dass der Kern bis in die Ballons gelangen kann, was nicht aus- geschlossen sein dürfte, da ja Van Gehuchten eine solche Lageveränderung oft abbildet — siehe Textfigur 2. Eine scharfe Grenze zwischen Zellkörper und Blase, wie es Van Gehuchten erwähnt, habe ich nur selten beobachtet. Im allgemeinen gehen sie ineinander diffus über. Was die demonstrierten Bläschen und Ballons selbst be- treffen, ist es bemerkenswert, dass ihr Inhalt im Laufe ihrer Zunahme Veränderungen zu untergehen scheinen. Während dass sie im Beginn ganz hyalin und elasig durchsichtig sind, werden sie allmählich immer körniger. Ob dieses Verhältnis wirklich durch ein Auftreten von Granu- lationen intra vitam bedingt ist, oder ob der Inhalt sich nur dermassen verändert, dass es in den kleinen Bläschen von der Konservierungsflüssigkeit ausgelöst wird, während dass es in den grösseren körnig ausgefällt wird, darüber kann ich mich vorläufig nicht äussern, da ich nicht die Gelegenheit gehabt habe, frisches Material zu untersuchen. Die Anordnung der Körnchen, die oft schon fächerförmig ist, dürfte man wohl durch gewisse Strömungen oder Tensionsrichtungen in der Flüssigkeit erklären können. Ich habe jetzt das verschiedene Aussehen der Zellen im Darme der Larve von Bombyx Rubi ein wenig umständlich er- wähnt, weil es nur für die Auffassung des Sekretionsverlaufs bei einer Ballonsekretion recht erleuchtend scheint. Was den Bürstensaum besonders betrifft, hat Van Gehuchten, wie oben gesagt, das Verhältnis betont, dass derselbe bei der Se- kretion im allgemeinen unwesentlich ist, und dass er bei leb- hafter Sekretion selbst vermisst werden kann. Diese Beobach- tungen möchte man auch an der Bombyxraupe leicht machen. Um aber die wirkliche Struktur des Bürstensaumes mehr Zur Kenntnis der blasenförmigen Sekretion. 581 einleuchtend zu machen, teilt Van Gehuchten auch einige Bilder vom Proktodeum seiner Ptychopteralarve mit. Diesen ähnelt in hohem Grade die Fig. 4, die drei Epithelzellen aus dem Mastdarme einer Raupe des Schmetterlings Doritis Apollo vorstellt. Wenn man die von Van Gehuchten gegebene Beschreibung des fraglichen Bürstensaumes mit meiner Figur zusammenstellen wollte, würde es sich gut machen: « — — les stries tres &epaisses au niveau de la membrane peripherique, s’amincissent et se perdent dans le protoplasme sans pre&senter une limite aussi nette que dans les figures precedentes. Immediatement en dessous du plateau, qui est en continuite directe avec Je protoplasme cellulaire, commence un protoplasme granuleux — —». Zwischen diesen Stäbchen, die sich hier und da besenförmig zusammen- gebackt haben, sieht man das körnige Protoplasma, das bisweilen bis an die dünne Membrane hinreichen kann, die die Zelle oberflächlich abgrenzt. Dass diese fadenförmige Differenzierung des Protoplasmas unter der Kutikula sein völliges Gegenstück in der oben erwähnten und in Fig. 1 gut hervortretenden Streifigkeit findet, die man als einen subkutikularen Bürsten- saum bezeichnen kann, daran möchte man kaum zweifeln. Ob aber der gewöhnliche Bürstensaum durch denselben Ursprung hervorgetreten ist, bleibt unerklärt. Ich komme in folgendem zur Frage vom Bau des Bürsten- saumes zurück. Mollusken. Wendet man sich an die Mollusken, um ihr Darmepithel zu untersuchen, begegnet man auch hier einer ballon- oder tropfenförmigen Sekretion oder Exkretion. Die schönsten Bilder bekommt man bei den Gastropoden, aber auch bei den Muscheln (Anodonta) kommen die Bläschen vor. Bisher habe ich Gastro- poden folgender Gattungen untersucht: Planorbis, Limnaea, Arion, 582 FOLKE HENSCHEN, Limax und Helix. Bei allen obwaltet eine recht grosse Über- einstimmung der respektiven Bilder, obgleich man ja nicht den Stadien mit derselben Leichtigkeit wie bei Insekten folgen kann. Erstes Zeichen beginnender Sekretion dürfte auch hier das- jenige sein, dass eine helle Partie unter der Kutikula aufzutreten scheint. Dann sieht man kleine Bläschen, die sich zwischen den Basalknoten hervordrängen, indem sie die Kutikula vor sich treiben (Figur 5). Nach grösserem oder kleinerem Zu- wachs werden sie abgeschnürt, um dann zu bersten oder körnig zu zerfallen. Bei Konservierung in Alkohol-Chloroform-Eisessig wird der Inhalt der Ballons grösstentheils ausgelöst, während es beim Gebrauch von Sublimatmischungen besonders in den grösseren feinkörnig erscheint. Auswärts sind die Bläschen von einer mit sauren Anilinfarben tingierbaren Membran abgegrenzt. Dass man auch in den Ausführgängen der Verdauungsdrüse der Gastropoden dieselben die Ballonsekretion betreffenden Ver- hältnisse wie im Darme findet, ist recht natürlich, da die meisten histologischen Merkmale grosse Übereinstimmungen zeigen. Be- sonders gut sieht man die fraglichen Bläschen bei Helix pomatia. Untersuchen wir nun den Darm der Vertebraten, finden wir auch hier eine ballonförmige Ausscheidung von Zellenbe- standteilen doch aber nicht immer überall sondern mit Tendenz zu Beschränkung auf gewisse Abschnitte der Epithelausklei- dung. Fische. Von Fischen habe ich Mitglieder folgender Gattungen unter- sucht und zwar mit positivem Erfolg: Alburnus, Clupea, Esox und Perca. Besonders schön und deutlich tritt die Sekretion beim Hecht hervor, wo sie am besten beim Übergang zwischen Magen und Darm observiert wurde. Wegen der Dünne der Anatom. Hefte, I. Abteilung, 79/80. Heft (26. Bd. H. 2/3). TAFEL 24. Ester Johansson del. 14 | Hefte, I. Abteilung, 79/80. Heft (26. Bd. H. 2/9). TAFEL 3. E a Ur \sf Ester Johansson del. ee E 4 Zur Kenntnis der blasenförmigen Sekretion. 583 Elemente stösst es auf Schwierigkeiten reine und klare Bilder zu bekommen; doch möchten Fig. 6 und 7 von den Verhält- nissen bei Esox eine genügende Vorstellung geben. Die Zellen, die sich in Ruhe befinden, bieten an konser- viertem Material ein feinkörniges Protoplasma dar ohne jede sonderbare Differenzierung desselben. Sehr oft beobachtet man aber ein Aussehen der Zellen, das in Fig. 6 wiedergegeben ist, und das man ohne Zweifel als Zeichen beginnender Aktivität dürfte betrachten können. Die Zellen bekommen unter der Kutikula eine konische Anschwellung, die mehr oder weniger deutlich striirt ist. Zwischen den Fädchen, die wohl mit denen der Fig. 1 und 4 zu vergleichen sind, kann man ohne Schwierig- keit helle Streifen durch die Kutikula und den Kutikularsaum verfolgen. Dieser wie der subkutikulare Bürstensaum färbt sich auf eine von dem Protoplasma abweichende Weise, indem sie Anilinfarben viel begehrlicher aufnehmen, wenn man mit solchen nachfärbt. — Dann wachsen Bläschen hervor. Fig. 7 zeigt die Zellen in voller Wirksamkeit. Die beträcht- lich grossen Ballons haben den Kutikularsaum bis an die Peri- pherie der Zellenoberfläche hingedrungen, sodass er hier wie ein Kragen rings um den Basalteil der mächtigen Blase sitzend wird. Die Zellen werden jetzt, infolge des grossen Verlustes ihres Inhaltes, noch schmäler, ja beinahe fadenförmig. Nur an der Membrana propria behalten sie ihre vorige Breite. Aber nicht nur im Darme, sondern auch in den Ausführ- gängen der Leber findet man eine solche Ausscheidung gewisser Produkte mittelst Bläschen, wovon man sich leicht an Fig. 8 überzeugen kann, die einen Querschnitt eines solchen Ganges vom Barsche wiedergiebt. Die Zellen, die sämtlich in Wirksam- keit sind, mangeln wie bekannt an Kutikularsaum und gehen direkt in die Bläschen herüber. Diese sind anfangs völlig hyalin, werden aber immer körniger, bis sie in eine unregelmässige Masse zerfallen, wovon man in der Fig. Spuren sieht. 584 FOLKE HENSCHEN, Batrachien. Unter den Batrachien habe ich Untersuchungen über die Be- findlichkeit ballonförmiger Sekretion im Darmkanal an folgenden Tieren gemacht: Salamandra atra und maculosa, Pelobates fuscus und Rana temporaria. Bei sämtlichen kann man die fragliche Sekretion sehen, am besten aber bei den Salamandern und zwar in ihrem Magen. Fig. 9 gibt einige Zellen des Oberflächenepithels im Magen einer Salamandra atra wieder. Die Bilder, die man hier be- kommt, erinnern in hohem Grade an denen, welche man bei Gastropoden wahrnehmen kann, natürlich mit dem Unterschied, dass die Zellen in vorliegendem Falle einen niedrigen Kutikular- saum und nicht Zilien besitzen. Eine weiter gehende Beschrei- bung ist wohl kaum nötig. In einem Magen von Salamandra maculosa bin ich einer lebhafteren Sekretion begegnet, und eine solche ist in der Fig. 10 abgebildet. Hier ist die ganze Kutikula von der ballon- förmig aufgetriebenen Zellkuppe ausgebuchtet, und als Spuren des Bürstensaumes muss man wohl die eigentümliche Anord- nung in den Bläschen betrachten. Die schwarze Linie, die die Blase nach innen zu begrenzt, ist keine Kutikula, sondern nur verdicktes Protoplasma. Dazu ist sie gar nicht scharf genug abgesetzt, und übrigens hängt sie mit den Schlussleisten nicht zusammen. Die Verhältnisse im Darme der schwanzlosen Batrachien betreffend ist wenig zu sagen. In keinem der untersuchten Fälle herrschte lebhaftere Sekretion, und infolgedessen waren die Ballons ziemlich wenig. Wo sie vorhanden waren, ähnelten sie denen der Salamander. Reptilien. Untersucht man dann den Darmkanal z. B. des Coluber natrix, bekommt man auch hier interessante Bilder, wie Fig. 11 Zur Kenntnis der blasenförmigen Sekretion. 585 es zeigt. Nur die oberflächlichsten Teile der Zellen scheinen durch die Wirksamkeit berührt zu sein. Die Erklärung dazu, dass der Bürstensaum beinahe beibehalten ist, obgleich die Zell- kuppe ins Lumen hineingebuchtet ist, möchte auf zwei Weisen gegeben werden können. Entweder ist die Kutikula beim Aus- buchten über den Stäbchen vorübergezogen, wobei die letzteren durch ihren Zusammenhang mit dem Protoplasma ihre Lage behalten können, oder, wie es mir wahrscheinlicher vorkommt, sind die Fädchen eben die subkutikulare, mehr- mals erwähnte Filarstruktur des Protoplasmas, die bei der Verflüssigung festerer Bestandteile zum Vorschein kommen kann. Die Fig. 4 scheint mir auch hier lehrreich. In anderen Präparaten des Schlangendarmes sieht man, wie recht grosse Bläschen hervorgewachsen sind. Vögel. Bisher habe ich nur den Darm der allgemeinen Taube und des Huhns untersucht. Den Verhältnissen bei diesen Tieren nach zu urteilen scheint es, als ob die Ballonsekretion bei Vögeln auf die Lieberkühnschen Drüsen und zwar ihren tieferen Teil beschränkt wäre, eben wo die zahlreichen Kern- teilungen auftreten. In dem oberflächlichen Epithel habe ich niemals die fragliche Sekretion gefunden. Wendet man sich also an Fig. 12, die eine Lieberkühnsche Drüse von einem Küchlein im Querschnitt wiedergiebt, findet man sogleich, dass sie der Fig. 8 sprechend ähnlich ist, die ja von einem Fische stammt. Das erste Zeichen einer beginnenden Sekretion ist auch hier wie im allgemeinen die helle Partie, die unter der Kutikula entsteht, und die dann sich mächtig ver- grössert, die Kutikula ins Lumen hinausbuchtend. Anfangs klar wird der Ballon immer trüber. Wenn Kutikularsaum vor- handen war, tritt er jetzt als ein dünner, dunkler Schatten rings 586 FOLKE HENSCHEN, um den Hals der Blase hervor. Nachdem die Blase eine gewisse (srösse erreicht hat, schnürt sie sich ab, um dann zu bersten oder einzutrocknen. Da die Rede auch vom Darmepithel der Taube ist, kann ich nicht umhin, einen Exkurs vom Gegenstande zu machen, um auf Fig. 13 hinzuweisen, die die Holmgrenschen Tropho- spongienkanälchen (3) recht gut zeigt. Aus dem Darmepithel der Vögel sind sie zwar noch nicht abgebildet, aber an Form und Lage sind sie bei anderen Tieren so ausführlich beschrieben, dass man mit wenigen Worten darüber weggehen kann. Nach der hier verwandten Konservierung (Carnoy) sind sie vom Protoplasma ausserordentlich scharf abgesetzt, entbehren doch eigene Wandungen. Säugetiere. Die Säugetiere betreffend habe ich nur die Gelegenheit ge- habt einige hochstehende, wie Pferd, Kaninchen, Igel, Katze, Hund und Mensch zu untersuchen. In keinem Falle habe ich Spuren einer Ballonsekretion wie bei den erwähnten Tieren ge- funden, und es wäre wohl eigentümlich, wenn so auffallende Vorgänge bei diesen histologisch gut durchgearbeiteten Tieren der Aufmerksamkeit hätten entgehen können. Die niedrigsten Säugetiere habe ich nicht untersucht; in der Litteratur ist nichts von einer derartigen Sekretion bekannt. Zwar werden in dem von von Ebner (4) herausgegebenen dritten Bande von Koellikers Gewebelehre einige Figuren mitgenommen, die vom Kaninchendarme stammen. Sie zeigen isolierte mit Wasser behandelte Zellen, von denen einige mit gut erhaltenem Kutikularsaum grosse Blasen tragen, während bei anderen die Cuticula aufgetrieben ist. Ich bin doch davon ziemlich überzeugt, dass man hier durch die Isolation und das Wasser Kunstprodukte geschöpft hat, die man nicht in gut kon- Zur Kenntnis der blasenförmigen Sekretion. 587 serviertem Material findet. Von Ebner hebt auch selbst diese Auffassung hervor. Nach dieser kurzen Übersicht meiner Untersuchungen über das Vorkommen von Ballonsekretion im Digestionstraktus muss ich den Einwendungen begegnen, die gewiss gethan werden, dass auch die von mir hier erwähnten Bläschen und Ballons, teilweise wenigstens, Artefakte sind, die von den Konservierungsflüssig- keiten verursacht sind. Von postmortalen Veränderungen kann es die Rede nicht sein. Van Gehuchten, der natürlich die Ein- wendungen voraussah, konstatierte an frischem Material, dass wenigstens die gröberen Details der Präparate ihre Gegenstücke im Leben haben. Dasselbe kann man ja auch hier thun, und teilweise habe ich es mit Erfolg versucht. Die feineren Einzel- heiten betreffend kann man sich ja leider nur an Vergleichen der Resultate verschiedener Methoden stützen. Die Vergleichungen sprechen gewiss dafür, dass es sich nicht um Kunstprodukte zu handeln scheint. Die physiologische Bedeutung der oben erwähnten Sekretionen ist leider sehr unklar und dürfte meiner Meinung nach bei verschiedenen Tierordnungen eine ein wenig wech- selnde sein. Dass die im Darme der Fliegen- und Schmetterlingslarven vorkommenden Ballons einige zur Verrichtung der Verdauungs- arbeit notwendige Stoffe enthalten müssen, dürfte doch recht gewiss sein. Leider habe ich doch keine hungernden Individuen untersucht. Aus guten Gründen ist Van Gehuchten der Meinung, ‘dass die Blasen ein Ferment enthalten, und wo würde übrigens der zur Verdauung solcher enormen Mengen von Nahrung nötige Darmsaft abgesondert werden? Kaum würden die in den Darm 588 FOLKE HENSCHEN, sich entleerenden, ziemlich unbedeutenden Drüsen zu diesem Zwecke hinreichend sein. Auch bei den Gastropoden halten die Blasen gewiss für die Digestion notwendige Stoffe. Im allgemeinen möchte man feststellen können, dass die Ballons. in denjenigen Därmen am schönsten zu sehen sind, wo reichliche, noch nicht digerierte Nahrungsmittel angehäuft sind, und dass sie in leeren Därmen kaum vorzukommen pflegen. Allzu sicher will ich mich doch nicht hier aussprechen, da ich keine auf experimentelle Untersuchungen gegründeten Resultate anzuführen habe. Untersucht man aber die Verhältnisse, wie sie bei den Vertebraten hervortreten, findet man, dass sie hier viel schwieriger zu analysieren sind. Durch blosse Vergleichung der Häufigkeit und Grösse der Ballons mit dem Grad der Fülle im Darm kommt man nicht weit. Ein Hecht kann im Magen vollständig leer sein und doch schöne grosse Bläschen zeigen. Die untersuchten Salamandraarten waren oft beim Töten so gut wie ohne Darm- inhalt und hatten doch Bläschen. Der Darm einer Natter, die die letzte Woche nichts gefressen hatte, zeigte Sekretion, und das Küchlein, wovon Fig. 12 geholt ist, wurde getötet, weil es Nahrung zu sich nicht nahm. Aus den jetzt angeführten Beispielen geht es scheinbar wenigstens hervor, dass das Vorkommen der Ballon- sekretion bei höheren Tieren kaum an der Fülle des Darmes mit Nahrung gebunden sein muss. Dass aber die Ballons bei Vögeln eben in den Lieberkühn schen Drüsen zu sehen sind, spricht doch, wie es scheint, dafür, dass sie mit der Digestion etwas gemeinsam hätten, obgleich es natürlich nicht bewiesen werden kann. Ein bemerkenswertes Verhältnis, das doch vielleicht nichts anders als ein Zufall ist, will ich hier erwähnen, dass nämlich das Aufhören der Ballonsekretion, wenn dieses wirklich bei den niedrigen Säugetieren eintrifft, mit dem ersten Auftreten der Metanephros zusammenzufallen scheint. Man würde dann leicht Zur Kenntnis der blasenförmigen Sekretion. 589 glauben können, dass die Ballonsekretion im Darme der Wirbel- tiere im Dienste der Exkretion fremder Stoffe stehen können würde. Eine Exkretion gewisser Harnbestandteile durch Magen und Darm ist ja beim Menschen unter pathologischen Verhält- nissen so gut wie festgestellt, und in den Knäueldrüsen, die ja exkretorische Funktion zeitweise haben, ist ja die blasenförmige Abscheidung des Exkrets seit langer Zeit bekannt. Irgend welche Beweisfähigkeit für die physiologische Deutung der Ballonsekre- tion im Darme in jene oder andere Richtung haben die jetzt erwähnten Sachverhältnisse nicht. II. Urogenitalsystem. Das Vorhandensein ballonförmiger Ausstülpungen der Zellen ins Drüsenlumen hinein ist ja im Harn- und Geschlechtsapparate seit langer Zeit bekannt. So ist es von van der Stricht im Nieren- (5) und Nebenhodenepithel von Lacerta entdeckt, von Holmgren in den Analdrüsen der Lepidopterenlarven (6), von Nicolas (7) im Urnierenepithel der Säugetiere, von Hammar (8) im Epithel der Nebenhoden des Hundes und von Disse (9) besonders bei der Fliedermaus beschrieben. Die Sekretion in den gewundenen Rindenkanälen der Nieren ist ja eingehend studiert geworden, und die wichtigsten Ergeb- nisse dieser Forschungen sind wie bekannt folgende. Das erste Zeichen beginnender Sekretion ist, dass unter dem Bürstensaum helle Vakuolen hier und da erscheinen. Dann verschwindet der Bürstensaum grösserer oder kleinerer Partien der Zellkuppe, wobei diese ganz hell wird, nach aussen hin nur durch eine dünne Membran begrenzt. Infolge der bedeutenden Verluste 590 FOLKE HENSCHEN, von Stoff, die beim Abscheiden der Zellkuppe entsteht, wird die Zelle nach beendeter Sekretion sehr niedrig u. s. w. Die hier erwähnten Vorgänge erinnern ja stark an die Sekretion, die ich oben im Darme von Bombyx Rubi zu schildern versucht habe. Auch das Schwinden des Bürsten- saums bei lebhafter Sekretion stimmt ja gut mit den oben im Darme verschiedener Tiere erwähnten Verhältnissen. Ich teile hier in Fig. 14 ein Bild mit, obgleich sie nur die schon studierte Sekretion der Nieren von der Fliedermaus be- rührt. Das Tier, ein Vespertilio murinus, schlief seinen Winter- schlaf, aber bevor er getötet wurde, war er lebhaft herum- geflattert. Die Nieren wurden in Alkohol- Chloroform - Eisessig konserviert. Das Bild ist nicht ganz dasselbe, das man im all- gemeinen sieht, wo die ganze Kutikula unter Schwinden des Bürstensaums ausgebuchtet ist. Im Gegenteil sind hier gute, hier und da Körnchen haltende Ballons ausgebildet und zwischen ihnen ist der Saum sehr gut erhalten. Die jüngsten Bläschen sind immer hyalin, ganz wie in Fig. 2. In anderen Schnitten sieht man die körnigen Zerfallprodukte der Blasen. Es bleibt noch übrig, einige Worte zu Figg. 15 u. 16 zu sagen. Wie oben erwähnt, war es Hammar, der eine Tropfen- sekretion im Epithel der Nebenhoden höherer Tiere zuerst be- obachtete. Fig. 15 ist ja eigentlich nur ein Supplement dazu. Sie stellt nämlich das Epithel der Cauda epididymidis des Kaninchens vor, wie es nach Konservierung in Alkohol-Chloro- form-Eisessig erscheint. Zwischen Kern und Lumen sieht man die Holmgrenschen Kanälchen (10), doch nicht besonders gut. Im Lumen liegen grössere und kleinere Bläschen und zwischen ihnen zusammengepackt die falsch als Zilien bezeichneten Fäden, die von den Zellen herausgehen. Diese können also auch hier sehr gut bei der „Tropfensekretion“ (Hammar) behalten werden. Folgt man jetzt den ableitenden Samenwegen, kann man leicht eine gleichartige Entladung von Sekret auch in Ductus Zur Kenntnis der blasenförmigen Sekretion. 591 deferens beobachten. Ganz vortrefflich sieht man es beim Menschen. In Vesicula seminalis kann man einer Art von Ballons be- gegnen, die sich von allen übrigen zu unterscheiden scheint. Vielleicht wäre es besser hier nicht von Blasen oder Ballons zu sprechen, denn in der That kann man kaum andere Merkmale an der Ausbuchtung als an dem Protoplasma selbst beobachten siehe Fig. 16, die Epithel aus einem Samenbläschen vom Menschen vorstellt. Eher denkt man gerade an pseudopodien- artige Ausstülpungen, die sich später abschnüren, um eine Zeit scheinbar unverändert im Lumen zu liegen. — Den von einigen Verfassern besprochenen Kutikularsaum habe ich nicht be- obachten können. Individuelle Schwankungen kommen ja so oft in den Samenwegen vor. Stockholm, Ende April 1904. Anatomische Hefte. I. Abteilung. 7980. Heft (26. Bd., H. 23). 39 b. Io Litteratur-Verzeichnis. Van Gehuchten, A., Recherches histologiques sur l’appareil digestif de la larve de Ptychoptera contaminata. La Oellule 1890. Courant, Über die Präputialdrüsen des Kaninchens und über Verände- rungen derselben in der Brunstzeit. Arch. mikrosk. Anat. 1903. Holmgren, Weiteres über die „Trophospongien‘“ der Leberzellen und der Darmepithelzellen. Anat. Anz., Bd. XXII, 1902. . Ebner, V.v., A. Koellikers Handbuch der &ewebelehre des Menschen. Dritter Band. Leipzig 1899. S. 183. Van der Stricht, Contribution a l’etude histologique du rein. Annales de la societ& de medecine de Gand 1892. Jahrg. 58. Holmgren, Nägra ord om körtelinnervationer och körtelkapillarer hos lepidopterlarver ete. Bihang till k. Svenska Vet.-Akad. handlingar Bd. 18, Afg. TV, Nr.28. Nicolas, Contribution äa l’etude des cellules glandulaires. I. Les elements des canalicules du rein primitif chez les mammiferes. Internat. Monatsschr. f. Anat. u. Phys. 1891. Bd. VII. Hammar, Über Sekretionserscheinungen im Nebenhoden des Hundes etc. Arch. f. Anat. u. Phys. Anat. Abt. 1897. Suppl. Disse, Über die Veränderungen der Nierenepithelien bei der Sekretion. Anat. Hefte, 2. Bd., 1903. Holmgren, Weiteres über die 'Trophospongien verschiedener Drüsen- zellen. Anat. Anz. Bd. XXIll. 1903. Erklärung der Abbildungen. Die Abbildungen sind sämtlich mit der Abbeschen Kamera und einem Zeissmikroskope von Fraulein Ester Johansson gezeichnet. Vergrösserung: Objektiv: Apochromat. Immers. 2 mm. Das Komp.-Okular wird für jede einzelne Figur angegeben. Sämtliche abgebildete Präparate sind, die Figuren 4 und 11 ausgenommen, in Alkohol-Chloroform-Kisessig konserviert und ausser der Fig. 4 in Eisenalaunhämatoxylin gefärbt — die meisten mit Nachfärbung in Säurefuchsin-Orange. Figuren 4 und 11 sind in Flemmings Flüssigkeit fixiert und Fig. 4 in Safranin-Gentianaviolett gefärbt. | Fig. 1. Epithel, Mitteidarm, Larve von Bombyx Rubi. Zelle in beginnen- der Sekretion. Okular 6. Fig. 2. Dasselbe. Zellen in verschiedenen Fasen der Sekretion. Ok. 4. Fig. 3. Dasselbe. Zwei Zellen beim Ende lebhafter Sekretion. Die mittlere in Ruhe. Okular 4. Fig. 4. Epithel, Mastdarm, Larve von Doritis Apollo. Schöner, eigen- tümlicher Bürstensaum. Okular 6. Fig. 5. Epithel, Dünndarm, Limax agrestis. Ballonsekretion in ver- schiedenen Stufen. Okular 8. Fig. 6. Epithel, Darm, Esox lucius. Vor der Sekretion. Okular 8. Fig. 7. Dasselbe. Lebhafte Sekretion mit besonders grossen Ballons. Okular 8. Fig. 8. Leberausfuhrgang von Perca fluviatilis mit der Tropfensekretion. Okular 8. Fig. 9. Epithel, Magen, Salamandra atra. Weniger lebhafte Sekretion- Okular 4. Fig. 10. Dasselbe. Salamandra maculosa. Lebhafte Sekretion mit auf- fallender Struktur der Bläschen. Okular 4. Fig. 11. Epithel, Dünndarm, Coluber natrix. Beginnende Sekretion. Man bemerke die feine Streifigkeit der Zellkuppen. Okular 4. 39* Pe a = En Lig 594 Erklärung der Abbildungen. Fig. 12. Epithel, Lieberkühnsche Drüse, Dünndarm. Gallus domesticus. Okular 8. Fig. 13. Oberflächenepithel, Dünndarm, Columba livia dom. Die Holm- srenschen Trophospongienkanälchen treten schön hervor. Okular 8. Fig. 14. Epithel aus den gewundenen Kanälchen der Niere, Vespertilio murinus. Schöner Bürstenbesatz und Sekretion. Okular 8. Fig. 15. Epithel aus Cauda epididymidis. Kaninchen. Gute Tropfen- sekretion und Spur von Trophospongienkanälchen. Okular 6. Fig. 16. Epithel aus Vesicula seminalis, Mensch. Blasenförmige Aus- buchtungen der Zellkuppen ins Lumen hinein. Okular 8. = ET} fe “4 Bi th ih H = N