ir Pa u RT BL REN 1 ur 3 N ih Try M EARg A, Sm ARE SANATOMISCHE EEE ERSTE ABTEILUNG. ARBEITEN AUS ANATOMISCHEN INSTITUTEN. 39. BAND (t17., 118, 119. HEFT), j a As 7 } UBER y f ” ) { Su, rar f ’ W \ v 4 L ! f A % »; Pr { " f k ” “ 3 x \ * ” \ v \ ib i A vH N wet Fe } PR aucH y BR Ar] Aus Ds a Br ’ P wu Fi OR IA > { j (G ’ j D ANATOMISCHE HEFTE. BEITRÄGE UND REFERATE ANATOMIE UND ENTWICKELUNGSGESCHICHTE, UNTER MITWIRKUNG VON FACHGENOSSEN HERAUSGEGEBEN VON FR. MERKEL UND R. BONNET 0. Ö. PROFESSOR DER ANATOMIE IN GÖTTINGEN. 0. Ö. PROFESSOR DER ANATOMIE IN BONN. ERSTE ABTEIEUNG ARBEITEN AUS ANATOMISCHEN INSTITUTEN. 39. BAND (117, 11821195 MER) MIT 59 TAFELN UND 36 FIGUREN IM TEXTE. WIESBADEN: VERERAGVON EEE BERGMANN 1909. Nachdruck verboten. Übersetzungsrecht in alle Sprachen vorbehalten. "Druck der Königl. Universitätsdruckerei H. Stürtz A. G., Würzburg. inhalt 117. Heft (ausgegeben im Juni 1909). Franz Karl Studnitka, Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. Mit 10 Textfiguren und 108 Figuren auf den Tafeln 1/15 BI A. Nussbaum, Über Eoithelasernn in En Oberhant, der Darmen schwiele bei Rana fusca. Mit 6 Figuren auf Tafel 16 118. Heft (ausgegeben im August 1909). Karl Keller, Über den Bau des Endometriums beim Hunde mit besonderer Berücksichtigung der cyklischen Veränderungen an den Uterindrüsen. Mit 1 Abbildung im Text und 14 Figuren auf den Tafeln 17/19 . August Jurisch, Beiträge zur ikroekopischen Anatomie ana Histologie der Gallenblase. Mit 15 Textfiguren und 27 Figuren auf den Tafeln 20/26 . ER Le. Peer Te Erik Müller, Die Brustflosse der Selachier. Ein Beitrag zu den Extremitäten-Theorien. Mit 62 Figuren auf den Tafeln 27/46 . ııg. Heft (ausgegeben im Oktober 1909). z W.Rubaschkin, Über die Urgeschlechtszellen bei Säugetieren. Mit 6 Textfiguren und 16 Figuren auf den Tafeln 47/30 { O. V. C. E. Petersen, Beiträge zur Histologie der Prostata. Mit 13 Abbildungen auf den Tafeln 51/53 . Harald Holtz, Von der Secretion und Absorption der Deruszallen bei Nematus. Mit 1 Abbildung im Text und 12 ee graphien auf den Tafeln 54/57 Anna Mangubi-Kudrjavtzewa, Über den Bau aa venösen einen der Milz des Menschen und Rhesus-Affen. Mit 3 Figuren im Texte und 15 Figuren auf Tafel 58/59 RR Seite 269 307 393 469 603 693 681 697 = | | De | MN ER re ee Cr ” DT Mr 0 ER ME. EUREN ü- Mar >) riet ER REEBA 91 > ar. Ib 7 ville r - # De ur N | NR nie ai I Re RI? u “si i ie Be er. Rd A ee EN JuR au Rr v rn Id! vr ö WA u | u . Ye P N N 7 OE er Be ER va NE Pa a : AR er ” a er ALOE NS RR N 1 CE ER in Dr Wr Ak sur IL a a! 1 N a Na a ine u Ma ua Ye ER or HR BRANS En ER a a h Fk a Für wi 0 Ye Kae 3 A KR 5 DONE MER ER h I AR fa Re hie Waren Un Su Un er 7 Von, ur ae; Ei us ji van | er Rn j B ET N BT DT BIrh PEN Mb ee ns . N An Be N a Re Khan Rt SHE WR VERGLEICHENDE UNTERSUCHUNGEN ÜBER DIE EPIDERMIS DER VERTEBRATEN. VON FRANZ KARL STUDNICKA, BRÜNN. Mit 10 Textfiguren und 108 Figuren auf den Tafeln 1/15, Anatomische Hefte. I. Abteilung. 117. Heft (39. Bd., H. 1). 1 Ba 7 2 N Hy 2“ Nu) MRen Be Pe. ME: rl eh LE et ER Be I Ira, Aue Po j ER Ron B AR AR Ne u Br .\ Pi 3 j 5 X er “ Ei 5 a DO = s Fer s " ü En u; j un j 2 D Y ‚al an a; RD Aue FA Heihs i ZREL - eat, ” ur a m di j BE be f Di, 2 | PR . OR .2 j Ah ru4 DRLEST: En ra x i er Er ® er | ITı Sa Kunaain} f & s ö Er BD Be 5 i N j =. u ® = Z ö { ; r N 0% s d ' Inhaltsverzeichnis. Einleitung I. Specieller Teil. Typische Epidermiszellen und ihre Strukturen I. Amphioxus lanceolatus u 1. Die Zellmembran 2. Die Deckplatte . Re RR LER ebene Se 32. Die: Wiolftsche” Eutienlar u. Wr 4. Die Basalplatte 5 s ae 2 reger 5. Die Zellbrücken Ser II. Petromyzon fluviatilis, Planeri, marinus A. Junge Entwickelungsstadien . : B. Die Epidermis der Ammocöte und pie Palo yzönen 1. Die Zellmembran resp. das Exoplasma sensu str. 2. Die Deckplatte der Deckzellen : 3. Die Verschleimung der Epidermis und a2 een der Deckzellen . 5 4. Die Wolffsche Cuticula A: 5. Die Basalstrukturen der Basalzellen . 6. Die sog. Basalmembran und das Corium 7. Intercellularverbindungen zwischen Epidemmiszellen und Bindegewebszellen IlI. Myxine glutinosa 5 1. Die Zellmembran. . 2. Die Deckplatte . 3. Die Wolffsche Cuticula . 4. Basalstrukturen 5. Die sog. Basalmembran eG ke, Be 6. Die „Pokalzellen“ der Hornzähne bei Myxine IV. Selachier a a ra Aa A. Junge Eulwickelnnesstadien i B. Die fertige Epidermis der Selachier . ; 1. Die Zellmembran resp. das Exoplasma sensu a — Das Endoplasma . . Die Deckplatte . . Die Wolffsche Cuticula . Die Basalstrukturen . . Die Basalmembran crPpwmD R Seite 111 114 114 117 4 Inhaltsverzeichnis. V. Teleostier VI. Amphibien . A. Embryonale Zmslände E B. Die larvale und die fertige oder 1. Die Zellmembran . 5 2. Die Deckplatte der N lanken ö 3. Die Wolffsche Cuticula . Sau 4. Basalstrukturen-Basalmembran VII. Mammalia . EAU . Die ersten Katrickelangastadien. Das Epitrichium . Die ersten Differenzierungen der Zellen . . Die weitere Entwickelurg der Zellen . . Die fertige Epidermis der Säugetiere . 1. Stachelzellen : . 2. Basalzellen ; 3. Verhorntes Iiprdormiege ehe : Besondere Cuticularbildungen bei Teleostiern I. Die Cuticularplatten des Saugnapfes von ns II. Die Flammenzellen von Hippocampus . ee Einige Drüsenzellenarten der Epidermis I. Die Fadenzellen von Myxine II. Die Körnerzellen von Petromyzon III. Die Leydigschen Schleimzellen der Tinodeleilercen IV. Die Kolbenzellen der Cyclostomen und der Teleostier 1. Kolbenzellen (Fadenkörperzellen) von Myxine : 2. Kolbenzellen von Petromyzon fluviatilis, planeri, marinus 3. Kolbenzellen der Teleostier Ocu> I. Allgemeiner Teil. A. Die Epidermis der Vertebraten 3 5 I. Die Differenzierung in Zellen — Zellbrücken] nd Zelltieken II. Das Protoplasma der Epidermiszellen 1. Das Exoplasma. 2. Das Endoplasma 3. Die Fibrillenbildung B. Epidermis und Grundsubstanzgewebe s 1. Das Exoplasma — Grundsubstanz . 2. Das Endoplasma — Bindegewebszelle 3. Die Tonofibrillen — Bindegewebsfibrillen Literaturverzeichnis . ee te rt Erklärung der Abbildungen . Seite 118 124 126 127 127 135 140 140 145 146 148 151 162 162 165 170 171 171 177 180 180 182 184 189 190 193 200 210 210 214 215 231 235 239 242 247 250 253 262 Einleitung. Durch Renaut (1886) wurde der Begriff eines Exoplasmas auf dem Felde der Metazoenhistologie in einem ganz be- stimmten Sinne angewendet. In seinem „Trait@ d’histologie‘ (1893—98) bezeichnet Renaut mit diesem Namen die Sub- stanz der Zellmembranen und verschiedener Cuticulen der Epithelzellen und jene der Knorpelkapseln des Knorpelgewebes in der Voraussetzung, dass es sich in ihnen um Modifikationen und zwar um verhärtete Corticalschichten des Zellplasmas han- delt. Nach ıhm, und sicher auch nicht ohne Einfluss von seinen Schriften, hat später F. C. C. Hansen (1899) den Be- griff des Exoplasmas (Ectoplasma) in einem noch allgemeineren Sinne gefasst. Er versteht darunter auch die peripheren Schichten der jungen fibrillenbildenden Knorpelzellen, und ver- trıtt offen die Ansicht, dass man die Knorpelgrundsubstanz und ähnlich diejenige des Bindegewebes für ein gemeinschaft- liches Exoplasma der dazu gehörenden Zellen halten könnte. Nach seiner Meinung entsteht die Grundsubstanz nicht anders als durch Differenzierung des ursprünglichen, fibrillenbildenden Protoplasmas, welches sich dann nur in der Form des Endo- plasmas, der Knorpel- resp. Bindegewebszellen im Gewebe erhält. Das Prinzip der Hansenschen Auffassung war durchaus nicht neu. Schon in den 60er Jahren hat Max Schultze, 6 F. K. STUDNICKA, damals mit sehr wenig Erfolg, die Grundsubstanz für Umwand- lungsprodukt des Zellplasmas erklärt, und ähnliche Ansichten wurden auch von anderen Seiten, in England von Beale, bei uns von Heitzmann, ausgesprochen. Trotzdem darf man die Verdienste Hansens nicht im geringsten unterschätzen. Die Schultzeschen Deutungen, die ausserdem durch keine gewichtigeren Beweise gestützt wurden — von denen der an- deren Autoren spreche ich hier nicht —, waren zu der Zeit schon ganz der Vergessung anheimgefallen, und dazu hat Hansen die Sache vollkommen neu, der Zeit entsprechend, formuliert. Mit Hansen beginnt in der Tat eine neue Ära in der Grundsubstanzforschung und man kann nicht sagen, dass seit der Zeit Tatsachen bekannt geworden wären, die gegen die oben erwähnte Schultze-Hansensche Auf- fassung sprechen würden. Dagegen hat die Nomenclatur, die Einführung des Namens „Exoplasma“ auf unser Gebiet an einigen Seiten ein Befremden erregt; man wollte diesen Be- griff eben nur auf die ursprüngliche engere Bedeutung, wie ihn zuerst Haeckel angewendet hat, begrenzen. Ich selbst habe schon im Jahre 1897 in einer vom Baue des Chordagewebes handelnden Arbeit den Namen „Exoplasma“ für die äussere feste Schichte der Chordazellen, also ganz im Renautschen Sinne angewendet. Untersuchungen über das Knorpelgewebe der Cyclostomen, mit denen ich damals ebenfalls beschäftigt war, nötigten mich dazu, über das gegen- seitige Verhalten des Exoplasmas und der Grundsubstanz in beiden der genannten Gewebe weiter nachzudenken, und da ist mir die oben erwähnte Hansensche Abhandlung (1899) in die Hände gekommen, in der ich die Ansicht von der direkten Analogie beiderlei Substanzen, welche ich im Jahre 1897 noch nicht anerkennen wollte, offen ausgesprochen vorfand. Untersuchungen über Epithelgewebe, dessen Proto- plasmalasern und dessen gewisse Modifikationen (aus Sternzellen Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 7 bestehende Epithelgewebe) bestätigten mir gleichzeitig noch deut- licher die Richtigkeit dieser Ansichten, und so entstand im Jahre 1902 eine kleine Schrift „Die Analogien der Protoplasma- faserungen der Epithel- und Chordazellen mit Bindegewebe- fasern“ (1902, b), im der ich mich zu der Exoplasmalehre offen bekannt habe. Zu derselben Zeit ist im „American Journal of Anatomy‘ eine Abhandlung von Mall erschienen, in der auch, jedoch wieder von einem ganz anderen Standpunkte aus als von Hansen und als von mir die Exoplasmanatur der Grundsubstanzen aller wichtigeren Grundsubstanzgewebe ver- treten wurde. Meine „Untersuchungen über das Knorpel-, Vor- knorpel- und Chordagewebe“ habe ich ebenfalls in diesem Jahre beendigt, doch sind dieselben erst 1903 im Drucke erschienen. Eine kleinere Abhandlung, in der ich die Ansichten vom Exo- plasma und Grundsubstanz an schematischen Abbildungen zu verdeutlichen suchte, erschien etwas früher im Anatomischen Anzeiger (1903, c). Seit der Zeit, die ich hier erwähnt habe, also seit 1902 resp. 1903 — im letzteren Jahre hat auch Hansen seine umfangreiche, früher im dänischen Originaltexte (1900) nur wenigen bekannte Knorpelarbeit veröffentlicht — wurde eine Reihe von Arbeiten publiziert, die sich mit verschiedenen Grund- substanzgeweben beschäftigten. Manche dieser Arbeiten, ich nenne hier z. B. diejenigen von Schaffer (1905), verhalten sich zwar ablehnend zu der neuen Lehre und zu der betreffenden Nomenclatur, aber auch in ihnen wird die Grundsubstanz als eine im ganzen selbständige und vor allem nicht tote Masse aufgefasst und ihre Entstehung durch Protoplasmaumwandlung wenigstens teilweise angenommen. Schon dies bedeutet einen grossen Fortschritt, denn bisher hielt man die Grundsubstanzen 1) Ganz merkwürdig kontrastieren mit dieser alten Annahme die damals weiter nicht verwerteten Resultate einiger Forscher, welche (Strasser z. B.) bereits in den achtziger Jahren ganz richtig erkannt haben, dass die Knorpel- grundsubstanz eine plasmatische Anlage besitzt. 8 F, K. STUDNICKA, meistens einfach für passive Secrete der Zellen. Andere, so früher schon Flemming und Spuler, um einige zu nennen, liessen zwar die Bindegewebsfibrillen im Zellplasma entstehen, sprachen sich jedoch nicht weiter über die Bedeutung der Grundsubstanz aus. Von den neuesten Arbeiten verdienen jene v. Korffs (1906) eine besondere Erwähnung. In ihnen wird auch für das Knochen- und Dentingewebe eine Auf- fassung vertreten, die sich, wie ich später (1907) zeigte, ohne weiteres mit der Lehre von Hansen in Übereinstim- mung bringen lässt. Auch die Arbeiten von Szili (1904, 1908), in denen für die jüngsten Entwickelungsstadien deutlicher als je früher die plasmatische Basis der Grundsubstanzen nach- gewiesen wurde, verdienen da schliesslich Erwähnung. Die Exoplasmalehre, um die es sich handelt, braucht vor allem eine sichere Grundlage. Es handelt sich in ihr um dreier- lei Sachen: Erstens darum, ob die allererste Anlage der ver- schiedenen Grundsubstanzen wirklich plasmatisch ist, zweitens darum, ob es sich in ihnen auch später um verändertes Proto- plasma handelt, und ob dieses den früher im ganz engen Sinne angewendeten Namen „Exoplasma“ tragen darf und schliess- lich darum, ob die Grundsubstanzen einmal fertig, auch selb- ständig leben können, oder ob sie von den Zellen, von denen sie abstammen, vollkommen abhängig sind. Von allen diesen Fragen wird uns die zweite besonders interessieren, denn nach ihr muss sich ja die Nomenclatur richten. Ich selbst habe mich mit der Frage der Analogie der wirk- lichen „Exoplasmen“ mit Grundsubstanzen bereits einmal (1903, b) beschäftigt, und zwar habe ich damals den Knorpel, also einen der schönsten Typen der Grundsubstanzgewebe mit dem Gewebe der Chorda dorsalis verglichen, dessen Zellen ein wirkliches Exoplasma besitzen. Seit der Zeit fühlte ich immer deutlicher, dass man da neben dem Chordagewebe auch das Epithelgewebe, welches ja, was die Exoplasmen betrifft, viel Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. I ursprünglichere Verhältnisse aufweist, noch mehr in Vergleich ziehen sollte, als es bisher geschehen ist. Das Epithelgewebe habe ich jedenfalls mehrmals in meinen Arbeiten und zwar auch vom Standpunkte der Exoplasmalehre besprochen, doch han- delte es sich immer entweder nur um Einzelheiten oder um be- stimmte Epithelarten (1899, 1902, 1903). In folgender Abhand- lung, in der ich die Lücke, die da wirklich besteht, nach meinen Kräften auszufüllen suchte, soll jetzt eine systematische Untersuchung über das Exoplasma und die mit ihm immer zusammenhängenden Tonofibrillen — Protoplasmafasern — enthalten sein. Zum Objekt meiner Untersuchungen habe ich die Epidermis der Wirbeltiere gewählt und nur gelegentlich habe ich auch das der ersteren ungemein nahestehende Epithel der Mund- höhle (obere Wand derselben) berücksichtigt. Ich werde hier alle jene Teile, welche die mechanischen Aufgaben der Zellen zu besorgen haben und alle jene, die ich für exoplasmatisch halte, besprechen. Speziell sind es die Protoplasmafasern oder, allgemeiner gesagt, „Tonofibrillen‘‘ der Zellen, die Zellmem- branen, welche diese in der Regel enthalten, Vorrichtungen, welche die Zellen an ihrer freien Oberfläche zu schützen helfen (Deckplatten, Grenzsäume der Aut.) und schliesslich Vorrich- tungen, welche zum besseren Verbinden der Epidermiszellen mit dem darunter liegenden Bindegewebe dienen. Die verschie- denen Drüsenzellen, an welche besonders die Epidermis der niederen Vertebraten so reich ist, lasse ich vorerst beiseite und werde erst im zweiten Teile der Arbeit einige von ihnen, be- sonders die eigentümlichen Kolbenzellen, welche vom Stand- punkte der Exoplasmalehre sehr interessant sind, besprechen. Bei meinen Untersuchungen habe ich womöglich auch auf junge Entwickelungsstadien der Epidermis Rücksicht genom- men. Es handelte sich mir darum festzustellen, wie die Tono- fibrillen und die übrigen oben erwähnten Gebilde entstehen, 10 F. K. STUDNICKA, und ob sich da Analogien mit Verhältnissen, die in jungen Grundsubstanzgeweben herrschen, nachweisen liessen. Das Studium aller dieser Einzelheiten war mit gewissen Schwierigkeiten verbunden. Die Bewältigung des umfangreichen und sehr verschiedenartigen Untersuchungsmateriales war an sich selbst nicht ganz leicht und dazu zeigte es sich notwendig, überall die stärksten Vergrösserungen, welche uns die heutige Mikroskopie zur Disposition stellt, anzuwenden. Bei meinen Untersuchungen habe ich eine achromatische Zeisssche Im- mersion 1/,, und eine apochromatische derselben Firma: 1,5 mit starken Kompensationsokularen angewendet, und zwar immer mit Öl am Kondensor (Kondensor N. Ap. 1,40). Die Anschaffung des Apochromates war mir nur mit der Hilfe einer Subvention, die mir vom löbl. Landesausschusse der Markgrafschaft Mähren (dem ich an dieser Stelle noch be- sonders meinen Dank ausspreche) erteilt wurde, ermöglicht. Die Fibrillen und die exoplasmatischen Partien, um die es sich mir bei meinen Untersuchungen gehandelt hat, sind ziem- lich resistenzfähig und erhalten sich auch an solchen Objekten, die nicht gerade tadellos fixiert wurden, trotzdem konnte ich mich sehr bald davon überzeugen, dass verschiedene Fixierungs- methoden manchmal recht abweichende Resultate geben. Des- halb war es nötig, mit verschiedenen Methoden fixierte Ob- jekte zur Untersuchung zu wählen, damit eventuelle Fehler möglichst eliminiert werden. Am meisten kamen Sublimat und eine Reihe von Pikrinsäuregemische zur Anwendung. Von Färbungsmitteln habe ich ausser gewöhnlichem Delafield- schem Hämatoxylin (Nachfärbung mit Eosin, nach van Gies- son oder mit Orange G) und ausser Saffranin hauptsächlich Heidenhains Eisenhämatoxylin, der in verschiedenen Ab- stufungen entfärbt wurde, benützt. Die Nachfärbung wurde dann entweder so wie im ersten Falle oder mit Bordeau R. erzielt. Die Plasmastrukturen und besonders die Protoplasma- Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 11 faserungen kann man an solchen Präparaten meistens so deut- lich zu sehen bekommen, dass ich von der Anwendung spezieller Methoden vollkommen absehen konnte. Bei der definitiven Bearbeitung meines Themas stand mir eine grosse Anzahl von Präparaten und Aufzeichnungen aus früheren Jahren zur Disposition, denn ich beschäftigte mich mit der Sache mit Unterbrechungen seit längerer Zeit. Sonst habe ich reichhaltiges Material, das ich mir früher schon an den zoolo- gischen Stationen in Triest, Neapel und Bergen gesammelt habe, zur Verfügung gehabt. Eine Reihe von Objekten konnte ich mir ausserdem im vorigen Jahre bei der Gelegenheit meines Aul- enthaltes an der k. k. zoologischen Station in Triest anschaffen und frisch zum Zwecke der vorliegenden Arbeit fixieren. Was die Reihe der untersuchten Tiere betrifft, so sollen hier wenigstens die wichtigsten Typen genannt werden: Leptocardier: Amphioxus; erwachsene Exemplare und junge Tiere. Cyclostomen: Myxine glutinosa, Petromyzon. Vom letzteren erwachsene Tiere, Larven und Embryone verschie- denen Entwickelungsgrades. Holocephalen: Chimaera monstrosa. Nur das Epithel der Mundhöhle, welches ich vor einiger Zeit schon anderswo (1903) beschrieben habe. Selachier: Hauptsächlich erwachsene Tiere von Acan- thias, Mustelus, Spinax, Scyllium, Raja und Torpedo. Von Spinax und Acanthias standen mir auch ältere, von Pristiurus ganz junge Embryonen zur Disposition. Ganoiden: Embryone von Acipenser; erwachsene Tiere. Teleostier: Eine grosse Reihe von Formen. Ganz be- sonders Anguilla, Amiurus, Cobitis, Lebias. (Näheres im Texte). Amphibien: Von Urodelen: Larven von Triton und Sala- mandra und erwachsene Salamandra; Diemyetylus. — Von 12 F. K. STUDNICKA, Anuren: Larven aller unserer Anurengattungen und erwachsene Rana und Bufo. Reptilien und Vögel: Wurden nur nebenbei berück- sichtigt. Von ersteren z. B. Cistudo, Pelias, Lacerta, Tropido- notus. Von Lacerta und Tropidonotus auch Embryone. Säugetiere: Besonders wurde Epidermis von Mus, Cavia, Bos an Embryonen, weiter die dicke epidermale An- lage der Hufe von Bos und Equus an jungen Feten dieser Tiere und die fertige Epidermis an Mus, Cavia untersucht. Vom Menschen standen mir 21/, Monate, 31/, Monate und 8 Monate alte Feten und ausserdem gut fixierte Partien von Amputationen stammender Epidermispartien der unteren Extre- mität des erwachsenen Menschen zur Disposition. I. Specieller Teil. Typische Epidermiszellen und ihre Strukturen. I. Amphioxus lanceolatus. (Taf. 1/2, Fig. 1-15.) Die Epidermis von Amphioxus hat, wie allgemein bekannt, den Bau eines einschichtigen Epithels, dessen, je nach der Körperstelle, um die es sich handelt, entweder langeylindrische oder eubische Zellen dicht aneinanderliegen und sich mit ihren Seitenwänden fast berühren. Das Aussehen und das gegen- seitige Verhalten der Zellen kann auch an gut fixierten Prä- paraten ziemlich verschieden sein, was dadurch bedingt ist, dass die Zellen leicht schrumpfen und sich voneinander ab- ziehen. Man erhält dann Bilder, wie sie früher meistens ab- Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 13 gebildet wurden, und an denen die Zellen in gewissen Ab- ständen voneinander stehen. Neuestens hat Joseph (1902) auf einen Umstand hingewiesen, durch den man sich diese Schrumpfbarkeit der Zellen erklären kann. Die Epidermiszellen enthalten massenhaft kleine oder grössere Kristalloide, deren Substanz beim Fixieren der Objekte leicht aufgelöst und aus der Zelle entfernt werden kann, worauf die Zellen ihren Um- fang verkleinern müssen. Auch ich finde, dass die Zellen an solchen Präparaten, an denen die Kristalloide erhalten geblieben sind (vergl. Taf. 1/2 Fig. 5), dichter aneinander liegen, obzwar sie sich meistens auch hier nicht direkt berühren. Für unsere Zwecke ist die Schrumpfung der Zellkörper, soweit sie nicht besonders auffallend ist, eigentlich von Vorteil. Man kann, wenn die Zellen etwas geschrumpft sind, gewisse Eigentüm- lichkeiten der Epidermis, die Zellbrücken z. B., leichter be- obachten als dort, wo die Zellen dicht aneinander gedrängt sind, was ja, nebenbei gesagt, auch durch Schwellung ihrer Körper bedingt sein kann. Die Fixierungsflüssigkeiten, welche die Substanz der Kristalloide aufgelöst haben, brauchten des- halb noch nicht die exoplasmatischen Partien der Zellen, welche ja resistenzfähiger sind als alles übrige, auf eine bemerkbare Weise zu alterieren!). Da ich ausserdem verschieden (mit fast allen üblichen Mitteln) fixierte Präparate möglichst sorgfältig mit- einander verglichen habe, ehe ich zu den unten besprochenen Resultaten gelangt bin, scheinen mir auffallendere Irrtümer in der Beobachtung ziemlich ausgeschlossen zu sein. Als „exoplasmatisch“ fasse ich in den Epidermiszellen von Amphioxus und jener Wirbeltiere, die später zur Besprechung kommen sollen, alle jene Teile auf, die zum Schutze des inneren weichen protoplasmatischen Körpers, des Endoplasmas, da sind, 1) Vergl. z. B.. unsere Taf. 1/2, Fig. 7, die nach einem mit Müller- scher Flüssigkeit konservierten und teilweise macerierten Objekte gezeichnet wurde. 14 F. K. STUDNICKA, welche die Epidermis oben bedecken, und welche die Epidermis- zellen unten am Corium befestigen helfen. Aus Gründen, die später zur Besprechung kommen, rechne ich dazu auch die Intercellularverbindungen des Gewebes. Es handelt sich also um folgende Bestandteile: 1. Die Zellmembran mit ihren Proto- plasmafasern und den mit ihr innig zusammenhängenden Zell- Cr. Fig. 1. Drei Epidermiszellen von Amfioxus. Schematisch. Zwei davon durchgeschnitten, eine von der Oberfläche gesehen. C.Cuticula. D. Deckplatte. B. Basalplatte. Cr. Corium. brücken, 2. die sogenannte Deckplatte der oberen freien Fläche der Zellen, 3. die darauf liegende Cuticularschichte und endlich 4. die sogen. Basalplatte. 1. Die Zellmembran. Die Zellmembran der Epidermiszellen von Amphioxus hat bisher wenig Beachtung gefunden. Joseph (1902, S. 35) er- wähnt sie als „eine dünne äussere Ectoplasmaschichte, die etwas dichter und stärker färbbar erscheint“. K. S. Schnei- der (1902) findet Fibrillen in der von ihm ebenfalls nur für eine Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 15 besondere Plasmaschicht gehaltenen Zellmembran. Sie sollen nach ihm von der Deckplatte kommen und „verteilen sich erst am Sockel wieder über die ganze Zellbreite‘“. Die Zellmembran ist immer deutlich doppelt konturiert und gleichmässig dünn; sie hüllt den endoplasmatischen Kör- per der Zelle vollkommen ein. Da wo die Zellen, oft infolge deren Schwellung, dicht aneinander liegen, verkleben die Mem- branen miteinander, und es kann den Anschein haben, als ob zwischen ihnen einheitliche Scheidewände vorhanden wären; an mässig geschrumpften Zellen sieht man immer deut- lich die selbständige Membran. Schon bei ganz jungen, etwa 1 cm langen Larven sah ich überall selbständige Zellwände (Taf. 1/2 Fig. 11), und man kann nicht im geringsten daran zweifeln, dass jede Zelle nach jeder Zellteilung !) sofort ihre eigene Zellmembran erhält. Die Zellwände lassen sich wahr- scheinlich, wenn man von der Zellteilung absieht, bis auf die Begrenzungsmembranen der Zellen der Gastrula und der Fur- chungszellen zurückführen. Von der Gastrula erwähnt z. B. Klaatsch (1898), dass hier die Zellen voneinander entfernt und durch Zellbrücken verbunden sind. Auch in den darauf folgenden Stadien, von welchen mir nähere Berichte fehlen, werden die Zellen kaum anders als in der angegebenen Weise miteinander zusammenhängen und eigene Wände besitzen. An passend fixierten und mit Eisenhämatoxylin stark ge- färbten Präparaten, an denen die Zellmembran durch dunkle Färbung hervortritt, sieht man deutlich, dass sie auch die obere Seite der Endoplasmazelle da, wo darüber die Deck- platte liegt, bedeckt, und man kann sie an solchen auch an der unteren Seite, wo sie an die Basalplatte grenzt, beobachten 1) Bei Amphioxus kann es sich natürlich nur um Längsteilung der eylin- drischen Zellen handeln. Ich habe z. B. Zellen gefunden, die wohl infolge unterbrochener Zellteilung in ihrem oberen Teile „zweiköpfig‘ waren und zwei Deckplatten trugen, anderswo sah ich mit zwei Zellkernen versehene breite tonnenförmige Zellen. 16 F. K. STUDNICKA, (Taf. 1/2 Fig. 4, 5). Alle Präparate zeigen dies nicht gleich deut- lich; es färbt sich nämlich manchmal die Substanz beider Platten in demselben Tone, und so ist dann eine Unterscheidung unmöglich (Taf. 1/2 Fig. 6). Die Zellmembran ist nicht strukturlos. Sie enthält, wie Schneider (1902) zuerst gefunden, feine längsverlaufende Fibrillen, welche die Bedeutung von Tonofibrillen (Heiden- hain [1900]) haben und mit den von anderswoher bekannten „Protoplasmafaserungen“ (Kromayer [1892]) in eine Reihe zu stellen sind. Die Fibrillen verlaufen nicht besonders dicht aneinander und (an Präparaten wenigstens!) nicht ganz parallel untereinander; sie verbinden sich hie und da zu dickeren Strängen und verlaufen wieder anderswo vereinzelt. Ich konnte sie nır nach Eisenhämatoxylinfärbung und mit der Hilfe der stärksten Vergrösserungen beobachten (Taf. 1/2 Fig. 10). In die Deckplatte und in die Basalplatte hinein konnte ich sie nicht verfolgen. Das erstere wurde von Schneider beobachtet und abgebildet. Die Zellmembran besteht jedenfalls aus einer festen, anscheinend homogenen Substanz, in der sich festere Ver- stärkungsfibrillen (Tonofibrillen) ausgebildet haben. An die äussere Oberfläche der Zellmembran setzen sich die Zellbrücken (Intercellularverbindungen) an, welche später unten besonders besprochen werden, die innere Oberfläche grenzt unmittelbar an das eigentliche Plasma der Zelle, das Endoplasma. Wichtig von unserem Standpunkte aus sind Fälle, in denen sich an einzelnen Zellen, manchmal sieht man so etwas auch an grossen Partien der Präparate, der innere plas- matische Zellkörper von der Zellmembran abgelöst hat (Taf. 1/2 Fig. 13). Es spricht dies dafür, dass beide nicht so innig miteinander zusammenhängen, wie man sonst gedacht hätte. Der Unterschied der Membransubstanz und des inneren Plas- mas wird wohl, wie es ja durch die vollkommen verschiedene Funktion leicht erklärlich, sehr gross sein, und doch können Versleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 17 wir die Zellmembran nicht für eine einfache Ausscheidung des inneren Zellkörpers halten; ganz sicher handelt es sich da nur um ein Exoplasma. Besonders die komplizierte Struk- tur der eigentlich schon ausserhalb der Zellmembran, liegen- den Deckplatte der fertigen Zellen spricht dafür, dass es sich da um zu speziellen Zwecken adaptierte Teile der plasmatischen Zelle handelt. Noch deutlicher spricht dafür jedenfalls ein Ver- gleich mit den Verhältnissen bei anderen Vertebraten, auf welche wir später in dieser Arbeit zu sprechen kommen. Der Inhalt der Zelle, ihr Endoplasma, hat für uns an dieser Stelle eine nur untergeordnete Bedeutung, doch soll hier wenig- stens folgendes von ihm angegeben werden: Man findet in ihm neben einem basal liegenden Zellkerne entweder die von Joseph (1902) gefundenen Kristalloide in verschiedener Menge und in verschiedener Grösse (Taf. 1/2 Fig. 5, 8a, 13; sie verhalten sich so, wie es Joseph beschreibt) oder man findet runde, vielleicht durch Veränderung resp. teilweise Auflösung der ersteren entstandene Körnchen im Inneren der Zellen (Fig. 4). An solchen Präparaten, an welchen die Secretpartikei dieser oder jener Art fehlen, resp. aus denen sie beim Fixie- rungsprozess entfernt wurden, findet man in der Regel zwischen dem Zellkern und der Deckplatte eine kleine, oft längliche Partie verdichteten Protoplasmas, weiches einige Körnchen (vielleicht Centriolen ?) enthält (Taf. 1/2 Fig. 9). 2. Die Deckplatte. Die Deckplatte (Cutieula, Cuticularsaum usw.) von Am- phioxus wurde zuerst von Leuckart und Pagenstecher (1858) gefunden. Langerhans (1876) erwähnt sie als „eine dicke porentragende Cuticula“, auch Rolph (1876) kennt sie nur als einen „porösen breiten Saum“. Näher hat sich mit dieser Schichte Wolff (1889) beschäftigt, der unter anderem Anatomische Hefte. I. Abteilung. 117. Heft (39. Bd., H. 1). 2 18 F. K. STUDNICKA. darauf hinweist, dass sie den Namen ‚Cuticula‘“ nicht ver- dient: es ist ihm nämlich auf ihrer Oberfläche eine weitere wirkliche Cutieularschichte zu finden gelungen. Auch diese wird uns in dieser Arbeit, jedoch erst später unten, beschäftigen. Studnieka (1897 b), der die Angabe W olffs betreffend der eigentlichen Cuticula bestätigen konnte, benützt zuerst den Namen „Deckplatte‘“, wodurch er betonen will, dass die be- treffende Struktur mit eigentlichen Cuticularschichten nichts gemeinschaftlich hat. Auf Untersuchungen an Petromyzon sich stützend und unter gleichzeitiger Berücksichtigung der Verhältnisse bei Amphioxus sucht er nachzuweisen, dass die Deckplatte nicht einfach porös ist und dass sie auch nicht aus dicht liegenden Stäbchen besteht, wie es noch von Wolff angenommen wurde. Es handelt sich da vielmehr um ein Lamellensystem, wobei die einzelnen Lamellen die bekannte senkrechte Streifung des Saumes bedingen. Zwischen den La- mellen befinden sich enge prismatische, oben offene Alveolen. Vignon (1902) hält die soeben erwähnten Deutungen der Amphioxusdeckplatten für zu schematisch. „I s’agit icı d’un complex moin facile a ramener & un type simple.“ Trotzdem rechnet er die Deckplatte zu jenem Typus der Oberflächen- strukturen, die er unter dem Namen „Plateaux alveolaires ou spumeaux“ subsumiert. Die in demselben Jahre (1902) er- schienene Arbeit von Joseph enthält nur wenige Angaben über die Struktur der Deckplatte. Es wird da nur ihr streifiges Aussehen erwähnt. Die „wabige Struktur“ soll an Flach- schnitten nicht mit derselben Deutlichkeit nachweisbar sein, wie bei Amphibien. Seine Fig. 50, Taf. II stellt die Deck- platte als einen dicken homogenen Saum vor, in dem ganz unregelmässig und in mehreren Schichten dunkle Secretmassen, der Inhalt der Waben, verteilt sind. Ähnliche Abbildungen sind auch in seinen neueren Arbeiten enthalten. Genauere Angaben enthält das Lehrbuch von K.C.Schnei- Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 19 der (1902). Nach diesem Autor soll die Deckplatte „gleich- mässig längsfaserig struiert‘“ sein. „Am Zellhals sammeln sich die aufsteigenden Fäden sämtlich ‘oder zum Teil (?) zu einer Membran, d. h. sie lassen sich in diejenigen der Zellmembran verfolgen.“ „Im Endabschnitt der Zelle“ sind die Fäden „ent- weder in toto verdickt und schwärzen sich dann stark oder es liegen ihnen einzelne grobe schwärzbare Körnchen an.“ Es ist höchst wahrscheinlich, dass die zuletzt von Schnei- der erwähnten Gebilde einfach den Secretmassen Josephs entsprechen. Die Resultate, zu denen ich jetzt komme, sind die fol- genden: An jungen etwa 1 cm langen Amphioxuslarven, welche die Bewimperung längst verloren haben, fand ich die obere Wand der Epidermiszellen bedeutend dicker als die anderen. Eine besondere Struktur liess sich da nicht beobachten, und es schien, als ob man da mit einer einfachen lokalen Ver- diekung zu tun hätte. Bei nur wenig älteren und bei erwachsenen Tieren findet man überall an der Epidermis die bekannte Deck- platte, welche noch heute meistens unter dem Namen „Cuti- cula‘“ bekannt ist, obzwar schon 1889 Wolff die Unrichtig- keit dieser Bezeichnung bewiesen hat. Die Dicke dieser Schicht ist am geringsten am Bauche der Tiere, wo auch die Epidermis- zellen sehr niedrig sind; auch hier behält sie ihre charakteristi- sche Struktur, welche im folgenden näher besprochen wer- den soll. Wie ich zuerst 1897 (b) angedeutet habe, besteht die Deck- platte aus einem Lamellensysteme, welches zwischen sich lange cylindrische oder prismatische, die ganze Dicke der Deckplatte durchsetzende Lücken oder Alveolen übrig lässt. Bei der Seitenansicht sieht man in günstigen Fällen die Lamellen als dunkle Striche (Taf. 1/2 Fig. 1, 5, 9), bei der Ansicht von oben oder an dünnen Horizontalschnitten sieht man eine, je- 9% 0 F. K. STUDNICKA, doch nicht besonders regelmässige ‚„Pleurosigmastruktur‘ (Taf. 1/2 Fig. 14). Von einem „porösen“ Saume kann man da, obzwar die Horizontalschnitte solche Bilder liefern, keinesfalls sprechen. Die „Poren“ sind vielmals breiter als die zwischen ihnen übrig bleibenden Substanzmassen und sind unten, gegen das Endoplasma zu, immer abgeschlossen und zwar nicht durch die Zellmembran, welche hier liegt, allein, sondern durch die- selbe Substanz, aus der die Lamellensysteme bestehen. Meistens lässt sich die eigentliche, soeben kurz charak- terisierte Bauweise der Deckplatte nicht so leicht erkennen. An Schnitten, die nur wenig schief zu der Richtung der La- mellen geführt wurden, bekommt man gleich andere Bilder, und ausserdem wirkt meistens, und dies ist sehr wichtig, der Inhalt der Alveolen auf den Beobachter in hohem Maasse ver- wirrend. Ich lasse zu, dass diese Bauweise nicht in allen Fällen rein schematisch durchgeführt ist, dass die Alveolen manchmal ungleich gross und vielleicht hie und da in zwei übereinanderliegende geteilt sind, doch habe ich trotzdem bei aufmerksamer Beobachtung an allen der verschieden fixierten Objekte das oben erwähnte Schema verwirklicht gesehen. Am besten konnte ich mich von der Bauweise der Deckplatte an macerierten Epidermiszellen eines in Müllerscher Flüssig- keit fixierten Exemplares überzeugen, wo die betreffende Schichte etwas aufgequollen war (Taf. 1/2 Fig. 7). Besonders an den zuletzt erwähnten Präparaten konnte man sehr deut- lich beobachten, dass die Alveolen oben offen sind; man hat hier eigentlich mit tiefen Gruben was zu tun, welche oben nur durch die Wolffsche Cuticula verschlossen sind. Die Substanz, aus der das Lamellensystem der Deckplatte besteht, ist jedenfalls dieselbe wie jene der Zellmembran. Die oben erwähnten geringen Unterschiede in der Färbbarkeit und Lichtbrechungsvermögen haben kaum eine andere Bedeutung als die Unterschiede zwischen älteren und neueren Exoplasma- Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 2] schichter in anderen Zellarten. Eine weitere Struktur habe ich in der Deckplatte nirgends gefunden. Die oben erwähnten Tonofibrillen verlaufen, wie ich übrigens schon angedeutet habe, soviel ich beurteilen kann, kaum in ihrem Bereiche. Das ein- zige, was ich hier meistens beobachten konnte, war eine Schichte von stärker lichtbrechenden und mit Eisenhämat- oxylin schwarz sich färbenden Knötchen, welche man bei Seiten- ansicht an den oberen Rändern der Lamellen finden kann und die an etwas dickeren Schnitten das Aussehen einer einzigen dunkel gefärbten Grenzschichte haben kann (Taf. 1/2 Fig. 5, 6, 8b). Es handelt sich da, wie in allen später zu besprechen- den Fällen, um ein besonderes Verhalten der oberen Ränder der Lamellen; wirkliche selbständige Knötchen gibt es da nicht. In einem Falle, auf den sich die Fig. 1 bezieht, impo- nierte mir diese Schichte als eine von zwei scharfen Kon- turen begrenzie, ziemlich dicke lichtbrechende Lamelle, welche man sehr leicht mit der Wolffschen Cuticula verwechseln könnte. Jedenfalls handelt es sich da um eine besondere Um- wandlung der oberen Lamellenränder, welche fester sein brauchen als das übrige. Was den Inhalt der Alveolen der Deckplatte betrifft, so ist es klar, dass hier ein besonderes Sekret der Epidermis- zellen abgelagert wird, welches erst später unter Umständen nach aussen abgegeben werden kann. An Eisenhämatoxylin- präparaten kann man im Innern der Deckplatte dunkel bis schwarz gefärbte Körperchen beobachten, deren Masse mit den- jenigen der Josephschen Kristalloide nicht identisch zu sein scheint. Man kann wenigstens die Secretmassen auch an sol- chen Präparaten gefärbt sehen, an denen die Kristalloide fehlen oder vollkommen entfärbt sind (Fig. 3, 4, 6). Dagegen findet man im Inneren des Endoplasmas, in der Regel gleich unter der Deckplatte dunkel gefärbte runde Körnchen, deren Sub- stanz wahrscheinlich mit jenem Sekrete identisch ist. Aus- 22 F. K. STUDNICKA, geschlossen ist es jedenfalls nicht, dass es sich da doch nicht um eine Modifikation der Kristalloidensubsianz handeln könnte. Die Secretmassen liegen entweder in der Form kugelförmiger Körper in unteren Partien der Alveolen (Fig. 8B) oder, und dies meistens, füllen sie vollkommen den inneren Raum derselben, so dass man an solchen Stellen oft förmliche Negativbilder der Deckplatte zu sehen bekommt (vergl. Taf. 1/2 Fig. 3). In hohen Deckplatten, wie solche die Epidermiszellen des Rückens und der Körperseiten tragen, haben die Secretmassen in der Regel eine umgekehrt kolbenförmige Gestalt (vergl. unsere Textfig. 1), in niedrigen Deckplatten des Bauches diejenige von kurzen Prismen. Sehr oft liegen auch die Massen in der Deckplatte unregelmässig verteilt, und so bekommt man solche Bilder, wie es diejenigen sind, welche Joseph bei verschiedenen Ge- legenheiten veröffentlicht hat. (Vergl. z. B. seine Arbeit 1902, Taf. 3/4, Fig. 50). Die in den Alveolen abgelagerten Secretmassen können, wie ich bereits gesagt habe, aus denselben nach aussen ab- gegeben werden. Am deutlichsten konnte ich mich davon an mit Flemmingscher Flüssigkeit fixierten Objekten, an denen die Wolffsche Cuticula vorzüglich erhalten und sehr dick war, überzeugen. Die Secretmassen ragen hier entweder teilweise in den Bereich der Cuticula hinein oder sind sie in dieselbe schon vollkommen übergegangen (vergl. Taf. 1, Fig. 6). Die Cuticula ist, wie man schon daraus schliessen; muss, sehr weich, und sie lässt die Secretmassen wirklich : auch vollkommen hindurchtreten. Sehr oft findet man ab- gerundete oder noch längliche Secretkörperchen auf der freien Fläche der Cuticula angeklebt, deren Grösse wie auch Ver- halten gegenüber den Farbstoffen genau noch mit denen der noch im Inneren der Alveolen eingeschlossenen Secrete ent- sprechen. Die einzelnen Deckplatten sind, abgesehen von den Zell- Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 25 brücken, die erst später zur Besprechung kommen sollen, durch deutliche, wie es scheint bandförmige „Verschlussleisten” (Cohn) miteinander verbunden. Man kann solche an Eisen- hämatoxylinpräparaten, jedoch nicht in jedem Falle deutlich genug, beobachten (Fig. 8, 8a). Zuerst wurden sie bei Am- phioxus von K. C. Schneider (1902) gesehen, Joseph er- wähnt sie in seinen Arbeiten nicht. 3. Die Wolffseche Cutieula. Wie es Wolff (1889) zuerst angegeben hat, ist die Epidermis von Amphioxus oben von einer echten, homo- genen, überall zusammenhängenden Cutieularschicht bedeckt, welche nach der Ansicht dieses Forschers derjenigen der Evertebraten entsprechen sollte. Alle Autoren, welche sich seit der Zeit mit unserem Objekte beschäftigt haben, erwähnen diese Schicht. In der Regel handelt es sich da um eine vollkommene homogene und dann oben meist durch eine glatte scharfe dunklere Linie begrenzte Schichte (Taf. 1/2 Fig. 8). In selteneren Fällen kann man in ihr eine etwa schaumartige Struktur und hie und da grössere Vacuolen beobachten und ist sie dann nach aussen weniger scharf abgegrenzt (Taf. 1/2 Fig. 9). Sehr oft sieht man in ihr auch eine granuläre Struktur oder einen Zerfall, wie in kleine Körnchen, doch in solchen Fällen kann es sich auch um die oben erwähnten Secretmassen handeln, die aus der Deekplatte in die weiche Cuticularsubstanz über- tretend eine solche Bauweise derselben vortäuschen. Die Cuti- cularschichte, so werden wir sie trotz einiger Bedenken, die sich dagegen erheben könnten, auch hier nennen, ist entweder bedeutend dick, manchmal sogar ebenso dick wie die darunter liegende Deckplatte (vergl. Taf. 1/2 Fig. 6), in anderen Fällen handelt es sich aber nur um eine minimal dünne Schichte, die 24 F. K. STUDNICKA, sich leicht mit der oben erwähnten (scheinbaren) Knötchen- linie des oberen Randes der Deckplatten verwechseln lässt. Es ist sehr wahrscheinlich, dass es sich im zuletzt erwähnten Falle sehr oft nur um einen durch Schrumpfung bedingten Zustand handelt. Die „Cuticularsubstanz‘“ muss bedeutend weich sein. Man kann es schon aus dem oben erwähnten Faktum schliessen, dass die Secrete der Deckplatten durch sie nach aussen ab- geführt werden (präformierte Poren gibt es hier ganz sicher nicht!) und besonders spricht dafür der Umstand, dass sie sehr leicht bei Fixierung oder später aufgelöst wird, so dass sich manchmal nicht die geringste Spur von ihr erhält. Jene Fälle, in denen die Cuticula oben von einer unebenen Grenze begrenzt wird, lassen sich durch teilweise Auflösung erklären, sehr oft findet man übrigens nur die aus der Deckplatte aus- getretenen Secretmassen an der Stelle der aufgelösten Cuticula. Nach Kalilauge soll sich (Wolff, 1889) die Cuticula unver- ändert erhalten, während die Deckplatte dabei aufquillt. Der Umstand, dass die Cuticula manchmal fehlt, wird von Wolff und nach ihm besonders von Joseph (1902, S. 34) erwähnt, letzterer sagt, dass er die Cuticula „nicht immer, vor allem nicht nach jeder Konservierungsmethode” ge- sehen hat. Mir selbst gelang es, da mir frisches Material nicht zur Disposition stand, nicht festzustellen, welche Reagen- tien es sind, welche die Cuticula zur Auflösung bringen. Nach der Fixierung mit Säuren (Acid. nitrie. z. B.) sah ich sie meistens gut erhalten, wenn auch wohl wegen Schrumpfung sehr dünn, nach Formol-Sublimat dagegen aufgelöst. Am besten wird sie, wie ich bereits sagte, durch Flemming sche Flüssigkeit fixiert. Die Substanz, aus der die Cuticula besteht, färbt sich mit allen Plasmafarbstoffen. Mit Delafieldschem Hämato- xylin färbt sie sich meistens schwach blau, an Eisenhämatoxylin- präparaten ist sie leicht grau. Sie unterscheidet sich wesent- Anatom.. Hefte, IAbteilung 117 Heft (39Bd.H 1) - Taf. 12. Pu at Da a Sale, \\ 5 DA R \ J Tirtaracı von CE Rodm Om AB, \W A >» au rag Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 25 lich vom Exoplasma der Deckplatten und scheint auch mit den Secretmassen, die sich in ihren Alveolen ansammeln, nichts gemeinschaftlich zu haben. Diese Secretmassen färben sich erstens vollkommen anders als die Cuticularsubstanz und dann, und dies spricht am entschiedensten dagegen, dass beide Sub- stanzen identisch sein könnten, beobachtet man an gut er- haltenen Präparaten gar zu oft auf der äusseren Oberfläche der Cuticularschichte die ausgeschiedenen, an Eisenhämatoxylin- präparaten dunkel gefärbten Secretkörnchen. Das Vorkommen von solchen ausserhalb der Cuticula wäre doch sehr schwer erklärlich, wenn die Substanz der Cuticula selbst eine ein- fache, der ersteren identische Secretmasse sein sollte. Über die Entstehungsgeschichte der Wolffschen Cutieula des Amphioxus kann ich trotz aller Nachforschungen keine bestimmte Angaben machen. Falls es sich in ihrer Sub- stanz um eine Sekretmasse handeln sollte, so musste diese schon die dritte sein, welche die Epidermiszellen vorzubereiten fähig sind, denn sowohl die Substanz der oben erwähnten Sekretmassen wie diejenige der Kristalloide ist von ihr wesentlich verschieden. Um eine einfache Schleim- schichte handelt es sich da auch ganz sicher nicht; die Masse verhält sich gegen Farbstoffe ungefähr so wie das Protoplasma. Es wird mir vielleicht erlaubt sein, die Ver- mutung auszusprechen, dass es sich da um eine Schichte von extracellulärem Plasma handelt, also um ein Exoplasma ganz anderer Art, als es dasjenige der Zellplatte ist. Man kann sich die Entstehung der Cuticularschichte etwa so vorstellen, dass sie der ehemaligen, etwas verdickten Zell- membran entspricht, welche die Epidermiszellen ursprünglich, ehe noch die Deckplatte zum Vorschein kam, bedeckte. Nach- dem sich die Deckplatten durch Differenzierung des Zellplasmas gebildet haben, sind jene Membranen wahrscheinlich mitein- ander verschmolzen und auf diese Weise ist eine einheitliche 36 F. K. STUDNICKA, extracelluläre Schichte entstanden, wie wir sie oben genauer beschrieben haben. Auf diese Weise kann man sich allein erklären, dass die Alveolen der Deckplatte oben offen sind, eine Erscheinung, welcher man mehr oder weniger deutlich auch in allen anderen Fällen bei den Ichthyopsiden begegnet. Wie man sieht, handelt es sich in unserer Erklärung nur um eine Hypothese, aber diese scheint mir viel wahrscheinlicher zu sein als die Annahme, dass es sich da um ein einfaches Secret handeln sollte. Auch dann, wenn also die Cuticula eine plas- matische Anlage haben sollte, müsste man damit rechnen, dass die Substanz, aus der sie besteht, stark verändert, manch- mal wie aufgequollen oder verschleimt ist und sich vollkommen passiv verhält. 4. Die Basalplatte. Die „Basalplatte‘“ wird als eine besondere Schichte zuerst von Joseph (1900) erwähnt. Er beschreibt sie als eine „sehr deutliche, tief dunkelblau gefärbte Schichte, die stellenweise im Präparate den Zusammenhang mit den Epithelzellen auf- gegeben hat“. Meistens schrumpft sie „in lauter kleine Stücke, entsprechend den Basalflächen einer jeden Epithelzelle“. Schneider erwähnt in seinem Buche nur „Sockelabschnitte“ der Zellen, welche von dichterer Beschaffenheit sein sollen und sich mit Hämatoxylin stärker färben. Genau so wie oben die Deckplatte, so verbindet sich unten mit der Zellmembran eine verhältnismässig dünne, seitlich etwas sockelartig erweiterte Basalplatte, welche ebenfalls aus einer verdichteten Plasmaart, dem Exoplasma, besteht. Einmal ist sie gegen die Zellmembran zu scharf abgesetzt, ein andermal wieder scheint es, als ob sie nur eine lokale Verdiekung der- selben vorstellen würde (Taf. 1/2 Fig. 6, 7). An Eisenhämatoxylin- präparaten sieht man übrigens nicht selten, dass sie dunkel Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 27 gefärbt ist, während sich die Zellmembran vollkommen entlärbt hat (Fig. 3), ein anderesmal sieht man wieder gerade das Gegen- teil davon (Fig. 9). Es ist das jedenfalls von der Fixierungsart und anderen Umständen abhängig. Eine weitere Struktur lässt sich an der Basalplatte nicht beobachten. Die Basalplatten der einzelnen Zellen berühren sich, wie es von Joseph (1900) nähre beschrieben wurde, seitlich, und so wird das Vorhanden- sein einer Basalmembran, welche ja bei Amphioxus überhaupt nicht vorhanden ist, vorgetäuscht. Die Zellen sitzen hier mittelst ihrer Basalplatten direkt dem Corium der Haut an. 5. Die Zellbrücken. Im Leben liegen die Epidermiszellen fast aneinander und dasselbe sieht man auch an gut fixierten Präparaten, an denen die Zellkörper nicht geschrumpft, aber auch nicht angeschwollen sind. Dass sie sich nicht berühren, kann man daraus schliessen, dass man an passenden Präparaten, das ist an solchen, an denen die Zellen voneinander ein wenig entfernt sind, zwischen ihnen Zellbrücken beobachten kann, welche das Vorhandensein wenn vielleicht auch nur minimal enger Intercellularbrücken voraussetzen. Es ist klar, dass es sich da um präformierte Brücken handelt und nicht vielleicht um Reste, welche da vom früheren innigeren Zusammenhange der ganzen Zellflächen übrig geblieben wären. Gegen die letztere Auffassung spricht, abgesehen von anderem, auch die Anordnung der Zellbrücken. Am deutlichsten kann man die dünnen fadenförmigen Zell- brücken an zwei Stellen beobachten: am unteren Rande der Deckplatte und oberhalb der Basalplatte; hier sind sie am häufigsten und verbinden, wie Flächenschnitte zeigen (Taf. 1/2 Fig. 12), von allen Seiten austretend die Zelle mit allen mit ihr benachbarten. Auch anderswo, in der Mitte der Seitenwände, kommen Zellbrücken vor, doch sind sie an solchen Stellen 98 F. K. STUDNICKA, weniger deutlich und, vielleicht da sie hier leichter brechen, weniger oft zu sehen als an den oben bezeichneten Stellen, wo sie massenhafter vorhanden sind (Taf. 1/2 Fig. 2, 3). An Flächenschnitten durch geschrumpfte Zellen sieht man manchmal, dass die Zellbrücken von rippenartigen Bildungen an der Zellwand abgehen; was diese betrifft, so handelt es sich da sicher nur um durch Schrumpfung entstandene Artefakte. Am besten konnte ich die Zellbrücken an Safraninpräpa- raten beobachten; sie färben sich merkwürdigerweise nicht oder kaum mit Eisenhämatoxylin. Es spricht dies dafür, dass sie in ihrem Inneren keine Tonofibrillen enthalten, denn diese werden immer im letzteren Falle gefärbt. Auch von der Sub- stanz der Zellmembranen sind sie ganz sicher etwas ver- schieden, aber trotzdem kann man sie durchaus nicht für rein protoplasmatisch resp. endoplasmatisch halten. Man kann nirgends an den Zellmembranen Lücken oder Poren entdecken, durch welche sie mit dem Endoplasma zusammenhängen würden, und so handelt es sich in ihnen sicher nur für äussere Anhänge der Zellmembran. Sie sind somit dem Exoplasma zuzurechnen. Sie bestehen aus Protoplasma, welches auf eine andere Weise als das der Zellmembran verdichtet ist und dienen zum festeren Verbinden der Zellen untereinander. Sie haben diese Funktion zusammen mit den Schlussleisten und der Cuti- cularschichte zu besorgen. Die Zellbrücken sind bei Amphioxus wahrscheinlich primärer Natur. Klaatsch hat vor einiger Zeit (1898) bei Amphioxus Zellbrücken und Intercellularlücken bis in das Gastrulastadium hinein verfolgt. Da sich die Zell- brücken in jedem Falle mit der Zellmembran verbinden und eigentlich Bestandteile derselben vorstellen, ist es klar, dass man ihnen keine so hohe Bedeutung zuschreiben darf, wie es manchmal geschieht. Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 29 II. Petromyzon fluviatilis, Planeri, marinus. Taf. 1,2, Fig. 16-22, Taf. 3/4, Fig. 23--34, Taf. 5/6. Fig. 35—37, Taf. 7/8, Fig. 47-51, Taf. 9/10,.Fig. 601). Bei Petromyzon, Myxine und von hier angefangen bei allen Vertebraten ist die Epidermis im fertigen Zustande mehrschich- tig, und man kann in ihr besondere „Deckschichte‘“, eine „ıinter- stitielle Schichte‘“ und eine „Basalschichte‘“ unterscheiden. Wenn man von den Zellen spricht, unterscheidet man besser „Deck- . zellen‘ und „Basalzellen‘ und bezeichnet die dazwischen liegen- den Zellen mit dem Namen „Stachelzellen‘“?). Auch durch das Vorhandensein von Drüsenzellen, deren es hier bekanntlich mehrere Arten geben kann, unterscheiden sich alle diese Epi- dermisarten von derjenigen des Amphioxus. Ich lasse in vor- liegender Arbeit zuerst die eigentlichen Drüsenzellen vollkom- men beiseite und werde mich nur mit den „indifferenten“ oder „typischen“ Epidermiszellen beschäftigen, an denen man jeden- falls bei niederen Vertebraten hie und da und gerade bei Petro- myzon sehr häufig Spuren von Secretionserscheinungen (Ver- schleimung der Zellen) beobachten kann. Von den Drüsenzellen kommen später in einem besonderen Abschnitte einige und darunter hauptsächlich die sehr interessanten sogen. „Kolben- zellen‘ zur Besprechung. A. Junge Entwickelungsstadien. Nur in ihrem Jugendstadium weist die Epidermis von Petromyzon und ähnlich diejenige der anderen Cranioten Ver- hältnisse auf, die sich direkt mit denen, welche wir oben vom 1) Was den allgemeinen Bau der Cyclostomenepidermis betrifft, so ver- weise ich hier an Lehrbücher der vergleichenden Anatomie. Eine gute Zu- sammenstellung der Literatur befindet sich z. B. in Bronns „Klassen und Ordnungen des Tierreichs“ Bd. VI, Abt. I. Lönnberg, Fische. 2) Richtiger wäre jedenfalls die Bezeichnung „gewöhnliche Stachelzellen“, denn auch die anderen Zellen sind mit „Stacheln“ versehen, doch findet die andere Bezeichnung seit langer Zeit Anwendung. 30 F. K. STUDNICKA, Amphioxus beschrieben haben, vergleichen lassen. Diesem „Amphioxusstadium“, wie man es wohl nennen kann, widme ich hier zuerst die Aufmerksamkeit. Das Stadium der Neurula und die nächsten darauf folgen- den Entwickelungsstadien besitzen bei Petromyzon ein über- aus schön cellulär differenziertes Ectoderm, dessen dicht mit Dotterkörperchen gefüllten grossen Zellen vermittelst feiner Scheidewände voneinander abgetrennt und an ihrer freien Ober- fläche nur von einer einfachen Membran oder Pellicula be- deckt sind. Ich habe mir grosse Mühe gegeben festzustellen, ob die Scheidewände einfach sind oder ob sie zweien indivi- dualisierten, dicht aneinander liegenden, minimal dünnen Zell- membranen — ich bezeichne hier solche mit dem Namen „Pellieula“ — bestehen. Ich finde jedenfalls hie und da ZWi- schen den Basalteilen der Zellen enge Lücken, aber sonst handelt es sich da doch um „Scheidewände“ im eigentlichen Sinne des Wortes. Sie entstehen bei Zellteilungen in jedem Falle als einheitliche Gebilde, und auch dann, wenn es zu einer Spaltung kommt, bleiben die beiden Hälften der ursprünglich einheitlichen Wand mittelst der Zellbrücken in einem so innigen Zusammenhange, dass sie eigentlich auch dann ein einheit- liches zelltrennendes Gebilde vorstellen. Ich selbst konnte übrigens auch an vorzüglich fixierten und gut gefärbten Ob- jekten solche Lücken nicht finden; erst in älteren Entwicke- lungsstadien, auf welche wir später zu sprechen kommen, treten sie deutlich auf. Die Zustände, auf welche ich hier aufmerksam machte, haben eine gewisse Wichtigkeit für uns, sie sprechen dafür, dass die Zellverbindungen und Intercellularlücken, welche in etwas älteren und hauptsächlich dann in fertigen Geweben vorkommen, nicht immer von jenen direkt abstammen müssen, welche man hie und da zwischen den Blastomeren des sich teilenden Ries und vielfach auch in den darauffolgenden Stadien Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 31 vorfinden kann !), sondern dass sie sich auch später bilden können. Es kann dazwischen ein Stadium vorkommen, in welchem bei den schnell aufeinander folgenden Zellteilungen solche Lücken und Brücken nicht vorkommen müssen oder eine so untergeordnete Bedeutung haben, dass man da immer noch von einheitlichen Scheidewänden sprechen kann. Ich habe auf diesen Umstand bereits einmal (1903, c) aufmerksam ge- macht und demonstriere es jetzt an einem bestimmten Beispiele. Ein Fall wie der jetzige zeigt noch besser als der frühere (Amphioxus), dass den Zellbrücken durchaus nicht die Wich- tigkeit zukommt, wie sie ihnen von manchen Seiten zugeschrie- ben wurde. Wenn sich hier auch solche später bilden, so bilden sie sich inmitten der zuerst in jedem Falle (wenn nicht anders, so sicher bei der Zellteilung) einheitlichen Scheide- wände und es ist nun für die Zellen schon vollkommen gleich- gültig, ob die embryonalen Scheidewände, welche zwischen ihre endoplasmatische Körper eingelagert sind, einfach sind oder aus zwei dicht aneinander liegenden Membranen bestehen. Eine viel grössere Aufmerksamkeit müssen wir unter allen Umständen der Natur dieser Scheidewände oder Pelliculen wid- men. Es ist klar, dass sie aus keiner dem Protoplasma fremden Substanz bestehen. Genau so, wie alle jene Zellmembranen, mit denen wir uns in der vorliegenden Arbeit beschäftigen werden, bestehen schon diese ersten Scheidewände oder ‚Inter- cellularmembranen“ und die ersten Zellmembranen oder „Pelli- culen“ aus einer festeren Plasmaart, dem ‚„Exoplasma“. Bei anderen, etwas älteren Entwickelungsstadien, solchen von der Länge von 6 mm (Petromyzon Planeri), die ich an einer Reihe von Präparaten untersucht habe, besteht die Epi- dermis immer noch aus einer einzigen Schichte von Cylinder- zellen, welche bereits deutliche individualisierte Pellieulen be- I) So haben wir es bei Amphioxus angenommen. 32 F. K. STUDNICKA, sitzen und zwischen denen jetzt die breitgewordenen Inter- cellularlücken sehr deutlich sind. Nur hie und da sind die Lücken eng, und so bekommt man hier wieder den Eindruck von Scheidewänden, wie wir ihn im vorangehenden Stadıum hatten. Die Zellen, welche, nebenbei gesagt, immer noch Dotterkörper- chen enthalten, sind an ihrer freien Fläche von einer deutlichen „Deckplatte‘‘ oder einem ‚„Cuticularsaume“, wie man es ge- wöhnlich nennt, begrenzt. Eine Basalplatte, ähnlich derjenigen von Amphioxus, ist hier nicht vorhanden und die Zellen setzen sich mit ihrer Pellicula direkt an das darunterliegende Ge- webe an. Die Deckplatte besitzt bereits hier den für sie charakteristi- schen Bau. Sie ist ziemlich dick und enthält in ihrem Inneren deutliche, in einer Reihe liegende Alveolen, welche meistens gegen die obere Oberfläche zu verschoben sind, so dass die untere Schichte der Deckplatte von ihnen frei und homogen ist (Taf. I Fig. 16). Die Deckplatte geht seitlich unmittelbar in die schein- bar homogene oder wenigstens keine Struktur zeigende Pelli- cula über, welche so dünn ist, dass man an ihrem Querschnitte kaum zwei Konturen bemerken kann. Ob sich die Deckplatte durch Verdicken der früher an jener Stelle vorhandenen ein- fachen Pellicula gebildet hat oder ob sie sich aus dem ober- flächlichen Zellplasma heraus differenziert hat, konnte nicht entschieden werden. Der innige Zusammenhang mit der Pelli- cula würde jedenfalls, wie wir später an analogen Fällen sehen werden, nicht unbedingt gegen die letztere Auffassung sprechen müssen, Eine weitere Schichte — eine Wolffsche Cuticula — konnte an der Oberfläche der jungen Deckplatte nicht be- obachtet werden, vielleicht entspricht die obere Kontur der Deckplatte einer solchen. Die Alveolenschichte der jungen Deckplatte erinnert auf- fallend an eine ähnliche Schichte, die Vejdovsky und Mräzek (1903) von der Oberfläche des Bies von Rhynchelmis Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 33 beschreiben und deren Abbildung z. B. in Gurwitschs ,„Bio- logie der Zelle‘ (1904, S. 5) wiedergegeben ist. Ich wollte mich davon überzeugen, ob die Alveolen der Deckplatte viel- leicht nicht primär und von jenen des Eiprotoplasmas ableit- bar sind, doch wurde die Frage bei speziell danach gerichteten Untersuchungen negatıv beantwortet. An Präparaten von Fur- chungs- und Gastrulationsstadien von Petromyzon, welche ich der Freundlichkeit des Herrn Prof. Mräzek verdanke, konnte ich mich ganz deutlich davon überzeugen, dass die primären oberflächlichen Alveolarschichten des Eies später schwinden, und dass sich solche an der Oberfläche der Ectodermzellen in bedeutend späterer Zeit, nachdem die in den Zellen ab- gelagerten Dottermassen einigermassen verbraucht wurden, von neuem bilden und zwar gleichzeitig mit dem Erscheinen der Deckplatte. In früheren Stadien ist eigentlich kein Platz für eine solche Struktur an der Oberfläche der Zellen vorhanden. Die dicht aneinander liegenden Dotterkörperchen füllen die Ectodermzellen ursprünglich bis unmittelbar zu ihrer äusseren Oberfläche, die nur durch eine dünne Grenzmembran bezeich- net ist. Bei etwas älteren Entwickelungsstadien, auf welche sich die Figuren 19—22 Taf. 1/2 beziehen, findet man den Bau der Epidermis und besonders der Deckplatte bedeutend ver- ändert. In unserem Falle handelt es sich um eine etwa 12 mm lange Larve, also eine solche, die gerade stark in die Länge ausgewachsen ist. Wenn man das oben besprochene 6 mm Stadium damit vergleicht, so erkennt man sofort, dass es haupt- sächlich die caudale Partie des Tieres ist, die an dem Wachs- tum besonders beteiligt war; sie ist ja seit der Zeit fast voll- kommen neu zugewachsen. Im vorderen Teile des Tieres be- ziehen sich die Vervollkommnungen hauptsächlich auf den inneren Bau. Durch diesen Umstand muss man sich das Faktum erklären, dass sich bei den jetzt in Betracht kommenden Larven Anatomische Hefte. I. Abteilung. 117. Heft (39. Bd., H. 1). 3 34 F. K. STUDNICKA, die Epidermisverhältnisse in verschiedenen Körperpartien ver- schieden gestalten. Am caudalen Ende des Tieres finden wir jetzt eine sehr primitiv gebaute niedrige Epidermis, die aus vollkommen neuen, durch schnell aufeinanderfolgende Teilungen entstandenen Zellen besteht, im vorderen Teile, besonders am Kopfe, eine hoch differenzierte, die am vordersten Körperende bereits Andeutungen der Zweischichtigkeit zeigt. Es ist das eben die alte Epidermis, die unterdessen Zeit zu ihrem Fort- entwickeln gefunden hat. Man findet von hinten nach vorne die Präparate durchsehend eine vollkommene Reihe von Übergangsstadien, nach denen man mit voller Berechtigung an die Entwickelungsgeschichte der Epidermis schliessen kann, und zwar — und dieses Faktum ist nicht unwichtig — weisen jetzt die Epidermiszellen in der caudalen Körperpartie vielfach viel primitivere Verhältnisse auf, als in dem Stadium, von dem wir früher gesprochen haben. Die Schwanzflosse und die ganze caudale Körperpartie ist von niedrigen pflasterartigen Zellen bedeckt, welche durchaus nicht an jene hohe Cylinderzellen der vorangehenden Stadien erinnern (Taf. 1/2 Fig. 18). Vielfach lässt sich daselbst sogar die Differenzierung in Zellen nicht oder nur mit der grössten Schwierigkeit nachweisen, und es hat den Anschein, als ob die Epidermis bei dem raschen Wachstum auf einen syncytialen Zustand — der hier, wie man sieht, sekundär wäre — sinken würde. Ob hier wirklich solche syncytiale Partien vorkommen, will ich nicht entscheiden, ganz deutlich sieht man jedoch an vielen Stellen wieder die einfachen Scheidewände, welche sogar sehr breit sein können, und erst weiter nach vorne, wo sich die Verhältnisse der Norm nähern, sieht man wieder individuali- sierte Zellpelliculen, Intercellularlücken und Zellbrücken. An ihrer freien Fläche sind die Zellen entweder durch einfache, keine Struktur zeigende Pelliculen begrenzt — die Deckplatten mussten sich da also wieder rückgebildet haben — oder be- Vergleichende Untersucbungen über die Epidermis der Vertebraten. 3 merkt man da nur Spuren einer Struktur in der Gestalt feiner senkrechten Strichelung an der oberen Seite der Zelle; dies ist wohl der Ausdruck eines Alveolarbaues, wie wir ihn im vorangehenden Falle beobachtet haben. Die Deckplatten haben sich also beim Wachstum des Gewebes stark verdünnt und mussten, wie es scheint, hie und da schwinden. Vollkommen andere Bilder sieht man am vorderen Körper- ende, wo die Epidermis unterdessen zur Weiterdifferenzierung Zeit gehabt hat. Unsere Fig. 20 Taf. 1/2 stellt uns z. B. eine solche vor und zwar aus der oberen Seite des Kopfes, aus der Gegend hinter dem Geruchsorgan, von einer anderen und zwar 10 mm langen Larve. Zum Unterschied von dem oben beschriebenen Falle begegnet man hier einer schön alveolär gebauten Deckplatte. Die alveolentrennenden Lamellen erschei- nen im Präparate (Eisenhämatoxylinfärbung) als dunkle, senk- recht und parallel nebeneinander stehende Striche, von der Fläche gesehen liefern sie das bekannte Pleurosigmabild (Fig. 17). Der obere Rand jeder Lamelle ist (bei Seitenansicht) durch einen tief schwarzen Punkt bezeichnet, der behonders bei noch älteren Larven recht deutlich wird. Wie bei Amphioxus handelt es sich auch hier nicht um besondere Körperchen, sondern der ganze Rand des Lamellensystemes zeigt, wie man besonders an Flächenschnitten beurteilen kann, diese Färbbar- keit. Unten ist die Deckplatte durch eine scharfe Linie be- grenzt, oben sind die Alveolen (oder schon Alveolenreihen ?) wahrscheinlich offen. Ein Inhalt lässt sich in den Alveolen nirgends nachweisen; sie sind während des Lebens jedenfalls entweder mit flüssigerem Plasma oder irgend einer Zellflüssig- keit ausgefüllt. Eine Cutieularschichte (Wolffsche Cuticula) lässt sich bei 12 mm-Larven an einigen Stellen ganz deutlich nachweisen. Es handelt sich um eine, was die Dicke betrifft, etwa der Deckplatte gleichkommende Schicht, die aus einer granulären 3*+ 36 F. K. STUDNICKA, Substanz zu bestehen scheint (Taf. 1/2 Fig. 21, 22). Weitere Strukturen lassen sich in ihr nicht nachweisen und ihre Festig- keit kann allem Anscheine nach nur unbedeutend sein. Die Fixierungsflüssigkeiten lösen sie öfters auf, so dass dann die Epidermisfläche vollkommen nackt ist. Wie sie entstanden ist, konnte nicht ermittelt werden. Eine Basalplatte oder eine bemerkbare Basalstruktur kommt hier ebensowenig wie im oben beschriebenen 6 mm-Stadium vor. Die Zellen setzen sich mit glatter unterer Oberfläche un- mittelbar auf das Corium an. Schon in diesem Entwickelungsstadium kann man und zwar, wie oben erwähnt wurde, am vorderen Körperende An- deutungen einer zweischichtigen Anordnung der Zellen finden; manchmal ist hier vorne eine solche sogar wirklich durch- geführt. Einen Anlauf dazu sahen wir schon in der Fig. 19 vollkommener jedoch ist die Zweischichtigkeit in dem in Taf. 1/2 Fig. 20 abgebildeten Falle (Epidermis aus der Gegend vor der äusseren Öffnung des Geruchsorganes einer 12 mm langen Larve) durchgeführt. Man kann hier den Modus beob- achten, auf dem es geschieht. Die zuerst zu einer einzigen Schichte geordneten Zellen teilen sich in (zu der Epidermisober- fläche) schiefen Teilungsflächen, wobei die Teilungsprodukte ungleich sind. Es scheint als ob die ursprünglichen Epidermis- zellen unten, zwischen ihren Basen kleinere Zellen ab- schnüren würden, denn die neuen Zellen sind immer kleiner als die „alten‘‘ oberen. Zuerst liegen beide dieser Zellarten dem Corium an, später jedoch legen sich die neuentstandenen zwischen die alten Zellen und das Corium so ein, dass man von jetzt an besondere „Cuticularzellen“ und „Basalzellen“ voneinander unterscheiden kann. Ganz genau lässt sich dieser Unterschied nicht immer durchführen. Die Cuticularzellen oder „Deckzellen‘ bleiben nämlich sehr oft auch jetzt mittelst be- sonderer Basalfortsätze mit dem Corium im Zusammenhange Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 37 und trennen sich von diesem erst dann vollkommen, nachdem sich neue Zellengenerationen zwischen die beiden oben ge- nannten Zellenarten eingeschoben haben. Solche entstehen jedenfalls durch Teilungen aller hier vorhandenen Zellen. Das Wichtigste, das wir dabei beobachten können, ist der Um- stand, dass die Deckplattenschichte bei allen diesen Umände- rungen immer an ihrer Stelle liegen bleibt, was dafür spricht, dass sich die Deckzellen von ihrer Stelle nicht rühren. Sie bezeichnet immer die äussere Oberfläche der jungen Epidermis, welche zu der Zeit noch keinen Zellwechsel aufweist. Die ge- rade hervorgehobenen Umstände sind deshalb sehr interessant, da man bei allen höheren Vertebraten, jenen mit verhornender Epidermisoberfläche, gerade m den ersten Entwickelungs- stadien die Basalzellen als fixe Elemente betrachten muss, welche durch Zellteilungen die darüber liegenden Zellschichten liefern. Auf diese Unterschiede kommen wir später unten noch einmal zu sprechen. B. Die Epidermis der Ammocöte und erwachsenen Petromyzonten. Das zu besprechende Material werden wir uns genau so, wie wir es oben getan haben, einteilen: 1. Die Zellmembranen resp. das Exoplasma sensu str., ihre Protoplasmafaserungen und die zugehörigen Zellbrücken. — 2. Die Deckplatte der Deckzellen und die dieselbe oben bedeckende W olffsche Cuti- cula. — 3. Die basalen Strukturen der Basalzellen (4), die Basalmembran und der Zusammenhang mit Corium resp. mit dessen Zellen (5). 1. Die Zellmembran resp. das Exoplasma sensu str. Renaut erklärt die Zellmembran der Epidermiszellen von Petromyzon, die früher einfach als „Zellmembran‘“ bezeichnet F. K. STUDNICKA, wurde, für ein „Exoplasma“, wodurch er ihre plasmatische Natur besonders betont. Er erwähnt eine Streifung in der- selben. K. C. Schneider (1902) findet in ihr fibrilläre Struk- turen, welche durch die Zellbrücken von einer Zelle zur anderen übergehen. Die Zellbrücken hat zuerst F. E. Schultze (1867) beobachtet und für Verzahnungen der Zellen gehalten. Foet- tinger (1876) und Kapelkin (1896) haben nur gelegentlich Andeutungen von Zellbrücken an ihren Isolationspräparaten gesehen. Deutlich werden sie in den Arbeiten von Maurer (1895), Studniöka (1897 b) und neuestens in dem oben eitierten Buche Schneiders beschrieben und abgebildet. Re- naut (1898) erwähnt „lignes de ciment‘“, durch welche die Zellen voneinander abgetrennt sein sollen, zeichnet jedoch ganz deutlich die schönen Intercellularstrukturen des Epidermis- gewebes der Hornzähne. Die gewöhnlichen Stachelzellen besitzen immer eine dünne exoplasmatische Zellmembran, welche überall gleich dick und deutlich doppelkonturiert ist. Nur an den Zipfeln, in welche diese Zellen an ihren beiden, wenigstens jedoch an ihrem unteren Pole auslaufen, findet man grössere Exoplasmaansammlungen (Taf. 3/4 Fig. 31, 32). Die betreffenden Fortsätze sind immer solid, da sich das weiche Endoplasma immer im Innern der Zelle nach Möglichkeit abzurunden sucht. Seltener findet man die Zellmembran am ganzen unteren Pole der Stachelzellen kappenförmig verdickt. Was die Deckzellen betrifft, so besitzen sie an denjenigen Seiten ihrer Oberfläche, mit denen sie an andere Zellen grenzen, genau dieselben Verhältnisse der Zell- membran, wie normale Stachelzellen (Taf. 3/4 Fig. 23—32). Abweichend verhalten sich die Basalzellen (Taf. 7/8 Fig. 47, 50, 51). In ihrem oberen Teile unterscheiden sie sich meistens nicht im geringsten oder sehr wenig von den Stachel- zellen, doch unterhalb des Zellkerns verdickt meistens das Exoplasma auffallend und statt einer Zellmembran haben wir Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 39 eine breite rindenartige Partie des Zellkörpers vor uns, welche die sonst weniger deutliche fibrilläre Struktur sehr klar zeigt. Die Grenze zwischen Exoplasma (Zellmembran) und dem weichen Endoplasma ist in der Regel scharf, so dass wir da eine „Pellicula‘‘ im Sinne F. E. Schulzes (1906 b) vor uns haben und kann sich solche bei Schrumpfung des Endo- plasmas leicht von ihm trennen, wie man es an schlecht fixierten Präparaten reichlich sieht. Seltener kommen Fälle vor, in denen an einzelnen Zellen diese Grenze undeutlich wird (Taf. 7/8, Fig. 51), so dass wir da mit Schulze von einer „Crusta‘ sprechen müssten. Diese Umstände, denen man auch anderswo begegnet, und an welche ich bereits einmal in meinen Arbeiten (1903 b, p. 437) aufmerksam gemacht habe, beweisen, dass sich die Schulzesche Nomenclatur konsequent nicht an- wenden lässt. Das einfachste wäre, immer nur von einem ‘ „Exoplasma sensu str.‘“ zu sprechen; dieser Name passt z. B. allein dort, wo man mit dicken Schichten der exoplasmatischen Substanz — wie ın den Basalzellen — zu tun hat, für welche die Schulzesche Bezeichnung „Pellicula‘‘ (welche da, streng ge- nommen in Anwendung kommen sollte) überhaupt unzutreffend ist. In Basalzellen und in einigen der unten zu besprechenden Epidermiszellen der Hornzähne ist am ganzen Umfange der Zelle das Exoplasma so dick, dass der grösste Teil der Zelle aus ihm besteht, wogegen das Endoplasma in diesen Fällen nur an einen kleinen Bezirk in unmittelbarer Umgebung des Zellkerns beschränkt werden kann. Auf alle diese Umstände habe ich schon vor Jahren beim Besprechen des Chordagewebes (1905 b, pag. 437) aufmerksam gemacht und erwähne sie jetzt unter Berücksichtigung des Epidermisgewebes noch einmal: Die Namen „Zellmembran‘ oder „Pellicula‘‘ bereiten in sehr zahl- reichen konkreten Fällen bei ihrer Anwendung grosse Schwierig- keiten, die sich nur durch Einführung des Renautschen Exo- plasmabegriffes beseitigen lassen. 40 F. K. STUDNICKA, Das Exoplasma ist immer einheitlich; es weist keine Schichten auf. Als eine seltene Ausnahme erwähne ich da z.B. den in der Taf. 3/4, Fig. 28 abgebildeten Fall. Es handelt sich um eine Zelle, die im Inneren auf der Oberfläche des etwas geschrumpften Endoplasmas eine zweite Zellmembran oder Kapsel besitzt, die mit der äusseren nur locker zusammenhängt. Was die Struktur der Zellmembran resp. des Exoplasmas betrifft, so kann man an günstigen Präparaten überall eine feine Faserung, die der bekannten Protoplasmafaserung der Epidermiszellen entspricht, beobachten. Bei Petromyzon handelt es sich immer — soviel sich erkennen liess — um vereinzelte Tonofibrillen, die von einer Zelle zur anderen und weiter noch auf die bekannte Weise verlaufen. Am besten zeigen diese Strukturen die Eisenhämatoxylinpräparate, aber auch von diesen nicht alle, und vor allem findet man sie nicht an allen Stellen der Epidermis gleich leicht. An den dünnen Partien der Zell- membranen vermisst man oft die Fibrillen, doch dieselben er- scheinen immer dort, wo, wie an den Polen der Zellen, die Exoplasmapartien grösser sind (Taf. 3/4 Fig. 31). Am deut- lichsten lassen sich die Fibrillen an den unteren Partien der Basalzellen beobachten. Die schönsten Fibrillenbilder be- kommt man in den teilweise modifizierten Zellen der Horn- zähne zu sehen, auf welche wir nächstens zu sprechen kommen (Taf. 5/6 Fig. 36). Die Fibrillen kommen ausschliesslich im Exoplasma der Zellen vor; nirgends kann man solche im Endo- plasma beobachten. Dort, wo die Übergänge zwischen beiden Plasmaarten allmählich sind, kann es den Anschein haben, als ob einige von ihnen auch im Endoplasma verlaufen würden, aber es handelt sich da immer nur um Trabekeln des Morpho- plasmagerüstes. Ein anderes Verhalten findet man hie und da an Stachelzellen, welche durch den anderswo zu be- sprechenden Verschleimungsprozess zu stark gelitten haben, an denen sich die Zellmembran scheinbar aufzulösen anfängt und Anatom.. Hefte, [Abteilung 17 Heft (39Bd.H 1) Taf: 3/4. je= Mudrichu,, det = a 5 Yerlag von JRBegmann , Wiesbaden Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 41 die Fibrillen so frei werden. Da wir solche Auflösung der Zell- membranen bei Selachiern (Torpedo) deutlicher beobachten konnten, behalte ich mir die Besprechung dieses Prozesses für eine spätere Gelegenheit vor. Ausser den Tonofibrillen konnte am Exoplasma der Epi- dermiszellen keine andere Struktur beobachtet werden. Ver- geblich habe ich z. B. an den dünnen Zellmembranen Poren gesucht, durch welche das Endoplasma der einzelnen Zell- gänze miteinander zusammenhängen würde. Solche kommen nirgends vor; die Zellbrücken, welche, einen unten zu er- wähnenden Fall abgerechnet, immer glatt sind und eines „Zwischenkörperchens‘“ entbehren, stellen immer nur Teile der Zellmembran vor. Hie und da sieht man jedenfalls scheinbare Lücken in der Membran; es sind das jedoch Stellen, an welchen die Tonofibrillen auseinanderweichen und wo die Zellmembran infolgedessen durchsichtiger ist; sonst liegen die Tonofibrillen immer sehr dicht aneinander und es scheint auf diese Weise, als ob die ganze Zellmembran nur aus ihnen bestehen würde. Modifikationen, die von unserem Standpunkte aus höchst interessant sind, erfährt das Epidermisgewebe in den Horn- zähnen von Petromyzon. Es handelt sich da um zweierlei Prozesse: Erstens kann das Gewebe durch auffallendere Exo- plasma- und Fibrillenbildung resistenzfähiger werden und zweitens kann es sich dadurch, dass sich die Zellen voneinander entfernen, auflockern, wobei die Zellen wieder weich werden können. Der erste Prozess bedeutet meistens eine Vorbereitung zur Verhornung der Zellschichten, der zweite dagegen bedingt, indem das aufgelockerte Gewebe schliesslich abstirbt, die Ab- lösung der abgebrauchten Hornkappen der Zähne von ihrer Unterlage. Da uns an dieser Stelle nur das Histologische der ganzen Frage zu interessieren braucht, genügt vollkommen, wenn wir hier unter Hinweisung an spezielle Arbeiten einer Reihe von 42 F. K. STUDNICKA, Autoren (Kaensche [1888], Beard [1889], Behrends [1892], Jacoby [1894] und Warren [1902]) das allgemeinste Prinzip der Hornzähnebildung erwähnen. Wie Warren, dessen Resultate ich, was Petromyzon betrifft, bestätigen kann, gezeigt hat, erscheint schon die allererste Zahnkappe der Horn- zähne von Petromyzon nicht an der freien Oberfläche der Epi- dermis, sondern inmitten derselben; auch weitere Schichten entstehen, wie es ja von diesen längst bekannt ist, immer inmitten des Epidermisgewebes. In allen diesen Fällen geht dem Erscheinen der Hornschichte eine Sonderung des (rewebes in zwei Schichten voran. Es erscheint eine vollkommen scharfe gerade Grenze im Gewebe, zu deren Seiten sich die Zellen in verschiedenen Richtungen modifizieren. Die Zellen der unteren Partie werden fester, denn ihnen kommt die Aufgabe zu, den neuen Zahn zu bilden und zu tragen, die der oberen werden aufgelockert, denn erst nach ihrem Schwunde kann der neue Zahn zur Geltung kommen). Es handelt sich um eine Zweck- mässigkeitserscheinung, die ihresgleichen suchen muss, denn nicht einmal annähernd kann man die Gründe begreifen, welche zu dieser Sonderung der Zellen lange vor dem Erscheinen des Zahnes führen können. Nur der Zweck ist da — für uns — vom Anfang an klar. — Die beiden Modifikationen des Gewebes sollen jetzt gesondert zur Besprechung kommen. In der unteren Epidermispartie — wir nehmen jetzt keine Rücksicht darauf, ob es sich um die Bildung des ersten oder zweiten oder noch späteren Zahnes handelt, da ja der Prozess immer derselbe ist — werden die Zellen, wie wir schon oben sagten, resistenzfähiger. Es geschieht dies dadurch, dass ihr Exoplasma zunimmt. Man kann am Rande dieser Partie — also am Rande der Zahnanlage — noch gewöhnliche Epidermis- zellen mit dünnen Zellmembranen beobachten. Weiter gegen !) Diese scharfe Grenze zwischen den eben erwähnten Schichten wird auch bei Renaut 1897, Fig. 493 und in meiner Arbeit 1899, p. 8, abgebildet. Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 43 das Centrum des Zahnes zu verändern sich schnell die Zellen. Sie erhalten hier dicke Exoplasmahüllen (vergl. die Fig. 55, Taf. 5/6, welche jedoch eine von einer anderen Stelle stammende Zelle vorstellt). Die Exoplasmabildung schreitet jetzt noch weiter, so dass das Endoplasma nur an die unmittelbare Nähe des Zellkernes beschränkt wird, und schliesslich wird, wie esi n der Fig. 36 Taf. 5/6 dargestellt ist, das ganze Plasma der Zelle in der angedeuteten Richtung verwandelt. Eine weitere Eigentümlichkeit besteht darin, dass die Zellbrücken jetzt deut- Fig. 2. Zwei Hornzähne und ihre Ersatzzähne des Saugmundes von Petromyzon planeri bei schwacher Vergrösserung. liche Zwischenkörperchen enthalten, welche sie hier im nor- malen Epidermisgewebe immer entbehren. In den so veränderten Zellen erscheinen nun an der Oberfläche der unteren Schichte (zuerst an der Spitze der kegelförmigen Zahnanlage) Kerato- hyalinkörnchen, die Zellen werden dunkler und verhornen schliesslich !). Erwähnenswert ist noch, dass die obersten Zellen des jungen Zahnkegels sehr hoch sind und in manchen Epi- dermiszähnen eine hochkegelförmige Gestalt annehmen; es sind !) Maurer (1895) hält merkwürdigerweise das Dickerwerden der Exo- plasmaschichte für eine Vorstufe der Verhornungsprozesse und ist der An- sicht, dass sich hier die Hornsubstanz schichtweise ablagert. 44 F. K. STUDNICKA, das Analoga der sog. Pokalzellen der Hornzähne von Myxine, auf welche wir anderswo zu sprechen kommen. In allen diesen Zellen ist das Exoplasma immer vom Endo- plasma, soweit ein solches überhaupt vorhanden ist, scharf abgesetzt und ist überall fein zerfasert. Die Tonofibrillen sind auch an gewöhnlichen Hämatoxylinpräparaten überaus deutlich und lassen sich leicht von einer Zelle zur anderen verfolgen; die Hauptrichtung, in der sie verlaufen, steht senkrecht zu der Ober- fläche der Hornschichte (vgl. Taf. 5/6 Fig. 36). Was die Zunahme des Exoplasmas betrifft, so kann man da nirgends Belege dafür finden, dass seine Substanz schichtenweise abgelagert würde. Im Gegenteil findet man, dass die Tonofibrillen, welche in der ganzen Dicke des Exoplasmas vorkommen, immer kon- tinuierlich durch die Zellen verlaufen, was sonst nicht der Fall sein könnte. Man kann sich die Entstehung der grossen, durch- aus nicht schichtenweise abgelagerten Fibrillenmassen kaum anders vorstellen als so, dass man annimmt, dass sich die Fibrillen fortwährend durch Längsspaltung vermehren, wobei das Endoplasma, welches dabei und bei der Bildung des Exo- plasmas überhaupt aufgebraucht wird, immer mehr und mehr verdrängt wird. Es beschränkt sich zuletzt auf einen abge- rundeten Raum an der Peripherie des Zellkerns und schwindet schliesslich vollkommen. Die Zelle geht dadurch durchaus nicht zugrunde. Der Zellkern erhält sich noch weiter in demselben Zustande, in dem er sich früher befand, und so ist man zu schliessen berechtigt, dass auch das Exoplasma (also die Sub- stanz der Zellwände!) die volle Lebensfähigkeit des ursprüng- lichen Protoplasmas, dessen sie ja nur eine Abart ist, besitzt. Das interfibrilläre Exoplasma besorgt jetzt den Stoffwechsel der Zelle, soweit dieser nicht vom Zellkern besorgt wird, und selbstverständlich sind auch die Fibrillen nicht als tote Gebilde aufzufassen. Die ganze Zelle lebt jetzt, wenn sie auch be- deutend stabiler geworden ist, so wie früher. Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 45 Die soeben beschriebenen Epidermiszellen der unteren Schichte der Zahnanlage sehen vollkommen so aus wie fertige Zellen der verhornenden Epidermis der höheren Vertebraten, doch geschieht in letzteren, wie wir später sehen werden, die Fibrillenbildung auf eine ziemlich abweichende Weise, und zwar unter direkter Beteiligung des Endoplasmas. Viel ähnlicher sind unsere Zellen gewissen Typen der Chordazellen, wie ich solche besonders in meiner Arbeit vom Jahre 1903 (b) beschrieben habe. Auch im Chordagewebe kann man hie und da eine fort- schreitende Zunahme des Exoplasmas, die bis zum Schwund des Endoplasmas führen kann, beobachten, und ich habe schon damals angegeben, dass man diesen Prozess für einen aktiven halten und auf Lebenstätigkeit des Exoplasmas selbst zurück- führen musst). Dass es dem in diesen Fällen eigentlich so sein muss, kann man leicht einsehen. Es handelt sich da um Zellen, denen eine mechanische Aufgabe zukommt. Das, was ihnen diese Rolle zu besorgen ermöglicht, ist eben nur das Exo- plasma resp. die Fibrillen, und diese sind es auch und nicht das Endoplasma, an welche in speziellen Fällen erhöhte An- sprüche gemacht werden. Dafür, dass sich die Fibrillen im Bedarfsfalle durch Längsteilung vermehren können, spricht das Vorhandensein von Fibrillenbündeln, die ja (ebenso wie im Bindegewebe) nicht anders erklärbar wären; auch sonst steht der Annahme, dass der Wachstumsvorgang ein aktiver ist, wie wir es oben behaupteten, nichts im Wege. Das Endoplasma, das in diesem Falle die ursprüngliche Plasmaart der Zelle repräsentiert, verringert seine Masse dadurch, dass es als Bau- material des Exoplasmas und der Fibrillen verbraucht wird, und verliert auch abgesehen davon für die schliesslich fast rein mechanische Aufgaben besorgende Zelle vollkommen jede Bedeutung und schwindet vollkommen; die im Exoplasma er- halten gebliebene lebendige Substanz genügt dazu, den Zellkern 1) L. c. p. 442 und 454. 46 F. K. STUDNICKA, am Leben zu erhalten. Erst der Verhornungsprozess der Horn- zähne des Petromyzon und ein diesem analoger Verdichtungs- prozess der Chordazellen in dem sog. Chordastrange führt auch zu Regressiverscheinungen am Zellkern, dieser schrumpft und die Zelle stirbt schliesslich ab. Wie wir eben gesehen, sind hier die kontinuierlich durch ganze Zellreihen verlaufenden Fibrillen ein ziemlich sicheres Kriterium bei der Beurteilung der Frage, ob die Exoplasmen- resp. Zellmembranen durch Apposition oder durch eine ge- wisse Art automatischer Intussusception wachsen. Es lässt sich wenigstens nicht voraussetzen, dass sich die Fibrillen nach Aus- bildung einer jeden neuen Schichte immer so umlagern könnten, damit sie wieder kontinuierliche Züge bilden. Eine andere Frage ist es, ob sich die homogenen Exoplasmaschichten, wie man solche im Chordagewebe vorfindet und die in verschiedenen Kapselbildungen des Knorpelgewebes ihr Analogon haben, durch Apposition verdicken können oder nicht. In der oben zitierten Arbeit (1903b, S. 440) habe ich an die verschiedenen Zonen, welche man in homogenen Exoplasmaschichten der Chorda- zellen in einer Reihe von Fällen beobachten kann, hingewiesen und habe sie im Sinne der Appositionslehre gedeutet; auch die meisten Kapselbildungen des Knorpelgewebes deutet man be- kanntlich in diesem Sinne. Alle Umstände sprechen dafür und wir werden es später durch einige Beispiele noch wahrschein- licher machen, dass eine solche „Apposition‘“ in einer Reihe von Fällen wirklich geschieht; trotzdem muss man, wie uns ein anderer Fall (Epidermiszellen von Myxine) zeigen wird, bei der Deutung der Bilder immer äusserst vorsichtig sein. Ganz anders als die untere Schichte der Zahnanlage von Petromyzon verhält sich die obere Epidermisschichte, doch hat diese eine wesentlich verschiedene Vorgeschichte, je nachdem, ob es sich um die allererste Hornkappe des Zahnes handelt oder um eine Ersatzkappe. Bei der Bildung der ersten Hornkappe Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 47 behält das Gewebe, das oberhalb des Zahnes liegt, zuerst genau dasselbe Aussehen wie die normale (primitive) Epidermis des Saugnapfes von Petromyzon und braucht einfach zerrissen und abgestreift zu werden, damit der Zahn frei wird. Ich selbst habe die Einzelheiten des Prozesses nicht genauer verfolgt, doch kann ich mir nicht denken, dass er etwas Interessanteres aufweisen könnte. Anders verhält es sich mit der zweiten, der ersten Ersatzkappe des Zahnes. Bei der Bildung derselben muss sich die untere Epidermisschichte, diejenige, die bisher dem ersten Zahne zur Grundlage diente, in zwei Teile sondern, was wieder durch eine vollkommen scharfe Grenze geschieht. Oben, bei der Beschreibung der ‚unteren Schichte“, hatten wir eine solche des zweiten Zahnes, das ist jene Schichte, die dem Ersatzzahne zur Unterlage dient, im Sinne; an dieser hauptsächlich fand ich die vollkommen zerfaserten Zellen, die ich in der Fig. 36, Taf. 5/6 abbilde, und an ihrer Oberfläche allein finde ich die oben erwähnten Analoga der Pokalzellen. Die allererste „untere Schichte“, das ist die Unterlage der ersten Zahnkappe, ist wohl etwas weicher, doch auch sie besteht aus dicht aneinander liegenden Zellen mit dicken Exoplasmen. Unsere Fig. 35, Taf. 5/6 stellt z. B. eine Epidermiszelle aus dieser Schichte, und zwar aus einem Zahne, in dem schon der Ersatzzahn unterhalb jener Partie, der die abgebildete Zelle entstammt, angelegt und sogar gut ausgebildet ist. Man sieht aus der Abbildung deutlich, dass es sich auch hier um ein sehr fest gebautes Gewebe handelt, welches, da es mit dem obersten Zahne innig zusammenhängt, die Abwerfung desselben erschweren würde und sich nach der Abwerfung nicht sogleich abstreifen liesse; der darunter liegende Ersatzzahn könnte da- her nicht sobald zur Geltung kommen. Wie es nun aus den zahlreichen, über die Hornzähne von Petromyzon handelnden Arbeiten bekannt ist, beseitigt die Natur alle diese Schwierig- keiten dadurch, dass sich sogleich, nachdem ein Frsatzzahn 48 F. K. STUDNIÖKA, fertig oder nur angelegt ist, das Gewebe zwischen ihm und dem alten Zahne aufzulösen beginnt. Das Gewebe verändert voll- kommen seinen ursprünglichen Charakter, manchmal modifiziert es sich zu einem Sternzellengewebe und zu der Zeit, als der alte Zahn abgeworfen werden soll, ist es bereits so weich, dass dies ohne weiteres geschehen kann; es wird dann von der Oberfläche des Ersatzzahnes leicht abgestreift. In einigen Fällen ist die Modifikation des Gewebes nur minimal. Ich finde z. B. kleine Epithelzähne von Petromyzon planeri, in denen sich die Epidermiszellen einfach voneinander trennen und absterben 1). Es handelt sich da um Zellen, welche im Innern noch verhältnismässig viel Endoplasma enthalten. Solche vertrocknen zu grossen Blasen, in deren Innerem man den ebenfalls toten Zellkern beobachten kann (1899, Fig. 10). Ein anderes Mal schrumpft das Gewebe, ohne dass dabei die Zellen voneinander abgetrennt werden. Die Zellbrücken werden dabei in die Länge stark ausgezogen und so entstehen Bilder, wie ich sie einmal schon (1899, Fig. 9) abgebildet habe. Alle diese Modifikationen haben eigentlich wenig Interessantes an sich; viel wichtiger sind jene Fälle, in denen sich beim gleichzeitigen Wachstum des Zahnes — anders wäre dies nicht erklärbar — zwischen dem obersten Zahne und dessen Ersatzzahn ein modi- fiziertes Sternzellengewebe, wie ich es 1899 (Fig. 8) in einer meiner Abhandlungen ausführlich beschrieben habe, bildet. Das ursprüngliche Epidermisgewebe, welches früher doch auch an dieser Stelle die bekannten, nahe aneinanderliegenden Zellen mit (wie es ja unter jeder Zahnanlage der Fall ist) dicken Exoplasmawänden und reichlichen kontinuierlich verlaufenden Tonofibrillen besass, verändert sich unter Verlust seiner ur- sprünglichen Funktion und durch Wachstum, welches nicht ge- nügend durch Zellteilungen gefolgt ist, zu einem Gewebe, in dem die Zellbrücken lang ausgezogen sind und stellenweise !) Hierher gehört eigentlich der in Fig. 35, Taf. 5/6 abgebildete Fall. Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 49 förmliche Intercellularnetze bilden. Die Tonofibrillen sind erösstenteils verschwunden oder erhalten sich nur teilweise; damit ist auch ein Schwund des Exoplasmas verbunden. Manchmal, jedenfalls in seltenen Fällen, bestehen schliess- lich die Zellen wieder aus reinem Protoplasma und können vollkommen nackt sein. Unsere Fig. 37, Taf. 5/6 stellt ein solches höchst merkwürdiges Gewebe, und zwar aus einem Epithelzahne von Petromyzon planeri dar. Man sieht da den extremsten Grad der Modifikation, den ein Epithelgewebe er- reichen kann. Dasselbe hat sich hier förmlich in ein embryo- nales Gewebe umgewandelt, welches vollkommen dem embryo- nalen Mesenchymgewebe, der Anlage einer Stützsubstanz ent- spricht, und doch handelt es sich hier um einen Zustand, der regressiv entstanden ist. Das Netz zwischen den Zellen, das man in der Abbildung sieht, entspricht in der Tat einem Lamellen- fachwerke. Anderswo findet man das Gewebe etwas fester ge- haut und es besitzt zahlreiche Fibrillen. Die hohe Wichtigkeit aller dieser Fälle besteht meiner Meinung nach in folgendem: Man hat da vor sich ein Beispiel, aus dem deutlich hervorgeht, dass die Zelle ihr Exoplasma und die Faserungen, welche sie zu gewissen Zwecken aus- gebildet hat, unter Umständen, und zwar dann, wenn sie nicht mehr notwendig sind, wieder zurückbilden kann. Dabei wird die Substanz derselben wieder zu anderen Zwecken im Gewebe verwendet. Abgesehen davon, sind diese Fälle auch des- halb wichtig, dass sie uns deutlicher als alles andere zeigen, dass sich zwischen dem Epithelgewebe und den Grundsubstanz- geweben eigentlich keine scharfe Grenze ziehen lässt. Man braucht sich in dem oben beschriebenen und in der Fig. 37, Taf. 5/6 abgebildeten Epithelgewebe nur das stellenweise ohne- hin sehr dicht gebaute intercellulare Lamellennetz noch etwas dichter vorzustellen und hat dann ein wirkliches Grundsubstanz- Anatomische Hefte. I. Abteilung. 117. Heft (39. Bd., H. 1). 4 F. K. STUDNICKA, 50 gewebe) vor sich. Die Tonofibrillen, die hier ohnehin, wenn auch spärlich, vorhanden sind, zeigen in diesem Gewebe genau dasselbe Verhalten wie junge Bindegewebslibrillen. 2. Die Deekplatte der Deckzellen. (Taf. 3/4, Figg. 23—82.) Wie bei den oben besprochenen jungen Entwickelungs- stadien ist auch bei Ammocöten und erwachsenen Tieren die Epidermis, wenn man von der später zu besprechenden Cuticula absieht, oben durch eine Mosaik von Deckplatten bedeckt. Man kann hier von besonderen „Deckzellen“ sprechen. Es sind das Zellen, die bis auf das Vorhandensein der soeben erwähnten, zum Schutze der Epidermis dienenden Vorrichtung vollkommen den gewöhnlichen Stachelzellen gleichen. Die Deckplatte ist eine ganz besondere Modifikation des Exoplasmas der Zelle und verdient hier näher besprochen zu werden. Bevor wir diese Struktur nach eigenen, an einer grossen Zahl von mit allen üblichen Fixierungs- und Färbungsmethoden angefertigten Präparaten ausgeführten Untersuchungen zu be- schreiben anfangen, werden wir eine Übersicht der bisherigen Kenntnisse und der älteren Literatur vorausschicken. Leuckart (1856) ist der erste, der an der „Cuticula“ von Ammocötes enge, in der Seitenansicht als feine Striche erscheinende, jedoch nicht ganz zur Zellmembran reichende Poren entdeckt und die Aufmerksamkeit der Histologen zuerst auf dieses Objekt gelenkt hat. Koelliker bestätigte (1857) diese Entdeckung und verglich diese Poren, die nach ihm die Cuticula vollkommen durchsetzen sollten, mit jenen, welche an dem Cuticularsaume des Darmepithels vorhanden sein sollen. Die poröse Cuticula erwähnen von jetzt an alle Autoren, die sich 1) Vom Typus des Schleimgewebes. Das Knorpelgewebe gehört z. B. meistens einem ganz anderem Typus an! Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 51 mit der Epidermis von Petromyzon beschäftigt haben. F. E. Schulze.(1867) sagt z. B., dass die Poren ‚‚in der Seiten- ansicht als dunkle parallele Streifen‘ erscheinen, „welche nach der Aussenfläche des Grenzsaumes zu sich ein wenig trompeten- artig erweitern und bei günstiger Beleuchtung doppelte Rand- linien bemerken lassen.‘ Auch die aus der neueren Zeit stammenden Arbeiten von Maurer (189) und Kapelkin (1896) erwähnen einfach eine „poröse Cuticula“, obzwar auch die Bezeichnung ‚„Cuticula‘“ in diesem Falle unzutreffend ist, da wir schon seit dem Jahre 1889 durch die Untersuchungen Wolffs wissen, dass eine wirkliche Cuticula erst oberhalb dieses Saumes liegt. Wolff bezeichnet eben aus diesem Grunde die „gestreifte Cuticular- schichte“ — auch dieser Name ist oft in Anwendung — mit dem Namen „Pseudocuticula“. Sogar in der allerneuesten Zeit, also nach dem Erscheinen aller jener Arbeiten, auf welche wir hier gleich zu sprechen kommen, bilden Prenant- Maillard-Bouin in ihrer Histologie (1904, Fig. 98) eine „Cuticule poreuse‘“ von Petromyzon planeri ab, und zwar nach einem Horizontalschnitte, an dem man, wie wir gleich erwähnen werden, scheinbare Bilder von ‚Poren‘ beobachten kann. Auf eine wesentlich andere Weise wird der Bau der Deck- platte von Renaut (1897), von Studnicka (1897b) und von K. C. Schneider (1902) beschrieben. Renaut beschreibt in seinem Trait& d’histologie (1897, p. 200) die Deckplatte, sein „Plateau strie“, als aus lichtbrechen- den Stäbchen zusammengesetzt, welche in einer hyalinen, durch- sichtigen, weniger als sie es sind, lichtbrechenden Substanz, der eigentlichen Substanz des „Plateau“ eingelagert sind. Diese Substanz stellt uns nun das polare Exoplasma der oberfläch- lichsten Zellen vor; es soll nach ihm bis über den Bereich der oben erwähnten Stäbchen reichen, und bildet so an der Ober- fläche der Epidermis eine zusammenhängende strukturlose A*r ro F. K. STUDNICKA, O4 hyaline und durchsichtige Pellicula oder Cuticularschichte, welche wohl der Wolffschen Cuticula entspricht. Die Beschreibung Renauts ist, was die Hauptsache be- trifft, ganz richtig, doch muss man die von ihm gesehenen. Bilder etwas anders deuten. Darauf hat Studnicka (1897 b) hingewiesen. Die feinen dunklen Linien in der Deckplatte sind wie es schon Renaut richtig erkannt hat, jedenfalls nicht der Ausdruck von Poren, aber es handelt sich hier auch nicht, wie es dieser Forscher meint, um eine zwischen besondere „Stäbchen“ eingelagerte Substanz. Wir haben da vielmehr ein Lamellenwerk vor uns, welches — wieRenaut richtig erkannt hat — zum Exoplasma der Zelle gehört. Zwischen den festen Lamellen befinden sich röhrenförmige, die ganze Dicke der Deckplatte durchsetzende leere, resp. durch eine Flüssigkeit ausgefüllte, oben offene Lücken, welche unten abgeschlossen sind, so dass man da von Poren nicht sprechen kann, sondern eher von ‚„Alveolen“, wenn man nämlich diesen Namen überhaupt in einem solchen Sinne anwenden darf. Die Wolffsche Cuticula hat Studnicka ebenfalls gefunden, hält sie jedoch im Unterschied zu Renaut für eine dem Exoplasma fremde Substanz. Da der Name Cutieula nicht zu- treffend ist, und da der von Wolff vorgeschlagene Name „Pseudocuticula“ ebenfalls nicht gut passt, schlägt Studnicka vor, die betreffende Struktur mit dem Namen „Deckplatte“ — nach dem Muster des Wortes „Basalplatte“ gebildet — zu nennen. Die neueste Beschreibung der Deckplatte findet man in der Histologie von K. C. Schneider (1902, p. 744). Sie wird hier wieder mit dem Namen „gestrichelter Grenzsaum“ be- zeichnet. Ich führe hier die Beschreibung Schneiders wört- lich an: „In den Aussenzellen sind die Fäden (Protoplasma- fasern) im distalen Zelldrittel sehr regelmässig senkrecht ge- stellt und werden hier von einer eosinophilen Kittsubstanz zu Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 53 Alveolenwandungen verbunden, so dass sich ein gestrichelter Grenzsaum, entsprechend dem von Amphioxus, aber viel schärfer ausgeprägt ergibt, der sich kräftig vom übrigen lockeren Sark abhebt. Innerhalb der schmalen Alveolen liegt eine helle Zwischerisubstanz, die aber nicht distal nach aussen ausmündet, sondern durch eine zarte, chemisch abweichend sich verhaltende Limitans begrenzt ist.“ Es braucht vielleicht nicht besonders darauf aufmerksam gemacht zu werden, dass, was das zuletzt Angeführte betrifft, der Verfasser die Wolffsche Cuticula im Sinne hat. Meine eigenen Untersuchungen, die sich sowohl auf Ammo- cöte, wie auf geschlechtsreife Tiere aller der eingangs ge- nannten Arten beziehen, haben jetzt zu folgenden Resultaten geführt: Sowohl bei Ammocöten wie bei Petromyzonten ist die Deck- platte nach demselben Typus gebaut. Manchmal findet man zwar bei Ammocöten hohe Deckplatten, wie sie die Fig. 27, Taf. 3/4 darstellt; doch anderswo kommen auch hier niedrige, von jener Gestalt, wie wir sie bei Petromyzonten in der Regel finden (Fig. 32), vor und die Unterschiede sind durch Ver- änderungen der Gestalt der Zellen, die ja auch bei einem und demselben Tiere vorkommen können, leicht erklärlich. Wie aus den früheren Arbeiten (Foettinger, Kapelkin) bekannt ist, kann die Gestalt einer Deckzelle von hoch cylindri- schen bis zur niedrig schüsselförmigen variieren, wobei natür- lich auch die Deckplatte in jedem Falle etwas anders aus- sehen muss. Es genügt, wenn wir hier angeben — was übrigens ziemlich selbstverständlich ist, dass sich bei dem Breiterwerden der Zelle die Struktur der Deckplatte nicht einfach in die Breite ausdehnt und die Deckplatte nicht dünner wird. An junger, durch die unten zu besprechenden Verschlei- mungsprozesse noch nicht betroffener Epidermis, wie man solche am sichersten bei jungen Ammocöten findet, präsentiert sich 54 F. K. STUDNICKA, uns die Deckplatte als eine ziemlich dicke, senkrecht regel- mässig fein gestreifte Schichte, welche oben und unten von parallelen Rändern begrenzt wird. Alle die Deckplatten liegen an einer solchen Epidermis im gleichen Niveau und so scheint es, als ob die Epidermis oben von einer kontinuierlichen Cuti- cula bedeckt wäre; so wurde die Sache auch von den älteren Untersuchern aufgefasst. Bei starker Immersionsvergrösserung sieht man sofort, dass jede Deckplatte ein Teil des Zellkörpers der Deckzelle ist und bemerkt leicht die oben sich verengenden Intercellular- lücken, welche auch die Deckplatten voneinander trennen. Die Lücken sind oben durch Schlussleisten geschlossen und über- all, und zwar auch im Bereiche der Deckplatten, durch Zell- brücken überbrückt. Die von mir 1897 beschriebenen Lamellensysteme — die Renautschen ‚Stäbchen‘ existieren überhaupt nicht — kann man schon bei einer mittleren Vergrösserung ohne weiteres sehen. aber erst bei Anwendung stärkerer Systeme, be- sonders aber mit der Hilfe einer 1,5 Apochromatimmersion konnte ich mich davon überzeugen, dass der Bau der Deckplatte doch nicht ganz so einfach ist, wie ich mir das vor Jahren vorgestellt habe. In der Deckplatte einer fertigen Epidermis kommen zwischen den senkrecht orientierten dicken Lamellensystemen schon keine einfachen, lang ausgezogenen, prismatischen Alveolen vor, sondern es handelt sich da um ganze Reihen von kleinen Alveolchen, welche voneinander durch ganz dünne, an Eisenhämatoxylinpräparaten kaum gefärbte Wände getrennt sind (Taf. 3/4, Fig. 24, 26, 27). Am besten habe ich diese Querlamellen an solchen Zellen gefunden, an denen die Deckplatte durch den unten zu besprechenden Verschleimungs- prozess eine intensive Hämatoxylinfärbbarkeit angenommen hat; an solchen Stellen unterscheiden sie sich wenig von den anderen und die ganze Deckplatte hat dann einen sehr regelmässigen Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 55 alveolären Bau, wie es die Fig. 23, Taf. 3/4 darstellt. An Eisen- hämatoxylinpräparaten sieht man meistens nur die dicken, grau gefärbten Hauptlamellen und von den anderen nur hie und da etwas. Nur da, wo die Nebenlamellen, wie es sehr oft der Fall ist, alle in demselben oder annähernd demselben Niveau liegen, kann man sie als feine, mit der Oberfläche der Deck- platte parallele Linien etwas leichter beobachten (Fig. 32). Meistens kommt nur eine oder zwei solche Linien vor, doch ge- wöhnlich sind die Vacuolen ganz unregelmässig verteilt. Die Anzahl der Alveolen in einer Alveolenreihe ist sehr verschieden, und zwar muss sie bei älteren Tieren nicht gerade grösser sein als bei jüngeren. Unsere Fig. 27, Taf. 3/4 stellt z. B. eine aus langen Alveolenreihen bestehende Deckplatte von Ammoecötes und die Fig. 24 und 26 derselben Tafel niedrige, aus wenigen, dagegen jedoch grösseren Alveolen gebaute Deck- platte von erwachsenen Petromyzonten dar. Ich erkläre mir solche Unterschiede dadurch, dass ich die Deckplatte für ein Gebilde halte, welches Umwandlungen fähig ist, und sich nach Zellteilungen (die Fig. 29 stellt z. B. eine unvollkommen geteilte Deckzelle eines Petromyzonten dar) immer den Umständen ent- sprechend umformt. Jedenfalls, und darauf kommen wir später zu sprechen, ist man in keinem Falle sicher, dass die Deckplatten und überhaupt die Deckzellen, die man bei erwachsenen Petro- myzonten an der Oberfläche der Epidermis findet, noch dieselben sind, welche bei Ammocötes die Epidermis oben bedeckten. Mit dieser Möglichkeit muss man immer rechnen. Manchmal, obzwar verhältnismässig selten, sieht man Lücken in den Hauptlamellen, welche auf diese Weise wie per- foriert aussehen können. Einigemal habe ich ganze Reihen von solchen Lücken beobachtet, so dass die Deckplatte wie in zwei übereinander liegende Schichten zerrissen erschien; hier han- delte es sich wohl nur um Artefakte. Eine Eigentümlichkeit der Deckplatte, auf die ich bereits 56 F. K. STUDNICKA, 1897 (b) aufmerksam machte, besteht darin, dass die oberen freien Ränder der Hauptlamellen etwas angeschwollen sind — was sicher ihre Festigkeit vermehren soll — und dass sie sich mit Eisenhämatoxylin schwarz färben (Fig. 24, 27). Bei der Seitenansicht sieht man an der Oberfläche solcher Präparate immer eine Reihe von schwarzen Punkten, und bei der Ansicht von oben oder an dünnen Horizontalschnitten eine zierliche schwarze netzartige Zeichnung, welche selbstverständlich mit dem Bilde, welches die darunter liegenden Alveolenschichten an solchen Schnitten geben, korrespondiert. Was die Färb- barkeit der oberen Ränder betrifft, so handelt es sich da um genau dasselbe Verhalten, welches wir oben bei Besprechung der Deckplatte von Amphioxus erwähnt haben, in welchem Falle es sich jedenfalls nicht um Alveolenreihen, sondern um ein- fache grosse Alveolen gehandelt hat. Einmal, und zwar an Ob- jekten, die mit Formol fixiert waren, habe ich auch äuffallende Färbbarkeit der unteren Ränder der Deckplatte beobachtet, wo- bei sich jedoch die Basis der Deckplatte, an welche sie sich an- setzen, nicht mitgefärbt hat. Eine weitere besondere Struktur konnte ich an den Lamellen der Deckplatte nirgends beobachten, auch die Tonofibrillen der Zellmembranen konnte ich nicht in das Innere der Deckplatte hinein verfolgen. Oben haben wir erwähnt, dass sie nach RK. C. Schneider bis hierher und zwar bis zum Rande der Deck- platte reichen sollen. Was den Inhalt der Alveolen betrifft, so befinden sich in ihrem Inneren vorerst keine festeren Massen, aber man kann auch keine Spuren von noch so geringen Koagulaten in den- selben nachweisen; nach allen Färbungen bleiben die Alveolen vollkommen klar, was mich vor Jahren zu der Annahme führte, dass sie leer sind. Jetzt, nachdem ich das Vorhandensein von ganzen Alveolenreihen zwischen den Hauptlamellen nachge- wiesen habe, muss ich auch annehmen, dass sich in ihnen eine Anatom., Hefte, [Abteilung 1I?-Heft (39BaH1) , BZ 7» TTS = IS S jan! x x > Tectedruck von. O6 Rdder, Oma, Leinitg, Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 57 zu der Zelle gehörende Flüssigkeit befindet, welche wahrschein- lich dem Hyaloplasma entspricht. Sehr oft bemerkt man, dass diese Substanz und die Deckplatte überhaupt verschleimt, während das übrige Zellplasma noch normal ist und die Hämat- oxylinfärbung nicht annimmt. Man muss in solchen Fällen annehmen, dass es sich da um Secrete handelt, welche durch Umwandlung des Protoplasmas entstehen. Die obersten Alveolen sind allem Anscheine nach oben offen, es lässt sich wenigstens keine der Deckplatte angehörende Membran nachweisen, welche sie oben verschliessen würde; nur die Wolffsche Cuticula schliesst sie oben ab. Unten sind die Alveolenreihen an der Deckplattenbasis immer durch eine kontinuierliche Lamelle, die Basalschichte der Deckplatte, ab- geschlossen, erst auf diese folgt (da wo die Deckplatte voll entwickelt ist) die eigentliche Zellmembran. Die erste Frage, welche sich uns da aufwirft, betrifft die Genese der ganze Alveolenreihen enthaltenden Deckplatte. Wir wissen nämlich, dass ursprünglich bei ganz jungen Larven, z. B. in dem oben besprochenen 12 mm Stadium (Taf. 1/2 Fig. 19 bis 22), die Alveolen in der Deckplatte nur noch in einer einzigen Schichte lagen. Auf zweierlei Weise ist nun die Ent- stehung des neuen Zustandes erklärbar: Entweder verdickt sich die Deckplatte selbst, wobei sich die Alveolen durch Teilung vermehren, oder erfährt die Deckplatte einen Zuwachs von seiten des Endoplasmas, und die Alveolen entstehen durch Neubildung resp. durch Umwandlung der Strukturen des Endo- plasmas. Fine dritte Lösung der Frage, nach der die Deck- platten der fertigen jungen Epidermis mit denen der jungen Entwickelungsstadien nichts zu tun hätten, sondern Neu- erwerbungen an der Oberfläche von FErsatzzellen vorstellen würden, kann man nicht so leicht zulassen. Nicht die geringsten Gründe sprechen nämlich dafür, dass sich schon bei ganz jungen Ammocöten, um welche es sich hier handelt, die Oberfläche der Epidermis von Zeit zu Zeit erneuern sollte. 58 F. K. STUDNICKA, Es ist immer möglich, dass die Alveolenreihen durch Teilung der in einer Schichte liegenden Alveolen der Embryonal- zeit entstehen. Gegen eine solche Annahme lassen sich wirk- lich keine Gründe anführen, doch kann man sich auf der anderen Seite wieder auf die Tatsache berufen, dass die Deckplatte sehr häufig durch Übergänge mit dem Endoplasma verbunden ist (Fig. 32 links), oder dass sich zwischen sie und das Endoplasma eine besondere, ebenfalls alveolär gebaute „ıintermediäre Schichte‘ einlagert (Taf. 3/4 Fig. 25, 27). Solche Fälle stellen jedenfalls immer nur Ausnahmen vor. In nor- malen Fällen wird die Deckplatte unten durch eine festere Exoplasmaschichte, welche direkt in die Zellmembran über- geht, abgeschlossen und grenzt direkt an das Endoplasma; trotz- dem verdienen die letzteren Fälle schon da, wo wir aus dem Bau der fertigen Zelle auf die Genese ihrer Teile zu schliessen versuchen, eine Erwähnung. Die intermediäre Schichte hängt da, wo sie vorhanden ist, immer mit der Zellmembran zusammen (Fig. 27!) und sieht so aus, als ob sie eine Verdiekung derselben wäre, jedenfalls muss man sie ebenfalls zum Exoplasma der Zelle mit zurechnen. Sie ist, wie wir sagten, deutlich alveolär gebaut und hat voll- kommen so ein Aussehen, als ob es sich in ihr um eine neue Appositionsschichte handeln würde, aus der eventuell durch Umordnen und Vergrössern der Alveolen das Material der Deck- platte zunehmen könnte. Ich finde eine solche Schichte schon bei jungen Ammoecöten, bei denen die durch den Verschleimungs- prozess noch nicht betroffenen Deckzellen sicher noch die ur- sprünglichen sind; sie ist hier ziemlich breit und ist gegen die eigentliche hier sehr gut entwickelte und lange Alveolen- reihen enthaltende Deckplatte durch eine scharfe Grenze ab- sesrenzt. Sie sieht hier etwa so aus, als ob es sich in ihr um einen übrig gebliebenen Rest einer exoplasmatischen Appo- sitionsschichte handeln würde, welcher sich hier schon nicht Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 59 mehr in die Deckplatte umwandeln konnte, auf seinem ursprüng- lichen Zustand stehen geblieben, und so zu einem bleibenden Bestandteile der Zelle geworden ist. Sehr häufig findet man ähn- liche intermediäre Schichten in den Deckzellen erwachsener Petromyzonten, wo sie ganz bestimmt eine solche Bedeutung haben; es handelt sich hier nämlich, wie wir darauf unten be- sonders zu sprechen kommen, um neugebildete Deckzellen und Deckplatten, und die intermediäre Schichte stellt uns hier wirk- lich nur den Rest einer exoplasmatischen Zuwachszone, aus deren äusserer Partie die Deckplatte der Ersatzzelle entstanden ist. Die intermediäre Schichte kann hier einmal mit der Deck- platte, ein anderes Mal mit dem Endoplasma durch ganz all- mähliche Übergänge verbunden werden. Die Grenze gegen die Deckplatte zu wird manchmal nur durch eine feine Linie be- zeichnet, wobei die Strukturen beider Teile kontinuierlich in- einander übergehen (vergl. Taf. 3/4 Fig. 25). Auch solche Fälle findet man schliesslich, in denen die Deckplatte durch allmäh- liche Übergänge tief im Zellkörper beginnend mit dem Endo- plasma zusammenhängt. Zu allen diesen Fällen kehren wir unten noch einmal zurück. Wenn wir von der Struktur des Exoplasmas — der Deck- platte — sprechen, müssen wir natürlich auch jene des Endo- plasmas respektieren. Es ist nicht ohne jedes Interesse, dass sich diese von der der Deckplatte sehr auffallend unterscheidet. Nirgends findet man im eigentlichen Endoplasma, welches doch die ursprünglichere Plasmaart vorstellt, eine so deutliche Al- veolarstruktur, wie sie aus funktionellen Rücksichten in der Deckplatte entstanden ist, sondern das Endoplasma ist eher spongiös gebaut und da, wo es verschleimt ist, sieht man in ihm sogar eine sehr schöne spongiöse Struktur nach dem Leydigschen Typus. Es handelt sich da um festere Lamellen und Trabekeln eines ‚„Morphoplasma‘“, welche zwischen sich flüssigers, helleres „Hyaloplasma‘“ enthalten (Taf. 3/4 Fig. 23 60 F. K. STUDNICKA, bis 25, 32). Auch in normalem, nicht verschleimtem Plasma ist dies, wenn auch nicht so deutlich, sichtbar. Bei der Bildung des Exoplasmas, auf die man nach vorhandenen Übergängen schliessen kann, sieht man nun, wie sich diese festeren Teile sammeln, dichter werden, und wie so eine schöne, ziemlich grobe Alveolarstruktur, welche hier also sekundärer Natur ist, entsteht. Die betreffende Partie grenzt sich scharf vom übrigen Protoplasma der Zelle ab, und erst von jetzt an kann man von einem Unterschiede zwischen Exoplasma und Endoplasma sprechen. Das Exoplasma verdichtet sich immer mehr und erreicht schliesslich jenen Konsistenzgrad, wie wir ihm be- reits in den alten Exoplasmapartien begegnen. Der von uns gerade beschriebene Fall der Exoplasmabildung ist deshalb für uns wichtiger als manche andere, da bei ıhm die Tono- fibrillen nicht in Betracht kommen. Man sieht so ganz deut- lich, dass die Exoplasmabildung von der Fibrillenbildung ganz unabhängig ist. Die Fibrillenbildung gesellt sich jedenfalls meistens und bei der Zellmembranbildung vielleicht immer zu der Exoplasmabildung und kompliziert dann, wie leicht erklär- lich, den Prozess. 3. Die Verschleimung der Epidermis und die Regeneration der Deckzellen. Bekanntlich wurde bis in die fünfziger Jahre des vorigen Jahrhunderts hinein die Epidermis der Fische einfach für eine Schleimschichte gehalten, und erst genauere Untersuchungen hauptsächlich an fixierten Objekten (Leydig) haben ihren cellulären Bau nachgewiesen. In der Tat enthält sie massenhaft Schleim und schleimähnliche Stoffe, welche grösstenteils — Teleostier — in besonderen Drüsenzellen vorbereitet werden, anderswo jedoch auch in typischen Epidermiszellen auftreten können und das bekannte schleimartige Wesen des Gewebes Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 61 bedingen. Genauere microchemische Untersuchungen würden uns jedenfalls davon belehren, dass es sich da um verschiedene Stoffe handelt, hier handelt es sich uns jedoch ausschliess- lich um das Morphologische des ganzen Prozesses, und so genügt uns vielleicht die allgemeine Bezeichnung „‚Ver- schleimung‘“. Die Verschleimung, die wir bereits mehrmals erwähnt haben, lässt sich hauptsächlich in der Epidermis der erwach- senen Tiere beobachten, obzwar sie stellenweise auch bei Ammocöten bemerkbar ist. Sie betrifft entweder nur die Deck- zellen (manchmal nur deren Deckplatten) oder die beiden oberen Zellschichten, oder kann die ganze Epidermis bis auf die immer normal bleibenden Basalzellen durch sie betroffen werden. Ausserdem findet man Fälle, in denen nur hie und da ein- zelne Zellen der Deckschichte oder der unteren Schichten be- troffen sind, aber auch umgekehrt solche, in denen inzwischen der verschleimten einzelne unverändert bleiben. Den letzteren Fall habe ich in der Textfigur 4 (S. 71) dargestellt. Manchmal hat es den Anschein, als ob nur die Zellen der zweiten resp. auch der dritten Schichte, nicht dagegen die Deckzellen ver- schleimen würden. Soviel ich zu erkennen vermag, ist dies nur scheinbar so, die Deckzellen sind nämlich in solchen Fällen noch viel weiter verändert, als die darunter liegenden Zellen, und haben wahrscheinlich ihr Secret schon nach aussen ab- gegeben, ihr Endoplasma ist so aufgelockert, dass es voll- kommen ein anderes Aussehen erhält als das der normal ver- schleimten Zellen. Der Verschleimungsprozess wurde von Maurer (1895) bei Petromyzon, Myxine und Bdellostoma, bei denen allen er auf gleiche Weise zu verlaufen scheint, beobachtet, doch macht der genannte Autor bloss darüber Angaben, auf welche Zell- schichten er sich bezieht und geht nicht näher auf sein Wesen ein. Ein anderer Autor, der den Verschleimungsprozess bei 62 F. K. STUDNICKA, Petromyzon beobachtet hat, ist Kapelkin (1896). Dieser Autor zeichnet z. B. das veränderte Aussehen, welches dadurch die Epidermis erhalten kann und die dabei, jedoch, soviel ich beurteilen kann, nur in extremen Fällen vorkommende Auf- lösung des Zellenverbandes der interstitiellen Schichte. Ganz unrichtig schreibt er den sog. „Körnerzellen“ der Epidermis die Fähigkeit zu, durch ihre Secrete das Epidermisgewebe gewisser- massen zu durchtränken und dadurch zu verändern. Die mit dem Verschleimungsprozesse in einem kausalen Zusammen- hange stehende Abstossung und nachherige Regeneration der Deckzellen erwähnt kurz in seiner Monographie Maurer. Er ist der Meinung, dass sich die Deckplatte aus Intercellular- strukturen der darunter liegenden Zellen regeneriert. Stud- ni&ka, der den Regenerationsprozess ebenfalls beobachtet hat (1897 b), schliesst sich, was dessen Deutung betrifft, an Maurer an. Merkwürdigerweise erwähnt keiner von den übrigen Autoren, von denen sich manche mit der Epidermis von Petromyzon doch so genau beschäftigt haben, die hier in Betracht kommenden Prozesse. Die Veränderungen, die man an den Zellen bei Ver- schleimungsprozessen beobachten kann, sind streng genommen ähnlicher Art, wie diejenigen, die man in gewöhnlichen (wirk- lichen) Schleimzellen, z. B. der Teleostierepidermis, beob- achten kann (vergl. z. B. meine Abhandlung über die Epidermis von Lepadogaster vom Jahre 1906), nur eines unvergleichbar leichteren Grades. Die Zellen verschleimen, ohne dabei ihre Gestalt zu ändern und ohne sich zu vergrössern. Die Struktur des bisher ziemlich dicht gebauten Proto- plasmas wird bei diesem Prozesse bedeutend aufgelockert, so dass die Zellen ein ganz anderes Aussehen bekommen als ge- wöhnliche Epidermiszellen anderer Tiere. Die Zellmembran bleibt dabei fast immer unverändert. Die Auflockerung des Protoplasmas wird dadurch bedingt, dass sich in seinen Maschen, Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 63 im Hyaloplasma, eine mucinhaltige Flüssigkeit ansammelt, welche aber auch alle festeren Bestandteile des Protoplasmas, in der Deckzellen sogar auch die festen Lamellen der Deck- platte, durchtränkt. An Hämatoxylinpräparaten färben sich nun hauptsächlich diese festen Teile und zwar intensiv blau (Fig. 23), während das Hyaloplasma einen blasseren Ton derselben Farbe annimmt. Die Verschleimung betrifft niemals den ganzen Inhalt der Stachelzelle resp. Deckzelle. In der Regel ist die oberhalb des Zellkernes liegende Endoplasmapartie auf die eben an- gegebene Weise verschleimt und zwar bis direkt zur Zell- membran, welche selbst unverändert bleibt. Manchmal reicht die verschleimte Partie auch auf die Seiten des Zellkernes, da- geger bleibt fast immer das Endoplasma unterhalb des Zell- kernes von diesem Prozesse verschont (Taf. 3/4 Fig. 24, 25). Nur einigemal, so in dem in der Textfigur 4 dargestellten Falle, in dem es sich um die Epidermis vom Rande des Saugnapfes handelte, war das ganze Plasma gewisser Zellen verändert. Das Aussehen der verschleimten Zellen ist sehr charakteristisch. Der Zellkern ist tief an die Basis der Zelle verschoben, oft sogar plattgedrückt (Fig. 25), und ist nur unten von einem dichten Plasma umgeben; der übrige von einem normalen, Fibrillen führenden Exoplasma umgebene Teil der Zelle ist an Eisenhämatoxylinpräparaten vollkommen klar und durch- sichtig und zeigt eine ganz lockere spongiöse Struktur. An gewöhnlichen Hämatoxylin- oder an Hämalaunpräparaten ist er tief blau gefärbt. An Deckzellen ist, wie wir sagten, meistens auch die Deckplatte mit verschleimt, hat jedoch, da sie ihre ırsprüngliche Struktur behält, an Eisenhämatoxylinpräparaten trotzdem das normale Aussehen. Sehr merkwürdig sind die oben schon erwähnten Fälle, in denen an Deckzellen nur die Deckplatte die Schleimreaktion zeigt, so dass es scheint, als ob sich zuerst in ihr der im übrigen Körper noch nicht nach- weisbare Schleim abgelagert hätte. In Deckzellen kann der 64 F. K. STUDNICKA, Prozess hie und da so fortgeschritten sein, dass die Zellen entfernt an Schleimdrüsen erinnern. In einem homogenen In- halte sieht man dann nur ganz spärliche Strukturen. In allen Fällen erhält sich in den verschleimten Zellen der Zellkern, und die Zelle stirbt nicht ab. Die Zellen können sich übrigens, wie ich nach gewissen Zeichen schliesse, noch weiter teilen (Taf. 3/4 Fig. 29). Bei Selachiern (Torpedo) fand ich vielfach in analogen Zellen inmitten des veränderten Proto- plasmas sehr schöne Mitosen. Was die Rolle, welche den verschleimten Zellen zukommt, betrifft, so lassen sich da vor allem keine Wege erkennen, auf welchen ihre Secrete nach aussen abgeführt werden könnten. Es sind da keine nach aussen führenden Öffnungen vorhanden und es lässt sich an passend gefärbten Präparaten nachweisen, dass auch die Intercellulärlücken dem angedeuteten Zwecke nicht dienen können. Wahrscheinlich können nur die Deck- zellen ihre Secrete im Wege der Deckplatte direkt nach aussen abgeben; sonst ist die einzige Art und Weise, auf welche die Schleimmassen, welche sich in der Epidermis mit der Zeit ab- lagern, zugunsten des Gesamtorganismus ausgenützt werden können diejenige, dass die Zellen in toto abgestossen werden und dabei mit ihrem Secrete die Epidermisoberfläche anfeuchten. Schon F. E. Schulze (1867) hat es geahnt, dass da etwas Ähnliches geschieht, und Maurer (1895) konnte direkt be- obachten, dass die obersten Zellschichten bei Petromyzon ab- gestossen werden. Es ist vollkommen wahrscheinlich, dass es da bei einer einzigen Abstossung nicht bleibt, sondern dass die Zellen öfters abgestossen werden, so dass schliesslich auch die in tieferen Epidermisschichten liegenden verschleimten Zellen zur Geltung komment). Der Prozess der Abstossung hätte ') Die Secretanhäufung ist jedenfalls die unmittelbare Ursache der Zell- abstossung, es ist da aber auch ein Zweck vorhanden, wozu es geschieht. Der Prozess muss also auch von teleologischem Standpunkte aus betrachtet werden. Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 65 selbst nichts Interessantes an sich, aber der Umstand ist da sehr wichtig, dass die Epidermisoberfläche nach jeder Zeller. abstossung immer von neuem regeneriert wird. Es bilden sich da, wie Maurer zuerst fand, an der entblössten Oberfläche der Stachelzellen neue Deckplatten, welche den alten voll- kommen gleichen. Wir haben jetzt neue Deckzellen vor uns, welche nach einer Zeit wieder einer neuen Generation Platz machen müssen. Es ist begreiflich, dass dieser Prozess, bei dem es sich ja um die Regeneration einer exoplasmatischen Schichte handelt, für uns ungemein wichtig sein muss. Bei Ammocöten habe ich niemals Zeichen gefunden, nach denen ich schliessen könnte, dass hier die Zellen abgestossen werden, obzwar auch hier bereits die obersten Stachelzellen verschleimen; ganz deutliche Spuren der Zellenabstossung finde ich nur bei erwachsenen Petromyzonten. Einen besonders instruktiven hierher gehörenden Fall habe ich bereits 1897 (b) abgebildet und zeichne diesmal einen anderen in der Fig. 30. Die Epidermis hat in diesen Fällen eine ganz unregelmässige Oberfläche, und die oberflächlich liegenden Zellen ein ganz verschiedenes Aussehen. Neben normalen und in verschiedenen Stadien der Ablösung begriffenen Cuticularzellen beobachtet man hier in den an die Oberfläche angekommenen Ersatz- zellen alle möglichen Stadien der Deckplattenbildung. Hie und da sieht man noch ganze Reihen von abgelösten alten Deck- zellen, die noch an der Oberfläche haften geblieben sind und die, soweit sie nicht (nach Verlust ihres Inhaltes) vollkommen geschrumpft sind, ein vollkommen verändertes Aussehen be- kommen können. Besonders ihr Exoplasma verändert sich be- deutend t). In unseren Fig. 33 u. 34, Taf. 3/4, habe ich z. B. zwei solche Zellen abgebildet, und man sieht, dass sich an !) Dieser Umstand ist sehr wichtig; man sieht daraus, dass es sich da nicht um Zellen handelt, welche sich vielleicht nur infolge einer Läsion der Epidermisoberfläche abgetrennt hätten. Anvatomische Hefte. I. Abteilung. 117. Heft (39. Bd., H. 1). B) 66 F. K. STUDNICKA, ihnen die Deckplatte, wahrscheinlich noch bevor sich die Zellen vollkommen abgelöst haben, bedeutend verbreitert hat. Ähn- liche Zellen, und zwar von Torpedo, von dessen Epidermis später die Rede sein soll, zeichne ich in den Fig. 45, 46, Taf. 5/6. Hier ist die Modifikation noch weiter fortgeschritten, und die ehemaligen Deckzellen sind von allen Seiten durch eine dicke Exoplasmaschichte umgeben, hier ist es die ehemalige Deck- Fig. 3. Epidermis von der Schwanzflosse, an der alle Zellschichten bis auf die Basal- zellen abgeworfen oder abgestreift wurden. Die Basalzellen haben an der entblössten Oberfläche exopiasmatische Kappen ausgebildet. Zeiss, Apochr. 1. 5. Oc. 8. (Bei der Reproduktion verkleinert.) platte und die Zellmembran, die sich so verändert haben. Höchst merkwürdig ist jedenfalls der oben abgebildete Fall (Textfig. 3), in dem von allen Zellschichten die Basalzellen allein übrig geblieben sind und jetzt den Körper an der be- treffenden Stelle bedecken. Man sieht an ihren oberen, jetzt freien Enden ganz deutliche Exoplasmakappen. Viel interessanter ist die Regeneration der Deckplatte aus dem Endoplasma der Stachelzellen. Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 67 Maurer und in Übereinstimmung mit ihm Studnicka haben die Sache ehemals so erklärt, als ob sich die neue Deck- platte aus der zwischen den Deckzellen und den obersten Stachel- zellen sich befindenden Schichte der Intercellularstrukturen (Zellbrücken) entwickeln würde, die ja beim Ablösen der Deck- zellen (vorausgesetzt natürlich, dass sie dabei nicht mit ab- reissen) freigelegt werden. Man kann zahlreiche Bilder finden, und ein sehr überzeugendes dieser Art habe ich seinerzeit ab- gebildet (1897 b, Fig. 1), an denen man die neuregenerierte Deckplatte wirklich im Zusammenhange mit den Intercellular- strukturen sieht; auch diesmal zeichne ich einen ähnlichen Fall, der sich aber nur scheinbar in diesem Sinne deuten lässt (Taf. 3/4 Fig. 31). Wie ich mich seit der Zeit davon überzeugen konnte, verhält sich die Sache etwas anders. Die Deckplatte regeneriert sich nicht aus den Zellbrücken, die in diesem Falle ja fadenförmig und nicht lamellenartig, wie ich es im Jahre 1897 (b) vorausgesetzt habe, sondern sie wird lange bevor noch die Sternzellen blossgelegt werden, im Protoplasma der Zellen, als eine den oberen Pol der Zelle einnehmende Rindenschichte, als ein wirkliches Exoplasma gebildet. In der Fig. 32 Taf. 3/4 zeichne ich einige Stachelzellen aus den obersten Zellschichten einer stark verschleimten Epidermis von Petromyzon fluviatilis, die demnächst ihre Deckzellen ab- stossen und die Deckplatten regenerieren wird. Die Deckzellen sind hier, abgesehen von einigen Kleinigkeiten, noch ganz normal und lebensfrisch. Die Vacuolen, die man in ihrem Proto- plasma sieht und die übrigens in diesen Zellen keine Seltenheit sind, sprechen am wenigsten dafür, dass die Zellen in der nächsten Zeit abgestossen sein müssten, aber trotzdem findet man in den darunter liegenden Stachelzellen schon einen Er- satz für die Deckplatte. Es hat sich hier an ihrem oberen Pole eine breite kappenartige, zuerst eher spongiös als alveolär ge- baute Exoplasmapartie ausgebildet. Auf den ersten Blick könnte 5* 68 F. K. STUDNICKA, man meinen, dass es sich da einfach um eine Partie unver- änderten (nicht verschleimten) Plasmas handelt, denn gleich darunter ist das Plasma stark verschleimt, doch eine genauere Untersuchung zeigt, dass die betreffende Partie seitlich direkt mit der Zellmembran zusammenhängt und dass das wirkliche unveränderte Endoplasma, das ja immer nur unterhalb des Zellkernes erhalten bleibt, einen ganz anderen Habitus hat. Dieses ist übrigens an seiner Oberfläche meistens von einer inneren dünnen mit der oben erwähnten zusammen- hängenden Zellmembran umgeben. Das Aussehen der exo- plasmatischen Kappe kann sehr verschieden sein. In unserer Abbildung (Fig. 32) zeigt z. B. die rechts abgebildete Zelle viel lockerer gelagerte Morphoplasmamaschen als die linke, aber die Struktur kann in anderen Fällen noch dichter werden. Meistens findet man an den unmittelbar an die Oberfläche angelangten Ersatzzellen eine schöne alveoläre Struktur der Kappe (Fig. 30) und dann, und dies ist sehr wichtig, eine radiäre oder parallele Anordnung der Lamellen, je nach der Ge- stalt des oberen Poles der Zelle. Falls die zur Oberfläche senk- recht gestellten Lamellen etwas dicker geworden sind als die anderen und falls sich die Kappe dazu nach unten noch etwas schärfer abgegrenzt hat, haben wir im letzteren Falle schon vollkommen das Bild, wie es die normale primitive Deckplatte liefert!). Die Zellbrücken, die ja früher schon mit der Zell- oberfläche und somit auch mit der exoplasmatischen Kappe im Zusammenhange standen, beteiligen sich also nicht in nennenswerter Weise an dem Regenerationsprozesse. Was die Neubildung der Deckplatte betrifft, so können wir da an den von uns soeben beschriebenen Prozess dieselben Betrachtungen anknüpfen, wie sie uns bereits oben bei einer ') Nicht nur die exoplasmatische Kappe, sondern auch das übrige Exo- plasma der Zellmembran hat an manchen solcher Zellen einen alveolären Bau. Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 69 anderen Gelegenheit (S. 57) beschäftigt haben. Noch deutlicher als anderswo kann man hier Schritt für Schritt verfolgen, wie durch Verdichtung der ursprünglichen Protoplasmastruktur eine Vorstufe des Exoplasmas entsteht und wie dann, nachdem die Veränderung einen gewissen Grad erreicht hat, mit einem Mal eine scharfe Grenze zwischen dem Endoplasma und Exoplasma erscheint. Diese scharfe Grenze gehört zur Regel; trotzdem kann man aber auch hier Ausnahmsfälle beobachten, in denen allmähliche Übergänge zwischen der exoplasmatischen Kappe und dem Endoplasma erhalten bleiben. Die neugebildete Deckplatte kann der ursprünglichen so ähnlich sein, dass man in speziellen Fällen nicht erkennen kann, mit welchem Zustande man zu tun hat. Ich halte z. B. alle jene Fälle, in denen man allmähliche Übergänge zwischen der Deckplatte und dem Endoplasma oder zwischen der Deck- platte und der oben erwähnten intermediären Schicht findet, für verdächtig. Immer kann es sich hier ebensogut und eigentlich noch eher um unfertige Deckplatten als um unten nachwachsende handeln (Fig. 251). Bei geschlechtsreifen Petromyzonten findet man besonders oft und zwar auch an solcher Epidermis, die sonst keine anderen Regenerationszeichen aufweist, allmählich in das Endoplasma übergehende Deckplatten, welche eine nähere Besprechung verdienen. Man kann an solchen Zellen sehr deutlich beobachten, wie sich die Trabekeln des Morphoplasmas im oberen Teile des Endoplasmas anhäufen und wie sie sich in radiärer Richtung anordnen. Noch weiter gegen die Peripherie der Zelle zu kann man vollkommene Vacuolen (und Vacuolenschichten) beobachten, die sich noch weiter auf die bekannte Weise zu Vacuolenreihen orientieren, und so resultiert daraus schliesslich am Rande der Zelle eine ganz typische Deckplatte, der zuerst nur noch die scharfe Abgrenzung gegen die darunter liegenden Schichten fehlt. Sogar auch eine Wolffsche Cuticula erscheint an der 70 F. K. STUDNICKA, Oberfläche dieser neuen Deckplatten 1), und es bilden sich auch neue Schlussleisten zwischen ihnen. Das Interessante bei diesem Prozesse ist die Anordnung der Hauptlamellen des plasma- tischen Stützwerkes; dieselben sind immer und zwar auch noch im Inneren der Zelle in der Nähe des Endoplasmas, womöglich senkrecht zu der oberen Zelloberfläche, angeordnet. Nur ganz unten, da wo die ganze Exoplasmastruktur an das Endoplasma grenzt, weichen die stärksten Trabekeln resp. Lamellen seit- lich aus und verbinden sich mit der Zellmembran (Fig. 25). Der Zusammenhang mit der Zellmembran ist also auch in diesen Fällen besonders auffallend und ist leicht erklärlich; es handelt sich in beiden um mechanische Strukturen, welche die Zelloberfläche fester machen sollen. Ausser den gerade beschriebenen Fällen findet man, wie bereits oben gesagt wurde, auch solche, in denen sich oben eine regelmässig gebaute Deckplatte und darunter eine inter- mediäre Schichte beobachten lässt. Die Alveolenreihen resp. Lamellensysteme der letzteren korrespondieren genau mit denen der darüber liegenden, von der intermediären Schichte jedoch durch eine scharfe feine Linie — eine Membran — getrennten Deckplatte. Der soeben beschriebene Fall würde, wie wir be- reits früher bemerkten, dafür sprechen, dass die oben be- schriebene Exoplasmaschichte nicht als Ganzes zum Bau einer neuen Deckplatte verwendet werden muss; es kann auch ein Rest in der Gestalt einer intermediären Schichte unter der Deckplatte übrig bleiben (Fig. 25). Am Ende dieses Abschnittes soll noch auf einen Umstand aufmerksam gemacht werden. Zwischen vollkommen normalen Deckzellen (die jedenfalls nicht die ursprünglichen sein brau- chen!) kommen manchmal verschleimte Zellen vor, die von !) Wie sie hier entsteht, ob vielleicht aus der ehemaligen Zellmembran lässt sich nicht entscheiden. Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. «1 becherförmiger Gestalt sind und deren Grösse viel bedeutender ist, als jene der benachbarten typischen Deckzellen, so dass ihre unteren kernhaltigen Partien schon im Bereiche der dar- unter liegenden obersten Stachelzellen liegen. Sehr schöne und bedeutend grosse Zellen solcher Art fand ich z. B. am Rande des Saugnapfes von Petromyzon fluviatilis und stelle sie in der Partie der Epidermis mit verschleimten Zellen vom Rande des Saugnapfes von Petromyzon fluviatilis. Zeiss, Immers. 1/12. Oe. 3. Textfigur 4 dar. An ihrer oberen freien Fläche besitzen solche Zellen selten eine normale Deckplatte, meistens kann man da nur eine allmählich in das Endoplasma übergehende senkrechte Streifung beobachten, welche auch hier der Ausdruck von Alveolenreihen resp. der solche voneinander trennenden „Haupt- lamellen‘“ ist. Es lässt sich nicht im geringsten bezweifeln, dass wir da die von einigen Autoren, von F. E. Schulze (1867)1) und von Foettinger (1876), beschriebenen „Becher- !) Nach Schulze sollten sich die Zellen oben öffnen und ihren Inhalt entleeren. Von so etwas kann hier jedenfalls kaum die Rede sein. A| ID F. K. STUDNICKA, zellen“ vor uns haben, welche später Kapelkin (1896) ver- geblich gesucht hat. Die Deutung der soeben beschriebenen Bilder ist meiner Ansicht nach etwa die folgende: Es ist vorerst ausgeschlossen, dass es sich da um wirkliche Drüsenzellen besonderer Art handeln könnte, es sind das eben nur stark verschleimte Epi- dermiszellen, ursprünglich derselben Art wie die anderen, und nur die durch starke Secretansammlung bedingte Grösse und Gestalt macht sie so auffallend. Man kann ihre becherförmige Gestalt und ihre auffallende Länge auf zweierlei Weise erklären. Entweder handelt es sich um Deckzellen, welche sich etwas abweichender gestaltet haben, und welche etwas auffallender verschleimt sind als die übrigen oder, und dies ist viel plau- sibler, sind es ehemalige Stachelzellen der zweiten oberen Zell- schichte, welche hie und da nach Verlust der darüber liegenden Zellen die so entstandenen Lücken durch ihre Körper aus- gefüllt haben oder die sich vielleicht hie und da beim Wachstum des Gewebes selbst zwischen den Deckzellen zu der freien Oberfläche verschoben haben. Sie haben, wie wir sagten, selten eine vollkommene Deckplatte, und die Andeutungen der Deck- plattenstruktur, welche man an ihrer Oberfläche findet, lassen sich kaum durch regressive Prozesse erklären. Es handelt sich da jedenfalls wieder um einen Fall der Deckplattenneubildung. Vollkommen ähnliche Zellen findet man auch bei Myxine, und wir werden später in dem betreffenden Kapitel darauf zurück- kommen. 4. Die Wolffsche Cuticula. (Taf. 3/4, Fig. 27, 29.) Sie wurde von Wolff (1889) gefunden und fast alle Autoren, die sich seit ihm mit der Epidermis von Petromyzon beschäftigt haben erwähnen sie, namentlich Maurer, Re- naut, Studnicka, K. C. Schneider; letzterer als eine Anatom Hefte, I.Abteilung I? Heli (39Bd.H.1) Fig.33. je Stedricha, del Pr. Terlng mm JEBoymann , Wiesbazer ’ Tohadra von CRREEM. Bm ER,Tapeig, e ä Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 73 „Limitans“. Renaut rechnet sie mit zum Exoplasma der Zellen, doch alle anderen halten sie für eine selbständige Schichte. Wie es oben gesagt wurde, lässt sich schon bei 12 mm langen Larven auf der Oberfläche der Deckplatte eine dünne selbständige Schichte nachweisen, welche die Deckzellen konti- nuierlich bedeckt und annähernd den Habitus einer Evertebraten- cuticula hat. Viel deutlicher ist diese Schichte bei Ammocöten und erwachsenen Petromyzonten, wo sie eine fast konstante Erscheinung ist. Wo sie fehlt, kann man annehmen, dass sie bei irgend einer Gelegenheit abgestreift wurde. Das Aussehen der Wolffschen Cuticula ist in allen diesen Fällen ungefähr dasselbe, wie wir es bei Amphioxus oben be- schrieben haben. Manchmal, doch sehr selten, scheint sie homogen zu sein, meistens zeigt sie einen schaumigen Bau (manchmal mit ziemlich grossen Vacuolen), oder zerfällt schliesslich körnig (Taf. 3/4, Fig. 27). Ihre Konsistenz kann keine zu grosse sein, man findet in ihr übrigens hie und da kleine Zellen, die aus der Epidermis abgestossen wurden einge- schlossen. Ihre Dicke ist recht verschieden. Manchmal handelt es sich nur um eine minimal dicke Schichte, ein anderes Mal ist sie etwa so dick oder noch dicker als die darunter liegenden Deckplatten und es scheint dann, als ob die Epidermis einfach aussen von einer Schleimschichte bedeckt wäre. Besonders im letzteren Falle kann man deutlich beobachten, dass ihre äussere Oberfläche mit der unteren nicht überall parallel sein muss. Man sieht an ihr stellenweise Erhebungen und Verdickungen. Die Cuticula liegt den Deckplatten der Epidermiszellen direkt an; manchmal sieht man jedenfalls, dass sie sich von einzelnen Zellen oder ganzen Zellgruppen abgelöst hat, doch ist so etwas durch eine bei der Fixierung zustande gekommene Schrumpfung zu erklären (Fig. 29). Sie lässt sich mit allen Plasmafarb: stoffen färben und erscheint an normal gefärbten Eisenhämat- 74 F. K. STUDNICKA, oxylinpräparaten grau. Ihre Substanz ist sicher von der der Exoplasmalamellen der Deckplatte wesentlich verschieden und ist viel ähnlicher dem unveränderten Endoplasma der Zellen. Wichtig ist, dass niemals, und zwar auch an stark verschleimten Deckzellen nicht, diese Schichte die Schleimreaktion gibt. Sie bleibt bei dem Verschleimungsprozesse unverändert. Besondere Strukturen lassen sich in ihr nicht nachweisen. Ausser an der ursprünglichen Epidermisoberfläche lässt sich die Wolffsche Cuticula oder wenigstens eine ihr ganz ähnliche Schichte auch an der Oberfläche der iegenerierten Deckzellen nachweisen. Sie erscheint hier etwas später, nach dem sich die Gestalt der Zelle und die Deckplatte definitiv entwickelt haben. Die eigentliche Bedeutung der Cutieula ist auch bei Petro- myzon sehr rätselhaft. Besonders hier hat sie sehr oft so ein Aussehen, als ob es sich in ihr einfach um eine Schichte auf der Epidermisoberfläche abgelagerten Secretes handeln würde. Gegen eine solche Auffassung spricht, abgesehen von anderen Umständen, das Verhalten der Schichte gegenüber den Farb- stoffen, ihre Substanz unterscheidet sich von allen Secreten der Epidermiszellen, soweit man dieselben im Inneren der Zellen beobachten kann !), und stimmt auffallend mit dem Proto- plasma überein. Gerade bei Petromyzon konnte ich das erste Auftreten dieser Schichte weder an jungen Epidermiszellen noch an regenerierten Zellen beobachten — immer fand ich die Schichte schon als fertig auf — und so kann ich auf Grund- lage meines Materials nicht beurteilen, inwiefern die oben aus- gesprochene Hypothese richtig ist. Sehr wahrscheinlich ist es, dass es sich auch hier um eine besondere Art von extracellu- lärem gemeinschaftlichem Exoplasma handelt, welches von dem 1) Ich nenne hier die Secrete der verschleimten Epidermiszellen und jene der sog. Körnerzellen. Auch ein Secret der Kolbenzellen kann hier nicht in Betracht kommen. Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 75 spezialisierten Exoplasma der Zellen auf irgend welche Weise abstammt. Die Verwandtschaft dieser Schichte mit einer Everte- bratencuticula kann jedenfalls nur eine sehr entfernte sein. 5. Die Basalstrukturen der Basalzellen. (Taf. 7/8, Fig. 50, 51.) Als „Basalzellen‘“ fasse ich in der Epidermis von Petro- myzon diejenigen Zellen, die mit ihrem Körper und mit einer breiten Fläche dem darunter liegenden Corium aufsitzen, zu- sammen. Man muss sie von solchen Zellen unterscheiden, deren Körper schon in der darüber liegenden Stachelzellenschichte liegen und die nur einen dünnen Ausläufer zu der unteren Ober- fläche aussenden. Natürlich findet man alle Übergänge zwischen diesen Zellarten. Die typischen Basalzellen von Petromyzon unterscheiden sich in ihrem oberen Teile, wie wir es bereits oben hervor- gehoben haben, kaum von den Stachelzellen. Die Zellmembran ist im oberen Teile der Zellen dünn und schliesst eine grosse Endoplasmapartie ein. Im unteren Teile der Zelle, der uns hier besonders interessieren wird, spielt die Zellmembran oder, sagen wir lieber, das Exoplasma eine viel grössere Rolle, was durch die mechanische Funktion der Zellen leicht erklärlich ist. Man findet alle Übergänge von einem solchen Falle, in dem sich die Zellmembran an der unteren das Corium be- rührenden Oberfläche nur etwas auffallender verdickt (Fig. 50), bis zu solchem, in dem der ganze untere Abschnitt der Zelle aus Exoplasma besteht, so dass das Endoplasma hier nur an die unmittelbare Nähe des Zellkerns beschränkt wird. In jedem Falle vermehrt sich im unteren Teile der Zellen also das Exo- plasma, und man kann sogar von „basalen Exoplasmamassen‘“ sprechen. Das Exoplasma des Basalabschnittes ist mittelst Zellbrücken mit dem der benachbarten Zellen verbunden, und zwar kommen 76 F. K. STUDNICKA, solche auch an dem untersten Rande der Zellen (Fig. 51) vor. Überall kann man in ihm die durch Tonofibrillen bedingte faserige Struktur beobachten, die hier viel auffallender ist als in gewöhnlichen Zellmembranen. Die Anordnung der Tono- fibrillen ist in allen Fällen, und zwar auch dort, wo nur die Basaloberfläche der Membran verdickt ist, dieselbe. Immer breiten sich hier die von oben aus der Zellmembran des oberen Zellabschnittes resp. durch die Zellbrücken von oben hierher kommenden Tonofibrillen über den ganzen Bereich des basalen Exoplasmas aus und endigen an der unteren freien Fläche der Zellen (Fig. 51). Eine besondere Basalplatte, wie wir sie bei Amphioxus sahen, kommt bei Petromyzon nicht vor, die Re- nautsche (1897) Angabe von einem „Plateau basal, tout ä fait distinet de la vitree, soit homogene, soit stri& dans le sens de la hauteur‘‘ lässt sich, wie wir gleich sehen werden, in einem ganz anderen Sinne deuten. Nur selten scheint es, dass das Exoplasma unten von einer festeren Schichte begrenzt wird, aber an günstigen Stellen kann man sich davon über- zeugen, dass dies eine ganz andere Bedeutung hat. Die Tono- fibrillen verdicken sich unmittelbar vor ihrem Endigen etwas, und dies kann manchmal den Eindruck machen, als ob sich zu unterst in der Zelle eine besondere Schichte von senkrecht stehenden kurzen Stäbchen befinden würde. Anderswo kann man solche Verdickungen nicht beobachten und die Fasern sind bis zuihrer Endigung gleich dünn. Die Endigung geschieht, soviel man an gewöhnlichen Präparaten sehen kann, genau im Niveau der unteren Oberfläche, und nirgends sind bei Petro- myzon die Basalzellen mit den darunter liegenden Corium- schichten durch zellbrückenähnliche dichte Fortsätze ver- bunden, wie es von manchen Seiten (jedoch für andere Ob- jekte) angegeben wurdet). Eigentümlich ist die folgende Er- !) Nur nebenbei erwähne ich hier, dass ich bei Petromyzon nirgends die von F. E. Schulze (1867) angegebene Verzahnung der Basalzellen mit dem Corium gefunden habe. Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 77 scheinung: An einer Reihe von mittelmässig gut fixierten Objekten fand ich, dass sich die Basalzellen von dem dar- unter liegenden Corium abgelöst haben und konnte mit der Hilfe der stärksten mir zur Disposition stehenden Vergrösse- rungen ganz deutlich beobachten, dass die Oberfläche des letz- teren dicht mit kurzen stäbchenartigen Gebilden besetzt war (vergl. Taf. 7/8 Fig. 50). Die einzig mögliche Erklärung dieser Erscheinung ist die folgende: Es handelt sich um die stäbchen- artigen Anschwellungen der Protoplasmafasern, die mit dem Corium resp. der Basalmembran so fest zusammenhängen, dass sie sich beim Ablösen der Zellen eher oben von der übrigen Protoplasmafaser abtrennen und aus dem sie umgebenden Plasma ausreissen, als dass sie sich vom Corium trennen würden !). Vielleicht sind es solche Bilder, die zu der Annahme einer zellbrückenähnlichen Verbindung mit dem Corium die Veranlassung gegeben haben. 6. Die sog. Basalmembran und das Corium. Eine Basalmembran wird z. B. von Pogojeff (1889) er- wähnt, und zwar soll sie nach ihm ‚aus einem Geflecht feinster Bindegewebsfasern‘ bestehen. Es wäre dies also keine wirkliche Basalmembran, denn eine solche stellt man sich immer in der (Gestalt einer zu der Basalfläche des Epithels selbst gehörenden und von diesem gebildeten membranartigen Schichte festerer Substanz vor. Renaut (1897) findet an der unteren Oberfläche der Epidermis eine doppelkonturierte „membrane vitr&ee“. End- lich erwähnt Kapelkin (1897) eine mit zahlreichen, wie er meint, wahrscheinlich den Nervenfasern zum Durchtritt dienenden Öffnungen versehene Basalmembran. !) Es ist übrigens nicht ganz ausgeschlossen, dass es keine einfache An- schwellungen der Fibrillen sind, sondern Gebilde, die durch Verklebung mehrerer von solchen entstehen. F. K. STUDNICKA, (0.6) Bei meinen eigenen Untersuchungen fand ich sehr oft, durch- aus aber nicht immer, an der Grenze zwischen der Epidermis und dem Corium eine dünne, meist doppelt konturierte membranartige Schichte, die meistens durch ihre sehr auf- fallende Färbbarkeit hervortrat. Mit gewöhnlichem Hämatoxylin (Delafield) färbte sie sich intensiv blau, an Eisenhämatoxylin- präparaten trat sie durch ihre schwarze Farbe auf (Taf. 7/8 Fig. 50). Einmal konnte ich diese Schichte auch an einem Präparate ganz deutlich beobachten, wo sie sich (es war das ein Hämatoxylinpräparat) nicht gefärbt hat. Es handelte sich um eine Stelle, an der sich die Epidermis von der Unterlage etwas abgelöst hat, und da sah man die Membran, die sich ebenfalls und zwar sowohl von der Epidermis wie auch vom Corium abgelöst hat, inmitten zwischen beiden. Man kann daraus ersehen, dass die Membran auch in jenen Fällen vorhanden sein kann, in denen sie sich nicht durch Färbung nachweisen lässt. Sie präsentiert sich in diesen Fällen meist nur als ein scharfer, etwas lichtbrechender oberer Rand des Coriums. Es ist somit möglich, dass sie eine allgemeinere Verbreitung hat, als man sich denken könnte. Eine besondere faserige Struktur konnte ich an der Basal- membran auch dort, wo sie günstig gefärbt war, nicht beob- achten, doch bemerke ich gleich, dass ich mich spezieller Me- thoden, die solche sicher zeigen würden (Bielschowsky — an dünne Schnitte angewendet), nicht bedient habe. Etwas anderes, was mir in einem günstigen Falle nachzuweisen gelungen ist, ist der Umstand, dass die Membran fein perforiert ist. Die Abstände, in denen sich die helleren Stellen, welche man für Poren halten könnte, voneinander befinden, entsprechen denjenigen, in denen die oben erwähnten „Basalstäbchen“ liegen, und so muss man annehmen, dass die Stäbchen auf diese Weise in Lücken oder grubenartigen Vertiefungen der vermeint- lichen Basalmembran befestigt sind. Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 19 Aus Gründen, die ich anderswo (Myxine!) anführen werde, halte ich die soeben beschriebene Schichte für keine wirk- liche von seiten der Basalzellen ausgeschiedene und somit zur Epidermis mit zugehörende Basalmembran. Es handelt sich, wie wir noch an anderen Beispielen näher beweisen werden, nur um eine stark veränderte und verhärtete Oberflächen- schichte des Coriums, welche sich, da sie eine andere Kon- sistenz hat, als das übrige Corium von diesem unter Umständen samt der darüber liegenden Epidermis ablösen kann. 7. Intereellularverbindungen zwischen Epidermiszellen und Bindegewebszellen. Durch die sorgfältigen Untersuchungen Schubergs (1905) ist sichergestellt worden, dass bei einer Reihe von Vertebraten die Epidermiszellen mit Bindegewebszellen des Corium in direktem Zusammenhange stehen. Dem genannten ist, wie er schon in seinen vorläufigen Mitteilungen (1891) berichtet, unter anderem auch bei Petromyzon etwas Ähnliches zu finden gelungen. Bei meinen eigenen Untersuchungen habe ich auch auf diese Verbindungen Rücksicht genommen, und zwar handelte es sich mir vor allem darum, festzustellen, was sich eigent- lich, ob das Endoplasma der Epidermiszellen oder nur das Exoplasma mit den darunter liegenden Zellen des Corium verbindet. Ich sehe, wie ich es anderswo näher auseinander- gelegt habe (vergl. z. B. meine Arbeit 1903 b), in den Binde- gewebszellen nur ‚„Endoplasmazellen‘“, zu denen als Exoplasma die fibrillenhaltige Grundsubstanz des Gewebes zugehört und dachte mir daher ursprünglich, dass es etwas eigentümlich wäre, wenn sich das feste, vor allem mechanische Aufgaben be- sorgende Exoplasma mit dem weichen Endoplasma verbinden sollte. Bei meinen auf einer grossen Anzahl von verschieden ge- färbten Präparaten ausgeführten Untersuchungen kam ich zu so F. K. STUDNICKA, dem Resultate, dass die hier in Betracht kommenden Verbin- dungen eigentlich nur stellenweise eine etwas auffallendere Rolle spielen. An vielen der von mir untersuchten Hautstellen sind die Zellen im Corium äusserst spärlich und fehlen manch- mal in den oberen Partien des Corium vollkommen, und es ist dann ganz unmöglich, die eventuell da vorhandenen Ver- bindungsfasern aufzufinden. Abgesehen davon bin ich der Meinung, dass in solchen Fällen, bei erwachsenen Tieren wenigstens ganz sicher, die Verbindung unterbrochen ist oder niemals existierte. In den allermeisten Fällen endigen nämlich die Basalzellen unten vollkommen glatt und es lassen sich an ihnen nirgends die Wurzeln der Fortsätze, die doch sichtbar sein müssten, nachweisen. An einigen Präparaten, in denen in der oberen Schichte der Epidermis reichliche günstig gefärbte Binde- gewebszellen lagen und an denen dazu die Fibrillensubstanz fast ungefärbt war (Eisenhämatoxylinpräparate) konnte ich die Verbindungen deutlich beobachten, aber auch an solchen Präpa- raten musste man auf folgende Umstände Rücksicht nehmen: Das Corium von Petromyzon ist, wie allgemein bekannt, von senkrecht aufsteigenden Fibrillenbündeln versehen. Da, wo ein solcher Bündel auf die Oberiläche des Corium tritt, ist die- selbe an Präparaten fast regelmässig etwas eingezogen, was man sich durch Schrumpfung der senkrechten Fibrillenzüge leicht erklären kann. Nun kann dabei auch die dem Corium fest anliegende untere Oberfläche der Basalzellen zipfelförmig ausgezogen sein, und so erhält man Bilder, von denen man schwören könnte, dass es sich da um Zellverbindungen handelt!). Dazu kommt noch folgendes hinzu: gerade an solchen Präparaten, an denen die übrigen Fibrillenmassen nach Eisen- hämatoxylin entfärbt sind, bleiben diese aufsteigenden Züge grau gefärbt und sehen wie Plasmafädchen aus. Nun ist es ') Schuberg (1903) erwähnt solche und sagt, dass sie früher öfters für plasmatische Verbindungen gehalten wurden. Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. S1 selbstverständlich, dass sich die wirklichen plasmatischen Stränge, die sich im Corium befinden, in ihrem Verlaufe nach dem der Fibrillen richten müssen, und wirklich verlaufen viele von ihnen parallel mit den aufsteigenden Bindegewebsfasern ; auf diese Weise kann man selten, wo man senkrecht auf- steigende, oben mit den Basalzellen, unten mit Bindegewebs- zellen zusammenhängende Linien findet, genau nachweisen, dass es plasmatische Zellverbindungen sind. Nur dicke, unregel- mässig verlaufende, deutlich mit beiden Zellarten zusammen- hängende Züge halte ich mit gutem Gewissen für solche. Immer, wo ich solche gesehen habe — und eine solche Stelle habe ich in der Fig. 47 Taf. 7/8 abgebildet — sah ich, dass die Basalzelle unten kegelförmig ausgezogen war. Ob sich der, in solchen Fällen immer dunkel gefärbte, Verbindungsstrang mit dem Exoplasma oder dem Endoplasma verbindet, konnte ich meistens nicht entscheiden. Nur einmal fand ich eine etwas günstigere Stelle, an der das basale Exoplasma verhältnismässig dünn war, und da konnte ich deutlich sehen, dass es sich im Ansatzkegel der Verbindungen ebenfalls nach unten ausbuchtet und am Gipfel des Kegels fehlt. Die Zellverbindung würde in diesem Falle also doch mit dem Endoplasma zusammenhängen, in anderen Fällen hängt es, wie alles dafür spricht, nur mit Exo- plasma zusammen. Eigentlich hat auch der soeben erwähnte Fall nichts Besonderes an sich und bedeutet sicher nur einen ab- normen Zustand. Ich erinnere darauf, dass ich bereits vor Jahren (1903 b) einen Fall beschrieben habe, in dem sich protoplasma- tische Fortsätze mit einer festen Zellmembran verbinden. Es handelte sich damals um die Art und Weise, wie Mesenchym- zellen mit benachbarten jungen Knorpelzellen zusammenhängen. Ein Zusammenhang des Endoplasmas resp. des frischen Proto- plasmas der einen Zelle mit dem Exoplasma einer anderen wäre danach nichts Unmögliches. Wie aus dem Vorangehenden hervorgeht, kann man die Anatomische Hefte. I. Abteilung. 117. Heft (39. Bd., H, 1), 6 F. K. STUDNICKA, 2 DD | Intercellularverbindungen zwischen den Epidermiszellen und den Bindegewebszellen für keine allgemein verbreitete Erscheinung halten; sie fehlen auch anderswo ganz sicher; ich erwähne da z. B. Amphioxus, bei dem man sie doch, wenn sie da vorhanden sein würden, besonders leicht entdecken müsste. Eben deshalb darf man diesen Verbindungen keine besondere Wichtigkeit zuschreiben. Dass die Verbindungen noch mehr an Bedeutung verlieren, wenn man sich auf den Standpunkt der Exoplasmalehre stellt, ist selbstverständlich !). Ill. Myxine glutinosa. (Taf. 7/8, Fig. 48, 49, Taf. 11/12, Fig. 82.) Das von mir untersuchte Material — es waren das er- wachsene Exemplare der oben genannten Art — habe ich mir vor Jahren an der biologischen Station in Bergen konserviert. Die Präparate sind meistens mit der Zenkerschen Flüssig- keit — etwas auch mit Sublimat — fixiert und hauptsächlich mit Eisenhämatoxilin gefärbt. Die allgemeinen Verhältnisse der Epidermis von Myxine findet man in den Arbeiten von Maurer (1895) und Retzius (1905) beschrieben. Es handelt sich um ein mehrschichtiges Epithel, das demjenigen von Petromyzon nicht gerade unähn- lich ist. Hier werden wir uns nur mit Einzelheiten beschäftigen. 1. Die Zellmembran. Die Zellmembran hat bei Myxine ursprünglich genau das- selbe Aussehen wie bei Petromyzon ; man kann auch da ein Exo- plasma, in dem dichte Tonofibrillen verlaufen, unterscheiden. 1) Sie haben eben nur dann eine gewisse theoretische Bedeutung, wenn man in den Bindegewebszellen „Elementarorganismen“ erblickt, und da ist gerade Schuberg ein Anhänger dieser Anschauungsweise. Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 83 ie Tonofibrillen sind in den Stachelzellen und den Cutieular- zellen meist recht undeutlich, dagegen treten sie in den Basal- zellen und hauptsächlich in deren unterem Teile (in dem basalen Exoplasma) sehr auffallend auf. Die Stachelzellen der oberen drei oder vier Schichten verschleimen, wie bereits bei Maurer erwähnt (1895), auch bei Myxine sehr oft zusammen mit den Deckzellen, und man findet hier Bilder, die vollkommen an jene bei Petromyzon erinnern. Durch diesen Prozess entfremde! sich das Endoplasma noch mehr dem Exoplasma, und nur im unteren Teile der Zellen, unterhalb der Zellkerne, er- hält es sich in seinem ursprünglichen Zustande. An ver- schleimten Zellen konnte ich einige Male eine ganz eigentüm- liche Auflösung der sonst kompakt gebauten Zellmembran be- obachten. Es schien, als ob hier auch die Zellmembran, wenigstens am oberen Ende der Zellen, vom Verschleimungs- prozesse betroffen wäre, so dass jetzt nur netzartige, haupt- sächlich aus locker liegenden Tonofibrillen bestehende Struk- turen ihre Stelle einnehmen. Ich werde diese Erscheinung beim Besprechen der Selachierepidermis, wo sie unter Umständen noch deutlicher erscheint, genauer beschreiben. An der Zellmembran der Myxinezellen kann man in den unteren Zellschichten, hauptsächlich aber an den Basalzellen, regelmässig eine Eigentümlichkeit beobachten, die anderswo im Epithelgewebe kein Analogon zu haben scheint. Das Exoplasma bildet an seinem inneren Rande eine wirkliche Kapselschichte, welche vollkommen an ähnliche Erscheinungen im Knorpel- gewebe (Knorpelkapseln) erinnertt). Es handelt sich um hier abgelagerte Schichten einer anscheinend festeren, sehr licht- brechenden und mit allen Farbstoffen intensiv sich färbenden Substanz, welche selten gleichmässig dick ist. In der Regel ist diese Kapsel an den Polen der länglichen Zellen bedeutend ') Retzius (1905) zeichnet solche Kapseln auf einer seiner Abbildungen, erwähnt sie jedoch im Texte nicht. 6+ 84 F. K. STUDNICKA, dicker, doch verdünnt sie sich hier manchmal, gerade ım Gegenteil, ein wenig; oft sieht man inmitten einer Verdickung eine vollkommene Dehiszenz der Kapsel. Besonders an Basal- zellen kann solche Dehiszenz am unteren Pole der Zellen sehr auffallend sein, da sich hier die Kapsel unmittelbar davor stark verdickt (Fig. 48). Oft sieht man hier auch beulen- förmige Verdickungen der Kapsel, die in die Masse der hier sehr dicken Exoplasmaschichte hineinragen, und öfters habe ich Fälle beobachtet, in denen der grösste Teil des basalen. Abschnittes der Zelle von jener lichtbrechenden Kapselsubstanz — so können wir es nennen — ausgefüllt war. Noch auf- fallender waren jedenfalls Fälle, in denen an lang spindel- förmigen Basalzellen (Fig. 49, Taf. 7/8) grosse Teile des unteren Fortsatzes der Zellen auf die angedeutete Weise verändert waren. Die soeben erwähnten Kapselbildungen, welche dem Epi- dermisgewebe von Myxine ein ganz eigentümliches Aussehen verleihen, lassen sich auf folgende Weise erklären: Es handelt sich da ganz sicher nicht um besondere (jüngste) Schichten der exoplasmatischen Substanz der Zellmembran, sondern ein- fach um Bilder, welche dadurch entstehen, dass die Zelle resp. ihr Endoplasma gewisse Stoffe in ihrer exoplasmatischen Hülle ablagert. Diese Stoffe maskieren jetzt die ursprüngliche Struktur der Zellmembran, verleihen ihr an den betreffenden Stellen das oben charakterisierte Aussehen und gewiss auch eine viel grössere Festigkeit, als ihr sonst zukommen würde. Besonders deutlich sprechen zugunsten dieser Deutung die beiden oben zuletzt erwähnten Fälle, spindelförmige Zellen, deren Fort- sätze teilweise verändert sind. Man sieht hier, dass die schönste Fibrillenstruktur der Basalplatte der Zelle direkt in der ver- änderten Partie ihren Ursprung nimmt, ohne mit derjenigen der übrigen Membran zusammenzuhängen (Fig. 49), was wohl nicht möglich wäre, wenn es sich da um jüngste Ablagerungs- schichten handeln würde. Wie man leicht begreifen wird, hat Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 85 die Kapselsubstanz, die wir gerade besprochen haben, eine viel grössere Bedeutung. Wahrscheinlich kann man z. B. gewisse Bilder im Knorpelgewebe von demselben Standpunkte beur- teilen, wie wir es hier taten. Auch anderswo, wo man sonst. von „Appositionsschichten‘“ zu sprechen gewohnt ist, kann es sich um solche schichtenweise Maskierung durch erstarrende Sekrete der Zellen handeln. Was die Dicke der Zellmembran betrifft, so ist diese an den Stachelzellen sehr unbedeutend; nur die Zipfel der Zellen, in welche der Zellkörper in der Regel an beiden Polen aus- läuft, sind hier, da das Endoplasma immer einen abgerundeten Raum im Inneren der Zellen einnimmt, massiv. Anders ist es an den Basalzellen. Während der obere Teil derselben noch meistens genau so aussieht wie die Pole der Stachelzellen, ist der untere Teil grösstenteils exoplasmatisch umgebildet und das Endoplasma ist hier nur an die Nähe des Zellkerns be- schränkt. Es ist eigentlich sehr schwer, hier von einer Zell- membran zu sprechen; die Bezeichnung ‚„Exoplasma‘ sens. str. ist hier viel mehr am Platze. Manche von diesen Basal- zellen sind übrigens unten, wie bereits erwähnt wurde, in eine fussartige Partie ausgezogen, die in jedem Falle ganz solid ist. — Von Zellbrücken, welche, von der Zellmembran aus- gehend, die Zellen miteinander verbinden, lässt sich nichts Besonderes sagen. 2. Die Deckplatte. Sie wird zuerst von Koelliker (1860) erwähnt, der sie für eine poröse Cuticula hält; ähnlich erklärt sie in der neueren Zeit auch Maurer (1895). Genauere, jedoch, soviel ich be- urteilen kann, nicht ganz zutreffende Angaben über die feinere Struktur der Deckplatte findet man in der ausführ- lichen Arbeit von Retzius (1905). Es wird vielleicht nicht uninteressant sein, wenn ich dieselben an dieser Stelle wört- sh F. K. STUDNICKA, . lich anführe. Man findet da nach Retzius: ‚eine lotrecht serichtete streifige Struktur mit sehr feinen helleren Streifen zwischen den dunkleren Stäbchen; diese Stäbchen zeigen sich deutlich feingekörnt; sie bestehen allem Anscheine nach aus Körnerreihen, die lotrecht gerichtet sind; es liegt offenbar eine Art Protoplasmastruktur vor mit zu Fasern angeordneten glänzenden Körnchen;; ob nun aber die äusserst engen Zwischen- räume zwischen diesen Körnchenreihen als wirkliche Poren- kanälchen aufzufassen sind, lasse ich ganz dahingestellt; mir scheint es nicht der Fall zu sein; nach oben (aussen) hin schliessen indessen die Körnchenreihen je mit einem solchen Körnchen ab. An den Seiten der Zellen geht die Substanz des Saumes in die Seitenmembran direkt über. Nach Maceration in schwachen Lösungen von Bichromas calicus schwillt der Saum in eigentümlicher Weise auf — — — ein heller, schein- bar ganz strukturloser Tropfen hängt aus der Zelle heraus, ist aber scharf, wie von einer äusserst dünnen Membran be- Srenzt (ll. cp. 67). Die Verschleimung der obersten Zellschichten, die bei Myxine viel auffallender ist als bei Petromyzon, verändert meistens die Struktur der Deckplatte oder vernichtet dieselbe, wie ich es unten noch beschreiben werde, vollkommen. Auch abgesehen davon finde ich an gut erhaltenen Deckzellen nirgends jene so deutliche Alveolarstruktur, wie sie oben bei Petromyzon beschrieben wurde. Ich kann mir nicht denken, dass dies nur die Folge einer nicht ganz zureichenden Fixierung wäre!) da auch Retzius (dessen Beschreibung unten wiedergegeben wird) wesentlich ähnliche Bilder zeichnet, wie ich sie gesehen habe. Die für alle Deckplatten charakteristische senkrechte Streifung kann man jedenfalls meistens sehen, doch gelingt es nicht so leicht, ihr Wesen zu erkennen. Alle Umstände ') Die Objekte wurden frisch fixiert! Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. S7 sprechen dafür, dass es sich eigentlich um dasselbe wie bei Petromyzon handelt, nur dass die Alveolenreihen nicht so regel- mässig sind und sich wegen leichterer Vergänglichkeit in der verschleimenden Zellenoberfläche an Präparaten weniger gut erhalten. Die Deckplatte ist fast immer scharf gegen das Endo- plasma zu abgegrenzt. Eine besondere Übergangsschichte zwi- schen ihr und diesem kommt vielleicht nirgends vor. Die Verschleimung, von der oben die Rede war, betrifft entweder die ganze Schichte der Deckzellen (und meistens alle oberen Zellschichten) oder es verschleimen nur die Stachel- zellen der zweiten Zellschichte und zwischen den Deckzellen findet man hie und da nur einzelne, die durch diesen Prozess verändert worden sind. Was den ersteren Fall betrifft, so sind die Zellen, von denen es übrigens nicht vollkommen sicher ist, ob es die ursprünglichen Deckzellen sind, stark vergrössert, vor allem in die Länge ausgezogen und ragen ungleich weit aus der jetzt unregelmässig gewordenen oberen Kontur der Epidermis aus. Die immer noch gegen das Endoplasma zu schari abgegrenzten Deckplatten sind vielmals breiter ge- worden als früher, sind wie angeschwollen, und ihre Struktur ist undeutlich geworden; manchmal ist jetzt nicht einmal die senkrechte Streifung an ihnen bemerkbar. Manche von diesen Zellen haben eine langkeulenförmige Gestalt angenommen und überragen weit die anderen. Was den anderen Fall betrifft, in dem nicht die Deckzellen, dagegen die darunterliegenden Stachel- zellen‘ verschleimt sind, so findet man auch in diesem immer vereinzelte Zellen der Deckzellenschichte, die verschleimt sind, eine abweichende Form haben, und etwas länger sind als die übrigen, so dass ihr kernhaltiger Körper zwischen den Stachel- zellen liegt. Was ihre Deutung betrifft, ist nun zweierlei mög- lich: entweder handelt es sich um veränderte Deckzellen oder sind es — und dies wird von Retzius angenommen — Zellen der zweiten Schichte, die sich nach oben zwischen die Deck- 88 F. K. STUDNICKA, zellen verschoben haben. Eine Lösung dieser Frage ist ziem- lich schwierig und es ist am Ende möglich, dass beides geschieht. Ebenso wie bei Petromyzon werden auch bei Myxine die oberen Zellschichten mit der Zeit abgestossen und es treten dann die obersten Stachelzellen an ihre Stelle. Auch hier kann man beobachten, wenn auch bei weitem nicht so deutlich wie bei Petromyzon, dass diese Zellen oben einen breiten exo- plasmatischen, alveolär gebauten Saum bilden, welcher später die Rolle der Deckplatte zu versorgen hat. Man begreift — und diesem Zweifel habe ich oben Ausdruck gegeben — dass es sich in der Regel nicht entscheiden lässt, ob man da mit Deck- zellen, die sich durch Verschleimung stark verändert haben, oder mit ehemaligen Stachelzellen, welche die Gestalt der ersteren angenommen haben, zu tun hat. Der Saum der an die Oberfläche gelangten Stachelzellen ist meistens ganz unregel- mässig gebaut und geht manchmal allmählich in das Endoplasma über; dasselbe kann man jedoch auch (auch bei Petromyzon !) bei stark verschleimten Deckzellen beobachten, und so gibt es hier eigentlich keine genügenden Unterscheidungsmerkmale. Es müsste zur Lösung dieser Frage, die uns hier übrigens nicht weiter zu interessieren braucht, ein noch viel umfang- reicheres Material, als uns zur Disposition stand, benützt werden. Nach Retzius kommen Zellteilungen'in allen Zellschichten der Epidermis vor, was ich auch bestätigen kann, obzwar ich die meisten Mitosen in den unteren Partien finde. Wahrschein- lich können sich hier — wie wir es bei Petromyzon sahen — auch die Deckzellen teilen. 3. Die Wolffsche Cuticula. Genau so wie bei Petromyzon findet man, wie zuerst Maurer (1895) erwähnt, auch bei Myxine an der freien Fläche der Deckzellen eine dünne, selten homogene, meistens fein schaumig gebaute oder scheinbar granuläre Schichte, deren Vor- Anatom. Hefte, IAbteilung U7.Heft (39Bd.H1) N = Taryım Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 89 handensein schon Maurer (1895) erwähnt. An meinen Prä- paraten sehe ich, dass sich diese Schichte hie und da etwas von der Oberfläche der Deckzellen abhebt und dass dann zwischen ihr und der letzteren dichte feine Verbindungsbrücken sichtbar werden. Sehr oft sah ich, dass sich die Cuticula in kleine Falten legt und dabei noch auffallender von den darunter liegenden Deckplatten isoliert. Bei Myxine sieht man besonders deutlich, dass sich diese Schichte nicht als eine einfache, der Epidermisoberfläche anhaftende Schleimschichte deuten lässt. Das lebende Tier ist immer von einer dicken Schleimschichte, welche hauptsächlich aus den Schleimsäcken stammt, einge- hüllt und diese Schicht wird beim Fixieren immer abgestreift und abgewaschen. Es bleibt da nur jene Cuticula übrig, welche von ıhr wesentlich verschieden ist. 4. Basalstrukturen. Ich konnte bei Myxine niemals eine wirkliche Basalplatte beobachten und was andere Basalstrukturen betrifft, so konnte ich nur einige Male kleine, den Basalkörperchen von Petro- myzon entsprechende Knötchen beobachten, mit welchen sich, wie es scheint, die Tonofibrillen verbinden. Sonst findet man, dass in dem basalen Abschnitte der Basalzellen die Tono- fıbrillen auf einmal viel deutlicher werden; sie endigen in der Regel einfach an der glatten unteren Oberfläche derselben. 5. Die sog. Basalmembran und das Corium. An Eisenhämatoxylin- wie an gewöhnlichen Hämatoxylin- präparaten kann man an der Oberfläche des Coriums eine ent- weder ganz feine, stellenweise jedoch auch erheblich dicke, scheinbar homogene Schichte beobachten, welche man für eine wirkliche Basalmembran halten könnte (Taf. 7/8 Fig. 48). g) F. K. STUDNICKA, Maurer, der sie (1895) bei Bdellostoma beschreibt !), deutet sie z. B. in diesem Sinne. Stellenweise ist diese Schichte, wie ebenfalls schon Maurer beobachtet hat, mit Öffnungen ver- sehen und buchtet sich an den Rändern von solchen tief in die Schichte der Basalzellen hinein. Es handelt sich da sicher nur um Stellen, an denen durch die Membran hindurch Nerven- fasern in den Bereich der Epidermis eintreten. Mit der Hilfe der stärksten Vergrösserungen kann man an dieser vermul- lichen Basalmembran feine Faserung beobachten und weiter kann man da, wo sie etwas zerrissen ist, sehen, dass sie faserig zerfällt, woraus man schliessen muss, dass sie jedenfalls nicht so hart ist, wie es sonst scheinen könnte. Schliesslich habe ich Fälle beobachtet, in denen sie gegen das unterliegende, hell sich färbende Corium zu, von dem sie sonst immer scharf abgegrenzt ist, allmählich übergeht. Aus allen diesen Umständen schliesse ich mit gewisser Berechtigung, dass es sich da um keine selbständige Schichte und am allerwenigsten um eine von den Basalzellen abgeschiedene wirkliche Basal- membran handeln kann, sondern dass es einfach :lie oberste Schichte des Coriums ist, in der die Struktur nur durch Mas- kierung unsichtbar (eigentlich schwer sichtbar) geworden ist und welche dabei die oben erwähnten Eigenschaften, darunter die starke Färbbarkeit, vielleicht auch grössere Festigkeit, änge- nommen hat. Einigemal konnte ich an der Oberfläche dieser Schichte noch eine weitere, noch dunklere Schichte beobachten, die jedenfalls eine ähnliche Bedeutung hat. Der Fall von Myxine, in dem man deutlicher als anderswo eine dicke „Basal- membran‘ beobachten kann, lehrt uns, wie vorsichtig man auch in anderen Fällen sein muss, in denen es sich um minimal dünne Lamellen an der Grenze von Epithel und Bindegewebe handelt. ') Retzius erwähnt sie nicht! Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 91 Was das eigentliche Corium, welches sonst nicht in den Bereich unserer Untersuchungen gehört, betrifft, so erwähne ich hier nur soviel, dass man an ihm schon bei schwacher Vergrösserung am Rücken des Tieres zwei, durch dichtere Pig- mentablagerung geteilte Partien beobachten kann, so dass es scheinen kann, als ob es aus zwei Schichten bestehen würde. Eine besondere Eigentümlichkeit des Coriums der Myxine sind reichliche Blutgefässe, durch welche alle mittleren Schichten desselben besorgt werden. Bei Petromyzon fehlen bekanntlich ım normalen Corium solche. 6. Die „Pokalzellen“ der Hornzähne bei Myxine. (Taf. 11/12, Fig. 82.) In einer 1889 erschienenen Abhandlung beschreibt Beard aus den Hornzähnen von Myxine einen „odontoblast cone‘“, der aus an der Oberfläche einer Pulpa angeordneten Odonto- blastzellen bestehen sollte. Nach seiner Angabe handelt es sich da um grosse, in zwei bis vier Schichten liegende Zellen, deren angeblich verkalktes Plasma eine Längsstreifung zeigt. Behrends (1892) und Jacoby (1894) haben gezeigt, dass diese Zellen zur Epidermis gehören, dass es sich hier um einen im Inneren der Zähne liegenden, aus grossen festen Epidermiszellen bestehenden Kern, der jedoch nicht verkalkt ist, handelt. Die obersten dieser Zellen bestehen aus einem etwa kelchförmigen Körper, der in einen ziemlich langen Fortsatz aus- läuft, welcher erst zwischen den Zellen der darunter liegenden Schichten endigt. Die Fortsätze verflechten sich hier ausser- dem filzartig. Studnit@ka konnte (1899) diese Befunde be- stätigen und erwähnt das Vorhandensein von ähnlichen Zellen auch in den grossen Hornzähnen von Petromyzon, in denen sie zum Unterschied von Myxine mit der Zeit verhornen und einen Ersatzzahn bilden. Es besteht demnach kein wesent- 99 F. K. STUDNICKA, licher Unterschied zwischen dem Hornzellentypus der Myxi- noiden und der Petromyzonten. Der zuletzt genannte Autor gibt auch einige weitere Angaben über die Struktur der Pokal- zellen von Myxine. Die Struktur soll nicht feinfaserig, sondern vielmehr alveolär sein. Nur die „oberste erweiterte Partie der Zellen besteht aus einem dichten, am Ende der Zellen scheinbar der Länge nach zerfasertem Plasma, das eine auffallend gelbe Farbe hat. Die faserige Struktur scheint auch durch Verdickung der Wände der kleinen Alveolen bedingt zu sein. Die dichtere Partie des Zelleninhalts reicht an den Seiten der Zelle bis weit nach unten und umringt so den oberen Teil der lichtbrechenden Partie der Zelle.“ Auch bei Petromyzon kann man an den Analogen der Pokalzellen etwas Ähnliches beobachten. Neue Untersuchungen an Hornzähnen von Myxine haben zu folgenden Resultaten geführt: Der sog. „Pokalzellenkegel‘“ besteht aus grossen, durch Intercellularlücken voneinander getrennten Epidermiszellen, deren Protoplasma, und zwar bis unmittelbar an den Zellkern heran, dichte und starke Tonofibrillen enthält, die von einer Zelle zur anderen verlaufen. Alle Übergänge zu normalen Epi- dermiszellen mit dünnen Zellmembranen und mit Endoplasma sind da vorhanden und man sieht somit deutlich, dass die zerfaserte Substanz dem Exoplasma entspricht. Das Protoplasma der Pokalzellen ist nicht normal, die gelbliche Färbung und starkes Lichtbrechungsvermögen spricht dafür, dass sie auf irgend welche Weise verändert und wahrscheinlich verhärtet sind. An einigen Präparaten, an jenen gerade, welche ich vor Jahren untersucht habe, sind die Fibrillen wenig sichtbar, resp. vollkommen unsichtbar und man bekommt dann die alveolare Struktur, die ich damals genauer beschrieben und auch ab- gebildet habe, zur Ansicht. Die oberflächlichsten Zellen des Kegels sind die eigentlichen Pokalzellen. Es sind das etwa kegel- [örmige Zellen, deren Körper unten in einen langen Fortsatz Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 93 ausläuft, welcher sich, wie es oben angegeben wurde, zwischen den Zellen der darunterliegenden Zellschichten verfolgen lässt. Nicht alle der oberflächlichen Zellen haben diese Gestalt; zwischen die eigentlichen Pokalzellen sind hie und da Zellen von gewöhnlicher Form eingelagert. Eine gewisse Anzahl der Pokalzellen, besonders jene, die sich an der Spitze des Pokal- zellenkegels befinden, zeigen nun folgende Verhältnisse: Ihr Plasma hat sich in ein sehr helles, fein alveolär gebautes Endo. plasma und ein dicht gebautes alveolär, oben fibrillär gebautes Exoplasma differenziert. Wie es die Fig. 82, Taf. 11/12 darstellt, besitzen solche Zellen oben eine feste exoplasmatische, senk- recht gestreifte Kappe, welche unten unmittelbar in die Zell- membran des übrigen Zellkörpers übergeht. Da das Endoplasma der Zellen sehr hell und durchsichtig ist, so treten diese Zellen, zwischen welchen immer gewöhnliche Zellen mit stark zerfasertem, dichtem und dunklem Protoplasma liegen, auf Prä- paraten sehr auffallend auf. Es scheint bei schwacher Ver- grösserung, als ob da kanalförmige Lücken im Pokalzellen- gewebe vorhanden wären. Merkwürdig ist es, dass sich die Kappe der Zellen manchmal mit Delafieldschem Hämatoxylin blau färbt, was dafür spricht, dass da noch weitere Veränderungen stattfinden können. Wegen ihrer Struktur sind die Pokalzellen jedenfalls er- wähnungswert; kaum anderswo lässt sich an den Zellen eines ferligen Gewebes die Struktur des Exoplasmas so deutlich be- obachten. IV. Selachier. A. Junge Entwickelungsstadien. (Taf. 5/6, Fig. 33—40.) Die Entwickelung der Epidermis habe ich an einer Reihe von Embryonen von Pristiurus melanostomus verfolgt und etwa folgende Zustände gefunden: Zuerst ist die Epidermis ein- 94 F. K. STUDNICKA, schichtig und besteht mit der Ausnahme einiger Körperpartien (vordere Partien des Kopfes) aus ganz niedrigen Zellen, deren Grenzen sich schwer nachweisen lassen; von einem Syncytium kann da also keine Rede sein. Bei einem 20 mm langen Embryo finde ich zuerst an der Oberfläche der jetzt schon etwas dickeren Epidermis eine deutlich doppeltkonturierte Deckplattenschichte, an der sich mit der Hilfe starker Vergrösserungen ganz deut- lich eine senkrechte Strichelung nachweisen lässt. Die immer noch in einer Schichte liegenden Zellen sind mittelst Zell- brücken miteinander verbunden. Wirkliche Zellmembranen kann man an den Zellen nicht beobachten, höchstens feine Grenzschichten oder Pelliculen. Erst an einem 29 mm langen Embryo finde ich die Epidermis, und zwar an der ganzen Körperoberfläche, zweischichtig; stellenweise wird da sogar die Dreischichtigkeit angedeutet. Die Deckplatten sind auch hier deutlich entwickelt und weisen die oben erwähnte Struktur auf. Solche senkrecht gestrichelte Deckplatten erwähnt auch Klaatsch (18941)), der sich mit der Entwickelungsgeschichte der Epidermis von Acanthias und Mustelus beschäftigt hat. Spätere Entwickelungsstadien als diejenigen, an welche sich die vorangehende Beschreibung bezog, habe ich zwar nicht von Pristiurus, dagegen von Spinax niger untersucht. Es handelte sich um Embryonen von der Länge von etwa 35 mm. Die Epidermis ist hier entweder zweischichtig oder dreischichtig; sie besteht aus Zellen, deren Protoplasma ziemlich dicht ist und an dem sich höchstens eine dünne Pellicula, aber noch keine Differenzierung in Exoplasma und Endoplasma nach- weisen lässt. Die oberflächlich liegenden Zellen, die Deckzellen, sind an einigen Stellen, z. B. am Kopfe und an den Seiten des Körpers von ziemlich normaler Gestalt und Aussehen (Fig. 39) und können oben von deutlichen Deckplatten bedeckt sein, an 1) Klaatsch, Über die Herkunft der Skleroblasten. Morpholog. Jahr- buch, Bd. 21. Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 95 denen sich bereits eine äussere helle und eine innere dunkle Zone unterscheiden lässt. Meistens, und zwar besonders am Rücken der Embryonen, findet man jedoch etwas anderes: Die äusseren Zellen haben auf eine auffallende Weise ihre Gestalt umgewandelt und sind jetzt spindelförmig geworden. Eine Deckplatte lässt sich an ihnen nicht nachweisen, da- gegen findet man in ihrem Inneren, in dem hier eben- falls nicht in zwei Arten differenzierten Protoplasma, deut- liche starke Faserungen — Tonofibrillen —, welche von einer Zelle zur anderen, parallel mit der Oberfläche der Epidermis verlaufen (Taf. 5/6, Fig. 38, 40). Das Vorkommen dieser Fibrillen ist desto auffallender, da man in den darunter liegenden Zellen nirgends ähnlichen Fasern, die man doch nur in fertigen (Geweben zu sehen gewohnt ist, begegnet. Die Deckzellen der Spinaxembryonen, von denen ich allerdings nicht sagen kann, ob sie nur für diese Form allein charakteristisch sind, oder ob sie, was viel wahrscheinlicher ist, für jungembryonale Epi- dermis der lebendiggebärenden Selachier überhaupt, haben nirgends in der Vertebratenreihe ein Analogon. Sie dienen ohne Zweifel dazu, die Oberfläche der Epidermis fester zu machen; sie erhalten sich jedoch nur ganz kurze Zeit an ihrer Stelle. Schon an etwas grösseren Embryonen von Spinax, solchen von der Länge von 2 cm, fand ich nämlich diese Zellen nicht und die Epidermis war oben mit Deckzellen der gewöhnlichen Gestalt, wie wir sie z. B. bei Cyclostomen ge- sehen haben, bedeckt. Alles spricht dafür, dass es sich hier um eine vollkommen neue Zellgeneration handelt, welche an die Oberfläche der Epidermis gekommen ist. Die oben er- wähnten Faserzellen werden jedenfalls abgeworfen und man sieht nur hie und da, wenn auch sehr selten, Reste von ihnen ausserhalb der Epidermis an der Oberfläche der Deckzellen. Übergangsstadien von ihnen zu den normalen Deckzellen lassen sich nirgends beobachten. Dies spricht wieder dafür, dass 96 F. K. STUDNICKA, bei Selachiern schon in früher Entwickelungszeit die Epi- dermisoberfläche erneuert wird. Da es sich bei Spinax um eine vivipare Art handelt, haben wir da möglicherweise eine Vorrichtung vor uns, welche den Embryonen einen besseren Schutz gegen den an ihrer Oberfläche wirkenden Druck ver- schaffen soll. Die betreffende Schichte liesse sich am ehesten mit dem sogenannten „Epitrichium‘“ der Sauropsiden und Säuger vergleichen. Noch einen weiteren Unterschied kann man an den älteren Embryonen von Spinax, von denen zuletzt gesprochen wurde, beobachten: Alle Epidermiszellen erhalten jetzt deutliche dicke Zellmembranen resp. Exoplasmen. Da solche früher nicht vor- handen waren, kann man sich ihr Erscheinen entweder so vorstellen, dass man annımmt, dass sich das Plasma der Embryonalzellen in zwei Plasmaarten differenziert, wie wir es unten beim Besprechen der Säugetierepidermis sehen werden, oder dass das bisherige Plasma zum Exoplasma wird und ein frisches Endoplasma in der Umgebung des Zellkerns entsteht. Ich hebe hier absichtlich diese beiden Möglichkeiten hervor, obzwar ich gerade in diesem Falle in dieser wichtigen Frage nicht entscheiden konnte. An einer anderen Stelle kehre ich zu ihr wieder zurück. B. Die fertige Epidermis der Selachier. (Taf. 5,6, Fig. 38—46, Taf. 7/8, Fig. 52-57, 59, Taf. 9/10, Fig. 60—67.) Die Bauweise der Selachierepidermis ist derjenigen der Cyclostomen sehr ähnlich. Auch hier handelt es sich um ein vielschichtiges Epithel, an dem man besondere Deckzellen, Stachelzellen und Basalzellen unterscheiden kann, und das Aus- sehen der einzelnen Zellen ist hier im grossen und ganzen etwa dasselbe, wie wir es oben gesehen haben. In einer Hinsicht ıst die Selachierepidermis sogar einfacher gebaut als diejenige Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 97 der Cyclostomen und — fügen wir bei — der Teleostier. Von Drüsenzellen, welche bei Cyclostomen in zwei recht voneinander verschiedenen Arten vertreten waren, kommt hier nur eine Art, die wir für Schleimzellen halten können, vor. Kwietniewski (1905) versucht neuestens unter ihnen zwei Unterarten zu unier- scheiden, doch sind die Unterschiede, auf die es hier ankommt, nicht so bedeutend. Die Placoidschuppen, welche bei den meisten Selachiern die Epidermis in regelmässigen Abständen durchbrechen, beeinflussen nicht im geringsten deren histo- logische Struktur und fehlen übrigens in einigen Fällen. Von den von mir untersuchten Formen hat z. B. Torpedo, wie be- kannt, eine vollkommen glatte Haut und bei Squatina angelus befinden sich die Placoidschuppen in ziemlich grossen Ab- ständen voneinander. Sie fehlen in jedem Falle in dem Epithel der Mundöffnung, welches sonst mit der Epidermis ganz nahe verwandt ist und welches bei meinen Untersuchungen eben- falls und zwar zusammen mit dem mit ihm zusammenhängenden Epithelgewebe der Zahnleiste zur Berücksichtigung kam. Mitosen kommen ın allen den soeben erwähnten Epithelien in unteren und mittleren Zellen vor. Ob sich auch die Deckzellen teilen können, kann ich nicht entscheiden. Aus der Literatur kann hier eigentlich nur die Arbeit von Kwietniewski (1905), die einzig eine zusammen- hängende Darstellung der fertigen Selachierepidermis gibt, an- geführt werden. Es werden in ihr hauptsächlich die Drüsenzellen und zwar diese sehr ausführlich besprochen; die uns hier inter- essierenden Exoplasmen werden nur nebenbei und ganz flüchtig erwähnt. Von mir selbst wurden, zumeist an mehreren Exemplaren, folgende Selachierarten mit Rücksicht auf die Epidermis unter- sucht: Acanthias vulgaris, Spinax niger, Scyllium canicula und catulus, Squatina angelus, Myliobatis. aquila, Torpedo mar- morata, Raja. Am genauesten habe ich, und zwar an Sorg- Anatomische Hefte. I. Abteilung. 117. Heft (39. Bd., H. 1). 7 98 F. K. STUDNICKA, fältig fixierten Objekten, die besonders interessante Epidermis von Torpedo untersucht. Das Epithel der Cornea, welches sich von der Epidermis etwas unterscheidet, untersuchte ich bei Spinax und bei Alopias, das Zahnleistenepithel und das der Mundhöhle bei Seyllium, Squatina, Torpedo und Raja. Bereits in früherer Zeit (1903) habe ich das mit der Epidermis sehr nahe verwandte Epithel der oberen Wand der Mundhöhle von Chimaera monstrosa beschrieben, und komme jetzt auf das- selbe wegen einiger Eigentümlichkeiten nochmals zurück. Das 1. Die Zellmembran resp. das Exoplasma sensu str. Endoplasma. Was die Dickenverhältnisse des Exoplasmas_ betrifft, so gilt betreffend der Selachierepidermis alles das, was ich oben bei Besprechung derjenigen von Petromyzon angegeben habe. Mit der Ausnahme der unteren Teile der Basalzellen und der oberen Seite der Deckzellen ist die Exoplasmaschichte in gewöhnlichen Epidermiszellen, in jenen der Mundöffnung und der Zahnleisten ziemlich dünn und verdient vollkommen die Bezeichnung ‚„Zellmembran‘“. Die manchmal sehr langen Fort- sätze, in welche einige Zellen, z. B. die untersten Stachelzellen, an ihrem unteren Pole auslaufen, sind rein exoplasmatisch und stellen somit Fortsätze der Zellmembran vor; ebenfalls hängen, wie ja selbstverständlich, die Zellbrücken, die man in allen Fällen schön ausgebildet findet, mit der Zellmembran und nicht mit dem eigentlichen Inhalte der Zellen, dem Endo- plasma, zusammen. Es soll hier auch dieses’ letztere mit einigen Worten erwähnt werden: Das Endoplasma befindet sich, abgesehen von den Basal- zellen, die eine besondere Besprechung verdienen, in einem Zustande, welcher an die bekannte Verschleimung der Epi- dermiszellen der Cyclostomen erinnert, dieser jedoch durchaus Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 99 nicht gleichwertig ist. Dasselbe ist sehr dicht und füllt voll- kommen das Innere der Epidermiszelle aus; es ist ganz deut- lich fein granuliert und hat auf diese Weise einen ganz eigen- tümlichen Habitus. Mit den üblichen Farbstoffen kann man sich deutlich davon überzeugen, dass es sich um keine wirk- liche Schleimsubstanz handelt, die in der Zelle abgelagert wird. Die betreffenden Zellen nehmen nur minimal jene Farbstoffe auf, welche die zwischen ihnen liegenden „Schleimzellen‘“ intensiv blau färben, färben sich dagegen intensiv mit sauren Plasmafarbstoffen, Eosin z. B. Nur selten, und solche Fälle werden bei Kwietniewski (l. c. Taf. IV, Fig. 1, Torpedo) abgebildet, bekommt man auch an diesen Zellen dieselbe Reak- tion wie an den Schleimzellen. Ich selbst finde, dass es sich da hauptsächlich um die obersten Zellen handelt, welche sich später in einer anderen Richtung zu entwickeln anfangen. Das Thema würde jedenfalls eine genaue Bearbeitung vom mikro- chemischen Standpunkte aus verdienen; eine solche gehört je- doch nicht in den Rahmen der vorliegenden Abhandlung. Die Umwandlung, welche das Protoplasma der Epidermis- zellen erfährt, müssen wir auch dann immer mit der Secret- bildung der Schleimzellen in eine Reihe stellen, wenn wir auch wissen, dass es sich in beiden Fällen nicht um Produktion derselben Substanzen handelt. Am auffallendsten lässt sich das Wesen des verschleimten Protoplasmas erkennen, wenn man die betreffenden Epidermiszellen mit den Zellen der Zahnleiste, welche immer nur reines Endoplasma enthalten, vergleicht. In letzterem Falle ist das Plasma sehr locker gebaut und füllt manchmal nicht die ganze Zelle, in welcher im Leben viel Zellsaft enthalten ist), aus. Der Zellkern wird da manchmal nur ') Solche Zellen erinnern manchmal auffallend an Chordazellen. Ich bemerke da nur so nebenbei, dass ich auch in Chordazellen mehrmals deutlich verschleimtes oder überhaupt durch Sekretionsprozesse verändertes Endo- plasma fand. 7*F 100 F. K. STUDNICKA, mittelst feiner Plasmazüge im Inneren der Zelle gehalten und die Zellen sehen manchmal wie leer aus. Erwähnungswert ist die Tatsache, dass sich deutlich verschleimte Zellen ganz gut teilen können, wobei die mitotische Figur inmitten des ver- änderten Plasmas liegt (Torpedo). Dem Exoplasma gegenüber ist das Endoplasma, von einigen Ausnahmen vielleicht abgesehen, scharf abgegrenzt und ist von ersterem soweit unabhängig, dass es sich im Inneren der exo- plasmatischen Hülle bei Fixierung hie und da, wenn auch ver- hältnismässig selten, zusammenziehen kann. Das Exoplasma unterscheidet sich übrigens, wie wir es bereits beim Besprechen der früheren Fälle erwähnten, durch seine optischen und färberischen Eigenschaften sehr auffallend vom Endoplasma. Abweichende Verhältnisse kann man in einigen Fällen in den Basalzellen beobachten. Jedenfalls kommen, und dies muss, um Missverständnisse zu verhüten, besonders betont werden, in den meisten Fällen in den Basalzellen der nor- malen Epidermis (und der Cornea) dieselben Unterschiede der beiden Plasmaarten vor, wie in allen übrigen Zellarten, doch muss es dem nicht immer so sein. Beide Plasmaarten brauchen nicht immer so scharf gegeneinander abgegrenzt zu sein (Taf. 9/10, Fig. 63). Es scheint manchmal, als ob in solchen Fällen das ganze Protoplasma der Basalzelle auf einer primı- tiveren Stufe geblieben wäre, in der sich die Unterschiede des „exo“ und „endo“ nicht so klar offenbaren. Man findet endlich Fälle, in denen es zur Bildung eines Exoplasmas überhaupt nicht kommt, so dass die ganze Zelle aus derselben Plasmaart, die weder mit dem Endoplasma, noch mit dem Exoplasma anderer Zellen identisch ist, bestehen. Am auffallendsten kann man dies an den den Basalzellen durch ihre Lage entsprechen- den „Ameloblasten‘ der Dentinzähne und der Placoidschuppen beobachten, die unten besonders zur Besprechung kommen. Das Wichtigste in den Zellmembranen sind die bekannten Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 101 Tonofibrillen. Sie kommen überall vor, doch scheinen sie manchmal maskiert zu sein, so dass das Exoplasma dann homogen erscheint. Sehr deutlich habe ich sie z. B. bei Scyllium (in zahlreichen Präparaten), bei Raja, bei Myliobatis, bei Tor- pedo usw. beobachtet. Manchmal liegen sie so dicht aneinander, dass es scheinen könnte, dass die Zellmembran, resp. das Exo- plasma eigentlich nichts anderes ist, als eine aus dicht liegenden Fibrillen bestehende äussere Zone des einfach protoplasmati- schen Zellkörpers. Dass dem nicht so ıst, kann man sich z. B. an den Basalteilen der Basalzellen überzeugen, wo die Fibrillen weiter voneinander verlaufen, da sie in dem sich hier (genau so wie wir es bei den Cyclostomen sahen) verbreiternden Exoplasma mehr Raum zu ihrer Entfaltung erlangen. Noch besser sprechen dafür Bilder, die ich bei Torpedo beobachtet habe und die im folgenden eine ausführlichere Beschreibung erfahren sollen. Es handelt sich um einen Fall, in dem die Epidermiszellen des Exoplasma wahrscheinlich durch Rückumwandlung in eine weichere Plasmaart verloren haben. Die betreffenden Zellen, und zwar handelt es sich um Stachelzellen und Deckzellen, sind stark verschleimt, und so ist es nicht ausgeschlossen, dass hier dieser Prozess auch auf das Exoplasma rückgewirkt hat und zu einer Erweichung desselben führte. Obzwar also die Zellen kein wirkliches Exoplasma haben, hat sich doch in ihnen der ganze Fibrillenapparat in derselben Anordnung und Lage erhalten, die er in normalen Epidermiszellen hat. Das so veränderte Epidermisgewebe habe ich bei Torpedo gefunden und an zahlreichen Präparaten untersucht. Das Plasma der in Betracht kommenden Zellen ist fein granulär gebaut und stark färbbar, und zwar hat es in der gesamten Zelle bis zu ihrem Rande, wo sich keine festere Membran befindet, denselben Habitus. An der Peripherie, dort, wo anderswo ein Exoplasma vorhanden ist, lassen sich mit 102 F. K. STUDNICKA, ungewohnter Deutlichkeit die Tonofibrillen beobachten. Sie sind an Eisenhämatoxylinpräparaten dunkelgrau gefärbt, während das zwischen ihnen liegende Plasma bei der Doppelfärbung mit Bordeau R oder mit Eosin eine rötliche Farbe erhält. Unsere Fig. 61 u. 62, Taf. 9/10 stellen einige solche Zellen dar und man kann an ihnen die Art und Weise beobachten, wie sich die Protoplasmafasern verhalten, wie sie durch die Zellbrücken in das Innere der Zelle eindringen und sich durch andere Zellbrücken, oft nach ganz kurzem Verlaufe im Be- reiche der Zelle aus derselben wieder zu anderen Zellen begeben. Häufig bilden die Fibrillen im Inneren der Zellen nur kurze Schleifen und erinnern so an das bekannte Ver- halten der Neurogliafasern (Weigert; vergl. auch Fig. 67). Besonders dichte Fibrillengeflechte findet man an den Polen der Zellen, da, wo die Zellen gewöhnlich Fortsätze aussenden, welche in normalen Fällen rein exoplasmatisch sind. Erwähnenswert ist der Umstand, dass sich an der Peri- pherie der Zellen zuäusserst eine ganz enge Zone bemerken lässt, in welcher die Tonofibrillen vollkommen fehlen ; die ober- flächlichsten von ihnen liegen fast immer etwas weiter vom Rande. Am auffallendsten ist dies an den eben erwähnten Polen der länglichen Zellen; an den Seiten, wo die Fibrillen- schichte (einer dünnen Zellmembran entsprechend) nur dünn ist, lässt sich so etwas kaum beobachten. Gegen das Endoplasma zu ist die fibrillenführende Schichte meistens scharf abgegrenzt, sie verhält sich also so, wie eine normale Zellmembran; jedenfalls gibt es in unseren Zellen viele Ausnahmen davon. Manchmal sieht man einzelne Fibrillen oder dünne Fibrillenzüge auch durch das innere Plasma ver- laufen, und solche reichen, wie es in der Fig. 61, Taf. 9/10 dargestellt ist, hie und da sogar ganz nahe zum Zellkern. Die Zellbrücken enthalten entweder nur eine einzige Tono- fibrille, oder, und zwar sehr oft, verlaufen in ihnen ganz dünne Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 103 Fibrillenbündel; man kann dies, wo es nicht selbst deutlich ist, besonders daraus schliessen, dass sich die scheinbar ein- fachen Fibrillen, aus der Brücke kommend, plötzlich im Inneren der Zelle in zwei oder mehrere (meist bekommt man an den Schnitten nur zwei zu sehen) Elementarfibrillen spalten, welche sich dann in verschiedene Teile der Zelle begeben. Trotz aller Bemühungen konnte ich mich nicht davon überzeugen, ob an der Oberfläche der Zellbrücken, welche an unseren Präparaten immer nur durch die Plasmafibrillen gebildet zu sein scheinen, auch gewöhnliches Plasma vorhanden ist. Ein Plasmamantel muss daher, wenn hier ein solcher überhaupt vorhanden ist, eine ganz minimale Dicke haben }). Was das Aussehen der Intercellularlücken betrifft, so konnte ich in ihnen auch an minimal dünnen, stark ge- färbten Präparaten meistens keinen Inhalt beobachten. Dies steht in Übereinstimmung mit den Beobachtungen, welche ich anderswo, zZ. B. bei Cyclostomen, machen konnte. Trotzdem findet man in ihnen hie und da flockige Coagulate, welche zwischen den Wurzeln der Zellbrücken haften bleiben. An den oben besprochenen Präparaten von Torpedo konnte ich noch eine andere Erscheinung beobachten. Zellen, welche sich allem Anscheine nach unlängst voneinander abgetrennt haben und deren Zellbrücken noch die bekannten Zwischenkörperchen tragen, sind durch solche, und zwar sehr dichte Coagulate miteinander vollkommen verbunden und es hat manchmal den Anschein, als ob ihr Protoplasma direkt zusammenhängen würde. Die Coagulate haben nämlich eine ähnliche Färbbar- keit wie das Plasma selbst. Man kann sich die Sache so er- klären, dass man annimmt, die Intercellularlücken seien zuerst von einem Secrete gefüllt und werden erst später, nach- dem sie sich verbreitern, durch den Lymphstrom gangbar gemacht. 1) Es ist übrigens höchst wahrscheinlich, dass sich die ganze Substanz der Brücke in Tonofibrillen umgewandelt hat. d 104 F. K. STUDNICKA, Noch einige Worte wollen wir hier — die Deckzellen vor- läufig beiseite lassend — den Basalzellen unserer Präparate widmen. Ihr Protoplasma ist nirgends verändert, es hat das oben besonders erwähnte Verhalten. Obzwar es manchmal keine eigentliche Exoplasmaschichte besitzt, kann man auch hier beobachten, dass sich die von oben her hierher kommen- den Tonofibrillen in ihrem Verlaufe auf die Peripherie be- schränken. Erst im basalen Abschnitte der Zellen nehmen sie die ganze Breite der Zelle ein (Taf. 9/10, Fig. 63). Die oben besprochenen Stachelzellen der Epidermis zeigen trotz der Veränderung des Exoplasma die normale Grösse der Epidermiszellen. Nichts spricht dafür, dass die äussere Zell- zone, welche die Fibrillen so auffallend klar zeigt, etwa auf- gequollen wäre; die Breite der Fibrillenschichte ist genau solche wie in anderen Fällen; nichts spricht dafür, dass die Fibrillen vielleicht durch Aufquellung der Zwischensubstanz weiter voneinander gekommen wären. Es sind das wahr- scheinlich als Ganzes ‚verschleimte‘“ Epidermiszellen. Eine ganz besondere Art der Epithelzellen sind dickwandige Zellen, welche ich zwar nicht in der eigentlichen Epidermis, jedoch im Epithel der Cornea (bei den beiden in dieser Rich- tung untersuchten Selachierarten, bei Spinax und Alopias) und im Epithel der oberen Wand der Mundhöhle von Chimaera monstrosa finden konnte. Das letztere habe ich seinerzeit (1903) genauer beschrieben und so beginne ich hier meine Schilderung mit ihm. Das soeben erwähnte Epithel von Chimära wird grössten- teils von genau solchen dünnwandigen Zellen gebaut, wie es diejenigen der Selachierepidermis sind, doch kann man hier Eigentümlichkeiten beobachten, die in dieser nicht vorkommen. Ich erwähne hier den Umstand, dass die Zellen der oberen Schichten nicht durch fadenförmige Zellbrücken, wie es sonst üblich, sondern durch intercellulare Lamellensysteme mit- Anatom.. Hefte, [Abteilung 17.Heft (39 Ba.Hl. lH} Tar-ılıRR. > fe 2% 4 Re IATECFATIEE Tuhtdrunk vor. CGRöden (mbH, Laprig Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 105 einander verbunden sind. Im vordersten Teile der oberen Wand der Mundhöhle und an den Lippen, da wo die Epithelien be- sonders starker Reibung ausgesetzt sind, werden die Zellen dickwandig. Man begegnet hier Zellen, welche vollkommen denen gleichen, welche wir oben aus den Hornzähnen von Petromyzon erwähnt haben (vergl. Fig. 35 und 41 der Taf. 5/6) und die auch gewissen Chordazellen nicht unähnlich sind. Das Endoplasma dieser Zellen, welches dicht gebaut und nie- mals verschleimt ist, bildet im Inneren der Zellen in jedem Falle einen abgerundeten Klumpen. Eine Folge davon ist, dass die exoplasmatische Hülle in verschiedenen Teilen der Zelle verschieden dick ist. Wie anderswo verlaufen auch hier massenhaft Tonofibrillen, welche manchmal sichtbar sind und das Exoplasma dicht füllen, manchmal jedoch maskiert sind, wobei man nur die auffallendsten Fibrillenzüge zu sehen be- kommt. Eine besondere Eigentümlichkeit der soeben bezeich- neten Epithelpartien sind gerade diese Fibrillenbündel, welche sich bequem durch lange Zellreihen verfolgen lassen (sie ver- laufen in der Epithelschichte senkrecht zu deren Oberfläche) und durch manche Eigenschaften direkt an Bindegewebsbündel erinnern. Es lässt sich nicht bezweifeln, dass sie genau so wie die letzteren, das ist durch Längsspaltung ursprünglicher Elementarfibrillen, entstanden sind. Die Fibrillenbündel verlaufen — und dies ist ebenfalls sehr merkwürdig — nicht nur einfach in der normalen Dicke der exoplasmatischen Wand, sondern sie ragen hie und da auch leistenförmig in das Endoplasma hinein, wie es in unserer Fig. 41, Taf. 5/6 dargestellt wird. Noch viel deutlicher als irgend anderswo kann man sich an diesem Epithel davon überzeugen, dass die Zellbrücken ganze Fibrillenbündel enthalten können, welche auf die oben angedeutete Weise entstanden sind. Genau so, wie in dem soeben besprochenen Epithelgewebe verdicken — und zwar aus ähnlichen Gründen — die Zell- 106 F. K. STUDNICKA, membranen in der Cornea (Taf. 5/6, Fig. 44). Man kann es hier an allen Zellen, von den stark abgeflachten Deckzellen angefangen, bis zu den Basalzellen beobachten. Tonofibrillen habe ich hier nicht gefunden. Das Exoplasma sieht hier, wohl infolge Hyalinisierung, vollkommen homogen aus und muss sehr fest sein. Bei jungen Tieren von Spinax habe ich in den Basalzellen noch ursprüngliches Verhalten beobachten können, da hier solche aus einer einheitlichen Plasmaart bestehen, die weder dem Endoplasma noch dem Exoplasma gleicht; dagegen ist es bei erwachsenen Tieren auch hier zu einer Differenzierung der beiden Plasmaarten in diesen Zellen gekommen und sie haben dicke Exoplasmahüllen erhalten. In einer ganz anderen Richtung verändert sich das Epı- dermisgewebe in der Kappe der zu den dorsalen Flossen ge- hörenden Stachelanlagen von Spinax niger. Es kommt hier zu Veränderungen, welche sich auf das gegenseitige Verhalten der Zellen beziehen, die aber nicht ohne Einfluss auf deren exoplasmatische Teile, resp. deren Plasmafibrillen bleiben. Das gewöhnliche Stachelzellenepithel wandelt sich hier in ein Stern- zellenepithel mit weit voneinander entfernt liegenden Zellen um. Blochmann (1897) ist der erste, der auf die merk- würdige Modifikation des Epithelgewebes an jener Stelle auf- merksam gemacht hat, und unter seiner Leitung wurde sie von seinem Schüler Koppen (1901) näher untersucht. Ausser- dem beschäftigt sich Studniska (1902b) mit diesem Ge- webe und verweist auf die Ähnlichkeit desselben zu einigen Formen des embryonalen Bindegewebes, wobei er die Proto- plasmafasern mit Bindegewebsfibrillen vergleicht. Die allgemeinen Verhältnisse des Gewebes und seine lokale Bedeutung — es stellt uns eine Art von Schmelzpulpa für die Dorsalstacheln dar — sind aus den eben zitierten Arbeiten, besonders jener von Koppen, als bekannt vorauszusetzen; Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 107 ich beschränke mich hier nur auf das Anführen einiger Einzel- heiten, soweit diese für unsere Zwecke wichtig erscheinen. Besonders deutlich kann man in diesem Gewebe, Eisen- hämatoxylinpräparate vorausgesetzt, die Tonofibrillen beob- achten. Sie sind zu Fibrillenbündeln vereinigt und verlaufen durch die Zellbrücken, welche nur aus ihnen zu bestehen scheinen, biegen dann meist gleich um und verlaufen wieder in den nächsten Zellbrücken zu weiteren Zellen (Taf. 9/10, Fig. 67). In den Zellen liegen sie immer im Exoplasma, welches hier das Aussehen einer reinen Fibrillenmasse hat und immer sehr scharf gegen das Endoplasma zu abgegrenzt ist. In einzelnen Zellen ist das!) Endoplasma nur an die un- mittelbare Nähe des Zellkernes beschränkt und scheint, wenn auch in seltenen Fällen, vollkommen zu fehlen, so dass die Zellen ähnlich, wie wir es seinerzeit bei Petromyzon in ge- wissen Fällen beobachtet haben, rein exoplasmatisch zu sein scheinen (Fig. 66, rechts). Ob dem wirklich so ist, lässt sich jedenfalls schwer entscheiden; immer kann da eine ganz minl- male Menge Endoplasma vorhanden sein, die man an Schnitt- präparaten nicht zu sehen bekommt. Besonders charakteristisch ist die Art und Weise, wie sich die aus den Zellbrücken kommenden Fibrillenzüge bei der Ankunft in den Zellkörper in feinere, in entgegengesetzte Richtungen sich begebende Stränge teilen können. Dies, sowie vieles andere kann man sehr gut an unseren Abbildungen (Fig. 66, 67) beobachten. Die breiten, zwischen den „sternförmigen‘“ Zellen übrig bleibenden Lücken werden an Eisenhämatoxylinpräparaten nur von dem Zellbrückennetze eingenommen. Ausser den dicken Teilen eines solchen kann man da bei der Benutzung stärkerer Vergrösserungen noch feinere Zersplitterungen der exoplasma- tischen Verbindungen beobachten (Fig. 66). Das übrige ist !) Selbstverständlich niemals verschleimte! 108 F. K. STUDNICKA, an solchen Präparaten, abgesehen von spärlichen, hie und da bemerkbaren Coagulaten, vollkommen leer. Erst Präparate, die man stark mit Delafieldschem Hämatoxylin gefärbt hat, zeigen eine blaue flockige Substanz zwischen den Zellen in dem Zellbrückennetze, und so muss man annehmen, dass hier während des Lebens eine vielleicht aus der Körperlymphe entstandene, jedoch wie es scheint mucinhaltige Flüssigkeit vorhanden war. Die hier vorkommende Flüssigkeit ist also nicht mit derjenigen identisch, welche die normalen engen Intercellularlücken füllt, und die, wie aus den Beobachtungen von Flemming (1895), die er an versilberten Präparaten machte, hervorgeht, von der gewöhnlichen Lymphe (deren Rückstände sich mit Argentum nitricum nicht schwärzen) eben- falls etwas abweichend sein soll. Beim Lösen der Frage vom gegenseitigen Verhalten der beiden Plasmaarten verdienen neben den bereits oben be- sprochenen gewöhnlichen Basalzellen die sogenannten „Amelo- blasten‘ der Zahnanlagen der Placoidschuppenanlagen und der Flossenstachelanlagen der Selachier eine besondere Aufmerk- samkeit. Die gewöhnlichen kleinen Ameloblasten der Dentinzähne und der Placoidschuppen sind Zellen, welche aus einer einzigen, ziemlich dichten Plasmaart bestehen. Die feine Hülle, welche man manchmal an ihrer Oberfläche sieht, hat nur die Bedeu- tung einer „Pellicula“, also einer Vorstufe der normalen Zell- membran. Die Zellen sind untereinander mittelst rein plasma- tischer Zellbrücken verbunden und ähnliche Zellbrücken ver- binden sie mit der Exoplasmahülle der oberhalb ihnen liegen- den gewöhnlichen Stachelzellen (berücksichtigt wurden Seyllium und Raja). Die Tonofibrillen sind auch in diesen Zellen vorhanden. Sie sind hier besonders fein und verbinden sich, soweit sich erkennen lässt, niemals bündelartig. Sie verlaufen im ganzen Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 109 Plasma der Zelle — ein Exoplasma, welches die Fibrillen in sich übernehmen sollte, ist hier eben nicht vorhanden. Die Verlaufsrichtung der Fibrillen ist mit der Längsrichtung der Zellen parallel. An die untere Oberfläche der Zelle angelangt endigen die Fibrillen ohne besondere Basalstrukturen. Merk- würdig ist, dass sich an einigen Ameloblasten, und zwar an solchen, welche an der Oberfläche der gerade im Durch- brechen begriffenen Zähne anliegen und die sich wahrschein- lich unter ganz anderen Druckverhältnissen befinden, die Fibrillenrichtung verändert. Man bemerkt hier im unteren Teile der Zellen senkrecht zu der Längsachse verlaufende feine, mit der Oberfläche der durchbrechenden Zahnspitze parallele Streifung. Das Plasma der Ameloblasten braucht jetzt eben in der Transversalrichtung widerstandsfähiger zu sein. Nur in einem Falle, und zwar bei Torpedo, finde ich etwas dickere Pelliculen oder Zellmembranen an der Oberfläche der Ameloblasten; doch ist es nicht ausgeschlossen, dass es sich da auch um teilweise Coagulation des weichen Proto- plasmas an der Zelloberfläche handeln kann. Ameloblasten ganz besonderer Grösse und Gestalt kommen an der Oberfläche der Flossenstacheln von Spinaxembryonen vor. Ich habe solche in der Fig. 59, Taf. 7/8 abgebildet. Im allgemeinen gilt von ihnen dasselbe, was bereits in betreff der gewöhnlichen Ameloblasten angeführt wurde. Erwähnungs- wert ist nur die Andeutung einer Basalstruktur an einigen von ihnen; die Fibrillen treten am unteren Rande der Zelle etwas schärfer auf, und diese Partie kann einigermassen vom übrigen Zellkörper abgesetzt sein. Eine andere Eigentümlich- keit der meisten dieser Zellen besteht darin, dass sie an ihrer oberen Partie einen grossen, intensiv sich färbenden Nebenkern besitzen, dessen Bedeutung mir bisher nicht gelungen ist zu lösen. Diese Ameloblasten grenzen oben direkt an das ver- änderte Epithelgewebe der Stachelkappe. Die Zellen, an welche 110 F. K. STUDNICKA, sie hier zuerst grenzen, haben ebenfalls keine Zellmembranen und bestehen aus einer einzigen Art von fibrillenführendem Plasma; erst die weiteren Zellen besitzen deutliche Exoplasma- hüllen. Die bereits oben erwähnten, aus einer einzigen Plasma- art bestehenden Basalzellen und die zuletzt hier besprochenen Ameloblasten sind meiner Ansicht nach vom Standpunkte der Exoplasmalehre sehr wichtig. Ihr Protoplasma befindet sich, wie ja doch niemand bezweifeln wird, noch im ursprünglichen Zustande; es baut jedoch schon, da es die Festigkeit der Zellen so verlangt, bestimmt orientierte Tonofibrillen. Der ganze Zell- körper, in dessen allen Teilen diese Fibrillen verteilt sind, besorgt auf diese Weise neben allen anderen Funktionen auch die mechanischen, welche hier eben den Tonofibrillen zu- fallen. Man kann sich jetzt vorstellen, dass auf solche Zellen in bestimmten Richtungen besondere Ansprüche gemacht werden; die Zellen würden z. B. auf der einen Seite intensiver ihre chemischen Prozesse besorgen müssen, auf der anderen Seite würden sie mechanisch mehr in Anspruch genommen. Wäre nur das letztere der Fall, könnte das Plasma einfach eine grössere Menge von Fibrillen bauen und sich dabei in toto in eine exoplasmaartige Substanz verwandeln, da jedoch die Aufgaben der Epidermiszellen der niederen Vertebraten zweierlei sind, so muss es zu etwas anderem kommen. Die intensiv sich vermehrenden Fibrillen werden zu der Oberfläche der Zelle verdrängt und nur an dieser Stelle bildet sich durch Umbildung des ursprünglichen Plasmas ein Exoplasma. Das Innere der Zelle wird nun von einem fibrillenfreien Proto- plasma, welchem jetzt der Name ‚„Endoplasma‘ zukommt, ge- füllt. Etwas anders verhält es sich jedenfalls in Fällen, und solcher wird es ja eine Mehrzahl geben, in denen die Zellen eine aktiv an Fibrillenbildung sich beteiligende Zellmembran besitzen. Eine solche Membran stellt, und dies findet man Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 111 meistens, erstens die Ausgangsstelle der Fibrillenbildung vor, und zweitens geschieht auch später die Neubildung der Fibrillen (wahrscheinlich durch Längsspaltung) immer nur im Bereiche dieser Zellmembran, die dadurch immer dicker wird, bis sie sich in so dicke Exoplasmaschichten umwandelt, wie wir sie oben erwähnt haben. Selbstverständlich bleibt in diesem zweiten Falle das Innere der Zelle von Fibrillenbildung verschont. Nur bei höheren Vertebraten, und darauf kommen wir später an einer anderen Stelle dieser Schrift zu sprechen, kombiniert sich die Fibrillenbildung inmitten ursprünglich unveränderten Plasmas auf eine ganz eigentümliche Weise mit der Zell- membranbildung. 2. Die Deckplatte. (Taf. 7/8, Fig. 55, Taf. 9/10, Fig. 60, 64, 65.) Eine senkrecht gestreifte Deckplatte war, wie wir oben zeigten, schon für die Epidermis junger Selachierembryonen charakteristisch und solche kann man auch auf der Oberfläche der fertigen Epidermis finden, obzwar sie bei Selachiern nirgends so schön ausgebildet ist und nirgends so in die Augen fällt, wie es bei den Cyclostomen der Fall war. Sehr oft scheint es, als ob die freie Fläche der Deckzellen nur von einer etwas dickeren Zellmembran bedeckt wäre. Gut fixierte Präparate von Scyllium, Torpedo und von Raja zeigen, dass die bei diesen Formen ziemlich dicke Deckplatte aus zwei Schichten besteht. Man findet hier zuäusserst eine vollkommen klare, in der Regel ganz dünne Schichte, an welcher sich, meist mit gewisser Anstrengung, feine senkrechte Striche- lung nachweisen lässt und darunter eine feste, dichte, mit allen Farbstoffen dunkel sich färbende Schichte, welche eine direkte Fortsetzung der Zellmembran zu sein scheint, deren alle Eigen- schaften, abgesehen von der bedeutenderen Dicke, sie hat (Taf. 9/10, Fig. 64). Beide diese Schichten sind gegeneinander [#7 112 F. K. STUDNICKA, und die untere von ihnen gegen das Endoplasma zu vollkommen scharf abgegrenzt. Die Schlussleisten, welche die Zellen unter- einander verbinden, befinden sich zwischen den oberen Partien der Deckplatte und treten hier infolge ihrer Helligkeit sehr auffallend auf; die unteren homogenen Schichten sind: seitlich untereinander meist schon mittelst Zellbrücken verbunden. Etwas anderes habe ich einmal bei Torpedo gesehen. Es handelte sich hier um eine helle Schichte, welche unten mittelst einer dieken dunklen Linie vom eigentlichen Zellinhalte abgesetzt war (Taf. 7/8, Fig. 55). Offenbar waren hier nur die Dicken- verhältnisse beider Schichten der Deckplatte geändert. Eine Struktur konnte in der unteren dichten Zone der Deckplatte an keinem dieser Präparate nachgewiesen werden; ebenso wenig konnten hierher die Tonofibrillen der Zellmembran verfolgt werden. Vollkommen abweichende Verhältnisse fand ich an jenen Präparaten von Torpedo, an denen die Stachelzellen auf die oben erwähnte Weise, durch Auflösung des Exoplasmas, ver- ändert waren. Die Deckplatte zeigte hier nicht die soeben be- schriebene Zusammensetzung aus zwei Schichten, sondern war deutlich alveolär gebaut, wobei die an der Oberfläche liegenden Alveolen etwas grösser waren, als die übrigen (Taf. 9/10, Fig. 60). Auch hier liessen sich die Tonofibrillen nicht bis in den Be- reich der Deckplatten hinein verfolgen. Jedenfalls war dabei der Umstand sehr hinderlich, dass sich die Lamellen der Deckplatte auf eine ähnliche Weise färbten wie die Fibrillen im unteren Teile der Zelle, trotzdem spricht aber alles dafür, dass die Fibrillen in der Deckplatte vollkommen fehlen. Die Befunde an den zuletzt erwähnten Objekten scheinen mir besonders wichtig zu sein. Sie sprechen ganz entschieden dafür, dass auch bei Selachiern die Deckplatte einen alveolären Bau hat und sich somit von derjenigen der niederen Type nicht unterscheidet. Im unteren Teile der Deckplatte sind bei Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 113 Selachiern die Alveolen kleiner und zusammen mit den sie voneinander trennenden Lamellen von einer färbbaren Substanz durchtränkt und lassen sich somit an gewöhnlichen Präparaten nicht beobachten; die Struktur ist hier einfach verdeckt. Nur am äusseren Rande der Deckplatte treten die Alveolen deut- lich zutage und ihre Wände sind es, welche die oben erwähnte senkrechte Strichelung der äusseren hellen Zone bedingen. Wie bei den Cyclostomen, werden auch bei Selachiern die obersten Zellschichten der Epidermis fortwährend abge- stossen und neue Deckzellen kommen an die Stelle der alten; selbstverständlich sind es Stachelzellen, welche ihre Körper den neuen Anforderungen, welche an sie jetzt gestellt werden, an- passen müssen. Dasselbe, was von der Epidermis gilt, gilt auch betreffend des Epithels der Mundhöhle. Zeichen, die dafür sprechen, dass eine solche Abstossung der Zellen geschieht, sieht man fast allgemein an der Ober- fläche der Selachierepidermis, und besonders deutlich sieht man es bei Formen, welche eine dichte Placoidschuppen- bedeckung haben. Hier erhalten sich an der Epidermisober- fläche wegen der durch die Schuppen mehr geschützten Lage die abgestossenen Zellen, welche anderswo leicht abgestreift werden. Sehr oft sieht man übrigens, und zwar auch bei Formen mit nackter Haut (Torpedo), gerade in Ablösung begriffene Zellen an der infolgedessen in Unordnung geratenen Oberfläche der Epidermis. Schon oben haben wir auf einer Stelle (S. 65) das veränderte Aussehen solcher abgestossenen und nun dem Untergange geweihten Zellen erwähnt. Die Zellen besitzen jetzt meistens eine dicke Exoplasmahülle an ihrer Oberfläche, die wohl infolge Aufquellung der bisherigen Zellmembran zustande gekommen ist. Die Unterschiede zwischen der ehemaligen Deckplatte und dem übrigen Exoplasma lassen sich kaum oder überhaupt nicht erkennen, da jetzt beide von derselben Dicke sind. Das aufgequollene Exoplasma, das immer noch ein Anatomische Hefte. I. Abteilung. 117. Heft (39, Bd., H. 1). 8 114 F. K. STUDNICKA, unverändertes Endoplasma einschliessen kann, ist entweder homogen oder es lässt sich an ihm eine etwa schaumige Struktur beobachten. Besonders bei Myliobatis habe ich diese Veränderungen an abgestossenen Zellen beobachtet (vergl. Taf. 5/6, Fig. 45, 46). Ich erblicke in solchen Zellen einen sehr gewichtigen Beweis dafür, dass es sich da um eine physio- logische Zellenabstossung handelt und nicht um zufällige Läsionen des Zellenverbandes, welche etwa beim Fange der Tiere oder bei anderer Gelegenheit zustande kommen könnten. An Stachelzellen der oberflächlichsten Schichte, welche natürlich an die Stelle der Deckzellen treten werden oder wirk- lich schon treten, findet man bei Selachiern zuerst keine Ver- änderungen, die dafür sprechen könnten, dass sie sich zu ihrer künftigen Aufgabe vorbereiten. Erst dann, nachdem die Zellen an die Oberfläche gelangen, bilden sie eine Deckplatte, welche sich, soviel sich entscheiden lässt, von der früheren nicht unter- scheidet. 3. Die Wolffsche Cutieula. Eine der Wolffschen Cuticula entsprechende parallel- konturierte dünne Schichte habe ich an der Oberfläche der Se- lachierepidermis niemals gesehen; an ihrer Stelle finde ich sehr oft eine deutliche Secretschichte, welche die Epidermis in ver- schiedener Dicke bedeckt und in welcher meist auch die ab- gestossenen Zellen eingeschlossen sind. Es ist nicht wahr- scheinlich, dass es sich da um ein Analogon der W olffschen Cuticula der niederen Formen handeln würde. 4. Die Basalstrukturen. (Taf. 7/8, Fig. 52, 53, 54, 57, Taf. 9/10, Fig. 63.) Das allgemeine Aussehen der Basalzellen wurde bereits oben beschrieben und ebenfalls wurde dessen erwähnt, wie Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 115 die Protoplasmafibrillen von oben dem Zellkern entlang kommend, unten die ganze Breite des Zellkörpers einnehmen, bis sie an der Basalfläche der Zellen endigen. Ganz einfach geschieht diese Endigung nicht; es kommen hier besondere Basalstrukturen vor, die jenen von Petromyzon vollkommen ähnlich zu sein scheinen. In jeder Basalzelle befindet sich zuunterst eine Schichte von kurzen „Basalstäbchen“, welche aus einer ziemlich licht- brechenden Substanz bestehen und etwas dunkler sich färben als das Plasma, in welchem sie eingelagert sind. Besonders an Eisenhämatoxylinpräparaten treten sie sehr auffallend auf. Das Säurefuchsin der van Giesonschen Doppelfärbung, durch welches die darunter liegende Basalmembran intensiv gefärbt wird, färbt nicht unsere Basalkörperchen, die sicher der Zelle selbst zugehören und nicht bindegewebiger Natur sind. Wie ich es oben beim Besprechen der Basalstrukturen von Petromyzon angegeben habe, sehe ich in den betreffenden Gebilden ge- wissermassen Endanschwellungen der Tonofibrillen (vergl. Fig. 52, 53). Hie und da — ich habe es z. B. bei Acanthias und bei Myliobatis beobachtet — wird die Basalkörperchen enthaltende Schichte des Zellplasmas vom übrigen Plasma durch eine ganz feine Linie abgegrenzt und man kann da ähnlich, wie wir es bei Amphioxus getan haben, von einer wirklichen Basal- platte sprechen. Die Basalplatten — den Namen kann man übrigens auch in anderen Fällen anwenden — berühren sich an ihren unteren Rändern miteinander und es ist nicht aus- geschlossen, dass sie hie und da miteinander verschmelzen. Immer bandelt es sich jedoch in solchen Fällen um Ausnahmen. Anders ist es, soviel ich beurteilen kann, nur in dem Epithel der oberen Wand der Mundhöhle von Chimaera, aus dem ich vor einigen Jahren (1903) eine ganz eigentümliche Basalstruktur beschrieben habe. Die Basalstäbchen, und um solche hat es 8*+ 116 F, K. STUDNICKA, sich da ganz sicher gehandelt, waren in diesem Falle so fein und lagen so dicht, dass es schien, als ob die Zelle unten durch einen gestrichelten Saum abgeschlossen wäre; diese Säume verschmelzen da zuunterst wirklich miteinander. Wie ich es bereits bei Petromyzon angegeben habe, kann man auch bei Selachiern, und besonders bei diesen sehr oft und sehr deutlich sehen, dass die Basalstäbchen viel inniger mit der sogenannten Basalmembran als mit den Tonofibrillen, zu denen sie gehören, oder mit dem Zellplasma der Zelle über- haupt zusammenhängen. Man sieht dann an der abgerissenen Basalmembran einen dichten Stäbchenbesatz, der ihr, wenn man sie von der Fläche aus betrachtet, ein fein punktiertes Aussehen verleiht. In vereinzelten Fällen kann man sehen, dass sich die ganze „Basalplatte‘“ (in dem Sinne, wie wir es oben angegeben haben) vom übrigen Zellkörper abreisst und am Corium haften bleibt (Taf. 7/8, Fig. 57). Jedenfalls findet man in einzelnen Fällen auch andere Zustände; die Basal- körperchen lösen sich hie und da doch vom Corium ab und bleiben im Inneren der abgerissenen Zellen. Manchmal sieht man auch, dass sie aus der Zelle nur halb ausgezogen sind, so dass es dann scheint, als ob die Zelle mittelst Zellbrücken mit den darunterliegenden Schichten verbunden wäre. Alle die in früheren Zeilen erwähnten Zustände kann man natürlich nur dort sehen, wo in den Präparaten infolge nicht ganz passender Fixation, oder da das Material nicht ganz frisch war, stärkere Schrumpfungen bemerkbar sind; an vollkommen guten Präparaten liegen die Basalzellen direkt der Basalmembran und diese dem übrigen Corium an und man bemerkt zwischen ihnen keine Lücken. Ebensowenig wie zellbrückenähnliche Verbindungen habe ich eine Verzahnung der Elemente mit dem Corium, wie sie z. B. F. E. Schulze (1867) von einer Reihe von Objekten beschrieben und abgebildet hat, gefunden. Wo man bei Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 117 Selachiern etwas Ähnliches findet, handelt es sich sicher nur um Artefakte, die durch besonders starke Schrumpfung der Gewebe zustande kommen. Ich selbst habe etwas Ähnliches einmal bei Scyllium beobachtet, und waren hier die Falten, in welche die Basalmembran gelegt war, so ungleich und fehlten stellenweise, dass man nicht im geringsten im Zweifel sein konnte, um was es sich handelte. Sehr regelmässige feine Faltenbildungen habe ich einmal stellenweise an der Epidermis der Rückenschilder von Acipenser beobachtet (Taf. 7/8, Fig. 58). Nur diese letzteren möchte ich für präformiert halten. Ich sollte jetzt noch auf eine weitere Frage, und zwar die- jenige nach dem Zusammenhange der Basalzellen mit Binde- gewebszellen des Coriums, eingehen, doch lasse ich sie diesmal, da sie mit unserem Thema nicht direkt zusammenhängt, bei- seite und kehre zu ihr erst wieder in einem anderen Kapitel zurück. Es genügt vielleicht, wenn ich hier anführe, dass die Verhältnisse bei Selachiern zum Lösen dieser Frage, soviel ich mich überzeugen konnte, durchaus nicht günstig sind. 5. Die Basalmembran. Auch bei Selachiern kommt an der Grenze zwischen der Epidermis, resp. den anderen von uns näher bezeichneten Epithelgeweben und dem darunterliegenden Gewebe eine festere, membranartige Schichte vor, welche bereits im vorangehenden Abschnitte öfters unter dem Namen „Basalmembran‘ ange- führt wurde (Taf. 7/8, Fig. 57). Die Basalmembran färbt sich auch hier intensiv rot nach der van Giesonschen (resp. Hansenschen) Doppelfärbung und hat auch sonst alle Eigenschaften einer bindegewebigen Schichte. An Bielschowsky-Präparaten findet man sie immer dunkel gefärbt. Es handelt sich in ihr ganz deutlich um die oberflächlichste, selbständig gewordene Fibrillenschichte 118 F. K. STUDNICKA, des Coriums, welche hyalinisiert wurde und sich so von dem darunter liegenden unveränderten Gewebe auffallend unter- scheidet. Da sie viel dicker ist als jene von Petromyzon, kann man an ihr keine „Poren‘‘ nach den Basalstäbchen beobachten ; bei genügender Aufmerksamkeit kann man jedoch an ihr Grüb- chen entdecken, in welchen die Stäbchen befestigt waren. V. Teleostier. Die Teleostierepidermis habe ich an einer grossen Anzahl von Formen untersucht, von welchen ich hier folgende nennen kann: Serranus cabrilla, Lophius piscatorius, Scorpaena porcus, Anarrhichas lupus, Cepola rubescens, Lepadogaster gouani, Phrynorrhombus unimaculatus, Carassius auratus, Cobitis fos- silis, Cyprinodon (Lebias) calaritanus, Amiurus catus, Ophidium barbatum, Anguilla fluviatilis, Hippocampus sp., Syngathus sp. Auch bei Teleostiern begegnen wir wieder demselben Typus der Epidermis, den wir bei früheren Gelegenheiten be- schrieben haben, und besonders die typischen (indifferenten) Epidermiszellen lassen sich hier genau so wie früher in Deck- zellen, Stachelzellen und in Basalzellen einteilen. Die Unter- schiede, die man da gewöhnlich beobachtet, und diese sind nicht gering (der Habitus des Gewebes kann ein vollkommen anderer sein als in früheren Fällen), beziehen sich etwa auf folgendes: Die typischen Epidermiszellen sind durchwegs kleiner als bei Selachiern oder Cyclostomen und meistens sogar sehr klein. Dasselbe gilt von den Deckzellen, die vielfach stark ab- geflacht sind und an deren Oberfläche man niemals eine so deutlich ausgebildete Deckplatte, wie wir sie bei Cyclostomen gesehen haben, beobachten kann. Die Deckplatte ist hier sogar weniger gut entwickelt als bei Selachiern und manchmal fehlt eine solche überhaupt. Die Deckzellen sind dann nur von einer etwas dickeren Zellmembran bedeckt. Die auffallendsten Unter- Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 119 schiede werden durch die Anzahl und die Grösse der Drüsen- zellen bedingt. Es kommen Fälle vor, in denen die Drüsen- zellen — es handelt sich um Schleimzellen und Kolbenzellen (bei Lepadogaster auch um „sackförmige Drüsenzellen“) — nicht viel reichlicher vorhanden sind und nicht dichter an- einander liegen, als in den vorangehenden Fällen; auf der anderen Seite kommen jedoch auch solche vor, in denen die ungemein zahlreichen und grossen Drüsenzellen der einen oder der anderen Art fast das gesamte indifferente Zellmaterial ver- drängen, so dass es hier nur in minimaler Menge vertreten ist. Von den vor mir untersuchten Formen habe ich bei Cobitis, bei Amiurus, Lepadogaster, Ophidium und Anguilla, also durch- wegs bei Formen mit nackter Körperoberfläche, diesen Zustand am extremsten entwickelt gefunden. Die indifferenten Zellen scheinen da nur zu dem Zwecke vorhanden zu sein, damit sie zwischen den dicht aneinanderliegenden Drüsenzellen ein zell- ırennendes Fachwerk bilden. Ihre Gestalt kann, wie ich seiner- zeit (1899) an einem Beispiele — Ophidium — gezeigt habe, voll- kommen modifiziert sein; sie sind blättchen- oder lamellenartig, behalten aber dabei, wie ich mich an meinen Objekten über- zeugen konnte, immer ihre Individualität. Nirgends habe ich ein syncytiales Netz zwischen den Drüsenzellen gefunden, wie es neuestens Nusbaum-Kulczyceki (1906) auf Grundlage ihrer Untersuchungen an Tinca vulgaris angegeben haben. Ab- gesehen von den Basalzellen, welche sich dabei, obzwar von den Drüsenzellen stark bedrängt, an der Epithelbasis erhalten, kommen typische Zellen in grösserer Anzahl nur an der äusseren Epidermisoberfläche vor, wo sie eine besondere, bis drei Zell- schichten dicke, aus kleinen Elementen bestehende Zone bilden, welche nach aussen von kleinen Deckzellen bedeckt wird. Auch hier in dieser Schichte kommen übrigens kleinere Schleimzellen vor. In allen solchen Fällen handelt es sich um auffallend dicke Epidermis, welche hierin derjenigen der Cyclostomen durchaus 120 F. K. STUDNICKA, nicht nachsteht, aber auf der anderen Seite begegnet man wieder Fällen, in denen die Epidermis nur ganz dünn ist und aus wenigen (zwei oder drei) Zellschichten bestehen kann; eine solche beobachtete ich z. B. bei Hippocampus und bei Syngnathus, und wird eine solche wohl eine grössere Ver- breitung in der Teleostierreihe haben. Aus den Angaben, die wir im vorangehenden gemacht haben, ersieht man, dass die Epidermis der Teleostier viel mannigfaltigere Verhältnisse aufweist, als jene der Cyclostomen und Selachier. Wir haben etwa drei wichtigste Typen hervor- gehoben; neben einem solchen, der sich am ehesten an den Cyclostomentypus anschliessen würde, erwähnten wir die drüsenreiche Epidermis, welche gewiss den Höhepunkt der Epi- dermisentwickelung, wie er bei Wassertieren überhaupt erreicht werden kann, vorstellt, und schliesslich die durch Reduktion entstandene niedrige Epidermis der Lophobranchier. Selbst- verständlich liessen sich, wenn man nur seine Untersuchungen auf eine grössere Anzahl von Formen ausdehnen wollte, noch weitere Typen feststellen. Auch auf einen anderen Umstand muss hier besonders hingewiesen werden, auf die grossen Schwankungen in der Dicke und in der Struktur, welche die Epidermis an verschiedenen Teilen des Körpers aufweist). Die Epidermis der Teleostier hat nämlich, wie es übrigens allgemein bekannt ist, einen anderen Charakter am Kopfe, einen anderen wieder an der Schwanzpartie des Körpers, wo sie meist einfacher gebaut und weniger drüsenreich ist. Wegen dieses Formenreichtums eignet sich die Teleostier- epidermis nicht zu einer solchen zusammenfassenden Dar- stellung, wie wir sie oben z. B. von derjenigen der Selachier gegeben haben; es müsste sich die Beschreibung zuerst auf ‘) Einmal habe ich z. B. in der Epidermis (Carassius auratus) auch ein Sternzellengewebe beobachtet. Vgl. meine Arbeit 1899. ug Taf. 13/14. Anatom.. Hefie, I. Ibteilung 12 Heft (39 Bd.M. 1) mm | ul NN it In I IM \ z en urn vn CORoder. Gm aH,bepnig Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 121 einzelne Typen beziehen, und dies würde uns an dieser Stelle; wo es sich uns doch nur um allgemeine Fragen handelt, zu weil führen. Es genügt vollkommen, wenn wir darauf Nachdruck legen, dass sich die typischen Zellen bei allen Unterschieden, die man da eventuell beobachten kann, von denen der übrigen Wassertiere prinzipiell nicht unterscheiden. Da ihre Zellen wegen ihrer geringen Grösse zu feineren eyto- logischen Untersuchungen ohnehin weniger geeignet erscheinen, so genügt es, wenn wir im folgenden nur flüchtig wenigstens auf einige Umstände gesondert hinweisen. Die typischen Epidermiszellen der Teleostier bestehen immer aus Exoplasma und Endoplasma. Das Endoplasma ver- schleimt bei Teleostiern, soviel ich beobachten konnte, nie- mals; die Secretionsfunktion ıst hier immer für besondere Drüsenzellen, die in reichlicher Menge vorhanden sind, vor- behalten. In solchen Fällen, in denen die typischen Zellen durch Drüsenzellen verdrängt werden (der zweite Typus), muss sich ihr Endoplasma auf ein Minimum beschränken und bildet nur kleine Höfe in der Umgebung der Zellkerne; die Ausläufer solcher Zellen, die nur der Stützfunktion dienen, sind dann rein exoplasmatisch. Abgesehen von solchen Fällen tritt das Exoplasma der typischen Zellen immer in der Ge- stalt dünner, scharf vom Endoplasma abgegrenzten Zell- membranen, in denen sich eine faserige Struktur, Tono- fibrillen, wenn überhaupt, so nur stellenweise nachweisen lässt. Trotzdem muss man annehmen, dass auch diese Zellen keine Ausnahme machen und dass — wie übrigens überall — auch hier ein vollständiges Fibrillengerüst in der Epidermis vorhanden ist. Weitere Untersuchungen, zu welchen man jeden- falls spezielle Methoden wird heranziehen müssen, werden uns davon belehren, auf welche Weise dieses Gerüst an- geordnet ist. — Dass die Zellen immer deutlich von- 122 F. K. STUDNICKA, einander abgetrennt sind, wurde schon oben hervorgehoben, und es muss vielleicht nicht besonders betont werden, dass es die Zellbrücken sind, welche. sie miteinander verbinden. Man kann solche in allen Fällen mit der grössten Deutlichkeit beobachten, und zwar sind sie an entwickelter Epidermis immer schon fadenförmig, niemals lamellenartig. Einigemal, so z. B. bei Anguilla, fand ich durch Brückenverzweigungen entstandene förmliche Netze zwischen den Epidermiszellen der oberen Zellenlagen. Die Deckzellen der Teleostier gleichen wegen geringer Ent- wickelung, resp. wegen Mangel der Deckplattenschichte noch bedeutender den gewöhnlichen Stachelzellen, als es anderswo der Fall ist. Man findet Fälle, in denen die obersten Zellen aussen nur von einer wenig verdickten Zellmembran bedeckt sind, die kaum den Namen „Deckplatte‘“ verdient. So habe ich es z. B. bei Amiurus beobachtet. Anderswo findet man eine homogene dicke Schichte, an der man stellen- weise Andeutungen einer senkrechten Strichelung sieht, anderswo — so habe ich es bei Anguilla gefunden — ist die senkrechte Strichelung der oben von glatter Kontur be- erenzten Schichte sehr deutlich und man hat schon so eine Deckplatte vor sich, wie wir sie bei Selachiern sahen. Die alveoläre Bauweise ist hier jedenfalls wegen der geringen Dimen- sionen der einzelnen Bestandteile schwer sichtbar, man kann sie aber von der Fläche an dem Pleurosigmabilde erkennen. Schliesslich kann man in einigen Fällen folgendes beobachten: Die Zelle wird oben von einer mehr oder weniger verdickten Exoplasmaschichte begrenzt und an dieser befinden sich aussen entweder kurz stäbchenförmige oder, und dies gewöhnlich, niedrige leistenförmige Auswüchse. Auch hier handelt es sich um eine auf eigentümliche Weise umgewandelte Deckplatte, deren Lamellensysteme sich etwa so modifiziert haben, wie wir es unten bei Petromyzon erwähnen werden, oder sogar Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 123 in kurze Stäbchen zerfallen. Das letztere habe ich deut- lich bei Scorpaena porcus (Epidermis der oberen Seite des Kopfes) beobachtet; niedrige Lamellen sah ich z. B. bei Lepado- gaster, bei Cyprinodon und besonders deutlich bei Lophius- larven. Es scheint, dass die zuletzt beschriebene Bauweise der Deckplatte eine noch grössere Verbreitung bei Teleostiern hat. Unter den wenigen Angaben, die sich in der Literatur über Strukturen der freien Fläche der Teleostierepidermis finden, fand ich auch solche, die sich auf die soeben erwähnte Struktur beziehen. So zeichnet z. B. Oxner in seiner Kolbenzellenarbeit von Conger und von Leptocephalus Deckzellen mit kurzen faden- förmigen oder leistenförmigen Auswüchsen (1905, Taf. XXV), und Hoyer (1901, S. 146) erwähnt von Hippocampus Deck- zellen, die einen Besatz von feinen Leistchen besitzen. Die zuletzt angeführte Angabe konnte ich übrigens bei eigenen Untersuchungen bestätigen. Eine andere der Literaturangaben, die ich finden konnte, diejenige von F. E. Schulze (1867) er- wähnt senkrechte Streifung des Grenzsaumes und wieder eine andere desselben Forschers (1869) spricht von einem Cuticular- saum, „welcher von zahlreichen Poren durchsetzt ist“, die in bogenförmigen, parallelen Reihen angeordnet zu sein scheinen (l. ec. S. 305, Taf. XVIIL, Fig. I Hippocampus). Wahrschein- lich handelt es sich hier um eine gewöhnliche Deckplatte, deren Alveolen regelmässig auf die gerade angegebene Weise angeordnet sind. Eine „Cutieula‘“ wurde von Wolff (1889) bei Cobitis fos- silis, Carassius auratus und bei Anguilla fluviatilis (wo nach ihm eine Deckplatte fehlen sollte) gefunden. Ich fand be- sonders in einem der von mir untersuchten Fälle eine sehr deutliche und dicke Wolffsche Cuticula, und zwar handelte es sich um die Epidermis aus der oberen Partie des Kopfes von Scorpaena porcus. Die Deckzellen besitzen hier kurze Aus- wüchse, welche ich oben als den Rest einer Deckplatte gedeutet 124 F. K. STUDNICKA, habe, und oberhalb von ihnen liegt eine dicke Membran, welche sich vielfach in Falten legt und von der Oberfläche der Deckzellen sich abhebt. Auch bei Anguilla habe ich sehr deutlich eine solche Cuticula gesehen, doch anderswo konnte sie nicht mit der genügenden Deutlichkeit nachgewiesen werden. Es ist nicht ganz ausgeschlossen, dass sich einige der Wolff- schen Angaben nur auf die äussere helle Zone der gewöhn- lichen Deckplatte beziehen. Die Basalzellen der Teleostier sind meistens sehr klein und unansehnlich. Ihr Endoplasma ist entweder allseitig von einer dünnen Zellmembran umgeben oder es ist der untere Teil der Zelle in toto in Exoplasma umgewandelt. Das letztere konnte ich — um ein Beispiel anzuführen — bei Cyprinodon beobachten, wo das Exoplasma ausserdem sehr deutlich und fein zerfasert war. Bei Anguilla finde ich etwas dickere, sockel- artig erweiterte, basalplattenähnliche Verdickungen der Zell- membran an der hier in Betracht kommenden Stelle. Eine wirkliche Basalmembran ist, wenn sie überhaupt vorkommt, von minimaler Dünne und hat jedenfalls auch hier dieselbe Bedeutung wie in allen vorangehenden Fällen. VI. Amphibien. Wenn wir von den Perennibranchiaten und den Gymno- phionen, welche ich hier nicht berücksichtige, absehen, können wir bei Amphibien überall zwei wesentlich verschiedene Zu- stände der immer mehrschichtigen Epidermis unterscheiden. Wir haben da zuerst die larvale Epidermis, welche durch ihren Drüsenreichtum, dünne Zellmembranen und dadurch, dass sie oben von einer Deckplatte bedeckt ist, vollkommen derjenigen der Cyclostomen und der Fische entspricht, und die definitive Epidermis der erwachsenen Tiere, welche der Drüsenzellen vollkommen entbehrt, und deren Zellen fast ausschliess- Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 125 lich aus Exoplasma bestehen und deren Oberfläche sich durch Verhornung verhärtet. Durch die Verhornung der obersten, jetzt flach gewordenen Zellen hat sich die Epı- dermis sehr vorteilhaft der neuen Lebensweise der Tiere angepasst, aber auch die anderen Modifikationen, denen man da begegnet, sind als Anpassungserscheinungen aufzu- fassen. Durch den Schwund der Drüsenzellen und Verdickung der Zellmembranen ist das Epidermisgewebe sozusagen „trocken“ geworden, während es früher grösstenteils aus weichem Plasma und dessen Modifikationen bestand. Es ver- dient schliesslich noch darauf aufmerksam gemacht zu werden, dass in der normalen Amphibienepidermis immer nur wenige, meistens nur eine oder zwei Zellschichten vollkommen ver- hornt sind, während die darunter liegende eine oder zwei Ersatzschichten deutliche Zeichen des Verhornungsprozesses aufweisen. Die Hornschichte der Epidermisoberfläche, deren oberflächlichste Lamelle den älteren Autoren und noch Leydig als eine Cuticula imponiert hat!), ist daher in jedem Falle, und besonders bei Urodelen, nur dünn; somit unterscheidet sich diese Epidermis am auffallendsten von derjenigen der Amnioten, wo die Hornschichte meist wenigstens so dick ist wie ihre Unterlage. Bei meinen Untersuchungen stand mir folgendes Material zur Disposition: Von Urodelen waren es Larven, sowie er- wachsene Tiere von Triton taeniatus und Salamandra maculata und ein erwachsenes Exemplar von Diemyctylus viridescens. Von Anuren waren es Embryonalstadien von Rana und Bufo, Kaulquappen von Rana, Hyla, Bombinator und Pelobates und schliesslich ganz junge, sowie ältere Exemplare von Bufo und von Rana. An diesem Materiale, welches sich gegenseitig ver- 1) Auch von Gaupp (1904) werden eine besondere Cutieula und Korn- schichte unterschieden. 126 F. K. STUDNICKA, vollständigte, konnte ich ziemlich genau die ganze Entwicke- lungsgeschichte der Amphibienepidermis untersuchen. A. Embryonale Zustände. (Taf. 9/10, Fig. 69, Taf. 11/12, Fig. 71—73.) Das einschichtige Stadium des Ectoderms kann bei Am- phibien (Anuren!) vermisst werden und gleich anfangs haben wir eine zweischichtige Epidermis vor uns. Bei Anuren- larven tragen einige von den Zellen dichte Cilien, die meisten sind jedoch unbewimpert und gerade an diesen lässt sich eine deutliche, alveolär gebaute Deckplatte beobachten. Bei etwas grösseren Embryonen von Bufo präsentiert sich uns diese meist als ein pigmentfreier Alveolensaum, der die dicht vom Pigment ausgefüllte Zelle aussen bedeckt und an dem man feine senk- rechte Striche und die bekannte Punktenreihe, von der Fläche dagegen eine ziemlich undeutliche Pleurosigmastruktur beob- achten kann. Aussen wird diese Schichte von einer deutlichen Membran bedeckt, welche die Alveolen abschliesst. Dies ist die Wolffsche Cuticula, welche bereits sehr früh auftritt. Manchmal scheint es, ob sie einfach der ehemaligen einfachen Zellmembran der Ectodermzelle, unter welcher sich die Deck- platte erst ausbilden würde, entspräche. Die Flimmerzellen der embryonalen Epidermis zeigen im gleichen Niveau mit der Deckplattenschichte einen etwas dichter gebauten Randsaum und tragen ebenfalls eine feine Cuticula. Pfitzner (1880) hat zuerst die Meinung ausgesprochen, dass sich die Deckplatten, resp. Grenzsäume der Epidermis auf irgend welche Weise aus den Resten der später schwinden- den Flimmerbesätze bilden und gewissermassen eine Rück- bildung derselben vorstellen. Dieser Deutung hat sich später u. a. auch Studnicka (1897 b) angeschlossen; sie ist jedoch, wie es am genauesten Joseph (1902) nachgewiesen hat, heute Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 127 nicht mehr haltbar. Es handelt sich da um zwei vollkommen voneinander unabhängige Bildungen. Fischel (1900, eigent- lich früher schon Pfitzner) hat Flimmerzellen mit rück- gebildeten Cilien beobachtet und diese wandeln sich da in kurze stäbchenförmige Gebilde, welche vollkommen anders aus- sehen als die Lamellen der Deckplatte, welche dazu auch schon unterhalb des Niveau der Schlussleisten liegen. Auch ich fand jetzt solche rückgebildete Cilien und kam zu der Ansicht, dass es der Grenzsaum der Flimmerzellen ist, der der Deckplatte entspricht. Auch die andere, von Gurwitsch (1901) vertretene Ansicht, nach der sich die Cilien im Innern der Deckplatte differenzieren sollten, ist nicht haltbar (vergl. Joseph, 1902). Die Cilien sind eben Fortsätze der Zelle. In meiner Arbeit (Studnicka, 1899b, Taf. I, Fig. 2) zeichne ich eine Zelle, die eine Deckplatte und zugleich Reste von Cilien zeigt. Die Frage, die hier berührt wurde, hängt, wie wir sehen, mit dem Thema unserer Arbeit nicht zusammen und so werde ich mich hier mit ihr nicht weiter beschäftigen. Die Zellen der embryonalen Epidermis — um zu dieser wieder zurückzukommen — besitzen an allen ihren Seiten dünne, wie es scheint strukturlose Pelliculen und sind voneinander mittelst Intercellularlücken getrennt und mittelst Zellbrücken verbunden. B. Die larvale und die fertige Epidermis. 1. Die Zellmembran. Nach Pfitzner (1880) wird bei Salamandra „die Be- grenzung der Zellen‘ durch „eine dichtere Modifikation des Protoplasmas gebildet, die aber nach dem Inneren zu keine scharfe Begrenzung zeigt, sondern in allmähligem Übergange hervortritt.‘“ In der Monographie des Frosches von Gaupp- Ecker (1904) wird die Zellmembran oder ein Exoplasma über- 128 F. K. STUDNICKA, haupt nicht erwähnt, obzwar daselbst eine Abbildung enthalten ist, welche Epithelzellen mit deutlicher Differenzierung in Exo- plasma und Endoplasma vorstellt (l. e. II, S. 471). In der neueren Literatur findet man eigentlich nur in der Arbeit von Mercier (1904) einige Angaben über die Zell- membran, resp. das Exoplasma der Epidermiszellen von Frosch- larven. Mercier findet bei jungen Larven ganz dünne Zell- membranen dagegen in älteren Stadien, solchen, in denen die Hinterfüsse zum Vorschein kommen, dicke fibrillär differen- zierte Exoplasmen, die — so geht aus seinen Angaben hervor — durch Umbildung des Zellplasmas entstehen }). Die Protoplasmafasern haben bisher keinen Bearbeiter ge- funden. Beobachtet wurden sie wahrscheinlich schon von Leydig, der in seinen Arbeiten „längsfaserige Züge‘ im Proto- plasma der Epidermis von Hyla und bei Bombinator (1879) erwähnt. Wie in der embryonalen Epidermis, so haben auch in der larvalen, und zwar bei allen von mir untersuchten Formen, die Zellen deutliche Zellmembranen, welche deutlich exo- plasmatischer Natur sind. Sie verfolgen zwar womöglich die Konturen der hier zwischen die Drüsenzellen wie eingekeilten typischen Epidermiszellen, doch sind die scharfen Kanten der Zellen und die Fortsätze, in welche deren Körper hie und da auslaufen, schon hier rein exoplasmatisch und massiv. Das Exoplasma ist hier immer scharf gegen das Endoplasma zu abgegrenzt. Tonofibrillen lassen sich da im Exoplasma nicht nachweisen. Die Zellen enthalten, da die Zellkerne bei den Amphibien- larven ungemein gross sind, in ihrem Inneren eigentlich wenig Endoplasma. Es bleibt nur eine ziemlich enge Lücke zwischen dem Zellkerne und der Membran für das Endoplasma ') Die Angaben von Mercier sind übrigens nicht klar genug. Vielleicht hat er nur die dieken Fibrillenbündel der Basalzellen (siehe unten) beobachtet. Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 129 übrig. Das letztere ist nirgends verschleimt (obzwar die Deck- platten eine Art Schleimreaktion zeigen können!) und enthält mit der Ausnahme der unten besonders zu besprechenden Basal- zellen keine Tonofibrillen. Es scheint fein granuliert zu sein und ist ziemlich dicht. Beim Übergange zu dem Landleben ändert sich allmählich das Aussehen des Gewebes. Bei ganz jungen Fröschen, welche sich erst unlängst ausserhalb des Wassers zu bewegen an- gefangen haben und deren Epidermisoberfläche nur eine ganz dünne Hornlage besass, habe ich an allen Zellarten durchaus dickere Exoplasmaschichten gefunden, und die Tonofibrillen traten hier zuerst deutlich auf. Die Basalzellen zeigten hier noch am ehesten das ursprünglichste Verhalten; sie besitzen noch eine dünne Membran und verhältnismässig viel Endoplasma; die gewöhnlichen Stachelzellen haben jetzt schon viel dickere Exoplasmahüllen, aber das Endoplasma ist in ihnen in etwa derselben Menge vorhanden wie früher in den Larven; es hat daher nicht abgenommen. Nur in den obersten Zellen konnte man neben einer bedeutenden Zunahme des Exoplasmas auch eine Abnahme des Endoplasmas beobachten, welches schliess- lich ganz oben in den verhornten Zellen vollständig fehlt. Bei erwachsenen Anuren, sowie bei der von mir in dieser Richtung untersuchten Salamandra bestanden die Zellen schon fast ausschliesslich aus FExoplasma. Die ehemaligen Zell- membranen sind hier noch dicker geworden und das Endo- plasma hat sich hier meistens nur an enge abgerundete Bezirke in der unmittelbaren Nähe der Zellkerne beschränkt; es ist auch hier noch ziemlich dieht und ist deutlich innerhalb der peri- nuclealen Höfe bemerkbar. Nur hie und da hat es so ein Aus- schen als ob der Zellkern inmitten des Zellkörpers einfach geschrumpft wäre und einen leeren Raum an seiner Peripherie gelassen hätte. Nur an sehr wenigen Zellen der eigentlichen Stachelzellen und der Basalzellenschichte schwindet das Endo- Anatomische Hefte. I. Abteilung. 117. Heft (39, Bd., H. 1). 9 130 F. K. STUDNICKA, plasma, soviel sich wenigstens nach in dieser Richtung nicht vollkommen überzeugenden Schnittpräparaten erkennen lässt, gänzlich und der Zellkern liegt dann direkt in der exoplasma- tischen Substanz. Ganz sicher geschieht so etwas an den ver- hornenden Zellen der obersten Schichte, und die Zellen der Hornschichte, deren Grenzen sich meist an dünnen Schnitten leicht (sonst schwer!) erkennen lassen, bestehen nur aus ver- horntem Exoplasma. Es scheint, als ob die Exoplasmabildung in unserem Falle nur eine Vorbereitung zur Verhornung wäre, und doch handelt es sich da um einen vollkommen davon un- abhängigen Prozess. Am ehesten kann das Endoplasma in den Basalzellen erhalten bleiben, welche noch gewissermassen die rimitivsten Elemente der Epidermis vorstellen. Die Tonofibrillen (Protoplasmafasern), welche schon im früheren Stadium deutlich hervortraten und eine grosse Rolle spielten, sind jetzt natürlich noch massenhafter vorhanden und füllen dicht verlaufend alle die Exoplasmen der einzelnen Zellen. In den ungefähr cylindrischen oder keulenförmigen Basalzellen und in den darüber liegenden Zellen, deren Gestalt ebenfalls noch die ursprüngliche ist, verlaufen sie fast ausschliesslich in ihrer Längsrichtung, also senkrecht zu der Epidermisober- fläche, so, wie wir es bei allen niederen Typen beobachtet haben. Erst in den obersten Stachelzellenschichten und in der Hornschichte, wo sich die Zellen stark abflachen, müssen sie sich natürlich umordnen und verlaufen jetzt parallel mit der Epidermisoberfläche }). Eine nähere Besprechung aller dieser Modifikationen der Exoplasmaschichte und deren Faserungen ist eigentlich über- flüssig, da wir in dem vorliegenden Falle wieder dasselbe vor uns haben, was wir bereits früher in dem unter veränderten ‘) Genauere Untersuchungen über die Anordnung der Fibrillen, die wohl viel komplizierter sein wird, habe ich nicht angestellt. Zu unseren Zwecken genügen vielleicht diese wenigen Angaben. Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 131 Existenzbedingungen stehenden Epidermisgewebe der Horn- zähne von Petromyzon beobachtet haben. Es ıst klar, dass sich in den Hornzähnen das ihnen zur Unterlage dienende FEpidermisgewebe unbedingt verändern und fester werden muss, da der Zahn doch eine feste Unterlage, eine solche, an der er nicht von seiner Stelle verschoben werden könnte, braucht. Genau um dasselbe handelt es sich jetzt hier in der Epidermis; auch hier haben wir eine Verhornung, und zwar der ganzen Epidermisoberfläche vor uns, und auch hier muss dafür gesorgt werden, dass die Unterlage der Hornschichte fester wird als sie früher war, und dies wird eben durch die oben besprochene Veränderung der Epidermiszellen erzielt. Dass das Fpithel- gewebe in unserem Falle wirklich fester sein muss, geht aus folgender Betrachtung hervor: Eine weiche Epidermis ist überall nachgiebig und ein Druck, der an eine Stelle derselben wirkt, trifft nur eine verhältnismässig kleine Zellenzahl, die dazu noch ohne weiteres zur Seite ausweichen können. Bei einer Epi- dermis mit fester Oberfläche ist es anders; hier verteilt sich derselbe Druck immer auf eine grössere Grewebspartie und es gibt da kein Ausweichen für die Zellen, alle müssten unter dem Drucke leiden, wenn sie nicht fest genug wären, was eben nur durch Exoplasmazunahme und Bildung massenhafter Plasmafibrillen geschehen kann. Das Epidermisgewebe bekommt dadurch die Eigenschaften eines Binde- oder Stützgewebes, dem es, wenn man von den immer sich erhaltenden Intercellular- lücken absieht, durchaus nicht unähnlich ist. Seine ‚„Endo- plasmazellen‘“ entsprechen, wie ich es anderswo (1902, 1903) näher zu beweisen versuchte, den Bindegewebszellen, die Exo- plasmen der Grundsubstanz und die Tonofibrillen den Binde- gewebsfibrillen. Das, was ich im vorangehenden angeführt habe, be- zieht sich auf alle Arten der typischen Epidermiszellen und hat im allgemeinen auch für die Basalzellen seine Gültigkeit. ge 132 F. K. STUDNICKA, Auch diese besitzen in der Larvalzeit dünne Zellmembranen und bilden in der späteren Zeit mächtige Exoplasmakrusten. Höchst merkwürdig ist deshalb der Umstand, dass die Basal- zellen der Anurenlarven ausser der Zellmembran, welche ın anderen Fällen allein dem Schutze der Zelle dient, noch be- sondere und zwar intraendoplasmatische Fibrillenzüge besitzt, welche, abgesehen von einigen von mir nicht näher unter- suchten Urodelen, kaum irgend anderswo ein Analogon haben; diesen wollen wir die folgenden Zeilen widmen. Ich lasse zuerst einige Literaturangaben vorangehen und komme dann auf eigene Beobachtungen zurück. In einer 1866 erschienenen Arbeit beschreibt Eberth aus den Basalzellen der Anurenlarven — er hat Bombinator- larven untersucht — ‚„eigentümliche Körper“, die nach seiner Meinung aus ‚einer glänzenden, homogenen, colloidähnlichen, von Reagentien schwer angreifbaren, ziemlich festen Substanz‘ bestehen sollen. Er hielt sie für „ein Abscheidungsprodukt des Zellenprotoplasmas, das meist in der Umgebung des Kernes zuerst auftritt“. Die Gestalt dieser Körper soll nach ihm spindel- förmig, stabförmig, ringförmig oder ballenförmig sein. Bei erwachsenen Tieren findet er nichts Ähnliches. Die Bedeutung der rätselhaften Gebilde ıst ihm vollkommen unbekannt, doch spricht er die Meinung aus, dass die betreffenden Zellen viel- leicht mit den Fadenzellen des Myxine verwandt sein könnten. Maurer (1895) erwähnt in seiner Monographie nur kurz diese „eigentümlichen‘ Gebilde und erwähnt, dass sie sich mehrfach teilen können. Ein anderer, der solche Gebilde beschreibt, ist Th. Cohn (1894). Er findet sie an Eisenhämatoxylinpräparaten der Epi- dermis von Proteus, und zwar ebenfalls nur in Basalzellen. Er charakterisiert sie als ‚„eigentümliche, schwarze, im allge- meinen senkrecht gegen die Epitheloberfläche gerichtete Fasern“ und hält sie für rippenartige Verdickungen der Zellmembran, Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 133 also für etwas Ähnliches, wie seiner Meinung nach die Langer- hansschen Netze der Leydigschen Zellen sein sollten. Auch bei Axolotl hat er etwas Ähnliches gefunden. Kurz werden die Eberthschen Stränge in der Arbeit von Schuberg (19071), S. 593) erwähnt; derselbe macht darauf aufmerksam, dass sie von Pfitzner (1882, Morph. Jahrb.) für Nervenendigungen gehalten wurden. Ich selbst sah die intracellularen Fibrillenbündel bei allen von mir untersuchten Anurenlarven. Es handelt sich um dicke, an Eisenhämatoxylinpräparaten durch ihre dunkle Färbung be- sonders auffallend hervortretende Fibrillenzüge, die immer in gewisser Entfernung von der minimal dünnen Zellmembran im Innern des locker und zwar etwa reticulär gebauten Proto- plasmas verlaufen und sich dabei immer auf den Bereich einer einzelner. Zelle beschränken. Mit ihrem einen Ende befestigen sich die Fibrillenbündel im Niveau der Basalfläche der Zelle an das Corium, sie umschreiben im Innern der Zelle eine Schlinge und endigen, mehr oder weniger deutlich (ob alle von ihnen, kann ich nicht entscheiden), wieder an der Basal- fläche der Zelle. Fast immer kommen in einer Zelle mehrere solche Bündel, manchmal, wie es unsere Abbildungen (Taf. 11/12, Fig. 72) darstellen, sogar eine grosse Menge von solchen vor. Bei Bombinator habe ich dicke, unten kegelförmig ver- breiterte Fibrillenbündel, die sich im oberen Teile der Zelle einfach umbiegen, beobachtet; bei Hyla sind die Fibrillen- massen besonders an den Basalabschnitt der Zelle beschränkt, und in den oberen Teil, wo auch der Zellkern liegt, steigen nur verhältnismässig dünne, fadenförmig sich verzweigende Bündel, deren man da immer mehrere beobachten kann. Die schönsten Fibrillenbündel kommen, soviel ich beurteilen kann, 1) Untersuchungen über Zellverbindungen, 2. Teil. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. 87. 134 F. K. STUDNICKA, in den Basalzellen von Pelobateslarven vor (Taf. 10/11, Fig. 69; Taf. 12/13, Fig. 71, 72). Es handelt sich hier um auffallend dicke Bündel, welche, ohne sich zu verdünnen, bis in den obersten Teil der Zelle reichen, so dass der Zellkern inmitten des auf diese Weise entstandenen Gerüstes zu liegen kommt. Die Fibrillenbündel, die immer sehr zahlreich vorhanden sind, spalten sich in dünnere Äste und verflechten sich auf mannigfaltige Weise, wobei sie ihre Selbständigkeit ziemlich zu wahren suchen. Die einzelnen Fibrillenbündel setzen sich — so wie bei den anderen Formen — mit kegelförmig verbreiterten Enden, in denen sich die Ele- mentarfibrillen etwas voneinander entfernen, an die Basal- fläche der Zellen an. In der dünnen Zellmembran — richtiger Pellicula — der Basalzellen kommen keine Fibrillen vor. Die Rolle, welche diese doch so mächtigen Fibrillenbündel in den Basalzellen und der Epidermis überhaupt zu spielen haben, ist ziemlich rätselhaft. Es handelt sich sicher um Tono- fibrillen, doch diese können nur zur Festigung der einzelnen Basalzellen, nicht dagegen des Epidermisgewebes als eines Ganzen dienen. Die Fibrillengerüste der einzelnen Zellen ver- binden sich nämlich nirgends untereinander, sondern immer nur mit dem Corium. Ausserdem kann man nicht begreifen, wozu eine so dünne Epidermis — sie besteht ja oft nur aus zwei Zellschichten — so festes Stützgerüst brauchen sollte, oder wozu sie mittelst so fester Bündel mit dem Corium ver- bunden sein sollte; es genügen doch anderswo in viel dickeren Epithelien viel feinere Fibrillen zur Besorgung einer ähn- lichen Aufgabe. Die einzige Erklärung, die nach meiner An- sicht annehmbar ist, ist diejenige, dass sie im gewissen Sinne das Corium, welches gerade bei diesen Tieren im larvalen Zustande minimal dick ist, auf irgend welche Weise in seiner Funktion stärken; wenigstens von denen, die man bei Pelo- bates findet, kann man das mit einer gewissen Berechtigung annehmen, Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 153 Wie bereits Eberth angibt und wie ich es ebenfalls finde, verschwinden diese Fibrillenbündel am Ende des larvalen Lebens, und die Basalzellen junger Frösche unterscheiden sich nicht im geringsten von denen anderer niederer Tiere. Es ist nicht anders möglich, als dass sie in das am Ende der Larval- zeit entstehende Exoplasma der Zelle aufgenommen werden, wo sie infolge teilweiser Maskierung weniger deutlich sind als früher im reinen Endoplasma. Ein Teil von ihnen löst sich jedenfalls auf und es entstehen neue Fibrillen in der gewöhnlichen Anordnung an der Stelle der alten Fibrillen- bündel. 2. Die Deckplatte der Amphibienlarven. Über die Deckplatte der Amphibienlarven handelt bereits eine umfangreiche Literatur, die ich bereits einmal (1898) zu- sammengestellt und besprochen habe. Es genügt vielleicht, wenn ich mich deshalb an dieser Stelle nur auf Anführen der wichtigsten Literaturangaben beschränke. Die sog. „Cuticula“ der Amphibienlarven hat zuersthemak (1855) beobachtet, und der erste, von dem genauere Angaben über ihre Bauweise stammen, ist Eberth (1866). Bei Bombi- nator, dessen Larven Eberth als Untersuchungsobjekte dienten, fand dieser Autor „glänzende Stäbchen‘, welche eine senkrechte Streifung der Schichte bedingen. Von der Ober- fläche gesehen, erscheint dieselbe fein punktiert. F.E.Schulze hat (1869) später Pelobateslarven untersucht und beschreibt die Deckplatte auf eine wesentlich andere Weise. Dieselbe soll nach ihm aus senkrecht auf der oberen Zellfläche stehenden, miteinander zusammenhängenden Lamellen bestehen. In der Lücken zwischen den Lamellen fand Schulze eigentümliche kugelige Körperchen, welche leicht ausfallen. Etwas Ähnliches hat früher schon Eberth erwähnt. Bei Salamandralarven fand später (1876) etwa dieselbe Struktur Leydig. Er erwähnt 136 F. K. STUDNICKA, „feinste Leistenbildung, die im Profil den gekerbten Saum gibt und nach der Fläche die zarten Linien“. Leydig (1885) und F. E. Schulze (1888 und 1896) kommen später nochmals auf die Deckplatte zu sprechen und vervollständigen ihre alten Angaben. Besonders Schulze veröffentlichte später (1888) viel genauere Abbildungen der betreffenden Strukturen von den früher schon von ihm untersuchten Pelobateslarven, bei denen sie infolge der wirklich kolossalen Dimensionen der Lamellensysteme unvergleichbar deutlicher sind, als irgend anderswo bei Amphibien. Auch Cohn beschreibt (1894) die Deckplatte in einem ähnlichen Sinne, indem er von Protoplasma- fäden spricht, die untereinander verbunden sind. Von anderen Autoren kann schliesslich noch Paulicki (1884) genannt werden, welcher bereits den Saum direkt für einen modifizierten Teil des Zellkörpers erklärt und seine Strukturen für Fortsätze der Protoplasmastrukturen hält. Auch Cohn hält den Saum für einen „metamorphosierten Teil der Zellen selbst”. Trotz dieser richtigen Angaben erklären auch später viele Autoren die Deckplatte einfach für eine poröse Cuticula, wo- bei die dunklen Striche den Porenkanälen entsprechen würden. Selbst Leydig hat einmal (1876) diese Deutung ausge- sprochen; hauptsächlich wird sie von Pfitzner (1880) und von Maurer (1895) vertreten; aus der Monographie des letzteren ist sie in viele Lehrbücher übergegangen. Wolff (1889) findet an der Oberfläche der Deckplatte eine wirkliche Cuticula und schlägt daher für die erstere den Namen ‚Pseudocuticula‘‘ vor. Studniöka (1897b, 1898) stellt den gestreiften Saum, seine „Deckplatte“, in eine Reihe mit dem der Petromyzonten, bei dem er einen alveolären Bau nachgewiesen hat. Die Be- funde von F. E. Schulze werden von ihm erwähnt und besonders betont. Anatom. Hefte, I Abteilung HZ Heft (52 Bd.H.1) | Taf. 13. 5 » EZ rare A Ze Fa Stadnicke, del. Verlag von JE Bergmann, Wiesbaden. Lichtäruck von C6.Reden, Em.b.H,Leipeig. Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 137 Von den neuesten Untersuchern sollen hier noch K. C. Schneider (1902) und Oskar Schultze (1906) genannt werden. Nach Schneider sollen in dem „gestrichelten Grenz- saume“ der Salamandralarven ‚die Fadenenden“ (Tono- fibrillen) „regelmässig aufsteigen, meist aber durch eingelagerte Pigmentkörnchen verdeckt werden. Die Fäden sind hier durch eine leicht färbbare Kittsubstanz zu Alveolenwandungen ver- bunden, welche auf flächenhaften Abschnitten der Zellen hexa- gonale Maschen bilden und, bei Mangel an Pigment, eine hellere Zwischensubstanz zeigen“. Die Wolffsche Cuticula findet Schneider ebenfalls und bezeichnet sie als eine „Limi- tans“. Oskar Schultze bestätigt im vollen Umfange die alten Angaben von F. E. Schulze. Die „Aussencuticula“, so be- zeichnet er sie, besteht bei Anurenlarven aus grossen, in einer Reihe liegenden, nach oben frei sich öffnenden Maschen, welche (Pelobates) bei jungen Tieren grösser sind als bei alten. Die Saumstruktur erinnert nach ihm an die Bilder, welche die secreterfüllten distalen Teile der Becherzellen liefern. Im Innern der Räume fand er nach coagulierend wirkenden Reagentien rundliche, bereits von Eberth und F.E. Schulze beschriebene Klümpchen und glaubt, dass es sich hier um „ein im Plasmakörper der Grenzzellen ausgeschiedenes weiches Secret, handelt, welches die Maschenräume des Leistennetzes des Cuticularsaumes im Leben vollständig ausfüllt und dessen äussere freie Oberfläche direkt vom umgebenden Wasser be- spült wird“. Die Wolffsche Cuticula findet er an seinen Objekten nicht und ist geneigt, seine Aussencuticula — unsere Deckplatte — als ein Analogon der Evertebratencuticula zu halten: „Der alveoläre Bau könnte bei weiterer Ausbildung durch Schwund der plasmatischen Alveolenwände und Ver- schmelzung der in den Alveolen gebildeten Secretmassen in 138 F. K. STUDNICKA, einen porösen übergehen. — — — Die Entwickelung zweifellos poröser Cuticulae würde hier Anschluss haben.“ Es soll hier schliesslich die Angabe Pfitzners (1880), nach der die Deckplatte aus verhornter Substanz bestehen sollte, erwähnt werden. Soviel wir jetzt beurteilen können, kann hier von einer wirklichen Verhornung jedenfalls keine Rede sein, doch scheint aus den Verdauungsversuchen Pfitzners wenigstens soviel hervorzugehen, dass die Deck- platte bedeutend resistenter ist als der übrige Zellkörper. Bekanntlich kommt eine Deckplatte nicht nur bei Amphibien- larven, welche wir im vorangehenden ausschliesslich im Sinne hatten, vor. Schon F. E. Schulze (1869) erwähnt ihr Vor- handensein bei Proteus, und sie kommt vielleicht allgemeiner in der Oberfläche der Perennibranchiaten-Epidermis vor. Eigene Untersuchungen, die sich auf alle die oben genannten larvalen Formen beziehen, haben mir gezeigt, dass die Deck- platte überall auf dieselbe Weise gebaut ist und in ihrer Struktur mit derjenigen der niederen Vertebraten, wenigstens was das Prinzip des Baues betrifft, übereinstimmt. Natürlich lässt sich ihre Bauweise nicht überall gleich leicht erkennen. Bei den von mir untersuchten Urodelenlarven erkennt man an der Deck- platte auch bei Anwendung sehr starker Vergrösserung kaum mehr als eine senkrechte feine Strichelung und nur nach Flächen- schnitten kann man schliessen, dass wir es da mit jenen Lamellen und Alveolen zu tun haben, welche wir anderswo gesehen haben. Bedeutend deutlicher ist der Bau der Deckplatte bei Kaulquappen. Vor allem verdient die seit F.E. Schulze (1869) bekannte Deckplatte der Pelobateslarven, in der die Lamellen der ohnehin grossen Deckzellen sehr weit voneinander stehen und zwischen sich kolossal grosse „Alveolen“ (richtiger Gruben) einschliessen, einer Erwähnung. Am deutlichsten kann man hier beobachten, dass die Alveolen in der Amphibien- deckplatte genau so, wie wir es bei Amphioxus, bei Petro- Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 139 myzonembryonen und hie und da bei Fischen sahen, in einer einzigen Schichte liegen; bei anderen Kaulquappenarten kann man dies nicht so deutlich beobachten. Die Pelobates- larven sind auch deshalb wichtig, dass man sich bei ihnen viel deutlicher als anderswo davon überzeugen kann, dass sich die Alveolen — recte Vertiefungen der Deckplatte — oben frei nach aussen öffnen und nicht verschlossen sind). Die oberen freien Ränder der Lamellen sind auch hier etwas ver- dickt und man kann an ihnen schon bei ganz jungen Larven die bekannte Färbbarkeit (Punktenreihen !) beobachten; später ist diese nicht so auffallend (Taf. 11/12, Fig. 71—73). Unterhalb der Lamellen- resp. der Alveolenschicht befindet sich, wie anderswo, eine dünne, selten etwas dickere homogene Membran, an welcher man in seltenen Fällen (Triton) eine ganz feine Alveolarstruktur beobachten kann. Diese Membran setzt sich seitlich direkt in die Zellmembran der Deckzellen fort. Erwähnungswert ist es, dass in dieser membran- artigen Exoplasmaschicht der Deckplatte bei Urodelenlarven, besonders bei Triton das meiste Pigment abgelagert ist. Bei ganz jungen Anurenlarven ist das Pigment in der Regel auch in den Lamellen vorhanden. Ganz eigentümlich ist der Inhalt der grossen Alveolen der oberen Partie der Deckplatte, den bereits Eberth, hauptsäch- lich aber Schulze erwähnen, und den neuestens sehr aus- führlich Oskar Schultze beschreibt (Taf. 11/12, Fig. 73). Ganz richtig erklärt Schulze die hier an Präparaten vor- handenen kugelartigen Gebilde für Coagulate einer Secretmasse, welche während des Lebens die Alveolen vollkommen füllte. Es handelt sich um analoges Verhalten, wie wir es oben bei Amphioxus verzeichnet haben, wo die Deckplatte in ihren Lücken ebenfalls Secretmassen enthielt. Dort konnte man direkt das Austreten dieser Secrete aus der Deckplatte beobachten, I) Auch Oscar Schultze (1906) kat es so gefunden! 140 F. K. STUDNICKA, während hier so etwas nicht so leicht möglich ist, da ihre Oberfläche meistens nackt ist und die ausgetretenen Secret- tropfen gleich abgestreift werden. Nur bei jungen Larven von Rana glaube ich einmal aus der Zelle austretende helle Secret- tropfen gesehen zu haben. Ähnliche Secrete werden wohl auch anderswo vorhanden sein. Ich erwähne hier nur noch, dass bei Triton die Deckplatte mit Hämatoxylin färbbar ist und wahrscheinlich ebenfalls verschleimte Substanz enthält. Die Deckplatte bedeckt nur die embryonale und die larvale Epidermis. Am Ende der larvalen Zeit werden bei den von mir untersuchten Formen die alten Deckzellen ab- geworfen und die an ihre Stelle kommenden neuen Zellen erhalten schon eine andere Gestalt, und verhornen und bilden der dünnen cuticulaartigen Überzug der Haut des reifen Tieres. Möglicherweise verhornen hie und da, wie man nach einigen Zeichen schliessen könnte, noch die Cuticularzellen, werden jedoch bald durch neue ersetzt. 3. Die Wolffsche Cuticula. Eine Ähnliche „Cutieularschicht‘‘, wie bei niederen Formen wurde von Wolff (1889) auch bei Anurenlarven gefunden. ich finde sie bereits bei Embryonen (vergl. oben), und konnte auch sonst seine Angaben bestätigen (1897 b), doch vermisse ich sie, ähnlich wie O0. Schultze (1906), bei älteren Kaul- quappen. K. C. Schneider erwähnt sie (1902) als eine „Limitans externa“ der Epidermis. Sie hat somit bei Amphibien eine nur ganz geringe Bedeutung. 4. Basalstrukturen-Basalmembran. (Textfigur 5.) Pfitzner (1880) findet bei Salamandra zwischen den Basalzellen und dem Corium Zellbrücken, welche bei jüngeren Tieren stärker entwickelt sein sollen. Paulicki (1885) stellt Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 141 sich den Zusammenhang der Basalzellen mit dem Corium anders vor; er findet bei erwachsenen Axolotl „lange finger- förmige, in die Cutis hineinragende Fortsätze“ an Basalzellen. Ähnliche Angaben findet man bei Maurer (1895): „Die tiefste Zellenlage sitzt mit vielen feinen faserartigen Fortsätzen auf dem unterliegenden Corium“. In der Monographie des Frosches von Gaupp (1903) wird‘ die Sache ähnlich dargestellt und Mit Corium verzahnte Basalzellen von Salamandra maculata, erwachsenes Exemplar. Apochr. 1. 5. Oc. 12. abgebildet. Mit allen diesen Angaben kontrastieren auffallend die zahlreichen Abbildungen Schubergs, der in seiner grossen Arbeit über Zellverbindungen (1903, 1907) der Basal- zellen von Amblystoma die Basalzellen (abgesehen von den Ursprungsstellen der Zellverbindungen) immer mit einer glatten unteren Oberfläche und dem Corium direkt aufsitzend zeichnet. Bei meinen eigenen Untersuchungen konnte ich mich davon überzeugen, dass die embryonale und larvale Epidermis unten immer mit vollkommen glatter Oberfläche dem Corium auf- 142 F. K. STUDNICKA, liegt und dass sich an den Basalzellen unten keine besondere Strukturen etwa in der Gestalt der oben mehrmals erwähnten Basalstäbchen nachweisen lassen. Bei ganz jungen Fröschen (Rana, Bufo) sehe ich zuerst, dass die Corium-Epidermisgrenze etwas uneben ist, und bei erwachsenen Tieren (Rana, Sala- mandra, besonders der letzteren) finde ich, dass sich die oberste Coriumschicht in feine Falten legt, welche in entsprechende Vertiefungen der Basalzellen einragen. Die Basalzellen sehen unten wie ausgefranst aus. Die Falten, um welche es sich da handelt, sind ungleich breit und lang und treten an Prä- paraten, die mit Rücksicht auf das Bindegewebe gefärbt wurden, z. B. nach van Gieson (resp. Hansen), besonders deut- lich auf (vergl. Textfig. 5). Besondere Basalstrukturen finde ich auch hier nicht, doch verbinden sich (Salamandra) hie und da die Tonofibrillen unten in den Zellen bündelweise und endigen zwischen den Corium- falten. . Am Corium kann man, besonders bei jungen Fröschen, oben eine ganz dünne, nur durch stärkere Färbbarkeit sich ver- ratende Basalmembran beobachten, welche alle Faltungen der oberen Fläche mitmacht; sie hat hier keine besondere Be- deutung (vergl. auch Schuberg 1903, S. 223). Die von Schuberg bei Amblystoma neuestens so genau beschriebenen Intercellularverbindungen zwischen Epithel- und Bindegewebszellen habe ich bei Triton- und Salamandralarven sehr oft beobachtet. Die Veränderung, welche bei Amphibien beim Übergang aus dem Wasser- zu dem Landleben an der Epidermis-Corium- grenze geschieht!), hat eine besondere Wichtigkeit. Der bis- herige Modus der Epidermis-Coriumverbindung bestand darin, dass sich die Basalzellen entweder einfach mit breiten Basal- ') Ich kann von ihr allerdings nicht sagen, ob sie eine allgemeine ist, oder ob sie sich nur auf einige Körperteile bezieht. Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 143 flächen an eine besondere Basalmembran (die Oberfläche des Corium) ansetzten, oder, und dies bedeutete eine höhere Stufe, dass die Verbindung durch besondere, in kleinen Vertiefungen der Basalmembran steckende „Basalstäbchen“ besorgt wurde. Jetzt, in unserem Falle, faltet sich die Coriumoberfläche in feine Falten und zwischen diesen wird das Plasma der Basal- zellen wie eingeklemmt. Letztere, und mit ihnen die ganze Epidermis, werden jetzt wahrscheinlich zusammen mit dem Corium noch fester verbunden als es bisher möglich war. Die Basalmembran verliert dabei ihre ursprüngliche Wichtig- keit und präsentiert sich von jetzt an, wie wir oben sagten, als eine ganz unbedeutende Schicht. Man findet solche Ver- zahnung der Gewebe bei allen höheren Vertebratengruppen, und besonders deutlich, wie wir anderswo zeigen werden, bei Säugetieren. Vor kurzer Zeit wurde diese Epidermis-Coriumverbindung bei zahlreichen Reptilienarten von Krauss (1905) untersucht. Krauss findet in frühen Entwickelungsstadien eine scharfe Epithelbindegewebsgrenze, die durch eine Membran bezeichnet ist. Später schwindet diese Membran und beide Gewebe ver- schmelzen miteinander. Es bildet sich eine netzartig angeord- nete protoplasmatische Zwischenschicht an der Epidermisbinde- gewebsgrenze, in der sich basal collagene Fibrillen zu differen- zieren anfangen. Noch später erscheint wieder eine scharfe Grenze und entsteht eine „vollständige collagene Abgrenzung der Epidermis von der Cutis“. Trotz dieser Grenze befindet sich der „Ursprung der collagenen Bindegewebsfasern“ bereits zwischen oder innerhalb der basalen Epidermiszellen. So er- klärt er also die von uns als „Verzahnung“ aufgefassten be- kannten Bilder. Es soll sich da in der Tat „um die Bildung des Collagens in der Protoplasmamasse‘“ der Basalzellen handeln. Krauss findet z. B. bei Lacerta „ein ausserordentlich feines, korbartiges Netz von Bindegewebsfibrillen“ im Protoplasma der 144 F. K. STUDNICKA, unteren Hälfte der basalen Epidermiszellen. Die Protoplasma- fasern der Zellen gehen in diese collagene Bindegewebsfasern direkt über, und zwar handelt es sich um kontinuierlichen Zu- sammenhang und nicht etwa um einen blossen Kontakt der beiden Faserarten. Die Resultate, zu denen Krauss kommt, sind, wie man sieht, sehr abweichend von allem, was wir in dieser Arbeit betreffs der Basalzellen angegeben haben und es ist kaum anders möglich, als dass seine Deutungen des richtig Ge- sehenen nicht ganz zutreffend sind. Ich wili nicht bestreiten, dass der Zusammenhang. zwischen Epidermis und Corium in der Embryonalzeit ein viel innigerer ist, als man sich das gewöhn- lich vorstellt, doch die von ihm beschriebene reticulär gebaute plasmatische Zwischenschicht wird wohl nichts anderes sein, als das embryonale Bindegewebe des Coriums selbst, welches mit den Basalzellen scheinbar direkt zusammenhängt. Jeden- falls ist in ihm viel Plasma (Endoplasma) enthalten, und dieses hängt natürlich mit dem Zellplasma der Basalzellen, wie es ja aus den Arbeiten von Schuberg bekannt ist, zusammen. Abgesehen von diesen Plasmaverbindungen wird wohl auch bei Reptilien die Epidermis-Coriumgrenze so scharf sein wie überall anderswo. Krauss lässt sie zuerst nur von einer glatten Membran gebildet sein und erst später sollen sich im basalen Teile Bindegewebsfibrillen bilden, wodurch nach ıhm der Eindruck einer Verzahnung bedingt wäre. Was dies be- trifft, so halte ich die Deutung von Krauss für unannehmbar. Die Bindegewebsfasern entstehen sicher nicht im Zellplasma der Basalzellen, sondern die Grenze wird sicher auch bei Reptilien genau so gefaltet, wie wir es bei Amphibien gesehen und an verschiedenen Entwickelungsstadien verfolgt haben. Bei Amphibien handelt es sich um breite Bindegewebszacken und möglicherweise sind solche bei Reptilien, wie aus den zahl- reichen Abbildungen von Krauss hervorgeht, feiner und Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 145 scheinen im Zellkörper drinnen zu liegen. Die Entwickelung des Collagens inmitten der Epithelzellen halte ich für un- möglich. Was schliesslich den von Krauss hervorgehobenen besonderen Umstand betrifft, dass die Protoplasmafasern eine direkte Fortsetzung der collagenen Fibrillen des Coriums bilden — dasselbe wurde schon früher von Kromayer an der Froschhaut beobachtet — so halte ich so etwas für ziemlich selbstverständlich. Beide Fibrillenarten vervoll- ständigen sich in ihren Wirkungen; die Bindegewebsfasern festigen das Corium, die Protoplasmafasern dagegen das Epi- dermisgewebe und man kann somit von ihnen nicht erwarten, dass sie in grossen Abständen voneinander endigen werden. Der von Krauss beschriebene angeblich kontinuierliche Zu- sammenhang kann, wie wir sehen, nur den Wert eines Kon- taktes haben. Die Verzahnung der Epidermis ist andererseits wenigstens zum Teil auch von einer Änderung der Bauweise des Coriums abhängig. Dieses enthält hier in seiner oberen Partie zahlreiche senkrecht aufsteigende Fasern, während bei ÜUyclostomen und Fischen — von Selachiern abgesehen — die Oberfläche fast nur aus horizontalen bestand, zwischen denen nur in grossen Abständen voneinander die spärlichen Fasern der anderen Art endigten. VII. Mammalia. Bei den Amnioten verändert sich die Epidermis weiter in der bei Amphibien angedeuteten Richtung und besonders die Hornschicht erlangt hier eine noch grössere Bedeutung und übertrifft, wie bekannt, die Ersatzschichten bedeutend an ihrer Dicke. Deckzellen im eigentlichen Sinne des Wortes, d. h. Zellen mit Deckplatten, kommen weder bei Sauropsiden noch bei Säugetieren, und zwar nicht einmal am Anfang der Em- bryonalentwickelung der Epidermis vor. Ich selbst habe von Amnioten ausser einem ziemlich reich- Anatomische Hefte. I. Abteilung. 117. Heft (39. Bd., H. 1). 10 146 F. K. STUDNICKA, lichen Säugetiermateriale noch einige Reptilien, welche oben namentlich genannt wurden, untersucht, doch beschränke ich mich im folgenden Abschnitte ausschliesslich auf die Be- sprechung der Säugetierepidermis und gewisser Abkömmlinge derselben. Sie hat für uns deshalb eine grosse Bedeutung, da sie uns den höchsten Typus einer verhornenden Epidermis vorstellt. Das Material, welches ich. bei folgenden Untersuchungen benützt habe, bestand teils aus jüngeren Entwickelungsstadien (hauptsächlich wurden solche von Bos taurus, Sus scropha!), Cavia cobaya, Felis, Homo untersucht), teils aus älteren fetalen Stadien (so wurden besonders die Haut der Extremitäten und die Hufanlagen von Equus und Bos untersucht), und schliess- lich habe ich die fertige Haut erwachsener Säugetiere (Felis, Cavia), darunter auch diejenige des Menschen ?) untersucht. Die Literatur der Säugetierepidermis ist bekanntlich unge- mein gross und es ist mir nicht so leicht möglich, hier eine zusammenfassende Darstellung der früheren Angaben folgen zu lassen, wie ich es in den vorangehenden Kapiteln getan habe. Man kann eine solche leicht anderswo finden. Nur ge- legentlich werde ich auf die Literatur eingehen. A. Die ersten Entwickelungsstadien. (Das Epitrichium.) Auch bei Säugetieren ist das allererste Entwickelungs- stadium der Epidermis einschichtig. Ich habe es z. B. bei 17 mm langen Embryonen von Bos untersucht und dabei Bilder gesehen, welche genau den Abbildungen entsprechen, wie sie !) Ich habe dieses Material durch die freundliche Vermittelung des Herrn Bezirkstierarztes V. Beränek erhalten. ?) Das Material stammte von einer Operation und wurde frisch mit ver- schiedenen Flüssigkeiten fixiert. Es handelte sich um die Haut der unteren Extremität hauptsächlich der Finger derselben. Ich verdanke dasselbe der Freundlichkeit des Herrn Primararzt Dr. J. Elgart in Brünn. Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 147 z. B. von Brunn (1897) von der embryonalen Epidermis des Menschen geliefert wurden. Es handelt sich um eine einfache Schichte von cubischen oder kurz eylindrischen Zellen, welche von dünnen Grenzschichten oder Pelliculen begrenzt dicht neben- einander liegen. Ob sie schon hier mittelst Zellbrücken mit- einander zusammenhängen, konnte ich nicht direkt entscheiden, doch ist es kaum anders möglich. Eine Deckplatte befindet sich, wie wir bereits sagten, auf der freien Fläche der Zellen nieht und die letztere wird nur von einer höchstens etwas diekeren Zellmembran (Pellicula) bedeckt. Im zweiten Entwickelungsstadium hat sich durch ungleiche Zellteilung der ursprünglichen Elemente eine zweite obere Zellschichte ausgebildet. Man kann da wirklich von „neuen“ Zellen sprechen, denn sie unterscheiden sich durch ihre Form, später auch durch andere Eigenschaften bedeutend von den „alten“, welche die ursprüngliche Form und Lage auch jetzt nach der ersten Teilung behalten haben und, wie wir zeigen werden, auch später beibehalten werden. Die neue obere Zell- schichte besteht aus abgeflachten, immer jedoch ziemlich hohen Zellen. Spätere Zellteilungen liefern jetzt lauter solche Zellen und die Epidermis wird dadurch mehrschichtig. Dasjenige, worauf wir soeben aufmerksam gemacht haben, ist aus den bisherigen Arbeiten genügend bekannt, aber ich wiederhole es hier nur deshalb, damit ich auf folgenden Umstand aufmerksam machen könne: Die Zellschichtenbildung, die man in der Epidermis der Säugetiere und jedenfalls auch bei Saur- opsiden beobachten kann, unterscheidet sich in einem wichtigen Punkte von derjenigen der niederen Vertebraten, der Anamnier. Bei Petromyzon z. B., bei dem wir oben die betreffenden Ver- hältnisse am genauesten verfolgt haben, scheint es, als ob die obersten Zellen, die Deckzellen, durch wiederholte Zell- teillungen neue Elemente liefern würden. Die Zellen des „Amphioxusstadium“ sind hier mit einer Deckplatte versehen 10* 148 F. K. STUDNICKA. nd man kann sich deshalb sehr: leicht davon überzeugen, dass sie während der Entwickelung immer an ihrer Stelle, d. ı. an der Epidermisoberfläche, verbleiben. Die ersten Basalzellen stammen direkt von ihnen und auch später geschehen alle Zellteilungen in der Epidermis unterhalb der Deckzellen. Erst beim Ammocoetes, nachdem die ersten Deckzellen abgeworfen wurden und Ersatzzellen an ihre Stelle kommen, verändert sich die Sachlage, und von jetzt an haben wir auch hier eine Epidermis mit fortwährend sich erneuernder Oberfläche vor uns. Bei Säugetieren sind es, wie wir zeigten, vom Anfang an die Basalzellen, welche durch ihre Eigen- schaften leicht erkennbar, fortwährend an ihrer Stelle ver- bleiben: alle Zellteilungen geschehen oberhalb von ihnen (und an ihnen!) und die Epidermisoberfläche wird, wie be- kannt, von sehr frühen Entwickelungsstadien angefangen, er- neuert. Eine fixe Epidermisoberfläche gibt es hier nicht. B. Die ersten Differenzierungen der Zellen. Die Unterschiede zwischen den Basalzellen und den später entstandenen beziehen sich nicht nur auf die gerade hervor- eehobenen Umstände allein. Sobald die Epidermis etwas dicker geworden ist, kann man bereits auch gewisse Strukturunter- schiede beobachten. Die Basalzellen sind rein plasmatisch, und zwar bestehen sie aus ziemlich dichtem, mit allen Plasmafarbstoffen intensiv färbbarem Protoplasma, welches aussen keine deutliche Be- grenzung zeigt. Möglicherweise ist die Pellicula, die wir da früher deutlich gesehen haben, beim Dichterwerden des ge- samten Protoplasmas undeutlich geworden. An günstigen Stellen sieht man, dass die Zellen mittelst Zellbrücken zusammen- hängen, doch sehr oft liegen sie so dicht aneinander, dass es scheint, als ob es sich da um ein Syneytium handeln würde, Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 14%) oder als ob die Zellgrenzen durch einfache Linien (Scheide- wände) bezeichnet wären. Auf die erstere Weise wird es wirk- lich auch von Retterer (1897), auf die letztere von Ide (1888) geschildert und abgebildet. Schon die direkt oberhalb der Basalzellen liegenden, desto- mehr die weiteren Epidermiszellen der jungen Malpighi- schen Schichte unterscheiden sich auffallend von den Basal- zellen. Sie sind vielmals grösser und besitzen sehr deutliche, mit den Plasmafarbstoffen sich färbende primäre Pelliculen, welche sehr innig untereinander zusammenhängen. Die Pelli- culen sind ganz sicher kontinuierlich und strukturlos, sie ent- halten kein Netz an der Oberfläche, mit dem die Zellbrücken zusammenhängen würden und stellen auch selbst kein solches Netz vor, wie es Ide (1888) seinerzeit angenommen hat. Die netzartigen Zeichnungen, die man an den Zellgrenzen überall mit der grössten Deutlichkeit beobachten kann, sind dadurch bedingt, dass die mit der Zellmembran zusammenhängenden „Zellbrücken‘“ nicht fadenförmig, sondern lamellenartig sind, wie es übrigens unlängst von Foa (1900) sehr genau be- schrieben wurde. Die intercellularen Lamellensysteme lassen sich bei starker Vergrösserung sehr deutlich beobachten und es kann von ıhrem Vorhandensein nicht der geringste Zweifel sein (Fig. 76). Aus den Untersuchungen von F. E. Schulze (1896) ist es bekannt, dass die Lamellen bei niederen Vertebraten (Amphibien) eigentlich Grenzen von Alveelen sind, die sich in einer ursprünglich einheitlichen intercellularen Scheidewand entwickeln. Durch Zerreissen der Lamellen entstehen später wirkliche Zellbrücken !). Genau dasselbe gilt auch für Säuge- tiere. Diese Frage, sowie jene, inwiefern man die Zellbrücken 1) Dasselbe habe ich auch im Chordagewebe heobachtet, und lieferte seinerzeit (1903) Abbildungen der einzelnen Stadien dieses Prozesses (Taf. 39 40, Fig. 22 --24 1. c.). 150 F. K. STUDNICKA, der fertigen Gewebe von denen der embryonalen ableiten darf, wurde bereits oben besprochen. Das eigentliche Plasma dieser Epidermiszellen (junge fetale Epidermis) ist auffallend locker gebaut. Die sehr grossen, wie aufgeblasenen Zellen sehen sehr klar und wie leer aus); dies ist durch Anhäufung von Flüssigkeit und vielleicht auch anderer Stoffe, auf welche wir hier nicht eingehen können, in ihrem Innern bedingt. Von den Strukturen sieht man immer nur ein ganz lockeres Morphoplasmanetz, in dessen Innerem, mit ihm innig zusammenhängend, der Zellkern liegt (Epidermis und das Epithel des Palatum durum!). Nur selten ist das Morpho(Spongio-) plasma etwas reichlicher vorhanden und man kann sich in solchem Falle ganz deutlich davon überzeugen, dass es spongiös und hie und da reticulär gebaut ist. Die reticuläre Struktur wurde von Ide (1889), einem Schüler von Carnoy, sehr genau beschrieben, und zwar wurde von ihm auf dieselbe ein sehr grosser Nachdruck gelegt. Ausser ihm beschreibt sie z. B. Retterer (1897), der in den Zellen ein ‚„Spongioplasma“ und ein flüssiges „Hyaloplasma‘ unterscheidet (vergl. unsere Var 1/12, R10 74,19). Die soeben erwähnte Struktur ist überall deutlich bemerk- bar und sie ist, bei Vertebraten wenigstens, eine der deutlichsten ihrer Art. Selbstverständlich handelt es sich da um keine primi- tive Protoplasmastruktur, wie es Ide und Carnoy annehmen würden, sondern um eine Struktur, welche vielleicht aus einer ehemaligen primitiveren Struktur, einer Alveolarstruktur, wahr- scheinlich durch Vergrösserung der Alveolen und durch Zer- reissen der Lamellen entstanden ist. Die Ansammlung von Flüssigkeit und von metaplasmatischen Materialen spielt bei dieser Umbildung der Struktur jedenfalls die Hauptrolle. Eine ') Ide (1888) sagt, dass die Zellen „paraissent ä peu prös vides; le noyau . est vejete assez gendralement vers la surface de &pithelium.* Ich selbst finde es etwas anders. Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 151 Funktionsstruktur ist es noch nicht; eine solche soll sich, wie wir gleich sehen werden, aus ihr ausbilden. Die Anordnung des Morphoplasmas — diesen Namen können wir behalten — weist zuerst keine bestimmte Orien- tierung auf (vergl. Taf. 11/12, Fig. 75). Sehr bald ändert sich dies und die Struktur orientiert sich, wie es auch Ide (l. e.) erwähnt, senkrecht zu der Epidermisoberfläche. Dieses Stadium wird uns im folgenden Abschnitte näher beschäftigen. Schon in sehr frühen Entwickelungsstadien findet man an den obersten Zellen der Epidermis, welche, nebenbei gesagt stark abgeflacht sind und als eine zusammenhängende Schichte das übrige bedecken, gewisse Veränderungen. Das bisher so auffallend locker gebaute Plasma verdichtet sich hier, die Zellen schrumpfen etwas und so wird eine embryonale Vorstufe der Hornschicht gebildet. Diese Schichte wurde ursprünglich (Welcker 1869) mit dem Namen „Epitrichium‘ genannt; jene der Säugetierepidermis wurde am genauesten von Bowen (1889, Homo) beschrieben. Schon in der Fetalzeit wird die oberflächliche Schichte abgeschuppt und an ihre Stelle tritt die wirkliche Hornschicht, welche durch Umwandlung von Zellen einer zweiten Generation, die natürlich wieder von den Mal- pighischen und Basalzellen abstammen, entsteht. C. Die weitere Entwickelung der Zellen. (Taf. 11/12, Fig. 79, 80.) Die weiteren Stufen der Differenzierung der Protoplasma- struktur kann man teils noch an denselben Zellen beobachten, welche uns oben beschäftigt haben, teils eignet sich dazu die Epidermis älterer 2—3 dm langer Feten (Bos, Sus) oder das Epithel des Palatum durum derselben und schliesslich, und dies besonders die Anlagen der Hufe, an deren Oberfläche sich die Epitrichialschicht in besonderer Breite erhält und in der auch F. K. STUDNICKA, 152 die in der Zone der wirklichen Verhornung liegenden Epidermis- zellen sehr primitives Verhalten zeigen. Nachdem sich, wie wir oben zeigten, die Morphoplasma- retieula in bestimmter oder in bestimmten, den Druckverhält- nissen entsprechenden Richtungen orientiert haben, bilden sich jetzt aus ihnen im Innern der Zellen festere morphoplasmatische Balken und aus ihnen, oder in ihnen, bestimmt lässt es sich nicht entscheiden, scharf umgrenzte, durch ihre etwas bedeutendere Dicke, ihre Dichtigkeit (Lichtbrechungsvermögen) und etwas auffallenderes Färbungsvermögen vom gewöhnlichen Morpho- plasmareticulum ziemlich abstechende Tonofibrillen , welche ganz sicher den sog. „Protoplasmafasern“ der späteren Zell- generationen entsprechen. Anfangs lassen sich diese Fasern von gewöhnlichen Trabekeln des Morphoplasmas schwer unter- scheiden, später jedoch unterscheiden sie sich von ihnen, ab- gesehen von den oben abgegebenen Kennzeichen, auch durch ihre glatten Konturen und dadurch, dass sie nirgends mit- einander anastomosierend durch den ganzen Zellkörper ver- laufen und sich in die benachbarten Zellen verfolgen lassen. Die Tonofibrillen haben an Präparaten meistens einen gewellten Verlauf und so erkennt man sie deutlich nur an etwas dickeren Schnitten. Ide (1889), der bei seinen Untersuchungen, wie er selbst hervorhebt, nur minimal dünne Schnitte benützt hat, konnte sie aus diesem Grunde nicht gut sehen und bestreitet ihre Existenz. Er spricht nur von einer reticulären Struktur mit bestimmt orientierter Anordnung. Umgekehrt er- wähnt Retterer (1897, S. 471) nur die Fibrillenbildung und kennt nicht die ihr vorangehende und, wie wir gleich zeigen werden, auch später sich erhaltende ursprünglichere Proto- plasmastruktur (vergleiche auch Branca, 1907). Die Tonofibrillen entstehen auf die angedeutete Weise in den einzelnen Zellen und es ist eigentlich selbstverständlich, dass jene der an einander grenzenden Zellen miteinander korre- Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 153 spondieren müssen, so dass man vom Anfang an (schon in ganz jungen Zellen) den Eindruck hat, als ob sich die Fibrillen kontinuierlich durch ganze Zellenreihen und durch die ganze Dicke der Epidermis ziehen würden, und es ist auch etwas daran. Auch die Substanz der bisher homogenen Pelliculen (die sich seitdem in wirkliche Zellmembranen umgewandelt haben) differenziert sich an den Kontaktstellen, dasselbe gilt von den Zellbrücken, und so sehen wir — manchmal ganz deutlich — vollkommen kontinuierliche Protoplasmafasern. Meistens lässt sich jedenfalls an den hier in Betracht kommenden Zellen die Kontinuität nicht direkt nachweisen (so Branca |. c.!) und ist erst an späteren Zellengenerationen angehörenden Elementen ganz deutlich. Ide macht in seiner Arbeit gerade auf den Um- stand aufmerksam, dass die Fibrillen bei ihrem kontinuierlichen Verlaufe durch das Gewebe die Zellmembranen durchbrechen müssten und will darin einen sehr gewichtigen Beweis gegen die Annahme von solchen erblicken. In jungen Epidermiszellen (und Epitrichialzellen ?) sind die Tonofibrillen und ihre Vorstufen manchmal sehr spärlich vor- handen und verlaufen manchmal wie inmitten eines leeren Raumes, in dem sich keine weitere Struktur nachweisen lässt. Die ganze Zelle ist hier von einem flüssigen Inhalte ausgefüllt und erinnert somit manchmal sogar an eine Chordazelle. In älteren Zellen (Fetus von Bos von der Länge ungefähr 4 dm) verlaufen die Fibrillen in einem schön differenzierten Reticulum, das sich daneben erhalten hat, und stellenweise lassen sich sogar Fibrillenbündel beobachten. In solchen Zellen kann man also die Protoplasmastruktur von den verschiedenen Tono- fibrillen ganz genau unterscheiden, und dasselbe gilt dann auch von den späteren Zellengenerationen, besonders auch von den Zellen der definitiven Malpighischen Schichtet). !) Besonders Herxheimer (1899) macht auf diese Protoplasmastruktur aufmerksam. 154 F. K. STUDNICKA, Auch jetzt ist in den fetalen Zellen das Plasma eigentlich sehr weich und so ist die Rolle der Fibrillen ganz erklärlich. Das einzige, was ausser ihnen dem Zellkörper eine gewisse Festigkeit gibt, ist die Zellmembran, welche sich da aus der ehemaligen dünnen Pellicula ausgebildet hat. Die verschiedenen Schicksale der Pelliculen resp. Zell- membranen kann man am bequemsten an den Hufanlagen von Equus und Bos verfolgen, und zwar muss man in diesen Fällen auch die Zellen des Stratum granulosum berücksichtigen, welche hier durch gewisse Eigenschaften, Grösse, lockere Morpho- plasmastruktur, Zellmembranen an die Elemente der voran- gehenden Zellengenerationen erinnern. Genau so, wie an den Epitrichialzellen, kann man auch hier mit der grössten Deutlich- keit beobachten, dass sich die Pelliculen an der Fibrillenbildung nicht beteiligen, die Fibrillen entstehen immer im Inneren des Zellplasmas und nur ausnahmsweise fand ich Zellen (Fig. 78 Taf. 11/12), in denen die Fibrillen hauptsächlich an der Zellober- fläche angesammelt waren, so dass es schien, als ob ihre Bildung von der Oberfläche ausgehen würde. Die Zellmembranen sind in dem anfangs hervorgehobenen Falle bedeutend dicker, als in gewöhnlichen jungen Epidermiszellen, enthalten jedoch, soviel ich entscheiden kann, auch jetzt keine eigenen Fibrillenzüge, es sind in ihnen nur solche vorhanden, welche sich da als Fortsetzung derjenigen des Zellplasmas ausgebildet haben. Auch solche stark verdickte Zellmembranen hängen noch immer mittelst zahlreicher Zellbrücken zusammen, nur sind hier die Intercellularlücken (Stratum gran. der Hufanlage) bedeutend enger und werden beim Verhornungsprozesse durch besondere aus der Zelle ausgeschiedene Stoffe ganz ausgefüllt (!). Da ich hier auf den Verhornungsprozess nicht eingehen will, erwähne ich einfach diese Tatsache. Anderswo bleiben, wie aus den Angaben der Autoren hervorgeht, die Intercellulärlücken auch dabei durchgängig. Renaut hat (1897) an demselben Objekte Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 155 etwas Ähnliches wie ich beobachtet und erwähnt da eine „substance cimentaire“. Die Epidermiszellen, die wir oben zuletzt bei dem Dicker- werden ihrer Membranen verlassen haben — die darauf folgen- den Angaben betreffend das Verschmelzen derselben bezogen sich auf ältere Entwickelungsstadien und nur auf einen be- stimmten Fall — verändern sich gleichzeitig noch in einer anderen Richtung. Sowohl in der Epidermis wie auch, und dies besonders, in der Hufanlage von Bos und Equus konnte ich folgende Beobachtungen machen: Das reticulär resp. spongiös gebaute Morphoplasma der Zelle, welches man an den Präpa- raten fast ausschliesslich zu sehen bekommt (da das Hyalo- plasma wohl flüssig ist), sondert sich in zwei Zonen, eine äussere und eine innere, welche letztere den Zellkern in sich einschliesst. Dadurch haben wir an der Stelle des bisherigen Protoplasmas auf einmal ein Exoplasma mit einem Endoplasma- hofe im Inneren (Taf. 11/12, Fig. 79, 80) vor uns. Die Sonderung der beiden Plasmaarten lässt sich in den grossen Zellen der Hufanlage bedeutend leichter beobachten, als irgend anderswo, und zwar deshalb, da hier (Stratum granu- losum!) die Protoplasmastrukturen überaus grob und leicht übersichtlich sind. Jedenfalls gehören die Zellen, um ‚ie es sich da handelt, einer anderen Generation an als diejenigen, mit denen wir uns oben beschäftigt haben, aber wir haben nicht die geringste Ursache anzunehmen, dass sich die Zellen nach einem anderen Typus differenzieren würden als diejenigen der früheren oder der folgenden Generationen. Die Differenzierung geschieht einfach dadurch, dass sich rings um den Zellkern herum, in einer nicht zu grossen Ent- fernung von ihm (Taf. 11/12 Fig. 80), eine scharfe Grenze bildet, wodurch das Plasma in zwei Partien zerfällt. Die Grenze, welche, soviel es sich beurteilen lässt, plötzlich erscheint, bildet sich natürlich nicht anders, als durch eine lokale Verdichtung des 156 F. K. STUDNICKA, Fig. 6. Die Entwickelung der Säugetierepidermis. Schematisch dargestellt. Protoplasmareticulums, und zwar entsteht auf diese Weise wohl zuerst eine intraprotoplasmatische durchlöcherte (reticulär ge- Vergleichende Untersuchungen über dir Epidermis der Vertebraten. 157 baute?) Membran. Sogleich nach dem Erscheinen der Grenze kann man beobachten, dass das Plasma, welches den inneren abgerundeten Hof einnimmt, etwas anders gebaut ist als das periphere Plasma, das Exoplasma. Das erstere besteht jetzt auf einmal (früher war es jedenfalls nur nicht bemerkbar?) aus feineren, dünneren, etwas lockerer liegenden Morphoplasma- trabekeln, welche, und dies ist das Auffallendste, keine Tono- fibrillen führen. Der ganze Reichtum an Tonofibrillen ist dem Exoplasma zugefallen, und dieser Umstand erlaubt uns zu denken, dass sich das Endoplasma an der Kernperipherie eigent- lich neugebildet hat und sich erst nachträglich durch eine scharfe Grenze vom übrigen alten Plasma, welches dadurch zum Exo- plasma wird, abgrenzt (vergl. die Textfig. 6). Ist einmal diese Sonderung in zwei Plasmaarten auf die von uns soeben angegebene Weise durchgeführt, entfernen sich beide noch auffallender voneinander. Das Exoplasma baut zahl- reiche neue Tonofibrillen t) und wird bedeutend fester als es früher war und vorbereitet sich so allmählich zum Verhornungs- prozesse. Das Endoplasma, das meistens von Anfang an auf einen ganz engen Hof in der Kernumgebung beschränkt ist, wird noch lockerer. Seine Trabekeln werden wie eingezogen, und schliesslich, und zwar recht bald, wird der für das Endo- plasma bestimmte Raum inmitten der Zelle fast leer. Vom ehe- maligen Morphoplasmagerüste erhalten sich da nur einzelne Fäden, welche den Zellkern wie in seiner Lage halten. Es bereitet sich so der definitive Zustand vor, den wir später unten besonders zu schildern gedenken. Die Differenzierung der beiden Plasmaarten, die wir soeben auf Grundlage eigener Untersuchungen beschrieben haben, wurde zuerst von Renaut, dem Urheber des Exoplasmabe- griffes, beobachtet. Man findet in seinem Artikel über das ') Wohl auch durch Spaltung der bereits vorhandenen. 158 F. K. STUDNICKA, Epithelgewebe (1886), in der Beschreibung der Entwickelungs- geschichte der Malpighischen Schichte des Hufes von einem „foetus de veau‘“ folgenden Passus: „La constitution reste la möme dans les deux rangees de cellules &pitheliales se sucecedant au-dessus de la premiere, puis brusquement, chaque cellule de Malpighi prend une forme globuleuse. Le noyau nucl6ole parait entoure d’une zone relativement claire, arrondie ou ovalaire, zone endoplastique, limitee par une ecorce ou zone exoplastique que le pierocarminate d’ammoniaque et l’&osine teignent en rouge. J’applique, on le voit a ces deux zones les termes adoptes par Haeckel....“t). In seinem ausführlichen „Traits d’histologie‘‘ gibt er keine nähere Nachrichten, die sich auf den ersten Ursprung der beiden Plasmaarten beziehen würden, doch ist es vollkommen klar, dass sich seine kurze Be- merkung nur auf das von uns Beobachtete beziehen kann. Viel deutlichere Nachrichten und sogar auch Abbildungen, die sich auf unseren Prozess beziehen, findet man bei Ide (1889), doch wird gerade von diesem Autor auf die Zweischichtig- keit des Protoplasmas nicht der geringste Nachdruck gelegt. Die Tatsache wird da eigentlich nur so nebenbei erwähnt. lde erwähnt (l. c. S. 331) zuerst die Grenze zwischen den beiden Plasmaarten : „Nous voulons parler d’une membrane plus au moins parfaitement constituce, qui eirconserit autour du noyau une zone assez considerable de protoplasma.“ „En coupe optique cette membrane a le m&me aspect, que la membrane nucleaire ordinaire. Vue de face elle se montre finement re- ‘ ticule.‘“ Diese Membran kann nach Ide manchmal fehlen. Was das Endoplasma betrifft, so charakterisiert es Ide auf folgende Weise: „Le protoplasme contenu dans cette enveloppe interne est generalement plus clair, que dans le reste de la cellule. On y distingue toujours un reticulum a mailles polygonales, limitees par de fortes trab&cules.“ ') L. ec. S. 282. Vgl. auch Renauts Mitteilung aus dem Jahre 1887. Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 159 Retterer findet (1897) an demselben Objekte (,„Epithelium f&tal de sabot de cheval‘‘) nur eine „espace perinucleaire, rempli par de l’hyaloplasma qui parait depourvue de reticulum“, aber es lässt sich nicht bezweifeln, dass auch er wenigstens ähnliche Bilder, wie wir sie oben beschrieben, gesehen hat. Die Exoplasmabildung, von der im vorhergehenden ge- sprochen wurde, ist sehr eigentümlich und unterscheidet sich auffallend von derjenigen, wie wir sie bei niederen Vertebraten kennen gelernt haben und welche allein in meinen schema- tischen Abbildungen — Anat. Anzeiger, Bd. XXH, 1903 (c) — zur Berücksichtigung kam. Anderswo legt sich das Exoplasma als eine Zellmembran oder eine Kruste an der Zelloberfläche an, und die Tonofibrillen werden vom Anfang an ausschliesslich in seinem Bereiche gebildet. Auch hier in der Säugetierepidermis besteht vom Anfang an eine exoplasmatische dünne Zell- membran, aber die Fibrillenbildung geschieht trotzdem ım Inneren des Endoplasmas, dessen breite periphere Zone schliess- lich in neues Exoplasma umgewandelt wird. Streng genommen kann man da eigentlich nicht einmal von „Exoplasmabildung‘‘, in dem Sinne, wie es bei den niederen Formen möglich war, sprechen, beide Plasmaarten erscheinen gleichzeitig, werden gleichzeitig voneinander gesondert und es scheint sogar, wie ich im folgenden zeigen werde, dass es das Endoplasma ist, welches hier inmitten des alten bisher eigentlich in- differenten Protoplasmas neu gebildet wird. Ich stelle mir den ganzen Vorgang, um den es sich hier handelt, etwa auf folgende Weise vor: Das von Anfang an locker gebaute Protoplasma der Epidermiszelle verdichtet sich, sein Morphoplasma baut in seinen Trabekeln zahlreiche Tono- fibrillen, diese vermehren sich durch Teilung usw. Durch alles dies entfernt sich das Plasma von seinem ehemaligen Zu- stande und noch mehr von dem primitiven Zustande, in dem wir es in den Basalzellen gefunden haben. Die Modifikation 160 F. K. STUDNICKA, des Protoplasmas, die natürlich immer innerhalb der primären Zellmembran geschieht, kann nur bis zu einem bestimmten Grade fortschreiten. Sobald sich das Plasma zu stark von seinem primitiven Zustande entfernt, muss wahrscheinlich ein Teil des Protoplasmas in den ursprünglichen oder diesem sehr nahen Zustand zurückkehren oder es muss da auf eine andere Weise frisches Protoplasma gebildet werden, welches den Zell- kern und somit die Zelle, welche sich jetzt ganz anderen Aul- gaben widmet, vorteilhafter auf Leben erhalten und vielleicht noch andere Aufgaben besorgen könnte. Wie sich dieses innere Plasma — unser Endoplasma — bildet, ob es sich in das Zelleninnere nur von allen Seiten zusammenzieht, oder ob es hier sogar unter Mitwirkung des Zellkerns neugebildet wird, lässt sich nicht erkennen. Wir können es meistens nur ‚dann beobachten, nachdem sich die oben erwähnte Grenze zwischen ihm und dem künftigen Endoplasma ausgebildet hat. Eine solche kann übrigens auch fehlen, so dass dann beide Plasma- arten allmählich ineinander übergehen. Interessant ist jedenfalls, und dies lässt sich mit der oben. ausgesprochenen Hypothese nicht ohne weiters in Überein- stimmung bringen, dass das Endoplasma in manchen Fällen vollkommen fehlen kann. Die verhornenden Zellen verlieren z. B. mit der Zeit vollkommen ihr Endoplasma und es liegt dann der Zellkern, soviel sich wenigstens entscheiden lässt, direkt im Exoplasma, und doch sterben solche Zellen zuerst noch nicht. Auch das Exoplasma muss daher fähig sein, den Lebensbedingungen der Zelle zu entsprechen und selbst zu assimilieren; jedenfalls ist aber das Endoplasma, welchem keine anderen Aufgaben zukommen, dazu viel geeigneter. Ich erinnere hier daran, dass ich mich schon oben einmal, und zwar beim Besprechen der Hornzähne der Petromyzonten (S. 44) mit dieser Frage beschäftigt habe. Gerade damals haben wir die Gelegenheit gehabt, Zellen kennen zu lernen, deren gesamtes Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 161 Plasma, also bis an den Zellkern heran, exoplasmatischer Natur war (vergl. Taf. 5/6 Fig. 36). In der Säugetierepidermis findet man ebenfalls ähnliche Zellen, und zwar in der unteren Partie der Malpighischen Schichte; hier handelt es sich in ihnen im Gegenteil um junge Zellen, welche wahrscheinlich, nach- dem sie einmal an die Oberfläche kommen, in ihrem Inneren auf eine der oben angedeuteten Weise noch ein Endoplasma bauen werden. Nicht ohne jedes Interesse ist der Umstand, dass das Exo- plasma in den Zellen mit differenziertem Plasma auch später, nachdem es einmal entstanden ist, durch Apposition vom inneren Rande zunehmen kann. An den von mir untersuchten fetalen Hufanlagen fand ich z. B. in der Stachelzellenschichte öfters Zellen, in denen am inneren Rande der Exoplasma- schichte, also an der Oberfläche der oben erwähnten Scheide- wand, die Trabekeln und Lamellen des Morphoplasmas in mehreren parallelen, verschieden sich miteinander verbindenden Schichten angeordnet waren. Es machte dies vollkommen den Eindruck, als ob hier das Exoplasma durch Bildung neuer Tra- bekeln und natürlich auch des dazu gehörenden Hyaloplasmas zugenommen hätte, aber trotzdem könnte man da immer noch einwenden, dass die betreffende Anordnung nur die natürliche Folge einer geringen Schrumpfung der innersten Zone des Exo- plasmas ist. Viel eindeutiger sind daher jene Fälle, in denen ich an der Oberfläche des Endoplasmas eime besondere vom Exoplasma etwas abgezogene, feste, meist sogar homogene Schichte beobachtet habe, in welcher es sich sicher um nichts anderes als um eine neu zugekommene Exoplasmaschichte handeln konnte, welche das Endoplasma selbständig an seiner Oberfläche gebildet hat. Meistens war sie mit dem übrigen Exo- plasma durch aus derselben Substanz bestehende Trabekeln und Lamellen verbunden. Manchmal hat es sich um eine den Zellkern und eine ganz minimale Endoplasmaschichte ganz eng Anatomische Hefte. I. Abteilung. 117. Heft (39. Bd., H. 1). il 162 F. K. STUDNICKA, umschliessende Membran gehandelt. Etwas Ähnliches, wie so- eben hier, habe ich bereits oben einmal beschrieben und zwar handelte es sich damals um eine abnorme Deckzelle von Petro- myzon, welche innerhalb der Zellmembran eine besondere exo- plasmatische innere Membran ausgebildet hat (Taf. 3/4 Fig. 28). Ebenfalls gehören hierher Fälle, welche ich in einer meiner Arbeiten (1903, b) erwähne und von denen ich einen daselbst (Taf. XLI—XLII Fig. 34 1. c.) abbilde. Damals handelte es sich um ganz eigentümliche Chordazellen aus der Nähe des Chordastranges von Belone acus. Diese Zellen bilden in einigen Fällen sogar mehrere innere voneinander unabhängige Fxo- plasmahüllen, welche untereinander mittelst zellbrückenähn- licher Verbindungen im Zusammenhange standen. Einfache Schichtenbildungen, die ebenfalls für eine appositionelle Zu- nahme des Exoplasmas sprechen, habe ich in zahlreichen Fällen an Chordazellen gefunden und in der zuletzt citierten Arbeit genauer beschrieben. Soviel von der Differenzierung der beiden Plasmaarten in fetalen Epidermiszellen der Haut und der Hufanlagen. Später verlauft, und dies kann man schon in den unteren Partien der Malpighischen Schichte der Hufanlagen beobachten, dieser Prozess sehr schnell und so findet man bereits in den unmittelbar oberhalb der Basalzellen liegenden Elementen enge Endoplasmahöfe an der Kernperipherie, deren Genese sich hier‘ jedenfalls nicht ermitteln lässt (vergl. Taf. 11/12 Fig. 77). D. Die fertige Epidermis der Säugetiere. 1. Stachelzellen. (Tafel 11/12, Figur 81.) Die Stachelzellen, welche man in der Epidermis der er- wachsenen Säugetiere findet, sind selbstverständlich nicht die- selben wie jene, mit deren Morphologie wir uns oben beschäftigt Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 163 haben. Die Hornschichte der Epidermis wird vom Anfang an an ihrer Oberfläche abgeschuppt, und so sind jetzt an die Stelle der alten längst ganz neue gekommen. Die einzigen Zellen, die sich an ihrer Stelle fortwährend erhalten und durch Teilungen immer das Verlorene ersetzen, sind die Basalzellen, mit denen wir uns unten gesondert beschäftigen werden. Obzwar es sich da also um ganz andere Zellengenerationen handelt, haben wir nicht die geringste Veranlassung daran zu zweifeln, dass be- treffend der späteren Zellen etwas Ähnliches gilt, was wir von den jungen angeführt haben. Unterschiede, die es da selbst- verständlich gibt, sind sicher nicht prinzipieller Natur; wir haben hier dieselben Bestandteile der Zellen vor uns wie früher. Es gilt dies hauptsächlich vom Exoplasma und Endo- plasma; was die Tonofibrillen betrifft, so sind hier jetzt solche im Unterschied zu der fetalen Epidermis bereits in den Basal- zellen enthalten. Abgesehen davon, besteht der Unterschied, wenn ich mich nicht irre, hauptsächlich darin, dass hier die Bildungsprozesse schnell durchlaufen, so dass wir schon in der ersten, höchstens zweiten Schichte der Stachelzellen voll- kommen fertige Zellen finden. Schon in der fetalen Epidermis, welche oben von Epitrichialzellen bedeckt ist, kann man dies sehen (Taf. 11/12 Fig. 7%). Die allgemeine Bauweise der Stachelzellen der Säugetier- epidermis ist aus zahlreichen Arbeiten, ich erwähne hier z. B. diejenigen von Max Schultze, Bizzozero, Ranvier, Renaut, Ramon y Cajal, aus der neueren Zeit jene von Hans Rabl (1897), Kromayer (1892), Unna (1903 u.a.), Weidenreich (1900) und Schridde (1906) bekannt. Die meisten Angaben beziehen sich auf die Verhältnisse in der Epidermis des Menschen. Die Stachelzellen der fertigen Epidermis haben immer ein festes homogenes Protoplasma, in welchem sich überall reich- liche Tonofibrillen („Protoplasmafasern‘“) befinden. Manchmal 11” 164 F. K. STUDNICKA, sind die Tonofibrillen in der peripheren Partie der Zelle etwas reichlicher vorhanden als gegen das Centrum der Zelle zu, doch niemals finde ich in der Epidermis eine besondere Fibrillen- schichte, welehe nur die Zelloberfläche bedecken würde, wie es von Beneke (1895) und Schütz (1896) angegeben wurde. Die Tonofibrillen sind an Eisenhämatoxylinpräparaten meistens vollkommen gut sichtbar (Taf. 11/12, Fig. 81). Das eigentliche Exoplasma ist, wie ich eben sagte, homogen. Schridde (1906) bezeichnet infolgedessen die Epidermiszellen einfach als „homogene Protoplasmamassen mit centralem Kerne‘ und doch kann man in ihnen ausser den Plasmafasern hie und da Andeutungen einer Struktur finden, welche wahr- scheinlich der spongiösen resp. reticulären der fetalen Epidermis- zellen entspricht. Eine Zellmembran an der Oberfläche der Zelle, welche Ramon y Cajal (1886) gesehen zu haben glaubte, oder eine dicke glasartige Wand, welche neuestens Unna (1903) beschreibt), ist ganz sicher nicht vorhanden. Es lässt sich auch keine besondere etwa faserfreie periphere Schichte nachweisen. Das Exoplasma hat überall und zwar bis zur Oberfläche denselben Bau. Hierin besteht, wie wir sehen, ein Unterschied zwischen den fetalen Epidermiszellen, welche eine deutliche Zellmembran besassen, und denjenigen der fer- tigen Epidermis. Da die Basalzellen, wie wir noch sehen werden, eine Zellmembran besitzen, muss sie gleich in der nächsten Zellgeneration, vielleicht durch Verschmelzung mit dem übrigen Exoplasma, verschwinden. Ein Endoplasma ist nicht in allen Zellen vorhanden und ist überhaupt in den Epidermiszellen der fertigen Haut sehr schwer nachweisbar. In der Regel kann man an der Peripherie der Zellkerne nur leere Räume sehen, so dass es scheint, als ob !) Unna meinte, dass die Zellen aussen von homogenen Hüllen umgeben sind, welche sich im Niveau der Zwischenkörperchen (Dermatoplasten) berühren sollten. Intercellularlücken würden da demnach überhaupt nicht existieren. Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 165 der Zellkern innerhalb des Zellplasmas einfach geschrumpft wäre und um sich herum einen leeren Raum, eine „Kernhöhle“ (Unna 1903), gebildet hätte. Solche Bilder erwähnt zuerst Ranvier in seiner Histologie (Deutsche Ausg. 1888, S. 228), und ähnliche Angaben und Abbildungen findet man in einer ganzen Reihe von neueren Arbeiten. Ich erwähne hier die Arbeiten von Weidenreich (1900 Taf. VI), Kromayer (1892), Rabl (1897, Taf. XX, Fig. 32, 35), Rawitz (1899, Taf. V, Fig. 4), Unna (1903), Schridde (1906) usw., weiter die Abbildung in dem Lehrbuche von Rauber-Kopsch (1906, Abt. I, Fig. 84). Nur von Renaut (1886, 1897) wird der Sachverhalt anders gedeutet. Nach ihm soll im Inneren des scheinbar leeren Raumes auch in der fertigen Epidermis ein Endoplasma vorhanden sein (vergl. z. B. 1897, S. 214). Über das Aussehen dieses Endoplasmas findet man bei Renaut keine näheren Angaben; auf seinen Abbildungen wird es durch feine Punktierung dargestellt, als ob es den für ihn bestimmten Raum vollkommen füllen würde. Nach eigenen Untersuchungen, bei welchen mit den meisten üblichen Methoden fixierte und verschieden gefärbte Objekte benützt wurden, fand ich meistens nur eine leere Lücke zwischen dem Umfange des Zellkerns und dem übrigen Plasma, so dass es wirklich schien, als ob es sich da einfach um ein durch Schrumpfung bedingtes Artefakt handeln würde. Erst bei sehr aufmerksamer Untersuchung verschiedener Objekte und bei der Benützung starker Objektive fand ich in vielen Fällen an der Kernoberfläche eine dünne plasmatische, schwach sich färbende Hülle und konnte weiter feine von dieser nach verschiedenen Seiten ausgehende und mit Exoplasma sich verbindende Fort- sätze beobachten. Einigemal waren diese inneren Plasmapartien ziemlich gross und sehr auffallend. Aus diesen Befunden muss ich schliessen, dass das Endoplasma in einer recht spärlichen Menge vorhanden ist, dass es sich nur auf die Nähe des Zell- 166 F, K. STUDNICKA, kerns beschränkt, so dass zwischen ihm und dem Exoplasma wirklich eine durch Flüssigkeit gefüllte Lücke existiert). Offen- bar bekommen wir an unseren Präparaten das Endoplasma in stark geschrumpftem Zustande zur Ansicht. Im Leben sieht es jedenfalls so aus, wie dasjenige der spinnenförmigen Endo- plasmazellen, welche ich vor Jahren (1903, b) aus dem Chorda- gewebe einiger Fische beschrieben habe, oder ist vollkommen dünnflüssig. Aus vorangehendem ersieht man, dass ein Endoplasma wirklich vorhanden sein kann, obzwar es in anderen Fällen ebenso sicher fehlt, wobei sich dann die Zellen so verhalten, wie die oben erwähnten Epidermiszellen der Zahnanlagen von Petromyzon. Die Hauptmasse der Epidermiszellen ist in jedem Falle exoplasmatischer Natur (vergl. meine Abh. 1898, S. 9). Ausser dem positiven Befunde des Endoplasmas, der eigent- lich mit den Befunden an fetalen Epidermiszellen in vollem Einklange steht, muss man noch folgendes erwägen: Der Zell- kern steht überall, in allen möglichen Zellarten in einem ganz innigen Zusammenhange mit dem Zellplasma, was wohl durch die Rolle, welche er in der Zelle zu spielen hat, zu erklären ist. Nur in diesem einen Falle würde also, falls die Deutung der Mehrzah‘ der Autoren richtig wäre, eine Ausnahme vorliegen. Es müsste sich da also um Zellkerne handeln, welche sich bei Schrumpfungen auffallend leicht vom Zellplasma abtrennen. Abgesehen davon muss man noch folgenden Umstand erwägen: Die Lücken zwischen dem Zellkern und dem Exoplasma sind manchmal bedeutend gross, und so wäre es schwer vorstell- bar, dass sie ihre Entstehung einfachen Schrumpfungen ver- danken, solche müssten ja kolossal sein, und doch kann man dabei weder am Plasmakörper der Zelle, in dem die Tono- 1) Man kann dies am ehesten mit dem bekannten Verhalten der blasigen Chordazellen vergleichen. (Vergl. meine Abh. im Anat. Anz. Bd. 34, 1909. S. 90. — Bemerk. bei der Korrektur!) Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 167 fibrillen (Protoplasmafasern) ganz regelmässig verlaufen (vergl. Taf. 11/12 Fig. 79!), noch — und dies noch weniger am Zell- kerne selbst, welcher denen der anderen Gewebe vollkommen gleicht, keine so auffallenden Zeichen einer Schrumpfung be- obachten. Eine Schrumpfung müsste z. B. am ehesten am inneren Rande des Zellplasmas deutliche Spuren hinterlassen, und dies kann man hier niemals beobachten, da eben die Lücken präformiert sind. Schliesslich müsste man bei verschiedenen Fixierungen !) verschiedene Schrumpfungen erzielen und wieder andere Bilder an schlecht erhaltenen oder abgestorbenen Zellen sehen. Alles dies stimmt nicht mit der Voraussetzung, dass es sich da um Artefakte handeln könnte, die Lücken sehen vielmehr an allen Präparaten vollkommen gleich. Alles in allem zusammenfassend, sehen wir, dass die „harten“ Epidermiszellen der Säugetiere, und dasselbe gilt wohl für dieselben der Vögel und der Reptilien, welche in vorliegen- der Arbeit nicht besonders berücksichtigt werden, hauptsäch- lich (manchmal ausschliesslich) aus Exoplasma bestehen, und sich somit bedeutend von den grösstenteils endoplasmatischen „weichen“ Zellen aller anderen Gewebe bedeutend unter- scheiden. Das so gebaute Epidermisgewebe ist mit Rücksicht darauf und mit Rücksicht auf die massenhaft vorhandenen Tonofibrillen verschiedenen Bindegewebsarten bedeutend näher verwandt als dem gewöhnlichen „weichzelligen“ Epithelgewebe, z. B. dem der meisten Schleimhäute. Abgesehen von Renaut hat noch ein anderer Autor auf diese Eigentümlichkeit des betreffenden Epidermisgewebes hingewiesen. Es ist dies Be- neke (1895), der die faserhaltige Masse der Epidermiszellen ı) Fixiert wurde z. B. mit Formol, Sublimat - Eisessig, Alkohol, Acid. nitrie. Lig. Perenyi, Lig. Zenkeri, Lig. Flemmingi usw. Eingebettet wurden die Objekte teils in Paraffin, teils in Celloidin, um auch die eventuellen Schrumpfungen, die bei der Paraffineinbettung entstehen könnten, zu kon- trollieren, 168 F. K. STUDNICKA, für eine Art von euticularer Hülle hielt. Seine Deutung wurde bald darauf (Rabl, 1897) als „durchaus den Tatsachen widersprechend‘“ abgewiesen. 2. Basalzellen. Im Unterschied zu denen der niederen Vertebraten ver- bleiben die Basalzellen zeitlebens in einem deutlich indiffe- renten Zustande, was wohl mit der grösseren Rolle, welche sie hier zu spielen haben, zusammenhängt. Bei Fischen (Se- lachiern z. B.) findet man Mitosen in allen unteren Stachel- zellenschichten, so dass hier den Basalzellen beim Wachstum des Gewebes keine so grosse Verantwortlichkeit zukommt. Bei Säugetieren teilen sich in der fertigen Epidermis de norma fast nur die Basalzellen. Das Plasma der anderen Zellen scheint hier schon allzu specialisiert und nicht so teilungsfähig zu sein. Die Basalzellen bestehen in der fertigen Epidermis aus einer einzigen Plasmaart, welche weder dem Exoplasma noch, und dies noch weniger, dem Endoplasma der darüber liegenden Zellen gleicht. Es handelt sich um dichtes, stark färbbares, etwa feinkörniges, in der Tat wohl auch spongiös oder vielleicht alveolär gebautes Plasma, welches an der Oberfläche von keiner Zellmembran umgeben ist. Die Zellen liegen voneinander ge- trennt nebeneinander und hängen mittelst Zellbrücken zu- sammen. Im Inneren der Basalzellen verlaufen zahlreiche Tono- fibrillen und zwar, soviel ich erkennen kann, bis zu ihrem basalen Rande. Schridde (1906) gibt an, dass er an genau senkrecht zu der Hautoberfläche orientierten Schnitten die Fasern „erst in einem höheren Zellabschnitte beginnen“ sah, sie sollen daher nicht nach unten, wo sie doch beim Verbinden mit dem Corium am meisten behilflich sein würden, reichen. Die sog. Herxheimerschen Spiralen (Herxheimer, 1889) sind jedenfalls als Bündel von Tonofibrillen, ähnlich, wie Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 16) ich sie bei Amphibien gesehen habe, zu deuten, und ihre Spiral- forn: mag nur ein Artefakt sein (vergl. z. B. Herxheimer (1889), Kromayer (1897), Rabl (1897), Weidenre ich (1900) und Kreibich (1901)). Besondere Basalstrukturen kommen in den Zellen ganz sicher nicht vor, und was die Art und Weise, wie sie sich mit dem Corium verbinden, betrifft, so handelt es sich da wieder um die bereits oben (Amphibien) beschriebene Ver- zahnung (vergl. S. 143). Die Basalzellen sind unten ganz deut- lich ausgefranst und breitere und engere Coriumfortsätze dringen zwischen ihre Ausläufer ein. Selbstverständlich hat sich dieser Zustand auch hier erst später entwickelt. Die ganz junge fetale Epidermis wird unten noch von einer glatten Linie begrenzt, und in älteren Entwickelungsstadien finde ich nur niedrige breite Zähne an der Coriumoberfläche. Dies letztere finde ich z. B. bei einem achtmonatlichen menschlichen Fetus!). Fine Basalmembran lässt sich in den meisten Fällen, wenn auch manchmal nicht ganz leicht, beobachten. Sie ist ganz dünn und hat wohl auch hier dieselbe Bedeutung wie in allen früheren Fällen. Robin und Retterer (1885) haben in ihr z. B. Zellkerne (wohl Zellen!) gefunden, was für die Richtig- keit dieser Deutung sprechen würde. Ihre bedeutende Resı- stenzfähigkeit gegen Reagentien erwähnen dieselben Autoren, und sc wird es sich auch hier wohl um eine chemisch um- gewandelte oberflächlichste Bindegewebsschichte des Coriums handeln 2). 1!) Die Literatur über die Verzahnung der Epidermis würde z. B. von Retterer (1904, 8. 522 ff.) und neuestens von Krauss (1905, p. 219 ff.) zu- sammengestellt. Kromayer (1899) konnte die Neubildung der Verzahnung - bei der Regeneration der Epidermis beobachten. 2) Die Literatur der Basalmembran — diese wurde bekanntlich 1845 von Bowman unter dem Namen „Basementmembrane“ beschrieben — kann man in den eben erwähnten Arbeiten von Retterer und Krauss nachsehen. 170 F. K. STUDNICKA, Von einem Übergang der Bindegewebsfasern in den Be- reich der Epidermis — Schütz (1892) glaubte elastische Fasern des Coriums bis in höhere Zellschichten verfolgen zu können — kann wohl hier, ebensowenig wie in allen vorangehenden Fällen, die Rede sein. 3. Verhorntes Epidermisgewebe. Wie wir es bereits oben betont haben, besteht die Ver- hornung aus zwei verschiedenen Prozessen, dem Verdichten des Exoplasmas, auf welches letztere sie sich ja ausschliess- lich bezieht und in Ablagerung bestimmter Stoffe in der Sub- stanz desselben. Sie ähnelt also, wie wir daraus sehen, auf- fallend der Grundsubstanzbildung, bei der man beide diese Prozesse und dazu noch die Fibrillenbildung, welche hier voran- geht, beobachten kann. Die Zellen selbst verwandeln sich bei der Epidermis- verhornung, soweit sie nicht zu weit fortgeschritten ist, eigentlich nicht zu bedeutend. Ihre Plasmafaserung und ihre Zellbrücken erhalten sich, wie es Rabl (1897, 1897 ce) zeigen konnte, sowohl im Stratum granulosum, wie auch in den unteren Schichten der verhornten Zellen, und aus den unbestimmt klingenden Angaben einiger Autoren scheint soviel hervor- zugehen, dass da auch andere Strukturen, welche der Haut angehören, erhalten bleiben. Die verhornte Zelle ist anfangs durchaus nicht tot, wie es Merk (1900) gegen Weiden- reich (1900) hervorhebt; erst später stirbt sie ab. Sie kann durch verschiedene Einwirkungen, durch Verbrennung z. B., ganz deutlich abgetötet werden. Auch die Lücken nach Endo- plasma erhalten sich in verhornten Zellen. Die Verhornung beginnt bekanntlich an der Zelloberfläche; die membranartige Schichte, welche die Mehrzahl der Autoren an der Oberfläche der verhornten Zellen gefunden haben Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertehraten. 171 (Unna [1883], Zander [1888]) hat mit einer wirklichen Zell- membran ganz sicher nichts zu tun. Besondere Cutieularbildungen bei Teleostiern. Aus eigener Anschauung kenne ich nur zwei Cuticular- bildungen besonderer Art, welche sich mit den im voran- gehenden beschriebenen (Deckplatte und Wolffsche Cuticula) auf keine Weise direkt gleichstellen lassen und die deshalb eine gesonderte Besprechung verdienen. Es handelt sich da um die Cuticularbildungen des Saugnapfes von Lepadogaster und um diejenigen der Flammenzellen von Hippocampus, in welchen beiden wir jedenfalls nicht identische, sondern recht verschiedene Bildungen sui generis vor uns haben. Es lässt sich denken, dass uns weitere vergleichend histologische Unter- suchungen in der diesbezüglich bisher sehr wenig durch- forschten Teleostiergruppe noch mit anderen solchen Cuticular- bildungen, die kaum die einzigen ihrer Art sind, bekannt machen werden. I. Die Cutieularplatten des Saugnapfes von Lepadogaster. (Textfigur 7, Taf. 13/14, Fig. 83, 84.) Die Cuticularplatten von Lepadogaster hat zuerst Guitel in seiner Monographie dieses Fisches (1888) beschrieben und durch eine Reihe von Abbildungen erläutert. In einer meiner Arbeiten (1906) habe ich unlängst auf diese interessanten Bil- dungen von neuem aufmerksam gemacht und habe die Guitel- 172 F. K. STUDNICKA, sche Beschreibung durch einige an Eisenhämatoxylinpräparaten gemachte Beobachtungen teilweise vervollständigt. Allem Anscheine nach hat man in diesen Cuticularplatten wirkliche Cuticulargebilde vor sich, welche ungemein an jene der Evertebraten erinnern und in der Vertebratenreihe kaum | Fig. 7. Epidermis und Cuticularplatte aus dem Saugnapfe von Lepadogaster, anderswo ein direktes Analogon haben t). Wie andere Cuticular- bildungen liegen auch sie ausserhalb des Epithels, welches ihnen auf irgendwelche Weise Ursprung gegeben hat. Die Schlussleisten des Epithels, welche immer seine äussere Grenze bezeichnen, liegen also in diesem Falle unterhalb von ihnen. !) Am ehesten könnte man sie mit den Kutikulen der Ependymmembranen vergleichen, welche ebenfalls schon ausserhalb der Zellbereiche liegen. (Vergl. meine Abh. in dieser Zeitschr. Bd. 15. S. 367. 1900.) Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraien. 175 Wie es Guitel ausführlicher beschreibt und abbildet, handelt es sich da um polygonale, an den Ecken abgerundete Platten von verschiedener Grösse, welche, dicht aneinander- liegend, die untere Fläche der miteinander verwachsenen und zu einem Saugnapfe umgewandelten Brustflossen bedecken. Sie dienen einerseits dazu, die Oberfläche des Saugnapfes fester zu machen, und dann verleihen sie ihr, was gewiss in An- betracht ihrer Funktion nicht unwichtig ist, eine gewisse Rauhig- keit. In der Mitte des Saugnapfes sind die Platten am dicksten und verdünnen sich am Rande desselben bedeutend. Was die feinere Struktur dieser Cuticularschichten be- trifft 1), so sieht man schon bei schwacher Vergrösserung an den Querschnitten eine ganz feine senkrechte Streifung, welche jedoch, wie uns davon wieder Horizontalschnitie belehren, durchaus nicht der Ausdruck einer Zusammensetzung der ganzen Schichte aus dichtliegenden Stäbchen ist, sondern den Seitenansichten von Lamellen entspricht. Von der Fläche aus sieht man an der Cuticularschichte ein ganz deutliches Pleurosigmabild und kann sich davon überzeugen, dass die von den Lamellen eingeschlossenen Räume eine etwa pris- matische Gestalt haben. Das regelmässig gebaute Lamellenwerk, das man hier beobachten kann, erinnert, wenn man schon von der bedeutenden Dicke der ganzen Schicht absieht, unge- mein an das der Deckplatte; doch kann man da, auch dann, wenn man die stärksten Vergrösserungen zu Hilfe nimmt, nirgends secundäre Scheidewände und Alveolenreihen, wie wir sie z. B. bei Petromyzon in der Deckplatte beobachtet haben, entdecken. In meiner älteren Arbeit (1906) habe ich die Vermutung ausgesprochen, dass die Räume zwischen den Lamellen faden- 1) Dieselbe habe ich von neuem an frisch zum Zwecke der vorliegenden Arbeit fixierten Objekten untersucht. 174 F. K. STUDNICKA, förmige Fortsätze der darunterliegenden Zellkörper der Epıi- dermiszellen enthalten und habe auf ähnliche Fälle bei Everte- braten hingewiesen, welche vor mehreren Jahren von Nils Holmgren (1902) beschrieben wurden. Jetzt, nachdem ich stärkere Vergrösserungen. (eine Apochr.-Immersion von Zeiss und starke Oculare) zu Hilfe genommen habe, konnte ich mich davon überzeugen, dass diese Deutung nicht die richtige wäre. An solchen Stellen, wo sich die Cuticularschichte ein wenig von den Zelloberflächen abgehoben hat, kann man jedenfalls faden- förmige Verbindungen zwischen beiden beobachten, aber diese Verbindungen hängen mit den Lamellen und nicht mit dem Inhalte der Interlamellarlücken zusammen. Am deutlichsten kann man dies an solchen Stellen beobachten, an denen sich der mit Plasmafarbstoffen schwach färbbare Inhalt der Räume etwas zurückgezogen hat und wo infolgedessen die unteren Ränder der Lamellen etwas schärfer hervortreten. Obzwar also, wie wir ge- rade gesehen haben, die .Struktur der Cuticularschichte der- jenigen einer Deckplatte ungemein ähnlich ist, gibt es auf der anderen Seite sehr gewichtige Unterschiede zwischen beiden. Wie wir schon oben sagten, befindet sich die ganze Cuticular- platte ausserhalb der Zelle und eine an Eisenhämatoxylinpräpa- raten intensiv geschwärzte Linie bezeichnet die Grenze beider Teile. Da, wo sich die Cuticularplatte von den Zellkörpern ein wenig abgelöst hat, sieht man, dass jene Linie zu den Zell- körpern gehört, und dass es sich da um eine Art von dünnen Grenzschichten ihres Körpers handelt. Bei starken Vergrösse- rungen erhält man vielfach Bilder, welche dafür sprechen, dass diese Schichte eine besondere Struktur besitzt. In meiner älteren Arbeit (1906) habe ich sie für eine Blepharoblastenschichte ge- halten, welche zu den von mir angenommenen Zellfortsätzen ge- hören würde. Soviel ich die Sache jetzt nach weiteren Unter- suchungen zu beurteilen vermag, sind es einfach die Ansatz- stellen der Lamellen, welche sich etwas stärker färben. Die Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 175 Lamellen gehen unten, wie wir bereits oben sagten, in Fädchen über, welche sich an das Zellplasma ansetzen und sich stellen- weise bis in die Zelle hinein verfolgen lassen. Jedenfalls ist das letztere nur an besonders günstigen Stellen und dazu ziemlich undeutlich bemerkbar. Das Plasma der darunterliegenden Epidermiszellen, und besonders der oberen von ihnen, welche die Cuticularbildung tragen, ist bedeutend dicht und man kann sich des Eindruckes nicht erwehren, dass es sich da ebenso wie in den Epidermis- zellen, welche eine verhornte Schichte tragen, um Zellen handelt, deren Plasma in der Richtung zu Exoplasma stark verändert ist. Auch der Vergleich dieser Zellen mit den gewöhnlichen Epidermiszellen der Nachbarstellen spricht für eine solche Deu- tung. Stellenweise kann man in diesem Plasma parallel mit ihrer oberen Fläche verlaufende feine Fasern, wahrscheinlich Tonofibrillen, beobachten, welche sich durch ganze Zellen- reihen verfolgen lassen. Nur in der unmittelbaren Nähe des Zellkerns scheint das Plasma weicher zu sein und man hat da ein nicht scharf umgrenztes Endoplasma vor sich. Oben an ihren äusseren Rändern sind die Zellen mittelst Schluss- leisten verbunden; sonst sind zwischen ihnen minimal enge Intercellularlücken vorhanden. Was die Cuticularschichte selbst betrifft, so ist ihre äussere Oberfläche immer durch starke Färbbarkeit ausgezeichnet und tritt so an Eisenhämatoxylinpräparaten sehr deutlich hervor. Es handelt sich hier wieder um die Lamellen, welche an der betreffenden Stelle etwas verändert sind, aber nicht genug daran, auch die Struktur der Cuticularschichte wird selbst un- deutlich, als ob sie da durch Schrumpfung verändert wäre. Sehr merkwürdig sind die Schichtenbildungen in der Cuticula, die man jedenfalls nicht überall gleich deutlich beobachten kann. In dem auf Taf. 13/14, Fig. 83 dargestellten Falle besteht die Cuticularschichte aus zwei übereinander- 176 F. K. STUDNICKA, liegenden Schichten, und es hat dies den Anschein, als ob es sich da um Zuwachszonen der Cuticularsubstanz handeln würde. Anderswo findet man eine untere ganz niedrige und eine äussere breite Zone in der Cuticularschichte und die Ver- hältnisse können noch anders modifiziert werden. Die Grenze zwischen den soeben erwähnten Zonen ist meistens sehr scharf und durch ähnliche Färbbarkeit und den Schwund der Struktur bezeichnet, wie wir sie an der oberen freien Fläche beobachtet haben. An günstigeren, seltenen Stellen kann man sich davon überzeugen, dass die Lamellen ohne Unterbrechung aus der einen Zone in die andere übergehen und die Grenzlinie wird dann durch Verbiegung der Lamellen angedeutet. Sehr oft sieht man an der Grenze zwischen den nacheinander folgenden Zonen kleinere oder grössere Lücken und endlich kann man beobachten, wie sich die Schichten voneinander ablösen. Man findet z.B. unmittelbar neben einer sehr hohen geschichteten Cuticula eine ganz niedrige; es ist dies eine solche, von der die oberen Zonen entweder im Leben abgeworfen oder bei der Behandlung der Präparate abgerissen wurden. In jedem Falle sprechen die betreffenden Bilder da- für, dass die Cuticularsubstanz schichtenweise abgelagert wird. Hauptsächlich am Rande des Saugnapfes findet man ganz niedrige Cuticularsäume (vergl. Taf. 13/14, Fig. 84); doch auch diese weisen genau dieselbe Struktur und dieselben Be- ziehungen zu dem Zellplasma wie die alten dicken Schichten auf. Einen Übergang in gewöhnliche Deckplatten, wie man ge- hofft hätte, kann man da nicht finden. Die benachbarten cuti- culafreien Zellen sind oben nur von etwas verdickten Zell- membranen, die keine Deckplattenstrukturen tragen, begrenzt. Die Deutung des Ganzen ist für mich, aufrichtig gesagt, jetzt nach den neuen Untersuchungen nicht weniger schwierig als sie früher war. Vor allem ist auch jetzt klar, dass man die betreffende Cuticularbildung trotz aller Ähnlichkeit mit einer Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 177 Deckplatte durchaus nicht mit einer solchen gleichstellen darf. Sie bildet, wie die Schlussleisten zeigen, durchaus nicht einen Teil des Zellkörpers der Deckzelle und hängt mit diesem eigent- lich auch sehr locker mittelst der oben erwähnten Fädchen zusammen. Man kann die Substanz der Cuticularschichte ent- weder — wie ich es schon früher machte — für ein Secret halten oder, und dies ist jetzt entschieden viel wahrschein- licher, für eine ganz eigentümliche extracelluläre Exo- plasmabildung. Im ersteren Falle müsste man annehmen, dass da Secretströme vorkommen (solchen würden die intracellu- laren Fädchen, die inneren Fortsetzungen der Lamellen ent- sprechen), die sich ausserhalb der Zelle zu einem Lamellen- werke verbinden. In dem anderen Falle müsste man hier plas- matische Fortsätze annehmen, welche aus der Zelle aus- wachsen und sich miteinander verbindend, das bekannte Lamellenwerk der Cuticularschichte bilden. II. Die Flammenzellen von Hippocampus. (Textfigur 8.) In einer 1869 erschienenen Abhandlung beschreibt (l. c. S. 301) F. E. Schulze aus der Epidermis von Hippocampus ganz besondere Zellen, die sich erstens durch eigentümliche Gestalt und Lage — sie sind hutpilzförmig und ragen aus der Epidermis heraus —, zweitens, und dies besonders, durch eigentümliche ceuticulare Aufsätze auszeichnen, die sie an ihrem freien Ende tragen. Schulze bezeichnet diese Aufsätze als „flammenförmig‘“, und in der Tat erinnern die hoch kegel- förmigen, spitzen, aus konzentrischen (wenigstens bei Hippo- campus brevirostris!) mantelartig sich deckenden Lamellen be- ) Sehulze hält hier die zu äusserst liegenden Lamellen für die ältesten. Bei einer anderen Art, bei H. longirostris findet er eine weniger deutliche Schichtung des Flammenkegels, und bei H. comes erscheinen die Kappen als vollständig solide, strukturlose Aufsätze (]. e. S. 305). Anatomische Hefte. I. Abteilung. 117. Heft (39. Bd., H. 1). 12 178 F. K. STUDNICKA, stehenden Ansätze am ehesten an den Flammenkegel einer Kerze. An jungen Flammenzellen sind diese Ansätze niedrig und stumpf. Die Gestalt des Flammenkegels kann übrigens auch bei erwachsenen Exemplaren verschieden variieren. Am Körper der „Flammenzellen“ unterscheidet Schulze einen oberen, etwas erweiterten „Kopfteil‘“ und einen unteren ver- Fig. 8. Eine Flammenzelle von Hippocampus mit der Umgebung. Fixierung mit Sublimat, Färbung mit Eisenhämatoxylin. Apochr. 1. 5. Oe. 12. engten „Fussteil‘“, mit dem sie in der Epidermis eingewurzelt sind. Eine Zellmembran lässt sich nach ihm nur an der unteren und den Seitenteilen der Zelle beobachten, nicht dagegen dort, wo der oberen Zelloberfläche der Flammenkegel aufsitzt. Letzterer wird von einer überragenden Randpartie des Kopf- teils begrenzt. In der letzten Zeit hat denselben Zellen H. Hoyer eine besondere Studie gewidmet (1901). Er bestätigt, was die Form Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 179 der Zellen, die Zellmembran und die Schichtung des Flammen- ansatzes betrifft, vollkommen die Angaben F. E. Schulzes und beschreibt als neu „konzentrisch angeordnete Leisten” an der oberen Fläche der Flammenzelle. Hoyer meint, dass sich der die Epidermis überragende Kopfteil durch Ausstülpung neu bildet und erklärt so das Zustandekommen der konzentrischen Leisten. Die leicht abfallenden Flammenkegel hält er ebenso, wie es eigentlich vor ihm schon Schulze tat (der sie für Cuticularbildungen hielt), für Secret der Zellen. Die kon- zentrische Schichtung soll mit den Leisten der Zelloberfläche korrespondieren und auf die oben angedeutete Weise erklär- bar sein. Ich selbst habe jetzt zu den Beschreibungen der beiden oben genannten Autoren eigentlich nur wenig Neues hinzu- zufügen. Die von Hoyer beschriebenen Lamellensysteme habe auch ich beobachtet und halte sie zusammen mit der darunter- liegenden festeren Schichte für eine Deckplatte der Cuticular- zelle. Die Lamellen selbst entsprechen, wenn sie auch in diesem Falle eine etwas abweichende Anordnung haben, den Lamellen- systemen anderer Deckplatten. Jedenfalls handelt es sich in den für uns allein sichtbaren konzentrischen Lamellen nur um Grenzen zwischen Alveolenreihen; man kann dies daraus schliessen, dass auch gewöhnliche Deckzellen von Hippo- campus in ihren Deckplatten in Reihen angeordnete Alveolen besitzen. Die unterhalb der Lamellen liegende festere Schichte ist die Grundmembran der Deckplatte und entspricht einer ana- logen Schichte, wie wir sie namentlich bei Selachiern stark entwickelt fanden. Auch sie hat natürlich ihre besondere Struktur, die sich jedoch an unseren Präparaten nicht beob- achten liess. Sie geht seitlich kontinuierlich in die gewöhn- liche Zellmembran der Zelle über. Erwähnungswert ist schliess- lich, dass die Deckplatte oben gegen den Flammenansatz zu durch eine scharfe Grenze abgegrenzt ist. 12* 180 F. K. STUDNICKA, Was die Flammenkappen selbst betrifft, so handelt es sich in ihnen jedenfalls um Cuticularbildungen, die man bei aller Verschiedenheit der Form, Konsistenz und Struktur schliesslich doch mit denen von Lepadogaster in eine Reihe stellen muss. Auch hier lassen sich ihre Beziehungen zum Zellplasma schwer, schwerer noch als im vorangehenden Falle, beobachten; aber trotzdem ist man nicht berechtigt, in ihnen ohne weiteres ein- fache Secretmassen, die konzentrisch abgelagert wären, zu er- blicken. Einige Drüsenzellenarten der Epidermis. I. Die Fadenzellen von Myxine. In seiner monographischen Bearbeitung der Epidermis von Myxine beschreibt Retzius (1905) eigentümliche, bereits vor ihm von Koelliker (1860) und Blomfield (1882)1) er- wähnte Drüsenzellen, die sich dadurch auszeichnen, dass sie an ihrer Oberfläche eigentümliche Fäden enthalten. Es handelt sich da um grosse, rundliche Zellen, welche von einer dünnen Zellmembran umschlossen sind. Der soeben erwähnte Faden befindet sich in einer besonderen Protoplasmaschichte unter- halb der Zellmembran, mit der er nicht unmittelbar zusammen- hängt, und bedeckt so entweder nur den unteren Teil der Zelle oder erstreckt sich über deren ganze Oberfläche. Charak- teristisch für diese Fäden sind ihre mannigfaltigen Windungen, durch welche der Eindruck entsteht, als ob es sich hier um eine !) Beide diese Autoren homologisieren diese Zellen mit den sog. Körner- zellen von Petromyzon. grosse Anzahl von solchen Gebilden handeln würde. Retzius spricht sich über diese Sache folgendermassen aus: „Man über- zeugt sich durch Studium vieler Zellen, dass es in jeder Zelle kaum mehr als einen einzigen Faden gibt; dieser windet sich indessen in den zierlichsten Biegungen, bald der Quere, bald mehr der Länge der Zellenachse nach, zuweilen sogar in er- staunenerregenden Mustern. Er färbt sich an Zenker-Präpa- raten mit Hämatoxylin nach Heidenhain in wunderschöner Weise. Man sieht auch hier, dass er sich ganz so, wie Koel- liker ihn beschrieb, korkzieherartig hinzieht. In allen mehr ausgebildeten Zellen ist nämlich der Faden korkzieherartig um sich selbst gewunden An den optischen Quer- schnitten erkennt man, dass der Faden cylindrisch ist. Man bemerkt in ihm keine weitere Struktur.“ Nach eigenen Untersuchungen an verschieden fixierten Ob- jekten kann ich die Beschreibung von Retzius vollkommen bestätigen. Auch ich finde den Faden im unteren Teile der Zelle besser entwickelt als im oberen. Oft sehe ich unten dicke, oben dagegen ganz feine Fädchen, als ob sich das Gebilde von unten nach oben fortschreitend entwickeln würde. Ich versuche jetzt eine Deutung der eigentümlichen intracellularen Faden zu geben. Meiner Ansicht nach kann es sich da einzig um Fibrillenbündel handeln, welche den bei verschiedenen Ge- legenheiten beschriebenen Bündeln der Tonofibrillen zu ver- gleichen wären; dass es sich da’ um Myofibrillen handeln könnte, ist jedenfalls sehr unwahrscheinlich. Von den bisher be- sprochenen Fällen seien hier in erster Reihe die eigentüm- lichen Fibrillenbündel der grossen Basalzellen der Anuren- larven zu erwähnen, welche ebenfalls unterhalb der Zell- membran im peripheren Zellplasma liegen, und welche stellen- weise, wo an ihnen die Zusammensetzung aus Fibrillen weniger deutlich ist, genau dasselbe Aussehen haben. Auch der Verlauf dieser Fibrillenbündel zeigt gewisse — wie ich es betont 182 F. K. STUDNICKA, habe, mir unerklärliche — Eigentümlichkeiten, die sich viel- leicht mit dem der Fadenzellen am ehesten vergleichen liessen. Noch ähnlicher sind ihnen die Fadennetze der Leydigschen Zellen der Urodelenlarven, auf welche wir später unten zu sprechen kommen. Jedenfalls lässt sich an den Fäden der Faden- zellen die Zusammensetzung aus Fibrillen nicht beobachten, aber man muss in einem solchen Falle immer daran denken, dass die eigentliche Struktur der Gebilde nur durch andere Stoffe maskiert und deshalb unsichtbar sein kann. Die Maskierung von Gewebsteilen durch an ihnen abgelagerte Stoffe, auf welche F. C. €. Hansen gelegentlich seiner Knorpelstudien auf- merksam machte, ist jedenfalls in den Geweben des Tier- körpers eine weit verbreitete Erscheinung. Eine andere Frage ist natürlich jene nach der physiologischen Bedeutung der Fasern; diese ist es uns bisher unmöglich zu lösen. IH. Die Körnerzellen von Petromyzon. Es handelt sich um eigentümliche, ausschliesslich bei Petro- myzon vorkommende Drüsenzellen von rundlicher Gestalt, die in der oberen Epidermispartie liegen und deren Körper mittelst dünner fadenförmiger Fortsätze mit der Basalmembran zu- sammenhängtt). Besonders in ihrer oberen Hälfte enthalten diese Zellen grosse Secretgranula, während das reine Proto- plasma im unteren Teile angehäuft ist. Der Zellkern liegt etwa ın der Mitte der Zelle. Was die uns hier interessierenden Teile, Zellmembran und Fibrillen, betrifft, so sei hier folgendes angegeben: Die Zellen besitzen eine deutliche dünne Zellmembran, welche ihren Körper allseitig einhüllt und die sich auch auf die Oberfläche !) Eine Zusammenstellung der Literaturangaben siehe z. B. bei Kapel- kin, 1896. e) Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 185 der Fortsätze (gewöhnlich gibt es drei solche) verfolgen lässt. An Eisenhämatoxylinpräparaten kann man sich davon über- zeugen, dass die Fortsätze, welche jedenfalls zur Be- festigung der Zelle an der Basalmembran dienen, in ıhrem Inneren Tonofibrillenzüge enthalten, welche sich bis in den eigentlichen Zellkörper hinein verfolgen lassen. Sie verlaufen hier spiralförmig sich krümmend und schliesslich in mehrere Bündel zerfallend, bis in den oberen Teil der Zelle, wo sie sich verlieren. Die soeben erwähnten Fibrillenzüge hat zuerst F. E. Schulze (1867) beobachtet; er spricht jedoch nur davon, dass sie in den Zellkörper eindringen und sich da miteinander verbinden, wodurch eigentümliche „zirkelkopfähnliche Gebilde“ zustande kommen sollen. Nach ihm sollte es sich da um eine Art von Nervenzellen handeln. Nach Foettinger (1876) sollten die von Schulze erwähnten Bilder nur scheinbar sein, eine wirk- liche Verbindung der Fasern ist ihm in keinem Falle zu finden gelungen. Kapelkin, der (1896) die Zellen merk- würdigerweise für die Verschleimung der oberen Epidermis- schichten verantwortlich macht, konnte die Schulzesche An- gabe ebenfalls nicht bestätigen und, was ziemlich auffallend. ist, erwähnt auch K. C. Schneider (1902), dem ja doch be- reits Eisenhämatoxylinpräparate zur Disposition standen, die Fibrillenzüge nicht. In seiner Arbeit findet man auch eine abweichende Angabe betreffend die Zellmembran der Körper- zellen; es soll sich in ihr nur um ein „peripheres fädiges Gitter“ handeln. Auch hier ist die Deutung der Fibrillen wieder mit Schwierigkeiten verbunden. Diejenigen, die in den Fortsätzen verlaufen, sind wohl einfache Tonofibrillen, welche zu ihrem Festigen dienen; aber unklar ist, was die spiralförmig ver- laufenden intracellularen Fibrillenzüge zu bedeuten haben. Wahrscheinlich handelt es sich um ein inneres elastisch wirkendes Stützgerüst der Drüsenzelle. 184 F. K. STUDNICKA, III. Die Leydigschen Schleimzellen der Urodelen- larven. (Textfigur 9, Taf. 9/10, Fig. 70, 70b.) Mit diesen eigentümlichen, am Ende der Larvalzeit schwindenden Elementen beschäftigt sich bereits eine umfang- reiche Literatur, welche mehrmals zusammengestellt wurde, zu- letzt z. B. von Cohn (1894). Hier werden uns nur folgende Daten aus der Geschichte der Erforschung dieser Zellen interessieren: Die hier in Betracht kommenden Zellen erwähnt zuerst Leydig (1853), der sie bei Larven von Salamandra ent- deckt hat. Langerhans (1873), der sich später mit der Epidermis von Salamandra näher beschäftigte, beschreibt von der Oberfläche dieser Zellen zuerst eine in der Zell- membran lokalisierte „äusserst zierliche netzartige Zeich- nung“; es soll sich um „rippenartige Verdickungen“ der Zell- membran handeln, zwischen welchen dies vollkommen homogen erscheint (l. c. S. 746). Die von Langerhans beschriebenen Bilder hielt man zuerst für Artefacte; so versuchte sie Leydig (1876) „durch eine Art von regelmässiger Knitterung der Ober- fläche nach Reagentien“ zu erklären, und Flemming (1878) erblickt in ihnen nur Koagulate des Inhaltes der Intercellularlücken. Erst später hat man eingesehen, dass es sich da um wirkliche Strukturen handelt. Pfitzner (1880) erwähnt eine „wandständige Protoplasmaschicht“, welche das ‚Aussehen einer Membran hat: erst an dieser befindet sich ein Netz von Verdickungen. Die Intercellularbrücken gehen aus diesen Verdickungen hervor. Paulicki (1884) hat für diese Zellen den seit der Zeit am meisten angewendeten Namen „Leydigsche Zelle“ (auch „Netzzellen‘) vorgeschlagen. Ihre Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 155 Zellmembran soll doppelt konturiert sein, und zwar handelt es sich in ihr nur um eine dichtere Protoplasmaart, welche ohne scharfe Grenze in das innere Zellplasma, resp. in dessen Stränge übergeht. Die Langerhansschen Gitter erklärt er durch ‚rippenartige partielle Verdiekungen der Zellmembran“ und bemerkt, dass die Balken benachbarter Zellen miteinander zusammenhängen können, so dass sich ‚ein zusammenhängen- des Balkenwerk über mehrere Zellen ausdehnt“ (l. c. S. 133). Später hat man auch Eisenhämatoxylinpräparate beim Studium der Leydigschen Zellen benützt. Cohn (1894), der solche zuerst untersuchte, hält die „Langerhansschen Netze“ immer noch für einfache „rippenartige Verdickungen der Zell- membran, d. h. der äusseren Grenzschicht des Protoplasmas“. Die Netzbalken sollen nach ihm „im allgemeinen flache band- artige Formen haben“. „Betrachtet man die Balken bei sehr hohen Vergrösserungen von der Fläche, so machen sich an ihnen viele sehr feine, verschieden grosse, rundliche hellere Stellen bemerkbar‘. Er meint, dass es sich da um Perforationen der Balken handeln könnte. Bei Axolotl, den er ebenfalls unter- suchte, soll die Mehrzahl der Balken in der Richtung der Zell- meridionale verlaufen. Am oberen und unteren Pole der Zellen konfluieren hier häufig die Balken ‚derartig, dass dadurch haut- artige Ausbreitungen entstehen“. Verbindungen zwischen den Netzen benachbarter Zellen (Paulicki) hat er niemals mit Sicherheit nachweisen können. Bei Proteus sollen nach Cohn die Langerhansschen Netze ein vollkommen anderes Aussehen haben. ‚Von ‚Netzen‘ kann man hier eigentlich nicht mehr sprechen. Die nämlichen Bildungen bieten hier den Anblick, sagen wir von „gefensterten Häuten‘“, oder von starken, den Zellkörper umschliessenden. Kapseln, welche zahlreiche Perforationen aufweisen; mit anderen Worten: es sind hier die Balken des Netzes so breit, und ihre gegenseitigen Verbindungen so zahlreich geworden, 186 F. K. STUDNICKA, dass nur relativ enge Öffnungen zwischen ihnen bestehen bleiben“. Cohn hält sie für „Schutzvorrichtungen“ der Zellen, wie auch aus der Anordnung der Balken hauptsächlich in der Richtung, in der die Zellen die grösste Festigkeit verlangen; hervorgehen würde. Neuestens beschreibt die Zellen, und zwar wieder von Salamandra, K. C. Schneider in seiner Histologie (1902, S. 771): „Eine geschlossene Zellmembran fehlt durchaus; peripher findet sich ein Fibrillennetz (Aussengitter) mit poly- gonalen, meist sehr regelmässigen Maschen“. „Von den Knoten- punkten gehen sowohl feine kurze Brücken nach aussen, die aber selten sicher zu unterscheiden sind, als auch Gerüstfäden ins Zelleninnere.‘‘ „Am Aussengitter lässt sich feststellen, dass die Maschenfibrillen durch dichte Aneinanderlagerung von Ele- mentarfibrillen entstehen, die in den Knotenpunkten leicht aus- einander weichen“. Eigene Untersuchungen, zu welchen mir eine Reihe ver- schieden fixierter und hauptsächlich mit Eisenhämatoxylin ge- färbter Larven von Triton dienten, haben etwa folgendes Ver- halten gezeigt: Die allein uns hier interessierenden Fibrillennetze liegen dicht unter der Oberfläche der Drüsenzellen, welche aussen eigentlich vollkommen nackt sind. Eine besondere Zellmembran befindet sich an der Oberfläche der Zellen nicht und die ober- flächliche Schichte reinen Protoplasmas, welche gegen das Secret enthaltende innere Plasma der Zelle ziemlich auffallend absticht, kann man vielleicht mit den Exoplasmen anderer Zellen gleichstellen; es geht kontinuierlich in die dicken Protoplasmastränge, welche das Innere der Zelle überall durch- treten und die Peripherie mit der centralen perinuclearen Plasma- anhäufung verbinden. Das Plasma aller dieser Stellen zeigt keine besondere Struktur, es wird in der Wirklichkeit jedoch sicher nicht homogen sein. Die sog. „Langerhansschen Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 187 Netze“ sind nun in das periphere Plasma, in einer geringen, Entfernung von der Zelloberfläche eingelagert. In den Balken des Netzes, welche gerade bei Triton sehr fem sind, handelt es sich, wie starke Vergrösserungen ganz deutlich zeigen, um keine einfache Fibrillen, sondern es sind das grösstenteils sehr dünne Fibrillenbündel, welche sich in den Maschen des Netzes mannigfaltig miteinander verbinden und wieder voneinander trennen. Die Bauweise des Netzes, die man nach unserer Ab- bildung (Fig. 80, SOb, Taf. 9/10) am besten beurteilen kann, ist übrigens keinesfalls so regelmässig, wie man sich nach dem Aussehen desselben bei schwachen Vergrösserungen denken könnte. Das Fibrillennetz, welches eine Art von schützender Hülle um den ganzen Zellkörper herum bildet (vergl. unsere Text- figur 9), sendet feine Fäserchen aus, welche sich in Zell- brücken zu den Körpern benachbarter Zellen begeben und sich daselbst, wie es schon Paulicki (1884) beobachtet hat, mit fremden Langerhansschen Netzen verbinden; auf ähn- liche Weise (was man jedenfalls nicht so deutlich sehen kann) wird das Netz auch mit den Fibrillenmassen in den Zellmem- branen benachbarter typischer Stachelzellen verbunden. Andere Fibrillen resp. Fibrillenbündel kann man in das Zelleninnere hinein verfolgen, wo sie, in den Protoplasmabalken verlaufend, ein inneres ganz locker gebautes und dazu meistens recht unvoll- ständiges Netz bilden. Sie reichen daselbst bis zu der unmittel- baren Nähe des Zellkerns. Die Deutung des Beschriebenen ist diesmal nicht so schwer wie in den vorangehenden Fällen. Es handelt sich da ganz sicher um Tonofibrillen, die mannigfaltig sich vereinigend, an der Oberfläche der, durch keine wirkliche exoplasmatische Zell- membran aussen geschützten Drüsenzelle, ein vollkommenes Gitter bilden. Genau so wie die Tonofibrillen der typischen Zellen gehen, wie wir ja gesehen haben, auch diejenigen des 188 F. K. STUDNICKA, Langerhansschen Netzes von einer Zelle zur anderen und verlaufen so auf weite Strecken im Gewebe; auch ein Zusammen- hang mit den Tonofibrillen der typischen Zellen konnte beob- achtet werden. Wie ich schon an seiner Stelle hervorgehoben habe, muss man in den gewundenen Fäden der Fadenzellen TTam. P Fig. 9. Eine Partie der Epidermis mit einer Leydigschen Zelle von Triton Fixierung mit Flemmingscher Flüssigk. Eisenhämatox. Apochr. 1. 5. Oc. 8. von Myxine Strukturen ganz ähnlicher Art erblicken; auch die Fibrillenbündel, die wir aus den Basalzellen der Urodelenlarven beschrieben haben, gehören hierher. Die Unterschiede lassen sich wohl durch die Funktion, die bei verschiedenem Inhalt und verschiedener Lage der Zellen doch nicht genau dieselbe sein kann, erklären. Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 189 Eine ganz besondere Art der Langerhansschen Netze habe ich an dem von mir untersuchten Exemplare von Diemyc- tilus viridescens beobachtet. Die Balken des Netzes sind hier nicht so dünn, wie wir es bei Triton beobachten konnten, sondern bedeutend dick, so dass das Netz einen vollkommen verschie- denen Habitus hat. Es handelt sich hier, wie starke Vergrösse- rungen ganz deutlich zeigen, einfach um dickere Fibrillenbündel, und man kann jetzt das von Cohn beschriebene Verhalten bei Proteus leicht verstehen. Hier haben sich die Fibrillen noch mehr vermehrt und so ist eigentlich eine mit grossen Lücken versehene Kapsel an der Zelloberfläche entstanden. Wenn man sich jetzt vorstellt, dass sich die Lücken schliessen und gleich- zeitig das oberflächliche Plasma zu einem Exoplasma verhärten würde, würde daraus eine ganz typische Zellmembran, wie sie die Stachelzellen besitzen, resultieren. IV. Die Kolbenzellen der Cyelostomen und der Teleostier. Die vierte Drüsenzellenart, mit welcher wir uns hier be- schäftigen werden, sind schliesslich die sog. „Kolbenzellen‘“, welche für die oben genannten Gruppen charakteristisch sind und welche anderswo, wie es scheint, kein Analogon haben. Die Kolbenzellen haben zu manchen Kontroversen Veranlassung gegeben. Bekanntlich wollten in manchen von ihnen einige Autoren eigentümliche nervöse Endapparate erblicken und noch heute hat diese Deutung ihre Vertreter; die anderen halten sie, und wohl mit Recht, für Drüsenzellen, doch können sie in den meisten Fällen nicht angeben, wie ihre Secrete nach aussen abgeführt werden. Manche nehme;n; sogar an, dass die be- treffenden Zellen als Ganzes aus der Epidermis ausgeschieden werden, was bei denen der Myxine wirklich der Fall ist. An dieser Stelle werden uns die Zellen von einem vollkommen F. K. STUDNICKA, 190 anderen Standpunkte interessieren. Ich glaube, dass es mir in ihnen sehr wichtige Belege für die Exoplasmalehre zu finden gelungen ist, und so werden wir uns hauptsächlich nur mit ihrer Bauweise beschäftigen. — Es gibt verschiedene Arten der Kolbenzellen, die merkwürdigsten davon sind die sog. „Fadenkörperzellen“ von Myxine, welche wir hier an erster Stelle besprechen werden, zu ihnen reihen sich die wirklichen Kolbenzellen der Petromyzonten und schliesslich gibt es etwa zwei oder drei verschiedene Kolbenzellenarten bei Teleostiern. 1. Kolbenzellen (Fadenkörperzellen) von Myxine. (Taf. 13/14, Fig. 85—87.) Die Kolbenzellen von Myxine, welche in der Literatur unter dem Namen ‚Fadenkörperzellen‘ angeführt werden, wurden 1824 von Anders Retzius entdeckt. Später wurden sie von Koelliker (1860) und von Blomfield (1882) beschrieben. Die neuesten sehr eingehenden Untersuchungen über diese Zellenart verdanken wir Gustav Retzius (1905), der auch ihre Genese zu erforschen versuchte. Die Kolbenzellen befinden sich bei Myxine nicht in der eigentlichen Epidermis der Körperoberfläche, in der man nur die oben beschriebenen, ihnen nahe verwandten Fadenzellen finden kann. Sie sind in den sogen. „Schleimsäcken“ dieser Tiere lokalisiert, welche bekanntlich nichts anderes sind, als solide Anhangsgebilde der Oberhaut. Wie Retzıus zuerst beobachtete, und wie ich es nach eigenen Untersuchungen be- stätigen kann, bilden sie sich hier aus kleinen an der Peripherie der Säcke liegenden indifferenten Zellen, welche sich ver- grössern und in ihrem Plasma den für diese Zellen so charak- teristischen Faden bilden. ‚In ihrem ausgebildeten Zustand sind sie echt oval, mit einem spitzeren und einem stumpferen Ende; in diesem findet sich eine in der Regel etwas konisch zugespitzte Höhle oder Einbuchtung, welche grösstenteils von Vergleichende’ Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 191 einem ... blasenförmigen Kern ausgefüllt wird“ (Retzius, l. c. S. 73). Schon aus den Beschreibungen der früheren Forscher ist bekannt, dass der ganze Zellkörper im entwickelten Zustande von einem spiralförmig gewundenen, verhältnismässig dicken Faden gebildet wird, welcher am ehesten demjenigen. der oben beschriebenen Fadenzellen entspricht. Nur an dem oberen (inneren) Pole des Zellkerns kann man, wie Retzius erwähnt, manchmal, jedoch verhältnismässig selten, ‚ein feines protoplasmatisches Netzwerk“ (Retzius) beobachten, welches wohl nichts anderes als das Endoplasma der Zelle ist. Ich selbst finde solchen Endoplasmahof im Innern der Zellen sehr selten; ich sah ihn eigentlich nur einigemal. Fasst man dieses Plasma als ein Endoplasma auf, so kann man in der ganzen übrigen Masse der Zelle ein auf merkwürdige Weise umgewandeltes (richtiger gesagt: einen eigentümlichen Inhalt enthaltendes) Exo- plasma erblicken. Man findet in dieser „Mantelschicht“ nur den soeben erwähnten, vielfach gewundenen Faden. Auch bei den stärksten Vergrösserungen kann man sich nicht davon über- zeugen, was sich eigentlich zwischen den Fadenwindungen be- findet, und so ist die Annahme, dass es sich da um Exoplasma handelt, zuerst nur auf Grundlage von Vergleichen mit Kolben- zellen anderer Tiere, von denen wir später unten sprechen werden, erlaubt. Zu dieser Sache kehren wir übrigens später noch einmal zurück. Der Faden der Fadenkörperzellen zeigt auch bei den stärksten Vergrösserungen keine Struktur, was jedenfalls nicht so gedeutet werden darf, dass es sich da um vollkommen strukturloses Gebilde handeln würde. An frischen Objekten aus der Zelle isoliert zeigt der Faden eine gewisse Festigkeit, was wohl dafür spricht, dass er eine entsprechende Struktur besitzen muss. Am Querschnitte ist der Faden drehrund; seine Decke scheint überall dieselbe zu sein und verdünnt sich nur an den Polen der Zellen (vergl. Taf. 13/14, Fig. 87). 192 F. K. STUDNICKA, Was die Bedeutung des eigentümlichen Fadens betrifft, so ist zuerst klar, dass man ihn mit demjenigen der Faden- zellen der Epidermis von Myxine in eine Reihe stellen muss, und in letzter Reihe handelt es sich da wahrscheinlich wieder um nichts anderes als um Fibrillenzüge, die durch eine be- sondere Substanz maskiert werden. Die Annahme, dass es sich da um vollkommen selbständige Gebilde „sui generis“ handeln könnte, hat meiner Meinung nach sehr wenig Wahrscheinlich- keit für sich. Wenn man bedenkt, wie überall in den Epidermis- zellen immer dieselben Strukturelemente wiederkehren und wie sie sich verschiedenen Bedürfnissen der Zelle, resp. des Organismus anpassen, so ist die oben angedeutete Deutung ganz plausibel. Es ist bekannt, dass die Fadenkörperzellen von Myxine eine ganz besondere Rolle spielen und so werden hier die Faserbildungen eine ganz andere Bedeutung haben; daher auch ihr verschiedenes Aussehen, das sich durch Adaptation erklären lässt. Eigentümlich ist, dass man so selten ganz junge Entwicke- lungsstadien der Fadenkörperzellen, solche nämlich, an denen sich der Anfang der Fadenbildung beobachten liesse, findet. Ich selbst fand z. B. an allen von mir untersuchten Objekten entweder ganz kleine rein plasmatische Zellen, oder schon solche, welche ihren Körper bis in die unmittelbare Nähe des Zellkerns zerfasert hatten, und die Fasern zeigten in solchen bereits die bekannte Anordnung (Taf. 13/14, Fig. 85). Daraus erkennt man, dass zwischen unseren Zellen und den von Retzius auf ihre Entwickelung genauer studierten „Faden- zellen‘ der Epidermis doch gewisse wichtige Unterschiede be- stehen. In letzteren entwickelt sich der Faden ganz deutlich an der Zelloberfläche und bildet zuerst nur’ wenige, die untere Hälfte derselben bedeckende Windungen. Viel näher stehen unsere Zellen den Kolbenzellen der Petromyzonten, die sich auf ähnliche Weise entwickeln. — Am eigentümlichsten ist an Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 193 unseren Zellen der Umstand, dass hier fast der ganze Zell- körper in eine weit vom ursprünglichen Protoplasma ab- weichende Substanz umgewandelt wird, so dass meist nicht einmal in der unmittelbaren Umgebung des Zellkerns eine Spur von reinem Plasma erhalten bleibt. Auch die Menge des eventuell zwischen den Fadenwindungen vorhandenen Plasmas kann höchstens ganz minimal sein. Trotzdem bleibt das ganze Ge- bilde am Leben und sein allseitig von. einer fremden Substanz umgebener Zellkern zeigt sogar eine sehr schöne Struktur. Dies scheint dafür zu sprechen, dass in der Zelle trotz aller Modi- fikationen, welche ihr Körper erfährt, doch viel lebende Sub- stanz erhalten bleibt, ohne welche der Kern kaum prosperieren könnte. 2. Kolbenzellen von Petromyzon (fluviatilis, planeri, marinus). (Taf. 13/14, Fig. 88—92.) Koelliker hat (1860) diese Zellen zuerst gefunden, für Drüsenzellen gehalten und unter dem Namen „Schleimzellen“ beschrieben. Der jetzige Name ist eine Modifikatton des Namens „kolbenförmige Gebilde“ oder kurz „Kolben“, den ihnen 1861 Max Schultze gegeben hat. Der zuletzt genannte Forscher hält sie, ohne dass er ihren Zusammenhang mit Nervenfasern entdeckt hätte, für eine Art von nervösen Endapparaten. Ähn- liche Ansichten wie er haben in der späteren Zeit auch andere Autoren, die sich mit diesen rätselhaften Gebilden beschäftigt haben, ausgesprochen; wir nennen hier Pogojeft (1889) 1), Kapelkin (1896) und aus der neuesten Zeit K.C.Schneider (1902). Kapelkin erwähnt, dass sich im Innern der Gebilde eine centrale Nervenfaser befindet,.und Schneider führt zu- gunsten seiner Deutung den Befund von „schwarzen Fibrillen in spiraliger Aufwindung, die im distalen Zelldrittel undeutlich ') Pogojeff ist geneigt, sie sogar für vielzellige Gebilde zu halten. Anatomische Hefte. I. Abteilung. 117. Heft (39. Bd., H. 1). 13 194 F. K. STUDNICKA, werden‘, an; es ist ihm gelungen, solche nach Eisenhämatoxylin- färbung zu finden. Andere Autoren verteidigten die ursprüngliche Deutung Koellikers. Unter diese gehören H. Müller (1864) und F. E. Schulze (1867), die sie für Drüsenzellen mit dicker mus- kulöser Wand und einer Öffnung am oberen Ende erklären, Foettinger (1876), der sie öfters aus dem Epithelverbande austreten sah und deshalb glaubt, dass sie als Ganzes aus dem Epithel ausgeschieden werden und dann ausserhalb des Körpers zu irgend einem Zwecke dienen — sie sollen dabei ihre Zell- kerne verlieren — und schliesslich Maurer (1895), der nur ihre äussere homogene Umhüllungsmasse für Secret hält und ebenfalls die Annahme seines Vorgängers Foettinger be- stätigen konnte (l. ec. S. 40). Der Deutung der Kolbenzellen als Nervenzellen nicht gerade günstig waren die Untersuchungen, die Retzius mit Hilfe der Golgischen Methode an der Epidermis von Petromyzon ausgeführt hat. Nirgends hat er Verbindung der Nervenfasern mit den uns hier interessierenden Elementen feststellen können. Auch die neuesten Unter- suchungen Marenghis (1905) führten zu demselben negativen Resultate. Die Bauweise der Zellen wurde bereits von den ersten Untersuchern richtig beschrieben. Die Zellen bestehen aus einer stark lichtbrechenden äusseren Hülle (,Secretmantel“ nach Maurer[1895]) und einem inneren protoplasmatischen Körper, der immer zwei Zellkerne enthält. H. Müller (1864) be- schreibt genauer die Höhle, in der der protoplasmatische Körper liegt und erwähnt einen „kanalartigen Raum“, der in die Tiefe (basalwärts) führt. Nach Schulze (1867) soll da neben dem Plasmakörper immer noch ein mit Flüssigkeit erfüllter Raum vorhanden sein. Foettinger beschreibt das Plasma als fein granuliert und betont auch, dass es von Anfang an zwei Zell- kerne enthält. Der Plasmakörper liegt nach ihm entweder ım Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 195 Centrum der Zelle oder liegt stark nach oben verschopen an dem oberen Ende der Zelle. F. E. Schulze meint, dass die Zelle hier (oben) eine Öffnung besitzt, aus der das Secret ausgedrückt werden kann. Was die homogene stark lichtbrechende Hülle der Kolben- zellen betrifft, so fand Max Schultze an ihr nach Calium- bichromat deutliche Querschichtung und konnte mit der Hilfe des Polarisationsmikroskopes Erscheinungen der Doppel- brechung feststellen. Er hält ihre Substanz für verwandt der- jenigen der quergestreiften Muskelfasern. Durch diese seine Angaben liess sich jedenfalls auch F. E. Schulze bei seiner oben hervorgehobenen Deutung der betreffenden Zellen beein- flussen. Foettinger (1876) findet an der, wie er meint, gela- tinösen Substanz nur eine in verschiedenen Richtungen ge- ordnete Streifung, die nach ihm der Ausdruck einer lamellären Zusammensetzung sein sollte; Pogojeff (1889) und Maurer (1895) erwähnen schliesslich nur eine konzentrische Streifung. Nach Schulze, mit dem fast alle Autoren hierin über- einstimmen, sind die Zellen vollkommen nackt, nur Foet- tinger glaubte eine Membran an ihnen annehmen zu müssen. Die richtigste Beschreibung der Struktur des Zellmantels verdanken wir K. €. Schneider und ist dieselbe in seiner Histologie (1902) enthalten: „Eine genaue Untersuchung zeigt, dass die konzentrischen Schichtlinien von Fibrillen vorgetäuscht werden. Die Fibrillen beginnen an der basalen Fläche und steigen, in starker Windung den axialen Bereich umziehend, in der Zelle empor, wobei verschiedene Gruppen von Fibrillen in verschiedener Richtung gewunden verlaufen. Sie verstreichen alle nach und nach an der Wand der Zelle. Im basalen Be- reiche liegen die Fibrillen am dichtesten.” Die Entwickelung der Kolbenzellen hat zuerst Heinrich Müller (1864) und nach ihm besonders genau Foettinger (1876) verfolgt. Die jüngsten Zellen, sagt der letztere: ‚Se presen- 13* 196 F. K. STUDNICKA, tent sous l’aspect de petits corps spheriques, coniques, ou irTe- guliers situes sur le derme...... Elles offrent autour d’une masse centrale, striee et coloree, un espace clair et trans- parent non colore, entourant toute la cellule, a l’exception de la partie qui est en rapport avec le derme. Ces organes semblent done posseder probablement a l’origine une membrane, que plus tard, dans les formes ägees, on ne peut distinguer de leur con- tenu propre“ (l. ec. p. 638). Etwas abweichend schildert die jungen Stadien Maurer (1895, S. 59). Die glänzende Substanz tritt nach ihm zuerst als oberflächliche Mantelschicht der Zellen auf und in ihr bildet sich ein spiraliger Faden, den Maurer ebenfalls aus einer Secretsubstanz bestehen lässt. Bei ausgebildeten Petro- myzonten schwindet der Secretfaden und „das durch ihn dar- gestellte Secret verteilt sich wieder gleichmässig in dem glas- hellen anderen Excret“. Auch er findet, dass die Zellen von Anfang an zweikernig sind. Ich komme schliesslich zu meinen eigenen Untersuchungen und hauptsächlich zu meiner Deutung der Befunde an Kolben- zellen von Petromyzon. Die Kolbenzellen, deren Aussehen als allgemein bekannt anzusehen ist und die wir überdies in unseren Figuren 89-92, Taf. 13/14 abbilden, enthalten in ihrem Körper ähnlich wie die Fadenkörperzellen der Myxine spiralig gewundene Faser- bildungen, doch unterscheiden sie sich von der soeben ge- nannten Zellenart durch eine Reihe von wichtigen Umständen. Was ihre Fasern betrifft, so handelt es sich hier erstens nicht um drehrunde, scheinbar homogene (Gebilde, welche sich aus der Zelle isolieren liessen, sondern es sind ganz feine Elementar- fibrillen, welche in grosser Anzahl in jeder Zelle vorhanden sind und die sich nirgends zu wirklichen Fibrillenbündeln ver- einigen; solche Bündel werden hie und da nur angedeutet, nirgends jedoch wirklich vorhanden; die Fibrillen verlaufen Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 197 vielmehr überall in gleichen Abständen voneinander (vergl. Fig. 90). Auch der Verlauf der Fibrillen ist ein etwas anderer als in den Fadenkörperzellen von Myxine, was wohl mit der Gestalt der Zelle und damit zusammenhängt, dass die Zellen nicht zwischen anderen eingelagert, sondern dem Corium unten fest angeheftet sind. Es entsteht so an dem Zellkörper ein etwas verengter Fussteil, m dem die Fibrillen zuerst in der Längsrichtung verlaufen; erst etwas höher in der Zelle, manch- mal erst in dem keulenförmigen oberen Teile der Zelle beginnen sie sich spiralförmig um die Längsachse der Zelle zu drehen. Die Fibrillen der Kolbenzellen von Petromyzon lassen sich schliesslich mehr oder weniger deutlich in feine Zellbrücken, durch welche die Kolbenzelle ‚mit typischen Epidermiszellen der Umgebung zusammenhängt verfolgen und gehen wohl konti- nuierlich in das Tonofibrillennetz derselben über (Taf. 13/14, Fig. 92). Bei den Fadenkörperzellen der Myxine, welche zwischen grossen Schleimzellen liegen, kann von so etwas nicht die Rede sein und die Fäden haben sich hier als vollkommen selbständige Gebilde ausgebildet. Während bei Myxine in der Regel der ganze Zellkörper in der Fadenbildung aufgegangen ist, erhält sich bei Petro- myzon in den Kolbenzellen in jedem Falle ein wirkliches Endo- plasma. Man kann hier in der Umgebung der meistens bis in das oberste Ende der Zelle verschobenen, sehr selten in deren Mitte liegenden Zellkerne eine Partie unveränderten (auch unverschleimten!) Protoplasmas beobachten, welches nicht anders als ein Endoplasma der Zelle aufzufassen ist. Das Endoplasma oder die „Endoplasmazelle“, so kann man es auch bezeichnen, beschränkt sich nicht an die Umgebung der immer in Zweizahl vorhandenen Kerne, sondern es sendet in jedem Falle einen Ausläufer in den unteren Teil der Zelle, der sich inmitten der Fibrillenmasse bis zu der Basis der Zelle ver- folgen lässt (Taf. 13/14, Fig. 91, 92). Sehr selten habe ich auch 193 F. K. STUDNICKA, mehrere seitliche Ausläufer beobachtet, so dass die Endoplasma- zelle, abgesehen von dem immer vorwiegenden basalen Fort- satze, eine etwa sternförmige Gestalt besass. Besonders auf- fallend ist der basale Fortsatz in den grossen und sehr langen Kolbenzellen von Petromyzon marinus, in denen man ihn ge- wissermassen als einen centralen Faden bezeichnen könnte. Er verläuft hier inmitten der Fasersubstanz in einem scharf umgrenzten, leicht spiralförmig gekrümmten Kanale. Vom Endoplasma der Kolbenzellen machen natürlich alle Autoren eine Erwähnung. Max Schulze erwähnt es z. B. als einen „Protoplasmaklumpen“ ; auch Pogojeff macht auf es aufmerksam und hält den basalen Fortsatz, den Central- faden, für eine Nervenfaser, ohne natürlich irgendwo den Zu- sammenhang mit wirklichen Nervenfasern gefunden zu haben. Das Endoplasma ist feinkörnig und man kann in ihm nirgends wirkliche Secretkörner nachweisen; es gibt keine der Schleim- färbungen. Auch die verhältnismässig geringe Menge, in der das Endoplasma immer vorhanden ist und die keinen bemerk- baren Schwankungen unterliegt, erlaubt nicht die Annahme, dass es sich da um das Plasma einer Drüsenzelle handeln würde. Mit der fibrillär differenzierten Hülle, welche wir als ein Exo- plasma der Zelle deuten wollen, hängt das Endoplasma sehr locker zusammen. Man kann dies daraus erkennen, dass die Endoplasmazelle inmitten des Exoplasmas sehr leicht schrumpft und sich zusammenzieht. Manchmal, so habe ich es z. B. bei Petromyzon marinus beobachtet, hat es so ein Aussehen, als ob hier inmitten der grossen Kolbenzelle eine kleine Zelle von dem Aussehen eines Leucocyten vorhanden wäre (vergl. Tat 13/14, Rie.292): Wie bekannt und wie man es auch an unseren Figuren dargestellt findet, reicht das fibrillär differenzierte Exoplasma nicht bis zum oberen Pole der Zelle; hier, wo die zwei Zell- kerne mit der grössten Ansammlung des Endoplasmas liegen, Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 199 wird die Zelle nur von einer dünnen Zellmembran, an der sich schon keine Fibrillenstruktur nachweisen lässt, bedeckt (Fig. 91, 92); ausserdem gibt es auch Zellen mit überall gleich dickem Exoplasma (vergl. Fig. ‚89, Taf. 13/14). Das eben besprochene Aussehen haben die Kolbenzellen sowohl bei erwachsenen Petromyzonten, wie bei Ammocöten. Nur bei ganz jungen Larven kann man jüngere Entwickelungs- stadien der Kolbenzellen finden. Merkwürdig ist es, dass diese bereits das Aussehen der alten haben. Immer handelt es sich in solchen um grosse Zellen, deren körniges Protoplasma (Endo- plasma) oben von einer dünnen Zellmembran, unten von einer exoplasmatischen, bald dick werdenden Kappe, welche bis über die Hälfte der ganzen Länge der Zellen reicht, bedeckt ist (Taf. 13/14, Fig. 88). Die Fibrillenbildung, resp. die dadurch be- dingte Exoplasmabildung beginnt da also am unteren Pole der jungen Kolbenzellen. Man muss darin eine Analogie mit den Fadenzellen der Myxine beobachten, an denen die Bildung des gewundenen, hier jedoch nur einfachen Fadens, wie Retzius nachgewiesen, auch vom unteren Pole ausging. Dass die Kolben- zellen aussen von keiner Zellmembran bedeckt sind, ist bereits bekannt. Vollkommen rätselhaft ist die Rolle der Kolbenzellen bei Petromyzon. Bei Myxine, wo die Fibrillen, wie es scheint, zu einem dickeren Faden zusammengeklebt waren, konnte diese aus der Zelle beim Ablösen derselben isoliert werden und spielte eine Rolle beim Bilden der kolossalen Schleimmassen, die jedem, der Myxinen oder Bdellostomen im frischen Zustande sah, ın guter Erinnerung sein werden. Der Schleim wird hier durch diese Fasern gewissermassen zusammengehalten. Bei Petromyzon kann von so etwas natürlich nicht die Rede sein. Die ver- einzelt bleibenden Fibrillen können sich hier nicht voneinander trennen, ebensowenig werden hier die Kolbenzellen aus der Epidermis ausgestossen, wie es Foettinger seinerzeit 200 F. K. STUDNICKA, meinte. Ich selbst habe an vielen Hunderten von Präparaten nirgends das Austreten der Kolbenzellen gesehen, resp. 150- lierte Kolben beobachtet. Es handelt sich hier also um Tono- fibrillen, sicher jedoch um deren Homologa. Vielleicht kommt diesen Zellen, wie es von einigen Autoren vermutet wurde, nur eine Stützfunktion im Inneren der weichen Epidermis zu. Es sind das wahrscheinlich nur Rudimente früher einem anderen Zwecke dienender Zellen, denen jetzt nur diese ziemlich unbe- deutende Rolle übrig geblieben ist. 3. Kolbenzellen der Teleostier. (Textfigur 10, Taf. 13/14, Fig. 93—99, Taf. 15, Fig. 100—108.) Während man nicht mit Bestimmtheit sagen kınn, welche von den Drüsenzellen, die man in der Epidermis der Selachier antrifft und ob überhaupt welche den Kolbenzellen der Petro- myzonten entsprechen, kann man in der Teleostierepidermis ihre Homologa ohne weiteres erkennen; sie werden seit längerer Zeit auch allgemein mit dem Namen „Kolbenzellen“ bezeichnet. Vier Autoren haben in der neueren Zeit diesen Zellen ihre Aufmerksamkeit gewidmet; es sind dies Maurer (1895), Oxner (1905) und Nussbaum-Kulczyceki (1906). Bei diesen kann man die älteren Literaturangaben nachsehen. Maurer (1895) unterscheidet an den Kolbenzellen eine „schleimig-gallertige‘“, „zuweilen ganz homogene und dann stark glänzende“, zuweilen „äusserst fein granulierte“ Mantel- substanz und ‚einen feinen Hof von hellem körnigem Plasma in der Umgebung des Kernes“. Manchmal fehlt dieser und die glänzende Substanz reicht dann bis zum Zellkern. Ausser- dem erwähnt er „radiär ausstrahlende feinste Plasmafäden von gleichkörniger Beschaffenheit“. Die Hülle soll durch Umbildung des Protoplasmas entstehen. Die Zellen werden als Ganzes abgestossen. Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 201 Oxner hat 39 verschiedene Fischarten mit Rücksicht auf die Kolbenzellen untersucht. Die Fadenkörperzellen der Myxine erwähnt er nicht, dagegen vergleicht er die Kolbenzellen der Petromyzonten, die er jedoch selbst nicht untersucht hat, mit denen der Teleostier. Bei Teleostiern kommen die Kolbenzellen „nur bei den Physostomen vor. Eine Ausnahme bildet hier die Familie der Salmoniden, bei welchen die Kolbenzellen gänz- lich fehlen.“ Was die Gadiden und einige marine Acanthopteren betrifft, so hält er es nicht für vollkommen sicher, ob die hier vorhandenen Drüsenzellen „als wirkliche Kolbenzellen zu be- trachten sind“. Die Kolbenzellen bestehen nach Oxner aus einem „umfangreichen Zelleib von dick- oder zähflüssiger gal- lertiger Konsistenz. Diese Gallerte ist homogen und stark licht- brechend. Eine Membran oder ein Ectoplasma kommt nicht zur Ausbildung. Im Innern jeder Kolbenzelle liegen 1—3 grosse Kerne..... In manchen Arten von Kolbenzellen ist um den Kern ein feinkörniger oder homogener dunkler Hof vorhanden. Der Hof besteht aus Chromatin. Von dem Hof strahlen in den Leib der Zelle lange oder kurze feine Fäden aus. Bei der Familie der Apodes bildet sich im Inneren der Kolben- zellen ein besonderes Secret aus“ (S. 638; Zusammen- fassung). Bei Cobitis bildet sich die homogene „schleimig- gallertige Masse“ in dem peripheren Teile der Zelle und „indem sie allmählich an Menge zunimmt, wird der plas- matisch bleibende Teil des Zellkörpers mehr und mehr eın- geengt und umgibt den Kern noch als feine Zone“ (S. 611); in anderen Fällen, bei Amiurus z. B., entsteht der dunkle homogene Hof um die Peripherie des Kernes später und „sendet zunächst einige wenige Fäden in das ihn umgebende Plasma der Zelle aus; bei älteren Zellen werden diese Fäden sehr lang, fein und verzweigt.‘“ Bei Cyprinus carpio sieht man rings um die Kerne „einen ganz hellen Hof, der sich in keinem Falle tingieren lässt“. „Es ist wahrscheinlich, dass der helle 202 F. K. STUDNICKA, Hof aus in das Plasma der Zelle hindurchdiffundiertem Kern- saft besteht“ (l. c. S. 627). Eine besondere Abart der Kolben- zellen sind die secretführenden Kolbenzellen von Conger, An- guilla und Leptocephalus. Nach den Beobachtungen an Conger zu schliessen, bilden sich die Secretkügelchen im Innern des Zellkernes, fliessen zusammen und treten aus dem Kerne. Im Zellplasma sind sie von einem hellen, sich nicht färbenden Hof umgeben. Die Zellen können als ganzes ausgeschieden werden. Er konnte den Vorgang bei Amiurus beobachten. Oxner gibt in seiner Arbeit keine Deutungen der ein- zelnen Bestandteile der Zelle; dies versuchen Nussbaum- Kulczyceki; sie erklären die Sache jedoch in einem Sinne, der den Deutungen Maurers, an die sich Oxner im ganzen angeschlossen hat, diametral entgegenstehen. Nussbaum und Kulezyceki (1906) halten „die homo- gene Plasmasubstanz der Kolbenzellen nicht wie Maurer für das Secret, sondern für das etwas modifizierte, und zwar eine mehr homogene Konsistenz erhaltende und stärker licht- brechende Plasma der Zelle, die körnchenhaltende, viel hellere und bedeutend flüssigere Substanz, die sich direkt um den Kern anhäuft, dagegen für die erste Spur des Secretes, im Gegensatze zu Maurer, der bei Barbus eben diese Substanz für den plasmatisch bleibenden Teil der Zelle hält“ (1. e. p- 346). Die Fortsätze des inneren Plasmas betrachten die ge- nannten Autoren als Secretströme. Das Secret soll aus der Zelle austreten und an der Oberfläche derselben „mantelartig die Zelle umgebende Anhäufungen‘ bilden. Bei Anguilla sieht man, von der centralen, perinuclealen Secretanhäufung aus- gehend, zahlreiche, fein sich verästelnde Kanälchen, welche fast den ganzen Zellkörper durchsetzen. Dieses „System von Fäden und Kanälchen“ halten die Autoren „für Bildungen, die mit der Secrelion der Drüse innig zusammenhängen, was aus dem Verhalten derselben gegenüber der Secrethöhle der Zelle klar hervorgeht‘ (l. c. S. 351). Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 203 Über die Entwickelung der Kolben liegen Beobachtungen von Maurer (1895) und Oxner (1905) vor. Nach-Maurer soll bei Barbus der Vorgang „dem Verhornungsprozess ähneln, indem die Umbildung im Plasma selbst erfolgt, ohne direkte Beteiligung des Kernes und zunächst in den oberflächlichen Teilen, so dass gleichsam eine dicke Zellhülle entsteht.“ (L. ce. p. 611.) Oxner fand bei Cobitis etwas Ähnliches. Er erwähnt „einen peripheren, nach innen zu wachsenden Mantel“, durch den das eigentliche Protoplasma auf einen „hellen Hof eın- geengt wird. Nussbaum hat die Entwickelung der Zellen nicht berücksichtigt, sonst müsste er erkannt haben, dass sein „Plasma“ später entsteht als das, was er für Secret hält. Ich selbst habe die Kolbenzellen bei Anguilla, Ophidium, Cobitis und bei Amiurus catus nach verschiedenen Fixierungen, die letzten auch frisch untersucht. Ich unterscheide an den Kolbenzellen ein Exoplasma und ein Endoplasma, und erblicke in ihnen einen besonderen Beleg für einige Seiten der Exoplasmalehre. Die Zellen sind ur- sprünglich rein protoplasmatisch, und ihre Substanz verändert sich später grösstenteils oder ganz in ein Exoplasma. Nach den Beobachtungen von Maurer und Oxner zu schliessen, kann dies manchmal (Cobitis) so geschehen, dass sich an der Ober- fläche der Zellen eine mantelartige Hülle bildet, die dicker und dieker wird und schliesslich bis nahe zum Zellkern reicht, ein anderes Mal, und dies jedenfalls in den meisten Fällen wandelt sich die grösste Masse des Zelleibes plötzlich in ein Exoplasma um, und nur das Innere der Zelle, die unmittelbare Umgebung des Zellkerns bleibt im ursprünglichen Zustande. Manchmal verändert sich die ganze Zellmasse, und der Kern liegt dann inmitten des Exoplasmas. Im letzteren Falle kann sich, und dies geht aus den Beobachtungen von Oxner hervor, an der Peripherie des Zellkerns durch seine Tätigkeit neues Endo- plasma bilden. an F. K. STUDNICKA, Dass die homogene, nach Maurer und Oxner schleimig sallertige Substanz der Zelle durch direkte Umwandlung des Protoplasmas entsteht, wird von allen Autoren zugegeben, auch Nussbaum-Kulczycki, die in ihr allein das Zellplasma er- blicken wollen, müssen doch anerkennen, dass es sich nicht um normales Cytoplasma handeln kann. Um einen reinen Aus- scheidungsprozess handelt es sich da nicht. Niemand hat ge- sehen, dass sich das Plasma vielleicht an der Zellober- fläche auflösen und wie ein Secret verhalten würde, höchstens müsste es samt der Zelle aus dem Epithel ausgeschieden werden, doch darauf kommen wir unten noch zurück. Dass es sich da um verändertes Plasma handelt, wird also allgemein an- erkannt. Anders ist es mit dem inneren Plasma der Zelle, welches an der Peripherie durch Umwandlung die Secretmasse liefert und sich nur im Inneren der Zelle erhält. Oxner spricht sich zwar nirgends näher über diese Sache aus, doch auch er hält an der Deutung von Maurer fest. Der „dunkle Hof‘, wie er es meistens nennt, der entweder „gleichmässig homogen“, wie bei Amiurus, oder „dicht feinkörnig‘“, wie bei Silurus, und der „in das umgebende Protoplasma ein Netz von zahlreichen feinen Fäden aussendet‘“, soll auch nach ihm die Bedeutung einer weiteren Differenzierung im plasmatischen Körper des Kolbens haben (l. e. p. 609). Derselbe erwähnt anderswo die mit Chromatinfarbstoffen tingierbaren Secret- körnchen, die sich in ihm befinden (l. e. p. 627). Nur Nuss- baum und Kulezicki sind einer anderen Ansicht. Soviel ich die Sache beurteilen kann, handelt es sich da in jedem Falle um Protoplasma, welches meistens stark durch Secretgranula durchsetzt ist, und sich manchmal dem Be- obachter wie eine reine Secretansammlung präsentiert. Man kann übrigens verschiedene Fälle unterscheiden: Manchmal ist das Endoplasma vollkommen oder fast vollkommen rein, so dass es demjenigen der Kolbenzellen von Petromyzon, Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 205 in dem man bekanntlich ebenfalls keine nennenswerten Secretkörner beobachten kann und dessen Fortsätze sicher nicht den Wert von Secretströmen haben, gleicht. Solchen Fall habe ich z. B. bei Cobitis (Tafel 15, Figur 108) beobachtet. Ein anderes Mal sind im Endoplasma reichliche, dicht liegende grosse Secretkörner vorhanden, so dass das eigentliche Plasma fast vollkommen unsichtbar bleibt (Taf. 15, Fig. 102). Auch in Fig. 10. Die Oberfläche der Epidermis von Amiurus catus mit einer Kolbenzelle und einer Schleimzelle. Fixierung mit Chromsäure-Formol. Färbung mit Eisen- hämatoxylin. Zeiss. Immers. '/ı2. Oc. 4. solchen Fällen, wo das Plasma viele Secretkörner enthält (Text- figur 10), muss es sich nicht immer von dem der gewöhnlichen (typischen) Epidermiszellen unterscheiden. Ich habe z. B. lebende Kolbenzellen von Amiurus untersucht (Taf. 15, Fig. 100, 101), und fand, dass das Endoplasma mit seinen zahlreichen Granulen vollkommen denselben Habitus hat, wie das Endo- plasma der benachbarten Deck- und Stachelzellen, die sicher keine Secretzellen sind. Alles dies spricht entschieden dagegen, dass es sich da um reine Secretmassen handeln würde. 206 F. K. STUDNICKA, Höchst merkwürdig ist der vonNussbaum-Kulcezycki zuerst hervorgehobene Umstand, auf den neuestens Nordquist (1908) aufmerksam macht, dass die Kolbenzellen gewisser Tele- ostier (Nordquisterwähnt da Tinca vulgaris) die perinucleale Masse — unser Endoplasma — aus dem Zelleninneren nach aussen austreten lassen, so dass sie sich dann in dem pericellu- lären Raume ansammelt und mantelartig die Zelle umschliesst. Ich habe etwas Ähnliches ganz deutlich bei Ophidium barbatum beobachtet und stelle eine solche Zelle in meiner Fig. 94, Taf. 13/14 dar. Die betreffende Zelle enthält ausser dem klein- körnigen Endoplasma noch grosse Secretgranula, welche in ihrem Inneren bleiben. Ich erkläre mir die höchst eigentümliche Erscheinung durch die Annahme, dass das Endoplasma stark von Secretstoffen gefüllt ist, welche im Inneren der Zelle nicht mehr Platz finden können. Die Secretmassen müssen sich durch das Exoplasma hindurch die Bahn brechen (so entstehen auch einige Fortsätze der Endoplasmazelle), und giessen sich dann nach aussen aus. Das flüssige Endoplasma, das mit den Se- ereten dicht durchmischt ist, tritt dabei ebenfalls aus der Zelle nach aussen. Das Endoplasma verhält sich gegenüber dem Exoplasma manchmal sehr selbständig. Ich habe sowohl bei Amiurus, wie bei Cobitis und Anguilla öfters Kolbenzellen beobachtet, ın deren Innerem sich das Endoplasma von der exoplasmatischen Hülle abgelöst hat und sich als eine selbständige Endoplasma- zelle repräsentiert. Auch die feinen fadenförmigen Fortsätze, die ich besonders bei Ophidium und bei Anguilla beobachten konnte — bei Cobitis und Amiurus fehlen solche — verhalten sich ziemlich selbständig. Die Endoplasmazelle der Kolben- zellen verhält sich in mancher Beziehung so wie eine in Grund- substanz eingeschlossene Grundsubstanzzelle, z. B. eine Binde- sewebszelle. Dasselbe haben wir schon bei denen der Petro- myzonten hervorgehoben (vergl. Taf. 13/14, Fig. 95, 99, Taf. 15, Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 207 Fig. 102, 107). Sogar Teilungen der Endoplasmazellen habe ich und zwar bei Amiurus beobachtet (vergl. Taf. 15, Fig. 104—106). Wir kommen jetzt noch einmal zu dem Exoplasma zurück. ‘s handelt sich in ihm um eine oberflächliche Schichte von veränderten Protoplasma, welche entschieden fester ist, als das innere Endoplasma mit seinem Zellkern. Dieses Exoplasma ist, wie alle neueren Autoren angeben, und wie ich es auch finde, an seiner Oberfläche nackt. Die Zellbrücken, welche die Kolbenzelle mit anderen Zellen verbinden, gehen direkt von seiner Substanz ab. Bei Teleostiern kann man ın ihm nur aus- nahmsweise jene fibrilläre Struktur, welche für die Zellen der Cyelostomen so charakteristisch war, beobachten. Ich fand eine deutlich ausgebildet. Es ist entweder vollkommen homogen oder sogar fein, seltener etwas gröber granuliert. Es lassen sich wichtige theoretische Erwägungen an dieses Exoplasma an- knüpfen. Man sieht an den Kolbenzellen der Teleostier, dass das Protoplasma an seiner Peripherie oder bis zu seinem Kerne sich verdichten kann, ohne dass es Fibrillen bilden musst). Die bıs- herigen Fälle und auch diejenigen der Kolbenzellen der Cyclo- stomen waren in dieser Beziehung nicht überzeugend genug. Immer konnte man bei den verschiedenen Exoplasmen, den Zell- membranen daran denken, dass in den verdichteten Plasma- partien, auch dort, wo sie direkt nicht sichtbar sind, Fibrillen enthalten sind, und dass sich die ganze Exoplasmabildung ein- fach an Fibrillenbildung überführen lässt. Jetzt endlich haben wir einen Fall kennen gelernt, an dem es meist ausgeschlossen ist, dass sich an der Exoplasmabildung Fibrillen beteiligen würden; das Exoplasma der Kolbenzellen der Teleostier ist ja 1) Genau so fand ich es ehemals (1903b) in gewissen Formen des epi- dermoiden Chordagewebes. Dass da Fibrillen nur maskiert sein sollen, ist nicht wahrscheinlich ! 208 F. K. STUDNICKA, manchmal granulär gebaut und von gallertiger Konsistenz — auch der Polarisationsapparat müsste uns an so grossen (Ge- bilden die Struktur entdecken, wie er es ja bei Kolbenzellen von Petromyzon tut. Von allem diesem kann hier keine Rede sein, es handelt sich einfach um verändertes Protoplasma, gegenüber welchem sich das übrig bleibende Endoplasma in weiten Grenzen. selbständig, so etwa wie eine Bindegewebszelle gegenüber einer Grundsubstanz verhält. Jedenfalls könnte jemand einwenden, dass es sich da um einen ganz anderen Fall als beim Grund- substanzgewebe handelt, die Kolbenzellen sind doch Drüsen- zellen, doch dieser Einwand kann nicht aufrecht bleiben. Die Grundsubstanzzellen sind ja auch, und vielleicht in den aller- meisten Fällen Drüsenzellen, welche in die Grundsubstanzen, besonders am Anfang der Bildung derselben gewisse Stoffe ablagern. Man kann nur die sog. Osteo- und Odontoblasten erwähnen, die ja wirkliche Drüsenzellen sind. Es bleibt schliesslich noch übrig einige Worte über die Bedeutung der Kolbenzellen zu sagen. Oxner veröffentlicht Beobachtungen (l. c. p. 618), aus denen hervorgeht, dass die Kolbenzellen als Ganzes aus dem Epithelverbande austreten können, worauf ihre Substanz als Drüsensecret dem Organismus auf irgendwelche Weise, er bespricht z. B. ausführlich die Rolle, welche die Kolbenzellen beim Heilen von Wunden beı Silurus spielen, dienen. Ausserdem gibt es Kolbenzellen, er beschreibt solche von Conger, Leptocephalus und Anguilla, welche besondere Secrete bereiten, die im flüssigen Zustande aus der Zelle und dem Epithel austreten. Nussbaum. Kulczycki glauben nur, dass die Zellen nur „unter Um- ständen“ als Ganzes abgestossen werden können. Ich selbst bin derselben Meinung. Ich erinnere daran, was ich bereits beim Besprechen der Kolbenzellen von Petromyzon gesagt habe, dass man nämlich niemals Kolbenzellen an der freien Fläche der Epidermis findet. Wo man bei Teleostiern etwas Ähnliches Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 209 findet, kann man niemals sicher sein, dass es nicht durch Wirkung der Fixierungsflüssigkeiten, oder, und dies ist noch eher möglich durch den beim Fange oder beim Präparieren angewandten Druck, oder durch Beschädigung der Epidermis überhaupt, nicht geschehen ist. Es ist auch sonst durchaus unmöglich das Exoplasma der Kolbenzellen der Teleostier mit gewöhnlichen Secreten in eine Reihe zu- stellen, es ist ja mit der Fibrillenmasse von Petromyzon resp. mit der Fadenmasse der Myxine, welche eine ganz andere Bedeutung haben, welche ja auch keine Secrete waren, homolog. Das einzige, was in den Zellen secernieren kann, ist das Endoplasma resp. wie die Beobachtungen von Oxner zeigen, sein Zellkern. In dieser Beziehung nähere ich mich wieder ganz nahe den Ausführungen von Nussbaum-Kulczycki, von denen ich mich oben weit entfernt habe; die Secrete bilden zwar nicht allein den Inhalt der Zelle, aber werden ausschliesslich hier unter Mit- wirkung des Zellkernes bereitet und hier abgelagert, bevor sie aus der Zelle treten. In dieser Beziehung können die bisher von uns absichtlich beiseite gelassenen, von Nussbaum und Oxner genau beschriebenen Secreterscheinungen, die man an den Kolbenzellen von Conger und von Anguilla beobachten kann, erwähnt werden. Der Secretionsprozess, der bei Amiurus, bei Cobitis und bei anderen von Oxner genauer untersuchten Formen nur zur Bildung kleiner Secrettropfen führte, lässt hier grosse Secretschollen entstehen, welche bei Anguilla manch- mal das ganze Innere der Zelle füllen, und das Endoplasma samt dem Zellkern verdrängen (Taf. 13/14, Fig. 99). Dasselbe wie bei den genannten Formen habe ich auch bei Ophidium barbatum beobachtet (Taf. 13/14, Fig. 94). Es scheint, dass die Kolbenzellen in ihrer Entwickelung hier eine vollkommen andere Richtung eingeschlagen haben. Anatomische Hefte. I. Abteilung. 117. Heft (39. Bd., H 1). 14 210 F. K. STUDNICKA, II. Allgemeiner Teil. A. Die Epidermis der Vertebraten. l. Die Differenzierung in Zellen — Zellbrücken und Zellücken. Im Laufe der letzten Decennien wurde wiederholt auf die verschiedenen Fälle der syneytialen Zustände im Tierkörper hingewiesen und einige Autoren — ich nenne hier Sedgwick, Whitmann und Delage wollten in ihnen den ursprüng- lichen Zustand des Protoplasmas erblicken, während die cellu- läre Differenzierung des Plasmas nach ihnen einen secundären vorstellen würde. Die Bestrebungen dieser Autoren, welche darauf gerichtet waren, die bisherige, auf die primäre Natur der „Zellen“ Nachdruck legende Cellulartheorie zu stürzen, waren bekanntlich nicht gerade mit Erfolg begleitet. Durch den Nachweis der plasmatischen Natur der Grundsubstanzen, welcher hauptsächlich erst aus der neuesten Zeit datiert, wurden zwar die oben genannten Autoren scheinbar in ihren Annahmen unterstützt, aber bei genauem Erwägen des Sachverhaltes wird man auch jetzt immer den Umstand betonen müssen, dass ungeachtet aller syneytialen und symplasmatischen Zustände die Zellen ursprünglich und als primäre Bildungen da sind, während sich die Syneytien und die extracellulären Plasmen erst secundär im Tierkörper bilden. Wenn man von den hier zuletzt entscheidenden Gründen der Embryologie absieht, spricht zugunsten der Ansicht von der primären Natur der Zellendifferenzierung am meisten die Tatsache der unverkennbaren Hartnäckigkeit, mit der sich in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle, und dazu auch dort, wo es nicht unumgänglich sein müsste, die Zellen voneinander Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 211 differenzieren. Sehr gut bemerkt man dies z. B. in ver- schiedenen Epithelien, wo das Plasma doch gerade so gut syneytial wie in Zellen differenziert auftreten könnte und wo trotzdem die intercellularen Scheidewände, und nach deren Spaltung die Pelliculen und Zellmembranen, resp. die Zellbrücken auftreten. Man kann sich ja durchaus nicht darauf berufen, dass die Scheidewände usw. nur des- halb auftreten, damit das sonst weiche Gewebe eine Stütze erhalte und vollkommen verfehlt wäre es, wenn man in der Zellendifferenzierung nur einen Vorgang erblicken wollte, der darauf abzielt, damit die Protoplasmapartien besser ernährt werden könnten. Anderswo kommen doch aus viel grösseren. Plasmamassen, als sie unsere Epithelien vorstellen, bestehende Gewebe vor, in denen besondere Ernährungswege, wie sie die Lücken eventuell!) vorstellen können, vollkommen fehlen, und was die Zellwände betrifft, so wird niemand behaupten wollen, dass es wegen ihrer zu der Zelldifferentiation kommt; es handelt sich also ganz sicher um einen Prozess primärer Natur. Neben den Epithelgeweben kann man auch einige Gewebe mit netzartig angeordneten Zellen anführen, z. B. das Mesenchym- gewebe der Vertebraten oder verschiedene Bindegewebsarten, in denen man — besonders in den ersteren — trotz .des all- seitigen Zusammenhanges des Protoplasmas immer noch von „Zellen sprechen kann und ganz deutlich sieht, dass es nicht allein die Zellkerne sind, welche die Existenz des Zellganzes bedingen. Man ist vielfach gewiohnt, die zuletzt erwähnten Zustände unter den Begriff der Syneytien einzureihen und be- sonders oft tun dies die amerikanischen Autoren; ich selbst halte dies nicht für berechtigt und stehe auf dem Standpunkte, dass man von Syneytien nur dort sprechen darf, wo die Plasma- 1) Immer jedoch erst dann, nachdem die Intercellularlamellen zu wirk- lichen „Zellbrücken“ geworden sind! 14* 212 F. K. STUDNICKA, massen vollkommen oder doch so verbunden sind, dass sich da bestimmte Gebilde überhaupt nicht unterscheiden lassen. Ich komme jetzt zu unserem speziellen Fall, der Epidermis der Vertebraten. Gerade das Epithelgewebe, um dessen eine Abart es sich hier handelt, wird für ein Gewebe gehalten, in dem besonders leicht und häufig der syncytiale Zustand ein- tritt und ın der Tat kennt man besonders von Evertebraten eine grosse Reihe von solchen Fällen. In anderen Fällen, von denen etwas Ähnliches behauptet wird, muss es dem jedoch — und dies ist meine Meinung — nicht so sein. Die Zellgrenzen, Scheidewände, resp. wo es sich um ganz nackte Zellen handelt, die Intercellularlücken können so unansehnlich sein, dass sıe unserer Aufmerksamkeit entgehen, und besonders ist es an unpassend fixierten und gefärbten Objekten möglich. Es ist so vollkommen möglich, dass man von den in der Literatur an- geführten Fällen noch eine Reihe wird ausscheiden müssen. Bei meinen Untersuchungen!) fand ich sowohl in den jüngsten wie in älteren Entwickelungsstadien immer die Zellen deutlich voneinander differenziert, und der einzige Fall, in welchem ich in betreff der Zellendifferenzierung im Zweifel sein konnte — er bezog sich auf die caudale Partie der schnell in die Länge ausgewachsenen Petromyzonembryonen (S. 34) — liess sich durch gewisse Umstände leicht erklären. Es handelte sich um ein secundär entstandenes Syncytium, welches übrigens sogleich in Zellen zerfallen musste. In den fertigen Geweben fand ich die Zellen überall mit der grössten Deutlichkeit von- einander differenziert und nur einmal (Scorpaena porcus) fand ich Bilder, welche dafür zu sprechen schienen, dass hier die Zellmembranen (nicht also ganze Zellen) miteinander primär zusammenhängen. !) Unter anderem habe ich die embryonalen Zustände der Epidermis bei Petromyzon, bei Lophius und bei Bufo an ganz jungen Entwickelungsstadien — bei Petromyzon und Bufo von der Neurula an — untersucht. Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 215 Obzwar also die Differenzierung in Zellen im Epidermis- gewebe primär ist, müssen es nicht die sogen. Zellbrücken sein. Jedenfalls wurden solche von verschiedenen Autoren (Hammar [1897], Klaatsch [1898], Vejdovsky-Mräzek [1903] u. a.) schon zwischen den Blastomeren gefunden, aber sie können, wie z. B. die von mir untersuchten jungen Stadien von Petroniyzon zeigen, von denen ich anderswo (S. 30) näher berichte, später ganz in den Hintergrund treten. Bei weiteren Zellteilungen bilden sich in den darauffolgenden, Stadien nur dünne Scheidewände und erst später, gegen das Ende der Embryonalzeit zu, kommt es infolge der Spaltung dieser Scheidewände zum Entstehen von neuen Zellbrücken, welche jetzt die Spezialpelliculen der einzelnen Zellen, nicht dagegen das innere Zellplasma verbinden. Dasselbe gilt auch vom Chordagewebe, welches ebenfalls erst später seine Inter- cellularstrukturen erhält. Wie man seit den bekannten Unter- suchungen von F. E. Schulze (1896) weiss, sind diese secun- dären Intercellularverbindungen anfangs nicht fadenförmig, wie wir sie später zu sehen gewohnt sind. Die Intercellularlücken bilden sich zwischen den Zellen in der Gestalt einer Vacuolen- schichte und die Zellbrücken stellen zuerst ein System von feinen, zwischen den Zellen aufgespannten Lamellen dar. Erst später zerreissen diese zu den gewöhnlichen Zellbrücken. Die An- gaben Schulzes wurden für das junge Epidermisgewebe der Säugetiere von Foa (1900) bestätigt und ich selbst finde etwas Ähnliches in einer ganzen Reihe von Fällen (S. 149), so dass es scheint, dass es sich da um eine allgemein verbreitete Er- scheinung handelt. Im fertigen Epithelgewebe findet man immer nur fadenförmige Zellbrücken, welche die Zellmembranen mit- einander verbinden und nur einmal, in dem hohen Epithel der oberen Wand der Mundhöhle von Chimära, fand ich (1903) — und zwar nur in den obersten Zellschichten — die früher erwähnten Laamellensysteme zwischen den Zellen. 214 F. K. STUDNICKA, Die Intercellularlücken des Epidermisgewebes enthalten gar keinen festeren Inhalt, und nur in einem einzigen mir be- kannten Falle, in den Epidermiszellen aus höheren Schichten der verhornenden Anlage der Hufe von jungen Säugetierfetussen, sind sie durch eine festere Masse ausgefüllt). Bei Selachiern hie und da auch bei Petromyzon, kann man zwischen den Zellen Coagulate nachweisen, welche sich sicher auf die hier während des Lebens enthaltene eiweisshaltige Flüssigkeit zu- rückführen lassen (S. 103). Sehr gut kann man sich davon, dass zwischen den Zellen keine festere Grundsubstanz abgelagert ist, in solchen Fällen überzeugen, wo die Lücken etwas ver- breitert sind und am besten ist dies in den modifizierten Epi- dermisarten, wo die Zellen weit voneinander liegen, möglich. Zwischen den sternförmigen Zellen sieht man hier höchstens feine, durch Zersplitterung der lang ausgezogenen Zellbrücken entstandene Netze. Nur in der Schmelzpulpa der Flossen- stacheln von Spinax verdichtet sich jene Intercellularflüssig- keit auffallender (S. 108). Einen wichtigen Bestandteil des Epidermisgewebes stellen die Tonofibrillen („Protoplasmafasern“ von Kromayer) vor. Ursprünglich handelt es sich in den Tonofibrillen um Organula der einzelnen Zellen, aber in unserem Falle, wie in vielen anderen, verlaufen die Fibrillen von einer Zelle zur anderen, ohne dass sie sich dabei um die Grenzen der Zellen, in deren Plasma sie entstanden sind, etwas zu kümmern haben. Man kann wirklich nicht anders, als in ihnen besondere Elemente des fertigen Gewebes zu erblicken, welche man den Zellen zur Seite stellen kann (vergl. meine Abh. v. J. 1%2b, S. 9). ll. Das Protoplasma der Epidermiszellen (Exoplasma, Endoplasma, Tonofibrillen). Die ganze Epidermiszelle besteht aus Protoplasma, welches somit auch die Grundlage ihrer Zellmembran, der Deckplatte 1) Weitere Untersuchungen darüber würden jedenfalls sehr erwünscht sein! Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 215 (Cuticularsaum) und der Basalstrukturen bildet. In diesem Proto- plasma lässt sich Caryoplasma vom Cytoplasma unterscheiden, und im Cytoplasma kommt es meist zur Differenzierung von Endoplasma und Exoplasma. Gerade das letztere von diesen ist es, welches die oben genannten Schutzorgane der Zelle bildet. Ausser diesen Bestandteilen kann man in der Zelle (abgesehen von vielen anderen, welche uns hier nicht inter- essieren) noch die Tonofibrillen beobachten, Fibrillen nämlich, welche ein Stützgerüst der Zelle bilden. Die Tonofibrillen ent- stehen auf der Grundlage einer primitiveren Struktur «les Protoplasmas, haben daher mit einer Elementarstruktur nichts zu tun, wie es Flemming seinerzeit angenommen hat. Die Substanz, aus der sie bestehen, stellt uns wieder eine andere Art des Protoplasmas vor, für welche bisher eine besondere Bezeichnung fehlt). Man kann sie mit anderen fibrillären Struk- turen des Protoplasmas, den Myofibrillen und Neurofibrillen, in eine Reihe stellen, und die Bindegewebsfibrillen sind nur eine höher spezialisierte Abart von ihnen. i. Das Exoplasma. Die Grundform, in der das Exoplasma in den Epidermis- zellen auftritt und von der sich andere ableiten lassen, ist die Zellmembran, die manchmal nach dem Vorschlage von F. E. Schulze (1896) — nicht passend — auch mit dem Namen ‚Pellicula‘“ bezeichnet wird). Diese „Zellmembran“ wird seit der Zeit, wo man die grosse Bedeutung des Protoplasmas kennen gelernt hat (Max Schultze u.a.), meistens einfach für ein „Produkt“ der Zelle 1) Es handelt sich um das „Paraplasma“ von Kupffer. 2) F. E. Schulze benützt den Namen „Zellmembran“ als einen Gesamt- nımen für eine Reihe von Bildungen: Pellieula, Crusta und Cuticula. In der vorliegenden Arbeit wird der Namen in dem ursprünglichen Sinne angewendet. 216 F. K. STUDNICKA, gehalten, und zwar stellt man sich vor, dass sie von der Oberfläche des ursprünglich nackten Protoplasmakörpers der Zellen ausgeschieden wird. Dies ist die gewöhnliche Auf- fassung, die seit den fünfziger Jahren in den meisten Lehr- büchern der Histologie vertreten wird. Sehr bald kam man zu der Erkenntnis, dass man unmöglich alle Zellmembranen und ihnen ähnliche Oberflächenschichten für einfache Secrete der Zellen halten kann. Am deutlichsten hat diese Erkenntnis bei Leydig (vgl. z. B. „Zelle und Gewebe‘, 1885) Ausdruck ge- funden. Er unterscheidet wirkliche „Zellmembranen‘“, welche nach ıhm durch Umbildung oder Verdichtung des Protoplasmas an der Zelloberfläche entstehen sollen, und „Cutieulen‘, welche allein durch Secretion entstehen. Noch weiter ging Renault (1886), von dessen Ansichten anfangs genauer berichtet wurde; er hält alle Zellmembranen, Krusten, sowie auch die bei Verte- braten vorkommenden Cuticularbildungen für Modifikationen des Protoplasmas und benützt da zuerst den der Protistologie entlehnten Namen „Exoplasma“. Die Ansichten dieser Autoren haben wenigstens in einen Teil der Literatur Eingang gefunden und so werden heute wenigstens alle breiten oberflächlichen Schichten und Bildungen zum Protoplasma gerechnet. Trotzdem findet immer noch die alte Lehre ihre Vertreter. So hält — um einige Autoren zu nennen — Wilson in seinem Buche über die Zelle (1900) die Zellmembranen einfach für „metaplas- matische Produkte“ der Zellen und O0. Hertwig rechnet sie noch in seiner neuen „Allgemeinen Biologie“ (1906) zu den „äusseren Plasmaprodukten‘“, welche er den ‚inneren‘, unter denen z. B. Dotterkörner und Stärkekörperchen figurieren, ent- gegenstellt. Von anderen Seiten (von F. E. Schulze z. B. selbst; 1896 b) wird direkt darauf hingewiesen, dass wir eigent- lich wenig Sicheres über die Bedeutung der Zellmembranen wissen. Die Schwierigkeiten, mit denen man beim Beurteilen der Vergleichende Untersuchungen über die Eipdermis der Vertebraten. 217 Zellmembranen und der anderen oben bezeichneten Gebilde zu kämpfen hat, erklären sich, soviel ich zu erkennen vermag, dadurch, dass sich an der Bildung derselben wenigstens drei verschiedene Prozesse beteiligen, welche meist gleichzeitig vor sich gehen, so dass die Gebilde von Anfang an so aussehen, als ob sie dem inneren Protoplasma der Zelle vollkommen fremd wären. Es handelt sich da um folgendes: 1. Um die eigentliche Exoplasmabildung, das ist um eine Sonderung des äusseren etwas dichter gebauten und festeren Protoplasmas von demjenigen, welches die Mitte der Zelle einnimmt (die Unterschiede sind oft ganz unbedeutend). 2. um Secretionsprozesse, resp. um chemische Umwand- lungen, durch welche meistens von Anfang an dieses lixo- plasma so stark verändert wird, dass es dem inneren Plasma fremd wird, und 3. um Bildung von Tonofibrillen, welche meist von An- fang an und massenhaft in der Oberfläche der Zelle oder in deren oberflächlichen Plasmapartien entstehen und das ursprüngliche Protoplasma verdecken können. Die richtige Beurteilung dieser Verhältnisse ist nur durch den Vergleich solcher Fälle möglich, in denen sich der eine oder der andere dieser Prozesse allein oder von den anderen möglichst wenig beeinträchtigt verfolgen lässt. Die Bauweise des Exoplasmas und dessen Beziehungen zum inneren Zell- plasma lassen sich ausserdem an solchen Stellen am besten beurteilen, wo es sich um breite Zellmembranen, Krusten oder Cuticularbildungen (Deckplatten) handelt. Die allererste Stufe der Membranbildung stellen, wie all- gemein anerkannt wird, minimale, den physikalischen Ober- flächenhäutchen sehr ähnliche Verdichtungsschichten dar, welche nicht anders als durch Verdichtung der Elementarstruktur des Protoplasmas an der den äusseren Einflüssen ausgesetzten Ober- fläche des Protoplasmas entstehen. Eine Reihe von angeblich 218 F. K. STUDNICKA, „nackten“ Zellen ist in der Tat von solchen Membranen be- grenzt, und so erklärt man sich, dass ihr Protoplasma, wenn die Zellen in Berührung kommen, nicht so leicht zusammen- fliesst, als es sonst der Fall sein müsste. Es ıst klar, dass es da nicht bei einer physikalischen Erscheinung bleiben kann, vielmehr beteiligen sich an der Bildung der Grenzmembranen gewisse chemische Prozesse, und hat der Prozess jedenfalls auch seine vitalistische Seite. Es ist fast unmöglich zu unterscheiden, wo es sich um eine einfache Grenzmembran und eine minimal dünne Zellmembran oder Pellicula handelt. Intra vıtam lassen sich solche Membranen nicht gut beobachten und an fixierten Objekten muss man immer mit Fällungen des Proto- plasmas an der Oberfläche rechnen. Ich bezeichnete vielfach im speziellen Teile dieser Abhandlung die dünnsten Zell- membranen des Epithelgewebes mit dem Namen „Pellicula“, welchen ich überhaupt für solche dünne, noch fibrillenfreie Wände vorschlagen würde. Solche Pelliculen kann man immer in den jüngsten Entwickelungsstadien finden. Junge Epidermis- zellen der Embryone aller von uns in dieser Beziehung unter- suchten Gruppen sind immer von einer minimal dünnen Wand umgeben (S. 31, 94, 147). Diese Wände bilden sich bei Zell- teilungen selbstverständlich secundär; zuerst erscheint natürlich an der Teilungsfläche eine einheitliche Wand, die sich erst mit dem Erscheinen der Intercellularlücken in zwei den Zellen zugehörende Spezialwände teilt. Diesen Umstand hat schon F. E. Schulze (1895) hervorgehoben, welcher darauf auf- merksam macht, dass die Intercellularlücken an den von ihm in dieser Beziehung untersuchten Objekten inmitten einer einheil- lichen Scheidewand entstehen. Der Modus, auf den bei der Zellteilung die Pelliculen entstehen, spricht entschieden da- gegen, dass es sich in ihnen um rein physikalische Grenz- schichten handeln könnte. In entwickelten Geweben der von uns hier berücksichtigten Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 219 Reihe sind solche minimal dünne Pellieulen eine ziemlich grosse Seltenheit. Eigentlich kann man hier nur diejenigen der Amelo- hlasten der Selachier (S. 109) und jene der Basalzellen der Säugetiere nennen. Eine weitere Stufe der Zellmembranbildung konnte z. B. bei Amphioxus (S. 15) beobachtet werden, dessen Epidermiszellen deutlich doppelt konturierte, wenn auch immer noch sehr dünne oberflächliche Membranen besitzen, in welchen bereits Tono- fibrillen enthalten sind. Dies sind schon Zellmembranen, welche sich schon über den ursprünglichen Zustand einer einfachen „Pellicula‘‘ erhoben haben. Diese Zellmembranen haben vollkommen so ein Aussehen, als ob sie vom Proto- plasma der Zelle ausgeschieden wären und verhalten sich auch gegenüber ihm ziemlich fremd. Das letztere schrumpft z. B. unter Umständen im Innern der Zelle und trennt sich dabei glatt von der Zellmembran (S. 16). Auf welche Weise hier diese Zell- membranen entstanden sind, lässt sich da nicht direkt beob- achten, doch soviel ist sicher, dass sie ebenfalls aus umge- wandeltem Plasma bestehen. Auch dann, wenn man sıch nicht auf die Analogien mit anderen Zellenarten der höheren Verte- braten berufen will, kann man an die exoplasmatische Natur der Membranen daraus schliessen, dass sich schon ausserhalb von ihnen eine kompliziert gebaute Deckplatte befindet, welche unmöglich für ein Secret der Zellen gehalten werden kann. Noch dicker als bei Amphioxus wird die Zellmembran in der Epidermis der meisten Cranioten z. B. um einen niedrigen Typus zu nennen, bei den Cyclostomen. Die früher spärlichen Tonofibrillen sind hier in grosser Menge vorhanden und präsen- tieren sich hier in der Form der bekannten „Protoplasmafase- rungen“ (S. 40). Auch hier hat die Zellmembran die Form einer gegen das Zelleninnere scharf umgrenzten und dem Endoplasma, welches sich in seinem Inneren sogar teilen kann (S. 64), schein- bar vollkommen fremden Schichte, und doch handelt es sich 220 F. K. STUDNICKA, hier wieder um nichts anderes, als um peripheres Zellplasma, welches auf die oben bezeichnete Weise umgewandelt ist. Die exoplasmatische Natur dieser Zellmembran erkennt man am besten dort, wo die Substanz, aus der sie besteht, in grösseren Massen angesammelt ist. Solche Ansammlungen des Exoplasmas findet man in der Regel an den Polen der meistens läng- lichen Stachelzellen der Epidermis, in dem Basalteile der Basal- zellen und an der freien Fläche der Cuticularzellen, wo sie auf eine eigentümliche Weise umgewandelt, die bekannte Deck- platte bilden. Ausserdem findet man gewisse Fälle, in denen das gesamte Exoplasma der Zelle in ausserordentlich breiten Schichten auftritt und wo sich infolgedessen sein Verhalten be- sonders gut verfolgen lässt. Ich nenne hier z. B. die Epidermis- zellen der unteren Schichten der Hornzähne von Petromyzon (S. 44), die Epithelzellen der Cornea der Selachier (S. 104), die- jenigen aus den Lippen und der oberen Seite der Mundhöhle von Chimära (S. 104). Schliesslich können hier auch junge Epidermis- zellen der Säugetiere genannt werden, doch werden uns diese später von einem anderen Standpunkte aus interessieren. Fälle, in denen das Exoplasma in dieken Schichten an der Zellober- fläche angesammelt ist, sind mit den normalen Fällen durch eine Reihe von Übergängen verbunden und ausserdem kann man in einem bestimmten Falle an einer und derselben Zelle beides beobachten. Ich meine die sog. Basalzellen, die be- kanntlich in ihrem unteren Teile grösstenteils aus Exoplasmäa bestehen können, während ihr oberer, oberhalb des Zellkerns liegende Teil immer nur dünne Zellwände besitzt (vergl. z. B. S. 75). Man sieht daraus, dass sich in solchen Fällen die Namen ‚„Zellmembran“ oder der von Schulze (1896b) vor- seschlagene Name „Pellicula‘‘, die ja in der Theorie ganz richtig sınd, einfach nicht benützen lassen (S. 39). Auch der Name „Crusta würde uns da wenig helfen, und so muss man schon bei dem Namen „Exoplasma‘“ (sensu str.) bleiben. Dieses Exoplasma ist jedenfalls meistens, und in den dünnen Zell- Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 221 membranen fast immer, gegen das Endoplasma zu scharf ab- gegrenzt und ist eine solche scharfe Grenze von Anfang an da; dies ist keine unbedingte Notwendigkeit. Gerade in den Basalzellen begegnet man öfters Fällen, in denen beide Plasma- arten ineinander allmählich übergehen, und dasselbe kann man auch an den Deckplatten, wenn auch in Ausnahmsfällen, be- obachten (S. 59). Man sieht daraus, dass auch jene Unter- schiede, auf die Schulze beim Aufstellen der Namen „Pelli- cula‘“ und „Crusta“ hauptsächlich Nachdruck legte, durchaus nicht zutreffen. In den meisten Fällen lässt sich am Exoplasma — bei diesem Namen bleiben wir schon — keine besondere Struktur, die man ihm selbst zuschreiben könnte, nachweisen; nur die bekannten Tonofibrillen — Protoplasmafasern — verlaufen in ihm, manchmal so dicht, dass es scheint, als ob sie allein seine Masse bilden würden. Dass dem nicht so ist, erkennt man am besten da, wo die Fibrillen weiter voneinander liegen, so z. B. hie und da in den basalen Exoplasmamassen, und dann hauptsächlich in jenen Fällen, in denen das Exoplasma verändert ist (Torpedo z. B., vergl. S. 102), so dass nur die Fibrillen übrig bleiben. Man sieht in solchen Fällen deutlich, dass da zwischen den Fibrillen noch „etwas“ vorhanden ist!). Am besten erkennt man natürlich die secundäre Natur der Fibrillen in jenen Fällen, in denen das Exoplasma voll- kommen frei von ihnen ist. Einen solchen Fall finden wir in der Deckplatte der Deckzellen, einen anderen, nicht weniger wichtigen, können wir in den Kölbenzellen der Teleostier (5. 207) sehen, in deren Aussenschichte ich typisches wirkliches Exo- plasma erblicke ?). !) Schon Ranvier, der 1882 die Tonofibrillen entdeckte, erwähnt, dass solche im Protoplasma, welches wieder seine eigene Struktur haben muss, ein- gelagert sind. 2) Am meisten spricht dafür der Vergleich dieser Kolbenzellen mit den- jenigen von Petromyzon, wo das Exoplasma reich fibrillenhaltig ist und ausser- dem oben in der Zelle in eine typische Zellmembran übergeht. 5 F. K. STUDNICKA, Eine ganz besondere Bedeutung hat für uns die soeben erwähnte Deckplatte, der wir auch hier einige Worte widmen müssen. Es ist dies eine ganz eigentümlich gebaute Exoplasma- schicht, welche seitlich unmittelbar in die Zellmembran der Deckzelle übergeht, welche aber, da sie die freie Fläche der Zelle bedecken muss, eine viel grössere Bedeutung hat, als eine gewöhnliche Zellmembran. Sie enthält keine nachweis- baren (oder vielleicht sehr spärliche?) Tonofibrillen, da es sich bei ihr nicht um die Zugfestigkeit, sondern nur um Druckfestig- keit handelt. Die Deckplatte ist besonders auch deshalb für uns wichtig, dass sich in ihr sehr leicht die Struktur des Exoplasmas, die hier jedenfalls lokalen Bedürfnissen stark angepasst ist, nach- weisen lässt. Hauptsächlich kommt hier die Deckplatte von Petromyzon in Betracht. Diejenige von Myxine lässt sich infolge undeutlicher Struktur nicht so bequem studieren; jene der Selachier (S. 111) zeigt, wohl infolge Durchtränkung mit anderen Stoffen und teilweiser Maskierung, nicht deutlich ihre eigent- liche Bauweise; diejenige der Teleostier (S. 122) ist wenig ent- wickelt und gilt von ihr übrigens etwas Ähnliches, wie von jener der Selachier, und bei Amphibien (S. 138) ist die Deckplatte schliesslich, soweit das von mir untersuchte Material in Be- tracht kommt, nur in der Larvalzeit vorhanden und zeigt wirk- lich auch larvale Zustände. Hier (Pelobates), sowie bei Amphi- oxus weicht die Deckplatte insofern von dem Typus, als in ihr festere Seeretparlikel abgelagert sind. Bei Petromyzon (S. 54) prä- sentiert sich im entwickelten Zustande bei erwachsenen Tieren die Deckplatte in der Form einer breiten Schichte, welche, soviel mir bekannt, keine Fibrillen enthält und deren Plasma entweder ganz rein oder, wenn. durch Secrete der Zelle (beim Verschlei- mungsprozesse) durchdrungen, niemals seine Struktur maskiert hat. Was diese Struktur betrifft, so handelt es sich da um eine Alveolarstruktur der schönsten Art, wie man sich eine solche Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 223 vorstellen kann. Die Alveolen liegen in Reihen geordnet zwischen dickeren Hauptlamellen. Daraus erkennt man, dass an der Bildung des Exoplasmas, genau so wie an der des Proto- plasmas überhaupt zwei verschiedene Plasmaarten, ein Hyalo- plasma, welches die Alveolenräume füllt, und ein Morpho- plasma, welches die Alveolarwände bildet, beteiligt sind. Einige besonders günstige Fälle zeigten mir, dass sich diese Struktur erst später, und zwar auf Grundlage derjenigen des Endo- plasmas bildet; es handelt sich da also ganz sicher um keine Elementarstruktur des Plasmas überhaupt. Die Alveolenreihen entstehen ganz deutlich aus dem spongiös gebauten Reticulum des Endoplasma, welches demnach hier ursprünglicher ist und man kann ausserdem bei Petromyzon hie und da beobachten, wie sich die Alveolen bedeutend vergrössern und wie sie bei gewissen Anurenlarven (bei Pelobates, S. 138) eine kolossale Grösse erreichen, so dass es zu höchst bedenklichen Enden führen würde, wenn man alles dies nur vom Standpunkte der Bütschlischen Alveolartheorie aus betrachten wollte. Alles spricht ganz bestimmt dafür, dass auch die Alveolarstruktur im Protoplasma vom neuen als eine Funktionsstruktur auf treten kann. Die Alveolarstruktur des Exoplasmas kann man noch in anderen Fällen beobachten. Ich erwähne hier von solchen z. B. die Pokalzellen aus den Hornzähnen von Myxine (S. 92), deren sonst reichlich fibrillenhaltiges Exoplasma an günstigen Prä- paraten eine deutlich alveoläre Bauweise zeigt. Abgesehen von den soeben genannten muss man noch einen in dieser Be- ziehung wichtigen Fall erwähnen, die Epidermiszellen der fetalen Säugetiere, wo das Exoplasma deutlich reticulär oder spongiös gebaut ist (S. 150). Die Struktur braucht also, wie wir sehen, nicht immer dieselbe zu sein. Die oben erwähnten Kolbenzellen der Teleostier (S. 203) ver- dienen deshalb Aufmerksamkeit, da es sıch da meist um eın voll- 294 F. K. STUDNICKA, kommen fibrillenfreies, homogenes oder granulär gebautes Exo- plasma ganz eigentümlicher Art handelt. Die granuläre Struktur wird da wohl durch Ablagerung besonderer Stoffe in einer Alveolarstruktur bedingt und das homogene Aussehen wird jedenfalls auch nicht das ursprüngliche sein. Von den Ausscheidungsprozessen und chemischen Modi- fikationen, durch welche das Exoplasma stark verändert werden kann, kann man, wenn ich die betreffenden Bilder richtig deute, die ersten Anfänge schon in den Deckplatten verschiedener Tiere beobachten. Bei Petromyzon ist z. B. die Deckplatte entweder noch secretfrei oder lässt, wenn sie bei Verschlei- mung der Zelle durch die Schleimmassen durchdrungen wird, deutlich ihre ursprüngliche Struktur erkennen S. 54). Bei Amphioxus, bei dem die Epidermiszellen festere Secrete liefern, können solche in den Alveolen der Deckplatte abgelagert werden (S. 21), und ähnlich ist es auch bei gewissen Anurenlarven, z. B. bei Pelobates (S. 139) der Fall. In allen diesen Fällen bleibt also die Struktur der Deckplatte erhalten und sichtbar. Die Secrete lagern sich, besonders in den zwei zuletzt an- geführten Fällen, nur in den Alveolenräumen. Anders ist es bei Selachiern, bei denen sich die Deckplatte in ihrem unteren Teile als eine breite homogene Schichte präsentiert. An einigen Präparaten habe ich an stark durch Verschleimung ver- änderten Zellen auch in dieser sonst immer homogenen Partie eine etwas spongiöse Struktur beobachtet. Es handelt sich da also um wirkliches Maskieren einer vorhandenen Struktur. In den verschiedensten Zellmembranen und Exoplasmen ge- hört nun diese durch Produkte der Zellen bedingte Maskierung der Exoplasmastruktur zur Regel, und meistens werden dabei sogar auch die sonst wegen ihres Lichtbrechungsvermögens sanz deutlich sichtbaren Tonofibrillen undeutlich oder voll- kommen unsichtbar; das Exoplasma bekommt auf diese ein homogenes Aussehen. Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 225 Einen ganz besonderen Fall dieser Durchdringung des Exo- plasmas durch fremde Stoffe beobachtet man bei Myxine. Das Exoplasma der Epidermiszellen ist hier, wie es scheint, sehr fest und hat ein fast homogenes Aussehen, so dass seine Tono- fibrillen ziemlich schwer sichtbar sind. Trotzdem verdichtet sich das Exoplasma an der inneren Oberfläche der Zellmembran noch weiter und es scheint, als ob die Zelle daselbst eine besondere lichtbrechende und stark färbbare Kapsel besitzen würde (S. 83). Die ganze Erscheinung lässt sich, wie ich oben nachgewiesen habe, nicht anders als durch Ablagerung von Secreten in das Exoplasma erklären, welche zur Aufgabe haben, seine innere Schichte fester zu machen. Es ist viel- leicht unnötig, zu bemerken, dass die Durchtränkung des Exo- plasmas mit aus dem Endoplasma stammenden Stoffen und die Kapselbildung sehr auffallend an manche Vorgänge ım Knorpelgewebe erinnern. Alles was wir bisher über das Verhalten des Exoplasmas angegeben haben, bezog sich auf das fertige normale oder teilweise veränderte Exoplasma verschiedener Epidermiszellen ; es sollen deshalb noch einige Fälle zur Besprechung kommen, in denen es uns möglich war, über die Entwickelungsgeschichte dieser Plasmaart Schlüsse zu machen. Es handelt sich in diesen um das Exoplasma der harten, den Hornzähnen zur Unterlage dienenden Epidermiszellen von Petromyzon, dessen Entwicke- lungsgeschichte sich an einer vollständigen Reihe der Übergangs- stufen studieren liess, um die Zustände bei der Regeneration der Deckzellen bei demselben Tiere, wo man die erste Anlage breiter Exoplasmaschichten beobachten konnte, und schliess- lich um die junge Epidermis der Säugetiere, wo sich an ver- schiedenen Entwickelungsstufen ebenfalls die Differenzierung der Plasmaarten ziemlich genau verfolgen lässt. In dem ersten dieser Fälle (Epidermisgewebe der Horn- zähne [S.45]) handelt es sich um fortschreitendes Dickerwerden Anatomische Hefte. I. Abteilung. 117. Heft (39. Bd. H.]). 15 296 F. K. STUDNICKA, des Exoplasmas bis zur totalen Umwandlung der ganzen Zelle in eine solche Substanz. Das betreffende Gewebe bestand früher aus typischen dünnwandigen Zellen und die Übergänge zu solchen sind auch jetzt am Rande der Zahnanlage ganz all- mählich, so dass die Schlüsse, welche man aus den betreffenden Bildern ziehen kann, sicher ganz berechtigt sind. Die Zunahme des Exoplasmas schreitet von der Oberfläche der Zelle, an der sich ursprünglich nur eine dünne Zellmembran befand, in die Tiefe und das Endoplasma der Zelle wird dabei immer verdrängt; es beschränkt sich dann auf die unmittel- bare Umgebung des Zellkerns und schwindet schliesslich voll- kommen. Trotzdem lebt auch jetzt die Zelle noch weiter, wie davon, abgesehen von anderem, auch der gut erhaltene Zell- kern Zeugnis gibt. Dieses Wachstum des Exoplasmas geschieht jedenfalls aktiv, und zwar, zum Teil wenigstens, auf Kosten des Endoplasmas, welches sich fortwährend in die andere Plasmaart verwandelt. Das Exoplasma, resp. seine Fibrillen sind es, auf welche da durch den erhöhten Druck der Zahn- anlage besondere Ansprüche gemacht werden und es ist nicht wahrscheinlich, dass sich diese Reizung erst auf dem Um- wege durch das Endoplasma.auf das Exoplasma übertragen würde. Obzwar das Exoplasma auf Kosten des Endoplasma wächst, muss man nämlich annehmen, dass das Wachstum hier nicht durch reine Apposition geschieht; die Anordnung der ganze Zellenreihen durchlaufenden Tonofibrillen lässt, wie wir oben zeigten, eine solche Annahme nicht zu (vgl. S. 46). Der soeben erwähnte Fall zeigte sehr deutlich eine all- mähliche Zunahme des Exoplasmas von der Oberfläche; er ist aber in der Beziehung nicht besonders für unsere Zwecke günstig, da es sich in ihm um ein reichliche Fibrillen ent- haltendes Plasma handelte. Man kann da infolgedessen immer einwenden, dass die ganze Exoplasmabildung einfach durch die Fibrillen bedingt wird und dass das Exoplasma schliesslich Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 227 nichts anderes ist, als eine dichte, fortschreitend zunehmende Fibrillenmasse. In folgenden Fällen, in denen wir mit reinem Exoplasma zu tun haben, entfällt dieser Einwand und wir lernen da ausserdem einen etwas anderen Modus der Exo- plasmabildung kennen, bei dem das Exoplasma auf einmal massenhaft gebildet wird. Es handelt sich um Neubildung der exoplasmatischen Deck- platte an solchen Stachelzellen von Petromyzon, welche dazu bestimmt sind, die sich abtrennenden Deckzellen zu ersetzen (S. 67). Ursprünglich besassen diese Zellen, sowie alle anderen ihrer Art nur dünne Zellmembranen, welche sich höchstens an den Polen der Zelle etwas verdickten. Nachdem sie sich zum Ersatz der Deckzellen vorzubereiten angefangen haben, kann man beobachten, dass sich vom übrigen Endo- plasma eine breite Schichte abtrennt und zugleich verdichtet. Es entsteht so an dem oberen Pole der Zellen, der sich zu der Zeit etwas abrundet, eine breite exoplasmatische Kappe, welche deutlich alveolär gebaut ist, während das übrige Proto- plasma der Zelle ein spongiös gebautes Morphoplasma mit verschleimten Hyaloplasma zeigt. Das Exoplasma zeigt keine Spur der Verschleimung und so muss man annehmen, dass die Schleimsubstanz, welche in der ganzen oberen Partie der Zelle enthalten war, während seiner Entwickelung aus ihm ausgedrückt wurde. Nur der allererste Anfang dieser Exoplasma- bildung konnte von der ursprünglichen Zellmembran aus- gehen, alles übrige geschieht auf Konto des Endoplasmas. Fibrillen, welche in gewöhnlicher Zellmembran reichlich vor- handen sind, lassen sich in der exoplasmatischen Kappe nicht nachweisen; dagegen kann man beobachten, dass sich daselbst die Alveolen auf eine charakteristische Weise in senkrecht zu der Oberfläche der Kappe orientierte Reihen anordnen. Auf diese Weise erhält die Kappe schliesslich vollkommen das Aussehen einer Deckplatte, deren Rolle sie auch nach 15* F. K. STUDNICKA, DI DD (00) Abstossung der oberhalb ihr liegenden Deckzellen über- nehmen muss. Auch bei diesem Falle kann man auf einige Umstände hin- weisen, welche wieder von einem anderen Standpunkte aus nicht ganz aufgeklärt erscheinen. Es handelt sich da erstens um verschleimte Zellen, solche also, in denen das Endoplasma nicht mehr in seinem primitiven Zustande geblieben ist, und zweitens kann man da immer einwenden, dass der erste Impuls zur Exoplasmabildung von der vom Anfang an hier vorhandenen Zellmembran ausgeht, so dass sich auch dieser Bildungsmodus zu dem oben besprochenen einreihen liesse. Im folgenden Falle werden auch diese letzten Schwierigkeiten wegfallen; es wird sich in ihm um vollkommen reine Exoplasmabildung oder — und diese Bezeichnung ist hier viel zutreffender — um Differen- zierung beider Plasmaarten handeln. Die Epidermiszellen junger Säugetierfetusse, um welche es sich hier handelt (S. 155), bestehen aus einem deutlich retieulär oder spongiös gebauten Protoplasma, welches sich auf der Ober- fläche zu einer ganz dünnen Exoplasmaschichte, einer Zell- membran, verdichtet. Durch Einwirkung der im Gewebe sich geltend machenden Spannungen orientiert sich diese Plasma- struktur in bestimmter Richtung und es entstehen in ihr (nicht aus ihr!) Tonofibrillen und ganze Bündel von solchen. Diese Fibrillen vermehren sich, ohne dass dadurch die ursprüngliche Plasmastruktur undeutlich wird; man bemerkt nur, dass sich das Plasma verdichtet. Nachdem diese Plasmaverdichtung einen oewissen Grad erreicht, differenziert sich plötzlich das Plasma. Es entsteht in einer gewissen Entfernung von dem Umfange des Zellkerns eine scharfe Grenze, ausserhalb welcher jetzt das künftige Exoplasma liegt, während das Innere dieses Be- zirkes eine feinere Plasmaart, das Endoplasma, enthält. Die ursprüngliche Zellmembran beteiligt sich an diesem Prozess überhaupt nicht und was die Fibrillen betrifft, so sieht man Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 229 diese von jetzt an nur im Exoplasma, wohin sie sich schon vor Beginn der Trennung konzentriert haben. Nicht ausge- schlossen ist es, dass sich da wenigstens ein Teil des Endo- plasmas unter Mitwirkung des Zellkerns neugebildet hat. — Der ganze Prozess, dem wir oben (S. 157) eine nähere Aufmerksam- keit gewidmet haben, unterscheidet sich ziemlich auffallend von der Exoplasmabildung an der Zelloberfläche; ganz deut- lich sieht man in ihm, dass sich das Endoplasma unabhängig von der Zelloberfläche in Exoplasma umbilden kann, was jeden- falls auch im vorangehenden Falle geschieht, und dass das Exoplasma aui diese Weise auch schichtenweise zunehmen kann. Die fertigen, auf die angegebene Weise entstandenen Epidermiszellen der Säugetiere unterscheiden sich von denen der niederen Vertebraten immer dadurch, dass sie fast aus- schliesslich aus Exoplasma und Tonofibrillen bestehen (S. 167). Das Endoplasma ist da an die unmittelbare Nähe des Zellkerns beschränkt und kann schliesslich gänzlich fehlen, ohne dass die Zelle dadurch zugrunde gehen muss. Solche Zellen ent- sprechen vollkommen den früher besprochenen Epidermiszellen aus den Hornzähnen von Petromyzon, in denen jedoch das ixoplasma nicht plötzlich entstanden ist, sondern allmählich zugenommen hat. Die Unterschiede, die wir da beobachtet haben, lassen sich durch die ganz verschiedenen Bedingungen, unter denen die Zellen in einer nackten (weichen) und im einer an der Oberfläche verhornenden (harten) Epidermis (S. 131, 167) zu leben haben. Wie wir soeben sahen, kann das Exoplasma in einigen Fällen auch schichtenweise zunehmen. Wir werden jetzt noch weitere Belege dafür anführen: Schon in den soeben erwähnten Epidermiszellen findet man manchmal, wie ich es oben näher angegeben, Schichten an der inneren Oberfläche, die sich nicht anders erklären lassen als so, dass der ersten Exoplasma- bildung nach einiger Zeit eine weitere folgt (S. 161). Ähnliche 230 F. K. STUDNICKA, Schichtenbildungen habe ich vor Jahren (1903b) aus dem Chordagewebe verschiedener Teleostier beschrieben und auf die soeben angedeutete Weise erklärt. Nicht genug daran; man findet manchmal, jedenfalls nur ausnahmsweise, an der Oberfläche der Endoplasmazellen, dort, wo diese etwas ge- schrumpft sind, ganz selbständige innere Zellmembranen. Ich habe früher schon (1903b) einen solchen Fall aus Chorda- gsewebe beschrieben und erwähne oben in dieser Arbeit weitere dieser Art, diesmal aus den Deckzellen von Petromyzon (S. 40, Taf. 2/3, Fig. 28) und aus jungen Stachelzellen von Säuge- tierfetusse (S. 161). Soviel von progressiven Prozessen; es kommen aber auch regressive vor. Ich beschreibe im speziellen Teile dieser Ab- handlung (S. 48) eine ganz besondere Abart des modifi- zierten Epithelgewebes aus den Ersatzzähnen von Petromyzon. Die sternförmigen, durch lange Zellbrücken und durch Ver- mittlung ganzer intercellularen Netze zusammenhängenden Zellen bestehen hier aus weichem Protoplasma, an dessen Oberfläche sich keine Zellmembran nachweisen lässt (Taf. 5/6, Fig. 37). Da man diese Zellen von ganz typischen Epidermis- zellen, welche sich früher an der betreffenden Stelle befanden, ableiten muss, ist es nicht anders möglich, als dass sich hier das ehemalige Exoplasma der Zellen bei der Verwandlung des (tewebes wieder aufgelöst hat. Auch die Tonofibrillen können im Exoplasma aufgelöst werden. In einer neugebildeten Deckplatte, resp. der Cuticula von Petromyzon findet man z. B. diese Fibrillen nicht, und doch befanden sich solche früher in der Zellmembran, welche das obere Ende der ehemaligen Stachel- zelle bedeckte. Beim Besprechen des Exoplasmas muss man schliesslich wenigstens einige Worte den rätselhaften Cuticularbildungen der Vertebratenepidermis widmen. Ich rechne zu solchen alle jene Bildungen, welche nachweisbar schon ausserhalb des Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 231 Zellkörpers liegen und das Aussehen von Ausscheidungen haben. In vorliegender Abhandlung wurden drei verschiedene hierher gehörende Bildungen erwähnt: Die sog. „Wolffsche Cuticula‘‘ der niederen Vertebraten, die eigentümlichen Cuti- cularplatten von Lepadogaster und schliesslich die Flammen- kegel der Flammenzellen aus der Epidermis von Lepadogaster. Nur bei den Cuticularplatten von Lepadogaster (S. 174) wurde ein Zusammenhang mit dem Zellplasma der darunterliegenden Zellen beobachtet und ausserdem ähnelt da die Struktur des Gebildes so auffallend derjenigen einer Deckplatte, dass man mit der grössten Wahrscheinlichkeit annehmen muss, dass es sich da um eine ganz eigentümliche, ausnahmsweise nach aussen verschobene Exoplasmabildung handelt. Die Flammen- ansätze (S. 180) sind, was ihre Bedeutung betrifft, ziemlich rätselhaft, und nicht weniger ist es die Wolffsche Cutieula, in der man bekanntlich einen konstanten Bestandteil der Ober- haut niederer Vertebraten erblicken muss. Eine ganze Reihe von Gründen spricht dagegen, dass es eine einfache Aussschei- dung der Epidermiszellen sein könnte und man kann sich des Eindruckes nicht erwehren, dass es sich da ebenfalls um eine Art von extracellulärem, auf eigentümliche Weise erstarrten Exoplasma handelt, welches wahrscheinlich aus der ursprüng- lichen Zellmembran der darunterliegenden Zellen entstanden ist (S. 25, 74, 126). 2. Das Endoplasma. Der Name „Endoplasma“ kommt in der Cytologie nur als ein Gegensatz zum „Exoplasma‘ in Anwendung. Das Endo- plasma einer Zelle kann verschiedener Art sein, wie aus folgender Erwägung hervorgeht: In embryonalen Zellen und überall da, wo die Epidermis- zellen von dünnen Zellmembranen umgeben sind, entspricht dasjenige, was wir als Endoplasma bezeichnen, einfach dem 32 F. K. STUDNICKA, ursprünglichen Protoplasma und lässt sich bis auf das Plasma der Furchungszellen zurückführen. Ganz anders ist es in dem anderen Extreme, da wo die ganze Zelle in Exoplasma um- gewandelt ist, so dass sich das Endoplasma nur auf die unmittel- bare Nähe des Zellkerns beschränkt. Jedenfalls kann man, und bei einigen Arten solcher Zellen ist dies ganz zutreffend, dieses Endoplasma für den letzten Rest des ehemaligen weichen Zellplasmas halten; doch anderswo muss es nicht so sein. In den Epidermiszellen der Säugetiere verdichtet sich z. B. das gesamte Zellplasma, und erst dann erscheint in der Umgebung des Zellkerns durch Differenzierung das Endoplasma; es ist auf diese Weise klar, dass es hier einen etwas anderen Wert hat als in früheren Fällen (vergl. S. 157). Es handelt sich hier streng genommen, um eine Neubildung des Endoplasmas, das somit mit dem primitiven Protoplasma nicht identisch ist. Wır waren oben (S. 160) sogar genötigt, die Möglichkeit zu er- wägen, ob es sich da nicht um ein unter der Mitwirkung des Zellkerns!) neu entstandenes Plasma handelt. Dies sind die zwei Extreme, welche wohl durch eine Reihe von bisher nicht genau bekannten Übergängen miteinander verbunden sein werden. Die Struktur des Endoplasmas ist recht verschieden. In den verschleimenden Zellen von Petromyzon findet man eine deuf- lich spongiöse Struktur des Endoplasmas (S. 57), in jungen Epi- dermiszellen der Säugetierfetusse, solchen nämlich, in denen es noch nicht zur Differenzierung der beiden Plasmaarten ge- kommen ist, sieht man an ihm dagegen eine deutlich reticuläre (oder undeutlich spongiöse) Struktur, wobei sich die Maschen des Reticulums den inneren Spannungen entsprechend in einer tichtung orientieren (S. 150). Es ist klar, dass weder die eine noch die andere der soeben erwähnten Strukturarten für 1) Des Centriols, wie ich es 1908 (Verh. böhm. Gesellsch. Wiss.) ge- sagt habe, Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 233 eine primitive Protoplasmastruktur gehalten werden kann; auch hier handelt es sich wiederum nur um Funktionsstrukturen, die durch Umbildung einer primitiveren Struktur entstanden sind, resp. um durch Ablagerung von Secreten veränderte Strukturen einer einfacheren Art. Eine primitive wirklich alveo- läre Struktur kommt vielleicht nur in embryonalen Epidermis- zellen vor und es ist sehr fraglich, ob sie wirklich den Wert einer Elementarstruktur des Plasmas hat, wie es Bütschlıi annımmt. Das Endoplasma scheint in weitem Umfange vom Exo- plasma unabhängig zu sein; es hängt mit dem letzteren durch- aus nicht besonders innig zusammen und schrumpft nach Ein- wirkung der Fixierungsflüssigkeiten sehr leicht. Auch sonst zieht sich, in einigen Fällen wenigstens, das Endoplasma in dem für dasselbe bestimmten Raume zusammen und präsentiert sich uns dann in der Form von sternförmigen Gebilden, den Endoplasmazellen. Ich habe solche seinerzeit (1903 b) aus dem Chordagewebe verschiedener Fische beschrieben und finde dies- mal etwas Ähnliches auch im Epidermisgewebe der Säuge- tiere. Sogar Teilungsprozesse kann man an diesen Endoplasma- zellen (Chordagewebe, Kolbenzellen, S. 207, Taf. 15, Fig. 104 bis 106) beobachten! Dass solche vom Exoplasma sich ab- ziehende Endoplasmazellen an ihrer Oberfläche besondere innere Exoplasmaschichten bilden können, wurde im voran- gehenden Abschnitte erwähnt. Die Gestalt des endoplasmatischen Innenkörpers der Epi- dermiszelle ist niemals von der der „Gesamtzelle“ abhängig. Epidermiszellen, welche lange Fortsätze aussenden, besitzen z. B. immer abgerundete Endoplasmamassen in ihrem Inneren; das Endoplasma verhält sich somit inmitten der Zelle so wie ein Flüssigkeitstropfen. Die Ausnahmen von dieser Regel sind überaus selten: In Kolbenzellen der Petromyzonten besitzen die sehr selbständig sich verhaltenden Endoplasmazellen einen 234 F. K. STUDNICKA, langen Basalfortsatz, der wahrscheinlich eine besondere Rolle zu besorgen hat und hie und da auch Seitenfortsätze aussendet, welche letztere man sich durch Zerklüftung der fibrillär ge- bauten Exoplasmaschichte erklären kann. Auch in Kolbenzellen der Teleostier kommen in mehreren Fällen Endoplasmazellen mit Fortsätzen vor. Hier beteiligen sich diese Fortsätze auf irgend welche Weise an der secretorischen Funktion der Zellen und haben daher wieder andere Bedeutung. Damit hängt jeden- falls auch der Umstand zusammen, dass hier das mit Secret- stolfen durchmischte Endoplasma aus der Gesamtzelle nach aussen austreten und sich hier ın den pericellulären Raum ausgiessen kann. Überaus wichtig ist der Umstand, dass ein Endoplasma für das Fortbestehen der Zelle nicht unumgänglich notwendig ist; auch das Exoplasma kann die zum Leben der Gesamt- zelle nötigen Funktionen besorgen. Bereits früher (1897, 1903 b) beim Besprechen des Chorda- gewebes habe ich auf Zellen aufmerksam gemacht, deren ge- samter Körper in Exoplasma umgewandelt ist, und dachte mir da- mals, dass es sich da um einen Prozess handelt, der mit Ab- sterben der Zellen endigen muss. Wirklich fand ich, dass sich auf die angegebene Weise meistens solche Zellen verändern, welche in der Nähe des bekannten Chordastranges liegen, wo wirklich Chordazellen durch eine Art von Verhornungsprozess zugrunde gehen. Seit der Zeit habe ich solche Zellen zahlreich in ver- schiedenen Epidermisgeweben gefunden und konnte mich davon überzeugen, dass der Prozess allein noch nicht den Tod der Zellen bedingen muss. Jedenfalls ist es wahrscheinlich, dass sich solche Zellen niemals schon teilen und wahrscheinlich nur eine beschränkte Lebensdauer haben. Hierher gehören z. B. die Epi- dermiszellen aus der Unterlage der Hornzähne von Petromyzon (5. 45), welche reichliche Tonofibrillenmassen, und zwar bis unmittelbar zu der Oberfläche des Zellkerns bilden. Die obersten Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 235 dieser Zellen beteiligen sich, nachdem sie verhornen, am Baue des Zahnes, die darunterliegenden bleiben jedoch eine längere Zeit am Leben. Einen anderen Fall findet man in der Epi- dermis der Säugetiere, also ebenfalls in einem an der Ober- fläche verhornenden Epithel. Ursprünglich hatte hier eine jede Zelle ihr Endoplasma, aber in älteren Schichten vermissen wir öfters ein solches in den Zellen und diese bestehen dann aus- schliesslich aus Exoplasma, und in diesem spielen sich dann alle die bekannten zur Verhornung führenden Prozesse ab (S. 170). Trotzdem sterben solche Zellen nicht sogleich mit dem Ver- hornen, sondern erst viel später, nachdem sie an der Öber- fläche der Hornschicht angelangt sind. Endlich müssen hier auch die eigentümlichen Kolbenzellen angeführt werden. Schon bei Teleostiern findet man zwischen gewöhnlichen Kolbenzellen mit Endoplasma einige, welche ausschliesslich aus Exoplasma bestehen (S. 203). In solchen hat sich alles Cytoplasma in Exo- plasma verwandelt, während es da zur Neubildung des Endo- plasmas nicht gekommen ist. Eine weitere Art von Zellen, welche ebenfalls hierher gehören, die eigentümlichen Fadenkörperzellen. von Myxine (S. 190), bestehen ausschliesslich aus einer dichten Fadenmasse, welche wohl zum Exoplasma gehört. Ein Endo- plasmahof an der Peripherie des Zellkerns gehört hier zu grossen Seltenheiten. Wir sahen im vorangehenden, dass das Endoplasma voll- kommen in den Hintergrund treten und schliesslich vollkommen schwinden kann; natürlich muss man bei allen solchen Fällen darauf Rücksicht nehmen, ob das Endoplasma nicht vielleicht nur in minimalen Schichten an der Kernoberfläche vorhanden ist. Es lässt sich nämlich manchmal, so z. B. an den Epidermis- zellen der Säugetiere, nur mit Schwierigkeit nachweisen. 3. Die Fibrillenbildung. In allen indifferenten Zellen und in einer Reihe von Drüsen- zellen der Epidermis findet man Fibrillen, welche ich hier als 236 F. K. STUDNICKA, Tonofibrillen (Protoplasmafasern der Autoren) bezeichne. Im embryonalen Epidermisgewebe fehlen noch diese Fibrillen. Es handelt sich um feine, von einer primitiveren Struktur des Protoplasmas, auf deren Grundlage sie sich bilden, wesent- lich verschiedene fibrilläre Bildungen, welche zur Aufgabe haben, die Festigkeit des an sich weichen Protoplasmas zu vermehren. Sie können wohl verschiedener Art sein; man findet z. B. solche, welche sich in ihrem Vorkommen auf einzelne Zellen beschränken, in denen sie spezielle Aufgaben zu besorgen haben (so in den Basalzellen der Anurenlarven; S. 134), aber auch andere, welche ohne Unterbrechung von einer Zelle zur anderen und noch weiter verlaufen, und so auf gewisse Weise Elemente des Gewebes vorstellen. Die Festigkeit des Protoplasmas kann wohl auch auf andere Weise erreicht werden als durch Bildung von Fibrillen. Man sieht dies am besten an den Deckplatten der niederen Verte- braten, welche keine Fibrillen enthalten und doch — wohl infolge einer Umbildung des Protoplasmas — eine gewisse Festigkeit erreichen; da, wo es sich um Vermehrung der Zug- festigkeit des Plasmas handelt, kann diese auf keine andere Weise als durch Bildung von Fibrillen erreicht werden. Noch eine andere Rolle kommt den Fibrillen zu; durch eine be- stimmte Anordnung derselben kann auch die Elastizität des Gewebes bedingt werden. Hierher gehören z. B. die senkrecht zu der Hornschicht verlaufenden Fibrillen der Epidermis aus der Unterlage der Hornzähne von Petromyzon und die Fibrillen aus der Epidermis der Säugetiere, deren Anordnung durch Kro- mayer (1899) und neuestens Schridde (1907) bekannt ge- worden ist. Die Fibrillen stellen auf diese Weise also doch eine Art von Stützgerüst im Protoplasma der Zelle. Die Fibrillen kommen in den hier in Betracht kommenden Geweben unter den verschiedensten Bedingungen vor und nicht immer lässt sich direkt erkennen, auf welche Weise sie dem Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 237 Protoplasma der Zellen dienen. Eben deshalb taucht sehr leicht der Gedanke auf, ob es sich in gewissen von ihnen doch nicht um kontraktile Fibrillen, um Myofibrillen handelt. Be- sonders die Fibrillengerüste der verschiedenen Drüsenzellen verleiten sehr dazu, sie als kontraktile Netze aufzufassen und doch handelt es sich meiner Ansicht nach in allen diesen Fällen nur um Tonofibrillen (S. 187, 196). Die Tonofibrillen verlaufen entweder vereinzelt oder sie bilden ganze Fibrillenbündel, welche auffallend an die Binde- gewebsbündel der Grundsubstanzgewebe erinnern. Manchmal ist die Lage der Fibrillen derartig, dass Fibrillenbündel nur angedeutet werden, ein andersmal handelt es sich um fest gebaute Bündel. Die Art und Weise, auf welche die Fibrillen- bündel entstehen, konnte nicht direkt ermittelt werden, doch es ist kaum anders möglich, als dass sie durch Längsspaltung der ursprünglichen Fibrillen entstehen. Die besten Beispiele der Fibrillenbündel habe ich in den grossen Basalzellen der Anurenlarven (S. 133) und in Epithelzellen aus der oberen Wand der Mundhöhle von Chimaera (S. 105) beobachtet. Dünne Fibrillenbündel kommen jedenfalls überall vor; sehr deutlich habe ich solche z. B. in der Epidermis von Torpedo oder in junger Epidermis der Säugetiere (S. 153) beobachtet. Auch die Leydigschen Zellen der Urodelenlarven (S. 187) enthalten sehr schöne Beispiele der Fibrillenbündel. Bei Myxine kommen in zwei verschiedenen Drüsenzellenarten eigentümliche, vielfach meist spiralig gewundene, dicke homogene Fäden vor, welche ich ebenfalls hierher rechne. Es handelt sich in ihnen wahrschein- lich um Fibrillenbündel, deren Struktur (Zusammensetzung aus Elementarfibrillen) durch aus Protoplasma ausgeschiedene Stoffe verdeckt ist (S. 182, 191). In der überwiegenden Mehrzahl der Fälle ist die Fibrillen- bildung an das Exoplasma der Zellen gebunden, und zwar so innig, dass es scheint, als ob die Exoplasmabildung und die 338 F. K. STUDNICKA, Fibrillenbildung zwei miteinander untrennbar verbundene Pro- zesse wären, oder ob der erstere dieser Prozesse in nichts anderem als in Fibrillenbildung an der Zelloberfläche bestehen würde. Solche Annahmen wären natürlich unrichtig; abgesehen von anderem ist die Fibrillenbildung durchaus nicht auf das Exoplasma beschränkt. Ich habe oben auf Fälle aufmerksam gemacht, in denen deutliche Tonofibrillen im Endoplasma der Zellen und voll- kommen unabhängig von deren exoplasmatischen Hülle ent- stehen. Als die auffallendsten Fälle dieser Art sind die Amelo- blasten der Selachier (S. 110) und besonders die grossen Basal- zellen der Anurenlarven (S. 133), in denen ganze dicke Fibrillen- bündel im Endoplasma entstehen, anzuführen. An jungen Epi- dermiszellen der Säugetiere kann man sehr deutlich beobachten, dass hier die Fibrillen ın einem Endoplasma entstehen, welches sich später in Exoplasma umbildet (S. 152). Die zuerst ge- nannten Ameloblasten sind für uns besonders wichtig; bei ihnen bleiben nämlich die Fibrillen dauernd im Endoplasma und beteiligen sich auf keine Weise an der Exoplasmabildung; für die oben genannten Basalzellen ist so etwas nicht ganz ausgeschlossen. Die Fälle, in denen Tonofibrillen im Exoplasma entstehen und daselbst verbleiben, sind jedenfalls die häufigsten; fast alle Zellmembranen der fertigen Gewebe enthalten solche, aber auch hier kann man auf einige Fälle hinweisen, in denen wenigstens einige Fibrillen am inneren Rande der Exoplasma- masse in das Endoplasma der Zelle einbiegen, wo sie sich sogar ganz nahe zum Zellkern verfolgen lassen. Ich habe vor Jahren einen solchen Fall aus dem Chordagewebe von Belone beschrieben (1903 b) und erwähne in vorliegender Arbeit die eigentümlich veränderten Epidermiszellen von Torpedo, in denen sich etwas Ähnliches beobachten lässt (S. 102). Gelegentlich sieht man etwas Ähnliches auch an Basalzellen, wo manchmal beide Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 239 Plasmaarten nicht scharf voneinander abgegrenzt sind. Davon, dass die Fibrillen in den massiven Zellmembranen mehr oder weniger maskiert sein können, haben wir oben eine Erwäh- nung gemacht und ebenfalls davon, wie sie sich in den Zell- brücken, in denen sie sich von einem Zellkörper in einen anderen begeben, verhalten (S. 103). Beim Besprechen der Tonofibrillen muss man auch gewisse „bBasalstrukturen“ der Epidermiszellen erwähnen. Ich habe an verschiedenen Stellen dieser Arbeit darauf aufmerksam ge- macht, dass die Fibrillen unten an besondere „Basalstäbchen“ grenzen, in welchen man wohl ihre Endanschwellungen erblicken muss (S. 76, 115). Am deutlichsten findet man solche Basal- stäbchen bei Cyclostomen und bei Selachiern, und sie dienen hier zum fesieren Verbinden der Basalzellen und somit der ganzen Epidermis mit dem Corium der Haut. An günstigen Stellen kann man sich davon überzeugen, dass diese Stäbchen in ent- sprechende Vertiefungen der obersten verdichteten Schichte des Coriums einragen und bemerkt, dass sie auf diese Weise mit dem Corium sogar fester zusammenhängen als mit dem Zell- plasma, zu dem sie eigentlich gehören (S. 77, 116). Anderswo, bei höheren Vertebraten, lassen sich solche Basalstäbchen nicht nachweisen. Hier findet man etwas anderes, die Verzahnung der beiden Gewebe nämlich (S. 117). Wie darauf neuestens Krauss (1906), der jedenfalls die betreffenden Bilder anders deutet, hingewiesen hat, korrespondieren hier manchmal die Tono- fibrillen der Epidermis mit den Bindegewebsfibrillen des Coriums, was eigentlich bei gleicher Funktion beider von ihnen leicht erklärlich ist. B. Epidermis und Grundsubstanzgewebe. Seit der Zeit, als in der Histologie die alten Schwann- schen Ansichten von der grossen Bedeutung der Zellmembranen 240 F, K. STUDNICKA, und der cytoplastischen Natur der Grundsubstanzen überwunden wurden, reiht man meistens beide diese „Produkte des Proto- plasmas‘‘ in dieselbe Kategorie. Die gewöhnliche Ansicht, welche noch heute in allen Lehrbüchern vertreten wird, lautet dahin, dass es sich da um dem Plasma fremde, also eigentlich „metaplasmatische‘ !) Stoffe handelt, welche entweder an der Oberfläche der Zellen allein oder kontinuierlich zwischen den Zellen abgelagert werden. Diese „Secretionstheorie“ fand durch die im Laufe des letzten Decenniums ausgeführten Unter- suchungen sehr wenig Bestätigung; die meisten Autoren, welche sich mit den Grundsubstanzen während dieser Zeit beschäftigt haben, konnten sich im Gegenteil davon überzeugen, dass die verschiedensten Grundsubstanzen durch direkte Umwandlung des Zellnlasmas auf eine Weise, die schon in den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts Max Schulze angedeutet hat, entstehen. Trotzdem haben sich nur die allerwenigsten von ihnen der Exoplasmalehre, die ich mit Hansen?) und Mall vertrete, angeschlossen. Die Vertreter der Secretions- lehre, unter denen an erster Stelle v. Ebner (1906) und Schaffer (1905, welch letzterer selbst die Möglichkeit beider !) Im Sinne von Hanstein, nicht von M. Heidenhain (1907)! ?®) In den Arbeiten von Hansen, hauptsächlich in jener vom Jahre 1905 (Diese Zeitschr. Bd. XXVII), findet man eigentlich zwei streng genommen ver- schiedene Auffassungsweisen ausgesprochen : Nach der einen davon würde die Grundsubstanz „eventuell als gemeinschaftliches und in bezug auf das Endoplasma mehr oder weniger selbständiges Ectoplasma“ aufzufassen sein. (]. c. S. 747, vgl. auch seine Arbt. v. J. 1899. S. 434.), nach der anderen sollte man unter dem Namen „Ectoplasma“ eigentlich nur die kapselartige Grenzschichte zwischen Zellplasma und der Grundsubstanz (unseres „Exoplasma* sens. str.) bezeichnen: „Der Grenzbegriff des Eetoplasmas ist ein zweckmässiger, weil er sich ge- brauchen lässt, um die Übergangsstadien zu subsumieren — — Zuweilen schliesst das Ecetoplasma sich, wenigstens mit sehr bedeutenden Teilen dem Protoplasma, dem Endoplasma inniger an — — Zuweilen hängt das Eetoplasma mit Grund- substanzen inniger zusammen — —.“ (L. e. S. 747). „Das Ectoplasma ist ein Grenzbegriff der Übergangsformationen® (L. e. S. 750). Nur die erste von diesen Auffassungen deckt sich mit jener, die ich in meinen Arbeiten vertrete! Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 241 Bildungsweise zulässt) zu nennen sind), wenden sich be- sonders gegen die von mir vertretene Auffassung des Sach- verhaltes und gegen die Anwendung des Namens Exoplasma in der Nomenclatur der Grundsubstanzgewebe. Auch Heiden- hain, welcher sich in seinem Buche (1907) eigentlich an die Seite der Vertreter der plasmatischen Natur der Grundsub- stanzen gestellt hat, spricht sich ganz entschieden gegen die Benützung dieses Namens und gegen jede Identifizierung der hier in Betracht kommenden Substanzen aus?). Man könnte meinen, dass der Nachweis der exoplasmatı- schen Natur der verschiedenen Zellmembranen, Kapseln und Krusten schon an sich auf die Deutung der mit ihnen seit Jahrzehnten in eine Reihe gestellten Grundsubstanzen einen gewissen Einfluss haben könnte, aber diese Voraussetzung hat sich nicht bewährt. Die Arbeiten von Leydig und Renaut sind Mitte der achtziger Jahre erschienen und noch heute muss man die plasmatische Natur der Grundsubstanzen von neuem und neuem nachweisen, ehe es gelingt, die alte Secretions- theorie vollkommen zu verdrängen. Die Bedenken der Autoren beziehen sich, da ja doch die meisten von ihnen schon das Übrige zulassen, hauptsächlich auf die Anwendung des Namens Exoplasma, und doch ist es, wie ich anderswo nachzuweisen suchte), klar, dass er durch keinen anderen und am wenigsten durch den von Heidenhain vorgeschlagenen Namen „Meta- !) Die ausführliche Arbeit von Merkel (Anatom. Hefte Bd. 38) ist mir erst, nachdem sich dies im Drucke befand, durch die Freundlichkeit des Ver- fassers in die Hände gekommen. 2) Ganz ablehnend verhält sich gegenüber der Exoplasmalehre auch Retterer (z. B. Journ. de l’anat. 1904). Die Anlage der Grundsubstanz sollte zwar auch nach ihm protoplasmatisch sein, doch differenziert sich diese nach ihm später in ein „Hyaloplasma“ und ein „chromophiles Plasma“. In ersterem entstehen jetzt die Bindegewebsfibrillen, während aus letzterem, auch durch dessen Neubildung, die Körper der Bindegewebszellen ihren Ursprung nehmen. 3) Sitzungsberichte der Königl. böhm. Ges. d. Wiss. in Prag. Jg. 1907 Anatomische Hefte. I. Abteilung. 117. Heft (39. Bd. H. |). 16 949 F. K. STUDNICKA, plasma“ ersetzt werden kann. Um die Berechtigung meiner Anschauungsweise von neuem zu beweisen, werde ich jetzt am Ende der vorliegenden Arbeit einen Vergleich zwischen den wirklichen Exoplasmen des Epidermisgewebes und den Grundsubstanzen versuchen. Wie beim Besprechen des Epidermisgewebes muss man auch bei dem der Grundsubstanzgewebe auf folgende von- einander unabhängige Prozesse Rücksicht nehmen : 1. Die eigent- liche Exoplasmabildung, 2. chemische Prozesse, durch welche die Natur des Exoplasmas geändert wird und 3. die Bildung von Tonofibrillen, die hier den Namen ‚„Bindegewebsfibrillen“ tragen. 1. Das Exoplasma — Grundsubstanz. Beim Besprechen des Epidermisgewebes habe ich oben darauf aufmerksam gemacht, dass dessen Exoplasma teils in der Form von dünnen Membranen, teils in derjenigen von breiten Krusten (exoplasma sensu str.), zu welchen letzteren auch die sogenannten Deckplatten zuzurechnen sind, auftritt. Solche breite Schichten können, wie ich daselbst zeigte, auch auf einmal durch Umbildung des ursprünglich an der be- treffenden Stelle sich befindenden Plasmas entstehen. Ich be- tonte weiter sehr nachdrücklich den Umstand, dass sich das gegenseitige Verhalten der beiden Plasmaarten und die eigent- liche Natur des Exoplasmas nur im letzteren Falle mit Vor- teil beurteilen lässt und erklärte besonders jene Fälle für sehr lehrreich, in denen das Exoplasma fibrillenfrei ist oder wenigstens spärliche Fibrillen enthält. Genau dasselbe gilt auch von den Grundsubstanzen. Ich halte aus diesen Gründen z. B. gewisse, in letzter Zeit auf ihre Genese genauer studierte Knorpelgewebe, in denen die Grundsubstanz zuerst nur in der Gestalt von feinen Scheidewänden zwischen den Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 243 Zellen entsteht !), für sehr wenig geeignet zur Lösung unserer Frage. Die erste Anlage des Gewebes ist jedenfalls auch hier deutlich protoplasmatisch, aber die Kapselbildungen, welche man da (Ammocötes!) beobachtet, verleiten gar zu leicht zu der Annahme, dass sich da die Grundsubstanz durch Secretion, und zwar durch Apposition immer neuer Secretschichten ent- wickelt. Einen viel grösseren Nachdruck würde ich auf jene Fälle legen, in denen sich die Grundsubstanz gleich anfangs in grossen Massen auf einer deutlich protoplasmalischen Grund- lage bildet; in diesen lassen sich die gegenseitigen Beziehungen des Zellplasmas (Endoplasma) zu dieser Grundsubstanz (Exo- plasma) viel besser beurteilen. Aus einer grösseren Reihe von mir in dieser Beziehung untersuchter Fälle kann ich hier be- sonders zwei hervorheben. Das Knorpelgewebe der Selachier, auf dessen abweichende Chondrogenese ich 1903 (b) aufmerksam machte und das junge Zahnpapillengewebe derselben Tiere, welches ich unlängst (1907) in einer Abhandlung besprochen habe. Die ersten Stadien der gewöhnlichen Chondrogenese er- innern an die Bildung von dünnen Zellmembranen, z. B. von solchen, wie man sie bei Amphioxus in der Epidermis findet. Das Protoplasma der Zelle selbst erfährt hier gar keine Verände- rungen, sondern bildet einfach eine dünne Haut an seiner Ober- fläche, wobei die Art und Weise, auf die es geschieht, nicht näher verfolgt werden kann. Die Verhältnisse bei der Chondrogenese bei Selachiern oder die Genese des Papillengewebes derselben Tiere erinnern dagegen an analoge Verhältnisse, wie wir sie z.B. in den Epidermiszellen der Säugetiere beobachtet haben. Zuerst verändert sich das gesamte Zellplasma in einer bestimmten. Richtung und erst dann kommt es zur Differenzierung beider !) Vergl. die Untersuchungen über die Schwanzflossenknorpel von Ammo- cötes (Schaffer) und jene über die Extremitätenknorpel von Lophius (Studnitka). 16* 244 F. K. STUDNICKA, Plasmaarten!). Es erscheint in der Umgebung des Zellkernes ein frisches Endoplasma, während sich die übrige Plasma- substanz in ein Exoplasma umbildet. Wir haben, wie man sieht, an beiden Seiten genau dieselben zwei Typen; im Epi- dermisgewebe überwiegt der erste Typus, bei dem zuerst dünne Zellmembranen entstehen, in Grundsubstanzgeweben der zweite. Mit Ausnahme gewisser Knorpel und knorpelähnlicher Gewebe wird hier das Exoplasma — Grundsubstanz — immer auf einmal und in grossen Massen gebildet, während das Endo- plasma — die Bindegewebszellen — in den Hintergrund tritt. Das Exoplasma des Epithelgewebes behält meistens seine Individualität; es bildet sich an der Oberfläche von Zellen, welche in der Regel mittelst sehr früh, gleich nach der Zell- teilung entstehender Intercellularlücken voneinander abgetrennt sind. Einheitliche intercelluläre dünne Scheidewände kommen im Epithelgewebe eigentlich nur selten und in unserem speziellen Falle (Epidermis) fast niemals vor. Anders verhalten sich in dieser Beziehung die Grundsubstanzgewebe. Auch sie ent- wickeln sich in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle (die zellfreien Grundsubstanzen lasse ich da absichtlich beiseite!) aus einem Gewebe, welche individualisierte, ebenfalls mittelst Zellbrücken (die weniger zahlreich, dagegen aber breit sind) zusammenhängende, einfach plasmatische Zellen enthält, zwischen denen sich ebenfalls wirkliche, durch eine eiweiss- reiche Urlymphe ausgefüllte, hier sehr breite Intercellularlücken befinden. Dieses Mesenchymgewebe steht, wie ich anderswo zeigen konnte, gewissen modifizierten Epithelarten ungemein nahe und seine Zellen können bereits zu dieser Zeit Exo- plasmen bilden, resp., um die Sache richtiger zu charakteri- sieren, kann sich ihr Protoplasma in Exoplasma und Endoplasma differenzieren. Einen solchen Zustand finden wir meistens in I!) Genau solche Bilder hat seinerzeit auch Retterer (1900 Journ. de l’anat.) beobachtet. Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 245 den verschiedensten Arten des fibrillären Bindegewebes, z. B. im Subeutangewebe, auf dessen Genese ich vor Jahren (1905 €) aufmerksam gemacht habe. In allen anderen Fällen ver- schmelzen die Zellen schon früher oder nachdem sie schon ihr Plasma differenziert haben, miteinander und so entsteht im ersteren Falle zuerst ein wirkliches Syncytium, in dem anderen Falle dagegen gleich ein Gewebe mit isolierten oder teilweise mittelst Verbindungen zusammenhängenden Endo- plasmen und mit einheitlichem für alle Endoplasmazellen ge- meinschaftlichen Exoplasma. Noch einen dritten Fall kann man beobachten. Die Bildung des Exoplasmas, welches zuerst "nur in der Form von dünnen Scheidewänden entsteht, kann auch gleichzeitig mit dem Verschmelzen der Mesenchymzellen geschehen. Einen solchen Fall habe ich vor Jahren (1905 b) aus dem Extremitätenknorpel von Lophius beschrieben, während die anderen zwei Modi bei der Chondrogenese des Schwanz- flossenknorpels von Ammocötes (Schaffer), resp. bei jener der Selachier (Studni&ka) beobachtet wurden. Der von Hansen (1899) hervorgehobene Modus der Grundsubstanz- bildung, in dem die Endoplasmazellen von festen kapselartigen Übergangsschichten — dem Exoplasma sens. sir. — umgeben sind, welche erst den Übergang in die eigentliche Grund- substanz vermitteln, lässt sich nur in einigen Grundsubstanz- seweben und hauptsächlich in gewissen Knorpeln beobachten. Eine allgemeine Verbreitung hat er bei weitem nicht. Das Exoplasma, welches dort, wo Bindegewebsfibrillen vor- handen sind, in der Form einer Interfibrillärsubstanz auftritt, kann verschiedene Konsistenz haben. Es unterscheidet sich manchmal nur unbedeutend vom Endoplasma, ist ein anderes Mal schleimartig und kann wieder in anderen Fällen (Hyalin- knorpel) bedeutend fest sein. Schon in der Epidermis haben wir sehr häufig beobachtet, dass die Strukturelemente des Exoplasmas undeutlich oder 246 F. K. STUDNICKA, überhaupt unsichtbar waren, und zwar auch in solchen Fällen, in denen es vollkommen sicher war, dass da solche vorhanden sind. Die sonst sehr deutlichen Tonofibrillen werden oft un- deutlich und bei Myxine werden sie in den oben beschriebenen Kapselbildungen vollkommen verdeckt. Es handelt sich da um Maskierung der Fibrillen, welche besondere Stoffe, die aus der Zelle ausgeschieden werden, bedingen. Genau dasselbe beobachten wir in vielen Grundsubstanz- geweben. Viele von ihnen behalten ihr Exoplasma — Grund- substanz — vollkommen rein und die Tonofibrillen derselben treten mit der grössten Deutlichkeit hervor; dies gilt in erster Reihe von allen Arten der fibrillären Bindegewebe, doch auf der anderen Seite erreichen im Hyalinknorpel und im Knochen- gewebe die Ausscheidungsprozesse ihren Höhepunkt, und die Grundsubstanz wird durch dieselben auf die allgemein bekannte Weise stark verändert und hart gemacht. Die Unterschiede zwischen Grundsubstanzgeweben und Epithelgewebe, die trotz aller Übereinstimmungen gar zu auf- fallend sind, lassen sich durch die ziemlich verschiedene Auf- gabe dieser beiden Gewebsarten erklären. Auf diese Weise erklärt es sich auch, warum das Exoplasma in Grundsubstanz- geweben meistens in grossen Massen entsteht, während es ın Epithelien, abgesehen von Kolbenzelilen und der Epidermis der Amnioten, nur spärlich vorhanden ist. Grössere Exoplasma- massen können in Epithelgeweben in der Regel nur an der freien Oberfläche derselben abgelagert werden und es entstehen auf diese Weise die verschiedenen Cuticularschichten, denen wir in der Tierreihe begegnen, resp. die Anlagen derselben, welche dann durch verschiedene aus den Epithelzellen aus- seschiedene Stoffe durchtränkt und verhärtet werden. Ge- nauere Nachrichten über alle diese Prozesse fehlen uns jeden- falls bisher. Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 247 2. Das Endoplasma — Bindegewebszelle. Das Endoplasma, welches bereits im Epidermisgewebe und noch im Chordagewebe sehr selbständig in der Gestalt von „Endoplasmazellen‘ aufgetreten ist, erhält in Grundsubstanz- geweben eine — wenn möglich — noch grössere Selbständig- keit, und da sich das Exoplasma an dem cellulären Aufbau des Gewebes nicht mehr beteiligt, präsentiert es sich hier allein als eine Zelle, die Bindegewebszelle. Auch hier können die Zellen einen recht verschiedenen Wert haben. Eine embryonale Knorpelzelle von Lophius z. B. enthält in ihrem Körper genau dasselbe Protoplasma, wie die benachbarten nackten Mesen- chymzellen, während eine embryonale Knorpelzelle bei Sela- chiern nur einer geringen centralen Partie des Protoplasmas der ursprünglichen Mesenchymzelle entspricht, und nicht einmal dies erscheint ganz sicher. Es ist immer noch sehr wahr- scheinlich, dass es sich da um neugebildetes Protoplasma handelt. Genau so wie im Selachierknorpel verhält sich die Sache in den meisten Grundsubstanzgeweben; ich erwähne da nur das von mir vor einiger Zeit (1907) untersuchte junge Zahnpapillengewebe der Selachier. Wichtige Unterschiede zwischen Epidermis und Grund- substanzgewebe bestehen in folgenden Umständen: In der Epı- dermis sind die Zellen voneinander abgetrennt und zwischen ihnen befinden sich die bekannten Intercellularlücken, in dem anderen Gewebe ist das Exoplasma meistens einheitlich. In- folgedessen muss die Ernährung in beiden Fällen auf ver- schiedenen Wegen geschehen. Im Epidermisgewebe geschieht sie auf dem Wege der Intercellularlücken, während in Grund- substanzgeweben die Ernährungsstoffe, falls da keine andere Vorrichtung zur Erleichterung der Ernährung vorhanden ist, und dies ist oft der Fall, die Grundsubstanz passieren müssen. In einer ganzen Reihe von Grundsubstanzgeweben bleiben die 248 F. K. STUDNICKA, Endoplasmen — Bindegewebszellen — im direkten Zusammen- hange und die Ernährung geschieht dann auf dem Wege durch das Plasma selbst; sie ist wahrscheinlich selbst die Ursache der breiten endoplasmatischen Intercellularverbindungen, wie man solche z. B. in den fibrillären Bindegewebsarten allgemein beobachten kann. In den mehr passiven Knorpelgeweben ge- nügt es, wenn die Ernährung auf die erstere Weise durch die Vermittlung der Grundsubstanz geschieht. Die Umstände, auf welche wir da soeben hingewiesen haben, beeinflussen stark auch die Gestalt der Bindegewebszellen. Im Knorpelgewebe ist die Gestalt der Zellen bekanntlich meistens rundlich und die Abweichungen davon lassen sich durch den gegenseitigen Druck der Zellen aneinander, durch Spannungen im Gewebe usw. erklären ; auch die lang spindelförmigen Formen von solchen Zellen kann man sich mechanisch dadurch er- klären, dass sie durch die Struktur der Grundsubstanz, Ver- lauf der Fibrillen usw. auf irgend welche Weise bedingt sind. In allen diesen Fällen verhalten sich die Endoplasmakörper so wie einzelne Flüssigkeitstropfen, genau so, wie wir es oben bei den Endoplasmen der Epidermiszellen gesehen haben. Hie und da sieht man an solchen Zellen Fortsätze. Man kennt z. B. Knorpelzellen mit drei oder mehreren Fortsätzen; auch dafür haben wir immer noch Analogien im Epidermis- oder im Chordagewebe. Anders verhält es sich nur dann, wenn die Zellen mittelst ihrer Fortsätze miteinander zusammenhängen, wodurch inmitten des gemeinsamen Exoplasmas — der Grund- substanz — ganze endoplasmatische Netze entstehen können. sin solches Verhalten findet natürlich in Epithelgeweben nirgends auch nur annähernd eine Analogie und lässt sich nur (durch das Bedürfnis einer besseren Ernährung und den Mangel an Intercellularlücken im Grundsubstanzgewebe erklären. Noch eine, und zwar ziemlich schwierige Frage, bleibt da schliesslich zu besprechen. Ich habe oben darauf hinge- Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. 249 wiesen, dass in den „Gesamtzellen‘ der Epidermis und des Chordagewebes das Endoplasma vollkommen schwinden kann, ohne dass die Zelle dadurch zugrunde gehen müsste. Es gibt auf diese Weise wirkliche „Exoplasmazellen“. Man muss jetzt fragen, ob etwas Ähnliches auch in Grundsubstanzgeweben ge- schehen kann, ob auch hier die Körper der Bindegewebszellen schwinden können, so dass an der betreffenden Stelle nur der Zellkern übrig bleibt. Eine Beantwortung dieser Frage ist nicht so einfach. Man findet jedenfalls sehr oft scheinbar „nackte“ Zellkerne in den verschiedensten Bindegewebsarten ; immer setzt man jedoch schweigend voraus, dass es sich da nur um spindel- förmige Zellen handelt, deren Körper ganz klein ist und durch den Schnitt so getroffen wurde, dass er nicht zu sehen ist. Man rechnet immer mit der Kleinigkeit der Bindegewebszellen und doch ist es volıxommen möglich, dass hie und da die Zellkörper vollkommen schwinden. Ganz sicher geschieht dies in gewissen Knorpelarten. Seit langer Zeit sind hier die sog. „Intercalarzellen‘“ der Chondrogenese bekannt. Es sind das Zellen, deren Körper sich in toto in Grundsubstanz umwandelt, worauf aber auch der Zellkern zugrunde geht. Nun scheint es, dass sich zwar nicht im typischen Knorpel, aber in gewissen knorpelähnlichen Geweben solche Zellkerne erhalten, so dass man da in der Tat mit wirklichen ‚nackten‘, in Grundsubstanz eingelagerten Zellkernen zu tun hat. Ähnliche Zellkerne wurden unlängst von Schaffer aus den Geweben erwachsener Tiere beschrieben und ich verweise auf seine Abbildungen (1907, Fig. 6, 12). Er meint, dass es sich da um „verdämmernde Zellen“ handelt. In ganz jungen Geweben kann sich die Sache übrigens auch anders verhalten, wie das folgende Beispiel zeigen wird: Bei jungen Embryonen von Spinax niger (Länge etwa 13 cm) habe ich z. B. junges fibrilläres Bindegewebe unter- sucht und konnte daselbst an der Oberfläche der sehr grossen und prachtvoll ausgebildeten Zellkerne keine Bindegewebszellen 250 F. K. STUDNICKA, (kein Endoplasma) entdecken. Das ganze Gewebe sah so aus, wie ein grosses, überall zusammenhängendes Syncytium mit zahl- reichen Zellkernen, und doch hatte man da schon eine unver- kennbare fibrillenführende Grundsubstanz und kein primitives Protoplasma eines Syncytiums vor sich. Ich kann mir den Fall nicht anders erklären, als durch die Annahme, dass sich da die Endoplasmazellen inmitten der stark veränderten Plasma- masse bisher noch nicht ausgebildet haben. Anders gesagt, dass es da zur Differenzierung der beiden Plasmaarten noch nicht gekommen ist. Die Sache ist höchst interessant und verdiente, an einer anderen Stelle näher besprochen zu werden. 3. Die Tonofibrillen — Bindegewebsfibrillen. Auf die Analogien der Bindegewebsfibrillen mit Tono- hbrillen des Epidermisgewebes!) habe ich schon vor Jahren (1902b) hingewiesen, und so werde ich mich hier nur mit dem Hervorheben einiger neuer Einzelheiten, auf welche ich seit der Zeit aufmerksam wurde, begnügen. Die Tonofibrillen des Epithelgewebes entwickeln sich teils auf der Grundlage einer primitiveren Struktur des Endoplasmas, in dem sie entweder lebenslang verbleiben oder aus dem sie bei der Differenzierung der beiden Plasmaarten in das Exo- plasma übergehen, oder schliesslich entstehen sie direkt schon ım Exoplasma. In Grundsubstanzgeweben kann man vielfach schon auf der ersten Entwickelungsstufe im reinen Protoplasms reichliche Tonofibrillen beobachten, welche in ihrem Verhalten vollkommen den Tonofibrillen des Epithelgewebes entsprechen. Nachdem sich aus diesem Protoplasma das Exoplasma einer Grundsubstanz bildet, gehen sie alle in dieses über. Einen sehr schönen hierher gehörenden Fall fand ich z. B. in dem ') Und der Neurogliafasern! — Vergleiche auch Masur (1907). Vergleichende Untersuchungen über die Epidermis der Vertebraten. Z51 jungen Papillengewebe der Dentinzähne der Selachier (1908). Anderswo entstehen die Fibrillen schon direkt im Exoplasma der Grundsubstanz. Einen hierher gehörenden Fall findet man z. B. in den von v. Ebner genau in dieser Beziehung unter- suchten Chordascheiden und ganz sicher muss man auch die Verhältnisse bei der Dentinbildung (v. Korff) hierher rechnen. Fälle, in denen die im frischen Protoplasma (Endoplasma) ent- stehenden Fibrillen in diesem lebenslang verbleiben und auf diese Weise niemals in ein Exoplasma — Grundsubstanz übergehen würden, kommen, wenn überhaupt, nur ausnahms- weise Vor. Genau so wie die Tonofibrillen des Erithelgewebes können also auch jene der Grundsubstanzgewebe sowohl im Endo- plasma wie im Exoplasma!) entstehen, und somit erklärt man sich die Divergenzen in den Angaben der Autoren, welche die Veranlassung zu einem seit Decennien sich hinziehenden Streite gegeben haben. Die Fibrillenbündel, welche im Epithelgewebe selten eine grössere Mächtigkeit erreichen, sind, wenn man vielleicht vom Hyalinknorpel absieht, in Grundsubstanzgeweben eine allge- meine Erscheinung und erreichen da eine grosse Mächtigkeit. Dies lässt sich aus der viel wichtigeren Rolle, welche die Tonofibrillen in Grundsubstanzgeweben überhaupt zu spielen haben, leicht erklären. Die Art und Weise, auf welche hier solche Fibrillenbündel entstehen, ist eigentlich bisher nicht genau festgestellt, aber es lässt sich voraussetzen, dass es sich da um Längsspaltung der Elementarfibrillen und nicht um deren Neubildung handelt. Auch in dieser Beziehung unter- scheiden sich die Verhältnisse nicht von denen im Epithel- gewebe. Eine ganz besondere, bisher nicht genauer ermittelte Stellung nehmen unter den fadenförmigen Bildungen der Grund- !) Oder wie es Lwoffund Golowinski finden an der Grenze von beiden. 252 F. K. STUDNICKA, Vergleichende Untersuchungen etc. substanzgewebe die elastischen Fasern ein. Es handelt sich in ihnen ganz sicher nicht um Elementargebilde, die man den collagenen Fibrillen zur Seite stellen könnte; die betreffen- den Gebilde sind dazu meistens zu dick, und sie verbinden sich auf eine Weise, die man bei collagenen Fasern niemals beobachten kann, netzartig miteinander und können zu umfang- reichen gefensterten oder kontinuierlichen Lamellen zusammen- fliessen. Die innere Struktur der elastischen Fasern ist bis- her niemanden gelungen aufzuklären, und so müssen wir uns, bevor eine Methode, mit der man da vorwärts kommt, ge- funden sein wird, nur mit Vermutungen begnügen. Ich selbst würde die elastischen Fasern zur Seite der eigentümlichen Fäden der „Fadenzellen“ und der „Fadenkörperzellen“ der Myxinoiden stellen und erblicke in ihnen ebenso, wie ich es von diesen, vorausgesetzt habe, hyalinisierte Fibrillenbündelt). Das Ver- halten der elastischen Fasern, ihr Verbinden zu Netzen und die Bildung von gefensterten Lamellen usw. würde auf diese Weise auf einmal vollkommen aufgeklärt sein. 1) Vergl. auch Reinke (Arch. f. m. Anat. Bd. 43. 8. 390), und Füss Virchows Archiv. Bd. 182.) Brünn, im November 1908. Literaturverzeichnis'). . *Apathy, S. von (1908), Der Vergleich der Neurofibrillen mit Protoplasma- strömen oder Protoplasmafasern. Folia neurobiol. Bd. 1. Apolant, H. (1901), Über den Verhornungsprozess. Arch. f. mikr. Anat. Bd. 57. Beard, J. (1839) Morphological studies. 3. The nature of the Teeth of the marsipobranch Fishes. Zoolog. Jahrbücher. Vol. 3. Beneke, (R.) (1895) Epithelfaserung der menschlichen Oberhaut. Verh. d. Ges. deutsch. Naturf. u. Ärzte auf. d. 66. Vers. in Wien. Behrends, G. (1892) Über Hornzähne. Nova acta acad. Leopold. Bd. 58. Bering, F. (1904), Zur feineren Anatomie der Oberhaut. Monatsh. f. prakt. Dermatol. Bd. 39. . Blochmann, Fr. (1897), Zur Epithelfrage bei den Cestoden. 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Fixierung: Sublimat — Färbung. Hämatoxylin nach Kleinenberg. Fig. 2. Sublimat-Pierocarmin. Fig. 3. Sublimat-Eisenhämatoxylin. Fig. 4. Sublimat-Picrinsäure-Eisenhämatoxylin. Fig. 5. Lig. Flemmingi — Eisenhämatoxylin. Fig. 6. Lig. Flemmingi — Eisenhämatoxylin. Fig. 7. Lig. Mülleri — Eisenhämatoxylin. Fig. 8. Lig. Flemmingi — Eisenhämatoxylin. Fig. 8b. Dasselbe schematisch. Fig. 9. Sublimat-Eisessig — Hämatoxylin nach Delafield. Fig. 10. Sublimat —- Eisenhämatoxylin. Fig. 11. Sublimat — Picrocarmin. — Von einer etwa 2 cm langen Larve Fig. 12. Sublimat — Safranin. — Ein unmittelbar unter der Deckplatte die Zellen treffende Schnitt. : Fig. 13. Sublimat-Eisenbämatoxylin. Fig. 14. Dasselbe Präparat. — Die Deckplatte flachgeschnitten. Fig. 15. Lig. Flemmingi — Safranin. — Die Deckplatte flachgeschnitten. Fig. 16—22. Epidermis junger Larven von Petromyzon. Fig. 16. Epidermiszellen einer etwa 6 mm langen Larve von Petr. Planeri. Fixierung mit Chromsäure (?). Färbung mit Picrocarmin. Fig. 17. Die Struktur der Deckplatte von einem etwa 12 mm langen Petromyzonembryo. Aus den niedrigen Epidermiszellen der caudalen Körper- partie. Erklärung der Abbildungen. 263 Fig. 18. Epidermis eines 10 mm langen Embryo von Petromyzon fluviatilis; aus der Schwanzflosse. Fixierung mit Sublimat, Färbung mit Eisen- hämatoxylin. Fig. 19. Aus demselben Präparate. Epidermis aus der Körpermitte, dorsal. Fig. 20. Aus demselben Präparate. Epidermis vor dem Geruchsorgane, aus der vordersten Körperpartie. Fig. 21. Teil einer Epidermiszelle einer 18 mm langen Larve. Sublimat- Eisenhämatoxylin. Fig. 21b. Die Deckplatte desselben Objektes von der Fläche. Fig. 22. Ein Teil der Epidermis von demselben Objekte. x Tafel 3/4. (Vergrösserung meistens: Zeiss, Apochr. homog. Immersion 1,5 Kompens. Oc. 12, bei Fig. 24, 29, 30 und 33. Kompens. Oc. 8. Fig. 23 gezeichnet bei Zeiss, homog Immers. 1/12, Kompens. Oc. 12.) Fig. 23. Petromyzon fluviatilis. Verschleimte Deckzellen nach einem Delafield-Hämatoxylinpräparate. Die nicht verschleimte Partie der Zelle ıst hell. Fig. 24. Petromyzon fluviatilis. Eine nur im oberen Teile verschleimte Deckzelle. Sublimat-Formol — Eisenhämatoxylin. Fig. 25. Petromyzon fluviatilis. Eine stark verschleimte Deckzelle mit einer Zwischenschichte. Fixierung und Färbung wie oben. Fig. 26. Ammocötes (von Petr. Planeri?). Eine Deckzelle.. Formol- Eisenhämatoxylin. Fig. 27. Ammocötes. Deckzellen mit auffallend hoher Deckplatte und einer Zwischenschichte. Sublimat-Eisessig — Hämatoxylin. Fig. 28. Petromyzon marinus. Deckzellen, in deren Inneren das Endo- plasma von einer zweiten Hülle umgeben ist. Lig. Zen keri — Eisenhämatoxylin. Fig. 29. Petromyzon fluviatilis. Deckzelle mit unvollständiger Teilung des Zellkörpers. Sublimat — Eisenhämatoxylin. Fig. 30. Petromyzon fluviatilis. Epidermisoberfläche mit sich abschuppen- den Deckzellen. Sublimat(?) — Eisenhämatoxylin. Fig: 31. Petromyzon fluviatialis. Eine Ersatzzelle mit unregelmässig aus- gebildeter Deckplatte. Sublimat-Formol — Eisenhämatoxylin. Fig. 32. Petromycon fluviatilis. Deckzellen und Eısatzzellen. Fixierung und Färbung wie oben. Fig. 33, 34. Petromyzon fluviatilis. Abgeworfene, eigentümlich meta- morphosierte Deckzellen. Epidermis (oberhalb des Geruchsorganes). Erklärung der Abbildungen. Tafel 5/6. (Vergrösserung: Zeiss, Apochr. homog. Immersion 1,5 Kompens. Oc. 12. Bei Fig. 38, 39, 44. Kompens. Oc. 8.) Fig. 35. Petromyzon fluviatilis. Epidermiszellen mit dickem Exoplasma. Aus einem grossen Hornzahne. Fixierung Sublimat-Eisessig. Färbung mit KEisenhämatoxylin. Fig. 36. Petromyzon Planeri. Vollkommen verhärtete Epidermiszellen aus der unteren Schichte eines Hornzahnes. Sublimat-Eisessig — Hämatoxylın nach Delafield. Fig. 37. Petromyzon Planeri. Aus der metamorphosierten Epidermispartie oberhalb eines Krsatzzahnes. Acid. pierin. nitrie. — Eisenhämatoxylin. Fig. 38, 39. Spinax niger, junger Embryo von der Länge etwa 5 cm Epidermis des der oberen Seite des Kopfes. Färbung und Fixierung wie oben. Fig. 40. Dasselbe Objekt. Eine Deckzelle mit deutlich differenzierten Proto- plasmafasern. Dieselbe Fixierung und Färbung. Fig. 41. Chimaera monstrosa.. Aus dem dicken Epithel der Lippen. Fixierung: Sublimat-Eisessig (?). Färbung mit Eisenhämatoxylin. Fig. 42. Chimaera monstrosa. Aus derselben Stelle wie Fig. 41. Zelle mit dünner Zellmembran, deren Endoplasma geschrumpft urd von der Membran abgezogen ist. Fixierung usw. wie oben. Fig. 43. Spinax niger. Aus der oberflächlichen Schichte des die sich entwickelnden Dorsalstachel bedeckenden Epithels. Acid. nitrie.- Eisenhämat- oxylin.-Bordeaux R. Fig. 44. Spinax niger. Alterer Embryo von der Länge etwa 10 cm. Das Epithel der Hornhaut des Auges. Lig. Flemmingi — Eisenhämatoxylin. Fig. 45, 46. Squatina angelus. Zwei abgeworfene und eigentümlich modi- fizierte Epidermiszellen. Tafel 7/8. (Vergrösserung: Zeiss, Apochr. homog. Immersion 1,5 Kompens. Oc. 12. Bei Fig. 57 und 59 Kompens. Oc. 8.) Fig. 47. Petromyzon Planeri. Basalzellen und mit ihnen zusammen- hängende Bindegewebszellen aus der Epidermis des Saugnapfes. (Aus der Nähe eines Zahnes.) Acid. picrin. nitrie. — Eisenhämatoxylin. Fig. 48. Myxine glutinosa. Zwei Basalzellen mit Kapselbildungen. Sublimat-Eisenhämatoxylin. Fig. 49. Dasselbe Objekt. Basalzelle mit einem Stiele und mit unregel- mnässig ausgebildeter Kapsel. Fig. 50. Petromyzon fluviatilis. Basalzellen, die sich von der Basal- membran abgerissen haben. Sublimat-Formol — Eisenhämatoxylin. Erklärung der Abbildungen. 26D Fig. 51. Petromyzon fluviatilis. Basalzellen normalen Typus. Dieselbe Fixierung und Vergrösserung. Fig. 52, 53. Raja sp. Basalzellen. Aus der Mundhöhle; in der Nähe der Zahnleiste. Acid. Pierin-Sublimat-Formol — Eisenhämatoxylin. Fig. 54. Torpedo marmorata. Basalzelle aus der Mundöffnung. Alkohol. — Eisenhämatoxylin. Fig. 55. Torpedo. Unterkiefer, Epithel der Mundhöhle. Acid. chromie. — Eisenhämatoxylin. Fig. 56. Scyllium ceanicula. Basalzellen. Fixierung und Färbung wie oben. Fig. 57. Squatina angelus. Basalzellen. Epidermis der Schwanzflosse. Lig. Mülleri — Eisenhämatoxylin. Fig. 58. Acipenser sturio. Basalzellen der Epidermis der Rückenplatten mit gefalteter Basalmembran. Acid. nitrie. — Hämatoxylin nach Delafield. Fig. 59. Spinax niger. Ameloblasten des Stachels der Dorsalflosse. Acid. pierin.-nitric. — Eisenbämatoxylin — Bordeaux R. Tafel 9/10. (Vergrösserung: Zeiss Apochr. homog. Immersion 1,5 Kompens. Oc. 12. Bei Fig. 65, 66. Kompens. Oe. 8.) Fig. 60. Torpedo marmorata. Epidermis der Schwanzflosse. Deckzelle, Acid. pierin.-Sublimat — Eisenhämatoxylin-Bordeaux R. Fig. 61. Dasselbe Präparat. Oberer Teil einer Stachelzelle mit deut- lichem Geflechte der Protoplasmafasern. Fig. 62. Dasselbe Präparat. Eine Basalzelle. Fig. 63. Dasselbe Präparat. Eine Gruppe von Stacheizellen. Zwei davon unlängst voneinander abgetrennt. Fig. 64. Scyllium. Sublimat-Eisessig — Eisenhämatoxylin. Fig. 65. Spinax niger. Älterer, Embryo. Epidermis der Dorsalflosse Acid. pierin.-nitrie. — Eisenhämatoxylın. Fig. 66. Spinax niger. Älterer Embryo. Flossenstachel-Schmelzpulpa. Fixierung Sublimat (?) — Hämatoxylin nach Delafield- Eosin. Fig. 67. Spinax niger. Dasselbe kewebe. Acid. pierin.-nitric. — Eisen- hämatoxylin. Fig. 68. Petromyzon tluviatilis. Abgestorbene Zelle oberhalb eines Er- satzzahnes. Fig. 69. Pelobates fuscus. Eine Basalzelle mit Protoplasmafaserungen. Sublimat(?) — Eisenhämatoxylin. Fig. 70. Triton. Teile des Langerhansschen Netzes zweier Zellen, quer geschnitten. Fixierung mit Flemming. Flüss*Färbung: Eisenhämat- oxylin. Fig. 70, b. Dasselbe Objekt. Teil des Netzes von der Fläche gesehen. 2 Erklärung der Abbildungen. Tatel 1/12. (Vergrösserung: Zeiss, Apochr. 1,5 Kompens. Oc.: Bei Fig. 71, 72, 79, 80. Oc. 8, bei Fig. 73—77, 78, 81, Oc. 12.) Fig. 71—73. Pelobates fuscus. Querschnitte der Epidermis einer erwach- senen Larve. Mit Sublimat(?) fixiert. Mit Eisennämatoxylin gefärbt. Fig. 74. Bos taurus. Älterer Fetus. Basalzellen und eine darüber liegende Zelle aus dem Epithel des Palatum durum. Fixierung mit Sublimat- Eisessig. Fig. 75. Von demselben Fetus. Epidermiszellen von den Endphalangen der Extremität. Das Protoplasma mit einer reticulären Struktur. Fixierung und Färbung wie oben. Dieselben Struktnr sieht man auch nach anderen Fixierungsarten! Fig. 76. Eine Zelle aus demselben Präparate, in der sich die Struktur in bestimmter Richtung, senkrecht zu der Oberfläche der Epidermis orien- tiert hat. Fig. 77. Von demselben Fetus. Die Basalzellen und die untersten Zellen der Malpighischen Schichte aus der Hufanlage. Fixierung und Färbung wie oben. Fig. 78. Zwei etwas abnorme Zellen aus der obersten Partie der Mal- pighischen Schichte. Keine scharfe Grenze zwischen Exoplasma und Endo- plasma. Fig. 79 und 80. Zwei Zellen aus der oberen Schichte der Hufanlage von Bos mit zahlreichen Keratohyalintropfen. Gehören zu einer anderen Generation als die darunter liegenden Zellen und sind mit den in der Fig. 75 und 76 ab- gebildeten zu vergleichen. Das Exoplasma ist vom Endoplasma scharf abge- grenzt, das letztere besitzt eine feine Struktur. Die Fig. S0 stellt ein ausge- gesuchtes Exemplar vor, die meisten Zellen zeigen das Endoplasma so, wie es die Fig. 79 darstellt. Fig. 851. Einige Zellen des Stratum Malpighii vom Menschen. Frisch mit Sublimat fixiert, mit Eisenhämatoxylin gefärbt, mit Orange G. nachgefärbt. Fig. 82. Myxine glutinosa. Eine Pokalzelle aus einem Hornzahne der Zunge. Alkoholfixierung, Färbung mit Delafieldschem Hämatoxylin. Zeiss, Homog. Immersion !/ı>, Oc. 4. Tafel 13/14. (Vergrösserung: Zeiss, Apochr. 1,5 Kompens. Oc. 12. Bei Fig. 92, Oe. 8. Fig. 85, 90 Zeiss, Immersion "Ye, Oc. 3. Fig. 88, 89, 99, Immersion "ır, Oc. 12. Fig. 91, Immersion !/ı2, Oc. 2.) (Fig. 83, 84 Cuticulargebilde von Lepadogaster Gouani, Fig. 85 — 89 Kolbenzelle.) Fig. 83. Querschnitt durch eine zweischichtige Cutieularplatte von Lepado- gaster Gouani und die darunterliegende Epidermis. Fixierung: Sublimat-Eisessig. Färbung: Eisenhämatoxylin-Bordeau R. Fig. 834. Aus einem ähnlichen Präparate. Vom Rande des Saugnapfes. Die Cuticularschichte minimal dick. Erklärung der Abbildungen. 267 Fig. 85. Eine junge Fadenkörperzelle von Myxine glutinosa. Alkohol- fixierung. Fig. 86. Teil einer jungen Zelle derselben Art. Fig. 87. Teil der Fadenmasse aus einer grossen Fadenkörperzelle von Myxine glutinosa. Fig. 88. Eine junge Kolbenzelle von einem Ammocötes (Petr. Planerı?). Fig. 89. Eine ähnliche Zelle mit diekem allseitig gleich breitem Exo- plasmasaum. Fig. 90. Petromyzon marinus. Die Fibrillenmasse einer Kolbenzelle durch den Schnitt seitlich getroffen. Fixierung: Lig. Zenker — Eisenhämat- oxylin. Fig. 91. Eine ähnliche Kolbenzelle durch den Schnitt central getroffen. Zeiss, Homog. Immersion !/ı2, Oc. 2. Fig. 9%. Zwei solche Kolbenzellen aus demselben Präparate. Das Endo- plasma stark geschrumpft. Fig. 93. Ophidium barbatum. Eine Kolbenzelle mit sternförmigem Endo- plasma. Fixierung mit Sublimat-Eisessig. Eisenhämatoxylin. Fig. 94. Dieselbe Art. Eine Kolbenzelle mit grossen Secretmassen; ihr Endoplasma tritt aus der Zelle heraus und bildet eine Mantelschicht in dem pericellularen Raume. Fig. 95-97. Anguilla fluviatilis. Larve, sog. „Monte“. Fixierung mit Sublimat (Fig. 96, 97) und Alkohol (Fig. 95). Fig. 98, 99. Kolbenzelle von erwachsener Anguilla mit Secretkörnern im Innern. Die in Fig. 99 abgebildete nach einem schlecht fixierten Präparate Partelr1p: Fig. 100, 101. Amiurus catus. Kolbenzellen im frischen Zustande. Das Endoplasma nur an den in ıhm enthaltenen Granulationen erkennbar. Zeiss Homog. Immersion !/ı2, Oc. 4. Fig. 102. Amiurus catus. Eine Kolbenzelle mit zwei Zellkernen im Endo- plasma und einem Leucocyt im Exoplasma. Sublimat, Eisenhämatoxylin Apochr. 1,5, Kompens. Oec. 12. ‚Fig. 103. Aus einem ähnlichen Präparate, dieselbe Fixierung und Fär- bung. Kein scharf umgrenztes Endoplasma. Apochr. Kompens. 1,5, Oc. 8. Fig. 104—106. Kolbenzellen derselben Form, in jeder zwei Zellkerne, Endoplasmazellen in verschiedenen Teilungsstadien. Immersion '/ı2, Oc. 4. Fig. 107, 108. Kolbenzellen von Cobitis fossilis mit verschieden aus- sehenden Endoplasmen. Fixierung. Sublimat Fig. 107: Apochr. 1,6, Oec. 8. Fig. 108: Immersion '/ı2, Oc. 12. 2 Er . er Ta HRuR 0% rer De INbe "a [n en IK4 Er a7 u a7 MW j = ‚pe vB ul RL ih RE j f ah ” ee gr L 5 I) A ER in re Tr RER, sed Kia SF Be 0 . ich N} run A le tere j =“ I R u Pak zuln.ie? Imie ne Du? 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ÜBER EPITHELFASERN IN DER OBERHAUT DER DAUMENSCHWIELE BEI RANA FUSCA. VON A. NUSSBAUM AUS BONN Mit 6 Figuren auf Tafel 16. Pi] fi. EN A AL REN Yu BLEI ea I 8%: 2 ir AI EHER A RE „bs | A u E2 BE i 2 i 2 ö A Tun Io . IN "n 7; BL & f a‘ ü Par 5 . i) 0 ars u a Tu Die Geschichte der Protoplasmafasern in geschichteten Plattenepithelien hängt mit der Entwickelung der Kenntnis über die Intercellularbrücken, die nichts anderes als den intercellu- laren Teil der Fasern darstellen, auf das Innigste zusammen. Zwar beschreibt Gobbe& (27), der erste Beobachter, diese Struktur nicht als Brücken, die von einer Zelle zur andern ziehen, sondern als grössere und kleinere Fortsätze oder haar- förmige Anhängsel, die den Zellen des von ihm untersuchten Cancroids nach seiner Meinung den Charakter von Flimmer- epithel geben. Auch OÖ. Weber (116) sieht in Hautgeschwüren und Epithelkrebsen flimmerzellähnliche Gebilde. Ganz anders deutet Schrön (87), der normale und patho- logische Haut untersucht hat, seine an dünnen Schnitten ge- wonnenen Bilder. Er glaubt in der feinen radiären Streifung um die Zellen der Malpighischen Schicht ein System von parallelen Porenkanälen sehen zu müssen, die benachbarte Zellen durch die Membran hindurch in Verbindung setzen und eine besondere Bedeutung für den Stoffwechsel haben sollen. Eine Membran um jede Epithelzelle nimmt Schrön des- halb an, weil er den Raum zwischen je zwei Zellen durch eine feine Linie der Länge nach geteilt sieht. In pathologischen 272 A. NUSSBAUM, Geweben glaubt er die Streifung bis zum Kern verlolgen zu können. Die Streifung, die sich also von dem Innern einer Zelle durch den hellen von Schrön als doppelte Membran aufgefassten Raum zum Kern der nächsten Zelle erstreckt, ent- spricht genau der erst später von Ranvier in ihrer wahren Natur erkannten Protoplasmafaserung der geschichteten Platten- epithelien. Schrön ist somit der erste, der die Epidermis- struktur morphologisch im Wesentlichen richtig beobachtet hat, wenn auch seine Deutung der Streifung bald aufgegeben worden ist. Max Schultze (96, 97), der Epithelzellen verschiedenster Herkunft in Jodserum isoliert hat (96), findet die ganze Ober- fläche der Zellen des Rete Malpighi mit starren Fortsätzen bedeckt, die wie die Borsten zweier zusammengepresster Bürsten ineinandergreifen. Das Ende der Stacheln sieht er abgerundet, spitz oder keulenförmig angeschwollen und beobachtet damit wahrscheinlich die von Bizzozero später beschriebenen Knötchen. Diese charakteristisch gebauten Epidermiszellen nennt Max Schultze Stachel- und Riffzellen. Unabhängig von Max Schultze beobachtet auch Biz- zozero (7) diese Fortsätze an Oberhautzellen, die er frisch zerreisst oder in verdünntem Glycerin isoliert, und äussert sich über die gegenseitige Verbindung ähnlich wie der deutsche Autor. Einige Jahre später jedoch hat Bizzozero (8) die Kenntnis der Zellbrücken um ein Wesentliches gefördert. An gefärbten Schnitten hat er in allen Schichten der Epidermis ein feines Netz von hellen Kanälen, welche die einzelnen Epithelzellen umgeben, gefunden. Quer durch den Kanal werden gegenüberliegende Punkte zweier benachbarter Zellen durch starre Härchen verbunden. Die Mitte der Härchen zeigt sehr häufig eine feine Verdickung, die Bizzozero als Ver- lötungsstelle von je zwei Zellfortsätzen, welche bei der Iso- lation zerrissen werde, auffasst. Über Epithelfasern in d. Oberhaut d. Daumenschwiele b. Rana fusca. 273 Die Entwickelung unserer Kenntnis über das Vorkommen, das Wesen der Knötchen an den Intercellularbrücken und ihre Lage im Epithel. Der Befund bei Amphibienlarven. Diese Knötchen in der Mitte der Intercellularbrücken sind nach Bizzozero in der verschiedensten Weise gedeutet worden. Lott (62) meint, dass in ihnen die Stacheln sich seitlich aneinanderlagern, dabei aber eine Vergrösserung des Intercellularraumes dadurch möglich sei, dass die Stacheln aus- einandergezogen würden, ohne ihre seitliche Verbindung auf- zugeben. Da Ranvier (74) nur an kurzen Brücken Knötchen beob- achtet hat, deutet er sie als ein elastisches Organ, das eine Verlängerung der Brücken erlaube und daher an langen Brücken verschwunden sei; diese sind zum Teil durch Lageänderung der Zellen, zum Teil durch wandernde Leucocyten über die Ruhelage gedehnt. Die langen, knötchenlosen Brücken finden sich nur bei Unna (108) und Garten (26) bestätigt, die beide an diesen seltener Knötchen sehen. Gerade das Gegenteil beschreibt Cajal (14); er glaubt besonders an langen Brücken die Knötchen häufiger zu finden und erklärt ihr Zustandekommen durch Zerreissen der sich auf die Brücken fortsetzenden Membran, die sich dann gegen das Centrum der Brücke umkrempele. Die Realität der Knötchen leugnet Unna (106, S. 28, An- merkung und 108) und erklärt sie als eine optische Täuschung, die auf einer Beugungserscheinung beruhe, hervorgebracht durch quer in einem andern optischen Durchschnitt zu den Brücken verlaufende Nervenfasern; die langen Brücken seien deshalb meist ohne Knötchen, da sie seltener von Nerven ge- kreuzt würden. Auch A. Henle (29) hält die Knötchen für Anatomische Hefte. I. Abteilung. 117. Heft (39. Bd., H. 1). 18 274 A. NUSSBAUM, eine optische Täuschung; diese wird durch schräg zur ein- gestellten Stachelreihe verlaufende Brücken, die aber höher oder tiefer als diese im Präparat liegen, hervorgerufen. Neuerdings hat Unna (112) seine Auffassung der Knötchen geändert; er findet wie Schrön den Intercellularraum der Länge nach geteilt und deutet ihn als doppelte Membran, die von den Brücken durchsetzt werde. In der Mitte seien die Brücken nicht von der Membran umgeben und könnten sich daher intensiver färben und als Knötchen imponieren. Reinke (80) hält die Verdickungen der Brücken für ein Homologon der pflanzlichen Zellplatte. Rabl (72) modifiziert die Auffassung dieses Autors etwas, schliesst sich ihm aber im Wesentlichen an. Auch Weidenreich (117) teilt diese Ansicht; denn er findet an langen und kurzen Brücken Knötchen. Kromayer (50) sieht die Knötchen ebenfalls an langen und kurzen Brücken, bald in ihrer Mitte, bald näher der Zell- oberfläche, bald überall deutlich, bald nur hier und dort; nach Alkoholhärtung findet er mehr Knötchen als an Formolpräpa- raten und hält sie daher für ein Kunstprodukt. Kolossow (41) glaubt, die Mitte der Brücke sei weniger ausdehnungsfähig als die übrigen Teile derselben; denn er beschreibt die Knötchen besonders an langen, gedehnten Brücken. Den Intercellularbrücken des Rachenepithels spricht er diese Eigenschaft ab, da er dort auch an langen Brücken keine Anschwellung findet. Zimmermann nennt dıe Knötchen Kittklümpchen und teilt somit Bizzozeros Ansicht (120). Zwischen den Basalzellen sind nach Kolossow (41) keine Knötchen vorhanden. Schridde (86) findet sie nur in den höheren Lagen der Epidermis, während Weiden- reich (117) und Garten (26, beim Stimmbandepithel) auch zwischen den basalen Cylinderzellen Knötchen beschreiben. Über Epithelfasern in d. Oberhaut d. Daumenschwiele b. Rana fusca. 275 Über ihr Vorkommen im Stratum spinosum herrscht Einigkeit; nur Herxheimer mit H. Müller (33) findet sie überhaupt nicht. Nach Zander (118, in Epidermis mit dicker Horn- schicht) und Unna (112) bestehen die Knötchen im Stratum corneum fort. Bei jungen Amphibien fehlen die Knötchen nach Pfitzner (69), Flemming (22) und Rabl (72). Somit beschreiben fast alle Autoren bei erwachsenen Tieren das Vorkommen von Knötchen in der Mitte der Brücken, wenn auch über ihre Deutung, die Brücken, welche sie zeigen, und die Zellagen, in denen sie vorkommen, die verschiedensten Ansichten herrschen. Die Literatur über Zustandekommen, Verlauf, Gestalt, Aufbau und Lage der Intercellularbrücken im Epithel. Die Brücken selbst bilden sich nach Mitrophanow (66) dadurch, dass in breiten protoplasmatischen Verbindungen zwischen den Zellen feine Lücken auftreten, die sich ver- einigen und so die Intercellularräume bilden, während ver- bindende Protoplasmabrücken erhalten bleiben. Dieselbe Art des Zustandekommens der Brücken hat F. E. Schulze (99) an lebenden Amphibienlarven beobachtet. Der Verlauf und die Gestalt der Brücken ist sehr ver- schieden beurteilt worden. Die meisten Autoren beschreiben sie als gerade strangförmige Verbindungen, die quer durch die Intercellularräume zwei benachbarte Zellen verbinden. Ran- vier (74) und Unna (106) sprechen von langen Brücken, die von einer ersten Zelle an einer zweiten vorbei zu einer dritten ziehen. Herxheimer mit H. Müller (33) findet die Brücken zum Teil, Bencke (3) meist spiralig gewunden. Bei Amphibien werden auch lamelienförmige Brücken von Flemming (21, 22), Pfitzner. (69), Mitrophanow (66) 18* 276 A. NUSSBAUM, unl Reinke (81) beschrieben; doch scheinen sich ihre An- gaben nur auf Larven zu beziehen. Max Schultzes Rifie, von denen F. E. Schulze (98), Langerhans (54, 55), Leydig (58), Unna (105) u. a. sprechen, deuten ebenfalls auf die Lamellenform hin. F. E. Schulze (99) glaubt, dass bei jungen Amphibien anstatt der Brücken nur netzförmige Protoplasmastrukturen vorkommen und dass strangähnliche Ver- bindungen bei ihnen ein Kunstprodukt darstellen; Kollos- sow (41) berichtet über dieselbe Brückenform zwischen den tiefen Zellen der Epidermis des Kätzchenfusses. ‚Finden sich schon über Entstehung, Verlauf und Gesialt der Brücken zum Teil widersprechende Anschauungen, so herrscht noch weniger Einigkeit über ihren Aufbau. Die ersten Beobachter äussern sich nicht direkt darüber; doch sprechen Gobbe (27), Max Schultze (97) und Bizzozero (8) von Fortsätzen der Zelle und halten sie somit für protoplasmatisch. Diese Ansicht teilen Heitzmann (30), Leydig- (59), Pfitzner (69), Unna (106), Sticker (100, Hyaloplasma), Koelliker (40, für die tiefen Zellen) und van der Ssitricht (101). Nur wenig verschieden ist Ranviers (75) Beschreibung; nach ihm werden die Brücken von den eigentlichen Epithel- fasern und einer umhüllenden Protoplasmaschicht gebildet. Ihm schliessen sich Beneke (3) im Anfang und Rab] (72) an. Unna (109) findet in einer späteren Arbeit nur an der Basis der Brücke eine Protoplasmahülle, während der grösste Teil derselben aus der nackten Epithelfaser gebildet wird. Nach Hodara (36) und Garten (26) sind die Brücken im Inter- cellularraum breiter als die intracellularen Fasern; doch gehen sie nicht auf den Grund dieser Erscheinung näher ein. Blaschko (12) beschreibt die Stacheln als von den Proto- plasmafäden gebildet; Weidenreich (117) sieht in der Brücke nur die Epithelfaser. Über Epithelfasern in d. Oberhaut d. Daumenschwiele b. Rana fusca. 277 Cajal (14) und Kromayer (46, 47) finden die Brücke von der centralen Faser und der sich im Intercellularraum auf sie fortsetzenden Zellmembran gebildet. Ide (37) und Beneke in einer weiteren Mitteilung (5) halten die Epithelfasern und somit auch die Brücken für Deri- vate der Zellmembran, wenn auch Beneke offen lässt, ob die Fasern von minimalen flüssigen Protoplasmafäden durch- zogen seien. Virchow (114) hält die Brücken für Hornsubstanz. Andere Forscher, Reinke (79), Zander (118, Brücken bei diekem Stratum corneum), Koelliker (40), Kromayer (45, 46), Rabl (72) und Unna (112), lassen sie erst in den höheren Epidermislagen verhornen. Bizzozero (10) sieht die Brücken in der Hornschicht zu einer feinen Streifung zusammen- treten; auch Rabl (72) und Weidenreich (117) erwähnen diese Bildung auf der Oberfläche der Hornzellen. Nach Cajal (14) bestehen die Intercellularbrücken in der Horn- schicht fort; aber sie sind unsichtbar geworden, da sie und die Intercellularsubstanz dort gleiche Lichtbrechung zeigen. Max Schultze (97), F.E. Schulze (98), Leydig (58), Unna (105), Langerhans (54, 55), Zander (118, Brücken bei dünnem Stratum corneum) und Schuberg (90) lassen sie in den verhornten Schichten verschwinden. Weidenreich (117) findet bei dickem Stratum corneum die Brücken zerrissen und zu Zähnchen auf der Oberfläche der Zellen zusammengeschrumpft; an anderen Hautstellen fehlen auch diese Überreste. Alle Autoren sehen sie in den mittleren Zelllagen. Zwischen den basalen Cylinderzellen beschreiben Ran- vier (74), Kromayer (45, 47), Garten (26), Kolos- sow (41), Weidenreich (117) und Branca (13) querver- laufende Brücken, während Herxheimer mit H. Müller (33) dort nur kurz abgeschnittene Stacheln findet. 278 A. NUSSBAUM, Brückenförmige Verbindungen werden auch zwischen Drüsenzellen, glatten Muskeln und anderen Gewebeeinheiten beschrieben. Die Verzahnung der Linsenfasern, die an Max Schultzes Auffassung der Epithelzellverbindung erinnert, ist allgemein bekannt; doch muss ich es mir versagen, näher auf diese interessanten Bildungen einzugehen. Die Angaben über den Inhalt der Intercellularräume und dadurch entstehende Veränderungen der Brücken; die Bildung der Zwischenräume. Treten Leucocyten, die Bizzozero (8) zuerst im Epithel gesehen und die Peremeschko (68) dort wandernd beob- achtet hat, in die Intercellularräume, so zerreissen die Brücken und bilden sich nachher wieder: Flemming (22, 24), Unna (106, 108 bei Ödem) und Reinke (81); letzterer findet Fort- sätze von Wanderzellen, die sich in das Protoplasma der Epithel- zellen einbohren. Kromayer (47) meint, die Brücken seien so elastisch, dass sie der Wanderung weisser Blutkörperchen in den Inter- cellularlücken kein Hindernis bereiten könnten. Bei Entzündung vermehren sich die Leucocyten: Unna (108) und Eddowes (15). Unter andern wurden von Lott (62) und Ranvier (74) Wanderzellen in den Zwischenräumen be- obachtet. Rabl (72) sieht bei Carcinomen Erythrocyten zwischen den Epithelzellen. Branca (13) vermisst dagegen geformte Blutbestandteile in der Epidermis. Über den sonstigen Inhalt der Intercellularräume hat Bizzozero (8) zuerst keine bestimmte Angabe gemacht; er lässt offen, ob derselbe fest oder flüssig sei. Später erklärt er (9) ihn für ernährende Flüssigkeit. Während Leydig (61) einen flüssigen, aus den Lymphbahnen des Coriums stammen- den Inhalt zugibt, hat Flemming (21) zuerst gezweifelt, ob Über Epithelfasern in d. Oberhaut d. Daumenschwiele b. Rana fusca. 279 der Inhalt fest oder flüssig sei. Später schwankt er (22), ob der Inhalt flüssig oder weich sei, bis er (24) schliesslich sich für eine nicht feste Masse entscheidet; doch glaubt er, dass die Lymphe im Epithel anders beschaffen sei, da sie dort durch Silber geschwärzt werde, während sie im Bindegewebe hell bleibe. Doch erst durch Injektionsversuche ist der flüssige Zustand des Inhaltes sicher gestellt worden. Rählmann (75) injiziert Tinte in die Intercellularräume des Corneaepithels; ähnliche Versuche haben Thoma (103), Arnold (1), Küttner (5) und Leber (57) angestellt. Bei diesen Methoden braucht der Inhalt von der Injektionsmasse durch Imbibition nur gefärbt und nicht verdrängt zu sein (Leber [57]). Die Entscheidung haben die Injektionen einer mit Lymphe nicht mischbaren Flüssigkeit gebracht. Dies ist zuerst Key und Retzius (99) gelungen; sie injizieren Asphaltchloroform in die Intercellular- räume. Unabhängig von ihnen erreicht Leber (57) dasselbe mit Terpentinöl. A. Henle (29) durchtränkt Säugetierhaut mit einer Lösung von Olivenöl in Alkohol und Äther und erhält mit Osmiumsäure die Intercellularräume als schwarze Netze. Die Versuche von Key und Retzius sind später von Herx- heimer mit H. Müller (33) wiederholt worden. Retterer (83) findet die Intercellularräume der Epidermis an dem Huf des Pferdeembryo von Hyaloplasma und einem dichten Netz erfüllt, das sich in das Zellnetz fortsetzt. Die Bildung der Zwischenräume erklärt Merkel (65) durch den eindringenden Saftstrom und die Kontraktion des Proto- plasmas, während Reinke (81) auch den einwandernden Leucocyten eine gewisse Bedeutung beimisst. Die Membran der Epithelzelle. Die Begrenzung der Intercellularräume gegen die Zellen beschreiben die einen als Zellmembran, während die anderen 280 A. NUSSBAUM, deren Bestehen abstreiten. Nach Frey (25), Koelliker (40), Weidenreich (117), Unna (112) und Schridde (86) fehlt eine Membran wenigstens in den jüngeren Schichten der Epi- dermis. Koelliker (40) beschreibt indes eine deutlich ge- zeichnete Begrenzungsschicht und nähert sich damit Cajal (14), Ide (87), Kromayer (45, 46, 52), Schütz (9), Herx- heimer mit H. Müller (33) und Branca (13), die eine Membran auch in diesen Lagen annehmen. In der Hornschicht sehen Membranen Reinke (79), Koelliker (40), Kro- mayer (44, 45), Weidenreich (117) und Unna (112). Schrön (87) und Unna (112) halten den Intercellular- raum selbst für eine doppelte Membran, während Rabl (72) eine beiden Zellen gemeinsame Membran annimmt, die durch die Knötchen ziehend in der Mitte des Intercellularraumes liegt und besonders bei Carcinomen deutlich ist; auch Branca (13) sieht ähnliche Bilder, die er jedoch auf die nahe zusammen- liegenden Knötchen zurückführt, während Weidenreich (117) Rabls Membran nicht findet. Beneke (5) nimmt eine dicke Membran an, die fast bis an den Kern reicht. Die Literatur über Epithelfasern. I. Ranviers Epithelfasern. Die Bildung, Gestalt und Zusammensetzung der Fasern. Die Zwischensubstanz. Verlauf, Lage und Vorkommen in den einzelnen Epithellagen. Als Bestandteile des Zelleibes oder der Zellmembran werden die Epithelfasern beschrieben. Ranvier (75, 76) hat sie zuerst an Präparaten, die er aus hypertrophischer Haut nach Fixierung in Ammoniumbichromat gewinnt, als Fasern beschrieben, wenn sie auch schon vorher von Schrön ge- sehen worden sind. Auch Flemming (22) bespricht zur selben Zeit wie Ranvier eine halb körnige, halb fädige Zeichnung der Epithelzellen, ohne jedoch einzelne Fäden darin verfolgen Ab Anatom. Hefte [Ahteitung 117.Hent(39Bd.H.1) 0 Tadel 16 \ ‘ “= j Kl, Universitätsdruckerei H, Stürtz A.G. Würzburg. Über Epithelfasern in d. Oberhaut d. Daumenschwiele b. Rana fusca. 281 zu können, während Ranvier (75) sie zum Teil durch eine ganze Zelle ziehen sieht. Beim Embryo scheinen nach Unna (110) und Branca (13) keine Fasern zu existieren ; letzterer lässt sie in der Eischwiele am Schnabel des Hühnchens zuerst in der Nähe des Kerns auftreten und schliesslich die ganze Zelle ausfüllen. Kromayer (50) schildert in der Froschhaut faserhaltige Netzzellen und Hauptzellen; letztere haben in den tieferen Schichten nur in der Peripherie Fasern, Jie jedoch in den höheren Schichten sich auch im Centrum immer mehr aus- bilden. An Epithelzellen, die sich über Wunden schieben, sieht Kromayer (51) das centrale Protoplasma faserfrei ; doch treten darin später Fasern auf. Dasselbe findet Retterer (83) an hypertrophierendem Epithel. Fast alle Autoren beschreiben die Fasern als glatte Fäden; nur bei Leydig (60) finde ich angegeben, dass die Epithel- zellen von rauhrandigen, körnigen Fäden durchzogen seien; auch Blaschko (12) berichtet über Fasern, die wie Körnchen- reihen aussehen. Die Fasern sind überall von annähernd gleicher Dicke: Ranvier (75), Cajal (14) und Branca (13); Rabl (72) und Weidenreich (117) finden Übergänge von den feinsten zu den dicksten Fasern. Tischutkin (104) unterscheidet dünne centrale und dicke periphere Fasern. Nach Renaut (82), Cajal (14) und Branca (13) haben die Fasern keine Anastomosen, während sie bei Ide 37), Schuberg (90), Hodara (36), Weidenreich (117) und Retterer (83) Netze bilden. Auch Garten (26) spricht von einem netzartigen Bau der Fasern in den Cylinderzellen des Stimmbandepithels. Herxheimer (34) hält die Konser- vierungsmethode für den Grund, dass einmal Netze, einmal isolierte Fasern auftreten. Ein Netzwerk in den Hornzellen 282 A. NUSSBAUM, beschreiben Krause (43), Zander (118), Zander und Grosse, (119) und Tischurkrn (102): Flemming (23), Kromayer (47,48), Waldeyer(115), Unna (111), Rapbl (2), Herxheimer:(34) undWerden- reich (117) halten die Fasern für echtes Protoplasma. Ran- vier (78) lässt sie durch das Protoplasma gebildet werden und vergleicht diesen Vorgang mit der Ausscheidung eines Stärkekorns im Protoplasma. Bei Nekrose verhalten sie sich nach Beneke (5) nicht wie Protoplasma; er und Ide (37) sehen in ihnen Membranbestandteile. Zwischen den Fasern befindet sich Protoplasma, das die Autoren mit verschiedenen Namen belegt haben. Ranvier (75) nennt es homogene Substanz, Blaschko (12): Hyaloplasma, Unna (109): Spongio- und Granoplasma, Kromayer (l): mit Safranin färbbares Protoplasma, Rabl (72): undeutlich streifige Grundsubstanz, Herxheimer (35): wabiges Proto- plasma, Weidenreich (117): Interfibrillarstruktur, Rei- terer (83): Cytoplasma. Die Fasern verbinden die einzelnen Epithelzellen durch die Brücken hindurch in der oben angegebenen Weise. Nach Kromayer (44) und Reinke (80) bleiben einige Fasern auf einen intracellularen Verlauf beschränkt; auch Cajal (14) beschreibt concentrisch um den Kern verlaufende, ihm aber nicht direkt anliegende Fasern. Blaschko (12) lässt unent- schieden, ob die Fasern benachbarter Zellen ineinander über- gehen, während Branca (13) sie nie in andere Zellen sich fortsetzen sieht. Renaut (8), Kromayer (47), van der Stricht (101), Tischutkin (104), Studnicka (102) und Schridde (86) lassen sie ununterbrochen durch mehrere Zellen verlaufen. Dagegen äussert sich nur Weiden- res.chhe (117). Renaut (8), Schütz (95) und Studnicka (102) lassen die Fase,n nur im Exoplasma liegen. Cajal (14) findet eine Über Epithelfasern in d. Oberhaut d. Daumenschwiele b. Rana fusca. 253 faserfreie Zone um den Kern, die wohl mit einer Kernhöhle identisch ist. Herxheimer (34) beschreibt eine faserfreie Protoplasmalage um den Kern, die nicht einer Kernhöhle gleich komme; die Fasern verlaufen in den Wabenwänden des Proto- plasma (35). Auch Unna (107) liess zuerst die Fasern in der Kernnähe verschwinden. Kromayer (öl) sieht dieses Verhalten der Fasern nur an dicken, zu stark entfärbten Schnitten; nach ihm (45, 50, 51, 52), Ranvier (75), Blaschko (12), Hodara (36), scheinbar zuerst auch Beneke (3), Reinke (80), neuerdings Herxheimer (55), Weidenreich (117), später auch Unna (112) und Branca (13) ist das ganze Protoplasma von Fasern durch- zogen. Kromayer (47, 52) beschreibt verschiedene Systeme, in denen die Fasern eine ganz bestimmte Verlaufsrichtung haben. Nach Ranvier (77) bilden die Fasern in der Haut der Vogel- klaue Kreisbogen wie die Ringe eines Panzerhemdes. Schridde (86) sieht die Fasern in Ovalen angeordnet; diese sind in den tieferen Lagen der Epidermis langgezogen und mit der grösseren Achse senkrecht zur Oberfläche ge- stellt; nach oben zu werden sie allmählich flacher. In den Cylinderzellen werden diese Fasern von Herx- heimer mit H. Müller (33) und Weidenreich (117) beschrieben. In der Stachelschicht sehen sie alle Autoren. Nach Hodara (36) kann man die Fasern bis zum Stratum granulosum verfolgen. Kromayer (45, 46, 47, 51, 52) sieht sie im Stratum granulosum verschwinden und sagt, dass sie dort zerfallen und das Ceratohyalin allein (45, 46, 47) oder mit Hilfe von anderen Zellbestandteilen (51, 52) bilden. Die in der Hornschicht auftretenden Fasern sind nach Koel- liker (40) undKromayer (45) ein Kunstprodukt. Cajal(14), HerxheimermitH.Müller (33) und Weidenreich (117, Haut ausser der in der Vola manus und Planta pedis) lassen 254 A. NUSSBAUM, die Fasern in höheren Lagen verschwinden. Andererseits sind in allen Stadien der Verhornung Fasern zu finden nach Blaschko (12) und Tischutkin (104); letzterer glaubt, dass in den Fasern das Ceratohyalin auftritt. Branca (13) gibt an, dass sie in den Hornzellen fortbestehen, doch sind sie unsichtbar, da das Protoplasma ebenso dicht als die Fasern wird. Auch Unna (111), Rabl (70, 71, 72) und Weiden- reich (117, Haut der Vola manus und Planta pedis) be- schreiben ein Fortbestehen der Fasern und halten es daher für unmöglich, dass sie das Ceratohyalin bilden; nach Rabl (71) tritt in der Hornschicht eine mit Methylviolett ebenso färbbare Interfilarmasse auf und macht die Darstellung der Fasern unmöglich. II. Herxheimers Fasern. Gestalt, Lage und Deutung derselben. Geschlängelte, dicke Fasern hat Herxheimer (31) in spitzen Condylomen entdeckt; er färbt nach Gram oder Weigert und findet sie in den beiden untersten Lagen nor- maler menschlicher Epidermis. Sie sind in ihrem untersten Abschnitt am dicksten und nicht länger als drei Zellen. Eddowes (15) beobachtet besonders dicke und an etwa zwölf Zellen entlang laufende Spiralen. Auch Ehrmann (17) sieht sehr dicke Fasern. Beneke (3) beschreibt lange Spiral- fasern, während Kromayer (45) und später auch Herx- heimer mit H. Müller (33) die langen Fasern für eine optische Täuschung halten. Eddowes (15) spricht über eine Art von Lumen, das nach Herxheimer mit H. Müller (33) durch zwei nahe nebeneinander verlaufende Fasern vorge- täuscht wird. Nach Herxheimer (31), Kromayer (45), Eddowes (15) und Ehrmann (18) können die Spiralen sich teilen. Herxheimerim Anfang (31) und Eddowes (15) Über Epithelfasern in d. Oberhaut d. Daumenschwiele b. Rana fusca. 285 lassen die Fasern zwischen den Zellen verlaufen. Ehr- mann (17) bleibt unentschieden, ob sie auf den Zellen oder in der äussersten Protoplasmarinde liegen. van der Stricht (101) sieht einen Teil der Fasern zwischen den Zellen. Nach Kromayer (44, 47), Rabl (71) und Weidenreich (117) sind sie im Protoplasma eingebettet. Die Deutung der Herxheimerschen Spiralen ist sehr verschieden. Die Spiralform halten Eddowes (15), Herx- heimer mit H. Müller (33) und Unna (112) für ein Pro- dukt der Schrumpfung, während Weidenreich (117) die Spiralwindung für die natürliche Gestalt erklärt. Der Ent- decker (31) hielt die Fasern zuerst für die Ausgüsse eines Kanalsystems von Saftbahnen. Eddowes (15) erklärt sich für Lymphspalten, die mit Fibrin gefüllt sind; dies lässt auch Ehrmann (17) für die dicken Fasern gelten. Herx- heimer (33, mit H. Müller 34) bezeichnet sie später als einen Teil der Zellmembran. Schütz (94) spricht sie als elastische Fasern an, die aus der Cutis stammen; später er- klärt er (95) die Herxheimerschen Fasern für ein Kunst- produkt. H. Meissner (64) macht sie zu Fortsätzen der Rete- zellen. Die meisten Autoren halten sie für Protoplasmafasern. Nach Kromayer (46) sind sie die Haftnägel der Cylinder- zellen. Beneke (3) erklärt sie für eine hypertrophische Abart der Ranvierschen Fasern; später lässt er (5) sie durch langes Ausziehen derselben entstehen. Nach Weidenreich (117) entsprechen sie den dicken exoplasmatischen Fasern der höheren Schichten. Die Epithelfasern in ihrer Gesamtheit dienen zur Festigung des Epithels: Ranvier (75, 7%), Kromayer (47, 52), Unna (109), Rab1 (70, 72), Schridde(86)und Kopsch (42). Nach Garten (26) sind die Fasern imstande, geringe, runde Epitheldefekte durch ihre Kontraktion zu verkleinern. Ehr- mann (16, 17, 18, 19, 20) findet pigmenthaltige Fasern und 286 A. NUSSBAUM, behauptet, dass sie aus diesem Grunde nicht schrumpfen können und deshalb unfärbbar werden; die Fasern sind die Wege, auf denen das Pigment wandert (19). Kromayer (49) lässt zuerst die Fasern zu Pigment zerfallen und glaubt, dass die Pigmentkörner auch die Fasern wieder aufbauen können; später ist er (50) ähnlicher Ansicht wie Ehrmann; das Pigment wird im Protoplasma gebildet und wandert in den Fasern. Die Literaturübersicht, die in einigen Punkten weiterhin noch ergänzt werden soll, hat zur Genüge gezeigt, wie wenig Einigkeit über die einzelnen Punkte der Epithelstruktur zurzeit gewonnen ist. Es scheint mir daher wünschenswert, an einem normalen Objekt die einzelnen Verhältnisse nachzuprüfen. Um möglichst grosse Zellen untersuchen zu können, ıst es naheliegend, bei einheimischen Amphibien, die bekanntlich besonders grosse Epidermiselemente besitzen, eine Hautstelle ausfindig zu machen, die weitgehenden Ansprüchen genügen würde. Ich glaube eine solche in der Daumenschwiele des braunen Landfrosches gefunden zu haben. Schon Leydig (58) hat an der Daumenwarze besonders grosse Stacheln und Riffe beschrieben. Im folgenden gebe ich die Resultate meiner Untersuchungen. Eigene Beobachtungen. Das Epithel der Daumenschwiele von Rana fusca lässt in den höheren Lagen unter der Hornschicht an Präparaten, die in Flemmingscher Flüssigkeit fixiert sind, deutlich zwei Zell- arten unterscheiden !). 1) Fig. 1. Über Epithelfasern in d. Oberhaut d. Daumenschwiele b. Rana fusca. 287 Die eine zeigt grosse, zum Teil ziemlich flache, dunkler gefärbte Zellen, die unter der Oberfläche in Kreisen um die Epidermiswarzen angeordnet sind und nach der Tiefe in all- mählich sich verjüngende Septa von der Form eines Hohl- ceylinders übergehen. Diese senken sich in die gegen das Corium vorspringenden Epithelzapfen ein. In den Septen werden die Zellen nach dem Bindegewebe zu allmählich eylindrisch und sind durch ihre dunkle Färbung noch in der basalen Lage von den übrigen Zellen zu unterscheiden. Zwischen den Septen sind die anderen helleren, mehr poly- edrischen Zellen in Säulen angeordnet, die den Coriumpapillen aufsitzen und sich nach oben wenig verjüngen und in die Epidermiswarzen fortsetzen. Die dunkleren Zellen sind durch ihre Grösse vor den anderen geeignet, um den Verlauf der Ranvierschen Epithel- fibrillen zu studieren, die von den Herxheimerschen Fasern als solche unterschieden und gesondert beschrieben werden sollen. Technisches. Von den in Flemmings Osmiumgemisch !) fixierten und in steigendem Alkohol gehärteten Schwielen schneidet man schmale Rechtecke aus der Oberfläche heraus und nimmt mit dem Skalpell möglichst viel von dem unterliegenden Binde- gewebe weg. Diese Rechtecke werden in Paraffin eingebettet und in 2,5 bis 5 Mikra dicke Schnitte zerlegt, die nach der japanischen Methode auf Objektträger aufgeklebt werden. Auf ihnen werden die Schnitte weiter behandelt. Man entfernt das Paraffin durch Xylol und bringt das Präparat durch die ver- schiedenen Alkohole bis in Wasser. 1) Eine alleinige Härtung in Alkohol ist weniger brauchbar, weil darin alle Teile wesentlich schrumpfen. 988 A. NUSSBAUM, Die Färbung geschieht etwas modifiziert nach Kro- mayer (47) in folgender Weise. Auf die aus dem Wasser kommenden Schnitte werden gleichviel Tropfen von gesättigter, wässeriger Methylviolettlösung und Anilinwasser gebracht; in dieser Mischung bleiben sie 5—10 Minuten. Dann werden sie kurze Zeit in Wasser abgespült, Lugolsche Lösung wird auf- geträufelt, die nach kurzer Einwirkung!) wieder durch Wasser ausgewaschen wird. Das Wasser wird vom Rande möglichst abgesaugt und die Präparate in den Trockenschrank gebracht, wo sie solange verbleiben, bis sie lufttrocken geworden sind. Nun entfernt man die Hauptmasse des Farbstoffes in einer Mischung von Anilin und Xylol 1:4 und differenziert in Alkohol absolutus. Diekere Schnitte können noch in Alkohol von 96% gebracht werden. Die dünnsten Präparate werden meist schon genügend durch Anilinxylol ausgezogen. Zwischendurch werden die Schnitte in reinem Xylol bei starker Vergrösserung an- gesehen und, sobald die fibrilläre Zeichnung in den fraglichen Zellen deutlich ist, in Xyloldamarlack eingeschlossen. Entfärbt man zu wenig, so erscheinen die Zellen der Septen tiefblau, während sie nach zu starker Differenzierung die gewöhnliche Osmiumfärbung wieder annehmen; dagegen bleiben die Intercellularbrücken mit den Bizzozeroschen Knötchen tiefblau gefärbt. Die anderen Zellen in den Säulen behalten ein mehr gleichmässigeres Blau, das sich nur all- mählich aufhellt. Die Ranvierschen Fibrillen. Während die Zellen der Säulen ein unentwirrbares, unregel- mässiges Netz von leicht gewellten und geraden Fibrillen ent- !) Die Fibrillen färben sich auch ohne Einwirkung von Lugolscher Lösung und lassen sich noch darstellen, wenn die Präparate 5 Minuten in der Jodlösung gelegen haben. Eine längere Einwirkung ist besonders für die Herxheimeı- schen Fasern angewandt worden. Die Ranvierschen Fibrillen differenzieren sich in 5 Mikra dicken Schnitten am besten nach einer Jodbehandlung von 10 Sekunden. Über Epithelfasern in d. Oberhaut d. Daumenschwiele b. Rana fusca. 289 halten und durch knötchentragende Intercellularbrücken ver- bunden sind, lassen die Zellen der Septa bei der Untersuchung mit einer starken homogenen Immersion den Verlauf der Protoplasmafibrillen in dem immerhin dichten Gewirr von Fäden stellenweise deutlich erkennen !). Es gelingt leicht, an gut gefärbten Präparaten zu verfolgen, wie die Fibrillen sich in die Intercellularbrücken fortsetzen und von beiden Seiten herankommend sich in einem Bizzozeroschen Knötchen ver- einigen. Allerdings ist bei guten Fibrillenpräparaten nur ein Teil der Intercellularbrücken deutlich mit Knötchen versehen. Diese treten jedoch bei stärkerer Entfärbung an allen Inter- cellularbrücken wegen des Kontrastes gegen den gelbgrünlichen Zelleib hervor. Liegt die Oberfläche einer Zelle der mittleren Lagen im Schnitt, so ist sie ganz von dieken, blauen Punkten bedeckt, die einer Flächenansicht der Knötchen entsprechen und wohl nicht dem Querschnitt von Fibrillen, da diese nur etwa halb so dick sind; ausserdem verschwinden sie bald beim Drehen der Mikrometerschraube. Schon Max Schultze (97) hat diese punktierten Flächenansichten gesehen; auch Bizzozero (9), Ranvier (74), Renaut (82) und Cajal (14) sprechen davon als dem Querschnitt der Brücken. Später hält Ranvier (75) die Punkte für den Querschnitt von Fibrillen. Weiden- reich (117) sieht in ihnen .den Durchschnitt der .dicken exo- plasmatischen Fasern, da er sie nur am Rande oder in den Ecken der Zelle antrifft. Ein Querschnitt von intracellularen Fibrillen, der als solcher mit der Schraube sicher zu erkennen ist, kommt viel seltener zur Beobachtung. Die Brücken sind nicht von einem Protoplasmamantel um- hüllt; wenigstens hat kein solcher an Präparaten nachgewiesen 1) Fig. 2. Anatomische Hefte. I. Abteilung. 117. Heft (39. Bd. H. 1). 19 290 A. NUSSBAUM, werden können, bei denen die Interfibrillarsubstanz mit Safranin nach Kromayer (51) vorgefärbt worden war. In jeder Zelle der mittleren Schichten verlaufen die Fibrillen zu mehreren parallel in gleichmässig gebogener oder mehr ge- rader Richtung. Dabei durchkreuzen sich die Fibrillensysteme in jeder Richtung, so dass es an vielen Stellen unmöglich ist, den Verlauf der einzelnen Fibrillen zu verfolgen. Sie durchsetzen das ganze Protoplasma, dringen aber nie in den Kern ein. In den höheren Lagen der Malpighischen Schicht strahlen die Fibrillen nach allen Seiten aus („Strahlenzellen“ Koellikers [40]) und verbinden unter sich parallel in Bündeln eine Zelle mit allen Nachbarinnen. Bis zu den obersten Zellen lässt sich diese Struktur verfolgen und selbst in der nach Pfitzner (69) einreihigen Hornschicht kommen kurz nach der Häutung zuweilen der Fläche parallele mit Knötchen ver- sehene Fibrillen vor. Meist jedoch erscheinen die Hornzellen homogen und dicht aneinandergelagert. Eine gefärbte Zell- membran ist deutlich sichtbar. In den übrigen Schichten scheint sie zu fehlen. An der Kuppe der Cylinderzellen !) sind deutliche Knötchen- reihen zu sehen und auch äusserst feine Fibrillen in die Zellen zu verfolgen; jedoch wird ein genaues Studium durch die darüberliegenden dickeren Herxheimerschen Fasern unmög- lich gemacht. In Safraninpräparaten, die mit Salzsäurealkohol differenziert worden sind und dann nur die Fibrillen zeigen ?), verlaufen sie parallel zur Längsachse der Zelle bis in die Nähe des Coriums. Knötchen und Brücken zwischen den Längs- seiten der basalen Zellen sind wegen der engen Intercellular- 1) Fig. 3. 2) Auch Reinke (80) und van der Stricht (101) bedienen sich des Safranins zur Darstellung der Fibrillen; ersterer differenziert in Pikrinsäure- alkohol, letzterer in Holzessig. Über Epithelfasern in d. Öberhaut d. Daumenschwiele b. Rana fusca. 291 räume selten zu sehen und hier selbst bei Safraninfärbung keine Fibrillen in das Protoplasma zu verfolgen; auch Weiden- reich (117) ist dies nicht gelungen. Die Herxheimerschen Fasern. (Ganz anders aussehende Fäden weisen die beiden unteren Zellagen und besonders die basalen Cylinderzellen auf. Es sind die zuerst von Herxheimer beschriebenen Spiralen, die ich als Fasern von den dünneren Ranvierschen Fibrillen unterscheiden will. Über ihre Gruppierung orientiert man sich am besten an feinen Querschnitten, wie dies auch Rabl (71) und Weiden- reich (117) angegeben haben. Man erkennt), dass der Kern von einem Ringe blauer Punkte umgeben ist, die in ungefähr gleich grossen Abständen angeordnet sind. Herxheimer (33) findet einen geschlossenen Ring, ist aber nach Weiden- reich (117) durch Schrägschnitte getäuscht worden. Zwischen den dicken Punkten lassen sich zuweilen mit Knötchen versehene Brücken nachweisen. Bei verschiedener Einstellung unter vorsichtigem Gebrauch der Mikrometerschraube erkennt man, wie die Punkte sich an manchen Stellen voneinander entfernen oder nähern und dies entspricht einer ab und zu an Längsschnitten sich findenden langezogenen Netzzeichnung, die von den Herxheimer- schen Fasern gebildet wird ?). Die Fasern sind in Flemming- Präparaten nur wenig geschlängelt und verlaufen oft strecken- weise vollständig gerade. Die scheinbar dickeren Fasern am Rande der Cylinderzellen entsprechen Sammelbildern von ein- zelnen Fasern (Kromayer [5l]). In dem Intercellularraum zwischen den basalen und den nächsthöheren Zellen zeigen Fig. 4. Rio. 3: 19* 292 A. NUSSBAUM, die Fasern keine Knötchen. Nach dem Corium zu enden sie vor der Grenze gegen das Bindegewebe, wie man an Längs- schnitten, die genau durch die Mitte einer Papille gehen, erkennt. Dies hat Herxheimer (31, 32, 33) ebenso beschrieben. Auch Schridde (86) lässt die Fasern erst in höheren Ab- schnitten der untersten Epithelzellen beginnen. Kromayer (44, 46, 47) verfolgt die „geschlängelten Basalfasern“ bis in das Corium, während er (50) keine Bindegewebsfasern ins Epithel übergehen sieht. Schon Billroth (6) hat Fortsätze der Epithel- zellen in der Froschzunge beschrieben, die sich in den Fibrillen des Bindegewebes verlieren. Auch Hodara (36) sieht ein- zelne Fasern in das Bindegewebe übergehen. Neuerdings lässt Kromayer (52) die Fasern des Epithels und des Bindegewebes sich in einer Grenzschicht, die von ihnen und dem Epithel- zellprotoplasma gebildet wird, treffen, ohne dass ein Zusammen- hang der beiden Faserarten zu finden ist. In ähnlicher Weise beschreibt Weidenreich (117), dass sie einer gleichmässigen Linie ineinandergreifen. Eine direkte Verbindung der Epithel- und Bindegewebs- zellen durch ununterbrochene Fasern schildern Leydig (59, 60, 61), Blaschko (11) und Schuberg (88, 89, 90, 91, 92). Eddowes (15) sieht die Herxheimerschen Fasern in Zu- sammenhang mit ähnlichen Fasern im Bindegewebe. Ins Epithel eindringende Bindegewebsfasern finden Balzer (2), Sarrasin (84), Unna (107), Passarge (67) und Secchi (85). Beneke (3) lässt die Bindegewebsfasern in die Riffelfortsätze des Epithels übergehen, später sieht er (4, 5) Verbindungen zwischen Epithel- und Bindegewebsfasern. Nach Schütz (93, 94, 95) lösen sich elastische Fasern in der feinen Streifung des Stachelmantels auf. Weder Epithelfibrillennoch Herxheimersche Fasernhabeichmit Sicherheitins Bindegewebe Über Epithelfasern in d. Oberhaut d. Daumenschwiele b. Rana fusca. 293 undebensowenig Bindegewebsfasernins Proto- plasma der Epithelzellen verfolgen können. Vielmehr verbinden sich die Epithelzellen mit dem Corium durch feine Zähnchen, die zwischen eben solche des Coriums eingreifen und dabei frei von Fasern sind; dies erkennt man besonders gut an mit Safranin vorgefärbten Methylviolett- präparaten. Die Zähnchen setzen sich nach Schuberg (90) in Fasern fort, die mit Bindegewebszellen verbunden sind. G. Meiss- ner (63) und Virchow (113) sehen feine Zähnchen an der oberen Grenze des Coriums, die sie als Enden von Bindegewebs- fasern deuten. Als Fortsätze der Epithelzellen werden sie zuerst von J. Henle (28) beschrieben und von F. E. Schulze (98), Langerhans (56), der (55) sie bei Larven als seichte Her- vorragungen findet, Unna (105), Leber (57), Cajal (14), Koelliker (40), Kolossow (41) und Schridde (86) be- stätigt. Die Befunde an ödematöser Epidermis des Frosches. Kann man an normalem Epithel über die Lage der Herx- heimerschen Fasern zum Protoplasma nichts sicheres aus- sagen, so gelingt dies leicht an Öödematöser Haut. Diese wurde folgendermassen gewonnen. Einem Frosch wurde der Arm mit einem dicken, nassen Bindfaden mässig fest umschnürt, so dass keine capillaren Blutungen in den Fingern entstanden. Während einer halben Stunde wurde die Schlinge von Zeit zu Zeit wenig in der Richtung des Fadens um den Arm gedreht und dies an zehn aufeinanderfolgenden Tagen wiederholt. Durch diese Manipulation wurde die Haut in einem ringförmigen Bezirk, welcher der Lage des Bindfadens ent- sprach, ganz allmählich necrotisch. Diese Stelle benutzten wahrscheinlich Bakterien unbekannter Art zum Eindringen, 234 A. NUSSBAUM, während das Tier sich in der Zwischenzeit in einem Aquarıum befand. So wurde ein erhebliches Ödem des ganzen Armes erzeugt. Am 10. Tage war das Befinden des Frosches so schlecht, dass er getötet werden musste, um sicher lebens- frische Präparate zu bekommen. Damit ein Austreten der ange- sammelten Flüssigkeit verhindert werde, wurde der Arm mit einem Seidenfaden am lebenden Tier fest umschlungen und nach sofortiger Tötung der ganze Arm in Flemmingsche Lösung eingelegt. In den von diesem Präparat gewonnenen Schnitten sind die Intercellularräume mächtig erweitert und zahlreiche weisse Blutkörperchen in ihnen vorhanden. Die Basalzellen, die den Papillen aufsitzen, sind wesentlich verkürzt, während die Zellen der untersten Schicht zwischen den Papillen schmaler und ausserordentlich verlängert erscheinen. An letzteren ist der Verlauf der Herxheimerschen Fasern sehr gut zu verfolgen!). Die Fasern haben ihr Aus- sehen wenig geändert. Man sieht an geeigneten Stellen von Längsschnitten, wie sie zum Teil durch eine ganze Zelle ver- laufen und nach Überschreiten eines queren Intercellularraumes auf der nächsthöheren Zelle ihren Weg eine Strecke weit fort- setzen. Im Intercellularraum sind Knötchen an den Fasern nicht zu sehen. Andere Fasern ohne nachweisbaren Proto- plasmamantel laufen ganz schräg durch einen Intercellular- raum zur benachbarten Cylinderzelle und schliessen sich dieser in ihrem weiteren Verlauf an. Auch Fasern, die von Zellen der zweiten Schicht zwischen die Basalzellen eindringen, werden beobachtet; aber diese Fasern nehmen eine deutliche Protoplasmadecke, die durch Brücken mit den benachbarten Cylinderzellen in Verbindung steht, mit oder verlaufen schräg und ohne nachweisbare protoplasmatische Hülle zu einer tiefer liegenden Zelle. 1) Fig. 5. Über Epithelfasern in d. Oberhaut d. Daumenschwiele b. Rana fusca. 295 Die frei im Intercellularraum verlaufenden Fasern werden nach Kromayer (46) von Zellen der zweiten Schicht zwischen den Cylinderzellen hindurch zum Corium abgegeben. Rab] (71) meint, dass die von Lott (62) und Langerhans (56) be- schriebenen flügelartigen Fortsätze der zweiten Schicht als inter- cellulare Fasern in der unteren Lage imponieren. Weiden- reich (117) lässt solche Fasern in den Flügelzellen oder in eben angeschnittenen Zellkanten von Cylinderzellen liegen. Eine bogenförmige Verbindung der Herxheimerschen Fasern zweier benachbarter Basalzellen, wie es Schridde (86) beschreibt, habe ich nie gesehen. An Querschnitten erscheinen die Fasern wiederum als Punkte, die deutlich in langen, die Zellen untereinander ver- bindenden Intercellulärbrücken liegen !). Entweder trifft man sie in der Wurzel der Brücken oder mitten im Verlauf derselben, seltener frei im Intercellularraum. Zuweilen liegen zwei Punkte in einer Brücke und man kann mit der Mikrometerschraube erkennen, dass es sich um den optischen Querschnitt von Fasern handelt, die sich dadurch deutlich von den hie und da vor- handenen Bizzozeroschen Knötchen unterscheiden. Die dicken Punkte in den Wurzeln der Brücken entsprechen Fasern, die im peripheren Protoplasma der Cylinderzellen sich befinden, während ähnliche frei im Intercellularraum liegende Punkte und solche im Verlauf einer Brücke durch den Inter- cellularraum Fasern entsprechen, die von einer Zelle zur anderen schräg hinüberziehen oder von Zellen der zweiten Schicht stammen. Ganz frei von Herxheimerschen Fasern ist das basale Protoplasma der Cylinderzellen ?). Dieses verbindet sich durch ein protoplasmatisches Maschenwerk oder dünne Protoplasma- brücken mit einer auf der Coriumgrenze liegenden schmalen, 1) Fig. 6. 2) Fig. 5. 296 A. NUSSBAUM, kontinuierlichen und faserlosen Protoplasmaschicht, die viel- leicht mit Kromayers Grenzschicht (52) identisch ist. Flemming (21) und Mitrophanow (66) sehen die Brücken direkt mit dem Corium verbunden. Die eigentlichen Intercellularbrücken verlaufen zwischen den. basalen Teilen der Cylinderzellen unregelmässig; erst in den höheren Abschnitten der Intercellularräume zwischen den basalen Zellen sind die einzelnen Brücken parallel untereinander und die Abstände zwischen den Brücken werden annähernd gleich. Neben den von der ersten zur zweiten Zellage hinüber- ziehenden Herxheimerschen Fasern sieht man blasser als diese gefärbte Intercellularbrücken. Färbt man mit Safranın vor, so werden die Brücken rot, während die Herxheimer- schen Spiralen tiefblau hervortreten. Nur einzelne Brücken sind mit Knötchen versehen und diese sind meist ganz blass und nur ausnahmsweise dunkelblau gefärbt. Bei Vorbehandlung mit Safranin erscheinen diese vereinzelt vorkommenden Knötchen violett. Eine Fortsetzung irgendwelcher Brücken in die Cylinder- zellen ist nicht an diesen Präparaten von ödematöser Haut darzustellen. In den höheren Schichten sind die Ranvierschen Fibrillen und die Intercellularbrücken und Knötchen kaum gegen die normale Epidermis verändert. Nur die Intercellularräume sind mässig erweitert. Trotz des wenig veränderten Bildes ge- lingt die Färbung der Fibrillen bei weitem nicht so schön als an unveränderter Oberhaut, was vielleicht darin seinen Grund hat, dass durch das Ödem das Protoplasma der Zellen komprimiert und in seiner Dichte den Fibrillen ähnlicher ge- worden ist. Über Epithelfasern in d. Oberhaut d. Daumenschwiele b. Rana fusca. 297 Zusammenfassung und Schlussfolgerungen. Nimmt man alle diese Befunde zusammen, so geht daraus hervor, dass alle Zellen im Epithel der Daumenschwiele des Frosches durch Intercellularräume getrennt sind. Nur die Horn- schicht bildet im allgemeinen ein Continuum. Die Intercellular- räume der tieferen Schichten können bei Ödem durch Körper- flüssigkeit aus dem Corium, die man als Lymphe bezeichnen muss, gedehnt werden auf einem Wege, der wohl schon unter normalen Verhältnissen vorhanden ist und von Lymphe durch- spült wird. . Da dieselben Intercellularräume in der menschlichen Epi- dermis zu finden sind, können nach oberflächlichen, nicht be- achteten Epithelabschürfungen leicht Infektionen und Entzün- dungen entstehen; daher müssen auch die kleinsten Wunden der Epidermis sorgfältig beachtet werden, damit sie nicht als Eingangspforte für Mikroorganismen dienen können. Die Intercellularräume des Frosches werden von Inter- cellularbrücken, die überali mit Knötchen versehen sind, durch- quert. Die Brücken der Cylinderzellen können bei Ödem stark gedehnt werden; die Knötchen verschwinden dabei zum grössten Teil und Ranviers Annahme, dass die Knötchen ein elastı- sches Organ seien, gewinnt dadurch an Wahrscheinlichkeit. Alle oben erwähnten Deutungen der Knötchen, die auf ihrem Vorkommen an langen Brücken beruhen, müssen verworfen werden, denn es ist sicher, dass sie bei wirklich gedehnten Brücken seltener sind. Zu Reinkes und Rabls Auffassung muss bemerkt werden, dass sie auf jeden Fall in einem Zusammenhang mit der Zellteilung steht. Da nun die basalen Zellen sich in einer zur Oberfläche parallelen Ebene teilen, so bliebe es unerklärt, woher die Knötchen zwischen den Cylinderzellen stammen. 298 A. NUSSBAUM, Eine Ableitung der Knötchen aus Zellieilungen, die im Embryo- nal- oder Larvenleben sich vollzogen haben, ist nicht möglich, da zu dieser Zeit keine Knötchen vorhanden sein sollen. Die Knötchen der starreren, höheren Schichten beim er- wachsenen Tier können entweder nicht ausgezogen werden oder sie kehren bei der Fixierung und Härtung wieder zum gewöhn- lichen Zustand zurück. Die Intercellularbrücken setzen sich in die Zellen hinein fort und stehen durch die intracellularen Fibrillen in Verbindung. Der Typus wird durch solche Fibrillen dargestellt, die von einem Knötchen durch die Zelle in mehr oder weniger ge- strecktem Bogen zu einem nächsten Knötchen verlaufen, so dass jede einzelne intracellulare Fibrille ihre Zelle mit zwei Nachbarinnen verbindet. Ausser den Fibrillen finden sich in den unteren Lagen die Herxheimerschen Fasern. Die Spiralform derselben kann nicht auf Schrumpfung beruhen, da im Innern derselben Zelle gerade Fibrillen zu sehen sind. Von den Fibrillen unterscheiden sich die Fasern schon durch ihr Verhalten gegen Farbstoffe. Bei Safraninbehandlung und Differenzierung in Salzsäurealkohol nehmen die Fasern keinen Farbstoff an, während die Fibrillen deutlich hervor- treten. Methylviolett färbt die Herxheimerschen Fasern wesentlich dunkler als die Ranvierschen Fibrillen Jaddas- sohn [38]); die ersteren halten den Farbstoff länger zurück, doch hat dies wohl auch darin seinen Grund, dass die Fasern dicker sind und nie die Feinheit der Fibrillen erreichen. Die Fasern verlaufen immer mehr oder weniger ge- schlängelt, die Fibrillen dagegen in gleichmässigen Bogen. In den Intercellularräumen sind die unveränderten Fibrillen durch Knötchen ausgezeichnet; die Fasern aber zeigen nie ähn- liche Verdickungen. Über Epithelfasern in d. Oberhaut d. Daumenschwiele b. Rana fusca. 299 Die Herxheimerschen Fasern liegen entweder in der äussersten Protoplasmaschicht der beiden untersten Zellagen oder frei in den Intercellularräumen zwischen den Cylinder- zellen. Die Fibrillen sind im Gegensatz dazu im ganzen Proto- plasma aller, mit Ausnahme der vollständig verhornten Zellen, vorhanden. Trotz dieser Unterschiede sind Fasern und Fibrillen als protoplasmatische Bildungen auf- zufassen. Beide dienen, wie dies Kromayer (52) ein- gehend auseinandergesetzt hat, der Festigung der Epidermis. Nur möchte ich annehmen, dass in den tiefen Lagen die Fasern die noch funktionslosen jungen Fibrillen ersetzen. Die Fasern bleiben unverändert in der Tiefe, während die Fibrillen mit den neuen Zellen in die Höhe rücken und in der zurück- bleibenden Cylinderzelle immer wieder nachgebildet werden. Die Schlängelung der Spiralfasern entspricht der ihnen von Kromayer (52) zugesprochenen Fähigkeit, Zug- und scheren- den Kräften, die auf das Epithel einwirken, zu begegnen; ihre äussere Gestalt entspricht ihrer funktionellen Anpassung. Be- sonders bei Ödem wird der feste Zusammenhalt der tiefen Zellen durch die Herxheimerschen Fasern gewährleistet. Die durch Ödem dicht auf dem Corium deutlich werdende, kontinuierliche Protoplasmalage, welche durch ein Maschen- werk von Protoplasmafäden mit den Cylinderzellen zusammen- hängt, ermöglicht eine Erklärung über die Neubildung des Proto- plasmas der Cylinderzellen. Zum Teil fliessen die verbindenden Protoplasmafäden zusammen und ergänzen das durch Teilung verminderte Protoplasma der Cylinderzellen, das seinerseits dem Kern neue Stoffe zuführt und weitere Vermehrung auf diese Weise ermöglicht. Zum Teil erweitern sich die Räume zwischen den Fäden, so dass nur die Intercellularbrücken übrig bleiben. Das Protoplasma der einzelnen Zellen schiebt sich allmählich mit den verbindenden Intercellularbrücken in die Höhe, bis 300 A. NUSSBAUM, Über Kpithelfasern ete. diese einen bestimmten Abstand von der nächst höheren und nächst älteren Brücke erreicht haben; dies Spiel setzt sich fort, bis genügend Protoplasma zu einer neuen Zellteilung sich gebildet hat. Über die Entstehung der Bizzozeroschen Knötchen, der Ranvierschen Fibrillen und der Herxheimerschen Fasern kann nur die Untersuchung einer hinreichend grossen Serie embryonalen Hautmateriales Aufschluss bringen. Literaturverzeichnis. Die mit einem * versehenen Nummern sind nach den in Klammern beigefügten Autoren zitiert. *Arnold, Virchows Archiv, Bd. 64. 1875. S. 394. (Nach Leber [57)). Balzer, Archives de physiologie, 1882. S. 314, referiert von Unna in Monatshefte für praktische Dermatologie. Bd. 2. 1883. S. 217. Beneke, Centralblatt für allgemeine Pathologie u. pathologische Anatomie. Bd. 4. 1893. S. 580. . — Verhandlungen der anatomischen Gesellschaft, Göttingen; Anatomischer Anzeiger, Bd. 8. 1893. S. 165. — Verhandlungen der Gesellschaft deutscher Naturforscher und Ärzte. Wien. 1894. 2. Teil. 2. Hälfte. S. 24. Billroth, Müllers Archiv für Anatomie, Physiologie und wissenschaft. Medizin. 1858. 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Anatomische Hefte. I. Abteilung. 117. Heft (39. Bd., H. 1). 20 Tafelerklärung. Sämtliche Präparate stammen von der Daumenschwiele der männlichen Rana fusca aus den Monaten September und Oktober, sind ir Flemmingscher Lösung fixiert und mit Methylviolett gefärbt; nach ihnen wurden die Zeichnungen mit der Camera entworfen. Figur 1. Übersichtsbild der Epidermis der Froschdaumenschwiele; Zeiss, Ocular 2, Objektiv 3 mm, Tubuslänge 160 mm. Figur 2. Längsschnitt durch vier dunkle Zellen aus der Mitte der Epidermis; Zeiss, Ocular 12, Immersion, Tubuslänge 145 mm. Figur 3. Längsschnitt durch zwei basale Öylinderzellen an der Basis einer Papille; Zeiss, Ocular 12, Immersion, Tubuslänge 160 mm. Figur 4. Querschnitt durch vier basale Cylinderzellen; Zeiss, Ocular 12, Immersion, Tubuslänge 142 mm. Figur 5. Längsschnitt durch vier basale Zellen zwischen zwei Papillen: Ödem der Haut; Zeiss, Ocular 12, Immersion, Tubuslänge 160 mm. Figur 6. Querschnitt durch eine basale Zelle: Ödem der Haut; Zeiss, Ocular 12, Immersion, Tubuslänge 142 mm (Zeiss, Immersiop überall 2 mm), AUS DER GEBURTSHILFLICHEN KLINIK DER K. UND K. TIERÄRZTLICHEN Hoch- SCHULE IN Wıen. (VorsTann: Horrar Pror. Dr. PoLanskrY). ÜBER DEN BAU DES ENDOMRTRIUMS BEIM HUNDE MIT BESONDERER BERÜGCKSICHTIGUNG DER CGYKLISCHEN VERÄNDERUNGEN AN DEN UTERINDRÜSEN. VON KARL KELLER. Mit I Abbildung im Text und 14 Figuren auf den Tafeln 17/19. Anatomische Hefte. I. Abteilung. 118. Heft (39. Bd. H. 2). 21 KOM A a so sy 1 ie win. rw. TE 3 ie nr untl E $ er 7 h re h ’ De [8 nr 15 BL D Ki Ai em RER AOT ON a 5 i Juli . a3 B 4 . Se rg EM Mi auen Drag REN. nn Dr Y ER Leimant an „if | ei] Lan, 18 el | = T rin RR". wu L) ’ E \ BA N 5% ‘ 7 Er Ba” £ n ’ j D 57 RX ) - r - N die Re ik I ü 2 .s ; 5 1 «Ba £.6 IE 5 « . D K 5 4 ER Yen Pr > Loy . r & m [, un 23 " ni u De EI E27 % J B f y fi A u. E Werl DAR A ER 7 Einleitung. Die Bearbeitung dieses Themas entsprang der von mir ursprünglich gehegten Absicht, eine Studie über eine vermeint- liche Endometritis glandularis bei der Hündin anzustellen. Ge- legentlich einer grösseren Reihe von Untersuchungen des Endo- metriums an einem Materiale, das von unbekannten, getöteten Hündinnen herrührte, fand ich hyperplastische Zustände am Endometrium, die mir ein Analogon zu bilden schienen zu jenen Prozessen beim Weibe, die bis vor kurzem noch fast allgemein als Endometritis glandularis bezeichnet wurden. Die betreffenden mikroskopischen Bilder zeichneten sich durch einen so überaus grossen Reichtum an Uterindrüsen aus, dass ich der Ansicht war, bestimmt eine pathologische Veränderung, und zwar chronisch-entzündlicher Art, vor mir zu haben. Zu dieser Ansicht führte mich namentlich der Umstand, dass in der Mehrzahl der untersuchten Präparate ein weit geringerer Gehalt von Drüsen zu finden war. Nichtsdestoweniger ergab sich aber nunmehr eine unüberwindliche Schwierigkeit, die Grenze zwischen dem Normalen und dem vermeintlich Patho- logischen zu ziehen. Ich suchte nach einer ähnlichen Norm, wie sie Gebhard für die Endometritis glandularis hyper- plastica des Menschen aufgestellt hat, welcher diesbezüglich sagt: „Der Abstand zwischen zwei benachbarten Drüsen be- trägt nicht mehr wie in der normalen Corpus-Schleimhaut, etwa das vier- bis fünffache des Drüsenquerschnittes, sondern ist diesem gleich oder sogar noch kleiner als dieser.‘ 21* 310 KARL KELLER, Aus der Literatur konnte ich in dieser Richtung keine verwertbaren Angaben finden und das von mir bis dahin ge- sammelte Material berechtigte mich aber nicht im geringsten zur Aufstellung einer ähnlichen Behauptung. Abgesehen von der Drüsenmasse als solcher zeigten die Präparate in bezug auf den Bau des Endometriums eine Reihe von Differenzen, die ich nur durch den verschiedenartigen Funktionszustand erklären konnte, welcher den Organen bei der Entnahme zukam. Ich hatte diesen aber, ausgenommen die Brunst, in keiner Weise berücksichtigt und für die Untersuchung festgelegt. Um zu einem brauchbaren Resultate zu gelangen, begann ich die Unter- suchung nochmals auf neuer, im folgenden beschriebener Grund- lage. Die Ergebnisse boten mir so viel des Interessanten, dass ich den normalen Bau der Gebärmutterschleimhaut des Hundes und ihre cyklischen Veränderungen zum Gegenstande der vor- liegenden Publikation gemacht habe. Das Vorkommen einer Endometritis glandularis beim Hunde in der Art, wie sie in der gynäkologischen Literatur verzeichnet ist, halte ich auf Grund der gemachten Befunde für soviel wie ausgeschlossen. Die ursprünglich für Endometritis glandularis gehaltenen Prozesse sind nichts anderes als ein ganz bestimmtes Stadium in der Reihe der Umwandlungen, die das Endometrium periodisch von einer Brunst zur anderen durchmacht. Die beim Hunde vorkommende Endometritis chronica jedoch unterscheidet sich deutlich durch ihren ausgesprochen pathologischen Cha- rakter von jenen in Rede stehenden Funktionszuständen. Über das genauere Resultat diesbezüglicher Untersuchungen behalte ich mir vor, bei anderer Gelegenheit zu berichten. Es sind in neuester Zeit deutliche und berechtigte Zweifel an der Existenz der Endometritis glandularis beim Weibe auf- getaucht (Theilhaber). Hitschmann und Adler haben nun auf Grund eines reichen Beobachtungsmateriales dargetan, dass die beim Weibe allgemein als Endometritis glandularis Über den Bau des Endometriums beim Hunde etc. BIBI hypertrophica und Endometritis glandularis hyperplastica ge- schilderten Drüsenveränderungen identisch sind mit jenen Drüsenbildern, wie sie dem prämenstruellen Stadium des ge- sunden Endometriums eigen sind. Sie schlagen deshalb vor, die beiden Bezeichnungen „sowohl dem Wortlaute als auch dem Begriffe nach zu streichen“. Es gibt ihrer Ansicht nach „nur eine Form der Entzündung der Uterusschleimhaut, das ist die Endometritis interstitialis, Endometritis schlechtweg. Der Entzündungsprozess spielt sich in der Uterusmucosa, analog der Entzündung in anderen Organen, im Stroma ab. Die Dia- gnose der Endometritis beruht auf dem Nachweise der In- filtrationszellen, den morphologisch und tinctoriell wohl charak- terisierten Plasmazellen“. Ich habe diese als Kriterium der Entzündung hingestellten Zellen bei der chronischen Endo- metritis des Hundes ebenfalls nachweisen können, halte es aber noch für verfrüht, mich endgültig über diesen Befund auszusprechen. Im folgenden soll nur vom gesunden Endometrium der Hündin mit Ausschluss der Gravidität die Rede sein. Mein hauptsächlichstes Bestreben ging dahin, die einzelnen Stadien, welche sich an der Gebärmutterschleimhaut während ihres Ver- änderungsceyklus ausprägen, in ihren grossen Umrissen mög- lichst scharf zu zeichnen. Es sind vor allem die morphologischen Verhältnisse der Drüsen und des Stromas, welche zu dieser Charakteristik ausreichen. Soweit es möglich war, habe ich auch feineren Einzelheiten im Bau des Endometriums, sowie physiologischen Vorgängen meine Aufmerksamkeit zugewandt und sie in den Bereich meiner Untersuchung und Besprechung gezogen. So viele Fragen ich auch unbeantwortet lassen musste, ich hoffe doch, dazu beigetragen zu haben, die bestehenden Anschauungen über diesen Gegenstand zu erweitern. 312 KARL KELLER, Allgemeines. Über den feineren Bau des Uterus unserer Haustiere liegt bereits eine grössere Reihe von Arbeiten vor, in welchen der Hund als Untersuchungsobjekt eine weitgehende Berücksich- tigung findet. Gerade bei diesem Tiere hat man auch die verschiedenen Funktionszustände wie die Brunst (Solowieff, Retterer, Storch), die Gravidität (Henricius, Storch, Bonnet) und das Puerperium (Noll, Strahl) zum Gegen- stande sehr eingehender Untersuchungen gemacht. Nichtsdesto- weniger findet man aber über die physiologischen Verände- rungen am nicht graviden Uterus mit Rücksicht auf die seit der letzten Brunst verflossene Zeit keinen Aufschluss, wie dies auch schon eingangs erwähnt wurde. So wie das Endometrium der Säugetiere überhaupt, so hat man auch die Gebärmutter- schleimhaut des nicht graviden oder puerperalen Hundeuterus abgesehen von den Brunsterscheinungen als etwas Ruhendes und Unveränderliches angesehen. Zur Orientierung über den bisherigen Stand unserer Kenntnisse über diesen Gegenstand citiere ich hiemit Ellenberger: „Hinsichtlich der Struktur der letzteren (Mucosa) ist zunächst hervorzuheben, dass ihre Oberfläche von einem beim Pferde, den Wiederkäuern und Schweine hohen, bei den Fleischfressern niedrigen flimmernden Cylinderepithel ausgekleidet ist, welches sich auch in die in das Stratum mucosum eingelagerten Drüsen hinein fortsetzt. Es besteht aus schmalen, kegelförmigen Zellen, welche innig miteinander verbunden sind, so dass sich häufig an gehärteten Schnittpräparaten die Epithellage in Form einer zusammen- hängenden Membran loslöst. Gewöhnlich zeigen die Epithelien an ihrem Fussende einen oder mehrere Fortsätze, welche einer feinen Basalmembran aufsitzen. Neben diesen cylindrischen Zellen und zwischen denselben kommen ferner in dem Uterus- Über den Bau des Endometriums beim Hunde etc. 313 epithel auch häufig andere Formen zur Beobachtung. Die- selben sind niedriger und mehr rundlich gestaltet. Das Stratum proprium der Mucosa wird von einem Binde- gewebsgerüst gebildet, welches jedoch nicht in allen Schichten gleichmässig eingerichtet erscheint und eine Unterscheidung in mehrere Abteilungen notwendig macht. Unmittelbar unter dem epithelialen Überzuge, resp. der mit demselben in Ver- bindung stehenden Basalmembran findet sich ein ungemein zellenreiches Gewebe vor, welches aus einem zarten Reticulum besteht, in dessen Maschen zahlreiche, dicht nebeneinander liegende und das Reticulum vollständig verdeckende Zellen von spindelförmiger oder rundlicher Gestalt eingelagert sind (Stratum subepitheliale s. cellulare nach Ellen berger). Weiter nach aussen geht dieses Stratum in ein anderes, ähn- lich gebautes über, in welchem die Fasern des Reticulum als Bindegewebsfasern deutlich hervortreten und die Zelleneinlage- rung auch nicht mehr so massenhaft ist (Stratum reticulare). Hierauf folgt eine Schicht fibrillären Bindegewebes (Stratum fibrillare), dessen Bündel einerseits mit jenen" Bindegewebs- zügen in Verbindung stehen, welche in der anstossenden Muscu- laris verlaufen, andererseits sich in das Reticulum des Stratum reticulare und subepitheliale auflösen ......- Die Drüsen der Uterusschleimhaut treten unter zwei Formen auf, als Utricular- oder Uterindrüsen und als Krypten. Die ersteren kommen bei sämtlichen Haustiergattungen vor und stellen 1,20 bis 2,0 mm lange, schlauchförmige Drüsen dar, welche bei dem Pferde und der Katze meist einfach sind, bei den übrigen Haustieren dagegen sich in der Regel in zwei bis drei Äste teilen, welche wiederum in secundäre Zweige zerfallen können. Letztere zeigen bei jugendlichen Tieren einen ziemlich geraden Verlauf; bei dem erwachsenen Tier dagegen sind sie stark gewunden und lassen auch häufig Ausbuchtungen der Drüsenmembran beobachten. Jener Teil der Drüsen, welcher 314 KARL KELLER, in der Nähe der Oberfläche der Schleimhaut gelegen ist, und welchen man auch als Ausführungsgang bezeichnen könnte, - erscheint stets mehr gestreckt und senkrecht zur Oberfläche der Schleimhaut verlaufend. Das Kaliber der Drüsen ist bei jungfräulichen Tieren an allen Stellen gleich; bei trächtig ge- wesenen Tieren ist dasselbe dagegen sehr ungleichmässig, da hier die Drüsen mit zahlreichen Ausstülpungen versehen sind. Mit ihren blinden, häufig kolbig aufgetriebenen Enden erstrecken sie sich bis zur Muscularis mucosae und werden hier häufig von schalenförmigen Vertiefungen derselben aufgenommen. Die Uterindrüsen bestehen aus einer dünnen, strukturlosen Basalmembran, deren innerer Fläche ein flimmerndes eylindri- sches Epithel von der Höhe und Beschaffenheit, wie es die Oberfläche der Schleimhaut besitzt, anliegt, während ihre äussere Fläche von platten Zellen mit abgeplatteten Kernen, deren Längsachse in jener der Drüsenschläuche gelegen ist, bedeckt ist. Nach aussen werden die Drüsen von einer Art Scheide umgeben, welche von der verdichteten, vielfach durch- brochenen Grenzschicht des interglandulären Gewebes dar- gestellt wird und mit diesem daher untrennbar verbunden ist, während sie mit der Basalmembran der Drüsen nur in lockerer Verbindung steht. Der Zwischenraum zwischen beiden, der als ein Lymphraum anzusprechen ist, erscheint daher stets heller als die Umgebung. In den unteren Partien der Drüse erfährt die in Rede stehende Scheide eine Verstärkung und besteht hier aus mehreren concentrisch angeordneten Lagen von Bindegewebsfibrillen. Die Innenfläche der Scheiden wird in ähnlicher Weise wie die Basalmembran von endothelioiden Zellen bedeckt. Zu diesen Utrieulardrüsen gesellen sich beim Hunde und bei der Katze kurze (0,14 mm) ovale, einfache Drüsensäckchen, die sogenannten Krypten Bischoffs. Sie liegen dicht neben- einander, sind gleichmässig gross und besitzen eine birn- Taf-1Z. ung 118. Heft (39Bd.H2.) teil Z.Ab Anatom. Hefte, Lichtdruck wC.G.Roder,©.mbBH leipzig. Verlag von I.F Bergmann Wiesbaden Keller. BE > B a SCHE, u Ne Tg 4 . Anatom. Hefte, [Abteilung 118. Heft (39 Bd.H.2, Takte N N me. Lichiifruck v. C G.Roder,6.mb Hi. Leipzig. Keller. Vertag vonJ F.Bergmanm Wiesbaden. Über den Bau des Endometriums beim Hunde ete. 315 förmige Gestalt, an welcher man ein bauchig erweitertes unteres Ende und kurz vor der Mündung eine verengte Partie, den sogenannten Drüsenhals, unterscheiden kann, welcher letztere indes bei der Hündin weniger deutlich hervortritt wie bei der Katze. Die Krypten zeigen im allgemeinen den Bau der Utri- culardrüsen, d. h. sie werden von einer strukturlosen, von einer einfachen Lage niedriger cylindrischer Epithelien ausgekleideten Basalmembran begrenzt. Letztere wird nach aussen ebenfalls von einer bindegewebigen Scheide umgeben. Zwischen diesen Krypten, und zwar in Abständen von 0,40 mm, liegen die Utriculardrüsen, deren Bau mit der oben gegebenen Beschrei- bung vollkommen übereinstimmt.“ In dieser Schilderung wird wohl deutlich auf den Einfluss des Alters und der Gravidität hingewiesen, doch fehlen selbst nur Andeutungen über irgendwelche sich von einer Brunst zur anderen abspielende Veränderungen, wie sie beim Hunde so- wohl am Stroma wie an den Drüsen vorkommen. Dasselbe gilt von der Beschreibung, die Storch vom Endometrium des Hundes gibt: „Der Uterus des Hundes ist fast ganz so wie bei der Katze gebaut. In der Mucosa sind zweierlei Drüsen eingebettet: Krypten und lange, geteilte Schläuche. Man hat die Existenz der kurzen, birnförmigen Krypten vielfach geleugnet und sie als schief geschnittene Schläuche erklärt (Kondratowitsch). Ellenberger hat jedoch recht, wenn er darauf hinweist, dass man dann bei allen anderen Tieren bei gleichem Schnitt- verfahren dieselben Krypten erhalten müsste, was doch keines- wegs der Fall ist. Wären die Krypten nur Folge schräger Schnittführung, so wäre meines Erachtens die trotz der ver- schiedensten Richtungen, die man dem Messer gibt, sich gleich- bleibende Form der Krypten nicht zu erklären. Die Krypten und die langen Schläuche sind nach Form, Grösse und dem feineren Bau wie bei der Katze beschaffen. 316 KARL KELLER, Das Epithel beider Drüsenformen unterscheidet sich voneinander nicht. Die Flimmerhaare desselben sind nur an ganz frischen Zupfpräparaten zu sehen. An gehärteten Präparaten bleibt von ihnen keine Spur zurück. Ercolani hat das Epithel der Uterindrüsen des Hundes noch als Pflasterepithel bezeichnet. Lott hingegen hat schon die richtige Auffassung vertreten. An Querschnitten der Drüsen sieht man die Umrisse der Zellen unter Carmintinktion ganz schön. Die Form jeder Zelle ist am besten, wie ich das schon mehrmals bemerkt, einem gleich- schenkligen abgestutzten Keil oder Dreieck zu vergleichen. Das schmale, flimmernde Ende der Zelle ist dem Lumen der Drüse zugekehrt, das entgegengesetzte breite Ende oder die Basis ruht auf der Grenzmembran auf. Die Anordnung der Zellen entsprieht genau der Richtung der Radien eines Kreises und das Bild des Querschnittes der Drüse einer Scheibe, deren Centrum durchbohrt ist.‘ Die neue Auflage des „Grundriss der vergleichenden Histo- logie der Haussäugetiere“ von Ellenberger und Günther verdient, obwohl nur Grundriss, doch als eine der neuesten Erscheinungen auf diesem Gebiete besonderes Interesse. Es heisst darin: „Die Schleimhaut enthält zahlreiche Drüsen und ist von einem einfachen Cylinderepithel bedeckt, das sich auch in die Drüsen fortsetzt. Seine Zellen sind ziemlich hoch und schmal und sitzen ohne Vermittlung einer Basalmembran direkt der Propria auf. Nur zu gewissen Zeiten trägt dieses Epithel Flimmerhaare, sonst fehlen sie. Das Stratum proprium ist frei von elastischen Fasern, aber ausserordentlich zellreich, nament- lich gegen die Oberfläche zu und in der Umgebung der Gefässe, während die tiefsten Schichten der Schleimhaut durch ein- gelagerte glatte Muskelfasern ein mehr faseriges Aussehen an- nehmen können. Darauf beruht die Einteilung des Stratum proprium in drei Schichten: in das oberflächliche Stratum cellu- Über den Bau des Endometriums beim Hunde etc. 317 lare, granulosum, in das mittlere Stratum reticulare und ın das die tiefste Lage bildende Stratum fibrillare, welche Schichten jedoch ohne scharfe Grenzen ineinander über- gehen ....... Die Drüsen der Uterusschleimhaut stellen entweder lange, schlauchförmige Drüsen (Uterindrüsen, lange Uterindrüsen) oder kurze Säckchen (Krypten, kurze Uterindrüsen) dar. Die ersteren finden wir bei allen Haustieren; sie erscheinen bei Pferd und Katze meist einfach, bei den anderen Tieren äslig, verlaufen geschlängelt und ballen sich in der Nähe der Museularis oft zu einem Knäuel zusammen; mitunter ragt ihr blindes Ende bis in die Muscularis hinein. Sie besitzen dasselbe Epithel wie die Schleimhautoberfläche, und wie dort fehlt auch bei ihnen die Basalmembran. Dagegen sind die Drüsen von einem zarten, viele Gefässchen enthaltenden Netzwerk des Propria- gewebes umsponnen. Zwischen den langen kommen bei den Carnivoren auch kurze Uterindrüsen, Krypten, vor. Sie sind nur 0,1—0,2 mm lang und stellen ei- oder birnförmige Säckchen und Grübchen dar, die sonst ebenso gebaut sind wie die langen Drüsen. Man trifft die Krypten aber nur zu bestimmten Jahreszeiten (den Brunstzeiten) an; zu anderen Zeiten fehlen sie.“ Es wird also hier darauf hingewiesen, dass die Krypten nur zur Brunstzeit (Strahl) vorkommen und dass die Flimmer- haare zu gewissen Zeiten am Oberflächenepithel fehlen; von anderen Veränderungen wird nichts gesagt. Bei dieser Gelegenheit darf auch die Arbeit von Beiling nicht vergessen werden. Obwohl sich dieser Autor hauptsäch- lich mit dem Aufbaue des muskulösen Anteiles des Uterus befasst, so enthält seine Publikation doch auch einige ein- gehende Detailstudien über das Endometrium. Diese Arbeit interessiert um so mehr, als Beiling die Literatur bis zum Jahre 1906 berücksichtigt hat. Dass die Uterindrüsen nicht 318 KARL KELLER, zu jeder Zeit dasselbe Verhalten zeigen, ist Beiling bekannt, denn er sagt: „Nach meinen Untersuchungen zeigen die Uterin- drüsen in den verschiedenen Altersstadien und Funktions- zuständen unterschiedliches Verhalten. Hierauf einzugehen, ‘ muss ich mir versagen.‘ Im übrigen spricht sich dieser Autor dahin aus: „Die Uterindrüsen repräsentieren sich als Röhren, welche von hohen schmalen Zellen gebildet werden. Diese Zellen besitzen grosse rundliche oder ovale Kerne, welche meist im unteren Teil der Zelle ihren Platz haben. Der Leib der Zellen, das Protoplasma, erscheint fein gekörnt. Dass die Drüsenzellen Wimpern tragen, ist nach dem oben Mitgeteilten sehr zweifelhaft, abgesehen von der Überlegung, dass die Cilien physiologisch an den Drüsen keinen richtigen Zweck erkennen lassen. Man könnte allenfalls daran denken, dass die Cilien Organe darstellten, welche dem Secret der Zelle als Leitorgan dienten. Es ist jedoch sehr zweifelhaft, ob den Uterindrüsen eine secretorische Funktion überhaupt zukommt. Zur Ent- leerung etwa vorhandener Flüssigkeiten aus den Drüsenröhren dienen übrigens Muskelstränge, die zwischen den einzelnen Drüsenschläuchen bezw. an denselben emporsteigen. An den Uterindrüsen kann man keine scharfe Scheidung der Schläuche in Ausführungsgang und in Endstücke oder Drüsenkörper machen; das diese Drüsenschläuche auskleidende Epithel ist vielmehr von oben bis unten ganz dasselbe.‘ Das Bezweifeln der Drüsensecretion allein beweist, dass die eigentlichen cyklischen Veränderungen am Hundeendometrium Beiling noch unbekannt sind. Marshall und Jolly sprechen jedoch von einem Cyelus. Die beiden Autoren sagen: „Für die Beschreibung der Verände- rungen, welche der nicht trächtige Uterus der Hündin durch- macht, teilen wir den ‚oestrous cycle“ in die 4 folgenden Perioden: Uber den Bau des Endometriums beim Hunde ete. 319 1. Ruheperiode Anoestrum, 2. Periode der Vergrösserung und Üon- gestion Ü Prooestrum, 3. Periode der Zerstörung (destruction) 4. Periode der Regeneration er x | Metoestrum. Marshall und Jolly haben also ihre Befunde mit dem Oestrous cycle!) nach Heape in Parallele gestellt. Auf die von den beiden Autoren vertretenen Anschauungen muss an anderer Stelle noch zurückgegriffen werden, weshalb ich an dieser Stelle von der Citierung weiterer Details absehe. Doch muss ich jetzt schon hervorheben, dass ich nur das tatsächliche Bestehen der beiden ersten Perioden der von Marshall und Jolly ge- gebenen Einteilung bestätigen kann. Die Exi- stenz deranderen beiden Perioden, nämlich der Zerstörung (Schleimhautabstossung) und der Regeneration als solche, wie siein dernäheren Beschreibung präzisiert werden, kann ich auf Grund der von mir gemachten Befunde nicht anerkennen. Das Warum wird noch Gegenstand späterer Ausführungen sein. Tatsache ist, dass diese beiden Autoren die eyklischen Veränderungen, wie sie sich in Wirklichkeit ab- spielen, nicht kennen, sonst würden sie die nach der Brunst eintretenden, sehr charakteristischen Stadien nicht übersehen haben. 1) Das Wesen des Heapeschen Cyclus ist kurz folgendes: Bei den Säugetieren finden an den Geschlechtsorganen periodische Veränderungen statt. Im Mittelpunkte derselben steht der Oestrous, die Periode des geschlechtlichen Verlangens von seiten des Weibchens. Das vorangehende, vorbereitende Sta- dium nennt Heape Prooestrum. Kommt keine Befruchtung zustande, so folgt dem Oestrous das Metoestrum, in welcher Periode „die Tätigkeit der Geschlechts- organe allmählich nachlässt.“ Ein Tier, bei dem ein Ruhestadium, Anoestrum, eintritt, bevor es zu einem neuen Prooestrum kommt, wird als „monoestrisch“ bezeichnet. Fehlt das Ruhestadium, so spricht man von einem Polyoestrous. 320 KARL KELLER, Die Ergebnisse meiner eigenen Untersuchungen führen zur Unterscheidung folgender Phasen in dem Veränderungscyklus des Endometriums bei der Hündin: 1. Brunst, 2. Stadium der Drüsenhyperplasie, 3. Stadium der Rückbildung, 4. Ruhestadium. Jedes dieser 4 Stadien zeichnet sich durch ein verschie- denes Verhalten des Oberflächenepithels, der Uterindrüsen und des Stromas der Mucosa aus. Es sind dies so charakteristische Merkmale, dass, wie die specielle Beschreibung derselben lehren wird, jedes einzelne dieser Stadien mit grosser Sicherheit er- kannt werden kann. Material und Untersuchungsmethoden. Das zur Untersuchung gelangte Material ist zweifacher Her- kunft; es wurde einerseits von Kadavern, andererseits direkt vom lebenden Tier entnommen. Da die hiesige Schule eine Station zur Vertilgung von Hunden besitzt, so stehen wohl reichlich Kadaver zur Verfügung. Nichtsdestoweniger war die Beschaffung von brauchbarem Material nicht allzu leicht. Viele von den vertilgten Hündinnen besassen wegen zu hohen Alters ein degeneriertes Endometrium, andere wieder waren gravid oder puerperal, und so bedurfte es mehrerer hundert Sektionen, um etwa 50-60 verwertbare Präparate zu bekommen. Ab- gesehen von anderen Nachteilen, die dem Kadavermaterial an- haften, erfuhr der Wert desselben dadurch eine Beschränkung, dass niemals, ausgenommen einige wenige Fälle von Brunst, Über den Bau des Endometriums beim Hunde etc. 321 Vorberichte in bezug auf den Funktionszustand des Uterus der zur Sektion gelangten Tiere vorlagen. Hierüber gab aber das Ovarium bis zu einem gewissen Grade guten Aufschluss, welcher vor allem für die gröbere Orientierung vollauf genügt. Weil beim Hunde von einer Ovulation zur anderen ungefähr 1/, Jahr vergeht, so erfolgt eine weitgehende Rückbildung des Corpus luteum, bis es wieder zum Follikelsprunge kommt, so dass ein Corpus luteum von der letzten Brunst nicht leicht mit einem aus einer früheren Periode entstammenden ver- wechselt werden kann. Die Funktionsphase des betreffenden Ovariums konnte deshalb natürlich auch in entsprechend weiten Grenzen schon auf Grund des makroskopischen Befundes soweit festgestellt werden, dass eine Vergleichsgrundlage für die Unter- suchung am Endometrium gegeben war. Bei vorgeschrittener Rückbildung des Corpus luteum liess dieses Verfahren freilich im Stich, wenigstens ist die Gefahr von Irrtümern schon ziem- lich gross; die Zeit der eintretenden Brunst und die darauf folgenden Phasen, welche gerade für diese Untersuchung am wichtigsten waren, konnten jedoch genügend gut präzisiert werden. Auf Grund der äusseren Befunde und jener am Ovar legte ich mir für die Einteilung des Materials folgende Altersscala zurecht: 1. Das Ovar besitzt grosse, ausgebildete Graafsche Fol- likel; äussere Brunsterscheinungen fehlen. 2, Am Ovar derselbe Befund wie bei 1; äussere Brunst- erscheinung (Blutung) vorhanden. 3. Von den Follikeln sind einzelne oder schon alle geplatzt; blutiger Erguss in die Höhle der geplatzten Follikel und in die Eierstockstasche; die äusseren Brunsterscheinungen noch ausgesprochen erkennbar. 4. Die Rupturstelle deutlich an der Narbe erkenntlich, eventuell überhaupt noch nicht geschlossen; das Corpus bildet 392 !’ ee KARD’KELLER" nur eine 1-2 mm dicke Wand; äussere Brunsterscheinungen im Abklingen. 5. Das Corpus luteum stellt ein stark vorspringendes, selbst bei kleinen Hunden weit über erbsengrosses, kugeliges Ge- bilde vor, das bläulichrot schimmert und beim Durchschneiden sich durch seine Saftigkeit und blaurote Farbe auszeichnet. Im Inneren ist meist noch ein kleiner Hohlraum vorhanden. 6. Das Corpus luteum ist kompakt und besitzt eine grau- rote oder gelbrote Farbe auf der Schnittfläche. 7. Das Corpus luteum hat höchstens die Grösse einer Erbse, prominiert nur wenig und zeigt an der Schnittfläche einen verschiedenen Grad von Gelbfärbung. Einer Verwechslung in diesem letzten Falle mit einem Corpus luteum post graviditatem konnte mit ziemlicher Sicherheit durch den Befund am Endo- metrium vorgebeugt werden, weil am gravid gewesenen Uterus sich die Pigmentzonen wie bekannt bis zur nächsten Brunst erhalten. Diese Einteilung war in erster Linie für die gröbere Orien- tierung bestimmt, wie das Kadavermaterial hauptsächlich für diesen Zweck gedacht war. Gegen dieses Material können aber noch die mannigfachsten Einwände erhoben werden. Die Tiere, von welchen die einzelnen Präparate stammen, differieren ausserordentlich im Alter, in der Rasse und in der Grösse. Für genaue vergleichende Unter- suchungen, vor allem Messungen, fehlten also die Vor- bedingungen. Im gleichen Sinne wurden die mikroskopischen Bilder auch durch eventuell vorhandene Residuen von statt- gehabten Graviditäten beeinträchtigt und schliesslich darf nicht unerwähnt bleiben, dass bei mehreren Präparaten, während und kurz nach der Brunst entnommen, Sperma im Uterus nach- weisbar war. Aus all diesen Gründen und vor allem auch, um für die Zeiträume, in welchen sich die physiologischen Veränderungen Über dan Bau des Endometriums beim Hunde etc. 323 am Endometrium abspielen, wenigstens einige annähernde zahlenmässige Werte zu finden, war es notwendig, einen anderen Weg der Materialsbeschaffung einzuschlagen. Das hierzu ge- wählte Verfahren ist nicht nur darnach angetan, alle oben ge- nannten Einwände zu entkräften, sondern sogar individuelle Schwankungen auszuschliessen. Es wurde an ein und dem- selben Tiere, dessen Lebensgeschichte soweit wie notwendig bekannt war, in bestimmten Zeiträumen die Laparotomie aus- geführt und dabei jedesmal ein Stückchen Uterus excidiert und der Untersuchung zugeführt. Dieses Verfahren wurde an vier Versuchshunden durchgeführt und es sollen gleich an dieser Stelle die näheren Daten hierüber mitgeteilt werden. 1. Versuchshund A, Foxterrier, ungefähr 3 Jahre alt, hat am 20. Oktober 1907 zum letztenmal geboren und war seit dieser Zeit in Beobachtung. Operiert am 16. XI. 07, 9. 1. und 31. I. 08. Das Tier zeigte am 23. IIl. die ersten Erschei- nungen der wieder eintretenden Brunst und wurde am 2SrINE 23. IV. und 14. V. 08 abermals operiert. Die Präparate, die durch die ersten drei Operationen erhalten wurden, betreffen die letzten Stadien der Rückbildung des Uterus post partum, interessieren also für die vorliegende Arbeit erst in zweiter Linie. 2. Versuchshund B, Spitz, 2—3 Jahre alt, stand vor der Operation über !/, Jahr lang in Beobachtung. Am 20. V. 08 wurde deutliche Brunstblutung wahrgenommen. Das Tier wurde am 21. V., 20. VI., 9. VII. 08 operiert und am 7. VII. vertilgt. Im ganzen wurden also von dem Tiere vier Präparate ent- nommen. Ein Ovar wurde bei der ersten Operation, das zweite nach dem Tode der Untersuchung zugeführt. 3. Versuchshund C, Boxer, 2 Jahre alt, hat noch nie ge- boren und war 10 Wochen vor der ersten Operation brünstig; diese erfolgte am 23. V. 08. Das Tier wurde noch ein zweites- mal am 25. VI. operiert. 4. Versuchshund D, Bullterrier, zum erstenmal mit 3/, Anatomische Hefte. I. Abteilung. 118. Heft (39. Bd., H. 2). 22 324 KARL KELLER, Jahren am 28. Ill. 08, zum zweitenmal am 29. IV. am noch infantilen Uterus operiert. Die dritte Operation erfolgte am 20. VI. 08 während der ersten Brunst (Stadium der Blutung). Weiters wurden noch am 1. VII. und 10. VII. auf operativem Wege Präparate entnommen, das letzte nach dem Tode des Tieres am 20. VII. Im ganzen lieferte also dieses Tier sechs Präparate aus verschiedenen Zeiten. Ausser von diesen vier Hunden wurde wohl noch von zwei Hunden durch Operation lebensfrisches Material gewonnen. Von dem einen lagen keine Vorberichte vor und der andere wurde zur erhofften Zeit nicht brünstig. Die Präparate von diesen Tieren besitzen deshalb nur untergeordneten Wert. Die den Versuchshunden beigegebenen Buchstaben mögen in der Folge zum Signalement dieser Tiere dienen. Die Opera- tionen zur Materialsgewinnung wurden in der Art ausgeführt, dass die Excisionen immer am Tubarende eines Uterushornes begonnen wurden. Bei jeder nächstfolgenden Operation wurde ein dem vorher entnommenen angrenzendes Stück excidiert. Erst wenn auf diese Weise ein Horn ratenweise vollständig reseziert war, wurde derselbe Vorgang am anderen wiederholt. Wenn das auf solchem Wege gewonnene Material für die Untersuchungen und die sich darauf gründenden Schlüsse einwandsfrei erscheinen soll, so müssen zwei Voraussetzungen zutreffen. Es muss nämlich die Gewähr dafür bestehen, dass sich einerseits die Umwandlungen am Endometrium am ganzen Organ gleichzeitig und gleichartig abwickeln und andererseits, dass durch den Einfluss der Operation nicht Kunstprodukte erzeugt werden, die für normale physiologische Veränderungen ausgegeben werden könnten. Das tatsächliche Zurechtbestehen der ersten Voraussetzung konnte durch wiederholt vorge- nommene Untersuchungen von Präparaten aus verschiedenen Partien des Uterus festgestellt werden. Die mikroskopischen Befunde waren entweder vollständig übereinstimmend oder es Über den Bau des Endometriums beim Hunde etc. 325 bestand nur ein ganz geringer Phasenunterschied, so gering, dass er für die vorliegende Arbeit nicht in Betracht kommt. Um auch möglichst den Einfluss der Operation auf das !ndo- metrium auszuschalten, wurden bei der Excision grössere meso- metrale Gefässe sorgfältig geschont und an dem zurückbleiben- den Uterusanteil nur soviel ligiert und genäht, als zur Ver- sorgung der Operationswunde unumgänglich notwendig war; das Uteruscavum wurde gewöhnlich nur mit einer einfachen, um das Organ von aussen herumgelegten Catgutligatur ver- schlossen. Von den zur Untersuchung entnommenen Stückchen wurde stets die etwa von einer früheren Operation bestehende Narbe vollständig entfernt. Für die Beurteilung, ob nun die erwähnte zweite Voraussetzung wirklich zutrifft, ist die Kon- trolle mit dem Kadavermaterial von höchstem Werte. Der auf Grund des letzteren gefundene Cyklus der endometralen Ver- änderungen wurde in eben derselben Weise auch auf dem experimentellen Wege an den Versuchstieren wiedergefunden. Diese Übereinstimmung erstreckt sich aber nicht bloss auf die gröberen Verhältnisse in den einzelnen Stadien, es stehen auch weitgehende Details miteinander in bestem Einklange. Das auf diesen zwei verschiedenen Wegen beschaffte Material ergibt also Befunde, die sich in ihrer Richtigkeit gegenseitig bestätigen und ergänzen. Für die vergleichenden Untersuchungen waren in erster Linie gute Übersichtsbilder notwendig, welche die natürlichen Lagerungsverhältnisse an den Drüsen möglichst getreu zur An- schauung bringen. Diese Forderung schien mir am besten er- füllt zu sein an Querschnitten des Organes. Zu diesem Zwecke wurden stets grössere Uterusstücke eingelegt und erst nach erfolgter Fixierung wurden die mittleren Anteile der weiteren Verarbeitung zugeführt. Schneidet man nämlich das noch frische Material in kleinere Stücke, so rollt sich die Schleimhaut be- sonders am noch lebenswarmen Objekt über die Schnittfläche 22* 326 KARL KELLER, vor, wobei die Uterindrüsen Abänderungen von ihrem ursprüng- lichen Verlaufe und in ihrer Form erfahren. Ein gleicher Effekt kommt zustande, wenn man den Uterus der Länge nach auf- schneidet und die Uteruswand ausbreitet. Die Faltenbildung am Endometrium bei unverletztem Uterus steht nämlich in einer gewissen Beziehung zur Entwicklung und Anordnung der Uterindrüsen. Mit dem Ausgleichen dieser Falten ändert sich die Lage der Drüsen zueinander und ihre Gestalt wird insoferne beeinträchtigt, als sich ursprünglich gestreckt ver- laufende Drüsenanteile in Windungen legen und andererseits wieder Windungen gestreckt werden. Das Ausspannen der Schleimhaut bedingt aber auch Formveränderungen an den epi- thelialen Elementen, die sich hauptsächlich am Oberflächen- epithel durch Flacherwerden der Zellen bemerkbar machen. Da bekanntlich die diversen Gewebsarten in verschiedenem Grade auf die Einwirkung vieler Fixierungsmittel mit Volums- verminderung reagieren, so können auch bei der Fixierung nicht unbedeutende Änderungen selbst gröberer Strukturverhält- nisse gegenüber den natürlichen Verhältnissen resultieren. Als ein von solchen unerwünschten Eigenschaften ziemlich freies Mittel hat sich wässerige 4% Formalinlösung erwiesen. Sie wurde als Universalfixierungsflüssigkeit mit bestem Erfolge ver- wendet, auch an dem gegen viele Mittel sehr empfindlichen brünstigen Endometrium. Leider eignet sich diese Fixierung nicht für alle Zwecke, vor allem nicht für gewisse specifische Färbungen, weshalb noch ausserdem Formol-Alkohol (nach Schaffer), Flemmingsche Lösung und Alcohol absolutus als Fixierungsflüssigkeit zur Anwendung gelangte. Die Ein- bettung des Materiales erfolgte ausschliesslich in Celloidin, welches den gestellten Anforderungen vollauf genügte. Von den Färbemethoden wurde vornehmlich die Doppelfärbung mit Hämalaun und Eosin angewendet, daneben kamen für specielle Untersuchungen in Betracht: Delafield, Mucihämatein, poly- Über den Bau des Endometriums beim Hunde etc. 327 chromes Methylenblau, van Gieson, Mallory und Pyronin- Methylgrünmischung. Brunst. Die Brunst der Hündin erstreckt sich gewöhnlich auf einen Zeitraum von 9—14 Tagen und lässt unschwer zwei Phasen erkennen. Die erste derselben charakterisiert sich durch einen blutigen Ausfluss aus den angeschwollenen äusseren Geni- talien, welcher in der zweiten Phase eine schleimige Beschaffen- heit annimmt. Auch der Sektionsbefund spricht für eine der- artige Einteilung. Bei Tieren, welche zu Beginn der Brunst zur Sektion gelangten, befand sich der Uterus im Zustande der Congestion. Die Graafschen Follikel am Ovarium waren noch intakt. Diese findet man erst gegen das Ende der Brunst, also in der zweiten Phase, in welcher am Uterus die Blut- fülle bereits abnimmt, geplatzt vor. In dieser Hinsicht inter- essiert die von Züchtern vielfach ausgesprochene Behauptung, dass die Hündin am besten am neunten Tage nach Eintritt der ersten Brunsterscheinungen zu befruchten sei, wie es ja überhaupt eigentümlich ist, dass die Hündin in der Regel das männliche Tier erst gegen das Ende der Brunst zulässt, eine Erscheinung, deren physiologische Begründung jedenfalls mit der erst zu dieser Zeit erfolgenden Ovulation zusammenhängen dürfte. Der Geschlechtstrakt der brünstigen Hündin zeichnet sich aus durch ein sehr starkes Hervortreten der Gegend des Ori- ficium externum, weil diese Partie, die sonst die Gebärmutter- hörner nur wenig an Dicke übertrifft, zu dieser Zeit auffallend angeschwollen ist. Die Uterushörner lassen sich am ausge- schnittenen Organ vollkommen gerade ausstrecken, so dass ihre Längsachse in keiner Weise von der Geraden abweicht. An der Oberfläche zeigt die Serosa lebhaften, gleichmässigen Glanz. Sie ist glatt und zeigt keine oder nur wenig ausgeprägte, 328 KARL KELLER, undeutliche Längsrillen in der Nähe des Corpus und neben dem Mesometralansatze. Die Blutgefässe sind stark gefüllt, das Organ fühlt sich weich an. Der Querschnitt besitzt eine nahezu drehrunde Gestalt, abgesehen von dem bei jüngeren Tieren stets gut ausgeprägten antimesometralen Winkel, welcher wie bekannt durch eine leistenartige Verstärkung der äusseren Längsmuskelschichte hervorgerufen wird. Die Dicke des Uterus- hornes beträgt bei mittelgrossen Hunden 6—8 mm Durchmesser. Beim Durchschneiden quillt die Schleimhaut auch am bereits ausgekühlten Organ noch ganz leicht vor. Das Uteruslumen zeigt am Querschnitte häufig die Kreuzform oder, wie Bonnet beschreibt, die Form eines H mit geknickten Schenkeln. Die Beschaffenheit des Endometriums variiert je nach der Phase der Brunst. In der ersten Zeit besitzt es eine satte dunkel- rote Farbe, die aber nicht die ganze Schleimhaut in gleich tiefer Nuance betrifft; vor allem ist die Färbung gegen das Corpus zu ein wenig blässer. An dem der Länge nach auf- geschnittenen Organ lässt sich die Schleimhaut vollkommen eben ohne Spannung ausbreiten. Die Oberfläche des Endo- metriums zeigt einen matten, wässerigen Glanz, der nirgends in seiner Gleichartigkeit unterbrochen wird. Sie ist mit einer deutlichen Lage eines schleimartigen, stark blutig gefärbten Secretes bedeckt. Der aus der zweiten Phase stammende Uterus zeigt äusserlich keine wesentliche Abweichung von der gegebenen Beschreibung. Das sehr succulente Endometrium ist aber im Vergleich zu jenem aus der ersten Phase etwas abgeblasst. Der Farbenton ist der einer satten Fleischfarbe. In manchen Fällen beobachtet man zu dieser Zeit schon, dass die Schleim- hautoberfläche sich nicht mehr eben ausbreiten lässt; sie bildet flache, undeutliche Wellen. Der Inhalt des Uterus ist ein leicht getrübtes, schleimartiges, nicht zu dickes Secret, das makro- skopisch nur mehr schwache Blutbeimengung erkennen lässt. Über den Bau des Endometriums beim Hunde etc. 329 Die vorstehende Beschreibung bezieht sich hauptsächlich auf die Verhältnisse bei jungen Tieren. Bei alten Tieren sind die Längsrillen an den seitlich etwas abgeflachten Uterus- hörnern etwas stärker ausgeprägt, und an dem ausgebreiteten Organ haben die Hörner nicht selten einen streckenweise etwas geschlängelten Verlauf. Zur Beschreibung des mikroskopischen Befundes am Ober- flächen- und Drüsenepithel und des Drüsenverlaufes wähle ich als besonders charakteristisch das Präparat von Ver- suchshund B aus, welches aus der ersten Zeit der Brunst stammt. Die Hündin hat, wie in Kapitel „Material“ ersichtlich, am Tage vorher das erste Mal deutlich „gezeichnet ; die Follikel am Eierstock waren noch unverletzt. Das Übersichtsbild (Taf. 17, Fig. 1) über den Quer- schnitt des Endometriums ist folgendes: Das Endometrium grenzi sich gegen die Muscularis mit einer nahezu kreisförmigen Linie ab. In der Mitte derselben liegt eine kreuzförmige Figur, die das Lumen darstellt und die bis zu einer gewissen Tiefe das Endometrium in vier Quadranten teilt. Sie wird von der schmalen Kryptenzone eingesäumt, deren Breite 1/,;—!/s. des Gesamtdurchmessers ausmacht. Die Krypten stehen häufig so dicht, dass sie nur durch ganz schmale Stromaschichten ge- trennt sind. Ihre grösste Tiefe beträgt ungefähr 120 ut). Nicht selten sind aber kleine, erst von wenigen Zellen ausgekleidete, gerade noch als solche erkennbare Säckchen zu sehen. Sonst zeigen sie aber immer deutlich die bekannte birnförmige Ge- stalt mit ausgeprägtem Drüsenhals. Zwischen ihnen ziehen sich die langen Uterindrüsen in die Tiefe, die sich in der Nähe der Museularis teilen und knäueln, wodurch an der Peripherie eine eigene Drüsenschichte zur Differenzierung gelangt, die aus den sich knäuelnden Drüsenenden gebildet wird. Sie reicht ins !) Massangaben beziehen sich stets auf in Formol gehärtete Präparate. 330 KARL KELLER, Endometrium bis zu 1/, seines Durchmessers. Je näher der Peripherie, desto dichter stehen die Drüsenquerschnitte, doch nimmt das Stroma zwischen ihnen immerhin noch einen ganz ansehnlichen Platz ein; sehr selten kommen sich zwei Quer- schnitte so nahe, dass der schmalste Zwischenraum nur einer Epithelhöhe gleichkommt. Zwischen dieser eben beschriebenen Zone und der Kryptenschichte liegt eine an Drüsenbildern ver- hältnismässig ärmere Zone. Sie wird durchzogen von den ober- flächlichen Anteilen der langen Drüsen. An geeignet getroffenen Schnitten sieht man, dass diese Drüsenpartien einen sehr schön gestreckten Verlauf haben, welcher ungefähr parallel ist mit dem mittleren Radius der oben genannten Quadranten, in welchen sie liegen. Es ist dies jener Radius, welcher von der höchsten Höhe der ins Lumen vorspringenden Falte zur Peripherie gezogen werden kann. Die Oberfläche der Schleimhaut ist mit einer einfachen Epithelschicht (Taf. 19, Fig. 10) überdeckt, die an keiner Stelle eine Unterbrechung zeigt. Sie besteht aus dicht gedrängten cylindrischen Zellen, deren Höhe ungefähr 12—15 u beträgt. Die central gelegenen Kerne messen durchschnittlich 7 u im Höhen- und 5 u im Breitendurchmesser und stehen in einer annähernd gleich- mässigen Reihe so dicht gedrängt, dass sich ihre Ränder selbst in 5 u dicken Schnitten noch vielfach decken. Abgesehen von ganz geringen Unterschieden in der Grösse des Kernes sind die Zellen des Oberflächenepithels durchgehends vollständig gleichartig beschaffen. Nirgends finden sich schmälere oder intensiver gefärbte Zellen. Das Epithelder Krypten unterscheidet sich am Hals kaum vom Oberflächenepithel, wird aber bei den schon tiefer ausgebildeten Krypten in raschem Übergange gegen den Grund der Krypte immer höher bis zur Höhe von 23—26 u. Die Kerne dieser hohen Zellen messen 5—6 u in der Breite und 11 u in der Höhe und stehen knapp aneinander gedrängt nahe Anatom. Hefte, [Abteilung 118. Heft (39 Bd. H2.) Taf 19. x a — Be . \ x vor LERNEN . t ride! BEN AN Keller. Verlag von J. F Bergmann Wiesbaden. Lichfdruckv.C.0.Föder, m 6H, Leipzig Über den Bau des Endometriums beim Hunde ete., 331 der Zellbasis, doch nicht in ganz gleicher Höhe. Gleiche Zellen bilden noch die Auskleidung der tiefen Uterin.: drüsen; sie sind nur in der tiefen Knäuelschichte etwas niedriger, ihre Höhe beträgt bloss 18—23 u. Dementsprechend sind auch die Kerne etwas kleiner. Der dem Drüsenlumen anliegende, scharf begrenzte Protoplasmasaum der Zellen hat eine überaus feine, schaumartige Struktur und lässt die Zell- grenze ziemlich deutlich erkennen. Sehr bemerkenswert ist die Differenz in der Färbbarkeit der Kerne des Oberflächenepithels und jener des Drüsenepithels. Die ersteren färben sich mit Hämalaun ziemlich tief blau, während letztere nur einen bei weitem schwächeren Farbenton annehmen. Neben den be- schriebenen Zellen findet man vereinzelt im Epithel der Krypten und des oberflächlichen Anteiles der langen Drüsen sehr schmale, schlanke Zellen mit intensiv gefärbtem Protoplasma und gestrecktem, stäbchenförmigen Kern. Es sind die von anderer Seite schon des öfteren erwähnten Stiftchenzellen (Kompressionsformen nach Bonnet). Auffallend in diesem Präparate ist das Vorhandensein von verhältnismässig zahl- reichen Mitosen. Sie finden sich am häufigsten im Epithel des Kryptenhalses, aber auch in den tiefen Uterindrüsen sind sie nicht selten; sehr vereinzelt findet man sie auch im Ober- flächenepithel. Im Lumen der Drüsen lässt sich kein wie immer geartetes Secret nachweisen. Das Stroma der Mucosa ist charakterisiert durch die Gleichartigkeit seiner zelligen und faserigen Struktur in allen Schichten des Endometriums, so dass eine Unterscheidung in ein Stratum cellulare, Stratum retieulare, Stratum fibrillare (nach Ellenberger) nicht gut möglich ist. Die verhältnis- mässig protoplasmareichen Stromazellen bilden mit ihren zu- sammenhängenden Ausläufern ein überall gleichmässig lockeres Maschwerk. Die Kerne dieser Zellen ähneln in ihrem Tinctions- grade sehr jenen der Drüsenepithelien. Obwohl in der Grösse 332 KARL KELLER, ein wenig variierend, besitzen sie überall im ganzen Stroma dieselbe ellipsoide Gestalt. Nur knapp den Drüsenschläuchen anliegend findet man vereinzelt schlanke Kernbilder. Die Gleichmässigkeit, mit welcher die Kerne über das ganze Stroma verteilt erscheinen, verleiht dem brünstigen Endometrium ein besonders specifisches Gepräge. Neben dem Reticulum, das von den Zellen gebildet wird, lässt sich mit geeigneten Methoden (van Gieson, Mallory) ein reichhaltiges Geflecht von welligen Bindegewebsfibrillen zur Darstellung bringen, die im innigsten Kontakt mit den Stromazellen stehen. Der Grundzug ihres Gefüges ist ebenfalls eine nicht zu verkennbare Gleich- mässigkeit in ihrer Verteilung; nirgends treten sie zu stärkeren Bündeln zusammen. Sie liegen nur ein wenig dichter ange- ordnet um die Drüsenknäuel an der Peripherie des Endo- metriums. Im Stroma finden sich vereinzelt verschiedene Formen von Leukocyten und hie und da auch Mastzellen. Die ersteren sieht man, wenn auch recht selten, im Drüsen- und Oberflächenepithel. Erwähnenswert sind noch sehr spärlich be- obachtete Mitosen an Stromazellen. Diese Beschreibung passt sehr getreu auch auf die anderen aus dieser Brunstphase zur Verfügung stehenden Präparate, vor allem auch für Versuchshund D (Taf. 18, Fig. 6). Kleine Unterschiede ergeben sich wohl am Oberflächenepithel in- sofern, als in manchen Präparaten die Kerne daselbst so dicht stehen, dass es zur Ausbildung von Druckflächen kommt. Ebenso erreichen die Drüsenzellen nicht immer ganz die an- gegebenen Masse, und es ist auch manchmal die Krypten- schichte schon vollkommener entwickelt. Auch sind ın den anderen Präparaten Mitosen viel seltener zu finden. Zur Beschreibung der Verhältnissean den Gapil- laren eignen sich die Präparate von Versuchshund B und D nicht, weil sie durch Excision vom lebenden Tier gewonnen wurden, wobei wegen Abflusses des Blutes der richtige Füllungs- Über den Bau des Endometriums beim Hunde ete. 333 zustand der Gefässe verloren ging. Nichtsdestoweniger finden sich im Stroma der Kryptenschichte stellenweise Blutungen. Weil aber das Entstehen derselben immerhin mit der Operation in Zusammenhang gebracht werden kann, möge ein anderes Präparat diese Verhältnisse illustrieren, das von einem frisch getöteten Tiere im selben Stadium gewonnen wurde. Es zeigt folgende Verhältnisse: Die Blutgefässstämmchen steigen aus der Schichte der Drüsenknäuel in einer den ge- streckt verlaufenden Drüsenschlauchpartier parallelen Richtung gegen die Oberfläche, wo sie sich in ein dichtes Capillarnetz auflösen, das mit seinen strotzend gefüllten Schlingen die Krypten umspinnt. Viele dieser Capillarschlingen sind ge- borsten, so dass die Kryptenzone auf grössere Strecken von Blutungen durchsetzt ist. Ablösungen der Epitheldecke von ihrer Basis durch grössere zusammenhängende Blutmassen, so- wie epitheliale Defekte sind nicht nachweisbar. Aus der zweiten Phase der Brunst liegen sechs Präparate von frischen Kadavern vor. Die Mehrzahl der Hündinnen, von welchen sie stammen, hatte bereits zuge- lassen, wie die Anwesenheit von Sperma im Uterus ergab. An den Ovarien waren stets mehrere frisch geplatzte Follikel zu finden. Die mikroskopischen Bilder sind ausserordentlich übereinstimmend. Zur Grundlage für die specielle Beschreibung dient mir ein Präparat von einer dreijährigen, mittelgrossen, nicht belegten Bastardhündin. Das Oberflächenepithel ist höher wie zur Zeit der Blutung; es misst 16—19 u. Die Kerne daselbst sind im Vergleich zum erstbeschriebenen Prä- parat grösser; sie messen bis zu 9 u im Höhendurchmesser und haben an Tinctionsfähigkeit etwas eingebüsst. Sie unter- scheiden sich in keiner Weise von jenen in dem hohen Epithel der Krypten und Drüsen. Mitosen finden sich in diesem Prä- parate in allen Teilen der Krypten und Drüsenepithelien, doch nur sehr vereinzelt. Nicht allzu selten findet man zwischen 334 KARL KELLER, den protoplasmareichen Zellen des Öberflächenepithels die be- reits erwähnten Stiftchenzellen mit ihren schmalen, intensiv gefärbten Kernen. Diese sind auch vereinzelt in den Krypten anzutreffen, deren Epithel wie das in den Drüsen sich von jenem der früheren Phase bis auf geringe Grössenunterschiede kaum unterscheidet. Die Krypten bilden eine ziemlich dicht geschlossene Reihe und zeigen in bezug auf ihre Tiefe eine grosse Ausgeglichenheit; sie messen in dieser Richtung unge- fähr 300 u. Die in die Tiefe ziehenden, oberflächlichen Drüsenanteile verlaufen nicht mehr gestreckt, sondern in leichten Windungen. Im Lumen der Krypten wie der Drüsen findet sich ein feinflockiges, mit Eosin gefärbtes Secret. Das Stroma der Schleimhaut ist in hohem Masse besonders in der Zone der Krypten und der knapp darunterliegenden Partie auf- gelockert, was in den besonders weiten Maschen des Binde- gewebes zum Ausdruck kommt. Auf die gleiche Ursache sind kleine Abhebungen des Drüsenepithels von seiner Basis am Stroma, jedoch ohne Zusammenhangstrennungen der Epithel- zellen untereinander, zurückzuführen, welche durch die Ein- wirkung des Fixierungsmittels auf dieses so reichlich durch- feuchtete Stromagewebe hervorgerufen wurden. Diese Wirkung kann in manchen Fällen noch mit einer Kontraktion der das Endometrium aussen umschliessenden Muscularis verbunden sein, so dass auf erstere ein Druck ausgeübt wird, welcher imstande ist, Krypten in toto und grössere Partien von Drüsen- schläuchen aus der lockeren Schleimhaut auszupressen. Man findet dann, wie einige meiner Präparate (nicht das zur Be- schreibung gewählte) demonstrieren, im Uteruslumen grössere Mengen von zusammenhängenden schlauchförmigen Epithel- massen. Die Capillaren sind nur mittelmässig stark mit Blut gefüllt. Nach Blutungen im Stroma sucht man in dieser Brunst- phase vergeblich; hingegen sind Residuen von solchen nach- weisbar in Form von hellbraunen Pigmentschollen, die in sehr Über den Bau des Endometriums beim Hunde etc. 335 erossen Zellen eingeschlossen zu finden sind. Anschliessend an diese Beschreibung sollen die Brunsterscheinungen nun- mehr noch im Zusammenhange besprochen werden. Mit dem Herannahen der Brunst tritt die Uterinschleimhaut in eine Periode des Wachs- tums und der Turgesc.enz (Period of growth and con- gestion nach Marshall und Jolly), was sowohl in dem morphologischen Verhalten des Stromas wie der epithelialen Elemente zum Ausdrucke kommt. Die Hyperämie und die Durch- saftung des Bindegewebes erreicht mit der Brunst den Höhe- punkt, nicht aber das Drüsenwachstum. Erst in der der Brunst folgenden Periode erlangen die Drüsen den höchsten Grad ihrer Entwicklung, zu welcher Zeit auch erst die Epithelien ihr Grössenwachstum vollenden. Ein sehr charakteristi- sches Gepräge erhält der brünstige Uterus durch die in diesem Funktionsstadium beson- ders augenfällige Entwickelung der Krypten- zone. Das Vorhandensein der Krypten an und für sich ist durchaus nicht bezeichnend für die Brunst, da sie, wie in meinen späteren Ausführungen dargetan wird, auch zu anderen Zeiten vorkommen, jedoch nie in der deutlichen birnförmigen Form, der Tiefe und der Dichte der Anordnung, sowie mit den sonstigen Besonderheiten, wie sie früher als für die Brunst charakteristisch beschrieben wurden. Die Äusserung Bei- lings: „Bei den Carnivoren kommt zu gewissen Zeiten, nach Strahl zur Zeit der Brunst, noch eine Art Drüsen vor, die sogenannten Krypten,“ könnte leicht zu Missverständnissen An- lass geben in dem Sinne, dass die Krypten nur der Brunst eigen wären. Um in dieser Richtung Klarheit zu schaffen, referiere ich Strahls diesbezügliche Ausführungen: An einem Hundeuterus, 1/, Jahr post partum, konstatiert Strahl das Fehlen der Krypten sowohl an den Placentar- stellen wie zwischen denselben. 336 KARL KELLER, Bei einer Hündin, die 1/, Jahr nach dem Wurfe getötet wurde, findet er neben langen Uterindrüsen auch die kurzen in erheblicher Zahl vor und gibt der Meinung Ausdruck, ‚dass die Erscheinung bereits wieder mit einer beginnenden Brunst zusammenhängt.“ Weil Strahl bei einer etwa einjährigen, noch nie brünstig gewesenen Hündin nur einzelne Krypten nachweisen kann, so schliesst er auf die Wahrscheinlichkeit einer ziemlich allmäh- lichen Entwicklung derselben. Schliesslich findet Strahl bei einer nicht belegten Hündin 5 Wochen nach der Brunst die Krypten im Uterus und äussert sich über diese seine Befunde zusammenfassend: „Die Reihen- folge der oben beschriebenen Präparate würde sich am un- gezwungensten so erklären lassen, dass man annimmt, die Krypten bilden sich vor der ersten Brunst, sind nach dem Wurf zeitweilig nicht vorhanden, um sich dann bis zur nächsten Brunst allmählich wieder auszubilden.“ Meine oben aufgestellte Behauptung, dass die Krypten an sich nicht das Kriterium der Brunst darstellen, steht also mit den Befunden Strahls voll- kommen im Einklange. Wenn Strahl und auch andere Autoren Brunst und Krypten immer gegenüberstellen, so hat dies eben seinen Grund in der zur Zeit der Brunst so deutlichen und charakteristischen Ausbildung der Krypten und andererseits in dem Umstande, dass am Uterus post partum die Krypten ver- loren gehen und erst beim Herannahen der nächsten Brunst neu gebildet werden. Von dem Fehlen der Krypten am Hunde- uterus nach dem Wurfe bis kurz vor Eintritt der neuen Ge- schlechtsperiode konnte ich mich auf Grund meiner in Jieser Richtung angestellten Untersuchungen (Versuchshund A) über- zeugen. Am infantilen Uterus beginnt die Entwicklung der Krypten schon viele Wochen vor der ersten Brunst; sie hat aber, wie schon Strahl hervorhebt, einen sehr allmählichen Verlauf. Über den Bau des Endometriums beim Hunde etc. 337 Zur Bestätigung seines Befundes führe ich an, dass sich bei Versuchshund D sechs Wochen vor der Brunst bereits deutlich ausgebildete kleine Krypten, aber nur in geringer Zahl, im Schnitte vorfinden. Bezüglich der Art und Weise, wie die Neu- bildung der Krypten erfolgt, gibt uns Strahl an anderer Stelle genaue Auskunft: „Die Krypten selbst machen sich zuerst bemerkbar in einer nur bei starker Vergrösserung sichtbaren eigenartigen Stellung der Epithelzellen. Diese fangen an, sich an einzelnen Stellen der Epitheldecke zu kleinen Knospen anzuordnen, in- dem ein Teil der Zellen sich verlängert und mit den oberen Enden zu convergieren beginnt. Man findet diese Veränderungen vielfach und in anfänglich unregelmässiger Anordnung in dem Epithel vor, bald werden die Knospen ausgesprochener und schieben sich mit ihrem unteren Rande gegen die Bindegewebs- lage vor, wird das stärker, entstehen natürlich kleine Epithel- zapfen, die sich dann in weiterem, auch nicht einmal über- mässig starkem Wachstum zu Krypten verlängern.“ Diese von Strahl beschriebenen Bilder habe ich am Uterus kurz vor und während der ersten Brunst, sowie am Uterus gefunden, der nach dem Wurfe wieder in das Stadium der Brunst trat. Hingegen war es mir wegen Mangels eines ge- eigneten und einwandsfreien Materials nicht möglich, Klarheit darüber zu bekommen, ob auch am Uterus, der, nachdem er in der letzten Geschlechtsperiode nicht gravid war, wieder brünstig wird, Krypten neu gebildet werden oder ob bloss beim Eintritt der Brunst die ohnehin noch vorhandenen Krypten anschwellen. Die Frage lässt sich mit Sicherheit nur in der Weise lösen, dass man (auf operativem Wege) am ruhenden Uterus das Eintreten der Brunst verfolgt. Ein von mir in dieser Richtung unternommener Versuch war nicht von Erfolg be- gleitet, weil bei dem dazu verwendeten Versuchstiere die Brunst zur erwarteten Zeit ausblieb. 338 KARL KELLER, Zu der Bildung der Krypten steht die dichte Anordnung der Zellen des Oberflächenepithels zu Beginn der Brunst in ursächlicher Beziehung. Bei vorgeschrittener Brunst, wenn die Krypten eine gewisse Tiefe erreicht haben, hat jenes Gefüge, wie aus früherem ersichtlich, bereits in seiner Dichtigkeit ab- genommen. Es hat also augenscheinlich die Oberfläche zum ersten Wachstum der Krypten Material abgegeben. Das weitere Wachstum der angelegten Krypten erfolgt einerseits im Wege der Zellteilung, wie die im Kryptenepithel gefundenen Mitosen beweisen, und andererseits durch die fortschreitende Vergrösse- rung der einzelnen epithelialen Elemente. Die Epithelien an den bereits angelegten Krypten des noch infantilen Uterus, sowie an jenen des sich im Ruhestadium befindenden Uterus messen nur 7—8 u im Höhendurchmesser, welcher sich in der Brunst um das Dreifache vergrössert, wie aus den schon früher mitgeteilten Zahlen ersichtlich. Es ist soviel wie selbstverständlich, dass auch die anderen Durch- messer zunehmen, leider sind genaue Messungen in dieser Richtung nicht gut möglich. Die Verbreiterung der Krypten- wände durch das Höhenwachstum der Zellen ist jedenfalls ein Hauptgrund, dass die Krypten dicht aneinander schliessen und auf diese‘ Weise eine so charakteristische Zone bilden. Dieses Zellenwachstum spielt natürlich auch an den langen Uterindrüsen in bezug auf die morphologischen Ver- hältnisse eine grosse Rolle. Die am ruhenden, bereits brünstig gewesenen Uterus recht unscheinbaren Drüsen, deren genaue Schilderung ich in dem entsprechenden Abschnitt geben werde, kommen, ohne dass deshalb eine Vermehrung und Teilung der Drüsenschläuche notwendig wäre, in der Tiefe der Schleim- haut zu einer recht ansehnlichen Entwicklung, wie ja die Beschreibung der Präparate ergab. Die im Ruhestadium haupt- sächlich mehr wellig verlaufenden Drüsenendstücke beginnen sich wegen des mit der Zellvergrösserung einhergehenden Über den Bau des Endometriums beim Hunde etc. 339 Längenwachstums in schärfer gekrümmte Windungen zu legen, also wirklich zu knäueln. Damit geht auch eine entsprechende Erweiterung des Lumens einher. Sie macht sich häufig be- sonders am oberflächlichen Anteile der Drüse bemerkbar, er- reicht aber bei jungen Tieren immer nur mässige Grenzen 2--3 Epithelhöhen). Auffallend ist, dass dieser letztere Teil am längsten die gestreckte Form, die ihm in der ruhenden, rückgebildeten Schleimhaut zukommt, bewahrt. Erst wenn die Brunst dem Ende zugeht, die Zellvergrösserung sich noch mehr steigert und sich sogar schon die Zellvermehrung stärker ein- zustellen beginnt, legt sich auch diese Drüsenpartie in Win- dungen. (Eine Sprossen- oder Buchtenbildung an den Drüsen- oder Kryptenwänden war niemals zu beobachten.) Es drängt sich nun unwillkürlich die Frage auf, was diese morphologischen Veränderungen an den Epithelien in physiologischer Hinsicht zu bedeuten haben. Hitschmann und Adler beschreiben beim Weibe in der prämenstruellen Phase ein ähnliches Anschwellen der Drüsenepithelien, verbunden mit einer wesentlichen Vergrösse- rung der Kerne, welche dabei erst relativ, dann auch absolut an Tinctionsfähigkeit verlieren. Die beiden Autoren kommen zu dem Schlusse, „dass die protoplasmareichen Epithelzellen gegenüber jenen, die vom Kerne vollständig ausgefüllt waren, sich im Zustande der Secretanbildung befinden.“ Ganz das- selbe halteich von dem kurz vor der Brunst und nochindererstenPhasederBrunstanschwellen- den Drüsenepithel bei der Hündin. Das Bewei- sendste für die Ansicht ist jedenfalls, dass die Secretion in der zweiten Brunstphase tatsäch- licheintritt. Das Secret erscheint zu dieser Zeit im fixierten Präparate gewöhnlich in Form von feinkörnigen Flöckchen, die sich mit Eosin deutlich färben. Schleimfärbungen waren hin- gegen von keinem positiven Erfolge begleitet. Durch protrahierte Anatomische Hefte. I. Abteilung. 118. Heft (39. Bd., H. 2). 23 340 KARL KELLER, Färbungen mit verdünnter Delafieldscher Hämatoxylin- lösung konnte wohl eine zart bläuliche Färbung an diesem Secrete erzielt werden, doch war dieser Farbenton vollkommen über- einstimmend mit jenem, welchen das Protoplasma der Binde- sewebszellen annahm. Es handelte sich also augenscheinlich um eine Überfärbung. Im folgenden wird noch Gelegenheit sein, einiges über das secretorische Verhalten der Uterindrüsen und die Beschaffenheit des von ihnen gelieferten Secretes zu ergänzen. Der Zweifel, welchen Beiling ausspricht, „ob den Uterindrüsen eine secretorische Funktion überhaupt zukommt,“ erscheint aber auf Grund des bisher Mitgeteilten bereits be- hoben. Ein ausserordentlich typisches Verhalten zeigt das Stroma der Schleimhaut zur Zeit der Brunst. Die Zellen sind protoplasmareicher wie zu jeder anderen Zeit und bilden in ihrer Gesamtheit ein gleichmässiges Reticulum. Die zur Zeit der Ruhe vielfach platten Kerne haben eine ellipsoide Gestalt angenommen. Das Fibrillennetz, das im Ruhestadium um die Gefässe und Drüsen dichter gruppiert ist, lockert sich zu einem das ganze Stroma sehr gleichmässig durchsetzenden Flecht- werke auf. Diese Veränderungen treten ebenfalls schon ein, bevor noch die Brunst äusserlich am Tiere erkennbar wird. Wie überaus stark das Stroma durchsaftet wird, kann man nicht selten an Präparaten aus der zweiten Brunstphase sehen. Es sind dann grössere Flächen im Stroma, die meist breit an das Oberflächenepithel grenzen, ausgefüllt mit einer homogenen, sich mit Eosin deutlich färbenden Masse, in welcher neben den blassen, in weiteren Abständen wie gewöhnlich liegenden Kernen stark konturierte, helle, ovale Flecken zu sehen sind. Das Ganze macht den Eindruck einer von Kernen und Blasen durchsetzten Gallertmasse, in welche das Bindegewebe durch Quellung in der Ödemflüssigkeit umgewandelt wurde. Schliesslich möge an dieser Stelle noch das augenfälligste Über den Bau des Endometriums beim Hunde etc. S4l Symptom der Brunst, nämlich die B lutung, zur Besprechung gelangen. Sie erfolgt in das Uterusstroma jedenfalls in der Weise, dass zuerst ein Blutaustritt aus den strotzend gefüllten Capillaren per diapedesin erfolgt und dass schliesslich infolge des geringen Gegendruckes von seiten der aufgelockerten Mucosa die Capillarwände bersten, die Blutung also per rhexin ein- tritt. Die Blutung ins Uteruscavum jedoch erfolgt meiner An- sicht nach in der Regel ohne epitheliale Defekte, vor allem ohne ausgedehntere Desquamationen. Ks wurde bei der diesbezüg- lichen Beschreibung besonders hervorgehoben, dass trotz aus- gedehnter Blutungen im Stroma die Epithellage vollkommen unverletzt war. Einige sehr kleine Defekte auf den Firsten von Schleimhautfalten wurden nur ein einzigesmal, und zwar bei Versuchshund D gefunden. Aber auch eine andere Schnitt- serie vom selben Präparate zeigte ein intaktes Oberflächen- epithel. Diese Befunde stimmen ziemlich gut mit jenen anderer Autoren (Solowieff,Retterer, Bonnet) überein. Bonnet spricht zwar von Zusammenhangstrennungen des Oberflächenepithels bei der ersten Brunst, hebt aber ausdrück- lich hervor: ‚Grössere Epitheldefekte sind an lebenswarm fixierten Präparaten nicht vorhanden.“ Für alle Fälle kommt tatsächlich auftretenden epithelialen Verlusten an der Ober- fläche der Schleimhaut im Symptomenkomplex der Brunst- erscheinungen nur eine sehr untergeordnete Bedeutung zu. Hingegen gründen Marshall und Jolly ihre Period of destruction auf das Vorkommen einer grösseren Epithel- abstossung zur Zeit der Blutung. Diese Periode ist nach Dar- stellung der genannten Autoren charakterisiert durch Blut- austritt aus den Gefässen und Auswanderung polymorpher Zellen. Die äussere Blutung wird kurz darauf beobachtet, nach- dem ein Schleimfluss, polymorphe Zellen enthaltend, voraus- gegangen ist. Damit verbunden ist eine beträchtliche Epithel- entblössung. ‚Sie reicht jedoch nur bis auf die oberste Lage 23* 342 KARL KELLER, der Stromazellen. Über ihre eigenen Befunde äussern sich Marshall und Jolly folgendermassen: „In the Sheep denudation of the epithelium is propably very rare, while ıts normal oceurence in the Ferret must be regarded as doubful (Marshall 1903, 1904). In the Bitch our observations tend to show that it occurs to a greater or less extent in every case. Evidence of this may be found in the fact, that epithelial cells are observed Iying free in the cavity of the uterus, while in some sections parts may be seen where the cells of the stroma are uncovered by a lining of epithelium.“ Aber selbst auf Grund solcher Beobachtungen hin finde ich die Aufstellung einer Periode der Zerstörung (destruction) nicht berechtigt, weil es sich sogar in extremen Fällen nur um eine teilweise Desquamation des Oberflächenepithels handeln dürfte, während die übrige Schleimhaut in der Zeit der Blutung kein wesentlich anderes Bild bietet, wie kurz vor und nach dieser Zeit. Es scheint, dass die beiden Autoren in der Beurteilung der Befunde bei der Brunst sich beeinflussen liessen von Beobachtungen, wie sie beim Weibe und am Affen von verschiedenen Forschern gemacht wurden. Wenigstens deuten ihre Literaturangaben darauf hin. Eines darf aber bei dieser Gelegenheit nicht vergessen werden. Weil, wie bereits an anderer Stelle erwähnt, die epithelialen Elemente auf dem überaus durchfeuchteten Stroma locker aufsitzen und die schrumpfende Wirkung der Fixierungsmittel imstande ist, ganze Krypten und Partien von Drüsenschläuchen von ihrem Grunde zu lösen und zu exprimieren, natürlich auch das Oberflächen- epithel in seinem Konnex zu schädigen, so heisst es acht haben, um nicht eine artificielle Desquamation als einen physiologi- schen Vorgang zu deuten. Daichnunauf@GrundmeinereigenenBefunde eine Periode der Zerstörung im Sinne Marshalls und Jollysnichtanerkennen kann, so fällt für mich Über den Bau des Endometriums beim Hunde etc. 343 auch jeder Grund weg, eine Periode der Wiederherstellung (recuperation) anzunehmen. Immerhin mögen diesem Gegen- stande noch ein paar Worte gewidmet sein. Die Genannten sagen: „The new epithelial lining first "presents itself as a single layer of flathened cells. Its manner of formation is an open question.“ Wenn ein Befund so ohne jede Einschränkung ausgesprochen wird, so sollte man doch glauben, dass es auch für andere leicht ist, dasselbe Bild zu sehen. Ich habe aber am brünstigen Hundeuterus nie etwas anderes gesehen wie ein ausgesprochenes Cylinderepithel, ein Epithel, das zur Zeit der Blutung und späterhin immer noch im Wachsen begriffen ist; niemals waren Epithellagen, nicht einmal vereinzelte Zellen zuiinden, die man als plattchätte bezeichnen können. Niedriges Oberflächenepithel findet sich erst wieder zur Zeit der Ruheperiode, die erstvieleWochennachderBrunsteintritt,nach- deminzwischendieSchleimhauteineReihesehr auffallender Veränderungen durchgemacht hat. Stadium der Drüsenhyperplasie. In diesem Stadium erreicht, wie bereits bemerkt, das zur Zeit der Brunst einsetzende Drüsenwachstum seinen Höhe- punkt, was sowohl in der Länge der Drüsenschläuche, wie in der Grösse der Epithelzellen zum Ausdruck kommt. Soweit ich mich an den Versuchstieren. orientieren konnte, dürfte sich dieses Stadium auf eine Zeit von ungefähr 3—4 Wochen’ er- strecken. Bei Versuchshund A zeigt das Endometrium 4 Wochen nach der Brunst ausgeprägte Drüsenhyperplasie, jedoch auch schon die Zeichen der beginnenden Rückbildung. Versuchs- hund B bietet 4 Wochen nach der Brunst (Beginn der Brunst) das ausgesprochene Bild der Hyperplasie am Endometrium. 344 KARL KELLER, 3 Wochen später ist die Rückbildung schon ziemlich weit vor- geschritten. Bei Versuchshund D findet man an der Schleim- haut 4 Wochen nach der Brunst ebenfalls schon deutliche Zeichen der Drüseninvolution. Individuelle Verschiedenheiten scheinen jedoch nicht selten zu sein. Das Stadium der Drüsenhyperplasie prägt sich am Uterus schon in seiner äusseren Gestalt aus: Die Uterushörner verlaufen, wie nebenstehende Abbildung zeigt, in Form von Schlangenlinien oder sie zeigen gut ausgeprägte Schrauben- gänge. Sie lassen sich in ausgeschnittenem Zustande nicht mehr vollständig zu einem gleichmässig dicken Strange ausstrecken ; nur das antimesometrale Band erhält eine mehr oder weniger gerade Richtung. Das Auftreten der Schraubenwindungen ist darauf zurückzuführen, dass sich das infolge des Drüsen- wachstums hyperplastische Schleimhautrohr in Windungen legen muss, um die von der Muscularıs aufgezwungene Länge ein- zuhalten. Bei jungen Tieren beobachtet man wohl aber auch, dass der Muskelschlauch an der Verlängerung des Schleimhaut- rohres teilnimmt. Das antımesometrale Band und die am Meso- metralansatze eingelagerten Muskelzüge bleiben jedoch unver- ändert, wodurch wieder die Krümmung der Uterushörner in einer Schlangenlinie erklärlich wird. Der uneröffnete Uterus fühlt sich derb an. Beim queren Durchschneiden quillt die Schleimhaut auch am bereits ausgekühlten Organe noch weit vor. Der Durchmesser des Querschnittes übertrifft jenen zur Zeit der Brunst nur um ein verhältnismässig Geringes. Am Ovar findet man in diesem Stadium grosse, blaurote bis grau- rote Corpora (lutea), die gewöhnlich einen verschieden grossen Hohlraum erkennen lassen und stark prominieren. Den Win- dungen und Schlängelungen entsprechend zeigt das Endo- metrium an dem der Länge nach eröffneten Organ quer und schief verlaufende Wülste. Die Schleimhaut ıst sehr succulent und fühlt sich sammtartig an. Sie ist bedeckt mit einer leicht Br | Über den Bau des Endometriums beim Hunde ete. Textfigur 1. Uterus im Stadium der Drüsenhyperplasie. Das linke, vollständig erhaltene Horn zeigt eine deutlich ausgeprägte Schlängelung. Das rechte Horn ist zum grossen Teile entfernt. 346 KARL KELLER, getrübten Secretlage. Die Farbe der Schleimhaut ist ein helles Grauweiss, das nur einen schwachen Stich ins Fleischrote hat. Zur Beschreibung des mikroskopischen Befundes eignet sich vor allem das erste nach der Brunst entnommene Präparat von Versuchshund D (Taf. 18, Fig. 7), welches dieses Stadium im Entstehen demonstriert. Das Oberflächen- epithel ist hoch; es misst durchschnittlich 18—23 u. Die Kerne liegen annähernd central, gewöhnlich etwas näher der Basıs. Sie präsentieren sich als scharfkonturierte, ovale Scheiben mit durchschnittlichen Achsenlängen von 6 u lund 8 u. Doch kommen daneben nicht selten schlankere Formen vor, die 5 u in der Breite und 9 u in der Höhe messen. Zwischen den Kernen findet man an dünnen Schnitten (5 u) stels eine, wenn auch häufig schmale Zone von Protoplasma. Letztere nımmt mit Eosın einen deutlich blassroten Farbenton an, wo- durch eine sehr feinkörnige, dichte, schaumige Struktur er- kennbar wird. Das freie Ende der Zellen wird durch eine ziemlich scharfe, stellenweise intensiver gefärbte Linie begrenzt. Die dicht stehenden tiefen Krypten, sowie dieoberfläch- licheren Anteile der langen Drüsen sind mit einem sehr hohen Epithel ausgekleidet, welches ein auffallend enges Lumen umschliesst. Es misst durchschnittlich 2530 u, doch sind auch Stellen nicht allzu selten, wo das Fpithel eine Höhe von 40 u und in extremen Fällen noch etwas darüber hat. Die Kontur der Kerne stellt annähernd eine Kreislinie mit 6 u Durchmesser dar. Sie färben sich infolge ihres weit- maschigen Chromalinnetzes ebenso wie jene des Oberflächen- epithels nur mässig blau. Sie stehen sehr nahe der Zellbasis und bilden an den meisten Stellen eine ziemlich gleichmässige Reihe mit deutlichen Zwischenräumen. Die Struktur des Proto- plasmas ist an diesen Zellen deutlicher ausgeprägt wie an jenen des Oberflächenepithels. An den mit Eosin gefärbten Präparaten ist ein gröberes, schaumarliges Gerüst erkennbar, Über den Bau des Endometriums beim Hunde etc. 347 welches gegen die freie Peripherie der Zellen zu besonders locker ist. Das Schlussleistennetz kommt schon mit der ge- nannten Färbung recht gut zur Darstellung. Besonders auf- fallend ist die Abgrenzung der Zellen am freien Pol mit einem tiefrot gefärbten, cuticulaartigen Saum, der wegen des lockeren Protoplasmagerüstes viel mehr in die Augen fällt wie am Ober- flächenepithel. Die in Spiraltouren und stark S-förmigen Krüm- mungen in die Tiefe steigenden Drüsen beginnen sich nach kurzem Verlaufe, etwa im zweiten Drittel der Schleimhauthöhe (unverletzter Querschnitt), zu teilen und reichlich zu knäueln, wodurch ungemein dichte Drüsenpakete entstehen. Zwischen diesen und der Kryptenzone liegt nur eine ganz schmale, weniger drüsenreiche Schichte, die nicht annähernd so breit ist wie die zur Zeit der Brunst ausgebildete Stromazone. Die zahlreichen Drüsenquerschnitte in der Tiefe liegen so eng bei- sammen, dass ihre gegenseitigen Entfernungen selten grösser sind wie eine FEpithelhöhe. Recht häufig sind aber die Ab- stände so gering, dass nur wenige Bindegewebsbündel da- zwischen eingelagert erscheinen. Die Zellen, welche diese Drüsen auskleiden, unterscheiden sich im allgemeinen nicht von den eben beschriebenen Epithelien. Man sieht es ihnen sozusagen an, dass sie an Platzmangel zu leiden haben. Sie sind etwas niederer wie jene in den Krypten, doch erreichen sie immerhin die stattliche Höhe von 24 u. Der längliche, basalstehende Kern dieser Zellen, meist 9 u hoch und 5 6 u breit, ist deutlich chromatinreicher wie in den Krypten. Im mikroskopischen Bilde wird an schiefgetroffenen Drüsen- schläuchen nicht selten eine Mehrreihigkeit der -Kerne vorge- täuscht. An genau quer getroffenen Schläuchen sieht man je- doch deutlich nur eine, wenn auch nicht immer gleiche, sehr dicht gedrängte Reihe. Ihre Gleichmässigkeit wird hauptsäch- lich durch die schlanken Kerne der Stiftchenzellen gestört, die in jedem Drüsenquerschnitt in mehrfacher Zahl vorhanden sind, 348 KARL KELLER, während sie im Oberflächenepithel und in den Krypten wie dem obersten Anteile der langen Drüsen gänzlich fehlen. In diesen letzteren Zellgebieten sucht man auch ganz vergeblich nach Mitosen. In ganz bemerkenswerter Menge findet man sie jedoch in der tiefen Drüsenschichte. Die mitotischen Formen liegen ziemlich weit ausserhalb der Kernreihe nahe dem peri- pheren Drittel der Zelle. Recht auffallend ist es, dass die Trennungsebene der Mitosen häufig senkrecht zum Radıus des Drüsenquerschnittes verläuft, in dem die Mitose liegt. In ver- hältnismässig wenigen Drüsenschnitten findet man ein spär- liches, mit Eosin deutlich gefärbtes, feinflockiges Secret. Ausserdem ist aber noch über zwei bemerkenswerte Be- funde am Epithel der Drüsenschläuche zu berichten, welche sich auf die Abstossung von Zellmaterial beziehen. An Epithelkämmen, die an solchen Stellen zustande kommen, wo das Drüsenrohr eine starke Knickung erfährt, sieht man, dass die am meisten ins Lumen hineinragenden Zellen eine tiefere Protoplasmafärbung annehmen und ihre Kerne kleiner und pyknotisch sind. Manche von diesen Zellen haben sich bereits vom Stroma abgelöst und sind nur mehr in lockerem Zusammenhange mit den Nachbarzellen. Andere liegen mit mehr oder weniger gut erhaltenem Protoplasmakörper frei im Lumen. Der zweite Befund besagt uns, dass Stiftchenzellen aus dem Drüsenepithel förmlich herausgepresst werden. Man beobachtet nämlich, wie Kerne solcher Zellen in das Drüsen- lumen hinein austreten. Der noch innerhalb der Protoplasma- zone liegende, schlanke Anteil des Kernes verbindet sich mit dem bereits aus dem Drüsenlumen ausgetretenen, kugelförmigen Anteile nur durch eine dünne, fadenartige Brücke. Das Schleimhautstroma zeigt ein sehr ähnliches Ver- halten wie zur Zeit der Brunst, vor allem die grossen, blass- gefärbten Kerne der Stromazellen. In der tiefen Drüsenschichte aber zeigen diese Kerne infolge der Kompression, welche sie Über den Bau des Endometriums beim Hunde ete. 349 zwischen den dicht stehenden Drüsenschläuchen erfahren, eine platte Form. Das Bindegewebsgerüst ist in den oberflächlichen Partien der Schleimhaut noch immer recht gleichmässig auf- gelockert. Der Leukoeytenreichtum der Schleimhaut ist nur sehr mässig. Die starke Füllung der Gefässe der Kryptenzone ist auf eine gelegentlich der Vornahme der Excision zustande gekommene Hyperämie zurückzuführen. In seiner höchsten Ausbildung präsentiert sich das Stadium der Hyperplasie bei Versuchshund B (4 Wochen nach dem Brunstbeginn [Taf. 17, Fig. 2]). Die Zone der Drüsenknäuel ist in diesem Präparate noch breiter wie im vorigen und die Drüsenschnitte stehen mindestens ebenso dicht. Beide Prä- parate zeigen überhaupt eine weitgehende Übereinstimmung, sogar die Masse an den Epithelzellen sind nahezu dieselben, weshalb mir specielle Angaben überflüssig erscheinen. Das Stromagerüst ist bei dem in Rede stehenden Präparat dichter gefügt; es macht einen kompakteren Eindruck. Ein Haupt- unterschied ist aber jedenfalls der, dass man in diesem Prä- parate Mitosen im Epithel nur mehr äusserst selten findet. Das Drüsenwachstum hat seinen Höhepunkt erreicht. Eine Ab- stossung von Epithelzellen ist nicht wahrzunehmen, auch die Kompressionsformen der Epithelien in der tiefen Drüsenschichte sind seltener geworden. Das Epithel daselbst besitzt bereits einen gleichartigeren Charakter, vor allem durch die regel- mässigere Kernstellung. Ein Präparat von Versuchshund D, 9) Tage später als das zuerst beschriebene vom selben Tier entnommen, zeigt letztere Eigenschaften noch schöner aus- geprägt. Stiftchenzellen sind nur mehr sehr vereinzelt anzu- treffen. Die sich in ihrer Kontur mehr der Kreisform nähernden Kerne (5 u bis 6 u) stehen in einer schön ausgeglichenen Reihe; sie sind durch schmale, gleichbreite Protoplasmazonen getrennt (Schnittdicke 5 u). Die Höhe des Epithels in den Krypten wie den langen Drüsen hat etwas abgenommen. In den beiden zu- 350 KARL KELLER, letzt beschriebenen Präparaten findet sich Secret in Form ziem- lich homogener, tief mit Eosin gefärbter Massen in den Krypten (Taf. 19, Fig. 11), seltener in den tiefer gelegenen Drüsenpartien. Die gemachten Befunde ergeben also un- zweifelhaft, dass mitdemEnde der Brunstkeine Rückbildung der Uterusschleimhaut erfolgt, sondern dass im Gegenteile noch weitere recht bedeutende Wachstumsprozesse eintreten. Der Schwellungszustand, in dem sich die Epithelien zur Zeit der Brunst befinden, dauert noch fernerhin an, ja er nimmt sogar noch zu, wie wir dies besonders an den Kryptenepithelien wahr- nehmen können. In den tieferen Anteilen der langen Drüsen jedoch kommt es zu einer sehr lebhaften Proliferation des Epithels. Die an und für sich schon infolge des Epithelwachs- tums hypertrophierte Drüse wird nunmehr auch hyperplastisch ; ihre Länge nimmt bedeutend zu, weshalb sie sich in reiche, dichte Windungen legen muss. Obwohl es vorkommt, dass, wie früher genauer geschildert, Zellen abgestossen bezw. aus- gestossen werden, so behält doch der hyperplastische Prozess die Oberhand. Infolgedessen ist das mikroskopische Bild durch einen Drüsenreichtum charakterisiert, neben welchem das Stroma ganz in den Hintergrund tritt. Dadurch kann sogar der Gedanke wachgerufen werden, dass ein pathologischer Prozess vorliegt, wie er der Endometritis glandularis des Menschen ent- sprechen würde. Die in der Brunstzeit eingetretene Secretion in den Drüsen und Krypten dauert im Stadium der Drüsenhyperplasie weiter an. Der verhältnismässig geringe Gehalt an färbbaren Secretionsprodukten im mikroskopischen Präparat liesse wohl auf eine Einschränkung der secretorischen Tätigkeit schliessen. Man muss jedoch bedenken, dass sich in dem ohnehin sehr engen Lumen der Drüsen keine grösseren Secretmassen an- sammeln können. Ausserdem dürfte im Beginne des Stadiums Über den Bau des Endometriums beim Hunde ete. 351 das Secret sehr dünnflüssig sein, denn man findet es in «len Krypten und Drüsen des fixierten Präparates als ein sehr lockeres, weitmaschiges Netzwerk geronnener Fäden. In Prä- paraten, die das Stadium in schon mehr vorgeschrittener Ent- wicklung zeigen, finden wir in den Krypten ein eingedicktes Secret. Von geradezu diagnostischer Bedeutung sind die schon des öfteren erwähnten Stiftehenzellen. Man findet sie zur Zeit der Brunst nur im Oberflächenepithel und in den Krypten, während sie in den Drüsenknäueln vollständig fehlen. Mit dem Einsetzen der Drüsenhyperplasie kehrt sich das Verhältnis um. Sie sind dann in der tiefen Schichte der langen Drüsen überaus zahlreich vorhanden und treten an der Oberfläche nur mehr gelegentlich auf. Schon Friedländer (1870) hat diese Zellen als sich intensiv färbende Gebilde im Epithel des Uterus be- schrieben und vermutete in ihnen mitotische Formen. Strahl hat sie bei der Hündin im Beginne der Gravidität beobachtet und als in Wanderung begriffene Leukocyten gedeutet. Bonnet hat diese Zellform ın frühen Perioden der Gravidität beim Hunde, Schafe, Schweine und Rinde gesehen. Bezüglich des Zustandekommens derselben gibt der Autor folgende Erklärung: „Fixiert man lebenswarme Üteruskammern oder ausge- schnittene Uterusstückchen, ohne sie aufzuspannen, so kon- trahiert sich die Muskulatur stets mehr oder weniger stark. Es entstehen dann infolge des Seitendruckes solche in Seiten- ansicht stäbehenförmige, ın Basalansicht eckige Zellformen mit ebenfalls mehr oder minder stark seitlich komprimierten, stäbchen- oder kegelförmigen Kernen, wie sie Strahl natur- getreu abgebildet hat. Steckt man dagegen das zu fixierende Stück ohne Zerrung ausgebreitet vor der Fixierung mit Igel- stacheln auf Kork fest, so bekommt man diese Zellformen entweder gar nicht oder nur vereinzelt zu Gesicht und ein und derselbe Uterus liefert je nach der Vorbehandlung der Prä- parate Bilder mit oder ohne diese Kompressionsformen.“ 353 KARL KELLER, Den Grund für die Kompression dieser Zellen sieht Bonnet in der geringeren Widerstandsfähigkeit ihres Zellkörpers und Kernes gegen Seitendruck, weil in diesen Zellen schon während der Brunst und in frühen Stadien der Trächtigkeit die Vorstufe schleimiger Degeneration auftritt. Soweit ich zur Frage der Stiftehenzellen auf Grund eigener Befunde Stellung nehmen kann, so halte ich ebenfalls dafür, dass es sich um Kom- pressionsformen handelt. Ihr Auftreten im Hundeuterus fällt gerade in jene Zeit, zu. welcher der Seitendruck in den Epi- thelien eine nicht unbedeutende Erhöhung zu erfahren scheint; es ist dies zur Zeit der Brunst und der einsetzenden Drüsen- hyperplasie. Im Beginne der Brunst sehen wir die Schleim- hautoberfläche mit einem ungemein dicht stehenden Epithel bedeckt. In der Folge beginnt sich aber jede einzelne Epithel- zelle zu vergrössern, indem sie in secretorische Schwellung tritt, und sie muss demgemäss auf ihre Nachbarzellen einen höheren Druck ausüben wie vordem. Im Stadium der Drüsen- hyperplasie ist andererseits eine Steigerung des Seitendruckes in den Epithelien der Drüsen infolge der ungemein lebhaften Zellvermehrung selbstverständlich. Diese Überlegungen tragen wohl auch zur Erklärung bei, warum gerade zur Zeit der Brunst die Stiftchenzellen im Oberflächenepithel, zur Zeit der Hyper- plasie im Drüsenepithel sehr häufig vorkommen. Auf das ur- sächliche Moment des Zustandekommens der Stiftchenzellen weist aber noch ein anderer merkwürdiger Umstand hin: Wir sehen sie nämlich gerade zu jener Zeit im Uterus auftreten, zu welcher die Secretion im vollsten Gange ist. Dies ist wieder die Zeit der Brunst und das folgende hyperplastische Stadium. Es liegt also auf der Hand, die Stiftchenzelle mit der Secretion in Beziehung zu bringen und in ihr eine Zelle zu sehen, welche durch Secretabgabe an Turgor verloren hat und deshalb durch den bestehenden erhöhten Seitendruck auf die typische Form gebracht wird. Besonders interessant in dieser Richtung sind Über den Bau des Endometriums beim Hunde etc. 353 die Anschauungen jener Autoren, welche diese Zellen an. der Tube beobachtet haben !}). Bereits Frommel, welcher diese Gebilde im Eileiter- epithel einer brünstigen Katze fand, äussert sich über ihr Ver- hältnis zur Secretion. Er hielt sie, da er von einem Protoplasma so gut wie nichts nachweisen konnte, für komprimierte Kerne von Zellen, die ıhr Protoplasma oder Bestandteile desselben abgegeben haben. Mandl hat an Präparaten von der Tube dargetan, dass die von Frommel beschriebenen stab- oder fadenförmige Gebilde nicht allein ın die Länge ge- streckte Kerne vorstellen, sondern dass auch ein zugehöriger komprimierter Zelleib vorhanden sei. Hörmann und in neuester Zeit Holzbach erblicken wie Frommel in den Stiftchenzellen der Tube die Folgezustände einer secretorischen Funktion. Die Beziehung der letzteren zur Brunst präzisiert Holzbach genauer, indem er sagt: „Ob die stärkere, secretorische Tätigkeit des Epithels auf bestimmte physiologische Vorgänge, z. B. die Brunst, zurück- zuführen sei, vermochte ich zunächst nicht zu entscheiden. Die Vergleichung der beiden, einem Tier zu verschiedenen Zeiten entnommenen Tuben, lässt jetzt keinen Zweifel mehr darüber bestehen, dass jene Vermutung richtig war. Auch in der ruhenden Tube trifft man Stiftchenzellen als Gelegenheits- befund; im Epithel des brünstigen Tieres dagegen stellen sie eine absolut unverkennbare, typische Secretionsform dar.“ Ohne die Richtigkeit dieser Anschauung nur im geringsten zu bezweifeln, kann ich mich doch nicht entschliessen, die- selbe auch ohne Einschränkung für das Endometrium der Hündin auszusprechen. Die Bedeutung der Stiftchenzellen als einer in gewissen Stadien charakteristisch auftretenden Zellform ') Die diesbezüglichen Literaturangaben verdanke ich der Güte des Herrn Universitätsprofessors Dr. Schaffer in Wien, welcher diese Zellen mit dem Namen „Intercalarzellen‘ belegt hat. 354 KARL KELLER, habe ich bereits hinlänglich gewürdigt; auch bin ich über- zeugt, dass secretorisch erschöpfte Zellen infolge ihrer geringen Widerstandsfähigkeit gegen Druck das typische Bild der Stiftehenzellen darbieten, und dass sogar wahrscheinlich die Mehrzahl dieser Zellen der secretorischen Tätigkeit des Epithels seinen Ursprung verdankt. Dennoch bin ich nicht geneigt, in den Stiftchenzellen im Uterus der Hündin ausschliesslich eine Secretionsform zu sehen. So wie es Holzbach für die Tube beschreibt, kann man auch am Endometrium (Hündin) alle Über- gänge von der breiten, in secretorischer Schwellung befindlichen Epithelzelle bis zu gerade noch deutlich differenzierbaren, fadenförmigen. Zellformen beobachten. Die von diesem Autor hervorgehobene Beziehung zu Becherzellen konnte nicht nach- gewiesen werden, weil eine solche Secretionsform bisher im Epithel des Hundeuterus überhaupt nicht gefunden wurde. Auch Hitschmann und Adler betonen, beim Weibe keine Becherzellen in der Uterinschleimhaut zur Zeit der Secretion ge- sehen zu haben. Hingegen waren im Oberflächenepithel von brünstigen Uteris und im Drüsenepithel von Präparaten aus dem Beginne der Drüsenhyperplasie sehr vereinzelt grosse, bedeutend geblähte Zellen zu finden mit hellem Leib und ebenfalls ver- grössertem, schwach tingiertem Kerne, die augenfällig den Ein- druck der Degeneration machten. Es ist zumindest die Wahr- scheinlichkeit sehr gross, dass auch die Vorstufe einer solchen Degeneration die typische Form der Stiftchenzellen an der be- treffenden Epithelzelle hervorzubringen vermag, und ich ver- weise in dieser Hinsicht auf die bereits erwähnte, von Bonnet vertretene Ansicht über das Zustandekommen der Kompressions- formen. Andererseits ist es auch denkbar, dass das Bild der Stiftehenzellen auftritt, wenn solche degenerierte Zellen unter Abgabe ihres jedenfalls flüssigen Inhaltes kollabieren. Auch junge, eben auf mitotischem Wege gebildete Zellen scheinen dem erhöhten Seitendruck, wie er zur Zeit der Brunst und Über den Bau des Endometriums beim Hunde ete. 355 Drüsenhyperplasie auftritt, nicht standhalten zu können und werden ebenfalls bis zu einem gewissen Grade komprimiert. Hierfür sprechen auch Befunde am Epithel der Drüsen im Stadium der einsetzenden Drüsenhyperplasie, zu welcher Zeit genügend Gelegenheit ist, mitotische Formen zu beobachten. Ich vermag auch der alten Ansicht Friedländers ihre Be- rechtigung nicht abzusprechen. Zusammenfassend kann ich meine Meinung dahin abgeben, dass es zur Entstehung der Kompressionsformen im Epithel der Uterinschleimhaut einer gewissen Prädisposition bedarf, die gegeben ist durch Secretabgabe, Jugendzustand, Degenerations- vorgänge und vielleicht noch anderes. Die auslösende Ursache liegt jedoch immer in einer Steige- rung des Seitendruckes. Dass schliesslich auch das Epithel passierende Leuko- eyten hie und da sich in Gestalt von Stiftchenzellen reprä- sentieren können, ist nicht von der Hand zu weisen. Eine Verwechslung der von mir beschriebenen Beobachtung der Aus- stossung von komprimierten Epithelzellen aus der Epithelreihe mit durchwandernden Leukocyten halte ich für sicher aus- geschlossen. Es erscheint mehr als unwahrscheinlich, dass bei einer Leukocytenemigration gerade nur das Epithel der peri- pheren Drüsenenden reichlich durchwandert wird, während das Epithel der Schleimhautoberfläche, der Krypten und der ober- flächlichen Anteile der langen Drüsen von diesem Vorgange beinahe gar nicht. betroffen wird, wie dies der gemachten Be- obachtung entsprechen würde. Mit einem so häufigen Durch- tritte von Leukocyten würde ferner die relative Armut des die Drüsenknäuel umgebenden Stromagewebes an solchen Zellen in direktem Widerspruche stehen. Von ausschlaggebender Be- deutung für die Beurteilung der in Rede stehenden Erscheinung ist ferner, dass bei Leukocyten, wie man sie im Oberflächen- epithel des brünstigen Uterus nicht selten neben Stiftchen- Anatomische Hefte. I. Abteilung, 118. Heft (39. Bd., H. 2). 24 356 KARL KELLER, zellen vorfindet, der helle Zelleib durchaus nicht komprimiert ist und auch der kleine, dunkelgefärbte Kern seine kugelige Gestalt beibehält. Die grossen, langgestreckten Kerne aus- tretender Epithelzellen machen jedoch den Eindruck der Pyknose, der zugehörige Zelleib ist, wenn vorhanden, dunkel tingiert und stark komprimiert, häufig jedoch ist er nicht zu differenzieren; man sieht nur den Kern allein ins Lumen der Drüse treten. Es handelt sich hier also augenscheinlich um die Ausstossung von degenerierten Zellen. Bei dieser Gelegenheit möge auch noch die Frage gestreift werden, wie lange sich de ResiduenderBrunstblutung in der Uterinschleimhaut erhalten. Die Beantwortung derselben ist insoferne erschwert, als man nur Fälle berücksichtigen darf, in welchen eine Gravidität in der der Brunst vorausgehenden Geschlechtsperiode sicher ausgeschlossen ist. Wie bekannt erhalten sich Melanophoren, die der Gravi- dität entstammen, nicht selten über die nächste Brunst hinaus in der Schleimhaut und können deshalb Veranlassung zu Verwechslungen geben, indem sie einen Ursprung aus der Brunstblutung vortäuschen. Diesbezüglich will ich erwähnen, dass bei Versuchshund D, welcher bestimmt erst das erste Mal brünstig war, ungefähr 14 Tage nach Beginn der Blutung im Endometrium keine farbstofftragenden Zellen mehr gefunden wurden. Die Reste der Brunstblutung scheinen also, und da- für sprechen auch Befunde an anderen Präparaten, sehr rasch resorbiert zu werden. Die Erscheinungen, wie sie vorstehend an Versuchshunden für das Stadium der Drüsenhyperplasie beschrieben wurden, und zwar gerade die Hyperplasie der Drüsen, könnten vielleicht in ursächlichen Zusammenhang gebracht werden mit einer als Folge früherer Operationen auftretenden Stase. Es liegen jedoch noch mindestens 15 Präparate von getöteten, nicht operierten Tieren vor, welche das Stadium in verschiedenen Phasen von N & I] Über den Bau des Endometriums beim Hunde ete. der Brunst bis zur beginnenden Rückbildung zeigen. Die Drüsen- hyperplasie war stets in ausgesprochener Weise vorhanden, wenn vielleicht auch kleine, individuelle Schwankungen vor- kommen mögen. Auch die Abgabe von Zellmaterial in den Drüsenknäueln war in einem Präparat, wenn auch nicht so reichlich und deutlich wie bei Versuchshund D, nachweisbar. Trotzdem nun die geschilderten Erscheinungen in diesem Stadium sicherlich sehr auffallende sind, finden wir dennoch in der Literatur so viel wie nichts darüber verzeichnet. Sie scheinen tatsächlich übersehen worden zu sein. Wie wäre die Äusserung Nolls sonst verständlich, der darüber bloss sagt: „Lässt man die brünstige Hündin nicht belegen, so erhalten sich, soweit unsere Kenntnisse bis jetzt reichen, die Zeichen der stattgehabten Brunst noch auf sehr lange Zeit, so dass also auch ein solcher Uterus seine charakteristischen Eigen- schaften aufweist.‘ Aber gerade Noll hat die Veränderungen, wie sie dem in Rede stehenden Stadium zukommen, gesehen und in weiteren Umrissen auch geschildert, aber nicht am unbefruchteten, sondern an dem erst kurze Zeit graviden Uterus. Gelegentlich eines Vergleiches von Hunde- und Katzenuterus führt Noll an: „Noch auffälliger werden die Verschiedenheiten, wenn wir tragende Uteri aus früher Zeit miteinander vergleichen, auf- fälliger insofern, als während des Keimblasenstadiums die ge- nannten Unterschiede in der Drüsenanordnung noch sehr viel deutlicher sind. Bei der Hündin sind an einem unserer Prä- parate aus dieser Zeit die blinden Enden der langen Drüsen sehr viel stärker geworden, so dass dieselben eine gleich- mässige Schicht oberhalb der Muskulatur bilden. Unmittelbar unter der freien Fläche liegt die Lage der Krypten und es tritt demgemäss sehr auffällig eine mittlere Zone hervor, in welcher nur die spärlichen Hälse der langen Drüsen vor- handen sind.“ 24* 358 KARL KELLER, Die Ähnlichkeit zwischen dem nicht graviden und graviden Uterus in der nächsten Zeit nach der Brunst ist aber viel grösser, als aus der citierten Schilderung hervorgehen würde. Ein ge- legentlich einer Totalexstirpation gewonnener, 3 Wochen gra- vider Uterus zeigt an den fruchtkammerfreien. Zwichenstücken genau das histologische Bild wie Versuchshund B 4 Wochen nach dem Einsetzen der Brunst, welche Zeit also auch einer ca. dreiwöchentlichen Gravidität entspricht. DieGleichheitder Befunde erstreckt sich bis in weitgehende De- tails der Struktur; es könnte nahezu ein Bild für das andere eintreten. Stadium der Rückbildung. Je nachdem, ob der Uterus vom Beginne oder vom Ende dieses Stadiums stammt, zeigt er makroskopisch wie mikro- skopisch ein unterschiedliches Verhalten. Ein Uterus aus der erstgenannten Zeit besitzt meistens noch recht gut ausgeprägt alle gröberen anatomischen Merkmale, wie sie für das vorige Stadium beschrieben wurden, so Ausbildung von Schlangen- oder Spiralwindungen an den Hörnern, wellige Beschaffenheit an der Schleimhautoberfläche. Erst das mikroskopische Bild gibt Aufschluss, dass tatsächlich bereits deutliche Rückbildungs- erscheinungen vorhanden sind. Mit der fortschreitenden Rück- bildung verschwinden die Windungen am Uterus, welcher nach und nach eine mehr oder weniger seitlich abgeplattete Form annimmt und sich wieder gerade ausstrecken lässt. An der Serosa bilden sich meist zahlreiche, feine Längsrillen aus. Beim Durchschneiden krämpt sich die Schleimhaut nicht mehr vor; der Querschnitt des häufig etwas erweiterten Lumens stellt, wenn das Ruhestadium nicht schon allzu nahe ist, wegen der reichlichen Faltenbildung eine vielfach verzweigte Figur dar. In der letzten Phase der Rückbildung nimmt diese Figur wieder Über den Bau des Endometriums beim Hunde etc. 359 einfachere Formen an (vier- oder fünfstrahliger Stern). Die Schleimhaut erscheint wie mit einer dünnen Milchschicht über- gossen und von ihrer Oberfläche lässt sich ein überaus feiner, weisslicher Belag abstreifen, der sich bei der mikroskopischen Untersuchung als aus Epithelien bestehend erweist, die strotzend mit Fett beladen sind. Mit dem Schwinden dieses Fettes tritt die Uterinschleimhaut erst in die Ruheperiode ein. Nach den an den Versuchshunden B und © gemachten Erfahrungen dürfte dies ungefähr 12—15 Wochen nach der Brunst erfolgen. Ausser mikroskopischen Präparaten von Kadavern liegen Präparate vor aus dem Beginne des Stadiums von Versuchshund B und D, vom Ende des Stadiums von Versuchshund B und C (bei letzterem Übergang zur Ruheperiode). An Versuchshund B konnten also zwei verschiedene Phasen des Stadiums der Rück- bildung studiert werden. Diese Präparate scheinen mir sehr charakteristische Bilder zu bieten, auf welche ich im folgenden genauer eingehen will. Das von dem genannten Tiere zuerst en nom menesPräparat, (Daf. 17, Bis: rund Taf. 18 Fig. 8) lässt deutlich zwei Zonen erkennen, eine oberfläch- 2) liche, die ihr eigentümliches Gepräge von den erweiterten Krypten und oberflächlichen Anteilen der langen Uterindrüsen erhält, ein Verhalten, welches schon beim Betrachten mit schwacher Vergrösserung deutlich zu erkennen ist. In krassem Gegensatze zu dieser Zone steht jene der geknäuelten Drüsen, welche fast genau die tiefere Hälfte der Schleimhaut aus- macht. Die Drüsen dieser Region haben nicht nur ein enges Kaliber, sondern sind auch im ganzen sehr schmal. Getrennt sind beide Schichten durch die bekannte drüsenarme Zone. Die erweiterten Krypten in der oberen Schleimhauthälfte haben, wenn man von kleinen Unregelmässigkeiten in der Wan- dung absieht, ungefähr eine flaschenförmige Gestalt, indem sie einen bis zu 80 u weiten Drüsenkörper und einen bedeutend engeren Halsteil (ca. 8—15 u) besitzen. Sie stehen in an- 360 KARL KELLER, nähernd gleichen Distanzen, meist durch verhältnismässig an- sehnliche Stromamassen geschieden. Die langen Uterin- drüsen verhalten sich an der Oberfläche ganz ähnlich wie die Krypten. Indem sie in korkzieherartigen Windungen in die Tiefe steigen, verjüngen sie sich schon in der halben Tiefe der Schleimhaut zu den bereits erwähnten, auffallend dünnen Drüsenformen. Die Drüsenanordnung in der Tiefe der Schleim- haut kann höchstens noch als mässig dicht bezeichnet werden. Die Drüsenschnitte sind nicht selten an beschränkten Partien dichter aneinander gedrängt, so dass sich kleine Gruppen er- kennen lassen, die immer einem gemeinsamen, sich knäuelnden Drüsenaste anzugehören scheinen. Das Oberflächenepi- thel (Taf. 19, Fig. 12) erreicht eine durchschnittliche Höhe von 20 u. Die Kerne liegen nicht mehr basal, sondern fast genau central. Ihre in die Höhenrichtung der Zelle fallenden Durchmesser betragen ca. 6-8 u. Die Querdurchmesser sind meist geringer. In den höheren Zellen haben die Kerne eine längliche, in den niedrigeren Zellen eine mehr kugelige Gestalt. Ihre Konturen sind keine gleichmässig geschwungenen Linien, sie zeigen nicht selten einige stumpfe Ecken. Der Zelleib be- sitzt eine ausgesprochen grosswabige Struktur, die besonders im basalen Anteile der Zelle recht deutlich hervortritt. Es ist ein sehr regelmässiges Protoplasmagerüst in Form von zarten, intensiv mit Eosin gefärbten Bälkchen sichtbar, die helle, gleich grosse Flächen umschliessen. Im peripher vom Kerne liegenden Anteile der Zellen ist dieses Gerüst bedeutend verdichtet und nicht so gleichartig. Um mir die spätere Beschreibung zu er- leichtern, mag bei dieser Gelegenheit schon mitgeteilt werden, dass dieses eigenartige Aussehen der Zellen von der bereits erwähnten Einlagerung feinster Fetttröpfchen herrührt, wie mir in Flemming fixierte, Präparate aus diesem Stadium bewiesen haben. Der Kuriosität halber sei noch erwähnt, dass man in den Zellen der Oberfläche homogene, mit Eosin intensiv ge- Über den Bau des Endometriums beim Hunde etc. 361 färbte Körperchen von kugeliger Gestalt bis zur Grösse von Blutkörperchen und selbst noch darüber an vereinzelten Stellen antrifft. Über ihre Natur Untersuchungen anzustellen, musste ich mir vorläufig versagen. Dasselbe gilt auch von feinen, körnchenartigen Gebilden, welche ziemlich dicht gestellt an der freien Oberfläche des Epithels der Schleimhautoberfläche, der Krypten und oberen Anteile der langen Uterindrüsen mit protra- hierter Delafield-Färbung zur Darstellung gebracht werden können. Die Epithelien, welche den Kryptenhals und die Mündung der langen Uterindrüsen auskleiden, verhalten sich in ihrer Struktur ebenso wie das Oberflächen- epithel, nur sind sie etwas niedriger. Je weiter gegen den Kryptengrund zu die Zellen gelegen sind, desto geringer wird ihre Höhe, bis letztere (von ungefähr 20 u am Krypten- hals) bis auf 8—10 u herabgesunken ist. In derselben Weise ändert sich auch die Beschaffenheit der Protoplasmastruktur. Der grosswabige Bau macht, je weiter die Zelle von der Ober- fläche entfernt liegt, immer mehr einem schaumarligen, dichten Protoplasmagefüge Platz. Die Grenze dieser Zellen gegen das Kryptencavum stellt wohl im allgemeinen eine gleichmässige, doch unscharfe Linie dar, indem die Zellen vielfach wie ab- gebröckelt oder leicht aufgefasert erscheinen. Die oben be- schriebenen, feinen Körnchen scheinen mit diesem Phänomen in innigster Beziehung zu stehen. Eben dieselben Befunde bieten auch die oberflächlichen Anteile der langen Drüsen. Schon in geringerer Tiefe nimmt die Höhe des Epithels bis auf 8 u ab. Dieselbe, oft noch eine geringere Höhe findet man auch an den Zellen, welche die gewundenen Schläuche in der Tiefe auskleiden. Diese Drüsenpartien haben ein so enges Kaliber, dass der ganze Durchmesser eines solchen Drüsen- querschnittes, die epitheliale Wand mit inbegriffen, nicht selten nur ca. 22 u misst. Die in schön geordneten Reihen stehenden Zellkerne der Epithelien hier in der Tiefe haben Kugelform 362 KARL KELLER, mit einem durchschnittlichen Durchmesser von 4 u. In den engsten Drüsenquerschnitten findet man manchmal Kerne, die in ihrer Höhendimension etwas abgeplattet erscheinen, weil der Durchmesser in dieser ‚Richtung auf 3 u gesunken ist. Das Protoplasma der in Rede stehenden Zellen nimmt mit Eosin nur einen auffallend schwachen Farbenton an. Die freie Zellgrenze markiert sich als feine, blassrote Linie, die Proto- plasmazone selbst lässt nur ein überaus zartgefärbtes, un- scharfes, schaumartiges Gerüst erkennen. Das Lumen der Drüsenschichte erscheint wie ausgegossen mit dichten Massen eines grobklümperigen Secretes, das sich mit Eosin satt hellrot färbt und auch noch in spärlichen Mengen in einzelnen Krypten zu finden ist. Das Stromagewebe zeigt nicht mehr den Charakter eines Reticulums, wie er in so ausgesprochener Weise zur Zeit der Brunst zutage tritt, sondern es macht mehr den Eindruck eines faserigen Gefüges, welches durch das dichte Aneinanderschliessen der nunmehr spindelförmigen Binde- gewebszellen, zwischen welchen keine Maschen zu sehen sind, zustande kommt. Die Kerne dieser Zellen scheinen an Tinktions- fähigkeit gegen die früheren Stadien eine Spur gewonnen zu haben. Um die Drüsenschnitte herum findet man schon häufiger spindelförmige Kernbilder. Die Bindegewebsfibrillen lassen eine Anordnung zu stärkeren, ziemlich dichten Bündelzügen er- kennen, welche vornehmlich die Drüsen und grössere Geläss- stämmchen umhüllen. Ähnliche Verhältnisse finden sich auch bei Versuchshund D. Die Schleimhaut ist in vier grosse Falten gelegt, welche wegen der trichterförmigen Gestaltung der Uterindrüsenmündungen wie sekerbt aussehen. Die Kryptenkörper sind auch in diesem Prä- parate häufig erweitert, jedoch nicht in jenem Grade wie im vorigen. Die Zellen des Oberflächenepithels sind an ihren freien Flächen leicht vorgewölbt. Ihr Protoplasma besitzt aber noch Über den Bau des Endometriums beim Hunde etc. 363 keinen deutlich grosswabigen Bau. Als specieller Befund bei Versuchshund D ist noch hervorzuheben das Vorhandensein von geringen Detritusmassen, die frei im Lumen liegen und deutlich als Zelltrümmer erkennbar sind. Das andere Präparat von Versuchshund B demonstriert das Endstadium der Rückbildungsvorgänge. Es zeigt die für diese Zeit charakteristischen wabigen Epithel- zellen (Taf. 19, Fig. 13 u. 13a) in schönster Ausbildung. Sie bedecken die ganze Schleimhautoberfläche und kleiden ausserdem noch die Mündungen der langen Uterindrüsen und zum grossen Teil die Krypten aus. Die wabige Struktur erstreckt sich gleichmässig auf die ganze Zelle, nur an wenigen Stellen ist der helle, fein netzartig gezeichnete Protoplasmasaum mit einer etwas breiteren Linie gegen das Lumen zu konturiert. Die Kerne sind stets tief ausgezackt, sie besitzen häufig recht bizarre Formen; es sind die durch die Fetteinlagerung hervor- gerufenen bekannten Deformitäten. Auch hier wird das Epithel umso fettärmer und niedriger, je tiefer es in den Krypten ge- legen ist (Fig. 13a). Diese weisen keine Erweiterung mehr auf; sie sind im Gegenteil eng und schlank geworden. Die langen Uterindrüsen ziehen wohl in Windungen in die Tiefe und verzweigen sich in geschlängelte Äste, aber von einer Knäuel- bildung derselben ist keine Rede mehr (Taf. 17, Fig. 4). Die Drüsenquerschnitte an der Peripherie des Endometriums sind nicht mehr ihrer Zusammengehörigkeit nach zu einem gemein- samen Drüsenaste in deutlich unterscheidbare Gruppen ge- lagert. Sie liegen schon in beträchtlichen Entfernungen von- einander und nur wenig dichter gestellt wie in den höheren Schleimhautzonen. Das niedrige Epithel der tiefen Drüsen- schichte unterscheidet sich wohl wesentlich von jenem des früheren Stadiums. Das Drüsenlumen scheint etwas weiter ge- worden zu sein, welcher Eindruck wohl hauptsächlich dadurch zustande kommt, dass die Drüsen bis auf minimale Ausnahmen 364 KARL KELLER, vollständig secretleer sind. Für das Schleimhautstroma gilt grösstenteils das bereits Mitgeteilte, es machen sich aber auch schon Erscheinungen bemerkbar, die dem Ruhestadium eigen- tümlich sind. Aus diesen Beschreibungen kann man ersehen, dass das Stadium der Rückbildung seinen Namen mit vollem Rechte führt. Es wird in diesem Stadium das im vorigen übermässig produzierte Zellmaterial wieder zum Abbau gebracht. Die Schilderung der von den Versuchstieren gewonnenen Präparate reicht aber nicht aus, um den Komplex von Erscheinungen, die sich in dem in Rede stehenden Stadium abspielen, voll- ständig darzustellen. Es fehlt der eigentliche Beginn des Stadiums. Die an der Hand des ersten Präparates von Ver- suchshund B dargestellten Verhältnisse sind bereits das End- produkt eines Vorganges, welchen ich am Versuchstiere leider nicht verfolgen konnte. Ich bin daher in dieser Hinsicht auf Kadaverpräparate angewiesen, für deren Beurteilung in An- betracht der Wichtigkeit, die jenen Vorgängen im Cyklus zu- kommt, eine gewisse Reserve geboten erscheint. Zum Glück liegen aber sechs Präparate vor, die alle dasselbe besagen, indem sie folgendes Bild bieten: Die Erscheinungen der Drüsenhyperplasie sind ausgesprochen vorhanden. Die langen Uterindrüsen bilden mit ihren aufgeknäuelten Enden noch immer eine kompakte, hohe Schichte. Während am Epithel daselbst keine wesentlichen Veränderungen ausser Ausstossung von Intercalarzellen stattlinden, spielen sich am Epithel der Krypten und der oberflächlichen Anteile der langen Drüsen sehr lebhafte Prozesse ab, die jedenfalls eine Secretion mit teilweiser und vollständiger Zertrümmerung der Epithelzellen darstellen. Auf der vom Stroma ge- bildeten Basis dieser Drüsen und Drüsenpartien sitzen Zellen mit basalgestellten Kernen auf, deren peripherer Teil abge- bröckelt ist, so dass die Kerne nur noch von geringen, unregel- Über den Bau des Endometriums beim Hunde etc. 365 mässig begrenzten Protoplasmamassen umhüllt sind. Das ganze Drüsenlumen ist erfüllt mit abgeschmolzenem Zellmaterial in Form von körnig-klümperigen Massen. In ihrer Mitte aber liegt das bekannte Secret in eingedickter Form. Unter diesen Proto- plasmatrümmern finden sich auch häufig tief blau gefärbte, geschrumpfte Kerne. Eine derartige Beschaffenheit lässt sich auch schon an etlichen Kernen, die noch in der Reihe stehen, konstatieren, welche sie als dem Untergange geweiht kenn- zeichnet. Das Oberflächenepithel beteiligt sich in gar keiner Weise an diesen Vorgängen. Diese Befunde genügen nun tatsächlich zur Erklärung der bei den Versuchshunden gesehenen Bilder. Bei der stürmisch verlaufenden Secretion in den Krypten und oberflächlichen Drüsenanteilen wird das im Stadium der Hyperplasie hohe Epithel abgeschmolzen. Von den dicht gedrängt stehenden Zellen werden auch welche ganz abgestossen und es resultiert schliesslich jenes verhältnismässig niedrige Epithel, wie es an Versuchshund B gefunden wurde, das sogar noch Spuren der stattgehabten Protoplasmaabbröckelung zeigt. Bei Versuchs- hund D wurden, wie erwähnt, auch noch die Reste von Zell- trümmern gefunden. Die Folgen davon, dass die Zellen um so viel niedriger geworden sind, machen sich in einer Er- weiterung der Krypten und des Drüsenlumens bemerkbar. Während nahe der Schleimhautoberfläche die Secretion mit so eingreifenden Veränderungen verläuft, vollzieht sich der gleiche Prozess in der tiefen Drüsenschichte in aller Ruhe. Diese Zellen geben ihr Secret ab und häufen in ihren Leibern kein neues Material mehr an. Man ersieht dies daraus, dass diese Zellen bis zu zwei Drittel ihrer Höhe eingebüsst haben und dass das Protoplasma keinen so lebhaften Farbenton mit Eosin mehr annimmt wie früher. Diese ausgedehnte Reduktion an der Drüsenmasse in der Tiefe bewirkt natürlich ein Einsinken der noch vor kurzem hohen Schleimhaut; die oberflächliche Ge- 366 KARL KELLER, webssubstanz des Endometriums gelangt in ein quantitatives Missverhältnis zur peripheren in der Art, dass wenigstens vorübergehend zu viel Oberflächenmaterial vorhanden ist. Daraus erklärt sich das Zustandekommen des erweiterten Lumens und die Bildung von Falten, bezw. Schleimhautwülsten, die auch beim Eröffnen des Uterus und Ausbreiten des Endo- metriums bestehen bleiben. Eigentümlich ist, dass die Schleim- haut zu Beginn des Rückbildungsstadiums niedriger sein kann wie am Ende des Stadiums, wie die Präparate von Versuchs- hund B demonstrieren. Der Grund hierfür liegt augenscheinlich in dem Verhalten der Muscularis. Die in ihrem Volumen redu- zierte Schleimhaut kommt nur deshalb als „niedriger geworden“ zur Beobachtung, weil der sie umhüllende Muskelschlauch, welcher im Stadium der Schleimhauthyperplasie ebenfalls er- weitert, vor allem aber verlängert ist, bei der Rückbildung des ganzen Organes mit der Schleimhaut nicht gleichen Schritt hält. Sobald aber die Verkürzung der Längsmuskulatur ein- setzt, wird das inzwischen wenig veränderte Volumen der Schleimhaut auf eine kleinere Basis gebracht; die Schleim- haut wird wieder verdichtet und gewinnt an Höhe. Dabei werden auch etwa vorhandene erweiterte Krypten und Drüsenpartien wieder verengert, indem sie gestreckt und von den Seiten her zusammengedrückt werden. Die beschriebenen, sich in den Krypten und oberflächlichen Drüsenanteilen abspielenden Pro- zesse scheinen jedoch individuellen Schwankungen zu unter- liegen. In einem Falle dürfte die Zellzertrümmerung auch noch ziemlich weit in die Drüsenschläuche hineinreichen, während sie im anderen Falle auch an den oberflächlichen Drüsengebilden nur spärlich zur Beobachtung kommt, wo dann ebenfalls die Reduktion der Zellen ganz allmählich erfolgt. Der Effekt ist aber stets und überall der gleiche: Die Krypten und Drüsen sind schliesslich nur mit einem niedrigen Epithel ausgekleidet, das als eubisch bezeichnet werden kann. Am Oberflächen- Über den Bau des Endometriums beim Hunde etc. 367 epithel, sowie am Epithel der Krypten und Drüsenmündungen konnte jedoch niemals eine Abstossung von Zellen oder grösseren Zelltrümmern beobachtet werden. Es dürfte jedenfalls auch hier eine Secretion stattfinden, und zwar, wie es scheint, unter eigentümlichen Erscheinungen; doch verändert sich dahei die äussere Zellform nicht wesentlich. Das Secret findet man im Uteruscavum in Form von ungleich grossen, kugeligen, homogenen Massen, die mit Eosin einen tiefen Farbenton an- nehmen. Letztere sind jenen bereits früher erwähnten, im Ober- flächenepithel vorkommenden Körperchen vollkommen ähnlich, so dass man wohl an Beziehungen der beiden Erscheinungen Jenken kann; doch gestatte ich mir aus bereits mitgeteiltem Grunde keine weiteren Schlüsse. Das eigenartigste Phänomen an dem in Rede stehenden Epithel ist aber unbedingt die Ein- lagerung von Fettins Zellprotoplasma. Dieser Be- fund hat deshalb ein specielles Interesse, weil wir Fett bekannt- lich im Epithel des graviden und puerperalen Uterus vorkommen sehen. Die Art und Weise, wie die Fetteinlagerung in den Zellen beginnt, schildert Bonnet an einer Placentaranlage mit noch freier Keimblase bei einer Hündin (21 Tage nach dem letzten Coitus) folgendermassen: „Das Epithel der Oberfläche, der Krypten und der Drüsen- mündungen bis gegen die Erweiterungen zu ist an in Flem- mingscher Lösung fixierten Präparaten mit feinen staub- förmigen Fetttröpfchen erfüllt. Der Fettgehalt wechselt regionär nicht unbeträchtlich. Er fehlt an keiner Stelle gänzlich, ist aber im Vergleich zu späteren Stadien noch gering. Die Fetttröpfehen umfassen entweder zum Teil die Kerne schalenartig an der Zellbasis oder sind unregelmässig in den Zellen verteilt. Im Bindegewebe findet sich keine Spur von Fett, dagegen liegen Fetttröpfchen vielfach frei in der Lichtung 368 KARL KELLER, der Drüsen und Krypten, seltener auf der Schleimhautober- fläche.“ In ganz ähnlicher Weise sieht man, wie dies zum Teil schon aus den Beschreibungen der Präparate hervorgeht, auch das Fett im Epithel des nicht graviden Uterus zu Beginn des Rückbildungsstadiums auftreten. Die Fetttröpfchen sammeln sich zuerst basal vom Kerne und um den Kern herum an, bis schliesslich die ganze Zelle davon dicht erfüllt ist. An osmierten Präparaten erscheint dann der Epithelsaum als tief- schwarzes Band. Jedoch auch an nicht mit Osmium behandelten Präparaten findet man ein überaus typisches Verhalten in der früher beschriebenen, scharf gezeichneten, grosswabigen Struk- tur des Protoplasmas. Man sieht an solchen Präparaten ausser- dem, wie die Kerne durch die überaus dicht gedrängten Fett- tröpfchen deformiert werden. Sie erscheinen ausgezackt und gleichzeitig an das periphere Ende der Zellen gerückt. Diese letzteren Bilder sieht man besonders schön bei der Hündin am OÖberflächenepithel des sich nach der Geburt rückbildenden Uterus auftreten. Eine sehr anschauliche Schilderung dieser charakteristischen Zellstruktur finde ich in einer Arbeit von Strahl über den puerperalen. Uterus der Hündin: „Entfernt man an osmierten Präparaten das Fett, so erhält man ebenfalls sehr regelmässige Bilder, helle Flecke in ein Protoplasma-Netz- werk eingelagert; ich habe diese Bilder bereits früher be- schrieben und als schaumiges Protoplasma bezeichnet. In anderen Fällen füllen die Körner die Zellen in noch höherem Grade aus als in den gezeichneten Exemplaren; es kann das soweit gehen, dass nach oben über dem Fett nur ein schmaler, fettfreier, protoplasmatischer Saum liegt, der alsdann fast voll- kommen das Bild des Funkeschen Saumes der Darmepithelien liefert, ohne allerdings in seiner Bildung diesem gleichgestellt werden zu können. Die Kerne der Epithelzellen liegen ent- weder inmitten derselben, vielfach aber auch in sehr auf- fälliger Weise nahe dem oberen Rande.“ Über den Bau des Endometriums beim Hunde ete. 369 In die Art und Weise, wie das Fett wieder aus dem Epithel schwindet, gestattet das Präparat von Versuchshund C einigen Einblick. Die Schleimhautoberfläche ist streckenweise noch mit den bekannten hohen, grosswabigen Zellen bedeckt, welche am freien Rand den eben bei Strahl erwähnten Proto- plasmasaum überaus deutlich erkennen lassen. Andere Schleim- hautpartien tragen aber schon wieder Epithel mit dunkel ge- färbtem Protoplasmaleib ohne wabige Struktur. Vereinzelt findet man auch Übergangsformen zwischen diesen beiden srundverschiedenen Epithelarten. Es sind cubische Zellen, die zwar das charakteristische Wabennetz zeigen, aber bereits einen mehr basal gestellten und schon ziemlich’ gut gerundeten Kern besitzen. Es verlieren also nicht alle Zellen gleichzeitig das Fett, sondern es bilden sich zuerst auf der Schleimhaut fett- freie Inseln, so wie dies auch Strahl am Uterus nach der Geburt bei der Hündin beobachtet hat. Die Entfernung des Fettes von der Schleimhautoberfläche geschieht am puer- peralen Uterus nach Strahl durch Abstossung von ganzen Gruppen fettbeladener Epithelzellen, die in Form von Knospen über die freie Oberfläche vorragen. „Ein anderer Teil des Fettes wird, ebenso wie früher an der Placentarstelle, von den Epithelzellen nach unten gegen das Bindegewebe ent- leert und da von Wanderzellen aufgenommen,‘ soweit nicht die Zellen den Inhalt von Fettkörnchen einfach nach aussen abstossen. Dieser letztere Modus kommt wohl hauptsächlich bei dem sich rückbildenden, nicht graviden Uterus in Betracht. Im Präparate von Versuchshund C findet man im Uteruslumen eine kleine Anhäufung von feinkörnigen Secretmassen, unter- mischt mit Kerntrümmern und hellen, scharf konturierten Ge- bilden, die als kreisförmige Flächen erscheinen. Letztere deute ich als von grösseren Fetttröpfehen herrührend, die mit einer Secretschichte umhüllt waren. Man beobachtet ein Zusammen- fliessen des Fettes zu grösseren Tropfen schon innerhalb des 370 KARL KELLER, Epithelsaumes. Wie die Kernreste schliessen lassen, gehen auch Zellen bei der Fettabgabe zugrunde, wenn auch wahr- scheinlich nur in geringer Zahl. Das Vorkommen von Fett im Uterusepithel ist also nach dem Geschilderten durchaus nicht an die Gravidität und das Puerperium gebunden. Schliesslich ist noch von Interesse, dass die Erscheinungen, die dem Rückbildungsstadium überhaupt eigentümlich sind, auch noch am graviden Uterus gefunden werden können. Es liegt mir ein Präparat vor von einem graviden Hund mit Fruchtkammern, die bereits 2 cm im Durch- messer haben. In den noch engen Zwischenstücken zeigt das Epithel der Oberfläche wie jenes der erweiterten Krypten und oberen Drüsenanteile einen wabigen Bau. In der Tiefe der Schleimhaut finden sich noch hyperplastische Schläuche, da- neben aber auch solche, die schon deutliche Reduktionserschei- nungen zeigen. Freilich beschränkt sich dieses Bild nur auf einen Sector des Uterusquerschnittes, denn in den angrenzenden Partien sind die Drüsen erweitert und zeigen, wie Bonnet sagt, „gleichsam einen abortiven Ansatz zur Drüsenkammer- bildung.“ Ruhestadium. Die Bezeichnung Ruhestadium ist nicht in der Weise auf- zufassen, dass nach dem Schwinden des Fettes aus den Epi- thelien sich gar keine Veränderungen am Endometrium mehr vollziehen, die Schleimhaut also etwas tatsächlich Ruhendes, in seiner Formation Starres darstellt, sondern der Ausdruck „ruhender Uterus“ hat eine relative Bedeutung in dem Sinne, dass die geringfügigen Wandlungen, welche zu dieser Zeit noch am Endometrium beobachtet werden können, gegenüber jenen eingreifenden Processen der früheren Stadien gar nicht in Be- tracht kommen. Es handelt sich nur um eine sehr langsam Über den Bau des Endometriums beim Hunde etc. 371 fortschreitende, grösstenteils nur scheinbare Massenreduktion, am Endometrium. Sobald die Zeit der Brunst wieder heran- naht, beginnen am Uterus neuerdings Wachstumvorgänge, welche nicht mehr zum Ruhestadium, sondern schon der folgenden Geschlechtsperiode zuzurechnen sind und eine Vor- phase der Brunst darstellen. Was mir darüber bekannt ist, wurde bereits gelegentlich der Besprechung der Brunst mit- geteilt. Der ruhende Uterus hat eine deutlich an den Seiten ab- geflachte Form mit stark ausgeprägtem, antimesometralem Winkel. An der Serosa bemerkt man häufig mehrere ziemlich tiefe Längsrillen. Das Organ fühlt sich weich und schlaff an. Die Schleimhaut ist in mehrere, eng aneinanderschliessende Falten gelegt, die sich ausgleichen, wenn man den Uterus der Länge nach aufschneidet und seine Wandung eben ausbreitet. Die Oberfläche der blassen Schleimhaut ist nur spärlich mit einem hellen. Secret belegt, so dass sie gerade noch feucht er- scheint. Zur Wiedergabe des mikroskopischen Bildes, welches die Schleimhaut bietet, möge das zweite Präparat von Ver- suchshund C, welches 14 Wochen nach der Brunst gewonnen wurde, als Vorlage dienen: Das Lumen präsentiert sich am Querschnitte als eine mehr- mals geknickte Spalte, welche mit einigen, an den Enden noch geteilten Nebenspalten zusammenhängt. Die Oberfläche ist mit einem cubischen Epithel (Taf. 19, Fig. 14) überkleidet, welches aber stellenweise so niedrig ist, dass es beinahe schon als plattes Epithel bezeichnet werden könnte. Es hat eine Höhe von 5—8 u, zwischen welchen Zahlen auch die Zell- breite schwankt in der Art, dass die höheren Zellen ein ge- ringeres Breitenmass haben und umgekehrt. Die Kerne da- selbst haben einen grössten Durchmesser von 5 u und er- scheinen in den höheren Zellen hochgestellt, in den niedrigeren hingegen quergestellt. Sie sind nicht gleichmässig gerundet, Anatomische Hefte. I. Abteilung. 118. Heft (39. Bd., H. 2). 25 372 KARL KELLER, sondern besitzen nicht selten stumpfe und abgerundete Ecken. In den Krypten gewinnt das Epithel an Höhe bis zu 10 u, ohne seinen Charakter weiter zu ändern. Dasselbe gilt auch von den Drüsen. Sie sind von oben bis unten mit einem sehr gleichartigen, dem oben beschriebenen vollkommen ähnlichen Epithel ausgekleidet, welches eine überall konstante Höhe von 8—9 u besitzt. Auch die Kerne weichen nicht von dem ange- sebenen Masse ab; sie sind ziemlich dieht und hochgestellt und bilden regelmässige Reihen. Die Epithelkerne zeichnen sich überall, sowohl an der Oberfläche wie in der Tiefe, durch eine starke Tinktionsfähigkeit aus; sie resultiert aus einem dichten Chromatinnetz. Das Protoplasma aller Epithelien er- scheint gleichmässig granuliert. In ihrer Gesamtausbil- dung (Taf. 17, Fig. 5 u. Taf. 18, Fig. 9) bieten die drüsigen Elemente ebenfalls sehr charakteristische Verhältnisse. Es lässt sich eine ganz deutlich ausgeprägte Kryptenzone unter- scheiden, welche einen sehr regelmässigen Eindruck macht. Die Krypten repräsentieren sich als schlanke, gerade verlaufende Säckchen, die in gleichen Abständen so gestellt sind, dass im Schnittbilde zwischen je zwei Krypten bequem noch eine Krypte Platz hätte. Dazu kommt, dass diese Gebilde annähernd die gleiche Länge, nämlich ca. 90 u, besitzen. Die langen Uterindrüsen ziehen als schmale Schläuche leicht geschlängelt oder nahezu gestreckt in die Tiefe. Erst an den Teilungsästen, also an den peripheren Abschnitten der Drüsen, ist eine stärkere Schlängelung ausgesprochen. Von einem Knäueln der Drüse kann aber nicht im entferntesten die Rede sein. Die Schleim- haut erscheint in diesem Stadium relativ drüsenarm, und zwar aus zwei Gründen: Einerseits sind die Drüsen verkürzt, indem sie weniger geschlängelt verlaufen, so dass man auf grössere Strecken längsgetroffene Drüsenpartien mindestens ebenso häufig findet wie Querschnittsbilder und andererseits kommt das veränderte Bild dadurch zustande, dass der Dickendurchmesser Über”’den*Bau des Endometriums beim Hunde etc. 373 der Schläuche herabgesetzt ist, welcher, wie man sich an Quer- schnittbildern überzeugen kann, zwischen 20 und 30 u schwankt je nach der Weite des Kalibers. Das Lumen der Drüsen ist grösstenteils leer, nur in den peripheren Enden der Schläuche hat sich noch Secret erhalten, das man in stark eingedicktem Zustande frei vorfindet. Durch den typischen Verlauf der langen Uterindrüsen und der damit in der Hauptrichtung parallelen, gestreckten Gefässstämmechen erhält die Schleimhaut bei schwacher Vergrösserung ein eigenartiges, annähernd radiär gestreiftes Aussehen. Am Schleimhautstroma (Taf. 18, Fig. 9) fällt vor allem der Reichtum an Kernen auf, wie er in keiner der früheren Perioden zu sehen war. Die Kerne erscheinen jedoch nicht gleichmässig über den ganzen Querschnitt verteilt, sondern wir finden sie im allgemeinen etwas dichter angeordnet knapp unter der Oberfläche, so dass das Bild tatsächlich an ein Stratum cellulare erinnert. Am reichsten sind aber die Kerne an solchen Stellen angehäuft, wo die Schleimhautoberfläche in nahezu ent- gegengesetzter Richtung abbiegt; es sind dies also jene Stellen, wo die früher genannten Spalten und Nebenspalten blind enden. Diese Erscheinung hat ihren Grund in mechanischen Ursachen : Das Zusammenbiegen der Schleimhaut ruft erhöhte Spannungs- verhältnisse an den Knickungsstellen hervor, welche das Stroma daselbst verdichten. Die protoplasmaarmen Zellen des letzteren bilden nämlich mit ihren überaus zarten Ausläufern ein ver- hältnismässig weitmaschiges, überaus lockeres Reticulum, welches sich leicht zusammendrücken und verdichten lässt. An den Stellen, wo dies geschieht, verschwinden natürlich die Maschen; die Kerne rücken näher zusammen und es kommt eine mehr oder weniger ausgesprochene Schichtung des Ge- webes zustande, wie an den genannten Partien unter der Ober- fläche. Diese Verhältnisse lassen sich aus einer weiteren Figen- tümlichkeit, welche an den Kernen beobachtet wird, noch ge- 25* 374 KARL KELLER, nauer präzisieren. Die Stromakerne präsentieren sich nämlich in mehrfacher Form. Es lassen sich besonders zwei Haupttypen in den Kernbildern unterscheiden, und zwar schmale Spindel- formen und breitere elliptische Formen. Im Retieulum, welches sich in ausgedehnten Gebieten in der mittleren Schleimhaut- zone zwischen den Drüsen und Gefässstämmchen vorfindet, sind beide Formen sowie alle erdenklichen Übergänge zwischen beiden anzutreffen. In dem die Drüsen umhüllenden Bindegewebe sieht man aber neben genau in der Längsachse getroffenen Drüsenpartien und neben senkrechten Querschnitten von Drüsen ausschliess- lich schmale, spindelförmige Kernbilder, die alle mit ihrer Längs- achse parallel zur Drüsenkontur geordnet sind. An jenen Stellen aber, wo die Drüsenwand nicht senkrecht von der Schnittebene, sondern sehr schief getroffen wird, kommen auf einer kleinen Fläche ausschliesslich nur breitere, elliptische Kernbilder zur Beobachtung. Aus diesem Befund kann man ersehen, dass wir es nicht mit einer Reihe verschiedener Kerngestalten im Stroma zu tun haben, sondern dass es sich immer um die gleiche körperliche Gestalt des Kernes handelt. Letzterer bietet je nachdem, von welcher Seite er gesehen wird, eine ver- schiedene Ansicht. Die wahre Gestalt des Kernes ist die eines linsenähnlichen Körpers, dessen Äquator jedoch keinen Kreis, sondern eine Ellipse darstellt. Die absoluten Masse dieser Kerne betragen ca. 7—8 u, 4—5 u und 2 a in je einer Dimension. Durch die geschilderte gleichartige Lagerung der flachen Kerne um die Drüsen herum wird der Eindruck einer lamellären Schichtung noch erhöht, ebenso wie an dem verdichteten Bindegewebe an den Knickungsstellen der Oberfläche. Wie an den Epithelkernen, so hat auch an den Bindegewebskernen die Tinktionsfähigkeit gegenüber den früheren Stadien, vor allem der zweiten Brunstphase, bedeutend zugenommen. Der Anordnung der Stromazellen entsprechend Über den Bau des Endometriums beim Hunde etc. 375 bilden natürlich auch die Fibrillen dichte Gefäss- und Drüsen- scheiden. Im weitaus grössten Teile des Präparates erscheint das Stromagewebe in seiner ursprünglichen reticulären Form mit weiten Maschen, welch letztere meistens erfüllt sind mit einer gleichmässig feinkörnigen, mit Eosin lichtrot färbbaren Masse, als welche sich der durch die Fixierung und Härtung veränderte Gewebssaft darstellt. Der Gehalt dieser Lymphräume an Leukocyten ist nicht gross, wenigstens scheint er sich nicht wesentlich zu unterscheiden von jenen in anderen Stadien. Bemerkenswert ist das verhältnismässig häufige Vorkommen von Mastzellen unter der Schleimhautoberfläche. Nicht immer präsentiert sich jedoch der ruhende Uterus genau in der beschriebenen Weise. Es liegen mir Präparate vor von Kadavern, bei welchen die Schleimhaut noch bedeutend mehr reduziert erscheint. Die Verhältnisse an den Drüsen und Epi- thelien stimmen wohl im wesentlichen mit den geschilderten überein, jedoch das Stroma hat ein dichteres Gefüge und ist oft ungemein kernreich ; es liegt ein Kern neben dem andern. Speciell diese letztere Erscheinung spricht für eine Verdichtung des Endo- metriums. Während nämlich die Uterinschleimhaut bei Ver- suchshund C sozusagen noch genügend Platz zur Verfügung hatte, um ihr Reticulum zu entfalten, hat sich in jenen Fällen, wie man aus dem geringen Umfangsmasse des ganzen Organes und aus der überaus dichten Kernlagerung in der -Muscularis schliessen kann, letztere derart zurückgebildet, dass das Endo- metrium auf ein kleinstes Volumen komprimiert wurde. Ob und inwieweit dabei noch wirklich Zellmasse verloren ging, entzieht sich meiner Beurteilung. Wie aus dieser Beschreibung hervorgeht, sind sämtliche zellige Elemente des Endometriums zur Zeit der Ruhe auf ihr Mindestmass reduziert. Auch die Drüsen erscheinen auf eine einfache Form zurückgeführt, indem sich ihre Windungen weit- gehend ausgeglichen haben. Sie haben ihre Secretion eingestellt. 376 KARL KELLER, Die Secretreste, welche eventuell noch in ihnen vorgefunden werden, stammen aus früherer Zeit. Der ruhende, brünstig gewesene Uterus bekommt auf diese Weise wieder eine ent- fernte Ähnlichkeit mit dem juvenilen und andererseits mit dem nach der Geburt wieder vollständig zurückgebildeten Uterus. An ersterem sind jedoch die spärlichen Drüsen noch einfacher ge- staltet, die Epithelien der Oberfläche und die Drüsen sind höher, sie messen bis zu 12 u und das Stroma besitzt protoplasma- reichere Zellen mit mehr ellipsoiden Kernen. Vom involvierten Uterus unterscheidet sich der ruhende dadurch, dass die Epıi- thelien ebenfalls höher sind, die Krypten fehlen und das Stroma reich ist an Iymphoiden Elementen, vor allem an pigment- beladenen Wanderzellen. Schlusswort. Obgleich schon in den vorstehenden Kapiteln so weit wie möglich der Übergang der einzelnen Stadien ineinander mit- berücksichtigt wurde, so empfiehlt es sich doch, die eyklischen Wandlungen, soweit es die gemachten Befunde ermöglichen, in ihrer Gesamtheit kurz zusammengefasst darzustellen. Es findet sich am nicht graviden Endometrium der Hündin ein Stadium, in welchem die Schleimhaut sowohl im ganzen wie in den einzelnen Elementen auf ein gewisses Mindestmass redu- ziert erscheint. Die ruhenden Epithelien sind niedrig, die Drüsen verlaufen nur wenig geschlängelt, die Zellen des verdichteten Stromas sind protoplasmaarm. Sobald sich am Ovar die Follikel- reife nähert, beginnt am Endometrium ein Wachstumsprozess. Die einzelnen Epithelzellen, vor allem jene der Drüsen, ver- Über den Bau des Endometriums beim Hunde ete. 377 grössern sich; das Stroma wird sehr saftreich, wobei die Binde- gewebszellen anschwellen. Begleitet werden diese Erschei- nungen von einer erhöhten Blutzufuhr, die schliesslich einen solchen Grad erreicht, dass rote Blutkörperchen in reichlicher Menge aus den Capillaren teils per rhexin, teils per diapedesin ins Stroma treten und von hier ohne grössere Epitheldefekte ins Uteruscavum gelangen. Der daraus resultierende blutige Ausfluss aus den äusseren Genitalien gilt als das erste Symptom der Brunst. Zur Zeit des Follikelsprunges hat die Blutfülle bereits wieder abgenommen, dagegen beginnt an den Zellen der Krypten und Drüsen Secretion. Mit dem Abklingen der äusseren Brunsterscheinungen setzt in der tiefen Drüsenschichte der Schleimhaut eine ungemein lebhafte Zellteilung ein, welche in der Folge zu einer derartigen Vergrösserung der Drüsen, führt, dass die Schleimhaut hyperplastisch wird, während die Secretion weiter andauert. Die Epithelien erreichen zu dieser Zeit in ihrer Grösse das Höchstmass. Das Oberflächenepithel hat gegenüber dem Ruhestadium um das Dreifache, das Epithel der Drüsen fast um das Fünffache an Höhe gewonnen. Gleich- zeitig findet aber in den Drüsenschläuchen eine Abstossung von Zellmaterial in beschränkter Weise statt. Nachdem der hyperplastische Zustand einen gewissen Höhepunkt erreicht hat, machen sich die Rückbildungserscheinungen bemerkbar. Die Masse der einzelnen Epithelien nimmt in den Drüsenknäueln wieder ab, es findet sozusagen eine Schrumpfung der Schläuche statt. An der oberflächlichen Drüsenzone jedoch findet ein desquamativ-secretorischer Vorgang statt, nach welchem nur ein niedriges Epithel zurückbleibt. Damit ist die Secretion der Drüsen beendet, dagegen tritt nunmehr im Oberflächenepithel Fett auf. Die Stromazellen werden protoplasmaärmer, das Bindegewebe verdichtet sich immer mehr an der Oberfläche und um die in ihrem Volumen sich noch stetig reduzierenden Drüsen. Schliesslich schwindet wieder das Fett aus den Epi- 378 KARL KELLER, thelien der Oberfläche und es kommt wieder das Bild des ruhenden Endometriums zustande. Es liegt nun auf der Hand, dass eine richtige Beurteilung des Hundeendometriums nur mög- lich ist, wenn dieser gesetzmässig ablaufende Cyklus von Ver- änderungen bekannt ist. Es besteht sonst die Gefahr, dass gewisse Prozesse für pathologische Wucherungen oder wieder andere für Degenerationen gehalten werden könnten, während diese Vorgänge noch vollständig in den Rahmen des physio- logischen Bildes der Schleimhaut gehören. Die Kenntnis dieses Cyklus ist aber nicht bloss in diagnostischer Hinsicht von hoher Bedeutung, sie gibt auch in physiologischer Hinsicht kemerkens- werte Aufschlüsse. Es ist bisher in den gegebenen Beschreibungen vom Hunde- endometrium nirgends mit einem Worte der Flimmerhaare an den Epithelien gedacht worden. Der Grund hierfür ist, dass ich niemals Gelegenheit hatte, in meinen Präparaten Gebilde zu sehen, die mir in überzeugender Weise als Flimmerhaare imponiert hätten. Obwohl ich bei der Auswahl meiner Fixierungs- und Verarbeitungsmethoden des Materiales von vornherein wenig Rücksicht nahm auf eine möglichst gute Er- haltung der als sehr hinfällig bekannten Flimmerhaare, so musste man doch erwarten, wenigstens hie und da halbwegs gut konservierte Reste des Flimmerbesatzes am Epithel zu finden. Es ergab aber die Durchsicht von mehr als hundert Präparaten vom Hundeendometrium ein vollkommen negatives Resultat. Daneben kommen aber noch Befunde am lebens- frischen Material in Betracht. Zur Orientierung über das Vor- handensein der Flimmerhaare in den verschiedenen Perioden wurden nämlich gelegentlich der Excisionen bei den Versuchs- hunden stets nach Entnahme von Uterusstücken Schleimhaut- partikeleken in physiologischer Kochsalzlösung untersucht. Bei dieser Methode erscheint also jede Einwirkung eines Fixierungs- mittels ausgeschlossen. Trotzdem ergab die fünfzehnmal vor- Über den Bau des Endometriums beim Hunde etc. 379 genommene Untersuchung niemals einen positiven Befund. Beiling hat ebenfalls bei der Hündin vergeblich nach Flimmer- haaren am Endometrium gesucht; nur bei einer brünstigen, Hündin fand er über dem Oberflächenepithel und an der Mündung der Drüsen körnchenförmige Gebilde, die er für Reste von Flimmerhaaren hielt. Der Autor kommt zu dem Schlusse, „dass das Oberflächenepithel des Uterus für gewöhnlich keine Wimpern besitzt, dass diese vielmehr nur zu gewissen Zeiten (während der Brunst) auftreten, um dann wieder zu ver- schwinden.“ Dieser Ansicht steht jene Bayers gegenüber, welcher die Meinung vertritt, dass gerade zur Zeit der Brunst (Menstruation) die Wimpern abgestossen werden, damit die Empfängnis erleichtert werde. Hitschmann und Adler hin- gegen geben der Vermutung Raum, dass beim Weibe ‚in der prämenstruellen Zeit, in der das Ei in den Uterus gelangen dürfte, die Flimmerung mit dem Beginne und vielleicht Hand in Hand mit der Secretion aufhöre. Damit würde die Heraus- beförderung des Eichens verhindert, die Nidation begünstigt.‘ In diesem Sinne wäre es wohl von höchstem Interesse, fest- zustellen, ob zur Zeit der Brunst die Flimmerhaare vorhanden sind oder nicht. Ich muss mich vorläufig damit begnügen, zu wiederholen, dass ich speciell bei der Hündin die Flimmer- haare am Endometrium überhaupt noch nicht gesehen habe. Die körnchenförmigen Gebilde, die im fixierten Präparat an der Schleimhautoberfläche manchmal mehr oder weniger deut- lich zu Fäden angeordnet gefunden werden konnten, halte ich ausschliesslich für Secretionsprodukte. Besonders zur Zeit der Brunst und im Rückbildungsstadium nimmt das fixierte Secret Formen an, die zu Verwechslungen mit Resten schlecht kon- servierter Flimmerhaare führen können. Nunmehr will ich versuchen, der physiologischen Bedeutung des bei der Hündin gefundenen Cyklus von Veränderungen am Endometrium näher zu treten. Wie aus den 380 KARL KELLER, betreffenden Schilderungen ersichtlich, tritt die Uterinschleim- haut der Hündin nach der Brunst in das Stadium der Drüsen- hyperplasie, gleichgültig ob Eier befruchtet wurden oder nicht. Es führt dies zu dem Schlusse, dass nicht erst der Reiz von seiten des befruchteten Eies diese intensiven Wachstums- prozesse in den Drüsen auslöst, sondern dass vielmehr diese letzteren eine von der Befruchtung unabhängige Erscheinung darstellen, deren Endzweck jedoch ist, einen Nährboden für die Aufnahme eventuell befruchteter Eier vorzubereiten. Es speichert also das Endometrium, indem seine Drüsen eine so reichliche Entwickelung nehmen, Zellmaterial in sich auf, um es ım Falle einer stattfindenden Placentation zu verwerten. Ausser- dem sieht man aber im Veränderungscyklus des nicht graviden Endometriums bei der Hündin Prozesse auftreten, die der Bil- dung von Embryotrophe gleichkommen. Ich verweise auf die im Stadium der Drüsenhyperplasie weiter andauernde Secretion, die zur selben Zeit beobachtete Abstossung von Drüsenepi- thelien in den Schläuchen und schliesslich auf das Auftreten von Fett im Oberflächenepithel mit dem Beginne des Rückbildungs- stadiums. Das sich im Endometrium einnistende Ei ist jedoch imstande, jene für die Bildung der Embryotrophe notwendigen Prozesse, welche, wie eben hervorgehoben, bereits in be- scheidenem Masse von vornherein eingeleitet sind, durch die Placentation zu einem Höchstmass zu steigern und auszunülzen. Kommt es aber zu keiner Placentation, so nehmen die ge- nannten Vorgänge am Endometrium den Charakter von Rück- bildungserscheinungen an, die Uterinschleimhaut wird dadurch weitgehend reduziert und verharrt in dieser Form bis zur nächsten Brunst, wie dies von einem untätigen Organe aus physiologischen Gründen nicht anders zu erwarten ist. Der Zweck und das Ziel der periodischen Umbildungen des Endometriums ist also die Schaffung eines geeigneten Nähr- bodens für das befruchtete Ei. In prägnanter Weise äussert Über den Bau des Endometriums beim Hunde etc. 381 sichvan Herwerden in ganz demselben Sinne und benennt daher die Metamorphose der Schleimhaut während des östri- schen Cyklus ‚„Trophopoiese“ in bezug auf die Bereitung eines Nährbodens. Soviel ich aus der diesbezüglichen Literatur ersehen kann, scheint man in den Brunstveränderungen der Schleimhaut jenes Endziel der periodischen Umbildung zu erblicken, welches für die Nidation die günstigsten Verhältnisse bietet. Für die Hündin trifft dies, wie bereits dargetan, nicht zu. Die Ovulation er- folgt erst am Ende der Brunst und es ist mehr als wahr- scheinlich (leider ist die Dauer der Tubenwanderung des Eies bei der Hündin nicht genau bekannt!)), dass das Ei überhaupt erst zu einer Zeit in den Uterus gelangt, wenn der hyper- plastische Zustand der Drüsen bereits eingesetzt hat. Im oestrous cycle steht freilich die Brunst mit ihren äusserlich auffallenden Symptomen im Mittelpunkte der Erscheinungen. Hier handelt es sich aber um das Zustandekommen der Befruchtung. Im Veränderungscyklus der Uterinschleimhaut je- doch, dessen leitendes Motiv in der Schaffung möglichst günstiger Bedingungen für die Nida- tion liegt, stellt das Stadium der Drüsenhyper- plasie den Gipfel in der Reihe der Umbildungs- vorgänge dar. Der Übersichtlichkeit halber möge noch eine Gegenüber- stellung des oestrous cycle nach Heape mit dem von mir gefundenen endometralen Cyklus bei der Hündin folgen: 1. Prooestrum erste Brunstphase 2. Vestrous zweite | u, ” en 1: Sanum) der lesuliypenplasie J IIT. Stadium der kückbildung. 4. Anoestrum IV. Ruhe. 1) Nach Bonnet 8—10 Tage. 332 KARL KELLER, Die grosse Ähnlichkeit der äusseren Erscheinungen bei der menschlichen Menstruation und der Brunst der Hündin fordern geradezu zu einem Vergleiche der beiden Vorgänge heraus. Es wurde auch schon des öfteren eine gewisse Gleichwertigkeit beider Prozesse angenommen, die wohl insofern vermutet werden kann, weil sowohl Mensch wie Hund zu den Deciduaten gehören. Zur Klärung dieser Frage genügt es aber nach meiner Ansicht nicht, bloss Brunst und Menstruation für sich allein zu betrachten; es ist vielmehr hierzu notwendig, dass der ganze Veränderungseyklus der Uterinschleimhaut beim Menschen, dessen Teilerscheinung die Menstruation bildet, verglichen wird mit jenem, wie er sich bei der Hündin abspielt. Zum Versuche eines derartigen Vergleiches bietet sich insofern eine gute Ge- legenheit, als erst vor kurzem eine erschöpfende Arbeit über den Bau der Uterinschleimhaut beim Menschen erschienen ist, welche die periodische Schleimhautumbildung eingehend be- rücksichtigt. Es ist die schon des öfteren citierte Publikation von Hitschmann und Adler. Weil mir die Resultate der beiden Autoren in der Folge zur Grundlage des geplanten Ver- gleiches dienen sollen, so ist es notwendig, dieselben in Kürze anzuführen. Hitschmann und Adler teilen den Cyklus von einer Menstruation zur anderen in folgende Phasen: 1. Postmenstruelle Zeit, Intervall, Prämenstruelle Zeit, 4. Menstruation. Zur Charakterisierung dieser Stadien genügt das am Schlusse der Arbeit zusammengestellte Extrakt: | „Auf der Höhe der menstruellen Blutung kollabiert die Schleimhaut, die Drüsen entleeren ihr Secret, werden ganz enge und verlaufen in gerader Richtung. Häufig geht die Ober- fläche der Schleimhaut verloren, es ist dies aber kein absolut Über den Bau des Endometriums beim Hunde etc. 383 regelmässiges Vorkommen; auch an Ort und Stelle in den Drüsen selbst gehen reichlich Zellen zu Grunde. Mit dem Aufhören der Blutung, ja schon manchmal während derselben, kommt es zur Regeneration. Unmittelbar nach dem Aufhören der Blutung ist die Ober- läche von einer continuierlichen Epithelreihe bedeckt. In den Drüsenepithelien treten zahlreiche Mitosen auf, und es ist die Zellvermehrung eine sehr bedeutende, zeitlich recht aus- gedehnte. Diese postmenstruelle bedeutende Epithelvermehrung macht sich in der Drüsenformation sofort bemerkbar; ihre Oberfläche muss, damit die neugebildeten ‚Zellen Platz finden, grösser werden. Es wachsen die Drüsen in die Länge, wobei sie noch gerade verlaufen, und sie beginnen weiter zu werden. Aber ihr Lumen ist leer und das Epithel ist im ruhenden Zustande. Gleichzeitig findet auch ein Ersatz der zu Grunde gegangenen Bindegewebszellen. statt. Die Schleimhaut wird höher. Die Zellneubildung, die bis über die Mitte des Intervalles anhält, bedingt eine stetig fortschreitende Vergrösserung der Drüsen. Sie werden langsam weiter und beginnen sich einmal früher, ein anderes Mal später zu schlängeln, sie werden spiralig und korkzieherartig. Gegen Schluss des Intervalles, insbesondere aber in der prämenstruellen Zeit, vergrössern sich die Epithelzellen selbst auf das 2—3fache der Grösse der postmenstruellen Epithelien, und die Drüsen können dieser ziemlich plötzlich einsetzenden Volumsvergrösserung nur folgen, indem sie mehr oder minder tiefe seitliche Buchten treiben, denen papilläre, leistenförmige Vorsprünge der Wand entsprechen. Aus den spiralig ge- wundenen Drüsen sind sägeförmige Drüsen geworden. Die Vergrösserung des Epithels ist bedingt durch die prä- 384 KARL KELLER, menstruell einsetzende Sekretion ; die weiten Drüsenlumina sind mit Secret gefüllt, oft förmlich ausgegossen ...... Das Bindegewebe quillt bis zur Deciduaähnlichkeit. Indem die Drüsen in der Tiefe sehr weit, ihre Ausführungsgänge aber sehr enge werden, und ausserdem in der Tiefe dicht gedrängt, oft Drüse an Drüse, nebeneinander stehen, entsteht wie bei der Deeidua ein kompakter oberflächlicher und ein tiefer spongiöser Anteil, kurz, die Schleimhaut erlangt unmittelbar vor der Menstruation in allen ihren Teilen eine solche Ähnlich- keit mit einer jungen Decidua, dass die Unterscheidung zwischen einer jungen Decidua und einer prämenstruellen Schleimhaut die grössten Schwierigkeiten hervorrufen kann. Es bestehen zwischen beiden nur graduelle Unterschiede; von diesen ab- gesehen, trägt die prämenstruelle Schleimhaut alle Charaktere der jungen Decidua. Mit dem Einsetzen der Blutung kollabiert die Schleimhaut, es kollabieren die Drüsen, sie werden ganz enge und gerade usw., bis der Zyklus wieder vollendet ist. Bleibt die Blutung infolge einer Konzeption aus, so geht die prämenstruelle Schleimhaut ohne jede scharfe Grenze im die Schwangerschaftsmucosa über.” Wenn wir nun den Cyklus von Veränderungen beim Weibe jenem bei der Hündin gegenüberstellen, um zu prüfen, wie die einzelnen Stadien einander entsprechen, so finden wir auf Grund der morphologischen Merkmale, dass die beim Weibe so eigenartige und charakteristische prämenstruelle Phase, welcher die anderen nur als Vorstadien, bezw. Rückbildungs- stadien angereiht erscheinen, bei der Hündin am besten mit dem Stadium der Drüsenhyperplasie gleichgestellt werden kann. Ob- gleich die Drüsenformen in diesen zwei Stadien einen grund- verschiedenen Typus zeigen, — beim Weibe finden wir weite Schläuche mit reichlicher Buchtenbildung, bei der Hündin reich- liche Knäuelung als Kriterium —, so sind diese Formen doch Über den Bau des Endometriums beim Hunde etc. 385 nur Äusserlichkeiten, welche bei der Beurteilung nicht ins Ge- wicht fallen. Was man vielmehr ins Auge fassen muss, ist die Drüsenhyperplasie an sich. Sowohl beim Weibe wie bei der Hündin erreicht in den beiden gegenübergestellten Stadien das Wachstum der Epithelzellen den Höhepunkt und der Endzweck des Anschwellens der epithelialen Elemente ist ın beiden Fällen die Secretion. Für die Analogie der beiden Stadien lässt sich noch folgendes ins Treffen führen: Hitschmann und Adler verlegen sozusagen den Schwerpunkt ihrer Ausführungen in den Befund, dass die prä- menstruelle Schleimhaut des Weibes in jeder Richtung eine überaus grosse Ähnlichkeit mit der jungen Decidua aufweist, „dass prämenstruell morphologisch wie funk- tionellderBeginnderDeciduabildungvorliegt.“ Wie schon einmal citiert, „geht die prämenstruelle Schleimhaut ohne jede scharfe Grenze in die Schwangerschaftsmucosa über.“ Bei der Hündin. finden wir ebenfalls am Uterus, der erst kurze Zeit gravid ist, wie schon an anderer Stelle hervor- gehoben, in der ausgesprochensten Weise das Bild der Schleim- hauthyperplasie. Andererseits wurde bereits darauf hingewiesen, dass sich die nach Beendigung der Brunst ins Stadium der Hyperplasie eintretende Schleimhaut direkt in die Graviditäts- mucosa fortsetzt, dass sich dasEistetsin der hyper- plastischen Schleimhaut als dem hierzu geeig- neten Boden einnistet. Somit sind die genannten Stadien bei Mensch und Hund, die morphologisch grosse Ähn- lichkeit besitzen, auch physiologisch einander vollständig gleichzustellen. In bezug auf das Weib ist aber der Beweis, dass die prä- menstruelle Phase immer das Vorstadium der Schwangerschafts- mucosa ist, wohl noch nicht voll erbracht. Während wir, wie 386 KARL KELLER, eben gesagt, bei der Hündin genau die Beziehung zwischen, Ovulation und dem Cyklus an der Schleimhaut kennen, scheinen beim Weibe die Verhältnisse in dieser Richtung nicht so kon- stant zu sein, wenigstens wird angegeben, dass die Ovulation zu jeder Zeit zwischen zwei Menstruationen beobachtet wurde. Es sind also beim Menschen vorläufig nur anatomische Gründe, wie Hitschmann und Adler hervorheben, welche die prä- menstruelle Schleimhaut als den Übergang in die Schwanger- schaftsmucosa erscheinen lassen. Verfolgen wir den Vergleich nach Fixierung dieses Aus- gangspunktes weiter, so sehen wir, dass Brunst und Men- struation nicht zusammenfallen. Die Brunst präsentiert sich vor, die Menstruation nach dem Stadium der Nährboden- bereitung. Wir können aber den Veränderungscyklus der Schleimhaut des Hundes jenem des Menschen sehr ähnlich gestalten, ja wir gelangen sogar zu dem ausgesprochenen Bilde eines menstruellen Vorganges, wenn wir uns das Ruhestadium bei der Hündin ausfallen denken, wenn wir uns aus dem „anoestrous cycle“ einen continuierlichen Polyoestrous kon- struieren in der Art, dass in einem rasch verlaufenden Rück- bildungsstadium schon wieder die Blutung des beginnenden neuen Cyklus auftritt. Blutung, stürmische Secretionsvorgänge mit Epitheldesquamation in den oberflächlichen Drüsen, Reduk- tion der Drüsen spielen sich nunmehr gleichzeitig ab, es wird der für die Nidation überflüssig gewordene Nährboden wieder abgebaut und sofort wieder eine neue Geschlechtsperiode ein- geleitet. Ich bin hiermit fast genau zu jenem Schlussatz ge- langt, mit welchem Hitschmann und Adler die Men- struation charakterisieren: „Es bedeutet die Blutung nur die letzte Phase der cyklischen Entwicke- lung der Uterusmucosa, die Rückbildung der nahezu decidual gewordenen Schleimhaut, die Einleitung zueinemneuen Cyklus, zudenneuen Über den Bau des Endometriums beim Hunde etc. 387 Vorbereitungen fürdieAufnahmeeinesbefruch- teten Eichens.- Diesem Satz gegenüber stelle ich nun meine Definition der 3runstblutung: Sie ist der höchste Ausdruck eines hyperämischen Zustandes, welcher die mät Wachstumserscheinungen einsetzende neue Ge- schlechtsperiode einleitet. Hingegen fehlt jeder Grund, sie mit irgendwelchen Rückbildungserscheinungen in Be- ziehung zu bringen. Die Brunst präsentiert sich also, wobei das Symptom der Blutung besonders berücksichtigt wurde, nur als eine Teilerscheinung eines menstruellen Prozesses. Die RückbildungsvorgängederSchleimhaut, welche als Hauptanteil zum Wesen der Menstruation gehören, spielen sich bei der Hündin erst einige Wochen nach der stattgehabten Blutung ab, nachdem vorerst der Oestrous, die Ovulation und die Bereitung eines Nährbodens zur Nida- tionstattgefundenhat. VonderfolgendenBrunst ist dieses Stadium der Rückbildung durch eine lange Ruhepause getrennt. Meinem hochverehrten Chef und Lehrer Herrn Hofrat Prof. Dr. Polansky sage ich hiermit meinen wärmsten Dank für die mir in jeder Hinsicht zuteil gewordene Förderung meiner Arbeit, ebenso Herrn Prof. Dr. Günther für das meinen Untersuchungen entgegengebrachte Interesse und die stets gerne gegebenen wertvollen Ratschläge. Ausserdem danke ich den Herren Prof. Dr. Tandler und Prof. Dr. Grosser für das freundliche Entgegenkommen, mit welchem sie mich beim Studium der einschlägigen Literatur unterstützten. Anatomische Hefte. I. Abteilung. 118. Heft (39. Bd. H. 2). 26 Literaturverzeichnis. Bayer, Die Menstruation in ihrer Beziehung zur Konzeptionsfähigkeit. Strassburg 1906. Beiling, Beiträge zur makroskopischen und mikroskopischen Anatomie der Vagina und des Uterus der Säugetiere. Archiv f. mikrosk. Anat. u. Entwicklungsgesch. Bd. 67. 1906. Bonnet, Beiträge zur Embryologie des Hundes. Anat. H. 20. 1903. Bryceand Teacher, Contributions to the study of the early development and imbedding aft the human ovum. Glasgow 1908. Duval, De la regeneration de l’epithelium des cornes uterines apres la parturation. C. r. de la societe de biologie Ser. IX. 1890. Ellenberger, Handbuch der vergleichenden Histologie der Haussäuge- tiere. 1887. — Vergleichende anatomische Untersuchungen über die histologische Ein- richtung des Uterus der Tiere. Archiv f. wissenschaftl. u. prakt. Tierheilk. Bd. 5. 1879. Ellenberger-Günther, Grundriss der vergleichenden Histologie der Haussäugetiere. 1908. Friedländer, Physiologisch-anatomische Untersuchungen über den Uterus. Leipzig 1890. Frommel, Beitrag zur Histologie der Eileiter. Verhandl. d. deutsch. Gesellsch. f. Gynäkol. I. Vers. München 1886. Gebhard, Pathologische Anatomie der weiblichen Sexualorgane. Leipzig 1899. Heape, The „Sexual Season“ of Mammals and the Relation of the Pro- oestrum to Menstruation, Quart. Journ. of Microscop. Science. Heinricius, Über die Entwickelung und Struktur der Placenta beim Hund. Arch. f. mikrosk. Anat. 33. 1889. Hitschmann und Adler, Der Bau der Uterinschleimhaut des geschlechts- reifen Weibes mit besonderer Berücksichtigung der Menstruation. Monats- schr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 27. H. 1. 1908. Literaturverzeichnis. 389 15 16. 17. 25. 26. 27. Hitschmann und Adler, Die Lehre von der Endometritis. Zeitschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 55 Holzbach, Vergleichend-anatomische Untersuchungen über die Tuben- brunst und die Tubenmenstruation. Zeitschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 61. 1908. Hörmann, Über das Bindegewebe der weiblichen Geschlechtsorgane II. Arch. f. Gynäkol. Bd. 84. 1907. Kiersnowski, Die Regeneration des Uterusepithels nach der Geburt. Anat. H. 4, 1894. Kolster, Weitere Beiträge zur Kenntnis der Embryotrophe bei Indeci- duaten. Anat. H. Abt. I. 1903. Kondratowicz, Beiträge zur Histologie des schwangeren Uterus. Russisch. 1865. Refer.: Hoffmann u. Schwalbe. 1875. . Mandl, Über den feineren Bau der Eileiter während und ausserhalb der Schwangerschaft. Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 5. 1897. . Marshall and Jolly, The oestrous cycle in the Dog. Philosophical Transactions of the Royal Society of London. Series B. 1906. . 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Hoffmann and Schwalbe 1876. van Herwerden, Beitrag zur Kenntnis des menstruellen Zyklus. Monats- schr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. 1906. Erklärung der Abbildungen. Tartelrit7: Darstellung der cyklischen Veränderungen an ganzen Querschnitten vom Endometrium bei 10facher Vergrösserung zur Orientierung über den Gehalt der Mucosa an Drüsen und deren Anordnung: Fig. 1. Brünstige Schleimhaut, Versuchshund B, Beginn der Blutung: Zwischen den deutlich ausgeprägten Krypten und der peripheren Schichte der gewundenen Drüsenenden eine ziemlich breite, drüsenarme Zone. In der Um- gebung der Krypten Blutungen. Fig. 2. Schleimhaut im Stadium der Drüsenhyperplasie, Versuchshund B: Der ganze Querschnitt ist erfüllt von den Schnittbildern der dicht gedrängt stehenden, stark gewundenen Drüsen. Fig. 3. Schleimhaut im Beginne der Rückbildung, Versuchshund B: Die Schleimhaut ist niedriger geworden, die Krypten und oberflächlichen Drüsen- anteile haben ein weites Lumen. Die Schläuche in der Tiefe in Reduktion begriffen. Fig. 4. Schleimhaut am Ende der Rückbildung, Versuchshund B: Die Drüsenmasse ist bedeutend reduziert, der Schnitt zeigt ziemlich gleichmässig verteilte Drüsenschnittbilder in weiten Abständen. Fig. 5. Ruhende Schleimhaut, Versuchshund €: Unter der Oberfläche eine schmale Zone schlanker Krypten. Die langen Drüsen weitgehend reduziert. Das Bindegewebe unter der Oberfläche stellenweise stark verdichtet. Makel: Schleimhautpartien bei 65facher Vergrösserung, die Verschiedenheit der Drüsengestaltung und die Verschiedenheiten in der Struktur des Bindegewebes in einzelnen Stadien der cyklischen Bewegung darstellend: Fig. 6. Drüsen aus der Zeit der Brunst, Versuchshund D (aus einem ganzen Querschnitt): Die oberflächlichen Anteile der langen Drüsen verlaufen Erklärung der Abbildungen. 391 gestreekt und beginnen sich erst nahe der Peripherie in Windungen zu legen; Drüsenepithel ziemlich hoch; das gequollene Bindegewebe bildet ein gleich- mässiges Maschwerk. Fig. 7. Drüsen im Beginne der Hyperplasie, Versuchshund D (aus einem Längsschnitt): Die infolge der hohen Epithelauskleidung sehr starken Drüsen beginnen sich schon unter der Oberfläche zu winden und teilen sich schon in geringer Tiefe in stark geknäuelte Äste; das Bindegewebe ist noch immer gequollen, doch dichter gefügt wie zur Zeit der Brunst. Fig. 8. Schleimhautpartie im Beginne der Rückbildung, Versuchshund B (aus einem Querschnitt): Das Epithel der Krypten abgeschmolzen, daher ihr Lumen weit. Das Drüsenepithel in der Tiefe in Reduktion begriffen; die langen Drüsen vielfach stark gewunden. Das Bindegewebe hat einen faserigen Charakter. Fig. 9. Drüsen in der ruhenden Schleimhaut, Versuchshund C (aus einem Querschnitte): Unter der Oberfläche die schlanken Krypten. Die langen Drüsen verlaufen nahezu gestreckt; auch an der Peripherie sind ihre sonst vor- handenen starken Windungen weitgehend ausgeglichen. Das Epithel der Drüsen sehr niedrig, das Kaliber derselben sehr eng. Das Bindegewebe stellt ein zartes, stellenweise sehr weitmaschiges Reticulum dar, das deutlich an Drüsen und Gefässen zu Scheiden verdichtet ist. Matel 19: Die eyklischen Veränderungen am ÖOberflächen- und Kryptenepithel, dar- gestellt bei 270facher Vergrösserung: Fig. 10. Krypten aus der Zeit der Brunst, Versuchshund B: Oberflächen. und Kryptenepithel hoch; in letzterem Intercalarzellen; in der Krypte links Mitosen. Fig. 11. Krypte aus der Zeit der Drüsenhyperplasie, Versuchshund B: Epithel sehr hoch; im Lumen der Krypte eingedicktes Secret. Fig. 12. Oberfiächen. und Kryptenepithel im Beginne des Rückbildungs- stadiums, Versuchshund B: ÖOberflächenepithel zeigt die beginnende Fetttröpf- cheneinlagerung, Kryptenepithel niedrig (cubisch). Fig. 13. Mit Fetttröpfehen durchsetztes Epithel am Ende des Rückbil- dungsstadiums. Das Zellprotoplasma stellt ein bienenwabenartiges Maschwerk dar. Die Epithelkerne sonderbar zackig. An der freien Epitheloberfläche ein breiter Protoplasmasaum. Fig. 13a zeigt bei SOfacher Vergrösserung, wieweit die Fetteinlagerung in die Drüsen hineinreicht. Fig. 14. Ruhendes, sehr niedriges Epithel der Oberfläche und Krypten von Versuchshund C. ® EN URSPIRE WORNN a AD 12: Bi IL PIE Ind, N PR ir BL ET, d M EL N EL ! a 7 Zu en, 07; a NN \ .\ ‚I 1 au a N... EG Prbad 2 ai DO SEA N j “ f3 Far, u Fu rare ne DI DO Leis der PER u), eh Kere Badl a EN Tahıre Jar ET ER, BR Be a ae Ta BEA Re N ur air ER LT u are ale, Nor unma 11) ANSAGE Yabars rn DER et, ’ ı nr Mal lt Ar Die ah NE NE RENTE = r ter RM Io) I er mas A nd Be IDEE Das: re He wur er se \ BEREIT IF RR A ar Val RUHE, nal HERREN AN “ol ß Tr Th o ir allen N OBER Re er [EREEER A}, u a Varna RE rl er u Je EanpR Far f / Pe EL Zu Re r we zanı u nr Fr Tue ad B E BT a RI LET DE I ae Ne ad Be Bi 2 tree). ah. vr 4 Arten Te TE Ni ne ‚ Knie i p EDEN IE RENTEN La/tin En EOLUT TER a 7 2 i; a IE, wenn u SEHEN DM u DE 3: a 1 a el" un bkavaag Via NEE IR a G 17 PER Mr PS au Wu Lv 4 er j du, ins = or on ea De Pe ge Ar u Je 5 & id, ar I Saite $ un? N, 5 an - N re ? DRer EL; Be a Bu a a AA ö a je FEN & .' a edle Gr j I wege ar rn et Pa; [2 Be PN " ae ARE: DE Re” i ES AT RR a | BR EN. u VBAHERTEN Du Rh =. äh em A Ben | je ke warn N Ze ee Bu Mer or anie Be a Erk ME Ei Le IE, 2 j aan td RTL ELLE) AUSG en Le Be. - K Ba ET ER re A} Dan DE Aid, arten AM MU PT ER j Ve RE NETT AR r un, a Ve ar Er ee A at EEE E. edhafadar Birma Hank ade Bad HER Senden SER, dar RA ai a f a iii Be RT ee Be N Sn We TAN ee TEN I KT Keane A FB RE 1 BREMER et FR a ae 2 7 ae BERN Al rd Re are lu Hl) Pie a EG 'OMolB che Pu ER RAN BE re DB Ash 1 Dee CT a u Fe A E Bee En ee Re er AUS DEM NORMAL-ANATOMISCHEN INSTITUT IN KOPENHAGEN. BEITRÄGE MIKROSKOPISCHEN ANATOMIE UND HISTOLOGIE DER GALLENBLASE. VON AUGUST JURISCH, PROSECTOR ANATOMIAE, KOPENHAGEN. Mit 15 Textfiguren und 27 Figuren auf den Tafeln 20/26. Re [52 PALEE nr, BMA Di | Ey a ! B | i Br en NE on hr zuthe N | | BERALHER SE BE ” N r a ie j E se " 1 FIT > R 3 ve we i i h N ze e j ze y u Y h >» rE ö i r, 7 vs . Be | ü u j . ® B \ h A R u Dr e SEE-RMUPELST "Tal ah EIN 5 e & j | 4 FEREN »DmiAy AYyw ar AR wa . wir - 7 a a | De j - I } y u 5 j I ” ” wi - Ds er ) i ie s “ Er j 1 . v., do, ö i u 2 4 : . Zar: Ba) Be yuası, \* ch OTR ia F er y a f Die normale Histologie der Gallenblase wird in den gebräuchlichen Lehr- und Handbüchern am oftesten recht flüchtig erwähnt, indem die meisten sich zu kurzen und recht eintönigen Bemerkungen beschränken. In neueren Abhandlungen findet man einzelne Abschnitte der Anatomie der Gallenblase, z. B. die Muskulatur bei Hendrickson, die Struktur der Wand von Sudler und Nerven und Ganglien von Dogiel behandelt. Obgleich sich mehrere Abhandlungen — am meisten doch von pathologisch- anatomischen Gesichtspunkten aus — (Müller, Schiff, Weltz, Bolay, Aschoff) mit der Frage von den Drüsen der Gallenblase beschäftigen, liegen keine modernen, eingehen- den Untersuchungen über die normale Gallenblase beim Menschen und den Säugern vor, mit Ausnahme einer Arbeit aus Stöhrs Laboratorium, welche publiziert wurde, als meine Arbeit im wesentlichen abgeschlossen war (30). Ebenso finden sich in der Literatur sehr abweichende Mei- nungen mit Rücksicht auf gewisse feinere, cytologische Ver- hältnisse des Epithels, z. B. Cuticula, Fettinfiltration und Se- cretion. Darum habe ich das Epithel und die Drüsen der Gallen- blase beim Menschen und einigen Säugern untersucht, in der Meinung, dass genauere Kenntschaft zu diesen Verhältnissen nicht nur für die normale, sondern auch für die pathologische Anatomie wünschenswert wäre, denn die pathologischen Pro- 335 A. JURISCH, zesse, die sich in der Gallenblase abspielen, sind ja von hoher Bedeutung. Material und Technik. Ich habe Gallenblasen von erwachsenen Menschen in ver- schiedenen Lebensaltern, zum Vergleich auch zwei pathologisch veränderte Gallenblasen (Operationsmaterial), vom Menschen- embryo (sechstes Monat) und neugeborenen Kindern untersucht. Weiter Gallenblasen von Hund, Katze (erwachsene und neu- geborene), Ziegen, Lamm, Schwein, Kalb und Ochs, Meer- schweinchen und Kaninchen (wie bekannt haben Pferd, Maus und Ratte keine Gallenblase). Das Menschenmaterial war mittelst Injektionen von Formalin (10%) möglichst schnell nach dem Tode fixiert, das Operationsmaterial in Formalin (4 und 10%). Die Gallenblasen der Tiere wurden möglichst schnell nach der Tötung in verschiedenen Flüssigkeiten, am oftesten conc. Lösung von Sublimat in Wasser oder physiologischem Kochsalz, Pierinsublimat oder cone. Picrinsäurelösung fixiert, hiernach Behandlung mit Alkohol in steigenden Concentrationen, Xylol-Paraffin- oder Celloidineinbettung. Es ist ganz unmöglich, gewöhnliches Sektionsmaterial zu verwenden, denn das Epithel wird in sehr kurzer Zeit abge- stossen, so dass man oft keine einzige Epithelzelle auf der Oberfläche findet; die möglich restierenden und die Wand im ganzen sind ganz und gar mit Galle imbibiert, für feinere Unter- suchungen unbrauchbar. Die Fixierung mittelst postmortellen Formalininjektionen ist in den meisten Fällen hinreichend, — wenn es nur gelingt, die Fixierungsflüssigkeit in die unmittel- bare Nachbarschaft der Gallenblase zu bringen; dies ist aber sehr schwierig, weil die Lage des Organs mit dem wechselnden Inhalt desselben, mit der Grösse und Form des Hepars, der Füllung der Därme, besonders des Colons vielfach variiert. Beiträge zur mikroskopischen Anatomie u. Histologie d. Gallenblase. 397 Es ist dann ziemlich schwierig, wohlconserviertes Material von Menschen zu bekommen. Aber auch mit der Gallenblase von Tieren zeigte es sich schwierig, eine tadellose Fixierung zu erreichen, obgleich jede Vorsichtsregel berücksichtigt wurde. Ich bekam die besten Resultate mit Sublimat für Gallenblasen von Laboratorientieren in solchen Fällen, wo man die Gallen- blase 1—2 Minuten nach der Tötung einlegen konnte. Bei grösseren Tieren (Kalb, Ochs, Lamm, Schwein), wo immer etwas mehr Zeit vergeht, bis das Tier sich verblutet hat, das Fell abgezogen und Abdomen geöffnet ist, findet man oft auf grossen Strecken das Epithel abgestossen oder die Zellen schlecht fixiert, geschwollen, in Crypten und Drüsen dagegen, die mit der Galle nicht in Kontakt sind, wohlfixiert. Oft muss das Material kassiert werden. Die Gallenblasen wurden immer aufgeschnitten in die Fixierungsflüssigkeit niedergelegt; nur bei kleinen Tieren, deren Gallenblase eine dünne Wand hatte, wurde sie in unaufgeschnittenem Zustande fixiert (Kaninchen, Meer- schweinchen). Die Drüsen der Gallenblase. Es ist lange eine Streitfrage gewesen, ob die normale Gallenblase Drüsen besitzt, besonders die menschliche, die uns ja am meisten interessiert. Es finden sich in der Literatur sparsame und stark divergierende Angaben, und in verschie- denen älteren und neueren Handbüchern wird die Frage nicht speciell für die Gallenblase behandelt; man spricht von Drüsen in den grösseren Gallengängen (z. B. Toldt, Schäffer, Stöhr). Andere Verfasser beziehen sich auf Luschka. Die französischen Handbücher erwähnen alle „Drüsen“, es sind aber — wie ich nachher zeigen werde — verschiedene Bil- dungen, die als „glandes‘“ bezeichnet werden, denn die Be- schreibungen gehen sehr auseinander. Die richtige Deutung 398 A. JURISCH, der Beschreibungen wird meistens dadurch kompliziert, dass nur sehr sparsame Abbildungen vorliegen). Eine kurze Literaturübersicht wird die verschiedenen An- gaben zeigen. Die Drüsen der Gallenblase sollen nach Poirier (24) von Vicq d’Azyr entdeckt sein. Doch habe ich in Heisters Compendium anatomicum (12) „glandulae“ notiert gefunden. In der Arbeit aus 1857 (21) — die ausführlichste Unter- suchung überhaupt — sagt Luschka, dass W. Theil die Drüsen der Gallengänge entdeckte; er fand dieselben in der Gallenblase nicht. Wedl auch nicht (beim Hasen, Hund, Ochs). Gerlach (7) dagegen sagt: „Die Gallengangsdrüsen seien am spärlichsten in der Gallenblase und D. eysticus vorhanden. In der ersten Ausgabe seines Handbuches der Gewebelehre (1852) sagt Koelliker, dass Drüsen in der Gallenblase fehlen (referiert Theil, Wedl, Gerlach). Er hat selbst zwei Gallen- blasen mit negativem Resultat untersucht. In der Ausgabe von 1859: „.... in der Gallenblase, in welcher einige sie gesehen haben wollen, auf jeden Fall nicht konstant.“ In der Ausgabe 1863 und 1867 drückt er sich in derselben Weise aus; dann schreibt er aber weiter: „.... Nach Luschka liegen dieselben hier (in der Gallenblase) 6—15 an der Zahl, im submucösen Bindegewebe, messen kaum 1 mm und haben einen oft schief verlaufenden und geschlängelten Ausführungs- gang.“ Virchow erwähnt an den verschiedenen Stellen, wo er die Gallenblasenepithelien behandelt, gar nicht die Drüsen (38a, b, c). 1) Die verschiedenen Beschreibungen scheinen auch ihre Ursache darin zu haben, dass etliche Untersucher pathologisch verändertes Material unter- sucht haben; bei gewissen Formen von Choleeystitis hypertrophiert die Schleimhaut und deren epitheliale Gebilde (Crypten und Drüsen) bedeutend, und Schlüsse aus solchen Fällen zu normalen Verhältnissen können gar nicht gezogen werden. Tafel 20. 118. Heft (39. Bd., H. 2). I. Abit. Anatom. Hefte. lo. 1 Verlag von J. F. Bergmann in Wiesbaden. Jurisch, ren = EN 2% * er a: ae “E 7% Na E FR Er x RR, a re a "Tönen ” A h R ar her n 4 Beiträge zur mikroskopischen Anatomie u. Histologie d. Gallenblase. 399 Luschka (21) behandelt die Frage in seiner Arbeit aus 1857. Er gibt die Zahl der Drüsen auf 6—15 an, oft nur auf 3—4; sie sind sehr klein, unregelmässig zerstreut, liegen ın der Submucosa als kleine, flache, 1 mm breite, rundliche Klümpchen (Präparation mit Essigsäure). Der Typus ist acinös, die einzelnen Acini liegen zerstreut. Am gewöhnlichsten finden sich mehr oder weniger verästelte, mit grösseren oder kleineren höchst ungleichförmigen, länglich-runden Ausbuchtungen be- setzte Schläuche, welche in wandelbarer Anzahl zu einem gemeinschaftlichen Ausführungsgange zusammenmünden. Der Ausführungsgang ist. oft ausgezeichnet lang, mehrfach hin- und hergetragen und durchbohrt die Schleimhaut in meist schiefer Richtung. Es gibt sowohl nur sparsam verästelte Schläuche, deren Äste nur wenige rundliche, teils terminale, teils wand- ständige Ausbuchtungen besitzen, als auch Formen, welche eine überaus reiche Ramifikation darbieten. Auch bei diesen sind in der Regel weder die Äste, noch deren kürzere oder längere, bläschenartigen Anhänge dicht gelagert; im Gegen- teil stehen sie ziemlich weit voneinander, so dass die ganze Drüse ein eigentümlich gespreiztes Ansehen gewinnt. In seinem Lehrbuche gibt Luschka dieselbe Beschrei- bung, nur etwas verkürzt; er spricht dann auch von gewissen Hohlgebilden in den äusseren Wandschichten, von denen später die Rede sein soll. Henle (13) spricht von spärlichen Schleimdrüsen und führt weiter Luschkas Ansichten an. Krause (18) [1876] schliesst sich Luschka an. Toldt (37) [1877] erwähnt nicht speciell die Gallenblase und spricht von einfachen Einstülpungen oder gestielten Blasen in den Gallengängen. Stricker (34) referiert Luschkas Angaben. Gegenbaur (6) [1883] führt „Schleimdrüsen nur in ge- ringer Zahl in der Gegend des Halses“ an. 400 A. JURISCH, Stöhr (33) erwähnt nicht speciell die Verhältnisse der Gallenblase. Er führt an, dass die Gallenblase denselben Bau wie der D. hepaticus hat, und hier finden sich die Gallengangs- drüsen als kurze, birnenförmige Röhren mit Schleimzellen. bekleidet. Szymonowicz erwähnt spärliche Schleimdrüsen. Zenker (40) [1889] findet Einstülpungen in der Schleim- haut, mit Cylinderzellen bekleidet; weil sie am oftesten im Quer- schnitt gesehen werden, können sie oft Drüsengängen ähnlich sehen und beim ersten Anblick konnte die Schleimhaut aus- sehen, als ob sie sehr drüsenreich war. Dies ist jedoch nicht der Fall; die echten Drüsen sind sparsam, ihre Existenz wird sogar von etlichen Verfassern verneint. Es sind acinöse Schleim- drüsen. Er selbst fand in zahlreichen Präparaten nur 2, 0,4mm im Diameter. Er gibt nicht an, in welchem Teile der Gallen- blase die Drüsen sich fanden; auch gibt er keine genauere Beschreibung, noch Abbildungen derselben. Janowskis (16) [1891] Abhandlung über Cholelithiasis enthält auch einen kurzen Bericht über vier normale Gallen- blasen, die er zum Vergleich untersucht hat. ‚In einigen (schein- bar nicht in allen) Gallenblasen fanden sich in der Nähe des Halses eine geringe Menge von kurzen und engen Schleim- drüsen“. Steiner (32) erwähnt die Drüsen gar nicht. Weltz (39) [1894] meint, dass Luschka dieselbe Bil- dung wie Rokitansky erwähnt, nämlich Ausbuchtungen der Schleimhaut. Er findet Crypten und schlauchförmige Drüsen mit einschichtigem Cylinderepithel; an einer anderen Stelle „Drüsen, die mächtige Ausläufer in das sie umgebende Ge- webe senden“; sie werden später als Adenome erwähnt. Er fand keine Drüsen im Fundus der normalen Gallenblase. Müller (23) [1895] fand bei sorgfältigen Untersuchungen niemals Drüsen in der normalen Gallenblase. Übrigens fand Beiträge zur mikroskopischen Anatomie u. Histologie d. Gallenblase. 461 er in der Muscularis und ausserhalb derselben zahlreiche Drüsenlumina mit Cylinderepithel, sehr verschieden in Grösse und Form, einige derselben stark dilatiert. Er sagt ausdrück- lich, dass sie von den echten Drüsen verschieden sind, weil die Höhe des Epithels variierend und das Lumen viel weiter ist. Schiff (29) [1898] fand in einem von fünf Fällen „eine grosse Anzahl drüsiger Gebilde, meistens auf dem Quer- oder Schrägschnitt getroffen und ebenfalls von einem hohen cylindri- schen Epithel ausgekleidet. Auf einem Längsschnitt sieht man, dass es nicht einfache tubulöse, sondern acinöse Drüsen sind. Bolay (2) [1899] hält die Invaginationen für echte tubu- läre Drüsen; sie finden sich in den meisten Fällen. Acinöse Drüsen traf er unter 29 normalen Gallenblasen sechsmal, dreimal auch Luschkas Drüsen in der Serosa. Von den sechs Fällen betrafen drei Kinder im ersten Lebensjahre. Von 16 Fällen mit Gallensteinen fehlten acinöse Drüsen einmal, sonst fanden sie sich proportional mit dem Alter des Prozesses und der Hypertrophie der Schleimhaut. Sudler (35) erwähnt ‚„tubular glands‘ beim Hunde, zahl- reich sind sie bei Schwein und Ochs. Die Verhältnisse beim Menschen werden nicht erwähnt. Rauber (25) [1902] sagt: „Die Wandung der Gallenblase zeigt im ganzen den Bau der grossen Gallengänge“, und hier beschreibt er ‚meist einfache, kurze, aber auch zusammen- gesetzte Schläuche, die mit Schleimzellen ausgekleidet sind“. Aschoff (1) hat Drüsen im Corpus von normalen oder beinahe normalen Gallenblasen vollständig vermisst. Im Collum fand er, ‚wie alle Untersucher‘, echte, einfache oder verästelte tubuläre Drüsen, die im D. eysticus grösser werden. Die Zellen sind eylindrisch mit plattgedrückten Kernen und grosswabigem, kaum färbbarem Protoplasma. Andere Zellen sind dunkler, der Kern liegt mehr median, sie sind also denen der Oberflächen- 402 A. JURISCH, epithelien ähnlich. Eine sichere Schleimreaktion konnte er nicht erlangen. Weiter fand er — und dieser Fund interessiert ihn weit mehr als die Drüsen — „bis in die Muskelschicht reichende Einsenkungen des Oberflächenepithels, oft in deutlicher Be- ziehung zu den Gefässdurchschnitten durch die Muskelhaut .... Das sind die Luschkaschen Gänge, die schon Luschka fast niemals vermisste“. Diese Gänge hypertrophieren bei Chole- lithiasis. Das sind die von Müller, Tornquist usw. er- wähnten Drüsen. Er fügt hinzu: „Leider ist die Beschreibung Luschkas nicht ganz eindeutig. Ausser den echten Drüsen gibt es noch zwei Arten von Kanälen in den äusseren Schichten, aberrierte Gallengänge ohne Beziehung zum Lumen der Gallen- blase, zweitens die vom Lumen ausgehenden Luschkaschen Gänge“. Unter den französischen Verfassern führt Sappey Drüsen beim Menschen, Hund und Kaninchen an; sie sind denen der grossen Gallengänge ähnlich, über die ganze Schleim- haut zerstreut und enden in der Nähe der Muscularis mit einer variierenden Anzahl von Blasen (utricules). Beim Men- schen sind sie klein und wenig entwickelt. Raynal (26) beschreibt nur im Collum kleine Öffnungen der Drüsenausführungsgänge. Poirier (24) schreibt, dass die Drüsen von Vieqd’Azyr entdeckt sind; es finden sich nur wenige und kleine. Einige bilden einfache Tubuli, andere liegen in der Museularis als echte Drüsen (v6ritables glandes en grappes); die grössten er- reichen eine Grösse von kaum 1 mm. Das Epithel des Aus- führungsganges ist dem der Oberfläche ähnlich, das Epithel der tieferen Abschnitte dem der Schleimdrüsen. Renaut (26a) [1899] findet beim Menschen, Hund und Kaninchen kleine Einstülpungen (simples depressions) mit cuti- cular-bekleideten Zellen, aber keine echten Drüsen. Testut (36) führt „diverticules pseudo -glandulaires“, Beiträge zur mikroskopischen Anatomie u. Histologie d. Gallenblase. 403 Crypten von verschiedener Form und Grösse, die sich in die Tunica propria einsenken. Es sind Crypten ohne specielle Funktion, sie sind sparsam und wenig entwickelt. Es wird aus dieser Literaturübersicht hervorgehen, dass die Frage von den Drüsen, besonders beim Menschen, gar nicht sicher gelöst ist. Die meisten Lehr- und Handbücher referieren Luschkas Ansicht als die ausführlichste; viele Untersucher haben mit pathologisch verändertem Material ge- arbeitet (Schiff, Weltz, Aschoff); weiter sind. die Be- schreibungen kurz und Abbildungen fehlen in mehreren Lehr- büchern (Koelliker, Rauber, Gegenbaur, Testutz.B.), und in den meisten Specialabhandlungen (z. B. Janowski, Zenker, Müller, Weltz); und wie ich hervorgehoben habe, wird die Vergleichung der verschiedenen Anschauungen durch diesen letzten Umstand besonders erschwert, denn es sind ja augenscheinlich ganz verschiedene Bildungen, die als „Drüsen“ bezeichnet werden. Aschoff, welcher die Luschkaschen Gänge in pathologischen, aber nicht in normalen Gallenblasen und auch nicht die echten Drüsen dieser letzten abbildet, hat sicher recht, wenn er behauptet, dass die von Müller, Schiff, Weltz u. a. erwähnten „Drüsen“ die hypertrophi- schen „Luschkaschen Gänge“ in Quer- und Schrägschnitt getroffen und nicht echte Drüsen sind. (Diese Drüsenähnlich- keit der Crypten hat auch bereits Zenker observiert, und Müller macht auch einen Unterschied zwischen echten Drüsen und den hypertrophischen Crypten, die er aber auch als „Drüsen- lumina“ bezeichnet.) Alle diese Verfasser sprechen augenschein- lich von denselben Gebilden; diese stehen mit Aschoffs Bildern in sehr guter Übereinstimmung und umgekehrt zeigen sie keine Ähnlichkeit mit Luschkas Beschreibung !). Die aus- führlichste ältere Beschreibung ist die von Luschka; sie behandelt die echten sparsamen Drüsen, aber nicht andere ') Bolays Arbeit ist mir leider nur im Referat bekannt. Anatomische Hefte. I. Abteilung. 118. Heft (39. Bd., H. 2). 2 404 A. JURISCH, Bildungen des Oberflächenepithels; die ausführlichste neuere ist die von Aschoff, der echte Drüsen im Collum von epithel- bekleideten Einstülpungen in Tunica propria und Muscularis von unregelmässiger Form und Grösse, über die ganze Schleim- haut zerstreut, unterscheidet. Er legt die grosse pathologische Bedeutung derselben mit Rücksicht auf die Frage von Per- foratıon klar. Dagegen scheint es mir, dass Aschoff nicht das Rechte getroffen hat, wenn er diesen Einstülpungen den Namen „Luschkasche Gänge“ gibt, weil Luschka meiner Meinung nach gar nicht diese Gebilde erwähnt hat, weder in seiner Abhandlung in Zeitschr. f. rat. Med., noch in seinem Lehrbuche. Aschoff schreibt wie oben angeführt: „Leider ist die Beschreibung Luschkas usw.“; Luschka aber schreibt (Lehrbuch 1. c.), nachdem er die Drüsen beschrieben hat: „Von diesen unzweifelhaft drüsigen Bestandteilen der Gallenblase müssen anderweitige Hohlgebilde unterschieden werden, welche ich in der bereits dichter gewordenen Zell- stoffschichte ihrer Wand, namentlich auch an der von dem Peritoneum bekleideten Seite niemals gänzlich vermisse. Es sind ungleich weite, den Bealschen Leberschläuchen nach Form und Grösse einigermassen ähnliche Gänge, die mehrfach anastomosieren 2 ..uz2N >. „Eine offene Zusammenmündung dieser Röhren mit irgendwelchem Raume habe ich nicht ge- funden und bin der Meinung, dass sie der Wand der Gallen- blase anhaftende metamorphosierte Reste derjenigen embryo- nalen Grundlage darstellen, aus welcher die Leberzellennetze hervorgegangen sind.“ Er sagt also ausdrücklich, dass diese „höhre“ nicht in irgendwelchen Hohlraum einmünden, also auch nicht in den der Gallenblase, und er sagt gar nicht, dass sie sich vom Lumen aus in die äusseren Schichten der Wand ausstülpen, so wie die von Aschoff beschriebenen Gänge es tun. In der Abhandlung werden nur Drüsen mit Auslührungsgängen beschrieben, übrigens schreibt er von den Beiträge zur mikroskopischen Anatomie u. Histologie d. Gallenblase. 405 Falten der Schleimhaut, an deren Basis sich wieder Falten und Maschenräume bilden und dann sagt er: „Von diesem feineren Netzwerk glaubte Huschke, dass es den Übergang zu den aggregierten Drüsen darstelle und einer reichlichen Schleim- absonderung vorstehe.“ Er tangiert denn nur die Frage und beschreibt nicht Gebilde, die den Luschkaschen Gängen ähn- lich sind. Von den französischen Verfassern beschreiben Testut und Renaut Urypten, einfache Einstülpungen des Oberflächen- epithels; Sappey die echten Schleimdrüsen und Poirier vermischt beide Gebilde. Die Untersuchungen an Tieren sind am meisten von älteren Verfassern vorgenommen (Wedl, Theil, Gerdach); Sudler erwähnt sehr kurz‘ „tubular glands“ beim Hunde; die meisten modernen Verfasser (Janowski, Zenker, Müller, Bolay, Aschoff usw.) haben nur Material von Menschen untersucht. Eigene Untersuchungen. Ich werde nun die Resultate meiner eigenen Untersuchungen über die Drüsen der menschlichen Gallenblase geben; die Drüsen, die nach Luschka über die ganze Gallenblase zer- streut sind, nach den meisten anderen Verfassern nur im Collum, in manchen Fällen aber gar nicht gefunden sind. Die Ursache dieses abweichenden Fundes muss in dem Umstande gesucht werden, dass die Drüsen klein sind (Luschka, Aschoff), dass das Organ, in welchem sie sich finden, eine recht grosse Oberfläche hat, eine so grosse, dass eine genauere Unter- suchung derselben in toto mittelst der gewöhnlichen Sehnitt- 27* 406 A. JURISCH, methoden, welche die modernen Untersucher (z.B. Janowski) gebraucht haben, eine so mühsame und zeitraubende Arbeit ist, die man nur schwierig mit einem grossen Material zu Ende bringen kann. Das Verhältnis lässt sich mit dem der Drüsen in Vesica urinaria vergleichen. Ich habe daher vorgezogen, ein kleineres Material sehr eingehend zu untersuchen, so dass ich Schnitte aus dicht bei- einander liegenden Stellen der ganzen Gallenblasenschleimhaut zu sehen bekam. Dabei musste ich Resultate erhalten, die für die untersuchten Fälle sicher waren, und vielleicht konnte man sich auch erlauben, weitere Schlüsse daraus zu ziehen, z. B. wenn alle genau untersuchten Fälle dasselbe Verhältnis zeigten, oder wenn sie so verschiedene Verhältnisse ergaben, dass der Fund ganz bestimmt für individuelle Variationen sprach. Ich habe dann fünf normale Gallenblasen von Erwachsenen in verschiedenen Altern, eine fötale und sechs Gallenblasen von Neugeborenen in ihrer ganzen Ausstreckung untersucht. Mein Verfahren war folgendes: Die Gallenblasen von Er- wachsenen wurden in verschiedenen Teilen, Collum , Corpus nächst Collum, Corpus nächst Fundus und Fundus eingebettet und die Stücke dann untersucht, teils in Serien, teils in der Weise, dass ich einen Schnitt nahm, dann !/,—1/,-1 mm (oder nur !/,o —'/; mm) von dem Block abschnitt, wieder einen Schnitt nahm und so weiter, bis das ganze Material bis auf kleine Reste durchgearbeitet wart). Die Schnitte waren teils Quer-, teils Flächenschnitte; sie wurden mit Eisenhämatein (Hansen) oder Toluidinblau und Mucicarmin gefärbt. Die kleinen Gallen- 1) Zum Beispiel kann ich anführen, dass ich von den drei ersten Gallen- blasen folgende Anzahl Schnitte nahm: Fundus Corpus Collum Gallenblase Nr. 1. 129 154 88 { RE 108 142 132 . „ IE 100 139 71 Beiträge zur mikroskopischen Anatomie u. Histologie d. Gallenblase. 407 blasen Neugeborener wurden ebenso behandelt, doch schnitt ich hier oft lange Serien, z. B. Fundus und Collum in toto. Ich darf wohl dann behaupten, dass ich die meisten qmm der Oberfläche gesehen habe. In der Weise behandelt, meinte ich, dass mein kleineres Material einSupplement zu Bolays und Aschoffs Untersuchungen bilden konnte, in welchen das grosse Material sicher nicht einer so genauen Untersuchung unterworfen werden konnte. Wenn man mit Sicherheit zeigen soll, dass die Gallenblase oder gewisse Teile derselben keine Drüsen enthalten, dann gibt eine solche Untersuchung eine eindeutige Antwort, selbstverständlich nur für diesen einen Fall geltend. Und wenn es sich zeigen sollte, dass das Verhältnis individuellen Variationen unterworfen ist, und dies ist ziem- lich denkbar, weil die Gallenblase nicht ein Organ ist, das für das Leben absolut notwendig ist und die Drüsen der Wan- dung auch kaum notwendig für das Organ selbst, denn das Oberflächenepithel und die Crypten konnten ja um so mehr Schleim secernieren, wenn die Drüsen fehlten — dann wird die genauere Entscheidung der Frage sehr schwierig. Be- sonderen Wert habe ich auch auf die Untersuchung von Gallen- blasen Neugeborener gelegt, indem dieselben sich von grossem Interesse vermittelst des verschiedenen Aussehens der Schleim- haut zeigten. Endlich habe ich supplierende Untersuchungen an Tieren gemacht. Es zeigte sich, dass die fünf Fälle von Erwachsenen ver- schiedene Verhältnisse der Drüsen zeigten. Nr. I (jüngeres Weib, 7 Phthisis) zeigte über die ganze Gallenblase zerstreut, sowohl in Collum als in Corpus und Fundus, kleinere und grössere Drüsen; die des Nr. II (Weib, 7 Tabes, 45 Jahre) hatte Drüsen nur in Collum und dem angrenzenden Teil des Corpus; Nr. III (Mann, 83 Jahre) und Nr. V (Mädchen, 7 Phthisis, 15 Jahre alt) nur im Collum auf den Falten. 408 A. JURISCH, Nr. IV (Mann, 30 Jahre, 7 Phthisis) zeigte in zwei von zahlreichen Schnitten aus Fundus eine Drüse, sonst war die ganze Gallenblase frei von Drüsen. Von den Gallenblasen Neugeborener zeigten bisher drei Bildungen, die ich als Drüsenanlage deute; zwei reichlich im Collum und angrenzenden Teil des Carpus, sparsam in Fundus; eine gar nicht in Collum, dagegen an mehreren Stellen in Fundus; vier haben bisher keine Drüsenanlage gezeigt; ich hebe doch hervor, dass die Untersuchungen noch nicht ab- geschlossen sind. Ich werde nun die Auffassung, die ich bei meinen eigenen Untersuchungen und dem Studium der Literatur von den epi- thelialen Gebilden der Gallenblase bekam, auseinanderlegen ; zuerst muss ich aber hervorheben, dass ich stets ein offenes Auge für mögliche pathologische Veränderungen gehabt habe; das Material ist sorgfältig mit Rücksicht auf Steine, Adhärenzen, Belegungen und anderen Veränderungen der Serosa mit nega- tivem Resultate untersucht worden, und in den einzelnen Schnitten habe ich gleichfalls genau auf Ulcerationen, massen- hafte Leucocytendurchwanderung oder -Anhäufung in der Schleimhaut und in den Crypten untersucht. Die innere Oberfläche der Schleimhaut ist nicht glatt, sondern mit Cristae besetzt, welche, indem sie sich kreuzen, ein Maschengewebe erzeugen. Die Räume, welche von diesen grossen Cristae begrenzt werden, haben selten einen glatten Boden, sie sind am häufigsten in kleineren Unterabteilungen mittelst eines Netzes von kleineren Cristae eingeteilt. Die Höhe und Dichte der Crista und damit die Grösse, Tiefe und Form der Maschenräume variiert vielfach in den verschiedenen Gallenblasen und auch in den einzelnen Teilen derselben Gallen- blase; sie sind oft am grössten im Fundus. Einige grossen Cristae halten auf lange Strecken dieselbe Höhe, die meisten der kleineren tun dies aber nicht, sondern beginnen oft als Beiträge zur mikroskopischen Anatomie u. Histologie d. Gallenblase. 409 niedrige Kämme, die allmählich höher werden, indem sie gleich- zeitig einen hufeisenförmigen Verlauf haben, werden dann nach und nach wieder niedriger und gehen in den Boden der Maschenräume über. Die kleinen Maschenräume werden also nicht auf allen Seiten, sondern nur auf einem Teil des Um- kreises von den Falten umgeben, und sie haben dann eine tichtung nach unten, aber schief in die Schleimhaut oder die Basis einer grossen Crista. Dies also sieht man, wenn man die abgetragene, in Essigsäure geklärte Schleimhaut mit schwacher Vergrösserung beobachtet. Die Cristae sind in Querschnitt sehr verschieden geformt, fingerförmig (Fig. 1, 9, 3, 4) oder nach oben knopflörmig ver- diekt, der obere Teil dann mit einer Art Hals von dem unteren Teil abgesetzt (Fig. 3, 4); andere haben eine breite Basis und kegelförmige Gestalt oder unregelmässige Konturen (Fig. 3, 1). Der untere Teil ist oft mit Crypten versehen, die in der Tunica propria hegen. Unter der Oberfläche in Tunica propria liegen bald wenige, bald zahlreich epithelbekleidete Einstülpungen von sehr ver- schiedener Grösse und Form. Diese Einstülpungen des Oberflächenepithels — „Crypten‘ — strecken sich in sehr ver- schiedener Ausdehnung schräg in die Tunica propria hinein, indem ihre Hauptrichtung einen sehr spitzen Winkel mit der Oberfläche bildet, so schräg, dass sie oft in zahlreichen Schnitten parallel der Oberfläche, im Querschnitt getroffen liegen, sich nur unbedeutend derselben nähernd; sie bilden also einen Gegensatz zu den Lieberkühnschen Crypten, die ja in der Hauptsache ziemlich lotrecht in die Tunica propria eindringen. An einigen Stellen sind sie so zahlreich, dass sie dicht neben- einander liegen, oft auch so, dass 2—3 übereinander in ver- schiedener Tiefe der Tunica propria liegen; an anderen Stellen finden sie sich dagegen nur mit langen Zwischenräumen, und die Menge wechselt innerhalb einer Strecke von 1-2 cm oft bedeutend. A. JURISCH, 410 Die Form der Crypten ist verschieden, die allermeisten sind oval, andere mehr und mehr länglich, bis ganz lang- gestreckt und schmal; die ersteren Formen sind am seltensten. Anatom. Hefte. TI. Abt. 118. Heft (39. Bd., H. 2). Tafel 21. Jurisch. Verlag von J. F. Bergmann in Wiesbaden. er Turm en Az No >- = = r 1 67 RRBEATT,: rd Ir x Pr MEER rd a We fh; \ N ER WIEN USE EA N 35 PREN SR Nr Yp j y er‘ 2 A | hri RA AR et ee - dw ve " * ») er A nz ;n = er r Ai ID Ne RE E Ü 13 ae In AUT ne Kae \ Beiträge zur mikroskopischen Anatomie u. Histologie d. Gallenblase. 411 Der längste Diameter läuft immer parallel der Oberfläche der Schleimhaut, der kurze senkrecht derselben; die Crypten haben also zwei Längenseiten parallel der Oberfläche und zwei kurze Fig. 3. 412 A. JURISCH, abgerundete Seiten oder Ecken senkrecht derselben. Das Ver- hältnis zwischen Länge und Breite ist sehr variabel (Tabelle). In der Basis der grösseren Crista finden sich oft kurzovale oder runde Crypten, ab und zu in so grosser Menge, dass sie sehr dicht mit schmalen Bindegewebssepta liegen. Die Länge der Crypten von der Oberfläche bis an die Basis in Tunica propria ist sehr verschieden, die kürzesten liegen in den grösseren Cristae (Crypten auf Fig. 2, 6, 3, 5, 8). Sie halten gern die Form (das Verhältnis zwischen den Diametern) recht unverändert in ihrem grössten Verlauf, doch können ab und zu Veränderungen eintreten, so dass sie von ovalen mehr langgestreckt werden und umgekehrt (so selbst- verständlich, wenn zwei confluieren, die resp. nebeneinander oder nach unten oder nach oben voneinander lagen). Davon ab- gesehen, dass einige Crypten sich verzweigen oder nahe bevor sie münden, confluieren, ist die Form dann ziemlich einfach; Ausbuchtungen kommen nur vor, wenn Drüsen einmünden. Die Crypten münden !) auf der freien Schleimhautoberfläche in der Weise, dass die Schichte der Tunica propria, die zwischen der Oberfläche und der oberen Wand des Ganges liegen, immer dünner werden, bis die zwei Epithelschichten erst auf einer kürzeren Strecke, darnach successive auf einer grösseren sich begegnen und darnach confluieren; man sieht dann nach und nach das Oberflächenepithel in das Epithel der Crypte über- gehen und deren mittlerer Teil sich jetzt als eine Ausbuchtung der Oberfläche präsentieren, von zwei höheren oder niedrigeren, nach oben convergierenden Cristae begrenzt. Diese Cristae sind die Reste der oberen Wand, die noch zurückstehen, nach unten von welchen die lateralen Teile des Ganges noch in der Tunica propria liegen (Fig. 4). Nach und nach schreitet dieser Vor- gang fort, so dass die ganze obere Wand verschwindet, in- dem die Reste der oberen Wand sich länger und länger von- !) Der Prozess wird bei Fig. 4, 5, 9 illustriert. Beiträge zur mikroskopischen Anatomie u. Histologie d. Gallenblase. 413 einander zurückziehen; der Boden des früheren Ganges ist jetzt überall der Boden der kleinen Ausbuchtung der Schleim- haut und die zwei Seitenwände sind zu den zwei Cristae ge- worden, die diese Ausbuchtung — einen der kleinen oder kleinsten Maschenräume der Oberfläche — begrenzen. Hiermit sei nicht gesagt, dass eine Crypte von jedem kleinen Maschen- raume ausgeht, und die grossen Maschenräume werden ja durch grosse Falten, die man eine lange Strecke unverändert verfolgen kann, abgegrenzt. IS Ra I man. . ( 7 \ De — = a [ / 23 ei \ > een Pumumuan / > / —_ = 4 24 Fig. 4. Wenn mehrere Crypten gleich über- oder nebeneinander- liegen, geschieht es oft, dass nicht jede für sich auf der Ober- fläche mündet, sondern sie confluieren successive miteinander ganz nach dem beschriebenen Typus. Es bilden sich dann grössere Hohlräume gleich unter der Oberfläche und später grosse Ausbuchtungen von derselben von sehr verschiedener Form mit Konturen, auf welchen die übriggebliebenen Reste der Wände als Cristae prominieren und dabei die Zahl und Form der ursprünglichen Gänge erkennen lassen. Die schönen Bilder bieten von Schnitt zu Schnitt einen wechselnden An- blick (Fig. 4). Die Crypten verlaufen also mehr oder weniger schräg nach unten durch die Tunica propria und machen an irgend einer 414 A. JURISCH, Stelle in derselben Halt, einige doch erst an der oberen Grenze der Muscularis in dem Bindegewebe hier, andere können sich aber auch so weit erstrecken, dass sie entweder kleine flache Impressionen in den obersten Muskelschichten bilden oder in dem Bindegewebe zwischen den Muskelzügen enden. Die Muscularis bildet nämlich nicht wie im Darme eine zusammen- hängende, wohlabgegrenzte Schicht, sondern ist von vielen Muskelzügen, die mit Schichten aus Bindegewebe von sehr verschiedener Breite geschieden sınd, gebildet. Die grösseren Gefässe verlaufen in besonders breiten Bindegewebszügen, die oft die ganze Muscularis in stark schräger oder lotrechter Rich- tung durchziehen. Die Crypten enden nun mit einer Basis, welche die Form und Grösse derselben ungefähr abspiegeln, indem man die Basis als eine längliche oder ovale Gruppe von Kernen, in dem folgenden Schnitte das Protoplasma mit Zellengrenzen in der Mitte und mehrere Schichten von Kernen nach aussen zieht (Fig. 8, 15). Viele Crypten verlaufen ungeteilt, andere verzweigen sich entweder gleich vor ihrem Ende oder früher; sie teilen sich dann unter einem spitzen Winkel in 2—5 kleinere, ovale runde Röhren, die in einer Reihe parallel der Oberfläche zu liegen kommen, wenn sie später eine längliche Crypte bilden sollen ; sie enden ungefähr an derselben Stelle, indem sie beinahe dieselbe Länge haben (Fig. 1). Am öftesten finden sich nur 2—5 Verzweigungen. Ich habe die Crypten eingehend beschrieben auch aus dem Grunde, dass sie in genauem Verhältnis zu den sehr interessanten Bildungen, die Aschoff als „Luschkasche Gänge“ beschrieben hat, und zu den Drüsen stehen. Wie er- wähnt, enden die allermeisten Crypten an oder in den äusseren Schichten der Muscularis. Aber einzelne von ihnen setzen sich durch die ganze Musecularis fort, den breiten Bindegewebszügen folgend, und sie liegen darnach in den Bindegewebsschichten, Beiträge zur mikroskopischen Anatomie u. Histologie d. Gallenblase. 415 welche die äussere Wand bilden; sie setzen sich hier weiter fort und enden in verschiedenem Abstand von der Serosa; oft gelangen sie dicht unter dem Serosaendothel. Das sind die Luschkaschen Gänge, Crypten, die nach aussen von der Muscularis liegen (Fig. 9, cfr. 12—13), in Bau und Form im ganzen den anderen Crypten ähnlich. Eine genaue Beschreibung würde eine Wiederholung werden ; ausgesprochene Unterschiede zwischen den Luschkaschen Gängen und den anderen Erypten habe ich nicht gefunden. Sie fanden sich mit sehr verschiedener Häufigkeit in den Gallenblasen, oft mehrere auf einem kleinen Bezirke; sie waren im ganzen sparsam in Zahl; in Gallen- blase Nr. III (81 Jahre, Mann) fand ich sie gar nicht !). Sonst fand ich die Gänge in den übrigen Gallenblasen ın allen Teilen derselben zerstreut. Es sind diese Luschkaschen Gänge, die in gewissen Fällen von Choleeystitis in hohem Grade hypertrophieren, grosse Streckungen der Schleimhaut durchweben, sich sowohl in Tunica propria als in Muscularis und den äusseren Schichten breitend. In einem Falle, den ich untersuchte, war der Vergleich mit einem Adenom durchaus zulässig, denn grosse Partien der Schleimhaut waren ganz maschenförmig mit Lumina der ver- schiedensten Form und Grösse, die unter sich anastomosieren, durchgewebt. Dass sie für Drüsen gehalten werden können, ıst mir verständlich; hat man aber die Unterschiede zwischen ihnen und den echten Drüsen einmal klargelegt, wird man sie nicht verwechseln, denn die Unterschiede sind prägnant. Die Begrenzung der Crypten und der Luschkaschen Gänge wird von einem hohen einschichtigen Cylinderepithel gebildet; nach aussen von diesem ordnen sich die Bindegewebszüge 1) Ich bemerke dieses, weil Lubarsch (20) die Aufmerksamkeit auf starke Epithelproliferationen, die sich in mehreren senilen Gallenblasen finden, gelenkt hat. Die Proliferationen bilden dichtgestellte Massen epithelbekleideter Hohlräume von sehr verschiedener Form, so dass das Bild einem Adenom ähn- lich ist. 416 A. JURISCH, circulär zu einer Begrenzung, die allmählich in das übrige Stroma der Tunica propria übergeht. Die innersten Züge sind zu einer Basalmembran ausgebildet. Von Variationen in Form und Grösse abgesehen sind die epithelialen Einstülpungen nach diesem einfachen Plane gebaut. In den Crypten münden die Drüsen, wenn solche sich finden. Die Bildungen, die ich als Drüsen bezeichne, zeigten Fig. 5. Fig. 6. immer denselben Bauplan und dieselbe Tinctibilität. Von Drüsen meine ich vier verschiedene Typen, die aber nur verschiedene Entwickelungstufen sind, unterscheiden zu können. Es fanden sich hie und da in den Wänden der Crypten kleine, kugelförmige oder ovale Ausbuchtungen mit pyramiden- förmigen Zellen bekleidet; der ganze Zellenleib ist eine klare wabenförmige Masse, die Schleimreaktion gibt; die Kerne liegen plattgedrückt an der Basis. Diese Ausbuchtungen können Beiträge zur mikroskopischen Anatomie u. Histologie d. Gallenblase. 417 als alveoläre Einzeldrüsen aufgefasst werden; sie prominieren nur wenig, verzweigen sich nicht und finden sich an verschie- denen Stellen der Crypten, sowohl in der Nähe der Basis als der Mündung, ab und zu mit ihrer Basis an der Basalmembran der Oberfläche anstossend. Sie waren im ganzen sparsam ent- wickelt. Ausserdem fanden sich bei den Crypten runde oder ovale Tubuli mit recht grossem Lumen (siehe Tabelle), bald ganz dicht an den Crypten, bald etwas länger von ihnen liegend, aber immer so, dass man vorher wissen konnte, zu welchen Crypten sie gehörten. In Serien sah man, dass sie immer in den Crypten einmünden, sowohl auf deren unterster Wand (ich habe sie niemals an der oberen Wand gesehen), als am häufigsten an den beiden Enden, niemals münden sie auf der freien Oberfläche. Ihre Zahl ist verschieden, 1—5; sie münden entweder jeder Tubulus für sich (Fig. 7—8, 15) in verschiedener Höhe der Crypte, oder ein Paar dicht beieinander liegende con- fluieren und münden dann mit einem kurzen Gange. Sie nähern sich den Crypten immer unter einem sehr spitzen Winkel, an den Enden bildet der Tubulus nach der Mündung eine runde Ausbuchtung, von der Crypta noch mittelst einer kleinen Ein- kerbung abgesetzt. Sie fanden sich bald mehr sparsam, so dass nur eine Urypte in einem Schnitte solche zeigte; bald zeigten sie aber in einem Schnitte derselben Länge 2—3 Crypten. Die Tubuli halten während ihres Verlaufes ungefähr denselben Diameter sowohl der Wand als des Lumens. Die Zellen sind von denen der Crypten immer deutlich verschieden, indem sie grösser sind und Schleimzellen in allem ähnlich sind (Fig. 5—6). Sie färben sich mit Schleimfarbstoffen schön. Der dritte Typus der Drüsen war eine weitere Entwickelung der eben erwähnten. Die Drüsen bildeten eine grössere Menge Tubuli, die in der Nähe einer Crypte lagen. In dieser Crypte mündeten sie nach und nach ein, am häufigsten nahe der 418 ‚A. JURISCH, Basis. Sie liegen entweder sehr dicht an der Crypte, können diese ganz umgeben (Fig. 8), oder sie sind mehr zerstreut; dann liegen die meisten an den Enden der Crypte. In Serien sieht man, dass die einzelnen Tubuli entweder jeder für sich bis zu der Mündung verlaufen, oder sie confluieren zu oft Beiträge zur mikroskopischen Anatomie u. Histologie d. Gallenblase. 419 unregelmässigen Hohlräumen, die dann später mit den Crypten confluieren. Hier ist der Typus tubulo-alveolär (Fig. 15, 6). Die Basis der einzelnen Tubuli liegt in verschiedener Höhe, gleichwie die Mündungsstelle. Der Bau der ganzen Drüse ist sehr los, Tubuli liegen oft sehr zerstreut (Fig. 15) voneinander, mittelst Bindegewebe und Muskelzügen geschieden, denn diese Drüsen liegen tief in der Schleimhaut. Die bisher erwähnten Drüsen münden also in Crypten, die fertig gebildet sind und von ansehnlicher Grösse im Ver- hältnis zu den Drüsen sind. Man sieht aber auch Bilder, die ganz andere Verhältnisse zeigen (Fig. 1, 3, 7, 15)!). Hier sind es nämlich die Endverzweigungen der Crypten selbst, die secernieren, so dass ihr Epithel dem der beschriebenen Drüsen ganz ähnlich geworden sind; der Diameter der Röhre ist doch olt grösser als der der beschriebenen Drüsen. Es wird also hier deutlich, dass sich keine Wesensunterschiede zwischen Crypten — ihrer tieferen Teile jedenfalls — und den Drüsen finden; beide sind epithelbekleidete Röhren, deren Zellen Schleim secernieren, immer oder nur ab und zu, denn man trifft mehr oder weniger secretvolle Zellen sowohl in den Drüsen als in den Endzweigen der Crypten. Ein Bild, das z. B. stark für diese Auffassung spricht, habe ich gesehen, indem von vier runden, recht grossen Endverzweigungen, die später zu einer grossen, langen Crypte confluierten, die drei ganz secretvolle Zellen hatten und den Tubuli einer Schleim- drüse ganz ähnlich waren, die vierte dagegen, die zwischen den anderen lag, hatte Zellen, den nicht secernierenden körnigen Oberflächenzellen ähnlich. Es ist doch wahrscheinlicher an- zunehmen, dass dieser letzte Tubulus nur zufällig im secret- leeren Stadium gewesen ist, als dass er allein von den vieren nimmer in Secretion treten konnte. ') Die Röhren liegen am häufigsten in einer Reihe, der Oberfläche parallel. Anatomische Hefte. I. Abteilung. 118. Heft (39, BdarH22)° 28 420 A. JURISCH, Als Drüsen habe ich also verschiedene Bildungen be- schrieben, die grosse Ähnlichkeit in ihrem allgemeinen Bau- plane und im morphologischen Aussehen zeigen. Die Zellen sind in allen Charakteren mit Schleimzellen identisch ; sie färben sich immer mit Schleimfarbestoffen. Es sind rein tubulöse, oder für die grösseren tubulo-alveoläre Drüsen; die Tubuli sind von verschiedener Länge, aber derselben Form ; sie münden immer unter spitzen Winkeln successive in den Crypten ein. Weiter sind diese Drüsen in Bau und Morphologie denen der grossen Gallengänge, die ja von allen als echte Drüsen an- erkannt werden, ganz ähnlich; der Unterschied besteht nur darin, dass die der Gallenblase viel kleiner und sparsamer und einfacher gebaut sind. Wenn man Beschreibungen und Zeichnungen vergleicht, wird man mir wohl die Einräumung machen, dass es sich hier nicht um Verwechslung mit patho- logischen Hypertrophien, Luschkaschen Gängen u. dergl., Beiträge zur mikroskopischen Anatomie u. Histologie d. Gallenblase. 421 sondern um wohlcharakterisierte, gleichförmige Bildungen, die Variationen eigentlich nur ın Zahl und Länge zeigen, dreht. Dass alle Zellen der Gallenblasenepithelien secernieren können, soll später erwähnt werden; die Drüsenzellen secernieren mil der grössten Intensität. Aus meinen fünf genau untersuchten Fällen darf ich weiter den Schluss ziehen, dass die Gallenblase grosse individuelle Verschiedenheiten in bezug auf Zahl, Ausbildung und Grösse der Drüsen darbietet und dass die Drüsen gar nicht im Collum allein gefunden werden, sondern auch in vielen Fällen (3:5) !) in Corpus und Fundus; sie sind nur zahlreicher gleich an der Mündung des Ductus eysticus. Die reichste Entwickelung traf ich in Gallenblase Nr. I, wo die Drüsen im Fundus sehr zahlreich waren; von einem Flächenschnitte, wo ich überhaup! die meisten Drüsen traf, gibt Fig. 15 eine Vorstellung. In der Gallenblase Nr. IV traf ich nur in zwei von zahl- reichen Schnitten Drüsen, in den anderen gar keine; dieses Exempel beweist die starke Variation und wie eingehend die Untersuchungen sein müssen. Die Drüsenanlagen bei Neugeborenen sind in Fig. 10 ab- gebildet. Auch hier ist es eine grössere Crypte, die nach und nach kleinere runde Tubuli aufnimmt. Die genauere Beschrei- bung behalte ich mir für eine spätere Arbeit vor. Die aberrierenden Gallengänge in den äusseren Schichten der Gallenblasenwand, besonders auf der Seite, die gegen !) Nach dem Abschluss meiner Arbeit habe ich noch eine Gallenblase untersucht (Pat. war 84 Jahre alt). Hier fand ich in der ganzen Gallenblase die beschriebenen Drüsentubuli, im Fundus am meisten in den Luschkaschen Gängen, die hier sehr zahlreich waren, einmündend, besonders an der Basis derselben. Die meisten Tubuli waren hier secretleer, oder doch weniger secretvoll als in den anderen Fällen, einige von ihnen gaben eine dentliche Schleimfärbung mit Mueicarmin. Übrigens war in diesem Falle bemerkbar, dass einige — und recht zahlreiche — Crypten und Luschkasche Gänge einen mehr lothrechten Verlauf hatten, als ich bisher gesehen hatte, die anderen verhielten sich wie bereits erwähnt. 28* 492 A. JURISCH, Hepar wendet, aber auch auf einem Teil der mit Peritoneum bekleideten Partie, will ich nur kurz erwähnen, meist weil Aschoffin seinem Referate dieselben erwähnt. Es sind runde oder ovale Röhrchen von verschiedener Grösse und mit einem einschichtigen Cylinderepithel wie die grossen Gallengänge in Hepar. Sie verlassen die Lebersubstanz in einem Zuge von Bindegewebe, laufen dann so schräg nach aussen, dass sie mit der Oberfläche des Hepar und somit auch mit der äusseren Oberfläche der Gallenblase beinahe parallel laufen. Sie liegen in den äussersten Schichten während des ganzen Verlaufes und sie nähern sich nur unbedeutend den inneren Teilen der Wand. Ab und zu schicken sie einen blind endenden lateralen Ausläufer aus oder der Gang teilt sich in 2—4 kleinere Gänge, die entweder für sich weiter laufen oder sich wieder vereinen. Niemals habe ich eine Andeutung davon gesehen, dass sie in irgend einer Beziehung zu den epithelialen Ausläufern der Gallenblasenschleimhaut stehen. Bei den untersuchten Säugern waren die Verhältnisse der Crypten und Drüsen folgende: 3eim Hunde ist die innere Oberfläche mit verschieden eeformten Cristae mehr oder weniger dicht besetzt, zwischen welchen zahlreiche Cryptae (Fig. 11) schräg nach unten in die Tunica propria gehen und bei der Museularis Halt machen. Beiträge zur mikroskopischen Anatomie u. Histologie d. Gallenblase. 423 Luschkasche Gänge habe ich nicht gefunden. Die Crypten waren rund oder oval, aber nicht länglich wie beim Menschen ; sie waren auch kürzer. Oft bildeten sie mit ihren Verzweigungen eine beinahe zusammenhängende Schicht. Sie verlaufen unge- teilt oder verzweigen sich am oftesten in 3—4 runde Röhrchen, die gruppenweise angeordnet liegen. Ihre Ausmündung auf der Oberfläche geschieht ganz wie beim Menschen. Sie secernieren sehr reichlich Schleim. Drüsen, morphologisch von den Crypten verschieden, habe ich nicht gefunden trotz eingehender Unter- suchung. Weil ich aber einen Eindruck davon habe, wie klein und zerstreut die Drüsen in der Gallenblase sein können, hüte ich mich wohl zu behaupten, dass Drüsen hier fehlen. Bei der Katze waren die Verhältnisse ganz wie beim Hunde, ausgenommen, dass sich hier sparsame Luschka sche Gänge finden. Beim Kaninchen und Meerschweinchen ist die Wand sehr dünn, an einzelnen Stellen doch verdickt. Man sieht recht 424 A. JURISCH, niedrige Cristae, in Form und Grösse stark variierend und zwischen denselben kurze ovale Cryptae, die eine kleine Strecke schräg nach unten, ungeteilt oder in .2—3 Röhrchen ver- zweigt, verlaufen. Auch hier finden sich wohlausgesprochene Luschkasche Gänge, welche die Muscularis perforieren (Fig. 12—13), in die äusseren Schichten weiter verlaufen bis gleich unter das Serosaendothel, wo sie ihre Basis haben, nur von sehr dünnen Bindegewebszügen begrenzt; sie können sich oft als kleine Divertikel präsentieren, denn die ganze Wand ist an dieser Stelle verdickt, so dass eine kleine Prominenz entsteht, in der die Basıs des Ganges liegt. Die Richtung der Luschkaschen Gänge ist so schräg, dass sie beinahe parallel der Oberfläche laufen; in allen Einzelheiten sind sie den früher beschriebenen ganz ähnlich. Ausser diesen Bildungen traf ich Beiträge zur mikroskopischen Anatomie u. Histologie d. Gallenblase. 425 bei verschiedenen Meerschweinchen kleine, kurze runde Tubuli, die in der Nähe der Luschkaschen Gänge und den tieferen Crypten liegen und in dieselben einmünden. Ihre Zellen zeigten verschiedene Secretionsphasen, z. B. ganz secretvolle Zellen, Schleimzellen und ausgebildeten Becherzellen durchaus ähn- lich, und Zellen, deren Hälfte mit Schleimgranula gefüllt waren. Sie gaben Schleimreaktion. Ab und zu liegen 3—4 solche kleine Tubuli in einer Reihe parallel der Oberfläche und confluieren nach und nach zu einer Crypte, also ganz ähnliche Bilder wie beim Menschen. Ich nehme diese kleinen Röhren als homolog mit den Drüsen an. Beim Schweine fanden sich wohlentwickelte Schleimdrüsen von 4—12 Tubuli gebildet, sie sind stark zerstreut, liegen gern mit langen Zwischenräumen, aber oftestens mehrere nahe bei- einander. Der Typus ist hier tubulös oder alveolo-tubulös. Fig. 14 zeigt diesen Typus schön. Bei etlichen Drüsen gingen Ausführungsgänge lotrecht bis an die Oberfläche empor, an anderen Stellen mündeten die Drüsen in Crypten von dem gewöhnlichen Typus. Alle Zellen, sowohl der Drüse als des Ausführungsganges, waren mit Secret stark gefüllt. Fig. 18 zeigt eine typische Drüsengruppe. Beim Lamme kurze Crypten und Cristae, auf mehreren grösseren Bezirken ist die Oberfläche glatt. Die Entwickelung der Drüsen ist individuell sehr variabel, sowohl mit Rück- sicht auf die verschiedenen Gallenblasen als die verschiedenen Teile derselben Gallenblase; die Drüsen sind nicht auf be- stimmte Teile der Gallenblase beschränkt. In einigen Fällen liegen sie auf grossen Strecken (ein paar Centimeter und mehr) so dicht, dass sie eine beinahe continuierliche, 2—3 Tubuli hohe Lage parallel der Oberfläche nach oben von der Mus- cularis bildeten; an anderen Stellen finden sich einzelne grosse (Fig. 19) oder kleinere Drüsen zerstreut. Luschkasche Gänge habe ich nicht beobachtet. Ausser den secretgefüllten 426 A. JURISCH, Tubuli der Drüsen sah man hie und da in der Tunica propria kleine Tubuli mit stark gekörnten Zellen, kein Secret in dem Lumen (Fig. 19, nach unten). Die Figur zeigt einen solchen Tubulus, an dessen beiden Enden kleinere Tubuli liegen. Ob diese Röhrchen, die ab und zu recht zahlreich entwickelt waren und keine besonderen Variationen im Bau zeigten, Fig. 14. kleinere secretlleere Crypten oder vielleicht Entwickelungs- stadien zu Drüsen sind, kann ich mit Sicherheit nicht ent- scheiden. Bei der Ziege fanden sich sehr unregelmässiges Relief dicht gestellter Cristae, ovale Cryptae und zerstreule, kleinere und srössere Schleimdrüsen. Beim Ochsen und Kalb sieht man auf der inneren Ober- fläche niedrige Furchen und zahlreiche kleine, knopfnadelstich- Anatom. Hefte. | Ext. Er ER v » u , 1,7% Jurisch, I. Abt. 118. Heft (39. Bd., H. 2). Tafel 22. Verlag von J. F. Bergmann in Wiesbaden. h RR Ri . = 5 A a: y re = Pe r va 1 ET j ie NA & ) a N TE E27 el EA R fi eg a are ca an Dar Anatom. Hefte. I. Abt. 118. Heft (39. Bd., H. 2.) Tafel 23. Jurisch. Verlag von J. F. Bergmann in Wiesbaden, MR ö x 4 5 g EIERN Kr Beiträge zur mikroskopischen Anatomie u. Histologie d. Gallenblase. 427 grosse Öffnungen, in welchen. die Drüsen münden. Dieselben wurden in reicher Ausbildung in allen Fällen gefunden, stark verzweigte grössere und kleinere Komplexe, in welchen die einzelnen Tubuli oft dicht gedrängt, aber auch oft zerstreut gelagert waren. Die Drüsen liegen zerstreut in verschiedener 428 A. JURISCH, Tiefe der Schleimhaut; ein typisches Bild stellt Fig. 16—17 dar. Die Drüsen liegen in den oberen Teilen der Schleim- haut am dichtesten, sie sind rein tubulös oder alveolo-tubulös ; man unterscheidet deutlich die schleimgefüllten Tubuli von den secretleeren. An einigen Stellen sieht man grosse, ovale oder mehr unregelmässig geformte Gänge, die grosse Strecken durch die Schleimhaut laufen; sie nehmen nach und nach zahlreiche Drüsen, die in ihrer Nähe liegen, auf. Oft finden sich in der Nähe derselben grossen Gänge grosse Lymphoecyt-Infiltrationen, die auch in geringerem Massstabe viele der kleineren Drüsen umgeben. Das Epithel. Für das Studium der feineren Verhältnisse des Gallen- blasenepithels sind Virchows (38c) Untersuchungen grund- legend. Nachdem er in seinem Streit mit Henle behauptet hatte, dass das Epithel immer mit Kernen versehen war („grosse, ovale, leicht granulierte, mit 1—2 sehr glänzenden Kern- körperchen‘“), gibt er in 1857 seine klassische Beschreibung des Epithels: „Meine Untersuchungen sind an den Gallenblasen von Menschen (Erwachsenen und Kindern), von Hunden und Katzen angestellt. Es zeigte sich dabei, dass das Epithel überall der Struktur nach dem Darmepithel t) gleicht, dass aber nament- lich beim Hunde die Verhältnisse ausserordentlich schön zu übersehen sind. Hier haben die Cylinderzellen eine sehr be- trächtliche Länge und einen sehr innigen Zusammenhang, so dass man sowohl die freieOberfläche als die Seitenansicht sehr leicht gewinnen kann. Im letzten Falle sah ich an dem freien Ende der Zellen einen ganz ähnlichen, breiten hellen Saum mit radialer Streifung, wie ihn zuerst Koelliker (Würzb. Verh. VI., S. 253) vom Darm genauer geschildert hat. Nach !) In Cellularpathologie (Aufl. II, 1859) finden sich Bilder von den Zellen. Beiträge zur mikroskopischen Anatomie u. Histologie d. Gallenblase, 429 a” — — aussen besitzt dieser Saum in ganz frischen, innerhalb der natürlichen Gallenblasenflüssigkeit untersuchten Präparaten einen glatten Rand; nach einiger Zeit erscheint letzterer aber, wie Koelliker schon beim Darmepithel erwähnt, gezähnelt und zuweilen entfernen sich einzelne dieser Zähne oder Stäb- chen so sehr, dass man an die Cilien von Flimmerepithel erinnert wird. Solche Zellen stimmen ganz überein mit den von Brettauer und Steinach abgebildeten Formen aus dem Darm, namentlich auch ın dem Umstande, dass nicht die ganze Dicke des Endsaumes gestrichelt oder gezähnelt aus- sieht, sondern dass die innerste, der Zelle zugewandte Partie durch eine vollkommen homogene helle Leiste gebildet wird, auf der die Zähne der Stäbchen wie ein Kamm aufsitzen. Übrigens erscheint der gezähnelte Saum stets breiter (oder dicker) als der bloss gestrichelte, so dass wahrscheinlich eine leichte Imbibition bei der Umwandlung des letzteren in den ersteren stattfindet. .... Von der freien Fläche her sieht man auch das von Koelliker beschriebene punktierte Aussehen der Zellen- deckel. Daneben tritt aber hier ein Verhältnis sehr deutlich hervor, das ich am Darmepithel nicht in gleicher Weise sah; man erkennt nämlich im Umfange jeder regelmässig polygonalen, oft sechseckigen Zelle eine nicht punktierte, vollkommen homogene und hyaline, ziemlich breite Begrenzung, welche, gleich der erwähnten hellen Leiste unter dem gezähnelten Saume, nicht an der Strichelung teilnimmt. Überdies sah ich bei einem jungen Kätzchen sehr schön zwischen den gewöhn- lichen körnigen Epithelien in oft regelmässigen Abständen hellere, wie blasig aussehende Gebilde von etwas grösserem Umfange, wie ich sie schon beim Hunde und bei einem hin- gerichteten Manne im Darm wahrgenommen hatte... In Be- ziehung auf die Form bemerke ich noch, dass ich neben den einfach cylindrischen Zellen mehrfach solche mit einem dicken, 430 A. JURISCH, kolbigen oder keulenförmigen Ende und einem langen, feinen fadenförmigen Stiel sah. Über den Zelleninhalt will ich be- merken, dass derselbe gewöhnlich etwas trübe und mattkörnig ist, dass er mir jedoch, wie ich auch von dem Darmepithel beobachtete, häufig fein längsgestreift erschien. Was nun die Anfüllung mit Fett anlangt, so ist diese der bei der Chylusresorption am Darmepithel erfolgenden aufs Haar ähnlich. Zuerst tritt ganz feinkörniges Fett auf, später findet man grosse glänzende Tropfen. Anfangs zeigt sich das Fett in der obersten Schicht der Zelle.... dann rückt es allmählich tiefer, bis es die ganze Zelle, mit Ausnahme der Kernstelle, erfüllt und ausdehnt ... Nun schwindet das Fett in den äusseren Zellenteilen. Die Analogie mit dem Darm- epithel ist gewiss schlagend, sowohl was Anordnung und Bau, als auch was den Resorptionsvorgang angeht.“ Virchow erwähnt nicht die Schleimsecretion. Die meisten Hand- und Lehrbücher haben ganz kurze, nicht eingehende Beschreibungen; oft referieren sie kurz Vir- chows Untersuchungen. Koelliker (17) erwähnt aus 1852 „Cylinderepithel, dessen Zellen oft mit Galle tingiert sind und ihre Kerne nicht immer deutlich zeigen“. 1859 fügt er zu: „eine verdickte, freie Wand, die derjenigen der Zellen des Dünndarmes ähnlich ist“ (Vir- chow). Ebenso in den späteren Auflagen. Leydig erwähnt aus 1857 kurz ein Cylinderepithel (19). Luschka: Hohes Cylinderepithel mit Cuticula. 1863 (22). Stricker (34) 1871: „sehr hohe Cylinderzellen, welche letztere an ihrer freien Fläche einen verdickten gestreiften Saum zeigen, wie die Cylinderzellen des Dünndarms“ (Virchow), (Kap. XVII, E. Hering: Leber). Frey (4) 1876: „Die Schleimhaut trägt den gleichen Über- zug gekernter Cylinderzellen wie im Dünndarm und in der Anatom. Hefte. I. Abt. 118. Heft (39. Bd., H. 2). Tafel 24. Fig. 28, Jurisch, 1 Verlag von J. F, Bergmann in Wiesbaden. . M a Fe ‘ r Due In? Beiträge zur mikroskopischen Anatomie u. Histologie d. Gallenblase. 431 Tat kommt ihnen die gleiche Fähigkeit zur Fettresorption zu“ (Virchow). Toldt (37) [1877] erwähnt ein einschichtiges Epithel „mit cuticularer Verdichtungsschicht. Nicht selten Becherzellen.“ Neuere Lehrbücher, so z. B. Schenk!) 1885, Klein!) 1890, Remy!) 1889, Schäffer 1902, Szymonowicz 1910, Stöhr (33) geben nur Cylinderepithel an. v. Ebner (3) erwähnt ein Cylinderepithel, dessen einzelne Zellen oft von Galle gefärbt sind, ihre Kerne nicht immer deutlich zeigen usw.; die alte Beschreibung von Koelliker. Von den grösseren französischen Handbüchern gibt Testut (36) folgendes an: „Une seule rangee de cellules cylindriques a plateau strie. Leur protoplasma renferme des goutelettes graisseuses, tout comme des cellules des villosites ‘ intestinales au moment de la digestion.“ Er referiert kurz die Ansichten von Doyon et Dufour (96), welche meinen, dass das Fett zu Cholestearin umgebildet werden soll. Poirier (24): Einschichtiges Cylinderepithel, 20—25 u hoch, 4-5 u breit; Cuticula wird deutlich gesehen; er führt an, dass Virchow und später Ranvier (1886) Fettkörnchen gefunden haben. Zerstreute Becherzellen werden gefunden. Renaut (26a) beschreibt beim Hunde ein Epithel, dem der Darmzotten ganz ähnlich. Sie haben eine gestreifte Cuti- cula, enthalten Fettkörnchen; es finden sich Wanderzellen zwischen den Basalteilen der Zellen. Die Verfasser, die specielle Untersuchungen über das Epithel vorgenommen haben, sind alle zu einem Resultate ge- kommen, das in gewissen Punkten ven dem von Virchow verschieden ist. Von der Cutieula führt Virchow an, dass sie der Cuti- cula der Darmzellen ähnlich ist. Dies hält er auch gegen Friedreich (5) fest, welcher in Veranlassung einer Leber- 1) Nach Steiner (32) eitiert. 432 A. JURISCH, cyste mit Flimmerepithel, die nach seiner Annahme von einem Gallengange ausgegangen war, einen Ochsenembryo (3!/; Monat alt) und einen Menschenembryo (3—4 Monat alt) untersuchte; und hier fand er „in der Gallenblase eylindrische Epithelien, welche auf ihren Deckeln hinreichend deutlich teils konische Appendices, teils ziemlich breite Säume hatten, welche Streifung erkennen lassen, die den Anschein geben, als bestände der Saum aus miteinander verklebten Cilien oder sei er im Be- griffe, sich in solche zu teilen“. Er stützt sich auf Leydig, der in seinem Buche aus 1857 Flimmerepithel bei Frosch- embryonen und persistierend bei Petromyzon angibt. Leydig wollte auch nicht Friedreichs Deutung der Präparate, die er (Leydig) gesehen hatte, verneinen. Hierauf bemerkt Vir- chow: „Die von Friedreich erwähnten Säume habe ich auch beim erwachsenen Menschen wiederholt gesehen, be- sonders an der Gallenblase ....... nur schien es mir, als ob das Verhältnis genau dem von Koelliker und Finke an Darmepithelien beschriebenen entsprach, nur dass der An- schein getrennter Cilien ungleich deutlicher hervortrat”. Sudler (35) erwähnt die Cuticula nicht; Steiner findet sie auch nicht, „höchstens erscheinen bei sehr starker Ver- grösserung die dem Lumen zugekehrten freien Zellenseiten leicht doppelt konturiert“. Aschoff (1) fand weder an frischen noch an gefärbten Präparaten eine Cuticula, „höchstens An- deutungen einer stärker lichtbrechenden Begrenzung der freien Oberfläche‘. In dem Streit zwischen Virchow und Henle über die Gegenwart des Kernes haben alle späteren Untersucher auf Virchows Seite gestanden; an Epithelien, die nicht allzuviel mit Galle imbibiert waren, färbte sich der Kern regelmässig. Gleichwie die Cuticula von verschiedenen modernen Unter- suchern nicht gefunden wurde, ebenso ist Virchows Angabe von der Fettinfiltration in den Zellen von Sudlerund Steiner Beiträge zur mikroskopischen Anatomie u. Histologie d. Gallenblase. 433 verneint worden. Sudler schreibt: „Granules were often seen in the outer end ar near the base of the cells, but these gave no reactions for fat“. Steiner konnte auch nicht das Fett nachweisen, er meint aber, dass seine Alkoholfixation viel- leicht die Schuld hat. Aschoff dagegen „kann Virchows Angaben über die Fettresorption vollauf bestätigen. Die Fett- körnchen liegen entweder im freien Abschnitt der Zellen oder basal unter dem Kerne, oft in Reihen angehäuft“. An Stellen mit starker Fettresorption enthalten die nähesten Bindegewebs- schichten auch Fettkörnchen“. Alle Zellen werden nicht in demselben Stadium der Fettresorption getroffen, viele ent- halten gar nicht Fettkörnchen, „es sind immer nur inselförmige Bezirke, welche die Fettresorption zeigen“. Er konnte die An- gaben Testuts von einer Fettsecretion nicht bestätigen. Keiner von diesen Verfassern gibt die Methode, die er für seine Untersuchungen angewandt hat, an. Die Schleimsecretion wird von Virchow nicht er- wähnt. Steiner spricht auch nicht davon, dagegen sag!l Sudler: „The cells (die Epithelzellen) seem to secrete a thick mucous material, but no goblet-cells are present“. Aschoff erwähnt auch die Schleimsecretion in den nicht fettresorbieren- den Zellen. In der Gallenblase eines Hingerichteten fand er „nur ganz vereinzelte Epithelzellen, deren Leib ganz mit wabigen, mit Mucicarmin tiefrot gefärbten Schleimmassen aus- gefüllt war. In entzündeten Gallenblasen nimmt die Secretion stark zu, so dass man in der Mehrzahl der Epithelien, freilich nur in Form eines schmalen axialen Zapfen, mit Hämat- oxylin dunkelblau gefärbte, körnig-wabige Massen erkennen kann. In normalen Gallenblasen sind die nicht resorbierenden und nicht secernierenden Epithelzellen mit einem hellen Proto- plasma versehen. Ob dieses auch secerniert, vielleicht eine besondere Art Schleim, welche die gewöhnliche Reaktion nicht gibt, konnte ich bis jetzt nicht entscheiden“. 434 A. JURISCH, Becherzellen wurden von Virchow bei der Katze ge- funden; sie werden nicht von Steiner, Sudler und Aschoff erwähnt; die zwei letzten erwähnen dagegen Stift- zellen, zusammengedrückte stark färbbare Zellen mit langen Kernen. Aschoff nimmt an, dass diese in grosser Menge zugrunde gehen, doch findet scheinbar keine Neubildung statt, indem er in nicht acut entzündeten Gallenblasen niemals Mitosen fand. Dieselben werden auch nicht von anderen Ver- fassern erwähnt. Das Pigment in den Zellen wird von Virchow und Aschoff beschrieben, dagegen nicht von Steiner und Sudler. Es ist als Körnchen oder Tropfen abgelagert. Eigene Untersuchungen. Zum Studium der feineren, cytologischen Verhältnisse des Epithels wurde teils Isolierung (Kaninchen), teils Schnitte von 2-5 u Dicke, mit Alaun, Chrom- und Eisenhämatin (Hansen), Heidenhains Eisenlackmethode (11) und verschiedenen Schleimfärbungen gefärbt, verwendet. Für Fettfärbungen habe ich Sudan III angewendet. Viele Schnitte sind auch ungefärbi in Wasser, Alkohol und Glycerin untersucht. Das Epithel zeigte sich in allen untersuchten Galienblasen als ein schönes, hohes, einschichtiges Cylinderepithel mit dem Kerne in dem Basalteil der Zellen, am oftesten in der Mitte des 1.—2. Drittels der Zelle. Ab und zu rückt der Kern in einigen Zellen etwas höher nach oben, etwa bis in die Mitte der Zelle. Beim Kaninchen dagegen steht der Kern immer in dem luminalen Teil der Zelle, oft dicht an der Cuticula; Beiträge zur mikroskopischen Anatomie u. Histologie d. Gallenblase. 435 zahlreiche Präparate von verschiedenen Tieren zeigten immer dasselbe Bild. In den Crypten stehen die Kerne dichter an der Basis als in dem Oberflächenepithel. Die quergestellten, platten Kerne der Schleimdrüsenzellen sind bereits erwähnt. In den Gallenblasen von Neugeborenen standen die Kerne in 2-3 Reihen in dem mittleren Teil der Zelle (reine (uer- schnitte). Bei neugeborenen Kaninchen und Katzen war das Epithel teils einreihig, teils auch hier zweireihig. Mittelst Iso- lierung und in dünnen Schnitten, wo man die Konturen der Zellen genau verfolgen konnte, sah man, dass alle Zellen die Basalmembran erreichten, während nur die Kerne in verschie- dener Höhe verschoben waren, also ein 2—3reihiges Epithel (Fig. 36). Die Höhe der Zellen war für die verschiedenen Tierarten verschieden, beim Meerschweinchen und Katze am niedrigsten. Übrigens zeigten sich in demselben Präparat (Fig. 37—38 z. B.) oft bedeutende Unterschiede in den Dimensionen der verschiedenen Zellen, secretleeren, secretvollen und Stiftzellen, ebenso waren Zellen auf der Höhe der Cristae höher als die auf den Seiten der Cristae und in den Zwischenräumen. Die Form (Fig. 32, 35) der Zelle ist 5—6 seitig prismatisch, in Crypten, auf Cristae und in den Falten zwischen Cristae pyramidenförmig, in den CUrypten von Hund, Katze, Ziege und Meerschweinchen waren die Zellen niedriger und konnten ganz cubisch werden. Isolierung wurde teils mit Ranviers Alkohol, teils mit Osmiumsäure mit einer Spur von Essigsäure (Schaeppi, 28) vorgenommen. Beide Methoden geben gute Resultate; dass die Osmiumsäure die Form der Zellen besser als Ranviers Alkohol bewahren sollte (Schaeppi), ging aus meinen Präpa- raten nicht hervor, indem es nicht möglich war, bei genauerer Vergleichung der Präparate etlichen Unterschied zu entdecken. Die feinen Zacken auf der Oberfläche habe ich auch auf Anatomische Hefte. I. Abteilung. 118. Heft (39. Bd,, H. 2). 29 436 A. JURISCH, osmiumbehandelten Zellen wahrgenommen; im ganzen glaube ich nicht, dass die Formen der Zellen grössere Veränderungen bei der Isolierung erlitten haben. Es wurden viele verschiedene Zellenformen gesehen, lange, sehr dünne Stiftzellen, eylin- drische Zellen von verschiedener Höhe und Breite, Zellen mit Impressionen von den Kernen der benachbarten Zellen. Der Basalteil der Zellen war entweder ungeteilt oder wie in anderen Cylinderepithelien zu einer Fussplatte ausgezogen, die sich dann unter verschiedenen Formen zwischen den Nachbarzellen aus- dehnte; oft bildete die Fussplatte mit dem übrigen Zellenleibe einen Winkel und ein recht grosser Teil der Zelle kam dann mit der Basalmembran in Contakt. Oft war der Basal- teil in 2—-3 dünneren oder diekeren Wurzeln ausgezogen, die dann mit verdickten Platten endigten. Bilder, die auf die An- wesenheit einer basalen Cuticula (Scehaeppi) deuten, habe ich nicht gesehen. Die von Schaeppi und Kolossow gefundenen Inter- cellularbrücken fand ich auf diesem Epithel als ganz dünne Faden, die sich zwischen den Seitenflächen der Zellen spannten. Dieselben sah ich auch auf Schnittpräparaten von einem Meer- schweinchen, wo die Intercellularräume sehr ausgedehnt waren, hier sah man ganz deutlich zahlreiche Intercellularbrücken durch die Räume ziehen. Auf weniger wohlconservierten Stellen aus verschiedenen Gallenblasen (Rind, Lamm, Schwein, Kalb) waren die Zellen oft ganz oder zum Teil isoliert, man sah hier bei der natür- lichen Isolation dasselbe wie bei der künstlichen. Einige extreme Zellenformen, Stiftzellen und Becherzellen werde ich später im Abschnitte von der Secretion erwähnen, hier soll nur angeführt werden, dass Becherzellen sich bei allen Arten — Kaninchen und Meerschweinchen ausgenommen — fanden, aber in sehr verschiedener Zahl und Entwickelungs- grade. Die Stiftzellen waren hohe sehr dünne Zellen mit stark 438 A. JURISCH, gekörntem und färbbarem Protoplasma und mit einem sehr länglichen, strichförmigen Kerne, der ab und zu das Meiste der Zelle ausfüllte. Sie fanden sich in allen Fällen, bald zer- streut, bald in Gruppen auf 2—5, auf verschiedenen Ent- wickelungsstufen, von dünnen Cylinderzellen bis an ganz strich- und peitschenförmigen Zellen (Fig. 37—38, 29, 39). Die Lage der Kerne in den Zellen ist erwähnt. Mit Aus- nahme einer Gallenblase von einem Menschenembryo (sechs Monat alt) war mein ganzes Material so wohlconcerniert, dass die Kerne sich mit derselben Leichtigkeit wie in anderen Präpa- raten färbten, nur in einigen Fällen dauerte die Kernfärbung etwas länger oder sie wurde etwas schwächer in den Teilen des Präparates, die mit der Galle in intimer Berührung ge- wesen waren — so die obersten Teile der Cristae —, ich be- kam dann Bilder mit schwacher Färbung der Crista und schöner Färbung der Crypta, so dass die Abhängigkeit der Kernfärbung von der Imbibition mit Galle deutlich hervortrat (Virchow). Die Form der Kerne ist oval bis länglich oval, oft vier- eckig mit planen Seiten und Ecken. In den kürzeren Zellen (Katze, Meerschweinchen und Crypten beim Hunde, Ziege u.a.) ist der Kern rund, behält aber seinen Platz in der Zelle; die Kerne der secretvollen Zellen und Stiftzellen sind erwähnt. Die Oberfläche der Kerne ist regelmässig und eben, in zahlreichen Zellen — unter anderem diejenigen, die mit Fett oder Secret stark gefüllt sind — fanden sich scharf begrenzte recht grosse Impressionen in den Kernen. Dieselben sah man auch auf Gefrierschnitten, und zwischen ganz glatten, regel- mässigen Kernen; ich glaube dann nicht, dass sie von Fixations- fehlern herrühren können. Der Kern färbt sich entweder recht diffus mit den ver- schiedenen Kernfarbstoffen, oder das Chromatin ist in Klümp- chen oder Netzwerken verschiedener Dicke angeordnet. Der Kern enthält 1—2—3 runde in ungefärbten Präparaten stark Beiträge zur mikroskopischen Anatomie u. Histologie d. Gallenblase. 439 lichtbrechende Kernkörperchen. In ungefärbtem Zustande ist der ganze Kern mehr oder weniger dicht granuliert. Bei verschiedenen Tieren, deutlichst beim Hunde, zeigen die Kerne morphologische Verschiedenheiten in Zellen, die in verschiedenem Secretionszustande sind, indem er in stark secretvollen Zellen gross, blasenförmig, schwach gefärbt war, mit dem Chromatin in einem Netzwerke von dünnen Strängen angeordnet (Fig. 27, 29)1), während er in Zellen, die gar nicht oder nur wenig secretgefüllt sind, das gewöhnliche, mehr kom- pakte Aussehen hat. In den typischen Becherzellen dagegen war der Kern doch nicht gross und nie aufgebläht, sondern von dem früher beschriebenen Aussehen (quergestellt, ausge- höhlt). Es ist also nur in einem gewissen Stadium der Secretion, dass diese Aufblähungen eintreten. Alle Verfasser sind darin einig, dass Mitosen in den Epithel- zellen der Gallenblase sich nur in sehr geringer Zahl finden. Aschoffz.B. hat sie sogar in seinen normalen Fällen nicht gesehen. In den Gallenblasen neugeborener Tiere (Katze, Kanın- chen) traf ich nur sehr sparsam die Mitosen, in zahlreichen Präparaten von neugeborenen Kindern habe ich sie bisher gar nicht gesehen, in Präparaten von erwachsenen Men- schen nur zwei- bis dreimal, bei erwachsenen Tieren gar nicht gesehen, und ich habe doch sehr viele Schnitte mit vielen Tausend Kernen untersucht. Dagegen wurde ich sehr überrascht, als ich in Schnitten aus einem bestimmten Blocke von einer Gallenblase eines Kaninchens recht häufige Mitosen fand, und in allen Schnitten; die Mitosen konnten sich in einer Zahl von 6—12 auf einer Strecke von ca. 1/, cem finden. Die Zellenteilungen lagen oft 1—-3 dicht beieinander, von 10-20 Zellen abgeschieden, dann folgte ein langer Zwischenraum usw. Alle Stadien wurden gesehen (Fig. !) Es sah ganz so aus, als ob der Kern wegen eines vermehrten Inhalts von Flüssigkeit aufgebläht war. 440 A. JURISCH, 39-41), dichtes und lockeres Knäuelstadium, Monaster, Diaster, Dispirem. Die Lage der Kernteilungsfigur in der Zelle war entweder in der Längsachse der Zelle oder seltener quer- oder schräg gestellt, so, wenn die Zelle in der Ecke bei einer Crista lag. Möglicherweise geschehen die Kernteilungen stossweise, periodisch zu einem kleineren Abschnitte des Epitheliums be- grenzt. Fasst man die Stiftzellen als secretleere Zellen auf, — und diese Auffassung scheint mir unzweifelhaft — nımmt man weiter an, dass diese Zellen nach geendeter Secretion ausgestossen werden (Aschoff), dann besteht gar keine Über- einstimmung in Zahl zwischen den sehr zahlreichen Stiftzellen und den äusserst sparsamen —ja am oftesten ganz fehlenden — Mitosen. Ich nehme dafür an, dass die Stiftzellen nicht aus- gestossen werden, sondern dass sie sich wieder erholen und mehrmals seeernieren. Einige Zellen gehen wohl immer zu- erunde, aber nicht so viele; sie können dann in allen Fällen nicht ersetzt werden. Eine Zeitlang nahm ich an, dass die Mitosen sich vielleicht in den Crypten wie im Darme finden können; ich untersuchte darum die Crypten sorgfältig; ich habe doch nimmer eine Zellteilung hier gefunden. Bilder, die auf amitotische Zellenteilung deuten, habe ich auch niemals gesehen, obgleich ich meine Aufmerksamkeit darauf gelenkt hatte. Schnitte aus Meerschweinchen (15 Fälle) habe ich genau untersucht, weil Amitosen bei diesem Tiere sehr häufig in den verschiedenen Schleimhäuten vorkommen, aber nur in einer einzigen Zelle habe ich ein solches Bild gesehen, das doch nicht ganz einwandfrei war, und in dem leicht übersichtlichen einschichtigen Epithel glaube ich nicht, dass Amitosen meiner Aufmerksamkeit entgehen konnten. Centrosomen habe ich mit Heidenhains Eisenlack- methode mit oder ohne Verfärbung mit Bordeaux dargestellt. Obgleich ich die Methode genau nach Heidenhains An- gaben (10:11) anwendete, musste ich doch einige Zeit mit der Beiträge zur mikroskopischen Anatomie u. Histologie d. Gallenblase. 441 Methode arbeiten, bis ich den rechten Grad von Abfärbung traf, und der Unterschied zwischen Centrosomen und gefärbten Secretgranula war schwierig, oft ganz unmöglich zu treffen, indem die letzteren oft sehr dicht aneinandergedrängt liegen. Ich kann mich durchaus Zimmermann (41) anschliessen, wenn er schreibt: Unangenehm ist ferner für das Aufsuchen der Centralkörper, dass sich oft zahlreiche feinste schwarze Körnchen im Zelleib der Drüsenepithelien, und zwar hauptsäch- lich in den Knotenpunkten des Protoplasmagerüstes färben, ganz abgesehen von den Secretmassen, welche besonders in den oberflächlichen Schichten der mit Sublimat fixierten Stücke als blauschwarze, mehr oder wenige dicke Körner auftreten und das Auffinden der Centralkörper ganz unmöglich machen.“ Der Centralkörper präsentierte sich entweder als ein ganz rundes Körnchen oder ein Diplosom von einem Archoplasma umgeben (Fig. 21, 39—41). Der Abstand zwischen den zwei Körnern des Diplosoms variiert ein bischen. Das Central- körperchen liegt in nicht secernierenden Zellen dicht unter der Cuticula, so auch, wenn die Zellen nur die körnigen Vorstadien der Secrete oder eine geringe Menge von Secret enthalten. Wenn aber ein grösserer Teil des Zellenkörpers mit Secret gefüllt war, lag das Centralkörperchen in der Mitte der Secrete, aber immer für sich, nicht in den Knotenpunkten des Proto- „lasmagerüstes, wo man auch oft kleine Körnchen fand, die sich doch von den Centralkörperchen unterscheiden lassen. Auch in Zellen von der Fläche gesehen fand man die Mono- und Diplosomen bei Einstellung auf der Partie nach unten von der Cuticula. In Präparaten von der Gallenblase mit den zahl- reichen Mitosen sah man das eine oder beide Centrosomen, je nachdem die Lage der Teilungsfigur günstig war oder nicht. Hier sah man das Archoplasma deutlich, ein klarer, unge- körnter Hof, von dem übrigen Protoplasma wohl differenziert. In einigen Fällen konnte ich auch deutlich die Spindelfäden sehen. 442 A. JURISCH, Eine deutlich ausgesprochene Cuticula wurde in allen Prä- paraten von allen untersuchten Arten gesehen. Sie präsentierte sich von dem übrigen Teil der Zellen deutlich abgesetzt sowohl in Gefrierschnitten, in Wasser, Alkohol und Glycerin untersucht, als in Paraffinschnitten, dicke und dünne, wenn sie in reinem Querschnitte getroffen waren, und nur in Schrägeschnitten zeigte sich das von Aschoff beschriebene Bild von einer äusseren, klaren Partie, von dem übrigen Protoplasma nicht scharf ab- gesetzt. Bei starker Beleuchtung war es oft schwer, die Cuti- cula zu sehen, bei mittlerem Abblenden dagegen trat sıe scharf und deutlich hervor. Dies gilt auch von Gallenblasen des Menschen,sowohl erwachsenen als neugeborenen, normalen und pathologischen. Die Cuticula zeigte verschiedene morphologische Verhält- nisse. Am oftesten lag sie als eine wohlabgegrenzte, doppelt- konturierte Platte oberhalb der Zelle und zeigte eine deutliche Längsstreifung mit den Streifen parallel der Zellenachse; zwischen den Streifen waren recht breite Zwischenräume. Oft sah man auf einzelnen Zellen keinen deutlichen äusseren Rand der Cuticula, indem derselbe wie aufgelöst war, und statt dessen hoben sich eine Menge kleiner, recht dicker Stacheln hervor, — also der äusserste Teil der kleinen Stäb- chen, von welchen die Cuticula gebildet ist. Dieselben konnten auch ganz frei sein, indem die ganze Zwischensubstanz in der ganzen Dicke der Cuticula fehlte, und die Begrenzung der Zellen wurde dann von einer Reihe kurzer dicker Stäbchen gebildet (Fig. 20, 23, 36). Es sind diese Stäbchen, die von früheren Untersuchern (z. B. Friedreich) als Cilien oder zusammengeklebte Gruppen von solchen gedeutet sind, und diesen Gebilden können sie auch oft ähnlich sein, ihre Kürze aber — sie sind ja immer von derselben Länge wie die Dicke der Cuticula — musste doch immer Verdacht erregen. In Flächenpräparaten sah man die Cuticula fein punkliert, Anatom, Hefte. I. Abt. 118. Heft (39. Bd., H. 2). Tafel 25. Verlag von J. F. Bergmann in Wiesbaden. Jurisch. Pr A R an Ne 7 Er? PET Ki Pr 14 Pa ä « fi Lin Beiträge zur mikroskopischen Anatomie u. Histologie d. Gallenblase. 443 und auch hier sieht man die kleinen einzelnen Stäbchen deut- lich, z. B. wenn die Zellen halb im Profil, halb von der Fläche auf den Abhängen einer Crista gesehen werden. Diese Auflösung in Stäbchen sah ich oft an minder gut fixiertem Material, aber auch auf tadellos fixierten Zellen (Hund, Katze, Kaninchen) habe ich dasselbe gesehen; es ist dann nicht ein reines postmortales Phänomen. Auf schleimgefärbten Präparaten lag oft eine dünne Schicht von Schleim zwischen den Stäbchen der Cuticula. In schlecht fixiertem Material sah man die Cuticula oft gar nicht, sie war abgestossen, konnte aber sehr gut an anderen Stellen desselben Schnittes (der Boden der Crypten, wo die Zellen von der Galle nicht so imbibiert waren) gefunden werden. Becherzellen und andere stark secretgefüllte Zellen haben keine Cuticula; die Verhältnisse während der Secretausstossung sollen später erwähnt werden. Die Intercellularsubstanz, speciell das Schlussleistennetz, färbte sich schön mit Hansens Eisenhämatein und Heiden- hains Eisenlackmethode; die Verhältnisse waren hier wie ın anderen einschichtigen Cylinderepithelien. Der Zellenkörper zeigte sehr grosse Verschiedenheiten mit Rücksicht auf das Aussehen und den Zustand des Protoplasmas sowohl bei verschiedenen Arten als innerhalb derselben Gallen- blase, denn dicht beieinander konnte man Zellen finden, deren Protoplasma, Kern und Cutieula — diese Teile variieren oft miteinander — von den sich in der Zelle abspielenden Pro- zessen stark geprägt waren. Diese Prozesse sind zwei, Fettinfiltration und Secretion eines schleimähnlichen Stoffes; von diesen ist es aber der letztere, der die Zellen am stärksten beeinflusst und den Epi- thelien der Gallenblase ihr besonderes Gepräge gibt. Die Fettinfiltration in den Zellen ist ja von Virchow beschrieben, von Sudler und Steiner verneint, von 444 A. JURISCH, . Aschoff doch wieder angegeben. Keiner von diesen Ver- fassern führt seine Methode an. Mein eigener Beitrag zur Lösung dieser Frage kann leider nicht entscheidend werden, indem ich nur auf einem kleineren Teil meines Materials Fettfärbungen vornehmen konnte, weil der Rest voraus mit Alkohol oder Xylol behandelt war. Ich habe Gefrierschnitte von Hunden, Kaninchen, Meer- schweinchen, Ziegen und Menschen, erwachsenen und neu- geborenen, mit Sudan III gefärbt, untersucht. Bei Kaninchen, Meerschweinchen (13 Fälle) und neugeborenen Kindern ist es mir niemals gelungen, Fettkörnchen in den Epithelzellen zu entdecken. In Gallenblase Nr. IV von erwachsenen Menschen, wo ich Gefrierschnitte aus fünf verschiedenen Stellen und ca. 10 Schnitte von jedem Blocke untersuchte, fand ich keine Fett- körnchen mit Ausnahme einer einzigen, scharf begrenzten Stelle, wo eine Zellengruppe (10—15 Zellen) reichliches Fett enthielt, auf die Weise angeordnet, die nachher beschrieben werden soll. (Gleichzeitig färbten sich zahlreiche Fettzellen in den übrigen Schichten der Wand ganz typisch.) Bei den Hunden (4 Fälle), der Katze und einer Ziege (satt) fand ich eine starke Fett- infiltration in den Zellen, bei einer hungrigen Ziege dagegen kein Fett. Die Anordnung des Fettes war in allen Fällen die- selbe. Nicht alle, aber die meisten Zellen enthielten Fett, das in dem Protoplasma als grössere oder kleinere Tropfen, die sich dann nach der Sudanfärbung als rot präsentierten, ein- gelagert war. Die Grösse der Tropfen variierte mit allen Über- gängen von sehr grossen Tropfen mit beinahe derselben Breite als die Zelle bis an eben sichtbare Tröpfchen; ab und zu con- fluieren sie, so dass rosettenähnliche Figuren gebildet werden, oft liegen die Körnchen in einer oder mehreren Längsreihen, die grössten dicht an dem Kerne. Der Fettinhalt der verschie- denen Zellen variierte auch bedeutend, einige enthielten nur vereinzelte kleine Tropfen, andere mehrere davon, wieder andere Beiträge zur mikroskopischen Anatomie u. Histologie d. Gallenblase. 445 einen oder mehrere grosse Tropfen und keine der kleineren, andere sowohl grosse als kleine der verschiedensten Durch- messer untereinander. Die Schicht gleich nach unten von der Cuticula war oft vom Fett frei, sonst konnte die ganze Zelle gefüllt sein, und dann trat, wie auch Virchow angıbt, die Stelle, wo der Kern lag, deutlich als eine ovale, fettfreie Lücke vor. Zum Vergleich untersuchte ich dünne Paraffinschnitte (2—4 u) und fand hier in den Zellen scharf begrenzte, runde grössere und kleinere Vacuolen (Fig. 42), deren Anordnung dieselbe wie die der Fettkörnchen in den Gefrierschnitten war. Dass die Vacuolen von den Fettkörnchen gebildet sind, wurde bei der Untersuchung der zwei jungen Ziegen dargetan. Die eine, die im hungrigen Zustande getötet war, zeigte kein Fett bei Sudanfärbung und die Paraffinschnitte zeigten keine Vacu- olen. Die andere, die vor der Tötung gefüttert war, zeigte in den Oberflächenepithelien, aber nicht in den Crypten reich- liche Fettinfiltration und ın den Paraffinschnitten sah man hier die charakteristischen Vacuolen, die auch in den Crypten fehlten. Bei dem Hunde fehlte das Fett auch in den Urypten und wurde am meisten in den Zellen auf der Höhe der Crista, in den Tälern aber sparsamer oder gar nicht gefunden. An den fettgefüllten Zellen lag die Cuticula immer fest auf der Zellenoberfläche, sie war nimmer perforiert, ausgebeult oder ganz fehlend ; ich sah niemals solche Bilder wie bei der Schleim- secretion. Meine Präparate zeigten nur in einigen Fällen das Bild einer Fettinfiltration, dagegen zeigten sie gar nichts, das die Annahme der französischen Verfasser (Dufour, Testut) von einer Fettsecretion stützen konnte. Ob das Fett von der Galle aufgenommen wird, wie Virchow meint, oder ob es in einer gewissen Periode der Verdauung als Energie- quelle zugeführt wird, lässt sich nur bei weitergehenden Ver- suchen entscheiden. In allen Fällen, wo ich eine positive 446 A. JURISCH, Reaktion bekam, waren die Tiere kurz vor dem Tode gefüttert; wie es mit den Kaninchen und Meerschweinchen, wo ich kein Fett fand, stand, weiss ich leider nicht. Mit Rücksicht auf die Secretion, die ın den Gallenblasen- epithelien vorgeht, wird es angegeben, dass es sich um Ab- sonderung von einem schleimähnlichen Stoffe oder echtem Schleim handelt, der dann der Galle zugeführt wird. Es ist nicht echtes Mucin, aber ein Stoff, der gewisse chemische Unterschiede von diesem zeigt. Dieser Unterschied gilt doch nicht für die specifischen Schleimfärbestoffe, wenn man nicht wie Krausse (42) Toluidinblau und Thionin als Schleimfarben verwirft, eben weil sie auch den Gallenschleim metachromalisch färben. Nach Hansens (9) Untersuchungen über die Be- dingungen für das Auftreten der Metachromasie ist es mehr der molecular-physische Zustand als die chemische Zusammen- setzung der Stoffe, der hier entscheidend ist. Ich habe darum ohne Bedenken auch die metachromatisch färbenden Stoffe neben Mucicarmin und Muchämatein angewandt. Aschoff hat Mucicarmin angewandt; soweit ich sehen kann, hat nur er ausführlicher von der Schleimfärbung berichtet (s. o.). Er hat nur in einigen Zellen von einer normalen Gallenblase und von einigen pathologischen positive Schleimfärbung erhalten. Den Grund dieses sparsamen Resultates sucht er teils in den Schwierigkeiten, wohlkonserviertes Material zu schaffen, teils in dem Umstande, dass er vielleicht Vorstadien von Secret, die sich nicht färben, vor sich gehabt hat. Indem ich jetzt meine Resultate referieren soll, erwähne ich zuerst die Verhältnisse beim Hunde; mein Material war mit Sublimat tadellos fixiert und wurde meistens mit Trioxy- hämatein (Hansen) gefärbt; diese Farbe habe ich gebraucht, weil sie eine ausgezeichnete und scharfe Färbung von den Kern- und Protoplasmastrukturen, dagegen nicht von den fertig- gebildeten Secreten — bei genügender Differenzierung — ergab; Beiträge zur mikroskopischen Anatomie u. Histologie d. Gallenblase. 447 man bekam also sehr instruktive Bilder und die Färbung ging schnell vor sich. Wenn man einen wohlgefärbten Schnitt beobachtet, sieht man grosse Verschiedenheiten im Aussehen der Epithelzellen. Ich werde nur einige Typen charakterisieren. Einige Zellen haben ein gleichartiges, klareres oder dunk- leres, gekörntes Protoplasma ohne wesentliche Struktureigen- tümlichkeiten (Fig. 26, 27). Andere Zellen schliessen ausserdem in ihrem Protoplasma die oben erwähnten Vacuolen ein. Viele Zellen zeigen gleich unter der Cuticula eine ganz schmale, klare Zone ohne Körnchen und von dem übrigen Teil des Protoplasma, das gleichartig gekörnt ist, wohlabgesetzit. Die lichte Zone ist immer von der Cuticula genau zu unter- scheiden und liegt immer basal für das Schlussleistennetz, sie findet sich gern an einer längeren Reihe von Zellen, so dass sie sich als ein schmales lichtes Band präsentiert (Fig. 19). In anderen Fällen wird diese klare Zone breiter und sie kann sich mit allen möglichen Übergängen 1/,—!/; nach unten in die Zellen hineinerstrecken; hier beginnt dann das gekörnte Protoplasma und die Grenze ist eine entweder rechte oder nach oben concave Linie (Fig. 24), im ganzen scharf, obgleich einzelne Granula ab und zu in den niederen Teilen der lichten Partie liegen können. Dieses kann entweder ganz homogen. sein oder von einem Netze dünner, fein granulierter und. dunkler gefärbter Protoplasmastränge durchwebt sein, das die lichte Substanz in recht grosse runde Klümpchen teilt (Fig. 23). Ab und zu ist die lichte Substanz auch in grau gefärbte und ganz klare Streifen, die mit dem Längsdurchschnitt der Zelle parallel sind, abgeteilt (Fig. 21). Andere Zellen sind mit den klaren Massen und dem feinen Protoplasmanetze ganz gefüllt, bewahren aber ihre Form und den längsgestellten länglichen Kern (Fig. 27), andere aber 448 A. JURISCH, werden tonnenförmig, der Kern rund oder quergestellt, aus- sehöhlt — wir haben dann so alle Übergänge bis zu den Becher- zellen; diese können rein tonnenförmig (Fig. 26) sein oder einen wohlausgesprochenen Fuss haben; die letzten sind beim Hunde die seltensten. Diese Zellen sind in allen Dingen Zellen einer Schleimdrüse ähnlich. Die klaren Massen sind fertig- gebildete Secrete; es zeigte sich auch, dass sie positive Schleim- reaktion mit allen Färbestoffen ergaben. Die hier beschriebenen Zellenformen repräsentieren also verschiedene Secretionsstufen. Die gekörnten Vorstadien des Secretes werden von den stark färbbaren runden Körnchen, die in dem Protoplasma, oft in den Ecken des Netzes zerstreut liegen, gebildet. Sie färben sich mit Eisenhämatein Hansen, Heidenhain) sehr stark, bei passender Differenzierung treten sie mit grosser Scharfheit her- vor; aber auch Präparate, die ohne Rücksicht auf die Granula sefärbt waren, gaben schöne Bilder. Die Granula liegen oft sehr dicht in einer Zone gleich unterhalb der ausgebildeten Secretmassen; wir sehen dann in den Zellen drei Zonen, zu- äusserst die klare, darauf eine dunkle, dicht granulierte und nach hinten die dritte Zone mit schwächer gefärbtem, fein- körnigem Protoplasma (Fig. 21-24). Die Granula sind von verschiedener Grösse und in vielen Zellen lagen die grössten nach aussen gleich unter oder in dem fertiggebildeten Secret, darauf nahmen sie nach und nach in Grösse und auch ab und zu in Dichte ab, bis sie zu ganz feinen und zerstreut liegenden Granula wurden. Auch in Zellen, die nicht fertiges Secret enthielten, fand sich oft eine stark gefärbte, dicht gekörnte äussere Zone, die sich von der Cutieula in verschiedener Länge nach unten in die Zelle erstreckte, wo sie recht plötzlich in das übrige Proto- plasma überging (diese Form fand ich auch in beinahe allen Zellen von neugeborenen Katzen, Fig. 28). In den Zellen sieht man auch Bilder von der Ausstossung des Secretes, und dieser Prozess kann auf verschiedener Weise vorgehen. In einigen — mehr oder weniger secretgefüllten — Zellen sieht man gar nichts von der Secretausstossung; die Cuticula liegt fest an der Zelle, ist nicht perforiert, ausgebeult oder abgestossen; in anderen Zellen ist die Cuticula von den Secretmassen vorgebeult oder sie ist an einer oder mehreren Stellen perforiert, so dass die klaren Secretmassen unter der Cutieula 1-3 schmale Verlängerungen durch die Cuticula nach dem Lumen hinaus schicken. Das Bild tritt sehr deutlich und scharf vor. In anderen Zellen sieht man die Cuticula gar nicht, aber ein Secretpfropf tritt aus der Zelle, um dann oft mit denen der Nachbarzellen oder den Secretmassen, die das Lumen der Crypten ausfüllen, zusammenzufliessen. Oft ragt alles Protoplasma als ein konischer Zapfen über die Kittleiste empor, es färbt sich dann aber nicht immer mit Schleimfarbe- stoffen. In anderen Zellen waren die Secretmassen an dem Zellen- körper ganz anders verteilt, so in einem Pfropf in dem mittleren Teil der Zelle, immer von nach aussen convexen Linien be- grenzt und oft beinahe die ganze Zelle ausfüllend (Fig. 35). In besonders vielen Zellen sieht man in dem Teil gleich über dem Kerne ein System von runden klaren Granula, die oft zu rosettenartigen Figuren zusammentreten und oft den Vacuolen der Fettkörner ähnlich sind; sie finden sich aber auch in den Zellen der Crypten. Sie färben sich nur selten mit Mucicarmin, ab und zu bekommt man doch eine partielle Färbung, indem die äusseren Teile sich färben, die inneren; aber nicht. Ich nehme dafür an, dass diese Granula eine Art Secret sind, oder vielleicht nicht ausgebildetes Secret, nur ein Vorstadium (siehe unten). Solche Zellen zeigten auch drei verschiedene Schichten, die äussere lichte, die sich mit Mucicarmin färbt, darauf eine stark granulierte und dann die unterste, von einem feingranu- 450 A. JURISCH, lierten Protoplasmanetze und grossen klaren, verschieden an- geordneten Granula, die sich mit Mucicarmin nur selten färben (Fig. 23). In Zusammenhang mit diesen Strukturen, die von dem Secrete verursacht werden, werde ich einige Strukturen be- schreiben, die ıch ın Zellen von allen untersuchten Arten fand, aber in verschiedenen Formen bei den verschiedenen Tieren. Ich wurde zuerst auf diese Bildungen in den Cryptenzellen des Hundes aufmerksam, indem oft jede Zelle in dem basalen, über dem Kerne liegenden Teil einen klaren Ring, Spirale oder Teile von Ringen und Spiralen zeigte. Fig. 30—31, 33 soll die Figuren zeigen, obgleich sehr mangelhaft und unvoll- ständig, denn den rechten Eindruck bekommt man erst bei der Untersuchung der Zelle unter stetem Gebrauch der Micrometer- schraube. Man sieht dann wie schmale Kanäle, die sich ın dem dunkelgefärbten Protoplasma (Eisenhämatein) ganz klar, weisslich durchscheinend mit einem eigentümlichen Glanz, von Körnchen ganz frei und von dem übrigen Protoplasma scharf und deutlich abgrenzen. Die Grenze wird nicht dadurch ge- bildet, dass das umliegende Protoplasma sich verändert, sich als Crusta ausgebildet hat oder dergleichen, es hört ganz ein- fach auf und die lichte, glanzvolle Struktur fängt an; der Übergang ist aber sehr distinkt. Die Kanäle — wie ich sie der Kürze halber nenne — bilden immer Figuren, die in ver- schiedenen Plänen liegen; gewöhnlich sind es grössere und kleinere Ringe, Spirale, gebogene Figuren anderer Art usw., aber sie ändern ihre Form besonders stark bei Einstellung in verschiedenen Plänen, Ringe werden zu Halbringen, Spirale zu mehreren Ringen, sie greifen ineinander ein (Fig. 33), Seiten- zweige und Ausläufer spreissen hervor, strecken sich nach unten an den Rändern des Kernes, bilden oft Impressionen in demselben, wo sie dann mit kleinen runden Erweiterungen enden, die einem Pfeifenkopf ähnlich sind, oder sie ver- Beiträge zur mikroskopischen Anatomie u. Histologie d. Gallenblase. 451 zweigen sich in den oberen Teilen der Zelle, kurz gesagt, die 3ilder variieren hundertfach. Sie fanden sich unter diesen und ähnlichen Formen beim Hunde, Katze, Ziege, Kaninchen, Kalb u. a. Beim Menschen sah ich sie auch in Zellen, wo die Schleimsecretion nicht allzu dominierend war; hier waren die Kanäle mehr gleichlaufend, oft sehr dicht gestellt und reich eabelförmig verzweigt, so dass sie ein dichtes Netz bildeten. Auch bei anderen Tieren sah ich vereinzelte, sehr lange, gleich- laufende oder stark steigend-spiralförmige Kanäle, die von der 3asis bis zur Cuticula verlaufen. Die Kanäle lagen am oftesten in den axialen Teilen der Zelle, Ausläufer nach allen Seiten schiekend; ich habe nicht mit Sicherheit gesehen, ob sie in Verbindung mit Intercellularräumen, Nachbarzellen oder Binde- sewebszellen unter die Basalmembran treten oder nicht; die genaue Entscheidung war oft sehr schwierig. Sie färblen sich nimmer mit Schleimfarben, welche Kunstgriffe ich auch ange- wandt habe; immer lagen sie ganz weisslich durchscheinend, ungefärbt, selbst wenn die schleimgefärbten Teile sich ganz hinein und auch darüberweg hinstreckten. Welche Bedeutung diese „Kanäle“ haben, kann ich nicht bestimmt entscheiden. Beim erstmaligen Erblicken habe ich sie als intracelluläre Kanalsysteme, eine Art Holmgrens Trophospongium gedeutet. An einigen Präparaten sah ich aber in beinahe secretleeren Zellen Secretreste, die mit den Kanäl- chen einige Ähnlichkeit hatten, und ich dachte dann, dass es vielleicht nur solche Secretreste waren, die in besonderer Weise angeordnet waren. Als ich die Kanäle aber bei allen Tieren, in sehr zahlreichen Zellen, und immer nach demselben Typus ge- bildet, sah, und als sie nimmer eine Spur von Schleimreaktion gaben, ging ich zu meiner ersten Auffassung zurück; soviel ist jedenfalls sicher, dass gewisse nicht schleimige Sub- "stanzen, von dem übrigen Protoplasma verschieden, in dieser charakteristischen Weise unter konstanten Formen abgeiagert Anatomische Hefte. I. Abteilung 118. Heft (39. Bd., H. 2). 30 452 A. JURISCH, sind, welche biologische Rolle sie auch spielen. — Bei der Katze, dem Lamm, Kalb, Ochsen und Schwein zeigten die Zellen dieselben Secretionsstufen, die ich beim Hunde beschrieben habe; die Secretion war oft noch stärker, mehrere Zellen secretgefüllt als bei dem Hunde. Beim Kanin- chen habe ich keine secretgefüllten Zellen getroffen; hier waren aber doch grosse Unterschiede in der Tingibilität der verschie- denen Zellen, indem die Körnchen bald dichter, bald mehr zerstreut lagen und die Farbe mit sehr verschiedener Intensität aufnahmen und festhielten (Fig. 39). Bei dem Kaninchen sah ich auch besonders viele Stiftzellen in verschiedenen Entwicke- lungsstufen (siehe unten). Beim Meerschweinchen sah ich die meisten Oberflächen- zellen in Ruhe, das Protoplasma gleichförmig gekörnt, in den Crypten aber und in den kleineren Röhren, die in dieselben münden, sah ich Zellen in verschiedenen Secretionsphasen, unter anderem sehr schöne Becherzellen. Beim Menschen waren die meisten Zellen der vier Gallen- blasen in starker Schleimsecretion, zeigten entweder ein netz- förmiges Protoplasma mit sehr grossen Schleimgranula oder einem axialen Secretpfropf (Fig. 35); ich nehme an, dass die Formolfixation etwas Aufschwellung der Secretgranula mit- geführt hat. An vielen Zellen fehlte die Cuticula und ein Secretpfropf trat aus der Zelle hinaus. In der fünften Gallen- blase war die Secretion bedeutend schwächer, die meisten Zellen waren nur in ihrem äusseren Teil wie beim Hunde secretgefüllt, dann folgte gekörntes Protoplasma mit intracellu- lären Kanälen in reicher Ausbildung und in einigen Zellen wieder kleinere Secretanhäufungen um den Kern. Die Gallen- blasen Neugeborener zeigten auch starke Secretion, wie die Fig. 36 zeigt. Zur Färbung des Secrets wurde Toluidinblau, Thionin und Methylenblau mit oder ohne Nachbehandlung mit molybdän- Beiträge zur mikroskopischen Anatomie u. Histologie d. Gallenblase. 453 saurem Ammoniak, Mucicarmin (P. Mayer) und Muchämatein angewandt. Mucicarmin wurde teils allein, teils nach einer schwachen Vorfärbung mit Eisenhämatein angewandt; diese letzte Methode gibt die schönsten und deutlichsten Bilder, ın- dem das nicht in Schleim umgebildete Protoplasma einen grauen Farbenton im Gegensatz zu dem rotgefärbten Secret annahm. Was nun die Resultate der Schleimfärbung angehen, dann habe ich nicht in einem einzigen Schnitte ein absolut negatives Resultat bekommen. Es liegt nämlich an den allermeisten Stellen gleich oberhalb des Oberflächenepithels eine Schleim- schicht, welche den Konturen, Cristae und Tälern folgt, und in dem Lumen der Crypten und Drüsen liegt auch ein Schleim- pfropf, grösser oder kleiner, und nur ganz vereinzelte Lumina sind leer. Dieses Secret färbt sich immer schnell und stark, wenn auch die Zellen dagegen nur eine sehr geringe oder gar keine Färbung annehmen (z. B. Kaninchen). Dass diese Secret- schichten und Pfröpfe von den Zellen abgesondert sind, wird deutlich von den Fäden gefärbten Secretes, die aus den Zellen ins Lumen hinaustreten und hier mit dem Pfropfe zusammen- schmelzen, bewiesen. Fine deutliche Schleimfärbung bekam ich in den Zellen aller untersuchten Arten mit Ausnahme des Kaninchens, wo ich entweder gar keine Reaktion bekam, oder auch nur eine ganz schmale Schicht unter der Cuticula gefärbt wurde. Selbst in Zellen mit deutlichem wabenförmigen Protoplasma färbte der Inhalt der Waben sich nicht. Beim Meerschweinchen zeigten die Oberflächenzellen nur geringe Reaktion, aber die Zellen in den Crypten und Luschkaschen Gängen und speciell in den kleinen Tubuli, die in denselben münden, färbten sich schön. In den Becherzellen sah man sehr schön die einzelnen Schleimgranula distinkt gefärbt und das netzförmige Proto- plasma ungefärbt. In Zellen in anderen Secretionsphasen sah 30* 454 A. JURISCH, man auch deutlich die Granula in Schichten von verschiedener Zahl, 5—1 (so auch beim Hunde, Ziege, Kalb und Ochs). Von diesen Fällen abgesehen, gelang mir immer die Fär- bung der intracellulären Secrete; es zeigte sich aber ein Unter- schied in dem Verhältnisse, in welchem die Farbstoffe auf den verschiedenen Zellen wirken. Beim Menschenembryo, Hund, Lamm, Schwein gelang die Färbung mit beinahe gleicher Leichtigkeit für alle Farben; Muchämatein arbeitete doch im ganzen langsamer und unvollständiger, nur beim Ochsen färbte es schöner als Mucicarmin. Mueicarmin mit Vorfärbung (Eisen- hämatein Hansen) wirkte in allen Fällen am besten; beim Menschen, Ziege, Hund und Katze erreichte ich mit Muchämatein im ganzen schlechte Resultate. Beim Hunde bekam ich Bilder, die den mit Eisenhämatein dargestellten, wie Positiv und Negativ entsprachen, indem die klaren Massen sich aus Schleimgranula gebildet zeigten. Hier sah man also dieselbe Reihe verschiedener Entwickelungs- stufen wie früher nachgezeigt. Dagegen gelang es mir nicht immer, eine vollständige Schleimfärbung in den Becherzellen und in den Zellen mit axial gestellten Secretmassen zu er- langen, indem dieselben sich ab und zu vollständig färbten; am oftesten aber färbten sich nur einzelne Stränge oder die äusseren Schichten, während die übrigen Teile sich gar nicht färbten. Dieses Verhältnis gilt für alle Arten, besonders deut- lich sah ich beim Menschenembryo alle Übergänge zwischen ganz gefärbten und ganz ungefärbten Becherzellen, ohne dass dieselben im geringsten Grade voneinander morphologisch ver- schieden waren. Beim Menschen gelang mir übrigens in den meisten Prä- paraten eine deutliche Schleimfärbung sowohl in dem ÖOber- flächenepithel als auch — und noch stärker — in den Crypten und Drüsen. Alle „Drüsen“ zeigten konstant Schleimreaktion und die Zellen waren in allem Wesentlichen anderen Schleim- Beiträge zur mikroskopischen Anatomie u. Histologie d. Gallenblase. 455 zellen ganz ähnlich. In allen Gallenblasen von neugeborenen Kindern fand ebenso eine reichliche Schleimsecretion statt; es fanden sich aber grosse Unterschiede in der Zahl der Becher- zellen und ihrer Ausbildung. Wenn man erwägt, dass mein Material von Menschen formolfixiert war — also für Schleim- färbung keine günstige Fixation — scheint es mir, dass ich mit meinen Resultaten zufrieden sein kann. Die Ursache der erwähnten partiellen Schleimfärbung kann ich nicht angeben. Die Observation stimmt mit derjenigen von Aschoff, und seine Annahme von verschiedenen Vorstadien von Secret, die sich nicht färben, gibt ja eine Art Erklärung. Bei meiner rein morphologischen Untersuchung konnte ich, wie angeführt, keine Ursachen dieser Variationen entdecken, in der Fixierung jedenfalls liegt es nicht. In den Drüsenzellen von Tieren war die Schleimfärbung immer prachtvoll. Dass die Secretion hier mit der grössten Intensität vorging, bewies die Schnelligkeit, womit die Fär- bung vorging und die Stärke, die sie erreichte. Die Überein- stimmung mit den mit Eisenhämatein gefärbten Präparaten war wie beim Menschen immer prägnant. Die meist extremen Zellenformen der Gallenblase, Becher- und Stiftzellen sind ohne Zweifel von ihrer Wirksamkeit im Dienste der Schleimsecretion beeinflusst, indem die Becher- zellen ja die secretvollen, die Stiftzellen die secretleeren Zellen sind. Die Becherzellen sind an mehreren Stellen bereits er- wähnt, über die Stiftzellen sollen einige Bemerkungen zugefügt werden. Es sind ja sehr lange, dünne Zellen mit strichförmigen Kernen und mit sehr concentriertem Protoplasma. Es finden sich alle Übergänge von den gewöhnlichen Zellen bis zu den extremen Formen, die sehr charakteristisch sind, indem sie so dünn werden, dass die basale Hälfte zu einem eben sicht- baren, peitschenförmigen Ausläufer reduziert wird, der sich nach unten bis gegen die Basalmembran erstreckt (Fig. 37—38). 456 A. JURISCH, Der mittlere und obere Teil, wo der Kern liegt, ist immer etwas breiter. Je nachdem die Zelle länger wird, verdichtet sich das Protoplasma mehr und mehr, die Körnchen liegen dichter und dichter und zuletzt färbt sich das Ganze pechschwarz mit Eisen- hämatein, so dass nur eine sehr weitgehende Differenzierung einige Unterschiede zwischen Kern und Protoplasma zeigen kann. An einigen Stiftzellen sieht man eine Cuticula, an den meisten dagegen kann man eine solche nicht unterscheiden, weil das Ganze eine kompakte Masse bildet. Ich habe einmal in einer Stiftzelle (Fig. 39) eine Mitose gesehen (Kaninchen) !). Die Stiftzellen finden sich in allen Fällen aber in sehr ver- schiedener Zahl. Beim Hunde standen sie entweder jede für sich oder 4-8 zusammen an den Enden einer Gruppe secret- gefüllter Zeilen (Fig. 29). Ähnliche Bilder sah ich auch bei den meisten Tieren. Beim Kaninchen waren sie sehr zahl- reich und gaben dem Epithel ein sehr charakteristisches Aus- sehen (Fig. 37—39). Beim Menschen finden sie sich auch so- wohl in den Crypten als in dem Oberflächenepithel. Die Stiftzellen sind als secretleere Zellen zu betrachten, vielleicht bereiten sie sich zu erneuter Secretion; darauf könnte die grosse Menge dichtgedrängter Körnchen im Proto- plasma deuten. Dass sie absterben, glaube ich, wie oben an- geführt, nicht; ich habe nimmer Bilder von einer Ausstossung gesehen. Von dem Gallenpigment in den Zellen habe ich nicht viel gesehen, nur ab und zu sah ich in den Gefrierschnitten kleine Tropfen oder Klümpchen in den Zellen liegen. Man will verstehen, dass die Gallenblasenepithelien sehr interessante und wechselnde Bilder darbieten, denn Zellen mil allen hier beschriebenen Eigentümlichkeiten finden sich bald !) In einigen Stiftzellen finden sich in dem oberen Teil oft noch ein Paar einzelne Schleimgranula oder eine ganze Reihe parallel der Zellenachse und von abnehmender Grösse. Beiträge zur mikroskopischen Anatomie u. Histologie d. Gallenblase. 457 untereinander zerstreut, bald in grösseren und kleineren Gruppen versammelt, aber immer so, dass es ganz deutlich hervorgeht, dass jede einzelne Zelle im Besitz von einer ge- wissen Selbständigkeit mit Rücksicht auf ihre Teilnahme in den verschiedenen Funktionen (Fettinfiltration, Secrelion), ihrem Anfang und Ende, ist, wenn auch diese Prozesse sich ungefähr denselben morphologischen Ausdruck geben. Nachschrift. Als meine Arbeit im wesentlichen Ende September 1908 abgeschlossen war, wurde ich mit einer Abhandlung von Shikinami aus Stöhrs Laboratorium bekannt. Die Arbeit behandelt die microscopische Anatomie der Gallenblase und damit auch die Epithelien und die epithelialen Bildungen, die der Gegenstand meiner Untersuchung waren. In vielen Punkten sind unsere Resultate übereinstimmend, so z. B. sichere Nachzeigung der Cuticula und deren Struktur, doch nimmt Shikinami an, dass die Auflösung in Stäbchen von schlechter Fixierung herrührt; ich fasse sie als Ausdruck vitaler Vorgänge — wenigstens zum Teil — auf. Die Secretion in den Zellen beschreibt Shikinami auch, dagegen scheint er nicht so gute Resultate von seinen Schleimfärbungen be- kommen zu haben; so gelang sie nicht in den Drüsen beim Hund. Für die Abbildungen der Schleimfärbung hat Shiki- namı Präparate mit Delafields Hämatoxylin gefärbt an- gewandt; weil ich diese Farbe gar nicht angewandt habe, kann ich nicht unsere Resultate vergleichen. Shikinami verneint nach seinen Untersuchungen die Fettinfiltration, übrigens ohne seine Methoden genauer zu beschreiben. Er fand Drüsen nur im Collum beim Menschen, beschreibt sie als alveolo-tubulös; ich fand sie ın drei von fünf Fällen auch in den übrigen Teilen der Gallenblase und meine, dass 458 A. JURISCH, sie zum grössten Teil rein tubulös sind. Übrigens werden die Unterschiede in den Resultaten bei Vergleich der beiden Ar- beiten vorgehen; ich habe nur einige derselben erwähnt, indem ich wieder hervorhebe, dass wir in vielen Dingen zu ganz derselben Auffassung gelangt sind. Das hohe cylindrische einschichtige Epithel der Gallen- blase bekleidet auch zahlreiche verschieden geformte, oval bis längliche Einstülpungen, die von der Oberfläche aus in die Tunica propria sehr schräg eindringen. Sie machen gewöhnlich an der Muscularis Halt, ab und zu perforieren sie dieselbe und dringen in den äusseren Wandschichten weiter fort, indem sie in verschiedenem Abstand von dem Serosaendothel Halt machen. Beim Menschen, Ochsen, Kalb, Meerschweinchen, Ziege, Lamm und Schwein münden in diesen Crypten tubuläre, grössere und kleinere, einfach gebaute Drüsengänge mit Zellen vom Bau der Schleimzellen und sich typisch als solche färbend (Mucicarmin, Muchämatein, Toluidinblau). Sie sind in der Schleimhaut zerstreut, beim Menschen besonders im Collum, aber doch nicht hierzu begrenzt. Die Drüsen sind mit Rück- sicht auf Häufigkeit, Grösse, Ausbildung und Zahl der Tubuli sehr variabel, im Bau der einzelnen Tubuli aber sehr gleich- förmig. Die Zellen tragen auf ihrer freien Oberfläche eine recht dicke Cuticula, die eine Längsstreifung als Ausdruck ihrer Zu- sammensetzung von kurzen Stäbchen zeigt. Beiträge zur mikroskopischen Anatomie u. Histologie d. Gallenblase. 459 Die Form der Zellen, Intercellularsubstanz, Schlussleisten- netz, die Verhältnisse der Kerne zeigen sich hier wie in anderen einschichtigen Cylinderepithelien. Zwischen den Zellen finden sich ab und zu dünne Protoplasmabrücken. Beim Hunde, bei der Katze und bei der Ziege und in einem Falle von Menschen zeigte sich in gewissen Epithel- zellen eine reichliche Infiltration mit Fettkörnchen, die sich schnell und typisch mit Sudan III färbten. Welche Rolle diese Fettinfiltration für die Zelle spielt, kann ich nicht entscheiden, ebensowenig die Faktoren, welche die Anwesenheit des Fettes bedingen. Centralkörperchen wurden in zahlreichen Zellen als ein Mono- oder Diplosoma von einer Sphäre umgeben nach- gezeigt. Die Sphäre war deutlich von dem übrigen Proto- plasma differenziert. Mitosen fanden sich nur in sehr ge- ringer Menge, Amitosen gar nicht. In den Zellen sowohl der Oberfläche als in den Crypten und namentlich in den Drüsen findet eine starke Secretion statt; das Secret zeigt sich morphologisch immer als Schleim. Tinctoriell gesehen gibt das Secret oft und bei allen unter- suchten Arten eine typische Schleimfärbung, die doch ab und zu partiell ist, weil sich nur gewisse Teile des Secretes färben, andere nur partiell und andere gar nicht, obgleich die Zellen, deren Secret sich färbt, gar nicht von den anderen, die sich nicht färben, morphologisch verschieden sind. Ob der Schleim nur auf einer bestimmten Entwickelungsstufe gefärbt wird oder die Zellen ab und zu ein anderes Secret, das nur Schleim ähnlich sieht, aber nicht wie dieser gefärbt wird, absondern, kann nicht entschieden werden. Die Vorstadien des Secretes finden sich als grössere oder kleinere Körner in dem Protoplasma, sie färben sich sehr stark mit Eisenhämatein (Hansen, Heidenhain). Die Zellen zeigen charakteristische Verschiedenheiten, die 460 A. JURISCH, von den verschiedenen Stufen der Schleimsecretion bedingt werden. In zahlreichen Zellen findet man ein System von ver- schieden geformten, aber immer denselben, Kanälen, deren Inhalt — es sei nun Protoplasma oder eine Flüssigkeit — von dem übrigen Protoplasma sehr verschieden ist. Die Kanäle sind scharf begrenzt. Ich nehme an, dass die Kanäle ein intra- celluläres Trophospongium (Capillarsystem) repräsentieren. Irgendwelche Beziehungen zu anderen Zellen habe ich nicht gesehen, die genaue Entscheidung ist doch sehr schwierig. Tabelle I. Einige Messungen von Crypten, um die verschiedene Grösse derselben zu demonstrieren. Es sind die zwei grössten Diameter, der eine parallel der Oberfläche der Schleimhaut, der andere lotrecht derselben (Mass «) Mensch. + db + 2B + är +u|.T7 370 85 300 100 360 100 200 100 200 s0 310 100 410 115 190 80 220 90 80 55 150 75 180 70 235 100 501 55 125 150 350 100 900 150 300 85 280 s0 420 100 175 50 290 90 635 120 140 100 180 80 200 80 550 100 275 45 310 120 235 100 540 75 315 90 230 30 160 75 410 75 500 100 250 75 2950 235 440 75 480 85 360 100 270 95 525 125 375 135 1000 400 700 120 420 85 (Grösste Länge und Breite einiger grösseren Drüsen (die Crypta, die in der Mitte liegt, ist mitgerechnet): Mensch 420—170, 575— 800, 440—500, 750—500, 425—210, 550— 210, 820— 400, 625— 550, 700— 575. Beiträge zur mikroskopischen Anatomie u. Histologie d. Gallenblase. 461 Die einzelnen Tubuli zufällig gewählter Drüsen. Mensch, Grösster Diameter: Drüse I 60, 50, 75, 50, 40, 60, 100, 75, 70, 50, 85, 75, 70, 60, 50, 80, 60, 75, 100, 70, II 35, 65, 40, 30, 25, : i „ II 40, 45, 40, r n ” IV 59, 70, 40, 40, 50, 40, h & »„ .V 50, 100, 75, 50, 55, 100, 100, Die grössten Diameter „Luschaschen Gänge“ parallel der Oberfläche und lotrecht derselben. Mensch. 200-125, 175— 175, 500— 275, 200— 75, 700— 275, 1075 — 175, 600— 1000, 500— 350. Drüsentubuli beim Ochsen, die am häufigsten gemessenen grössten Dia- meter 40, 30, 20, 59, 65, 35, 60, 100 selten. Die zwei grössten, aufeinander lotrechten Diameter der Tubuli einer zufällig gewählten Drüsengruppe (Form der Tubuli regelmässig oval): 110—30, 65— 40, 40— 30, 30—40, 30 —20, 20—20, 40—30, 20—30, 35—30, 30—20, 30—30, 50—25, 40 —50. Dasselbe: Lamm: 35—20, 30-20, 40—35, 60-40, 35—30, 45—25, 40—35, 35—40, 25—45. Schwein: 50—50, 60—35, 50—65, 6035, 30—35, 60-65, 150—40 30—20, 20—15, 55—55, 70—40, 10—20. Crypten vom Hunde, in der Nähe der Basis gemessen. (Mass wie oben) 30-25, 55—30, 65—55, 899—45, 40-30, 30— 25. ” Tabellen Höhe der Zellen variiert beim Menschen: 25 u—30 u. Breite „ 5 r n \ 6,5 u— 8,5 u. Länge der Kernen „ 5 : 70 u-T5 m. Breite „ 2 a a : 5,8 u—6 u. Kerne der Stiftzellen haben eine Länge von ca. 11,4 u, Breite 2,5 —2,8 u. Kerne der secretvollen Drüsenzellen haben eine Länge von ca. 13,1 bis 13,5, Breite 3—3,3 u. Höhe der Zellen beim Hunde (Oberfläche) 21,5—26 «, Crypten 14—16—20 ur. Kaninchen zwischen 17—37 u variierend. Lamme zwischen 17—22 u variierend. Kalb im Durchschnitt 23 u. ” ” n n n n rn ” rn n 7 ” 17a. 17b. Literaturverzeichnis. Aschoff, Bemerkungen zur pathol. Anatomie der Cholelithiasis und Cholecystitis. Verhandl. d. Deutsch. pathol. Gesellschaft 1905. *Bolay, Recherches sur les glandes de la vesicule biliaire a l’etat nor- mal et pathologique. These Lausanne (Referat nach Schwalbe). v. Ebner, siehe Koelliker, Handbuch der Gewebelehre. Frey, H., Handbuch der Histologie und Histochemie des Menschen 1876. 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Links sieht man das Ende einer Urypte. Fig. 2. Fundus. Querschnitt. Oberflächenepithel nicht secernierend, man sieht die Basis einer Crista. Eine längliche Crypta hat sich eben in zwei Äste geteilt, dieht an der Unterseite und dem einen Ende derselben eine Drüsen- gruppe (Typus !I), deren Tubuli successive in die Crypte einmünden, von diesem Prozesse sieht man mehrere Stadien. Die Drüsenzellen stark secret- gefüllt. Vergrösserung 280 fach. Fig. 3. Querschnitt. Corpus. Cristae verschiedener Form. In der Basis der Crista sieht man eine Crypte. In der Crista rechts drei Zweige einer später länglich werdenden Crypte, die beinahe wagerecht in die Basis der Crista eindringt. Links eine Reihe von secernierenden Tubuli, parallel der Oberfläche. Muscularis in Zügen, die in der Schleimhaut zerstreut liegen, ge- teilt. Mehrere Crypten, Oberflächenepithel nur angedeutet. Vergrösserung 170 fach. Fig. 4 Einmündung einer grossen Crista auf der Oberfläche. In der Crypta sind successive drei kleine Oryptae eingemündet, so dass das Ganze eine unregelmässige Einstülpung der Oberfläche bildet (siehe Text). Die grosse Crypte ist von den zwei grösseren Üristae — die Reste der oberen Wand — begrenzt, rechts und links erkennt man noch die Form und Dimen- sionen der Crypta, rechts sind dann zwei kleine, ovale, und in der Mitte der untersten Wand eine längliche Crypta eingemündet; die Form derselben ist noch deutlich. Fig. 5. Drei secernierende Tubuli dicht an der einen Ecke einer Crypta. Fig. 6. Dasselbe ein paar Schnitte weiter. Der am nächsten liegende Tubulus in der Crypte eingemündet, und derselbe präsentiert sich als eine rund- _ Erklärung der Abbildungen. 465 liche Verlängerung derselben. Deutlicher Unterschied zwischen den Zellen der Tubuli und den Crypten-Zellen. Vergrösserung ca. 480 fach. Fig. 7. Drüsengruppe mit verschieden geformten Tubuli, die nach und nach confluieren (ef. Fig. 1). Nach oben eine Crypta, deren Epithel auf einem Punkte mit dem Oberflächenepithel in Verbindung ist. (Erstes Stadium der Einmündung.) Vergrösserung ca. 400 fach. Fig. 8. Eine grosse Drüsengruppe aus Fundus (Fall I). In der Mitte eine Crypta sich in zwei Endzweige teilend. Der Schnitt liegt dicht an der Basis, darum sind mehrere Reihen von Kernen und Zellenkörpern getroffen. Die Crypta ist ganz und gar von Drüsentubuli, die nach und nach in dieselben einmünden, umgeben. Einige Tubuli confluieren miteinander. Vergrösserung ca. 170 fach. Fig. 9. Corpus. Zwischen zwei verschieden geformten Cristae eine tiefe Einsenkung, in welcher ein „Luschkas Gang“ wieder in zwei geteilt, die Mus- cularis perforierend, mündet. Fig. 1—9 sind alle vom Menschen. Fig. 10. Querschnitt; von neugeborenen Menschen (Nr. 3). Crypta mit Drüsenlagen. Fig. 11. Querschnitt. Hund, 3 Crypten, die eine in Verbindung mit dem Öberflächenepithel. Die verschiedenen Zellen sowohl der Oberfläche als der Crypten, in verschiedenem Grade gekörnt, die klaren Teile der Zellen sind Anhäufungen von Secret. Vergrösserung ca. 470 fach. Fig. 12—13. Kaninchen. Luschkasche Gänge. In Fig. 12 liegen sie ganz nach aussen von Muscularis; nachdem sie diese perforiert haben, treten sie auf Fig. 13 mit der Oberfläche in Verbindung. Vergrösserung 170fach (Fig. 12), 124 fach (Fig. 13). Fig. 14. Schwein. Querschnitt. Zwei Drüsengruppen. Typus tubulo- alveolär. Mehrere Tubuli in Längsschnitt getroffen. Fig. 15. Schrägschnitt aus Fundus (Fall I). Eine der drüsenreichsten Stellen im Fundus. In den tiefen Lagen der Tunica propria und den obersten Schichten der Museularis liegen zahlreiche Crypten, um einige derselben sind grössere und kleinere Drüsenkomplexe angeordnet. Dass die Zellen der letzten klarer als die Cryptenzellen sind, von den der grossen ausgebildeten Urypten deutlich verschieden, und Schleimzellen ganz ähnlich sind, geht schon bei dieser geringen Vergrösserung hervor. Die Drüsenkomplexe sind durch Züge von Muskel- und Bindegewebe unvollständig geschieden. Zahlreiche verschiedene Stadien von dem verschiedenen Verhalten der kleinen Tubuli, sowohl wenn sie miteinander als mit den Crypten und Zweigen derselben confluieren, die verschiedene Grösse der Tubuli und die verschiedene Form der Drüsenkomplexe. Microphotographie. Vergrösserung ca. 40 fach. Fig. 16. Querschnitt. Ochsengallenblase. Die Oberfläche mit kurzen Einsenkungen. In einer recht dicken Schicht parallel der Oberfläche liegen Drüsen, grössere und kleinere in verschiedener Dichte. Grosse Iymphoide In- filtrationen umgeben grosse, parallel mit der Oberfläche laufende Gänge, in welchen die naheliegenden Drüsen einmünden. Microphotographie. Vergrösse- rung 30 fach. / 466 Erklärung der Abbildungen. Fig. 17. Querschnitt, aus Fig. 16. Secretleere und secretvolle Drüsen. Die Form, Grösse und Verzweigungstypen der Drüsen tritt deutlich hervor. Microphotographie. Vergrösserung 58fach. Fig. 13. Drüsengruppe vom Schwein. In dem Öberflächenepithel zahl- reiche Becherzellen. Microphotograpbie. Vergrösserung ca. 60fach. Fig. 19. Drüse. Lamm. Nach unten die im Texte erwähnten Kanäle (siehe dort). Vergrösserung ca. 400fach. Fig. 20. Hund. Zellen, deren Cutieula in Stäbchen aufgelöst sind. Äusserst eine stark, recht grob-granulierte Schicht, das übrige Protoplasma wabenförmig. Fig. 21. Hund. Cuticula. Schlussleisten, in dem schleimgefüllten Teil unterscheidet man ganz klare und graue Partien, hier liegt das Centrosoma. Danach folgt eine niedrige Schicht dichtgestellter Granula. Fig. 22. Zellen von beinahe demselben Typus als Fig. 21 (Hund), die Granula sind grösser und in mehreren Schichten angeordnet. Fig. 23. Hund. Cuticula in Stäbchen aufgelöst. Die äusserste schmale Zone enthält grosse Schleimgranula, dann folgt eine niedrige gekörnte Schicht, nach unten zu wird das Protoplasma mehr und mehr wabenförmig. Der In- halt dieser „Waben“ färbt sich mit Mucicarmin nicht constant. Fig. 24. Cuticula wie Fig. 23, darunter deutliche Kittleisten. Die äusserste, verschieden dicke Zone mit Schleim gefüllt, dann folgt die Granulaschicht und oberhalb, des Kernes die intracellulären Kanäle. Fig. 25. Ganz schleimgefüllte Zelle und ruhende Zellen. Hund. Fig. 26. Die gewöhnlichste Form der Becherzellen. (,Tonnenform‘) Hund. Fig. 27. Eine Gruppe secretvoller Zellen, die Kerne gross, färben sich schwach. An den Seiten stark granulierte, ruhende Zellen. Hund. Fig. 28. Zellen aus der Gallenblase einer neugeborenen Katze. Die Zellen enthalten nicht fertig gebildetes Secret, die meisten aber die stark ge- ärbten, körnigen Vorstufen in verschiedener Menge, in zwei Zellen sind sie so dichtgedrängt, dass sie gar nicht differenziert werden können. Fig. 29. Hund. Eine Gruppe stark secretgefüllter Zellen, das nicht um- gebildete Protoplasma zu ganz dünnen, eben sichtbaren Strängen reduziert. An den Seiten Stiftzellen und beinahe secretleere Zellen. Fig. 30. Hund. Die Basis einer Örypta. Das intracelluläre Kanalsystem. Die Intereellularräume hier ausgedehnt. Fig. 31. Hund. Querschnitt einer Urypte, zeigt das gewöhnliche Aus- sehen nicht secretvoller Cryptenzellen. Die Zellen stark granuliert, besonders in einer mittleren Zone, hier sind die Granula in Längsreihen geordnet. Ver- schiedene Formen der intracellulären Kanäle. Fig. 32. Hund. Zellen von der Fläche gesehen. Grosse und kleinere Granula in dem netzförmig angeordneten Protoplasma (Einstellung auf der Partie gleich unter der Cuticula). Fig. 33. Menschen. Verschiedene Formen der Kanäle, die übrigen Proto- plasmastrukturen der Übersicht halber nicht gezeichnet. Erklärung der Abbildungen. 467 Fig. 34. Hund. Zellen ohne ausgebildetes Secret. In der äussersten Zone färbt das Protoplasma sich beinahe diffus, weil die Granula klein und dichtgestellt sind. Fig. 35. Mensch. Verschiedene Zellentypen. Stiftzelle, secretvolle Zellen, rechts ein axialgestellter Secretpfropf. Fig. 36. Neugeborenes Kind. Becherzellen und secretgefüllte Zellen, das Epithel zweireihig. Fig. 37—38. Zellengruppen von Kaninchen, verschiedene Zellenformen zeigend. NB. die stark gefärbten Stiftzellen, Obj. D u. Okular 4. Fig. 39. Zellenformen. Kaninchen. In der Stiftzelle rechts eine Mitose (Diaster vor der Seite gesehen). Das Protoplasma in verschiedenem Grade gekörnt, die Körner zeigen auch verschiedene Färbbarkeit. Die Stiftzelle links hat seinen Kern an der Basis, sonst liegen alle Kerne in der äusseren Hälfte der Zellen. Fig. 40—41. Zellen mit Kernteilungsfiguren. Kaninchen. Fig. 42. Hund. Zellen mit Vacuolen (nach Fettinfiltration). Fig. 21, 22, 35, 36, 39—41 mit Heidenhains Eisenlackmethode dargestellt, die anderen mit Hansens Eisentrioxyhämatein. Fig. 20—42 (mit Ausnahme Fig. 37—38) mit Leitz Immersionslinse '/ı2 und Kompensationsocular 6, und alle Figuren mit Abbes Zeichenapparat ge- zeichnet. Anatomische Hefte. I. Abteilung. 118. Heft (39. Bd., H. 2). Sl “ tra Bu _ ae = Kr A i t . q , Qual u a „ Du [ TR n. ® z u” 0 = j 64% wi Ar Be Mi ‚2% ah Be ü u 2 en a Pas an ame Er a 1 ; £ [ ee I Int Aal sr HU FRE en KUNA AH Deu, 1 N ar, Wh N a Ba }E Promer 2. BREI I: Era aa Me Den MN u‘ ‚at Hr re TE Ra 14 all Yon Zi er RK Ai 43 9 7’ e N g a° FIT Targa alu Muhr Bü ui 5 | urp8 | x ‚te a Be . - « 2 u 3 . j - eu Es ii ET Ta) me ol an hadit Fan Kr Br; TAU SEEET N j I. yo a A Ne Ta re j we ° u We 5; pe D, An TE Ai, f PAR y ui .y) TEE Wi Sr“ ie re ip N | MB % CS I 2% E Pf D Ar De ri land Dur ) f B u ER INT Fi u > Br 77 a uw Kur it Pe D Ir . m “ rel De van DAR ah EN AWTRT Fu + e A 177 ; w 5 B | - . ne Pi u Ba ne de DEFENDER RI) DER FTSE ra EP Se TOcert Zr ES 5 HLPar,, e 2 u { Rue Mi y Er \ N —- id .t PLOT rar fh { IN. hun. er Men ee. Are r i win ch j "SR che ya > Ze u u Bee Ka) rer nr NE) allen und, Ar, er ee B u >r 5 & TERN PN RER ir Sit ft ii 241 i 2 Zu! iR Pre © es BL u ö , ? Ind I Da ot Fa Prir I q u ur ni BEER > 08 i 1 n " " - ’ N j . 7 u i Bu: RTa will Na P A MT Lea a Fe wi j - s j * PL it y 208 = h Aus IN A mars HH | A NIE u nr h 9 HIER . j NEE ERIR Sn © Bi: i EI { R \ - i - in eis > . Er 3 5 - 2 3 PrLP pe“ we VELR Br \ u j | Dr 2 Fa A \ . u a „rs £ 5 ” eH el 26 B , B E re Wi u “ E Fi vu ze ru ER g r — . ci Ag r 5 Fu u u? 2 £ ä 7 R ' 5 \ i 5 4 n vr } 4 & “ % B I. Er; et aa 2 Eee * | ı ’n 5 E be . : a ze. 'r ' E, / ea . ze D 0% ir, = E .. €“ T y u Pr u u . Bu w = > ni Fu f Eu 2 u Er, D % i no Page r = » - n a 3 u I a re er er ER ENE | EN Epe DB Bil xl) AUS DER ANATOMISCHEN ÄNSTALT DES (AROLINISCHEN INSTITUTES IN STOCKHOLM. DIE BRUSTFLOSSE DER SELACHIER. EIN BEITRAG ZU DEN EXTREMITÄTEN- THEORIEN. VON ERIK MÜLLER, STOCKHOLM. Mit 62 Figuren auf den Tafeln 27/46. 3l* I Kay Ad) BU UNTEN DEE, AR, RADLER ie u N | u6 2 | HINETAIE HILAGEN Mr AH RN RARTSCHE DER T N GR WAL ER LT SER ARE UN i x 5 a . ö £ ; - | now > E sn TE ort In Aut nf = fr IiE 5 DNA PR MER FAR, . ER De ea Im Anschluss an meine Untersuchungen über die Arm- arterien bei dem Menschen und den Säugetieren stellte sich sehr natürlich die Frage auf, wie die Flossenarterien bei den Selachiern sich verhalten. In der Literatur fand ich bloss die Angabe, dass nach jeder Flosse eine A. subelavia verläuft. Für ihr weiteres Schicksal in der freien Flosse scheint man kein weiteres Interesse zu haben, denn hierüber fehlte jede Angabe. Schon vor mehreren Jahren machte ich Injektionen bei Spinax niger und Acanthias vulgaris und stellte die ana- tomischen Verhältnisse der Flossenarterien fest. Gleichzeitig machte ich über denselben Gegenstand embryologische Unter- suchungen, welche mit vielen Schwierigkeiten verbunden waren, und fand so, dass mehrere segmental angeordnete Arterien bei den Embryonen in einem frühen Stadium in die Flosse hineinzogen, wo sie komplizierte Netze bildeten, aus denen die bleibenden Arterienstämme hervorgingen. Um die morpho- logischen Verhältnisse der Arterien zu deuten, wurde es in- zwischen notwendig, die Flossennerven genau kennen zu lernen. Hierüber lagen zwei umfassende Arbeiten von Braus vor. Bei dem Studium derselben machte sich aber bald das Be- dürfnis geltend, durch eigene Untersuchungen über dieses schwierige Objekt zur Klarheit zu kommen. Das aber war nicht leicht. Bedeutende technische Schwierigkeiten begegnen dem Forscher bei den Versuchen, die Flossennerven darzustellen, da sie in ihren Verästelungen zu fein sind, um in gewöhnlich 472 E. MÜLLER, macroscopischer Präparierweise hervorzutreten, während sie andererseits für die microscopische Technik zu grob sind. Es wurde darum notwendig, eine besondere Methode zu finden, durch welche die Nerven bis in ihre feinsten anatomischen Verästelungen verfolgt werden konnten. Das Studium der Nerven führte aber dasjenige des Sceletes und der Muskeln der Flosse mit sich, daher entfernte sich die Aufgabe immer mehr von den erst gestellten Grenzen, und so kam es, dass die Unter- suchung schliesslich sämtliche Bestandteile der Flosse umfasste. Die Beschäftigung mit der Anatomie der Flossenbestandteile führte mich auch in die Gebiete der berühmten Extremitäten- theorien, welche seit den Untersuchungen von Gegenbaur, Balfour und Thacher das Interesse der Forscher in hohem Grade erregt haben. Eine Durchsicht der bedeutenden Literatur über diesen Gegenstand lehrte vor allem, wie viel man in diesen Dingen spekuliert hat, und wie wenig wir eigentlich über die faktischen Verhältnisse unterrichtet sind. Die folgende Untersuchung setzt also als ihr Hauptziel die mehr bescheidene Aufgabe, unsere Kenntnisse über die Bestandteile der Selachier- flosse wenn möglich zu erweitern. Es werden nur solche Schlüsse gezogen, welche direkt aus den festgestellten Facta hervorgehen. Die Anwendung der von mir gebrauchten Methoden fordert frisches Material. Nun aber sind hier bei uns im Norden nur Spinax niger, Acanthias vulgaris, Raja radiata und clavata zu haben. Den Mangel, welcher meiner Untersuchung insofern an- haftet, als nicht noch mehr verschiedene Repräsentanten der Selachier untersucht werden konnten, habe ich dadurch zu eliminieren versucht, dass ich eine grössere Anzahl von jeder der genannten Formen bezogen habe. Hierdurch glaube ich Resultate gewonnen zu haben, welche für die Selachier ım allgemeinen gelten. Dies als Erklärung für den vielleicht etwas anspruchsvollen Titel. Die Brustflosse der Selachier. 473 Die betreffende Untersuchung wurde im Sommer 1904 auf der zoologischen Station zu Dröbak begonnen. Dem damaligen Vorsteher Prof. Dr. Christian Schreiner sage ich hier- mit meinen verbindlichsten Dank für das freundliche Wohl- wollen, mit dem er mir Material und Arbeitszimmer zur Ver- fügung gestellt hat. Ich habe mit Spinax niger angefangen und bin dann zu Acanthias übergegangen, und zwar besonders wegen der Grösse dieses Tieres. Die Fortsetzung meiner Arbeit erfolgte auf unserer zoologischen Station Kristineberg, und ich bin dem Direktor der Station Prof. Dr. Hj. Theel zu be- sonderem Danke verpflichtet für die grossen Dienste, die er mir erwiesen hat durch Überlassung von Material und sein sonstiges grosses Entgegenkommen, ohne welches ich meine Arbeit nıcht hätte zu Ende führen können. Acanthias vulgaris. Die Gestalt der Brustflosse im allgemeinen. Die Acanthiasflosse stellt ein horizontal von der Körper- wand herausragendes Gebilde dar, an welchem man, von der Fläche gesehen, drei Ränder wahrnehmen kann. Der äussere Rand fällt ab nach aussen und hinten, der hintere steht ungefähr quer; auf dem inneren nach der Körperwand gerichteten Rand kann man zwei Teile unterscheiden: einen hinteren freien, von der Rumpfwand abgelösten Teil und einen vorderen, welcher eine Ausdehnung von ca. 4,5 cm hat und den Übergang zwischen dem Rumpfe und der Extremität dar- stellt. Er bildet also die natürliche Basis der Extremität. Ge- rade cranialwärts von demselben befindet sich die letzte Kiemen- spalte. 474 E. MÜLLER, Nachdem die Haut und das unterliegende Bindegewebe nebst der hie und da zu einer deutlichen Fascia verdichteten Muskelhülle weggenommen sind, tritt die Extremitätenmusku- latur (Fig. 30, Taf. 29/30) in Form von einer fächerförmigen Bildung hervor, deren Spitze nach oben in der Ecke zwischen der Kiemenbogenmuskulatur und der Körperwand- muskulatur hervortritt. Um die ganze Muskelschicht über- sehen zu können, muss man die nächstliegende Visceral- muskulatur ablösen, weil sie ihren Ursprung von der Fascia der cranialen Extremitätenmuskulatur erhält. Von hier aus verbreiten sich die Muskelbündel strahlenförmig, so, dass die am meisten cranialwärts belegenen beinahe horıi- zontal nach aussen verlaufen, während die caudalen einen longitudinalen, mit dem Körper parallelen Verlauf nehmen. Den Übergang zwischen diesen Extremen vermitteln die zahlreichen schrägen Muskeln. In der Mitte befinden sich ca. 20 deutliche Mm. radiales, nach beiden Seiten, sowohl cranıal- wie caudal- wärts ist die Muskelmasse undifferenziert. Der ventrale Teil des Schulterbogens ist durch eine Einsenkung zwischen der quergegliederten Rumpfmuskulatur ausgeprägt. Im Gebiete des vorher als Extremitätenbasis bezeichneten Abschnittes liegt der longitudinal verlaufende, mediale Rand der Extremität dicht an der Rumpfmuskulatur. Derselbe wird von dem medialen Rande des Metapterygiums und den Rändern der dorsalen und ventralen Muskulatur gebildet und hat die Form von einer dreiseitigen Fläche mit der Basis nach den Schulterbogen und der Spitze caudalwärts und zwei Seiten, einer vorderen und einer hinteren. Den Zusammen- hang vermittelt nach Wegschiebung der Haut eine ziem- lich derbe Fascia, welche von der Extremität nach dem Rumpfe geht. Nach Wegnahme derselben findet man einen Spalt- raum von bedeutender Tiefe, durch lockeres Bindegewebe aus- gefüllt, welches medial von der Körperwand, lateral von der Die Brustflosse der Selachier. 475 oben beschriebenen dreiseitigen Fläche begrenzt ist. Nach unten erhält dieser Spaltraum, welcher mit der Achselhöhle höherer Wirbeltiere verglichen werden kann, seinen Abschluss durch die oben beschriebene Hautfalte. Wenn man nämlich hier ein- dringt, findet man acht bis neun durch die Körperwand durchtretende Extremitätennerven, welche sich je in einen Beuge- und Strecknerv gabelförmig teilen. In den Nervengabeln (siehe Fig. 39, 44 u. 45) liegt die längsverlaufende A. pterygialis medialis. In der Nähe derselben die V. pterygialis medialıs. Die Grundform ist also von der Fläche gesehen eine dreieckige Falte, welche mit breiter Basis an der Körper- wand befestigt ist. Ganz rein aber ist diese Form nicht, weil der hintere Teil des befestigten Randes von der Rumpfwand abgelöst ist. Im ganzen betrachtet ist die Form die eines in ventro-dorsaler Richtung etwas abge- platteten Conus, welcher lateralwärts in einen dünnen Abschnitt fortsetzt. Die genannte geometrische Form ist im embryonalen Zustande noch deutlicher vorhanden. In diesem Zustande ist es natürlich voll berechtigt, von einer Basis und einer Achse zu sprechen. Die Basis bildet die Befestigung an der Rumpf- wand. Die Achse geht von der Mitte dieser Fläche nach der Spitze. Bei der ausgewachsenen Form ist die Grundform etwas abgeändert durch die Ablösung des hinteren Teiles von der Rumpfwand. Die Achse erfährt hierdurch eine Abweichung caudalwärts, kann aber sehr wohl beibehalten werden, wie die Untersuchung der inneren Teile lehrt. Nach dieser allgemeinen Übersicht der uns interessierenden Flosse, welche notwendig Einleitung zu dem folgenden ist, gehe ich zu der speciellen Beschreibung der besonderen Or- gane über. Das Skelet der Brustflosse. Das Flossenskelet der Selachier ist durch die klassischen Arbeiten von Gegenbaur wohl bekannt. Freilich sind auch 476 E. MÜLLER, Huxley, Thacher und Mivart mit der descriptiven Ana- tomie dieses Gegenstandes beschäftigt gewesen. Ihre Unter- suchungen sind aber lange nicht so tiefgehend und gründlich wie diejenigen Gegenbaurs. Man mag über die Extremitäten- theorie von Gegenbaur denken, wie man will, immer bleibt es sein grosses und bestehendes Verdienst, die primitivste Form der Wirbeltierextremität entdeckt und eingehender beschrieben zu haben. Trotzdem also, dass das Skelet zu den best be- kannten Teilen der Flosse gehört, wird es doch notwendig, teils wegen der Untersuchung der Weichteile, teils für die all- semeine Auffassung der Flosse auf gewisse Details näher ein- zugehen, wobei Beschreibungen von schon bekannten Verhält- nissen nicht vermieden werden können. Der Schultergürtel der Selachier besteht aus einem bogen- förmigen Stück, welches ventralwärts mit demjenigen der anderen Seite unter der Herzgegend verbunden ist. Das dor- sale Ende läuft bei den Haien spitzig aus und bildet bei Acanthias sogar ein besonderes Knorpelstück, welches durch Bandmasse mit dem Hauptstücke verbunden ist. Der Schulterbogen von Acanthias (Fig. 2 u. 30) zeigt ein sehr deutliches Relief, hervorgerufen von den umgebenden Muskeln. Im allgemeinen unterscheidet man einen ventralen und einen dorsalen Teil, das Coracoid und die Scapula, deren Grenzmark an der Befestigungsstelle der freien Flosse belegen ist. Um das topographische Verhältnis zu der Umgebung dar- zulegen, teilt man am besten den Schulterbogen von Acanthias in drei Teile, einen ventralen, einen mittleren, an dem die freie Flosse angefügt ist, und einen dorsalen. Auf dem ven- (ralen Stücke kann man drei deutliche Flächen unterscheiden: eine craniale, welche nach vorne und aussen gerichtet ist, eine caudale nach aussen und hinten schauend und eine, die breiteste, nach innen gewendet. Die erste bildet den Ursprung des M. coracohyoideus, die zweite denjenigen der segmentalen, Die Brustflosse der Selachier. 477 ventralen Körpermuskeln, die dritte ist frei von Muskeln und gegen die Körperhöhle gerichtet. Auf der äusseren Fläche des mittleren Teiles beobachtet man ein deutlich dreiseitiges, von Muskeln unbedecktes Stück, von dessen cranialem Rande der letzte M. coracobranchialis entspringt. Der mittlere Teil des Schulterbogens ist platt in der Richtung von aussen nach innen und in eranio-caudaler Richtung verbreitert, caudalwärts läuft er in zwei Fortsätze aus: einen ventralen Processus mus- cularis und einen dorsalen Gelenkfortsatz, welcher nach vorne und ventralwärts in eine erhobene Linie ausläuft, während am cranialen Rande der äusseren Fläche der von Gegenbaur beschriebene eigentümliche Fortsatz sich erhebt. Er hat die Form einer 5 mm breiten, 12—17 mm langen, eylindrischen Erhebung, welche von queren, weissen Scheiben aufgebaut ist. Die äussere Fläche des mittleren Teiles wird ganz von einer gut abgegrenzten, muldenförmigen Einsenkung eingenommen, und in dieser, ungefähr in der Mitte zwischen der Gegen- baurschen Erhebung und dem Processus articularis, einige Millimeter oberhalb der Crista propterygii findet man die Öff- nung des ventralen Nervenkanales. Die innere Fläche des mitt- leren Teiles ist natürlich gegen die Rumpfhöhle gerichtet und trägt hier den sehnigen Apparat, welcher im Zusammenhang mit der Vena subelavia später beschrieben werden soll. Innerhalb dieser Fläche, ungefähr in der Höhe des Pro- cessus articularis liegt die von Gegenbaur beschriebene kleine Grube, in welcher die zwei Nervenkanäle ihren Anfang nehmen. Hiervon divergieren sie in ihrem Verlaufe. Der ven- trale läuft fast gerade lateralwärts und öffnet sich auf der äusseren Seite des Schulterbogens mit einem Loche, welches oben beschrieben ist. Der dorsale Kanal läuft nach oben und hinten und endet mit einem Loche gerade dorsalwärts von dem Processus articularis, medial von der Crista propterygii. — Der dritte Teil des Schulterbogens ist deutlich vierseitig mit 478 E. MÜLLER, abgerundeten Kanten. Die dorsale Fläche liegt unbedeckt von Muskeln. Auf der caudalen Fläche inseriert in einer Ausdehnung von 10 mm dorsal von der Crista propterygii der M. pterygialis dorsalis. Weiter dorsalwärts inseriert die ventrale Rumpf- muskulatur. An der entgegengesetzten Fläche, d. h. an der cranialen, befestigt sich die scapulare Portion des M. trapezius. Der Abstand zwischen dem Ursprunge des M. coracobranchialis und der Insertion des M. trapezius ist muskelfrei. Er ent- spricht dem oben beschriebenen Gegenbaurschen Fortsatze. Hier ist der letzte Branchialbogen an dem Schulterbogen be- festigt, wie schon Gegenbaur hervorhebt. Die Spitze der Scapula senkt sich in die dorsale Stammuskulatur hinein. Die ventrale Fläche ist gegen die Rumpfhöhle gewandt mit Aus- nahme der genannten Spitze in der Stammuskulatur. Die drei obengenannten Teile des Schulterbogens verhalten sich also sehr charakteristisch zu der Umgebung. Der ventrale Teil hat keine Beziehung zu der eigentlichen Extremität, eıin- gebettel wie er ist in die hypobranchiale und spinale Mus- kulatur. Der zweite, mittlere Teil entspricht der freien Extre- mität caudalwärts und grenzt cranialwärts an den letzten Branchialbogen. Der dritte dorsale Teil ist von dem M. tra- pezius, der ventralen Körpermuskulatur und dem dorsalen M. pterygialis umgeben. Die Arbeiten von Gegenbaur über das Skelet der freien Flosse fangen mit einer Untersuchung der Brustflosse an. Die Flosse enthält drei Abschnitte, welche Pro-, Meso- und Meta- pterygium genannt werden. Jedes von diesen besteht aus einem Basalstücke und an diesem sitzenden Strahlen. Das Proptery- gium bildet den vorderen äusseren Abschnitt des Flossen- skeletes, darauf folgt das Mesopterygium, und das Metapterygium bildet den hinteren inneren Abschnitt und ist der konstantere Teil der Flosse. Bei Acanthias bildet das Basalstück des Meso- pterygiums eine Pfanne für den Gelenkkopf des Schultergürtels. Die Brustflosse der Selachier. 479 Das basale Propterygium ist an einer Leiste des Schulterknorpels befestigt. Das Metapterygium besitzt nur ganz geringe Bezie- hungen zum Schultergelenke. Am Propterygium ist nur ein Radius vorhanden. Am Metapterygium finden sich sechs Strahlen am Basale, wozu noch vier kommen, die an einem diesem angefügten Randstücke sitzen. Ein drittes, den vorigen angefügtes Stück trägt wieder einige Strahlenrudimente. Die Hauptsache in dieser ersten klassischen Beschreibung von Gegenbaur war die Erkenntnis von zwei sich verschieden verhaltenden Elementen im Flossenskelete der Selachier, näm- lich den Radien und den Basalstücken. Diese liegen in der Basis der Flosse und tragen an ihren lateralen Rändern die Radien. In der zweiten Abhandlung beschäftigt sich Gegenbaur besonders mit der Deutung der verschiedenen Flossenbestand- teile. Die Grundform sowohl des hinteren wie des vorderen Klossenskeletes bildet ein mit lateralen Strahlen besetztes, ge- gliedertes Knorpelstück, das Archipterygium. Sie entspricht in ihrer einfachsten Form dem konstanteren Abschnitte der Flosse, dem Metapterygium. Das Pro- und Mesopterygium sind secun- däre Bildungen, dadurch entstanden, dass vordere Strahlen sich von dem Stamme ablösen und Verbindungen mit dem Schulter- bogen eingehen, um später in den basalen Teilen miteinander zu- sammenzuschmelzen. Die Begriffe der Stammreihe mit dem Ter- minalglied und der Radien werden näher ausgeführt. Als Stamm- reihe wird definiert eine Folge von Knorpelstücken, die sämt- lich Radien lateralwärts tragen können und von denen das vorderste, mit dem Beckengürtel articulierende, als Basale sich besonders ansehnlich entwickelt. Das spitzige Endstück, in das die Basalreihe ausläuft, wird trotz seiner Ähnlichkeit mit einem Radius prinzipiell von diesem unterschieden und als Terminal- stück oder -glied der Stammreihe bezeichnet. Von grossem Interesse ist es, dass Gegenbaur auch 480 E. MÜLLER, hier die sogenannten medialen Radien behandelt und eine Deu- tung gibt, die freilich viel von der späteren abweicht. Gegen- baur beschreibt nämlich zuerst ausführlich den betreffenden Abschnitt an der Flosse von ÜCentrophorus. Der caudale Ab- schnitt dieser Flosse zeigt eine ziemlich rechtwinklige Ab- biegung nach medialwärts. Dieses abgebogene Stück besteht aus einem längeren, schmalen Knorpelstück b‘, welches medialwärts von dem Basale (b) des Metapterygiums und parallel mit diesem befestigt ist. Dies Stück trägt 5 medial- wärts gerichtete Radien. An dem cranialen Teil des medialen Randes von Stück b‘ ist ein kürzeres Knorpelstück b“ be- festigt und in dessen Fortsetzung noch ein viertes. Beide sind caudalwärts mit zwei kleinen Radien besetzt, welche eine direkte Fortsetzung von dem Radienbesatz des Basalstückes b‘ bildet. Diese Anordnung wird so gedeutet, dass die Knorpel- stücke b‘ und b“ als Gliedstücke der Basalreihe aufgefasst werden, welche eine Änderung der Längsachsenrichtung er- fahren haben. „Das ganze Verhalten ist somit ein Anpassungs- zustand der Basalreihe an eine grössere Radienzahl.‘“ Das Ver- hältnis bei Centrophorus erinnert m manchem an dasjenige bei Acanthias, Carcharias und Chimären. Bei Hexanchus und Heptanchus findet man an dem zweiten Basalstücke medialwärts ein längliches, aber schmales Skelet- stück und bei Hexanchus sogar noch ein solches, aber kleineres Stück. Wenn man diese als Radien auffasste, so käme eine Art von doppelter Fiederung zustande, indem der Endabschnitt der Stammreihe sowohl medial wie lateral mit Radien besetzt wäre. „Daraus würde aber eine wesentlich andere Grundform des Archipterygiums resultieren, dem ebenfalls eine doppelte Fiederung zukommen müsste.“ Diese Deutung von einer Fiederung wird nun zurückgewiesen unter Hinweisung auf die Befunde bei Centrophorus. „Wir erfahren nämlich bei Centro- phorus, dass auch Stücke der Stammreihe durch einseitige Ent- Die Brustflosse der Selachier. 481 wickelung der Länge nach nebeneinander sich lagern können“. Darum werden die median gelagerten Knorpel der Notidaniden als Rest eines Stückes der Stammreihe gedeutet. In der kleinen, für die Extremitätentheorie aber sehr wichtigen Abhandlung: „Über das Archipterygium“ verändert nun Gegenbaur im Anschluss an die Entdeckung und Be- schreibung von Ceratodus von Günther seine Auffassung von der Grundform des Extremitätenskeletes. Dies wird jetzt als ein gefiedertes aufgefasst, d. h. es besteht aus einer Stamm- reihe, welche sowohl medial wie lateral mit Radien besetzt ist. Im Anschluss hieran weist er nach, dass am letzten Ab- schnitte des Metapterygiums bei manchen Haien Reste einer medial dem Flossenstamme ansitzenden Reihe knorpeliger Flossenstrahlen zu finden sind. Besonders bei den Embryonen der Notidaniden und Dornhaie sind diese medialen Radien sehr deutlich. So findet er bei Heptanchus im ausgebildeten Zustande einen ungegliederten Knorpelstrahl medial von der Stammreihe, während derselbe bei’ Embryonen gegliedert und viel umfänglicher ist als beim Erwachsenen. Am aus- gewachsenen Tiere von Acanthias besteht nur ein einziges hier- her beziehbares Knorpelstückchen. „In ganz anderer Weise verhalten sich die Brustflossenskelete von Embryonen, die überaus deutliche Reste einer zweiten medialen Serie von Radien zu erkennen geben. Ich finde das zweite Gliedstück des Flossenstammes lateral mit 3—4 Radien besetzt, welche, zum Teil ungegliedert, den hintersten Vorsprung der Flosse bilden. Der vorletzte und letzte Strahl ist kürzer, und daran reiht sich ein verschiedenartiges Knorpelstück, welches dem Ende der Stammglieder ansitzt. Ich deute es nicht als Radıus, sondern als Terminalglied der Stammreihe, denn es trägt medial in einem Ausschnitte ein Radienrudiment. Aufwärts folgt an der medialen Seite des zweiten Stammgliedes ein diskreter zweigliedriger Strahl, an welchen dann noch zwei Radien sich 482 E. MÜLLER, anschliessen, die aber mittelst eines gemeinsamen Platten- stückes an dem genannten Stammglied sitzen. Auf das Platten- stück folgt noch ein kleines Knorpelchen, das vielleicht ein Rudiment eines fünften medialen Radius repräsentiert. So wären also mindestens vier der medialen Seite des Flossen- stammes aufgereihte Knorpelstrahlen vorhanden, die am aus- gebildeten Flossenskelete nicht mehr unterscheidbar sind, in- dem sie teilweise untereinander verschmelzen, teilweise sich rückbilden.“ Die Deutung, welche Gegenbaur über den medialen Teil des Brustflossenskeletes bei Centrophorus gegeben hat, nämlich dass es durch eine Modifikation von Stücken des Flossenstammes entstanden sei, wird nun zurückgenommen und der betreffende Teil als eine aus medial der Stammreihe angefügten Radien hervorgegangene Bildung erklärt. Da nun bei manchen Haien Reste einer medial dem Flossen- stamme ansitzenden Reihe knorpeliger Flossenstrahlen nach- gewiesen werden und diese in den Jugendzuständen aus- gebildeter sind als bei erwachsenen Tieren, so schloss Gegen- baur, dass die doppelzeilige Form der Ceratodusflosse die primäre sei, aus der die einzeilige Form der Selachierflosse durch Reduktion entstanden sein soll. In den referierten Untersuchungen von Gegenbaur muss man zwei Dinge auseinander zu halten suchen: 1. die Be- schreibungen der faktischen Verhältnisse, und 2. die morpho- logische Deutung. Dass die ersten teils an und für sich teils als anregend für die ganze Extremitätenfrage von der grössten Bedeutung gewesen sind, ist offenbar. Die Deutungen tragen aber ein allzu subjektives Gepräge und können daher, wie die Geschichte zeigt, nicht einer eingehenden Kritik stand- halten. Man wird also erstaunt sein, auf welchen schwachen Gründen eine so wichtige Lehre wie die Herleitung des uni- serialen Archipterygiums aus dem biserialen ruht. Der Haupt- Die Brustflosse der Selachier. 483 grund ist nur eine oberflächliche Ähnlichkeit mit der Cera- todusflosse. Die Schwäche der Beweisführung tritt vor allem hervor, wenn man bedenkt, dass Gegenbaur in einer vorher- segangenen Abhandlung eine ganz andere Ansicht ausgesprochen hat, welche nun ohne weiteres zurückgenommen wird. Ebenso ungenügend sind die Beweise, dass die Ceratodusflosse die primäre Bildung sei, aus der die uniseriale Flosse entstanden sei. Welche Embryonen liegen zugrunde für die Beweis- führung? Soviel ich sehen kann, sind es nicht Embryonen, sondern Föten oder junge Tiere, welche die betreffenden medialen Strahlen zeigen, und hierbei scheint es sich nur um dieselben Variationen zu handeln, welche auch bei den Er- wachsenen vorhanden sind, wie unten näher ausgeführt werden soll. Die Untersuchungen, die ich über das Skelet der Brust- flossen von Acanthias vorgenommen habe, wurden in der Ab- sicht gemacht, Klarheit in den gegenseitigen Verhältnissen zwischen den Nerven und Strahlen zu erhalten. Ich habe zwanzig Brustflossenskelete untersucht. Sie stammen von frischem Materiale und sind nach einer Mace- ration der Weichteile dargestellt. Sie bilden darum ein vorzüg- liches Studien - Objekt, welches alle Einzelheiten hervor- treten lässt. Das Skelet der Brustflosse von Acanthias vulgaris (Fig. 1, 2 u. 3) bildet in seiner Gesamtheit ein etwas unregelmässiges Viereck mit zwei längeren Seiten, einer äusseren und einer inneren samt zwei kürzeren, einer cranialen und einer caudalen. Längs der inneren Seite liegen die Basalstücke: am meisten cranialwärts das kleinere dreieckig-längliche Basalstück des Pro- pterygiums mit einem breiteren Ende an dem Gelenkfortsatz des Schulterbogens und der Spitze nach aussen gerichtet. Es folgt das breite dreieckige Mesopterygium mit der Spitze gegen den Schulterbogen und der Basis nach aussen. An dessen Anatomische Hefte. I. Abteilung. 118. Heft (39. Bd., H. 2). 32 484 E. MÜLLER, caudalem Rande fügt sich das schmale langgestreckte Basal- stück des Metapterygiums an, dessen spitziges proximales Ende kaum den Schulterbogen erreicht. In die Verlängerung desselben fügt sich ein konstantes rectanguläres Stück, das Basale 2, und an dieses das kleine dreieckige Stück, welches aus den sogenannten medialen Radien aufgebaut ist. An die nach aussen gerichteten Ränder der Basalstücke fügen sich 20 bis 24 Strahlen, welche in der Mitte von derselben Länge und dreigliedrig sind, während sie sowohl cranial- wie caudalwärts in der Länge abnehmen. Diese Abnahme in der Länge ge- schieht nicht allmählich, sondern ziemlich schnell. Dadurch kommen die kürzeren Seiten, die craniale und caudale Seite zustande. In ihrer Gesamtheit zeigen nämlich die Strahlen ein symmetrisches Verhältnis, das, soviel ich weiss, nicht vor- her beachtet worden ist. Wenn man nämlich eine Achse un- gefähr durch den caudalen Rand des Basale-Mesopterygium legt, so findet man, dass proximal von dieser die Strahlen cranialwärts abweichen, während sie distal von der Achse caudalwärts gerichtet sind. Da nun weiter der innere Rand nicht gerade ist, sondern in zwei Abschnitte geteilt ist: einen kürzeren cranialen, welcher die Verbindung mit dem Schulter- bogen bildet, und einen längeren hinteren, nach aussen und hinten abfallenden, so kann man das Flossenskelet auch mil einem Fächer vergleichen, dessen Handgriff an dem Schulter- gelenkfortsatz belegen ist und dessen auseinandergelegte Strahlen von dem peripheren Teil der Flosse repräsentierl werden. Schon bei einer Untersuchung einer kleineren Menge von Flossen findet man eine nicht unbedeutende Variation in der Anzahl der Strahlen. Dies wurde schon von Gegenbaur bemerkt. Er findet in dem Brustflossenskelet von Acanthias vulgarıs zweimal 26, einmal 30 und dreimal nur 24 Radien. Bei einem Versuch, die Variationsbreite der Strahlen bei Die Brustflosse der Selachier. 4855 Acanthias festzustellen, findet man bald, dass die grössten Variationen in dem cranialen und caudalen Teile der Flosse herrschen, d. h. an den Stellen, wo die Strahlen rudimentär werden. An dem cranialen Teile von 20 untersuchten Flossen finde ich in den meisten Fällen ein solches Verhalten, welches in den Fig. 2 u. 6, Taf. 27/28 dargestellt ist. In der Verlängerung des Basale-Propterygiums liegt ein kleines viereckiges Knorpel- stück, an dem caudalwärts ein deutlicher zweigliedriger Strahl sich anfügt. Bei sechs Flossen finde ich (Fig. 8) in der Verlängerung des Propterygiums einen deutlichen, zwei- gliedrigen Strahl. In drei Fällen finde ich (Fig. 9) zwei kleine viereckige Knorpelstückchen cranial von dem ersten deutlichen zweigliedrigen Strahl. Ich deute diese kleinen Stücke als je einen rudimentären Strahl. In den Flossen von dem Typus Fig. 7 sieht es aus, als ob der rudimentäre Strahl dadurch zustande gekommen sei, dass dessen distales spitziges Glied mit dem Basalglied des nächstfolgenden ver- schmolzen sei. Allerdings gelingt es in diesem Teile der Flosse ziemlich leicht, die Strahlen zu unterscheiden. Dies ist aber nicht der Fall mit den Strahlen des caudalen Abschnittes. Die sogenannten medialen Strahlen, welche ın der Extremi- tätentheorie von Gegenbaur eine so grosse Rolle spielen, zeichnen sich durch eine bedeutende Variation aus. Es finden sich in meiner Sammlung nicht zwei Flossen, welche in dieser Hinsicht miteinander übereinstimmen. Die wechselnden Formverhältnisse des betreffenden Flossen- abschnittes sind in den Figg. 10—29, Taf. 27/28, 29/30 dar- gestellt. Die Figg. 10 u. 11 zeigen eine deutliche uniseriale Anordnung in der ursprünglichen Meinung von Gegenbaur d.h. in der geradliegenden Fortsetzung des konstanten Basale ? (b?) folgen in der Grösse abnehmende Stücke b’ und b#, welches letztere noch einen kleinen Knorpelspitz trägt. An dem lateralen Rande von dieser Reihe sind die caudalsten, in der Grösse 32* 486 E. MÜLLER, abnehmenden Strahlen angefügt. Die Figg. 14-29 zeigen andererseits die biseriale Anordnung. Das konstante, rectangu- läre Basalstück (b2) liegt hier mit seinem medialen Rande nicht längs dem medialen Flossenrande, sondern streckt sich hinein zwischen die caudalen Strahlen. Es bekommt hierdurch nicht nur einen Besatz von drei oder vier Strahlen an seinem lateralen Rande und zwei oder drei an seiner kurzen distalen Seite, auch an dem medialen Rande fügen sich strahlenförmige Elemente an. Diese sogenannten medialen Strahlen vonGegen- baur wechseln in der Anzahl und dem Aussehen sehr beträcht- lich. Statt einer ausführlichen descriptiven Darstellung dieser wechselnden Formen will ich dem Leser das Studium der Figuren auf der Taf. 27/28 u. 29/30 empfehlen. Gegenbaur sagt, dass am ausgewachsenen Tiere nur ein einziges hierher beziehbares Knorpelstückchen zu bemerken sei. In ganz anderer Weise sollten sich die Brustflossenskelete von Acanthiasembryonen verhalten, indem sie deutliche Reste einer medialen Serie von Radien zu erkennen geben. Gegenbaur zeichnet als Bei- spiel dessen eine Flosse ab, welche zwei einzelne und einen gespaltenen Strahl medialwärts trägt und fasst diese als vier besondere mediale Strahlen auf. Wenn man diese „embryonale“ Flosse mit meinen Bildern vergleicht, dann wird man mit Leichtigkeit konstatieren, dass die genannten Strahlen ebenso- gut bei den erwachsenen Tieren zu finden sind wie bei den Embryonen. Schon hierdurch fällt ja einer von den wichtigsten Beweisen für die Gegenbaursche Herleitung des uniserialen Archipterygiums aus dem biserialen. Schon vorher habe ich dargelegt, dass Gegenbaur bei seinen Skeletstudien den oben beschriebenen Befunden zwei verschiedene Deutungen gegeben hat. In der Abhandlung: „Über das Skelet der Gliedmassen der Wirbeltiere‘“ deutet er das kleine dreieckige Stück als eine Abbiegung des End- abschnittes der Basalreihe medialwärts. Das am meisten medial- Die Brustflosse der Selachier. 487 wärts belegene Knorpelstück sollte also den letzten Gliedern der Basalreihe entsprechen. In der späteren Abhandlung über das Archipterygium hegt er nach der Entdeckung von Ceratodus eine ganz andere Ansicht. Hier lässt er die Stammreihe von dem rectangulären Basalstück (b?) in einen von den an dessen Ende befestigten Radien auslaufen. Dieser Radius wird als Terminalglied aufgefasst. Von dieser Stammreihe gehen so- wohl lateralwärts wie medialwärts Radien aus. Durch meine Untersuchungen bin ich zu der festen Über- zeugung gelangt, dass die erste von diesen Deutungen allein die richtige ist. Schon die Vergleichung der auf den Taf. 27/28 u. 29/30 abgezeichneten Flossen lehrt ja die prägnantesten Über- gänge zwischen den uniserialen und biserialen Anordnungen kennen. Man sieht ganz deutlich, wie die letzten Glieder der Basalreihe längs dem medialen Rande des Basale? wandern. Hierdurch kommt der am nächsten belegene Strahl oft in eine mediale Lage zu dem Basalstück ?. Der Grund, welcher für Gegenbaur bestimmend war, von seiner ersten Deutung abzugehen und die zweite anzu- nehmen, war vor allem die Ähnlichkeit mit dem Ceratodus. Diese ist aber nur oberflächlich. Wenn man nämlich nicht nur das Skelet, sondern auch die Weichteile berücksichtigt, dann kommt man zu der Auffassung, dass eine tiefe Kluft zwischen den beiden Skeletformen besteht. Die Muskeln, die Nerven und die Gefässe haben eine ganz andere Anordnung in der biserialen Ceratodusflosse und in der pseudo-biserialen Anordnung in dem caudalen Abschnitte der Selachierflosse. Damit fällt auch die Homologisierung der beiden Skeletformen. Es lassen sich inzwischen noch mehrere triftige Gründe gegen die letzte Deutung von Gegenbaur anführen. Gegen- baur definiert die Stammreihe als eine Folge von an Grösse abnehmenden Knorpelstücken, an denen seitlich Radiıen be- festigt sind. Das Terminalglied dieser Stammreihe unterscheidet 488 E. MÜLLER, sich in nichts von einem gewöhnlichen Radius. Da nun das Basale ? in seiner geraden Fortsetzung oft zwei nebeneinander sitzende Strahlen trägt, so wird es eine Geschmacksache, ob man die Stammreihe durch den einen oder den anderen legen soll. In der Tat findet man auch, dass zwei Forscher wie Gegenbaur und Braus, welche ganz dieselbe Auffassung von der Selachierflosse haben, die Achse durch verschiedene Terminalstrahlen legen. In der Abhandlung über das Archi- pterygium zeichnet Gegenbaur die Achse durch die laterale von den beiden Strahlen, welche an der kurzen distalen Seite des Basale 2 befestigt sind. In seiner Abhandlung: Die Muskeln und Nerven der Üeratodusflosse legt dagegen Braus die Achse in der Textfigur 12B (S. 182) durch den medialen von diesen. Dass eine solche Willkür den Wert der Gegenbaur- schen Achse vermindert, ist offenbar. Mit der Achse fällt aber auch die Grundlage für die ganze biseriale Anordnung. Nun besitzt man aber Mittel, um zu zeigen, was Basal- reihe ist und was Strahlen sind. An den Basalia des Meta- pterygiums inserieren nämlich die medialen Muskelfasern des ventralen Muskels. Diese Inserierung geschieht bis zu der Spitze. Darum dürfen die letzten kleinen Knorpelstückchen nicht als Radıen, sondern als Basalstücke aufgefasst werden, wenn man nämlich überhaupt einen Unterschied zwischen Basalstücken und Radien aufrecht erhalten soll. Ich finde dies berechtigt. Die Basalstücke unterscheiden sich nämlich sowohl funktionell wie topographisch-anatomisch von den Radien. Sie liegen in der Basıs der Flosse und dienen dazu, die Flosse an der Rumpfwand zu befestigen. Sie bilden in dieser Weise einen fixen Punkt, von dem die Radien ausgehen. Ich rechne also zu der Stammreihe des Metapterygiums alle in dem caudalen Teile der Basis der Flosse liegenden Knorpel- stücke, von dem Basale! an gerechnet. Diese Reihe läuft in ein kleines spitziges Knorpelstück aus. Ob man nun dieses Die Brustflosse der Selachier. 489 Stück für ein besonderes Terminalglied, gleichwertig mit den Basalia oder für einen Radius halten soll, darüber könnte man vielleicht diskutieren. Vom praktischen Gesichtspunkte aus ist dies aber unnötig. Denn hier in dem kleinen, mehr- besprochenen dreieckigen Stücke variieren die Verhältnisse so, dass man nicht mit Sicherheit entscheiden kann, was über- haupt Strahlen sind. Ich verweise z. B. auf die Figg. 16—19. Meiner Ansicht nach sind die am Rande liegenden Stücke als Basalstücke mit seinem Terminalgliede aufzulassen. Lateralwärts von diesem sieht man eine Menge von kleinen Knorpelstückchen. Sind diese als besondere Strahlen aufzu- fassen oder als Spaltungen von Strahlen oder von Basalstücken ? Eine bestimmte Antwort auf diese Frage lässt sich unmöglich geben. Die Hauptsache in den vorausgegangenen Auseimander- setzungen ist also die, dass das kleine im allgemeinen drei- eckige Stück, welches den caudalen Teil der Acanthiasflosse darstellt, teils in seinem medialsten Teile der Stammreihe der Basalstücke entspricht, teils von rudimentären Radien, von ganz derselben Art wie die gut entwickelten übrigen Radien aufgebaut ist. Ihre Anzahl zu bestimmen ist sehr schwierig. Die Abbiegung der Stammreihe erklärt sich durch die Ablösung vom Rumpf, welche die Flosse während der Ontogenie zeigt und die im Zusammenhang mit der Concentration und Einschnürung der Flossenbasis steht. Auf Grund der oben hervorgehobenen Schwierigkeit, die Strahlennatur bestimmt zu entscheiden, ist es deutlich, dass sie bei einer Zählung ganz ausser acht ge- lassen werden muss. Ich fange also mit dem cranialen rudimentären Strahle in der Verlängerung des Propterygiums an und schliesse die Rechnung mit dem Strahle, welcher in der Verlängerung des Basale?2 belegen ist. Wenn zwei oder drei solche vorhanden sind, schliesse ich mit dem am meisten medialwärts belegenen. 490 E. MÜLLER, Die folgende Tabelle zeigt die Radienzahl. | | Metapterygium Untersuchte Pro | Meso- | | | | ne Exemplare pterygium pterygium | | End- | Basale 1 Basale 2 | | ' strahlen 1 1 10 | 6 3 | 2 | 22 2a el 10 Ta os > 23 3 1 10 7 2 3 23 4 1 10 7 3 1 22 b) 1 I 7 3 2 22 6 1 10 Ga 3 2 22 ( 1 10 b) 3 2 21 8 1 10 5 2 2 20 9 1 10 7 2 2 22 10 1 10 b) 3 2 21 11 1 10 5 3 2 21 12 1 3 b) 3 | 2 20 13 1 11 8 2 | 2 24 14 1 8 7 2 2 20 15 1 10 b) 3 1 20 16 1 I 7 2 1 20 17 1 10 7 3 1 22 13 1 11 6 2 2 22 19 1 et) 8 3 2 23 20 1 10 6 3 2 22 Die Anzahl der Strahlen wechselt, wenn man nach den oben angeführten Gründen von den medialen zuerst absieht, zwischen 20 und 24. In den meisten Fällen (8 Flossen) findet man 22 deutliche Strahlen, danach am zahlreichsten (5 Flossen) sind diejenigen, welche 20 Strahlen besitzen. 3 Flossen be- sitzen 23 Strahlen. 3 andere Flossen zeigen 21 Strahlen, nur ein Exemplar zeigt 24 wohl ausgebildete Strahlen. Was die Anzahl der caudalen Strahlen betrifft, so habe ich schon oben die Schwierigkeit, sie zu zählen, hervorgehoben, Tafel sg, un i \ >= II II T lc Hr vr Die Brustflosse der Selachier. 491 wenn man jedes kleine Fragment als Strahl auffassen soll. Falls man aber diese als Sprossen oder Spaltungen von grösseren ansieht, so bekommt man Fälle mit 0, 1 oder 2 solchen rudi- mentären Strahlen, wobei das Terminalglied nicht mitgerechnet wird. In den meisten Fällen findet man einen rudimentären Strahl ausser dem Terminalgliede, dessen Ähnlichkeit mit einem Radius schon hervorgehoben ist. In den Figg. 1, 2 u. 3, Taf. 27/28 habe ich drei Flossen abgezeichnet mit resp. 24, 22 und 20 deutlichen Strahlen. jei allen drei Flossen sind die rudimentären caudalen Radien nicht mitgezählt. Schon bei einem flüchtigen Anblicke sieht man den Unterschied. Die Flosse 1 ist in cranio-caudaler Richtung mehr ausgebreitet. Die Flosse 3 ist viel kürzer in derselben Richtung. Der Fächer ist mehr zusammengeschoben, aber nicht durch Annäherung der Strahlen, sondern durch Verschwinden von Strahlen. Es ist nun wohl berechtigt, diese drei Formen- zustände miteinander zu vergleichen, um nachzuforschen, wie sie sich zueinander verhalten. Die Radien folgen in regel- mässiger cranio-caudaler Richtung nacheinander. Welche Strahlen entsprechen einander in den verschiedenen Fällen ? Eine nähere Untersuchung hierüber lehrt, dass bei 3 der 20. Strahl direkt in der Verlängerung des Basale? belegen ist. Bei 2 befindet sich der 20. Strahl in einer ganz anderen Lage an der lateralen Seite des Basale? angefügt. Bei 1 sitzt derselbe Strahl an dem Rande des Basale!. Man kann den Unterschied auch in einer anderen Weise ausdrücken. Bei 3 bildet der 20. Strahl, bei 2 der 22. und bei 1 der 24. Strahl die direkte Verlängerung des Basale?. Was ist nun bestimmend für die Homologie der Strahlen? Ist es die Nummer, welche die besonderen Strahlen in der eranio-caudalen Reihe zeigen, oder ist es die Lage zu den Basalstücken? In dem letzteren Falle kommt die verschiedene Strahlenanzahl durch Inter- oder Excalation zustande. In dem vorigen Falle haben die ver- 492 E. MÜLLER, schiedenen Zustände ihren Grund im Zuwachs resp. Wegfall von Strahlen an dem eranialen resp. caudalen Ende der Flosse. Die Entscheidung dieser beiden Möglichkeiten, welche für die ganze Auffassung der Flosse nicht ohne Bedeutung ist, lässt sich natürlich nicht durch einfaches Studium des Flossen- Skeletes machen. Dagegen erhält man eine solche Möglichkeit durch ein Studium der Beziehungen, welche zwischen den Strahlen und Nerven bestehen. Es wird sich zeigen, dass jeder Flossennerv in seiner Lage zwei Strahlen entspricht. Die Flosse mit 22 Strahlen entspricht also 11 Flossen- oder Spinalnerven. Die Flosse mit 20 Strahlen besitzt nur 10 Flossen- nerven. Ein Vergleich zwischen den Flossen lehrt, dass im letzteren Falle der letzte Nerv (der 11.) nicht mehr nach der eigentlichen Flosse verläuft. In Übereinstimmung hiermit sind auch die Strahlen weggefallen oder in Form von rudimentären caudalen Strahlen vorhanden: Die Variation in der Strahlen- anzahl kommt also durch Zuwachs oder Wegfall von Strahlen an den Rändern zustande, besonders an dem caudalen. Die Bedeutung der rudimentären Strahlen wird hierdurch noch klarer. Diese sind nicht von den übrigen prinzipiell ver- schieden, denn sie entsprechen in anderen strahlenreicheren Flossen gut ausgebildeten, lateral belegenen, sewöhnlichen Radien. Durch meine Untersuchungen bin ich also zu der Ansichl gekommen, dass die erste Auffassung von G egenbaur die richtige ist. Das Charakteristische des Flossenskeletes der Selachier ist das Vorkommen von grösseren Knorpelstücken in der Basis, an denen Radien lateralwärts angegliedert sind. Kine biseriale Anordnung der Strahlen, wie bei Ceratodus, existiert nicht. Die pseudo-biseriale Anordnung in dem caudalen Teile kommt durch Einschnürung der Flossenbasis zustande. Das Studium der Variationsbreite der Strahlen lehrt strahlen- reichere und strahlenärmere Flossen kennen, welche durch Die Brustflosse der Selachier. 495 mehr oder weniger Beteiligung der Körperwandmelameren an der Flossenbildung zustande kommen. Die Muskeln der Brustflosse. Der dorsale Muskel besteht aus zwei Teilen, welche sehr innig verbunden sind. Der oberflächliche Teil (Fig. 30, Taf. 29/30) entspringt teils aus einer starken dreieckigen Aponeurose, welche dieht an der dorsalen Seite der ventralen Muskulatur liegt, mit dieser sehr fest verbunden ist und bis zu der Längs- rinne sich erstreckt, welche zwischen der dorsalen und der ventralen Muskulatur verläuft, teils aus dem dorsalen Teile des Schulterbogens und ein wenig von dem dorsalen Rande des mittleren Teiles gerade oberhalb des Gelenkfortsatzes. Er bildet, eine dicke Masse, welche dann fächerförmig sich aus- breitet. Der eraniale Teil bildet eine einheitliche, feinfaserige Masse, welche an der dorsalen Fläche des Propterygiums sich inseriert. Der übrige grössere Teil breitet sich aus und zer. fällt in 24 deutliche Radialmuskeln. Die tiefere Portion enl- springt aus der dorsalen Fläche und bildet die tieferen Teile der Radialmuskeln. Die tieferen Fasern der Radialmuskeln in- serieren an den Skeletradien, die oberflächlichen setzen sich in aponeurotisch platte Fascikel fort, welche in die Hornfasern übergehen. Der M. abductor bildet, von der Fläche gesehen, ein sehr deutliches Dreieck, dessen Basis an dem Schulterbogen, dessen Spitze auf dem Propterygium sich befestigt. Er entspringt aus der ganzen äusseren Fläche des mittleren Teiles des Schulterbogens und inseriert in der grubenförmigen Einsenkung an der ventralen Fläche des Propterygiums. Der ventrale Muskel entspringt aus dem Processus muscu- laris und dem vorderen Rande des mittleren Teiles des Schulter- bogens teils fleischig, teils mit einem Sehnenblatte, welches 494 E. MÜLLER, an dem medialen Rande des Muskels sich fortsetzt. Der Muskel bildet eine fächerartige Figur mit einer kürzeren lateralen Seite, einer langen medialen und einer bogenförmigen distalen Seite. Die einheitliche Ursprungsmasse setzt sich längs dem medialen Rande des Muskels fest und inseriert kurz apo- neurotisch an den rudimentären, medialwärts ferner liegenden Radien. Dieser mediale Rand legt sich dicht an die Rumpf muskulatur, durch Bindegewebe mit derselben verbunden. Lateral- und distalwärts läuft der Muskel in die Mm. radıales aus. Die craniale Partie, welche an dem Teile der ventralen Fläche des Propterygiums, der von dem M. abduetor nicht eingenommen wird, und an den zwei oder drei cranialen Radien inseriert, ist noch undifferenziert. Dann folgen 20 gut entwickelte Mm. radiales. Obgleich die Radialmuskeln aus der medialen, ungegliederten Muskelmasse entspringen und der Ge- samtmuskel also eine ziemlich lange Basis besitzt, so zeigen sie doch eine fächerförmige Anordnung insoweit, als von einer ungefähr in der Richtung des 15. oder 16. Radialmuskels be- legenen Achse die lateralwärts belegenen Muskeln nach lateral und die medialwärts belegenen Radialmuskeln nach medial umbiegen. Löst man den medialen Rand des M. ventralis von der Rumpfwand ab, so kommt man zu einer ziemlich ausgebreiteten dreieckigen Fläche, welche durch Bindegewebe mit der Rumpf- wand zusammengelötet ist. Dieser Teil des Muskels ist wie umgebogen nach innen und inseriert längs dem medialen Rande der Basalreihe, wie bereits mitgeteilt ist. Der oberflächliche Teil des ventralen Muskels setzt sich in dünnen aponeurotischen Streifen fort, welche an die Horn- fäden befestigt sind. Der tiefe Teil des Muskels wird am besten sichtbar gemacht, wenn man nach und nach dünne Flach- schnitte von dem oberflächlichen Muskel absehneidel. Dann wird der dorsale Muskel entfernt und das ganze Stück in Xylol Die Brustflosse der Selachier. 495 erhellt. Im durchfallenden Lichte kann man in diesen Präpa- raten die Beziehungen zwischen Strahlen und Radialmuskeln sehr gut übersehen (Figg. 4 u. 5, Taf. 27/28). Wie Braus richtig gefunden hat, stimmen die Radıen und Muskeln nicht völlig in ihrem Verlaufe überein. In der mittleren Partie fallen die Grenzen ungefähr zusammen. Nach dem cranialen Rande verschieben sich die Muskeln caudalwärts so, dass der caudale Rand eines Muskels den eranialen Rand des nächsten Strahles bedeckt. Die caudalen Muskeln laufen schräg über zwei Strahlen. In ihrer Gesamtheit bildet die Flossenmuskulatur ein in dorso-ventraler Richtung etwas zusammengedrücktes kegel- förmiges Segment, dessen Basis dem Schulterbogen entspricht, während dessen unregelmässige Spitze im Gebiet der freien Flosse belegen ist. Aus diesem Kegel ist ein Stück heraus- geschnitten. Hierdurch wird eine concave, medialwärts ge- richtete Fläche gebildet, welche gegen die Rumpfwand gerichtet ist und mit dieser die Achselhöhle begrenzt. Der Schulterbogen (Fig. 30, Taf. 29/30) sitzt in der Rumpf- wand so, dass er eine freie Fläche gegen die Rumpfhöhle wendet. An dem cranialen Rande inserieren die Kiemenbogen- muskeln und der M. trapezius, an dem caudalen Rande die ventralen Muskeln des Stammes. Ventral- und dorsalwärts setzen sich diese direkt an dem Schulterbogen fest. In der Mitte beobachtet man dagegen eine bemerkenswerte Unterbrechung. Auf der Mitte des Schulterbogens, entsprechend dem Abgange der freien Extremität findet man (Fig. 46, Taf. 35/36), von der inneren Seite gesehen, einen sehr starken Sehnenbogen, welcher mit zwei oder drei deutlichen Fascikeln aus dem dorsalen Abschnitte des Schulterbogens entspringt und an dem ventralen Abschnitte inseriert. Mit dem Schulterbogen begrenzt dieser Sehnenbogen zwei oder drei feine Spalten, durch welche die rostralen Nerven und die Gefässe nach der Achselhöhle passieren. An diesem 496 E. MÜLLER, Sehnenbogen befestigt sich auch der Teil der Rumpfmuskulatur, welcher die mediale Begrenzung der Achselhöhle bildet. Ich komme auf diesen Fascienapparat zurück im Zusammenhang mit der Erwähnung der Flossenvenen. Die Nerven der Brustflosse. Die Nerven bilden nebst den Gefässen das Hauptobjekt meiner Untersuchungen. Die Beschreibungen des Skeletes und der Muskulatur sind eigentlich nur mitgeteilt, um die Grund- lage für die Untersuchung der Nerven zu bilden. Die älteren Untersuchungen enthalten nur vereinzelte An- gaben über den Verlauf der Nerven nach der Flosse, von denen die wichtigste von der Teilung der Nerven in ventrale und dorsale von Cuvier stammt. In der Abhandlung über die Innervation der Flossen gibt Braus eine Übersicht über diese Literatur, auf die ich den Interessierten hinweise. Braus hat sehr eingehend die Nerven der Selachierflosse untersucht. Die Methode von Braus bestand darin, dass er die Nerven in gut fixiertem Materiale unter dem Präparier- mikroskope verfolgte. In der ersten Abhandlung liefert er senaue Angaben über die Zahl der Flossennerven und über das Verhältnis zu dem Schultergürtel, d. h. welche Nerven diazonal durch Löcher im Schulterbogen nach der Extremität verlaufen und welche Nerven metazonal, d. h. distal von diesen direkt nach der Extremität hinziehen. In einer zweiten Ab- handlung teilt er seine Beobachtungen über den Verlauf und die Verteilung der Nerven innerhalb der Flosse mit. Für Braus sind die zahlreichen Plexusbildungen, welche die Extremitäten- nerven nach seiner Ansicht miteinander bilden, die Hauptsache. ir unterscheidet einen Plexus pterygialis proximalıs, welcher innerhalb der Bauchwand oder innen von derselben (intra- abdominal) hegt. Weiter unterscheidet er den Plexus ptery- Die Brustflosse der Selachier. 497 ojalis distalis, unter welchem er sämtliche Plexusbildungen zu- sammenfasst, welche sich in der freien Flosse finden. Dieser wird dann in Unterabteilungen aufgelöst. Erstens beschreibt er einen Plexus medialis s. postaxialis, welcher dicht am medialen Rande des Metapterygiums liege und durch Verbin- dungsäste zwischen den einzelnen metameren Nerven zustande komme. Derselbe soll einen Längsstamm bilden, welcher ziem- lich genau im rechten Winkel zur Lage der an die Flosse herantretenden Nerven liege. Zweitens spricht er von einem Plexus lateralis s. praeaxialis. Hierunter versteht er viele netz- förmige Verbindungen zwischen den Extremitätennerven, welche um so zahlreicher sind, je weiter sich die Nerven vom lateralen Rande des Metapterygiums entfernen. Über den eigentlichen Verlauf der Nerven teilt er nun folgendes mit: „Verfolgt man die Extremitätnerven von der medialen Kante des Metaptery- giums weiter distalwärts, so findet man, dass sie an die Unterfläche des ventralen Hauptmuskels treten und hier zum Teil mit langen Ästen noch weite Strecken ausserhalb des Muskels, zwischen ihm und dem Knorpel- skelete verlaufen.‘ Innerhalb des Hauptmuskels sind die Nerven im allgemeinen zu finden in den Zwischenräumen zwischen den Muskeln, sind aber durchaus nicht auf denjenigen Zwischen- muskelspalt beschränkt, in welchen sie einmal eingetreten sind, sondern können denselben verlassen, den nächst begrenzenden Musc. radialis durchbrechen und sich in diesem und dem nächsten Spalt, sowie an die jenen begrenzenden Muskeln ver- zweigen.‘“ „Ich will nicht auf all das Detail dieser Gellechte eingehen, welches sehr variiert und wenig Interesse bietet.“ „Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass überall inner- halb der Muskeln und in den Zwischenräumen zwischenihnen feinste Nervengeflechte nachweis- bar sind, die wie ein Filz das Muskelgewebe durchziehen.“ — Aus diesen Citaten geht zur Genüge hervor, dass für Braus 498 E. MÜLLER, die Plexusbildung die Hauptsache ist und dass also die Nerven keine regelmässige Verästelung oder Verteilung in der freien Flosse zeigen. Besonderes Gewicht wird auf die Längsstamm- bildung zwischen den metameren Nerven gelegt, weil sie be- sonders wichtig für das Verständnis der Extremitätnerven höherer Wirbeltiere sind. — Ich muss aufrichtig gestehen, dass ich nach dem Studium der Abhandlung von Braus mich von diesen Längsstämmen nicht habe überzeugen können. Bei Laemargus allerdings. Bei Acanthias sehe ich in den Bildern von Braus nur einzelne Anastomosen, welche gar nicht den Eindruck von Längsstämmen hervorrufen, die z. B. in der Hinterflosse der Selachier zu finden sind. Es ist mir ganz unmöglich, aus den Bildern von Braus herauszulesen, dass diese Anastomosen besonders am medialen und lateralen Rande des Metapterygiums belegen sind. Auch der letzte Untersucher auf diesem Gebiete G00- drich hegt die Ansicht, dass die Nerven der Selachierflossen unregelmässige Netzwerke bilden. Ich komme später auf seine Untersuchungen zurück. Ich gehe jetzt zu meinen eigenen Untersuchungen über. Die Nerven sind ohne Zweifel die Bestandteile der Flosse, deren Darstellung am schwierigsten ist. Im frischen Zustande sind nur die gröberen Stämme zu verfolgen. Sie repräsentieren ein Gebiet in der Mitte zwischen macroscopischer und micro- scopischer Forschung. Ich musste darum, wie schon erwähnt, erst eine passende Methode herausprobieren. Gute Resultate bekommt man schon mit der Methode vonDrünerundBraus: Injizieren durch das Herz mit einer guten Fixierungsflüssig- keit und Präparation unter dem binocularen Microscope. Meine besten Resultate habe ich doch durch Osmiumfärbungen er- halten. Schon blosse Eintauchungen von kleinen Exemplaren von Raja in Essigsäure-Osmiumgemische gibt ausgezeichnete Färbungen der oberflächlichen Nervenstrukturen. Betreffend die Die Brustflosse der Selachier. 499 tieferen Nerven habe ich anfangs in folgender Weise verfahren. Ich präparierte die grossen Nerven an ihren Wurzeln frei, tröpfelte dann ein paar Tropfen Osmiumsäure in die Schnitte. Nach wenigen Minuten wurden die Nerven schwarz gefärbt. Dann verfolgte ich sie und ihre Äste weiter. Dies Verfahren liefert sehr gute Resultate und macht, dass man die feineren Äste nicht übersieht. Die Methode leidet doch an einem grossen Übelstande, dass man nämlich den Osmiumdämpfen ausgesetzt wird, welche, wie bekannt, die Schleimhäute stark affızieren. Darum bin ich zu einem anderen Verfahren übergegangen. Nach vorsichtiger Wegnahme der Haut und der oberflächlichen Muskelschicht überführe ich die betreffenden Stücke in !/,%o Essigsäurelösung. Nach 24 Stunden entferne ich so vorsichtig wie möglich die gelockerten Muskelbündel und lege die Nerven unter der Lupe so vollständig wie möglich bloss. Die Haupt- sache ist die, dass die Muskeln eine solche Konsistenz be- kommen, dass sie leicht von den Skeletteilen abgestrichen werden können. Geht die Maceration zu weit, dann verliert man auch die Nerven. Sind dagegen die Muskeln nicht weich genug, dann stösst man auf „Schwierigkeiten, wenn es gilt, die Nerven so blosszulegen, dass sie von Osmium schwarz gefärbt werden. Am leichtesten gelingt das Verfahren bei Raja, weil die Flossen hier keine Hornstrahlen besitzen. Schwieriger ist die Sache bei Acanthias, wo man genötigt ist, die Horn- fäden vorsichtig zu entfernen. Dies ist nicht so leicht, weil die feinen Endäste der Nerven oft zerrissen werden. Die Kon- sistenz der Flosse muss so sein, dass die Haut ganz leicht von den Hornstrahlen durch einen gelinden Messerdruck ab- geschabt werden kann. Dann kommen die Präparate in schwache Osmiumsäure (1/,,% oder weniger). Nach kurzer Zeit werden die Nerven schwarz gefärbt, und dann folgt eine Behandlung mit Ammoniak, um die überflüssige Osmiumsäure wegzunehmen. Fliessendes Wasser während 24 Stunden. Aufbewahrung und Untersuchung in Glycerin. Anatomische Hefte. I. Abteilung. 118. Heft (39. Bd., H. 2). 33 500 E. MÜLLER, Mit dieser Methode ist es mir gelungen, Färbungen der Nerven zu bekommen, welche in bezug auf Vollständigkeit, Distinktheit und Schönheit nichts zu wünschen übrig lassen. Hierdurch kann ich jeden Nerv von Anfang bis zu Ende ver- folgen. Die beiden oceipitalen Nerven, y und z nach der Termino- logie von Fürbringer, welche den cranialen Teil des Plexus Gervico-brachialis bilden, treten am besten hervor, wenn man die Präparation von hinten vornimmt. Der erste (y) entspringt aus dem Gehirne ventral in derselben Höhe wie die distalen Bündel des dorsal entspringenden N. vagus. 2-4 mm distal- wärts folgt der Abgang des zweiten Nerven (z). Beide ziehen schwach convergierend in dem Frontalplane distal- und lateral- wärts durch den occipitalen Teil des Craniums. Ganz in der Nähe des Vaguskanales angelangt verlaufen sie mehr rein caudalwärts in der den genannten Kanal begrenzenden Schicht, und zwar so, dass sie sagittal angeordnet sind, indem y mehr nach vorne, z mehr nach hinten gelagert ist. (rerade medial von dem Vagusloche verlassen sie das Cranium durch be- sondere Löcher und verbinden sich dann zu einem Stamme. Nach kurzem Verlaufe in der Muskulatur verbindet sich der von den beiden oceipitalen Nerven gebildete Stamm (Fig. 39, Taf. 33/34) mit dem 1. Spinalnerven, welcher aus der Ecke zwischen dem Schädel und der Wirbelsäule hervorkommt. Der so gebildete Strang läuft lateral- und caudalwärts hinter dem dorsalen Teile des Kiemenbogens, nimmt hierunter den 2. und 3. Spinalnerven auf und bildet so den Plexus cervico-brachialıs. Während eines Teiles seines Verlaufes ist er mit dem N. vagus durch Bindegewebe lose verbunden. Der Hauptteil des Plexus geht. schlingenförmig um den caudalen Teil des Kiemenbogen- apparates zu dessen ventraler Fläche. Ein kleinerer Ast läuft gegen den Schulterbogen und verbindet sich hier mit dem 4. und dem grösseren Teile des 5. Spinalnerven zu einem Die Brustflosse der Selachier. 501 Stamme, welcher unter dem oben beschriebenen Sehnenstreifen an dem Schulterbogen. hindurchschlüpft. Dann teilt er sich in zwei Teile, welche durch das ventrale und dorsale Loch des Schulterbogens als metazonale Nerven im Sinne von Gegenbaur weiter verlaufen. Eine Zerfaserung des Plexus cervico-brachialis lehrt, dass der Teil desselben, welcher nach der Extremität verläuft, von dem 3. Spinalnerven stammt. In gewissen Fällen ist es nicht ausgeschlossen, dass auch Fasern von dem 2. Spinalnerven beigemischt werden. Es ist deutlich, dass der Zusammentritt der Nerven zum Plexus cervico-brachialis variieren kann. So kann der 3. Spinalnerv für sich verlaufen und sich in zwei Äste spalten, von denen einer zu dem Plexus cervicalis, der zweite zu den Schulterlöchern verläuft. Nicht der ganze 4. und 5. Spinalnerv läuft zu der Extremität. Ein feiner Faden von dem ersten zieht an dem cranialen Rande des Schulterbogens zu der hypobranchialen Muskulatur. Ein ähnlicher Faden von dem 5. verläuft an dem caudalen Rande des Schulterbogens zu den ventralen Körpermuskeln. Die metazonalen Nerven der Flosse sind leicht darzu- stellen. Sie entsprechen den 6. bis 14. Spinalnerven. Der 6. und 7. ziehen nach aussen und etwas caudalwärts nach der Mitte des Schulterbogens, wo sie durch die Spalten des scapularen Sehnenbogens.nach dem oberen Teil der Achselhöhle verlaufen. Der 8., 9. und 10. gehen ungefähr horizontal nach aussen. Der 11. bis 14. ziehen nach aussen und etwas cranialwärts. Im ganzen convergieren also die Nerven gegen die breite Extremi- tätenbasis. Der grösste Teil jedes Nerven durchbohrt als N. pterygialis communis die Körperwand und gelangt dann in die vorher beschriebene Achselhöhle. Die schwachen Fort- setzungen verlaufen als segmental angeordnete Rumpfnerven auf der inneren Seite der Körperwand. Die Durchbohrungs- stellen der Nn. pterygialis bilden eine schräge Linie, indem 33° 502 E. MÜLLER, die ersten der metazonalen Nerven die Körperwand gerade unter dem Schulterbogen perforieren, während die folgenden dies allmählich mehr nach vorne tun. Schon die Untersuchung eines kleinen Materiales lässt erkennen, dass die Anzahl und seriale Nummer sowohl der diazonalen wie der metazonalen Nerven variieren können. Die Variationen gehen aus der folgenden Tabelle hervor. | Diazonale | Metazonale | Seriale | N ' Nerven | Nerven ! Nummer | re | | 1 ' Rechts 3.4.5. | 6.—15. 3.—15. 13 ' Links en ee 34, 12 2 Rechts DAS N Be 19; 2.—13. | 12 Links DRBR 5.—18. 93 | 12 3 Rechts 3.4. 513: 3 la 11 | Links 3.4.5, 54 a 12 4 Rechts ee le sa 12 Links 3.4.5, 6.—14. ie 12 5 ns Rechts, ı 12.3.4, 5. 614: 24 13 Links 3.4.5. 614. Ze 13 6 Rechts 3.4 5-18, 3.13. 11 | Links 3.4 5.—13. 3.—13. 11 7 | Rechts 3.4.5. 6.—13. 3.—13. 11 ' Links 3.4.5. 628, le 11 8 Rechts DEAN Bes 2 las, 12 Nelanksare 2093.02 sa lan 12 9 | Rechts | 3.4.5. Ku ae | Links 304,5: 6-14. 3.—14. 12 10 | Rechts 2.3. 4. 518, 2.—13. 12 | Links 2.3.4. 5.18: 2 lo | | Die Brustflosse der Selachier. 503 Die mitgeteilte Tabelle ist von grossem Interesse. Sie zeigt bedeutende Variationen der Flossennerven. In der Gesamtanzahl, variieren sie zwischen 11 und 13. 12 Flossen haben 12 Nerven. 5 Flossen besitzen 11 Nerven. 3 Flossen haben 13 Nerven. Auch die seriale Natur der Flossennerven wechselt viel. Sechs Flossen werden von dem 3.—14. Spinalnerven versorgt. Eine gleich grosse Anzahl erhalten Äste von dem 2.—13. Spinal- nerven. 5 Flossen werden von dem 3.—13. Spinalnerven ver- sorgt, 2 von dem 2.—14., 1 von dem 3.—15. Die allgemeinen Schlüsse, die aus dieser Tabelle gezogen werden können, spare ich für den allgemeinen Teil auf. Ich gehe nämlich jetzt zu der Beschreibung des Verlaufes der Flossennerven über, wobei ich mich an die Beschreibung der Fälle halte, deren Flossennerven dem 3.—14. Spinalnerven ent- sprechen. Die diazonalen Nerven dringen zu einem Stamm verbunden bis zu dem Schulterbogen. Hier teilen sie sich in einen ven- tralen und einen dorsalen Nerven, welche durch besondere Kanäle nach der ventralen und dorsalen Fläche der Flosse verlaufen. Die metazonalen Nerven geben in der Achselhöhle je einen starken Hautast ab und teilen sich dann ın der Nähe des medialen Randes des Metapterygiums in je einen ventralen und dorsalen Ast, welche gabelförmig das Metapterygium um- fassen, um dann unter dem ventralen und dorsalen Muskel dicht an dem Skelete weiter zu ziehen. Die Nervengabeln bilden eine der charakteristischsten Eigentümlichkeiten in der Verteilung und Anordnung der Flossennerven der Selachier. Sıe liegen, wie aus der Fig. 39, Taf. 33/34 hervorgeht, in der Achselhöhle in einer Linie, welche ungefähr parallel mit dem Metapterygium verläuft. Die vorher beschriebenen anatomischen Data sind durch gewöhnliche Präparation leicht festzustellen. Eine schwierige 504 E. MÜLLER, Aufgabe ist es aber, die Flossennerven bis zu ihren Enden ın der freien Flosse zu verfolgen. Hier führt nur die oben be- schriebene Osmium-Methode zum Ziele. Sie liefert aber, recht angewandt, so schöne und vollständige Bilder, als man wünschen kann. Ein Blick auf die Figuren 33—37 der Tafeln 29/30 u. 31/32 lehrt leicht, den allgemeinen Verästelungstypus der Pterygial- nerven zu erkennen. Am besten tritt dies aus natürlichen Gründen im Gebiete der mittleren, grossen Pterygialnerven her- vor. Beim ersten Anblicke sieht man, wie die Nerven im grossen und ganzen parallel miteinander oder richtiger mit etwas diver- gierendem Verlaufe nach aussen bis zum Rande der Flosse verfolebar sind. Erst im Gebiete des äusseren Teiles des Horn- fadensaumes verlieren sie ihre Individualität und gehen in ein schönes sensibles Netz über. Sie laufen also schräg über die Basalstücke und dann parallel mit den Strahlen. Beinahe ganz konstant teilen sich die Flossennerven in zwei ungefähr gleich starke, unter spitzigem Winkel divergierende Äste (g, Figg. 33, 35), welche je einen Strahl zwischen sich fassen und dann weiter peri- pherwärts ziehen. Die Teilungsstellen der mittleren Nerven liegen im Gebiete der Strahlen. Dieselben Stellen für die Randnerven innerhalb des Gebietes der Basalstücke. Bei meinen Figuren findet man im allgemeinen eine Unterbrechung in den gefärbten Nerven im Gebiete der mittleren Glieder und Endglieder der Strahlen. Dies beruht darauf, dass hier die Aponeurosen der oberflächlichen Radialmuskeln sehr dicht an die Skeletunter- lage befestigt sind, eine Befestigung, welche durch die Essig- säuremaceration nur wenig gelockert wird. Eine Freipräparie- rung dieser Gegend nimmt also eine so lange Zeit in Anspruch, dass das übrige Präparat während dieser verderben würde. Darum habe ich im allgemeinen die Aponeurosen sitzen lassen. Dann dringt aber die Osmiumsäure nicht genügend hinein, und die betreffenden Abschnitte bleiben ungefärbt. Die Fig. 36 zeigt Die Brustflosse der Selachier. 505 die vollständigste Färbung, hier kann man die schwarz ge- färbten Nerven auch durch den genannten Bezirk verfolgen. Während des genannten Verlaufes geben die Pterygial- nerven zahlreiche Äste ab. Von diesen sind erst zu nennen die oberflächlichen Äste, welche aus den ventralen Ästen bald distal von den Nervengabeln entspringen. Sie verteilen sich in der oberflächlichen Muskelschicht und senden wahrschein- lich auch Fasern nach der oberflächlichen sensiblen Nerven- schicht, welche bei Raja ausserordentlich schön hervortritt. Die betreffenden Nerven sind in den Figuren nicht dargestellt, weil sie nach der Wegnahme der Muskeln ihre natürliche Lage verlieren und das Hauptinteresse sich natürlich an die tiefen, zwischen den Muskeln und dem Flossenskelete belegenen Haupt- stämme knüpft. # Von den zahlreichen übrigen unter spitzen Winkeln ab- gehenden Ästen ziehen einige durch besondere Konstanz die Aufmerksamkeit auf sich. Sie sind von etwas schwächerem Ka- liber als die Hauptnerven und verlaufen in der Mitte zwischen zwei Nn. pterygiales. Ich nenne sie die Nn. intermittentes (n. i. Fig. 34). Sie entspringen aus jenen nicht weit von dem medialen Rande, oft mit zwei spitzwinkelig zusammenlaufenden Wurzeln von den am nächsten cranial- und caudalwärts be- legenen Nerven, verlaufen dann parallel mit diesen distal und nehmen während dieses Verlaufes zahlreiche Anastomosen von den nächsten Pterygialnerven auf. Im Gebiete der Strahlen verästeln sie sich, und die Äste schmelzen mit den Hauptästen der Nn. pterygiales zusammen. Wir werden bei Raja und Chimaera finden, dass diese Nerven eine der charakteristischsten Eigentümlichkeiten der Verästelungsweise der Flossennerven. darstellen. Beachtenswert sind die zahlreichen Anastomosen, welche die Flossennerven verbinden. Gewöhnlich sind sie von sehr einfacher Anordnung. Ein feineres oder gröberes Nervenbündel 506 E. MÜLLER, spaltet sich von einem N. pterygialis ab, läuft schräg über zu dem nächstliegenden Nerven und verbindet sich mit ihm. Die regelmässigsten Anastomosen finde ich in dem basalen Teil der Flosse, aber nicht in der ganzen Ausdehnung der Flossenbasis, sondern nur in dessen cranıialer und caudaler Partie. Der Stamm der diazonalen Nerven ist also regelmässig durch eine starke, bogenförmig um das Flossengelenk ver- laufende Anastomose mit dem ersten von den metazonalen Nerven verbunden (a. kr. Fig. 37). Ebenso konstant finde ich eine Längsanastomose zwischen den drei caudälen Nn. ptery- giales, welche längs dem medialen Rande des Metapterygiums belegen ist (a. k. Fig. 37). Ohne Zweifel sind diese basalen Anastomosen, welche ich Plexus basilaris nenne, von grossem morphologischem Interesse. Soviel über die allgemeine Anordnung und Verästelung der Flossennerven. Ihre Anatomie ist aber dadurch durchaus nicht erschöpfend beschrieben. Es zeigt sich, dass jeder Nerv, welcher von Anfang bis zu Ende verfolgt werden kann, eine sehr regelmässige Lage zu dem Flossenskelete einnimmt. Ein Blick auf die Figuren lehrt, dass die Nerven in regelmässigem Abstande voneinander verlaufen und dass sie im allgemeinen zwei Strahlen zwischen sich haben. Die Lagerung der Nerven zu den Strahlen ist so, dass der Nerv an dem proximalen Teil der Strahlen entweder auf der Mitte eines Strahles liegt oder zwischen zwei Strahlen belegen ist. In letzterem Falle findel man zwei ganze Strahlen zwischen zwei Nerven, im ersteren Falle einen ganzen Strahl und zwei halbe. In sowohl dem einen wie anderen Falle teilt sich jeder Nerv in zwei Äste, welche einen Strahl umfassen. In der Höhe des zweiten Strahlengliedes findet man ın der Regel einen Nervenasl zwischen jedem Strahlenpaar. Natürlich hat diese Regel ihre Ausnahmen, wie aus den mitgeteilten Figuren zur Genüge her- vorgeht. Zwei Nerven können näher aneinander rücken, so ZZ l ib, ni 1 Die Brustflosse der Selachier. 50 dass sie nur einen Strahl zwischen sich fassen. Auf einer anderen Stelle kann man dann drei Strahlen zwischen zwei Hauptnerven finden. Auch die zwei Endäste brauchen nicht notwendig einen Strahl zwischen sich zu fassen, sondern können unregelmässig verlaufen. Die schön gefärbte Flosse in Fig. 36, Taf. 31/32 zeigt eine solche mehr unregelmässige Ver- teilung der Endäste über die Strahlen. Näher ausgeführt ver- halten sich die ventralen Flossennerven in folgender Weise. Die ventralen Teile der Flossennerven von dem 3., 4. und 5. Spinalnerven laufen, wie schon beschrieben, dicht gelagert, einen Stamm bildend, durch das Loch in den Schulterbogen und teilen sich dann in mehrere Äste für den cranialen Teil der Flosse. Eine Zerfaserung dieses Stammes ist ziemlich leicht auszuführen und lehrt, dass der Flossenteil des 3. Spinal- nerven ganz in Äste für den M. abductor übergeht. Der Flossen- teil des 4. Spinalnerven sendet einen Ast nach dem vorigen, Nerven, welcher also auch für den M. abductor bestimmt ist, nimmt vielleicht einige Fasern von dem nächstfolgenden, dem 5. Spinalnerven, auf und setzt sich dann als erster Pterygialnerv nach dem Gebiete der zwei cranialen Strahlen fort, d. h. er innerviert die Muskelfasern, welche caudal von dem M. ab- ductor am Propterygium und den genannten Strahlen sich be- festigen. Unter dem Namen der Pterygialnerven verstehe ich nämlich die deutlichen Nervenäste, welche im (Gebiete der Flossen verfolgt werden können und Fortsetzungen der Spinal- nerven sind. Sie müssen jeder für sich beschrieben sein, denn ein jeder hat sein bestimmtes Aussehen und vor allem seine ganz bestimmte topographische Lage zu den Skeletteilen. Die Figuren 33, 34, 35 und 36 auf den Tafeln 29/30 u. 31/32 sind mitgeteilt, um diesen wichtigen Satz zu beweisen, dass die Pterygialnerven ganz bestimmte Beziehungen zu den Strahlen besitzen. Sie stammen alle von Flossen, deren Nerven dem 3. und 14. Spinalnerven entsprechen. Fangen wir die Beschreibung 508 E. MÜLLER, mit Fig. 33 an, so sehen wir, dass der erste, am meisten cranialwärts belegene Nerv ziemlich schwach ist und, wie schon gesagt, im Gebiete des ersten und zweiten Strahles endigt. Der zweite Pterygialnerv ist schon sehr kräftig und bildet die Fortsetzung des 5. Spinalnerven. Er legt sich dicht an dem Gelenkfortsatze des Schulterbogens an, zieht dann über das craniale Gebiet des Mesopterygiums nach dem 4. Strahl. Der 3. Pterygialnerv (der 6. Spinalnerv) liegt caudalwärts dicht an dem Gelenkfortsatze des Schulterbogens und zieht dann über das Mesopterygium nach dem 6. Strahl, wo er eine sehr deutliche gabelförmige Teilung zeigt. Der 4. Pterygialnerv, die Fortsetzung des 7. Spinalnerven, verläuft zu dem 8. Strahl, der 5. Pterygialnerv (der 8. Spinalnerv) verläuft zu dem 10. Strahl. Der 6. Pterygialnerv (der 9. Spinalnerv) geht an der Grenze zwischen dem Meso- und Metapterygium nach dem 12. Strahl. Der 7. Pterygialnerv (der 10. Spinalnerv) und der 8. Pterygialnerv (der 11. Spinalnerv) verlaufen parallel mit- einander, resp. an dem 14. und 16. Strahle. Der 9. Pterygial- nerv (der 12. Spinalnerv) zieht schräg über den caudalen Teil des Basale! des Metapterygiums, fügt sich dann cranialwärts an die Fuge zwischen dem Basale! und dem Basale? und läuft nach dem 18. Strahl. Der 10. Pterygialnerv (der 13. Spinal- nerv) verläuft diagonal über das Basale? nach dem 20. Strahl. Der 11. Pterygialnerv (der 14. Spinalnerv) läuft längs dem medialen Rande des Basale? nach dem 22. Strahl. Caudal- wärts sendet er mehrere feine Äste über das dreieckige Stück, welches von dem Endteil der Stammreihe und den rudimentären Radien gebildet ist. Betrachten wir nun die Flosse, welche in Fig. 35 abge- zeichnet ist, so finden wir eine übereinstimmende Verteilung, welche nur in kleinen Details von der vorigen Beschreibung abweicht. Wir finden, dass die grossen Pterygialnerven von dem 2. nach den Strahlen mit geraden Nummern (4, 6, 8 usw.) Die Brustflosse der Selachier. 509 verlaufen. Wir sehen, wie der 6. Pterygialnerv genau an der Grenze des Meso- und Metapterygiums verläuft. Wir finden, dass der 9. Pterygialnerv cranial sich an die Fuge zwischen den Basalia des Metapterygiums anfügt, dass der 10. diagonal über das Basale? verläuft und dass der 11. an dem caudalen Rande des Basale? belegen ist. Auch bei der schön gefärbten Flosse Fig. 36, Taf. 31/32 Inden wir dieselbe Anordnung und Verteilung der Flossen- nerven und nur geringe Abweichungen. Unter diesen be- merken wir, dass der erste Flossennerv ungewöhnlich kräftig, der zweite, schwächer und mehr unbestimmt, kräftige Ana- stomosen von dem dritten aufnimmt. Die Flosse, welche in Fig. 34, Taf. 29/30 in natürlicher Grösse dargestellt ist, zeigt dieselbe Anzahl von Nerven und Strahlen wie in den vorher beschriebenen Fällen. Das Aussehen und die Verteilung der Flossennerven ist ja beim ersten Anblicke dasselbe. Auch die Lage der Nerven zu den Basalstücken ist die gleiche, z. B. die Pterygialnerven 6, 9, 10 und 11. Eine nähere Untersuchung lehrt aber einen gewissen Unterschied. kennen. Der 2. Pterygialnerv läuft zwischen dem 3. und 4. Strahle aus. Der 3. Nerv verläuft zwischen dem 5. und 6. Strahle. Der 4. Nerv zieht nach dem 7. Strahl, der 5., 6., 4, 8... und 9. verlaufen‘ resp. nach dem. 9., 14., 13, 152 und 17. Strahle. Dann finden wir, dass die beiden caudalen Nerven ganz dieselbe Lage zu den Strahlen wie bei den vorigen ein- nehmen: der 10. Nerv zieht nämlich nach dem 20. Strahle, der 11. nach dem 22. Strahle und sendet dazu Äste über das caudale, dreieckige Flossenstück. Der Unterschied zwischen dieser letzten Flosse und den vorher beschriebenen besteht also darin, dass die cranialen Nerven bis zu dem 9. etwas cranialwärts verschoben sind, so dass sie zwischen den Strahlen oder im Gebiete der Strahlen mit ungeraden Nummern be- legen sind. 510 E. MÜLLER, Die gegebene Beschreibung gilt für die Flossen, welche von dem 3.—14. Spinalnerven versorgt werden. Nun lehrt aber die Tabelle auf S. 502 die Variation der Flossennerven kennen. Man fragt sich dann, wie die peripheren Nerven sich in den Fällen mit anderer serialer Versorgung verhalten. In den Flossen, welche ein „ganzes Segment cranialwärts gewandert‘“ sind, findet man eine ganz ähnliche Anordnung wie in der oben beschriebenen. In Übereinstimmung mit der Vorwanderung entspricht jeder von den Pterygialnerven einem mehr cranialwärts belegenen Segment. Der erste Pterygıal- nerv, welcher im Gebiete der zwei cranialen Strahlen sich verteilte, ist der 2. Spinalnerv; der letzte Flossennerv, welcher längs dem medialen Rande des Basale ? verlief, ist der 13. Spinalnerv. In den Flossen mit nur zwei diagonalen Nerven findet man nur einen Pterygialnerv cranialwärts von dem Gelenk- fortsatze des Schulterbogens. Er entspricht dem 4. Spinal- nerven und verteilt sich wie gewöhnlich im Gebiete der zwei cranialen Strahlen. Der zweite Flossennerv läuft als erster metazonaler Nerv caudalwärts von dem Gelenkfortsatze des Schulterbogens nach dem 3. und 4. Strahle. Die übrigen Pterygialnerven verhalten sich wie gewöhnlich. Von ganz besonderem Interesse sind die Flossen, welche nur von 11 Spinalnerven innerviert werden. Ich habe in Fig. 37, Taf. 31/32 eine solche mit Nervenfärbung zeichnen lassen. Die diazonalen Nerven sind ganz wie vorher. Der erste Pterygial- nerv, entsprechend dem vierten Spinalnerven, ist schwach und zieht nach den zwei cranialen Strahlen. Der 2. ist kräftig und verläuft nach dem 4. Strahle. Der 3. läuft zwischen dem 5. und 6. Strahle aus. Der 4. Nerv zieht nach dem 7. Strahle. Der'5}, '65,’7."und’8”Nerv Tesp: nachdem 9. 11.7715 und 15. Strahle. Der 9. Nerv zieht nach dem 18. Strahle. Der letzte Pterygialnerv, der 10., ist freilich nicht in seiner ganzen Länge Die Brustflosse der Selachier. 51l gefärbt. Doch sieht man seine Endfasern ım Gebiete des 20. Strahles, welcher der letzte gut entwickelte Strahl ist, und die rudimentären Strahlen sich verteilen. Hier ist also eine Flosse, wo im eranialen Teile die Nerven den geraden Nummern der Strahlen entsprechen. In der Mitte die ungeraden Nummern und im caudalen Teile wieder die geraden Nummern. Trotz- dem gilt ja auch hier die Regel, dass jedem Pterygialnerv zwei Strahlen entsprechen. Die Verteilung und Anordnung ist im übrigen wie bei den Flossen mit einer Versorgung von 12 Spinalnerven. Ein einziger, aber sehr wichtiger Unterschied besteht. Ein Nervensegment fehlt, und in Übereinstimmung hiermit finden wir auch zwei Skeletstrahlen weniger; denn in den vorher beschriebenen Flossen ist es der 20. und 22. Strahl, welche beide in der Verlängerung des Basale? belegen sind, bei der Flosse Fig. 37 ist es der 19. und 20. Strahl. In den vorher beschriebenen Flossen mit 11 Pterygial- nerven ist es der 21. und 22. Strahl, welche beide in der Verlängerung des Basale? des Metapterygiums belegen sind. Bei der nun beschriebenen Flosse liegen der 19. und 20. Strahl an derselben Stelle, der 21. und 22. Strahl befinden sich als Rudimente in dem kleinen dreieckigen medialen Teile der Flosse. In dem Zusammenhang mit dem Wegfalle des Nervensegmentes hat sich auch die Summe der wohlausgebildeten Strahlen mit zwei vermindert. Die dorsalen Nerven verhalten sich ganz wie die ventralen. In Fig. 38, Taf. 33/34 habe ich die dorsalen Nerven von einer Flosse mit gelungener Nervenfärbung zeichnen lassen. Die distalen Nerven fallen sehr leicht bei der Maceration weg und sind darum in der Figur nicht wiedergegeben. 512 E. MÜLLER, Raja. Das Skelet der Brustflosse. Von den Rochen habe ich Raja radiata, clavata und batis untersucht. Von diesen eignet sich Raja radiata wegen ihrer kleineren Dimensionen besonders für die Nervenfärbungen. Ein Exemplar von Raja batis hat mir eine ausgezeichnete Nerven- färbung gegeben. Das Extremitätenskelet ist seit den Untersuchungen von Gegenbaur wohl bekannt. Die Beschreibung, die ich in dem folgenden liefere, ist hauptsächlich in der Absicht gegeben, das Verständnis für die Topographie der Weichteile zu be- fördern. Mit Recht hebt Gegenbaur hervor, dass der Schultergürtel der Rochen veränderte Verhältnisse darbietet, welche von dem Befunde der Haie ableitbar und auf neue Anpassungen zurückzuführen sind. Besonders bei Raja tritt die Abänderung scharf hervor. Der Schulterbogen bildet einen beinahe geschlossenen, in dorso-ventraler Richtung stark kom- primierten Ring, an dem man einen einheitlichen starken ven- tralen Teil, zwei breite Seitenteile, welche die freie Extremität tragen und zwei dünne dorsale Spangen, welche dicht an der dorsalen Stammuskulatur befestigt sind, unterscheiden kann. Der mittlere stärkere Teil jeder Bogenhälfte bildet ein unge- fähr rectanguläres, medialwärts concaves Stück, das besonders caudalwärts stark entfaltet ist, indem die dorsale und ventrale Spange aus dessen cranialem Teil entspringen. Dieser mittlere Teil des Schulterbogens ist von drei Löchern durchbohrt. Man findet ein eraniales Loch von ovalem Umkreise, dessen längster Diameter dorso-ventral gerichtet ist und zwei caudale eben- falls ovale Löcher: ein grösseres dorsales und ein kleineres ventrales. Die drei Löcher werden von einem dreistrahligen Die Brustflosse der Selachier. 513 Teil des Schulterbogens getrennt. Die drei Durchlöcherungen verwandeln also den kräftigen, mittleren Teil des Schulter- bogens in ein System von regelmässigen Tragbalken. Von diesen verlaufen drei bogenförmig in der Körperwand in dorso- ventraler Richtung. Drei Längsbalken verbinden diese und ziehen in cranio-caudaler Richtung. Der dorsale und ventrale Längsbalken verbinden alle drei Querbalken miteinander. Der mittlere Längsbalken ist dünner und vereinigt nur die zwei caudalen Querbalken. Jeder von den drei Querbalken trägt an seiner äusseren Fläche einen gerundeten Gelenkkopf. Der craniale Querbalken schiesst in eine kräftige, dreieckige, frontal gestellte Platte aus, deren lateralwärts gerichtete Spitze einen Gelenkkopf für das Basale des Propterygiums trägt. Dieses verläuft dann nach vorne als ein gebogener und ge- gliederter, an Mächtigkeit allmählich abnehmender, schliess- lich spitzig auslaufender Knorpelstab, dessen Concavität medial- wärts gerichtet ist. — Der Gelenkkopf des mittleren Querbalkens trägt das Mesopterygium, dessen Basalstück sich als eine kleine halbmondförmige oder eckige, nach aussen gerichtete Platte darbietet, deren vorderer Teil durch Bindegewebe an dem Fort- satze, welcher den vorderen Gelenkkopf trägt und an dem ersten Basalstück des Propterygiums befestigt ist. Der mediale Rand des Mesopterygiums verläuft nach aussen und in einer gewissen Entfernung von dem cranialen Loche. Die mittlere Längsspanne, welche zwischen den beiden caudalen Löchern belegen ist, trägt die von Gegenbaur beschriebenen, bis an den Schulterbogen getretenen Strahlen. Der Gelenkkopf an der dritten caudalen Querspange ist nach hinten gerichtet und trägt das Basale des Metapterygiums, welches einen nach hinten gerichteten, medialwärts concav spitzig auslaufenden und ge- gliederten Stab darstellt. An die jetzt beschriebenen Basalıa sind die Strahlen in bekannter Weise angefügt. Die zum Mesopterygium gehörenden 514 E. MÜLLER, Strahlen, sowie diejenigen, welche hinter diesen direkt an dem Schultergürtel befestigt sind, ziehen ungefähr gerade nach aussen. Die Strahlen des Propterygiums wenden sich je mehr cranialwärts, je weiter nach vorne sie entspringen, und werden hierbei allmählich kürzer. Andererseits nehmen die zum Meta- pterygium gehörenden Strahlen immer mehr eine Richtung caudalwärts an, bis die kleinen caudalen in die Richtung der Basalia des Metapterygiums auslaufen oder medialwärts da- von angegliedert sind. So bildet das ganze Flossenskelet eine deutlich fächerförmige Figur, doch mit dem Unterschiede von einem gewöhnlichen Fächer, dass die Strahlen nicht von einem Punkte ausgehen, sondern von einer Basis, welche bei- nahe so lang ist wie die Ausdehnung der Flosse in cranio- caudaler Richtung, indem die Basıs von den Basalia gebildet wird. Der Fächer ist nicht symmetrisch. Der Rand des vorderen Teiles ist ausgeschnitten, so dass der craniale Teil spitz aus- läuft, während der caudale Teil gerundet ist. Da die Strahlen alle von der Flossenbasis bis zur Peripherie verlaufen und diese viel länger als die Basis ist, so folgt hieraus, dass die Strahlen peripheriewärts allmählich an Dicke zunehmen, um schliesslich in der äusseren Peripherie gespalten zu werden. Nur die kleine, am meisten cranial- oder caudalwärts be- legenen Strahlen sind ungespalten. Wenn man sich bemüht, die exakte Zahl der Flossen- strahlen festzustellen, so findet man bei Raja dieselben Schwierigkeiten wie bei Acanthias. Die Anzahl ist nicht kon- stant, und diese Variationen haben gewiss ihren Grund im den variierenden Verhältnissen der kleinen cranialen und cau- dalen Strahlen. Cranialwärts ist es immer leicht, die Strahlen von den Basalstücken zu unterscheiden. An dem caudalen Ende ist die Natur der Strahlen viel schwieriger zu beurteilen. Hier findet man inzwischen eine Auflösung der Skeletplatte in kleine Knorpelstücke, von denen man nicht sagen kann, Die Brustflosse der. Selachier. 515 ob sie als die End-Basalstücke oder als Strahlenglieder auf- gefasst werden müssen. Wie bekannt, hat Bunge hier eine biseriale Anordnung gefunden von derselben Art wie Gegen- baur bei den Haien. Die Bemerkungen, welche ich gegen diese Auffassung im Kapitel über Acanthias gemacht habe, gelten auch für Raja. Es handelt sich auch hier um eine Ein- schnürung der Flossenbasis, durch welche das Endglied des Basalstückes und die diesem am nächsten belegenen rudimen- tären Radien eine Abbiegung medialwärts erfahren haben. Ich habe sieben Flossen von Raja clavata auf die Zahl der Flossenstrahlen untersucht. Bei der Zählung habe ich nicht die Endstücke des Pro- und Metapterygiums mitgerechnet. 1 Flosse 79 Strahlen 3 Flossen 80 e 2 Flossen 81 = 1 Flosse 83 N: Man bekommt sofort den Eindruck, dass die Unterschiede in den Randstrahlen ihre Ursache haben müssen. Die Zahl der Basalstücke des Propterygiums ist 9 oder 10, d. h. in gewissen Flossen findet man ein kleines Endstück, welches in anderen fehlt. Der erste wohlentwickelte gespaltene Strahl sitzt konstant eingefalzt in der Höhe der Grenze zwischen dem vierten und fünften Basalstücke. In gewissen Fällen liegt er parallel mit der Basalreihe. In anderen Fällen sitzen hier ein, zwei oder drei ungespaltene rudimentäre Strahlen, welche in den verschiedenen Fällen in der Höhe des 9., 8. oder 7. Basale befestigt sind. Auch bei Raja radiata variieren die Strahlen bedeutend, wie aus der Tabelle auf S. 520 hervorgeht. Die ceranialen und caudalen Strahlen verhalten sich wie bei R. clavata. Anatomische Hefte. I. Abteilung. 118. Heft (39. Bd., H. 2). 34 516 E. MÜLLER, Die Muskeln der Brustflosse bei Raja. Die Brustflosse bei Raja besitzt zwei kräftige Muskeln: einen ventralen und einen dorsalen. Jeder von diesen besteht aus einer oberflächlichen und einer tiefen Schicht, welche sich viel leichter als bei den Haien isolieren lassen. Jede von diesen besteht aus einer Anzahl Radialmuskeln, welche sehr regelmässig sind und den Strahlen genau entsprechen. Die tiefen Radialmuskeln entspringen von den Strahlen und endigen zugespitzt im Gebiete der gespaltenen Strahlen. Die oberflächliche Schicht entspringt von den Basalia und dem Schulterbogen und verteilt sich dann peripherwärts in seine Radialmuskeln. Jeder von diesen bildet eine Hülle um den entsprechenden tiefen, indem während des peripheren Ver- laufes allmählich die Fasern in den Zwischenräumen zwischen den tiefen Muskeln zur Insertion an den Strahlen sich ein- senken. Trotz der Regelmässigkeit der Radialmuskeln findet man doch in der Befestigung der Radialmuskeln eine eigen- tümliche Unregelmässigkeit. Die mittleren und die caudalen Radialmuskeln endigen zugespitzt gerade in der Mitte zwischen den gespaltenen Strahlen. Im Gebiete des 8., 9. und 10. Ptery- gialnerven, entsprechend dem 16. bis 20. Strahle findet man die Anordnung, dass die Spitze des Radialmuskels eine caudal- wärts gerichtete Biegung macht und an dem caudalen End- strahl inseriert. Cranialwärts von den genannten Nerven findet man dagegen, dass die Spitzen der Radialmuskeln eine cranial- wärts gerichtete Biegung machen und an die cranialen End- strahlen sich befestigen. Ja, die am meisten cranialwärts be- legenen Radialmuskeln von dem 6. inserieren nicht an dem Strahle, zu dem er gehört, sondern an dem nächsthöher cranlal- wärts belegenen. Hierdurch kommt der erste oder im Falle, dass der erste Strahl sehr klein und unentwickelt ist, die zwei ersten Radialmuskeln zum Inserieren an der Basalreihe Die Brustflosse der Selachier. 517 des Propterygiums. Trotzdem stimmen die Radialmuskeln ın der Anzahl sehr gut mit den Knorpelstrahlen überein. Das Terminalglied besitzt aber keinen Radialmuskel, darum rechne ich denselben bei der Zählung der Strahlen nicht mit. Caudal- wärts stimmen auch die Radialmuskeln mit den Strahlen, wenn diese nicht zu rudimentär sind. Der am meisten medialwärts belegene Strahl, welchen ich, wie vorher gesagt, als Terminal- elied der Stammreihe auffasse, besitzt auch seinen Radıal- muskel. Die Nerven der Brustflosse. Angaben über die Nervenversorgung der Brustflosse der Raijidae findet man bei Braus. Der 1. Pterygialnerv bei Raja clavata kommt von dem 3. Spinalnerven. Die Zahl der dia- zonalen Nerven bei R. clavata ist 24 (3—26), die der meta- zonalen Nerven 14 (27—40). Über das Verhalten der Nerven innerhalb der Flosse liefert Braus keine Angaben. Er sag! hierüber in seiner letzten Abhandlung: „Die Rochen schied ich aus, weil wohl kein Zweifel mehr sein kann, dass sie nur durch Vermittelung der Squaliden für die Extremitäten- frage in Betracht kommen.“ % Der 1. Spinalnerv zeigt bei Raja radiata ein variierendes Verhalten. Bei einem Exemplare verläuft er auf beiden Seiten an der cranio-vertebralen "Grenze. Bei einem anderen ist er nur auf der einen Seite vorhanden. Bei den meisten Exem- plaren fehlte er auf beiden Seiten, d. h. der erste von den Spinalnerven dringt durch die Wirbelsäule einige Millimeter caudalwärts von dem cranio-vertebralen Gelenke ganz so, wie Brauses von Raja Vomer zeichnet. Der erste aus dem Rücken- mark entspringende Nerv entspricht also dem zweiten Spinal- nerv und wird in dem folgenden so bezeichnet. Dieser ebenso wie der dritte besteht nur aus einer ventralen Wurzel. Der 34* 518 E. MÜLLER, dorsale fehlt nämlich. Bei Raja clavata vermisste ich bei allen den untersuchten Exemplaren den 1. Spinalnerv, d. h. der erste aus dem Rückenmark entspringende Nerv verlief immer in einer gewissen (ungefähr 12 mm) Entfernung von der cranio- vertebralen Grenze durch die Wirbelsäule, während der Ab- stand zwischen den übrigen nur 2 mm beträgt. Ganz wie bei den meisten Exemplaren von Raja radiata bezeichne ich also diesen Nerv als den 2. Spinalnerv. Der Plexus cervico- brachialis wird ungefähr von den 12 ersten Spinalnerven gebildet. Die betreffenden Nerven wenden sich nämlich caudalwärts, legen sich dicht an- einander und bilden einen Strang, welcher neben der Wirbel- säule in einem fibro-cartilaginösen Kanal belegen ist. Ventral- wärts wird er von einer dünnen, von der Wirbelsäule aus- laufenden Knorpellamelle begrenzt, nach hinten aber durch eine sehnige Haut von der Stammuskulatur getrennt. Dann ver- läuft der Plexus cervico-brachialis in einem Bogen nach aussen und gibt den cervikalen Teil als einen mächtigen Ast nach der hypobranchialen Muskulatur ab, welcher dann in einem Bogen caudalwärts von dem Kiemenapparate nach vorne ver- läuft. Der Flossenteil des Plexus cervico-brachialis legt sich dicht an den folgenden Spinalnerven und zwar so, dass ein starkes Nervenbündel entsteht, welches nach dem cranialen Loche in dem Schulterbogen verläuft. Ich nenne diese die proximalen diazonalen. Nerven. Es ist nicht leicht, mit Bestimmtheit zu entscheiden, welcher der erste rostrale Nerv ist, der nach der Flosse verläuft. Bei R. clavata ist es wegen der Grösse der Nerven leichter als bei R. radiata. In meinem Protokolle finde ich für R. clavata bald den zweiten, bald den dritten Spinalnerv als ersten Flossennerv angegeben. Bei R. radiata ist es mir nicht gelungen, mit Be- stimmtheit zu entscheiden, welcher der erste Flossennerv ist. Die Elemente des Plexus cervico-brachialis sind nämlich so Die Brustflosse der Selachier. 519 fest aneinander gefügt, dass es auch bei stärkerer Lupen- vergrösserung nicht möglich ist, die besonderen Nerven zu isolieren. Ich finde es auch nicht wert, auf eine solche Prä- paration besondere Mühe zu verwenden, da es selbst bei der eingehendsten Lupenpräparation nicht ausgeschlossen ist, dass nicht feine mieroscopische Elemente übersehen werden. Ich rechne also bei R. radiata den zweiten Spinalnerv als den ersten Flossennerv. Dann bekomme ich bei R. radiata 16 bıs 19 proximale, diazonale Nerven, bei R. clavata 18 bis 20 solche und bei einem Exemplare von R. batıs 22 dergleichen. Nach den genannten Nerven folgen 4—7 Nerven, welche sich in verschiedener Weise aneinanderlegen und horizontal nach aussen zu den distalen Löchern in dem Schulterbogen verlaufen. Ich nenne sie die distalen diazonalen Nerven. Nun folgen 9—14 metazonale Nerven. Sie laufen ungefähr parallel miteinander nach aussen und etwas caudalwärts. Die letzten feinen Pterygialnerven müssen einen cranıialen Verlauf einschlagen, um zur Flosse zu gelangen. In ihrer Gesamtheit konvergieren die Nerven gegen die Basis der Flosse. Die Variationen der Nerven der Brustflossen bei R. clavata und radiata gehen aus den nebenstehenden Tabellen hervor. Die grössten Variationen findet man bei R. radiata; hier wechselt die Anzahl zwischen 31—35 Spinalnerven. Ganz exakt sind freilich diese Zahlen nicht, da es, wie schon erwähnt, nicht gelungen ist, den ersten Flossennerv mit Sicherheit zu bestimmen. Die Osmium-Methode liefert ausgezeichnete Resultate mit Hinsicht auf das periphere Nervensystem von Raja. Durch passendes Verfahren kann man, wie Figg. 49 und 56 zeigen, von dem gesamten subeutanen Nervensystem Bilder erhalten. Man sieht ein schönes Nervennetz mit runden oder polygonalen Maschen, welches unter der Haut belegen ist. Zu diesem kommen Äste aus der Tiefe. Man sieht also, wie oberhalb des Schulter- 520 E. MÜLLER, Raja radiata. m = m - a — - a DER Metazo | x male | „| = | Kr suchte diazo- a | nale | Summe | Strahlen | Bemerkungen. ossen | » | i nale Nerven eSer | | Nerven 1 | 3 a )82 | #9. 5) 98 117 0433 a 33 1. Rechte Flosse 17 2. Rechte Flosse 17 2. Linke Flosse 17 3. Rechte Flosse 17 3. Linke Flosse 16 4. Rechte Flosse, 18 4. Linke Flosse) 18 88 5. Rechte Flosse 18 12 34 5. Linke Flosse) 19 12 35 6. Rechte Flosse| 17 11 82 | | 6. Linke Flosse 17 11 32 | nerrepeerRrPRUuo PR Re aan ii 7. Rechte Flosse 17 I) 32 68 | Der 32. Nerv liegt auf dem | 64. Strahl. 7. Linke Flosse| 17 32 | 68 | Der 32. Nerv liegt auf dem 8.RechteFlosse 17 | 4 | 12 | 3 63. Strahl. 8. Linke Flosse| 16 b) 12 33 69 | Der 32. Nerv liegt auf dem 64. Strahl, der 33. Nerv liegt auf dem 67. Strahl. 9. Rechte Flosse 18 b) 11 34 70 | Der 34. Nerv liegt auf dem | 67. Strahl au ii oO 9. Linke Flosse — — — 70 10. Linke Flosse| 17 5 [/111.12/331.34| 70 11. Recht.Flosse LU I: 11 32 68 | 11. Linke Flosse 16 b) 11 32 70 12.Recht.Flosse 16 | 4 | 11 | 31 | 64 | 12. LinkeFlosse 18 | 4 33 67 | 13. Linke Flosse 17 5 11, 83 70 | Der 32. Nerv liegt auf dem 64. Strahl, der 33. Nerv verteilt sich über 6 Strahlen. Die Brustflosse der Selachier. 521 Raja elavata. | | Distale ne | | | diazo- | x 1 nale | Summe | Strahlen Bemerkungen Flossen | nale a Nerven | | | Nerven | Nerven 1. Rechte Flosse| 18 0 6214: 39 80 |Der 2. Spinalnerv fehlt; | | | | Der 1. Flossennerv ist der | | | 83. Spinalnerv T Lskeklossel 18 | nz 18 8 | Se 5 N 2,.Rechte Flosse 19 | 6 | 18 | 38 ı 8 Der 2. Spinalnerv ist der | | | | erste Spinalnerv 2. Linke Flosse 19 | 6 IR see 1. 5 „ | 3. Rechte Flosse 20 7 12 39 | | Unentschieden, ob der 2. | | oder 3. Spinalnerv der | | 1. Flossennerv ist, 3. Linke Flosse, 20 7 12 39 „ „ „ 4. Rechte Flosse 19 6 14 39 | a; % s 4. Linke Flosse © | 7 | 2139 oa; 5 n 5. Rechte Flosse 19 7 ja 59 | „ » „ 5. Linke Flosse, 19 | 7 | 12 | 88 „ » „ gürtels die Hautäste von dem Plexus cervico-brachialis zu der Fläche hinaufkommen, um durch Verästelung in dies allge- meine sensible Netz überzugehen. Die Endäste der Spinal- nerven innerhalb des Rumpfgebietes treten auch hervor, indem sie medialwärts vom Metapterygium aus der Tiefe auftauchen und gegen die Mitte des Körpers ausstrahlen. Besondere Auf- merksamkeit ziehen die regelmässigen Nerven, welche in der Peripherie der Flosse zwischen den durchschimmernden Enden der Radialmuskeln zum Vorschein kommen und parallel mit- einander nach dem dünnen Flossensaume hinziehen. Sie finden sich regelmässig im ganzen (Gebiete der Flosse. Der erste liegt an dem spitz auslaufenden Ende des Propterygiums, der letzte ist an dem caudalsten Skeletstrahle zu finden. In etwas vergrössertem Massstabe sind sie in den Figg. 50 und 51 oO DD DD E. MÜLLER, dargestellt, und man findet hier, dass die Anordnung ihrer Endäste etwas verschieden in den verschiedenen Teilen der Flossen ist. Jeder von den zwischen den Radialmuskeln auf- tauchenden Nervenästen teilt sich in zwei Endäste. In dem mittleren Teile der Flosse (Fig. 51) setzt einer von den End- ästen seinen Weg zwischen den Strahlen fort, während der andere in dem Zwischenraume zwischen den durch Spaltung entstandenen Terminalstrahlen hindurchgeht. In dieser Weise kommt in dem betreffenden Flossengebiete regelmässig ein feiner Nervenast zwischen zwei Strahlen zu liegen und geht peripher- wärts in das sensible Netz über. In der cranialen und caudalen Partie der Flosse (Fig. 50) setzen dagegen die feinen Nerven- endfasern auch nach der Teilung ihren Weg längs den gegen- einander gewandten Rändern der gespaltenen Strahlen fort. So kommt es, dass in den Zwischenräumen zwischen zwei ge- spaltenen Hauptstrahlen zwei Nervenfäden und zwischen den gespaltenen Endteilen der Strahlen keine Nerven sich befinden. Das beschriebene Detail ist so konstant und auffallend, dass es verdient erwähnt zu werden. Die beschriebenen feinen Nerven sind die Endausläufer der zahlreichen tiefen Flossennerven. Diese liegen ganz wie bei Acanthias zum grössten Teile in der Tiefe zwischen dem Skelete und den Muskeln. Um sie darzustellen, muss also die ganze bedeckende dicke Muskelschicht entfernt werden. Man erhält dann Bilder wie in Figg. 52, 53 und 54, welche die Gesamt- anordnung und Verteilung der Flossennerven darstellen. Das Bündel der proximalen diazonalen Nerven teilt sich in eine ventrale und eine dorsale Portion, welche durch das craniale Loch des Schulterbogens verlaufen und gabelförmig auseinander- gehend resp. nach der ventralen und dorsalen Fläche der Flosse verlaufen. Sie verteilen sich dann so über die craniale spitzige Flossenhälfte (s. Fig. 61, Taf. 45/46), dass die meisten Nerven ein kräftiges Bündel bilden, welches in einem schönen, lateral- sd MANN I 4 N \ N b> TR NEN | d’ N N un \ j \ \ \ \ : N N INN £B , f | \ G /1 Vai) NN ADLER ACHERN | | Hl \ Die Brustflosse der Selachier, 523 wärts convexen Bogen längs dem Propterygium verläuft. Von der Convexität gehen in regelmässiger Folge die besonderen Pterygialnerven ab. Der Endast des cranialen Nervenbündels läuft als feiner Faden längs der Spitze des Propterygiums aus. Die drei oder vier letzten von den proximalen diazonalen Nerven laufen in peripherer Richtung schon vom Schulterbogen an gesondert in der Mitte der Flosse und sind die kräftigsten Nerven. Die Nerven, welche das distale Bündel der diazonalen Nerven bilden, teilen sich auch innerhalb des Schulterbogens in ventrale und dorsale Äste. Schon bei dem Austritte durch ihr Loch im Schulterbogen verlaufen sie gesondert (Fig. 54). Die metazonalen Nerven teilen sich medialwärts von dem Metapterygium in ventrale und dorsale Nerven. Sie laufen dann schräg über das Metapterygium nach aussen. Je mehr caudal- wärts, desto mehr laufen sie nach hinten. In ihrer üesamt- heit verbreiten sich die Flossennerven fächerförmig in der- selben Weise, wie vorher in Bezug auf die Flossenstrahlen beschrieben ist. Die Nerven der Brustflosse von Raja verästeln sich ın einer sehr regelmässigen und charakteristischen Weise. Nach- dem sie, wie oben beschrieben, eine Strecke in der Flosse gelaufen sind, teilen sie sich konstant in zwei Äste, welche erst gabelförmig divergieren und dann parallel nach aussen verlaufen. Die Teiläste umfassen hierbei den Strahl, zu welchem sie gehören, indem sie längs dessen Rändern ver- laufen. Die Äste setzen sich dann in die Terminaläste fort, welche oben beschrieben sind. Die beschriebene gabelförmige Teilung ist das am meisten charakteristische Merkmal der Flossennerven bei Raja. Jeder von den zahlreichen Flossen- nerven zeigt diese Teilung. Die Gabelungsstellen liegen alle auf einer nach aussen konvexen Linie, wie man dies deutlich in der Figur 54 sieht. 524 E. MÜLLER, Die zahlreichen Äste der Flossennerven werden am ge- eignetsten in lange und kurze eingeteilt. Diese sind teils sensibel und laufen zwischen den Mm. radiales zum Plexus nervosus subeutaneus, teils motorisch und verlaufen zu den Radialmuskeln, innerhalb deren die Flossennerven belegen sind. Unter den langen Ästen unterscheide ich oberflächliche und tiefe. Jene sind von derselben Art und Verteilung, wie ich vorher bei Acanthias S. 505 beschrieben habe, und ich finde darum keine Veranlassung, länger bei ihnen zu verweilen. Die liefen langen Muskeläste sind zweierlei Art. Zwischen den Flossennerven findet man nämlich konstant erstens feine Äste (N. i., Fig. 53 u. 58), welche in den Radialmuskeln verlaufen, die keine grossen Flossennerven besitzen. Sie nehmen während ihres Verlaufes zahlreiche Anastomosen von den beiden Flossen- nerven auf, zwischen denen sie liegen und sind bis zu den zugespitzten Enden der Radialmuskeln verfolgbar. Sie sind in der Brustflosse der Rochen auf der dorsalen Seite der Flosse besonders stark entwickelt, wie aus der Fig. 53 hervorgeht, welche die dorsalen Nerven von R. batis zeigt. Ihr regel- mässiges Vorhandensein und der regelmässige Verlauf motiviert eine besondere Benennung, und ich nenne sie darum Nn. inter- mittentes. Eine zweite Art von konstanten langen Muskel- ästen findet man in den peripheren Gabeln der Pterygialnerven entspringend. Sie laufen in den zu dieser gehörenden Radıal- muskeln bis zu den spitzigen peripheren Enden. Schliesslich ist noch zu erwähnen, dass zahlreiche Ana- stomosen zwischen den Flossennerven vorhanden sind. Es sind feine Äste, welche unter spitzen Winkeln aus einem Nerven entspringen, um dann schräg nach einem anderen zu verlaufen und mit diesem zusammenzuschmelzen. Konstant sind solche Anastomosen medial von dem Metapterygium zu finden. Die Weise, in der die Nn. intermittentes entspringen, nämlich so, dass sie von den nebenliegenden Flossennerven Anastomosen Die Brustflosse der Selachier. an | LUFT aufnehmen, macht oft, wenn diese Anastomosen auf derselben Höhe belegen sind, dass man lateral von den Basalia des Metapterygiums Längsanastomosen findet, welche streckenweise mit diesen parallel sind. Wenn man die gelungenen Osmiumpräparate genau durch- mustert, so findet man hie und da Stellen, welche eine be- sondere Erwähnung verdienen. Ich habe eine solche in Fig. 55 zeichnen lassen. Man sieht ausserordentlich schöne Netzwerke, welche in derselben Höhe wie die tiefen Flossennerven be- legen sind. Beim ersten Anblick glaubt man, dass es dieselben Anastomosen sind, welche soeben zwischen den grossen Flossen- nerven und den Rami longi beschrieben sind. Eine nähere Unter- suchung lehrt aber gewisse Unterschiede kennen. Die früher er- wähnten Anastomosen sind mehr einfach gebaut als winkel- recht oder schräg verlaufende Verbindungen zwischen den gröberen Nerven. Ich gedenke z. B. gewisser Teile des Prä- parates, welches in Fig. 53 dargestellt ist. Hier sieht man ja ein motorisches Netz mit ganz regelmässigen quadratischen oder rektangulären Maschen, welche von den oben beschriebenen Nerven und deren Verbindungen gebildet werden. In der Fig. 55 handelt es sich aber um ein mehr unregelmässiges Netz, wo die Maschen mehr gerundet sind und in gewisser Hinsicht Ähnlichkeit mit dem subeutanen Netz darbieten. Gewisse enli- wickelungshistorische Eigentümlichkeiten, zu denen ich in einem späteren Teil meiner Untersuchungen zurückkomme, machen es mir wahrscheinlich, dass wir hier Strukturen haben, welche nicht ohne weiteres mit den gewöhnlichen Anastomosen etwas zu tun haben. Ich nehme dies tiefe Netz darum mit einem be- sonderen Namen, das tiefe Grundnetz der Flossennerven. Die ventralen und dorsalen Nerven verhalten sich in Ver- ästelung, Verteilung und Anastomosenbildung ähnlich. Doch ist schon erwähnt, dass die Nervi intermittentes auf der dorsalen Seite der Flosse kräftiger entwickelt sind als auf der ventralen. E. MÜLLER, (ei [6) [e7} Wir kommen nun zu der wichtigen Frage, wie die Nerven und Strahlen in topographischer Beziehung zueinander sich verhalten. Jeder, welcher die mitgeteilten Figuren über die Flossennerven etwas studiert hat, wird natürlich sofort von der grossen Regelmässigkeit überzeugt, welche sich in den Be- ziehungen zwischen den Nerven und den Strahlen kundgibt. Die Nerven liegen auf den Strahlen wie bei Acanthias. Ent- weder haben sie die Lage zwischen den Strahlen, dann findet man zwei Strahlen von einem Nervenpaar eingeschlossen. Oder liegen die Nerven auf der Mitte eines Strahles, dann findet man einen ganzen und zwei halbe Strahlen in jedem Raume zwischen zwei Strahlen. In beiden Fällen gehören zwei Strahlen zu einem Nerven. Wenn wir nun die Tabellen auf S. 520 —521 durchsehen, werden wir finden, dass die Zahl der Strahlen nicht der doppelten Zahl der Nerven entspricht. Bei allen den in dieser Hinsicht untersuchten Exemplaren finden wir, dass die Zahl der Strahlen immer grösser ist als die doppelte An- zahl der Nerven. Dies steht ja im Widerspruch mit der oben gemachten Beobachtung, dass zwei Strahlen zu einem Nerven gehören. Um zu entdecken, worin die Ursache zu der mangeln- den Übereinstimmung liegt, wird es notwendig, eine eingehende Untersuchung über die Topographie der Nerven und Strahlen anzustellen. | Eine nähere Untersuchung der Beziehungen zwischen den Nerven und den Strahlen (s. Fig. 52, 54 u. a.) ergibt zuerst eine übereinstimmende Verlaufsrichtung zwischen den beiden genannten Flossenbestandteilen. Das Propterygium mit seiner medialwärts concaven Stammreihe und seinem lateralen Strahlenbesatze hat sein ganz entsprechendes Gegenstück in dem cranialen Nervenstamm und den von diesem ausgehenden Nerven. Der Nervenstamm, den ich Truncus nervosus pro- pterygii nenne, verläuft ganz wie die Stammreihe mit einer medialwärts gerichteten Concavität. Er nimmt wie die Stamm- [80] 1 Die Brustflosse der Selachier. 5 reihe an Mächtigkeit ab, von seinem lateralen Rande gehen die besonderen Nerven ab wie die Radien von dem Stamme. Frei- lich findet man das beachtenswerte Faktum, dass nur die caudalsten von den cranialen metazonalen Nerven längs ihren zugehörigen Strahlen verlaufen. Mehr cranialwärts von diesen verlaufen die Nerven schräg über mehrere Strahlen, ehe sie zu ihren zugehörigen Skeletstrahlen gelangen. An diesen an- gelangt biegen sie nach aussen, teilen sich wie oben beschrieben, und die Teiläste verhalten sich ganz in der mitgeteilten Weise, d. h. der gespaltene Nerv umfasst den Strahl mit seinen Ästen, welche längs den Rändern desselben verlaufen. — In der Mitte der Flosse verlaufen die Nerven wie die Strahlen gerade nach aussen. Caudalwärts biegen sowohl die Nerven wie die Strahlen sich nach hinten. Die Verhältnisse in dem mittleren grösseren Teile der Flosse sind sehr leicht darzustellen. Hier folgen ja die Nerven mit zwei Strahlen zwischen sich so regelmässig, dass man keine Ausnahme finden kann. Die Darstellung der ersten, d. h. am meisten cranialwärts verlaufenden Äste des Plexus proptery- gialis ist wegen der Feinheit der Nerven nicht so leicht aus- zuführen. Während meiner ersten Untersuchungen glaubte ich, dass es sich hier nur um unregelmässige Nervenäste handelte, die keine genauen topographischen Beziehungen zu den Strahlen besitzen und dass der erste regelmässige Nerv im Gebiete des 6. bis 8. Strahles lag. Eine nähere Untersuchung mit ge- eigneter Maceration und genauer Isolierung lehrte aber, dass schon der erste craniale Nerv genaue Beziehungen zu den zwei ersten Strahlen zeigt. Der Verästelungstypus variiert etwas. Ich verweise zuerst auf die Fig. 58. Hier endigt der Truncus propterygialis mit einem feinen Ast, welcher im Gebiete der zwei ersten Strahlen endigt und den ersten Flossennerv reprä- sentiert. Der zweite Flossennerv ist sehr deutlich, läuft über den vierten Strahl und teilt sich hier in der erwähnten typischen 528 E. MÜLLER, gabelförmigen Weise. Zwischen diesen läuft der erste N. inter- mittens. Er entspringt aus dem zweiten Flossennerv und verläuft dann im Gebiete des dritten Strahles, hierbei Ana- stomosen von sowohl dem ersten wie dem zweiten Pterygial- nerven aufnehmend. Denselben Verästelungstypus findet man bei der Flosse in Fig. 59. Hier endigt der Plexus propterygialis auch mit zwei kräftigen Nerven, von welchen der erste im Gebiete der zwei ersten Strahlen, der zweite mit seiner Gabel über dem vierten Strahle liegt. In Figur 61 ist ein Verästelungs- (ypus wiedergegeben, welcher oft wiederkehrt. Der erste Flossen- nerv ist auf seinem Wege nach den zwei cranialen rudimen- tären Strahlen zerrissen. Der zweite und der dritte Flossen- nerv entspringen gemeinsam. Der erste von diesen ist ziemlich dünn, zeigt trotzdem die charakteristische Nervengabel im Ge- biete des vierten Strahles. Alle diese Flossen zeichnen sich dadurch aus, dass die deutlichen, sich gabelförmig teilenden Flossennerven auf den geraden Strahlen belegen sind. In anderen Fällen — ich habe eine solche Flosse in Fig. 57 zeichnen lassen — findet man die Nerven auf den ungeraden Strahlen. Leider ist der erste Nerv zerrissen. Der zweite Flossennerv liegt auf dem dritten Strahle, der dritte auf dem fünften Strahle, der vierte (zerrissen) auf dem siebenten Strahl usw. in regel- mässiger Folge. Wir finden also hier dasselbe Verhältnis wie bei Acanthias, nur noch regelmässiger: jeder Nerv entspricht immer zwei Strahlen und liegt entweder auf dem cranialen oder caudalen von diesen. Die cranialen diazonalen Nerven verteilen sich also über eine genau entsprechende Anzahl von Strahlen. So z. B. in Fig. 61, wo 18 solche diazonale Nerven über eine Anzahl von 36 Strahlen sich verteilen. Ebenso regel- mässig angeordnet sind die distalen diazonalen Nerven und die metazonalen. In der Tabelle S. 520 habe ich einige osmium- gefärbte Nervenpräparate mitgenommen, wo ich die Anzahl der Flossennerven, der Strahlen und das Verhältnis zwischen. Die Brustflosse der Selachier. 529 diesen genau festgestellt habe. Man findet da, dass bei ihnen allen die Regelmässigkeit sich bis zu dem vorletzten Nerv erstreckt. So z. B. im Falle 8., wo der 32. Nerv auf dem 64. Strahle liegt. Der 33. Nerv liegt auf dem 67. Strahle und verteilt Äste über noch zwei caudale Strahlen. In den meisten Fällen reicht die Regelmässigkeit bis zu dem letzten Nerv. Die letzten Strahlen — 2 bis 6 zur Anzahl mit ihren Radial- muskeln bekommen ihre Äste aus dem letzten Flossennerv. Durch diese Befunde erklärt sich die Unregelmässigkeit zwischen der Anzahl der Nerven und der Strahlen. Bei allen den unter- suchten Rochen überstiegen die Strahlen die doppelte Anzahl der Nerven. Diese Strahlen entsprechen immer dem caudalen, von dem Rumpfe abgelösten Teile der Flosse. Hier verteilt sich der letzte Flossennerv immer über mehrere Strahlen. Eine Vergleichung zwischen den Befunden bei Raja und Acanthias lehrt eine genaue Übereinstimmung in Anordnung, Aussehen und Verteilung der Nerven kennen. Die Verästelung der Nerven, das Verhältnis zu den Strahlen ist ganz dasselbe. Im caudalen Teile findet man eine Übereinstimmung darın, dass ein oder zwei Nerven in Beziehung zu den Strahlen aus- gefallen sind. Nur ceranialwärts finden wir Verschiedenheiten, welche im Zusammenhang mit der verschiedenen Entfaltung dieser Teile der Flossen stehen. Bei Acanthias ist der craniale Teil der Muskulatur stark entwickelt und inseriert direkt an dem Basalstück des Propterygiums. Der erste craniale Flossen- nerv verteilt sich ganz in diesem Muskel. Bei Raja findet man dergleichen nicht. Hier hat das Basalstück des Propterygiums eine sehr starke craniale Entfaltung erfahren und ist reich- lich mit lateralen Radien besetzt. Diese Eigentümlichkeit des Skeletes entspricht dem Truncus propterygii, wie schon oben genannt. Hier hat doch der erste craniale Nerv zwei ent- sprechende Strahlen. Die Nerven der Selachierflosse bieten in ihrer Anordnung 530 E. MÜLLER, und Verteilung so einfache Verhältnisse wie möglich dar. Sie bilden geradlinige Fortsetzungen der Spinalnerven und folgen wie diese regelmässig nacheinander. Cranialwärts treten die Pterygialnerven näher aneinander und bilden Stämme, in denen die Nerven ihre regelmässige Folge noch bewahrt. haben. Zwischen den Hauptnerven verlaufen die Nn. inter- mittentes. Sie sind feinere Äste und nehmen zahlreiche Ana- stomosen sowohl von am nächsten liegenden rostralen und caudalen Nerven auf. Die Gefässe der Brustflosse bei Acanthias und Raja. Die Beschäftigung mit den Schlagadern der Acanthiasflosse führte mich, wie schon gesagt, zu einer Untersuchung, welche die gesamten Bestandteile der Selachierflosse umfasste. Ohne eine genaue Kenntnis der Flossennerven ist es nämlich nicht möglich, die Verhältnisse der Arterien zu eruieren. Eine nur deskriptive Darstellung der Gefässe, welche keine Rücksicht auf die Beziehung zu den umgebenden Teilen nimmt, ist ohne Wert. Die Arterien der paarigen Selachierflossen sind sehr wenig untersucht. Die vollständigste Untersuchung über das Arterien- system der Selachier stammt, soviel ich weiss, von Parker. Er beschreibt den Ursprung und den Verlauf der A. subelavia und gibt an, dass dies Gefäss sich in die A. brachialis und hypobrachialis teilt. Von jener spricht er nur, dass sie „passes at first slightly forwards and downwards, then outwards through a foramen in the schoulder girl, situated at about the level of the mesopterygium, to the pectoral fin, which it supplies.” Unter dem Namen the hypobranchial artery versteht Parker die Fortsetzung der A. subelavia ventralwärts. Er beschreibt sehr genau deren Verlauf durch die ventrale Wand des Peri- cardialsackes und deren Vereinigung mit derjenigen der anderen Die Brustflosse der Selachier. 531 Seite an der Vereinigungsstelle des Herzventrikels mit dem Conus arteriosus. Die Fortsetzung des so gebildeten Stammes eranialwärts wird ebenfalls genau beschrieben. Über die Art und Weise, wie die Arterien innerhalb der Flosse sich verhalten, macht er gar keine Angaben. Für ein genaues Studium der A. und V. subelavia ist eine Kenntnis der topographischen Verhältnisse in dem Gebiete der Rumpfwand, wo die Flosse befestigt ist, notwendig. Wie aus dien vorhergehenden Beschreibungen und der Fig. 30, Taf. 29/30 hervorgeht, ist der Schulterbogen schräg in die Rumpfwand eingesetzt, so dass er mit dem spitzigen dorsalen Einde an die Stammuskulatur stösst, und dann nach ventral- und ein wenig rostralwärts verläuft. Die innere Fläche ist unbedeckt von Muskeln. Von oben und innen kommen die proximalen Pterygialnerven (3. bis 8. Spinalnerven) und verlaufen con- vergierend nach aussen und caudalwärts schräg über die ge- nannte Fläche des Schulterbogens (Figg. 39 u. 40). Die Lage der V. subelavia ist in Fig. 40, Taf. 33/34 deutlich zu sehen. Ihr Lumen ist geöffnet, und man sieht die offene Vene längs dem caudalen Rande des Schulterbogens verlaufen. Die A. subelavia entspringt aus der Aorta (Fig. 39 u. 40) ungefähr an der Stelle, wo die letzten Kiemenvenen ein- münden. Sie verläuft nach aussen und ist zuerst von den Spinalnerven durch eine Fascia und den oberflächlichen Teil der Stammuskulatur getrennt. Dann legt sich die Arterie an den achten Spinalnerven an, verläuft spiralförmig um dessen oberen Rand und hintere Seite, macht dann eine sehr charak- teristische, caudalwärts gerichtete Biegung unter dem Niveau des gesamten Nerven und kann hierunter bis zu dem neunten Spinalnerven kommen und eine Strecke längs diesem hin- ziehen. Während dieses Verlaufes ist die Arterie über die dorsale Muskulatur passiert und befindet sich jetzt vor der medialen Spitze des Schulterbogens. Nun verläuft sie schräg Anatomische Hefte. I. Abteilung. 118. Heft (39. Bd., H. 2). 35 532 E. MÜLLER, nach aussen und ein wenig cranialwärts längs dem caudalen Rande des Schulterbogens ganz in der Wand der dünnen sinus- artigen V. subclavia. Während dieses Verlaufes zieht sie hinter dem 8. und 7. Spinalnerven hin gerade an der Stelle, wo diese Nerven die Rumpfwand durchdringen. Nun geht sie zwischen dem 6. und 7. Nerven und dann nach vorne vor dem ersten von diesen, welcher nach der Flosse dicht an dem Gelenk- fortsatze des Schulterbogens verläuft. Dann geht die Arterie etwas caudalwärts von dem Loche des Schulterbogens, durch welches die diazonalen Nerven verlaufen, und setzt danach ihren Weg längs dem ventralen Teile des Schulterbogens fort. In der Herzgegend angelangt, verläuft die Arterie auf der inneren Fläche des Schulterbogens cranialwärts, teilt sich in der Wand des Pericardialsackes in Äste und endigt mit feinen Ästen im Gebiete des Bulbus arteriosus cordis. Im ganzen beschreibt die Arteria subcelavia in der Rumpfwand einen Bogen, welcher dem caudalen Rande des Schulterbogens entspricht. Hierunter geht sie dicht an dem (elenkfortsatze und an dem Loche des Schulterbogens vorbei, und in dieser Gegend werden die Arterien für die Flosse ab- gegeben. Nachdem nämlich die Arterie in der Höhe des Zwischenraumes zwischen dem 6. und 7. Nerven durch die Rumpfwand gedrungen ist und also den obersten Teil der Achselhöhle passiert hat, gibt sie ganz nahe aneinander zwei Arterien ab, welche beide für die Flosse bestimmt sind, aber einen ganz verschiedenen Weg einschlagen. Die eine, die A. pterygialıs medialis s. A. metapterygii, geht unter rechtem Winkel ab und verläuft dann etwas dorsalwärts von dem medialen Rande des Metapterygiums caudalwärts (Figg. 39 u. 44). Hierbei verläuft sie sehr regelmässig hinter den ven- tralen Pterygialnerven der 7. und 13. Spinalnerven, diese unter rechtem Winkel kreuzend, ein paar Millimeter lateralwärts von den Nervengabeln. Ihr Endast passiert hinter dem kleinen Die Brustflosse der Selachier. 533 medialwärts abgebogenen Stück, welches von den rudimentären Strahlen aufgebaut ist und endigt mit Ästen in dem Flossen- saume des caudalen Teiles der Flosse. Die zweite Hauptarterie, die A. pterygialis lateralis s. A. mesopterygii, welche an derselben Stelle der A. subelavia wie die A. pterygialis medialis oder ein paar Millimeter davon entspringt, zieht nach dem Loche im Schulterbogen, wodurch die diazonalen Nerven verlaufen, dann läuft sie durch den ventralen Kanal nach der ventralen Fläche der Flosse (Figg. 42, 43 u. 44). Hier zieht sie über den Gelenkfortsatz des Schulter- bogens, dann über den medialen Teil des Basale mesopterygii ein paar Millimeter von dessen medialem Rande, danach geht sie schräg über die caudalen Strahlen des Mesopterygiums und die cranialen Strahlen des Metapterygiums und endigt mit einem Aste, welcher längs dem 16. Strahle seinen Weg in den Flossen- saum fortsetzt. Während dieses Verlaufes zieht die Arterie hinter dem 3. bis 8. ventralen Pterygialnerven, unter schrägem Winkel den Verlauf dieser Nerven kreuzend. Die A. pterygialis lateralis bildet die Hauptarterie der Flosse. Aus deren lateralem Rande entspringen nämlich eine Menge von Ästen, die Aa. radiales, welche in der Richtung der Strahlen und der Flossennerven peripheriewärts verlaufen und hierunter durch zahlreiche Anastomosen verbunden sind. Schliesslich erreichen sie den Flossensaum. Hier bilden sie ein schönes Netzwerk zusammen mit den vorher beschriebenen Ästen von der A. pterygialis medialis. Dies periphere Arterien- netz der Flosse liegt zwischen den Hornstrahlen, also in der mittleren Tiefe des dünnen Flossenabschnittes. Die Bestand- teile des Netzes sind macroscopisch bis zum Rande des Flossen- saumes verfolgbar. Ich verzichte auf eine nähere Beschreibung und verweise statt dessen auf die Figg. 39, 42, 43, 44, Taf. 33/34, 35/36, welche die Details der Gefässanordnung gut hervortreten lassen. 534 E. MÜLLER, Von den Ästen der A. pterygialis lateralis verdient eine konstante Arterie, die A. propterygii, genannt zu werden. Sie entspringt, nachdem die A. pterygialis lateralis den Kanal des Schulterbogens passiert hat. Bei schwächerer Ausbildung endigt sie ım Gebiete des Propterygiums. Stärker ausgebildet (Fig. 43) läuft sie über die cranialen Strahlen, anastomosiert mil der ersten deutlichen A. radıalıs und bildet dann eine schöne Arterienarkade, von welcher feine Äste abgehen und längs den Strahlen weiterziehen. Die nun beschriebenen Arterien bilden die Hauptstämme der Arterienformation der Brustflosse des Acanthias. Daneben findet man einige kleinere Äste, welche auch verdienen ge- nannt zu werden. Von der A. metapterygii gehen in der Achsel- höhle eine Anzahl Äste gewöhnlich unter rechtem Winkel ab (Fig. 45, Taf. 35/36). Sie laufen sowohl medialwärts wie lateral- wärts. Jene ziehen längs den Nerven nach der Körperwand und verbinden sich hier in dem vorderen Teile der Körperwand zu einem Längsstamme. Die lateralen Äste verlaufen nach der freien Flosse und teilen sich hier in oberflächliche Äste, welche in dem ventralen Muskel endigen, und tiefere Äste, welche sich direkt an die Basalia des Metapterygiums legen. Sie wechseln ziemlich viel, wie aus den Fig. 42, 43 und 44 hervor- geht, und anastomosieren mit einer längslaufenden schwachen, aber doch in den meisten Fällen konstanten Arterie, die ich A. metapterygii accessoria nenne. Im allgemeinen entspringt diese direkt aus der A. subcelavia ein wenig mehr ventral- wärts von dem Abgange der Aa. pterygiales medialis und lateralis. Dann läuft sie medialwärts von dem Gelenkfortsatze des Schulterbogens und weiter längs dem Basale des Meta- pterygiums in der Nähe von dessen lateralem Rande. Hierunter anastomosiert sie oft sowohl medialwärts durch die vorher beschriebenen queren Äste mit der A. pterygialis medialis, wie wie auch lateralwärts mit den Ästen der A. pterygialis lateralis. [a7 | (3%) [SL Die Brustflosse der Selachier. Die nun beschriebenen Arterien gehören im grossen und ganzen der ventralen Fläche der Flosse an. Nur von dem Eind- aste der A. pterygialis medialıs ist erwähnt, dass er über dem dorsalen Teile des Endgebietes des Metapterygiums verläuft, bis ihre Äste den Flossensaum erreicht haben. Die hier be- findlichen Arterien liegen, wie schon erwähnt, in der Mitte zwischen den ventralen und dorsalen Hornfäden. Die Vertei- lung und Anordnung der Arterien an der dorsalen Fläche der Flosse geht aus Fig. 41, Taf. 33/34 hervor. Am meisten medial sieht man den Endast der A. metapterygi. An der Grenze des Meta- und Mesopterygiums in dem Grenzgebiete zwischen den Basalia und den Strahlen kommt ein starker perforierender Ast von der A. mesopterygii, welcher in eine schöne, lateral- wärts gerichtete Arkade sich fortsetzt. Weiter findet man schräg, längs den Nerven verlaufende Arterien, welche aus der A. ptery- gialis medialis entspringen. Eine von diesen ist konstant und verläuft auf der dorsalen Fläche des Basale mesopterygil. Sie entspringt direkt aus der A. subelavia. Übrigens findet man hier nicht unbedeutende Variationen. Bei anderen Flossen finde ich nicht den durchbohrenden Ast der A. mesopterygil. Die schräg verlaufenden Äste von der A. pterygialis medialis sind in diesen Flossen stärker entwickelt und bilden ein Netz auf der dorsalen Fläche des Skeletes. Aus der vorhergehenden Beschreibung geht hervor, dass die Arterien der Acanthiasflosse eine nicht so einfache Ana- tomie darbieten. Wie erwähnt, lässt Parker die A. sub- clavia sich teilen in die A. brachialis und hypobrachialis. Diese bildet die ventrale Fortsetzung der A. subelavia. Ich kann mich dieser Terminologie bei der Beurteilung der Verhältnisse bei Acanthias nicht anschliessen. Die A. subelavia ist eine einheitliche, gut charakterisierte, in der Rumpfgegend bogen- förmig verlaufende Arterie. An der Stelle, wo dieser Bogen die Wurzel der freien Flosse tangiert, entspringt nicht eine 536 E. MÜLLER, A. brachialis, sondern konstant zwei starke Arterien, die A. ptery- gialis medialis und lateralis. Inzwischen entspringen an der- selben Stelle auch die A. metapterygii accessoria und die starke dorsale Arterie im Gebiete des Mesopterygiums. Der Name, A. brachialis, welchen Parker für die A. pterygialıs lateralis braucht, ist nicht zu empfehlen. Sie führt den Gedanken auf die gleichnamige Arterie der pentadactylen Extremität und ist darum in hohem Grade irreführend. Überhaupt scheint man, nach den kurzen Angaben in den Hand- und Lehrbüchern zu urteilen, geglaubt zu haben, dass die Arterienverhältnisse in der Flosse und der pentadactylen Extremität dieselben wären. Das ist aber ein grosser Irrtum. Weder die A. subelavia, noch die peripheren Flossenarterien sind mit den Arterien in den Extremitäten der höheren Tiere homolog. Die Vorgänge, welche zu den beiden verschiedenen Zuständen führen, sind von der- selben Art, sie führen aber zu grundverschiedenen Zuständen, weil der Grundplan der Flosse und derjenige der pentadactylen Extremität in Übereinstimmung mit deren ungleicher Funktion ganz verschieden sind. Bevor ich aber auf diese wichtigen Fragen eingehe, wird es notwendig sein, noch mehr von den (efässen kennen zu lernen. Ich gehe daher zuerst zu einer Besprechung der Variationen bei den Arterien der Acanthiasflosse über. Schon die Unter- suchung einer kleinen Anzahl verschiedener Flossen zeigt ver- schiedene Lageverhältnisse zwischen der A. subelavia und den Spinalnerven. Die beistehende Tabelle zeigt dieses. Bei den meisten Exemplaren verläuft die A. subelavia, wie vorher beschrieben ist: erst längs dem 8. Spinalnerv, dann längs dem 9. und so schräg nach aussen rostralwärts hinter dem 8. und 7., um zwischen dem 6. und 7. ventralwärts weiter fortzusetzen. In zwei Fällen verläuft sie nur längs dem 8. Spinal- nerven, in einem Falle nur längs dem 9. Spinalnerven. In drei Fällen verläuft sie hinter dem 8., 7. und 6. und zieht | Or Die Brustflosse der Selachier. A. subelavia. Nr. | nn ' A. pterygialis medialis. | Längs dem Er | Ne | | em zwischen | Links | 8.8p. N. | 8.7.6. | 5. u. 6. | Hint.d. ventr. Aste d. 7. Sp-N. 2 Rechts | 3. SpIN | 20 ern Be Links |8. 9. Sp. N. 17. u20 u |, » „ 8.» sur Mechtsi 18. 9. Sp. N. | 82... 6. 79: u.6 Y % en 6.02, bike ABER N. an 4| Rechts |8.9. Sp.N. 87 |6u7T| „ r a Links | 8-9. Sp. N.| 8.7. bau Vor:de 5; „ Des 5 | Rechts SEEPEN are rund 2 n Tehgt linke u|82 9. 8p.,.N. | 857. 6.00. ss 5; I age | | | | dann nach vorn zwischen dem 5. und 6. In einem Falle läuft sie nur hinter dem 9. und 8. Spinalnerven und dann nach vorne zwischen dem 7. und 8. Die Lage der A. subelavia bei dem erwachsenen Acanthias lehrt also, dass sie zu ver- schiedenen Körpersegmenten gehört, nämlich zu dem 6., 7., 8. und 9. Diese Befunde berechtigen zu dem Schluss, dass sie aus (ueranastomosen zwischen den Arterien dieser Seg- mente entsteht. Die ontogenetische Entwickelung bestätigt diese Deduktion und lehrt, dass die Arterie aus einer allge- meinen Anlage hervorgeht, welche die Möglichkeiten zu diesen verschiedenen Anordnungen ın sich einschliesst. Der Ursprung und erste Teil der A. pterygialis medialis variiert auch ziemlich viel. Im allgemeinen entspringt sie aus dem Stück der A. subelavia, welches zwischen dem 6. und 7. Spinalnerven belegen ist und kann in ihrem obersten Teile entweder vor oder hinter dem ventralen Pterygialaste des 7. Spinalnerven verlaufen. In zwei Fällen entspringt sie aus dem Stücke der A. subelavia, welches zwischen dem 5. und 6. Spinalnerven liegt, dann zieht sie hinter dem ventralen Ptery- ou 6 ww E. MÜLLER, gialaste des 6. Spinalnerven. In einem Falle entspringt sie aus der A. subclavia zwischen dem 7. und 8. und verläuft so hinter dem ventralen Pterygialaste des letzten Nerven. Auch innerhalb der Flosse findet man in den Einzelheiten Variationen in der Anordnung, Verteilung und Vorhandensein der feineren Arterien. Sie gehen aus den Figg. 42—44, Taf. 35/36 hervor. Wenn man alle diese Variationen zusammenstellt, so bekommt man ein zusammenhängendes Arteriennetz, welches die ventrale Fläche des Flossenskeletes bedeckt. Dies Netz ist kein indifferentes. Es verhält sich ganz wie das tiefe Nerven- netz, d. h. es besteht aus ganz bestimmt gelagerten Stämmen, welche durch Anastomosen verbunden sind. Bei Raja clavata entspringt die A. subelavia von der hinteren Seite der Aorta an der Einmündungsstelle der vierten A. branchialis efferens. Nun zieht die mächtige Arterie direkt nach aussen, dringt durch das Bündel der diazonalen Nerven zwischen dem 18. und 19. und verläuft nach hinten gelagert ım Verhältnisse zu den Nerven mit diesen durch das proxi- male Loch des Schulterbogens. Innerhalb dieses teilt sie sich in ihre mächtigen Endäste, die A. propterygialis und A. ptery- gialis lateralis. Jene läuft parallel mit den Basalia des Pro- pterygiums in einem schönen Bogen eranialwärts ein paar Milli- meter von dem Truncus nervosus propterygii dorsalwärts von den von diesem lateralwärts verlaufenden Nerven. Von dem medialen Rande des Bogens gehen feine Äste ab, welche sich in der Muskulatur längs den Basalıa des Propterygiums ver- teilen. Aus dem lateralen, konvexen Rande entspringen einige kräftige Aa. radiales, welche in der Richtung der Strahlen peripheriewärts verlaufen. Die A. pterygialis lateralis legt sich zuerst dicht an den ventralen Teil des Schulterbogens, dann verläuft sie ein paar Millimeter von dem Basale des Meta- pterygiums und beschreibt hierunter einen mit der Konkavilät Anatom.Helte I Abteilung HS.HER (394 Bd. 2) Tirtel BET Fiyg: 38.Ester Johansson det Figg. 30 Hi. 0ust.Wernman del. Kgl Universitätsdruckerel H,Stürtz A.G, Würzburg. Die Brustfiosse der Selachier. 539 medialwärts gerichteten Bogen. Die Lage zu den Nerven ist beachtenswert. Zuerst verläuft die Arterie ventral von den diazonalen Nerven. Dann zieht sie hinter den metazonalen Nerven, zwischen diesen und dem Skelet hin. Von der kon- kaven Seite des Bogens gehen feine Äste ab, welche zu der Bildung eines Netzes auf den Basalia des Metapterygiums zu- sammentreten. Von der Konvexität der A. pterygialis lateralıs gehen zahlreiche Aa. radiales ab. Sie verlaufen parallel mit den Strahlen und sind bis an den Flossensaum verfolgbar. Das Bild der Arterienversorgung der Brustflosse bei Naja ist also sehr charakteristisch, wie aus der Fig. 62 hervorgeht. In der Basis der Flosse liegen zwei grosse Arterien, welche parallel mit den Basalia verlaufen und schräg über oder unter den Flossennerven verlaufen. Von diesen Stämmen gehen die Aa. radiales ab und verlaufen längs den Strahlen. Von diesen gehen feinere Äste, welche im allgemeinen quer zu den Strahlen verlaufen, je näher der Peripherie der Flosse, desto mehr anastomosieren sie miteinander. Eine regel- mässige Anordnung der Aa. radiales findet man nicht. Aus der Figur 62 ist ersichtlich, dass sie in dem einen Falle näher aneinander, in dem anderen weiter voneinander belegen sind. Man findet Arterien, welche nur durch einen Strahl voneinande getrennt sind, während auf anderen Stellen sogar fünf Strahlen zwischen zwei Arterien eingeschoben werden können. Nur ın dem peripheren Gebiete der Flosse findet man ein sehr regel- mässiges Bild. Die Schlagadern bilden hier ein schönes Netz mit rektangulären Maschen. Innerhalb einer Zone findet man zwei Strahlen zwischen den Arterien, weiter peripheriewärts liegt eine Arterie in jedem Zwischenraume zwischen den Strahlen. In beiden Zonen sind die längsverlaufenden Arterien durch Queranastomosen verbunden. In dem ersten der oben genannten Zonen sind die rektangulären Maschen weit grösser als in den letzten. 540 E. MÜLLER, Von der A. subelavia gehen noch zwei Arterien ab, welche unser Interesse verdienen. Eine A. pterygialis medialis ist wie bei Acanthias vorhanden. Sie entspringt aus der A. subelavia ein paar Millimeter medialwärts von dem Loche des Schulter- bogens und passiert dann hinter den ventralen Nerven zuerst medialwärts von dem Schulterbogen, darauf längs den Basalıa des Metapterygiums und ist bis zu dem caudalen Teile der Flosse zu verfolgen. Die Arterie ist ziemlich schwach. Im Zusammenhang hiermit steht auch, dass sie inzwischen unter- brochen ist und caudalwärts aus einer anderen Rumpfwand- arterie entspringen kann. An der Stelle, wo die A. subclavia im Loche des Schulter- bogens in die A. propterygialis und pterygialis lateralis zer- fällt, entspringt eine schwächere Arterie, welche bei Acanthias der Fortsetzung der A. subelavia ventralwärts entspricht. Ihr kleineres Kaliber macht, dass bei Raja die obengenannten Flossenarterien die direkte Fortsetzung der A. subelavia bilden, während die genannte Fortsetzung mehr wie ein Nebenast der A. subelavia hervortritt. So ist es nicht beim Acanthias, indem hier die betreffende Arterie die geradlinige Fortsetzung der A. subelavia bildet. Die von Parker gebrauchte Benennung, die A. hypobranchialis, ist also hier mehr berechtigt. Die Arterie verläuft hinter dem Schulterbogen rostralwärts, durch- bohrt die hypobranchiale Muskulatur dorsalwärts von dem Schulterbogen, gibt kräftige Äste an den Pericardialsack ab und setzt sich dann in die Anastomose fort, welche die vorderen Enden der Aa. branchiales efferentes verbindet. Die Arterien der Brustflosse bei Acanthias und Raja stimmen in ihren Hauptzügen miteinander überein. In beiden Fällen findet man eine A. subelavia, welche bogenförmig in der Rumpfwand verläuft und mit ihrem Endteile bis ın das hypobranchiale Gebiet sich erstreckt. Von dieser Arterie läuft Die Brustflosse der Selachier. 54 als Hauptgefäss die A. pterygialis lateralis mit den diazonalen Nerven durch das Loch des Schulterbogens und zieht dann lateral von dem Metapterygium nach dem caudalen Flossen- abschnitte. Die mächtige Entwickelung der A. propterygialis ist ein besonderes Zeichen der Rajaflosse, welche mit der starken eigenartigen Entfaltung des Propterygiums und des Truncus nervosus propterygialis im Zusammenhang steht. Von den ın der Flossenbasis belegenen Hauptstämmen ziehen die Aa. radı- ales längs den Strahlen. Sie verbinden sich mit queren Ana- stomosen und bilden je mehr distalwärts ein desto reicheres Arteriennetz. Die Wand der Venen des Acanthias ist von einer ausser- ordentlichen Dünne und zeigt im Zusammenhang damit ein sehr charakteristisches Verhalten zu der Umgebung. Die dünne Wand ist nämlich mit der Umgebung, den Knorpeln, Muskeln, Fascien usw. auf das intimste zusammengewachsen. Nirgends tritt darum der besonders von Braune hervorgehobene Kin- fluss der Umgebungen auf die Strömung in den Venen so deutlich als hier hervor. Die V. subelavia ist ein ganz vor- zügliches Beispiel von dieser Anordnung. Sie bildet nämlich ein lacunäres Gefäss, welches zwischen dem Schulterbogen und der Körperwandmuskulatur verläuft und kaum eine selb- ständige Wand besitzt. Wenn man die innere Fläche der Rumpfwand betrachtet (Fig. 46, Taf. 35/36), so findet man unter dem glänzenden Peri- toneum eine starke Fascia, welche besonders in der Gegend des Schulterbogens eine feste, beinahe sehnige Tectur besitzt. Einheitlich in seinem medialen Teil teilt sie sich lateralwärts in drei oder mehrere Zipfel, welche feine Spalten zwischen sich fassen, die von den Nerven zum Durchtritt nach dem Loche im Schulterbogen und zu der freien Extremität benutzt werden. Schneidet man diese Fascia durch, so kommt man 542 E. MÜLLER, direkt in die weite V. subclavia (Fig. 40, Taf. 33/34). Die sehnige Fascia bildet also deren vordere Wand. Die hintere Wand ist in ihrer ganzen Ausdehnung unzertrennlich mit dem Periost der ventralen Fläche des Schulterbogens verbunden. Die diazonalen Nerven, die zwei cranialen von den metazonalen und die A. subelavia verlaufen auch in der hinteren Wand der Vene, indem sie direkt an den Schulterbogen gelagert sind. Fin bedeutender Wandstreifen der Vene stösst nach unten, zwischen der Fascia nach vorne und dem Schulterbogen nach hinten, direkt an die Muskulatur. Die Vene ist auch hier mit diesem intim verbunden. Weiter ist zu berücksichtigen, dass ein Teil der ventralen Muskulatur sich in der oben genannten Fascia befestigt. In dieser Weise eingemauert zwischen dem Skeletbogen, der Fascia und der Muskulatur ist die Vene hinsichtlich des Füllungsgrades ganz von der Umgebung abhängig. Wird die Rumpfwand kontrahiert, so spannt sich die genannte Fascia und entfernt sich von dem Schulterbogen. Die vorderen und caudalen Teile der Venenwand entfernen sich hierbei von den hinteren, an dem Schulterbogen befestigten, und ein weites Klaffen des Venenlumens kommt zustande, das als ein Aspirator wirkt. Die V. subelavia bei Acanthias ist also ein ausserordentlich gutes Beispiel von einem Saugherzen in der Fassung von Braunes. In sie münden nicht nur die Flossenvenen, sondern auch die grossen Venen der Rumpfwand: die V. lateralis, die V. parietalis dorsalis und die V. mediana. Die Vene hat keine selbständige Wand. Ihre Endothelbekleidung ist direkt an dem Schulterbogen, dem Rumpfmuskel und der oben beschriebenen Fascia befestigt. Ihr Füllungsgrad ist direkt von dem Span- nungsgrade dieser Teile abhängig. Der nähere Verlauf der V. subelavia ist folgender (Fig. 40, Tafel 33/34): Aus dem Cardinalvenensinus, ungefähr in der Höhe des 9. Spinalnerven, entspringt die Vena subelavia. Sie „Inatom. Hefte I. Abteilung HS. Heft (39 Ba. 2.) Tafel 33/36 anl Die Brustflosse der Selachier, 543 läuft lateral- und ein wenig cranialwärts vor dem Schulter- bogen und vor der A. subelavia, auch vor den diazonalen Nerven und den zwei obersten metazonalen Nerven. In der Ecke zwischen der Vena lateralis und dem Ductus Cuvieri mündet die Vene hinein. Während dieses Verlaufes hält sich die Vene vor dem Loche in dem Schulterbogen, wohindurch die diazonalen Nerven und die A. pterygialis ventralis ver- laufen. Während des schrägen Verlaufes der V. subelavia gehen drei Venen ab, welche lateralwärts zur Einmündung in die V. lateralis verlaufen (Fig. 46). In der V. subelavia findet man viele schlitzförmige Öff- nungen für die einmündenden Venen. Ich finde vier solche, welche von der freien Flosse kommen. Eine kleinere Vene kommt durch das Loch der diazonalen Nerven. Medial da- von findet man das grösste für die V. pterygialis medialis, neben dieser ein kleineres für dieselbe oft doppelte Vene. Mehr medıialwärts, näher der dorsalen Spitze des Schulterbogens öffnet sich eine Vene, welche die oberflächlichen dorsalen Venen der Flosse aufnehmen. Noch mehr medialwärts ist die Öff- nung von der dorsalen V. parietalis. Die V. lateralis öffnet sich in dem ventralen Teil der V. subelavia. Alle diese Öff- nungen sind so beschaffen, dass sie bei einem Drucke von dem Innern der Vena subelavia sich schliessen. Injiziert man die V. subelavia von der V. lateralis oder V. parietalis dorsalis, so füllt sich die V. subclavia strotzend, wenn sie an beiden Enden unterbunden sind. Eine Füllung der Vv. pterygiales ist nur möglich durch bestimmte Bewegungen der Flosse oder der Rumpfwand. Ein vollständiges Füllen der Flossenvenen ist durch eine solche Injektion nicht möglich. Erst durch eine Einspritzung in die V. pterygialis oder in eine von den ober- flächlichen Venen lässt sich die Injektion der eigentlichen Flossenvenen ausführen. Diese sind klappenlos und können darum durch eine Injektion gegen die Peripherie gefüllt werden. Die Venen der freien Flosse sind oberflächlich und tief. 544 E. MÜLLER, Jene bilden ausserordentlich stark entwickelte und schöne Netz- werke in der Haut und Unterhaut. Schon im Hornsaume findet man bei gelungenen Injektionen Venennetze. Diese setzen sich teils in ähnliche Netzwerke fort, welche über den Muskeln der Flosse belegen sind, teils fliesst das Blut durch grössere Äste, welche in dem Flossensaume belegen sind, nach den tiefen Venen. Man trifft drei oberflächliche Netze an. Ein fein- maschiges solches liegt in der Lederhaut; dann folgt ein Netz ın der Unterhaut mit grösseren Maschen (Fig. 48, Taf. 37/38). End- lich findet man tiefer, am nächsten den Muskeln sehr regelmässige längslaufende Venen, welche oberflächlich zwischen den Radıal- muskeln belegen sind und durch quere oder schräge Anasto- mosen verbunden sind. Der Hauptabfluss von diesen Netzen, welche sowohl dorsal wie ventral zu finden sind, geschieht durch zwei grössere kutane Hauptvenen: eine ventrale und eine dorsale. Die V. cutanea pterygii ventralis bildet die Fort- setzung einer tiefen bogenförmigen Vene, die im Gebiete der Knorpelstrahlen nicht weit von dem Flossensaume belegen ist. In dem medialen Teile ungefähr ın der Höhe des 20. Strahles taucht sie aus der Tiefe heraus, läuft dann über den ventralen Muskel nur ein paar Millimeter von dessen medialem Rande weiter cranialwärts, legt sich dann an der Grenze zwischen der freien Flosse und der Rumpfwand an und verläuft hier cranial- wärts. Höher oben taucht sie m die Tiefe und mündet in die V. subelavia ventralwärts von der Einmündung der V. ptery- gialis medialis ein. Während ihres Verlaufes nimmt sie Äste auf sowohl von den oben beschriebenen Netzen im Gebiete der Flosse, wie von solchen ähnlicher Art, welche in der Rumpfwand belegen sind. Die V.cutanea dorsalis pterygii (v. s. d. Fig. 48) nimmt ihren Ursprung in dem caudalen Teile der Achselhöhle von reichlich entwickelten kutanen Venen, welche teils innerhalb des abgeschnürten Teiles der Flosse belegen sind, teils in der Die Brustflosse der Selachier. 545 Haut. der Achselfalte liegen. Sie hängt also auch mit dem cau- dalen Teile der V. pterygialis medialis zusammen. Dann ver- läuft sie dorsalwärts in der Achselhöhle und taucht endlich hinein zwischen den medialen Rand des dorsalen Muskels und die Rumpfwand. Sie verläuft also hier in ganz derselben Weise wie die V. cutanea pterygialis ventralis auf der ventralen Seite. Caudalwärts von dem Schulterbogen mündet sie in den dorsalen Teil der V. subelavia. Die stärkeren oberflächlichen Venen bilden also einen offenen Ring rund um die Basis der Flosse, dessen beide Schenkel in die V. subelavia einmünden. Die Mitte dieses Ringes entspricht der Haut im dem Grund der Achselhöhle. Hier hängen sie auch mit den tiefen Venen zusammen. Die tiefen Hauptvenen der Flosse verhalten sich ganz wie die Arterien, es sind deren zwei. Sie münden mit einem ge- meinsamen Stücke in die V. subclavia einige Millimeter lateral- wärts von der Stelle, wo die A. pterygialis medialis aus der A. subelavia entspringt. Ich nenne die Hauptvenen der Flosse die Vv. pterygialis medialis und lateralis. Die V. pterygialis medialis liegt in der Achselhöhle medial- wärts von den Basalia des Metapterygiums. Ihre topographische Lage zu der Umgebung geht am besten aus der Figur 45, Tal. 35/36 hervor. Hier übersieht man den ganzen Inhalt der Achselhöhle, indem aus der Rumpfwand ein ein paar Milli- meter breites Stück herausgeschnitten ist. Man sieht, wie die ventralen Äste der diazonalen Nerven von der medialen Seite herkommen und lateralwärts verlaufen. Die V. pterygialis medialis entspringt aus Venen in dem caudalen Flossen- abschnitte und steht auch in ihrem Anfangsteile in Verbindung mit den oberflächlichen Venen. Die Wand der Vene ist unzer- trennlich mit der Knorpelhaut der Basalia des Metapterygiums verbunden. In ihrem distalen Teile liegt sie dicht an der A. ptery- sialis medialis. Weiter proximalwärts schlägt sie einen von. 546 E. MÜLLER, der Arterie divergierenden Verlauf ein, indem sie ventral von den drei obersten metazonalen Nerven und mehr lateralwärts im Verhältnis zu der Arterie verläuft. In dem distalen Teile ist die Vene oft in grösserer oder kleinerer Ausdehnung doppelt. Sie empfängt hier eine Vene, welche von der dorsalen Seite der Flosse kommt und nach einem caudalwärts gerichteten Verlaufe in die Vene einmündet. Die V. pterygialis lateralis liegt im (Gebiete der freien Flosse. Der Hauptstamm entsteht aus einer wahren Delta- bildung, welche auf der ventralen Fläche ungefähr in der Mitte des Flossenskeletes im Gebiete der proximalen Teile der Strahlen, die an das Basale! des Metapterygiums angefügt sind, belegen ist. In diese Deltabildung münden die Vv. radiales in einer Weise, welche am besten aus der Fig. 47, Taf. 37/38 hervorgeht. Der Hauptstamm der V. pterygialıs lateralis folgt genau der Grenze zwischen den Basalia des Meta- und Meso- pterygiums. Die Vene ist hier in einer Rinne eingegraben, indem die dünne, nur endotheliale Wand auch hier unzer- trennlich mit dem Perichondrium verbunden ist. Dasselbe gilt auch von dem peripheren Teile des tiefen Venennetzes. Es liegt dicht an dem Knorpelskelete, die Endothelhaut grenzt direkt an die Umgebung. Das vorher beschriebene Arteriennetz liegt oberflächlicher. Die A. pterygialıs lateralis liegt ein paar Millimeter lateralwärts von der Vene im Gebiete des Basale mesopterygii. Oben scheiden sich die Wege der beiden Gefässe. Die Arterie kommt lateral an dem Gelenkfortsatze des Schulter- bogens hervor. Die Vene zieht zur Einmündung in die V. ptery- gialis medialiıs medial von dem genannten Fortsatze. Ohne Zweifel würden fortgesetzte, noch mehr gelungene Injektionsversuche als diejenigen, die ich ausführen konnte, viele descriptive Details in der Flossenvenen-Anatomie ans Licht bringen. Schon bei einer flüchtigen Untersuchung stösst man auf viele Fragen, deren lösung noch nicht beendigt ist. Ich denke Die Brustflosse der Selachier. 547 z. B. an die Frage nach dem gegenseitigen Verhältnis zwischen den Venen und den Lymphgefässen der Selachier. Die mit- geteilten Untersuchungen sind aber nur vorgenommen, um die gröberen Verhältnisse der Arterien und Venen festzustellen, teils um eine Vergleichung zwischen den Selachiern und den höheren Tieren ausführen zu können, teils um die Grundlage für eine Untersuchung über die Entwickelung der Flossengefässe zu bilden. In beiden diesen Hinsichten genügt die mitgeteilte Untersuchung. Vorläufige Mitteilung über die Entwickelung der Gefässe der Brustflosse bei Acanthias vulgaris. Dies Thema ist so gut wie unbearbeitet. Man hat mit der grössten Genauigkeit die Entwickelungsprozesse des Skeletes, der Muskeln und Nerven verfolgt. Für die Entwicke- lung der Gefässe hat man im allgemeinen kein Wort. Nur bei Mollier finden sich einige kurze, aber wichtige Bemerkungen. Die Gefässe sind ursprünglich segmental an- geordnet und gehen mit stärkerer Konzentration basale quere Anastomosen ein. Nach Obliterierung des medialen Abschnittes derselben kommt es dann zur Bildung von Längsstämmen, welche in gleichmässigen Interstitien lateralwärts Zweige ab- geben, die immer mit den Nervenästen verlaufen. Es werden weiter drei Hauptstämme beschrieben, welche resp. in dem vorderen, mittleren und hinteren Flossenabschnitte sich ver- ästeln. Wie diese entstehen und wie sie sich zu den oben beschriebenen Gefässbildungen verhalten, ist mir nicht klar geworden. Die Vernachlässigung der Gefässe ist, wie ich in meinen vorigen Arbeiten hervorgehoben habe, gar nicht berechtigt. Die Untersuchung ist allerdings schwierig. Hier in den Selachier- flossen ist sie vielleicht schwieriger als bei den höheren Anatomische Hefte. I. Abteilung. 118. Heft (39. Bd., H. 2). 36 548 E. MÜLLER, Tieren infolge der dünnen Wände der Selachiergefässe. Eine erfolgreiche Untersuchung fordert darum eine sehr gute Fixierung und Färbung. Die Gefässe entstehen relativ ziemlich spät in der Flossen- anlage. Erst bei Acanthiasembryonen von 18-20 mm Länge finde ich Gefässe, welche mit der Flossenanlage zu tun haben. Die Flossenanlage ist gut entwickelt und trägt in ihrem Rande eine sehr deutliche epitheliale Falte. In der Basıs der Flosse befinden sich die von den Myotomen ganz abgeschnürten Knospen mit ihren zugehörigen Nerven. Die Knospen befinden sich eben im Begriff, in dorsale und ventrale Teile zu zerfallen. In diesem Stadium finde ich drei oder vier von der Aorta entspringende Arterien, welche in der Rumpfwand zwischen den Spinalnerven nach einer Stelle dorsal von der Flossen- anlage verlaufen. Hier verbinden sie sich zu einem längs- laufenden, parallel mit der Flossenbasis sich ausdehnenden Netze von indifferenter Beschaffenheit. Von diesem Netze, Plexus basilaris dorsalis, ziehen regelmässige auch segmentale Venen dorsalwärts und münden in die V. cardinalis hinein. Während ihres Verlaufes in der Rumpfwand kreuzen die Gefässe unter schrägem Winkel die Spinalnerven, indem die Gefässe zuerst ventral und dann dorsal belegen sind. Der Plexus basilaris dorsalis kommt also hinten und lateralwärts von den Nerven zu liegen. Bei Embryonen von 23 mm Länge sind die Gefässe in der Basis der Flosse weiter nach vorne gezogen. Der Plexus basilaris dorsalis ist noch stärker und streckt sich über die ganze Länge der Flossenbasis. Nach ihm ziehen noch drei bis vier Segmentalarterien von der Aorta und verlaufen Venen wie früher zurück nach der Vena cardinalis. Was aber für dieses Stadium am charakteristischsten ist, das ist ein Gefäss- netz, welches in der Flossenbasis belegen ist und das ich den Plexus axillarıs benenne. Aus dem Plexus basilarıs dorsalis Die Brustflosse der Selachier. entspringen nämlich sehr regelmässige Äste, welche zwischen den Nervengabeln nach vorne verlaufen, um in einen sehr deutlichen Längsstamm einzumünden, welcher ebenfalls ventral- wärts auf dem Übergange zwischen der freien Flosse und der Rumpfwand belegen ist. Ich nenne diesen Längsstamm Truncus basilaris ventralis. Noch finde ich keine Spur von Gefässen innerhalb der eigentlichen Flosse, trotzdem diese in der Ent- wickelung rasch fortgeschritten ist. Die Nutrition muss also vom Gefässnetze der Flossenbasis ausgehen, und in Überein- stimmung hiermit hat sich dies auch mächtig entfaltet. Be- achtenswert ist die Regelmässigkeit des Netzes. Der lang- gestreckte Plexus basilarıs dorsalis bildet einen netzigen Längs- stamm, aus dem ganz regelmässige Äste entspringen. Diese verlaufen quer zwischen den Nerven und münden in den längs- laufenden Truncus basılarıs ventralis, welcher nach oben bis an die grossen Venen in der Nähe des Herzens zu verfolgen ist. Die Blutbahn geht also von der Aorta nach dem Plexus s. Truncus basılarıs dorsalis, dann durch die segmental an- geordneten queren Äste des Plexus axillarıs und danach durch den Truncus basilarıs ventralis nach den Venen zurück. Erst bei Embryonen von 26 mm Länge finde ich Gefässe innerhalb der eigentlichen Flossenanlage. Die Differenzierung innerhalb dieser ist nun bedeutend fortgeschritten. Die Muskel- anlagen sind nun in die Länge gezogen, an der Basis dicht aneinander gedrückt und durch feine Zellanastomosen mit- einander verbunden. Zwischen denselben ist die erste Anlage des Skeletes in Form einer verdichteten Mesenchymplatte ent- standen. Die ersten (Gefässe innerhalb der Flosse verlaufen als feine Capillaren von den Querästen des Plexus axillaris sehr regelmässig zwischen den Nerven in das Flossenparenchym hinein. Zuerst voneinander völlig unabhängig, verbinden sie sich bald miteinander zu einem ventralen Gefässnetz, welches seinen Platz in der Flosse zwischen der Muskelschicht und 36* 550 E. MÜLLER, der Skeletanlage hat. Gleichzeitig hiermit bilden sich Längs- stämme innerhalb des Plexus axillarıs, indem die quergehenden Äste sich durch längslaufende, in der Richtung der Flossen- basis belegene Anastomosen verbinden. Aus diesen gehen die A. und V. pterygialis medialis hervor. In diesem Stadium haben auch die von der Aorta entspringenden Aa. subclaviae mit Ausnahme von einer sich zurückgebildet. Während der weiteren Entwickelung schreitet die Entfal- tung des im vorigen Stadium ziemlich einfach gebauten Netzes vor. Teils wächst es immer mehr distalwärts nach der Peri- pherie der Flossenanlage, teils differenziert es sich in einen oberflächlichen und einen tieferen, näher dem Skelete belegenen Teil. Aus jenem geht die A. pterygialıs lateralis, aus diesem die V. pterygialıs lateralis hervor. Bei Embryonen von 30—32 mm Länge finde ich die Ge- fässe so entwickelt, dass sie dem bleibenden Zustande ent- sprechen. Durch die Vergleichung zwischen diesem Stadium und dem soeben beschriebenen geht hervor, dass die bleibende A. subelavia aus einem von den vier im Stadium 20 mm aus der Aorta entspringenden segmentalen Arterien und teilweise aus dem Plexus basilarıs dorsalis hervorgeht. Die Fortsetzung der A.subelavia ventral nach der Herzgegend ist schon im Stadium 23 mm vorhanden. Aus den Längsstämmen des Plexus axillaris entstehen, wie schon erwähnt, die A. und V. pterygialis medialıs. Reste von den queren Ästen des Plexus axillaris bilden die unter rechten Winkeln abgehenden Äste, welche teils medial- wärts nach der Rumpfwand, teils lateralwärts nach der Flosse ziehen. Der Truncus basilarıs ventralis bildet sich bei den Embryonen von 30 und 32 mm Länge zurück. Die A. und V. pterygialis lateralis gehen aus Längsstämmen in dem ven- tralen Gefässnetze hervor. Jene steht schon früh durch das Loch des Schulterbogens in Verbindung mit der A. subelavia. Die Vene mündet dagegen in die V. pterygialis medialis caudal- Die Brustflosse der Selachier. 551 wärts von dem Gelenkfortsatze des Schulterbog®ns. Die zahl- reichen Äste der A. pterygialis lateralis, welche bei dem er- wachsenen beschrieben sind, unter dem Namen der Aa. ptery- giales radiales, gehen aus schönen Netzwerken hervor, die all- mählich bei Embryonen von einer Länge zwischen 26 und 32 mm entstehen und gegen die Peripherie der Flossen aus- wachsen. Das Hauptresultat der mitgeteilten Untersuchung ist folgendes: Sowohl die A. subclavia wie die Gefässe der freien Flosse entstehen aus Netzwerken. Diese sind sehr regelmässig, sie bestehen näm- lich teils aus Gliedern, welche zwischen den Nerven belegen sind, teils aus Längsstämmen, welche die quergehenden Gefässe miteinander verbinden und parallel mit der Längsachse des Körpers verlaufen. Allgemeiner Teil. Das Hauptergebnis der mitgeteilten Untersuchung ist das, dass nach meiner Meinung unzweideutige Beweise von der segmentalen Natur der verschiedenen Bestandteile der Flossen geliefert sind. Die Flosse ist ihrer Natur gemäss ein hori- zontaler Fortsatz der Rumpfwand, welcher einer grösseren oder kleineren Anzahl der Körpermetameren entspricht. Die Grund- form der Extremität ist eine fächerartige Figur, deren Strahlen aber nicht wie in dem gewöhnlichen Fächer der Damen nach einem Punkte zusammenlaufen, denn sie gehen von einer längeren Strecke aus. Diese Strecke ist die an den Rumpf E. MÜLLER, or on DV angegliederte Extremitätenbasis. Innerhalb des Fächers folgen die Muskeln, Nerven und Skeletstrahlen in regelmässiger Folge und Wiederholung des Inhalts der Metameren. Nur die Gelfässe weichen auf den ersten Blick vollständig von einer segmentalen Anordnung ab. Ich komme später auf diese Frage zurück. Meine anatomischen Resultate stimmen also genau mit der Ansicht über die Natur der Flosse, welche durch die entwickelungsgeschichtlichen Untersuchungen von Dohrn, C. Rabl und Mollier dargetan wird. Dagegen stehen sie in einem direkten Widerspruch zu den Ergebnissen der Unter- suchungen, welche aus Gegenbaurs Schule hervorgegangen sind. Es wird darum notwendig, in dem folgenden auf diese Untersuchungen kritisch einzugehen. Dass die Nerven der Flosse als Fortsetzungen der Spinal- nerven eine strenge segmentale Anordnung zeigen, darüber kann kein Zweifel bestehen. Jeder, welcher meine Osmium- färbungen gesehen hat, kann dies bestätigen. Die Hauptnerven der Flosse, die Nn. pterygiales, sind direkte Fortsetzungen der Spinalnerven. Sie folgen wie diese in regelmässiger Entfernung voneinander. Nach einem gewissen Verlaufe teilt jeder Nerv sich spitzwinklig in zwei Äste, welche dann weiter verlaufen und bis in den Flossensaum zu verfolgen sind. Hier teilt er sich in Äste, welche sich miteinander zu einem sensiblen Netze verbinden. Die Hauptsache in dieser Beschreibung ist also die, dass die Pterygialnerven ihre Individualität während ihres ganzen Verlaufes besitzen. Hierbei verbinden sie sich durch Ana- stomosen miteinander. Vom allgemeinen Gesichtspunkte ist es also ganz richtig, dass die Flossennerven ein Netz bilden. Aber ganz fehlerhaft ist es zu sagen, dass sie sich in ein Netz von indifferenter Art und regelloser Beschaffenheit auflösen. Das „Netz“ der Pterygialnerven kann nämlich in verschiedenen Teilen analysiert werden. Zuerst haben wir die starken, deut- lichen, individuell selbständigen Nn. pterygiales, welche während Die Brustflosse der Selachier. 353 ihres Verlaufes ständig kürzere Äste abgeben. Weiter kann man das von mir so genannte Grundnetz unterscheiden. Es hat ein besonderes Gepräge und besteht aus feinen Fäden, welche runde oder eckige Maschen begrenzen. Ihre Ähnlichkeit mit dem subkutanen Netz bei Raja macht die Annahme berechtigt, dass es seiner Natur nach sensibel ist. Eine Aufgabe der Zukunft ist es, seine Entwickelung zu erforschen. Entsteht es im Zusammenhang mit den mit den Myotomen einwandernden motorischen Nerven, oder entwickelt es sich unabhängig von diesen? Die anatomische Verschiedenheit, welche zwischen den Nn. pterygiales, die mit den Myotomen hineinwachsen, und dem genannten Netze herrscht, macht es berechtigt, die Frage aufzustellen. Ein zweiter Teil der Anastomosen zwischen den Flossen- nerven gehört zu den Nervi intermittentes. Hierunter verstehe ich die Nerven, welche zwischen den Hauptnerven verlaufen. Ich habe schon in dem descriptiven Teile hervorgehoben, dass sie mit der grössten Wahrscheinlichkeit zu dem Myotomspross gehören, welcher nicht mit dem dazu gehörenden Nerven zu- sammenhängt. Die betreffenden Nerven entstehen durch eine spitzwinkelige Vereinigung von feinen Faserbündeln, welche von den Hauptnerven abgegeben werden, zwischen denen der N. intermittens verläuft. Nun zieht der Nerv weiter in der Mitte des zugehörigen Radialmuskels und nimmt hierbei fort- während feine Anastomosen von den genannten Nerven auf. Eine Menge von den zahlreichen Anastomosen gehört zu dieser Kategorie. Die grossen Nn. pterygiales gehören jedem zweiten M. radialis an. Die zwischenliegenden Muskeln werden nun von den beiden nächsten Nn. pterygiales, sowohl von dem rostralen wie von dem caudalen, innerviert. Dies ist besonders deutlich in dem dorsalen Muskel bei Raja, wo die Nn. inter- mittentes sehr schön entwickelt sind. Es sind nun bloss die starken, in der Basis der Flosse 554 E. MÜLLER, belegenen Anastomosen noch übrig. Ich finde diese beson- ders regelmässig und stark entwickelt in dem rostralen und caudalen Teile der Flosse. Über deren Natur bin ich nicht völlig im klaren. Nur durch entwickelungsgeschichtliche und physiologische Untersuchungen wird es möglich sein, mit Bestimmtheit über die Natur dieser Anastomosen zu ent- scheiden. Ich komme später auf dieses Thema zurück. Dass sie teilweise von derselben Natur wie die vorhergehenden sind, davon bin ich überzeugt, d. h. es kommen Nervenfasern von sowohl dem cranialen, wie von dem caudalen N. pterygialis, laufen zusammen und gehen zur Innervation des zwischen- liegenden M. radialis über. Daneben findet man, dass Faserbündel von dem einen N. pterygialis nach dem anderen hinüberziehen. Aber auch in diesem Falle liegt kein Beweis gegen die metamere Natur der Flossennerven vor, denn solche Anastomosen sind auch zwischen den Spinalnerven zu finden. So schreibt Braus (S. 380, Innervation der paarigen Extremi- täten etc.): „Bei höheren Haien (Carchariiden, Zygaena, Rochen) finden sich oft zahlreiche Anastomosen benachbarter Inter- costalnerven, welche die Stämme auf kürzere oder längere Strecken vereinigen.“ Ich verweise in dieser Hinsicht auf die Fig. 32, Taf. 29/30, wo man deutliche Anastomosen zwischen den Spinalnerven findet. Die Verschiedenheit zwischen der Mitte und den beiden Enden der Flosse bezüglich der Anastomosen ist beachtens- wert. Sie spricht für eine Concentrierung der Flossenteile und gegen die Wanderungshypothese. Ich komme näher auf diese Frage in einem folgenden Teil, welcher meine embryologischen Untersuchungen enthalten wird. Man darf sich also nicht vorstellen, dass das motorische Zellenmaterial der Flosse ganz ohne Ordnung in einen Topf geworfen ist. Ebenso regelmässig wie die grossen Flossen- nerven nacheinander folgen, ebenso regelmässig müssen die Anatom. Hefte 1lhteilung HS.1telt (30. Bd.H 2) \ Fafel 3133. = Nr ERS & Fig 99.50 u.51, Ester Johansson dei Kay 2,835. test. Wenn del Verlag von .F.Borgmann, Wiesbaden, Kal Universitätsdruckerel H.Stürtz AG. Würzburg. Die Brustflosse der Selachier. 15/03) Muskeln in eranio-caudaler Richtung innerviert werden. Das Innervationsgebiet eines jeden Nerven umfasst in dem regel- mässigsten Teile in der Mitte der Flosse einen ganzen Radial- muskel plus einen halben eranialwärts von diesem und einen halben caudalwärts von diesem belegenen Radialmuskel. Inner- halb dieses Gebietes, welches dem Skeletgebiete genau ent- spricht, wie es in dem speciellen Teile ausführlich abgehandelt ist, kann die Lage des Nerven wechseln. An den beiden Enden der Flosse ist es sehr wahrscheinlich, dass die Nerven über grössere Gebiete sich verteilen, aber diese Ausnahmen heben nicht die allgemeine Regel auf. Aus dem nun Mitgeteilten geht hervor, dass eine bedeutende Differenz zwischen den Ergebnissen von Braus und den meinigen besteht. Nach Braus bilden die Pterygialnerven kom- plizierte und unregelmässige Geflechte, dadurch entstanden, dass die Zellen der Myotomknospen von dem einen nach dem anderen übergewandert sind. „In diesen Netzen,“ schreibt er, „über- kreuzen sich die Elemente der einzelnen Metameren ganz ausser- ordentlich.‘‘ Nach meinen Präparaten zu urteilen, behalten die Pterygialnerven ihre Selbständigkeit bis zu Ende. Die Muskeln werden in regelmässiger Folge von den in cranio-caudaler Rich- tung folgenden Nerven innerviert, wobei die einzige Kompli- kation darin besteht, dass der eine von den secundären Myo- tomen sowohl von dem cranialen wie von dem caudalen Nerven innerviert wird und feine Anastomosen zwischen den segmen- talen Nerven bestehen. Die Differenz zwischen den Brausschen Resultaten und den meinigen liegt ohne Zweifel in den angewandten Methoden. Die von mir gebrauchte Methode gestattet eine viel grössere und leichtere Übersicht über die Innervation der Flosse als die Präparationsmethode von Braus. Dies zugestanden könnte man aber von der anderen Seite bemerken, dass die Macerations- methode, die ich gebraucht habe, die Anastomosen entfernt 556 E. MÜLLER, und also den Netzcharakter verändert. Dies ist zwar bei einem sehr rohen Verfahren möglich. Wenn man aber methodisch und vorsichtig verfährt und die Maceration mit Essigsäure weder zu viel noch zu wenig wirken lässt, dann kann man sicher sein, vollständige Färbungen zu erhalten. Ich gedenke hierbei z.B. der Präparate, welche den Figg. 49, 51, Taf. 37/38 zugrunde liegen. Dass meine Methode auch Netze darstellen kann, geht aus denselben sehr deutlich hervor. Man muss natürlich streng unterscheiden zwischen Netzen, wo die Nerven sich auflösen, sich miteinander verbinden und ihre Individualität verlieren, und solche Zustände, wo die deutlichen und be- stimmt gelagerten Nerven einfache Verbindungsäste zueinander senden. Beispiele der ersten Art sind die oberflächlichen sub- kutanen Netze bei Raja und die tiefen Grundnetze, welche direkt auf das Flossenskelet gelagert sind. Ein anderes schönes Beispiel bildet das Netz, welches in dem ventralen Teil der Rumpfwand belegen ist und durch eine Auflösung der meta- meren Spinalganglien zustande kommt. Durch meine Methode dargestellt gestaltet es sich so, wie Fig. 31, Taf. 29/30 zeigt. Hier liegt ein gutes Beispiel vor, wo metamer angeordnete Nerven in ein indifferentes Netz übergehen. So etwas findet aber nicht in der Flosse statt. Ein Vergleich zwischen den betreffenden Figuren lehrt dies ohne weiteres. Die Hauptsache in der Anatomie der Flossennerven ist nicht die, dass sie Netze bilden. Jeder Pterygialnerv ist die Fortsetzung eines Spinalnerven. Das Charakteristische der Pterygialnerven ist ıhre regelmässige Verästelung und ihre topo- graphische Anordnung im Verhältnis zu den Strahlen. Beide diese Eigenschaften sind Braus entgangen. Ebensowohl wie wir in der menschlichen Anatomie die Nn. medianus, ulnaris, radıalis usw. jeden für sich, ihre Verästelung und Lage zu der Umgebung beschreiben, so kann man jeden Pterygialnerv in ganz derselben Weise beschreiben. Die Brustflosse der Selachier. 557 In einem beachtenswerten Aufsatze hat Goodrich die Innervation der Radialmuskeln der Selachierflosse auf Grund von embryologischen Untersuchungen behandelt. Er hegt auch die Ansicht, dass die Nerven unregelmässige Plexus ın der Flosse bilden. ‚Most of the nerves to the paired fins pass directly to the fin-lare; but as soon as they reach it they become joined together by a complicated system of connecting nerves, even before they enter the muscles. When they reach the latter, they become involved in such a complex network, that it becomes impossible to determine for certain whither the nerve-fibres lead.“ Dies ist nicht richtig. Die mitgeteilten Resultate beruhen auf einer unvollständigen Methode. In dieser Abhandlung habe ich gezeigt, dass man auch mit einer anatomischen Präparations- methode eine Analyse der Flossennerven machen kann. Es ist nun von grossem Interesse, dass Goodrich auf experi- mentellem Wege zu einer Auffassung gekommen ist, welche sich mit meinen Resultaten sehr gut vereinigen lässt. Er hat nämlich die Nerven von Raja elektrisch gereizt in der Ab- sicht zu untersuchen, ob die Muskeln von mehreren Nerven innerviert werden. Mit absoluter Gewissheit konnte er dabei zeigen, dass die Reizung eines Nerven nicht eine allgemeine Kontraktion der Muskeln bewirkt, sondern nur eine beschränkte, entsprechend der Lage der Nerven. Die nahe Lage zwischen den Muskeln machte es schwierig zu beurteilen, ob die Kon- traktion nur auf zwei Radıalmuskeln beschränkt ist, dagegen ist es sicher, dass nicht mehrere Muskeln bei Reizung eines Nerven kontrahiert werden. Nach meiner anatomischen Unter- suchung ist es auch nicht zu erwarten, dass zwei Radialmuskeln von einem Nerven gereizt werden können. Man sollte viel- mehr erwarten, dass es ein Radialmuskel nebst dem halben eranialen und dem halben caudalen Nachbarn ist, welcher nach der Reizung eines Nerven mit diesem kontrahiert wird. Viel- leicht war dies auch der Fall in den Versuchen von Goodrich. 558 E. MÜLLER, Aus seinen physiologischen Resultaten zieht Goodrich den berechtigten Schluss, dass die Nerven der paarigen Flossen ihre ursprüngliche Metamerie behalten haben. Die unregel- mässigen Netze in der Flosse sollten nach ihm so erklärt werden, dass die sensiblen Nerven Netze bilden und diese die motor!- schen Nerven verbergen. Der erste Punkt ist vielleicht richtig. Ich habe ja bei der oben gegebenen Analyse ein Grundnetz ausgeschaltet, welches sicher von ganz anderem Aussehen als die übrigen Flossennerven ist und vielleicht auch eine andere Funktion besitzt. Unrichtig ist es aber, wie schon bemerkt, dass das Netz das regelmässige Nacheinanderfolgen der Flossen- nerven verbirgt. Ich verweise in dieser Hinsicht noch ein- mal auf. die zahlreichen Figuren, welche meine Befunde illustrieren. Für die Ansicht, dass das Flossenmuskel-Material der Selachier bedeutende Verschiebungen während seiner Ent stehung durchlaufen hat, scheinen nun embryologische Er- fahrungen bestimmt zu sprechen. Nach Mollier gehen die vorher ganz getrennten Muskelknospen in einem gewissen Stadium der ÖOntogenese Verbindungen an den Basen mit- einander ein, und längs diesen sollen Muskelbildungszellen von der einen Knospe zu der anderen überwandern. Auf diese Weise soll die vorherige Metamerie aufgehoben werden. Die Muskelanlagen sollen von nun an nicht haploneur, sondern polyneur sein. Braus hat diese Beobachtung weiter ausge- nutzt, und — nach seinen Figuren zu urteilen — würden nicht nur die angrenzenden Muskelanlagen Zellen tauschen, sondern es würde eine bedeutende Verschiebung des Muskelmateriales stattfinden, so dass jeder Nerv eine Menge von Radialmuskeln versorgt. Mit Recht opponiert Goodrich gegen eine solche Anschauung. Er findet, dass jede Muskelknospe Urheber zu einem Radialmuskel wird. Die Zellbrücken, welche er wie Mollier und Braus zwischen den Basalteilen der Muskel- „Inatom.Hefte 1.bteilung H8.1HN (39 Ba. 2) Tafel 390 Fig 53 Ester Johunsson del. Kal Universitätsdruckerei H.Stürtz A.G Würzburg. Verlag von JF Borgmann, Wiesbaden. Die ‚Brustflosse der Selachier. 559 knospen findet, deutet er als den Ursprung des Nervenplexus, was auch er in der Flossenbasis gefunden hat. Er stützt sich hierbei darauf, dass die Radialmuskeln sowohl im ausge- wachsenen Zustande wie bei älteren Embryonen voneinander streng geschieden und durch keine Muskelbrücken ver- bunden sind. An den Stellen der früheren Zellverbindungen findet er nur die Nerven. Meine Untersuchungen über dies schwierige Thema sind noch nicht abgeschlossen. Soviel muss aber bemerkt werden, dass die breiten Anastomosen vor allem dadurch vorgetäuscht werden, dass ın der Basis der Flosse die Muskelanlagen sehr dicht aneinander gepresst werden. Dass ein wirkliches Über- treten von Muskelmaterial von der einen Anlage zu der anderen stattfindet, hat noch niemand überzeugend bewiesen. Doch ist es ganz richtig, dass feine Anastomosen zwischen den Muskel- anlagen zu finden sind, aber nicht nur in der Basis der Flosse, sondern auch weiter distalwärts. Sie treten als feine proto- plasmatische und kernhaltige Bündel hervor, welche von einer Muskelanlage nach der anderen verlaufen. Was diese Ana- stomosen bedeuten, ist mir noch nicht klar. Vielleicht sind gewisse von ihnen so zu deuten, dass sie Umlagerungen von Muskelmaterial entsprechen, doch ist es nicht ausgeschlossen, dass sie eine andere Bedeutung haben können, und zwar für die Innervation der distalen Muskelknospen, eine Frage, welche für die Innervationsverhältnisse der Flossen von der grössten Bedeutung ist. Die Angaben in der Literatur hierüber sind folgende. Nach Mollier stehen nach der Teilung der Myotome in proximale und distale nur die proximalen Muskelknospen mit den betreffenden Spinalnerven in Verbindung. „Es gelang mir,“ sagt er, „auch bei dieser Horizontalschnittserie nicht, die Nerven für die distalen Knospen nachzuweisen.“ Nun folgt die Bildung der secundären Myotome. Dies wird eingeleitet 560 E, MÜLLER, durch die Teilung des im Zusammenhang mit dem proximalen Myotome stehenden Nerven, indem dieser sich in einen ven- tralen und dorsalen Nerv spaltet. „In diesem Stadium glaubte ich auch erkennen zu können, wie von jenem Abschnitte des Spinalnerven, welcher in der Knospenhöhlung verläuft, kurz vor seiner Teilung in einen dorsalen und ventralen Ast ein feiner Zweig zur distalen Knospe desselben Somiten zieht. Eine weitere Teilung in zwei Äste sah ich nicht.“ So bei Torpedo. Die gleichen Vorgänge mit Hinsicht auf die Myotombildung beobachtete er auch bei Mustelus und Pristiurus. Über die Nerven der distalen Knospen heisst es: „Die Innervation der distalen secundären Knospen konnte ich weder bei Pristiurus noch Mustelus auffinden; auch bei Dohrn findet sich hierüber keine Angabe.“ Nach den Angaben dieses fein und genau beobachtenden Forschers muss also ein bestimmter Unterschied zwischen der Innervation der proximalen und distalen Myotomknospen vor- handen sein. Mit jenen hängen die Nerven von Anfang an zusammen, auch die charakteristische Nervengabel liegt im Bereiche dieser Knospen. Von den distalen Myotomen be- richtet er nun, dass er glaubt, einen feinen Nervenfaden zu ihnen zu finden bei Torpedo, bei Mustelus und Pristiurus sieht er nichts. Die Beschreibungen von Braus lauten teilweise ganz anders. In dem jüngsten Stadium nach Trennung der Primär- knospen von den Muttermyotomen vermisste auch er wie Rabl und Mollier einen deutlichen Nervenast für die cau- dalen Knospen. In demselben Stadium wie Mollier findet er bei Spinax zuerst die Nervenäste zur caudalen Knospe und — nach den Bildern zu urteilen — hat Braus ein Stadium gefunden, wo jeder seriale Nerv sich in zwei gleich starke Äste teilt, resp. für den cranialen und caudalen Myotom. So z. B. in Fig. 2, Taf. 21. Hier sieht man, wie jeder Segmental- Die Brustflosse der Selachier. 561 nerv sich gabelförmig in zwei gleich starke Äste für die durch Teilung entstandenen Muskelknospen teilt, und dies wird auch im Texte direkt gesagt. Auf der S. 542 heisst es nämlich: „Im frühesten Stadium nach der Ablösung der Knospen werden alle von je einem Nervenast und je zwei nebeneinander liegenden Knospen von zwei Ästen desselben serialen Nerven versorgt.“ Zur Zeit der Umwandlung der Knospen in Mm. radiales ver- ändern sieh nun die Verhältnisse. Es heisst darüber: „Es geht jetzt nicht mehr ein Nerv mit zwei Ästen an zwei neben- einander liegende Muskelanlagen, sondern feine Nervenfädchen begeben sich auch an die diesen vorangehenden und auf sie folgenden Mm. radiales. Da alle Nerven sich in gleicher Weise entwickeln, so überkreuzen sich die Nervengebiete. Es ent- steht ein ausserordentlich dichtes Gewirr von Nervenfasern, welches sich immer mehr verfilzt, je stärker die Überkreuzungen der Nervenfädchen sich ausbilden.“ In Übereinstimmung mit dieser Beschreibung sieht man in der Fig. 3, Taf. 21, wie die Nerven am Anfange der Myotomknospen in ein dichtes Geflecht von groben Bündeln aufgehen. Ich besitze zahlreiche Serien von Acanthias-Embryonen von einer Länge von 12—38 cm, in denen die Entwickelung der Flossenbestandteile von dem ersten Anfange bis zu einem Zustande, welcher mit dem ausgewachsenen übereinstimmt, gut verfolgt werden kann. Die Nerven treten mit ausserordentlicher Deutlichkeit hervor. Ich habe aber niemals solche Bilder ge- sehen, wie Braus in den Figg. 2 und 3 der Tafel 21 ge- zeichnet hat. In keinem Stadium finde ich einen Zustand, wo die serialen Nerven in zwei gleich starke Äste für zwei Tochter- myotomknospen sich spalten. In keinem Stadium finde ich eine solche Netzbildung der serialen Nerven, wie sie in der Figur 3, Tafel 21 dargestellt ist. Ebenso wie Mollier finde ich in den ersten Stadien keine nachweisbaren Nervenäste zu den distalen Myotomen. 562 E. MÜLLER, . Dieser Zustand dauert noch bei Embryonen von 26 cm Länge fort. Die Myotomknospen sind kräftig entfaltet und liegen als langgestreckte Schläuche unter der Epidermis. Die Nerven bilden starke Stämme, teilen sich in ventrale und dorsale Äste und können lange Strecken längs ihren zugehörigen Myotomen ver- folgt werden. Bei jeder zweiten Myotomknospe fehlt jegliche Spur von Nervenästen. Erst bei den Embryonen von 27 mm Länge finde ich solche, aber diese sind sehr fein und in keiner Weise dadurch entstanden, dass ein Spinalnerv sich in zwei gleiche Äste spaltet. Bei den Embryonen von 30 cm liegen die Verhältnisse noch deutlicher vor. In diesem Stadium kann man die Nn. pterygiales sehr leicht bis in den Flossensaum verfolgen. Ihre charakteristische periphere spitzwinklige Teilung ist auch vorhanden. Die Innervation der zwischenliegenden, vorher nervenfreien Myotome lässt sich nun finden. Sie wird besorgt durch zahlreiche feine Äste, welche sowohl aus dem nächstliegenden rostralen wie aus dem caudalen Hauptnerven während ihres langen Verlaufes entspringen und hie und da die deutliche Gestalt von den feinen, in dem makroskopischen Teile beschriebenen Nn. intermittentes besitzen. Der selbständige Verlauf der von den Spinalnerven kommen- den Flossennerven, welcher sich also auch in den frühesten Stadien kundgibt, ist ein sehr wichtiges Zeichen für diese und bildet ein Unterscheidungsmerkmal von den peripheren Extremi- tätennerven der höheren Vertebraten, von Ceratodus bis zum Menschen. Bei diesen zeigen die FExtremitätennerven nur proximal ihre segmentale Natur. In der Geflechtbildung, welche wir Plexus brachialis nennen, verlieren sie dieses Merkmal. Der Plexus brachialis ist durch drei Eigenschaften charakterisiert: 1. durch seine Lage in der Basis der Exire- mität, 2. durch die Teilung der segmentalen Nerven in ventrale und dorsale Portionen, 3. durch Bildung von Längsstämmen, welche in der Längsrichtung der Extremität verlaufen und Fasern Die Brustflosse der Selachier. 563 von verschiedenen Segmenten enthalten. Man fragt sich jetzt: Ist eine hiermit homologe Plexusbildung bei den Selachiern vorhanden? Die Antwort hierauf wird wenigstens teilweise verneinend. Freilich findet man auch bei den Flossennerven eine Teilung in ventrale und dorsale Äste, und diese Teilungs- stellen, die sehr charakteristischen Nervengabeln, liegen auch in der Basis der Flossen. Das für den Plexus brachialis charak- teristischste Zeichen, die Längsstammbildung, durch welche die Segmentalnatur der in den Plexus eingehenden Nerven auf- gehoben wird, fehlt aber den Selachiern. Denn, wie schon erwähnt, die Flossennerven behalten ihre segmentale Natur bis zu Ende bei. Ein Plexus brachialis ist nicht gebildet. Die Nervengabeln stehen in weiten Entfernungen voneinander und haben noch nicht durch Concentrierung die nahe Lage zu- einander gewonnen, die sie bei den höheren Tieren besitzen. Einer von den für die Extremitätentheorien allerwichtigsten Punkten in der Arbeit von Braus ist der Nachweis des prä- axialen und postaxialen Nervenplexus bei den Selachiern. Unter dem Plexus medialis s. postaxialis werden feine Ver- bindungsäste zwischen den einzelnen metameren Nerven be- zeichnet, welche dicht am medialen Rande des Metapterygiums liegen. Als Plexus lateralis s. praeaxialis werden viele netz- förmige Verbindungen beschrieben, welche um so zahlreicher werden, je weiter sich die Nerven vom lateralen Rande des Metapterygiums entfernen. Diese Plexus erhalten nun eine be- sondere Bedeutung, weil sie mit speciellen Nerven der Cera- todusflosse homologisiert werden. Bei Ceratodus findet Braus innerhalb der Extremität Geflechte, welche besonders dicht zu beiden Seiten der Skeletachse angeordnet und dort in der Längs- richtung proximo-distalwärts verlaufen. Mit diesen Längs- stämmen von Ceratodus werden nun die genannten prä- und postaxialen Geflechte von Acanthias direkt homoloegisiert. Dies geht am besten durch das Studium von Braus’ Figg. 15a Anatomische Hefte. I. Abteilung. 118. Heft (39, Bd., H. 2). 37 564 E. MÜLLER, und b in der Abhandlung über Ceratodus hervor. Man sieht die Gegenbaursche Achse sowohl bei Ceratodus wie bei Acanthias als eine gestrichelte Linie gezogen und auf beiden Seiten hiervon ein Nervengeflecht, welches bei den verschie- denen Tieren eine gewisse Ähnlichkeit hat. Diese Homologisierung ist von der grössten Bedeutung, denn sie bestätigt auf dem neurologischen Gebiete die Auf- fassung von den gegenseitigen Beziehungen zwischen dem uni- serialen und biserialen Archipterygium, zu welcher Gegen- baur durch seine Skeletuntersuchungen gekommen ist. Die Berechtigung dieser Homologisierung muss ich auf (rund meiner Untersuchungen auf das entschiedenste bestreiten. Zuerst muss bemerkt werden, dass das Bild, das Braus in Fig. 15b über die Flossennerven des Acanthias gibt, nicht den tatsächlichen Verhältnissen entspricht. Es muss vielmehr als ein Phantasieprodukt bezeichnet werden. Einen solchen Plexus postaxialis findet man bei Acanthias niemals. In der Fig. 37, Taf. 31/32 sieht man, wie die tatsächlichen Verhält- nisse sich darbieten. Man beobachtet, dass die ventralen Äste der drei letzten Pterygialnerven durch quer- oder schräggehende Anastomosen verbunden sind. Von einem solchen Längs- stamm, wie ihn Braus in der genannten Figur zeichnet caudal- wärts von den Pierygialnerven im Gebiete der medialen Strahlen, findet man keine Spur. Die Nervenverhältnisse in diesem Gebiete habe ich genau untersucht und in dem descrip- tiven Teile beschrieben. In der mehrerwähnten Figur lässt Braus den letzten Pterygialnerv im Gebiete der lateralen Strahlen endigen. Dies ist fehlerhaft. Dieser Nerv verläuft, nachdem er die Anastomose von dem vorigen aufgenommen hat, konstant medialwärts von dem Basale? und verteilt sich dann mit seinen Ästen über das dreieckige Stück, welches die medialen Strahlen bilden. Ebensowenig existiert ein Plexus praeaxialis im Sinne von Braus. Er lässt nämlich in der Die Brustflosse der Selachier. 565 besprochenen Figur die Nerven in ein Netz übergehen, welches lateral vom Metapterygium belegen ist. So etwas besteht nicht. Die Figg. 29/30, Taf. 31/32 zeigen das wirkliche Verhältnis. Hier findet man ja diese ausserordentlich feinen, zahlreichen Ana- stomosen, welche das tiefe Grundnetz der Selachierflosse bilden, aber weder findet eine Auflösung der groben, distinkten, be- stimmt gelagerten Flossennerven statt, noch sind die Anasto- mosen so gelagert, dass ein vom Metapterygium lateral be- legener Längsstamm gebildet wird. Bemerkenswert ist auch, dass Braus in seiner ersten Abhandlung die Gegenwart dieser Längsstämme in der Brustflosse der Selachier direkt vermisst. Er sagt nämlich hier (S. 382): „Bei der Brustflosse sind diese „Längsstämme“ entweder gar nicht vorhanden, oder sie sind im Entstehen begriffen.“ Die Vergleichung zwischen den Flossennerven des Ceratodus und des Acanthias muss darum in ganz anderer Weise ausgeführt werden. Ich habe Gelegenheit gehabt, einige Ceratodusflossen zu präparieren. Wie Braus (S. 302, Innervation der paarigen Extremitäten bei Selachiern) finde ich bei der Ceratodusflosse, dass sämtliche Rami pterygiales zu einem einheitlichen Plexus brachialis verwebt sind, welcher von ganz derselben Art wie bei den höheren Wirbeltieren ist und an den Nervengabeln und in der Flossenbasis belegen ist. Bei Selachiern treten die Nerven caudal vom Schultergürtel selbständig zur Extremität und sind dann als solche bis zur Peripherie verfolgbar. Die Längsstämme von Ceratodus sind darum von ganz anderer Art als die Anastomosen, welche Braus als Plexus prae- und postaxialis bei Acanthias auffasst. Jene sind durch Con- centration von Segmentalnerven entstanden. Diese sind ein- fache, nicht bestimmt gelagerte Anastomosen, welche Fasern von dem einen Segmentalnerv nach dem anderen überführen. Die Flossennerven von Ceratodus und Acanthias zeigen eine ganz prinzipiell verschiedene Anordnung. Die Flossen- 37* 566 E. MÜLLER, nerven des Acanthias sind direkte Fortsetz- ungen der segmentalen Spinalnerven, welche trotz der Anastomosen ihre Individualıtät bei- behalten haben. Die zwei Längsstämme des Ceratodus sind von ganz derselben Natur wie die als IiN medranus. ulnarı sauna ash denhöheren WirbeltierenbezeichnetenNerven, d.h. siesind gebildet durch mehrere Segmental- nerven,welcheinderLängsrichtunganeinander liegen. Will man den Ceratoduszustand aus der Selachier- flosse hervorbringen, so muss man den Fächer, welchen die Selachierflosse bildet, so zusammenschieben, dass die rostralen Nerven zu einem Längsstamm zusammentreten und die cau- dalen Nerven zu einem anderen. Dann erhält man die sym- metrische Anordnung der Bestandteile der Ceratodusflosse, d.h. eine in der Mitte verlaufende Achse und auf jeder Seite von diesen einen Längsstamm. Dass auch das Skelet eine deutliche Metamerie besitzt, welche zu der Körperwandmetamerie in der nächsten Beziehung steht, halte ich durch die oben mitgeteilte anatomische Unter- suchung für bewiesen. Ich behaupte sogar, dass die Flossen- strahlen ein ebenso regelmässiges Verhältnis zu den Körper- segmenten zeigen wie die Wirbel. Der morphologische Cha- rakter der Wirbel wird von ihren Verhältnissen zu den Spinal- nerven entschieden. Nun sind die Flossennerven einfache und selbständige Fortsetzungen der Spinalnerven. Sind nun be- stimmte, immer wiederkehrende Verhältnisse zwischen den Flossennerven und den Strahlen zu finden, so sind natürlich auch die Strahlen metamer. Ich werde nun die im vorher- gehenden gemachten Angaben über die Beziehungen zwischen den Strahlen zusammenfassen und weiter ausführen. Jeder Flossennerv hat eine bestimmt topo- graphische Lage zu einem bestimmten Strahle. Die Brustflosse der Selachier. 567 Bei Raja findet man in dieser Hinsicht eine fast mathematische Regelmässigkeit. Jeder Nerv (Fig. 54, Taf. 41/42) verläuft längs seinem zugehörenden Strahl, entweder auf dessen Mitte oder längs dessen Rand. Dann spaltet er sich spitzwinkelig in zwei divergierende Äste, welche längs den Rändern des zugehörigen Strahles verlaufen. Diese divergierenden Äste umfassen also den Strahl, zu dem der Nerv gehört. In diesem Charakter be- sitzt man ein ausgezeichnetes Mittel, um zu entscheiden, welcher Strahl zu dem betreffenden Nerven gehört. Man findet also ganz regelmässig in der Rajaflosse jeden zweiten Strahl mit einem Nerven, wie wieder jeder zweite ohne einen solchen ist. Im Gebiete dieses letzteren findet man den dünnen N. inter- mittens. Nur in dem caudalen Abschnitte der Flosse findet man eine Ausnahme von dieser Regel. Der letzte Flossennerv verteilt sich, wie die Tabelle S. 520 und 521 zeigt, über mehrere Strahlen. In dem übrigen Teile der Flosse ist die Regelmässig- keit so konstant, dass man nach der Zählung der Strahlen einen ganz bestimmten Nerv aufsuchen kann. Die Nerven- strahlen entsprechen in gewissen Flossen den ungeraden Strahlen, in anderen den geraden. Nun gehört zu jedem mit Nerv versehenen Strahl ein Radialmuskel. Die zwischenliegenden Strahlen besitzen einen von zwei Pterygialnerven innervierten Radialmuskel. Zu jedem Pterygialnerv gehört also ein ganzer Strahl nebst seinem Radialmuskel plus zwei halben Strahlen mit ihrem zugehörigen Radialmuskel. Ein Flossennerv, ein und zwei halbe Strahlen, ein und zwei halbe Radıialmuskel bilden also zu- sammen die. Segmente, in die auf Grund der Innervation die Rajaflosse in ihrem grössten Teile eingeteilt werden kann. Da nun jeder von den genannten Flossennerven eine direkte Fortsetzung von den Spinalnerven ist, so ist es ohne weiteres klar, dass die Brustflosse der Raja in allen ihren oben genannten Bestandteilen ebenso streng metamer gebaut ist wie die Rumpfwand. 568 E. MÜLLER, Bei Acanthias herrscht zwar im Prinzip dasselbe Ver- hältnis wie bei Raja. Auch hier teilt jeder Flossennerv sich in zwei spitzwinkelig divergierende Äste, von welchen jeder zweite Strahl einen umfasst. Doch findet man hier nicht die- selbe konstante Regelmässigkeit wie bei Raja. In dem speeiellen Teil habe ich dargelegt, dass man Flossen finden kann, wo die Flossennerven ganz ähnliche Verteilung darbieten wie bei Raja. Es sind dies die Flossen Figg. 33—36), deren Nerven die oben beschriebenen charakteristischen Lagerungen zu den geraden Flossennerven darbieten. In anderen Flossen findet man aber neben Nerven, welche nach den geraden Strahlen verlaufen,« solche, die nach den ungeraden Strahlen ziehen. Man könnte hierbei denken, dass die verschiedene Anordnung dadurch zustande gekommen sei, dass einzelne Strahlen aus- gefallen sind. Die Unregelmässigkeit ist aber nur scheinbar. Eine nähere Untersuchung lehrt nämlich, dass mit einziger Ausnahme in dem cranialen und caudalen Rande ganz wie bei Raja zwei Strahlen oder richtiger ein ganzer und zwei halbe Strahlen zu jedem Nerv gehören. Die Nerven müssen also durch Wachstumsverschiebungen in die etwas unregel- mässige Lage gekommen sein. Vielleicht steht dies im Zu- sammenhang mit den beachtenswerten Faktoren, dass die Radialmuskeln nur in der Mitte der Flosse eine vollständige Übereinstimmung mit den Strahlen zeigen. Sowohl cranial- wie caudalwärts findet man eine Discrepidanz. Dies ist aber sicher eine secundäre Erscheinung. Denn die Entwickelung lehrt, wie Goodrich hervorhebt und ich bestätigen kann, eine ursprüng- liche vollständige Übereinstimmung zwischen Skelet- und Muskel- anlagen. In jedem Falle ist es nach meiner Meinung ganz fehler- haft, in diesen kleinen secundär erworbenen Unregelmässig- keiten Beweise gegen die Metamerie der Flosse finden zu glauben. Je jünger die Flossenanlage ist, desto mehr ähnelt Die Brustflosse der Selachier. 569 sie ihrem ursprünglichen Mutterboden, der Rumpfwand. In älteren Stadien kommen Charaktere hinzu, welche der Flosse als solcher zukommen. Derartige Eigenschaften sind im Be- reiche der Flossenmuskeln und -nerven die eben genannten kleinen Unregelmässigkeiten. Wir werden in dem Gebiete der Gefässe noch grössere solche finden. Caudalwärts findet man in der Acanthiasflosse dasselbe Verhältnis wie bei Raja, dass nämlich der letzte Nerv in Äste gespalten sich über mehrere Strahlen verteilt. Nur am cranialen Teil der Flosse findet man andere Verhältnisse, indem ein ganzer Spinalnerv in dem sehr kräftigen M. abductor an dem proximalen Teil des Propterygiums endigt, ohne Be- ziehung zu etwaigen freien Strahlen zu bekommen. Cranial- wärts bei Acanthias befestigt sich das erste Myotom nur an das Propterygium, caudalwärts bekommen die rudimentären sog. medialen Radien keinen Nerv. Das letzte Verhältnis steht wahrscheinlich im Zusammenhang mit der Concentration und der Ablösung des caudalen Flossenteles von der Rumpfwand. Cranialwärts sind Strahlen ausgefallen, caudalwärts sind Nerven reduziert, d. h. nach Zusammenfluss der caudalen Flossen- nerven hat der Zusammenhang derselben mit den Spinal- nerven aufgehört, wie ich in einer folgenden embryologischen Untersuchung näher ausführen werde. Einen anderen sehr kräftigen Beweis für die Metamerie der Flosse finde ich in dem Verhältnis zwischen den Variationen der Flossennerven und denjenigen der Strahlen. In dem de- scriptiven Teile ist hervorgehoben, dass die gut ausgebildeten Strahlen der Acanthiasflosse 20, 22 oder 24 betragen können. Die Flossennerven ihrerseits wechseln zwischen 11, 12 und 13. Die Variationsbreite der Strahlen ist 4, diejenige der Nerven 2. Da nun jeder Nerv zwei Strahlen entspricht, so stimmen ja die Variationen bei Acanthias sehr gut miteinander. Bei Raja kann ich die Befunde nicht verwerten, weil es mir nicht ge- 570 E. MÜLLER, lungen ist, den ersten Flossennerv exakt zu bestimmen. Die intime Beziehung zwischen den Variationen der Strahlen und den Nerven wird aber noch deutlicher, wenn man den Variationen noch näher auf den Leib rückt. Wohl bekannt ist die Diskussion, welche über die Frage geführt worden ist, in welcher Weise bei den Wirbeltieren neue Segmente auftreten. Die Zusammensetzung der Hals- wirbelsäule der Faultiere bildete das Objekt, welches zuerst die Veranlassung gab zu einer präziseren Fragestellung. Während die Säugetiere im allgemeinen sieben Halswirbel besitzen, zeigt Bradypus eine Zusammensetzung dieses Skeletabschnittes von neun Wirbeln. Bell deutete den achten und neunten von diesen als umgeänderte Brustwirbel, welche mit Rippenrudimenten versehen sind und den Zusammenhang mit dem Sternum ver- loren haben. Baer, Blainville, Joh. Müller u. a. hoben dagegen hervor, dass bei Bradypus tridactyles die beiden letzten Halswirbel den ausgesprochenen Charakter der letzten Hals- wirbel der Säugetiere im allgemeinen besitzen und darum als homolog mit diesen aufgefasst werden müssen. In späterer Zeit hat sich Solger der Ansicht von Bell angeschlossen, während Ihering andererseits als vollkommen feststehend meint, dass die beiden letzten Halswirbel des Bradypus mit den letzten Halswirbeln der übrigen Säugetiere homolog sind und dass der Unterschied zwischen beiden auf die Eın- schiebung von Segmenten in den mittleren Teil der Hals- wirbelsäule des Bradypus zurückzuführen ist. Ihering hat von diesem speciellen Falle das Thema zu einer Hauptfrage gemacht, welche er so formuliert: Lassen sich die Differenzen in der Gliederung der Wirbelsäule und der Anordnung des peripherischen Nervensystems durch Hin- zukommen resp. Verschwinden von Segmenten am hinteren Körperende und Umbildung der vorhandenen erklären, oder können neue Segmente auch im vorderen und mittleren Teile Tlel W/y2, Anatom. Hefte I Abteilung HS.Heft (30 Bd.H 2) Gust Wennman del, Kgl Universitätsdruckerel H.Stürtz A.G. Würzburg. Verlag von«).F Bergmann, Wiesbaden. Die Brustflosse der Selachier, Byal des Körpers auftreten resp. ausfallen? Er seines Teiles er- klärt sich für einen Anhänger der letzteren Ansicht. Er führte die Begriffe der Inter- und Excalation ein, d. h. das Auftreten von neuen Segmenten und Verschwinden von alten Segmenten. Dabei sind nicht nur die Zahl der Wirbel vermehrt oder ver- mindert, sondern auch die Spinalnerven und die zu ihnen ge- hörenden Muskeln. Von 12 untersuchten jungen Schweinen hatte die Mehrzahl 15 Brustwirbel, in einigen Fällen waren aber 14 resp. 16 solche Wirbel vorhanden. Da nun die Lumbal- und Sacralgegend sowohl wie die zu diesen gehörenden Nerven — der N. femoralis war in allen Fällen der 5. Lendennerv immer dasselbe Aussehen hatte, so schloss Ihering, dass die verschiedenen Zustände durch Inter- resp. Excalation eines Segmentes in der Brustgegend der Wirbelsäule zustande ge- kommen waren. Die Lehre von Ihering wurde dann von Fürbringer auf schwerwiegende Gründe zurückgewiesen. Weder in der Ontogenie noch in dem ausgewachsenen Zustande hat man etwas gefunden, was für eine Inter- oder Excalation in Iherings Sinn sprechen könnte. Alles deutet vielmehr da- hin, dass die Veränderungen der Segmentation nur an dem Endteile des Körpers durch Neubildung resp. Weglall von Seg- imenten zustande kommen. Der Erklärungsgrund der verschie- denen proximalen oder distalen Lagen der Nervenplexus wurde gefunden durch die Entdeckung von Rosenberg, dass das menschliche Becken während seiner Ontogenie eine proximal gerichtete Wanderung ausführt, wodurch das Sacrum einen verschieden segmentalen Bau erhält und der Plexus sacralis auch eine verschiedene Lage bekommt. Im Anschluss hieran formulierte nun Fürbringer die Lehre von der Wan- derung peripherer Organe und die davon abhängige metamere Umbildung der Nervenplexus. Während der Phylogenese können die Extremitäten ihre Lage verändern, indem sie sich 572 E. MÜLLER, längs dem Rumpfe verschieben. Diese Verschiebung beeinflusst die nach den Extremitäten verlaufenden Nerven. Durch die Lageveränderung verändern die Extremitäten die vorigen Be- ziehungen zu den segmentalen Nerven und gehen neue ein. Wenn eine Extremität eine distale Wanderung ausführt, fallen proximale Nerven für die Extremitäten-Versorgung aus in dem- selben Masse, als distalwärts neue hinzukommen. So kommt die metamerische Umlagerung der Nervenplexus zustande. Die Lehre Fürbringers von den Wanderungen der Ex- tremitäten und den dabei stattfindenden metameren Umbil- dungen des Nervenplexus ist für die Selachierflosse besonders von Braus ausgeführt worden. Er macht einen bestimmten Unterschied zwischen der Wanderung und der Verschie- bung der Flosse. An der Wanderung ist der Gliedmassen- bogen beteiligt, an der Verschiebung nicht. Ich finde diese Trennung sehr berechtigt und will sie noch schärfer formulieren. Wenn ein Organ seine Lage zu der Umgebung während der Entwickelung verändert, wie das Herz oder der Testikel, so scheint mir die Bezeichnung ‚Wanderung‘ berechtigt, auch wenn die Lageveränderung durch ein verschiedenes Wachstum in der Umgebung zustande kommt. Die Lageveränderung der Flosse kommt aber nicht so zustande. Sie findet so statt, dass an dem einen Flossenende neue Metameren einverleibt werden, während an dem anderen Ende solche verschwinden. Für eine solche Veränderung wäre das Wort Verschiebung vielleicht besser zu gebrauchen. Doch ist zu bemerken, dass man Er- scheinungen findet, welche nicht ganz unter diesen Namen passen. Das sind die Fälle, wo wie z. B. bei Acanthias die Flossennerven dem 3.—13. oder 3.—15. Spinalnerven ent- sprechen. Wenn man diese Zustände mit dem Falle, wo der 3.—14. Nerv die Flosse versorgen, und diese Fälle sind die ge- wöhnlichsten, vergleicht, dann hat ja die Flosse keine Verschie- bung erfahren, sondern ist nur in der Längenausdehnung ver- Die Brustflosse der Selachier. 5173 ändert, indem ein Segment caudalwärts weggefallen resp. hin- zugekommen ist. Die Extremität kann also gar keinen solchen Prozess ausführen wie das Herz oder der Testikel. Es frag! sich dann, ob gewisse Teile der Extremität z. B. der Schulter- bogen während der Phylogenese eine Wanderung ausführt. Braus beantwortet diese Frage bejahend und beruft sich hier- bei auf seine Untersuchungen über das Verhältnis der diazonalen Nerven zu dem Schulterbogen. Er ordnet sein Material in eine zusammenhängende Kette (Innervation d. paar. Extrem. 5. 275). Bei Ceratodus findet er keinen diazonalen Nerv, bei Spinax 1.3. entsprechend den ersten rostralen Spinalnerven, bei Trygon findet er 26 diazonale Nerven entsprechend dem 3.—28. Spinalnerv. Zwischen diesen Extremen finden sich eine Menge Übergänge. Braus zieht aus den genannten Befunden den Schluss, dass der Schulterbogen eine kontinuierliche Wanderung zwischen den 1. und 28. Metameren ausgeführt hat. Gegen diese Lehre der Wanderung des Schulterbogens können schwerwiegende Bedenken erhoben werden. In dem logischen Verfahren von Fürbringer-Braus finde ich zu- erst einen sog. Circulus. In den ersten Ausführungen von Fürbringer wird eine hypothetische Wanderung der Extre- mität als Erklärung für die veränderte Lage und Beschaffenheit der Nervengeflechte gebraucht. In den citierten Untersuchungen von Braus ist das Verfahren ganz entgegengesetzt. Auf Grund einer verschiedenen Beschaffenheit der Nervengeflechte wird nun umgekehrt geschlossen, dass der Schulterbogen und die Flosse eine Wanderung ausführt. Es ist deutlich, dass ein solches Verfahren sehr wenig beweist. Weiter muss bemerkt werden, dass diese Lehre von der Wanderung des Schulter- bogens längs dem Rumpfe eine ganze Menge von Widersprüchen und unerklärten Punkten in sich trägt, was macht, dass ihr Wert auch als erklärende Hypothese nicht sehr gross ist. Ich erinnere z.B.an die Befunde von Ceratodus. NachBraus haben 574 E. MÜLLER, die Extremitäten dieses Tieres erhebliche Wanderungen durch- semacht. Aber hier hat der wandernde Schulterbogen nicht die Nerven aufgefangen, denn die Nervenkanäle wie die diazo- nalen Nerven fehlen. Sowohl bei Odontaspis wie bei Raja findet nach Braus eine beträchtliche caudale Wanderung der vorderen Extremität statt. Während aber der Schulterbogen bei diesem die Nerven der durchwanderten Zone aufgefangen und beibehalten hat, findet man bei Odontaspis nur eine kleinere Anzahl Nerven in dem Schulterbogen. Es scheiden hier die vorderen Nerven, sagt Braus, in dem Mass von der Versorgung aus, als neue hintere sich an derselben beteiligen. Irgend- welchen Grund zu dieser beachtenswerten Verschiedenheit kann Braus nicht anführen. Es ist aber nicht meine Absicht, eine vollständige Kritik über die von Braus behauptete Wanderung der Flosse längs dem Rumpfe zu liefern. Die Ursache, dass ich auf diese Frage eingegangen bin, ist die, dass ich meine Befunde bei Acanthias beim besten Willen nicht mit dieser Lehre von der Wanderung des Schulterbogens in Übereinstimmung bringen kann. Wie aus der Tabelle auf S. 502 hervorgeht, findet man schon bei einer relativ kleinen Anzahl von Flossen bei Acanthias eine bedeutende individuelle Variation der diazonalen Nerven vor. Bei neun Flossen ent- sprechen die diazonalen Nerven dem 3., 4. und 5. Spinalnerven. Bei sieben Flossen sind Äste von dem 2., 3. und 4. Spinalnerven in dem Schulterbogen eingeschlossen. Bei drei Flossen findet man nur von dem 3. und 4. Spinalnerven Äste in dem Schulter- bogen, und in zwei Fällen findet man sogar vier Nerven nämlich Äste von dem 2., 3., 4. und 5. Spinalnerven. Wie sind nun diese Befunde im Lichte der Wanderungslehre aufzu- fassen? Befindet sich der Schulterbogen bei den jetzt lebenden Vertretern des Acanthias vulgaris auf einer Wanderung? Dies kann nicht möglich sein, denn in diesem Falle sollte man Die Brustflosse der Selachier. 575 natürlich Übergänge zwischen den verschiedenen Zuständen er- halten. Solche findet man aber nicht. Die Verhältnisse in der Umgebung der Nerven sind ganz ähnlich in dem Falle, wo Äste vom 2., 3. und 4. Spinalnerven durch den Schulterbogen ver- laufen, und in demjenigen, wo Äste vom 3., 4, 5. Spinal- nerven denselben Weg nehmen. Erst die Zählung der serialen Nerven lässt einen Unterschied ‚erkennen. Dieser Mangel an Übergängen zwischen den verschiedenen Formenzuständen macht, dass sie nicht als Stadien einer Entwickelung, welche bei dem nun lebenden Acanthias stattfindet, zu deuten sind. Man könnte von dem Standpunkte der Wanderungshypothese denken, dass der Zustand mit dem 3., 4. und 5. Spinalnerven der konstante, für Acanthias charakteristische wäre. Die übrigen wären als Rückschläge auf Grund einer vorher durchlaufenen Entwickelung zu deuten. Aber auch diese Denkmöglichkeit scheitert daran, dass die übrigen gefundenen Fälle mit den verschiedenen diazonalen Nerven unmöglich als bestimmte Stadien eines einheitlichen Entwickelungsprozesses aufgefasst werden können. Aus den Befunden von Braus und mir, welche Befunde eine bedeutende Variation in der metameren Versorgung der Selachier-Flossen zeigen, scheint mir nur ein berechtigter Schluss hervorzugehen, nämlich dass jedes Körpermetamer die Fähigkeit besitze, an der Flossenbildung teilzunehmen. Warum ın den besonderen Fällen die Flossen oder die Schulterbogen bald in diesen, bald in jenen Segmenten auftreten, wissen wir bisher nicht. Über die Kausalitätsverhältnisse der verschie- denen Anordnungen hat die historische Methode sehr wenig Licht geworfen. Die dabei wirkenden Wachstumsgesetze sind bis jetzt noch in völliges Dunkel gehüllt. Ich habe im vorhergehenden die verschiedenen Ansichten über die Natur der Wirbel in Erinnerung gezogen, weil die- selben als Erklärungsmöglichkeiten in bezug auf die Varia- 576 E. MÜLLER, tionen der Skeletstrahlen gebraucht werden können. In dem speciellen Teile habe ich mitgeteilt, welche bedeutenden indivi- duellen Variationen ın der Anzahl der Flossenstrahlen bei Acanthias vorhanden sind. Bei der Vergleichung zwischen diesen verschiedenen Zuständen kommen dieselben Erklärungsver- suche in Betracht wie bei der Beurteilung der Bradypus- Halswirbelsäule. Bei den Flossen Fig. 2 und Fig. 3 sitzen in der Verlängerung des Basale? des Metapterygiums zwei Strahlen, welche eben durch diese Lage eine grosse Ähnlich- keit besitzen. In der Flosse Fig. 2 entsprechen sie dem 21. und 22. Strahle, in der Flosse Fig.3 dem 19. und 20. Strahle. Sind nun diese Strahlen homolog und repräsentiert die Flosse Fig. 2 den am allgemeinsten vorkommenden Zustand bei Acanthias, dann ist die Flosse Fig. 3 durch eine Excalation von einem ganzen Strahlenpaar. entstanden. Ein anderer Erklärungsver- such wäre der, dass nicht die Ähnlichkeit in der Lage, son- dern die seriale Nummer bestimmend für die Homologie sei. Dann wäre der Zustand Fig. 3 aus Fig. 2 durch einen Weg- fall von caudalen Strahlen und eine Verschiebung entstanden, so dass der 19. und 20. Strahl, welche bei Fig. 2 an der Seite des Basale ? sitzen, bei Fig. 3 nach der Spitze des genannten Knorpelstückes geführt wurden. Hinsichtlich der beiden oben gegebenen Möglichkeiten muss erst bemerkt werden, dass die Untersuchung einer grösseren Anzahl von Flossenskeleten lehrt, dass keine Spur von einer stattfindenden Inter- oder Excalation von Strahlen entdeckt werden kann. Die bestimmte Entscheidung der beiden Möglichkeiten liefert aber die Nervenuntersuchung. Sie lehrt nämlich, dass in den strahlenärmeren Flossen auch die An- zahl der segmentalen Nerven vermindert ist, und zwar je ein Nerv für zwei Strahlen. Man vergleiche die Flossen A und B, ig. 36 und Fig. 37 miteinander. Die Flosse A, Fig. 36, hat 11 Flossennerven und 22 gut ausgebildete Strahlen, die Flosse B, Die Brustflosse der Selachier. 577 Fig. 37, hat 10 Flossennerven und 20 gut ausgebildete Strahlen. In beiden Flossen läuft der 9. Pterygialnerv nach dem 18. Strahle. Dann folgen in der Flosse A zwei Nerven, welche über vier gut ausgebildete und zwei rudimentäre Strahlen, sich verteilen, in der Flosse B findet man dagegen nach dem 9. Nerven nur einen Nerv, welcher sich über zwei gut ausgebildete und zwei rudımentäre Nerven verästelt. Da nun die neun cranialen Nerven Fortsetzungen derselben Spinal- nerven sind, so können die Befunde nur so erklärt werden, dass in der Flosse B ein Pterygialnerv nebst seinen zugehörigen zwei Strahlen weggefallen ist. Wenn man also gefunden hat, dass die Flossennerven als Fortsetzungen der Spinalnerven im grossen und ganzen be- stimmte topographische Beziehungen zu den Flossenstrahlen besitzen, wenn man weiter an die Übereinstimmung zwischen den Variationen der Nerven und denjenigen der Strahlen denkt, so erscheint mir das Urteil berechtigt, dass die Strahlen der Flossen ebensogutals die Wirbel metamere Bildungen sind. Das Verdienst, ein gesetzmässiges Verhalten zwischen den Muskelanlagen und den Skeletstrahlen zuerst aufgestellt zu haben, gehört C. Rabl. Durch Zählung der Muskelknospen der Embryonen einerseits und der Strahlen ausgewachsener Selachier andererseits fand er, dass die Zahl der ‚Strahlen gleich ist der doppelten Zahl der Urwirbel, die sich an der Bildung der Flossen beteiligen. Das Verhältnis zwischen den Strahlen konnte also durch die Formel SW ausgedrückt. werden, wo R = den Strahlen und W —= den Urwirbeln oder Nerven ist. Dies stimmte auch mit seinen direkten embryo- logischen Beobachtungen, dass ein Skeletstrahl genau zwischen einer Beuge- und Streckmuskelknospe angelegt würde. Aus- gehend von der Tatsache, dass bei den ausgewachsenen Tieren 578 E. MÜLLER, so viele Wirbel gebildet werden, wie Urwirbel bei den Em- bryonen sind, schloss Rabl weiter, dass eine indirekte Be- ziehung zwischen der Zahl der Wirbel und derjenigen der Strahlen existieren müsse. Da nun bei den Raijden die vier ersten Urwirbel keine Knospen bilden, so wurde das Zahlen- verhältnis zwischen den Wirbeln und den Strahlen durch 3 2 N. R - folgende Formel ausgedrückt: 2 + 4=W. Es muss anerkannt werden, dass hinter diesen beschei- denen Versuchen ein gesetzmässiges Verhalten zwischen den Strahlen und den Urwirbeln festzustellen ein grosser Ge- danke liegt, nämlich das Bestreben, die Organisationsverhält- nisse zu berechnen und morphologische Gegenstände zum Objekt einer mathematischen Deduktion zu machen. Trotzdem hat die Formel keinen Anklang gefunden. Sie ist sogar bestritten und als ganz unrichtig bezeichnet worden. Dies lehrt, wie schwierig es ist, biologische Fragen zum Objekt auch nur der einfachsten mathematischen Behandlung zu machen. Da ich während meiner Untersuchungen von der Richtigkeit der Rablschen Formel überzeugt worden bin, wird es hier notwendig sein, näher auf die Frage einzugehen. Es handelt sich hierbei um die erste Formel: — W, dd. h. um das Verhältnis zwischen den 2 Strahlen und den Nerven der Flosse. Auf die Beziehung der Strahlen zu den Wirbeln einzugehen, dazu habe ich keine Veranlassung. Um die Richtigkeit der Rablschen Formel zu prüfen, zählte Braus die Strahlen und Nerven der von ihm untersuchten Selachier, indem er ganz richtig von der Voraus- setzung ausging, dass jeder Spinalnerv einem Urwirbel ent- spricht. Das Resultat dieser Zählungen fiel sehr zu ungunsten der Formel aus. In keinem von den untersuchten Fällen konnte er dieselben bestätigen. Die Resultate gaben die ver- schiedensten Werte, indem entweder die Zahl der Radien zu Die Brustflosse der Selachier. 579 gering oder umgekehrt zu gross im Verhältnisse zu den Nerven war. In jenen Fällen wechselte die Differenz für die Brust- [flosse zwischen dem berechneten und dem beobachteten Wert zwischen 1/, und 5l/,. In diesen Fällen wechselte die Dif- ierenz zwischen 1 und 6. Aus diesen Zählungen zieht Braus den Schluss, dass der Versuch, ein exaktes, mit Ziffern be- zeichnetes Verhältnis zwischen den Urwirbeln und den Strahlen festzustellen, misslungen ist. Dies hat seinen Grund darin, dass das Flossenskelet nicht metamer gebaut ist. Die Beobachtungen von Braus sind allerdings richtig. Man findet sofort sowohl bei Acanthias wie bei haja, dass die Hälfte der Strahlen nicht der Zahl der Nerven entspricht. Trotzdem darf man daraus nicht den Schluss ziehen, dass Rabls Formel unrichtig ıst. Man soll sich nicht nur darauf beschränken, die Strahlen und die Nerven zu zählen, man soll sich auch die Mühe machen, das Verhältnis zwischen den Strahlen und den Nerven innerhalb der Flossen zu unter- suchen, dann kommt man zu ganz anderen Resultaten als Braus. Man findet dann bei Raja, dass in dem überwiegend grössten Teil der Flosse jeder Nerv zwei Strahlen entspricht. Hier herrscht die Rablsche Formel mit mathematischer Ge- nauigkeit. Nur in dem kleinen, caudalwärts belegenen ab- geschnürten Teil der Flosse findet man, dass immer der letzte Flossennerv, in gewissen Fällen die zwei letzten Flossen- nerven, über mehrere Strahlen sich verbreiten. Es wäre aber ganz verkehrt, auf Grund dieser kleinen Ausnahmen die ganze Regel aufheben zu wollen. Auch bei Acanthias gilt die Formel von Rabl in dem grössten Teil der Flosse, indem hier jeder Nerv zwei Strahlen entspricht. Caudalwärts findet man dieselbe Ausnahme wie bei Raja, indem die rudimentären Strahlen keinem selbständigen Nerv entsprechen. Beachtenswert ist es weiter, dass auch rostralwärts eine Ausnahme zu finden ist, indem hier ein Nerv Anatomische Hefte. I. Abteilung. 118. Heft (39. Bd., H. 2) 38 580 E. MÜLLER, in dem kräftigen M. abduetor endigt und keinen Strahlen ent- spricht. Die Formel von Rab] ist also approximativ richtig. Sie gibt einen richtigen Ausdruck für die Regelmässigkeit, welche die Nerven, Muskeln und Skeletstrahlen der Selachier- flosse zeigen. Die Skeletstrahlen, die Radialmuskeln und die Nerven folgen nämlich in so regelmässiger Folge nacheinander, dass eben diese Regelmässigkeit den Hauptcharakter des Flossen- baues bildet. Ich habe auch an mehreren Stellen im vor- hergehenden hervorgehoben, dass ich die Flosse ebenso regel- mässig segmental gebaut finde wie die Rumpfwand. Es muss aber erwähnt werden, dass die Segmente nicht scharf und streng voneinander getrennt sind. Dies geht genügend aus dem Vorhergehenden hervor. Auch die Auffassung des Inhaltes der Segmente kann verschieden sein nach dem Gesichtspunkte, von dem man bei der Beurteilung der Segmente ausgeht. Dohrn und Rabl rechnen auf Grund ihrer embryologischen Unter- suchungen zu jedem Metamer einen Nerven, zwei Myotom- knospen und den dazu gehörenden Strahl. Es ist deutlich, dass in rein topographisch-anatomischer Beziehung diese Kin- teilung auch für die Bestandteile der Flosse gilt. Ich verweise in dieser Hinsicht auf die speciellen Beschreibungen der Strahlen und der Nerven bei Acanthias und Raja, sowie auf die betreffenden Figuren. Anatomische Einheiten bilden aber diese Segmente nicht, da der zugehörige Nerv auch teilweise (las Nachbarsegment innerviert und das Muskelmaterial inner- halb eines solchen Segmentes auch von den folgenden Nerven innerviert wird. Man könnte auch, wie ich es ebenfalls getan habe, die Innervationsverhältnisse bestimmend sein lassen. Dann würde zu jedem Nerv ein ganzer Radialmuskel und zwei halbe, ein ganzer Strahl und zwei halbe gehören. Die Be- funde bei Raja sprachen für eine solche Auffassung. Ganz streng liess sich aber diese Einteilung nicht durchführen. Denn Die Brustflosse der Selachier. 5831 durch die Anastomosen zwischen den Pterygialnerven wurden feine Nervenbündel von dem einen Segmentalnerv nach dem anderen geführt. Es kommt natürlich bei der Diskussion einer Metamerie der Flosse viel darauf an, was man unter dem Namen und Begriffe Metamerie versteht. Wenn man fordert, dass die aul- einander folgenden Bildungen durch bestimmte Scheidewände absolut und starr abgegrenzt werden sollen, um als eine meta- mere oder segmentale Anordnung definiert oder benannt zu werden, ja, dann ist es deutlich, dass der Bau der Selachier- tlosse keine segmentale Anordnung zeigt. Wenn man aber mit diesem Namen das Verhalten ausdrücken will, dass die in der Ebene ausgebreitete Flosse in Partien geteilt werden kann, welche einen ähnlichen Bau zeigen und in regelmässiger An- ordnung folgen, ohne bestreiten zu wollen, dass Material von dem einen so gebauten Metamer in das andere hineinfliesst, ohne dass doch die Individualität der Metameren ganz ver- schwindet, so passt der Name Metamerie sehr gut, uns den Charakter der Flosse anzugeben. Man muss sich aber wohl hüten, dass nicht das Diskutieren über die Metamerie der Flosse nur ein leerer Wortstreit wird. Man mag in das Wort Meta- merie hineinlegen, was man will, sicher ist es, dass die Selachierflosse eine Regelmässigkeit in der Anordnung ihrer Nerven, Muskeln und Skeletteile besitzt, welche nicht in den Untersuchungen von Braus zum Ausdruck kommt. Diese Regelmässigkeit ist aber eben das Charakteristischste bei der Selachierflosse. Ich habe meine Nervenpräparate verschiedenen Leuten gezeigt, welche keine Kenntnisse von den Extremitäten- Iheorien besassen, und sie haben sofort ohne Hinweis von meiner Seite selbst die Anordnung zwischen den Strahlen und den Nerven bemerkt. Der Fehler der Kiemenbogentheorie besteht eben darin, dass sie diese Regelmässigkeit vernachlässigt. Um die von Gegen- 38* 582 E. MÜLLER, baur hypothetisch dargestellte Entwickelung des Skeletes hervorzubringen, müssen bedeutende Umlagerungen der Weich- teile stattgefunden haben. Keine Spur von solchen gewaltigen Umlagerungen haben meine Untersuchungen an den Tag ge- bracht. Je mehr man in die Tiefe des gar nicht leicht dar- gelegten Baues der Selachierflosse eindringt, desto mehr werden einem die Augen geöffnet für die Regelmässigkeit der Struk- turen. Die Aufgabe der morphologischen Forschung ist hier wie auf anderen Gebieten der Naturwissenschaften die, die Gesetz- mässigkeit zu erforschen, die allgemeinen Formeln zu finden, unter denen die Erscheinungen eingeordnet werden können. Die Kiemenbogentheorie hat ihre Berechtigung gehabt während einer Zeit, wo die historische Betrachtung die Aufmerk- samkeit vor allem fesselte. In ihren letzten Stadien wirkt sie hemmend auf die Forschung, weil sie das eigentliche Wesen der Wirbeltierextremitäten verhüllt. Die Gefässe der Selachierflosse bieten in vielen Hinsichten interessante Verhältnisse dar. Es gibt kaum ein besseres Ob- jekt, wenn es gilt zu demonstrieren, dass die Extremitäten- gefässe aus Netzen hervorgehen. Wenn jemand noch an diesem von mir früher urgierten Satz zweifelt, so kann ich ihn nur auffordern, an die Entwickelung der Selachierbrustflossen- gefässe zu gehen. Die schräg hinter drei oder vier Spinal- nerven verlaufende A. subelavia entsteht aus ebensovielen Segmentalarterien. Die A. pterygialis medialis und die gleich- namige Vene entstehen aus dem schönen Plexus axillarıs. In der freien Flosse findet man sogar den Netztypus teilweise beibehalten, da ja die Arterien durch zahlreiche Anastomosen ein zusammenhängendes Netz bilden. Dies ist aber kein in- differentes. Es zeichnet sich vielmehr durch bestimmt ge- lagerte, kräftiger ausgebildete Stämme, die A. pterygialis lateralis und Aa. pterygalis medialis aus, und auch die Ana- stomosen sind nicht regellos, sondern lassen sich im allge- Die Brustflosse der Selachier. 583 meinen auf die segmentale Anordnung der embryonalen Ge- [ässe zurückführen. In der kurzen Mitteilung über die Entwickelung der Ge- fässe habe ich dargelegt, wie die Hauptstämme der ausge- wachsenen Flosse als Anastomosen zwischen segmental an- geordneten (Grefässen entstehen. Bei der Segmentalnatur dieser (relässe möchte ich etwas verweilen. Bisher habe ich höchstens vier von der Aorta kommende, den Körpermetameren ent- sprechende Arterien, welche nach der Extremitätenbasis ver- laufen, nachweisen können. Auffallend ist hierbei die geringe Zahl der Arteriensegmente im Verhältnis zu den Nerven. Deren sind ja 13 oder 12. Eine andere, sehr wichtige Eigentümlichkeit ist die, dass die Arterien nicht in die freie Flosse hineinlaufen. Dorsalwärts von der Flossenbasis machen sie Halt und gehen in ein langgestrecktes Netz über. Von diesem entwickeln sich dann später die regelmässig zwischen den Nerven querver- laufenden Glieder des Plexus axillaris, aus denen durch Längs- anastomosen die A. und V. pterygialis medialis hervorgehen. Ebenso regelmässig zwischen den Nerven wachsen schliess- lich die Gefässe in die freie Flosse hinein, aus denen durch Längsanastomose die A. pterygialis lateralis hervorgeht. Der Umstand, dass die Glieder des Plexus axillaris, sowie die letzt- genannten Gefässe nicht mit der Aorta zusammenhängen, wird vielleicht als ein Einwand gegen deren metamere Natur ge- braucht. Dies beruht darauf, was man in das Wort Meta- merie hineinlegt. Die Hauptsache ist doch die Regelmässig- keit der zwischen den Nerven belegenen queren Gefässe, ars denen die Hauptstämme als in der Körperrichtung verlaufende Längsstämme entstehen. Hierin liegt eine Übereinstimmung zwischen den Flossenarterien und den Rumpfarterien. Die An- ordnung und Entwickelung der Flossengefässe bilden also einen neuen Beweis für die Zugehörigkeit der Flosse zu der Rumpfwand. 584 E. MÜLLER, Verglichen mit den Arterien der pentadactylen Extremität oder des Chiridiums zeigen die Arterien des Pterygiums einen grossen Unterschied. Bei jenen entspricht die A. subclavia einer segmentalen Arterie, in der Selachierflosse läuft sie durch drei oder vier Segmente. Bei jenen läuft sie ventral von den Spinalnerven, bei diesen zieht sie schon sehr früh dorsalwärts von den Nerven. In dem freien Teile des Chiri- diums läuft die Hauptarterie als A. brachialis und interossea längs dem Hauptnerven in der Längsrichtung der Extremität. In der Flosse zieht das Hauptgefäss schräg oder unter rechtem Winkel die Pterygialnerven kreuzend parallel mit der Flossen- basıs. Es findet sich also eine Kluft zwischen den Gefässen des Chiridiums und Pterygiums, welche wohl wert ist, be- rücksichtigt zu werden bei der Diskussion der Frage, wie die beiden Extremitätenformen sich zueinander verhalten. Ich hoffe, bei einer kommenden Gelegenheit näher auf die Frage eingehen zu können. Die Extremitäten-Theorien. Die Anwendung der Descendenztheorie auf die Anatomie gab dieser Wissenschaft eine theoretische Grundlage, die sie vorher nicht besessen hatte. Von einem rein descriptiven Standpunkte wurde die Wissenschaft vom Bau des Körpers zu einem höheren Standpunkte gehoben, indem die Descendenz- lehre eine Betrachtungsweise einführte, welche gestattete, Schlüsse zu ziehen ausserhalb des Bereiches des direkt Be- obachteten. Die Vorzüge der neueren morphologischen Rich- tung bestanden in einer bedeutenden Bereicherung sowohl der Die Brustflosse der Selachier. 53 Kenntnisse wie der Erkenntnis der organischen Formen- welt. Neben Vorteilen trug die Methode auch Schwächen in sich. Es gibt kaum ein Gebiet, wo die Vorzüge und die Schwächen der neueren Forschungsrichtung so grell hervor- treten wie in der Bearbeitung der Extremitälenmorphologie. Jene bestehen vor allem ın dem Aufstellen von neuen, vorher ungeahnten Problemen und in der Vermehrung der faktischen Kenntnisse. Dass Gegenbaur und seine Schule sich in beiden Hinsichten bedeutende Verdienste erworben haben, ist nicht zu bestreiten. Die ganze Diskussion über das Wesen der Wirbeltierextremitäten ıst durch die von ihm 1869 be- gründete Archipterygiumtheorie hervorgerufen worden. Die eingehendste Bearbeitung der Anatomie der Flossen verdanken wir Gegenbaur und seiner Schule. Die Schwäche der mor- phologischen Richtung besteht vor allem in einem Hang zur Spekulation, in einer Geneigtheit, auf einer ungenügenden empirischen Grundlage allzu weitgehende theoretische Schlüsse zu ziehen. Eine Folge dieser Schwäche ist der Zwiespalt der Meinungen, welcher in dem Kampf zwischen der Kiemenbogen- lehre und der Seitentaltentheorie hervorgetreten ist. Es liegt ausser dem Rahmen dieser Abhandlung, eine kritische Dar- stellung dieser beiden Lehren zu geben. Ich beschränke mich auf folgende Bemerkungen. Der Streit um den Ursprung der paarigen Extremitäten der Wirbeltiere ist zwischen Repräsentanten von zwei verschiedenen Methoden der morphologischen Richtung geführt worden. Die Seitenfaltentheoretiker betrachten die Resultate der onto- genetischen Entwickelung als ausschlaggebend für die Beur- teilung morphologischer Fragen, während die Anhänger der Kiemenbogentheorie das Hauptgewicht auf die Bearbeitung der Anatomie der ausgewachsenen Formen legen. Von diesem Gesichtspunkte aus scheint es mir von Inter- 586 E. MÜLLER, esse zu sein, dass eine anatomische Untersuchung, die von Anfang an ganz indifferent und unparteiisch angelegt worden ist, gegen die Kiemenbogentheorie und in gewisser Hinsicht für die Seitenfaltenlehre spricht. Die Grundlage dieser letzteren bildet ohne Zweifel die Lehre von der Metamerie der Flossenbestandteile. Ich habe schon hervorgehoben, dass diese Ansicht durch meine Untersuchung eine mächtige Stütze erhalten hat. Auf der anderen Seite gehören zu der Seiten- faltentheorie Bestandteile spekulativer Art, welche ebenso un- begründet sind als die Hypothese von dem Kiemenbogen- ursprung des Flossenskeletes. Ich komme später auf sie zurück. Für die Richtigkeit der Kiemenbogentheorie ist in den letzten Jahren besonders Fürbringer eingetreten. Es wird darum notwendig, auf seine Beweisführung näher einzugehen. Fürbringer beruft sich hauptsächlich auf drei Tat- sachen, welche beweisen sollen, dass der Schulterbogen ur- sprünglich ein Kiemenbogen gewesen ist. Den ersten Beweis für seine Ansicht findet Fürbringer darin, dass der vom Vagus innervierte M. trapezius bei den am tiefsten stehenden Pterygiophoren sowohl an dem letzten Kiemenbogen wie an dem Schulterbogen inseriert. Bei den Anuren fand Für- bringer weiter einen Muskel, den M. interscapularis, welcher ganz im Gebiete des Schulterbogens belegen ist und auch vom N. vagus innerviert wird. Dieser Befund kann nur so gedeutet werden, dass der betreffende Muskel einem M. adductor arcuum branchialium entspricht und dass der Schulterbogen der Anuren also von branchiogener Art ist. Schliesslich hat Für- bringer bei einem gut konservierten Exemplare von Hept- anchus gefunden, dass feine Vaguszweige ein Geflecht in dem Perichondrium des Schulterbogens bilden. Er sieht hierin den dritten Beweis für die Abstammung des Schulterbogens aus dem Vagusgebiet. Nun versagen sowohl die Ontogenie wie die Paläontologie, Tafel 93/44, [2 {7} oO a) Die Brustflosse der Selachier. 587 wenn es gilt, den Weg zu zeigen, den der Kiemenbogen zurück- gelegt hat, um ein Schulterbogen zu werden. Durch seine ver- gleichend-anatomischen Untersuchungen über die Muskulatur und Innervation des Kiemenbogengebietes hat Fürbringer aber die Einsicht gewonnen in die Weise, wie dieser Ent- wickelungsprozess stattgefunden hat. Ursprünglich lagen die Kiemenbogen ganz im Gebiete des Kopfes und wurden von den Cerebralnerven innerviert. Hinter dem Kopfgebiete fing der Rumpf mit seiner regelmässigen Metamerie an. Im Laufe der Phylogenie wurde dieser Zustand durch erhebliche Ver- schiebungen und Wanderungen des Materials an dem Grenz- gebiete des Kopfes und Rumpfes verändert. Es fand eine Ver- mischung von den cranialen und spinalen Elementen statt, wo- bei in der aufsteigenden Tierserie die spinale Muskulatur sich immer mehr im Gebiete der Kiemenbogen ausbreitete. Die Kiemenbogen wurden sogar von den spinalen Muskeln erobert, während die alte Vagusmuskulatur allmählich zurückgebildet wurde. Da nun eben der Schulterbogen hauptsächlich in der spinalen, teilweise doch in der Vagusmuskulatur eingebettet ist, so zieht Fürbringer den Schluss, dass der Schulter- bogen einem hinteren Kiemenbogen entspricht, welcher in obenstehender Weise von der spinalen Muskulatur erobert worden ist, aber teilweise noch seine alten Vaguscharaktere behalten hat. Ich finde die scharfsinnigen Deduktionen von Für- bringer sehr beachtenswert. Sie verdienen es ohne Zweifel, ernstlich erwogen zu werden. Von dem historischen Gesichts- punkte aus gesehen bildet die Vagusinnervation des Schulter- bogens ein Problem, welches wohl wert ist, weiter bearbeitet zu werden. Wie man in alten Gebäuden z. B. bisweilen Stücke einer vergangenen Zeit eingesprengt finden kann, aus denen, so klein sie auch sind, eine ganze Geschichte abzulesen ist, so sind vielleicht die drei oben genannten Befunde von Für- bringer dergleichen Reste, aus deren (Gegenwart man aul 588 E. MÜLLER, einen stattgefundenen Entwickelungsprozess zu schliessen be- rechtigt sein kann. Aber auch wenn dies zugestanden wird, so kann ich nicht finden, dass das Beweismaterial von Fürbringer für die Herleitung des Schulterbogens aus einem Kiemenbogen genügt. Das Verfahren von Fürbringer leidet nämlich an dem Fehler, dass der Schluss nicht aus den Prämissen hervorgeht. Aus seinem empirisch dargestellten Materiale kann man nur — die Richtigkeit der betreffenden Untersuchungen voraus- gesetzt — den Schluss ziehen, dass auf der Grenze zwischen Kopf und Rumpf im Zusammenhang mit der Bildung und Um- bildung des Kiemenapparates bedeutende Umlagerungen der Muskulatur vor sich gegangen sind. Ob das Extremitäten- skelet von diesen Umlagerungen einen Einfluss erfahren hat, wissen wir nicht. Es ist sehr wohl denkbar, dass diese Um- lagerungen der Muskulatur stattgefunden haben, bevor der Schulterbogen gebildet war. Wenn nun dieser auf der Grenze zwischen Kopf und Rumpf entstanden ist, dann ist es sehr natürlich, dass er seinen Platz innerhalb der Vagus- und Spinal- muskulatur bekommt. Gegen die letztgenannte Annahme kann man vielleicht mehrere Gründe anführen. Ich lege auch kein besonderes Ge- wicht auf dieselbe. Was ich aber für wichtig halte, das ıst das, dass gegen die Herleitung des Schulterbogens aus einem Kiemenbogen in der von Gegenbaur und Fürbringer angenommenen Weise so schwerwiegende Gründe vorgebracht werden können, dass die Hypothese nicht einmal als Denk- möglichkeit berechtigt ist. | Die wichtigsten Bedenken, welche man gegen die Kiemen- bogentheorie richten kann, sind folgende: 1. Der Schulterbogen der Selachier beweist durch seine Lage zu den umgebenden Weichteilen, dass er weder homolog noch homodynam mit dem Kiemenbogen ist. Die Brustflosse der Selachier. 589 2. Die primitivste Extremität der Wirbeltiere, die Flosse der Selachier, zeigt im Prinzip denselben Bau wie die Körper- wand, und dieser Bau ist von der gleichen Art, dass die von Gegenbaur und seiner Schule hypothetisch angenommene Entwickelung des Skeletes ganz unmöglich hat stattfinden können. 3. Die Flosse der Selachier zeigt in ihrer ontogenetischen Entwickelung keine Spur von einem durchgemachten Kiemen- bogenstadium. Zu Punkt 3 habe ich nichts hinzuzufügen, was nicht schon aus den Arbeiten von Balfour, Dohrn, Rabl und Mollier bekannt ist. Die ontogenetischen Befunde haben ja immer gegen die Archipterygiumtheorie gesprochen. Deren An- hänger haben auch immer den Wert dieser Untersuchungs- methode bestritten und andererseits den Stützpunkt ihrer An- sicht bei den ausgewachsenen Formen gesucht und gefunden. Es wird darum notwendig, den endgültigen Kampf auf diesem Gebiete zu führen. Darum spielen die in den Punkten 1 und 2 erhaltenen Sätze die grösste Rolle. Sind die darin enthaltenen Behauptungen richtig, dann muss die Kiemenbogentheorie für immer beseitigt sein. Hinsichtlich Punkt 1 muss daran erinnert werden, dass schon Mivart (1878) hervorgehoben hat, dass die Lage der Kiemenbogen innerhalb der Aortenbogen und innerhalb des Kopfcöloms eine Homologie zwischen den Kiemenbogen und dem Extremitätenbogen unmöglich macht. Es ist interessant zu erfahren, wie sich die Anhänger der Kiemenbogentheorie zu dieser Einwendung verhalten. Soviel ich weiss, hat sich Gegenbaur niemals bestimmt über diesen Einwand ausgesprochen. Vielleicht wendet sich das folgende Citat aus seiner letzten Behandlung des Extre- mitätenproblemes (Vergleichende Anatomie der Wirbeltiere, 1898, S. 463) dagegen: E. MÜLLER, 590 „Das in den Kiemenbogen gegebene Vergleichungsobjekt. ist aber nur in seinen allgemeinsten Verhältnissen zu nehmen, und es kann sich durchaus nicht um die sehr specialisierten Formen handeln, wie wir sie bereits bei Selachiern äntreffen. Wie viele andere Zustände zwischen diesen und jenen der Cyclostomen bestanden haben mögen, und welcher Art sie waren, wissen wir nicht, aber dass solche vorhanden gewesen sein müssen, lehrt die an jenen beiden Zuständen sich zeigende Divergenz. So wenig man also daran denken darf, dass z. B. ein Kiemenbogen bei den Selachiern in eine Gliedmasse sich umgewandelt habe, ebensowenig ist daraus ein Grund gegen jene Ableitung zu entnehmen.“ Der letzte Satz enthält ein Paradoxon, das ich nicht richtig verstehen kann. Der Hauptinhalt des Citates scheint aber der zu sein, dass die Verhältnisse der Kiemenbogen bei den Selachiern so specialisiert sind, dass sie für die Ableitung des Flossenskeletes nicht gebraucht werden können. Hierin liegt also eine Anerkennung, dass die Kiemenbogen und der Extremitätenbogen bei den Selachiern nicht homolog sind. Wenn aber trotzdem Gegenbaur an die Ableitung des Schulterbogens von einem Kiemenbogen, über dessen Aus- sehen und Anordnung wir nichts wissen, festhält, dann ver- lässt er den tatsächlichen Boden vollständig und wandelt seine Lehre in das rein Metaphysische um. Fürbringer behandelt in seinem vorher citierten Werke die Frage von der Homologie des Schulterbogens mit einem Kiemenbogen ausführlich. „Noch eines Einwandes“, schreibt er, „sei gedacht, der gegen die Vergleichung der Kiemenbogen und Extremitätenbogen erhoben worden ist und erhoben werden kann. Es ist die Verschiedenheit in der tieferen oder oberflächlicheren Lage beider Teile: die Kiemenbogen werden von den Rumpfmuskeln und von dem N. vagus bedeckt, die Extremitätenbogen liegen dagegen innerhalb der Rumpfwandung Die Brustflosse der Selachier. 591 in die ganze Masse der Rumpfmuskulatur eingesenkt, teilweise selbst oberflächlich von ihr und decken die am Rumpfe caudal- wärts verlaufenden Teile des N. vagus; auch gehören die Vis- ceralbogen mit ihren cerebralen Muskeln dem hypomeren Seitenplattenbereiche, die Rumpfwandung mit ihren spinalen Muskeln dem epimeren Urwirbelbereiche an.“ In Bezug auf den letzten Teil des Einwandes, welcher besonders von Dohrn in dessen ontogenetischen Studien her- vorgehoben ist, erkennt Fürbringer allerdings die prin- zipielle Differenz zwischen der tiefen und hypomeren Lage der Kiemenbogen und der oberflächlichen und epimeren der Rumpfwand an, kann aber darin keine Instanz gegen die be- hauptete Homologie erblicken. Er weist nämlich auf die vor- her besprochenen Umlagerungen zwischen der spinalen Mus- kulatur and den Kiemenbogen hin, nach denen die letzten von diesen erobert und nach der Oberfläche gezogen werden. Der Kieferbogen z. B. liegt direkt unter der Haut, während die spinale Muskulatur an ihrer Innenfläche inseriert. Ob diese Erklärungsversuche von Fürbringer genügen, den ge- nannten Einwand seines Inhaltes zu berauben, lasse ich unent- schieden, da das bezügliche empirisch Material in dieser Ab- handlung nicht behandelt wird. Die Frage, welche mich hier besonders interessiert, ist die, wie Fürbringer die grund- verschiedene Lage, welche die Kiemenbogen einerseits und die Schulterbogen andererseits zu dem N. vagus einnehmen, er- klären will. Jeder, der eine Präparation der Kiemengegend bei einem Selachier ausgeführt hat, wird sofort erfahren, dass ein Kiemenbogen, um ein Schulterbogen zu werden, direkt durch den N. vagus wandern muss. Wie wird nun dieser schwierige Weg des wandernden Kiemenbogens von den An- hängern der Kiemenbogentheorie geebnet? Dass hier eine grosse Schwierigkeit für die Theorie vor- liegt, geht deutlich aus den Ausführungen von Fürbringer 592 E. MÜLLER, hervor. Er sagt nämlich, dass, wenn die genannte Lage- differenz eine primordiale und durchgreifende ist, und wenn es nicht gelingt, ihre secundäre Ausbildung nachzuweisen, so sibt er zu, dass die Homologie zwischen Kiemenbogen und Schultergürtel keine komplette ist. Es gelingt indessen, die Schwierigkeiten aufzuheben. Ich überlasse Fürbringer selbst das Wort: „Schwerer wiegt das Verhalten des R. intestinalis, der wohl allgemein als die eigentliche Fortsetzung des Vagus, als Endstamm desselben angesehen wird. Ich kann indessen mit dieser Auffassung nicht übereinstimmen. Die Nervenfasern des R. intestinalis entstammen nicht dem letzten Teile des centralen Vaguskernes und bilden gleichfalls nur einen mit der caudalwärts gehenden Wanderung des Kopfdarmes weit nach hinten ausgedehnten Seitenast resp. Seitenastkomplex, welcher den zwischen den Kiemenbogen in die Tiefe dringenden und dann an ihrer Innenfläche verlaufenden Rr. viscerales der Kiemenäste des Vagus homodynam ist. Er muss somit, ge- rade auf Grund der Homodynamie zwischen Kiemenbogen und Schulterbogen innerhalb des letzteren liegen. Der eigentliche Eindteil des Vagus ist, wie bereits oben ausgeführt, der dem letzten Ende des centralen Vago-accessoriuskernes entstammende Ramus trapezius; dieser aber liegt gerade so wie der Stamm des Vagus zu den Kiemenbogen oberflächlich zum Schulter- oürtel. Nach diesen Darlegungen erwächst somit meines Er- achtens auch aus diesem Verhalten der Homodynamisierung der Extremitätenbogen mit den Kiemenbogen keine Schwierig- keit.“ Es ist für mich ganz unmöglich zu verstehen, dass Für- bringer durch die oben citierte Darlegung den Einwand zu- rückgewiesen hat, welcher gegen die Homologie des Schulter- bogens mit einem Kiemenbogen auf Grund der verschiedenen lage zu dem N. vagus gerichtet ist. Der Geist, welcher durch die eitierten Zeilen spricht, ist nicht derjenige, welcher die Die Brustflosse der Selachier., Naturwissenschaften befruchtet hat. Für mich ist es, als ob ich einen sehr geschickten Advokaten vor Gericht zugunsten einer ganz verlorenen Sache sprechen hörte. — Die Sache ist ja ganz einfach: die Kiemenbogen liegen innerhalb des Vagusstammes, der Extremitätenbogen ausserhalb desselben. Der Inhalt der Auseinandersetzung von Fürbringer kann — sofern er nicht als ein wortreicher, aber inhaltsloser Sophismus aufgefasst werden soll — nicht anders sein als der, dass der Kiemenbogen seine Wanderung von der tiefen Lage in der Nähe der Darmwand nach der oberflächlichen in der Rumpfwand zu einem Zeitpunkt vorgenommen hat, wo die eigentliche Fortsetzung des Vagus, der R. intestinalis, noch nicht gebildet ist. Wenn dies die Meinung ist, dann liegt ja in dieser Erklärung eine handgreifliche Misshandlung der Tatsachen, welche nicht berechtigt ist. Der N. vagus steht der supponierten Wanderung des Kiemenbogens im Wege. Nun gut, dann wird er einfach nach seiner ursprünglichen Heimat zurückgezogen. Eine solche Beweisführung kann man aber nicht gelten lassen. Ich komme also zu dem Schluss, (lass die Schwierigkeiten, welche gegen eine Homologisierung des Schulterbogens mit einem Kiemenbogen gemacht worden sind, nieht von Fürbringer überwunden sind. Sie sind nicht beseitigt, weil sie nicht beseitigt werden können. In seiner grossen Abhandlung über Ceratodus zeichnet Braus einige Figuren, welche zeigen sollen, wie die Flosse aus einem Kiemenbogen entsteht. Man sieht in der ersten Figur einen Kiemenbogen an der Grenze gegen den Rumpf belegen, caudalwärts von ihm eine muskularisierte Hautfalte. In den folgenden Figuren sieht man nun, wie der Kiemen- bogen ganz gemütlich in die Falte hineinwandert, während ihre Strahlen die von Gegenbaur postulierten Umwand- lungen zu einem biserialen Archipterygium durchmachen. Was aber Braus hier unterlässt, seinen Lesern mitzuteilen, das 594 E. MÜLLER, ist der schwierige Weg, welchen der Kiemenbogen zu passieren hat, ehe er sein Ziel erreicht. Er muss durch den zugehörigen Aortenbogen passieren, er muss gerade durch den Vagusstamm marschieren. Er muss endlich gerade durch die rostralen Spinalnerven seinen Weg nehmen, um von der gegenwärtigen Lage eines Kiemenbogens der Selachier zu der Lage des Schulterbogens derselben Tiere zu gelangen. Für Braus exi- stieren diese Schwierigkeiten gar nicht, denn sie werden nicht einmal erwähnt. Es ist nämlich nicht nur die Lage des N. vagus, welche ein bestimmtes Hindernis gegen die mehrerwähnte Homologie bildet. Die Lage zu den Spinalnerven gibt ebenso zwingende Beweise gegen die Identität ab. Der Plexus cervicalis und die folgenden Spinalnerven liegen ausserhalb des Kiemenkorbes, dieselben Nerven verlaufen innerhalb des Schulterbogens auf dem Wege nach der Flosse. Der Teil des Plexus cervi- calis, welcher nach der hypobranchialen Muskulatur ver- läuft, macht eine schöne, mit der CGoncavität rostralwärts ge- richtete Schlinge. Man ist darum wohl berechtigt zu fragen, wie ist der wandernde Kiemenbogen aus dieser Schlinge ge- raten und wie ist er ausserhalb der Spinalnerven gekommen ? Bei der Antwort auf diese Fragen darf man sich indes nicht mit dem Hinweise zufrieden geben, dass die Spinalmusku- latur sich der Kiemenbogen bemächtigt hat. Wenn überhaupt die Lage zu den umgebenden Organen für die Homologie be- stimmend sein soll, so ist man genötigt darzulegen, wie es möglich gewesen ist, dass der Kiemenbogen in eine so ver- änderte Lage gekommen ist. Ich bin überzeugt, dass auch die lebhafteste Phantasie keine zufriedenstellende Antwort auf diese Frage geben kann. Als zweiten Grund gegen die Kiemenbogentheorie habe ich oben angeführt, dass die Brustflosse der Selachier einen solchen Bau besitzt, dass die von Gegenbaur und seiner Die Brustflosse der Selachier. 595 Schule hypothetisch angenommene Entwickelung des Skeletes ganz unmöglich hat stattfinden können. Ich verweise in dieser Hinsicht auf meine in dieser Abhandlung mitgeteilten Unter- suchungen. Die Muskeln, Nerven und Gefässe gehören zur Körperwand. Dies wird auch von der Schule von Gegen- baur zugestanden. Das Skelet würde aber von der Kiemen- gegend stammen. Es muss nach dieser Lehre vor dem Zu- stande bei den Selachiern einen komplizierten Entwickelungs- prozess durchgemacht haben. Der Kiemenbogen wird von den metameren Rumpfmuskeln erorbert, und während dieser Er- oberung wächst aus dessen Mitte ein Strahl heraus, längs dessen beiden Seiten kleinere Strahlen auswandern, um schliess- lich die biseriale Anordnung der Ceratodusflosse anzunehmen. Nun bildet sich diese um, verliert auf der einen Seite den Radienbesatz und legt sich dann mit der Stammradie an die Rumpfwand. So wird der Selachierzustand erreicht. Es ist deutlich, dass während dieses Entwickelungsprozesses mächtige Umbildungsprozesse stattgefunden haben müssen, welche ihrer- seits eine bedeutende Umlagerung der übrigen Flossenbestand- teile mit sich ziehen mussten. Von solchen findet man aber in der Flosse der Selachier keine Spur. Wie ich vorher aus- führlich mitgeteilt habe, ist der Bau der Flosse der denkbar einfachste. Man mag über die Metamerie der Flosse denken, was man will, sicher ist es, dass die Bestandteile der Flosse in der regelmässigsten Ordnung nacheinander folgen und be- stimmte topographische Anordnung zueinander zeigen. Ein solcher Bau lässt sich unmöglich mit der hypothetisch an- genommenen, oben referierten Bildung und Umbildung des Skeletes vereinen. Als Denkmöglichkeit war diese berechtigt, solange man der Ansicht huldigte, dass die Nerven kompli- zierte Netze bildeten, welche als Folge einer stattgefundenen Mischung des Muskelmateriales hervorgegangen waren. Diese Netze existieren aber nicht, ebensowenig als eine Mischung Anatomische Hefte. I. Abteilung. 118. Heft (39. Bd., H. 2). 39 596 E. MÜLLER, des Muskelmateriales je stattgefunden hat. Es ist also auch für die kühnste Phantasie unmöglich hervorzukonstruieren, wie in einem Fortsatze der Rumpfwand, wo die Nerven und Muskeln ganz einförmig nacheinander folgen, das Skelet einen so komplizierten Prozess durchgemacht haben soll, wie den- jenigen, welchen die Gegenbaursche Theorie fordert. Da- mit fällt auch die letzte Berechtigung für die Existenz der Kiemenbogentheorie, nämlich als Denkmöglichkeit zu bestehen. Dass diese Lehre als Reaktion gegen eine lange empirische Periode in einer Zeit, wo grosse Ideen durch- drangen, entstanden ist, ist ganz natürlich. Dass dieselbe nach den ontogenetischen Kenntnissen von den Forschern übergeben wurde, welche auf einem streng empirischen Boden stehen, steht nur in Übereinstimmung mit der alten Ansicht, dass die realen Ansichten den Boden unseres Wissens bilden. Nicht so leicht verständlich ist das spätere Aufblühen der Theorie. Dies kann nur verstanden werden, wenn man bedenkt, welchen mächtigen Eindruck die historische Auffassung auf ihre Anhänger zu machen vermag. Andererseits muss an- erkannt werden, dass sie auch in dieser neuen Periode viel dazu beigetragen hat, unsere faktischen Kenntnisse zu be- reichern und die Problemstellung zu vertiefen. Doch ist nun der Zeitpunkt gekommen, wo man sich hüten muss, dass die Theorie nicht lähmend und reaktionär auf die Forschung wirkt. Von den beiden Extremitätentheorien stimmen meine Unter- suchungen, wie ich schon hervorgehoben habe, viel mehr mit der Seitenfaltentheorie als mit der Kiemenbogentheorie überein. Denn das Hauptresultat meiner anatomischen Untersuchung war der Nachweis, dass die Flosse in allen ihren Bestandteilen der Rumpfwand angehört. Andererseits bin ich während meiner Arbeit zu der Ansicht gekommen, dass auch die Seitenfalten- hypothese Bestandteile spekulativer Art enthält, welche bei einer tieferen Untersuchung nicht verifiziert werden können. Als einen Die Brustflosse der Selachier. 597 solchen Bestandteil betrachte ich vor allem die Ansicht, dass die Urform des Flossenskeletes von einer Serie freier Radien gebildet worden sei. Ich habe während meiner anatomischen und ontogenetischen Untersuchungen nichts gefunden, was für eine solche Urform spricht. Der Umstand, dass das Skelet der unpaaren Flossen aus solchen freien Strahlen besteht, be- weist ja eigentlich gar nichts. Die Stellen der Rumpfwand, wo die paarigen Flossen entstehen, sind in manchen Hin- sichten so verschieden von denjenigen, von denen die unpaaren ihren Ursprung nehmen, dass eine direkte Vergleichung nicht berechtigt ist. Dass das Skelet der Selachierflosse nicht als solche entstanden ist, ist in unseren Tagen selbsverständlich. Bei dem Suchen nach den vorhergehenden Stadien muss man vor allem das berücksichtigen, was man von der historischen Entwickelung anderer Teile des Skeletes, z. B. des axialen Skeletes, schon kennt. Es zeigt sich dann ein Parallelismus in den allgemeinen Erscheinungen zwischen der Skeletentwicke- lung an den beiden Orten, welche zu einer Erkenntnis der historischen Entwickelung des Flossenskeletes führt, auch wenn die besonderen Stadien im ausgewachsenen Zustande nicht erhalten geblieben sind. Ich werde diese Gedanken ın einer kommenden Untersuchung über die Entwickelung der Selachierflosse näher ausführen. 39* Figurenerklärung. Tafel 27/28—45/46. Figg. 1, 2 und 3. Das Brustflossenskelet von Acanthias vulgaris. Natürliche (Grösse. Figg. 4 und 5. Die Beziehungen zwischen den tiefen Radialmuskeln und den Strahlen in der Brustflosse von Acanthias vulgaris. 1'/s malige Vergrösserung Figg. 6, 7, 8 und 9. Die Variationen der cranialen Strahlen in der Brust- flosse von Acanthias vulgaris. Figg. 10-29. Variationen der caudalen Strahlen in der Brustflosse von Acanthias vulgaris. Fig. 30. Die Muskulatur der Brustflosse von Acanthias vulgaris von der Seite gesehen. Fig. 31. Die Spinalnerven bei einem jungen Exemplare von Acanthias vulgaris in der Rumpfwand von der inneren Seite gesehen. 3malige Ver- grösserung. Fig. 32. Vier Spinalnerven mit ihren Anastomosen in der Rumpfwand von Acanthias vulgaris. 1'/malige Vergrösserung. Figg. 33—37. Die ventralen Pterygialnerven in der Brustflosse von Acanthias vulgaris. s. n. — Spinalnerv. g.= die gabelförmigen Teilungen der Flossennerven. n.i. = N. intermittentes. a. cr. — die konstante craniale Ana- stomose, ä. c. — die konstanten caudalen Anastomosen. Fig. 33, 35, 36 und 37 1'/. malige Vergrösserung; Fig. 34 natürliche Grösse. Fig. 38. Die dorsalen Pterygialnerven in der Brustflosse von Acanthias vulgaris. 1!/a malige Vergrösserung. Fig. 39. Die Topographie der Nerven und Arterien der Brustflosse bei Acanthias vulgaris. s. n. — Spinalnerven; N. g. = die Teilung der Pterygial- nerven in ventrale und dorsale Äste; Ao. = Aorta; A. s. = A. subelavia; A.p. m. —= A. pterygialis medialis; A. p. l. = A. pterygialis lateralis. Natür- liche Grösse. Fig. 40. Die Topographie der A. und V. subelavia bei Acanthias vul- garis. v.S. — V. subelavia. Natürliche Grösse. 7 ’ ‚lnatom.Helte I Abteilung H8.Heft (39 Bd. 2) Teufel 45, Ib, Figg; 61. Gust.Wennman. del, Aigg. 68. Ester Johansson. del. Verlag von J.F Borgmann, Wiesbaden, Kal Universitätzdrütkerel H.Stürtz A‚G. Würzburg. Figurenerklärung. 599 Fig. 41. Die dorsalen Arterien in der Brustflosse von Acanthias vul- garis. Natürliche Grösse. Figg. 42, 43 und 44. Die ventralen Arterien der Brustflosse von Acan- thias vulgaris. a. p. m. — A. pterygialis medialis; a. p. 1. — A. pterygialis lateralis. 1'/smalige Vergrösserung. Fig. 45. Die A. (a. p. m.) und V. pterygialis medialis (v. p. m.‘ in der Brustflosse von Acanthias vulgaris. Natürliche Grösse. Fig. 46. Die Anastomosen zwischen der V. subelavia und der V. parie- talis bei Acanthias vulgaris. Fig. 47. Die Vv. pterygialis medialis (V.p.m.) und lateralis (V.p.1.) bei Acanthias vulgaris. Fig. 48. Die subcutanen Venennetze in der Brustflosse von Acanthias vulgaris. v.s.d. — V. subcutanea dorsalis. Fig. 49. Das subcutane Nervennetz bei Raja radiata. Figg. 50 und 5l. Die sensiblen Endausläufer der Flossennerven bei Raja radiata. Fig. 52. Die ventralen Brustflossennerven bei Raja batis. Fig. 55. Die dorsalen Brustflossennerven bei Raja batis; n.i. Nn. inter- mittentes. Fig. 54. Die Brustflossennerven von Raja radiata. p.d.n. — proximale diazonale Nerven; d.d.n. —= distale diazonale Nerven; m. n. — metazonale Nerven; n. — die ventralen Fortsetzungen der Spinalnerven in der Bauchwand. Fig- 55. Flossennerven von Raja radiata. p.n. = Hauptstämme der Pterygialnerven mit gabelförmiger Teilung. g.n. — das tiefe Grundnetz. Fig. 56. Oberflächliche und tiefe Nerven in der Brustflosse von Raja; s.n. subkutanes Nervennetz; e. — Endausläufer der Flossennerven; p.d.n. — proximale diazonale Nerven. Figg. 57, 58, 59, und 60. Die rostralen diazonalen Nerven in ihrem Ver- hältnisse zu den Strahlen bei Raja; n.p. = N. pterygialis; n.i. = N. inter- mittens. Fig. 61. Die proximalen diazonalen Nerven bei Raja radiata. Fig. 62. Die Arterien der Brustflosse bei Raja clavata. 13. 14. Literaturverzeichnis. . Braus, H., Über die Innervation der paarigen Extremitäten bei Selachiern, Holocephalen und Dipnoern. Jenaische Zeitschr. f. Naturw. Bd. 31. 1598. — Beiträge zur Entwickelungsgeschichte der Muskulatur und des peripheren Nervensystems der Selachier. II. Die paarigen Gliedmassen. Morphol. Jahrbuch. Bd. 27. 1899. . — Die Muskeln und Nerven der Ceratodusflosse. 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Klang Cr) ‚Ans (a EB Er Br vn re Be >> A 2 De As Hal a „ Hanse EIG RN Fr % 1 Ri PEN. u‘ BT, ji ee A bs; z Pr ar Be: u a wu Be Am. o A R a A Er RER RR 2 I ah ie we + is: % Er BAT ne ee Ye he Re see Se na $ EN a ep Ne a Arte ER EN er EEE g 2 BE BP, u. a0 rt, 7 2 men -) EIPPEe Ya cs | K3 BIER, eu a AUS DEM HISTOLOGISCHEN LABORATORIUM DER KAISERL. MILITÄR-MEDIZINISCHEN AKADEMIE ZU St. PETERSBURG. ÜBER DIE URGESCHLECHTSZELLEN BEI SÄUGETIEREN VON W. RUBASCHKIN, ST. PETERSBURG. Mit 6 Textfiguren und 16 Figuren auf den Tafeln 47/50. Anatomische Hefte. I. Abteilung. 119. Heft (39. Bd., H. 3). 40 12% s . iR c ni j = 2» BT Fee fi Be YEardal, ‚al [al re | um mal er ri Be nz a" RAR 90 Baueh, NT # Da =) 5 Fr . _ ü j 103 - e Br - * . D j “ Ba, j e | € ’ [F ji “ i 5 r Ei oe | | Zn rt 1 : j Ei 27 Fe B Er Z Y | u i E er RER A Ial Un je BRINGT an N “ ” ” . E . Mt Zu ER u F i . = Er & f u " Ib i) R . a7 pi T E27 E @ . = = ne ..n SIE Baal, BER RATE Y \ D% fi . u Ei BR 5 I „ DA se or? . i B \ \ u » f — \ “a I - " m nn re Amel ee 5 BER a erree se ie PR a FE a A = Im vergangenen Jahre erschien meine vorläufige Mit- teilung (21) über das im Titel genannte Thema, in welcher ich dargelegt habe, dass die Säugetiere in bezug auf die Ent- stehung der Geschlechtszellen, keine Ausnahme unter anderen Tieren vorstellen. Auch bei ihnen entstehen die Genitalzellen, ebenso wie bei niedriger stehenden Tieren nicht im Keimepithel durch Differenzierung des Cölomepithels, sondern an anderen Stellen und gelangen in die Keimdrüsenanlage erst sekundär, indem sie einen weiten Weg im Mesenterium durchwandern. In letzter Zeit habe ich verschiedene Vertreter der Säugetiere untersucht und diese Resultate wıll ich an dieser Stelle ausführlicher mitteilen. Es wurden von mir Embryonen von Katze (1,1 cm, 9!/; mm, 9 mm, 7 mm, 4-5 mm), Kaninchen 13 Tage, 12 Tage 19 Stunden, 12 Tage, 11 Tage, 10 Tage. 5 Stunden, 9/, Tage, 91/, Tage, 9) Tage, 8 Tage 12 Stunden), Meerschweinchen (10 mm, 8 mm, >) mm, 17, 15, 12, 7, 3 Segmenten) und Maulwurf (6 mm, u 5 mm, 4 mm, 3 mm) untersucht. Sie waren zum Teil in en Zenkerscher Flüssigkeit fixiert, hauptsächlich aber im so- genannten Zenker-Formol (Helly [13]) (Müllersche Flüssigkeit — 5% Sublimat — 5% Formol); Formalin wird ex tempore zur Stammlösung zugegossen. Die Fiixerung der 40* 606 W. RUBASCHKIN, jüngeren Embryonen dauerte 1—3 Stunden, der älteren 3—6 Stunden. Ein Teil der Präparate wurde in Paraffın eingebettet, ein anderer in Celloidin. Die Celloidineinbettung hatte in diesem Fall, wie überhaupt bei cytologischen Untersuchungen, viele Vorzüge, weil die Strukturbesonderheiten sich dabei besser erhalten und das Einschrumpfen der Zellkörper fast ganz aus- bleibt. Dasselbe war gerade für unsere Zwecke von grosser Wichtigkeit. Die Dicke der Schnitte von den in Paraffın und in Celloidin eingebetteten Präparaten war 7 u. Zur Herstellung der Celloidinserien diente die von mir vorgeschlagene und von W. Dantschakoff (8) verbesserte Methode des Auf- klebens der Celloidinschnitte. Zum Färben gebrauchte ich zum Teil Eisen-Hämatoxylin- Färbung, hauptsächlich aber Eosin-Azur (10 cm, 0,1% Eosin- lösung g. W. + 10 cm 0,1 % Azur II +- 100 Wasser) 24 Stunden. Differenzierung in 95% Alkohol, Xylol, Balsam. Ein Teil der Serien wurde mir von Herrn Prof Maxımoff aus seiner Sammlung freundlichst zur Verfügung gestellt. Das gab mir die Möglichkeit, meine Angaben an einer grossen Anzahl von Objekten zu kontrollieren. In Übereinstimmung mit der neuen Lehre von der frühen Absonderung der Geschlechtszellen von den somatischen Zellen und der Existenz eines nachfolgenden Zusammenhanges der ersten Genitalzellen mit den späteren Eiern und Spermien in (Gestalt der sogenannten Keimbahn könnte man in der Ent- wickelung der Geschlechtsdrüsen und Zellen einzelne Perioden unterscheiden. Die erste Periode — dieStamm-oderVor- geschichte der Genitalzellen — fängt mit der ersten Absonderung der Geschlechtszellen an und dauert bis zur For- mierung der Geschlechtsdrüsenanlage in Gestalt des sogen. Über die Urgeschlechtszellen bei Säugetieren. 607 Keimepithels. Die zweite Periode — die Ausbildung der Keimdrüsenanlage dauert von der Bildung des Keim- epithels bis zur Erscheinung der specifischen Geschlechts zellen: Ursamenzellen oder Ureier. Die dritte Periode ist die Oo. und Spermatohistogenese. Die letzte der drei Perioden ist am meisten erforscht worden. Es ist hier schon längst der Zusammenhang der Ur- samenzellen und Ureier, die im Anfange dieser Periode auf- treten, mit den späteren Eiern und Spermien verfolgt worden. Was die zweite Periode anbelangt, so ist sie das Dunkelste in der Entwickelungsgeschichte der Geschlechtsdrüsen und eine Reihe von Fragen bleibt hier noch unbeantwortet. So ist es z. B. nicht klar, ob die sogen. Primordialeier Waldeyers gänzlich in die Ureier und Ursamenzellen übergehen, wie man es gewöhnlich annimmt, oder ob aus ihnen auch noch andere Zellen der Geschlechtsdrüse entstehen (Skrobansky [25]). Diese grossen Zellen können, besonders bei der Entwickelung der männlichen Geschlechtsdrüse, ihr charakteristisches Aus- sehen so ändern, dass es ein Ding der Unmöglichkeit wird, sie von anderen Zellen zu unterscheiden (Rouget, Felix [11]. Das gab die Veranlassung vom Verschwinden aller (Michalkowics [14]) oder einiger Zellen (Allen [2]) und vom Entstehen einer neuen Generation der Genitalzellen zu sprechen. Die Mehrzahl der Autoren stimmen jedoch in der Ansicht überein, dass die grossen Zellen, die in den frühesten Stadien der Entwickelung zu beobachten sind und unter den Namen Primordialeier, Ureier, Sexualzellen, Urkeimzellen, Geschlechts- zellen usw. bekannt sind, direkt oder indirekt in engster Ver- bindung mit den späteren Geschlechtszellen stehen. Nur in der letzten Zeit erwachte der Zweifel daran, dass die grossen Zellen wirklich die primären Geschlechtszellen seien und dass sie mit den Ureiern und Ursamenzellen der späteren Stadien genetisch zusammenhängen. 608 W. RUBASCHKIN, Diese Frage ist natürlich von grosser prinzipieller Wich- tigkeit, da die Verneinung der Bedeutung der Ureier als der primären Geschlechtszellen die Vorstellung von der Keimbahn so verändert, dass dadurch die Lehre von der Ununterbrochen- heit der Generationen der Genitalzellen selbst zu grunde ge- richtet wird. Deshalb will ich die Untersuchungen, welche diese Frage anregien, näher betrachten, namentlich die vor kurzem er- schienenen Arbeiten von Winimarterund Sainmont [27]), die sich ganz bestimmt gegen die Anerkennung der grossen Zellen im Keimepithel als der primären Geschlechtszellen äusserten. Die Zellen, welche während der Entwickelung der Geschlechtsdrüse bei einigen Tieren früher, bei anderen später auftreten und die von verschiedenen Autoren (Wood [28]), Beard [4-5], Allen [1-3], Nussbaum [18], Rubasch- kin [20]) in letzter Zeit beschrieben worden sind, werden von Winiwarter und Sainmont für Elemente erklärt, die mit den späteren Genitalzellen (Ureiern) nichts Gemeinsames haben, sondern nur temporär hypertrophische gewöhnliche Zellen des Peritonealepithels oder der Geschlechtsstränge darstellen. Winiwarter und Sainmont sind der Ansicht, dass diese grossen hypertrophierten Zellen nur ein ephemeres Dasein haben (la duree ephömere) ; bei der Katze erscheinen sie am 34. Tage post coit. (gegen 3,5 cm nach Sainmont [24|) und verschwinden am 48.—50. Tag p. c., d. h. kurz vor der Ge- burt. Sie bestätigen damit die früheren Angaben von Saın- mont(28) selbst, dass die Ureier vor der Differenzierung des Geschlechts überhaupt nicht zu bemerken seien. Da bei diesem Verschwinden der grossen Zellen keine klaren Beweise ihrer Degeneration zu finden sind, so nehmen Winiwarter und Sainmontan: „que ces elöments constituent une forme hyper- trophique passagere des cellules ordinaires“ (p. 42). Die Eier entstehen später unabhängig von den grossen Zellen durch Über die Urgeschlechtszellen bei Säugetieren. 609 Dilferenzierung der Zellen der „cordons medullaires“. Nach Wıniwarter und Saimont ist also das Auftreten der grossen Zellen eine mehr oder weniger zufällige Erscheinung, und so viel es die Katze anbetrifft, treten sie sehr spät auf und existieren eine nur kurze Zeit. Die Dauer einer solchen „hyper- trophie passagere“ wird genau angegeben (34—38 Tage p. c.). Wenn man diese Angaben von Winiwarter und Sain- mont annehmen würde, müsste man die Katze als Aus- nahme unter den Tieren betrachten, da es, wie bekannt, bei anderen Tieren bewiesen ist, dass sich das Keimepithel mit seinen grossen Zellen vor der Umwandlung der indifferenten Anlage in den Eierstock oder in die männliche Geschlechts- drüse formiert. Was die Genauigkeit der Bestimmung der Zeitperiode, während welcher man die Hypertrophie der Zellen im Gebiet der Geschlechtsdrüsenanlage bei den Katzenembryonen bemerkt, anbelangt, so gehen hier meine Beobachtungen mit denjenigen von Winiwarter u. Sainmont gänzlich auseinander. Wie es meine Serien zeigen, formiert sich das Keimepithel mit seinen grossen Zellen in Wirklichkeit schon viel früher, als es Winiwarter und Sainmont annehmen. Bei Katzenembryonen sieht man vor der Geschlechts- differenzierung (Katzenembryonen von 1,1 cm, 1,0 cm, 0,9 cm Länge) in der Geschlechtsanlage sehr deutlich grosse Zellen, welche denselben Charakter haben wie die Ureier anderer iere. | Auf der ersten Abbildung (Fig. 1, Taf. 47/48) ist ein Teil eines Schnittes durch die Geschlechtsdrüsenanlage eines Katzen- embryo von 1,1 cm dargestellt. Die Anlage der Drüse, die eine Verdiekung der medialen Wand des W olffschen Körpers bildet, besteht aus gewuchertem Epithel und einigen darunter gelegenen Zellschichten in Gestalt von noch nicht ganz differen- zierten Strängen. 610 W. RUBASCHKIN, Dem allgemeinen Aussehen nach steht sie derjenigen, welche auf der IV. Tafel, 9. Zeichnung von Sainmont dar- gestellt ist, recht nahe und entspricht einem 24 Tage alten Embryo. In diesem Stadium sollen nach Sainmont: „les cellules des formations epitheliales ont toutes les m&mes carac- teres et possödent toujours des limites bien nettes. Nous n’avons jamais rencontre parmi elles des cellules plus volumineuses, les oeufs primordiaux de Waldeyer, ni dans la couche epithsliale periphörique, ni dans les cordons epitheliaux pro- fonds“ (p. 83). Wie die erste Abbildung zeigt, finde ich an meinen Prä- paraten in diesem Stadium unter den Zellen des Peritoneal- epithels und ebenso in den tiefer liegenden Strängen ganz deut- liche grosse ruhende Zellen. Sie bestehen aus einem hellen Zellkörper und einem grossen bläschenförmigen Kern, welcher arm an Chromatin ist und ein grosses Kernkörperchen besitzt. Diese Zellen stellen hier keine Ausnahme vor, denn sie sind überall in der Geschlechtsdrüsenanlage in bedeutender Zahl vorhanden. Bei einem Embryo von 91/,mm besteht die mediale Ober- fläche des Wolffschen Körpers aus zwei bis drei Schichten von Zellen und die Keimdrüsenanlage entspricht im allgemeinen dem Stadium, welches von Sainmont auf der Fig. 2, S. 4 (22 Tage p. ce.) abgebildet ist. Wie in dem früher beschriebenen Stadium findet man auch hier an verschiedenen Stellen des Epithels grosse Ähnlich gestaltete Zellen, die den Primordial- eiern Waldeyers völlig entsprechen. Dasselbe gilt auch für den 0,9 em grossen Embryo mit dem Unterschiede, dass, der schwachen Entwickelung des ganzen Embryo entsprechend, auch das Keimepithel wenig ausgebildet ist. Auch hier findet man die grossen Zellen im Keimepithel und ausserhalb desselben. Wie es weiter gezeigt werden wird, sind in noch viel Über die Urgeschlechtszellen bei Säugetieren. 611 früheren Stadien solche grossen Zellen im Gebiet des Keim- epithels vorhanden. In jüngeren Stadien kommen sie wohl spärlicher vor, in den späteren aber findet man sie in immer grösserer Menge. Diese Angaben zeigen, dass die Katze keine Ausnahme unter den anderen Säugetieren vorstellt, wie es die Unter- suchungen von Sainmont und Winiwarter und Sain- mont beweisen sollten. Bei der Katze erscheinen diese „hypertrophierten‘ Zellen ebenso früh wie bei anderen Tieren, d. h. lange vor Differen- zierung des Geschlechts. Winiwarter und Sainmont ist es nicht gelungen, diese Zellen in jüngeren Stadien zu unter- scheiden. Das gab ihnen die Veranlassung zur Annahme eines fehlerhaften Termins ihrer Erscheinung bei der Katze. Es muss anerkannt werden, dass die Existenz der grossen Zellen nicht von solcher kurzer Dauer ist, wie es Winiwarter und Sainmont beweisen wollen, sondern dass sie eine recht lange, von den allerjüngsten Entwickelungsstadien anfangende Periode einnimmt. Der Umstand, dass Winiwarter und Sainmont die beschriebenen Zellen in früheren Perioden, in denen sie in Wirklichkeit schon erscheinen, nicht erkennen konnten, zwingt uns auch die weitere Behauptung von Wini- warter und Sainmont von dem zweiten Termin, welcher das Verschwinden der grossen Zellen in späteren Entwickelungs- stadien bestimmt, mit Vorsicht aufzunehmen. Die Voraussetzung des Verschwindens der grossen Zellen, der Urgeschlechtszellen, aus der Keimdrüsenanlage, während der Differenzierung derselben, muss man mit grösster Vor- sicht aufnehmen, da sich gerade in dieser Zeit die Bedingungen erfüllen, welche ein Verschwinden dieser Zellen vortäuschen können. Wie nämlich manche Beobachtungen an niederen Tieren (Selachiern) und unter anderem meine eigenen an Vogel- embryonen zeigen, bleibt die Zahl der Urgeschlechtszellen bis 612 W. RUBASCHKIN, zur Bildung der Keimdrüsenanlage, des sogenannten Keim- epithels, annähernd unverändert. Bei Entenembryonen ist die Zahl der Urgeschlechtszellen bis zum Ende des vierten Tages 84-86. Von dem fünften Tage an beginnt eine rasche Ver- mehrung der Zellen, so dass ihre Zahl sich schnell verdoppelt und dann weiter noch höher steigt. Zu derselben Zeit lassen sich auch die ersten Mitosen in den Urgeschlechtszellen be- obachten. Während einer kurzen Frist formiert sich die An- lage der Keimdrüse, die als eine ansehnliche Verdickung an dem medialen Teil des Wolffschen Körpers erscheint und aus einer grossen Anzahl von Zellen besteht. Zugleich mit der Vermehrung der Gesamtzahl der Zellen, die die Keim- drüsenanlage bilden, ist die Verminderung der Zahl der grossen Zellen zu konstatieren. Besonders tritt dies bei der Bildung der männlichen Drüse hervor. Wenn wir dieses rasche Anwachsen der Zellenzahl in der Keimdrüsenanlage in Betracht ziehen, so liegt die Vermutung sehr nahe, dass die späteren Generationen der Urgeschlechlts- zellen eine genügende Grösse gerade infolge ihrer raschen Ver- mehrung nicht erlangen können und dass sie dadurch das am meisten charakteristische Merkmal, nämlich die bedeutende Grösse des Zelleibes und des Zellkerns verlieren. Wenn wir die Richtigkeit der Behauptung von Wini- warter und Sainmont von dem ephemeren Dasein der grossen Zellen nicht anerkennen, so müssen wir damit eo ipso auch ihre Vorstellung von der Natur der grossen Zellen, als von solchen, die sich bloss im Zustande einer „Hyper- trophie passagere“ befinden, ablehnen. Es muss noch darauf hingewiesen werden, dass das Er- scheinen der grossen Zellen an verschiedenen Stellen des Embryo einer gewissen Regelmässigkeit unterworfen ist. Wie die Beobachtungen über die Entstehung der Ge- schlechtszellen bei niederen Wirbeltieren (Beard u. a.) zeigen, Über die Urgeschlechtszellen bei Säugetieren. 613 findet man diese Zellen in verschiedenen Entwickelungsstadien an verschiedenen wechselnden Stellen des embryonalen Körpers. Das Verschwinden der Zellen an einer Stelle häng! mit dem Erscheinen derselben an einem anderen Ort zusammen. So zum Beispiel findet man sie bei den Vögeln anfangs nur ın der Splanchnopleura, später im Gekröse und schliesslich ım Epithel des Wolffschen Körpers. Mit der Erscheinung und der Anhäufung der Zellen im Epithel vermindert sich pro- gressiv ihre Zahl im Mesenterium (Rubaschkin). Wie es weiter angegeben wird, findet auch bei Säugetieren dasselbe statt. Nach Winiwarter und Sainmont müsste man also die Hypothese aufstellen, dass bald diese, bald jene Zellen im Embryo immer an bestimmten Stellen und in bestimmten Ent- wickelungsstadien der „temporären Hypertrophie“ unterliegen und dass sich also entsprechend der Stadiumverschiedenheit auch die Neigung der Zellen zur Hypertrophie verändert. Bald sollten gewisse Zellen des Entoderms resp. des Mesoderms hypertrophieren, bald die des Mesenteriums oder des retro- peritonealen Gebietes, endlich sollte sich diese Neigung zur Hypertrophie ausschliesslich in den Zellen der Geschlechls- drüsenanlage offenbaren. Das alles ist aber mit der Vorstellung von der „Hypertrophie passagere‘“ selbst gar nicht zu vereinen, denn die letztere bloss als eine mehr oder weniger zufällige Erscheinung betrachtet werden muss. Indem ich die ganze Wichtigkeit der von Winiwarter und Sainmont berührten Frage anerkenne, kann ich folg- lich ihre Beweise doch keineswegs für einwandfrei erklären und halte ihre Vermutung von einer Unterbrechung der Keim- bahn zwischen den primordialen und späteren Geschlechts- zellen für unwahrscheinlich. Was nun die früheste, erste Periode anbetrifft, so lasse ich hier die Wirbellosen, bei welchen sich die Geschlechtszellen in vielen Fällen schon sehr früh absondern (Sagitta, Copepoden, 614 W. RUBASCHKIN, Ascaris) und sich mit grosser Bestimmtheit bis zu den späteren Stadien verfolgen lassen, beiseite. Bei den Wirbeltieren sind in dieser Beziehung noch be- deutende Lücken vorhanden. Eigenmann (9) konnte nur bei dem Cymatogaster die ersten Geschlechtszellen bis zu den frühesten Entwickelungsstadien verfolgen und nahm an, dass sie noch während des Furchungsprozesses sich ab- sondern. Bei den anderen Wirbeltieren kann man einen ähnlichen Ursprung der Geschlechtszellen nur theoretisch mit einiger Wahrscheinlichkeit annehmen; in Wirklichkeit werden die Geschlechtszellen als solche erst viel später erkennbar. Bei den Selachiern (Wood, Beard, Allen) und Rep- tilien (Allen) erscheinen sie zuerst ausserhalb der Geschlechis- drüsenanlage im inneren Keimblatt und von da wandern sie ins Gebiet der Geschlechtsdrüsenanlage hinüber. Bei den Am- phibien (Bouin, Allen), Knochenfischen (Fedorow [10]) und bei Vögeln (Nussbaum, Rubaschkin) werden sie im Embryo erst viel später‘ bemerkt; bei Amphibien im dorsalen Abteil des Darms, bei den Fischen und Vögeln in der Splanchnopleura. Die Schlussfolge, welche man folglich aus den zurzeit vorhandenen Angaben bekommen kann, ist die, dass die primären Geschlechtszellen (alle oder zum Teil?) ausserhalb der Geschlechtsdrüsenanlage entstehen und hier- her erst secundär gelangen, indem sie aus den mehr oder weniger weit von der Geschlechtsdrüsenanlage entfernten Teilen des Embryos in dieselbe übersiedeln. In bezug auf die Säugetiere gibt es bis jetzt keine genaueren Angaben über Befunde von Geschlechtszellen ausserhalb der Geschlechtsdrüsenanlage. Prinzipiell wird ja die Möglichkeit derselben Beziehungen, wie bei anderen Tieren, zugelassen. Tatsachen aber, welche diese Annahme bestätigen würden, fehlen. Über die Urgeschlechtszellen bei Säugetieren. 615 So sagt Waldeyer (26): „die Frage, ob bei Menschen und den Säugetieren nicht auch besondere Geschlechtszellen vor- handen wären, die sich zu Ursamenzellen einerseits, zu den Ureiern andererseits fortentwickeln, ist bis jetzt kaum berührt worden; jedenfalls liegen noch keine Befunde und speziell hierauf gerichtete Untersuchungen vor.“ Bühler (11) weist in der grossen gemeinschaftlich mit Felix ausgeführten Arbeit von der Entwickelung der Uro- genitalien darauf hin, dass — die Genitalzellen bei den Säuge- tieren erst einige Zeit nach Anlage der Genitalfalte erkennbar sind.... und dass eine Zurückführung auf Furchungszellen demnach für die Geschlechtszellen der Säugetiere hier zur Zeit unmöglich ist. Sie stammen nach Bühler ausnahmsweise von den Cölomzellen her, sind also den sekundären Genital- zellen bei anderen Wirbeltieren gleichzustellen. Gurwitsch (12) erkennt grundsätzlich die Existenz der gleichen Beziehungen der Keimzellen bei Säugetieren an, sagt aber, „dass die ersten Genitalzellen ganz zuerst innerhalb des Keimepithels der deutlich ausgesprochenen Geschlechtsleiste zu bemerken sind, ohne dass man imstande wäre, über ihre Vorgeschichte im embryonalen Körper irgend einen Aufschluss zu erlangen 1)“. Es sind nur zufällige Beobachtungen über einzelne grosse Zellen gemacht worden, die den Ureiern von Waldeyer ähn- lich sehen, aber sich ausserhalb der Geschlechtsdrüsenanlage sich befinden. So sahen Paladino (19) und Nagel (16) bei mensch- lichen Embryonen ähnliche Zellen im Gebiete des verdickten Epithels am äusseren Teile des Wolffschen Körpers (Nagel) und ım Mesenterium (Paladino). Coert (7) sah, schein- 1) In der neuen russischen Auflage seines Werkes schliesst Gurwitsch auch die Säugetiere in die Zahl der Tiere ein, deren Geschlechtszellen ausser- halb der Geschlechtsdrüsenanlage entstehen. 616 W. RUBASCHKIN, bar, ebenfalls Genitalzellen ausserhalb der Greschlechtsdrüsen- anlage, denn er spricht von Zellen, die den Urgeschlechts- zellen ähnlich sind, aber ausserhalb des Keimepithels ge- legen sind. Der Umstand, dass bis zur letzten Zeit keine genauen An- gaben über die Vorgeschichte der Genitalzellen bei den Säuge- tieren gemacht worden sind, kann durch die besonders grossen Schwierigkeiten erklärt werden, die die Erforschung des Ur- geschlechtszellen gerade bei den Säugetieren, wie auch überhaupt bei den höheren Wirbeltieren bietet. Bei anderen Tieren (Selachiern, Amphibien, Reptilien) sind die Geschlechts- zellen sehr leicht an ihren specifischen Besonderheiten zu er- kennen — an der aulfallenden bedeutenden Grösse und am reichen Gehalt an Dotterkörnchen, die sie im Laufe einer langen Zeil bewahren. Deshalb sind sie hier auch schon vor verhältnismässig langer Zeit gefunden und bis zu den frühsten Entwickelungs- stadien verfolgt worden (Wood, Beard, Allen, Nuss- batimue an) Bei Vögeln stossen wir in dieser Beziehung zum ersten Mal auf Schwierigkeiten, denn bei ihnen fehlt der eigenartige Reich- tum dieser Zellen an Dotterkörnchen, der bei niedrigeren Tieren vorhanden ist. Zur Unterscheidung bleibt hier nur die be- deutende Grösse der Geschlechtszellen, der Bau des Kernes und ihr allgemeines Aussehen. Daher sind die die Vögel be- treffenden Angaben der Autoren viel spärlicher und es ist bis jetzt noch nicht gelungen, bei ihnen die Genitalzellen bis zu den frühesten Stadien zu verfolgen. In dieser Beziehung verhält es sich ähnlich auch bei den Säugetieren. Da das Hauptziel meiner Arbeit darin gipfelt, die Zellen, die zu einer bestimmten Zeit in der Keimdrüsenanlage als Über die Urgeschlechtszellen bei Säugetieren. 617 primäre Geschlechtszellen auftreten, bis zu möglichst jungen Stadien zurückzuverfolgen, so scheint es mir vorteilhafter, bei der Darlegung der diesbezüglichen Befunde dem natürlichen Gange der Arbeit zu folgen und mit den späteren Stadien an- zufangen, in denen die sogenannten Ureier Waldeyers zweifellos zu erkennen sind. Bevor ich zur Schilderung meiner Befunde über die Lage der Urgeschlechtszellen bei Embryonen verschiedenen Alters übergehe, möchte ich diese Zellen zuerst im allgemeinen be- schreiben, besonders zur Zeit ihres Erscheinens in der Ge- schlechtsdrüsenanlage als Ureier. Das ist in der Beziehung besonders wichtig, weil wir hier die Kennzeichen feststellen müssen, an denen wir die Urgeschlechtszellen in den früheren Stadien erkennen werden, wo sie sich ausserhalb der Ge- schlechtsdrüsenanlage befinden. In den späteren Stadien (Embryonen vom Kanin- chen 153 Tage, vom Meerschweinchen 10 mm, von Katzen 11 mm), in denen die Geschlechtsdrüsenanlage deut- lich als Verdickung der Oberfläche des W olffschen Körpers hervortritt und aus mehreren Schichten von Zellen besteht, sind an ihrer Oberfläche und in ihren tieferen Schichten charak- teristische Zellen zu sehen. Sie unterscheiden sich von den anderen Zellen der Anlage durch ihre Grösse, den Bau ihres Kerns und ihre tinktoriellen Eigenschaften. Das sind die sogen. primären Geschlechtszellen (Fig. 1 u. 2, Taf. 47/48). Ihre Kerne sind von bedeutender Grösse: zwei-, dreimal so gross wie die Kerne der benachbarten anderen Zellen. Die Form des Kerns ist rund und sein Umriss nicht scharf begrenzt. Der Kern ist dem inneren Bau nach den „noyaux deutobroques‘“ von Winiwarter sehr ähnlich. Er scheint arm an Chromatin zu sein und sieht deshalb hell aus. Durch den ganzen Kern zieht ein zartes Achromatinnetz, in dem sehr spärliche kleine Chromatinkörnchen zerstreut liegen. Im Kerne befindet sich grösstenteils nur ein Kernkörperchen. Der Zellkörper ist bei den Urgeschlechtszellen fast immer stark entwickelt und an gut fixierten, besonders an in Celloidin eingebetteten Präparaten bildet er um den Kern herum einen breiten Saum. In späteren Stadien, in denen die Urgeschlechtszellen inmitten anderer Zellen der Geschlechtsdrüsenanlage liegen, sind sie von kugel- förmiger Gestalt. Wenn sich die Genitalzellen in früheren Stadien im Mesenchym befinden, ist ihre Form nicht selten unregelmässig. Der Zellkörper der Geschlechtszellen ist zartkörnig; dieser ist bei einigen Tieren stärker (Katze, Maulwurf), bei anderen schwächer (Meerschweinchen, Kaninchen) ausgeprägt. Der Zell- körper bleibt nach dem Fixieren in Zenkerscher Flüssigkeit und der Färbung nach Heidenhein (Eisen-Hämatoxylin) fast farblos und einförmig, da seine Körnchen sich nicht färben. Im Protoplasma sind nicht selten, besonders in früheren Stadien, kleine Vacuolen zu sehen, welche gruppenweise an verschiedenen Stellen der Zelle angehäuft sind. Im Zellproto- plasma sieht man bei dieser Färbung auch die Centriolen ganz deutlich. Sehr charakteristisch ist das Verhalten dieser Zellen zur Farbenmischung Eosin-Azur. Nach dem Fixieren in Zenker- scher Flüssigkeit und dem Färben mit Eosin-Azur färbt sich der Zellkörper recht schwach, was besonders bei schwacher Differenzierung des Präparates durch Alkohol hervortritt. Im letzten Fall erscheinen alle Mesenchym- und Epithelzellen stark dunkelblau gefärbt, und auf diesem dunkelblauen Grunde treten auch bei schwacher Vergrösserung die hellgefärbten Geschlechts- zellen deutlich hervor. Bei gewöhnlicher stärkerer Differen- zierung ist die Färbung des Zellkörpers der Geschlechtszellen noch viel schwächer als diejenige aller anderen Zellen. Die Kerne verhalten sich ebenfalls anders zu den Farben als die Kerne der übrigen Zellen. Die Kerne der Epithel- und Mesen- Über die Urgeschlechtszellen bei Säugetieren. 619 chymzellen färben sich mit Eosin-Azur dunkelblau, während die der primitiven Geschlechtszellen einen rötlichen Ton an- nehmen. Die ganze Kernmasse färbt sich rötlich mit Aus- nahme des Kernkörperchens, das blau gefärbt wird. Diese Besonderheit in der Färbung der Kerne gibt den Zellen ein sehr eigenartiges Aussehen, wodurch sie sich scharf von anderen Zellen unterscheiden lassen. Wenn die beschriebenen grossen Zellen in einer schon genügend entwickelten Geschlechtsdrüsenanlage vorkommen, dann ist es nicht schwierig, sie von den anderen Zellen auch mit gewöhnlichen Methoden zu unterscheiden. In den früheren Entwickelungsstadien aber, in denen man es mit Zellen zu tun hat, die ausserhalb der Geschlechtsdrüsenanlage liegen, ist es bei anderen Färbungen leicht möglich, sie mit anderen, ihnen ziemlich ähnlichen Zellen zu verwechseln. So weist Segw. Minot (15) auf die Möglichkeit der Verwechslung der Ureier Waldeyers mit gewöhnlichen Zellen verschie- dener Art hin, deren Umfang durch beginnende Mitose ver- grössert erscheint. Nach S. Minot haben die Zellen, welche unter dem Namen der Ureier beschrieben worden sind, nichts Gemeinsames mit den Geschlechtszellen, sondern sie stellen nichts anderes vor, als gewöhnliche Zellen, die infolge des Übergangs in den Teilungszustand vergrössert sind. Diese Angaben von S. Minot, mit denen auch Sain- mont einverstanden ist, sind eigentlich gegen die Anerkennung derjenigen grossen Zellen als Geschlechtszellen gerichtet, die ausserhalb der Geschlechtsdrüsenanlage in früheren Ent- wickelungsstadien von vielen Autoren beobachtet worden sind. Soweit es sich aber auf die früheren Stadien bezieht, sind diese Angaben nur von geringer Bedeutung, da die Geschlechts- zellen zu dieser Zeit überhaupt keine Neigung zur Teilung offenbaren. Wie die Beobachtungen von Wood, Beard u.a. zeigen, Anatomische Hefte. I. Abteilung. 119, Heft /39. Bd., H. 3). 41 620 W. RUBASCHKIN, bleiben die Zellen, welche von ihnen als primäre Geschlechts- zellen beschrieben worden sind, längere Zeit in vollkommener Ruhe und teilen sich nicht. Ähnlich verhält es sich nach meinen Befunden auch bei den Vögeln, bei denen die Karyokinese in den Geschlechts- zellen erst dann einsetzt, wenn die Geschlechtsdrüsenanlage bereits im Begriff steht, sich deutlich zu formieren (bei der Ente am fünften Tage). Bei den Säugetieren beobachtet man in den Geschlechts- zellen, so lange sie sich ausserhalb der Keimdrüsenanlage be- finden, keine Mitosen. Erst in viel späteren Stadien (bei Kanin- chen nach dem 12. Tage) bemerkt man Teilungen in ihnen. Auch Skrobansky weist darauf hin, dass die Teilung der „grossen kugelförmigen Kerne“ bis zu einem verhältnis- mässig spätem Stadium nicht zu konstatieren sei (d cm langer Schweineembryo). Damit wird die Vermutung von S. Minot, dass die Zellen, die man für extraregionäre Urgeschlechtszellen hält, gewöhnliche in Teilung sich befindliche Zellen seien, widerlegt. Diejenigen Zellen, welche als Urgeschlechtszellen im Keimepithel und ausserhalb desselben beschrieben worden sind, geben in frühen Stadien der Entwickelung keine Kenn- zeichen der Karyokinese und ihre Kerne befinden sich in vollkommenem Ruhezustande. Die Möglichkeit einer Verwechslung der primären Ge- schlechtszellen mit sich in Teilung befindenden gewöhnlichen Zellen ist im allgemeinen nicht gross; wenn man aber die Be- schaffenheit des Protoplasmas der primären Geschlechtszellen und ihre tinktoriellen Besonderheiten in Betracht zieht, so ist diese Möglichkeit schon ganz und gar ausgeschlossen. Die Natur der grossen Zellen, die in früheren Entwickelungsstadien in oder ausserhalb des Keimepithels gelegen sind und Merk- male des Teilungsprozesses darbieten, bleibt immer zweifel- haft. Sie können für primäre Genitalzellen jedenfalls nur dann Über die Urgeschlechtszellen bei Säugetieren. 621 gehalten werden, wenn alle anderen Eigenschaften der Ge- schlechtszellen vorhanden sind. Schwieriger ist es, die Geschlechtszellen von den grossen Lymphocyten zu unterscheiden; das gilt eigentlich von den Stadien, in denen die primären Geschlechtszellen ausserhalb der Geschlechtsdrüsenanlage liegen. Bei der Mehrzahl der ge- wöhnlichen Färbungen kann man sie voneinander nur durch die Verschiedenheit der Kernstruktur unterscheiden. Bei den Lymphocyten sind die Kerne chromatinreicher als bei den Geschlechtszellen und das Chromatin ist viel regelmässiger in Gestalt zahlreicher Körnchen im Kerne verteilt. Eine ge- nauere Unterscheidung dieser Zellen ist aber nur durch die ‘ärbung mit Eosin-Azur (nach Fixierung in Zenkerscher Flüssigkeit) möglich, weil das Verhalten der primitiven Genital- zellen und der Lymphocyten zu derselben ganz verschieden ist. Das Protoplasma der ersten bleibt fast farblos oder nimmt eine schwache rot-blaue Farbe an, während das Protoplasma der Lymphocyten eine deutliche Basophilie zeigt und sich dunkel- blau färbt. Diese Differentialfärbung ist in vielen Fällen von ausschlaggebender Bedeutung. Auf den oben angezeigten Stadien finden wir die primären Geschlechtszellen fast ausschliesslich im Gebiete der Geschlechts- drüsenanlage. Nur einzelne sehr spärliche Zellen treten bei den Embryonen dieses Alters ausserhalb der Geschlechts- drüse auf. Kaninchenembryonenvonl1l2Tagen,11 Tagen, Embryonen vom Meerschweinchen 3 mm, 6 mm Länge, vom Maulwurf 6 mm und 5 mm, von der Katze 7 mm und 5 mm (Fig. 3, 4, 5, 6, Taf. 47/48). Bei den älteren Embryonen dieser Gruppe (Embryonen vom Kaninchen 12 Tage, vom Meerschweinchen 8 mm, vom Maulwurf 6 mm, von der Katze 7 mm) bildet die Region der Geschlechtsdrüsenanlage noch keine deutliche Verdickung an 41* 622 W. RUBASCHKIN, der medialen Oberfläche des Wolffschen Körpers. In diesem Gebiete besteht das Epithel aus einer oder zwei Schichten von Zellen. Dieselben haben eine leicht längliche, eylindrische Form (Fig. 3, Taf. 47/48 u.a.) mitovalen oder rundlichen kleinen Kernen und im Vergleich mit dem Peritonealepithel der be- nachbarten Teile sind die Zellen dieser Oberfläche des W olff- schen Körpers etwas grösser und höher. Unter den Peritoneal- epithelzellen in der Region der Geschlechtsdrüsenanlage kommen ferner Zellen vor, die sich durch ihre ansehnliche Grösse und durch ihre hellen, grossen Kerne von den anderen ‚Zellen scharf unterscheiden. Grösstenteils liegen sie ım Epithel, zwischen seinen Zellen, oder unmittelbar unter dem- selber im Mesenchym. Dem Aussehen und den tinktoriellen Eigenschaften nach (Eosin-Azur) stimmen sie vollkommen mit den Zellen überein, welche oben bei älteren Embryonen in einer schon gebildeten Geschlechtsdrüsenanlage als primäre Ge- schlechtszellen beschrieben worden sind. Bei Untersuchung des Mesenchyms der benachbarten Teile, namentlich des Retroperitonealgebietes und der Mesenterium- wurzel, findet man grosse Zellen, welche denen, die im Peri- tonealepithel der Geschlechtsdrüsenanlage vorkommen, völlig ähnlich sind. Die Fig. 3, Taf. 47/48 stellt einen Schnitt durch einen 12 tägigen Kaninchenembryo vor (Färbung mit Eosin-Azur). Direkt unter den Epithelzellen der medialen Oberfläche des Wolffschen Körpers tritt eine grosse Zelle hervor. Im Ver- gleich mit den benachbarten Zellen des Epithels und des Mesenchyms, die ziemlich stark mit Eosin-Azur gefärbt sind, fällt sie durch ihre schwache, blasse Färbung auf. Der Kern dieser Zelle übertrifft alle anderen durch seine Grösse. Im Protoplasma sind kleine Vacuolen zu sehen. Ausser dieser Zelle sind noch zwei grosse Zellen von denselben Eigen- schaften vorhanden, die aber weiter vom Epithel entfernt sind Über die Urgeschlechtszellen bei Säugetieren. 623 und zwischen den Mesenchymzellen in der Wurzel des Mesen- teriums liegen. Ausser Zellen, die ziemlich weit vom Epithel sich be- finden, wie es auf der Fig. 3 dargestellt ist, findet man die- selben Zellen auch an verschiedenen Stellen im Mesenchym zwischen der Gekrösewurzel und dem Geschlechtsdrüsen- epithel. Auf der Fig. 4, Taf. 47/48 ist ein Schnitt durch einen Meer- schweinchenembryo von 8 mm im Niveau des 22. Segmentes dargestellt. Man sieht zwei grosse Zellen im Epithel des Wolffschen Körpers, zwei andere liegen weiter von ihm zwischen den Mesenchymzellen. Ähnliche Beziehungen zeigen auch andere von mir unter- suchte Tiere. Bei Katzenembryonen von 7 mm und bei Maul- wurfembryonen von 6 mm sieht man die Urgeschlechtszellen im Gebiete des Epithels der Geschlechtsdrüsenanlage; ausser- dem findet man gewöhnliche Zellen auch ausserhalb derselben, vorzugsweise im Mesenchym des Retroperitonealgebietes. Bei jüngeren Embryonen dieser Gruppe (11 tägiges Kanin- chen, Meerschweinchen 6 mm, Maulwurf 5 mm, Katze 5 mm) finden wir im allgemeinen dasselbe. Da sieht man in der Region der medialen Oberfläche des Wolffschen Körpers zwischen den Epithelzellen und unter denselben, wie im oben geschilderten Stadium, grosse Zellen von eigenartigem Aus- sehen und von charakteristischen Eigenschaften. Ähnliche Zellen treten auch ausserhalb des Keimepithels im Mesen- chym auf. Im Vergleich mit den früher beschriebenen Stadien besteht der Unterschied nur in der Topo- graphie dieser Zellen. Hier finden wir sie im Epithel des Wolffschen Körpers überhaupt in bedeutend geringerer An- zahl, dagegen kommen sie im Gekröse viel zahlreicher vor. Ausserdem verteilen sie sich nicht wie bei den älteren Em- bryonen hauptsächlich im Retroperitonealgebiete der Gekröse- 624 W. RUBASCHKIN, wurzel, sondern sie erscheinen häufiger und vorzugsweise in den tieferen Teilen derselben. Die besprochenen grossen Zellen (Textfig. 1, welche eine Kombination zweier Schnitte eines 11tägigen Kaninchenembryo darstellt) befinden sich zu dieser Zeit hauptsächlich zwischen der Mesenteriumwurzel und der dorsalen Darmwand, indem sie sich grösstenteils unter den Zellen des Mesenchyms verteilen und zum Teil im Peritoneal- epithel des Gekröses. Fig. 5 u. 6, Taf. 49/50 zeigen diese Ver- Textfigur 1. Querschnitt durch den Kaninchenembryo von 11 Tagen. Uz Urgeschlechts- zellen. hältnisse beim Meerschweinchen (6 mm) und Katze (5 mm). Alle diese Zellen, die im Gebiete des Epithels der Ge- schlechtsdrüsenanlage und ausserhalb derselben in verschie- denen Teilen des Mesenteriums liegen, sind sowohl nach ihren morphologischen als auch nach ihren tinktoriellen Eigen- schaften untereinander vollkommen identisch und dies weist schon mit genügender Bestimmtheit darauf hin, dass wir es hier mit ein und derselben Art von Zellen zu tun haben, die sich nur in bezug auf ihre topographische Lage unterscheiden. Diese Behauptung wird besonders noch durch den Vergleich der Verteilung der beschriebenen Zellen bei Embryonen von Über die Urgeschlechtszellen bei Säugetieren. 625 verschiedenem Alter bekräftigt. Bei älteren und jüngeren Em- bryonen befinden sich, wie gesagt, die grossen Zellen teils ım Epithel des Wolffschen Körpers, teils im Mesenterium ; doch die Zahl derselben im Epithel und im Gekröse ist bei Em- bryonen von verschiedenem Alter nicht gleich. Im al'gemeinen verteilen sich die grossen Zellen bei Meerschweinchenembryo- nen von 8 mm, Kaninchenembryonen von 12 Tagen, Maulwurf- embryonen von 6 mm, Katzenembryonen von 7 mm in der Weise, dass sie in der cranialen Abteilung der Geschlechts- drüsenanlage fast ausschliesslich im Epithel vorkommen, wäh- rend man sie weiter hinten auch im Mesenterium findet, wobei ihre Zahl in caudaler Richtung immer zunimmt. Das Gebiet der Geschlechtsdrüsenanlage erstreckt sich beim Meerschweinchenembryo von 8 mm vom 15. bis zum 23. Seg- ment. Im Niveau des 15., 16. und 17. Segmentes sieht man eine bedeutende Menge der grossen Zellen (45) im Epithel der medialen Oberfläche des Wolffschen Körpers und unter ihm und nur eine einzige Zelle konnte ich ausserhalb desselben in der Wurzel des Mesenteriums finden. In den mehr caudalen Teilen, vom 18. Segment angefangen, trifft man die grossen Zellen in der Gekrösewurzel öfter und auch im Gekröse selbst. Auf dem Niveau des 21. und 22. Segmentes ist die Zahl der im Epithel und ausser demselben liegenden Zellen annähernd gleich. Beim Maulwurfembryo von 6 mm sieht man vom 15. bis zum 20. Segmente gar keine grossen Zellen ausserhalb der Geschlechtsdrüsenanlage. Nur vom 20. Segment angefangen findet man sie ausserhalb derselben, indem die Zahl der Zellen in caudaler Richtung zunimmt. Das Verhältnis in der Verteilung der beschriebenen Zellen bei den Kaninchenembryonen von 11 Tagen, Meerschweinchen- embryonen von 6 mm, Katzenembryonen von 5 mm, Maulwurf- embryonen von 6 mm unterscheidet sich von demjenigen der 626 W. RUBASCHKIN, oben geschilderten Stadien. Bei Meerschweinchen von 6 mm (33 Segmente) kommen diese Zellen ebenso wie bei Meer- schweinchen von 8 mm vom 15. bis zum 23. Segment vor. Auf der Höhe des 15., 16. und 17. Segmentes, wo bei dem Embryo von 8 mm fast gar keine Zellen ausserhalb der Keim- drüsenanlage zu entdecken sind, treten sie bei dem Embryo von 6 mm in einer ansehnlichen Quantität auf. Die Gesamt- zahl der Zellen, die sich im Epithel des Wolffschen Körpers befinden, ist bei diesem Embryo 26; ausserhalb des Wolff- schen Körpers im Mesenterialgewebe zählte ich 16. Die Zahl der Zellen wird auf den in caudaler Richtung weiterfolgenden Höhen im Mesenterium immer grösser. Auf der Ebene des 18,., 19. und 20. Segmentes ist die Zahl der Zellen im Epithel und der im Mesenterium gleich; im Niveau des 22. und 23. Segmentes übertrifft die Anzahl der letzteren die der ersten. Genau so verhält es sich auch bei Maulwurfembryonen von 5 mm. Zum Unterschiede von dem 6 mm langen Embryo ist hier die Zahl der Zellen im Epithel und im Mesenterium im Niveau des 15. und 16. Segmentes fast gleich (7 und 8); nach hinten zu im Niveau des 17. und 18. Segmentes über- treffen die letzten die ersten am der Zahl (12 und 13). In den mehr caudal liegenden Ebenen wird der Unterschied zugunsten der im Mesenterium sich befindenden Zellen noch viel auf- fallender. | Bei dem zu dieser Gruppe gehörenden Katzenembryo sind die Beziehungen im allgemeinen dieselben, aber mit dem Unterschiede, dass im Epithel des Wolffschen Körpers sehr wenig Zellen vorhanden sind. Nur in den vorderen Partien bis zum 17. Segment kommen spärlich Zellen im Epithel vor. In den mehr caudal liegenden Teilen, vom 17. bis zum 22. Seg- ment, findet man die Zellen ausschliesslich ausserhalb der Geschlechtsdrüsenanlage, hauptsächlich in den tiefer liegenden Schichten des Mesenteriums (Fig. 6, Taf. 47/48). Anatom Helte IAbteilung 119 He (39 Bd Kal Untensitätsdruckerei H.Stürtz A.G. Würzburg, Verlag von J.F Bargmann, Wiesbaden, rg 5 'g ng! Über die Urgeschlechtszellen bei Säugetieren. 627 Wir finden also auf diese Weise in den beschriebenen Stadien die besprocsenen Zellen im Wolffschen Körper- epithel, in der Wurzel des Mesenteriums und im letzteren selbst. Entsprechend ihrem Auftreten an dem einen Ort konstatiert man ihr Verschwinden an einem anderen. Wenn sie demzu- folge im Epithel des Wolffschen Körpers zahlreich vor- handen sind (beim Meerschweinchenembryo von S mm auf Höhe des 15., 16. und 17. Segmentes befinden sich von 46 Zellen 45 im Gebiete der Geschlechtsdrüsenanlage), so trifft man sie in den entsprechenden Teilen des Mesenteriums gar nicht oder fast gar nicht. Im Gegenteil, wenn sie im Epithel spärlicher vorkommen (beim Meerschweinchenembryo von 6 mm be- finden sich von 42 Zellen auf dem Niveau des 15., 16. und 17. Segmentes 26 im Epithel und 16 im Gekröse), dann sind sie in grosser Menge im Mesenterium vorhanden. Ein ähn- liches Verhältnis findet man auch in den caudalen Teilen des Embryo. Hier fällt die Verminderung der Zahl der Zellen im Gekröse mit dem Wachsen derselben in der Geschlechtsdrüsen- anlage zusammen. Alles dieses weist darauf hin, dass wir es wirklich mit ein und denselben Zellen zu tun haben, die sich zu verschiedener Zeit in verschiedenen Orten befinden. Wenn wir die grossen Zellen, welche sich in der Region des Epithels der medialen Oberfläche des Wolffschen Kör- pers befinden, für primäre Geschlechtszellen halten, so müssen wir auch diejenigen, ihnen vollkommen ähnlichen Zellen als solche anerkennen, die ausserhalb der Anlage im Gekröse liegen. Dementsprechend können wir, mit der Terminologie von Felix übereinstimmend, bei den beschriebenen Embryonen erstens „regionäre Geschlechtszellen‘ und zweitens „extraregionäre Zellen“ in verschiedenen Teilen des Mesenteriums unterscheiden. 628 W. RUBASCHKEIN, Die Zahlenverhältnisse der extraregionären und regionären Zeller bei Embryonen verschiedener Art führen uns zur An- erkennung einer Migration der extraregionären Zellen in der Richtung nach dem Gebiete des Epithels des Wolffschen Körpers. Am Anfange der geschilderten Periode erscheinen die primären Geschlechtszellen im Mesenterium in seinen tieferen Teilen. Hierauf durchwandern sie einen ziemlich weiten Weg (besonders beim Kaninchen, bei dem das Gekröse lang ist) im Mesenterium, indem sie sich zwischen den Zellen des Mesenchyms hindurchzwängen und zu den dorsalen Teilen des (tekröses, zu seiner Wurzel gelangen. Schliesslich erscheinen sie im Epithel der medialen Oberfläche des Wolffschen Körpers. Diese Verlagerung tritt für jede einzelne Urgeschlechts- zelle zu verschiedener Zeit ein, so dass in dem Moment, wo einige Zellen ihr Ziel bereits erreicht haben, andere sich noch im Mesenterium auf dem Wege dahin befinden. Es ist wichtig. zu entscheiden, auf welche Weise die Ver- lagerung der primären Geschlechtszellen geschieht; ob sie die Folge einer Verschiebung des entsprechenden Bezirkes des Em- bryo während seines Wachstums ist, oder ob diese Erscheinung aktiver Natur ist und mit Hilfe der amöboiden Bewegungen der Zellen selbst erfolgt. Allem Anscheine nach trifft beides zu, doch geschieht die Verlagerung der Mehrzahl der Urgeschlechts- zellen vorzugsweise durch ihre amöboiden Bewegungen. An Celloidinpräparaten, wo die künstliche Deformation der Zellen bis zum möglichsten Minimum reduziert erscheint, treten die Kennzeichen der amöboiden Bewegungen deutlich hervor. An vielen im Mesenterium liegenden Zellen (Fig. 4, 6, 7, Taf. 47/48) sieht man ganz deutlich, dass ihr Zelleib keine regel- rechte ovale Form besitzt, sondern mit kleinen protoplasmati- schen Vorsprüngen und Ausläufern versehen ist. Dies gibt ihm das Aussehen einer amöboid sich bewegenden Zelle. Nur ist es nicht ganz klar, was mit den Zellen, welche Über die Urgeschlechtszellen bei Säugetieren. 629 auf ihrem Wege im Mesenterium in das Deckepithel des letzteren gelangen, weiter geschieht. Ein Fall ist oben bei einem I1tägigen Kaninchenembryo angegeben. Ähnliches kommt auch bei anderen Embryonen vor. Besonders oft trifft man die primären Geschlechtszellen im Epithel des Gekröses beim Meerschweinchen und Maulwurf, höchst wahrscheinlich wegen der im allgemeinen geringen Grösse des Mesenteriums bei diesen Tieren. Diese Zellen, welche in das Epithel des Mesenteriums hineingeraten sind, nehmen eine sphärische Form an und sehen den Geschlechtszellen, die schon im Epithel der Geschlechts- drüsenanlage liegen, sehr ähnlich. Es ist möglich, dass sie sich in diesen Fällen zusammen mit dem Epithel des Mesen- teriums fortbewegen. Es scheint aber, dass auch die Möglich- keit eines Austretens der Geschlechtszellen wieder in das Ge- webe des Mesenteriums zurück mit nachfolgender weiterer aktiver Fortbewegung nicht ausgeschlossen ist. Jedenfalls ıst eine solche passive Fortbewegungsart der @reschlechtszellen, wenn sie überhaupt vorkommt, von geringerer Bedeutung, denn sie kann sich nur auf einzelne Zellen beziehen. Zudem können die Zellen ins Epithel des Gekröses schliesslich doch nur durch aktive Wanderung aus dem Mesenchym des Mesen- teriums hineingelangen, denn wie es weiter gezeigt werden wird, befinden sich auf jüngeren Entwickelungsstadien im Ge- kröseepithel keine Geschlechtszellen. Der weiteren Schilderung liegen nur Embryonen von Kanın- chen und Meerschweinchen zugrunde, weil es mir vorläufig nicht gelungen ist, eine genügend volle Serie von jüngeren Katzen- und Maulwurfembryonen zu bekommen, die mir die Möglichkeit gegeben hätte, die Verteilung der Urgeschlechts- zellen auch hier Schritt für Schritt zu verfolgen. 630 W. RUBASCHKIN, Kaninchenembryo von 10 Tagen 5 Stunden (Fig. 7, Taf. 47/48 und Fig. 8, Taf. 49/50). Bei diesem Kaninchenembryo (30 Segmente) liegen die primären Geschlechtszellen viel tiefer und viele von denselben sind noch weiter vom Epithel des Wolffschen Körpers ent- fernt. Die regionären Zellen, welche im Epithel des Wolff- schen Körpers erscheinen, kommen hier nur als Ausnahme vor. Die Mehrzahl der Urgeschlechtszellen befindet sich im dorsalen, hauptsächlich aber im ventralen Teile des Mesen- teriums. Die Region der Verbreitung der primären Geschlechts- zellen entspricht hier dem hinteren Darm. Sie kommen von der hinteren Darmpforte an im Mesenterialgewebe vor. Besonders zahlreich treten sie im Gebiete der Coecumanlage und des nach hinten folgenden Abschnittes auf. In dem vorderen Teile der Coecumanlage ist die Verbreitung der Urgeschlechtszellen der jenigen ähnlich, die wir beim 11 tägigen Kaninchenembryo ge- sehen haben. Einen kleinen Teil der Zellen bemerken wir im Epithel des Wolffschen Körpers, am zahlreichsten aber sind sie im Mesenterium. Hier (Fig. 7, Taf. 47/48) sehen wir sie ent- weder zwischen den Mesenchymzellen oder im Peritoneal- epithel des Mesenteriums. Einige von den ausserregionären Zellen befinden sich tief im Mesenterium in der Nähe der dorsalen Darmwand. Etwas weiter nach hinten beobachtet man solch eine tiefe Lage der primären Geschlechtszellen öfters, und vom Gebiete der Coecumanlage angefangen trifft man neben den grossen Zellen im dorsalen Abschnitte des Gekröses eben- solche Zellen in der unmittelbaren Nähe des Darmes, in dem umgebenden Mesenchym. Die Fig. 8, Taf. 49/50 zeigt einen Teil eines Schnittes durch einen Kaninchenembryo von 10 Tagen 5 Stunden im Niveau des 18. Segmentes. Dieser Schnitt ent- hält den Darm und den ventralen Teil des Gekröses. Zwischen Über die Urgeschlechtszellen bei Säugetieren. 631 den Zellen des Mesenchyms, das den Darm umschliesst und unter ihm liegt, finden wir Zellen, welche von allen anderen sich durch ihre Grösse und Form unterscheiden. Das sind Zellen von derselben Art, wie wir sie bei demselben Embryo in den dorsalen Teilen des Mesenteriums als primäre Ge- schlechtszellen beschrieben haben. Die Fig. 8, Taf. 49/50 zeigt, dass einige Zellen verhältnis- mässig weit vom Darmepithel zwischen den Zellen des Mesen- - i =. Textfigur 2. Querschnitt durch den Kaninchenembryo von 10 Tagen 5 Stunden. Uz Urge- schlechtszellen. chyms im Gekröse liegen, andere wiederum erscheinen unmittel- bar unter und dicht neben dem Epithel. Auf diesem Stadium kommen also die primären Geschlechts- zellen teils an denselben Stellen wie in den oben beschrie- benen späteren Stadien vor, teils treffen wir sie an einer neuen Stelle, — in den tieferen Schichten des Mesenteriums, ven- tral vom Darm. Der allgemeine Charakter ihrer Verbreitung ist auf der Textfigur 2 dargestellt. Nun ist die Frage, wo befinden sich die Urgeschlechtszellen in den noch jüngeren Entwickelungsstadien ? 632 W. RUBASCHKEIN, Embryonen vom Kaninchen von 9Tagen 18 Stun- den (22 Segmenten) und vom Meerschweinchen von 4!/, mm (22 Segmenten) (Fig. 9 und 10, Taf. 49/50). Wenn wir bei diesen Embryonen die Region untersuchen, die topographisch derjenigen entspricht, wo wir bei den älteren Embryonen die Urgeschlechtszellen gefunden haben, so finden wir folgende Verhältnisse. Ähnlich, wie es bei dem Kaninchen- embryo von 10 Tagen 5 Stunden (30 Segmente) beschrieben ist, treten die grossen Zellen bei diesen Embryonen in der Umgebung des Darmes auf; einige von ihnen liegen dicht dem Darmepithel an, andere befinden sich in einiger Ent- fernung von demselben zwischen den Mesenchymzellen (Fig. 9, Taf. 49/50). Es ist beachtenswert, dass die Gesamtmenge der ım Mesenchym liegenden Zellen im Vergleich mit den älteren Em- bryonen kleiner zu sein scheint. Ausser den Zellen, die in dem den Darm umgebenden Mesenchym liegen, lassen sich ganz ähnliche Zellen in einem anderen Ort, nämlich im Darmentoderm entdecken. Die Unter- suchung des Darmepithels selbst zeigt eine ganz eigentüm- liche Zusammensetzung desselben. Zwischen den cylindrischen Epithelzellen mit den kleinen, zum Teil runden, zum Teil ovalen Kernen, treten in einer grossen Anzahl grosse Zellen hervor, deren Aussehen sehr charakteristisch ist und dem Aussehen der im Mesenchym liegenden Zellen vollkommen entspricht. Sie lassen sich durch ihre grossen Dimensionen, durch ihre grossen Kerne mit grossen Kernkörperchen und durch das spezifische Verhalten zur Eosin-Azurfärbung ganz leicht von den Epithelzellen des Darmes unterscheiden (Fig. 10, Taf. 49/50). Bei der Eosin-Azurfärbung bleibt nämlich der Zelleib dieser Zellen fast ungefärbt, während die Körper der Epithelzellen sich tief blau färben. Der Kern nimmt bei dieser Färbung eine rötliche Farbe ein. Wir finden also bei diesen im Darm- entoderm liegenden grossen Zellen alle Merkmale, welche den Über die Urgeschlechtszellen bei Säugetieren. 633 Urgeschlechtszellen der oben beschriebenen Stadien eigentüm- lich sind. Die Identität dieser grossen im Darmentoderm liegenden Zellen mit denen, die ausserhalb desselben im Mesenchym sich befinden, lässt auch noch daraus erkennen, dass man Beweise dafür finden kann, dass die letzteren aus den ersten entstehen. Man beobachtet nämlich nicht selten Erscheinungen der Migration an den grossen Zellen; sie wandern aus dem Entoderm in das umgebende Mesenchym. Ausser Zellen, die dem Epithel dicht anliegen, wie es auf Fig. 10 ersichtlich ist, trıfft man auch solche Zellen, deren Zelleib mit einem Teil noch im Epithel liegt, während er mit einem anderen schon aus dem Epithel hervorragt, d. h. man findet Zellen, die gerade im Moment ihrer Emigration aus dem Darmepithel fixiert sind. Was nun die Verteilung dieser grossen Zellen anbelangt, so unterscheiden sich diese beiden Embryonen voneinander. Obwohl die beiden Embryonen eine gleiche Zahl von Seg- menten besitzen ‚unterscheiden sie sich doch voneinander durch ihre Gesamtentwickelung. Der Embryo vom Meerschwein- chen ist etwas weiter entwickelt als der vom Kaninchen und er steht im Vergleich mit den Kaninchenembryonen in der Mitte zwischen dem Kaninchenembryo von 10 Tagen 5 Stun- den (30 Segmente) und dem von 9 Tagen 18 Stunden (22 Seg- menten). Bei dem Meerschweinchenembryo mit 22 Segmenten ist das Mesenterium schon gebildet und der Enddarm liegt etwas entfernt von der hinteren Rumpfwand. Der Darm ist schon fast auf der ganzen Ausdehnung geschlossen. Bei dem Kaninchenembryo mit 22 Segmenten ist das Mesenterium noch fast gar nicht entwickelt und der Enddarm liegt in Gestalt eines Rohres der hinteren Rumpfwand an. Der Darm ist von der Mitte des 10 bis zur Mitte des 12. Segmentes offen. Dem Unterschied im Entwickelungsgrad entsprechend tritt ein Unterschied auch in bezug auf die Topographie der beschrie- 634 W. RUBASCHKIN, benen grossen Zellen hervor. Bei dem Meerschweinchenembryo mit 22 Segmenten findet man diese Zellen in der Region vor der Coecumanlage und im Gebiete der letzteren selbst aus- schliesslich nur in dem den Darm umgebenden Mesenchym. Im Darmentoderm findet man in diesem Gebiete keine grossen Zellen. Im Entoderm fangen diese letzteren erst hinter der Coecumanlage vorzukommen an. Bei dem Kaninchenembryo mit 22 Segmenten, der, wie gesagt, etwas jünger aussieht, verteilen sich die grossen Zellen etwas anders. Während man beim Meerschweinchenembryo mit 22 Segmenten im Gebiete der Coecumanlage keine Zellen im Darmentoderm findet, treffen wir bei dem Kaninchenembryo die im Entoderm liegenden Zellen von der Coecumanlage selbst angefangen. Das Coecumepithel enthält auch die grossen Zellen. Diesen Unterschied in der Verteilung der grossen Zellen bei den beiden Embryonen kann man nur durch die Annahme erklären, dass die grossen Zellen bei dem Meerschweinchen das Entoderm im Gebiete der Coecumanlage schon verlassen haben und in das umgebende Mesenchym emigriert sind, während der Kaninchenembryo in der Periode sich befindet, wo die Emigration der Zellen aus dem Entoderm der Coecum- anlage noch nicht abgeschlossen ist. Bei allen diesen, wie auch bei jüngeren Embryonen, können wir keine Urgeschlechtszellen im Cölomepithel finden; dies ist nur in den älteren Stadien zu beobachten. Diese Tatsache bestätigt den früher geäusserten Schluss, dass die Zellen, welche sich später im Epithel des Mesenteriums entdecken lassen, nicht im Epithel selbst entstehen, sondern in dasselbe auf sekundärem Wege aus dem Mesenchym gelangen. Auf diese Weise zeigen beide Embryonen vom Kaninchen und Meerschweinchen, dass dieprimären Geschlechts- zellen, die wir bis ins Mesenchymgewebe des Über die Urgeschlechtszellen bei Säugetieren. 635 Gekröses verfolgen können, ihren ersten Ur- sprung im Entoderm des Enddarms haben. Was die allerfrühesten Stadien anbelangt, so treten hier beim Kaninchen und beim Meerschweinchen einige Unterschiede auf. Dieselben hängen vom verschiedenen Bildungsmodus des Enddarms bei den beiden Tieren ab und äussern sich eigentlich nur im zeitlichen Unterschiede des Erscheinens der Ur- geschlechtszellen in der einen oder der anderen Region. Bei beiden Tierarten ist ein Unterschied in der Zeit des Schlusses der Darmfalten und der Absonderung des Enddarms vorhanden. Während beim Kaninchenembryo der Darm im Stadium von 22 Segmenten noch auf einer gewissen Länge offen bleibt, ist er beim Meerschweinchen mit 15 Segmenten schon fast ganz geschlossen. Im Zusammenhang mit der früheren Absonderung des Endoderms und mit der früheren Bildung des Mesenteriums, findet die Migration der Geschlechtszellen in dorsaler Richtung beim Meerschweinchen früher statt. Dem- entsprechend sind die topographischen Beziehungen der Ge- schlechtszellen beim Kaninchen und Meerschweinchen auf dem- selben Entwickelungsstadium verschieden. Diesen Unterschied haben wir schon beim Meerschweinchenembryo mit 22 Seg- menten bemerkt, welcher nach der Verteilung der primären Geschlechtszellen dem Kaninchenembryo mit mehr als 22 Seg- menten entspricht. Ähnliches finden wir auch bei jüngeren Embryonen: dieselben topographischen Beziehungen, die beim Kaninchen mit 22 Segmenten vorhanden sind, finden wir beim Meerschweinchen mit 17 und 15 Segmenten; Kaninchen- embryonen mit 19 und 18 Segmenten entsprechen Meerschwein- chenembryonen mit noch geringerer Zahl der Segmente usw. Aus diesem Grunde wird es bequemer sein, im folgenden die Embryonen von Kaninchen und von Meerschweinchen be- sonders zu beschreiben. Anatomische Hefte. I. Abteilung. 119. Heft (39. Bd., H. 3). 42 636 W. RUBASCHEKIN, Meerschweinchenembryonen mit 17 und 15 Seg- menten (Fig. 11, Taf. 49/50). Diese beiden Embryonen nähern sich in der Verteilung der Urgeschlechtszellen dem Kaninchenembryo mit 22 Seg- menten (9 Tage 18 Stunden alt). Der Enddarm hat sich bei beiden Embryonen schon abgesondert. Das Darmentoderm gleicht in seiner Zusammensetzung demjenigen beim Meer- schweinchenembryo mit 22 Segmenten. Von der Coecumanlage angefangen, bemerken wir zwischen den Zellen des Enddarm- epithels grosse eigenartige Zellen, wie es die Fig. 11, Taf. 49/50 Textfigur 3. Querschnitt durch den Meerschweinchenembryo mit 12 Segmenten. (Gleich nach 12 Segmenten.) Ein Teil der durch zwei Linien umgrenzt ist, auf Fig. 12, Taf. 49/50 abgebildet. Uz Urgeschlechtszellen. zeigt. Ihre Zahl wächst stark nach hinten zu, wo sie in grosser Menge vorkommen und auf jedem Durchschnitte in grosser Zahl zu sehen sind. Wie auf dem Stadium mit 22 Seg- menten, nimmt auch hier die Region ihrer Verbreitung nicht den ganzen Darm ein, sondern der hinterste Teil der letzteren enthält keine solche Zellen. Eine kleine Anzahl der Zellen - befindet sich ausserhalb des Epithels (Embryo mit 17 Seg- menten) unter demselben zwischen den Mesenchymzellen. Die zwei folgenden jüngeren Embryonen von Meer- schweinchen mit 12 und mit 7 Segmenten unter- Über die Urgeschlechtszellen bei Säugetieren, 637 scheiden sich von den oben beschriebenen dadurch, dass bei ihnen der Darm nicht auf der ganzen Länge geschlossen ist. Beim Embryo mit 12 Segmenten (Fig. 12) liegt die vordere Darmpforte auf der Höhe des 6. Segmentes, die hintere aber gleich hinter dem 12. Segment im unsegmentierten Teile des Embryo. Im geschlossenen Abschnitte des Enddarms finden wir im allgemeinen dieselben Beziehungen wie beim Embryo mit 15 Segmenten. Ein Teil des Darmentoderms, der auf der Zeichnung (Textfig. 3) durch zwei Linien umgrenzt ist, ist aul der Fig. 12, Taf. 49/50) bei starker Vergrösserung dar- gestellt. Zwischen den Epithelzellen des Darmes liegen hier grosse Zellen, welche mit den Urgeschlechtszellen der späteren Stadien identisch sind. Ein wenig weiter nach vorn von der abgebil- deten Stelle öffnet sich der Darm. Die primären Geschlechts- zellen befinden sich im Entoderm bis zu der hinteren Darm- pforte und die Region ihrer Verbreitung beschränkt sich nur auf dem geschlossenen Darmteil. Die Urgeschlechtszellen ver- teilen sich hinter dem 12. Segmente. Ebenso wie bei den Meerschweinchenembryonen mit 22, 17, 15 Segmenten ist der hintere caudalste Teil des Enddarms hinter der Harnblasenanlage frei von Urgeschlechtszellen. Der geschlossene Teil des Enddarms ist 0,45 mm lang (65 Schnitte ä 7 u); auf einer Ausdehnung von 0,35 mm (50 Schnitte a 7 u) finden wir die primären Geschlechtszellen ; im hintersten Abschnitt, im Bereich der letzten 10 mm (15 Schnitte a 7 u) sind keine Geschlechtszellen zu be- merken. Auf diese Weise ist dieser Meerschweinchenembryo einem 9 Tage 18 Stunden alten Kaninchenembryo (22 Segmente) analog, da bei beiden die Urgeschlechtszellen sich im ge- schlossenen Teile des Entoderms, im Enddarmepithel befinden. Ein junger Meerschweinchenembryo mit 7 Seg- 42° 638 W. RUBASCHEIN, menten (Textfig. 4 und Fig. 13, Taf. 49/50) ist dadurch beson- ders interessant, dass bei ihm der grösste Teil des Entoderms noch offen bleibt und nur der hintere kleine Abschnitt ge- schlossen ist und den Enddarm von 0,084 mm Länge (12 Schnitte a 7 u) darstellt. Der andere Teil des Entoderms mit Ausnahme des Schlunddarms bleibt offen. Der geschlossene Teil des Entoderms befindet sich im hinteren Abschnitte des Embryo, caudai von dem Ende des Nervenrohres, in der Region des sogenannten Primitivstreifenrestes. Im abgesonderten End- darm finden wir dieselben Beziehungen wie beim Embryo mit Textfigur 4. Querschnitt durch das hintere Ende des Meerschweinchenembryo mit 7 Seg- menten. Ein Teil, der durch zwei Linien begrenzt ist, auf Fig. 13, Taf. 49/50 abgebildet. 22 Segmenten. Zwischen den Zellen des Darmentoderms sehen wir grosse helle eigenartige Zellen. Zum Unterschied von den m Embryonen mit 12, 15, 17 Segmenten sind hier aber auf der ganzen Länge des geschlossenen Darmes bis zu seinem hinteren Ende Geschlechtszellen vorhanden. Ein wenig weiter nach vorn ölfnet sich der Darm und das Entoderm bildet hier eine Darm- rinne, die von beiden Seiten von Darmfalten begrenzt wird (schematische Textfig. 4). Die Untersuchung des Entoderms der Darmrinne und be- sonders der Darmfalten stellt die Anwesenheit der eigenartigen Zellen auch hier fest, ebenso wie in dem geschlossenen Ento- dermteile. Die Fig. 13, Taf. 49/50 zeigt einen Teil des auf der Text- Über die Urgeschlechtszellen bei Säugetieren. 639 figur 4 dargestellten Schnittes vor; dieser Teil ist auf der Zeichnung von zwei Linien begrenzt. Zwischen den Zellen des Entoderms, die zum Teil eine cylindrische, zum Teil eine kubische Form haben und mit Azur dunkelblau gefärbt sind, treten runde, helle Zellen mit grossen Kernen hervor. In der Region des Entoderms ‚das noch nicht geschlossen ist, finden wir eine verhältnismässig kleine Anzahl derseiben Zellen vor. Im Entoderm des sich schon akgesonderten Darmes befindet sich die grösste Menge derselben ; man trifft sie auch nicht selten an der Stelle, an der die Darmfalten sich gerade zu schliessen beginnen. Mehr nach vorn findet man diese Zellen auf 3—4 Schnitten. Noch weiter nach vorn sind sie nicht mehr zu entdecken. Diese Reihe der Entwickelungsstadien vom Meerschwein- chen gibt uns also die Möglichkeit, die Urgeschlechtszellen, welche wir bei älteren Embryonen bis zum Darmepithel zurück- führen konnten, weiter zurück zu verfolgen und festzustellen, dass ihr nächster Ursprungsort das Entoderm der hintersten Abteilungen des Embryo ist. Wir finden die primären Ge- schlechtszellen bei verschiedenen Embryonen des Meerschwein- chens in einer relativ begrenzten Stelle im Enddarmepithel; zur Zeit, wo der grösste Teil dieses Darmabschnittes noch offen ist, entdecken wir die Zellen im Entodermteil, der dem künftigen Darm entspricht. So verhält es sich auch beim Kaninchen, mit einigen Unterschieden, die von der späteren Bildung des Enddarms abhängen. Die Kaninchenembryonen sind noch in der Beziehung von Interesse, dass sie die Tatsachen, die wir beim Meerschwein- chen bekommen haben, ergänzen und die Möglichkeit geben, die Geschlechtszellen zu einer Zeit zu finden, wo von einer Darmbildung noch keine Rede sein kann. 640 W. RUBASCHKRIN, Bei Kaninchenembryonen mit 19 und 18 Seg- menten (9 Tage alte Embryonen) (Fig. 14, Taf. 49/50) sehen wir in bezug auf den Enddarm und den sich in ıhm befindenden Urgeschlechtszellen dieselben Beziehungen wie bei Meer- schweinchen mit 7 Segmenten. Beim Kanınchenembryo mit 19 Segmenten ist der Darm auf der Strecke von 8. bis zum 18. Segment offen; beim Embryo mit 18 Segmenten vom 4. bis zum 17. Segment. Bei beiden Embryonen finden wir in dem Teil, in welchem der Enddarm schon gebildet ist, das- selbe vor, was wir auch beim Kaninchenembryo mit 22 Seg- menten (9 Tage 18 Stunden) gesehen haben. Die primären Geschlechtszellen liegen zwischen den Epithelzellen des Darms in den ventralen und lateralen Teilen. Einige Zellen bemerkt man ausserhalb des Epithels, unterhalb von ihm. Interessant ist der offene Teil des Entoderms. Die Fig. 14, Taf. 49/50 zeigt die Stelle, an der die Darmfalten gerade im Begriffe stehen, sich zu schliessen und wo sich eine Naht zwischen den beiden sich berührenden Flächen bildet. Der dorsale, etwas erweiterte Abschnitt setzt sich weiter nach hinten in den geschlossenen Enddarm fort. Bei der Untersuchung des ventralen Teils in der Richtung der sich bildenden Naht bemerken wir grosse Zellen mitten unter den Entodermzellen und in ihrer unmittel- baren Nähe. Zu beiden Seiten der Darmfalten in den anliegen- den Teilen des Entoderms erscheinen ebensolche Zellen. Weiter nach vorn, wo die Entodermfalten mehr vonein- ander entfernt sind, finden wir in dem ganzen Entodermbezirk, der dem Darm entspricht und besonders zwischen den Ento- dermzellen der Darmfalten selbst, ebenfalls eigenartige grosse Zellen — die primären Geschlechtszellen. Das Gebiet der Verbreitung dieser Zellen nimmt haupt- sächlich diejenigen Abschnitte des Entoderms ein, welche den unsegmentierten Teilen des Embryo angehören. Bei einem jüngeren Kaninchenembryomit15Seg- Über die Urgeschlechtszellen bei Säugetieren. 641 menten (Fig. 15, Taf. 49/50) ist der Enddarm fast ganz offen, mit Ausnahme des hintersten Teiles, der schon geschlossen ist. In den vor der hinteren Darmpforte liegenden Abschnitten findet man zwischen den Entodermzellen, wie die Fig. 15, Taf. 49/50 zeigt, grosse Zellen, die ebenso aussehen wie die- jenigen, welche in den Darmfalten und im Entoderm des Kaninchenembryo mit 18 Segmenten vorkommen. Was den geschlossenen Abschnitt anbetrifft, so ist der einzige diesem Stadium angehörende Embryo gerade an der wichtigsten Stelle verdorben und deshalb ist es hier unmög- lich, über die Verteilung der Geschlechtszellen in diesem Ab- schnitte zu urteilen. Die folgenden Embryonen mit8und6 Segmenten unterscheiden sich dadurch, dass das Entoderm bei ihnen ein in der Fläche ausgebreitetes Blatt darstellt und dass der End- darm noch gar nicht gebildet ıst. Bei der Untersuchung des Entoderms bei diesen Embryonen bemerken wir, dass es im hinteren Teile eine besondere Zusammensetzung hat. Wäh- rend das Entoderm der cranialen Teile vom letzten Segmente nach hinten zu aus ganz gleichen platten oder kubischen, stellenweise cylindrischen Zellen besteht, enthält es in den caudalen, hintersten Teilen besondere, von anderen sich unter- scheidende Zellen, welche ihren Eigenschaften nach den Zellen entsprechen, die bei früher beschriebenen Embryonen für die primären Geschlechtszellen gehalten werden mussten. Beim Embryo mit 8 Segmenten, bei welchem die amniotischen Falten in den hinteren Embryoteilen schon geschlossen sind, zeigt sich diese besondere Zusammensetzung des Entoderms in den hintersten Abschnitten des Embryos sehr deutlich. Von der Stelle angefangen, die auf der Zeichnung 5, die einen ganzen Embryo darstellt, durch Linien bezeichnet ist, d. h. caudal vom Ende der Markrohranlage, fängt das Ento- derm zwei laterale Falten zu bilden an, wie es auf der sche- 642 W. RUBASCHKIN, matischen Abbildung gezeigt ist (Fig. 6). Die Zusammensetzung dieser lateralen Falten ist eine andere im Vergleich mit dem Entodermteil, welcher der Stammzone entspricht. Wie es die Fig. 16, Taf. 49/50 zeigt, welche den durch die Linien abgegrenzten Teil der schematischen Zeichnung 6 darstellt, besteht der mediane Entodermteil aus länglichen, cylindrischen Zellen, zwischen denen man keine besonderen Textfigur 6. Querschnitt durch den Kaninchenembryo mit 8 Segmenten, der etwas hinten von der an Figur 5 angezeigten Linie durch geführt ist. Textfigur 5. Embryo vom Kaninchen mit 8 Segmenten. Zellen bemerken kann. In den Lateralfalten hingegen hat das Entoderm (Fig. 16, Taf. 49/50) eine andere Zusammensetzung. Es besteht hier hauptsächlich aus kleinen kubischen Zellen, zwischen denen sich grosse, durch ihr eigenarliges Aussehen auffallende Zellen befinden, die ihren Eigenschaften nach mit den Urgeschlechtszellen identisch sind. Beim Embryo mit 6 Segmenten, welcher sich da- durch unterscheidet, dass die amniotischen Falten im hinteren Embryoteil noch nicht gebildet sind und auch die Entoderm- [alten fehlen, findet man dieselben Verhältnisse. Anatom. Hefte Abteilung 19. Hoft.(39 Ba.H 3) Fig.8. m EIER > &. 2 (e) [2 Ds Si ’B® Ä 25 7% = ee) 52) © ERS Er Fig. 5% ae, BE \ Di 24 ee. © y SE : BAD ERUCH. Kal Univesitätsdruckerel H,Stürtz A.G. Würzburg, I x BO este Kae k ne id [9% Ent: 0 @) Verlag von J.F. Bergmenn, Wiesbaden, Über die Urgeschlechtszellen bei Säugetieren. 643 Auf der ganzen Länge vom Ende des Nervenrohres nach hinten zu bis zum Ende des Embryonalschildes treffen wir solche Zellen sowohl unmittelbar unter dem Entoderm als auch in ihm selbst, wie es beim Embryo mit 8 Segmenten dar- gestellt ist. Wenn wir die Lage der beschriebenen Zellen bei Kaninchen- embryonen mit 18, 15 Segmenten mit der Lage derselben bei Embryonen mit 8 und 6 Segmenten vergleichen, so sehen wir, dass sie hier und dort einander entsprechende Regionen des Entoderms einnehmen. Beim Embryo mit 18 Segmenten befinden sie sich im Darm- entoderm des unsegmentierten Embryoteils; beim Embryo mit 15 Segmenten fangen sie an im Entoderm desselben Teils vor- zukommen; bei Embryonen mit 8 Segmenten finden wir sie ebenfalls im caudalen Abschnitte des Entoderms, in der Region der sich bildenden Entodermfalten und schliesslich treffen wir sie beim Embryo mit 6 Segmenten im Entoderm desselben Teils vor. Die Ähnlichkeit in topographischer Beziehung und die mor- phologischen Besonderheiten der beschriebenen Zellen geben uns die Veranlassung anzuerkennen, dass wir es hier mit ein und derselben Zellart zu tun haben, die sich in den späteren Stadien als Urgeschlechtszellen präsentieren. Der Unterschied, welchen wir bei den Kaninchen- und Meerschweinchenembryonen finden, ist von einer sekundären Bedeutung und hängt von dem früheren Darmschlusse bei den Embryonen von Meerschweinchen ab. Der Durchschnitt (Fig. 4) durch einen Meerschweinchenembryo mit 7 Segmenten stimmt bis in die Einzelheiten mit demjenigen eines Kaninchen mit 8 Segmenten (Fig. 6) überein, wenn wir uns den ersten in einer Fläche ausgebreitet vorstellen, d. h. wenn wir uns den unbedeutenden Unterschied, welcher diesbezüglich zwischen den beiden Arten vorhanden ist, abstrahieren. 644 W. RUBASCHEKIN, Was nun die noch früheren Stadien anbelangt, so stossen wir hier auf grosse Schwierigkeiten beim Unterscheiden der Geschlechtszellen von anderen Zellen und es ist nicht mehr möglich, sie mit Sicherheit zu erkennen. Bei Embryonen, die noch jünger als die oben beschriebenen sind, ist das Entoderm des hinteren Teiles noch so wenig differenziert, dass alle seine Zellen gleich und dem Aussehen nach alle den Geschlechts- zellen ähnlich zu sein scheinen. Besonders deutlich tritt dies beim Meerschweinchen mit 3 Segmenten hervor, bei dem der ganze hintere Abschnitt des Entoderms in der Region, in welcher man die Urgeschlechtszellen zu finden erwarten könnte (im Vergleich mit dem Embryo mit 7 Segmenten), aus grossen Zellen mit hellen grossen Kernen besteht, zwischen denen auch die Eosin-Azurfärbung keine besonderen Zellen erschliesst. Ob alle diese Entodermzellen des hinteren Abschnittes bei solchem Embryo wirklich noch so wenig differenziert sind, dass sie ihrem Wesen nach den Zellen der Keimbahn sämt- lich noch sehr nahe stehen, oder ob hier zu dieser Zeil über- haupt noch keine primären Urgeschlechtszellen vorhanden sind, darüber will ich vorläufig kein Urteil fällen. Ich muss nur sagen, dass die Untersuchungsmethode und die Merkmale, die uns ermöglichten, die Urgeschlechtszellen bis hierher zurück- zuverfolgen, jetzt versagen und keine Möglichkeit mehr geben, weiterzugehen, um die primären Geschlechtszellen in den noch früheren Entwickelungsstadien zu finden. Die Tatsachen aber, die die Untersuchung der Säugetiere bis jetzt zutage gefördert hat, geben uns, wie ich denke, doch das Recht, anzuerkennen, dass die Urgeschlechtszellen der Säugetiere Zellen sui generis vorstellen, die, wie es scheint, direkt von den Furchungszellen abgeleitet werden müssen. Die mitgeteilten Angaben kurz zusammenfassend, kann man die ganze Sache wie folgt darstellen. So weit es die von mir gebrauchte Methodik erlaubt, Über die Urgeschlechtszellen bei Säugetieren. 645 können wir die primären Geschlechtszellen bei Säugetieren zum erstenmal schon in einer sehr frühen Entwickelungs- periode (6.—7. Segment) bemerken, die der sogenannten zweiten Gastrulationsphase (nach Hertwig) nachfolgt. Man findet sie im hintersten Teile des Embryo, im Entoderm seines caudalen Abschnittes, hinter der Nervenrohranlage in der Region, die der caudalen Fortsetzung des Primitivstreifens entspricht, d. h. in demjenigen Teile des Embryo, welcher noch nicht differen- ziert ist. Dem Wachstum des Embryo entsprechend rücken die Zellen dann zusammen mit der entsprechenden Entodermregion in cranialer Richtung weiter vor, und zur Zeit der Bildung der Darmfalten durch das Entoderm findet man sie gerade an dieser Stelle. Zu der Zeit, wo die Darmfalten sich einander nähern und zum Darm schliessen, geraten die Urgeschlechtszellen in das Darmepithel. Beim Meerschweinchen geschieht dies viel früher als beim Kaninchen. Mit dem Wachstum des Darms rücken die primären Geschlechtszellen weiter nach vorn. Des- halb bleibt der hintere, sich später bildende Teil des End- darms frei von Urgeschlechtszellen. In dieser Periode, von den frühesten Stadien angefangen bis zur Schliessung der Darmfalte, resp. bis zum Auftreten der primären Geschlechtszellen im Darmentoderm, verliert ein Teil der Zellen die Verbindung mit dem Epithel, indem man sie jetzt unter dem inneren Keimblatt in einiger Entfernung vom Epithel antrifft. Besonders klar ist dies besonders beim 9 Tage alten Kanin- chen (Fig. 14, Taf. 49/50) zu sehen. Hier findet sich eine An- zahl der Zellen entsprechend dem Entoderm der offenen Darm- falten ausserhalb des Entodermepithels zwischen den Mesen- chymzellen. Dieselbe Erscheinung ist auch schon in jüngeren Stadien zu bemerken. Es muss augenscheinlich angenommen 646 W. RUBASCHEKIN, werden, dass nicht alle primäre Geschlechtszellen in einer bestimmten Entwickelungsperiode (beim Kaninchen später, beim Meerschweinchen früher) in das Epithel des Darmes geraten, sondern dass ein Teil derselben, allerdings ein kleiner, bei der Darmfaltenschliessung direkt in das den Darm umringende Mesenchym gelangt. Die in die Epithelbekleidung des Darmes geratenen Urgeschlechtszellen bleiben an dieser Stelle sehr lange liegen. Das bezieht sich besonders auf das Meerschwein- chen, bei welchem vom Stadium mit 8 Segmenten bis zum Stadium mit 17 Segmenten der Hauptfundort der primären Ge- schlechtszellen das Darmepithel ist. In späteren Perioden (beim 9 Tage 18 Stunden alten Kanin- chen, beim Meerschweinchen mit 17 Segmenten) fängt das Heraustreten der Urgeschlechtszellen aus dem Enddarm- epithel an. Die Zellen erscheinen in der Umgebung des Darmepithels, wobei sich ihre Zahl im Epithel allmählich vermindert. Die primären Geschlechtszellen treten in das den Darm umringende Mesenchym über und fangen nachher von hier aus weiter ins Mesenterium zu wandern an. Die Migrationserscheinungen im Gekröse dauern verhältnismässig lange Zeit fort (beim Kanin- chen bis zum 13. Tage, beim Meerschweinchen bis 10 mm Länge). Anfangs befindet sich ein bedeutender Teil der Zellen in den ventralen Abteilen des Mesenteriums, später im dor- salen Teil, in der Gekrösewurzel. Die Migration der Urgeschlechtszellen geschieht nicht gleichzeitig für alle vorhandenen Zellexemplare, sondern man findet bei ein und demselben Embryo die Zellen an sehr ver- schiedenen Stellen ihres Weges. Im späteren Stadium wandern sie aus der Mesenterium- wurzel weiter nach der Stelle ihrer Bestimmung, ins Epithel der medialen Oberfläche des W olffschen Körpers. Hier er- scheinen sie als primäre Geschlechtszellen des Keimepithels. 64 Über die Urgeschlechtszellen bei Säugetieren. Die Migration der Urgeschlechtszellen nimmt damit ein Ende und es formiert sich die Geschlechtsdrüsenanlage (beim Kanin- chen von 13 Tagen, bei der Katze ım Stadium von 10 mm, beim Meerschweinchen von 10 mm). Für den grössten Teil der primären Geschlechtszellen muss man ein aktives Vorwärtskriechen im Mesenchym des Gekröses annehmen; einzelne Zellen durchwandern aber diesen Weg, wie es scheint, nicht aktiv, sondern sie gelangen schon ver- hältnismässig früh ins Mesenteriumepithel. In diesem Falle muss man vermuten, dass die primären Geschlechtszellen, wenn sie nicht aufs neue ins Mesenterium zurücktreten, die Region der zukünftigen Geschlechtsdrüsenanlage dadurch er- reichen, dass sie sich zusammen mit dem infolge seines Wachs- tums vorrückenden Mesenterialepithel verschieben. Wenn wir diese bei Säugetieren erhobenen Befunde mit dem vergleichen, was über die primären Geschlechtszellen bei anderen Tieren bekannt ist, so sehen wir eine Übereinstimmung in der Beziehung, dass die Urgeschlechtszellen der Säugetiere ebenso wie diejenigen der Selachier, der Knochenfische, Am- phibien, Reptilien und Vögel zu den primären Geschlechts- zellen (nach der Terminologie von Felix) gezählt werden müssen, dass sie also ausserhalb der Geschlechtsdrüsenanlage entstehen und hierher erst sekundär durch Migration gelangen. Was die nächste Ursprungsquelle anbetrifft, so ist gegen- wärtig keine vollkommene Übereinstimmung für verschiedene Tiere zu erzielen. Nach den Angaben von Beard, Wood, Allen u. a. haben die primären Geschlechtszellen der Selachier, Amphibien, Reptilien eine sehr nahe Beziehung zum Entoderm; in ihm sind die primären Geschlechtszellen zum erstenmal zu be- merken und von hier wandern sie in die Geschlechtsdrüsen- anlage hinüber. Bei Knochenfischen sind die extraregionären Zellen im 648 W. RUBASCHRIN, Über die Urgeschlechtszellen bei Säugetieren. Mesoderm der Splanchnopleura gesehen worden (Jungersen, Felix, Fedorow), bei den Vögeln gleichfalls. Zuerst er- scheinen hier die Urgeschlechtszellen im Mesoderm, in seinem visceralen Blatt. Bei den Säugetieren endlich ist der Ursprungs- ort der primären Geschlechtszellen das Entoderm. Wovon dieser Unterschied herrührt, kann gegenwärtig noch schwer erklärt werden, aber es scheint, dass man Allen darin beistimmen muss, dass je nach dem besonderen Verhältnisse der Entwickelung die extraregionären Zellen bei verschiedenen Tieren sowohl im inneren als auch im mittleren Keimblatt auf- treten können. Wenn man die Urgeschlechtszellen als Zellen sui generis ansehen wird, die nicht durch Dilferenzierung von Zellen des einen oder des anderen Teiles des Embryo ent- stehen, sondern sich schon in der allerfrühesten Entwickelungs- zeit als spezifische Zellen von den übrigen absondern, so ver- liert eigentlich auch die Frage, wo sich diese Zellen befinden und wo sie sich befinden könnten, ihre Schärfe; denn damit ist ja dann die Frage von der Herkunft der Urgeschlechts- zellen aus dem einen oder dem anderen Keimblatt gar nicht verbunden. Die Regionen sowohl des mittleren als auch des inneren Keimblatts können der zeitweilige Aufenthatsort der Geschlechtszellen bei den verschiedenen Tieren sein. Bei Säuge- tieren stellt jedenfalls das Darmepithel diesen Aufenthaltsort für die Urgeschlechtszellen vor. Erklärung der Abbildungen. Sämtliche Abbildungen sind bei Zeiss Hom. Imm. '/ı2 oc. 2 unter Be- nutzung des Zeichenapparats nach Abbe-Zeiss gemacht. Bezeichnungen. EW cCölomepithel des Wolfischen Körpers; Uz Urgeschlechtszellen ; M Mesenterium; Ao Aorta; D Darm; Dr Darmrinne; M Mesoderm; Ent Ento- derm; Amh Amniohöhle; Blz Blutzellen. Tafel 47/48. Fig. 1. Katzenembryo von Il mm Länge. Ein Teil von der Geschlechts- drüsenanlage. Fig. 2. Dasselbe von einem Meerschweinchenembryo von 10 mm. Fig. 3. Kaninchenembryo von 12 Tagen. Die Gekrösewurzel mit dem anliegenden Teil des Epithels des Wolffschen Körpers. Fig. 4 Meerschweinchenembryo von S mm Länge. Ein Teil des retro- peritonealen Gebietes mit dem auskleidenden Cölomepithel dargestellt. Auf den beiden Abbildungen sind die Urgeschlechtszellen zum Teil im Cölom- epithel, zum Teil im Mesenchym des retroperitonealen Gebietes zu sehen. Fig. 5. Meerschweinchenembryo von 6 mm. Die Gekrösewurzel mit den anliegenden Teilen des Epithels des Wolffschen Körpers dargestellt. Fig. 6. Katzenembryo von 5 mm Länge. Der dorsale Abschnitt des Mesenteriums und ein Teil des retroperitonealen Gebietes dargestellt. Die Genitalzellen befinden sich bei beiden Embryonen sowohl im Epithel des Wolff- schen Körpers und im Mesenchym des retroperitonealen Gebietes, als auch im Mesenterialgewebe. Fig. 7. Kaninchenembryo von 10 Tagen 5 St. Das Gebiet des Mesen- teriums vor der Cöcumanlage dargestellt. Die Urgeschlechtszellen ordnen sich im Mesenterialgewebe bis zur hinteren Wand des Darmes. 650 Erklärung der Abbildungen. Tafel 49/50. Fig. 8. Ein Teil des Querschnittes von demselben Embryo; einige Schnitte nach hinten. Das Gebiet der Cöcumanlage. Die Urgeschlechtszellen befinden sich im Mesenterialgewebe in der Umgebung des Darmes. Fig. 9. Kaninchenembryo von 9 Tagen 18 St. Das Gebiet vor der Cö- cumanlage. Die Urgeschlechtszellen befinden sich im Mesenterialgewebe in der Umgebung des Darmes und unter dem letzteren. Fig. 10. Ein Teil des Querschnittes von demselben Embryo; einige Schnitte nach hinten. Das Gebiet der Cöcumanlage. Die Urgeschlechtszellen liegen dicht unter dem Darmepithel und im Epithel selbst. Fig. 11. Ein Teil des Längsschnittes von Meerschweinchenembryo mit 17 Segmenten. Ein Teil des Darmepithels dargestellt. Die Urgeschlechts- zellen befinden sich im Epithel des Darmes. Fig. 12. Meerschweinchenembryo mit 12 Segmenten. Ein Teil des Querschnittes; Die Urgeschlechtszellen sind im Darmpithel. Fig. 13. Meerschweinchenembryo mit 7 Segmenten. Ein Teil des Quer- schnittes, der auf Textfigur 4 mit den zwei Linien markiert ist. Die Urge- schlechtszellen liegen im Epithel der Darmrinne und der Darmfalten. Fig. 14. Kaninchenembryo von 9 Tagen. Die Urgeschlechtszellen sind im Entoderm nur unter demselben. Fig. 15. Kaninchenembryo mit 15 Segmenten. Eine Urgeschlechtszelle liegt im Entoderm. Fig. 16. Ein Teil des Querschnittes, der auf Textfigur 6 durch Linien markiert ist. Die Urgeschlechtszellen sind im Entoderm zu sehen. 10. ul, Literaturverzeichnis. Alien, B. 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Wood, Origin and Migration of the germs-cells in Acanthias. Amer. Journ. of Anat. 1902. Aus DEM NORMAL-ANATOMISCHEN INSTITUT IN KOPENHAGEN. BEITRAGE HISTOLOGIE DER PROSTATA. VON O. V. C. E. PETERSEN. Mit 13 Abbildungen auf den Tafeln 51/53. 43* \ ’ en Wr I j er u y BR j De Fr Be s Ara me = Per, u [ 1 7 f “4 Be i . i f & s er — FR n i 4 u er PETE uw Are (an u \ . n 5 i u N P - a 5 1. 05 Ne 5 Ar j Pa [6 wo Ge ar Mn Km uns a PEE u 7 : >, Pe gig Bızrı PR ns Tara | Aa via List, und MR SE IR So ö BET 5: 2 u a Wr Eu - fi E zuie Ina a TE . 8 ) ASREEEE 2 ’ a u K_ i Pur | a 5 lo we " j j “ P a L u; u wi; gang A ER Au ker ae SAN a ü — . = I: ) | h4 x { i E 5 5 e. \ ur u j E = sr uf Pa EU} = ee BD Zu De 02 za u . un zn u A B u, > Br gr Pr ei ar ! er Mi ir . ’ ns pt 2 Tee ur Pe er 3 I. Secretorische Veränderungen in den Zellen der menschlichen Prostata. In meinen Untersuchungen über die Prostata des Menschen beschäftigte ich mich ausschliesslich mit der Frage nach dem Verhalten der Epithelzellen, zuvörderst, weil die zahlreichen anderen Fragen, die sich bei der Betrachtung dieser Drüse er- heben lassen, grösstenteils bereits von früheren Untersuchern in befriedigender Weise beantwortet worden sind. Unter späteren Untersuchern der menschlichen Prostata muss ich Walker (l. c. 15) nennen, der indes, was die feinere Histologie betrifft, die Prostata des Hundes untersuchte und beschrieb, indem er, da seine Objekte aus der Prostata des Menschen nach seiner eigenen Aussage zur histologischen Untersuchung nicht brauchbar waren, sich berechtigt glaubte, seine Beobachtungen an der Prostata des Hundes auf die der Menschen zu übertragen. Von Weskis Hand rührt eine ziemlich bedeutende Arbeit über die Prostata des Menschen her (l. e. 16). Er glaubt Ver- schiedenheiten der Form der Epithelzellen beobachtet zu haben, je nachdem diese in den faltigen oder in den nichtfaltigen Lumina der Drüse gefunden würden. In den nichtfaltigen Lumina fänden sich scharf abgegrenzte Cylinderzellen mit blasenförmigem Kerne, an der Basis der Zelle sehe man oft einen Saum homogenen, stärker färbbaren Protoplasmas, 656 O0. V. C. E. PETERSEN, während der ganze dem Lumen zugekehrte Teil der Zelle von einem feinen Fasernetze durchsetzt sei, an welchem minimal kleine Granula suspendiert seien; distal zeigten die Zellen keinen scharfen Rand, sondern seien mit minimalen Mengen amorphen Secrets bedeckt. In den faltigen Lumina seien die Zellen am Gipfel der Zellen sehr hoch und dünn, breiter an dem distalen als an dem schmalen, homogenen, proximalen Ende; auch diese Zellen seien mit Secret bedeckt. Im Grunde zwischen den Falten fand Weski mit Secret gefüllte, wie die erstere Zellenform gebaute Zellen. Die Form der Zelle ver- ändere sich ebenfalls, je nachdem sie Secret ausgestossen habe, in welchem Falle der Kern chromatinreich und nur von einer geringen Menge homogenen Protoplasmas umgeben sei, — oder auch sich mit Secret zu füllen beginne, in welchem Falle sich über jede Zelle eine scharf abgegrenzte Kuppel emporwölbe; dieses Stadium führe zu den oben erwähnten Palisaden- oder Keulenzellen. Wo das Epithelium zweischichtig ist, erklärt Weski dies entweder dadurch, dass die Kerne in zwei Schichten angebracht seien, oder auch dadurch, dass die basale Schicht aus Bindegewebszellen bestehe, die zum Teil sich zwischen die regenerierenden Epithelzellen hineingeschoben hätten. In einem einzelnen Falle fand Weski in den Zellen grosse baso- phile Körnchen, die über die ganze Zelle zerstreut liegen konnten, am häufigsten aber um den Kern herum lagen; sie zeigten eine vollkommen homogene Struktur und waren durch einen dunkleren scharfen Rand abgegrenzt, weshalb Weski sie für corpusculär vorausgebildeteElemente hielt. Er meint übrigens, sie seien das Material zu den Prostatasteinen, doch hat er nichts beobachtet, was darauf hindeuten könnte, dass dieselben aus der Zelle ausgestossen würden. Eberth (l. c. 2) hebt hervor, dass das Epithelium der Leisten zwei- bis dreischichtig ist und an der äusserstens Ober- fläche aus Cylinderzellen, weiter nach unten aus basalen Zellen Beiträge zur Histologie der Prostata. 657 gebildet wird; das Protoplasma der cylindrischen Zellen ist stärker körnig und der Kern liegt höher oder tiefer in der Zelle. Zwischen den Leisten findet sich ein einschichtiges Cylinderepithelium, unter welchem man eine nicht immer zu- sammenhängende Schicht Basalzellen erblickt. Die Kontur der Zelle ist bald scharf, bald hervorgewölbt, unregelmässig zer- rıssen, in welchem Falle das Secret unmittelbar mit dem In- halt der Zelle in Berührung steht. Das Protoplasma im inneren Teile ist von dunklen, leicht färbbaren Granula durchsetzt und färbt sich stärker als die weniger körnige Substanz des basalen Zellabschnittes; zwischen den spärlichen Granula findet sich ein feines Netzwerk. Der Kern liegt näher nach der Basis der Zelle hin, in der wirksamen Drüse ganz nahe an der basalen Membran; in seinen Umgebungen sieht man 1—3 gelb- liche Körnchen, die sich mit Osmiumsäure schwarz färben. Endlich führe ich an, dass Disselhorst (l. c. 1) in beiden Ausgaben wörtlich dieselbe Beschreibung des Epitheliums gibt, nämlich ein zweischichtiges Epithelium mit einer oberen Reihe von Cylinderzellen und einer unteren Reihe heller, rundlicher Zellen mit besonders grossem Kern. Das Protoplasma ist nach Disselhorst netzförmig, mit Körnchen zwischen den Maschen, und diese Körnchen setzen sich bis gegen das distale Ende der Zelle fort. Er citiert Rüdinger, der bei einem 20 jährigen Individuum Prostataconcremente fand, ebenfalls führt er die von Walker und Pallin, nicht aber die von Weski angestellten Untersuchungen an. Schreiten wir nun zu meinen Untersuchungen, so bemerke ich vorerst, dass mein Material, ebenso wie bei meinen Stu- dien über die Vesicula seminalis, ausschliesslich in Formol fixiert war, und dass die darauf folgende Technik dieselbe wie die früher (l. ec. 9) beschriebene war. Überall fand ich, dass die Grundform der Epithelzellen aus hohen, eylindrischen Zellen besteht, die an den meisten Stellen mit einer unterliegenden 658 O. V. C. E. PETERSEN, platteren- Zellenschicht versehen sind. Wie oben angeführt, herrscht bei den früheren Untersuchungen einige Unklarheit über die Deutung dieses Bildes, einige meinen, es sei als ein zweireihiges, andere, es sei als ein zweischichtiges Epithelium aufzufassen, und letztere Deutung ist sicherlich die richtige. Mustert man einige Acinı mikroskopisch durch, so findet man nämlich oft ganze Reihen von Zellen, wo in jeder unterliegen- den platten Zelle ein Kern liegt, während man ebenfalls in den darüber liegenden höheren Zellabschnitten überall einen Kern antrifft. Sollte es sich um eine Zellenverschiebung, also um zweireihiges Epithelium handeln, so würde man eine so regelmässige Form und Anbringung der Kerne nicht vorfinden können, wie mir anderseits der Umstand, dass man häufig kernlose Zellabschnitte antrifft, für die zweireihige Natur des Epithels keinen Beweis zu liefern scheint; ist nur die tiefe, plattere Epithelschicht etwas breiter als die oberflächliche Schicht, so werden stets einige der Schnitte kernlose Ab- schnitte der Epithelzellen zeigen. Eine Eigenschaft des Epi- thels der Prostata, die meiner Ansicht nach in den oben an- geführten Beschreibungen nicht stark genug betont wird, ist dessen ausserordentliche Variabilität der Form. Die Epithel- zellen können sich bald als die beschriebenen hohen Cylinder- zellen, bald als ganz platte Pflasterepithelzellen erweisen, und gewöhnlich findet man angeführt, dass diese Erscheinung dem Drucke des Secretes zu verdanken sei. Obgleich dieser bei den Formveränderungen der Zellen vielleicht eine gewisse Rolle spielt, lässt es sich doch schwierig denken, dass der Druck so wirken sollte, dass der eine Acinus ein hohes, cylindrisches Epithel hätte, die Zellen in dem benachbarten Acinus aber ganz platt sein sollten, und dass der Druck bei dieser Formver- änderung der Zellen nicht allein massgebend sein kann, er- weist sich klar, wenn man einen Acinus sieht, wo die Zellen an einer Wand ganz platt, an der anderen dagegen hoch afl 31. T. Anatom.Hefte I Abteilung 119. Heft (39 Bad.13) Fi8.3. Fig.2. J.F.Bergmenn, Wiesbaden, erlag von V Y Kg. Universitätsdruckerei H. Stürtz A.G. Würzburg. Beiträge zur Histologie der Prostata. 659 cylindrisch sind, eine oft in der menschlichen Prostata zu gewahrende Erscheinung. Zwei andere Umstände scheinen mir dagegen zur Erklärung dieses Verhaltens beizutragen; erstens sind die Zellen, welche die cylindrische Form behalten haben, fast immer stark körnig, mit einem relativ festen Stoffe ge- füllt, während man in den platten Zellen niemals Körnchen, sondern nur ein homogenes Protoplasma antrifft, dessen Ent- stehung sich sehr wohl so denken lässt, dass die Fasern der „leeren“ Zellen sich so dicht aneinander gelegt haben, dass man sie nicht voneinander unterscheiden kann. Ein anderer Faktor, der auf die Form des Epitheliums Einfluss üben kann, ist der Kontraktionszustand der unterliegenden Muskulatur, denn die Schleimhaut befindet sich in so inniger Verbindung mit der Muskulatur, dass eine freie Bewegung der ersteren gegen die letztere als ausgeschlossen zu betrachten ist. Kon- trahiert sich die Muskulatur nun stark, so wird die Grund- fläche der Epithelzellen eingeengt, was ganz natürlich zur Folge haben muss, dass sie höher und schmäler werden; umgekehrt werden sie platter und breiter, wenn die Muskulatur erschlafft, indem die Basıs der Zellen dann mehr Raum erhält. Ohne schliesslich entscheiden zu wollen, welcher der beiden Faktoren, der Druck des Secretes oder die Muskelkontraktion, bei den Formveränderungen der Zellen die grössere Rolle spielt, glaube ich doch, dass man dem Zustande der Muskulatur mehr Gewicht beizulegen hat, als dies bisher geschehen ist. Was die Struktur der Epithelzellen betrifft, so überraschte es mich ein wenig, dass ich in derselben Prostata des er- wachsenen Menschen die verschiedensten Secretionsstadien fand; gewöhnlich wird ja angegeben, die Secretion der Pro- stata sei diskontinuierlich; nichts destoweniger fand ich bei den von mir untersuchten erwachsenen Individuen das oben genannte Verhalten konstant. Die Zellen sind in den meisten Fällen körnig, die Körn- 660 O0. V. C. E. PETERSEN, chen können aber von verschiedener Beschaffenheit sein, teils die oben erwähnten, von Weski beschriebenen basophilen Körnchen, die ich im folgenden der Kürze wegen als Weskis Körnchen bezeichne, teils kleinere, acidophile Körnchen. Ich muss hier sogleich Weskis Vermutung bestreiten, dass die basophilen Körnchen das Material zu den Prostatasteinchen lieferten; während die Prostatasteinchen sich mittels des Chromhämatein-Säurerubins rot bis rotviolett färben, werden Weskis Körnchen nach dieser Methode immer tief blau- schwarz, überdies habe ich in der menschlichen Prostata nie- mals ausserhalb der Zellen Bildungen angetroffen, die tinktoriell oder optisch mit Weskis Körnchen übereinstimmten. End- lich erleiden dieselben offenbar intracelluläre Veränderungen. Während man in einigen Zellen das ganze Protoplasma mit Weskis Körnchen angefüllt findet (Fig. 1), deren einige grösser, andere kleiner, alle aber scharf konturiert sind, ohne dass man in diesen Zellen die geringste Spur acidophiler Körn- chen antrifft, gewahrt man in anderen Zellen, dass Weskis Körnchen gleichsam angenagt sind und in der Mitte hellere Partien haben, so dass das ursprünglich homogene Körnchen oft die Form eines Ringes oder eines unregelmässigen Halb- mondes annimmt. Färbt man derartige Schnitte mit Chrom- hämatein-Säurerubin, so erweist es sich indes (Fig. 2), dass das Körnchen aus zwei Teilen besteht, aus einem acidophilen, der der erwähnten helleren Partie entspricht, und einem basophilen, der meistens um den ersteren herumliegt. Zugleich treten kleinere, jedoch entschieden acidophile Körnchen unter den übrigen auf, und während diese sich nicht in den Zellen finden, wo Weskis Körnchen homogen waren, kann man eine dritte Form von Zellen antreffen, die fast ausschliesslich mit acidophilen Körnchen angefüllt sind, zwischen welchen minimale, unregelmässig gestaltete Körnchen liegen, welche die- selbe Färbbarkeit wie Weskis Körnchen darbieten. Eine Beiträge zur Histologie der Prostata. 661 vierte Art von Zellen endlich sind über das ganze Protoplasma mit kleinen, acıdophilen Körnchen gefüllt, welche dieselbe Form, Grösse und Färbbarkeit besitzen, wie diejenigen Körn- chen, die wir im Verein mit Weskis Körnchen auftreten sahen ; in diesen Zellen ist aber die letzte Spur der Weskischen Körnchen verschwunden. Sämtliche hier beschriebene Zellen (Fig. 3) sind nach dem Lumen hin scharf begrenzt; eine letzte Gruppe von Zellen dagegen zeigt eine unregelmässige Be- grenzung gegen das Lumen, indem sie unregelmässig geformte Protoplasmaausläufer aussenden, die oft eines oder mehrere der acidophilen Körnchen enthalten, und diese Körnchen kann man dicht an der Zelle liegen sehen, als ob sie soeben aus dieser ausgestossen wären (Fig. 4). Ein anderes ist, dass man oft unregelmässig kugelige Secretmassen antrifft, die dieselbe Struktur darbieten wie der dem Lumen zugekehrte Teil der Zelle, ein Umstand, der darauf hindeutet, dass wir auch hier während der Secretion mit der Abschnürung peripherer Proto- plasmapartien zu schaffen haben. Während wir in einigen dieser Zellen mit unregelmässigen Grenzen das Protoplasma im ganzen Bereiche der Zelle körnig finden, gibt es andere Zellen (Fig. 4), wo der periphere Teil körnig, der basal zum Kerne liegende Teil aber klar, retikulär, ohne Körnchen ist; wieder in anderen Zellen ist das ganze Protoplasma retikulär, und in einigen derselben liegt der Kern ganz in der Nähe des freien Randes der Zelle, in anderen dagegen mitten in der Zelle; der Kern erscheint also während der Secretion in der Zelle hin und her zu wandern. Was die Häufigkeit des Vorkommens der Weskischen Körnchen betrifft, so fand ich dieselben in drei der von mir untersuchten fixierten Prostatadrüsen (von 24-, 35- und 86 jährigen Individuen), während ich sie in drei anderen Fällen (20-, 56- und 65 jährige Individuen) nicht fand. In dem einen dieser letzteren Fälle (65 jähriges Individuum) fand ich dagegen in einzelnen Zellen 1—4 grössere, stark rot gefärbte Körn- 662 O. V. C. E. PETERSEN, chen (Chromhämatein-Säurerubin), die stets in der Nähe des Kernes an dessen peripherem Pole lagen; die Kerne enthielten hier oft einen, selten mehrere acidophile Nucleoli. In denjenigen Fällen, wo Weskis Körnchen nicht vorkamen, fand ich je- doch alle Übergänge aus den hellen, retikulären in die körnigen Zellen. Fragen wir nun nach der Deutung der hier beschriebenen Bildungen, so ist es augenscheinlich, dass die acidophilen Körn- chen die endlichen, intracellulären Secretionsprodukte sind. Die von mir beobachteten Strukturen scheinen auch darauf hinzudeuten, dass diese acıdophilen Körnchen Umbildungs- produkte der Weskischen Körnchen sind, ein Verhalten, das r nicht ohne Analogon ist, indem Heidenhain (l. ec. 5) und Fleischer (l. c. 3) Vorgänge beobachtet haben, die mit den hier angeführten grosse Übereinstimmung darbieten. Heiden- hain fand, dass in der Beckendrüse verschiedener Tritonen das Secret im ersten Stadium aus einigen äusserst kleinen Granula besteht; diese verändern sich in meniskuläre Körper- chen, die aus einem stärker färbbaren mondsichelförmigen Körnchen bestehen, welches ein rundliches, schwächer färb- bares Körnchen umschliesst. Heidenhain beobachtete nun, dass die umgebende mondsichelförmige Bildung verschwand, während die Zellen sich gleichzeitig mit etwas kleineren, runden acidophilen Körnchen füllten, die er später im Secrete in weniger färbbarem Zustande antraf, was er der Aufnahme wasser- haltiger Bestandteile zuschreibt. Im Gegensatz zu Heiden- hain, der jede der obengenannten Formen der Körnchen in je ihrer Zelle fand (so dass er auf dieser Basis im ganzen acht Phasen der Secretion aufstellt), beobachtete Fleischer bei der Untersuchung der Tränendrüse des Kalbes und des Kanın- chens dieselben Formen der Körnchen, jedoch untereinander gemischt, so dass er verschiedene Formen der Körnchen in einer und derselben Zelle antraf. Während das Vorstadium Beiträge zur Histologie der Prostata. 663 der Heidenhainschen mondsichelförmigen Körperchen, wie gesagt, sehr kleine Körnchen sind, fand Fleischer als Vor- stadium bedeutend grössere, basophile „Vollgranula“. Ihr grösstes Interesse haben Fleischers Untersuchungen, weil es ihm gelang, dieselben Bildungen an frischen Schnitten der Tränendrüse vom Kalb und Kaninchen nachzuweisen, ein Be- fund, der absolut für die vitale Natur dieser Bildungen spricht. Nicolas endlich (nach Fleischer angeführt) fand in der Parotis und der Tränendrüse des Menschen Granulaformen desselben Charakters wie die hier genannten. Vergleichen wir nun meine mit den oben angeführten Resultaten, so erweist sich sehr gute Übereinstimmung; die von mir beschriebenen basophilen Körnchen, die zerfallen, indem sie in die acidophilen übergehen, sind den Voll- granula Fleischers analog, während aber Fleischer und Heidenhain beide eine regelmässige mondsichelförmige Form des einen Bestandteiles der Meniski fanden, sahen wir, wie man in der Prostata des Menschen zwar Bildungen an- treffen kann, die sehr lebhaft an diese erinnern, wie der Vor- gang aber doch auch in etwas andrer Weise erfolgt, indem wir viele andere Formen des Überganges des basophilen in das acidophile Körnchen gewahren. Weder Heidenhain noch Fleischer gibt Aufschluss über die Bildung der primären Granula, und leiderdessen bin auch ich nicht imstande, hier- über Auskunft zu erteilen. Man trifft oft genug die ganz leeren, retikulären Zellen und ebenfalls Zellen mit „Vollgranula“ an, den Übergang zwischen diesen Stadien habe ich aber nie be- obachtet. Ein Fingerzeig zur Lösung der Frage scheint mir in dem oben erwähnten Falle zu liegen, wo Weskis Körn- chen fehlten, wo aber vor einem Teile der Kerne ein oder mehrere stark acidophile Körnchen lagen, die in vielen Be- ziehungen an ausgestossene Nucleolen erinnerten; ob diese das erste Stadium der Secretbildung sind, 'mus ich dahingestellt lassen, diese Möglichkeit ist aber jedenfalls vorhanden. O0. V. C. E. PETERSEN, Ausser dem oben genannten Material untersuchte ich 1s0- lierte, frische Zellen aus einer Reihe von Kadavern. Die Untersuchung derselben geschah stets möglichst schnell nach der Sektion und zwar nur während der kalten Jahreszeit, um möglichst wohlbewahrtes Material zu bekommen; übrigens machte ich schon früher (l. e.) darauf aufmerksam, dass die Zellen der Prostata verhältnismässig spät in Fäulnis gehen und sich z. B. oft vorzüglich erhalten vorfinden, wo die Zellen der Vesicula seminalis bereits mehr oder weniger destruiert sind. Der Zweck dieser Untersuchungsreihe war teils, zur Klar- heit über das Vorkommen der Weskischen Körnchen zu ge- langen, teils die Pigmentierung der Zellen zu erforschen. Wie oben angeführt, beschreibt Eberth einige gelbliche Körn- chen in den Zellen der Prostata, und gehen wir auf Koelliker (l. c. 6, S. 406) zurück, so beschreibt dieser die Zellen als polygonale oder kurz eylindrische Epithelzellen mit braunen Pigmentkörnchen. Nach Langerhans (l. ce. 7, S. 210) ist das Epithelium zweischichtig, sind die Zellen fein granuliert; ausser diesen kleinen Körnchen finden sich aber 1-3, selten mehr, grössere, deutlich gelbfarbige Körnchen (Färbung mit Pikrokarmin), die in der Nähe des Kerns liegen und sich mit Osmiumsäure deutlich schwarz färben. In den neueren Lehr- und Handbüchern wird das Vorkommen von Pigmentkörnchen zuweilen berührt (Testut 1. ec. 14), zuweilen aber nicht (Ouwainl.re. 10): Diese frischen Fälle untersuchte ich nun, indem ich Ab- schabungspräparate von einer frischen Schnittfläche der Pro- stata nahm und dieselben betrachtete, teils ungefärbt in 0,7%» iger Chlornatriumlösung, teils nach Färbung mit Methyl- violett, Methylblau, Neutralrot, stets in wässeriger Lösung, Sudan und Scharlach, in 70 %wigem Alkohol wie auch in 1% iger wässeriger Osmiumsäurelösung aufgelöst. In sämtlichen 20 Fällen (das Alter variierte von 21 bis Beiträge zur Histologie der Prostata. 665 62 Jahren) sah man zwei Zellenformen, teils kubische, teils cylindrische Zellen, deren basales Ende oft in eine dünne, faserförmige Verlängerung ausgezogen war, was ein ganz guter Beweis für den zweischichtigen Charakter des Epithels an einigen Stellen der Drüse ist. Anderseits fand man auch eylin- drische Zellen, deren Basis ebenso breit wie das obere Ende war; diese Zellen stammten offenbar von Stellen mit ein- schichtigem Drüsenepithel her. Was das Vorkommen von Pigment in den Zellen der Prostata betrifft, so traf ich keinen einzigen Fall an, wo man die Körnchen wirklich hätte farbig nennen können, ebensowenig wie ich in den nach vorausgehender Fixation und Paraffin- behandlung untersuchten Fällen irgend eine Spur von Pig- ment fand. Nur in zwei Fällen (50- und 62 jährige Individuen) waren einige der Körnchen mit einem ganz leichten gelblichen Anflug versehen, diese Farbe war aber so schwach, dass sie bei Anwendung des Apochromat-Objektives und bei Tageshelle eben durchschimmerte; bei künstlichem Lichte war es nicht möglich, sie zu gewahren (Fig. 5). In allen Zellen fanden sich drei verschiedene Arten von Körnchen, teils diffus über das ganze Protoplasma der Zelle verbreitete kleine, dicht aneinander liegende, mit basischen Farben schwach färbbare Körnchen, die augenscheinlich mit den oben beschriebenen acidophilen Körnchen übereinstimmen, teils grössere, stets entschieden basophile Körnchen, die in weit geringerer Anzahl als die ersteren vorkamen und meistens peripher zum Kerne, in einzelnen Fällen neben oder basal zu demselben lagen. Diese Körnchen kommen beim Menschen also konstant vor und stimmen im ganzen mit Weskis Körn- chen überein. Die Übereinstimmung geht sogar soweit, dass ich in einem Falle (21 jähriger Mann) sehr oft sah, wie sie ähnliche Veränderungen erlitten wie die mit Bezug auf die fixierten Präparate beschriebenen (Fig. 6), indem man bei 666 O. V. C. B. PETERSEN, Färbung mit Methylviolett fand, dass sie aus einer äusseren, farbigen, ringförmigen oder mondsichelförmigen und aus einer inneren, schwächer gefärbten Zone bestanden; in einigen Zellen waren nur die Halbmonde zurück, die dann von den kleinen, acidophilen Körnchen umgeben lagen, welche sich hinsicht- lich der Färbbarkeit ebenso verhielten wie der innere, um- gebildete Teil des Körnchens; dies steht ja im höchsten Grade in Einklang mit den fixierten Objekten. Mit Bezug auf Weskis Annahme, dieselben seien das Material zu den Prostatakonkre- menten, fand ich durchaus nichts, was hierauf hindeuten könnte. Während die Prostatakonkremente leicht dadurch erkennbar sind, dass sie aus Schichten zusammengesetzt sind und dass sie sich mit Jod-Jodkalium braun, mit Methylviolett aber rot- violett färben, fand ich nie ein einziges Weskisches Körn- chen, das sich mit Methylviolett rotviolett färbte; diese Körn- chen nahmen stets den Farbenton der Auflösung an (dasselbe gilt von der Färbung mit Methylenblau und Neutralrot). In zwei Fällen (50- und 63 Jährige Individuen) färbten diese Körn- chen sich ganz schwach bräunlich durch Jod-Jodkalium, je- doch bei weitem nicht so stark wie die in beiden Fällen vor- handenen Konkremente. Endlich gab es keinen einzigen Fall, wo ich irgend etwas erblickte, was ein direktes Ausstossen dieser Körnchen befürworten, geschweige denn beweisen könnte, wie ich auch niemals ausgestossenes Secret fand, das tinktoriell mit denselben übereinstimmte. Übrigens bot die Struktur der Zellen in allen Fällen grosse Verschiedenheit dar; einige Zellen enthielten viele, andere nur wenige Weski- sche Körnchen, die wieder anderen gänzlich abgingen, indem diese nur die kleinen Granula enthielten, und noch andere waren hell und hatten weder die grossen noch die kleinen Körnchen. Im grossen und ganzen stimmen mithin die von mir an den Isolationspräparaten beobachteten Verhältnisse mit denen überein, die ich oben als von den fixierten Objekten geltend beschrieb. Beiträge zur Histologie der Prostata. 667 Die dritte Art von Körnchen, die ich konstant in den Zellen fand, erwies sich nach Färbung mit den obengenannten Anilinfarben und Jod-Jodkalium als ungefärbte, kleinere Körn- chen, die meistens basal in den Zellen lagen, so dass sie in den spitz ausgezogenen Cylinderzellen als eine einzelne Reihe von Körnchen erscheinen konnten, während sie anderseits oft ausserhalb des Kernes, mehr oder weniger mit Weskischen Körnchen untermischt lagen; in den basalen kubischen Zellen fand ich sie sehr häufig über das ganze Protoplasma zer- streut, so dass die ganze Zelle von denselben angefüllt zu sein schien. Bei Behandlung mit Osmiumsäure färben sich diese Körn- chen schwarz, wie sie sich auch mit Sudan und Scharlach stark und schnell färben; anderseits lassen sie sich mittels dieser Methoden nicht an xylolbehandelten Paraffinschnitten nachweisen, und es unterliegt daher keinem Zweifel, dass sie fettiger Natur sind. Dass zunehmendes Alter einen Einfluss auf ihre Menge üben sollte, liess sich nicht nachweisen. Alle von mir untersuchten Individuen waren relativ blond und pigmentarm; hierin liegt vielleicht eine Erklärung des Umstandes, dass einige Untersucher diese Körnchen als farbig beschreiben; mir war es leider nicht möglich, ein wirklich schwarzhaariges Individuum zur Untersuchung zu erhalten, so dass ich nicht zu entscheiden vermag, ob die mögliche Pig- mentierung der Prostata mit der universellen Pigmentierung des Individuums variieren würde. Übrigens erwähnt Maas (l. c. 8), der eine sehr sorgfältige Untersuchung über die Pigmentierung verschiedener Organe des Menschen veröffent- licht hat, mit keinem Worte eine Pigmentierung der Prostata. Anatomische IIefte. I. Abteilung. 119. Heft (39. Bd., H. 3). 44 668 O. V. C. B. PETERSEN, Il. Seeretorische Veränderungen in den Zellen der Prostata des Kaninchens. Der erste Autor, bei dem wir einen Versuch antreffen, die secretorischen Verhältnisse in der Prostata des Kaninchens klarzulegen, ist Stilling (l. c. 13). Nach seiner Beschreibung ist die Vesicula seminalis ein Uterus masculinus, während er den oberen, dorsalen Teil der Prostata Vesicula seminalis nennt. Er untersuchte die Prostata vor und nach dem Coitus und fand (l. c. S. 5), dass die Zellen cylindrisch und granuliert sind, dass die Körnchen aber grösstenteils optische Querschnitte eines dichten Faserwerks angeben, das die Zellen fast ganz anfüllt; nach dem Coitus sind die Zellen der Prostata kleiner, breiter und heller und alle Kerne gross, rund, hell und mit deutlichem Kernkörper versehen; man überzeugt sich leicht von der Abnahme des eigentlichen Protoplasmas und von der Zunahme des Para- plasmas, der Interfilarmasse. Mit Bezug auf den anderen Teil der Prostata, den Stilling als Vesicula seminalis bezeichnet, fand er, dass die Zellen ceylindrisch mit hochliegendem Kerne sind; das Protoplasma ist in frischem Zustande völlig homogen, matt schimmernd ; Teile des Protoplasmas lösen sich als hyaline Kugeln ab und schliessen sich dem in den Alveolen liegenden Secret an. Nach dem Coitus sind die Drüsenzellen ausserordentlich vergrössert, sie haben eine cylindrische oder birnenförmige Gestalt mit abgerundetem Fusse; das Protoplasma ist homogen wie in den nicht gereizten Zellen. Die eigentliche Secretion des Organes erfolgt also zu einem anderen Zeitpunkte als die Secretion in der Prostata; die Zellen der letzteren geben die während der Ruhe angehäuften Stoffe während des Coitus ab, der Saft in der Vesicula seminalis bildet sich dagegen früher, Beiträge zur Histologie der Prostata. 669 während der Pause zwischen den beiden Brunstperioden ; während des Coitus wird er nur entleert. Disselhorst (l. c. 1, 1897) beschreibt das Epithelium desjenigen Teiles der Prostata, den er die Vesicula seminalis nennt (ebenso wie Stilling), als kräftige Gylinderzellen von mittlerer Höhe, die den ovalen Kern im unteren Drittel tragen, und deren grobkörniges Protoplasma nur hier und da eine hellere Partie in der Nähe des Kernes zeigt. Während diese Beschreibung des Epitheliums zunächst den Verhältnissen in Stillings Prostata zu entsprechen scheint, bespricht Dissel- horst das Epithel der Prostata als ein einschichtiges, regel- mässiges Cylinderepithel, mit grossem, rundem Kerne im unteren Drittel; über die Struktur des Protoplasmas sagt er nichts, und seine Abbildungen (l. ce. Figg. 43, 46) geben nur wenigen Aufschluss. In der Ausgabe 1904 stützt Dıssel- horst sich ausschliesslich auf die Untersuchungen von Rauther und Schaap, weshalb ich mich hier darauf be- schränke, diese hier zu referieren. Rauther (l. ce. 11) ist, wie ich bereits früher hervor- gehoben habe (l. c. 9), der erste, der eine konsequente embryo- 1ogische Erklärung der Verhältnisse beim Kaninchen sucht und hierdurch zu dem Ergebnisse kommt, dass das früher als Uterus masculinus Bezeichnete eine Vesicula seminalis ist, dass man die Prostata aber in zwei Abschnitte zu teilen hat, in einen medialen, dorsalen Teil, der Stillings Vesicula semi- nalis entspricht, und einen unteren, lateralen Teil, der Stillings Prostata entspricht. Die Zellen des medialen, dor- salen Teiles (l. c. S. 427) besitzen ein grobgranuliertes Proto- plasma, sind aber meistens von einem hellen Rande umgeben und zeigen oft adhärente, helle, feinkörnige Secretbläschen ; die innere Begrenzung der Zellen ist scharf, der Kern ist oval und liegt gewöhnlich in dem dem Lumen zugekehrten Teile der Zelle. Neben breiteren Zellen findet man schmälere, dunkle 44* 670 O0. V. C. B. PFTERSEN, Zellen, deren Protoplasmakörper noch mit einem an der äusseren Seite festhängenden Secrettropfen zusammengeheftet zu sein scheint. Im übrigen Teile der Prostata sind die Epithelzellen hoch cylindrisch, dicht aneinander liegend. Das Protoplasma zeigt eine grobe Granulierung, es färbt sich mit Orange leuchtend gelb, die Zellgrenzen sind undeutlich, der freie Rand der Zelle am öÖftesten unscharf. Die Kerne sind kreisrund, hier und da ein wenig abgeplattet, und liegen an der Basıs der Zelle. Um zu einiger Klarheit über die Secretionsverhältnisse zu gelangen, untersuchte ich selbst die Prostata von im ganzen acht Kaninchen, teils unter physiologischen Irritationszuständen inrer Prostata, teils nach Irritation durch subeutane Injektion von Chloretum pilocarpicum. Kaninchen Nr. 1. Getötet im November, nachdem es sich längere Zeit hindurch in einem anderen Raume als die Weib- chen aufgehalten hatte. Kaninchen Nr. 2. Getötet im Mai unter denselben Verhält- nissen wie Nr. 1. Kaninchen Nr. 3. Getötet im Mai nach Injektion von 10 cg Chloretum pilocarpicum pr. Kg. Kaninchen Nr. 4. Getötet im Juni nach Injektion von 35 cg Chloretum pilocarpieum pr. kg. Kaninchen Nr. 5. Getötet im August. Kaninchen Nr. 6. Getötet ım Oktober, nachdem es vier Tage lang ohne Verbindung mit Weibchen gestanden hatte. Kaninchen Nr. 7. Getötet im November unmittelbar nach starker geschlechtlicher Reizung (6—8 Coitusversuche ohne Ejaculation). Kaninchen Nr. 8. Getötet im Dezember unmittelbar nach 5—6 effektiven Coitus. Der Kürze wegen bezeichne ich im folgenden denjenigen Teil der Prostata, den Stilling Vesicula seminalis nennt, Beiträge zur Histologie der Prostata. 671 und der Rauthers medialen, dorsalen Prostata entspricht, als Prostata A, den übrigen Teil (Stillings Prostata) als Prostata B. Betrachten wir vorerst die Prostata als eine Gesamtheit, so kann man schon bei schwacher Vergrösserung einen Unter- schied der beiden Abschnitte gewahren, indem die Zellen der Prostata B stets gröber granuliert sind als die der Prostata A, und während die Grenze der Zelle nach dem Lumen hin in der Prostata B immer ziemlich geradlinig ist, schieben in der Prostata B die Zellen oft gleichsam ein Bläschen nach dem Lumen vor, und dieses Bläschen schnürt sich später von der Zelle ab und bildet im Lumen ein freiliegendes Klümpchen, was sowohl Stilling als Rauther beobachtete, und was ich durch meine eignen Untersuchungen völlig bestätigt fand. Alles vorliegende Material wurde in wässeriger gesättigter Sublimatlösung fixiert und nach Einbettung in Paraffin, Zer- legung in Schnitte und deren Aufkleben gefärbt, gewöhnlich mit Hansens (l. ec. 4) Eisentrioxylhämatein, mitunter mit Hansens (l.c. 4) Chromhämatein im Verein mit Nachfärbung durch Säurerubin. Betrachten wir nun erst die Prostata A, so zeigt es sich, dass die Grundform der Zellen die Cylinderzellen sind, die in der Regel einen spitzeren basalen Teil haben, und deren runder Kern hoch im Protoplasma, meistens oberhalb der Mitte der Zelle liegt. Es wird das Verständnis erleichtern, zuerst die Prostata A des Kaninchens Nr. 7 zu betrachten (starke geschlechtliche Reizung, doch keine Ejaculation); in dieser fanden sich nur zwei Phasen der Secretion, in der einen (Fig. 7) sind die Zellen gedrängt voll von feinen Körnchen, die jede andere Struktur des Protoplasmas verdecken; die Grenze nach dem Lumen hin ist scharf, und man sieht kein Secret in denjenigen Lumina, in welchen diese Zellen sich vorfinden; der Kern liegt hoch 672 O0. V..C. B. PETERSEN, in der Zelle und enthält mehrere grosse Nucleolen. In der anderen Phase (Fig. 8) sind die Zellen zum Teil gross, gleich- sam angeschwollen, heller als die ersteren, da die Körnchen mehr zerstreut liegen, und sieht man zwischen diesen ein undeutliches Reticulum; andere Zellen haben. um den Kern herum eine dichtere Schicht von Körnchen, wie die erstere Form der Zellen, im peripheren Teile der Zelle dagegen die oben beschriebene helle Protoplasmastruktur, während sie doch im ganzen ihre ursprüngliche Form beibehalten haben; wieder in anderen Zellen wölbt der helle Teil sich mehr nach dem: Lumen hervor, so dass die Grenze der Zelle ein über die anderen Zellen hervorragendes Kugelsegment bildet; zu- weilen sieht man, wie dieser kugelige Teil des Plasmas sich immer mehr hervorwölbt, wie er an einzelnen Stellen sich nach dem Kern hin einschnürt, und wie er mitunter nur mittels eines ganz dünnen Stieles mit seiner Zelle verbunden ist. Dass es sich hier offenbar um eine Form der Secretion han- delt, sieht man daraus, dass man den Zellen sich anlagernde Secretkugeln antrifft, deren Struktur ganz mit der der hier beschriebenen peripheren Protoplasmapartien übereinstimmt. Während dieser abschnürende Vorgang stattfindet, hat sich zugleich basal vom Kerne eine schwach basophile, basalfila- mentöse Struktur gebildet, die beim Kaninchen 8 (Fig. 9) ihre höchste Entwickelung erreicht. Hier finden wir nur äusserst wenige Zellen, die solche Secretkügelchen wie der Fall 7 dar- bieten; die meisten Zellen sind niedrig eylindrisch mit hoch- gestellten Kernen und gleichmässig feinkörniger Struktur des Protoplasmas, indem sie augenscheinlich ihre Secretkügelchen abgeschnürt haben. Viele Zellen zeigen deutlich drei verschie- dene Strukturzonen des Protoplasmas, am meisten basal eine feine und dichte Längsstreifung, die bis an den Kern reicht, der weniger Nucleoli enthält als in den vorhergehenden Fällen und überhaupt heller ist; um diesen herum sieht man die Beiträge zur Histologie der Prostata. 673 gewöhnliche feinkörnige Struktur des Protoplasmas, die sich bis an die Oberfläche der Zelle fortsetzt, welche scharf be- grenzt ist und kein Anzeigen darbietet, dass Secret unter irgendwelcher Form die Zelle verliesse; in dem peripher zum Kerne liegenden Teile der Zelle findet man zugleich einige stark basophile, grössere, unregelmässige Körnchenbildungen, die in variabler Menge vorhanden sein können, stets aber nur peripher zum Kerne angetroffen werden. Gerade diese Bil- dungen habe ich sonst niemals wieder im Secrete gefunden, und die Annahme liegt nahe, dass dieselben die Vorstadien der feinen Granula sind, die das eigentliche Secret bilden, da man sie nur in Zellen antrifft, die entweder durch natür- liche Irritation oder durch Pilokarpin stark gereizt worden waren. Die Kaninchen 3 und 4 bieten im grossen und ganzen dieselben Zellformen dar wie Kaninchen 8; nur findet man sehr wenige Exemplare des zuletzt genannten Zellentypus, was mir anzudeuten scheint, dass der Prozess nicht so weit vor- geschritten ist wie beim Kaninchen 8. Die Kaninchen 1, 2 und 6 zeigen hinsichtlich der Prostata A das Verhalten, dass der durchaus überwiegende Teil der Zellen gleichmässig feinkörnig ist, wie oben mit Bezug auf Kaninchen 7 beschrieben, während man nur sehr wenige kugelige Anschwellungen der Zellen antrifft, und dasselbe gilt vom Kaninchen 5, wa es doch etwas zahlreichere Zellen mit kugeligen Enden gibt. Fassen wir nun das Obenstehende zusammen, so geht daraus hervor, dass die völlige Entleerung der Zelle während des Coitus stattfindet; wenn bei sexueller Irritation auch eine ziemlich kräftige Secretion vorgeht, erreicht diese doch nicht das Stadium der Secretleere wie nach dem Coitus. Bei den. nicht stark gereizten Tieren (1, 2 und 6) sind alle Zellen voll von Secret; dieses muss sich also während der Ruheperiode 674 O0. V. C. B. PETERSEN. bilden, zugleich findet aber offenbar eine kontinuierliche Secretion statt, wenngleich nur in geringem Masse, indem wir hier bei allen drei Tieren kugelige Anschwellungen ganz ein- zelner Zellen fanden; die Erklärung, weshalb Kaninchen 5 mehr Zellen in Sevretion zeigte, scheint mir darin liegen zu können, dass es getötet wurde, nachdem es längere Zeit hin- durch in Gesellschaft mit Weibchen gelebt hatte. Bei der histo- logischen Untersuchung der Prostata B der Kaninchen 1 und 6 erwies es sich nun (Fig. 10), dass die Zellen gleichartige, mittelhohe Cylinderzellen waren, deren gewöhnlich runder Kern völlig basal lag; das Protoplasma war überall vollgepfropft mit grossen, entschieden acidophilen Körnchen. Die Grenze nach dem Lumen hin war ganz scharf, und nirgends fand sich etwas, was andeuten könnte, dass Secret unter irgendwelcher Form die Zelle verlasse oder soeben verlassen habe. Beim Kaninchen 7 (Fig. 11) fand ich, dass der Reichtum an Körnchen in den Zellen, was einen grossen Teil derselben betraf, abgenommen hatte, indem die Körnchen weiter von- einander entfernt lagen. Die Kerne lagen auch hier basal, und mehrere Zellen standen augenscheinlich im Begriffe, ihr Secret auszustossen, indem man teils an vielen Stellen reich- liches, körniges Secret im Lumen erblickt, das dem Inhalt der Zelle durchaus entspricht, teils häufig Zellen ohne scharfe Grenze nach dem Lumen hin findet, in deren peripherem Teile Körnchen liegen, die offenbar im Begriffe stehen, dieselben zu verlassen; Zellen, die ihre Secretion vollständig beendigt hätten, gab es hier nicht. Beim Kaninchen 8 (Fig. 13) fand ich dagegen fast alle Zellen äusserst arm an Körnchen, die an einzelnen Stellen gänzlich fehlten; in einzelnen Zellen konnte man auch hier sehen, wie die Körnchen nahe daran waren, ausgestossen zu werden, so wie es vorwiegend beim Kaninchen 7 der Fall war. In den leeren Zellen lag der Kern olt etwas höher im klaren Protoplasma, dessen Grenze nach Anatom. Hefte I Abteilung 119. Hett.(30 Ba.H 3) Verlag von J.F.Bargmann, Wiesbaden Kal Unieersitätadruckerei H.Stürtz AG. Würzburg "Kl se Beiträge zur Histologie der Prostata. 675 dem Lumen hin zottig, zerrissen, uneben war. Basal zum Kerne und über diesen hinaufdringend sah man in allen leeren Zellen eine faserige, schwach maschige Struktur, deren Ele- mente vorwiegend in der Längsrichtung der Zelle verlaufen, und die im Besitz entschieden basophiler Eigenschaften ist; wie wir unten sehen werden, bildet sich diese Struktur offenbar während der letzten Phasen der Secretausstossung. Untersuchen wir nun die beiden pilokarpinisierten Kanin- chen, so zeigt es sich schon bei der Section deutlich, dass Pilokarpin die Secretion, auch die der Prostata, steigert, indem die grosse Vesicula seminalis in ihrer Gesamtheit gedrängt voll von Secret ist, wie auch die Prostata grösser, mehr turgeszent ist als bei dem nicht policarpinisierten Tiere. Bei mikroskopischer Untersuchung ist die Wirkung noch auffälliger. Beim Kaninchen 4 sind die Zellen im ganzen mehr arm an Körnchen als bei den nicht gereizten Tieren; die meisten derselben sind hoch mit sehr wenigen Körnchen, mit lockerem, hellem, grob retikuliertem Protoplasma und zottigem, ver- schwimmendem Rande nach dem Lumen hin; dasselbe gilt von dem Kaninchen 3, wo die Körnchen indes noch spärlicher geworden sind, und wo man Zellen wie die der Fig. 12 sieht, die fast ganz secretleer sind; nirgends fand ich jedoch die dem Kaninchen 8 charakteristische basale Streifung des Proto- plasmas, was meiner Ansicht nach darauf hindeutet, dass diese sich erst bildet, wenn die Zelle möglichst viel Secret ausge- stossen hat und beginnt, ihr Protoplasma zwecks einer neuen Secretbildung zu regenerieren. Dass die Zellen dieser Drüse offenbar eine derartige Regeneration unternehmen, ist unter anderem daraus ersichtlich, dass man niemals weder nach normalen Reizungen noch nach Pilokarpin Mitosen in den Zellen antrifft, ebensowenig wie Anzeichen einer direkten Kernteilung; dasselbe gilt von der Prostata A, indem ich auch hier niemals Mitosen bemerkte. 67 0. V. ©. B. PFTERSEN, Beiträge zur Histologie der Prostata. Fassen wir nun das Obenstehende zusammen, so wird das Ergebnis, dass die Prostata B des Kaninchens ihr Secret während der Perioden bildet, wo das Tier nicht geschlechtlich gereizt wird, dass es dasselbe während des Coitus, nicht aber vor diesem ausstösst, da die völlige Leere der Drüse und ihrer Zellen erst nach dem Coitus erscheint und anderseits eine lange geschlechtliche Reizung (Kaninchen 7) nicht imstande ist, das Secret der Drüse zu entleeren oder die völlige Ent- leerung der Zellen zu bewirken. Dass neben der oben be- schriebenen auch eine kontinuierliche Seeretion stattfindet, ist wahrscheinlich wegen des Aufbaues der Drüse mit grossen offnen Lumina, dieselbe muss dann aber ganz unmerkbar und zwar so vorgehen, dass es zu keiner völligen Entleerung der Zellen kommt; die oben beschriebenen, ganz leeren Zellen trifft man nämlich nie in der nicht gereizten Drüse an. — Dass das Pilokarpin auch auf die hier besprochenen Drüsen secretionssteigernd wirkt, ist dem Obenstehenden zufolge ganz unzweifelhaft; doch muss man sehr beheutsam sein, wenn man aus den Verhältnissen bei pilokarpinisierten Tieren auf Tiere unter normalen Zuständen Folgerungen ziehen will. Die Pilokarpinisierung wirkt freilich in derselben Richtung wie das normale Irritament, es ist aber für die Zellformen, die man erblickt, offenbar von grosser Bedeutung, um welchen Zeit- punkt der Pilokarpinisierung man das Tier tötet und das Organ zur Untersuchung herausnimmt; in den hier von mir ange- führten Fällen war der Prozess weder in der Prostata A noch in der Prostata B nach der Pilokarpinisierung so weit gelangt wie nach der natürlichen Reizung. Erklärung der Abbildungen. Fig. 1—4. Prostata eines 24jährigen Mannes. Formalfixation. Färbung mit Chromhämatein, Hansen, — Säurerubin. Zeiss Apochromat 2, homogene Immersion, Kompensationsocular 12. Wirkliche Vergrösserung 2200. Fig. 1. Die Zelle links ganz hell, retikulares Protoplasma ohne Körnchen in der Zelle rechts ist das Protoplasma mit grösseren und kleineren basophilen Körnchen angefüllt, die sämtlich scharf konturiert sind. Fig. 2. Das Protoplasma voll von grösseren und kleineren Körnchen, deren einige rein basophil, andere rein acidophil sind. Wieder andere bestehen teils aus acidophiler, teils aus basophiler Substanz, so miteinander vermischt, dass wir bald ein acidophiles Körnchen mit basophilem Kerne, bald das Um- gekehrte erblicken. Fig. 3. Alle Zellen sind voll von kleinen acidophilen Körnchen. Fig. 4. Die Grenzen der Zellen unscharf, indem einige derselben proto- plasmatische Verlängerungen entsenden. Zwei Zonen in der Zelle, eine peripher zum Kerne liegende körnige Zone mit undeutlichem untermischtem Reticulum, eine basal vom Kerne liegende mit deutlichem Reticulum, ohne Körnchen. Am weitesten rechts ein Klümpchen körnigen Secrets. Fig. 5—6. Zellen in Ausschabungen aus einer Prostata. Zeiss Apochr. 2, homogene Immersion, Kompensationsocular 6. Wirkliche Vergrösserung 1100. Fig. 5. Zellen aus der Prostäta eines 47jährigen Mannes. 5a. Mit Osmiumsäure behandelt, zeigt äusserst grossen Reichtum an den fettähnlichen Körnchen. 5b und c. Ein paar grosse basophile Körnchen peripher vom Kern, die fettähnlichen Körnchen basal von diesem; das ganze Protoplasma fein granuliert. Fig. 6. Zellen aus der Prostata eines 2ljährigen Mannes. Die grossen basophilen Körnchen zeigen eine Teilung in Zonen, die mit der in den fixierten Objekten gefundenen (Fig. 2) übereinstimmt. Fig. 7—13. Zellen aus der Prostata des Kaninchens. Sublimatfixation Färbung mit Eisentrioxyhämatein, Hansen-Zeiss Apochr. 2, homogene Immersion, Kompensationsocular 12. Wirkliche Vergrösserung 2200. 678 Erklärung der Abbildungen. Fig. 7. Kaninchen 7. Prostata A. Mit Secret angefüllte Zellen mit scharfer, gerad)iniger Grenze nach dem Lumen hin. Das Protoplasma gleich- mässig feinkörnig, mehrere Nucleoli im Kerne. Fig. 8. Kaninchen 7. Prostata A. Zellen in voller Secretion. Am weitesten rechts eine diffus angeschwollene Zelle mit zerstreuten Körnchen und undeutlichem Reticulum. Die beiden Zellen links im Begriffe, ein Secret- kügelchen aus dem peripheren Teile des Protoplasmas zu bilden; beide diese Zellen mit basaler Längsstreifung des Protoplasmas. Vor den Zellen abge- schnürte Secretkügelchen. Fig. 9. Kaninchen 8. Prostata A. Zellen nach der Secretion. Der Kern heller als in den vorhergehenden Fällen, stark entwickelte basalfila- mentöse Streifung des Protoplasmas; in dem peripheren Teile der Zelle baso- phile, unregelmässig geformte, grosse Körnchen. Fig. 10. Kaninchen 6. Prostata B. Mit Secret angefüllte Zellen mit scharfer Grenze nach dem Lumen hin. Fig. 11. Kaninchen 7. Prostata B. Zellen in voller Secretion, wo die Körnchen im Begriffe stehen, das Protoplasma zu verlassen. Fig. 12. Kaninchen 3. Prostata B. Fast secretleere Zellen, zwei mit unscharfer Grenze nach dem Lumen hin; das Reticulum im Protoplasma mehr hervortretend. Fig. 13. Kaninchen 8. Prostata B. Zellen mit unscharfer Grenze nach dem Lumen hin und stark entwickelter basalfilamentöser Streifung des Proto- plasmas. la. lb. 2. 12, 13 14. 15. 16. Literaturverzeichnis. Disselhorst, Die accessorischen Geschlechtsdrüsen der Wirbeltiere. Wiesbaden 1897. — Ausführapparat und Anhangsdrüsen der männlichen Geschlechtsorgane. Jena 1904. Eberth, Die männlichen Geschlechtsorgane. Jena 1904. Fleischer, Beiträge zur Histologie der Tränendrüse und zur Lehre von den Sekretgranula. Anat. Hefte. 78. 1904. Hansen, F.C. C, Über Eisenhämatein, Chromalaunhämatein, Tonerde- alaunhämatein, Hämateinlösungen und einige Cochenillefarblösungen. Zeit- schrift f. wissensch. Mikrosk. u. f. mikrosk. Techn. XX]I. 1905. Heidenhain, Beiträge zur Kenntnis der Topographie und Histologie der Kloake und ihrer drüsigen Anhänge bei den einheimischen Tritonen. Arch. f. mikrosk. Anat. XXXV. 1890. Koelliker, Mikroskopische Anatomie. II. Leipzig 1854. 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Bei Untersuchungen, die ich mit einer allgemein vorkom- menden Hemipter-Larve, Nematus, vorgenommen habe, habe ich die Morphologie der Darmzellen auseinander zu setzen versucht, hinsichtlich der verschiedenen Phasen sowohl der Secretion als der Absorption. Die Secretion, von welcher es sich hier handelt, ist diejenige, die von F. Henschen als blasenförmige Secretion bezeichnet worden ist. Dieselbe ist zur letzten Zeit von mehreren Forschern studiert worden; eine detaillierte Beschreibung des histologischen Verlaufes derselben ist noch nie herausgegeben worden. Die Erscheinungen bei der Absorption und die Veränderungen des Bürstenbesatzes, die von derselben hervorgerufen werden, sind — soviel ich weiss — noch nicht beschrieben worden. Die blasenförmige Secretion wurde zuerst von Ranvier und Heidenhain nachgewiesen. Ranvier. fand bei Schweissdrüsenzellen eine Abschnürung von schleim- oder colloidähnlichen Tröpfchen. Heidenhain zeigte, dass bei der Milchsecretion Fetttröpfchen, von Bestandteilen des Plas- mas umgeben, von den Zellen der Milchdrüse abgestossen werden. Heidenhains Schüler, Fr. Nissen, zeigte, dass bei dieser Milchsecretion der Kern auch von Bedeutung ist. Später wurden ähnliche secretorische Vorgänge auch in anderen Organen nachgewiesen. So fanden Lebedeff und Lorenz ähnliche Verhältnisse in den Nierenkanälchen des Anatomische Hefte. I. Abteilung. 119. Heft (39. Bd., H. 3). 45 684 Schweines und Altmann zeigte in der Hühnerniere eine Ab- stossung von grösseren Secretblasen. Diese Forscher gaben doch keine nähere Erläuterung des Verlaufes. Eine solche wurde zuerst von Nicolas und van Gehuchten geliefert. Nicolas war der Ansicht, dass Produkte, die innerhalb des Protoplasmas entstanden, die Zelle zum Anschwellen bringt an der Seite, die frei ist, d. h. gegen das Lumen. Darnach wird der distale Teil der Zelle, welche diese Produkte enthält, als ein Tröpfehen abgeschnürt. Haben dabei die Zellen einen Bürstenbestaz, so wird dieser nach der Seite gedrängt. Nicolas ist der Meinung, dass die Secretion ein physikalisches Phänomen sei. van Gehuchten wieder schreibt den Zellen hierbei eine aktive Rolle zu, indem sie eine Membran unterhalb des Secretteiles der Zelle bilden sollten und auf diese Weise das Secret von der eigentlichen Zelle abscheiden. Tempel, Talke und Lüneberg bestätigten und vervollständigten diese Befunde. Talke, welcher Schweiss- drüsen untersuchte, behauptet, dass eine Erhöhung der Zelle gebildet wurde und durch diese wird das Secret hinausge schoben. Nach Lüneberg wird die ganze helle Innenzone abgestossen, so dass nur die dunklere Aussenzone zurück- bleibt. Es steht noch übrig, die Untersuchungen von Hen- schen zu erwähnen. Er hat die blasenförmige Secretion bei mehreren Tierklassen vergleichend studiert, und er hat bei denselben hinsichtlich dieser Secretion eine gewisse Ähnlich- keit gefunden. Man muss deshalb annehmen, dass sie bei verschiedenen Tieren allgemein vorkommen soll. Bisher hat man also gefunden, dass das Secret von der Zelle gebildet und in der Innenzone gesammelt wird. Diese schwillt an oder wächst gegen das Lumen hervor. Sobald sich das Secret in genügender Menge gesammelt hat, wird Von der Secretion und Absorption der Darmzellen bei Nematus. 685 die ganze Innenzone abgestossen und kommt als ein Tröpf- chen oder eine Blase in das Lumen hinein. Bei meinen Untersuchungen bin ich zum Teil von diesen bisher geltenden Anschauungen ausgegangen. Ich habe die- selben zu ergänzen und gewissermassen zu modifizieren ver- sucht. Daneben habe ich meine Aufmerksamkeit auf alle bis- her wenig beachteten Details gerichtet und ich habe versucht, der Secretion durch alle ihre verschiedenen Phasen zu folgen. Zu einer Untersuchung der Secretion und der Ab- Textfigur 1. sorption der Darmzellen sind gewisse Evertebraten mehr geeignet als die Vertebraten, denn die Darmzellen der letzteren sind immer so klein, dass eine genaue Beobachtung des her- gehörigen Verlaufes bei ihnen wohl kaum möglich ist. Unter den Evertebraten dagegen finden sich viele, die in dieser Hin- sicht nichts zu wünschen übrig lassen und besonders die Nematus-Larve ist ein geeignetes und wertvolles Material. Der Darmkanal derselben ist ein gerades Rohr mit ganz ebenen Wänden ohne Falten. Die Zellen (Textfigur 1 und Mikro- photographie 1), aus denen die Wände bestehen, sind ungewöhn- 45* 686 HARALD HOLTZ, lich gross und voneinander scharf abgegrenzt. Sie sind kubisch und senden in das Darmlumen einen wohl entwickelten Bürsten- besatz von langen Pseudopodien hinein. Diese durchdringen einen deutlichen Cuticularsaum, der zunächst als eine Stäb- chencuticula aufgefasst werden darf. Das Protoplasma der Aussenzone ist längsgestreift. Der Kern ist auch im Verhält- nis zu der Grösse der Zellen sehr gross. Natürlich ist nur der mittlere Teil des Darmes in dieser Weise gebaut. Der Anfang (das Stomodaeum) und das Ende (das Proctodaeum) desselben besteher aus Plattenepithel. Die Larven sind eingesammelt worden, als sie eben bei der Digestionsarbeit waren. Daraus folgt, dass man den Darm immer mit Futter gefüllt sieht, welches aus allerlei Blätterteilen besteht. Diese sind teils un- verändert, teils ganz oder teilweise digeriert und nehmen im letzteren Falle die peripheren Teile des Lümens ein. Das Material ist mit Alc. abs., Chloroform und Eisessig nach Carnoy fixiert worden. Bei der Einbettung war Paraffin am meisten geeignet, weil die Schnitte dabei ganz und eben waren, mit einem Durchschnitt von 4—5 u. Bei der Fär- bung habe ich verschiedene Methoden verwandt, wie Kisen- alaun-Hämatoxylin nach Heidenhain mit Kontrastfärbung durch Säurefuchsin-Orange oder Eosin-Lichtgrün, Säurefuchsin und Pikrinsäure nach van Gieson; und auch die Mito- chondrienfärbung von Benda habe ich trotz der Fixierungsart versucht. Die eben beschriebenen kubischen Zellen des Darmes bei Nematus haben eine doppelte Aufgabe. Teils sind sie secre- torisch, indem sie solche Stoffe bereiten und secernieren, welche für die Überführung des Futters im absorbierbaren Zustande nowwendig sind, teils absorbieren sie durch den Bürstenbesatz den digerierten Darminhalt. Daher kann man hier nicht von einer Arbeitsteilung sprechen wie bei höheren Tieren, bei denen gewisse Zellen sercernieren, andere absorbieren. Von der Secretion und Absorption der Darmzellen bei Nematus. 687 Die Secretion ist von derselben Natur wie die Excretion der Nieren und geschieht durch blasenförmige Secretion. Sie zeigt nach der Intensität derselben ein verschiedenes Verhalten, aber sie hat im allgemeinen einen bestimmten Verlauf. Das erste bei der Secretion ist eine Veränderung von der Lage und der Gestalt des Kernes (Mikrophotographie 2—-4). Man sieht, dass er sich länger in die Innenzone zieht und dabei bekommt er ein längliches Aussehen. Zuletzt befindet er sich dicht unter dem Cuticularsaum. Er erregt nun in einiger Weise das Protoplasma, so dass es sich zu einem oft sehr grossen Kegel, entsprechend der Lage des Kernes, erhebt. Dieser Kegei ragt dann in das Darmlumen hinein und schiebt den Cuticularsaum und die Pseudopodien vor sich hin (Mikro- photopraphie 2). Der Kern ragt nun oft mit dem einen Pol in das Plasma des Kegels hinein, so dass er also zeitweise ausser- halb der ursprünglichen Zellenoberfläche liegt. Der jetzt er- wähnte Verlauf kann als die erste Phase der Secretion be- trachtet werden. Der Kern hat seine Lage geändert und die ursprünglich ebene Zellenoberfläche hat sich jetzt auf einer Stelle kegelförmig erhoben, wovon an einem Schnitte der Cuticularsaum zwei Wellenlinien gleicht, welche gegen das Lumen abbiegen, um sich in einer Spitze zu vereinigen. Die Pseudopodien, die vom Anfang überall rechtwinkelig gegen den Cuticularsaum ausgehen, verhalten sich jetzt auch in der- selben Weise. Diejenigen Pseudopodien, welche von dem Plasmakegel ausgehen, streben darnach, sich rechtwinkelig gegen den den Kegel deckenden Cuticularsaum, sogleich nach ihrem Austritt aus demselben, zu stellen. Später aber biegen sie gegen das Lumen um und verlaufen parallel mit den übrigen Pseudopodien. Hieraus erfolgt, dass, entsprechend der Er- hebung, die Pseudopodien viel dichter stehen und beinahe wie verzottelt sind. Jetzt ist auch eine Veränderung innerhalb des Kernes ge- 688 HARALD HOLTZ, schehen. Man sieht, dass am inneren Pol des Kernes die Kernbeständteile sich verändert haben. Vom Anfang an kamen sie als grosse Körner oder Schollen vor (Mikrophotographie 2), aber jetzt haben sie sich in einer grossen Menge feiner Körner geteilt, die sich am inneren Pol gesammelt haben. Nur an dieser Stelle sind die Kernbestandteile verändert worden. Jetzt birst die Kernmembran am Innenpole, so dass mehrere Öff- nungen entstehen und die Körner, wahrscheinlich zusammen mit irgendwelcher Flüssigkeit, aus dem Kern herausgestossen werden. Alle diese Kernbestandteile werden, sobald sie aus dem Kern herausgetreten sind, von Protoplasma umgeben und sie liegen dabei zuerst an der Spitze des Kegels, welcher noch ganz ist. Bald entsteht eine Öffnung an demselben in der Weise, dass der Cuticularsaum an der Spitze des Kegels gespaltet wird, wobei ein Loch oder ein Riss entsteht ohne grösseren Verlust des Cuticularsaums, da derselbe nur auseinandergezogen wird, und durch dieses Loch wird die Secretblase herausgeschoben (Mikrophotographie 2—4). Dieselbe besteht dann aus einer äusserst dünnen Wand aus Protoplasma und aus einer grossen Anzahl von Körnern, die in irgend einer Flüssigkeit liegen. Die Blase wird jedoch nicht sofort frei. Sie hängt zuerst mit dem Zellkörper durch einen Plasmastiel, der zuweilen kurz und dick, zuweilen lang und dünn ist, kürzere oder längere Zeit zusammen. Der Stiel ist oft von einem Gang durchbohrt. Dadurch steht die Höhle der Secretblase oft mit den Öffnungen der Kernmembran in Verbindung und man sieht dann Körner, welche aus dem Kerne durch den Gang in die Blase hinein- wandern. Jetzt ist die zweite Phase, welche das Ab- stossen des Secrets aus der Zelle umfasst, beendigt. Den Plasmakegel können wir mit einem Vulkan vergleichen, der durch seinen Krater, d. h. den gespaltenen Cuticularsaum, seinen Inhalt, d. h. die Secretblase, herausschleudert. Endlich tritt die dritte Phase der Secretion ein. Die Von der Secretion und Absorption der Darmzellen bei Nematus. 689 Secretblasen, die entweder im Bürstenbesatz von den Pseudo- podien dicht umhüllt oder ausserhalb desselben im Darm- lumen liegen, können entweder mit dem Zellkörper zusammen- hängen oder frei und abgerundet sein (Mikrophotographie 9). Sie platzen nun durch irgend eine Kraft, so dass der Inhalt frei wird. Man sieht, dass die Wand an einer Stelle verdünnt wird und eine Öffnung entsteht, durch welche die Körner so- gleich heraustreten. Darnach zerreisst die ganze Blase. Die Körner verteilen sich dann im Darmlumen und werden mit dem Darminhalt meist in der Nähe der Darmwandungen ge- mischt. Das Secret einer Zelle kann also weit ausser dem Gebiet dieser Zelle geführt werden. Bei der Färbung nach Benda sieht man die sehr blau gefärbten Secretkörner in und zwischen den peripherwärts liegenden, relativ wenig ge- färbten Schichten des Futters zerstreut. Die Secretkörner gehen dann einer Auflösung entgegen. Sie werden immer kleiner und verschwinden schliesslich ganz. Wahrscheinlich wandeln sie sich in einer Flüssigkeit um und erst diese wirkt dige- rierend. Die Zelle nimmt dabei ihr normales Aussehen wieder an. Der Kern nimmt wieder seinen Platz ein und der Plasma- kegel nimmt ab und sinkt zurück. Eine Regeneration des Cuticularsaums findet also nicht statt, weil es nur nötig ist, dass die voneinander geschiedenen Ränder desselben an der Spitze des Kegels sich wieder ver- einigen und dies geschieht, sobald der Kegel zurücksinkt. Diese Rückwandlung zu dem normalen Zustande kann sehr schnell geschehen, so dass die Secretblasen noch innerhalb des Bürsten- besatzes liegen können, wenn der Zellkörper sein normales Aussehen wiedergewonnen hat. Darnach tritt eine Ruhephase ein und die Secretionsarbeit fängt wieder an. Zuweilen nimmt der Kern an der Secretion nicht so deutlich teil. Er bleibt dann auf seinem Platze oder bewegt sich nur 690 HARALD HOLTZ, wenig gegen das Lumen. Er stösst die Körner durch den inneren Pol aus, aber sie geraten jetzt in das Protoplasma und müssen jetzt eine lange Strecke wandern. Sobald sie die Zell- oberfläche, oft mehrere zusammen, erreichen, rufen sie Kegel- erhebungen hervor, in welche die Körner hineintreten (vergl. Mikrophotographie 8). Dadurch entstehen mehrere, oft sieben bis acht, Kegel an derselben Zelle (Mikrophotographie 6—-8). Durch die Spitze der Kegel werden jetzt Secretblasen heraus- geschoben (Mikrophotographie 7), welche abgeschnürt werden und in der oben erwähnten Weise platzen. Sie sind jedoch jetzt kleiner als die vorher beschriebenen. Dies ist der Verlauf besonders bei weniger intensiver Secretion. Die Grösse der Blasen ist also von der Intensität der Secretion abhängig. Wenn diese am grössten ist, sieht man kaum irgendwelche typische sondern nur überall innerhalb und ausserhalb des Bürsten- besatzes Mengen von Körner und zerschmetterten Blasen- membranen nebst ganzen Blasen. Um den verschiedenen Phasen der Secretion zu folgen, ist es vorteilhaft, die Präparate entweder mit Eisenalaun- Hämatoxylin nach Heidenhain oder mit der Mitochondrie- färbung von Benda zu färben. Besonders ist die letzte Fär- bung empfehlenswert, weil durch dieselbe auch die aus dem Kerne herausgetretenen Körner intensiv gefärbt werden. Die Wanderung derselben wird dadurch leicht wahrnehmbar, und man kann auch den Körnern folgen, nachdem die Blasen ge- platzt sind. Man sieht dann, wie sie sich erst in die dicht am Bürstenbesatze liegenden digerierten Stoffe verteilen. Oft befinden sie sich in grösseren Mengen zwischen den ver- schiedenen Schichten der Nahrung, welche wenigstens am kon- servierten Material wie ein Schleier längs dem Bürstenbesatz der Zellen liegen. Sie verbreiten sich sehr oft in dem Ge- biete mehrerer Zellen und dadurch wird die Secretion der verschiedenen Zellen kompensiert, so dass, wenn eine Zelle Anıatom.. Hefte /.Abteilung 119. Heff (39 Bd.H3) 3 j Taf > — - von AR BEIN Wesdaden Von der Secretion und Absorption der Darmzellen bei Nematus. 691 nicht secerniert, das Gebiet dieser Zelle durch die Secretion einer benachbarten versorgt wird. Schliesslich verbreiten sich die Körner auch in die im Centrum des Lumens liegende, nicht digerierte Nahrung und zersetzen dieselbe. Sobald die Nahrung durch das Secret der Zellen bereitet worden ist, fängt die Absorption der Digestionsprodukte durch die langen, wohl entwickelten Pseudopodien der Zellen an. Diesem Verlauf habe ich mit verhältnismässig grosser Leichtigkeit bei Nematus folgen können. Betrachtet man zuerst den Darminhalt, sieht man, dass derselbe centralwärts ganz oder wenigstens zum grössten Teil unverändert ist. Weiter peripherwärts, in der Nähe der Zellen, liegt eine Zone von digerierten Substanzen (vergl. Mikro- photographie 8), die wenigstens teilweise aus coagulablen Stoffen besteht, die bei der Fixierung coaguliert haben. Diese Zone besteht immer aus mehreren aufeinander gelagerten Schichten, von denen die meist centralwärts liegenden un- deutlich, mehr diffus sind. Die übrigen dagegen sind von- einander scharf abgegrenzt. Die, welche dem Bürstenbesatz direkt anliegt, ist häufig die deutlichste. Die Pseudopodien der Zellen sind oft mehrere miteinander verzottelt, so dass man eine Reihe von Zapfen äusserst im Bürstenbesatze sieht (vergl. Mikrophotographie 7). Zuweilen sind die Pseudopodien alle nach der Richtung, in welcher sich die Nahrung im Darme bewegt, umgebeugt. Gibt man auf die vorher erwähnte, am meisten periphere Schicht acht, kann man beobachten, dass diese sich an einer gewissen Stelle ganz unvermerkt in den Bürsten- besatz hereinschiebt und sich daselbst als eine oft scharf mar- kierte Linie, welche der Oberfläche parallel ist, fortsetzt. Die nächste Schicht der Nahrung nimmt jetzt den Platz der vorigen ein und liegt nun an der Oberfläche des Bürstenbesatzes. Auch diese Schicht geht in ihrer Ordnung in den Bürstenbesatz hinein usw. Gleichzeitig werden von dem Darminhalte durch 692 HARALD HOLTZ, Digestion neue Schichten gebildet. In dieser Weise kommen jetzt die vorher ausserhalb des Bürstenbesatzes liegenden Schichten innerhalb desselben zu liegen und man sieht am öftesten ein oder zwei, aber zuweilen auch drei bis vier Linien innerhalb des Besatzes, welche diesen Schichten ent- sprechen (vergl. Mikrophotographie 10). Dieser Vorgang vollzieht sich wahrscheinlich in der Weise, dass ein Teil der Pseudopodien eine Schicht ergreifen und dann sich mehr und mehr verkürzen, wobei sie die Schicht näher dem Zellkörper ziehen. Andere Pseudopodien behalten ihre ursprüngliche Länge und erfassen die nächste Schicht und verhalten sich dann wie die vorigen. Die erste Schicht ist dann weiter hineingezogen. Je weiter die Schichten von dem Zellkörper entfernt sind, desto schärfer und deutlicher sind sie (vergl. Mikrophotographie 10). Von diesem Umstand kann man folgern, dass die Pseudopodien gleichzeitig damit, dass sie sich verkürzen, auch Nahrung resorbieren, wodurch die Schichten an Mächtigkeit verlieren. Jede Schicht passiert durch den Bürstenbesatz beinahe parallel mit dessen Ober- fläche, und hiedurch muss sie durch den Besatz mehrerer Zellen gehen, ehe sie in unmittelbare Nähe der Zellkörper gelangt. Hier ist sie beinahe ganz absorbiert und sehr schwach und undeutlich. Eine Komplikation tritt dadurch ein, dass der Zellkörper die für die Secretion charakteristischen Kegel bildet. Dabei wird der Bürstenbesatz und gleichzeitig auch die Absorp- tionsstreifen an gewissen Stellen gehoben. Dadurch wer- den diese Streifen nicht gerade wie vorher, sondern wellen- förmig oder durch ein Verwachsen der gegen die Zellkörper gerichteten Konvexitäten gerade Linien mit Zapfen, welche mit den Kegeln umwechseln. Um dem Verlauf der Absorption leichter zu folgen, ist es vorteilhaft, eine Färbung zu benutzen, welche die Zellen- Von der Seeretion und Absorption der Darmzellen bei Nematus. 695 bestandteile mit einer Farbe und die Nahrungsstoffe mit einer anderen färbt. Dies ist der Fall mit der Methode nach van Gieson und gewissermassen auch nach Benda. Kombiniert man die erstere mit einer schwachen Färbung mit Eisen-Hämat- oxylin nach Heidenhain, tritt sowohl die Secretion wie die Absorption deutlich hervor. Die Nahrung im Lumen und die Absorptionsstreifen werden mit Säurefuchsin rot gefärbt, die Pseudopodien mit Pikrinsäure gelb, die Zellkörper mit Hämatoxylin und Pikrinsäure stahlgrau und der Inhalt des Kerns und der Secretblasen intensiv blau. Die Färbung nach Benda ist besonders zu empfehlen, um die Lagerung der Nah- rung ausserhalb des Bürstenbesatzes und das Eindringen in denselben zu sehen. Es ıst berechtigt anzunehmen, dass die Seeretion und die Absorption auch bei anderen Tierformen wahrscheinlich einen gleichen Verlauf zeigt. Um dieses zu bestätigen, habe ich einige vergleichende Untersuchungen gemacht. Bei Everte- braten, die dem Nematus näher stehen und bei denen die Zell- elemente gross sind, sind die Verhältnisse wahrscheinlich ganz dieselben. Bei Harpyia vinula z. B. sieht man folglich eine typische blasenförmige Secretion mit zahlreichen Blasen und man kann hier die verschiedenen Phasen der Secretion wahrnehmen. Auch kann man hier bisweilen einen Absorptions- streifen sehen. Dasselbe gilt auch für Cossus cossus und Saturniapavonia. Bei Cossus sind die Secretblasen sehr zahlreich, so dass sie oft die Falten der Darmwandungen ganz ausfüllen. Dabei sieht man nicht nur ganz freie Blasen, son- dern auch zwischen diesen grosse Mengen freier Secretkörner. Schliesslich habe ich auch eine Untersuchung über die Verhältnisse im Colon beim Menschen vorgenommen. An dem Material, worüber ich habe verfügen können !), 1) Das Material habe ich durch Herrn Prof. Holmgren gütigst be- kommen, der szinerseits für dasselbe dem Herrn Prof. Heidenhain zu danken hat. 694 HOLTZ, Von der Secretion u. Apsorption d. Darmzellen b. Nematus. habe ich einen gut entwickelten Bürstenbesatz getroffen. Von den Phasen der Secretion habe ich eine typische Kegelbildung beobachtet, die eine Blase in den Bürstenbesatz hineinschiebt. Die Blasen sind auch sehr zahlreich. Da keine Nahrung in dem Lumen vorhanden war, habe ich natürlich keinen Ab- sorptionsstreifen sehen können (Mikrophotographie 11 und 12). Die wesentliche Absorption der Nahrung kommt ja übrigens nicht hier, sondern an anderen Stellen vor. Dem Herrn Prof. Dr. E. Holmgren, welcher mich in meinen Untersuchungen tatkräftig unterstützt hat, sage ich hier besten Dank. Stockholm, Ende April 1909. Anatorm. Hefte [ Abteilung 119 Heft (39 Bd. H 3) Taf. 56-37 Rq 2 me JF Bergmana lies, Erklärung der Mikrophotographien. Mikrophotographie I: Zellen in Ruhe. Mikrophotographie 2—5: Erste und zweite Phasen der Secretion. Mikrophotographie 5: Entleerung der Secretballons. Mikrophotographie 9: von der Zelle gelöste Secretblasen. Mikrophotographie 6-9: Entstehung multipler Secretblasen aus einer Zelle. Mikrophotographie 6—8 und 10: Bürstenbesatz mit Absorptions- streifen. Mikrophotographie 11: Bürstenbesatz von Kolon eines hingerich- teten Menschen. Mikrophotographie 12: Bürstenbesatz mit Secretblasen in Colon der Menschen. 10. uk Literaturverzeichnis. Ranvier, L.: Thraite technique d’Histologie. Paris 1875. ‚ Heidenhain,R.: Physiologie der Absonderungsvorgänge (8. 338 — 384). Hermanns Handbuch d. Physiologie, Bd. V, 1831. Nissen, F.: Über das Verhalten der Kerne in den Milchdrüsenzellen bei der Absonderung. Arch. f. mier. Anat., Bd. 26, 1886. Lebedeff. S: Zur Kenntnis der feineren Veränderungen der Nieren bei der Hämoglobinausscheidung. Virchows Archiv, 1883. Lorenz, H.: Über den Bürstenbesatz an pathologischen und normalen Nieren. Zeitschrift f. klinische Medizin, Bd. 15, 1889. Nicolas, A.: Contribution A l’etude des cellules glandulaires. Internat. Monatsschr. f. Anat. und Physiol., Bd. VIII. 1891. van Gehuchten, A.: Recherches histologiques sur l’appareil digestif de la larve de Ptychoptera contaminata. La Cellule 1890. Tempel: Die Drüsen der Zwischenklauenhaut der Paarzeher. Arch. f. wiss. u. prakt. Tierheilkunde, Bd. 23, 1897. Talke, L.: Über die grossen Drüsen der Achselhöhlenhaut des Menschen. Arch. f. mier. Anat., Bd. 61, 1902. Läneberg, E.: Beiträge zur Entwickelung und Histologie der Knäuel- drüsen in der Achselhöhle des Menschen. Rostock 1902. Henschen, F.: Zur Kenntnis der blasenförmigen Secretion. Anatom. Hefte, Bd. 26, 1904. AUS DEM ANATOMISCHEN INSTITUT DER UNIVERSITÄT BERN. (LABORATORIUM von HERRN Pror. Dr. K. W. ZIMMERMANN.) ÜBER DEN BAU DER VENÖSEN SINUS DER MILZ DES MENSCHEN UND RHESUS-AFFEN. VON ANNA MANGUBI-KUDRJAVTZEWA, CHARKOW (RUSSLAND). Mit 5 Figuren im Texte und 15 Figuren auf Tafel 58/59. u j L - | - = er R 1 a tun iM t j - Nr, A Pen Der | id) Aral mr > riN AaaUe- | 227 u Ss Ha zung: NIE TORE u Pr Du: YO AO 2. ! u 7 | ü JA j Be j j [v j = a eae aa ae B ea . Dr Gr: Br / Be DIPIEn Ze 5 Kr «2 Fa . 2 5 u er re Dee u An sr iz er ri Er u A le © are 2 Tun . ae j.a, En 2 In Es vl t BT hund at Br ZN AR j zul eu Aifdet le i En U a en + Ee ap u ü rt nn u Fe = zZ wer 7 wie all 5 - =; 3 d re er a TREE A} ee 9 Ua neh MR ee FE üfe 24) AO yon ka i rare SER ra - Zu > en DO Mu . Über die Beschaffenheit der Wand der venösen Sinus der Milz ist in den letzten Jahren so eingehend gearbeitet worden, dass kaum Aussicht vorhanden zu sein scheint, irgend etwas Neues zu eruieren. Wenn wir es dennoch wagen, über diesen Gegenstand etwas mitzuteilen, so geschieht es, weil wir in einigen Punkten bei unseren Untersuchungen zu etwas anderen Resultaten gelangt sind, als z. B. Weidenreich (40). Da diese Arbeit wohl die ausführlichste der neueren Zeit auf unserem Gebiete ist, so werden wir am besten an diese speziell anknüpfen. In Fragen der Literatur, welche von Weidenreich ein- gehend berücksichtigt wurde, können wir uns kurz fassen, so weit nicht ein ausführlicheres Citieren angezeigt erscheint. Sowohl in den Literaturangaben, wie in den eigenen Unter- suchungen, beschränken wir uns ausschliesslich auf den Bau der venösen Sinus, ohne irgendwie auf den Zusammenhang des venösen und arteriellen Systems einzugehen. Literatur. A. Die Endothelzellen. Die Endothelzellen wurden anfangs gewöhnlich an iso- liertem Material untersucht und meist als schmale lang- gestreckte, mit einseitig stark vorspringendem Kern versehene Anatomische Hefte. I. Abteilung. 119. Heft ı39. Bd. H. 3), 46 700 A. MANGUBI-KUDRJAVTZEWA, Zellen beschrieben. Sie wurden zunächst als Milzfasern be- zeichnet, da man ihre wirkliche Bedeutung als Endothelzellen erst später erkannte. Im letzteren Sinne wurden sie von Kowalewsky (20) beim Menschen und mehreren Tierarten beschrieben, und zwar aus einem Körper und zwei einander gegenüberliegenden Fortsätzen bestehend, von denen der eine oft kürzere sich in zwei oder drei Äste teilen soll. Er bildet die Endothelzellen als schmale spindelförmige Gebilde ab, mit einer rundlichen, einseitig vorspringenden und den Kern ent- haltenden Verdickung. In Fig. 12, 8 bildet er Zellen in natür- licher Lagerung und vom Lumen aus gesehen ab; man er- kennt, dass der verbreiterte kernhaltige Zellabschnitt Teile der Nachbarzellen deckt. Axel Key (18) gibt über die Endothelzellen nichts weiter an, sondern bemerkt nur, dass er nicht mit Sicherheit habe sehen können, ob sie innerhalb oder ausserhalb der feineren Venenzweige liegen. Billroth (2) sagt, dass die spindelförmigen Endothel- zellen der feineren Äste der Milzvenen beim Menschen nur locker der Venenwand anhaften. Bei der Untersuchung frischer menschlicher Milz findet er von ihnen Massen, teils isoliert, teils membranartig zusammenhängend. Ob sie durch feine Fort- sätze angeheftet sind, oder ob sie nur der Venenwandung innen anliegen, lässt er dahingestellt. Bei Kaninchen, Hund und Katze sind die Verhältnisse ähnlich. Bei Schaf, Rind und Schwein sollen die Zellen grösstenteils zu einer homogenen Membran mehr oder weniger verschmolzen sein. Schweigger-Seidel (34) lässt die langgestreckten Spindelzellen dicht beieinander liegen und so der Gefässwand eine deutliche Längsstreifung verleihen. Die excentrischen, in das Lumen vorragenden Kerne sitzen der schmalen Spindelzelle „mehr sprossenartig‘“ auf. An recht feinen Schnitten sah er zwischen den Kernen die Querschnitte der Zellfortsätze als Über d. Bau d. venösen Sinus d. Milz d. Menschen u. Rhesus-Affen. 701 aneinander gereihte punktförmige Kreise. Die Spindelzellen lösen sich leicht voneinander und können infolgedessen im Gegensatz zu den gröberen Venen nicht im Zusammenhang isoliert werden. W. Müller (28) fand zuweilen verästelte Form. An den feinsten Gefässverzweigungen lässt er die Zellen zu einer „zarten kernführenden Membran‘ verschmolzen sein. Koelliker (19) hielt sie anfangs für Muskelzellen und erkannte erst später ihre endotheliale Natur. Auch Whiting (41) und v. Ebner (7) hielten sie für glatte Muskel- fasern. Kyber (22) sagt, dass die durch einen breiten Kern seit- lich ausgebuchteten Epithelzellen durch eine Kittsubstanz zu einer kontinuierlichen Haut zusammengehalten werden. Henle (12) beschreibt die Endothelzellen als „lange ver- hältnismässig schmale spindelförmige, gegen beide Enden zu- gespitzte Zellen, die an die Faserzellen des glatten Muskel- gewebes erinnern“. Der kugliche Kern springt in das Lumen vor. Die Kerne sollen nicht nur im Querschnitt, sondern auch der Länge nach dicht aneinander gereiht sein. Dies sei nur dadurch möglich, dass die Zellen sich teilweise decken. Wie dieses Decken gemeint ist, sieht man aus Fig. 437. Dort sieht man etwas locker angeordnete, aber im übrigen ziemlich dicht stehende Spindelzellen mit erheblicher Verdickung des kern- haltigen Abschnittes, welch letzterer seitlich über die schmä- leren Teile der benachbarten Zellen herüberragt, und sie so (von der Fläche gesehen) deckt, ganz so, wie es früher schon Kowalewsky (20) in seiner Fig. 12, 8 abgebildet hat. Er verweist auch auf Fig. 436, welche den Querschnitt einer capillaren Milzvene darstellen soll. Dies ist jedoch sicher ein Irrtum, denn der peripher von dem Endothelrohr gelegene helle Ring ist viel zu dick, als dass es sich um die von ihm in Fig. 439 abgebildeten feinen Circulärfasern handeln könnte. 46* 702 A. MANGUBI-KUDRJAVTZEWA, Das Gefäss macht eher den Eindruck einer kleinen Arterie, so dass der dicke Streifen die Ringmuskulatur darstellen würde, wenn auch nicht die Kerne eingezeichnet sind. Von besonderem Interesse für uns ist das, was er über besondere Verhältnisse der Endothelzellen sagt, sowie die zu- gehörige Fig. 438: „den Zellen eigentümlich ist eine Einkerbung oder Zähnelung des Randes, welche sichtbar wird, wenn sie schräg oder auf der Kante stehen (Fig. 438). In dieser Stel- lung erscheint der Rand dunkel, aber in kurzen regelmässigen Absätzen (von 0,006 mm) unterbrochen, wie eingeschnilten, den Einschnitten entsprechend ist die Zelle in der Flächen- ansicht zuweilen undeutlich durch Querlinien geteilt.“ Aus der Fig. 438 geht hervor, dass die beschriebene Einrichtung der peripheren, d. h. den Ringfasern anliegenden Seite der Endothelzellen entspricht, indem die dem Lumen zuge- kehrte Seite durch den hier stark vorragenden Kern markiert wird. Gegen die Kernenden zu steigt das Protoplasma, resp. die Lumenoberfläche, stärker an, ist jedoch nicht über den Kern hinwegziehend gezeichnet. Robertson (31)!) gibt an, dass die venösen Capillaren von einer feinen Lage eirculärverlaufender Zellen, denen aussen längsverlaufende spindelförmige Zellen anliegen, gebildet werden. Hoyer (16) spricht nur von spindelförmigen Zellen mit vorspringendem Kern. In Fig. 20 bildet er drei Venen im Querschnitt resp. Schrägschnitt ab, deren Wände feingestrichelt sind. Die Strichelchen entsprechen augenscheinlich dem Endo- thel resp. den Längsfasern. Trotzdem behauptet er, sowohl im Text als aueh in den Figurenerklärungen, es seien Quer- schnitte der stützenden Reticulumfasern resp. der Circulärfasern zu sehen, was aber nicht der Fall ist. Es liegt hier augen- scheinlich eine Verwechselung der protoplasmatischen Längs- !) Citiert nach Hoyer. Über d. Bau d. venösen Sinus d. Milz d. Menschen u. Rhesus-Affen. 703 fasern (Endothelzellen) mit den bindegewebigen Circulär- fasern vor. Whiting (41)t) hält die Endothelzellen für Muskelfasern. Die Sinuswände sollen überhaupt keine Endothelzellen be- sitzen. Böhm (4, 5) beschreibt spindelförmige Endothelzellen, welche längsgestreift seien, und zwar sollen drei bis sieben Längsfasern zu jeder Zelle gehören. In seinem Lehrbuch der Histologie (2. Auflage 1898) bildet er eine breite platte, spindel- förmige Zelle ab, welche in der Mitte etwa dreimal so breit als der Kern ist. Sie zeigt acht dunkle Längsstreifen, welche den gleichen Abstand besitzen, wie die in der nebenstehenden Figur an der inneren Oberfläche eingezeichneten dunklen Strichelchen, welche er in den Figurenerklärungen als ‚das gestrichelte Epithel“ bezeichnet. Sieht man sich die daneben- stehenden Querschnittsbilder genau an, so sieht man die mit Strichelchen verbundenen Kerne zum Teil so dicht stehend, dass sie sich fast berühren. In diesem Falle können sicher die Zellen nicht die Breite der abgebildeten isolierten Zellen be- sitzen, sondern nur wenig mehr als die eines Kernes. Es ge- hört also die abgebildete Endothelzelle nicht zu den venösen Sinus oder die Zellen müssten in ihrer Breite sehr variieren. Im Text gibt er noch an, dass die Zellen „auf Quer- schnitten den Charakter cubischen Epithels“ zeigen. Dies passt jedoch nicht zu der Abbildung, indem die abgebildeten Strichelchen in den Sinusquerschnitten ganz schmal und hoch sind, so dass man ein einzelnes Strichelchen durchaus nicht so auffassen kann. Auch sind in keiner Weise solche Strichel- chen so zusammengruppiert, dass sie zu einer Zelle gehörig betrachtet werden könnten, es sei denn, dass es sich nur um die gerade unter einem Kern gelegenen Strichelchen handeln sollte. 1) Citiert nach Weidenreich. 704 A. MANGUBI-KUDRJAVTZEWA, v.Ebner(8). Die Endothelzellen sollen eine streifige Struk- tur zeigen, die von längslaufenden, ziemlich dicken Fibrillen herrühre. Die spitz auslaufenden Fortsätze der Zellen zeigen häufig wellige Biegungen oder knotige Verdickungen, wie man sie ähnlich an isolierten glatten Muskelzellen beobachtet. Er schloss daraus, dass die Zellen contractil sein könnten. Über die Beziehung der Zellen zueinander spricht er sich nicht weiter aus; da er jedoch die bei Injektionen diffus in die Pulpa übertretenden Injektionsmassen für Extravasate, also für Kunstprodukte hält, so scheint er auch in den venösen Sinus normalerweise allseitig lückenlos zusammenhängenden Belag von im übrigen distinkten Endothelzellen anzunehmen. Weidenreich (40) hat die Wand der venösen Sinus eingehend untersucht und kommt zu dem Schluss, dass die- selbe bestehe: „zu innerst aus einem eigentümlichen Endo- ihel sehr langer und sehr schmaler, stabförmiger, höchst- wahrscheinlich contractiler Zellen (Stabzellen), die nicht miteinander direkt zusammenhängen, sondern durch verhält- nismässig breite Abstände getrennt sind und in der Mitte eine kurze spindelförmige Anschwellung zeigen, der ein im allge- meinen ovaler Kern aufsitzt; dieser Kern ist wesentlich breiter als die Zelle selbst, springt weit in das Lumen vor und weist häufig eine in der Längsrichtung verlaufende doppelte Ein- faltung seiner Membran von der Basis her auf.“ Des weiteren gibt er an, dass auf reinen Querschnitten durch einen Sinus oder ein Verbindungsröhrchen das Lumen von lauter kurzen, in das Innere vorspringenden Strichen, die in regelmässigen Abständen voneinander angeordnet seien und im wesentlichen ungefähr die gleiche Breite und Dicke auf- weisen, begrenzt sei. Der Kern zeigt in keinem Falle „eine irgendwie deutliche protoplasmatische Umhüllung. nach dem Lumen hin, sondern seine Membran liegt völlig nackt vom Blutstrom bespült“. An Eisen-Hämatoxylinpräparaten findet er, Über d. Bau d. venösen Sinus d. Milz d. Menschen u. Rhesus-Affen. 705 dass den dunkelgrau gefärbten Strichen „nach dem Lumen zu und etwas an den Seitenrändern noch eine spärliche, weniger differenzierte Protoplasmaschicht aufsitzt, während die Zwischenräume zwischen den einzelnen Strichen nicht von Plasma ausgefüllt sind (Fig. 5 sz)“. Aus den Darstellungen auf Seite 258 und 259 wird man nicht recht klug, bald sagt er: das Lumen erscheint „von einer langen schmalen protoplas- matischen Faser begrenzt (Fig. 3 sz), einzelne tragen eine mitt- lere Anschwellung nach innen zu, auf der dann der längsovale, ziemlich grosse Kern aufsitzt‘“; bald spricht er von der An- wesenheit „sehr langer schmaler protoplasmatischer Fibrillen von ca. 2 u Durchmesser“ und sagt dazu, „dass jeder einzelnen Fibrille ein Kern“ zukomme. Er bezeichnet dann die „Fibrille“ nebst Kern als Zelle (Stabzelle), deren Protoplasma „fein granu- liert““ sei und „keinerlei Andeutung einer fibrillären Struktur“ aufweise. Also die Zelle soll eine Fibrille sein und doch keine fibrilläre Struktur besitzen! Von besonderem Interesse für uns ist die an die Henle- sche Darstellung erinnernde Bemerkung, dass an den auf der Seite liegenden isolierten Zellen „der in situ nach aussen ge- richtete Rand in ziemlich regelmässigen Abständen eingekerbt (Fig. 12 i) und die Hervorragungen nach aussen (d) deutlich verdickt“ erscheine. Diese Verdickung sei „auf eine Verdich- tung des Protoplasmas an den zwischen den Einkerbungen gelegenen Stellen zurückzuführen“. Von diesen Verdichtungen spricht er sonst nicht mehr. Es ist auch nicht zu er- kennen, ob er etwa die dunklen Stellen in den Zellquerschnitten, welche er in Fig. 5 (sz) abbildet, mit diesen Verdichtungen identifiziert; es scheint uns aus seiner oben citierten Beschrei- bung der Faserquerschnitte (Striche) hervorzugehen, dass er diese dunklen Stellen für die eigentliche, über die ganze Zell- länge sich erstreckende „Fibrille‘“‘ oder „Faser“ hält. 706 A. MANGUBI-KUDRJAVTZEWA, B. Verbindungen der Zellen miteinander resp. Membran; Lücken in der Wand. a) Was die Verbindung der Zellen miteinander anbetrifft, so nehmen W. Müller (65) und Kyber (22) eine feste all- seitige Verbindung der Endothelzellen an. Woronin (43) spricht von Seitencellularbrücken. Während Rindfleisch (30) und Weidenreich (40) von ausgedehnten Zwischen- räumen sprechen. b) Eine den Endothelzellen zugrunde liegende Membran wird geleugnet von Billroth (2), Schweigger-Seidel (34), Kyber (22), Rindfleisch (30), Lebedjoff (23), Kultschyzky (21) und Hoyer (16); während eine solche angenommen wird von Fenenko (9, Whiting (4), v. Ebner (7), v. Schumacher (32), Weidenreich (40) und Helly (11). Was die Durchlässigkeit der Wand anbelangt, so nimmt eine solche Billroth (2) und Thoma (37) an, wenn sie auch wirklich von Öffnungen nicht sprechen. Solche fanden jedoch Tigri (39), Rindfleisch (30), W. Müller (28), Sechtem (35), Sokoloff (36, Bannwarth (1), Wick- lein (42), Woronin (43) und Mall (27). Wir möchten hier auf die Angabe von Weidenreich (40) noch etwas weiter eingehen. Er hebt besonders hervor, „dass der Raum zwischen den einzelnen Fibrillen von einer grauen, dünnen, anscheinend leicht granulierten, protoplasmalischen Substanz (m) völlig ausgefüllt ist“. Er stellt nun die Frage auf, ob es sich hier „um eine nicht differenzierte Protoplasma- schicht der Stabzellen“ handle oder „um eine strukturlose, kontinuierliche und nach aussen gelegene Membran, auf der die Zellen unmittelbar aufsitzen würden“. Das erstere soll nicht der Fall sein, da er von eigentlichen Zellgrenzen resp. Kitt- leisten in der Mitte der ‚„interfibrillären Schicht“ auch mit Über d. Bau d. venösen Sinus d. Milz d. Menschen u. Rhesus-Affen. 707 der stärksten Vergrösserung nichts nachweisen konnte. Auch konnte er an isolierten Stabzellen von einer Zone undifferen- zierten Protoplasmas bei Flächenansichten nichts sehen. Er kommt aus diesen Gründen zu dem Schluss, dass die Inter- fibrillärschicht einem strukturlosen Häutchen angehören müsste, welchem die untereinander in keiner Weise zusammenhängen- den Stabzellen aufsitzen sollen. Er merkt dabei nicht, dass er selbst diese Möglichkeit dadurch ausschliesst, dass er weiter oben die zwischen den Fibrillen gelegene Substanz als eine „leicht granulierte protoplasmatische“ bezeichnet hat. Ist sie granuliert, dann ist sie nicht strukturlos. Ist sie protoplas- matisch, dann gehört sie Zellen an. Das häufige Auftreten von Lücken zwischen den Stabzellen sieht er als weiteren Beweis für die Existenz einer Membran an. Er nimmt an, das die Öffnungen in der Membran nur vor- übergehende seien. Helly (11) sagt, dass die Lücken in der gitterartigen Wand vielfach gross genug seien, um ein rotes Blutkörperchen ohne Formveränderung durchtreten zu lassen. Das sehr hinfällige und ungemein leicht zerstörbare Häutchen könne der Dia- padese kein Hindernis in den Weg legen. Man müsse annehmen, dass die roten Blutkörperchen aus, die weissen Blutkörper- chen einwandern. C. Die Cireulärfasern. Die Circulärfasern werden von einer Gruppe von Unter- suchern für leimgebende Bindegewebsfasern resp. für Teile des allgemeinen Fasergerüstes des adenoiden Milzgewebes, von einer anderen für elastische Fasern erklärt. Eine dritte Gruppe nimmt eine mehr vermittelnde Stellung ein. a) Als leimgebende Fasern werden sie von folgenden Autoren betrachtet: Billroth (3) untersucht sie hauptsäch- 708 A. MANGUBI-KUDRJAVTZEWA, lich an ausgepinselten Präparaten. Henle (12) gibt in seinem Lehrbuch wörtlich an, ‚die Bindegewebsschichte ist an den capillaren Venen auf ein einfaches Fadennetz (Fig. 439, 1) reduziert, dessen Fäden spiralig und ringförmig mit spitz- winkeligen Anastomosen das Gefäss umkreisen. Die Abstände der Ringe voneinander sind ungefähr gleich den Abständen der Einschnitte an den Rändern der Epithelzellen, und so lässt sich gut vermuten, dass die letzteren Abdrücke der ersteren seien“. Ferner gehören hierher Schweigger-Seidel (34), Müller (28), Koelliker (19), Kyber (22), Sokoloff (36), Hoyer (16), Carlier (6) (bei ver Katze), Livini (26), Mall (27) (bei Orcein-Behandlung färben sich die Circulär- fasern nicht), Hoehl (14). b) Für ausschliesslich elastische Fasern werden die Ring- fasern von folgenden Autoren angesehen: v. Ebner (7) hält die Circulärfasern für die Verstärkung eines kontinuierlichen Häutchens, und zwar diesem eingelagert. Bei der Behandlung mit Orcein sollen sich die Circulärfasern wie elastische Fasern färben, während die eigentliche Pulpa solches nicht aufweise. Auch das Häutchen werde etwas gebräunt. Böhm (4, 5) hält die Circulärfasern ebenfalls nach Anwendung von Orcein für elastische Fasern. v. Schumacher (33) hält auf Grund des morphologischen Verhaltens der Fasern dieselben für elastische, obschon seine Färbungsresultate eher dagegen sprechen. c) Es folgt jetzt eine Gruppe von Autoren, welche die Fasern auf Grund chemischer Reaktionen zwar nicht für elastische ansehen, sie aber doch nicht unbedingt zum gewöhnlichen collagenen Gewebe rechnen. Der ersten Gruppe steht noch am nahsten Lherell (25), indem er angibt: „wenn ich somit alles zusammenfasse, so sind die Kreisfasern der capillaren Venen zum collagenen Bindegewebe zu rechnen, jedoch mit der Einschränkung, dass sie eine besondere Untergruppe des- selben bilden“. Hoyer (17) glaubt, dass die Ringfasern Re- Über d. Bau d. venösen Sinus d. Milz d. Menschen u. Rhesus-Affen. 709 tieulumfasern wären, die infolge der bedeutenden Zunahme des Venenumfanges und der Steigerung des Blutdruckes nicht nur eine eigenartige Anordnung, sondern auch bezüglich ihrer Struktur die Eigenschaft vom elastischen Gewebe annehmen, wahrscheinlich infolge der Entwickelung von elastischen Fäden in ihrem Innern. Thom& (38) untersuchte mit verschiedenen Methoden die Kreisfasern der capillaren Venen der Milz und kommt zu dem Schluss, dass es leimgebende Fasern seien. Er erklärt sie für „allerdings etwas modifizierte“ Reticulumfasern. Weidenreich (40) sieht die Ringfasern als Reticulum- fasern des Milzparenchyms an; sie seien jedoch etwas dicker als die übrigen Fasern; sie sollen der Membran aussen fest anliegen, ohne jedoch mit ihr wirklich verwachsen zu sein. An den Stabzellen sollen sie in bestimmten Abständen Ein- drücke machen, wie schon Henle (12) angab. Bei Anwendung von zur Färbung des elastischen Gewebes dienenden Färbungsmethoden hat er keinen Erfolg, was gegen ihre elastische Natur spreche. Wogegen ihr Aussehen und ihr stärkeres Lichtbrechungsvermögen wieder an elastische Fasern erinnere. Eigene Untersuchungen. Als Material standen uns in Sublimat fixierte Milzstücke von einem 19jährigen Hingerichteten, sowie von anderen an Krankheit verstorbenen und erst mehrere Stunden p. m. se- cierten Individuen, ferner von einem gesunden Rhesus-Affen zur Verfügung, welch letzterer speziell zu histologischen Unter- suchungen getötet wurde. 710 A. MANGUBI-KUDRJAVTZEWA, Die Dicke der mit Wasser aufgeklebten Parafinschnitte be- trug 2,5—5 u. Zur Färbung benutzten wir Eisen-Hämatoxylin, die van Giesonsche Methode und Orcein resp. Orzein -—- Anilinblau. Ferner wurden schon aufgeklebte Präparate sehr vorsichtig mit dem Pinsel stossweise bearbeitet. A. Mensch. Untersuchen wir zunächst bei mittlerer Vergrösserung Präparate, in welchen die venösen Sinus gut hervortreten, so finden wir, ganz wie es z. B. Böhm und Davidoff in ihrem Lehrbuch abbilden, die ganze Milzpulpa von venösen Sinus überall so stark durchsetzt, dass in vielen Fällen der Ab- stand zwischen benachbarten Sinus erheblich kleiner ist, als der Durchmesser der Kanäle, der erheblich schwanken kann, auch kann man vielfach an geeigneten Stellen diese Gefässe netzartig miteinander verbunden sehen, wobei die Maschen- weite sehr variiert. Untersuchen wir die Querschnitte von venösen Sinus, und zwar an Eisen-Hämatoxylinpräparaten, so finden wir an der inneren Seite schmale, nach dem Lumen zu rundliche, nach der Peripherie zu abgeplattete Protoplasmamassen, deren Höhe und Breite Schwankungen unterworfen sind. Das gleiche gilt für die Abstände dieser Massen voneinander. In ein und demselben Sinusquerschnitt sind sie jedoch überall ziemlich die gleichen. Es muss dabei bemerkt werden, dass Höhe, Breite und Abstand von dem Durchmesser der Gefässe unabhängig sind. Wir 'werden also im allgemeinen um so mehr proto- plasmatische Gebilde finden, je grösser der Sinusdurchmesser ist. Wegen den Schwankungen der Grössenverhältnisse und Entfernungen der Protoplasmagebilde voneinander kann es hingegen vorkommen, dass in ganz gleich weiten Gefässquer- schnitten die Zahl der Gebilde sehr verschieden ist. Da auch Über d. Bau d. venösen Sinus d. Milz d. Menschen u. Rhesus-Affen. 711 bei den dicksten Schnitten die Protoplasmamassen immer scharf bleiben ; wenn man mit der Schraube arbeitet, so müssen dieselben als Querschnitte von protoplasmatischen Längsfasern (Weidenreichs Stabzellen) aufgefasst werden. Sehen wir nun diese graugefärbten Faserquerschnitte uns genauer an, so sehen wir ausnahmslos an der peripheren ab- geplatteten, den Circulärfasern anliegenden Seite derselben einen ganz dünnen, von dem übrigen Protoplasma scharf ab- gegrenzten schwarzen Strich, der ganz gewöhnlich in der Mitte etwas dünner erscheint als an den beiden Enden (s. Fig. 1). An etwas weiter differenzierten Präparaten war oft die dünnere Stelle in der Mitte fast ganz entfärbt, so dass statt eines einzigen Striches zwei schwarze Punkte vorhanden waren. Es muss besonders betont werden, dass auch bei geringerer Differen- zierung, wobei das übrige Protoplasma noch ziemlich dunkel erschien, niemals die schwarzen Striche seitlich über die Faser- querschnitte, wenn auch nur minimal vorragten oder gar mit den Nachbarstrichen in irgendwelcher Verbindung standen. Auch bei der Untersuchung von Schnitten, die seinerzeit für den mikroskopischen Kurs angefertigt waren und von Material stammten, das mehrere Stunden nach dem Tode der Leiche entnommen, mit Sublimat fixiert und mit Alaun-Cochenille durchgefärbt war (die Schnitte waren noch mit Orange G. ın Karbolxylol nachgefärbt worden), konnten wir an den gelb- lichen Faserquerschnitten die etwas stärker lichtbrechenden Striche in derselben Ausdehnung und Dicke gut erkennen. An Eisen-Hämatoxylinpräparaten vom gleichen Material traten die Striche ebenso schwarz, schmal und scharf hervor, wie bei dem vom Hingerichteten gewonnenen Material. Es handelt sich also hier um eine regelmässig in allen Sinus vorhandene Ein- richtung Häufig bemerkten wir bei der Untersuchung von etwas dickeren Schnitten, dass bei dem Arbeiten mit der Schraube 12 A. MANGUBI-KUDRJAVTZEWA, die schwarzen Striche plötzlich undeutlich wurden und dann verschwanden, um beim Weiterschrauben sofort wieder scharf hervorzutreten, während die übrigen Konturen der protoplas- matischen Längsfasern immer scharf erschienen. Wegen der Häufigkeit dieser Beobachtung konnte an ein Kunstprodukt nicht wohl gedacht werden. Vielmehr mussten wir annehmen, dass die schwarzen Striche Schnittbilder einer dünnen Substanz- schicht darstellen, welche nicht kontinuierlich über die ganze Länge der protoplasmatischen Längsfasern sich erstreckt, son- dern ‘Unterbrechungen besitzt. Dies fanden wir durch Unter- suchungen von Längsschnitten (Seitenansichten der protoplas- matischen Längsfasern) und Flächenansichten der Gefässwände bestätigt (s. Fig. 2). Bei beiden Ansichten zeigte sich die schwarz gefärbte, an Quer- und Längsschnitten als Striche erscheinende Substanz durch die Circulärfasern unterbrochen, so dass, da die Circulärfasern ziemlich regelmässigen Abstand voneinander be- sitzen, die geschwärzte Substanz aus überall gleich langen und gleich breiten Segmenten besteht. An Stellen sehr dünner Schnitte, wo die Circulärfasern von den Längsfasern aus irgend einem Grund abgerissen waren, konnten wir an den die Circulär- fasern berührenden Enden der Segmente eine leichte Ver- diekung oder, wohl richtiger gesagt, eine leichte Aufbiegung nach der Peripherie zu bemerken (s. Fig. 3). An Flächenschnitten konnte man, geeignete Differenzierung vorausgesetzt, den Querschnittsbildern entsprechend ein mitt- leres, helleres, von zwei dunkleren Randstreifen flankiertes Band beobachten. Gerade bei Flächenansichten tritt die Segmentierung der seschwärzten Substanz deutlich hervor, besonders wenn die Circulärfasern vollständig entfärbt sind und eine Nachfärbung nicht stattgefunden hat. Sonst konnten wir von irgendwelchen besonderen Strukturverhältnissen nichts auffinden. Wir müssen hier besonders betonen, dass in den bei ganz Über d. Bau d. venösen Sinus d. Milz d. Menschen u. Rhesus-Affen. 713 dünnen Schnitten häufig beobachteten Fällen von Abreissen der Circulärfasern von den protoplasmatischen Längsfasern die geschwärzte Substanz ausnahmslos mit den Längsfasern im Zusammenhang blieb und dass den Circulärfasern auch nicht einmal minimale Reste anhafteten. Wir glauben, daraus den Schluss ziehen zu dürfen, dass die geschwärzte Substanz ein Bestandteil der Protoplasmafasern (Endothelzellen, Stabzellen) bildet, aber von dem übrigen Proto- plasma verschieden ist. Vielleicht darf man sie mit Cuticular- bildungen anderer Zellen vergleichen. Man könnte auch an eine contractile Substanz denken, doch scheint uns dagegen der Umstand zu sprechen, dass dieselbe, wie schon angegeben, in zahlreiche Segmente zerfällt und eine festere Verbindung der Segmentenden mit den Circulärfasern nicht zu bestehen scheint, sonst würden sowohl an frischem wie an fixiertem Material die Endothelzellen nicht so leicht von den Circulär- fasern abgelöst werden können. Wir schlagen vor, die beschriebenen Einrichtungen „Basal- platten‘ zu nennen. Bekanntlich hat Böhm (45) angegeben, dass mehrere Längsstreifen (drei bis acht) zu einem Kern gehören sollen, während Weidenreich(40) dies entschieden in Abrede stellt, d. h. jedem Kern nur eine Faser oder umgekehrt zuweist. Als wir an Querschnitten diese Frage zu entscheiden such- ten, glaubten wir anfangs, uns dahin entscheiden zu müssen, dass Böhm recht habe, indem wir ganz gewöhnlich unter inem Kern mehrere Längsfaserquerschnitte fanden, welche mit diesem zusammenzuhängen schienen. Es muss hierbei je- doch betont werden, dass die geschwärzte Basalschicht einer jeden unter dem Kern verlaufenden Längsfaser gerade so selb- ständig hervortrat wie an Stellen, wo ein Kern nicht sicht- bar war. Zu einer anderen Anschauung sind wir gezwungen worden, 714 A. MANGUBI-KUDRJAVTZEWA, als wir Flächenbilder untersuchten. Wir suchten uns beson- ders solche Stellen aus, wo möglichst viele Kerne nahe bei- einander lagen und die Längsfasern deutlich hervortraten, in- dem wir uns sagten, dass man aus der mehr oder weniger dichten Anhäufung der Kerne Schlüsse auf die Zugehörigkeit derselben zu einer grösseren oder geringeren Zahl von Längs- fasern ziehen könnte. Betrachtet man die Figuren 4 und 5, so wird einem ohne weiteres klar, dass zu einem Kern auch nur eine Faser gehört. Bei Fig. 4 sieht es aus, als ob zu einem Kern zwei und sogar drei Längsfasern gehörten; zählt man jedoch die von den vier zusammengedrängten Kernen bedeckten Fasern, so findet man ebenfalls die Zahl vier, wenn man das äusserste Ende einer Faser, welches sich von oben her unter den am meisten rechts gelegenen Kern schiebt, nicht mitberücksichtigt. Der linke untere Kern gehört zweifel- los nur zu einer Faser b; der dicht darüber liegende Kern deckt sowohl die Faser b wie die Faser ce und berührt die Faser d. Ganz ähnlich verhält sich der mittlere untere Kern zu den Fasern ce und d. Da nun kein Grund vorliegt anzunehmen, dass zu einer Faser zwei oder gar drei Kerne gehören — der oberste Kern schiebt sich mit seinem rechten Rand eben- falls etwas über die Faser b —, oder dass es sich um ein Syneytium handle, in welchem Kernzahl und Faserzahl ganz unabhängig voneinander wären, so lässt sich der Befund nicht anders deuten, als dass die Fasern a, b, c, d und e je zu einem Kern gehören. In der Abbildung 5 liegen die Verhältnisse noch klarer. Es sind so viele Kerne vorhanden wie Fasern. Da die Kerne ausnahmslos breiter sind als die Längsfasern, so müssen sie besonders, wenn die letzteren dicht zusammen- gedrängt sind, sich über die Nachbarfasern herüberschieben. Diese Befunde an Flächenbildern veranlassten uns, noch einmal Querschnitte von venösen Capillaren zu untersuchen. Da fanden wir nun an Schnitten von weniger frischem Material Über d. Bau d. venösen Sinus d. Milz d. Menschen u. Rhesus-Affen. 715 an zahlreichen Stellen Kerne je nur mit einer einzigen Faser verbunden. Dieser Befund ist wohl so zu erklären, dass p. m. das Protoplasma der Längsfasern sich auflockerte und die Faser selbst, wie wir uns überzeugen konnten, bei gleich bleibender Breite an Höhe zunahm; da die kernhaltige Stelle jeder Faser protoplasmareicher ist als das übrige, wurde die Faser hier noch höher als an anderen Stellen, so dass oft breite Zwischenräume zwischen dem Kern resp. der zugehörigen Faser und den Nachbarfasern auftraten. Die entsprechenden Befunde an den Sinusquerschnitten in dem kurz nach dem Tode eingelegten Material vom Hin- gerichteten wären demnach so zu deuten, dass der kernhaltige, seitlich über die zugehörige Faser stark vorspringende Zell- abschnitt sich jederseits über ein bis zwei Nachbarfasern bis zu unmittelbarer Berührung herüberschiebt, so dass eine op- tische Verschmelzung oder eine durch die Fixation bedingte Ver- klebung eintritt, zumal der seitliche Protoplasmaüberzug des Kernes minimal dünn und vielfach nicht zu erkennen ist. Was nun die Lage des Kernes innerhalb des Protoplasmas anbelangt, so wird bekanntlich allgemein angegeben, dass der- selbe nach dem Lumen zu stark prominiert. Ja, nach Weiden- reich (S. 257) zeigt der Kern „in keinem Falle eine irgend- wie deutliche protoplasmatische Umhüllung nach dem Lumen hin, sondern seine Membran liegt völlig nackt vom Blutstrom bespült“. Da ein solches Verhalten des Kernes von den ge- wöhnlichen Verhältnissen stark abweichen würde, haben wir unsere Präparate daraufhin eingehend untersucht. Wir konnten nun an Längsschnitten von Längsfasern regelmässig das Proto- plasma sich über die sich etwas verjüngenden Kernenden auf die Lumenseite des Kernes herüberschieben sehen (s. Fig. 2), um allmählich immer dünner und dünner zu werden. Auf der Mitte der Kernvorragung konnte man bei starken Kern- färbungen und schwacher Protoplasmafärbung allerdings von Anatomische Hefte. I. Abteilung. 119. Heft (39. Bd., H. 3). 47 716 A. MANGUBI-KUDRJAVTZEWA, Protoplasma auch nicht einmal Spuren erkennen. An Präpa- raten jedoch, welche mit Säurefuchsin nachgefärbt wurden, konnten wir in vielen Fällen besonders an dem am stärksten vorragenden Teil des Kernes einen sehr feinen rötlichen Saum erkennen. Auch an reinen Querschnitten konnten wir das Protoplasma gelegentlich auf eine gewisse Strecke hin an den Seiten des Kernes in die Höhe ziehen sehen, um allmählich dünner und dünner zu werden. Wir glauben daraus den Schluss ziehen zu dürfen, dass der Kern allseits von Protoplasma um- geben ist, wenn auch die auf der Lumenseite des Kernes befindliche Schicht eine nur minimale Dicke besitzt und des- halb gewöhnlich wohl infolge der Nachbarschaft des dunkel gefärbten Kernes nicht zu erkennen ist. Eine besondere Eigentümlichkeit der Kerne besteht nach Weidenreich darin, dass ganz gewöhnlich auf der der Ge- fässperipherie zugekehrten Seite der Längsrichtung der Fasern entsprechend ein bis drei, meistens aber zwei Falten sich zeigen, welche an Flächenschnitten der Gefässwände als dunkle Längsstreifen erscheinen. Wir können diese Angabe durchaus bestätigen; wir fanden die gleichen Verhältnisse sowohl bei dem Material vom Hingerichteten, als auch von solchem, welches mehreren Leichen zum Teil erst 24 Stunden nach dem Tode entnommen war. Wir glauben, aus dem Befund den Schluss ziehen zu dürfen, dass die Endothelzellen der Milz- sinus sich ursprünglich wie gewöhnliche Gefässendothelien ent- wickelt haben, dass aber dann ihr querer Durchmesser immer geringer und damit der Kern mehr und mehr nach dem Locus minoris resistentiae, d. h. nach dem Lumen zu, gedrängt wurde. Wenn nun so das Lager des Kernes — besonders auf der basalen Seite — immer mehr verschmälert wurde, musste sich die Kernmembran hier in Längsfalten legen und weiterhin der kernhaltige Zellabschnitt sich über die Nachbarzellen herüber- schieben. Es wäre wünschenswert, dass hierüber entwicke- lungsgeschichtliche Untersuchungen angestellt würden. Über d. Bau d. venösen Sinus d. Milz d. Menschen u. Rhesus-Affen. 717 Über die feinere Struktur der Hauptmasse der protoplasmati- schen Längsfasern war es uns nicht möglich, ins Klare zu kommen. Wenn sie auch nicht vollständig homogen erschien, so konnten wir doch von besonderen fibrillären oder körnigen Elementen nichts bemerken. Bei unseren weiteren Untersuchungen hatten wir darauf zu achten, ob in den Zwischenräumen zwischen den proto- plasmatischen Längs- und bindegewebigen Circulärfasern noch irgend etwas vorhanden sei oder nicht, und dann, ob dieses Etwas protoplasmatischer Natur sei, d. h. zu den Längsfasern gehöre, oder ob es sich um eine selbständige, zwischen Längs- und Circulärfasern gelegene Basal- oder Grundmembran handle. Um die erstere Frage zu entscheiden, untersuchten wir zunächst Eisen-Hämatoxylinpräparate, welche nur ganz kurze Zeit differenziert waren und bei denen schon bei mittlerer Ver- grösserung Längs- und Circulärfasern als schwarzes Gitter scharf hervortraten. Bei der Untersuchung mit Seiberts apo- chromatischer Ölimmersion (2 mm) bestand die Gefässwand in vielen Fällen aus einem einfachen Netzgitter, in dessen Maschen, von durchwandernden Leucocyten abgesehen, nichts zu erkennen war. An anderen Stellen jedoch fand sich, wie in Fig. 7, eine bläulichgraue Masse, durch welche die dunkler gefärbten Circulärfasern deutlich hindurchschimmerten. Diese Masse konnte ununterbrochen mehrere in Quer- und Längs- richtung aneinander gereihte Maschen membranartig decken. In sehr vielen Fällen jedoch fanden sich in der Masse Lücken von sehr verschiedener Grösse; oft waren sie minimal klein und konnten sich dann zu mehreren in einer einzigen Masche finden. In einem solchen Falle lagen sie jedoch stets in einer Reihe, welche mit den Längsfasern parallel verlief und von den beiden benachbarten Längsfasern ziemlich gleiche Entfernung zeigte. Von den Circulärfasern konnten sie sehr verschieden weit entfernt sein. Es muss hier gleich bemerkt werden, dass diese 47* 718 A. MANGUBI-KUDRJAVTZEWA, Öffnungen bei ihrer Kleinheit wohl nicht infolge Durchwanderns von Leucocyten entstanden sein konnten; es sei denn, dass infolge einer eigenartigen Struktur der Masse die Öffnungen nach dem vollständigen Durchwandern der Leucocyten sich bis zu einem gewissen Grade verengert haben. Ausserdem fanden sich grössere, bald einen, bald mehrere Zwischenräume zwischen den Ringfasern in Anspruch nehmende Öffnungen. An den Enden waren dieselben bald mehr abgerundet, bald, und zwar häufiger, zugespitzt (s. Fig. 5 und 6). Wir glauben, daraus den Schluss ziehen zu müssen, dass die fragliche membranartige Masse eine Spaltbarkeit in be- stimmter Richtung besitzt, welche von den Längsfasern und nicht von den circulären abhängig ist: die, Stellen des ge- ringsten Widerstandes bilden Linien, von denen jede zwischen zwei benachbarten Längsfasern in der Mitte liegt. An vielen Stellen fanden wir ausgedehntere Abschnitte von Sinuswänden, an denen zwischen den Längsfasern überhaupt nichts mehr von einer membranartigen Substanz zu sehen war: vielmehr erschien das Ganze als ein Gitter mit offenen Maschen, woraus hervorzugehen scheint, dass, wenn einmal Spalten eingetreten sind, diese sich gewöhnlich nicht mehr schliessen, sondern eher an Ausdehnung zunehmen. Was diese membranartige Substanz für eine Bedeutung hat, geht aus folgendem hervor: An in gewöhnlicher Weise differenzierten, aber mit Säure- fuchsin oder nach van Gieson nachgefärbten Eisen-Häma- toxylinpräparaten konnten wir an besonderen geeigneten Stellen bei Flächenansicht der Gefässwand in der blassrötlich gefärbten Zwischensubstanz mitten zwischen den Längsfasern und parallel mit ihnen verlaufend eine äusserst feine, et- was dunkler gefärbte, oft etwas geschlängelte, inderRegelkörnige Linie beobachten (s. Fig. 4, 5 u. 6). Fanden sich an anderer Stelle im gleichen Zwischenraum kleine Löcher, so bildeten diese stets Unterbrechungen der betreffen- Über d. Bau d. venösen Sinus d. Milz d. Menschen u. Rhesus-Affen. 719 den Linie. In keinem Falle sahen wir die Linie seitlich an den Öffnungen vorbeigehen. An Querschnitten von venösen Sinus konnte man erkennen, dass da, wo zwischen den Längsfasern noch eine Substanz vorhanden war, dieselbe die ganze Höhe des Zwischenraumes ausfüllte,. so dass die innere Gesamtoberfläche des Sinus abgesehen von den stark vorragenden Kernen ziemlich glatt erschien. Man konnte auch hier in besonders günstigen Fällen in der hellen Zwischensubstanz je eine von den benach- barten Längsfasern gleich weit entfernte, äusserst zarte, fein- körnige Linie erkennen, welche ebenfalls durch die ganze Wanddicke des Sinus zu verfolgen war. Wir müssen noch her- vorheben, dass an dem am Lumen liegenden Ende der Tren- nungslinie irgend eine Verdickung oder ein stärkeres Hervor- treten der Linie nicht zu beobachten war. In Fig. 1, noch besser aber in Fig. 8, welche einen Schrägschnitt darstellt, lässt sich die Trennungslinie (Ebene) deutlich erkennen (bei a). Die letztere Figur zeigt ebenfalls gut, dass die zwischen den dunkleren Längsfasern befindlichen helleren Protoplasma- massen gleich weit bis zu dem Lumen sich erstrecken, wie die Längsfasern selbst. Diese Befunde glauben wir nur in einem Sinne deuten zu können: die zwischen den Längsfasern befindliche Zwischen- substanz gehört zu den letzteren. Die bei Längs- und Querschnitten nachweisbaren körnigen Linien markieren Zellgrenzen; die Öffnungen sind Intercellularlücken. Eine Endothelzelle eines venösen Sinus besitzt also in vollständiger Ausbildung einen langgestrecken schmalen Zelleib, der aus einem mittleren, über die ganze Zelle sich erstreckenden verdichteten und in seiner Längsmitte den Kern tragenden Streifen (Längsfaser), sowie zwei seitlichen, die Längsfaser zwischen sich fassenden, sich heller färbenden Seitenstreifen besteht. Die Seitenstreifen sind 720 A. MANGUBI-KUDRJAVTZEWA, mit den gleichen Gebilden der Nachbarzellen verhältnismässig locker verbunden. Ist eine Kittsubstanz vorhanden, worauf die feinen dunkleren Körnchen hindeuten, so kann sie nur äusserst minimal entwickelt und muss leicht zerstörbar sein. Eigentliche Schlussleisten, wie sie bei Epithelien so regelmässig auftreten, aber auch bei Gefässendothelien, wenn auch viel schwieriger darstellbar sind, liessen sich nicht nachweisen. Tritt eine etwas grössere Trennung ein, so zieht sich das Protoplasma der betreffenden Seitenstreifen möglichst auf die entsprechenden Längsfasern zurück, so dass, falls eine aus- gedehntere Zelltrennung vorliegt, von einem Seitenstreifen nichts mehr zu sehen ist, und, wenn etwa vollständige Tren- nung auf beiden Seiten einer Zelle eingetreten ist, die ganze Zelle nur aus einer langgestreckten kernhaltigen und mit regel- mässigen Querkerben (für die Circulärfasern) und Basalplatten versehenen Faser besteht. Während die Längsfaser eine innige Verbindung mit den Circulärfasern eingeht, scheint dies bei den Seitenstreifen nicht der Fall zu sein. Wir glauben, dies daraus schliessen zu müssen, dass bei dem Vorhandensein einer über eine oder mehrere Circulärfasern hinweggehende Spalte die seitlichen Ränder der Endothelzellen ganz gerade verlaufen und niemals auf den Circulärfasern Auszackungen zeigen, welche man doch hie und da finden müsste, wenn die Seitenstreifen mit den Circulärfasern, wenn auch noch so leicht, verklebt wären. Von einer den stärker färbbaren Basalplatten der Längs- fasern entsprechenden Einrichtung konnten wir an den Seiten- streifen nichts beobachten. Dass das Quantum der Seitenstreifen ein nicht allzu mini- males sein kann, geht aus der Fig. 7 hervor. Dort sind die Längsfasern an Stellen mit vollständig erhaltenen Seitenstreifen deutlich schmäler als an Stellen mit durchgehenden Inter- cellularspalten. Hier haben die Fasern wahrscheinlich durch Über d. Bau d. venösen Sinus d. Milz d. Menschen u. Rhesus-Affen. 21 Herumlagerung und Verdichtung der Seitenstreifensubstanz einen Zuwachs erhalten, welcher sich in einer Vergrösserung des Breitendurchmessers bemerklich macht. Man könnte nun fragen, warum denn an frischen isolierten Endothelzellen solche Seitenstreifen nicht sichtbar sind? Dies ist leicht zu begreifen: isoliert man nämlich z. B. ganz frische Leberepithelzellen durch Schaben und untersucht sie in physiologischer Kochsalzlösung, so erscheinen sie mehr kugelig, während die Zellen doch in situ scharfkantige Polyeder bilden. Man denke ferner an die kugelrunden Öltropfen in einer Emul- sion. Wir müssen eben annehmen, dass die halbflüssigen, zarten Seitenstreifen sich auf den derberen Hauptstamm (Längs- faser) der Zellen zurückziehen und mit diesen dann einen ein- zigen Strang von rundlichen Querschnitten bilden. Will man die wahre Gestalt einer Zelle erkennen, so darf man sie nie in isoliertem frischem Zustande, sonder nur in situ unter- suchen! Zu der Fig. 7 ist noch zu bemerken, dass von Zellgrenzen hier nichts zu sehen ist. Es liegt dies wohl daran, dass durch die stärkere Färbung der Seitenstreifen der Endothelzellen bei sehr unbedeutender Entwickelung resp. Färbbarkeit der die Nachbarzellen verbindenden Einrichtungen (Kittsubstanz ?) ein färberischer Unterschied nicht eingetreten ist. Wie oben bemerkt, konnten wir die Zellgrenzen nur bei Nachbehand- lung mit Säurefuchsin resp. nach van Gieson erkennen. Wir haben nun noch die Frage zu erörtern, ob eine von dem Endothelbelag unabhängige, also nicht protoplasmatische Grundmembran in der Wand der venösen Capillaren der Milz vorhanden sei oder nicht. Wir müssen zugeben, dass, wenn wir auch nachgewiesen zu haben glauben, dass in den Zwischen- räumen zwischen den Längsfasern noch Bestandteile der Endo- thelzellen vorhanden sein können, damit noch nicht ohne weiteres bewiesen ist, dass eine weitere, den Endothelzellen 722 A. MANGUBI-KUDRJAVTZEWA, dicht angelagerte Basalmembran sui generis vollständig fehlen müsse. Wir haben nämlich durchaus nicht ausnahmslos in allen Zwischenräumen zwischen den Längsfasern Zellgrenzen gesehen in Fällen, wo noch ein schwacher Farbenton bemerk- bar war. Nun dürfen wir aber nicht vergessen, dass in unserem Falle die Zellgrenzen äusserst zart sind und infolgedessen leicht übersehen werden können, und dass ferner Fälle bekannt sind, bei denen Zellgrenzen nicht immer deutlich darstellbar sind, wie an dem Endothel der Membrana hyaloidea des Frosches, und solche, bei denen Zellgrenzen bisher mit keiner Methode sichtbar gemacht werden konnten, wie an den Ca- pillaren der Lobuli in der Säugetierleber. Es liegt also kein zwingender Grund vor, dass bei dem Fehlen von Zellgrenzen an einer gefärbten, die Faserzwischenräume ausfüllenden Sub- stanz, diese letztere ausschliesslich eine nicht protoplasmatische Grundmembran sein müsse. Die entsprechenden Tafelfiguren (7, 8, 9 auf Tafel 14) in der Weidenreichschen Arbeit stimmen so sehr mit unseren Figuren 5 und 6 überein, dass wir anzunehmen geneigt. sind, dass das, was er zwischen den Fasern gesehen und abgebildet hat, Zellprotoplasma sei, in welchem er keine Zellgrenzen beobachtet hat. Wir möchten noch hinzufügen, dass wir mit Wasser auf- geklebte und vollständig gefärbte Schnitte vorsichtig mit dem Pinsel bearbeitet haben. Wohl konnten wir dadurch Circulär- fasern und Längsfasern voneinander trennen, so dass wir an den letzteren die verhältnismässig tiefen, durch die Cireulär- fasern verursachten Eindrücke gut erkennen konnten. Von einer zusammenhängenden, von den Zellen unabhängigen Membran konnten wir nichts auffinden, was jedoch ebenfalls kein abso- luter Beweis gegen das Vorhandensein einer Grundmembran ist, da das Pinseln, wenn auch noch so vorsichtig ausgeführt, doch eine rohe Manipulation ist. Auch der Umstand, dass die Circulärfasern in tiefe Anatom. Hefte. I. Abt. 119. Heft (39. Bd., H. 3). r Tafel 58/59. Fig. 9. K, W, Zimmermann ad nat, del, Verlag von J. F, Bergmann in Wiesbaden. LER T VAN ER a E mer Sant en Über d. Bau d. venösen Sinus d. Milz d. Menschen u. Rhesus-Affen. 723 Einkerbungen der Längsfasern eingelassen sind, scheint uns gegen die Existenz einer besonderen, nicht proto- plasmatischen (Basal-) Membran, welche zwischen den Circuläs fasern und den Endothelzellen liegen müsste, wohl aber für direkte und unvermittelte Verbindung der beiden Wandkompo- nenten zu sprechen. ‘s könnte vielleicht jemand auf den Gedanken kommen, dass die von uns als Basalplatten bezeichneten Bildungen der Längsfasern in ihrer Gesamtheit eine Grundmembran darstellen. Dies müssen wir aber deshalb zurückweisen, weil diese Ge- bilde, wie wir eingehend auseinandergesetzt haben, ausschliess- lich den eigentlichen mittleren, verdichteten Protoplasmastreifen der Endothelzellen (Längsfasern) angehören, nicht aber den zarteren Seitenstreifen, dass ferner an der Oberfläche der die Cireulärfasern aufnehmenden Querkerben nichts vorhanden ist, was an sie erinnert. Aus diesen Gründen glauben wir den Schluss ziehen zu müssen, dass das Vorhandensein einer zwi- schen den Endothelzellen und Circulärfasern gelegenen Grund- oder Basalmembran nicht erwiesen ist, und dass das, was Weidenreich in den Zwischenräumen zwischen den Längs- fasern gesehen und als Membran gedeutet hat, zu den Endo- thelzellen zu rechnen ist, und dass die Lücken, die er ge- funden hat, durch Auseinanderweichen der Endothelzellen ent- standen sind. Was nun die Circulärfasern anbelangt, so darf wohl durch die Untersuchungen anderer Autoren als feststehend angesehen werden, dass dieselben mit. dem allgemeinen, feinen binde- gewebigen Fasergerüst der Pulpa innig zusammenhängen, mit anderen Worten, dass sie nur einen durch besondere Anordnung ausgezeichneten Teil des letzteren darstellen. Auch wir können dies bestätigen. Auch fanden wir nicht selten Gabelungen, so dass auf der einen Seite des ganzen Sinus eine Faser mehr vorhanden und die Entfernung zwischen ihnen eine geringere war als auf der anderen. 724 A. MANGUBI-KUDRJAVTZEWA, Die Beziehungen der Circulärfasern zu den protoplasma- tischen Längsfasern sind bei der Beschreibung der letzteren eingehend berücksichtigt worden, weshalb wir auf die dortigen Angaben verweisen. Was nun die Frage betrifft, ob die Circulärfasern aus leimgebender oder elastischer Substanz bestehen, so scheint uns dieselbe durch die bisherigen Arbeiten nicht entgültig ge löst zu sein. Um diese Frage zu entscheiden, haben wir zunächst die van Giesonsche Methode angewandt. Wir wurden hierzu durch unsere Erfahrungen bei der Färbung von Präparaten des Lig. nuchae des Rindes veranlasst. Dort färben sich die dicken elastischen Fasern schwefelgelb, während die leim- gebenden einen leuchtend roten Farbenton annehmen. Das gleiche Resultat erhielten wir nun auch bei der Milz: Kapsel, Trabekeln, Circulärfasern und Reticulum des adenoiden Ge- webes erschienen rubinrot, während die protoplasmatischen Längsfasern der venösen Capillaren mehr graugelblich gefärbt erschienen. An Längsschnitten der letzteren, bei denen die Circulärfasern quer getroffen waren, sah es aus, als ob die Wände aussen mit kleinen Rubinen besetzt wären. Besonders schön trat dies hervor bei Anwendung eines Ölimmersion- Systems. Nach Färbung mit Orcein (nach Unna-Taenzer) waren die Circulärfasern wie das Gerüst des reticulären Gewebes und die leimgebenden Fasern der Kapsel und der Trabekeln bräunlichgrau gefärbt, während die elastischen Fasern der Arterien und Trabekeln intensiv schwarzbraun erschienen, auch wenn sie erheblich dünner waren als die Circulärfasern der venösen Capillaren. Oft jedoch hatten die Circulärfasern einen ein wenig dunkleren Ton als die Fasern des allgemeinen Ge- rüstes des adenoiden Gewebes angenommen. Es mag dies darauf beruhen, dass die letzteren etwas dünner sind als die Circulär- Über d. Bau d. venösen Sinus d. Milz d. Menschen u. Rhesus-Affen. 725 fasern; doch müssen wir die Möglichkeit zugeben, dass die Substanz der Circulärfasern entweder chemisch oder in ihrer Dichtigkeit von den übrigen leimgebenden Fasern der Milz etwas verschieden ist. Bei der Färbung mit Orceinwasserblau nahmen die Circulärfasern wie die leimgebenden Fasern des Balkenwerkes einen blauen, die elastischen Fasern einen braunen Ton an. Aus diesen Färbungsergebnissen scheint uns hervor- zugehen, dass die Circulärfasern des Menschen mit elastischen Fasern nichts zu tun haben, sondern dass sie aus vielleicht etwas modifizierter collagener Substanz bestehen. B. Rhesus-Affe. Die Verhältnisse beim Rhesus-Affen stimmen mit den- jenigen beim Menschen im allgemeinen so sehr überein, dass wir uns kurz fassen können. Es sei im voraus bemerkt, dass die Verhältnisse hier insofern etwas primitivere und deshalb für die Beurteilung etwas günstigere sind, weil oft noch auf grosse Strecken hin ein zusammenhängender Endothelbelag besteht. Was zunächst die Längsfasern anbelangt, so besitzt auch hier jede Zelle ein einziges Gebilde dieser Art in Gestalt eines dunkel färbbaren Stabes, der über die ganze Länge der Zelle verläuft, und an dem wir besondere Strukturverhältnisse nicht mehr erkennen konnten. Dieses Gebilde ist im Bereich des Kernes häufig etwas verbreitert und liegt ihm so dicht an, dass wir nicht bestimmt entscheiden konnten, ob der Kern in der Fasersubstanz stecke oder ob die Faser nur an ihm vorbeiziehe. Als wir Gefässquerschnitte an mit Eisen-Hämatoxylin be- handelten Präparaten untersuchten, fielen uns wie beim Men- schen an der der Gefässperipherie entsprechenden, also basalen 726 A. MANGUBI-KUDRJAVTZEWA, Seite der grau gefärbten Längsfaserquerschnitte blauschwarz gefärbte Striche mit oft etwas verdickten Enden auf, diese Striche waren genau so lang wie die basale Oberfläche der Längsfasern breit war (s. Fig. 9, 10 und 11). Auch an axialen Gefässlängsschnitten konnten wir diese Gebilde erkennen. Sie waren jedoch nur so lang, als die Zwischenräume zwischen den Circulärfasern breit waren. Da, wo die letzteren den Längs- fasern anlagen, war von einer dunkleren Färbung an der Faser- oberfläche nichts zu bemerken. Es handelt sich also hier um die gleichen eutieulaartigen Basalplatten wie beim Menschen. Wir möchten noch hinzufügen, dass an den Präparaten, welche nur mit Alaun-Cochenille und schwach mit Orange G gefärbt waren, die Basalplatten an Faserquerschnitten als glänzende, also stärker lichtbrechende Striche hervortraten. Eine Beobachtung, die wir ebenfalls beim Menschen gemacht haben. Es muss sich also hier um eine Substanz handeln, die von dem übrigen Protoplasma der Endothelzellen verschie- den ist. An den gleichen Schnitten konnten wir nachweisen, dass die Circulärfasern häufig so tief in die protoplasmatischen Längsfasern eingelassen waren, dass die letzteren mit zahl- reichen, gleich weit voneinander entfernten Querrinnen mit halbkreisförmigem Querschnitt versehen erschienen. Zuweilen waren die Kerben allerdings etwas weniger tief als beim Menschen. Nachdem wir die Längsfasern untersucht hatten, hatten wir die Frage zu prüfen, ob in den Zwischenräumen zwischen ihnen noch irgend eine Substanz vorhanden sei oder nicht, und im bejahenden Falle, ob diese Substanz zu den Endothel- zellen gehöre, oder ob sie als eine von diesen unabhängige Membran im Sinne von Weidenreich aufzufassen sei. Bei genauerer Untersuchung von Flächenbildern und zwar beson- ders bei mit Säurefuchsin nachgefärbten Präparaten, stellte Über d. Bau d. venösen Sinus d. Milz d. Menschen u. Rhesus-Affen. 727 sich heraus, dass ganz gewöhnlich die Wände der venösen Sinus nicht gitterartig unterbrochen, sondern dass die Maschen mit einer blassrötlich gefärbten Substanz ausgefüllt waren. An Schrägschnitten ganzer Sinus, welche wir zufällig beim Rhesus- Affen häufiger und unter günstigeren Verhältnissen antrafen als beim Menschen, fiel uns auf, dass die Schnittenden der Längs- fasern sich nicht wesentlich über den Schnittrand der hellen, die Interstitien zwischen den Längsfasern ausfüllenden Substanz fortsetzten, woraus wir schliessen mussten, dass diese Zwischen- substanz ziemlich die gleiche Höhe besitze wie die Längsfasern (s. Fig. 12, 13 und 14). Dies wurde auch durch Beobachtung von Gefässquerschnitten bestätigt (s. Fig. 9, 10 und 11). Man konnte fast überall die Zwischensubstanz von der Peripherie bis zur inneren Oberfläche der Längsfasern verfolgen, so dass meist eine fast vollständig glatte innere Gefässoberfläche vor- handen war. Nur hier und da überragten die eigentlichen Längs- fasern die Zwischensubstanz in Gestalt einer ganz flachen Vorwölbung. Wir müssen hier bemerken, dass wir zur Unter- suchung nur solche Querschnitte wählten, auf deren innerer Seite weder rote und weisse Blutkörperchen noch irgendwelche Gerinnsel angelagert waren, um sicher zu sein, das wir nicht zufällige Substanzablagerungen für fixe resp. präformierte Wandbestandteile hielten. Diese Zwischensubstanz machte nun gar nicht den Ein- druck einer zwischen den Längsfasern und den Ringfasern liegenden Membran, denn dann hätten die Längsfasern in die Membransubstanz eingebettet sein müssen, da die letztere ja die Zwischenräume zwischen den Längsfasern in ihrer ganzen Höhe ausfüllte. Es war viel eher anzunehmen, dass die Zwischen- substanz protoplasmatischer Natur sei und zu den Längsfasern resp. Endothelzellen gehörte. Bei sorgfältigster Untersuchung von Querschnitten und Flachschnitten der venösen Sinus an besonders günstig gefärbten Schnitten konnten wir denn 128 A. MANGUBI-KUDRJAVTZEWA, auch genau in der Mitte zwischen den Längsfasern je eine Trennungsebene in Gestalt einer etwas dunkler gefärbten sehr feinen, bald körnigen, bald nur aus einzelnen unterbrochenen Strichelchen und Pünktchen bestehenden Linie erkennen (siehe Fig. 12, 13, 14 und 15). An Querschnitten sahen wir die Trennungsebene durch die ganze Dicke der Wand gehen, ohne dass an der inneren Oberfläche eine auf das Vorhandensein einer Kittleiste schliessen lassende Verdickung vorhanden ge- wesen wäre. Es bestehen also auch hier die Endothelzellen aus einer mittleren dichteren und sich dunkler färbenden Längs- faser und je einem auf jeder Seite derselben gelegenen, weniger färbbaren und weniger dichten Seitenstreifen von gleicher Höhe, aber weit geringerer Breite als die Längsfaser. Die Breite des seitlichen Protoplasmastreifens ist sogar ge- wöhnlich geringer als die halbe Breite der Längsfaser. Was die Höhe der Endothelzellen anbelangt, so variiert dieselbe erheblich, wie der Vergleich der Fig. 9, 10 und 11 lehrt, welche bei der gleichen Vergrösserung gezeichnet sind. Das Gleiche gilt auch für die Breite (vergl. Fig. 12, 13, 14 und 15). Es kann dabei bei verschiedener Höhe die Breite, bei verschiedener Breite die Höhe gleich sein. Der in jeder Zelle nur in der Einzahl vorhandene Kern liegt excentrisch auf der Lumenseite und ragt stark in das Lumen vor. Deutlicher noch als beim Menschen konnten wir den Kern allseits von einer dünnen Protoplasmalage umgeben sehen. Auf der höchsten Kernvorragung bildete das Proto- plasma häufig sogar einen leichten Buckel (s. Fig. 10 u. 14). Im Gegensatz zum Menschen konnten wir Längsfaltungen auf der unteren Seite der Kerne nicht beobachten. Während beim Menschen oft auf grosse Strecken hin die Endothelzellen ihre seitliche Fühlung miteinander vollständig verloren hatten, war beim Rhesus-Affen diese meist vorhanden, so dass wir ganz gewöhnlich in der Wand eines auf grössere Über d. Bau d. venösen Sinus d. Milz d. Menschen u. Rhesus-Affen. 729 Strecken hin verfolgbaren Abschnittes eines venösen Sinus auch nicht die kleinsten Öffnungen finden konnten (s. Fig. 13). Allerdings fanden wir auch hie und da die Zellgrenzen durch grössere oder kleinere Öffnungen unterbrochen (s. Fig. 15). Die grösseren Öffnungen erstrecken sich meist nur von Circulär- faser zu Circulärfaser, als ob sich hier ein Leucocyt durch- gezwängt hätte und nachträglich ein Verschluss nicht wieder eingetreten wäre. Wie schon weiter oben angedeutet, haben wir von einer Membran, welche zwischen Endothel und Circulärfasern liegen müsste, nichts entdecken können. Die Basalplatten sind nicht etwa als Teile einer solchen aufzufassen; sie gehören nur der Längsfaser, d. h. also dem mittleren verdichteten Längs- protoplasmastreifen der Endothelzellen an. Sie erstrecken sich also nicht auf die hellen seitlichen Protoplasmastreifen und werden durch die Circulärfasern unterbrochen. Die Circulärfasern verhalten sich morphologisch sowohl als färberisch wie diejenigen beim Menschen, d. h. sie sind drehrund und unter sich gleich dick, doch ist ihre Dicke zum Teil erheblich geringer als beim Menschen. Auch sie sind als ein Teil des allgemeinen Reticulums aufzufassen. Das Durchwandern von Leucoeyten durch die Sinuswand findet beim Rhesus-Affen ebenso reichlich statt wie beim Menschen. Häufig fanden wir an Querschnitten im Lumen nicht ein einziges rotes Blutkörperchen, wohl aber mehrere Leucocyten, zu denen noch andere sich hinzudrängten (s. Fig.9). Dies scheint uns fast ausschliesslich auf Einwandern von Leucocyten zu deuten. Vielleicht findet eine solche auch noch kurze Zeit nach dem Tode statt. Schlussbetrachtung. (Siehe nebenstehende Schemata.) Die Verhältnisse, welche wir an der Wand der venösen Sinus beim Menschen und Rhesus-Affen gefunden haben, haben so vieles Übereinstimmende, dass wir unsere Schlussfolge- rungen für beide geltend festlegen können. Die Wand der venösen Capillaren besteht aus schmalen langgestreckten Endothelzellen, welche mit einem circulären bindegewebigen Fasersystem verbunden sind. Jede Endothel- zelle besteht aus einem über die ganze Länge der Zelle sich erstreckenden mittleren verdichteten Protoplasmastreifen (Längsfaser), sowie aus je einem auf jeder Seite der Längs- faser gelegenen, sehr zart gebauten und schwach färb- baren Seitenstreifen Beide Seitenstreifen sind aber nur dann erkennbar, wenn die Endothelzellen seitlich Füh- lung miteinander haben. Man erkennt dann, dass die Längsfaser die ganze Höhe der Endothelzelle einnimmt, also von der freien, dem Gefässlumen zugekehrten Ober- fläche bis zu der an der Peripherie gelegenen Basalfläche reicht. Die Seitenstreifen besitzen (am besten beim Rhesus- Affen erkennbar) so ziemlich die gleiche Höhe wie die Längs- fasern. An der Basis der Endothelzellen finden sich (wahr- scheinlich nur an der Längsfaser) zahlreiche, gleich weit von- einander entfernte Querrinnen von halbkreisförmigem Quer- schnitt, in welche die Circulärfasern eingelassen sind. Auf der gleichen Seite bemerkt man auf die Längsfasern be- schränkte, von Querrinne zu Querrinne sich erstreckende, mit Eisen-Hämatoxylin sich fast schwarz färbende, im übrigen stärker lichtbrechende Protoplasmaverdichtungen (Basalplatten), deren Seitenränder leicht verdickt und deshalb dunkler färb- 3l Über d. Bau d. venösen Sinus d. Milz d. Menschen u. Rhesus-Affen, "UIISEJIRNIAN F ‘up]faz -[9ygopum A9p uaFIEıgsusylag o]joy 9 ‘usyyepdjeseq Aut (1ospF -SSUP]) UHFI9A4SSFUFT I9.19[49TU 19494y91p.I9A p ‘uajfozjeyyopum uop uemSsImz uayanT 9 ‘“uazueıspjez q "offozfeyyopug ® "uassne UOA PuBmSnums A9p PIUgaSWeLT AOgasyyewagag 'g anSy4xe], ‚SttoyaZur 9][dzJayyopug Aaura nu ulay F ‘uof[fazjoygopuy AP USNEA1NSUaNeg arjoq 9 ‘alssejsduy; Aep uojyepdjeseqg p “(A9SB/SFUR’]) U9JIOASSFUY] I9A1974J1UL TOFOFy9IpıI9A 9 ‘uazua.ız -779Z q ‘OIT>z[eyIoPuF auto IyIugasaen?) e "uayy-Snsoyy pun uoy9suoM Sap ua][ez[ayyopum U0A AyLuyasıond) Ayasıyewaydg 'z ınSyyXa], "uy 9 uouuLLon‘) USPuawgoune UISSPJIENIAD OP Op »yyLuyosaond) q ‘uagyepdjeseg ® ‚+qDIsueuafrag "UyY-Snsoyy pun usyPsuapy WA Snurg UASQUAA .AAP »][PZOgNoPUM Aaula wLuagag "[ 1nSygxa], S F=} . m... BZ 48 119. Heft (39. Bd., H. 3). T. Abteilung. Anatomische Hefte. 132 MANGUBI, Über den Bau der venösen Sinus etc. bar sind. Es handelt sich augenscheinlich um eine cuticula- artige Verdichtung der Längsfasersubstanz. Der Kern liegt exzentrisch auf der Lumenseite der Endo- thelzelle und bewirkt hier eine starke Auftreibung derselben, derart, dass der kernhaltige Zellteil sich über die Nachbar- zellen mehr oder weniger herüberschiebt. Der Kern ist all- seits von einer, wenn auch sehr dünnen Protoplasmaschicht umgeben, welche beim Rhesus-Affen auf dem höchsten Punkt etwas dicker ist als an den Seiten. Ursprünglich sind die Endothelzellen allseits zu einem ge- schlossenen Rohr miteinander verbunden, was besonders beim Rhesus-Affen hervortritt, vielleicht weil es sich um ein noch junges Tier handelte. Unter günstigen Verhältnissen lassen sich die Zellgrenzen resp. Berührungsebenen durch die ganze Endotheldicke erkennen. An vielen Stellen jedoch, beim Menschen sogar in ausgedehntester Weise, hat eine Zelltrennung. stattgefunden und zwar teils in Gestalt von kleinen, länglichen Öffnungen, welche dann immer Unterbrechungen der Ver- wachsungsebenen bilden, teils von ausgedehnten Spalten. In letzterem Falle ist von den hellen seitlichen Protoplasmastreifen nichts mehr wahrzunehmen, während die eigentlichen Längs- fasern an Breite etwas zugenommen haben. Von einer besonderen Basalmembran konnten wir nichts erkennen. Die Circulärfasern bestehen aus leimgebender Substanz oder sind doch nah mit solcher verwandt. Zum Schlusse sei es mir gestattet, auch an dieser Stelle Herrn Prof. Dr. K. W. Zimmermann für die Anregung zu dieser Arbeit und die freundliche Beihilfe, welche er mir in Rat und Tat hat zuteil werden lassen, meinen besten Dank auszusprechen. 18. 19: Literaturverzeichnis. Bannwarth, Untersuchungen über die Milz. I. Die Milz der Katze. Arch. f. mikrosk. Anat. Bd. 38. 1891. 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Sämt- liche Präparate waren mit Eisen-Hämatoxylin gefärbt und mit Ausnahme von 7 mit Säurefuchsin oder nach van Gieson nachgefärbt. Sämtliche Figuren sind unter Anwendung Seibert, apochromatischer Ölimmersion 2 mm comp. Oc. 3 und Abbeschen Zeichenapparat auf dem Tisch entworfen. Vergrösse- rung ca. 1500. Fig. 1. Querschnitt eines venösen Sinus vom Menschen. Die Endothel- zellen hängen allseits zusammen. Verwachsungsebenen als rauhe Linien er- kennbar (a). Längsfasern (b) dunkler gefärbt als die seitlichen Protoplasma- streifen (c). Basalplatten als schwarze in der Mitte etwas dünnere Striche erkennbar (d). Die beiden Endothelzellkerne zeigen auf der der zugehörigen Längsfaser aufliegenden Seite je eine quergeschnittene Längsfurche (e). Durch- wandernder Leucocyt (f). Fig. 2. Mensch. Längsschnitt einer Endothelzelle aus einem ausge pinselten Präparat. Basalplatten schwarz (a). Die Circulärfasern (b) sind grösstenteils aus den tiefen basalen Einkerbungen (c) herausgerissen. Fig. 3. Mensch. Teil einer Endothelzelle etwas schräg von der basalen Seite gesehen. Die Enden der Basalplatten resp. die Ränder der Einkerbungen sind etwas aufgebogen. Fig. 4, 5 und 6. Mensch. Man erkennt die Zellgrenzen in den hellen zwischen den dunkleren Längsfasern gelegenen Protoplasma-Abschnitten. In Fig. 5 und 6 sind die seitlichen Zellverbindungen durch einzelne längliche Lücken unterbrochen. Die Kerne gehören je zu einer Längsfaser resp. Endo- thelzelle. Die dunkleren Längsstreifen in verschiedenen Kernen sind Längs- faltungen der Kernmembran. In Fig. 4 sind die bindegewebigen Ringfasern von der Fläche, in Fig. 6 in Schrägschnitt gesehen. Fig. 7. Mensch. Schwach differenziertes Eisen- Hämatoxylinpräparat. Die Endothelzellen haben teils auf grossen Strecken hin ihre Fühlung verloren, 736 Figurenerklärung. teils sind nur vereinzelte feine Öffnungen zwischen ihnen vorhanden, teils hängen sie noch fest miteinander zusammen. Fig. 8. Mensch. Schrägschnitt eines venösen Sinus. Die Endothelzellen hängen überall seitlich zusammen. Zellgrenzen (a) erkennbar. Die beiden Endothelzellkerne zeigen auf ihrer basalen Seite eine resp. zwei Einfaltungen ihrer Membran. b rote Blutkörperchen, c Ringfaser. Fig. 9. Venöser Sinus vom Rhesus-Affen quer getroffen. a Querschnitte der Längsfasern resp. Basalplatten (schwarze Striche). b durchwandernde Leucocyten. Fig. 10 und 11. Rhesus-Affe. Venöser Sinus quer getroffen. Fig. 10 hohe Endothelzellen. Fig. 11 niedrige Endothelzellen. Die Kerne der Endo- thelzellen sind deutlich von Protoplasma umgeben. a Zellgrenzen, b Basal- platten, ce Ringfasern. Fig. 12 und 13. Rhesus-Affe. Flächenansicht der Wand eines venösen Sinus. Zellgrenzen deutlich punktiert, Längsfaser der Endothelzellen dunkel, seitliche Protoplasmastreifen hell. In Fig. 12 sind die Endothelzellen breiter als in Fig. 13. 1 Leucocyt. Fig. 14. Rhesus-Affe. Sinuslängsschnitt. Kerne allseits von Protoplasma umgeben. Rechts (Flächenansicht) Zellgrenzen als körnige Linien erkennbar. (a), Cireulärfasern (b) in Querschnitt, ce Basalplatten, 1 durchwandernder Leucocyt. Fig. 15. Rhesus-Affe. Sinuswand in Flächenansicht. Längsfaser der Endothelzellen dunkel. Seitenstreifen hell. Zellgrenzen punktiert (a), an zwei Stellen je durch eine längliche Lücke unterbrochen (b). Circulärfasern (c) in Flächenansicht. ' m N REN. RN Pr 4 { kn