ANATOMISCHE HEFTE. ERSTE ABTEILUNG. ARBEITEN AUS ANATOMISCHEN INSTITUTEN. 34. BAND (1o2., 103., 104. HEFT). ANATOMISCHE HEFTE. BEITRÄGE UND REFERATE ZUR ANATOMIE UND ENTWICKELUNGSGESCHICHTE UNTER MITWIRKUNG VON FACHGENOSSEN HERAUSGEGEBEN VON FR. MERKEL UND R. BONNET 0. Ö. PROFESSOR DER ANATOMIE IN GÖTTINGEN. 0. Ö. PROFESSOR DER ANATOMIE IN BONN. ERSTE ABTEILUNG. ARBEITEN AUS ANATOMISCHEN INSTITUTEN. 34- BAND (102, 103., 104. HEFT) MIT 52 TAFELN UND 16 FIGUREN IM TEXTE. WIESBADEN. VERLAG VON)J F.BERGMANN 1907. Nachdruck verboten. Übersetzungsrecht in alle Sprachen vorbehalten. Druck der Kgl. Universitätsdruckerei von H. Stürtz in Würzburg. Inhalt. Seite ıo2. Heft (ausgegeben im Juli 1907). Hjalmar Forssner, Die angeborenen Darm- und Ösophagusatresien. Eine entwickelungsgeschichtliche und patologisch-anatomische Studie. Mit 16 Abbildungen im Text und 9 Tafeln . . . ; 1 Georg Illing, Ein Beitrag zur vergleichenden Anatomie und Histo- logie der Speicheldrüsen. Die mandibularen (submaxillaren) Speicheldrüsen des Affen. Mit 4 Abbildungen auf den Tafeln 10/12 165 Franz Diem, Beiträge zur Entwickelung der Schweissdrüsen an der behaarten Haut der Säugetiere. Mit 7 Abbildungen auf den IE a a Er ER RR BE et, 103. Heft (ausgegeben im September 1907). Otto V.C. E. Petersen, Beiträge zur mikroskopischen Anatomie der Vesicula seminalis des Menschen und einiger Säugetiere. Mit 37 Abbildungen auf den Tafeln 1325 . . . 2... a tl Harujiro Arai, Die Blutgefässe der Sehnen. Mit 23 Abbildungen aufsdenslaralne 96/Alı 2 0 u. Sm. .. 868 Josef Ritter von Winiwarter, Die Entwickelung der Lunge bei Talpa europea. Mit 7 Figuren auf Tafel 24 ... 383 Rud. Kolster, Weitere Beiträge zur Kenntnis der Embryotrophe. I. Die Embryotrophe bei den Lophobranchiern. Mit 13 Figuren auf den Tafeln 45/46 an En spe 104. Heft (ausgegeben im Oktober 1907). Carl Wimpfheimer, Zur Entwickelung der Schweissdrüsen der behaarten Haut. Mit 47 Figuren auf den Tafeln 47/50 . . . 429 Hermann Schöppler, Über die feinere Struktur der Hirnarterien einiger Säugetiere. Mit 2 Abbildungen auf Tafel 511 . . . . 505 Ludwig Dieffenbach, Über die Semiplacenta diffusa incompleta von Dicotyles labiatus Cuv. Mit Tafel 3. . . 2... ra es u . s 5 — i 7} sn, & £ [Ei = 1 r I { [u 2 ; ’ ur | j . > Er j Bar» ' f R . 3 m Pa Be j 4 i j > hs I 1) ; 14 i \ u u }- RT RB Sad 0 Er y ® . Y D Ey» i Bari AISETRRITT EDGE? We, Url 5 dt Fa ’ ! Li al 5 N 5 Li ’ 115 . ar fu Y J I ur ‘x i x u yath Pi . ‘ “ 5 . ’ .„ . u j % - . AUS DEM ANATOMISCHEN INSTITUT UND DER OBSTETRISCHEN KLINIK IN STOCKHOLM. DIE ANGEBORENEN DARM- UND ÖSOPHAGUSATRESIEN. EINE ENTWICKLUNGSGESCHICHTLICHE UND PATOLOGISCH-ANATOMISCHE STUDIE. VON HJALMAR FORSSNER. Mit 16 Abbildungen im Text und 9 Tafeln (#9). Anatomische Hefte. I. Abteilung. 102, Heft (34 Ba. H. 1.) 1 ei I j Ad , j l h f a ) > Pr (3 b D j Dr u i 2 \>- . vz M j ba ö Pr x BT 3% ai md 8 IE u: \ >; h A NE u | 08 „ad y rn ns rer + 4 TE h j a . # U 3 ı 1 Ir Einleitung. Als Assistentsarzt der obstetrischen Klinik zu Stockholm hatte ich Gelegenheit zwei Fälle angeborenen Darmatresien zu beobachten. Beim Studium der hierher gehörigen Literatur fand ich sowohl die Ätiologie als die patologische Anatomie dieser Krankheit noch sehr wenig aufgeklärt. Die allermeisten der zahlreichen Hypothesen betreffs der Ätiologie waren offenbar nur unwissenschaftliche Vermutungen, die sogar selten die Antwort der Frage auf dem gewiss einzig richtigen Gebiete, der Entwicklungsgeschichte, suchten. In dieser Beziehung eine Ausnahme machte nur eine Hypothese von Tandler. Er hatte in Duodenum des frühzeitigen Embryonal- lebens vorübergehenden Epithelokklusionen entdeckt und hebte diesen Umstand als ätiologischen Moment, wenigstens der duodenalen Atresien hervor. Weder die Ätiologie, noch weniger die Patogenese der Krankheit, konnte doch durch T:s Arbeit als genügend aufgeklärt erachtet werden, und der Satz wurde auch nur hypothetisch ausgesagt. Ich habe es deshalb versucht, T:s Untersuchungen weiter zu verfolgen und die früheste Ent- wicklung des ganzen Darmkanals an einem grösseren und all- seitigeren embryologischen Material zu studieren. Die Kenntnis der sehr verschiedenartigen patologisch- anatomischen Formen dieser Atresien war auch ganz unvoll- kommen, und dieses Kapitel bedurfte deshalb sehr wohl eine weitere Bearbeitung mit Hülfe neuem histologisch untersuchtem Material. 116 A HJALMAR FORSSNER, Kap. I. Die früheste Entwicklung des Verdauungskanals. Geschichtliches. Die früheste Darmentwicklung ist ein wenig bearbeitetes Kapitel, wenigstens wenn man nur die Teile derselben im Auge hat. welehe direkt für diese Arbeit von Interesse sind, d.h. den Bau der Darmwand selbst. Über die äussere Konfiguration des Darmrohrs mit der 3ildung von Schlingen und Mesenterien findet sich eine reich- haltige Literatur. Da es aber für die vorliegende Aufgabe keine erosse Bedeutung hat, exakt bestimmen zu können, welche Teile des fertigen Darms aus den verschiedenen embryonalen Darm- teilen sich entwickelt haben, so habe ich geglaubt, auf diese Arbeiten keine Rücksicht nehmen zu brauchen. Eine gleichfalls grosse Literatur liegt über die Entwicklung der Zotten und Drüsen des Darmes vor. Da aber die Entwick- lungsperiode, die für die Beurteilung der Ätiologie der Darm- atresien von Interesse ist, höchstens mit gewissen Vorstadien zu Zotten zusammenfällt, so habe ich nur sehr unvollständig diese Literatur berücksichtigt. Auf diese Weise begrenzt, ist die anatomische Literatur. die direkt Bedeutung für diese Arbeit hat, recht gering. Der erste. der eine systematische Untersuchung über die Darmentwicklung in ihren frühen Stadien angestellt hat, ist Johann Friedrich Meckel (42). Er hat in einer Arbeit über die Darmentwicklung der Säugetiere und speziell des Menschen einen Reichtum an feinen, aber, wie es scheinen will, ziemlich vergessenen Beobachtungen nicht nur über die äussere Form des Darmkanals, sondern auch über den Bau und die Entwicklung der Mucosa niedergelegt, Beobachtungen, die um Die angeborenen Darm- und Ösophagusatresien. or so bewundernswerter sind, wenn man bedenkt. dass diese Unter- suchungen zu einer Zeit ausgeführt wurden, da die Technik so wenig entwickelt war, dass das Embryo mit Nadeln unter einem Vergrösserungsglase dissekiert werden musste. Dass unter solchen Verhältnissen die allerfrüheste Entwicklungsperiode des Darms ihm unzugänglich war, ist ganz natürlich. Seine Untersuchungen beginnen deshalb erst auf einem Stadium von ungefähr zwei Monaten. Die Resultate. zu denen er betreffs der Entwicklung des Darms gekommen ist, sind der Hauptsache nach folgende. Der Darmkanal ist m sehr frühen Stadien ein gleichmäfsig dickes Rohr, dessen Wachstum dann in der Weise fortschreitet, dass kraniale Teile früher entwickelt werden als kaudale. Im An- fang’ des dritten Monats treten im Lumen längsgehende Falten auf, die dann durch Einschnürungen in der Quere Zotten ent- stehen lassen. Dieser Prozess tritt auch in den Teilen des Darms auf, wo keine Zotten postfötal sich finden. sodass diese während einer späteren Periode des Embryonallebens rückgebildet werden. Diese Beobachtungen von der Entwicklung des menschlichen Darms her hat er mit dem Aussehen des Darms bei einer Menge Fische und Amphibien verglichen und dabei gefunden, dass längsgehende Falten bei gewissen Arten durch das ganze Leben hindurch persistierend sich finden, bei anderen zu den mehr oder weniger zottenähnlichen Bildungen Anlass geben, die für die Darmschleimhaut der verschiedenen Arten charakteristisch sind. Er hat schliesslich auch hervorgehoben, dass die Periode in der Entwicklung des Menschendarms, wo die Zotten über den ganzen Darm hin vorhanden sind, ihre Entsprechung bei niederen Tieren hat, wo Zotten oder damit homologe Bildungen auch bei dem erwachsenen Individuum in allen Teilen des Darms vorhanden sind. Schon Meckel hat also auf die längsgehende Falten als ein Vorstadium zu den Zotten des Darms hingewiesen, und er hat sie HJALMAR FORSSNER, 6) mit den das ganze Leben hindurch persistierenden Falten bei einer Reihe Fischdärmen homologisiert. Nach ihm scheint in- dessen die Arbeit auf diesem Gebiet während mehr als einem halben Jahrhundert geruht zu haben, und als sie wieder auf- genommen wurde, war seine Arbeit vergessen. Die modernen Lehr- und Handbücher äussern sich über diese früheste Entwicklungsperiode des Darmes entweder gar nicht oder in höchst unbestimmten Ausdrücken. Minot (44) sagt 1892, dass am Ende des ersten Monats ein hohes zylindrisches Epithel vorhanden ist und dass im zweiten Monat Zotten sich zu bilden anfangen. Er gibt Abbildungen von Querschnitten durch Därme, die es für mich unzweifelhaft machen, dass er sowohl die zuerst auftretenden Längsfalten als auch die, aus diesen entstehenden Zotten gesehen hat, aber er deutet alle als Zotten von gröberen und feineren Formen. Im Ösophagus dagegen hat er konstatiert, dass längsgehende Falten sich während eines frühen Stadiums entwickeln. Kollmann (29) weist 1898 darauf hin, dass das ursprüng- lich einfache Epithel mehrschichtig und hiernach wieder einfach wird, und sagt, dass es im Magen und Darm »mehrfache Wand- lungen« durchmacht, ehe es sein definitives Aussehen erreicht. Schultze (52) sagt m seiner 1897 herausgekommenen Aus- gabe von Kölliker’s Handbuch, dass der Ösophagus in S Wochen alten menschlichen Embryonen teilweise von Epithel obliteriert ist, und dass an vielen Stellen 2 bis 3 Lumina vor- handen sind, eine Beobachtung, die Opitz gemacht hat. Betreffs der Entstehung von Zotten und Drüsen hält er an der Ansicht fest, die Kölliker in seiner letzten Auflage aus- gesprochen hatte. Die Zotten bilden sich als einfache Prolifera- tionen von Epithel und Mesenchym und werden in allen Teilen des Darms angelegt. Im Magen und Kolon vereinigen sich die Basalteile der Zotten durch kleine Falten, die sich höher und höher hinauf längs den Zotten erstrecken und auf diese Weise Die angeborenen Darm- und Ösophagusatresien. 7 zwischen den zusammengewachsenen Zotten schmale Vertie- fungen, die Drüsen, bilden. Im Dünndarm tritt derselbe Prozess auf, geht aber nicht so weit, weshalb die oberen Teile der zu- erst angelegten Zotten als Zotten bestehen bleiben, die unteren sich zu Kanälen veremigen, in welche das Epithel von Anfang an als hohle Ausstülpungen hinabdringt und die Drüsen bildet. Ballantyne (3) (1904) und Hertwig (24) (1906) über- gehen diese Entwicklungsperioden mit Stillschweigen. Die allerletzten Jahre haben indessen eine Reihe Arbeiten gebracht, die unsere Kenntnisse sowohl von den allerfrühesten Entwicklungsphasen des Darms als auch von der darauf folgenden Periode, wo der Resorptions- und Sekretionsapparat sich zu entwickeln beginnt, in wesentlichem Malse vermehrt haben. Eine von diesen ist die bereits in der Einleitung zitierte von Tandler (5%. Er hat eine vorübergehende Epithelokklusion im Duodenum gefunden, die er als ein normales Entwicklungsstadium deutet, welches alle Därme durchlaufen. Die Epithelfüllung beeinnt in einem Stadium von ungefähr 10 mm, nimmt dann in den folgenden Stadien an Mächtigkeit zu und erreicht ihren Höhepunkt bei einer Länge von 14,5 mm. Hiernach beginnt der Prozess, den Tandler die Epithellösung nennt und der darin besteht, dass kleine Lücken im Epithel entstehen; diese Lücken werden grösser und verschmelzen mit einander und bilden auf ‚diese Weise wiederum das Lumen. Seine Untersuchung erstreckt sich nicht weiter als bis zu einem Stadium von 21,6 mm. in welchem er den epithelialen Okklusionsprozess abgelaufen findet; hiernach beginnt das Einwachsen von Mesenchym in das Epithel als erster Anlass zur Zottenbildung. Diese Untersuchungen sind später, von Kreuter (31) ‚aufgenommen worden, welcher hat zeigen wollen, dass eine solche vorübergehende Epithelokklusion eine normale Entwick- lungsperiode auch in anderen Teilen des Darmkanals als dem g HJALMAR FORSSNER, Duodenum sei. Im Kolon beim Menschen hat er in einem Prä- parat Bilder von vollständiger Obliteration gefunden. Ausserdem hat er Bilder im Ösophagus, ebenfalls beim Menschen, gefunden, welche in hohem Grade Tandlers Lösungsbildern vom Duo- lenum ähneln. Kreuter sieht in ihnen einen Beweis dafür, dass auch im Ösophagus eine wirkliche Epithelokklusion sich findet, aber er hat meines Erachtens den Beweis nicht gebracht, weil seine Untersuchungen mangelhaft sind, wozu ich später zurückkomme. Der Prozess, den Tandler im Duodenum beim Menschen beobachtet und beschrieben hat, war übrigens in der Embryo- logie der Tiere nicht unbekannt. Balfour (zit. nach de Meuron) hat ähnliche Bilder im Ösophagus bei Selachiern und Teleostiern gefunden; Kreuter ebenfalls bei Selachiern. De Meuron (43) hat später den Ösophagus bei Hühnern, Eidechsen und Fröschen untersucht und analoge Bilder gefunden. Minot (45) hat einen ganz ähn- lichen Prozess im Kolon bei Hühnerembryonen gefunden, Tand- ler (54) und Filimowsky (18) hat ihn im Duodenum bei tatte, Meerschweinchen, Kaninchen und Hund beobachtet. Unmittelbar nach einander sind zwei Arbeiten über die Zottenanlage herausgekommen, durch welche Meckels alte Lehre von längsgehenden Falten als einem Vorstadium zu den Zotten wieder zu Ehren gekommen ist, doch ohne dass die Verfassern Kenntnis von seiner Arbeit besessen zu haben scheinen. Voigt (50) hat an Schweinsembryonen die früheste Ent- wicklung der Zotten mit Hilfe von Borns Plattenmodellen studiert. In dem frühesten von ihm untersuchten Stadium (34 mm) hatte der Darm ein einfaches zylindrisches Epithel und keine Spur von Unebenheiten auf seiner inneren Oberfläche. In einem Stadium von 40 mm hatten sich etwas schräg gestellte längsgehende Falten, aus Epithel und Mesenchym bestehend, gebildet. Im nächsten Stadium teilten sich diese Längsfalten. Die angeborenen Darm- und Ösophagusatresien. 9 durch Querspalten, und diese Zersplitterung geht dann immer weiter, sodass kleine Felder, »Zottenbasen«, sich bilden, die durch mehr oder weniger tiefe Furchen von einander getrennt sind. Aus diesen erhöhten Feldern wachsen dann die Zotten als kleine papilläre Bildungen hervor und von den Grenzfurchen aus bilden sich in einem etwas späteren Stadium die Drüsen als in das Mesenchym hinabwachsende Epithelschläuche. Im folgenden Jahre teilte Berry (5) Untersuchungen an menschlichen Embryonen, nach derselben Methode ausgeführt, mit. Er hat ein Embryo von 17 mm untersucht und die innere Oberfläche des Darms gänzlich eben mit mehrschichtigen Epithel gefunden, ferner eines von 24 mm, wo sich niedrige, längs- gehende Falten fanden, eines von 28 mm, wo diese Falten höher waren und an einigen Stellen Einschnitte am Rande zeigten, und schliesslich eines von SO mm, wo bereits zahlreiche wohl- ausgebildete Zotten vorhanden waren. Endlich hat er gezeigt, dass dieser ganze Prozess kranio-kaudal fortschreitet, . sodass man Falten in oberen Teilen und glatte Oberfläche in unteren oder Zotten in oberen und Falten in unteren finden kann usw. Voigt legt in seiner Arbeit das Hauptgewicht darauf, die näheren Einzelheiten bei der Bildung der Zotten und Drüsen festzustellen, und er erwähnt nicht einmal das Vorstadium, das er in den längsgehenden Falten gefunden, da er seine Resultate zusammenfasst. Berry betont mehr die Längsfalten als das zuerst auftretende Vorstadium, kann aber auf keine Einzelheiten in der Entwickelung eingehen, da sein Material, bei einer Lücke von Stadium 283mm bis 80 mm, allzu unvollständig hierfür ist. ‘Gegen alle diese Arbeiten, ob sie nun das erste oder das zweite der beiden hier berührten Entwicklungsstadien behandeln, lässt sich indessen der Einwand erheben, dass sie entweder nur die Zeit, bevor noch die Zottenbildung ihren Anfang genommen, oder auch nur die Zeit danach umfassen. Nirgends habe ich eine systematische Untersuchung eefunden, die diese beiden 10 HJALMAR FORSSNER, Perioden der Entwicklung des Darms umfasste. Die Folge hiervon ist ganz natürlich, dass die Periode der Darmentwicklung, wo diese beiden Perioden in einander übergehen, weniger sorg- fältie untersucht worden ist. Die von Meckel begonnene vergleichende anatomische Untersuchung der frühesten Entwicklung des Darms hat keine oder nur geringe Nachfolge gefunden. Einen Versuch in dieser tichtung hat Edinger (15) durch seine Untersuchungen über das Aussehen des Fischdarms gemacht. Er hat indessen die Frage nicht entwickelungsgeschichtlich genommen, sondern sich damit begnügt, anatomische Fakta von ausgewachsenen Individuen zu vergleichen. Er hat dabei eefunden, dass die primitivste Oberflächenvergrösserung in der Form von Längsfalten auftritt. Dann entstehen zwischen diesen Längsfalten Querfalten, und auf diese Weise erhält man alle Übergänge von den einfachen Längsfalten bis zu Krypten, die er als Drüsen auffasst. Hier- durch erachtet er für bewiesen, dass die Längsfalte die Grund- form ist, aus welcher sowohl die Oberflächenvergrösserung, die für die Resorption erforderlich ist, als die Drüsen des Darms sich entwickeln. Die Grundform persistiert bei den niedrigsten Fischen im ganzen Darm; im Ösophagus bei allen und im Enddarm bei der Mehrzahl; in den letztgenannten Organen finden sich bei den Fischen keine Drüsen. Aus den Falten bilden sich dann mehr oder weniger hoch entwickelte Drüsen in den übrigen Teilen des Darmkanals aus. Eigene Untersuchungen. Bevor ich zu einem Bericht über meine eigenen Untersuchungen übergehe, muss ich einige Bemerkungen vorausschicken. Es war ursprünglich nicht meine Absicht, in meinen Beschreibungen den Ventrikel wegzulassen, ich habe aber im Laufe der Arbeit gefunden, dass ich entweder dies Organ ganz weglassen oder es mit Rekonstruktionsmethoden studieren musste, da der Ventrikel zu verwickelte anatomische Verhältnisse dar- Die angeborenen Darm- und Ösophagusatresien. 11 bietet, um nur aus Schnittserien beurteilt werden zu können. Die pathologische Anatomie der Pylorusstenosen gehört ausserdem kaum hierher. Es gibt frei- lich eine geringe Anzahl von in Pylorus beschriebenen Membranatresien oder Stenosen, welche völlig den entsprechenden Bildungen im Darme gleichen, wes- halb ich es für in hohem Grade wahrscheinlich halte, dass diese auch dieselbe Ätiologie wie dort haben; die Mehrzahl der Fälle von kongenitalen Pylorus- stenosen aber hat nicht denselben Bau wie die im Darm und daher wahrscheinlich auch nicht dieselbe Pathogenese. Ein näheres Eingehen auch auf diese Stenosen dürfte unvermeidlich gewesen sein, wenn die Frage zur Behandlung aufgenommen worden wäre, und dies erlaubte nicht meine Zeit. Was die Bezeichnung der untersuchten Embryonen betrifft, so habe ich das Längenmals angewendet, direkt von der Nackenspitze bis zur Steissspitze genommen. Dass dieses nicht ohne weiteres mit einander vergleichbare Aus- drücke für den Entwicklungsgrad verschiedener Embryonen gibt, ist allbekannt. Verschieden starke Krümmung 'kann hier zweien in Wirklichkeit gleichlangen Embryonen recht verschiedene Mafse geben. Hierzu kommt, dass auch zwei wirklich gleichlange Embryonen ziemlich verschieden entwickelt sein können. Die in vielen Arbeiten angewandte Bezeichnung nach Anzahl Lebenswochen halte ich jedoch für weit schlechter, da man im allgemeinen zuverlässiger Angaben ermangelt und überdies auch mit solchen sehr unsichere Anhaltspunkte für eine derartige Berechnung hat, weshalb man doch in der Mehrzahl der Fälle die Entwicklungszeit bei einem Abort nach der Länge des Embryos berechnen muss. Die einzige befriedigende Weise, Embryonen zu gruppieren. ist die, dass man ihren allgemeinen Entwicklungsgrad angibt. Es lässt sich dies indessen nicht ohne ein genaues Studium der verschiedenen Organsysteme des Embryos machen, eine Forderung, die man nicht gut an eine Arbeit wie diesen stellen kann. Die Mehrzahl der hier benutzten Embryonen werden indessen in Keibels bald herauskommenden Normaltafeln enthalten sein. Die Zahlen, die in Klammern unmittelbar nach den Längenmals sich an- geführt finden, bezeichnen das Mafs, das der Embryo nach Fixierung, Härtung und Bettung aufweist, und ist dadurch erhalten, dass die Anzahl der Schnitte mit der Schnittdieke multipliziert wurde. Mit diesem Mals sind also die in den Beschreibungen vorkommenden Malse zu vergleichen. Die an mehreren Stellen angeführten Diametermalse beziehen sich auf den Diameter der Aussenseite des Epithelrohrs, nicht auf das Lumen, und die Zahlen, die sich an mehreren Stellen nach diesen in Klammern angeführt finden, bezeichnen den Diameter der Innenseite des Mesenchymrohrs an derselben Stelle. Ein Vergleich zwischen beiden gibt also eine Vorstellung von der Schrumpfung des Präparates, 12 HJALMAR FORSSNER, Um so weit wie möglich Wiederholungen in den Beschreibungen zu ver- meiden, habe ich eine Reihe von Ausdrücken angewandt, die einer Erklärung bedürfen. Den Ausdruck Mesenchym wende ich überall von den nicht epithelialen Teilen der Darmwand an. Unter undifferrenzierten Mesenchyı verstehe ich, dass die Mesen- chymschicht aus regellos geordneten Zellen besteht. Unter Differenzierung verstehe ich das Hervortreten der Muskelschicht. wodurch verschiedene Gebiete im Mesenchym gebildet werden. Da die Entstehung und spätere Entwicklung der verschiedenen Muskelschichten für meine Arbeit keine Bedeutung haben, so bin ich nicht weiter darauf eingegangen, Unter Papillgegend verstehe ich das Gebiet, wo der Duct. chol. und der Duct. pancreat. einmünden; da es für meine Untersuchung nicht notwendig gewesen ist, eine schärfere Lokalisation zu haben, so habe ich diesen kürzeren Ausdruck einer jedesmaligen Beschreibung, wie die verschiedenen Gänge sich zu einem beschriebenen Prozess verhielten, vorgezogen. Der Ausdruck oberes Duodenum bezeichnet den oberhalb der Papillgegend gelegenen Teil. Die Buchstaben Qrs bedeuten Querschnittund SgsSagittalschnitt. Frs Frontalschnitt. Die Ausdrücke betreffs des verschiedenen Konservierungszustandes der Embryonen beziehen sich nur auf die Konservierung des Darms, nicht die des Embryos im ganzen. Menschliche Embryonen. I. Länge 3,4 (29) mm. Hammar (Upsaloa). Qrs 12 «. Alkohol. Hämat.-Eosin. tekonstruiert Taf. 1, Fig. 3. Gezeichnet Taf.1, Fig. 1 und 2, Der Darmkanal ist nicht in verschiedene Teile differenziert, sondern besteht aus einem einfachen, nach beiden Enden zu allmählich schmäler werdenden Ruhr, das in weit offener Verbindung mit der Dotterblase steht. Keine deut- liche Lungen- oder Pankreasanlage, dagegen eine Leberanlage. Im Verhältnis zu der Grösse des Embryos hat der Darm eine bedeutende Weite. Dicht ober- halb des Duct. omphalo-mesent., wo das Embryo einen Frontaldiameter von 730 a hat, hat der Darm einen Frontaldiameter von 100 « und einen ca. 3 mal so grossen Sagittaldiameter. Die Länge der Darms (an Wachsrekonstruktion ge- messen) von der kaudalen Grenze des Schlunddarms bis zur Mitte des Duct. Die angeborenen Darm- und Ösophagusatresien. 13 omph.-mesent. beträgt Imm. Das Epithel ist auf der dorsalen Seite im all- gemeinen einschichtig, auf der ventralen zwei- bis mehrschichtig. Das Lumen ist überall um ein vielfaches breiter als die Epithelwand. Das Mesenchym rings um das Epithel undifferenziert. Die Konservierung auszezeichnet. II. Länge 3mm. Fürst (Lund). Qrs Alkohol. Pikrokarmin. Der Darmkanal befindet sich in einem etwas späteren Entwickelungs- stadium als beim vorhergehenden Embryo. Der Ventrikel ist durch eine schwache spulförmige Auftreibung angedeutet. Die Lungen-, Leber- und Pankreasan- lagen sind deutlich. Das Darmrohr ist im Verhältnis zur Grösse des Embryos schmäler als beim vorhergehenden und steht immer noch in Verbindung mit der Dotterblase durch einen offenen Duct. omphalo-mesent., der hier jedoch weit schmäler ist. Die Länge des Darms (gemessen an Wachsrekonstruktion) von der kaudalen Grenze des Schlunddarms bis zur Mitte des Duet. omph.-mesent. beträgt 1,7 mm. Das Epithel ist rings um den Darm mehrschichtig; das Lumen bedeutend breiter als die Epithelwand. Das Mesenchym undifferenziert. Die Konservierung nicht völlig zut. III. Länge 45mm. Müller (Stockholn). Qrs 10 u. Alkohol. Hämat.-Eosin. Rekonstruiert Taf. 2, Fig. 6. Der Ösophagus besteht aus einem sehr schmalen Epithelrohr. Das Lumen ist punktförmig, an vielen Stellen ganz zusammengefallen, sodass nur eine schwache Konturlinie seine Lage angibt. Das Mesenchym undifferenziert. Der Darm ist bis zur Papillgegend ein mehrschichtiges Epithelrohr mit einem Lumen, das ungefähr 1/3 von dem Diameter des Darms beträgt. Unterhalb dieser Stelle biegt sich der Darm in einer ventral gerichteten Schlinge, die mit einem geschlossenen Duet. omphalo-mesent. vereinigt ist. Er ist ein mehrschichtiges Epithelrohr, der nach unten zu langsam schmäler wird. Das Lumen kann oberhalb des Duct. omphalo-mesent. überall als ein Punkt oder als eine zusammengefallene Konturlinie deutlich wahrgenommen werden, während man unterhalb des Ductus in gewissen Schnitten starke Vergrösserungen an- wenden muss, um die Gegenwart einer solchen Kontur zu konstatieren. Ganz weit nach unten ist das Lumen wieder deutlich. Das Mesenchym überall undifferenziert. Die Konservierung ausgezeichnet. 14 HJALMAR FORSSNER, IV. Länge 5 (89) mm. Hammar (Upsala). Qrs 12 u. Hämat-Eosin. (Gezeichnet Taf. 2, Fig. 1—5. Das Darmrohr gleicht sowohl seiner allgemeinen Anordnung als seinem mehr speziellen Bau nach in hohem Grade dem vorhergehenden Präparat. Der Ösophagus besteht aus einem sehr schmalen Epithelrohr mit punkt- förmigen bis zusammengefallenen Lumen (Fig. 1). Ungefähr in der Mitte milst der Ösophagus 50 « im Diameter, während der Querdurchmesser des Körpers an derselben Stelle 1100 x. beträgt. Der Darm beginnt als ein mehrschichtiges Epithelrohr, das nach untenzu langsam schmäler wird. Querdurchmesser im oberen Duodenum 90 «, im kra- nialen Schenkel ungefähr 70 « und im kaudalen ungefähr 50 «. Das Lumen ist anfangs deutlich (Fig. 2), wird aber schnell schmäler, und in der Papill- gegend fehlt es ganz in 5 auf einander folgenden Schnitten (Fig. 3). Die Zellkerne nehmen jedoch auch in diesen nicht das Zentrum des Epithel- strangs ein. In dem ganzen übrigen Darm ist das Lumen zusammengefallen; in der kranial vom Duet. omphalo-mesent. gelegenen Schlinge ist es deutlich sichtbar (Fig. 4), in dem kaudal davon gelegenen kann man dagegen nur mit der stärksten Vergrösserung eine schwache Konturlinie, welche die Lage des Lumens angibt (Fig. 5), konstatieren. Das letzte Stück vor der Kloake ist etwas weiter, und hier findet sich wieder ein feines, aber deutliches Lumen. Die Länge des Darms (gemessen an Wachskonstruktion) von der kaudalen Grenze des Schlunddarms bis zur Mitte des Omph.-mesent. beträgt 2,26 m. Das Mesenchym ist nicht differenziert. Konservierung ausgezeichnet. V. Länge 6mm. Holmgren (Stockholm). Der Ösophagus ist ein mehrschichtiges Epithelrohr, nach oben zu ziemlich weit, nach unten zu schmäler. Das Lumen überall deutlich. Das Mesenchym undifferenziert. Der Dünndarm bildet eine Schlinge gegen die vordere Bauchwand; kein Duct. omphalo-mesent. Der Darm besteht überall aus einem mehrschichtigen Epithelrohr mit feinem, aber völlig deutlichem Lumen. Das Mesenchym undifferenziert. Das Coecum findet sich angelegt. Das Kolon hat ein etwas dünneres Epithel und ein weiteres Lumen als der Dünndarm. Die angeborenen Darm- und Ösophagusatresien. 15 Das Mesenchym undifferenziert. Die Konservierung ausgezeichnet. VI. Länge 7,2 (5,3) mm. Hammar (Upsala). Qrs 12 «. Spiritus. Hämat-Eosin. Der Ösophagus ist ein mehrschichtiges Epithelrohr mit kleinem, aber überall deutlicher Lumen. Der Querdurchmesser bei, der Trachealteilung beträgt 65 (117) «. Das Mesenchym ist undifferenziert. Der Dünndarm ist ein mehrschichtiges Epithelrohr, das nach unten zu schmäler wird. Der Querdurchmesser beträgt im oberen Duodenum 70 (120) u, wird weiter unten 50 (100) « und unmittelbar vor dem Coecum 40 (80) u. Das Lumen nimmt im oberen Teil ungefähr ein Drittel des Querdurchmessers ein, wird aber nach unten zu punktförmig. Das Mesenchym undifferenziert. Das Kolon hat ungefähr dieselben Dimensionen wie der untere Dünndarm; sein Diameter 50 (100) «; das Lumen ist etwas weiter als das des Dünndarms. Unmittelbar oberhalb der Kloake eine deutliche Zunahme der Dimensionen des Rohres. Das Mesenchym ist undifferenziert. Die Konservierung ziemlich gut. VII. Länge S (5,6)mm. Hammar (Upsala). Qrs 12 «. Spiritus. Hämat-Eosin. Der Ösophagus ist ein mehrschichtiges Epithelrohr, das nach unten zu an Umfang zunimmt. Bei der Trachealteilung ist der Querdurchmesser 80 (120) «. Das Lumen nimmt überall ungefähr den halben Querdurchmesser ein. Der Dünndarm ist oberhalb der Papillgegend ein mehrschichtiges Epi- thelrohr mit einem ziemlich grossen, etwas unregelmäfsigen Lumen. Quer- durchmesser 120 (130) u. Das Lumen nimmt ungefähr den halben Diameter ein. Nach unten zu wird der Dünndarm schmäler, sodass er unmittelbar vor dem Austritt im Nabelstrang 65 (100) « und dicht über dem Coecum 60 (80) « misst. Das Lumen nimmt schnell ab und ist durch den ganzen Dünndarm hindurch punkt- förmig. Das Mesenchym ist undifferenziert. Das Kolon ist ein mehrschichtiges, nach unten zu schmäler werdendes Rohr mit einem ziemlich grossen Lumen. Diam. ungefähr 50 (60) «. Am. weitesten unten beträgt der Diam. 70 « mit einem Lumen von 40 u. Das Mesenchym ist undifferenziert. Die Konservierung gut. 16 HJALMAR FORSSNER, VIII. Länge 83 (7,6)mm. Müller (Stockholm). Qrs 20 u. Sulphopikrinsäure. Hämat-Eosin. Der Ösophagus ist ein mehrschichtiges Epithelrohr, das nach unten zu unbedeutend an Umfang abnimmt; es misst im obersten Teil 120 « und bei der Trachealteilung 105 « im Diameter. Das Lumen nimmt nahezu die Hälfte des Diameters ein. Im Mesenchym firıdet sich eine beginnende Differenzierung. Der Dünndarm hat in seinem obersteu Teil ein Epithel, das von der einen Seite her sich in das Lumen einbuchtet und dieses halbmondförmig macht. Das Epithel ist durch den ganzen Darm hindurch sehr mächtig und das Lumen sehr fein, besonders in der Papillgegend.. Der Darm wird nach unten zu schmäler; er hat im oberen Duodenum einen Durchmesser von 85 « und dicht über dem Coecum 60 u. Das Mesenchym ist rings um den ganzen Darm undifferenziert. Kolon. Kein deutlicher Unterschied zwischen dem Kolon und dem unteren Teil des Dünndarms. Das Epithel ist mehrschichtig und das Lumen sehr fein, Das Mesenchym ist undifferenziert. Diam. ungefähr 40 u. Konservierung ziemlich gut. IX. Länese 9mm Hammar (Upsala). Qrs 12 «. Spiritus. Hämat-Eosin. Gleicht dem vorhergehenden. Durch den ganzen Verdauungskanal hin- durch ist jedoch das Lumen im Verhältnis zur Epithelwand grösser als in jenem; es nimmt die Hälfte bis ein Drittel des Diam. ein. Wegen des weniger guten Konservierungszustandes sind keine Messungen gemacht worden. X. Länge IOmm. Müller (Stockholm). Qrs 15 «. Spiritus. Hämat-Eosin. Der Ösophagus ist ein ziemlich weites Rohr mit mehrschichtigem Epi- thel und grossem Lumen. Im Mesenchym deutliche Differenzierung. Dünndarm. Das Epithel ist durch den ganzen Dünndarm hindurch mächtig und das Lumen fein. Im oberen Duodenum ist das Lumen durch eine sich einbuchtende Epithelmasse dezentriert und halbmondförmig; in diesem dicken Epithel finden sich kleine, wohlbegrenzte, mit einander nicht kommuni- zierende Höhlungen, die sich durch 2 bis 3 Schnitte erstrecken. Das Mesenchym undifferenziert. Kolon schmal, mit feinem Lumen, dem unteren Dünndarm ähnlich. Das Mesenchym undifferenziert. Konservierung ausgezeichnet. Die angeborenen Darm- und Ösophagusatresien. 17 XI Länge 1Omm. Hammar (Upsala). Qrs 12 u. Formalin. Hämat-Eosin. Der Bau des Darmrohrs sehr dem vorhergehenden ähnlich, überall dickes Epithel und feine Lumina. Auf einem Gebiet unterhalb der Papillgegend mehrere Lumina im Epithel. Konservierung weniger gut. XH. Länge 103 (88)mm. Hammar (Upsala). Qrs 12 «u. Formalin + Spiritus. Hämat-Eosin. Gezeichnet in Taf. 5, Fig. 2—4. Der Ösophagus ist ein mehrschichtiges, nach unten zu schmäler werdendes Epithelrohr. Das Lumen ist überall ziemlich weit mit ebener Oberfläche. Im obersten Teil beträgt der Frontaldiam. 190 « mit einem Lumen von 160 u und bei der Trachealteilung 120 « mit einem Lumen von 60 w. Das Mesenchym deutlich differenziert. Der Dünndarm wird langsam nach unten zu schmäler: er hat überall ein hohes, mehrschichtiges Epithel und ein Lumen, das ungefähr ein Viertel bis ein Fünftel des Diam. des ganzen Rohrs beträgt. Im oberen Duodenum hat der Darm einen Diam. von 100 « bei einem Lumen von 25 «; dicht bevor der Darm in den Nabelstrang austritt, sind die Malse resp. 100 und 20 und unmittelbar oberhalb des Coecums resp. 60 und 15 u. Das Mesenchym zeigt rings um das Duodenum eine beginnende Differen- zierung. Das Kolon unterscheidet sich nicht nennenswert von dem Dünndarm; Diam. desselben ca. 70 «, Lumen ca. 20 ». Ganz unten unbedeutende Erwei- terung. Konservierung ausgezeichnet. XIH. Länge 11,7 (10,7)mm. Müller (Stockholm). Qrs 20 u. Hämat-Eosin. Rekonstruiert Taf. 3, Fig. 6. Gezeichnet Taf. 3, Fig. 1—5. Der Ösophagus ist ein weites Rohr mit mehrschichtigem Epithel und einem Lumen, das etwas mehr als die Hälfte des Diam. einnimmt. Dieser nimmt ziemlich bedeutend nach unten zu ab, beträgt im obersten Teil ca. 170 « und bei der Trachealteilung 110 «. Das Mesenchym deutlich differenziert. Dünndarm. Unmittelbar neben dem Ventrikel wird das Lumen dezen- tıiert und halbmondförmig durch eine in dasselbe sich hineinbuchtende Epithel- masse; in dieser finden sich zahlreiche kleine Höhlungen (Fig. 1). Das halbmond- Anatomische Hefte. I. Abteilung. 102, Heft (34. Bd. H. 1). 9 a HJALMAR FORSSNER, 15 förmige Lumen wird schnell kleiner und hört dicht über der Papillgegend eänzlich auf. Von dieser Stelle an und ein Stück nach unten zu ist der Darm ein Zellenstrang ohne zusammenhängendes Lumen, von zahlreichen kleinen Höhlungen und spaltähnlichen Bildungen (Fig. 2—4) durchsetzt, die nicht mit einander kommunizieren, was aus der Rekonstruktion hervorgeht (Fig. 6). Der Rest des Dünndarms hat ein dickes Epithel und sehr feines Lumen (Fig. 5). Er wird nach unten zu schmäler; im oberen Duodenum hat er einen Diam. von 120 (170) « und dicht oberhalb des Coecums einen Diam. von 70 (95) 1. Keine deutliche Differenzierung des Mesenchyms. Kolon. Kein deutlicher Unterschied zwischen dem Kolon und dem unteren Teil des Dünndarms; der erstere hat einen Diam. von ca. 60 (75) u. Keine deutliche Erweiterung des untersten Teils. Konservierung gut. XIV. Länge 11,7 (95) mm. Hammar (Upsala). Qrs 12 «u. Formalin. Hämat-Eosin. Der Ösophagus ist ein nach unten zu schmäler werdendes, mehrschichtiges Epithelrohr mit überall grossem Lumen mit ebener Oberfläche. Im obersten Teil beträgt der Querdurchmesser 250 « bei einem Lumen von 190 a; bei der Trachealteilung sind die entsprechenden Mafse 160 bezw. 60 u. Das Mesenchym ist deutlich differenziert. Der Dünndarm zeigt grosse Ähnlichkeit mit dem vorhergehenden. Bas Lumen ist anfangs dezentriert und halbmondförmig, und in dem Epithel der diekeren Seite finden sich die oben beschriebenen Höhlungen. Unterhalb der Papillgegend macht der Darm eine scharfe Biegung und im Gebiet dieser letzteren besteht der Darm im Schnitt aus kompaktem Epithel mit vereinzelten, kleinen Höhlungen. Ein zusammenhängendes Lumen ist hier wohl kaum vor- handen; doch ist zu bemerken, dass der Darm an dieser Stelle schräggeschnitten und keine Rekonstruktion gemacht worden ist. Der Darm unterhalb dieser Stelle ist ein langsam schmäler werdender Strang mit überall sehr diekem Epithel und sehr feinem Lumen. Er hat im oberen Duodenum einen Querdurchmesser von 140 u, beim Austritt in den Nabelstrang 100 «, unmittelbar oberhalb des Coecums 80 u. Keine deutliche Differenzierung des Mesenchyms. Das Kolon ist etwas schmäler als der untere Dünndarm mit relativ niedrigerem Epithel und grösserem Lumen. Das Mesenchym ist nicht diffe- renziert. Konservierung gut. Die angeborenen Darm- und Ösophagusatresien. 19 XV. Länge 13,2 (102) mm. Hammar (Upsala). Qrs 12 «. Karmin. Der Ösophagus gleicht dem vorhergehenden. Bei der Trachealteilung hat er einen Diam. von 170 « bei einem Lumen von 110 «. Der Dünndarm beginnt als ein ungefähr 100 x dickes Rohr mit einem grossem einfachen Lumen von 60, Diam. Dicht unterhalb der Papillgegend macht er eine scharfe Biegung, die schräggeschnitten ist und ähnliche Bilder wie der vorhergehende bietet indem in dem Schnitt mehrere Lumina sich finden, von denen ein Teil kleine Höhlungen darstellt, die sich nur durch einige Schnitte hindurch erstrecken. Eine Unterbrechung des durchgehenden Lumens dürfte hier doch nicht vorhanden sein. Der Darm wird nach unten zu schmäler und das Lumen wird feiner, ist aber überall grösser im Verhältnis zur Darmwand als in den vorhergehenden Präparaten. Der Diam. dicht vor dem Austritt in den Nabelstrang beträgt 80 «, bei einem Lumen von 35 «, und im untersten Teil betragen dieselben Malse 50 und 20 u. Das Mesenchym ist undiffer@nziert. Das Kolon ist schmäler als der untere Teil des Dünndarms mit einem Diam. von ca. 35 « und einem sehr feinen Lumen. Das Mesenchym ist undifferenziert. Die Konservierung nicht völlig gut. XVI. Länge 14 (94) mm. Hammar (Upsala). Qrs 12 «. Spiritus. Hämat-Eosin. Rekonstruiert Taf. 5, Fig. 1. Der Ösophagus gleicht den 3 vorhergehenden Präparaten. Im obersten Teil hat das Rohr einen Diam. von 260 « mit einem Lumen von 185 «. An der Trachealteilung sind die entsprechenden Mafse 180 und 130 u. Der Dünndarm ähnelt sehr dem bei Müllers Präparate von 11,7. Vom Beginn des Duodenums an ist das Epithel sehr dick mit einem schmalen de- zentrierten Lumen und kleinen umschriebenen Höhlungen im Epithel. Ungefähr in der Höhe der Papillgegend verschwindet das zusammenhängende Lumen, und der Darm besteht aus einer Epithelmasse mit kleinen Höhlungen darin. Dieses Aussehen behält er ungefähr bis zu der scharfen unteren Duodenalbiegung bei. Der Dünndarm nimmt langsam an Umfang nach unten zu ab. Der Diam. beträgt im oberen Duodenum 105 (205) «; beim Austritt in den Nabelstrang 70 (120) «; unmittelbar über dem Coecum 40 (100) «. Die Epithele sind überall sehr mächtig und die Lumina fein bis punktförmig. Das Mesenchym ist undifferenziert. )() HJALMAR FORSSNER, Das Kolon ist schmal wie der untere Dünndarm (Diam. 40 (100) a) und weist keine Verschiedenheit gegenüber diesem auf. Konservierung gut. XVII. Länge 17mm. Hammar (Upsala). Qrs 12 «. Pikrinformalin. Hämat-Eosin. Der Ösophagus hat zwei- bis mehrschichtiges Epithel mit grossem Lnmen mit glatter Oberfläche. Dünndarm. Im oberen Teil ist das Lumen von einem unregelmälsigen Netzwerk von Epithelbalken durchsetzt, das im Schnitt das Lumen in unregel- mäfsige Löcher teilt, welche mit denen in den benachbaiten Schnitten kommu- nizieren und dadurch ein unregelmäfsiges Kanalwerk durch das Epithel des Darms bilden. (Ein ganz ähnlicher Prozess findet sich auf Taf. 4, Fig. 1—4 abgebildet). Diese Epithelbalken sind ein- bis mehrschichtig, in den Knoten- punkten oft ziemlich dick; es finden sich Schnitte, wo die Lumina gross und durch dünne Epithelbalken abgegrenzt sind, und es gibt Schnitte, die zum grössten Teil aus von nur kleine Löchern durchsetztem Epithel bestehen. Der so beschriebene Prozess findet sich in geringerem Grade oberhalb der Papill- gegend, ist aber am stärksten dicht unterhalb derselben und nimmt dann langsam nach unten zu ab. Völlig hört er erst ungefähr da auf, wo der Darm in den Nabelstrang austritt. Der Dünndarm unterhalb des oben beschriebenen Gebiets nimmt ziemlich unbedeutend an Umfang ab; dieht unterhalb der Papillgegend hat er einen Diam. von 130 bis 120 « und unmittelbar oberhalb des Coecums einen solchen von 1104. Das Epithel ist überall mächtig, das Lumen aber doch völlig deutlich. Das Kolon ist deutlich schmäler als der Dünndarm, hat einen Diam. von ca. 80 u, ein mächtiges Epithel und ein zusammengefallenes Lumen, von dem nur eine Konturlinie zu sehen ist. Der ganz unten gelegene Teil hat dagegen einen etwas grösseren Umfang und grosses Lumen; Diam. 100 « und Lumen 60 u. Betreffs des Mesenchyms ist es wegen der nicht recht geglückten Kern- färbung 'schwer etwas Bestimmtes zu sagen. Die Konservierung nicht völlig gut. XVII. Länge 185mm. Hammar (Upsala'. Qrs 12 u. Karmin. Der Ösophagus ist ein weites Rohr mit mehrschichtigem Epithel und grossem Lumen mit ebener Oberfläche. Das Mesenchym ist differenziert. Die angeborenen Darm- und Ösophagusatresien. 2] Der Dünndarm zeigt eine kaulal abnehmende Entwickelung. In den oberen Teilen ein dickerer Darm mit nicht mächtigem Epithel und grösserem Lumen, in den unteren Teilen ein schmälerer Darm mit mächtigem Epithel und kleinerem, aber doch relativ grossem Lumen. Rings um die oberen Teile ein differenziertes, rings um die unteren ein nicht differenziertes Mesenchym. Überall einfaches Lumen mit ebenen Oberflächen. Das Kolon schmäler als der untere Dünndarm, mit zusammengefallenem Lumen; im untersten Teil dagegen deutliches Lumen, Die Konservierung nicht völlig gut. XIX. Dekapitiertes Präparat von ca.20 mm (geschätzter) Länge (Müller). (Embryo M). Qrs 20 «. Hämat-Eosin. Die oberen Teile des Ösophagus sind zerrissen. Der ganze oberste Teil ist ein rundes Rohr mit mehrschichtigem Epithel und grossem einfachen Lumen. In dem Gebiet, das direkt vor der Trachealteilung liegt, ist das Epithelrohr in anteposteriorer Richtung etwas abgeplattet. Hier finden sich neben dem Hauptlumen, das im Zentrum liegt und überall gross ist, auf einer oder beiden Seiten im Epithel Höhlungen‘, welche meistens durch wenige Schnitte, bis- weilen aber auch durch eine ganze Reihe solcher reichen. An ein paar Stellen öffnen sich diese Höhlungen in das Hauptlumen. Im untersten Teil finden sich keine derartigen Höhlungen. Das Mesenchym ist deutlich differenziert. Der Dünndarm. Im obersten Teil, bis ein Stück unterhalb der Papill- gegend, ist das Epithel sehr dich mit unebenen Oberflächen, sodass das Epithel an mehreren Stellen in das Lumen als unregelmälsige Masse hineinragt; das Lumen ist jedoch hier überall deutlich. Unterhalb dieses Gebiets, in der Schlinge, die sich unterhalb der unteren Duodenalbiegung befindet, ist eine 0,4 mm lange Partie, wo kein durchgehendes Lumen vorhanden ist, sondern wo der Darm aus einem Epithelstrang mit einer bis mehreren mit einander nicht zusammenhängenden Höhlungen besteht. Der Darm, der im oberen Duodenum einen Diameter von 215 « und in seinem kompakten Teil einen solchen von 185 « hat, wird nach unten zu schmäler, sodass er unmittelbar über dem Coecum einen Diam. von 125 wehat: Der ganze untere Teil hat mächtiges Epithel und sehr feine Lumina. Ungefähr die obere Hälfte des Dünndarms hat differenziertes Mesenchym. Das Kolon gleicht völlig dem unteren Teil des Dünndarms. Konservierung gut. I) HJALMAR FORSSNER, XX. Länge 20mm. Fürst (Lund). Qrs. Alkohol. Pikrokarmin. Der Ösophagus ist ein mehrschichtiges Epithelrohr mit einfachem, ziemlich grossem Lumen bis dicht unterhalb der Trachealteilung; er ist in ante-post. Richtung etwas abgeplattet. Im untersten Teil finden sich im Epithel neben dem Hauptlumen, das ununterbrochen fortgeht, kleine Höhlungen des- selben Aussehens wie in dem vorhergehenden Präparat. Im allgemeinen sind sie klein, in einigen Schnitten aber ebenso gross wie das Hauptlumen, sodass es auf dem Schnitt aussieht, als wenn das Lumen durch Zellbalken geteilt wäre. Der Dünndarm hat vberhalb der Papillgegend ein grosses, einfaches Lumen mit niedrigem (im allgemeinen zweischichtigem) Epithel. Unterhalb dieses Gebiets wird das Lumen von Epithelbalken auf dieselbe Weise, wie beim Embryo 17 mm beschrieben, durchzogen. Das Mesenchyım ist überall differenziert. In den obersten Teilen des Darms bildet es niedrige Falten, die in das Lumen hineinragen und diesem auf dem Querschnitt ein verzweigtes Aussehen verleihen. Diese Mesenchymfalten finden sich auch in den oberen Teilen des Gebiets, das von Epithelbalken durch- zogen ist, nicht aber weiter unten. Das Kolon hat mächtiges Epithel und schmales Lumen. Das Mesenchym ist nicht differenziert. Konservierung gut. XXI Länge 205mm. Hammar (Upsala). Qrs 12... Pikroformalin. Hämat-Eosin. Rekonstruiert Taf. 4, Fig. 4. Gezeichnet Taf.4, Fig. 1—9. Der Ösophagus. Das Epithel waceriert, abgestossen. Der Dünndarm. In dem Teil des Darms, der zwischen dem Ventrikel und dem Austritt des Darms in den Nabelstrang liegt, hat der Darm ein Aus- sehen ähnlich dem beim Embryo 17mm beschriebenen. Siehe Tafel 4, Fig. 1—2. Ein Teil dieses Gebiets ist rekonstruiert und in Fig. 4 abgebildet. — Das Mesenchyın ist differenziert. Im Nabelstrang gelegene Därme sind in weniger gutem Konservierungs- zustand. Die Konservierung nicht gut. XXU. Länge 2lmm. Hammar (Upsala). Qrs 15 «u. Hämat-Eosin. Der Ösophagus hat mehrschichtiges Epithel und grosses Lumen. An zerstreuten Stellen finden sich im Epithel kleine Lochbildungen, ähnlich den beim vorhergehenden Präparat beschriebenen. Die angeborenen Darm- und Ösophagusatresien. 23 Der Dünndarm. Die obersten Teile haben niedriges Epithel und ein grosses Lumen, in welches niedrige, längsgehende Falten, die von Epithel und Mesenchym gebildet sind, hineinragen. Diese Falten hören schnell auf, und in den Nabelstrangschlingen ist das Epithel überall mächtig mit ebenen Ober- Hächen und ziemlich grossem Lumen. Das Mesenchym ist überall differenziert. Das Kolon ist bedeutend schmäler als die unteren Teile des Dünndarms; das Epithel ist dick im Verhältnis zum Lumen, welches jedoch überall deut- lieh ist Konservierung nicht gut. XXI. Länge 211mm. Hammar (Upsala). Qrs 12... Alkohol. Hämat-Eosin. Rekonstruiert Taf. 6, Fig. 8—9, Gezeichnet Taf.6, Fig. 1—7. Der Ös ophagus hat ein mehrschichtiges Epithel und an der Mehrzahl von Stellen ein einfaches Lumen mit ebenen Oberflächen. Ganz oben hat er einen Frontaldiam. von 250 « mit einem Lumen von 150 «; nach unten zu wird er schmäler, sodass an der Trachealteilung dieselben Malse 170 « und 90 u sind. An vielen Stellen finden sich im Epithel Höhlenbildungen, ähnlich den beim vorhergehenden Präparat beschriebenen und noch mehr denen im Embryo 22,7 mm. Diese Höhlenbildungen sind etwas zahlreicher in den unteren, als in den oberen Teilen. Der Dünndarm. Im Duodenum hat der Darm seinen grössten Diam. (oberhalb der Papillgegend ca. 400 «). Das Epithel ist hier im Verhältnis zum Lumen viel niedriger als weiter unten. doch aber im allgemeinen mehrschichtig, In den Schnitten hat das Lumen die Form eines Sterns mit einigen wenigen, grossen, hineinragenden Falten, die aus Epithel und Mesenehym bestehen (Taf. 6. Fig. 1). Dieser Teil des Darms ist rekonstruiert (Taf. 6. Fig. 8). In er unterhalb des Duodenums gelegenen Schlinge, welche schmäler ist (ca. 260 «), ist das Epithel bedeutend mächtiger und ragt in grossen Balken und Brücken in das Lumen hinein (Taf. 6, Fig. 2—3), sodass dieses in mehrere mit einander gar nicht oder nur unvollständig kommunizierende Höhlungen geteilt wird. Durch diesen Teil des Darms hindurch findet sich kein zusammen- hängendes Lumen. Eine Rekonstruktion dieses Teils (Taf. 6, Fig. 9) zeigt, dass das Mesenchym auch hier in längsgehenden Falten hineinragt, die eine etwas unregelmälsige Form besitzen und mit langen, schmalen Zapfen versehen sind. Diese Bildungen ragen tief in die Epithelbalken hinein, bis zum Zentrum des Darms hin, doch ohne dass ein Übergang eines Mesenchymzapfens von der einen Seite zur anderen hat konstatiert werden können. 24 HJALMAR FORSSNER, Die weiter unten gelegenen Därme nehmen an Dimensionen ab, sodass der Diam. unmittelbar oberhalb des Coecums ca. 150 «4 beträgt. Das Epithel nimmt an Mächtigkeit auf Kosten des Lumens zu. In den höher hinauf liegen- den Teilen bilden sich aus dem Mesenchym vereinzelte zapfenähnliche Ein- buchtungen (Taf. 6, Fig. 4), weiter nach unten hören aber auch diese auf, und das Lumen wird sehr klein mit glatten Oberflächen (Taf. 6, Fig. 5—6). Das Mesenchym in dem ganzen Dünndarm sehr deutlich differenziert. Das Kolon ist bedeutend schmäler als der untere Teil des Dünndarms: es hat einen Diam. von ca. 8O«. Das Epithel ist mächtig und das Lumen äusserst klein, an den meisten Stellen vollständig zusammengefallen, aber überall sichtbar (Taf. 6, Fig. 7). Im alleruntersten Teil sind sowohl der Diam. des Darms als das Lumen wieder grösser. Das Mesenchym ist differenziert, aber nicht so deutlich wie im Dünndarm. Konservierung ausgezeichnet. XXIV. Länge 22,7 mm. Hammar (Upsala). Qrs 12 u. Hämat-Eosin. Rekonstruiert Taf. 7, Fig. 3, Taf. 8, Fig. 4. Gezeichnet Taf. 7, Fig. 1—2, Taf. 8, Fig. 1—9. Der Ösophagus zeigt dieselben Höhlenbildungen wie im vorhergehenden Präparat, jedoch in höherem Grade. Besonders stark ist der Prozess in der Gegend neben und unterhalb der Trachealteilung. Auf den Schnitten (Taf. 8, Fig. 1—3) hat man hier den Eindruck, dass das Lumen durch Epithel- balken ganz auf dieselbe Weise in mehrere Teile geteilt ist, wie z. B. der: obere Teil des Dünndarms im 17 mm-Präparat. An der Rekonstruktion (Taf. 8, Fig. 4) zeigt sich indessen, dass auch durch den Teil des Ösophagus hin- durch, wo dieser Prozess am lebhaftesten ist, ein durchgehendes Lumen sich findet, und dass im Epithel seitwärts von dem Lumen Höhlenbildungen von sehr wechselnder Form und Grösse vorhanden sind, welche in der Regel nicht mit dem Hauptlumen in Verbindung stehen; an einigen Stellen ist dies jedach der Fall. Der Dünndarm zeigt sehr grosse Ähnlichkeit mit dem vorhergehenden. In dem obersten Teil, der einen Diam. von ca. 250 « hat, finden sich ähnliche längsgehende Falten. In dem unterhalb der Duodenalbiegung gelegenen Darmteil ragt auch hier das Epithel in das Lumen in der Form der Balken und Brücken (Taf. 7, Fig. 1—2) hinein, in welche das Mesenchym hineinzuwachsen begonnen hat.. Eine Rekonstruktion dieses Teils des Darms (Taf. 7, Fig. 3) zeigt, dass min- Die angeborenen Darm- und Ösophagusatresien. 25 destens an zwei Stellen eine vollständige Unterbrechung in der Kontinuität des Lumens vorhanden ist. Die Dünndarmschlingen nehmen auch in diesem Präparat an Umfang nach unten zu ab (unmittelbar über dem Coecum ca. 140 «), das Epithel wird mächtiger und das Lumen kleiner mit glatten Oberflächen. Das Mesenchym überall deutlich differenziert. Das Kolon ist bedeutend schmäler als der Dünndarm (ca. 70 «), hat mächtiges Epithel und sehr feines Lumen. Das Mesenchym ist nicht differenziert. Konservierung ausgezeichnet. XXV. Länge 24mm. Hammar (Upsala). Qrs 12 «u. Karmin. Im Ösophagus finden sich Bilder, die den beim vorigen Präparat be- schriebenen ähneln, sie sind aber selten. In den oberen Teilen des Dünndarms ist das Lumen von Epithelbalken durchzogen, welche hier und da Mesenchym enthalten. Konservierung nicht gut. XXVI Länge 244mm. Hammar (Upsala). Sgs. 18 u. Karmin. Der Ösophagus zeigt dieselben Höhlenbildungen wie die vorhergehenden. Präparate. Der Dünndarm hat in seinem oheren Teil ein einfaches Epithel und ein grosses Lumen mit hohen, längsgehenden Falten. Nach unten zu zeigt er dieselbe kaudal abnehmende Entwicklung, wie sie bei den vorhergehenden Präparaten beschrieben worden ist. Doch findet sich keine Partie, wo das Epithel das oben beschriebene Balkenwerk oder eine Unterbrechung des Lumens bildet. Das Kolon gleicht ebenfalls den vorhergehenden Präparaten. Konservierung ausgezeichnet. XXVII Länge 305mm. Hammar (Upsala). Qrs 12 «. Karmin. Rekonstruiert Taf. S, Fig. 5. ber Ösophagus ist ein mehrschichtiges Epithelrohr mit grossem Lumen. In den oberen Teilen finden sich die oben beschriebenen Höhlen- bildungen. Der Dünndarm ähnelt sehr dem Dünndarm im 21,1 und 22,7 mm-Prä- parat. In den obersten Teilen ist das Epithel ein- bis zweischichtig, das Lumen gross mit längsgehenden Falten. 26 HJALMAR FORSSNER, In den nächstfolgenden, noch in der Körperhöhle gelegenen Schlingen bildet das Epithel vollständige Membranen, die über das Lumen gespannt sind, sodass in einer Schlinge dieses in mehrere von einander vollständig getrennte Höhlen geteilt wird (siehe die Rekonstruktion Taf. 8, Fig. 5). Das Mesen- chym wächst von mehreren Seiten in die Membranen hinein. Die im Nabelstrang gelegenen Schlingen sind maceriert. Das Kolon ist bedeutend schmäler als die Dünndärme; das Epithel ist im Verhältnis zum Lumen dicker als in diesen. Die Epitheloberfläche voll- kommen glatt. Die Konservierung teilweise gut. XXVII. Länge 3lmm. Hammar (Upsala). Qrs 6 u. Hämat-Eosin. Rekonstruiert Taf. 8, Fig. 7—8. Der Ösophagus ist durchweg ein weit offenes Rohr mit einfachem Lumen und mehrschichtigem, im Verhältnis zum Lumen nicht diekem Epithel. Die Form des Epithelrohrs ist etwas unregelmäfsig mit schwachen Ausbuch- tnngen gegen das Mesenchym. Der Dünndarm. Die oberen Teile, die einen Diam. von 500 bis 600 « besitzen, haben grosses Lumen, im Verhältnis zu diesem eine dünne Wand. In das Lumen buchten sich hinein ziemlich diehte, etwas unregelmälsige, längs- gehende Falten, die mit einen niedrigem, teilweise einfachen Epithel gekleidet sind. Die Därme zeigen wie in den übrigen Präparaten eine kaudal abnehmende Entwicklung, jedoch mit dem Unterschiede, dass das Lumen im Verhältnis zum Epithel überall noch viel grösser ist als bei irgend einem jener Präparate. Auch der Diam. nimmt ab, sodass er dicht oberhalb des Üvecums ca. 360 u beträgt. In höher hinauf gelegenen Schlingen finden sich niedrige Falten und Zapfen, die in das Lumen hineinragen (Taf. 8, Fig. 7), in den Schlingen weiter unten nur vollkommen glatte Epithelflächen. Das Kolon ist viel schmäler ais die Dünndarmschlingen. Das Epithel ist mächtig, das Lumen sehr klein mit glatten Oberflächen (Taf. 8, Fig. 8). Der unterste Teil des Kolons ist bedeutend grösser sowohl dem Diameter als dem Lumen nach. Dss Mesenchym ist differenziert. Konservierung ausgezeichnet. XXIX. Länge 52mm. Hammar (Upsala). Qrs 18 «. Spiritus, Formalin. Hämat-Eosin. Rekonstruiert Taf. 8, Fig. 6. Die angeborenen Darm- und Ösophagusatresien. ir; Der Ösophagus. Das Epithel mehrschichtig. Die Wand im Verhältnis zum Lumen dünner als im vorigen Präparat. In das Lumen buchten sich vier breite Längsfalten hinein, die dem Querschnitt die Form eines Kreuzes geben. (Siehe Tafel 8, Fig. 6.) Der Dünndarm. Das Epithel ist überall dünn, in den oberen Teilen an den meisten Stellen einschichtig. Der Diameter ist im Duodenum ungefähr doppelt so gross als in dem unteren Ileum. In den kranialen Schlingen sieht es auf dem Querschnitt so aus, als wenn sich dort Zapfen von Zottenform fänden, die aber fast bis zum Zentrum des Lumens reichen und ungeheuer viel breiter sind als wirkliche Zotten. Eine Rekonstruktion zeigt jedoch, dass hier nur Falten vorhanden sind, teils hohe schmale, an mehreren Stellen breiter an der Spitze als an der Basis, teils zwischen ihnen niedrige, mehr breitbasige. Die Falten sind vielfach an ihrem freien Rande uneben. Die kaudalen Dünndarmschlingen sind so maceriert, dass sie sich kaum beurteilen lassen. Das Kolon. Der Diameter ist bedeutend kleiner als bei dem unteren Dünndarm. Das Epithel ist im Verhältnis zum Lumen ziemlich niedrig. Im Lumen treten einige niedrige Längsfalten hervor. Die Konservierung nicht völlie gut. XXX. Länge 70mm. Hammar (Upsala). Qrs 12 «. Pikroformalin. Hämat-Bosin. Rekonstruiert Taf. 8, Fig. 9. Der Ösophagus gleicht dem vorhergehenden. Der Dünndarm. Das fpithel ist zum grössten Teil einschichtig. In den oberen Teilen sind auf dem Querschnitt zapfenförmige, zottenähn- liehe Bildungen zu sehen, die viel weniger weit in den Darm hineinreichen und schmäler sind als im vorhergehenden Präparat, doch aber noch viel grösser sind als wirkliche Zotten. Eine Rekonstruktion zeigt, dass keine deutlichen Längsfalten mehr wahrzunehmen sind, nur an einzelnen Stellen Reste davon. Aus der Oberfläche ragen statt dessen unregelmälsige Zapfen von sehr wech- selnder Form und Länge hervor. In den unteren Teilen des Dünndarms finden sich breite, dicke, ziemlich unregelmälsige Falten, welche nicht bis zum Zentrum hineinreichen. Das Kolon hat ungefähr denselben Diameter wie das untere Ileum. Hier finden sich wenige, breitbasige, tief einschneidende Falten und ein mehr- schichtiges Epithel. (Taf. S, Fig. 9). Konservierung ausgezeichnet. HJALMAR FORSSNER, Zusammenfassung. Das früheste Stadium in der oben beschriebenen Serie menschlicher Embryonen findet man im Embryo 3,4 mm. In diesem (Taf. 1) verläuft der Darmkanal in der Längs- richtung des Körpers als ein einfaches und im Verhältnis zur (Grösse des Embryos sehr grosses Rohr. Er steht in Verbindung mit der Dotterblase durch einen Duct. omphalo-mesent., der hier einen Durchmesser ungefähr gleich dem des Darmes selbst hat. Keine Lungen- oder Pankreasanlage ist vorhanden, aber eine kleine Leberanlage. Das Epithel ist zum grössten Teil einschichtig. Das Lumen ist um ein Vielfaches breiter als die Epithelwand. Das Mesen- chym rings um das Epithel ist vollständig undifferenziert. Auf einem nur unbedeutend späteren Stadium befindet sich Embryo 3 mm. Das Darmrohr ist auch hier gross im Ver- hältnis zum Körper und steht mit der Dotterblase durch einen offenen, obwohl schmalen Duct. omphalo-mesent. in Verbindung. Das Epithel ist dagegen mehrschichtig, immer noch aber niedrig im Verhältnis zu dem grossen Lumen. Einen ganz anderen Charakter hat der Darmkanal dagegen in den einander sehr nahe stehenden Embryonen 45 und 5 mm angenommen (Taf. 2). In diesem sind Oesophagus, Ventrikel und Darm deutlich differenziert; der Duct. omphalo-mesent. steht noch in Ver- bindung mit dem Darm, aber in der Form eines kompakten Zellstranges. Lungen und Pankreas sind angelegt. Anstatt einen dominierenden Platz in dem Querschnitt des Embryos einzunehmen, besteht der Darmkanal aus einem ganz schmalen Epithelrohr, das nicht nur relativ, sondern auch ab- solut bedeutend schmäler ist als das im Embryo 3,4 mm. Das Lumen, das vorher ohne allen Vergleich den grössten Teil des (Juerdurchmessers des Darmrohres einnahm, ist auf einen Bruch- Die angeborenen Darm- und Ösophagusatresien. 29 teil desselben reduziert und in ziemlich grosser Ausdehnung sogar derartig von dem mehrschichtigen Epithel ausgefüllt, dass ein gewisser Zweifel darüber herrschen muss, ob überhaupt ein Lumen vorhanden ist. Das Mesenchym ist immer noch voll- ständig undifferenziert. Sehr nahe den beiden letztgenannten in der Entwicklung steht Embryo 6 mm. Das Epithel dominiert hier indessen nicht so sehr im Verhältnis zum Lumen, welches überall voll- kommen offen ist. In diesem Präparat findet sich auch das Coecum angelegt, sodass sämtliche Teile des Darmkanals von einander geschieden sind. Schon auf einem sehr frühen Stadium hat sich also der ursprünglich aus einem geraden, weitoffenen Rohr bestehende Darm- kanal in seine verschiedenen Teile differenziert und sich gleichzeitig in ein schmales unansehnliches Epithelrohr verwandelt. Das Aus- sehen ist in den verschiedenen Darmteilen völlig gleichartig, ein mehrschichtiges Epithel, ein feines bis zusammengefallenes Lumen und ein völlig undifferenziertes Mesenchym. Von diesem Stadium aus geschieht die weitere Entwicklung so, dass mehr kraniale Teile sich früher entwickeln als mehr kaudale. Der Ösophagus beginnt seine weitere Entwicklung vor dem Dünndarm und dieser vor dem Dickdarm. Ösophagus. Schon in so frühen Stadien wie 7,2 und Ss mm ist der Ösophagus ein Epithelrohr mit mehrschichtigem Epithel und einem Lumen von ungefähr dem halben Diameter. Im Stadium 8,3 mm beginnt das Mesenchym sich zu differen- zieren, und von diesem Stadium an bis hinauf zu ungefähr 20 mm weist der Ösophagus in den verschiedenen Präparaten hauptsächlich quantitative Veränderungen auf. Das Epithelrohr nimmt an Umfang zu, behält aber dasselbe Aussehen bei mit mehrschichtigem Epithel und einem grossen Lumen, das ungefähr die. Hälfte oder mehr von dem Querdurchmesser einnimmt, Die Differenzierung im Mesenchym wird immer 30 HJALMAR FORSSNER, schärfer, aber die Grenze zum Epithel bleibt eben, ohne dass ein Einwachsen des Mesenchyms stattfindet. Von einem Entwieklungsstadium von ungefähr 20 mm an beeinnen im Epithel Höhlenbildungen aufzutreten, die dann mehr oder weniger entwickelt konstant sich vom Embryo M an bis zum Embryo 30,5 mm finden. Am reichlichsten kommen diese Bildungen im Embryo 22,7 mm vor, weshalb dieses Embryo der Beschreibung zu Grunde gelegt wird. Anstatt des eben beschriebenen Aussehens mit einem ein- fachen, grossen Lumen, das von einer gleichförmigen Epithel- schicht begrenzt wird, haben die Schnitte des Ösophagus in diesem Embryo an vielen Stellen, besonders direkt vor der Tracheal- teilung mehrere Lumina, die von einer sehr unregelmälsigen Form sind. Studiert man diese Bilder in den Schnittserien (Taf. 8, Fig. 1-3), so bekommt man unleugbar den Eindruck, dass man ein von einer Masse kleinerer Höhlungen anstatt von einem durchgehenden Lumen durchsetztes Epithel vor sich hat. Ganz ähnliche Bilder hat Kreuter für den Ösophagus menschlicher Embryonen in Stadien von 19 und 23 mm be- schrieben. Er giebt ihnen die Deutung, die ich soeben als naheliegend anführte, und spricht von einem massiven Epithel, das von zahlreichen Hohlräumen durchsetzt ist. Hiermit glaubt er festgestellt zu haben, dass auch im Ösophagus eine Epithel- okklusion vorkommt, die auf dieselbe Weise sich löst wie Tandler sie für das Duodenum beschrieben hat. tekonstruiert- man diesen Teil des Ösophagus (Taf. 8, Fig. 4), so findet man indessen, dass es sich hier nicht um ein massives Epithel handelt, das von einander getrennte Hohlräume ent- hielte, sondern dass ein durchgehendes, völlig offenes Zentral- lumen und eine Masse Kavitäten im Epithel zu seiten desselben vorhanden sind, welch letztere teils mit dem Hauptlumen in Verbindung stehen, teils es nicht tun, teils weit kleiner, teils bedeutend grösser als das Lumen sind. Dass dies durch Die angeborenen Darm- und Ösophagusatresien. 31 Rekonstruktion für Embryo 22,7 mm konstatierte Verhältnis auch bei den übrigen besteht, davon kann man sich ohne Schwierigkeit an Serienschnitten überzeugen, da der Prozess dort nicht so lebhaft ist und die Bilder daher weniger ver- wickelt werden. Diese Bilder treten in den verschiedenen Präparaten in sehr verschiedener Ausdehnung und mit sehr verschiedener Intensität auf. Bisweilen sieht der Prozess aus wie der soeben beschriebene, bisweilen finden sich nur ver- einzelte Kavitäten neben einem grossen Lumen (21, 24,4 mm u. a... Bisweilen finden sich derartige Bilder an verstreuten Stellen im ganzen Ösophagus (22,7 mm), bisweilen nur ganz unten (M), bisweilen nur ganz oben (30,5 mm). Im Embryo 31 mm ist die Wand des Ösophagus im Ver- hältnis zu dem grossen Lumen bedeutend dünner als im vor- hergehenden. Das Epithel ist mehrschichtig, zeigt keine der eben beschriebenen Höhlenbildungen und das Lumen ist überall ungeteilt. In den Embryos 52 und 70 mm ist das Epithel mehr- schichtig, im Verhältnis zu dem grossen Lumen dünn. Der Ösophagus hat in diesen beiden Präparaten breite, längsge- dehnte, aus Mesenchym und Epithel gebildete Falten, die in das Lumen hineinragen und auf dem Querschnitt diesem eine unregelmälsige Kreuzform geben (Taf. 8, Fig. 6). Dünndarm. Etwas später als der Ösophagus beginnt der Dünndarm seine weitere Entwicklung von dem Stadium in den 5—6 mm Embryonen, bis wohin wir die Entwicklung verfolgt haben. Der Unterschied zwischen kranialen und kaudalen Teilen ist indessen hier so bedeutend, dass man bei einer Be- schreibung sie geeigneterweise trennt. Die Grenze zwischen kranialen und kaudalen Darmschlingen ist natürlich nicht scharf, und es ist unmöglich bestimmt zu sagen, wo der eine Teil be- ginnt und der andere endet. Die Entwicklung, die für die kranialen Teile gegenüber den kaudalen kennzeichnend ist, trifft 32 HJALMAR FORSSNER, indessen ungefähr die Teile des Darmes, die zwischen dem Ventrikel und den Austritt des Darms in den Nabelstrang liegen. Die kranialen Teile des Darms simd daher ungefähr gleichbe- deutend mit den intraabdominellen, die kaudalen mit den extra- abdominellen. Was zunächst die Entwicklung der kranialen Teile betrifft, wie sie sich in den 6 Embryonen von 7,2 bis 10,3 mm ausge- drückt findet, so ist sie dadurch ausgezeichnet, dass der Diameter des Epithelrohrs zunimmt und dass das Epithel sich in einer starken Proliferation befindet, die in mehreren Präparaten dem Lumen ein unregelmälsiges Aussehen durch ungleichseitiges Wachstum gibt. Das Lumen ist verengt, in verschiedenen Präparaten aber in sehr verschiedenem Grade. In den nächst höheren Stadien (den beiden von 11,7 und dem von 14 mm) ist das Lumen nicht nur durch das proliferierende Epithel verengt, sondern an einer Reihe von Stellen gänzlich verschwunden, und der Darm besteht an diesen aus einer kompakten Epithelmasse, was aus den Rekonstruktionen von 11,7 und 14 mm hervorgeht (Taf. 3, Fig. 6 und 5, Fig. 1). In dem dieken Epithel, sowohl dort wo ein durchgehendes Lumen vor- handen ist als auch wo ein solches fehlt, finden sich kleine, vakuolenähnliche, mit einander nicht kommunizierende Hohl- räume. Durch diese erhalten die Querschnitte ein sehr wechseln- des Aussehen, indem der Schnitt bisweilen eine ganz kompakte Stelle getroffen hat, bisweilen eine oder mehrere solche Vakuolen, bisweilen ein Zentrallumen mit Vakuolen in dem Epithel seit- wärts von diesem (Taf. 3, Fig. 1—4). Ein sehr ähnliches Aussehen mit denselben kleinen Höhlen- bildungen und demselben mächtigen Epithel zeigt Embryo 13,2 mm. Die Verengung des Lumens geht hier indessen niemals soweit, dass es an einer Stelle obliteriert würde. Dieses Aussehen mit teilweise aufgehobenem Lumen und kleinen, begrenzten Hohlräumen in dem dicken Epithel hat Die angeborenen Darm- und Ösophagusatresien. 33 der Darm hier von der Grenze des Pylorus an über die Papill- gegend hin bis ungefähr zu der scharfen Biegung, womit die Duodenalschlinge in die kraniale Nabelstrangschlinge übergeht. Nächst hinter den zuletzt behandelten Stadien kommt, was die Entwicklung des Darms betrifft, unter meinen Präparaten der Emhryo M, obwohl er im übrigen weiter entwickelt ist. Der Darm gleicht hier dem zuletzt beschriebenen, nur mit dem Unterschiede, dass das Gebiet, wo der obliterierende Prozess auftritt, sich mehr kaudal befindet, ungefähr dort beginnend, wo die entsprechenden Bilder bei den soeben behandelten Embryonen enden, und sich ein Stück (ca. 400 «) herunter in die zum Nabel hinabsteigende Schlinge fortsetzend. Von diesen ziemlich abweichende Bilder zeigen die kranialen Teile des Darms bei den Embryonen 17 und 20,5 mm. In dem ganzen Gebiet von dicht oberhalb der Papillgegend an bis ungefähr zum Austritt des Darms in den Nabelstrang ist das Lumen von mit einander anastomosierenden Epithelbalken von sehr wechselnden Formen durchzogen, wodurch der Darm auf dem Querschnitt mehrere Lumina erhält, aber nicht wie in den vorhergehenden Präparaten in der Form kleiner runder Höhlungen, sondern im der Form grösserer, unregelmäfsiger Lücken (Taf. 4, Fig. 1—3). Rekonstruiert man diesen Teil des Darms, so findet man, dass diese Lücken mit einander vielfach kommunizieren und hierdurch ein anastomosierendes Kanalnetz- werk im Darmepithel bilden (Taf. 4, Fig. 4). Eine vollständige Unterbrechung des Darmlumens ist jedoch nicht vorhanden. Die hier beschriebenen Bilder, sowohl diejenigen, wo das Epithel kompakt ist mit nur kleinen Vakuolen, als auch die, wo es von grossen, mit einander kommunizierenden Höhlungen durchsetzt ist, stimmen vollständig mit denen überein, die Tandler im Duodenum bei Menschenembryonen in. den meinigen entsprechenden Stadien beschrieben hat. Anatomische Hefte. I. Abteilung. 102. Heft (34. Bd. H. 1). 3 34 HJALMAR FORSSNER, Derartige Bilder von epithelialer Okklusion mit grösseren oder geringeren Höhlenbildungen im Epithel finden sich in- dessen bei Embryonen von: bedeutend höherem allgemeinem Entwicklungsgrad als die bisher behandelten, dann aber in etwas mehr kaudal gelegenen Teilen. Im Embryo 21,1 mm ist unterhalb der Duodenalbiegung eine Darmschlinge vorhanden, in der kein durchgehendes Lumen sich findet, sondern nur ziemlich kleine, im allgemeinen nicht kommunizierende Hohlräume (Taf. 6, Fig. 2—3 und 9). Im Embryo 22,7 mm finden sich an der entsprechenden Stelle breite Fpithelmassen, die das Lumen verschliessen (Taf. 7, Fig. 1-3). Noch in einem so späten Stadium wie 305 mm findet sich eine Schlinge zwischen der Duodenal- biegung und dem Austritt des Darms in den Nabelstrang, wo vollständige Quermembranen von Epithel das Lumen in mehrere von einander vollkommen getrennte Teile zerlegen (Taf. 8, Fig. 5). Andererseits finden sich Embryonen, die im übrigen auf mit den hier geschilderten völlig parallelen Entwicklungsstadien stehen, wo aber der Darm weder epitheliale Okklusionen noch Höhlungen im Epithel aufweist, und wo das Epithel im Ver- hältnis zum Lumen durch den ganzen Darm hindurch niedriger ist als in dem zuletzt geschilderten. Derartige Embryonen sind 18.921 und 31 mm. Neben der soeben geschilderten Entwicklung des Epithels vollzieht sich auch die Entwicklung des Mesenchyms aus dem undifferenzierten Zustande in den allerfrühesten Stadien. Bei 10,3 mm tritt der erste Ansatz zu einer Differenzierung rings um die oberen Teile des Darms auf, und dieser Prozess schreitet dann langsam nach unten zu dem Darm entlang fort; noch im Embryo M und 18,5 mm ist sie nicht über die obere Hälfte des Darms hinausgekommen. Anfangs vollzieht sich die Entwicklung des Mesenchyms unabhängig von der des Epithels, auf einem Stadium aber von ungefähr 20 bis 22 mm, wo die eben erwähnte Differenzierung Die angeborenen Darm- und Ösophagusatresien. 35 auch die kaudalen Teile des Darms erreicht hat, treten in den kranialen Teilen die mesenchymalen und epithelialen Bestand- teile der Darmwand in nähere Verbindung. -Es beginnt dies damit, dass das Mesenchym in der Form eines schmalen, ein Gefäss enthaltenden Zapfens in das Epithel eindringt. Dieser Zapfen entwickelt sich sehr schnell dahin, dass er eine in der Längsrichtung des Darms stehende, mehr oder weniger lange Falte darstellt. Das Aussehen, das der Darm hierdurch erhält, beruht zum grossen Teile auf dem Aus- sehen, welches das Darmepithel zu dem Zeitpunkt hat, wo das Mesenchym in dasselbe einzuwachsen beginnt. Am einfachsten sind natürlich die Verhältnisse, wenn dieser Prozess in einem Darm auftritt, wo das Epithel mit einer glatten Grenze ein einfaches Lumen umschliesst. Unter solchen Umständen entstehen auf der inneren Oberfläche des Darms kleine Zapfen, die sich schnell zu längsgehenden Falten ent- wickeln. Derartige Bilder zeigt Embryo 21 mm, das in seinem obersten Teil eine geringe Zahl ziemlich niedriger und breit- basiger Falten hat, und dasselbe zeigen sehr schön Embryo 21,1 und 22,7 mm in ihren duodenalen Teilen, wo das Lumen voll- ständig offen ist (Taf. 6, Fig. 8). Dieser Prozess, wie auch die ganze übrige Entwicklung des Darms, nimmt in den kaudalen Darmteillen ab, was sehr deutlich aus Embryo 31 mm hervorgeht. Hier finden sich im Duodenum ziemlich niedrige, dichte, längsgehende Falten die weiter unten spärlicher und kürzer werden oder die Form kleiner Zapfen annehmen (Taf. 8, Fig. 7). Ganz unten hört dieser Prozess vollkommen auf, und die Lumina werden glatt, umgeben von einem mehrschichtigen Epithel und dahinter ein differen- ziertes Mesenchym mit glatter Grenze zum Epithel. Indessen hat das Epithel durchaus nicht immer dieses ein- fache Aussehen auf den Stadien, während welcher der be- treffende Prozess seinen Anfang nimmt, vielmehr hat es oft 3* 36 HJALMAR FORSSNER, einen ziemlich komplizierten Bau, was aus der eben gegebenen Schilderung hervorgeht. Wenn das Mesenchym in das Epithel zu einem Zeitpunkt einzuwachsen beginnt, wo dieses noch über den Darm von einer Seite zur andern in Balken oder Membranen hinaushängt, so ist es klar, dass freie Falten nicht entstehen können, sondern das Mesenchym wächst in diese präformierten Epithelbildungen ein, die bis zu einem gewissen Grade dem Mesenchym ihre Form aufdrücken. Man sieht auch, wie das Mesenchym von verschiedenen Seiten in die Epithelokklusionen in den Embryonen 21,1, 22,7 und 30,5 mm eindringt (Taf. 6, Fig. 9, 7, Fig. 1 und S, Fig. 5), im ersten, wo das Lumen ziemlich voll- ständig obliteriert ist, in der Form von Falten, in den letzteren, wo die Okklusion die Form von Membranen hat, in der Form langer Zapfen. Der soeben beschriebene Faltenbildungsprozess stimmt in vielem mit dem überein, den Berry beschrieben, und ähnliche Bilder sind nach ihm auch von Tandler und Kreuter beob- achtet worden. Alle diese haben indessen den Prozess nur in Därmen auftreten sehen, wo das Lumen vollständig offen ist, und haben daher nicht die zuletzt beschriebenen komplizierten Bilder beobachten können, welche entstehen, wenn der Falten- bildungsprozess beginnt, ehe noch das Epithel vollständig gelöst ist. Was die weitere Entwicklung dieser Längsfalten betrifft, so scheint es mir klar zu sein, dass sie sich in Zotten um- wandeln, zu denen sie demnach ein Vorstadium darstellen. In dieser Hinsicht bestätigt meine Untersuchung den ursprüng- lich von Meckel aufgestellten und dann von Berry auf- genommenen Satz. Im Embryo 52 mm finden sich noch im Duodenum aus- schliesslich längsgehende Falten, teils hohe und schmale, teils zwischen ihnen niedrige und breitbasige. Im nächsten Stadium ‘V mm, finden sich keine Falten mehr, sondern nur unregel- 37 Die angeborenen Darm- und Ösophagusatresien. mäfsige, zottenähnliche Zapfen, welche kleiner sind als die Falten des vorhergehenden Stadiums, aber viel grösser als ausgebildete Zotten. Während die kranialen Teile des Darms die eben geschilderte Entwicklung durchmachen, vollzieht sich an den kaudalen Dünn- därmen und am Kolon ein sehr ähnlicher Entwicklungsprozess, so aber, dass diese sich dabei stets auf einem früheren, von dem kranialen Darm bereits durchlaufenen Stadium befinden. In dem 5 bis 6 mm-Stadium, wo das Coecum eben ange- legt war, fand sich, was den Bau des Darms betrifft, kein Unterschied zwischen den unteren Teilen des Dünndarms und dem Kolon. Dieser Zustand hält ziemlich lange an, bis ungefähr zu dem Stadium 20 mm. Das Wachstum der beiden Darmteile schreitet langsam fort, das Epithel wird vielschichtig und mächtig im Verhältnis zum Lumen, welches sehr fein, bisweilen zusammengefallen, bisweilen völlig deutlich ist, was auf indi- viduellen Unterschieden beruht. Ungefähr von dem Stadium 20 mm an entwickelt sich das Ileum etwas schneller als das Kolon. Das Epithel erhält sich lange mehrschichtig, das Lumen aber wächst relativ schneller und nimmt daher in den Stadien um 30 mm herum den grösseren Teil des Diameters ein. Es geschieht dies, ohne dass diese Darmteile — soweit meine Präparate erkennen lassen — ein Stadium durchlaufen, wo das Lumen obliteriert ist. Auch kommen die oben beschriebenen Höhlenbildungen im Epithel nicht vor. Auch die Entwicklung des Mesenchyms geht in diesen kaudalen Dünndarmschlingen weit später vor sich. Erst bei einer Länge von ungefähr 20mm, wobereits dasMesenchym im Duodenum längsgehende Falten zu bilden begonnen hat, ist die Differen- zierung rings um die untersten Tleumschlingen herum vollständig. Darüber, wann die Faltenbildung diese Teile erreicht, gibt mein Material keinen näheren Aufschluss. Im Embryo 31 mm hat 38 HJALMAR FORSSNER, dieser Prozess die oberen Schlingen im Nabelstrang erreicht, während in den untersten Illeumschlingen noch keine Spur davon zu sehen ist, und im Embryo 70 mm finden sich bereits zahlreiche Falten durch den ganzen Dünndarm hindurch. Noch später als die unteren Teile des Dünndarms_ ent- wickelt sich, wie erwähnt, das Kolon. Auf einem Stadium von 3l mm, wo die Dünndärme überall ein grosses weites Lumen und eine scharfe Differenzierung im Mesenchym haben, und wo der Faltenbildungsprozess bis weit nach unten in die Därme, die im Nabelstrang liegen, gedrungen ist, ist das Kolon noch ein schmaler Darm mit mächtigem Epithel, sehr feinem Lumen und noch unvollständiger Differenzierung im Mesenchym (Taf. 8, Fig. 8). Im Embryo 52 mm ist der Diameter immer noch kleiner als der des unteren Dünndarms, das Lumen ist ziemlich gross, und niedrige, längsgehende Falten beginnen aufzutreten. Im Embryo 70 mm sind diese Falten schön aus- gebildet, und der Darm ähnelt sehr dem Duodenum im Stadium 20 mm (Taf. Ss, Fig. 9); der Diameter des Darms ist nun gleich dem des Dünndarms. Bedeutend schneller entwickeln sich indessen die aller- untersten Teile des Diekdarms, sowohl was die Dimensionen als was den Bau der Wand betrifft. Meine Untersuchungen sind indessen in diesem Punkt nicht so genau, dass ich sagen kann, wo die Grenze zwischen diesen verschiedenen Darmteilen geht. Bevor die hier beschriebenen anatomischen Prozesse näher diskutiert werden, muss die Frage in Erwägung gezogen werden, ob diese Epithelokklusion und die sog. Lösungsbilder überhaupt nicht Ausdruck eines physiologischen Prozesses, sondern vielleicht artefakt sind. Man muss zugeben, dass man sehr wohl an eine Art Schrumpfungsphänomen denken könnte, wenn man Präparate sieht wie 17, 20,5 und auch 11,7 mn, wo die Schrumpfung, wie das aus den Abbildungen hervorgeht, ziemlich bedeutend ist. Die angeborenen Darm- und Ösophagusatresien. 39 Ich glaube indessen, dass man mit grosser Sicherheit diese Deutung aus folgenden Gründen ausschliessen kann. Was zunächst die grösseren spaltenförmigen Bilder, die z. B. im Embryo 17 und 20,5 mm (Taf. 4) auftreten, betrifft, so spricht gegen die Annahme, dass sie artefakt sind, der Um- stand, dass sie von mehreren verschiedenen Untersucbern in gewissen bestimmten Entwicklungsstadien gefunden worden sind, niemals aber, wie stark auch die Schrumpfung gewesen, in früheren oder älteren Stadien. Hiergegen lässt sich indessen möglicherweise der Einwand erheben, dass eben in diesen Stadien das Epithel am mächtigsten und daher am besten ge- eignet ist, zu solchen Schrumpfungsbildern Anlass zu geben. Kräftiger spricht daher in derselben Richtung die Tatsache, dass die fraglichen Bilder sich, und sogar besonders schön, auch in solchen Idealpräparaten wie 21,1 und 22,7 mm finden. Schliess- lich kann hinzugefügt werden, dass sowohl Epithelobliterationen als Höhlenbildungen auch innerhalb der meisten Tiergruppen vorkommen. Tandler deutet die Höhlenbildungen als einen Lösungs- prozess, durch welchen das Lumen sich aus dem soliden Epithel- strang zurückbildet, und ich kann nicht anders finden, als dass die Präparate, die alle Übergänge von kleinen Spalten in einem sonst kompakten Epithel bis zu einem grossen, nur von einer geringen Anzahl Zellbalken durchzogenen Lumen aufweisen, direkt für eine derartige Ansicht sprechen, Wenn es demnach sicher sein dürfte, dass die Mehrzahl dieser Bildungen nicht der Präparation ihre Entstehung ver- danken, so ist dies nicht ebenso sicher betreffs allen, und be- sonders nicht betreffs der sog. Vakuolen (siehe z. B. Taf. II). Sie sind schwerlich auf diese Weise zu deuten. Teils haben sie eine runde, glatte Form, wie man sie nicht zu erwarten hätte, wenn sie durch das Auseinanderweichen der Epithelzellen entstanden wären, die vielmehr daraufhin deutet, dass sie mit AO HJALMAR FORSSNER, Flüssigkeit prall angefüllt sind, teils kommen sie in dem dicken Epithel bereits vor, ehe eine Okklusion zustande gekommen ist. Es wäre doch eigentümlich, wenn Lösungsbilder im Epithel angetroffen werden, auch in Stadien, wo es noch nicht zu einer Okklusion gelangt ist. Ich halte es daher für das Wahr- scheinlichste, dass es zweierlei Höhlenbildungen gibt, teils die Vakuolen, die kleine Flüssigkeitsansammlungen sind, durch die Zusammenziehung entstanden, die das Epithel wohl stets er- fährt, wie gelungen die Fixierung auch sein mag, teils echte Spalten, durch Auseinanderweichen der Epithelzellen entstanden. Die Entwicklung, die der Darm von dem weitoffenen Stadium im Embryo 3,4 und 3 mm bis zu dem schmalen und zusammengefallenen in 4,5 und 5 mm durchläuft, ist vielleicht die grösste Veränderung, die er während eines so kurzen Zeit- raumes im Laufe seiner ganzen Entwicklung erfährt. Wahrscheinlich beruht dieses ganz veränderte Aussehen hauptsächlich auf zwei Faktoren, der Proliferation des Epithels und den veränderten Raumverhältnissen innerhalb der Mesen- chymhülle des embryonalen Darms. Einerseits ist wohl unzweifel- haft die Epithelproliferation auf diesem Stadium lebhaft, anderer- seits aber ist das Mesenchymrohr, das im Embryo 3,4 mm das Epithel umschliesst, im Stadium 4,5 mm wesentlich verengt und in dem letzteren, auch direkt gemessen, schmäler als in dem ersteren. Es dürfte sich dieses nicht auf eine andere Weise erklären lassen, als dass das Mesenchym, das den embryonalen Darm umgibt, nachdem dieser sich zu einem Rohr abge- schlossen, während der nächstfolgenden Entwicklung wenigstens der Hauptsache nach sich passiv verhält und nicht aktiv dem Wachstum des Embryos folgt, sondern nur sich durch das Längenwachstum und das gleichzeitig geschehende Zusammen- rollen desselben ausdehnen lässt. Das Epithel hat indessen auf so frühen Stadien offenbar nicht den Charakter eines festen (sewebes, sondern besitzt ein grosses Vermögen sich wie eine Die angeborenen Darm- und Ösophagusatresien. 41 plastische Masse nach dem gegebenen Raum zu formen. Es ist deshalb wahrscheinlich, dass ein Epithel, das in einer ein- fachen Schicht die Wände des grossen Mesenchymrohrs im Embryo 3,4 mm bekleidete, zusammengedrängt und mehr- schichtig werden wird, wenn dieses Rohr durch das Längen- wachstum des Embryos schnell schmäler wird wie im Stadium +45 mm. Ist diese Auffassung richtig, so ist es klar, dass schon in diesem ersten Stadium individuelle Verschiedenheiten in dem Grad der Ausfüllung leicht entstehen können, weil weder das Längenwachstum des Embryos noch die Epithelproliferation konstante Faktoren sind. Dass solche Verschiedenheiten auch vorhanden sind, scheint mir aus meinen Präparaten hervorzugehen. Im Embryo 4,5 und 5 mm sind die Lumina äusserst eng, teilweise völlig zusammengefallen, und in dem benachbarten Stadium, 6mm ist das Lumen überall völlig offen. Eine Möglichkeit wäre freilich die, dass dieses letzte Embryo, das etwas weiter vorgeschritten ist als die übrigen, das zusammengefallene Stadium passiert und ein offenes Lumen zurückgebildet hätte. Dies ist indessen unwahrscheinlich, weil der Darm in allen seinen Teilen auf ungefähr demselben Entwicklungsgrad steht, was kaum der Fall hätte sein dürfen, wenn ein Entwicklungsprozess durch- gelaufen wäre, da die kranialen Teile eine ausgeprägte Neigung haben, bei jeder Entwicklung vorauszugehen und deshalb diese Teile des Darmes mit den kaudalen auf gleichem Ent- wicklungsgrade nur dann stehen, wenn die Entwicklung noch nicht angefangen hat oder schon ganz vorüber ist. Ich erachte es daher für das Richtigste, die Präparate als individuelle Grad- unterschiede zu deuten. Die ersteren sind von Anfang an mehr, das letztere weniger ausgefüllt. Auf Grund dieser meiner Auffassung kann ich nicht be- sonders grosses Gewicht der Frage beimessen, ob in diesen Präparaten das Lumen an einer oder der anderen Stelle wirklich 42 HJALMAR FORSSNER, ganz verschwunden ist. Das Wahrscheinlichste dürfte wohl sein, dass, da das Lumen so ausgefüllt werden kann wie in diesen meinen zwei Embryonen, es in einem anderen Fall vollständig obliteriert werden kann. Diese Bilder sind doch denen nicht ganz gleich, die Tandler und ich auf späteren Stadien im Duodenum gefunden haben, wo der Darm aus einem soliden Epithelstrang mit gleichförmig über den ganzen Schnitt verteilten Zellkernen besteht. Solche Bilder findet man auf diesen frühen Stadien nicht. Die Zellkerne finden sich nur in den peripheren Teilen der Schnitte und eine schwache Konturlinie tritt im Zentrum hervor. Ich brauche deshalb hier nur den Ausdruck zusammen- gefallenes Lumen. Meiner Ansicht nach beginnen also verschiedene Därme ihre weitere Entwicklung mit sehr verschieden weitem Lumen. Da wohl anzunehmen ist, dass die Proliferation des Epithels auch während der folgenden Stadien individuellen Schwankungen ihrer Intensität nach unterworfen ist, sind offenbar mehrere Faktoren, die auf den Grad der Mächtigkeit des Epithels im Verhältnis zum Lumen einwirken können, vorhanden. Deshalb sind individuelle Variationen an und für sich auch in den folgenden Stadien wahrscheinlich. Dass solche auch vorkommen, scheint mir bei einem Ver- gleich zwischen der Darmentwicklung in einander sonst gleichen Präparaten hervorzugehan. Während das Lumen in den Embryonen 8,3 und 10 mm stark verengt und teilweise durch das mächtige Epithel defor- miert ist, ist es in 9 und 10,3 mm weit und glatt. In den beiden Präparaten 11,7 und in 14mm finden sich vollständige Epithelokklusionen; in 13,2, das im übrigen vollständig den anderen gleicht, ist das Epithel zwar mächtig mit Vakuolen, das Lumen aber an keiner Stelle obliteriert. In den Embryonen M, 17, 20, 20,5, 21,1 und 22,7 mm finden sich Bilder von mächtigen Epithelokklusionen und mehr oder weniger weit vorgeschrittenen “ Die angeborenen Darm- und Ösophagusatresien. 43 Lösungsbilder, in den Embryonen 185 und 21mm sind die Lumina überall vollständig offen. Im Embryo 30,5 mm finden sich vollständige Epithelmembranen über dem Lumen, in 31 mm haben wir ein absolut offenes Lumen. Dieses alles braucht natürlich nicht zu bedeuten, dass das verschiedene Aussehen der verglichenen Präparate nur auf indi- viduellen Gradationen beruht, denn es lässt sich denken, dass der Prozess, obwohl für alle im Prinzip derselbe, verschieden schnell abläuft und deshalb in etwas verschiedenen Stadien der Entwicklung bei sonst gleichwertigen Embryonen gefunden wird, sodass !man bei einigen das Stadium von Proliferation, bei anderen von vollständiger Obliteration und bei noch anderen von Lösung findet. Man kann z.B. nicht die Möglichkeit be- streiten, dass 13,2mm in einem etwas späteren Stadium so mächtig wie 11,7 oder 14mm proliferiert hätte, und auch nicht, dass 18,5 und 21 mm ein Stadium vollständiger Okklusion viel- leicht schon durchgemacht haben könnten ; noch weniger lässt sich dies für 3l mm bestreiten, das in der Entwicklung so weit gelangt ist. Tandler neigt mehr zu dieser Auffassung. Er nennt den Prozess ohne Einschränkung eine im Duodenum normalerweise vorkommende Entwicklungsperiode, und aus seiner Darstellung wie auch später aus der Kreuters, wenn er Tandlers Satz für den ganzen Darmkanal zu generalisieren sucht, scheint her- vorzugehen, dass sie die Obliteration, die sog. embryonale Atresie, als etwas auffassen, das alle Därme durchzumachen haben. Es scheint mir dies ziemlich zweifelhaft zu sein. Sieht man sich die zuletzt angeführten Embryonen an, so wird man finden, dass einige durch den ganzen Darm hindurch im Verhältnis zum Lumen dünnes Epithel haben, andere das Gegenteil, und bedenkt man, dass diese Unterschiede zwischen ihnen in den Teilen des Darmkanals, die noch kaum ihre weitere Entwicklung begonnen haben, ebenso auffallend ist wie in denen, AA HJALMAR FORSSNER, die sie vollendet haben sollten, so erhält man doch den be- stimmten Eindruck, dass individuelle Variationen hier eine grosse Rolle spielen. Alle Därme zeigen eine lebhafte Epithelproli- feration, einige so lebhaft, dass das Lumen obliteriert wird, andere weniger lebhaft und werden nicht obliteriert. Wie oft die Proliferation eine wirkliche Epithelokklusion verursacht, ist eine Frage, die sich kaum beantworten lässt, bevor eine bedeutend grössere Anzahl untersuchter Därme vorliest. Dass die Intensität der Epithelproliferation nicht nur diese individuelle, für den ganzen Darm geltende Verschiedenheiten aufweist, sondern auch in verschiedenen Darmteilen in dem- selben Embryo wesentlich verschieden ist, geht völlig deutlich aus meinem Material hervor, und ich stimme vollständig Tandler bei, dass beim Menschen das Duodenum oder jedenfalls die kranialen Teile des Darms die grösste Neigung haben, zu einer kompakten Zellenmasse zu proliferieren. Meiner Ansicht nach beginnen also verschiedene Embryonen ihre Darmentwicklung mit verschieden weiten Lumina. Bei allen wird in den ersten Stadien eine mächtige Epithelproliferation beobachtet, durch welche das Lumen noch mehr verengt wird. Besonders stark ist diese Proliferation bei menschlichen Embryonen in dem kranialen Teile des Darmes, warum hier häufig eine vorübergehende Epithelokklusion sich ausbildet. Individuelle (Gradunterschiede sind doch vorhanden, weshalb die epitheliale Ausfüllung des Lumens verschieden weit geht und eine Okklu- sion nicht bei jedem Embryo zustande kommt. Wenn diese Auffassung richtig ist, so ist es meines Erachtens in hohem Grade wahrscheinlich, dass unter besonderen Verhält- nissen — besonders einer sehr mächtigen Proliferation — eine Okklusion auch in anderen Teilen des Darms als dem Duodenum ausnahmsweise entstehen kann. Die angeborenen Darm- und Ösephagusatresien. 45 Für das Kolon hat Kreuter gezeigt, dass das der Fall sein kann, während ich in keinem meiner Präparate das Lumen mehr als zusammengefallen gefunden habe. Für die kaudalen Teile des Dünndarms ist es noch nicht gezeigt worden, vielmehr haben Lumina in allen bisher unter- suchten Präparaten konstatiert werden können, wenn auch nur als ein Punkt im Querschnitt. Aber wie klein ist hier das untersuchte Material! Wenn es sich darum handelt, das Extrem einer Variation innerhalb eines physiologischen Prozesses zu finden, bedeuten natürlich ca. 50 negative Befunde nicht viel. Das Gleiche dürfte für den Ösophagus gelten, wo es auch nicht gelungen ist, die Okklusion direkt nachzuweisen. Kreuter glaubt es freilich getan zu haben, aber seine Untersuchung ist, wie ich bereits erwähnt habe, unvollständig, indem er sich nicht der Rekonstruktionsmethode bedient hat. Mittelst dieser Methode habe ich gezeigt, dass mit den seinigen völlig übereinstimmende Bilder auf demselben Stadium im Ösophagus nicht auf einem Okklusionsprozess beruhen, der in Lösung begriffen ist, sondern auf einer Höhlenbildung im Epithel gleichzeitig mit einem durch- gehenden Lumen. Dass dieser Prozess im Ösophagus die Aufgabe hat, das Lumen zu vergrössern, scheint mir wahrscheinlich, und insofern ist er mit Tandlers Lösungsbildern identisch, hieraus folgt aber natürlich nicht, dass man durch den Nachweis dieser Bilder eine Epithelokklusion konstatiert hat, die man dann als ein ätiologisches Moment für die kongenitalen Ösophagusstenosen gebrauchen kann. Betreffs der Entwicklungsstadien, während der die hier geschilderten anatomischen Prozesse sich abspielen, ist Tandler auf Grund seiner Präparate zu der Auffassung gekommen, dass die epitheliale Okklusion ungefähr auf dem 10—12 mm-Stadium beginnt und dann im 20 mm-Stadium vollendet ist. Erst hier- nach beginnt das Mesenchym an der Formung der inneren 46 HJALMAR FORSSNER, Oberfläche des Darms teilzunehmen, d.h. nun erst nimmt die Faltenbildung ihren Anfang. Über die Zeit für den Anfang des Prozesses bin ich mit Tandler einer Ansicht, betreffs des Zeitpunktes seiner Voll- endung aber hat er sich geirrt, da sein Material zu gering ge- wesen ist. Wenn ich z.B. nur die Embryonen 17, 20,5, 21 und 3l mm zur Verfügung gehabt hätte, wäre ich zu demselben Resultat gekommen wie er. Nun bin ich in der Lage gewesen, bedeutend mehr Präparate zu untersuchen, und dabei hat es sich gezeigt, dass der Verlauf, den Tandler für diesen Prozess an- gegeben, keineswegs immer stattfindet, meinem Material nach nicht einmal gewöhnlich. Es zeigt sich im Gegenteil, dass sowohl eine Epithelobliteration als sog. Lösungsbilder in viel älteren Stadien sich finden. und dass das Einwachsen des Mesen- chyms in das Epithel durchaus nicht erst auftritt, nachdem dieser epitheliale Prozess abgelaufen ist. Der eigentliche Faltenbildungsprozess scheint zwar ziemlich konstant ungefähr auf dem Stadium 20 mm zu beginnen, nach dem Ausweis meines Materials aber unabhängig davon, wie weit die Entwicklung des Epithels dann gelangt ist. Das Epithel ist indessen, wie das aus vielen Embryonen hervorgeht, zu diesem Zeitpunkt durchaus nicht immer gelöst, sondern hängt in vielen Fällen als Epithelbalken und obturierende Membranen über dem Lumen hinaus, und die Folge hiervon ist, dass das Mesenchym in diese Epitelbildungen hineinwächst. Dass dies den Lösungs- prozess verzögert, ist für mich sehr wahrscheinlich, da eine Epithelbrücke, die teilweise einen Mesenchymkern enthält, un- zweifelhaft resistenter sein dürfte als eine, die eines solchen entbehrt, und dieser Umstand scheint mir für die Deutung der Ätiologie der kongenitalen Atresien nicht ohne Bedeutung zu sein, worauf ich später zurückkomme. Ein anderer Umstand, der auch aus einer Untersuchung etwas späterer Stadien als der Tandlerschen hervorgeht, ist Die angeborenen Darm- und Ösophagusatresien. 47T der, dass die epitheliale Obliteration nicht auf das Duodenum beschränkt ist, sondern auch die nächsten Schlingen darunter, d. h. wenigstens die obere Teile des Jejunums, trifft. Was die Form betrifft, in welcher die Zottenbildung zuerst auftritt, so bestätigt mein Material durchaus Meckels alte, von Berry neulich wieder gemachte Beobachtung. dass beim ersten Einwachsen des Mesenchyms in das Epithel in der Längs- richtung des Darms gehende Falten sich bilden, wie auch Berrys Behauptung, dass die Zottenbildung ein Prozess ist, der kaudal an Intensität abnimmt, was übrigens zu erwarten war, da dieses ein für die ganze Darmentwicklung geltendes Gesetz ist, wie bereits Meckel es ausgesprochen hat. Über den näheren Verlauf dieser Entwicklung erlaubt mir dagegen mein Material nichts bestimmtes zu äussern. Es ist meines Erachtens nicht unwahrscheinlich, dass die Entwicklung der Hauptsache nach den Verlauf hat, wie er bei Schweine- embryonen von Voigt geschildert worden ist. Dadurch, dass der Darm an Umfang zunimmt, sollen nach Voigt die Abstände zwischen den Falten grösser werden und neue Falten zwischen den alten auftreten. Bilder, die auf diese Weise gedeutet werden könnten, habe ich im Duodenum im Embryo 52 mm gefunden, wo hohe schmale Falten und zwischen ihnen niedrige breitbasige sich finden. Im Stadium 70 mm finden sich sehr grobe Zapfen, aus denen die eigentlichen Zotten wohl mit aller Wahrscheinlichkeit sich bilden. Ob diese zapfenförmigen Bildungen beim Menschen mit den Zottenbasen Voigts homolog sind, kann ich nicht entscheiden. Das Studium der menschlichen Embryonen hat also das Resultat ergeben, dass die in allen Embryonen in frühzeitigen Stadien auftretende Epithelproliferation. ihrer Intensität nach individuell ziemlich verschieden ist, dass sie in der Regel eine 48 HJALMAR FORSSNER, Obliteration des Lumens im Duodenum mit sich führt, und dass eine solche wahrscheinlich ausnahmsweise auch in den übrigen Teilen des Verdauungskanals eintreten kann. Fragen, die sich hierbei aufdrängen müssen, sind: worauf beruht die Okklusion und worauf die Lösung ? Es liegt in der Natur der Sache, dass diese Fragen sehr schwer zu beantworten sind. Ich habe deshalb versucht, da diese Bildungen, wie gesagt, nicht spezifisch menschlich sind, sie nicht nur beim Menschen, sondern vergleichend anatomisch zu studieren. Wenn sich auch hieraus nicht direkte positive Antworten auf die Fragen erwarten liessen, so sollte man doch hoffen können, dadurch eine klarere Auffassung von dem bio- logischen Charakter und gegenseitigem Verhältnis dieser Prozesse zu erhalten und auf diese Weise sicherer beurteilen zu können, ob die Auffassung, die sich auf das Studium nur mensch- licher Embryonen stützt, berechtigt ist oder nicht. Säugetierembryonen. Ratte. Die Präparate sind Eigentum des Herrn Prof. Hammar (Upsala). I. Länge 5,5 mm. Qrs 12 u. Hämat-Eosin. Der Darm von der Dotterblase abgeschnürt. Das Epithel niedrig im Ver- hältnis zum Lumen; dieses gross und weit offen. Beginn zur Ventrikelanlage. U—VIH. Länge 4, 4,5, 4,5, 5,2, 6 und 7 mm. Qrs 12 «. Hämat-Eosin. Sowohl der Ösophagus als der Darm sind schmale Bildungen mit einem dicken Epithel und einem punktförmigen bis zusammengefallenen Lumen. Der Ösophagus hat in keinem der Präparate deutlich offenes Lumen. In dem Die angeborenen Darm- und Ösophagusatresien. 49 Dünndarm ist das Lumen in verschiedenen Präparaten mehr oder weniger verengt. Das Kolon hat ein etwas grösseres Lumen und nicht so dickes Epithel, gleicht aber im übrigen vollständig dem Ileum. Das Coecum in allen angelegt. Eine beginnende Differenzierung des Mesenchyms um den Ösophagus herum im Embryo 7 mm. VII -IX. Länge 8,55 und 10,3 mm. Qrs 12 «. Hämat-Eosin. Der Ösophagus mit mehrschichtigem Epithel, deutlichem Lumen und differenziertem Mesenchym. Der Dünndarm oberhalb der Papillgegend hat mehrschichtiges Epithel und deutliches Lumen, unterhalb derselben dickeres Epithel und punktförmiges Lumen; völlig zusammengefallenes Lumen im unteren Ileum im Embryo 10,5 mm. Beginnende Differenzierung um den oberen Teil herum im Embryo 10,3 mm. Das Kolon hat dickes Epithel und kleines, aber deutliches Lumen. X. Länge 11,5 mm. Qrs 18 «. Hämat-Eosin. Der Ösophagus hat dickes, mehrschichtiges Epithel und sehr kleines Lumen, das im unteren Teil zusammengefallen ist, Das Mesenchym differenziert. Der Dünndarm hat überall ein mächtiges Epithel. Das Lumen ist überall punktförmig mit Ausnahme eines Stückes dicht unterhalb der Papille, wo auch nicht eine Spur von einem Lumen vorhanden ist, sondern das Epithel als ein kompakter Zellenstrang liegt. Das Mesenchym ist längs dem ganzen Darm differenziert. Das Kolon hat dickes, mehrschichtiges Epithel und sehr feines Lumen Eine beginnende Differenzierung im Mesenchym. XI— XII. Länge 12,5 und 13,5 mm. Qrs 18 u. Hämat-Eosin. Qrs 12 «. Karmin. Beide gleichen völlig 11,5 «, ausgenommen dass das Lumen an keiner Stelle in diesen Därmen vollständig obliteriert ist. XIII. Länge 15 mm. Qrs 12 «. Hämat-Eosin. Der Ösophagus hat mehrschichtiges, dickes Epithel mit kleinem, aber .deutlichem Lumen. Das Mesenchym ist differenziert. Anatomische Hefte. I. Abteilung 102. Heft (34. Bd. H. 1). 4 50 HJALMAR FORSSNER, Dünndarm. Vom Beginn des Duodenums an bis herunter zu der Schlinge,. diein den Nabelstrang austritt, ist der Darm ein kompakter Zellenstrang. Gegen das Ende dieser Partie kann man jedoch an ein paar Stellen eine Lumenkontur konstatieren, die durch 2 bis 3 Schnitte hindurchgehen; diese Stellen sind jedoch durch vollständig obliterierte Partien getrennt. Das Mesenchym ist differenziert. Das Kolon mit kleinem Lumen und diekem Epithel. XIV. Länge I’ mm. Qrs 12 «u. Hämat-Eosin. Der Ösophagus wie in 15 mm. Dünndarm. Das Epithel ist überall dick. An der Oberfläche ist es: uneben mit unregelmälsiger Zerklüftung. Im Epithel finden sich zahlreiche Höhlenbildungen von wechselnder Form und Grösse, die an vielen Stellen so unter der Oberfläche liegen, dass man den Eindruck erhält, als wenn die Zer-- klüftung in der Weise zustande gekommen wäre, dass diese Höhlungen bis an die Oberfläche reichten. Dieses Aussehen haben alle vberen Schlingen bis weit hinunter in den Nabelstrang. Die untersten haben dickes Epithel mit glatter Oberfläche. Das Mesenchym ragt in die obersten Schlingen in vereinzelten zapfen- förmigen Bildungen hinein. Das Kolon hat auch dickes, etwas unebenes Epithel mit vereinzelten. Höhlenbildungen. Es gleicht im übrigen dem unteren Teil des Dünndarms. Das Mesenchym ist differenziert. XV. Länge 13 mm. Qrs 12 u. Karmin. Der Ösophagus hat ein mehrschichtiges Epithel und ein Lumen, das: ungefähr ein Drittel des Diameters einnimmt. Dünndarm. Von der oberen Duodenalgrenze bis ein Stück kaudalwärts von der Papillgegend ist der Darm ein kompakter Zellenstrang ohne Lumen. Hierauf folgt ein kleineres Stück, wo vollständig obliterierte Stellen mit nur zusammengefallenen abwechseln. Der Rest der Dünndärme hat dickes Epithel und klein: s Lumen mit glatten Oberflächen. Das Mesenchym differenziert, wächst aber nicht in das Epithel ein. Das Kolon hat im Anfang zusammengefallenes Lumen mit diekem Epithel, in dem sich vereinzelte Höhlungen finden. Weiter unten wird das Lumen infolge unregelmälsiger Zerklüftung der Oberfläche verzweigt. Bezinnende Differenzierung des Mesenchyms. XVI. Länge 20 mm. Qrs 12 u. Hämat-Eosin. Die angeborenen Darm- und Öscphagusatresien. 51 Der Ösophagus hat im Verhältnis zum Lumen niedriges, mehrschichtiges Epithel; die Oberfläche ist völlig glatt. ’ Dünndarm. Das Epithel ist im oberen Teil sehr diek und das Lumen spaltförmig. Es variiert der Lage nach derart im Schnitt, dass es unsicher ist, ob ein durchgehendes Lumen vorhanden ist. In den unteren Teilen ist das Lumen deutlich, aber unregelmäfsig durch Unebenheiten an der Epithelober- fläche. Im Epithel finden sich grosse, unregelmäfsige Höhlenbildungen. Das Mesenchym wächst in das fast kompakte Epithel im obersten Teil des Darms ein; im unteren ist die Grenze gegen das Epithel völlig glatt. Das Kolon hat dickes Epithel mit Höhlungen darin. Das Lumen unregel- mälsig infolge Unebenheiten an der Oberfläche des Epithels. Das Mesenchym wächst nicht in das Epithel ein. XVO. Länge 25 mm. Qrs 15 «. Hämat-Eosin. Der Ösophagus gleicht dem in 20 mm. Dünndarm. In dem ganzen Dünndarm finden sich längsgehende Falten, die aus Mesenchym gebildet sind, und ein dünnes Epithel, teilweise ein- sehichtig in den oberen Teilen, in den unteren etwas höher; in den oberen Teilen sind die Falten schmäler, höher und stehen dichter, in den unteren Teilen sind sie mehr breitbasig und ihre Zahl geringer. Das Kolon ist schmäler als der Dünndarm. Es gleicht dem in 20 mm. XVIII. Länge 26,5 mm. Qrs 18 «. Hämat-Eosin. Gleicht dem vorigen. Katze. Die Präparate sind Eigentum des Herrn Prof. Hammar (Upsala). Alle mit Hämat-Eosin gefärbt. I. Länge S mm. Der Ösophagus überall ein schmales Rohr mit mehrschichtigem Epithel und feinem Lumen. Das \Mesenchym nicht differenziert. Der Darm, der in offener Verbindung mit der Dotterblase steht, ist überail ein schmales Rohr mit zwei- bis mehrschichtigem Epithel und relativ grossem Lumen. II—IV. Länge 9,7, 10 und 10,9 mm. 9,7 Qrs und Sgs, 10 Qrs (2 Ex.) und 10,9 Qrs, Sgs und Frs. Alle Präparate ähneln einander so sehr, dass sie zusammen beschrieben werden können. 4r 9) HJALMAR FORSSNER, Der Ösophagus ist ein schmales Rohr mit mehrschichtigem Epithel und deutlichem, aber feinem Lumen. Das Mesenchym differenziert. Der Darm, vollständig von der Dotterblase geschieden, hat dickes Epithel und sehr feines Lumen. Kein Unterschied zwischen Dünndarm und Kolon. Das Mesenchym nicht differenziert. V. Länge 13 mm. Qrs (2 Ex.) Der Ösophagus hat ein weiteres Lumen als in der vorigen Gruppe, gleicht aber im übrigen dem dortigen. Darm. Das Mesenchym differenziert; im übrigen gleich dem bei der vorigen Gruppe. VI. Länge 20 mm. Ars. Der Ösophagus gleich dem vorigen. Der Dünndarm mit mehrschichtigem Epithel und ziemlich grossem Lumen. Kolon. Das Epithel höher mit unebener, zerklüfteter Oberfläche. Das Mesenchym ist um den ganzen Darm herum differenziert; nirgends findet sich ein Einwachsen von Zapfen oder Falten im Epithel. VII. Länge 25m. Der Ösophagus hat ziemlich dünnes, mehrschichtiges Epithel und grosses Lumen. Dünndarm. Das Epithel im Verhältnis zu dem ziemlich grossen Lumen niedrig, aber überall mehrschichtig. In dem oberen Teil des Darms finden sich ziemlich breitbasige, unregelmäfsige Falten von Mesenchym und Epithel. Weiter unten nur vereinzelte solche und ganz unten gar keine; das Lumen hier mit glatter Oberfläche. Das Kolon hat hohes Epithel und kleines Lumen mit glatter Oberfläche. Das Mesenchym mit glatter Grenze zum Epithel. VIlI. Länge 61 mm. Der Osophagus hat grosses Lumen, mehrschichtiges, aber dünnes Epithel und breite längsgehende Falten, die dem Lumen die Form eines Sterns geben. Dünndarm. Das Epithel ist im ganzen Darm dünn, in den oberen Teilen teilweise einschichtig. Die angeborenen Darm- und Ösophagusatresien., 53 In den oberen Teilen des Darms buchten sich in das Lumen lange, schmale, dichtstehende Eildungen ein, die die Form von Zotten haben, aber viel grösser sind und bis zum Zentrum des Lumens hineinreichen. Da von diesem Darm keine Rekonstruktion gemacht worden ist, so ist es unsicher, ob diese Bildungen: Zapfen oder Längsfalten sind. In den unteren Teilen des Darms sind diese Bildungen weder so lang, noch stehen sie so dieht und haben mehr den Charakter gewöhnlicher Längs- falten. Das Kolon kleineren Diameter als der untere Dünndarm. Auch hier finden sich Längsfalten, aber mehr breitbasige und nur einige wenige. Igel. Die Präparate A—E gehören Herrn Prof. Müller (Stockholm), 20 und 23 mm. Herrn Prof. Hammar (Upsala). Alle mit Hämat-Eosin gefärbt. I. Embryo A (dekapitiert). Qrs 15 u. Der Schätzung nach ungefähr von derselben Länge wie B. Der Ösophagus ist ein Rohr mit mehrschichtigem Epithel und mittel- grossem Lumen. Das Mesenchym befindet sich in beginnender Differenzierung. Der Dünndarm hat sehr dickes Epithel und punktförmiges Lumen. Im Mesenchym findet sich keine Differenzierung. Die unteren Teile zerrissen. II. Embryo B, Länge 3,3 mm). Ars 15 u. Gleicht völlig dem vorigen. III. Embryo D, Längo 5,7 mm!}). Qrs 15 u. Ähnelt sehr dem vorigen. Die Fixierung schlecht und die Schnitte zerfetzt IV. Embryo © (dekapitiert). Qrs 15 u. Ösophagus. Das Epithel ist sehr mächtig und das Lumen variiert in hohem Grade. An gewissen Stellen findet sich durch eine ganze Serie von Sehnitten hindurch kein Lumen, sondern ein vollständig kompakter Zellenstrang; an anderen findet sich ein zwar kleines, aber völlig deutliches Lumen. Derartige ‘ Stellen wechseln durch den ganzen Ösophagus hindurch. 1) Nach der Präparierung gemessen. 54 HJALMAR FORSSNER, Das Mesenchym deutlich differenziert. Dünndarm. Das Epithel überall mehrschichtig, mächtig. Das Lumen sehr fein, aber überall deutlich. Das Mesenchym differenziert. Das Kolon zeigt keinen deutlichen Unterschied von dem Dünndarm. Das Mesenchym auch hier differenziert. V. Länge 20 mm. Ors 12 u. Der Ösophagus ist durchgehends ein ziemlich weites Rohr mit mehr- schicht'gem, im Verhältnis zum Lumen aber niedrigem Epithel. In diesem kommen überall kleine vakuolenförmige Bildungen vor. In der oberen Hälfte finden sich ausserdem Epithelbalken, die über das Lumen gehen, dieses in mehrere Abteilungen teilend, in derselben Weise wie es vorher im Ösophagus bei dem Menschenembryo 22,7 mm beschrieben worden ist. Dünndarm. Das Epithel ist überall dünn, in den obersten Teilen hier und da einschichtig. Durch den ganzen Darm hindurch finden sich längs- gehende Falten, in den oberen Teilen schmal und dichtstehend, in den unteren Teilen breiter und mehr zerstreut. Das Kolon ist etwas schmäler als die unteren Teile des Dünndarms. Auch hier finden sich einige breitbasige längsgehende Falten. VI. Embryo E (dekapitiert). Qrs 15 u. Befindet sich auf einem etwas früheren Stadium als der vorige. Ösophagus. Das Epithel überall stark geschrumpft. In dem abgelösten Epithelstrang überall Höhlenbildungen, bisweilen eine, bisweilen mehrere; an einigen Stellen auch kompaktes Epithel. Dünndarm. Das Epithel mehrschichtig, im Verhältnis zum Lumen ziem- lich niedrig. Im ganzen Darm niedrige hineinragende Mesenchymfalten ohne deutlichen Unterschied zwischen oberen und unteren Teilen. Das Kolon hat mehrschichtiges Epithel und weites Lumen. Keine Faltenbildung. VII. Länge 23 mm. Ors 12 u. Ösophagus. Das Epithel mehrschichtig, ohne den im Embryo 20 mm beschriebenen Prozess. In das Lumen ragen längsgehende Falten hinein. Der Darm ähnelt sehr dem Embryo 20 mm; die Falten etwas weiter ent - wickelt. Die angeborenen Darm- und Ösophagusatresien. 55 Kaninchen. Die Präparate sind Eigentum des Herrn Prof. Hammar (Upsala). Alle mit Hämat-Eosin gefärbt. I. Länge 3 mm. Der Darmkanal ist ein gerade verlaufendes, in seine verschiedenen Teile nicht differenziertes Ruhr mit dünnem bis einreihigem Epithel und grossem Lumen. Weitoffene Verbindung mit der Dotterblase. II. Länge 45 mm. Gleicht dem vorigen. Der Darm jedoch etwas schmäler und mit einer An- deutung zum Ventrikel. III. Länge 6 mm. Der Darm schmal mit mehrschichtigem, diekem und ziemlich feinem Lumen. IV—V. Länge 7 und 9 mm. Der Darmkanıl mit sehr mächtigem Epithel und punktförmigem Lumen. Keine Differenzierung im Mesenchym. VI. Länge 9,5 mm. Gleich dem vorigen, jedoch im Mesenchym um den Ösophagus herum eine beginnende Differenzierung. Zusammenfassung. In den frühesten Entwicklungsstadien bei den untersuchten Säugetieren (Kaninchen 3 und 4,5 mm) ist der Darm ein weit- offenes, in seine verschiedenen Teile nicht differenziertes Rohr mit dünnem bis einschichtigem Epithel und einem grossen offen- stehenden Duct. omphalo-mesent. Auf einem unbedeutend späteren Stadium steht die Ratte 3,5 mm mit von der Dotterblase abgeschnürtem Darm und einem Beginn zu einem Ventrikel. Besonders schnell bei der Ratte (4 mm) und etwas lang- samer beim Kaninchen geht das grosse weitoffene Rohr in ein schmales mit dickem Epithel und sehr feinem Lumen über. Gleichzeitig differenziert sich der Darm in seine verschiedenen 56 HJALMAR FORSSNER, Teile, die noch ihrem Bau nach einander gleich sind. Das Mesenchym ist vollständig undifferenziert. Auf diesem Stadium steht die Ratte in den Embryonen 4 bis. 6 mm, Katze im Embryo Smm und Kaninchen im Embryo: 9 mm. Vom Igel habe ich erst ein etwas späteres Stadium. Schon auf diesem Stadium und dann während der weiteren Entwicklung kann man einen gewissen Gradunterschied in der: Intensität der Epithelproliferation zwischen verschiedenen Arten konstatieren. Ratte und Igel haben etwas mächtigeres Epithel und mehr verengte Lumina als Katze und Kaninchen. Inner- halb derselben Art finden sich ausserdem gewisse individuelle Gradunterschiede. Der Ösophagus entwickelt sich etwas früher als der Darm. Das Mesenchym fängt bei der Ratte in 7mm und beim Igel im Stadium A (ca. 3,85 mm) sich zu differenzieren an; es ist bei der Katze im Stadium 9,7 mm differenziert. Bei der Ratte ist das Epithel dick und das Lumen zu- sammengefallen in den Stadien zwischen 4 und 7 mm; hierauf erweitert es sich langsam bis zu 1S mm, wo es ungefähr ein Drittel von dem Diameter des Ösophagus einnimmt. Noch im Stadium 25 mm sind keine Falten aufgetreten. In keinem Stadium finden sich Höhlenbildungen im Epithel. Bei der Katze wird das Lumen niemals so verengt und nimmt dann ununterbrochen an Grösse zu bis zu 25 mm, wo die Oberfläche noch völlig glatt ist. Im Stadium 61 mm finden sich längsgehende Falten. Beim Igel ist das Lumen klein, aber deutlich in den früh- zeitigeren Stadien A, B und D. Im Stadium © (wahrscheinlich ungefähr 15 mm) ist das Lumen an mehreren Stellen vollkommen verschwunden und der Ösophagus ein kompakter Zellenstrang. Im Stadium 20 mm finden sich zahlreiche Vakuolen und in den oberen Teilen Epithelbalken, ähnlich den im Osophagus beim Tafel 1. ANATOMISCHE HEFTE. 1. ABteitwung. 102. Herr (34. Bo. H. 1). VERLAG VON J. F. BERGMANN IN WIESBADEN, hear Ben = ER Die angeborenen Darm- und Ösophagusatresien. DIz Menschen im Stadium 22,7 mm. beschriebenen. Im Stadium 28 mm sind diese Bilder verschwunden und Längsfalten treten auf. Der Dünndarm, der seine weitere Entwicklung sehr bald nach dem Osophagus beginnt, zeigt denselben kaudalwärts ab- nehmenden Entwicklungsgrad wie beim Menschen. Bei der Ratte beginnt die Differenzierung im Mesenchym um die oberen Teile des Darms herum im Stadium 10,8 mm. Das Epithel ist in allen Präparaten sehr dick und die Lumina stark verengt. In den Embryonen 11,5, 15 und 18 mm ist die Proliferation bis zu einer vollständigen Obliteration des Lumens gegangen, die sich im Stadium 15 mm bis zum Austritt des Darms in den Nabelstrang erstreckt. In den Stadien 12,5, 13,5 und 17 mm ist das Lumen überall deutlich. In den Stadien 17, 15 und 20 mm finden sich kleine Höhlenbildungen im Epithel und unregelmälsige Zerklüftungen an seiner Oberfläche, welche aussehen, als ob sie dadurch ent- standen wären, dass diese Höhlenbildungen bis zur Oberfläche vorgedrungen sind. Im Stadium 20 mm dringt das Mesenchym in den oberen Teilen des Darms in das Epithel ein, das hier sehr mächtig ist. Im Stadium 25 mm finden sich bereits über den ganzen Darm hin längsgehende Falten, in den oberen Teilen schmale, dichtstehende, in den unteren Teilen breitbasige, mehr zerstreut stehende. Bei der Katze ist das Mesenchym differenziert im Embryo 13 mm. Das Epithel ist hier mächtig, das Lumen aber deutlich. Sodann liest mir kein Stadium vor bis 20 mm, wo das Lumen gross und das Epithel stets mehrschichtig ist. Im Stadium 25 mm findet sich eine beginnende Faltenbildung und im Stadium 61 mm in den oberen Teilen möglicherweise eine Art zottenähnlicher, aber sehr grosser Zapfen (keine Rekonstruktion gemacht); in den unteren Teilen Falten. 58 HJALMAR FORSSNER, Beim Igel findet sich keine Differenzierung in den 3 frühe- sten Stadien. Im Embryo C (ca. 15 mm) ist das Mesenchym längs dem ganzen Darm differenziert. Das Epithel ist dick und das Lumen ziemlich klein. Im nächsten Stadium (20 mm) haben wir bereits Falten- bildung im ganzen Darm. Das Kolon kommt weit später in seiner Entwicklung. Bei der Ratte ist es noch im Stadium 25 mm schmäler als der untere Dünndarm, und Längsfalten sind noch nicht auf- getreten. Bei der Katze ist es schmäler als der Dünndarm im Stadium 61 mm, hat Längsfalten, aber breitere als in dem übrigen Darm. Beim Igel haben die Falten das Kolon schon im Stadium 20 mm erreicht. Vogelembryonen. Huhn. Die Präparate sind Eigentum des Herrn Prof. Hammar (Upsala). Alle in Qrs geschnitten und mit Hämat-Eosin gefärbt. IEarhagıe Der Darm steht in weiter Verbindung mit der Dotterblase. Er besteht aus einem im Verhältnis zum Embryo grossen Rohr mit einem sehr weiten Lumen und wenigschichtigem Epithel, das in der Nähe des Duc. omphalo- mesent. auf der dorsalen Seite einschichtig ist. Das Mesenchym undifferenziert. Il. 31/, Tage. Der Ösophagus ist ein schmales Rohr, das nach unten zu sich er- weitert; das Epithel ist mehrschichtig. Das Lumen überall offen. Der Dünndarm ist ein im Verhältnis zum Embryo kleines, mehr- schichtiges Rohr mit schmalem Lumen. Das Coecum ist als eine kleine Ausbuchtung vorhanden. CT Ne) Die angeborenen Darm- und Ösophagusatresien. Das Kolon noch schmäler als der Dünndarm; im übrigen gleich. Das Mesenchym ist überall undifferenziert. III—IV. 4 und 41/5 Tage. Diese Stadien gleichen dem vorigen, ausgenommen dass die Lumina feiner sind. Ve,5, Tage: Der Ösophagus beginnt als ein kompaktes Epithelrohr und bleibt so bis ein Stück unterhalb des Larynx. Hiernach findet sich wieder ein Lumen, das anfangs nur punktförmig ist, sich aber etwas nach unten zu erweitert. Das Mesenchym zeigt eine beginnende Differenzierung. Der Dünndarm ist ein gleichmäfsig dickes Rohr mit hohem Epithel und fein m Lumen. Das Mesenchym ist nicht differenziert. Das Kolon unterscheidet sich nicht nennenswert von dem Dünndarm, das Lumen ist äusserst fein. VI. 51/2 Tage. Der Ösophagus ist in seinem oberen Teil in etwas grösserer Ausdehnung als beim vorigen ein Epithelstrang ohne zusammenhängendes Lumen. Im oberen Teil dieses Gebiets ist der Strang vollständig kompakt; in den unteren Teilen treten im Epithel kleine, begrenzte, unregelmäfsige Höhlungen auf, die nicht mit einander kommunizieren!). Der obliterierte Teil ist etwas in antepost. Richtung abgeplattet, wird aber nach unten zu, wo das Lumen wieder auftritt, mehr rund. Unterhalb dieses Gebiets hat der Ösophagus ein sehr schmales Lumen und mächtiges Epithel. Das Mesenchym ist differenziert. Der Darm gleicht in seiner Gesamtheit vollständig dem vorigen, aus- genommen dass das Mesenchym um den Dünndarm herum beginnende Differenzierung zeigt. VII. 6 Tage. Der Ösophagus entbehrt von seinem Beginn an bis zu dem halben Abstande zur Trachealteilung eines zusammenhängenden Lumens. In den oberen Teilen dieser Partie ist der Zellenstrang vollständig kompakt, in den unteren Teilen von kleinen kanalförmigen Höhlungen durchsetzt, die im allgemeinen nicht mit einander kommunizieren. In der ganzen obliterierten Partie ist der Ösophagus in antepost. Richtung abgeplattet; nach unten zu wird er langsam schmäler und erhält eine mehr runde Form. 1) Hier wie auch sonst, wo dieser Ausdruck mit Bezug auf Hühner- embryonen angewandt wird, stützt sich das Urteil auf Serienschnitte. Eine „ekonstruktion ist nicht gemacht worden. 60 HJALMAR FORSSNER, Der Dünndarm ist ein mehrschichtiges Rohr mit weiterem Lumen als im vorigen. Das Mesenchym ist differenziert. Das Kolon hat etwas grösseren Diameter als der Dünndarm und ein äusserst schmales Lumen. Im Mesenchym findet sich eine beginnende Differenzierung. VIIL: 61/3 Tage. Ösophagus. Nur der alleroberste Teil ist vollständig ausgefüllt, sodass kein Lumen vorhanden ist; hiernach folgt eine Partie mit den eben be- schriebenen Höhlenbildungen. Dieses ganze Gebiet ist jedoch kleiner als im vorigen Stadium. Unterhalb dieses Gebiets findet sich wieder ein Lumen, das schnell zunimmt und eine Anlage zu einem Kropf in der Form einer Dilatation des Rohrs bildet. Der Dünndarm gleicht dem vorhergehenden und hat ungefähr dieselben Dimensionen. Das Kolon ist etwas weiter als der Dünndarm und hat ein dickes Epithel, das an der Oberfläche uneben ist, was bewirkt, dass das Lumen, das hier ziemlich gross ist, die Form eines unregelmälsigen Sterns erhält. Der allerletzte Teil vor der Kloake besteht aus einer Zellmasse mit Höhlungen von demselben Aussehen wie im Ösophagus. Das Mesenchym ist differenziert bis hinunter in das Kolon. IX. 7 Tage. Der Ösophagus ist nur in seinem allerobersten Teil von Epithel aus- gefüllt mit vereinzelten Höhlungen, die schnell zu zwei parallel gehenden durch einen Epithelbalken von einander getrennten Lumina verschmelzen. Dann ist er ein mehrschichtiges Rohr mit grossem ungeteiltem Lumen und deutlichem Kropf. Der Dünndarm gleicht den vorhergehenden. Das Kolon gleicht dem vorigen; der unterste Teil ist im Präparat be- schädigt, sodass er nicht hat studiert werden können. Überall differenziertes Mesenchym. X. 8 Tage. Der Ösophagus gleicht völlig dem vorigen, ausgenommen dass der Kropf hier grösser ist. Dünndarm. Seine oberen Teile haben einen bedeutend grösseren Dia- meter als die unteren; das Lumen ist im Verhältnis zum Rohr gross mit ziemlich dünnem Epithel. Das Mesenchym wächst hier in Falten ein, ganz oben stehen diese dichter und sind schmäler, weiter unten werden sie weniger und breiter. ‘Je weiter herunter man im Darm kommt, der nach unten zu schmäler Die angeborenen Darm- und Ösophagusatresien. 61 wird, um so spärlicher werden diese Falten und fehlen gänzlich ungefähr in der untersten Hälfte des Darms. Das Kolon gleicht dem im Stadium 61/2 Tage. Das letzte Stück vor der Kloake besteht aus einem Epithelstrang mit Höhlungen. Im Kolon kommt kein Einwachsen von Mesenchym vor. XI. 81/2 Tage. Der Ösophagus hat gleich von Anfang an ein grosses Lumen und wenigschichtiges Epithel. Er gleicht im übrigen dem vorigen, ausgenommen dass das Mesenchym unterhalb des Kropfes zusammen mit dem Epithel kleine längsgehende Falten bildet. Der Dünndarm gleicht völlig dem zuletzt beschriebenen. Das Kolon ebenso. DS I I RE Wachsrekonstruktion: Taf. 9, Fig.1 u. 2. Der Ösophagus ist in seiner ganzen Ausdehnung ein weites Rohr mit sowohl oberhalb als unter dem Kropf zahlreichen längsgehenden Falten, die aus Mesenchym und Epithel bestehen. Der Kropf sehr gross. Der Dünndarm ist in seiner ganzen Ausdehnung mit längsgehenden Falten versehen. In den obersten Teilen des Darms (Taf. 9, Fig. 1) sind diese zahlreich, im Verhältnis zum Diameter des Darms niedrig und mit einem dünnem bis einfachen Epithel bekleidet. Weiter unten werden sie etwas breiter und höher, aber zwischen diesen höheren finden sich oft ganz kleine; das Epithel ist dieker als höher hinauf. In den weitest nach unten gelegenen Schlingen (Taf. 9, Fig. 2) sind die Falten breiter und nur wenige sind vor- handen; das Epithel ist hier mehrschichtig. Das Kolon ist etwas schmäler als das vorige. Das Epithel füllt es vollständig aus; durch den ganzen Darm hindurch finden sich grössere und kleinere Höhlungen im Epithel. Das Mesenchym ist differenziert, ragt aber nicht in das Epithel hinein. Zusammenfassung. In dem frühesten von mir untersuchten Stadium, 3 Tage, besteht der Darm aus einem im Verhältnis zum Embryo grossen Rohr mit wenig- bis einschichtigem Epithel und grossem Lumen. Noch ist keine Differenzierung in die verschiedenen Teile des Darmkanals vorhanden. Die Verbindung mit der Dotterblase ist sehr weit. Das Mesenchym ist undifferenziert. 62 HJALMAR FORSSNER, Schon 12 Stunden später hat der Darmkanal einen ganz anderen Charakter angenommen. Ösophagus, Ventrikel, Dünn- darm, Coeeum und Kolon sind differenziert. Das vorher grosse und weitoffene Rohr ist sehr schmal geworden mit mehr- schichtigem Epithel und feinem Lumen. Das Mesenchym ist immer noch nicht differenziert. In Embryonen von 4 und 4!/, Tagen gleicht der Darm- kanal dem zuletzt beschriebenen, ausgenommen dass die Epithele noch dicker und die Lumina schmäler sind; noch ist kein deutlicher Unterschied im Bau der verschiedenen Darmteile vor- handen. Nach weiteren 12 Stunden, also im Stadium 5 Tage, unter- scheidet sich der Ösophagus von den übrigen Teilen. Er ist nämlich in seinem obersten Teil vollständig ausgefüllt, sodass das Epithel eine Zellmasse ohne zusammenhängendes Lumen bildet, aber mit kleinen Höhlungen in seinem unteren Teil, die nicht mit einander kommunizieren. Unterhalb dieses Gebiets findet sich ein punktförmiges Lumen und dickes Epithel. Ausser- dem tritt im Mesenchym eine Differenzierung hervor. Der Dünndarm und der Diekdarm dagegen sind unter- einander gleich und gleichen den vorhergehenden Stadien. Verfolgt man die Entwicklung zunächst des Ösophagus in den folgenden Stadien, so findet man, dass das ausgefüllte Gebiet im oberen Teil an Umfang zunimmt bis zum Stadium 6 Tage, wo es ungefähr die Hälfte des Abstandes zwischen dem Anfang des Ösophagus und der Trachealteilung einnimmt. Im nächsten Stadium, 6'/, Tage, tritt die erste Anlage zu einem Kropf auf, und von hier an nimmt die Obliteration an Ausdehnung ab, und zwar in der Weise, dass die obersten, d. h. die zuerst obliterierten Teile am spätesten wieder offen werden. Der Ösophagus ist nach 8'/, Tage ein durchweg offenes Rohr. Der Kropf ist schon gross, und unterhalb desselben finden sich längsgehende Falten aus Epithel und Mesenchym. Nach dem Die angeborenen Darm- und Ösophagusatresien. 63 Stadium 11 Tage finden sich derartige Falten sowohl oberhalb als unterhalb des Kropfes. Der Ösophagus ist in allen Serien ein nach unten zu schmäler werdendes Rohr. Die Epithel- okklusion, die ich in diesen Präparaten gefunden, hat im Einzelnen dasselbe Aussehen, wie es de Meuron beschrieben hat. Die Form des Ösophagus ist an den ausgefüllten Stellen mehr oder weniger in ante-post. Richtung abgeplattet und wird nach unten zu mehr rund, welche Form er gewöhnlich ungefähr gleichzeitig mit dem Wiederauftreten eines Lumens annimmt. Im Stadium vor der Ausfüllung hat der Ösophagus nicht diese abgeplattete Form und in Stadien danach lange nicht so stark. Der Darm, der im Stadium 5 Tage, von dem an wir die weitere Entwicklung des Ösophagus gefolgt haben, aus einem schmalen Epithelstrang mit mächtigem Epithel und feinen Lumina und vollkommen undifferenziertem Mesenchym bestand, zeigt nach dem Stadium 5!/; Tage eine beginnende Differen- zierung im Mesenchym um den Dünndarm herum und nach dem Stadium 6 Tage auch um den Dickdarm herum. In der weiteren Entwicklung sind auch hier kraniale Teile den mehr kaudalen voraus. Bis zum Stadium 6 Tage inkl. zeigen die oberen und unteren Teile des Dünndarms keinen deutlichen Unterschied. Hiernach nimmt der Diameter schneller im oberen Teil zu, und gleichzeitig beginnt das Lumen im Verhältnis zum Epithel zu- zunehmen. Nach 5 Tagen, wo das Lumen gross geworden ist, treten in diesen Teilen längsgehende, aus Mesenchym und Epithel bestehende Falten auf, die nach oben zu zahlreich und schmal, nach unten zu gering an Zahl und breit sind (Taf. 9, Fig. 1 u. 2). Im unteren Teil des Dünndarms treten derartige Falten erst nach 11 Tagen auf. Noch nach 6 Tagen gleicht das Kolon vollständig dem Dünndarm. Hiernach wird das Epithel, das bisher mächtig gewesen und ein schmales Lumen begrenzt hatte, an der Ober- 64 HJALMAR FORSSNER, fläche uneben, wodurch das Lumen im Querschnitt sternförmig wird. Noch in meinem ältesten Stadium, 11 Tage, zeigt das Mesenchym keine Einwachsungen in das Epithel. Bis zum Stadium 6 Tage inkl. kann man das Lumen bis herunter in die Kloake verfolgen, von dem Stadium 6!/, Tage inkl. an ist aber der allerunterste Teil des Darms ausgefüllt, und kein fortlaufendes Lumen ist zu konstatieren; dagegen finden sich im diesem Teil zahlreiche kleine, ziemlich unregel- mälsige Höhlungen. Ungefähr dasselbe Aussehen hat das untere Kolon in den Stadien 8 und 8!/, Tage. Nach 11 Tagen dagegen ist das ganze Kolon von Epithel ausgefüllt, welches eine Menge kleiner Kavitäten enthält, ein Aussehen, das vollkommen mit dem übereinstimmt, das Minot bei Hühnerembryonen dieses Stadiums gefunden hat. Reptilienembryonen. Alle Präparate sind in Q@rs. geschnitten und mit Hämat-Eosin gefärbt. Cneimidophorus sexlineatus. Die Präparate sind Eigentum des Herın Prof. Hammar (Upsala). 1.5 mm. Das Darmrohr, das noch nicht in seine verschiedenen Teile differenziert ist, nimmt einen sehr grossen Teil im Querschnitt des Embryos ein; der Darm ist von der Dotterblase abgeschnürt, hängt aber mit ihr durch einen kompakten Zellstrang zusammen. Das Epithel ist zwei- bis dreischichtig; das Lumen nimmt den unvergleichlich grössten Teil im Querschnitte des Darms ein. Das Mesenchym ist undifferenziert. II. 6 mm. Der Ventrikel ist angelegt. Die angeborenen Darm- und Ösophagusatresien. 65 Der Ösophagus setzt sich aus der Mundhöhle als ein schmales Rohr mit mehrschichtigem Epithel und überall deutlichem, aber ziemlich feinem Lumen fort. Das Mesenchym ist undifferenziert. Der Darm weist keine Unterschiede in seinen verschiedenen Teilen auf; er ist überall ein schmaler Zellstrang mit sehr feinem, an gewissen Stellen sogar punktförmigem Lumen. 1lII. 82 mm. In seinem obersten Teil besteht der Ösophagus aus einer Zellenmasse ‚ohne zusammenhängendes Lumen; ganz oben ist er vollständig kompakt und weiter unten von kleinen, nicht koımmunizierenlen Höhlungen durchsetzt1). Diese ganze Strecke nimmt ein Gebiet von 0,2 mm Länge ein, während .der ganze Ösophagus 0,8 mm misst. Das Epithel hat in dem Schnitt ganz oben die Form einer frontal gestellten Platte, erhält dann eine ziemlich unregelmäfsige, an ein Kleeblatt erinnernde Form und weiter nach unten zu eine mehr runde. Unterhalb des ausgefüllten Gebiets ist die Form im Querschnitt vollständig rund, und der Ösophagus ist hier ein mehrschichtiges Rohr mit ziemlich schmaler: Lumen. Das Mesenchym ist nicht differenziert. Der Darm hat in den obersten Teilen ein hohes Epithel und ein sehr feines, an gewissen Stellen punktförmiges Lumen. In den unteren ist das Lumen grösser und das Epithel hat eine ziemlich unregelmälsige Form an der Oberfläche, sodass das Lumen hierdurch sternförmig wird. Das Mesenchym ist nicht differenziert. IV. 10,5 mm. Ösophagus. Der obere Teil des Ösophagus besteht aus einer Zellmasse, in welcher sich zahlreiche gıosse, unregelmäfsige Höhlungen finden, die kein zusammenhängendes Lumen bilden. Dieser Teil nimmt eine Länge von 0,4 mm ein, während der ganze Ösophagus 2,5 mm lang ist. Der Epithelstrang hat in diesem Teil dieselbe unregelmäfsige Form wie in dem entsprechenden Teil des vorigen und wird wie dort. zylindrisch erst gleichzeitig mıt dem Auftreten eines Lumens. Unterhalb dieses Gebiets ist der Ösophagus ein weites Rohr mit wenigschichtigem Epithel und ziemlich niedrigen längsgehenden Falten, die aus Epithel und Mesenchym bestehen. 1) Hier wie auch sonst, wo dieser Ausdruck mit Bezug auf Reptilien an- gewandt wird, stützt sich das Uıteil auf Serienschnitte. Eine Rekonstruktion ist nicht gemacht worden. Anatomische Hefte 1 Abteilung 102 Heft (34. Bd. H. ]). or 66 HJALMAR FORSSNER, Der Darm hat dickes Epithel von unregelmäfsiger Form an der Oberfläche und mit dadurch bedingtem unregelmäfsigem, ziemlich grossem Lumen. Das Mesenchym zeigt eine beginnende Differenzierung. V. mm. Gleicht dem vorigen, ausgenommen dass das ausgefüllte Gebiet im oberem Teil des Ösophagus eine geringere Ausdehnung bat. VI. 20,2 mm. Das Embryo ist ausgestreckt und befindet sich ungefähr auf demse!ben- Stadium wie die beiden vorigen. Es zeigt keine nennenswerte Unterschiede- von diesen. VII. 27 mm. Wachsrekonstruktion: Taf. 9, Fig. 3 u. 4. Der Ösophagus ist überall ein offenes, weites Rohr mit wenig- bis ein- schiehtigem Epithel und regelmifsigen längsgchenden Falten, die aus Mesenchym und Epithel bestehen. Der Darm hat überall grosses Lumen mit längsgehenden Falten aus. Mesenchym und Epithel. In den oberen Teilen (Taf. 9, Fig. 3) sind diese zahlreicher und schmäler, in den unteren Teilen (Taf. 9, Fig. 4) werden sie weniger und breiter. VIII. 64 mm. Unterscheidet sich von dem vorigen eigentlich nur dadurch, dass das. Epithel durch den ganzen Darmkanal hindurch einschichtig ist. Anguis. Die Präparate sind Eigentum des Herrn Prof Hammar (Upsala). I-IV. 43 mm, 44 mm, 46 mm, 5 mm. Der Darm, der in weitoffener Verbindung mit der Dotterblase steht, ist sehr gross im Verhältnis zum Embryo und nicht in seine verschiedenen Teile differenziert Das Lumen nimmt den unvergleichlich grössten Teil des Quer- schnitts des Darms ein; das Epithel ist dünn, in der Nähe des Duct. omphalo- mesent. ein- bis zweischichtig; nach dem Kranial- und Kaudalende hin wird das. Epithel mehrschichtig und das Lumen gleichzeitig schmäler. V: 6,5 mm. Der Ösophagus ist in seinem obersten Teil eine kompakte Epithel- bildung von T-Form. Hiernach erhält er cine mehr runde, aber doch unregel- mäfsice Form, und im Epithel treten begrenzte Höhlungen auf. Unterhalb dieses Gebiets, das eine Ausdehnung von 0,2 mm hat, während der Ösophagus: Die angeborenen Darm- und Ösophagusatresien. 67 bis zur Trachealteilung 0,5 mm misst, wird das Rohr rund, das Epithel mit wenigen Schichten und das Lumen gross. Das Mesenchym ist deutlich differenziert. Darm. In den oberen Teilen ist das Epithel an der Oberfläche uneben, wodurch das Lumen sternförmig wird; in den unteren Teilen ist das Epithel mächtig und das Lumen klein, aber glatt. Das Mesenchym ist differenziert. VI. 82 mm. Der Ösophagus gleicht dem vorigen; das ausgefüllte Gebiet nimmt eine Ausdehnung von 0,4 mm ein, während der Ösophagus bis zur Tracheal- teilung eine Länge von 1 mm hat. Der Darm hat überall mächtiges Epithel und feines, aber deutliches Lumen. Das Mesenchym ist differenziert rings um die oberen Teile, nicht aber um die unteren. VU.=8»:mm. Der Ösophagus hat im obersten Teil dasselbe Aussehen wie der vorige. Weiter unten ist das Lumen gross, das Epithel wenigschichtig; in diesem Teil finden sich eine beginnende Faltenbildung mit vereinzelten Falten, die aus Mesenchym und Epithel bestehen. Der Darın hat überall dickes Epithel mit unregelmäfsiger Oberfläche und hierdurch verzweistem Lumen. Das Mesenchym ist differenziert. VIII. 11 mm. Der Ösophagus ist in seiner ganzen Ausdehnung offen; er erweitert sich nach unten zu schnell zu einem weiten Rohr mit einfachem Epithel und längsgehenden Falten. Der Darm hat überall ein grosses Lumen und längsgehende Falten, die aus Mesenchym und Epithel bestehen. In den oberen Teilen sind die Falten zahlreich und schmal, in den unteren Teilen weniger zahlreich und breiter. Das Epithel ist in den oberen Teilen einfach, in den unteren mehrschichtig. Chrysemis pieta. Die Präparate sind Eigentum des Herın Prof. Broman (Upsala). I. 3 mm. Der Darmkanal ist nicht in’ seine verschiedenen Teile differenziert. Er ist im Verhältnis zum Körper sehr gross und steht mit der Dotterblase in Ver- bindung. Das Lumen ist sehr weıt und das Epithel mehrschiehtige. — Der untere Teil des Präparats ist schadhaft. Das Mesenchym ist undifferenziert. o5 68 HJALMAR FORSSNER, II. 5 mm. Gleicht dem vorigen, ausgenommen, dass das Epitbel dieker und das Lumen kleiner ist. Iil. 6 mm. Ösophagus. In seinem allerobersten Teil ist das Lumen auf einem kleinen Gebiet durch Epithelbalken in mehrere Teile geteilt. Im übrigen ist der Ösophagus ein schmales, mehrschichtiges Rohr mit sehr feinem Lumen. Das Mesenchym zeigt eine bezinnende Differenzierung. Der Ventrikel ist angelegt. Der Darm ist ein schmales, mehrschichtiges Rohr mit kleinem Lumen, das in den oberen Teilen glatte Oberflächen hat, in den unteren Teilen ziemlich unebene, sodass es hier verzweigt wird. Das Mesenchym ist undifferenziert. IV. 7 mm. Ösophagus. Von seinem obersten Ende an bis ungefähr zum halben Abstande zur Trachealteilung hat der Ösophagus kein zusammenhäng«ndes Lumen. In den oberen Te.len dieses Gebiets ist er eine frontal gestellte Platte, völlig ohne Lumen, in den unteren nähert sich die Form mehr und nıehr der runden, und im Epithel treten kleine Höhlungen auf. In dem ganzen unteren Teil ist der Ösophagus ein Rohr mit wenig mächtigem Epithel und grossem Lumen; ganz unten finden sich niedrige Falten, die aus Mesenchym und Epithel gebildet sind. Das Mesenchym ist überall differenziert. Der Darm hat überall d’ckes Epithel, das an vielen Stellen Zapfen und Wülste an der Oberfläche bildet, sodass das Lumen verzweigt wird. Das Mesenchym ist differenziert. V. 12 mm. Der Ösophagus gleicht dem vorigen, das ausgefüllte Gebiet im oberen Ösophagus erstreckt sich aber noch weiter nach unten. Darm. Das Epithel ist in den oberen Teilen nicht mächtig und das Lumen gross. Hier ragt das Mesenchym hinein und bildet längsgehende Falten. In den unteıen Teilen ist das Epithel hoch und unrrgelmäfsig an der Ober- fläche; das Lumen ist hier schmal und verzweigt. Das Mesenchym ist auch hier differenziert, ragt aber nicht in Falten hinein. Die angeborenen Darm- und Ösophagusatresien. 69 Zusammenfassung. In allen drei untersuchten Arten ist der Darmkanal in den frühesten Stadien ein im Verhältnis zum Körper sehr grosses Rohr, das noch nicht in seine verschiedenen Teile differenziert ist Das Lumen nimmt den grössten Teil des Querschnitts ein, und das Epithel ist nicht mächtig, bei Anguis, von welcher die frühesten Stadien vorliegen, teilweise einschichtig. Bei Anguis und Chrysemis ist die Verbindung mit der Dotterblase noch weit; bei Cneimidophorus ist sie bereits geschlossen, aber der Duct. omphalo-mesent. ist noch als ein kompakter Zellenstrang vorhanden. Das Mesenchym ist überall undifferenziert. In den nächstfolgenden Stadien, bei allen 3 Arten ungefähr bei 6 mm, hat sich das Darmrohr in seine verschiedenen Teile differenziert und ist statt eines im Verhältnis zum Embryo grossen Rohrs sehr schmal geworden mit hohem Epithel und kleinem, aber überall offenem Lumen. Kranial gelegene Teile entwickeln sich dann etwas früher als kaudal gelegene. Der Ösophagus ist ganz zu Anfang ein weitoffenes, dann ein schmales, aber offenes Rohr. In späteren Stadien ändert sich dieses Verhältnis, sodass das Lumen in den oberen Teilen auf dieselbe Weise ausgefüllt ist wie beim Huhn. Dieser Zustand findet sich bei Cneimidophorus zuerst im Stadium 8,2 mm, bei Anguis im Stadium 6,5 mm und bei Chrysemis im Stadium 7” mm. Das Epithel besteht hier wie beim Huhn aus einer Zell- masse ohne Lumen, in den unteren Teilen von kleinen, runden Höhlenbildungen durchsetzt; ihre Form ist hier oben eine [rontal gestellte Platte und danach unregelmäfsig, bis sie nach unten zu allmählich rund wird, während gleichzeitig das Lumen wieder auftritt. Diese Ausfüllung erstreckt sich bei Uneimido- phorus höchstens ein. Viertel der Länge des Ösophagus; bei 70 HJALMAR FORSSNER, Anguis über die Hälfte und bei Chrysemis über etwas mehr als die Hälfte des Abstandes zwischen dem oberen Ende des Ösophagus und der Trachealteilung. Die Ausfüllung nimmt in späteren Stadien an Umfang ab, am längsten bleibt sie im obersten Teil des Ösophagus bestehen. Bei Cneimidophorus vom Stadium 27 mm an und bei Anguis vom Stadium Il mm an ist das Rohr wieder vollständig offen. In meinem ältesten Stadium von Chrysemis, 12 mm, ist dieses noch nicht der Fall. Unterhalb dieses Gebiets ist das Lumen schmal und das Epithel mächtig in den frühesten Stadien; sehr bald aber, bevor noch das Lumen in den oberen Teilen rückgebildet worden, wird das Epithel weniger mächtig und nimmt das Lumen zu, während gleichzeitig Falten von Fpithel und Mesenchym in diesem Teil auftreten. Das Mesenchym um den Ösophagus herum differenziert sich bei Cneimidophorus ziemlich spät, im Stadium 10,5 mm, und erst nachdem das Lumen ausgefüllt worden. Bei Angnis früher, im Stadium 6,5 mm, und bei Chrysemis im Stadium 6 mm. Die weitere Entwicklung des Darms geschieht etwas später als die des Ösophagus. Das schmale Lumen nimmt zu und gleichzeitig wird die zuvor glatte Oberfläche des Epithels uneben. Das Mesenchym beginnt sich bei Cneimidophorus von 10,5 mm, Chrysemis 7 mm und Anguis 6,5 mm Länge zu differenzieren. Das Lumen wird allmählich grösser und das Epithel schmäler, und bei Chrysemis von 12 mm Länge treten in den oberen Teilen des Darms längsgehende Falten von Mesenchym und Epithel auf. Das letztere ist hier dünn, in den unteren Teilen aber mächtig. | Dieselbe kaudalwärts abnehmende Entwicklung findet sich ziemlich sicher auch bei Uneimidophorus und Anguis, obwohl in den frühesten Stadien, wo ich derartige Falten gefunden, Die angeborenen Darm- und Ösophagusatresien. 71 diese bereits im ganzen Darm auftreten. Sie sind indessen in den oberen Teilen des Darmes (Taf. IX, Fig. 3) zahlreich und schmal, Charaktere, die sie als relativ älter angeben, und in den unteren Teilen (Taf. XI, Fig. 4) gering an Zahl und breit, was darauf hinzudeutet, dass sie neugebildet sind. Ausserdem ist das Epithel, das die Falten bei CUneimidophorus 27 mm bekleidet, einfach in den oberen Teilen und mehrschichtig in «den unteren. Im Stadium 64 mm ist es überall einfach. Selachierembryonen. Acanthias vulgaris. Die Präparate sind Eigentum des Herrn Prof. Müller (Stockholm). Alle Präparate sind in Qrs geschnitten und mit Hämat-Eosin gefärbt. I. Länge 3,5 mm. 2Ex. (Durch Addierung der Schnitte gemessen.) Der Darmkanal nimmt den grössten Teil des Querschnittes ein. Er ver- läuft als ein gerades, vollkommen undifferenziertes Rohr durch den Embryo hin und steht in weiter Verbindung mit der Dotterblase. Das Epithel ist mehrschichtig nach den beiden Polen zu, einschichtig aber in dem Gebiet, wo die Dotterblase einmündet. Das Lumen ist gross und nimmt den unvergleich- lich grössten Teil des Diameters des Darmes ein. II—II. Länge 11 und 12 mm. Unmittelbar nachdem der Darmkanal aus dem Pharynx hervorgegangen, wird er etwas in ante-post. Richtung abgeplattet und erhält ein dorsales Mesenterium. Das Epithel ist von Anfang an sehr mächtig und wird sehr schnell ganz kompakt ohne die Spur eines Lumens. Das Lumen bildet sich wieder eine Strecke vor der Verbindung des Darms mit der Dotterblase, welche ziemlich weit, aber bedeutend kleiner als im vor- hergehendem Stadium ist. Unmittelbar hiernach beginnt ein Gebiet, wo das Daurmepithel mehr- schichtig, aber niedrig im Verhältnis zum Lumen ist. Eine kleine Valvel in der Form einer Einbuchtung ins Lumen findet sich angelegt. Sie besteht aus a ie 72 HJALMAR FORSSNER, einem stark proliferierenden Mesenchymkern, der mit einem Epithel von derselben Dicke wie auf der entgegengesetzten Seite des Darms bekleidet: ist. Kaudalwärts von der Valvel ist das Epithel mehreremal so dick wie im Valvelgebiet, und das Lumen wird punktförmig. Ganz unten wieder grosses Lumen. Im Mesenchym nirgends eine Spur von Differenzierung. IV. Länge 16 mm. Der Darmkanal geht offen aus dem Pharynx hervor, wird sofort in ante- post. Richtung abgeplattet und ist mit einem dorsalen Mesenterium versehen. Das Epithel ist auch hier mächtig; das Lumen verschwindet aber nicht vollständig. Unterhalb der Verbindung mit der Dotterblase beginnt eine Valvel, die von demselben Aussehen wie im Stadium 12 mm ist, nur mit der Ausnahme, dass das Epithel mehr Schichten über der Valvel hat als sonst. Das Gebiet kaudal von der Valvel gleicht dem Stadium 12 mm, das Epithel ist aber nicht so mächtig im Verhältnis zum Lumen. Ganz unten wieder grosses Lumen. Das Mesenchym ist undifferenziert längs dem ganzen Darm. V. Länge 13 mm. Ähnelt sehr dem vorigen. Der vordere Teil des Darmkanals ist hier jedoch vollständig obliteriert vom Anfang an bis zu gleicher Höhe mit der oberen Fläche der Leber. Die Valvel und das Gebiet kaudalwärts davon gleichen denen im vorigen Stadium. Das Mesenchym immer noch undifferenziert. VI—-VII Länge 20 und 21.5 mm. Gleicht dem Stadium 18 mm; die Valvel etwas höher. VIH—IX. Länge 23 und 24 mm. Die am meisten kranialen Teile des Darmkanals mit melırschichtigem Epithel und deutlichem Lumen ; dieses verschwindet jedoch, und das Epithel wird kompakt, aber in einem etwas mehr kaudalwärts gelegenem Gebiet als im vorigen. Stadium. Die Valvel ist grösser, ihr Rand ist ungefähr 1 Windung eingerollt. Kaudalwärts von der Valvel ist das Epithel besonders mächtig und das Lumen an mehreren Stellen völlig verschwunden. Ganz unten wieder weites Lumen. Das Mesenchym undifferenziert. X. Länge 25 mm. Gleicht dem vorigen Stadium in den kranialen Teilen. Kaudalwärts von der Valvel ist das Präparat zerstört. ii Tafel 2. 102. Herr (34. Bo. H. ]). I. ABTEILUNG, AÄNATOMISCHE HEFTE. ig. 3% F F. BERGMANN IN WIESBADEN. J. VERLAG VON Tafel 3. SAHBDSEMN): 102. Herr ( I. ABTEıLune. ANATOMISCHE HEFTE. a a ee eueeeunen Sn , y BR ERERE PR rd ER PL N DOC S &n VERLAG VON J. F. BER&MANN IN WIESBADEN. Die angeborenen Darm- und Ösophagusatresien. as XI. Länge 32 mm. Die vorderen Teile des Darmkanals gleichen denen im vorigen Stadium; das obliterierte Gebiet ist jedoch etwas kleiner und noch weiter kaudalwärts gelegen. Unterhalb der Okklusion ein grosses Lumen. Das Epithel ist mehrschichtig und diek. Das Mesenchym ist differenziert, wächst aber nicht in das Epithel ein. Der freie Rand der Valvel ist 1!/g Windungen eingerollt. Das Epithel an derselben ist mehrschichtig und dick. Das Mesenchym ist auch hier differenziert. Die untersten Teile zerrissen. XIH. Länge 35 mm. Die vorderen Teile des Darmkanals sind stark in ante-post. Richtung abgeplattet, haben dickes mehrschichtiges Epithel und schmales, aber überall deutliches Lumen. Eine Anleutung zum Ventrikel vorhanden. Der freie Rand der Valvel 2 Windungen eingerollt. Kaudalwärts hiervon in grosser Ausdehnung eine vollständige Epithel- okklusion. Ganz unten wieder grosses Lumen. XIII. Länge nicht zu be timmen. Der Darmkanal wird fast sofort ein in ante-post. Richtung etwas ab- geplattes Rohr mit zahlreichen, wohlentwickelten Längsfalten, die aus Mesen- chym und mehrschichtigem Epithel gebildet sind. Am weitesten kaudalwärts, dicht bevor das Rohr sich zu einem Ventrikel erweitert, verschwindet plötzlich das Lumen und der Darmkanal wird eine quergestellte, völlie kompakte Zellmasse, in welche das Mesenchym immer noch eindringt. Das ganze obliterierte Gebiet nimmt ungefähr 0,45 mm Länge ein, während der Ösophagus eine Länge von 3,6 mm hat. Der freie Rand der Valvel 21/8 Windungen eingerollt. Das Epithel ist mehrschichtig. Der allerunterste Teil des Präparates zerrissen. Zusammenfassung. Der Darmkanal nimmt in dem frühesten Stadium den grösseren Teil des Embryoquerschnitts ein. Er geht gerade durch den Körper als undifferenziertes Rohr, das in weitoffener Verbindung mit der Dotterblase steht. Das Epithel ist überall 74 HJALMAR FORSSNER, niedrig im Verhältnis zum Lumen; an den Polen des Embryos jedoch mehrschichtig. Die bei der Mehrzahl Selachier vorkommende Spiralvalvel findet sich bereits in meinem nächsten Stadium, 11 mm, angelegt. Sie beginnt kaudalwärts von dem Dotterblasengang und besteht aus einem in das Lumen hineinragenden Grat von lebhaft proliferierendem Mesenchym, das mit einem Epithel von derselben Dicke und demselben Aussehen wie auf der anderen Seite der Darmwand bekleidet ist. Im 16 mm-Stadium ist das Epithel an der Valvel deutlich dicker als an der Wand gegenüber. In den folgenden Stadien wächst die Valvel, und ihr freier Rand rollt sich ein; in meinem ältesten Stadium gibt es 2!/,;, Windungen. Das Epithel ist immer noch ‚mehrschichtig. Eine Andeutung zu einem Ventrikel tritt erst im Stadium 35 mm auf. In den kranialen Teilen des Darms wird das Epithel schnell sehr mächtig und das Lumen sehr fein. In den Stadien 11 und 12 mm ist das Rohr fast von Beginn an und bis weit nach unten zu obliteriert.‘) In den Stadien 15, 20 und 21 mm ist das Verhältnis ungefähr dasselbe. In den Stadien 23, 24 und 25 mm beginnt die Obliteration etwas mehr kaudalwärts und nimmt ein etwas kürzeres Gebiet ein. Noch mehr gilt dies für das Stadium 32 mm, und in dem letzten Stadium ist nur das allerletzte Stück vor dem Ventrikel kompakt. In den Stadien 16 und 35 mm sind die Epithele mächtig und die Lumina äusserst verengt, aber doch deutlich. Das Mesenchym ist erst im Stadium 32 mm differenziert. In meinem letzten Stadium finden sich Längsfalten von Mesen- chym und Epithel. Die Teile, welche die Spiralvalvel enthalten, haben in allen Präparaten ein im Verhältnis zum Epithel grosses Lumen. !) Die Grenzen für die Obliteration sind schwer anzugeben, da der Ventrikel nicht angelegt ist. Die angeborenen Darm- und Ösophagusatresien. 215 Die kaudalwärts hiervon gelegenen Teile haben dagegen in allen Präparaten sehr mächtige Epithele und feine Lumina. In den Stadien 11 und 12 mm ist das Lumen nur punktförmig, und in den Stadien 18, 20 und 21 mm sind die Lumina sehr fein, wenn auch nicht so verengt. Auch hier hat das Stadium 16 mm dünneres Epithel und grösseres Lumen. In den Stadien 23, 24 und 25 mm ist das Lumen in grosser Ausdehnung ver- schwunden, und der Darm ist ungefähr bis zur Mündung der Rektaldrüse kompakt. Das Gleiche gilt in noch höherem Grade für das Stadium 35 mm. Das älteste Stadium ist in seinem kaudalen Teil stark beschädigt. Alle Embryonen haben ganz kaudal ein weites Lumen. Stellt man das Untersuchungsmaterial aus diesen ver- schiedenen Embryonenserien zusammen und vergleicht es mit dem, das bei den Menschenembryonen erhalten worden, so muss man zugeben, dass die früheste Entwicklung des Darms so grosse Übereinstimmungen bei allen diesen Arten aufweist, dass man völlig berechtigt ist, von einem gemeinsamen Entwicklungstypus zu sprechen. Dieser kommt in folgenden, für alle gemeinsamen Ent- wicklungsphasen zum Ausdruck. In dem frühesten Stadium, nachdem die Darmrinne sich geschlossen, besteht der Darmkanal aus einem im Verhältnis zum Embryo sehr grossen, gerade verlaufenden Rohr, das in weitoffener Verbindung mit der Dotterblase steht; das Epithel ist wenig- bis einschichtig und das Lumen dominierend. Sehr schnell ändert sich dieses Aussehen vollständig. Die Verbindung mit der Dotterblase wird abgeschnürt und der Verdauungskanal wird ein kleines unansehnliches Rohr mit mehrschichtigem Epithel und verengtem Lumen. Weniger tritt dies jedoch bei den Selachiern hervor, wo der Darm durch alle 76 HJALMAR FORSSNER, untersuchten Stadien hindurch einen im Verhältnis zum Embryo erösseren Diameter behält als bei den übrigen. Während der nächstfolgenden Entwicklungsperiode proliferiert das Epithel des Darms lebhaft und füllt mehr oder weniger vollständig das bereits vorher verengte Lumen aus. (Gleichzeitig differenziert sich das Mesenchym, so dass Muskelschichten und Submucosa als besondere Bestandteile der Darmwand hervor- treten. Während des weiteren Wachstums des Darms erweitert sich wieder das Lumen, und die Mächtigkeit des Epithels nimmt ab, bis es wieder einschichtig wird. Während dieser letztgenannten Entwicklungsperiode, bis- weilen zu Anfang derselben, wo das Epithel noch sehr mächtig ist, bisweilen zu Ende derselben, beginnt das Mesenchym an der Formung der inneren Oberfläche des Darms teilzunehmen. Dies geschieht bei allen Formen (den Selachierdarm vielleicht aussenommen) dadurch, dass das Bindegewebe zusammen mit dem Epithel in der Längsrichtung des Darms stehende Falten bildet, aus welchen die Resorbtions- und Sekretionsapparate der Darmschleimhaut später sich differenzieren. Innerhalb dieses für alle gemeinsamen Entwicklungstypus finden sich indessen Verschiedenheiten zwischen den einzelnen Tier- gruppen. Diese bestehen teils darin, dass die Proliferation an gewissen Stellen des Verdauungskanals eine wirkliche Obliteration verursacht, teils darin, dass verschiedene Individuen diesen ganzen Proliferationsprozess mit wechselnder Intensität aufweisen. In der erstgenannten Hinsicht zeigen die Verschiedenheiten einen für jede Tierklasse eigenartigen Typus. Bei jeder Tier- klasse geht die Epithelausfüllung am weitesten in einem be- stimmten Teil des Darmkanals. Bei Menschen habe ich bereits hervorgehoben, dass die kranialen, in der Körperhöhle gelegenen Teile entschieden die grösste Neigung zur Öbliteration haben. Dass auch die Die angeborenen Darm- und Ösophagusatresien. Te Säugetiere zu diesem Typus gehören, dürfte aus Tandlers, Filimowskis und meinen Untersuchungen hervorgehen. Bei den Vögeln (Huhn) geht die Ausfüllung bis zur Obliteration im oberen Teil des Ösophagus und im Kolon, bei den Reptilien im oberen Teil des Ösophagus und bei den Selachiern im Ösophagus und dem Teil des Darms, der zwischen der Valvel und der Rektaldrüse liegt. Die individuellen Verschiedenheiten sind, wie erwähnt, sehr auffallend beim Menschen. Sie treten weniger deutlich in den Tierserien hervor, können doch auch hier nachgewiesen werden, wie das aus meinen Untersuchungen hervorgeht. Eine gewisse, wenn auch weniger deutliche Variation scheint auch zwischen den verschiedenen Arten innerhalb derselben Klasse vorhanden zu sein. Die Ratte hat z. B. durch- weg dickeres Epithel als die Katze, Chrysemis dickeres als Cneimidophorus. Fragt man sich hiernach, welchen biologischen Charakter diese verschiedenen Prozesse haben, so dürfte zwischen den mehr konstanten zum Grundtypus gehörigen Teilen der Ent- wicklung und den Variationen. den für die Entwicklung ver- schiedener Arten charakteristischen, zu unterscheiden sein. Bei allen von mir untersuchten Arten von den Selachiern bis zum Menschen durchläuft der Darm in seiner frühzeitigen Entwicklung gewisse, oben erwähnte, gemeinsame Entwicklungs- stadien. Das hierdurch ausgedrückte Entwicklungsprinzip muss wohl als durch die Phylogenie ererbt, als das sog. Palingenetische in der M)armentwicklung der Wirbeltiere angesehen werden. Ob die Variationen dagegen, die an vielen Stellen vor- kommenden vorübergehenden Epithelokklusionen, als Bildungen zu betrachten sind, die auch ihre Wurzeln tief herunter in die Phylogenie erstrecken oder ob sie ihre Ursachen m besonderen 78 HJALMAR FORSSNER, Momenten der Ontogenie der verschiedenen Tierklassen haben, also cenogenetischer Natur sind, ist eine weit schwierigere Frage. Ich bin eher geneigt, diese Prozesse auf die letztgenannte Weise zu deuten, obwohl ich natürlich gern zugebe, dass dies durchaus nicht sicher ist. Man könnte z.B. auf folgende Weise räsonnieren. Im Ösophagus findet sich konstant eine derartige vorübergehende Epithelokklusion bei Selachiern, Reptilien und Vögeln. Unter den Säugetieren scheint sie zwar nicht konstant zu sein, sie findet sich doch z. B. beim Igel. Beim Menschen finden sie sich gewöhnlich nicht, aber es gibt gewisse Verhältnisse, die es wahrscheinlich machen, dass sie doch bisweilen auftreten kann. Dies muss wohl darauf hindeuten, dass hier ein phylogenetisches Erbe vorliegt, obwohl es höher hinauf in der Tierserie weniger konstant sich vererbt, was an und für sich nichts Merkwürdiges in sich schliesst. Das Vorkommen des Prozesses beim Menschen wäre dann als ein Atavismus zu betrachten. An und für sich kann ich nichts anderes finden, als dass dieses Räsonnement ziemlich wahrscheinlich klingt. Wenn man aber statt des Ösophagus die kranialen Teile des Darnıs verfolgt, so wird man finden, dass in diesen keine Okklusion bei Selachiern, Reptilien und Vögeln sich findet. Bei Säugetieren findet sich ein derartiger Prozess bei einer Reihe von Arten, und beim Menschen tritt sie der Regel nach auf. Ein ganz gleichartiger Prozess sollte demnach im Ösophagus phylogenetisch vererbt und in Regression begriffen sein, an einer anderen Stelle im Darm spät in der Phylogenie auftreten und möglicherweise in Progression begriffen sein. Es scheint mir dies a prori ziemlich wenig wahrscheinlich. Betrachtet man dagegen die Okklusionsprozesse als Ceno- genien, entstanden durch besondere Bedingungen innerhalb der Ontogenie, welche bewirken, dass die Proliferation beim Menschen Die angeborenen Darm- und Ösophagusatresien. 79 im allgemeinen bis zur Okklusion in den kranialen Teilen des Darms geht, beim Huhn im Osophagus und Kolon usw., so kann ich nicht finden, dass man auf derartige Widersprüche stösst. Welche dagegen die Faktoren in der Ontogenie sind, die (diese Cenogenien hervorrufen und das eine Mal bewirken, dass die Proliferation bis zur Okklusion im Duodenum geht, das andere Mal im Ösophagus, ist eine andere Frage, deren sichere Beantwortung natürlich sehr schwer ist. Tandler hat bezüglich des Menschen die Okklusion und deren Lösungen mit rein mechanischen Verhältnissen zu er- klären versucht. Er hat Messungen über den Diameter des Mesenchymrohrs in den verschiedenen Stadien angestellt, um festzustellen, wie schnell dieses zunahm. Dabei elaubt er konstatiert zu haben, dass das Wachstum bis ungefähr zum Stadium 15 mm, d. h. bis zu einem Stadium, wo die Okklusion auf ihren Höhepunkt zu sein pflegt, sehr langsam vor sich ging, dann aber während der nächstfolgenden Stadien, d. h. derjenigen, während welcher das neue Lumen sich bildete, viel schneller wurde. Die Ursache zur Obliteration dürfte also in dem Wider- stand zu suchen sein, den das langsam wachsende Mesenchym- rohr dem prolifierenden Epithel entgegensetzte, welch letzteres aus Mangel an Platz allmählich ganz das ursprüngliche Lumen ausfüllte. Als dieser Widerstand aufhörte, wichen die Epithel- zellen von einander, und das Lumen bildete sich wieder. Tandler hat den Diameter des mesodermalen Duodenal- rohrs bei der Mündung des Duct. chol. in vier Embryonen gemessen und dabei folgende Zahlen gefunden: Eimbryo' von 7 Imra 7739,72, 100 8 » a DE EEE AEIN25N > > a) er Re300 » » 20 > . 3 . . . 600 >» 50 HJALMAR FORSSNER, Ich habe versucht, durch Messungen an meinem Material zu einer Auffassung über den Wert der Hypothese zu kommen, kann aber nicht sagen, dass es mir gelungen ist. Man muss hier sehr vorsichtig sein auf Grund der Malse, die man durch Messungen des Diameters erhalten hat, bestimmte Schlüsse betreffs des Raums zu ziehen, der dem Epithel in den verschiedenen Stadien zur Verfügung steht. Die Fehlerquellen sind sehr gross. Oft findet sich eine Schrumpfung, welche bewirkt hat, dass Mesenchym und Epithel durch einen grösseren oder kleineren Zwischenraum von einander getrennt liegen. Wo sollte man in solchem Fall seine Mafse nehmen, am Aussenrande des Epithels oder am Innenrande des Mesenchyms? Man kann sich zwar entschliessen, konsequent entweder das eine oder das andere zu wählen, aber die Mafse von verschiedenen Präparaten werden demungeachtet natürlich nicht kommensurabel. Auch wenn das Präparat sehr gelungen ist, wenn Epithel und Mesenchym überhaupt sich nicht von einander getrennt haben, ist die Schrumpfung oft ziemlich verschieden, was natürlich auf die Brauchbarkeit der Malse zum Vergleich einwirkt. Sehr zahlreiche Messungen in verschiedenen Ebenen oder andere noch mehr zeitraubende Methoden, den Kubikinhalt des Mesenchymrohrs schätzungsweise zu bestimmen, habe ich nicht versucht; ich muss daher meine Malse mit der grössten Reservation anführen. Ich habe Messungen des Duodenums (dicht über dem Duct. chol.) bei Mensch und Ratte und des Kolons (wo es einen konstanten Diameter kaudal vom Coecum erhalten) beim Huhn ausgeführt. Dagegen habe ich keine Messungen der obliterierten Stellen im Ösophagus ausgeführt, da dieses Organ hier stets so unregelmälsige Form hat, dass sich dieses nicht tun lässt. Die angeborenen Darm- und Ösophagusatresien. 8l 72 mm [e,g 8,3 10,3 14,7 8"; Anatomische Hefte. » Mensch (Duodenum). 70 (120) u 120 (130) » 85 100 » » 120 (170) » 140 100 105 (215) » 300 — 100 100 110 130 160 150 200 130 215 300 250 600 Ratte (Duodenum). 30—60 u 120—130 160 » 150 » 170 ; 200: » 700 >» Huhn (Kolon). u X » 200 » 200 I. Abteilung. » » 102. Heft (34. Bd. H. 1). Enges Lumen » » » » Grosses » Obliter. » » » Einges 7°» ÖObliter. » Lösungsbild (Grosses Lumen » » » » » » Offenes Lumen Punktf. » Obliter. » Feines » Grosses » Feines Lumen HJALMAR FORSSNER, .. Die Schlüsse, die man aus diesen Zahlen ziehen kann, sind nicht gross. Die individuellen Variationen und die Schwankungen im Schrumpfen sind allzu gross, um eine Ver- gleichung verchiedener Präparate zu erlauben, in der etwaigen Hoffnung, die obliterierten Därme durchgehends schmäler als die mehr offenen oder umgekehrt zu finden. Vergleicht man die Zahlenreihe im Duodenum bei Mensch und Ratte, so findet man, dass das Wachstum im ganzen ziemlich gleichmälsig und ziemlich langsam bis zu ungefähr dem Stadium fortgeht, wo die Längsfalten hervorzutreten beginnen. Auch ohne Messungen sieht man indessen, dass die eigentliche Breitenzunahme des Darmes ungefähr auf diesem Stadium beginnt. Es scheint als ob das Epithel lebhafter proliferiert als das Mesenchym bis zu dem Stadium, wo das letzte in der weiteren Ausbildung der inneren Darmoberfläche teilzunehmen beginnt. Von dem Augen- blicke an wächst das Mesenchym schneller als vorher und das noch plastische Epithel, das bis jetzt in dem engen Mesenchym- kanal zusammengedrängt gewesen ist, bekommt besser Platz und weicht auseinander. In dieser Auffassung stimme ich also Tandler bei. Dies ist aber höchstens eine Kenntnis der anatomischen Verhältnisse aber gar keine Erkenntnis der eigentlichen Ursachen. Zu diesen kommt man nicht ohne erklären zu können, warum das Mesenchym anfangs so langsam, später soviel schneller wächst. Und davon sind wir doch weit, auch wenn es einige Umstände gibt, die dafür sprechen, dass hier mechanische Faktoren eine Rolle spielen. Ich habe z. B. Präparate, wo die Därme Okklusions- und Lösungsbilder ungefähr bis zum Austritt m den Nabelstrang zeigen, im Nabelstrang sich aber keine solche finden. Es ist wohl wenigstens sehr wahrscheinlich, dass die Raumverhältnisse im Nabelstrang besser sind als in der Körperhöhle, und dass dies ein Faktor von einer gewissen Bedeutung ist, halte ich nicht für unwahrscheinlich. Es ist auch auffällig, dass es die Die angeborenen Darm- und Ösophagusatresien. 2 mehr fixierten, zwischen die übrigen Organe am meisten ein- gebetteten Teile des Darmkanals, Ösophagus, Duodenum und Kolon, es sind, die eigentlich Okklusionen aufweisen, während die freier gelegenen Dünndärme jedenfalls nur höchst ausnahms- weise dies tun. Ein anderer Umstand, der auch möglicherweise auf Druck hindeuten kann, ist der, dass der Ösophagus bei Reptilien und beim Huhn eine abgeplattete oder unregelmäfsige Form in den obliterierten Teilen hat, eine runde Form aber erhält, sobald das Lumen wieder auftritt. Ohne zu wagen etwas Bestimmtes zu behaupten, halte ich es daher für nicht unwahrscheinlich, dass rein mechanische Verhältnisse in der Ontogenie der verschiedenen Tierarten eine Rolle, bei der Hervorrufung dieser Okklusionsprozesse spielen. Schliesslich muss man sich die Frage vorlegen, wie die letzte Entwicklungsform des gemeinsamen Grundtypus, die Längsfalten, sich zu der fertigen Darmschleimhaut in ver- schiedenen Tiergruppen verhalten. Ich habe dabei bereits darauf hingewiesen, dass ich auf Grund eigener und anderer (Voigt'’s und Berry’s) Unter- suchungen es als bewiesen ansehe, dass diese Falten als das Vorstadium zu den Darmzotten bei Mensch und Schwein auf- zufassen sind. Die Annahme dürfte daher wohl nicht zu kühn sein, dass diese konstant auftretenden Falten auch bei sonstigen Arten, wo die Darmschleimhaut Zotten besitzt, ein Vorstadium zu Zotten darstellen. Myxine (Taf. 9, Fig. 5) hat während des ganzen Lebens derartige einfache Längsfalten, und Edinger hat in seiner oben angeführten Arbeit gezeigt, dass innerhalb der Klasse der Fische die Darmschleimhaut alle Übergangsformen aufweist, von regelmäfsigen Längsfalten an bis zu einer Art Netzfalten aus Quer- und Längsfalten. Stellt man diese Tatsachen zusammen, so erscheint es mir nicht unberechtigt, bei der Darmentwieklung von einem für die 6* Ss4 HJALMAR FORSSNER, Wirbeltiere gemeinsamen Grundtypus im Sinne v. Baer’s zu sprechen, welcher Typus mit der Ausbildung längsgehender Falten durch den ganzen Darmkanal hindurch endet und von dem aus dann die Därme der verschiedenen Arten sich differenzieren. Man vergleiche hier die Wachsrekonstruktionen vom Mensch (Taf. 6, Fig. 8, Taf. 8, Fig. 9), Huhn und Cneimidophorus (Taf. 9, Fig. 1—4) nebst die Zeichnung von Myxine (Taf. 9, Fig. 5). Der Grundform am nächsten steht Myxine, welche die Längsfalten nahezu unverändert beibehält. Etwas weiter differenziert sind nach Edinger's Schema ver- schiedene Fischdärme, am allerhöchsten stehen die zotten- führenden Därme. Möglicherweise kann man sich denken, dass Amphioxus auf einem noch niedrigeren Stadium stehen geblieben ist, da dessen Darmschleimhaut mehrschichtiges Epithel mit vollkommen glatter Oberfläche hat. Hierbei erhebt sich indessen die Frage, wie man den Selachierdarm oder im allgemeinen den mit Spiralvalvel ver- sehenen Darmkanal erklären soll. Im Vorderdarm bei den Selachiern finden sich, wie erwähnt, typische Längsfalten, die auf einem Stadium auftreten, das demjenigen entspricht, in welchem dieser Prozess bei den übrigen Tieren auftritt, und die durch das Leben hindurch persistieren. Diese Falten sind wohl ziemlich sicher den zum Grundtypus gehörenden homolosg. Was dagegen die Spiralvalvel betrifft, so tritt sie auf einem viel früheren Entwicklungsstadium auf, was schon an sich dagegenspricht, dass sie als den übrigen Längsfalten homolog aufzufassen ist. Ausserdem finden sich nach Oppel (46) auf der Valvel oft sowohl Zotten als Drüsen, und es ist daher wahrscheinlicher, dass die Valvel eine für diesen Darm eigen- artige Bildung ist, auf der dann möglicherweise sich die gewöhnlichen Längsfalten als Vorstadium zu den Zotten, die sich dort später finden, ausbilden. Es fehlt mir jedoch an Die angeborenen Darm- und Ösophagusatresien. s5 hierzu geeigneten Stadien, und ich kann mich daher hierüber nur vollkommen hypothetisch äussern. Auf die Bildungsweise der Spiralvalvel habe ich keinen Anlass näher einzugehen; auch erlaubt mir derartiges mein Material nicht. Ich kann jedoch nicht umhin zu betonen, dass meine Präparate mir nicht für Rückert’s (49) Hypothese von der Valvel als einer primär ausschliesslich epithelialen Bildung zu sprechen scheinen, sondern eher dafür, dass die Valvel wie die Längsfalten durch eine Proliferation des Mesenchyms in das Epithel sich bilden. Der Amphibiendarm schliesslich ist während seiner ersten Stadien so durch die Dotterkörner in den Zellen deformiert, dass es sehr schwer ist, sich darüber zu äussern, inwieweit er dem Grundtypus folst oder von ihm abweicht. Doch scheint mir aus einigen, von mir durchgesehenen Präparaten hervor- zugehen, dass nach der Metamorphose, nachdem die Dotterbestand- teile verbraucht sind, die eigentliche Darmentwicklung beginnt, und dass dabei auch bei Amphibien Längsfalten sich bilden. Endergebnisse. Bei Selachiern, Reptilien, Vögeln, Säugern und Menschen geschieht die früheste Darmentwicklung im grossen und ganzen nach demselben Typus. Der ursprünglich weitoffene, mit einem einfachen Epithel ausgekleidete Darm wird ein schmales Rohr mit vielschichtigem Epithel und einem mehr oder weniger, bisweilen sogar vollständig ausgefüllten Lumen. Gleichzeitig mit dem weiteren Wachstum des Darms erweitert sich wieder das Lumen, und das Epithel wird allmählich wieder einschichtig. Früher oder später während der letztgenannten Ent- 86 HJALMAR FORSSNER, wieklungsperiode treten im Darm längsgehende Falten auf, die aus Mesenchym und Epithel gebildet sind. Ausdiesem gemeinsamen Grundtypus differenzieren sich dann aller Wahrscheinlichkeit nach die Därme der verschiedenen Tierarten vor allem durch mehr oder wenigerweitgehende Veränderungen der Längs- falten. Myxine verbleibt auf einer dem Grundtypus am nächsten stehenden Stufe, indem sie die Längs- falten beibehält; der Mensch und eine Mehrzahl höherer Tierarten bilden die Falten zu Zotten um. In diesem Grundtypus kommen gewisse Variationen vor, die darin bestehen, dass in gewissen Entwick- lungsstadien derRegel nach dasLumen vollständig obliteriert wird, bei verschiedenen Tierklassen in verschiedenen Teilen des Darmkanals. Diese Variationen sind wahrscheinlich als Cenogenien aufzufassen, möglicherweise auf mechani- schen Momenten in der Ontogenie beruhend. Ausserdem kommen reinindividuelle Variationen in der Intensität des Proliferationsprozesses VOr, am deutlichsten bemerkbar beim Menschen. Für den Menschen sind die typische Prädi- lektionsstelle für das Auftreten einer Epithel- okklusion die kranialen Teile des Darms; in diesen kann man sie in der Mehrzahl Embryonen auf einem gewissen Stadium beobachten. Wahrscheinlich kann indessen unter gewissen Bedingungen auch in den übrigen Teilen des Ver- dauungsrohrs ausnahmsweise eine Okklusion des Lumens sich ausbilden. Die Epithelokklusion variiert bedeutend der Intensität und der Zeitdauer nach beim Menschen Die angeborenen Darm- und Ösophagusatresien. 87 Man findet sie vom Stadium 10—12 mm bis zum Stadium 30 mm. Sielöstsich dadurch, dassim Epithel unregelmäfsige Lücken auftreten, die allmählich zu einem neuen, zusammenhängenden Lumen ver- schmelzen. Das erste Auftreten der Längsfalten durch das Einwachsen des Mesenchyms in das Epithel findet beim Menschen ziemlich konstant um das Stadium 20 mm herum statt. Bei einigen Embryonen ist die Epithelokklusion zu diesem Zeitpunkt vollständig gelöst, wobeiregelmälsige Falten sich in dem offenen Lumen bilden. Bei anderen ist dieses nicht der Fall, und das Mesenchym wächst dann, anstatt freie Falten zu bilden, in das obliterierende Epithel ein, wodurch der Lösungsprozess mehr oder weniger erschwert werden würde. Kap. II. Die pathologische Anatomie der Darmatresien. Beim Studium der hierhergehörigen Literatur habe ich als Ausgangspunkt Kuliga’s (33) vortreffliche Zusammenstellung benutzt, welche mir, wie sicherlich allen, die nach ihm auf diesem Gebiete gearbeitet haben, von unschätzbarem Vorteil gewesen ist. In seiner Literaturzusammenstellung hat indessen Kuliga, wie übrigens mehrere Verfasser, Fälle mitgenommen, wo die Stenose durch von aussen her auf die Darmwand einwirkende Faktoren, z. B. Druck kongenitaler Tumoren- und Oystenbildungen, Abklemmung durch intraperitoneale Stränge usw., verursacht worden ist. Will man die Literatur benutzen, um die Pathogenese 8 HJALMAR FORSSNER, der kongenitalen Darmatresie zu untersuchen, ist dieses natürlich nicht angebracht. Ich habe daher nur die Fälle mitgenommen, wo aus der Beschreibung hervorgeht, dass die Stenose durch einen Bildungsfehler in der Darmwand selbst verursacht ge- wesen ist. Die angeborenen Bildungsfehler im Anus und untersten Teil des Rektums habe ich nicht: mitgenommen, da die seit langem wohlerörterte Pathogenese derselben ganz sicher auf einer andern Basis steht als die der hier fraglichen. Auch die kongenitalen Stenosen des Ventrikels habe ich aus oben bereits angeführten Gründen ausgeschlossen. Die angeborenen Atresien im Ösophagus zeigen unzweifelhaft gewisse Ähnlichkeiten mit denen im Darm, andererseits aber auch so grosse Verschiedenheiten, dass ich es vorziehe, jede für sich zu behandeln. Prüft man die Literatur über die kongenitalen Darmatresien und Stenosen, so wird man finden, dass dort zwei Gruppen vorkommen, die ihren anatomischen Charakteren nach höchst wesentlich von einander verschieden sind. Ein Teil derselben, und zwar der unvergleichlich kleinste, besteht aus Fällen, wo ganze Darmpartien, z. B. das ganze Kolon, bedeutend verengt sind, während der übrige Darm völlig normal entwickelt ist. Die grosse Mehrzahl Fälle besteht aus Stenosen und Atresien, die auf ein mehr unbeschriebenes Gebiet des Verdauungskanals beschränkt sind. Die erste sehr seltene Gruppe will ich in orösster Kürze am Ende dieses Kapitels berühren, sodass das folgende sich ausschliesslich auf die Fälle der anderen Gruppe bezieht. Bei der Prüfung, die ich an der Literatur angestellt, habe ich in Übereinstimmung mit Kuliga nicht mit. der Anzahl publizierter Fälle gerechnet, was ein relativ unbedeutendes Interesse hat, sondern jede Stenose oder Atresie, auch wenn sie in demselben Darm vorkommen, als einen besonderen Fall Tafel 4. I. Apreınung. 102. Herr (34. Bv. H. 1). ÄNATOMISCHE HEFTE. Te ea 00 DE IE “* = VERLAG VON J. F. BERGMANN IN WIESBADEN. Tafel 5. I. AgteıLune. 102. Herr (34. Bo. H. 1). ÄANATOMISCHE HEFTE. ai E Eu BERGMANN IN WIESBADEN. VERLAG VON J. F, Die angeborenen Darm- und Ösophagusatresien. sg für sich genommen, was natürlich notwendig ist, wenn man sich eine Anschauung davon verschaffen will, wie gewöhnlich dies Missbildungen in den verschiedenen Teilen des Darms sind. Es giebt indessen eine Anzahl Verfasser — ich habe deren 11 gefunden — die keine anderen Angaben liefern, als dass die Atresien »multipel«e oder »mehrfach« waren. Diese können natürlich nicht ohne weiteres unberücksichtigt gelassen, anderer- seits aber auch nicht ihrer Anzahl nach exakt berechnet werden. Man muss sich daher erinnern, dass ausser der Anzahl, die sich sicher berechnen lässt, diese 11 Fälle multipler Atresien sich beschrieben finden. Nach diesen Prinzipien berechnet, habe ich folgende Stenosen und Atresien, auf die verschiedenen Teile des Darms verteilt, gefunden: im Duodenum . . . 79, davon 62 Atresien und 17 Stenosen, imsJejun. und lleum.. 105, »7.96 > 7 > bei: Valv. Bauh: . . 16, » 14 » » 2 » IN ISOl0 304 24 20, 2] > » 1 » Summe 220, davon 193 Atresien und 27 Stenosen. Von diesen 220 sind es indessen nur 134, die so beschrieben sind, dass sie verwertet werden können, wenn es sich um die anatomische Form handelt, die die Missbildung in den ver- schiedenen Fällen gehabt hat. Auf diese will ich indessen erst im Zusammenhang mit meinen eigenen Untersuchungen eingehen, die ich hier mitteile. Fall I. Obstetr. Klinik. Journal 257/1904. UnvollständigeMembranim Duodenum, unmittel- bar unterhalb der Pap. Vateri. . Unreifes, weibliches, wohlgebildetes Kind; Länge 46 cm; Gewicht 2440 g. Mutter gesund, 44jährige III-P., die bisher gesunde Kinder gehabt hat. Vom ersten Tage an erbrach das Kind eine dünnflüssige schwarze Masse. Die Darmentleerungen, die die ganze Zeit über regelmälsig waren, bestanden 90 HJALMAR FORSSNER, in den ersten Tagen aus Mekonium, dann aus einem den Erbrechungen ähnlichen Stoff. An den Erbrechungen wie an den Darmentleerungen wurde die Guajak- probe auf Blut mit positivem Resultat gemacht. Aus den ersteren gelang es Häminkristalle herzustellen, aus den letzteren nicht. Der Tod erfolgte am Sten Tage unter allgemeinem Marasmus. Duodenal- f sack Stenose im Duodenum. Fall I. (Die punktierte Linie bezeichnet den Teil des Duodenums, der hinter dem Blindsack in denselben mündet). Obduktion (vom Verf.). Bei der Öffnung des Bauchs fand man eine grosse sackförmige Bildung, die das ganze Gebiet von der Leber bis zum Becken einnahm und sich von der rechten Seite des Bauchs an der Mittellinie vorbei nach links erstreckte. Über dieselbe gingen das Kolon ascend. und die Flex. hepat., deren Mesokolon von der Peritonealbekleidung der Vorderseite des Sackes ausging. Die Dünndärme waren nach dem linken Teil des Bauchs verdrängt. Bei einer näheren Prüfung fand man den Ventrikel von normalem Aussehen; der Pylorus etwas dilatiert. Unmittelbar am Pylorus begann der ebem beschriebene Sack; er erwies sich als der dilatierte obere Teil des Duodenums, der sich nach unten zu unter das Kolon ascend. hin erweitert hatte. Von der Rückseite des Sacks, ein gutes Stück oberhalb seines unteren Pols, ging ein Die angeborenen Darm- und Ösophagusatresien. 9] Darm von normaler Dicke aus; er erstreckte sich nach unten hin in einem Bogen über die Wirbelsäule und ging dann an gewöhnlicher Stelle in den freien Dünndarm über. Der Duct. choledoc. mündete in den Sack auf der Hinterseite gleich oberhalb der Mündung des normalen Teils des Duodenums ein. Dicht daneben eine oberflächliche Mucosa-Wunde von 5-6 mm Durch- messer. Die Darme im übrigen waren normal ausgespannt und enthielten gleich dem Ventrikel und dem Duodenalsack eine dünne schwarze Masse, die der in der Krankengeschichte beschriebenen gleich war. Keine Zeichen von Peritonitis. Über die übrigen Organe nichts zu bemerken. Auf der Grenze zwischen dem dilatierten und dem normalen Darm fand sich eine zirkuläre Valvel, welche die Einmündungssteile in den letzteren verengte. Wie hochgradig diese Verengung, kann nicht angegeben werden, da leider die Prüfung erst bewerkstelligt wurde, nachdem das Präparat heraus- genommen und die Valvel durchschnitten worden war. In diesem Zustande erschien die Passage so weit, dass ein Bleistift hindurchgehen konnte, in situ Fig. 2. Mucosa Submucsasa Muskularis Schnitt durch die irisähnliche Membran in Fall I. (Links der Blindsack, rechts das normale Duodenum). 92 HJALMAR FORSSNER, war aber die Verengung ganz sicher bedeutender infolge der Ventilwirkung, die dadurch entstanden sein muss, dass der schmale Darm von dem Seitenumfang des Sacks und nicht von der untersten Partie desselben ausging. Ein voll- ständiger Verschluss hat jedoch offenbar nicht stattgefunden. Mikroskopische Untersuchung. An einander gegenüberliegenden Stellen wurde ein Stück der Valvel nebst daranstossenden Teilen des Darms herausgenommen. — Die Präparate wurden in Serienschnitte geschnitten und nach v. Gieson gefärbt. Die Valvel besteht aus einer Schleimhautfalte, die eine dieke Submucosa mit reichlichen Gefässen und einer Reihe glatter Muskelbündel enthält, welche an der Basis mit der zirkulären Muskelschicht in Verbindung stehen. Weder die longitudinale noch die zirkuläre Schicht nehmen an der Valvelbildung teil. Die Muskelschicht in dem dilatierten Darmteil ist bedeutend hypertropisch. Das Epithel ist nicht wohlerhalten, es lässt aber doch konstatieren, dass es die beiden Oberflächen der Valvel bekleidet und von da aus direkt sich in die respektiven Darmteile fortsetzt. Zusammenfassung. Die Stenose ist durch eine irisähnliche Schleimhautmembran, unmittelbar unterhalb der Pap. Vateri,. verursacht worden. Infolge des so zustande gekommenen Hindernisses ist der oberhalb gelegene Teil des Duodenums teils hypertrophiert, teils in hohem Grade dilatiert worden und hat sich hierbei nach unten unter das Kolon ascend. hin erweitert, welch letzteres dadurch auf die Vorderseite des Sackes gehoben wird. An dieser Erweiterung scheint indessen die vordere Wand des Duodenums weit mehr als die hintere teilgenommen zu haben. Hierdurch hat sich an dem dilatierten Darm gleichsam ein Divertikel gebildet, der sich nach unten zu bis zum Becken erstreckte, während die Stenose auf der Rückseite des Sacks liegt. Mekonium ging wie gewöhnlich ab. Blut wurde sowohl in den Darmentleerungen als in den Erbrechungen nachgewiesen ; dies dürfte seine hinreichende Erklärung teils in der im dilatierten Sack befindlichen Ulceration, teils in der Maceration finden, die die Schleimhaut in dem dilatierten Darmteil erfahren hat. Die angeborenen Darm- und Ösophagusatresien. 93 Fall II. Obstetr. Klinik. Journal 425/1904. Vollständige Membran im unteren Duodenum. Unreifes, weibliches, wohlgebildetes Kind; Länge 48 cm, Gewicht 2470 g. Mutter eine gesunde, 19 jährige I-P. Mekonium ging nie ab, nur spärliche Mengen eines zähen, gelblichweissen kittähnlichen Stoffes. Vom ersten Tage an dünne gelbgefärbte Erbrechungen- nach allen Mahlzeiten. Der Tod erfolgte unter allgemeinem Marasmus am Iten Tage. Duodenum \ Membranatresie im unteren Duodenum. (Fall I.) 94 H-JALMAR FORSSNER, Obduktion (vom Verf... Bei der Eröffnung des Bauchs zeigte der Ventrikel normale Lage und normales Aussehen. Der Pylorus war etwas weiter als normal. Unmittelbar neben dem Pylorus begann eine stark gespannte Darm- schlinge, die in einem Bogen in das kleine Becken herunterhing. Der auf- steigende Schenkel verschmälerte sich ungefähr in Nabelhöhe, gleich links von der Mittellinie. ganz plötzlich zu einem zusammengefallenen Darm. Alle Därme unterhalb gleichfalls zusammengefallen. Das Kol. transv. ging über den herab- steigenden Schenkel der gespannten Schlinge. Diese hatte ein kurzes Mesen- terium, das direkt in das Dünndarmmesenterium überging. Situs und Mesenterium im übrigen normal. Keine Spur von Peritonitis. Der Gallen- und Pankreasgang mündete in den gespannten Darm ein, 2cm unterhalb des Pylorus und 10,5 cm über der Okklusion. Beim Aufschneiden erwies sich, dass Darm und Ventrikel eine dünne stark gelb gefärbte Flüssigkeit enthielten. Im Kolon unbedeutende Mengen einer gelblichweissen, kittartigen Masse. Die Därme im übrigen voll- ständig leer. Bezüglich der übrigen Organe nichts zu bemerken. Zu mikroskopischer Untersuchung wurde die Okklusionsstelle in der Längsrichtung des Darms gespaiten und die eine Hälfte in Serienschnitte geschnitten; Färbung nach v. Giesons Methode. Die Serosa und die Muscularis, sowohl die longitudinale als die zirkuläre Schicht, gehen von dem dilatierten Teil des Darms direkt in einer ununterbrochenen Linie auf den zusammen- gefallenen über. Die Atresie wird durch eine quer über das Lumen gespannte Schleimhautmembran bewirkt, die auf beiden Seiten mit Epithel bekleidet ist, Mucosa & Schnitt durch die Membranatresie in Fall II. Der dilatierte Darm aufwärts. Der zusammengefallene abwärts. Die angeborenen Darm- und Ösophagusatresien. 95 welches direkt in das Epithel in dem darüber und darunter liegenden Darm übergeht. Zwischen den Epithelblättern findet sich ein gefässreiches Binde- gewebe, das direkt in die Submucosa des Darms übergeht. Die Schleimhaut hat überall sowohl in dem dilatierten und zusammen- gefallenen Darm als auf der Membran selbst ein wohlausgebildetes Epithel. Die Muskularis in dem oberen Darm etwas hypertrophisch. Zusammenfassung. Eine vollständige Atresie, die ausschliesslich durch eine Schleimhautmembran gebildet wird; Muskulatur und Serosa nehmen nicht an der Bildung derselben teil. Unterhalb der Atresie ein vollständig zusammengefallener Darm ohne Mekonium. Fall III. Obstetr. Klinik. Journal 729/1898. Vollständige Atresien mit Bildung zweier durch einen kurzen Strang verbundener Blindsäcke, die eine Atresie zwischen lleum und Coecum, dieandere in der Flex. coli lienal. Männliches, ausgewachsenes, wohlgebildetes Kind; Länge 50 cm; Gewicht 3300 g. Mutter eine gesunde, 34jährige VI-P., die vorher 3 gesunde Kinder geboren und 2 Aborte gehabt hat. Das Kind nahm während des ersten Tages Nahrung wie gewöhnlich ein, dann aber nicht mehr. Keine Darmentleerung, trotz Lavement. Am vierten Tage wurde Laparotomie (von Dr. C.D. Josephson) ausgeführt. Im Journal findet sich hierüber bemerkt: „Aus der Bauchwunde drang ein stark injizierter, ungefähr mannsdaumendicker Darm hervor, der sich als der untere Teil des Ileums erwies. Er wurde eröffnet und ein übelriechender Inhalt entleert. Der Diekdarm lag zusammengefallen, federdick da. Darauf wurde der untere Teil des Ileums mit dem angrenzenden Teil des Kolon ascend. vereinigt...“ (Eine Entero-Anastomose wurde angelegt). — An demselben Abend starb das Kind. Obduktion (nach dem Journal). „Nach Eröffnung des Bauches erwies es sich, dass er eine kleinere Menge blutiger Flüssigkeit enthielt. Alle Därme mit einem dünnen, fibrinösen Exsudat überzogen, ziemlich fest verklebt. Der untere Teil des Ileums ist in einer Ausdehnung von ungefähr 40 cm gerötet, © =} HJALMAR FORSSNER, zur Dicke eines starken Mannsdaumens (Umfang 6,5 cm) aufgetrieben. Das Kolon zusammengefallen, bleich, federdick (Umfang 2 cm); beim Aufschneiden dieser Teile konnte keine präformierte Passage vom lleum zum Kolon angetıoffen werden. An der Stelle der Valv. Bauh. fand sich eine Falte der Darmwand, aber keine Öffnung. Im Kolon keine Spur von Exkrementen. Zum grösseren Teil war es mit einem farblosen Schleim gefüllt. Auf der Grenze zwischen Kol. transv. und Kol. descend. wird eine vollständig obliterierte Stelle angetroffen.“ Das in Spiritus aufbewahrte Präparat besteht aus ungefähr 30 cm von dem stark dilatierten Dünndarm und ungefähr ebensoviel von dem ziemlich zusammengefallenen Kolon mit Coecum und Appendix. Zwischen dem kaudalen Teil des Dünndarms und dem kranialen des Kolons findet sich eine Entero- Anastomose angelegt. Die beiden Därme sind der Länge nach vollständig auf- geschnitten. Nachdem die Suturen an der Operationsstelle vorsichtig herausgenommen, zeigt es sich, dass sowohl das Ileum als das Kolon mit Blindsäcken endet, die durch eine ungefähr 5 mm lange und ungefähr ebenso breite Brücke aus festem Gewebe verbunden sind. Näheres über die gegenseitige Lage der. Därme lässt sich jetzt nicht sagen, da sie in der künstlichen Lage, die durch die Entero- Anastomose hervorgerufen ist, erhärtet sind. Ungefähr 16 cm tiefer im Kolon ist das Lumen wieder unterbrochen, und hier haben der obere und der untere Darmteil ungefähr gleichgrosse Blindsäcke. Diese sind durch einen nur ein paar mm langen Strang verbunden, der von bedeutend geringerem Umfang ist als der Darm, weshalb die Stenose dem Äussern nach sich wie eine zirkuläre Einschnürung ausnimmt. Die Darmteile bilden in der Verbindungsbrücke mit einander einen stumpfen Winkel und sind ausserdem um ihre Längsachsen im Verhältnis zu einander um ca. 900 gedreht. Mikroskopische Untersuchung ist für beide Atresien ausgeführt worden. Ausder oberen Atresie wurde ein Teil der beiden Blindsäcke im Zusammen- hang mit der zwischen ihnen liegenden Gewebebrücke herausgeschnitten; das Präparat wurde in Serienschritte zerlegt; Färbung mit Hämatoxylin-Eosin. Die Schleimhaut in den beiden Darmteilen ist ziemlich wohlerhalten und bekleidet die beiden Blindsäcke, ohne sich in die Verbindungsbrücke hinaus zu erstrecken. Die Muskularis ist gleichfalls wohlerhalten und regelmälsig angeordnet. An den Blindenden selbst hört diese regelmälsige Anordnung auf, indem die Muskulatur hier gleichsam von den blind schliessenden Epithelenden abwendet und in der Verbindungsbrücke weitergeht. Betrefis der Anordnung in dieser Die angeborenen Darm- und Ösophagusatresien. 97 letzteren erlaubt indessen das Präparat keine näheren Untersuchungen, da der Verbindungsstrang durch die Erhärtung im zusammengefalteten Zustande übel mitgenommen ist. Durch die untere Atresie wurde ein Schnitt gelegt, der der Länge nach -die beiden Darmteile und die Verbindungsbrücke zwischen ihnen teilte. Die eine Hälfte wurde in Serienschnitte in der Längsrichtung des Darms geteilt; Färbung nach v. Gieson. Die Schleimhaut in den beiden Darmteilen ziemlich wohlerhalten, die beide Blindsäcke in einer glatten Schicht auskleidend. Die Muskularis gleichfalls wohlerhalten und um die Darmteile herum regel- mälsig angeordnet. An den Blindenden geht ein Teil der Muskulatur rings um diese herum, eine direkte Fortsetzung der zirkulären Schicht bildend, und ein anderer Teil, sowohl von der zirkulären als der longitudinalen Schicht her- stammend, geht in den Verbindungsstrang hinaus, dessen Hauptmasse aus- machend. In dem Strang kann man Muskelbündel verfolgen, die teils direkt von Darmteil zu Darmteil hinübergehen, die teils einen schrägen Verlauf von der einen Seite des einen Blindendes zu der entgegengesetzten des andern haben. Zwischen den Muskelbündeln findet sich in spärlichen Bündeln ein lockeres Bindegewebe. 22% Mucosa ZEN DEE N Submucosa DS = 2 Muskularis Schnitt durch die untere Atresie in Fall III. Zusammenfassung. Das Ileum endet in einem beträchtlich aufgetriebenen Blind- sack, der durch eine kurze Brücke mit dem zusammengefallenen, blind beginnenden Coecum verbunden ist. Die Verbindungs- brücke besteht aus Bindegewebe, in das die Muskulatur von Anatomische Hefte. I, Abteilung. 102. Heft (34. Bd. H. 2). 7 98 HJALMAR FORSSNER, beiden Seiten her in Bündeln ausstrahlt. Das Epithel endet auf beiden Seiten mit glatten Linien und setzt sich nicht in die Brücke fort. In der Flex. lienal. des Kolons findet sich eine neue voll- ständige Unterbrechung mit zwei gleichgrossen Blindsäcken, die aus Schleimhaut und Muskularis gebildet sind. Zwischen diesen findet sich eine kurze Verbindungsbrücke, aus spärlichem Binde- gewebe und reichlicher Muskulatur gebildet, welche teils direkt von Darmteil zu Darmteil übergeht, teils die Schleimhautkuppeln auskleidet. Kein Mekonium unter der ersten Atresie. Fall IV. Pathol.-anat. Sammlungen der Universität Upsala. Vollständige Atresie unmittelbar unterhalb der Pap.Vateri mitBildung zweier, aneinander liegender Blindenden. (Die Angaben betreffs des Krankheitsverlaufs und der Obduktion sind dem: Protokoll entnommen, das über die Obduktion von cand. med. Carl Fredga aufgenommen und von Laborator Dr. A. Vestberg unterschrieben worden ist.) Fast reifes, männliches, wohlgebildetes Kind; Länge 47 em; Gewicht 2400 g.. Mutter gesund, 44jährige IX-P. Die Kinder vorher gesund. Das Kind erbrach schon am ersten Tage alles Genossene und hatte auch zwischen den Mahlzeiten Erbrechungen von gallig gefärbtem Wasser; dagegen hatte es keinen Stuhlgang und bei Lavement nur Abgang einiger weissen Fetzen. Der Tod erfolgte nach 5 Tagen. Obduktion. Die Dünndärme vollständig zusammengezogen in gewöhn- licher Lage, der Diekdarm gleichfalls in gewöhnlicher Lage, in seiner ganzen Ausdehnung zusammengezogen, jedoch nicht völlig gleichmäfsig. Der Ventrikel aufgetrieben. Der Pylorus erweitert; ohne scharfe Grenzen geht er in eine walnussgrosse, blasenförmige Auftreibung des Duodenums über, die diesem Darm vom Pylorus an bis 1 cm von der Flex. duoden.-jejunal. zu entsprechen scheint. Der untere Teil des Sackes liegt in den Radices der Mesenterien ver- borgen. Der Magen und der aufgetriebene Teil des Duodenums enthalten einen zähen, gelben Schleim in ziemlich reichlicher Menge. Auf der Hinterseite des Sackes findet sich eine Stelle von ungefähr 5 mm Durchmesser, wo die Schleim- Oo Ventrikel Blindsack im Duodenum Atresie mit vollständiger Unterbrechung des Darms im Duodenum (Fall IV). Das Präparat ist von hinten gesehen. Der kaudale Darm ist aufgeschnitten. haut ein grübchenförmiges Aussehen zeigt. Der untere Teil des Duodenums endet nach oben zu blind mit dem oberen Ende in unmittelbarem Anschluss an die ebengenannte Stelle des Blindsacks. Eine Kommunikation zwischen den beiden Darmteilen lässt sich nicht nachweisen. Im unteren Teil des Dünndarms und im Kolon wird an einigen Stellen grüngefärbtes Mekonium angetroffen. Der Darm im übrigen leer oder graugelbe Masse enthaltend. Der Gallengang mündet in den aufgetriebenen Teil des Duodenums an der beschriebenen grubigen Stelle. In den beiden Lungen akute Pneumonie. Bezüglich der übrigen Organe nichts zu bemerken. Eine chemische Untersuchung der grüngefärbten, dem Ansehen nach vollständig mekoniumähnlichen Massen ist von dem Asistenten am chemischen Institut des Karol. Instituts zu Stockholm, cand. med. Gunnar Larsson, aus- geführt worden, welcher die Gegenwart von Kolestearin und Gallensäuren in kleinen Mengen konstatiert hat. ZIR 100 HJALMAR FORSSNER, Eine Untersuchung des in Kaiserling aufbewahrten Präparates zeigt, dass das untere, schmale Blindende, das seiner ganzen Ausdehnung nach aufgeschnitten ist, adhärent der Hinterseite des grossen Blindsackes anliegt, welch letztere hier eine kleine Falte bildet, die mit ihrer Spitze dem Ende des erstgenannten Darms gegenüber liegt. Mikroskopische Untersuchung. Die aneinander liegenden Teile der Blindsäcke sind in Serienschnitte in der Längsrichtung des kleineren zerlegt. Färbung mit Hämatoxylin und Eosin. Die Konservierung ist nicht gelungen und die Kernfärbung daher nicht gut, man kann jedoch völlig deutlich die beiden Muskelschichten und die Submucosa unterscheiden und an ihnen das gegenseitige Verhältnis der beiden Därme studieren. Submucosa Schnitt durch die Atresie in Fall IV. Das grosse Blindende mit der Falte oben. Das kleine Blindende unten und rechts. Die Muskulatur, die in dem grossen Sack hypertropisch ist, kleidet mit ihren beiden Schichten das Ende des dilatierten Darms aus und nimmt hier an der Bildung der ebenerwähnten Falte teil, wie in Fig. 7 zu sehen ist. Auch in dem peripheren Darm verlaufen beide Muskelschiehten gleichmäfsig und ununter- brochen rings um das Blindende. Zwischen den gegen einander liesenden Polen findet sich nur ein lockeres Bindegewebe. Das Epithel ist sowohl in dem grossen Blindsack als in dem zusammen- gefallenen Darm vollständig abgestossen. Dagegen findet sich innen vor der Muskelschicht ein reichliches Bindegewebe von lockerer Beschaffenheit, das unzweifelhaft die Submucosa ist. Die angeborenen Darm- und Ösophagusatresien. 101 Zusammenfassung. Der obere Teil des Duodenums ist zu einem grossen Blindsack aufgetrieben, welcher den Gallengang aufnimmt. Der kaudale Darm, der zusammengefallen ist, beginnt blind und liegt der Hinterseite des dilatierten kranialen Darms an. Die Muskulatur kleidet sowohl den dilatierten als den kleinen Darm aus, ohne einen Zusammenhang zwischen ihnen herzustellen. Innen vor der Muskulatur ein submuköses Bindegewebe; das Epithel ist abgestossen. Unterhalb der Unterbrechung eine geringe Menge chemisch untersuchten Mekoniums. Fall V. Öffentl. Waisenhaus in Stockholm. Aufgenommen 2. 11. 1903. Vollständige Atresie durch eine Schleimhaut- membran auf der Grenze zwischen Duodenum und Jejunum. Dieht darunter zuerst eine vollständige Atresie mit Bildung zweier miteinander verbundener Blindenden, dann noch eine mit zwei freien Blindenden. (Aus dem Journal des Waisenhauses werden folgende Angaben angeführt). Ein unreifes, männliches, wohlgebildetes Kind; Gewicht 1600 g. Mutter gesund, ]III-P., die bisher gesunde Kinder gehabt hat. Das Kind hat trotz Lavement niemals Stuhlgang gehabt. Es hat nach Angabe die ersten 5 Tage die Brust genommen, dann aber nicht mehr. Mit Ausnahme des ersten Tages hat es ständige Erbrechungen von anfangs dunklerer, dann hellerer Färbung gehabt, am letzten Tage kaffeesatzähnlich. Im Krankenhaus wurde ein Wasserlavement gegeben, wobei schybalaförmige Massen von halbdurchsichtiger, glasiger, hell grauweisser Färbung erhalten wurden. Am folgenden Tage starb das Kind, 7 Tage alt. Bei der Obduktion wurden die Organe der Brust- und Bauchhöhle zusammen herausgenommen und in situ in Formalin gehärtet. Präparat. Der Ventrikel, der normale Lage hat, ist beträchtlich dilatiert, nach dem Augenmafs ungefähr zwei- bis dreimal so gross als normaler- weise. Der Pylorus ist kleinfingerdick und führt in einen kolossal dilatierten 102 HJALMAR FORSSNER, Fig. 8. Ventrikel Blindsäck Blindsäck Präparat zu Fall V. Links der rechte Sack, der durch den Pylorus mit dem Ventrikel kommuniziert. Rechts der linke Sack und darauf das Darmstück mit den Atresien. Die punktierte Linie zwischen den Blindsäcken bezeichnet den unteren Rand der breiten Verbindung zwischen ihnen. Darm hinein, der in einem nach oben und vorne offenen Bogen verläuft, das ganze Dünndarmpaket umfassend. Der erstere Teil desselben besteht aus einer sackförmigen Auftreibung von ungefähr der halben Grösse des Ventrikels, unter dem rechten Leberrande und rechts von dem Dünndarmpaket liegend; in seinen oberen Teil mündet der Gallengang. Dieser Sack geht in einen wohl manns- daumendicken Darm über, der hinter den Dünndärmen und ihrem Mesenterium nach links hinübergeht und mit einer sackförmigen Auftreibung unter dem Ventrikel von ungefähr derselben Grösse wie die zuerst beschriebene endet. Der linke unter dem Ventrikel gelegene grosse Sack endet blind. An seiner oberen Seite beginnt ein Darm, der dann nach rechts weitergeht, auf der oberen Fläche des dilatierten Darms liegend und durch lockere Adhärenzen an demselben befestigt. Dieses Darmıstück beginnt blind ohne Verbindung mit dem grossen Darmsack (Atresie Va), ist zusammengefallen und endet mit einem erbsengrossen Blindsack dicht unter dem Pylorus. Dieser Blindsack hat einen appendixähnlichen Die angeborenen Darm- und Ösophagusatresien. 103 Anhang, der frei endet (Atresie Vc). Ungefähr auf der Mitte dieses kleinen Darmstücks findet sich noch eine Atresie (Atresie V b). Die Lumina enden hier auf beiden Seiten blind, und zwischen den Blindsäcken ist der Darm etwas schmäler als an den übrigen Partien. Der Inhalt des kaudalen Blindsacks besteht aus einer spärlichen, amorphen, grützähnlichen Masse, die der Farbe nach graugrün ist und nicht nach Mekonium aussieht; eine chemische Untersuchung wurde nicht für möglich erachtet, da die Quantität zu gering und ausserdem das Präparat ungefähr zwei Jahre lang in Formalin und Spiritus aufbewahrt worden war. Die Dünndärme, die stark zusammengefallen sind, sitzen an einem Mesenterium, das dicht unterhalb des zuletzt erwähnten Blindsacks beginnt und dann nach unten und rechts auf der Vorderseite der mittleren Partie des dilatierten Darms verläuft. Die obersten Schlingen sind leicht durch lockere Adhärenzen verklebt. Nachdem man diese gelöst, findet man, dass der oberste Darmteil mit einem nicht aufgetriebenen, freien Blindende beginnt. Im übrigen ist über den Dünndarm nichts zu bemerken, der in das Coecum übergeht, welch letzteres nebst dem ganzen Kolon ascend. intim an der Innenseite des rechten Sackes festklebt. Das Kolon schlägt sich hiernach um den oberen Rand des dilatierten Darms und bildet auf der Hinterseite eine Schlinge nach links mit der Spitze gegen die linke Nebenniere. Der rückkehrende Schenkel geht rechts um den rechten Blindsack herunter und ist auf dieser letzteren Strecke wieder intraperitoneal mit Mesokolon. Einige der untersten Dünndarmschlingen und Teile des Diekdarms sind mit Massen gefüllt, die den in der Krankengeschichte beschrieber,en ähneln, wie sie bei dem Lavement abgegangen sind. Mikroskopische Untersuchung ist von sämtlichen Atresien bewerkstelligt worden; diese wurden alle in fortlaufende, vollständige Serien- schnitte zerlegt. Präp. Va. Die Verbindung zwischen dem grossen und dem kleinen Darm bei der ersten Atresie geschieht dadurch, dass der kleine in einen sich ver- schmälernden Strang ausgezogen ist, der dicht der Wand des grossen anliegt und auf diese Weise unter einem sehr spitzen Winkel in derselben aufgeht. Die Schnitte sind durch die beiden Därme in der Längsrichtung des kleinen gelegt. Färbung mit Hämatoxylin und Eosin. Die Muskelwand geht von dem grossen Darm mit ihren beiden Schichten durch den erwähnten Strang auf den kleinen über und bildet hierdurch einen schmalen Kanal zwischen den beiden Därmen. Hierbei wird sie in dem Strang “dünner, nimmt aber wieder an Dicke zu, indem gleichzeitig der Kanal sich erweitert und in dem kleinen Darm aufgeht. Die Muskelwand erreicht jedoch im letzteren nicht dieselbe Mächtigkeit wie in dem grösseren Darm. 104 HJALMAR FORSSNER, Das Epithel ist in dem grösseren Darm zum allergrössten Teil abgestossen, und man findet innen vor der Muskularis fast ausschliesslich das submuköse Bindegewebe. In dem kleinen Darm dagegen ist das Epithel ziemlich wohl- erhalten und erstreckt sich von diesem aus hinunter in den eben erwähnten Verbindungskanal. In dessen schmalsten, neben dem grossen Blindsack gelegenen Teil verliert das Epithel das Aussehen von Darmepithel und geht statt dessen in unregelmäfsig geordnete Epithelzellen über, die auf der allerletzten Strecke sich zu einem kompakten Strang zusammenlegen, welcher in eine kleine, mit einer deutlichen Schleimhaut ausgekleideten Höhle übergeht. Diese Höhle liegt genau dort, wo der Verbindungsstrang in dem grossen Darm aufgeht, und erstreckt sich mit einer Spitze in die Submucosa des letzteren hinein. Eine Verbindune mit dem erossen Lumen hat sie indessen nicht. Oo fo} ER, Mucosa 17 a n. Muskularis EB 7 Muskularis: Mucosa Schnitt durch die Atresie Va. Links oben das grosse Lumen in dem linken Blindsack mit blossen Spuren von erhaltenem Epithel. Rechts unten der kleine Darm mit seiner ausgezogenen Spitze, die in die kleine Höhle endet. Präp. Vb. Die Atresie Vb ist in ihrer Gesamtheit herausgenommen sodass die beiden Blindsäcke sich mit im Präparat finden, das in der Längs- richtung des Darms geschnitten und nach v. Giesons Methode gefärbt ist. Die Serosa und die beiden Schichten der Muskularis laufen von Darmteil zu Darmteil in ununterbrochenen Schichten fort, zwischen den Blindenden. Tafel 6. 34. Bo. H. 1). 102. Hert ( ABTEILUNG, L ANATOMISCHE HEFTE. Bis. Se , „ he x NEIGEN , EN zu ur REN OD N x VERLAG VON J. F., BERGMANN IN WIESBADEN. ÄNATOMISCHE HEFTE. |. ABrEırLung. 102. Herr (34. Bo. H. 1). Tafel 7. VERLAG VON J. F. BERGMANN IN WIESBADEN. u vn. Die angeborenen Darm- und Ösophagusatresien. 105 einen nach der Mitte zu von beiden Seiten her schmäler werdenden Tunnel bildend. Das Epithel ist auf beiden Seiten wohlerhalten und endet auf jeder Seite mit einem glatten, kuppelförmigen, nicht aufgetriebenen Blindsack. Die Submucosa ist reichlich und geht durch den ebenerwähnten Tunnel fort, von Darm zu Darm eine kontinuierliche Schicht innen vor der Muskularis bildend, in welcher Schicht die blind schliessenden Epithelenden eingebettet sind. Der Teil der Submucosa, der zwischen den Epithelenden liegt, enthält reichlich Gefässe, ziemlich reichlich Muskelbündel und veinzelte Ganglien, aber keine Zellen, die als Reste von Darmepithel gedeutet werden könnten. Fig. 10. = ATI Dr ae ; 3 GG en N EI RGISER. Muskularis Zar? SS Tr rg / he TERN up ln Mer Eu 14 7 A >— , — Submucosa % & Sy — IE 4 SL 5 an ee Mucosa 7 R 7 x G IMer = EZ a : = I STD a IT WM eo > 294 Die Atresie bei Vb. Präp. Ve. Die Darmteile bei der Atresie ce sind der Länge nach gespalten und die eine Hälfte jedes Blindendes geschnitten; von dem kranialen Teil, der den appendixähnlichen Anhang trug. Färbung mit Hämatoxylin und Eosin. Der kraniale Blindsack besteht aus allen Schichten einer normalen Darm- wand, sämtlich wohlausgebildet; das Epithel bildet überall, auch entsprechend der Stelle, von der der Anhang ausgeht, eine glatte Fläche. Der Anhang besteht aus einer dütenförmigen Verlängerung aller Schichten der Darmwand mit Aus- nahme der Mucosa. Aussen eine Serosa und innen davor eine Muskularis, welche beiden Schichten direkt in die entsprechenden des Darms übergehen. Dass dieses sowohl für die longitudinale wie für die zirkulare Muskelschicht gilt, kann man deutlich an der Ursprungsstelle konstatieren, dagegen lassen sich nicht weiter unten im Anhang derartige Schichten unterscheiden, vielmehr sind die Muskelbündel dort sehr unregelmäfsig angeordnet. Durch den ganzen An- hang hindurch findet sich indessen innen vor der Muskulatur ein der Form nach ziemlich variierendes Gebiet, das von einem lockeren, gefässreichen Bindegewebe von demselben Aussehen wie dis Submucosa des Darms eingenommen wird, in welch letztere es auch an der Basis des Anhanges übergeht. Nirgends im An- hange finden sich Bildungen, die als Reste von Darmepithel gedeutet werden können. 106 HJALMAR FORSSNER, Fig. 11. Blindsack h In vi kN IN Selle N .\erTo 0 N N. NH) N 3 NZ Anhang NN NER SI ESG M u): TER p5S Anhang Die Atresie Ve; das kraniale Blindende mit dem Anhang. In der oberen Figur hat der Schnitt gerade die Wurzel des Anhangs getroffen. In der unteren liegt der Anhang von dem Blindende getrennt, im Querschnitt getroffen. An dem kaudalen Blindende gehen sämtliche Schichten der Darmwand rings um den Blindsack in ununterbrochenen Linien. Zusammenfassung. Die exakte Bestimmung, wo im Darm die drei Atresien gelegen sind, dürfte wegen der deformierten Verhältnisse schwierig sein. Wahrscheinlich ist wohl, dass der kleine Darm. teil, welcher Sitz der drei Missbildungen ist, aus der obersten Jejunumschlinge besteht. Das Duodenum würde in solchem Fall mit einem grossen Blindsack enden, welcher durch eine Schleimhautmembran von Die angeborenen Darm- und Ösophagusatresien. 107 einer ganz kleinen, mit normaler Darmschleimhaut bekleideten Höhle getrennt ist. An diese schliesst sich ein erst kompakter, dann hohler Epithelstrang, der, sich erweitert und in den kaudalen, zusammengefallenen Darm übergeht. Die Muskulatur geht von dem grossen Blindsack, die eben beschriebene Epithel- bildung wie ein Rohr umschliessend, auf den kleinen Darm über, ohne an der Bildung der Atresie teilzunehmen. Das Lumen des kleinen Darms wird ein Stück weiter unten aufs neue unterbrochen und hier von der Schleimhaut zwei an einander liegende, nicht aufgetriebene, gleichgrosse Blindenden gebildet. Auch hier verläuft die Muskularis unberührt an der Atresie vorbei, zwischen den Blindenden einen nur von der Submucosa ausgefüllten Tunnel bildend. Dicht darunter findet sich noch eine Unterbrechung, aber hier nicht nur des Lumens, sondern auch der Kontinuität des Darmes, indem der kraniale Teil als ein unbedeutend aufgetriebener freier Blindsack endet, der einen schmäler werdenden, fadenähnlichen Anhang trägt. Der kaudale Darm beginnt mit einem schmalen, freien Blindende, das in sehr lockere Adhärenzen eingebettet liest. Die Muskularis kleidet die beiden Enden in glatten Schichten aus und geht im Anhang weiter, welch letzterer aus einer äusserer Schale von Muskulatur besteht, die einen Kern aus Submucosa umkleidet. Die Schleimhaut endet auf beiden Seiten als glatte Blindenden; keine Epithelreste finden sich im Anhang. Kein Mekonium unterhalb der ersten Stenose. Ausserdem findet sich eine Störung der normalen Lage des Kolons, die darin besteht, dass das Kol. ascend. sozusagen nach rechts hinüber auf die äussere Seite des rechten Duodenalsackes gehoben worden ist. 108 HJALMAR FORSSNER, Fall VI. Pathol.-anat. Sammlungen der Universität Lund. D III 288. Vollständige AtresiedesDuodenumsmit Bildung zweier zusammenhängender Blindenden. Im Katalog (Fick’s Katalog No. 31) finden sich folgende Angaben über den Fall: „Präparat von einem vier Tage alten, wohlgebildeten, reifen Kind, das ordentliche Entleerungen von Mekonium hatte, während des letzten Tages unter Beimischung eines dünneren, gelben Stoffes. Erbrechen graulicher, dünner Flüssigkeit (Ingesta) während der ersten Tage; am letzten Tage noch dünnere Flüssigkeit von schwarzer Farbe (ähnlich Kienruss in Wasser geschlämmt). Gegen Ende des vierten Tages wurde das Erbrochene dicker, hatte aber dieselbe Farbe.“ Das Präparat hatte nach derselben Beschreibung folgendes Aussehen: „Der Magen von gewöhnlicher Form und Lage, aber aufgetrieben. Ein Daumen unterhalb des Pylorus endet das Duodenum, beträchtlich erweitert, als ein Blindsack, der mittelst festeren Bindegewebes an einem blinden Ende der Fort- setzung des Duodenums, das hier schmäler als gewöhnlich war, festhing. Der Inhalt besteht aus ungefähr drei Esslöffel dicker, schleimiger, schwarzer Masse; solehe findet sich auch im Ösophagus in der Menge eines Dessertlöffels. Der Mageninhalt gab keine Reaktion auf Gallenfarbstoff, bei Behandlung mit NaCl und Essigsäure aber deutliche Häminkristalle. Bei mikroskopischer Untersuchung sind besonders in die Augen fallend quadratische Figuren, die völlig der Sarcina ventrieuli ähneln, ausserdem grössere und kleinere Fettkugeln in nicht unbedeutender Anzahl und schwarzbraune Pigmentmassen.“ Eine Untersuchung des Spirituspräparats zeigt nichts von Interesse über das im Katalog Gesagte hinaus. Die beiden Blindsäcke sind jeder für sich herausgenommen, und von dem in der Beschreibung erwähnten Zusammenhang ist nun nichts zu sehen; die blinden Enden haben ebene, glatte Oberflächen. Die Diagnose „Atresia part. sup. duodeni“, die sich im Katalog findet, muss ohne Zweifel bedeuten, dass die Atresie oberhalb der Papille sich befunden, obwohl nichts Direktes über das Verhältnis des Gallen- oder Pankreasganges zur Unterbrechung sich angegeben findet. Dieses stimmt auch mit den An- gaben der Krankengeschichte überein, dass Mekonium wie gewöhnlich abgegangen, am vierten Tage mit einem dünneren, gelben Stoffe gemischt, und dass keine Gallenfarbstoffe im Ventrikel nachgewiesen werden konnten. — Die Angabe, dass Blut im Ventrikelinhalt angetroffen worden, findet ihre Erklärung in der 109 Die angeborenen Darm- und Ösophagusatresien. Maceration, welche die Schleimhaut in dem stark aufgetriebenen Blindsack erfahren. — Der Ausdruck des Katalogs, dass die Blindenden durch „festeres Bindegewebe“ verbunden waren, bedeutet wohl nicht, dass eine mikroskopische Untersuchung angestellt worden ist, da es wenig wahrscheinlich ist, dass diese nicht auch die Blindsäcke umfasst hätte. Mikroskopische Untersuchung wurde für die beiden Blindenden ausgeführt; Teile aus den beiden Kuppeln herausgeschnitten; Färbung mit Hämatoxylin und Eosin. Die verschiedenen Schichten der Darmwand laufen in beiden in ununterbrochenen glatten Linien; man kann jetzt keine Spur mehr von der früheren Verbindung sehen. Das Epithel in dem grossen Blindsack so gut wie völlig abgestossen, in dem kleinen ziemlich gut erhalten. Zusammenfassung. Das Duodenum oberhalb der Pap. Vateri zu einem Blind- sack, erweitert, der unten mit dem blinden Ende der Fortsetzung des Duodenums, das zusammengefallen war, zusammenhing. Die Blindsäcke werden aus sämtlichen Schichten der Darmwand in ununterbrochenen Linien gebildet; von dem früheren Zusammenhang findet sich jetzt keine Spur mehr. Fall VII. Pathol.-anat. Sammlungen der Universität Lund. No. 261. Vollständige Atresie mit Bildung zweier, freier Blindenden zwischen lIleum und Coecum. Im Katalog (Fick’s Katalog No. 32) finden sich folgende Angaben: „Präparat von einem zwei Tage alten, reifen, wohlgebildeten Kind. Bei der Obduktion erwies es sich, dass der unterste Teil des Dünndarms in der Riehtung vom linken Hypochondrium zur rechten Regio iliaca ging, wo er blind endete, beträchtlich erweitert und lebhaft injiziert. In der Richtung und Lage des Kolons befindet sich ein besonders schmaler, bleicher, fast weisser Darm, der mit einem blinden Ende beginnt und an der Analöffnung endet. Im Dünndarm eine bedeutende Menge grünen Mekoniums, hoch hinauf sich erstrecekend. Der Diekdarm enthielt nichts.“ Das Spirituspräparat besteht aus dem untersten Teil des Ileums, auf- getrieben und blind endend, nebst dem ganzen Kolon mit Rektum; das Coecum 110 HJALMAR. FORSSNER, ohne Appendix. Am freien Ende des ersteren Darmes findet sich ein schmaler, frei endender Anhang. Mikroskopische Untersuchung ist teils an dem Teil des Ileums- endes. das den erwähnten Anhang trug, teils an dem Kolonende vorgenommen worden. welch letzteres der Länge nach gespalten wurde, worauf die eine Hälfte in Serie geschnitten wurde. Die Präparate wurden nach v. G@ieson und mit Hämatoxylin-Eosin gefärbt. An dem ersteren Präparat wird das Blindende von glatt ohne Unter- brechung fortlaufenden Schichten von Muskularis und Schleimhaut gebildet. Die Serosa geht im Anhang weiter, der zum grössten Teil aus Bindegewebe best-ht, aber auch in seiner ganzen Ausdehnung kleine Bündel von glatter Muskulatur enthält. Das Präparat (ca. 30 Jahre altes Museumspräparat) ist indessen nicht von der Beschaffenheit, dass es möglich wäre zu entscheiden, von wo diese Muskelbündel herrühren. Im Kolon kleidet die Mucosa das Blindende in einer glatten Schicht aus. Die beiden Schichten der Muskularis sind regelmäfsig und glatt. Zusammenfassung. Der Dünndarm mit einem stark aufgetriebenen Blindende; der Dickdarm, der vollständig zusammengefallen und leer ist, beginnt gleichfalls mit einem Blindsack. Aus der Beschreibung seht nicht hervor, dass diese zur Zeit der Obduktion in Ver- bindung mit einander gestanden hätten. Die mikroskopische Untersuchung zeigt, dass die beiden Blindenden gleichmälsig und ununterbrochen von allen Schichten der Darmwand aus- eckleidet werden. Mekonium fand sich nieht unterhalb der Atresie. Die hier beschriebenen Fälle zerfallen ihrer pathologisch- anatomischen Form nach in drei Gruppen. In der ersten Gruppe besteht die Missbildung aus einer quer über das Lumen ausgespannten Membran, welche bisweilen vollständig ist und eine Atresie bildet, bisweilen perforiert gleich einem Irishäutehen ist und dann nur eine Stenose bewirkt. Die angeborenen Darm- und Ösophagusatresien. 112 In der Literatur habe ich diese Form 49 Mal!) beschrieben gefunden, davon 34 Mal als Atresie und 15 Mal als Stenose. Die Lage im Darm geht aus folgender Tabelle hervor: Im Duodenum . . . .17, davon 9 Atresien und 8 Stenosen, im Jejuno-Ieum‘ .2...2.20' #216 > » 4 > beiwder. Valv: Bau) . mr 4‘, 2 > wi >» mm#Kolont ne B 8, » 7 » » 1 » Summe 49, davon 34 Atresien und 15 Stenosen. Zu dieser Gruppe gehören meine Fälle I, II und Va, von denen Fall I eine Stenose, die übrigen Atresien sind. Der anatomische Bau der Membran ist in meinen Fällen von genau demselben Typus. Die beiden Flächen der Membran sind mit Epithel bekleidet, das von der oberen Fläche direkt in das Epithel der zuleitenden Schlinge, von der unteren in das der ableitenden übergeht. Zwischen den Epithelblättern findet sich eine Schicht Submucosa, welche an der Peripherie der Membran in die Submucosa des Darms übergeht. Die übrigen Gewebe der Darmwand, Muskularis und Serosa, nehmen nicht an der Bildung der Membran teil, sondern gehen von der zuleitenden Schlinge ohne Unterbrechung auf die zusammengefallene über. Histologische Untersuchungen von Atresien, die diesem Typus angehören, kenne ich von Tobeitz (57), (mit Lupe), Wyss (63), Kuliga (33), Weber (62) und Champneys und Power (9). Von diesen habe ich in den drei ersten die Membran völlig in Übereinstimmung mit meinen Fällen gebaut gefunden. Ausserdem findet sich die Angabe, dass die Membran aus- schliesslich aus Schleimhaut gebaut sei, ohne dass direkt gesagt wird, ob eine mikroskopische Untersuchung ausgeführt worden, bei Grawitz (22), Krönlein (32), Labord (36), Valenta (58), 1) Bei Zahlenangaben betreffs der Anzahl Atresien und Stenosen von ver- schiedenen Formen und verschiedener Lage im Darm sind meine eigenen Fälle überall mitgerechnet. 112 HJALMAR FORSSNER, Wallman (60), Cohen (12) und Löbisch (87). Weber wie auch Champneys und Power dagegen haben zwar die Membran in der Hauptsache nach demselben Typus wie in meinen Fällen gebaut befunden, aber sie haben zwischen den Epithelblättern glatte Muskulatur gefunden, weshalb ich etwas näher auf diese Fälle eingehen zu müssen glaube. Champneys und Power sagen (S. 80), dass in der Membran, die auf gewöhnliche Weise aus doppelten Schleimhaut- llächen bestand, eine dieke Schicht »Muscularis mucosa« sich fand, die »mit der innere Muskelschicht in Verbindung stand«. Diese Muskelbündel waren in der Peripherie der Membran mächtig und verschmälerten sich nach ihrem Zentrum zu. Die longitudinale Schicht nahm garnicht an der Bildung der Membran teil, sondern ging unberührt vorbei. Weber hat einen ausserordentlich unklar beschriebenen Fall, wo zwischen den Darmteilen ein aus den Schleimhäuten der beiden Därme gebildetes Diaphragma und zwischen diesen Schleimhäuten eine Muskelschicht vorhanden war, die aus einem Muskelbündel der tiefen Muskelschicht herstammte, welches Bündel sich in der Membran auf ihrer einen Seite ausbreitete, während auf der anderen Seite keine Muskulatur vorhanden war. Die oberflächliche Muskelschicht dagegen ging direkt von Darm zu Darm. Leider fehlen in diesen beiden Publikationen Abbildungen von den mikroskopischen Präparaten, und die Beschreibungen sind nichts weniger als deutlich. Mit voller Sicherheit zu ent- scheiden, ob diese Membranen von dem Typus gewesen, wie ich ihn eben beschrieben, d. h. nur aus Mucosa gebildet waren, dürfte daher nicht möglich sein. Was Webers Fall betrifft, so dürfte dies indessen sehr wahrscheinlich sein, da aus der Beschreibung hervorgeht, dass die von der zirkularen Schicht herstammende Muskulatur nur in einem Bündel von der einen Seite her in der Schleimhaut- membran sich ausbreitete. Die angeborenen Darm- und Ösophagusatresien. 113 Champneys und Powers Fall ist schwerer zu beurteilen, aber die Verfasser selbst gebrauchen den Ausdruck »Muscularis mucosae« und sagen nur, dass diese mit der Zirkularis »in Ver- bindung steht« ; ich halte mich daher für berechtigt, auch diesen Fall zu diesem Typus zu rechnen. DieersteGruppe umfasstalsodieMissbildungen, die aus einer über den Darm gespannten Schleim- hautmembran bestehen, die meistens vollständig, bisweilen unvollständig, von Irisform, ist. Die zweite Gruppe umfasst die Missbildungen, wo an dem Darm eine Unterbrechung mit Bildung zweier Blindenden vorhanden ist, welch letztere durch einen Strang von wechselnder Dicke und Länge mit einander verbunden sind. In der Literatur habe ich 40 Fälle dieses Typus gefunden, davon 35, wo der Strang solid gewesen, und 5, wo er ein schmales kanalförmiges Lumen enthalten. Die Lage im Darm geht aus folgender Tabelle hervor. Im Duodenum. . . .16, davon 11 Atresien und 5 Stenosen ; im Jejuno-Ileum . . . 19, 304 319 en 5 bei der Valv. Bauh.. . 4, » Aare im Kolonie oe 7 le > 112.298 Summe 40, davon 35 Atresien und 5 Stenosen. Zu dieser Gruppe gehören die beiden Atresien meines Falls III und die Atresie Vb. Die histologische Untersuchung zeigt für diese übereinstimmend, dass sowohl das kraniale als das kaudale Blindende von einer glatten Schleimhautschicht ausgekleidet ist und dass keine Schleimhautbestandteile in dem Verbindungsstrang sich finden. Der Bau des verbindenden Stranges ist dagegen im übrigen verschieden in Fall III (untere Atresie) und Vb (das ziemlich übel mitgenommene Präparat der oberen Atresie III bleibt hier unberücksichtigt; es dürfte wahrscheinlich zu demselben Typus Anatomische Hefte. I. Abteilung. 102. Heft (34. Bd. H. 1). 8 114 HJALMAR FORSSNER, ı wie Vb gehören‘. In V b ist er dadurch gebildet, dass die beiden Muskelschiehten von dem kranialen Darmteil direkt auf den kaudalen übergehen, auf diese Weise zwischen diesen ein Muskel- rohr bildend, das bedeutend schmäler als der Darm im übrigen ist und eine Schicht Submucosa enthält, die auf beiden Seiten direkt in die Submucosa rings um die epithelialen Blind- enden übergeht. Der Strang ist, mit anderen Worten, wie ein normaler Darm gebaut, ausgenommen, dass das Epithelrohr an einer begrenzten Stelle fehlt. In Fall III besteht der Strang auch aus Muskulatur und Bindegewebe, aber ohne jene regelmälsige Anordnung. Hier geht die Muskulatur teils von Darmteil zu Darmteil über, zum grössten Teil mit einem schrägen Verlauf von der unteren Seite des einen zum oberen des anderen, teils rings um die beiden Blindenden. Man kann sich eine Vorstellung von dem Aus- sehen dieses Präparats bilden, wenn man sich die Darmteile in Vb um ihre Längsachsen, aber in einander entgegengesetzter tichtung gedreht denkt. Das Muskelrohr wird hierdurch zusammen- gedreht und es entsteht ein kompakter Muskelstrang, der rings um die epithelialen Blindenden eine Bekleidung bildet. Fälle, nach demselben Typus wie mein Fall Vb gebaut, finden sich von Tobeitz (57), Wyss (63) und Kuliga (33) beschrieben. Martens (39) und Bretschneider (7) haben Fälle be- schrieben, die völlig von diesem Typus sind nur mit der Aus- nahme, dass in der Submucosa des Strangs sich Reste von Epithelgewebe finden. Da beide Fälle von grossem Interesse sind, teile ich eine etwas nähere Beschreibung mit. Martens Fall, wo die Atresie 15 cm über der Valv. Bauh. lag, bestand aus zwei, durch einen 2 cm langen Strang verbundenen Blindenden. Schon makroskopisch konnte man sich davon überzeugen, dass das Lumen des weg- leitenden Darms eine Strecke weit in den Verbindungsstrang sich fortsetzte. Mekonium fand sich unterhalb der Atresie. Über den näheren Bau derselben Die angeborenen Darm- und Ösophagusatresien. 115 —— —— + sagt er (S.4): „Er (der zuführende Darmende) steht vielmehr in offener, wenn auch enger Verbindung mit einem zunächst noch in der Wandung des dilatierten Darmendes liegenden Darmlumen mit gut erhaltener Schleimhaut und den übrigen Darmwandungen. Dinn wird die eigentliche Lichtung kleiner, der von der Muscularis muco-ae umgrenzte Raum ist noch eben so gross, aber ganz von Schleimhaut ausgefüllt...“ Hier folgt die Beschreibung einer Blutung zwischen dem Epithel aus der Muscul. mucosa, die Hämosiderin enthielt; diese Blutung hört weiter unten auf. Es heisst dann ferner: „— — — von der Schleimhaut sind nur noch geringe Reste, schliesslich nur noch Querschnitte von Drüsen- resten erkennbar. Diese, suwie ihre Umgebung sind kleinzellig infiltriert. Die Drüsenreste nehmen dann in den Serienschnitten durch den Verbindungsstrang wieder zu, allmählich bildet sich wieder ein Lumen, und so kommen wir wieder zu dem oben beschriebenen Querschnitt. Hervorgehoben sei noch, dass auch an den Stellen, an denen von der Schleimhaut nur noch Andeutungen vorhanden sind, die übrigen Schichten annähernd gleichmälsig gut ausgebildet sind — —.“ Ausserdem war eine Perforation an der zuleitenden Schlinge vorhanden und eine wahrscheinlich durch diese verursachte adhäsive chronische Peritonitis, welche die Därme verklebte. In Bretschneiders Falllag die Atresie 5l cm oberhalb der Valv. Bauh. und bestand aus zwei, durch einen Strang verbundenen Blindsäcken. Mekonium fand sich auch hier unterhalb der Atresie. Er sagt (8. 212): „Verfolgen wir nun zunächst das Darmlumen in den einzelnen Serienschnitten nach aufwärts, so sehen wir, dass es allmählich kleiner wird und schliesslich ganz verschwindet; an seine Stelle ist ein solider Achsenstrang getreten. Derselbe öffnet sich nach 1-2 Mm. langem Verlauf wieder zu einem kleinen, zum Teil mit Mucosa aus- gekleideten Lumen, welches nach kurzem Verlauf jedoch wieder verschwindet und abermals durch dinen soliden Achseustrang ersetzt wird, der sich höher oben in der Wendung des oberen, stark dilatierten und nach abwärts blind endenden Darmrohrs verliert.“ Bezüglich dieser „Achsenstränge“ sagt er auf der folgenden Seite, dass sie fibrös waren, und der obere bedeutend dicker als der untere. Die ganze eben beschriebene Bildung lag, wie erwähnt, in einem submukösen Gewebe, welches rings um diese Stränge eine Reihe Rundzellen und Riesenzellen und an dem oberen Strange Wollhärchen enthielt. Wyss hat einen ähnlichen Fall beschrieben, wo zwei Blindenden im ‘ Duodenum durch einen nach dem Typus Vb gebauten Strang verbunden waren. An einer Stelle im Strang fand sich jedoch Mucosa. In einem anderen Zusammenhange werde ich näher auf die Deutung eingehen, die meines Erachtens diese letztgenannten * [0 0) 116 HJALMAR FORSSNER, Fälle zu erhalten haben, und ich beschränke mich hier darauf zu betonen, dass sie offenbar in dem Strang zwischen den beiden Blindenden Reste von Schleimhaut enthalten, obwohl in keinem von ihnen eine Verbindung zwischen den verschiedenen Darmteilen vorhanden war. Schliesslich finden sich dieser Gruppe angehörige Fälle, wo eine offene Verbindung durch den Strang vorhanden ist und die also Stenosen sind, wie solche von Hirschsprung (25), Theremin (55), Dorn (14) und Wanitschek (61) be- schrieben sind. Leider sind alle diese Fälle ziemlich unvollständig beschrieben, und keinem von ihnen ist eine histologische Untersuchung bei- gegeben. Alle sind im Duodenum gelegen und alle haben relativ kurze Verbindungsstränge, durch die man eine feine Sonde von Blindsack zu Blindsack hat führen können, Hirschsprung führt von seinem ersten Fall an, dass das Epithel in dem Strang fehlte, sodass das Lumen hier direkt durch die Submucosa begrenzt wurde Theremin und Dohrn beschreiben eine ventil- artige Schleimhautklappe, welche die obere Mündung des Ver- bindungsstrangs verschloss. Im übrigen fehlt es allen Angaben betreffs des Verhältnisses der verschiedenen Darmgewebe zur Stenose. Da es sich indessen schwerlich denken lässt, dass ein feiner Kanal ohne Epithelbekleidung Bestand hat, so dürfte man zu der Annahme berechtigt sein, dass in diesen Fällen der ver- bindende Strang einen schmalen, mit Schleimhaut ausgekleideten Kanal besessen hat. Fasst man das bezüglich dieser Gruppe Gesagte zusammen, so findet man, dass der Strang, der die beiden Blindenden verbindet, in sämtlichen Fällen aus den äusseren Schichten der Darmwand, Serosa, Muskularis und Submucosa, gebautist. In der Sub- mucosa, findet sich in einer Reihe von Fällen ein Die angeborenen Darm- und Ösophagusatresien. 7 schmaler, die Darmteile verbindender Schleimhaut- kanal, in anderen Fällen nur Schleimhautreste, in anderen schliesslich überhaupt keine Epithel- bestandteile. Die dritteGruppe umfasst die Fälle, wo die Unterbrechung der Kontinuität des Darms vollständig ist und zwei freie Blind- enden gebildet sind. Von dieser Gruppe habe ich in der Literatur 45 Fälle gefunden. Die Lage im Darm geht aus folgender Tabelle hervor. Im) Duodenum? 1.204201 sr 18; imsJejuno-Tleum . u... ,.22819; berder-Valv!-Bauh. 53:1 208 inamK olomı ur, 4. no rm eat wol Summe 45. Zu dieser Gruppe gehören von meinen Fällen IV, Ve, VI und VII. Die histologische Untersuchung zeigt für diese sämt- lichen Fälle, dass die beiden Blindenden gleichmässig und ununterbrochen mit allen Schichten der Darmwand ausgkleidet sind. Hiervon macht jedoch Fall Ve insofern eine Ausnahme, als der kraniale Blindsack bei ihm einen appendixähnlichen Anhang hat, gebildet durch eine dütenförmige Verlängerung aller Schichten der Darmwand ausser der Schleimhaut. In der Mehrzahl der Fälle in der Literatur sind die Blind- enden vollständig von einander frei, oft ziemlich weit getrennt und selten gegen einander gerichtet. In einigen, meist im Duodenum gelegenen Fällen, liegen sie dagegen in direkter Berührung mit einander, das kaudale Blindende oft durch das aufgetriebene kraniale verborgen. In einem Fall von Born (6) findet sich erwähnt, dass der eine Blindsack einen appendix- ähnlichen Anhang trug. In einigen Fällen [Ablfeld (1), Hirschsprung (25), Küttner(34), Schuller (51)] wird angegeben, dass das Mesen- 118 HJALMAR FORSSNER, terium zwischen den beiden Blindsäcken durch einen mehr oder weniger tiefen, nach der Basis hin sich erstreckenden Ausschnitt defekt gewesen ist. In der Mehrzahl der Fälle findet sich nichts derartiges erwähnt. und in vielen wird direkt gesagt, dass es nicht der Fall gewesen ist. Eine histologische Untersuchung habe ich in der Literatur innerhalb dieser Gruppe nur für einen einzigen Fall von Chiari (10) gefunden, wozu ich später zurückkomme. DieseGruppebestehtdemnachausblindschliessen- den Darmenden, die ausallen Schichten einer nor- malen Darmwand gebaut sind. Bisweilen sind sie weitvoneinander getrennt, imallgemeinenimDünn- darm, bisweilen liegen sie in direkter Berührung, jedoch ohne in Gewebeverbindung mit einander zu stehen, im Duodenum und Kolon. Ausser diesen nunmehr behandelteu Formen von Stenosen und Atresien, die ein mehr oder weniger zirkumskriptes Gebiet des Darms betreffen, finden sich in der Literatur eine geringe Anzahl von Fällen), wo die Verengung einen grösseren Darm- teil betrifft, Albers beschreibt zwei Fälle von vollständiger Atresie des ganzen Duodenums. Behm hat einen Fall publiziert, wo Magen und Darm bis zur Flex. coli sin. hochgradig verengt waren, der Magen so, dass nicht ein kleiner Finger eingeführt werden konnte, und der Darm bis zur Dicke einer Gänsefeder. Die Grenze zwischen lleum und Kolon wurde nur durch den Appendix gekennzeichnet. Albers, Atkin und Kleburne King beschreiben Fälle, wo das ganze Kolon atrophisch und sehr eng war, in dem ersten Fall teilweise mit Lumen versehen. 1) Zitiert nach Meckel und Kuliga. Die angeborenen Darm- und Ösophagusatresien. 119 Baudelocque hat einen Fall beobachtet, wo das Kolon “einen kleinen Anhang zu einem schmalen Coecum, das eines Appendix ermangelte, darstellte. Grüneberg beschreibt im Kolon descend. eine trichter- förmige Stenosierung mit der Spitze nach unten, die eine Strecke oberhalb des Rektums endete. Schon Meckel hat für diese Form von Stenosen darauf hingewiesen, dass sie wahrscheinlich partielle Hemmungen auf Stadien darstellen, wo das Darmrohr noch nicht sein eigentliches Wachstum begonnen. Hierfür könnte vielleicht der Umstand sprechen, dass diese Missbildungen gewöhnlicher im Kolon zu sein scheinen, welcher Darmteil am längsten sich auf diesem mehr unentwickelten Stadium erhält. Endergebnisse, Die Atresien und Stenosen des Darms können nach folgendem pathol-anat. Schema eingeteilt werden. Gruppe Il. Schleimhautmembranen: a. vollständige, b. unvollständige (irisförmige). Gruppe Il. Blindenden, durch einen Strang verbunden, welcher stets Serosa, Muskularis und Submucosa enthält. In der Submucosa findet sich: ar kein ipich el; b. nur vereinzelte Ephitelreste, c. ein schmales Epithelrohr, die Blindenden verbindend. Gruppe Ill. Freie Blindenden: a. von einander abliegend, b. einander anliegend. 120 HJALMAR FORSSNER, Kap. III. Die Patogenese der Darmatresien Geschichtliches. Der erste, der sich direkt mit der Frage nach der Ätiologie der kongenitalen Darmatresien beschäftigt hat, ist Meckel (41). Die Ansichten, die er speziell betreffs der Ätiologie dieser Missbildung aufstellte, haben sich zwar nicht als richtig erwiesen und haben offenbar keine grosse Rolle in der Literatur gespielt, seine Forschung auf diesem Gebiete stand aber in wissenschaft- licher Hinsicht auf einem verhältnismälsig sehr hohen Niveau, und seine Ansichten näherten sich denen, die nunmehr durchzu- dringen beginnen, weit mehr als alle die Hypothesen, die während des 19ten Jahrhunderts aufgestellt worden sind. Es dürfte daher nicht ohne Interesse sein, etwas näher auf seine Ansichten einzugehen, umsomehr, als durch seine Arbeiten die Teratologie in ganz neue Bahnen geleitet wurde. Vor Meckel war nämlich diese Wissenschaft ein Feld für den grössten Aberglauben und reine Vermutungen, und erst durch sein Eingreifen wurde auf diesem Gebiete eine wissenschaftliche Forschung geschaffen. Indem er die normale Entwicklungslehre als festen Ausgangspunkt bei dem Studium der Teratologie ein- führte, gelang es ihm zu zeigen, dafs eine grosse Anzahl Miss- bildungen Hemmungen auf früheren Embryonalstadien sind, und hierdurch hat er das Studium wenigstens eines Teils der Tera- tologie zu einer wirklichen Naturwissenschaft gemacht. Hem- mungsmissbildungen waren zwar schon zuvor beschrieben worden — Harvey bereits erklärte die Hasenscharte als eine solche — aber die Beobachtungen standen völlig isoliert da und fanden keinen Glauben, und sie konnten nicht zu einem allgemein- gültigen Satz generalisiert werden, da die Kenntnisse in der ANATOMISCHE HEFTE. I. ABTEILUNG. 102. Herr (34, Bo. H. 1). Tafel 8 VERLAG VON J. F. BERGMANN IN WIESBADEN. f raue” B + on Die angeborenen Darm- und Ösophagusatresien. 121 Embryologie im allgemeinen und der menschlichen Embryologie im besonderen äusserst unvollständig waren. Auch Meckel hatte eine höchst unvollkommene Kenntnis von den frühesten Entwicklungsstadien des menschlichen Em- bryos. Die Ursache dafür, dass er trotzdem es vermocht hat, seiner Lehre von den Hemmungsmissbildungen eine feste wissenschaft- liche Unterlage zu geben, ist unzweifelhaft in seinen umfassen- den Forschungen in der Embryologie und Anatomie verschiedener Tiergruppen zu suchen. Durch diese wurde er zu der Erkenntnis des Zusammenhanges zwischen Ontogenie und Phylogenie geführt, und er bereits hat, was vielleicht nicht genügend be- kannt ist, im Prinzip das wichtige Gesetz bezüglich dieses Zusammenhanges ausgesprochen, das lange nach ihm von Häckel unter dem Namen des »biogenetischen Prinzipes« for- muliert wurde. Meckel sagt nämlich (a. a. O., S. 48): »Dieselbe Stufenleiter, welche das ganze Tierreich darbietet... bietet auch .ein jedes der höheren Tiere in seiner Entwicklung dar, indem es von dem Augenblick seiner Entstehung an bis zu der Periode seiner Vollendung sowohl inbezug auf eine innere als äussere Organisation, dem Wesentlichen nach, alle Formen durchläuft, welche den unter ihm stehenden Tieren während des ganzen Lebens permanent zukommen«. Auf dieses Gesetz gestützt, zog er aus seinen weitumfassen- den Studien verschiedener Tiergruppen Schlüsse innerhalb der Ontogenie des Menschen, und hierdurch konnte er dem Begriff Entwicklungshemmung eine weit breitere anatomische Grund- lage geben, als es ihm möglich gewesen wäre, wenn ihm nur die relativ spärlichen Beobachtungen an menschlichen Embryonen zur Verfügung gestanden hätten. So stellte er z. B. seine be- rühmte Lehre von der Pathogenese des nach ihm genannten Meckelschen Divertikels auf, obwohl es ihm niemals gelungen 122 HJALMAR FORSSNER, war, bei einem Menschen einen offenen Ductus omphalo-mesen- tericus zu beobachten. Dass Meckel indessen im Gefühl der unerhörten Über- legenheit seiner Lehren über die abergläubischen Vorstellungen, wie sie zu jener Zeit die Teratologie beherrschten, zu weit ging und nicht frei von einer gewissen Neigung war, Missbildungen unter diesen Gesichtspunkt pressen zu wollen, auch wenn die anatomischen Tatsachen keine Stütze für eine solche Annahme abgaben, dürfte sich wohl kaum leugnen lassen. In dieser Hin- sicht liefern gerade die kongenitalen Atresien ein lehrreiches Beispiel. Meckel kannte von diesem nur die Form, wo der Darm unterbrochen war und zwei freie Blindenden bildete. Sollte diese Bildung eine Entwickelungshemmung sein, so konnte er sich die embryologische Grundlage auf keine andere Weise denken, als dass der Darm in mehreren Teilen angelegt wurde, welche normalerweise sich zu dem fortlaufenden Darmrohr ver- einigten, dass aber ausnahmsweise eine solche Vereinigung unter- blieb und dann eine Atresie entstand. Was man zu jener Zeit von der Anlage und ersten Entwicklung des Darmes — haupt- sächlich von Hühnerembryos her — wusste, widersprach indessen einer solchen Annahme, und das Aussehen des Darmes beim Menschen in so frühen Stadien war vollständig unbekannt. Meckel war allzusehr objektiver Forscher, um nicht einzusehen und auch zu betonen, dass die Annahme einer Entwickelungs- hemmung in diesem Fall einer anatomischen Grundlage entbehrte, andererseits war er aber allzu warm von der Allgemeingültigkeit seiner Lehre überzeugt, um den Gedanken ganz fallen lassen zu können, und sprach daher die Vermutung aus, dass künftige Unter- suchungen über die Entwicklung des menschlichen Darmkanals vielleicht zeigen würden, dafs dieser im Unterschied von dem, was man von anderen Tierarten her kannte, wirklich in mehreren Teilen angelegt wurde, die erst später sich vereinigten. Er empfiehlt Die angeborenen Darm- und Ösophagusatresien. deshalb ein Studium der frühen Entwicklung des Darms als den Weg, auf dem zur Lösung der Frage zu gelangen war. Dies ist indessen vollständig vergessen worden, und man hat sich nur an das Resultat gehalten, zu welchem nach Meckels Voraussage diese anatomische Untersuchung wahr- scheinlich kommen würde. Hierin dürfte die Ursache dafür zu suchen sein, dass man in der Literatur nicht selten von Meckels falscher Lehre von der Anlage des Darmes in meh- reren Teilen sprechen hört, während niemand ihn als denjenigen zitiert, der lange vor allen anderen die kongenitale Atresie als eine Entwicklungssstörung deutete und daher das Studium auf das Gebiet der Embryologie hinüberzuleiten suchte. Wenn man bedenkt, wie viele Missbildungen innerhalb der Bauchhöhle von Meckel ihre Erklärung durch embryologische Fakta erhalten haben, ist es recht eigentümlich, dass erst nahe- zu hundert Jahre später der Weg, den er so warm be- fürwortete, wieder betreten wurde, um die Frage nach der Ätiologie der kongenitalen Darmatresien zu lösen. Noch eigen- tümlicher erscheint dies, wenn man sieht, wie unwissenschaftlich und den Meckelschen Ideen gegenüber im Werte nachstehend die Hypothesen sind, die seitdem vorherrschend gewesen sind. Die Embryologen haben, wie schon hervorgehoben, während des 19ten Jahrhunderts der frühesten Darmentwicklung sehr geringe Aufmerksamkeit gewidmet. Die in den 1820er Jahren eifrig bearbeitete vergleichende Embryologie zeigte zwar bald für eine Mehrzahl Säugetiere, dass die Darmanlage in Übereinstimmung mit dem geschah, was man vom Huhn her kannte, d. h. vom ersten Beginn an ohne jede Unterbrechung, und dies wurde später auch für den Menschen von His bestätigt, aber die genaueren histologischen Einzelheiten ihrer frühesten Entwicklungsstadien, bevor noch die Resorptions- und Sekretionsorgane des Darms sich auszubilden begonnen, sind Gegenstand einer wirklichen Unter- 124 HJALMAR FORSSNER, suchung geworden erst, als Tandler (54) im Jahre 1900 mit seiner Arbeit über die früheste Entwicklung des Duodenums hervortrat. Kliniker sind es, die das Kapitel über die Darmatresien be- arbeitet haben, und sie haben im allgemeinen nur kasuistische Beiträge geliefert. Von denen, die sich auch mit der Ätiologie beschäftigt haben, ist es nur eine geringe Anzahl, die diese innerhalb der Entwicklungslehre gesucht haben, und keiner hat durch eigene Untersuchungen die Lücke in unserm Wissen von der Darmentwicklung auszufüllen gesucht, die die Embryologen offen gelassen haben. Wenigstens eine Ursache hierfür dürfte in einer klinischen Erfahrung zu suchen sein, die m der Diskussion über die Ätio- logie der kongenitalen Darmatresien eine grosse Rolle gespielt hat und als ein direkter Beweis dafür angeführt worden ist, dass die Ursache nicht in der frühesten Entwicklungsgeschichte liegen könnte. Diese klinische Erfahrung ist die, dass man unterhalb einer vollständigen, unter der Mündung des Duct. chol. in den Darm gelegenen Atresie in mehreren Fällen typischen Mekonium ge- funden hat. Man hat dies als einen Beweis dafür angesehen, dass die Atresie im Fötalleben erst nach dem Eintritt der Gallen- sekretion sich ausbilden könnte, was also jeden Gedanken an eine Entwicklungshemmung ausschloss. Es muss auch zugeben werden, dass jede Hypothese, die es versuchen will, die Ätiologie der Darmatresien durch Störungen in der frühesten Entwicklung des Darms zu erklären, auch eine Erklärung für diese klinische Tatsache geben muss, sonst ist wenigstens die Hypothese nicht allgemeingültig. Welche die Ursachen auch sein mögen, bestehen bleibt doch die Tatsache, dass die Mehrzahl der Forscher sich nicht die Ätiologie der Darmatresien als im Embryonalleben liegend gedacht, sondern sich anderen Gebieten zugewandt hat, und Die angeborenen Darm- und Ösophagusatresien. 125 die wenigen Hypothesen, die sich auf die Entwicklungslehre stützen, haben alle das gemeinsam, dass sie keinen Anspruch darauf machen, allgemeingiltige Erklärungen zu sein, sondern nur für eine kleinere Gruppe Stenosen mit gewissen gleich- artigen Charakteren gelten wollen. Solcher gibt es mehrere. Ahlfeld (1) hat einen Fall beschrieben, der völlig sicher eine für gewisse Fälle gültige Entwicklungsmöglichkeit angibt. Er fand bei einem neugeborenen Kinde einen Tumor, der an dem Nabel nur durch einen feinen Faden befestigt war, und der mit Mekonium gefüllte, nekrotische Därme enthielt. Bei der Sektion wurden die blind endenden lleum- und Kolonenden adhärent in der Nähe des Nabels gefunden. Er deutet seinen Fall so, dass der physiologische Nabelbruch aus irgend einem Anlass bestehen geblieben ist, z. B. durch Straffung eines persistierenden Duct. omphalo-mesent., und später durch die zusammenwachsende Bauchwand von der Bauchhöhle geschieden worden ist. Er betont weiter, dass es wohl sehr schwer, wenn nicht unmöglich gewesen wäre, sich bestimmt über die Entstehung dieser blind endenden Darmteile zu äussern, falls der schmale Stiel schon vor der Geburt gebrochen wäre und der Tumor sich in der Amnionflüssigkeit aufgelöst hätte. Ich kann nicht sehen, dass der Fall eine andere Deutung zulässt, und ich glaube daher, dass man Ahlfeld Recht geben muss, wenn er sagt, dass auf diese Weise in gewissen Fällen eine kongenitale Atresie entstehen kann, obwohl diese Erklärung natürlich nur für die anatomischen Formen gelten kann, wo der Darm unterbrochen ist und zwei freie Blindenden gebildet sind, und ausserdem nur für die Teile des Darms, die in dem physiologischen Nabelbruch liegen können, also nicht für das Duodenum und die unteren Teile des Kolon. Welche Rolle der Duct. omphalo-mesentericus gespielt hat, ist natürlich nicht möglich zu sagen, aber Ahlfeld's Auffassung hat für mich wenigstens nichts Unwahrscheinliches. 126 HJALMAR FORSSNER, Es haben übrigens mehrere Verfasser [Schellong (50), Clogg (11), Poelman (47), Bretschneider (7) und Weber (62j] eine ätiologisches Moment in dem Duet. omphalo-mesent. finden wollen, welcher abnorm lange persistiert und einen Zug ausgeübt hätte; wie dieses aber die Atresie bewirken könnte, findet sich bei niemand ausser Ahlfeld angedeutet. Diese An- nahmen machen auch meistens den Eindruck von Mutmalsungen in Ermangelung von Tatsachen. In noch höherem Grade lässt sich dieses wohl von der von Jacoby (26) aufgestellten und von Carini (8) dann aufge- nommenen Hypothese sagen, dass amniotische Stränge den Darm abgeschnürt haben sollten; ein Gedanke, dessen einzige Berech- tirung darin zu liegen scheint, dass ein solcher Prozess auf anderen Gebieten der Teratologie ein bedeutungsvolles ätiologi- sches Moment ist. Anomalien in der Gefässentwicklung werden von Wyss (63) als das Primäre für eine Reihe von Fällen angenommen, weil er in einer Atresie im Duodenum, bestehend aus zwei durch einen Strang verbundenen Blindenden, eine Aplasıe der Art. duod. inf. fand und keinen Gefässast zu dem Strange entdecken konnte. Er gibt indessen selbst zu, dass diese Hypothese nicht für die — doch sehr gewöhnlichen — Formen Gültigkeit haben kann, wo die Atresie durch eine über das Lumen ausgespannte Schleimhautmembran zustande gekommen ist. Wie er sich die Pathogenese bei einer Atresie seines eigenen Typus gedacht hat, erscheint indessen auch sehr dunkel, wenn man bedenkt, dass in dem Strang zwischen den Blindenden alle Schichten der Darmwand mit Ausnahme des Epithels vollständig normal sich vorfinden, ein Umstand, welcher Wyss durch eigene mikroskopi- sche Untersuchungen bekannt war. Es dürfte mindestens äusserst unwahrscheinlich sein, dass die Aplasie eines Gefässes wie der Art. duod. inf. einen zirkumskripten Epitheldefekt zur Folge gehabt, im übrigen aber den Darm völlig unberührt ge- lassen hätte. Die angeborenen Darm- und Ösophagusatresien. 127 Chiari (10) hat die Hypothese aufgestellt, dass im Fötal- leben entstandene Intussusceptionen bisweilen die Ursache zur Bildung einer kongenitalen Atresie sein könnten. Er hat näm- lich einen Fall von Atresie im Dünndarm mit zwei freien Blindenden untersucht und in dem unteren eine Bildung gefun- den, die er als ein Intussusceptum deutet. Er dachte sich, dass die Intussusception in einem frühen Stadium des Fötallebens entstanden ist; am Halse hat eine Nekrose des oberen Darms mit Unterbrechung der Kontinuität des Darmrohrs stattgefunden sodass die Darmenden von einander frei wurden, worauf dann sekundäre Heilung eingetreten ist. Kuliga (33) führt gegen Chiaris Deutung an, sie setze voraus, dass ganz andere mechanische Momente sich bei der Invagination während des intrauterinen Lebens geltend machten als während des extrauterinen. Im letzteren ist es immer erst das Intussusceptum, das infolge der Abklemmung seiner Gefässe nekrotisiert wird, in Chiaris Fall dagegen ist das Intussuscep- tum ausserordentlich gut erhalten, aber der Darm oberhalb des- selben ist nekrotisiert und zerrissen. Die Anmerkung erscheint mir befugt, während Kuligas Versuch, die Entstehung der betreffende Bildung damit zu erklären, dass die Atresie sich in einem Teil des Darms befand, wo »ein Einfluss des Duct. omphalo-mesent. sich geltend gemacht haben könnte«, mir völlig nichtssagen erscheint. Kreuter (31) nimmt an, dass die Intussusception sekundär wäre im Verhältnis zu einer wirklichen Atresie als dem Primären. Auch diese Erklärung scheint mir indessen unannehmbar, weil Kuligas Anmerkung in solchem Fall dieselbe Berechtigung wie zuvor haben würde, sofern es sich nicht um eine ganz frische Invagination gehandelt hätte, wo eine Nekrose des In- tussusceptums noch nicht hatte eintreten können, was jedoch offenbar nicht der Fall ist. Ausserdem müsste natürlich die Invagination zustande gekommen sein, bevor der kraniale Darm 128 HJALMAR FORSSNER, dilatiert worden war, und es ist nicht sehr wahrscheinlich, dass die Peristaltik in einem so frühen Stadium des Fötallebens eine solche Kraft besitzt, wie sie zur Hervorrufung einer Invagination vonnöten ist. Wenn demnach vieles gegen Chiaris Hypothese spricht, so kann ich andererseits, ebensowenig wie Kuliga oder Kreuter, eine besser befriedigende Erklärung geben. Dass der gut be- schriebene Fall anatomisch grosse Ähnlichkeit mit einer Intussus- ception hat, bleibt als Tatsache bestehen. Markwald (38) und Thorel (56) u,a. haben Fälle be- schrieben, die sie als durch fötale Enteritis entstanden deuten, und stellen im Anschluss daran die Hypothese auf, dass derar- tige Entzündungen die Ursache zu kongenitalen Stenosen sein können. In den angeführten Fällen kann ich indessen keine Anzeichen einer alten Entzündung finden, und ausserdem dürfte es ziemlich klar sein, dass die Mehrzahl der anatomischen For- men, unter denen die kongenitalen Atresien auftreten, sich nicht durch eine Entzündung bilden können. Alle diese bisher durchgegangenen Hypothesen, die nicht den Anspruch erheben, für mehr als eine sehr begrenzte An- zahl von Fällen zu gelten, spielen natürlich eine ziemlich unter- geordnete Rolle im Vergleich mit den Versuchen, die gemacht worden sind, eine allgemeingültige Erklärung für die Ätiologie der kongenitalen Darmatresien zu geben. Es sind eigentlich nur zwei solche Hypothesen, die während des 19ten Jahr- hunderts in der Literatur auftreten. Fiedler (17) gibt als das ätiologische Moment die fötale Peritonitis an. Hierzu kommt er indessen auf dem Wege der Ausschliessung und keineswegs auf Grund anatomischer Tat- sachen. Vielmehr muss er wegen der vollständigen Abwesenheit solcher seine Zuflucht zu einer besonderen Hilfshypothese nehmen, nach welcher die fötale Peritonitis im Gegensatz zu anderen keine anatomischen Spuren hinter sich lassen sollten. Die angeborenen Darm- und Ösophagusatresien. 129 Diese Lehre ist später von Theremin (55) aufgenommen worden, der auf kleine Verdiekungen in den Mesenterien, Anschwellungen der Lymphdrüsen u. dgl. als Beweis dafür hinweist, dass eine Peritonitis wirklich vorgelegen. Weil Theremin in seiner Arbeit den bisher grössten Bei- trag zur Kasuistik geliefert, hat diese seine Arbeit eine grössere Verbreitung gewonnen als die Fiedlers, und er wird daher häufig als der eigentliche Vertreter dieser Hypothese genannt. Nach ihm hat die Hypothese eine grosse Rolle gespielt und immer wieder ist sie als wahrscheinlich bezeichnet worden. Es lässt sich dies meines Erachtens kaum anders als durch Unkenntnis der pathologischen Anatomie dieser Missbildungen erklären. Denn auch wenn die fötale Peritonitis so spurlos ver- schwinden könnte, dass von dem ganzen Prozess nur die zir- kumskripte Darmatresie übrig bliebe, was an und für sich in allerhöchstem Grade unwahrscheinlich ist, so ist es doch voll- kommen unbegreiflich, wie sie zu Bildungen des anatomischen Baues Anlass geben könnte, wie ihn diese Atresien aufweisen. Das Charakteristische für die pathologische Anatomie aller dieser Bildungsfehler ist ja gerade, dass sie dem Peritoneum zu- gewandten Teile der Darmwand unverändert sind und dass nur das innerste Gewebe, das Epithel, Sitz des pathologischen Prozesses ist. Mindestens ebenso unwahrscheinlich scheint mir die zweite der erwähnten Hypothesen zu sein. Sie sieht in fötalen Vol- vulusbildungen das gemeinsame ätiologische Moment für die fraglichen Bildungsfehler. Diese Hypothese ist alt und findet sich bereits in Roki- tanskys Lehrbuch v. J. 1862 angegeben. Später ist sie von Küttner (34) näher ausgeführt worden. Er gelangt indessen, wie Fiedler, zu seiner Auffassung teils und vor allem, weil er sich gezwungen sieht, andere Möglichkeiten auszuschliessen, teils weil er in einem Fall ein paar gürtelförmige Wunden in dem Anatomische Hefte. I. Abteilung. 102. Heft (%4. Bd. H. 1). 9 130 HJALMAR FORSSNER, kranialen Darm sah, die er als Strangulationsnekrosen deutete. Nach ihm ist Volvulusbildung mehrmals als Ursache zu Atresien herangezogen worden. In der Mehrzahl der Fälle dürfte es sich indessen hier um eine Verwechselung von Ursache und Wirkung gehandelt haben. Aus den Beschreibungen geht häufig hervor, dass bei der Ob- duktion ein Volvulus neben einer Atresie und ausserdem eine frische Peritonitis gefunden worden ist. In einem solchen Fall scheint es mir ganz klar, dass die Volvulusbildung sekundär im Verhältnis zur Atresie entstanden ist, und zwar als die Peristaltik postfötal lebhafter geworden war; das Volvulus hat später die Peritonitis gegeben. Wie man sich dagegen sollte denken können, dass ein fötaler Volvulus zu einer Schleimhautbrücke über das Lumen oder einer Strangunterbrechung am Darm Anlass geben könnte, wo im Strange nur die Mucosa fehlt, ist völlig un- begreiflich, und hier dürfte die Erklärung wieder in einer mangelhaften Kenntnis der pathologischen Anatomie dieser Miss- bildungen zu suchen sein. Auf einem ganz anderen Niveau als alle diese Hypothesen ist die von Tandler (54) aufgestellte. Tandler hat — wie schon gesagt — gefunden, dass in der normalen Darmentwicklung im Duodenum beim Menschen auf einem frühen Stadium eine vorübergehende epitheliale Okklusion vorkommt, und er stellt im Anschluss hieran die Hypothese auf, dass die kopgenitalen Atresien möglicherweise Entwicklungshemmungen sind. Bleibt aus irgend einem Anlass die Lösung der Epithelokklussion aus, so lässt sich die Aus- bildung einer derartigen Atresie denken. Tandlers grosser Verdienst ist es, dass er die Forschung über die Ätiologie der kongenitalen Atresien auf festen Boden hinübergeführt hat, indem er anatomische Beobachtungen anstatt Vermutungen diesem Studium zugrunde legte. Ihın kommt auch die Ehre zu, zuerst — jedenfalls nach Meckel — die Hypothese Die angeborenen Darm- und Ösophagusatresien. 131 von den kongenitalen Atresien als Hemmungen auf frühen Embry- onalstadien ausgesprochen zu haben. Dass die Frage durch seinen Aufsatz indessen nicht als gelöst angesehen werden kann, ist nicht wunderlich, da er die Hypothese mehr beifällig nach einer rein anatomischen Untersuchung aufstellt, ohne den Darm- atresien ein besonderes Studium zu widmen. Er hat die erwähnten Bilder nur im Duodenum gefunden und in den übrigen Teilen des Darms nur eine Epithelprolifera- tion mit zunehmender Verengerung des Lumens, aber ohne eine Obliteration desselben. Aus diesem Grunde sieht er sich genötigt, seine Hypothese nur für die duodenalen Atresien aufzustellen, welche zwar nach den Statistiken (wenn man auf die Länge des Duodenums im Verhältnis zu der des übrigen Darms Rück- sicht nimmt) die relativ gewöhnlichsten sind, deren Zahl aber doch, absolut genommen, geringer ist als die der in den übrigen Teilen des Darms belegenen. Da die Atresien anatomisch völlig gleich in allen Teilen des Darms sind, ist es indessen wenig wahrscheinlich, dass sie im Duodenum eine von der in den übrigen Teilen des Darms verschiedene Ätiologie haben sollten. Ferner gibt er nicht die geringste Andeutung darüber, wie man sich die Entwicklung von der Okklusion im Embryonal- leben, die nach T. ausschliesslich aus Epithel besteht, bis zu der fertigen Atresie denken soll, deren anatomischer Charakter eben der ist, dass das Epithel auf einer gewissen Strecke fehlt, warum es sich also nicht um eine reine Hemmung handeln kann. Auch hat er nicht erörtert, wie man es sich vorstellen sollte, dass die sehr verschiedenen anatomischen Formen, unter denen diese Missbildungen auftreten, aus demselben ätiologischen Moment entständen. Und schliesslich nimmt er keine Rücksicht auf die alte Erfahrung, dass unterhalb vollständiger Atresien Mekonium sich finden kann, welche Tatsache zum mindesten der Allgemein- gültigkeit seines Satzes widerspricht. Während ich mit meinen Untersuchungen beschäftigt war, 9* 39 HJALMAR FORSSNER, erschien eine Arbeit von Kreuter (1). Auch er scheint, ob- gleich er davon nichts sagt, durch Tandlers Arbeit auf den Gedanken gekommen zu sein, dass dieser Okklusionsprozess wahrscheinlich sich in dem ganzen Digestionskanal findet und das ätiologische Moment für alle dort vorkommenden Atresien und Stenosen ist. Dieser Gedanke liegt ja auch nahe, wenn man Tandlers Arbeit liest, und er ist wahrscheinlich noch anderen als Kreuter und mir gekommen; er hat aber unbe- streitbar zuerst den Satz in dieser verallgemeinerten Form aus- gesprochen. Die Hypothese deshalb mit dem ihm schön- klingenden Namen Kreuters Hypothese zu taufen, wie es K. macht, scheint mir aber ganz unrichtig. Der Satz ist und bleibt Tandlers, auch wenn er, was er auch ohne weiteres zugibt, nicht den ganzen Beweis desselben vorgebracht hat. Das anatomische Material, auf welches Kreuter sich stützt, ist zum mindesten unbedeutend. Es beschränkt sich darauf, dass er mit Tandlers Hilfe 10 menschliche Embryonserien durchgesehen, wozu er ausserdem »leider sehr knappe Zeit ge- habt hat«. Die Folge ist auch, dass seine Untersuchungsresultate, wenigstens teilweise, einer Kritik nicht standhalten, worauf ich später zurückkomme. Kreuter selbst glaubt indessen gezeigt zu haben, dass ein Okklusionsprozess ausser im Duodenum sowohl im Ösophagus als im Kolon vorkommt, und ex analogia nimmt er an, dass er auch im Dünndarm vorkommt. Hiermit glaubt er einen ge- nügenden Beweis für den Satz geliefert zu haben, dass alle kon- genitalen Atresien im ganzen Verdauungskanal Hemmungen auf dem Stadium des Embryonallebens sind, wo der Darm nor- malerweise durch Epithel obliteriert ist. Dagegen giebt er zu, dass auch seine Untersuchungen keine Andeutung darüber geben, wie die Pathogenese zu denken wäre. Ein Verdienst in Kreuters Arbeit ist, dass er an die Notwendigkeit einer Feststellung gedacht hat, wie es möglich Die angeborenen Darm- und Ösophagusatresien. 153 sein kann, dass so verschiedene anatomische Formen dieselbe Ätiologie haben können. Da er indessen kein eigenes Material hierzu gehabt hat, so ist die pathologisch-anatomische Erörterung in hohem Grade unvollständig geblieben und hat wohl eigentlich nur das Ergebnis gehabt, dass er — meines Erachtens richtiger- weise — annimmt, dass der Verbindungsstrang zwischen zwei Blindenden reissen kann und diese so frei werden können, weshalb nichts der Annahme im Wege steht, dass die letztere Form aus der ersteren entstanden ist. Die Bedeutung der oben erwähnten Frage betreffs des Vor- kommens von Mekonium unterhalb einer vellständigen Atresie hat Kreuter richtig erkannt. Da seine pathologisch anatomi- schen Studien indessen aus den eben angeführten Gründen sehr wenig umfangreich sind, so konnte er keine Erklärung hierfür finden, sondern sah sich auf den Ausweg angewiesen, zu er- klären, er habe keine Fälle gefunden, die ihn davon überzeugt hätten, dass Mekonium wirklich vorgelegen. Der Ausweg ist einfach, aber kaum glücklich, da mehrere Verfasser durch chemi- sche und mikroskopische Untersuchungen bewiesen haben, dass der Darminhalt unterhalb der Atresie wirklich Mekonium ge- wesen ist. Die embryonalen Epithelokklusionen als ätiologisches Moment der Darmatresien. Versucht man die Resultate unserer entwicklungsgeschicht- lichen und pathologisch-anatomischen Studien auf die Patogenese der Darmatresien anzuwenden, erheben sich folgende Fragen. Ist es möglich, dass embryonale Epithelokklusionen das ätiologische Moment zu Darmatresien in allgemeinen darstellen können, auch wenn sie gewöhnlich nicht anders als in den kranialen Teilen des Darms nachgewiesen werden können ? 134 HJALMAR FORSSNER, Auf welche Weise lässt sich denken, dass eine Epithel- okklusion zu jenen eben beschriebenen pathologisch-anatomischen Formen Anlass geben kann, wo das Charakteristische eben ist, dass das Epithel auf einem gewissen Gebiete fehlt? Wie können so weit verschiedene Formen wie diese Atresien eine gemeinsame Ätiologie haben? Wie kann eine im ersten Embryonalleben, lange vor Beginn der Grallensekretion entstandene Atresie kaudalwärts vom Hindernis Mekonium aufweisen ? Die erste dieser Fragen hat Kreuter bekanntlich dahin zu beantworten versucht, dass die embryonalen Epithelokklusionen normalerweise in allen Teilen des Verdauungskanals vorkommen, er hat aber, worauf ich oben hingewiesen, keineswegs giltige Beweise hierfür liefern können. Im Gegenteil geben meine und Tandlers Untersuchungen ziemlich unzweideutig an die Hand, dass dem nicht so ist. Nichtsdestoweniger komme ich zu dem- selben Resultate wie Kreuter, dass die ursprünglich von Tandler für das Duodenum aufgestellte Hypothese dennoch auf die im Darmkanal vorkommenden kongenitalen Atresien im allgemeinen Anwendung findet. Kreuter fasst die Missbildung als eine Hemmungsmiss- bildung auf. Die meisten bekannten derartigen Missbildungen sind indessen Hemmungen auf Entwicklungsstadien, die in die Palingenie fallen und daher bei jedem Embryo konstant nach- weisbar sind. Er erachtet es daher für unumgänglich notwendig, (lass diese Okklusionen in allen Teilen des Darmkanals nachweisbar sein sollen, um die anatomische Unterlage für die Hypothese abgeben zu können. Es gibt aber Entwicklungsformen, die auch als normal be- zeichnet werden müssen, die aber Variationen sind und deshalb "nicht bei jedem Embryo nachgewiesen werden können. Tritt eine Hemmung auf einem derartigen Entwicklungsstadium ein, so erhalten wir natürlich ebenso eine Hemmungsmissbildung, man Die angeborenen Darm- und Ösophagusatresien. 155 könnte sagen eine cenogenetische, können aber nicht ebenso sicher sein bei jedem Embryo das embryonale Vorstadium wiederfinden zu können, wie bei einer palingenetischen. Nach meinen Untersuchungen halte ich es für das Wahr- scheinlichste, dass die Epithelproliferation der palingenetische, bei allen vorkommende Prozess ist, während die epitheliale Okklusion eine Cenogenie ist, auf zufälligen Faktoren in der ÖOntogenie beruhend, und daher bedeutende individuelle Varia- tionen aufweist. Bei dieser Auffassung liegt nichts der Annahme im Wege, dass die Epithelokklusion ausnahmsweise in allen Teilen des Darms entstehen kann, obgleich sie nur in dem kranialen Teil gewöhnlich sind, und es ist durchaus nicht merk- würdig. dass eine relativ sehr kleine Anzahl hierauf untersuchter Därme nicht eine Serie positiver Befunde aufweist. Ist dieses Räsonnement richtig, so müssten indessen diese angeborenen Bildungsfehler in den kranialen Teilen des Darms gewöhnlicher sein als in den übrigen. Das ist nun auch der Fall. Betrachtet man die Gesamtzahlen. so sieht es freilich aus, als wenn ein entgegengesetztes Verhältnis stattfinde, imdem die Zahlen für die verschiedenen Darmteile, wie erwähnt, im Duodenum 79, im Jejuno-lleum 103, an der Valv. Bauh. 16 und im Kolon 32 waren. Tandler bemerkt indessen ganz richtig, dass man natürlich auf die Längenverhältnisse der verschiedenen Darm- stücke Rücksicht nehmen muss. Die Angabe, die uns interessiert, ist die, wieviel Stenosen am Zentimeter Darm auf dem Gebiet vorkommen, wo man gewöhnlich Epithelokklusionen findet, und wieviel auf denen, wo solche gewöhnlich fehlen. Derart berechnet kommen pro Zentimeter im Duodenum 6,6 Atresien, im Jejuno-Ileum 0,40 und im Kolon 0,38 vor.') Atresien 1) Duodenum 12 cm, Jejuno-Ileum 253 cm und Kolon 58 em. Die Zahlen sind Dreike (Deutsch. Z. f. Chir, Bd. 40) und Quains Anatomy entnommen. — Zu beachten ist indessen, dass die Mehrzahl der 11 „multipeln“ Atresien wahrscheinlich dem Jejuno-Ileum angehören. 136 HJALMAR FORSSNER, sind also gut 15 mal so gewöhnlich im Duodenum als in den übrigen Teilen des Darms. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass wenigstens ein Teil der zum Jejuno-Ileum gerechneten Atresien in den Teilen des Jejunums belegen ist, der sich aus dem kranialen Teil des Darms entwickelt hat. wo die Epithelokklusionen gewöhnlich sind. Ausserdem steht ein anderer Teil von ihnen ganz sicher auf der von Ahlfeld angegebenen Basis und hat also eine. andere Ätiologie. Die zweite Frage, wie man sich die Entwicklung von einer embryonalen Epithelokklusion zur fertigen Atresie denken soll, lassen sowohl Tandler als Kreuter ohne einen Versuch zur Antwort. Sie hängt enge mit der Frage nach den Ursachen dafür zusammen, dass die Okklusion sich nicht gelöst hat. Hier kann es sich natürlich nicht um das handeln, was "Schwalbe (53) die Kausalgenese genannthat, die tiefere Ursache, die für keinen vitalen Prozess bekannt ist, sondern um die Formalgenese, d.h. den morphologischen Entwicklungsgang. Eine Erklärung der Formalgenese scheint mir in dem von mir nachgewiesenen Umstande zu liegen, dass das Mesenchym oft sein Einwachsen in das Epithel zu einem Zeitpunkt beginnt, wo dieses sich noch nicht gelöst hat. Bildet z. B. das Epithel wie in meinem Embryo 30,5 (Taf. 8, Fig. 5) noch Epithelbrücken über das Lumen, wenn das Mesenchym seine Aktivität beginnt so folgen die Bindegewebszapfen den präformierten Epithel- bahnen, was aus mehreren meiner Rekonstruktionen hervorgeht. Wir erhalten auf diese Weise Membranen und Brücken über dem Lumen, die von verschiedenen Seiten her Mesenchymzapfen erhalten. Nimmt man an, dass die Epithelbildungen sich nicht zu lösen vermögen, bevor das Mesenchym von entgegengesetzten Seiten auf einander gestossen, so erhält man in dem Epithej einen Mesenchymrumpf, welche Bildung viel grössere Aussicht ANATOMISCHE HEFTE. ]. Apteıwung. 102. Herr (34. Bo. H. ]). Tafel 9. VERLAG VON J. F. BERGMANN IN WIESBADEN. Die angeborenen Darm- und Ösophagusatresien. 137 zu bleibendem Bestande haben dürfte als die einfache Epithel- okklusion und die ein der angeborenen Missbildung sehr ähnliches Aussehen darbietet. Vergleiche man z. B. die Membranatresie in Fall II (Fig. 4) mit der Epithelokklusion im Embryo 30,5 mm (Taf. 8, Fig. 5), so kann man nicht leugnen, dass die Übereinstimmungen gross sind. Ich will damit nicht gesagt haben, dass im Embryo 305 mm wirklich ein kongenitiale Atresie in ihrem frühesten Stadium vorhanden wäre, nur behaupten, dass er zeigt, wie eine solche entstehen könnte, wenn das Epithel so weit von seiner Lösung entfernt wäre, dass das Bindegewebe hinüberwachsen und dem von der anderen Seite her begegnen konnte. Wir hätten dann eine Membran von ganz demselben Typus wie die fertigen Atresienmembranen sie haben. | Auf dieser Weise hat man sich meines Erachtens die Ent- stehung der gewöhnlichen Okklusionsmembranen zu denken. Es ist wohl sehr wahrscheinlich, dass die irisähnlichen Mem- branen auf ähnliche Weise entstanden sind. Entweder hat das Mesenchym zur Zeit der Epithellösung die Epithelmembran noch nicht vollständig durchwachsen können, sondern es findet sich irgendwo eine Lücke, wo das Epithel wie gewöhnlich sich löst, oder auch hat sich eine vollständige Membran gebildet, hat aber während des Embryonallebens dem Druck nachgegeben und ist an einer Stelle geborsten. Betrachtet man dagegen eine Epithelokklusion, wie z. B. die im Embryo 21,1 mm, wo der Darm auf einer längeren Strecke kompakt und das obliterierende Epithel überall von Mesenchym durchwachsen ist, und nimmt man an, dass auch hier das Mesenchym von verschiedenen Seiten zusammenwächst, so erhält man nicht eine Membran sondern ein Gebiet von einer gewissen Ausdehnung, das sich nicht löst. Oberhalb und unterhalb desselben findet die Lösung auf gewöhnliche Weise statt, und hier bilden sich normale Darmlumina. Zwischen ihnen entsteht 138 HJALMAR FORSSNER, dagegen ein Strang, aus Mesenchymzapfen gebildet und zwischen diesen Epithelzellen. Dass diese letzteren, die natürlich keine Funktion haben können, allmählich atrophieren und verschwinden, sodass von ihnen in der Atresie bei dem Neugeborenen nichts zu sehen ist, ist ganz natürlich. Man hat also aus der Okklusion im Embryo 21,1 mm eine Atresie erhalten, bestehend aus zwei Blindenden, die durch einen Strang verbunden sind, der kein Epithel enthält. Aus der embryonalen Epithelokklusion könnte sich also dadurch, dass der normale Faltenbildungsprozess zu einem Zeit- punkt beginnt, wo das Epithel sich noch nicht gelöst hat, unter gewissen Verhältnissen sowohl die vollständige und die un- vollständige Membranatresie als auch die Unterbrechung des Epithelrohrs unter unversehrter Erhaltung aller übrigen Teile des Darms entwickeln, also die Formen unserer Gruppe I und Gruppe Ila. Die primären Typen der Atresien beständen also aus den in Fig. 12 A, B und ©!) abgebildeten Formen, welche offenbar nur dem Grade, nicht der Art nach verschieden sind. Diese können indessen wohl nicht nur primär, auf die eben beschriebene Weise, sondern auch sekundär, aus einander ent- standen sein. Wenn nämlich bei einer Atresie von dem Typus, wie ich ihn in Fig. 12 B gezeichnet, die zuleitende Schlinge dilatiert wird — und das ist der Fall, sobald sie nicht auch höher hinauf unterbrochen ist — so ist es wahrscheinlich, dass sie, wenn die beiden Darmteile völlig beweglich sind, in sich das aus lockerem Bindegewebe bestehende Zwischenstück aufnehmen wird, und 1!) Um leichter Präparate verschiedener Typen mit einander vergleichen zu können, bediene ich mich im Folgenden schematischer Figuren nach meinen zuvor mitgeteilten Zeichnungen. In diesen ist die Mucosa schwarz und die Muskulatur rot gezeichnet. Die angeborenen Darm- und Ösophagusatresien. 139 Fig. 12. Bildung zweier freier Blindenden in einer frei beweglichen Darmschlinge. A=FallI. B = hypoth. Form. C=FallVb. D=FalVe E=Fall VI. dass die beiden Epithelflächen auf diese Weise zu einer Membran zusammengepresst werden. Eine derartige Erklärung für die Entstehung der Membranen hat übrigens bereits Klebs (28) angenommen. Das jedoch auch die klinischen Fakta dafür sprechen, dass primär eine dünne Membran sich bilden kann, zeigen Fälle (Grawitz und Kuliga), wo Membranen unterhalb vollständiger Atresien und demnach zwischen zwei nicht dilatierten Darmteilen vorgekommen sind. Man muss daher annehmen, 140 HJALMAR FORSSNER, dass die Schleimhautmembran sowohl als primäre Bildung als auch sekundär aus einer Grundform wie der in Fig. B ent- stehen kann. Diese letztere dürfte sich indessen auch in einer anderen Richtung entwickeln können. Vergleicht man sie mit Fig. 12C, so lässt sich nicht leugnen, dass die letztere aus der ersteren hätte entstehen können, wenn man annehmen dürfte, dass die beiden Epithelenden aus irgend einem Anlass von einander weg- gezogen wurden. Dass eine derartige Entwicklung auch wirklich stattfindet, halte ich für mehr als wahrscheinlich, wenn ich diese Präparate auch mit Fig. 12 D und E vergleiche.') Diese Präparate bilden nämlich mit den vorhergehenden eine Serie, die sich ungezwungen durch ein fortgesetztes Auseinander- zıehen der beiden Blindenden erklären lässt. Das Verbindungsstück C ist in D bis zu einem Grade aus- gedehnt worden, dass es an einer Stelle gerissen ist, man kann aber doch völlig deutlich erkennen, dass der an dem einen Blind- sack sitzende Anhang auf ganz dieselbe Weise gebaut ist wie das ganze Verbindungsstück in C. Dass im allgemeinen kein derartiger Anhang als das Residuum einer früheren Verbindung vorzukommen scheint, dürfte kaum erstaunlich sein. Eine derartige fadenfeine Bildung atrophiert wahrscheinlich schnell und bei der hohen vitalen Energie, die während des Fötallebens herrscht, ist es ganz natürlich, dass von den Verletzungen, welche die Zerreissung in der Muskularis und Serosa verursachen musste, bei der Obduktion keine Reste mehr wahrzunehmen sind, sondern dass die Blindenden im allgemeinen glatt mit gleichmälsigen und ununterbrochenen Gewebeschichten sind wie in E. !) In Fig. 12D findet sich die Schematisierung, dass der Anhang und das freie Ende des Darms als einander gegenüberliegend gezeichnet worden sind, während das letztere im Präparat durch lockere Adhärenzen von dem kranialen Blindende weggebogen gehalten wurde. Die angeborenen Darm- und Ösophagusatresien. 141 Damit diese Erklärung einen Wert habe, muss indessen Anlass vorhanden sein anzunehmen, dass neben einer Atresie ein Zug entstehen kann, der in der Längsrichtung des Darms wirkt, und so imstande ist, zwei benachbarte Darmteile von einander zu entfernen. Liegt die Atresie an einer freier Darmschlinge, so dürfte an eine andere wirksame Kraft als die Peristaltik des Darms kaum zu denken sein. Dass der Darm, wenn man seiner freien Bewegung ein Hindernis entgegensetzt, dieses zu überwinden strebt und hier- durch einen Zug von diesem Hindernis weg und in der Richtung des Darmrohrs bewirkt, geht aus Beobachtungen hervor, wie man sie oft an peritonitischen Adhärenzen machen kann. Man findet z. B. nicht selten eine Darmschlinge adhärent an einer Bauchwunde durch eine lange feine Peritonealadhärenz, die nicht gut anders als in der Weise entstanden gedacht werden kann, dass der Darm an der Wunde festklebte, und dass die Adhärenz dann allmählich ausgedehnt wurde. Das Hindernis für die freien Bewegungen des Darms, das in dem angeführten Beispiel dadurch bewirkt wurde, dass die Darmwand an der Bauchwand fixiert wurde, kommt bei den Darmatresien durch die bedeutende Dilatation zustande, welche die kraniale Schlinge erfährt. Oft wird diese durch die abnorme Lage, die sie infolge der Dilatation annehmen muss (unter dem Kolon ascend. usw.), oder durch peritonitische Adhärenzen fixiert, aber auch wo dieses nicht der Fall ist, genügt die kollossale Spannung ganz sicher, um zu bewirken, dass das Blindende gegen den freien Darm als fixierter Punkt wirkt. Diese Entstehungsweise für die Formen der dritten Gruppe — die freien Blindenden — kann jedoch nur für die Fälle gelten, wo die Enden nicht nur frei, sondern von einander ge- trennt liegen. Es findet sich indessen eine andere Form, bei der die Blindenden oft in ziemlich grosser Ausdehnung in 142 HJALMAR FORSSNER, 3erührung mit einander liegen. Hier können sie nicht gut als durch einen Zug entstanden gedacht werden. Es ist hierbei zu beachten, dass diese Form im Duodenum und manchmal im Kolon auftritt, welche Darmteile wohl nicht als vollständig immobilisiert aufgefasst werden dürfen, doch aber weit mehr fixiert sind als der freie Teil des Dünndarms. Die angenommene, durch die Peristaltik verursachte Dehnung dürfte daher in den ersteren — sofern nicht, was nicht ungewöhnlich ist, die Mesenterienverhältnisse abnorm sind — weit geringer sein als in den letzteren. Wenn also das vorher erwähnte mechanische Moment hier eine relativ untergeordnete Rolle spielt, so dürfte ein neues, durch die mehr fixierte Lage des Darms bedingtes Moment von grösserer Bedeutung sein. Findet sich im Duodenum eine voll- Fig. 13. SS C Bildung zweier freier Blindenden im Duodenum, Die angeborenen Darm- und Ösophagusatresien. 143 ständige oder unvollständige Stenose, so entsteht natürlich ober- halb derselben eine Dilatation. Der gespannte Darm hat indessen nicht die gleiche Möglichkeit wie ein solcher im Jejuno-Ileum, sich gleichmälsig zu erweitern und eine dadurch bedingte Lage in der Bauchhöhle einzunehmen, sondern die freiere vordere Wand wird hauptsächlich dilatiert werden. Hierdurch wird, wie in meinem Fall I, diese Partie sich erweitern und eine sackförmige Ausbuchtung nach vorn und unten bilden, die vor der eigentlichen Stenosestelle liegt, welch letztere auf der hinteren Fläche dieses Blindsackes zu liegen kommt. Dieser Sack muss natürlich durch seine Schwere einen Zug nach unten ausüben, und da die hintere Wand, wie erwähnt, nicht als völlig unbeweglich betrachtet werden kann, wird hier- durch an der Vereinigungsstelle mit dem zusammengefallenen Darm eine Verschiebung zustande kommen, die wohl leicht eine Zerreissung der Verbindung zur Folge haben kann, sodass zwei freie, aber neben einander liegende Blindenden entstehen. Wie man sich diesen Prozess vorstellen kann, habe ich in Fig. 13 zu veranschaulichen versucht. Es dürfte indessen noch eine andere Weise geben, wie eine Atresie zu einer andern Form sich entwickeln kann. Mein Fall Va (Fig. 14) scheint mir eine derartige anzugeben. In diesem Fall, wo der kraniale Darm ungeheuer dilatiert ist, ist er durch eine dünne Schleimhautmembran abgeschlossen. Unmittelbar kaudalwärts von dieser findet sich eine kleine schleimhautbekleidete Höhlung, die in einen sehr kurzen, soliden Epithelstrang übergeht, der seinerseits wieder in den spitz aus- gezogenen kaudalen Darm übergeht. Dieser Bau ist nun meines Erachtens ohne Schwierigkeit in Übereinstimmung mit der zuerst beschriebenen Entwicklungsmechanik zu erklären. Bei dem entstehenden Zug zwischen den Darmteilen ist es natürlich die schwächste Stelle, welche nachgibt. Es ist dies nicht immer die Schleimhautmembran, deren Epithelflächen 144 HJALMAR. FORSSNER, Fig. 14. Eine beginnende Abreissung des schmalen, kaudalen Darmteils. Fall Va. sicherlich hier durch die Dilatation gegen einander gepresst gelegen, sondern der kaudalwärts hiervon gelegene Darm. Dieser ist daher in eine schmale Spitze ausgezogen worden, und an einer Stelle ganz nahe der Membran ist das Epithel zusammen- gefallen und das Lumen aufgehoben worden. Nimmt man an, dass der Zug noch stärker gewesen, so wäre das Epithel als das wenigst elastische Gewebe wahrscheinlich zerrissen und die übrigen Gewebe zu einem schmalen, die beiden Darmteile ver- bindenden Strang ausgezogen worden. Dieser hätte schliesslich reissen können, sodass die Blindenden frei geworden wären, und man hatte dann durch diese Entwicklungsmechanik eine Atresie erst von der zweiten und dann von der dritten Gruppe aus einer von der ersten erhalten, nicht aber wie soeben da- durch, dass die Veränderungen das zwischen den Epithelenden gelegene Gebiet trafen, sondern den zusammengefallenen, kaudalen Darm selbst. Diese Annahme, dass ein Darm ausgezogen werden kann, sodass ein Lumen erst schmal wird, dann ganz zu einem soliden Epithelstrang zusammenfällt, der schliesslich reissen kann, ist nicht eine hypothetische Annahme ohne Unterlage, sondern wird in hohem Grade durch Martens und Bretschneiders Fälle bestätigt. Die angeborenen Darm- und Ösophagusatresien. Bat. Auch bei den Stenosen dürften dieselben mechanischen Faktoren, die bei den Atresien auftreten, sich geltend machen. Wie eben bei Fail Va erwähnt, trifft die Dehnung nicht immer die zwischen den Epithelenden gelegene Stelle, sondern sie kann auch den unmittelbar unterhalb gelegenen Darmteil treffen. Zur Gültigkeit der angestellten Überlegung ist es also nicht notwendig, dass die Membran vollständig ist, sondern sie hätte auch unvollständig sein, und die geschilderten Veränderungen des kaudalen Darms doch auftreten können. Bilder, die für die Richtigkeit dieser Annahme sprechen, sind vorhanden. Theremin und Dohrn!) haben Fälle beschrieben, wo zwischen dem dilatierten kranialen Darm und dem zusammen- gefallenen kaudalen ein schmaler, ein feines Lumen enthaltender Strang vorhanden war, und am unteren Ende des oberen Darms eine Schleimhautfalte, die die obere Mündung zu dem Kanal verbarg. Diese Fälle sind zwar nicht histologisch untersucht und ziemlich unvollständig beschrieben worden, aber man kann, wie oben gesagt, nicht gut sich denken, dass diese feinen Kanäle mit dem Lumina sich erhalten hätten, wenn sie nicht mit Epithel ausgekleidet gewesen wären. Genaueres betreffs der Beschaffenheit der Schleimhautfalte dürfte sich auch kaum sagen lassen, dass es aber das Hindernis gewesen, das die Dilatation verursacht hat, scheint mir doch aus der Beschreibung als sehr wahrscheinlich hervorzugehen. Diese Fälle seheinen mir in Analogie mit dem vorhergehenden so gedeutet werden zu können, dass das Darmstück unterhalb des stenosierenden Hindernisses durch die Dehnung ausgezogen und schmal geworden ist. Die Dehnung: ist jedoch in diesem Fall so gering gewesen, dass das Lumen sich als ein feiner Kanal in dem schmalen Darmteil erhalten hat. Die Ursache 1) In Fig. 15B habe ich eine derartige Stenose gezeichnet, wie sie, der Beschreibung nach zu erteilen, wahrscheinlich ausgesehen hat. Anatomische Hefte. I. Abteilung. 102. Heft (34. Bd. H. 1). 10 146 HJALMAR FORSSNER, dafür, dass in diesen Fällen die ziehende Kraft so gering gewesen, dürfte darin zu suchen sein, dass diese sämtlichen Stenosen im Duodenum gelegen sind, wo ganz natürlich diese Kraft infolge der mehr fixierten Lage des Darms geringer ist. Martens und Bretschneiders Fälle scheinen mir eine direkt fortgesetzte Entwicklung der letztgenannten zu sein. In Martens Fall!) ist offenbar ein unvollständiges Hindernis vorhanden gewesen, und wahrscheinlich hat es zwischen dem dilatierten Darm und der kleinen Schleimhaut- kavität in dessen Wandung gelegen, mit welcher das grosse Lumen in einer engen Verbindung stand. Die Ähnlichkeit mit Fall Va ist hier auffallend (vel. Fig. 14). Möglicherweise hat das Hindernis auch in Martens Fall aus einer Membran, wenn auch unvollständig, bestanden. Als die zuleitende Schlinge dilatiert wurde und die wegleitende gegen dieselbe einen Zug ausübte, wurde die Partie unterhalb der Stenose gedehnt, das Lumen erhielt sich dicht neben der Membran, fiel dann aber zu einem Epithelstrang zusammen, und schliesslich zerriss auch dieser an einigen Stellen, sodass zwischen dem Epithelstrang, der die Fortsetzung der kleinen Schleimhautkavität bildete, und dem Strang, der sich langsam zu der wegleitenden Schlinge erweitert, nur vereinzelte Epithelreste sich finden. Auch Bretschneiders Fall lässt sich meines Erachtens auf diese Weise deuten. Auch hier finden sich zwischen den Blindsäcken Schleimhaut- reste. Ausserdem sind in der Submucosa des Verbindungs- stranges Mekoniumreste in der Form von Wollhärchen und Pigment vorhanden (B. deutet letzteres als Reste einer an- genommenen Blutung). Die Stränge, die auf beiden Seiten den kleinen Schleimhautrest mit den Blindenden verbinden, nennt B. fibrös. 1) In Fig. 15C habe ich Martens Fall nach der Beschreibung gezeichnet. Die angeborenen Darm- und Ösophagusatresien. 147 Es erscheint indessen sehr eigentümlich, wenn das Lumen des kaudalen Darms (nach seiner Beschreibung) langsam schmäler werden und in einen Strang von fibröser Natur aufgehen und dieser Strang dann plötzlich in eine epitheliale Bildung übergehen sollte, um dann wieder als fibrös diese mit dem Epithel des kranialen Darmendes zu verbinden. Man kann kaum umhin, ex analogia mit Martens Fall anzunehmen, dass hier regellos geordnete Epithelzellen und nicht Bindegewebezellen vorgelegen haben. Fig. 15. Enstehung einer Atresie aus einer Stenose. A=Falll. B= Hirschsprungs Fall. C = Martens Fall. Vergleicht man diese letzten Präparate mit einander und mit meinem Fall I, so scheinen sie mir eine Serie zu bilden, aus welcher hervorgeht, dass unterhalb einer unvollständigen Stenose der Darm während des Fötallebens solche Veränderungen erfahren kann, dass das Lumen verschwindet und die Darmteile nur durch einen soliden Strang verbunden bleiben Dass diese 10* 148 HJALMAR FORSSNER, Veränderung so weit gehen kann, dass der Strang reisst und zwei freie Blindenden entstehen, dürfte ex analogia mit den zuerst verglichenen Präparaten höchst wahrscheinlich sein. Mit dieser Auffassung von der Pathogenese ist auch die Antwort auf die vierte der aufgestellten Fragen gegeben, denn bei ihr ist es natürlich durchaus nicht schwierig zu erklären, wie es möglich ist -—- vgl. Martens und Bretschneiders Fälle —- dass Mekonium unterhalb einer zur Zeit der Sektion voll- ständigen Atresie sich findet. Diese viel umstrittene Frage, die nach der Meinung so vieler Verfasser die Unmöglichkeit der Entstehung dieser Missbildungen in einem früheren Embryonal- stadium bewies, kann also dahin beantwortet werden, dass eine primäre Stenosierung des Darms sekundär Anlass zu einer voll- ständigen Atresie geben kann. Endergebnisse. Das ätiologische Moment zu den Darmatresien und Stenosen dürfte in den embryonalen Epithel- okklusionen zu suchen sein Die pathogenetische Entwicklung aus der Epithel- okklusion lässt sieh auf folgende Weise denken. Hat die Epithelokklusion sich nicht gelöst, wenn der Faltenbildungsprozess durch das Einwachsen des Mesenchyms in das Epithel seinen Anfang genommen, so kann es geschehen, dass das Mesen- chym den Darm durchwächst, bevor die Lösung vollendet ist, sodass in dem Darm eine Atresie sich bildet, die, aus Bindegewebe, im Epithel eingebettet, besteht. Ist die Bindegewebsbrücke dünn, so entstehteine Membran, ist sie dicker, eine Strangunterbrechung. Ist die Bindegewebsbrücke nicht vollständig oder an einer Stelle so schwach, Die angeborenen Darm- und Ösophagusatresien. 149 dass sie zerreisst, so entsteht eine unvollständige Membran. Durch Veränderungen während des Fötallebens können aus diesen primären Formen alle übrigen Formen des Schemas entstehen. Hierbei kann eine Missbildung, die ursprünglich eine Stenose gewesen, in eine Atresie übergehen, und hierdurch erhält man eine Erklärung für die Tatsache, dass unterhalb einer Atresie Mekoniıum sich finden kann. Kap. IV. Atresien und Stenosen im Ösophagus. Die Hypothesen, die über die Ätiologie der kongenitalen Ösophagusatresien aufgestellt worden sind, differieren nicht ganz so sehr wie die, welche bezüglich des Ursprungs der kongenitalen Darmatresien aufgestellt worden sind. Zwar sind auch hier verschiedene zufällige Eigenschaften im einzelnen Falle als in ätiologischer Hinsicht wichtige Momente herangezogen worden, und an Versuchen, diese zu allgemeingiltigen Erklärungen zu generalisieren, fehlt es auch nicht, im grossen und ganzen hat aber doch der entwicklungsgeschichtliche Gesichtspunkt die Anschauungsweise beherrscht. Die Ursache hierfür dürfte vor allem in der bei diesen Atresien fast stets vorhandenen Verbindung mit den Respirationsorganen zu suchen sein, die seit lange als eine Störung der Entwicklung auf dem Stadium, wo der Respirationsapparat von dem Entodermalrohr sich abschnürt, auf- gefasst worden ist. Klebs (28) hat darzulegen versucht, wie man sich die oft gleichzeitig entstandene partielle Obliteration des Ösophagus F HJALMAR FORSSNER 150 E erklären könnte, und er stellt hierbei die Hypothese auf, dass zur Lungenanlage zu viel Material verbraucht worden wäre, sodass der Ösophagus an einer Stelle sozusagen für die Trachealbildung draufgegangen wäre. Schon vor ihm hat Förster (20) als seine Ansicht aus- gesprochen, dass diese Atresien Hemmungen auf dem Stadium wären, wo der Ösophagus noch solid wäre. Man kann aber aus seiner Darstellung keine Klarheit darüber gewinnen, was er bezüglich der Entwicklungsgeschichte des Ösophagus wusste, und seine Bemerkung bleibt daher ziemlich dunkel. Kraus (30) hat dann verschiedene Typen auf verschiedene Weise zu erklären versucht Für die Formen, wo der Ösophagus in grösserer Ausdehnung obliteriert ist, nimmt er eine Entstehung nach der Klebsschen Hypothese an. Diejenigen dagegen, die über das Lumen ausgespannten Membranen sind, »verlocken«, wie er sich ausdrückt, zu einer Erklärung mittelst der im Embryonalleben vorkommenden Epithelokklusionen. Für die Formen schliesslich, wo eine Trachealfistel vorhanden und nur ein kleineres Gebiet des Ösophagus obliteriert ist, sucht er eine Druckatrophie durch abnorm verlaufende Gefässe heranzuziehen, wobei er sich auf 3 Fälle stützt, bei denen Arterien der obliterierten Stelle anlegen. Es lässt sich nicht sagen, dass es zu einer einheitlichen Auffassung gekommen ist, und die modernsten Lehr- und Hand- bücher äussern sich entweder überhaupt nicht über die Ätiologie (Kaufmann und Ziegler) oder weisen darauf hin, dass die Frage noch völlig im Ungewissen liegt (Ballantyne). Die letzte Arbeit auf diesem Gebiete ist Kreuters bereits mehrere Male zitierte Abhandlung. Er wendet bekanntlich auch hier die Tandlersche Hypothese für die Duodenalatresien an. Dabei gerät er indessen in Konflikt mit gewissen pathologisch- anatomischen Tatsachen, die ich für mit seiner Hypothese un- vereinbar ansehen muss, Die angeborenen Darm- und Ösophagusatresien. 151 Um seine Ansicht näher diskutieren zu können, ist es daher notwendig, sich eine Übersicht über die pathologische Anatomie zu verschaffen. Ich halte mich dabei ganz an Kreuters eigene Zusammenstellung der Literatur. Seine Kasuistik umfasst 111 Fälle, von denen ich folgende ausgeschlossen: 5 Fälle, wo in grosser Ausdehnung mehrere Organe in hohem Grade missgebildet waren (Lallemand, Marrigues, Pinard, Pollaillon und Röderer); 3 Fälle, wo unzureichende Angaben vorliegen (Legrand, Logan und Schaltock); 2 Fälle, wo der Ösophagus doppelt war (Blasius); 6 Fälle, wo der Ösophagus der Angabe nach gänzlich fehlte (Heath, Lozach, Marsch, Mellor, Mandiöre und Sonderland). Wahrscheinlich beruhen diese wohl, wie Kraus annimmt, auf weniger sorgfältiger Dissektion. Endlich 2 Fälle von Ösophagotrachealfistel ohne Stenose des Ösophagus (Eppinger und Röderer). Von den übrigen 93 Fällen findet sich bei 64, also zwei Drittel, angegeben, dass der Ösophagus in offener Verbindung mit den Respirationswegen stand. In allen diesen Fällen war es der untere Teil des Ösophagus, der 3 Mal in eine Bronchie, 61 Mal in die Trachea mündete; von diesen letzteren Fällen war bei 41 direkt gesagt, dass die Mündung unmittelbar neben der Trachealteilung lag und nur bei 4 in den oberen Teilen der Trachea. Der obere Teil des Ösophagus endete in 63 Fällen blind und in ] Fall (v.d. Water)in der Trachea. Zwischen den beiden Enden des Ösophagus fand sich 33 Mal eine Strang- verbindug, die fast stets !als muskulär bezeichnet wird; 5 Mal war kein Strang vorhanden; in 26 Fällen findet sich keine Angabe hierüber. Ausserdem finden sich 11 Fälle, wo das Lumen des Ösophagus unterbrochen gewesen und zwei Blindsäcke zustande gekommen waren. 5 Mal ohne dass eine Verbindung zwischen diesen hat konstatiert werden können (Brodie, Durston, Sick, Steel, Warner), und 6 Mal mit einem sie verbindenden Strang [Cleaver, Kraus, Mason, Pagenstecher (2 Fälle), Vancruyk]. In einem von diesen Fällen wird angegeben, dass der Strang an der Trachea adhärierte (Kraus). In 3 Fällen fand sich eine über das Lumen ausgespannte Membran, die in 3 Fällen (Rossi, Tenon) vollständig, in 1 Fall in der Form eines Irishäutchens perforiert war (Follin). In 15 Fällen schliesslich, alle bei Individuen, die weiter gelebt haben (mindestens 1/3 Jahr) gibt die Beschreibung nichts weiter an, als dass eine „Stenose“ oder eine „ringförmige Stenose“ vorhanden gewesen, und in zwei von diesen (Brenner und Vrolik), dass unterhalb derselben eine Ösophagotrachealfistel sich gefunden. 152 HJALMAR FORSSNER, Aus dieser Übersicht geht hervor, dass die unvergleichlich sewöhnlichste Form der Ösophagusatresie die ist, wo das obere Segment blind schliesst, das untere mit einer offenen Verbindung zum Respirationsapparat in der Nähe der Trachealteilung. Dies gilt für zwei Drittel aller derartiger Atresien, und diese Form kann daher als der Haupttypus bezeichnet werden. Im allgemeinen sind die beiden Ösophagusteile durch einen Strang von Muskel- gewebe verbunden. Ausserdem finden sich, obwohl sehr selten, die verschiedenen Atresienformen, die bereits für den Darm beschrieben worden sind, sowohl Membranen als Blindenden mit oder ohne Verbindungs- strang. Auch diese sind jedoch in einer Reihe von Fällen mit der Trachea dadurch verbunden, dass der Verbindungsstrang derselben adhäriert. Nach dieser Übersicht über die pathologische Anatomie scheint es mir klar, dass alle Hypothesen bezüglich der Ätiologie vor allem auf den genannten Haupttypus Rücksicht nehmen müssen. Im allgemeinen hat man wohl auch in der bestehenden Verbindung mit den Respirationswegen das Wesentliche der Missbildung gesehen und daher an Störungen in der Abschürung zwischen dem Respirations- und dem Verdauungsrohr als eigent- liches ätiologisches Moment gedacht. Kreuter findet dies natürlich für diejenigen, welche keine Kenntnis von den Epithelokklusionen während des Embryonal- lebens hatten. Nachdem dagegen durch ihn bewiesen worden sei, dass der Ösophagus normalerweise ein derartiges Obliterations- stadium durchläuft, habe man hierin eine anatomische Tatsache erhalten, die, wie er meint, imstande sei, die Atresien als solche zu erklären, und diese müsse daher der feste Ausgangspunkt bei dem Studium der Ätiologie dieser Missbildung sein. Er sagt, er könne nicht verstehen, wie eine bestehende Verbindung »wischen den fraglichen Organen eine partielle Atresie des Osophagus zur Folge haben könnte. Dagegen hält er es für Die angeborenen Darm- und Ösophagusatresien. 153 sehr wahrscheinlich, dass, wenn die Lösung der embryonalen Okklusion im Ösophagus aus irgend einem Anlass ausblieb, dies eine Störung im Abschnürungsprozess zwischen Ösophagus und Trachea mit sich bringen konnte. Auf die Frage, wie man sich dieses nun denken sollte, geht er vorsichtigerweise nicht ein. Die Beweise, auf die er seine Ansicht von der Epithel- okklusion, die normalerweise im Ösophagus vorkommen soll, gründet, halten einer Kritik nicht Stich, wie ich das schon oben gezeigt zu haben glaube. Hiermit fällt also das Hauptargument seiner Beweisführung fort, dass wir in diesem sog. Faktum ein Moment hätten, das in befriedigender Weise alle diese Atresien als Hemmungen auf einem früheren, normalerweise durchlaufenen Stadium erklären könnte. Aber auch wenn er in dem Punkt Recht gehabt hätte, wenn dieser Okklusionsprozess sich wirklich auf die Weise abgespielt hätte, wie er annimmt, so dürfte doch sein Versuch, die in der Mehrzahl der Fälle gleichzeitig vorhandene Ösophagotracheal- fistel zu erklären, an so bedenklichen Schwächen leiden, dass die Gültigkeit der Hypothese für diese Fälle, d.h. für die grosse Mehrzahl, zum mindesten gesagt, zweifelhaft ist. Unsere Kenntnis von der ersten Anlage des Respirations- apparates ist, wie aus Göpperts Aufsatz in Hertwigs grossem Handbuch hervorgeht, noch sehr unvollständig, besonders bezüg- lich des Menschen und der Säugetiere. Soviel dürfte aber sicher sein, dass der Respirationsapparat sich von dem Entodermalrohr sehr frühe abschnürt; eben in diesem Umstande dürfte man übrigens wohl die Ursache für unsere noch unvollständige Kenntnis auf diesem Gebiete zu suchen haben. In meinem Embryo 3,4 mm findet sich keine deutliche Lungenanlage, im Embryo 3 mm - ist sie vorhanden, und im Embryo 4,5 mm sind die beiden Lungenanlagen und die Trachea bereits vollständig abgeschnürt. Auch in Kreuters frühestem Fall (6,5 mm) ist die Trachea abgesehnürt. Die Anlage zum 154 HJALMAR FORSSNER, tespirationsapparat schnürt sich demnach von dem gemeinsamen Entodermalrohr auf einem sehr frühen Stadium ab, wonach der Respirations- und der Verdauungsapparat jeder seine Entwicklung unabhängig von dem anderen fortsetzt. Soll man sich denken können, dass eine Störung in dieser Abschnürung durch eine Störung in einem Entwieklungsprozess, welcher es auch sein möge, verursacht wird, so muss sich dieser letztere natürlich während einer Periode abspielen, bevor noch die beiden Organe sich von einander abgeschnürt haben. Dieses hat indessen Kreuter keineswegs für den Prozess gezeigt, den er als eine Epithelokklusion deutet, und noch weniger für seine Lösungs- Bilder — und eigentlich nimmt er ja eine Störung in dieser Phase des Prozesses an. Diese Bilder treten erst im Stadium 19 mm auf, wo der Respirationsapparat bereit eine ziemlich hohe Entwicklung erlangt hat und unmöglich von der Einwirkung eines ösophagalen Prozesses die Rede sein kann. Kreuters Ansicht scheint mir daher offenbar unrichtig zu sein. Der Umstand, dass der Abschnürungsprozess in eine so frühe Periode fällt, scheint mir dagegen direkt dafür zu sprechen, dass es eine Störung in diesem Prozesse ist, die die Ursache für die offenstehende Verbindung zwischen Ösophagus und Trachea abgibt. Um sich leichter die Entwicklungsmöglichkeiten vorstellen zu können, die von dem Primärstadium aus, das durch eine ausgebliebene Abschnürung zwischen Ösophagus und Trachea entsteht, vorhanden sind, habe ich die schematischen Figuren in Fig. 16 gezeichnet. Der Typus, der das Primärstadium darstellt (Fig. 16 A), kann wohl ohne Zweifel sehr variieren, sodass die ursprüngliche Ver- bindung bisweilen sich über ein ganz kleines, bisweilen über ein erosses Gebiet erstreckt. Die Entwicklung ist in den verschiedenen Fällen wahr- scheinlich ziemlich verschieden. Ist die Verbindung von Die angeborenen Darm- und Ösophagusatresien. 155 Fig. 16. (e Die Entwicklung von Ösophagotrachealfisteln. A. Primärstadium. B. Kanal- förmige Fistel (Eppinger). Ü. Oberer und unterer Ösophagusschenkel in der Trachea (v. d. Warder). D. Typische Osophagusatresie mit Trachealfistel. Anfang an gering, dürfte die Annahme kaum zu kühn sein, dass die Verbindung, wenn der Ösophagus zu funktionieren beginnt, ausgezogen und schliesslich ein schmaler, kanalförmiger Strang von dem Aussehen werden kann, wie ihn Eppinger. Lamb und Vrolik beschrieben haben. Eine derartige Ösophago- trachealfistel findet sich nach Eppingers Beschreibung in Fig. 16B abgebildet. Geht die Dehnung weiter, so liesse sich sehr wohl denken, dass dieser schmale Kanal zerreisst und auf diese Weise zu einem Divertikel an der vorderen Wand des Ösophagus Anlass gibt oder, wenn er an mehreren Stellen reisst, das Materiäl zu den Epitheleysten abgibt, wie sie sich bisweilen zwischen Trachea und Ösophagus finden, zwei Möglichkeiten, auf die bereits Eppinger (16) hingewiesen. Ist die Verbindung dagegen so ausgedehnt gewesen, dass grössere Teile des Ösophagus und der Trachea mit einander verschmolzen sind, so liegt wohl nichts Unmögliches in der Annahme, dass dieser Zustand bestehen bleiben und zu einer Form wie der von v. d. Water beschriebenen Anlass geben kann, wo sowohl der obere als der untere Ösophagusteil in die Trachea münden (Fig. 16 C). Wir erhalten also hier eine Serie, vollständig analog jener, welche Meckel für den Duct, omphalo-mesent. angegeben, von 156 HJALMAR FORSSNER, der weitoffenen Verbindung zwischen Ösophagus und Trachea durch den schmalen, aber offenen Fistelkanal bis zu einem ein- seitig übrig bleibenden Divertikel oder bis zu nur epithelialen testen, die dann zu Cysten Anlass geben können.) Aus den eben behandelten Formen scheint also mit einem hohen Grade von Wahrscheinlichkeit hervorzugehen, dass ver- schiedene Formen von Ösophagotrachealfistel durch eine Persistenz der im Embryonalleben normalerweise vorhandenen Verbindung entstehen können. Auf Grund dessen ist man a priori geneigt anzunehmen, dass das Gleiche auch bei der Form der Fall ist, wo nur der untere Ösophagusschenkel in die Trachea einmündet und der obere blind endet. Die nächste Frage ist dann die, auf welche Weise die Obliteration des Ösophagus zustande gekommen ist, wenn sie sich als eine Folge der Fistel denken lässt. Möglicherweise könnte sie sekundär auf folgende Weise entstanden sein. Dass das Epithel im Ösophagus wie auch in den übrigen Teilen des Verdauungskanals ziemlich stark während des frühzeitigeren Embryonallebens proliferiert, ist eine Tatsache, und es ist meines Erachtens sehr wahrscheinlich, dass die ver- änderten Raumverhältnisse, wie sie durch eine bleibende Ver- bindung mit der Trachea unzweifelhaft zustande kommen müssen, die Wirkung werden ausüben können, dass diese Proliferation das Lumen mehr als gewöhnlich ausfüllt. Ich halte es daher für wahrscheinlich, dass man in dem ausgebliebenen Abschnürungs- prozess ein prädisponierendes Moment für die Entstehung einer Epithelokklusion erhalten kann, welche solchenfalls die Ursache für die Entstehung der Atresie wäre, Es deckt sich indessen keineswegs mit Kreuters Annahme, dass die Epithelokklusion die Störung in der Abschnürung hervorruft. Hat man eine Atresie des Ösophagus neben der Fistel, so 1) Eppinger nimmt an, dass diese Ösophagusdivertikel etwas anderes als Rokitanskys sogen. Tractionsdivertikel sind, obwohl sie an derselben Stelle im OÖsophagus liegen. Die Zeit hat es mir leider nicht erlaubt, eine Abschweifung nach diesem Gebiet zu machen, um erweisen zu versuchen, wie es sich hiermit verhält. Die angeborenen Darm- und Ösophagusatresien. 7 liegt weiter nichts Merkwürdiges darin, dass das obere Blindende, wenn es durch heruntergeschlucktes Fruchtwasser sich zu dilatieren beginnt, in Analogie mit dem, was man bei Darmatresien sieht, die Verbindung zu einem Muskelstrang ausdehnt oder geradezu diese abreisst; man würde auf diese Weise eine Form erhalten wie in Fig. 16D. Es findet sich indessen eine wenn auch sehr geringe Anzahl Ösophagusatresien, wo kein Zusammenhang mit der Trachea sich nachweisen lässt und wo die Atresien anatomisch ganz dasselbe Aussehen wie die im Darm vorhandenen haben. Bei diesen ist meines Erachtens sehr wahrscheinlich, dass die Tandlersche Hypothese auf sie Anwendung findet. Das im Ösophagus aus- nahmsweise eine so starke Epithelproliferation auftreten kann, dass eine Okklusion zustande kommt, habe ich bereits als sehr wahrscheinlich bezeichnet und nichts spricht dagegen, dass diese Okklusionen nicht auch hier zu kongenitalen Atresien Anlass geben könnten; dass diese ungeheuer selten sind, ist nach dieser Erklärung nur natürlich. Endergebnisse. teichlich zwei Drittel aller Ösophagusatresien sind mit Trachealfistel verbunden. ‘Nur in einer geringen Anzahl von Fällen trifft die Missbildung nurdenÖsophagusundistvon demselben anatomischen Bau wie die Darmatresien. Diese Fälle von reiner Ösophagusatresie dürften nach Analogie der Darmatresien zu erklären sein. Bei den übrigen ist das nicht oder wenigstens nurteilweisederFall WenndieAbschnürungzwischen ÖsophagusundTracheaineinervielfrüheren Periode eintrifft als die Prozesse im Verdauungskanal, die bisweilen zu kongenitalen Atresien Anlass geben, 158 HJALMAR FORSSNER, muss man annehmen, dass die Störung in dieser Abschnürung das Primäre ist. Möglicherweise können dann die durch die bestehende Fistel ent- standenen Änderungen der Raumverhältnisse im Ösophagus ein prädisponierendes Moment für die Entstehung einer Epithelokklusion im Ösophagus sein, welch letztere wieder die Ursache dafür sein kann, dass Ösophagusatresien oft neben Ösophago- trachealfisteln sich finden können. * Zum Schluss ist es mir eine angenehme Pflicht, meine Dankbarkeit dem Vorsteher des anatomischen Instituts, Herrn Professor Erik Müller, zu bezeugen. Er hat nicht nur die reichen Hülfsmittel seines Instituts in freigebigster Weise mir zur Verfügung gestellt, sondern ist auch persönlich mir bei der Einübung neuer Methoden behülflich gewesen, und im Laufe der Arbeit hat er mich stets mit guten Ratschlägen und durch die Darbietung für mich sehr lehrreicher Gesichtspunkte unterstützt. Für all dies spreche ich ihm meinen tiefgefühlten, warmen Dank aus. Hiernach schulde ich Herrn Prof. J. Aug. Hammar den grössten Dank; ohne ihn und seine vielleicht einzig dastehenden reichen Sammlungen hätte meine Arbeit nicht in absehbarer Zeit ausgeführt werden können. Er hat mich in seinem Institut mit einer Liebenswürdigkeit und einer Gastfreiheit aufgenommen, die ich stets in dankbarster Erinnerung behalten werde. Meinem Chef, Herrn Prof. Franz Westermark, sage ich meinen herzlichen Dank für das grosse Interesse und Ent- gegenkommen, das er während der Ausführung der Arbeit in allen Hinsichten mir gezeigt hat. Literaturverzeichnis. 159 Literaturverzeichnis. Betreffs kasuistischer Literatur sei auf Kuligas, Cordes und Kreuters Arbeiten verwiesen. Ahlfeld. Arch. f. Gyn. Bd. V, 1873, p. 230. v. Baer. Entwicklungsgeschichte der Tiere 1828. Ballantyne. Antenatal pathology and hygiene 1904. Baron eit. n. Hirschsprung. Berry. Anat. Anzeig. 1900, p. 242. Born. Dissert., Breslau 1887. Bretschneider. Arch. f. Gyn., Bd. 93, p. 207. Carini. Centralbl. f. Chir. 1890, p. 471. Champney and Power. Transact. of the path. soc. of London, Bd. 48, B29. 10. Chiari. Prag. med. Wochenschr. 1888, p. 399. ll. Clogg. Lancet 1904, pag. 1770. 12. Cohen eit. n. Gaertner. 13. Cordes. Arch. of Pediat. 1901, p. 401. 14. Dohrn. Jahrb. f. Kinderheilk. 1868, p. 216. 15. Edinger. Arch. f. Mikrosk. Anat. Bd. 13, p. 65. 16. Eppinger. Klebs Handbuch d. pathol. Anat. 1880. 17. Fiedler. Arch. d. Heilkunde, Bd. V, 1864. 18. Filimowski. Bull. internat. de l’acad. de sc. de Cracovie 1900. 19. Francke. Arch. f. klin. Chir., Bd. 57, p. 591. 20. Förster. Missbildungen d. Menschen 1861. 21. Gaertner. Jahrb. f. Kinderheilk. 1883, p. 403. 22. Grawitz. Virch. Arch., Bd. 68. 23. Hecker. Monatsschr. f. Geb., Bd. 7, p. 241. 24. Hertwig. Lehrbuch d. Entwicklungsgeschichte 1906. 25. Hirschsprung. Den medfödte Tillukning af Spiseröret 1861. 26. Jacoby. Berl. klin. Woch. 1875, p. 47. 27. Kaufmann. Lehrb. d. spec. pathol. Anat. 1901. 285, Klebs, Handb. d. pathol, Anat, 1869. SEITE TEEN 160 Literaturverzeichnis. 99, Kollmann. Lehrbuch der Entwicklungsgeschichte 1898. 30. Kraus. Nothnagel spec. Pathologie und Therapie. 31. Kreuter. Habilitationsschrift, Erlangen 1905. 32. Krönlein. Arch. f. klin. Chir., Suppl. XXI. 33. Kuliga. Zieglers Beitr., Bd. 33, 1903, p. 481. 34. Küttner. Virch. Arch., Bd. 54, 1872. 35. Kölliker. Entwicklungsgeschichte 1861. 36. Laborde. Schmidts Jahrbuch., Bd. 114, p. 289. 37. Löbisch. Schmidts Jahrb., Bd. 117, p. 312. 38. Markwald. Münch. med. Wochenschr., Bd. 41, p. 265. 39. Martens. Zeitschr. f. Chir., Bd. 57, 1900. 40 Maurer. Hertwigs Handb. d. Entwicklungslehre der Wirbeltiere. 41. Meckel. Handb. d. pathol. Anat. 1812. 42. 5 Deutsch. Arch. f. d. Physiologie (Meckels Arch.), Bd. 3, 1817, p. 1. 3. de Meuron. Compt. rend. de sean. de l’ac. de sc., Paris, Bd. 102, (1856) p. 1401. 44. Minot. Human embryology 1892. 45. 5 Journ. of the Boston soe. of med. Sc., Vol. 4, No. 7, p. 153. 46. Oppel. Lehrb. d. vergleich. mikroskop. Anat. 1897. 47. Poelmann. Canst. Jahresb. 1855, p. 23. 48. Rokitansky. Handb. d. spec. pathol. Anat. 1862. 49. Rückert. Arch. f. Entwicklungsmechan. d. Organ., Bd. 4, p. 298. 50. Schellong. Diss., Greifswald 1895. 51. Schuller. Canst. Jahrb. 1855, p. 24. 52. Schultze. Grundriss d. Entwicklungsgeschichte 1397. 53. Schwalbe. Die Morphologie d. Missbildungen d. Menschen u. d. Tiere. 54. Tandler, Morphol. Jahrb., Bd. 29, p. 157. 55. Theremin. Deutsch. Zeitschr. f. Chir., Bd. VIII, 1877, p. 34. 56. Thorel. Münch. med. Woch. 1899, 57. Tobeitz. Arch. f. Kinderheilk:, Bd. VII, 1886, p. 117. 58. Valenta. Jahrk. f. Kinderheilk. 1865, p. 72. 59. Voigt. Anatom. Hefte, XII. Bd., H.1. 60. Wallman. Schmidts Jahrb., Bd. 114, p. 289. 61. Wanitschek. Prag. m. Woch. 1898. 62. Weber. Diss., Giessen 1888. 63. Wyss. Beitr. z. klin. Chir., Bd. 26, p. 631. 64. Ziegler. Lehrb. d. pathol. Anat. Erklärungen zu Tafel 1—9. 161 Erklärungen zu Tafel 1—9. Die Rekonstruktionen sind nach Borns Methode ausgeführt worden. Tafel 1. Fig. 1-2. Schnitt durch Embryo 3,4 mın oberhalb und durch den Duct. omphalo-mesent. Vergr. SO mal. Fig. 3. Wachsrekonstruktion des Embryos 3,4 mm. Das Embryo ist von der einen Seite geöffnet, sodass der Darmkanal zu sehen ist; dieser ist durch einen Sagittalschnitt gespalten. Vergr. 83mal. Der überall ungefähr gleich breite Darmkanal steht in weitoffener Verbindung mit dem Duct. omphalo-mesent. Tafel 2. Fir. 1-5. Schnitt durch den Darm des Embıyo 5 mm. Vergr. 200 mal. Fig.1 Ösophagus, 9% oberes Duodenum, 3 Duodenum {das kleinere) mit der Pankreasanlage (der grösseren), 4 die kraniale und 5 die kaudale Nabel- strangschlinge. Fig. 6. Rekonstruktion in Pappe vom Embryo 4,5 mm. In derselben Weise geöffnet wie in Taf. 1 Fig. 3. Vergr. 100mal, Man sieht deutlich die Trachea mit der rechten Bronchie und dem Lungenbläschen von dem Ösophagus getrennt: der Ventrikel markiert sich als eine schmale Spule; dicht unterhalb desselben findet sich nach vorne zu die Leberanlage (nur teilweise mitgenommen) und nach hinten zu die Pankreasanlage; etwas weiter unten der solide Duct. omphalo-mesent. Die schwarze Linie am Verdauungskanal soll das Lumen markieren, ist aber später nach Ver- gleich mit den Schnitten dorthin gesetzt worden, da das Lumen zu klein war, um rekonstruiert werden zu können. Das Lumen ist in der Wirk- lichkeit auf Weitem nicht so deutlich. Anatomische Hefte. I. Abteilung. 102. Heft (34. Bd. H. 1). 11 Erklärungen zu Tafel 1—9. Tafel >. Fis. 1—5. Schnitt durch den kranialen Teil des Darms im Embryo 11,7 mm (Müller). Fig. 1 oberhalb der Papillgegend, 2—4 ungefähr in und 5 unterhalb derselben. Vergr. 200 mal. Vgl. Fig. 6. ig. 6. Rekonstruktion des kranialen Teils desselben Embryos (vgl. die Schnitte in Fig. 1—5). Die Rekonstruktion ist so ausgeführt, dass der äussere Rand des Epithels nebst den Lumina in Pappe ausgeschnitten wurde; die Pappscheiben wurden zusammengeklebt und die Höhlungen mit einer Metallmasse ausgegossen. Das so erhaltene negative Modell, wo die Höhlungen aus Metallmasse bestanden und dem Epithel Hohl- räume entsprachen, ist in der Zeichnung als ein Positiv ausgeführt, d. h. die Höhlungen sind als Hohlräume gezeichnet worden. Nur die Hohlräume, die getroffen werden, wenn man sich einen Medianschnitt durch den Darm denkt, siud daher in der Zeichnung sichtbar. —- Vergr. 400mal. Der Gallengang ist als ein abgeschnittener Zylinder sichtbar. Bei der An- fertigung des Modells ist der Fehler begangen worden, dass die Duodenal- krümmung nicht berücksichtigt wurde. Tafel 4. Fig. 1—8. Schnitt durch den kranialen Teil des Darms im Embryo 20,5 mm. Vergr. 80 mal. Fig. 4. Wachsrekonstruktion des kranialen Teils des Darms im Embryo 20,5 mn. (Derselbe Teil, dem die Schnitte in Fig. 1—3 entnommen sind.) Die Lumina sind in Wachs geschnitten und zusammengesetzt, sodass die Rekonstruktion ein Negativ ist, bei dem die Hohlräume dem Epithel und das Wachs den Lumina entspricht; als negativ gezeichnet. Vergr. 166 mal. Tafel 5. Fig. 1. Wachsrekonstruktion des Duodenums im Embryo 14 mm. Vergr. 166 mal. F [er g.2—4. Schnitte durch die verschiedenen Teile des Darms im Embryo S mm. Verg. 200 mal. Tafel 6. Fig. 1—7. Schnitte durch den Darm des Embryo 21,1 mm. Fig. 1 oberes Duodenum, 2--3 der obliterierte Teil unterhalb der Papillgegend, 4—6 der Dünndarm in mehr und mehr kaudalwärts gelegenen Teilen und 7 Kolon. Vergr. 80 mal. Erklärungen zu Tafel 1—9. 163 g. 8. Wachsrekonstruktion des oberen Duodenums. (Vgl. Fig. 1.) Vergr. 166 mal. Ein Teil des Mesenchyms ist für sich rekonstruiert, sodass man die Längsfalten im Mesenchym wie im Epithel sehen kann. g. 9. Wachsrekonstruktion des obliterierten Teils unterhalb der Papill- gegend. (Vgl. Fig. 2—3). Vergr. 166 mal. Das Mesenchym rekonstruiert wie in vorhergehender Figur. Tafel 7. g. 1-2. Schnitte durch den Darm im Embryo 22,7 mm dicht kaudalwärts von der Papillgegend. In Fig. 1 ist die Epithelbrücke zu sehen, die in Fig. 3 rekonstruiert ist. Vergr. SO mal. 8.3. Wachsrekonstruktion des Darms unterhalb der Papillgegend (dieselbe Stelle, der die Schnitte in Fig. 1—2 entnommen sind) im Embryo 22,7 mm. Vergr. 166 mal. Tafel 8. ig. 1-3. Schnitte aus dem Ösophagus im Embryo 22,7 mm. Vergr. 80 mal. ig. 4. Wachsrekonstruktion des Ösophagus im Embryo 22,7 mm (derselbe Teil, dem die Schnitte in Fig. 1—3 entnommen sind). Vergr. 166 mal. 2.5. Wachsrekonstruktion einer Darmschlinge im oberen Jejunum des Embryo 30,5 mm. Der Darm ist durch einen Schnitt der Länge nach in zwei Hälften gespalten. Vergr. 166 mal. . 6. Wachsrekonstruktion des Ösophagus von Embryo 52 mm (dem Teil des Ösophagus entsprechend, der in Fig. 4 rekonstruiert ist). Vergr. 111 mal. [} 5. 7—8. Wachsrekonstruktionen von Darmteilen des Embryo 31 mm; Fig. 7 hohe Ileumschlinge; Fig. S Kolon. Vergr. für das Ileum 333 und für das Kolon 166 mal. . 9. Wachsrekonstruktion des Kolons im Embryo 70 mm. Vergr. 83mal. Tafel 9. . 1—2. Wachsrekonstruktion des Darmes bei Huhnembryo 11 mm. Fig. 1 ein kranialer Darm, Fig. 2 ein kaudaler. . 8—4. Wachsrekonstruktion des Darmes bei Cneimidophorus 27 mm; Fig. 3 ein kranialer Darm; Fig. 4 ein kaudaler. ‚9. Zeichnung von dem aufgeschnittenen Darm einer ausgewachsenen Myxine. il u f a 4 NY >. gt irks Y NENPH fr wur, ilagr, de BL a re BEN Huf, iM le : AUS DEM PHYSIOLOG. UND HISTOLOG. INSTITUT DER TIERÄRZTL. HocHSCHULE zu Drespex. Direktor: Gen. MeEn.-Rar Pror. Dr. ELLENBERGER. EIN BEITRAG ZUR VERGLEICHENDEN ANATOMIE UND HISTOLOGIE DER SPEICHELDRÜSEN. DIE MANDIBULAREN (SUBMAXILLAREN) SPEICHELDRÜSEN DES AFFEN. VON GEORG ILLING. Mit 4 Abbildungen auf Tafel 10]12. an “ ABM: \ in Klo 84 ur $ T ee Ben Ari Br y , ar PA nu In meiner Abhandlung »Vergleichende makroskopische und mikroskopische Untersuchungen über die submaxillaren Speichel- drüsen der Haussäugetiere« (2) habe ich versucht, in die Ver- wirrung, die bezüglich der Benennung und der Begriffsbestimmung der mandibularen bezw. submaxillaren (der Autoren) Speicheldrüsen der Säugetiere in der Literatur herrscht, Klarheit zu bringen. Auf Grund der Untersuchungsbefunde unterscheide ich «rei mandibulare bezw. submaxillare Drüsen: l. Eine ausserhalb des vom M. mylohyoideus zwischen beiden Unterkieferhälften gebildeten Muskelgurtes gelegene Drüse, die Gl. mandibularis bezw. submaxillaris d. A. mit dem an der Caruncula sublingualis in das Cavum oris (bezw. das Cavum sublinguale apicale) und zwar in die Pars sublingualis apicalis mündenden Ductus mandibularis bezw. Ductus submaxillaris d. A. Diese Drüse liegt in der Regel nicht submaxillar (siehe die Fussnote). 1) Über die Benennung mandibulare Speicheldrüsen (Gl. mandibulares ‚anstatt submaxillares) vergleiche meine Fussnote in dem Artikel: ‚Vergleichende makroskopische und mikroskopische Untersuchungen über die submaxillaren Speicheldrüsen der Haussäugetiere.“ Diese Zeitschrift Bd. 26, 1904. S. 498. Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass die Bezeichnung Glandulae submaxillares vielfach nicht zutreffend ist. Bei vielen Tieren hat die eigentliche “sl. submaxillaris mit der Maxilla gar keine Beziehungen; sie liegt mehrfach an, bezw. unter dem Hirnschädel, am Atlas usw. aber nicht unter der Maxilla. Dagegen liegt sie stets an der Mandibula, z. B. zwischen ihren Hälften, oder unter ihr (submandibulär) oder hinter ihr (retromandibulär). Die sublingualen Drüsen haben topographisch ebenfalls stets Beziehungen zur Mandibula: also kann man von Glandulae mandibulares sprechen, die in die eigentliche “landula mandibularis (propria) und die beiden Glandulae sublinguales zerfallen. De (or) es GEORG ILLING, 2. Zwei innerhalb dieses Muskelgurtes bezw. dorsal von (lemselben, seitlich unter der Zunge und meist submaxillar gelegene Drüsen, nämlich: a. Die Gl. sublingualis monostomatica mit einem gemeinsamen, alle oder fast alle (in der Regel alle. ausnahms- weise fast alle) kleinen Ausführungsgänge aufnehmenden, nahe den Schneidezähnen und dicht neben der Medianebene dem freien Mundhöhlenboden an der Caruncula sublingualis münden- den Ausführungsgange, dem Ductus sublingualis major. b. Die Glandula sublingualis polystomatica mit zahlreichen kleinen, seitlich, sublingual (in das Cavum paralinguale) gesondert mündenden Gängen, den Ductus sublinguales minores. Wie meine vergleichenden Untersuchungen ergeben haben und wie ich bereits früher ausgeführt habe, muss man bei den in Frage kommenden Drüsen unterscheiden, eine Unterzungendrüse, welche mit einer grösseren Anzahl von Ausführungsgängen seitlich unter der Zunge mündet, bei der also vieleMündungen, Stomata, vorhanden sind, und eine solche, deren Ausführungsgänge alle oder fast alle in einem zusammenlaufen, und der dann in d. R. nur mit einer Öffnung, einem Stoma nahe den Schneide- zähnen, fast median unter der Zunge ausmündet. Sonach kann man von einer polystomatischen, vielfach vielmündigen multicanalären und einer monostomatischen (einfach-, einmündigen uni- canalären) Sublingualdrüse sprechen. Ich hatte daher den Vorschlag gemacht, in Zukunft zu unterscheiden eine @landula sublingualis polystomatica und eine @landula sublingualis monostomatica. In Bezug auf das Vorkommen der drei von mir untersuchten Speicheldrüsen bei unseren Haussäugetieren ist folgendes zu sagen: »Alle untersuchten Haussäugetiere, also Hund, Katze, Pferd, Esel, "Rind, Schaf, "Ziege, "Schwein und Kaninchen besitzen die Glandula mandibularis bezw. submaxillaris d. A. und die Glandula sublingualis poly- stomatica, während die Glandula sublingualis mono- stomatica nur bei Hund, Katze, Rind, Schaf, . Ziege und Schwein vorkommt, dagegen bei Pferd, Esel und ie - Anatom. Hefte. l. Abt. 102. Heft (34. Bd., H. 1). Tafel 10. . Jlling. Verlag von J. F. Bergmann in Wiesbaden. Anatom. Hefte. I. Abt. 102. Heft (34. Band, H. 1). Tafel 11. Jlling. Fig IT. Verlag von J. F. Bergmann in Wiesbaden. Tafel 12. I. Abt. 102. Heft (34. Band, H. ]). Anatom. Hefte. 7 x Verlag von J. F. Bergmann in Wiesbaden. ‚Jling. Ein Beitrag zur vergleichenden Anatomie und Histologie etc. 169 Kaninchen fehlt, und zwar gehören bei allen Haustieren mit Ausnahme des Kaninchens, dessen Gl. mandibularis eine seröse Drüse ist, die Gl. mandibularis und die Gl. sublingualismonostomatica den gemischten Schleim- speicheldrüsen.an. DieGl.sublingualis polystomatica ist eine reine Schleimdrüse bei Hund, Rind, Schaf, Ziege und Kaninchen, dagegen eine gemischte Drüse bei Pferd, Esel, Katze und Schwein. Bei den beiden letztgenannten Tierarten herrscht aber der muköse Charakter derart vor, dass man die Drüse bei oberflächlicher Betrachtung für eine reine Schleimdrüse halten muss. Die mandibularen Drüsen des Menschen oder die der anthropomorphen Affen habe ich keiner Untersuchung unterziehen können, trotzdem es von grösstem Interesse gewesen wäre, festzustellen, wie sich der Mensch in dieser Richtung im Vergleiche zu den untersuchten Tieren verhält. Vergleicht man in den verchiedenen Lehr- und Handbüchern ler Anatomie und der Histologie des Menschen die Angaben über den sublingual gelegenen Drüsenkomplex beim Menschen, so findet man, dass die einzelnen Autoren diese Verhältnisse sehr verschieden beschreiben und dass sich in den Angaben direkte Gegensätze finden. Welch grosse Uontroversen in dieser Richtung bestehen, geht aus einem jüngst erschienen Artikel von Pardi (6) hervor, der, veranlasst durch die Resultate meiner Untersuchungen bei den Haussäugetieren, diese Ver- hältnisse beim Menschen an 44 Individuen nachprüfte und dabei die vorhandenen Literaturangaben kritisch beleuchtete. Bei seinen makroskopischen Untersuchungen konnte Pardi die Gegenwart einer Gl. sublingualis accessoria feststellen, die vollständig unabhängig von der Gl. sublingualis sensu stricto ist. Diese Drüse besitzt einen eigenen Ausführungsgang, den Ductus sublngualis major s. Bartholini. Dieser ist dieker und ver- läuft in verschiedener Entfernung vom Ductus submaxillaris 170 GEORG ILLING, (mandibularis), um dann entweder mit diesem zusammen oder für sich ca. 2--3 mm von der Mündung des Ductus mandibularis entfernt an der Caruneula sublingualis sein Sekret in das Cavum oris zu ergiessen. Diese Gl. sublingualis accesssoria des Menschen ist nach Pardi homolog der von mir bei Hund, Katze, Rind, Schaf, Ziege und Schwein beschriebenen Gl. sublingualis monostomatica. Der Mensch besitzt also nach den Untersuchungen von Pardi auch zwei sublinguale Drüsen wie viele Säugetiere, von denen die eine (die von mir als Gl. sublingualis monostomatica bezeichnete) nicht selten fehlt. Es sind: 1. eine Gl. sublingualıs sensu stricto, die unter der Plica sublingualis gelegen ist und mit zahlreichen kleineren Gängen (Ductus sublinguales minores s. Rivini) an der Oberfläche dieser Falte in die Mundhöhle mündet und die Pardi, nach der von mir bei den Haussäuge- tieren eingeführten Benennung als Gl. sublingualis polystomatica bezeichnet; 2. ein Drüsenkomplex, der einen grossen Aus- führungsgang, den Ductus sublingualis major besitzt, der entweder neben dem Ductus mandibularis (Ductus submaxillaris d. A.) oder mit dem Ductus mandibularis zusammen an der Caruncula sublingualis mündet. Diese letztere Drüse bezeichnet Pardi in seiner Beschreibung, da sie nicht in allen Fällen unabhängig von der vorher beschriebenen Sublingualis poly- stomatica vorkommt und da sie verschiedene Variationen bei den einzelnen Individuen aufweist, anfangs als Glandula sublingualis accessoria; doch schlägt er dann vor, diese Drüse, da sie homolog ist der von mir bei den Haussäugetieren beschriebenen Gl. sublingualis monostomatica, auch beim Menschen als Gl. sublingualis monostomatica zu bezeichnen. Die Gl. sublingualis polystomatica liegt nach Pardis An- gaben, ähnlich wie ich es bei den Wiederkäuern gefunden habe, «dorsal von der Gl. sublingualis monostomatica und ebenso wie bei den Wiederkäuern sowohl oral wie kaudal von der Kreuzungs- Ein Beitrag zur vergleichenden Anatomie und Histologie etc. En stelle des N. lingualis mit dem Ductus mandibularis. Sie ent- steht nach der Anschauung von Pardi durch Vereinigung verschiedener kleiner Drüsen, von denen einige ihre ursprüngliche Unabhängigkeit bewahrt haben. Viele der kleinen Drüsen gehen aber ohne scharfe Grenze ineinander über und ermöglichen so die Bildung eines einzigen Drüsenkomplexes. Dies waren die Pardischen Resultate der grob-anatomischen Untersuchungen beim Menschen; aber auch meine mikro- skopischen Befunde haben den Anstoss zu histologischen Unter- suchungen der Unterzungendrüse des Menschen gegeben. Vor ca. Jahrestrist hielt in der Würzburger physikalisch- medizinischen (resellschaft der bekannte Würzburger Anatom und Histologe Stöhr (7) einen Vortrag über die menschliche Unterzungendrüse. In diesem Vortrage bespricht Stöhr die grob-anatomischen Verhältnisse und den histologischen Bau dieser Drüse beim Menschen und spricht sich dahin aus, dass die menschliche Unterzungendrüse ein Komplex von Drüsen ist, der unter der von der Unterkiefer-Innenfläche auf die Zunge überspringenden Schleimhautfalte, der Plica sublingualis gelegen ist. Dieser Komplex besteht aus zwei grob-anatomisch und genetisch von einander trennbaren Abschnitten, einem konstanten und einem zwar meist, aber doch nicht immer vorhandenen; inkonstanten Teil. Ersterer besteht aus einer wechselnden Anzahl von (3—20) Einzeldrüsen, deren Ausführungsgänge, Ductus sublinguales minores (Rivini) auf der ganzen Länge der Plica sublingualis frei münden; jedes dieser Drüschen, die man wohl auch Gl. sublinguales minores nennen könnte, entsteht selbst- ständig aus je einem röhrenförmig sich in die Tiefe der Schleim- haut senkenden und dort Sprossen treibenden Epithelzapfen. Dieser Teil der Unterzungendrüse scheint auch bei den Tieren regelmäfsig vorhanden zu sein; er ist neuerdings von Illing »Gl. sublingualis polystomatica« genannt worden, ein Name, der ıhm insofern nicht das Rechte zu treffen scheint, weil damit 172 GEORG ILLING, der Glaube erweckt werde, es handle sich um einen Drüsen- körper mit vielen Ausführungsgängen, während in Wirklichkeit viele Drüsenkörper, jeder mit einem eigenen Ausführungsgang, vorliegen. Diesen Darlegungen Stöhrs vermag ich nicht ganz zu- zustimmen. Sicherlich hat er Recht, dass es sich beim Menschen um einen Komplex von Einzeldrüsen handelt, die jede für sich nach aussen mündet. Dieses trifft aber nicht für alle Tiere zu. Bei ihnen vereinigen sich oft mehrere Einzeldrüsen und bilden einen kleinen gemeinsamen (Gang. Es sind also Drüsenpakete, die je nach der Tierart grösser oder kleiner sind; man kann derartige Paketchen auch schon als zusammengesetzte Drüsen mit verästeltem Ausführungsgange bezeichnen. Verästelte Einzel- drüsen würden es nur sein, wenn nur die Endstücke sich ver- ästelteten und nicht der Ausführungsgang. Die Drüsenpakete und Einzeldrüsen liegen bei den meisten Tierarten dicht zu- sammen und bilden eine geschlossene von einer Kapsel umgebene Drüsenmasse. Diese Verhältnisse finden wir neben anderen Tier- arten vor allen Dingen bei Pferd und Esel und beim Schwein [siehe Fig. 3, 4 meines früheren Artikels (2)]. Hier: ist also der Name Glandula zutreffender als Glandulae. Warum soll man übrigens nicht einen Drüsenkomplex anatomisch als eine Drüse auffassen, trotzdem er aus vielen Einzeldrüsen besteht, die jede für sich ausmünden? Mir scheint es aus Gründen der ver- eleichenden Anatomie und aus historischen Gründen besser zu sein, den Namen Glandula sublingualis für die [ragliche Drüsenmasse beizubehalten. Für die Tiere ist der Name allgemein gebräuchlich und, wie angegeben, für viele Tierarten zweifellos auch ganz zutreffend. Mit der Einführung (les Namens Glandulae würde man Verwirrung schaffen, weil die Anatomen, «die pathologischen Anatomen und die Kliniker bisher stets nur von der Glandula sublingualis gesprochen haben und dann wenn sie von Glandulae sublinguales sprachen, dar- Ein Beitrag zur vergleichenden Anatomie und Histologie etc. 175 unter stets die beiden bekannten Unterzungendrüsen, nämlich die Drüse mit dem Bartholinischen und die Drüse mit den Rivinischen Gängen verstanden haben, aber niemals die Rivinische Drüse allein. Dass die Gesamtheit der Glandulae sublinguales minores les Menschen der Glandula sublingualis polystomatica der Tiere homolog und analog ist, bedarf wohl keines Wortes. Also ist auch für den Menschen die vergleichend anatomische Benennung Glandula« gerechtfertigt. Gern gestehe ich aber zu, dass Stöhrs Vorschlag vieles für sich hat und die Tatsachen, wie sie beim Menschen vorliegen, richtig bezeichnet, dass mithin in der Anthropotomie der Name Glandulae sublinguales minores ge- braucht werden kann; in der vergleichenden Anatomie aber nicht. Der inkonstante Teil der Unterzungendrüse, (der bei manchen Tieren immer fehlt), ist nach Stöhr ein grösserer, gewöhnlich am hinteren, unteren Abschnitte des ganzen Komplexes gelegener Körper, der mit einem Ausführungsgange, dem Ductus sublingualis major (Bartholini) entweder in den Ductus submaxillaris (mandibularis) oder dieht neben ihm auf der Caruncula sublingualis mündet. Diese »Glandula sublingualis major», wie sie Stöhr nennt, entsteht aus einer Epithelem- senkung, die sowohl die erste Anlage des Ductus submaxillaris (mandibularis), wie diejenige des Ductus sublingualis major liefert. Der Name »Glandula sublingualis major« sagt mir recht wenig zu; diese Drüse ist doch vielfach (bei den Tieren und wohl auch beim Menschen?) kleiner als der andere Komplex, wenn auch grösser als jede der diesen zusammensetzenden Einzeldrüsen. Ich glaube daher, dass meine Bezeichnungen »Glandulasublin- gualis polystomatica und Glandula sublingualis mo- nostomatica« zutreffender sind. Sollte einmal bei einer Tierart oder einem Individuum von der Glandula monostomatica einige kleine Gänge (von Einzeldrüschen) gesondert in die 174 GEORG ILLING, Mundhöhle und nicht in den grossen Gang münden. so handelt es sich um Ausnahmen, die für die Namengebung nicht von Belang sind. Jede Benennung bezieht sich auf das, was die Regel ist. Sollten andererseits von dem als Glandula polv- stomatica bezeichneten Drüsenkomplex bei einzelnen Tierarten oder Individien einzelne Gänge nicht direkt ausmünden, sondern in den Ducetus sublingualis major, so bleibt doch die Bezeichnung polystomatica richtig, es sind stets viele Mündungen vorhanden. Die Bezeichnungen »Glandula sublingualis parvicanalaris und Glandula sublingualis gerandicanalaris«, die von anderer Seite nachträglich vorgeschlagen wurden, haben nichts für sich. Sie sind jedenfalls nicht besser als meine Bezeichnungen und sprachlich jedenfalls unschön. Die beiden, grob-anatomisch und genetisch, sowie in der Konstanz ihres Auftretens verschiedenen Abschnitte der mensch- lichen Sublingualis sollen nach Ansicht verschiedener Autoren histologisch gleich sein. Indem dies Stöhr darlegt, zitiert er den Ausspruch von Ebners: »Ein differenter Bau, je nachdem en Bartholinischer oder nur Rivinische Gänge vorhanden sind, ist jedenfalls nicht nachgewiesen und kaum wahrscheinlich«. Die meisten Autoren bezeichneten die Sublingualis als ge- mischte Drüse d. h. ihre Drüsenzellen sollen zum Teil helle, schleimproduzierende Elemente, zum anderen Teil dunklere, seröse Flüssigkeit liefernde Zellen sein, die in Gruppen, sogen. Halbmonden, beieinander liegen. Beide Elemente sollen in so zıemlich gleichen Mengen vorhanden sein. Nur Merkel (3) sagt, dass die Sublingualis eine reine Schleimdrüse ist. Die Ergebnisse meiner bei Tieren angestellten histologischen Untersuchungen der Sublingualdrüsen haben Stöhr veranlasst, beim Menschen nachzuprüfen, ob auch hier die von mir fest- gestellten Verschiedenheiten im Bau beider Drüsen bestehen. In dieser Beziehung sagt Stöhr wörtlich: »Mein erstes Objekt, die Sublingualis eines 12jährigen Knaben, ergab deut- Ein Beitrag zur vergleichenden Anatomie und Histologie etc. 175 liche Verschiedenheiten. Die Glandulae sublinguales minores waren teils reine, teils vorherrschend muköse Drüsen, während „die Glandula sublingualis major mir das altbekannte Bild der gemischten Drüse zeigte. Jetzt erklärt sich auch der scheinbare Widerspruch Merkels, der offenbar zu seinen mikroskopischen Untersuchungen ein Stück einer Gl. sublingualis minor, einer reinen Schleimdrüse gewählt hat (vielleicht fehlte auch die Sub- lingualis major). Ob alle Gl. sublinguales minores reine oder vorwiegend muköse Drüsen sind, kann ich für jetzt nicht be- stimmt angeben. Serien von menschlichen Föten gaben mir keine klaren Resultate, weil noch nicht alle Drüsenzellen so weit ausgebildet waren, dass man mit Sicherheit den Entscheid »Gruppe junger, noch indifferenter Drüsenzellen oder Halbmond« hätte treffen können. Immerhin war aber an mehreren Gl. sub- linguales minores das bedeutende Überwiegen muköser Elemente mit Sicherheit festzustellen. Zu Serien von älteren menschlichen Sublingualdrüsen fehlt mir augenblicklich das Material. Doch mag das definitive Resultat ausfallen, wie es will, soviel ist sicher, dass die bisherige Schilderung des feineren Bauesder menschlichen Unterzungendrüse nicht das Rechte traf, dasseine für beide Abschnitte, für Sublingualis major und minor, gültige histolo- gische Beschreibung unmöglich ist, dass vielmehr jeder der beiden Abschnitte eine gesonderte Be- trachtung forderte. Die beiden vorstehend genau besprochenen Veröffentlichungen (von Pardi und Stöhr) waren die Veranlassung, meine ver- gleichenden Untersuchungen über die mandibularen Speichel- drüsen fortzusetzen. Gern hätte ich die Drüsen des Menschen mit in den Bereich meiner Untersuchungen gezogen. Da mir aber geeignetes Material vom Menschen nicht zur Verfügung stand, so habe ich zunächst Untersuchungen an den Speicheldrüsen von Affen, die ich der Liebenswürdigkeit des Herrn Privat- 176 GEORG ILLING, Jozenten Dr.v. Pflugk verdanke, vorgenommen und beabsichtige, noch andere Tierarten zu untersuchen. Vorläufig teile ich die Ergebnisse meiner an Affen angestellten Untersuchungen mit. Ich habe 5 Affen untersucht und zwar 2 Exemplare von Macacus cynomolgus und 3 von Macacus rhesus. Die Speichel- drüsen wurden in der schon früher beschriebenen Weise prä- pariert (vergl. Fig. 1) und für -die histologische Untersuchung im lebenswarmen Zustande dem soeben getöteten Tiere ent- nommen, in Sublimat oder Carnoysgemisch fixiert und in der üblichen Weise weiterbehandelt. Bei diesen 5 Macacen konnte ich folgende Verhältnisse fest- stellen: Ausser der ausserhalb des Mylohyoideusgurtes gelegenen Gl. mandibularis propria sind innerhalb desselben unter der Plica sublingualis noch 2 gesonderte Drüsenkomplexe, von denen ich den einen als Gl. sublingualis polystomatica und den anderen als Gl. sublingualis monostomatica auffasse, zugegen. 1. Die Gl. sublingualis polystomatica von Macacus (Fig. 1, 4) ist ein aus mehreren Läppchen bestehender, m. o. w. fest an einander gefügter, länglicher Drüsenkomplex, der mit S—20 einzelnen, kleineren, geschlängelt verlaufenden Gängen (Ductus sublinguales minores) gesondert am sublingualen Mund- höhlenboden längs der Plica sublingualis frei in das Cavum sub- linguale laterale (paralinguale) mündet (Fig. 1, 7). Sie besitzt bei Macacus eine gelbliche Farbe und eine Länge von 2—2!/, cm, (durchschnittlich eine Breite von 3mm und eine Dicke von 2mm. Sie reicht von der Kreuzung des N. lingualis (Fig. 1, 8) mit dem Ductus mandibularis (Fig. 1, 5) oral bis ziemlich zur Mün- dungssteile der beiden grösseren Gänge, des Ductus mandibularis und des Ductus subiingualis major (Fig. 1. 6). Ventral grenzt sie an die Gl. sublingualis monostomatica (Fig. 1. 3). Ihre mediale Fläche liegt dem M. genioglossus (Fig. 1c) und dem Ductus mandibularis und dem Ductus sublingualis major an. Ein Beitrag zur vergleichenden Anatomie und Histologie etc. 7 2. Direkt ventral und eng mit der eben beschriebenen Gl. sublingualis polystomatica verbunden, aber immerhin noch ab- gegrenzt und deutlich durch die etwas dunklere gelbe Farbe und durch die relativ glättere Oberfläche von der vorigen zu unterscheiden, liegt die Gl. sublingualis monostomatica (Fig. 1, 3). Es ist eine langgestreckte, kaudal etwas dickere und abgerundete, mundwärts sich etwas verdünnende Drüsen- masse. Ihr kaudales Ende liest etwas mundwärts von der Kreuzungsstelle des N. lingualis mit dem Ducetus mandibularis; ebenso reicht ihr orales Ende nicht so weit wie das der Gl. sublingualis polystomatica. Ventral liegt sie auf dem M. mylohyoideus (Fig. la) und mit ihrer medialen Fläche ebenfalls dem M. genioglossus (Fig. 1c) an. Lateral wird sie von der Schleimhaut und dem M. mylohyoideus und von der Mandibula selbst bedeckt. Aus dieser ca. 2 cm langen, ca. 3 mm breiten und ca. 2 mm dicken Drüse entspringt ungefähr im oralen Drittel ein grösserer Gang, der Ductus sub- lingualis major (Fig. 1, 6), der zunächst noch ein kurzes Stück in der Drüsenmasse selbst, dann aber gemeinschaftlich und meist etwas medial von dem Ductus mandibularis verläuft und mit ihm, wenn auch getrennt von ihm, an der Caruncula sublingualis salivalis mündet. 3. Ausserhalb des Mylohyoideusgurtes liest die m. 0. w. rundliche, medio-lateral etwas komprimierte Gl. mandibularis propria (Fig. 1, 2). Sie ist ea. 2 cm lang, ca. 1!/, cm breit und ca. I cm dick, von rötlich-gelbem, wachsartigen Aussehen und wird vollständig von einer bindegewebigen Kapsel locker umhüllt. Sie bedeckt zum Teil den M. digastricus, (Fig. 1d), liegt ventral von der Parotis (Fig. 1, 1), z. T. von ihr bedeckt, aboral vom M. masseter (Fig. 1g) und an der Mandibula und mit ihrer oro-ventralen Hälfte auf den Pharynxmuskeln. Ventral liegt sie fri. Sie liegt also keineswegs unter der Maxilla, kann also nicht Gl. submaxillaris genannt Anatomische Hefte. 1. Abteilung. 102. Heft (34. Bd. H. 1). 12 178 GEORG ILLING, werden! Ungefähr aus der Mitte der Drüse an der medialen Fläche entspringt der Ductus mandibularis (Fig. 1, 5). Er steigt dann ein kurzes Stück dorsal empor, überkreuzt den N. lingualis (Fig. 1, 8), tritt unter bezw. in die Gl. sublingualis polystomatica (Fig. 1, 4), an deren medialer Fläche er verläuft und mündet schliesslich an der Caruncula sublingualis salivalis mit dem Ductus sublingualis major, aber getrennt von ihm, in das Cavum sublinguale apicale. Die mikroskopische Untersuchung der eben auf- geführten 3 mandibular gelegenen Speicheldrüsen des Affen ergab folgendes: 1. Die Glandula sublingualis polystomatica (Fig. 2) ist eine tubulöse, reine Schleimdrüse. Im mikroskopischen Bilde sieht man nur runde, ovale und gebogene Durchschnitte, die nur geringe Unterschiede in ihren Weitenverhältnissen darbieten. Schläuche mit alveolären Ausbuchtungen sieht man niemals, da- gegen öfter Schnitte, welche Teilungsstellen von Schläuchen getroffen haben, sodass, wenn die abgehenden Äste schräg ab- geschnitten sind, Bilder entstehen, die das Vorkommen von Alveolen vortäuschen könnten. Die Drüsenendstücke (Fig. 2a) stellen relativ weite, geschlängelt verlaufende, sich vielfach ver- ästelnde Schläuche mit event. kolbig erweiterten Enden dar. Diese Schläuche sind nur mit Schleimzellen ausgekleidet; die Gl. sublingualis polystomatica des Affen ist also eine reine Schleimdrüse. Die Schleimzellen der Polystomatica sind regel- mälsig im Gegensatz zu denen der Monostomatica (Fig. 5) sehr mucinreich, infolgedessen wird das protoplasmatische Gerüstwerk oder die reticuläre Substanz mit samt den in ihnen liegenden Schleimkugeln hier durch die gebräuchlichen spezifischen Schleim- farben, wie Delafields Haematoxylin, Mucicarmin, Toluidinblau, Bismarckbraun usw. viel schneller und intensiver gefärbt, wie in den Schleimzellen der Gl. sublingualis monostomatica. Ver- folgt man z. B. den Fortgang der Färbung in einem Schnitte, Ein Beitrag zur vergleichenden Anatomie und Histologie etc. 179 welcher die Gl. sublingualis polystomatica und die Gl. sublingualis monostomatica zugleich getroffen hat, so kann man stets einen Zeitpunkt beobachten, in dem die Schleimzellen der Monosto- matica noch vollkommen ungefärbt sind, während die der Polv- stomatica schon deutlich Schleimfärbung zeigen. Man wird daher die Mucinproduktion der Schleimzellen der Monostomatica als wesentlich geringer auffassen müssen, als die der Polysto- matica. Dieses Verhalten fand ich nicht nur konstant an den sub- lingualen Drüsen der fünf von mir untersuchten Affen, sondern diese Eigentümlichkeit erregte bereits mein besonderes Interesse bei meinen früheren mikroskopischen Untersuchungen der mandi- bularen Speicheldrüsen unserer Haussäugetiere und zwar fand ich dies Verhalten konstant überall dort, wo die Gl. sublingualis polystomatica eine reine Schleimdrüse war. Man wird also das ver- schiedene Verhalten der Schleimzellen dieser beiden Drüsen nicht auf verschiedene Funktionszustände zurückführen können. Meine Be- obachtung wird vielmehr nur durch die Annahme erklärt werden können, dass es sich in den beiden sublingualen Drüsen um das Vorkommen von zwei spezifisch verschiedenen Schleimzellarten handelt. Bei der einen Art der Zellen dürfte es sich um reine Schleimzellen handeln, die lebhaft Mucin bilden und absondern ; bei der anderen Zellart dürfte anzunehmen sein, dass es Zellen sind, die ähnlich denen der Pylorus- und Duodenaldrüsen zwar Schleim produzieren, daneben aber noch andere wichtige Funktionen haben (z. B. die Produktion von Enzymen), sodass die Schleim- produktion und Schleimsekretion erheblich geringer als in den anderen Drüsen ist und mehr als Nebenfunktion zu betrachten ist. Es sind also sero-mucinöse Drüsenzellen. Die Membrana propria ist, wie ich dies bereits früher bei der Gl. sublingualis polystomatica des Hundes, der Katze des Rindes, des Schafes, der Ziege und des Kaninchens beobachtet und auch beschrieben habe, relativ stark; sie besteht aus Korb- 2&: 150 GEORG ILLING, zellen von der üblichen Form, einer Cuticula und angelagerten feinen Bindegewebslamellen. Die Dicke der Membrana propria bedingt es, dass dann, wenn sie etwas schräg getroffen ist, sichelföürmige Randgebilde entstehen, die aber alsolut nichts mit echten Randzellkomplexen gemein haben und mit denselben bei näherer Betrachtung auch nicht verwechselt werden können. Echte Schaltstücke und Sekretröhren kommen in dieser Drüse nieht vor. Die Drüsenendstücke gehen vielmehr direkt in Gänge über, die mit kubischem Epithel ausgekleidet sind und die für ein Schaltstück ein viel zu weites Lumen und eime zu ausgesprochene bindegewebige Wand besitzen (Fig. 2b). Diese Sekretgänge vereinigen sich zu grösseren, interlobulären Gängen (Fig. 2c) mit anfangs einschichtigem später zweischich- tigem Epithel. Die Wand dieser grösseren Gänge enthält ziemlich erosse Mengen von elastischen Fasern, Muskelfasern und Gefässen. Aus ihnen entwickeln sich dann die Ductus sublinguales minores s. Rivini (Fig. 4c), die ebenfalls mit einem „weischichtigen Oylinderepithel, in dem hier und da eine Becherzelle vorkommt, ausgekleidet sind und die das Sekret auf der Pliea sublingualis in die Mundhöhe abführen. Das intertubuläre Bindegewebe ist nur in geringen Mengen vorhanden und enthält im allgemeinen nur wenig zellige Elemente. Die einzelnen Tubuli liegen dabei sehr eng aneinander. Da- gegen ist das interlobuläre 3indegewebe in der Regel in erösseren Mengen zugegen und reichlich mit zelligen Elementen versehen. Grössere Einlagerungen von Leukocyten, wie ich sie in dieser Drüse von Hund, Rind, Schaf und Ziege gesehen habe, kamen auch bei allen fünf untersuchten Affen vor. Zu- weilen traten auch echte Lymphknötchen mit Keimzentren auf. Ausserdem finden sich im interlobulären Bindegewebe noch reichlich elastische Fasern, glatte Muskelzellen, Gefässe und Nerven. Infolge der Mächtigkeit des interlobulären Gewebes zerfällt Ein Beitrag zur vergleichenden Anatomie und Histologie etc. 181 die Gl. sublingualis polystomatica des Affen oft, wie ich dies auch bei anderen Tieren gefunden habe, in einzelne makroskopisch getrennte Läppchen (Einzeldrüsenpakete), die ich bereits bei der Beschreibung der makroskopischen Verhältnisse erwähnt habe. Es spricht dies scheinbar für den Stöhr schen Vorschlag, nach lem man von Glandulae minores sprechen soll. Anderseits habe ich aber bei allen von mir untersuchten Tierarten (Affen und Haustieren) sowohl ganze Tierarten als auch Individuen gefunden, deren Gl. sublingualis polystomatiea arm an interlobulären (inter- stitiellen) Gewebe war, sodass die Läppchen (Einzeldrüsen) ohne scharfe Grenze ineinander übergingen, und dass der Eindruck einer einheitlichen Drüse, ähnlich wie dies bei der Monostomatica der Fall ist, zustande kommt. 32. Die Glandula sublingualis monostomatica des Affen (Fig. 3) bietet im Gegensatz zur Gl. sublingualis poly- stomatica das typische Bild einer gemischten Drüse. Die serösen Zellen überwiegen sogar oft gegenüber den Schleimzellen. Wir finden im mikroskopischen Bilde Durchschnitte durch Drüsen- endstücke, die nur seröse Zellen (Fig.3a) und die sowohl Schleim- zellen als auch seröse Zellen enthalten und zwar letztere in Form der sog. Randzellkomplexe (Fig. 3b). Diese Randzellkomplexe sind ausserordentlich gross und besitzen oft im Querschnitt zehn oder mehr Kerne. Sie liegen manchmal ähnlich wie die Belegzellen der Drüsenschläuche der Fundusdrüsen des Magens des Schweines in alveolären Ausbuchtungen oder sie umgeben die Schleimzellen im Schnitte geradezu kranzförmig, sodass man kaum noch berechtigt ist, diese Randzellkomplexe als Halbmonde zu bezeichnen. Mit der Färbung nach M. Heiden- hain mit Eisenalaunhämatoxylin lassen sich leicht lange, ge- schlängelt verlaufende und dabei sich stark verästelnde interzelluläre Sekretkapillaren darstellen. Die Durchschnitte, die nur seröse Zellen enthalten, bieten das bekannte Bild, das man an Präparaten seröser Drüsen wahrnimmt. Sie enthalten ebenfalls Sekret- 182 GEORG ILLING. kapillaren, die sich wie die in den Randzellkomplexen ver- halten. Die Schleimzellen färben sich in der Gl. sublingualis monostomatica, wie ich bereits oben erwähnt habe, viel schwächer mit den spezifischen Schleimfarben als in der Gl. sublingualis polystomatica. Die Drüsenendstücke sind ebenfalls von einer euticularen Basalmembran mit Korbzellen umgeben, die aber inı Vergleiche zur Membrana propria der Polystomatica viel schwächer ist. Die Drüsenendstücke selbst stellen kurze und verzweigte Alveolengänge dar. Man findet im mikroskopischen Bilde in der Mehrzahl runde und ovale aber auch vereinzelte längliche, schlauchförmig gebogene, endlich aber auch Durchschnitte mit seitlichen Ausbuchtungen. Wir haben also hier eine tubulo- alveoläre Drüse vor uns. Das interstitielle Gewebe ist in mälsıgem Grade vorhanden und enthält je nach dem Sekretionszustand mehr oder weniger morphologische Elemente. Die Drüsenend- stücke gehen in Schaltstücke (Fig. 3c) über, auf welche dann typische Speichelröhren (Fig. 3d) folgen. Beide Abschnitte bieten die bekannten Merkmale. Sekretröhren sind relativ zahlreich in jedem Schnitte vorhanden, und zwar liegen meist verschiedene Quer-, Schräg- resp. Längsschnitte dicht nebeneinander und nur durch eine kaum erkennbare Bindegewebeschicht getrennt; ein Zeichen dafür, dass sie sehr geschlängelt verlaufen oder sich stark verästeln. Die Speichelröhren gehen dann in interlobuläre Sekretgänge mit dem bekannten einschichtigen oder zweischich- tigen bezw. zweizeiligen Epithel und der bindegewebigen Mem- brana propria über. Der grosse gemeinsame Ausführungsgang, der Ductus sublingualis major (Fig. 4b) ist genau so gebaut, wie der Ductus mandibularis (Fig. 4a), den ich gleich hier mit beschreiben will. Beide Gänge sind anfangs ausgekleidet von einem zweischichtigen Epithel, das in seiner inneren Lage zahlreiche Becherzellen enthält. In dem weiteren Verlaufe der Gänge und besonders in der Nähe der Mündung wird dieses Epithel oft mehrschichtig. Dabei ist die Wandung oft mit flach- Ein Beitrag zur vergleichenden Anatomie und Histologie etc. 153 erubigen Vertiefungen versehen, die ebenfalls mit einem zwei- oder mehrschichtigen Epithel mit Becherzellen ausgekleidet sind. Diese Vertiefungen werden getrennt durch Gruppen von ver- kehrt kegelförmigen Schleimzellen, die einen ähnlichen Anblick bieten, wie das wechselnde Epithel in den Ductuli efferentes des Nebenhodenkopfes. Das Bedürfnis nach einer Vergrösserung ler secerinerenden Oberfläche hat offenbar zur Bildung dieser von Schleimzellen gebildeten Zellgruppen, intraepithelialen Schleimdrüsen, geführt. Kurz vor der Mündung geht dann das mehrschichtige Zylinderepithel allmählich im mehrschichtiges Plattenepithel über. Das Epithel sitzt auf einer ziemlich dicken, strukturlosen, homogenen Membrana basılaris, die von einem feinen Netz von elastischen Fasern umsponnen wird, auf welches dann mehrere Lamellen folgen, die teils aus Bindegewebsfasern und teils aus glatten Muskelzellen bestehen. 3. Die Glandula mandibularis (submaxillaris d. A.) des Affen ist ebenso wie die Gl. sublingualis monostomatica eine tubulo-alveoläre gemischte Drüse. Sie besitzt Endstücke mit nur serösen Zellen und gemischtzellige Endstücke. Rein muköse Endstücke kommen nicht vor. Zu erwähnen wäre nur, dass die mukösen und serösen Elemente ziemlich gleichstark vertreten sind und dass die Randzellkomplexe nicht solche Dimensionen, wie in der Gl. sublingualis monostomatica annehmen. Schalt- stücke und Sekretröhren kommen auch hier vor. Letztere sind relativ häufig und typisch ausgebildet. Im übrigen gleicht ‚ie Gl. mandibularis der Gl. sublingualis monostomatica. Zusammenfassung. Die makroskopischen und mikroskopischen Untersuchungen der mandibularen Speicheldrüsen des Affen haben folgende Resultate ergeben: I. Die Affen (Macacus cynomolgus und Macacus rhesus) besitzen drei grob-anatomisch und genetisch scharf zu unter- scheidende mandibulare Speicheldrüsen, nämlich: 184 GEORG ILLING, 1. Zwei innerhalb des Mylohyoideusgurtes unter der Plica sublingualis gelegene Drüsen. a. die Gl. sublingualis polystomatica, die mit zahlreichen kleinen Gängen, den Ductus sublinguales minores seitlich der Zunge, längs der Plica sublingualis in das Cavum sublinguale laterale (paralinguale) mündet; b. die Glandula sublingualis monostomatica, die mit einem grossen Gange, dem Ductus sublingualis major an der Caruncula sublingualis salivalis mit dem Ductus mandibularis zusammen aber getrennt von ihm, am sublingualen Mundhöhlenboden in das Cavum sublinguale apicale mündet; 2. eine ausserhalb des Mylohyoideusgurtes an der Mandibula gelegene Drüse, dieGlandulamandibularis(submaxillaris der Autoren), die mit einem grossen Gange, dem Ductus mandibularis an der Caruncula sublingualis salivalis in das Cavum sublinguale apicale mündet. Il. Die Glandula sublingualis polystomatica des Affen ist eine tubulöse, reine, keine Sekretröhren führende, Schleimdrüse, während die Glandula sublingualis mono- stomatica und die Glandula mandibularis den typischen Charakter tubulo-alveolärer, gemischter, Randzellkomplexe ent- haltender mit Schaltstücken, Speichelröhren und Speichelgängen ausgerüsteter Drüsen erkennen lassen. Ich kann diese Arbeit nicht abschliessen, ohne meinem hochverehrten Chef und Lehrer, Herrn Geheimrat Prof. Dr. Ellenberger, für das lebhafte Interesse, das er auch dieser Arbeit wieder zu Teil werden liess, meinen aufrichtigsten Dank auszusprechen. Auch Herrn Privatdozenten Dr. v. Pflugk bin ich für «das bereitwilligst überlassene Untersuchungsmaterial zu grossem Danke verpflichtet. Literaturverzeichnis. Literaturverzeichnis. . Ebner, v. V. Köllikers Handbuch der Gewebelehre des Menschen. 6. Auflage. III. Bd., 1902. Illing, G., Vergleichende makroskopische und mikroskopische Unter- suchungen über die submaxillaren Speicheldrüsen der Haussäugetiere. Anat. Hefte. Bd. 26, S. 385-526, 1904. Merkel-Henle, Grundriss d. Anatomie d. Menschen. Braunschweig, 1901. Pardi, F., Di una rara varieta della glandula sublingualis nella specie umana. Monitore Zoologico Italiano, anno XVI, luglio-agosto 1905. 5. Derselbe, Intorno alla glandula sublingualis dell’ uomo osservazioni e considerazioni anatomo-comparative. Al 1° Congresso federativo internazionale di Anatomia in Ginevra. 7—10. Agosto 1905. Derselbe, Il ductus suhlingualis major s. Bartholini e la glandula sublingualis monostomatica s. Bartholini dell’ uomo. Archivio di Anatomia et di Embriologia. Vol. V. Fasc. 2. Firenze 1906. Stöhr, Ph., Über die menschliche Unterzungendrüse. Sitzungsber. d. Physik.-med. Ges. zu Würzburg. 1905. "156 Erklärung zu den Abbildungen. Erklärung zu den Abbildungen. Alle Figuren sind von Herrn Kunstmaler W. Tag nach Präparaten gezeichnet worden. Fig. 1. Die mandibularen Speicheldrüsen von Macacus rhesus (in natürlicher Grösse. 1 Gl]. parotis, 2 Gl. mandibularis (propria), 3 Gl. sublingualis monostomatica, 4 Gl. sublingualis polystomatica, 5 Ductus mandibularis, 6 Ductus sublingualis major, 7 Ductus sublinguales minores, 8 N. lingualis, 9 N. hypoglossus, a. M. mylohyoideus (transversus mandibulae), b. M. geniohyoideus, c. M. genioglossus, d. M. digastrieus s. M. biventer, e. M. styloglossus, f. M. pterygoideus medialis, g. M. masseter. Fig. 22 Gl. sublingualis polystomatica von Macacus rhesus. Fixierung in Sublimat-Eisessig. Färbung mit Delafields Haematoxylin und Congorot. a. Durchschnitte durch rein muköse Endstücke, bh. intra- lobulärer Sekretgänge, c. interlobulärer Sekretgang von einer grösseren Menge interlobulärem Bindegewebe umgeben. Fig. 3. Glandula sublingualis monostomatica von Macacus rhesus. Fixierung in Sublimat-Eisessig. Färbung mit Delafields Haematoxylin und Congorot. a. Durchschnitte durch rein seröse End- stücke, b. Durchschnitte durch gemischt-zellige Endstücke, ce. Schalt- stücke, d. Sekretröhren. kB) I 8. 4 Die Ausführungsgänge der mandibularen Speicheldrüsen von Macacus rhesus (kurz vor der Caruncula sublingualis salivalis getroffen‘. Fixierung in Sublimat-Eisessig. Färbung mit Haemalaun und Congorot. a. Ductus mandibularis, b. Ductus sublingualis major, e. Ductus sublinguales minores. AUS DEM ANATOMISCHEN INSTITUT IN WÜRZBURG. BEITRÄGE ZUR ENTWICKLUNG DER SCHWEISSDRÜSEN AN DER BEHAARTEN HAUT DER SÄUGETIERE. VON FRANZ DIEM. Mit 7 Abbildungen auf Tafel 15/14. Katar em HR i Fr ae “ n B = . £ ars : N ER i | IB: #2 1 ® i fe u yet 7 (4 Alan: Tor x N | ÄQ i a N G: | arena Hate WR Pick NGC MTELT, ARIESUURS EU: Yen 7 ss | | & “Ri 145 u te Pe AND > 1 7 k .s B i ; ” ir Et { [3 x - Einleitung. In den letzten 50 Jahren sind eine Reihe von Arbeiten entstanden. welche die Haut und die mit ihr zusammenhängenden (rebilde wie Haare, Schweiss- und Talgdrüsen zum Gegenstand spezieller Untersuchungen machten. Waren es auch in erster Linie morphologische Fragen, die man zu beantworten versuchte, so fehlte es doch auch nicht an entwicklungsgeschichtlichen Studien über diesen Gegenstand. Namentlich für den Menschen sind diese Verhältnisse durch zahlreiche Arbeiten, vor allem aber durch die Untersuchungen von Kölliker (B 9) und Stöhr (A 19) völlig klar gelest; für die Säugetiere dagegen existieren noch wenige derartige entwicklungsgeschichtliche Abhandlungen, sodass hier noch ein weites Feld der wissenschaftlichen Forschung offen steht. Besonders aber ist es eine Frage, über die man bisher noch keine Einigung erzielen konnte, das ist die Beziehung der Schweissdrüsen zu den Haaren. Während nämlich ein Teil der Autoren behauptet, dass beide (Gebilde in einem engen genetischen Zusammenhang ständen, betrachten andere Forscher die Schweissdrüsen als völlig selbständige Gebilde, die nur zu- fällig mit dem Haarbalg in Verbindung träten. Um nun ent- scheiden zu können, welche von beiden Ansichten die richtige ist oder ob vielleicht beide Entwicklungsmodi sich vorfinden, wurde vorligende Arbeit unternommen, die sich mit der Unter- suchung einer grösseren Reihe von Säugetieren in Form ver- schieden alter Embryonen nach dieser Richtung hin befasst. Da sich nun im Verlaufe der Arbeit ergab, dass die Entwicklung der Schweissdrüsen von derjenigen der Haare nicht zu trennen ist, so wurde auch letztere mit in dem Bereich der Untersuchung 190 FRANZ DIEM, hereinbezogen. Dieser Vorgang scheint um so mehr gerecht- fertigt, als bei den Forschern, die sich mit der Haarentwicklung bei den Säugetieren beschäftigt haben, keine vollständig lücken- lose Ontogenese der Haare sich vorfindet und ihre Angaben in einzelnen Punkten sich noch ziemlich schroff gegenüberstehen. Ausserdem sind seit den Beobachtungen Stöhrs (A 19) über die Entwicklung des menschlichen Wollhaares keine Arbeiten über diejenigen Säugetiere, welche ich mir zur Untersuchung gewählt habe, mehr erschienen, welche die gemachten Erfahrungen des obengenannten Autors auf dem Gebiete der Haarentwicklung verwertet und die Gegensätze zwischen Menschen- und Tierhaar hervorgehoben hätten. Technik. Bevor ich auf die Ergebnisse meiner Forschung eingehe, will ich einige Angaben über die Technik machen. Die einzelnen Embryonen erhielt ich vom hiesigen anatomischen Institut in bereits fixiertem Zustand zur Verfügung gestellt. Von diesen Embryonen wurden kleine Hautstückchen der verschiedensten Körperstellen zunächst mit Borax-Karmin durchgefärbt und dann in Paraffin eingebettet. Diese Hautstücke wurden dann in 7,5 4 und nur ganz selten in 10 « dicke Schnitte zerlegt und zu Serien angeordnet. Letztere wurden endlich teils bloss mit Bleu de Lyon nachgefärbt, teils mit Haematoxylin und Eosin behandelt. In einem kleinen Teil der Fälle wandte ich auch die Methode von van Gieson und Heidenhains Haematoxylin-Eisenlack- färbung an und erzielte dabei sehr schöne und klare Bilder. Nach diesen Vorbemerkungen beginne ich mit der Be- schreibung der Befunde, die sich bei den einzelnen Tieren ergeben haben und zwar wähle ich als erstes das Schaf. Beiträge zur Entwicklung der Schweissdrüsen etc. 191 Schaf. Die Epidermis der von mir untersuchten Embryonen besteht in ihrer tiefsten Schicht aus einer einfachen Lage von Zylinder- zellen mit rundlichen oder ovalen Kernen, dem sog. Stratum cylindrieum, welche gegen das darunter gelegene Corium durch eine zarte Basalmembran abgegrenzt sind. Gegen die freie Oberfläche zu folgen je nach dem Alter des Embryos eine oder mehrere Lagen polygonaler Zellen mit rundlichen Kernen, die in ihren obersten Partien in mehr platte Zellen übergehen. Man bezeichnet diese Schicht als Stratum intermedium. Die freie Oberfläche endlich wird begrenzt vom sog. Epitrichium bei jüngeren, vom Stratum corneum dagegen bei älteren Embryonen. Die Haarentwicklung spielt sich nun beim Schaf in folgender Weise ab. I. Stadium des Haarkeims. An einer umschriebenen Stelle des Stratum cylindricum bemerkt man zunächst eine Vergrösserung und Vermehrung der dort gelegenen zelligen Elemente, welche das Auftreten einer neuen Zellschicht unter dem Stratum intermedium zur Folge haben, welche Backmund (A 20) als Stratum subintermedium bezeichnet hat. Dass diese Zellelemente wirklich vom Stratum cylindricum und nicht etwa wie Marks (A 17) meint vom Stratum intermedium abstammen, ergibt sich aus einzelnen Bildern meiner Präparate, die eine Reihe von Mitosen aufweisen, die für die Entscheidung dieser Frage in Betracht kommen. Schon Stöhr (A 19) hat in seiner Arbeit über die Entwicklung des menschlichen Wollhaares, gestützt auf die eigentümliche Beschaffenheit der Zellen des Stratum subintermedium, die Ansicht ausgesprochen, dass die Zellen des Stratum intermedium 192 FRANZ DIEM, «durchaus nicht mit denen des Stratum subintermedium identisch seien. Da jedoch Mitosen in seinen Präparaten nicht vorhanden waren, musste er den Beweis für seine Ansicht schuldig bleiben. Erst Backmund (A 20) konnte in seiner Arbeit über die Ent- wicklung der Haare und Schweissdrüsen der Katze den Beweis für die Richtigkeit der Annahme Stöhrs (A 19) erbringen. Gegen das darunter gelegene Corium bedingt die oben beschriebene Zellanhäufung eine leichte Hervorwölbung, während das Corium selbst an dieser Stelle keinerlei Veränderungen seiner zelligen Elemente zeigt. Die erste Anlage des Haares ist also auch beim Schaf eine rein epitheliale. Diese Befunde stehen im Einklang mit den Angaben Feiertags (A 9) und Stickers (A 12), welche die ersten Anfänge der Haarentwicklung in gleicher Weise schildern, widerlegen und zugleich aber auch die Ansichten Goettes (A 8) und Reissners (A 5), welche den ersten Anstoss zur Haarentwicklung vom Corium ausgehen lassen. Weiterhin muss ich nach diesen Ergebnissen Marks (A 17) widersprechen, wenn er behauptet, dass gleich mit der ersten Anlage des Haarkeims sich auch eine Anhäufung von Binde- gewebszellen am unteren Pol desselben sich bemerkbar mache. Dieser Gegensatz lässt sich nur so erklären, dass Marks (A 17) nicht die allerersten Stadien der Haarentwicklung gesehen hat, sondern etwas weiter fortgeschrittene mit dieser Angabe beschreibt. Die Schwierigkeit, welche die Auffindung solcher frühen Ent- wicklungsstufen bedingt, ferner der Umstand, dass die ersten Spuren der künftigen Papillenanlage sehr bald schon auftreten, lassen diesen Irrtum leicht begreiflich erscheinen. Denn kaum hat die oben beschriebene Zellanhäufung des Stratum eylindricum einen etwas grösseren Umfang erreicht, sodass der Haarkeim eine deutlichere Vorwölbung gegen das Corium bedingt, so ordnen sich auch schon die Zellen des Bindegewebes zu einem diehten Haufen am unteren Pol des Haarkeims an und stellen so die erste Anlage der künftigen Papille dar. Die Grösse Beiträge zur Entwicklung der Schweissdrüsen etc. 193 «lieser Anhäufung von Bindegewebszellen ist eine sehr wechselnde. 3ald findet man einen ziemlich grossen Zellenkomplex unter einem Haarkeim, bald aber auch nur wenige Elemente unter einer Anlage von genau derselben Grösse. Die Zellen des Haarkeims selbst sind in diesem Stadium hohe zylindrische Gebilde geworden und haben jene so charakteristische meilerförmige Stellung angenommen. Zugleich bemerkt man schon jetzt an günstigen Schnitten, dass die junge Haaranlage die Neigung hat, schräg gegen das Corium vorzu- dringen. Man findet nämlich bei solchen Haarkeimen, dass die eine Seite derselben ziemlich steil gegen das Corium vordringt, während die gegenüberliegende sich langsam nnd allmählich in die Tiefe einsenkt. Wohl mag diese Schrägstellung der Haar- anlage mit der Bestimmung des Haares, dem Körper als Schutz- kleid zu dienen, in ursächlichem Zusammenhang stehen. Denn durch diese Anordnung erreicht die Natur, dass die einzelnen Haare sich gegenseitig überdecken und so eine viel dichtere Schutzhülle für den Körper bilden, als wenn dieselben senkrecht zur Oberfläche gestellt wären. II. Stadium des Haarzapfens. Im weiteren Verlauf der Entwicklung dringt die embryonale Haaranlage als solider Zapfen, umgeben von der Basalmembran, in schräger Richtung immer tiefer gegen das Corium vor. An einzelnen Körperstellen jedoch, wie an den Lippen und Augen- lidern nehmen die Haaranlagen vielfach eine senkrechte An- ordnung zur Oberfläche ein. Hat nun der Haarzapfen eine gewisse Grösse, im Mittel 0,1 mm erreicht, so macht sich an ihm eine neue wichtige Veränderung geltend. Auf der dem Anatomische Hefte. I. Abteilung. 102. Heft (34. Bd. H. 1). 13 194 FRANZ DIEM, Corium zugewandten Seite, bald an der Abgangstelle vom Stratum eylindrieum, bald etwas tiefer, erscheint nämlich eine leichte Vorwölbung an der Peripherie der jungen Haaranlage (Fig. 1). In seltenen Fällen findet man die Ausbuchtung erst im mittleren Drittel des Haarzapfens. Zum Teil haben auch die Haarkeime selbst eine grössere Länge wie 0,1 mm erreicht, wenn die vorher- beschriebene Veränderung auftritt. So findet man z. B. in manchen Präparaten an ziemlich langen Haaranlagen noch je einen verhältnismälsig kleinen soliden Anhang ausgehend von den oberen Abschnitten des mittleren Drittels der Haarkeime, die den Gedanken erwecken, dass hier der oben geschilderte Vorgang erst sehr spät eingetreten ist. Die richtige Deutung der eben angeführten Veränderung an der Peripherie des Haarzapfens ergibt sich aus späteren Entwicklungsstadien, aus denen mit Sicherheit hervorgeht, dass es sich hier um die ersten Anlagen von Schweissdrüsen und nicht etwa um erste Stadien von Talgdrüsen handelt, da letztere erst zu einer Zeit entstehen, wo die Schweissdrüsen bereits mächtige Gebilde darstellen. Mit diesen Befunden stehe ich im Einklang mit Marks (A 17), der die Entstehung der Schweissdrüsen in gleicher Weise schildert. Jedoch muss ich bemerken, dass die Anschauung des ebengenannten Forschers, als ob die Schweissdrüsen nur an der Übergangsstelle des Haarzapfens ins Stratum eylindrieum sich entwickelten, nach den Bildern, die ich gesehen und im Vorher- gehenden beschrieben habe, entschieden zu eng ist (Fig. 1). Im allgemeinen kann man nur sagen, dass die Schweissdrüse in den oberen Abschnitten des Haarzapfens und zwar im Einzahl an der geneigten Seite desselben sich anlegen. Dagegen ent- sprechen die Angaben Stickers (A 12) und mit ihm diejenigen aller übrigen Autoren, wenigstens soweit sie das Schaf betreffen, durchaus nicht der Regel, wenn sie behaupten, dass die Schweiss- drüsen direkt vom Stratum cylindricum und nicht von der Beiträge zur Entwicklung der Schweissdrüsen ete. 195 Haaranlage ausgingen. Dieser Satz hat nur in Ausnahmefällen eine Berechtigung. Denn ich habe bei meinen zahlreichen unter- suchten Schnitten nur ein einziges Mal eine Schweissdrüse gesehen, die frei vom Stratum cylindricum aus als solider Zapfen sich entwickelte, während in allen übrigen Fällen die Schweissdrüsen in einem engen genetischen Zusammenhang mit den Haaren standen. | Aus der oben geschilderten leichten Vorbuchtung bildet sich bald durch fortgesetzte Zellvermehrung ein plumper Knoten, der mit breiter Basis der Haaranlage aufsitzt und stets nur in Einzahl vorhanden ist. Die untere Grenze dieses Gebildes reicht in vielen Fällen auf dieser Entwicklungsstufe etwa bis zur Mitte des Haarzapfens herunter und setzt sich hier in scharfer Umbiesung von den epithelialen Haarkeimzellen ab, während nach aufwärts die Zellen der Schweissdrüsenanlage allmählich in diejenigen des Haarzapfens übergehen. In andern Fällen liegt die untere Grenze der Drüsenanlage ziemlich hoch oben entsprechend der höheren Ursprungsstelle des jungen Drüsen- keims. Gegen das Corium zu ist die Schweissdrüsenanlage umgeben zunächst von einer Fortsetzung der die Haaranlagen bekleidenden Basalmembran und nach aussen davon von einer einfachen Lage junger Bindegewebszellen. Zu der Zeit, wo die Schweissdrüsen die zuletzt beschriebene Form angenommen haben, findet man in einzelnen Haaranlagen bereits deutlich ausgebildetes Pigment zwischen den Zellen am unteren Ende und im Innern der Haaranlage. Der Haarzapfen selbst ist an seiner Abgangsstelle vom Stratum eylindricum leicht verschmälert, während das untere Ende deutlich verbreitert erscheint. Seiner Zusammensetzung nach besteht der Haarzapfen zu äusserst aus einer einfachen Lage von Zylinderzellen, die an der Peripherie annähernd senkrecht zur Längsachse gestellt sind, am unteren Pol da- gegen ihre meilerförmige Stellung beibehalten haben. Um- 13* FRANZ DIEM, 196 schlossen von diesen äusseren Zylinderzellen finden sich die jungen indifferenten Zellen des Haarzapfens, welche um diese Zeit meistens noch eine rundliche Form besitzen. Diese jungen indifferenten Zellen des Haarzapfens sind in erster Linie durch mitotische Teilung der äusseren Zylinderzellen und der Elemente des Stratum subintermedium hervorgegangen. Dann aber haben sich die so gebildeten Zellen durch indirekte Kernteilung eben- falls vermehrt und so zum Aufbau der Zellen im Innern des Haarzapfens beigetragen. Das Stratum intermedium ist somit an der Entwicklung des Haarzapfens vollständig unbeteiligt, sodass die Annahme Marks (A 17) als ob die Zellen im Innern der Haaranlage die direkte Fortsetzung des Stratum intermedium seien, auf falscher Voraussetzung beruht. Diese zentralen Haarzapfenteile sollen nach Reissner (A 5), Feiertag (A 9) und Sticker (A 12) das Material für die innere ‚Wurzelscheide und das Haar nebst den beiden Ober- häutchen liefern. Dass diese Annahme jedoch völlig den Tat- sachen widerspricht, soll später bei der Schilderung des Haarkegels klar gelegt werden. Die früher erwähnten Zellen des Stratum subintermedium ferner ziehen nun der Richtung des Haarzapfens folgend als mehr oder minder breite, am Ende spitz zulaufende Zellschicht zwischen Stratum eylindrieum und Stratum intermedium eine Strecke weit dahin und sind so zu »Haarkanalzellen» geworden, die, wie Stöhr (A 19) nachgewiesen hat, später verhornen und teilweise degenerativ zerfallen und so die Bildung des Haarkanals bedingen. Was die Papillenanlage endlich betrifft, so hat dieselbe um diese Zeit an Masse zugenommen. Nach aufwärts steht dieselbe mit einer einfachen Lage von Bindegewebszellen im Zusammenhang, die, um die Peripherie der Haaranlage gelegen, die ersten An- fänge des späteren bindegewebigen Haarbalges darstellen. Die Zellkerne der Papillenanlage sind mit ihrer Längsachse parallel —] Beiträge zur Entwicklung der Schweissdrüsen ete. 19 der freien Oberfläche gelagert, während diejenigen des binde- sewebigen Haarbalgs der Längsachse des Haarzapfens folgen. {m weiteren Verlauf der Entwicklung wächst die junge Schweissdrüse im Verein mit der sich vergrössernden Haaranlage als solider Zapfen in die Tiefe. An ihrer Ursprungsstelle vom embryonalen Haarzapfen sich zunächst etwas seitlich abwendend biegt sie dann nach unten um und nimmt nunmehr eine dem Haarzapfen annähernd parallele Richtung em. An anderen Körperstellen wieder konnte ich beobachten, dass die Schweiss- drüsen nicht schräg wie die Haaranlagen, sondern mehr senkrecht in die Tiefe steigen. Gegen Ende des Haarzapfenstadiums hat die Schweissdrüse meistens eine ziemliche Länge erreicht, sodass ihr unteres keulenförmig verdicktes Ende am Beginn der Bulbus- anschwellung des Haarzapfens zu finden ist. Zugleich hat jetzt eine Differenzierung der bisher undifferenten Zellen der Schweiss- drüsenanlage sich vollzogen. Die zentralwärts gelegenen Zellen sind zu niedrigen Zylinderzellen geworden und stellen das Epithel des künftigen Ausführungsganges respektive des sezernierenden Abschnittes der Drüse dar. Peripher davon zwischen Drüsen- epithel und Basalmembran findet sich eine einfache Lage lang- eestreckter Zellen, die mit ihrem grössten Durchmesser parallel der Drüsenlängsachse sich angeordnet haben. Ihrer Ausdehnung nach erstreckt sich diese Zellenlage von der Ursprungsstelle bis nahe an das untere Ende der Drüse heran. Im Bereich dieses Gebietes haben die Kerne der äusseren Zellenlage, wie bereits Hoffmann (B20) richtig bemerkt hat, eine viel intensivere Färbung angenommen als die Drüsenepithelzellen. Am unteren blinden Ende des Drüsenzapfens sind die Epithelzellen ebenfalls in doppelter Lage vorhanden, jedoch ist hier von solchen Färbungs- diifferenzen, wie sie eben geschildert wurden, keine Spur wahr- zunehmen. Die äussere Lage langgestreckter Zellen stellt, wie bereits Marks (B18) angibt, die erste Anlage der Epithel- muskelzellen dar. 195 FRANZ DIEM, Der Haarzapfen selbst ist am Ende dieses Stadiums ein schlankes Gebilde von etwa 0,24 mm Länge geworden. Der über der Papille gelegene Abschnitt desselben, der früher konvex war, hat sich nunmehr abgeplattet: die gleichen Veränderungen sind auch an der Papillenanlage zu konstatieren. Nach aufwärts steht letztere noch immer mit dem bindegewebigen Haarbalg in Verbindung, der unten am stärksten ist, gegen die freie Oberfläche zu aber an Stärke allmählich abnimmt. Direkt über der Papillenanlage finden sich im Innern des Haarzapfens die ersten Spuren eines Haarkegels in Form einer kleinen Zellen- anhäufung, deren Kerne mehr oder minder deutlich median und aufwärts konvergieren. Ich habe bisher bei keinem Forscher, der sich mit der Entwicklung des Wollhaares beim Schafe be- schäftigt hat, eine Angabe über diese so frühzeitige Anlegung des Haarkegels gefunden. Goette (A 8) beschreibt zwar im allgemeinen den Haarkegel ganz gut, aber wie seine Figur 8 zeigt, hat er dabei bedeutend spätere Stadien im Auge als die- jenigen, von denen ich hier spreche. Als weitere wichtige Veränderung in diesem Stadium ist zu erwähnen, dass unterhalb der Abgangsstelle der Schweissdrüse, also ebenfalls auf der geneigten Seite des Haarzapfens, eine neue Ausbuchtung aufgetreten ist, die wir als Junge Talgdrüsenanlage bezeichnen dürfen. An den Körperstellen, an welchen die Talg- drüsen im fertigen Zustande die ganze Peripherie des Haares umfassen, wie an den Lippen und teilweise an den Augenlidern, nimmt diese Vorwölbung auch den ganzen Umfang des Haar- zapfens ein. Ihrer morphologischen Zusammensetzung nach besteht die Talgdrüsenanlage aus einer äusseren einfachen Lage niedriger kubischer, und nicht wie Marks (A 17) angibt, zylindrischer Zellen und im Innern davon aus einer Anhäufung rundlicher Zellen. Letztere gehen frühzeitig in den Zustand der fettigen Metamorphose über und zwar nimmt dieser Prozess gegen «das Innere der Haaranlage an Insensität immer mehr Beiträge zur Entwicklung der Schweissdrüsen etc. 199 und mehr zu. Die Zellen werden bei dieser fettigen Meta- morphose sehr gross, hell und durchscheinend und mit Sekret- tropfen gefüllt, während die Zellkerne jedoch noch anfangs ihre normale Struktur beibehalten. Unterhalb der Talgdrüsenanlage, von ihr durch eine leichte Einschnürung getrennt, findet sich eine weitere Anschwellung am Haarzapfen, deren grösster Breitendurchmesser etwas ober- halb der Mitte der Haaranlage gelegen ist. Es ist dies die erste Anlage des Wulstes. Ein weiterer merkwürdiger Vorgang, der sich um diese Zeit am Haarzapfen abspielt, ist die jetzt schon beginnende Auf- hellung der äusseren Zylinderzellen. Vom obern Ende des Wulstes nämlich bis herunter zum Beginn der Bulbusanschwellung, nach abwärts an Stärke zunehmend, scheinen die Kerne der äusseren Zylinderzellen leicht gegen die Achse des Haarzapfens zu gerückt zu sein, sodass man jetzt, was früher nicht der Fall war, die einzelnen Zellgrenzen deutlich von einander unter- scheiden kann. Auf der gegenüberliegenden Seite beteiligen sich ie Zylinderzellen nach aufwärts in geringer Ausdehnung an «liesem Prozess. Soweit diese Aufhellung der äusseren Zylinder- zellen reicht, findet man an der Peripherie des Haarzapfens eine zarte mit Pikrofuchsin leuchtendrot sich färbende homogene Membran, die auch Marks (A 17) in seinen Präparaten gesehen hat Es ist dies die erste Anlage der äusseren Glashaut, welche, wie spätere Stadien mit Sicherheit lehren, im Gegensatz zum menschlichen Wollhaar am breitesten unterhalb des Wulstes ist Was endlich die Musculi arrectores anlangt, so sieht man «lieselben jetzt als deutliche Bündel glatter Muskelfasern vom untern Ende des Wulstes schräg nach aufwärts gegen die freie Oberfläche ziehen. Über ihre Genese konnte ich mich beim Schaf nur schwer orientieren, da mir zum Studium der jüngeren Haarzapfenanlagen, an welchen man die ersten Spuren der Arreetoranlage hätte sehen müssen, fast ausschliesslich Präparate 300 FRANZ DIEM, von der Lippe zur Verfügung standen, wo die Haare wahr- scheinlich infolge der reichen Ausstrahlung der quergestreiften Gesichtsmuskulatur ins subkutane Gewebe keine Museuli arrec- tores besitzen. Jedoch konnte ich an anderen Körperstellen, soweit dort neben weit fortgeschrittenen noch jüngere Haar- anlagen vorhanden waren, bemerken, dass auf der geneigten Seite der Haarenlage eine grössere Zahl von Mesenchymzellen sich vorfand als auf der gegenüberliegenden Seite. Besonders deutlich und schön zeigten sich diese Verhältnisse bei den übrigen von mir untersuchten Tieren. In einigen Fällen konnte ich ferner bemerken, wie die oben angeführten Mesenchymzellen sich zu länglichen Gebilden von der Form der Musculi arrectores um- wandelten. Eine Entstehung der Arrectoranlage von den Epithel- zellen der Haaranlage kann man mit aller Sicherheit ausschliessen, da auf jeder Stufe der Entwicklung die Haaranlage durch eine Basalmembran scharf von den Mesenchymzellen getrennt ist. Nach dem im vorhergehenden Gesagten darf man zweifellos an- nehmen, dass die Musculi arreetores mesenchymalen Ursprungs sind, eine Tatsache, welche mit der Schilderung Stöhrs (A 19) über die Entwicklung der Arrectoranlage beim menschlichen Wollhaare genau übereinstimmt. III. Stadium des Bulbuszapfens. In der nun folgenden Zeit tritt die Haaranlage aus dem Stadium des Haarzapfens in dasjenige des Bulbuszapfens über. Das Haar nimmt dabei an Länge und Umfang bedeutend zu und mit ihm sämtliche von der Haaranlage ausgehenden Gebilde. Charakteristisch für dieses Stadium ist Anlegung der Papille und die Bildung des hohlen Bulbus pili. Letzterer bildet sich in Anatom Hefte Het 102(34.Ba.H 1) Fi g2. Tabl 13798 Tangential ‚getroffene Haarpapille Helle Cylindersellen d. ärsseren W Haarkanal Schmweissdrüse Jchweissdrüi, a " Talgdrüse a = 8 r: . Stöhr goz Aufgehellte Zellen. d. äusseren Wurzelscheide ” " Beiträge zur Entwicklung der Schweissdrüsen etc. . 201 der Weise, dass die über der Papillenanlage gelegenen Zellen der jungen Haaranlage in der Mitte des unteren Poles beginnend sich nach aufwärts gegen das Innere der Haaranlage zu ein- stülpen. Die erste Folge dieses Vorganges ist eine leichte Em- dellung am untern Ende des Haarzapfens. Um diese Zeit hat der Haarkegel eine deutliche (Gestalt angenommen, sodass man jetzt von der Umschlagstelle der Matrixplatte einen Haufen länglicher Zellen median und auf- wärts ziehen sieht, welche an der Kegelspitze von allen Seiten her sich vereinigen und die Zellen des Haar-lanern, welche um diese Zeit eine längliche Gestalt angenommen haben, vor sich her zur Seite drängen. Die Aufhellung der äusseren Zylinderzellen (Fig. 2) ferner ist in der oben angegebenen Ausdehnung eine ziemlich beträcht- liche geworden und mit ihr hat auch die äussere Glashaut an Stärke etwas zugenommen. Weiterhin bemerkt man an solchen Präparaten eine mächtige Ausbildung des Wulstes. Er wird an seiner Peripherie von einer einfachen Lage von Zylinderzellen begrenzt, welche im oberen Abschnitt schmal und hoch sind, nach unten zu dagegen breiter und etwas niedriger erscheinen. Dem Wulste gegenüber findet man manchmal ebenfalls eine leichte Vorwölbung, die von hohen Zylinderzellen begrenzt wird. In diesen Fällen um- fasst also der Wulst die ganze Peripherie der Haaranlage, zeigt jedoch auf den einzelnen Seiten derselben verschiedene Grösse und Ausbildung. Andererseits findet man jedoch auch Haar- anlagen im Stadium des Bulbuszapfens, an welchen man mit aller Sicherheit konstatieren kann, dass hier der Wulst nur ein- seitig vorhanden ist. In einem andern Teil der Fälle endlich kann man dem Wulste gegenüber, direkt anschliessend an die untere Grenze (desselben, eine weitere kleinere zirkumskripte Vorwölbung an der Peripherie der Haaranlage beobachten, die mit dem eigentlichen Wulste in keiner Beziehung zu stehen 202 FRANZ DIEM, scheint. Die Grösse des Wulstes ist bedeutenden Schwankungen unterworfen. Im allgemeinen steht derselbe in einem gewissen direkt proportionalen Verhältnis zum Umfang der Haaranlage. Am wenigsten ausgebildet habe ich den Wulst an den Lippen- haaren gesehen. Auch die Talgdrüse hat an Grösse bedeutend zugenommen und hängt nun als plumper Auswuchs an der geneigten Seite des Bulbuszapfens herunter oder umgibt die Haaranlage, wie an der Lippe und teilweise an den Augenlidern, in ihrem ganzen Umfang. Ihre Zellen befinden sich in lebhafter fettiger Metamor- phose und Degeneration, die gegen das Innere der Haaranlage mehr und mehr fortschreitet, wie man aus dem Zerfall der Zellkerne ersehen kann, bis schliesslich im Haar-Innern nur noch ein fettiger Detritus als Überrest früherer Talgdrüsenzellen vorhanden ist. Durch diesen fettigen Zerfall der Talgdrüsenzellen einerseits und durch die Verhornung und den degenerativen Zerfall der Haarkanalzellen andererseits bildet sich nun der Haarkanal, der jedoch noch gegen die freie Oberfläche zu durch das unterdessen entstandene Stratum corneum abgeschlossen ist. Seiner Ausdehnumg nach reicht der Haarkanal von der Mündungs- stelle der Talgdrüse bis unter die freie Oberfläche, die Form eines leicht gekrümmten Zeigefingers nachahmend und die Epidermis auf weite Strecken hin unterwühlend. Merkwürdig und interessant an diesem Vorgang ist die Tatsache, dass der Kanal schon zu einer Zeit vorhanden ist, wo von einem aus- gebildeten Haar noch keine Rede sein kann. Auch Marks (A 17) hat in seiner Arbeit auf diese frühzeitige Anlage des Haarkanals aufmerksam gemacht. Jedoch sind die Angaben dieses Forschers insofern ungenau und unzutreffend, als er die Entstehung desselben auf die Tätigkeit der Talgdrüsen allen zurückführt. Wie jedoch Stöhr (A 19) zuerst in seiner Arbeit über die »Entwicklungsgeschichte des menschlichen Wollhaares« gezeigt hat, so ist der Haarkanal viel früher als die Talgdrüse Beiträge zur Entwicklung der Schweissdrüsen etc. 203 in Form der sog. »Haarkanalzellen« angedeutet. Diese Tatsache konnte ich in meinen Präparaten ausnahmslos bestätigen. Durch Verhornung und degenerativen Zerfall dieser Haarkanalzellen bildet sich dann wie Stöhr zuerst nachgewiesen hat, der Haar- kanal. Die Talgdrüsen sind, wenn überhaupt nur sekundär an der Bildung desselben beteiligt, insofern, als sie durch das in das Lumen des Haarkanals ergossene Sekret denselben später vielleicht erweitern helfen. Die Schweissdrüse hat in dieser Zeit den Bulbuszapfen an Länge fast erreicht. Mit ihrem untern, stark verdickten Ende hat sie sich leicht nach aufwärts gegen die Haaranlage zu um- gebogen (Fig. 2), so dass sie einen gegen das Haar zu offenen Bogen beschreibt. Doch kommen auch Ausnahmen von dieser Stellung vor. Man sieht nämlich hie und da Schweissdrüsen, die fast senkrecht in die Tiefe steigen und dann in entgegengesetzter Richtung sich umbiegen. Ausserdem zeigt nun auch schon ein Teil der Schweissdrüsen eine leichte Schlängelung. Die wich- tigste Veränderung aber, die zu dieser Zeit zu konstatieren ist, besteht darin, dass im unteren Abschnitt der Drüsenanlage ein ziemlich weites Lumen aufgetrsten ist, das nach aufwärts in (restalt einer feinen Linie, der sog. Trennungslinie, angedeutet ist. Man erkennt jetzt auch an Schnitten, welche die Schweiss- «rüsen im Bereich ihres Lumens der Länge nach halbiert haben, «lass dieselben, wie bereits früher angegeben wurde, aus einer einfachen Lage niedrigen Zylinderepithels bestehen, dem nach aussen davon eine einfache Schicht langgestreckter schmaler Zellen aufgelagert ist. Es sind dies die Epithelmuskelzellen, welche parallel der Längsachse der Schweissdrüsen angeordnet sind. (egen Ende des Bulbuszapfenstadiums finden wir an den Haaranlagen folgende Verhältnisse: Die früher nur leicht an- sedeutete Einstülpung am unteren Pol des Bulbuszapfens und «ie damit zusammenhängende Bildung der Matrixplatte ist nun- mehr eine vollständige und ziemlich tiefe gewordeu. Im diesen 204 FRANZ DIEM, hohlen Bulbus ragt von unten her die Papille herein und füllt den Hohlraum gänzlich aus. Sie stellt dabei einen dichten Haufen von Bindegewebszellen dar, deren Kerne annähernd parallel ler freien Oberfläche angeordnet sind. Weiterhin ist zu bemerken, dass der Haarkegel eine beträcht- liche Länge erreicht hat und in manchen Fällen bis zum unteren Ende der Talgdrüse mit seiner Spitze heraufragt. Seiner Zu- sammensetzung nach besteht derselbe zu äusserst aus einer ein- fachen Lage schmaler Zellen mit langgestreckten, stäbchen- förmigen Kernen, die mit Borax-Karmin sich intensiv rot gefärbt haben. Die Zellen dieser äusseren Schicht konvergieren nach median und aufwärts und fliessen an der Haarkegelspitze von allen Seiten her zusammen. In den obersten Partien zeigen diese Zellen deutlich die Merkmale der Verhornung, die in dem Auftreten kleiner stark lichtbrechender glänzender keratohyalin- haltiger Körnchen sich kundgibt. Mit Heidenhains Häma- toxilin-Eisenlack hat sich diese Zellreihe, etwas über der Papillen- spitze beginnend, nach aufwärts an Intensität zunehmend tief schwarz gefärbt. Nach einwärts davon liegt eine zweite einfache Schicht langgestreckter Zellen, deren Kerne jedoch im Gegensatz zu denjenigen der vorbeschriebenen Zellenlage breiter und kleiner sind. Mit Borax-Karmin haben sich die Kerne dieser Zellen in den unteren und mittleren Partien blassrot, nahe der Haarkegel- spitze jedoch intensiv (unkelrot gefärbt. Soweit diese dunkel- rote Färbung reicht, haben sich die Zellen mit Heidenhains Hämatoxilin-Eisenlack ebenfalls intensiv geschwärzt. Mit dieser Differenzierung der Zellen hat sich die innere Wurzelscheide eebildet, und zwar stellt die äussere, zuerst beschriebene Zellreihe die Henlesche Schicht dar, während die nach innen davon befindliche, zuletzt genannte Zellenlage als Huxleysche Schicht angesprochen werden muss. Die im Innern des Kegels gelegenen Zellen sind noch nicht differenziert und enthalten das Material für das eigentliche Haar nebst den beiden Oberhäutchen. Die Beiträge zur Entwicklung der Schweissdrüsen etc. 205 Entwicklung des Haares selbst konnte ich leider wegen Mangels an geeignetem Material nicht verfolgen. An dieser Stelle will ich die Angaben früherer Autoren über die Bildung des eigentlichen Haares kurz registrieren. Während man früher allgemein annahm, dass das Haar sich durch Verhornung der gesamten im Innern der äusseren Wurzelscheide gelegenen Zellen bilde, trat Goette (A S) gestützt auf seine Präparate, zum ersten Male dieser Ansicht entgegen und stellte vielmehr den Satz auf, dass nur der Haar- kegel allein das Material für das Haar nebst seinen beiden Oberhäutchen und der inneren Wurzelscheide enthielte. Diese Anschauungen Goettes (A 8) erfuhren von den nächstfolgenden Untersuchern keineswegs eine günstige Beurteilung. Feiertag (A 9) und Sticker (A 12) bekämpften vielmehr die Angaben (soettes aufs schärfste und sprachen sich, gestützt auf frühere Forscher, für eine Entstehung des Haares durch Ver- hornung der gesamten nach innen von der äusseren Wurzel- scheide gelegenen Zellen aus. Erst späteren Forschern blieb es vorbehalten die Ausführungen G oettes in vollem Umfange zu bestätigen. So wichtig und grundlegend die Untersuchungen (oettes nun auch für das Verständnis der Entwicklung des Haares waren, so ungenau lauten seine Schilderungen über die Form und Gestalt des Haarkegels. Nach seinen Angaben soll nämlich der Haarkegel in den obersten Partien aufgefasert sein. Solche Bilder können meines Erachtens nur durch eine ungeeignete Schnittführung vorgetäuscht werden oder sind viel- leicht darauf zurückzuführen, dass Goette die Umrisse des Kegels nicht genau gesehen hat und wo möglich einen Teil der zentralen Haarzapfenzellen noch für Elemente des Haarkegels hielt. Ausserdem redet Goette von »flammenschwertähnlichen « Konturen und erläutert diese Angaben durch einzelne Figuren. Auch hier kann ich Goette (A 8) nicht beistimmen. Denn in meinen Präparaten, die mit Heidenhains Haematoxylin- | )Ö FRANZ DIEM, Eisenlack gefärbt sind, setzt sich sowohl die Haarkegelspitze scharf gegen die über ihr gelegenen Zellen im Innern der Haar- anlage ab, als auch repräsentieren sich die äussern Umrisse des Haarkegels als zwei gerade nach oben zu konvergierende Linien, sodass nach diesen Bildern der Haarkegel von einer glatten ebenen Mantelfläche umschlossen ist. Von dem sich entwickelnden und vergrössernden Haarkegel werden die übrigen in der Achse der Haaranlage sich befindlichen Zellen emporgehoben und zur Seite gedrängt, sodass sie dann die inneren Lagen der äusseren Wurzelscheide darstellen. Aus diesem Befunde folgt als weitere Schlussforderung, dass die Annahme von Reissner (A 5), Feiertag (A 9) und Sticker (A 12), als ob das eigentliche Haar sich durch Verhornung der gesamten im Innern der Haar- anlage gelegenen Zellen bilde, durchaus nicht den wirklichen Tatsachen entspricht. Kehren wir nach diesen Ausführungen wieder zu Beschreibung ler Haaranlage zurück, so muss noch erwähnt werden, dass die äussere Glashaut sowohl an Breite als auch an Längenausdehnung zugenommen hat. Nach aufwärts reicht sie bis zum Stratum cylindrieum, nach abwärts zieht sie als schmaler, rotgefärbter Streifen zwischen Bulbus und Papille dahin und trennt beide von einander. Nach aussen davon bemerkt man die ersten Spuren des bindegewebigen Haarbalgs. Was das Aussehen der Schweissdrüsen endlich anlangt, so erkennt man, dass die Lumenbildung nach aufwärts, durch Aus- einanderweichen der in der Achse gelegenen Zellen in einzelnen Fällen etwas weiter fortgeschritten ist. Als wichtigste Veränderung aber gegenüber der ersten Anlage der Schweissdrüsen ist zu konstatieren, dass die Drüsen nunmehr an der Abgangsstelle der Haaranlage vom Stratum eylindricum nur noch in geringer Flächenausdehnung mit der äusseren Wurzelscheide in Zusammen- hang stehen und von hier aus entspringen. Vergleicht man mit diesem Befunde die Angaben über die erste Anlage der Schweiss- Beiträge zur Entwicklung der Schweissdrüsen ete. 207 drüsen, die in ziemlicher Ausdehnung und vielfach sehr tief an der Haaranlage sich entwickeln, so kommt man zu dem Schlusse, dass die untere Abgangsstelle der Schweissdrüsen vom Haar- keim im Laufe der Entwicklung immer mehr nach aufwärts gerückt ist, so dass schliesslich, wie Marks (A 17) angibt und wie bereits jetzt aus sämtlichen Bildern mit Sicherheit zu ersehen ist, die fertigen Schweissdrüsen an der Ursprungsstelle der Haaranlage vom Stratum eylindricum in den Haarbalg münden. Auf diese Tatsache hat bisher ausser Backmund (A 20), der bei der Katze ähnliche Verhältnisse fand, kein Forscher aufmerksam gemacht, weil man wahrscheinlich, soweit man von der Entwicklung der Schweissdrüsen aus der äusseren Wurzelscheide Kenntnis hatte, annahm, dass diese Drüsen nur an der Übergangsstelle ins Stratum eylindricum aus der Haaranlage hervorsprossten. Weiter- hin lässt sich aus den Präparaten, die ich gesehen habe, mit Sicherheit feststellen, dass zu jeder Haaranlage eine Schweiss- drüse gehört. Nur die Sinushaare und teilweise die Haare der Lippen machen von dieser Regel eine Ausnahme. Von ersteren entspringt, wie bereits R. Bonnet (B 16, 17) angegeben hat, niemals eine Schweissdrüse, während an der Lippe die Schweiss- drüsen nur spärlich vorhanden sind und infolgedessen sich nur an einzelnen Haaren anlegen. Bei einem grossen Teil der Lippenhaare lässt sich auf keiner Stufe der Entwicklung die Anlage einer Schweissdrüsse nachweisen. Möglicherweise hängt die geringe Ausbreitung der Schweissdrüsen an der Lippe des Schafes mit der starken Ausbildung der Flotzmauldrüsen zusammen. Eine weitere Schilderung der völlig entwickelten Schweissdrüsen vermag ich leider nicht zu geben, da bei den mir zur Verfügung stehenden Embryonen sich noch keine voll- ständig ausgebildete Schweissdrüsen vorfanden. Doch lassen sich diese Stadien aus den Angaben Marks und R. Bonnets leicht ergänzen. Nach ihren Schilderungen wird in der Folge- zeit das im untern Abschnitt bereits vorhandene Lumen sich 208 FRANZ DIEM, nach aufwärts durch Auseinanderweichen der in der Achse gelegenen Zellen allmählich immer mehr ausbilden, bis schliess- lich die ganze Schweissdrüse einen hohlen Schlauch darstellt. Während dieses Vorganges nehmen die einzelnen Drüsen an Länge vielleicht noch etwas zu und schlängeln sich dabei teilweise noch etwas mehr, zugleich aber ordnet sich das Bindegewebe zur Adventitia um die Peripherie der Schweissdrüse an. Schwein. Als weiteres Tier zur Untersuchung über die Entwicklung der Schweissdrüsen benutzte ich das Schwein und fand dabei folgende Verhältnisse: Die Epidermis besteht bei den von mir untersuchten Embryonen in ihrer tiefsten Schicht aus einer einfachen Lage sehr hoher Zylinderzellen, welche gegen das Corium zu durch eine feine Basalmembran abgegrenzt sind. Auf dieses Stratum eylindricum folgen je nach dem Alter der einzelnen Embryonen und den einzelnen Körperstellen eine oder mehrere Reihen rundlicher oder polygonaler Zellen, die in ihrer Gesamtheit das Stratum intermedium bilden. Die freie Oberfläche endlich wird von den Zellen des Epitrichium bei den jüngeren, resp. des Stratum corneum bei den älteren Embryonen begrenzt. Was die Haarentwicklung anlangt, so findet man beim Schwein annähernd die gleichen Vorgäuge wie beim Schaf wieder. Auch hier ist die erste Anlage des Haarkeims eine rein epitheliale ohne jegliche Beteiligung des darunter gelegenen Bindegewebes. Die ersten Spuren einer Papillenanlage treten beim Schwein im Gegensatz zum Schaf in manchen Fällen erst sehr spät auf. So habe ich z. B. in der Haut des Rückens eine Reihe von Haaranlagen gesehen, die bereits als deutlich zapfen- förmige Gebilde in das Corium hineinragten, bei denen noch keine Spur einer Papillenanlage zu finden war. Beim Schaf Beiträge zur Entwicklung der Schweissdrüsen etc. 209 habe ich nie ähnliche Bilder zu beobachten Gelegenheit gehabt. Bei einem sehr kleinen Bruchteil der Haare konnte ich ferner bemerken, dass die embryonalen Bindegewebszellen in breiter Ausdehnung sich konzentrisch um eine derartige Haaranlage .anordneten, sodass diese das Aussehen von Sinushaaren erhielten. Dass es sich jedoch nicht um solche handeln kann, geht daraus hervor, dass ich derartige Beobachtungen an solchen Körper- stellen zu machen Gelegenheit hatte, an welchen Sinushaare sich überhaupt nie vorfinden. Bezüglich der Grösse der Papillen- anlage ist zu bemerken, dass dieselbe vielen Schwankungen unterworfen ist. Gegenüber dem Schafhaar möchte ich noch hervorheben, dass ich öfters beim Schwein in Haarkeimen, an welchen sich die ersten Anlagen der künftigen Papille geltend machten, Bilder gesehen habe, die das von Stöhr (A 19) beim Menschen und vonBackmund (A 20) bei der Katze beschriebene Bläschen zu enthalten schienen. Ausgezeichnet ist ferner das Schweinshaar durch die verhältnismälsig gute Entwicklung des bindegewebigen Haarbalges, der bereits gegen Ende des Haar- zapfenstadiums als ziemlich breiter Belag von Bindegewebszellen, gegen die freie Oberfläche allmählich schmäler werdend, von der Papillenanlage bis zur Talgdrüse heraufreicht. Wie bereits frühere Forscher angegeben haben, ist die Talgdrüse ziemlich klein und bedingt nur eine leichte Vorwölbung auf der geneigten Seite der Haaranlage. Auch ihre zelligen Elemente zeichnen sich gegenüber anderen Tieren durch besondere Kleinheit aus. An seiner Abgangsstelle vom Stratum eylindricum besitzt der Haarzapfen um diese Zeit im Gegensatz zu den Haaren anderer Tiere, die an dieser Stelle leicht verschmälert erscheinen, einen beträchtlichen Querdurchmesser. Ferner ist zu erwähnen, dass der Wuslt beim Schwein nur.eine geringe Ausbildung erfahren hat. Er stellt eine kleine Ausbuchtung an der Peripherie des Haarzapfens unterhalb der Talgdrüse dar, von der er durch eine kleine Ein- schnürung getrennt ist. Anatomische Hefte. I. Abteilung. 102. Heft (34. Bd. H. 1). 14 210 FRANZ DIEM, Ebenso wie beim Schaf ist auch beim Schwein eine beträcht- liche Aufhellung der äusseren Zylinderzellen in diesem Stadium zu konstatieren. Die Richtung der Haaranlagen endlich ist eine sehr wechselnde. Während z. B. an den Lippen dieselben fast senkrecht in die Tiefe ziehen, sind dieselben an anderen Körperstellen wie Rücken etc. beinahe parallel der freien Ober- fläche angeordnet. Wenden wir nun nach diesen kurzen Bemerkungen über die Haarentwicklung unser Augenmerk auf die Entstehung der Schweissdrüsen, so finden wir, dass dieselbe sich in analoger Weise wie beim Schaf vollzieht. Auch hier bildet sich zu einer Zeit des Haarzapfenstadiums eine kleine Vorwölbung an der Peripherie der Haaranlage und zwar ebenfalls auf der dem Corium zugewandten Seite. Die Höhe, in welcher diese Aus- buchtung am Haarzapfen sich entwickelt, ist eine sehr wechselnde. Wenn Marks {A 17) für diesen Vorgang die Abgangsstelle der Haaranlage vom Stratum eylindrieum in Anspruch nimmt, so: entspricht dies nach den Bildern, die ich gesehen habe, durchaus nicht immer den wirklichen Verhältnissen. Für die Lippen finde ich diese Angabe zutreffend, an den übrigen untersuchten Körperstellen dagegen spielt sich dieser Vorgang bald mehr oder minder weit von der oben angegebenen Stelle entfernt ab (Fig. 3). Man findet häufig sogar erst an der Grenze zwischen oberen und mittleren Drittel des Haarzapfens die erste Anlage einer Schweissdrüse. Im weiteren Verlauf der Entwicklung bildet sich aus dieser kleinen Vorwölbung ein plumper Knoten, der an seiner Peripherie von einer einfachen Lage von Zylinderzellen begrenzt ist, während nach innen davon ein Haufen rundlicher Zellen liegt. Gegen das Corium zu ist die Schweissdrüsenanlage von einer Fortsetzung der Basalmembran des Haarzapfens über kleidet. In fortgeschritteneren Stadien der Entwicklung stellt die junge Schweissdrüse einen schlanken soliden Zapfen dar, dessen unterer Abschnitt keulenförmig verdickt erscheint. Ihre Beiträge zur Entwicklung der Schweissdrüsen ete. 211 Verlaufsrichtung ist grösstenteils parallel derjenigen der Haar- anlage; unter Umständen kommen jedoch auch Ausnahmen von dieser Regel vor. Gegen Ende des Haarzapfenstadiums reicht die Schweissdrüse bis zur Bulbusanschwellung herab. An einzelnen derselben ist bereits ein deutliches Lumen in den unteren Abschnitten aufgetreten. Im Gegensatz zu den Schweiss- drüsen des Schafes ist in solchen Fällen noch keine Differenzierung in Epithelmuskelzellen und Epithelzellen des sezernierenden Ab- schnittes, resp. Ausführungsganges der Drüse zu konstatieren. Denn man findet stets, soweit das Lumen reicht, eine doppelte Lage niedriger Zylinderzellen. Die Gestalt der Drüse ist auch in diesem Stadium in der Mehrzahl der Fälle eine keulenförmige geblieben (Fig. 4). Daneben findet man jedoch auch hie und da Schweissdrüsen, wo an einem langen schmalen Stiel ein stark kolbig verdicktes Ende hängt. An solchen Schweissdrüsen- formen habe ich auch die erste Andeutung einer gabeligen Teilung, wie sie Marks (A 17) beschreibt, in Form einer leichten Eindellung am untern Ende der Drüse beobachten können. Ausserdem lässt sich auf diesem Stadium der Entwicklung noch konstatieren, dass die Schweissdrüsen eine Strecke unterhalb des Stratum eylindrieum von der Haaranlage ihren Ursprung nehmen. Vergleicht man mit diesem Befund die Angaben von Chodakowski (A 6), nach welchen die fertigen Schweissdrüsen im Bereich des Stratum ceylindricum in den Haarbalg münden sollen, so muss man auch beim Schwein annehmen, dass die im Beginn der Entwicklung weiter unten am Haarzapfen gelegene Abgangsstelle der Schweissdrüsen im Laufe der Entwicklung immer höher hinaufrückt am Haarbalg, sodass schliesslich die Mündungsstelle der ausgebildeten Drüse in der Höhe des Stratum eylindrieum liest. Gegenüber diesen beiden Forschern will Flatten (A 15) beim Schwein auch Schweissdrüsen gesehen haben, deren Mündungsstellen im obern Drittel des Haarbalges gelegen sind. Übereinstimmend aber geben die beiden eben- 14* 512 FRANZ DIEM, venannten Autoren ebenso wie Marks (A 17) an, dass beim Schwein auch freimündende Schweissdrüsen sich vorfinden. Bei der spärlichen Behaarung des Schweines darf uns dieser Befund nicht befremden, da eben nicht genug Haaranlagen vorhanden sind, aus denen sich sämtliche Schweissdrüsen ent- wickeln könnten. Rind. Ausser Schaf und Schwein habe ich auch das Rind in den Bereich meiner Umtersuchungen hereinbezogen und bin dabei zu folgenden Resultaten gekommen, Die Epidermis besteht auch hier wie bei den vorhergehenden "Tieren aus einem einschichtigen Stratum cylindricum, welches gegen das darunter gelegene Bindegewebe durch eine feine Basalmembran abgegrenzt ist. Nach aufwärts davon folgen mehrere Lagen rundlicher oder polygonaler Zellen des Stratum intermedium, während die freie Oberfläche ebenfalls vom Epitrichium resp. Stratum corneum begrenzt wird. Die Haarentwicklung stimmt im allgemeinen mit der beim Schaf geschilderten überein. Ich verzichte deshalb auf eine nähere Beschreibung, da dieselbe doch nur eine Wiederholung des Vorhergesagten bedeuten würde und beschränke mich daher nur darauf, einige Finzelheiten und Verschiedenheiten kurz anzuführen. Was zunächst die Wachstumsrichtung der Haar- anlagen anlangt, so ist hervorzuheben, dass an den meisten Körperstellen die Haare in schräger Richtung wie bei den vorhergenannten Tieren gegen das Corium vordringen. Nur die Lippen und Augenlider sind durch eine senkrechte Anordnung der Haaranlagen ausgezeichnet, wie auch Marks (A 17) ın seiner Arbeit angibt. Auffallend ist ferner die‘ frühzeitige Aus- bildung des Haarkanals, die ebenso wie‘ beim ‘Schaf schon zu einer Zeit erfolgt, wo von einem ausgebildeten Haar absolut nicht die Rede sein kann. Doch besteht insofern gegenüber Beiträge zur Entwicklung der Schweissdrüsen ete. 213 dem Schafhaar ein deutlicher Unterschied, als beim Rind sich um diese Zeit der hohle Bulbus pili bereits ziemlich weit aus- gebildet hat. In diesem Stadium lässt sich auch in den untersten Abschnitten der Haaranlage eine Aufhellung der äusseren Zylinder- zellen nachweisen; jedoch macht sich dieser Vorgang in viel geringerer Höhenausdehnung als beim Schaf geltend. Was die Talgdrüsenanlagen betrifft, so hängen dieselben ebenso wie beim Schaf als sackartige Gebilde von der dem Corium zugewandten Seite des Haarbalges herunter und nehmen hauptsächlich die untersten Abschnitte des oberen Drittels ein. Fassen wir endlich den Wulst noch etwas näher ins Auge, so fällt uns auf, dass derselbe in Form und Grösse vielen Schwankungen unterworfen ist. Zunächst ist zu bemerken, dass derselbe einen sehr beträchtlichen Teil des unterhalb der Talgdrüse gelegenen Ab- schnittes des Haarbalges einnimmt. Dann aber verdient hervor- gehoben zu werden, dass er die verschiedensten Formen nach- ahmen kann: Bald bildet er nur eine leichte gleichmälsige Vorwölbung an der geneigten Seite der Haaranlage, bald aber nimmt er grössere Dimensionen an und wird dann durch eine oder zwei leichte Einschnürungen in zwei resp. drei Abschnitte zerlegt, von denen der unterste die anderen gewöhnlich an Grösse übertrifft. Dem Wulste gegenüber findet sich konstant ebenfalls eine kleine Vorbuchtung an der Peripherie der Haar- anlage. Nach diesen Bildern umfasst der Wulst die ganze Peripherie der Haaranlage, so jedoch, dass er auf der dem Corium zugewandten Seite viel stärker entwickelt ist als auf der gegenüberliegenden Seite. Der ganze Wulst wird von hohen Zylinderzellen begrenzt, deren Kerne sich durchweg mit Haema- toxylin dunkler gefärbt haben als diejenigen der übrigen äusseren Zylinderzellen. Wenden wir uns nach diesen kurzen Bemerkungen über die Entwicklung der Haare den Schweissdrüsen zu, so ist zu konstatieren, dass dieselben beim Rind ebenso wie beim Schaf a 914 FRANZ DIEM, und Schwein zu einer gewissen Zeit des Haarzapfenstadiums als schwache Vorbuchtungen an der geneigten Seite der Haar- anlagen entstehen. ° Diese Vorwölbung nimmt eine ziemlich be- trächtliche Strecke des jungen Haarkeims ein und tritt in sehr wechselnder Höhe teilweise sogar erst im mittleren Drittel der Haaranlage auf (Fig. 5). Die Zeit, in welcher sich diese Vor- gänge geltend machen, ist ebenfalls eine sehr wechselnde, wie sich aus der verschiedenen Grösse der einzelnen Haaranlagen ohne weiteres ergibt. Aus dieser leichten Vorwölbung bildet sich allmählich durch stetige Vermehrung der Zellen ein plumper Knoten, der in der Folgezeit zu einem soliden Zapfen auswächst. Gegen Ende des Haarzapfenstadiums haben die Schweissdrüsen die Haare an Länge fast erreicht und verlaufen dabei, wie auch Chodakowski (B6) angibt, dicht neben der Haaranlage fast geradlinig in die Tiefe. Zugleich hat sich an ihnen in gleicher Weise wie beim Schaf eine Differenzierung ihrer Zellen in Epithelzellen des sezernierenden Abschnittes resp. des Aus- führungsganges der Drüse und in Epithelmuskelzellen vollzogen. Letztere stellen ebenso wie beim Schaf eine zusammenhängende einfache Lage langgestreckter Zellen dar, die zwischen Epithel und Basalmembran gelegen über die ganze Länge der Drüse sich ausbreiten. Im Laufe der weiteren Entwicklung bildet sich im untersten Abschnitt der Drüse, der deutlich verbreitert ist, durch Auseinanderweichen der Zellen ein ziemlich weites Lumen aus, das nach aufwärts in Form einer hellen Linie noch eine Strecke weit zu verfolgen ist. In diesem Stadium kann man auch konstatieren, dass jetzt die Ursprungsstelle der Schweiss- drüsen von der äusseren Wurzelscheide gegenüber der ersten Anlage derselben viel umschriebener und kleiner geworden ist und nunmehr entweder direkt an der Übergangszelle der Haar- anlage ins Stratum cylindrieum oder einige Zellreihen tiefer ge- legen ist. Eine Einmündungsstelle, wie sie einem grossen Teil relativ tief gelegener erster Schweissdrüsenanlagen entsprechen Beiträge zur Entwicklung der Schweissdrüsen etc. 215 würde, lässt sich in keinem Präparate nachweisen. Somit ist man also auch hier ebenso wie bei den vorgenannten Tieren gezwungen anzunehmen, dass im Laufe der Entwicklung die untere Ursprungsstelle der Schweissdrüsen allmählich am Haar- balg in die Höhe rückt. Gegenüber den Angaben Leydigs (A 6), nach welchem die Schweissdrüsen beim Kalbe stets unterhalb der Talgedrüsen einmünden sollen, muss ich bemerken, dass die- selben nach dem Vorhergesagten durchaus nicht den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen. Ich finde eine derartige Annahme nur dadurch begreiflich, dass die Schweissdrüsen beim Rind sehr nahe dem Haarbalg verlaufen und teilweise von den Talgdrüsen verdeckt werden, sodass bei der damaligen Technik Bilder, wie sie Leydig (A 6) beschreibt, zur Ansicht gelangen könnten. Was ferner die Zahl der Schweissdrüsen beim Rinde anlangt, so stimme ich mit Chodakowski (A6) und andern Forschern im Ganzen überein. die angeben, dass zu jedem Haare eine Schweissdrüse gehöre. Jedoch muss dieser Satz, was ich bisher bei keinem Forscher gefunden habe, insofern eine Einschränkung erfahren, als von den Haaren der Lippen nur teilweise Sch weiss- drüsen entstehen. Möglicherweise steht diese Tatsache in einem ursächlichen Zusammenhang mit der mächtigen Entwicklung der Flotzmauldrüsen an dieser Stelle. Auch im Gefolge der Sinushaare wird, wie bereits R. Bonnet (B16, 17) gefunden hat, niemals eine Schweissdrüse angetroffen. Endlich ist noch zu erwähnen, dass eine Entwicklung der Schweissdrüsen frei vom Stratum eylindricum aus in keinem der untersuchten Präparate nachgewiesen werden konnte. An dieser Stelle mag es mir vergönnt sein, auf die Be- merkung R. Bonnets (B16) hinzuweisen, mit welcher er in seiner »Entwicklungsgeschichte der Haussäugetiere« seine Er- örterungen über Schweissdrüsen schliesst. Es heisst hier wörtlich: »Mitunter sieht man auch die Entwicklung einer Knäueldrüse von einer Haarbalgmündung ausgehen.« Dass dieser Satz jedoclı 216 FRANZ DIEM, nur zu Unrecht besteht, ergibt sich aus den bisherigen Schilde- rungen über die erste Anlage der Schweissdrüsen ohne weiteres. Denn nach diesen Ausführungen stehen Haare und Schweiss- drüsen in einem so engen genetischen Zusammenhang, dass man streng genommen nicht von einer Haaranlage allein reden kann, ohne zugleich auch die Schweissdrüse als integrierenden Bestandteil der Haaranlage zu erwähnen. Nur in seltenen Fällen findet man eine frei vom Stratum eylindricum entspringende Schweiss- drüsenanlage, sodass also in Wirklichkeit gerade der Entwicklungs- modus als Regel bezeichnet werden muss, den Bonnet in obigem Satze als Ausnahme hinstellt. Hirsch. Während mir bei den vorhergehenden Tieren eine ziemlich. grosse Anzahl verschieden alter Embryonen zur Verfügung stand, sodass ich, abgesehen von den fertigen Stadien, fast lückenlose Serien über die Entwickelung erhielt, musste ich mich bei den folgenden Tieren mit einigen wenigen Embryonen begnügen. So verfügte ich beim Hirsch nur über einen Embryo von 22,5 cm Länge und über den Bast eines erwachsenen Tieres. Bei dem 22,5 cm langen Embryo zeigte die Epidermis die gleichen Verhältnisse wie bei den vorhergenannten Tieren. Ausser- dem waren an den meisten Körperstellen die ersten Anfänge der Haarentwicklung zu konstatieren, die mit denen des Schafhaares- genau übereinstimmten. Nur an der Lippe und an den Augen- lidern waren die Haare bis zur Ausbildung eines mehr oder minder grossen Haarzapfens vorgeschritten. An solchen Haar- anlagen fand ich ebenso wie bei den vorhergehenden Tieren die erste Andeutung einer Schweissdrüse in Form einer kleinen Vor- buchtung an der dem Corium zugewandten Seite des Haarzapfens. In Übereinstimmung mit den bei den übrigen Tieren gemachten An- gaben tritt diese Vorwölbung bald ebenfalls nahe dem Stratum Beiträge zur Entwicklung der Schweissdrüsen ete. DZ cylindricum auf, bald reicht auch die untere Grenze der Schweiss- drüsenanlage bis zur Mitte des Haarzapfens herunter. Von diesen ersten Anfängen an konnte ich die Entwicklung der Schweissdrüsen bis zu dem Punkte verfolgen, wo die Drüse einen kleinen soliden Zapfen darstellt, der von den oberen Abschnitten des Haarbalges ausgehend eine Strecke weit im Corium nach abwärts steigt. Soweit ich Schweissdrüsenanlagen gesehen habe, gingen dieselben ausnahmslos von einem Haarbalg aus. Doch sind meine Unter- suchungen infolge Mangels an geeignetem Material zu wenig umfangreich, als dass dieselben ein abschliessendes Urteil in diesem Punkte erlaubten. Auch lässt sicb dieser Mangel nicht aus der Literatur ergänzen, da bisher noch keine Angaben über die Entwicklung der Schweissdrüsen beim Hirsch vorhanden sind. Meine Hoffnung, durch Untersuchung des Bastes nähere Aufschlüsse über die Ausbildung der Schweissdrüsen zu erhalten, hat sich leider nicht erfüllt, da die Haare des Bastes, wie bereits Leydig (A 6) vermutete, keine Schweissdrüsen besitzen. Ausser diesem Mangel an Schweissdrüsen zeichnen sich die Haare des Bastes noch durch sehr starke Entwicklung der Talgdrüsen aus, welche als knollenförmige Gebilde die ganze Peripherie der Haaranlage umgeben. Endlich ist ein noch zu erwähnen, dass ein Wulst an den Haaren des Bastes in keiner Weise an- gedeutet ist. Reh. i Während mir beim Hirsch nur sehr frühe Stadien der Schweissdrüsenentwicklung entgegentraten, fand ich beim Reh fast ausschliesslich sehr weit ausgebildete Schweissdrüsen. Die ersten Anlagen konnte ich nirgends finden, da mir nur ein 10,4cm und ein 42,5 cm langer Embryo nebst dem Bast eines erwachsenen Tieres zur Verfügung standen. Bei dem jüngeren Embryo fand ich an Lippen und Augen- lidern die ersten Anfänge der Haarentwicklung, die gegenüber 218 FRANZ DIEM, : früheren Schilderungen keine Besonderheiten zeigen. Von dem älteren Embryo, der bereits eine ziemlich starke Behaarung trug fertigte ich Präparate von Rücken, Ohr, Oberlippe, Anal-, Vaginal- und Euter-Inguinalgegend an und fand dabei folgende Verhältnisse: Die meisten Haare sind, wie bereits angegeben wurde, durch- gebrochen und haben schon eine beträchtliche Länge erreicht. An einzelnen Körperstellen jedoch wie Anal- und Vaginalgegend stehen die Haare an Grösse hinter den oben genannten zurück. Ferner ist zu erwähnen, dass fast allen wohlentwickelten stärkeren Haaren des Rehes ein Wulst vollständig fehlt. Zwischen diesen kräftigeren Haaren, die stellenweise wie z.B. am Rücken sehr dicht stehen, befinden sich eine Reihe sehr schlanker dünner Haaranlagen in jedem Stadium der Ent- wicklung. Von diesen dünnen Haaren sah ich niemals eine Schweissdrüsenanlage ausgehen, während an einzelnen dieser Haare Wulst und Talgdrüse im Gegensatz zu den vorher- beschriebenen kräftigen Haaren ziemlich gut entwickelt waren. Letztere sind sogar im Gegensatz zu dem geringen Umfang des Haares als sehr gross zu bezeichnen. Was die Talgdrüsen anlangt, die zu jedem der zuerst er- wähnten kräftigen Haare gehören, so mag bemerkt sein, dass dieselben in Form und Grösse manchen Schwankungen unter- worfen sind. Während z.B. am Rücken, an der Anal- und Vaginalgegend und an der Oberlippe die Talgdrüsen schmale sackartige Auswüchse darstellen, die auf der dem Corium zu- gewandten Seite vom oberen Drittel der Haaranlage ausgehen, treten uns in der Euter-Inguinalgegend dieselben als lappig ver- zweigte Gebilde entgegen, welche die Haaranlage in ihrer ganzen Peripherie umgeben. Ebenso wie die Talgdrüsen zeigen auch die Schweissdrüsen an den einzelnen Körperstellen ein ganz verschiedenes Aussehen. Am Rücken, in der Inguinalgegend laufen die Schweissdrüsen Beiträge zur Entwicklung der Schweissdrüsen ete. 219 entweder gerade oder leicht geschlängelt annähernd parallel der Längsachse des Haares in die Tiefe und enden teils in gleicher Höhe mit dem Haar oder eine Strecke weit oberhalb. An diesen Körperstellen besitzen die Schweissdrüsen erst in ihren untersten Abschnitten ein Lumen, das im Verhältnis zu dem Schweiss- drüsenlumen bei Schaf und Rind als sehr weit zu bezeichnen ist. Euter-Inguinalgegend und Oberlippe dagegen sind durch eine besonders gute Entwicklung der Schweissdrüsen ausgezeichnet. Dieselben stellen hier sehr lange Schläuche dar, die in ihren untersten Partien sehr stark geschlängelt sind. Die Lumenbildung ist hier bedeutend weiter fortgeschritten als an den vorher- genannten Körperstellen und erstreckt sich über einen grossen Teil der Drüse. Im sezernierenden stark gewundenen Abschnitt ist das Lumen sehr weit und von einem niedrigen kubischen Epithel bekleidet. Im Ausführungsgang wird das Lumen etwas enger und dabei von mässig hohen Zylinderzellen begrenzt. Durch diese Verschiedenheit in der Form des Epithels lassen sich diese beiden Drüsenabschnitte scharf voneinander abgrenzen. Im Bereich des Ausführungsganges liegen zwischen Epithel und Membrana propria eine einfache aber kontinuierliche Reihe läng- licher Zellen mit stäbehenförmigen Kernen, die mit ihrer Längs- achse parallel der Verlaufsrichtung der Drüse angeordnet sind. Im sezernierenden Abschnitt sind diese Zellen wohl auch vor- handen, doch ist ihre Verteilung hier eine sehr spärliche. Diese letzterwähnten Zellen stellen wahrscheinlich ebenso wie bei anderen Tieren die Epithelmuskelzellen der ausgebildeten Drüsen dar, zumal auch die Kerne denjenigen glatter Muskelfasern sehr ähnlich sehen. Weiterhin kann man konstatieren, dass sämtliche Schweiss- drüsen mit ihren noch soliden Ausführungsgängen teils direkt an der Übergangsstelle der Haaranlage ins Stratum eylindrieum, teils etwas tiefer auf der dem Oorium zugewandten Seite mit dem Haarbalg in Zusammenhang stehen. Eine frei von der 320 FRANZ DIEM, Epidermis entspringende Drüse konnte nicht beobachtet werden. Nach diesen Befunden dürfen wir wohl mit Sicherheit annehmen, dass auch beim Reh die ersten Anlagen der Schweissdrüsen mit den Haaren in engem genetischen Zusammenhang stehen. Und diese Vermutung wird zur Gewissheit, wenn wir uns vergegen- wärtigen, dass noch ein grosser Teil der Schweissdrüsen unter- halb des Stratum eylindricum mit ihren soliden Ausführungs- gängen direkt aus dem Haarbalg hervorzugehen scheinen. Eine Bestätigung dieser Befunde konnte ich in der Literatur nicht finden, da bisher noch keine entsprechenden Untersuchungen existieren. Was endlich die Verteilung der Schweissdrüsen an den untersuchten Körperstellen anlangt, so habe ich am Ohr, an der Anal-, Vaginal- und Euter-Inguinalgegend zu jedem Haar eine Schweissdrüse gefunden. Nur für die sehr dicht behaarten Körperstellen, wie Rücken, lässt sich diese Frage nur schwer und nicht mit voller Sicherheit entscheiden, da es infolge der sehr diehten Behaarung fast unmöglich ist, sich hier einen klaren Überblick zu verschaffen. An den Lippen ‚dagegen existieren ebenso wie bei den vorhergenannten Tieren eine Anzahl von Haaren, in deren Gefolge keine Schweissdrüsen gefunden werden. Ausser diesem Embryo wurde noch der Bast eines älteren Tieres nach Schweissdrüsen untersucht. Doch erhielt ich hier die gleichen negativen Resultate wie beim Hirsch. Gegenüber len Haaren an den übrigen Körperstellen zeichnen sich die- jenigen des Bastes durch besonders starke Entwicklung der Talgdrüsen aus, die als plumpe kugelige Gebilde die ganze Peripherie des Haarbalges in den obersten Partien umgeben. Ein Wulst fehlt den Haaren des Bastes ebenso vollständig wie den übrigen stärkeren Haaren an den anderen untersuchten Körper- stellen. Beiträge zur Entwicklung der Schweissdrüsen etc. 221 Fledermaus. Ausser den vorgehenden Tieren untersuchte ich ferner noch die Fledermaus, und zwar standen mir dabei nur zwei Embryonen von 6,3 cm Jänge zur Verfügung. Bei einem 3 cm langen Embryo fand ich an der Lippe nur die ersten Anlagen von Sinushaaren, sodass derselbe für meine Zwecke nicht in Betracht kommen konnte. Bei der mikroskopischen Untersuchung der Präparate, die ich von dem älteren Embryo anfertigte, ergaben sich folgende Verhältnisse: Die Epidermis besteht in ihrer tiefsten Schicht aus einer einfachen Lage von Zylinderzellen, die im Vergleich zur Dünn- heit der Haut als ziemlich hoch zu bezeichnen sind. Namentlich gilt dies für Lippen, während am Rücken das Stratum eylindricum von niedrigen Zellen gebildet wird. Nach aufwärts folgen dann mehrere Lagen von Zellen des Stratum intermedium, deren Grenzen nicht zu erkennen waren. Im Gegensatz zu anderen Tieren stellt das Stratum intermedium gegen die freie Ober- fläche zu keine ebene Fläche dar, sondern zeigt papillenartige Erhebungen und entsprechende Vertiefungen. Auf das Stratum intermedium lagert sich am Rücken endlich noch eine schmale stark gelblich glänzende Lamelle von deutlich streifigem Bau. An der Lippe dagegen findet sich über dieser Lamelle noch eine durch Haematoxylin leicht bläulich gefärbte homogen erscheinende Masse, in.der sich: stellenweise noch einzelne Kernkonturen nach- weisen lassen. Über die einzelnen Erhebungen und Vertiefungen des Stratum intermedium zieht dieselbe gleichmäfsig hinweg, so dass die freie Oberfläche annähernd glatt erscheint. Was die Haarentwicklung anlangt, so stimmt dieselbe im allgemeinen mit der beim Schaf geschilderten überein, wie man sich leicht an den Haaren, des Rückens überzeugen kann, die alle möglichen Entwicklungsstadien vergegenwärtigen. Gegen- DD) FRANZ DIEM, über anderen Tieren zeichnen sich bei der Fledermaus die Haare hauptsächlich an der letztgenannten Körperstelle durch ihre Kleinheit und Zartheit aus. Nur einzelne Haare erreichen hier einen grösseren Umfang und durchziehen dann in leichtem Bogen das ganze Corium. An der Lippe dagegen sind die Haare verhältnismälsig gut ausgebildet und stellen zugleich fast aus- schliesslich spätere Entwicklungsstadien dar. Ausser diesen Differenzen, die sich hinsichtlich der Dicke der einzelnen Haare an den verschiedenen Körperstellen ergeben, unterscheiden sich die Haare auch noch durch die verschieden- artige Ausbildung des Wulstes. Während z. B. an den oben angeführten einzelnen sehr langen Haaren des Rückens keine Spur eines solchen zu erkennen ist, stellt derselbe an den mittelgrossen Haaranlagen der gleichen Körperstelle eine deut- liche Vorwölbung des Haarbalges unterhalb der Talgdrüse auf der genehmigten Seite der Haaranlage dar, die von der Talg- drüse durch eine leichte Einschnürung getrennt ist. An den Haaren der Lippe dagegen bildet der Wulst meistens eine ziem- lich beträchtliche Anschwellung det Haarbalges direkt unter der Talgdrüse, die sich vielfach gleichmälsig über die ganze Peripherie der Haaranlage an dieser Stelle erstreckt. Teilweise tritt diese Anschwellung so plötzlich und unvermittelt auf, dass das Haar an dieser Stelle wie zusammengeschoben erscheint. Hie und da findet man auch Haaranlagen, bei welchen der Wulst zwar ebenfalls die ganze Peripherie des Haarbalges umfasst, aber auf der einen Seite viel stärker ausgebildet ist als auf der gegenüber- liegenden. Im Bereich des Wulstes sind die äusseren Zylinder- zellen sehr hoch; zugleich bemerkt man, dass sich ihre Kerne mit Haematoxylin fast ausnahmslos dunkler gefärbt haben als die übrigen Zellen der äusseren Wurzelscheide. Ebenso grosse Unterschiede ergeben sich für die einzelnen Haare aus der verschiedenartigen Ausbildung der Talgdrüsen. An den Haaren des Rückens, die ebenso wie bei den vorher- Beiträge zur Entwicklung der Schweissdrüsen etc. 293 genannten Tieren schräg gegen das Corium vordringen, sind z. B. die Talgdrüsen nur einseitig an den obersten Partien der Haaranlage angeordnet und stellen hier eine kleine Ausstülpung der äusseren Wurzelscheide auf der geneigten Seite dar. Den Haaren des Rückens stehen jene der Lippen gegenüber, bei welchen die Talgdrüsen meistens die ganze Peripherie der Haar- anlage umfassen. Zugleich unterscheiden sich hier die einzelnen Haare noch dadurch von einander, dass in einem Teil der Fälle die Talgdrüsen zu sehr grossen lappig verzweigten Gebilden heran- wachsen. Auf diese Tatsache hat auch Hoffmann (B 20) in seiner Arbeit aufmerksam gemacht und zugleich auch eine aus- führliche Beschreibung einer derartigen Drüse gegeben. Bezüglich der Schweissdrüsen endlich lassen sich bei der Fledermaus folgende Verhältnisse konstatieren: Dieselben finden sich, wie bereits Leydig (A 6) erwähnt, sehr spärlich in der Haut des Rückens. Zugleich möge hier bemerkt werden, dass ihre Zahl an der gleichen Körperstelle beträchtlichen Schwankungen unterworfen ist. So habe ich eine Reihe von Serienschnitten untersucht, die aus der Haut des Rückens zweier gleich grosser Tiere stammten, und bei einem Teil derselben nur sehr wenige Schweissdrüsen gefunden, während in anderen Präparaten fast zu jedem grösseren Haar eine Schweiss- drüse gehörte. Nach diesen Befunden muss ich die Angaben Hoffmanns (B20), dass die Rumpfhaut der Fledermaus der Schweissdrüsen vollständig entbehre, als durchaus unzutreffend bezeichnen. Übereinstimmend geben dagegen alle früheren Forscher an, dass die Lippen der Fledermaus durch ihren Reich- tum an Schweissdrüsen vor den übrigen Körperstellen aus- gezeichnet seien. Auch meine Erfahrungen lassen diese Be- hauptungen vollständig gerechtfertigt erscheinen. Was ferner die Entwicklung der Schweissdrüsen anlangt, so habe ich leider in meinen Präparaten nicht die allerersten Stadien derselben beobachten können. Doch habe ich noch 994 FRANZ DIEM, einzelne ziemlich junge Schweissdrüsenanlagen gefunden, die einigermafsen Rückschlüsse auf die Entwicklung dieser Drüsen vestatten. Zunächst möge bemerkt sein, dass bei der Fledermaus die Schweissdrüsen am Rücken ausnahmslos, an den Lippen dagegen abgesehen von einzelnen frei vom Strat. eylindricum entspringenden Schweissdrüsen in der grössten Anzahl der Fälle dicht neben einer Haaranlage stehen. Nach diesem Befunde darf man vielleicht mit Rücksicht auf die bei den vorher- genannten Tieren gemachten Erfahrungen vermuten, dass bei der Fledermaus ebenso wie bei den vorherbeschriebenen Tieren die Schweissdrüsen sich aus der zugehörigen Haaranlage in der früher angegebenen Weise entwickeln. Möglicherweise liegt diese Ursprungsstelle der Schweissdrüsen sehr hoch oben an der zugehörigen Haaranlage etwa im Bereich des Stratum eylindrieum, zumal da man bei relativ jungen Schweissdrüsen stets eine deutliche Grenze zwischen Haar- und Drüsenanlagen bis zur Höhe des Stratum eylindrieum hinauf nachweisen kann. Was die Beziehungen der ausgebildeten Schweissdrüsen zu den Haar- bälgen anlangt, so gibt Leydig (A 6) an, dass jede der fertigen Schweissdrüsen in einen zugehörigen Haarbalg münde. Aber abgesehen von den bereits vorher erwähnten frei vom Stratum eylindricum ausgehenden Schweissdrüsenanlagen habe ich an der Lippe Bilder gesehen, aus denen mit aller Bestimmtheit hervorgeht, dass einzelne Schweissdrüsen dieser Körpergegend nicht in den zugehörigen Haarbalg, sondern dicht neben ihm (Fig. 6), in eine der oben angegebenen Vertiefungen des Stratum intermedium münden, die durch zwei papillenartige Erhebungen dieser Schicht begrenzt werden. Die Verlaufsrichtung und Ge- staltung der Schweissdrüsen der Fledermaus ist an den einzelnen Körperstellen eine sehr wechselnde. Im allgemeinen kann man an denselben stets zwei Abschnitte, einen oberen schmalen und einen unteren breiten Teil deutlich von einander unterscheiden. Was die Wachstumsrichtung anlangt, so ist für die Schweiss- Beiträge zur Entwicklung der Schweissdrüsen etc. 235 = drüsen des Rückens charakteristisch, dass dieselben nur eine Strecke weit gradlinig nach abwärts ziehen, dann vielfach recht- winklig umbiegen und mit ihrem erweiterten Abschnitt parallel der freien Oberfläche verlaufen. Eine Lumenbildung habe ich an den Schweissdrüsen des Rückens in diesen Stadien nirgends beobachtet. An der Oberlippe dagegen sind die Schweissdrüsen in ihrer Entwickelung bedeutend weiter fortgeschritten und besitzen mit Ausnahme des Ausführungsganges grösstenteils bereits ein deut- liches Lumen. Auch hier finden sich diese Drüsen, wie schon oben angegeben wurde, meistens dicht neben einer Haaranlage, jedoch kommen auch frei vom Stratum cylindrieum entspringende Drüsen an dieser Stelle vor. Ausserdem möge bemerkt sein, dass ich bei den beiden gleich grossen Embryonen au der Ober- lippe so verschieden gestaltete Schweissdrüsen gesehen habe, dass sich eine einheitliche Schilderung derselben nicht geben lässt. Ich werde deshalb im Folgenden diese Verhältnisse bei den einzelnen Embryonen getrennt behandeln. Bei dem ersten Embryo, von welchem ich hauptsächlich die mittleren Partien der Oberlippe untersuchte, stellen die Schweiss- drüsen sehr lange Gebilde dar, welche mehr oder‘ minder ge- schlängelt durch das Corium ziehen und in ihren untersten Partien mehrere U-förmige Windungen aufweisen. Teilweise übertreffen sie die zugehörige Haaranlage, bei welcher der junge Haarkegel etwa ein Drittel der Haarlänge erreicht hat, um mehr als das Dreifache an Länge. An diesen Drüsen der Oberlippe lassen sich meistens drei Abschnitte deutlich von einander unter- scheiden (Fig.6). Zunächst findet man einen sehr schmalen Ausführungsgang, der zu dieser Zeit zwar noch kein Lumen besitzt, aber wie aus Schnitten erhellt, welche denselben parallel der Längsachse in der Mitte halbieren, von niedrigem kubischen Epithel im Innern zusammengesetzt erscheint. Zwischen Epithel und Membrana propria findet sich eine zusammenhängende Lage Anatomische Hefte. I. Abteilung. 102. Heft (34. Bd. H. 1). 15 226 FRANZ DIEM, langgestreekter Zellen mit entsprechenden Kernen, die parallel der Längsrichtung der Drüse angeordnet sind. Mit diesem Befunde bestätige ich die Angaben Hoffmanns (B20), der am Ausführungsgang der Schweissdrüsen der Fledermaus die gleichen Verhältnisse gefunden hat, dagegen stehe ich im Widerspruch mit Leydig (A 6), welcher denselben als ein- schichtig schildert. Auf den schmalen Ausführungsgang folgt ein stark verbreitertes Mittelstück, das bereits ein deutliches Lumen besitzt. Letzteres ist sehr eng und wird teils von ein- schichtigen, teils von einem zweischichtigen Zylinderepithel begrenzt. Nach aussen davon liegt meistens eine kontinuierliche Schicht langgestreckter Zellen mit ähnlich gestalteten Kernen, die parallel der Drüsenlängsachse verlaufen. (Gegen das Corium zu wird die Drüse durch eine Membrana propria abgegrenzt. Letzterer liegt im mittleren und unteren Abschnitt meist noch eine einfache Lage von Bindegewebszellen dicht an. Dem Mittelstück schliesst sich endlich noch das Endstück an, welches ebenfalls gegenüber dem vorhergehenden Drüsenabschnitt leicht ver- schmälert zu sein scheint und wie bereits oben angegeben wurde, durch mehrere starke U-förmige Windungen ausgezeichnet ist. Seiner morphologisches Zusammensetzung nach besteht das- selbe aus einem bohen Zylinderepithel, welches in einfacher Lage ein sehr enges Lumen umgibt. 7/wischen Epithel und Membrana propria liegen ähnlich wie beim Mittelstück lang- gestreckte Zellen mit entsprechenden Kernen; jedoch sind hier diese Zellen viel spärlicher als im vorhergehenden Abschnitt vorhanden. Nach den Schilderungen und Abbildungen, die sowohl Leydig (A6) als auch Hoffmann (B20) von den Schweissdrüsen der Fledermaus geben, darf ınan wohl annehmen, (lass keiner der beiden Forscher derartig gut entwickelte Schweiss- drüsen bei seinen Untersuchungen beobachten konnte. Vielmehr stimmen die Angaben und Zeichnungen der oben genannten Autoren ziemlich genau mit den Befunden überein, die ich aus- Beiträge zur Entwicklung der Schweissdrüsen etc. RAT: schliesslich bei dem zweiten Embryo zu machen Gelegenheit hatte, bei dem ich vorwiegend die seitlichen Partien der Ober- lippe untersuchte. Die hier gefundenen Schweissdrüsen sind bedeutend kleiner als in dem vorhergehenden Fall und lassen nur zwei deutlich von einander getrennte Abschnitte unterscheiden. Der sehr schmale Ausführungsgang besitzt hier ebenfalls noch kein Lumen, zeigt jedoch im übrigen die gleiche histologische Zusammensetzung wie bei dem erst genannten Embryo. Zugleich kann man, wie auch die anderen Forscher angeben, in vielen Fällen, namentlich bei den frei vom Stratum cylindrieum ent- springenden Schweissdrüsen erkennen, dass die Abgangsstellen der Drüsen von der Epidermis deutlich trichterförmig erweitert sind. Auf den schmalen Ausführungsgang folgt scharf abgesetzt der stark verbreiterte sezernierende Abschnitt der Drüse. Der- selbe besitzt im Gegensatz zu den vorher geschilderten Schweiss- drüsen ein ziemlich weites Lumen, das meistens von einer doppelten Lage mässig hoher Zylinderzellen begrenzt wird. Nach aussen davon befindet sich eine Membrana propria und dieser liegt meistens noch eine einfache Lage von Bindegewebszellen auf. Verlaufsrichtung des sezernierenden Abschnittes ist im allgemeinen eine mälsig gewundene. Stets fehlen jedoch diesen Drüsen die starken U-förmigen Windungen der untersten Partien, wie sie bei der ersten Fledermaus als charakteristisch geschildert wurden. Durch diese letzte Eigenschaft sowie durch die viel grössere Weite des Lumens unterscheiden sich diese Drüsen ziemlich scharf von jenen, welche ich bei der ersten Fledermaus gefunden habe. Mensch. Nach diesen Befunden über die Entwicklung der Schweiss- drüsen bei den vorhergenannten Tieren erschien es wünschens- wert, auch beim Menschen nähere Aufschlüsse über die Ent- stehungsweise dieser Drüsen an den behaarten Körperstellen zu 15* 398 FRANZ DIEM, erhalten. Wenn ich in der Einleitung gesagt habe, dass beim Menschen hauptsächlich durch die Arbeiten von Köllicker (B 9) diese Verhältnisse völlig klargestellt seien, so muss ich diesen Satz insofern einschränken, als sich derartige Unter- suchungen nur auf die unbehaarten Körperstellen wie vola manus und planta pedis erstrecken, während für die behaarte Körperhaut solche spezielle Beobachtungen noch nicht existieren. Nur für die Ohrenschmalzdrüsen, die als modifizierte Schweiss- drüsen betrachtet werden, ist eine Entstehung vom Haarbalg aus durch die Untersuchungen von Alzheimer (B 15) völlig sicher gestellt. Für die Schweissdrüsen an den übrigen behaarten Körperstellen nahm man bisher die gleiche Fintstehungsweise wie an der unbehaarten vola manus und planta pedis an; ob jedoch auch von der äusseren Wurzelscheide einer Haaranlage eine Schweissdrüse ihren Ursprung nehmen kann, darauf hat man bisher noch keine Antwort zu geben vermocht. Letztere Frage zu entscheiden war der Zweck nachfolgender Unter- suchungen über die Entwicklung der Schweissdrüsen an den behaarten Körperstellen des Menschen. Mein hochverehrter Lehrer Herr Professor Stöhr erleichterte mir diese Aufgabe insofern wesentlich, als er mir für meine Beobachtungen seine reiche Sammlung von Serienschnitten in liebenswürdigster Weise zur Verfügung stellte, die er seinerzeit zum Studium über die Entwicklung des menschlichen Woll- haares aus allen möglichen Körpergegenden von verschieden alten Embryonen angefertigt hatte. Beim Durchsehen der Präparate konnte ich beim Menschen bezüglich der Schweissdrüsen folgende interessante Verhältnisse konstatieren: Während bei den vorhergehenden Tieren wie Schaf, Schwein, Rind und Reh die Schweissdrüsen sehr zahlreich vorhanden waren entsprechend der Anzahl der Haaranlagen, fand ich beim Menschen dieselben nur äusserst spärlich über die behaarten Beiträge zur Entwicklung der Schweissdrüsen etc. 229 Körperstellen verteilt. Zugleich fiel mir auf, dass die Schweiss- drüsen beim Menschen fast ausschliesslich frei vom Stratum eylindrieum zwischen den einzelnen Haaranlagen ihren Ursprung nahmen genau in der gleichen Weise, wie es Kölliker (B 9) für die unbehaarte vola manus und planta pedis schilderte. Nur ganz vereinzelt traf ich auch Schweissdrüsen an, die von der äusseren Wurzelscheide einer Haaranlage'!) auszugehen schienen. Ich habe allerdings in solchen Fällen nicht die ersten Stadien der Schweissdrüsenentwicklung gesehen; dieselben waren vielmehr schon zu schlauchförmigen Gebilden ausgewachsen, weiche teilweise ziemlich tief unterhalb des Stratum eylindricum in die äussere Wurzelscheide übergingen (Fig. 7). Nach diesen Befunden kommen also auch beim Menschen an den behaarten Körperstellen Schweissdrüsen vor, die mit einer Haaranlage in engem genetischen Zusammenhang stehen. Jedoch findet sich eine derartige Entwicklungsweise nur als Ausnahme, während die Mehrzahl der Drüsen frei vom Stratum eylindricum entspringt. Nach diesen kurzen Angaben über die Entwicklung der Schweissdrüsen an den behaarten Körperstellen des Menschen möchte ich noch auf eine Eigentümlichkeit des menschlichen Haares besonders aufmerksam machen. Man bemerkt nämlich an einer grösseren Reihe von Haaren im Stadium des Bulbuszapfens, an welchen Talgdrüse und Wulst bereits gut entwickelt sind, eine kleine knopfförmige Anschwellung der äusseren Wurzelscheide oberhalb der Talgdrüse, die bald nur einseitig auf der geneigten Seite der Haaranlage angeordnet ist, bald aber auch daneben sich noch auf der gegenüber- liegenden Seite vorfindet. Auch Unna und Stöhr (A 19) haben bei ihren Untersuchungen derartige Bilder gesehen, ohne jedoch eine bestimmte Deutung dafür zu geben. Nach den Befunden, die man bei den vorherbeschriebenen Tieren zu !) Siehe auch Kölliker, Handbuch der Gewebelehre Bd. I, 1889, p. 256. 230 FRANZ DIEM, machen Gelegenheit hatte, könnte man leicht versucht sein, zu glauben, dass es sich hier um die ersten Anlagen von Schweiss- drüsen handele. Verfolgt man jedoch die Entwicklung dieser Ausbuchtungen weiter, so findet man, dass dieselben zu schlauch- förmigen Gebilden auswachsen, deren Zellen früher oder später in eine fettige Metamorphose übergehen. Aus diesem Befunde ergibt sich also, dass die oben beschriebenen Vorwölbungen keine Schweissdrüsen-, sondern sekundäre Talgdrüsenanlagen dar- stellten. Mir erscheinen diese Beobachtungen um so interessanter, als ich bei keinem der untersuchten Tiere derartige sekundäre Talgdrüsen nachweisen konnte. Der Vollständigkeit wegen möge endlich hier noch erwähnt sein, dass in einzelnen seltenen Fällen auch die primäre Talgdrüsenanlage ihre typische Gestalt verlieren und zu einen langen schlauchförmigen Gebilde aus- wachsen kann, sodass man dann bei Anwesenheit einer sekundären Drüsenanlage zwei übereinandergelagerte Talgdrüsenschläuche vorfindet. Zusammenfassung und Kritik. Aus den vorhergehenden Schilderungen lassen sich für alle angeführten Tiere mit Ausnahme von Fledermaus und Mensch folgende Sätze über die Entwicklung der Schweissdrüsen auf- stellen: l. Die Entwicklung der Schweissdrüsen geht an den be- haarten Körperstellen fast ausschliesslich von einer zugehörigen Haaranlage aus. Nur ausnahmsweise findet man auch eine frei vom Stratum eylindricum aus entspringende Drüsenanlage. 2. Die Schweissdrüsen stellen in ihren ersten Anfängen eine leichte Vorwölbung der äusseren Wurzelscheide dar, die bald an der Übergangsstelle des Haarzapfens ins Stratum eylindrieum, bald etwas tiefer, unter Umständen erst in der Mitte der Haaranlage gelegen ist. Schon Marks hat für unsere Haussäugetiere nachgewiesen, dass hier die Schweissdrüsen fast Beiträge zur Entwicklung der Schweissdrüsen etc. 231 ausschliesslich von einer Haaranlage aus entstehen. Jedoch entbehren seine Angaben insofern der Vollständigkeit, als er für diesen Vorgang nur eine ganz bestimmte Stelle der äussern Wurzelscheide auf der geneigten Seite der Haaranlage in An- spruch nimmt. 3. Im Laufe der Entwicklung wachsen die Schweissdrüsen zu langen schlauchförmigen Gebilden aus. Zugleich rückt die untere Abgangsstelle der Schweissdrüse von der Haaranlage allmählich in die Höhe, so dass schliesslich die fertigen Sch weiss- drüsen in der Höhe des Stratum cylindrieum oder dicht darunter in den Haarbalg münden. Diese letztere Tatsache vom Empor- rücken der Schweissdrüsenanlagen am Haarbalg hat Marks in seiner Arbeit nicht erwähnt, weil er eben von der falschen An- schauung ausging, dass nur an der Abgangsstelle der Haar- anlage vom Stratum eylindricum die Schweissdrüsen entständen. 4. Haben die Schweissdrüsen eine etwas grössere Länge erreicht, so differenzieren sich die bisher indifferenten Zellen derselben in eine äussere Lage langgestreckter Zellen mit stäbchenförmigen Kernen, welche parallel der Längsachse der Drüse angeordnet sind und die späteren Epithelmuskelzellen darstellen, und in eine innere einfache Lage von zylindrischen oder kubischen Zellen, welche das später sich bildende Lumen des sezernierenden Abschnittes resp. des Ausführungsganges der Drüse begrenzen. 5. Gleichzeitig mit der Differenzierung der Zellen oder etwas später bildet sich im untersten Abschnitt der Drüse beginnend durch Auseinanderweichen der Zellen ein Lumen aus, das nach oben fortschreitend in der Höhe des Stratum eylindrieum oder etwas tiefer in den zugehörigen Haarbalg mündet. 6. Endlich möge noch erwähnt werden, dass zu jedem Haare eine Schweissdrüse als integrierender Bestandteil gehört. Aus- genommen von dieser Regel sind die Sinushaare, einzelne Haare der Lippe, die Haare des Bastes bei Reh und Hirsch und 232 FRANZ DIEM, vielleicht einzelne Haare des sehr dicht behaarten Rückens des tehes. Dieser Satz, dass zu jedem Haare eine zugehörige Schweissdrüse zu finden sei, wurde bereits von Chodakowski und Marks ausgesprochen, aber von späteren Forschern wieder bezweifelt. Diese Widersprüche erklären sich vielfach daraus, dass manche Autoren die Ergebnisse, die sie bei bestimmten Tieren gefunden haben, auf andere ohne weiteres übertragen. So folgert z. B. Hoffmann aus den Resultaten, die er bei Maulwurf, Fledermaus und Igel gewonnen hat, dass bei den Säugetieren unmöglich zu jedem Haar eine Schweissdrüse ge- hören könne. Solche Analogieschlüsse sind jedoch um so weniger zulässig, als es unter Umständen nicht einmal bei demselben Tier gerechtfertigt erscheint, die Befunde, die man an einer Körperstelle gemacht hat, ohne weiteres auf alle Körperstellen zu übertragen. Zum Schlusse erfülle ich die angenehme Pflicht, meinem hochverehrten Lehrer Herrn Prof. Dr. Ph. Stöhr für die gütige Überlassung der Präparate sowie für die freundliche Unter- stützung und liebenswürdige Ausführung der Zeichnungen meinen herzlichsten Dank auszusprechen. Ebenso bin ich Herrn Prof. Dr. K. Peter, früher Prosektor des hiesigen anatomischen Instituts, sowie Herrn Prosektor Dr. A. Sommer für die liebens- würdige Unterstützung in technischer Beziehung zu besonderem Danke verpflichtet. Literaturverzeichnis. 233 0) 00 Literaturverzeichnis. A. 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Sämtliche Zeichnungen sind mit dem Abb&schen Zeichenapparat entworfen. Fig. 1. Schnitt durch die Haut der Unterlippe eines Schafsfetus. Vergr. = Ursprung einer Schweissdrüsenanlage von einem Haarzapfen unter- halb der Abgangsstelle der Haaranlage vom Stratum eylindricum. Vergl. Text pag. 10. . Fig. 2. Schnitt durch die Haut des oberen Augenlides eines Schafsfetus. Vergr. _ Vergl. Text pag. 17, 19. Die Präparate für Fig. 1 und 2 entstammen Schafsfeten, von denen mir nur die Köpfe zur Verfügung standen, die von der Schnauzenspitze bis zu einer die beiden Ohröffnungen verbindenden Transversallinie gemessen die Länge von 5,3 cm für Fig. 1 und 10,3 cm für Fig, 2 besassen. Fig. 3. Schnitt durch die Haut der Schläfe eines (von der Schnauzenspitze 460 bis zur Schwanzwurzel) 16,3 cm langen Schweinsfetus. Vergr. m Ursprung einer Schweissdrüse von der Mitte des Haarzapfens. Vergl. Text pag. 26. 120 1 27 Mündung einer Schweissdrüse in den Haarbalg. Vergl. Text pag. 27. Fig. 4 Schnitt durch die Kopfhaut desselben Schweinsfetus. Vergr. Fi 7) .5. Schnitt durch die Haut der Unterlippe eines 18,3 cm langen Rinds- 460 2 Ursprung einer Schweissdrüse vom oberen Drittel eines Haarzapfens. fetus. Vergr. Vergl. Text pag. 30. Fig. 6. Schnitt durch die Haut der Oberlippe eiues 6,3 cm langen Fledermaus- 2 fetus. Vergr. = Vergl. Text pag. 40, 41. Fig. 7. Schnitt durch die Haut der Achselhöhle des Menschen. Mündung eines Schweissdrüsenausführungsganges tief unterhalb des Stratum 220 1: eylindricum in den Haarbalg. Vergr. Vergl. Text pag. 45. Aus DEM NORMAL ANATOMISCHEN Isstırur IN KOPENHAGEN, BEITRÄGE ZUR MIKROSKOPISCHEN ANATOMIE ner VESIEULA SEMINALIS DES MENSCHEN UND EINIGER SÄUGETIERE. VON OTTO V. C. E. PETERSEN. Mit 37 Abbildungen auf den Tafeln 15/25. Anatomische Hefte. I. Abteilung. 103. Heft (34. Bd. H. 2). i 7 Du Ms j NER Be hi Ei. % N En u 7 A » 4 ER IINeE ANIBWSAA s 1 * ee j N ' Lu P j Fr Fr 5 = Fi a2 N Er Es E - } we in Pr we ” un | RUE MIST Beh ) 5 \ U Sryn 5 or ERS Pa} Y Yes h 2) Alb « 2 ar ä 5 34, ; © = 2 « Y j ‚ ln er i f = n In ‘ Pr f ® X s ” ’ ı j g Hua; BT LE” = IE: U 5 £ 5 , > N . ” ug - , K; cz er T je f 2 Tu t$- MEIN EIER A NG " BEN pr r r P ‘ > 2 Ri bu d 1 y R E { r - a25 } " } e er P 3 5 F N g I. Einleitung. Wollte man nur nach der Menge der vorliegenden Literatur urteilen, so müsste die Anatomie der accessorischen Geschlechts- drüsen des Menschen und der Säugetiere eines der unfrucht- barsten Gebiete für eine selbständige Untersuchung sein. Dies ist doch bei weitem nicht der Fall, denn obschon die Anzahl der Untersuchungen eine bedeutende Höhe erreicht, ist das positive Wissen, das sich aus denselben herleiten lässt, auf den meisten (Gebieten dennoch ein verhältnismälsig geringes. Der Grund hierfür ist, was den Menschen betrifft, darin zu suchen, dass es in früheren Zeiten mit noch grösseren Schwierigkeiten als jetzt verbunden war, sich brauchbares Material zu feineren histologischen Untersuchungen zu verschaffen, was die Tiere betrifft aber darin, dass sich selbst bei einander sehr nahestehenden Tieren eine grosse Verschiedenheit der Formen dieser Drüsen äussert, eine Verschiedenheit, deren Genese sich erst wird fest- stellen lassen, wenn die verschiedenen Arten gründlich embryo- logisch untersucht sein werden, und deren tieferes Verständnis wir erst dann werden erlangen können, wenn die Genital- physiologie der Tiere völlig klargelegt worden ist. Die früheren Untersucher waren grossenteils klassifizierend ; sie untersuchten eine einzelne kleine Tiergruppe, vorzüglich makroskopisch, und parallelisierten Drüsen, die sie bei einer Art fanden, mit ähnlichen bei andern Arten; andere Untersucher waren dagegen mehr zerstreuend und komplizierten die schon vorher schwierigen Verhältnisse dadurch, dass sie Drüsenmassen, welche andere zu einer einzigen Klasse zusammenfassten, in mehrere Klassen zerteilten, ohne dass das dieser Spezialisierung zu Grunde liegende Kriterium uns überzeugend schiene. Ich 163 240 OTTO V. C. E. PETERSEN, hatte noch nicht lange mit diesem Stoff gearbeitet, als ich ein- sah, dass ich mich vor allen Dingen begrenzen müsste, damit der reichhaltige Gegenstand mir nicht über den Kopf wüchse, und ich traf nun die Wahl, die Vesiculae seminales des Menschen und einiger Säugetierarten histologisch zu untersuchen. Leider ist die Auswahl der Tiere ja stark beschränkt, so dass ich mich, obschon ich lieber Tiere untersucht hätte, die dem Menschen näher stehen, auf die Tierarten begrenzen musste, die ich mir verschaffen konnte, nämlich Kaninchen, Meerschweinchen, Ratte, Maus und Rind. Da die gröbere Histologie indes so ziemlich durchgearbeitet ist, richtete ich meine Aufmerksamkeit besonders auf die feineren histologischen Verhältnisse unter spezieller Berücksichtigung der sekretorischen Umänderungen in den Drüsenzellen, ein Gegenstand, über den nur sehr wenig Positives vorliegt. Wie oben bemerkt, würde es meine Kräfte übersteigen, die Genese der Drüsen an jeder Tierart, mit der ich arbeitete, zu untersuchen; ich behielt deshalb im grossen und ganzen die Nomenklatur bei, die Disselhorst im seinem neuesten Sammelwerke über die accessorischen (reschlechtsdrüsen anwendet. Die Literatur über die accessorischen Geschlechtsdrüsen zerfällt in zwei Hauptgruppen, nämlich in diejenige, die die Verhältnisse beim Menschen betrifft und die schon vor langer Zeit gründlich behandelt worden ist, und in die Tieranatomie, die erst später Bearbeiter gefunden hat. Da ich unten jeden Autor unter dem anatomischen Ab- schnitte, mit dem er sich besonders beschäftigte, nennen werde, führe ich hier nur die grösseren über den Stoff vorliegenden Sammelwerke an. Schon 1846 bespricht Weber (94) einige Verhältnisse im- betreff dieser Bildungen, erst Leydig (54) gibt aber (1850) eine gründliche Beschreibung des Baues der Drüsen und des Verhaltens des Epithels bei mehreren verschiedenen Säugetieren. Beiträge zur mikroskopischen Anatomie etc. 241 In Guelliots (33) Dissertation (1883) ist ein kleinerer Abschnitt den Vesiculae seminales der Säugetiere gewidmet, dieser scheint aber nur referierend zu sein, ohne sich auf eigne Untersuchungen zu stützen. Die grösste, bisher erschienene Arbeit über accessorische Geschlechtsdrüsen der Säugetiere (1892) verdanken wir Oude- manns (69). Sein Werk hat grosse Bedeutung, weil er die Verhältnisse sowohl makroskopisch als mikroskopisch untersuchte, und wenngleich seine mikroskopische Technik den Forderungen der Gegenwart nicht genügt, ist die Arbeit doch eine der besten — wonicht die beste — der Quellenschriften für den- jenigen, der sich vorläufig in dem grossen Stoffe zu orientieren wünscht. Der Text ist von 142 Abbildungen auf 16 Tafeln begleitet, welche die histologischen und die makroskopisch- anatomischen Verhältnisse bei den 72 von ihm untersuchten Arten illustrieren. 1597 erschien Disselhorsts grosses Sammelwerk: Die accessorischen Geschlechtsdrüsen der Wirbeltiere, dem 1904 sein Werk: Anhangsdrüsen der männlichen Geschlechtsorgane folgte, das noch umfangreicher als ersteres ist, jedoch nur wenig Neues bringt und an vielen Stellen ein wörtlicher Abdruck desselben ist. 1904 erschien Rauthers Abhandlung: Über den Genital- apparat eimiger Nager und Insektivoren, eine Arbeit, die sich hauptsächlich auf selbständige und genaue Untersuchungen des vorliegenden Stoffes stützt. Er schlägt eine neue Nomenklatur vor, die von der früher üblichen indes nur wenig abweicht, aber den Vorteil besitzt, dass stets bestimmt definiert wird, was nnter dem einzelnen Namen zu verstehen ist. Seine histologischen Abbildungen sind genauer und erschöpfender als alle früher erschienenen, über verschiedene Stadien der Sekretion führt er aber nur sehr wenig an. 242 OTTO V. C. E. PETERSEN, II. Die Vesicula seminalis des Menschen. Frühere Untersuchungen. »Rondelet fand die Vesicula seminalis beim Delphin, Falloppio dieselbe beim Menschen« — so heisst es fast konstant, wenn die verschiedenen Autoren die Entdeckung dieses Organs erwähnen. So heisst es bei Bartholin 1641 und bei Disselhorst!) 1897 und 1904, und doch machte Guelliot schon 1883 darauf aufmerksam, dass in einem einzigen Satze wohl kaum mehr Ungenauigkeiten vorgebracht werden könnten als im oben- genannten. Wie bereits Guelliot bemerkt, besitzt vorerst der Delphin keine Vesiculae seminales, und liest man Rondelets Be- schreibung durch, so wird es augenscheinlich, dass dieser von den gekrümmten Kanälen der Epididymis redet. Ich führe hier die beiden Stellen, von denen die Rede sein kann, in extenso an, nämlich sowohl die Stelle, wo er (79) von den Vasa seminifera der Fische spricht (S. 74), als auch eine Stelle ın der anatomischen Beschreibung des Delphins (S. 461): »Eadem vasa in nonnullis a nostris differunt et multo plura sunt ut m delphino innumere fere venarum arteriarumque ramuli, ad testes pertingunt, quod consulto a natura, seminis scilicet praeparandi gratia, factum esse existimo. Cum enim coitum cito perficı necesse sit, quia respirationem reprimit et remoratur, semen Jam ante praeparatum esse oportet et subito affatimque ejicil, quod in causa est, cur meatus, qui id a testibus ad mentulam deferunt, breves sint admodum. S. 461: Utrinque sunt testes oblongi, quibus praeparantia vasa proposita sunt, in finiti scilicet venarum et arterlarum e 1) Disselhorst führt doch an (1887 S. 88, 1904 S. 173), dass der Delphin keine Vesicula seminalis hat. Beiträge zur mikroskopischen Anatomie etc. 243 magna vena arterilaque ortarum ramuli, qui post varios et multiplices anfraetus in epididymin inseruntur. Cum enim magna sanguinis copla multo seminis generando necessaria sit, quae longo vasorum ductu ob spatii brevitatem transmutari et elaborari non potest solester admodum natura eyros illos vasorum instituit, ut illis, id quod longitudini deest pensaretur, quibus singuli meatus capreoli modo intorti dependent, et in glandulosa corpora radiei pudendi adnata desinunt, ex quibus, meatu urinario nervo cavo genitale constat humano simile, cujus extremum foris propendet, in glandem tenuem, linguis avium similem desines, quae praeputio non omnino inteeitur, intus replicatum latet, ad veneris usum exeritur.« Endlich war es nicht Falloppio, der die Vesiculae seminales beim Menschen fand, sondern Berengarius Carpi, der in den Isagogae breves, Blatt 18, die Vasa seminifera folgendermafsen beschreibt: Haec vasa intra ventrem reflexa descendunt inter Reetum et Vesicam et ibi se dilatant in plures cavernas spermate plenas; ideo ibidem haec vasa vocantur conservantia et deferentia sperma et a (Gral. duce Eracleo dieuntur parastata adeniformia, quia ipsa circumdat adenosa caro. Ibidem, Bl. 20: Istis visis, videbis etiam vasa seminaria predieta inter rectum et vesicam ingredi, et cum imeisorio aliquo cum cautela sepona reetum a vesica, qui in loco istu haec membra sunt firmissimo alligata: et videbis predieta parastata cavernosa et lata; et ea incidendo videbis sperma ibidem contentum pro duobus vel pluribus coitibus. Obwohl es aus der Beschreibung auf Blatt 18 nicht ganz deutlich zu ersehen ist, ob Berengarius das Organ wirklich gesehen hat (oder ob er sich dasselbe nur als eine Erweiterung des Vas deferens gebaut denkt), gibt es nach der Beschreibung Bl. 20 keinen Zweifel, dass er wirklich schon im Jahre 1523, also früher als Falloppio die Vesicula seminalis erblickt hat. 244 OTTO V. €. E. PETERSEN, Gehen wir nun zu den späteren Anatomen, so findet sich bei Vesalıius (90) nicht die geringste Erwähnung der Vesicula seminalis; auch in seiner Abbildung (l. ec. S. 577) findet sich keine Spur des Organs, wohl aber eine deutliche Anschwellung . des Vas deferens, unmittelbar vor der Einmündung in die Prostata. Kann man Falloppio auch nicht die Ehre zu- erkennen, die Vesicula seminalis entdeckt zu haben, so ist er doch der erste, bei dem wir eine sorgfältigere Beschreibung finden. Seite 185—189 (17) beschreibt er dieselbe nämlich wie folgt: »Quamobrem natura prope implantationem meatum urinalium ... ubi uniuntur simul, ut semen effundant ın canalem, ad latera ipsorum circa cervicem vesicae apposuit geminas quasi vesiculas, unam in uno latere, allıam in altero, quae vesicae nerveae sunt, satisque insignes et magnae, neque unam habent cavitatem ut aliae vesicae, sed multiplicem et anfractuosam, ut videntur varicum complicationem formare et nihil in humano corpore reperitur cui magis assimilant quam varicoso vasi. In has vesicas tanquam in castellum quoddam aquarium exoneratur semen continuo.« Hieraus geht hervor, dass Falloppio nicht nur das Äussere der Vesiculae seminales dissezierte, sondern dass er sie auch aufgeschnitten hat, da er sonst nicht von der gekrümmten und mehrfachen Höhlung sprechen könnte, die sie haben: auch topographisch hat er ihre Lage gut beobachtet (S. 189): »Vesicae autem hae, quamvis magnae sint, latitant inter ligamenta recti intestini et vesicae urinariae, semperque copioso semine Ita turgent, ut quandoque dlemirer, qua ratione divinus Vesalius has non viderit, nobis- jue potius seminaria vasa canina, quam humana deseripserit '), !) Hier hat Falloppio gewiss recht; betrachtet man Vesalius oben zitierte Abbildung, so hat die Amp. vasis deferentis nicht das spindelförmige- Aussehen wie beim Menschen; sie ist etwas grösser und eher kegelförmig- mit der Basis abwärts der Prostata zugekehrt, ganz wie man es beim Hunde antrifft. Beiträge zur mikroskopischen Anatomie etc. 9A5- nihilque pro ipso respondere possum nisi, quod aliquando bonus dormitat Homerus«. Falloppios Beschreibung ist für sein Zeitalter so er- schöpfend, dass erst de Graaf 1658, also 100 Jahre später, eine bessere und erschöpfendere gibt. Während dieses Zwischenraumes wird das Organ von den Autoren mit ein wenig Variation den Hauptzügen nach so beschrieben, wie Spigelius (84) es beschreibt, wo von den ‘Vasa seminifera die Rede ist (S. 249): »Paulo tamen antequam dilatentur et coeant Jlateribus ipsorum vesiculae quaedam adnascuntur, seminales dictae, insignes et magnae, quas non reetius quam uvae racemo, cum plures sibi adhaerant, compara- veris. Nec tamen aliarum instar singularem cavitatem insculptam obtinent, sed anfractuosae granorum mali punici cellulas ordine et figura eleganter aemulantur, plenae humore oleoginoso et nonnihil flavo, qui per foramen proprium caruncula obturatum in urinarum meatum solet ut sequenti capiti dicetur«. Die begleitenden Abbildungen (Tafel 16 hib. VII Fig. 1 und 2) zeigen in Fig. 1 eine grosse spindelförmige Anschwellung an jedem Vas deferens, in der Fig. 2 findet sich die Andeutung einer Trennung der beiden Organe. Wir finden auch dieselbe Beschreibung in allen Ausgaben von Bartholins Anatomie; in der Hauptsache kann man dieselbe von 1641 bis 1686 wörtlich verfolgen, und die Ab- weichungen beruhen nur auf dem in den verschiedenen Aus. gaben angewandten verschiedenen Bilderstoff. In den ersten Ausgaben (1641 -- 1669) findet man nämlich ein Bild der Urogenitalia, das in sehr hohem Grade an Vesalius Abbildung errinnert [ganz dieselbe Abbildung hat Par& (71)]; die Vesiculae seminales fehlen allerdings auf dem Bilde, der Text verweist aber auf einen an der hinteren Fläche der Prostata angebrachten Buchstaben. Nach 1669 ist der Text bei Bartholin freilich derselbe in den verschiedenen Ausgaben, zur Illustration des- 246 OTTO V. C. E. PETERSEN, selben benutzt er aber gute Kopien der vorzüglichsten Ab- bildungen de Graafs. De Graafs Werk (31) bezeichnet einen Wendepunkt in der Anatomie der Vesicula seminalis, nicht so sehr was die Beschreibung des Organes betrifft, die jedoch zum erstenmal Angaben über dessen Grösse enthält, wie sie auch mitteilt, dass die beiden Vesieulae seminales bei demselben Individuum von verschiedener Grösse sein können, als dadurch, dass er der erste ist, der das Organ durch Injektion in das Vas deferens mit Flüssigkeit füllte und ausserdem die erste genaue Abbildung des Organs in ausgespanntem und aufgeschnittenem Zustande lieferte, welche Abbildung so vorzüglich ist, dass nicht nur fast alle zeitgenössischen, sondern auch viel spätere Autoren sie benutzten: so trifft man noch 1825 bei Cloquet (9), Tafel 310 Fig. 10 ein Bild an, das augenscheinlich eine Kopie der de Graafschen Abbildung aus 1658 ist. Seine Injektionsversuche beschreibt de Graaf folgender- malsen (8. 91): Haec omnia ut clare atque distincte conspiclantur aperire debetis anteriorem vesicae partem cum ipsa urethra et immittere tubulum in vasa semen deferentia utringue unum, iisque uni post alterum adaptare syringam a nobis superius depietam, ut liquor aliquis per illos propelli possit; et videbitis statim, ac in dextri lateris vas semen deferens liquorem propellitis, ejusdem lateris vesiculam distendi; et si ulterius liquorenm impellatis, videbitis grato admodum spectaculo eum instar porticulo eodem latere fortiter erumpere '). 1) Übrigens ist de Graaf wie alle seine Zeitgenossen geneigt, sich in Betrachtungen über den Gebrauch oder den möglichen Nutzen dieses Organs zu vertiefen, indem er eine weise Vorsehung voraussetzt, die dasselbe mit einem bestimmten Zweck vor Augen geschaffen und eingerichtet habe; ich kann es mir nicht versagen, ihn ein wenig ausführlicher zu zitieren, da seine Betrachtungen mir als für das wissenschaftliche Denken der damaligen Zeit charakteristisch scheinen. So schreibt er (S. 94—95): Beiträge zur mikroskopischen Anatomie etec. 247 Während der folgenden anderthalb Jahrhunderte, ganz bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts, steht die Anatomie der Vesicula seminalis sozusagen stille, und unter der grossen Menge von Autoren soll nur Haller (35) genannt werden, der zuerst davon redet, dass die einzelnen Blindsäcke, die an der von der Vesicula seminalis gebildeten langen Röhre sitzen, teils an An- zahl, teils an Dicke und Länge, teils nach der Weise, wie sie sich wieder in Äste teilen, variieren können. Auch den feineren Bau des Organs beschreibt Haller (8. 459): Natura est quae duetus deferentis: cellulosa prima tela, tum pulposa et crassula externa tunica, quam varıı cl. viri musculosam dixerunt: ea cellulosi laxioris textus ope conjungitur cum membrana interiori, ab urethra continuata, tota reticulata, minimisque exarata scrobieulis, praeter majora septa, quae a replicatione appendieum et trunei ipsius vesiculae primarii nascuntur. Eae plicae eaque septula fecerunt, ut multi loculi vesiculae et demum multae vesiculae numeratae sint. In vesieulis illis semen contineri patet, quoniam iis compressis statim semen in Urethram effluit, item si dissecentur semen in illis reperies: Natura autem (ut cum Falloppio loquar) mirum in modum appetens conservationem humani speciei, non quasdam statas constitutiones aut tempora ordinavit. quibus uti multa alia bruta tantum coitum appeterent: sod omnes tempestates, omnesque horas aptas ac oppurtunas esse voluit ad Veneris usum atque ad procreandos liberos: id autem fieri non potest uisi in dictis vesiculis coacervaretur semen, nam per longissimos testiculorum, epididymidum et vasorum deferentium ductus tam exiguo temporis spatio, quo Veneris incumbit homo tantum seminis, quantum ad generationem necessarium est, transire neutriquam posset: hinc provenire existimamus quod Canes, qui Vesiculas seminarias non habent, beneficio alicujus excrescentiae spongiosae, eircum penis ossiculum tempore coitus intumefactae, in coitu detineantur, donee sufficiens quantitas seminis ad generationem necessaria per vasa deferentia a Testibus affluat; idem profecto si hominibus contingeret ane majori cum metu illieites concubitus peragerent. Öder S. 90, wo er schreibt: ne autem perpetuo ex illis semen extillet, hominesque in seriis occupationibus interturbet, caruncula impedit .... >48 OTTO V. C. E. PETERSEN, Glandulas aliquas el. viri in his finibus latentes dixerunt, juas numquam vidi: araneosam vero lanuginem video, qua tota membrana intima efflorescit. Caldanus (l. c.) führt nichts nennenswertes Neues in seiner Beschreibung an, nur meint er, die Faltung der Schleimhaut rühre von Venenverästelungen her. Aus 1848 stammt Fayes Arbeit (18), die, was die normale Anatomie betrifft, hauptsächlich die Resultate früherer Unter- sucher referiert, weshalb ich sie nicht näher besprechen werde. Nach Faye geraten die Untersuchungen auf ein ganz anderes Geleise, der beginnenden Entwicklung der mikro- skopischen Technik entsprechend. So erhebt Weber (94) die Frage, ob man von Drüsen in der Wandung der Vesicula seminalis reden könne, und er gelangt zu dem Resultate (5. 22), dass die Wandung der Vesicula seminalis des Menschen jeden- falls nicht ebenso mit Drüsen versehen sei wie der Magen und der Darm, dass dieselbe aber aus dicht aneinander liegenden grösseren und kleineren Zellen bestehe, die unmittelbar in die Höhlung der Vesicula seminalis einmündeten; nach aussen seien die grösseren Zellen wieder in kleinere abgeteilt durch Furchen, denen im Innern niedrige Scheidewände entsprächen. — Aus 1854 rührt Koellikers Beschreibung der Vesicula seminalis des Menschen her (49). Nachdem er das Vas deferens beschrieben hat, sagt Koelliker (S. 405), die Wandung der Vesicula seminalis sei bedeutend dicker als die des Vas deferens, besitze aber denselben Bau wie letzteres nur sei die deutlich vefässhaltige Schleimhaut überall mit netzförmigen Grübehen bedeckt. Nach aussen seien die Vesiculae seminales gewöhnlich von einem zum Teil nur fibrösen, zum Teil — wie an der Hinterseite — deutlich muskulösen Häutchen umgeben, das zwischen die einzelnen Windungen der Kanälchen derselben hinabgehe und diesen ihre Gestaltung gebe und als ein. breites Band die unteren Enden der beiden Vesieulae seminales mit einander verbinde, — 244 Beiträge zur mikroskopischen Anatomie etc. 1871 beschreibt Klein (48) das Organ (S. 639); indem er von dem Bau des Vas deferens ausgeht, sagt er, mit einiger Modifikation finde man fast alle Teile des Vas deferens in der Vesicula seminalis wieder. Das Schleimhäutchen sei in zahl- reichen Falten von ungleicher Höhe abgelagert, die nicht immer nach der Längenachse verliefen, sondern hie und da quergehende, hervorspringende. Leistchen bildeten, wodurch die von Henle als Drüsen bezeichneten grubenförmigen Vertiefungen entstünden. Das Epithel sei zylindrisch wie im Vas deferens, mit einer deutlichen Stäbchen-Cuticula versehen, die besonders bei neu- geborenen Kindern feinen Cilien völlig ähnlich sehe. In die Schleimhaut, selbst in die Falten, drängen überall einzelne kleinere Muskelbündel ein. Die Muscularis bestehe gewöhnlich aus drei Schichten, einer inneren longitudinalen, einer mittleren zirkulären und einer äusseren longitudinalen, deren innere die stärkste sei; ausserhalb der Muscularis finde sich auch hier eine an Gefäss- und Nervenplexus reiche Adventitia. Sowohl die makroskopische als die mikroskopische Anatomie wurde 1873 von Henle (45) gut und erschöpfend behandelt. Nachdem Henle «ie makroskopisch sichtbaren Divertikel der Ampulla vasis deferentis beschrieben hat, bespricht er (S. 383) die Faltung der Schleimhaut; die gröberen Falten umschliessen täume von Il mm im Durchmesser, während die Grösse der von den feineren Falten umschlossenen Räume bis auf 0,1 mm im Durchmesser herabsinkt. Endlich gibt es Gänge, die durch weit hervorspringende Fältchen der Schleimhaut ein völlig »fächeriges Aussehen erhalten und an Querschnitten zeigt essich, dass deren Lumen ganz von einem zarten Gewebe feiner Bälkchen angefüllt ist. Charakeristisch für die Ampulla vasis deferentes ist das Vorhandensein eigentümlicher Drüsen, welche die ganze Dicke der Tunica propria einnehmen und ausnahmsweise auch in die Muskelschicht hinabragen; sie fehlen nur in den engsten Diver- tikeln und in den dünnen Schleimhautduplikaturen, die in der 250 OTTO V. C. E. PETERSEN, Form von Falten und Scheidewänden über die Oberfläche empor- ragen. Die Drüsen sind blinddarmförmig, mit«kolbenförmig angeschwollenem Boden, ihre Länge und Höhe betragen ebenso wie die der Schleimhaut etwa 0,3 mm; der Diameter des ver- diekten Endes ist 0,5 mm. Bald stehen sie unverästelt neben- einander, bald vereinen sich mehrere unter einem spitzen Winkel in eine gemeinschaftliche Mündung; viele erinnern durch Aus- buchtungen ihres blinden Fundus an traubenförmige Drüsen. Sie haben ein enges, jedoch deutliches Lumen, von einer Schicht kleiner, kugeliger und eckiger Zellen begrenzt, in und zwischen denen sich zahlreiche Schichten eines gelben oder bräunlichen, körnigen Farbstoffes finden. Dieses charakteristische Epithel dient auch dazu, die Drüsen von den kleinsten Ausbuchtungen (ler Schleimhaut, die beide fast von derselben Grösse sind, von- einander zu unterscheiden. Das Epithel der Ausbuchtungen und das der Schleimhautfläche überhaupt ist dasselbe helle Zylinder- epithel wie in den übrigen Teilen des Vas deferens. Die erösseren Divertikel haben, wenn sie in der Ringmuskelschicht liegen, ihre eignen inneren Längsmuskelschichten ; erweitern sich die Kanäle, so ist jedes derselben von einer besonderen Muskel- schicht umgeben, die den Bau der Muskulatur des Vas deferens zeigt; die Zwischenräume sind mit Bindegewebe ausgefüllt. Die Muskulatur um die weitesten, blasenförmigen Kanäle ist nicht nur relativ, sondern zuweilen auch absolut schwächer als die um (die engeren. Während die Muskulatur glatt über die genannten Aus- buchtungen und Divertikel hinweg geht, kommen halbkugel- oder blindsackförmige Auswüchse vor, die ebenfalls die Muskel- haut emporwölben, und deren Durchmesser gleich dem der Ampulla selbst wird. Nach einer makroskopischen Beschreibung der Vesicula seminalis führt Henle ($. 388) an, dass die beiden Teile, — der aufsteigende und der absteigende — aus denen die Vesicula Beiträge zur mikroskopischen Anatomie etec. 258 seminalis besteht, durch Bindegewebe zusammengehalten werden, zum Teil auch durch Bündel der äusseren longitudinalen Muskel- schicht, die über die Zwischenräume hinweggeht. Die Weite des Lumens der Vesicula seminalis ist ebenso — und gewöhnlich noch mehr — veränderlich als die Ampulla des Vasis deferentis. Die Schwankungen können zum Teil in der Anlage begründet sein, zum Teil in dem wechselnden Anfüllungszustande, mög- licherweise auch in der Gewohnheit, das Sekret kürzere oder längere Zeit in sich zu behalten. Je weiter der Abstand zwischen den Falten ist, um so dünner ist auch die Muskulatur. — Langerhans (53) untersucht 1874 besonders das Epithel der Vesicula seminalis und verfolgt dessen Verhalten während der verschiedenen Lebensalter. S. 215 bespricht er das Epithel bei dem Neugeborenen ; dasselbe besteht aus Zellen von verschiedener Länge, die alle unmittelbar am Bindegewebe ansitzen, die der unteren Reihe mit einer breiten Basis; in der oberen Reihe ent- senden die Zellen lange Ausläufer abwärts, die bis an das Binde- gewebe zwischen den Zellen der unteren Schicht reichen. Alle Zellen sind gleichmälsig feingranuliert, sie enthalten keine grösseren Granula und kein Pigment; diejenigen, die bis an die freie Oberfläche emporragen, haben eine feine stark schillernde Cutieula. Langerhans meint, das Epithel sei einschichtig mit den Kernen in 2—3 Schichten; ausserdem beschreibt er auch bei dem Neugeborenen die unten besprochenen grösseren Zellen. Bei dem 16jährigen ist das Epithel höher, die Schichtung aber dieselbe, jedoch kann man bis 4 Schichten von Kernen übereinander unterscheiden. Die Cuticula ist fast überall ver- schwunden, findet sich nur an einzelnen Zellen, über dem Kern liegen einzelne grössere, leichtgelbliche Körnchen: der Autor konnte keinen Unterschied zwischen dem Epithel der Ein- buchtungen und dem der Kämme zwischen diesen gewahren. Bei dem erwachsenen Individuum fand Langerhans ein 252 OTTO.V. C. E. PETERSEN, zweischichtiges Epithel, bestehend aus einer basalen Schicht kleinerer, kubischer Zeilen und einer oberflächlichen Schicht zylindrischer Zellen, die nur mit einem kleinen Ausläufer bis zwischen die kubischen hinabreichten ; in den kubischen kommen nur kleinere, gelbliche Körnchen vor, das Pigment liegt in den /ylinderzellen, zwischen deren freier Fläche und dem Kern; überall, am meisten aber in der Vesicula seminalis, finden sich grössere, breitere Zellen, teils einzeln, teils in Gruppen gesammelt, und wo diese sich finden, fehlt die tiefere Zellenschicht ; übrigens fand Langerhans viele Übergänge zwischen den grösseren Zellen und den gewöhnlichen Zylinderzellen. 1579 erschien Sappeys (80) Beschreibung des Organs (S. 650). Die Wandung der Vesicula seminalis ist wie die des Canalis deferens aus 3 Schichten zusammengesetzt. Die äussere, fibröse, sehr dünne Schicht umschliesst kleine Arterienäste und eine grosse Anzahl Venen- und Nervenäste. Die mittlere Schicht, «lie Muskelschicht, ist die stärkste; sie allein ıst 53mal so dick wie die anderen Schichten zusammengenommen; einige der glatten Muskeln verlaufen in der Längs- andere in der Quer- richtung; sie kreuzen sich und liegen aufeinander, so dass sie mehrere Pläne bilden, die sich durch Auswechselung von Fasern miteinander vereinen und sich deshalb nicht trennen lassen. Die Schleimhaut, die wegen ihres unebenen und netzförmigen Aussehens merkwürdig ist, wird aus-»laminösen« Fasern gebildet, die mit einem zylindrischen Epithel bedeckt sind. Die dünnen und dehnbaren Wände des Ductus ejaculatorius werden von einer äusserst zarten Tunica fibrosa, einer relativ dicken Muscularis und einer weissen und glatten Tunica mucosa gebildet, an welcher letzteren man doch emige Spuren des netz- [örmigen Aussehens, das die innere Fläche der Vesicula seminalis darbietet, wiederfindet. Endlich erschien 1893 Guelliots Arbeit (33), die als die grösste und umfassendste der bisher gelieferten Monographien Beiträge. zur mikroskopischen Anatomie etc. 253 dasteht; sie umfasst sowohl die Anatomie als die Physiologie und die pathologische Anatomie des Organs. Nach den ersten Kapiteln, die eine geschichtliche Übersicht, die Entwicklung des Organs und die descriptive Anatomie des Organs geben, geht er S. 39 zum mikroskopischen Bau über, nachdem er vorher beschrieben hat, wie das Organ als eine zusammengefaltete Röhre mit kürzeren seitlichen Verästelungen gebaut ist. Zuäusserst kommt nach Guelliots Beschreibung eine fibröse Schicht, die ziemlich dünn ist; beim Embryo und bei dem Neugeborenen fehlt sie fast oder ist jedenfalls mit dem umliegenden Gewebe ver- schmolzen ; beim Erwachsenen sieht man, dass sie sich verdickt, und hier besteht sis. aus dicken Bindegewebsbündeln ohne andere dazwischenliegende Elemente; nach aussen ist sie von dem loseren umgebenden Bindegewebe gut abgesondert, nach innen sieht man hie und da einige Trabekel derselben in die Muscularis eindringen und deren periphere Teile in sehr unvollständige Lobuli teilen. Die Muskelschicht ist die wichtigste, da sie ®/,, der ganzen Dicke beträgt; beim Embryo findet sich fast nichts anderes, da die Schleimhaut fast bis auf das Epithel reduziert ist. Beim Greise ist sie sehr variabel, da sie bald ihre Dicke und ihre normale Struktur behält, das Bindegewebe aber ander- seits mehr oder weniger auf die Muskulatur übergreifen kann. Man kann zwei Schichten unterscheiden, eine äussere, dünnere Längenschicht, die dann und wann in geringem Grade vom Bindegewebe aufgeblättert wird, und eine innere, stärkere Schicht, in welcher man oft unmittelbar unter der Schleimhaut einzelne längsverlaufende Bündel sieht; beim Embryo ist diese Schicht kleiner und die Längenschicht überwiegend. Die Schleimhaut stösst mit ihrer tiefen Fläche an die vorige Schicht ohne zwischenliegendes Grewebe, und der Zusammenhang zwischen beiden ist vollständig. Die elastischen Fasern bilden cine fast kontinuierliche, jedoch nicht überall gleichdicke Schicht an der profunden Fläche der Mucosa; sie sind selten beim Anatomische Hefte. I. Abteilung. 103. Heft (34. Bd. H. 2). 17 254 OTTO V. C. E. PETERSEN, En Embryo, sind aber bei Behandlung mit 10°, Essigsäure beim Erwachsenen leicht zu gewahren. Die innere Fläche der Schleimhaut ist mit einer grossen Anzahl primärer, sich kreuzender Vorsprünge versehen, die an die Ventrikelschleimhaut gewisser Tiere erinnern; die von diesen Vorsprüngen gebildeten Alveolen sind wieder in sekundäre Alveolen geteilt, die, wie Guelliot meint, fälschlich für Drüsen gehalten wurden. Bei der Geburt zeigt die Schleimhaut nur unbedeutende Hervorragungen; später finden sich neben den grösseren andere kleinere, die an Keulen oder starke Papillae filiformes erinnern; einige sind lang, andere längs der Fläche ausgebreitet, einige einzeln, andere geteilt;. ihrer Form nach haben sie grosse Analogie mit den Villi synoviales; sie sind Vegetationen, Anschwellungen der Schleimhaut, keine Falten; letztere können nicht vorkommen wegen der festen Verbindung der Schleimhaut mit der Muscularis. Von Drüsen kann man nicht reden, da sich zwischen diesen Erhöhungen nur Vertiefungen finden, und endlich sind es keine Drüsen, weil sie dieselbe Epithelbekleidung haben wie die übrige Schleimhaut und weil die Membrana propria fehlt. Was das Epithel betrifft, so ist dieses bei dem viermonatlichen Embryo deutlich zylindrisch ; bei der Geburt finden sich zwei Schichten Zellen vor und ist der Kern oft undeutlich wegen der körnigen Struktur der Zelle. Später nimmt das Epithel eine kubische Form an und breitet sich — besonders an den Villositäten — in die Quere aus, weshalb es beim ersten Anblick einem Pflasterepithel ähnlich ist, Das Pigment findet sich zwischen dem Kern und der freien Fläche des Epithels. “Über die Natur der Sekretion führt Guelliot (8. 71) an, dass die Vesicula seminalis ebenso wie andere nichtglanduläre Schleimhäutchen eine gewisse Menge Mucus sezerniert, der sich mit dem Sperma vermischt und diesem eine dickere Kon- sistenz gibt. Beiträge zur mikroskopischen Anatomie etc. 255 In einer Abhandlung von Maas (56) über Pigmente beim Menschen treffen wir die erste gründlichere Untersuchung der Pigmentierung der Vesicula seminalis an. Der Autor unter- suchte die Vesiculae seminales von 16 Individuen auf Pigment und fand, dass der Anfang der Pigmentierung im Alter von 20—25 Jahren liegt, was die Pigmente betrifft. Beide Farbstoffe nehmen mit dem Alter an Menge wie auch an Grösse der Körnchen zu; da er keine Pigmentkörnchen fand, die aus Muskel- nach Epithelzellen wanderten, und da keines der Pig- mente Eisen- oder Hämatoidinreaktion gab, schliesst er, dass das Pigment von den Zellen gebildet sei, in welchen sie sich finden. 1893 untersuchte Hermes (44) das Verhalten des Epithels in der Vesicula seminalis des Menschen; er meint, man dürfe die Vertiefungen in der Schleimhaut der Ampulla vasis deferentis nicht als Drüsen betrachten, da ihr Epithel sich durch nichts von dem Epithel am Gipfel der Falten unterscheide. Das Epithel ist ein einschichtiges, klares Zylinderepithel, dessen Zellen ver- schiedene Form und Grösse haben; zuweilen ist die Breite grösser als die Höhe. Viele Zellen fallen durch ihre kolossale Grösse im Verhältnis zu den benachbarten Zellen auf, über welche sie etwas emporragen. Die Kerne sind gewöhnlich rundlich, die schlankeren Zylinderzellen haben einen ovalen Kern, und die grossen Zellen haben oft Kerne von kolossalen Dimensionen. Das Epithel ist rein einschichtig, und nur vereinzelt sieht man zwischen den zylindrischen Zellen rundliche, kleinere Ersatz- zellen, die denselben Bau zeigen wie die runden Zellen des Vas deferens. Rehfisch (77) Abhandlung über die Vesicula seminalis beschäftigt sich am meisten mit der Physiologie des Organs und mit der alten Frage, ob dieses als Receptaculum seminis fungiere oder auch nicht, weshalb ich mich auf deren Inhalt nicht näher einlasse. 172 256 OTTO V. C. E. PETERSEN, Das grosse Werk von Disselhorst (12, 13) gibt in beiden Aus- gaben eine Beschreibung des Organs, die sich auf die Untersuchung eines einzigen Individuums (eines Hingerichteten, 2h. post mortem) stützt. Über die Glandula vasis deferentis sagt er ($. 191) (12), dass die gefaltete Propria in ihrer ganzen Stärke mit Drüsen versehen ist, zwischen denen man einfache, tiefin die Muscularis eindringende Ausbuchtungen findet, die sich als einzelne grosse sekreterfüllte Drüsen erwiesen, deren Drüsenepithel durch den Druck des Sekrets abgeplattet ist, die aber mittels eines schmalen Halses mit Gruppen der anderen, zwischen der Mucosa und der Muscularis gelegenen Drüsenröhren in Verbindung stehen. Das Epithel wird aus kleinen kubischen Zellen gebildet, deren bläschen- förmige Kerne zwei Drittel des Zellenkörpers ausfüllen; das Protoplasma ist einförmig grobkörnig, doch konnte Disselhorst nirgends ein Faserngeflecht erkennen; dagegen sah er grosse Sekretvakuolen. In den Ausführungsgängen sind die Zellen durch den Druck des Sekrets stark abgeplattet, und die Kerne haben die Form von Stäbchen oder Halbmöndehen angenommen. Wie grossen Anteil diese an der Sekretion haben, sieht man teils daraus, dass sie wasserklare Bläschen sind, in denen man kaum ein Chromatinnetz gewahren kann, teils daraus, dass sie sich in Eisenhämatoxylin sehr intensiv färben, mithin viel Chromatin enthalten, und endlich daraus, dass sie nicht selten klare Zonen zeigen, wo die Nukleole ganz dicht an der Kernmembran liegt. Zuweilen findet man Zellen, deren Kern schräg oder quer in der Zelle liegt, und endlich traf Disselhorst die früher genannten grossen Zellen an, die sich als klare Bläschen mit grossem, ebenfalls klarem Kerne mit einer einzelnen Nukleole erwiesen; man hat diese als einzellige Drüsen aufzufassen. Schnittserien der Vesicula seminalis zeigen, dass die Wand aus einem nierenförmigen Kern von glatter Muskulatur besteht, der mit der Adventitia mittels eines losen grobmaschigen hierin finden sich Gefässe und Bindegewebes verbunden ist; I 180) \i —] Beiträge zur mikroskopischen Anatomie etc. Nerven, aber keine Nervenzellen. Das Drüsengewebe ist als ein unregelmässiges museculo -fibrilläres Lakunensystem angeordnet, in welches die Drüsen entweder einzeln oder gruppenweise aus- münden. Im Bindegewebe finden sich pigmentierte Zellen. Die Epithelzellen waren wie die der Ampulla; nur war es auffallend, dass die Kerne grösstenteils quer am Fusse der Zelle lagen, und dass letztere oft lange Strecken hindurch dachsteinförmig auf- einander geschichtet waren; das Pigment fand Disselhorst als minimale Kügelehen um die Zellkörner herum. In der Ausgabe 1904 (S. 393—395) wiederholt Disselhorst (13) die obenstehende Beschreibung fast wörtlich; er führt hier jedoch Pallins Untersuchungen an und fügt mit Bezug auf die Epithelzellen der Vesieula seminalis hinzu, ihr Kern sei mit mehreren Nukleolen versehen, und sie »liessen deutlich sekretorische Veränderungen erkennen.« Zimmermann (95) beschreibt (1898) unter den vielen von ihm untersuchten Drüsenepithelien das Epithel der Vesicula seminalis folgendermalsen (S. 672): Das Epithel ist bekanntlich kubisch; am Gipfel und an den Seitenflächen der Leisten war das Epithel im vorliegenden Falle niedriger als in der Vertiefung zwischen den Leisten. Hie und da fand ich zwischen und zum Teil unter den Epithelzellen einzelne andere nach oben gerundete und nur halb so hohe Zellen, bisweilen traten diese Zellen in grösserer Menge auf und schlossen sich dicht aneinander, so dass das Epithel eine grössere Strecke hindurch in der Tat zweischichtig war; in solchen Fällen waren die basalen Zellen mehr abgeplattet und erwiesen sich an Schnitten als annähernd spindelförmig; die oberflächlichen Zellen werden durch ein ziemlich unregelmälsig gestaltetes Kitt- leistennetz zusammengehalten. Die basalen Zellen besitzen ohne Ausnahme ein Diplosoma, das zwischen dem Kern und der dem Lumen zugekehrten Seite der Zelle liegt; die oberflächlichen Zellen haben je zwei Zentrosomen, deren eines länglich ist und 258 OTTO V. C. E. PETERSEN, unmittelbar die freie Oberfläche berührt; das andre liegt mehr basal und ist rundlich. Das äussere sandte oft eine freie Faser ins Lumen hinein; ob es sich in denjenigen Fällen, wo diese Faser fehlte, um periodische Verschiedenheiten handelte, und ob die Faser abgerissen oder an die Oberfläche der Zelle fest- geklebt war, vermochte Zimmermann nicht zu unterscheiden. Seit 1898 sind eine Reihe grösserer und gründlicher Arbeiten erschienen, die fast alle Fragen mit Bezug auf dieses Organ berücksichtigen; so von Felix (1901), der sich besonders mit der Faltung beschäftigt, wie auch mit der Frage, ob in der Vesicula seminalis Drüsen vorkommen, von Pallin (1901), der teils die Embryologie, teils die makroskopische Anatomie unter- suchte, von Akutzu (1902), der die Verhältnisse der Muskulatur, des Epithels und des Pigments bearbeitete, von Oberndorfer (1902), dessen Untersuchungen denselben Vorwurf hatten, und endlich von Eberth (1904), der die ganze mikroskopische Ana- tomie gründlich behandelte. Felix (19) gibt (S. 18) bei der Besprechung des makro- skopischen Verhaltens der Schleimhaut an, dass diese an der ventralen Wand dünner ist als an der dorsalen, an der medialen stärker als an der lateralen, wegen einer stärkeren Faltung und wegen der Grösse der accessorischen, mikroskopischen Drüsen. Gewöhnlich schliesst die Muskulatur sich an die blinden Enden der Falten an; an vielen Stellen weicht sie jedoch zurück und gibt einer Bindegewebsschicht Raum, welche Felix als Submucosa zu bezeichnen wünscht, während er das Gebiet der Mucosa auf die Ausbreitung der Falten und der Drüsen beschränkt, die so gleichmälsig ist, dass die solchergestalt begrenzte Mucosa eine glatte äussere Kontur erhält. Die Mucosa des Ductus ejaculatorius liegt in longitudinalen "alten, die sich über grössere Abschnitte erstrecken und nach oben und unten entwickeln; zwischen den entwickelten treten neue Falten auf, die wieder verwischt werden, indem sie in ihren Beiträge zur mikroskopischen Anatomie etc. 259 Zwischenräumen wieder neuen Falten Raum machen. Diese longitudinalen — primären — Falten teilen sich in der Tiefe, und auf diese Weise entwickeln sich sekundäre und tertiäre Falten; ebenfalls können sich an der Seitenfläche einer primären Falte sekundäre bilden. In den sekundären und tertiären Ein- faltungen findet sich hohes, einschichtiges Zylinderepithel, an dem Kamme zwischen zwei Falten und in den primären Falten findet sich geschichtetes Zylinderepithel (zuoberst eine Schicht niedrigen Zylinderepithels und darunter zwei Schichten polygonaler Zellen); doch kommt auch sowohl an den Kämmen als in den primären Einfaltungen einschichtiges Zylinderepithel vor, besonders je mehr wir uns den kranialen Abschnitten des Ganges nähern. Pigment ist überall zu finden (S. 38), am meisten indes in den Zellen der tertiären Einfaltungen, was Felix dadurch erklärt, dass die Zellen der primären Falten weniger Platz für das Pigment hätten. Ausser den Falten kommen feine Röhrchen vor, die auf- oder abwärts längs des Hauptlumens verlaufen und darauf distal oder kranial in dieses ausmünden; sie lassen sich oft lange Strecken hindurch verfolgen und teilen sich an ihrem Ende in mehrfache, kurze, sekundäre Röhrchen, die blind enden; das Epithel ist einschichtig zylindrisch, von verschiedener Höhe, und enthält ebenfalls Pigment. Diese Divertikel liegen bald in der Mucosa, wo man sie nur nach Rekonstruktion von sekundären und tertiären Falten unterscheiden kann, bald in der Submucosa und der Muscularis, wo sie dann sehr auffällig sind. Diejenigen Divertikel, die ausserhalb der Mucosa liegen (S. 40), trennen die Muscularis von der Mucosa und bilden mithin eine Art Sub- mMUCOSa. Ausserdem beschreibt Felix (8. 42-43) T-förmige Divertikel, die in der Submucosa liegen und sich mit grösserer Verästelung entwickeln können, so dass sie stark verästelte tubulöse Drüsen bilden, die sämtlich zwischen der Mucosa und der Muscularis liegen. 360 OTTO V. C. E. PETERSEN, Die Muskulatur der Vesicula seminalis (S. 48) ist in eine innere Schicht ringförmiger und eine äussere Schicht langer Muskeln geordnet, die nach unten in Tänien liegen; diese ver- einen sich erst ca. !/, cm über der Einmündung in den Ductus ejaculatorius in eine zusammenhängende Schicht. Die Ring- muskelschicht ist aus konzentrischen Ringen mit dazwischen- liegenden schräg und longitudinal verlaufenden Zellen zusammen- gesetzt; an vielen Stellen findet sich völliges Wirrwarr, sodass eine Teilung in Schichten sich schwerlich unternehmen lässt. Viele der Divertikel haben ihre eigene Muskulatur, oft sind aber zwei oder drei in einen gemeinschaftlichen Muskelring ein- geschlossen. Die Epithelbekleidung der Falten (S. 49) ist genau wie im Ductus ejaculatorius, was die Schichtung und die Ver- hältnisse des Kerns und des Pigments betrifft, ebenfalls finden sich dieselben einfachen und zusammengesetzten Divertikel. Neben diesen findet man eine andere Art Drüsen, deren Ausführungs- gang in weite, von gelappten Rändern umschlossene Lakunen hineinführt, aus denen sich darauf Gänge entwickeln, welche wieder in die Lakunen führen ; diese Bildungen kommen massen- haft in der Ampulla ductus deferentis und in der Vesicula semi- nalis vor; sie können überall liegen, finden sich aber besonders da, wo die Hauptröhre sich in Nebenröhrchen spaltet. Pallin (70) mals 19 Vesicula seminalis erwachsener Indi- viduen und gab (S. 149) ‘eine tabellarische Darstellung der Re- sultate; es geht daraus hervor, dass die Grösse ein wenig schwankt; so war die längste Vesicula seminalis 76 mm, die kürzeste: 36 mm lang, die Breite variierte von 12 bis 24mm. Pallin fand ebenfalls einen Unterschied der Grösse der beiden Organe bei demselben Individuum; auch die äussere Form varlierte etwas, indem das Organ entweder mehr breit oder auch fast ganz rund sein kann. Gewöhnlich reicht das blinde Ende der vom Organe gebildeten umgebogenen Röhre ganz bis zur Basis hinab, nur in wenigen Fällen gelangte es nicht weiter als bis an die Mitte des Organs. Tafel 15. .G.P ee wu Anatom, Hefte, I. Abteilung. 103. Heft (34. Bd. H. 2). Beiträge zur mikroskopischen Anatomie etc. 26H Die Anordnung der Divertikel studierte Pallin an Celloidin- korrosionen, und er kam zu dem Resultate, dass man die ver- schiedenen Formen in folgende Gruppen einteilen kann: 1. Vesi- culae seminales mit schwach gewundenem Hauptgange, die sich wieder in solche mit kurzen, gleichmässig entwickelten Diver- tikeln und solche mit ungleich gestalteten, zum Teil stark ent- wickelten, mehrästigen oder gewundenen Divertikeln sondern lassen; 2. Vesiculae seminalis mit stark gewundenem Haupt- gange, die wieder gleichmässig oder ungleichmässig entwickelte Divertikel haben können. Diese Divertikel variieren mitunter bei dem einzelnen Individuum von 3—8 oder mehr, ebenfalls kann ihre Länge sehr verschieden sein. Die Anordnung der Divertikel an der Ampulla vasis deferentis kann zweiseitig sein, oder seltener gehen sie von allen Seiten der Ampulla aus. Mit Bezug auf die Embryologie der Vesicula seminalis (S. 159) untersuchte Pallin einen dreimonatlichen Embryo, wo er die Anlage der Vesicula seminalis als eine laterale Ausbuchtung des Wolffschen Ganges fand: diese war bei einem etwas älteren Embryo (Ende des 3. Monats) deutlich im Begriffe, sich als ein Divertikel vom Hauptkanal abzuschnüren ; bei einem Embryo aus der Mitte des 4. Monats fand er die Bildung röhrenförmig mit einem horizontalen Teile, der von dem Wolffschen Kanale ausging, und einem vertikal ansteigenden Teile, der blind endete. Im 4. Monat beginnt die Entwicklung der Divertikel, und im 5. Monat sind diese noch deutlicher entwickelt. Die Ampulla vasis deferentis entwickelt sich aus demjenigen Teile des Vas deferens, von welchem die Vesicula seminalis ausging; die Divertikel werden durch longitudinale Abschnürung des Vas deferens angelegt, und die Vesicula seminalis ist deshalb genetisch als eine stark entwickelte Glandula vasis deferentis zu betrachten. In Poiriers Traite d’anatomie humaine beschreibt Pasteau den Bau der Vesicula seminalis folgendermalsen: Die Wand besteht zuäusserst aus einer Bindegewebsscheide, welehe die 262 OTTO V. C. E. PETERSEN, Falten der Kanäle von einander trennt und in welcher man Ge- fässe und Nerven antrifft; unter dieser findet sich Muskelschicht, die aus 3 Schichten zusammengesetzt ist, nämlich einer äusseren aus longitudinalen, einer mittleren aus zirkulären und einer inneren aus longitudinalen Fasern; diese 3 Schichten zusammen bilden gewöhnlich zwei Drittel der Dicke der Wand. Zuinnerst findet sich die Schleimhaut, die Falten und Kämme zeigt ebenso wie in der Ampulla vasis deferentis; sie ist weisslich oder bräunlich wegen der Pigmentkörnchen der Zellen und ist beim Kinde mit einem zylindrischen, beim Erwachsenen mit einem platten Epithel bedeckt; man trifft hier dieselben Drüsen wie in der Ampulla vasis deferentis an. Oberndorfer (67) unterscheidet (S. 329) zwischen der Mucosa, der Muscularis und der Serosa, bezw. adventitiellem Bindegewebe; die Muskulatur teilt sich m eine innere Schicht ringförmiger und eine äussere Schicht langer Muskeln, die dann und wann ineinander übergehen. Die Mucosa besteht aus der eigentlichen Mucosa und dem submukösen Bindegewebe, die Falten bilden Alveolen, was aber das Vorkommen von Drüsen betrifft, so verhält Oberndorfer sich verneinend;; beim Embryo und beim Kinde gibt es keine Spur von Drüsenausbuchtungen, und selbst wenn viele Schnitte von Erwachsenen den Eindruck von Drüsenbildungen machen, sieht man leicht an Serienschnitten, das es sich nur um in die Länge gezogene Alveolen handelt, die zur Vergrösserung der Oberfläche der Schleimhaut dienen. Dieselben entstehen durch primäre Einfaltungsvorgänge in der Schleimhaut, die während des fötalen Lebens beginnen und an- dauern, bis die endliche Entwicklung des Organes ihren Abschluss gefunden hat. Die Submucosa (S. 330) besteht beim Embryo und beim Kinde aus einer dünnen Schicht fibrillären Bindegewebes, in welcher sich hie und da ziemlich bedeutende Kapillaren finden; beim Erwachsenen findet man dagegen in dieser subepithelialen Beiträge zur mikroskopischen Anatomie etc. 263 Schicht einen grossen Reichtum an elastischen Fasern, welche die ganze Schleimhaut umgeben und auch in das Innere der Balken und der Falten eindringen. Wahrscheinlich entwickeln sich diese elastischen Fasern erst während der Pubertät; niemals bilden sie eine ununterbrochene Membran, sondern zeigen stets zahlreiche Löcher, zum Teil durch den Durchgang von Gefässen bedingt. Die Pigmentierung der Muskulatur fand Oberndorfer in unteren Teile der Vesicula seminalis am deutlichsten aus- gesprochen, weniger nach oben; in der Muskulatur der Ampulla duetus deferentis fand er dagegen nur sehr wenig oder gar kein Pigment. Einige Muskelzellen haben nur an jedem ihrer spitz ausgezogenen Pole Pigment, während in anderen Zellen das ganze Protoplasma mit Pigment angefüllt ist; diese Zellen sind ent- weder atrophisch oder auch vergrössert und verdickt; endlich werden die Zellen wegen der Zunahme der Pigmentmenge ent- weder länger oder breiter; in mehreren dieser Zellen wird der Kern mehr chromatinarm, eckig ohne scharfe Konturen, und Oberndorfer beobachtete zwei Zellen, in denen deutlicher Zerfall des Protoplasmas stattfand. Überhaupt hält Oberndorfer die Pigmentation der Muskulatur für einen Ausdruck der De- generation der Zelle, für ein Vorstadium der Proliferation des Bindegewebes, die wir bei alten Leuteu finden, und die in extremen Fällen mit dem völligen oder fast völligen Ersatze der Muskulatur durch Bindegewebe endet. An der Oberfläche der Vesicula seminalis fand Oberndorfer sehr zahlreiche Nervenäste, die in die Scheidewände der einzelnen Ampullen eindringen; die einzelnen Nervenfasern durchbohren die äussere longitudinale Muskulatur und lassen sich an vielen Präparaten eine Strecke lang zwischen der Circularis und der Longitudinalis verfolgen, so dass es scheint, als ob sich hier ein Nervenplexus befände. Die Nerven bestehen aus markhaltigen und marklosen Fasern, ausser Ganglienzellen finden sich hie 264 OTTO V. C. E. PETERSEN, und da Paechionische Körperchen. Die Ganglienzellen liegen in Gruppen, haben die Grösse eines Stecknadelkopfes bis zu der einer halben Erbse und finden sich nur im umgebenden Binde- gewebe; in der Muskulatur fand Oberndorfer niemals Ganglien- zellen. Akutzu (2) behauptet (S. 469), nur in ganz einzelnen Fällen seien in der Wand der Vesicula seminalis drei deutliche Schichten Muskulatur zu erkennen; meistens fand er zerstreut liegende longitudinale Muskelfasern im innersten Teile der Wand. Was die Gestalt der Epithelzellen betrifft, so findet man bei dem Neugeborenen stets hohe zylindrische Zellen mit relativ grossem Kern; bei 16—17 jährigen Individuen hat die Epithel- zelle noch deutlich zylindrische Form. Bei Erwachsenen ist die Form dagegen abwechselnd bald deutlich zylindrisch und bald ganz niedrig; das Epithel liegt in einer einzigen Schicht (S. 470), bei Kindern trifft man ein faseriges Epithel an, indem jede Zelle lie basale Membran erreicht, obschon die Kerne in zwei Schichten liegen. An Stellen wo der Schnitt genau senkrecht zur Ober- fläche traf, konnte Ak utzu nirgends mehr als eine einzige Schicht Zellen gewahren; hie und da fand er jedoch auch beim Er- wachsenen zwei Schichten von Kernen übereinander. Um die Frage über eine drüsenartige Natur des Organs zu entscheiden, schlug Akutzu (471) den Weg ein, dass er untersuchte, ob sich in den Zellen sekretorische Veränderungen fänden; in einem seiner Fälle wurden mittels des Ehrlich-Biondi-Heidenhain- schen Farbengemisches einige Zellen rot, andere grün gefärbt; die grünen Zellen waren kubisch und nach der Oberfläche hin wurde das Protoplasma heller; die rotgefärbten Zellen waren gewöhnlich kegelförmig und ragten über das Niveau der anderen Zellen empor; in der Nähe des freien Endes fand sich mitunter eine hyaline Masse, die sich mit Fuchsin rot färbte, und die der im Lumen befindlichen Sekretmasse völlig ähnlich war; diese hyaline Masse ist nach der Oberfläche der Zellen hin mehr Beiträge zur mikroskopischen Anatomie etec. 265 hervortretend als im Innern um den Kern herum; anderseits gab es Übergangsbilder, wo diese rote Masse allmählich ins Sekret überging. Die Kerne waren in den kubischen Zellen (S. 462) mit einzelnen deutlichen Nukleolen versehen, in anderen waren sie sichelförmig, der Kernkörper war undeutlich, und an der konkaven Seite lag oft eine Vakuole; überhaupt sah man häufig Vakuolen in diesen Zellen in der Nähe des Kerns. Akutzu fand keine Metachromasie bei Färbung mit Thionin, wie er auch nirgends Becherzellen bemerkte. Da Akutzu nicht immer verschiedene Stadien der Sekretion in den Zellen fand, ist er zu der Annahme geneigt, dass dieselbe nur während einer bestimmten Phase, nämlich bei geschlechtlicher Erregung stattfinde. Das elastische Gewebe fehlt bei Neugeborenen und Kindern (S. 474); während bei 16—17 jährigen im subepithelialen Gewebe ein weitmaschiges Geflecht aus elastischen Fasern angetroffen wurde, das nur eine ganz dünne Schicht bildete, die beim Er- wachsenen an Stärke zunahm, so dass sie einen zum Lumen parallel verlaufenden Saum bildete; in den Leisten zwischen den einzelnen Einfaltungen waren die elastischen Fasern so zahlreich, dass das Stroma fast ausschliesslich aus diesen gebildet zu sein schien. Das Pigment (S. 471) befindet sich oberhalb des Kernes, die Anzahl und die Grösse der Kerne sind aber sehr schwankend; einige Zellen sind völlig mit Pigment angefüllt, in anderen, besonders in den basalen Zellen fehlt dieses gänzlich, übrigens konnte Akutzu keine Regel für die Lokalisation der pigmen- tierten Zellen finden. Die Grösse variiert von derjenigen der roten Blutkörperchen an bis zur ganz verschwindenden, und die Form ist niemals regelmäfsig rund, häufig aber eckig; die In- tensität der gelbbraunen Färbung nimmt gewöhnlich mit dem Alter zu. In der Muskulatur fand sich häufig Pigmentierung der in der Mucosa liegenden Zellen, wo auch pigmentierte Binde- gewebszellen vorkamen; während die Muskelzellen durch zu- 266 OTTO V. C. E. PETERSEN, nehmende Pigmentmenge erweitert werden, war dies mit den Epithelzellen nie der Fall. Keine der beiden Pigmentformen ergab Reaktion auf Eisen und nur das Epithelzellenpigment auf Gehalt an Fett (Sudan, Osmiumsäure). Aus den Lagerungs- verhältnissen des Epithelpigments und aus dessen chemischer Verschiedenheit vom Muskelpigmente schliesst Akutzu (8. 485), es sei wahrscheinlich, dass ein vitaler Vorgang in den Zellen für das Vorhandensein des ersteren eine Rolle spiele. Betrachten wir endlich die von Eberth (15) gegebene Dar- stellung der mikroskopischen Anatomie, so erwähnt er (S. 50), dass die Schleimhaut der Ampulla vasis deferentis sich zu niedrigen schmalen Leisten und hohen Falten erhebt, welche letzteren häufig longitudinal und quer miteinander zusammen- hängen. Auf diese Weise entsteht ein Netzwerk aus runden und eckigen Maschen, die doch nicht völlig getrennt sind, sondern in gegenseitiger Verbindung miteinander stehen. An tangentialen Schnitten zeigt es sich, dass das Lumen der Ampulla von emem Netzwerk aus schmalen Bälkchen durchsetzt ist, die hie und da Unterbrechungen darbieten, durch welche hindurch die Maschen miteinander kommunizieren. Am Boden dieser Maschen bildet die Schleimhaut niedrige Leisten, welche drüsenähnliche einfache und zusammengesetzte Grübchen begrenzen, die Henle und Leydig als einfache und verästeltelte Drüsengänge deuteten. Neben den einfachen und den verästelten drüsenartigen Ausbuchtungen finden sich grössere, ganz ebenso gebaute Schleim- hautdivertikel, die sich oft bis tief in die Muskulatur hinab erstrecken und nur durch schmale Gänge mit dem Hauptlumen in Verbindung stehen. Zwischen den einzelnen Divertikeln und der ihnen angehörigen Muskulatur dringen aus der Adventitia schmale Scheidewände ein. Das Epithel der Leisten ist zwei- schichtig und besteht aus kurzen Zylinderzellen, deren schmales Ende an der Schleimhaut ansitzt und die einen mehr zentral Beiträge zur mikroskopischen Anatomie etc. 267 gelegenen, etwas ovalen und leicht zu färbenden Kern besitzen. Unter und zwischen den äusseren Enden der Zellen liegen mehr rundliche basale Zellen mit runden, schwer zu färbendem Kern. Nach den Gruben hin, zwischen den Falten, nimmt die Höhe der Zellen ab, und in den Gruben findet sich nur eine einzige Schicht zylindrischer und kubischer Zellen. Einzelne Zellen — nicht aber grössere Komplexe — zeigen dieselben Sekret- veränderungen wie das Epithel des Ductus deferens. Das Vor- kommen deutlicher Drüsen ist noch zweifelhaft. Die Schleimhaut ist dünn, nur unvollständig von der Mus- kulatur abgegrenzt, die schwächer als die des Ductus deferens ist und aus glatten longitudinal oder quer verlaufenden Muskeln besteht, welche nicht in geschlossenen Schichten auftreten. Die longitudinalen Muskeln sind in Tänien angeordnet, die sich erst nach oben und in der Vesicula seminalis zu einer mehr zu- sammenhängenden Schicht gestalten. Die innere Ringmuskel- schicht ist sowohl in der Ampulla als in der Vesicula seminalis aus mehren Schichten zusammengesetzt, die durch schräg und longitudinal verlaufende Bündel unterbrochen werden. Die Wand der Vesicula seminalis besteht (S. 75) aus der Schleimhaut und einer schwachen Submucosa, an deren äusserer Seite wir die Muskularis und die Adventitia haben. Da das Epithel der Oberfläche nicht von dem der Einbuchtungen ver- schieden ist, liegt kein Grund vor, die Gruben als Drüsen zu bezeichnen; die zahlreichen Buchtungen hinterlassen der Mucosa nur wenig Raum, in der schwachen Submucosa finden sich einzelne schräg und longitudinal verlaufende Muskelfasern. Bei Neu- geborenen und Kindern (S. 60) sind die Epithelzellen hoch zylindrisch mit relativ grossem, langem Kern. Bei Erwachsenen wechselt die Form zwischen der zylindrischen und der langen, platten; in der mit Sekret straff gefüllten Vesicula seminalis sind die Zellen niedriger als in der leeren eingefallenen Blase. Am Gipfel der Schleimhautleisten und dann und wann auch 268 OTTO V. C. E. PETERSEN, am Boden der Gruben ist das Epithel gewöhnlich etwas höher als an den Seitenflächen der Leisten, doch ist in dieser Beziehung keine strenge Regelmälsigkeit vorwaltend; an diesen . Stellen besteht das Epithel aus zylindrischen Zellen mit rundlichen Basalzellen. Die Epithelien und die Muskel- und Bindegewebs- zellen enthalten einige eckige, gelbbraune Pigmentkörnchen bis zur Grösse der roten Blutkörperchen; dieselben liegen an der dem Lumen zugekehrten Seite des Kerns und reichlicher in den inneren als in den basalen Zellen; sie erscheinen erst nach dem 20. Jahre. Sekretionsveränderungen sind in der Vesicula seminalis mehr ausgesprochen als in der Ampulla; die Sekretbildung beginnt mit der Anhäufung einer trüben, stark färblichen, nicht aber deutlich körnigen Masse im innersten Abschnitt der Zelle; beim Zunehmen wölbt die Substanz sich stärker gegen das Lumen empor und löst sich in kleine Tröpfehen und Flocken auf, wobei es doch nicht zur Bildung eigentlicher becherförmiger Zellen kommt. Sekretion findet sich im ganzen Umfang der Vesicula seminalis, gewöhnlich aber stärker am Gipfel der Schleimhaut- falten und in den Vertiefungen zwischen diesen als an den Seitenflächen. Eberths Darstellung der Histologie des Ductus ejaculatorii stimmt mit der von Felix gegebenen überein; nur bestreitet er die Existenz von Drüsen. NG & Me) Beiträge zur mikroskopischen Anatomie etc. III. Methodik und Technik. Bei weitem den grössten Teil meines vom Menschen her- rührenden Materials fixierte ich in wässerigem Formol in ver- schiedenen Konzentrationen. Einige der untersuchten Vesiculae seminales wurden kurz post mortem durch Formolinjektionen eehärtet, und bei der hierzu benutzten Technik muss ich etwas näher verweilen. Bei den gewöhnlich benutzten Formolinjektionen in das Cavum peritonaei gelingt es nicht, die Vesiculae seminales in hinlänglich kurzer Zeit zu fixieren; selbst bei Sektionen, die 24 Stunden p. m. unternommen werden, kann man sie unfixiert antreffen, wo fast alle peritonaealbekleideten Organe eut fixiert sind (makroskopisch betrachtet), und der Grund hier- für ist vor allen Dingen in der tiefen Lage derselben im Becken zu suchen. Ich verliess deshalb schnell diese Methode und erzielte gute Resultate mittels folgenden Verfahrens: Ein 14 cm langer Trokart wird durch das Rektum eingeführt, und man sticht ihn durch die vordere Wand desselben in den Binde- gewebsraum zwischen den beiden Vesiculae seminales; durch diesen hindurch kann man mit Leichtigkeit 50—75 ccm Flüssigkeit injizieren. Nachdem man die Kanüle herausgenommen hat, füllt man die Vesica durch den Katheter mit 150 ccm Fixations- fNlüssigkeit (um den Penis wird eine Ligatur gelegt), und eine ähnliche Menge wird durch eine oder mehrere Punkturöffnungen in der Bauchwand in die Peritonaealhöhle eingeführt. In den Fällen, wo ich diese Methode anwandte, wurden sowohl die Därme als auch alle Organe des Beckens vorzüglich fixiert. Der Grund, weshalb ich mit bezug auf den Menschen fast ausschliessslich Formol anwandte, ist in den besonderen Ver- hältnissen zu. suchen, unter denen ich mir das Material ver- Anatomische Hefte. I. Abteilung. 103. Heft (34. Bd. H, 2). 18 270 OTTO V. C. E. PETERSEN, schaffen musste. Ich war darauf angewiesen, in situ ein Organ zu fixieren, das an fast allen Seiten von anderen Organen um- geben liegt, deren Ausdehnung so gross ist, dass das hinlänglich schnelle Eindringen anderer Fixationsmittel nicht zu erwarten stand. Sublimat und namentlich Osmiumsäure konnten deshalh von vornherein nicht in Betracht kommen; oft sieht man ja gerade bei diesen beiden Fixationsmitteln, dass eine Strecke (rewebes von nur 1 cm Länge sogar nach Verlauf von 20 bis 24 Stunden nur an der Oberfläche fixiert ist, während die zentralen Teile gar keinen Einfluss erlitten haben. Ausserdem musste der Stoff, den ich gebrauchen wollte, sich schnell über grössere Strecken Gewebes verbreiten können, da die Vesiculae seminales so erstaunlich geschwind verfaulen, möglicherweise wegen der Nähe des Rektums, möglicherweise auch wegen Eigenschaften des Epithels oder des Sekretes, und hiergegen war Formol am besten geeignet!). Obschon ich — von den Umständen gezwungen — Formol in so hohem Malse anwandte, bin ich doch keineswegs blind für die schwachen Seiten dieses Stoffes. Seit der ersten An- wendung des Formols in der mikroskopischen Technik im Jahre 1859 haben die technischen Zeitschriften immer wieder Artikel über die vorzüglichen Eigenschaften dieses Stoffes enthalten, hat man aber längere Zeit hindurch mit demselben gearbeitet, so wird man etwas mehr reserviert. Betrachten wir vorerst makroskopisch die mit Formol erzielten Fixationsresultate, so 1) Hierauf scheint auch der Umstand hinzudeuten, dass die Prostata, von der man ihrem ganzen Bau und ihrer Grösse gemäls annehmen sollte, sie sei schwieriger in situ zu fixieren als die relativ mehr dünnwandige Vesicula seminalis, sich stets leichter fixieren lässt als letztere, und sich häufig, selbst an gewöhnlichen Sektionskadavern, zur histologischen Untersuchung eignet. Zum Teil ist der Grund des schnellen Zerfalls des Epithels der Vesicula seminalis wohl auch postmortellen Veränderungen des Sekretes zuzuschreiben, welches stets in reichlicher Menge das Organ anfüllt. Beiträge zur mikroskopischen Anatomie ete. Dal gewahren wir, dass dasselbe in lebenden Organen, die Muskulatur enthalten, eine maximale Kontraktion der letzteren hervorruft. Legt man z. B. einen frisch herausgenommenen Kalbsdarm in eine 10—15°/, wässerige Lösung von Formaldehyd, so wird der schlaffe, weite Darm sich zu einer viel schmäleren, mehr dick- wandigen Röhre zusammenziehen, deren Lumen um vielmal kleiner ist als das des lebenden: Darms. Mehrmals habe ich sogar gesehen, dass sich wegen der Kontraktion am formolfixierten Darm Invaginationen bildeten. An den Intestina hominis bemerkt man dasselbe besonders deutlich bei Injektionen, die nur die Organe des Beckens berührt haben; man kann hier sehr wohl eine Darmschlinge antreffen, die an der Strecke, die ins Becken hinabhing, nur fingerdick und stark kontrahiert ist, während die beiden Enden der Schlinge oberhalb des Beckens mehrmal so dick und ziemlich stark dilatiert sind. Aus dem Zustand des Darms nach einer Formolfixation kann man des- wegen nichts darüber schliessen, wie der Kontraktionszustand desselben vor der Fixation war. Dass dies wirklich der Fall ist, davon vermochte ich mich immer wieder zu überzeugen, da ich mehrere Jahre hindurch Formol benutzte, um Därme von Säugetieren äusserst verschiedener Grösse zu fixieren. Besonders deutlich trat die irritierende Wirkung des Formols bei der Fixation aufgeschnittener Dünn- und Dickdarmstücke eines Esels hervor; die Därme wurden ein paar Minuten nach dem Tode herausgenommen, und kaum waren sie in das Formol gelegt, als die Muskulatur sich in so kolossalem Grade zusammen- zog, dass die Schleimhaut sich herausstülpte und die Oberfläche der unregelmälsig eingeschrumpften Muskulatur völlig bedeckte. Dass man mit Folgerungen über die Lagerungsverhältnisse und den Kontraktionszustand des Darmes, wenn dieser kontraktions- fähig war, als das Formol wirkte, äusserst vorsichtig sein muss, scheint dem Obenstehenden zufolge ziemlich einleuchtend zu sein, und man wird deshalb höchlich erstaunt, wenn man sieht, 187 = 97: OTTO V. C. E. PETERSEN, welche Freude einzelne dänische Autoren über die vorzügliche Fähigkeit des Formols, die Organe in dem Zustande zu bewahren, den diese gleich nach dem Eintreten des Todes hatten, zur Schau tragen. Im Gegenteil, das Formol bewahrt die Form der Organe nicht, es bewirkt, dass diese sich kontrahieren, solange sie noch Irritabilität besitzen, und das erzielte Fixationsresultat wird ein Produkt des Füllungszustandes und der möglicherweise noch vorhandenen Irritabilität der Muskulatur. Während Bloch (6) behauptet (S. 64), dass bei der Formol- fixation des Darmes »einige Partien ausgespannt, andere kontrahiert seien, dem Aussehen entsprechend, das der Darm während der normalen peristaltischen Bewegungen habe«, gibt er S. 65 zu, dass das Formol an lebenden Tierdärmen stets eine maximale Kontraktion verursache, ohne dass er im einzelnen Falle sich klar gemacht zu haben scheint, inwiefern die Muskulatur bei der Injektion noch irritabel war oder nicht. Blad (5) ist im seinen Ausführungen (S. 55---57) über das Formol mehr zurückhaltend und hat offnen Blick für die vielen vorhandenen Fehlerquellen. Was die mikroskopischen Wirkungen des Formols betrifft, so sind diese an Güte ja äusserst verschieden, je nachdem man eine schwächere oder eine stärkere Lösung benutzt; dies gilt vorzüglich von den Epithelien und dem Bindegwebe. Während man bei einer schwachen (4—-5°/, Formaldehyd) Lösung die Epithelzellen angeschwollen, gleichsam ausgewaschen gewahren kann, erhält man durch eine starke Lösung (10—20/, Form- aldehyd) eine so gute Fixation, dass diese mit Recht |Sjöbring (82)| mit der Osmiumsäurefixation verglichen worden ist. Zu meinen Kadaverinjektionen gebrauchte ich deshalb eine 20°, wässerige Formaldehydlösung, und um die Qualität der Fixation zu beurteilen, mikroskopierte ich zugleich gewöhnlich andere Beckenorgane desselben Individuums, Organe, deren Struktur mir bekannt war, und in diesen Fällen fand ich stets, dass sie wohlkonserviert waren. Beiträge zur mikroskopischen Anatomie etc. 273 Das Bindegewebe lässt sich dagegen besser in schwächerer als in stärkerer Formaldehydlösung fixieren, weil es in letzterer sehr hart, fast hornartig wird. Mit gutem Bedacht spülte ich die fixierten Organe nie in Wasser aus, sondern brachte sie sofort in 96°/, Alkohol, da die Erfahrung mich belehrt hatte, dass die Wasserbehandlung oft den Zellinhalt auswäscht oder auflöst, während dieser sich er- hält, wenn man das Objekt direkt in Alkohol überführt. Bei den untersuchten Säugetieren, wo ich hinsichtlich der Wahl meines Fixationsmittels freie Hände hatte, wandte ich dagegen mehrere andere Fixationsmittel an, kam aber nach zahl- reichen Versuchen an dem verschiedenartigsten Material zu dem Resultat, dass man die besten, mit den natürlichen Verhältnissen am meisten übereinstimmenden Epithelfixationen dadurch erzielt, dass man gesättigte wässerige Sublimatlösung benutzt; dass (diese die Zellen ein wenig einschrumpfen lässt, habe ich sehr wohl erfahren, da sie aber, wie ich mich u. a. durch Kontroll- untersuchung frischer Zellen und durch Vergleichung mit der Wirkung anderer Fixationsmittel überzeugte, die Protoplasma- strukturen besonders gut konserviert, so ist die Einschrumpfung, wo solche vorkommt, von geringerer Bedeutung; die Grössen- verhältnisse sind ja nicht so wichtig wie die Struktur der Zellen. Ein grosser Teil meines vom Menschen stammenden Materials wurde mit Parakarmin durchgefärbt und m 10 « starke Serienschnitte zerlegt; mit diesen unternahm ich em paar Rekonstruktionen, sah aber bald ein, wie die Struktur- verhältnisse so einfach sind, dass ich über dieselben ins klare kommen konnte, wenn ich die ganze Wand der Vesicula seminalis als Flächenapparat, von der Schleimhautseite gesehen, untersuchte. Von Schnittfärbungen wandte ich die gewöhnlichen Kern- färbungen an, Haematoxylin, Eisenhaematoxylin, Thionin und Toluidinblau in 1°/, wässeriger Lösung, Mucikarmin (P. Mayer)» 274 OTTO V. C. E. PETERSEN, Säurefuchsin - Pikrinsäure (Hansen) und während des letzten Jahres auch Hansens Eisen- und Chromhaematein ?). Diese beiden Methoden der Färbung erleichterten mir die Arbeit bedeutend, teils wegen ihrer schnellen Wirkung, teils — und namentlich — wegen der Sicherheit, womit man imstande ist, (das Intensitätsverhältnis zwischen der Kern- und der Plasma- färbung zu variieren, indem man die Farbenlösungen ein wenig modifiziert (wie von Hansen angegeben). Endlich gibt es einen Umstand, der sehr wichtig ist, nämlich die Widerstands- fähigkeit dieser Farben gegen saure Nachfärbungen; benutzt man z. B. eine gewöhnliche Alaunhaematoxylin - Säurefuchsin- Pikrisäurefärbung, so kann man leicht, wenn man nicht sehr behutsam ist, rötliche Töne derjenigen Grewebsteile erhalten, die von der basischen Farbe gefärbt sein sollten, was aber nicht beim Gebrauch der beiden obengenannten Farben geschieht; die Kernfärbung erscheint tiefschwarz, bezw. blau im Verhältnisse zur angewandten sauren Farbe, und man kann mit Sicherheit sogar sehr kleine acidophile Körnchen im Kern unterscheiden. Besonders die Kombination Chromhaematein-Eosin kann ich zum allgemeinen histologischen Gebrauch empfehlen ; dieselbe gibt eine vorzügliche Färbung sowohl der Plasma- als der Kern- strukturen, und die Präparate, in welchen — mit Ausnahme der Kittleisten und der Zentrosomen — dieselben Teile gefärbt werden wie bei der Färbung mit Ehrlichs Dreifarbenmischung und mit Heidenhains Eisenhaematoxylin, sind, wenn sie hin- länelich lange in Wasser ausgewaschen werden, lange Zeit hin- durch haltbar. Dasselbe gilt von dem Eisenhaematein, das bei genügend langer Färbung auch Kittleisten und Zentrosome färbt, und dessen Protoplasmafärbung meiner Erfahrung nach grössere Klarheit des Bildes gibt als die obengenannte Kombination. 1) Hansen. F. C. EC: Über Eisenhaematein, Chromalaunhaematein, Tonalaunhaematein, Haemateinlösungen und einige Cochenillefarblösungen. Zeitschr. f. wiss. Mikroskopie. Bd. 22, 1905, S. 45. Beiträge zur mikroskopischen Anatomie etc. 2375 Eine andere Kombination, die noch distinkter färbt als die letzt- genannten, ist das Chromhaematein-Säurerubin, eine Färbung, ‚die ich zu fast allen unten abgebildeten histologischen Präparaten benutzte; diese Färbung läst sich sehr leicht ausführen, wenn man folgende Mafsregeln beobachtet. Nach der Färbung mit Chromhaematein spült man ganz kurze Zeit (wenige Sekunden) lang in destilliertem Wasser aus, und man färbt 2 bis 5 Minuten hindurch in Säurerubin cg 25 — Wasser g 250. Nach der Färbung überträgt man das Objekt direkt in 96°, Alkohol usw. Es scheint, dass die geringe, in der Chrom- haemateinlösung befindliche Menge Schwefelsäure bei kurz- Jlauerndem Abspülen in Wasser im Schnitte zurückgehalten wird und hierdurch gegen die nachfolgende Säurerubinfärbung ‚beizt«; spült man dagegen lange in gewöhnlichem Wasser ab, so kanı man !/, und ?/, Stunde mit Säurerubin färben, ehe die Färbung gelingt, was wahrscheinlich darauf beruht, dass der Schnitt aus dem Wasser Alkali aufgenommen hat, und bekanntlich erträgt das Säurerubin eine alkalische Reaktion nur schlecht. Ausser zur Protoplasmafärbung kann ich diese Doppelfärbung auch zur Untersuchung quergestreifter Muskulatur empfehlen; mittels keiner anderen Methode glückte es mir, die verschiedenen Elemente der Muskelfasern so leicht und so schnell deutlich zu färben wie mittels dieser. Hansen eibt an, dass das Eisenhaematein »mehrere Monate lang« haltbar sei; ich sehe mich imstande, dies näher zu präzi- sieren, indem eine Portion, die ich aus der Farblösung herstellte, nach Verlauf von 5 Monaten beim Verbrauch des letzten Restes noch ebenso gut färbte wie am Tage nach der Herstellung. Ein anderes ist, dass man die Lösung nicht von Tag zu Tage in offenen Farbenschälchen stehen lassen darf, da sie, selbst wenn man sie mit einem Glase bedeckt, und selbst wenn dieses 6—8 em hoch ist, dann von der Luft oxydiert wird und die von Hansen beschriebenen höheren Oxydationsgrade annimmt. Ein 276 OTTO V. C. E. PETERSEN, Vorteil, den man nicht zu hoch schätzen kann, besteht darin, dass man durch diese Farben in den Stand gesetzt worden ist, geschwind ein haltbares Präparat darzustellen, das sich, wenn man mit focusdifferenzfreien Linsen arbeitet, auf gewöhnlichen photographischen Platten ohne Farbenfilter mikrophotographieren lässt, wodurch man viel Zeit erspart, ganz davon abgesehen, dass die Kosten geringer sind, als wenn man farbenempfindliche Platten benutzen muss!). Was endlich die Haltbarkeit des fertigen Präparats betrifft, so gibt es keinen Unterschied zwischen einem vor 1?/, Jahren und einem vor kurzem gefärbten Präparate, die Haltbarkeit des letzteren ist aber dadurch bedingt, dass alle von mir hergestellten Präparate wenigstens 10— 15 Minuten in Wasser ausgewaschen wurden. Ausser den genannten Methoden benutzte ich Metallinjektion in die Vesicula seminalis mit nachfolgender Maceration des umgebenden Gewebes, um den inneren Bau der Schleimhaut zu untersuchen. 1) Beim ersten Anblick erscheint es ziemlich sonderbar, dass eine blaue Farbe wie das Chromhaematein beim Photographieren schwarz abgebildet wird, da ja gerade die gewöhnlichen Platten für die blauen Teile des Spektrums am empfindlichsten sind. Bei der Mikrospektroskopie eines in Chrom- haematein gefärbten Schnittes erwies es sich indes, dass die Farbe nur für rote, grünblaue und blaue Strahlen durchlässig war, und dass der blaue Teil des Spektrums um so dunkler war, je diehter die Färbung wurde: der Grund, weshalb in Chromhaematein gefärbte Objekte auf die angegebene Weise photographiert werden können, ist also darin zu suchen, dass die Farbe zu dicht ist, um Licht durchzulassen. Ein Umstand, den ich eben nur erwähne, weil er farbentheoretisches Interesse besitzt, ist der, dass die Farb- lösung ein etwas anderes Spektrum hat als das gefärbte Objekt. Macht man die Farblösung schwächer, so verschwindet zuerst der blaue Teil des Spektrums. während der rote Teil sich längere Zeit hindurch deutlich erhält, was in vielem an das Verhalten im dickeren und dünneren Teile des gefärbten Objekts erinnert. Anatom. Hefte. I. Abteilung. 103. Heft (34; Bd. H. 2). N Fig. 3. Fig. 4. Tafel 16. . BE rt A 27 Beiträge zur mikroskopischen Anatomie etec. 27% Ebenso wie Hauch (87) wandte ich Lipowitz Legierung an, und wenn ich auch im grossen und ganzen wie Hauch verfuhr, so bediente ich mich doch bei der Injektion selbst einer anderen Technik. Hauch erwärmt das Metall in einem offnen Giesslöffel und klagt darüber, dass der Schmelz- punkt der Legierung sich bei wiederholtem Erwärmen ändere; das vermeide ich dadurch, dass ich die Legierung am Boden des Gefässes mit Wasser, in welchem ich das zu injizierende Organ erwärme, schmelze; hierdurch erreicht man einerseits, dass die Einwirkung der Luft zum grossen Teil ausgeschlossen wird, so dass das Metall, selbst wenn es mehrmals geschmelzt worden ist, dennoch seinen niedrigen Schmelzpunkt behält; anderseits setzt man sich nicht der Gefahr aus, dass die Legierung bis über den Siedepunkt des Wassers erhitzt wird, was leicht geschieht, wenn die Erwärmung über einem offnen Feuer stattfindet, und wobei man in dem Hohlraum, den man auszugiessen wünscht, Dampfbildung nebst daraus folgenden Artefakten riskiert, und endlich vermeidet man es, sich die Finger zu brennen, da die Temperatur 70° nicht zu übersteigen braucht. Die Spritze, die ich anwende, ist eine gewöhnliche Metall- spritze mit ledernem Kolben, und diese erwärmte ich ebenfalls in Wasser, ohne sie jemals trockner Wärme auszusetzen ; unter- lässt man es, die Spritze aus dem Wasser zu heben, wenn sie mit Metall gefüllt ist, so wird dieses nie an der Spritze erstarren. Die Einführung der Spritze in die Kanüle geschieht unter Wasser, und bevor ich die Spitze der Spritze in die Kanüle stecke, lasse ich ein paar Tropfen Metall in die nach oben ge- kehrte Öffnung der letzteren fallen, um das darin befindliche Wasser auszutreiben. Die Injektion selbst unternehme ich — wie von Hauch angegeben — an dem gut durchgewärmten Objekt, während die eigentliche Injektion sich aber sehr leicht ausführen lässt. bewirkt der Bau der Vesicula seminalis, dass 278 OTTO V. C. E. PETERSEN, die Vorbereitungen, besonders die Einführung der Kanüle, mit ziemlich grossen Schwierigkeiten verbunden sind. Die Metallinjektion erfordert nämlich eine sehr weite Öffnung der Kanäle, weshalb es nicht angeht, die Vesicula seminalis vom Vas deferens aus zu injizieren, da dessen Lumen gar zu klein ist. Ich musste deswegen die Vesicula semimalis von einer ihrer blind endenden Röhren aus injizieren, in welcher oben oder unten oder — am besten — an beiden Enden eine Kanüle an- gebracht wurde. da das Durchfliessen hierdurch gesichert ward. Man trifft ja fast immer die Vesicula seminalis mit Sekret an- gefüllt an, und da dieses durch Formol gefällt wird, muss man es durch vorhergehendes Auspülen mit Wasser entfernen; dies geschieht am besten und gründlichsten, wenn man an jedem Ende des Organes eine Kanüle angebracht hat, hierbei riskiert man aber leicht, dass nur entweder der aufsteigende oder der absteigende Teil des Organs an den Kanülen angebracht wird. Da es mir indes vor allen Dingen darum zu tun war, eine genaue und treue Kopie der inneren Fläche des Organs zu erhalten, legte ich kein grosses Gewicht darauf, dass meine Injektions- präparate nur je einen Teil des Organs wiedergeben. Die auf die Injektion folgende Maceration unternehme ich — wie von Hauch angegeben — in 10°, Natronhydrat; es erscheinen oft einige Schwierigkeiten bei der Entfernung der innersten Schicht, die ja eine grosse Menge elastischer Fasern enthält, bei vorsichtigem Gebrauch von Präparationsnadeln gelingt es jedoch gewöhnlich, die glatte, blanke Metalllläche zum Vor- schein zu bringen. Um den Duct. ejaculatorius zu injizieren, musste ich eine etwas geänderte Technik anwenden; nachdem ich die Vesicula sem. blossgelegt hatte, führte ich eine Kanüle in deren oberes Ende ein; dies ist eine ziemlich schwierige Arbeit, da man selten beim ersten Versuch denjenigen Teil des Röhrensystems trifft, der abwärts in den Duct. ejacul. übergeht; wenn ich mich über- Beiträge zur mikroskopischen Anatomie etc. 27.93 zeugt hatte, dass das Wasser an beiden Seiten des Ductus ejacul. durchfloss, setzte ich eine P&ansche Pinzette auf die Aus- mündung in die Urethra und spritzte wieder Wasser ein, bis dieses ungetrübt aus beiden freien Enden der Vasa deferentia ausfloss; ebenfalls wurde an jedem der beiden Enden eine P&ansche Pinzette angebracht, nachdem durch die Röhren an beiden Seiten Formaldehydlösung gespült worden war. Nachdem ich das Objekt 24 Stunden lang in Formol fixiert hatte, unter- nahm ich die Metallinjektion in gewöhnlicher Weise, doch mit der Mafsregel, dass ich erst die Pinzette am Duetus ejacul. ab- nahm und Metall injizierte, bis dieses aus der Mündung in die Urethra hervorsickerte; dann wurde die Pinzette wieder angelegt, während zugleich aber die Pinzetten an den Vasa deferentia entfernt wurden, um erst wieder angebracht zu werden, wenn das Metall aus dem freien Ende derselben herausfloss. Darauf injizierte ich Metall auf gewöhnliche Weise und erreichte hier- durch, dass das ganze Röhrensystem injiziert wurde. Was das vom Menschen stammende Material betrifft, so habe ich die Vesicula sem. von im ganzen 61 Individuen unter- sucht; unter den ersten 38 Fällen fixierte ich 11 (No. 1, 2, 3, >, 6, 10, 11, 12, 12, 17, 23) durch Formolinjektion kurz post mortem, die übrigen fixierte ich nach der Sektion in Formol. Während diese 38 Fälle zu histologischen Untersuchungen angewandt wurden, benutzte ich die Fälle No. 39—61 inkl. zu Metall- injektionen. Ausser den obengenannten untersuchte ich noch verschiedene andere, die wegen pathologischer Veränderungen der Vesiculae seminalis kassiert wurden. Das Alter der untersuchten Fälle verteilte sich auf alle Altersperioden vom reifen Embryo an bis zum Alter von 72 Jahren. 280 OTTO V. C. E. PETERSEN, IV. Eigene Untersuchungen. 1. Histologie der Muskulatur und der Schleimhaut der Vesicula seminalis und der Ampulla Vasis deferentis des Menschen. Indem ich jetzt zu meinen eigenen Untersuchungen über- eehe, mache ich vorerst darauf aufmerksam, dass ich bei den- selben die makroskopische Anatomie des Organs ganz ausser 3etracht liess. Behufs des Verständnisses des Folgenden muss ich doch in Erinnerung bringen, dass die Vesicula seminalis wie eine lange Röhre gebaut ist, die am kranialen Ende des Organs umbiegt und sich von hier gegen den Ductus ejacul. hinab richtet, wo diese zweite Strecke blind endet. Diese Röhre ist mit Nebenästen versehen, die sowohl an Anzahl als an Länge variieren können, und sowohl der auf- als der absteigende Ast ist mit den Nebenästen zu einem gelappten Organ verbunden, dessen äusserer Habitus sowohl an Form als an Grösse sehr verschieden sein kann. Man trifft bei einigen Individuen kürzere und breitere, bei anderen längere und schmälere an; wieder andere haben mehr flache Vesiculae seminales, während wir auch nicht selten finden, dass ein Querschnitt des Organs fast kreis- rund ist. Schreiten wir nun zur mikroskopischen Anatomie des Organes, so besteht die Wand, wie man leicht an einem (@uerschnitte sieht, aus glatter Muskulatur, Bindegewebe und Epithel; an der äusseren Seite der glatten Muskulatur finden wir eine dünne Tunica fibrosa, die ganz ausserordentlich variieren kann. In einigen Fällen bekleidet sie die ganze Oberfläche des Organs als ein zusammenhängendes relativ starkes Häutchen, in anderen ist sie erheblich dünner, wieder in anderen findet man sie als eine fast nur aus einer einzelnen Schicht Fibrillen bestehende Bekleidung, und in diesen Fällen ist die Verbindung zwischen Beiträge zur mikroskopischen Anatomie etc. 281 ihr und dem umgebenden Bindegewebe oft mehr intim, indem die beiden Schichten zahlreiche Fibrillen untereinander aus- wechseln, was man nicht beobachtet, wenn die Tunica fibrosa stark entwickelt ist. Nach innen stösst die Tunica fibrosa an die Muskulatur und kann sich hier etwas verschieden verhalten, indem sie bald ziemlich glatt über «die äussere Fläche der Muskeln verläuft, so dass nur vereinzelte Fibrillen zwischen die Muskelzellen hinein entsendet werden, bald aber, namentlich in den Fällen, wo die Längsmuskulatur in deutliche Bänder aufgeblättert ist, grössere 3indegewebsbündel zwischen diese Bänder hineinsendet. Was die Muskulatur betrifft, so finden wir in den hier besprochenen Organen nur glatte Muskel; wie fast alle Autoren angeben, sind sie in zwei Schichten gelagert, aber auch hier treffen wir ent- schieden individuelle Variationen an. Die Längsschicht ist fast immer die dünnste, nur in einem einzigen Falle war sie bedeutend stärker als die Ringschicht (in der Vesieula semi- nalis eines 65 jährigen Individuums, wo die Muskelzellen überall sehr stark mit Pigment angefüllt waren, und wo die Möglichkeit sich nicht ausschliessen lässt, dass die mit der Pigmentierung beginnende Degeneration in der Längsmuskulatur grösseren Umfang angenommen hatte als in der Ringmuskel- schicht: es fand sich hier zugleich sehr starke Zunahme des Bindegewebes überall im Organe). Oft kann man nieht im eigentlichen Sinne des Wortes von einer Längsschicht sprechen, indem die äussersten, longitudinal verlaufenden Muskelzellen zu distinkten, platten Bändern gesammelt sind, die durch reichliches, von der Tunica fibrosa ausgehendes, loses Bindegewebe von- einander getrennt sind. Diese Erscheinung, dass die Längs- inuskeln sich in Tänien ausgestalten, ist sehr variabel; bald trifft man ein Organ an, wo man an vielen Schnitten nur bandförmige Züge der Muskeln sieht, bald findet man an der einen Seite des zu untersuchenden Querschnittes die Längsmuskeln band- 382 OTTO V. C. E. PETERSEN, förmig angeordnet, während sie an der diametral entgegen- gesetzten Seite als eine zusammenhängende Schicht geordnet sind, und in einigen Fällen liegen zwischen den einzelnen Tänien so grosse Zwischenräume, dass die Wand als nur aus einer einzigen Schicht, der Ringmuskelschicht, gebildet zu betrachten ist. An den Stellen, wo zwei Röhrchen mit der Wand anein- anderliegen, trifft man jedoch stets eine zusammenhängende Schicht Längsmuskeln an, und hier kommt man zum Verständnis der grossen Schwierigkeit, welche es darbietet, die einzelnen Röhrchen voneinander loszudissezieren, da an solchen Stellen nicht nur eine fibrilläre Zwischenwand fehlt, sondern zugleich auch sehr häufig eine Auswechselung von Muskelfasern aus einem Röhrchen in das andere stattfindet, so dass die Röhrchen durch muskulöse Fasern sozusagen miteinander verwoben sind. Betrachtet man die äussere Fläche einer Stelle, wo zwei Röhren aneinander liegen, so wird dies sich durch eine Furche an der Oberfläche des Organs kundgeben, und untersucht man das Verhalten der Längsmuskeln an einer solchen Stelle, so sieht man, dass die- selben sich unverändert nach der Tiefe fortsetzen und die oben beschriebene Zwischenwand bilden, oder auch, dass sich an den Längsmuskeln eine Verdickung bildet, die wie ein Keil oder ein Sporn die Furche zwischen den beiden Röhren bis zu einem gewissen Grade ausgleicht, und unter allen Umständen diese Partie bedeutend verstärkt. Während die Längsmuskelschicht immer rein, ohne querverlaufende Elemente ist, gilt dies nicht von der Ringmuskulatur; diese findet man im Gegenteil stets mehr oder weniger mit schräg oder querverlaufenden Fasern untermischt, der rein transversal verlaufende Teil hat indes immer die Oberhand. Die Ringmuskulatur fand ich stets, mit Ausnahme des einzelnen oben erwähnten Falles, von bedeutend grösserem Diameter als die Längsmuskeln. Innerhalb der Ringmuskelschicht stösst man nun auf die Schleimhaut, die sehr faltig ist und aus einem Epithel besteht, IND Beiträge zur mikroskopischen Anatomie etc. S3 unter welchem sich eine muskelhaltige Bindegewebsschicht be- findet, die bei allen Erwachsenen sehr reichlich mit elastischen Fasern versehen ist. Dieses Bindegewebe ist aus ziemlich fest zusammengewalzten kollagenen Fibrillen gebildet und verhält sich etwas verschieden, je nachdem das Organ kontrahiert oder dilatiert ist. In der kontrahierten Vesicula erweist es sich als wellenförmig verlaufende, ziemlich lose Bündel, die zusammen eine ziemlich beträchtliche Dicke haben, während man am er- weiterten Organe sieht, dass dasselbe Bindegewebe sich als ein dünner Streifen gestreckter, sehr dicht aneinander liegender Fibrillen gestaltet. Nach dem Lumen hin entsendet diese Binde- gewebsschicht feine Verlängerungen, welche die Grundlage der Falten bilden, die die innere Fläche des Organs charakterisieren, ohne dass es zwischen den beiden an verschiedenen Stellen ge- legenen Bindegewebsschichten irgend eine Grenze gäbe. Nach aussen ist dieses Bindegewebe ebenfalls sehr innig mit der Muskelschicht verbunden, indem man regelmäfsig sieht, dass es Bündel zwischen die Fasern der Ringmuskelschicht entsendet; eine andere Eigenschaft desselben ist seine Armut an zellulären Elementen, speziell an Rundzellen; man trifft normalerweise stets nur sehr wenige Leukocvten im Bindegewebe der Vesicula seminalis an, und noch nie habe ich auch nur einen einzigen Lymphfollikel irgendwo im Organe gewahrt. Ich kann die Resultate früherer Untersucher nur bestätigen, wenn sie angeben, dass dieses Bindegewebe äusserst reich an elastischen Fasern ist; färbt man einen Schnitt mit Weigerts Elastinfärbung, so werden so viele elastische Fasern gefärbt, dass man fast darüber erstaunt, wie sie alle im Bindegewebe Raum finden. Eine andere Eigenschaft dieses Bindegewebes ist die, dass man in demselben stets longitudinal verlaufende glatte Muskeln findet; bei einigen Individuen handelt es sich nur um ganz wenige zerstreute Muskelzellen, bei anderen kann man da- gegen sehr zahlreiche Muskelfasern im Bindegewebe liegen sehen, 284 OTTO V. C. E. PETERSEN, nie aber als eine zusammenhängende Schicht; an demselben (Querschnitt einer Röhre kann man eine Stelle sehen, wo viel- leicht nur eine oder zwei Muskelfasern, senkrecht zur Ober- fläche, liegen, und eine kurze Strecke von hier liegen vielleicht 20, ohne dass man für dieses Schwanken einen Grund haben könnte. Bei kleinen Kindern ist die Anordnung dieser Muskelschicht besonders charakteristisch; innerhalb der Ring- und der Längs- schicht des Muskelhäutchens, die hier im Verhältnis zur Schleim- haut bedeutend stärker sind als beim Erwachsenen, findet man eine grosse Menge longitudinal verlaufender Muskelzellen im Bindegewebe eben der Mucosa, so viele und so distinkt ab- gegrenzte, dass man von einer inneren Längsschicht reden könnte, die man mit der inneren Muskelschicht des Vas deferens zu homologisieren versucht ist. Ausser diesen Muskelfasern, die im Bindegewebe zwischen den Falten und der Muskulatur liegen, findet man überall, sogar in den zartesten Schleimhautfalten, zerstreute glatte Muskel- zellen, so dass die ganze Schleimhaut imstande ist, sich aktiv zu kontrahieren. Liest man die Arbeiten der früheren Untersucher durch, so erweist es sich, dass über die Bezeichnung derjenigen Binde- gewebsmasse, welche zwischen dem Epithel und der Muskulatur liegt, einige Uneinigkeit herrscht, indem ein einziger Autor das (Ganze als Schleimhaut bezeichnet (Guelliot), während andere (Felix, Oberndorfer, Eberth) es in Schleimhaut und in Tunica submucosa teilen, ohne jedoch zu präzisieren, weshalb sie diese Teilung unternehmen. Um die Bezeichnung »Submucosa« in betreff eines Organs zu benutzen, pflegt man eine besondere differenzierte Binde- gewebsschicht unter der Schleimhaut zu fordern, die von letzterer oft durch eine Muscularis mucosae getrennt ist und jedenfalls reichlichen Inhalt von Gefäss- und Nervenplexus hat. In der Beiträge zur mıkroskopischen Anatomie ete. 285 Vesicula seminalis treffen wir aber durchaus keine Andeutung einer Differenzierung des Bindegewebes an: die Bündel liegen in der ganzen Tiefe gleich dicht aneinander, ohne dass es eine lose Partie (Submucosa) unter einem festeren (rewebe gäbe; die genannten Längsmuskeln finden sich zerstreut überall, so dass von einer Muscularis mucosae im üblichen Sinne des Wortes keine Rede sein kann ; endlich gibt es, wenn wir eine der grösseren Scheidewände des Organes betrachten, ebensoviel Bindegewebe in dieser wie die ganze Dicke des hier besprochenen Bindegewebes beträgt; an einer solchen Stelle würde man wohl nicht geneigt sein, von anderem als von Schleimhaut zu reden, und doch ist es ganz dasselbe, was wir im subepithelialen Teile des ganzen Organs antreffen. Dieser eigentümliche Bau der Schleimhaut des Organs bewirkt, dass dieses sich beim Ausspannen auf besonders charakteristische Weise verhält; spannt man ein Organ mit loser Submucosa aus, z. B. einen Darm, so wird sich die Schleimhaut leicht nach der Muskulatur hin verschieben, und bei fortgesetztem Ausspannen wird sie fast ganz ausgeglättet werden; an der Vesicula seminalis sieht man dagegen, dass die Falten der Schleimhaut selbst bei starkem Ausspannen fast die- selbe Form und Grösse bewahren, die sie vor dem Ausspannen hatten. Einmal über das andere stellte ich den Versuch mit Injektion von Wasser in die Vesicula seminalis an und beständig mit demselben Resultat; selbst nach stark vermehrtem Druck war kein wesentlicher Unterschied der Art der Faltung zu ge- wahren; die einzelnen Hohlräume der Schleimhaut können wohl etwas mehr abgeplattet und im Querdurchschnitt etwas breiter geworden sein, der Unterschied ist aber ganz unbedeutend. Untersucht man das Verhältnis mikroskopisch, so sieht man, dass die tieferen Teile der Mucosa die Muskulatur begleiten ; sin die Muskeln kontrahiert, so gewahrt man einen wellenförmigen Verlauf der Fibrillen, während diese ganz gestreckt verlaufen, wenn die Muskulatur schlaff ist; was die Falten betrifft, so trifft Anatomische Hefte. I. Abteilung. 103. Heft (34. Bd. H. 2). 19 286 OTTO V. C. E. PETERSEN, man diese bei kontrahierter Muskulatur stark seitlich zusammen- gedrängt an, so dass das Bild an Schnitte tuberkulöser Drüsen erinnert, bei schlaffer Muskulatur liegen sie dagegen weit von- einander zerstreut, so dass sie regelmälsig polygonale Hohlräume begrenzen, ein Bild, das der Vesicula seminalis charakteristisch ist und das von mehreren früheren Autoren als ein schräger Schnitt edeutet wurde. Übrigens werde ich bei der Besprechung der Faltung der Schleimhaut wieder auf die Frage nach den Form- veränderungen des Organes durch das Ausspannen zurück- kommen. Was die Faltung der Schleimhaut betrifft, so ist sie so kompliziert, dass man erst durch viele und sorgfältige Unter- suchungen über ihre Natur ins reine kommt. Betrachtet man vorerst einige Schnitte der Vesicula seminalis, so wird man bald erblicken, dass es zwei verschiedene Formen der Faltung gibt; die eine (Fig. I) macht völlig den Eindruck, als hätte man einen Schnitt durch ein Organ gelegt, das aus kurzen, aber ziemlich weiten, rohrförmigen Drüsen besteht; man sieht einen rohr- förmigen Hohlraum neben dem anderen, einige, die der Länge nach, andere, die quer getroffen sind, und zwischen den Schleim- hautfalten, welche zwei Lumina trennen, verlaufen oft (Quer- falten, so dass man 2—3 Reihen ovaler Lumina übereinander sieht. Die zweite Form (Fig. 2) erweist sich an den Schnitten als ein Maschenwerk aus feinen Mucosabalken, die gewöhnlich eestreckt sind, so dass sie einen fast geradlinigen Verlauf haben ; sie grenzen grosse polygonale Hohlräume zwischen sich ab, und liese Hohlräume sind nach aussen gegen die Muskulatur hin oft in kleinere Abteile geteilt durch kleine Mucosabalken, die wie spanische Wände hervortreten und im Innern des grösseren Hohlraumes blind enden. Diese beiden Hauptformen der Faltung trifft man in der Vesicula seminalis und der Ampulla vasis deferentis beim erwachsenen Individuum an, und untersucht man grössere Beiträge zur mikroskopischen Anatomie etc. 287 Serien von Querschnitten, so zeigt es sich, dass der glanduläre Faltungstypus nach und nach, fast unmerklich, in den retikulären übergehen kann, wenn wir eine Schnittreihe von oben nach unten verfolgen; auch kann man finden, wenn man den Quer- schnitt einer ganzen Röhre vor sich hat, dass der eine Teil des (Juerschnittes eine retikulär gefaltete Schleimhaut hat, während der andere Teil das Bild der glandulären Faltung darbietet. Beide Formen der Faltung werden gleich häufig angetroffen, und es gelang mir nicht, eine Regel für ihre Lokalisation am ganzen Organe zu finden; untersucht man z. B. die Spitze der Vesieula seminalis, so kann diese bei einem Individuum retikuläre, bei einem anderen glanduläre Faltung, und bei einem dritten ein Mittelding beider Formen zeigen. Es findet sich eine konstante Beziehung der Art der Faltung -zum Kontraktions- zustande der Muskulatur; wir sehen nämlich, dass bei der retikulären Faltung die Muskelschichten stets dünn sind und lange, gestreckte Kerne haben, während ebenso konstant die- selben im Falle glandulärer Faltung einen grösseren (Querschnitt haben und mit kontrahierten Zellen versehen sind. Der Voll- ständigkeit wegen führe ich an, dass dies nicht nur von den Vesiculae seminales zweier verschiedener Individuen gilt, wo ja der Einwurf sich erheben liesse, das eine Individuum habe dünnere Muskulatur als das andere, sondern auch von ein und demselben Organ, wo man gewahren kann, dass die beiden Erscheinungen sich begleiten, z. B. an dem oberen und dem unteren Ende des Organes, ja sogar dass an demselben Schnitte die eine Hälfte des Röhrchens mit schlaffer, die andere dagegen mit kontrahierter Muskulatur versehen ist. Dieses Bild wird nun noch ferner dadurch kompliziert, dass man ein ziemlich entschieden individuelles Schwanken mit Bezug auf die Faltung der Schleimhaut vorfindet; die oben beschriebenen Formen sind zunächst als die am höchsten entwickelten zu betrachten. neben denselben kann man aber auch Vesiculae 19* 288 OTTO V. C. E. PETERSEN, seminales finden, die überall nur zwei Reihen von Schleimhaut- falten übereinander haben; andere haben zwar 2—8 Reihen, die Falten erlangen aber nirgends die Mächtigkeit wie bei den oben- genannten (als gute Beispiele hiervon kann ich Eb erths Abbildung S. 59, Fig. 62 und und Lobottas Taf. 57, Fig. 2 anführen))). Um über das innere Relief der Schleimhaut zur Klarheit zu gelangen, untersuchte ich zahlreiche Flächenpräparate von der ganzen Wand des Organs; ich verfuhr in der Weise, dass ich ein ausgeschnittenes Stück der Vesicula seminalis gut mit Wasser abspülte, um möglicherweise zurückgebliebene koagulierte Sekretreste zu entfernen; nach Färbung mit Karmin wurde es entweder in Glyzerin oder in Kanadabalsam eingelagert, und bei schwacher Vergrösserung (z. B. Zeiss %,0c. 2) sah man nun (Fig. 5) zuinnerst nach dem Lumen hin eine Reihe grosser, fast kreisrunder Löcher, die nur durch ganz dünne Zwischenwände voneinander abgegrenzt waren; in der Tiefe der Hohlräume, deren obere Begrenzung von den genannten runden Löchern gebildet wurde, sieht man andere, kleinere Öffnungen, die in tiefer gelegene Höhlungen hinabführen, und vom Boden der letzteren kann in einzelnen Fällen wieder ein drittes System von Höhlungen ausgehen; ob man diese gewahrt, ist jedoch von ihrer Lage abhängig, indem es einleuchtet, dass sie nur dann wahrgenommen werden können, wenn sie gerade unterhalb der beiden darüber gelegenen Löcher liegen. Bekanntlich hat man diese Faltung der Vesicula seminalis mit dem Netz von Schleimhautfalten verglichen, das man in der Gallenblase findet; es besteht jedoch ein wesentlicher Unter- 1) Eine andere Erscheinung, die hiermit nicht verwechselt werden darf, ist die, dass die Schleimhaut atrophieren und hierdurch vollständig aus- geglättet werden kann; so fand ich bei einem 41jährigen Manne die Schleim- haut völlig glatt ohne die geringste Hervorragung; dasselbe war mit der Ves. sem. eines 70jährigen Mannes der Fall; in beiden Fällen war die Muskulatur zum Teil zerstört und durch sklerotisches Bindegewebe ersetzt worden. Beiträge zur mikroskopischen Anatomie etc. 289 schied. Spannt man nämlich eine Gallenblase mit Flüssigkeit aus, so wird ihre innere Fläche bei hinlänglich hohem Druck völlig abgeglättet werden, injiziert man aber Flüssigkeit in die Vesicula seminalis, so wird sich bei dem vermehrten Drucke das ganze Organ erweitern, die Natur der Faltung erhält sich jedoch unverändert, wenn die einzelnen Hohlräume sich auch schwach erweitern. Hiervon überzeugte ich mich, teils indem ich die Hälfte des Organs mit wässerigem Formol injizierte, während ich die andere Hälfte ohne Injektion fixierte, worauf die mikroskopische Untersuchung der beiden Hälften nur sehr geringen Unterschied ergab; teils indem ich in dieser Beziehung aus meinen Metallinjektionen zahlreiche Frfahrungen erntete, loch hierüber später. Ausser an Flächenpräparaten untersuchte ich das Verhalten der Schleimhaut auch durch Rekonstruktion von Schnittserien '). An einem neunmonatlichen Embryo, wo es wegen der Kleinheit des Organs unmöglich war, Flächenpräparate der Wand herzustellen, unternahm ich eine Rekonstruktion des Hohlraumes im oberen Teile der Vesicula seminalis; es erwies sich nun, dass derselbe aus einer grossen zentralen Höhlung bestand, deren äussere, der Muskulatur zugekehrte Fläche in kleine, unregelmäfsig halbkugelförmige Hohlräume abgeteilt war (dem- entsprechend zeigten Schnittpräparate nur ganz einzelne, ziemlich 1) Die hier angewandte Technik muss ich in Kürze besprechen, da sie bedeutend leichter auszuführen ist als die ursprünglich von Bom angegebene: sie ist Dr. P. Liebmann zu verdanken und meines Wissens bisher noch nicht veröffentlicht worden. Man zeichnet die Schnitte auf Papier und über diese Konturzeichnungen schneidet man darauf seine Wachsplatten aus. Richtplane und Richtlinien lassen sich gänzlich vermeiden, indem man genügende Platzbestimmung der einzelnen Teile dadurch erhält, dass man die Kontur des Organes in jede einzelne Zeichnung miteinzeichnet. Zugleich besitzt die Methode den Vorteil, dass man alle Zeichnungen aufbewahren und eventuell neue Rekonstruktionen herstellen oder andere Teile der Zeichnung zu Rekonstruktion gebrauchen kann. 290 OTTO V. C. E. PETERSEN, kurze, leistenförmige Vorsprünge der Schleimhaut in das Lumen hinein. und nur hie und da eine einzelne abgeschlossene, tiefer nach aussen gegen die Muscularis hin gelegene Ausbuchtung). Von der Vesicula seminalis eines 35 jährigen Mannes führte ich erst eine positive Rekonstruktion der Schleimhaut aus; diese zeigte hinsichtlich der inneren Fläche ganz dasselbe Bild wie die Flächenpräparate: man sah den Gipfel einer Reihe von Schleimhautfalten. welche rundliche, in grosse Hohlräume führende Öffnungen begrenzten: diese Hohlräume standen wieder mittels sekundärer Öffnungen mit tiefer liegenden Hohlräumen in Verbindung. Um eine negative Rekonstruktion desselben Objekts zu erhalten, goss ich die Wachskonstruktion mit Gips aus. und nach Erstarrung des Gipses schmelzte ich das Wachs m warmem Wasser ab. Betrachtet man nun diese Gipsrekonstruktion von der Fläche aus (Fig. 4), so sieht man eine Reihe tiefer, aber schmaler Furchen. welche einzelne Ausbuchtungen der Schleimhaut von- einander trennen: die Oberfläche dieser Furchen ist durch andere, weniger tiefe Furchen in kleinere, ebenfalls rundliche Aus- buchtungen geteilt, aber sowohl die primären als die sekundären Vertiefungen stehen gewöhnlich mittels ihrer ganzen Basis mit dem Hauptlumen in Verbindung, und nur ausnahmsweise kann von einer Stielbildung an der Anheftungsstelle die Rede sein. Die Form der grösseren Hohlräume ist verschieden, bald haben sie in der transversalen, bald in der longitudmalen Richtung des Organs ihre grösste Ausdehnung, und ihre Zwischenräume sind so klein und ihre gegenseitige Anpassung so vollkommen, dass man sich des Gedankens, die Form und die Ausdehnung der einzelnen Ausbuchtungen seien in hohem Grade durch das Wachstum der benachbarten Ausbuchtungen bestimmt, nicht erwehren kann. Die Faltung mehrerer Organe untersuchte ich durch Injektion von Liponatz Legierung und nachfolgende Maceration. Die Beiträge zur mikroskopischen Anatomie etc. 291 erste Erscheinung, die bei diesen Injektionsversuchen im die Augen springt, ist die geringe Reaktion des Organes auf Druck- vermehrune:; führt man eine dünne Kanüle in das Vas deferens ein und injiziert man Flüssigkeit, so wird [wie von Rehfisch (77) und anderen angeführt) die Vesicula seminalis sich füllen, bevor aus dem Ductus ejaculatorius Flüssigkeit ausfliesst; ligiert man nun die Mündung des Ductus ejaculatorius und vermehrt man den Injektionsdruck, so wird man zwar sehen, dass das Organ sich ein wenig erweitert, aber selbst bei starkem Injektions- ‚ruck und bei einer Spritze mit schmalem Lumen bleibt diese Erweiterung ganz minimal und erreicht nie die Höhe, bis zu Jer man die Erweiterung anderer hohlen Organe treiben kann (sogar die Prostata wird durch eine ähnliche Druckvermehrung relativ mehr vergrössert). Dieses Verhalten ist durchaus konstant und findet statt, ob man nun Wasser oder Formol zum Ein- spritzen benutzt. Betrachten wir nun die Oberfläche der Ausgüsse, so sehen wir auch hier Verhältnisse, die in ihren Extremen den beiden oben beschriebenen Faltungsformen der Schleimhaut völlig ent- sprechen. Einerseits finden wir Röhrchen, deren Oberfläche mit kleinen Erhabenheiten besetzt ist, welche bald kugelrund mit einem dünneren Stiel, bald halbkugelförmig sind, in welchem Falle sie mittels einer breiteren Basis mit dem Hauptlumen konmmunizieren, bald sind sie aber auch mehr länglich, fast rohrförmig. Alle verschiedenen Formen können isoliert an- gebracht sein, oder auch sind sie zu kleineren Gruppen von Hohlräumen eesammelt, die mittels eines Stieles mit dem zentralen Raum vereint sind; ausserdem findet man hie und da die von Felix (19) beschriebenen Drüsen, doch hierüber unten. Anderseits sieht man Röhrenabschnitte, deren Oberfläche von polygonal angeordneten, geradlinig verlaufenden Furchen durch- zogen ist, welche grössere, unregelmässig eckige Ausbuchtungen voneinander trennen. und diese Abschnitte haben meistens einen 292 OTTO V. €. E. PETERSEN, grösseren Durchmesser als die obengenannten. Endlich kann man Strecken der Röhrchen antreffen, die inmitten der beiden Gruppen stehen, indem die Prominenzen freilich den erst- genannten Typus zeigen, jedoch bedeutend weniger hervorragen und zugleich grösseren Durchmesser haben als dieser. Mit Ausnahme derjenigen Fälle, in welchen ich die Schleim- haut wegen pathologischer Veränderungen völlig abgeglättet fand, beobachtete ich stets in einer und derselben Vesiceula seminalis alle Formen der Faltung in den verschiedenen Abschnitten der injizierten Röhren. Die Lokalisation derselben scheint kemer festen Regel zu unterliegen, bald ist der kraniale, bald der kaudale Teil der Röhre retikulär gefaltet, oder auch umgekehrt, wie man auch finden kann, dass die eine Seite einer Röhre mit kleinen, die diametral entgegengesetzte aber mit grösseren Prominenzen besetzt ist; obschon man am häufigsten die dilatierten Röhrchen mit polygonal-maschiger Oberfläche antrifft, kann man an einer Röhre von grossen Durchmesser doch auch die feinkörnige Fläche finden, niemals gewahrte ich aber, dass die dünnsten Röhren eine polygonal gezeichnete Oberfläche hatten, was ebenfalls zu gunsten der Ansicht spricht, dass die beiden Formen der Oberfläche zum grossen Teil den ver- schiedenen Kontraktionszustand des Organs ausdrücken !). Diese Ansicht wird ferner durch das Verhalten an Schnittpräparaten bestätigt, wo wir bei der glandulären Form der Schleimhaut die Muskulatur stets kontrahiert und einen wellenförmigen Ver- lauf der Fibrillen der Mucosa finden, während wir bei der maschigen Form der Schleimhaut dünne, dilatierte Muskulatur 1) Man muss bedenken, dass das Kaliber der einzelnen Röhrchen der Vesicula seminalis bedeutend schwankt; einige sind absolut dünner, andere absolut breiter im Durchschnitt, und dieses Schwanken ist sowohl bei den einzelnen Röhrchen derselben Vesicula seminalis als auch bei den höhren aus den Vesiculae seminales verschiedener Individuen anzutreffen, was u. a. aus den schönen Abbildungen von Pallin (70) hervorgeht. Anatom. Hefte. I. Abteilung. 103. Heft (34. Bd. H. 2). Fie.S. Fig. 9. Die Figuren 10, il, 12, 13 befinden sich auf Tafel 23 Tafel Beiträge zur mikroskopischen Anatomie etc. 295 und gestrecktes Mucosa-Bindegewebe haben; zugleich sieht man, dass die Dicke der Schleimhautfältchen selbst sich verändert, so dass sie bei einer Form einen kürzeren, bei der anderen einen längeren Durchmesser zeigen. Nun aber die Ausspannungsversuche. Weshalb sind wir nicht imstande, wenn wir die Vesicula seminalis mit Flüssigkeit ausspannen, die ganze innere Fläche derselben die Form an- nehmen zu lassen, die der vermutlichen Ausspannung entspricht? Ich mache vorerst darauf aufmerksam, dass die Schleimhaut- falten im ganzen einen steifen, soliden Eindruck machen; an unfixierten Objekten sieht man sie niemals in der Flüssigkeit wallen, wie man auch nicht sagen kann, dass man die innere Fläche jemals zusammengefallen fände; die Faltungen mögen nun fixiert sein oder auch nicht, so scheinen sie stets gleich wenig geneigt, ihre Form wegen der Einwirkung äusserer Kräfte zu verändern. Ferner bewirkt eben der Bau der Schleim- haut mit der überall eingelagerten Muskulatur, die sogar in den dünnsten Fältchen angetroffen wird, und dem festen Bau des Bindegewebes, dass sich nicht voraussetzen lässt, eine Aus- spannung post mortem hätte auch nur annähernd ebenso grosse Wirkung als die, welche die Ausspannung auf em Organ aus- übt, in dem nicht nur das Bindegewebe der Schleimhaut, sondern auch das in der Vesicula seminalis gänzlich fehlende submuköse Bindegewebe locker ist. Dagegen ist es sehr wohl denkbar, dass die Veränderung der Form der Schleimhaut aus der retikulären in die glandulöse in vivo durch eine Kontraktion der Muskulatur‘ entstanden sein könnte; gehen wir von der netzförmigen Faltung der Schleimhaut aus und denken wir uns, dass sämtliche Muskeln des Organs kontrahiert werden, so wird sowohl die Tunica muscularis einen grösseren Durchschnitt erhalten als auch die Dimensionen des Röhrchens verkürzt werden; es liesse sich denken, dass hierdurch die Faltung des Bindegewebes der Schleimhaut entstanden wäre, und dadurch würde wieder be- 294 OTTO V. C. E. PETERSEN, wirkt werden, dass die grossen Hohlräume sich sowohl trans- versal als longitudinal verengerten; durch die Kontraktion der einzelnen Muskelfasern der Schleimhaut würde diese sich endlich verdicken, wie wir es an der glandulösen Form sehen. Diese Auffassung, dass die beiden verschiedenen Faltungen funktionelle Äusserungen einer und derselben Grundform wären, ist aber nur mit Bezug anf einige der Falten befriedigend; bei einigen Individuen finden wir aber ganz kleine alveolare Höhlungen (z. B. mit einem Diameter, der zwischen 0,25 und 0,40 mm schwankt), und sollten wir uns denken, dass diese zur Faltung der retikulären Form übergingen, so müsste ein einzelner Diameter derselben sich vier Mal, die Fläche also 16 Mal und das Volumen etwa 64 Mal vergrössern ; eine derartige Erweiterung des Organs ist jedoch sowohl physiologisch als anatomisch nur wenig denkbar: was die grösseren runden Höhlungen betrifft, so ist die Erweiterung, die dazu erforderlich wäre, ihre Ver- änderung in die retikuläre Form zu bewirken, bedeutend geringer (der Diameter war in einem Falle 0,5 —1,0 mm, während der Diameter der retikulären Form zwischen 1,0 und 2,0 mm schwankte) und so klein, dass es sich sehr wohl denken liesse, diese Erweiterung könnte durch eine physiologische Erschlaffung der Muskeln verursacht sein. Mit Bezug auf die unten be- schriebenen Drüsen, so liegen diese so dicht von Muskulatur umgeben, dass ihre Formveränderung nur sehr gering sein kann: man findet sie denn auch in allen Fällen, wo sie vor- handen sind, von ziemlich gleicher Form, die überliegende Schleimhaut möge nun retikuläre oder glanduläre Form haben. Ein anderer Faktor, der bei dieser Formveränderung ebenfalls eine Rolle spielt, ist der Druck angehäuften Sekrets; wie dieses dahin wirkt, den Raum zu erweitern und das Epithel abzu- platten, ist nicht leicht zu verstehen, da alle Höhlungen ja miteinander kommunizieren, und zwar meistens mittels weiter Öffnungen; dass man aber durch eine kurzdauernde Druck- Beiträge zur mikroskopischen Anatomie etc. 295 erhöhung in einem Organ sollte dasselbe Resultat erzielen können wie durch eine Einwirkung, die sich in vivo über mehrere Stunden — vielleicht sogar über mehrere Tage — erstreckt hat, las steht von vornherein nicht zu erwarten. Während die obige Beschreibung der Faltung hinsichtlich einiger Vesiculae seminales erschöpfend ist, gibt es andere, wo unter dieser scharf abgegrenzten, faltigen Schleimhaut hie und dla noch andere, tiefer gehende Einfaltungen gefunden werden, «ie sich gleichsam in die Muskulatur hineingraben. Die grösseren lerselben können mit den von Felix beschriebenen Drüsen ganz gut übereinstimmen, sie sind aber von verschiedener (Grösse; am leichtesten lassen sie sich durch Metallinjektionen nachweisen: man wird dann sogleich gewahren, dass sie weiter in die Muskulatur hinausgehen als der übrige Teil der Schleimhaut- fältehen; gewöhnlich fallen sie bei der Maceration ab, da der Stiel, mittels dessen sie mit dem übrigen ausgegossenen Hohl- raum verbunden sind, sehr dünn sein kann. Betrachten wir ein paar der einfachsten (Fig. 5), so erweisen sie sich als kolben- förmige Höhlungen, die mittels eines etwas dünneren Stieles mit der oberhalb liegenden Schleimhaut verbunden gewesen sind: eine höhere Entwicklungsstufe bezeichnen schon diejenigen, die wie zwei oder drei dieser zu einem kurzen Gange vereinten Kolben gebaut sind. Man kann auch einige antreffen, die aus zwei bis drei kurzen, zu einem Ausführungsgange vereinten Röhrchen bestehen, diese Röhrchen tragen dann aber an ihrem blinden Ende mehr oder weniger entschieden kugelförmige alveolare Auswüchse: solche Bildungen sind als Übergänge in die mehr zusammengesetzten zu betrachten, die Fig. 6 und 7 abgebildet ind; hier sehen wir, wie ein zunächst zylindrischer Ausführungs- gang sich in 3—6 andere Röhrensysteme teilt, die an einigen Stellen mehr zylindrisch sind, an anderen aber rundliche oder ovoide Auswüchse tragen, welche am häufigsten den Fundus ler Röhrchen bilden, so dass das Ganze an ein alveolares (sangsystem erinnert. 296 OTTO V. C. E. PETERSEN, Während es sämtlichen oben beschriebenen Bildungen gemein ist, dass sie aus Mischungen tubulöser und alveolarer Elemente bestehen, kennen wir andere, wo das tubulöse Element sich nur an der Stelle findet, wo die Verbindung mit der darüber liegenden Schleimhaut stattgefunden hat, indem ein oanz kurzes Röhrchen von hier in einen grösseren Hohlraum führt, dessen äussere Oberfläche von einer alveolenähnlichen Bildung neben der anderen begrenzt wird; eine solche ist Fig. 9 abgebildet, welche die Photographie einer Rekonstruktion aus der Vesicula seminalis eines 20 jährigen Mannes ist. Die hier wiedergegebene Bildung ist ganz einer Weintraube mit sehr kurzem Stiel ähnlich; sie lag unterhalb der anderen Schleim- hautfalten und war nicht von einem besonderen Muskelhäutchen umgeben, sondern lag gleichsam in die Muskulatur hinein- gegraben. Die höchste Entwicklung haben diese Bildungen in dem Fig. 8 wiedergegebenen Falle erreicht; der abgebildete Ausguss stammt aus der Vesicula seminalis eines 72 jährigen Mannes her und lag ebenso wie der vorige im Innern der Muskulatur, ohne von einem besonderen Muskelhäutchen umgeben zu sein. Man sieht hier einen grossen länglichen Hohlraum, der durch eine Ein- schnürung der Länge nach in zwei Teile geteilt ist; die ganze Ober- fläche ist mit kleinen alveolaren Hohlräumen bedeckt, die an einigen Stellen dicht aneinander, an anderen aber weiter voneinander stehen; an der rechten Seite geht der Hohlraum in eine mehr zylindrische Partie über, und zugleich nimmt die Menge der Alveolen ab, so dass wir hier nur einige einzelne kuglige Pro- minenzen antreffen, die dafür bedeutend grösser sind als die- jenigen, die nach dem blinden Ende des Hohlraumes hin sitzen; während wir an dem vorigen Hohlraum fanden, dass der Aus- führungsgang mit der Längsachse des Drüsenkörpers zusammen- fiel, befindet sich an diesem Hohlraum eine winkelförmige Umbiegung zwischen den beiden Teilen; dieselbe war in ihrer Beiträge zur mikroskopischen Anatomie etc. 297 Beziehung zu dem Röhrchen, von welchem sie ausging, so an- gebracht, dass der zylindrische Gang senkrecht zu diesem stand, während der grosse längliche Hohlraum sich parallel zu demselben in kranialer Richtung erstreckte. Das Vorkommen dieser Drüsen ist, wie angeführt, keine konstante Erscheinung; auch fand ich nichts, das andeuten könnte, sie wären in einem bestimmten Lebensalter besonders häufig; man findet sie sowohl bei ganz jungen Individuen (Fig. 2, 20 Jahr) als auch bei Greisen (72 Jahr), und anderseits kann man in allen Altersperioden Vesiculae seminales finden, denen «liese Bildungen gänzlich abgehen. In den Fällen, wo die Aus- buchtungen der Schleimhaut nach einer regelmäfsigen Fläche aufgeschnitten wurden, und wo die Drüsen deshalb dem Anschein nach fehlen, erweist es sich dennoch, wenn man die an den Metallausgüssen befindlichen halbkugeligen Vorsprünge zu ent- fernen sucht, dass viele der letzteren an der Implantationsstelle mit einer Einschnürung versehen sind, und wenn man sie los- getrennt hat, sieht man, dass sie ganz in derselben Weise geformt sind wie die einfachsten der oben beschriebenen Bil- dungen, nur sind sie in demselben Plan angebracht wie die übrigen Fältchen und ragen nicht wie jene über den Fundus derselben empor. Während frühere Untersucher (Felix, Henle) von rohr- förmigen Drüsen reden, muss ich bestimmt behaupten, dass ich nie in der Vesicula seminalis des Menschen Drüsen gewahrt habe, die wie regelmälsige zylindrische Röhrchen geformt waren; immer fand ich am blinden Ende der Drüse eine erweiterte Partie. Die Frage ist nur, wie wir diese Bildungen aufzufassen haben: wie oben berührt, sind die früheren Untersucher über diesen Punkt sehr uneinig. So bestreitet Weber das Vorkommen von Drüsen, Henle dagegen behauptet, man müsse von rohr- förmigen Drüsen im Organe reden. Hennes und Akutzu versichern beide, es könne von Drüsen keine Rede sein, da das 298 OTTO V. C. E. PETERSEN, Epithel überall gleichartig sei. Disselhorst spricht von Drüsen, ohne seinen Standpunkt näher zu begründen, undOberndorfer meint, es handle sich nicht um Drüsen, sondern um verlängerte Alveolen. Während Pasteau (72) die Bildungen zu den drüsigen rechnet, teilt Felix (19) die Schleimhaut in zwei Teile, einen oberen, der ausschliesslich aus rohrförmigen Drüsen bestehe, und einen unteren, in welchem die zuerst von ihm beschriebenen, mehr komplizierten Drüsen vorkämen; Eberth (15), der sonst in allen Stücken der Darstellung Felix beitritt, meint dennoch, von Drüsen könne man nicht reden, da es an einem spezifischen Epithel fehle. Die Deutung der fraglichen Verhältnisse steht im engem Zusammenhang damit, was die betreffenden Untersucher unter lem Begriff einer Drüse verstehen; einige definieren eine Drüse als eine epithelbekleidete sezernierende Einbuchtung mit spezifi- schem Epithel (v. Eberth, Akutzu, Hennes), während andere (Felix, Pasteau) bei der morphologischen Definition bleiben, die in den Hauptzügen mit der von Flemming (21) aufgestellten übereinstimmt: »Jede Drüse ist, nach dem allgemeinsten Form- charakter, ein blind endigender, geteilter oder ungeteilter Epithel- schlauch mit einer mesodermatischen Hüllschicht (Membraua propria) von verschiedenem Verhalten. « Betrachten wir die erstere Definition, so ist diese nicht er- schöpfend für die Bildungen, die wir nun einmal Drüsen nennen; die Lieberkühnschen Drüsen des Dünndarms haben zwar die Panethschen Zellen, die ihnen einen spezifischen Charakter verleihen, bei den Tieren aber (z. B. Hund und Katze), wo man Panethsche Zellen nicht nachgewiesen hat, spricht man doch auch von Lieberkühnschen Drüsen, ebenso wie von solchen im Kolon und Rektum, wo man bei keinem erwachsenen Tiere Panethsche Zellen antrifft; und doch gibt es — nur von den Panethschen Zellen abgesehen — keinen Unterschied zwischen dem Epithel am Grunde der Lieberkühnschen Drüsen und Beiträge zur mikroskopischen Anatomie ete. 299 dem an der Spitze der Villi intestinales. Ein anderes Beispiel, lass diese Definition unhaltbar ist, finden wir an. der Pelvis renis des Pferdes; die Submucosa derselben ist von dicht neben- einanderstehenden geteilten Drüsen angefüllt; nach oben kann man in einigen Fällen diese Drüsen vom Oberflächenepithel scharf abgegrenzt sehen, in anderen gibt es einen ganz sanften Übergang aus dem Drüsenepithel ins Oberflächenepithel, und bei näherer Untersuchung erweist es sich, dass die Zellen des Ober- flächenepithels imstande sind, ganz auf dieselbe Weise wie die Zellen der Drüsen Schleim abzusondern. Auch hier hat kein Untersucher Bedenken getragen, die submukösen Hohlräume als Drüsen zu bezeichnen, obschon der Forderung einer Spezifizität der Drüsenzelle durchaus nicht genügt wird. Definieren wir die Drüse dagegen als eine epithelbekleidete, sezernierende Einbuchtung an einer Schleimhautoberfläche, so bekommen wir eine Definition, die alles umfasst, was wir bisher ‚Drüsen« genannt haben; das Malsgebende ist und bleibt doch die Sekretion im Verein mit dem Verhältnisse, dass die Fläche, an welcher diese stattfindet, durch Einbuchtung vergrössert worden ist; erst in zweiter Reihe kommt die Spezifität der Drüsen- zellen, die sich ja auch, embryologisch betrachtet, später durch Differenzierung der schon längst zu einer Drüsenanlage hinab- gewachsenen Epithelzäpfehen entwickelt. Kehren wir nun zur Vesicula seminalis zurück, so steht, was die Form betrifft, nichts dem im Wege, dass wir alle Schleimhautausbuchtungen Drüsen nennen; wir haben gesehen, dass sie einzelne alveolare oder tubulo-alveolare Bildungen sein können, dass sie auf verschiedene Weise geteilt und zusammen- gesetzt sein können, und werden endlich später sehen, wie ıhr Epithel sekretorielle Veränderungen erleidet, allerdings ganz im derselben Weise wie die wenigen Zellen, die am Gipfel der Schleimhautleisten zwischen den Einbuchtungen sitzen. 300 OTTO V. C. E. PETERSEN, Betrachten wir die Vesicula seminalis eines neunmonatlichen Embryos, so sehen wir die Wandung überall mit kleinen alveolaren Bildungen bedeckt, die in den gemeinschaftlichen, von der Röhre selbst gebildeten Hohlraum ausmünden; die Faltung ist hier jedoch bedeutend einfacher als beim Erwachsenen, und als einen Übergang zum Bau derselben bei diesem kann man gewiss den Umstand betrachten, dass man sehr oft unter der einzelnen Schicht Alveolen, zwischen dieser und der Muskulatur zerstreute, kleinere, alveolenähnliche Hohlräume findet; zwischen diesen finden sich wieder andere, die anscheinend solide Epithelzäpfehen sind, die sich aber bei näherer Untersuchung der Serie als Tangentialschnitte von Alveolen erweisen. Die Schleimhaut ist hier überall auf dieselbe Weise gefaltet, und nirgends findet man etwas, was der retikulären Faltung beim Erwachsenen ähn- lich wäre. Leider war es mir nicht möglich, hinlängliches Material zu beschaffen, um zu bestimmen, wann der Übergang aus dem fötalen in den ausgewachsenen Typus der Faltung des Organes stattfindet; bei einem l4jährigen Knaben fand ich ganz den- selben Faltungsmodus wie beim Neugeborenen; dasselbe galt von der Vesicula seminalis eines 16jährigen Knaben; beide waren absolut vom infantilen Typus, und dementsprechend hatte die Grösse des Organs nur wenig zugenommen, so dass der Übergang in den ausgewachsenen Typus ziemlich spät einzutreten scheint, dann sich aber auch im Laufe kurzer Zeit vollzieht. Während sich in den Lumina dieser beiden Vesiculae seminales reichliches Sekret fand, war es mir nicht möglieh, in irgend einem derselben Spermazoen nachzuweisen. 3eim Erwachsenen verhält es sich ja so, dass die zuäusserst oeleeenen Drüsen sich sehr verschieden entwickeln; bei einigen fehlen sie gänzlich, bei anderen Individuen sind sie zahlreich, und zugleich findet man sie dann meistens von sehr verschiedener Form und Grösse. Betrachten wir wieder die Figuren 5, 6, 7 Beiträge zur mikroskopischen Anatomie etc. >01 und 8, unter denen Fig. 5 von einem 35 jährigen, die Fig. 6, 7 und 8 von einem 72jährigen Individuum stammen, so können wir uns die kleineren und einfacheren Formen als Vorstadien ‚der grösseren und mehr entwickelten denken. Nehmen wir endlich einen Ausguss einer Vesicula seminalis, an welcher dem Anschein nach diese Drüsen fehlen, so kann man stets mittels einer Pinzette diejenigen der kugeligen Prominenzen entfernen, die eine Einschnürung oder einen Stiel haben, und diese bilden den Abschluss der Entwicklungsreihe nach unten. Es scheint, dass gewisse dieser Ausbuchtungen der Vesicula seminalis auf ge- gebenen Anlass (dieser möge nun in einer lockreren Beschaffenheit des Bindegewebes und der Muskulatur, die unmittelbar anliegen, oder in anderen Umständen bestehen) bei einigen Individuen anwachsen und somit im Laufe der Zeit in mehr zusammen- gesetzte Drüsentypen übergehen können, während sie bei anderen das ganze Leben hindurch die einfachere Form behalten. In ihrer grössten Entwicklung sind diese Drüsen in hohem Grade den kleineren Divertikeln des Organs ähnlich, und der einzige Unterschied besteht darin, dass die Wand des Divertikels sich aus allen Schichten zusammensetzt, die der Vesicula seminalis charakteristisch sind, während die Drüse in der Muskulatur des Organs liegt, ohne dass diese besondere Schichten um die Drüse bildete. Können wir nun die ganze Vesicula seminalis als eine zu- sammengesetzte Drüse auffassen? Hiergegen spricht die embryo- nale Entwicklung des Organs; Pallin (70), der drei-, vier- und fünfmonatliche Embryonen untersuchte, weist durch seine Re- konstruktionen nach, wie die Vesicula seminalis im (Gregensatz zu den zusammengesetzten Drüsen als eine hohle Ausbuchtung des Urnierenganges angelegt wird; letzterer biegt sich während «les Wachstums winkelrecht und entsendet darauf die späteren makroskopischen Divertikel, in Pallins Abbildungen findet sich aber nicht die geringste Andeutung einer Unebenheit der Ober- Anatomische Hefte. I. Abteilung. 103. Heft (34. Bd. H. 2). 20 302 OTTO V. C. E. PETERSEN, fläche, die sich als die Anlage von Alveolen deuten liesse. Leider war es mir unmöglich, das Material zur selbständigen Unter- suchung dieser Verhältnisse zu beschaffen, und ich muss deshalb davon ausgehen, dass Pallins Untersuchungen korrekt sind. Hält man indessen die Tatsachen zusammen, dass die Vesicula seminalis nicht als ein Epithelzäpfehen, sondern als eine hohle Röhre angelegt wird, dass Alveolen bei den jüngeren Embryonen fehlen, bei neunmonatlichen Embryonen aber vorgefunden werden, und zwar in einer Form, die darauf hindeutet, dass ein weiteres Wachstum durch Hinabwachsen aus den bereits vorhandenen Hohlräumen stattfindet, so muss man die Vesicula seminalıs als ein Hohlorgan aufblasen, in dessen Wandung bei geschlechtlicher Reife Drüsen auftreten. Wären diese Bildungen mit grösseren Zwischenräumen angebracht, so dass man von einem Oberflächen- epithel im Organe reden könnte, so würde sicherlich keiner der früheren Untersucher Bedenken getragen haben, ihnen ihren rechten Namen beizulegen. Rücksichtlich des Platzes dieser Drüsen in einem Einteilungs- schema sahen wir oben, dass einige derselben rein alveolar sind, und unter diesen befinden sich sowohl einfache als zusammen- gesetzte, dass andere aber mehr rohrförmig und wieder andere als Systeme von Röhrchen gebildet sind, die hie und da, sowohl an ihrer Mitte als an ihrem blinden Ende alveolare Auswüchse tragen. Wollten wir uns streng an das System halten (z. B. Maziarski[58]), so müssten wir hier von einfachen alveolaren und alveo-tubulösen und von zusammengesetzten alveolaren und alveolo-tubulösen Drüsen reden. Alle anatomischen Verhältnisse sprechen indes dafür, dass diese Formverschiedenheit der Drüsen eine ziemlich untergeordnete Erscheinung ist; stets findet man, dass die verschiedenen Formen so dicht aneinander liegen und ihre Verästelungen sich immer so vollständig aneinander anpassen, lass man sich des Gedankens nicht erwehren kann, es seien Beiträge zur mikroskopischen Anatomie etc. 305 äussere Verhältnisse, die die Abweichungen vom Stammtypus, der alveolaren Drüse, bewirkten.!) Bevor ich die Besprechung der Faltung in der Vesicula seminalis abschliesse, muss ich noch anführen, dass ich niemals die von Guelliot beschriebenen papillenförmigen Auswüchse der Schleimhaut beobachtet habe; da ich über ein relativ grosses Untersuchungsmaterial verfüge, glaube ich feststellen zu können, dass dieselben jedenfalls keine normal vorkommenden Bildungen sind. Was den Bau der Ampulla vasis deferentis betrifft, so ist er in den Hauptzügen derselbe wie der der Vesicula seminalis. Wie bereits von Pallin (70) angegeben, variiert die Ampulla vasis deferentis in hohem Grade rücksichtlich der Anzahl und Mächtigkeit der Nebenäste;, man kann es antreffen, dass das Organ als ein einzelner Kanal ohne Nebenäste gebaut ist, der fast unmerklich in das Vas deferens übergeht, indem die Drüsen, welche die vermehrte Dicke der Ampulla bedingen, nach oben ganz sanft an Grösse und Anzahl abnehmen (z. B. Fall No. 55, Fig.25 und 26); man kann andere Organe antreffen, wo die Äste kurz, diek und sehr dichtstehend sind, so dass nur schwache 1) Dass äussere Faktoren bei der Bestimmung der Form einer Drüse eine grosse Rolle spielen können, habe ich bei der Untersuchung von Metall- korrosionen der Lungen von Kaninchen und Menschen gesehen. Während die Alveolen an den Bronchienästen, die mit der Oberfläche der Lunge einen grösseren Winkel bilden, geneigt sind, sich ziemlich gleichmässig nach allen Richtungen zu entwickeln, trifft man an den Bronchienästen, die in die flachen Lungenläppchen verlaufen, das Verhalten an, dass die terminalen Bronchial- äste und die Alveolen zum allergrössten Teil in einem Plan angebracht sind. Ein ähnliches Verhalten sieht man auch in den grösseren Lappen der Lunge, wo man stärkeren Bronchialästen anliegende Endstrecken findet, die so an- gebracht sind, dass ihr Vorhandensein sich durch keines der für dle Teilung der Bronchien aufgestellten Schemata erklären lässt, während man doch weiss, dass sie hier angebracht sind, weil der Platz vorher von keinen anderen Alveolen besetzt war. 20* 304 OTTO V. €. E. PETERSEN, Einschnitte vorkommen, die das spindelförmige Organ teilen (z.B. Fall No. 55d, Fig. 20), und endlich kann man finden, dass die Ampulla mit längeren und dünneren Divertikeln versehen ist, die dann oft einen gekrümmten Verlauf nehmen, indem sie zuletzt entweder auf- oder absteigend ziemlich parallel zum Hauptkanal verlaufen (z. B. Fall No. 45, Fig. 16); endlich kann es Gremische der verschiedenen hier angeführten Typen geben. Schon bei makroskopischer Untersuchung bemerkt man, dass die Muskulatur hier bedeutend stärker ist als in der Vesicula seminalis, und eine mikroskopische Untersuchung ergibt, dass diese Verdickung vor allen Dingen auf einem Zunehmen der Menge der inneren Ringmuskelschicht beruht; während wir ın der Vesicula seminalis die langen Muskeln oft zu Tänien auf- geblättert sahen, finden wir in der Ampulla vasis deferentis stets eine zusammenhängende Schicht langer Muskeln. Der Bau der Schleimhaut ist derselbe wie in der Vesicula seminalis, sowohl was die Menge und die Festigkeit des Binde- gewebes als auch die Natur der Faltung betrifft. Man findet sowohl den retikulären als den glandulären Faltungstypus im Organe; sie können in verschiedenen Teilen desselben Organes auftreten, oder auch kann man — ziemlich oft — das ganze Organ nach dem glandulären Typus gefaltet finden, was ich an der Vesicula seminalis nie beobachtete. 2. Der Duetus ejaculatorius des Menschen. Allgemeines über den Bau. Bevor ich zu meinen eigenen Untersuchungen über den Ductus ejaculatorius schreite, werde ich in’ Kürze die Resultate von Felix (19) Untersuchungen anführen. Die Länge des Ductus ejaculatorius, von der Stelle an ge- messen, wo sich die beiden Lumina vereinen, gibt Felix auf 16 mm an, hinsichtlich der Dicke führt er an (S. 4), dass der- Beiträge zur mikroskopischen Anatomie etc. 305 selbe sich an Querschnitten überall als ein Oval erweist; das Lumen verändert sich in der Weise, dass der Querdurchschnitt von unten nach oben zunimmt, besonders eben unterhalb der Vereinigung des Vas deferens mit der Vesicula seminalis, wo sich eine starke Erweiterung, der Sinus ejaculatorius findet. Die Lumina des Vas deferens und der Vesieula seminalis haben beide eine Biegung von 90° an der Einmündung in den Ductus ejaculatorius, das Lumen des letzteren krümmt sich wieder 90% am Übergange in den übrigen Teil des Kanals, so dass die Spermamasse während des Durchgangs durch diese Kanäle sich im ganzen um 180° dreht und somit dieselbe Bewegung erhält wie die Kugel in einem modernen Gewehr; das Sperma wird sich infolgedessen in einer Schraubenlinie weiter durch die Urethra und die Vagina, bezw. den Uterus bewegen. An der dorso- medialen Wand des Ductus ejaculatorius beschreibt Felix (8. 19) im ganzen 5 Anhänge, unter denen No. 1 zu unterst, No. 5 zu oberst liegt! No.2 und 3 sind nur diffuse Erweiterungen des Hauptlumens des Kanals, No. 1 und 4 enthalten Schleimhaut- divertikel, No.5 ist eine Drüse derselben Art wie die in der Wand der Vesicula seminalis und in der Ampulla vasis deferentis vorkommenden; dies ist dadurch begründet, dass die Divertikel mit weiter, Anhängsel 5 dagegen mit enger Öffnung in den Ductus ejaculatorius enmündet (S. 26), so dass hier von einem wirklichen Ausführungsgange die Rede sein kann. Die Anhänge 2 und 3 zeigen hinsichtlich der Forın der Drüsen Übereinstimmung mit der Anordnung und dem Bau der eigentlichen Prostatadrüsen, nur haben diese sich wegen der besseren Raumverhältnisse mehr entfaltet und stehen weit voneinander entfernt; die Anhänge 2 und 3 sind deshalb als eine kraniale, kleinere Prostatagruppe zu betrachten (8. 47). Was meine eigenen Untersuchungen über den Ductus ejaculatorius betrifft, so habe ich nur eine geringere Anzahl (4 Fälle) mikroskopisch untersucht; anfänglich hatte ich eine 306 OTTO V. C. E. PETERSEN, Untersuchung des Ductus ejaculatorius nicht beabsichtigt, und bis ich später zu einer solchen genötigt wurde, war ein Teil meines Materials nicht mehr brauchbar, weil der Ductus ejaculatorius weggeschnitten worden war, da ich Strecken der Prostata zu mikroskopischer Untersuchung herausnahm. Unter den mikroskopischen Ductus ejaculatorii zeigte der eine Fall (20 jähriger Mann) im oberen Teile ganz denselben Faltungs- modus der Schleimhaut wie eine wohlentwickelte Vesicula seminalis, indem 2—3 Reihen Schleimhautfältchen übereinander lagen; im unteren Teile fand ich dagegen nur eine einzelne Drüsenfaltung der Schleimhaut. In einem anderen Falle (24jähriger Mann) war die Schleimhaut mit primären und sekundären Falten versehen, in einem dritten (47 jähriger Mann) war die innere Fläche der Röhre fast ganz glatt und zeigte nur hie und da einzelne drüsenförmige Einbuchtungen und kleine Prominenzen, und endlich bot ein vierter Fall (65 jähriger Mann) an den verschiedenen Stellen, wo ich die Schleimhaut unter- suchte, teils primäre, teils sekundäre und tertiäre Falten dar. Obschon man also im Ductus ejaculatorius denselben Bau der Schleimhaut wiederfindet wie in der Vesicula seminalis, gibt es in diesen vier Fällen doch den Unterschied, dass die Schleimhaut nirgends solche Mächtigkeit erlangte wie in der Vesicula seminalis; es fand sich freilich, dass die Faltung das- selbe Prinzip befolgte, dass die Falten aber im ganzen bedeutend kleiner und niedriger waren. Unten werden wir sehen, wie dies mit.den durch die Metallinjektionen gewonnenen Erfahrungen übereinstimmt. Das übrige Material eignete sich nicht zu mikroskopischen Untersuchungen, da es aus Sektionen herrührte; an diesem führte ich deshalb eine Reihe von Metallausgüssen aus, um die Form und die Grösse des Dvetus ejaculatorius zu untersuchen. Die unten angeführten Zahlen geben also die Dimensionen des Organs in künstlich ausgespanntem Zustande an, haben aber Beiträge zur mikroskopischen Anatomie etc. 307 doch ihren Wert, da der Ductus ejaculatorius bei den hier in Betracht kommenden Drucksteigerungen sein Volumen augen. scheinlich nicht sonderlich verändert. Wie oben erwähnt unter- nahm ich die Injektionen nach vorhergehendem Ausspülen mit Wasser, und beim Anblick des Wasserausflusses, der an dem Collieulus seminalis hervorquoll, und durch einen Vergleich des- selben mit dem Kaliber des ausgegossenen Lumens erhielt ich ein Mal über das andere den durchaus bestimmten Eindruck, dass ich durch Verschliessung der Mündung mittels einer Pe&anschen Pinzette und darauf folgendes Anfüllen mit Wasser das Organ nicht dergestalt veränderte, dass es abnorm genannt werden könnte. Aus dem Kaliber des Wasserausflusses konnte ich mir stets einen genauen Begriff von dem Kaliber des Aus- eusses bilden, und betrachtet man die unten angeführten Zahlen, so erweist sich ein so grosser Unterschied sowohl hinsichtlich der einzelnen Individuen als auch hinsichtlich der einzelnen Rköhrenabschnitte bei demselben Individuum, dass man sich, wenn wie hier derselbe Untersucher in einer Reihe von Fällen dieselbe Technik angewandt hat, auf die Richtigkeit der Resultate verlassen kann. Ein anderer Einwurf, der sich gegen die Technik erheben liesse, ist der, dass die Metallmalse möglicherweise nicht in die feinsten Verästelungen hineinfliesse; hat man aber gesehen, wie straff die Schleimhaut an den Metallausgüssen sitzt, und wie das Metall in anderen Organen die vollkommensten Ausgüsse in deren Hohlräumen bildet (was z. B. mit den Lungen der Fall ist, vergl. Hauchs [37] Angabe [S. 12], wo er angibt, in wie feine Kapillaren das Metall bei seinen Injektionen ein- drang), so kann man nicht umhin, die Abgüsse als eine korrekte \Wiedergabe der natürlichen Verhältnisse zu betrachten. Auf den folgenden Seiten werde ich die Resultate dieser Unter- suchungen für jeden einzelnen Fall anführen; die angegebenen Messungen wurden mittels eines sehr feinen Zirkels und eines Parallelmafsstabes !/,, mm ausgeführt; während sie rücksichtlich Ss OTTO V. C. E. PETERSEN, aller Breitendimensionen genau sind, ist das Mals der Länge überall zu klein, indem die Mündung des Ductus ejaculatorius ja durch die Pinzette zusammengeklemmt war; im Falle No. 60 war keine Pinzette an der Mündung angebracht, und die Zahl ist deshalb korrekt. Im Durchschnitt betrug die von der Pinzette umfasste Strecke nicht unter I mm und nicht über 1,5 mm, so dass man durch Addition von 1,25 zu jedem der unten an- geführten Längenmalse eine einigermalsen korrekte Zahl erhält. Ich bediene mich folgender Abkürzungen: d. e. —= Ductus ejaculatorius, v. s. — Vesicula seminalis, a. v. d. = Ampulla vasis. deferentis. Fall No. 45. 33jähriger Mann. Injektion des rechtsseitigen d.e. Fig. 15. Medial und vorne unterhalb der Mündung des d. e. eine deutliche Ausbuchtung (Sinus ejaculatorius). Die Oberfläche sehr schwach glandulär gefaltet, vom unteren Ende gehen drei oben blind endende, 7, 8 bezw. 6 cm lange Aus- buchtungen aus, die an der medialen und vorderen Seite liegen ; der Durchschnitt derselben fast wie der des Hauptlumens; von diesem sind sie unten durch wenig ausgesprochene Falten ge- trennt, während sie oben frei enden; die beiden ersten kommuni- zieren mit dem Hauptkanal, die hinterste liegt als Ausbuchtung an der mittleren. Sonst keine Appendices. Die Krümmung des d. e. schwach und sanft. Dimensionen: Länge des d.e. 15 mm. sagittal| , e | sagittal 1,7 mm. 35mm a.v.d. unten V.8: Enten, | frontal | sagıttal 4 mm | sagittal 2.0 mm. 5 unten | Y | transversal 2,0 mnı. d.e. oben © transversal 1,75 mm. transversal 4,5 mm Fall No.46. 64 jähriger Mann. Injektion beider d. e. Beide Vasa (deferentia laufen medial und hinter der entsprechenden Vesicula seminalis zusammen, von dieser nur eine kleine Strecke getrennt; unten bildet sich durch direktes Zusammenfliessen der vier Kanälchen ein kurzer, weiter d. e., der an der Oberfläche — Patele13 103. Heft (34. Bd. H, 2). Anatom. Hefte, I. Abteilung. i IR B E 3 ee ei an nn an we men ee anna (ae ige er ” 2 x rs fr 1 \s L - } eo A ; ü = { 70h y Fe 3 s . o Ki Pi } . P} 2 N r 2 x . Li " » u v N m oa = i h r > h # # . A v L er ’ ‘ P r Fi nE N) ’ D Anatom, Hefte. I. Abteilung, 103. Heft (34. Bd. H. 2). Tafel 19. Erg 5 1.2 - = I . a u Dan urn her Fam him e- u nen a a 2 RE - x Bzw z - es 3% 5 7 - FO = EI 25 re 3 ee rm Pie ’ % u u 3” IR > Zn Ei . De u A “ nn Beiträge zur mikroskopischen Anatomie etc. 30% nur schwache Spuren seines Ursprungs in Form longitudinal ver- laufender Furchen trägt. Nirgends Appendices, nur sehr undeut- liche Faltung der Oberfläche, die Krümmung schwach und sanft. Dimensionen: Länge 14,0 mm. d.e. oben: sagittal 6,0 mm, frontal 6,7 mm d. e. unten: > 2,0 > 2,0 Fall No. 47. 50jähriger Mann. Injektion beider d. e. Fig. 16. R.d.e. bedeutend stärker an Durchmesser als 1., beide mit schwach ausgesprochener glandulärer Faltung; am r. an der Lateralseite, ca. !/, mm unterhalb der Einmündung der v. s. ein flacher Appendix, zunächst maulbeerförmig 1,5 mm lang kranio-kaudal, 1,2 mm sagittal, 1,0 mm hoch; dorsal, medial und unterhalb der Einmündung der v. s. sieht man drei flache, nur wenig scharf von dem übrigen Teile der Schleimhant ab- gegrenzte Appendices. Während die r. v.s. an der Einmündung am engsten ist, wird die linke gerade an der Einmündungsstelle etwas breiter, und an der |. Seite sieht man einen deutlich ab- gegrenzten Sinus ejaculatorius, der an der r. Seite fehlt; eben unterhalb desselben findet sich eine scharfe Einschnürung, besonders an der medialen Seite ausgesprochen, und unterhalb dieser liegen vier ganz flache Appendices, wie auch im Winkel zwischen d. e. und v. s. ein ca. °/, mm langer, kegelförmiger, kranial gerichteter Appendix erscheint. Die Krümmung sanft und schwach an beiden Seiten. Dimensionen : d.e. d. Länge 19,5 mm. v.s. d. unten kreisrund. 2 mm Durchmesser. a. v. d. d. unten kreisrund, Ilmm Durch- messer. d.e.d. oben: transversal 2,5 mm, sagittal 2,5 mm d.e.d. unten: 1,0 19 d.e.s. Länge 20,0 mm. v.s.s. unten: sagittal 2,1 mm, tıansversal 1,5 mm d. e. s. oben: ; 24 » 23 sin. ejacul. sin. 2,5 mm transversal und sagittal. 310 OTTO V.C E. PETERSEN, a.v.d.s. unten: transversal 1,7 mm, sagittal 2,2 mm d.e.s. unten: » 0,6 >» ; 0,9 Fall No.48. 22jähriger Mann. Beide d. e. injiziert. Fig. 17. d.e.s. Die Oberfläche schwach glandulär gefaltet, die Krümmung sanft, mittelstark. Keine Appendices. d. e. direkte Fortsetzung der v. s., das v. d. erleidet eine fast rechtwinkelige Biegung, indem es sich mit der v. s. vereint. Dimensionen: d.e.s. Länge 15,0 mm. v.d.s. unten: sagittal 5,75 mm, transversal 4,25 mm a.v.d.s. unten: 3,25 2,0 d.e.s. oben: ) 3,9 4,0 d.e.s. unten: » 0,70 \ 1,50 d.e.s. Die v. s. biegt sich abwärts medial unter einem Winkel von ca. 120% von hier entsendet sie eine grössere, kranial verlaufende Ausbuchtung, die wieder mit fünf kleineren Appendices versehen ist; unterhalb dieser Gegend mündet die v.s, an der medialen Seite ein, so dass der d. e. die direkte Fortsetzung der v. s. bildet. Unterhalb der Einmündung der v.s. eine nur wenig ausgesprochene Ausbuchtung nach vorne (Sinus). Die Krümmung sanft, schwach. Dimensionen: d.e.d. Länge 18,0 mm. v.s.d. unten: sagittal 5,5 mm, transversal 6,0 mm a.v.d.d. unten: 12 0,6 d.e.d. oben: 5.0 5,0 daerd. unten; 0.5 1,0 Fall No. 49. 42jähriger Mann. D.e. s. injiziert. Der d.e. bildet die Fortsetzung der v. s., während die a. v.d. unter einem spitzen Winkel zu demselben stösst. Faltung schwach, keine Appendices; unterhalb der Einmündung der a. v. d. nach vorne eine deutliche Erweiterung des Lumens (Sinus ejac.) Beiträge zur mikroskopischen Anatomie etc. ll Dimensionen: d.e.s. Länge 15,0 mm. v.s.s. unten: sagittal 2,7 mm, transversal 2,5 mm a.v.d.s. unten: 2.0 frontal 1,75 d. e.s. oben: 3 3,0 transversal 2,0 d.e.s. unten: ERS 0,5 Fall No.51. 35jähriger Mann. D.e.d. injiziert. Fig. 18. Der d. e. bildet eine Fortsetzung der v. s., die sich ganz allmählich nach der Stelle hin verengt, wo die a. v. d. einmündet. Die Einmündung der a. v. d. findet fast unter einem rechten Winkel statt, und eben unterhalb derselben findet sich eine Ausbuchtung, die nach oben scharf abgeschnitten ist, nach unten sanft in die Wand des d.e., an der Medialseite desselben gelegen, übergeht; die ganze Oberfläche ist mit entschieden slandulärer Faltung versehen, während der übrige Teil des d. e. nur schwach gefaltet ist. An der Vorderfläche des d. e. sieht man einen geringen Zuwachs der Dicke (Sinus ejac.) Dimensionen: d.e.d. Länge 16 mm. v.s.d. unten: sagittal 4,0 mm, transversal 40 mm ayad.d, 2,0 kranio-kaudal 1,5 d.e.d. oben: 3,0 transversal 3,0 d.e.d. unten: ORa > > Länge des Appendix kranio-kaudal 4,0 mm. Breite (+- d. e.) 2,0 mm. Fall No. 52. 22jähriger Mann. D.e. an beiden Seiten injiziert. D.e.d. Der d.e. bildet die Fortsetzung der v. s., die Ober- fläche fast glatt, die Krümmung schwach und sanft. Unterhalb der Mündung der a. v.d. und vor derselben eine schwache Aus- buchtung (Sinus ejac.), die hinten in einen 2,2 mm langen, 1.2 mm breiten und 1,2 mm hohen sitzenden Appendix ausmündet. Dimensionen: d.e.d. Länge 15,5 mm. v.s.d. unten: saeittal 3,1 mm, transversal 3,1 mm a.v.d. unten: kreisrund, 2 mm Durchmesser. 312 OTTO V. C. E. PETERSEN, d.e.d. oben: sagittal 3,20 mm, transversal 3,40 mm d.e.d. unten: > 2200 > 2 22 D.e.s. Die Verhältnisse im ganzen wie an der 1. Seite, es finden sich hier keine Appendices, der Sinus ejaculatorius aber stark ausgeprägt als eine Ausbuchtung an der Vorderfläche. Die Krümmung sehr schwach. Dimensionen: d.e.s. Länge 17,0 mm. v.s. unten: kreisrund, Durchmesser 1,6 mm ‘a.v.d.s. unten: kreisrund, Durchmesser 1,5 mm d.e.s. oben: sagittal 2,2 mm, transversal 2,2 mm d.e.s. unten: 2,6 23 Fall No. 53. 33jähriger Mann. D.e.d. injiziert. Der d. e. bildet die Fortsetzung der v. s., die Krümmung schwach, sanft; wenig ausgeprägter Sinus ejac. vor der Mündung der a.v.d. Keine Appendices. Dimensionen: d.e.d. Länge 16,0 mm. v.s.d. unten: sagittal 1,7 mm, transversal 1,6 mm a.v.d.d. unten: kreisrund, Durchmesser 1,3 mm d.e. d. oben: sagittal 3,0 mm, transversal 3,0 mm d.e.d. unten: 1.7 > 1568 Fall No. 54. 72jähriger Mann. D.e.d. injiziert. Fig. 19. Der d. e. bildet die Fortsetzung der v.s. Die Krümmung sanft. die Oberfläche fein glandulär gefaltet, keine Appendices, Dimensionen: d.e.d. Länge 19,0 mm. v.s.d. unten: sagittal 3.0 mm, transversal 3,0 mm a. vard. d.zunten® 7; 0,75 1,0 d.e. d. oben: 3,0 3, d.e.d. unten: 1,75 12 Fall No. 55. 62jähriger Mann. D.e.d. injiziert. Fig. 20. Der d. e. bildet die Fortsetzung der a. v. d., sowohl diese als die v.s. hat nach unten einen ungewöhnlich grossen Durch- messer, weshalb die obere Strecke des d. e. als ein unregel- mälsiger Kegel mit kranial gekehrter Basis ausgestaltet ist; an Beiträge zur mikroskopischen Anatomie etc. 313 der ventralen Fläche findet sich eine deutliche Ausbuchtung (Sinus ejaculatorius). An der Mündung der a. v. d. finden sich zwei Appendices an der Medialseite, ein vorderer, gestielter, kranial gerichteter (3,0 mm kranio-kaudal, 3,0 mm frontal, > mm sagittal), und ein hinterer, ansitzender, zunächst maulbeer- förmiger (2><2,5 mm); beide sind an der Oberfläche glandulär gefaltet. Die Krümmung am stärksten ausgesprochen am Über- gange aus dem dicken in den dünnen Teil des Kanals, die Fläche nur sehr schwach gefaltet. Dimensionen: d.e.d. Länge 20,0 mm. v.s.d. unten: sagittal 7,5 mm, transversal 7,2 mm a.v.d.d. unten: 6,0 » frontal 5,0 d.e.d. oben: 95 » transversal 9,0 d.e.d. unten: 2,0 1,5 Fall/No. 56. 52jähriger Mann. D.e. an beiden Seiten injiziert. Fig. 22. Beide dd. ee. stark seitlich zusammengedrückt und zugleich mit der Konkavität in medialer Richtung ge- krümmt, die gewöhnliche Krümmung ist in ein scharfes Knie verändert. das an der r. Seite in der Höhe der Einmündung der a. v. d., an der l. Seite unterhalb derselben liegt. Diese Form steht augenscheinlich damit in Verbindung, dass der Uterus masculinus 12 mm lang, 5,5 mm breit und von vorne nach hinten 6 mm dick ist; an den Seiten trägt er Eindrücke des d.e. als flache Vertiefungen. An der r. Seite (Fig. 21) findet sich medial und unterhalb der Mündung der a. v. d. ein ganz kleiner (0,7 mm langer), kranial gerichteter, ansitzender Appendix, kein Sinus. Dimensionen: d.e. d. Länge 15 mm. v.s.d. unten: sagittal 2,6 mm, transversal 2,5 mm a. d.e. d. unten: 13 3 135 d. e. d. oben: » 2,4 740) d.e. d. unten: 2,4 06 » >14 OTTO V. C. E. PETERSEN, An der |. Seite (Fig. 23) finden sich medial und unterhalb der Mündung der a. v. d. zwei kleinere, flache, kranial gerichtete Appendices; der Sinus ejac. schwach ausgesprochen. Dimensionen: d: e..s. Länge 17,5 mm. v.s.s. unten: sagıttal 2,8 mm, transversal 2,8 mm a. v.d.s. unten: kreisrund, im Durchmesser 1,2 d.e,s. oben: sagittal 3,0 mm, transversal 3,0 » d. e.s. unten: SEN EEE > VI Fall No. 57. 50jähriger Mann. D.e. an beiden Seiten in- jiziert. Fig. 27. Der d.e.d. bildet die Fortsetzung der v. s. Die Krümmung sanft, die Oberfläche fast glatt; es findet sich die Andeutung eines Sinus ejac. an der Oberfläche eben unter- halb der Vereinigungsstelle der beiden Kanäle. Nach hinten findet sich ein kranial gerichteter, 2,1 mm langer, 0,8 mm breiter, an der Oberfläche glandulär gefalteter Appendix. Nach unten ist der Kanal in dorsaler Richtung stark erweitert. Dimensionen: d.e.d. Länge 17,6 mm‘ v.s. d. unten: sagittal 4,0 mm, transversal 3,8 mm a. v.d.d. unten: kreisrund, im Durchmesser 3,0 » d.e. d. oben: sagittal 3,9 mm, transversal 4,0 >» d. e. d. unten: > Va 1,0 Die Ausbuchtung des d. e. nach hinten mals: Länge 9,0 mm, sagittal 5,4 mm, transversal 3,9 mm. Der d.e. s. bildet die Fortsetzung der v.s. Die Oberfläche schwach glandulär gefaltet, die Krümmung sanft, keine Appendices. Dimensionen: d.e. s. Länge 14,0 mm. v.s.s. unten: kreisrund, Durchmesser 2,3 mm a.v.d.s. unten: sagittal 2,6 mm, transversal 2,9 mm d. e. s. oben: DAN, 2,6 » d. e. s. unten: 1,4 ) 1.60% Fall No. 58. 21jähriger Mann. D.e. an beiden Seiten injiziert. Fig. 25. An der r. Seite münden die a. v. d. und die Beiträge zur mikroskopischen Anatomie etc. Als v.s. in die Seiten eines grossen, fast eiförmigen Hohlraums ein, welcher oben blind endet und unten in den dünnen d. e. über- geht. Die ganze Oberfläche des Hohlraumes ist glandulär gefaltet, besonders deutlich an der Hinterfläche, ohne dass es doch irgendwo zur Bildung von Appendices käme. Die Krümmung des d.e. stark, winkelförmig, die Oberfläche glandulär gefaltet. Dimensionen: Der grosse Hohlraum : Länge kranio-kaudal 16,0 mm, Sagittal- diameter 11,0 mm, Frontaldiameter 12,0 mm. d.e. d. Länge 14,0 mm. v.s. d. unten: sagittal 4,5 mm, transversal 3,8 mm a.v.d.d. unten: 3,7 » ‚ kranio-kaudal 3,3 mm d.e. d. oben: 1,8 ‚ transversal 1,7 mm d. e.d. unten: ai! £ I An ‘der linken Seite hat die v. s. eine grosse medial und kranial verlaufende Ausbuchtung (Fig. 26), fast von derselben Grösse wie die rechtsseitige, hier mündet aber die v.s. d. 15 mm unterhalb des oberen Endes derselben ein. Krümmung und Faltung der Oberfläche wie an der r. Seite, der «d. e. wie an der r. Seite gestaltet, keine Appendices. "Dimensionen: D. e. s. Länge 19,0 mm. v.s.s. unten: sagittal 9,0 mm, transversal 6,9 mm a.v.d.s. unten: kreisrund, Durchmesser 1,1 mm d.e.s. oben: sagittal 9,0 mm, transversal 6,9 mm d. e.s. unten: kreisrund, Durchmesser 0,6 mm. Fall No. 59. 50 jähriger Mann. R. Seite injiziert. Eben unterhalb der Mündung der a. v. d. ein 3mm langer, undeutlich abgegrenzter, kranial gerichteter Appendix, der un- mittelbar an der lateralen Fläche des d. e. liegt. Die Krümmung sanft, die Faltung sehr schwach ausgesprochen. Dimensionen: d.e. d. Länge 17,6 mm. v.s. d. unten: sagittal 4,6 mm, transversal 5,0 mm a. v.d.d. unten: kreisrund, Durchmesser 1,5 mm 316 OTTO V. C. E. PETERSEN, d.e. d. oben: sagittal 3,1 mm, transversal 4,2 mm d. e. d. unten: kreisrund, Durchmesser 1,0 mm. "all No. 60. 46jähriger Mann. Beide Seiten injiziert. Der d.e.d. bildet die Fortsetzung der v.s., die unmittelbar bevor sie sich mit der a. v. d. vereint, nach oben zu einem kleinen Blindsack erweitert wird, der sich besonders im vorderen Teile ausspricht und an der Oberfläche glandulär gefaltet ist. Keime deutlichen Appendices, die Krümmung sanft, der d.e. schwach glandulär gefaltet. Dimensionen: d.e. d. Länge 19,2 mm. v.s.d. unten: kreisrund, Durchmesser 5,3 mm a. v.d.d. unten: >» 2,4 d.e.d. oben: sagittal 3,3 mm, transversal 5,6 mm d.e. d. unten: NEON Dr > 0,8 » Auch an der I. Seite bildet der d.e. die Fortsetzung der v.s. Unterhalb der Mündung der a.v.d. und vor derselben ein deut- lich glandulär gefalteter, ansıtzender Appendix, nach vorne ein deutlicher Sinus ejac., die Krümmung sanft, die Oberfläche schwach elandulär gefaltet. Dimensionen: d. e. s. Länge 18,5 mm. v.s.s. unten: sagittal 5,3 mm, transversal 4,6 mm 1 a.v.d.s. unten: ale 1% d. e. s. oben: Be » 4,7 d.e.s. unten: Snake » As» Fall No. 61. 31jähriger Mann. Beide Seiten injiziert. Der d. e. d. endet nach oben in einem kleinen Blindsack, der zwischen der a. v. d. und der v. s. emporragt. Am Gipfel desselben ein kleiner glandulöser Appendix. Der hintere Rand des d.e. ist durch eine Reihe tiefer transversaler Einschnürungen in S kleine Appendices geteilt. Die Krümmung sanft, die Ober- fläche schwach gefaltet. Beiträge zur mikroskopischen Anatomie etc. 317 Dimensionen: d.e.d. Länge 14,1 mm. v.s. d. unten: sagittal 2,1 mm, transversal 2,0 mm a.v.d.d. unten: > Bavın,,, 1,0 d. e. d. oben: Da >> y, 5,0 d.e. d. unten: y 0.977 2°, 0,7 An der I. Seite endet der d. e. nach oben in einen ähnlichen eiförmigen Blindsack wie an der r. Seite; die a. v. d. mündet aber oberhalb desselben ein, durch eine ziemlich tiefe, sagittal verlaufende Einschnürung von ihm getrennt. Die Hinterfläche des d. e. hat dieselbe Beschaffenheit wie an der r. Seite; es finden sich hier im ganzen 6 Appendices. Der Sinus ejac. wohlaus- gesprochen, die Krümmung sanft, die Oberfläche fein gefaltet. Dimensionen: d.e.s. Länge 16,0 mm. v.s.s. unten: sagittal und transversal 3,3 mm a.v.d.s. unten: sagittal 1,6 mm, transversal 1,4 mm d.e. s. oben: > SAUER 5,8 d.e. s. unten: 3 ERSTE 0 Betrachten wir nun die die oben angeführten Zahlen etwas näher, so erweist es sich, dass die Länge des Ductus ejaculatorius zwischen 20 und 14 mm schwankt; der Durchschnitt der an- gestellten Messungen beträgt 16,96 mm; dieser Wert ist indes, wie oben gesagt, zu klein, indem die Befestigung der Pinzette an der Mündung verhindert hat, dass in ca. 1,25 mm der unteren Strecke des Ductus ejaculatorius hinlängliches Metall gelangte. Zugleich zeigen diese Zahlen, dass zwischen der r, und 1. Seite eines und desselben Individuums hinsichtlich der Länge des Ductus ejaculatorius ein nicht so gar geringer Unterschied vor- kommen kaın (am grössten im Falle 57, wo derselbe 3,6 mm beträgt), und zwar ist bald der rechte, bald der linke Ductus ejaculatorius der längere. Auch die Durchmesser variieren in hohem Grade; so zeigte «lie untere Öffnung der Vesicula seminalis im Falle 58 an der Anatomische Hefte. I. Abteilung. 103. Heft (34. Bd. H. 2.) Bl 318 OTTO V. C. E. PETERSEN, linken Seite ein Sagittalmals von, 9mm und ein Transversalmals von 6,9 mm, während die Vesicula seminalis im Fall 52 unten nur 1,6 mm sagittal und transversal- mals; ähnlicherweise schwanken die Malse des unteren Endes der Ampulla vasis de- ferentis zwischen 3,85 mm kranio-kaudal, 3,7 mm sagittal (Fall 58, r. Seite) und 0,75 mm sagittal, 1,0 mm transversal (Fall 5%. In allen Fällen, mit Ausnahme von No. 47s, wo die Ampulla vasis deferentis sagittal 2,2 mm, transversal 1,7 mm, die Vesicula semi- nalis transversal 1,5 mm, sägittal 2,1 mm mals, waren die Dimensionen des Vas deferens geringer als die der Vesicula seminalis, der Unterschied zwischen den Mafsen der beiden Röhren bei demselben Individuum ist aber höchst schwankenidl (am grössten im Fall 58s., wo die Vesicula seminalis unten sagittal 9 mm, transversal 6,9 mm, das Vas deferens 1,1 und l,Imm mals, am kleinsten im Fall 47 s., siehe oben). Ebenfalls variieren die Durchmesser des Ductus ejaculatorius; betrachten wir z.B. die Dimensionen eben unterhalb der Ver- einigung der beiden Röhrchen, so schwanken dieselben zwischen )5 mm sagittal, 9,0 mm transversal (Fall 55) und 22mm und 22mm (Fall 52s.); unten ist das grösste Mafs 2,6 mm sagittal und 2,3 mm transversal (Fall 52s., wo der Ductus ejaculatorius unten also weiter wird als oben, während das Umgekehrte in allen üdrigen Fällen stattfindet), das kleinste 0,6 mm und 0,6 mm (Fall 58 s.). Der Unterschied zwischen dem oberen und dem unteren Ende des Ductus ejaculatorius ist am grössten im Fall 58 =. (d. e. oben 9 mm sagittal, 6,9 mm transversal, d. e. unten 0,6 mm ><0,6mm), am kleinsten im Fall 52 s. (siehe oben). Diese Zahlen sind em guter Ausdruck für das grosse Schwanken der Form der hier besprochenen verschiedenen Röhren; bald ist der Ductus ejaculatorius mehr kegelförmig, weil die Vesicula seminalis und die Ampulla vasis deferentis ein relativ grosses Lumen haben, bald ist er mehr zylindrisch, wenn beiden Röhren Beiträge zur mikroskopischen Anatomie etc. 319 oben ein relativ kleineres Lumen besitzen. Am häufigsten nehmen die Dimensionen des Ductus ejaculatorius vom oberen Ende an nach dem Lumen hinab ganz allmählich ab; ander- seits sieht man in den Fällen, wo die Dimensionen oben relativ eross sind. dass der Ductus ejaculatorius sich plötzlich verengert und seinen Wee als eine sehr dünne Röhre fortsetzt. Ein Blick auf die beigeschlossen Abbildungen gibt einen guten Eindruck von diesen Variationen, Eine Frage, die nahe liest, wenn man von den Grösse- une Formverhältnissen des Lumens redet, ist die von Felix erhobene, ob das Lumen sich dreht, so «dass die längere Achse bald in sagittaler, bald in frontaler Richtung ginge. Hierzu ist vor allen Dingen zu bemerken, dass das Lumen an Querschnitten nicht konstant in seiner ganzen Ausdehnung oval ist, wie Felix (19) (S. 6—17) anführt, sondern dass man sehr oft findet, wie das untere önde der Vesicula seminalis und der Ampulla vasis deferentis, die nach Felix mit sagittal gestellten ovalen Hohlräumen ver- sehen sein sollten, ebenso wie einzelne Teile des Ductus ejacula- torius völlig runde Hohlräume haben (so finden wir die Vesicula seminalis unten kreisrund in den Fällen No.45, 47d, 51, 52d, 52s, 54, 56s, 57s, 60d und 61s; die Ampulla vasis «deferentis ist kreisrund unten in den Fällen No. 47d, 52d, 52s, 53, 56d, 56s, 57d, 58s, 59d, 60d; der obere Teil des Ductus ejacula- torius ist kreisrund in den Fällen No. 47d, 48d, 51, 52s, 53d, 54, 568). Was die Lage der ovalen Lumina betrifft, so war die längere Achse des unteren Endes der Vesicula seminalis in 11 Fällen (unter 23) 'sagittal gestellt (47s, 48s, 49s, 53, 55, 56d, 57d, 58d, 58,s, 60s, 61d), transversal dagegen nur in 2 Fällen (48d, 59d). Unter den mit ovalen Lumina versehenen unteren Enden der Ampulla vasis deferentis lag die längere Achse des Lumens sagittal in 9 Fällen (47s, 48s, 48d, 49, 51, 55, 60, 61d, 6ls), frontal dagegen in 4 Fällen (45, 54, 57s, 58d). a 320 OTTO V. C. E. PETERSEN, Das Lumen des oberen Teiles des Ductus ejaculatorius hatte seine Längsachse sagittal in 7 Fällen (47s, 485, 49, 55, 88, 608, 61d), frontal in 8 Fällen (45, 5214, 5064, 570 au so 60d, 615); das untere Ende des Ductus ejaculatorius war in 3 Fällen (58s, 58d, 59d) kreisrund, in allen übrigen Fällen war es oval, und unter diesen hatten 3 (48s, 48d, 57s) den längeren Durchmesser des Ovals in frontaler, die anderen 17 in sagittaler Richtung. Nur in 6 Fällen (47s, 48s, 49, 55, 60s, 6ld) standen die Mündung der Vesicula seminalis und die des Vas deferens parallel zu einander mit der längeren Achse in sagittaler Richtung. Was Felix Annahme betrifft, die Spermamasse drehe sich während ihres Durchgangs durch den Ductus ejaculatorius im ganzen 180°, so leuchtet es ein, dass diese Drehung teils in den Fällen zur Unmöglichkeit wird, wo alle Lumina zwar oval sind, die Längsachsen aber in sämtlichen parallel stehen (Fall No. 475, wo die Längsachsen überall sagittal liegen, wie auch in den Fällen No. 49, 55, 60s und 61d), teils auch in den Fällen, wo auf ein oder mehrere runde Lumina ein ovales folgt oder um- gekehrt (z. B. Fall 47d, wo sämtliche Lumina mit Ausnahme des untersten rund sind, Fall 48d, wo der obere Teil des Ductus ejaculatorius kreisrund, die übrigen Lumina aber oval sind, Fall 52s. wo alle Lumina rund sind, das unterste ausgenommen, welches oval ist). In emigen Fällen treffen wir freilich eine Möglichkeit an, dass diese Bewegung im einem Teile des Kanals stattfinden könnte (z. Fall No. 45, wo eine Drehung von 90° aus dem oberen in den unteren Teil des Ductus ejaculatorius vor- kommt, wie auch in den Fällen No. 48s, 52d und 60d), in diesen haben aber die darüber befindlichen Lumina solche Form und Lage, dass eine Drehung zwischen ihnen und dem oberen Ende des Ductus ejaculatorius ausgeschlossen ist. Zwei Fälle boten mehr Ähnlichkeit mit Felix Beschreibung dar, indem hier die ovalen Lumina sich von der Vesicula seminalis an im ganzen 180° drehten. hier war aber in beiden Fällen das untere Ende Beiträge zur mikroskopischen Anatomie etc. 321 der Ampulla vasis deferentis kreisrund (Fall No. 56d, wo die Lumina der Vesicula seminalis und die des unteren Teiles des Ductus ejaculatorius ihre Längsachse in sagittaler Richtung haben, während im oberen Ende des Ductus ejaculatorius die Längsachse des Lumens frontal liegt, und Fall No. 57 d, wo es sich genau ebenso verhält). Unter im ganzen 23 Fällen gab es also keinen einzigen, auf den Felix Beschreibung in dieser Richtung völlig passte. Dem mikroskopischen Befund entsprechend zeigte die Oberfläche des Ductus ejaculatorius an den Metallausgüssen nur eine ganz feine Faltung; betrachtete man sie unter einer starken Lupe, so sah man in einigen Fällen eine kleine halbkugelige Prominenz neben der anderen, in anderen Fällen waren diese dagegen flacher und hatten grösseren Durchmesser; nur an denjenigen Stellen, wo sich Appendices fanden, war die Faltung annähernd ebenso ausge- sprochen wie in der Vesicula seminalis. Was das Vorkommen von Appendices betrifft, so fanden sich solche in 13 Fällen [Fall No. 45 (5), 47d (1), 47s (4, 51 (1), 520° (1) 53.(2),,.9632(2)8 56.d, (15574 (1), 59d. (1), 605-1), 61d (8), 615 (6)], während die Oberfläche des Ductus ejaculatorius in den übrigen Fällen völlig eben, ohne Spuren von Prominenzen war. Die Anzahl dieser Appendices ist sehr verschieden, meistens findet sich nur ein einzelner, in zwei Fällen (No. 61d und 6ls) kamen aber an der dorsalen Fläche im ganzen 8, bezw. 6 An- hänge vor, allerdings nur als kranial gerichtete kleine Blind- säcke, die durch ziemlich tiefe Furchen voneinander getrennt waren. In den übrigen Teilen waren die Appendices als Nache, rundliche, ziemlich undeutlich abgegrenzte kleine Prominenzen der Oberfläche zugegen (z. B. in den Fällen 47s, 56s, 56d), die sich in einigen Fällen zu maulbeerförmigen Bildungen erhoben (z. B. Fall 47d, 51, 55), in einzelnen Fällen gestielt waren (Fall 55). Während wir nur in einzelnen Fällen (No. 61d, 61s) solche Appendices über die ganze Länge des Ductus ejaculatorius OTTO V. C. E. PETERSEN, verbreitet oder an dessen unteres Ende lokalisiert (No. 45) finden, sind sie in den übrigen Fällen am oberen Ende des Ductus ejaculatorius angebracht, und zwar besonders eben unterhalb der Einmündung der Ampulla vasis deferentis, namentlich an der medialen Fläche. Bei der Deutung dieser Bildungen scheint es mir natürlich, statt dieselben mit Felix in wahre Divertikel und Drüsen ein- zuteilen, sie als Stellen der Schleimhaut zu betrachten, wo diese mehr drüsenreich ist. Wir sahen oben, wie die Vesicula seminalis und die Ampulla rücksichtlich der Menge der Drüsen und der Anzahl, Form und Grösse der Äste in hohem Grade variieren ; es scheint deshalb eine ebenso naheliegende Annahme zu sein, dass dieselbe Variabilität hinsichtlich des Ductus ejaculatorius möglich wäre, da dieser ja nur das untere Ende der beiden anderen Organe ist und im übrigen denselben Bau hat. Die Oberfläche sämtlicher Appendices (ausgenommen Fall No. 45, der übrigens in keiner Beziehung den anderen ähnlich ist) ist ja gerade glandulär gefaltet, gröber als der übrige Teil der Ober- Häche des Ductus ejaculatorius, und die Ausbuchtung ist in den meisten Fällen so flach, dass sie von nichts anderem als gerade dem Vorhandensein dieser Drüsen herzurühren braucht; von einem Appendix in dem Sinne, in welchem wir diese Benennung mit Bezug auf die Vesicula seminalis und die Ampulla gebrauchen, nämlich von einer Ausbuchtung, die in allen Stücken den Typus des Baues der Hauptröhre wiedergibt, kann in keinem der vou mir untersuchten Fälle die Rede sein; dass es sich nicht um konstante Bildungen handelt, geht daraus hervor, dass sie ın 10 Fällen vollständig fehlten. Ein Fingerzeig zum Verständnisse ist auch in dem Umstand enthalten, dass die Appendices fast ausschliesslich eben unter- halb der Mündung der Ampulla angebracht smd; man könnte deshalb geneigt sein, sie als Fortsetzungen der gröber gefalteten Schleimhaut in den oberen Organen aufzufassen, so dass der Beiträge zur mikroskopischen Anatomie etc. 3253 Übergang aus der stärker gefalteten Schleimhaut der Vesicula seminalis und der Ampulla in die schwächer gefaltete des Ductus ejaculatorius in einigen Fällen ganz plötzlich geschehe (da, wo «lie Appendices fehlen), in anderen dagegen mit kleinen Unter- brechungen (in Fällen, wo es Appendices gibt). Der von Felix beschriebene Sinus ejaculatorius scheint ebenfalls keine konstante Bildung zu sein, indem ich nur in 13 Fällen (No. 45, 47s, 48d, 49, 51, 52d, 52s, 53, 55, 56s, 57d, 60s, 6ls) eine deutliche Ausbuchtung unterhalb der Vereinigung der Ampulla mit der Vesicula seminalis fand, während in den anderen Fällen sich keine Spur einer solchen zeigte. Felix (19) (S. 9—-10) legt im Gegensatz zu Henle (43) (S. 388) starkes Gewicht darauf, dass der Ductus ejaculatorius die Fortsetzung der Vesieula seminalis bildet, welchen Umstand meine Untersuchungen aufs überzeugendste bestätigen, indem nur in einem einzigen Falle (55) davon die Rede sein könnte, «lass der Ductus ejaculatorius die Fortsetzung der Ampulla vasis deferentis bilden sollte; in allen anderen Fällen verliefen der Ductus ejaculatorius und die Vesicula seminalis in einer und derselben Linie, während die Ampulla vasis deferentis meistens init einem kleineren Lumen in den Ductus ejaculatorius aus- mündete, gewöhnlich sogar unter einem ziemlich grossen Winkel. 3. Das Epithel der Vesicula seminalis, der Ampulla vasis deferentis und des Ductus ejaeulatorius des Menschen. Schreiten wir nun zur Betrachtung des Verhaltens des Epithels in der Vesicula seminalis, so sahen wir bereits, wie unter den früheren Untersuchern grosse Meinungsverschiedenheit hinsichtlich der Form des Epithels herrscht, was zum grossen Teil — wie Eberth hervorhebt — darauf beruht, dass die verschiedenen Untersucher jeder für sich bei einer einzelnen Altersperiode oder einem einzelnen Funktionszustande verweilten. 324 OTTO V. C. E. PETERSEN, Untersuchen wir den reifen Embryo, so finden wir ein hohes zylindrisches Epithel mit ovalen Kernen, die überall in zwei scharf gesonderten Schichten liegen; leider hatte ich keine Gelegenheit, Isolationsversuche mit dem Epithel anzustellen, in len Vesiculae seminales von ein paar Kindern, wo das Organ erst nach der Sektion fixiert wurde, waren die Zellen wegen der Kadaverosität indes so gut isoliert, dass man sich einen Begriff von dem wirklichen Verhalten bilden konnte. In der Regel sieht man, wie die obersten, abgestossenen Zellen in zusammen- hängenden Reihen von 10—10 Exemplaren liegen; während die luminalen Grenzen dieser Zellen ganz scharf und geradlinig sind, ist die basale Grenze zackig, was davon herrührt, dass jede der Zellen nach unten in eine spitze Verlängerung endet; unter diesen Verlängerungen liegen nun die Zellen der unteren Schicht voneinander losgerissen in der buntesten Unordnung, und obschon die meisten einen kubischen Eindruck machen, findet man unter ihnen doch auch andere Zellen, die entschieden zylindrische Form haben und sich am einen Ende verjüngen, als ob sie in die basalen Öffnungen der oberen Zellschicht hineinpassen könnten. Überhaupt habe ich nie, selbst nicht bei der stärksten Ver- grösserung und an gut fixierten Präparaten, Bilder angetroffen, die dazu berechtigen könnten, die Zweischichtigkeit des Epithels festzustellen; dagegen war ich so glücklich, an einzelnen Schnitten der Vesicula seminalis des reifen Embryos zu beob- achten, dass das Epithel wirklich ein einschichtiges Zylinder- epithel mit den Kernen in zwei Schichten ist;. es erwies sich hier nämlich, dass einige Zellen an dem dem Lumen zugekehrten Ende breiter, im basalen Teile aber schmäler, spitz ausgezogen waren; diese Zellen waren mit Zellen abwechselnd angebracht. deren breiter Teil nach unten, der schmale Teil nach oben zwischen den breiten Enden der ersteren Schicht Zellen lag. und beide Formen hatten den Kern in dem breiten Teile der Anatom, Hefte. I. Abteilung. 103. Heft (34. Bd. H. 2). 110519 Tafel 20. nn \ 1= d Pe | x 5 en . In ee I ee Anatom. Hefte. I. Abteilung. 103. Heft (34. Bd. H. 2). Tafel 21: Fr u [3 i \ - ’ En #. = u in r A v Sur > U . I fg z > En be - Eu q Bo « { . ern a 4 . & = U 5 RE . 3 2 [3 Sr Pi Be = 5 E A li ® 1 e N) rn Pr B , k Pr 3 72 En KR A a u . E a U a: „= ur FH A u 4 " 4 E . \ r D 2 — ————n en nn nn he ne er { . 3 N & a ee nn il ‘ , tn ne nn nen ’ Anatom. Hefte. I. Abteilung. 103. Heft (34. Bd. H. 2). Tafel 22. ne en ac ci Beiträge zur mikroskopischen Anatomie etc. 32> Zelle liegen, wodurch augenscheinlich das zweischichtige Aussehen des Epithels entsteht. Da sämtliche Zellen sich indes durch die Dicke des Epithels hindurch erstrecken, muss man dieses als ein einschichtiges Zylinderepithel auffassen. Diese Form des Epithels erhält sich ziemlich lange und war noch bei den obengenannten Individuen von 14 und 16 Jahren vorhanden; ich fand hier überall in der Vesicula seminalis ein deutlich zweireihiges Epithel, das jedoch an ganz einzelnen Stellen im Grunde der Falten nur eine einzige Schicht zylindrischer Zellen zeigte, während ich bei neugeborenen Kindern nur dieses zweireihige Epithel fand und dasselbe mit dem l4jährigen Individuum der Fall war, erschienen hie und (da am Gipfel der Falten hei dem 16jährigen Knaben Strecken. wo man drei Reihen Kerne übereinander gewahrte; weder bei dem 14 noch dem 16 jährigen fand ich die geringste Spur von Pigment in den Zellen, ebensowenig wie man irgendwo ab- geplattete Epithelzellen sah, die wir beim Erwachsenen so- häufig antreffen. Beim erwachsenen Individuum ist die Grundform des Epithels die hohe Zylinderzelle hexagonaler Schnitfläche (was auch vom Epithel des Kindes gilt), dieses Epithel erleidet aber eine sehr grosse Veränderung der Form je nach dem Sekretions- zustande, dem Druck und der Ausspannung, was es mit dem Epithel in fast dem ganzen Tractus urogenitalis gemein hat. Überall, wo die Schleimhaut nach dem glandulären Typus ge- faltet ist, findet man teils hohe Zellen mit unregelmälsiger Ab- grenzung nach dem Lumen hin (wegen der Sekretion), teils ‘etwas niedrigere, kubo-zylindrische Zellen. Diejenigen Stellen der Schleimhaut dagegen, die den Sitz der retikulären Faltung bilden, sind mit niedrigen, kubiscben Zellen bekleidet, und wo die Räume am grössten und die Schleimhautfältehen am dünnsten sind, sehen die Zellen fast wie Endothelzellen mit ganz flachem, sehr kompaktem Kerne aus, welcher nur von einem ganz 326 OTTO V. C. E. PETERSEN, dünnen Protoplasmahäutchen umgeben ist. Dieser Umstand, dass wir das flache Epithel stets bei der retikulären, nie aber bei der glandulären Form antreffen, im Verein mit den früher angeführten Beobachtungen über das Bindegewebe der Schleim- haut und die Mächtigkeit der Muskulatur spricht in hohem Grade für die Richtigkeit der Annahme, dass die retikuläre Faltung eine funktionelle Form der glandulären ist, selbst- verständlich mit der früher angegebenen Begrenzung. Dass die Muskulatur bei dieser Formveränderung jedoch nicht das allein Malsgebende ist, ergibt die Betrachtung der Sekretmassen, die man stets in den Lumina der Drüsen findet; bei der glandulären Form ist nämlich immer nur sehr wenig Sekret vorhanden, während man in den Maschen der retikulären Form grosse Klümpchen koagulierten Sekrets antrifft; in dem fixierten und mit Alkohol gehärteten Objekte sind diese stark ein- geschrumpft und füllen nicht den Raum an, untersucht man sie aber nach der Fixation mit Formol allein, so liegen sie dicht an der Schleimhautfläche, weshalb es sehr wohl denkbar ist, dass sie zur Ausspannung beigetragen haben. Am Gipfel der Schleimhautfältchen findet man stets nur das platte einschichtige Epithel, wenn es sich um die retikuläre Faltung handelt; dann kann man aber mitunter in den unterhalb der übrigen Schleimhaut gelegenen, nicht ausgepannten Quer- schnitten an der anderen Seite zylindrisches Epithel antreffen. Was den glandulären Typus betrifft, so kann man in einigen Fällen überall einschichtiges Zylinderepithel gewahren, in anderen erblickt man dagegen am Gipfel einiger der Falten dicke Epithelsäume mit vielen — sogar 5—5 — Schichten von Kernen übereinander; da diese Zellen aber ganz dieselbe Struktur haben wie alle übrigen, und da die Kerne ungeordnet liegen, ohne in Reihen oder sonstwie regelmäfsig zu sein, und da diese Ver- diekung des Epithels sich nur an den höchsten Punkten findet, scheint es mir, dass mehr Grund für die Annahme vorliegt, Beiträge zur mikroskopischen Anatomie etc. 324 dies rühre von einer Anhäufung des Epithels her, die dadurch verursacht wird, dass die untere Schicht zu kurz geworden ist, lem entsprechend, was wir in anderen Organen antreffen, deren Schleimhaut Flächenveränderung erleidet. Hierfür spricht eben- falls, dass wir an den höchsten Partien der Schleimhaut alle möglichen Übergänge der Bekleidung antreffen, vom einzel- schichtigen Zylinderepithel an bis zu dem Epithel, das 5 bis 6 Reihen Kerne übereinander enthält. Wie von früheren Untersuchern aufgeführt, rührt die bräunliche Farbe der Schleimhaut von dem Vorhandensein von Pigmentkörsichen in den Zellen her. Während wir bei Kindern (bis zum Alter von 16 Jahren) keine Spur von Pigment in irgendwelchen Zellen antreffen, soll dieses bei Erwachsenen konstant zu finden sein; dies ist jedoch nicht der Fall. Bei einem 20 jährigen Individuum z. B. habe ich keine einzige Zelle beobachtet, die Pıgmentkörnchen enthielte, und dementsprechend war die Schleimhaut, makroskopisch be- trachtet, ganz weiss; ganz dasselbe Verhalten bot die Schleim- haut eines 21jährigen Individuums dar; von diesen beiden Fällen abgesehen fand ich die Schleimhaut bei Erwachsenen aber immer gelbbraun bis braun gefärbt, und es hat sich erwiesen, dass dies dem Vorhandensein des Pigmentes zu verdanken ist. Während frühere Untersucher (Felix [19], S. 38) glauben, nach- weisen zu können, dass das Pigment sich hauptsächlich in den Zellen der sekundären und tertiären Falten, in geringerer Menge dagegen in den primären Falten finde, was er dadurch erklärt, dass es in den tiefer gelegenen Epithelschichten besseren Raum für das Pigment gebe, habe ich keine solche, auch nur einiger- malsen regelmälsige Anbringung des Pigments finden können. Bald sind es die Zellen der primären Falten, die das meiste Pigment enthalten, bald aber die Zellen .der sekundären und tertiären Falten, wie man auch selbst in pigmentreichen Organen grosse Strecken finden kann, wo keine einzige Zelle Pigment So r ) D OTTO V. C. E. PETERSEN, enthält. Eine konstante Erscheinung scheint dagegen das Zu- nehmen des Pigments mit dem Alter zu sein, so dass die Pigmentkörnchen, die bei jüngeren Individuen gewöhnlich in dem luminalen Teile der Zelle liegen, bei älteren über das ganze Protoplasma verbreitet sind und zugleich die Grösse der Körnchen zugenommen hat, die bei älteren Individuen fast die Grösse des Zellkerns erreichen können. Hinsichtlich der chemischen Eigen- schaften des Pigments kann ich die Resultate der früheren Autoren (Maas, Oberndorfer, Akutzu) nur bestätigen, wenn sie anführen, das dasselbe ein Lipochrom ist, das sich in frischem Zustande oder mit nicht fettlösenden Stoffen behandelt mit Osmiumsäure und Sudan oder Scharlach färbt, während es durch Behandlung mit starkem Alkohol oder Äther diese Rigen- schaft verliert; Eisen enthält es nicht. Von diesem Lipochrom abgesehen, habe ich niemals fettige Stoffe in den Zellen beob- achtet, ebensowenig als basal gestellte fetthaltige Zellen. (rehen wir jetzt zur Betrachtung der Veränderungen über. welche die Zellen während der Sekretion darbieten können, so muss ich vorerst hervorheben, dass die Vesicula seminalis eine Drüse mit kontinuierlicher Sekretion ist; in einem und demselben Schnitte findet man gewöhnlich die verschiedensten Stadien der Sekretion der Zellen. Die Sekretion beginnt in sehr frühem Alter; so fand ich in den Zellen eines reifen Embryos Veränderungen, die nur einer sekretorischen Tätigkeit zuge- schrieben werden konnten, und bei einem neunmonatlichen Knaben fand ich die Alveolen voll von Sekret, welches dieselbe mikroskopische Beschaffenheit zeigte wie das beim Erwachsenen angetroffene, indem es aus klaren, ziemlich stark lichtbrechenden, kugeligen oder ovalen, entschieden acidophilen Massen bestand, ie in eine ganz feinkörnige Substanz eingebettet waren, welche sich bald leichter mit basischen, bald leichter mit sauren Farben färben liess. In diesem Zusammenhang möchte ich anführen, dass ich konstant in der Vesicula seminalis erwachsener _t Beiträge zur mikroskopischen Anatomie etec. 329 Individuen Spermatazoen in reichlicher Menge unter dem Sekrete fand. Was die Zellen betrifft, so zeigen sie je nach ihrem Sekretionszustand grosse Verschiedenheit der Form; einige sind hoch und entsenden oft lange dünne Ausläufer, die dann und wann augenscheinlich abgeschnürt werden, indem sie nur mittels eines ganz dünnen Stieles mit der Zelle verbunden sind, wie man auch häufig Teile derselben als freie Partikelchen von verschiedener Form ausserhalb der Zelle liegen findet. Diese Sekretionsform ist früher von van Gehuchten (29) und Folke Henschen (39) beschrieben worden, und obgleich letzterer verschiedene Sachen miteinander vermengt, ist es doch «eine Tatsache, dass wir ziemlich häufig das Verhalten antreffen, dass eine Zelle sich ihres Sekrets entledigt, indem sie Ausläufer entsendet, die später abgeschnürt werden; invan Gehuchtens Falle (Darmzellen der Phychoptera contaminata) werden gewisse Teile unzweifelhaft in flüssiger Form ausgestossen; die übrigen von Folke Henschen genannten Fälle sind nicht so klar. namentlich nicht inbetretf der Konsistenz der Ausläufer, da man nicht erfährt, ob diese flüssig oder mehr fest sind. Henschen nennt auch die Vesicula seminalis des Menschen als Beispiel dieser bläschenförmigen Sekretion, Eberth kennt dieselbe gleichfalls, deutet sie aber, als ob der ganze dem Lumen zu- gekehrte Teil der Zelle mit Sekret angefüllt wäre. Übrigens ist diese Sekretionsform der akzessorischen Geschlechtsdrüsen der Säugetiere keine ganz ungewöhnliche, wir finden sie in der Prostata des Menschen und besonders hübsch ausgesprochen in ler einen Prostatadrüse des Kaninchens, worüber näheres unten. Sehen wir von den durch die Ausspannung verursachten Veränderungen ab, so variieren die übrigen Zellen zwischen zylindrischen und kubischen, und die Grenze dieser Zellen gegen das Lumen hin ist gewöhnlich scharf ausgeprägt. Das Proto- plasma ist in einigen der Zellen bedeutend röter gefärbt als in anderen (Chromhaematein-Säurerubin), und dies rührt davon 390 OTTO V. C. E. PETERSEN, her, dass die Zelle mit ganz feinen, acidophilen Körnchen an- gefüllt ist, «ie sich nicht mit Eisenhaematen — Hansen — färben»). In diesen Zellen trifft man dann und wann ein erösseres acidophiles Körnchen an, das in der Nähe des Kernes liegt — in einzelnen Fällen (Fig. 10) sah ich deren sogar drei bis vier, und diesem Kern fehlt es während dieses und der folgenden Stadien stets an Nukleolen; er ist klar, hat em spärliches Chromatinnetz. Man findet jedoch auch, obgleich sehr selten, Zellen mit körnigem Gehalt, wo eine einzige acidophile Nukleole im Kerne liegt, an. Andere Zellen (Fig. 11) beginnen in ihrem dem Lumen zugekehrten Teile klarer zu werden, indem hier grössere, aber viel weniger zahlreiche und zerstreut liegende Körnchen auftreten, die nur sehr schv rach acidophil sind; zwischen diesen Körnchen sieht man ein weit- maschiges, dünnfaseriges Retikulum. Wieder andere Zellen (Fig. 12) sind fast ganz mit diesen schwach gefärbten Körnchen angefüllt, zugleich hat der feinkörnige Teil der Zelle um so inehr abgenommen, je mehr der grobkörnige Teil zugenommen hat, und unter diesen Zellen kann man einige finden, die, wie oben beschrieben. ihren peripheren Teil abschnüren, andere, in denen eben an der Oberfläche ein oder mehrere, stärker acidophile Körnchen liegen. Dass diese Körnchen von denjenigen her- stammen, die wir im Innern der Zelle antreffen, erleidet keinen Zweifel; man kann sehen, wie die intracellulären Körnchen sich 1) An diesem Orte muss ich darauf aufmerksam machen, dass man sehr vorsichtig sein muss, wenn man, ohne die stärksten Vergrösserungen zu be- nutzen, eine Protoplasmastruktur für körnig erklären will. Bei einer mittel- grossen Vergrösserung, z. B. Zeiss Apochromat 4, Komp. OC. 6 zeigt eine Zelle sich oft körnig, diese körnige Pseudostrukiur löst sich bei stärkerer Vergrösserung aber in ein feines Maschenwerk auf. Die Erklärung dieser Erscheinung liegt gewiss darin, dass die schwächere Linse eine grössere Tiefenauffassung hat als die stärkere, so dass sie an den Orten, wo sich zwei der Maschen des Netzwerkes in verschiedenen Planen kreuzen, ein Addditionsprodukt erselben bildet. welches ein Körnchen simuliert. Beiträge zur mikroskopischen Anatomie etc. 991 immer mehr der Oberfläche nähern und schliesslich so liegen, dass ein Teil ihres Umkreises ins Lumen hinausragt, das Übrige des Körnchens aber in der Zelle bleibt. Allerdings setzt diese Auffassung voraus, dass das Sekret in dem Augenblicke, wo es die Zelle verlässt, oder kurz darauf seine Färbbarkeit zu ändern vermag (es gibt keine andere Verschiedenheit der beiden Bildungen, um die es sich hier handelt); leider war es mir verwehrt, lebende Zellen des Menschen zu untersuchen, beim Meerschweinchen trifft man aber das Verhalten an, dass die intracellulären Granula der lebenden Zellen sich durchaus nicht mit Neutralrot färben lassen, während die frischen, augen- scheinlich vor kurzem ausgestossenen Körnchen und körnigen Massen, die an der Oberfläche der Zellen liegen, sich stark rot färben. Ein anderer Umstand, der möglicherweise seinen Einfluss auf die frisch ausgestossenen Körnchen geltend machen könnte, | ist die Einwirkung des bereits vorhandenen Sekrets, das wahr- scheinlich durch Beimischung von Spermatozoen zu dem aus der Epididymis herstammenden Sekret eine etwas andere chemische Beschaffenheit erhalten kann als dasjenige, das soeben die Zellen verlassen hat. Übrigens trifft man nicht selten Sekretkörnchen an, die ganz dieselbe Färbbarkeit haben wie die intracellulären Körnchen, was man zugunsten der An- sicht anführen kann, dass die Körnchen in demselben Zustand ausgestossen werden, in welchem sie sich intracellulär befinden. (Bei der Betrachtung dieses Objekts hüte man sich wohl, diese grösseren Körnchen mit dem Pigment zu verwechseln; die Körnchen des letzteren können von derselben Grösse sein wie die Sekretgranula, bei Färbung mit Chromhaematein-Säurerubin werden die Sekretkörnchen aber immer deutlich rot, das Pigment gelb). Untersucht man Präparate der Vesicula seminalis er- wachsener Menschen nach Färbung mit Eisenhaematein (Hansen), so sieht man, dass alle Zellen ein seh feines =) [2 74 332 OTIO V. C.’E. PETERSEN, Retikulum enthalten; der Grund, weshalb dieses nicht in dem feinkörnigen Teile der mit Chromhaematein-Säurerubin gefärbten Zellen gewahrt wird, ist darin zu suchen, dass die Körnchen dasselbe völlig verdecken. Die obenstehende Beschreibung gilt ausschliesslich von dem ausgewachsenen Organ; bei den von mir untersuchten Kindern eigneten sich nur die Vesicula seminalis eines neunmonatlichen Knaben und die eines reifen Embryos zur histologischen Unter- suchung. In der Vesicula seminalis des neunmonatlichen Knaben (Fig. 13) sah man teils klare, teils körnige Zellen untereinander gemischt; die klaren waren anscheinend ganz leer, indem ich zwischen den Maschen des Netzwerkes nicht die Spur von farbigen Körnchen fand, die grossen, beim Erwachsenen vor- kommenden Körner sah man hier nicht. Die körnigen Zellen waren im ganzen Protoplasma voll von kleinen, ziemlich aus- gesprochen acidophilen Körnchen, die so dicht aneinander lagen, dass man keine andere Struktur der Zellen unterscheiden konnte. Dasselbe Verhalten fand ich bei dem reifen Embryo, hier sah man aber ganz deutlich, wie die Zellen an einigen Stellen die oben erwähnten Protoplasmaverlängerungen entsandten; die Kerne waren oft mit drei bis vier acidophilen Körnchen ver- sehen, die Kernmembran war mitunter etwas eingebuchtet, direkte Ausstossung von Nukleolen habe ich hier aber nicht beobachtet. Beim Erwachsenen findet man ebenfalls, wenngleich nicht besonders häufig, Einbuchtungen der Kernmembran; wenn ich auch ein Ausstossen von Nukleolen nicht direkt beobachtet habe, trage ich doch kein Bedenken, zu behaupten, dass ein solches beim Menschen stattfinden muss, da die sonstigen Ver- hältnisse (die Körnchen ausserhalb des Kernes, wenn dieser keine Nukleolen hat, die Nukleolen im Kern, wenn die grösseren Körnchen sich nicht ausserhalb desselben befinden, endlich die Beiträge zur mikroskopischen Anatomie etc. 339 Einbuchtung der Kernmembran) denjenigen absolut analog sind, die wir in Zellen antreffen, wo die Nukleole beweislich im An- fang der Sekretbildung ausgestossen wird, doch hierüber näheres unten. Dass wir diese Erschemungon relativ selten in der Vesieula seminalis des Menschen sehen, scheint mir darauf hinzudeuten, dass die Sekretion — oder vielmehr vielleicht einzelne Phasen derselben — langsam vorgeht, so dass wir von einigen Sekretionsstadien weniger Exemplare antreffen als von anderen. Die obenstehende Beschreibung des Epithels ist ausschliess- lich auf die Vesicula seminalis basiert; indes fand ich in den von mir untersuchten Ampullae vasis deferentis genau dieselben Verhältnisse. Ich werde deshalb nicht durch die Wiederholung einer Beschreibung ermüden, die, wenn sie sorgfältig sein sollte, nur eine sklavische Wiedergabe der vorhergehenden Seiten werden würde. Was endlich das Epithel des Ductus ejaculatorius betrifft, so erwies dieses sich in den vier untersuchten Fällen vorwiegend als ein zweischichtiges Epithel, wo die Kerne der tieferen Schieht meistens ebenso gross sind wie die der oberflächlichen Schicht, während sie in anderen Fällen mehr rund sein können, so dass das Epithel ganz demjenigen ähnlich ist, das wir in der Vesicula des Kindes antreffen. In allen vier Fällen zeigte sich doch der Unterschied zwischen dem am Grunde und dem an der Spitze der Falten gelegenen Epithel, dass wir fast immer an der Spitze der Falten ein zweischichtiges Epithel sehen, welches an einigen Stellen ein dreischichtiges wird, während das Epithel am Grunde einschichtig ist und nur fleckweise zerstreute Inseln zweischichtigen Epithels zeigt. Hinsichtlich «ler Pigmentation bot dieses Epithel dasselbe Verhalten dar wie das Epithel der Vesicula seminalis, und in einem Falle sah ich ganz dieselben sekretorischen Veränderungen in den Zellen wie «ie oben mit Bezug auf die Vesicula seminales beschriebenen. — Anatomische Hefte. I. Abteilung. 103. Heft (34. Bd. H. 2). 2) u) (SE) HE OTTO V. C. E. PETERSEN, Bevor ich die Besprechung der histologischen Verhältnisse beim Menschen abschliesse, muss ich noeh anführen, dass ich versuchte, feinere Nervenverästelungen in der Vesicula seminalis nachzuweisen, teils mittels einer vor langem von Bourgery und Jacob angegebenen Methode, die in langsamer Maceration in dünner Salpetersäure besteht, teils mittels der Methylenblau- methode, stets aber ohne Erfole. vamon y Cajals neue Silbermethode könnte in diesen Falle wahrscheinlich brauchbare Resultate liefern, sie erschien aber so spät, dass ich zu ihrer Anwendung keine Gelegenheit fand. Bei kleinen Kindern, wo man nebst dem Organe das ganze umliegende Bindegewebe mikrotomiert, findet man in diesem sehr oft kleine Ganglien; dass ich solche nie beim er- wachsenen Individuum gewahrte, ist dadurch zu erklären, dass ich vorher das umliegende, ganz lose Bindegewebe entfernt hatte. 4. Über das Epithel der Vesieula seminalis bei einigen Säugetieren. Obschon sehr zahlreiche Arbeiten über die Vesicula seminalis bei Säugetieren vorliegen, gibt es in deren mikroskopischer Ana- tomie doch mehrere Fragen, die fast gar nicht berührt worden sind, und unter diesen nenne ich zuvörderst den Inhalt der Zellen bei der Sekretion. Das einzige Säugetier, das in dieser Beziehung gut untersucht wurde, ist die Ratte, was wir Akutzu verdanken, sonst findet sich fast gar nichts Positives über diesen Gegenstand. Eine Untersuchung über funktionelle Veränderungen des Epithels des Menschen wird stets mehr oder weniger dadurch erschwert, dass wir den Zustand, in welchem sich die Zellen bei der Untersuchung befinden, nicht beherrschen. Anders bei den Tieren; hier kann man sich auf verschiedene Weise die Zellen, die man zu untersuchen wünscht, in ganz bestimmten Funktions- Beiträge zur mikroskopischen Anatomie etc. 338, zuständen verschaffen, und obschon ein und dasselbe Organ bei verschiedenen Tieren ganz verschiedene Bedeutung haben kann, vermögen solche Tierversuche doch eine Erklärung zu geben, wo diese uns rücksichtlich des Menschen verwehrt ist. Die Zellen der Vesiceula seminalis des Kaninchens. Wegen der besonderen Entwicklung der Vesicula seminalis des Kaninchens hat lange Jahre hindurch grosse Uneinigkeit über die Benennung der akzessorischen Geschlechtsdrüsen bei diesem Tiere geherrscht; so nennen Oudemanns und Leidie (54) die Vesicula semmalis den Uterus masculinus, in «der ersten Ausgabe von Disselhorst heisst sie ebenfalls der Uterus mas- eulinus, in der zweiten dagegen richtig die Vesicula seminalis, während das, was DQudemanns und Disselhorst die Vesi- cula seminalis nennen, tatsächlich der obere, laterale Teil der Prostata ist. Diese Unsicherheit der Benennung stammt daher, dass man lange die Embryologie dieser Organe nicht kannte, oder vielmehr, dass die späteren Untersucher bis Rauther übersahen, wie Koelliker (50) bereits 1879 nachgewiesen hatte, dass die Müllerschen Gänge, die den Uterus masculinus bilden sollten, bei einem 23tägigen Kaninchenembryo völlig verschwunden sind, und dass die fragliche Bildung durch Erweiterung und Verschmelzung des unteren Teiles der Wolffschen Gänge ent- steht. 1882 kam Langenbacher, 1885 Mihalkowicz (59), 1899 Wright und 1901 Pallin (70) zu demselben Resultat, wes- halb dieses Verhalten wohl als festgestellt betrachtet werden darf. Ebenso wie Schaap (S1), der eine sorgfältige grobhistolo- eische Untersuchung über die anatomischen Verhältnisse des Kaninchens vor und nach der Kastrierung veröffentlicht hat, fand auch Disselhorst keine Drüsen in der Wand der Vesicula seminalis und erklärt in der zweiten Ausgabe (1904) Rauthers (78) Befund von Drüsen dadurch, dass diese erst während der 22* 396 OTTO V. C. E. PETERSEN, Brunstzeit zu nennenswerter Entwicklung gelangten (8. 238). Über sekretorische Veränderungen der Zellen liegt in der Literatur weiter nichts vor, als dass Disselhorst von der Glandula ductus dleferentis anführt (238): die Zellen tragen den ovalen Kern am ussende und zeigen deutliche Sekretionserscheinungen. 3evor ich die Epithelzellen bespreche, führe ich an, dass ich bei sieben zu den verschiedensten Jahreszeiten getöteten Kaninchen stets fand, dass die Schleimhaut der Vesicula semi- nalis von einer Drüse neben der anderen gebildet war; überdies ist es den Kaninchenzüchtern wohlbekannt, dass das männliche Kaninchen keine Brunstperiode hat; man kann Kaninchen zu jeder beliebigen Jahreszeit züchten, eine Erfahrung, die durch meine eigenen Beobachtungen völlig bestätigt wurde. Um einen Einblick in die sekretorischen Veränderungen der Zellen der Vesicula seminalis zu gewinnen, untersuchte ich einige Kaninchen, nachdem ich sie vorher folgenden bestimmten Einwirkungen ausgesetzt hatte. Kaninchen No. 1. (Getötet im November 1904, nachdem das Kaninchen längere Zeit hindurch von Weibchen isoliert gewesen war. Kaninchen No. 2. (Getötet im Mai 1905 unter denselben Um- ständen. Kaninchen No. 3. Getötet im Juni 1905, !/, Stunde nach subkutaner Injektion ;von 30 cg Chloretum pilocarpicum pr. ke Körpergewicht. Kaninchen No. 4. Getötet im August 1905. Kaninchen No. 5. (retötet im Oktober 1905, nachdem es vier Tage in einem Raum gestanden hatte, in welchem sich längere Zeit hindurch keine Weibchen befunden hatten. Kaninchen No. 6. Getötet im November 1905 unmittelbar nach starker geschlechtlicher Reizung (6—8 Koitusversuche ohne Ejakulation). Beiträge zur mikroskopischen Anatomie etec. 337 Kaninchen No. 7. Getötet im Dezember 1905 unmittelbar nach 5—6 effektiven Koitus. Schon die makroskopische Untersuchung der Vesicula semi- nalis dieser Tiere ergab grosse Verschiedenheit; nach der geschlechtlichen Reizung und der Pilocarpinisierung war die Vesicula seminalis in beiden Fällen, weniger jedoch nach Pilo- carpinisierung, stark ausgespannt, voll von einer glasklaren, stark lichtbrechenden, zähen, schleimigen Sekretmasse, die sich in beiden Fällen bei Mikroskopie als keine Spermatozoen enthaltend erwies. In den übrigen Fällen fand sich nur ganz wenig Sekret im Organe, und namentlich nach dem vollzogenenen Koitus war (lieses schlaff und zusammengefallen, ohne Sekret. Dies scheint mir anzuzeigen, teils dass das Sekret sich im Laufe kurzer Zeit in grosser Menge bilden kann (der Versuch mit dem Kaninchen No. 6 dauerte z. B. höchstens 15 Minuten), teils dass das Sekret durch die Ejakulation entleert wird, und endlich, dass die Funktion der Vesicula seminalis zuvörderst in der Bildung und Ausstossung dieses Sekrets besteht, nicht aber bezwekt, ein Reservoir für die Spermatozoen zu bilden. Betrachten wir nun zuerst die Zellen der Vesicula seminalis des Kaninchens nach der Pilocarpinisierung (Fig. 28), so er- weisen sie sich als hohe zylindrische Zellen mit stark rotgefärbtem Protoplasma (Uhromhaematein -Säurerubin) wegen zahlreicher, dieht aneinanderliegender, stark acidophiler kleiner Granula; andere Zellen haben klareres, mehr hellgefärbtes Protoplasma und weniger zahlreiche, mehr zerstreut liegende Körnchen, und eanz einzelne Zellen sind völlig klar, retikulär strukturiert, ohne färbbare Granula zwischen den Maschen. In ganz einzelnen Zellen sieht man ein oder höchstens zwei stärker rotgefärbte Körnchen in der Nähe des Kerns; dieser enthält nur einzelne kleine, stark acidophile Körnchen, die an der Oberfläche von einem basophilen Häutchen umgeben sind, so dass sie beim ersten Anblick leicht als basophil imponieren können. 338 OTTO V. C. E. PETERSEN, Ein ganz ähnliches Bild boten die Zellen der Vesicula semi- nalis des Kaninchens 6 dar, nur traf man in den körnigen Zellen ziemlich oft Einbuchtungen der Kernmembran an. In der Vesicula seminalis des Kaninchens 7 (Fig. 29) war dagegen der vorwiegende Teil der Zellen klar, ohne Körnchen, mit retikulärem Protoplasma, und nur ganz zerstreut und ver- einzelt fand man unter den anderen Zellen einige, die wie in den vorhergehenden Fällen körnig waren. Der Kern war meistens ohne Einbuchtungen der Kernmembran, enthielt aber zahlreiche entschieden acıidophile Nukleolen; gewöhnlich war er kürzer und dicker als in den körnigen Zellen. Betrachten wir die Zellen der Vesicula seminalis der Kanin- chen 4 und 6, die beide getötet wurden, ohne einer geschlecht- lichen Reizung unterworfen worden zu sein, so bieten beide fast dasselbe Bild dar; man trifft teils körnige Zellen an wie in den vorhergehenden Fällen, teils klare Zellen mit retikulärem Proto- plasma; im Falle 5 finden sich in den klaren Zellen sehr häufig 1 oder 2 grosse acidophile Körnchen in der Nähe des Kerns, und in Falle 4 ist dasselbe mit einzelnen der körnigen Zellen der Fall, deren Kerne überhaupt arm an acidophilen Nukle- olen sind. Die Kaninchen 1 und 2 (Fig. 30 und 31) bieten dagegen ein ganz anderes Bild dar; die Zellen «der Vesicula seminalis des Kaninchens 1 erweisen sich freilich als voll von feinen acido- philen Körnchen wie in den oben genannten Fällen, neben diesen sieht man aber in dem luminalen Teile jeder Zelle eine grosse acıdophile, strukturlose Masse, die meistens von einer helleren, scharf konturierten, äusseren Zone umgeben ist, welche weit geringere Färbbarkeit besitzt. Diese Bildungen sieht man hie und da massenweise ausserhalb der Zellen liegen, die dann keine solchen im Protoplasma haben, welches durchweg fein- körnig ist. An der freien Oberlläche einzelner der Zellen sieht man eine ganz schwach färbbare Stäbcheneuticula. Die Kerne Beiträge zur mikroskopischen Anatomie ete. 339 der mit grossen Körnchen versehenen Zellen sind retikulär strukturiert ohne acidophile Körnchen, solche finden sich da- gegen, wenn auch spärlich, in den mit klemen Körnchen ver- sehenen Zellen. In frisch untersuchten Zellen des Kaninchens 2 sah man teils die kleineren Körnchen, teils die für das Kaninchen 1 charakteristischen grossen körnigen Massen, die auch im Sekrete, «las hier ebenfalls keine Spermatozoen enthielt, wiedergefunden wurden. Versuchen wir jetzt, diese verschiedenen Stadien der Sekretion zusammenzufassen, so ist es augenscheinlich, dass wir in den Fällen 3 und 6 (nach Pilocarpinisierung und geschlechtlicher Reizung) die möglichst grosse Anhäufung von Sekret (oder ein Vorstadium derselben) in den Zellen erreicht haben. und dass «ie Zellen im Falle 7 (nach Koitus) ihr Sekret dermalsen erschöpft haben, wie es überhaupt nur möglich ist; bei der mtracellulären Bildung des Sekrets spielt der Kern offenbar eine Rolle; wir sehen, dass er in den leeren, retikulären Zellen mehrere acidophile Nukleolen bekommen hat, dass er in einigen Zellen im Begriffe steht, diese Nukleolen auszustossen, und endlich finden wir ın einigen der körnigen Zellen (Fall 4 und 5) solche ausgestossenen Parasome neben dem Kern liegen ; wie sie mit der Sekretbildung in Beziehung stehen, bin ich nicht zu entscheiden imstande; soviel scheint mir aber jedenfalls sicher, dass sie bei der Zu- nahme der Sekretmenge in den Zellen verschwinden, indem wir sie nur selten in den mit Sekret ganz angefüllten Zellen finden. Was endlich die Kaninchen 1 und 2 betrifft, so ist es ja augenscheinlich, dass das grosse Körnchen von den Zellen aus- gestossen wird, mithin ein Sekretionsprodukt ist, wenn auch von dem oben beschriebenen verschieden; die beiden Kaninchen, um die es sich hier handelte, waren beide längere Zeit'hindurch, bevor sie getötet wurden, isoliert gehalten worden, und es ist nun die Frage, ob es nicht die Möglichkeit gebe. dass die Zellen 340 OTTO V. C. E. PETERSEN, der Vesicula seminalis des Kaninchens, wenn dieselbe längere Zeit hindurch nicht geschlechtlich gereizt würde, dennoch ein Sekret bilden und ausstossen könnten, obschon nach einem anderen Typus als bei normaler Reizung. Schliesslich führe ich an, dass man beim Kaninchen weder basale Fettzellen noch Fettkörnchen in der Vesicula seminalis antrifft; weder das Sekret noch irgendeines der Körnchen gab Reaktion auf Muein. Die Zellen der Vesicula seminalis des Meer- schweinchens. Die beste Beschreibung findet sich bei Rauther (78) (S. 406 bis 410), der Minots (60) Beschreibung aus 1886 anführt, mit welcher er im ganzen übereinstimmt. Die Zellen sind nach tauther hohe Zylinderzellen mit grossen 'ovalen Kernen; ge- legentlich sind zwischen diese kleinere Kerne basal zu den Epithelzellen eingeschaltet. Die Zylinderzellen sind voll von erösseren oder kleineren Mengen eines klaren Sekrets, das un- veränderte Protoplasma zeigt eine grobförmige Struktur ; in der Nähe sekretreicher Zellen finden sich andere, die noch sekret- leer sind oder ihr Sekret bereits entleert haben und durch den Druck der ersteren schmal zusammengepresst sind ebenso wie ihre Kerne. Disselhorst beschrieb in der Ausgabe 1897 keine akzessorischen Geschlechtsdrüsen des Meerschweinchens, in der Ausgabe 1904 (8.288) führt er in Kürze Reuthers Unter- suchungen an. Ich selbst untersuchte teils die Vesicula seminalis des Meer- schweinchens ohne Reizung, teils die eines pilocarpinisierten Meerschweinchens, und endlich untersuchte ich frisch heraus- senommene Zellen aus der Vesicula seminalis dieses Tieres. In der nicht gereizten Vesicula seminalis sieht man, dass die meisten Zellen körnig sind, einige gegen das Lumen scharf abgegrenzt, andere gleichsam faserig, lockerer in ihrem dem Lumen Tafel 323. Anatom. Hefte. I. Abteilung. 103. Heft (34. Bd. H. 2). Fig. 12. .... 7 - Sy) “ DOSEIEE un ar | ve Tafel 24. Anatom. Hefte. I. Abteilung. 103. Heft (84. Bd. H. 2). Beiträge zur mikroskopischen Anatomie etc. 941 zugekehrten Teil (Fig. 32); die Körnchen sind schwach acidophil, und zwischen diesen sieht man (besonders hübsch bei Eisen- haeınatein—Hansen) ein ziemlich grobmaschiges Geflecht. Das Sekret verändert seine Färbbarkeit nach der Ausstossung, indem es sich darauf weit stärker mit sauren Farben färbt und zwar mit dem für acidophile Bildungen charakteristischen Ton bei Eisenhaematein. Die Ausstossung des Sekretes geschieht teils an der freien Fläche der Zellen, teils zwischen diesen, was man namentlich an Flächenschnitten deutlich sieht, indem hier oft Sekrettröpfehen in den sechseckigen Abgrenzungslinien der Zellen liegen. Einige Zellen sind klar, mit retikulärem Protoplasma, ohne Körnehen und mit weit zahlreicheren acidophilen Körnchen in den Kernen. Nach Pilocarpinisierung werden die allermeisten Zellen klar, nur wenige körnig. Die Kerne in den klaren Zellen sind stark mit grösseren und kleineren acidophilen Körn- chen überfüllt, in vielen derselben sieht man Rinbuchtungen der Kernmembran. Die in frischem Zustande untersuchten Zellen sind stark körnig, und die Körnchen sind bedeutend grösser als die der fixierten Zelle; sie sind stark liehtbrechend und werden kleiner durch Einwirkung gesättigter Sublimatlösung. Die im fixierten Kerne acidophilen Massen des Kernes färben sich mit wässerigem Neutralrot, wie auch das fertige Sekret sich färbt, während die Granula unverändert bleiben. Es gibt keine Fettkörnchen in den Zellen, und diese geben keine Mucinreaktion. Uber die Zellen der Vesicula seminalis bei Mäusen und Ratten. Da die Verhältnisse bei diesen beiden Gattungen ganz die- selben sind, behandle ich sie unter einem. Disselhorst (12), der selbst die Wasserratte untersuchte, über die er in der Ausgabe 1897 nichts von Interesse mitteilt, >42 OTTO V. C. E. PETERSEN, beschreibt in der Ausgabe 1904 (13) (S. 266) dieses Tier wieder, indem er jedoch fortwährend Rauthers Untersuchungen über «lie Hausmaus referiert, ohne dass man, wenn man Rauthers Arbeit nicht zu Rate zieht. klar ersehen kann, von welcher der beiden Gattungen die Rede is. Um die Verhältnisse bei der Wanderratte zu illustrieren, benutzt Disselhorst fast aus- schliesslich Rauthers Abbildungen der verschiedenen Drüsen der Hausmaus (unter 26 Abbildungen zu einem Kapitel mit der Überschrift »Mus decumanus« rühren nur 8 wirklich von diesem Tiere her, die übrigen sind Rauther entlehnt). vauthers (48) Beschreibung der Zellen der Hausmaus (5. 359) geht darauf aus, dass dieselben ziemlich hoch und schmal, mit fein granuliertem Protoplasma und basal gestelltem ovalenı Kern sind; andere, die breiter erscheinen, zeigen an beiden Seiten des Kerns eine grössere oder geringere Menge klaren Sekrets, wieder andre sind besonders stark gefärbt, schmal und haben kein Sekret. Merkwürdigerweise ist Akutzus (1) Arbeit der Aufmerksamkeit Rauthers entgangen. Mit grosser Gründ- lichkeit hat Akutzu die sekretorischen Verhältnisse der Ratte untersucht und nachgewiesen, dass sich das Sekret als intra- celluläre Körnchen bildet, dass diese Körnchen ausgestossen werden, und dass die Zelle nach deren Ausstossung ein klareres, retikuläres Aussehen erhält, und endlich hat er gefunden, dass in jeder Zelle ein paar kleinere Fettkörnchen peripher zum Kerne liegen (was ich selbst beobachtet hatte, bevor Akutzus Arbeit zu meiner Kenntnis kam). Akutzus Gründlichkeit geht so weit, dass er etwa 20 Ratten untersuchte; er hat —- gegen die (rewohnheit der meisten Autoren — seine Aufmerksamkeit auch dem Kern zugewandt und vergeblich danach geforscht, ob von diesem etwas ausgestossen werde. Gehen wir nun zu meinen eigenen Untersuchungen über das Epithel der Vesicula seminalis der Maus über, so erweist es sich, dass dieses als ein hohes sechsseitiges Zylinderepithel Beiträge zur mikroskopischen Anatomie ete. 345 gebaut ist, zwischen dessen basalen Enden hie und da eine einzelne platte, kubische Zelle liegt. Nach Osmiumsäurefixation ist der periphere Teil der Zelle stark körnig, und zwischen den Körnchen hegt gewöhnlich ein einzelnes, häufig auch zwei bis drei schwarz gefärbte Körperchen; an formolfixierten Zellen färben diese sich mit Sudan und Scharlach gelb und rot, während man sie an alkoholbehandeltem Material nicht mittels dieser Reaktionen nachzuweisen vermag. Dann und wann gewahrt man einzelne ähnliche Fettkörnchen in den basalen Zellen, ohne dass es doch jemals zu solcher Anhäufung von Fett käme, wie wir sie in den basalen Zellen beim Stiere antreffen. Nach Fixation in Formol sieht man, wie die Zellen bei Chromhaematein — Säurerubinfärbung stark körnig werden (Fig. 34); die einzelnen Körnchen sind acidophil, von ziemlich schwankender Grösse, und liegen so, dass zwischen ihnen und den umgebenden Maschen des intracellulären Reticulums, «das bei der Maus grösser ist als bei irgend einem anderen der von mir untersuchten Tiere, ein grosser Zwischenraum entsteht. Der Kern ist mit einigen acidophilen Nukleolen versehen, er ist zıemlich kompakt, und in demjenigen Teile des Protoplasmas, der basal zu ihm liegt, findet man keine Körnchen, bei Färbung mit Hansens Eisenhaematein gewahrt man hier aber in ein- zelnen Zellen eine deutliche basale Streifenbildung dieses Teiles les Protoplasmas. In anderen Zellen trifft man eine mehr zerstreute Anbringung der Körnchen an, wieder in anderen fehlen solche gänzlich, so dass man nur das anscheinend leere Reticulum sieht (Fig. 35). Das Sekret ist körnie, und die Körnchen haben oft die Grösse der intracellulären Körnchen, ebenso wie beim Meerschweinchen finden wir aber auch hier, dass das Sekret um bedeutend mehr acidophil ist als die inmtracellulären Körnchen. Was die Aus- stossung betrifft, so kann man bald sehen, wie Maschen des Protoplasmagetlechtes sich öffnen, um ein Körnchen hindurch- 344 OTTO V. C. E. PETERSEN, passieren zu lassen, bald kann das Sekret wie ein Mantel über der Oberfläche der Zellen liegen. Am Kern habe ich nicht bemerkt, dass er sich den ver- schiedenen Sekretionsstadien gemäss verändert hätte, man kann in einzelnen Kernen freilich eine Einschnürung der Kernmembran sehen, diese Erschemung ist aber bei weitem nicht so ausgeprägt oder regelmässig wie bei den oben besprochenen Tieren. Die Vesicula seminales des Stieres ist von Disselhorst (12, 13) beschrieben worden, und seine histologische Beschreibung in der Ausgabe 1904 ist eine wört- liche Wiederhohlung der Darstellung 1897. Nach ihm sind die Zellen: kräftige Zylinderzellen mit deutlichen Deckleisten, jedoch ohne nachweisbare Basalmembran; das Protoplasma zeigt an vielen Stellen deutliche Veränderungen sekretorischer Natur; hie da liegt das Sekret tropfenförmig, so dass man leicht versucht wird, dessen feine Bürsten und Spitzen für kutikuläre Bildungen zu halten; das distale Ende der Zellen erweist sich leicht körnig, basal finden sich einige leere, scharf konturierte Öffnungen, in deren Wand man dann und wann einen Kern erblickt; Kapillar- lumina können es nicht sein, ebensowenig Kunstprodukte, wes- halb Disselhorst mutmalst, es handle sich vielleicht um vorübergehende Veränderungen bei der Sekretion (exzessiv ent- wickelte Lymphräume). Schon 1901 hat indes Limon (55) die Vesicula seminalis les Stieres untersucht und nachgewiesen, dass diese rätselhaften Bildungen basal gestellte fetthaltige Zellen sind. 1905 erschien Illings (45) kleine Abhandlung, worin er — ohne Limons Arbeit zu kennen — wieder nachweist, dass es sich hier um Fettzellen handelt. Die Literatur über diese Zellen erhielt 1905 noch einen anderen Zuwachs, den wir (erhartz (30) verdanken. Dieser beansprucht die Priorität Beiträge zur mikroskopischen Anatomie ete. 345 der Entdeckung der rechten Art dieser Zellen für sich, da er in einer früheren Arbeit ähnliche Zellen im Samenbehälter des Frosches und des Wassermolches beschrieb; er ist zu der Ansicht geneigt, dass es sich um eine weit verbreitete Einrichtung im sekretorischen Epithel der Samenmenge handle. Die Unrichtig- keit dieser Ansicht geht daraus hervor, dass basale Fettzellen beim Menschen, Kaninchen, Meerschweinchen und zum Teil auch bei der Maus und der Ratte fehlen, indem hier nur von wenigen Fettkörnchen in den Zellen die Rede sein kann. — Untersucht man die Vesicula seminalis des Stieres, so findet man die grossen Drüssenröhrchenlumina überall mit einem hohen zylindrischen Epithel bekleidet; zwischen diesen Zellen liegen an der Basis hie und da Limon sche Fettzellen, die sich an gewöhn- lichen Paraffinpräparaten als ganz leere Zellen erweisen, welche oft einen sehr abgeplatteten Kern haben. Dies Verhalten findet sich, wie genannt, ganz isoliert beim Stiere. Die Epithelzellen selbst sind sämtlich zylindrisch, werden aber in verschiedenen Stadien der Sekretion angetroffen ; diese Stadien findet man teils vereinzelt untereinander, teils als ganze Reihen von Zellen, die sich sämtlich in derselben Sekretionsphase be- finden; betrachten wir vorerst die Extreme. Einerseits sehen wir Zellen mit stark körnigem Protoplasma (Fig. 36); die Körn- chen sind ziemlich fein und liegen so dicht aneinander, dass man kein Geflecht zwischen ihnen gewahrt. Der Kern dieser Zellen ist sehr kompakt; er färbt sich stark mit basophilen Farben, ohne dass sich bei Doppelfärbung Spuren acidophiler Nukleolen beobachten lassen. Neben diesen Zellen trifft man andere an, deren Protoplasma ein klares Retikulum ohne die geringste Spur von Körnchen ist, und deren klarer Kern sehr zahlreiche basophile Nukleolen hat. An Schnitten, die allein mit Hansens Chromhaematein gefärbt wurden, sieht man doch, dass es zwischen diesen Nukleolen und den übrigen basophilen Teilen des Kernes einen Unterschied 346 OTTO V. C. E. PETERSEN, gibt, indem die Nukleolen einen etwas helleren Farbenton, der bis in die bräunlichen Nüancen hinüberspielt, annehmen. In anderen Zellen findet man fortwährend das retikuläre Protoplasma, die Körnchen aus dem Kern liegen aber entweder dicht an der Kernmembran eben innerhalb derselben, oder auch kann man Bilder sehen, die ganz deutlich ein Körnchen auf der Wanderung durch die Membran hindurch zeigen, oder endlich sieht man in einigen der klaren Zellen eines oder zwei der basophilen Körn- chen ausserhalb des Kernes liegen. Dieses Ausstossen von Nukleolen findet meistens in der Richtung nach der freien Ober- fläche (der Zelle statt, man kann aber doch auch gewahren, dass (lie ausgestossenen Körnchen basal zum Kerne liegen. Zwischen diesen beiden Extremen, die zuerst in die Augen springen, gibt es num zahlreiche Übergänge, wo das Protoplasma und der Kern eine mittlere Stellung zwischen den beiden ge- nannten Formen einnehmen; dies kann man schon bei schwacher Vergrösserung bemerken, indem man dann einige hellere Zellen mit klarem, grossen Kern, andere, dunklere aber mit kleinerem, dunkelgefärbtem Kerne erblickt. — Fassen wir nun die Resultate der oben angeführten Unter- suchungen über das Verhalten des Epithels bei den "Tieren zu- sammen, so erweist es sich, dass alle untersuchten Gattungen körnige Zellen bei sekretgefülltem, klare Zellen bei sekretleeren Zustande haben. Bei keiner Gattung fanden sich Verhältnisse, weder struk- turelle noch tinktorielle, die es berechtigt machen könnten, das Sekret für Schleim zu halten. Bei sämtlichen Tieren fanden sich verschiedene Stadien der Sekretion in den Zellen desselben Organs; man hat hier also mit einer kontinuierlichen Sekretion zu tun, selbst wenn die Drüsen auf gegebenen Anlass (geschlechtliche Reizung) imstande sind, fast alle ihre Zellen den Gipfel der Sekretanfüllung erreichen zu lassen. Beiträge zur mikroskopischen Anatomie etc. 347 Bei den Tieren fanden sich (am wenigsten entschieden bei der Maus) deutliche Veränderungen des Kerns beim Übergang aus der sekretleeren, retikulären Zelle in die sekretgefüllte, granuläre — Veränderungen, «die uns zu der Annahme berechtigen, dass der Kern beim Beginn der intracellulären Bildung von Sekret- körnchen gewisse Stoffe unter der Form von Körnchen aus- stösst, deren weiteres Schicksal uns unbekannt ist. Diese »Para- some« sind beim Ochsen modifiziert basophil, bei den übrigen Tieren entschieden acıdophil. Die Zellen scheinen während ihrer Lebenszeit verschiedene Sekretionsphasen durchzumachen, da niemals, nicht einmal nach der stärksten Reizung, Mitosen gefunden wurden. Das Vorkommen Limonscher Zellen beim Ochsen ist eine ganz einzige Erscheinung; nur bei der Maus (und der Ratte, vgl. Akutzu) fanden sich Fettkörnchen in den Epithelzellen, und zwar nur wenig zahlreich und zerstreut in jbasalen Zellen. Die sekretorichen Verhältnisse beim Menschen erinnern in vielem an die oben beschriebenen Verhältnisse bei Säugetieren. 5. Uber die Teilnahme des Kerns an der Sekretion. Im Vorhergehenden sahen wir, wie sich in den Kernen der besprochenen Drüsenzellen fast überall entschieden acidophile Körnchen fanden, wie man oft diese Körnchen !direkt an der Kernmembran oder in einer Einbuchtung derselben konnte liegen finden, und endlich wie man hie und da ein solches Körn- chen gleichsam auf der Wanderung aus dem Kern ins Protoplasma hinaus gewahrte. Es entsteht nun die Frage: was bedeuten diese Kern- strukturen? und diese Frage lässt sich nicht von der Frage nach der Bedeutung des Kerns für die Sekretion trennen. Gehen wir in der Literatur zurück, so nimmt Pfitzner (73) 1886 den Standpunkt ein, der Kern sei zu jeder Zeit eine völlig 348 OTTO V. C. E. PETERSEN, selbständige, innerhalb der Zelle gelegene, abgeschlossene Bildung, welcher Standpunkt so ziemlich in Erstaunen setzt, da Ogatas und Nussbaums Untersuchungen bereits 1883 und 1882 er- schienen. Nussbaum (65) untersuchte das Pankreas des Feuer- salamanders und fand diejenige Bildung im Protoplasma, welche alle späteren Untersucher den »Nebenkern« nennen. Obschon es aus seinen Bildern hervorgeht, dass derselbe vom Kern aus- gestossen wird, sagt er doch nichts hierüber im Texte, und erst Ogata (68) untersuchte dieses Verhalten näher. Ogata fand im Pankreas des Salamanders 6--8 oder noch mehr Kernkörper- chen, die sich teils mit Haematoxylin, teils mit Eosin färbten; eines derselben ist besonders dadurch charakterisiert, dass es ‚wie ein Rubin glänzt«, und dieses eine wird vom Kern aus- gestossen, indem entweder die Kernmembran zerbirst, oder diese sich in den Kern hineimfaltet, oder indem das Körnchen an einer Stelle im Kerne zu liegen kommt, wo die Membran gänzlich fehlt. Er hat ausserdem genaue Versuche angestellt, welche darlegen, dass das von ihm zur Reizung der Drüse benutzte Pilo- carpin auf dieselbe Weise wirkt wie die natürliche Reizung durch Einführung von Futter. Nach Ogata soll dieser ausgestossene Kernteil, das Plasmosom, wie er ihn nennt, erst Zymogenkörnchen bilden und darauf den Kern regenerieren, indem sich chromatische Substanz im Innern des Plasmosoms bildet. (Der Kern ist vor- her zerfallen und resorbiert worden). Platner (74) untersuchte 1889 dasselbe Objekt wie Ogata und sah, wie Nukleolen aus dem. Kern ausgestossen wurden, indem sich an der Oberfläche des Kerns gleichsam eine Warze bildete; ebenfalls beobachtete er, dass dieser Nebenkern sich schwächer färbte und resorbiert wurde, während sich zugleich Zymogen- körnchen bildeten. Im Gegensatz zu Ogata nimmt er an, die Zelle sezerniere nur ein einziges Mal, wie er denn auch nichts von der Regeneration des Kernes durch das Parasom be- merkt hat. Beiträge zur mikroskopischen Anatomie ete. 349 Aus dem Jahre 1890 liegt eine Arbeit von Heidenhain (38) vor, der sehr häufig Parasome im Pankreas des schwarzen Salamanders fand. 1891 behauptet Verworn (89) auf Grund- lage von Amputationsversuchen an Protozoen, dass die physio- logische Bedeutung des Zellkerns in dessen Stoffwechselverhalten zu dem übrigen Zellkörper liege; nur wegen seines Stoffwechsels habe er Einfluss auf die Funktionen der Zelle und greife er in die Lebensäusserungen der Zelle ein. 1 1892 nahmen Eberth und Müller (16) wieder die Unter- suchungen des Pankreas des Salamanders auf, teils an hungern- den, teils an reichlich gefütterten Tieren; bei dem hungernden fanden sie nur sehr wenige paranukleare Körperchen, deren Anzahl bei dem gefütterten Tiere aber in hohem Grade zu- genommen hatte. Dagegen fanden sie keine Beziehungen des Nebenkerns zur Bildung von Zymogenkörnchen. Einen ganz sonderbaren Standpunkt mit Bezug auf paranukleare Bildungen nimmt Frenzel (25) ein; er hält diese Bildungen für das Zentrosom, obwohl sie, nach seinen Abbildungen zu urteilen, völlige Übereinstimmung mit den früher beschriebenen Bildungen dlarbieten. Unter späteren Untersuchern muss ich noch Hans Rabe (75) nennen, der 1895 Nebenkerne in fast allen Gewebszellen einer einzelnen Salamanderlarve beschreibt; die von ihm beob- achteten Bildungen sind aber in allen Fällen basophil und haben häufig eine faserige, gestrahlte Struktur. Galeotti (27) beob- achtet 1897, dass aus dem Kern der Glandula thyreoidea der Schildkröte oft sehr kleine, fuchsinophile Körnchen ausgestossen werden, und dass diese Körnchen wachsen können, da sie bis an das periphere Ende der Zelle hinausrücken. Carlier (7) untersuchte sehr sorgfältig Ventrikelzellen des Wassermolches zu vielen verschiedenen Zeiten nach Fütterung und sah hierbei, dass die Nukleolen während der Verdauung an Anzahl zunahmen, um während einer späteren Phase ausgestossen zu werden; er beobachtete ebenfalls, dass die Kerne hierbei Anatomische Hefte. I. Abteilung. 103. Heft (34. Bd. H. 2). 93 350 OTTO V. C. E. PETERSEN, kleiner und an der Oberfläche gebuchtet und gefaltet wurden, worauf sie später wieder ihre rundliche Form erhielten. Vigier (92) lieferte 1900 ein hauptsächlich kompilatorisches Werk über die Morphologie und die Physiologie der Nukleolen; er hebt hervor, dass die Nukleolen sich in basophile und acido- phile teilen lassen, und dass sie in Drüsenzellen ihre grösste Anzahl und ihr grösstes Volumen haben; er hält sie für em Produkt der chromatischen Substanz, weil sie gewöhnlich von einem basophilen Häutchen umgeben und gleichsam an den Fasern der chromatischen Substanz aufgehängt sind. Mit Bezug auf die Sekretion meint er, der Nucleolus sei ohne Zweifel ein aktives Organ der ruhenden Zelle, wahrscheinlich ein Produktions- zentrum, das zur Verarbeitung der Produkte der Zelle in Be- ziehung stehe. In einer späteren Arbeit 1901 hat Vigier (95) beobachtet, dass diese Pyrenosome, welche Benennung er vor- schlägt, um ihre Herkunft zu bezeichnen, in wechselnder Anzahl aus dem Kern in der Mitteldarmdrüse des Flusskrebses dadurch ausgestossen werden, dass die Kernmembran sich zu einer kleinen Einstülpung zusammenfaltet, die das Pyrenosom umschliesst. Nach der Ausstossung in das Protoplasma werden die Pyrenosome schwächer acidophil und vakuolisieren, bis sie sich in Sekret umsetzen. Alle oben angeführten Untersuchungen beziehen sich indes auf niedere Tiere, und die Frage ist nun, ob etwas Ähnliches von den Säugetieren gilt. Allgemein bekannt ist, dass die Nukleole in den Kernen der Schleimdrüsenzellen verschwindet, während der Kern zugleich mehr diffus dunkelgefärbt und plattgedrückt wird, eine direkte Beobachtung des Ausstossens der Nukleole liegt, meines Wissens, aber nicht vor. Der Grund hierfür ist wohl zuvörderst darin zu suchen, -dass die zellulären Elemente bei den Säugetieren verhältnismälsig klein sind, auch wohl in den tinktoriellen Verhältnissen dieser Bildungen. Ihre Acidophilie ist nämlich nicht besonders ausgeprägt, sodass sie, wenn man Beiträge zur mikroskopischen Anatomie ete. 351 nicht genau dasjenige Verhältnis zwischen basischer Vorfärbung und saurer Nachfärbung trifft, welches sie erheischen, um deut- lich zu werden, gewiss entweder übersehen oder auch als Knoten- punkte des basophilen chromatischen Geflechts in dem »ruhenden« Kern diagnostiziert werden. Man hat zwar oft die von der Aus- stossung der Pyrenosome herrührenden Einstülpungen beobachtet, sie m den meisten Fällen aber als Ausschlag einer direkten Teilung des Kerns gedeutet. Es finden sich doch einzelne Beobachtungen ähnlicher Ver- hältnisse bei Säugetieren; so hat Krause (51) die Ausstossung von Nukleolen in den Parotiszellen des Hundes beobachtet, und Hans Rabl (76) glaubt, feststellen zu können, dass das Kerato- hyalin der menschlichen Oberhaut aus dem Kerne herrührt, den es entweder in einer unfärbbaren Zustandsform oder in seiner definitiven Form verlässt. Maximow (57) sah 1901 bei para- Iytischer Sekretion in den serösen Zellen der Glandula retrolingualis des Hundes die Ausstossung grosser basophiler Körnchen aus dem Kern, die sich später in acidophile umwandelten und mit dem Sekret ausgestossen wurden. ; Endlich hat Hammar (36) in seiner grossen Arbeit über die Sekretion in der Epididymis des Hundes gesehen, dass sich während der Sekretion im Innern des Kerns grosse Massen acidophiler, unregelmälsig gestalteter Körnchen bildeten, deren Ausstossung er deutlich beobachtete; ebenso wie Fuchs (25), der in demselben Organ ähnliche Erscheinungen gewahrte, meint Hammar indes, dass diese Bildungen nicht direkt als Sekret ausgestossen würden. Selbst untersuchte ich, um mit grösseren Elementen arbeiten zu können, einige Organe des Feuersalamanders, sowohl aus er- wachsenen Individuen als aus Larven, und hierdurch erwies es sich, dass diese Ausstossung acidophiler Stoffe aus dem Kern eine ganz allgemeine Erscheinung ist, wie auch, dass die oben- genannten Beobachter im ganzen und grossen richtig observiert 23” 352 OTTO V. C. E. PETERSEN, haben. Betrachten wir z. B. den Kern der Ventrikelzellen beim ausgewachsenen Salamander, so erweist es sich bei Färbung mit Chromhaematein-Säurerubin, dass derselbe eine geringe Menge Chromatin in grösseren Klümpchen enthält; neben diesen liegen einige (2—5) grosse acidophile Körnchen, und der ganze Rest des Raumes innerhalb der Kernmembran ist mit einer fein- körnigen, acidophilen Masse (Heidenhains Lauthanin) an- gefüllt.!) Die grossen acidophilen Körnchen sowohl in den oberfläch- lichen feinkörnigen Zellen als auch in den tieferen Drüsenzellen verhalten sich nun, wie man beobachten kann, sehr verschieden gegen die Kernmembran; in einigen Kernen liegen sie unmittel- bar an dieser, in anderen an der Grenze zwischen dem Kern und dem Protoplasma, und in letzterem Falle ist die Kern- membran an der Stelle, wo das Körnchen liegt, verschwunden. Wieder an anderen Kernen sehen wir, wie die Kernmembran eine Einfaltung um ein solches Körnchen bildet, die länger oder kürzer sein kann, als ob die Kernmembran das Körnchen nach der Oberfläche zu sich hinauszöge. Endlich kann man dieses 1) Besonders bei einem Objekte wie diesem zeigt Hansens Eisen- haematein seine Überlegenheit über die gewöhnlich gebrauchten basischen Farben. Während man bei jeder beliebigen Karminfärbung (um nur ein Beispiel zu nehmen; es gilt übrigens auch von den gewöhnlich benutzten Haema- toxylinen) alles, was sich überhaupt im Kern färbt, mit demselben Ton gefärbt bekommt, sehen wir dagegen bei einer wohlausgeführten Eisenhaemateinfärbung alles Basophile schwarzgefärbt, während die acidophilen Teile eine oliven- graugrüne Farbe annehmen, die dieselben leicht von dem Übrigen absondert; im Kerne findet sich ganz dieselbe Metachromasie wie zwischen den basophilen Teilen des Kernes und dem Protoplasma. Ausserdem ist es als ein absoluter Vorzug zu betrachten, dsss das Eisenhaematein alles im Kern Befindliche färbt, ein Umstand. den man bald erblickt, wenn man einen derartig gefärbten Schnitt mit einem Schnitte desselben Objekts vergleicht, der in Karmin gefärbt wurde; in letzterem Schnitte scheinen die Kerne weit klarer, gleichsam mehr leer zu sein als in ersterem. Beiträge zur mikroskopischen Anatomie ete. 355 Körnchen ausserhalb des Kerns im Protoplasma liegen finden, während der Kern an der Stelle, wo das Körnchen gelegen hat, nur eine Einfaltung zeigt. Solche Kerne mit einer oder mehreren leeren Einbuchtungen an der Oberfläche trifft man sehr oft in den Ventrikelzellen des Salamanders an, und diese Kerne scheinen weniger zahlreiche acidophile Körnchen zu enthalten als die anderen. (eflissentlich sage ich »scheinen«; es ist näm- lich sehr schwer, hierüber etwas absolutes zu sagen, da die Anzahl der acidophilen Nukleolen in den Kernen schon, bevor die oben- genannten Erscheinungen sich zeigen, äusserst schwankend ist; da der Umfang einer Untersuchung dieser Verhältnisse für diese Arbeit gar zu gross sein würde, liess ich diese Frage auf sich beruhen. Ausser in den Ventrikelzellen habe ich ähnliche nukleäre Veränderungen in zahlreichen anderen Zellen beim Salamander und bei der Salamanderlarve betrachtet (z. B. in den Hautdrüsen, der Leber usw.), und was die Säugetiere betrifft, nenne ich nur, dass ich nach dem Abschluss meiner Arbeit über die Sekretion im Ureter gefunden habe, dass die Kerne der Ureterzellen des Kaninchens ebenfalls während einer der Phasen der Sekretion eine acidophile Nukleole ausstossen. Endlich habe ich in der Epididymis des Menschen Kernstrukturen gesehen, die in ihrer Überladung mit acidophilen Körnchen und in allen übrigen Ver- hältnissen ganz mit den von Hammar an der Epididymis des Hundes beschriebenen Verhältnissen übereinstimmen. Ich kann diese Bemerkungen nicht abschliessen, ohne einem Einwurf zuvorzukommen, der immer wieder erhoben wird, wenn von solchen Bildungen die Rede ist: dass dieselben nämlich künstliche Produkte, Resultate einer nicht vorschriftsmälsigen Fixation seien. Dass dies nicht der Fall sein kann, geht daraus hervor, dass man die verschiedenen Stadien in Zellen antrifft: die dicht aneinander liegen, so dicht, dass eine üble Wirkung des fixierenden Mittels, bezw. des Härtungsmittels als absolut 354 OTTO V. C. E. PETERSEN, ausgeschlossen zu betrachten ist; man darf doch nicht davon ausgehen, dass das Fixationsmittel auf einen Zellkern gut kon- servierend, zugleich aber auf einen anderen, nur wenige Mikron von diesem entfernten deformierend wirken sollte. Ein anderer Einwurf, der namentlich früher gegen die normale Beschaffenheit dieser Bildungen vorgebracht wurde, ist der, dass sie Schmarotzer des Kerns und des Protoplasmas seien. Dergleichen Organismen hat man zweifelsohne allerdings beob- achtet [Steinhaus (87, S8), Danilewsky (ID); sowohl ihre Form als ihre Färbbarkeit ist aber entschieden so ganz anderer Art, als die der hier in Frage stehenden Veränderungen, dass es in Erstaunen setzt, wie dieser Einwurf überhaupt jemals erhoben werden konnte. Während ich auf Grundlage meiner eigenen Untersuchungen denjenigen Beobachtern beistimmen muss, die während einer gegebenen Phase der Sekretion die Ausstossung von Körnchen aus dem Kern fanden, ist es mir dagegen nicht gelungen, über das spätere Schicksal dieser Körnchen irgend etwas in Er- fahrung zu bringen; ob dieselben eine so ausgedehnte Funktion haben, wie Ogata ihnen hinsichtlich der Pankreaszellen bei- legt, oder ob sie nur geringere Bedeutung besitzen, muss ich leider als eine ungelöste Frage dahingestellt bleiben lassen. [%0) wo St Or Literatur-Verzeichnis. Literatur -Verzeichnis. Akutzu, S. 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Erklärung der Abbildungen. Figg. 1 u. 2. . Vesicula seminalis eines 35jährıgen Menschen. Mikrophoto- graphie. Zeiss’ Objektiv A ohne Okular, Kameralänge 100 em, Ver- grösserung. Fig. 1 ist das gewöhnlich beschriebene Kontraktionsstadium mit der glandulären Faltung der Schleimhaut. Fig. 2 dilatierter Zustand. retikuläre Faltung. Fig. 3. Flächenpräparat der Vesicula seminalis eines 49jährigen Menschen. Beispiel einer Ves. sem. mit zwei Reihen übereinander angebrachter, alveolarer Hohlräume. Zeiss’ A2, Okular 2, Tubuslänge 145, wirkliche Vergrösserung 11.5. Fig.4. Rekonstruktion der Ausbuchtungen der Schleimhaut bei einem 35jährigen Manne; die verschiedenen Hohlräume verschieden abgetönt. 65) = sQ Sul Metallausgüsse von 5 einfachen Drüsen aus der Ves. sem. eines 35 jährigen Mannes. Wirkliche Vergrösserung 10. Figg. 6, 7, 8. Zusammengesetzte Drüsen aus der Ves. sem. eines 72jährigen Mannes, Wirkliche Vergrösserung 10. Fig. 9. Rekonstruktion einer traubigen Drüse aus der Ves. sem. eines 20 jährigen Mannes. Figg. 10, 11, 12. Zellen aus der Ves. sem. eines 20 jährigen Mannes. Chrom- haematein—Hansen, Säurerubin, Zeiss’ Apochromat 2, homogene Immersion, Kompensationsokular 12. Wirkliche Vergrösserung 2200. Fig. 10. Alle Zellen voll von kleinen Körnchen: in der ersten Zelle von links ein grösseres, stärker acidophiles Körnchen eben ausserhalb des Kernes. Fig. 11. Im peripheren Teile der Zelle einzelne grössere, jedoch weniger acidophile Körnchen; der feinkörnige Teil des Protoplasmas an Menge abgenommen. Fig. 12. Zellen mit beginnender Bildung von Protoplasmaverlängerungen : die äusseren Körnchen haben an Grösse zugenommen, die basalen Körnchen an Menge abgenommen; in diesen Zellen, wie auch in Fig. 11 deutliches ketikulum im peripheren Teile der Zelle. Erklärung der Abbildungen. 361 Fig. 13. Zellen aus der Ves. sem. eines 9monatlichen Knaben. Chrom- haematein—Hansen—Säurerubin. Unter den sonst klaren, retikulären Zellen sieht man zwei Zellen voll von Körnchen; einige der Zellen erstrecken sich durch die ganze Tiefe des Epithels, während andere basale kubische Zellen simulieren. Figg. 14—27. Metallausgüsse des Ductus ejaculatorius, der Vesicula seminalis und der Ampulla vasis deferentis; wegen der Anbringung der Kanüle in der Ves. sem. wurden Teile dieses Organs von sehr verschiedener Grösse injiziert. Vergrösserung 3:2. Fig. 14. Ampulla vasis deferentis eines 64jährigen Mannes. Schwache Ent- wickelung von Divertikeln, aber wohlentwickelte Drüsen. Fig. 15. Fall No.45d von hinten. 33jähriger Mann. Fig. 16. Fall No. 47d von vorne. 50jähriger Mann. Fig. 17. Fall No. 48s von vorne. 22jähriger Mann. Fig. 18. Fall No.51d von hinten. 35jähriger Mann. Fig. 19. Fall No. 54d von vorne. 72jähriger Mann. Fig. 20. Fall No.55d von hinten. 62jähriger Mann. Fig. 21. Fall No. 56d von vorne. 52jähriger Mann. Fig. 22, Fall No. 56. Uterus masculinus von vorne. Fig. 23. Fall No. 56s von vorne. Fig. 24. Fall No.57d von vorne. 50jähriger Mann. Fig. 25. Fall No.58d von vorne. 21jähriger Mann. Fig. 26. Fall No. 58s von vorne. Fig. 27. Fall No. 61d von hinten. 31jähriger Mann. Figg. 23—31. Epithelzellen aus der Ves. sem. des Kaninchens. Zeiss’ Apochromat 2, homogene Immersion, Kompensationsokular 12. Wirkliche Vergrösserung 2200. Fig. 28. Zellen aus der Ves. sem. eines pilocarpinisierten Kaninchens. Chrom- haematein Hansen—Säurerubin. Beide Zellen voll von Sekretgranula, in der einen eine ausgestossene Nukleole ausserhalb des Kerns Fig. 29. Zellen aus der Ves. sem. des Kaninchens 7. Klare Zellen mit kür- zeren Kernen, die stärker acidophile Substanz in Körnchen enthalten : im einen Kern eine Einbuchtung der Kernmembran um ein solches. Figg. 30 u.31. Zellen aus der Ves. sem. des Kaninchens 1. Chromohaematein Hansen. In der Fig. 30 sieht man die grosskörnige Masse peripher in der Zelle. in Fig. 31 ist dieselbe ausgestossen, und die Zelle ist überall feinkörnig. 362 Erklärung der Abbildungen. Figg. 32u.33. Zellen aus der Ves. sem. des Meerschweinchens. Chromhaematein, Hansen--Säurerubin. Zeiss’ Apochromat 2, homogene Immersion, Kompensationsokular 12. u) ji Q ig. 32. Die Zellen sind voll von acidophilen Körnchen, an ihrer Oberfläche sieht man das stärker gefärbte Sekret, das man an einer einzelnen Stelle auch zwischen Zellen gewahrt. Fie. 33. Die Zellen ohne Granula, das Reticulum aber deutlicher als in der 0} sekretgefüllten Zelle; in zwei der Zellen sieht man deutlich Einbuch- tungen der Kernmembran. Figg. 34 u. 35. Zellen aus der Ves. sem. der Maus. Chromhaematein und Eisenhaematen— Hansen. Zeiss’ Apochromat 2, homogene Immersion Kompensationsokular 12. Fig. 34. Sekretgefüllte Zellen mit grösseren und kleineren Körnchen und stark hervortretendem Retikulum. Fig. 35. Leere Zellen mit retikulärem Protoplasma und Streifenbildung im basalen Teile desselben. Figg. 36 u. 37. Zellen aus der Ves. sem. eines Stieres. Färbung und Ver- grösserung wie die vorhergehenden Abbildungen. Fig. 36. Der Kern sehr kompakt, das Protoplasma fein granuliert; basal sieht man drei Limonsche Zellen, unter denen zwei mit Kernen, alle ohne Fettgehalt. Fig. 37. Der Kern klarer mit zahlreichen basophilen Nukleolen, deren eine im Begriffe steht, die Kernmembran zu durchsetzen. Das Protoplasma retikulär ohne Körnchen. AUS DEM ANATOMISCHEN INSTITUT DER UNIVERSITÄT Base, DIE BLUTGEFÄSSE DER SEHNEN. VON HARUJIRO ARAI, TOKYO, JAPAN. Mit 25 Abbildungen auf den Tafeln 26/41. N P en 4 { y . ee Te.) ER Kt Eh AN HR, Kick BIRITWA EAST rien ARE A ” En 1% ! Ba N 29% ne j } AHA RER.’ 4 A er > i x } EN er ” PFIBtE I EN D ix an u FE AL d 2 Den ” hy ia | 4 4 . a i BE), A RER | ee 4 R IA ne 57, N 1 k EN Pie h Fi we { b "Ark j Pr A Die anatomischen Untersuchungen über die Blutgefässe der Sehnen sind nicht sehr zahlreich, obgleich manche Angaben darüber in der Literatur vorhanden sind. Ich will keine er- schöpfende Aufzählung derselben versuchen, doch trägt für die richtige Auffassung der vorliegenden Beobachtungen die folgende kurze Umschau einiges bei. In dem Traite d’Anatomie descriptive von Sappey, 3. Aufl., finde ich im 2. Band unter Myologie S. 32 eine Schilderung der Sehnengefässe, die auf speziellen Studien hierüber beruht, welche der nämliche Autor in den Comptes rendus de l’Academie des Sciences 1866 tom. 62 S. 1116 veröffentlicht hat. Dabei wurde gezeigt, dass die Sehnen, welche man bisher als wenig gefäss- reich angesehen hatte, in Wirklichkeit eine grosse Menge Gefässe enthalten. Die Gefässe entspringen aus den grösseren Stämmen in der nächsten Umgebung. Einige feinere senken sich in die um- gehende Sehnenscheide und in die oberflächlichen Sehnenbündel ; andere, stärkere und mit einer Tunica mucosa versehene, ge- langen eben dorthin und alle anastomosieren in der Umhüllungs- schichte der Sehne. Durch diese Anastomosen bilden sie ein sehr schönes Netz mit unregelmälsigen Maschen. Siehe meine Bie. 1. Von der Umhüllungsschichte der Sehne dringen Arterien und Venen zwischen die Sehnenbündel in die Tiefe, teilen sich und anastomosieren miteinander auf der ganzen Länge ihres Verlaufes. Sie geben auf diese Weise langen Arkadenreihen en Ursprung, die oft dreifach übereinander liegen, die ele- ganteste Anordnung aufweisen und einen nahezu unendlichen Anatomische Hefte. I. Abteilung. 103. Heft (34. Bd, H. 2). 94 366 HARUJIRO ARAI, Wechsel darbieten. (Gerade zwischen den Sehnenbündeln ent- falten sie einen wahren Luxus von Varianten (Fig. 2). An den sekundären Sehnenbündeln finden sich z. B. Ver= zweigungen der zartesten Form; jedes Bündel wird von einem Kapillarnetz umgeben, ähnlich wie dies bei den Muskelfasern der Fall ist (Fig. 5). Abbildungen hat Sappey nicht gegeben, aber seine Angaben sind gleichwohl von anderen französischen Autoren berücksichtigt worden. So hat z. B. Testut die von Sappey gegebene Schilderung in Kürze angeführt, besonders die Arkaden hervorgehoben und auf Pouchet hingewiesen, der ebenfalls die Kapillaren an der Oberfläche der sekundären Sehnenbündel beobachtet hat. Die Arbeit von Pouchet konnte ich leider nicht erhalten. Von diesen Angaben französischer Autoren ist in die Lehrbücher der Anatomio deutscher Zunge nichts auf- genommen worden. Selbst ein Werk, das eben in 7. Auflage, erscheint und sonst den heutigen Standpunkt unserer Kenntnisse nach sehr vielen Richtungen ins Auge fasst, bemerkt: »so reich das Muskelfleisch mit Gefässen versorgt erscheint, so spärlich ist dies bei den Sehnen der Fall, insbesondere in deren Innerem, welches bei kleinen Sehnen ganz gefässlos sein könne. In dem umscheidenden Bindegewebe fehlte es dagegen nicht an Gefässen, welche weitmaschige Kapillarnetze bilden«. Diese unzureichenden Angaben sind wohl teilweise auf Kölliker zurückzuführen. Er rechnet in seiner mikroskopischen Anatomie, Leipzig 1850, II. Bd. S. 235, die Sehnen zu den an Blutgefässen ärmsten Teilen des Körpers. Die kleineren Sehnen seien im Inneren ohne alle Spur von Blutgefässen, doch fügt er hinzu, besässen sie äusserlich in dem ınehr lockeren Bindegewebe, das sie umhüllt, reichliche weitmaschige Kapillar- netze, aus denen hie und da einzelne Kapillaren auch in die oberflächliche Sehnenlagen eindringen. Bei stärkeren Sehnen werden dieselben schon deutlicher, und bei denjenigen des Triceps surae, des Quadriceps u. s. w. erkennt das unbewaffnete Auge Die Blutgefässe der Sehnen. 367 kleine eindringende Arterien und Venen und lassen sich durch Mikroskop und Injektion spärliche Gefässnetze auch in tiefen Schichten nachweisen, doch sind auch hier die innersten Sehnen- teile vollkommen gefässlos. Kölliker hat immerhin das Ein- dringen von (Gefässnetzen auch in tiefere Schichten hervor- gehoben. Die nämlichen Angaben kehren in der 6. Auflage seines Handbuches wieder. Diese fragmentarischen Kenntnisse über die Blutgefässe der Sehnen sind jüngst durch eine Arbeit von Wollenweber bedeutend erweitert worden, die in der Zeitschrift für ortho- pädische Chirurgie 1905, Band XIV, Heft 2, S. 312, reich illu- striert, veröffentlicht wurde. Schon vor der Bekanntschaft mit dieser Arbeit hatte ich auf Anregung des Herrn Professor Corning Injektionen an menschlichen Feten und Neugeborenen und an den Füssen Er- wachsener mit japanischer Tusche vorgenommen, um die Gefässe der Sehnenscheiden und der Sehnen genauer kennen zu lernen. Die Vergleichung meiner Präparate mit den Abbildungen Wollenwebers zeigte, dass ich in mancher Hinsicht deutlichere Bilder erhalten und durch die von mir angewandte Methode in einzelnen Fällen mehr Einsicht gewonnen hatte. So entschloss ich mich denn auch, meine Abbildungen zu veröffentlichen. Denn es handelt sich, wie Wollenwebers richtig ausgeführt hat, bei den Gefässen der Sehnen gerade jetzt auch um praktische Fragen. Die Sehnen bilden in der Chirurgie ein ausgedehntes Operationsgebiet. Sie werden sowohl der Länge als der Quere nach getrennt, transplantiert und dabei versucht man, neue Verbindungen herzustellen. Bei all diesen Operationen spielt das Verhalten der Gefässe bekanntlich eine wichtige Rolle. Ich möchte nun den Angaben über meine Figuren einige Worte über die Methoden vorausschicken, die Wollenwebers 24* 368 | ' HARUJIRO ARaı, und ich angewendet haben, weil dadurch die Verschiedenheit mancher Ergebnisse verständlich wird. Nach Ausspülung des arteriellen Systems der Arteria iliaca und femoralis wurde von Wollenweber eine 50 °/, Quecksilber- Terpentin-Emulsion unter starkem Drucke injiciert, dann die Muskeln einzeln präpariert und herausgelöst. Bei einer grossen Anzahl von Muskeln wurde das feine Peritenonium abpräpariert, um zu schen, ob vielleicht in der Sehne selbst längs verlaufende arterielle Gefässe vorhanden wären, die von den Muskelarterien oder von den Knochen aus in den Ansatz der Sehne hinein- zögen; bei anderen Muskeln wurde dieses Peritenonium an der Sehne belassen, um die Art der arteriellen Verzweigungen in demselben zu studieren. Die Abbildungen sind dann mit Hilfe von Röntgenbildern hergestellt worden, die bekanntlich an Treue in der Wiedergabe der Details der direkten Photographie nicht nachstehen, aber doch in mancher Hinsicht verschieden sind, wie dies bei Gelegen- heit der Darstellung anderer anatomischer Verhältnisse ja aus- giebig erörtert wurde. Meine Objekte dagegen wurden mit japanischer Tusche injiciert, dann fixierte ich sie in 10°, Formol und fertigte mikroskopische Schnittpräparate von 15—20 u. Dicke sowie auch Totalpräparate an. Die Abbildungen sind Autotypien nach photographischen Aufnahmen mit Ausnahme von drei Figuren, Nr. 21, 22 und 24, die nach getreuen Zeichnungen angefertigt werden mussten, um die Schlagschatten zu vermeiden, welche bei Photographien so oft störend wirken. Die Originale für diese Autotypien wurden von dem Institut für wissenschaftliche Photographie des Herrn Georg Hausmann, früher Cassel jetzt Göttingen, hergestellt, dem ich die Präparate zugeschickt habe und der recht scharfe Bilder geliefert hat. Schwarze Tusche ist für die Mikrophoto- graphie von Gefässen günstig; sie wurde ohne jede weitere Zutat Anatom. Hefte. I. Abteilung. 103. Heft (34. Bd. H. 2). Tafel Ansatzstelle der Sehne Fig. 1. Flächenpräparat der Sehne des M. flexor digitorum profundus des Zeigefingers eines neu- geborenen Kindes an der Ansatzstelle eines Vinculum tendinis. Vergröss. 1:22, Die Figur zeigt den Verlauf der Blutgefässe der Sehne, welche # aus dem Vinculum tendinis kommen; auch die oberflächlichen Blutgefässe der Ansatzstelle der Sehne sind sichtbar. Aıterie Vene Flächenpräparat der Sehne des M. flexor digitorum sublimis des Mittelfingers an der Stelle des Chiasma tendinosum (Camperi) eines neugeborenen Kindes. Vergröss. 1:22. Die Figur zeigt den Verlauf der Blutgefässe der Sehne, welche aus (#) dem Vinculum tendinis kommen. Verlag von J, F. Bergmann in Wiesbaden, es Air DS Le 0 ea a A — A Anatom. Hefte. I. Abteilung. 103. Heft (34. Bd. H, 2). Blutgefässe der Intervaginaler Haut Sehnenscheide Raum Blutgefässe der Blutgefässe der Synovialhaut Knochenhaut Blutgefässe der Sehne Fig. 3. Frontalschnitt durch die äussere Haut, die Sehnenscheide, die Sehne des M. flexor digitorum profundus und die zweite Phalange des Zeigefingers eines neugeborenen Kindes. Der Schnitt liegt auf der Mitte der zweiten Phalange. Vergröss. 1:18. Die Figur zeigt die Blutgefässe der äusseren Haut, der Sehnenscheide, der Synovial- haut, der Sehne und der Knochenhaut; ausserdem den intervaginalen Raum und } die blutgefässlose Partie der Sehne. Verlag von J, F. Bergmann in Wiesbaden, ). Anatom. Hefte. I. Abteilung. 103. Heft (34. Bd. H. 2 SugaS A9P 2][945 9Sossyjodinq ap L pun assrjodusugag ap ae] 3791 pun Syagarypyaogo ap soyeaedrıg sp [ENLIT 19mz uoyum 9ıp Sssrjadjerrnoufg aıp wopAassne 7981972 soperedeig SD [ENLIq Spa Seq "UaWmoN STUrpus} vsomnwu vurse‘ ap yoınp aypfom “ep HUaS Aap uaLIajıy Ip IPs andıqg Id "UIWWUOUISDIM OSSrJaSTer AOUAS Ip puls x * soyeredeig s9p UJSNLICT I9MZ uoyum usp MW "Ga: 'ssoldıaA Iyadypmp sapury ususlogasnau saurd wem "SIT wap aajun SpIayas -[LTAOUÄS A9P 2][9I5 A19p ur oyoppMm “oyazZ usyyLıp op snduof wn.ıogstp A0SU9JXI "TIL SOP 9uyaS ı9p yeaedeıdusyser T 7 ad 929PUUOFUyag "urgpuoyasew HH 9zj>9u1e[[[Ide) "wıojJuaduryos jewrxo1d SET Ki 5 RR N a II =, Verlag von J. F. Bergmann in Wiesbaden. Die Blutgefässe der Sehnen. 369 verwendet; das Anreiben der festen Tusche besorgte ich selbst, weil das im Handel vorkommende flüssige Präparat mir wegen der unkontrollierbaren Zusätze nicht vorteilhaft erschien. Die festen Tuschstücke liess ich mir direkt aus Japan kommen. Die Abbildungen sind ohne jede Retouche wiedergegeben; sie entsprechen also vollkommen den Originalpräparaten. Ich habe den einzelnen Figuren eine ausführliche Erklärung beigefügt und in die Figuren selbst noch Hinweise mit Linien aufgenommen, so dass es möglich wurde, den Text kurz zu fassen. Es sind die Figuren, welche selbst als Text wirken sollen und den Hauptteil der Abhandlung ausmachen. Um Missverständnisse zu vermeiden seien mir einige Be- merkungen über die von mir gebrauchten Termini technici eestattet;; Ich richtete mich nach der Baseler anatomischen Nomenclatur, die im Lehrbuch der Anatomie des Menschen von W. Krause eine sichere Interpretation gefunden hat. Vaginae fibrosae tendinum oder fibröse Sehnenscheiden heissen jene länglichen, ziemlich engen Halbkanäle, welche bei manchen Sehnen, jedoch nicht bei allen, vorhanden sind. Diese Vaginae fibrosae tendinum sind mit benachbarten Knochen ver- bunden und werden oft durch Ligamenta vaginalia (Sehnen- scheidenbänder) verstärkt. Innen sind sie von den Vaginae mucosae tendinum, den Schleimscheiden der Sehnen ausgekleidet, in welchen die Sehnen gleiten und mitunter sind sie durch Be- festigungsbänder (Vineula tendinum) an die fibrösen Sehnen- scheiden angeheftet. Von der Vagina mucosa tendinum ist ferner zu sagen, dass sie ein parietales und ein viscerales Blatt besitzt; denn sie überzieht die Vagina fibrosa tendinum innen und auf die Sehne übergehend auch diese letztere. Diese beiden Mucosa- flächen werden am besten mit den auch bei anderen Organen verwendeten, oben erwähnten Ausdrücken als parietales und viscerales Blatt der Vagina mucosa bezeichnet. 370 HARUJIRO ARAI, Nun muss noch beachtet werden, dass die Vagina mucosa tendinum aus lockerem Bindegewebe besteht, das zwischen die Bindegewebsbündel der Sehnen in die Tiefe dringt und die einzelnen Bündel umgibt. Man kann diese Züge lockeren Bindegewebes auf Querschnitten bekanntlich ohne Schwierigkeit nachweisen. Es wird sich nun zeigen, dass demselben kapillare Grefässschlingen in grosser Zahl und in besonders charakteris- tischer Anordnung folgen. Da scheint es mir am besten, diesem im Sehneninnern liegenden lockeren Bindegewebe eine Bezeich- nung zu geben und ich möchte vorschlagen, von einer Vagina mucosa endotendinea zu sprechen. Hat doch jedes sekundäre und primäre Sehnenbündel eine solche Scheide, welche von der Vagina tendinis (externa) abstammt. Bei der Beschreibung der Befunde hat Wollenweber wiederholt den Ausdruck »Peritenonium« gebraucht und damit dasjenige umhüllende Bindegewebe der Sehne bezeichnet, das sich von dem Muskel her auf die Sehne fortsetzt. Dieses »Peritenonium« bildet keine solchen Sehnenscheiden, wie sie oben als Vagina fibrosa tendinea und als Vagina mucosa tendinea bezeichnet wurden, vielmehr ist sie von einfacherer An- ordnung, lediglich eine Fortsetzung des Perimysium externum und verdient von dem Überzuge derjenigen Sehnen wohl unter- schieden zu werden, welche in den Vaginae tendinum verlaufen, wie z. B. an den Fingern. Dieses Peritenonium ist in seinem Verhalten verschieden von jenen Vaginae tendinum, welche von den neueren Autoren Bardeleben-Haeckel, Spalteholtz, Toldt, Sobotta, Rauber und Kopsch als Vaginae tendinum musculorum flexorum communium bezeichnet wird. Das Wort Peritenonium ist offenbar dem Worte Perimysium nachgebildet und als solches recht bezeichnend für cas oben angegebene Verhalten der Sehnenhülle, welche eine Fortsetzung des Peri- mysium darstellt, sich aber nicht zu einer »Vagina« verdichtet. Dieses Peritenonium kommt an sehr vielen Sehnen der Extremi- Anatom. Hefte. I. Abteilung. 103. Heft (34. Bd. H. 2). Schlingennetze Lig. k \ ZR 2: Fe | Patella Schlingen Plica alaris Fig. 6. Sagittalschnitt durch die Patella und das Lig. patellae eines neugeborenen Kindes. Vergröss. 1:33. Die Figur zeigt den Verlauf der Blutgefässe im Innern der Sehne, welche aus x den Arterien des Gelenkes kommen. Längsschnitt durch die Sehne des M. extensor hallucis longus eines neugeborenen Kindes. Vergröss. 1:18. Die Figur zeigt die Arterien der Sehne welche x aus den im Muskelbauch liegenden Arterien kommen. Verlag von J. F, Bergmann in Wiesbaden, ne - rr % 2 Anatom. Hefte. I. Abteilung. 103. Heft (34. Bd. H. 2). Tafel’ 31 ——— Muskel Sehne Fig. 8. Längsschnitt durch die Sehne des M. tibialis posticus eines neugeborenen Kindes Vergröss. 1:22. Die Figur zeigt die Arterien der Sehne, welche aus der im Muskelbauch liegenden Arterie kommen. Ausserdem zeigt die Figur die Verbindung der Sehnenarterien mit den Arterien, welche aus dem Muskel kommen, auch die Zweige der Sehnenarterien, welche ins Muskelfleisch eindringen. Fie 9. Flächenpräparat der Sehnen des M. extensor digitorum longus eines neugeborenen Kindes in der Gegend des Fussrückens. Vergröss. 1:18. Die Figur zeigt zwei Sehnen und den Verlauf der oberflächlichen Blutgefässäste, US Verlag von J, F. Bergmann in Wiesbaden, ” RERER. c DEE ee u) A Anatom. Hefte. I. Abteilung. 103. Heft (34, Bd. H. 2). Tafel 32. Fig. 10. Längsschnitt durch die Sehne des M. biceps brachii eines neugeborenen Kindes. Vergröss. 1:70. Die Figur zeigt die Verästelungsverhältnisse und die Capillarnetze im Innern der Sehne in einer Gegend ohne Schleimscheide d.h. ohne Vagina mucosa tendinis. Anatom. Hefte. I. Abteilung. 103. Heft (34, Bd. H. 2). Tafel eu) WS Haut Schlingennetze | einfache Schlinge Tuberositas tibialis zusammengesetzte Schlinge Fig. 11. Sagittalschnitt durch die äussere Haut, das Lig. patellae und das obere Ende der Tibia eines neugeborenen Kindes. Vergröss. 1:25. Die Figur zeigt die oberflächlichen Schlingennetze und die tieferen Schlingen der Capillaren an der Ansatzstelle der Sehne, ferner die Blutgefässe des oberen Endes der Tibia und der äusseren Haut. dorsal Querschnitt durch die Achillessehne eines neugeborenen Kindes. Vergröss. 1:8. Die Figur zeigt die Blutgefässe an der Oberfläche und im Innern der Sehne in der Gegend ohne Schleimscheide, (ohne Vagina mucosa tendinis). Verlag von J. F, Bergmann in Wiesbaden, Die Blutgefässe der Sehnen. 37l tätenmuskeln vor, deren Aufzählung wohl unterbleiben kann. Allein folgende Tatsache ist dabei der Beachtung wert: Die mit einem Peritenonium versehenen Sehnen zeigen ebenfalls lockeres Bindegewebe in ihrem Innern, das die primären, sekundären und tertiären Sehnenbündel umgibt. Der Deutlichkeit halber muss man dieses lockere, vom Peritenonium abstammende oder wenigstens mit ihm zusammenhängende innere Bindegewebe mit einem Namen bezeichnen, weil bestimmte Arten des Gefäss- verlaufes ihm ausschliesslich angehören. Es scheint mir am einfachsten, in Übereinstimmung mit ‚len Ausdrücken von Perimysium externum und Perimysium internum auch ein Peritenonium externum und ein Peritenonium internum zu unterscheiden. Wir hätten also an den Sehnen folgende Arten von Um- hüllungen zu berücksichtigen: l. Sehnen mit Vaginae fibrosae tendinum verstärkt durch Ligamenta vaginalia. Die Vaginae fibrosae sind innen ausgekleidet a) mit einer Vagina mucosa und b) mit Vincula tendinum versehen. c) Die Vagina mucosa besteht aus einem parietalen Blatt, Lamina parietalis, und einem visceralen Blatt, Lamina visceralis. d) Das viscerale Blatt liegt ferner oberflächlich — als Lamina visceralis externa — und dringt auch e) in die Tiefe als Lamina visceralis interna. 2. Sehnen mit einer Vagina tendinum, jedoch ohne Vagina mucosa, ohne Ligamenta vaginalia und ohne Vincula tendinum. As wi Sehnen mit einem Peritenonium, das als Peritenonium externum und internum auftritt. HARUJIRO ARAI, Von den Angaben Wollenwebers setze ich die wichtigsten wörtlich hierher, um dann meine eigenen Beobachtungen folgen zu lassen. »Weder beim Neugeborenen noch beim Erwachsenen sind Arterien zu finden, die von dem Muskelfleisch oder dem Ansatz- punkte an den Knochen oder Bändern direkt in das Innere der Sehne ziehend, in der Längsrichtung derselben verlaufen. So oft man das Peritenonium exakt abpräpariert, bleibt fast kein injiziertes Grefäss sichtbar.«. Wie meine photographischen Aufnahmen der Schnittbilder zeigen, dringen allerdings Arterien vom Muskel und von Insertionspunkten aus in das Innere der Sehne und verlaufen in der Längsrichtung derselben. | »Die Hauptgefässe, welche sich in das Peritenonium hinein- ziehen, kommen aus dem die Sehne umgebenden Binde- und Fettgewebe und: zwar treten bei der Achillessehne die Haupt- gefässe auf der ventralen Seite heran, während auf der dorsalen Seite viel schwächere Gefässe liegen«. Diese Angabe ist, wie schon die Fig. 3 lehrt, nicht in allen Fällen zutreffend, weil eben auch aus dem Muskel und den Insertionsstellen Gefässe in die Sehne übergehen. Die obersten Gefässe besitzen Anastomosen mit den Muskel- arterien. Im weitern Verlaufe der Sehne treten dann noch mehr Arterien an sie heran, besonders starke am Ansatze. Die Hauptgefässe nehmen bald einen mit der Längsrichtung der Sehne ziemlich übereinstimmenden Verlauf, bilden ein reiches Anastomosennetz und entsenden eine Menge von die Sehne umereifenden Ästen. Bei langen platten Sehnen, z. B. wie bei den Mm. peronaeı, findet sich häufig ein der Kante entlang laufendes (Gefäss, welches dann die Sehne nach beiden Seiten umgreifende Ästchen absendet. Überall da, wo die Sehnen mit Schleimscheiden aus- gestattet sind, ferner da, wo die Sehne mit dem ligamentösen Anatom. Hefte. I. Abteilung. 103. Heft (34. Bd. H, 2). Tafel’ Eu PT u u 4 E B = yroximal distal Arteria Vena I Eig. 18. Flächenpräparat der Sehne des M. flexor pollicis longus eines neugeborenen Kindes im Bereich der Synovialscheide. Vergröss. 1:50. Die Figur zeigt die Arkaden der Capillargefässe in der Synovialhaut der Sehne. proximal — zottenförm. Schlingen Sehnenrolle Fig. 14. Flächenpräparat der oberflächlichen, zottenförmigen Schlingen der Capillargefässe der Synovialhaut in der Gegend der Trochlea muscularis der Sehne des M. peronaeus longus eines neugeborenen Kindes. Vergröss. 1:25. Die Figur zeigt die zottenförmigen Schlingen der Capillaren der Synovialhaut, welche den Rand der Trochlea muscularis umgeben. Verlag von J, F. Bergmann in Wiesbaden, Anatom, Hefte. I. Abteilung. 103. Heft (34. Bd. H. 2). Tafelssn! zottenförmige Schlingen j - —— \|ENISCUS Fig. 15. Die zottenförmigen Schlingen der Capillargefässe der Synovialhaut des Kniegelenkes eines neugeborenen Kindes, welche den Rand des Meniscus interarticularis bedecken. Vergröss. 1:25. Fig. 16. Flächenpräparat der Plantarseite der Gelenkpfanne des zweiten Metatarso-phalangeal- gelenkes eines neugeborenen Kindes. Vergröss. 1:33. Die Figur zeigt die zottenförmigen Schlingen der Capillaren der Synovialhaut, welche den Rand des Lig. accessorium plantare bedecken. Verlag von J. F, Bergmann in Wiesbaden, Anatom. Hefte. I. Abteilung. 103. Heft (34. Bd. H. 2). Tafel 36. proximal Bis, 7, Längsschnitt durch die Sehne des M. flexor digitorum pedis longus der dritten Zehe, welche an der Stelle der Synovialscheide unter dem Lig. vaginal. eines neugeborenen Kindes durchgeht. Vergröss. 1:33. Die Figur zeigt die schlingenförmigen Capillarnetze im Innern der Sehne und X die blutgefässlose Stelle der Sehne. Arteria Vena Fig. 18. Längsschnitt durch die Sehne des M. peronaeus longus, welche von der Synovialscheide umgeben, unter dem Retinaculum musculorum peronaeorum sup. eines neugeborenen Kindes durchgeht. Vergröss. 1:50. Die Figur zeigt den Verlauf der Blutgefässe im Innern der Sehne; sie weisen eine fächerförmige Anordnung auf. Ausserdem finden sich in der Längsrichtung der Sehne gestreckte Capillarmaschen und bei x die blutgefässlose Stelle der Sehne, Verlag von J, F. Bergmann in Wiesbaden, Anatom. Hefte. I. Abteilung. 103. Heft (34. Bd. H. 2). Fig. 19. Längsschnitt durch die Sehne der M. peronaeus longus, welche von der Synovialscheide umgeben unter dem Retinaculum Mm. peron. eines erwachsenen Menschen hindurchgeht. Vergröss. 1:33. Die Figur zeigt die schlingenförmigen Capillarnetze und die in der Längsrichtung der Sehne gestreckten Capillarmaschen im Innern der Sehne. Längsschnitt durch die Sehne des M. extensor digitorum longus der dritten Zehe, welche von der Synovialscheide umgeben, unter dem Lig. cruciatum eines neugeborenen Kindes hindurchgeht. Vergröss. 1:25. Die Figur zeigt die schlingenförmigen Capillarnetze in der oberflächlichen, mittleren und tiefen Lage im Innern der Sehne. Verlag von J. F. Bergmann in Wiesbaden, Tafel Ol. a SC u . ü ik a # D 4) x | Die Blutgefässe der Sehnen. 3 Apparat in Beziehungen tritt, wo sie über Vorsprünge des Knochens hinüberzieht und daselbst fixiert wird, findet man kleine Ästchen an dieselbe herantreten. Was die ferneren Beziehungen der im Peritenonium externum gelegenen Arterien zur Sehne betrifft, so ist zu beobachten, wie von der ventralen Seite Arterienstämme zu dem die Achilles- sehne umscheidenden Bindegewebe (Peritenonium externum) herantreten und in letzterem liegend zirkulär die Sehne um- spinnen. Von diesen in der Peripherie der Sehne liegenden Gefässen dringen feine Ästehen in das Peritenonium internum, das die einzelnen Sehnenfaserbündel trennt, hinein, im wesent- lichen in radiärer Richtung. Im ventralen Teil der Achilles- sehne sind die radiären Ästchen stärker und länger als in der dorsalen. In dem zwischen Fersenbein und Achillessehne gelegenen Fett- und Bindegewebe treten besonders starke Äste an die Sehne heran. »Ferner sehen wir von den Muskelarterien feine Ausläufer in die Sehne hereinziehen, dieselbe vorwiegend quer durch- brechen und auf der Peripherie der Sehne feine Oberflächenäste bilden. Die Gefässversorgung der übrigen Sehnen ist viel geringer, als die der Achillessehne, aber das zu ernährende Objekt ist ja auch viel geringer; die Art der Versorgung ist im wesentlichen dieselbe«. (Wollenweber). Nach meinen Präparaten (siehe die vorliegenden Abbildungen) ist die Gefässversorgung aller Sehnen eine sehr ansehnliche, gleichviel, ob das Objekt dicker oder dünner ist. Im folgenden teile ich nun die Beobachtungen mit, welche ich über das Verhalten der Blutgefässe der langen Sehnen an den Extremitäten des neugeborenen Kindes, sowie am Fusse des Erwachsenen gemacht habe. 374 HARUJIRO ARAI, Die Blutgefässe der Sehnen. Die Blutgefässe der Sehnen finden sich an der Oberfläche und im Innern, also fast in allen Teilen der Sehne verbreitet; einige Ausnahmen sollen später hervorgehoben werden. Die Arterien der Sehnen kommen 1. aus Zweigen von Muskelarterien und aus den die Sehnen umeebenden Binde- und Fettgewebsarterien ; 2. aus den durch die Vincula tendinea gehenden Arterien (Fig. 1, 2 und 35); 3. aus den Arterien des Gelenkes (z. B. Kniegelenke) (Fig. 6°); 4. von den im Muskelfleisch liegenden Arterien (Fig. 7 u. 8°); 5. vom Ansatzpunkte der Sehne her. Diese letzteren Arterien stammen aus den Arterien der Knochenhaut und der Bänder, besonders an der Stelle, wo die Verbindung der Sehne mit den Knochen durch die Knochen- haut vermittelt wird (Fig. 24°). Die Verästelung der grösseren Arterien hat wenig Eigen- tümliches. Die Stämme treten schief oder quer an die Sehnen heran und teilen sich, im Peritenonium verlaufend, dichotomisch oder monopodisch unter spitzen oder stumpfen Winkeln, oder ‘förmig, so dass alle Teile der Sehne von den Gefässen ver- sorgt werden (Fig. 10). Eine Ausnahme bilden die Stellen, wo die Sehne mit den Knochen ohne Vermittlung (Knochenhaut) verbunden ist, ebenso auch jene Stellen, wo die Sehnen die Schleimscheiden durchziehen. Die Hauptzweige der Sehnenarterien verlaufen in proximaler und distaler Richtung an der Oberfläche und im Innern der Sehnen. indem sie dendritisch dünne Zweige abgeben (Fig. 10). Die Sehnengefässe stehen an der Oberfläche und im Innern der Sehnen mit einander und mit den Muskelarterien durch Anastomosen in Verbindung. Die Blutgefässe der Sehnen. 375 Die Form der Anastomosen und der Kapillarnetze hat ver- schiedenen Charakter. Ich werde im folgenden die Anastomosen und Kapillarnetze der Sehnengefässe besonders behandeln, je nachdem sie an Sehnenabschnitte gehen, welche 1. der Schleim- scheide entbehren, 2. mit Schleimscheiden versehen sind, 3. oder an Ansatzstellen der Sehnen liegen. l. Die Blutgefässe der Sehnen ohne Vaginae fibrosae, (ohne Sehnenscheiden). Das die Sehne umhüllende Bindegewebe, das Peritenonium externum, ist gefässreich. Die Verzweigungen der Arterien lösen sich an der Oberfläche der Sehne in weitmaschige Kapillar- netze auf (Fig. 9). Der Verlauf der Venen entspricht demjenigen der Arterien. Von diesem Peritenonium externum dringen mit dem Peritenonium internum Gefässe in das Innere der Sehnen und «lie grösseren arteriellen Stämme teilen sich im Peritenonium internum in Äste, welche in proximaler und distaler Richtung verlaufen. Die Längsäste verlaufen zwischen den Sehnenbündeln (sog. sekundäre und tertiäre Sehnenbündel) und werden in längeren Abständen durch kurze Querzweige verbunden. Aus diesen längsverlaufenden Arterien, sowie aus den Verbindungs- ästen entspringen weiter sich teilende Äste, welche Kapillarnetze mit langgestreckten Arkaden bilden und jedes Sehnenbündel korbartig umfassen (Fig. 10). Die in proximaler und distaler Richtung verlaufenden Äste lösen sich am Ende teils im Kapillaren auf, teils verbindet sich der proximale Teil eines Systems mit dem distalen Teile des nächsten. Die am oberen Ende der Sehne gelegenen Äste dringen zum Teil ins Muskelfleisch ein und gehen in die Kapil- laren des Muskelfleisches über, zum Teil vereinigen sie sich mit len aus dem Muskelfleisch stammenden Sehnenarterien (Fig. 8). 376 HARUJIRO ARAI, Die am untern Ende der Sehne gelegenen Äste dringen bis zu den Ansatzstellen der Sehne vor, bilden hier Schlingen und gehen endlich in die Anfänge der Venen über (Fig. 11 u. 23, Schlingen). Fig. 12 stellt den Querschnitt durch die Achillessehne eines neugeborenen Kindes dar, zur Vergleichung der Blutgefässe der Sehne, welche in Fig. 3 dargestellt sind. Die Venen entstehen aus den Kapillarnetzen, welche jedes Sehnenbündel umfassen, und aus den Schlingen an den Ansatz- stellen der Sehnen. Sie zeigen dabei einen Verlauf, welcher demjenigen der Arterien entspricht. 2. Die Blutgefässe der Sehne mit Schleimscheiden, Vaginae tendinum. a) Die Arterien der Synovialhaut der Sehnen zerfallen durch fortgesetzte Teilung in feine, gestreckt ver- laufende Zweigchen, welche durch zahlreiche Anastomosen, Arkaden, zu mehreren nebeneinander liegenden Netzen vereinigt werden. Die letzten Ausläufer derselben, zum Teil aber auch /weige der weiter entfernt liegenden (refässbogen, biegen schlingenförmig um und gehen, sich allmählich erweiternd, in die Anfänge der Venen über. Ich werde im Folgenden die Schlingenformen der Kapillar- netze der Synovialhaut beschreiben. Nach ihrem Verhalten an den verschiedenen Stellen der Sehnen können sie eingeteilt werden in l. Maschenförmige Schlingen, 2. Zottenförmige Schlingen. 1. Maschenförmige Schlingen finden sich am Rande der- jenigen Fläche der Sehne, welche »dem Ansatze des Vincula tendinum gegenüber liegt und an den Rändern der Beugeseite ler Sehne der Finger- und Zehenbeuger (Fig. 13). Anatom. Hefte. I. Abteilung. 103. Heft (34. Bd. H. 2). Tafel 39: zusammenges einf. Schlinge Schlinge Schlingennetze Schlingen Lig. patellae [7 ——f Pu un ZZ us IE En —R Sn IN x & r == DIFF | / ——— / Br un. N rr en —_— ERE. TE A Condylus femoris Patella Plica alaris Condylus tibiae Sagittalschnitt durch die Sehne des M. quadriceps femoris, das Lig. patellae, die Patella, den Condylus femoris und den Gelenkkopf der Tibia. Die Figur zeigt die capillaren Schlingennetze und Arcaden in der Sehne (Fortsetzung der Sehne des M. quadriceps femoris), welche die Patella bedecken. Verlag von J. F. Bergmann in Wiesbaden. Ri - PR: u A 2 sr En R | Ba RN b 5 Do I | i BE | “ ö Isi ’ n 2: a4 j Ba 4 V u y “ ar Fi IR va ’ Por ü 5 K v 5 4 F = “ | N er np te j f Lad | : ’ f f | N u Anatom. Hefte. I. Abteilung. 103. Heft (34. Bd. H. 2). Tafel Sehne des M. fix. dig. long. | Sehne des M. flex. dig. sub. Fig. 24. Sagittalschnitt durch die zweite und dritte Phalange, den Ansatzpunkt der Sehnen des M. flexor digitorum sublimis und der Sehne des M. flexor digitorum profundus eines neugeborenen Kindes. Die Figur zeigt die Blutgefässe der Sehnen, welche bei x von den Arterien des Ansatz- punktes stammen, (an der Stelle, wo die Verbindung der Sehne mit dem Knochen durch Knochenhaut vermittelt ist). Verlag von J. F. Bergmann in Wiesbaden. 41. (st) —| —| Die Blutgefässe der Sehnen. 2. Zottenförmige Schlingen finden sich an den Rändern derjenigen Sehnenflächen, welche die Knochenrinnen berühren, und in der Gegend der Ränder der Trochleae musculares (Fig. 14). Ähnliche Schlingen fand ich in der Synovialhaut des Knie- gelenkes (Fig. 15), sowie in der Gelenkpfanne der Plantarseite des zweiten Metatarsophalangealgelenks; doch sind sie hier weniger dicht (Fig. 16). b) Die arteriellen Blutgefässe im Innern der Sehnen verzweigen sich, bald dichotomisch, bald monopodisch und lösen sich plötzlich in eine grössere Anzahl von Zweigen auf, die eine fächerförmige Anordnung zeigen und in der Längs- vichtung der Sehnen sich verbreiten (Arkaden). Dabei bilden iiese Zweige zahlreiche Anastomosen untereinander und lösen sich endlich in Schlingennetze von Kapillaren auf (Fig. 17, 4 u. 5). Diese Schlingennetze der Kapillargefässe anastomosieren teils untereinander, teils bilden sie in der Längsrichtung der Sehnen gestreckte Maschen, die keine Anastomosen aufweisen (Fig. 18 und 19). Ihrer Lage nach sind die Schlingennetze im Sehnen- innern in ihrer Gesamtheit auf mehrere Ebenen verteilt, und zwar sowohl in horizontaler, als auch in vertikaler Richtung (Fig. 20). Die Trochlea muscularis ist fast ganz gefässlos und nur ın einer schmalen oberflächlichen Lage mit Gefässen versehen, welche mit kapillaren Schlingennetzen enden. In den beiden Enden im Innern der Trochlea museularis enden die von der Proximalseite und der Distalseite der Sehne kommenden Arterien meistens mit einfachen Schlingen, weniger mit zusammen- gesetzten kapillaren Schlingen (Fig. 21 Schlingen). Nach meinen Untersuchungen sind die Gefässschlingen des proximalen Endes der Trochlea musecularis für die Sehne des M. peronaeus longus und die Gefässschlingen der Ansatzstelle der Sehne des M. quadriceps femoris ähnlich (Fig. 21, 22 und 23 Schlingen ‘); auch sind die Gefässschlingen des distalen Endes . 318 HARUJIRO ARAI, der Trochlea muscularis und die Gefässschlingen der Verbin- dungsstelle des Lig. patellae mit der Patella ähnlich (Fig. 21, 22 und 6 Schlingen‘‘); ausserdem stimmen die kapillaren Schlingen- netze in der oberflächlichen Lage der Trochlea muscularis mit (len kapillaren Schlingennetzen in der Sehne, welche die Patella bedeckt, (Fortsetzung der Sehne des M. quadriceps femoris), überein (Fig. 21 und 22 Schlingennetze). Die Venen gehen aus den Schlingen hervor und zeigen denselben Verlauf wie die Arterien. Die Blutgefässe der Sehne in der Gegend der Ansatzstelle. Die Arterien in der Gegend, wo die Sehnen mit dem’ Knochen direkt verbunden sind (z.B. Ansatz des M. quadriceps femoris und der Achillessehne), enden oberflächlich in Schlingennetzen; die tiefe Schicht ge- wöhnlich in einfachen Schlingen, selten in zusammengesetzten kapillaren Schlingen (Fig. 23 und 11). Dort wo Sehnen mit dem Knochen verbunden sind, kommen Arterien aus der Knochenhaut, den Bändern und dem umgebenden Binde- und Fettgewebe und lösen sich teils in langgestreckte Kapillarmaschen, teils in Schlingen der Kapillaren auf (Fig. 24). Die Oberfläche des Ansatzpunktes der Sehne ist besonders reichlich vaskularisiert (Fig. 1). An einzelnen kleinen Stellen fehlen Blutgefässe bei den von mir untersuchten Objekten, und zwar: 1. m einem Teil der Beugeseite der Sehnen der Mm. flexores digitorum sublimis und profundus, welcher die Ligg. vaginalia an der Volarseite der Fingerphalangen durchzieht und in der Sehne des M. flexor digitorum pedis longus (Fig. 3 und 17*); 2. an der Stelle, welche dem Ansatz der Vincula tendinum gegenüber liegt, wo die Sehnen des M. extensor digitorum longus und des M. Die Blutgefässe der Sehnen. 319 peronaeus tertius u. s. w. die Schleimscheiden (Synovialscheiden) unter dem Lig. eruciatum hindurchziehen (Fig. +4”); dort haben die Vineula tendinum sehr grosse Ausdehnung; sie sind oft 1--2cem lang und ebenso breit; 3. an den die Rinnen des Knochens (Sehnenfurchen des Knochens) berührenden Flächen, nämlich in den Sehnen der beiden Mm. peronaei, des M. tibialis posticus, des M. flexor digitorum pedis longus, des M. hallueis longus u. s. w., wo sie die Schleimscheiden durchziehen (unter den Retinacula m. peronaeorum, dem Lig. laciniatum, dem Lig. plantare longum etc. Fig. 18%), ebenso fehlen sie in der Gegend der Trechlea mus- eularis (Fig. 21*). Im den oben beschriebenen gefässlosen Stellen der Sehnen sind Knorpelzellen nachzuweisen. Die Venen der Sehnen. Die Venae comitantes der Sehnen finden sich vorwiegend einfach, zum kleineren Teil doppelt. Zusammenfassung. Die Ergebnisse meiner Erfahrungen über den Verlauf der Blutgefässe der Sehnen lassen sich wie folgt zusammenfassen: I. Herkunft. Die Arterien der Sehnen kommen: 1. aus Zweigen von Muskelarterien und aus den die Sehnen umgeben- den Binde- und Fettgewebsarterien; 2. aus den durch die Vin- cula tendinea gehenden Arterien; 3. aus den Arterien des Gelenkes; +4. aus den im Muskelfleisch liegenden Arterien und 5. aus den Arterien der Knochenhaut und der Bänder. II. Die Verästelungsverhältnisse der Arterien der Sehnen variieren; ebenso hat die Form der Anastomosen der Zweige und der Kapillarnetze der Sehnenarterien verschiedenen Charakter, je nachdem dieselben an Sehnenabschnitte gehen, welche: 1. der Schleimscheiden entbehren, 2. mit Schleimscheiden versehen sind oder 3. an Ansatzstellen der Sehnen liegen. 380 HARUJIRO ARAI, Ill. Die Schlingen der Kapillarnetze der Synovialhaut sind je nach ihrer Form an den verschiedenen Stellen zu unterscheiden. in a) maschenförmige Schlingen, b) zottenförmige Schlingen. IV. Die zottenförmigen Schlingen der Synovialhaut der Sehnen sind den kapillaren Schlingen der Synovialhaut des Kniegelenks, sowie den kapillaren Schlingen der Synovialhaut in der Gelenkpfanne der Plantarseite des zweiten Metatarso- phalangealgelenks gleich. V. Die kapillaren Schlingen der Trochlea muscularis der Sehne des M. peronaeus longus sind ähnlich den kapillaren Schlingen der Ansatzstelle der Sehne des M. quadriceps femoris und der Verbindungsstelle der Lig. patellae mit der Patella. VI. An einzelnen kleinen Stellen fehlen Blutgefässe bei den von mir untersuchten Objekten. In die blutgefässlosen Stellen sind Knorpelzellen eingelagert. VII. Die Venae comitantes der Sehnen finden "sich vor- wiegend einfach, zum kleineren Teil doppelt. Zum Schlusse will ich es nicht unterlassen Herrn Professor Dr. Jul. Kollmann für die Freundlichkeit und Geduld, mit der er mich den sprachungewohnten Fremdling bei meinen Beobachtungen unterstützt hat, sowie für die Liberalität, mit der er mir Arbeitsraum, Werkzeug und Material zur unbe- hinderten Verfügung gestellt hat, meinen wärmsten Dank aus- zusprechen. Auch Herr Prof. Dr. H. K. Corning hat auf beide Arbeiten stetsfort ein wachsames Auge gehabt und mich mit Material versehen, wofür ich ihm zu grossem Danke ver- pflichtet bin. Dıe Blutgefässe der Sehnen. 381 Von Herrn Geheimrat Professor Merkel wurde ich freund- lichst nach Einsendung des Manuskriptes auf eine Abhandlung aufmerksam gemacht, die mir entgangen war. Über die Blutversorgung der Beugesehnen der Finger hat Berkenbusch in den Nachrichten der Kgl. Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen, 1887, Nr. 14, S. 403 u. ff. berichtet nach Untersuchungen, die in dem anatomischen Institut in (söttingen (Prof. Merkel) angestellt worden sind. Er erwähnt ‚ebenfalls Stellen von etwa 1 cm Länge ohne Blutgefässe. In der Sehne des Flexor sublimis antibrachi lag eine solche Stelle proximal von dem Punkt, an welchen die Sehne in ihre beiden Zipfel zerfällt; im Flexor profundus etwas weiter nach der Finger- spitze zu, also etwa ebensoweit von der Insertion an die Phalange entfernt, wie beim Flexor sublimis. Die übrigen Teile der Sehnen waren mit Gefässen versehen, welche von der Insertionsstelle am Knochen, von der Palma her und durch die Vincula tendinum herantraten. Die meisten Gefässe endigten auf der Oberfläche der Sehnen in Schlingen, ohne ein kapillares Netz zu bilden. Die feinsten Arterien zeigten dabei die schon von mehreren Seiten (Ranvier, Peremeschko u. a.) beschriebenen spindelförmigen Erweiterungen, wie sie in den Muskeln und dem Nackenbande beobachtet worden sind, »die Vincula tendinum führen also wohl, wie es die Autoren angeben, Gefässe zur Sehne hin, die- selben sind aber Mangels der Kapillaren, kaum geeignet, als eigentliche Ernährungsgefässe angesehen zu werden«. Die gefässlosen Stellen, welche Berkenbusch erwähnt, sind in der Fig. 17 meiner Abbildungen zu sehen und also auch mir zu Gesicht gekommen. Sie stellen eine seltsame Erscheinung dar, und ich glaube nach meinen Erfahrungen annehmen zu «dürfen, dass sie nicht auf mangelhafter Injektion beruhen, sondern Sehnenpartien darstellen, die nur durch den Säftestrom Anatomische Hefte. I, Abteilung. 103. Heft (34. Bd. H. 2). 95 332 HARUJIRO ARAI, Die Blutgefässe der Sehnen. von der Umgebung aus ernährt werden, denn rings umher sind Gefässe, die mit Schlingen endigen. Man sieht keine abrupt aufhörenden Kapillaren, sondern hat den Eindruck, dass sie dieses Gebiet niemals durchziehen. Die Versorgung der Sehnen mit Gefässen von Insertionsstellen am Knochen aus, von der Palma her und durch die Vincula tendinum habe ich ebenfalls gesehen und insofern dargestellt, als die Fig. 23 den Zusammenhang der Insertions-Sehne mit dem Knochen durch Blutgefässe deutlich erkennen lässt. Nur bezüglich des Ver- haltens der Blutgefässe aus den Vincula tendinum besteht eine Differenz in den Erfahrungen. An meinen Präparaten sehe ich, dass die kleinen Arterien, auf den Sehnen angelangt, ein kapillares Netz bilden, welches sich mit den Kapillaren in und um die Sehnen verbindet. Hier mögen Altersverschiedenheiten in Be- tracht kommen, da meine Präparate von dem Fusse eines etwa 20 jährigen Mannes, ferner von Feten und Neugeborenen stammten; diese Vermutung spricht auch Berkenbusch für manche Vorkomnisse aus, wie z. B. in Bezug auf die schon erwähnten spindelförmigen Erweiterungen, die ich an meinen Präparaten nie, auch nicht in der Nähe der gefässlosen Stellen gesehen habe. Ich nehme also auf Grund meiner Befunde an, dass die Vincula tendinum Bahnen darstellen, auf denen Blut- gefässe zu den Sehnen hin und zurückführen, wobei die hinzu- tretenden Arterien auf der Sehne in Kapillaren zerfallen und aus diesen rückführende Venen hervorgehen. Allein dabei ist bemerkenswert, dass zwischen den Arterien und Venen ein vollkommenes Kapillarnetz existiert, nicht blos an der Oberfläche der Sehne, sondern auch in der Tiefe. Ich verweise in dieser Hinsicht auf die Figur 18, welche das Eindringen der Kapillaren in. die Tiefe zwischen die Sehnen- bündel deutlich erkennen lässt. ÄUS DEM ERSTEN ANATOMISCHEN INSTITUT IN Wien. DIE ENTWICKLUNG DER LUNGE TALPA EUROPEA. VON JOSEF RITTER von WINIWARTER, WIEN. Mit 7 Figuren auf Tafel 42]44. ‚ = u. TV A A . Ga a j A Die Asymmetrie in der Anlage der beiden Lungen ist, so- weit die bisherigen Untersuchungen zeigen, bei den Säugetieren eine ziemlich frühzeitig auftretende, aber bei allen bisher unter- suchten Formen eine geringgradige. Die Tiere, welche bisher in dieser Richtung untersucht wurden, sind folgende: Die Ratte, die Maus, das Schaf, das Kaninchen, das Meerschweinchen und ler Ameisenigel. Über die Entwickelung der Lunge beim Menschen hat His die erste grundlegende Arbeit geliefert. Alle diese Untersuchungen stimmen darin überein, dass die beiden Lungen asymmetrisch angelegt sind und bis zu einem gewissen Stadium des Embryonallebens, auf das ich noch später zurück- kommen werde, asymmetrisch weiterwachsen ; von diesem Stadium an ist aber die Entwickelung der einzelnen Bronchien bis zum Schlusse des Embryonallebens eine fast vollkommen symmetrische. Über die Aufforderung des Herın Professors Tandler, dem ich noch vielmals für seine gütige Hilfe danke, habe ich mich mit der Entwickelungsgeschichte einer Lunge beschäftigt, bei welcher die Asymmetrie von den ersten Stadien der Entwicklung an bis zum Ende des Embryonallebens eine ganz bedeutende ist, nicht nur was Form und Grösse anbelangt, sondern hauptsächlich in bezug auf die Entwickelung der einzelnen Bronchien. Es bandelt sich um die Lunge des Maulwurfs, Talpa europea. Die Frage, die der ganzen Untersuchung zugrunde liegt, lässt sich beiläufig folgendermalsen formulieren: Da die beiden Lungen des Maul- wurfs bezüglich ihrer Grösse und ihres Baues so verschieden sind, wie dies nach Narath bei keinem anderen Säugetier der Fall ist mit Ausnahme von sorex, so liegt die offene Frage vor, ob 386 JOSEF RITTER vos WINIWARTER, sich diese weitgehende Asymmetrie bereits im frühen Embryonal- leben kennzeichnet. Zweifellos ist ja die hochgradige Asymmetrie der Maulwurfslungen eine phylogenetisch relativ späte Acquisition und es wäre daher naheliegend anzunehmen, dass auch in der Öntogenese die beiden Lungen relativ spät asymmetrisch werden. Bevor ich auf meine eigentliche Arbeit eingehe, möchte ich kurz die äussere Form sowie die Bronchialverteilung der er- wachsenen Maulwurfslunge beschreiben. Dabei halte ich mich ganz an die Arbeit von Narath, »der Bronchialbaum der Säugetiere und des Menschen«. Beim Maulwurf ist die linke Lunge vollständig ungelappt und nimmt ungefähr den vierten Teil der Grösse der rechten Lunge ein. Letztere ist in drei Lappen geteilt, den Apicallappen, den Ventrallappen und den Infracardiallappen. Von dem Infracardiallappen spaltet sich noch ein kleines Läppchen ab, welches sich dem Lungenstamme medial anschmiegt; ausserdem findet man häufig ein kleines Läppchen an der basalen Lungenfläche hinter der Cava, das so- genannte Basalläppchen. Alle drei Lappen sind von dem Lungenstamm durch Spalten getrennt, unter denen der Haupt- spalt, welcher das Obergeschoss vom Stamme scheidet, durch seinen queren Verlauf auffällt. Die Verteilung der Bronchien geht bei der Maulwurfslunge folgendermalsen vor sich: Die Trachea teilt sich unter einem sehr spitzen Wiukel in die beiden Stammbronchien doch so, dass der rechte in ihrer direkten > Fortsetzung gelegen ist. Der rechte Stammbronchus gibt 4 ventrale und 4—6 dorsale Bronchien ab. Die ventralen Bronchien nehmen von oben nach unten an Grösse bedeutend ab, sodass der erste der grösste ist. Derselbe ist fast so lang, wie der Stammbronchus und geht in grossem Bogen nach vorne links hinüber. Der zweite und dritte ventrale Bronchus sind nach vorne lateral gerichtet, der vierte und fünfte rein lateral. Unter dem vierten ventralen Bronchus geht vom Stammbronchus konstant ein Bronchus in medialer Richtung ab, der sich gleich Die Entwicklung der Lunge bei Talpa europea. 387 nach seinem Ursprunge hakenförmig nach oben umbiegt und sich in das Basalläppchen einsenkt. Der infracardiale Bronchus geht aus einem gemeinsamen Stamme mit dem ersten ventralen Bronchus hervor, zieht nach links hinüber, bis er die linke Thoraxwand berührt und biegt dann hakenförmig nach oben um. Der apicale Bronchus kommt unmittelbar an der Bifurcations- stelle lateral zum Vorschein und zieht im Bogen nach links und vorne, seine Äste nach oben und unten abgebend. Der linke Stammbronchus giebt vier ventrale und 5—7 dorsale Bronchien ab. Die ventralen gehen viel tiefer ab als die der rechten Seite und sind rein lateral gerichtet. Der apicale sronchus ist das erste Seitenästchen des ersten ventralen Bronchus und zieht gerade nach oben. Ich habe an sieben in Serienschnitte zerlegten Maulwurf- embryonen von dem entodermalen Epithelschlauch der Lungen- anlage Wachsplattenmodelle nach der Bornschen Technik her- gestellt. Besichtigt man nun diese Modelle, welche allerdings wegen Mangel an Material keine geschlossene Stadienreihe bilden, aber zur Beantwortung der gestellten Frage genügen, so ergibt sich folgendes: Das erste Modell stammt von einem Embryo von 2 mm Kopflänge und wurde bei 150facher Vergrösserung hergestellt. Abgebildet ist es in Figur 1 bei Vergrösserung !/.. An dem- selben sieht man das kaudale Ende des Pharynx ohne deutliche Grenze in die Ventralrinne übergehen. Nur in ihrem unteren Ende ist dieselbe beiderseits durch eine seichte Rinne, welche die Anlage der lateralen Buchten (Narath) darstelllt, von der Dorsalrinne abgegrenzt. Noch weiter unten verbreitert sich (ler ventrale Abschnitt des Eingeweiderohrs, bildet zunächst die bekannte rhombische Figur und stülpt sich dann zu den beiden Stamimknospen aus. Diese beiden Stammknospen zeigen nun schon in diesem Stadium einen weitgehenden Unterschied. Die rechte ist mindestens zweimal so gross als die linke und an So oc [9 JOSEF RITTER vos WINIWARTER, ihrer Ursprungsstelle viel deutlicher abgeschnürt als letztere. Beide haben die Form von Säckchen, doch, während das linke noch quergestellt ist, zieht das rechte bereits etwas nach abwärts und hinten. Nach Abgang der beiden Stammknospen setzt sich die Ventralrinne noch ein Stück weit nach abwärts fort und bildet dadurch eine median gelegene, ventrokaudal gerichtete, unpaare Ausstülpung. Ob es sich hier um den Rest der unpaaren primitiven Lungenanlage handelt, kann ich mangels jüngerer Stadien nicht entscheiden. Bei der Durchsicht der Serie sieht man ganz deutlich, dass sich das Septum zwischen Trachea und Ösophagus bereits zu bilden beginnt, indem der oben beschriebene kaudal gerichtete Fortsatz der Ventralrinne gegen den Ösophagus zu schon vollständig abgeschlossen ist. In diesem Stadium stimmt die Maulwurfslunge, was die Anlage der Stammbronchien und die Abgliederung der Lunge vom Darm anbelangt, mit gleichaltrigen Kaninchen- und Meer- schweinchenlungen, wie sie Narath und andere beschrieben haben, fast vollkommen überein, betont sie nur die viel weiter- gehende Asymmetrie. Das zweite Modell stammt von einem Embryo von 5 mm erösster Länge und ist bei 150facher Vergrösserung hergestellt. In der Zeichnung Figur 2 wurde das Modell auf ?/, Vergrösserung reduziert. An diesem Modell sieht man, dass sich das Septum trachea und Ösophagus bereits kranial verlängert hat, so dass nun Digestions- und Respirationstracte auf ein gutes Stück von einander getrennt sind. Von der Trachea gehen unter einem stumpfen Winkel die beiden Stammknospen ab. Sie sind beide dorsalwärts gerichtet und umgreifen den Ösophagus in Form eines Hufeisens. Die rechte Stammknospe ist plump, kolbig aufgetrieben, besonders an dem basalen Teil ihrer vorderen Wand und reicht um ein bedeutendes weiter kaudalwärts als die linke. Diese Auftreibung entspricht offenbar der ersten Anlage des infracardialen Bronchus. Die linke Stammknospe Anatom. Hefte. I, Abteilung; 103.Hett (34.Bd.112) Tafel 42. 1 N = ! € ! BB # SM Vi]: —$Sts Die Entwicklung der Lunge bei Talpa europea. 339 ist unverhältnismäfsig kleiner, schmächtiger und nur wenig aufgetrieben. Die Mesodermschicht hat sich mächtig entwickelt und bildet um alle Teile des Vorderdarms eine dicke Lage. In der Gegend der Lungenanlage erfährt sie eine starke Ver- breiterung, sodass rechts und links zwei abgerundete Höcker in die freie Pleuroperitonealhöhle hineinragen, die Anlage der beiden Lungenflügel. Narath hat an Kaninchenembryonen gleichen Alters dieselben Verhältnisse gefunden, nur dass beim Maulwurf auch in diesem Modell die Asymmetrie der beiden Lungen eine bedeutend grössere ist. Was die Entwickelung des infracardialen Bronchus als ersten Bronchus anbelangt, so werde ich noch später darauf zurückkommen. Das dritte Modell stellt den Entwickelungszustand eines nur wenig älteren Maulwurfembryos dar. Derselbe war stark zusammengerollt und mals 4!/, mm Scheitel -Steisslänge; die 150fache Vergrösserung des Modells wurde in der Zeichnung Figur 3 auf 2/, reduziert. Trachea und Ösophagus sind bis auf die Kehlkopfanlage bereits von eimander getrennt. Der Winkel, unter dem die beiden Stammknospen abgehen, ist bedeutend kleiner geworden, ausserdem hat sich die Trachea so gedreht, dass nun die linke Stammknospe mehr nach vorne sieht. Die rechte Stammknospe hat sich distal von der Bifurcationsstelle etwas eingeschnürt dadurch, dass sich die Epithelwand lateral und hauptsächlich nach vorne stark vorwölbt. Diese Ausstülpung zeigt zwei voneinander durch eine sehr seichte Furche getrennte Vorwölbungen. Die nach vorne und innen gerichtete grössere stellt die Anlage des infracardialen, die lateral gerichtete kleinere die des ersten ventralen Bronchus dar. Etwas ober dieser Vor- wölbung sieht man eine zweite rein lateral gerichtete, welche be- deutend kleiner ist und die Anlage des apicalen Bronchus vor- stell. Unter der Knospe des infracardialen Bronchus zieht die Stammknospe etwas nach innen und hinten abgeknickt ohne Gliederung ziemlich weit nach unten. Die linke Stammknospe 390 JOSEF RITTER von WINIWARTER, hat sich gegenüber dem vorigen Stadium bezüglich ihrer Grösse fast garnicht verändert, bezüglich der Form kann man kon- statieren, dass der linke Stammbronchus mehr kaudalwärts gerichtet ist. Verfolgt man die Serie, so sieht man, dass sich die mesodermalen Lungenflügel bedeutend vergrössert haben und als plumpe Körper in die Pleuroperitonealhöhle vorragen ; dabei ist die Asymmetrie der beiden mesodermalen Lungen eine bedeutend geringere als die der entodermalen Stammknospen. Zieht man nun gleichaltrige Stadien der von Narath be- schriebenen Kaninchenlunge zum Vergleiche heran, so ergibt sich bereits ein bedeutender Unterschied. Wenn die Entwickelung der rechten Stammknospe, wie in unserem Modell, so vorge- schritten ist, dass die Anlage des ersten ventralen Bronchus und sogar die des apicalen Bronchus vorhanden ist, ist bei der Kaninchenlunge der erste ventrale Bronchus der linken Seite bereits deutlich angelegt. In unserem Modell sieht man aber von einer Verzweigung der linken Stammknospe nicht die geringste Spur. An der rechten Stammknospe kann man, wie ich glaube, nachweisen, dass der besonders von Narath betonte Monopodetypus der Bronchialverästelung für den Maul- wurf zutrifft. Das vierte Modell stammt von einem Embryo von 5 mm Länge bei 150facher Vergrösserung und wurde auf ?/, der Vergrösserung reduziert gezeichnet. Die Trachea teilt sich bereits unter einem spitzen Winkel in die beiden Stamm- bronchien. Von dem rechten Stammbronchus entspringt gleielhr nach seinem Ursprung die Apicalknospe, welche die Gestalt eines stumpfen niederen Kegels hat und rein lateral gerichtet ist. Nach unten geht die Vorwölbung der Apicalknospe ohne deutliche Grenze in eine zweite rein lateral gerichtete, aber stärkere Ausbuchtung der Epithelwand über, die Anlage des ersten Ventralbronchus. Unter der Ventralknospe, von ihr durch eine leichte Furche getrennt, ragt die bereits mächtig entwickelte Die Entwicklung der Lunge bei Talpa europea. 391 Infracardialknospe nach links hinüber. Sie reicht bis zur Medianebene und ist von dem Stammbronchus bereits deutlich abgegrenzt, besonders nach unten hin, wohin sie einen finger- förmigen kurzen Fortsatz sendet. Unter dem infracardialen Bronchus reicht die Stammknospe noch ziemlich weit nach unten, ohne irgend welche Verästelung zu zeigen. An der linken Stammknospe sieht man in diesem Stadium die ersten Andeutungen von einer Verästelung. Etwas distal von der Bifurcationsstelle erscheint die Stammknospe so wie es im vorigen Stadium bei der rechten der Fall war, eingeschnürt und abgeknickt durch eine lateral vorspringende Ausbuchtung der Epithelwand. Dieselbe stellt die Anlage des ersten ventralen Bronchus dar. Sonst zeigt die linke Stammknospe noch die früheren Verhältnisse. Im Serienbild sieht man, dass die meso- dermale rechte Lunge bereits die ersten Andeutungen einer Lappung erkennen läst, indem nämlich entsprechend der Infra- cardialknospe ein kleiner mesodermaler Höcker nach unten in die Leibeshöhle vorragt. Was nun die Verhältnisse bei der Kaninchenlunge gleichen Alters anbelangt, so ergibt sich der- selbe Unterschied wie im vorigen Stadium. Wenn man von der bedeutenden Asymmetrie in der Grösse sowie von der mächtigen Entwickelung der Infracardialknospe bei der Maul- wurfslunge absieht, müsste doch, wenn die Entwickelung der Lunge wie beim Kaninchen vor sich ginge, die Ventralknospe der linken Seite deutlicher sichtbar angelegt sein. Das fünfte Modell stammt von einem Embryo von 6 mm grösster Länge und ist bei 100 facher Vergrösserung hergestellt. Das Modell wurde bei Vergrösserung !, gezeichnet. An demselben sieht man die starke Längszunahme von Trachea und Ösophagus, deren oberste Teile in der Zeichnung weggelassen wurden. Kurz nach der Bifurcationsstelle der Trachea entspringt vom rechten Stammbronchus die apicale Knospe. Dieselbe ist von dem Stammbronchus deutlich abgegrenzt, erweitert sich gleich 392 JOSEF RITTER voxv WINIWARTER, nach ihrem Abgange bläschenförmig und ist nach oben und aussen gerichtet. Unter ihr entspringen, zwar nicht aus einem Truncus communis aber auch nicht deutlich voneinander ge- trennt. die Ventral- und die Infracardialknospe. Beide sind gut vom Stammbronchus abgegrenzt und bläschenförmig erweitert. Die Ventralknospe hat sich schon gegen den Stammbronchus gedreht, sodass sie nicht mehr wie früher lateralwärts, sondern bereits nach vorne lateral gerichtet ist. Die Infracardialknospe zieht medialwärts und erweitert sich gleich zu einer in kranio- kaudaler Richtung gelegenen Blase; sie überschreitet die Median- ebene und reicht noch ein gutes Stück in den linken Thorax- raum hinein. Unterhalb der Infracardialknospe erweitert sich ler Stammbronchus plötzlich zur Endknospe. Diese trägt eine lateral gerichtete Ausbuchtung, die Anlage des zweiten ventralen Bronchus. Von hier an verjüngt sie sich allmählich nach ab- wärts und endet etwas nach innen umgebogen, ohne eine weitere Gliederung zu zeigen. Der linke Stammbronchus ist ziemlich lang und geht nach unten zu in die linke Stammknospe über. Diese trägt an ihrer lateraleı Seite eine deutliche kegelförmige Prominenz, die Anlage des eısten ventralen Bronchus. Nach unten zu verjüngt sich die Stammknospe und endet ebenfalls nach innen umgebogen. Bei Durchsicht der Serie lässt sich an der mesodermalen rechten Lunge deutliche Lappung nachweisen. Bei Kaninchenlungen gleichen Alters hat bereits die Symmetrie in der Bronchialentwickelung eingesetzt, auf die ich in der Ein- leitung hingewiesen habe. Wenn bei der Kaninchenlunge rechts der erste ventrale, der apicale und der infracardiale, links der erste ventrale Bronchus entwickelt sind, treten alle weiters ent- stehenden Bronchien auf beiden Seiten fast gleichzeitig auf. Beim Maulwurf ist dies, wie man an dem Modell sehen kann, nicht der Fall. Auf der rechten Seite ist nämlich der zweite ventrale Bronchus bereits entwickelt und eigentlich viel deutlicher ausgeprägt als der erste ventrale Bronchus «der linken Seite. Von einem zweiten ventralen Bronchus der linken Seite ist ZB: Anatom. Hefte. I. Abteilung. 103.Helt (34.Ba 112), Tafel #3. St.S. E KEL Univers -Druckareiv.H Stlrtz, Wirzburß. Verlag “.J F. Berämann, Wiesbaden 4natom. Hefte. I, Abteilung. 103.Heft (34:Ba.112), Tafel 44. Fig- 7A. Tree Hickarar vH SEerURTERUenG "Verla v: J.F. Bergmann, Wiesbaden RB Un ae; SLUB u 0: S & Die Entwicklung der Lunge bei 'Talpa europea. 393 noch garnichts zu sehen. Zwischen diesem und dem nächsten Modell fehlen mir nun einige Stadien. Das sechste Modell stammt von einem Embryo von S mm erösster Länge, wurde bei 100 facher Vergrösserung hergestellt und ist in Figur 6 bei Vergrösserung !/, dargestellt. Die beiden Stammbronchien gehen in sehr spitzem Winkel von der Trachea ab. Aus dem rechten entspringt sofort der apicale Bronchus, welcher in lateraler Richtung zieht und bereits Verästelungen zeigt; in Gestalt kurzer Fortsätze gehen von ihm nach oben zwei und nach unten ein Bronchus ab. Ein Stück unter ihm entspringen aus einem kurzen Truncus communis der erste ventrale und der infracardiale Bronchus. Der ventrale ist nach aussen und vorne gerichtet und krümmt sich in seinem Verlaufe etwas nach vorne; an seinem hinteren Rand trägt er zwei Seitenknospen. Der infracardiale Bronchus zieht medialwärts, biegt sich, nachdem er eine Seitenknospe nach unten abgegeben hat, etwas nach oben und verläuft dann in horizentaler Richtung nach links hinüber, sodass er den linken Stammbronchus über- ragt. Der nach unten abgehende Seitenast des infracardialen Bronchus entspricht offenbar jenem Bronchus des erwachsenen Tieres, welcher sich in das oben beschriebene vom Infracardial- lappen abgespaltene läppchen einsenkt. An dem Modell sieht man noch einen zweiten und dritten ventralen Bronchus, von denen der zweite ventrolateral, der dritte lateral gerichtet ist; der zweite trägt einige Seitenknospen. Zwischen je zwei ventralen Bronchien entspringt an der dorsalen Seite des Stammbronchus je ein dorsaler Bronchus in Gestalt einer kurzen Knospe. Diese beiden dorsalen Brochien nehmen von oben nach unten an (trösse ab, sodass der zweite nur eine leichte Vorwölbung der Epithelwand bildet. An dem distalen Ende des Stammbronchus geht von ihm ein Bronchus in medialer Richtung ab, der sich gleich nach oben umbiegt und bis zum Abgang des dritten ventralen Bronchus hjnaufreicht. Derselbe ist so stark, dass es aussieht, als ob er die Fortsetzung des Stammbronchus bilden 394 JOSEF RITTER vov WINIWARTER, würde. Es handelt sich offenbar um den Bronchus, der sich beim erwachsenen Tier in das Basalläppchen einsenkt, wobei sich nach Narath manchmal ähnliche Bilder einstellen wie in unserem Modell. Von dem linken Stammbronchus geht ungefähr erst in der Höhe des zweiten rechten Ventralbronchus der erste ventrale Bronchus ab. Er ist rein lateral gerichtet und nach unten abgeknickt, wodurch an seinem äusseren Rand eine leichte Vorwölbung entsteht, die Anlage des linken apicalen Bronchus. Dann ist ein zweiter und dritter ventraler Bronchus vorhanden, beide in Gestalt von kleinen Knospen; der dritte ist der grösste. An der dorsalen Seite des Stammbronchus sind zwei kleine Vorwölbungen der Epithelwand nachweisbar, welche (lie Anlagen des zweiten und dritten dorsalen Bronchus darstellen. Ausserdem entspringt zwischen dem zweiten und dritten ventralen Bronchus eine medial gerichtete Knospe, die Anlage eines Neben- bronchus. An dem Serienbilde kann man nachweisen, dass die Lappung der mesodermalen rechten Lunge gegenüber dem vorigen Stadium weiter vorgeschritten ist. Bei der Kaninchen- lunge tritt die Entwickelung der einzelnen Bronchien von dem zweiten ventralen Bronchus an auf beiden Seiten gleichzeitig auf und geht beiderseits symmetrisch fort. Das letzte Modell stammt von einem Embryo von 10 mm grösster Länge und wurde bei 100facher Vergrösserung her- gestellt. Im der Zeichnung wurde es auf ?/, reduziert. Der rechte Stammbronchus liegst in der Fortsetzung der Trachea und gibt gleich den apicalen Bronchus ab. Derselbe zieht lateral und abwärts und gibt nach oben und unten je zwei Seiten- bronchien ab, biegt dann nach oben um und zieht nach auf- wärts bis er die Höhe seines Abgangs vom Stammbronchus erreicht, wo er endet. Sowohl seine Seitenäste, wie er selbst zeigen reichliche Verästelung. Ein Stück unter ihm entspringen aus einem gemeinsamen Stamm der erste ventrale und der infracardiale Bronchus. Der ventrale zeigt mässige Verästelung und zieht nach vorne, aussen und abwärts; sein Endstück ist Die Entwicklung der Lunge bei Talpa europea. 395 hakenförmig nach vorne links umgebogen. Der infracardiale Bronchus ist fast so lang wie der ganze rechte Stammbronchus. Er zieht zuerst ohne Seitenäste abzugeben stark nach abwärts und links, bis er etwa die Medianebene erreicht; hier gibt er einen langen Seitenast ab, welcher gerade nach unten zieht, geringe Verzweigungen zeigt und offenbar derselbe Bronchu ist, der schon beim vorigen Modell beschrieben wurde. Der Stamm des infracardialen Bronchus zieht etwas weniger nach unten, aber dafür mehr nach links gerichtet, weiter und reicht noch weit in die linke Thoraxhälfte hinüber, wobei er sich reichlich ver- ästelt. An dem Modell sieht man noch vier ventrale Bronchien, welche von oben nach unten an Grösse abnehmen und ausser dem letzten mäfsig verästelt sind. Der schon beim vorigen Modell beschriebene, medial abgehende Seitenzweig des Haupt- bronchus, ist auch hier deutlich nachweisbar, er biegt ebenfalls nach oben um, ist aber nicht so stark und so lang wie beim vorigen Modell. Dorsale Bronchien sieht man ausser dem apicalen noch vier. Sie sind alle klein, wenig verzweigt und dorsomedial gerichtet. Von dem linken Stammbronchus geht, wieder erst in der Höhe des zweiten ventralen Bronchus der rechten Seite, der erste ventrale Bronchus ab. Er ist lateral gerichtet. wenig verzweigt und trägt den apicalen Bronchus, der nach oben und aussen zieht. Drei weitere ventrale Bronchien entspringen in grossen Abständen voneinander und sind ganz geringgradig verästelt. Ausserdem sieht man sechs dorsale Bronchien und zwischen dem dritten und vierten ventralen Bronchus einen Nebenbronchus. In der Serie zeigt die Lunge bereits die endgültige Lappung. Fasst man nun die hier erhobenen Befunde zusammen, so stellt sich der Entwickelungsgang der Maulwurfslunge folgender- malsen dar: Nach Entwickelung der beiden Stammknospen bleibt die linke eine Zeit lang in diesem Stadium stehen, während sich die rechte folgendermalsen weiterentwickelt. Als erster Bronchus entsteht beim Maulwurf entgegen allen anderen 396 JOSEF RITTER vox WINIWARTER, bisher untersuchten Tieren der infracardiale Bronchus, dann erst der erste ventrale und fast gleichzeitig der apicale. Erst wenn sich die Infracardialknospe fast von dem Stammbronchus abgegrenzt hat, entwickelt sich auf der linken Seite die erste Ventralknospe. Dieselbe wächst so langsam, dass sie von dem zweiten Ventralbronchus der rechten Seite, welcher sich nur wenig später entwickelt, bald überholt wird. Die rechten ventralen Bronchien sind gegenüber den linken immer um einen voraus und übertreffen letztere an Grösse bedeutend. Ebenso ist es mit den dorsalen. Der apicale Bronchus der rechten Seite entwickelt sich ziemlich weit von der Bifurcations- stelle, rückt ihr dann im Verlaufe der Entwickelung immer näher, bis er, wie dies auch das letzte Stadium zeigt, aus der Trachea selbständig entspringt. Der linke apicale Bronchus entwickelt sich sehr spät als ein Seitenast des ersten ventralen. Der rechte erste ventrale und der infracardiale Bronchus sind selbständig voneinander angelegt, nähern sich aber später, sodass sie in den letzten Stadien aus einem kurzen Truncus communis vom Stammbronchus entspringen. Der infracardiale Bronchus entwickelt sich zuerst rein transversal und wird erst durch die zunehmende Vergrösserung des Herzens nach abwärts gedrängt. Der Winkel, den die beiden Stammbronchien einschliessen, nimmt vom Anfang an kontinuierlich ab. Es zeigt also die beim erwachsenen Maulwurfe im höchsten Grad asymmetrische Lunge diese Asymmetrie schon in den ersten Stadien. Diese Asymmetrie äussert sich nicht nur in frühzeitig einsetzender Differenz in Grösse und Form, sondern besonders in einer be- deutenden Verzögerung im Auftreten der einzelnen Bronchien der linken Seite, sodass die Asymmetrie der Lunge beim Maul- wurf nicht etwa erst in den späteren Stadien des Embryonal- lebens erworben ist, sondern bereits in den allerfrühesten zum Ausdruck gelangt. Literaturverzeichnis. | vo Neo) I Literaturverzeichnis. A. Narath: Der Bronchialbaum der Säugetiere und des Menschen. (Siehe dort Literatur.) P. Th. Justesen: Zur Entwickelung und Verzweigung des Bronchialbaumes der Säugetierlunge. Archiv für mikroskopische Anatomie Band 56, H. 3, Seite 606-650. Fanny Moser: Beiträge zur vergleichenden Entwickelungsgeschichte der Wirbeltierlunge. Archiv für mikroskopische Anatomie Band 60. H. 4. Seite 5387—608. Anatomische Hefte. I. Abteilung. 103. Heft (34. Bd. H.2). 26 398 Tafelerklärung. Tafelerklärung. Figur 1: Maulwurfembryo, Kopflänge 2mm ; Vergrösserung 150. Ö.=Ösophagus:; Trr. = Trachealrinne; St. d. Nur ar Ir R RE ARTEN. 3 alas nd. rl 2 a der TU SER E77 LU) une Mi 1a f VIERT % % D AUS DEM HISTOLOGISCHEN LABORATORIUM ZU HELSINGFoRs. WEITERE BEITRÄGE KENNTNIS DER EMBRYOTROPHE. I. DIE EMBRYOTROPHE BEI DEN LOPHOBRANCHIERN. VON RUD. KOLSTER, HELSINGFORS. Mit 15 Figuren auf den Tafeln 45/46, Unter den Wirbeltieren nehmen die Büschelkiemer eine eigenartige Stellung ein. Durch die Untersuchungen Ekströms wurde festgestellt, dass bei diesen, im Gegensatz zur allgemeinen tegel, die embryonale Entwicklung an den Körper der Männchen gebunden war, welche zu diesem Zwecke im Besitz besonderer Organe zur Aufnahme der Eier seien. Bisher waren die Träger der sich entwickelnden Eier als Weibchen betrachtet worden. Eine so auffallende Angabe veranlasste natürlicherweise Nachprüfungen, welche anfangs verschieden ausfielen, aber schliesslich mit einer allgemeinen Anerkennung der Ekström- schen Resultate endigten. Trotz alledem gewann das Brutorgan der Büschelkiemer den Forschern nur wenig Interesse ab. Von einigen ziemlich oberflächlichen Untersuchungen über den Bau desselben, der bei verschiedenen Arten wechselt, abgesehen, wurde die ver- schiedene Ausbildung desselben hauptsächlich von systematisch arbeitenden Forschern beachtet. Eine genauere anatomische Bearbeitung widmete diesem Organ zuerst Huot, welcher den Nachweis erbrachte, dass der Bau der Brutsäcke sich mit Aufnahme der Eier kompliziert. Huot setzte ebenfalls eine Reihe der beobachteten Veränderungen in Verbindung mit der Ernährung der Embryonen, eine Ansicht, welche er auch experimentell zu stützen suchte, indem er den Nachweis führte, dass die aus dem Brutsack entfernten Eier sich nicht selbständig entwickeln können. Mit der Ernährungsfrage der Embryonen beschäftigte sich Cohn ebenfalls, wobei er zu später erwähnenden, von Huot stark abweichenden, eigenartigen Anschauungen kam. 404 RUD. KOLSTER, Andere Angaben über die eventuelle Bedeutung der Auf- nahmeorgane für die Eier der Lophobranchier, für die Ernährung der Embryonen habe ich in der mir zugänglichen Literatur nicht vorgefunden. Als ich während eines Aufenthaltes an der Zoologischen Station zu Neapel durch die Liebenswürdigkeit der Herren Beamten ein reichliches Material von verschiedenen Büschelkiemern erhielt, ergriff ich die Gelegenheit mein schon früher gesammeltes Material zu ergänzen. Die Resultate der Untersuchung desselben bilden den Inhalt der vorliegenden Veröffentlichung. Nach der Ausbildung des Organs, welches die Eier auf- nimmt, kann man die Büschelkiemer in drei Gruppen teilen. Bei der ersten, welche im Folgenden durch Nerophis repräsentiert ist, findet sich dieses Organ nur zur Tragzeit der Eier. Dasselbe besteht der Hauptsache nach aus Fältelungen der Bauchhaut, welche kleine Gruben bilden, in welchen die Eier liegen. Diese sind gegen das umgebende Wasser nicht abgeschlossen. Die zweite Gruppe, in meinem Material von Siphono- stoma- Arten vertreten, zeigt auch zur Zeit der Interwalle zwischen den Trächtigkeitsperioden an der Bauchseite der Männchen zwei längsverlaufende Hautfalten, unter welchen die Eier zur Tragzeit Platz finden. Hier scheinen die Eier in der Mehrzahl Fälle gegen Berührung mit dem umgebenden Wasser geschützt zu sein. Als Repräsentant der dritten Gruppe, welche von vornherein mit einem geschlossenen Brutsack versehen ist, dessen Eingangs- öffnung etwas kaudal von der Analöffnung liegt, verfüge ich über eine Serie von Hippocampus brevirostris. Es erscheint angebracht die verschiedenen Gruppen ge- sondert zu behandeln. Anatom. Hefte I. Abteilung 103. Heft (34. Bd. H. 2). Tafel 45» =] Sp RE @F nn Lo ER Sr = En. Be = Re CD, X > Far en \ - Verlag von J. F. Bergmann, Wiesbaden. Crayondruck von J. B. Obernetter, München. vv. yanııı rn, .* KERPTHRIRER | De Weitere Beiträge zur Kenntnis der Embryotrophe. 405 Nerophis. Die untersuchte Spezies war Nerophis ophbidion. Ein Teil der verfügbaren Exemplare war im Finnischen Meerbusen gefangen, ein Teil stammte aus Neapel. Von beiden Orten waren sowohl jüngere wie ältere Exemplare verfügbar, ebenso auch verschiedene Entwicklungsstadien der in den Eiern ein- geschlossenen Embryonen. Zwischen jüngeren und älteren Tieren, nach der (Grösse bestimmt, findet sich in der Anordnung der Eier ein recht erosser Unterschied. Die jüngeren Tiere zeigen nämlich nur zwei Reihen von Eiern, die älteren dagegen vier. Infolgedessen zeigt ein Durchschnitt durch die Nischen bei älteren und jüngeren Tieren ein verschiedenes Bild, Fig. 1 und 2. Ein Zwischenstadium mit drei Eireihen habe ich, vielleicht zufälliger- weise, nicht beobachtet. Wo zwei Eireihen vorhanden sind, werden die zur Auf- nahme des Eies bestimmten Zellen von zwei äusseren Hautfalten und einer mittleren gebildet. Auf Durchschnitten, Fig. 1, zeigen sich die äusseren als ziemlich dick und bogenförmig, während die mittlere sich allmählich zuspitzt. Das Vorhandensein von vier Eireihen ändert die Form der äusseren Hautfalten nicht. Dagegen wird die Form der früher einfachen mittleren Scheidewand durch die Vermehrung der Eireihen verändert. In seltenen Fällen und nur bei sehr grossen Exemplaren erscheint dieselbe bis an ihre Basis gespalten, ge- wöhnlicher ist, dass ihre Spitze eine Delle trägt, deren Grösse innerhalb auffallend weiter Grenzen wechseln kann, Fig. 2. Die auf Serien auftretenden, sehr wechselnden Formen der Hautfalten-Querschnitte finden ihre naturgemälse Erklärung in dem Umstande, dass nie vier Eier mit ihren grössten Durch- messer neben einander liegen, sondern stets nur je zwei. Durch 406 RUD. KOLSTER, diese Anordnung wird der an der Bauchseite verfügbare Raum in möglichster Weise ausgenutzt. An der Aussenseite der lateralen Hautfalten findet sich ein zweireihiges, zylindrisches oder besser prismatisches Epithel, da der Querschnitt der Zellen ein regelmäfsiges Sechseck bildet. Das basale Ende der äusseren Lage ist zugespitzt, ebenso das entsprechende der tieferen Schicht, so dass die Grenzlinie zwischen beiden eine regelmäfsige Zicksacklinie bildet. Zahl- reiche, durch das Epithel tretende Leukozyten stören jedoch oft das zierliche Bild, Fig. 3. Bei der meistens verwandten Färbung, Hansens Hämatein- lack und Nachfärbung in so schwacher Eosinlösung, dass nach 24 Stunden eine reine Hämoglobinfärbung erreicht ist, erscheint die basale Zellenlage heil, während die obertlächlichere ein dunkleres Protoplasma zeigt. Genau dasselbe Epithel findet sich an der mittleren Scheide- wand bei zwei Eireihen, wo der Querschnitt diese verbreitert zeigt. Bei vier Eireihen dagegen ist es nur ausnahmsweise an beschränkten Stellen zu finden. Von der freien Spitze der lateralen Hautfalten geht diese Regelmälsigkeit des Epithels gegen den Grund der Eizelle immer mehr verloren, indem es zuletzt in ein einreihiges über- zugehen scheint. Es lassen sich jedoch die beiden Zellschichten immerhin noch an der Protoplasmafärbung unterscheiden. Sowohl an der Aussenseite der lateralen Hautfalten, wie im Bereich der eigentlichen Einischen finden sich hin und wieder 3echerzellen. Dieselben sind indessen selten. Die äussere Seite des Epithels ist in den Eikammern ziemlich glatt. Kleine Unebenheiten derselben werden durch eine amorphe Masse ausgeglichen, welche die Verbindung mit der Eioberfläche vermittelt. Der Nachweis derselben stösst auf gewisse Schwierigkeiten, da die Eier bei der Fixierung sich in der Mehrzahl von den Kammern infolge von Schrumpfung lösen. Weitere Beiträge zur Kenntnis der Embryotrophe. 407 Dass diese die Eier festkittende Masse ein Produkt der Epithelzellen ist, kann wohl kaum bezweifelt werden, Wo zufälligerweise die Epithelzellen, wie bei jüngeren Tieren, nicht alle zur Ausbildung der Eikammern verwandt worden sind, liegt einer jeden Zelle ein kleiner Sekrettropfen auf, der dieser Masse gleichzustellen ist. Auch lässt sich mit Mucikarmin eine Färbung feinster Körnchen, sowohl in der Kittmasse, wie in den eben erwähnten Sekrettröpfchen erzielen. In vielen Präparaten findet sich die gegen die Eier gerichtete Seite dieser amorphen Kittinasse in feinste Spitzen oder Fäserchen ausgezogen. So weit ich habe beobachten können, muss dieses als Reagenswirkung aufgefasst werden. Jedenfalls besteht zwischen Epithelzellen und denselben kein nachweisbarer Zu- sammenhang. Unterhalb des Epithels liegen grosse Pigment enthaltende Zellen. Stellenweise bilden dieselben eine zusammenhängende, schwarzbraune Schicht, an anderen Orten liegen diese Zellen isoliert, Fig. 3. Für gewöhnlich fehlen sie an dem freien Teil der mittleren Scheidewände. In den Fällen, wo nur zwei Eireihen vorhanden sind, kommen ganz vereinzelt Nischen vor, deren Wände etwas von der gegebenen Beschreibung. abweichen. Es lassen sich in diesen seltenen Fällen kleine, aber langgestreckte Einstülpungen des Epithels an den lateralen Hautfalten auffinden, Fig 2 und 3. Ein regelmälsiger Befund ist in diesen keineswegs zu sehen, sogar lange Serien, mehrere Eizellen umfassend, lassen sie oft gänzlich vermissen. An der mittleren Scheidewand habe ich sie nie beobachtet. Bedeutend häufiger sind dieselben dagegen an denselben Orten beim Vorhandensein von vier Eireihen. Es bedurfte der genaueren Prüfung vieler Serien ehe ich mich davon überzeugen konnte, dass sie auch hier nicht allen Eizellen zukommen. 408 RUD. KOLSTER, Aber auch hier fehlen sie vollkommen den Teilen der Einischen. welche von mittleren Hautfalten gebildet werden. Obgleich ich gerade diese speziell daraufhin geprüft habe, gelang der Nachweis derselben hier in keinem einzigen Falle. Sogar Kammern, welche allen aus einer auffallend kleinen Delle der Spitze der mittleren Hautfalten gebildet waren, entbehrten einer jeden Andeutung dieser Bildungen. Ein besonders auffallender Gefässreichtum im Bereich der Eizellen liess sich nicht nachweisen. (refässe, sogar grosse, sind keine Seltenheit, kommen aber auch sonst in der Nähe des Aussenepithels vor. Besonders ein Vergleich mit nicht Eier tragenden Exemplaren ergab so gut wie übereinstimmende Resultate, vielleicht war ein kleiner Vorteil in Bezug auf die Menge auf Seiten der Eier tragenden Individuen. Die verschieden weit vorgeschrittene Entwicklung der Em- bryonen innerhalb der Eihüllen übt keinen bemerkenswerten Einfluss auf den Bau der Einischen selber, ebensowenig wie auf (las anliegende Gewebe aus. Die nach oder bei der Anheftung der Eier entstandene Hautfaltenbildung ist das einzig bemerkbare. Die hier dargelegten Beobachtungen können noch insofern vervollständigt werden, als ich den Ort der Eianheftung an im Winter in der Umgebung von Helsingfors gefangenen Männchen von Nerophis mehrfach untersucht habe. In Bezug auf vor- liegende Frage habe ich speziell nach den an den Seitenfalten beobachteten Epithelfalten gesucht, aber weder dieselben, noch mit ihnen vergleichbare Gebilde auffinden können. Sie müssen daher als mit der Bildung der Einischen in Zusammenhang stehend betrachtet werden. Aus den gegebenen Beobachtungen lässt sich wohl nur das Eine folgern, dass bei Nerophis keine besondere Teilnahme an der Ernährung der sich im Ei entwickelnden Jungen von Seiten des Eiträgers anzunehmen ist. Die auf Osmose oder Diffusion beruhenden Vorgänge werden natürlich bei diesem Weitere Beiträge zur Kenntnis der Embryotrophe. 409 Ausspruch ausser acht gelassen, da sie sich der Untersuchungs- methode entziehen. Die experimentelle Prüfung des eventuellen a Einflusses dieses Faktors habe ich auch nicht anstellen können. Der einzige Umstand, welcher eine nähere Besprechung verdient, liegt in den Epitheleinstülpungen, allerdings auch nur deshalb, weil für Siphonostoma typhle von Cohn!) die Ansicht ausgesprochen ist, dass ähnlichen Gebilden die Bedeutung von Drüsen welche Nährmaterial absonderten, zukäme. Dass diesen Einstülpungen bei Nerophis eine derartige Rolle zukäme ist vollständig ausgeschlossen. Schon die aus den Serien erschlossene Form, welche langgestreckten Falten des Epithels entspricht, lässt sich gegen eine solche Annahme verwerten. Viel wichtiger ist aber die Art ihres Vorkommens. Bei jungen Tieren, welche nur zwei Reihen Eier tragen, fehlen diese Einstülpungen des Epithels unterhalb der an- gehefteten Eier in der Mehrzahl der Einischen, wie die an- gefertigten Serienschnitte zeigten. Es geht allein daraus her- vor, dass ihnen keine grössere Bedeutung für die Ernährung der Embryonen zukommen kann. Die älteren Tiere mit vier Reihen Eier, welche die mittlere Scheidewand gespalten oder wenigstens mit Dellen versehen zeigen, besitzen weit häufiger an den lateralen Hautfalten der- artige Einstülpungen. ohne dass sie aber auch hier regelmäfsig vorhanden wären. Die mittleren Eireihen treten hier in weit geringerer Aus- dehnung als die seitlichen Eireihen in Berührung mit der Bauchhaut und liesse es sich denken, dass derartige Ein- stülpungen des Epithels in Hinsicht darauf kompensatorisch wirken könnten. Wäre diese Annahme richtig, so müssten sie sich vorzugsweise an den mittleren Grübchen antreffen lassen 1) Cohn: Über die Bruttasche von Sygnathus typhle. Anat. Anz.. Bd. XXIV. 1903. 410 RUD. KOLSTER, und könnten eher den seitlichen grösseren fehlen. Dem Beob- achteten entspricht dieses aber nicht. Gerade den kleinsten mittleren Zellen fehlen «diese Ein- stülpungen, während sie an den äusseren vorkommen und sogar zu mehreren neben einander. Käme ihnen die Rolle zu, besondere Mengen Nährmaterial für die Embryonen abzusondern, so wären die seitlich liegenden Eier im Verhältnis zu den mittleren so auffallend bevorzugt, (lass die Unwahrscheinlichkeit einer solchen Annahme eigentlich selbstverständlich ist. Man muss daher diese Fpitheleinstülpungen als zufällige bei Anheftung der Eier entstandene Verschiebungen des Epithels betrachten. Siphonostoma. Den dieser Gruppe angehörigen Arten sind die Hautfalten gemeinsam, unter welche die Eier abgelegt werden. Sie lassen sich aber in verschiedene Unterabteilungen bringen, je nach dem Ausbildungsgrade von Hautfalten der inneren Seite der Brutorgane. Aus den verschiedenen Beobachtungen geht es hervor, dass diese den Endzweck haben, bei wachsender Anzahl Bier dieselben jedes für sich in grösstmöglicher Ausdehnung mit der inneren Haut des Brutorganes zu umgeben. Wo diese Hautfalten nur wenig ausgebildet sind, z. B. Fig. I bei Cohn!) haben sich die Verhältnisse nur wenig weiter ent- wickelt als bei Nerophis, während wir, wie Fig. 1 XXVI beı Huot?) zeigt, an S. Dumerilii eine bedeutende Annäherung an die später zu behandelnden Verhältnisse bei Hippocampus konstatieren können. 1) Cohn: Über die Bruttasche von Sygnathus typhle. Anat. Anz,, Bd. XXIV. 1903. 2) Huot: Recherches sur les poissons lophobranches, Annales des sciences naturelles, zoologie. T. XIV. 1902. Weitere Beiträge zur Kenntnis der Embryotrophe. 411 Meinen eigenen Beobachtungen liegen verschiedene Stadien von S. Dumerilii und S.typhle, ein Stadium der Reife von S. Rondeletti und einige Brutsäcke leider unbestimmt ge- bliebener Tiere zu Grunde. Letztere zeigen eine vollständige Übereinstimmung in ihren Details mit S. Dumerilii. Da meine Serie von S. typhle, welche aus dem finnischen Meer- busen stammt, in nächster Zeit wahrscheinlich vervollständigt werden kann, werde ich dieselbe im Folgenden nur so weit berühren, als es für die Würdigung der Cohnschen Angaben nötig ist, eine detaillierte Beschreibung mit den nötigen Ab- bildungen, aber bis auf weiteres aufschieben. Bei Siphonostoma sind die Brutsackfalten zur Zeit der Leere des Sackes klein und liegen der Unterseite des Tieres dicht an. Gegen Eintritt der Trächtigkeit schwellen sie und erheben sich gleichzeitig, wobei unter ihnen der "eigentliche Brutraum entsteht. Hierzu trägt ein eigenartiger Vorgang am Hautskelett bei. Wie Schäff!) an S. typhle beobachtetete, vergrössert sich während dieser Periode der Längskiel der unteren Schwanz- schilder zu einem dritten Flügel, der in den basalen Teil der Bauchfalten einwächst und dieselben aufrichtet. Nach beendeter Entwicklung der Embryonen und Entleerung des Brutsackes bildet sich dieses nur periodisch bestehende Stützorgan wieder zurück. Entsprechend seiner grossen Bedeutung wird der Brutsack von eigenen Gefässen versorgt. Dieselben entspringen nach Huot direkt von der Kaudalarterie, ohne besondere Regel- mälsigkeit oder Symmetrie, neben den gewöhnlichen Interkostal- gefässen. Aus denselben ensteht ein dichtes Netz von Kapillar- gefässen, welches an dem inneren Brutsackepithel verläuft. 1) Schäff: Untersuchungen über das Integument der Lophobranchier. J.-D. Kiel 1886. 412 RUD. KOLSTER, Nach Huot sollen sich die medialen Ränder der Brutsack- falten bei S. Dumerilii und acus an einander legen und schliesslich verkleben. Nach meinen Untersuchungen scheint ein solches Verkleben aber nur bei den Arten vorzukommen, welche mehrere Reihen Eier, in besonderen, durch Faltenbildung der Brutsackinnenfläche gebildeten Zellen beherbergen. Für andere Arten, wie 8. typhle finde ich in Übereinstimmung mit Cohn, dass ein Aneinanderlegen der Hautfalten nicht statt- findet. Wo die eine Reihe Eier aus zwei Eiern besteht, findet man oft die Hautfalten medial eingerollt, so dass die Eier von dem umgebenden Wasser abgeschlossen erscheinen, finden sich aber drei Eier in einer Reihe, so klaffen die Hautränder, wie es Cohn in der oben zitierten Figur auch abbildet und der Abschluss der Eier von der Wasserumgebung findet nicht statt. Von der Innenseite des Brutsackes erheben sich Haut- fältelungen um mehr oder minder vollständige Zellen um die einzelnen Eier zu bilden. Am geringsten sind dieselben nach meinen bisherigen Erfahrungen bei S. typhle ausgebildet. Hier findet kaum eine Entwicklung statt, welche sich von der ent- sprechenden bei Nerophis unterscheidet. Man trifft daher eigentlich die Beschreibung des hier vorhandenen Brutsackes am besten, wenn man einfach sagt, dass die lateralen Hautfalten von Nerophis verdickt und vergrössert worden sind, so dass sie sich über die abgelegten Eier hinüber schlagen. Anders verhalten sich die übrigen von mir untersuchten Arten. Bei diesen bildet sich ein kompliziertes Faltenwerk aus, welches teilweise auch von den Innenseiten der grossen Haut- falten entspringt, wodurch Taschen mit verhältnismälsig kleiner Ausgangsöffnung gebildet werden. Da dieselben erst nach definitiver Lagerung der Eier ihre schliessliche Ausbildung er- langen, können die hineingelangten Eier erst nach einer gewissen tückbildung der Falten aus denselben entleert werden. Lange vor dieser Rückbildung sind aber die Eihüllen gesprengt und Weitere Beiträge zur Kenntnis der Embryotrophe. 415 «ie anstatt der Eier vorhandenen Embryonen sind ebenfalls in die Zellen gebannt bis der Termin des allmählichen Schwundes der Hautfalten eintritt, was mit der Reife der Embryonen statt- findet. In Fig. 4 ist ein Übersichtsbild der Rückbildungsperiode gegeben; ein späteres Stadium zeigt Fig. 7. Das Epithel dieser fertig gebildeten Zellenwände ändert sich im Laufe ihrer Ausbildung und wird immer niedriger und gestreckter, um schliesslich in ein beinahe endothelartiges über- zugehen. Überall ist dieses nicht der Fall, man trifft stets an den Schnitten durch den gefüllten Brutsack Partien an, welche die ursprünglich hohe, prismatische Form zeigen, welche auch äusserst schnell an den sich rückbildenden Hautfalten wieder auftritt. Die Oberfläche derselben ist nach Huot glatt und mit einer reichlichen albuminösen Masse bedeckt, welche die käume zwischen dem Fachwerk und den Eiern ausfüllt und welche Masse ein Transsudat aus dem Gefässen darstellen soll. Dieser Ansicht widerspricht Cohn, welcher eine sekre- torische Tätigkeit des Epithels und das Vorhandensein besonderer Drüsen bei S.typhle annimmt. Ausserdem glaubt Cohn, dass die Zellen des Binnenepithels des Brutsackes mit Fortsätzen versehen wären, welche dass Zellsekret durch die Eihautporen hindurch direkt ins Innere des Eies ahgäben. Derartige Bilder, wie Cohn von seinen Drüsen gibt, habe ich an eigenen Präparaten ebenfalls gesehen, aber nur bei seinem Material, Brutsäcke von S. typhle An allen anderen von mir untersuchten Formen, welche allerdings durch Aus- bildung eines vollständigen Nischensystems von dieser Art, so viel mir bisher bekannt ist, abweichen, habe ich sie in allen noch so langen Serien vermisst. An meinen Serien von 8. typhle traten diese Bilder als Ausdruck längerer faltenförmiger Einstülpungen auf, indem sie in gleicher Weise an vielen auf einander folgenden Schnitten auffindbar waren. Sie fehlten aber oft in der Umgebung einzelner Eier vollständig. Anatomische Hefte. I. Abteilung. 103. Heft (34. Bd. H. 2). 97 414 RUD. KOLSTER, Bei der auch sonst grossen Übereinstimmung zwischen Nerophis und gerade S. typhle glaube ich, dass man diese Epitheleinsenkungen den dort gefundenen gleichstellen kann, umsomehr als alle dort gegen die drüsige Natur derselben ge- machten Einwände auch für S. typhle zu Recht bestehen. Dass in ihnen eine koagulierende Masse enthalten ist, spricht für eine sekretorischen Tätigkeit der Epithelzellen, worüber man auch sonst wohl kaum in Zweifel bleibt, da die Innenwand- zellen der Brutsackfalten in leerem Zustande sich mit kleinen Sekrettröpfehen bedeckt zeigen, deren Anordnung sehr gegen die Annahme eines alleinigen Transsudates spricht. Mir erscheint diese Überproduktion von Epithel in der Flächenrichtung, wie sie sich in der Faltenbildung sowohl bei Nerophis wie bei S. typhle vielleicht noch in höherem Grade darstellt, da die Einfältelungen im Durchschnitt weit grösser sind, von einem anderen Gesichtspunkt beachtenswert. In einigen Fällen sowohl bei Nerophis wie S. typhle habe ich mehrere neben einander liegende Falten angetroffen. Die zwischen denselben liegenden, epithelbekleideten Schleim- hauterhebungen zeigen auf den Querschnitten genau dasselbe Bild, wie man es bei Eintritt der Faltenbildung in den Brut- säcken findet, welche später ein ausgebildetes Nischensystem zeigen. Es liegt daher eigentlich auf der Hand diese Fältelungen als stehen gebliebene erste Ansätze zu einer mit Zellenbildung endenden Hautfaltenentwicklung zu betrachten. Spitze Zellausläufer, welche in die Eihaut eindrängen, habe ich an den Epithelzellen des Brutsackes nicht wahrgenommen, wohl aber verschieden geformte Sekretbeläge. Wo ein vollständiges Zellensystem den Inhalt des Brutsackes ausmacht, und in seinen Räumen die Eier beherbergt, wie bei S. Dumerilii und S. Rondeletti, finden sich nirgends den besprochenen gleichzustellende Epithelfalten. Dasselbe ist überall ganz glatt und wechselt von einem prismatischen zu dem ge- Weitere Beiträge zur Kenntnis der Embryotrophe. 415 wöhnlich anzutreffenden platten. Ein Zwischenstadium ist in Fig. 5 und 6 dargestellt. Hier liegen die einzelnen Zellen von einander abgerückt, so dass der Querschnitt ein zackiges Aus- sehen hat. Durch Verwendung feiner Schnitte und starker Vergrösserungen kann man sich aber davon überzeugen, dass die Zellen nur scheinbar von einander entfernt liegen, indem ihre seitlichen Teile ausgezogen sind. Die Eier füllen an keinem meiner Präparate hier die Nischen so dicht aus, wie es meine bisherigen Präparate für S. typhle zeigen und auch Cohn abbildet. Es mag dieses vielleicht damit zusammenhängen, dass mir die allerersten Stadien von S. Du- merilii und Rondeletti fehlen. Stets liegt eine ziemlich breite Schicht geronnener Masse zwischen Ei und Nischenwand. Es macht diese Beobachtung für diese beiden Arten die An- nahme von feinen Ausläufern, welche den Epithelzellen ent- springend in die Eischalen eindrängen, allein äusserst unwahr- scheinlich. Derartig deutbare Bilder sind auch nicht zur Beob- achtung gekommen. Dagegen findet man hin und wieder die Epitheloberfläche mit einem anhaftenden Belag versehen, welcher ausgesprochen das Bild der bekannten Sekretströme zeigt. Wo die Embryonen eine höhere Stufe ihrer Entwicklung erreicht haben und ihre Eihüllen gesprengt sind, findet sich die geronnene Masse zwischen den Embryonen nicht mehr so gleich- förmig wie früher verteilt, sondern an den durch den Brutsack gelegten Schnitten in einzelnen Klumpen, von welchen einige frei liegen, andere und meistens kleinere den Nischenwänden anhaften, Fig. 5 a. Diese Klumpen bestehen aber von dieser Periode an nur noch selten aus geronnener amorpher Masse allein. Denselben sind stets Zellen beigemischt, unter welchen besonders Erytrocyten hervortreten. Gross ist der Zellenreichtum nirgends, ebenso wenig fehlen sie aber auch. 97 * BL RUD. KOLSTER, An Präparaten, welche einer Osmiumbehandlung unterworfen gewesen sind, dieses ist an meinem Material erst nach der Formolfixierung der Fall gewesen, finden sich zwischen den Embryonen und den Nischenwänden recht reichlich schwarze Klumpen verschiedener Grösse vor. Am häufigsten trifft man dieselben in der Nähe der Wände, Fig. 6a, aber auch in den freiliegenden Massen sind besonders grössere nicht selten. Die- selben zeigen, dass in der Brutsackflüssigkeit nicht zu geringe Mengen Fett enthalten sind, welches ebenfalls als ein Sekret des Epithels aufgefasst werden muss. Dass hier die geschwärzten Klumpen wirklich Fett darstellen, muss als sicher angenommen werden, da die Verwendung von Scharlachrot ein gleiches Er- gebnis hatte. Untersucht man den Magendarmtraktus der Embryonen, so findet man denselben, so lange die Eihaut ungesprengt ist, leer. Auf den relativ grossen perivitellinen Raum, welcher eme geronnene Masse enthält, hat Cohn bei 8. typhle die Auf- merksamkeit gerichtet und die Ansicht ausgesprochen, dass die hier vorhandene Masse der Umgebung entstamme. Derselbe Raum mit gleicher Füllung lässt sich auch an anderen Sipho- nostoma-Arten beobachten. Nachdem die Eihaut geborsten und sich zu mehr oder weniger gefaltenen Massen zusammengeballt hat, ist es selten den Magendarmtraktus der Embryonen leer zu finden. Schon innerhalb der Mundhöhle lassen sich Klumpen antreffen, welche genau die gleiche Beschaffenheit, wie die obenerwähnte zwischen Embryo und Nischenwand liegenden, besitzen. Hier ist es verhältnismäfsig leicht die enthaltenen Erythrocyten kenntlich zu machen. Aber auch im Magen und Anfangsteil des Darmes finden sich ähnliche Massen, Fig. 11 und 12, welche das vor- handene Lumen beinahe ganz ausfüllen. Hier muss die Eosin- färbung gewöhnlich stärker ausfallen um die einzelnen Erytro- cyten deutlich erkennbar zu machen. Weitere Beiträge zur Kenntnis der Embryotrophe. 417 Von S. Rondeletti hatte ich Gelegenheit ein Exemplar zu erhalten, welches im Laboratorium sich eines Teiles seiner reifen Jungen entledigte. Der Darm derselben enthielt genau die gleichen eben erwähnten Massen. An diesen Exemplaren liess sich aber weiter mit voller Sicherheit erhärten, dass der Enddarm derselben vollständig leer war, eine Tatsache, die an den Schnitten durch den ganzen Brutsack früherer Stadien mir schon aufgefallen war. Für diese Tatsache gibt es aber nur eine Erklärung, dass die in den Magendarmtraktus auf- genommenen Teile der umgebenden Flüssigkeit vollständig ver- daut werden. Bei der Eröffnung des Brutsackes durch Aufklaffen der beiderseitigen Hautfalten werden die Jungen noch nicht sofort frei. Eine Erklärung für dieses Verhältnis gibt Fig. 4, welche einen dieken Schnitt durch den osmirten, noch nicht entleerten Brutsack des eben erwähnten Exemplares wiedergibt. Die Entleerung hängt nämlich mit der Rückbildung der Hautfalten, welche das Nischensystem bilden, aufs Engste zu- sammen. Diese Rückbildung beginnt in der Nähe der freien wänder der eigentlichen Brutsackfalten und schreitet allmählich gegen den eigentlichen Körper des Brutsackträgers vor. In gleicher Ordnung werden alsdann die Jungen frei. So kann es geschehen, dass ein scheinbar gänzlich entleerter und zu- sammengefallener Brutsack doch in seinen tiefsten Teilen noch ein einzelnes Exemplar der Jungen teilweise versteckt enthält. Fig. Die in kurzer Zeit erfolgende Rückbildung der Nischen- wände steht sicher in Abhängigkeit von dem äusserst lockeren Bau derselben. Die hier angeführten Beobachtungen stehen vollständig in Übereinstimmung mit der schon von Zoologen !) geäusserten 1) Mela: Sole luurankoiset. Helsingfors 1882. 418 RUD. KOLSTER, Angabe, dass die schleimige die Embryonen umgebende Flüssig- keit mit deren Wachstum abnähme und zeigen, dass sie von diesen verzehrt wird. Sie zeigen aber weiter, dass dieselbe nicht einfach als Transsudat aufgefasst werden darf, sondern als ein Sekret des Epithels der inneren Brutsackfläche, dem morphologisch nachweisbare Elemente der Gewebe des Brutsackträgers, Erythro- eyten und Leukoeyten ebenso wie Fett beigemischt wird. Ob wir überhaupt ein einfaches Transsudat als Bestandteil derselben anzunehmen berechtigt sind, scheint mir fraglich. Ich möchte in dieser Beziehung eine noch nicht erwähnte Beobachtung ver- werten, dass nämlich die geronnenen Massen innerhalb des Brutsackes sich vorzugsweise an solchen Stellen. gelagert finden, wo das Epithel noch nicht ganz die hervorgehobene, dünne, platte Form angenommen hat. Hier sind selbstverständlich die Bedingungen für ein reichlicheres Auftreten von Sekretmassen günstiger, während man ein deutlicheres FHervortreten von Transsudat dort erwarten möchte, wo die starke Dehnung, die eigene Funktion der Epithelzellen beeinträchtigt, aber günstigere mechanische Verhältnisse für ein Durchtreten vom Iymphatischer Flüssigkeit, geschaffen hat. Hippocampus. Das verfügbare, ursprünglich in Formalin fixierte Material von Hippocampus brevirostris umfasst alle Stadien vom erstem Eintritt der Eier in den hier geschlossenen Brutsack bis zur Entleerung desselben, ein Vorgang, welcher im Laboratorrum mehrfach beobachtet wurde. Dagegen fehlen mir ganz unbesetzte Brutsäcke. Ein Teil dieses Materiales wurde später osmiert, von allen Stadien aber uneröffnet eingebettete Brutsäcke geschnitten. An den nur teilweise gefüllten Brutsäcken hat die Fach- werkbildung innerhalb derselben eben erst angefangen. An verschiedenen Stellen der Wand erheben sich einfache oder Weitere Beiträge zur Kenntnis der Embryotrophe. 419 geteilte Hautwülste, Fig. 9, und wachsen in das Innere hinein. Die schon vorhandenen Eier liegen noch nicht vollständig getreunt, sondern schieben sich erst die Hautfalten allmählich zwischen die Eier. Ausstrichpräparate ergeben die gleiche Beschaffenheit der Brutsackflüssigkeit, wie die Prüfung der Schnitte. Man erhält eine Färbung mit Mucikarmin, eine Schwärzung auf kleine, runde Körnchen beschränkt mit Osmiumsäure und eine etwas diffusere Orangefärbung mit Scharlachrot. Dagegen ergibt das Suchen nach zelligen Elementen noch so gut wie vollständig negative Resultate. An den auswachsenden Hautfalten finden sich kleine Sekret- massen über dem prismatischen Epithel, eigentliche Becherzellen habe ich nicht gesehen. Diese Sekretmengen sind oft zu feinen Fäden, Sekretströme, ausgezogen, in anderen Fällen bilden sie kleine kurze Spitzen. Das äusserst lockere Grundgewebe der Hautfalten enthält zerstreute grosse Pigementzellen, Fig. 9, und ist der Sitz einer regen Neubildung von Kapillaren. Verfolgt man an anderen Präparaten die Ausbildung des Nischensystemes weiter, so sieht man, dass die einzelnen Teile auf den Schnitten in langgestielte, keulenförmig erscheinende (rebilde auswachsen. Sehr häufig ist die Beobachtung, dass der verdickte Rand der auswachsenden Hautfalten gespalten bleibt, Fig. 10, wenn auch meistens eine solche Spaltung den Anfang der Bildung einer neuen Nische bezeichnet. Das ursprüngliche, prismatische Epithel bleibt an den freien Rändern der Hautfalten auch nach vollständiger Ausbildung aller einzelnen Eizellen erhalten, geht dagegen im eigentlichen Bereich derselben schliesslich in ein ganz plattes, beinahe endothelartig erscheinendes über. Diese Umwandlung beginnt mit dem Auftreten kleiner Einsenkungen im Epithel, welche zur Bildung zackenförmiger Unebenheiten in dem sonst regel- 420 RUD. KOLSTER, mäfsig prismatischen Epithel führen, Fig. 10 obere Seite. All- mählich nimmt die Anzahl Zacken zu und schiesslich ist die ganze entsprechende Seite der Hautfalte aufgefranzt, Fig. 10 untere Seite. Diese Zacken bestehen alsdann aus je einer Zelle, deren erhobene Mitte den Kern enthält, dessen Randteile aber dünn ausgezogen sind. Auf diesem Stadium ist die sekretorische Tätigkeit des Epithels sehr schön wahrnehmbar, indem jede einzelne Zacke von einem begrenzten Sekrettröpfchen bedeckt ist. Dieses Übergangsstadium geht in das Schlussstadium über, indem die Dehnung allmählich auch den zackenförmigen kern- haltigen Teil der Zelle angreift. Eigentümlich ist hierbei, dass selten beide Seiten eimer solehen Umwandlung des Epithels gleichzeitig ausgesetzt sind. Eine bestimmte Regel lässt sich hierfür nicht auffinden. Fig. S gibt einen Teil eines Übersichtsschnittes durch einen Brutsack, nach dem die Zellenbildung um die Eier, so gut wie voll- endet ist. Zwischen Eier und Brutsackwände ist der verhältnismälsig weite Raum von einer feinkörnig gerinnenden Masse zu dieser Zeit aufgenommen. Nur ausnahmsweise und alsdann auf sehr kleinen Strecken kann ein Ei einmal der Brutnischenwand an- liegen. Dieses schliesst die Cohnsche Annahme von feinen Epithelausläufern, welche in das Ei eindringen sollten, für Hippocampus vollständig aus. Auffallend ist von Anfang an die Grösse des perivitellinen Raumes, welche auf Fig. 10 ebenfalls in den Fällen in Er- scheinung tritt, wo die spröde Dotterscheibe herausgefallen ist. Derselbe bildet sich sehr schnell nach Eintritt des Eies in den Brutsack aus und entsteht wohl, wie Cohn annimmt, durch Auf- nahme der Brutsackflüssigkeit. Bis zur Sprengung der Eihaut bleiben die Verhältnisse eigentlich unverändert. Besonders fällt an den fixierten Präpra- Anatom. Hefte I. Abteilung 103. Hefi (34. Bd. H. 2). Tafel 46. Verlag von I. F. Bergmann, Wiesbaden. Crayondruck von J. B. Obernetter, München. Weitere Beiträge zur Kenntnis der Embryotrophe. ADTI raten die reichliche und gleichmässig verteilte, koagulierte Masse zwischen Eier und Brutsackwände während dieser Periode auf. Epithelfältelungen, wie sie bei Nerophis und Siphono- stoma typhle beobachtet wurden und welche Cohn zur Annahme wirklicher an der Ernährung teilnehmender Drüsen bewegten, lassen sich hier ebensowenig wie bei den ein voll- ständiges Eizellensystem ausbildenden Siphonostoma-Arten beobachten. In den Einischenwänden findet man ein sehr dichtes Kapillarnetz. Ausserdem enthält dasselbe auffallend grosse und runde Pigmentzellen in regelloser Verteilung, welche auf den Figuren 9 und 10 als schwarze Klumpen hervortreten. Das Stützgewebe ist ein lockeres, nur wenig Fibrillen zeigendes Bindgewebe. Nachdem die Entwicklung der Embryonen ‘so weit vor- seschritten ist, dass sie ihre Eihaut gesprengt haben, scheint die koagulierbare Masse, welche vorher die zwischen den Eiern und der Brutsackwand vorhandenen Räume ausfüllt, sich ver- ändert zu haben. Es gelingt nämlich von dieser Zeit an, nur kleinere, geronnene Flöckchen in den Schnitten zu finden, und nicht mehr eine gleichförmige Füllung aller freien Zwischen- räume. Diese Flocken enthalten auch von dieser Zeit an Zellen, unter welchen Erythrocyten besonders zahlreich vertreten sind. Leukocyten sind verhältnismälsig selten. Wie osmierte Präparate zeigen, findet sich in diesen Flocken ebenfalls geschwärtztes Fett. Ausstrichpräparate der in Brutsäcken dieses Stadiums ent- haltenen Flüssigkeit ergeben übereinstimmende Resultate. Man trifft hier vereinzelte Leukocyten, etwas reichlicher Erythrocyten und gar nicht geringe Mengen Fett, nach Ausfall der Osmierung und der Scharlachrotfärbung zu urteilen, an. Der Magen und der obere Darmabschnitt der Embryonen, welche vor dem Bersten der Eihaut beinahe ganz leer waren, 422 RUD. KOLSTER, füllen sich nach dem Freiwerden der Embryonen binnen kurzem mit Massen, Fig. 13, welche dieselben Bestandteile aufweisen, wie die koagulierten Flocken ausserhalb der Embryonen. Im unteren Abschnitt des Darmes sind solche aber nicht anzutreffen, derselbe bleibt leer. Die eben gegebene Beschreibung des Brutsackinhaltes und des Magendarminhaltes der ausgekrochenen Embryonen hat eigentlich ihre Gültigkeit für die ganze noch im Brutsacke zu- gebrachte Periode der embryonalen Entwicklung. Die einzige nachweisbare Veränderung besteht darin, dass die Zahl der in den Brutsack übertretenden Erythrocyten des Brutsackträgers allmählich zunimmt. In den Ausstrichpräparaten aus Brutsäcken, deren Embryonen den äusserlich sichtbaren Dottersack verloren haben, sind die Erythrocyten schon weit reichlicher als vorher, besonders tritt aber diese Vermehrung in Erscheinung, wenn Ausstrichpräparate aus Brutsäcken zum Vergleich herangezogen ‚werden, deren Embryonen teilweise ausgekrochen sind oder sich gerade bereit machen den Brutsack zu verlassen. Dass dieses Stadium erreicht ist, lässt sich daraus schliessen, dass die Hautfalten, welche das Nischensystem vorher gebildet haben, anfangen sich zurückbilden. Dieser Vorgang muss ver- hältnismälsig rasch von statten gehen, denn wie ich mich im Laboratorium überzeugen konnte, kriecht eigentlich ein Junger dem anderen folgend aus dem Brutsack heraus. Solche sich entleerende Brutsäcke habe ich mehrfach zu fixieren Gelegenheit gehabt und aus den angefertigten Schnitten sehen können, dass beinahe noch vollständig gefüllte Säcke nur die obersten Zellen zurückgebildet zeigen, indem kurze, dicke, dem vollständig Eingezogenwerden nahe Hautfalten nur im nächster Nähe der Austrittöffnung vorkommen können, während sonst noch das ganze Zellensystem erhalten ist. Hat das Aus- kriechen aber einige Stunden gedauert, so dass die Hälfte ent- leert ist, so findet man die Wand in der Nähe der Ausgangs- Weitere Beiträge zur Kenntnis der Embryotrophe. 493 öffnung, schon ganz glatt und nur noch in nächster Nähe der noch bestehenden Eizellen einige dicke Hautwülste als Reste der entleerten und verschwundenen Hautfaltenzellen. Von den im Laboratorium ausgekrochenen Embryonen habe ich eine Reihe von Serien angefertigt und an diesen beobachten können, dass auch hier im Magen und Anfangsteil des Darmes amorphe Massen und Erythrocyten vermischt liegen. Ebenso wie in früheren Stadien war dagegen der Enddarm noch leer. Die hier angeführten Beobachtungen lassen sich nur in der Weise erklären, dass die Brutsackflüssigkeit bei Hippocampus brevirostris als Nahrung für die im Brutsack sich ent- wickelnden Embryonen dient. An der Zusammensetzung der- selben beteiligt sich nicht allein das Sekret der Epithelzellen, sondern der väterliche Brutsackträger gibt an dieselbe ausserdem Erythrocyten und unbedeutende Mengen Leukocyten ab. Das vorgefundene Fett wird wohl durch Vermittlung des Epithels ausgeschieden. Die verschluckten Massen sind ihrer Bestandteile nach dem jeweiligen Stande der Ausbildung des Magendarmtraktus aufs Beste angepasst, da sie gänzlich resorbiert werden. Anders ist wohl die stets wieder angetroffene Leere des Enddarmes, welche sogar die ausgekrochenen Jungen noch zeigen, nicht zu erklären. Die hier zusammengestellten Beobachtungen über die Brut- organe einiger Lophobranchier beanspruchen aus verschiedenen (Gesichtspunkten ein nicht geringes Interesse. Allein der Umstand, dass die Eier von Weibchen am Vater befestigt, wie bei Nerophis oder in vorgebildete mehr oder weniger geschlossene Brutsäcke desselben abgelegt werden, ist eine bei den Wirbeltieren wohl einzig dastehende Erscheinung. Wie unter solchen Verhältnissen die Befruchtung vor sich geht, ist bisher noch nicht beobachtet, ebensowenig das eigentliche Ablegen der Eier. Huot spricht die Ansicht aus, dass letzteres 424 RUD. KOLSTER, durch Beihilfe der Analpapille des Weibchens vermittelt würde und dass die Befruchtung auf dem Wege zum Brutort erfolge. Was die Bedeutung der Anheftung der Eier am Vater, wie sie bei Nerophis erfolgt, anbetrifft, so muss dieselbe wohl allein diejenige eines Schutzes der betreffenden Eier sein Wenn trotz meiner negativen Befunde, sich dennoch bei weiteren Untersuchungen ein Übergang von Stoffen, welche der väterliche Träger abgäbe, auf die Eier mit genaueren Methoden nachweisen liesse, so kann schon aus dem Grunde ein solcher Vorgang nicht von allzu grosser Bedeutung sein, da wie aus den Fig. 1 und 2 hervorgeht, die Berührungsfläche zwischen Träger und Ei grossen Schwankungen unterworfen sein kann, was natürlich auf die Menge der zur Aufnahme gelangenden Stoffe einen grossen Einfluss ausüben muss. Diffusionsvorgänge sind natürlich bei meinen Untersuchungsmethoden von vornherein nicht in den Kreis der Betrachtungen gezogen. Von den ein eigentliches Brutorgan besitzenden Siphono- stoma-Arten habe ich, wie schon erwähnt, S. typhle im Obigen nur nebenbei behandelt. Da diese Art ein Übergangsglied zwischen Nerophis und den übrigen von mir bisher unter- suchten Siphonostoma-Arten nach meinem bisherigen Material zu bilden scheint und mir Gelegenheit geboten ist, dieses Material aus einheimischen Gewässern zu komplettieren, schiebe ich eine genauere Besprechung der einschlägigen Verhältnisse bis auf weiteres auf. Nur darauf sei noch hingewiesen, dass die Cohn- schen Nährdrüsen diesen Namen wohl kaum verdienen. Ganz anders gestalten sich die Verhältnisse bei den übrigen untersuchten Siphonostoma-Arten und bei Hippocampus brevirostris. Schon der vollständige Abschluss der in den Brutsack abgelegten Eier von dem äusseren Medium, welcher Abschluss bei Hippocampus von vornherein vorgesehen ist, bei den hierher gehörenden Siphonostomen sich im Laufe der Tragzeit aber erst ausbildet, schafft gänzlich andere Verhältnisse. 425 Die Eier der übrigen Teleostier, welche direkt ms Wasser abgelegt werden, nehmen solches wohl allgemein durch ihre Eihaut auf, wodurch ja die Entstehung des perivitellinen Raumes eine leichte Erklärung findet. So lässt sich noch bei Nerophis die Entstehung desselben erklären. Für S. typhle dagegen ist, wie Cohn richtig bemerkt, dieselbe nicht mehr genügend und für die hier in Frage stehenden Arten kommt diese Ent- stehungsart gänzlich in Wegfall. Da hier aber doch ein perivitelliner Raum entsteht, so muss ein Ersatz für das Wasser geschaffen worden sein und diesen müssen wir in der väterlicherseits abgeschiedenen Brutsack- flüssigkeit suchen. Obgleich dem Ei entkröchene Junge von Knochenfischen noch lange einen äusserlich sichtbaren Dottersack tragen, be- genügen sie sich doch bei weitem nicht diese Zeit mit der in demselben enthaltenen Nahrung, sondern gehen auf die Suche nach anderer aus. Nur so ist es erklärlich, dass z. B. mit äusserem Dottersack versehene Junge von Salmo und Trutto nicht so selten sogar daran zu Grunde gehen, dass sie sich nicht scheuen vor dem Versuch schwächere Exemplare der gleichen Brut zu verschlingen, wie einige in meinen Besitz gelangte Exemplare aus hiesigen Fischzüchtereien zeigten. Die Entwicklung sowohl der Jungen von Hippocampus, wie auch von den hierher gehörenden Siphonostomen geht aber im Brutsack so weit, dass wenigstens äusserlich der ganze Dottersack verschwunden ist. Sie verlassen also den Brutsack erst auf einem-Stadium der Entwicklung, wo andere Arten schon selbst gesuchte Nahrung als Komplettierung der im Dotter enthaltenen Stoffe benötigt haben und ist es daher wahrscheinlich, lass hier dafür im Brutsack ein Ersatz geboten werden muss. Ein solcher wird wenigstens bei den lebendige Junge ge- bärenden Knochenfischen, wo die Entwicklung innerhalb des Övarialschlauches der Mutter von statten geht und ebenfalls 426 RUD. KOLSTER, hier das Verschwinden des äusserlich sichtbaren Dotters nicht nur erreicht, sondern auch überschreitet, geboten. Eine Be- schreibung der Verhältnisse bei Zoarces viviparus!) habe ich vor kurzem veröffentlicht. Hier verzehren die sich ent- wickelnden Jungen nicht unbeträchtliche Mengen mütterlicher- seits gelieferte Stoffe, unter welchen Leukocyten, Erythrocyten und Fett besonders ihrer Menge nach hervortreten. Tatsächlich findet ein entsprechender Vorgang bei den in Frage stehenden Lophobranchiern ebenfalls statt, wie die mitgeteilten Beobachtungen deutlich ergeben, indem die Brut- sackflüssigkeit von den sich entwickelnden Jungen verschluckt und vollständig verdaut wird. Dieselbe enthält nicht nur vom Epithel abgesondertes Sekret und Fett, sondern auch einzelne Leukocyten und reichlicher Erythrocyten. Die Beimischung zelliger Elemente erreicht aber bei weitem nicht den bei Zoarces beobachteten Grad. Insofern unterscheiden sich die Verhältnisse von denjenigen bei Zoarces noch weiter, als hier nicht zwei verschiedene Perioden zur Beobachtung kommen, welche durch die Bei- mischung der Art der Zellen karakterisiert wären. Bei Zoarces liess sich eine erste Leukozytenperiode von einer zweiten Erythro- cytenperiode abgrenzen. Bei den Lophobranchiern tritt die Leukocytenbeimischung zur Nahrung mehr zurück. Zum Schluss will ich noch auf eine eigenartige Überein- stimmung hinweisen, welche in allen den Fällen nachweisbar war, welche von mir bisher auf die Zusammensetzung der Embryotrophe untersucht worden sind ?), sei es. dass diese wie 1) Über die Embryotrophe. speziell bei Zoarces viviparus. Cuv. Fest- schrift für Palmen Nr. 4. Helsingfors 1905. 2) Die Embryotrophe placentarer Säuger mit besonderer Berücksichtigung der Stute. An. H. LIX. 1901. Weitere Beiträge zur Kenntnis der Embryotrophe bei Indeciduaten. An. H. LXIV/LXV. 1902. Zur Kenntnis der Embryotrophe beim Vorhandensein einer Decidua- capsularis. An. H. LXVII. 1909. Über die Embryotrophe speziell bei Zoarces viviparus cuv. Festschrift für Palmen Nr. 4. Helsingfors 1905. Weitere Beiträge zur Kenntnis der Embryotrophe. 497 gewöhnlich von der Mutter oder wie hier bei Büschelkiemern von seiten des Vaters den sich entwickelnden Jungen geboten wird. Überall spielt die Zuführung von Erythrocyten oder deren Derivate eine dominierende Rolle. Dieselbe lässt sich leicht verstehen, da das Blut und viel- leicht in erster Hand die Erythrocyten die möglichst möglich von der Natur gebotene konzentrierte Nahrung darstellt, ein in letzter Zeit auch praktisch vielfach mit Erfolg gebrauchter, therapeutischer Faktor. Wo diesem Faktor, den Erythrocyten, eine durch Krankheit des Lieferers, gewöhnlich der Mutter, bedingte abnorme Zu- sammensetzung zukommt, ist es daher nicht unberechtigt, wie ich schon früher hervorgehoben, eine kongenitale Schwäche, welche im späteren Leben als ungenügende Widerstandskraft gegen verschiedene Noxen auftritt, in Zusammenhang mit den- selben zu bringen. ee = 59 Erklärung der Mikrophotogramme. Erklärung der Mikrophotogramme. Tafel 1. ig. 1. Schnitt durch das Brutorgan eines jungen Nerophis ophidion. Vergr. 15. ig. 2. Schnitt durch das Brutorgan eines älteren Nerophis ophidion. Rechts eine Epithelfalte. Vergr. 15. .3. Schnitt durch eine Epidermisfalte von Nerophis ophidion. Vergr. 250. . 4. Übersichtsschnit durch einen nachosmierten Teil des sich entleerenden Brutorganes von Siphonostoma Rondeletti. Vergr. 15 &. 5. Schnitt durch eine Hautfalte aus dem Brutorgan von Siphonostoma Rondeletti. Bei a Erythrocyten enthaltende geronnene Masse. Ver- grösserung 100. . 6. Schnitt durch eine Hautfalte eines osmieıten Teiles des Brutorganes von Siphonostoma Rondeletti. Beia frei dem Epithel anliegende geschwärtzte Fettkugeln. Vergr. 100. ig. 7. Schnitt durch ein scheinbar entleertes Brutorgan von Siphonostoma Dumerilii. Vergr. 15. Tafel 2. .8. Übersichtsschnitt durch das Brutorgan von Hippocampus bre- virostris zu Anfang der Tragzeit. Vergr. 15. . 9. Schnitt durch eine auswachsende Hautfalte aus dem Brutorgan von Hippocampus brevirostris. Vergr. 100. ig. 10. Wie Fig. 9, späteres Stadium. ig. 11. Schnitt durch den Darm eines jungen Siphonostoma Ronde- letti gleich nach Verlassen des Brutsackes. In demselben verschluckter Brutsackinhalt. Vergr. 100. .. 12. Schnitt durch den Darm eines noch im Brutsack liegenden beinahe reifen Embryos von Siphonostoma Dumerilii. In demselben verschluckte Brutsackflüssigkeit. Vergr. 100. ‚13. Schnitt durch den Darm eines noch im geschlossenen Brutsack liegenden Embryos von Hippocampus brevirostris kurz vor der Reife. In demselben verschluckter Brutsackinhalt. Vergr. 100. AUS DEM ANATOMISCHEN INSTITUT DER UNIVERSITÄT WÜRZBURG. VoRSTAND: ProF. Dr, Pu, Sröur. ZUR ENTWICKLUNG DER SCHWEISSDRÜSEN DER BEHAARTEN HAUT. VON DR. MED. CARL WIMPFHEIMER, WÜRZBURG. Miü 47 Figuren auf den Tafeln 47/50. Anatomische Hefte. I. Abteilung. 104. Heft (34. Bd., H. 3). 28 vo A ur a Der j AND a: ha ; 25 > -e E) v y | “ A %: f B Sn f R) > ar 75 = , ) 2 / n LLı ‘ ’ .‘ 7 Eu f f A : # F W N \ f | | u { KT gr ver u Au | TAN ATTIRilet | j I „Lisdsda 9 14: 2) Bu ! | x 4 SEIEN FERN INES ER NEA ‘ i 1! r r y x » T ’ “; & PL Ge" 1, n D . . 4 f L Et, Sb Ar dr A PRTELTL 2 AU Say ARE, Die Schweissdrüsen sind seit langer Zeit von den ver- schiedensten Gesichtspunkten aus Gegenstand der Untersuchung gewesen, sei es, dass sie als solche das Interesse der Forscher besassen, sei es, dass sie bei Abhandlungen über Haare als deren Anhänge oder bei Studien über die Haut als deren Sonderungen Beachtung fanden. Es wurden die verschieden- artigen Beziehungen aufgedeckt, die zwischen Schweissdrüsen und Haaren bestehen, und je nach ihren besonderen Befunden hielten die Autoren bald die Einmündung der Schweissdrüsen in den Haarbalg, bald die freie Mündung auf der Epidermis- oberfläche für regelmässig und das andere für die Ausnahme. Später versuchte man, durch entwicklungsgeschichtliche For- schungen die Frage nach dem Verhältnis der Schweissdrüsen zu den Haaren zu beantworten und nicht nur die Öntogenese, sondern auch die Phylogenese dieser Gebilde zog man zu Rate, um zu einer einheitlichen Auffassung der genannten Beziehungen zu gelangen. Zum Beweise dafür, dass die Meinungen in dieser Hinsicht noch stark auseinandergehen, seien hier die Angaben einiger Autoren über diesen Gegenstand angeführt: In seiner Abhandlung über die Epidermis schrieb Maurer (23): „Die tubulösen Hautdrüsen kommen selbständig angeordnet vor, in vielen Fällen stehen sie aber in Beziehung zu den Haar- bälgen. Diese Beziehung ist als eine sekundäre aufzufassen. Wenn Haare und tubulöse Drüsen nebeneinander in der Haut 28* 432 CARL WIMPFHEIMER, stehen, so werden sich hier Beziehungen entwickeln können, die nicht auf einer phylogenetischen Zusammengehörigkeit beider Organe zu beruhen brauchen“. In einer in demselben Jahre 1895 erschienenen Arbeit stellte Marks (21) als allgemeines Gesetz auf, dass die Art der Entwickelung der Schweissdrüsen abhängig ist von der Dichtigkeit des Haarkleides. Während diese bei Tieren mit dichtem Haarkleid ausschliesslich von dem Haarkeim aus entstehen, bilden sie sich bei den schwach behaarten Tieren ausser von diesen Stellen auch von der freien Oberfläche der Epidermis, um an haarlosen Stellen ausschliesslich von letzterer ihren Ursprung zu nehmen“. Einer 1894 erschienenen Arbeit von de Meijere (25) entnehmen wir die Angabe, dass die tubu- lösen Drüsen ebenso wie die acinösen mit Recht Haarfollikel- drüsen genannt werden können, und dass sie sich erst sekundär von den Follikeln entfernt haben. „Dass sie auch a primo initio an den Follikeln entstanden sind, soll damit noch nicht gesagt sein, nur dass sie schon bei den niedrigsten Säugetieren mit diesen Follikeln in inniger Verbindung gefunden werden, eine Verbindung, welche nur in den oben genannten Fällen (Talpa, einige andere Tiere und Mensch) aufgehoben wurde. Eigentümlich bleibt jedenfalls die Fähigkeit dieser Drüsen, sich von den Haaren zu entfernen“. Römer (33) ist der Meinung, dass Schweissdrüsen und Haare, abgesehen von der topo- graphischen und ontogenetischen Zusammengehörigkeit auch phylogenetisch miteinander in Beziehung stünden. Wenn Sch weiss- drüsen ausser Beziehung zu Haarbälgen sich finden, so fasst Römer dies als einen sekundären Zustand auf. Jess (15) be- zeichnet die Schweissdrüsen als primäre, die Talgdrüsen, die sekundär als Auswüchse der äusseren Wurzelscheide entstehen, als sekundäre Hautdrüsen. Die Frage nach den phylogenetischen Beziehungen von Schweissdrüsen und Haaren kann, wie dies schon Maurer betont hat, aus Verhältnissen bei Säugetieren allein nicht beant- wortet werden. Zur Entwicklung der Schweissdrüsen der behaarten Haut. 433 Es war nun unsere Aufgabe, die Entwicklung der Schweiss- drüsen an einer grösseren Zahl von Säugetieren zu untersuchen, um dann auf Grund unserer Befunde sowie zuverlässiger An- gaben von anderer Seite festzustellen, welche Rolle die Haare in der Ontogenese der Schweissdrüsen bei den verschiedenen Tieren spielen. Dabei war darauf zu achten, ob die Art der Entstehung der Schweissdrüsen bei den einzelnen Tieren ver- schieden war, oder ob die gefundenen Thatsachen für eine allen Säugetieren gemeinsame Entstehungsweise der Schweissdrüsen der behaarten Haut sprachen. Schliesslich sollten auch die bei unserer Untersuchung sich nebenbei ergebenden Verhältnisse an Haaren und Talgdrüsen nach Möglichkeit ihre Würdigung finden. Wir befassten uns nun mit der ziemlich umfangreichen Literatur über das Vorkommen, die anatomischen Verhältnisse und die Entwicklung der Schweissdrüsen. Die citierten Schriften haben uns zum grossen Teil im Original vorgelegen; nur für die Werke, die uns nicht zur Verfügung standen, begnügten wir uns mit zuverlässigen Referaten. Wir verzichten darauf, hier nochmals die bis zum Erscheinen der Arbeit von Back- mund (2) bekannt gewesenen Schriften einzeln aufzuführen, da sie ja in dieser ausführlich dargestellt sind. Wir verweisen hier deshalb auf jene Arbeit und erwähnen selbst nur die Schriften, die seither bekannt geworden sind. Wir berücksichtigen zunächst die Arbeit von Backmund selbst. Ausser der erwähnten Literaturübersicht lieferte dieser eine Untersuchung über die Entwicklung der Haare und Schweiss- drüsen der Katze. Bezüglich der letzteren kam er zu folgenden Ergebnissen: Die Entwicklung der Schweissdrüsen geht an den mit einem Haarkleide versehenen Körperstellen der Katze aus- schliesslich von den Haaranlagen aus, und ist eng verknüpft mit der Entwicklung des Haares. Die Schweissdrüsen ent- wickeln sich am Haarzapfen durch mitotische Teilung der 454 CARL WIMPFHEIMER, äusseren Zellen als Sprossungen. Die Ursprungsstelle liegt am Übergang des Haarzapfens in das Stratum cylindrieum oder unterhalb dieser Stelle, ja selbst in der Mitte des Haarzapfens. Die Seitensprossen verlängern sich zu schmalen am unteren Ende kolbig angeschwollenen Zapfen, welche nur die halbe Höhe des dazu gehörigen Haares erreichen. Im Scheidenhaar- stadium erscheint am Grunde der Schweissdrüsenanlage ein kleiner Hohlraum, der nach aufwärts fortschreitet und schtiess- lich, und stets oberhalb der Talgdrüse, in den Haarbalg mündet. Der Durchbruch des Ausführungsganges in den Haarbalg findet nicht, wie Marks schreibt an der Ursprungsstelle des Schweiss- drüsenkeimes statt; Backmund nimmt vielmehr an, dass die Schweissdrüse bezw. ihr Ausführungsgang während der Entwick- lung ihren Ort ändern kann. Nach Durchbruch des Haares vollzieht sich die Differenzierung der Zellen und die Entwicklung der Schweissdrüsen wird vollendet. Man hat sodann zu unter- scheiden: Den durch ein langes, unten abgerundetes Säckchen dargestellten Drüsenschlauch, der ohne scharfe Grenze in den Ausführungsgang übergeht. Andere Formen des Drüsenschlauches finden sich bei der Katze nur ausnahmsweise. Die Schweiss- drüsen der Haut des Ober- und Unterkiefers zeichnen sich durch besondere Eigentümlichkeiten aus. Dieselben nehmen einen rascheren Entwicklungsgang und bilden am Ende ihrer Entwicklung lange gewundene Röhren mit mächtigen Aus- buchtungen, die sich im extrauterinen Leben wieder zurück- bilden. Zwischen der Membrana propria und den Drüsen- epithelzellen liegen stets Epithelmuskelzellen in diskontinuierlicher Schicht. An einzelnen Kiefer-Schweissdrüsen konnte Backmund gerade an der Übergangsstelle der eigentlichen Drüse zum Aus- führungsgang hier gelegene circulär verlaufende Muskelzellen nachweisen, die vielleicht die Rolle eines Sphincters ausüben und eine weitere Eigentümlichkeit der Kieferdrüsen darstellen würden. Ein jedes fetale Haar besitzt eine Schweissdrüse. Zur Entwicklung der Schweissdrüsen der behaarten Haut. 435 Von den unbehaarten Teilen der Haut entstehen nur an den Sohlenballen Schweissdrüsen. Die Entwicklung beginnt hier später, als diejenige der übrigen Schweissdrüsen. Die erste Anlage ist ebenfalls eine rein epitheliale und unterscheidet sich von den Haarkeimen durch das Fehlen einer subintermediären Schicht und durch den Mangel einer Papillenanlage. Die Sohlen- ballendrüsen stellen am Ende ihrer Entwicklung einen langen Kanal dar, der in ein längliches Drüsenknäuel übergeht. Der intraepidermoidale Schweisskanal bildet sich vom Stratum corneum nach abwärts in einem von der Entwicklung der Schweiss- drüse relativ unabhängigem Prozess. Auch die Sohlenballen- drüsen haben zwischen Membrana propria und Epithelzellen Epithelmuskelzellen. Maurer (24) fand die tubulösen Hautdrüsen, die den Schweissdrüsen des Menschen entsprechen, bei einem Embryo von Ursus Arcetos von einer Nacken-Steisslänge von 4,5 em schon auffallend weit entwickelt. Beziehungen zu Haaranlagen liessen sich in vielen Fällen erkennen und zwar mündete die tubulöse Drüse gerade hinter der Anlage des Haarfollikels aus und zwar so, dass sie an der freien Oberfläche zur Mündung kam. Diese tubulösen Drüsen sind aber nicht einfach und knäuelförmig gewunden, sondern sie teilen sich in auffallend gleichartiger Weise so, dass schliesslich vier Drüsenschläuche bestehen. Als Übereinstimmung mit Schweissdrüsen anderer Säugetiere und des Menschen ergab sich, dass ausserhalb der einfachen Lage der Drüsenzellen, diesen unmittelbar angeschlossen sich eine einfache Lage längsverlaufender glatter Muskelzellen fand; erst ausserhalb dieser folgte die bindegewebige Hülle des Drüsen- schlauches. Maurer hebt besonders hervor, dass diese Drüse schon in diesem frühen Embryonalstadium secerniert. Er schloss dies aus folgenden Thatsachen: Erstens bestand allenthalben ein weites Lumen, das auch frei bis zur Mündung sich erstreckte. Zweitens war die gegen das Lumen gerichtete Oberfläche der 436 CARL WIMPFHEIMER, Drüsenzellen nicht glatt, sondern zeigte zarte Fortsätze, fast amöboider Art. Endlich erkannte man an diesem conservierten Objecte einen feinen Detritus im Lumen, ‚der wohl nur als Secret gedeutet werden kann“. Diese geschilderten, weit aus- gebildeten Drüsen fanden sich, genau so weit entwickelt, in eleicher Lagebeziehung zu Haar- und Stachelbildungen im deren verschiedensten Ausbildungszuständen. Da Maurer eine solche Drüse auch an einer ganz jungen Haaranlage fand, zog er daraus den Schluss, dass die Drüse sich viel früher ausgebildet hat, wie Haar- und Stachelanlagen. Jüngere Drüsenanlagen konnte Maurer nur als einfache kurze Schläuche nachweisen, die aber noch nicht mit Haaranlagen in Beziehung standen, weil letztere eben noch nicht angelegt waren. Indessen fand Maurer auch zahlreiche Haaranlagen frühester Stadien, welchen keine Drüse angeschlossen ist, ebenso wie sich Drüsenschläuche ohne Beziehung zu Haar- follikeln nachweisen liessen. In den sich an diese Befunde an- schliessenden Betrachtungen gelangt Maurer zu einer Ansicht über die Beziehung der Schweissdrüsen zu den Haaren, die gegen seine frühere Ansicht modifiziert erscheint. Er kommt nämlich zu einer „phylogenetischen Zusammengehörigkeit von Schweiss- drüsen und Haaren, die aber secundär erworben und morpho- logisch begründet ist“. Er nimmt hierzu eine topographische Beziehung zwischen Drüsen und Hautsinnesorganen, von denen er phylogenetisch die Haare ableitet, an, die durch Schuppen vermittelt wurde. Doch bleibt er hierbei bei seiner alten Grund- anschauung, dass die tubulösen Drüsen der Säugetierhaut in den Hautdrüsen der Amphibien eine ganz selbständige Grund- lage besitzen. Pasini (29) fand an Schweissdrüsen aus der Achselhöhle des Pferdes einen Bürstenbesatz an der inneren Oberfläche der Epithelzellen. Er soll auch beim Menschen vorhanden sein und ähnlich wie in der Niere zu den Vorgängen der Sekretion in Beziehung stehen. Anatom. Ilelte. I Abteilung. Hell 10 (31 Ba.H 3) Tan 2 Tarel 4298 — Fig, 29, Fig,B- Fig, 17. Fig.18 Fig.19. Fig, 10 Fig. Zur Entwicklung der Schweissdrüsen der behaarten Haut. 437 Von Rauther (31) rühren Angaben darüber her, inwieweit die accessorischen Genitaldrüsen einiger Nager und Insectivoren aus Schweissdrüsen abzuleiten sind. Talke (37) machte Angaben über die grossen Drüsen der Achselhöhlenhaut des Menschen. Übergänge zwischen den grossen und kleinen Schweissdrüsen wurden von ihm nirgends beobachtet ; auch findet keine Vermischung der beiden Drüsenarten statt, da jede Drüse von einer besonderen Kapsel umschlossen wird. Auch Lüneburg (20) lieferte Beiträge zur Kenntnis der Knäueldrüsen in der Achselhöhle des Menschen. Seine Arbeit zerfällt in zwei Abschnitte, von denen der erste mit der Zeit ihrer Entwicklung, der zweite mit der Histologie sich beschäftigt. Die uns interessierenden Angaben sind kurz folgende: Da die Anlage neuer Knäueldrüsen bei der Geburt so gut wie beendet ist, so müssen die grossen Drüsen dieser Art aus den kleinen durch Grösserwerden dieser hervorgehen; aber die Zeit ihrer Entwicklung unterliegt grösseren individuellen Schwankungen. Bei allen Individuen, die grössere Haare in dieser Gegend be- sitzen, finden sich auch grössere Drüsen. In dem durch seine Untersuchung geführten Nachweis, dass während der Funktion in den Epithelien der Schweissdrüsen sich ähnliche Verände- rungen vollziehen, wie in denen der Milchdrüsen, sieht Lüne- burg eine neue Stütze für die von Eggeling vertretene Anschauung, dass sämtliche Knäuel- und Milchdrüsen der höheren Säuger zusammen gehören. Aus einer Arbeit von Zietzschmann (39) seien die An- gaben über das Vorkommen von Schweissdrüsen an den Haar- büscheln der Hinterextremitäten der Hirsche erwähnt; die Talg- drüsen münden an dieser Stelle in der Regel in die Haarbälge, die tiefer gelegenen tubulösen Drüsen dagegen frei auf der Öberlläche. Wenn in den Laufbürsten haarlose Stellen vor- handen sind, dann finden sich die tubulösen Drüsen in deren nächster Umgebung am stärksten angehäuft. Bei jugendlichen CARL WIMPFHEIMER, Tieren ist die Häufung der Drüsen unbedeutender, als bei er- wachsenen. An der haarlosen Stelle sind niemals Drüsen vorhanden. Von der grossen Zahl der Autoren haben sich nur drei mit der Entwicklung der Schweissdrüsen beschäftigt und zwar Marks bei den Haussäugetieren (Schaf, Rind, Pferd und Schwein), Backmund bei der Katze und Maurer (24) bei Ursus Arctos. Die Angaben über Ursus Arctos sind nur insoferne zu verwerten, als sie eine, wenn auch noch nicht genauer bekannte Beziehung zwischen Haaren und Schweissdrüsen erkennen lassen. Für Katze, Schaf, Rind und Schwein ist die Entstehung aus der Haaranlage festgestellt. Sie erfolgt teils am Übergang der Haar- anlage in die Epidermis, teils tiefer an der Haaranlage. Beim Schwein nimmt Marks für die zwischen den Haargruppen gelegenen Stellen noch eine Bildung der Schweissdrüsen von der freien Oberfläche der Epidermis an. Es ist jedoch seiner Abhandlung nicht zu entnehmen, dass er diese Art der Ent- stehung auch gesehen hat. Die Entstehung der Schweissdrüsen beim Pferd ist nicht beobachtet. Die Mündung erfolgt bei Katze, Schaf, Rind und Schwein in den Haarbalg. Auch beim Pferd steht die Schweissdrüse mit dem Haarbalg in Verbindung; teil- weise jedoch schienen Marks die Schweissdrüsen hier frei aus- zumünden. Marks vermutet, dass überall’da, wo er die Schweissdrüsen frei münden sah, sie aus der freien Epidermis entstanden sind. Dass auch an eine andere Möglichkeit gedacht werden kann, soll im Laufe dieser Untersuchungen gezeigt werden. Zur Entwicklung der Schweissdrüsen der behaarten Haut. 439 Eigene Untersuchungen. Technik. Die von uns untersuchten Embryonen und Tiere waren zum grossen Teil in Zenker’scher Flüssigkeit fixiert. "Teilweise war die Art der Fixierung uns nicht bekannt. Die dem Präparat entnommenen Hautstücke wurden mit Boraxkarmin durchgefärbt und dann in Paraffin eingebettet. Sodann wurden sie in Serien geschnitten und die einzelnen Schnitte mit Eiweissglycerin auf- geklebt. Die Dicke der Schnitte betrug in der Regel 7,5 «, nur selten waren wir genötigt, dickere Schnitte herzustellen. Die Stückfärbung hat den Vorteil, dass sie erstens das Aufsuchen der gewünschten Schnittrichtung sehr erleichtert, und dass sie zweitens als Kernfärbung bei entsprechender Kontrastfärbung sehr schöne Bilder ergibt. Als Gegenfärbung benützten wir Bleu de Lyon und zwar anfangs in der von Baumgarten (Archiv f. microscop. Anatomie, 40. Band. 1892) angegebenen 0,2°/, Lösung in absolutem Alkohol. Im Laufe unserer Unter- suchungen verdünnten wir die angegebene Lösung immer mehr mit absolutem Alkohol, bis sie eine hellblaue Farbe ange- nommen hatte. Wir erhielten hiermit schönere Resultate; auch war nur ein kürzeres Auswaschen in absolutem Alkohol erforderlich. Ausser dieser Methode wandten wir noch die Färbung mit Hansens Hämatoxylin und Eosin oder seltener mit van Giesons Pikrofuchsin an. Maulwurf. Über die Schweissdrüsen beim Maulwurf liegen folgende Angaben vor: Leydig (19) vermisste sie bei seinen Untersuchungen selbst in den Sohlenballen. 440 CARL WIMPFHEIMER, Nach Chodakowski (5) besitzt der Maulwurf an der ganzen Körperhaut mit Ausnahme weniger Stellen sowohl Talg- als Schweissdrüsen. Er untersuchte die Haut vom Rüssel, Rücken, Schwanz und den Fusssohlen. Nach seinen Angaben sind die Schweissdrüsen spärlich vorhanden. Man könne an ihnen einen Drüsenschlauch und einen Ausführungsgang unter- scheiden. Er schreibt weiter: „Der Drüsenschlauch zeigt gewöhn- lich 3—4 leichte Schlangenwindungen und erscheint nur an manchen Stellen, wo die Windungen etwas dichter aneinander rücken, knäuelähnlich. Die Mündung ist deutlich trichterförmig und frei an der Hautoberfläche. De Meijere (25) ist der Überzeugung, dass im allgemeinen die Ausmündung der Schweissdrüsen in dem Haarfollikel die Regel ist, dass aber ausnahmsweise auch eine selbständige Aus- mündung vorkommt. Dies letztere hat er unter anderem auch beim Maulwurf beobachtet. Er traf hier das Verhältnis gerade so, wie es Chodakowski abbildet in seiner Fig. 21, Taf. III. „Hierbei“, meint er, „müsse man darauf achten, dass die Haare dieht nebeneinander stehen, und die Schweissdrüsen eine ziem- lich weite Mündung besitzen, weiter als die der Follikel“. Er beobachtete jedoch, dass auch hier nicht einmal immer die Ausmündung selbständig für sich stattfindet; öfters traf er Stellen, wo eine deutliche Verbindung zwischen Drüse und Haarfollikel bestand. Seine Bemühungen, beim Maulwurf an der Haut der vorderen Extremität oder des Schwanzes, also an Teilen mit primitiverem Haarkleide, die Schweissdrüsen zu finden, blieben erfolglos. Nach Hoffmann (14), von dem die letzten Beobachtungen über unser Tier stammen, besitzt der Maulwurf ausser zahl- reichen Schweissdrüsen in der Sohle auch solche in der Oberlippe. An einer andern Stelle giebt er an, dass die Schweissdrüse beim Maulwurf einen leicht entwirrbaren Knäuel bildet. Einer neueren Arbeit von Rauther (31) entnehmen wir Zur Entwicklung der Schweissdrüsen der behaarten Haut. 441 noch die Bemerkung, dass Schweissdrüsen „in normaler Aus- bildung dem Maulwurf ganz fehlen sollen“; dagegen hat sie der betr. Autor in modifizierter Form gefunden. Hiervon wird an anderer Stelle noch die Rede sein. Über die Entwicklung der Schweissdrüsen des Maulwurfs fanden wir keine Angaben vor. Wir selbst untersuchten nur die behaarte Haut des Rückens (und zwar von Stellen etwas hinter den vorderen Extremitäten und in der Nähe der Schwanzwurzel), ferner der Brust, des Bauches, des Schwanzes und der Seite des Rüssels. Schweissdrüsen wurden von uns nur in der Haut des Schwanzes vermisst; an den übrigen untersuchten Stellen wurden sie gefunden, Vergleichen wir hiermit die Angaben der früheren Unter- sucher: Das negative Resultat Leydigs mag wohl in unge- nügenden Hilfsmitteln begründet sein. Da Chodakowski nicht angiebt, dass er an einzelnen Stellen keine Schweissdrüsen gefunden habe, müssen wir glauben, dass er sie an sämtlichen untersuchten Stellen angetroffen hat. Am Schwanze des Maul- wurfs haben wir keine Schweissdrüsen vorgefunden; bezüglich der übrigen Körperstellen können wir seine Angaben bestätigen. Die Angaben von Chodakowski und de Meijere über die freie Mündung der Schweissdrüsen, ebenso wie die von de Meijere über eine Verbindung von Drüse und Haarfollikel stimmen mit unseren Befunden überein und werden aus der Entwicklungsgeschichte der Schweissdrüsen verständlich werden. Eine Nachprüfung der Angaben über die Gestalt der Drüsen ist uns nicht möglich, da wir im Gegensatz zu den übrigen Untersuchern nur Feten in den Kreis unserer Betrachtung gezogen haben. Die unserer Darstellung zugrunde liegenden Präparate stammen von drei Maulwurfembryonen, welche wir der Freund- lichkeit von Herrn Prof. Dr. Eugen Fischer in Freiburg verdanken; es sei hierfür an dieser Stelle der geziemende Dank 442 CARL WIMPFHEIMER, ausgesprochen. Die Feten besassen eine Nasen-Steisslänge von 5,3 bezw. 7,4 und 8,7cm. Bei dem Embryo von 5,3 cm Länge zeigten sich Ober- und Unterlippe mit kurzen feinen Härchen, der Rüssel mit kleinen Knötchen besetzt. Am übrigen Körper waren, soweit sich dies bei der stark gerunzelten Haut erkennen liess, keine Knötchen vorhanden. An dem Embryo von 7,4cm Länge standen an beiden Seiten des Rüssels wenige, etwa acht etwas längere Haare, auch am Unterkiefer und an beiden Seiten des Kopfes standen einige solche, während die Lippen rings um die Mundöffnung mit einer grossen Zahl feiner kurzer Haare besetzt waren. Endlich zeigte der grösste der untersuchten Embryonen auf der Dorsalfläche der vorderen Extremitäten kleine Haare; am Kopfe waren die Verhältnisse so, wie es für das nächst kleinere Stadium oben beschrieben, nur waren die Haare alle im Verhältnis etwas grösser. Die erste Anlage der Schweissdrüsen sahen wir bereits am Haarkeimstadium auftreten, und zwar fand sie sich nur an einem kleinen Teil aller vorhandenen Haarkeime. Bevor wir sie jedoch beschreiben, seien kurz die Verhältnisse der Epidermis und des Haarkeimes selbst erwähnt. Die Epidermis des Embryo von 5,3 cm Länge liess an allen untersuchten Stellen des Rumpfes gleichmässig folgende Einzel- heiten unterscheiden: An der Grenze von Epidermis und Corium verläuft eine homogene Membran, die Basalmembran, die sich mit Bleu de Lyon intensiv blau färbt. Darüber liegt eine Schicht niedrig-cylindrischer Zellen — Zellgrenzen sind hier im allge- meinen nicht zu sehen — mit aufrechtstehenden längs - ovalen Kernen, die meistens zwei Kernkörperchen erkennen lassen. Hierauf folgt das Stratum intermedium: 3—5 Schichten rund- licher oder länglicher Kerne in gleichmässig gefärbtem Proto- plasma; sie sind etwas heller gefärbt, als die der tiefsten Lage, quergestellt, und besitzen ebenfalls meist zwei Kernkörperchen. Weiterhin ist hier bereits ein Stratum granulosum vorhanden, be- Zur Entwicklung der Schweissdrüsen der behaarten Haut. 443 stehend aus einer einfachen oder doppelten Lage platter Zellen mit granuliertem Protoplasma und undeutlich konturiertem, platten Kern. Abgehoben liegen darüber, das Stratum cormeum darstellend, eine grössere Zahl von mit Boraxkarmin teilweise schwach rötlich, teilweise gar nicht gefärbten Lamellen. Die Haarkeime, an den genannten Stellen des Rumpfes im wesent- lichen unter sich gleich, verhalten sich ebenso wie die in neuester Zeit beim Menschen, der Katze und der Maus be- schriebenen. Wir haben auch hier die Verlängerung der Zellen in einem umschriebenen Gebiet und die meilerartige Stellung der gleichfalls verlängerten Kerne, dann die stärkere Vermehrung der Zellen, die grössere Hervorwölbung des Haarkeimes gegen das Corium und auch die deutliche Asymetrie des Haarkeimes. (Vergl. Stöhr [36] Tafel I, Fig. 1—4). Das von Stöhr und Backmund beschriebene Bläschen konnten wir im Haarkeim des Maulwurfs nicht finden. Die Frage nach der Herkunft der subintermediären Zellen Backmunds (l. ce. Tafel I, Fig. 3, ferner Stöhr I. e. Tafel II, Fig. 1 „vermehrte Zellen des Strat. inter- medium“) wurde von Stöhr offen gelassen, von Baeckmund und Oyama (28) auf Grund im Stratum eylindrieum gefundener Mitosen dahin beantwortet, dass sie aus dem Stratum eylindrieum entstünden, wie auch Stöhr schon vermutet hatte. Wir sahen nun beim Maulwurf neben zahlreichen Mitosen im Stratum cylindrieum auch solche im Stratum intermedium; wir können jedoch nicht entscheiden, ob die fraglichen Zellen nur aus einer der beiden in Betracht kommenden Schichten oder aus beiden hervorgehen. Was die Beteiligung der Elemente des Coriums betrifft, so ist zu bemerken, dass diese bei den allerersten Stadien auch bei unserem Tiere fehlt; in den folgenden Stadien haben sich die Dermazellen etwas verdichtet und umgeben in einem Bogen den Haarkeim — Anlage des bindegewebigen Haarbalges.. Am Ende des Haarkeimstadiums sind sie am tiefsten Punkte des Bogens 444 CARL WIMPFHEIMER, stärker vermehrt — Anlage der Papille. Später entstandene Haar- keime waren im Vergleich mit früheren schlanker, und ihre Ele- mente waren kleiner. Über die Entwicklung der Haare beim Maulwurf liegen nur Angaben von Maurer (22) über die ersten Stadien vor. Er hat bei Embryonen von 18,5 mm Steiss- Nackenlänge die ersten Haaranlagen am Rumpfe untersucht. Er fand die aller- ersten Anlagen bestehend nur aus 6-10 grösseren Oylinder- zellen, welche sich als lokal vergrösserte Elemente der tiefsten Lage darstellten. Die Abgrenzung gegen die Umgebung war scharf, jede Beteiligung des unterliegenden Bindegewebes fehlte. Später fand er in der nächsten Umgebung die Zellen der inter- mediären Lage vermehrt, und zugleich war eine Wucherung des unterliegenden Bindegewebes als Anlage des Haarbalges aufge- treten. Das Bild der „abgeschlossenen Epithelknospe“ Maurers war an unseren Präparaten nicht so ins Auge fallend, wie man es nach seiner Darstellung erwartet hatte. Maurer giebt nun an, die Weiterbildung der Haaranlage erfolge in einer Weise, die so bekannt sei, dass er nicht nochmals genauer darauf ein- gehen will. Nun sind uns Darstellungen der weiteren Ent- wicklung der Haare beim Maulwurf überhaupt nicht bekannt geworden. Wir können uns jene Äusserung Maurers nur so erklären, dass er die über die Haarentwicklung der Säugetiere überhaupt bekannten Thatsachen auch auf den Maulwurf über- tragen wissen wollte. Nun haben neuere Untersuchungen gezeigt, dass ein derartig verallgemeinerndes Verfahren nicht richtig ist. Wir wissen jetzt, dass trotz des gemeinsamen Gesamttypus selbst bei im System sich nahestehenden Tieren zahlreiche Unterschiede bestehen, und dass diese Unterschiede um so schärfer hervortreten, je mehr die Untersuchungen auf feinere Einzel- heiten gerichtet sind. Wir werden deshalb im Laufe unserer Darstellung auch die Haarentwickelung mit berücksichtigen. Wir wenden uns wieder unserer eigentlichen Aufgabe der Zur Entwicklung der Schweissdrüsen der behaarten Haut. 445 Untersuchung der Entwicklung der Schweissdrüsen zu. Wie bereits gesagt, trafen wir ihre ersten Anlagen an Haarkeimen an. An mittelgrossen Haarkeimen (Fig. 38) fand sich auf der Seite, die weniger steil zum Epithel verläuft, etwa in der Mitte eine mässige Einziehung, nach oben folgte eine schwache Aus- buchtung von ungefähr drei Zellbreiten. Diese Ausbuchtung ging nach oben mit einer schwachen Knickung in die Cylinder- zellenschicht über. Die Kerne waren an der Stelle der Aus- buchtung längs oval, etwas dieker als die übrigen Kerne des Haarkeimes, die eine mehr längliche Form hatten. Mit dem Wachstum des Haarkeimes wird auch die Ausbuchtung grösser. Während jetzt der Haarkeim mit der Epidermis auf der einen Seite einen spitzen Winkel bildet, ist die Kniekung auf der Seite der Ausbuchtung auch stärker geworden und beträgt etwa einen rechten Winkel (Fig. 39). Die Kerne an der Stelle der Ausbuchtung sind länger geworden. Die Vermehrung der die Ausbuchtung bedingenden Zellen findet an dieser Stelle selbst statt, wie dort gefundene Mitosen zeigen. Wir glauben nicht fehl zu gehen, wenn wir die beschriebenen Ausbuchtungen als die ersten Anlagen der Schweissdrüsen deuten; ihr Auftreten ist in diesem Falle allerdings ein sehr frühes und erfolgt, um das nochmals hervorzuheben, nur an einem geringen Teil der Haarkeime. Während die Haaranlage nun weiter wächst und in das Stadium des Haarzapfens tritt, nimmt auch die kugelige Hervor- wölbung, welche die Schweissdrüsenanlage darstellt, an Grösse zu. Sie wächst auch bald in die Länge und bildet ein plumpes Säckehen. Wenn sich das Haar dem Ende des Haarzapfenstadiums nähert, hat die zugehörige Schweissdrüsenanlage ?/, bis ®/, der Grösse des Haarzapfens erreicht (Fig. 41). Da die Haut des betr. Einbryo stark gewellt ist, fällt es schwer, bestimmte An- gaben über die Richtung von Haarzapfen und Schweissdrüsen- anlage zu machen. Bei einer grösseren Reihe von Haarzapfen Anatomische Hefte. I. Abteilung. 104. Heft (34. Bd., H. 3). 29 446 CARL WIMPFHEIMER, schwankt der Winkel, den dieser mit der Epidermis bildet, etwa zwischen 60° und 90° Die Schweissdrüsenanlage steht vom Haarzapfen ab und bildet meist einen ganz flachen, gegen jenen concaven Bogen. Ihren hohen Abgang vom Haarzapfen, den die Schweissdrüsenanlage schon bei ihrem ersten Auftreten zeigte, hat sie behalten. Ja, es scheint sogar, dass das Corium, je mehr Haarzapfen und die zugehörige Schweissdrüsenanlage an Grösse zunehmen, immer mehr zwischen beiden in die Höhe reicht, und an frühen Bulbuszapfenstadien hat das Corium zwischen beiden dieselbe Höhe wie an der übrigen Haut erreicht Fig. 42). Beide Gebilde sind nun durch 3—4 Zellbreiten normaler Epidermis voneinander getrennt, und eine Beziehung zwischen ihnen wäre ohne frühere Entwicklungsstufen nach diesem Bild allein nicht anzunehmen. Es fiel auf, dass an den untersuchten Stellen des Rumpfes bei dem 5,3 cm langen Embryo die ältesten Haaranlagen, die sich im Stadium des Haar- und beginnenden Bulbuszapfens befanden, sämtlich eine zugehörige Schweissdrüsenanlage aufwiesen. Haare, an denen sich keine Schweissdrüsen entwickelt hatten, waren in den genannten Stadien nicht anzutreffen. Wir betonen dies besonders, da wir der Meinung sind, dass nicht an jedem Haar eine Schweissdrüse zur Entwicklung kommt. Wir sahen bereits, dass die Schweiss- drüsenanlage überhaupt nur am kleineren Teil der Haarkeime auftritt. Ferner ergab sich die Thatsache, dass die Zahl der sich an der Haut älterer Embryonen findenden Schweissdrüsen und ihrer Vorstadien sehr gering ist gegenüber der Zahl der Haare. Es könnte nun der Einwand gemacht werden, dass an jedem Haar eine Schweissdrüse angelegt würde, dass diese An- lagen aber zu verschiedenen Zeiten der Haarentwicklung auf- träten, von ihnen jedoch nur eine kleine Anzahl zur Ausbildung gelangte, und die meisten hingegen sich wieder zurückbildeten. Es wäre also in jedem Stadium, mithin auch an der fertigen Haut immer nur eine geringe Zahl von Schweissdrüsen bezw Zur Entwicklung der Schweissdrüsen der behaarten Haut. 447 deren Vorstufen zu finden, wie dies ja den Befunden entspricht. Die Möglichkeit, dass die ersten Anlagen der Schweissdrüsen auch erst an älteren Haarstadien auftreten könnten, muss zu- gegeben werden. Thatsächlich wurden aber entsprechende Be- obachtungen von uns nie gemacht, ebenso wie von Rückbildungs- vorgängen an Schweissdrüsenanlagen nicht das geringste ge- sehen wurde. ' Wir stellen also fest, dass die grössten in der Haut des Jüngsten Embryo gefundenen Haaranlagen im Stadium des Haarzapfens, seltener schon im Stadium des Bulbuszapfens sich befanden und sämtlich eine Schweissdrüsenanlage besassen, die in der beschriebenen Weise entwickelt war. Als wichtigster Befund sei nochmals erwähnt, dass die Schweissdrüse mit zu- nehmender Grösse immer weiter vom Haar entfernt war, so dass schliesslich der Eindruck einer vollständig vom Haar unab- hängigen Drüse hervorgerufen wurde. Wir versagen es uns, an dieser Stelle weiter auf diese merkwürdige Thatsache einzu- gehen. Sie wird ihre Besprechung finden, wenn wir Vorgänge an anderen Stellen kennen gelernt haben, die uns eine Deutung dieses Verhaltens zu geben scheinen. Gegenüber der Haaranlage ist die Schweissdrüsenanlage cha- rakterisiert durch ihre kleineren, unregelmässig gestellten Kerne, vor allem aber dadurch, dass eine Anhäufung von Mesenchymzellen unter dem abgerundeten Ende der Schweissdrüsenanlage nicht zu finden ist. Dies letztere beweist, dass die Bildung der Papille bezw. des bindegewebigen Haarbalges nicht durch ein mecha- nisches Zusammendrängen der Coriumelemente geschieht, sondern etwas dem Haare Eigentümliches ist. Hier sei auch die Angabe Eggelings (8) angeführt, dass die Anlagen der Schweissdrüsen Gruppen rundlicher Zellen darstellen, während bei den Anlagen der Haare und Talgdrüsen eine periphere Zone eylindrischer Zellen besteht. Für die allerersten Anlagen können wir diese Unterscheidung jedoch nicht gelten lassen; dort ist die Schweiss- 29* 448 CARL WIMPFHEIMER, drüsenanlage, die ja von den cylindrischen, peripheren Zellen des Haarkeimes stammt, auch eine Anhäufung von cylindrischen Zellen. In folgendem sei einiger Besonderheiten der Haarentwick- lung Erwähnung gethan, die sich bei der Verfolgung der Schweiss- drüsenentwicklung des Maulwurfs mit ergaben. Dass diese Dinge etwas ausführlicher behandelt werden, hat insofern seine Berechtigung, als wir mit diesen Verhältnissen teilweise bei der Darstellung der Schweissdrüsenentwicklung noch zu thun haben werden, und diese Verhältnisse zum grossen Teil für den Maul- wurf noch nicht beschrieben sind. Die Ausbildung der Haar- kanalzellen findet in dem Umfang wie beim Menschen nicht statt. In der Achse des Haarzapfens sind die Kerne polygonal bis rundlich und unregelmässig stehend, im obersten Abschnitt aber sind sie langgestreckt und parallel zur Haarachse gestellt; hier liegen Haarkanalzellen vor. Die darüber gelegenen Zellen sind, was Form und Stellung anbetrifft, nicht von den Zellen der Intermediärschicht verschieden. Dass sie sich schon zu dieser Zeit wie beim Menschen entsprechend dem zukünftigen Haarkanal in einer besonderen Richtung anordnen, wurde nicht beobachtet. Auch Spuren der Verhornung wurden weder an diesen, noch an irgendwelchen Zellen des Haarzapfens gesehen. Eine Wulstanlage ist am Haarzapfen nicht vorhanden. Am Grunde ist der Haarzapfen in späteren Stadien etwas abgeplattet. Die hier stehenden Kerne sind länger und schmäler wie die an den Seiten stehenden, intensiver gefärbt als jene und meilerförmig gestellt. Es ist dies Maurer (22) nicht entgangen. Er spricht von einer deutlich knospenförmigen Anordnung der Epithelzellen über der Haarpapille. Er lässt dies nur etwas später auftreten, nämlich dann „wenn sich die Anlage des Haarschaftes bildet“. Die Dermazellen bilden gerade unter dem Haarzapfen einen dichten Haufen; die Längsachsen der spindelförmigen Kerne verlaufen entsprechend der Grenzmembran des Haarzapfens Zur Entwicklung der Schweissdrüsen der behaarten Haut. 449 (d. i. eine Fortsetzung der Basalmembran der Epidermis). An dessen Seiten sind die Bindegewebskerne spärlich, bestehen aber hier beiderseits etwa in gleicher Weise; von einer Anhäufung von Mesenchynizellen, die eine Arrectoranlage darstellen könnte, ist nichts zu sehen, beim Maulwurf fehlen überhaupt Arrectoren. Die Bildung des hohlen Bulbus pili erfolgt beim Maulwurf anscheinend nicht so rasch, als es Stöhr für den Menschen annimmt. Zwischen einer leichten Eindellung am Grunde des Haarzapfens und einem gut entwickelten Bulbus, der die lange schlanke Papille schon einzuschnüren beginnt, konnten wir eine grosse Zahl von Übergangsbildern finden. Das Auftreten des Haarkegels findet nach unseren Beobachtungen erst statt, wenn eine lange Papille, vom Bulbus umfasst, vorhanden ist. Zuerst beginnen die über der Matrixplatte gelegenen Zellen sich in Form eines Kegels zu gruppieren. An weiter entwickelten Stadien ziehen sich die an der Spitze des Kegels befindlichen Elemente stark in die Länge und zeigen, wenn auch noch undeutlich, jene Längsstreifung, wie sie später den verhornten Teilen des Haares eigen ist. Bald ist die Einschnürung am Grunde der Papille stärker geworden, an der Basis des Haar- kegels ist eine grosse Menge braunen Pigments zwischen den einzelnen Zellen abgelagert. Die einzelnen Schichten des Haares haben sich am Haarkegel schon angelegt; die Zellen der äusseren Wurzelscheide, der beiden Schichten der inneren Wurzelscheide und der beiden Cuticulae sind deutlich zu erkennen. Die Spitze des Kegels reicht etwa bis in die Mitte des Zapfens herauf. Im oberen Teil des Bulbuszapfens sind nun gegen den Haar- zapfen auch einige Veränderungen eingetreten. Von den bereits erwähnten langgestreckten Kernen der Haarkanalzellen an lässt sich ein Strang gleichgestellter Kerne bis ins Stratum granu- losum der Epidermis verfolgen. Das Protoplasma ist im Bereich dieses Stranges deutlich heller als sonst. Im Stratum granu- losum treten verhornte Massen auf, und im ganzen Verlauf des 450 CARL WIMPFHEIMER, bezeichneten Stranges finden sich bis ins oberste Drittel des Bulbuszapfens herab Spuren der Verhornung in Form stärker lichtbrechender Körnchen, die sich wie die Kerne färben und als Keratohyalinkörnchen anzusprechen sind. Nach van Gieson färbten sich diese Körnchen wie die des Stratum granulosum intensiv dunkelbraun. Wir sehen in diesen Vorgängen die Vor- bereitung zum Durchbruch des Haares. Die später entstandenen Haar- und Bulbuszapfen zeichnen sich vor den früheren durch grössere Schlankheit aus. Die tiehtung des einwachsenden Zapfens wird durch ein benach- bartes Sinushaar (scheinbar mechanisch) deutlich verändert, so dass an solchen Stellen der Bulbuszapfen mit seinem unteren Ende ganz zur Seite gedrängt ist. Das Scheidenhaar ist dadurch charakterisiert, dass an ihm alle Schichten, die am fertigen Haare und seinen Scheiden be- stehen, erkannt werden können. Das Haar besitzt in diesem Stadium etwa die doppelte Länge des Bulbuszapfens. Die Papille hat ihre lange, schlanke Gestalt behalten; sie wird vom Bulbus von allen Seiten umfasst, und ein ganz schmaler Papillenhals von nicht mehr als einer Zellbreite ist zur Ausbildung gekommen. Die erwähnte Pigmentanhäufung im Haarkegel hat so stark zu- genommen, dass nicht mehr zu unterscheiden ist, ob das Pig- ment, wie anfangs nur zwischen oder auch in den Zellen gelegen ist. Im übrigen lassen sich die bekannten Schichten des Haares und seiner Scheiden erkennen. Die Verhornung der inneren Wurzelscheide und der Rindenschicht hat von der Spitze aus, die bis in die Gegend der Talgdrüsen reicht, begonnen; sie ist soweit fortgeschritten, dass die Kerne der Henleschen Schicht nur ganz wenig über die Höhe der Papillenspitze hinaus zu erkennen sind; die Verhornung der Huxleyschen Zellen reicht etwa bis zur halben Höhe des Haares, während die Verhornung der Rindenzellen ungefähr bis in die Mitte zwischen den beiden ben erwähnten Grenzen reicht. Zur Entwicklung der Schweissdrüsen der behaarten Haut 451 Der Durchbruch des Haares beginnt in der bereits ange- deuteten Weise, dass vom Stratum corneum aus gegen die Achse der Haaranlage eine Verhornung der Elemente in der Richtung gegen den erwähnten Strang der Haarkanalzellen Platz greift. Die Verhornung schreitet fort; es bildet sich an der genannten Stelle ein Lumen aus, das mit trichterförmiger Erweiterung auf der Epidermis ausmündet. Die Verhältnisse sind hier ähn- lich denen, die von Oyama für das Mäusehaar beschrieben wurden. Die Wand dieses Kanales ist von verhornten Elementen gleich denen des Stratum corneum gebildet und geht auch ohne Grenze in dieses über. Nach unten lässt sich das Lumen bis etwas unterhalb des Niveau der Basalmembran verfolgen. Wir werden für die Folge das eben beschriebene Gebilde als „Haar- trichter“ bezeichnen. Die von der verhornten inneren Wurzel- scheide bedeckte Haarspitze ist über die Höhe der Talgdrüsen hinausgewachsen; über ihr bildet sich durch den Zerfall der inneren Wurzelscheide ein Hohlraum aus, der schliesslich mit dem von der Fpidermis her sich bildenden Haartrichter in Ver- bindung tritt. Dieser Hohlraum entspricht, solange er noch gegen die Oberfläche abgeschlossen ist, dem „Haarkanal“ Stöhrs. Er erreicht beim Maulwurf nur eine bescheidene Ausdehnung im Vergleich mit den langgestreckten Haarkanälen, wie sie beim Menschen vorkommen. Das Haar bricht beim Maulwurf ähn- lich wie bei der Maus direkt dureh. In diesem nach der Ober- fläche offenen Lumen, in dem anfangs noch Trümmer ver- hornter Zellen liegen, wächst nun das Haar weiter in die Höhe; die verhornte innere Wurzelscheide bleibt etwas über der Talg- drüsenmündung zurück, so dass das unter dem Microscop gelb- liche Haar frei im Lumen liegt. Am Haar ist die charakteristische Zähnelung aufgetreten —d. h. die Haareuticula ist jetzt deutlich —, die abwärts bis über die Mitte des im Balg verlaufenden Teiles des Haares zu sehen ist. Die schwarzbraunen Pigmentkörn- chen, die über der Papille in grossen Mengen abgelagert sind, 452 CARL WIMPFHEIMER, lassen sich in Streifen angeordnet, an Menge allmählich ab- nehmend etwa bis in halbe Höhe des Haares verfolgen. An günstigen Schnitten liessen sich die Kerne der Markzellen gut erkennen; sie sind ziemlich gross und dunkelgefärbt, die unteren sind rundlich, die oberen länglich und quergestellt. Einzelheiten, speziell die Art der Verhornung lassen sich nicht unterscheiden wegen einer starken Pigmentation, die in besonderer Weise an- geordnet ist. Das Pigment besteht, wie schon erwähnt, aus schwarzbraunen Körnchen, die in der Rindensubstanz_ streifig angeordnet sind. In der Gegend der Matrixzellen und im untersten Teil des Markstranges bilden die Pigmentkörnchen unregel- mässige dichte Haufen. Weiter oben ist das Pigment, wahr- scheinlich in den Markzellen derart angeordnet, dass es mit seinem grössten Teil immer über einem Kern gelegen, oben und an den Seiten gerade Grenzen zeigt, die den Zellgrenzen ent- sprechen können. Seitlich liegt das Pigment im Bogen halb um den Kern herum; der untere Teil der angenommenen Mark- zelle, deren wirkliche Grenzen jedoch nicht zu erkennen sind, bleibt frei. Die Haare selbst sind zur Epidermis an älteren Stadien stärker geneigt als an jüngeren; der intraepidermoidale Teil verläuft annähernd in derselben Richtung. Gelegentlich fanden wir ihn gegen das übrige Haar etwas abgeknickt und stärker zur Epidermis geneigt; der unterste Teil des Haares war dann nach der entgegengesetzten Seite abgebogen. Sonst wurde am Haar keine nennenswerte Biegung beobachtet. An Brust und Bauch waren die Haare im ganzen kleiner und standen weniger dicht als am Rücken. An den mehr nach hinten gelegenen Teilen des Rückens waren die einzelnen Haare stärker und standen weniger dicht als weiter vorne. Wir verliessen die Schweissdrüse, nachdem sie zu einem längeren Säckchen herangewachsen war und sich vom zuge- hörigen Bulbuszapfen schon entfernt hatte. In der Haut des mittleren Embryo fanden wir die Schweissdrüse am Rumpf Anatom. Hefte. I. Abteilung. Hei 101 (34. Bd. 11.3) Tail 19-50 ZZ 0. W Heylag gez Zur Entwicklung der Schweissdrüsen der behaarten Haut. 453 wesentlich in zwei Formen der Entwicklung vor. Einmal fand sie sich, wie zu erwarten war, schon als freimündende Drüse, dann aber auch dicht an einem Scheidenhaar (Fig. 7). Dieser letztere Befund war nicht erwartet worden, da wir bei dem jüngeren Embryo die Schweissdrüsenanlage schon verhältnis- mässig weit von ihrem Bulbushaar entfernt gefunden hatten. An eine wieder erfolgte Annäherung zwischen beiden ist nicht zu denken; es kommt also nur die Annahme in Frage, dass die zuerst aufgetretene (reneration von Schweissdrüsen, die wir ja im ersten Teil ihrer Entwicklung verfolgt haben, inzwischen die freie Epidermis erreicht hat, und dass in einem Stadium, das nicht zur Beobachtung kam, eine weitere Generation von Schweissdrüsen entstand, die sich verhältnismässig später als jene vom Haar trennt. Dass diese Schweissdrüsen ebenfalls das Bestreben haben, mit ihrem Ursprung vom Haarbalg auf die freie Epidermis zu gelangen, liess sich sehr schön im einzelnen verfolgen. Die ersten Stadien dieser zweiten Generation bekamen wir nicht zu Gesicht; das früheste, das zur Beobachtung kam, hatte die Form eines schlanken Säckchens von etwa !/,—?/, der Länge des zugehörigen Scheidenhaares und lag diesem dichter an, als es bei den erwähnten früheren Stadien der Fall war. In seinem unteren Teil war es etwas aufgetrieben und liess daselbst zwischen den dunklen Kernen einen hellen Spalt er- kennen. Dieser kann als erste Andeutung des zukünftigen Lumens angesehen werden; bekanntlich bildet sich dieses Lumen ja dadurch, dass Secret in die Intercellularspalten ausgeschieden wird und dadurch diese Intercellularspalten sich allmählich zu einem deutlichen Lumen erweitern. Zu beiden Seiten des Spaltes lagen die Kerne und damit die Zellen in doppelter Lage. Die der inneren Schicht sind die nachmaligen Drüsenzellen, die äusseren werden zu den Epithelmuskelzellen umgebildet. Die beginnende Bildung des Haartrichters zeigte sich schon an durch die Einsenkung verhornter Massen und das Auftreten 454 CARL WIMPFHEIMER, der Körnchen, die oft charakteristisch an beiden Polen der lang- gestreckten Kerne der Haartrichterzellen zu finden waren. In gleicher Weise, aber unabhängig von diesem, zeigte sich die beginnende Bildung eines zweiten trichterförmigen Lumens, das in der Richtung der Schweissdrüsenachse verlief. An älteren Haaren fanden wir die Schweissdrüse ungefähr bis zur Mitte des Haarbalges herabreichend. Sie ist hier ein schlankes Gebilde, das einen leicht geschlängelten Verlauf er- kennen lässt und ist an ihrem unteren Ende leicht aufgetrieben. Die Elemente des Coriums, die zwischen Haar und Schweiss- drüse eingeschoben sind, erreichen nahezu das Niveau der Basal- membran der Epidermis, so dass es hier schon den Eindruck macht, als ob die Schweissdrüse mit ihrem Ursprung vom obersten Teil des Haarbalges mehr auf die angrenzende Epidermis gerückt sei. Auch hier fanden wir im unteren Teil der Drüse ein Lumen als schmalen Spalt nur eben angedeutet. Da, wo wir bei dem vorher beschriebenen Stadium die von der Epi- dermis aus beginnende Bildung eines Lumens beschrieben hatten, ist nun thatsächlich ein solches zu beobachten. Es ist immer gegen die freie Oberfläche hin offen und reicht verschieden tief, höchstens bis etwas unterhalb der Basalmembran. Der Haar- trichter hat sich nunmehr ebenfalls gebildet. Die beide Lumina trennende Wand ging verschieden weit in die Höhe, wie dies bei den einzelnen Befunden angegeben werden wird. An einer Stelle hatten wir z. B. folgendes Bild (Fig. 35): Haar und Schweissdrüse haben die oben beschriebene Aus- bildung erfahren. Zwischen beiden war die Trennung so weit vorgeschritten, dass das Corium das Niveau der Basalmembran der Epidermis erreichte. Zwischen dem Haartrichter und dem Schweissdrüsentrichter bestand eine Zunge in der Breite von etwa zwei Zellen aus normalen Epidermiszellen, die, sich nach oben zuspitzend, die Höhe des Stratum granulosum erreichte. Der Trichter der Drüse reichte bis etwas unterhalb der Basal- Zur Entwicklung der Schweissdrüsen der behaarten Haut. 455 membran. In beiden Trichtern lagen hyaline Massen, die sich oben miteinander vereinigten. In einem weiteren Fall (Fig. 36) waren Haar und Schweissdrüse etwas weiter auseinander gerückt; die Zunge zwischen beiden Trichtern war ebenfalls breiter geworden, reichte aber im speziellen Fall nicht ganz so hoch, als es für die vorher beschriebene angegeben war. Der Haar- trichter beschrieb hier einen flachen Bogen und vereinigte sich so über der Zunge mit dem der Schweissdrüse, der seine Richtung beibehalten hatte. Wir können nun hier im einzelnen verfolgen, wie die Schweiss- drüse mit ihrem Ursprung vom Haarbalg auf die benachbarte Epidermis rückt und sich hier vom Haar weiter entfernt. Das- selbe hat schon Alzheimer (1) bei den Ohrenschmalzdrüsen des Menschen beobachtet. Er fand, dass sie durch Auswachsen der äusseren Wurzelscheide des Haarbalges entstehen. Sie münden noch beim Neugeborenen in die Haarbälge. Die Mündungen rücken aber langsam und allmählich am Haarbalg höher, um beim Erwachsenen meist auf die freie Hautfläche auszumünden ; manche bleiben jedoch bei dem früheren Verhältnis stehen. Einen ähnlichen Vorgang nimmt Mollison (26) bei der Rücken- drüse von Dendrohyrax terricola an, giebt aber keine Einzel- heiten dieser Wanderung. Eine andere Art, wie ursprünglich mit einem Haar ver- bundene Drüsen zu einer freien Mündung gelangen, erwähnt Eggeling (7 und 8). Seiner Arbeit über die Glandulae areo- lares des Menschen entnehmen wir, dass diese ursprünglich mit Haaren in Verbindung stehen, dass später aber die Haare zu- grunde gehen. Diese Drüse hängt dann nur noch mit dem Rest eines Haarbalges zusammen oder wir finden sie sogar voll- kommen frei mündend. Auch an den den Schweissdrüsen homo- logen Milchdrüsen des Menschen hat er einen ähnlichen Vor- gang beobachtet. Er fand daselbst neben häufig vorkommenden isolierten Anlagen der Milchgänge, Kombinationen vondreiSprossen, 456 CARL WIMPFHEIMER, die den Anlagen des Milchganges, des Haares und der Talgdrüse entsprechen. Eggeling nimmt nun an, dass an der Brust- warze die ohnehin verspätet sich ausbildenden Haaranlagen sich nicht mehr viel weiter entwickeln und später zugrunde gehen, so dass die mit ihnen verbundenen Talgdrüsen an die Milch- gänge Anschluss finden. Durch die Verfolgung dieses Vorgangs wird auch der scheinbare Widerspruch erklärt, der darin liegt, dass bald nach Beginn des Auseinanderrückens Haar- und Schweiss- drüsentrichter bis fast an die Mündung durch eine Epidermis- brücke getrennt sind, während bei weiter abgerückter Schweiss- drüse die beiden Trichter im grösseren Teil ihres intraepider- moidalen Verlaufs miteinander in Verbindung stehen. Der Vor- gang verläuft in folgender Weise: Die Schweissdrüse rückt mit ihrem Ursprung am Haarbalg in die Höhe und bald auf die angrenzende Epidermis. Sobald sich beide soweit voneinander entfernt haben, dass ein schmaler Bezirk normaler Epidermis zwischen ihnen besteht, beginnt neben der Bildung des Haar- trichters unabhängig von diesem die Bildung des Schweiss- trichters, der sich bald oben mit ersterem vereinigt und einen spitzen Winkel mit ihm bildet. In diesem Winkel liegt auf dem Schnitt von dreieckiger Gestalt — Epidermis, deren Zellen wie sonst auch, nach oben zu verhornen. Zu dieser Zeit mündet die Schweissdrüse dicht neben dem Haar auf der Oberfläche, von ihm nur durch einen ganz schmalen Gewebsstreifen ge- trennt (Fig. 35). Nun rückt die Schweissdrüse langsam immer mehr vom Haar ab, das Lumen beider Trichter nimmt zu, zu- gleich krümmt sich der Kanal des Haares etwas nach dem Schweisskanal und bleibt mit ihm in Verbindung. Auf dem Schnitt bewirkt dies, dass die Basis des erwähnten Dreiecks breiter wird, seine Höhe abnimmt (Fig. 36). Zu dieser Zeit bestände also in der Epidermis ein Krater, in dessen Tiefe dicht neben dem Haar die Schweissdrüse einmündet. Durch das Zur Entwicklung der Schweissdrüsen der behaarten Haut. 457 Wachstum der zwischengelegenen Epidermis wird die Drüse immer weiter vom Haar entfernt. Die Vergrösserung der beiden Lumina erfolgt nur noch in geringem Masse, so dass bald auch die Mündungen der beiden durch eine immer dicker werdende Epidermispartie getrennt sind (Fig. 37). Nun besteht die frei mündende Schweissdrüse, von welcher oben schon flüchtig die Rede war. Sie ist ein schlankes Säck- chen von der Länge der grösseren Haarbälge ihrer Umgebung und erinnert in ihrer Form an die Abbildung, die Leydig (18) von der Schweissdrüse des Kalbes gibt. Ihr unteres Ende ist kolbig aufgetrieben und lässt einen ziemlich grossen Hohl- raum erkennen, der sich nach oben in dem schmäleren Teil der Schweissdrüse noch eine Strecke weit als spaltförmiges Lumen verfolgen lässt. Von der obersten, verformten Epidermis- schicht aus ist ein Lumen, das dem Schweissdrüsenlumen ent- gegenstrebt, in der mehrfach beschriebenen Weise in Bildung begriffen. Die trichterförmige Ausmündung auf der freien Ober- fläche ist bereits zu sehen. Wir möchten vermuten, dass diese Schweissdrüsen im Gegensatz zu denen, die wir an denselben Stellen noch mehr oder weniger zu einem Haar in Verbindung stehen sahen, von jener ersten Generation stammen, die sich frühzeitig vom Haare trennt. Die späte Bildung des Schweiss- kanals in der Epidermis würde für diese Annahme sprechen, da ja die spätere Generation bei der Trennung vom Haar den Kanal in der Epidermis schon besitzt. In dem gleichmässig ge- färbten Protoplasma der Schweissdrüse liegt innen eine Schicht polygonaler bis rundlicher Kerne, nach aussen von diesen eine Schicht spindelförmiger, vielleicht platter Kerne, die wir als Epithelmuskelzellen angehörig ansprechen. Weiter oben, wo nur ein schmales, spaltförmiges Lumen besteht, liegen in der Wand zwei Schichten der polygonalen Kerne, während diese noch weiter aufwärts, wo noch kein Lumen zu sehen ist, unregel- mässig stehen. 458 CARL WIMPFHEIMER, Bei dem ältesten Embryo fanden wir die freimündende Schweissdrüse weiter ausgebildet wieder (Fig. 43). Ihre Länge betrug etwa ?/s von der der fertigen Haare in ihrer Umgebung, mitunter erreichte sie auch fast die ganze Länge dieser Haare. Man kann an ihr einen Ausführungsgang und einen länglich ovalen Drüsenkörper unterscheiden. Beide Teile sind von an- nähernd gleicher Länge; der Übergang zwischen beiden findet allmählich statt. Der Ausführungsgang zeigt ein enges Lumen, das nach oben mit dem beschriebenen, von der Epidermis her sich einsenkenden sich vereinigt, nach unten, sich allmählich erweiternd, in das Lumen des Körpers übergeht. Die Wand des Ausführungsganges ist gebildet von einer zweifachen Lage von kubischen Zellen, von welchen die inneren vielfach Zeichen der Degeneration tragen. Mit Bleu de Lyon färbte sich das Proto- plasma der Zellen des Ausführungsganges hellblau, die in ein- facher Lage vorhandenen Zellen des Drüsenkörpers, die im übrigen nicht gut erhalten waren, dunkelblau. Ein Übergang zwischen beiden fand in einem Bezirk von 3—4 Zellbreiten statt, in welchem die Wand von einer einfachen Zelllage gebildet wurde. Die Zellen des Drüsenkörpers waren niedrig cylindrisch. Gegen das Lumen zu hatte sich das Protoplasma etwas auf- gehellt, der Kern war nach der entgegengesetzten Richtung ver- lagert. Es dürfte dies wohl auf Sekretionsvorgänge hindeuten. Aussen lagen auf diesen Zellen, jedoch nur im Bereich des Drüsenkörpers, die Epithelmuskelzellen. Weitere Bilder liessen erkennen, dass die Grösse der Schweissdrüse im Verhältnis zu den benachbarten Haarbälgen nicht zugenommen hatte, dass aber eine Verlängerung des Drüsenkörpers auf Kosten des Aus- führungsganges erfolgt war. Wir möchten vermuten, dass diese grossen Drüsen schon im Embryonalstadium des Tieres secer- nieren, ähnlich wie es Maurer (24) bei Ursus Arctos und Backmund (l. ce.) für die Drüsen des Ober- und Unterkiefers der Katze angenommen haben. Wir fanden auch hier, dass Zur Entwicklung der Schweissdrüsen der behaarten Haut. 459 schon ein Ausführungsgang vorhanden war, der auf der freien Oberfläche mündete. Ferner haben wir bereits Veränderungen in den Epithelien des Drüsenkörpers beschrieben, die wir auf Sekretionsvorgänge zurückführten, und endlich fanden wir auch einen feinen Detritus im Lumen, der als Sekret gedeutet werden kann. An der Öberlippe des 7,4 langen Embryo fanden wir die Schweissdrüsen äusserst spärlich. Sie bildeten lange Schläuche, die insofern noch Beziehungen zu einem Haarbalg erkennen liessen, als beide, wie wir es an anderer Stelle schon beschrieben, in der Tiefe eines Kraters dicht nebeneinander ausmündeten. Die Schweissdrüse war in ihrem unteren Teil geschlängelt, nicht wesentlich dicker als oben und besass etwa °/a der Länge des zugehörigen Haares. Im Innern war ein deutliches Lumen zu sehen. Im oberen Teil der Drüse, der dem Ausführungsgang entsprach, war es spaltförmig und gewunden. Die Wand des Drüsenschlauches bestand aus zwei Reihen von Zellen, von denen die innere rundliche, die äussere mehr längliche, längs- gestellte Kerne hatte. Im obersten Teil schien die Wand aus einer doppelten Reihe von Zellen mit rundlichen Kemen ge- bildet. Es erübrigt noch die Besprechung des Wulstes sowie der Talgdrüsen. Im Stadium des Bulbuszapfens ist, wie Fig. 42 zeigt, deutlich eine Partie durch eine geringe Ausbauchung, noch mehr aber durch Stellung der Kerne, die langgestreckt, an ihrem axialen Ende convergierend den Wulst andeuten, auffallend. Bei etwas grösseren Haarstadien ist es oft schwierig, auch nur Spuren eines derartigen Verhaltens wahrzunehmen. In günstigen Schnitten fanden wir am Scheidenhaar den Wulst als eine spindelförmige Auftreibung unterhalb der Talgdrüsen. An dieser Stelle waren die sonst rundlichen Kerne der äusseren Wurzel- scheide stark gestreckt. Nach der Achse des Haares zu conver- gieren sie, und nach innen von ihnen, jedoch noch zur äusseren 460 CARL WIMPFHEIMER, Wurzelscheide gehörig, sind weitere längsgestellte Kerne auf- getreten. Diese Auftreibung ist gewöhnlich an beiden Seiten des Haares, auf der einen Seite meist stärker als auf der anderen zu sehen; am Rüssel ist der Wulst ein wenig stärker ausgeprägt, am Schwanz sind die Verhältnisse ähnlich wie am Rumpf. Bei dem grössten Embryo waren an der Oberlippe und am Schwanz die ältesten Haare bereits durchgebrochen. An diesen bestanden, was den Wulst anbetrifft, gegenüber dem Scheidenhaar keine Unterschiede. Eine stärkere Ausbildung des Wulstes kam uns nicht zu Gesicht. Dass wir die Talgdrüsen überhaupt in den Kreis unserer Betrachtung ziehen und ihre Entwicklung etwas ausführlicher behandeln, findet seine Erklärung darin, dass am Rüssel des Maulwurfs eine Verwechslung mit Schweissdrüsen leicht mög- lich ist, und dass ihre Entwicklung beim Maulwurf eine Dar- stellung noch nicht gefunden hat. Die einzige Angabe, die wir über Talgdrüsen des Maul- wurfs fanden, rührt von Hoffmann (14) her und bezieht sich auf ihre Lage und Form. Nach Hoffmann ziehen sich die Talgdrüsen an der Schnauze des Maulwurfs vermöge ihrer Gestalt tief an dem Haarbalg herab und liegen mit ihrem blinden Endstück oft tief unter der Haarpapille, d. h. oft auf der Grenze des Stratum reticulare desCoriums und der Unterhaut. „Diese Lage ist lediglich Folge der Länge der Talgdrügen; in der Rücken- haut, wo sie eine alveoläre Form besitzen, finden sie sich im Stratum intermedium der Lederhaut.“ Ferner seien hier noch die Angaben von Rauther (31) über accessorische Genital- drüsen des Maulwurfs erwähnt. „Bei Talpa“, schreibt er, „fehlen typische Vorhautdrüsen. Auf dem Präputium wie rings um die Afteröffnung stehen Haare mit ziemlich grossen Talgdrüsen, doch sind diese nicht zu einer einheitlichen Drüsenmasse zu- sammengeschlossen. Die Analdrüse besteht aus einer Talgdrüse und einer tubulösen Drüse.“ Die Ausmündung der tubulösen Zur Entwicklung der Schweissdrüsen der behaarten Haut. 461 Drüse sei unklar. Ähnliche, aber kleinere Drüsen fand Rauther im epidermoidalen Teil der Aftereinstülpung; es stehen hier rings hinter dem geschichteten Epithel der Oberhaut im sub- cutanen Bindegewebe zahlreiche kleine, aus gewundenen Drüsen- tubuli bestehende Drüsen, deren jede sich mit eigenem Aus- führungsgang in den Anus öffnet. Der tubulöse Bau erschien hier deutlicher als bei den Analdrüsen. „Beide tubulöse Drüsen sind vielleicht als vergrösserte Schweissdrüsen anzusehen, die allerdings in normaler Ausbildung dem Maulwurf ganz fehlen sollen.“ Bei der nun folgenden Besprechung unserer Befunde stellen wir die Talgdrüsen des Körpers, des Schwanzes und des Rüssels wegen ihrer starken Verschiedenheiten gesondert dar. Am Rumpf fanden wir die ersten Anlagen der Talgdrüsen an Haaren in einem späten Bulbuszapfenstadium. Sie charakterisierten sich dadurch, dass etwa zwischen mittlerem und oberem Drittel des Haares beiderseits die der Grenzmembran aufsitzenden Kerne etwas verlängert und quergestellt waren und nach innen con- vergierten. Hierdurch wurde eine geringe Hervorwölbung der betreffenden Stelle bedingt. Nach innen von diesen Kernen traten bald noch weitere auf. Das Wachstum dieser Anlage ist nur ein geringes, an den grösseren Haaren erscheinen die Talg- drüsen als kleine, manchmal etwas überhängende Säckchen (Fig. 33), die in der Ein- oder Zweizahl an einem Haar zu sehen sind und folgende Einzelheiten erkennen lassen. In der Peri- pherie liegt eine einfache Schicht platter Zellen mit rundlichen Kernen. In den folgenden Zellen hat sich das Protoplasma stark aufgehellt und zeigt jene reticulierte Beschaffenheit, die den Talgdrüsenzellen eigentümlich ist. Weiter central sind die Kerne wesentlich blasser und nur ungleichmässig gefärbt, und in den innersten Zellen ist häufig nur noch die Kernmembran zu erkennen, längs welcher die färbbaren Bälkchen stehen; an den noch weiter degenerierten Zellen ist der Kern verschwunden, Anatomische Hefte. I. Abteilung. 104. Heft (34. Bd., H. 3), 30 462 CARL WIMPFHEIMER, dafür ist eine Anzahl von Körnchen und Splittern zu sehen, die wir für die Fragmente des zugrunde gegangenen Kernes halten. Am Schwanze bieten neben den Talgdrüsen auch die Haar- anlagen teilweise besondere Verhältnisse dar. Hier findet sich nämlich die Papillenanlage an dem sehr schräg stehenden Haar- zapfen nicht an seiner tiefsten Stelle, sondern mehr an der nach der Epidermis sehenden Seite, ein Befund, der an die Angaben von Okamura (28) erinnert. An dieser Stelle ent- steht auch die Eindellung des Haarzapfens und die durch viele Mitosen ausgezeichnete Matrixplatte. Beim weiteren Wachs- tum gelangt dann die Papille und der Bulbus doch an die ge- wöhnliche Stelle. Die Bildung der Talgdrüsen erfolgt auch hier in der bekannten Weise. Eiwas oberhalb von der Mitte des Bulbuszapfens finden wir die Kerne dichter gestellt, in den fol- genden Stadien sind sie länger geworden und nach innen con- vergent. Die Ausbuchtung wird grösser und bald ist ein kleines Säckehen gebildet. Am Schwanz des grössten Embryo findet sich die Talgdrüse immer auf der nach abwärts gerichteten Seite des Haares gut ausgebildet; gegenüber ist häufig eine geringe Ausbuchtung zu sehen, die eine rudimentäre Talgdrüse dar- stellen könnte. Mitunter ist die nach oben gelegene Talgdrüse auch etwas stärker entwickelt, sie erreicht aber nie die Grösse und Ausbildung der nach unten gelegenen. Die Form der Talg- drüsen schwankt etwas; sie bilden einmal grosse plumpe Säcke (Fig. 32), die vom zugehörigen Haare abstehen, dann ist ihre Form wieder mehr in die Länge gezogen und sie liegen ihrem Haar dichter an. Jene Form wird mehr bei jüngeren, diese bei älteren Haaren gefunden. Bei starker Vergrösserung zeigt sich in der Peripherie eine ein- bis dreifache Lage dunkler rundlicher Kerne. Gegen die Mitte und besonders nach oben zu hellt sich das Protoplasma allmählich auf, und die Zellen, deren Grenzen hier wohl unterschieden werden konnten, waren Zur Entwicklung der Schweissdrüsen der behaarten Haut. 463 mit kleinen Tröpfchen angefüllt. An den Zellgrenzen war das Protoplasma etwas dunkler, und hier waren keine Tröpfchen vorhanden. Die Kerne wurden ebenfalls nach dem Centrum der Drüse und nach oben immer blasser, die färbbare Substanz gruppierte sich längs der Kernmembran. Am Rüssel erfolgt die Bildung der Talgdrüsen in derselben Weise, wie am übrigen Körper. Wie die Haare an dieser Stelle immer den Haaren des übrigen Körpers in der Entwicklung vorausgeeilt sind, so sind auch die Talgdrüsen hier weiter aus- gebildet als an den gleichen Haarstadien des übrigen Körpers. Die Drüsen eines Haares haben ein ungleich starkes Wachstum erfahren. Von den beiden Drüsen, die gewöhnlich auf Schnitten an einem Haar zu sehen sind, hat die eine die Form eines schmalen Säckchens angenommen, das etwa bis zur Mitte des Wulstes herabhängt (Fig. 30), während die andere in ihrer Grösse kaum zugenommen hat, jedoch nicht mehr als rund- liche Ausbuchtung vom Haar absteht, sondern etwas nach unten überhängt. An der grösseren Talgdrüse lassen sich folgende Einzelheiten erkennen: Innerhalb der Grenzmembran liegt eine einfache Lage dunkler, polygonaler Kerne in gleichmässig ge- färbtem Protoplasma; Zellgrenzen können nicht erkannt werden. In der Achse des Talgdrüsensäckchens liegen unregelmässige Kerne zwischen verhältnismässig vielem Protoplasma, dem kleine Fetttropfen eine reticulierte Beschaffenheit verleihen. Das kleinere Talgdrüsenstadium auf der anderen Seite des Haares gibt den gleichen Befund, wie die früher beschriebenen Stadien. Bei dem ältesten Embryo begegnen uns die Talgdrüsen in den ver- schiedensten Formen wieder. An jüngeren Haaren kommen sie häufig in der Weise vor, dass auf der einen Seite des annähernd senkrecht zur Oberfläche stehenden Haares ein kleines etwas überhängendes Säckchen besteht; die Talgdrüse der anderen Seite ist ein langer, schlanker Sack der bis zum untersten Ende des Wulstes teilweise noch tiefer reicht. An der Einmündungs- 30* 464 CARL WIMPFHEIMER, stelle in den Haarbalg ist sie häufig etwas aufgetrieben und verschmälert sich nach unten. Im unteren Teil der Drüse liegen die rundlichen, dunklen Kerne dicht beieinander; in dem oberen, erweiterten Teil hat sich central das Protoplasma stark auf- gehellt und zeigt die reticulierte Beschaffenheit der Talgdrüsen- zellen, die Kerne sind gross, etwas heller gefärbt und liegen weit auseinander. Die Elemente der kleinen Talgdrüse haben sich in dem oberen Teil in gleicher Weise verändert. Sehr schöne Bilder ergab die Nachfärbung mit Bleu de Lyon. Die Kerne waren durch Boraxkarmin rot gefärbt, das Protoplasma der unveränderten Zellen hatte keine Farbe angenommen; da- gegen waren sämtliche Zellgrenzen sowie der Inhalt der Talg- zellen blau gefärbt; in letzteren waren die Sekrettropfen als hellere Flecke in einem dunkleren Netzwerk deutlich zu sehen. Die grössten Talgdrüsen, die wir am Rüssel fanden, waren lange schlanke Schläuche, die auf den ersten Blick an Schweissdrüsen erinnerten (Fig. 31). Sie verliefen leicht geschlängelt, und reichten, sich etwas vom Haare entfernend, bis in das Niveau der Papille hinab. Nach unten zu nahmen die Drüsen an Dicke etwas zu. Die zweite zum Haar gehörige Drüse war gewöhn- lich ein kurzes Säckchen, konnte jedoch auch eine beträchtliche Grösse erreichen. Zwischen diesen langen Drüsen und den oben beschriebenen Stadien waren viele Zwischenstufen anzutreffen. Die Wand der Drüse erwies sich bestehend aus einer einfachen Lage von platten Zellen mit dunklen rundlichen Kernen. Im Innern lagen grosse Zellen mit reticuliertem Protoplasma und blassen Kernen (Fig. 44). Im oberen Teil der Drüse, nahe der Mündung war gelegentlich die Andeutung eines Lumens zu sehen. Die Färbung der Kerne nahm von oben nach unten ab, im untersten Teil waren nur noch die Kernkörperchen tingiert. Die Angaben Maurers, dass die Talgdrüsen eines Belages glatter Muskelzellen entbehren, können wir auch für den Maul- Zur Entwicklung der Schweissdrüsen der behaarten Haut. 465 wurf bestätigen. Maurer schreibt nun weiter: „Hier treten die Arrectores pilorum ein, welche bei ihrer Kontraktion einen Druck auf die Talgdrüsen ausüben und somit deren Entleerung be- wirken können.“ Nun finden sich aber beim Maulwurf nirgends Arrectoren, und die Entleerung besonders der langen, schlauch- förmigen Talgdrüsen des Rüssels scheint ohne eine äussere Kraft nicht möglich. Diese schien wenigstens am Rüssel ersetzt durch quergestreifte Muskulatur, die in dicken Bündeln zwischen Corium und Stratum subeutaneum verlief. Von diesen zweigten sich feinere Bündel ab und verliefen aufwärts in das Corium, wo sie sich allmählich auffaserten. Irgend ein Zusammenhang mit Haaren oder Talgdrüsen war nicht zu sehen. Fassen wir die Ergebnisse unserer Untersuchungen zunächst über die Entwicklung der Schweissdrüsen des Maulwurfes zu- sammen, so ergeben sich folgende Resultate: Die Entwicklung der Schweissdrüsen geht an der behaarten Haut des Maulwurfes ausschliesslich von den Haaranlagen aus. Ihre ersten Anlagen treten bereits am Haarkeim auf. Sie ent- wickeln sich durch mitotische Teilungen der äusseren Zellen als Sprossungen. Schweissdrüsen werden nur an einem kleinen Teil der Haarkeime angelegt. Die Schweissdrüsen haben das Bestreben, sich vom Haare zu entfernen. Diese Wanderung ist bei den frühesten Schweiss- drüsen bereits erfolgt, wenn das zugehörige Haar sich im Be- ginn des Bulbuszapfenstadiums befindet. Die Schweissdrüsen- anlage besitzt in dieser Zeit nahezu die Grösse des Bulbus- zapfens. Die später entstandenen Schweissdrüsen trennen sich erst von ihrem Haar, wenn dieses sich im Scheidenhaarstadium befindet. Die Schweissdrüse ist in diesem Falle nur etwa halb so lang als das Haar. Schliesslich besteht eine Schweissdrüse, die frei auf der Epidermis ausmündet, und keine Beziehungen mehr zu einem Haarbalg erkennen lässt. Die Bildung der Haarkeime erfolgt in der bekannten Weise. 466 CARL WIMPFHEIMER, Unsere Befunde sprechen dafür, dass die vermehrten Zellen des Stratum intermedium auch aus dieser Schicht selbst stammen können. Die Ausbildung von Haarkanalzellen findet in dem Um- fang wie beim Menschen nicht statt. Nur im obersten Teil des Haar- zapfens finden sich in der Achse langgestreckte Zellen, d. s. Haarkanalzellen. An dem etwas abgeplatteten Grunde des Haar- zapfens erfolgt die Bildung der Matrixplatte. Der Haarkegel tritt erst auf, wenn eine lange Papille, vom Bulbus umfasst, vorhanden ist. Der Durchbruch des Haares erfolgt in der Weise, dass vom Stratum corneum eine Verhornung der Elemente bis in den Strang der erwähnten langgestreckten Zellen eintritt. An dieser Stelle bildet sich ein Lumen, der Haartrichter, aus. Mit ihm tritt der Hohlraum in Verbindung, der über der Haarspitze aufgetreten ist, und damit ist die Bahn für das Haar frei. Das fetale Haar besitzt einen deutlichen Markstrang. Der Wulst ist im ganzen beim Maulwurf schwach entwickelt. Er ist am Bulbuszapfen angedeutet und findet sich am Scheiden- haar wie am fertigen Haar als eine spindelförmige Auftreibung des Haares unterhalb der Talgdrüsen. Die ersten Anlagen der Talgdrüsen traten im Stadium des Bulbuszapfens auf. Sie entstehen durch Auswachsen aus der äusseren Wurzelscheide; an einem Haar sind sie meist zu zweien vorhanden und bieten in ihrer Gestalt an den verschiedenen Körperstellen grosse Unterschiede dar. Einen Arrector pili fanden wir beim Maulwurf an keiner Stelle. In der Haut des Rüssels verlief quergestreifte Muskulatur, die hier, was die Entleerung der Talgdrüsen betrifft, für die Arrectoren eintreten konnte. Hund. Über die Schweissdrüsen des Hundes liegen zahlreiche An- gaben vor. Zur Entwicklung der Schweissdrüsen der behaarten Haut. 467 Gurlt (11) schrieb im Jahr 1835: „Beim Hund sind die Schweissdrüsen an den behaarten Teilen sehr kleine, lange Bälge, die sehr schwer aufzufinden sind“ und einige Seiten später: „In den behaarten Hautstellen des Hundes sind die Schweissdrüsen lange, schmale Bälge, an welchen keine Win- dungen zu erkennen sind.“ Nicht ausschliesslich auf den Hund bezieht sich folgende Stelle: „Die Ausführungsgänge der Schweiss- drüsen gehen durch die Lederhaut und Oberhaut bis an die freie Fläche der letzteren, wo sie mehr oder weniger deutlich erkennbare, trichterförmige Öffnungen haben. Sie sind höchst- wahrscheinlich durch Einstülpung der Oberhaut wie die Haar- bälge entstanden.‘ Nach Leydig (19) erstreckt sich an den behaarten Partien des Hundes seitlich an jedem Haarbalg ein gewundener Drüsen- schlauch herab, der über das blinde Ende des Follikels ziem- lich weit hinausragt und durch seine Schlängelungen einen länglichen schmalen Knäuel bildet; ganz vom Aussehen der menschlichen seien die Schweissdrüsen in den Sohlenballen des Hundes. Leydig sieht im Gegensatz zu Gurlt, dass die Schweissdrüsen an den behaarten Gegenden immer einen läng- lichen schmalen Knäuel bilden, der eine deutliche Muskulatur besitzt. Ferner mündet nach Leydig der Ausführungsgang in das obere Ende des Haarbalges, während Gurlt die Drüse frei ausmünden lässt. Chodakowski (5) untersuchte die Haut von folgenden Stellen: Augenlider, Ober- und Unterkiefer, unbehaarte Nase, Sohlenballen, Geschlechtsteile und Analsäcke. Er unterschied an den Schweissdrüsen einen gewundenen Drüsenknäuel und einen wenig geschlängelten Ausführungsgang. ‚Die Schweiss- drüsen des Hundes münden weit entfernt von der Hautober- fläche zumeist dicht über der Mündung der Talgdrüsen in den Haarbalg. Dabei bleibt das Lumen des Ausführungsganges durchweg ein gleiches und hat niemals eine trichterförmige Er- 468 CARL WIMPFHEIMER, weiterung an der Mündungsstelle.‘“ Am Präputium beobachtete Chodakowski neben der gewöhnlichen Art der Mündung auch eine Ausmündung der Schweissdrüsen in die breiten Ausfüh- rungsgänge der Talgdrüsen; mitunter sah er auch, dass hier die Ausführungsgänge zweier übereinander liegender Knäuel kurz vor der Einmündung zu einem Kanale sich vereinigten. Ferner macht er Angaben über die Analsäcke. Nach Graff (12) sind die Schweissdrüsen beim Hund ge- wunden. Der Ausführungsgang wird im KRete weiter und mündet trichterförmig. Nicht alle Ausführungsgänge der Knäuel- drüsen entbehren jeglicher Muskulatur; alle Ausführungsgänge, deren secernierende Schläuche glatte Muskulatur besitzen, haben gleichfalls solche. Ficatier (9) gibt an, dass sich die Schweissdrüsen zer- streut in der Subcutis finden, und dass je eine dem entsprechen- den Haarbalg angehöre. Ferner geht er auf die histologischen Einzelheiten der Drüsenepithelien ein; die als Muskelschicht des Drüsenschlauches gedeutete Lage fasst er als Basalzellen der Epithelzellen auf. De Meijere (25) sah die tubulöse Drüse am unteren Ende des für ein Haarbündel gemeinsamen Follikels münden. Maurer (23) ist der Ansicht, dass die Schweissdrüsen des Hundes sich zum Teil selbständig bilden, zum Teil mit den Haarfollikeln in Beziehung stehen. Sie seien immer sehr weite, wenig gewundene Schläuche, die stets einen Belag glatter Muskel- zellen besitzen. Nach Jess (15) fehlen dem Hunde in der behaarten allgemeinen Decke primäre Hautdrüsen (d. i. Schweissdrüsen). Dagegen besitzt er sekundäre und zwar sowohl acinöse als auch tubulöse sekundäre Hautdrüsen (d. i. Talgdrüsen). Als tubulöse Talgdrüsen bezeichnet Jess die von Gurlt und Chodakowski als Schweissdrüsen bezeichneten röhrenförmigen Gebilde. Für Talgdrüsen spreche die Mündungsstelle zwischen dem ersten Zur Entwicklung der Schweissdrüsen der behaarten Haut. 469 und zweiten Haarbalgfünftel, von oben nach unten gezählt, ferner die Lage in den oberen Coriumschichten, die bläschen- förmigen Zellen und das Fehlen jeder Muskulatur. In der Haut der Sohlenballen und der Nase sollen Schweissdrüsen vor- handen sein. Hoffmann (14) gibt an, dass Schweissdrüsen am Körper des Hundes äusserst spärlich seien; so habe er bei etwa 1000 Hautschnitten aus der Rückenhaut des Hundes nur eine einzige Schweissdrüse finden können, dagegen seien diese Drüsen zahlreicher in der Schnauze und in der Sohle. Von Stirling (35) rühren folgende Angaben über den Hund her: Die Mündung der Schweissdrüsen ist trichterförmig, oberhalb der Talgdrüsen gelegen. Von den Haarbälgen, welche bündelweise angeordnet liegen, verschmelzen mehrere, bevor sie sich auf der Cutisoberfläche öffnen. Die Schweissdrüse begibt sich in das mehreren Haaren gemeinsame Balgstück. Zwischen der Turnica propria und dem Schlauchepithel liegt eine völlig homogene, sehr feste hautartige Schicht. Der Arrector pili canis besteht aus einem elastischen Bande, dessen Elemente durch eingelagerte Muskelfasern gegeneinander verschoben werden können. Da zwischen den Angaben Hoffmanns und insbesondere Stirlings grosse Verschiedenheiten bestehen, suchte Spam- pani (34) durch eigene Untersuchungen die Frage zu klären. Nach diesem Autor stehen mit den Haarhälgen ausser den Talg- drüsen auch schlauchförmige Drüsen in Verbindung, die bezüg- lich ihrer äusseren Form und der Weite ihres Lumens unter- einander abweichen Diese Drüsen sind auf dem grössten Teile des Körpers schwach entwickelt gegenüber den Talgdrüsen, im Gesichte und auf der Innenseite der Schenkel dagegen sind sie stärker, auf dem Nasenrücken, zwischen den Zehen, auf den Fussballen sehr reichlich und auch sehr stark. Die Drüsen haben den Charakter echter Schweissdrüsen: einschichtiges Epithel mit 470 CARL WIMPFHEIMER, mehr körnigem als reticulärem Plasma. Von den Talgdrüsen unterscheiden sie sich ausser durch ihre Form auch durch ihr Epithel. Die Arbeiten von Harms (13) und Piana (30) waren uns nicht zugänglich. Ersterer soll in der Hauptsache eine Be- richtigung und Ergänzung der Gurltschen Angaben bringen, während die Untersuchungen von Piana auf die Knäueldrüsen in den Sohlenballen des Hundes gerichtet sind. Die uns zur Verfügung stehenden Embryonen besassen eine Nasen-Steisslänge von 8,1 bezw. 11,0 und 19,5 cm. Am kleinsten Embryo liessen sich an der Oberlippe eine grosse Anzahl kleinster Höckerchen erkennen. Auf der ventralen Seite waren beider- seits von der Medianlinie vier bis fünf grössere weisse Punkte, die Milchpunkte, zu sehen. Die Haut des mittleren Embryo war mit zahlreichen kleinen Knötchen bedeckt. Einige feine Härchen standen über dem oberen Lid, zahlreicher waren sie an der Oberlippe. Der grösste der Embryonen war schon vollständig mit pigmentierten Haaren bekleidet. Wir untersuchten Stücke der Haut vom Rücken, Scheitel, Bauch, Schwanz, von der Oberlippe und vom äusseren Ohr. Die an den einzelnen Stellen sich ergebenden Verschiedenheiten werden wir bei den betreffenden Stadien erwähnen. Beim Hunde vollzieht sich die Bildung der ersten Haar- stadien in der Weise, wie es in neuerer Zeit für den Menschen, die Katze und die Maus beschrieben wurde (Fig. 10-18). Von Maurer stammen Angaben über die ersten Haaranlagen des Hundes. Er fand diese auch hier als rein epidermoidale, und zwar bilde sich eine scharf begrenzte Gruppe von hohen Cy- linderzellen aus der basalen Zellenlage der Epidermis. Die ersten Anlagen der Schweissdrüsen zeigten sich im Stadium des Haarzapfens. Es fand sich auf der nach abwärts sehenden Seite des Haarzapfens dicht unterhalb des Halses eine etwas vorgebuchtete Stelle. In diesem Bereich stehen die Kerne Zur Entwicklung der Schweissdrüsen der behaarten Haut. 471 etwas dichter als sonst und sind teilweise mehr in die Länge gestreckt. An einem kleineren Haarzapfen zeigte sich in der Mitte der nach abwärts gewendeten Seite ebenfalls eine geringe Hervorwölbung. Die Kerne an dieser Stelle waren gross und oval wie die der übrigen Haaranlage. Die Stellung dieser Kerne war! insofern charakteristisch, als die Längsachse der oberen etwa parallel, die der unteren annähernd senkrecht zur Epi- dermisoberfläche gestellt war. Möglicherweise handelt es sich hier um ein noch früheres Stadium der Schweissdrüsenanlage. Dass ihr Sitz ein tieferer ist, als bei der zuerst beschriebenen späteren Anlage, würde nicht gegen diese Annahme sprechen. Wir selbst haben beim Maulwurf eine Wanderung nach oben beobachtet; auch Baekmund hat einen verschiedenen Sitz der Schweissdrüsenanlagen beschrieben. In einem weiteren Stadium zeigte sich die Hervorwölbung nicht wesentlich stärker ge- worden. An der betreffenden Stelle war nach dem Innern des Zapfens zu eine grössere Menge dichtstehender, länglicher Kerne angehäuft. Es fiel dies auf, da sonst im Haarzapfen die Kerne weit weniger dicht standen. Mit dem Wachstum des Haarzapfens nimmt nun auch die Anlage der Schweissdrüsen an Grösse zu und hängt bald als kurzes dickes Säckchen am Haarzapfen herab. Ihre rundlichen Kerne stehen sehr dicht und sind regellos angeordnet. Eine Anhäufung von Bindegewebskernen findet unter der Schweiss- drüse weder in diesem, noch in irgend einem Stadium statt. Nun wächst die Schweissdrüse stark in die Länge, während ihre Dicke dafür stetig abnimmt. Sie bildet bald einen dünnen Schlauch, der etwa drei Zellbreiten unterhalb des Stratum cy- lindricum vom Haarbalg abgeht und am Rumpf bis über die Mitte der betreffenden Haaranlage hinabreicht. An der Ober- lippe ist die Schweissdrüse noch länger und reicht etwa bis in die Höhe der Papillenspitze. Dieses Grössenverhältnis bleibt nun bis ins frühe Scheidenhaarstadium in annähernd gleicher 472 CARL WIMPFHEIMER, Weise bestehen. Im unteren Ende der Schweissdrüse ist häufig der Anfang einer Lumenbildung zu sehen, und zwar ist das ungefähr gleichmässig der Fall, ob sich nun das zugehörige Haar am Ende des Bulbuszapfenstadiums befindet oder ob es sich um ein viel grösseres Scheidenhaar handelt. Hiermit schwankt wohl die absolute Grösse der Schweissdrüse; ihre Ausbildung aber ist etwa die gleiche. Wenn das Haar sich im Beginn des Scheidenhaarstadiums befindet, reicht die zugehörige Schweissdrüse, wie gesagt, etwas über seine Mitte hinab. Ein weiteres Wachstum mit dem Haar findet nun vorerst nicht mehr statt, und so finden wir, dass am ausgebildeten Scheidenhaar die Schweissdrüse nur noch etwa ein Drittel von dessen Länge beträgt. Eine stärkere Ausbildung der Schweissdrüse ist in diesem Stadium ebenfalls noch nicht erfolgt. Bis zu dieser Zeit bestehen keine nennenswerten Unter- schiede zwischen den einzelnen Gegenden. An den ältesten Haaren, die wir zu Gesicht bekamen, war die Schweissdrüse an den verschiedenen Stellen des Rückens ein dünner, gerader Schlauch von etwa dem dritten Teil der Länge des Haares (Fig. 15). Oberhalb der Talgdrüsen stand sie mit dem Haarbalg in Verbindung. In ihrer oberen Hälfte war von einem Lumen nichts zu sehen; im unteren Teil waren die Zellen auseinander gewichen und bildeten ein Lumen von der Breite etwa einer Zelle. Am Bauch, wo die Haare weniger dicht standen, waren die Schweissdrüsen länger; hier erstreckten sie sich in leichten Windungen bis zur Mitte des Haares hinab. Auch war das Lumen hier eine Spur weiter. Ähnlich fanden wir die Schweissdrüsen vereinzelt an der Oberlippe, wo sie ge- schlängelt bis zum Bulbus hinab verliefen. Häufiger waren sie hier an jüngeren Haaren als noch solider Strang, an dessen unterem Ende gelegentlich ein Lumen angedeutet war. In dieser Form fanden wir sie auch an den grössten Haaren am äusseren Ohr. Hier erschien sie als ganz kleines Anhängsel des Haares Zur Entwicklung der Schweissdrüsen der behaarten Haut. 473 (Fig. 15). An diesen soliden Strängen war eine regelmässige Stellung der Kerne nicht zu sehen. Am Schwanze, wo die Haare sehr schräg und ziemlich dieht standen, verlief die Schweissdrüse, in ihrem unteren Teil geschlängelt, bis zur Mitte des Haares hinab. Im untersten Teil der Drüse war die Wand von einer einfachen Lage niedrig-cylindrischer Zellen mit grossen, bläschenförmigen, rundlichen Kernen gebildet. Nach aussen von diesen lagen in discontinuierlicher Schicht längsgestellte Kerne. An den beschriebenen grösseren Schweissdrüsen zeigte sich auch die Wand des Drüsenschlauches bestehend aus cylindrischen Zellen mit dunklem Protoplasma und grossen, runden Kernen; nach aussen von diesen stehende längsgerichtete Kerne möchten wir als die Kerne von Epithelmuskelzellen ansprechen. An den Drüsenschlauch schloss sich mit einer deutlichen Einschnürung der Ausführungsgang an. Beide Teile waren etwa von der gleichen Länge. In dem Ausführungsgang war teilweise ein feines Lumen zu erkennen. Das Protoplasma seiner Zellen war heller; die Kerne waren zahlreicher, aber ohne charakteristische Stellung. Epithelmuskelzellen waren im Bereich des Ausfüh- rungsganges nicht zu sehen. Beim Hunde finden wir Haarkanalzellen in ähnlicher Weise bestehend, wie sie Baeckmund bei der Katze beschrieben hat. Am jungen Bulbuszapfen bilden die zu Haarkanalzellen gewor- denen Zellen der Subintermediärschicht einen Strang, der schräg aufwärts verläuft und etwa zwei Zellbreiten unterhalb der Ober- fläche der Epidermis aufhört. Über die Herkunft der subinter- mediären Zellen können wir nichts aussagen, da Mitosen hier nicht gefunden wurden. An älteren Bulbuszapfen ist dieser Zellstrang weiter gegen die Oberfläche vorgedrungen. An seinem oberen Ende ist er etwas dicker geworden. Eine Hervorwölbung der Oberfläche verursacht er noch nicht. Die Bildung des hohlen Bulbus pili konnten wir von einer leichten Eindellung an verfolgen. Mit dieser erscheinen auch 474 CARL WIMPFHEIMER, die ersten Spuren des Haarkegels, ganz wie beim Menschen. An der Spitze des Haarkegels setzt dann der Verhornungsprozess ein, und bald erstrecken sich die streifigen, verhornten Massen des Haares bis in die Höhe der Talgdrüsenanlagen. Diese sind später dicht unter der Abgangsstelle der Schweissdrüse auf beiden Seiten des Haares als geringe Ausbuchtungen entstanden. Die der Grenzmembran aufsitzendeu Kerne sind an dieser Stelle dichter und nach innen convergent gestellt, und nach innen von ihnen sind weitere Kerne aufgetreten. Unterhalb der Talgdrüsen- anlagen ist auf beiden Seiten des Haares eine langgestreckte flache Hervorwölbung zu sehen, die wir für die Anlage des Wulstes halten. Von den länglichen Kernen des Wulstes sind die oberen nach unten, die unteren nach oben gerichtet. Nach der Haarachse zu sind auch hier neue Zellen aufgetreten. In der Achse des Haarkegels ist an den grösseren Stadien ein braunes Pigment abgelagert. Das Haar setzt sich in der Achse des Haares zwischen den Anlagen der Talgdrüsen hindurch bis in den Strang der Haarkanalzellen fort. Dazwischen sind die mehrfach erwähnten Keratohyalinkörnchen zu finden. Die Haarkanalzellen sind sehr lang und schmal geworden ; am oberen Ende des Stranges, der jetzt einen deutlichen Höcker auf der Oberfläche verursacht, finden sich keine Kerne, sondern nur noch grosse Mengen von Keratohyalinkörnchen. Gelegent- lich hatte man den Eindruck, als ob dieser Zellstrang nicht gerade, sondern mehrfach gewunden durch die Epidermis ver- lief. An den Anlagen der Talgdrüsen degenerieren die cen- tralen Zellen sehr bald. An den fertigen Haaren sind die Talg- drüsen in der Mehrzahl vorhanden; es sind plumpe, rundliche Säckchen vom typischen Bau der Talgdrüsen. Vom Wulst ist an den fertigen Haaren nichts mehr zu sehen. Zwischenstadien fehlen; es kann deshalb über die weitere Entwicklung des Wulstes nichts gesagt werden. Bei dem Embryo von 11,0 cm Länge besitzt fast jede Haar- Zur Entwicklung der Schweissdrüsen der behaarten Haut. 475 anlage eine Schweissdrüsenanlage. In der Haut des grössten Embryo sind die Schweissdrüsen verhältnismässig spärlicher ge- worden. Es besitzen hier nur die grösseren Haare und nicht einmal alle diese Schweissdrüsen. Am grössten ist der Unter- schied zwischen den beiden Embryonen in der Haut der Ober- lippe. Es scheint also, dass an den späteren Haaren keine Schweissdrüsen mehr zur Entwicklung kommen. Bezüglich der Arrectorentwieklung haben wir Bilder gefunden, die durchaus mit den von Stöhr für den Menschen beschriebenen überein- stimmen (vergl. Stöhr ]. e. Fig. 9 u. 14) und nichts gesehen, was für einen epithelialen Ursprung spricht. An den fertigen Haaren fanden wir den Arrector an sämtlichen untersuchten Stellen, selbst an der Oberlippe, wenn auch hier nur wenig ent- wickelt. Seinen Ansatz findet er unterhalb der Talgdrüsen am Haarbalg. Wir kommen nun nochmals auf die Angaben der früheren Untersucher zurück und vergleichen diese mit unseren Be- funden. Da unsere Untersuchungen sich jedoch nur auf Feten erstreckten, können wir gewisse Verschiedenheiten in den An- gaben der Autoren nur mit diesem Vorbehalt beurteilen und aufzuklären suchen. Was unsere eigentliche Aufgabe, die Ent- wieklung der Schweissdrüsen betrifft, so fanden wir sie von ihrer Entstehung an, soweit wir sie verfolgen konnten, immer in Beziehung zu einem Haare stehend. Die Schweissdrüsen ent- wickeln sich am Haarzapfen durch Vermehrung der äusseren Zellen. Die Ursprungsstelle liegt etwas unterhalb des Über- ganges des Haarzapfens in das Stratum eylindrieum. Die Schweiss- drüsenanlage verlängert sich zu einem schlanken Zapfen, der die halbe Länge der Haaranlage erreicht. Wenn sich das Haar am Ende des Bulbuszapfenstadiums befindet, entsteht am Grunde der Schweissdrüsenanlage ein kleines Lumen. Nach dem Durch- bruch des Haares wird die Entwieklung der Schweissdrüsen vollendet. Nicht jedes Haar besitzt eine Schweissdrüse. Wir 476 CARL WIMPFHEIMER, konnten hiemit zeigen, dass ihre Bildung nicht durch Ein- stülpung der Oberhaut erfolgt, wie es Gurlt für höchstwahr- lich hielt. Die Angabe Maurers, dass die Schweissdrüsen sich zum Teil selbständig bilden, zum Teil mit den Haarfollikeln in Beziehung stehen, ist wohl nur so aufzufassen, dass eine selbständige Bildung nur an der unbehaarten Haut stattfindet. Die Ansicht Gurlts über eine trichterförmige Mündung der Schweissdrüse an der Epidermisoberfläche, die auch aus Graffs Angaben zu entnehmen ist, wurde bereits von Leydig richtig gestellt; wie dieser geben die meisten späteren Autoren an, dass die Mündung in den Haarbalg stattfindet. Über die Form der Schweissdrüsen sind die Autoren nicht ganz einig; wir können in dieser Frage aus dem oben ange- führten Grunde nicht entscheiden, wir möchten nur bemerken, dass wir an unserem grössten Embryo die Schweissdrüsen so fanden, wie sie schon Gurlt beschrieb, als „lange, schmale Bälge.“ Es war entschieden ein Iırtum, als Jess die von Gurlt und Ohodakowski als Schweissdrüsen bezeichneten röhren- förmigen Gebilde für tubulöse Talgdrüsen hielt. Von den von ihm angeführten Gründen spricht weder. die Mündungsstelle im Haarbalg, noch die Lage in den oberen Coriumschichten gegen Schweissdrüsen. Die Angabe über das Fehlen jeglicher Musku- latur müssen wir als unrichtig bezeichnen, und die Zellen der fraglichen Drüsen sind sicher nicht vom Aussehen der Talg- drüsenzellen. Es fällt schwer, die Angaben Hoffmanns über das seltene Vorkommen in der Haut des Hundes mit den Befunden anderer Autoren sowie mit unseren eigenen in Einklang zu bringen. Es wäre denkbar, dass die Schweissdrüsen gerade an der von Hoffmann untersuchten Stelle so selten waren, oder dass die Rasse, welcher der untersuchte Hund angehörte, sich durch ihre Armut an Schweissdrüsen auszeichnet. Dass Hoffmann die Zur Entwicklung der Schweissdrüsen der behaarten Haut. 417 erwähnten Ansichten von Jess teilt, ist nicht anzunehmen, denn er hat diese Arbeit, obwohl sie 3 Jahre vor seiner eigenen erschien, überhaupt nicht angeführt; er würde dann auch die vermeintlichen Talgdrüsen beschrieben haben, während in der Tat in seiner Arbeit keine Angaben über die Talgdrüsen des Hundes gemacht werden. Pferd. Die Schweissdrüsen des Pferdes fanden wir von folgenden Autoren erwähnt: Nach Gurlt (11) bestehen die Schweissdrüsen des Pferdes aus einem vielfach gewundenen Schlauche. Sie sind in der Haut der äusseren Geschlechtsteile, namentlich in der Vorhaut und der Haut des Euters oval und grösser als beim Menschen und den übrigen Haustieren. An den übrigen Teilen der Haut sind sie beträchtlich kleiner und länglich. Einer Arbeit von Leydig (19) entnahmen wir folgende Angaben: Die Schweissdrüsen stellen schöne rundliche Knäuel dar (an der Schnauze?), und an den Windungen des einzelnen Kanals erkennt man ohne Mühe die glatte Muskulatur, welche diesen belegt. Die Sekretzellen des Drüsenkanals zeigten durch- weg einen aus glänzenden Kügelchen bestehenden Inhalt. „Im Falle Haarbälge in der Nähe stehen, mündet der Ausführungs- gang gern in dieselben und dann an die Hautoberfläche.“ Leydig ist übrigens der Ansicht, dass die freie Ausmündung Regel, die Einmündung in den Haarbalg dagegen Ausnahme ist. Harms (13) äussert sich folgendermassen über die Schweiss- drüsen des Pferdes: „An behaarten Teilen verbindet sich das Ende des Ausführungsganges mit dem oberen Ende des Haar- balges der Art, dass beide Teile anscheinend zu einem Schlauch oder Kanal zusammenfliessen.“ Chodakowski (5) untersuchte die Haut der Ober- und Unterlippe, der Stirn, der Ohren, der Schamlippen und der Anatomische Hefte. I. Abteilung. 104. Heft (34. Bd., H. 3). al 418 CARL WIMPFHEIMER, Vorhaut. Er fand die Schweissdrüsen von gleicher Form, je- doch von sehr ungleicher Grösse. An jeder Schweissdrüse unter- schied er einen in zahlreiche Windungen zusammengelegten Knäuel, einen anfangs geraden, später leicht geschlängelten Aus- führungsgang und eine die Epidermisschicht des Haarbalges durchbohrende Mündung. Die eigentliche Drüse besteht aus einem vielfach gewundenen, blind endigenden Kanal. Der Drüsen- knäuel hat beim Pferde eine kugelige oder ellipsoidische Gestalt und liegt dicht unter den Haarwurzeln. Die Mündung am Haar- balge befindet sich dicht unter dem Niveau der Hautoberfläche als ein feiner Gang durch die den Haarbalg auskleidende Epi- dermis. Die Mündung liegt bisweilen so weit oben, dass sie nicht mehr im Haarbalge, sondern daneben erscheint. Nach Chodakowski ist die Mündung nicht trichterförmig, sondern das Lumen ist auch hier gleichmässig cylindrisch. Im Gegen- satz zu Leydig hält er die Ausmündung in den Haarbalg für die Regel, die Ausmündung dicht daneben für die Ausnahme. Mit der Anwesenheit oder dem Fehlen der glatten Muskel- fasern in den Wandungen der tubulösen Drüsen befasst sich in der Hauptsache eine Abhandlung Graffs (12). Er kam zu dem Resultate, dass die secernierenden Schläuche der tubulösen Drüsen glatte Muskulatur besitzen. Der Zweck der letzteren sei, die Entleerung des Sekretes zu bewerkstelligen; sie fehle daher dort, wo die Haut durch ihre Spannung dies ermögliche, so am Präputium. Bonnet (3) gibt an, dass beim Pferde die eigene Drüsen- muskulatur umso stärker entwickelt ist, je zähflüssiger das Drüsensekret ist, und je weniger die Entleerung der Drüse entweder an haararmen Stellen von seiten der schiefen Haut- muskeln, worunter er unsere „Arrectores pilorum“ versteht, oder von der in der Haut befindlichen willkürlichen Muskulatur beeinflusst werden kann. Frank (10) fand, dass das Pferd in der hinteren Partie Zur Entwicklung der Schweissdrüsen der behaarten Haut. 479 des Strahles und zur Seite des sogenannten Hahnenkammes Schweissdrüsen von beträchtlicher Grösse besitzt, was vorher nicht bekannt war. Weitere Angaben über die Schweissdrüsen des Pferdes finden wir bei Jess (15). Nach diesem Autor haben sie meist ihre Lage unterhalb der Haarwurzel und sind aufgeknäuelt, nur an der Köthe (hintere Fläche des Fesselgelenkes) und der Schweifunterfläche kommt es zu einer Knäuelbildung nicht; ihre Mündung erfolgt teils frei, teils in der Hautvertiefung, welche den Haarbalg aufnimmt. In der dicht behaarten Rumpf- haut finden sich zu jedem Haar eine Schweissdrüse und zwei bis sechs Talgdrüsen, in der Haut des Penis besteht eine un- unterbrochene Schicht von Schweissdrüsen und keine Talgdrüsen, während an der Vulva die Talgdrüsen die Schweissdrüsen an Mächtigkeit überragen. Jess will für die Hautdrüsen eine andere Nomenklatur. Er schreibt dazu: „Die als Schweissdrüsen bezeichneten epidermoidalen Abkömmlinge treten im fünften Fötalmonat (bezieht sich wohl auf den Menschen?) als solide Fortsätze des Stratum Malpighii der Oberhaut auf, die senkrecht in die Cutis hinabsteigen; sie stammen also direkt oder primär von der Epidermis, deshalb bezeichne ich sie als primäre Haut drüsen.“ Die Talgdrüsen, die seeundär als Auswüchse der äusseren Wurzelscheide entstehen, bezeichnet er als secundäre Hautdrüsen. In neuester Zeit fand Pasini (29) an den Schweissdrüsen aus der Achselhöhle des Pferdes einen Bürstenbesatz an der inneren Oberfläche der Epithelzellen. Er soll mit der Secretion in Zusammenhang stehen. Marks (21) ist der erste und einzige Untersucher, der näher auf die Entwicklung der Schweissdrüsen des Pferdes einging. Er stellte seine Untersuchungen an zwei Embryonen von 65 und 85 cm Scheitel-Steisslänge an. Die Schweissdrüsen waren an seinen Feten „schon weit vorgeschritten und ihre 31* 480 CARL WIMPFHEIMER, erste Entstehung daher nicht zu verfolgen.“ „Es gewann jedoch“, fährt er fort, „für mich den Anschein, als wenn das obere Ende des sehr schmalen Excretionsganges oberhalb der Talgdrüsen dem Haarkeim dicht anliegt und denselben ein wenig verbreitert. Ganz vereinzelt zeigten sich jedoch Bilder, bei denen es nicht auszuschliessen war, dass es sich um frei an die Oberfläche der Epidermis mündende Ausführungsgänge handelte. Demnach wäre beim Pferd neben dem Entstehen der Schweissdrüsen vom Haarkeim aus auch eine direkte Einstülpung von seiten der Epidermis anzunehmen, die aber jedenfalls zu den grössten Seltenheiten gehören würde.“ Die Schweissdrüsen fand er bereits zu einer Zeit, wo noch keine Einbuchtung des Haar- keimes durch die Papille erfolgt, bis an oder unter die Papillen- anlage herunterreichend. Zu unseren Untersuchungen stand uns ein Pferdefetus von 26 cm Nasen- Steisslänge zur Verfügung. Sein Kopf war mit zahlreichen kleinsten Knötchen bedeckt. Grössere Knötchen, die die Anlagen der Tasthaare darstellten, waren so lokali siert, wie sie Maurer (23) abgebildet und als infraorbitales supraorbitales, labiales superiores und inferiores bezeichnet hat. Sie standen an den betreffenden Stellen in mehreren Reihen. Die supraorbitalen Tasthaare waren als feine Härchen teil- weise schon sichtbar. Die früheren Haarstadien des Pferdes boten nur wenige Unterschiede gegenüber denen des Menschen und anderer Säuge- tiere, z.B. der Katze und des Hundes. Die Abhandlung von Retterer (32), der die erste Entwicklung der Haare beim Pferde beschrieb, stand uns nicht zur Verfügung. Zu den genannten Unterschieden gehört eine verhältnismässig starke Anhäufung von Bindegewebskernen als Papillenanlage bereits am Übergang des Haarkeimes in den Haarzapfen. In derselben Zeit finden wir die Kerne der künftigen Matrixplatte schon stark in die Länge gestreckt, dunkler gefärbt und nicht am Zur Entwicklung der Schweissdrüsen der behaarten Haut. 481 Grunde der Haaranlage, sondern mehr nach der Seite gelegen die mit der Epidermis einen spitzen Winkel einschliesst. Die Papillenanlage liegt gerade unter der Haaranlage. Die späteren Haarkanalzellen sind als kurzer Zellstrang schon zu erkennen. Die besondere Lage der Matrixzellen bleibt auch an älteren Haarzapfen bestehen. Es ist dann schon durch die conver- gierende Stellung dieser und der darüber gelegenen Kerne die Andeutung eines Haarkegels gegeben. Nun tritt an der nach abwärts sehenden Seite des Haar- zapfens, etwa in seiner Mitte die Anlage der Schweissdrüse als eine geringe Ausbuchtung auf, in deren Bereiche die der Grenz- membran aufsitzenden Kerne nach innen convergieren. Unter- halb dieser Stelle hat sich eine grössere Zahl von langgestreckten Kernen des Coriums angesammelt, die wir wohl, wenn wir sie mit den vom Menschen gegebenen Abbildungen vergleichen (siehe Stöhr I. e. Fig. 15), gewiss als Arrectoranlage deuten dürfen. Mit der Entwicklung des Haarzapfens nimmt auch die Schweissdrüse stetig an Grösse zu (Fig. 17—21). Aus der Ausbuchtung wird ein rundliches, etwas überhängendes, dann noch am Haarzapfen ein etwas längeres Säckchen, das immer von einer Fortsetzung der Basalmembran umgeben ist. An der Ursprungsstelle sind die Schweissdrüsenanlagen etwa halb so breit, wie die zugehörigen Haarzapfen. Nach unten verbreitern sie sich etwas. Den Haarzapfen liegen sie in diesem Stadium dicht an. Von einer Anhäufung von Bindegewebskernen unter der Schweissdrüse ist nichts zu sehen. Nun wächst die Schweissdrüse stark in die Länge, viel stärker als das mit ihr verbundene Haar. Die ältesten Drüsen, die wir fanden, stellen einen langen dünnen Schlauch dar, der unten etwas aufgetrieben und fast so lang wie der zugehörige Haarzapfen ist. Im Innern ist ein Lumen als feiner Spalt sicht- bar. An der Oberlippe, wo diese Gebilde überhaupt am weitesten ausgebildet waren, war auch das Lumen weiter. Die Wand 482 CARL WIMPFHEIMER, des Schlauches wird von einer doppelten Lage von Zellen ge- bildet. Eine Unterscheidung von Drüsenkörper und Ausführungs- gang scheint uns in diesem Stadium noch nicht möglich. Der Ursprung der Schweissdrüse ist mit ihrem Wachstum allmählich in die Höhe gerückt und steht nun wenige Zellbreiten unterhalb der Epidermis mit dem Haarzapfen in Verbindung. Das Lumen ist bis zur Vereinigungsstelle mit dem Haare zu erkennen. Hier beginnt ein durch Bleu de Lyon stark blau gefärbter Strang, der aus streifigen Massen zu bestehen scheint und sich bis in den Strang der Haarkanalzellen verfolgen lässt. In ähnlicher Weise waren die Zellen im oberen Teil der Schweissdrüse dunkelblau gefärbt, während das’ Protoplasma der Zellen der Haaranlage einen viel helleren Farbenton angenommen hatte (Fig. 45). Bei näherer Betrachtung erwies sich, dass wir es hier mit dem intraepidermoidalen Teil des Ausführungsganges der Schweissdrüse zu tun hatten, dessen Elemente sich ın ihrem Verlaufe sowohl im Haarbalg als auch durch die Epidermis gegenüber deren Elementen differenziert hatten und durch ihre stärkere Tinktion von den übrigen Zellen sich unterschieden. Die Differenzierung war entsprechend der Grösse der Schweiss- drüsen verschieden weit nach aufwärts erfolgt. Am Lid fanden wir die als Glandulae ciliares bezeichneten tubulösen Drüsen als gerade Schläuche, die oberhalb der Talg- drüsen mit dem Haarbalg in Verbindung traten. Das Haar selbst bot weiter nichts Charakteristisches.. An den ältesten Haaren, die an unserem Embryo gefunden wurden, bestand am Grunde des Haarzapfens eben eine geringe Ein- dellung. Darüber waren die Zellen kegelförmig angeordnet. In diesem entstehenden Haarkegel, weniger in den übrigen Teilen des Haares, war braunes Pigment eingelagert. Ein Wulst fand sich als mässige Ausbuchtung unterhalb der Talgdrüsen. Wir sahen an den Schnitten, die die Schweissdrüse annähernd in ganzer Länge trafen, fast nur Randschnitte der Talgdrüsen Zur Entwicklung der Schweissdrüsen der behaarten Haut. 483 und die Schnitte, die durch die Talgdrüsen gingen, gaben höchsten Schrägschnitte der Schweissdrüsen; dafür war an solchen Prä- paraten der Wulst zu sehen. Es beweist dies, dass beim Pferd Schweissdrüsen und Talgdrüsen in verschiedenen Ebenen liegen, Die Talgdrüsen fanden wir am weitesten in der Ent- wicklung vorgeschritten an den Haaren der Oberlippe. Sie bildeten verhältnismässig grosse rundliche Säckchen; im Innern sind die Zellen mit Fetttröpfchen angefüllt, am Rande stehen die unveränderten Zellen in ein- bis zweifacher Lage. Von der Talgdrüse aus erstreckt sich ein Strang gleichartig degenerierter Zellen in der Achse des Haares nach aufwärts. An den Haaren des Scheitels waren die Talgdrüsen zwar von etwas geringerer Grösse, ihre Ausbildung war aber ebensoweit vorgeschritten. wie an der Oberlippe. Auch hier schloss sich an die degenerierten Zellen der Talgdrüse ein Strang ebensolcher Zellen in der Achse des Haares an. Die Epidermis über diesen Haaren bildete einen kleinen Höcker. Der als Fortsetzung des Schweissdrüsen- lumens erwähnte Strang verlief mehr seitlich. Der Höcker fehlt bei jüngeren Haaranlagen, so dass dieser Fund wohl nicht im Sinne der älteren Angaben, dass die Haarentwicklung mit der Bildung eines epidermoidalen Höckers beginne, zu ver- werten ist. Verursacht wird der Höcker eben durch den er- wähnten Zellstrang. Letzterer steht in Zusammenhang mit dem Durchbruch des Haares, wie dies schon von Marks für Schaf, Rind, Pferd und Schwein beschrieben wurde. Wie wir bereits erwähnten, sahen wir unterhalb der ersten Anlage der Schweissdrüsen am Haarzapfen bereits eine grössere An- zahl von länglichen Bindegewebskernen als Anlage des Musculus arrector auftreten. An grösseren Stadien hatten sich die Kerne stark in die Länge gestreckt, teilweise hatten sich schon Muskel- fasern differenziert; das Ganze war deutlich als Arrector zu erkennen und bildete einen Strang, der schräg aufwärts gegen die Epidermis verlief. Die von Stöhr vertretene Ansicht über 484 CARL WIMPFHEIMER, den mesenchymalen Ursprung des Musculus arrector fand sich hier in exquisiter Weise bestätigt. Wenn wir die Angaben der Autoren über das Verhältnis von Haar- und Schweissdrüse vergleichen, so finden wir, dass Leydig mit seiner Ansicht allein steht, wenn er die freie Ausmündung der Schweissdrüsen für die Regel und die Ein- mündung in den Haarbalg für die Ausnahme hält. Die übrigen Untersucher: Harms, Chodakowski und Marks hielten die Ausmündung in den Haarbalg für das regelmässige. Choda- kowski fand jedoch die Mündung bisweilen so weit oben liegend, dass sie nicht mehr im Haarbalge, sondern daneben erscheint. Ebenso fand Marks vereinzelt Bilder, die für eine freie Mündung zu sprechen schienen. Der Schlussfolgerung, welche Marks jedoch hieraus zieht, können wir nicht bei- pflichten, nämlich dass, wenn auch sehr selten, an der behaarten Haut auch eine Entstehung von Schweissdrüsen durch eine direkte Einstülpung der Epidermis stattfinde. Nach unseren bisherigen Ergebnissen glauben wir nicht, dass eine solche überhaupt an behaarten Hautstellen vorkommt, auch beim Pferd fanden wir nichts, was dafür spräche. Wenn beim Pferd in der Tat freimündende Schweissdrüsen gefunden werden, so müssen wir auf Grund unserer Befunde annehmen, dass diese secundär von einer Haaranlage aus durch Emporrücken ent- stehen. Wir haben ja schon zwei Wege kennen gelernt, wie diese Schweissdrüsen zu einer freien Mündung gelangen: ein- mal dadurch, dass das zugehörige Haar zugrunde geht, dann aber dadurch, dass die Schweissdrüse vom Haarbalg weg auf die angrenzende Epidermis rückt. Wir möchten aus den An- gaben von Chodakowski und Jess, die Mündung liege bis- weilen so hoch oben, dass sie nicht mehr im Haarbalge, sondern daneben erscheint, schliessen, dass es sich hier um den letzteren Vorgang handelt. Mit diesen Darlegungen ist auch Jess’ Be- zeichnung „primäre Hautdrüsen“ für Schweissdrüsen als un- brauchbar erledigt. Zur Entwicklung der Schweissdrüsen der behaarten Haut. 485 Dachs. Wir entnehmen der Abhandlung Hoffmanns (14), dass Ficatier (9) die Schweissdrüsen des Dachses untersuchte und gefunden hat, dass je eine dem entsprechenden Haarbalg an- gehöre. Wir selbst untersuchten einen Embryo von 10,5 cm und einen jungen Dachs von 24cm Nasen-Steisslänge. Der Embryo war ganz mit feinsten Knötchen bedeckt. An seiner ventralen Seite waren die Milchpunkte als grosse Knötchen erkennbar. An der Ober- und Unterlippe waren die Anlagen der Tasthaare als grössere Knötchen zu sehen, vereinzelt waren letztere schon durchgebrochen und zeigten sich als feine, kurze Härchen. Etwas oberhalb des inneren Augenwinkels fand sich eine promi- nente Stelle. Hier standen ebenfalls kurze, feine Haare. Unter- sucht wurde die Haut von verschiedenen Stellen des Rückens, vom Scheitel, Hinterschenkel, Bauch und der Oberlippe. Die erste Entwicklung der Schweissdrüsen vollzieht sich beim Dachs in nahezu derselben Weise, wie sie bei den vor- benannten Tieren beschrieben wurde (Fig. 22 und 23). Zuerst tritt im oberen Teil der nach abwärts sehenden Seite des Haarzapfens eine geringe Ausbuchtung auf. Diese nimmt mit dem Wachstum der Haaranlage an Grösse zu und bildet am Bulbuszapfen ein kurzes, dünnes Säckchen. Die erste Anlage wird von den cylindrischen Zellen der Randschicht des Haar- zapfens gebildet. An den späteren Stadien sind die Kerne der Schweissdrüsenzellen von rundlicher Form. An dem jungen Dachs fanden wir die Schweissdrüsen wieder als sehr lange, zierliche Gebilde, während wir über die dazwischen liegenden Stadien keine Angaben machen können. Die Schweissdrüsen hatten an dem jungen Tier ihren Abgang vom Haarbalg ober- halb der Talgdrüsen, ungefähr zwischen dem ersten und zweiten Sechstel des Haarbalges von oben gerechnet und verliefen ganz 486 CARL WIMPFHEIMER, wenig geschlängelt bis etwa zu dessen unterstem Sechstel herab (Fig. 24). Nach dem Abgang vom Haarbalg verschmälerte die Drüse sich etwas, verlief dann eine Strecke weit als ganz dünner Strang und verbreiterte sich nach unten keulenförmig. Nur an diesem untersten Teile der Drüse war bereits ein Lumen zu sehen. Während wir die Schweissdrüse regelmässig auf der nach abwärts gewendeten Seite des Haares fanden, war sie hier einmal ausnahmsweise auf der anderen Seite zu sehen. Mit- unter war die Schweissdrüse auch kleiner als oben beschrieben, nur etwas über die Mitte des Haares hinabreichend; an solchen war in dem unteren keulenförmigen Teil der Drüse noch kein Lumen zu sehen. Im oberen Teil der Drüse standen die kleinen, rundlichen Kerne dicht und unregelmässig; im unteren Teil in dem schon ein Lumen bestand, schienen sie in ein- bis zwei- facher Lage in der Wand zu liegen. In der Rumpfhaut des jungen Tieres kamen Schweissdrüsen nur an einem kleinen Teil der Haare vor. Noch spärlicher waren sie in der Haut der Oberlippe. Beim Embryo dagegen fanden wir am Rumpf nahezu an jeder Haaranlage eine Schweissdrüse angelegt; selten fanden wir sie auch hier in der Oberlippe. Frei mündende Schweissdrüsen fanden wir in keinem Stadium vor. Die Haarentwicklung vollzieht sich ganz ähnlich, wie dies bei den vorbenannten Tieren angedeutet wurde. Als ein kleiner Unterschied möge erwähnt werden, dass wir häufig den Haar- keim und den beginnenden Haarzapfen am Grunde bereits ab- geplattet fanden. In der Haut der Oberlippe sahen wir dies Verhalten nie; hier waren die Haarkeime wie gewöhnlich am Grunde rundlich. Die Haarkanalzellen bestehen beim Dachs in ähnlicher Weise wie beim Menschen. Im obersten Teil des Haarzapfens treten in der Achse langgestreckte Zellen auf. Ein Strang gleich- artiger Zellen zieht schräg aufwärts bis nahe unter die Oberfläche der Epidermis. An älteren Stadien nimmt dieser Strang an —| Zur Entwicklung der Schweissdrüsen der behaarten Haut. 48 Dicke zu und bewirkt auch eine Auftreibung der Epidermis. Den Durchbruch der Haare zu beobachten, hatten wir keine Gelegenheit. Das fertige Haar besass einen Markstrang, der aus einer doppelten Reihe kubischer Zellen bestand und bis zur Mitte des Haares emporreichte. An den jungen Haarstadien war eine Ausbuchtung, die als Wulstanlage anzusprechen wäre, nicht zu sehen. Dagegen war der Wulst da, wo ein Haarwechsel in der Haut des jungen Tieres stattfand, deutlich ausgeprägt. Gelegentlich war die erste Anlage der Talgdrüsen an den Bulbuszapfen als geringe Ausbuchtung unterhalb der Schweissdrüsenanlage zu sehen. Die weitere Entwicklung konnten wir nicht verfolgen. An den fertigen Haaren des jungen Tieres fanden wir die Talgdrüsen als rundliche Säckchen in der typischen Ausbildung dieser Drüsen. Sie scheinen gewöhnlich zu zweien an einem Haar- balg vorhanden zu sein und hatten dieselbe Lage, wie bei ihrem Entstehen, nämlich dicht unterhalb der Schweissdrüsen- mündung. Tarsius speetrum. Frühere Untersuchungen über die Haut, spezieil die Schweiss- drüsen dieses Tieres sind uns nicht bekannt. Wir untersuchten hier bei einem Embryo von 8 cm Nasen-Steisslänge die Haut des Rückens, von der Gegend des Steisses, ferner der Brust und der ÖOberlippe. Da die Befunde an den verschiedenen Stellen sehr ähnlich waren, können wir sie gemeinsam dar- stellen. Die Schweissdrüsen waren schlanke Gebilde, die etwa den dritten Teil der Länge des zugehörigen Haares besassen und etwas oberhalb der Talgdrüse mit dem Haarbalg in Verbindung traten (Fig. 25). An einem Haar waren sie immer in der Ein- zahl auf dessen nach abwärts gewendeter Seite vorhanden. Sie 488 CARL WIMPFHEIMER, fanden sich jedoch nur an einem kleinen Teil sämtlicher Haare. In der Haut der Oberlippe schienen sie uns bäufiger zu sein als an den übrigen Stellen; doch besass auch da nur ein kleiner Teil der Haare Schweissdrüsen. Die Schweissdrüse zieht über die Talgdrüse hinweg und dann in der Richtung des stark ge- neigten Haares nach abwärts. An der Drüse kann man einen schmalen Ausführungsgang unterscheiden, der nach unten etwas an Dicke zunimmt und dann mit deutlicher Grenze in den diekeren Drüsenkörper übergeht. Letzterer stellt etwa ?/s3 bis "a der ganzen Drüse dar. Im Bereich des Drüsenkörpers war ein Lumen zu sehen, das unten am weitesten war, nach oben schmäler wurde und bei den Drüsen des Rumpfes sich gegen den Ausführungsgang zu verlor. Das Lumen der am weitesten ausgebildeten Drüsen war mit einer einfachen Lage niedrig- eylindrischer Zellen mit grossen rundlichen Kernen ausgekleidet. Nach dem Lumen zu war jede einzelne Zelle etwas vorgewölbt, und öfters schienen sich von der Zelle kleine Fortsätze ins Lumen zu erstrecken. Nach aussen von diesen Zellen folgten in einfacher Lage längliche Kerne. Diese gehörten den Epithel- muskelzellen an, welche zum Teil als solche schon erkennbar waren. Stellenweise hatte sich die Grenzmembran von der übrigen Drüse abgehoben; es war dann zu sehen, dass die als Epithelmuskelzellen bezeichnete Schicht innerhalb dieser Mem- bran lag. Der Ausführungsgang besass an den Drüsen des Rumpfes noch kein Lumen und zeigte sich als solider Zellstrang mit langen Kernen. Die Schweissdrüsen an der Oberlippe waren bei gleicher Grösse weiter entwickelt als an den übrigen unter- suchten Stellen. Der Drüsenkörper bot keine Unterschiede, da- gegen war im ganzen Verlauf des Ausführungsganges ein spalt- förmiges Lumen zu sehen, das oben in den Haarbalg mündete. Die Wand des Ausführungsganges bestand hier aus einer ein- fachen Lage kubischer Zellen mit rundlichen Kernen. Im Lumen des Drüsenkörpers war ein feiner Detritus zu sehen, den man Zur Entwicklung der Schweissdrüsen der behaarten Haut. 489 wohl als Sekret ansehen muss; es scheint dies darauf hinzu- deuten, dass auch hier im Embryonalleben schon eine Sekretion stattfindet. Frei mündende Schweissdrüsen kamen nicht zur Be- obachtung. Wir sind nach der Beschaffenheit unseres Materiales nicht in der Lage, die Entwicklung der Schweissdrüsen bei Tarsius zu beschreiben, da sämtliche Schweissdrüsen sich etwa in dem- selben weit vorgeschrittenen Entwicklungsstadium befanden. Da wir jedoch unsere Aufgabe hauptsächlich darin sehen, dass wir untersuchen, wie sich ontogenetisch das Verhältnis der Schweissdrüsen zu den Haaren darstellt, so können wir unsere Befunde bei Tarsius immerhin verwerten. Da wir die schon weit entwickelten Schweissdrüsen noch verhältnismässig tief unter der Epidermis in den Haarbalg münden sahen, ist mit grosser Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass eine Entfernung vom Haare auch in der Folge nicht mehr stattfindet. Ferner ist aus diesem Befunde mit Sicherheit die Entstehung der Schweissdrüse aus der Haaranlage zu entnehmen. Tarsius spec- trum vermehrt also die Zahl derjenigen Tiere, bei welchen die Schweissdrüse durch Sprossung aus der Haaranlage entsteht und in fertigem Zustand in den Haarbalg mündet. Die Haare selbst boten keine Besonderheiten dar. Sie standen sehr dicht und besassen einen Markstrang, der aus einer einfachen Reihe kubischer Epithelzellen bestand. Die Talgdrüsen hatten ihre Lage unterhalb der Schweissdrüsenmündung. An der Oberlippe waren sie mächtiger als am Rumpf. Im übrigen zeigten sie das typische Bild. Unterhalb der Talgdrüse sahen wir eine umschriebene geringe Ausbuchtung der äusseren Wurzel-. scheide; die Zellen waren an dieser Stelle vermehrt, die äusser- sten standen in meilerförmiger Anordnung. Wir möchten glauben, dass es sich um die Anlage eines Wulstes handelt. Wenn dieses Gebilde etwas grösser war, war die erwähnte Stel- lung der Zellen nicht mehr vorhanden; dafür erinnerte es schon 490 CARL WIMPFHEIMER, mehr an die Bilder, die uns vom Wulst bekannt sind. (Vergl. Oyamal. c. Fig. 15 und Stöhr. e. Fig. 16). Igel. Die ersten Angaben über die Schweissdrüsen des Igels stammen von Leydig (19). Er fand in den Sohlenballen sehr zahlreiche, an der behaarten und bestachelten Haut sehr ver- einzelte Schweissdrüsen. Ficatier (9) gibt an, dass je eine Schweissdrüse einem Haar- balg angehöre. De Meijere (25) sah, dass an der Rückenfläche der Hand die Ausmündung der tubulösen Drüsen in die Spitze der Haarfollikel stattfindet. „Die Drüsen selbst sind dichotomisch verzweigt; sie gehen allmählich in den engeren Ausführungs- gang über.‘ Nach Hoffmann (14) sind Schweissdrüsen sehr zahlreich in der Sohlenhaut, ausserdem finden sie sich in der ganzen Rumpfhaut. Der genannten Arbeit von Rauther (31) entnehmen wir, dass dem Igel eigentliche Präputial- und Analdrüsen ebenso wie Inguinaldrüsen fehlen. Die ersten Anlagen von Stachel und Haar hat Maurer (22) als Epidermiswucherungen beschrieben. Sie entstehen zum Teil auf dem Gipfel flacher Coriumpapillen, zum Teil in der glatten Haut. Die erste Haaranlage besteht in einer Wuche- rung der tiefsten Lage der Epidermis, die oberflächlichen Lagen ziehen glatt über die Haaranlage weg. Die tieferen Lagen sind in eine Knospe umgewandelt, die Zellen sind eylindrisch; die peripheren Zellen sind gekrümmt. Die Stachelentwickelung ist von Davies (6) genau beschrieben. Wir untersuchten von einem Igel von 15 cm Nasen-Steiss- länge Hautstücke von verschiedenen behaarten Stellen. Schweiss- Zur Entwicklung der Schweissdrüsen der behaarten Haut. 491 drüsen wurden von uns nur gefunden auf der dorsalen Seite des Vorderfusses und an der Oberlippe. Dass Schweissdrüsen an den übrigen Stellen der Haut dem Igel überhaupt fehlen, soll damit nicht gesagt sein. Die Art der Ausmündung der Schweissdrüsen war an der Oberlippe nicht mit Sicherheit zu erkennen; doch scheinen hier ähnliche Verhältnisse wie an der Dorsalseite des Fusses zu bestehen. An letzterer Stelle senkte sich die Epidermis da, wo Haare ausmündeten, trichterförmig ein. Die Schweissdrüse mündete in diesen Trichter, also nicht mehr in den eigentlichen Haarbalg und auch nicht auf der freien Epidermisoberfläche. Die Schweissdrüsen waren auch an den Stellen, wo sie gefunden wurden, selten, liessen die erwähnte Beziehung zu einem Haare erkennen und standen immer auf der Seite des Haares, die mit der Epidermis einen stumpfen Winkel bildet. Soweit sich dies aus vielen Schnitten combi- nieren liess, besass jede Schweissdrüse einen wenig gewundenen Ausführungsgang und einen in vielfachen Windungen aufge knäuelten Drüsenkörper. Der Ausführungsgang mündete eben- falls trichterförmig in den grösseren Haartrichter. Seine Wand war von Zellen gebildet, welche wie die des Stratum granulosum im Innern dunkle Körnchen erkennen liessen. Nach innen lag eine verhornte Schicht, die dem Stratum corneum entsprach. Dieses trichterförmige Lumen verlief eine kurze Strecke weit in die Tiefe. Seine Weiterbildung war bereits dadurch angedeutet, dass in seiner Fortsetzung in der Achse des Ausführungsganges die erwähnten Körnchen noch etwas weiter zu verfolgen waren. Im Innern dieses Lumens wie des Haartrichters lagen hyaline Massen, die sich oben miteinander vereinigten. Weiter nach abwärts. war der Ausführungsgang während einer kurzen Strecke ein solider Strang, und dann war in ihm ein spaltförmiges Lumen zu erkennen. Dieser ganze Befund erinnert stark an ähnliche Verhältnisse, die von uns bei einem anderen Insectivoren, dem Maulwurf, beschrieben wurden. 492 CARL WIMPFHEIMER, Die Wand des Ausführungsganges schien aus einer doppel- ten Zelllage zu bestehen. Die Wand des Drüsenschlauches, der an den Drüsen des Vorderfusses ein ziemlich enges Lumen be- sass, war von einer einfachen Lage niedrig-cylindrischer Zellen mit grossen, rundlichen Kernen gebildet; nach aussen folgten Kerne, die auf Längsschnitten länglich waren, auf Querschnitten halbmondförmig dem Drüsenschlauch anlagen und Fpithel- muskelzellen angehörten. Auf Querschnitten erwies sich das Lumen des Drüsenschlauches von sternförmiger Gestalt. Es verliefen nämlich hier schmale Zwischenräume, Sekretkanäle, zwischen je zwei Zellen eine Strecke weit nach aussen. Die Drüsenschläuche der Oberlippe besassen ein viel grösseres und, wie uns schien, ungleich weites Lumen. Ihr Bau war im übrigen der gleiche wie an der vorbenannten Stelle. Von den Drüsen- zellen erstreckten sich geringe Fortsätze in das Lumen; in diesem war auch öfters ein feiner Detritus zu sehen. Die dichotomische Verzweigung, die de Meijere beschreibt, konnten wir nicht beobachten; wir wollen sie jedoch nicht in Abrede stellen. Die Haare boten, was ihre Stärke betrifft, selbst an der gleichen Stelle grosse Verschiedenheiten. Die Talgdrüsen waren mässig grosse, gelegentlich etwas gelappte Gebilde, die zu wei- teren Bemerkungen keinen Anlass gaben. Ein Wulst wurde an den Haaren nicht wahrgenommen; auch Arrectoren schienen nicht vorhanden zu sein. Es war uns hier ähnlich wie bei Tarsius nicht möglich, die Entwicklung der Schweissdrüsen zu verfolgen. Was wir zur Lösung unserer Aufgabe aus den Befunden verwerten können, ist folgendes: In Übereinstimmungmit Fieatier und deMeijere konnten wir feststellen, dass die Schweissdrüsen des Igels zu den Haaren in Beziehung stehen. Es ist uns wahrscheinlich, dass die Schweissdrüsen weiter unten am Haarbalg in der be- kannten Weise entstehen und ähnlich wie beim Maulwurf all- Zur Entwicklung der Schweissdrüsen der behaarten Haut. 493 mählich in die Höhe rücken; zu einer gewissen Zeit wäre dann die Mündung der Schweissdrüsen bis in den Haartrichter ge- kommen. Es ist aber auch denkbar, dass die Schweissdrüsen von Anfang an einen derartig hohen Ursprung vom Haare hatten, wie wir ihn an unserem Tiere gefunden haben. Bradypus. Die Haut dieses Tieres ist nur von Leydig (19) und von Weleker (38) untersucht worden. Leydig hat hier keine Schweissdrüsen gefunden. Die Abhandlung von Welcker stand uns nicht zur Verfügung. Wie de Meijere (25) mitteilt, hat Weleker bei Bradypus Schweissdrüsen gesehen; bezüglich ihrer Ausmündung sagt Welcker: „Ihre Ausmündungstelle scheint der Boden des gemeinsamen Halses der Haarbälge zu sein.“ Uns stand von diesem Tier ein Embryo von 12,5 cm Nasen- Steisslänge zur Verfügung. Trotz guten macroscopischen Aus- sehens erwies sich der Embryo als sehr schlecht für micro- scopische Zwecke geeignet, so dass die angefertigten Präparate teilweise überhaupt nicht brauchbar waren. Von der Haut des Rückens und des Schwanzes gelang es Präparate herzustellen, aus welchen wenigstens die gröberen Einzelheiten der uns inter- essierenden Verhältnisse zu entnehmen waren. Die Schweissdrüsen waren im Verhältnis zu den Haaren sehr kleine, schlauchförmige Gebilde, die ziemlich weit von der Epidermis entfernt in den Haarbalg mündeten (Fig. 26). Sie lagen auf der nach abwärts gewendeten Seite des Haares, ver- liefen in einem flachen Bogen um die Talgdrüsen und zeigten teilweise eine schwache Schlängelung. Die Drüsen des Schwanzes waren in ihrem unteren Teil dicker als die des Rückens und liessen ein deutliches Lumen erkennen, während es an jenen eben angedeutet war. Im oberen Teil der Drüse, der dem Anatomische Hefte. I. Abteilung. 104. Heft (34. Bd., H. 3). 32 494 CARL WIMPFHEIMER, Ausführungsgang entspricht, war auch an den Drüsen des Rückens schon ein spaltförmiges Lumen angedeutet. Die Schweiss- drüsen waren an den untersuchten Stellen sehr zahlreich, fast zu jedem Haar konnte eine Drüse gefunden werden. Die Haare standen sehr dicht und waren stark zur Epidermis geneigt. Von den Bildungen des Wulstes, wie des Arrector wurde nichts bemerkt. Die Talgdrüsen waren sehr stark ent- wickelt und bildeten bald schlankere, bald plumpe Säckchen. Wie wir sahen, münden die Schweissdrüsen in einer Zeit, in der die Haut und ihre Sonderungen schon weit entwickelt sind, noch tief unter der Epidermis in die Haarbälge. Wir können hieraus folgern, dass sie auch von den Haarbälgen aus entstehen und erwarten, dass sie auch im Laufe ihrer weiteren Ent- wicklung am Haare nicht nennenswert mehr in die Höhe rücken. Es stimmt dies mit Welckers Angaben über die Mündung der Schweissdrüsen überein. Mensch. Backmund (l. ec.) sagt am Schluss seiner Zusammen- stellung der Literatur über die Entwicklung der Schweissdrüsen, dass die Forscher über die ontogenetische Entwicklungsweise der menschlichen Schweissdrüsen, sei es solcher an Stellen der Haut wie Vola manus und Planta pedis, welche haarlos und [rei von anderen Drüsen sind, sei es an anderen Stellen, einig sind. Diese Behauptung können wir, soweit sie die Entwicklung der Schweissdrüsen an behaarten Hautstellen betrifft, nicht gelten lassen. Koelliker (16), dessen Arbeit hier in Betracht kommt, gab nur eine Darstellung dieser Verhältnisse an der unbehaarten Haut; er erwähnt die Schweissdrüsen an behaarten Stellen erst dann, wenn sie schon eine bedeutende Grösse erreicht haben. Auch aus den Angaben, die Backmund anderen Arbeiten, z. B. der von Benda (Das Verhältnis der Milchdrüsen Zur Entwicklung der Schweissdrüsen der behaarten Haut. 495 zu den Hautdrüsen. Dermatologische Zeitschrift 1893) entnimmt, ist nicht zu ersehen, dass die Schweissdrüsenentwicklung an behaarten Stellen untersucht wurde. Wir schliessen dies daraus, dass eine Beziehung der Schweissdrüsen zu Haaren auch nicht in verneinendem Sinn erwähnt wird. Soweit uns die Literatur bekannt ist, ist die Entwicklung der menschlichen Schweiss- drüsen an behaarten Stellen so gut wie gar nicht untersucht, so dass die erwähnte Äusserung Backmunds in Bezug auf diese Stellen nicht aufrecht zu halten ist. Die Erfahrungen aus mehrfachen Untersuchungen bei Säuge- tieren machten es wahrscheinlich, dass sich auch beim Menschen Beziehungen der Schweissdrüsen zu den Haaren ergeben würden. Es liegt bereits eine derartige Beobachtung von de Meijere vor. Er fand bei jüngeren Embryonen, bei welchen die Lanugo eben durchgebrochen war, dass auch beim Menschen die tubu- lösen Drüsen ihren Verband mit den Haaren noch nicht verloren hatten. Sowohl am Kopfe als an der Brust war sehr deutlich zu sehen, dass je zwei bis drei dieser Drüsen einer Haargruppe angehörten. Die Ausmündung findet meistens dicht neben einer Follikelöffnung statt, bisweilen auch, wenigstens am Kopfe, tat- sächlich im oberen Ende eines Follikels. An beiden Stellen fand de Meijere auch einige Schweissdrüsen, welche, zwischen den Haargruppen zerstreut, mit diesen gar keine Verbindung zeigten. Dies war an der Rückenfläche der Hand mit allen den sehr zahlreichen Schweissdrüsen der Fall. Ein Negerfetus desselben Stadiums hatte am Rücken meistens isolierte Follikel, nur hie und dort fand deMeijere eine Gruppe von zwei Haaren. Öfters mündete zu jeder Seite einer Haargruppe eine Schweiss- drüse aus, andere standen zwischen den Gruppen zerstreut. Diese Tatsachen bestimmten uns, der Entwicklung der Schweissdrüsen auch beim Menschen nachzugehen. Herr Prof. Dr. Stöhr stellte uns hierzu seine Schnittserien von der Haut menschlicher Embryonen zur Verfügung, die seinen Unter- 32* 496 CARL WIMPFHEIMER, suchungen über die Entwicklungsgeschichte des menschlichen Wollhaares zugrunde lagen. Da wir glaubten, dass wir am ehesten an möglichst dicht behaarten Stellen der Haut über das Verhältnis der Haare und Schweissdrüsen Aufklärung finden würden, richteten sich unsere Untersuchungen hauptsächlich auf die Kopfhaut, von der jedoch nur wenige Serien vorhanden waren, da die Stöhrschen Untersuchungen im wesentlichen auf die Entwicklung des Wollhaares gerichtet waren. Ausser diesen untersuchten wir die Kopfhaut eines Neu- geborenen und verschiedene Stellen der Kopfhaut von zwei Feten von 22 und 23!/z cm Scheitel-Steisslänge. Bei der Durchsicht der Serien fanden wir eine grosse Zahl weit entwickelter Schweissdrüsen, die gar keine Beziehung zu einem Haare erkennen liessen. Es möge an dieser Stelle be- merkt werden, dass an verschiedenen Stellen der Kopfhaut des- selben Embryo nennenswerte Unterschiede in Bezug auf Zahl und Ausbildung der Schweissdrüsen bestehen. So fanden wir in 2 Schnittserien von der Haut des Scheitels bei dem Embryo von 22 cm Länge nicht eine einzige Schweissdrüse. In der Haut des Hinterkopfes fanden wir bei demselben Embryo einige Stadien von Schweissdrüsen in einer einzigen Serie. Die Kopf- haut des Embryo von 23!/2 cm zeigte in der Gegend der Schläfe eine grosse Zahl von langen, freimündenden Schweissdrüsen, während in der Gegend des Hinterkopfes fast nur kleinere solche in geringer Zahl zu sehen waren. Die erwähnten Schweissdrüsen, die mit der freien Epider- mis in Verbindung standen, reichten bei einem Embryo von 7 Monaten verschieden weit in die Tiefe. Sie liessen einige grosse Windungen erkennen, verliefen aber im Gegensatz zu den schief stehenden Haaren annähernd senkrecht in das Corium hinein. An ihrem unteren Ende waren sie kolbig aufgetrieben. Sie erschienen als solide Zellstränge mit unregelmässigen bis rundlichen Kernen. In dem unteren aufgetriebenen Teil war Zur Entwicklung der Schweissdrüsen der behaarten Haut. 497 gelegentlich die Andeutung eines Lumens zu sehen. Kleinere Stadien zeigten geringere Schlängelung; der untere aufgetriebene Teil war an solchen Drüsen im Verhältnis viel grösser als an längeren Schweissdrüsen. An älteren Stadien stellte sich dann eine stärkere Schlängelung ein und in der Haut des Neu- geborenen bestand ein vielfach gewundener Drüsenknäuel. Der- artige Gebilde fanden wir nun nicht immer so weit von Haaren entfernt, dass an einem Zusammenhang nicht zu denken war. Wir sahen sie nicht nur in nächster Nähe der Haare von der Epidermis abgehen, sondern sowohl kleinere wie auch grössere Schweissdrüsenstadien teilweise ihren Ursprung nicht mehr von der freien Epidermis nehmen, sondern von der Einsenkung, die an der Mündung der Haarbälge bestand, oder gerade von der Übergangsstelle des betreffenden Haarstadiums in die Epidermis (Fig. 28). An letzterer Stelle fanden wir auch Ausbuchtungen, die alle Kennzeichen von Schweissdrüsenanlagen darboten. Immer fand sich die Schweissdrüse auf der Seite des Hoaares, die von der Epidermis abgewandt war. Es sind das Befunde, die nach ähnlichen, die wir bei Säuge- tieren erhoben, eine Teilnahme des Haares an der Ontogenese der Schweissdrüsen wahrscheinlich machen. Die Beziehungen, die wir zwischen Schweissdrüse und Haar zu finden erwartet hatten, sind in der Tat vorhanden. Wir fanden nämlich in der Kopf- haut des Embryo von 22 cm Länge die Schweissdrüsenanlage oberhalb der Talgdrüsen in den Haarbalg münden (Fig. 27 und 47). Sie war in diesem Stadium ein schlanker Zapfen von etwa 1/s bis !/s der Länge ihres Haares; sie war wenig gewunden und am unteren Ende etwas verdickt. Ihre Kerne waren von rundlicher bis länglicher Form. Sie schienen in 2 Lagen an- geordnet zu sein; die der inneren waren grösser als die der äusseren Lage und blasser gefärbt. Ein Lumen bestand teil- weise schon als schmaler Spalt. Hiermit scheint uns der Be- weis dafür geliefert, dass auch beim Menschen eine Entstehung 498 CARL WIMPFHEIMER, von Schweissdrüsen vom Haare aus stattfindet. Frühere Stadien der Schweissdrüsen haben wir mit Sicherheit nicht erkannt. In einem Fall sahen wir an einem Haarzapfen in der Mitte seiner nach abwärts gewendeten Seite eine schwache Einziehung und darüber eine Ausbuchtung (Fig. 46). Vielleicht handelt es sich hier um die erste Anlage einer Schweissdrüse. Wir fanden ferner oberhalb der grossen Talgdrüsen kleine Zapfen, die bald eine mehr läugliche, bald eine mehr rundliche Form hatten. Wir sahen diese Zapfen hauptsächlich an den Haaren des Kopfes, gelegentlich aber auch an denen anderer Stellen. An einem grossen Teil dieser Zapfen waren in einzelnen Zellen Sekrettröpfehen, wie sie in den Talgdrüsenzellen vor- kommen, aufgetreten. Damit sind die betreffenden Zapfen als die Anlagen accessorischer Talgdrüsen charakterisiert. Gelegent- lich war die obere Talgdrüse ebenso stark entwickelt, wie die untere. Ob die Zapfen, die nicht als Talgdrüsenanlagen zu erkennen waren, nicht die Anlagen von Schweissdrüsen darstellen, möchten wir vorläufig nicht entscheiden. Die Kerne sind an einzelnen dieser Zapfen kleiner, länglich und dunkel gefärbt, während an den Zapfen, die sicher für Talgdrüsenanlagen zu halten sind, die äusseren Kerne rundlich und die central gelegenen besonders gross und blass erschienen. Möglicherweise bilden sich aus allen diesen Zapfen Talgdrüsen und die beschriebenen Unterschiede beziehen sich nur auf verschieden weit vorgeschrittene Ent- wicklung dieser Gebilde Für die Natur dieser Zapfen als Schweissdrüsenanlagen spricht die Tatsache, dass wir in einem frühen Stadium die Kerne dieses Gebildes unregelmässig gestellt fanden, während die Anlagen der Talgdrüsen bekanntlich durch eine meilerförmige Stellung ihrer Kerne ausgezeichnet sind. Andererseits spricht der Umstand, dass die Schweissdrüsen noch an Scheidenhaaren und an schon durchgebrochenen Haaren nur durch so kurze Zapfen dargestellt sein sollten, gegen eine solche 499 Annahme. Wir haben die Möglichkeit einer direkten Entstehung der Schweissdrüsen von der Epidermis neben einer solchen von den Haaren aus noch nicht erwähnt. Wir haben nur an einer Stelle einen Epithelkeim gefunden, der die Kennzeichen einer Schweissdrüsenanlage darbot, und auch dieser lag am Ende einer Serie, so dass doch ein Zusammenhang mit einem Haare bestehen könnte. Die Frage, ob beim Menschen auch eine Ent- stehung von Schweissdrüsen aus der Epidermis stattfindet, müssen wir noch offen lassen. Sie kann nach unserer Meinung nur an der Haut jüngerer Embryonen, als wir sie untersuchten, entschieden werden. Ferner fanden wir gelegentlich auf der nach abwärts gewendeten Seite des Haares oberhalb der Talg- drüse eine Ausbuchtung, in deren Bereich die Kerne meiler- förmig standen. Wir sind geneigt, hierin die ersten Anlagen der accessorischen Talgdrüsen zu sehen. Zusammenfassung. Auf Grund der in der vorliegenden Untersuchung gemachten Erfahrungen können wir folgendes zur Lösung der gestellten Aufgabe beitragen: Wir fanden an sämtlichen untersuchten Säugetieren die Entwicklung der Schweissdrüsen der behaarten Haut von Haaren aus erfolgen. Auch für die Schweissdrüsen, die später frei auf der Epidermis mündeten, konnten wir die Entstehung von einem Haare aus nachweisen. Nachdem diese Tatsache nun für eine grössere Zahl von Säugetieren festgestellt ist, können wir annehmen, dass höchst wahrscheinlich bei sämtlichen Säugetieren mit dichtem Haarkleid die Schweissdrüsen der be- haarten Haut in derselben Weise entstehen. Auf die schwach behaarten Tiere, wie z. B. das Schwein möchten wir diese Anschauung jedoch nicht ohne weiteres aus- dehnen. Wir waren leider nicht in der Lage ein derartiges 500 CARL WIMPFHEIMER, Zur Entwicklung der Schweissdrüsen etec. Tier zu untersuchen. Marks hat jedoch für das Schwein neben der Entstehung vom Haarkeim aus eine Bildung von der freien Oberfläche der Epidermis für die Schweissdrüsen als sicher angenommen. Eine Darstellung dieser letzteren Ent- stehungsweise hat er nicht gegeben. Auch ist sie uns für kein anderes Tier bekannt. Es muss deshalb weiteren Untersuchungen überlassen werden, diese Frage zu entscheiden. Für den Menschen war nur bekannt, dass Beziehungen zwischen Haaren und Schweissdrüsen bestehen. Wir konnten hier zeigen, dass ähnliche Beziehungen bestehen, wie sie für Säugetiere schon bekannt waren und von uns bestätigt wurden. Wir fanden Schweissdrüsen in gewissen Stadien tief unter der Epidermis vom Haare abgehen. Ferner sahen wir die Schweiss- drüsen weiter oben am Übergang des Haares in die Epidermis mit dem Haare in Verbindung stehen und vielfach sahen wir sie zwischen den Haaren frei münden. Es scheint dies darauf hinzudeuten, dass auch beim Menschen Schweissdrüsen am Haare entstehen und allmählich auf die freie Epidermis gelangen; denn die fertigen Schweissdrüsen münden alle frei auf der Epidermis. Ob ähnlich, wie es für die schwach behaarten Säugetiere vermutet wird, auch hier ausserdem eine Entstehung von der freien Epidermis anzunehmen ist, muss vorläufig noch dahin- gestellt bleiben. Am Schlusse dieser Arbeit ist es mir ein Bedürfnis, meinem hochverehrten Lehrer Herrn Prof. Dr. Stöhr für die Über- lassung des Materiales, der Schnittserien vom Menschen, sowie einer Anzahl einschlägiger Abhandlungen, für die vielfache Anregung und das Wohlwollen, das er meiner Arbeit jederzeit entgegengebracht hat, meinen herzlichsten Dank auszusprechen. Ebenso sei Herrn Prosector Dr. Sommer für seine freundliche Unterstützung herzlichst gedankt. BY) 14. 15. Literaturverzeichnis. Alzheimer, Über die Ohrenschmalzdrüsen. Inaug.-Diss. Würzburg 1858. 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Senkrechte Schnitte aus der Haut von Maulwurfembryonen. 7,5 u. Vergr. 75fach. Fig. 10—16. Senkrechte Schnitte aus der Haut von Hundeembryonen. 7,5 «. Vergr. Fig. 10—15 75fach; Fig. 16 36fach. Fig. 17—21. Senkrechte Schnitte aus der Haut eines Pferdeembryo. 7,5 u. Vergr. 75 fach. Fig. 22-23. Senkrechte Schnitte aus der Haut eines Dachsembryo. 7,5 u. Vergr. 75fach. Fig. 24. Senkrechter Schnitt aus der Haut eines jungen Dachs. 7,5 u. Vergr. 75fach. Fig. 25. Senkrechter Schnitt aus der Haut eines Embryo von Tarsius speetrum. 7,5 u. Vergr. 75fach. Fig. 26. Senkrechter Schnitt aus der Haut eines Embryo von Bradypus. 7,5 u. Vergr. 75fach. Fig. 27—29. Senkrechte Schnitte aus der Haut menschlicher Embryonen. 7,5 u. Vergr. 75fach. Fig. 30-33. Senkrechte Schnitte aus der Haut von Maulwurfembryonen. 7,5 u. Vergr. 75fach. Fig. 34—87. Dass. Vergr. 230fach. MNashel IM. Sämtliche Figuren dieser Tafel sowie Fig. 33 sind von Herrn Universitäts- zeichner W. Freytag gezeichnet. Fig. 383—42. Senkrechte Schnitte aus der Haut eines Maulwurfembryo von 5,3 cm Nasen-Steisslänge. 7,5 u. Vergr. 460 fach. Fig. 4344. Senkrechte Schnitte aus der Haut eines Maulwurfembryo von 8,6 em Nasen-Steisslänge. 7,5 w. Vergr. 460 fach. Fig. 45. Senkrechter Schnitt aus der Haut eines Pferdeembryo von 26 cm Nasen-Steisslänge. 7,5 u. Vergr. 460 fach. Fig. 46. Senkrechter Schnitt aus der Haut eines menschlichen Embryo von 7 mens. 7,5 u. Vergr. 460 fach. Fig. 47. Dass. von einem menschlichen Embryo von 22 cm Scheitel- Steisslänge. 7,5 u. Vergr. 460 fach. Tangentialschnitt durch ein Haar. Es ist nur die Talgdrüse getroffen. ÜBER DIE FEINERE STRUKTUR DER HIRNARTERIEN EINIGER SÄUGETIERR. VON HERMANN SCHÖPPLER, MÜNCHEN. Mit 2 Abbildungen auf Tafel 51. A RR Kan # iR, a sn Als ich auf Anregung meines hochverehrten Lehrers, des Herrn Geheimrat Prof. Dr. Bonnet, vor einigen Jahren meine Untersuchungen über den feineren Bau der Hirnarterien einiger Säugetiere veröffentlicht hatte, da stand bereits bei mir der Entschluss fest, diese Untersuchungen auch noch weiter an ein- zelnen Tierarten fortzusetzen. Wenn ich damals für meine Untersuchungen mir Repräsentanten aus der gezähmten Tier- welt gewählt hatte, so will ich in nachstehender Abhandlung die Ergebnisse meiner Untersuchungen an zumeist wild leben- den Tierarten zur Kenntnis bringen, die mir schon deshalb einer eigenen Bearbeitung wert erscheinen, da sich bei ihnen die wesentlichsten Faktoren, ich weise z. B. nur auf die verschie- dene Lebensweise hin, vollkommen anders verhalten, als bei zahmen Tieren. Die von mir nachstehend untersuchten Tiere waren frei von irgendwelcher Erkrankung, insbesondere frei von jeglicher (Ge- fässerkrankung. Die Konservierung der einzelnen Gefässe geschah teils in Formalin, teils in Alkohol, nach den allgemeinen bekannten Methoden. Als Färbemittel wurden einmal die von mir bereits in meiner früheren Arbeit angegebenen Farbstoffe benützt, dann verwendete ich noch ausserdem zur Kerndarstellung das von Rabl (6) angegebene Alauncochenille, mit welchem ich sehr gute Resultate erzielte. Die alte Nomenklatur behalte ich aus 508 H. SCHÖPPLER, dem von mir schon früher angegebenen Grunde auch hier bei. Aus den von mir gleichfalls bereits angeführten Gründen wähle ich statt der meist noch gebräuchlichen Bezeichnung „elastisches Gewebe‘, die von Triepel (10) dafür vorgeschlagene Bezeich- nung „gelbes Bindegewebe“ etc. Die Einteilung des Gefäss- rohres nach Bonnet (2) in die zwei Lagen: Endothelrohr und perithele Wand behalte ich bei. Die Berechnung des Durch- messers der einzelnen Arterien geschah nach der Formel 2r—= V D.d, wobei d den kleinen Durchmesser der Ellipse und D den grossen Durchmesser bezeichnen soll. Zur Bearbeitung wählte ich mir 1. aus der Ordnung: Ungu- laten, das Wildschwein, das Reh; 2. aus der Ordnung: Roden- tien, den Hasen; 3. aus der Ordnung: Carnivoren den Fuchs, die Katze. Zur Untersuchung kamen in den meisten Fällen mehrere Exemplare der einzelnen Arten, um eine gewisse Kon- trolle bei der Bearbeitung zu haben. Die von mir vorstehend gewählten Tiere entsprachen auch ungefähr nach Ordnung und Grösse den von mir bereits beschriebenen Haustieren. Artiodaetylen. Il. Nonruminantia. Sus scrofa L. Die anatomische Anordnung der Hirnarterien bei Sus scrofa L. deckt sich völlig mit der von Sus scrofa domestic. L., die in der Arbeit Tandlers (9) ihre genaue Beschreibung fand. Das stark entwickelte Wundernetz mag auch bei Sus serofa die Ver- anlassung sein, dass die Gefässe von verhältnismässig nur ge- ringer Wanddicke sind. Auffallend war auch hier die unge- wöhnliche Länge der Art. basilaris, eine Beobachtung, die Über die feinere Struktur der Hirnarterien einiger Säugetiere. 509 bereits in einer meiner früheren Arbeiten (dort beim Schwein) ihre Erwähnung fand. Vergleicht man die verschiedenen Lichtweiten der einzelnen (Grefässe beim Hausschwein mit denen, die ich bei den Gehirn- arterien des Wildschweines gefunden habe, so fällt sofort auf, dass der Lumendurchmesser bei letzterem grösser ist, als bei ersterem, dass somit die Gefässe durchschnittlich grösser sein müssen, obgleich auch hier wie bei dem Hausschwein die Ein- schaltung von Wundernetzen ihre Einwirkung geltend machen musste. Entsprechend der Grösse der Gefässe ist auch die Wandung der einzelnen Gefässe entwickelt, wozu wieder haupt- sächlich die jeweilige Dicke der Muskelschicht im besonderen beiträgt. Die Membrana flava interna ist nur wenig gefaltet und zeigt ein fast fleckiges Aussehen (siehe Taf. 51); dunklere Stellen, die sich mit ÖOrcein scharf zur Darstellung bringen lassen, wechseln in dem sonst einheitlich verlaufenden mäander- artig gewundenen Band mit helleren Stellen, die mehr einen hellen, rötlich gelben Ton aufweisen, ab. Eine Gleichmässig- keit in der Anordnung dieser sich deutlich verschieden färben- den Stellen konnte ich nicht feststellen und glaube ich diese Farbenreaktion auf die von mir (8) schon früher gemachten Beobachtungen zurückführen zu müssen, nämlich, dass das so- genannte „elastische Gewebe“ kein einheitliches, überall gleich- artiges Gewebe ist. Ich habe zum Vergleiche Hirnarterien des Menschen, sowohl bei gesunden wie durch Krankheit gestorbenen Individuen, wobei ich wieder besonders die Gefässerkrankungen zur speziellen Untersuchung heranzog, bearbeitet, es sind mir aber derartige Bilder, wie ich sie z. B. bei den Hirnarterien des Pferdes, des Rindes und nun auch beim Wildschwein be- obachten konnte, nie zu Gesicht gekommen. Eine besondere Dicke weist die Membrana flaya interna beim Wildschwein nicht auf. Am stärksten entwickelt fand ich die Membran bei Anatomische Hefte. I. Ahteilung 104. Heft (34. Bd., H. 3). 33 210 H. SCHÖPPLER, der Art. basilaris (0,037 mm), am schwächsten war die Mem- brana flav. int. bei der Art. carot. int. (0,002 mm) vorhanden. Die Ringmuskelschicht ist sehr arm an geiben Bindegewebs- fasern, die an einzelnen Gefässen fast völlig zu mangeln scheinen. (Siehe Abbild. auf Tafel 51.) Die wenigen Fasern, die ich be- obachten konnte, sind vielfach gewellt und äusserst zart. Ihr Verlauf ist stets zirkulär. Die am stärksten entwickelte Ring- muskulatur fand sich bei der Art. basilaris (0,085 mm), die ge- ringste Dicke hatte dieselbe bei den Art. vertebrales (0,022 mm) und bei der Art. comm. post. (0,022 mm). Ziemlich reich an collagenem Bindegewebe, so wie an, wenn auch nur zarten Fasern gelben Bindegewebes ist die Adventitia. Ihre Breite ist sehr schwankend. Dicke der Adventitia: Art. basilaris 0,022 mm Art. vertebralis 0,010 mm Art. cerebri profunda 0,045 mm Art. communicans posterior 0,006 mm Art. pro fossa Sylvii 0,048 mm Art. carotis interna 0,032 mm Die Anordnung der gelben Bindegewebsfasern ist sehr ver- schieden. Man kann sie parallel eirkulär, längs der Gefässwand und schräg verlaufen sehen. Häufig bilden sie ein dichtes Netzwerk. Artiodaectylen. HN. Ruminantia. Cervus capreolus L. Die Gehirnarterien des Rehes sind feine und dünne Ge- fässstämmchen, in die nach Rapp (7) ein hinter der Hypo- Über die feinere Struktur der Hirnarterien einiger Säugetiere. 511 physis cerebri gelegenes Wundernetz eingeschaltet ist. Uber den Verlauf und über die weitere Anordnung der Gefässe ver- weise ich auf den genannten Autor. Die Querschnitte sämtlicher Gehirnarterien des Rehes haben nur ein geringes Lumen, wie aus nachstehender Tabelle zu ent- nehmen ist. Lumendurchmesser der Art. vertebral. 0,165 mm = „ Art. basil. 0,127 mm “ „ Art. cerebri prof. 0,156 mm nr „ Art. com. post. 0,146 mm Be „ Art. pro fossa Sylvii 0,310 mm AN „ Art. carot. int. 0,535 mm Analog dem geringen Durchmesser ist auch die Wanddicke der Gehirnarterien dieser Tierspecies eine geringe, wie aus der am Ende dieser Arbeit aufgestellten Tabelle zu ersehen ist. Kleine Gefässstämmchen sind die Art. basilaris und die Art. comm. post. Verhältnismässig am stärksten entwickelt ist die Art. carot. int. und die Art. pro fossa Sylvii. Die relativ geringe Wanddicke beruht nach meiner Ansicht auf der Einschaltung des von Rapp (7) beschriebenen Wundernetzes, durch welches der Blutdruck eine Abschwächung erleidet. Die Membrana flava interna ist deutlich mit Orceintinktion zur Darstellung zu bringen und am kräftigsten in der Carot. int. entwickelt. Die Membrana flava int. zeigt auf dem Quer- schnitt nur wenige und sehr seichte Falten. Ihre Grenzen sind sehr scharf. In ihr konnte ich eine Fensterung nicht feststellen. Die Membran ist kein einheitliches Band, sondern besteht aus mehreren Lamellen, von denen ich solche meistens bis drei Stück zählen konnte. Die Lamellen sind von ungleicher Dicke. An der Innenfläche der Membrana flava interna fallen feine dicht stehende Leistchen auf, die parallel zur Längsachse des Ge- fässes verlaufen, ähnlich wie ich dieselben beim Rind beobachtet, 33* 512 H. SCHÖPPLER, beschrieben und abgebildet habe. Die Membrana flava interna ist auch hier keine homogene Platte, sondern setzt sich aus selır feinen elastischen Fäserchen zusammen, wie dies besonders deutlich auf Schrägschnitten bei starker Vergrösserung (zo'5o zu sehen ist. Die nach dem Lumen zu vorspringenden Leistchen werden nach meinem Dafürhalten von durch kräftiger ent- wickelten, nach dem Lumen zu verlaufenden, sich vorwölbenden gelben Fasern gebildet. Zwischen den einzelnen Lamellen liegen ungleiche Hohlräume, in denen ich irgendwelche Zwischen- substanz nicht vorfinden konnte. Bei der Abgabe eines Astes lockert sich das gelbe Bindegewebe auf, die Membrana flava int. spaltet sich in mehrere Lamellen und Unterlamellen, die wieder durch feinere und feinste Bindegewebsfasern in Verbin- dung sehen. Um ein Bild von der Dicke der Membrana flava int. zu geben, stelle ich folgende Tabelle auf: Dicke der Membrana flava int.: Art. vertebr. 0,015 mm Art. basıl. 0,003 mm Art. cerebri prof. 0,003 mm Art. comm. post. 0,005 mm Art. pro fossa Sylvii 0,039 mm Art. Carot int. 0,040 mm Relativ kräftig entwickelt ist bei allen Arterien die Ring- muskelschicht. An gelben Fasern ist dieselbe jedoch äusserst arm. Nur selten sieht man im Gesichtsfeld sehr feine, kurze gelbe Bindegewebsfasern, die sich nie, auch an Serienschnitten, zu einem Netzwerk vereinigen liessen. Der Verlauf der wenigen gelben Fasern ist fast durchwegs ein kreisförmiger. Die Dicke der Ringmuskelschicht beträgt für die: Art. basil. 0,0531 mm Art. vertebr. 0,025 mm Über die feinere Struktur der Hirnarterien einiger Säugetiere. 513 Art. Art. Art. Art. Von ganz inkonstanter Dicke ist die Adventitia. cerebri prof. 0,150 mm comm. post. 0,210 mm pro fossa Sylviiı 0,220 mm carot. int. 0,125 mm Oft un- verhältnismässig breit, dann wieder scheint sie fast vollständig zu fehlen. Sie enthält wenig glatte Muskelfasern, doch häufig viele gelbe Bindegewebsfasern, die nicht selten zu einem derben Netz- werk angeordnet sind, das bald mehr in der inneren, bald mehr in der äusseren Schicht dieser Lage gefunden werden kann. Eine Membrana limitans externa fehlt. Wenn ich nachstehend versuche die Dicke der Adventitia in Zahlenwerten wiederzu geben, so sind dieselben als im Mittel genommene Annäherungs- werte aufzufassen. Art. Art. Art. Art. Art. Art. vertebr. 0,011 mm basıl. 0,007 mm cerebri prof. 0,044 mm comm. post. 0,011 mm pro fossa Sylvii 0,025 mm carot. intern. 0,035 mm Carnivora. I. Fissipedier. Felis domestica L. Die Literatur über die Fleischfresser ist mit Ausnahme ein- zelner Monographien, wie zum Beispiel die von Ellenberger und Baum (3) über den Hund, eine sehr geringe. Ausserdem liegen noch die Untersuchungen von Barkow (1) über Lutra vulgaris, Mustela martes, Canis familiaris und Felis catus vor, 514 H. SCHÖPPLER, Eine genaue Arbeit über die Anordnung der Hirnarterien bei den Säugetieren veröffentlichte 1898 Tandler (9). Von ihm wurden auch die Arterienverhältnisse bei den einzelnen Ver- tretern der Ordnung Carnivoren eingehend beschrieben und festgelegt. Über die Anordnung der Gehirnarterien bei der Katze schienen die Ansichten der verschiedenen Autoren (Frank (4), Leisering, Müller (6) etc.) nicht völlig geklärt zu sein. Erst durch die Arbeit Tandlers (9) war auch für diese Tierart der Verlauf der Gehirngefässe völlig klar gelegt worden. Nach ihm ist die Art. carot. int. bei der Katze nur rudimentär vorhanden ein Satz, den ich bei meinen Untersuchungen von neuem be- stätigen kann. Die bei meiner Abhandlung erwähnte Carot. int. ist von einem noch ganz jungen Tier des Vergleiches wegen hier angeführt. Bei der Katze sind sämtliche Gefässstämmchen an der Ge- hirnbasis im Verhältnis zu der Grösse des Tieres gut und kräftig entwickelt. Selbst schon bei noch jungen Individuen ist der Querschnitt der einzelnen Gefässe ein bereits immerhin beträchtlicher. So konnte ich bei einem mir überbrachten noch sehr jungen Tiere bereits eine Lichtungsweite der Üarot. int. von 0,082 mm finden, bei einer Ringmuskelstärke von 0,022 und einer Dicke der Membrana flava int. von 0,037 mm. Bei der logarithmischen Berechnung der Gefässlichtung fand ich nachstehende Zahlenwerte: Art. vertebralis 0,197 mm Art. basilaris 0,201 mm Art. prof. cerebri 0,163 mm Art. comm. post. 0,128 mm Art. fossae Sylvii 0,192 mm Die Membrana flava interna ist bei der Katze kein einheit- liches, homogenes, einfaches Band, sondern stellt sich als ein Über die feinere Struktur der Hirnarterien einiger Säugetiere. D15 selten von fast gleich dicken Lamellen gebildetes Lamellensystem dar. Zwischen den grösseren Lamellen ziehen sich feinste gelbe Bindegewebsfasern hindurch und bilden häufig eine Art eines interlamellären Netzwerkes, zwischen welchen ich hie und da Kerne von glatten Muskelfasern und in selteneren Fällen auch Bindegewebskerne sehen konnte. Die Anordnung im System der Membrana flava interna erinnert in vielen Beziehungen an die beim Rind von mir beobachteten Bilder. Hier wie dort ein gut entwickeltes Lamellensystem der Membrana flav. int. mit interlamellären gelben Bindegewebsfasern. Entsprechend der Entwickelung der Membrana flava interna ergibt auch die Messung derselben ein interessantes Endergebnis, wenn man die erhaltenen Masszahlen mit gleichen Gefässen des Menschen vergleicht: Katze: Art. vertebr. 0,022 mm Art. basil. 0,035 mm Art. cerebr. prof. 0,034 mm Art. fossae Silvı 0,0’4 mm Mensch: Art. vertebr. 0,015 mm Art. basil. 0,907 mm Art. cerebr. prof. 0,015 mm Art. fossae Sylvii 0,012 mm Bei dem Abgang eines Gefässastes vermehrt sich auffallend stark die Zahl der Lamellen in der Membrana flava interna. Die Bilder an solchen Stellen lassen das ganze Lamellensystem wie aufgelockert erscheinen. Der ganze Vorgang stellt sich in sleicher Weise dar, wie ich ihn beim Rind a. a. O. in beson- ders schöner Weise beobachten und abbilden 'konnte. Im gleichen Verhältnis entwickelt, wie sich die Membrana 516 H. SCHÖPPLER, flava interna zeigt, ebenso entwickelt finde ich auch die Ring- muskelschicht, in welche ziemlich viele, leicht gewellte, gelbe Bindegewebsfasern verlaufen, die jedoch — auch auf Serien- schnitten — sich nie zu einem Netzwerk anordnen, sondern stets ihren gleichmässig circulären Verlauf beibehalten. Die Dicke der Ringsmuskelschicht lässt sich am besten an nach- stehenden Stellen zeigen: Dicke der Ringmuskelschicht: Art. vertebralis 0,0582 mm Art. basilaris 0,036 mm Art. cerebri prof. 0,011 mm Art. communie. post. 0,030 mm Art. pro fossa Sylvii 0,052 mm Die Adventitia zeigt in ihrer Entwickelung eine unregel- mässige Stärke. Oft fehlen gelbe Bindegewebsfasern anscheinend völlig. Dann wieder finden sich dieselben in dichten Bündeln, unregelmässig durcheinander gewunden und so ein sehr derbes Netzgewebe bildend, angeordnet vor. Vereinzelt liegen in einem solchen Netzwerk auch glatte Muskelfasern. Häufiger findet sich lockeres Bindegewebe hier eingestreut. Eine Membrana limitans externa konnte ich an keiner der von mir untersuchten Hirnarterien finden. Die für die Adventitia angeführten Masse können infolge der inkonstanten Dicke des adventitialen Ge- webes nur beschränkten Wert haben. Dicke der Adventitia: Art. vertebralis 0,011 mm Art. basılaris 0,015 mm Art. cerebri profunda 0,014 mm Art. communicans posterior 0,011 mm Art. fossae Sylvii 0,015 mm _dnatom. Hefte. I Abteilung. Heft 104 (34 Bd.ll'3) Tafel 51, -----M fine Fig.2. sckorası FB Chez Über die feinere Struktur der Hirnarterien einiger Säugetiere. DET Carnivora. Fissipedier. Canis vulpes L. Die Anordnung der Hirngefässe beim Fuchs ist dieselbe wie sie von Tandler (9), Ellenberger und Baum (3) und anderen für den Hund beschrieben worden sind und glaube ich deshalb hier, als nicht in den Rahmen dieser Arbeit gehörend, nur auf jene Arbeiten verweisen zu dürfen. Die Arterien an der Gehirnbasis bei Canis vulpes sind durch- aus kräftig entwickelte Gefässe, die im Vergleich mit denen des Anverwandten des Fuchses, dem Hund, die Gehirnarterien des letzteren in der Weite des Gefässrohres als auch in der Dicke der Gefässwandung übertreffen. Von sämtlichen von mir unter- suchten wild lebenden Tierarten habe ich die Gehirnarterien des Fuchses als die am kräftigsten entwickelten gefunden. Schon macroscopisch fällt einem beim Vergleich der einzelnen Ge- fässstämmchen dieser Unterschied auf, der microscopisch sich dann noch deutlicher hervorhebt. Am besten sprechen für diese Aufstellung die gefundenen Zahlenwerte. So ergaben sich z. B. für den Lichtungsdurchmesser der einzelnen Gefässe nachstehende Zahlen: Art. vertebralis 0,406 mm Art. basilaris 0,3585 mm Art. cerebri prof. 0,302 mm Art. comm. post. 0,150 mm Art. pro foss. 8. 0,204 mm Art. carot. int. 0,305 mm Zum Vergleiche stelle ich hier noch einige beim Hunde gefundenen Zahlenwerte auf. 518 H. SCHÖPPLER, Fuchs: Art. vertebralis 0,406 mm Art. fossae Sylv. 0,204 mm Art. basilaris 0,355 mm Hund: Art. vertebralis 0,322 mm Art. fossae Sylv. 0,191 mm Art. basilaris 0,5345 mm Der gleiche Befund ergibt sich beim Messen der Wanddicke: Fuchs: Hund: Art. vertebralis in maximo 0,105 mm : 0,090 mm in minimo 0,088 mm : 0,060 mm Art basilaris in maximo 0,145 mm : 0,090 mm in minimo 0,122 mm : 0,045 mm Art. fossae Sylv. in maximo 0,078 mm : 0,076 mm in minimo 0,066 mm : 0,060 mm Wie beim Hund, so zeigen auch bei dem wild leben- den Vertreter dieser Tierart, beim Fuchs, die Zahlenverhält- nisse gewissen constanten Wert und unterliegen bei weitem nicht den Schwankungen wie man dies bei anderen Tierarten anzu- treffen pflegt. Die Membrana flava interna besteht hier aus einem fast überall gleichmässigen wenig in Falten gelegten, sich mit Orcein und mit der Weigertschen Elastinfarbe ziemlich gleichartig färbenden Bande, das dicht dem Endothel anliegt und deut- liche feine Leistchen trägt. Eine Verschiedenheit in der Zu- sammensetzung der Membran konnte ich auch mit der von Unna angegebenen Färbemethode (1 °/„wässeriges Wasserblau) nicht feststellen. In der Membran lassen sich bei Anwendung Über die feinere Struktur der Hirnarterien einiger Säugetiere. 519 stärkster Vergrösserungen sehr kleine, weit unter dem Ausmass roter Blutkörperchen bleibende, rundliche Fenster, deren Grösse wieder sehr wechseln kann, bemerken. Trotz der anscheinend homogenen Platte, aus der die Membrana flava interna hier zu bestehen scheint, lässt sich bei dem Abgang eines Gefässastes auch hier feststellen, dass dieselbe aus feinen Fasern aufgebaut ist. Es löst sich nämlich bei der Abgabe eines Seitenastes, wenn auch nur auf einer kurzen Strecke, die anscheinend solide Platte in teils gröberes, teils zarteres Faserwerk auf, um sich dann in fast gleich kurzen Strecken von der Abgangsstrecke entfernt wieder zu einer gleich fest gefügt erscheinenden Membran zusammenzuschliessen. Dem Querschnitt der einzelnen Arterien entspricht auch die Dicke der Membrana flava interna: Dicke der Membrana flava interna: Art. vertebralis 0,032 mm Art. basilaris 0,036 mm Art. cerebri profunda 0,0353 mm Art. communicans pasterior 0,007 mm Art. fossae Sylvii 0,022 mm Art. carotis interna 0,018 mm Die Dicke der Ringmuskelschicht entspricht dem Gesamtbau der Arterien. Überall finden wir dieselbe kräftig entwickelt. An gelben Bindegewebsfasern ist sie jedoch durchwegs sehr arm. Nur selten trifft man feine, gewellte, parallel mit der Membrana flava interna verlaufende gelbe Fasern an. Ein Netzwerk ist nicht zu finden. Ziemlich reichlich mit gelben Bindegewebsfasern versehen ist die Adventitia. Wie aus der beigefügten Zahlentabelle zu ersehen ist, hält sich die Adventitia bei allen Gefässen in fast constanter Breite. Neben den bei Felis domestica gefundenen Werten weichen die bei Canis vulpes verzeichneten Zahlen unter- H. SCHÖPPLER, 520 nn 100 000 | ST0O | “E00 3800 0900 9900 2300 L30'0 sst‘o 0900 | ° yar 'goreo 'Nıy 00 100 110°0 | 1100 300 8r0'0 0900 9800 9900 6300 9830 0900 | " MALÄg 'ssor 'ıy Ze 1100 110'0 ı 8100 110'0 900°0 S 2500 8700 680°0 0080 0700 ||" : gsod "wwoo Yıy G80°0 F10'0 1100 | 910'0 | Fr0°0 c70'0 0900 3700 990°0 0800 880'0 17170 | ° Joad 1ıge1ao ‘Yıy s10'0 c10°0 er " > Y « KtäuoM KaUHTG Mr Während die Bauverhältnisse der Vollplacenten einer ganzen Reihe von Säugern neuerdings eine mehr oder minder aus- giebige Durcharbeitung erfahren haben, sind demgegenüber Halbplacenten (im Sinne der Terminologie von Strahl) sehr viel weniger der Gegenstand von Untersuchungen mit den Hilfsmitteln der modernen Technik gewesen, und doch erscheint es bei den so sehr weitgehenden Unterschieden, welche die neuen Placentar- untersuchungen in dem Aufbau und namentlich in dem Ent- wickelungsgang von Placenten überhaupt nachgewiesen haben, recht wünschenswert, unsere Kenntnisse auch des Baues der Halbplacenten durch Verarbeitung neuer Formen zu erweitern, wenn auch die Bauverhältnisse hier bei einfacherer Struktur im ganzen nicht in dem Grade untereinander abweichende sein werden, wie man das für die Vollplacenten festgestellt hat. Immerhin möchte ich daran erinnern, dass auch bei den Halb- placenten, soweit sie neuerdings durchgearbeitet sind, mancherlei Unterschiede zwischen den Placenten einander nahestehender Formen nachgewiesen sind. So konnte für diffuse Halbplacenten Strahl!) zeigen, dass die graviden Uteri javanischer und madagassischer Lemuriden unterscheidbar sind; für die ebenfalls diffuse Halbplacenta von Tragulus lehrt ein Vergleich der Schilderungen von Strahl?) !) Der Uterus gravidus von Galago agisymbanus. 2) Zur Kenntnis der Placenta von Tragulus javanieus. Anat. Anz. 1905. Bd. 26. S. 425—428. 530 L. DIEFFENBACH, und Barbieri!), dass sogar die graviden Uteri von Tragulus javanieus und von Tragulus meminna nicht vollkommen über- einstimmen. Bei Tragulus meminna sind im vollentwickelten Uterus gravidus die Zotten über die ganze Innenfläche der Uteruswand gleichmässig verteilt, während sie bei Tragulus javanicus, wie schon Koelliker früher beschrieben und Strahl neuerdings bestätigt hat, auf ziemlich grossen Feldern fehlen. Auch die multiplen Halbplacenten der Wiederkäuer zeigen im Aufbau ihrer Placentome mehr Unterschiede, als man früher anzunehmen geneigt war. So konnte schon Turner?) für die Zotten einiger Üerviden feststellen, das&® sie ım Gegensatz zu den vielfach verzweigten und verästelten Formen, wie man sie seit langem von Schaf und Rind kennt, schlank und einfach gebaut sind; und Strahl?) lieferte den Nach- weis, dass ebenfalls in den Placentomen der Cerviden während der Gravidität ausgedehnte Bezirke der mütterlichen Grund- lage eingeschmolzen werden, die bei den anderen bisher unter- suchten Wiederkäuern bis zum Ende der Gravidität erhalten bleiben. | Es erscheint unter diesen Umständen wünschenswert, neues Material von Halbplacenten zu möglichst ausgiebiger Unter- suchung heranzuziehen und festzustellen, wie weit sich Ab- weichungen von den bisher beobachteten Formen finden lassen, und ich habe von diesem Gesichtspunkt aus eine Reihe gravider Tragsäcke von Dicotyles labiatus Cuv. durchgearbeitet, welche mir Herr Professor Strahl aus seiner Sammlung zur Verfügung stellte. !) Intorno alla placenta del Tragulus meminna Erxl. Anat. Anz. 1906. Bd. 28. S. 327. 2) On the cotyledonary and diffused placenta of the Mexican deer. Journ. Anat. and Phys. 1879. Bd. XIII und On the placenta of the hog-deer. Ebenda. 3) Über die Semiplacenta multiplex von Cervus elaphus L. Anat. Hefte. 1906. Bd. 31. Über die Semiplacenta diffusa incompleta von Dieotyles labiatus Cuv. 531 Zu den eben besprochenen Gesichtspunkten kommt aber noch ein weiterer. Vor nicht langem hat Robinson!) in einer Reihe von Vorträgen über den Aufbau der Placenten eine Übersicht über die vergleichende Anatomie der Placenta ge- geben. Er stellt dabei die Behauptung auf, dass die Placenta des Schweines eine avillöse sei, eine Anschauung, die von der bisher üblichen sehr auffällig abweicht, und ich wollte bei meinen eigenen Untersuchungen nachprüfen, ob und wie weit die Angaben von Robinson für Dicotyles zutreffen. Sodann möchte ich aber auch bei dieser Gelegenheit gegen die von Robinson vorgeschlagene Terminologie der Placenten Stellung nehmen. Robinson hat sich gegen die Terminologie von Strahl, der neuerdings die Placenten in Vollplacenten und Halbplacenten trennt, ausgesprochen, indem er erklärt, dass alles, was eine Placenta sei, auch eine wahre Placenta sein müsste, sonst könne es seine Funktion nicht ausüben, er schliesst sich aber insofern an Hubrecht und Strahl an, als auch ihm wie jenen Autoren die Termini deeiduat und indeciduat nicht mehr passend erscheinen. (Strahl will dieselben, da sie vorläufig schwer vollkommen auszumerzen sein werden, für jetzt nur für Zwecke der Einteilung vermieden wissen). Robin- son schlägt die Bezeichnung Placenta apposita und conjuncta vor. „Der erstere Terminus soll angeben, dass die Schichten nur (merely) aneinander gelegt sind und auseinander genommen werden können, ohne dass eine Zerreissung nötig ist, der letztere soll angeben, dass fetale und mütterliche Teile des Organs zu- sammengefügt oder geeinigt sind“. Erstere teilt er wieder (nach dem Vorgange Strahls) in avillosa, zu denen er ausser einigen Marsupialiern nach unseren Anschauungen fälschlicherweise auch Sus serofa dom. hinzurechnet, und in villosa. 1) Journal of Anatomy and Physiology normal and pathological, human and comparative. Nr. 5. 18(38). 1904. pag. 325. 532 L. DIEFFENBACH, Die Termini Placenta apposita und conjuncta erscheinen uns nun als ein durchaus nicht günstig gewählter Ersatz für die von Strahl angegebenen entsprechenden Termini Semi- placenta und Placenta vera. Das Wort Placenta (cf. Hyrtl, Onomatologia anatomica S. 410) entstammt dem griechischen Wortschatz und bedeutet Kuchen. Es ist also streng genommen seiner ursprünglichen Bedeutung entsprechend nur auf die scheibenförmigen Placentarformen anwendbar, die in der Tat den Vergleich mit einem Kuchen gestatten. Für diese ist er auch offenbar zunächst gebraucht. Allenfalls könnte man den Terminus sinngemäss auch auf die gürtelförmigen Placenten übertragen, welche, wenigstens wenn sie aufgeschnitten sind, noch einem langgestreckten Kuchen vergleichbar wären. Die Halbplacenten (im Sinne der Strahlschen Terminologie) sind aber durchweg nichts weniger als kuchenförmig gestaltet. Hier wendet man den Terminus eben lediglich im übertragenen Sinne an, wie so manchen anderwärts, ohne dass er an sich passt. Es kommt aber noch etwas anderes hinzu, was gegen die Annahme der Terminologie von Robinson spricht. Wer die neuere Literatur über die vergleichende Anatomie der Placenten verfolgt hat, weiss, dass für eine ganze Reihe von Placenten heute noch Diskussion darüber besteht, was in denselben mütter- licher, was fetaler Herkunft ist. Strahl hat deshalb für seine Bezeichnungen offenbar absichtlich vermieden, die Beziehungen von mütterlichen und fetalen Teilen der Placenta als Kriterium für die Einteilung zu verwenden, da es jedenfalls misslich ist, hierzu ein Objekt zu benutzen, das selbst strittig ist; nach Robinsons Terminologie kann heute Placenta conjuncta sein, was morgen als Placenta apposita bezeichnet werden muss, je nachdem die Entscheidung über die Zugehörigkeit der Placentar- teile zu Mutter oder Fetus fällt. Strahl hat als Einteilungs- princip das Verhalten der Bluträume gewählt, das jedenfalls viel leichter festzustellen ist und zu weniger Zweifel betreffs der Anatom. Hefte I. Abteilung Heft 104 (34. Bd. H. 3) Über die Semiplacenta diffusa incompleta von Dicotyles labiatus Cuv. 533 Zugehörigkeit von Placenten zu dieser oder jener Gruppe Ver- anlassung geben wird. Eine andere Einteilung der Placenten ist ganz neuerdings von Assheton!) gegeben, der ebenfalls die Termini deciduat und indeciduat vermeiden möchte und dem offenbar auch die Terminologie von Robinson nicht zusagt. Er teilt ein in Placenta plicata und cumulata. Auch diese Bezeichnungen scheinen mir einen besonderen Vorteil nicht zu bieten, denn es wird für eine ganze Reihe von Placenten nicht leicht werden, sie mit einiger Berechtigung unter eine der beiden Gruppen unterzubringen. Warum man die kleinen Placenten der Mar- supialier, soweit wir sie heute kennen, als Placentae plicatae bezeichnen sollen oder ebenso diejenigen der Wiederkäuer, ist nicht recht einzusehen, da sie in der Tat nicht gefaltet sind. Es scheint uns unter obwaltenden Umständen immerhin besser, vorläufig bei der Strahlschen Terminologie (ef. Hertwigs Hand- buch der Entwickelungslehre p. 287) zu bleiben, die, wie Strahl selbst gelegentlich bemerkt, bei den deutschen Autoren auch bereits vielfach Annahme gefunden hat. Das mir für die nachstehend mitgeteilten Untersuchungen zur Verfügung stehende Material ist gegeben in sechs, aus Brasilien stammenden Uteris von Dicotyles labiatus (Olidosus labiatus) Cuv., wie Herr Professor Matschie zu bestimmen so freundlich war. Die Uteri sind an Ort und Stelle fixiert, wobei zugleich ein Teil des flüssigen Inhalts der Fruchtsäcke abgelassen wurde; ein Teil derselben ist dabei etwas auseinander präpariert, andere sind vollkommen in situ erhalten. Jedenfalls können wir bei drei ganz intakt erhaltenen Uteris feststellen, dass dieselben je zwei Feten enthalten, während in einem vierten Tragsack nur ein Fetus sich vorfindet. Es ent- 1) The morphology of the ungulate placenta. Phil. Transact. of the Roy. Soc. of London. Ser. B. Vol. 198. 1906. 554 L. DIEFFENBACH, spricht dies nicht ganz den Angaben von Brehm (Tierleben), nach welchem das Bisamschwein für gewöhnlich nur ein Junges werfen soll. Für unsere Darstellung möchten wir so vorgehen, dass wir zunächst einen der in der Gravidität weit vorgeschrittenen Üteri besprechen und im Anschluss an diesen erörtern, in wie weit die anderen unsere Vorstellung über den Bau des graviden Dicotyles-Üterus ergänzen. Ein Uterus gravidus von Dicotyles, der der Zeit der Reife zum mindestens nicht mehr sehr fern sein dürfte, stellt einen doppelförmigen Sack dar, dessen beide Teile man auch ohne Eröffnung als gravid bestimmen kann. Die beiden Hörner sind annähernd gleich gross, in ihren vaginalen und namentlich in den mittleren Partien ziemlich umfangreich, um sich nach den Enden dann rasch zu verjüngen. Das stark gebogene Finzel- horn besitzt eine grösste Länge von etwas mehr als einem halben Meter. Von den beiden Ovarien ist das eine ohne Corpus luteum, während das andere davon zwei aufweist. Der eine der beiden Feten, welche sich in dem Tragsack befinden, ist alsoübergewandert. Wir haben, um zunächst einen Überblick über die Situation von Feten und Hüllen zum Tragsack zu bekommen, ein Fenster in die Wand des Uterus gelegt, welches von dem vaginalen Ende der beiden Hörner auf der einen Seite nicht ganz bis zur Mitte des Hornes reichte, während es auf der anderen wesentlich über diese hinauseing. Bei der Eröffnung zeigte sich, dass Uteruswand und Chorion nicht zusammenhingen, sondern gelöst waren, was wir für eine Folge der Präparation halten. Es war dadurch leicht festzustellen, dass an der Stelle, an welcher die beiden Hörner oberhalb der Vagina sich von einander trennen, die Chorionsäcke beider Seiten vereinigt waren, also im ganzen einen hufeisenförmigen Sack bildeten. Die Uteruswand erschien für das unbewaffnete Auge rauh, war aber von grösseren Falten in den mittleren weiteren Partien Über die Semiplacenta diffusa incompleta von Dicotyles labiatus Cuv. 535 des Hornes frei, während in den engeren Endteilen desselben solehe zahlreich vorhanden sind, Die Oberfläche des Chorion hat ein sammetartiges Aussehen; ein flüchtiger Blick mit der Lupe lehrte, dass das ganze Uhorion in allen seinen freigelegten Teilen mit winzigen kolbenförmigen Zöttchen dicht besetzt ist; dieselben sind unregelmässig angeordnet, eine Reihenstellung vermögen wir nicht festzustellen. Es werden dann in dem einen Horn auch die oberfläch- lichen Teile der Hüllen entfernt, und wir finden in demselben einen wohl entwickelten Fetus, der über den Bauch zusammen gekrümmt mit dem Rücken nach aussen, mit dem Kopf vaginalwärts gelegen ist, was die regelmässige Haltung zu sein scheint, und von der Schnauzenspitze zur Schwanzwurzel über den gekrümmten Rücken gemessen eine grösste Länge von 35 cm besitzt. Die Nabelschnur ist über die Mitte des Körpers fest umschlungen (Fig. 1). Der Fetus besitzt ein braunes Haarkleid mit schwarzen Rückenstreifen, das aus nicht sehr dicht stehenden, aber kräf- tigen Borsten besteht. Eine helle Halsbinde, wie sie den Jungen eigen sein soll, vermissen wir. Etwa 8 cm vor der Schwanz- wurzel findet sich ein sehr auffälliger kahler Fleck, die Stelle, an der die bekannte Rückendrüse von Dicotyles ausmündet. Es ist seit den Untersuchungen von Eschricht!) bekannt, dass Uteruswand und Chorion beim graviden Tragsack des Schweines an einzelnen Stellen besondere Bauverhältnisse auf- weisen. Spätere genauere histologische Untersuchungen (Ta- fani?), Turner?) haben die Beziehungen, die sich hier zwischen 1) De organis, quae respir. et nutrit. foetus mammalium inserviunt. Hafniae 1837. 2) Sulle condizioni uteroplacentari della vita fetale. Arch, Scuola anat. pat. dir. Pellizari, Firenze. Vol. IV. 1886. 3) Lectures on the comparative anatomy of the placenta; first series. Edinburg 1876. 536 L. DIEFFENBACH, dem Drüsenpräparat der Uterusschleimhaut und dem Chorion finden, genauer festgestellt und gelehrt, dass das Chorion kleine Säcke über entsprechend gestalteten Feldern der Uteruswand bildet, an welchen die Uterindrüsen ausmünden. Letztere secer- nieren, wie wir annehmen müssen, während der ganzen Gravi- dität weiter und ihr Secret wird von den Chorionepithelien auf- genommen. Ähnliche Einrichtungen hat Strahl!) auch bei der Semiplacenta diffusa von Lemuriden (Galago agisymbanus und anderen), sodann auch bei Vollplacenten nachgewiesen. Bei Talpa?) ziehen Ausführungsgänge von subplacentaren Drüsen mitten durch das Placentarlabyrinth; ihre Ausmündungsstellen werden vom Chorion überbrückt und das Secret, welches sie absondern, kann auch hier vom Chorionepithel aufgenommen werden. Um festzustellen, ob entsprechende Einrichtungen hier vor- kommen und, wenn das der Fall, wie sie sich topographisch ver- halten, haben wir aus einem ebenfalls der Reife nahen Uterus gravidus ein Fenster herausgenommen, das Uteruswand und die ganzen Fruchthüllen enthielt. Hier präsentieren sich von der Innenseite her eine grosse Zahl von kleinen ganz platten grauen Fleckchen 11/—2 mm im Durchmesser, die Chorionblasen. Sie sind ziemlich auffällig in Reihen gestellt, nicht vollkommen und nicht an allen Stellen gleich regelmässig, aber doch so, dass wenigstens vielfach die Reihen ganz unverkennbar sind. Dabei finden wir an unserem Präparat eine ziemlich aus- giebige natürliche Injektion der Allantoisgefässe, und die feinen Verzweigungen dieser zeigen eine sehr ausgesprochene Beziehung zu den Chorionblasen ; sie liegen über denselben, so dass die Blasen wie Beeren am Stiel erscheinen; das Bild erinnert auch DIRLASSC 2) ef. Strahl, Untersuchungen über den Bau der Placenta. V. Die Placenta von Talpa europaea. Anat. Hefte. 1892. I. S. 115. Über die Semiplacenta diffusa incompleta von Dicotyles labiatus Cuv. 53 an die Beziehungen der Glomeruli zu den Nierenarterien, wie man sie an Korrosionspräparaten sieht. Die vorhin erwähnte Verbindung der Fruchtsäcke der beiden Hörner an ihren vaginalen Enden entspricht offenbar dem, was von den Chorionsäcken des Hausschweines seit langem bekannt ist, allerdings, wie es scheint, doch nur wieder mit besonderer Modifikation. Ehe ich nun zur weiteren Darstellung von Dicotyles labiatus übergehe, erscheint es zweckmässig, mit einem kurzen Wort auf Eihüllen und Placenta von Sus scrofa dom. zurückzukommen ; die Darstellung stützte sich dabei zum Teil auf die Unter- suchungen der älteren Autoren, zum Teil auf eigene Beobach- tungen. Sie erscheint notwendig, da die Autoren unter sich in manchen Punkten differieren und wir gezwungen sind, Stellung zu denselben zu nehmen. Beim Schweinsembryo von 17 Tagen, sagt Bonnet, dessen Grundriss der Entwickelungsgeschichte S. 249 u. ff. ich die nachstehenden Daten entnehme, ist der Fruchtsack bis zu 1,40 m und darüber lang. Da diese Länge des Ries die Länge des Uterus weit überschreitet, liegen die Eier zickzackförmig, geknickt und nach Art einer Ziehharmonika auf den kleinen Raum von 10—15 cm zusammengeschoben. Später nimmt die Länge des Eies beträchtlich ab und erst gegen Ende der Tragzeit wieder etwas zu. Während des Anwachsens schnürt sich der Embryonal- schild ab, das Amnion schliesst sich sehr früh und nach völliger Abspaltung des amniogenen Chorions muss ersteres ebenso wie die Nabelblase entsprechend der Schlauchform des Eies einen sehr langen zweizipfligen Schlauch bilden. Auf der Nabelblase entwickelt sich bald ein Netz von Blutgefässen, ohne dass es jedoch zur Bildung eines Sinus terminalis kommt. Arterien und Venen stehen vielmehr nur durch Kapillarnetze in Verbindung. 538 L. DIEFFENBACH, Die Nabelblase bildet sich nach kurzem Bestehen zurück und verschwindet lange vor der Geburt vollständig. Die Allantois ist etwa um den 16.—17. Tag als selbständige wohl abgegliederte mondsichelförmige, quer zur Längsachse des Embryo gestellte Blase deutlich zu erkennen, die bald gefäss- haltig wird und mit ihren Enden rasch die Innenfläche des amniogenen Chorions erreicht und sich dann mit ihrer Längs- achse parallel zu demselben stellt. Nach vollendeter Bildung des Allantoischorion soll die Al- lantois die Eienden durchwachsen (von Bär) und dann die nackt zutage tretenden sogenannten Allantoiszipfel bilden, an deren durch eine ringförmige Narbe eingeschnürter Basis die Gefässe des Allantoischorion schlingenförmig umbiegen, während die Gefässe der Allantoiszipfel veröden. Das Allantoischorion faltet sich und seine Zottenbildung bleibt auf einer verhältnismässig primitiven Stufe stehen, inso- fern sich auf dem den grössten Teil des Eies bildenden Allan- toischorion gefässreiche, meist transversal auf die Längsachse des Eies verlaufende Wülste ausbilden, auf denen sich dann kurze, einfache oder geteilte, ebenfalls gefässhaltige Zotten ent- wickeln. Die Allantoiszipfel bleiben zottenfrei. Gegen die Anschauung, dass das Chorion des Schweines Zotten entwickelt, wendet sich Robinson in seiner oben er- wähnten Arbeit, indem er behauptet: „Es ist oft gesagt worden, dass die Oberfläche des Chorion des Schweines mit kurzen, zottenförmigen Fortsätzen bedeckt ist. Dies ist jedoch kaum richtig und die Strukturen, die in Schnitten als Zotten beschrieben sind, sind zum grössten Teil Schnitte von primären, sekundären und tertiären Leisten des Chorion, die hineintauchen in ent- sprechende Furchen der Uterinschleimhaut.“ Wir können diese Anschauung nicht teilen, bekennen uns vielmehr auf Grund unserer Beobachtungen ganz entschieden zu der seither allgemein üblichen Ansicht, wie sie oben wieder- Über die Semiplacenta diffusa incompleta von Dicotyles labiatus Cuv. 539 gegeben ist, und weisen besonders auf die Ausführungen hin, die Carl Ernst von Bär in seiner klassischen Arbeit ‚Unter- suchungen über die Gefässverbindung zwischen Mutter und Frucht in den Säugetieren“ gemacht hat und die uns die Ver- hältnisse am treffendsten darzustellen scheinen. Nach der 5. Woche vergrössern sich die Zotten — die übrigens nach seinen Beobachtungen bereits sehr früh vorhanden sind — stark zu ansehnlichen dicken Zapfen. Dieselben stehen in Querreihen, sind bald mehr vereinzelt, bald mehr untereinander zusammen- hängend, in welchem Falle sie Wülste bilden, an denen jedoch Einschnürungen die Teilung andeuten. Die Verbindungsfalten sind wenig kenntlich. Was die feineren Bauverhältnisse der Semiplacenta diffusa des Hausschweines anlangt, so zeigen meine Schnittpräparate von dem der Reife nahen Uterus gravidus, dass überall ein wohlerhaltenes Epithel von kubischer Form die Uterusschleim- haut bedeckt, nur in der Tiefe der Gruben, wo es zu einer innigeren Verklebung mit dem Chorionectoderm kommt, ist es abgeflacht. Das Chorion ist zwischen den Zotten mit einem hohen schlanken Cylinderepithel bekleidet, die Zellgrenzen treten deut- lich hervor, die grossen ovalen Zellkerne sind in einer überaus gleichmässigen Weise angeordnet, das Protoplasma ist auffallend hell. Dagegen wird das Epithel auf der Höhe der Zotten nied- riger, die Zellgrenzen sind wenig deutlich, an denjenigen Stellen, an denen es zu einer Verklebung mit der Uterusschleimhaut kommt, nimmt es einen syneytialen Charakter an, indem die Zellgrenzen undeutlich werden und die Zellkerne unregelmässig manchmal in Klumpen zusammenliegend angeordnet sind. An diesen Stellen fliessen Chorionepithel und Uterusepithel zusammen, es bleibt jedoch an der Anordnung der Kerne eine deutliche Scheidung beider Zelllagen möglich. Dies ist die Deutung, die wir unseren Präparaten gegeben 540 L. DIEFFENBACH, haben. Wir möchten jedoch nicht versäumen, an dieser Stelle auch auf die Ausführungen, dieRobinson und Assheton über das Verhalten von Chorioneetoderm und Uterusepithel gemacht haben, einzugehen. Robinson schreibt: „Das Epithel des Uterus besteht aus abgegrenzten Zellen, der 'Trophoblast aus einem Syncytium, an anderen Stellen ist er aber in Zell- territorien geteilt. Sowohl die Aussenfläche des Syneytium wie die Aussenfläche der Zellen senden Fortsätze fast durch die eanze Höhe der Uterusepithelien.“ Die Verbindung der beiden Zelllagen ist daher inniger, als man im allgemeinen anzunehmen geneigt ist und er glaubt, dass diese Fortsätze die cilienartigen Verlängerungen sind, die Turner an dem isolierten Chorion beschreibt. Auch Assheton schreibt, dass beim Schwein von 21 Tagen das syneytiale Chorioneetoderm Fortsätze zwischen die Zellen der Uterusepithelien schickt, sieht aber selbst nicht das tiefe Eindringen zwischen die Zellen des Uterusepithels, wie es Robinson beschrieben hat; doch beziehen sich seine Be- obachtungen allerdings auf ein späteres Stadium, als es das von Robinson untersuchte und beschriebene war. Auch wir haben an unseren Präparaten von Uterus des Hausschweines kurze Fortsätze an den Zellen des Chorionectoderms beobachtet, halten aber dafür, dass diese Fortsätze lediglich durch die Anlagerung der beiden Epithelreihen bedingt sind, dass es sich hier also um Druckeffekte handelt, wie man sie auch sonst vielfach bei nebeneinander liegenden Epithelreihen beobachten kann, dass ihnen also eine specifische Bedeutung nicht zukommt. Serienschnitte durch Chorionblasen, die wir ebenfalls vom Uterus gravidus des Hausschweines angefertigt haben, geben sehr charakteristische Bilder. Chorion und Uteruswand sind von- einander abgehoben, die Blase ist mit einer homogenen Masse ausgefüllt; die an die Blase herantretenden Falten der Uterus- schleimhaut flachen sich sehr bald ab, so dass der Boden der Area vollkommen glatt erscheint. An geeigneten Stellen findet Über die Semiplacenta diffusa incompleta von Dicotyles labiatus Cuv. 541 man den Anfangsteil der unter der Chorionblase ausmündenden Uterindrüse; die Drüsenmündung ist mit Secret angefüllt. Das Uterusepithel ist sehr wohl erhalten und geht an der Drüsen- mündung unmittelbar in das ebenfalls sehr wohl erhaltene Drüsenepithel über. In die Chorionblase hinein ragen sowohl Zotten von dem die Dicke der Blase bildenden Teil des Chorion, der in seinem Mesoblastteil hier stark verdünnt ist, sowie die zottenförmigen Endwülste der an die Areola herantretenden Chorionfalten. Das aus hohem Cylinderepithel bestehende Chorion- ectoderm ist bisweilen mit reichlichen Secretmassen besetzt und durchsetzt. Protoplasma und Zellkerne sind dann nicht selten schlechter färbbar, so dass das mieroscopische Bild ein unscharfes und verwaschenes werden kann. Die Abbildung, welche Ta- fanı (l. s. ec.) von der Eschrichtschen Area und der Chorion- blase gibt und die vielfach in die Lehrbücher übergegangen ist, ist wohl stark schematisiert. Chorionblasen und Uteringruben sollen vorzugsweise nutri- tive, das übrige, die Zottenwülste tragende Chorion dagegen re- spiratorische Bedeutung haben. Robinson will dem Drüsen- secret nur in der frühen Entwickelungszeit eine Rolle für die Ernährung zuschreiben, nach Assheton spielt es dieselbe während der ganzen Tragzeit. Wir schliessen uns diese letz- teren Ansicht an, da wir auch in unseren aus der letzten Zeit der Tragzeit stammenden Präparaten die Chorionblasen mit Drüsensecret gefüllt fanden. Nach Bonnet (l.s.c. S.253) wird die in den Uteringruben befindliche eiweisshaltige Flüssigkeit durch Degeneration des hier gelegenen Fpithels und teilweise auch des Epithels der Uterusschläuche geliefert, während Wanderzellen nur m ge- ringem Grade beteiligt sind. Ob tatsächlich in dem der Reife nahen Uterus gravidus viel mütterliche Zellen zugrunde gehen, möchte uns fraglich erscheinen, da die Epithelzellen der Üterus- schleimhaut sowohl wie die der Uterusschläuche, an unseren € Anatomische Hefte. I. Abteilung. 104, Heft (34. Bd., H. 5). 39 542 L. DIEFFENBACH, Präparaten wenigstens, vollständig erhalten sind und keine Spur von Degeneration erkennen lassen. Ich will nun weiter über meine Untersuchungen der Dieco- tyles Uteri berichten, deren Bauverhältnisse mir in mancher Beziehung beachtenswert erscheinen. Es sind namentlich die eigentümlich gestalteten Enden der Fruchtblasen, auf welche wir unsere Aufmerksamkeit gerichtet haben, insbesondere auf das Verhalten der Stelle. an welcher bei den 2 Feten tragenden Uteris die Fruchtsäcke aneinander stossen. Wir verwendeten zur Untersuchung nach dieser Richtung mehrere Uteri. Der erste derselben enthielt 2 Feten, die von der Schnauzenspitze über den Rücken bis zur Schwanzwurzel etwa 28 cm messen; am Kopfe finden sich die Sinushaare als schwarze Borsten gut entwickelt; die übrigen Haaranlagen er- scheinen aber noch als kleine weissliche Flecke, an welchen man nur in einzelnen Körperabschnitten, namentlich am Rücken, die Haare mit der Lupe als feinste schwarze Fäden erkennt. Die Ausmündungsstelle der Rückendrüse ist durch ein ovales Feld gegeben, welches sich etwas über die freie Fläche erhebt. Die Haaranlagen rücken von vornher in Reihen geordnet und con- vergierend bis dicht an den kleinen Wall heran. Bei Eröffnung der Hüllen konnte der Allantoishohlraum über einen grösseren Teil der Aussenseite des Amnion verfolgt werden ; an der einen Seite des letzteren sind aber Aussen- und Innenwand der Allantois miteinander verbunden. Nach Eröff- nung des Amnionsackes zeigt sich, dass vom Nabelstrang aus an dem der ventralen Seite des Fetus entsprechenden Rand der Fruchthüllen die Umbilikalgefässe in Gestalt eines dicken Kieles je kopf- und kaudalwärts ziehen. Nach dem ovarialen Ende des Uterus können wir die Frucht- säcke bis in die Spitze des Hornes verfolgen. In dieser hören dieselben mit je einem abgerundeten Ende auf, das vollkommen Über die Semiplacenta diffusa incompleta von Dieotyles labiatus Cuv. 545 mit Zotten bedeckt ist, in welches aber die letzte Spitze des Fruchtsackes mit je einem sehr kleinen nicht ganz 2 em langen Stück eingestülpt ist. Der eine eingestülpte Teil ist in einen braunen dünnen Strang umgewandelt, der wohl im wesentlichen ein verändertes Blutgerinnsel darstellt, während ein solches im anderen Horne fehlt. Da, wo die beiden Hörner oberhalb der Scheide zusammen- stossen, gehen auch bei diesem Präparat die beiden Chorion- säcke so ineinander über, dass äusserlich eine Grenze an dem erhärteten Objekt nicht auffällig ist. Die beiden vaginalen Enden der verschmolzenen Frucht- säcke wurden nun in der Länge von 6—8 cm eines jeden quer abgetrennt und dann im Zusammenhang herausgenommen. In dem einen Horn lässt sich ein abgestorbener Zipfel, an dem Gerinnsel und Detritusmassen hängen, leicht nachweisen, im anderen will dies aber nicht gelingen. Nun war die Frage zu entscheiden, in welcher Form die beiden Fruchtsäcke miteinander verbunden sind, wir versuchten, sie durch einfachen Zug zu trennen, und dies ging auch an dem schon vor längerer Zeit fixierten Exemplar noch über Er- warten gut. Es lassen sich die beiden Oberflächen der Frucht- säcke ohne besondere Gewalt bis auf eine kleine letzte Spitze voneinander loslösen, das allerletzte Stück haftet aber fest. Es entfaltet sich dabei an jedem Fruchtsack ein weites zipfelförmiges Ende, das posthornförmig gebogen ist und an dem einen Sack etwa 12 cm, am anderen etwa 15 cm Länge besitzt. Die gelöste Haut, eine unmittelbare Fortsetzung des zottentragenden Teiles der Chorionoberfläche ist überaus zart und dünn, vollkommen glatt und ohne alle Leisten und Vorsprünge. Bei durchfallendem Licht erkennt man an der dünnen Mem- bran leicht, dass sie die Trägerin von Allantoisgefässen ist, die in langen parallelen Zügen gegen die Spitze des Sackes laufen. 35* 544 L. DIEFFENBACH, Die macroscopische Betrachtung nötigt hier zu der An- nahme, dass wir es mit Allantoiszipfeln zu tun haben, welche, wie dies auch für das Hausschwein beschrieben ist, das Chorion durchbrochen haben und dann secundär miteinander verschmolzen sind. Es würde hier nur gegenüber dem Hausschwein ein sehr bemerkenswerter Unterschied einmal in der Grösse der abge- storbenen Zipfel und sodann im Verhalten von vaginalem und ovarialem Ende des Fruchtsackes zu verzeichnen sein. Bei Dicotyles sind die abgestorbenen Zipfel an sich ausser- ordentlich viel geringer an Grösse und dann ist, und das konnten wir auch an anderen unserer Präparate beobachten, das ovariale Ende sehr viel ausgiebiger rückgebildet, als das vaginale. Wir haben uns alsdann über die gleichen Verhältnisse auch bei einem älteren Uterus gravidus, und zwar bei dem in der Gravidität am weitesten vorgeschrittenen unserer Uteri, der in jedem Horn einen Fetus von 38 em Länge (von Nasenspitze zur Schwanzwurzel gemessen) enthält, zu informieren versucht. Wir finden, dass die eine Fruchtblase, die wir hierauf unter- suchten, am ovarialen Ende fast ohne jede Einbuchtung war; das Chorion ist bis oben hin mit Zotten besetzt, führt Allantois- gefässe bis zum Schluss und von einer Einstülpung, von einem Durchwachsen des Allantoiszipfel durch das Chorion oder von einem auch nur abgestorbenen Stück in irgendwelcher grösseren Ausdehnung ist hier keine Rede. Dass nicht etwa in früheren Stadien ein solches vorhanden war und ganz rückgebildet ist, können wir natürlich nicht ausschliessen. Am vaginalen Ende sind die beiden Fruchtsäcke fest mit- einander verklebt. Die Chorionsäcke in ihren zottenbesetzten Teilen hängen ebenso zusammen wie die des eben beschriebenen Uterus. Es ist fast unmöglich, zunächst eine Grenze festzu- stellen. Auf mässigen Zug lassen sie sich aber teilweise trennen; man kann zwei zottenlose, etwa 15 cm lange, nur verklebte Ab- Über die Semiplacenta diffusa incompleta von Dicotyles labiatus Cuv. 545 sehnitte der Fruchtblasen leicht voneinander trennen und erkennt in den dünnen Membranen in der Fläche die Allantoisgefässe. Die letzten Zipfel dagegen halten so fest, dass man die- selben ohne Zerreissung der Fruchtsäcke nicht voneinander lösen kann. In demselben finden sich dicke Klumpen geronnenen Blutes, offenbar die letzten Reste der zugrunde gegangenen Zipfel der Allantois. Von unseren übrigen Uteris war der eine, der Feten von 24 em Länge (Nasenspitze — Schwanzwurzel) enthielt, beim Fi- xieren auseinander geschnitten, so dass wir nur feststellen konnten, dass auch der eine der beiden Fruchtsäcke, die er ent- hielt, am ovarialen Ende vollkommen mit Zotten bedeckt war, während am vaginalen sich ein zottenfreier Abschnitt findet. In den bislang beschriebenen Uteris fanden wir je zwei Fruchtsäcke vor. Ein anderer, der ein wenig jünger war, als der zuletzt erwähnte, enthielt nur am einen Ovarium ein Corpus luteum, nur ein gravides Horn mit einem Fruchtsack und Fetus. Wir haben auf die Untersuchung dieses Präparates besondere Sorgfalt verwendet, um festzustellen, wie sich die Enden des Chorionsackes verhalten würden. Denn es liegt nahe, das Kausal- moment für das Absterben der Endabschnitte der Fruchtsäcke in einer Raumbeschränkung zu suchen und tatsächlich ist dies auch für den graviden Uterus des Hausschweines angegeben. Es war deshalb für uns von besonderem Interesse festzustellen, wie sich in dieser Beziehung der Uterus verhalten würde, der nur einen Fetus beherbergte. Bei der Eröffnung des Uterus konnte festgestellt werden, dass der Chorionsack das den Fetus enthaltende (im üblichen Sprachgebrauch „gravide“) Horn vollkommen bis zum ovarialen Ende ausfüllte. Ausserdem war aber auch der Chorionsack in das nicht gravide Horn hinüber gewachsen, ohne dies indessen vollkommen bis zu seinem ovarialen Ende auszufüllen. 546 L. DIEFFENBACH, Der Chorionsack ist an seiner Oberfläche mit winzigen Zött- chen besetzt, verhält sich aber in seinen beiden Enden ausser- ordentlich verschieden. Derjenige des graviden Hornes endet in einer abgestumpften Spitze, ohne an demselben irgend welche Zeichen des Absterbens erkennen zu lassen. Im nicht graviden Horn schliesst der Sack ab mit einem auch an dem lange con- servierten Object durch seine grünliche Verfärbung kenntlichen, mehrere Centimeter langen Zipfel, der unzweifelhaft in Rück- bildung begriffen ist. Das letzte freie Stück desselben besteht aus einem Klumpen einer dichten geronnenen Masse, deren Zu- sammenusetzung nicht genauer festzustellen ist. Das ganze rück- gebildete Stück erscheint geschrumpft und lässt sich im Gegen- satz zu den entfaltbaren Enden der oben beschriebenen Trag- säcke nicht glätten. Es scheint mir, dass Präparate, wie das eben beschriebene, eine besondere Bedeutung besitzen. Ich komme unten noch einmal auf dieselbe zurück. Ein jüngstes Stadium, das wir besitzen, enthält einen Fetus von 5,5 cm Länge. Der Tragsack hatte offenbar zwei Feten beherbergt, es war jedoch ein grösserer Teil des einen Hornes mit Inhalt abgetrennt. Der Fruchtsack des nun vorliegenden Hornes bestand aus einem 50 em langen, dünnen Chorionsack, der macroscopisch kaum etwas von Zotten erkennen liess, Ein der Chorionwand entnommenes Stück, das wir durchfärbten, aufhellten und dann in toto untersuchten, zeigte aber, dass in der Tat die ganze Chorionoberfläche bereits mit kleinen Ver- diekungen besetzt ist, welche in den Flächenpräparaten als dunklere Teile erscheinen. Diese ersten Zotten sind sehr unregel- mässig gestaltet, breit, vielfach anastomosierende Leisten und jedenfalls wesentlich gedrungener als die der späteren Stadien. Die Chorionblasen sind an ihren eigentümlichen radiären Falten ebenfalls bereits kenntlich. Die feinen Zipfel des Sackes zeigen Andeutungen des Ab- Über die Semiplacenta diffusa ineompleta von Dicotyles labiatus Cuv. 547 sterbens, der ovariale kaum merklich, der vaginale, an welchem noch ein Rest des zweiten abgelösten Sackes hängt, in etwas beträchtlicherer Ausdehnung. Was die feineren microscopischen Bauverhältnisse der Dicotyles-Placenta anlangt, so kann ich nur bemerken, dass ich wesentliche Unterschiede gegenüber dem von Hausschwein be- kannten an meinen Präparaten nicht finde. Der Versuch einer Zusammenstellung der Schlussfolgerungen, welche sich aus unseren oben mitgeteilten Beobachtungen ziehen lassen, fällt mit der Beantwortung zweier Fragen zusammen: Sind die Embryonalhüllen und die Placenta von Dicotyles labia- tus derart gebaut, dass sie den bisher untersuchten Formen von Semiplacenta diffusa gegenüber Charakteristika besitzen? Ist es insbesondere möglich, die Placenta von Dicotyles von der ihr offenbar im Baue sehr nahestehenden Semiplacenta diffusa von Sus scrofa domesticus zu unterscheiden ? Wir sind uns allerdings bewusst, dass unser Material von Dicotyles bis dahin gerade kein sehr umfangreiches ist, glauben aber doch, schon auf Grund des jetzt vorliegenden beide Fragen in bejahendem Sinne beantworten zu können. Jedenfalls reicht ja das Material auch aus, um die Grundzüge des Baues der Dicotyles-Hüllen denselben entnehmen zu können. Die Er- örterung der einen Frage schliesst sich übrigens eng an die der zweiten an. Charakteristisch nun ist für Dicotyles in erster Linie die Form des Chorionsackes in der reifen Placenta. Der Zotten besatz ist alsdann über den Sack so verteilt, dass er denselben in der Mitte und an seinem ovarialen Ende vollkommen über- zieht, den vaginalen Abschnitt dagegen frei lässt. Dies gilt auffälligerweise nicht nur für die Tragsäcke, die zwei Feten beherbergen und bei denen sich die vaginalen Enden der Chorion miteinander verbinden, sondern auch für den Fall, in welchem wir nur einen Fetus im Tragsack fanden. 548 L. DIEFFENBACH, Auf letzteren Befund möchte ich noch einmal die Auf- merksamkeit lenken. Es scheint mir insofern von einer ge- wissen grundsätzlichen Bedeutung, als wir ein Absterben des einen Fruchtsackendes fanden, ohne dass man irgend welchen Grund zu der Annahme hat, es sei hier eine räumliche Be- schränkung die Ursache des Absterbens der letzten Zipfel ge- wesen. Bekanntlich haben die älteren Autoren angenommen, dass die Erscheinung des Absterbens der Eispitzen und das Verschmelzen der Chorionsäcke bei dem Hausschwein bedingt sei dadurch, dass der einzelne sehr lange Fruchtsack gewisser- massen keinen Platz im Uterus finde und dass deshalb die Enden abstürben. Von Baer spricht dies gelegentlich direkt aus. Hier.in unserem Falle kann von einem solchen unmittel- baren mechanischen Moment keine Rede sein. Vielleicht erklärt sich die Erscheinung durch die Annahme, dass bei Dicotyles für gewöhnlich zwei Fruchtsäcke in dem Uterus zur Entwickelung kommen, die durchweg am vaginalen Ende miteinander ver- schmelzen. Dadurch sind im Laufe der Zeit die Fruchtblasen so eingestellt, dass jetzt das eine Ende derselben in grösserer Ausdehnung auch dann abstirbt, wenn die gegenüberliegende Fruchtblase fehlt. Vom Uterus gravidus unseres Hausschweines würde sich derjenige von Dicotyles dadurch unterscheiden, dass in ersterem, soweit ich der Literatur entnehmen kann und mir eigene Er- fahrungen zu Gebote stehen zumeist beide Enden des Frucht- sackes gleichmässig absterben; es würden dann bei Sus scrofa die Zotten gewissermassen in Form eines Gürtels den mittleren Teil des Chorionsackes umgeben, während sie an den Spitzen fehlen. Schon von Baer hat auf diese Gürtelform des Zotten- besatzes am Chorion des Hausschweines aufmerksam gemacht, Bei Dicotyles ist der Zottenbesatz demnach ein relativ ausge- dehnterer als bei Sus scrofa, da hier die Zotten nur am vagi- nalen Ende des Fruchtsackes fehlen. Auch die Form der Über die Semiplacenta diffusa incompleta von Dicotyles labiatus Cuv. 549 abgestorbenen Chorionzipfel lässt den der Reife nahen Frucht- sack von Dicotyles ohne weiteres von demjenigen von Sus scrofa dom. unterscheiden; die abgestorbenen Teile sind beim Hausschwein ganz ausserordentlich viel umfangreicher, als bei Dicotyles. Neben der äuseren Form des Öhorionsackes ist es dann noch eines, was schon macroscopisch den Fruchtsack von Dico- tyles von demjenigen von Sus scrofa unterscheidbar macht, das ist die Form und die Grösse der Chorionblasen. Die Blasen sind bei Dicotyles in. jugendlichen wie älteren Stadien grösser und auffälliger als beim Hausschwein. Es erscheint mir dies so deutlich, dass auch hierdurch meines Erachtens die Möglich- keit einer Unterscheidung der beiden Fruchtsäcke gegeben ist. Dazu kommt wohl auch noch die Reihenstellung der Chorion- blasen bei Dicotyles, die allerdings nicht in allen Fällen so ganz gleichmässig ist, dass ich aus dieser allein eine Bestimmung der Herkunft mit Sicherheit unternehmen möchte. Immerhin ist also nach den gegebenen Merkmalen der Fruchtsack von Dicotyles als solcher dem des Hausschweines gegenüber bestimmbar. Wir haben oben die Dicotylesplacenta mehrfach als Semi- placenta diffusa bezeichnet. Ist das berechtigt? Es ist nicht zu leugnen, dass uns schon bei dem Versuch, die Placenta des Hausschweines in die von Strahl aufgestellten Gruppen unter- zubringen, einige Schwierigkeiten entgegentreten; bei Dicotyles wiederholen sich dieselben. Sie bestehen meines Erachtens darin, dass die äussere Form des Chorionsackes, die in erster Linie mit zur Einteilung bezw. Gruppierung verwendet wird, nicht in allen Fällen die gleiche ist, sondern gewisse individuelle Wechsel zeigt, ausserdem aber auch schon im Entwickelungs- gang Unterschiede aufweist. Vielleicht lassen sich aber die angenommenen Schwierigkeiten, die dadurch in die Terminologie kommen, doch umgehen. 550 L. DIEFFENBACH, Zunächst kann ein Zweifel darüber wohl nicht bestehen, dass der Bau beider Placenten so ist, dass bei dem Wurf die Embryonalhüllen ohne Eröffnung mütterlicher Gefässe abgelöst werden können, dass wir es also mit einer Semiplacenta zu tun haben. Von den einzelnen Abteilungen der Halbplacenten würde für Dieotyles ohne weiteres ausscheiden die Semiplacenta zonaria, da bei dieser Form der Zottenbesatz nicht gürtelförmig ist; ferner die Semiplacenta multiplex, weil wir für diese das Ein- wachsen der Zotten in eine von der Uteruswand gelieferte Karunkel verlangen. Ebenso die Semiplacenta avillosa, da das Chorion von Dicotyles von allen mittleren Entwickelungsstadien ab einen sehr deutlichen Besatz von allerdings recht kleinen Zotten nachweist. Es bliebe somit nach Ausschaltung der übrigen Formen der Halbplacenten für Dieotyles die Semiplacenta diffusa übrig, zu der wir dieselbe stellen müssen. Nun sollte man von Semi- placenta diffusa schlechthin nur in solchen Fällen reden, in denen wie z. B. bei den Equiden und dem Tapir das ganze Chorion auf seiner Oberfläche Zotten trägt. Es hat nun aber Strahl bereits gelegentlich von Untersuchungen über die Pla- centa von Tragulus javanieus darauf hingewiesen, dass bei diesem zwar auch eine Semiplacenta diffusa vorkomme, dass der Zottenbesatz aber nicht gleichmässig über die ganze Chorion- oberfläche verteilt sei, sondern an einzelnen Stellen fehle. Er hat darauf vorgeschlagen, die Placenta von Tragulus javanicus als Semiplacenta diffusa incompleta zu bezeichnen. Mir scheint dieser Terminus auch für die Placenta von Dicotyles passend. Streng genommen muss man ja auch hier eigentlich vermerken, dass die Formverhältnisse des Chorionsackes nicht in allen Stadien und unter allen Umständen die gleichen sind, was wohl eine Eigentümlichkeit des Chorionsackes der Schweine überhaupt ist. Bei Dicotyles ist in dem jüngsten der von uns untersuchten Über die Semiplacenta diffusa incompleta von Dicotyles labiatus Cuv. 551 Stadien offenbar der Zottenbesatz des Chorion ein relativ be- deutend vollständigerer, als der der älteren Graviditätszeit, und in denjenigen Uteris, welche nur eine Fruchtblase beherbergen ist er ebenfalls ausgedehnter als dann, wenn sich zwei Feten im Uterus befinden. Aber auch dann, wenn nur ein Fruchtsack vorhanden ist, besitzt dieser in älteren Stadien keinen voll- kommenen Zottenbesatz und in dem der Zahl nach offenbar überwiegenden Anzahl der Fälle, in denen zwei miteinander verbundene Chorionsäcke vorhanden sind, ist nach Entfaltung derselben die von Zotten freie Oberfläche eine recht bedeutende. Und da man die Terminologie wohl zweckmässig nach der Form der vollentwickelten Placenta wählt, so glauben wir unter Berück- sichtigung aller dieser Umstände empfehlen zu können, dass man für Dicotyles eine Semiplacenta diffusa incompleta annimmt. Es herrscht in dieser Beziehung eine grundsätzliche volle Übereinstimmung mit dem Fruchtsack von Sus scrofa domesticus und ich möchte nochmals hervorheben, dass es mir nicht ver- ständlich ist wie Robinson bei dem Hausschwein von einer Placenta avillosa reden kann; es ist dies wohl nur möglich, wenn er lediglich Jugendstadien, nicht aber ältere Stadien unter- sucht hat. Der Zottenbesatz erscheint ja relativ spät und auch dann sind die Zotten zunächst so winzig, dass man sie wohl übersehen kann. Für die älteren Stadien ist aber der Zotten- besatz über allem Zweifel und zwar handelt es sich bei dem- selben nicht etwa um Leisten, sondern um echte stempelförmige oder cylindrische, allerdings recht kleine Zotten. Wir können somit zusammenfassend feststellen: 1. Dieotyles labiatus entwickelt eine Semiplacenta diffusa incompleta. 2. Falls sich zwei Fruchtsäcke entwickeln, vereinigen sich dieselben oberhalb der Vagina. or {>} | [6%) L. DIEFFENBACH, Über die Semiplacenta diffusa etec. 3. Die beiden Zipfel des Fruchtsackes sterben in ungleicher Ausdehnung ab, der vaginale in grösserer Ausdehnung wie der ovariale, am ovarialen Ende des Chorionsackes können sogar Erscheinungen des Absterbens ganz vermisst werden. 4. Ein Absterben vom vaginalen Ende des Chorionsackes findet sich auch, wenn nur ein Fruchtsack zur Entwickelung kommt und zwar lange, ehe dieser die Hörner des Uterus aus- füllt; der Grund des Absterbens kann also hier nicht in einer Raumbeschränkung gegeben sein. 5. Der reife Chorionsack von Dicotyles labiatus ist von demjenigen von Sus scrofa domesticus leicht an der Form der abgestorbenen Eizipfel, mit einiger Sicherheit auch an der Grösse und Stellung der Chorionblasen zu unterscheiden. Figurenerklärung. Fig. 1. Uterus gravidus von Dicotyles labiatus Cuv. Stark verkleinert. Ansicht der beiden Hörner von der antimesometralen (ventralen) Seite. Von einem Horn ist die vordere Uteruswand vollkommen, vom anderen am vaginalen Ende fortgenommen, an ersterem sind dann auch die Frucht- hüllen über dem fetalen Körper entfernt. Die Figur zeigt, wie die Chorionsäcke der beiden Seiten über dem vom unteren Rande einspringenden Septum, das die beiden Hörner trennt, durch eine ansehnliche aber immerhin verschmälerte Brücke verbunden sind. a An zu Teen in Br Ba = :