ANATOMISCHE HEFTE ERSTE ABTEILUNG. ARBEITEN AUS ANATOMISCHEN INSTITUTEN. 41. BAND (123/124., 125. HEFT). te, nee oh RE EAN N a a a Ka N ö B ü 5 H 1 In = j FE BY i > i hi Fe AV ” Mn 1 R En i Hi Br: ‘ } Ei Ayk in Br R FR e 4 Dr > " BEN ey A 4 en FORT ur Pd FE n i en Ne u a N un Ne. er re Da 1 [ESTER TE . ’ er Ba U “, u »Z D f Ei u Ur . er Pi - 7 I) un y ANATOMISCHE HEFTE. BEITRÄGE UND REFERATE ZUR ANATOMIE UND ENTWICKELUNGSGESCHICHTE. UNTER MITWIRKUNG VON FACHGENOSSEN HERAUSGEGEBEN VON FR. MERKEL UND R. BONNET 0. Ö. PROFESSOR DER ANATOMIE IN GÖTTINGEN. 0. Ö. PROFESSOR DER ANATOMIE IN BONN, ERSTE ABTEILUNG. ARBEITEN AUS ANATOMISCHEN INSTITUTEN. 41. BAND (123/124., 125. HEFT.) MIT 30 TAFELN UND 86 FIGUREN IM TEXTE. WEESBADEN: VEREAGVONT FE BERGMANN 1910. Nachdruck verboten. Übersetzungsrecht in alle Sprachen vorbehalten. MABE IN GERMTMANY Druck der Königl. Universitätsdruckerei H. Stürtz, A. G., Würzburg: Knrhalkt. 123/124. Heft (ausgegeben im Juni 1910). 125. E. Zuekerkandl, Über die Wechselbeziehung in der Ausbildung des Jacobsonschen Organs und des Riechlappens nebst Bemerkungen über das Jacobsonsche Organ der Amphibien. Mit 11 Textfiguren und 16 Figuren auf den Tafeln 1/3 ER a ne a Eva Segersträle, Zur Kenntnis der melsosherlehen Mit 18 Ab- bildungen im Text Philipp Stöhr, Über die Abstammung der Heinen ihyaribninderzellen C. Hirsch, Experimentell-anatomische Untersuchungen an der Nieren- zelle. Mit 11 Figuren auf den Tafeln 4/5 . RE: E. Kallius, Beiträge zur Entwickelung der Zunge. III. Teil. Säugetiere. 1. Sus scrofa dom. Mit 56 Textfiguren und 18 Eisuren auf.den Tafeln Oje 27 ra Sr Heft (ausgegeben im Juli 1910). Wassa Klein, Beitrag zur Kenntnis der Mycetesplacenta. Mit einer farbigen Textfigur und 2 Figuren auf Tafel 12 . : L. Grünwald, Der Recessus ethmolacrymalis. Mit 9 Abbildungen auf den Tafeln 13/17 W. Harms, Über den Ersatz der une ind Baleszellen im Magen der Maus. Mit 4 Figuren auf Tafel 18. NEE W. Rubaschkin, Chondriosomen und Differenzierungsprozesse bei Säugetierembryonen. Mit 15 Figuren auf den Tafeln 19/22 Oskar Fleck, Die Entwickelungsgeschichte des Urogenitalsystems beim Gecko (Platydactylus annul.). Mit 1 Textfigur und 10 Figuren auf den Tafeln 23/28 a Sergius Michailow, Die Innervation des Herzboutels Mit 6 Figuren auf den Tafeln 29/50 Seite 433 495 En EN ß JR EB, RT. ih Be 4, 4; Int en u . E n % E ur. De Se DIE lee 3 LE d Pa - 2, } en lan n ng " En . 3 . u A L h. Gala ET A er. MR Kl zum 5 i i ae b h ve B LET ar 5 5 r ’ er A HH ae A \ ER tu m u! u a 7 ‚al m Ir a a 1 seen ’ * a0 In 9 4 mr +; ws zul, Ne Ki n„® w. Ey N j x * . a = ’ i . ‘ 2 ’ (a r mer BA P F - nn j n j A pN Tan v ABER u W‘ - nA H zart “ ' year Era I Ta ı KL5R HE Se 2 >. R =, p HAIg A no I% N L h ae ara, 'R sie az 5 BG I IV AAN, AT les: LEN er 4b U 4 A ERSE! u a . “d at na E A u ge u 2 u L } br Ar 20 I: RIES A Eu i = BR N Pin ® KAORERU LE IE .; & I k Rz a Te er eu IE \ R Sa a Hy we, ih ig" araıa EIERN a a ee ve LAT r I en: GE a ee ar ZER ol: 1 ER an REBEL EWR. De a ea > ms nn 3 ae Ip TUR: Br Dune EB ö gt - Tr ıudk are id: PAR g j = = j a ER a, a Ve 5 u BUTAN. NA N ereir ee e: ie ur g FIR, Var Wei VER HUMAN. [ur ET HR re k vr A Br plate ea NE Le, ' ».,“.u j BArH ul a ai Je Me - a 4 ae ee a nee j PR FR Ads wi j WERT... ur BELA DE SLi2 u 12 | | “ 1 dei R | be 5 ÜBER DIE WECHSELBEZIEHUNG IN DER AUSBILDUNG DES JNGOBSONSCHEN ORGANS UND DES RIECHLAPPENG NEBST BEMERKUNGEN ÜBER DAS JACOBSONSCHE ORGAN DER AMPHIBIEN. VON E. ZUCKERKANDL, WIEN. M em iM n Cal Il KnaRN Ki NAUCAE ® E ur N Nz 5 + sul kim OB Na I] Be er 1 TA d | u v x 4 SpoananhoR erh u al TE BE; a s Ä ae j j 5 3; s 2 n, n| x IR „ig ei og u“ Zurar rn A IT ug Ir . ’ | we en - N: Ex .. ne In ı u - PL. 4 N .“ rg ai RY ar BA ® Lune ee, 5 . ur i s u «ao hai A Die vorliegende Arbeit bildet insoferne eine Fortsetzung meiner in den Sitzungsberichten der k. Akademie in Wien ver- öffentlichten Schrift!) über das Jacobsonsche Organ, als die Frage behandelt wird, in welcher Weise der Entwickelungs- grad desselben auf den Riechlappen rückwirkt. Bei der Unter- suchung der Amphibien auf das correlative Verhalten zwischen dem Organum vomeronasale und dem Lobus olfactorius wurden einige Beobachtungen gemacht, die ich, trotzdem sie strenge genommen mit der aufgeworfenen Frage nichts zu tun haben, doch in dieser Abhandlung bespreche. Es wird seit langem angenommen, dass der Nerv des Jacob- sonschen Organs?) ziemlich unabhängig von den übrigen Bündeln des Olfactorius sei, und schon F. Leydig?°) gibt an, dass der genannte Nerv bei Tropidonotus ein .Bündel für sich bilde, welches hinter dem eigentlichen Riechnerven von der unteren Fläche des Bulbus olfactorius entspringt. Auf einer seiner Abbildungen (Taf. 20, Fig. 9) in der zweitzitierten Schrift ist der Nerv des Jacobsonschen Organs doppelt so stark !) Über das Jacobsonsche Organ ete. Sitzungsber. d. kaiserl. Akad. Bd117:2 1909: ?) Die Bezeichnung Jacobsonscher Nerv sollte vermieden werden, da in der älteren Nomenklatur der N. tympanicus unter diesem Namen geführt wird; passender ist der Terminus: N. vomeronasalis. ») Zur Kenntnis d. Sinnesorgane der Schlangen. Arch. f. mikrosk. Anat. Bd. 8. 1872, ferner Zirbel und Jacobsonsches Organ einiger Reptilien. Ibidem Bd. 57. 1897. 1% # 4 E. ZUCKERKANDL, . wie der Nasenast des Riechnerven. Es steht dies im Einklang mit der mächtigen Entwickelung des Jacobsonschen Organs bei den Ophidiern. Die Nerven des Jacobsonschen Organs besitzen, wie Leydig angibt, eine Struktur, die mit jener der anderen Riechnerven übereinstimmt, und auch mir ist ein Unterschied zwischen den beiden Nerven nicht aufgefallen. Dagegen will C. H. A. Kappers!) bei den Reptilien im Verlauf des N. vomeronasalis viele Ganglienzellen gefunden haben. Nach R. Burckhardt?) soll auch bei Amphibien (Triton, Ichthyophis glutinosus) der Nerv des Jacobsonschen Organs von den anderen ÖOlfactoriusbündeln geschieden sein. — Über die Endstellen der Jacobsonschen Nerven am Lobus olfactorius ist nur wenig bekannt. L. Herrick?) be- schreibt nach Untersuchungen an Tropidonotus, Coluber und Entaenia unter dem Namen mesal olfactory Fossa des Tuber olfactorium eine Stelle an der medialen Fläche des Lobus olfactorıus, die bestimmt ist, den Nerven des Jacobson- schen Organs aufzunehmen ?) und die weiterhin passender als Area vomeronasalis bezeichnet werden soll. Bei der Schildkröte soll das Tuber olfactorıum einfacher gebaut sein, als bei den Schlangen und die Fossa olfactoria soll fehlen. !) Die Phylogenese des Rhinencephalons etc. Folia biologica. Bd. 1. 1908. °) Untersuchungen am Gehirn und Geruchsorgan von Triton und Ichthy- ophis. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. 52. 1891. ®») Contribution to the comparation Morphol. of the centr. nerv. system. The Journ. of. comparat. neurol. Vol. 3. pag. 77. *) „It will be seen that serpents have developed to an enormous extent the structure me have described as the olfactory fossa in the rinencephalon of the alligator and opossum. This structure consists of on excavation of the mesal aspect of the organ wich is filled outby the fibres which enter there. The whole pero is great!y thickened and the rhinencoel is thus diverted laterad and describes an arch in both the horizontal and vertical plane. 'The ven- tricl eis not only thus reduced to ahalfmoon shaped slit lent the lateral walls of the tuber are thinned to such an extent that they contain little lent the epi- thelium of the pes“, Üb. d. Wechselbeziehung i. d. Ausbildung d. Jacobsonschen Organs ete. 5 H. Rabl-Rückhard!) beschreibt die Fossa olfactoria von Python molurus. L. Edinger?) macht die Angabe, dass einzelne Amphi- bien 3) und Reptilien an der medialen Lobusseite noch eine etwas caudal gerückte, etwa eiförmige Platte von Bulbus- formation besitzen. Die Beziehung der Platte zum Jacobson- schen Nerven scheint Edinger nicht bekannt gewesen zu sein. V. v. Mihalkowics‘) lässt den Nerven des Jacob- sonschen Organs bei den Reptilien von der medialen Seite des Riechlappens kommen und meint, dass derselbe den medialen Riechbündeln bei Säugetieren entspräche. Näheres über die Implantationsstelle des Nerven wird nicht angegeben. L. Unger?) hat die betreffende Stelle des Geckogehirns beschrieben und abgebildet. Seine Beschreibung lautet: „die Rinde umschliesst den Bulbus nicht in symmetrischer Weise, sondern erstreckt sich an der medialen Seite derselben in etwa doppelt so grosser Ausdehnung nach hinten, wie an der Aussenseite, ein Verhältnis, wie es auch bei Säugern be- obachtet wird und höchstwahrscheinlich dem als Nebenbulbus bezeichneten Teil des Bulbus olfactorius entspricht.“ Bei den Säugetieren soll angeblich der von Gudden beim Kaninchen an der mediodorsalen Seite des hinteren Bulbusendes aufgefundene Nebenbulbus, der später von A. Koelliker®) bei der Katze und der Maus, von Elliot Smith?) beim Schnabeltier, von S. Ramon Cajal®) beim !) Einiges über das Gehirn ‘der Riesenschlange. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. 58. 1894. °) Vorlesungen über den Bau des nervösen Centralorgans. 1900. ®) Bei Amphibien habe ich das nicht gefunden. *) Nasenhöhle und Jacobsonsches Organ. Anat. Hefte. Bd. 11. 1899. °) Untersuchungen über die Morphologie und Faserung des Reptiliengehirns. Anat. Hefte. Bd. 31. 6%) Handbuch der Gewebelehre. Bd. 2. 1896. ) Jacobson’s Organ and the olfactory Bulb in Ornithorhynchus. Anat. Anz. Bd. 11. 1896. ®) Studien über die Hirnrinde des Menschen. 4. Heft: Die Riechrinde beim Menschen und Säugetier. Übers. von J. Becker. Leipzig 1903. 6 E. ZUCKERKANDL. Meerschweinchen, von Kapperst) bei Hypsiprimnus rufescens und Pteropus beobachtet wurde, die primäre Endstelle des N. vomeronasalis darstellen?). Diese Theorie stützt sich auf die Angabe von Elliot Smith, dass der Nebenbulbus des Schnabeltieres der Fossa olfactoria bei den Reptilien vergleich- bar sei und enge Beziehungen zum Jacobsonschen Organ zeige. Dass Elliot Smith den Nerven des Jacobsonschen Organs über die „laterale“ Fläche des Bulbus olfactorius ver- laufen lässt, ist auffallend und steht mit allen bisherigen ein- schlägigen Beobachtungen im Widerspruch. S. Ramon Cajal hat die Verbindung des Nebenbulbus mit dem N. vomeronasalis nicht gekannt. Er bemerkt, dass die Bedeutung dieses Riechganglions sich gegenwärtig nicht bestimmen lasse und seine Struktur an diejenige der Fossa centralis retinae erinnere. Der Umstand, dass es von der Rinde des Bulbus olfactorius vollständig getrennt ist, dass es ein be- sonderes Olfactoriusbündel empfängt und eine etwas eigenartige Textur besitzt, gibt nach dem Autor „der Vermutung Raum, dass dieser Herd den Zweck hat, irgend eine besondere Art von Riecheindrücken zu sammeln.“ — Beim Menschen, dessen Jacobsonsches Organ bekannt- lich in hohem Grade rudımentär ist, sollen die Sinnesnerven des Organs nach einer Angabe J. L. Paulets isoliert ver- laufen und sich gleich dem Riechnerven zur caudalen Fläche des Lobus olfactorius begeben ?). — Zu den eigenen Untersuchungen übergehend, sei erwähnt, dass meine Schrift in drei Absätze zerfällt; im ersten wird De: ?) Die Richtigkeit der Angabe betreffend Pteropus darf bezweifelt werden, da Pteropus kein Jacobsonsches Organ besitzt, es sei denn, dass der Neben- bulbus stark reduziert ist. Kappers lässt die Frage, ob der Nebenbulbus den Jacobsonschen Nerven aufnehme oder nicht, offen. °) Contribution a l’ötude de l’organe de Jacobson chez l’embryon humain Comm. faite a l’association des anatomistes. Lille. 1907. Üb. d. Wechselbeziehung i. d. Ausbildung d. Jacobsonschen Organs etc. 7 das allgemeine Verhalten der Riechnerven bei den Reptilien und das sogenannte Ganglion olfactorium besprochen, im zweiten der Lobus olfactorius der Reptilien, im dritten das Jacobsonsche Organ und der Riechlappen der Amphibien. Die Säugetiere habe ich nicht in den Bereich der Untersuchung einbezogen, da mir kein genügend reiches Material zur Ver-. fügung stand. 1. Die Riechnerven; das Ganglion olfactorium. Die Olfactoriusbündel der Reptilien und Amphibien ge- langen teils in das Septum nasale, teils an den Dachteil und in die laterale Wand der Nasenhöhle. Bei den Amphibien be- zeichnet man die erste Gruppe als ventralen, die letztere als dorsalen Ast des Olfactorius, und ich halte es der Überein- stimmung halber für angezeigt, bei den Reptilien die gleichen Benennungen anzuwenden. Der ventrale Ast besteht bei den Reptilien aus dem N. vomeronasalis und häufig auch noch aus einem schwächeren Zweig, der sich bis in die Schleimhaut des Nasenbodens ver- zweigt. Der laterale Ast des Olfactorius ramificiert sich in der lateralen Nasenwand und in den Vorsprüngen derselben. — Bekanntlich wurde der Versuch gemacht, den Riechnerven mit einem Ganglion (G. olfactorium) in Verbindung zu bringen. Als solches hat W. Hist) eine auch schon vor ihm bekannt gewesene Anhäufung von Zellen bezeichnet, die zwischen der Riechgrube und dem vorderen Gehirnpol eingeschoben ist. Diese Zellen stammen aus der Riechplatte, verlassen sie, treten in das mesodermale Kopfgewebe über und bilden hier das sogenannte Riechganglion. Dasselbe tritt verhältnismässig spät mit dem Gehirn in Verbindung und bildet in definitivem Zu- !) Die Formentwickelung d. menschl. Vorderhirne. K. sächs. Gesellsch. d. Wissensch. math.-phys. Klasse. |Bd. 15. 1889. 8 E. ZUCKERKANDL, stand als Faser- und Knäuelschicht einen mützenförmigen Über- zug um den Bulbus olfactorius. Elliot Smith!) lässt das ‚olfactory neural ganglion“ des Schnabeltieres aus zwei distinkten Teilen zusammengesetzt sein, einem grösseren an der medialen und einem kleineren an der lateralen Seite des Bulbus olfactorius. Der erstere ist mit dem N. olfactorius, der letztere mit dem N. vomeronasalis verbunden. Auf einer der Abbildungen bezeichnet Elliot Smith die Area glomerulosa der äusseren Bulbusfläche als Ganglıon olfactorium, die innere Fläche derselben als Ganglion Jacobsoni. Die Tatsache allein, dass die Area glomerulosa keine Ganglienzellen enthält, hätte die Autoren abhalten sollen, dieselbe als Ganglion zu bezeichnen. Dass aber nicht die geringste Berechtigung zu einer solchen Namen- gebung vorliegt, ergibt sich daraus, dass zum mindesten der Hauptteil eines typischen cerebrospinalen Ganglions von der Ganglienleiste abzustammen hat. J. Disse?), auf dessen Untersuchungen ich mich berufe, da sie ausführlicher als die der anderen Autoren sind, nahm mit Recht gegen eine solche Auffassung Stellung; er bemerkt, dass es ein sub- epitheliales Ganglion, aus dem die Fasern der Riechnerven kommen, nicht gäbe. Die Zellen, die als ein Ganglion aufgefasst werden, stammen zwar aus dem Epithel der Riechgrube, werden aber zu den Scheidenzellen für die Nervenfasern. Die Tat- sache, dass Riechnervenfasern mit im Epithel gelegenen Zellen zusammenhängen, lässt sich nach Disse nicht mit der Existenz eines ausserhalb des Riechepithels liegenden Ganglions in Ein- klang bringen, vielmehr seien die Riechzellen selbst die Ganglienzellen, aus denen Riechnerven entspringen und ihre (Gesamtheit würde einem solchen Ganglion gleichwertig sein. 1) l.yc. 2) Über die erste Entwickelung der Riechnerven. Anat. Hefte 1897; siehe auch Sitzungsber. d. Gesellsch. z. Beförderung d. gesamt. Naturwiss. zu Marburg. 1896. Üb. d.. Wechselbeziehung i. d. Ausbildung d. Jacobsonschen Organs ete. 9 In jüngster Zeit hat E. de Vriest) versucht, die abgetane Lehre von dem Ganglion olfactorium wieder zu beleben; er will es an den Riechnerven eines 21/,—3 Monate alten mensch- lichen Embryo beobachtet haben. Von dem Ganglion zweigen fünf Bündel ab, die sich zum Jacobsonschen Organ be- geben. Die Auffassung von E. de Vries unterscheidet sich von jener W. His’ nur dadurch, dass er das Ganglion auf den Bereich des N. vomeronasalis beschränkt sein lässt. Das Ganglion soll sensible Zweige an das Jacobsonsche Organ abgeben. Es ist dies wohl überflüssig, da solche Zweige vom N. nasopalatinus des Ramus secundus quinti paris zum Jacob- sonschen Organ verfolgt wurden. C. Balogh?) hat schon früher diese Art Fasern beim Schaf beobachtet. In einer jüngst erschienenen Schrift von Effie A. Read?) sind diese Nerven gut dargestellt. Ich habe das fälschlich als Ganglion olfactorium bezeich- nete Gebilde bei Meerschweinchenembryonen unter- sucht, an welchen auch E. de Vries Studien anstellte. Eine zellhaltige Masse, ausgehend von der Riechplatte, ist schon am 6 mm langen Embryo zu sehen. In diesem Stadium, wie auch noch am 8!1/, mm langen Embryo, bei dem die Masse auch schon mit dem Jacobsonschen Organ durch einen Zellstrang (Anlage des Nervus vomeronasalis) verbunden ist, fehlt der Anschluss des zellhaltigen Körpers an den Riech- lappen (Taf. 1, Fig. 1). Die aus der Riechplatte ins Mesoderm einwandernden Zellen bilden anfänglich buckelartige Vor- sprünge. Am 10 mm langen Embryo hängt die Zellplatte bereits mit !) Note on the ganglion vomeronasale. Koningl. Akad. von Weten- schappen te Amsterdam. 1905. ?) Das Jacobsonsche Organ des Schafes. Sitzungsb. d. kais. Akad. Bd. 42. Wien 1860. ®) A contribution to the knowledge of the olfact. Appar. etc. The Amer. Journ. of Anat. Vol. 8. 1908. 10 E. ZUCKERKANDL, dem Gehirn zusammen und es sind in der Zellmasse auch schon Nervenfasern zu erkennen, desgleichen in dem Fortsatze der Zellmasse zum Jacobsonschen Organ. In diesem Ent- wickelungsstadium findet sich zwischen dem Riechlappen und dem Riechgrübchen nur lockeres Mesodermgewebe; von Skelet- teilen ist hier noch nichts zu bemerken. Meine Untersuchungsergebnisse stimmen demnach mit jenen überein, welche Disse bei seinen Studien an Hühnchen- embryonen erhalten hat. Er fand, dass das Epithel der Riech- grube an der dem Gehirn zugewandten Seite sich verdickt und kegelförmige, aus Zellen bestehende Auswüchse in das Meso- derm entsendet, die bald die Hirnkapsel erreichen. Ein jeder von diesen wird dann zu einem cylindrischen Strang, in dem hier und da schon Andeutungen von Fasern zwischen den Zellen auftreten. Die Anlage der Riechnerven besteht aus zelligen Auswüchsen der Riechgrube. 2. Uber den Lobus olfactorius der Reptilien. Saurier. Untersucht wurden die Nasenhöhle und der Riechlappen von Platydactylus annularis, Agama stellio, Scincus officinalis, Lacerts agilis, Anguis fragilis und Chamaeleon dilepis Leach, der Riechlappen allein von Uromastix acanthinurus, Varanus niloticus und Ophisaurus apus. Platydactylus annularis. Das Jacobsonsche Organ und der N. vomeronasalis sind stark entwickelt. Der Olfactorius zerfällt in einen Ram. dorsalis und Ram. ventralis. Der letztere entsendet ausser dem N. vomeronasalis einen für die Schleimhaut des Nasenbodens bestimmten Ast. Der ventrale Ast zieht zu weiden Seiten des septalen Knor- pels aufwärts und ist rechts wie links im Bereich des Riech- Üb. d. Wechselbeziehung i. d. Ausbildung d. Jacobsonschen Organs ete. 11 lappens in zwei Stränge geteilt. Der äussere derselben ver- bindet sich mit einem Zweig des dorsalen Olfactorius und zieht zur basalen Fläche des Bulbus olfactorius, der innere Zweig entsendet ein Bündel zur ventromedialen Ecke des Riech- kolbens, schiebt sich dann zwischen den beiden Bulbi olfac- torii durch und verläuft zu der.an der medialen Fläche des Tractus olfactorius befindlichen Area vomeronasalis. Der dor- sale Ast des Olfactorius sendet dieser Area kein Bündel zu. Die Area vomeronasalis besteht aus zwei Schichten, aussen aus der Faserschicht des N. vomeronasalis, und innen aus einer dicken Schicht von Zona glomerulosa. Der zwischen der letzteren und dem Ventrieulus olfactorius befindliche mediale Kammerwandanteil ist dick und springt mit konvexer Fläche gegen die Höhle vor. Ich werde den Vorsprung Torus ol- factorius nennen. Derselbe wird vorwiegend von jenem Teil der Lobuswand gebildet, welcher in der Fortsetzung der Moleceularschicht und der Schicht der Granulosa liegt. Die laterale Wand des Ventriculus olfactorius ist ent- sprechend dem Riechstiel dünn, da sie nur zur Leitung der lateralen Riechstrahlung dient. Agama stellio (Textüig. 1). Das Jacobsonsche Organ und der N. vomeronasalis sind stark ausgebildet. Der N. olfactorius communis zerfällt in den Ram. dorsalis und ventralis. Der erstere ist stark und strahlt vorwiegend in den laterobasalen, aber auch in den medialen Anteil des Riechkolben ein. Interessant ist, dass der dorsale Nervenstamm eine Strecke weit an der Aussenseite der lateralen Nasenkapsel- wand verläuft, dann erst den Knorpel durchbohrt, um zur Riechschleimhaut zu gelangen. Der Hauptstamm des N. vome- ronasalis verlässt das Jacobsonsche Organ an seinem hinteren Ende. Vom ventralen, im Septum gelegenen Stamm begibt sich ein Zweig zur Schleimhaut am Boden der Nasenhöhle. ZUCKERKANDL, E. -SNLIOPRFTO Snmoryuo 0 ‘A 'SNLIOPETO Snapng Sop eyakpg uofenuea 10p UB vSonIaWO]F wuoz [3 "SI]ESBUOTALOA wory 'u’A'® (J pun A) Smraogoezjo snpeı] uep pun (Q—Y) snqpng uop yoanp eyyIuyospejuoLg ‘7 ınSyyXaL "oA u.a'd' -oıpfpjs wwesy a 28 Üb. d. Wechselbeziehung i. d. Ausbildung d. Jacobsonschen Organs etc. 13 Am Bulbus olfactorius, wo der dorsale und der ventrale Olfactoriusast aneinander schliessen, scheint eine Kreuzung von Fasern stattzufinden, doch sind die Schnitte zu dick, um dies sicherstellen zu können. Die Area vomeronasalis (a. v. n) nimmt die hinteren Bündel des ventralen Olfactoriusastes auf. Die Zona glomerulosa des Bulbus olfactorius erstreckt sich auf 21 Schnitte, die der Area vomeronasalis auf 26 Schnitte der Serie; von den letzteren entfallen 12 Schnitte auf den Bulbus, 14 auf den Tractus olfactorius. Auf die Area folgen bis zum vorderen Gehirnpol 260 Schnitte, auf welchen der Tractus olfactorius fadenförmig ist. Die mediale Wand des Ventriculus olfactorius ist dick, aber sie springt gegen die Riechhöhle nicht vor, zumal diese letztere einen engen Kanal formiert; es entfällt aus diesem Grund ein Torus olfactorius. Die Zona glomerulosa umgibt nur den Spitzenteil des Bulbus allseitig. Hinter demselben zieht sich die Glomerulosa zunächst von der dorsalen, hierauf auch von den anderen Flächen, die ventrale ausgenommen, zurück (B, C). In dieser Gegend beginnt die Area vomeronasalis, welche zunächst in der Richtung gegen das Gehirn an Höhe zunimmt (E). Die der Area vomeronasalis gegenüberliegende Wand des Ventri- culus olfactorius ist dünn, zumal sie nur die laterale Riech- strahlung hirnwärts leitet. Seineus/officinalis (Pakt, Big.2). Das Jacob- sonsche Organ ist gut entwickelt. Ein Zweig des ventralen Olfactoriusastes ramificiert sich in der Nasenschleimhaut. Am Riechlappen strahlt ein Teil des ventralen Nervenastes in die Innenfläche des Bulbus ein, ein anderer, der Nerv des Jacob- sonschen Organs, in die Area vomeronasalis. Diese beginnt am hinteren Ende des Bulbus, und zwar an der mediodorsalen Ecke desselben, schiebt sich, einen grossen Abschnitt der 14 E. ZUCKERKANDL, medialen Tractusfläche einnehmend, nach hinten und erreicht eine Länge von fast 2 mm. Der Torus olfactorius ist entwickelt, die laterale Wand des Ventriculus im Bereich des Vorsprunges verdünnt. Der dorsale Olfactoriusast (n, d) fällt durch seine enorme Entfaltung auf. Dieselbe ist offenbar auf die Vergrösserung der Riechschleimhaut (grosse Ausdehnung des eine mächtige laterale Nasendrüse enthaltenden Muschelwulstes, Pseudo- conchanach Mihalkowics!)) zu beziehen (m). Die besondere Stärke des dorsalen Nerven macht sich auch am Bulbus olfac- torius bemerkbar, denn abgesehen davon, dass die Olfactorius- schicht sich weiter als sonst an der lateralen Fläche des Riechlappens ausdehnt, greift sie auch auf die dorsale Fläche des Bulbus über. Varanus nıilotieusr (Tan. 1, ,Rıg23).7 Der Bulbus olfactorius ist kurz und ringsum mit Glomerulosa versehen. Am Riechstiel ist die mediale Wand der Höhle dick, die laterale sehr dünn; die letztere verjüngt sich sofort hinter dem Bulbus zu einer zarten, die laterale Riechstrahlung leitenden Platte (]). Die mediale Wand des Tractus olfactorius zeichnet sich durch besondere Dicke aus. Die derselben angehörende Area vomeronasalis (a) ist lang, dreimal so lang wie der Riechkolben. Ihr entsprechend springt die mediale Traetuswand mit kon- vexer Fläche gegen den Ventrieulus olfactorius als Torus olfactorius (t, 0) vor und buchtet die äussere Wand der Höhle lateralwärts aus. Die Glomerulosa der Area vomeronasalis ist von jener des Bulbus olfactorius getrennt. Uromastix acanthinurus. Der Bulbus olfactorius ist ringsum von Glomerulosa umschlossen. !) ]. c.; siehe auch B. Solger. Beiträge zur Kenntnis der Nasenwandung der Reptilien. Morph. Jahrb. Bd. 1. 1876. Üb. d. Wechselbeziehung i. d. Ausbildung d. Jacobsonschen Organs etc. 15 Deı Torus olfactorius springt stark gegen den Ventriculus olfactorius vor, wölbt selbst die laterale Wand dieser Höhle lateralwärts aus und trägt eine grosse Area vomeronasalis. Die laterale Wand des Ventriculus olfactorius ist dünn und leitet die laterale Riechstrahlung gegen das Gehirn. Lacerta agilis. Das Jacobsonsche Organ ist stark entwickelt. Der mächtige ventrale Olfactoriusast entsendet einen Zweig zur Nasenschleimhaut. Am Bulbus olfactorius strahlen lateral gelegene Bündel des Astes in die Spitze und in die ventrale Partie der Glomerulosa ein und zwar in der Weise, dass Fasern sowohl die mediale als auch die laterale Fläche des Bulbus erreichen. Der Rest des Astes, der einen dicken Strang bildet, begibt sich zur Area vomeronasalis. Diese beginnt hinter der Glomerulosa des Bulbus, an der mediodorsalen Ecke des Tractus olfactorius und erstreckt sich fast auf die ganze Länge desselben. Entsprechend der Area vomeronasalis ist die mediale Wand des Ventriculus olfactorius zu einem mächtigen Torus entwickelt. Die äussere Wand der Riechstielhöhle ist sehr dünn und enthält die laterale Riechstrahlung. Der dorsale Ast des Olfactorius verhält sich genau so wie bei Scincus, da auch bei Lacerta der Muschelwulst eine grosse Ausdehnung besitzt. Desgleichen wiederholt sich das Übergreifen der lateralen Glomerulosa auf die dorsale Fläche des Bulbus olfactorius. Für den Eintritt der Olfactoriusbündel in die Schädel- höhle enthält die knorpelige Nasenkapsel eine grosse Lücke. Anguis fragilis (Embryo Taf. 1 u. 2, Figg. 4, 5 u. 6). Das Jacobsonsche Organ und der N. vomeronasalis sind stark entwickelt (Fig. 6). Der ventrale Olfactoriusast setzt sich aus dem Stamm des Jacobsonschen Organs (n, v, n) und einem Nasenast (z) zusammen. Der erstere schiebt sich zwischen die Riechkolben 16 E. ZUCKERKANDL, ein und seine Hauptmasse strahlt in die buckelartige vor- springende Area vomeronasalis ein. Der schwächere dorsale Olfactoriusast begibt sich vor- wiegend zur ventrolateralen Fläche des Bulbus olfactorius. Beim ausgewachsenen Tier sind zunächst die Formver- hältnisse anders. Der Querschnitt des embryonalen Tractus olfactorius ist oval, der beim alten Tier dreieckig mit abge- rundeten Ecken. Ferner ist die laterale Tractuswand des Embryo nicht viel schwächer als die mediale, während im ausgebildeten Zustand die laterale Wand, welche offenbar nur die laterale Riechstrahlung leitet, ungleich schwächer ist als die mediale. Die dicke, mediale Wand des Tractus olfactorius trägt die Area vomeronasalis, welche eine Länge von 1,26 mm besitzt. Der Bulbus olfactorius ist ın grösserer Ausdehnung rings- um von Zona glomerulosa umgeben. Weiter hinten hört sie an der dorsolateralen Fläche auf, dann entfällt sie auch an der ventralen Fläche. Glomerulosa findet sich nur mehr an der Innenseite des Riechkolbens und diese Schicht setzt sich direkt in die Area vomeronasalis fort. Ophisaurus apus. Der Bulbus olfactorius ist lang, ringsum mit Glomerulosa versehen und gegen den Torus olfactorius durch eine Furche begrenzt. Dieser ist so stark entwickelt, dass er die dünne, laterale Wand des Ventriculus olfactorius lateralwärts vortreibt. Die Area vomeronasalis ist an der Stelle ihrer stärksten Ausbildung fast so lang wie der Riechstiel. Chamäleon. Die älteste Angabe über das Jacobson- sche Organ des Chamäleons dürfte wohl von H. Stanniust) herrühren, der unter den Reptilien, die Jacobsonsche Organe !) Handbuch der Zootomie. 2. T. 1856. Üb. d. Wechselbeziehung i. d. Ausbildung d. Jacobsonschen Organs etc. 17 besitzen, auch das Chamäleon aufzählt. Ausführlicher ist die Beschreibung B. Solgerst). Dieselbe lautet: „Man erkennt eine stichförmige Vertiefung, die nach rückwärts in eine wenig markierte Rinne übergeht, welche in die Choanenöffnung sich verliert. Die Übereinstimmung dieser äusserlich sichtbaren Verhältnisse mit Leydigs genauer Beschreibung von Lacerta und Anguis ist eine vollkommene; dagegen bin ich nicht im- stande, Bilder von Organen selbst zu bekommen, wie sie Leydig von Sauriern und Schlangen gezeichnet oder be- schrieben hat und wie ich aus eigener Anschauung von Pseudo- pus, Python und Crotalus kenne. Das Organ des Chamäleon bietel entschieden nicht den Grad der Ausbildung dar, wie er bei den genannten Reptilien vor die Augen tritt“. G.Born?) gibt eine nicht ganz klare Schilderung von der Topographie des Jacobsonschen Organs und hat es auf Taf. VII, Fig. 19 (Ch. vulgaris) auch abgebildet. Nach seiner Beschrei- bung umgeben bei Chamaeleo vulgaris zwei durch eine Basal- platte verbundene Knorpelschalen die vorderen Enden der Vor- höhlen. Das Knorpelblatt, welches am Boden gegen das Septum verläuft, dient zugleich als Decke des Jacobsonschen Organs. Bei Chamaeleo dilepis ist die Platte, welche die Knorpel- schalen der Vorhöhlen miteinander verbindet, „nicht wie beı Ch. vulgaris breit an diese angewachsen, sondern erscheint nur durch eine dünne Spange... mit ihr verbunden, das gleiche Verhältnis bleibt auch weiter hinten bestehen, und so bildet sich zwischen dem Septum und der Knorpelschale der Vorhöhle eine nach unten offene, sonst knorplig geschlossene Rinne, welche nach hinten zu immer tiefer wird. Sie ist zuerst nur mit gefässhaltigem Bindegewebe ausgefüllt, dann steigt in ‘) Beiträge zur Kenntnis der Nasenwandung ... .. der Reptilien. Morph. Jahrb. Bd. 1. 1876. ?) Die Nasenhöhlen und der Tränennasengang der amnioten Wirbeltiere. Morphol. Jahrb. Bd. 5. pag. 122 und 123. Anatomische Hefte. I. Abteilung. 123/124. Heft (41. Bd. H. 1/2). 2 18 E. ZUCKERKANDL, sie die Höhle des rudimentären Jacobsonschen Organs auf, ohne sie aber ganz einzunehmen und hinter diesem füllt sie wieder nur Bindegewebe; von unten schiebt sich der Vomer .... vor dem Eingang in dieselbe. Die Rinne wird nach hinten immer höher und breiter, endlich erscheint in ihr das vordere Ende der bei Chamaeleo dilepis nur neben der Vorhöhle.... nach vorn ausgebuchteten eigentlichen Nasenhöhle, das also hier in derselben Rinne gelegen ist, in der sich weiter nach vorn das Jacobsonsche Organ findet“. Auch in der Schrift von €. H. Busch über die Gaumen- bildung bei den Reptilien t) findet sich eine Angabe über das Jacobsonsche Organ des Chamäleons; die betreifende Stelle lautet: „Von den sehr engen und verhältnismässig kurzen Nasengaumenspalten ist das vordere Ende als Ausmündungs- stelle des rudimentären Jacobsonschen Organs schleifen- artig umgebogen“; da aus der Schrift nicht zu ersehen ist, ob Busch auf Grundlage eigener mikroskopischer Unter- suchungen zu diesem Ergebnis gelangt ist, oder unter dem Einfluss von Born die Angabe machte, so kann ihr keine Bedeutung zugesprochen werden. — Ich habe Chamaeleo dilepis Leach untersucht und folgendes beobachtet. Am Mundhöhlendach findet sich eine 1,25 mm lange Rinne (Fiss. palatina lateralis nach Mihal- kowıes?), absteigender Schenkel des Choanenganges samt der Choanenrinne nach A. Becker?), absteigender Schenkel des Choanenganges samt Winkeltasche nach v. Hofmant). Ihr vorderer flacher Abschnitt mündet direkt in die Mundhöhle, ihr caudaler Anteil in eine mit respiratorischem Epithel aus- gekleidete Aushöhlung am Mundhöhlendach, welche weiter !) Beiträge zur Kenntnis der Gaumenbildung bei den Reptilien. Zoo]. Jahrb. Abt. f. Anat. u. Ontogenie. Bd. 11. 1898. ale,c: ®) Vergl. Stilistik d. Nasenregion etc. Morph. Jahrb. Bd. 31. 1903. *) Das Munddach der Saurier. Morph. Jahrb. Bd. 33. 1905. .. Üb. d. Wechselbeziehung i. d. Ausbildung d. Jacobsonschen Organs etc. 19 hinten auch in die Nasenhöhle führt. Diese Aushöhlung bildet die Verlängerung einer an der-medialen Seite der Fissura palatina gelegenen Rinne. Von vorne nach hinten verfolgt zeigen die Schnitte nachstehendes Verhalten. 820 u hinter dem vorderen Ende der Gaumenrinne erweitert sich eine an der Innenseite der Fissura palatina gelegene, mit geschichtetem Pflasterepithel bedeckte Furche des Mundhöhlendaches (Text- figur 2. B. r), nachdem sie eine Länge von 120 u erreicht hat, in der Richtung gegen den Rachen rasch zu einer kuppelför- migen Bucht (Textfig. 2. D—F. b). Die Länge derselben bis zur Choane beträgt 380 u und. sie nimmt, wie schon bemerkt, die Gaumenrinne auf und verbindet sich mit der Nasen- höhle. Die Bucht setzt sich hinter dem vorderen Ende der Choane noch eine Strecke weit kaudalwärts fort. Der Schleimhautüberzug der Kavität ist glatt; ihre Drüsen unter- scheiden sich sowohl von den Glandulae palatinae als auch von den Bowman schen Nasendrüsen, stimmen aber mit jenen der respiratorischen Nasenschleimhaut überein. Das Ober- flächenepithel befindet sich in einem schlechten Zustand und es lässt sich nur erkennen, dass hohes Zylinderepithel vor- hander ist. Auch aus diesem Befund ist zu entnehmen, dass die Nasenschleimhaut sich bis zum Mundhöhlendach fortsetzt und hier in eine von der eigentlichen Gaumenrinne unabhängige mit geschichtetem Pflasterepithel versehene Furche übergeht. An der lateralen Seite der Fissura palatina tritt auch eine Rinne auf (Textfig. 2. A. ]), die sich aber nicht zu einer Bucht erweitert, sondern sich nur einigermassen vertieft. Sie beginnt 220 u hinter dem vorderen Ende der genannten Fissur, ist anfänglich mit geschichtetem Pflasterepithel bekleidet und schiebt sich zwischen die Gaumenrinne und den Gaumenfort- satz ein. Die Länge dieser bald mit flimmerndem Zylinder- epithel versehenen Rinne beträgt 820 u; sie setzt sich hinter 9*+ Textfigur 2. (A bis F.) Chamaeleo dilepis Leach. Frontalschnitte durch die Nasenhöhle (n). r Rinne des Mundhöhlendaches an der medialen Seite der Gaumenfurche. b Bucht in der Verlängerung von r. | Rinne lateralwärts von der Fissura palati lateralis (£.1) g. f Gaumenfortsatz. v. p Vomerpolster. Knorpeliges und knöchernes Skelet schraffiert. Epithel schwarze Linie. Üb. d. Wechselbeziehung i. d. Ausbildung d. Jacobsonschen Organs etc. 21 dem vorderen Ende der Choane noch in der Länge von 1,2 mm fort. Ich habe die Rinnen am Mundhöhlendach des Chamäleons ausführlich beschrieben, um den Vergleich meines Falles mit jenen der anderen Autoren zu ermöglichen. Der Angabe von Stannıus über das Vorhandensein eines Jacobsonschen Organs beim Chamäleon möchte ich keine Bedeutung beimessen, da nicht zu ersehen ist, auf welche Weise dieser Forscher zu Textfigur 2. (E und F.) derselben gelangt ist. Die Ergebnisse makroskopischer Unter- suchungen könnten z. B. in bezug auf die Frage, ob das Chamä- leon ein Jacobsonsches Organ besitzt, nicht in Betracht kommen. An dem von mir studierten Objekt fehlt das Jacobson- sche Organ, d. h. man findet keine Ausbuchtung am vorderen Ende der Gaumenrinne, deren Lage und Bau es zuliessen, an ein Jacobsonsches Organ zu denken. Das vordere Ende der Gaumenrinne an und für sich darf noch nicht als Rudiment dieses Organs ausgegeben werden. Das von G. Born als solches bezeichnete Gebilde könnte nur als ein Anteil der Gaumenrinne angesprochen werden. 22 E. ZUCKERKANDL, Dasselbe kann schon aus dem Grunde nicht das Jacobson- sche Organ sein, da es ausserhalb der knorpeligen Nasen- kapsel liegt. Ob bei Embryonen von Chamäleon die Anlage des Organs vorhanden ist oder nicht, müsste erst noch lest- gestelli werden. Übergehend zur Beschreibung des Lobus olfactorius sei bemerkt, dass das Geruchsorgan des Chamäleons nur mangel- haft entwickelt ist; dies gelangt vor allem durch die Klein- heit des Riechkolbens zum Ausdruck. L. Edinger!) bemerkt, dass dieses Tier einen minimalen Riechlappen besitze, während das Mittelhirndach, in welchem die Sehnerven enden, sehr gross sei, da das Chamäleon die Beute wesentlich mit den Augen sucht. Der ventrale und der dorsale Riechnerv verbinden sich zu einem N. olfactorius communis, der die Länge von 5,56 mm erreicht, ehe er in den Bulbus olfactorius einstrahlt. An dem auffallend kleinen Bulbus olfactorıius findet sich eine Zona glomerulosa nur an der Spitze und der dorsalen Fläche; ihre Länge beträgt bloss 420 u. Umi die geringe Grösse des Riechkolbens beim Chamäleon zu zeigen, habe ich auf Text- figur 5 Querschnitte desselben vom Gecko und Chamäleon bei gleicher Vergrösserung abgebildet und ineinander ge- zeichnet. Die Area vomeronasalis des Tractus olfactorius ist nicht ausgebildet; es handelt sich offenbar um eine totale Rückbildung des Jacobsonschen Organs und der Area vomeronasalis. Die Zusammenfassung ergibt: 1. Alle Saurier, das Chamäleon ausgenommen, besitzen ein Jacobsonsches Organ. Der Nerv dieses Organs begibt sich zur Area vomeronasalis; ob dies für alle Bündel des- !) Über Tierpsychologie. Zwei Vorträge von L. Edinger und Ed. Cla- parede. Leipzig 1909. Üb. d. Wechselbeziehung i. d. Ausbildung d. Jacobsonschen Organs etc. 23 selben zutrifft, bleibt noch zu entscheiden übrig; dass ihre Mehrheit die bezeichnete Stelle aufsucht, unterliegt keinem Zweifel. Der Befund beim Chamäleon spricht für die Wechsel- beziehung zwischen dem Entwickelungsgrad des Jacobson- schen Organs und jenem der Area vomeronasalis. Dieselbe manifestiert sich bei Vorhandensein des Jacobsonschen Organs nicht so sehr durch Massenzunahme des Bulbus olfac- torius als vielmehr durch das Auftreten von Formatio bulbaris hinter dem Bulbus an der medialen Fläche des Tractus olfac- torius (Area vomeronasalis). Die Sinnesnerven des Jacob- sonschen Organs finden keinen Platz an dem vom Nasen- (2) Textfigur 3. Querschnitte des Bulbus olfactorius vom Gecko (g) und Chamäleon (schraffiert) ineinander gezeichnet. Die Vergrösserung ist bei beiden die gleiche. olfactorius in Beschlag gelegten Bulbus olfactorius; sie greifen auf den Riechstiel über, lokalisieren sich hier mit ihren eentral- wärts gewendeten primären Verbindungen zur Area vomero- nasalis und provozieren das Vortreten des Torus olfactorius (Verdickung der Molekularschicht), der die Ganglienzellen ent- hält, dıe in den Glomerulis mit den Endbäumchen der Olfac- torıusfasern in Verbindung stehen. Dass entsprechend der Ein- strahlung so vieler Nerven in die Area vomeronasalis auch die (ranglienschicht der Region an Stärke zunimmt, ist nur begreif- lich. Die Area vomeronasalis erweist sich als abhängig von der Ausbildung des gleichnamigen Nerven und man ist dem- nach imstande, aus der Beschaffenheit des Jacobsonschen Organs auf die Form des Riechlappens Schlüsse zu ziehen 24 E. ZUCKERKANDL, und umgekehrt. Auch der Entwickelungsgrad des dorsalen Olfactoriusastes lässt sich aus der Betrachtung des Riech- lappens erschliessen. Besondere Dicke der Formatio bulbarıs an der dorsalen Fläche des Bulbus olfactorius deutet auf Stärke des erwähnten Nerven hin. Ophidier. Untersucht wurden: Boa constrictor, Coluber Aesculapii, - Vipera ammodytes, Vipera berus, Typhlops vermicularıs und Tropidonotus natrix; von den beiden letzteren die Nasen- höhle und die Riechlappen, von den anderen nur der Lobus olfactorius. Boa constrictor. Die laterale Platte des Bulbus ol- factorius reicht weiter nach hinten als die mediale. Die Area vomeronasalis erstreckt sich basal vom hinteren Rand des Bulbus olfactorius bis an das Hirnende des Tractus olfactorius. Die mediale. Wand der Riechstielhöhle ist auf- fallend dick und zu einem stark vorspringenden Torus olfac- torıus entwickelt. Die laterale Wand des Ventriculus olfactorius ist dünn und enthält die seitliche Riechstrahlung. Coluber Aesculapii (Taf. 2, Fig. 7). Der Riech- kolben ist von der Spitze an auf 60 Schnitten ringsum mit Zona glomerulosa versehen. Hierauf folgt an der Innenseite des Bulbus ein kurzes Stück ohne Glomerulosa, und diesem schliesst sich eine lange Area vomeronasalis an. Auf dieselbe entfallen 111 Schnitte der Serie und von diesen 29 auf den Bulbus, 82 auf den Tractus olfactorius. Der Riechstiel ist an der Stelle, wo der mächtige N. vomero- nasalis einstrahlt förmlich ausgehöhlt, um die grosse Masse von Fasern aufnehmen zu können. Der Torus olfactorius springt stark vor, die laterale Wand des Ventriculus olfactorius ist hinter dem Bulbus verdünnt. Viperaammodytes (Taf. 2, Fig. 8). Der Riechlappen ung 183/14 Heß Bd HR Anatom.Hete TAhteilung 123 124 Heft Br Kgl. Universitätsdruckerel H,Stürtz A.G. Würzburg. Verlag von JF.Bargmann, Wiesbaden, x I ” T I ” * F h e > R 3 fl f w ' l j 5 ’ F 7 3 ı IE x - a [2 Bi . » "Te. % » T . w Tr ie a - “ U } f 1 7 . nA u ®. Zu pP t f, & ’ i e A en } = “., 4 En fe 5 = 0 Fu u n Rt N . j ”% a u, . 2 fi <= » 2 5 “ D Bi ’ a D u Ri f h B; af - D - L \ = j i ’ b . a Ber . Dur I ° ie EZ br % I 1: Su 6 2 N I ö I = iz i L j ur & Ins { ıL. . was 5 f In) N SATT. j Bu | L TEIL 2 “ u \ Gi i u . 5 2 \ Mu Te Üb. d. Wechselbeziehung i. d. Ausbildung d. Jacobsonschen Organs ete. 25 verhält sich ganz ähnlich wie bei den anderen Schlangen. Die Area vomeronasalis (a. v. n.) erstreckt sich vom Bulbus bis an das hintere Ende des Tractus olfactorius, der Torus olfactorius (t. 0.) wölbt die dünne, laterale Wand des Ventri- culus olfactorius vor. Vipera berus. Der Riechlappen stimmt im Bau und den Details des Riechlappens mit dem vom Vipera ammodytes überein. Tropıdenotus-natrıx (Taf. 2, Fig. 9). Das Jacob- sonsche Organ und der N. vomeronasalis sind stark ent- wickelt. Die Bündel dieses Nerven durchbohren einerseits die obere Kapselwand des Jacobsonschen Organs und vereinigen sich andererseits zu einer in die Area vomero- nasalis einstrahlenden Nervenplatte. Die Area ist fast so lang wie der Riechstiel, der Torus olfactorius gut entwickelt und die demselben gegenüberliegende laterale Wand des Ventri- culus olfactorius dünn. Typhlops-vwermueularıs (lat. 5, Nig. 10-und Text fig. 4). Der. vorderste Anteil der Nasenhöhle ist dadurch be- merkenswert, dass zwischen dem Vestibulum und Cavum nasi ein Mittelraum eingeschoben ist, der sich gegen die beiden anderen Cavitäten durch Falten absetzt (Textfig. A. m). Die Wand des Mittelraumes ist dünn, zumal sie nur zwei Lagen platter Epithelien trägt. In den Dachteil dieses Raumes, und zwar nahe seiner hinteren Wand mündet der Ausführungsgang der lateralen Nasendrüse (B u. C., oberer Teil von m.). Die Nasenhöhle bietet eine einfache Form dar; von ihrer lateralen Wand springt ein Muschelwulst gegen das Lumen vor, welcher sich weiter hinten in der Richtung gegen den Bogen verschiebt (D. w.). Die Muschel wird durch eine Einfaltung der knorpeligen Nasenkapsel erzeugt und enthält im Inneren Drüsenalveolen, welche mit der lateralen Nasendrüse zusammenhängen. E. ZUCKERKANDL, E | Textfigur 4 (A bis H). Typhlops vermicularis. Frontalschnitte durch die Nasenhöhle und das Jacob- sonsche Organ. A. Vestibulum (v), Mittelraum (m) und Nasenhöhle (n). B. Durch Mittelraum (m) und Nasenhöhle (n). Das obere Divertikel enthält den Gang der lateralen Drüsen. C. Entsprechend dem Ausführungsgang der lateralen Drüse und dem hinteren Ende des Mittelraumes (m). D. Im Bereich des muschelartigen Vorsprunges der Seitenwand (w). E. Durch das Jacobsonsche Organ (j. 0) und seinen Ausführungsgang (g). F. Durch das hintere Ende des Jacobsonschen Organs (j. 0). Üb. d. Wechselbeziehung i. d. Ausbildung d. Jacobsonschen Organs ete. 27 Textfigur 4 (G und H). G. Entsprechend der Mündung der Nasenhöhlen (n) in den Rachen (r). H. Durch den Rachen und Kehlkopf. Riechepithel schwarz. Respiratorisches Epithel aus- gespart. Die Ringe entsprechen Drüsen. Skelet schraffiert. Gebogene Linie zwischen Riechepithel und Skelet ist ein Teil der knorpeligen Nasenkapsel. a Augapfel. dr laterale Nasendrüse. o. dr Orbitaldrüse. b. o Bulbus olfactorius. d.1 Tränengang, bezw. Mündung desselben in den Ausführungsgang des Jacob- sonschen Organs. g‘ Rinne in der Fortsetzung des Jacobsonschen Ausfüh- runsgsganges. Kn Septaler Knorpel. w Muschelwulst. Von den vier Ringen unterhalb des Riechlappens auf G sind die mittleren Olfactoriusäste die äusseren Zweige des Trigeminus. 28 E. ZUCKERKANDL, Der grössere Abschnitt der Nasenschleimhaut ist mit Riech- epithel versehen, welches eine kontinuierliche Lage bildet. Respiratorisches Epithel findet sich am hintersten Ende sowie im ventralen Teil der Nasenhöhle; an letzterer Stelle in Form eines niedrigen flimmernden Zylinderepithels. Hier sind auch kleine, einfache Schleimdrüsen untergebracht. Bowman sche Drüsen treten, wie auch sonst, typisch im Bereich des senso- riellen Epithels auf, doch nur in geringer Anzahl. Das Jacobsonsche Organ ist mächtig entwickelt und mit einem pilzförmigen Wulst versehen. Es ist 450 u lang, während die Gesamtlänge der Nasenhöhle 1,625 mm beträgt. Sein Abstand von dem vorderen Ende der Nasenhöhle beträgt 850 u, der seiner hinteren Fläche von der Kommunikation mit dem Rachen 325 u. Das Jacobsonsche Organ liegt seitlich vom septalen Knorpel und erstreckt sich samt seiner Kapsel längs diesem Knorpel, demnach der ganzen Höhe der Nasenhöhle folgend bis an die Schädelbasis empor (Taf. 3, Fig. 10 u. Textfig. 4. E). Dadurch wird das Cavum nasale einerseits von der Schädel- basis und andererseits vom septalen Skelet seitlich abgedrängt. Der Ausführungsgang des Jacobsonschen Organs ist eng; sein anteroposteriorer Durchmesser beträgt zwischen 25 und 50 u. Der Gang setzt sich hinter seiner oralen Mündung in Form einer allmählich niedriger werdenden Rinne noch in der Länge von 225 u fort. Unmittelbar hinter der Mündung trägt das kraniale Ende der den Gang fortsetzenden Rinne ein lateralwärts gewendetes Divertikel (Textfigur 4. F. d). Das- selbe gehört zum Recessus lateralis der Jacobsonschen Höhlung, besitzt nur eine Tiefe von 75 u und gelangt mit dem Aufhören des pilzförmigen Wulstes auf die Rinne. Dieser auch sonst bei Schlangen und Eidechsen vorkommende Recessus lateralis stellt den ventrolateralen Anteil der Jacobsonschen Höhlung dar (Textfig. 4, E. r, I) und bildet bei Typhlops den Üb. d. Wechselbeziehung i. d. Ausbildung d. Jacobsonschen Organs ete. 29 am weitesten nach hinten reichenden Abschnitt der genannten Höhle. Die Wand des Divertikels ist dünn und trägt zwei Lagen von platten Epithelien. Der Tränengang geht direkt aus der mächtigen, den Aug- apfel grösstenteils einhüllenden Orbitaldrüse hervor und mündet, wie dies G. Born!) für die Natter angegeben hat, in den Ausführungsgang des Jacobsonschen Organs. Diese Implantationsform des Tränenganges ist nicht vom Anfang an gegeben, denn bei 6 mm langen Embryonen mündet derselbe, wie Born angibt, in die äussere Seite des Jacobsonschen Ausführungsganges. Später zieht sich die Einmündung um die hintere Seite des eben genannten Ausführungsganges an seine innere Seite. Bei der erwachsenen Natter löst sich der Ductus lacrimalis hinten und aussen vom Jacobsonschen Ausführungsgang und mündet nur noch von der medialen Seite in denselben ein. Wie ich aus der Schrift G. Borns ersehe, haben schon Cloquet und Duvernoy die Verbindung des Ductus lacri- malis mit der Rachenhöhle bei den Schlangen beschrieben und mit Rücksichtnahme darauf, dass die mächtigen Tränendrüsen nicht allein der Befeuchtung der Bindehauthöhle dienen könnten, angenommen, dass ihr Hauptzweck Secret zu liefern sei, welches zur Einspeichelung der Beute dienen soll. Für die Richtigkeit dieser Auffassung spricht nach der Ansicht Borns die Beobachtung Duvernoys, dass bei Typhlops, dessen Augen rudimentär sind, die Tränendrüsen riesig entwickelt sind. = Auch bei den Amphisbäniden mit rudimentärem, von der äusseren Haut bedecktem Sehorgan findet sich Ähnliches. Nach der Schilderung E. Fischers?) wird der Augapfel von !) Die Nasenhöhlen und der Tränennasengang der amnioten Wirbeltiere. III. Morph. Jahrb. Bd. 8. 1883. 2) Beiträge zur Kenntnis der Nasenhöhle und des Tränennasenganges der Amphisbäniden. Arch f. mikr. Anat. Bd. 55. 1900. 30 E. ZUCKERKANDL, einer mächtig entwickelten Harderschen Drüse ausgefüllt, deren Drüsenschläuche sich in einen kurzen Ausführungsgang sammeln, welcher in das orbitale Ende des Tränenkanals mündet. Vom Tränengang führt ein winziges Tränenröhrchen zum Bindehautsack. — Die centralen Apparate anlangend sei folgendes bemerkt: Der Ölfactorius ist in einen ventralen und dorsalen Ast geteilt; ersterer enthält den N. vomeronasalis, verläuft zwischen den beiden Bulbi aufwärts und begibt sich vorwiegend zur Area vomeronasalis; der letztere zieht zur ventralen Bulbusfläche. Von der Spitze des Bulbus gegen die Hemisphäre verfolgt, zeigt das Stratum glomerulosum nachstehendes Verhalten: Es nimmt die Spitze ein, breitet sich hierauf über den Kolben aus und lässt nur dessen dorsale Fläche frei; dann folgt eine Zona, wo die Glomerulosa den Bulbus allseitig umgibt; ganz hinten findet sich dieselbe nur an der dorsalen, bezw. der dorsomedialen Fläche des Riechlappens (Area vomeronasalis). Ob diese letztere von der Glomerulosa des Bulbus isoliert ist, ferner inwieweit sie dem Riechkolben und dem Riechstiel angehört, kann ich nicht angeben, da die Schnitte zu dick sind (25 u), um genaue Angaben über die fraglichen Punkte zuzu- lassen. - Der Riechlappen selbst zeigt eine Architektur, die von jener beiden anderen untersuchten Schlangen festgestellten wesentlich abweicht. Bei diesen ist die mediale Wand der Riechstielhöhle zu einem Torus olfactorius entwickelt, der die Area vomeronasalis trägt, im Gegensatz zur lateralen Wand der genannten Höhle, welche ausnehmend dünn ist, da sie nur zur Leitung der lateralen Riechstrahlung dient. Bei Typhlops ist im vorderen Teil des Riechlappens die laterale Wand des Ventriculus olfactorius dicker als die mediale und die Höhle bildet einen engen am Querschnitt rundlichen Kanal. Weiter hinten formiert die bezeichnete Cavität einen längeren, Üb. d. Wechselbeziehung i. d. Ausbildung d. Jacobsonschen Organs ete. 31 schräg von aussen oben nach innen unten abfallenden Spalt, der flach halbmondförmig gebogen ist und seine Konvexität ventralwärts richtet. Hierdurch zerfällt der Riechlappen auf der. entsprechenden Strecke in eine dickere kraniale und eine dünnere kaudale Hälfte, von welchen die erstere einen Torus olfactorius bilden dürfte. Das Objekt ist, wie schon gesagt, nicht geeignet, genauere Angaben über den Bau des Riech- lappens und die Abgrenzung seiner verschiedenen (Gebiete zu machen. — Zusammenfassung. Die Area vomeronasalis ist bei den meisten Schlangen mächtig entwickelt, — bei Tropidonotus fast so lang wie der Riechstiel selbst — und dementsprechend die mediale Wand der Riechstielhöhle zu einem Torus olfac- torius entfaltet; die Beschaffenheit desselben stimmt mit jener bei den Sauriern gefundenen überein. Es ist mir nicht bekannt, wie das Jacobsonsche Organ jener Schlangen, von welchen mir nur die Gehirne vorlagen, entwickelt ist. Aus der Beschaffenheit des Riechlappens darf aber mit grösster Bestimmtheit geschlossen werden, dass es eine gute Ausbildung besitzt. Beı Typhlops ist der Riechlappen insoferne anders geformt, als er nicht wie sonst eine ausnehmend dicke, mediale und eine sehr dünne laterale Wand führt, sondern eine mächtige dorsale und eine schwächere ventrale Wand. Der Riechlappen von Typhlops wird noch genauer zu studieren und hierbei der Riechstrahlung besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden sein. Chelonier. Über das Jacobsonsche Organ der Schildkröten liegt eine Monographie von OÖ. Seydell) vor, in welcher sich der ') Über die Nasenhöhle und das Jacobsonsche Organ der Land- und Sumpfschildkröten. Festschrift zum 70. Geburtstage von ©. Gegenbaur. Bd. 2. 1896. 32 E. ZUCKERKANDL, Autor für die Existenz eines solchen bei diesen Reptilien aus- spricht. Die Nasenhöhle zerfällt nach Seydels Angabe in eine kranial gelegene Pars olfactoria und in eine dieser kaudalwärts angeschlossene Pars respiratoria; beide sind gegeneinander durch Leisten begrenzt, und das Jacobsonsche Organ gehört dem letztgenannten Abschnitt an. Bei Testudo graeca findet man das Jacobsonsche Organ in einer Bucht an der medialen Wand. Die Abgliederung seines Epithels von dem Sinnes- epithel der Regio olfactoria soll auf die Weise erfolgen, dass zwischen beiden ein Streifen indifferenten Epithels auftritt. Der ventrale und laterale Teil der Pars respiratoria, der kein Sinnesepithel besitzt, soll dem lateralen, der mit Sinnesepithel versehene Abschnitt der Pars respiratoria dem medialen Recessus des Jacobsonschen Organs bei Siren entsprechen. Bei Emys europaea verhält sich die Pars respiratoria komplizierter als bei Testudo. Diese Bucht lässt vier mit Sinnesepithel ausgestattete Stellen unterscheiden, die sich gegen- einander, bezw. gegen die Pars olfactoria durch Erhebungen begrenzen, welche respiratorisches Epithel tragen. Es erstreckt sich demnach zum Unterschied von Testudo das Jacobson- sche Organ von Emys auf den Boden und die beiden Seiten- wände der Pars respiratoria. Seydel nimmt an, dass sich das Sinnesepithel bei den Emyden von der medialen Wand ausgehend über die anderen Wände der Pars respiratoria ausgebreitet habe. Für die Richtig- keit dieser Annahme soll die Innervation Zeugnis ablegen. Die Olfactoriusäste der Pars respiratoria ziehen nämlich an der medialen Wand abwärts und umgreifen zum Teil die Pars respiratoria, um sich auch in der lateralen Wand zu verzweigen. Dieses Verhalten scheint, wie Seydel meint, darauf hinzu- weisen, dass tatsächlich Sinnesepithel von einem Bezirk der medialen Wand sich über die vordere Wand und den Boden DE] ID Üb. d. Wechselbeziehung i. d. Ausbildung d. Jacobsonschen Organs etc. der Pars respiratoria hinweg auf die laterale Wand ausge- breitet hat. An Embryonen von Chrysemys picta beobachtete Seydel, dass das Sinnesepithel des Jacobson schen Organs ursprüng- lich auf die mediale Spaltwand beschränkt ist, während sich auf dem Boden noch indifferentes Epithel findet (Embryo IH). Von hier setzt sich dann das Sinnesepithel auf den Boden der Pars respiratoria fort (Embryo IV). Ähnliches lassen auch Em- bryonen von Emys lutraria erkennen. Seydel leitet die Pars respiratoria von Testudo von den Blindsäcken bei Siren ab. Diese enthalten demnach die Anlage für die gesammte Pars respiratoria der Nasenhöhle bei Testudo. Das Jacobsonsche Organ von Testudo entspräche dem medial gerichteten Blindsack bei Siren, der übrige Teil der Pars respiratoria dem lateralen Blindsack. Die Umformung erfolge dadurch, dass die Nasenhöhle der Schildkröten sich vor- wiegend im vertikalen Durchmesser vergrössert. Dabei ändert der Nebenraum die Topik zur Haupthöhle nicht, aber es weitet sich der enge Gang zwischen beiden stark aus und die Neben- höhle verliert die Form als Blindsack. v. Mihalkowics, der an Emys europaea Studien an- stellte, ist anderer Ansicht als O. Seydel und bezeichnet als Jacobsonsches Organ ein in der septalen Schleimhaut ver- laufendes Epithelrohr, dessen erweitertes kaudales Ende ımmer- hin in Rückbildung begriffenes Riechepithel enthalten soll. Auch Peter!) stimmt der Auffassung Seydels nicht zu; das bezeichnete Sinnesorgan lege sich bei Schildkröten spät an, und seine weitere Umgestaltung sei von dem Jacobson- schen Organ der Schlangen und Eidechsen so verschieden, dass er, bevor Übergangsstadien gefunden werden, noch zögere, diese Bezeichnung zu akzeptieren. Ye. Anatomische Hefte. I. Abteilung. 123/124. Heft (41. Bd. H. 1/2). 3 34 E. ZUCKERKANDL, Ich habe ein Exemplar von Emys europaea (Schild- länge 26 mm) untersucht und kann die von O. Seydel er- hobenen anatomischen Befunde bestätigen. Auch in bezug auf den von Mihalkowicsals Jacobsonschen Gang bezeichneten Kanal im Septum schliesse ich mich der Ansicht Seydelsan, nach welcher es sich um den Ausführungsgang der medialen Nasendrüse handelt. Gegen die Deutung von Mihalkowics möchte ich geltend machen, dass in meinem Fall der Gang kein Sinnesepithel enthielt, seine epitheliale Auskleidung viel- mehr mit dem Epithel der nachbarlichen Drüsenalveolen völlig übereinstimmte }). Der Riechnerv bietet nachstehendes Verhalten dar. Der dorsale Olfactoriusast nimmt in der grossen Lücke, durch welche die Olfactoriusäste jeder Seite in die Schädelhöhle ein- treten, einen Zweig vom ventralen Olfactoriusast auf. Hierauf verbinden sich die beiden Äste in der Schädelhöhle zu einem Olfactorius communis. Ferner scheint es, als ob weiter hinten die Olfactorii beider Hälften eine Strecke weit einen einheit- lichen Strang bildeten, es ist aber wahrscheinlich, dass sie nur sehr dicht aneinander liegen. Hinter dieser Stelle zerfällt jeder Olfactorius in einen stärkeren lateralen und einen schwächeren medialen Ast. Der erstere begibt sich zur Spitze sowie zur ventralen Fläche des Bulbus, deren ganze Breite einnehmend, und noch auf die beiden Seitenflächen übergreifend, so dass die Ausbreitung des lateralen Astes den kaudalen Teil des Bulbus becherartig umfasst. Der ventrale Ast begibt sich an die Innen- seite des Riechkolbens und endigt in der Glomerulosa, welche die obere Hälfte der medialen Fläche und die dorsale Fläche des Bulbus olfactorius bekleidet. Diese Area glomerulosa ist im Bereich, wo die hinteren Bündel des medialen Olfactorius- astes einstrahlen, dicker als die Glomerulosa der anderen Flächen !) Das indifferente Epithel der Pars respiratoria enthält gefässhaltige Papillen und Leisten; von der letzteren ist eine 960 «= lang. Üb. d. Wechselbeziehung i. d. Ausbildung d. Jacobsonschen Organs ete. 35 des Bulbus in der gleichen Zone; sie erstreckt sich auch über diese nach hinten hinaus. Es liegt eine deutlich markierte Endstelle am Riechkolben vor, die von der übrigen Glomerulosa nicht strenge separiert ist und vielleicht zur Aufnahme der Nerven der Pars respiratoria bestimmt ist. Der dorsale Ast des Riechnerven ist schwächer als der ventrale, da die äussere Nasenwand keine nennenswerten Vor- sprünge besitzt. Krokodilier. Die Angaben über das Jacobsonsche Organ bei den Krokodiliern lauten verschieden. Einige nehmen an, dass es überhaupt fehlt, andere wollen es bei Embryonen gefunden haben, z. B. C. Ph. Sluiter!), doch behauptet C. Röse2), dass diesfalls eine Verwechslung mit einer Eidechse vorliege. A. Meek?) deutet eine kleine Einbuchtung am untersten Teil der Nase bei 5%/,—7 mm langen Embryonen als Jacobson- sches Organ. C. Röse bestreitet die Richtigkeit dieser Angabe und hält eine Rinne am unteren Abschnitt der Nasenscheide- wand für das bezeichnete Organ; es soll stets im rudimentären Zustand verharren. K. Peter) stimmt dieser Erklärung nicht zu, findet aber auf Abbildungen in A. Voelzkows Mono- graphie®) die Anlage des Jacobsonschen Organes in typi- scher Lage und Form. Auch H. Fuchs®) beruft sich auf diese ') Das Jacobsonsche Organ von Crocodilus porosus. Anat. Anz. 1892. ?2) Über die rudimentären Jacobsonschen Organe der Krokodile und des Menschen. Ihbidem. Bd. 8. 1893. ») On the Occurence of a Jacobson Organ etc. in Crocodilus porosus Journ. of Anat. and Physiol. 1893. Zulec! °) Beiträge zur Entwickelungsgeschichte der Reptilien. Biologie und Entwickelungsform der äusseren Körperform von Crocodilus madagascariensis. Abhandl. herausg. v. d. Senkenbergischen naturf. Gesellsch. Bd. 26. 1. H. 1899. °) Untersuchungen über Ontogenie und Phylogenie d. Gaumenbildung etc. Zeitschr. f. Morph. u. Antbrop. Bd. 11. 1908. 3+ 36 E. ZUCKERKANDL, Abbildungen. Die vorliegenden Angaben und Abbildungen ge- nügen nicht, um mit voller Bestimmtheit sich in der einen oder anderen Richtung zu entscheiden und es erscheint not- wendig, wie bei den Cheloniern auch bei den Krokodilen spezielle Untersuchungen über die Entwickelung des Jacob- sonschen Organs anzustellen. Ich habe die Nasenhöhle und den Riechlappen eines jungen Alligator lucıus!) untersucht. Das Jacobsonsche Organ fehlt spurlos. Der Riechlappen (Taf. 3, Fig. 11) zeigt folgende Details: Der Bulbus olfactorius besteht von aussen nach innen unter- sucht aus nachstehenden Schichten: 1. Der Schicht der Olfac- toriusfasern. 2. Der Schicht der Glomeruli (gl). 3. Der Schicht der äusseren Körner. 4. Der äusseren Molekularschicht (m, a). 5. Der Schicht der Mitralzellen (g). 6. Der inneren Molekular- schicht (m, i). 7. der Schicht der inneren Körner (gr) und 8. der Ependymschicht. Verglichen mit der Schichtungsweise bei den Sauriern (Taf. 3, Fig. 12) besteht der Unterschied, dass die Mitralzellen sich zu einem distinkten Streifen zusammen- drängen, wie er bei keinem der untersuchten Saurier beobachtet wurde. Die Folge davon ist die scharfe Trennung der Molekular- schicht in eine äussere (4) und eine innere Platte (6). Ferner ist die Gliederung der inneren Körnerschicht in Faserbündel und Zellplatten beim Alligator ähnlich wie bei den Säugetieren durchgeführt, während bei den Sauriern, z. B. beim Gecko nur die äussere Lage der Schicht die bezeichnete Anordnung zeigt (siehe Taf. 3, Fig. 11); die innere breitere Lage der Körner bildet eine ungegliederte Masse. Der Bau des Bulbus olfactorius des Alligators repräsentiert demnach im Vergleich ') Über das Centralnervensystem des Alligators liegt eine ausführliche Schrift von Rabl-Rückhard vor (Zeitschr. f. wissensch. Zool. Bd. 30, 1878), doch enthält dieselbe keine für die von mir aufgeworfene Frage verwertbaren Angaben. Üb. d. Wechselbeziehung i. d. Ausbildung d. Jacobsonschen Organs ete. 37 mit den beiden anderen Reptilien eine höhere Entwickelungs- form. C. H. Herrick!) hat diese Schichtungsart gekannt; er beschreibt nämlich die zwei Molekularschichten mit dem sie trennenden Zellstreifen bei der Schildkröte und bemerkt, dass der Bau ähnlich wie beim Alligator sei. In der Schrift: Notes upon the brain of the Alligator. Journ. of the Cincinnati Soc. of Nat. Hıist. 1890, die ıch erst während der Korrektur einsehen konnte, ist dieser Zellstreifen des Alligatorgehirns abgebildet. Am Tractus olfactorius fehlen die Area vomeronasalis sowie der Torus olfactorıus, und die äussere Wand der Riıechstiel- höhle ist nicht schwächer als die innere. Es bleiben von den Schichten des Riechkolbens nur die 6.—8. Schicht übrig, von welchen die inneren Körner sich zu einer dicht gedrängten Zellenschicht assoziieren. Crocodilusniloticus (Junges Exemplar). Das Jacob- sonsche Organ fehlt spurlos. Die Verhältnisse des Bulbus und des Tractus olfactorius stimmen in allen Punkten (Schichtungsweise, Art und Zahl der Schichten, Fehlen des Torus olfactorius und der Area vomero- nasalis) mit jenen über den Alligator angegebenen überein. — Die Zusammenfassung ergibt: 1. Es fehlt bei den Krokodiliern das Jacobsonsche Organ samt seinem Nerven und der Area vomeronasalis. Ob es auch in der Anlage fehlt oder nicht, müsste noch festgestellt werden. 2. Der Lobus olfactorius unterscheidet sich durch das Fehlen der Area vomeronasalis so weit von dem der Saurier und Ophidier, dass die Unterscheidung beider Riechlappen von- einander mit grösster Leichtigkeit getroffen werden kann. ') Contribution to the comp. Morph. of the centr. nerv. Syst. The Journ. of comp. Neurol. Vol. 1. 1891. 33 E. ZUCKERKANDL, Dem Verhalten bei den Krokodiliern kommt bei der Beur- teilung der Wechselbeziehung zwischen dem Jacobson schen Organ und dem Riechlappen eine grössere Beweiskraft zu als dem beim Chamäleon, da bei diesem der Lobus olfactorıus im allgemeinen zurückgebildet ist, während derselbe bei den Krokodilen eine gute Entfaltung zeigt; man erkennt aus diesem Grund mit grösserer Schärfe den Einfluss, den der Ausfall des Jacobsonschen Organs auf die Entwickelung und die Architektur des Riechlappens ausübt. 3. Das Jacobsonsche Organ und der Riechlappen der Amphibien. Nach den Untersuchungen von R. Wiedersheim!), P. u. F. Sarasin?), OÖ. Seydel?) u. a. besitzen die Amphibien ein Jacobsonsches Organ in Form eines seitlichen Anhanges der Nasenhöhle ®). Derselbe bildet einen Teil der seitlichen Nasenrinne, welch letztere am Übergang des Bodens in die laterale Wand die Nasenhöhle ihrer ganzen Länge nach durch- setzt. Die laterale Nasenrinne, auch seitlicher Nasengang ge- nannt, lässt drei Abschnitte unterscheiden, einen vorderen, mittleren und hinteren Abschnitt, von welchen der erstere (vordere Rinne statt vorderer Anteil des seitlichen Nasenganges) und der letztere (hintere Rinne statt hinterer Anteil des seit- lichen Nasenganges) mit respiratorischen, der mittlere Anteil ') Tageblatt der 54. Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte in Salzburg. pag. 80. 1881. °) Ergebnisse naturwiss. Forschungen auf Ceylon. Bd. 2. H. 4. Wies- baden 1890. 3) Über die Nasenhöhle und das Jacobsonsche Organ der Amphibien. Morph. Jahrb. Bd. 23. 1895. *) Es fehlt bei Proteus und Menobranchus. Bei den Anuren besitzt das sogenannte Jacobsonsche Organ eine mit Sinnesepithel ausgekleidete mediale Ausstülpung. OÖ. Seydel identifiziert den ganzen Anhang, v. Mihalkowics (l. e.) und E. Gaupp (Anatomie des Frosches. 3. Abt. 1904) nur das mediale Divertikel mit dem Jacobsonschen Organ. Üb. d. Wechselbeziehung i. d. Ausbildung d. Jacobsonschen Organs ete. 39 (lateraler Anhang, unterer Blindsack nach Born u. a., seitliche Tasche, Jacobsonsches Organ) mit sensoriellem Epithel ver- sehen ist. Die vordere Rinne nimmt für gewöhnlich den Tränengang auf, der laterale Anhang sendet häufig an seinem vorderen Ende einen lateralwärts von der vorderen Rinne liegenden Blindsack aus, die hintere Rinne setzt sich bei manchen Amphibien oberhalb des Gaumenfortsatzes verlaufend am Dach der Mundhöhle noch eine Strecke weit fort. Der älteste Teil der seitlichen Nasenrinne soll nach einer Angabe O. Seydelst!) der laterale Anhang, der jüngste die vordere Rinne sein. Es stimmt dies mit meinen Befunden an Salamandra perspicillata (22 mm lange Larve) überein, die lehren, dass die Anlage des bezeichneten Anhanges schon deutlich ist, während die vordere Rinne noch fehlt. Der hinter der Apertura nasalis interna liegende Teil der seitlichen Nasenrinne, wie er bei den Urodelen (u. Anuren) sich findet, bildet sich nach O. Seydelin der Weise, dass die anfänglich auf die Nasenhöhle beschränkte Rinne durch die innere Nasenöffnung auf das Dach der Nasenhöhle übergreift. Die Lichtung dieses Abschnittes stellt einen Teil der Mund- höhle dar, der erst sekundär in engere Beziehung zur Nasen- höhle treten soll. Die Choane der Urodelen (u. der Anuren) ist nicht streng homolog der Apertura nasalis interna der Perenni- branchiaten und Derotremen. Nur der grössere mediale Teil der Urodelenchoane entspricht der inneren Nasenöffnung der niederen Amphibien. Der spaltförmige Teil ist eine Neubildung. Die Perennibranchiaten und Derotremen haben eine primitive Choane. Die Urodelen besitzen in der Larvenperiode gleich- falls primitive Choanen. Im erwachsenen Zustand werden dieselben durch die Gaumenfortsätze teilweise verdeckt (Seydel). Für diese Form wird von Seydel speziell die Bezeichnung Choane (oder sekundäre Choane) angewendet. ) Morph. Jahrb. Bd. 23. 40 E. ZUCKERKANDL, Die einzelnen Abschnitte der seitlichen Rinne bieten, wie schon bemerkt, in bezug auf die Verteilung des Sinnesepithels und die Kommunikation mit dem Tränennasengang Unter- schiede dar. Dieselben kontrastieren lebhaft mit den schema- tischen Darstellungen in der Literatur, wie dies schon aus den wenigen Beispielen, die ich anführe, hervorgeht. Bei Triton alpestris (junges Exemplar) findet sich eine häufig vorkommende Form, die OÖ. Seydel beschrieben hat. In die vordere Rinne mündet der Tränennasengang (Textfig. 5. B. d, ]). Der seitliche Anhang ist mit einem Blind- sacke versehen. An Frontalschnitten erscheinen lateralwärts von der vorderen Rinne Querschnitte eines mit Sinnesepithel ausgekleideten Säckchens, welches sich hinten direkt in den lateralen Anhang verlängert (Textfig.. 5. B—E). Die hintere Rinne setzt sich auf das Dach der Mundhöhle fort (G. h. r); sie wird basal vom Gaumenfortsatz begrenzt. In dem sonst als Vestibulum nasi bezeichneten Raum erstreckt sich das Sinnesepithel bis nahe an den Rand der äusseren Nasenöffnung. Die Jacobsonsche Drüse mündet in den Blindsack (Gardr). Ähnlichen Verhältnissen begegnet man bei Salamandrina perspicillata, nur fehlt, wie auch bei S. maculata am lateralen Anhang der Blindsack !). Das Riechepithel der Nasenschleimhaut enthält Capillaren. Dieselben zweigen von den subepithelial gelegenen Capillaren ab und ziehen, wie dies schon J. Blaue?) für Triton taeni- atus angibt, im Bindegewebe zwischen den Riechknospen gegen die Oberfläche des Epithels. Da wo die Seitenränder zweier nachbarlicher Knospen durch eine Brücke kubischen Epithels !) Siehe OÖ. Seydel, Morph. Jahrb. Bd. 23. ?) Untersuchungen über den Bau der Nasenschleimhaut .. . namentlich der Endknospen. Arch. f. mikrosk. Anat. 1889. Anatom.Helte IAeitung 123/124 Het 1 Ba H.1/% av Fig. 6. Verlag von J.F.Bergmann, Wiesbaden. Tafel. 2. Fig. T. tsdruckerei H, Stürtz A.G. Würzburg. itä Kal, Universi Üb. d. Wechselbeziehung i. d. Ausbildung d. Jacobsonschen Organs etc. 4] Sm ® KIBERTT Textfigur 5. Triton alpestris (junges Exemplar). Fron- talschnitte durch eine Nasenhöhle (n) und den lateralen Anhang. A—C. Mit der vorderen Rinne (r). Du.E. Mit dem lateralen Anhang (a). F. Entsprechend der Choane (ch). G. Hinter der Choane. Riechepithel schwarz. Dasselbe setzt sich noch auf die mediale Wand fort. Respiratorisches Epithel schraffiert, auch © das Epithel des Mundhöhlendaches. Bowmanschen Drüsen-Ringe. dr Jacobsonsche Drüse,. bl Blindsack des lateralen Anhanges. d. ]. Tränen- gang. 42 E. ZUCKERKANDL, miteinander verbunden sind, liegt die Capillare unmittelbar unter der Brücke. Die Wölbung, welche die letztere zeigt, scheint durch das Gefäss bedingt zu sein. Die zwischen den Knospen verlaufenden Capillaren sind vielfach durch horizon- tale Röhrchen miteinander verbunden, die der Schicht der sogenannten runden Kerne angehören. Ob diese Verbindungen auch in den Spalten zwischen den Knospen ihren Weg nehmen oder direkt die Elemente der genannten Schicht berühren, somit vascularisiertes Epithel vorliegt, müsste noch festgestellt werden !). Die Einrichtung erinnert an die Capillaren im Epithel des Jacobsonschen Organs bei Tropidonotus. Das be- schriebene Gefässnetz findet sich nur im Bereich der Knospen, da wo das Epithel, wie z. B. im seitlichen Nasengang, dünn ist, fehlen Capillaren ; hier genügt offenbar die Ernährung vom subepithelialen Netz aus, dort nicht. — Bei einem älteren Embryo von Hypogeophis alter- nans (Textfig. 6) findet sich im Anschluss an das äussere Nasenloch auf kurzer Strecke eine Rinne, und zwar da, wo das Riechepithel nicht bis an die laterale Wand reicht und die knorpelige Nasenkapsel mittels eines leistenartigen Vor- sprunges, von dem gleich die Rede sein wird, die Schleimhaut gegen das Lumen einfaltet. Die Nasenkapsel verliert in der Richtung gegen den Schlund bald ihre mediale, dem Septum anliegende Wand und die laterale Wand der Kapsel ist in der Fortsetzung der durch das äussere Nasenloch gegebenen Unter- brechung in einen Dach- und Bodenanteil getrennt. Der oben erwähnte Vorsprung rührt nun von dem caudalen Rand des Dachanteils her, der die Schleimhaut gegen die Lichtung vor- treibt. Hinter dieser Stelle reicht das sensorielle Epithel, die ganze Breite des Nasenbodens einnehmend, bis an die laterale !) Über vaseularisiertes Epithel siehe Maurer (Morphol. Jahrb. Bd. 25, 1898), F. Leydig (Arch. f. mikrosk. Anat. Bd. 52. 1898) und H. Joseph (ibidem Bd. 52). Üb. d. Wechselbeziehung i. d. Ausbildung d. Jacobsonschen Organs etc. 43 Wand heran, wodurch die Rinne mit ihrer ventralen Wand in den Riechbezirk einbezogen ist. Die Furche ist nicht mit der vorderen Rinne des seitlichen Nasenganges identisch, da sie nicht in das Jacobsonsche Organ hineinführt. Die dünne laterale Wand der Nasenschleimhaut wendet sich im Verlaufe gegen den Rachen allmählich nach oben und auch hier wird sie durch eine Knorpelleiste gegen das Lumen vorgetrieben. Dieselbe wird wie vorne vom caudalen Rand des Dachanteiles der Nasenkapsel, weiter hinten gemeinsam vom Rest desselben und dem cranialen Rand des Bodenanteiles, die miteinander verschmelzen, gebildet. Die Leiste verkleinert sich mehr und mehr, da nun auch das vom Bodenteil beigestellte Stück an Grösse abnimmt und erstreckt sich bis an das vordere Ende des Jacobsonschen Organs, ist aber in dieser Gegend schon so klein, dass sie die Schleimhaut nicht mehr einfaltet. Vor dem Jacobsonschen Organ wird die mediale und untere Wand der Nasenhöhle von Sinnesepithel eingenommen, die dünne laterale, bezw. craniale Wand trägt indifferentes, in zwei Schichten gelagertes Epithel; die oberflächliche besteht aus kubischen, die tiefe Schicht aus platten Zellen. An der Aussenseite der Wand sind Drüsen untergebracht. Aus der Nasenhöhle führt ein kurzer Gang nach unten zum Jacobsonschen Organ. Derselbe liegt viel näher dem hinterem als dem vorderen Ende der Nasenhöhle; sein Abstand vom äusseren Nasenloch verhält sich zu dem von der hinteren Mündung wie 86,9:13,1. Das Jacobsonsche Organ selbst liegt eine Stufe tiefer als die Nasenhöhle und mit dem grösseren Anteil lateral von dieser. Es ist an Stelle seiner besten Aus- bildung grösser als die Nasenhöhle in der gleichen Zone, und sein längerer Abschnitt findet sich vor der Kommunikation mit der Haupthöhle. Das vordere Ende des Organes ist zu einem Blindsack ausgestülpt, der seitlich von der Nasenhöhle liegt, da die vordere Rinne fehlt (Textfig. 6. A. bl.). Dorsal 44 E. ZUCKERKANDL, vom Blindsack zeigen sich einige Drüsenkörner, deren Aus- führungsgang die craniale Wand der Ausstülpung durchbohrt. An der dorsalen Wand des Jacobsonschen Organs ist ein an den Verbindungsgang grenzender Streifen mit indiffe- rentem Epithel versehen. A Ay> Textfigur 6 (A). Hypogeophis alternans (älterer Embryo). Frontalschnitte durch die Nasenhöhle (n) und das Jacobsonsche Organ (j. o). entsprechend dem Blind- sack (bl). (Abkürzungen auf Fig. A bis E: ch Choane. B. dr. Bowmansche Drüse. c. cr Schädelhöhle. dr Jacobsonsche Drüse. f Falten zwischen der Rinne und der Nasenhöhle. kn Knorpel. o Ventraler Olfactoriusast. Tr Zweig des Trigeminus. Riechepithel schwarz. Respiratorisches Epithel ausgespart. Skelet schraffiert. Der grössere seitliche Anteil des Jacobsonschen Organs schwindet bald in der Richtung nach hinten, der weit kleinere mediale verbleibt samt dem Verbindungsgang, der an Weite zugenommen hat, mit der Haupthöhle im Zusammenhang und bildet nun deren caudalen Abschnitt (Textfig. 6 C u. D. ]. 0.); dieser enthält bis nahe an die hintere Mündung der Nasenhöhle elwas Sinnesepithel. Üb. d. Wechselbeziehung i. d. Ausbildung d. Jacobsonschen Organs etc. 45 Textfigur 6 (B). Durch das Jacobson sche Organ. Textfisur 6 (0). Am hinteren Ende des Jacobsonschen Organs. 46 Textfigur 6 (D). An der Gaumenrinne (r). Textfigur 6 (E). An der Mündung der Nasenhöhle in diese Rinne. Üb. d. Wechselbeziehung i. d. Ausbildung”d. Jacobsonschen Organs ete. 47 Die Kommunikation der Nasenhöhle mit dem Cavum oris bietet nachstehendes Aussehen dar: Es tritt dicht hinter dem Jacobsonschen Organ am Dach der Mundhöhle eine tiefe Rinne auf, die sich so rasch verbreitert, dass sie bald den ganzen Raum zwischen der äusseren und inneren Nasenwand für sich in Anspruch nimmt. Die Rinne liegt an der lateralen Seite des ventralen Anteiles der Nasenhöhle, von dem eben gesagt wurde, dass er sich aus dem Verbindungsgang und dem medi- alen Stück des Jacobsonschen Organs zusammensetzt. In diese Rinne, welche geräumiger als die hintere Bucht der Nasenhöhle ist, mündet diese letztere ein. An der Mündung finden sich zwei Falten, eine mediale und eine laterale. Hinter der Nasenhöhle konfluieren die Falten zu einer unpaaren Leiste, welche in die Cavität vorragt. Beide setzen sich hierauf noch eine Strecke weit nach hinten fort, werden kleiner, bezw. flacher und hören endlich ganz auf. Der Tränengang fehlt. — Aus dieser Beschreibung geht hervor, dass eine hintere Rinne nicht ausgebildet ist. Nach den Abbildungen zu urteilen, welche R. Wieders- heim auf Taf. 4, Fig. 40 und Taf. 5, Fig. 541) von den Nasen- höhlen von Coecilia rostrata und Epricrium glutinosum ent- wirft, liegen die hinteren Abschnitte derselben wie bei Hypo- geophis alternans an der medialen Seite einer gegen das Mund- höhlendach geöffneten Rinne, die der Autor als Nebennasen- höhle (Jacobsonsches Organ) bezeichnet. Ich möchte, inso- weit das anatomische Verhalten bei Hypogeophis auf jenes bei Coecilia rostrata rückschliessen lässt, dieser Angabe nicht zustimmen. Amblystoma opacum (Textfig. 7). Die ventrale Wand der vorderen Rinne trägt eine im anteroposterioren Durchmesser etwa 1/, mm lange, aus Sinnesepithel aufgebaute Erhabenheit (A, e), die sich bis in den Bereich der äusseren ') Die Anatomie der Gymnophionen. 1879. 48 E. ZUCKERKANDL, Nasenöffnung nach vorne erstreckt. H. H. Bawden!), der über die Nasenhöhle von Amblystoma berichtet, scheint die Erhabenheit nicht gesehen zu haben, so dass die Frage, ob dieselbe konstant sei oder nicht, vorläufig offen bleibt. Auf die eben erwähnte Stelle folgt in der Richtung hirnwärts ein längeres Stück der vorderen Rinne, welches die Mündung Textfigur 7. Amblystoma opacum. Frontalschnitte durch die Nasenhöhle (n) und den lateralen Anhang (a). Die vordere Rinne enthält eine Epithelknospe (e). B. Mün- dung des Tränenganges (d. I) in die vordere Rinne. C. Blindsack des lateralen Anhanges (bl). D. Hinter Blindsack durch den lateralen Anhang. Riechepithel schwarz. Respiratorisches Epithel schraffiert. des Tränenganges aufnimmt und mit respiratorischem Epithel ausgekleidet ist (B). Der laterale Anhang (D, a) besitzt einen Blindsack (C, bl). Die hintere Rinne setzt sich auf das Dach der Mundhöhle fort. — Bei Pleurodeles Walthlii findet sich an der basalen Wand der vorderen Rinne eine Sinnesknospe, die an das Rıiech- ') The Nose and Jacobsons Organ etc. The Journ. of comparat. Neuro- logy. Vol. 4. 1894. Üb. d. Wechselbeziehung i. d. Ausbildung d. Jacobsonschen Organs ete. 49 epithel der Haupthöhle und des lateralen Anhanges anschliesst. Dieser besitzt keinen Blindsack, reicht bis ın die Nähe der Choane und setzt sich in die hintere Rinne fort. Spelerpes fuscus (Textüg. 8). Eine typische vordere Rinne fehlt, da das Sinnesepithel des seitlichen Nasenganges unmittelbar hinter der äusseren Nasenölfnung beginnt und sich direkt in jenes des seitlichen Anhanges fortsetzt. Dieser be- sitzt keinen Blindsack. Der Tränengang mündet nicht in die vordere Rinne, sondern 360 u vor der Choane in die hintere Rinne, bezw. noch in den lateralen Anhang (D). Der Abstand der Tränengangmündung von dem vorderen Ende des seitlichen Nasenganges und von der Choane verhält sich wie 86,1 zu 13,9. Entsprechend der bezeichneten Mündung ist die dorsale Wand der seitlichen Nasenrinne ihrer ganzen Breite nach mit respiratorischem Epithel bekleidet, während gegenüber, an der ventralen Wand der Rinne noch Sinnes- epithei untergebracht ist. Die hintere Rinne öffnet sich neben der Choane am Dach der Mundhöhle, da der Gaumenfortsatz, welcher den Boden der Rinne bildet, sich verschmälert (F). Weiter hinten kon- fluiert die hintere Rinne mit einer seitlich von ihr gelegenen Furche (E—G). Die Beschaffenheit der seitlichen Rinne an der Mündung des Tränenganges bei Spelerpes fuscus erinnert insofern an die bei Ichthyophis glutinosus, als nach P. u. F. Sarasin!) auch bei diesem Tier der Ductus lacrımalis in den mit Sinnes- epithel ausgekleideten Anteil des seitlichen Nasenganges mündet, doch besteht der Unterschied, dass der Gang sich nicht wie bei Sperlerpes fuscus von der dorsalen Wand der seitlichen Nasenrinne, sondern vom lateralen Ende derselben aus gegen die Höhle öffnet, ferner dass er sich alsbald in Dee: Anatomische Hefte. I. Abteilung. 123/124. Heft (41. Bd., H. 1/2). 4 50 E. ZUCKERKANDL, Textfigur 8. Spelerpes fuscus. Frontalschnitts durch die Nasenhöhle (n), den lateralen An- hang (a) und die hintere Rinne (h.r). A. Ausseres Nasenloch. B. Unmittel- bar hinter dem äusseren Nasenloch. Das vordere Ende des lateralen Anhanges (a) ist angeschnitten. C. Durch den lateralen Anhang (a). D. Hinteres Ende des lateralen Anhanges (h. r) mit der Mündnng des Tränenganges (d.]) E. Nasen- höhle (n), Choane (ch) und hintere Rinne (h.r). F. Die hintere Rinne (h. r) öffnet sich am Dach der Mundhöhle. G. Die hintere Rinne konfluiert mit der schon auf F sichtbaren Furche (f). Sinusepithel schwarz. Respiratorisches Epithel schraffiert, desgleichen das Epithel des Mundhöhlendaches. Üb. d. Wechselbeziehnng i. d. Ausbildung d. Jacobsonschen Organs etc. 51 zwei Tränenröhrchen teilt, die an der Oberlippe nach aussen geöffnet sind. Bei einem 22 mm langen Embryo von Spelerpes fuscus (Textlig. 9) mündet der Tränengang dicht am hinteren Ende des lateralen Anhanges, 20 u vor der Choane; der Abstand des Ductus lacrımalis vom vorderen Ende der seitlichen Nasen- rinne verhält sich zu dem von der Choane wie 96:4. An einem anderen Spelerpes,dernachWernersBe- stimmung einerbishernichtbekannten Species angehört, konnte Ähnliches beobachtet werden. Das Riech- epithel erstreckt sich bis nahe an den Rand der äusseren Nasenölfnung. Der laterale Anhang beginnt schon 125 u hinter der genannten Öffnung, und zwar zunächst an der ventralen Wand der seitlichen Rinne und entbehrt eines Blindsackes. Die Mündung des Ductus nasolacrimalis liegt weniger weit hinten als bei Spelerpes fuscus aber jedenfalls im Bereich des seitlichen Anhanges oder unmittelbar hinter demselben. — Der Abstand der Tränengangmündung vom vorderen Ende der seitlichen Nasenrinne und von der hinteren Mündung der Nasenhöhle verhält sich wie 67,1:32,9. In der Nachbarschaft der bezeichneten Mündung schwindet allmählich das Sinnes- epithel an der dorsalen Wand des lateralen Anhanges, so dass endlich diese letztere ihrer ganzen Breite nach respiratorisches ‘pithel trägt, während an der ventralen Wand und am blinden Ende des Anhanges das Sinnesepithel noch gut entwickelt ist. Dieses schwindet erst hinter dem Ostium ductus lacrimalis; hierauf folgt die hintere Rinne mit respiratorischem Epithel. Plethodon glutinosus (Textfig. 10). Das Riech- epithel erstreckt sich vorn, wie bei Spelerpes, bis nahe an den Rand des äusseren Nasenloches, so dass auch bei diesem Tier eigentlich keine typisch gebaute vordere Rinne vorhanden ist. Sechs Schnitte hinter der äusseren Nasen- öffnung beginn! der laterale Anhang, der sein hohes Epithel 4* E. ZUCKERKANDL, . c ın der ventralen Wand der Rinne am weitesten vorschiebt. 16 Schnitte hinter dem vorderen Ende des lateralen Anhanges "9[yoyuesny quo "zyesj1ojuoumex) 5 '3 ‘Oeayos Fojoyspodiouy "zıeayps fopyndy "uosnag ıp "Dueduesmig 3 -(u) ofgoquasen op uoqeu (1 'y) auuıy uersyury A9p Sunpunw “»uroyy ap zoguıyg 'qg 'suury adayury ap ur ([ 'p) Se3uwZuougaı], Soap Zunpunp) aueong ap ıugosqy Ilsıopaoy "y (1 'y) ouuıy oaayury aLp pun (u) ofqoyuasen Aap TIaT, WISTENuy uep yoınp oNuyospeguory 'Zuep ww Zg 'Snasnz sod.aojadg ‘6 ınSgyxaL macht sich ein seitlich gelegener Blindsack bemerkbar (B u. Üb. d. Wechselbeziehung i. d. Ausbildung d. Jacobsonschen Organs etc. 53 C. bl), der nach fünf Schnitten in den lateralen Anhang (a) mündet (D). Sonst liegt an der medialen Seite des Blindsackes ein Stück der vorderen Rinne, bei Plethodon glutinosus dagegen eine mit Riechepithel ausgekleidete Partie des seitlichen Nasen- ganges, es ist demnach klar, dass bei Plethodon ein vorderer Anteil dieser Rinne in gleicher Weise wie sein mittlerer Anteil in ein Sinnesorgan umgewandelt worden ist. Nach erfolgter „® Q A 5 X q a, GC Textfigur 10. Plethodon glutinosus. Frontalschnitte durch die Nasenhöhle (n) und den Jate- ralen Anhang (a). A. Vor dem Blindsack des lateralen Anhanges. B. Ent- sprechend dem vorderen Ende des Blindsackes (bl). C. An der Vereinigungs- platte des Blindsackes (bl) mit dem lateralen Anhang (a). D. Nach der Ver- einigung beider. Riechepithel schwarz. Respiratorisches Epithel schraffiert. d.1 'Tränengang. D Kinmündung des Blindsackes lässt der laterale Anhang auch eine schwach ausgebildete mediale Buchtung erkennen (D). Nach 10 Schnitten hört hierauf das Sinnesepithel auf, und es erscheint die hintere Rinne, die sich auf das Dach der Mund- höhle fortsetzt. Die Mündung des Ductus lacrimalis liegt hinter der Mitte der Nasenhöhle. Diese letztere erstreckt sieh auf 52 Schnitte 54 E. ZUCKERKANDL, der Serie und die Öffnung des Tränenganges fällt auf den 30. Schnitt. Die Länge des seitlichen Nasenganges verhält sich demnach zum Abstand der Mündung des genannten Ganges vom vorderen Ende der seitlichen Rinne wie 100:57,7. Die Mündung gehört bei Spelerpes fuscus dem seitlichen Anhang an und obgleich das Präparat sich nicht in gutem Erhaltungs- zustand befindet, glaube ich doch behaupten zu dürfen, dass auch noch auf der dorsalen Wand seitlich vom Tränengang Sinnesepithel vorhanden ist (D). R. Wiedersheimt) bildet einen Querschnitt durch die Nasenhöhle von Plethodon glutinosus ab. Die schematisch ge- haltene Abbildung betrifft einen Schnitt im Bereich der hinteren Rinne, wie aus der Breite des Muschelwulstes und dem Ver- halten der knorpeligen Nasenkapsel ersichtlich ist. Über die Mündung des Tränenganges findet sich keine Angabe. Ich hebe dies alles hervor, weil P. u. F. Sarasin?), welche diese Abbildung reproduzieren, die auf derselben sichtbare seitliche Ausstülpung für das Jacobsonsche Organ halten und in dieselbe den Ductus lacrimalis münden lassen. Es ist dies aber nicht möglich, denn der Teil des seitlichen Anhanges, in welchen der Tränengang mündet, liegt vor dem abgebil- deten Divertikel. — Wir sehen demnach, dass die Ausbreitungsweise des Sinnesepithels in der seitlichen Nasenrinne variiert; bei einigen der untersuchten Amphibien bleibt es auf den mittleren Teil der Rinne beschränkt, bei anderen greift es von hier so weit ventralwärts aus, dass es sich fast auf die ganze vordere Rinne ausdehnt, und auch hinten ist dıe Grenze des lateralen Anhanges nicht so scharf gezogen, wie allgemein angenommen wird. Da man als Jacobsonsches Organ jenen Teil der ') Vergl. Anat. d. Wirbeltiere. Swlagc: Üb. d. Wechselbeziehung i. d. Ausbildung d. Jacobsonschen Organs ete. 55 seitlichen Nasenrinne bezeichnet, der Riechepithel trägt, so er- gibt sich, dass dieses Organ sich bei einzelnen Amphibien verschieden weit nach vorne und hinten erstreckt. Hierdurch könnte die Mündungsstelle des Tränenganges selbst bei typischer Lage weit vorne in den Bereich des Jacobsonschen Organs fallen. Bei Spelerpes fuscus, Spelerpes species ignota und Plethodon glutinosus handelt es sich aber nicht um eine Varietät in der Ausbreitung des bezeichneten Epithels, sondern um eine Verlagerung des Ganges selbst. Aus den gegebenen Schilderungen geht, wie nebenbei bemerkt sei, hervor, dass die Angabe Seydels: es existiere für die Mündungsform des Tränenganges bei Ichthyophis weder bei den Amphibien, noch bei den höheren Wirbeltieren ein Analogon, nicht richtig ist. Die vordere Rinne gelangt auch zur Ausbildung, wenn der Tränengang wie bei Spelerpes fuscus weit hinten in den seitlichen Nasengang mündet, denn der vorderste Anteil des Jacobsonschen Organs bei Spelerpes ist doch offenbar nichts anderes als die mit Sinnesepithel ausgestattete vordere Rinne. Es sei dies hervorgehoben, denn andererseits scheint doch zwischen dem Kanal und der Rinne eine Beziehung zu bestehen. Seydel stellt es als möglich hin, dass die vordere Rinne der Mündung des Ductus lacrimalis ihre Entstehung verdanke, ‘da bei den Formen ohne Tränengang (Proteus, Siren), ferner bei Ichthyophis, dessen Tränengang sich in das Jacobson- sche Organ öffnet, die vordere Rinne fehlt. Ferner geht aus der Variabilität des Sinnesepithels in der seitlichen Nasenrinne hervor, dass die Unterteilung derselben in drei Abschnitte nicht allgemein durchführbar ist; es gibt Fälle, in welchen weder die Ausdehnungsweise des Sinnesepithels noch das Mündungs- verhalten des Tränenganges die bezeichnete Einteilung recht- fertigen würde. Die Angabe von Mihalkowics, dass die Entstehung der oberen Grenzfalle zwischen der Haupl- und Nebenhöhle und 56 E. ZUCKERKANDL, desgleichen die Differenzierung der Nasenhöhle in die eben genannten Räume dem über der erwähnten Falte an der Aussen- seite der knorpeligen Nasenkapsel gelegenen Tränenkanal zu- geschrieben werden könne, ist wohl mehr als hypothetisch. Der seitliche Nasengang enthält das Jacobsonsche Organ, dessen Entwickelung wohl nicht recht mit der des Tränenganges in eine Beziehung gebracht werden kann. Der Umstand, dass der Tränenkanal in den seitlichen Nasengang mündet, sollnach Burckhart!) und O.Seydel?) nicht dagegen sprechen, dass der mittlere Anteil des seitlichen Nasenganges dem Jacobsonschen Organ der Amnioten homo- log sei. Bei Siredon liege, wie Seydel schreibt, die Mün- dung des Ductus lacrimalis in ziemlicher Entfernung vom vorderen Ende des Jacobsonschen Organs, bei Urodelen an der Stelle, wo die seitliche Nasenrinne sich zum Jacob- sonschen Organ vertieft. Man brauche nur das gleiche Ver- halten für die Stammform von Ichthyophis anzunehmen, um zu verstehen, wie bei der Abschnürung der Rinne die Mündung des Tränenkanals in den Bereich des Blindsackes gezogen werde. Das Vorkommen sensoriellen Epithels ausserhalb der ge- wöhnlichen Grenzen des seitlichen Anhanges, wie z. B. das Auftreten einer aus Riechepithel aufgebauten Insel im Bereich der vorderen Rinne bei Amblystoma, dürfte wohl auf den der Grösse und Form nach wechselnden Differenzierungsprozess des embryonalen Riechepithels zurückzuführen sein. — Zum Nachweis der Homologie zwischen dem seitlichen Anhang der Amphibien und dem Jacobsonschen Organ der Amnioten müsste erklärt werden, wie es bei den ersteren von der medialen Wand in den Winkel zwischen Nasenboden und äussere Wand gelangt. Man will nun beobachtet haben, dass die Anlage des Jacobsonschen Organs durch eine Drehung die angegebene Anatom.Helte I. Abteilung 13 724 Heil Bd HR Kgl. Universitätsdruckerei H, Stürtz A.G, Würzburg. Verlag von J.F. Bergmann, Wiesbaden, - = a « D u ' E u D up, Pr ‚ S 6 Üb. d. Wechselbeziehung i. d. Ausbildung d. Jacobsonschen Organs ete. 57 Lageveränderung erfährt). Am ausführlichsten haben P. u. F. Sarasin den Gegenstand behandelt und es soll bei der mor- phologischen Wichtigkeit der Frage näher auf ihre Ausfüh- rungen eingegangen werden. Der Querschnitt eines älteren Embryos von Ichthyophis glutinosus zeigt nach diesen Forschern, dass die Nasenhöhle aus zwei Divertikeln besteht, einem oberen und einem unteren. Das letztere geht in der Nähe der äusseren Nasenöffnung in einen mächtigen, medialwärts gerichteten Blindsack über. Die untere Rinne halten die Sarasin für die Anlage des Jacob- sonschen Organs. „Bei nur wenig älteren Embryonen be- ginnt nun eine Drehung sich einzuleiten, welche die ursprüng- lich medialwärts gerichtete Ausbuchtung in eine immer mehr laterale Stellung bringt... An einem Embryo, der nur sehr wenig weiter entwickelt war als der, dessen Nase eben ge- schildert worden ....., finden wir die beiden Blindsäcke noch in derselben Stellung wie früher ...; aber weiter nach vorne hin dreht sich die ganze Nase so, dass die Anlage des Jacob- sonschen Organs an die laterale Seite der Hauptnase zu liegen kommt. Wenn man endlich einen Embryo, der dem Ausschlüpfen nahe ist, untersucht, so findet man das Organ als ein an der lateralen Seite jeder Nasenhöhle von vorne nach hinten ziehendes Divertikel, welches auf der ganzen Strecke mit ihr kommuniziert. Erst ın der Nähe der Choane ändert es seine Stellung und rückt aus der lateralen in die mediale Lage. Im hinteren Teil hat es also seine ursprüngliche Stellung beibehalten, während es weiter vorne wegen einer Drehung des ganzen Nasensackes aus seiner früheren medialen Lage in eine laterale übergeführt wurde.“ — Bei einer frei- !) Der Kuriosität halber sei erwähnt, dass H. H. Bawden (The Nose and Jacobsons organ, The Journ. of compar. Neurology. Vol. 4. 1894) die von O. Seydel mit Recht angefochtene Ansicht vertritt, dass das genannte Organ ursprünglich aussen liege und im Laufe der Phylogenese eine Verschiebung gegen die mediale Nasenwand durchzumachen habe. DS E. ZUCKERKANDL, schwimmenden Larve mit klaffendem Kiemenloch, stark ent- wickeltem Schwanzsaum, deutlichen Augen und Seitenorganen fehl! dem Geruchsack ‚noch die mächtige Einfaltung, welche die Nase des alten Tieres so tief einbuchtet... Wenn man eine Schnittserie von vorne nach hinten durch die Larvennase legt, so bekommt man zuerst nur den ovalen Querschnitt des (reruchsackes.... Bald darauf erhält man die offene Verbin- dung der Nasenhöhle und des Jacobsonschen Organs, welche parallel nebeneinander hinlaufen. So bleibt es eine lange Strecke, bis allmählich gegen die Choane hin das Organ aus seiner lateralen Stellung in eine mediale übergeht. Endlich, wo die Choane durchbricht, trifft man noch das hinterste blinde Ende des Jacobsonschen Organs, an der medialen Wand des vordersten Endes der Choanenspalte gelegen, an, während beim erwachsenen Tier das Organ die Choane nicht mehr be- rührt“ .... Dauernd erhält sich ‚die mediale Stellung der Einmündung des Jacobsonschen Organs in die Nasenhöhle, ein Verhältnis, das auch beim ausgewachsenen Tier noch be- deutsam genug auf die Entstehung dieses Organs als einer ursprünglich medialwärts gerichteten Ausbuchtung des Ge- ruchssackes hinweist.“ AuchP.Burekhardt!) hat sich für die Verschiebung des Nasensackes ausgesprochen ; dieselbe erfolgt nach seiner Unter- suchurg in der Weise, dass die ventrale Partie des Sackes in lateraler Richtung ausweicht. Vergleicht man die Abbil- dungen seiner Schrift, welche für diese Verschiebung ange- führt werden, so zeigt sich, dass sie keine Beweiskraft be- sitzen. Die median gerichtete Ausstülpung der Nasenhöhle (j. dr.) erweitert sich nicht zu der lateralwärts gewendeten, mit Sinnesepithel ausgekleideten Bucht (jo.), während ihr blindes Ende zu einem medianwärts gerichteten Drüsenschlauch ') Untersuchungen am :Gehirn und Geruchsorgan von Triton. Zeitschr. f. wissensch. Zool. Bd. 52. 1891. Üb. d. Wechselbeziehung i. d. Ausbildung d. Jacobsonschen Organs etc. 59 sich entwickelt; zum mindesten ist Burckhardt den Beweis für seine Behauptungen schuldig geblieben. Die median ge- richtete Ausstülpung entspricht der sogenannten Jacobson- schen Drüse und die lateral gerichtete Ausstülpung schlägt von vorneherein diese Richtung ein. Ferner lehrt der Vergleich der Figuren 25 und 26, aus welchen hervorgehen soll, dass das Jacobsonsche Organ sich immer mehr nach der Seite hin verschoben hat, nur, dass die Anlage des lateralen An- hanges (Jacobsonschen Organs der Autoren) im späteren Entwickelungsstadium grösser geworden ist und nicht mehr. V. Hinsberg!) tritt für Burckhardts Angaben ein; die ventrale Wand, an der die Ausbuchtung erfolgt, ist nach ihm bei den Urodelen erst durch Drehung zur ventralen ge- worden; früher lag sie medial, erst später rückt die Aus- stülpung mit der medialen Wand auf die laterale Seite hinüber. Die Drehung ist als eine Folgeerscheinung der Lageveränderung zu betrachten, welche die äussere Nasenöffnung durchmacht. Dieselbe soll, da die Choane ihren Platz behält, eine Drehung des Geruchsackes bedingen. Nach der Angabe des Autors ist diese Drehung aus dem Verhalten der dünnen Zellschicht an der ventralen Wand des Geruchbläschens zu erkennen. Ver- folgt man diese Schicht, so zeigt sich, dass dieselbe weiter spitzenwärts ventrolateral und in der Nähe der äusseren Nasen- öffnung noch weiter lateral liegt, während sie in früheren Stadien in der ganzen Ausdehnung des Geruchsackes rein ven- tral gelegen hatte. „Daraus geht hervor, dass der Geruchsack in seinen vorderen Partien eine Drehung um seine Längsachse gemacht hat“ (Hinsberg Il. c.). Das geschilderte Epithel- verhalten könnte auch ohne Annahme einer Drehung des Ge- ruchsackes verständlich gemacht werden. Es wäre dies nicht !) Die Entwickelung der Nasenhöhle bei den Amphibien. Arch. f. mikr. Anat. Bd. 58. 1901. 60 E. ZUCKERKANDL, die einzige Stelle im tierischen Körper, wo eine Drehung vor- getäuscht wird. Bei den Anuren sollen die Nasenöffnungen im allge- meinen ihre ursprüngliche seitliche Lage beibehalten; des- gleichen der untere Blindsack selbst im Laufe der späteren Entwickelung seinen Sitz an der medialen Nasenwand. Hieraus müsste aber gefolgert werden, dass die Bildung eines seitlichen Nasenganges (einschliesslich des Jacobsonschen Organs) auch ohne Drehung möglich ist, denn wenn, falls ich richtig verstehe, der mediale Recessus des unteren Blindsackes an der ursprünglichen Stelle verbleibt, demnach keine sekundäre Aus- stülpung darstellt, dann kann der laterale Recessus desselben nicht durch Drehung, sondern nur durch Auswachsen ent- standen sein. Auch O. Seydel kennt eine Drehung des Geruchsackes, bei der, wie der Autor angibt, das Jacobsonsche Organ sich völlig passiv verhält. In den Schlussfolgerungen seiner Schrift lautet eine das Jacobsonsche Organ der Amphibien betreffende Stelle folgendermassen: „Als hypothetisches Aus- gangsstadium dürfen wir für alle Formen ein rinnenförmiges Divertikel annehmen, welches in ganzer Ausdehnung mit Sinnes- epithel ausgekleidet und medial am Boden des Geruchsackes gerade am Rande des Riechepithels gelagert ist. Von einem solchen Stadium lassen sich die Gymnophionen in der Weise ableiten, dass zunächst die Rinne eine grössere Ausdehnung nach hinten gewinnt. Dass ferner der vordere Teil derselben durch eine Drehung des ganzen Geruchsackes eine laterale Lagerung empfängt, während sein hinteres Ende in dieser Ver- schiebung durch die Apertura nasalis interna aufgehalten wird. Es schnürt sich weiterhin die Rinne durch Verwachsung ıhrer Ränder vom übrigen Lumen ab; dabei wird die Nasenmündung des Tränenkanals in das Ende des Schlauches einbezogen. So scheint mir das schlauchförmige, am medialen Rande der Üb. d. Wechselbeziehung i. d. Ausbildung d. Jacobsonschen Organs-ete. 61 Apertura nasalis interna mündende Jacobsonsche Organ von Ichthyophis entstanden zu sein.“ Ferner hebt Seydel!) hervor, dass in bezug auf die laterale Lage des Jacobsonschen Organs bei den Urodelen sowohl ontogenetische Vorgänge wie auch der Zustand der Nasenhöhle bei niederen Amphibien ?) darauf hinweisen, dass diese abweichende Lage des Organs durch eine Verlagerung derselben bedingt werde, die als Anpassung an den abgeplatteten Schädel der Urodelen aufzufassen sei. Überdies hätte man noch zu berücksichtigen, dass das Epithel des Cavum nası sich im Laufe der ontogenetischen Entwickelung auf den Wan- dungen verschiebe, so dass die relative Lage des Epithels zu seiner Unterlage sich ändere. Aus diesem Grunde könne der Ort, wo sich das Jacobsonsche Organ anlegt, an und für sidh nicht als Kriterium für die Bestimmung der Homologie verwertet werden. Den letzteren Ausführungen gegenüber sei bemerkt, dass weder die Abschnürung des Jacobsonschen Organs von der Haupthöhle durch Verwachsung der Ränder an der Grenze gegen die letztere, noch die Verschiebung des Sinnesepithels im Laufe der Ontogenie beobachtet werden konnte. Die Annahme der Sarasın, dass der Geruchsack von Ichthyophis eine Drehung erfährt, stützt sich vorwiegend auf die Untersuchung von Embryonen und Larven dieses Tieres. ‘s soll bei Embryonen ein mächtig entwickelter, medialwärts !) Über Entwickelungsvorgänge an der Nasenhöhle und am Mundhöhlen- dache von Echidna etc. Denkschr. d. med. naturwiss. Gesellsch. zu Jena. Bd6. 1899. ®) Diese Angabe bezieht sich offenbar auf das Jacobsonsche Organ von Siren, von dem gesagt wird, dass es unter der Haupthöhle der Nase liege und etwas medial gegen diese verschoben sei (Morph. Jahrb. Bd. 23. 1895). Diese Lage wird als ein für den primitiven Zustand charakteristische bezeichnet Es stützt sich dieses Urteil aber wieder auf die Tatsache, dass allenthalben in der ontogenetischen Entwickelung die Anlage des Jacobsonschen Organs an der medialen Seite des Geruchssäckchens angetroffen wird. 62 E. ZUCKERKANDL, gerichteter Blindsack vorhanden sein, den sie als Anlage des Jacobsonschen Organs deuten. Sollte die genannte Rinne in der Tat der Anlage dieses Organs bei amnioten Tieren entsprechen, dann könnte man die Morphologie des lateralen Nasenganges als erledigt betrachten. Den Abbildungen (Taf. XVII, Fig. 38 und 39), welche für die Drehung des Ge- ruchsackes Zeugnis ablegen sollen, möchte ich weniger Be- deutung beimessen, da die Verschiedenheit zwischen beiden auch eine andere Erklärung zulässt. Bei Salamandra perspicillata, dessen Nasenhöhle ich untersucht habe, erfolgt die Bildung des Jacobson schen Organs in anderer Weise als für Ichthyophis angegeben wurde. Die Akten über die Entwickelungsweise dieses Organs bei den Amphibien sind demnach noch nicht geschlossen. Ich stehe mit dieser Ansicht nicht isoliert da; Wildert), der an Siren Studien anstellte, und sich auf die Angaben der Sarasin über die Verlagerung des Jacobsonschen Organs beruft, fügt die Bemerkung an, dass, bevor nicht mehr über die Eintwickelung der Urodelen vorliegt, die Sache kaum als er- ledigt gelten könne. Das Auftreten von Sinnesepithel an der lateralen Wand des seitlichen Nasenganges setze im übrigen nicht notwendig eine Verschiebung des Nasensackes voraus. v. Mihalkowics hebt mit Recht hervor, dass bei der Sumpfschildkröte sowohl an der medialen wie auch an der sei, ohne dass eine Drehung des Nasensackes stattgefunden halten | Was nun die Entwickelung des seitlichen Nasenganges bei Salamandra perspicillata anlangt, auf die ich mich oben be- zogen habe, so ergeben meine Untersuchungen nachstehende Details: An einem 10 mm langen Embryo bildet das Geruchs- !) A contribution to the Anat. of Siren lacertina. Zool. Jahrb. Bd. 4. 1591 (Abt. f. Anat. u. Ontogenie). Üb. d. Wechselbeziehung i. d. Ausbildung d. Jacobsonschen Organs etc. 63 organ einen diekwandigen Blindsack, der mittelst dünner Seiten- wände in das Ectoderm übergeht (Textfig. 11, A). Hinter der äusseren Öffnung der Grube findet man am Blindsack eine dicke mediodorsale und eine dünne ventrolaterale Wand (B). Diese letztere geht aus den dünnen, ans Ectoderm anschliessenden Seitenwänden des Grübchens hervor. In diesem Stadium der Entwickelung ist also von einer gleichmässigen Verteilung der Epithelien in der Wandung der Vertiefung nichts zu bemerken. An der medialen Wand ist keine Furche sichtbar, welche auf die Anlage des Jacobsonschen Organs bei Amnioten hin- weisen würde. Für die Veränderungen, die am Riechbläschen später auf- [reten, ist es von Wichtigkeit, seinen Bodenteil näher zu be- (rachten. Man kann an demselben eine innere dicke und eine äussere dünne Hälfte, eine ventrolaterale (B. 1.) und eine ventro- mediale Ecke (B. m.) unterscheiden. Die erstere wird von den dünnen Seitenwänden des Grübchens gebildet, die letztere, welche wulstartig vorspringt, von der Anlage des Riechepithels. (regen die Choane hin tritt die ventromediale Ecke weniger vor und es reicht die an Höhe abnehmende Verdickung bis an die laterale Wand des Bläschens nach aussen. — Die seitliche Rinne fehli noch. Am 15 mm langen Embryo fällt am vorderen Teil des Säckchens die scharfe Begrenzung der beiden Ecken nicht mehr auf (C). Der Wulst der ventromedialen Ecke setzt sich, allmählich an Dicke abnehmend, gegen die laterale Bläschen- wand fort. Im Bereich des späteren lateralen Anhanges springt der basale Wulst ziemlich stark vor. Indem weiter hinten auch der Scheitel des Bläschens ähnlich dem basalen Wulst sich verdickt, etabliert sich zwischen den beiden Vorsprüngen eine Vertiefung, deren Hintergrund von der verkürzten lateralen Bläschenwand beigestellt wird. Durch den ventralen Wulst ist zum mindesten die Stelle des lateralen Anhanges markiert. 64 E. ZUCKERKANDL, 72 12 Textfigur 11. Frontalschnitte durch das Riechgrübehen. Das Riechbläschen und die Nasen- höhle von Salamandrina perspieillata. A. u. B. 10 mm lang. C. 15 mm. D-G. 22 mm. H. 25 mm lange Larve. A. Mündung des Riechgrübchens an der Gesichtsfläche. B. Hinter derselben. C. Im Bereich der Anlage des late- ralen Anhanges. D. Mit der Anlage des Tränenganges. E-G. Durch das vordere mittlere und hintere Stück des Anhanges. H. Vordere Rinne mit Tränengang. a Lateraler Anhang. dr Jacobsonsche Drüse. d.]. Tränen- sang. e Ectoderm. n Nasenhöhle. v. r Vordere Rinne. 1 ventrolaterale, u ventromediale Ecke am Bodenteil des Bläschens. Epithel schwarz. Lumina ausgespart. Üb. d. Wechselbeziehung i. d. Ausbildung_d. Jacobsonschen Organs etc. 65 In der Gegend der späteren hinteren Rinne hören die Vorsprünge des Riechepithels auf und die laterale Wand des Bläschens ist wieder hoch und dünn. Das nächst ältere Stadium, welches mir zur Verfügung stand, betrifft eine 22 mm lange Larve. An derselben machen sich zwei epitheliale Bildungen bemerkbar, die bei der 15 mm langen Larve noch nicht entwickelt waren, und zwar der Tränen- gang und die Jacobsonsche Drüset). Die Anlage des Ductus nasolacrimalis bildet einen durchaus soliden epithelialen Strang, der sich an der Übergangsstelle der lateralen Wand in den basalen Wulst einpflanzt (D)?). Die Jacobsonsche Drüse geht von dem vordersten Anteil der Anlage des lateralen Anhanges ab (E). An der Implantation des Tränenganges springt der basale Wulst nicht vor und von hier an bis zur Anlage des seitlichen Anhanges verdickt sich die laterale Wand des Bläschens, indem das Sinnesepithel vom Scheitel wie von der ventralen Ecke sich gegen die Mitte der bezeichneten Wand vorschiebt (E). Im Bereich des lateralen Anhanges ist der basale Wulst mit einem Lumen versehen (F), welches von der Haupthöhle abzweigt. Die dorsale Wand des lateralen Anhanges ist schwächer als die ventrale. Entsprechend der Stelle, wo später die hintere Rinne etabliert ist, schwindet der ventrale Wulst; es verdünnt sich hier die Wand des Bläschens wie an der lateralen Seite. An einer 25 mm langen La rve ist die vordere Rinne, in welche der Tränengang mündet, schon differenziert (H). Der Fundus des lateralen Anhanges trägt Sinnesepithel und erstreckt sich nach hinten bis an die Choane; es hört erst !) Sie ist bei manchen Amphibien so breit wie der Nasenboden. Die Zellen färben sich bei Behandlung der Schnitte mit Hämatoxylin und Eosin im Gegen- satz zu den das Kosin aufnehmenden Bowmanschen Drüsen blau. ?) Bawden (l. c.) bildet auf Tafel 4, Fig. 1 die Tränenganganlage einer Salamanderlarve ab, die sich genau so verhält. Anatomische Hefte. I. Abteilung. 123/124. Heft (41 Bd., H. 12). or 66 E. ZUCKERKANDL, unmittelbar vor der Mündung der seitlichen Nasenrinne und der Nasenhöhle in die Choane auf, aus welchem Grunde die hintere Rinne kurz ist. Im definitiven Zustand endigt das Sinnesepithel schon vor der Choane, wodurch sich die hintere Rinne verlängert. Voraussetzung für die angenommene Ver- längerung ist, dass es sich in meinem Fall um die Norm und nicht etwa um eine Varietät handelt. Im Bereich der Mündung des Ductus lacrimalis ist basal neben der Grenzfalte zwischen der Haupt- und Nebenhöhle ein Streifen Sinnesepithel ent- wickelt, der auch am erwachsenen Tier vorhanden zu sein scheint. Der laterale Anhang der Nasenhöhle wird nach allem bei Salamandrina perspicillata auf die Weise gebildet, dass der aus der ventromedialen Ecke des Bläschens hervorgehende Epithelwulst zunächst zu einem starken seitlichen Fortsatz aus- wächst, der später ein Lumen erhält. Es ıst wahrscheinlich, dass die laterale Bläschenwand sich am Aufbau der seitlichen Rinne beteiligt; für die vordere Rinne kann dies unter der Voraussetzung, dass die Mündungsstelle des Tränenganges die ursprüngliche Implantationsstelle beibehält, als sichergestellt angesehen werden. Das Auswachsen des basalen Epithelwulstes und die Lumenbildung in demselben reichen aus, um die Entstehung des seitlichen Nasenganges zu erklären; von einer Verschiebung des Geruchsackes, bezw. von einer Drehung desselben ist bei Salamandra perspicillata nichts zu bemerken. — Der Olfactorius der Amphibien!). Die meisten Amphibien besitzen jederseits einen N. olfac- torius communis, der sich in einen Ramus ventralis und dor- ') Untersucht wurden: Spelerpes fuseus, Spelerpes (Species ignota), Triton eristatus, Amblystoma opacum, Plethodon glutinosus, Rana, Proteus anguineus und Hypogeophys alternans. salis teilt. Der unpaare Stamm ist gewöhnlich kurz, doch kann er, wie z. B. bei Proteus anguineus, eine ansehnliche Länge erreichen. Von den beiden Ästen versorgt der dorsale Ast die dorsoventrale, der ventrale die ventromediale Partie der Nasenhöhle einschliesslich der seitlichen Nasenrinnet). Die Implantation der Riechnerven in den Lobus olfactorius erfolgt bei den Amphibien in der Weise, dass sie, mit Aus- nahme der Bündel, die zur Bulbusspitze ziehen, in die late- rale Hälfte (Fläche) des Riechkolbens sowie in den Neben- bulbus einstrahlen, der sich an die Area glomerulosa lateralis anschliesst. Die mediale Hälfte des Lobus olfactorius erhält bei den Amphibien keine ÖOlfactoriusfasern und besitzt aus diesem Grunde weder eine Zona glomerulosa noch eine Area vomeronasalis. Die Anuren mit zwei Divertikeln am lateralen Anfang verhalten sich in bezug auf die Implantation des N. olfactorius in den Riechlappen nicht anders als die Uro- delen 2). Da die Ausbildung der Molecularschicht und der Ganglien- zellen gleichen Schritt hält mit den einstrahlenden Olfactorius- bündeln, so ist verständlich, warum bei den Amphibien, im Gegensatz zu den Eidechsen und Schlangen, die laterale Wand des Ventrieulus olfactorius (entsprechend dem Riechstiel) dicker ist als die mediale Wand desselben; bei Proteus anguineus ist die erstere an einer Stelle zwölfmal so dick als die letztere. Mit dem Aufhören der Olfactoriuseinstrahlung ändert sich das Verhalten, die mediale Wand wird dieker und erreicht bald die Stärke der lateralen. ‘) Erwähnt von O. Seydel (l. ce.) für Siredon piseiformis. °) Bei den Anuren liegen abgeänderte Verhältnisse vor, da die Lobi olfactorii bis in den hinteren Bereich der Nebenbulbi miteinander verwachsen sind. Über die Einstrahlungsweise des Riechnerven in den Lobus olfactorius bei Siren, dessen lateraler Anhang auch in eine Pars medialis und lateralis zerfällt, liegen leider keine Angaben vor. 5* Bei Berücksichtigung des Umstandes, dass bei den meisten Amphibien der hintere Abschnitt der Nasenhöhle und die beiden zum N. olfactorius communis vereinigten Riechnervenäste (R. ventralis und. dorsalis) seitlich vom Rhinencephalon, bei den Reptilien dagegen die Riechlappen oberhalb der Nasenhöhlen liegen, könnte man daran denken, dass bei den ersteren auch der ventrale Olfactoriusast an die laterale Fläche des Bulbus heran- tritt, während er sich bei den letzteren zur medialen Lobus- lläche begibt; in beiden Fällen erreicht der bezeichnete Nerv auf dem kürzesten Weg sein Ziel. Hinter dem Riechkolben tritt am Gehirn der Amphibien ein Nebenbulbus auf, der entweder unmittelbar an die Area glomerulosa lateralis des Hauptbulbus anschliesst oder von demselben getrennt ist. Zu dem Nebenbulbus verläuft ein eigenes Nervenbündel, der Ramus lateralis nervi olfactorii. Dieser Nerv, welcher weit schwächer als der Nerv der Area glomerulosa ist, besitzt demnach eine lokalisierte End- stelle. Leider ist es nach den jetzigen Untersuchungsmethoden nicht möglich festzustellen, in welchem Schleimhautbezirk der Nasenhöhle sich bei Anuren und Urodelen der Ramus lateralis verzweigt, ob er Fasern zum lateralen Anhang sendet oder nicht 1). Bei Gymnophionen scheint dies der Fall zu sein, denn R. Wiedersheim?) hat den getrennt vom dorsalen Olfactoriusast verlaufenden ventralen Ast bis zum Nebenbulbus verfolgt. Wie eingangs erwähnt, gibt Burckhardt an, dass auch bei Triton der Nerv des Jacobsonschen Organs von den anderen Olfactoriusbündeln geschieden sei. Über den Nebenbulbus des Frosches berichtet E.Gaupp°). !) Bei Rana temporaria dürfte der Nerv im ventralen Olfactoriusast ver- laufen. ?) Die Anatomie der Gymnophionen, 1879. ®) Anatomie des Frosches. 3. Abt. 1904. Üb. d. Wechselbeziehung i. d. Ausbildung d. Jacobsonschen Organs etc. 69 Er bemerkt, dass der Olfactorius des Frosches zwei Wurzeln im Gehirn besitze, eine vordere als Fortsetzung der basalen Partie des Riechlappens und eine hintere Wurzel, die mit einer Anschwellung an der lateralen Seite der Fovea limbica beginnt. Auf Fig. 3 der Tafel 15 habe ich den Nebenbulbus abbilden lassen. Beim Frosch ist der Nebenbulbus selbständig, bei Triton cristatus, Salamandrina perspicillata, Spelerpes fuscus, Ple- thodon, Amblystoma opacum, Cryptobranchus japonicus!) und Hypogeophys schliesst er unmittelbar an die Area glomerulosa an und setzt sich über den Riechlappen hinaus noch ein wenig auf die laterale Wand der Grosshirnhemisphäre fort, was be- sonders bemerkenswert ist. Der Nebenbulbus des Frosches ist auf Taf. 3 Fig. 13, der von Hypogeophys auf Taf. 3 Fig. 14 und 15 abgebildet. Fig. 15 repräsentiert das hinterste, aus Zellen zusammengesetzte Ende des Nebenbulbus; die Olfactoriusfasern sind nicht sicht- bar und die Zona glomerulosa fehlt. 1) Über das Jacobsonsche Organ des Cryptobranchus berichten K. Oka- jima (Anat. Anz. Bd. 29) und W. Anton (Morph. Jahrb. Bd. 38. 1908); es soll wie der Letztere angibt bei allen Cryptobranchiaten deutlich ausge- bildet sein. Über das Verhalten des genannten Organs bei einem ausge- wachsenen Cryptobranchus japonicus (Körperlänge 1,14 Meter) berichtet der Assistent am 1. anatomischen Institut zu Wien Dr. J. Fleissig (Anat. Anz. Bd. 35. 1909): Es findet sich eine kleine seitliche Nebenrinne, die in einer be- stimmten Strecke Sinnesepithel trägt. Die geringe Grösse des Jacobson- schen Organs in diesem Fall gewinnt dadurch Interesse, dass nach den Unter- suchungsergebnissen der oben genannten Autoren das Jacobsonsche Organ der Cryptobranchiaten eine verhältnismässig starke Ausbildung zeigt. Es bleibt demnach, da es sich kaum um eine bilaterale Anomalie handeln dürfte, nach Fleissig nur die Erklärung übrig, dass das Organ beim heranwachsenden Tier eine weitgehende Rückbildung erfährt. Der Lobus olfactorius dieses Exemplares zeigt folgendes: Der starke Riechnerv umgibt nur die Bulbusspitze allseitig, sonst zieht er sich mit der Zona glomerulosa zunächst von der me- dialen und dann auch von der basalen Fläche des Riechkolbens zurück, so dass weiter hinten sich Glomerulosa, wie bei den anderen Amphibien, bloss an der lateralen Bulbusfläche findet. Ein selbständiger Nebenbulbus existiert nicht, aber die Glomerulosa setzt sich, allmählich an Dicke abnehmend auf die late- rale Wand der Seitenkammer fort. 7) E. ZUCKERKANDL, Die verschiedene Lage des Nebenbulbus bei Rana und Hypogeophis lehrt, dass von einer vollständigen Gleichwertig- keit der beiden Gebilde nicht gut die Rede sein kann, und noch weniger Übereinstimmung herrscht zwischen dem Nebenbulbus der Amphibien und der Area vomeronasalis der Reptilien (vergl. Fig. 14 und 15 mit Fig. 16); die grosse Verschiedenheit der Lage allein spricht schon gegen die Homologie der be- zeichneten Hirnteile. Der Bulbus olfactorius der Amphibien unterscheidet sich in auffallender Weise von jenem der Reptilien; er ist bei diesen letzteren ringsum mit Zona glomerulosa bekleidet und die Saurier und Ophidier besitzen überdies an der medialen Seite des Riechstiels eine Area vomeronasalis. Bei den Krokodilen ist der Bulbus von Glomerulosa überzogen, aber es fehlt infolge von Rückbildung die Area vomero- nasalis. Bei den Amphibien ist die Innenfläche des Riech- lappens frei von Riechnerven; es fehlt an derselben sowohl die Glomerulosa bulbi als auch die Area vomeronasalis. Der Olfactorius strahlt zum Teil in die Bulbusspitze, vorwiegend aber von der Aussenseite her in den Riechlappen sowie in den gleichfalls aussen gelegenen Nebenbulbus (bezw. in sein Äqui- valent) ein und greift anschliessend selbst auf den vordersten Anteil der lateralen Hemisphärenwand über. Aus dem Ver- halten des Olfactorius müsste gefolgt werden, dass 1. die Am- phibien ein dem Jacobsonschen Organ der Amnioten homo- loges Gebilde nicht besitzen, 2. dass der ventrale Olfactoriusast nur jenen Bündeln des Reptilienolfactorius entspricht, welche, wie z. B. bei Lacerta, zur lateralen Fläche des Bulbus ziehen. Sollte dies aber nicht zutreffen — sollten die Amphibien ein Jacobsonsches Organ besitzen und der ventrale Olfactorius- ast den N. vomeronasalis enthalten —, dann könnte daran gedacht werden, dass die Implantationsstelle des N. vomero- nasalis bei den Reptilien auf die Innenseite des Riechlappens Üb. d. Wechselbeziehung i. d. Ausbildung d. Jacobsonschen Organs etc. 71 verschoben worden sei; hierzu liegt aber kein Anhaltspunkt vor, zumal die einfache Verschiebung der Area vomeronasalis von der lateralen auf die mediale Seite des Lobus olfactorius nicht erklären würde, wieso der ventrale Olfactoriusast auf die Innenseite des Riechlappens gelangt. Andererseits könnten mechanische Momente, wie sie sich durch die Verschieden- heit der Kopfform ergeben, die Verschiedenheit in der Ein- pflanzungsweise des Riechnerven in den Lobus olfactorius be- dingen. Der Schädel der meisten Amphibien unterscheidet sich bekanntlich von jenen der Reptilien durch grössere Breite und geringere Höhe. Das Septum nasale bezw. der Internasalraum ist bei den ersteren sehr breit, bei den letzteren schmal. Die Nasenhöhlen sind bei den Amphibien meist weit voneinander abstehend; ihre hinteren Anteile liegen seitlich vom Rhin- encephalon, die vorderen seitlich von der Scheidewand. Bei den Reptilien dagegen ist das Septum nasale dünn und die Nasenhöhlen schieben sich medianwärts weit vor und gelangen dadurch unter das Rhinencephalon. Die Ontogenie bietet keine Anhaltspunkte dar, welche auf die erwähnten mechanischen Momente hinweisen würden. Bei den Reptilien, Vögeln und Säugetieren und wahrscheinlich auch bei den Amphibien tritt die Verbindung zwischen dem Riechgrübchen und dem Gehim zu einer Zeit auf, in der die vorher berührten Differenzen nicht ausgesprochen sind. Zwischen dem Riechgrübchen und dem Lobus olfactorius findet sich in dem Entwickelungsstadium, auf welches ich anspiele, nur lockeres Mesodermgewebe. Die Verknorpelung der Schädelbasis und der Nasenkapseln erfolgt demnach in einer Entwickelungsperiode, in der die bezeichnete Nervenverbindung schon hergestellt ist, so dass die weiteren Veränderungen auf die Einpflanzungsart der Riechnervenbündel in den Riechlappen keinen nennenswerten Einfluss auszuüben vermögen. In der Fig. 1 der Taf. 1, betreffend einen S!1/, mm langen Meerschweinchenembryo, ist der Olfactorius schon in 72 E. ZUCKERKANDL, die unmittelbare Nähe des Gehirns gerückt und nur von lockerem Gewebe umgeben. Das Gleiche habe ich bei Gecko- embryonen beobachtet und überdies gesehen, dass anfänglich die vom Scheitel und dem kranialen Anteil der medialen Riech- erübchenwand ausgehenden Riechnervenanlagen zur Aussen- wand des Bulbus olfactorius ziehen. Die auffallende Breite des embryonalen Stirnnasenfort- satzes und der grosse Abstand der Nasenhöhlen voneinander bei Amnioten erinnert an die bleibende Architektur der Nase bei den Amphibien. Im weiteren Verlauf der Entwickelung nimmt die Dicke des Stirnnasenfortsatzes bei Amnioten dadurch ab, dass die Nasenhöhlen von beiden Seiten her sich gegen die Mitte ausdehnen. Indem dieselben sich unter den Riech- lappen schieben, können Olfactoriusfasern auch die Innenseite des Lobus olfactorius erreichen. Dieser Entwickelungsgang ent- hält möglicherweise einen Hinweis darauf, wie phylogenetisch Olfactoriusfasern an die mediale Seite des Bulbus und Tractus olfactorius (Area vomeronasalis) gelangt sind. Es liegt mir fern, hier auf die Frage von der Abstammung der Amnioten eingehen zu wollen. Doch sei es gestattet zu diskutieren, wie sich die Anatomie des Riechlappens zu dieser Frage stellt. Da zeigen sich denn solche Divergenzen, als hätte man es mit zwei fundamental verschiedenen Typen zu tun. In Anbetracht der grossen Verschiedenheit ist es ausgeschlossen, dass die Reptilien von Amphibien abstammen, deren Riech- lappen mit dem der heutigen Amphibien übereingestimmt hat, und hinsichtlich der Säugetiere sei hervorgehoben, dass die Architektur ihres Riechlappens mehr Ähnlichkeit mit jenem der Reptilien als mit dem der Amphibien zeigt; denn es begeben sich bei den Säugern viele Olfactoriusbündel zur medialen Fläche des Riechlappens und auch der Nebenbulbus, den man in Beziehung zum Nerven des Jacobsonschen Organs ge- bracht hat, liegt an der mediodorsalen Seite des Bulbus olfactorius. Üb. d. Wechselbeziehung i. d. Ausbildung d. Jacobsonschen Organs ete. 73 M. Fürbringer!) findet, dass die meisten lebenden Reptilien durch ihre schlanken Bulbi olfactorii sich so wesent- lich von den Säugetieren unterscheiden, dass eine Ableitung dieser letzteren von Reptilien unmöglich erscheint. Bei den Amphibien dagegen sollen die Lobi olfactorii eine Ausbildung darbieten, welche den Verhältnissen bei den Mammaliern weit ‘eher zum Ausgang dienen kann als das Reptiliengehirn. Ich möchte glauben, dass gegenüber den von mir hervorgehobenen Momenten der Unterschied in der Form der Bulbi olfactorii erst ın zweite Reihe zu stellen sei. ') Zur Frage der Abstammung der Säugetiere. 2. Teil. 1904. Erklärung der Abbildungen. Datelri Fig. 1. Meerschweinchen. 8'/. mm langer Embryo. Frontalschnitt durch das Riechgrübchen (r) und das Gehirn (g). J. ©. Anlage des Jacobsonschen Organs. G.o. Ganglion olfactorium der Autoren. Fig. 2. Scincus offieinalis. Frontalschnitt durch die Nasenhöhle (n) hinter dem Jacobsonschen Organ. Vergr. 3%. m. Muschelwulst mit Drüse. n.d. Dorsale, n.v. ventrale Nasennerven. s.k. Septaler Knorpel. Fig. 3. Varanus. Horizontalschnitt durch die Bulbi und Tractus olfactorii. Vergr. ?/. a. Area vomeronasalis. b.o. Bulbus olfactorius. v. o. Ventriculus olfactorius. t.o. Torus olfactorius. gl. Glomerulosa. olf. Riechnervenschicht des Area vomeronasalis. 1. Laterale Wand der Riechlappenhöhle. n.v.n. Nervus vomeronasalis. Fig. 4. Anguis fragilis (Embryo). Frontalschnitt durch den Tractus ol- factorius im Bereich der Area vomeronasalis (a. v.n.). Vergr. °%ı. olf. Ol- factoriusschicht. v. o. Ventriculus olfactorius. Fig. 5. Anguis fragilis (Embryo). Sagittalschnitt durch den Riechlappen (L. 0.) nahe der Mittelebene. Vergr. %ı. a.v.n. Area vomeronasalis. H. Gross- hirnhemisphäre. olf. Riechnerv. Baer Fig. 6. Objekt der Figur 5. Sagittalschnitt durch das Jacobsonsche Organ (J.O.), den Nervus (n.v.n.) und die Area vomeronasalis (a. v.n.) Ver. grösserung *%ı. Die Area ist nahe ihrer medialen Fläche getroffen. H. Gross- hirnhemisphäre. C. a. Commissura anterior. n. Septale Schleimhaut ange- schnitten. z. Zweig des ventralen Olfactoriusastes zur Nasenschleimhaut. Fig. 7. Coluber Aeseulapii. Frontalschnitt durch den Traetus olfactorius, Vergr. ®/ı. a. v.n. Area vomeronasalis. t. o. Torus olfactorius. 1. Laterale Wand des Ventriculus olfactorius, dessen Obliteration durch die dunkel ge- färbten, punktierten Striche an der Innenseite der dünnen lateralen Wand Erklärung der Tafelfiguren. 16) markiert ist. gl. Glomerulosa. olf. Riechnervenschicht der Area vomero- nasalis. Fig. 8. Vipera ammodytes. Horizontalschnitt durch die Bulbi und Tractus olfactorii. Vergr. ®%ı. a.v.n. Area vomeronasalis. b. o. Bulbus olfactorius. t.o. Torus olfactorius. gl. Glomerulosa. olf. Riechfaserschicht der Area vomero- nasalis. 1. Laterale Wand des Ventriculus olfactorius (v. o.). Ss. Septum. Fig. 9. Tropidonotus natrix. Frontalschnitt durch die Nasenhöhle (n) entsprechend dem hinteren Ende des Jacobsonschen Organs (J. O.). Ver” grösserung ®°ı. B.o. Bulbus olfactorius. N. v.n. Nervus vomeronasalıs. s. k. Septaler Knorpel. k.C. Knöcherne Kapsel des Jacobsonschen Organs. Die Nerven umgeben oberflächlich das Organ und verlaufen zur Innenfläche des Riechkolbens. Tafel >. Fig. 10. Typhlops vermicularis. Frontalschnitt durch die Nasen- (n), die Schädelhöhle (ec. ec.) und das Jacobsousche Organ (j. o.). Vergr. ®°/ı. b. o. Bulbus olfactorius. d. 1. Tränengang. dr. Drüsen. g. Ausführungsgang des Jacobsonschen Organs. p. w. Pilzförmiger Wulst. r. l. Seitenbucht der Höhle des Jacobsonschen Organs. v. Venöser Sinus. Der punktierte Quer- schnitt unterhalb des Bulbus olfactorius ist ein Zweig des Trigeminus, der weiterhin im Septum zur Schnauze zieht. Fig. 11. Alligator lucius. Horizontalschnitt durch den Lobus olfactorius. B. o. Bulbus olfactorius. v.o. Ventriculus olfactorius. 1. Laterale, m. mediale Wand des Riechkolbens. gl. Zona glomerulosa. gr. Zona granulosa. g. Streifen der Ganglienzellen. ma., mi. Äussere bez. innere Molekularschicht. Fig. 12. Gecko. Horizontalabschnitt durch den Lobus olfactorius. B. o. Bulbus olfactorius. v.o. Ventriceulus olfactorius. 1. Laterale Wand des Tractus olfactorius. a. v. m. Area vomeronasalis. gl. Zona glomerulosa.. m. Mole- kularschicht. Fig. 13. Rana. Frontalschnitt durch das Gehirn unmittelbar hinter dem Bulbus olfactorius. n. Nebenbulbus v. Vorderster Winkel der Seitenkammer. Fig. 14. Hypogeophis alternans. Frontalsehnitt durch den Nebenbulbus (n). v. Vorderster Anteil der Seitenkammer. Fig. 15. Dasselbe Objekt. Frontalschnitt durch das hintere Ende des Nebenbulbus (n). Dasselbe besteht hauptsächlich aus Zellen. Die Glomeruli sind geschwunden. Olfactoriusfasern nicht sichtbar. v. Seitenkammer. Fig. 16. Tropidonotus natrix. Frontalschnitt durch die Schädelhöhle und den Pedunculus olfactorius. Vergr. !%ı. ol. Olfactoriusfasern. gl. Glome- rulosa, beide zusammen repräsentieren die Area vomeronasalis. g. Grösse e Ganglienzellen des Stratum moleculare (m). gr. Stratum granulosum. v. Ven- triculus olfactorius. F LO AITALAI G j HN nr MER Ara Pe DE Ze [SE . | | mr 2 er BIER 64 ne il a ee er By’: me) Mil a a are ee d el u A “ar init} B De Pi u iur © Ar HE ix Ig® Wi 1 er Hash. len EN Aal Br an 177 “> u \ bie D ' eu rt An 4 u en Er Porn ur BE au Narr and : f uses) An | N NBT ip A Di 4 Gr: nee ı N he NA ri valy male un e ae 2 Ze; Weis Dr: a a 5 23 Isar Sf s [ra ı a 2 Be Prag . ü tu 7 BER Er DE | ai 5 ns ah ed ALLE ) u ae le AA u br bajaiih) ir te PEN 5 “. a | u 4 (2 5 u ee ei u Mn 37 ern * E. Ian 93 5 gi i za a0] ı ah 5 a | a I So u | 2 er D ee: x . N ER “) Ei use. EZ (% ihn ß Bere De u Pi en yo» .«i j pa, MM e ea ‘he u. = er ’ ß BER: ; „u "Je E Unna te zu BE Ports Pe LT Tr er ee et Bi ne ar Band) uncut 1 Mesa ri % & UNS 2 u Alte RE) ie! Pan Fe ’ er ö De Sape-ıs De IB . TOT, Ze,‘ IEIET datıhr j = ö RB: ” BETEN DE ii Yus arualui ai gneN! Ile Er j u | (Tr DEE Be I 5 i \ Wert 1710080 E 5 ar All Jar Miudiennge) Br. ei en | Dr u ZT u wi n77 BiaT 6 a TE ni ANBEPTUITET ae AN ii Sa ee A 2 Be Jr BEN u nel? 3 a Wea Ewa eh en SENT, un) En Bi - U art Yet ah el 2 RP ENT 3 a‘ Pä ‘. Bi 2 - Aus DEM HISTOLOGISCHEN LABORATORIUM Zu HELSINGFORS (PROF. Run. KoLstEr). ZUR KENNTNIS DER TELEOSTIERLEBER. VON EVA SEGERSTRALE, HELSINGFORS, Mit 18 Abbildungen im Text. er Fu Per‘ \ Eu Per 2 SEEB verT EBEN sl Lu B- ; Bu = en =. u er KTRRANNINTZIRAT GERT : 2 as: Dee Pa TANTE _— r- se 4 ng . ade E‘ PM jr ER Be Die vorliegenden Untersuchungen über den Bau der Leber von Percafluviatilis, Cottusquadricornus,Esox lucius und Anguilla vulgaris wurden auf Anregung von und unter Leitung des Herrn Professor R. Kolster vor- senommen. Die ursprüngliche Arbeit war das Verhalten des intrahepatischen Bindegewebes zu erforschen, was aus dem Gesichtspunkte der Vergleichung mit den übrigen, in dieser Hinsicht schon vielfach untersuchten Wirbeltiergruppen von grossem Interesse erschien. Da aber gleichzeitig auch einige andere Verhältnisse und Eigentümlichkeiten im Leberbau der genannten Fische wahrgenommen wurden, dürfte es der Über- sichtlichkeit halber am geeignetsten sein, die früheren Arbeiten auf dem Gebiete kurz zu referieren. Die ersten Angaben über den Bau der Knochenfischleber stammen, soweit mir aus der zugänglichen Literatur bekannt ist, von E. H. Weber (1), welcher im Jahre 1827 die Leber von Cyprinus carpio untersuchte. Er fand, dass dieselbe aus eckigen Lobuli bestand, die von den Blutgefässen zu- sammengehalten wurden. Später beschreibt C. J. Eberth (2) den Bau der Fisch- leber als einen rein tubulösen mit gleichmässig verbreitetem Bindegewebe. Auch er glaubte Lobuli in derselben gefunden zu haben und berichtete weiter, dass die capillaren Blut- gefässe teils aus engen, polygonalen oder rundlichen, teils aus en) E. SEGERSTRÄLE, grösseren langgestreckten Maschen bestehen und dass die Gallencapillaren durch die Abwesenheit irgendwelcher Mem- bran, durch ihre Feinheit und oftmalige Knickung, wie auch noch durch das Fehlen lateraler blinder Seitenäste ausgezeich- net seien. Nach den Angaben von Oppel (3) hat E. Moreau die Anguillaleber untersucht und Läppchen gefunden, deren Centrum von Ästen der Vena hepatica gebildet werden. Auch Macallum scheint nach dem Referat von Oppel(4) die Existenz von Lobuli bei Amiurus catus anzunehmen, da er von dem spärlichen interlobulären Gewebe spricht. Er beschreibt auch den Verlauf ‘der Blutgefässe, welcher dem- jenigen der höheren Wirbeltiere ähnlich ist und erwähnt die unregelmässig gerundete Form der Capillarmaschen. Ma- callum bemerkt noch, dass auf dem Querschnitt sechs bis sieben Zellen das Lumen der schlauchförmigen Tubuli um- geben und dass die oftmals mit Pigment versehenen Zellen ihren Kern in der Nähe der Blutcapillaren haben. A. Pilliet (5) gibt an, dass bei Syngnathus acus und Callionymus lyra schmale, ausgezogene und ana- stomosierende Zellenbänder vorkommen, die in regelmässigen Abständen von Blutcapillaren umgeben sind. Die Zellen sind klein, kubisch, und haben ein klares Cytoplasma. Lobuli sind nicht vorhanden. Pilliet glaubt netzförmige, anastomo- sierende, intermediäre Gallenwege um die Äste der Vena portae gefunden zu haben. Laguesse (6) hat jedoch später darauf hingewiesen, dass man es hier wahrscheinlich mit intrahepa- tischen Pancreasbestandteilen zu tun habe. Die Lebern der Muraena und des Pleuronectes werden folgendermassen von Shore und Jones (7) be- schrieben. Muraena hat eine tubulöse Leber, in der bis- weilen radiäre Anordnung der Tubuli um die grösseren Ge- fässe wahrgenommen werden kann. Fünf bis sechs Zellen mit Zur Kenntnis der Teleostierleber. S1 körnigem Protoplasma, das zum Lumen hin verdichtet er- scheint, begrenzen die Gallencapillaren im Querschnitt. Orange- farbenes Pigment kommt oft in der Umgebung der grösseren Gefässe vor. Die Pleuronectesleber zeigt einen ähnlichen Typus, ist jedoch dichter gebaut, und hat die radiäre An- ordnung der Tubuli weniger ausgeprägt. Braus (8) hat die Anguillaleber untersucht und be- richtet folgendes. Der Bau ist rein tubulös und die Tubulı bestehen im Querschnitt aus vier Zellen. Die Gefässe sind von reichlichen netzförmigen Bindegewebsfäserchen umgeben, die sich mit Chromsilber schwärzen lassen, wahrscheinlich elastischer Natur sind und den von Oppel beschriebenen Gitterfasern der Menschenleber ähneln. Die sehr schmalen axialen Gallencapillaren haben zwischen den Zellen kurze Fort- sätze und bilden vasozonale Maschen. Cytozonale Maschen, blinde Enden und grössere Seitencapillaren hat Braus dagegen nicht entdecken können. Auf Grund seiner Untersuchungen kommt er zu dem Resultate, dass die Fischleber netzig tubulös ist und aus einem Zellenbalkennetz besteht, dessen Maschen von dem Blutgefässnetzwerk ausgefüllt werden. Die Zellen sind überhaupt klein, und für die Gallencapillaren gilt im allgemeinen das von Anguilla Gesagte. Nachdem Braus’ Arbeit erschienen, rneuerte G. Retzius (9) ältere Untersuchungen vom Verhalten der Gallen- capillaren und gibt nunmehr seiner früheren Auffassung ent- gegen zu, dass auch beim Aal Gallencapillarmaschen existieren. Dagegen hält er fortsetzungsweise daran fest, dass grössere blinde Seitenäste und blind endigende Gänge oftmals vor- kommen. Neuerdings hat H. Bluntschli (10) die Sommerleber von sowohl Anguilla als Barbus untersucht und stimmt in seiner Auffassung mit Braus in den meisten Punkten über- ein. Doch fügt er noch hinzu, dass es um den Blutgefässen Anatomische Hefte. I. Abteilung. 123/124. Heft (41. Bd, H. 1/2). 6 | & LO E. SEGERSTRÄLE, spärliches Bindegewebe gibt, nirgends aber Pigmentzellen oder Anhäufungen von Lymphelementen. Mit Pilliet nimmt Bluntschli an, dass intermediäre, schaltstückähnelnde Gallengänge vorkommen, deren Zellen beim Aal länglich, ge- plattet, bei der Barbe spindelförmig sind. Nach seiner An- sicht ist die Fischleber im allgemeinen netzig tubulös, Ab- weichungen kommen aber dadurch zustande, dass Lymph- gewebe sich anhäuft und die Ursache zum Entstehen von Zellen- haufen und eytozonalen Maschen der Gallencapillaren wird. In den letzten Jahren hat Nathan (11) in den, seiner Auf- fassung nach lobulierten Lebern von Salmo fario, Cypri- nus carpio und Tinca in dem Endothel der Blutcapillaren v. Kupffersche Zellen nachgewiesen. Ehe ich die Darstellung der Präparate beschreibe, ist zu erwähnen, dass diejenigen vom Aal, mit Ausnahme der dige- rierten, von Professor Kolster verfertigt worden sind, der sie mir freundlichst zur Verfügung gestellt hat, sowie auch, dass alle Injektionen von ihm ausgeführt wurden, welches in der Weise geschah, dass entweder 1 ccm gesättigte Collargol- lösung in die Bauchhöhle eingeführt wurde, oder auch 0,5 cem derselben Flüssigkeit, um Überdruck möglichst zu vermeiden, tropfenweise mit den Herzschlägen in den Conus eingespritzt wurde. Nach 24 die Leber in Formol fixiert, später 15—25 u dicke Schnitte mit 30 Stunden wurden die Fische getötet und oO dem Gefriermikrotom verfertigt und entweder ungefärbt oder nach Behandlung mit Hämatoxylin in Balsam eingeschlossen. Für verschiedene Zwecke wurden entweder in Alkohol, Formol oder Sublimat fixierte Stücke in Paraffin eingebettet, worauf die meistens 7 u dicken Schnitte teils mit Hansen- schem Eisenhämatoxylin und Eosin oder van Giesons Zur Kenntnis der Teleostierleber. 8 Lösung gefärbt wurden, teils mit Boraxkarmin allein oder auch noch mit Resorzin-Fuchsin nach Weigert behandelt. Die Granula sind nach verschiedenen gewöhnlichen Methoden dar- gestellt worden. Für gewisse Zwecke wurde ausserdem nach Vorfärbung mit Bordeauxrot Heidenhains Hämatoxylin- eisenlack verwendet. Um die Gallencapillaren darzustellen, habe ich mich so- wohl der von Kopsch angegebenen Methode, wie der von Cajal modifizierten Golgischen bedient. Von ersterer ist nur zu erwähnen, dass es oft nötig war, die Behandlung zu wiederholen. Sonst gaben beide ungefähr dieselben Resultate. Die Stücke wurden möglichst schnell unter Anwendung von Eter-Paraffin oder Celloidin eingebettet und die aufgeklebten Schnitte nach Entfernen des Paraffins, Reduktion mit Rhodinal oder Hydrochinon und Abspülen in Wasser, auf 0,5 Minuten in 1%ige Fixiernatronlösung getaucht und dann, nach mehr- maligem Abspülen in Wasser und Färben mit Hämatoxylin allein oder auch noch mit van Giesons Lösung in Balsam eingeschlossen. Leider sind die in dieser Weise verfertigten Präparate schon nach einigen Wochen nicht mehr brauchbar. Zur Darstellung des Bindegewebes wurden verschiedene Methoden versucht. Weder das von Oppel (12) benutzte Ver- fahren, noch die von Levi (13) angegebene Modifikation der Bielschowsk y methode schienen für die Fischleber geeignet zu sein. Mehr Erfolg hatte ich dagegen mit dem Bıel- schowskyverfahren in der von Zimmermann (14) be- schriebenen Form, jedoch erst nach einiger Veränderung des- selben. Die 7 u dicken Schnitte durften beim Aufkleben mit destilliertem Wasser mehr als 48 Stunden bei 37% C trocknen und dann, nachdem sie in gewöhnlicher Weise von Paraffın befreit worden waren, eine längere Zeit in 2%iger Silber- lösung stehen. So wurden z. B. von Cottus und Perca erst dann brauchbare Präparate erhalten, wenn die Leberschnitte 6* 34 E. SEGERSTRÄLE, in der Silberlösung im Thermostat 48 Stunden und dann noch bei Zimmertemperatur wenigstens eine Woche gestanden hatten. Auch mit der Digestionsmethode in der von Erwin Hoehl (15) und W. Spalteholz (16) angegebenen Form erhielt ich befriedigende Resultate erst nach dem Vornehmen einiger Modifikationen. Die Präparate wurden folgendermassen dargestellt. Die aus den in Alkohol oder Sublimat fixierten und in Paraffın eingebetteten Leberstücken verfertigten 7 u dicken Schnitte wurden mit destilliertem Wasser aufgeklebt und wenigstens 48 Stunden bei 370 C getrocknet. Nachdem das Paraffin mittelst Xylol entfernt worden, kamen die Schnitte auf längere Zeit in Benzin von Zimmertemperatur, welches während dieser Zeit einmal gewechselt wurde, und dann wie gewöhnlich in Alc. abs. usw. und schliesslich zum gründ- lichen Ausspülen in Aq. dest. Zum Digerieren verwandte ich für Esox und Anguilla eine höchstens 0,1% Soda ent- haltende Pankreatinlösung t), in der die Schnitte bei Zimmer 24 Stunden vollkommen rein wurden. temperatur binnen 5 Es erwies sich, dass das in Alkohol fixierte Material am leich- testen zu digerieren war. Mit Cottus und Perca, deren Bindegewebe trotz allen Vorsichtsmassregeln und noch mehr verdünnter Sodalösung immer quellen wollte, wurde folgender- massen verfahren. Die mit Alkohol fixierten Schnitte durften in einer schon vor dem Einführen der Präparate bis 100 C abgekühlten Lösung von sehr wenig Pankreatin in 50 cem Aq. dest. und 7 Tropfen kalt gesättigter Lithiumkarbonatlösung bei der genannten Temperatur höchstens 26 Stunden stehen. Auch Esox und Anguilla können in dieser Weise behandelt werden, nur braucht man dann nicht abzukühlen und kann 0,5 ccm der gesätligten Lithiumkarbonatlösung zu 50 cem Aq. dest. verwenden. Die fertig digerierten Schnitte wurden vor- ') Das Pankreatin als „Trypsin sice“ ‚„Grübler“. — Zur Kenntnis der Teleostierleber. te15) sichtig in destilliertem Wasser ausgewaschen und entweder mit Heidenhains Hämatoxylineisenlack ohne Differenzie- rung oder auch mit Mallorys Hämatoxylin gefärbt, abge- spült und schliesslich in gewöhnlicher Weise in Balsam ein- geschlossen. Wie von den übrigen Arten ist von Perca fluviatilis die Winterleber zur Untersuchung verwendet worden. Sie ist ziemlich unregelmässig gebaut, der netzig-tubulöse Bau aber unverkennbar. Die Tubuli, deren Querschnitte mit vier bis fünf Zellen oft nur undeutlich zu sehen sind, zeigen im all- gemeinen eine radiäre Anordnung, jedoch nicht ım ganzen Umkreise der Blutgefässe. An der Oberfläche der Leber (Fig. 1) stehen sie oft senkrecht zu derselben und machen meistens den Eindruck von zweireihigen Zellenbändern. Dicht unter der Glissonschen Kapsel liegt aber eine unregelmässige Schicht. Die Zellen sind entweder rundlich polygonal, mit einem Durchmesser von 4-5 u!), oder auch unregelmässig ceylindrisch. Das Protoplasma ist gleichmässig feingekörnt und enthält reichlich Fettkügelchen in der Nähe der Blutgefässe. Der Kern liegt aber nicht, wie es im allgemeinen für die Fischleber angegeben wird, in der Nähe der Blutcapillaren, sondern in der Mitte der Zelle. Hin und wieder sind zwei gleichgrosse Kerne in einer Zelle zu sehen. Im Endothel der Blutcapillaren fallen hin und wieder un- gewöhnlich grosse Elemente auf. Wo dieselben quer geschnitten sind, zeigen sie regelmässig eine dreieckige Form ihres Kernes (Fig. 3b). Oft gelingt es aber dieselben auch im Flächenbilde zu sehen (Fig. 2b), wobei die Form des Zellenleibes leicht zu erkennen ist und man deutlich die zuweilen vorkommenden, !) Die angegebene Masse stammen sowohl bei Perca als bei Esox und Cottus von fixiertem Material. Ss6 E. SEGERSTRÄLE, Zellenbänderform der Tubuli im Randgebiete der Percaleber. Formalinfix. Eisenhämatoxylin- und van Giesonfärbung. Leitz Obj. 8, Oc. 2. Fig. 2 und 3. Perca. Gallengang und Capillaren im Innern der Leber. a) Centrotubuläre Zellen, b) grosse Endothelzellen der Blutcapillaren, e) endständige Erweiterung der Gallencapillaren und d) eytozonale Masche. Formalinfix. Eisenhämatoxylin und Eosin. Leitz. Oc. 1. Imm. "ıe. Zur Kenntnis der Teleostierleber. 57 langen, flügelförmigen Ausläufer wahrnehmen kann, welche den fraglichen Zellen ein sternförmiges Aussehen verleihen. Von dem Bau der Gallenwege ist zu erwähnen, dass das in den grössten Gängen hohe, einfache Cylinderepithel allmäh- lich niedriger, kubisch wird und dass in den kleinsten End- ästen gestreckte, platte Zellen mit ovalen Kernen auftreten. Diese kleinsten Gänge scheinen sich ziemlich schnell zu ver- schmälern (Fig. 3) und direkt in Capillaren überzugehen, welche axial gelegen und sehr fein sind, besonders in den Zellen- Fig. 4. Perea. Gallencapillaren mit cytozonalen Maschen. Cajals Mod. der Golgi- methode. Redukt. Saffranin. Leitz. Obj. 8, Oc. 2. bändern ziekzackförmig erscheinen und reichlich intercelluläre Seitenäste haben, die fast zur Basis der Zellen reichen, um dort oft mit einer kleinen Verdickung zu enden (Fig. 3c und 4). Neben vasozonalen Maschen sind auch zuweilen cytozonale (Fig. 2 und 4) zu sehen, welche gewöhnliche Leberzellen um- grenzen. Besondere Beachtung verdient aber die Erscheinung, dass hin und wieder in dem Lumen der Lebertubuli, d. h. im Verlaufe einer Gallencapillare freiliegende Zellen an- getroffen werden, welche mit den Leucocyten der Fischleber keine Ähnlichkeit haben. Dagegen lassen geeignete Stellen sg E. SEGERSTRÄLE, (Fig. 2a u. 3a) kaum einen Zweifel übrig, dass man es hier mit ursprünglichem Gallengangepithel zu tun hat, denn so gross ist die Übereinstimmung mit diesen Elementen. Die fraglichen Zellen haben genau den gleichen platten Kern, wie wir ihn in den oben erwähnten feineren Ästen des Gallengangsystems antreffen. Bei Perca kommen sowohl unter der Glissonschen Kapsel, wie auch in der Umgebung der Blutgefässe kleine Anhäufungen von Lymphgewebe vor. Pigment ist in den ein- zelnen Zellen nur selten zu finden, regelmässig kommt es aber in den rundlichen, gut abgegrenzten Zellenhaufen vor, welche den Langerhansschen Inseln des Pancreas durchaus ähn- lich sind und sowohl einzeln im Lebergewebe, wie auch in der Nähe von oder mitten in Anhäufungen von Pancreaszellen vor- kommen. Die letztgenannten sind, wie auch schon verschiedene Verfasser (Cajetan, Laguesse, Oppel u. a.) angegeben haben, immer in der nächsten Nähe der Blutgefässe gelegen, die Inseln aber von diesen durchaus unabhängig, da sie oft nur zu den feinsten Capillaren in Beziehung stehen. Das Bindegewebe der Percaleber ist fein, stellenweise sehr spärlich, welches Verhalten wohl eine Erklärung der Tat- sache sein dürfte, dass die Exoplasmaschicht der Leberzellen ungewöhnlich fest ist, so dass es z. B. bei vorsichtiger Trypsin- digestion gelingt, die Zellengrenzen vollständig beizubehalten, obgleich Kern und übrige Teile der Zelle ganz zerstört sind. Um den grösseren Gefässen kommen elastische, durch Wei- gerts Färbung darstellbare Fasern vor, die Glissonsche Kapsel aber scheint solcher zu entbehren. Im übrigen setzen sich die Bindegewebefasern von ihr auf alle Blutgefässe fort und umgeben diese röhrenförmig. Die Fasern sind zweierlei Art, gröbere und feinere. Die ersteren halten mehr oder weniger genau die Längsrichtung der Gefässe ein, wenn auch quer ver- laufende nicht selten sind. Zwischen diesen eigentlichen Stütz- Zur Kenntnis der Teleostierleber. sg fasern verlaufen die feineren, netzhaft verflochtenen, die man mit Oppel als umspinnende bezeichnen kann. Diese scheinen hin und wieder von den gröberen sich abzuspalten. Die beiden Arten der Fasern werden von einer homogenen Zwischen- substanz zusammengehalten in derselben Weise, wie es Fig. 5. Fig. 6. Bindegewebe der Percaleber. Alkohol- Wie Fig. 5. Formalinfix. Silbermethode fix. Chromsilbermethode von Oppel. von Bielschowsky-Zimmermann. Leitz. Obj. 8, Oec. 2. Leitz. Obj. 8, Oc. 2. Disse (17) für höhere Vertebraten beschrieben hat. Allerdings lassen sich zwei Scheiden, wie Disse annımmt, nicht ab- grenzen; die gemeinsame Zwischensubstanz umfasst alle Fasern, sowohl die gröberen wie die feineren. Von dem, die Blutbahnen begleitenden Bindegewebe laufen zuweilen sehr zarte, oft kaum sichtbare Fäserchen einzeln oder wenige zu- 90 E. SEGERSTRÄLE, sammen zwischen den Leberzellen zu benachbarten Gefässen. Hin und wieder ist jede einzelne Zelle (Fig. 7) von zahlreichen feinen Fädchen umgeben, in welchem Falle es gewöhnlicher- weise nur an der einen Seite der Zelle eine gröbere Faser gibt. Diese Anordnung des Bindegewebes, wo sie angetroffen wird, kommt jedoch nur in der Nähe von grösseren Gefässen vor. Wie aus den Figuren 5—7 hervorgeht, sind die Ergeb- nisse der verschiedenen Methoden einander ziemlich ähnlich. Fig. 5 zeigt das Bindegewebe durch Chromsilberimprägnation, Fig. 6 nach dem Bielschowsky-Zimmermannschen Verfahren und Fig. 7 mit der Trypsindigestion dargestellt. Unterschiede machen sich geltend hauptsächlich in bezug auf die Menge der collagenen Fasern, welche am zahlreichsten in den Digestionspräparaten zu sehen sind. Die zuletzt ge- nannten zeigen auch allein die allerfeinsten, dicht verfilzten Fäserchen und die verbindende hyaline Substanz. Viel gröber erscheinen die Bindegewebsfasern dagegen in den imprägnierten Präparaten, welche auch die Ungelegenheit darbieten, dass an ihnen das collagene Gewebe niemals zur vollständigen Dar- stellung gelangt ist. Die Dicke der Fasern an den imprägnierten Präparaten, besonders den durch Chromsilber erhaltenen, legt es nahe, hier nicht allein das Resultat einer Faserimprägnation zu sehen, sondern auch eines gleichzeitigen perifibrillären Niederschlages. Es ist wohl nicht unwahrscheinlich anzu- nehmen, dass in einem Fehlen des hierfür nöligen Substrates um die feinsten Fasern ein Fehlen derselben in den Impräg- nations-Präparaten beruht. Vielleicht sind aber auch die feinsten Fasern anderer chemischer Natur wie die gröberen. Die Cottusleber ist von einem eigenartig lockeren Bau. Zuweilen kommen Bildungen vor, welche den Zellenbändern des Perca ganz ähnlich sind, sonst aber können die Tubuli nicht so deutlich unterschieden werden, weshalb die Leber beim ersten Betrachten der Schnitte an diejenigen der Säuger Zur Kenntnis der Teleostierleber. 91 erinnert, obgleich keine Lobuli vorkommen. Die Anordnung der Zellen ist in der Nähe der Gefässe eine radiäre, im übrigen sind sie scheinbar ganz unregelmässig gehäuft. Ihre Form ist gerundet oder polygonal, die Grösse sehr verschieden. Kleinere, 4—6 u im Durchschnitt messende, die ein dunkleres Protoplasma haben, wechseln mit grösseren, helleren ab, die Fig. 7. Wie Fig. 5 und 6. a) Einzelne Zellen von Bindegewebe umgeben. Alkoholfix. Trypsindigestion. Mallorys Hämatoxylin. Leitz. Obj. 8. Oc. 2. in einer Richtung bis zu 13 u lang sein können. Beiderlei enthalten sehr viel Fettkügelchen und in der Nähe der grösseren Blutgefässe charakteristische, dunkelbraune Pigment- anhäufungen von Blumenkelchform, die einzeln oder zu zweien in den Zellen vorkommen. Die letztgenannten besitzen meistens einen in der Mitte gelegenen Kern, sehr häufig kommen zwei und bisweilen auch drei vor. In dem Blutcapillarenendothel gibt es wie beim Barsch zweierlei Arten von Zellen. Die wenigen 2 E. SEGERSTRÄLE, grossen haben einen Kern, der im Querschnitt dreieckig ist. Die Form des Zellenleibes ist aber leider an meinen Präparaten nicht zu unterscheiden. Der Bau der Gallenwege ist dem- jenigen des Perca ziemlich ähnlich, nur hat Cottus weitere Capillaren und die cytozonalen Maschen besitzen eine mehr eckige Form. Die beim Barsch gefundenen, epithelähnelnden, Fig. 8. Bindegewebe aus der Cottusleber. Alkoholfix. Trypsindigestion in Lith. carb.- Lösung. Mallorys Hämatoxylin. Leitz. Obj. 8, Oc. 2. centrotubulären Zellen habe ich hier nicht wahrnehmen können. Weiter ist noch zu erwähnen, dass an den Gallencapillaren hin und wieder gestielte v. Kupffersche Secretvacuolen vor- kommen. Das intrahepatische Bindegewebe des Cottus (Fig. 8 und 9) unterscheidet sich von demjenigen der Percaleber nur dadurch, dass die Maschen etwas grösser und unregelmässiger sind. Spärliche Stützfasern werden wie bei dieser von dichten Netzen feinster umspinnender Fasern begleitet, von denen Zur Kenntnis der Teleostierleber. 093 wenige zarte Fäden zwischen benachbarte Gefässe ziehen. Die homogene Zwischensubstanz des Bindegewebes und die Exo- plasmaschicht der Zellen verhalten sich wie bei Perca. Die Esoxleber ist regelmässiger als bei den oben be- schriebenen Arten gebaut und zeigt die radiäre Anordnung Ir os DE GEL y V et N ed / Fig. 9. Wie Fig. 8. Formalinfix. Silbermethode von Bielschowsky-Zimmer- mann. Leitz. Obj. 8, Oc. 2. der deutlichen Tubuli oft ım ganzen Umkreise der grösseren Gefässe. Im Querschnitt enthalten die Drüsenschläuche wenigstens fünf fächerförmige oder polygonale Zellen mit einem Durchmesser von 4-8 u. Das Protoplasma ist grösstenteils hell und klar, an der Basis der Zelle verdichtet und dunkler. Im Grenzgebiet der beiden Zonen liegt der Kern, von einer feinen, fädigen Protoplasmastruktur umgeben. Grössere Granula 94 E. SEGERSTRÄLE, kommen oft vor, aber Pigment ist nirgends zu sehen. Dagegen scheint es wenigstens in der Sommerleber reichlich Glycogen zu geben. Fig. 10. Bindegewebe der Esoxleber. a) Grosse Endothelzellen. Silbermethode von Bielschowsky-Zimmermann. Leitz. Obj. 8. Oe. 2. ES Fig. 11 a und b. Esox. Granula. Blutcapillaren mit grossen Endothelzellen. Formalinfix. Kal. bichr. Methylenblau—Eosin. Leitz Obj. 8, Oe. 2. Lymphgewebe findet sich in grösseren und kleineren An- häufungen überall in der Glissonschen Kapsel (Fig. 12), nicht aber im Inneren der Drüse. Zur Kenntnis der Teleostierleber. 95 Die Blutcapillaren besitzen in ihrem Endothel ausser den gewöhnlichen kleinen Zellen hin und wieder grössere, deren Kerne gestreckt und im Querschnitt dreieckig sind (Fig. 10a, lila und 11 b). Zuweilen ist auch das Protoplasma des Zellen- leibes deutlich von den umgebenden Gebilden abgegrenzt. Die N Fig. 12. Lymphgewebe in der Glissonschen Kapsel bei Esox. Sublimatfix, Biondi- Heidenhainfärbung. Leitz. Obj. 8, Oc. 2. Fig. 13. Esox. Gallengang mit kurzen Seitenästen, die in Capillaren übergehen. Cajals Mod. der Golgimethode. Redukt. Saffranin. Leitz. Obj. 8, Oe. 2. Gallengänge verhalten sich wie bei Perca und Cottus, nur haben sie am Ende und an den Seiten schaltstückähnelnde, kurze, gerade Äste, die ganz plötzlich sich verschmälernd in die ziemlich weiten Capillaren übergehen (Fig. 15). Wenn man 96 E. SEGERSTRÄLE, der Tatsache gedenkt, dass in der Esoxleber kleine proto- plasmaarme intratubuläre Zellen mit grossem Kern vorkommen (Fig. 14a), die genannten kurzen Äste mit den Pancreasschalt- stücken der Säuger vergleicht und noch hinzufügt, dass die Kerne der centrotubulären Zellen und des Epithels der kurzen Gallengangäste einander vollkommen gleich sind, so findet sich eine überraschende Ähnlichkeit mit den entsprechenden Ver- hältnissen im Pancreas. Bei Esox scheinen neben den vaso- zonalen Maschen keine cytozonale vorzukommen. Fig. 14. Wie Fig. 13. und a) centrotubuläre Zellen. Formalinfix. Eisenhämatoxylin und van Giesonfärbung. Leitz. Oc. 2. Imm. "/ıe. Das Bindegewebe der Hechtleber ist fester und gröber als bei den im vorhergehenden beschriebenen Arten und die Maschen kleiner und dichter. Die elastischen Fasern kommen auch hier nur um den grösseren Gefässen vor. Die Stützfasern sind reichlicher als bei Perca und Cottus, die umspinnen- den Fäden nicht so fein wie bei diesen, auch nicht so dicht verfilzt und die zwischen den Gefässen laufenden Fäserchen in grösserer Zahl vorhanden, so dass bei Esox jeder einzelne Tubulus nach allen Seiten vom Bindegewebe umsponnen ist, Zur Kenntnis der Teleostierleber. 3% welches auch hin und wieder in der Nähe der Gefässe einzelne Zellen umgibt (Fig. 10 und 15). Da die Leber von Anguilla schon ausführlich von Braus (8) und Bluntschli (10) beschrieben worden und ich in fast allen Punkten zu denselben Ergebnissen gekommen bin, dürften nur noch einige Bemerkungen hinzugefügt werden. Bluntschli behauptet, wie schon früher genannt wurde, das Fig. 15. Bindegewebe bei Esox. Die zwischen benachbarte Gefässe verlaufenden Fäden deutlich zu unterscheiden. Trypsindig. in Sodalösung Mallorys Hämatoxylin. Leitz. Obj. 8, Oe. 2. Vorkommen von schaltstückähnelnden Intermediärgängen mit länglichen abgeplatteten Kernen. Mir kommt es jedoch vor, wie wenn diese Gänge allmählich sich verschmälernd in Capillaren übergehen und in Übereinstimmung mit dem Verhalten bei Esox zuweilen kleine Seitenäste tragen, die sich ebenfalls in Capillaren auflösen. An Serienschnitten der anderen Teleostierlebern konnten jedenfalls Schaltstücke nicht nachge- wiesen werden. Die Unterscheidung eines Schaltstückes wirkt daher gekünstelt. Beim Aal habe ich ebensowenig cytozonale Anatomische Hefte. I. Abteilung, 123/124. Heft (41. Bd., H. 1/2). 7 98 E. SEGERSTRÄLE, Maschen, wie irgendwelche Art centrotubulärer Zellen finden können. In den Leberzellen des Anguilla kommen häufig sogen. Nebenkörper vor (Fig. 16a, b, c), grosse, runde, scharf be- grenzte Bildungen, die manchmal fast die Grösse des Kernes erreichen und hin und wieder in einer Anzahl von bis acht Stück in derselben Zelle angehäuft sein können. Die Neben- b en Fig. 16 a, b und c. Nebenkörper in den Zellen der Anguillaleber. Formalinfix. Bordeauxrot und Heidenhains Hämatoxylineisenlack. Leitz. Oc. 4, Imm. "/ı2. körper enthalten in ihrer Mitte ein bei geeigneter Abstufung der Differenzierung durch Heidenhains Eisenlack darstell- bares, centrales Korn (Fig. 16b u. ec). Pigmentzellenanhäufungen sind beim Aal gefunden worden, die nicht einem Blutgefässe unmittelbar anliegen und den Pancreasinseln bei Perca durch- aus ähnlich aussehen. Wirkliche Pancreaszellen habe ich da- gegen nur im Bindegewebe der Leberpforte wahrnehmen können. Auch bei Anguilla sind im Bluteapillarenendothel ähnliche Zur Kenntnis der Teleostierleber. 1979) grosse Zellen wie bei den im vorhergehenden beschriebenen Lebern vorhanden. Von dem Bindegewebe der Aalleber gibt jaBraus schon an, dass um den Blutgefässen den Gitternfasern ähnelnde Fäd- chen vorkommen. Hinzuzufügen ist jetzt, dass sich sowohl reichlich gröbere Stützfasern finden, als auch eine sehr grosse Fig. 17. Bindegewebe der Anguillaleber. Alkoholfix. Trypsindigestion in Lith. carb.- Lösung. Mallorys Hämatoxylin. Leitz Obj. 8, Oe. 2. Anzahl umspinnender Fasern und dass übrigens das Binde- gewebe der Anguillaleber demjenigen von Esox sehr ähn- lich ist, nur noch gröber und fester (Fig. 17 und 18). E. Cohn (18) hat für die Säugerleber nachgewiesen, dass Coliargol, in die Vena jugularis injiziert, von den Sternzellen fast momentan aufgenommen wird. Da die grossen Zellen im Blutcapillarenendothel der Fischleber als den v. Kupffer- Gr 100 E. SEGERSTRÄLE, schen Sternzellen analoge Gebilde aufgefasst werden können, erschien es von einigem Interesse, das Verhalten derselben zu dem Collargol zu prüfen. Daher wurden in oben genannter Weise Collargolinjektionen sowohl bei Perca als Esox ge- macht, zuerst in die Bauchhöhle, wobei die Leucocyten fast Fig. 18. Wie Fig. 17. Formalinfix. Silbermethode von Bielschowsky-Zimmer- mann. Leitz. Obj. 8, Oe. 2. die ganze Injektionsmasse bewältigt zu haben schienen, da sie alle vollkommen schwarz waren, während äusserst wenige von den grossen Zellen Collargol aufgenommen hatten. Als aber in den Herzconus injiziert wurde, zeigte sich bei der darauf folgenden Untersuchung der Lebern ein ganz anderes Bild. Stellenweise waren alle Blutgefässe und Capillaren collargol- haltig, oft so stark, dass keine Details hervortraten. Es er- Zur Kenntnis der Teleostierleber. 101 wies sich, dass die grossen Zellen fast überall die Injektions- masse aufgenommen hatten, jedoch war auch das Protoplasma in der Umgebung der übrigen Endothelzellen stark gebräunt. Die genannten Tatsachen beweisen die physiologische Gleich- wertigkeit des Blutcapillarenendothels der Knochenfische mit demjenigen der höheren Wirbeltiere und stehen ım Einklang mit der neuerdings von Nathan (11) vertretenen Auffassung, dass die v. Kupfferschen Zellen nur ein Entwickelungs- stadium der gewöhnlichen Endothelzellen darstellen, und dass die letztgenannten unter Umständen auch bei erwachsenen Tieren zu solchen werden können. In der Tat sieht man bei den Knochenfischen häufig Übergangsformen zwischen den beiden Arten der Endothelzellen. Die Lage der letzteren inner- halb der Bindegewebsschicht geht an den mit Silber impräg- nierten Präparaten sehr deutlich hervor, da oft gleichzeitig die Stützsubstanz und die Kerne des Endothels geschwärzt werden (z3BEis3E10). Aus dem, was oben von dem Bindegewebe der Knochen- fischleber gesagt worden ist, wird hervorgehen, dass es keine prinzipiellen Verschiedenheiten von demjenigen der höheren Wirbeltiere darbietet. Wie bei diesen kommen hier zweierlei Bestandteile, gröbere geradere Stützfasern und feinere wellige, umspinnende Fädchen vor. Beide Arten bilden zusammen, wie es schon früher Disse (17) und Oppel (19) für höhere Vertebraten dargetan haben und neuerdings wieder R. Ma- resch (20) und E. Schmidt (21) mit der Bielschowsky- Methode gezeigt, um die Blutbahnen eine adventitielle Schicht. Weiter geht aus dem Verhalten des Bindegewebes sehr deutlich hervor, dass in der Leber der vier untersuchten Teleostier keine Lobuli vorkommen. Die radiäre Anordnung um die grösseren Gefässe wird wohl jedoch als der erste Anfang der bei anderen Vertebraten auftretenden Lobulibildung aufzufassen sein. Ein Vergleich zwischen den Lebern der beiden Acanthopteri Perca und Cottus einerseits und der Physostomen Esox und Anguilla andererseits ergibt, dass diese Teleostier- gruppen untereinander mehrere Verschiedenheiten darbieten. Gedenke man z. B. nur der ungleichen Tubulianordnung, wie sie sich in der Unregelmässigkeit und Zellenbänderform bei Perca und Cottus und in den sehr deutlichen Drüsen- schläuchen der beiden anderen Fischlebern äussert, wie auch der eytozonalen Maschenbildung, des verschiedenartigen Proto- plasmas und der ungleichen Lage der Kerne in den Zellen. Weiter können die oben erwähnten Verschiedenheiten im Bau des intrahepatischen Bindegewebes beachtet werden. Nach diesen Tatsachen zu beurteilen, dürften die Repräsentanten der Acanthopteri in ihrem Leberbau den höheren Wirbeltieren näher kommen als die Physostomen es tun. Was schliesslich das Entstehen der eytozonalen Maschen betrifft, scheinen die Verhältnisse bei Cottus nicht mit der schon früher genannten Auffassung Bluntschlis im Einklange zu stehen, laut welcher die Ursache dieser Maschenbildung in den Anhäufungen von Lymphgewebe in der Leber zu suchen wäre, denn solches ist bei diesem Fische gar nicht nachzuweisen. Helsingfors, im November 1909. 12. 13. Literaturverzeichnis. . Weber, E. H., Über die Leber von Cyprinus carpio, die zugleich die Stelle des Pancreas zu vertreten scheint. Arch. f. Anat. u. Physiol. Bd. 2, 1827, S. 294—299. Eberth, C. J., Virchows Arch. Bd. 39, 1867, S. 70-89 und Arch £. mikroskopische Anat. Bd. 3, 1867 S. 423—440. 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Vor allem waren es die kleinen Elemente, welche die Thymusrinde bilden und in ihrem Aussehen so sehr den echten Lymphocyten gleichen, dass sie ohne weiteres für solche gehalten worden sind. Das wäre ja auch das Einfachste gewesen, wenn man diese kleinen Zellen als Einwandrer, als ausserhalb der Thymus entstandene Lymphocyten hätte entlarven können. Die Lehre von der einheitlichen Abstammung der ge- samten weissen Blutzellen aus dem Mesoderm blieb dann unangetastet. ‘Allein viele Autoren kamen zu anderen Resultaten. Sie fanden, dass die kleinen Rindenzellen — so will ich die strittigen Gebilde der Thymusrinde kurzweg nennen — in der 'Ihymus selbst entstanden, autochthon waren. Als — nicht not- wendige — Konsequenz ergab sich die Annahme, daß auch die Thymus Lymphzellen produziere, was theoretisch sehr un- bequem war, denn damit wäre ja ein doppelter Ursprung der weissen Blutzellen, ein mesodermaler und ein entodermaler, gegeben gewesen. So musste es gerade von theoretischer Seite begrüsst werden, dass die Lehre Beards, die Thymus sei die einzige Quelle der weissen Blutzellen, als unhaltbar er- 108 PHILIPP STÖHR, wiesen wurde. Sie gilt heute dem Fachkenner mit Recht als beseitigt. Aber die Behauptung vom autochthonen Ursprung der kleinen Rindenzellen hatte — es war das nicht notwendig gewesen — auch die Transformationstheorie geboren, die lehrte, dass Epithelzellen der Thymus sich zu Lymphocyten umbilden. Das war nun für den Theoretiker wieder die gleiche Un- bequemlichkeit, denn damit war ja der dualistische Ursprung der weissen Blutzellen wieder behauptet. Ich ($) war nun zu einer dritten Auffassung gelangt. Ein glücklicher Umstand hatte mir ein Objekt in die Hand gespielt, an dem der autochthone Ursprung der kleinen Rinden- zellen klar nachzuweisen war, den Laubfrosch. Aber ich konnte auch an andern Objekten, selbst beim erwachsenen Menschen, das zweifellose Vorkommen von Epithelzellen in der Peripherie der Rindenschicht demonstrieren und kam zu dem Schluss: die kleinen Thymusrindenzellen sind keine Lymphocyten und dergl., sie sind und bleiben Epithelzellen. Dieses Resultat war aber nicht auf morphologischem Wege zu erreichen; es gibt Epochen im Leben der kleinen Rinden- zellen, in denen diese mikroskopisch nicht unterscheidbar sind von echten Lymphocyten, in andern Epochen dagegen ist die Rinde deutliches Epithel; die ganze Lebensgeschichte aber der Thymusrinde erlaubt nur einen Schluss: „dieganze Thymus ist ein epitheliales Organ“. ‚Die einge- drungenen Leucocyten haben für den Aufbau der Thymus keine Bedeutung“ (9, S. 442). Der heftige Widerspruch angesehener Forscher, den ich gefunden habe, veranlasst mich um so mehr zur Entgegnung, als der eine (1, S. 87) derselben geradezu die Befürchtung ausspricht, ich möchte Anhänger finden. Da ich nun immer noch der Meinung bin, dass ich mit meiner Auffassung das Rechte getroffen habe, glaube ich, in Berücksichtigung des Satzes „Qui tacet, consentire videtur‘ erwidern zu müssen; Über die Abstammung der kleinen Thymusrindenzellen. 109 ich hoffe, dass es mir schliesslich doch noch gelingen wird, auch meine Gegner zu Zugeständnissen, vielleicht auch zur Zustimmung zu veranlassen. Wir verfolgen ja doch das gleiche Ziel, Klärung der schwierigen Frage, und in Berücksichtigung dieses Umstandes möge auch meine Entgegnung aufgefass! werden. Geschrieben sine ira, ohne die Absicht zu kränken. Und wenn auch da und dort fest zugepackt wird, dann ist der bekannt giftige Saft, die Tinte schuld. Ehe wir aber in die Diskussion treten, muss ich die Be- dingung stellen, dass meine Gegner — überhaupt alle Thymus- untersucher — darauf verzichten, die fraglichen Zellen ‚„Thymus- Iymphocyten‘“ oder gar „Lymphocyten“ zu nennen. Das wollen ja meine Gegner erst beweisen und das bestreite ich ja. Damit verknüpfen jene eine Vorwegnahme, die nur Verwirrung schafft, denn einmal sind nur diese Pseudos, das andere Mal echte Lymphocyten gemeint und selbst der hier Geübte gibt sich dann oft vergebliche Mühe, recht auseinander zu halten. Ich verkenne durchaus nicht die Schwierigkeiten, die um so grösser sind, weil immer echte wandernde Lymphocyten, die meiner Meinung nach gar nichts mit dem Aufbau der Thymus zu tun haben, hereinspielen und die Frage trüben. Und gegen ein zweites muss ich mich gleich anfangs wenden. Ich bin kein Anhänger der Transformationstheorie, denn ich habe niemals gesagt, dass ich glaube, die Epithelzellen der Thymus bilden sich um. Das heisst doch transformieren. Im Gegen- teil, ich bestreite ausdrücklich, dass die Thymusepithelien z. T. zu Lymphocyten werden; „die Thymus ist ein epitheliales Organ‘ (entodermalen Ursprunges), „von Anfang bis zu Ende“ (8, S. 9). Wie kann man da von einer Angehörigkeit zur Trans- formationslehre sprechen ?t). Die Notwendigkeit, den Einwürfen meiner Gegner eingehend ) Deutlicher gegen die Transformationshypothese kann man sich doch nicht wenden, als ich es (9, 8. 410) getan habe, indem ich darauf hinwies, dass Koelliker mit unrecht als der (erste) Verfechter dieser Irrlehre genannt 110 PHILIPP STÖHR, entgegenzutreten, führt an einzelnen Stellen zu einer Breite, die nicht für jeden Leser besonders erfreulich, aber im Inter- esse der Sache unentbehrlich ist. Es ist aber doch nicht an- gängig, auf jeden einzelnen Vorwurf in langer Auseinander- setzung zu erwidern. So musste ich auf manches verzichten, aber nicht, weil ich nichts erwidern kann — ich werde das gegebenen Falles offen zugestehen —, sondern weil ich glaube, dass im Laufe der Diskussion die Sache sich von selbst ergibt. Ich wende mich zuerst gegen Hammar (1), der mit allgemeinen Bemerkungen, dann mit Spezialbeobachtungen über die kleinen Rindenzellen, mit Erfahrungen über den Einfluss der Röntgenstrahlen und über die epitheliale Randschicht der Thymus meine Angaben vom autochthonen Ursprung der kleinen Zellen bekämpft und deren Identität mit echten Lymphocvyten zu beweisen sucht. Hammar sucht meinen Nachweis der autoch- thonen Entstehung durch die Bemerkung abzuschwächen, dass er ıhm nur „eine recht relative Beweiskraft“ (1, S. 86) zugestehen könne. Ich will mich hier nicht auf diejenigen Autoren be- rufen, die gleich mir, auf Grund. ihrer Beobachtungen für die autochthone Entstehung der kleinen Rindenzellen eintreten, ich meine aber, wenn eine eng geschlossene Reihe von Stadien vorliegt (9, S. 423), wenn an der Stelle, an welcher früher nur grosse Epithelzellen gelegen waren, jetzt auch?) kleine werde. Aber trotz allem hat mich Maximow (5, S. 532) wieder in diese Gesellschaft unter Schaffung einer besonderen Gruppe zurückversetzt. Ich muss alle die in diese Kategorie gehörenden Bemerkungen ablehnen und fühle keine Verpflichtung, Dinge, die ich nicht behauptet habe, zu verteidigen. Dahin gehört auch z. B. die Bemerkung Maximows (5, 8. 613). „Denn bei aller auch noch so berechtigten Skepsis, die man einem zu bedingungslosen Glauben an dıe Specifität der 'Keimblätter entgegenbringen mag, kann die Vorstellung, dass ein Teil der Lymphocyten des Blutes und der Lymphe aus umgewandelten Entodermepithelien entstehe, von vorneherein kein besonderes Vertrauen erwecken.“ Ich huldige dieser Vorstellung auch gar nicht, ’) Hammar scheint annehmen zu wollen, ich hätte die grossen Epithelzellen übersehen. Dem gegenüber verweise ich auf S. 422/23 meiner Über die Abstammung der kleinen Thymusrindenzellen. 111 Zellen liegen, wenn eine Einwanderung kleinzelliger Elemente von aussen her) nicht nachweisbar ist, während gleichzeitig viele Mitosen in der Thymus sichtbar sind, bleibt da ein andrer Schluss möglich, als dass die kleinzelligen am Platze entstanden sind? Ja, welche Beweise sollen denn da noch erbracht werden ? Die Gegenrede „für andere Objekte liegen die Verhältnisse anders“ (1, S. 86) ist hier deplaziert, ich werde sofort auf diese Bemerkung noch einmal zurückkommen; sie ist um so ungeeigneter, als Hammar an die Bezeichnung „dicht ausser- halb des Organs“ andere Ansprüche stellt, als z. B. ich). Arbeit (9), wo von vorwiegend kleinzelliger Rinde mit einzelnen grossen Zellen die Rede ist, ferner auf Fig. 12, wo auch in der Rinde der Hylathymus deut- lich die grossen Kerne der grossen Zellen abgebildet sind. Das epitheliale Reticulum Hammars übergebe ich aber Maximow (5), der diesem und seinem Autor die nötige Würdigung zu Teil werden lässt. °) Hammar ist „zwar weit entfernt, die Möglichkeit einer solchen autochthonen Bildungsart der Thymuslymphocyten verneinen zu wollen“ meint aber, um diese Möglichkeit wieder abzuschwächen, die eventuelle Beteiligung der Blutlymphocyten sei nicht auszuschliessen (1, S. 86). Ich muss diese Rück- zugspforte unpassierbar machen, denn die Blutgefässe enthalten bei Hyla um diese Zeit nur Erythocyten. Leuko- oder Lymphocyten sind ausserordentlich selten, nur in ganz vereinzelten Exemplaren dort vorhanden, viel zu wenig, um das massenhafte Vorkommen der kleinen Zellen in der Thymus- rinde zu erklären. Hammar berücksichtigt diese auf S. 422/23 meiner Arbeit (9) genau auseinander gesetzte Tatsache — trotzdem, dass er sie eitirt — ebensowenig, wie meine ebenda (S. 413) gegebene Erklärung, dass ich vorziehe, den Namen „Leukocyt“ in seiner Bedeutung als allgemeine Bezeichnung zu gebrauchen. Hammar benutzt dies zu einem Tadel (1, S. 85), der um so weniger gerechtfertigt ist, als man z.B. im Epithel der Schweinetonsille Leuko- cyten findet, die nicht, wie gewöhnlich, zu den Lymphocyten gehören, sondern deutlich die Merkmale gelapptkerniger Hämoleukocyten tragen. (Vgl. meine Abhandl. „Über Mandeln und Balgdrüsen“ Virchows Archiv Bd. XCVII. Tafel IX. Fig. 4. 1884. Ich hatte damaliger Auffassung entsprechend die Lappungen für Kernteilungsfiguren gehalten). Um immer sich wiederholenden Einzelbe- schreibungen aus dem Wege zu gehen, habe ich den allgemeinen Namen „Leukocyt“ vorgezogen. Übrigens habe ich auch da, wo eine genaue Bezeich- nung passend schien, eine solche gebraucht z. B. S. 426/27. Ich benutze diese Gelegenheit, um auf den in meinem Lehrbuche (10, S. 120) erhobenen Protest gegen die verkehrte Verwendung des Wortes „Leukocyt“ hinzuweisen. *) Es handelt sich um die hier nicht bedeutungslose Frage, ob primäre Wanderzellen derart nahe der Thymusperipherie gelagert sind, dass eine Ein- 112 PHILIPP STÖHR, Ich habe vorhin (S. 111) auf die Gegenrede Hammars verwiesen, dass für andere Objekte die Entwicklungsverhält- nisse der Thymus anders lägen. Hammar hatte damit den Menschen gemeint und da ich später bei der Beurteilung der Befunde Maximows auf die Thymus der Säugetiere ein- gehen werde, kann ich diesen Punkt einstweilen verschieben. Aber ich glaube ganz im Sinne Hammars zu handeln, wenn ich hier auf seine neueren Angaben über die Teleostierthymus (2) Rücksicht nehme. Ich bedaure, mich da ablehnend verhalten zu müssen, nicht aus Gründen einseitiger Anschauung, sondern wegen der Eigenart, die gerade Siphonostoma iyphle hierin entwickeln soll. Es sind nämlich ‚„Thymusknospen‘“, wie sie sonst bei Teleostiern zu finden sind, hier „gar nicht zu finden“. „Das Epithel ist auch nicht verdickt“; eine Abgrenzung des Thymusgebietes ist in diesem Stadium lediglich durch sein Verhältnis zur Umgebung möglich. Trotzdem wird von sub- thvmischen Lymphocyten geredet (2, S. 38, 39). Sollte da nicht wanderung dieser in die T’hymus für möglich erachtet wird. Bei „dicht“ verlange ich hier eine solche nahe Lagerung, davon ist aber in Wirklichkeit nicht die Rede; diese ausserhalb der Thymus gelegenen Wanderzellengruppen lassen sich in dieser Entfernung nicht zur Entscheidung der Einwanderungs- frage verwenden und nur deshalb habe ich mich — um verhängnissvolle Missverständnisse zu vermeiden — gegen die Bezeichnung „dicht‘ ausgesprochen. Ich habe jene Wanderzellengruppen auch gesehen und sie zu einem in der Nähe der Thymus gelegenen kleinen Lymphknoten in Beziehung gebracht. Dass Hammar den Lymphknoten glattweg leugnet (1, S. 87), ist gewiss nicht so gemeint, dass er das von mir Beschriebene und Fig. 23 (9) Abge- bildete etwa als einen Irrtum meinerseits hinstellen möchte. Er hat eben an seiner Serie, die Kling (3, S. 586) beschrieben hat, die von einem mensch- lichen Fetus vom Beginn des 4. Monats (70 mm Steissscheitellänge) stammt, nichts dergleichen gesehen. Ich erinnere mich nun weder der Länge meines Fetus, noch weiss ich, ob derselbe nicht vom Ende des vierten Monats stammte. Rechnet man nun dazu, dass genaue Termine sich weder für die Entwicklung der einzelnen Lymphknoten, noch auch für den Ausbildungsgrad der Thymus aufstellen lassen, so dürfte unserer Differenz recht wenig Gewicht zugelegt werden. Ich kann übrigens den Knoten Hammar demonstrieren, ebenso wie die Thymus eines menschlichen Fetus von 3 Monaten, an der Mark und Rinde deutlich erkennbar sind, Über die Abstammung der kleinen Thymusrindenzellen. 113 der Verdacht an Verwechslung mit Rückbildungserscheinungen an inneren Kiemen aufsteigen? Ich besitze keine eigenen Er- fahrungen über dieses Objekt und enthalte mich darum eines diesbezüglichen Urteils. Aber Hammar betrachtet selbst seine Resultate, obwohl ihm Siphonostoma als ein vorzüg- liches Objekt gilt (S. 37), nicht als ausschlaggebend und ver- sucht es mit einer zweiten Methode, die ich — offen gestanden — nicht verstehe. Ich begreife nicht, wie die Frage nach der Herkunft der kleinen Thymusrindenzellen durch Anfertigung von Plattenmodellen, Wägung dieser und Aufstellung von Ent- wicklungskurven entschieden werden soll; ich begreife das um so weniger, als auch mit dem Mikroskop dabei kein Unter- schied zwischen epithelialen und Lymphocyten-Mitosen ge- macht wurde (S. 42). Diese Methode wurde dann auch auf Salmo salar angewendet und daraus ergab sich dann ein Widerspruch mit Maurers (4) Angabe, der bei der Forellen- thymus Dinge festgestellt hatte, die meiner Auffassung recht nahe stehen. Damit ist nur erreicht, dass die Entwicklung der Teleostierthymus noch einmal und zwar womöglich an den gleichen Objekten studiert werden muss. Die Unstimmig- keiten, welche Hammar selbst erwähnt (S. 44, 45), die Unterschiede zwischen aquariengezüchteten und eingefangenen Larven lassen wenig Erfreuliches für Siphonostoma erhoffen. Ich denke Hammar wird mir zustimmen, wenn wir einst- weilen die Teleostierthymus ausschalten und ebenso wird er mir zustimmen müssen, dass die bis jetzt von ihm gegen die autochthone Entwicklung erhobenen Bedenken nicht ausschlag- gebend sein können. Bedenklicher scheinen andere Angaben Hammars. Ich meinte, die kleinen Thymusrindenzellen haben so wenig charakteristische Merkmale, dass ein morphologischer Unter- schied zwischen ihnen und echten Lymphocyten kaum ge- funden werden dürfte (vergl. 9, S. 426). Aber Hammar glaubt Anatomische Hefte. I. Abteilung. 123/124. Heft (41. Bd. H. 1/2). 8 114 PHILIPP STÖHR, — keinen Unterschied, im Gegenteil — den Beweis für die völlige Identität beider Elemente gefunden zu haben. Die Lymphocyten sind basophil. Liesse sich auch die Basophilie der kleinen Thymuszellen nachweisen, dann wäre vielleicht ein Schritt weiter geschehen in der Erkenntnis der Identität beider. Das dürfte wohl der Gedankengang bei den diesbezüg- lichen Untersuchungen Hammars gewesen sein. Ich übergehe hier den Wert von Strichpräparaten, denen naturgemäss jede Topographie fehlt, ich weiss selber, dass „Hämo“- und „Lympholeucocyten“ (10, S. 120) in der Thymus vorkommen und kann aus den Angaben Hammars nicht ent- nehmen, von welchen Thymen, welchen Alters, welcher Stelle er seine Strichpräparate entnommen hat. Die Beweiskraft solcher Präparate brauchte ich also schon an sich nicht an- zuerkennen. Doch sei es. Das Missliche ist nur, dass Hammar an seinen „Ihymusiymphocyten dieselbe dichte blaukörnige Färbung des den Kern umgebenden Protoplasmasaumes‘ fest- gestellt hat, wie bei den „gewöhnlichen Blutlymphocyten“ (1, S. 90). Ich fürchte, dass Hammar damit schwerlich vielen Beifall ernten wird, denn die kleinen Lymphocyten — und dass Hammar diese meint, dafür spricht sein Ausdruck „Protoplasmasaum“ —, sind ja gerade dadurch ausgezeichnet, dass sie keine Körnung haben, abgesehen von der durch Schridde nur mit ganz besonderen Methoden herstellbaren und auch sonst besonderen Granulierung (7, S. 231) und das Letztere scheint mir doch ganz ausgeschlossen. Hammar ist hier auf einen Irrweg geraten. Der basophile Körnelungsnachweis ist hier ein Unding, der ganze diesbezügliche Identitätsversuch von kleinen Thymusrindenzellen und echten Lymphocyten muss als völlig misslungen betrachtet werden. Damit ist der erste Satz der Zusammenfassung Hammars (1, S. 99), auch wenn er allgemeiner gehalten ist und von Körnelung nicht mehr gesprochen wird, wertlos geworden. Er kann nicht gegen meine Deutung sprechen. Über die Abstammung der kleinen Thymusrinderzellen. 115 Nun zum zweiten Satz, zur amöboiden Beweglichkeit der kleinen Thymuszellen. Schon aus meiner Darstellung (9, S. 449) geht hervor, dass ich an eine Beweglichkeit der kleinen Zellen glaube. Wenn — wie ich annehme — in der Thymusrinde fortwährend neue kleine Elemente entstehen, wenn im Thymus- mark kleine Zellen zu grossen heranwachsen und dann zu- grunde gehen, dann bleibt doch wohl nichts Anderes übrig, als dass die kleinen Rindenzellen allmählich ins Mark rücken. Die amöboide Beweglichkeit ist doch keine specifische Eigen- schaft der Lymphocyten und kann deswegen auch unmöglich als Beweis für die Identität der kleinen Rindenzellen und der echten Lymphocyten herangezogen werden. Ich möchte mich aber doch gegen die Art der Beweis- führung hier wenden. Sind die diesbezüglichen Versuche an jungen oder an erwachsenen Fröschen vorgenommen worden; vom Mark oder von der Rinde? Ich finde in Hammars Schrift keine Antwort auf diese Fragen. Und auch auf die Schwierigkeit, derartige Objekte recht zu zeichnen, möchte ich hinweisen. Genaue Umrisse sind da überaus schwer im Zeichen- apparat nachzufahren. Hammar bildet die feinen, faden- förmigen Fortsätze, von denen er (1, S. 96) spricht, gar nicht ab, und die Form des grösseren Erythrocyten r. ist in den 9 Skizzen der Fig. 1 Hammars durchaus nicht die gleiche. Ich verkenne gewiss nicht die technischen Schwierigkeiten und würde wegen solcher Fehler auch keinen Widerspruch er- heben, aber ich kann doch nicht zugeben, dass solche un- sicheren Dinge als gegenbeweisführendes Material verwendet werden. Auch der zweite Satz der Zusammenfassung Hammars kann keine ausschlaggebende Geltung beanspruchen. So bleiben noch die Studien über die Involution der Thymus nach Röntgenbestrahlung übrig, die Rudberg (6) nach Heinekes mehr gelegentlichem Versuche unternommen 8* hat. Es war schon von vorneherein zu erwarten, dass bei der eingreifenden Wirkung der Bestrahlung auf den ganzen Organismus es schwierig sein würde, deren Einfluss auf die „Thymuslymphocyten“ feststellen zu wollen, ohne dass der Zusammenhang gestört wurde. Erheblich vermehrt werden diese Schwierigkeiten durch die längstbekannte Tatsache, dass die Thymus von Tieren, auch desselben Wurfes, in Umfang, Gewicht und Bau erheb- liche Varianten zeigt, dass wir kaum imstande sınd, schon bei der Betrachtung des noch lebenden Tieres das Verhalten der Thymus auch nur einigermassen vorauszubestimmen. Wie schwer muss es dann sein, den Einfluss der Bestrahlung auf die Thymus genau festzustellen. Ich bin auch während der ganzen Lektüre der Schrift Rudbergs den Eindruck der Unsicherheit nicht los geworden und ich glaube, das Gleiche geht aus den Schlüssen des Autors selbst hervor. So unsicher fühle ich mich, dass ich nicht weiss, ob ich mit Rech! dem Autor den Vorwurf direkten Widerspruches mache, wenn ich seinem Schlussatze: Durch stärkere Röntgenbehand- lung „können im grossen und ganzen alle Lymphoeyten im Parenchym (der Thymus) zerstört worden sein“, den Satz der Seite 148 gegenüberstelle: „In vielen Fällen scheint indessen ein kleiner Rest von Lymphocyten der Zerstörung entgangen zu sein“. Oder soll das Heineke gesagt haben. Mit dessen Angaben stimmt doch laut Hammar (1, S. 92) Rudberg völlig überein. Oder ist das „im grossen und ganzen” die Brücke, über welche der eventuelle Rückzug angetreten werden soll? Mag dem sein, wie ihm wolle, die Zusammenfassung krankt an Unklarheit. Ich mache das nicht Rudberg, sondern dem Objekt zum Vorwurf und der Frage. Denn völlig ver- fehlt ist es, auf dem Wege der Regeneration die Herkunft der „Thymuslymphoeyten“ feststellen zu wollen, wo weit be- quemere und vor allem sichrere Wege, nämlich die Entwick- Über die Abstammung der kleinen T’hymusrindenzellen. 117 lungsgeschichte mesenchymarmer Tiere, zur Verfügung stehen. Die Antwort Rudbergs auf die falsche Fragestellung war dementsprechend auch eine falsche. Es genügt gewiss, auf die bekannte Tatsache hinzuweisen, dass die Regeneration der Linse bei Amphibien auf einem ganz anderen Wege, als auf dem der Entwicklungsgeschichte, verlaufen kann. Wir kommen durch solche Arbeiten der Lösung unserer Streitfrage nicht näher; ich muss die Arbeit ablehnen, aber nicht ohne auf einen be- denklichen Widerspruch Hammars hingewiesen zu haben. Hammar (li, S. 95) sagt, dass nach Heineke und Kud- berg den „Thymusiymphocyten die gleiche Empfindlichkeit gegen Röntgenbestrahlung zukomme, wie den echten Lympho- cyten. Heineke aber hat gefunden, dass der „Lymphocyten”- zerfali bei der Thymus langsamer zu verlaufen schien als ın den Lymphdrüsen (6, .S. 125) und Rudberg hat diese Be- obachtung „teilweise bestätigt‘ ?). Kann man da von gleicher Empfindlichkeit sprechen? Übrigens werden auch die epi- thelialen Reticulumzellen in der Thymus durch die Bestrahlung angegriffen; wie kann dann von einer specifischen Wirkung der Strahlen auf die „Lymphocyten“ die Rede sein? Und Front muss ich machen gegen die in jener Zusammen- fassung Hammars wieder auftretende Behauptung, dass die epitheliale Randschicht immer da sei und nur durch die „Ehymuslymphocyten“ verdeckt werde Hammar nimmt doch nicht an, die Randschicht sei immer in der Form geschlossen, dicht nebeneinander liegender Epithelzellen vorhanden und werde nur durch die „Lymphocyten“ verdeckt. Diese An- nahme ist nicht nur bei unserer modernen Technik ausge- schlossen und widerlegt sich auch durch die Figur 2 Ham- mars (1), aber wenn die „Lymphocyten“ rareficiert werden, dann erscheinen nicht nur „blossgelegte Reticulumzellen“ °) Darüber hilft auch die gezwungene Erklärung Rudbergs nicht weg, von vorausgegangener Involution „aus irgend einem Anlass.‘ (6, S. 145). 118 PHILIPP STÖHR, (1, S. 99), sondern es kann eine geschlossene Epithelschicht auftreten, die schwer als nur durch erholte Retieulumzellen gebildet gedeutet werden kann. Mir scheint der Schluss, dass unter den kubischen Zellen auch herangewachsene, ehemals kleiner gewesene Rinden- zellen stehen, nicht so ungeheuerlich. So kann ich den Wert der ganzen Zusammenfassung Hammars als den epithelialen Ursprung der kleinen Thymus- rındenzellen widerlegenden Faktor nicht anerkennen. Über die durch Hammar in dankenswerter Weise ge- schilderten Involutionserscheinungen habe ich schon einmal diskutiert (9, S. 449); sie sind auch anderer Deutung zu- gänglich; ich möchte in dieser Beziehung hier nichts Weiteres zufügen. Mein zweiter Gegner ist Maximow. Er hat an einer Reihe von Säugetieren beobachtet, dass schon in sehr frühen Stadien der Entwicklung Lymphocyten in die Thymus ein- wandern und leitet von diesen die kleinen Rindenzellen ab; diese wären also nicht autochthon, sondern Fremdlinge, einge- wanderte Mesenchymabkömmlinge. Das ist das direkte Gegen- teil von dem, was ich bei Hyla beschreibe. Geben wir zuerst Maximow das Wort. Sehr frühzeitig, bei Kaninchenfeten von 14,5 mm Länge, dringen Wanderzellen und grosse Lymphocyten aus dem zellenreichen Mesenchym in die noch nicht in Rinde und Mark geschiedene Thymus und zwar mil Vorliebe sind die Einschnitte zwischen den Höckern die „bevorzugtesten Eingangspforten für die Lymphocyten“ (5, 5. 556). Das gleiche ist auch an älteren Kaninchenfeten von 17,5—18 mm Länge zu beobachten. Relativ selten findet die Einwanderung an der konvexen Oberfläche der Läppchen statt, dagegen ist sie sehr intensiv in den Bindegewebssepten zwischen den Läppchen (S. 560). „Die Hauptmasse der ein- wandernden Lymphocyten sammelt sich auf diese Weise zuerst Über die Abstammung der kleinen Tbymusrindenzellen. 119 in den tieferen Teilen der Thymus“ ..., „während an der Peripherie der Läppchen, wo zwischen den Epithelzellen relativ nur spärliche Lymphocyten liegen“, die cylindrischen Kpithel- zellen gelegen sind (S. 560, 561). Durch die sehr lang dauernde Einwanderung wird das ganze Thymusgewebe von Lymphocyten überschwemmt. Längere Zeit relativ frei von Lymphocyten ist der peri- pherische Saum der Rindenschicht, bis auch schliesslich die Lymphocyten hierher vordringen. Bei der Wucherung werden die grossen Lymphocyten immer kleiner, treten an Zahl immer mehr zurück, ‚während die grösste Mehrzahl der zahllosen Thymusrundzellen dann dem Typus der kleinen dunkelkernigen Lymphocyten angehört (S. 611) ®). Es ist zunächst auffallend, dass der von Maxımow So geschilderte Prozess der Entstehung der kleinzelligen xinde sich in ganz anderer Weise vollzieht, als sich wohl jeder, der 6) Schon gelegentlich einer Diskussion auf der Anatomenversammlung in Berlin 1908 hatte sich Maximow erboten, mir echte Lymphoeyten im Thymus- epithel zu zeigen. Ich sah auch ein Präparat bei stärkster Vergrösserung, wusste aber damit nichts Rechtes anzufangen, denn es schien mir überflüssig Dinge mit Immersion zu konstatieren, die schon bei mittelstarken Vergrösse- rungen deutlich sichtbar sein mussten. Ich glaubte, eine massenhafte Ein- wanderung kleiner Lymphocyten direkt in die Rinde fordern zu müssen, und sah einen einzigen grossen Lymphocyten mitten im Epithel. So kam es auch, dass ich der neuen Publikation Maximows (5) zuerst etwas verständnisslos gegenüberstand. Die starken Vergrösserungen seiner Figuren sind bei all ihren Vorteilen ein Schaden für die Übersicht. Hier konnte nur durch das Studium der Präparate selbst geholfen werden. Maximow hat mir auf meine Bitte seine Präparate, auch Objekte seiner Abbildungen geschickt. Ich bin ihm hiefür nicht nur für meine Person zu besonderem Danke verpflichtet, ich glaube, dass hiermit auch der Sache ein grosser Dienst geleistet worden ist. Vielleicht einigen wir uns. Hier möchte ich nur bemerken, dass ich mich von der genauen zeichnerischen, schönen Wiedergabe, de Maxımow von seinen Präparaten geliefert hat, überzeugt habe. Sie darf vollste Anerkennung beanspruchen, wie auch die Technik, welche die basophilen Leiber der Lympho- cyten scharf hervorhebt. So sehr ich aber Präparate, Zeichnung und Text anerkenne und bestätige — hinsichtlich der Deutung bin ich anderer Meinung. Dıe kommenden Zeilen sollen das lehren. 120 PHILIPP STÖHR, von einer Einwanderung von Lymphocyten in die Thymus mit dem Endeffekt einer kleinzelligen Rinde hört, vorgestellt hat. Man sollte doch denken, dass kleinzellige Lymphocyten in Massen von der nächstliegenden Umgebung direkt in die Rindenpartie der Thymus einwandern. Dem ist aber nicht so und darin ist gewiss auch der Grund zu suchen, dass so viele Untersucher sich bisher vergeblich bemüht haben, eine derartige Einwanderung nachzuweisen. Nicht in die Rinde, sondern hauptsächlich in die tieferen Partien der Thymus, in das spätere Mark also, wandern die Lymphocyten und zwar nicht kleinzellige, sondern sehr viele grosszellige, die erst weiterhin gegen die Peripherie wandern und — hier be- einnt schon Deutung — die kleinen Rindenelemente liefern. Acceptieren wir einmal die Deutung Maximows. Damit war der ersehnte Nachweis endlich geliefert für diejenigen, welche, durch diemorphologische Übereinstimmung von Lympho- cyten und kleinen Rindenzellen veranlasst, letztere als Ein- wanderer bezeichnet wissen wollten. Damit war wieder Ord- nung geschaffen! Die Lymphocyten sind mesodermalen (mesen- chymalen) Ursprungs, alle miteinander, auch die Thymusrinden- zellen; die Gefahr, einen doppelten Ursprung der Lympho- cyten annehmen zu müssen, einen mesodermalen und einen entodermalen (Thymus), war damit beseitigt. Ähnliche Er- wägungen mögen ja seinerzeit für Beard massgebend ge- wesen, der schliesslich alle Iymphoiden Elemente des ganzen Körpers als entodermale Abkömmlinge bezeichnen zu müssen glaubte, ein Irrtum, der mit dem Nachweis, dass schon vor der vermeintlichen Thymusleistung anderswo Lymphocyten entstehen, beseitigt worden ist. Es ist klar, dass — folgen wir noch immer Maximow — der Fund nicht nur für das Säugetier, sondern für alle Verte- braten Geltung beanspruchen muss”). Und hier liegt der ”) Auf die Idee, dass in solch fundamentalen Dingen fundamentale Difte- renzen bestehen, dürfte nur der kommen, der vergessen hat, dass wir durch Über die Abstammung der kleinen T'hymusrindenzellen. 121 Haken. Bei Hyla entstehen die Thymusrindenzellen in loco; sie sind keine eingewanderten Elemente des Mesenchyms, sondern autochthone Epithelzellen 8). Das ist ein direkter Widerspruch mit den neuen Befunden Maximows. Eines von den beiden nur kann Geltung, allgemeine Geltung beanspruchen. Es ist im allgemeinen gewiss ein Fehler, einen Autor, der gewisse Dinge, z. B. bei einem Amphibium, festgestellt hat, dadurch zu „widerlegen“, dass ein anderer Autor die gleiche Frage bei einem andern Tier, z. B. bei einem Säuger, nachprüft und auf Grund seiner Befunde die Angaben des ersten für falsch erklärt. Es geschah in früheren Zeiten vielfach, dass ganz einseitige Befunde verallgemeinert worden sind und das konnte oft acceptiert werden; seitdem wir aber gelernt haben, in wie vielen Punkten auch nahverwandte Species er- heblich differieren, ist man mit dem Verallgemeinern vor- sichtiger geworden. Hier aber ist es ausgeschlossen, dass die Thymusrindenzellen bei den Amphibien entodermaler, bei den Säugern aber mesodermaler Abkunft sind; eines nur kann richtig sein, und die Wagschale neigt sich zugunsten der Amphibien. Nicht etwa allein deswegen, weil auch bei höheren Tieren die entodermale Abkunft der kleinen Rindenzellen be- hauptet worden ist, sondern wegen der Beschaffenheit des tausendfältige Arbeit Gesetze festgestellt haben, die erst dann Änderungen erfahren dürfen, wenn eindeutige Widersprüche vorliegen. Ich weiss wohl, dass es auch solche Forscher gibt. Die Folge eines derartigen Strebens wäre ein zusammenhangloses Aufstapeln von „Tatsachen“. Wissenschaftliche For- schung hat mit solchen Arbeitern nichts zu tun; gerade das Streben in der Thymusfrage zeigt, wie wir alle uns bemühen, den zähen Stoff den Gesetzen unterzuordnen. ) Ich babe ın Berücksichtigung der Angaben Maximows, meine Hyla- Serien noch einmal durchgesehen und bin ausser Stande, zu einem andern Resultat zu kommen. Die Schnittdieke jener Paraffinserien, die mir damals vorgelegen hatten, betrug zuın Teil 7,5 u, zum Teil 10 «; die Schnitte selbst waren meist mit Eosin-Hämatoxylin gefärbt worden. Aber ich bezweifle, ob andere, nach Maximows Angaben behandelte Objekte andere Resultate oder andere Deu- tungen ermöglichen. Ich kann auch an neu angefertigten, 5 « dicken Schnitt- serien nichts anderes feststellen. 122 PHILIPP STÖHR, Mesenchyms, das bei Hyla überaus zellenarm ist und jede andere Entstehung der Thymusrindenzellen, als die auto- chthone, ausschliesst. Bei Säugetieren ist das Mesenchym sehr reich an zelligen Elementen und es erhebt sich deswegen die Frage, ist da nicht ein Irrtum, eine falsche Deutung mit unter- laufen. Und die Antwort lautet: Ja! Ich habe schon vorhin darauf hingewiesen, dass die nach Maximow zum Zweck der Thymusrindenbildung erfolgende Einwanderung ganz anders verläuft, als man erwarten sollte. Nun könnte man weiter fragen: „Hat diese unleugbare Lymphocyteneinwanderung über- haupt etwas mit der Thymusrindenbildung zu tun? Ich be- haupte „Nein“ und verweise zum Beleg auf S. 439 und 442/43 meiner Arbeit (9). Die eingedrungenen Lymphocyten haben für den Aufbau der Thymus keine Bedeutung. Ich verweise auf die ferner mehrfach sich wiederholende Angabe Maximows, dass die Lymphocyteninvasion in der Tiefe der Bindegewebssepten stattfinde (z. B. 5, S. 611), das sind die Stellen des Thymusmarkes, wie ich sie in Fig. 25 und 29 (9) abgebildet. Der Unterschied zwischen Maximows Befunden und den meinigen ist nur der, dass die Beobachtungen des ersteren sich auf frühere Stadien beziehen, auf Zeiten, da eine deutliche Differenzierung in Mark und Rinde?) nicht stattgefunden hatte — darauf zielt der Vorwurf Maximows, dass zu alte Stadien untersucht worden seien —, im übrigen ») Möglicher Weise spielt dabei auch die Dicke der Schnitte eine Rolle Es ist bekannt, dass dichtere Lagen an dünnen Schnitten sehr viel weniger deutlich sind. Starke Vergrösserungen aber verlangen dünnere Schnitte und diese führen leichter zu Schrägschnittbildern, die wieder Membranae propriae, auch da wo sie deutlich vorhanden sind, bis zur völligen Unsichtbarkeit verwischen können. Wer kennt nicht die leichte Demonstrierbarkeit vieler Membranae propriae an dicken Freihandschnitten? Das ist auch die leidige Schattenseite dieser starken Vergrösserungen, dass die Orientierung so sehr erschwert wird und das Ziehen der Grenzen. So bin ich nicht in der Lage, in Maximows Fig. 1 (5) links neben Lima zu unterscheiden, was Epithel, was Mesenchymzelle ist, ein Misstand der gewiss nicht durch die Zeichnung Maximows verursacht wird. Über die Abstammung der kleinen Thymusrindenzellen. 123 aber ist es das gleiche Verhalten. Ich vermag an den mir zur Verfügung stehenden Präparaten nicht zu entscheiden, ob die zeitliche Differenz wirklich so gross ist. Im übrigen sind aber zeitliche Wechsel identischer Erscheinungen in der Ent- wicklungsgeschichte verschiedener Vertebraten zu häufig, um nicht als nebensächlich betrachtet werden zu können. Die Deutung Maximows, dass diese Einwanderung von Lymphocyten auf die Bildung der kleinen Rindenzellen hinaus- laufe, ist keine zwingende — ich übergehe die verschiedenen Umwandlungen des Lymphocytenaussehens, die ja doch wie die meisten derartigen Angaben, aus dem Nebeneinander er- schlossen, auch Deutungen sind — und ich möchte vor- schlagen, sie fallen zu lassen; die Bildung der kleinen Rinden- zellen ist ein anderer Prozess, der nur durch die Einwanderung von Lymphocyten ins Mark verdunkelt wird. Und für (diesen Prozess will ich den Beweis versuchen aus den gewissen- haften Angaben Maximows selbst. Schon zu Beginn seiner Beschreibung der sich entwickelnden Kaninchenthymus erwähnt Maximow besondere Epithelzellen, die von den meisten Autoren für Übergänge zu Lymphocyten (das will nach meiner Lesart heissen „kleinen Rindenzellen“) gehalten worden sind (5, S. 551/52). Und weiter (S. 561) sagt Maxımow: „Die ausgezeichnete Klarheit und Unzweideutigkeit der (beim Kaninchen Ref.) beschriebenen histologischen Bilder wird nur durch einen Umstand etwas getrübt“. Es sind näm- lich besondere dunkle verkleinerte Epithelzellen der äussersten Rinde, die an eine Verwandlung in kleine Rindenzellen (M. sagt hier „Lymphocyten“) denken lassen könnten. (S. 562.) ‚Tatsächlich kann es auch an unserm Objekt mitunter scheinen, dass die gedunkelten Epithelzellen sich nachträglich kontrahieren, isolieren und in Iymphocytoide Zellen verwandeln (dirasa). 124 PHILIPP STÖHR, Und weiter: „Die betreffenden Zellen sind von den richtigen, eingewanderten Lymphocyten doch grundverschieden“. Das unterschreibe ich sofort, denn die Rindenzellen halte ich ja auch nicht für Einwanderer (diese letzteren sind um diese Zeit meist grosskernig). Könnte ich mir ein besseres Zugeständ- nis wünschen als folgenden Satz Maximows: „Es muss zugestanden werden, dass, wenn man beim Kaninchen nur die beschriebenen Epithelzellen und nicht die schönsten und unzweideutigsten Einwanderungsbilder in solcher Fülle vor sich hätte, man sich allerdings veranlasst fühlen könnte, die epitheliale Entstehung der Lymphocyten“ (soll heissen „kleinen Rindenzellen“ St.) „in Erwägung zu ziehen. Aus diesem Grunde ist...“ auch das Meerschweinchen ein besonders ungünstiges Objekt, weil dort die kontrahierten Epithelzellen besonders häufig, die einwandernden Lymphocyten niemals so deutlich basophil und nicht so typisch ausgebildet sind, wie beim Kanin- chen“ (S. 562) 10). | Was würde Maximow zur Antwort geben, wenn ich, umgekehrt, das Kaninchen hier als ein besonderes ungünstiges, weil irreführendes Objekt erklären würde? Und ich neige in der Tat zu dieser Meinung. Maximow kann übrigens nicht angeben, was der Grund der Veränderung der fraglichen Epithel- zellen ist. Es sind keine Degenerationsformen, sie sind mit den gewöhnlichen Epithelzellen durch Übergänge verbunden, zweifellos aus ihnen entstanden (5, S. 563). Die Erklärung, diese Epithelzellen befänden „sich zeitweilig in einem besonderen funktionellen Zustande“, ist ein schwacher Trost. In welchem Zustande denn? Das alles befriedigt um '%) Man sieht, wie fest die Meinung, die kleinen Thymusrindenzellen seien Lymphocyten, auch bei Maximow Wurzel geschlagen hat; daran ist nicht zum geringsten Teile der unglückselige Name schuld, gegen den ich gleich zu Anfang dieses Artikels (S. 109) protestiert habe, weil er Dinge vorweg- nimmt, die erst bewiesen werden sollten, die meiner Meinung nach unbeweis- bar sind. Über die Abstammung der kleinen Thymusrindenzellen. 125 so weniger, als diese unbequemen Zellen sich auch bei andern Säugern immer wieder in den Vordergrund drängen. Recht schwierig ist die Sache bei der Maus, deren Epithelzellen in puncto Basophilie beinahe den Lymphocyten gleichen, so dass beide selbst für den geübten Maximow viel schwieriger zu unterscheiden sind (5, S. 569). Auch kann es hier ‚„manch- mal den Anschein gewinnen, als verwandelten sich die Epithel- zellen selbst in grosse Lymphocyten“ (S. 570). Das heisst doch mit anderen Worten: da hängts mit der differentiellen Diagnose. So bedenklich werden die Bilder, dass in sess- hafte, polvblastenähnliche Zellen verwandelte Lymphocvten, die „vorübergehend den Charakter von fixen, sessilen iWle- menten“ angenommen haben, einspringen müssen als Retter Inzder.Notl.(d, 3.006): Und sollte nicht die endliche Schlussfolgerung, „dass die Thymus also, obwohl man in ihr keine Erythropoese und eine nur ganz minimale Granulopoese konstatieren kann, doch als ein echtes blutbildendes Organ betrachtet werden muss“ (5, S. 613), stutzig machen? Diese Contradictio in adjecto ist nur zustande gekommen, weil man fortwährend echte Lympho- cyten (und Leucocyten) und die kleinen Thymusrindenzellen nomine et functione durcheinanderwarf. Aus all diesem, nur durch Leugnen und durch hypothetisches Stützwerk mühsam zusammengehaltenen Elend hilft nur ein Ausweg, der Schluss: Die Einwanderung von Lymphocyten in die Thymus ist ein für den Aufbau der Thymus unwesentlicher Vorgang; er fehlt bis zur Differenzierung in Mark und Rinde völlig bei Hyla. Auch die Rindensubstanz von Säugetieren entwickelt sich autochthon aus Epithelzellen; dieser Prozess kann durch die früh einsetzende Einwanderung echter Lymphocyten mehr oder weniger verdunkelt werden, ist aber durch die von Maximow u. a. erbrachten Belege sicher gestellt. Dann haben wir die erwünschte, nur in untergeordneten 126 PH. STÖHR, Über die Abstammung der kleinen Thymusrindenzellen. Dingen variierende Einheit. Die Thymusrindenzellen sind Epithelzellen und bleiben es (9, S. 436, 442) bis zum Finde. Ihre kleinen Elemente sehen zwar den echten Lymphocvten sehr ähnlich, ihre Entwicklung aber und ihre ganze Lebens- geschichte zeigt, dass sie mit diesen nichts zu tun haben. Die Thymus ıst keine Quelle von jungen Lymphocyten. Diese letzteren sind vielmehr ausschliesslich Abkömmlinge des Mesenchyms, wie von der überwältigenden Mehrheit der Forscher angenommen wird. Ich hoffe, mit dieser Auseinandersetzung zunächst Maxi- mow zu gewinnen, der, ohne an seinen Beobachtungen die geringste Korrektur vorzunehmen, nur eine stellenweise Änderung seiner Deutung vornehmen muss, der die Lympho- cyteneinwanderung in den Hintergrund rückt zugunsten der autochthonen Entstehung der kleinen Thymusrindenzellen, so wie er sie ja selbst beschrieben hat. Würzburg, Weihnachten 1909. [SV or Literatur-Verzeichnis. Hammar, Über die Natur der kleinen Thymuszellen. Archiv für Ana- tomie und Physiologie. Anatom. Abteilung. 1907. Hammar, Zur Kenntnis der Teleostierthymus. Archiv für mikrosk. Anat. und Entwicklungsgeschichte. Bd. 73. 1908. Kling, Studien über die Entwieklung der Lymphdrüsen beim Menschen. Ebenda Bd. 65. 1904. Maurer, Schilddrüse und Thymus der Teleostier. Morpholog. Jahrbuch Bd. 11. 1886. Maximow, Untersuchungen über Blut und Bindegewebe. I. Über die Histogenese der Thymus bei Säugetieren. Archiv für Mikroskopie und Entwicklungsgesch. Bd. 74. 1909. Rudberg, Studien über die Thymusinvolution. I. Die Involution nach Röntgenbestrahlung. Archiv für Anatomie und Physiologie. Anatom. Abth. Suppl. 1907. Sehridde, VII. Myeloblasten, Lymphoblasten und lymphoblastische Plasmazellen. Beiträge zur path. Anatomie und zur allgem. Pathologie. Bd. 41. 1907. Stöhr, Über die Thymus. Ebenda 1905. Stöhr, Über die Natur der Thymus-Elemente. Anatom. Hefte Bd. 31. 1906. Stöhr, Lehrbuch der Histologie. 13. Aufl. Jena. 1909. fen ae I ö . 5 5 u D F B L = i {* B) 5 y: Mn vu 2 1: 5 [} E Br # ' - j! Zu \ Er “ m 1 Pe? Er j* R Pe Ri: 7 STELL IWELL DER Bet SEO DEE ee ee Hull wn aus, kat R ii Ei Be Tr Pico 2 ke da . DR AAN. Er Aa a van R er «4 - IF, a reitet ar u j af Dan? frz a i a. 5 i ME Pi u Al Ur Fi N Age ie a Fr N) a BUREE run! Dr De ET Trolle u er . Ze Rn = $ “= TAN, Eee 25 FT lt ER Te mer) art Ri y Eu D v. & 7 Peer E77 Y j R j Eure en I Ze > Seen POL IER « EN Ve N ee ee ua cn Ej ; 7% 12 er j Eu j KH j MT Ber a2 B TE ee let ae BLEI SURTE sleihlenı t AH a is zu kr rn sl Ad e u er Br i i Be LIE ; ns Ivy er — u ni FRI NaCES ii SSrL Be? 1 < . N: ing a Pan Je tea re Ar Aueh: BL SE ART ee ; na) SERFTN I AUS DEM ANATOMISCHEN INSTITUT UND AUS DER MEDIZINISCHEN KLINIK ZU GÖTTINGEN. EXPERIMENTELL-ANATOMISCHE UNTERSUCHUNGEN AN DER NIERENZELLE. VON C. HIRSCH, GÖTTINGEN. Anatomische Hefte. I. Abteilung. 123/124. Heft (41. Bd, H. 1/2). 9 = Karel Dam? DRIT, ep PET A rt a Tat ru Ye SE, 112 2 € ur | BT 5 & 4093 ARE RNA: 4 TIrser Salpcn | i n r En R u 2 _ 5 P: = Re a E; - a. u m Er TE | ae = hi ve 5 PX x ‚on VE: | 2; . om, S, = A u m t,. oe | Br x v i & a u = ger ETne u lR 5 = j . suP ze. .” j . i oo; . a Eee E : = 2 Br SZ Si m Are Ya ie a FE Pe en Fr. Merkel (1) sagte 1883 in seiner Abhandlung über die Speichelröhren: „Seit man weiss, dass viele absondernde Organe während ihrer Tätigkeit mikroskopisch sichtbare Ände- rungen in der Struktur der secretorischen Zellen erleiden, ist deren Anatomie in neue Bahnen gelenkt worden. Ihre Unter- suchung ist heute undenkbar, ohne eine genaue Berücksichti- gung des jeweiligen physiologischen Zustandes und die gegen- seitige Durchdringung anatomischer und physiologischer For- schung, wie sie auf allen Gebieten der Biologie besonders der menschlichen so dringend nötig wäre, ist wenigstens hier aus dem Stadium des frommen Wunsches herausgetreten und zur reaien Wirklichkeit geworden.“ Die Geschichte der Erforschung der Drüsengranula lehrt uns, ein wie grosses Mass an Arbeit auf diesem Ge- biete geleistet wurde. Wir sehen aber zugleich, dass die fest- gestellten Tatsachen oft sehr differente Erklärungen gefunden haben. Die Art und der Zustand des untersuchten Materiales, die angewandte Methodik bedingen so verschiedenartige Befunde, dass manche Arbeiten gar nicht ohne weiteres mit- einander zu vergleichen sind: Die verschiedenen Untersucher haben ganz verschiedene Dinge gesehen. In vielfacher Hinsicht besteht ein grundsätzlicher Unter- schied zwischen der physiologisch-anatomischen und der patho- logisch-anatomischen Literatur. g* 132 C. HIRSCH, Die physiologisch-anatomischen Arbeiten sind viel zahl- reicher. Zum Teil mag dies darın seinen Grund haben, dass Physiologen und Anatomen der Funktion der Zelle ein grösseres Interesse entgegenbringen und sich bei ihrer Arbeitsweise auch das Experiment leichter in die Untersuchung einführen lässt. Der Hauptgrund aber dürfte der sein: Am frischen Materialelassen sich noch Äusserungen vitaler Tätigkeit sehen und beobachten, die mit dem Absterben verloren gehen. Sind aber erst kadaveröse Veränderungen eingetreten, dann kann von einem Studium dieser feinen Differenzierungen in der Zelle nicht mehr die Rede sein. Das lehren vor allem die wichtigen Untersuchungen eines Pathologen, J. Arnolds, über die vitale und supra- vitale Granulafärbung der Nierenepithelien. Der pathologische Anatom kommt verhältnismässig selten in die Lage, frische, „überlebende“ Organe zu untersuchen. Und so darf es uns nicht wundern, wenn wir nicht selten vitale Differenzierungen in pathologisch-degenera- tive Veränderungen eingereiht sehen. So sehen wir schon bei Virchow (2) („Reiz und Reiz- barkeit“) z. T. wahrscheinlich vitale Veränderungen der Zellstruktur bei kompensatorischer Nierenhypertrophie unter dem allgemeinen Begriff der „trüben Schwellung“ verdeckt. In seiner Cellularpathologie rechnet er mit der Möglichkeit der Funktionsstörung bei der Arbeitshypertrophie. Die interessanten Untersuchungen Stoerks(3)und Lanhd- steiners (4) finden wir in der pathologischen Literatur in dem Kapitel der hyalin-tropfigen Degeneration besprochen, obgleich sie viele Tatsachen enthalten, die für die allgemeine Anatomie und Physiologie der Nierenzelle von Bedeutung sind. Wir dürfen ausserdem nicht vergessen, dass der Begriff der Granula sehr starken Erschütterungen ausgesetzt war. Alt- mann (5) hatte durch seine weitgehenden Spekulationen den Experimentell-anatomische Untersuchungen an der Nierenzelle. 133 Begriff der Granula in einen solchen Misskredit gebracht, dass darunter seine eignen, neuerdings zum grossen Teil als richtig anerkannten Beobachtungen zu leiden hatten. In gleichem Sinne wirkte Fischers (6) Kritik der Granula- methoden, die zeigte, dass die histologischen Fixierungsmittel Granula- und Gerinnselbildner sein können. Insbesondere zeigten sich die sauren Fixierungsmittel als ganz vorzügliche Granulabildner. Er stellte „‚Altmänns Granula“ künstlich dar und es schien eine Zeitlang, als ob nun nicht nur die Bioblastenhypothese Altlmanns, sondern die Lehre von den Granula überhaupt begraben wäre. Krause erklärte die Körner in der Parotis des I!eels einfach für Kunstprodukte. In seinen ausgezeichneten Drüsenstudien wies dann Erık Müller (7) die Verallgemeinerung der Fischerschen Feststel- lungen zurück. Er fordert vor allem die Kontrolleam frischen Präparat. Hier hatten ausgezeichnete Beobachter auch schon lange vor Altmann „Körnchen“ gesehen, so vor allem Langley (15) (1879-1889) bei seinen klassischen Untersuchungen über die Verdauungsdrüsen. ErhatderLehrevon den Drüsen- granuladiefesteBasisgeschaffen. In seinen Studien über die Fermentdrüsen konnte er zeigen, dass der Ferment- gehalt wächst und fällt mit dem Granulagehalt. DieGranula erschienen — wie Flemming sagt — nicht mehr als Blementarorganısmen im Sınne Altmanns, sondern als „BKlementarorgane” der Zelle, als Träger von Stoffwechselvorgängen. Es folgten die wichtigen Arbeiten R. Heidenhains (8), Nussbaums (9), Biedermanns (10), E. Müllers (7), Maxımows (U), Nells-d2)urv. a. Heidenhain hatte schon die feineren morphologischen Veränderungen in den Drüsenzellen bei der Secretion ver- GC. HIRSCH, folgt. Er hatte dunkle Körnchen in den Eiweissdrüsen ge- sehen, die bei elektrischer Nervenreizung vermehrt wurden. Langley (13) beobachtete direkt die Secretionsvorgänge an der lebenden bezw. überlebenden Parotis des Kaninchens. In Übereinstimmung mit Bernard, Pflüger, v. Ebner fand er den „granular state“, d. h. die Ausfüllung mit granulären Elementen der nicht gereizten Zelle. Physiologische Reizung durch Fütterung oder elektrische Sympathicusreizung bezw. Pilocarpininjektion bedingten ein Verschwinden der Granula. Er folgerte hieraus, dass mit der Bildung des Se- erets eın Verbrauch der Granulä errolge. E. Müller (7) hat später die Beobachtungen Langleys nachgeprüft. Auch er fand im Ruhezustand der Zellen zahl- reiche Körnchen. Nach der Reizung verändern die Zellen ihr Aussehen; sie sind nicht mehr durchwegs granulär. Man kann jetzt zwei Zonen unterscheiden, 1. eine innere granu- läre und 2. eine äussere der Membrana propria anliegendeklareZone. Er lässt das Speichelsecret aus Körnern hervorgehen, welche charakteristische Verände- rungen zeigen. Das fertiggebildete Secret zeigt sich nach ıhm in Form von kleinen runden Vacuolen, die durch eine färb- bare Wandschicht von der Umgebung abgegrenzt sind. Retzius hat diese „Vacuolen“ zuerst an Golgipräparaten ge- sehen. Diese Vacuolen gehen aus den Körnern hervor und zwar zunächst ‘aus nichtfärbbaren. Während sehr starker Secretion wandeln sich auch die färbbaren Granula direkt in Secret- vacuolen um. An den Fundusdrüsen des Magens hat dann E. Müller weitere wichtige Studien gemacht. Er betont hier, dass viele Histologen nicht scharf gehug hervorheben, wie das flüssige Secret aus den „festen“ Bestandteilen der Zelle hervorgehe. Er weist auf die vielfach verwirrende Nomen- Experimentell-anatomische Untersuchungen an der Nierenzelle. 135 clatur hin. So spricht z. B. Solger bei den gleichen Bil- dungen einmal von „Secrettropfen“, das andere Mal von „Secretkörnern“ (Festschrift für C. Gegenbaur). Müller fordert im physikalischen Sinne für Tropien einen flüssigen, für Granula einen festen bezw. zähflüssigen Aggregatzustand. Er verfolgt nun in frischen und fixierten Präparaten Schritt für Schritt den Secretionsvorgang und wendet sich mit Ent- schiedenheit gegen die Deutung, dass die Körner einer Drüsen- zelle lediglich durch die Fixierung fest geworden seien. „Denn wenn ich eine Drüsenzelle in frischem Zustande unter dem Deckglase zerquetsche, schwimmen die Secretkörner unter völliger Beibehaltung ihrer Form frei umher, ohne sich auf- zulösen, was wohl geschehen würde, wenn sie sich in der Zelle in einem flüssigen Aggregatzustande befänden. Siesind wirkliche „Körner“, die aus der. flüssigen Zelle quası ausgefällt sind.“ Es erscheint mir gegenüber rein spekulativen Betrachtungen des Secretionsvorganges be- sonders wichtig, diese Beobachtung eines so ausgezeichneten Forschers mit seinen eignen Worten wiederzugeben. Er unter- scheidet dann bei ruhiger Secretion zwei Kategorien von Drüsenzellen. In den Eiweiss- und Schleimdrüsen (Pancreas, Hauptzellen der Fundusdrüsen) wird das Secret erst in der Peripherie der Zelle in der Nähe des Lumens oder der Secret- capillaren — die Altmann merkwürdigerweise übersehen hatte — flüssig und tritt in Form von kleinen runden Tropfen aus, die sich mit der Golgi-Methode als Vacuolen dar- stellen lassen. Anders ist der Vorgang bei den Belegzellen. Hier gehen die körnigen Secretvorstufen schon im Innern des Zell- leibes in flüssiges Secret über unter Bildung der intracellulären 156 C. HIRSCH, Secretcapillaren. Bei sehr starker Secretion können aber auch flüssige intracelluläre Vacuolen auftreten (Eisenhämatoxylin- färbung). Maximow (11) untersuchte in neuerer Zeit die histo- logischen Veränderungen bei der SeeretionderSpeichel- drüsen. Er beschreibt ausführlich die Secretgranula, die er in den serösen Zellen mit Eisenhämatoxylin schwarz gefärbt fand. Er diskutiert dann die Beobachtung E. Müllers hinsichtlich des verschiedenen färberischen Verhaltens der Granula. E. Müller glaubt nämlich, dass die grösseren Secret- körner mit ihrem Wachstum die Fähigkeit, sich schwarz zu färben, einbüssen. A.N o11(12) beschreibt die morphologischen Veränderungen der Tränendrüse bei der Secretion. Er untersuchte frisches und fixiertes Material. Auch er spricht die Granula als eine vitale Bildung an. Die Einwendungen A. Fischers und R.Krauses, dass alle Granulabildungen Kunstprodukte seien, betrachtet er als nicht haltbar. Schon, am frischen Präparat sahweray ar schieden grosse Granula. Er stimmt E. Müller hin- sichtlich des Überganges kleinerer in grössere Granula bei. Die Granula sind Vorstufen des Secretes. Bei Nervenreizung gingen die Granula schon innerhalb der Zelle in grosse Tropfen über. GranulafüllungbedeutetSecretfüllung, Gra- nulaleere bedeutet Secretleere. Interessanterweise konnte er durch Pilocarpininjektion eine auffällige Vacuolisierung der Zellen herbeiführen. Er erblickt hierin aber einen destruktiven Vorgang (Fig. 23 seiner Tafel XXV). Auch in den Zellen, die frei waren von Granulis, fand er eine körnige Protoplasmastruktur. Auch Biedermann (10) sah bei seinen grundlegenden Untersuchungen an den Nickhaut- und Zungendrüsen des Anatom. Hefte. I. Abt. 123/124. Heft (41. Bd., H. 1/2). Tafel 4. Hirsch, Verlag von J. F, Bergmann in Wiesbaden. Anatom. Hefte. 1. Abt. 123/124. Heft (41. Bd., H. 1/2). Tafel 5. Fig. 10. Hirsch, Verlag von J. F. Bergmann in Wiesbaden. Experimentell-anatomische Untersuchungen an der Nierenzelle. 157 Frosches die das Secret liefernden Bestandteile der Zelle ın Form von Körnern auftreten. Nach ca. 4—6 stündiger Reizung des N. glosso-pharyngeus verschwanden die Granula. Kühne und Lea (14) beobachteten am lebenden Pancreas des Kaninchens das Vorrücken der Secretkörnchen von der Basis zur Spitze der Zelle hin. Die Granula wurden ferner eingehend untersucht an den Fettdrüsen und an den Giftdrüsen. Insbesondere an den Granulis der letzteren (beim Triton alpestris) liess sich beobachten, dass die Entwickelung der Granula mit einer Ver- änderung ihres chemischen Verhaltens einhergeht: es zeigt sich ein auffallender Wechsel der Färbbarkeit. Ähnliches hat ja E. Müller auch an den Speicheldrüsen gesehen. Auch die Mitochondriaforschung im Sinne Bendas (15) hat manche für die Granulalehre wichtige Beobachtung ergeben, auf die bei Besprechung der Stäbchen bezw. Faden- strukturen der Nierenzelle zurückzukommen sein wird. Zunächst wollten wir nur feststellen, dass die vergleichende Betrachtung für eine grosse Anzahl einwandfrei untersuchter Drüsen einen gemeinsamen Secretionsvorgang ergeben hat: Während der Tätigkeit der Drüsenzellen treven Granula auf. Die Granula werden nun in neuerer Zeit meist als „Organe“ und nicht als „Material“ der Secretion angesprochen. Jeden- falls hängen sie aber mit der Funktion der Zelle aufszengsvue zusammen. Während bei den genannten Drüsen eine gewisse Einigkeit der Ansichten festzustellen ist, so lässt sich das hinsichtlich der Nierenzelle nicht sagen. Der alte Streit zwischen der C. Ludwigschen Lehre und der Auffassung Heidenhains von der Harnbereitung lässt sich auch bis in die neuere Literatur der Granula hinein verfolgen. 135 C. HIRSCH, Der Standpunkt, den Noll (16) in seinem ausgezeichneten Referat über die Drüsensecretion einnimmt, dürfte aber heute von den meisten akzeptiert werden; Bei der Harnbereitung wirken gewisse Zellen der Harnkanälchen als echte Drüsen- zellen mit. Jede Theorie, welche nur mit einer absondernden Tätigkeit in den Glomerulis und ausschliesslichen Resorptions- vorgängen in den Harnkanälchen rechnet, muss abgelehnt werden. Verhältsich nun das secernierende Drüsen- sewebeder Niereähnlich wiedieandern Drüsen bei der Tätigkeit? Heidenhain selbst suchte schon nach den morpho- logischen Veränderungen der Drüsenzelle der Niere bei der Secretion. Diese Untersuchungen führten zur Entdeckung des sog. Stäbchenepithels. Über diese Stäbchenformationen entstand aber schon bald nach dem Erscheinen der Altmannschen Arbeit eine leb- hafte Diskussion. Sauer (17), ein Schüler Heidenhains, erklärte unter dessen (Heidenhains) Widerspruch die Stäb- chen für „Granulareihen“ und stützte sich dabei auf die Unter- suchungen Rothsteins (18). ‘s erscheint uns aus verschiedenen Gründen wünschens- wert, die Ergebnisse Rothsteins hier ausführlich wieder- zugeben, da seine Befunde sowohl an frischem wie fixiertem und gefärbtem Material erhoben wurden. Da sich nun durch die gesamte Literatur der Nierengranula eine grosse Zahl von Streitpunkten hinsichtlich der Darstellungsmethoden verfolgen lässt und ausserdem Begriffsverwechslungen zwischen „Gra- nula“ und „Vacuolen“ nicht selten sind, so ist es notwendig die Befunde Rothsteins näher kennen zu lernen. Die Rothsteinsche Arbeit ist in der Literatur vielfach zitiert, da aber in einer grossen Reihe von Untersuchungen Dinge als neu beschrieben werden, die sich bereits bei Roth- Experimentell-anatomische Untersuchungen an der Nierenzelle. 139 stein angegeben finden, so scheint die Lektüre der Roth- steinschen Arbeit nicht allen Autoren zugänglich gewesen zu sein. Rothstein arbeitete unter Retzius 1890. Er geht von der Voraussetzung aus, dass alle Epithelformen trotz grosser Variationen doch einen Haupttypus ihrer Protoplasma- struktur besitzen müssen. Er hebt auf Grund zahlreicher Untersuchungen die ausserordentliche Empfindlichkeit des Nierenepithels hervor und erblickt in ihr mit Recht eine Hauptquelle vieler Irrtümer und Kontroverse. Die sog. Bhysıoloeıschle Kochsalalosung Ist nrcht Dei der Umtersuchung zu gebr aulchen, sie ZerstomL die unter einem höheren osmotischen Druck stehenden Epithelzellen. Diese Tatsache sind z. B. von Cesa-Bianchi in allerneuester Zeit ‘wieder entdeckt worden, weil der Forscher die Rothsteinsche Originalarbeit wohi nicht gekannt hatte. Rothstein untersuchte die frischen Nierenzellen in ihrem eigenen Gewebssafte, hierin halten sich die Zellen oft 1/, Stunde lang intakt. Er verwandte vor allem Fledermaus- nieren, aber auch andere Säugetier- und auch Menschennieren zu seinen Untersuchungen. Bei einer Vergrösserung von 800-1000 sah er eine Menge freier lichtbrechender Körnchen, deren Peripherie sich etwas dunkler abgrenzte. Bei veränderter Einstellung zeigen sich dunklere und hellere Körnchen. Bei Wasserzusatz schwellen sie an und zerfallen, ohne dass er Reste von ihnen feststellen konnte. Bei Zusatz von anderen Flüssigkeiten (Phosphorsäure) trai eine „membranartige Hülle“ hervor. Die Körnchen liegen z. T. einzeln, z. T. in Gruppen. In diesen Gruppen liegen die Körnchen jedoch nicht dicht an- 140 C. HIRSCH, einander, sondern sie erscheinen in fadenartigen Gebilden aneinandergereiht. Zur Fixierung eignen sich am besten Neutr. chroms. Kalı. Schon das ungefärbte Präparat zeigt ganz ähnliche Bilder, wie das frische. Färbt man mit Fuchsin oder Dahlia und behandelt mit Kal. acet., dann tritt die Protoplasmastruktur viel deutlicher hervor. In solchen Präparaten lassen sich auch die einzelnen Körnchen besser studieren. Sie zeigen verschiedene Formen. Am häufigsten sind sie sphärisch bezw. oval. Es gibt aber auch Spindelformen. Die isoliert liegenden Körnchen zeigen fadenartige Anhänge. Mit Dahlia und Kal. acet. behandelt nehmen die Körn- chen eine tiefblaue Färbung an; sie sind nicht gleichmässig, sondern an der Peripherie am stärksten gefärbt. Die Körnchen zeigen verschiedene Grösse. In den Tubul. contortis sind sie mehr sphärisch und grösser als in den Henleschen Schleifen. Rothstein fand aber auch in dem Epithel der Sammel- röhrchen vereinzelt Körnchen! DieReihenanordnung der Körnchen sah er besonders gut an der Salamanderniere. Die Striierung tritt am deut- lichsten im ungefärbten Präparate 'hervor. Auch in den Sammel- röhrchen sah er Striierung. Überall sieht er die Filarmasse in Form von „Kugelfäden“. Auch den Bürstenbesatz lässt er aus Körnerreihen bestehen. Die Gegensätze zwischen den einzelnen Forschern können nun nicht besser illustriert werden, als durch die Wiedergabe der Cesa-Bianchischen Resultate, der unter E. Albrecht arbeitete. Er arbeitete ausschliesslich an den Nieren weisser Mäuse. In seiner Methodik folgt er den Überlegungen E. Albrechts (20) über die tropfige Entmischung des Proto- Experimentell-anatomische Untersuchungen an der Nierenzelle. 141 plasmas durch chemische Agentien. Er untersucht daher vitale, supravitale und fixierte Protoplasmastrukturen der Nierenzelle (Tub. contorti). Am frischen Präparat (ohne Zusatzflüssigkeit) [indet er, „dass die Streifung der basalen Zone der Zellelemente auf das Vorhandensein von zahlreichen regelmässigen, homogenen cylindrischen, miteinander parallel und zur Basalmembran perpendikular angeordneten Zonen, oder, besser gesagt, Stäb- chen zurückzuführen ist; die äusserst feinen glänzenden Körn- chen, welche die centrale, hellere Zone charakterisieren, er- scheinen unregelmässig rundlich.“ An der Berührungsstelle dieser beiden Zonen, welche stets deutlich gegeneinander abgegrenzt sind, findet man den Kern, welcher im frischen Zustande als ein helles, kugelförmiges, durch eine Membran umschriebenes Bläschen erscheint; der- selbe enthält keine glänzenden Körnchen und weist, abgesehen von der Kontiguität, keine weiteren Beziehungen zu den Stäb- chen der basalen Zone auf, welche ihn oft teilweise einzu- schliessen scheinen. Gegen das Lumen der Kanälchen hin erscheinen die Nierenzellen durch ein dünnes, homogenes, kaum angedeutetes Häutchen begrenzt; es ist weder unter normalen noch unter pathologischen Verhältnissen möglich, irgend ein Gebilde festzustellen, welches auch nur von weitem an den Bürstenbesatz erinnern könnte, den die Autoren als ein Charakteristikum der Nierenzelle beschrieben haben.“ Im Lumen der Nierenkanälchen sah Bianchi niemals (Granulationen. Hinsichtlich des Lumens der Kanälchen unterscheidet er enge mit hohem Epithel und spär- lichen Körnchen und weite mit stark gekörntem Epithel. Ähnliche Differenzen zwischen „ruhenden“ und „tätigen“ Kanälchen wurden übrigens schon früher vielfach beschrieben, so z. B. von Sauer. 142 C. HIRSCH, Zwecks einer supravitalen Färbung diskutiert er eingehend die Frage; welche Lösungen sind indifferent gegenüber der Nierenzelle, d. h. zerstören nicht das frische, strukturelle Bild. Angeregt durch die Untersuchungen von Castaigne und Rathery (Etude experimentale de l’action du NaCl sur l’epithelium renal. Journal de Physiol. et de Path. general. 1908. Nr.5) über die Veränderungen der Nierenzelle durch Kochsalzlösungen suchte er zunächst nach einer für die Nieren- zelle physiologische, d. h. isotonische NaCl-Lösung. Es war übrigens zu erwarten, dass eine Zelle, die Koch- salz ausscheidet, selbst einen so hohen osmotischen Druck besitzt, dass hypotonische Kochsalzlösungen, mit ihr in Be- rührung gebracht, einen destruierenden, entmischenden (E. Albrecht) Einfluss ausüben müssen. In diesem Sinne wirkt auch noch 0,9% NaCl-Lösung: Die Stäbchen werden zer- brochen, das Protoplasma wird tropfig unter Verschwinden der Körnchen und Aufquellung der Zelle. Ganz gleiche Beobachtungen haben bekanntlich schon Langley und auch Rothstein gemacht. Langley ver- wandte schon zur Untersuchung konzentriertere NaCl-Lösungen. Bianchi fand für die Nierenzelle der Mäuse isotonisch eine 1,25 % ige NaCl-Lösung; sie entspricht ungefähr der von Castaigne und Rathery angegebenen (J—= — 0,78). Verwandte er konzentriertere Lösungen, dann zeigten sich sofort destruierte Bilder. Die Körnchen waren zu Klümpchen vereinigt, die Stäbchen zerbrochen bezw. in Körnchen ver- wandelt. Ausser diesen physikalischen, osmotischen Verände- rungen der Struktur beobachtete Bianchiı das Verhalten der Nierenzelle bei der aseptischen Autolyse. Normalerweise am frischen Präparat, bezw. unter An- - r wendung 1,25 yiger NaCl-Lösung, werden die feinen Körn- Experimentell-anatomische Untersuchungen aı der Nierenzelle. 143 chen der inneren Zone der Nierenzelle durch Neutralrot intensiv rot gefärbt (sie sind aber durch alle sog. vitalen Farb- stoffe färbbar). Bier der Nutolysie zeigt sich unter oleich- zeitigem Auftreten von Myelin eine progressive Abnahme der Körnchen. Mit dem Zelltod wird dann auch der Kern für Neutralrot färbbar. Bianchi sieht in den von ihm beschriebenen Körnchen von 1—15 u Durchmesser, die durch Vitalfarbstoffe färbbar sind, wenigstens z. T. lipoide Gebilde und rechnet sie den Liposomen zu. Aus ihnen lässt er bei der Autolyse das Myelin hervorgehen. Die Bezeichnung Liposome!) rührt von Albrecht her, der sie bei Kali- laugenzusatz in fast allen Zellen fand, insbesondere im Sarkoplasma der Muskel- zellen. Er dachte ursprünglich, dass sie durch Einlagern in eine Art von Wabensystem von seifenartigen Lamellen umgeben seien. Durch Verseifung dieser Liposome bei Zusatz von NaCl-Lösung zur Zelle und Emulgierung liess er seine sog. tropfige Entmischung zustande kommen. Schon Albrecht, der die Liposome den Lipoiden zurechnete, fand, dass sie sich z. T. mit Neutralrot färben. Aber die von Albrechi beschriebenen mit Neutralrot färbbaren Granula der Nierenzellen waren gegen Kalilauge nicht resistent. Die Beziehungen der mit Neutralrot gefärbten Körnchen zu den durch Kalilauge nicht zerstörbaren Liposomen liess sich aber nicht regelmässig feststellen. Wiederholt wurden die Liposome wie echte Fette auch mit Sudan und Osmiumsäure gefärbt, anderer:eits färben sich auch die postmortalen Myeline mit Neutralrot. Das Neutralrot färbt nach Aschoff vor allem freie Fettsäuren intensiv rot, Glycerin und Cholesterin etc. werden nicht gefärbt, Seifen werden schwach- gelb. Auch die Lecithine färben sich intensiv rot. Die färberische Differenzierung bedarf auch hier noch weiterer Nach- prüfung. Es muss daher befremden, wenn Bianchi zum Schlusse alle von anderen Forschern beschriebenen Granulationen und Plasmosomen einfach für Kunstprodukt erklärt (durch die Fixierung bedingt). Von LangleybisArnold sollen alle Forscher künstliche Gebilde in der Drüsenzelle als vitale Forma- tionen beschrieben haben! In einer weiteren Abhandlung berichtet Bianchı über seine Beobachtungen an der Nierenzelle bei der Verhungerung des Versuchstieres. !) Aschoff, Zur Morphologie der lipoiden Substanzen. Zieglers Beiträge zur path. Anatomie 1909, 47 Bd. 144 C. HIRSCH, Er unterscheidet zwei Gruppen von Veränderungen: 1. Veränderungen des blossen Cytoplasmas (Umwandlung in Tropfen und Körnchen), welche hauptsächlich von osmoti- schen Störungen abhängig sind (Tonolysis) im Beginn der Verhungerung. 2. Schwere Veränderungen sowohl des Cytoplasmas wie des Kernes in den vorgeschrittenen Stadien. Diese Veränderungen macht er von einer Vergiftung abhängig (Toxolysis). Bei den tonolytischen Veränderungen ist eine Restitutio möglich, bei der toxolytischen handelt es sich um Zelltod. Er gibt an, bei protrahierter Verhungerung in vivo in der Nierenzelle alle jene Veränderungen der Struktur des Cyto- plasmas und des Kernes hervorgerufen zu haben, welche in vitro durch osmotische Störungen oder aseptische Autolyse von ihm erzielt wurden. Die von Bianchi beschriebenen Granula sind eine be- stimmte Form der Granula in der Nierenzelle. Ob er be- rechtigt ist, sie gleichsam als die Granula zu bezeichnen, wird sich erst beantworten lassen, nachdem wir die Befunde anderer Untersucher mit den unsrigen verglichen haben. %s sei aber hier schon betont, dass wir nur dann berechtigt sind, morphologische Änderungen lern Zell’sitruktur als zEunktron ellezrnuzdeuten, wenn es gelinft, ihre Abhängigkeit von einer Steigerung bezw. Herabsetzung der Funktion einwandfrei darzutun. Gerade in diesem Punkte sind die Untersuchungen der Physiologen und Anatomen an Drüsen in verschiedenen Stadien der Funktion, der Nervenreizung und an winterschlafenden Tieren den Bianchischen weit überlegen. Darüber helfen auch die sehr geistreichen modernen Spekulationen hinsicht- lich der Bedeutung der sog. Liposome nicht hinweg. Experimentell-anatomische Untersuchungen an der Nierenzelle. 145 Die Geschichte der Drüsenfärbung lehrt uns eine grosse Anzahl von Granulationen und Vacuolen kennen, von denen sicher ein guter Teil Kunstprodukte sind, sie aber ausnahms- los dafür zu erklären wäre ebenso falsch, als nur einer Art von Granula Daseinsberechtigung zuzuerkennen. Was ist nicht alles schon mit einer sog. electiven Färbung bewiesen worden. Ehrlich hat sicher recht, wenn er sagt, dass die Selection der Farben schliesslich in letzter Linie überall auf der chemi- schen Natur der Dinge beruhe, da das innere chemische Milieu der lebenden Substanz entscheide. Aber von einer definitiven Lösung der Frage sind wir noch entfernt. Schon einmal wurde auf das „Speicherungsvermögen“ der Granula für bestimmte Farben eine Hypothese gegründet. Gurwitsch (21) bezeichnete sie als „Kondensatoren“ oder „Kol- lektoren‘“ der auszuscheidenden Stoffe. Demgegenüber hat Rud. Höber (22) seiner Zeit gewichtige Einwände erhoben, Er brachte zur Prüfung der angeblich ver- schiedenen funktionellen Bedeutung der chemisch verschiedenen „Vacuolen“ zwecks vitaler Färbung zwei Farbstoffe in den Rückenlymphsack des Frosches, deren physikalisch chemischen Eigenschaften eine verschiedene Lokalisation in den aus- scheidenden Zellen erwarten liessen, wenn die Gurwitsch- sche Anschauung richtig war. Er benutzte lipoidlösliche (basische) und -unlösliche (Sulfosäure) Farbstoffe. Der Aus- fall des Versuches sprach nicht für die Gurwitschsche Hypothese. Neuerdings hat dann Höber auf die Bedeutung der Kolloidchemie für die Theorie der vitalen Färbung hingewiesen (Münch. med. Wochenschr. 1909 Nr. 40). Aus den früheren Untersuchungen von Höber und Koenigsberg geht jedenfalls hervor, dass für die Farb- speicherung in den Nierenzellen nicht einfach das Prinzip des Teilungskoeffizienten ausreicht. Anatomische Hefte. I. Abteilung, 123/124. Heft (41. Bd., H. 1/2.) 10 146 C. HIRSCH, Schliesslich gehen die meisten Granula- und Speicherungs- theorien auf die alte Heidenhainsche Auffassung zurück: „Die Epithelien der Harnkanälchen sammeln ge- wisse in der umspülenden Lymphein geringen relativen Mengen enthaltene Substanzen, ähn- lich wie niedere Meeresorganismen aus dem Ocean,Uenıinäusserstgeringen Prozentwerhält nissenim WassergelöstenKalkoderKieselsäure sammeln, nm sıe an ıhrer Oberflache” abzu- scheiden.“ Entsprechend dem jeweiligen Stande der Chemie wechselten natürlich die Hypothesen. Arnold (23) beobachtete elective Färbung der Granula bei seinen vitalen und supravitalen Untersuchungen. Er lässt auch die Stäbchen aus Körnern bestehen entsprechend seiner Plasmosomentheorie. Regaud und Policard (24) untersuchten die Nieren von Ophidiern, bei denen wie bei Amphibien die Zellen sehr lange lebend bleiben. Sie fanden, dass alle Zellen, die einen Bürstensaum tragen, Granula haben, die sich electiv mit Neutral- rot färben. Pressten sie die Körner aus frischen Zellen heraus, so färbten sie sich nicht mit Neutralrot; sie führten daher die vitale elective Färbung auf eine „Vacuolenhauf“ zurück. Für Regaud (25), der nach Bendas Mitochondrien suchte, sind in der Nierenzelle filaments, grains, bätonnets colorables par le Methode Benda des formations equivalentes. Er härtete zuletzt meist in Müller-Formol und färbte mit Eisen-Hämatoxylin und kam zu folgendem Ergebnis: „Dans les cellules a bordure strice du rein de la Lamproie, de la Salamandre, de la Grenouille et de la Couleuvre les formations mitochondriales sont un «element constant mais morphologiquement tres variable du protoplasma. Les formations mitochondriales varient suivant les stades fonctionels des cellules. Il y a balencement entre leur etat, Experimentell-anatomische Untersuchngen an der Nierenzelle. 147 de developpement et celui des grains de segregation. Le maximum de developpement des formations mitochondriales est atteint au debut de la phase de mise en charge de la cellule; son minimum coincide avec l’excretion exocellulaire.‘ Sehr ausführlich hat Disse (26) [1895] die morpho- logischen Veränderungen der Nierenzelle bei der Secretion be- schrieben. Er meinte, dass das Secretmaterial sich im centralen Teil der Zelle als Blase ansammle und dann ın das Lumen entleert werde. Gegen diese Annahme einer Flüssigkeitsan- sammlung ın der Zelle wandte sich Sauer: Er erklärte die Disseschen Bilder z. T. für Kunstprodukte. Das Nierenepithel zeige keine secretorischen Veränderungen des Zellinhaltes, man könne nur Lumenveränderungen der Kanälchen und Formänderungen der Zellen be- obachten. Hohe vorgewölbte Zellen und enge Kanälchen bei geringerer Secretion, niedriges Epithel und weites Lumen bei Polyurie. Sauer beobachtete freilich vorwiegend Frösche bei erhöhter oder verminderter Wasserausscheidung. Vermehrte H,0-Ausscheidung ist aber nicht identisch mit einer gesteigerten Epithelsecretion. 1900 beschrieb dann Disse seine Beobachtungen an ruhen- den und winterschlafenden Fledermäusen. Beim schlafenden Tier fand er das Epithel hoch und körnig, die Körner in paralleler Anordnung in Reihen geordnet, die bis in die Zell- kuppe hinaufreichen. Einige Zeit nach dem Aufwachen der Tiere waren die Epithelzellen z. T. höher und heller, ‚wie gequollen“ von homogenem Aussehen. R. und A. Monti (27) [1900] verglichen die Nierenkanäl- chen von Murmeltieren nach dem Winterschlaf (Oktober bis Ende Februar) mit den Kanälchen von Murmeltieren. die längere Zeit erwacht und mit Milch gefüttert waren. Beim wachen Murmeltier sind die Kanälchen weiter; die winterschlafenden haben ein fast verstrichenes Lumen (cf. 10* 148 C. HIRSCH, Sauer!). Am Bürstenbesatz liess sich keine Differenz fest- stellen, ebensowenig an den Kernen. Einen wesentlichen Unterschied aber zeigt das Zell- protoplasma. Beim wachen Murmeltier fanden sie es aus einer Reihe mit Körnchen versehener Fäden bestehend, die den Zellen ein gestreiftes Aussehen verleihen (radıenförmig an die Randachse). Bei den winterschlafenden Murmeltieren tritt die faden- förmige und streifige Beschaffenheit viel weniger hervor, da sie von einer grossen Zahl unregelmässiger verstreuter Körnchen verdeckt wird. Es sind keine Fetttröpfchen, wie die Reaktionen zeigten. Sie denken an „Eiweisssubstanzen“, die sich während des Schlafes angehäuft haben. Die Veränderung der Nierenzelle unter dem Einfluss ver- schiedener Diuretica untersuchte Modrakowski (28). Er färbte nach Altmann. Nach Coffeinwirkung fand er die fadenförmige Aufstellung der Granula vernichtet; sie liegen ganz unregelmässig zerstreut in gequollenem Zellprotoplasma. Aber auch in normalen Nieren sah er neben Kanälchen mit reihenförmiger Granulaordnung solche mit unregelmässiger An- ordnung der Granula (Einfluss der Funktion). Ähnliches sah Dannehl (29). Er kann deshalb auch der von Israel (30), Trambusti (31) u. A. aufgestellten Behauptung, dass nur (die reihenförmige Anordnung der Granula als die normale zu bezeichnen sei, nicht beipflichten. Takakı (32) studierte den Einfluss verschiedener Ernährung und auch der Diuretica auf die Nierenzelle. Er kommt zu dem Schlusse, dass die Stäbchenstrukturen des normalen Nierenepithelprotoplasmas homogene cylindrische Ge- bilde seien. Körnchenhaltige Stäbchen und Umwandlung in Körnchenreihen, wie sie von.anderen als normale Befunde beschrieben werden, stellen ein secretorisches Stadium der Experimentell-anatomische Untersuchungen an der Nierenzelle. 149 Stäbchenformation dar. Sie bilden aber auch in einer zunächst nicht zu unterscheidenden Weise die Übergangsformen zu den Bildern degenerativer Veränderung. Auch die Zahl und An- ordnung der Granula überhaupt werden durch physiologische und pathologische Zustände wesentlich beeinflusst. Enderlen (33) untersuchte die nach Nephrectomie zurück- gelassene Niere, die also eine gesteigerte Arbeit zu leisten hatte. Auf Grund seiner Befunde sieht er in der Anordnung der Granula (Altmanns Färbung) einen Indikator für die Intaktheit der Zelle. Normalerweise sah er an der Basis der Zelle eine reihenweise Anordnung der Granula. Untersuchte er die Harnkanälchen 24 Stunden nach der Exstirpation der anderen Niere, dann fand er die reihenförmige Anordnung der Granula gestört: sie rücken ungeordnet gegen das Lumen der Kanälchen vor. 4 Tage nach der Operation beobachtete er neben unregelmässiger Anordnung ‚„Verklumpung“ der (Granula. Landsteiner (4), auf dessen Arbeit noch zurückzu- kommen sein wird, weist auf die Unklarheiten hin, die hin- sichtlich physiologischer und pathologischer Granulierung der Nierenzelle bestehen und betont in Übereinstimmung mit Lang- hans, dass man nicht sicher sagen könne, was physiologische, was pathologische Granula seien. An den Zellen nephriti- scher Nieren beobachtete er das Auftreten grosser mit Eisen- hämatoxylin färbbarer ‚Kugeln‘ insbesondere in grossen, weissen Nieren und bei Amyloid. Er spricht vontropfbarem EHyalın und bringt es mıt der Bildung-der hya- Iimen Cylınder in Beziehune. Interessanterweise fanden sich in phosphorvergifteten Nieren kaum noch färbbare Granula (Abb. 12 seiner Taf. IX). (Vergl. später unsere Ergebnisse bei der Autolyse der \ Niere!) C. HIRSCH, Auf die Arbeit von Störk (3) „Über Protagon und die grosse weisse Niere“, die für die Granula pathologischer Nieren wichtige Angaben enthält, werden wir bei der Besprechung unserer eigenen Untersuchungsbefunde zurückkommen. Gegenüber den in der Literatur niedergelegten Beobach- tungen über die Granula der Nierenzelle schien uns nur ein Weg der richtige zu sein zur Klärung der vielen Differenzen. Es mussten ‘Nieren in möglichst vielen Stadien physiologischerundpathologischer Funktions- änderung untersucht werden. Nur dadurch, dass man der Gesetzmässigkeit des Auftretens der Granula nach- ging, konnte man eine Gewähr dafür erlangen, dass man wirk- lich vitale Granulationen beobachtete. Stehen dıe von uns sichtbar gemachten Gräa- nula in Beziehung zur Funktion, dann müssen sie mit. der Steigerung und Herabsetzune der letzteren sich ım gleichen Sinne verändern. Der physıologısch gesteigerte Kunktionsreiz erschien uns am besten gegeben in der nach Exstirpation der einen Niere erfolgenden Hypertrophie der zurückgebliebenen Niere: jetzt hat die eine Niere die Arbeit für beide zu leisten. Wir haben solche hypertrophische Nieren in verschiedenen Stadien untersucht (8, 9 und 28 Tage nach Exstirpation der anderen Niere). Die gleichzeitige Steigerung und Schädigung «Herabsetzung der Funktion in verschiedenen Bezirken des Organs kann man an vergifteten „nephritischen“ Nieren untersuchen. Wir haben deshalb acute Vergiftungen mit verschiedenen Substanzen vorgenommen: Sublimat, Chrom, Arsen, Can- tharidın, Goldchlorid. Die Anwendung so verschiedenartig wirkender Nieren- gifte liess zugleich prüfen, ob der moderne strikte Unter- schied zwischen „vasculärer“ und „tubulärer“ Nephritis Experimentell-anatomische Untersuchungen an der Nierenzelle. 151 zu Recht besteht. Hinsichtlich der Technik der Vergiftungen folgten wir den Angaben, die Schlayer und Hedinger!) in ihrer ausgezeichneten, grundlegenden Arbeit über toxische Nephritis geben. Es erschien uns von diesem Gesichtspunkte wichtig, neben dem Cantharidin und Arsen auch das von W. Heubner als Capillargift KareSoyijv beschriebene Goldehlorid anzuwenden. Für die gütige Herstellung und Überlassung der Lösung bin ich Herrn Kollegen Heubner zu aufrichtigem Dank verpflichtet. (Vergl. W. Heubner, Über Vergiftung der Blutcapillaren, Schmiedebergs Archiv 1907Bd. 56 S. 380.8.) Der Einrluss der AutolyseaufdieNierenzelle liess sich am sichersten an einer Niere nachweisen, die nach Unterbindung ihrer Blutgefässe noch längere Zeit (ca. 24 Stunden) in dem Organismus belassen worden war. Bei einer derartigen Versuchsanordnung liess sich zu- gleich erwarten, zahlreiche Übergänge physiologischen in patho- logisches Geschehen zu sehen. Die zur Untersuchung verwerteten Nierenstückchen waren möglichst dünn und wurden noch lebenswarm in die Fixierungs- flüssigkeit eingelegt. Es wurden zum Vergleich verschiedene Fixierungsflüssigkeiten benutzt (Müller-Formol, Zenker, van Gehuchten). Am besten geeignet für den Nachweis der Granula erschien die Müller-Formollösung. Dies stimmt mit den Erfahrungen fast aller Granulaforscher der neueren Zeit überein. Auch Rothstein und in neuester ZeitBianchi haben Chrom-Lösungen bevorzugt. Zum Nachweis der Granula verwandten wir eine Methode, die auch bei der Granulafärbung anderer Drüsen eine weitgehende Anwendung gefunden hatte: die Eisen- !) Schlayer und Hedinger, Experimentelle Studien über toxische Nephritis. Deutsch. Arch. f. klin. Med. Bd. 9. 152 C. HIRSCH, Hämatoxylinfärbung M. Heidenhains!). So wurde auch ein weitgehender Vergleich mit den Ergebnissen anderer Untersucher an anderen Drüsen ermöglicht. Erik Müller hatte sich auch der Eisen-Hämatoxylin- färbung in seinen Untersuchungen bedient und auch Bianchi hat sie in seiner neuesten Arbeit empfohlen. Als die Bianchi- sche Arbeit erschien, waren freilich unsere Untersuchungen schon längst abgeschlossen. Zur Einbettung der Präparate wurden Paraffin und Celloidin benutzt. Insbesondere leistete uns eine von Prof. Heiderich angegebene Modifikation der Heidenhainschen Paraffinein- bettung gute Dienste ?). Die Präparate wurden mit einem Winkel-Mikroskop (Homogen. Immersion und Compensationsoculare 3 u. 4) auf Granula untersucht. Die beigegebenen Abbildungen wurden bei dieser Vergrösserung von Frau Bieling gezeichnet. I. Normale Kaninchenniere (Fig. 1). Bei der Durchmusterung mit schwächerer Vergrösserung fällt zunächst die ganz verschieden dunkle Färbung der Harn- kanälchen (Tub. contorti und dicke Henlesche Schleifen) auf. Manche erscheinen tiefdunkel, andere ganz hell. Wir konnten feststellen, dass sich auch die Granulabildung in den einzelnen Kanälchen verschieden darstellt: in den dunkel gefärbten Kanäl- chen waren reichliche, in den helleren wenige oder keine Granula nachweisbar. Wir werden sehen, dass wir dieses Verhalten ungezwungen mit dem verschiedenen Funktions- !) Des Vergleiches wegen färbten wiraber auch nach Altmann, Schridde, Benda und mit der Hämatoxylin-Eosinfärbung. Wir kommen auf die Ergeb- nisse dieser Färbungen noch zurück. ?) Noch nicht publiziert. Die Präparate werden dabei lediglich Brut- schranktemperaturen ausgesetzt. Experimentell-anatomische Untersuchungen an der Nierenzelle. 153 zustande der einzelnen Kanälchen in Zusammenhang bringen dürfen. Das stimmt ja auch mit älteren Beobachtungen R. Heidenhains gut überein. Die Zellen der Tub. contorti!) und des dicken Teiles der Henleschen Schleife mit dunkler Färbung zeigen mehr oder weniger reichliche schwarze ge- färbte Granula. Manche Kanälchenzellen sind vollgepfropft mit diesen Körnchen, andere zeigen sie reichlicher an dem Basal- teile, spärlicher an der Innenseite der Zelle. Im Lumen da- gegen sind selten vereinzelte Körnchen zu finden. Wenr in einzelnen Zellen die Körnchen etwas dichter um den Kern herum anzutreffen sind, so zeigt sich doch nirgends eine Beziehung zwischen dem Kern zur Körnchen- bildung. In vielen Fällen sind die Dichtigkeitsverhältnisse der Körnchen ganz verschiedene. Neben der Granulabildung besteht in den Zellen eine sehr gute schwarze Tinktion der HeidenhainschenStäbchen. Diesen Stäbchen mussten wir bei der Durchmusterung unserer Präparate eine um so sorgfältigere Beobachtung widmen, als ja bekanntlich Heidenhains Schüler Sauer?) die Stäbchen als „granuläre“ Bildungen aufgefasst hatte und sich dabei auf die von Rothstein beschriebenen sog. „Kugelfäden‘“ be- rufen hatte. Auch wir sahen Stäbchen mit knotigen Verdickungen, wir konnten aber nirgends den Eindruck gewinnen, dass die Granula aus diesen Stäbchen hervorgehen. Zunächst fiel uns bei den Stäbchen die ganz verschiedene Dicke auf: einzelne Stäbchen sind dünnsten Härchen gleich, andere sind „pfosten“artig plump und dick. Vielfach liegen die Granula zwischen den Stäbchen. Gleichwie es Stäbchen mit knotiger Verdiekung gibt, so gibt es auch Zellen mit Granula, in denen die Stäbchenstruktur 1) Hauptstücke im Sinne Peters, cf. Peter, die Nierenkanälchen des Menschen und einiger Säugetiere. Jena 1909. 2) 1. ce. 154 C. HIRSCH, kaum oder gar nicht alteriert erschien. In anderen Zellen freilich war eine solche Anhäufung von Granulis, dass man den Eindruck gewann, das ganze Protoplasma (incl. Stäbchen) se; an der Granulabildung beteiligt. Ein gesetzmässiger Üblerzaner dersstabchensn. Gran lamlwessusuch aber nınsends Sstcheri.n ach wzeisenszridesinale werden wir auch die Anschauung, die Granula Singen zaus.den sitarbe henshre Try or, zu Trüsckwieisien müssen. Die Körnchen zeigen verschiedene Dicke. Der Bürsten- saum war verschieden gut erhalten, Granula waren in ıhm nicht regelmässig nachzuweisen. In noch viel ausgeprägterer Weise konnten wir diese Be- obachtungen an den hypertrophischen Nieren (Fig. 2) wiederholen. Es wurden Nieren untersucht, die nach Exstir- pation der anderen Niere 8, 9 und 28 Tage die Funktion beider Nieren ausgeübt hatten. Es fällt zunächst auf, dass in diesen Präparaten der Unter- schied zwischen „hellen“ und „dunklen“ Kanälchen (tätiger und untätiger) viel weniger hervortritt. Es sind eben fast alle Zellen tätig und daher dunkler gefärbt. Die Körnchen- bildunsistgegenüberden normalen Präparaten enorm gesteigert. In vielen Fällen finden sich keine deutlichen Stäbchen mehr. Aber auch hier ist nirgends einwandsfrei der Über- gang der Stäbchen ın Körnchen zu verfolgen. Vielfach liegen auch hier die Körnchen dicht gedrängt zwischen den Stäbchen. Auch zeigen die verschieden dicken Stäbchen oft ganz verschieden weite Abstände voneinander. Auch im Bürstensaum sind Granula nachzuweisen (ver- einzelte Granula auch in den Zellen der Sammelröhrchen ?). Experimentell-anatomische Untersuchungen an der Nierenzelle. 155 Im dünnen Teil der Henleschen Schleifen trifft man keine Körnchen. Auffallend ist ferner die ganz verschieden dunkle Tinktion einzelner Epithelzellen in dem Zellen- bestand eines Querschnittes. | Auch in den mit verschiedenen Anilinfarben gefärbten Kontrollpräparaten bemerkt man eine ganz verschiedene Färb- barkeit einzelner Zellen und Strecken der Tub. contorti. Auch Peter weist in seinen grundlegenden Untersuchungen auf diese verschiedene Färbbarkeit hin und schliesst daraus, dass das Hauptswuck ın>seiner ganzen Länge nicht gleichmässig funktioniert. Weshiyzpierztrophescher diesNrere, destorauswe- sprochener ist die Granuläbildung. Sublimatniere (Fig. 3). Kaninchen: Gew. 2310 g. 2 ccm einer Sublimatlösung 0,05: 10,0 injiziert. Nach 24 Stunden durch Erstickung getötet. Die Niere zeigt die typischen Veränderungen der sog. Sublimatniere: Ausgedehnte Epithelschädigung und massen- haftes Auftreten von Cylindern in allen Kanälchen (Tub. cont. Henlesche Schleifen und ausführende). In den völlig degenerierten Zellen sind keine Granula, hier ıst alles zu „Staub“ geworden. Dagegen zeigen sich in den noch erhaltenen Zellen alle Übergänge von gesteigerter Granulabildung bis zu erloschener Granulabildung. In vielen der noch erhaltenen Zellen erinnert die Zahl der Granula sofort an die bei der Untersuchung der hyper- trophischen Nieren festgestellten Befunde: man hat also hie nem venndies- Bildes ausgedehnwer bp uchel- verwustung den "bestimmten EBErndruck, dass 156 C. HIRSCH, viele ZellenuntereinerbesondersstarkenReiz- wirkung stehen, d. h. eine gesteigerte Funktion ausüben. Die Stäbehenstruktur ist meist nicht mehr vorhanden. Wo sie aber noch besteht, sind die Stäbchen von allersrösster Keinheit „schalten harbit®: Chromniere (Fig. 4). Kaninchen: Gew. 2160 g. 5 ccm einer Lösung 0,06: 10,0 1:10 injiziert (intravenös). Nach 5 Min. Exitus letalıs. Die Niere zeigt verhältnismässig noch geringe degenerative Veränderungen an den Epithelien. Die Stäbchenstruktur ist undeutlicher. Die Granula erscheinen zahlreicher als in der normalen Niere. Sehr viele „schwarze“ Epithelzellen (vergl. hyper- trophische Niere). Cantharıdinniere (Fig. 5). Kaninchen: Gew. 2160 g. 5 cem einer Lösung 0.06: 10.0 intravenös injiziert. Nach 2 Stunden durch Erstickung getötet. Ausgedehnteste Epitheldegeneration. In den meisten Tub. contortis und Henleschen Schleifen ist das Epithel z. T. fast völlig ruiniert. Daneben finden sich aber zahlreiche Zellen mit sehr reichlicher Granulabildung. Die abgestorbenen, degenerierten Zellen dagegen enthalten ver- fallenes „fein gepulvertes“ Protoplasma, viele mit Bildung grosser blasiger Vacuolen. Die Kerne sind fast homogen. Bemerkenswert ist ferner, dass in vielen Kanälchen in dem Epithelverband einzelne tiel schwarz tingierte Zellen anzutreffen sind (vergl. Chromniere). In einzelnen ‚„Sammelröhrchen“ vereinzelte Granula an- zutreffen? Es lässt sich aber nicht sicher feststellen, ob Experimentell-anatomische Untersuchungen an der Nierenzelle. 157 es nicht doch Henlesche Schleifen sind. Die ausgedehnte Epitheldegeneration erschwert natürlich die sichere Unter- scheidung. Arsennrere (Rior'6. u). Kaninchen: Gew. 1720 g, erhält intravenös 10 ccm einer Lösung 0,1:10 (Fig. 6). 60 Minuten nach der Infusion durch Erstickung getötet. Keine schwere Epithelschädigung. Viele „dunkle“ Zellen (cf. Cantharidin und Chrom). Die Stäbchen sind sehr undeutlich. Die Granula sind zahlreich und völlig irregulär gelagert. Ausser dieser ganz akuten Vergiftung wird noch folgender Versuch gemacht (Fig. 7): Kaninchen: 1775 g, am 7. IV. 09 5 Uhr 45 Min. intra- venöse Infusion von 2 cem einer Lösung von Acid. arsenic. 0,15:10. Tier am 8. IV. 5 Uhr 20 Min. getötet, also 24 Stunden nach der Vergiftung. Hier zeigen sich ausgedehntere Epithelveränderungen, aber entschieden weniger Granula als bei der ganz akuten, Arsenvwergiftung. Goldsalzvergiftung (Fig. 8). Kaninchen: Gew. 1950 g. Intravenöse Infusion von 3 cem einer vom Herrn Koll. W. Heubner gütigst bereiteten und neutralisierten frischen Lösung von Au Cl, Na (1 ccm = 0,038 g Goldsalz). Stirbt nach 5 Minuten. Zahlreiche Körnchen und besonders klare Stäbchenstruktur ; z. T. sehr dünne Stäbchen. Nirgends ein Zusammenhang zwischen Körnchen und Stäbchenbildung wahrnehmbar. 158 C. HIRSCH, Niere der Autolyse überlassen (Fig. 9). Einem 2120 g schweren Kaninchen wurden unter strenger Asepsis die Blutgefässe der einen Niere unterbunden. Die Niere wird 24 Stunden in dem Körper gelassen, dann exstirpiert und lebenswarm fixiert. Das Epithel zeigt überall die typischen Veränderungen ım Sinne der ischämischen Nekrose. Die Granula sındauberall Fast volsezmer schwunden. Um der Ursache nachzugehen, warum die pathologisch- anatomische Literatur die Granula der Nierenzelle nicht wür- digte, machten wir ferner folgenden Versuch. Von einer körn- chenreichen hypertrophischen Niere legten wir sofort lebens- warm ein Stückchen in Müller-Formol. Ein anderes Stückchen liessen wir vor der Fixierung 1 Stunde an der Luft liegen. Die Untersuchung ergab, dass in den Präparaten des nicht sofort fixierten Stückchens die Granula wesentlich an Zahl verringert waren. Die Granula sind also sehr emp- tindliche Gebilde. Wir haben in der Schilderung unserer Befunde speciell das Verhalten der Granula und der Heidenhain- schen Stäbchen demonstriert. Selbstverständlich haben wir auch auf das Verhalten der Kerne und des sog. Bürsten- saumes geachtet. Gesetzmässige Änderungen haben wir aber hier nicht feststellen können. Die Kerne erscheinen in den hypertrophischen und toxisch „gereizten“ Nieren häufig ausgesprochen pyknotisch. Die Zahl der Nucleolen wechselt sehr. In den stark degenerierten Nieren sind natürlich auch die Kerne mehr oder weniger zer fallen. Bei der Arsenvergiftung und bei der Chromniere er- scheinen sie z. T. „geschwollen“, z. T. blasig aufgetrieben. Etwas Abschliessendes vermögen sie aber in dieser Richtung vorerst nicht zu sagen. Jedenfalls besteht aber keine Beziehung zwischen Kernveränderung und Granulabildung. Experimentell-anatomische Untersuchungen an der Nierenzelle. 159 Auch die Deutlichkeit des Bürstensaumes wechselt in den einzelnen Präparaten sehr. Auch Körnchen liessen sich im Bürstensaum öfter nachweisen; selten im freien Lumen der Kanälchen. Wir haben aber den sicheren Eindruck gewonnen, dass eine Ausscheidung der Granula in das Lumen nicht stattfindet. Die vereinzelten, im Lumen anzutreffenden Granula sind wohl beim Schneiden der Präparate aus den Epithelien in das Lumen „verschleppt“ worden. Entsprechend unserer Absicht, die Granula zu untersuchen, haben wir lediglich akute Vergiftungen gemacht. Immer- hin haben sich aber auch hinsichtlich der Gefäss- und Epithel- alteration so bemerkenswerte Befunde ergeben, dass wır diese an anderer Stelle ausführlich besprechen werden. Nur das sei einstweilen hervorgehoben: Der neuerdings in der experimentellen Pathologie so strikte durchge- führte Unterschied zwischentubulärerundvas- euwlameriNephrıtissbedarfleiner"Kevision. In ähnlichem Sinne hat sich kürzlich auch Riıbberit ausgesprochen (über Nephritis und über Entzündung paren- chymatöser Organe, Deutsche med. Wochenschr. 1909, Nr. 46). Eıwähnen möchten wir ferner noch einige Adrenalin- versuche, die ursprünglich in der Absicht gemacht wurden, den Querschnitt feinster Gefässe durch Contraction sichtbarer zu machen. Wir injizierten Tiere kurz vor Herausnahme der Niere Adrenalinlösungen intravenös und direkt ın die Art. renalis. Auch wurden Nierenstückchen kurz vor der Fixation in Adrenalinlösungen eingelegt. Beidiesen Nieren zeigte Sich .nun. ein, auftallender, Granulaschwun.d (Big: 10). Besonders deutlich trat dies bei einer an sich sehr granula- reichen hypertrophischen Niere hervor. Auch Nierenstückchen einer durch intravenöse Injektion von Theocin vorher gereizten 160 C. HIRSCH, Niere in Adrenalinlösung gebracht, zeigten nur spärliche Gra- nula in ihren Epithelien. Das Adrenalin muss also schädigend auf die Granula wir kiem:. Sehr bemerkenswert erschien ferner an diesen mit Adrenalin behandelten Nieren die Enge der Kanälchen. Man gewann direkt den Eindruck, dass das Adrenalin nieht nur die Gefässe (Glomeruli), sondern auch die Kanäl- chen verengte. Das liesse sich nur durch die Annahme erklären, dass das Adrenalin auf die contractile Substanz überhaupt wirkt!). Wenn wir nun zunächst unsere Granulabefunde mit den in der Literatur niedergelegten Untersuchungen an der Nierenzelle vergleichen, so finden wir hier die verschiedensten Dinge beschrieben: Hyaline Tropfen (Störk u. Land- steiner |. c.), Körnchen von verschiedenster (rösse, chemischer Beschaffenheit und Färbbarkeit (Altmann u. a.), Vacuolenbilder, ZerfallderHeidenhainschenStäb- chenin Granula (die meisten Autoren seit Sauer), Körn- chen zwischen den Stäbchen, Körnchen von verschiedenster Anordnung innerhalb der Zelle (vergl. die ausgezeichnete Be- arbeitung der ganzen Frage «durch Metzner in dem Handbuch der Physiologie, herausgegeben von Nagel). Diese so verschiedenen Angaben waren ja für uns die Veranlassung zu einer experimentellen Untersuchung über das Auftreten der mit Heidenhains Eisenhämatoxylin färb- baren Granula. Wir besprechen lediglich diese Granula, die z. T. sicher auch bei Arnold-Altmannschen Färbungen mitgefärbt werden können, wie uns Kontrollfärbungen wahr- scheinlich machten. Die beste Darstellung aber gibt die Heidenhain-Färbung. !) Es erscheint uns daher fraglich, ob man das Adrenalin im Experiment zur Funktionsprüfung der Nierengefässe benutzen darf. Experimentell-anatomische Untersuchungen an der Nierenzelle. 161 Wir haben aber — wie bereits erwähnt — eines ein- gehenden Vergleiches wegen auch diese und andere Färbungen angewandt. So konnten auch durch die Schridde-Färbung Granula dargestellt werden. Dagegen ergab Bendas Mito- chondrienfärbung keine Körnchen. Es möge aber sogleich hervorgehoben werden, dass, nach- dem wir die nötige Übung im Nachweis der Granula, erlangt hatten, auchdiegewöhnliche Hämatoxylin-Eosin- färbung uns die Granula sehen liess. Man muss die Körnchen aber vorher von den Heidenhain-Präparaten her schon näher kennen. Hinsichtlich der viel diskutierten Frage „Vacuolen oder (ranula“ möchten wir betonen, dass wiran der Kanin- chenniereniemals VacuolenindenNierenzellen gesehen haben. Nur in der Froschniere zeigen sichnebendenGranulisauchdeutlicheVacuolen (Bier 11). Wir waren auch in der Lage, die frisch fixierte Niereeines Hingerichteten zu untersuchen. Siezeigte hinsiehtiehrder Granwlar bezw Stäbchen eın ganz analoges Verhalten wie die Kaninchen- Diere., Die vonlunsr festgestellten Tatsachen gelten also auch für die menschliche Niere. Die von uns dargestellten Granula stellen einen vitalen Vorgang in der Nierenzelle dar. Mit der Steigerung der Funktion (hypertrophische Nieren) erfahren sie eine aus- gesprochene Vermehrung, die völlig dem Grade der vermehrten Tätigkeit der Nierenzelle entspricht. Bei toxischen Reizungen der Niere durch experi- mentell gesetzte Vergiftungen treten auch die Granula in den nicht degenerierten Zellen dem Grade der Vergiftung ent- sprechend zahlreicher auf. Anatomische Hefte. I. Abteilung. 123/124. Heft (41. Bd, H. 12). 11 162 C. HIRSCH, Besonders interessant sind in dieser Hinsicht unsere Ärsen- vergiftungen. In der akut vergifteten Niere (60 Minuten nach der Vergiftung getötetes Tier) sind reichlich Granula nach- weisbar; wird das Tier erst 24 Stunden später getötet, nach- dem schon ausgedehntere Epitheldegenerationen erfolgt sind, dann sind auch die Granula viel spärlicher vertreten. Hinsichtlich des besonders reichlichen Auftretens der Granula bei der Sublimatvergiftung sei darauf hinge- wiesen, dass ja das Quecksilber bekanntlich auch eines der am stärksten diuretisch wirkenden Mittel ist (Kalomel- diurese. Nach Schmiedeberg (Grundriss der Pharmako- logie, 5. Aufl. 1900) sind der Sitz der Wirkung hauptsächlich die Epithelien der Harnkanälchen und der Glomeruli. Diese Organgebilde erfahren bei therapeutischen Dosen eine Reizung, wodurch eine Steigerung ıhrer Funktion bezw. eine vermehrte Harnabsonderung herbeigeführt wird. Cohnstein (Arch. f. experim. Path. u. Pharmak. 30, 126, 1892) trieb beim Kanin- chen durch Injektion von 10 mg Kalomel die Harnmenge auf das 60 fache. Bei der schweren Sublimatvergiftung, wie in unserem Falle, wird natürlich durch die enorme Degeneration die Harnabsonde- rung bald sistieren, aber wo wir in den erhaltenen Zellen noch reichlich Granula finden, dürfen wir sie nach den Erfahrungen an den normalen bezw. hypertrophischen Nieren wohl als Ausdruck extremster Reizung ansprechen. Das gilt auch für die Beurteilung der Befunde bei den anderen Vergiftungen. Wir sehen in den einzelnen Zellen dann alle Übergänge von ausser- ordentlich gesteigerter Funktion (stärkster Reizwirkung) bis zum Erlöschen der Funktion (Degeneration, Tod, „Entmischung“ der Zelle); also den Weg vom ‚„Physiologischen“ zum ‚„Patho- logischen“ in allen seinen Etappen. Geradezu das beweisende Experiment für unsere Auffassung aber stellt das Verhaltender Experimentell-anatomische Untersuchungen an der Nierenzelle. 163 Nierenzellen nach der 24stündigen Abbindung der Gefässe dar. Hier ist jegliche Secretion erloschen und die von der Blutversorgung abgeschnittenen Zellen unterliegen dem Prozess der Autolyse. Hier sind auch Granula und Stäbchen verschwunden. Dieses Experiment lehrt zugleich, dass unsere Granula keine pathologischen, durch Zellzerfall bedingte Bildungen sein können. Das zeigten ja übrigens auch die vergifteten Nieren durch das Nebeneinanderbestehen von granulareichen und granulaarmen Zellen. Die granulaarmen waren die zerfallenen Epithelien. Eine besondere Besprechung des Verhaltens der Heidenhainschen Stäbchen erscheint um so not- wendiger, als Sauer, ein Schüler Heidenhains, bekannt- lich die Stäbchen in Körnchen zerfallen liess. Diese Anschauung wurde später von den meisten Autoren in folgender Weise verallgemeinert: Die Heidenhainschen Stäbchen bestehen aus Körnchen und die Granula gehen aus den Stäbchen hervor. Die „Kugelfäden“ Rothsteins (l. e.) und die Mitochondria- lehre Bendas (l.c.) schienen diese Lehre zu stützen. Heiden- hain selbst freilich hatte Sauer schon widersprochen, er hielt nach wie vor an der Stäbchenstruktur fest. Nach unseren eigenen Beobachtungen mussten wir Zu- nächst Heidenhain beipflichten. VoneinerEntstehung unserer Granula aus den Stäbchen kann nicht die Rede sein. Wir sahen freilich bei genauester Unter- suchung der Stäbchen in unseren verschiedenen Präparaten ein sehr verschiedenes Verhalten dieser interessanten Bil- dungen. Wir sahen Zellen, wo der Stäbchencharakter völlig und einwandfrei gewahrt erschien. In anderen Zellen aber zeigte sich ein beinerkenswerter Unterschied in der Dicke der einzelnen Stäbchen. Wir sahen äusserst feine Stäbchen neben sehr dicken 418 164 C. HIRSCH, plumpen Bildungen. Auch die Lage der Stäbchen zueinander war eine sehr wechselnde: Oft standen sie in gleichmässigen Abständen voneinander entfernt (normale Niere, Goldchlorid- niere), dann konnten wir zwischen den Stäbchen grössere Zwischenräume beobachten. Dabei standen die Stäbchen oft schief, z. T. zueinander geneigt, z. T. voneinander abgewendet (vergiftete und hypertrophische Nieren). Wenngleich einzelne Stäbchen häufig knotige Verdickungen zeigten und andere wie „zerbrochen‘“ aussahen, konnten wir doch nicht den Eindruck gewinnen, dass die Stäbchen regelrecht in Granula zerfielen. Die Granula fanden sich auch in Zellen mit z. T. intakten, Stäbchen, ja vielfach zwischen die Stäbchen eingelagert. Auch Zellen ohne jede Stäbchenstruktur mil Granulis angefüllt waren insbesonderein den vergifteten Nieren zu sehen. Granulabildung und Stäbchenstruktur erschienen uns daher ohne inneren Zusammenhang als voneinander unab- hängige vitale Änderungen der Zellstruktur. Auch in dem Epithel der Sammelröhren glaubten wir mehrmals Granula zu finden, insbesondere in den Nieren mit gesteigerter (Hypertrophie) bezw. gereizter Funktion (vergiftete Nieren). Bei wiederholter Untersuchung erschien uns aber diese für die Funktionsänderung der Epithelien interessante Be- obachtung doch nicht einwandfrei. Insbesondere bei den ver- gifteten Nieren erschien infolge der Epithelläsion eine Ver- wechslung von Sammelröhrchen mit Henlescher Schleife nicht ausgeschlossen. Es mag aber erwähnt werden, dass Rothstein unter Retzius in dem Sammelröhrchenepithel „Körnchen“ gesehen haben will. Was bedeuten nun die Granula? Wasstellen die Stäbchen dar? Diese Fragen drängen sich natürlich immer wieder auf. Experimentell-anatomische Untersuchungen an der Nierenzelle. 165 Es kann nicht unsere Aufgabe sein, hier die ganze Granula- [rage nochmals aufzurollen. Das Wichtigste haben wir bereits in der Einleitung gesagt. Entsprechend der verschiedenen Auf- gaben der einzelnen Drüsen ist mit einer allgemeinen Theorie der Granula die Frage auch nicht entschieden. Die Granula haben in den verschiedenen Drüsen sicher eine ganz ver- schiedene Bedeutung, sie stehen eben mit der specifischen Funktion im innigsten Zusammenhang. Sie stellen zum mindesten Vorstufen des Secretes selbst dar (‚„Rohmaterial). Die interessanten unter der Leitung F. Merkels ausgeführten Untersuchungen Schoppes (34) haben den Nachweis er- bracht, dass bei Vögeln und Schnecken die Harnsäure in den Nierenzellen in der Form von Körnchen auftritt. Es liegt der Gedanke nahe, dass es sich bei unseren Körn- chen um Harnstoff handeln könnte. Wir möchten jedoch über die chemische Beschaffenheit der Granula vorerst keine bestimmte Ansicht äussern. . Wir vermögen allerdings nicht den von Bianchi ver- (retenen Standpunkt zu teilen, der in allen Körnelungen der Drüsenzelle lediglich osmotische „Störungen“ oder Produkte aseptischer Autolyse sieht und als echte Granula nur die feinen Körnelungen des Cytoplasmas (sog. Liposome) gelten lässt. Das Verhalten unserer Granula in den hyper- trophischen Nieren, ihr Fehlen in der autolytisch degenerierten Niere spricht entschieden gegen einen Versuch, in diesen Gra- nulis lediglich die Folge einer Funktionsstörung zu erblicken. Bianchi selbst möchte die von ihm als degenerativer Vorgang im Sinne Albrechts aufgefasste „tropfige Ent- mischung“ allerdings auch nicht als identisch mit der sog. trüben Schwellung angenommen wissen. Er erblickt vielmehr in der „tropfigen Entmischung‘“ die Anfangsphase einer Zell- veränderung, der der Zelltod folgen kann, aber nicht zu folgen braucht (Versuche an hungernden Mäusen). Dagegen möchten wir Bianchi teilweise zustimmen in seiner Beschreibung der Heidenhainschen Stäbchen. Er sieht in ihnen homogene Fäden, die mit der Granulabildung nichts zu tun haben. Auch wir haben bereits hervorgehoben, dass nach unseren Beobachtungen Granulabildung und Stäb- chenformationen nichts miteinander zu tun haben. Wenn wir nun Differenzen in der Gestalt der Stäbchen, ja selbst knotige bezw. gekörnte Stäbchen sahen, so haben wir doch nicht wie Bianchi den Eindruck erhalten, dass es sich hier um Kunst- produkte (Fixierung, osmolische Störung, tropfige Entmischung) handelte. Wir haben vielmehr beobachten können, dass bei zunehmender Granulierung des Protoplasmas die Stäbchen „mit zerbrochen‘ werden und verschwinden. Das führte uns zur Frage, ob die Stäbchen über- haupt primäre stäbchenartige Bildungen dar- stellen. Nach den von uns wiedergegebenen Befunden scheint uns dies sehr unwahrscheinlich. Wir sind immer mehr zu der Ansicht gedrängt worden, dass — so paradox dies auch zunächst klingen mag — die Heidenhainschen Stäbchen überhaupt keine Stäbchen sind. Sie erscheinen uns vielmehr als protoplasmatische Verdichtungen zwischen Flüssigkeitsströmungen, die das Pro- toplasma durchströmen. Die Stäbchen stellen also Zustandsände- rungen’ des Protoplasmas bei der Secretion dar. IndenGranulisabermüssenwirschonVorstufen der Secretionsprodukte erblicken, die die Nierenzelle aus den Flüssigkeitsströmungenin sich niedergeschlagen hat, um sie dann wieder eelöst in das Lumen der Kanälchen auszu- scheiden. Für diese Auffassung sprechen nicht allein unsere Be- obachtungen. Übereinstimmend berichten die meisten Unter- Experimentell-anatomische Untersuchungen an der Nierenzelle 167 sucher: die Stäbchenbildung geht der Körnchenbildung voraus. Dies hat ja seit Rothstein und Sauer bis zu Takaki und Bianchi zur Diskussion der Frage geführt: sind die Stäbchen nicht überhaupt ‚„Körnchenfäden“ bezw. gehen die Granula nicht aus den Stäbchen hervor? Und dann lesen wir übereinstimmend mit unseren Beobachtungen fast überall: im Lumen der Kanälchen werden keine Körnchen mehr angetroften. Die Granula müssen also in der Nierenzelle selbst wieder gelöst werden vor der definitiven Ausscheidung im fertigen Secretionsprodukt, im Harne. Stäbchen und Granula sind also vorübergehende, mit deı Secretion aufs engste verknüpfte Erscheinungen in der lebenden tätigen Zelle. Degenerierte Zellen haben weder Steabchen moch Granula. Wenn Bianchi die geistvolle Hypothese des leider allzu- früh verstorbenen Eugen Albrecht (,von der tropfigen Entmischung‘) lediglich zur Erklärung granulaähnlicher Bil. dungen, d. h. Kunstprodukte in der Drüsenzelle heranziehen möchte, so erscheint uns dieser Standpunkt zu einseitig. Wir glauben vielmehr auf Grund unserer Beobachtungen annehmen zu dürfen, dass „tropfigeEntmischungendesProto- plasmas“ sehr wohl auch der Ausdruck physio- logischen Geschehens in der Drüsenzelle sein können. Auf Grund colloid-chemischer Vorstellungen dürfte es nicht schwer sein, auch hier zu ansprechenden Hypothesen zu gelangen. Wir sehen von der Aufstellung solcher Hypothesen ab. Die experimentelle Sicherstellung der be- schriebenen morphologischen Änderungen der Nierenzelle als Symptome ihrer Funktion war das Ziel unserer Untersuchungen. Physiologische Vorstellungen und Hypothesen gedeihen aber bekanntlich am sichersten auf gesichertem anatomischem Boden. 165 C. HIRSCH, Wir fassen die Ergebnisse unserer Untersuchungen in folgenden Sälzen zusammen: i- Die in der Nierenzelle (0b. comtort. dieker Teil der Henleschen Schleife) mit Eisen- hämatoxylindarstellbarenGranulaentsprechen eınem ‘'vitalen Vorsans im Protoplasma der Zueilie: 2. Diese Granula sind nur am überlebenden bezw. am noch lebenswarm fixierten Präparat nachweisbar. Hierdurch erklären sich auch die widersprechendenAngabeninderpathologisch- anatom#schen Literatur, wo fast ausschliess- lich über- Untersuchungen an „totem“ Material berichtet wird. 5) 3. Die Zahl der Granula erscheint abhängig vonderFunktionderZelle. Funktionssteigerung der Zelle bedingt auch entsprechende Vermenh, rung der Granula. Dieses Verhalten lässt sich besondersklarandenin verschiedenen Stadien derHypertrophiebefindlichenNierenverfolgen. 4. Bei experimentell gesetzten, toxischen Schädigungen der Niere sieht man neben völlig degenerierten Zellen ohne Granula Zellen in den verschiedensten Stadien der Funktions- steigerung. Eslassensichinsolchen Präparaten alle Übergänge über die extremste Funktions- steigerung (Fülle von Granulis) hinaus bis zur Erschöpfung bezw. Degeneration der Zelle ver- folgen. Die völlig degenerierten Zellen haben keine Granula. In diesem Sinne erscheint auch das Stadıum der Vergiftung bedeutungsvoll. So sind bei Experimentell-anatomische Untersuchungen an der Nierenzelle. 169) derssanz akuten Arsenversiftung m einzelmen Nierenzellen weit zahlreichere Granula sıcht- bar als bei der gleichen Vergiftung 24 Stunden SpaterzaNit der ZunahmederndeoenerativenZell veränderungen schwinden die Granula. 5. Besonders wichtio für die Bedeutung der Granula erschien folgender Versuch: Unterbindet man die Nierengefässe und be- lässt die Niere noch 24 Stunden im Organismus, dann sind fastkeine Granula mehrindenischä- misch de wemerierten Nyjerenzellen sichtbar. Die ’Granula sind alsoseinevitale und keine durch, Auutolvse ete bedinste Erscheinmune. b=Die Granulareehen nicht Ausreden Herden. Kaınschen Stäbchen hervor. Siestellen eine Um- wandlung des Protoplasmasdar, beiderfreilich auchdieStäbchen ‚zerbrechen‘ bezw.schwinden. 7. Die Heidenhainschen Stäbchen möchten wir als Protoplasmaverdichtungen zwischen Flüssigkeitsströmen im Protoplasma anspre- ohen. Das Studium der pathologischen Physiologie der Niere lehrt uns die Lücken unseres Wissens in der normalen Morpho- logie und Physiologie des Organs kennen. Wir dürfen daher hoffen, dass die erweiterte Erkenntnis der morphologischen Eigenschaften der Harnkanälchen nicht allein für die Physio- logie, sondern auch für. die Pathologie der Niere von einigem Nutzen sein wird. 1a. Literaturverzeichnis. Merkel, Fr., Die Speichelröhren, Rektoratsprogramm Rostock. Leipzig 1883. Virchow, Die Cellularpathologie 4. Auflage 1871. Stoerk, Über Protagon und über die grosse weisse Niere, Wiener Akademie. Sitzungsbericht 1906. Heft 1. Landsteiner, Über trübe Schwellung. Zieglers Beiträge. Bd. 33. Ss. 23ff. Altmann, Die Elementarorganismen und ihre Beziehungen zu den Zellen. 2. Aufl. Leipzig 1894. Fischer, Fixierung, Färbung und Bau des Protoplasmas. Jena 1899. Müller, Erik, Drüsenstudien I. Arch. f. Anat. und Physiol. Anatom. Abt. 1896. — ]I. Zeitschr. f. wissenschaftl. Zoologie 1898. Bd. 64. Heft 4. Heidenhain, R., Versuche über den Vorgang der Harnabsonderung. Pflügers Arch. 1874. — — Die Harnabsonderung in Hermanns Handbuch der Physiol. 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Tub. cont. bei Sublimatvergiftung (Winkel homog. Immersion Ocular 3). Fig. 4. Tub. contort. bei der acuten Chromvergiftung (Winkel homog. Immersion Ocular 4). Fig. 5. Tub. contort. bei der Cantharidinvergiftung (Winkel homog. Immersion Ocular 4). Fig. 6. Tub. cont. bei der akuten Arsenvergiftung (Winkel homog. Immersion Ocular 4). Fig. 7. Tub. contort. bei der Arsenvergiftung (24 Stunden nach der Ver- giftung) (Winkel homog. Immersion Ocular 4). Fig. 8. Tub. contort. bei der Goldsalzvergiftung (Winkel homog. Immer- sion Ocular 3). Fig. 9. Tub. cont. einer Niere 24 Stunden nach Unterbindung der Nieren- gefässe (Winkel homog. Immersion Ocular 3). So gut wie keine Granula. Fig. 10. Tub. contort. einer normalen Niere nach Adrenalineinwirkung (Granulaschwund) (Winkel homog. Immersion Ocular 4). Fig. 11. Froschniere, Granula und Vacuolen. Aus DEM ANATOMISCHEN INSTITUT ZU GREIFSWALD. BEITRÄGE ZUR ENTWICKELUNG DER ZUNGE. IIRZTEITz SÄUGETIERE. 1. SUS SCROFA DOM. VON ERICH KALLIUS, GREIFSWALD. Mi 56 Textfiguren und 18 Figuren auf den Tafeln 6/11. . "a EEE 2 u ae NE Be en na Ze an nn De 1“ Fr ET Mr Dt u - ‚th, \ Pr = via Aria BEN K Bit on N da h N) a a ute) ae R | Mar Eee 2) -_ ehr 3, wu y = : a I j k ei), yarııat. via zer Pin san. SEE. TEMEUR NE = ‚e, 5 | 8 i Ir; BEA WR “ Ai m Bar Ei | u P # e EZ e A al Ra 0 | r nu | Re uns Fa a FE 1: f a - en . j oh ee . 5 . u ‚ 5 5 > j u . ’ ur = 2 Ze i u r2 : rt ? D u - im a, j Ze Mn ee u . 2 u Er ? E @©LE Tu, > U: 5 At) REN HOIAB- , B> wre u PR h ar AND u = = en Fu F j Fa, . u 5 DE Da "rue ü y 8 Er r E I j “ \ = m j u - En D GE2 . 5 IX . 5 e 1 ® h Ir ES a Le = T _ . =. = i = = s% #: a Fig = 2 E E = ihn SF EZ u EN z ©“ R’ u ’ u er = . Lee + 2 . . u - Inhaltsverzeiehnis. Seite Stadienverzeichnis ee ee ee Entwickelung der äusseren Form der Zunge . . . 2 2 2 2.2......17 Papıllasvallataıı nm ee u gehe 2 Dapıllastollata us alone a a eh Wachstumsverhältnisse „ 2 0 2 200 u weten ee 2.206 Innere Struktur der Zunge und Lyssa . -. . 2 2 2 2 2 22002... 233 Zusammentassung: u. ie een u, 280 Eintwiekelune‘ des ‚Skeletes .. . 2... a a 2 na um ne 24 Zusammenfassung ey rn 0264 Eintwickelung: der Muskulatur „ 2 . 2 u a2 un. nn 0m 267 Entwickelung der Nerven der Zunge. . . . 2 2 2 2 2.2.2.2... 800 Entwickelung der Drüsen der Zunge. . . . 2 2 2 2... 816 Titeratur ne ee Se ee, en en er Vorsleichung Wr .o0 ua Se ee ee m j M De I T Y u f j ji j 5 ’ 4 18 j | 1 F I . 12 i En; ee ik BIETE en i - = j Pan HR = 1 E ” | Kara FREITIE 00 > EN KL RI N rin zu u j ei in tale er VIE i N will ja j > e € ü a ugs DR 5 a ee A = 7 ; en ee Area En 28 1777 DIN) Ann a, A a LEE) ws Stadien der untersuchten Schweine. Stadium I. — Keibel, Normentafeln zur Entwickelungsge- schichte des Schweines. Stadium 13. (Nr. 66). Stadıum III... > —=-Keibel,; N.-T. (Nr. 67%): Stadium III. = Keibel, N.-T. Stadium 14. (Nr. 69). Stadium IV. = Keibel, N.-T. Stadium 15. (Nr. 70). Stadium V. = Keibel, N--T. Stadium 17. (Nr. 75). Stadium VI. = Keibel, N.-T., klein wenig älter als Stadium 5 17. (Ne. 9): Stadium VII. = Keibel, N.-T., zwischen Stadium 17. und 18. (Nr. 75 und 76). Stadium VIII. = Keibel, N.-T., ein wenig älter als Stadium 18. (Nr. 76). Stadium IX. = Keibel, N.-T. Stadium 19. (Nr. 73). Stadium X. = Keibel, N.-T. Stadium 20. (Nr. 79). Stadium XI. = Keibel, N.-T. Stadium 21. (Nr. 81). Stadium XII = Keibel, N.--T. Stadium 22. (Nr. 82). Stadium XII. = Keibel, N.-T. Stadium 23. (Nr. 83). Stadium XIV. = Keibel, N.-T. Stadium 24. (Nr. 84). Stadium XV. Keibel, N.-T. Stadium zwischen 24 und 25. (Nr. 85/86). Anatomische Hefte. I. Abteilung. 123/124. Heft (41. Bd., H. 12). 12 178 E. KALLIUS, Stadium XVI. — Keibel, N.-T. Stadium 26. (Nr. 88). Stadium XVII. — Keibel, N.-T. Stadium zwischen 27 und 28. (Nr. 9%). Stadium XVII. = Keibel, N.-T., etwas jünger als Sta- dium 28. Stadium XIX — Keibel, N.-T. Stadium 29. Stadium XX — Keibel, N.-T. etwas älter als Stadium 29. (Nr. 94?) Stadium XX1. — grösste Länge Schnauzenschwanzspitze über die Krümmung gemessen — 56 mm. Stadium XXI. == grösste Länge (ebenso) — 58 mm. Stadium XXIII. == grösste Länge (ebenso) = 60 mm. Stadium XXIV. = grösste Länge (ebenso) —= 63 mm. Stadium XXV. = grösste Länge (ebenso) = 70 mm? Stadium XXVI. == grösste Länge (ebenso) — 80 mm. Stadium XXVII. = grösste Länge (ebenso) —= 92 mm. Stadium XXVII. — grösste Länge (ebenso) — 100 mm. Stadium XXIX. == grösste Länge (ebenso) — 190 mm. Stadium XXX. == grösste Länge (ebenso) — 265 mm. Stadium XXXI. = neugeborenes Ferkel. Entwiekelung der äusseren Form der Zunge beim Schwein. Stadium I. ‚Von diesem Embryo wurde bei 80 facher Vergrösserung eine Rekonstruktion der ventralen Teile ders Kiemenregion gemacht, die in der Ansicht von der dorsalen Seite her in der Tafelfigur 1 bei 40 facher Vergrösserung wieder- gegeben ist. Von besonderer Bedeutung ist dieses Stadium, weil die Rachenmembran noch vollständig erhalten ist. Ein ziemlich stark gewulsteter Teil der ersten Schlundbogen liegt vor der Rachenmembran, nur ein geringer flacher Teil sieht in die Rachenhöhle hinein, ist also in der Tafelfigur allein zu überblicken. Die Ansatzstellen der Rachenmembran an den ersten Schlundbogen springen in die Mundhöhle als deutliche Leisten vor (die der rechten Seite ist an der Figur mit einem Stern bezeichnet); diese Leisten konvergieren etwas nach den zweiten Schlundbogen zu und sind in der Medianlinie durch eine ziemlich tiefe Grube getrennt, die zugleich die dünnste Stelle der Membran darstellt. Lateral von diesen Leisten liegen die kleinen Partien der ersten Schlundbogen, die in die Mund- höhle hineinsehen. Sie sind aboral von den ersten Schlund- taschen begrenzt, die am Mundboden ziemlich flach sind, nach oben hin sich aber stark vertiefen, und von der Verschluss- membran, die aus zwei Epithellagen besteht, begrenzt sind; letztere ist überall vollständig. 12* 180 E. KALLIUS, Die zweiten Schlundbogen liegen mit ihrer Achse fast horizontal, sind vorn flach, nach hinten etwas stärker ge- wölbt, und stossen in der Medianlinie in einem kleinen ebenen Felde zusammen, an das sich aboral zwei durch eine mediane Furche getrennte Wülste anschliessen, an die die dritten Schlundbogen herantreten. In dem planen Felde sind an dem Modell zwei kleine Punkte bezeichnet, die der von Jacoby beschriebenen beim Schweine paarigen medianen Thyreoidea- anlage entsprechen. Dabei ist aber zu bemerken, dass an dem Embryo selbst diese Anlagen nicht zu bemerken sein würden, da hier von dem gleichmässig ausgebreiteten Epithel zwei zapfenförmige Epitheleinsenkungen in das darunter liegende Mesenchymgewebe hineinragen; ja man bemerkt aboral hinter diesen beiden Zapfen noch zwei dicht nebeneinander liegende weit kleinere und dünnere Epitheleinsenkungen, von denen aber nur eine bis zu dem Ende der vorgenannten Ein- senkung heranreicht. Eigentlich müsste man daher ın diesem Stadium von einer vierfachen Anlage der medianen Thyreoidea reden. Dieselbe liegt, wie wir es bisher bei allen untersuchten Tierklassen gefunden haben, wieder am oralen Rande der zweiten Schlundbogen. Die zweite Schlundtasche ist überall durch die doppelte Lage von Epithelzellen nach aussen ab- geschlossen. Die dritten Schlundbogen sind wohl entwickelt, begeben sich an jene oben beschriebenen kleine Wülste heran und fallen aboral ziemlich steil ab. Die dritten Schlundtaschen erreichen auch das Ectoderm und sind überall vollkommen verschlossen. Die vierten Schlund- bogen sind klein, und zwischen ihnen erscheint in der Mittel- linie auf der Tafelfigur 1 ein ziemlich mächtiger Wulst, der, wie die Untersuchung der Serie ergibt, von dem obersten Teile des Herzen und seiner Cölomhöhle gebildet wird, und deswegen auch hier wieder als Herzwulst bezeichnet wird. Beiträge zur Entwickelung der Zunge. 181 (Ci. Tafelfigur 1. H.) Die vierten Schlundtaschen sind klein, enden mit aboral sich erstreckenden kleinen rundlichen Aus- buchtungen, und erreichen nicht das Ectoderm. Von den mir zur Verfügung stehenden älteren Stadien, die sich unmittelbar an das eben beschriebene anschliessen, wurden vier Rekonstruktionen angefertigt, um möglichste Klar- heit über die weiteren Veränderungen zu erhalten. Es soll aber nur das in der Tafelfigur 2 abgebildete Stadium II ge- nauer beschrieben werden. Die Rachenmembran ist vollkommen verschwunden. An der oralen Fläche der ersten Schlundbogen sind aber jene beiden Wülste (* rechts Tafelfigur 2) noch sehr wohl zu er- kennen, die zweifellos den eben beschriebenen Bildungen ent* sprechen, und als Ansatzstellen der Rachenmembran bezeichnet werden sollen. Hinter ihnen sind ziemlich tiefe Gruben auch an der Tafelfigur zu erkennen. Die oral vor den Wülsten ge- legenen Partien der ersten Schlundbögen sind ziemlich breit, während die aboral vor ihnen liegenden sehr schmal sind. Die ersten Schlundtaschen sind deutlicher geworden und ver- laufen am Boden der Mundhöhle in einem leichten nach vorn convexen Bogen. Die ziemlich breiten zweiten Schlundbogen zeigen in ihren lateralen (rebieten nichts Besonderes. Dagegen haben sich die paarigen Wülste, die sich im vorigen Stadium an ihrer medianen Vereinigungsstelle befanden, zu einem unpaaren median ge- legenen Höcker vereinigt, der bis in das Gebiet der dritten Schlundbogen hineinreicht. Dieses Gebilde kann nicht anders als eine Copula aufgefasst werden. An ihrem oralen Rande liegt die mediane Thyreoideaanlage, die aus zwei EFpithel- zapfen besteht, die mit dem Mundhöhlenepithel zusammen- hängen. Neben diesen liegen noch zwei kleine Epithelnester, die nicht mit dem Mundhöhlenepithel zusammenhängen, die aber wohl ziemlich sicher von jenen im vorigen Stadium be- 152 E. KALLIUS, schriebenen kleinen Zapfen abstammen, die jetzt schon ihren Zusammenhang mit dem Mutterboden verloren haben. Die zweiten Schlundtaschen erreichen grösstenteils das Ectoderm, nur ihre am meisten ventral gelegenen Ausbuchtungen sind durch eine ziemlich dicke Schicht von Mesenchymgewebe von dem Ectoderm getrennt. Die dritten Schlundbogen sind ebenfalls breiter geworden und gehen an die Copula, von der soeben die Rede war, heran, sind aber von ihr durch eine deutliche Furche (cf. Tafel- figur) getrennt. Die dritten Schlundtaschen sind zum grössten Teil an das Ectoderm herangetreten, aber ihre ventrale Aus- buchtung ist im Mesenchymgewebe eingebettet. Die noch sehr kurzen vierten Schlundbogen konvergieren mit ihren Längsachsen nach der Copula hin, an deren hinterstem Rande sie zugespitzt enden. Zwischen ihren medialen Teilen schaut der Herzwulst (H) hervor, er ist aber viel kleiner ge- worden als im ersten Stadium, ist also gewissermassen durch die mächtiger entwickelten Schlundbogen verdrängt worden. Die ziemlich geräumigen vierten Schlundtaschen reichen nicht an das Ectoderm heran, von dem sie durch eine sehr breite Schicht von Mesenchym getrennt sind. Fünfte Schlundbogen sind nicht ausgebildet, das Darmrohr nimmt vielmehr bald die Form eines median gestellten Spaltes an. Einige weitere Rekonstruktionen, die nicht abgebildet wurden, zeigen als wesentlichsten Punkt, dass die Ansatz- stellen der Rachenmembran an den oralen Flächen der ersten Schlundbögen sich abflachen, um dann allmählich immer un- deutlicher zu werden. In dem in der Tafelfigur 3 (Stadium Ill) abgebildeten Modell sind die ersten Schlundbogen sehr viel breiter geworden. Die mediane Furche, die sie trennt, ist mehr abgeflacht. Die erste Schlundtasche ist am Boden der Mundhöhle ziemlich flach; ın den lateralen Partien erreicht sie natürlich Beiträge zur Entwickelung der Zunge. 183 noch das Ectoderm, wir können aber auf diese Gegend hier nicht weiter eingehen. Die breiten zweiten Schlundbogen wenden sich mit ihren medianen Enden der mächtig in die Mundhöhle vorspringenden Copula zu, deren höchste Erhebung jedoch im Gebiet der dritten Schlundbogen gelegen ist. Am oralen Abhang der Copula liegt die mediane Anlage der Thyreoidea, von der nur ein Epithelzapfen mit dem Mundhöhlenepithel zusammenhängt. Dieser Zapfen teilt sich ventralwärts in drei ungleichgrosse Zipfel; neben Textfigur 1. Umrisszeichnung des Mundbodens vom Schwein, Stadium III, (cf. Tafelfigur 3 mit eingezeichnetem Tubereulum impar T.i., von punktierter Linie umgeben I. II. III. IV. Vier Schlundbogen. ihm liegt ein kleines isoliertes Epithelnest. Vor dem Punkte, wo die mediane Thyreoideaanlage mit dem Mundhöhlenepithel zusammenhängt, liegt ein etwas unebenes kleines Gebiet, das bis zu der medianen Furche der ersten Schlundbogen heran- reicht, und lateral von den ersten Schlundtaschen begrenzt wird. Wir haben hier die erste Anlage des Tuberculum impar vor uns. Es besteht im wesentlichen aus einer Mesenchym- verdiekung, denn die Epithellage auf ihm ist nicht dicker als in den benachbarten Gegenden des Mundhöhlenbodens. In der Tafelfigur 3 ist es mit. T. i. bezeichnet. Seine Abgrenzung ist auch an der Skizze, die in der Textfigur 1 wiedergegeben 184 E. KALLIUS, ist, zu erkennen. Die zweite Schlundtasche reicht in ganzer Ausdehnung lateral an das Ectoderm heran. Die dritten Schlundbogen sind mit ihren Achsen fast ge- nau frontal gestellt und reichen an die Copula, da wo sie ihre höchste Erhebung hat, heran. Die dritten Schlundtaschen sind in ihrem ventralen Abschnitt von dem Ectoderm durch Mesen- chymgewebe getrennt. Die vierten Schlundbogen sind mit ihren Achsen sc wie vorher convergent nach dem hinteren Abschnitt der Copula gestellt. Zwischen ihren hinteren Rändern beginnt am Abhang der Copula eine Rinne, die allmählich in die Spalte des Darmrohres übergeht. Die vierten Schlundtaschen reichen an keiner Stelle an das Ectoderm heran. Ihre so charakteristische und bekannte laterale Ausbuchtung ist von Mesenchym rings umgeben. Das Darmrohr wird alsdann von zwei flachen Wülsten eingeengt, die eine Kiemenarterie enthalten und nach den früher erörterten Gründen als sechste Schlundbogenreste bezeichnet werden müssen. Von einer Abgrenzung der fünften Schlund- bogen ist aber keine Spur zu sehen, und ebenso fehlen natür- lich die sechsten Schlundtaschen. Der bisher noch ziemlich deutliche Herzwulst ıst so gul wie vollständig verschwunden. Ich habe unter den verschiedenen Modellen von ganz ähnlichen Stadien auch eines erhalten, in dem die Ansatz- stellen der Rachenmembran vollständig verschwunden sind, und in dem doch keine Spur des Tubereulum impar zu sehen ist. Wenn hier nicht eine individuelle Variation vor- liegt, dann ist dieser Zustand jedenfalls ein sehr schnell vorüber- gehender. In der Mehrzahl der anderen Modelle findet man schon Spuren von dem Tubereulum impar, wenn die Ansalz- stellen der Rachenmembran noch zu sehen sind. Eir etwas älteres Stadium IV, das auch rekonstruiert wurde, aber nicht abgebildet ist, ist ausser durch die Grössen- Beiträge zur Entwickelung der Zunge. 185 zunahme des Tuberculum impar auch dadurch bemerkenswert, dass die mediane Thyreoideaanlage von einer kleinen medianen, unmittelbar hinter dem Tuberculum gelegenen Rinne ausgeht, wie ich sie sonst nicht gefunden habe. In dem Stadium V, das in der Tafelfigur 4 und der Text- figur 2 abgebildet ist, sind alle Verhältnisse ausserordentlich leicht zu übersehen. Die ersten Schlundbogen sind sehr breit, d. h. sie wenden eine grosse Fläche der Mundhöhle zu. In Textfigur 2. Umrisszeichnung der Zungenanlage etc. vom Schwein, Stadium V, (cf. Tafel- figur 4) mit schematischer Bezeichnung des Tuberculum impar (T.i.), von punktierter Linie umgeben. I. II. III. IV. Vier Schlundbogen. der Mitte sind sie durch eine tiefe Furche geschieden. Die medialen Teile der oralen Flächen sind etwas stärker vor- gewölbt als die lateralen, hier finden sich die ersten An- deutungen der seitlichen Zungenwülste. Die ersten Schlund- taschen sind auch am Boden der Mundhöhle noch sehr deut- lich, ihre medialen Teile gehen ohne deutliche Unterbrechung in die hinteren Grenzfurchen des Tuberculum impar über. Bis an den vorderen Rand dieses Tuberculum reicht auch un- gefähr die mediane Furche der ersten Schlundbogen. Die zweiten Schlundbogen sind verhältnismässig schmäler geworden. Ihre medialen Enden sind etwas aboral umgebogen 186 E. KALLIUS, und setzen sich an die wohl entwickelte Copula an. Die ge- räumigen zweiten Schlundbogen erreichen in ganzer Aus- dehnung das Ectoderm. Die ungefähr gleichbreiten fast frontal gestellten dritten Schlundbogen gehen auch an die prominente Copula heran, ebenso wie die vierten Bogen, deren Achsen nach dieser hin stark convergieren. Die dritten und vierten Schlundtaschen zeigen keine irgendwie wesentlichen Verände- rungen. In einer aboralen Vorbuchtung in den vierten Schlundtaschen hat man wohl die Andeutung von den fünften Schlundbogen zu suchen, wenn ihre Abgrenzung auch ıum- deutlich, ohne Bildung einer Spur von fünften Schlundtaschen ist. Die sechsten Schlundbogen begrenzen den Kehlkopfs- eingang in bekannter Weise. Das Tuberculum impar liegt vor den zweiten Schlund- bogen als ein deutlich dreiseitiges Feld. Die Spitze des Feldes endet an dem vorderen Abhang der Copula, die vordere Basis ist durch seichte Niveaudifferenzen von den ersten Schlund- bosen getrennt. Am Epithel des Mundbodens ist kein Zusammen- hang mehr mit der medianen Thyreoideaanlage zu sehen, trotzdem ist die aborale Abgrenzung des Tuberculum -impar ganz deutlich zu machen, wie die Textfigur 2 zeigt. Wir haben auch hier beim Schwein wieder die Tatsache, die durch alle Wirbeltierklassen, die daraufhin untersucht worden sind, festgestellt werden konnte, zu Recht bestehen, dass das ganze Tuberculum impar vor dieser Thyreoidea- anlage liegt. Die Copula ragt relativ nicht mehr so stark in die Mund- höhle hervor, wie in früheren Stadien, und fällt allmählich nach hinten zu ab, um ungefähr am Kehlkopfeingang zu enden. In dem folgenden Stadium VI, das nicht unwesentlich älter als das vorhergehende ist, sich aber ohne weiteres in der uns interessierenden Gegend anschliesst, sind die ersten Schlundtaschen in den Gebieten, die sich der Mundhöhle zu- Beiträge zur Entwickelung der Zunge. 187 wenden, ganz besonders verbreitet. Eine tiefe mediane Furche trennt sie voneinander, und zu beiden Seiten der Furche treten die medialen Partien der Bogen als rundliche Erhabenheiten hervor. Sie sind an dem Modell besser als an der zugehörigen Tafelfigur 5 zu erkennen und sind die schon im vorigen Stadium erwähnten seitlichen Zungenwäülste.: Die ersten Schlundtaschen sind am Mundboden noch gut ausgebildet und an der Figur Textfigur 3. Umrisszeichnung der Zungenanlage vom Schwein, Stadium VI, mit einge- zeichneten Zungenbildnern (cf. Tafelfigur 5). Das ungefähre Gebiet der seit- lichen Zungenwäülste ist horizontal schraffiert. T.i., Tuberculum impar, von einer punktierten Linie umgeben. 1. II. III. IV. Vier Schlundbogen. wohl zu erkennen. Die zweiten Schlundbogen sind nicht breiter geworden, zeigen noch deutlich, wie ihre medialen Enden aboral umgebogen sind, und sich an die immer noch ziem- lich prominente Copula ansetzen. Die zweiten Schlundtaschen sind namentlich in den lateralen Partien besonders geräumig, während die medialen Teile sich schon deutlich etwas abzuflachen beginnen. Sie 188 E. KALLIUS, sind auf weite Strecken durch die zweischichtige epitheliale Verschlussmembran verschlossen. Die dritten Schlundbogen sind kurz und treten ziemlich frontal verlaufend an die stärkste Prominenz der Copula heran. Die ziemlich kurzen, tiefen dritten Schlundtaschen erreichen in weiter Ausdehnung das Ectoderm, aber ihr unterster Zipfel ist durch eine ziemlich breite Mesenchymzone von dem Ecto- derm entfernt. Die vierten Schlundbogen sind sehr kurz und flach; ihre Längsachsen konvergieren nach dem hintersten Ende der Copula. Die vierten Schlundtaschen sind als kurze Epithel- schläuche, die ventral etwas verdickt im Mesenchym enden, in bekannter Weise vorhanden. Sie erreichen natürlich auch jetzt nicht das Ectoderm. Unmittelbar daran schliessen sich die den Aditus laryngis begrenzenden Arytänoidwülste, die als sechste Schlundbogen aufzufassen sind. Eine Abgrenzung der fünften Schlundbogen ist nicht zu erkennen. Die median gelegene Gegend des Tuberculum impar hat sich ebenfalls weiter differenziert. Seine Abgrenzung ist nach der Textfigur 3 gut zu erkennen. Man vergleiche damit die Tafelfigur 5. Seine vorderste Grenze reicht bis zu der medianen Furche, die die beiden Schlundbogen voneinander trennt. Es hat noch die von dem vorigen Stadium her bekannte dreiseitige Form. Die Basis des Dreiecks wird von der medianen Furche der ersten Schlundtaschen halbiert. Lateral daran liegen die beiden Spitzen des Dreiecks, die sich lateral ziemlich weit ausgebreitet haben, wie die Textfigur 3 angibt. Die beiden anderen Seiten des Dreieckes fallen teilweise mit der ersten Schlundtasche am Boden der Mundhöhle zusammen; ın dem medialen Teil sind sie durch eine aboralwärts gerichtete Furche von den medialen vorderen Gebieten der zweiten Schlund- taschen getrennt. Die hintere Spitze des dreiseitigen Tuber- culum muss da liegen, wo die mediane Anlage der Thyreoidea Beiträge zur Entwickelung der Zunge. 189 von dem Epithel des Mundbodens entstanden ist. Leider ist diese Stelle am Boden der Mundhöhle nicht mehr zu erkennen, aber nach den Erfahrungen, die man an den jüngeren Stadien sammeln kann, muss diese Spitze ungefähr da liegen, wo sie an der Textfigur 4 bezeichnet ist. An das Tuberculum impar schliesst sich ohne eine irgend bemerkbare Niveaudifferenz zu zeigen die Copula des Bronchialgebietes an, die, wie oben Textfigur 4. Umrisszeichnung der Zungenanlage vom Schwein, Stadium IX, (cf. die Tafel- figur 6) mit eingezeichneten Zungenbildnern. Das ungefähre Gebiet der seit- lichen Zungenwülste ist horizontal schraffiert. T.i. Tuberculum impar, mit punktierter Linie umzogen. ]. II. III. IV. Vier Schlundbogen. erwähnt, im Gebiete des dritten Schlundbogens ihre höchste Prominenz zeigt. Alsdann fällt die Copula plötzlich bis zum Adıtus laryngis hin ab. Bei der Betrachtung des Modelles, das von dem Stadium IX angefertigt wurde (Tafelfigur 6, Textfigur 4), bemerkt man an dem oralen Contur der ersten Schlundbogen, dass ihre medialen Partien einen stark vorspringenden Buckel zeigen. Das sind die sich immer mehr abgliedernden seitlichen Zungen- wülste, ihre untere (aborale) mediale Begrenzung wird durch 190 E. KALLIUS, die vordere Begrenzung des bald zu beschreibenden Tuber- culum impar gegeben (cf. Textfigur 4). So erscheinen jetzt die ersten Schlundbogen im Gebiet der seitlichen Zungen- wülste nicht unwesentlich breiter als in den lateralen Partien. Die ersten Schlundtaschen sind am Schlundboden immer noch wohl zu erkennen. Die Achsen der zweiten Schlundbogen sind etwas mehr frontal gestellt als im vorigen Stadium, und wenden sich medial zu dem stark vorspringenden Teile der Copula. Die zweiten Schlundtaschen verhalten sich gerade so wie im vorigen Stadium, ihre Verschlussmembran ist noch ganz vollständig. Die dritten Schlundbogen sind ganz ähnlich wie im vorigen Stadium, sind aber in ihren medialen Teilen etwas mehr ab- geflacht. Auch die dritten Schlundtaschen bieten nichts Be- sonderes. Ebensowenig ist von den vierten Schlundbogen und -Taschen zu sagen. Der Aditus laryngis ist von den wesen!- lich breiter gewordenen Arytänoidwülsten begrenzt. | Das Tubereulum impar hat seine Gestalt, wie die Figuren erweisen, verändert. An seinem oralen Ende hat sich eine Spitze entwickelt, die sich zwischen die medialen Gebiete der ersten Schlundbogen (seitlichen Zungenwülste) vorschiebt. Das trägt wohl wesentlich dazu bei, dass die mediane Furche der ersten Schlundbogen nicht mehr so tief ist wie in der Tafel- figur 5. Die vorderen Grenzlinien der Spitze des Tuberculum impar stossen somit unmittelbar an die seitlichen Zungen- wülste an. Lateral hat das Tuberculum seine bisherigen Spitzen beträchtlich weiter hingeschickt, sie sind hier durch eine Furche von den ersten Schlundbogen getrennt und aboral von den ersten Schlundtaschen begrenzt. Die hintere Grenze des Tuber- culum hat sich nicht wesentlich verändert. Ebenso ist kaum etwas über die wenig verbreiterte Copula zu sagen. Beiträge zur Entwickelung der Zunge. 191 Das nur ganz wenig ältere Stadium X, das in der Tafel- figur 7 (Textfigur 5) abgebildet ist, zeigt einige sehr bedeut- same Veränderungen, die namentlich die mittleren Regionen des Mundbodens betreffen. Zunächst fällt auf, wie die ersten Schlundbogen in dem Bereich, der dem Mundboden zugewendet ist, erheblich ver- breitert sind. Sie sind teilweise fast noch einmal so breit eeworden wie im letzten Stadium. Ihr Contur am vorderen Textfigur 5. Umrisszeichnung der Zungenanlage vom Schwein, Stadium X, mit einge- zeichneten Zungenbildnern (cf. die Tafelfigur 7). Die seitlichen Zungenwülste sind horizontal schraffiert. T.i. Tuberculum impar, von punktierter Linie umzogen. I. II. III. IV. Vier Schlundbogen. Mundrande hat sich auch verändert, indem die Furche in der Mitte sehr viel weniger tief einschneidet und durch eine mediane Bildung, die beim Tuberculum impar zu beschreiben ist, vor- gewölbt ist. Die seitlichen Zungenwülste — ihre Ausdehnung ist an der Textfigur 5 genau zu erkennen — sind recht gut abgegrenzt und springen am vorderen Rande des Schlund- bogens als mächtige Wülste vor. Die ersten Schlundtaschen sind am Mundboden als deutliche, ziemlich tiefe Furchen zu 192 E. KALLIUS, erkennen, die fast dieselbe Ausdehnung haben wie im vorigen Stadium. Die zweiten Schlundbogen haben sich weniger verändert. Sie haben ungefähr dieselbe Breite wie vorher, sind in der Mitte durch die Copula verbunden und sind hinten durch die allerdings wesentlich eingeschränkten zweiten Schlundtaschen abgegrenzt. Diese erreichen noch das Ectoderm, sind aber in ihren medialen dem Mundboden zugehörigen Teilen verkürzt (ef. Tafelfigur 6 u. 7), so dass also die zweiten Schlundbogen in ihren medialen (Gebieten aboral nicht mehr von Schlund- taschen begrenzt werden. Daher kommt es, dass sie dort nicht mehr scharf von den dritten Schlundbogen abgegrenzt sind, dass also die Gegend seitlich von dem hinteren Teil der Copula. planiert erscheint, was mir für einige spätere Er- örterungen wichtig ist hervorgehoben zu werden. Die dritten Schlundbogen sind auch relativ kürzer ge- worden, soweit sie sich an dem Mundboden beteiligen, ihre dritten Schlundtaschen erreichen nur in einem ganz kleinen Bezirk das Ectoderm. Die vierten Schlundbogen haben eine ganz minimale Aus- dehnung, und ihre Schlundtaschen verhalten sich ebenso wie im vorigen Stadium. Darauf folgen dann sofort die Arytänoid- wülste, die den verbreiterten Aditus laryngis begrenzen. Das Gebiet des Tuberculum impar hat eine mächtige Aus- dehnung erfahren. Die im vorigen Stadium bereits wohl er- kennbare vordere Spitze hat sich zwischen die seitlichen Zungenwülste weit vorgeschoben bis an den vorderen Rand der Unterkieferbogen, so dass in der Tafelfigur 7 diese vorderste Spitze in der Furche, die die beiden Schlundbogen voneinander trennt, als Vorragung wohl zu bemerken ist. Die von der Spitze aboral divergierenden Seitenränder des Tuberculum lassen sich wohl von den dicht anliegenden seitlichen Zungen- wülsten abgrenzen. Verfolgt man diese Grenze weiter aboral, Beiträge zur Entwickelung der Zunge. 193 so bemerkt man eine wesentliche Verbreiterung des hinteren Abschnittes des Tuberculum in transversaler (frontaler) Ebene. Das Tuberculum läuft hier wie vorher in zwei seitliche Spitzen aus, die weiter lateral ragen, und die hinten wie früher von den ersten Schlundtaschen begrenzt werden. Die hintere mediane Begrenzung des Tuberculum lässt sich nach der medianen Thyreoideaanlage etc. ungefähr dahin verlegen, wo die verlängerten ersten Schlundtaschen in der Mittellinie zu- sammenstossen (cf. Textfigur 5, in der die ganze Ausdehnung des Tuberculum eingezeichnet ist). Aboral schliesst sich daran sofort die Copula, deren höchste Erhebung ungefähr in der Verbindungslinie der dritten Schlundtaschen liegt. Von da kommt dann der schnelle Abfall zum Aditus laryngis hin. All das ist fast genau so wie im vorigen Stadium. Da das Tuberculum hier auch eine ganz gut ausgebildete mediane Leiste besitzt, die sich nach hinten ohne deutliche Unterbrechung in die mediane Erhöhung der Copula fortsetzt, liegt hier ein ähnlicher Zustand einer vom Mundrande bis zum Kehlkopf laufenden Leiste vor, wie wir sie z. B. auch bei der Eidechse beschrieben haben. In dem folgenden Stadium XI sind wieder wesentliche Veränderungen vor sich gegangen, so dass jetzt schon die Form der Zunge an dem embryonalen Mundboden deutlich wird (ef. Tafelfigur 8 und Textfigur 6). Wieder macht sich eine sehr starke Verbreiterung des ersten Schlundbogens in oral-aboraler Richtung geltend. Immer noch sind die ersten Schlundtaschen auch am Boden der Mundhöhle vollkommen erhalten. Ihre medialen Enden sind aber ganz bedeutend verlagert. Während im vorigen Stadium die median verlängerten Schlundtaschen einen noch oral offenen stumpfen Winkel bilden, sind sie jetzt so ge- stellt, dass sie einen aboral offenen stumpfen Winkel bilden (cf. Tafelfigur 7 u. 8). Ja die medialen Teile der Schlund- Anatomische Hefte. I. Abteilung. 123/124. Heft (41. Bd., H. 1/2). 13 194 E. KALLIUS, taschen sind sogar in einem leichten oral concaven Bogen gekrümmt. Offenbar ist das bewirkt durch ein Vorwachsen der medianen Gebiete des ersten Schlundbogens (Tuberculum impar), wovon noch weiter die Rede sein wird. Es ist jetzt angebracht die Gegend des Tuberceulum impar gleich mit zu beschreiben; wir verlassen deswegen den bis- a Textfigur 6. Umrisszeichnung der Zungenanlage des Schweines, Stadium XI, mit einge- zeichneten Zungenbildnern (cf. Tafelfigur 8). Die seitlichen Zungenwülste sind horizontal schraffiert. T. i. Tuberculum impar, mit punktierter Linie um- zogen. I. 11. III. Schlundbogen. Das Gebiet des zweiten Schlundbogens ist punktiert. E. Epiglottis. her gewählten Gang der Schilderung, bei dem die medianen Gebiete besonders im Zusammenhang beschrieben wurden. Die seitlichen Zungenwülste sind jetzt von ihrem Ent- stehungsorte, den ersten Schlundbogen, seitlich durch eine deutliche Furche abgegrenzt, die zugleich den Seitenrand der vorderen Zungenabschnitte angibt. Sie soll weiterhin als Rand- furche der Zunge (vorderer Teil) bezeichnet werden. Sie verläuft Beiträge zur Entwickelung der Zunge. 195 in einer leicht geschwungenen Linie, die in der Nähe der ersten Schlundtasche stark seitlich ausbiegt, um dort einen deutlichen Vorsprung zu begrenzen, der, wie wir gleich sehen werden, dem lateralen hinteren Teile des Tuberculum impar angehört. Am vorderen Contur des ersten Schlundbogens springen die Wulstungen dieser seitlichen Zungenbildung etwas weniger stark hervor, was wohl seinen Grund darin hat, dass sie nicht mehr so sehr dem vorderen oralsten Rande der Schlundbogen angehören, sondern mehr der Mundhöhlenfläche der ersten Bogen. Dies kann dadurch zustande gekommen sein, dass die ventralen Teile dieser Bogen stärker nach vorn ge- wachsen sind, oder mehr Fläche dem Mundhöhlenboden zu- gewendet haben. Das Gebiet des Tuberculum impar hat sich ebenfalls nicht unerheblich vergrössert. Da die Spitze dieser Bildung am oralen Rande der seitlichen Zungenwülste endet, ragt auch diese aus dem angeführten Grunde nicht so stark an dem vorderen Contur des Mundhöhlenrandes hervor. Durch eine sehr deutliche Furche ist das Tuberculum von den medialen Teilen der seitlichen Zungenwülste abgegrenzt. Das wird auch an der Tafelfigur 8 ganz gut sichtbar, wenn sie auch wie immer die Betrachtung des Modelles bei weitem nicht ersetzen kann. Der mediane Teil des Tuberculum ragt jetzt buckel- artig stark hervor. Die höchste Erhebung dieses Buckels liegt ungefähr in der Mitte der oral-aboralen Ausdehnung des Tuber- culum. Der Buckel kommt vielleicht dadurch zustande, dass die hinteren Partien des Tuberculum stärker nach vorn wachsen, als die vorderen und durch eine Art Stauchung an den medianen Gebieten den Buckel erzeugen. Für dieses ziem- lich isolierte Vorwachsen der medianen hinteren Abschnitte des Tubereulum spricht wohl auch sicher die Veränderung der Richtung der ersten Schlundtaschen am Boden der Mund- höhle, in dem sie, wie oben erwähnt, eine Verziehung in 13* 196 E. KALLIUS, oraler Richtung, namentlich in ihren medianen (Gebieten er- kennen lassen. Die lateralen Teile des Tuberculum impar haben sich noch weiter ausgedehnt und enden an der Stelle, wo hinten die Randfurche der Zunge den erwähnten Wulst begrenzt. Dieser Wulst wird im kleineren vorderen Teile noch von den hintersten Enden der seitlichen Zungenwülste gebildet, wie die Betrach- tung des Modelles erweist, und wie es auch in der Textfigur 6 angegeben ist. Dieser Buckel (bei dem Verweisungsstrich der Zahl 1 an der rechten Seite der Tafelfigur 8) ist insofern besonders interessant, als an dieser Stelle das Randsinnes- organ der Zunge später sich als Papilla foliata entwickelt. Bald gehen auch Zweige des N. glossopharyngeus dort hin. Natürlich ist von der typischen Gestaltung des Organes jetzt noch nichts zu sehen. Hinten wird das Tuberculum von der ersten Schlundtasche begrenzt, aber in der Mitte ist diese Grenze, wie wir von den früheren Stadien her noch wissen, verwischt, jedoch durch Konstruktion an die Stelle zu ver- legen, die in der Textfigur 6 gezeichnet ist. Mit der Verlagerung der ersten Schlundtaschen haben auch die zweiten Schlundbogen annähernd dieselbe Änderung ihrer Richtung erfahren, wie die Tafelfıgur 8 ohne weiteres erweist. Die Rekonstruktion zeigt ganz deutlich, dass in der Ausdehnung des ersten und zweiten Schlundbogens eine relative Verschmälerung, so weit sie dem Mundboden angehören, ein- getreten ist. Über ihre mediale hintere Abgrenzung ist aber noch einiges von Bedeutung zu bemerken. Im vorigen Stadium zeigen die Verhältnisse des’ Modelles ganz klar, dass eine Planierung der medialen Teile des Mundbodens im Gebiete des zweiten und dritten Schlundbogens eingetreten war. Nur in den lateralen Bezirken markieren die Schlundtaschen noch eine deutliche Trennung. Jetzt ist aber in den medialen Teilen eine Furche aufgetreten, die auf der Tafelfigur 8 auf beiden Beiträge zur Entwickelung der Zunge, 197 Seiten zu erkennen ist. Auf der linken Seite ist sie mit einem Sternchen bezeichnet. Sie verläuft in einem oral-lateralwärts concaven Bogen zur Copula.. Ihr laterales Ende geht aber nicht zu der zweiten Schlundtasche hin, die auch auf dem Modell (2) zu erkennen ist, sehr schmal ist, aber noch bis an die Epidermis heranreicht. Ich betone ausdrücklich, dass diese Falte nichts mit der zweiten Schlundtasche zu tun hat, sondern dass es eine neu aufgetretene Falte im Gebiete des zweiten Schlundbogens ist, die die linguale Grenze der späteren Epiglottis markiert. Zwischen den nach vorn konvergierenden medialen Enden dieser beiden Falten wird ein medianes Gebiet der Copula abgetrennt, das jetzt schon als Frenulum epiglottidis anzusprechen ist. Unmittel- bar hinter dieser Falte liegt in der ähnlichen Gegend eine zweite Falte, die ebenfalls neu aufgetreten ist und auf der linken Seite der Tafelfigur 8 mit zwei Sternchen markiert ist. Obgleich sie noch mehr Beziehungen zu der dritten Schlund- tasche zu haben scheint als die erste Falte zur zweiten, halte ich diese Falte auch unbedingt für eine neugebildete, nicht für eine nachträglich wieder am medialen Gebiet des Mund- bodens auftretende dritte Schlundtasche. Wie wir bald sehen werden, wird diese Falte — zum leichteren Verständnis sei das angeführt — zur späteren lingualen Abgrenzung der Plicae aryepiglotticae. So ist damit jetzt schon die Ab- grenzung der Epiglottis mit ihren beiden Hauptteilen ganz deutlich, die schon in meiner Kehlkopfsarbeit ausführlich ge- schildert worden sind. Die im Gebiet der medianen Copula beschriebene starke Erhöhung fällt ungefähr mit der höchsten Erhebung des freien Randes der definitiven Epiglottis zu- sammen. Da das orale Ende des sogenannten Frenulum epi- glottidis fast bis an das aborale Ende des Tuberculum impar heranreicht, ist über die Copula weiter nichts zu vermelden. Die dritten Schlundtaschen ragen in einem ganz minimalen 198 E. KALLIUS, Gebiet noch an die Epidermis heran, ihr Hauptteil reicht aber ventral in das Mesenchymgewebe hinein. Von ihnen wie von den vierten Schlundtaschen soll weiter nichts berichtet werden, weil ihre Schicksale zu wenig mit dem uns interessierenden Gebiet zu tun haben. Dia Mundbodengegend, die in der Tafelfigur 9 (Textfigur 7) Textfigur 7. Umrisszeichnung der Zungenanlage und des Mundbodens vom Schwein, Stadium XIII, mit eingezeichneten Zungenbildnern. Die seitlichen Zungen- wülste sind horizontal schraffiert. T.i. Tubereulum impar. E. Epiglottis. I. II. Schlundbogen (cf. Tafelfigur 9). vom Stadium XIII abgebildet ist, lässt jetzt schon deutlich die Abgrenzung der werdenden Zunge erkennen. Vor allem ist jetzt am ersten Schlundbogen die vordere Grenzfurche der Zunge aufgetreten, von der im vorigen Stadium noch gar nichts zu erkennen war. Der ganze erste Schlundbogen ist enorm in oral-aboraler Richtung verbreitert, was an der Tafelfigur nicht einmal vollständig zu übersehen ist, da die vordersten Teile Beiträge zur Entwickelung der Zunge. 199 etwas verkürzt gezeichnet werden mussten. Der vorderste Rand der ersten Schlundbogen ist in der Mittellinie nur ganz un- bedeutend eingebuchtet, zu beiden Seiten der gleich zu be- schreibenden Zungenspitze liegen auf den ersten Schlundbogen je ein kleiner Höcker, der später bei der Reliefierüng des Unterkiefers eine gewisse Rolle spielt; an der Tafelfigur ist er auch, wenn auch etwas undeutlich, zu sehen. Die Abgrenzung des vorderen Teiles der Zungenanlage ist deshalb deutlich geworden, weil die seitlichen Zungen- wülste sich an die Gegend des Tuberculum impar angelegt haben, und dann selbst auch vollständig von dem ersten Schlundbogen abgegrenzt sind. Die vordere Grenzfurche der Zunge zeigt die Gestalt der Zungenspitze, die in der Mittellinie eine Einkerbung aufweist, die zugleich deutlich macht, dass hier die beiden Zungenwäülste in der Mittellinie zusammenstossen, ohne von der Spitze des Tuberceulum impar erreicht zu werden. Die mit der vorderen zusammentreffenden seitlichen Grenzfurchen der Zunge laufen divergent nach hinten und enden an der stark vorspringenden buckelförmigen Bildung, die auch im vorigen Stadium an derselben Stelle liegt. (Anlage der Papilla foliata.) Hinter ihr liegt die immer noch erkennbare erste Schlundtasche, die weniger deutlich ist und namentlich in ihren medialen Gebieten nicht unbeträchtlich reduziert ist. Die Ausdehnung des Tuberculum impar ist nach der Text- figur ohne weiteres zu erkennen. Von der oralen Spitze wurde schon oben gesagt, dass sie nicht so weit zwischen die seit- lichen Zungenwülste hervorragt wie bisher ; die mediane leisten- förmige Erhebung, die im Stad. IX begann, im vorigen Stadium besonders deutlich war, ist jetzt auch noch sehr prominent. Ihre höchste Stelle ist auch an der Tafelfigur 9 sehr wohl zu erkennen. Von da aus verbreitert sich diese Erhebung nach hinten, um dann in die medianen Gebiete der zweiten Schlund- 200 ! E. KALLIUS, bogen (Copula) überzugehen. Die seitlichen Teile des Tuber- culum ragen bis zu den buckelförmigen Bildungen am aboralen Ende der seitlichen Grenzfurchen der Zunge, und ihre ge- nauere Abgrenzung ist an der schematischen Textfigur 7 zu sehen. Im Gebiet der zweiten Schlundbogen, die aboral von der Epiglottis begrenzt werden, tritt jetzt eine oral-aboral ver- laufende Furche auf, die in der Tafelfigur auf der rechten Seite mit einem Sternchen bezeichnet ist. Damit ist auch hier im hinteren Teil der Zunge die Abgrenzung seitlich angedeutet. Die zweite Schlundtasche reicht nicht mehr an das Eetoderm. Das Gebiet der Copula ist noch zu erkennen, aber wesent- lich umgestaltet, indem median eine ganz schmale Leiste gebildet ist, die zur Epiglottis hinreicht, und das Frenulum epiglottidis ist; seitlich von diesem sind flache Wülste za sehen, die bis in das Tuberculum impar hinein- ragen. Alles dies ist an der Tafelfigur gut zu erkennen, und ihre genaue Betrachtung erübrigt eine eingehendere Be- schreibung. Dadurch, dass das Frenulum epiglottidis wesent- lich schmaler geworden ist, ist die orale Abgrenzung der Epiglottis vollständiger, ihre oralen Grenzfalten sind eben weiter median vorgeschritten. Die Epiglottis selbst ist in der Tafelfigur, da sie stark verkürzt gezeichnet werden musste, weniger deutlich zu erkennen. Sie besteht noch aus den beiden Hauptteilen, die im vorigen Stadium schon be- schrieben waren. Median springt der unpaare Teil der Epi- glottis noch stark vor, ragt etwas über den Aditus laryngis nach hinten vor, und von ihm gehen seitlich die lingualen Falten nach den Seitenteilen des Mundbodens hin, während die laryngealen Falten in die den Aditus laryngis begrenzenden Arytänoidwülste übergehen. Die dritten Schlundbogen sind am Mundboden eigentlich gar nicht mehr zu erkennen. Ihre Schlundtaschen reichen Anatom Hefte IAhteitung 123124 Hefe (1 Bd.MI 2) Tafel 6% 37. Kimigl Universitätsdruckerei H,Stürtz A.G. Würzburg: Verlag von J.F Borgmann, Wiesbaden, nlgl Universitäusdh ine Beiträge zur Entwickelung der Zunge. 201 hoch an die Epidermis, sind allerdings sehr schmal geworden, und haben für uns augenblicklich keine Bedeutung mehr. Die vierten Schlundtaschen sind ebenfalls noch in bekannter Form zu finden. Von einem anderen Embryo dieses Stadiums wurde, um die Richtigkeit der Rekonstruktion zu kontrollieren, ein makro- skopisches Präparat angefertigt; bei genauester Betrachtung stellten sich nur ganz unwesentliche Unterschiede zwischen Modell und Präparat heraus, die auf die Schrumpfung, die ja bei Paraffineinbettung unvermeidlich ist, zurückzuführen sind. Jedenfalls braucht an der Beschreibung, die nach dem Modell gemacht ist, nichts geändert zu werden. Alle folgenden Stadien wurden ebenso präpariert, und der Mundboden wurde bei Betrachtung mit der binokularen Lupe vergrössert gezeichnet. Die meisten der folgenden Tafeifiguren sind derartig gewonnen, nur wenige wurden zur lithographischen Reproduktion etwas verkleinert. Das Präparat vom Stadium XIV zeigt zwar wesentliche Veränderungen gegen die Tafelfigur 9, ist aber doch bei ge- nauerem Studium vollständig zu verstehen. Der vordere Rand des Unterkiefers hat sich nicht verändert. An der Tafelfıgur 10 treten die medialen und die dicht dabei liegenden lateralen Buckel seines oralen Randes sehr gut hervor. Die orale Be- srenzung der Zunge ist kaum deutlicher geworden und zeigt noch in der Mitte die Einkerbung, die durch die Zusammen- lagerung der seitlichen Zungenwülste entstanden ist. Der Seitenrand der Zunge zeigt aber einen ganz anderen Verlauf. Während noch im vorigen Stadium die Seitenrandfurchen deut- lich aboral divergent verliefen, gehen sie jetzt im lateral leicht konvexen Bogen direkt nach hinten, und sind deutlich bis zu einem kleinen Buckel an der Seite der Zunge zu verfolgen. Daraus können wir schliessen, dass sich die Zunge in ihrem hinteren Abschnitt nicht nur verschmälert hat, sondern auch E. KALLIUS, gar nicht unwesentlich in die Länge gewachsen ist. Die seit- lichen Zungenwülste reichen nach hinten bis an den Anfang des kleinen Buckels am Seitenrand der Zunge, wie die schemati- sierte Textfigur 8 zeigt, die in der bekannten Weise behandelt ar. r} / = O ) f | a rt ) ee Textfigur 8. Umrisszeichnung der Zungenanlage und des Mundbodens vom Schwein, Stadium XIV, mit eingezeichneten Zungenbildnern (cf. Tafelfigur 10). Die seitlichen Zungenwülste sind horizontal schraffiert. T.i. Tuberculum impar. II. Zweiter Schlundbogen. E. Epiglottis. ist. Auch an dem Präparat und der Textfigur wird die mediale Begrenzung der seitlichen Zungenwülste verständlich, denn das Tuberculum impar hat die hauptsächlichsten Formverhält- nisse beibehalten. Seine Ausdehnung ist an der Textfigur an- gegeben, und bei der Vergleichung mit der Tafelfigur wird es Beiträge zur Entwickelung der Zunge. 203 wohl leicht auch dort abzugrenzen sein. Vorn zeigt es median den grossen Höcker, der auf der Abbildung stark hervortritt, und mehr abgerundet erscheint, indem er nicht mehr, wie vorher die so scharf ausgeprägte Leiste erkennen lässt. Hinter dem Höcker liegen zwei kleine flache Wulstungen, die auch dem Tuberculum angehören. Auch sie sind, wenn auch noch nicht ganz so deutlich, im vorigen Stadium (am Präparat besser als an dem abgebildeten Modell) vorhanden gewesen. Seitlich davon liegt das laterale Gebiet des hinteren Endes des Tuberculum impar, das bis an den Zungenrand hinan- reicht, und dort die erwähnten buckelförmigen Hervorragungen erzeugt (Anlagen der Papilla foliata). Diese haben sich nun ganz gewaltig gegen das vorige Stadium verändert, indem sie kleiner und relativ mehr der Medianlinie genähert sind. Zweifel- los hängt diese Veränderung mit den angedeuteten Wachstums- verhältnissen der Zungenanlage zusammen. Damit haben wir die aborale Grenze des Tuberculum impar erreicht. Nun beginnt das Gebiet der zweiten Schlundbogen. Die ersten Schlundtaschen sind am Mundboden nicht mehr zu er- kennen. Natürlich wären sie an die hintere seitliche Grenze des Tuberculum impar zu verlegen. Die zweiten Schlundbogen reichen in der Mittellinie bis zum lingualen Rande der Epı- glottis. Irgendwelche Reste der dritten Schlundbogen sind dort nicht mehr nachzuweisen, weil ja die Schlundtaschen dort ziemlich früh zu verschwinden beginnen, indem eine Planierung dieser medianen Teile zustande kommt. Die beiden zweiten Schlundbogen stossen in der Mittel- linie in dem Reste der Copula, der zum Frenulum epiglottidis geworden ist, zusammen. Unmittelbar davor liegen paarige flache Erhabenheiten, die auch dem medianen Gebiet der zweiten Bogen angehören, und die schon im vorigen Stadium ‘auch am Modell zu erkennen waren. 204 E. KALLIUS, Lateral sind die zweiten Bogen durch eine immer noch sehr undeutliche Furche von der seitlichen Mundhöhlenwand abgegrenzt. Unmittelbar daran schliesst sich die Epiglottis, deren Breite mit der Verschmälerung der hinteren Zungenabschnitte abge- Textfigur 9. Querschnitt durch die mittleren Regionen des Vorderkopfes eines Schweines vom Stadium XXI, zur Demonstration der Lage und Form der Zunge und der Gaumenleisten. Auf dem Zungenrücken sitzt die Nasenscheidewand. In der Zunge ist die Muskulatur schon weit differenziert. Die T-förmige Figur des Septum ist im Text besprochen. Vergr. 1:17. nommen hat. An ihr sieht man sehr wohl die beiden Ab- schnitte, den lingualen Teil, der nur durch eine seichte schmale Furche von der Zunge getrennt ist, und den laryngealen Teil, der in die Plicae aryepiglotticae übergeht. Über den Kehlkopfs- eingang ist nichts Wesentliches zu berichten. Die Tafelfigur 11 zeigt das Präparat eines Embryo vom Beiträge zur Entwickelung der Zunge. 205 Stadium XVI, an dem ohne weiteres eine wesentliche Ver- änderung der Form der Zungenanlage zu erkennen ist. Vor allem hat sich die Zunge an ihren Seitenrändern stärker vom Mundboden abgegrenzt und ragt auch weiter in die Mund- nasenhöhle hinein. Man kann sogar sagen: in die Nasen- höhle, denn jetzt fangen schon die seitlichen Gaumen- fortsätze an die Zunge zwischen sich zu fassen, so dass sie lange Zeit hindurch — bis zur Bildung des definitiven Gaumens — zwischen diesen mächtigen Fortsätzen geradezu eingeklemmt ist (cf. Textfigur 9). Bei der Umlagerung der Gaumenfortsätze erfährt die Zunge eine Gestaltveränderung, indem sie etwas platter wird, um den nun frei werdenden Raum zwischen ihrem Seitenrand und dem Mundboden auszufüllen. Auf diesen Punkt wird Herr Dr. Inoue in einer Arbeit über die Gaumenentwickelung ein- gehen. Das Vorwachsen der Zunge, ja der ganzen Unterkiefer- gegend lässt sich an der Tafelfigur 11 leicht bei der Be- trachtung des oralen Randes des Kiefers erkennen. Die medianen Buckel an seinem Rande, die durch eine deutliche Furche voneinander getrennt sind, sind stark vorgewachsen und damit wird wohl auch das fast vollständige Verschwinden der davon seitlich gelegenen Buckel zusammenhängen, die in den vorigen Stadien noch so wohl zu erkennen waren. Ganz sind sie ja noch nicht verschwunden, wie die Inspektion des der Mundhöhle zugewendeten Teiles des Kiefers zeigt, wo sie neben der Zunge als etwas leistenförmig umgestaltete Her- vorragungen liegen. Der vordere Rand der Zunge lässt kaum mehr die Kerbe erkennen, die dort bisher in der Mittellinie so deutlich war; er verläuft fast gerade in frontaler Richtung. In abgerundeten Ecken biegt der vordere Rand in die Seitenränder der Zunge um, die ebenfalls zunächst fast geradlinig verlaufen, um dann 206 E. KALLIUS, allmählich lateral auszubiegen. Der ganze vordere Teil der Zunge ist verhältnismässig schmal geworden; wahrscheinlich deswegen, weil er, wie auch der orale Kontur des Unter- kiefers erkennen lässt, stark nach vorn vorgewachsen ist. Da- gegen ist der hintere Teil der Zunge breiter, — aber man darf wohl nicht sagen: geworden, sondern geblieben. Da wo der Seitenrand der Zunge anfängt besonders stark lateral auszubiegen, liegen die noch gerade erkennbaren, viel kleiner gewordenen Ausbuchtungen, die in den früheren Stadien so deutlich waren, und die wir als seitliche hintere Enden des Tuberculum impar deuteten (Anlagen der Papillae foliatae). (C£. Textfigur 10.) Die Oberseite des vorderen Abschnittes der Zunge zeigt noch den deutlich hervorragenden medianen Buckel, der eine ähnliche Gestalt wie bisher besitzt, und im wesentlichen dem mittleren Teil des Tuberculum impar angehört. Hinter ihm liegen die bekannten paarigen kleinen Hervorragungen, die auch dem Tuberculum impar angehören. Da diese etwas aboral verschoben zu sein scheinen, verläuft die hintere Grenze des Tuberculum impar in einem aboral konvexen Bogen, wie die Textfigur 10 zeigt. Hinter dieser Grenze liegt das Gebiet der zweiten Schlund- bogen, deren Copulagebiet noch das auf der Zungenoberfläche liegende Frenulum epiglottidis zeigt. Im Gebiet dieser zweiten Bogen liegen median die vom früheren Stadium her bekannten, noch eben erkennbaren kleinen Erhabenheiten, hinter denen neben dem Frenulum epiglottidis eine seichte Furche beginnt, die lateral verlaufend beiderseits einen vorderen und einen hinteren Teil der zweiten Bogen abgrenzt. Ich glaube nicht, dass diese Furche eine wesentliche Bedeutung besitzt. Wahr- scheinlich hängt sie irgendwie mit den Dehnungen und Ver- schiebungen zusammen, die durch die besonderen Wachstums- verhältnisse des vorderen Teiles der Zunge bedingt sind. Die Beiträge zur Entwickelung der Zunge. 207 seitliche Abgrenzung der zweiten Bogen ist deutlich, wenn auch nicht ganz so scharf wie an dem vorigen Stadium. Lateral liegt am hinteren Rande der zweiten Bogen auf jeder Seite ein kleiner Buckel, der weiterhin bei der Ausbildung | Ay! an Mm 1] 1 m I hl Textfigur 10. Umrisszeichnung der Zungenanlage und des Mundbodens Stadium XVI, mit bezeichneten Zungenbildnern. vom Schwein, sind schraffiert. Die seitlichen Zungenwäülste T.i. Tuberculum impar. I. II. Schlundbogen. E. Epiglottis (cf. Tafelfigur 11). der seitlichen Mundhöhlenwand Verwendung findet. Die Epi- glottis und der Aditus laryngis bieten kaum irgendwelche Be- sonderheiten. Allerdings ist die Furche, die die Epiglottis von der Zunge trennt, tiefer geworden, und ihre mediane Partie 208 E. KALLIUS, ist zwischen die Hinterränder der zweiten Bogen etwas nach vorn vorgeschoben. Die Tafelfigur 12 zeigt die Abbildung eines Präparates von einem sehr wenig älteren Stadium (XV). Der Unterkiefer ist wieder etwas stärker vorgewachsen, und ebenso der vordere Teil der Zunge, der aber sonst fast genau die gleiche Form hat 5 N d SEEN .uouaeen9* « Ir Sn » aa 0“ = Textfigur 11. Umrisszeichnung der Zunge und des Mundbodens vom Schwein, Stadium XVII, mit eingezeichneten Zungenbildnern (cf. die Tafelfigur 12). Die seitlichen Zungenwülste sind horizontal schraffiert. T.i. Tubereulum impar. 1. II. II. Schlundbogen. E. Epiglottis. wie im vorigen Stadium. Am Seitenrand der Zunge sind noch eben die kleinen Buckel zu sehen, die dem Tuberculum an- gehören (cf. Textfigur 11). Medial von ihnen sieht man jetzt die beiden Papillae vallatae auftreten. Aus ihrer Lage zu jenen kleinen Buckeln ete. kann man mit Sicherheit die nicht unwichtige Tatsache entnehmen, dass sie zum (Ge- biet des Tubereulum impar gehören. Sie müssen also ziemlich Beiträge zur Entwickelung der Zunge. 209 genau an der Stelle entstehen, wo im vorigen Stadium (und früher) die dicht neben der Mittellinie befindlichen Buckel am hinteren Ende des Tubereulum lagen. Diese Buckel scheinen als Vorläufer der Papillae bezeichnet werden zu können, wenn auch wohl erst diese Buckel im Niveau des Zungenrückens verschwinden, und dann an dieser Stelle die Papillen entstehen. Immerhin scheint das von grosser Bedeutung zu sein, dass auch die Stelle dieser hervorragenden Sinnesorgane der Zunge so frühzeitig markiert ist, ebenso, wie wir es bei den Buckeln fanden, die als Anlagen der Papillae foliatae bezeichnet wurden. Die Papillen sind kleine elliptische Hervorragungen, die so zueinander gestellt sind, dass ihre grossen Achsen sich aboral von ihnen in einem ungefähr rechten Winkel schneiden. Diese Stellung behalten sie auch beim erwachsenen Tiere bei. Ebenso wie die charakteristischen Bildungen am hinteren Teil des Tuberculum verschwunden sind, zeigt auch das Ge- biet der zweiten Schlundbogen keine der bisher vorhandenen Formationen, sondern dies ganze Gebiet ist gleichmässig ge- wölbt, und reicht an die ziemlich gut abgegrenzte seitliche Mundhöhlenwand heran, an der die vorher erwähnten rund- lichen Hervorragungen sehr viel deutlicher geworden sind. Das Frenulum epiglottidis ist auch nicht mehr zu sehen, man würde es aber in der Furche erkennen können, die die Epi- glottis von dem Zungengrund trennt. (Die Textfigur 11 zeigt wieder in bekannter Weise die einzelnen Gebiete, die sich an der Bildung der Zunge beteiligen.) Die Kehlkopfsgegend bietet gar nichts Besonderes. Sehr wesentliche Umwandlungen zeigt die Tafelfigur 13 (Stadium XVII), vor allem eine wesentliche Verlängerung des Zungenkörpers und des Unterkiefers, und eine deutlichere Absetzung der ganzen Zunge von dem Mundboden. Der Unter- kiefer ragt mächtig mit zwei medianen Höckern hervor, die in der Mitte durch eine Furche getrennt sind; bis dicht an Anatomische Hefte. I. Abteilung. 123/124. Heft (41. Bd., H. 1/2). 14 210 E. KALLIUS, ihn heran ragt die abgestumpfte Spitze der Zunge, die eine deutliche Einkerbung zeigt, die in dem vorigen Stadium nicht ganz so deutlich war. Der vordere Teil der Zunge ist etwas verbreitert, dan laufen die Zungenränder in sanftem Bogen Textfigur 12. Umrisszeichnung der Zunge und des Mundbodens vom Schwein, Stadium XVIII, mit eingezeichneten Zungenbildnern (cf. Tafelfigur 13). Die seitlichen Zungen- wülste sind horizontal schraffiert. T.i. Tuberculum impar. I. II. Schlund- bogen. E. Epiglottis. nach hinten bis zu den bekannten Höckern am Seiten- rand, die hier wieder recht deutlich sind (Papilla foliata). Dicht neben ihnen stehen auf der Oberfläche der Zunge die beiden Papillae vallatae, die weiter auseinander gerückt und beträchtlich vergrössert sind. Beiträge zur Entwickelung der Zunge. 211 Vor ihnen liegt der ziemlich mächtige mediane Zungen- höcker, der im wesentlichen dem Tuberculum impar angehört. Nach hinten von den Papillae vallatae und von den Zungen- randhöckern liegt der Zungengrund, der jetzt annähernd die- selbe Breite hat, wie der vordere Teil der Zunge. An ihn schliesst sich, durch eine tiefe Furche getrennt, die Epiglottis an. Die Trennungslinie zeigt in der Mitte eine leichte zipfel- förmige Ausbiegung nach hinten, die mit dem sich daran an- schliessenden Frenulum epiglottidis zusammenhängt. Die Epi- glottis hat ihre Gestalt insofern geändert, als der linguale Teil von dem laryngealen nicht mehr so deutlich abgesetzt ist wie bisher. Immerhin besteht diese Trennung an der Seite des Organes noch, wie die Tafelfigur 13 gut demonstriert. Der Aditus laryngis ist von den aryepiglottischen Falten umfasst und hat sich nicht unerheblich umgestaltet, da die starken Arytänoidwülste, die für den jungen embryonalen Kehlkopf so sehr charakteristisch sind, sehr viel kleiner geworden sind. Der Mundboden bietet nichts Besonderes, seine Umwand- lungen sind leicht aus der Abbildung zu ersehen. Die Zunge überragt jetzt nicht unbedeutend den angewachsenen Teil, so dass vor allem eine sehr deutliche freie Zungenspitze ent- standen ist. Da nun die Form der Zunge schon sehr weit entwickelt ist, und sie nicht mehr vieler Umwandlungen bedarf, um zu der des ausgewachsenen Organes zu werden, können wir gleich ein erheblich älteres Stadium zur Untersuchung verwenden. Das Präparat des Mundbodens ist in der Tafelfigur 14 abge- bildet (Stadium XXVI). Sogleich fällt auf, dass die Form der Zunge sich schon der des ausgebildeten Tieres nähert. Sie ist zugleich mit dem Unterkiefer stark vorgewachsen. Der orale Rand des Kiefers ist gleichmässig abgerundet — so- wohl die mediane Einkerbung wie die Buckelbildung ist ver- schwunden. Am Unterkiefer, soweit er der Mundhöhle zu- 14* 212 E. KALLIUS, gewendet ist, erscheinen jetzt die bestimmten Reliefbildungen, die mit der Entwickelung der Zähne sowie deren Ausbildung zusammenhängen, auf die wir hier aber nicht weiter ein- gehen wollen. Neben der Zunge sind am Unterkiefer be- sonders tiefe taschenförmige Vertiefungen, die die seitlichen Gaumenfortsätze aufnehmen. — Die Zunge hat eine leicht ab- gerundete und etwas abgeflachte Spitze an der keine mediane Kerbe mehr zu sehen ist. Der mediane Teil der Zungenspitze ragt zugleich am weitesten nach vorn. In leichter gleich- mässiger Rundung geht die Spitze in den Seitenrand der Zunge über, der im ganzen Verlaufe bis hin zum Zungengrunde einen leicht lateral convexen Verlauf hat. Die seitlichen Buckel (Papillae foliatae) am hinteren Rande des Zungenkörpers sind fast vollständig verschwunden, aber an der Tafelfigur angedeutet, ohne allerdings eine irgendwie merk- liche Prominenz am Contur der Zunge+zu bilden. Bei der mikroskopischen Durchmusterung des nach der Zeichnung in Serie zerlegten Präparates erscheinen diese Bildungen als gul begrenzte Hervorragungen, ohne irgend eine Andeutung der später so charakteristischen Falten erkennen zu lassen. Ganz ähnlich verhalten sich die Papillae vallatae, deren Lage gleich noch erwähnt wird. Sie sind nur flache Erhabenheiten, ohne eine Spur von Wallbildung — sie sinken also später erst in die Substanz der Zunge ein und bilden sich dabei den Wall. Zu beiden Arten von Organen ziehen Nervenfasern (IX). Natürlich ragt die Zunge sowohl an der Spitze wie am Seiten- rand über den angewachsenen Teil der Zunge heraus. Immer noch lässt der Zungenkörper in dem medianen Abschnitt die Hervorwölbung erkennen, die aber im ganzen jetzt abgeflacht ist, und in der Medianlinie eine ganz leichte längsverlaufende Furche aufweist, die als Eindruck des unmittelbar darauf- liegenden Septum der Nase aufzufassen ist. Auch «die Ab- flachung der Zungenspitze rührt von dem Abdruck der Bil- Beiträge zur Entwickelung der Zunge. 213 dungen am Dache der Mundhöhle her — nämiich von der Zwischenkiefergegend. Der Zungengrund zeigt eine gleichmässige Rundung ohne irgendwelche Reliefierung, die früher dort so charakteristisch Textfigur 13. Umrisszeichnung der Zunge und des Mundbodens vom Schwein, Stadium XXVI, mit eingezeichneten Zungenbildnern (cf. Tafelfigur 14). Die seitlichen Zungen- wülste sind schraffiert. T.i. Tubereulum impar. 11. III. Zweiter und dritter Schlundbogen. E. Epiglottis. war. An seinem vorderen Ende liegen die etwas näher an- einander gerückten Papillae vallatae, die aber sonst nichts Erwähnenswertes haben (s. o.). Der Zungengrund ist an der Tafelfigur 14 ziemlich stark verkürzt, weil sonst die vordere 214 E. KALLIUS, Gegend der Zunge mit dem Unterkiefer nicht vollständig zu übersehen war. Die EFpiglottis und der Kehlkopfseingang zeigt nichts Besonderes. Die Textfigur 13 zeigt wieder die Bildner der Zunge in schematisierter Weise eingezeichnet. Für Abgrenzung der einzelnen Gebiete gibt es an der Zungenoberfläche jetzt gar keine Anhaltspunkte mehr, ausser den eben noch sichtbaren kleinen Wülsten am hinteren Zungenrande, die die seitlichen hinteren Zipfel des Tuberculum impar markieren. Dadurch aber, dass möglichst lückenlos die Schicksale der einzelnen Komponenten der Zunge verfolgt wurden, sind wir doch in der Lage, ihre Grenze annähernd genau anzugeben !). Auch die Abbildung von Stadium XXVII, Tafelfigur 15 zeigt in der Umgestaltung der Form der Zunge keine besonderen Überraschungen. Die Zungenspitze hat sich merklich zuge- spitzt, und ist mit dem ganzen Zungenkörper sowie dem Unter- kiefer stark nach vorn vorgewachsen. Der Zungenkörper ist verbreitert und seine grösste Breite liegt im Anfang des hinteren Drittels der ganzen Zunge. Die mediane Erhebung mit der schmalen, seichten, medianen Rinne ist fast bis hin zur Zungen- spitze zu verfolgen. An den Seitenteilen des vorderen Ab- schnittes der Zunge sind aber jetzt Bildungen aufgetreten, die für die Zunge im ausgebildeten Zustand bekannt und charak- teristisch sind, nämlich die Anlagen für die kleinen pilz- förmigen Papillen. Wie der Vergleich mit der schematischen !) Zur ridhtigen Beurteilung der schematisierten Textfiguren sei aus- drücklich bemerkt, dass es natürlich unmöglich ist, die Grenzen der Zungen- bildner mathematisch genau anzugeben; über den ganz exakten Verlauf liesse sich sogar diskutieren, doch es kommt eben nur darauf an, ungefähr meine Ansicht über diese Frage auf den ersten Blick klar zu legen und ich habe besonderen Wert auf reichliche Textfiguren mit genügender Erklärung gelegt, damit auch die von der Entwickelung der Zunge eine Vorstellung bekommen, die nicht die langatmigen Beschreibungen lesen wollen — die aber nicht zu vermeiden waren — sondern im wesentlichen die Abbildungen anschauen. Beiträge zur Entwickelung der Zunge. 215 Textfigur lehrt, sind aber diese Papillenanlagen fast ausschliess- lich auf dies Gebiet der seitlichen Zungenwülste beschränkt, so dass die Region des Tuberculum vollkommen frei von ihnen bleibt, wenigstens im vorderen Abschnitt. Diese Papillen- anlagen sind mit Lupenvergrösserung eben zu erkennen. Das hintere Drittel des Zungenkörpers ist ganz frei von diesen Anlagen, erst zwischen den beiden Papillae vallatae beginnen sie wieder, um sich in der mittleren Gegend des Zungengrundes bis zum Anfang der Epiglottis auszubreiten. Die lateralen Regionen des Zungengrundes bleiben frei von ihnen. Am Seitenrand ist noch bei der Ansicht direkt von oben der oft erwähnte Höcker zu finden, der nun absolut sicher als Papilla foliata zu erkennen ist, denn auf den Querschnitten sieht man ganz deutlich einige epitheliale Eimsenkungen, die aber keine eigentlichen Furchen erzeugen, da kein Spalt- raum in dem Epithel zu erkennen ist, sondern nur solide, leistenartige Bildungen sind (cf. Textfigur 14). Erst später bilden sich Spalten in den Einsenkungen. Die Papillae vallatae dagegen sind durch Spalten seitlich abgegrenzt, da sie schon in das Niveau der Zungenoberfläche eingesunken sind, eine Wallbildung ist aber noch nicht zu erkennen. Ebenso fehlen die Geschmacksknospen. Besondere Umwandlung zeigt eigentlich nur der Zungen- grund und die Kehlkopfsgegend. Von den median gelegenen, ziemlich grossen Papillen war eben die Rede. Seitlich davon ist der Zungengrund ziemlich glatt. Der hinterste Teil des Grundes, der sich tief hinter die Epiglottis einsenkt, zeigt zunächst die quer verlaufende Grenzfurche gegen die FEpi- glottis, in deren Mitte das Frenulum epiglottidis liegt. Diese quere Trennungsfurche verläuft alsdann in einem oral concaven Bogen etwas nach vorn, und schneidet jederseits ein hinter ihm lateral gelegenes Stückchen des Zungengrundes ab, das zipfelförmig am Seitenrande der Epiglottis endet. Diese Zipfel 216 E. KALLIUS, sind durch starke Einkerbungen ausgezeichnet, die an der Tafelfigur sehr deutlich zu sehen sind. Wahrscheinlich hängt . Textfigur 14. Umrisszeichnung der Zunge und des Mundbodens vom Schwein, Stadium XXVII, (cf. Tafelfigur 15) mit eingezeichneten Zungenbildnern. Schraffiert sind die seitlichen Zungenwülste. T. i. Tuberculum impar. Il. Zweiter Schlundbogen. E. Epiglottis. Anatom Hefte läbteitung 123: 12% Hofe (1 Bd.H.I 2) Tafl ug Yarlag von J.F. Bergmann, Wiesbaden, König Unlversitätsdrutkerel H,Stürtz A,G. Würzburg, Ip » a u (e;8 TE DR DT Beiträge zur Entwickelung der Zunge. 217 diese eigentümliche Umbildung des hinteren Zungenrandes mit der Gestaltveränderung der Epiglottis zusammen. Diese erscheint gegen früher stark zusammengebogen, hat sich mit ihrem oralen Teile gewissermassen in den hinteren Zungen- rand hineingepresst, und die seitlichen Teile des hinteren Zungenrandes sind wohl dem Zuge der Seitenteile der Epi- glottis gefoigt. Die Epiglottis und damit der Aditus lJaryngis ist in der Tat vollständig verändert. Die beiden Hauptteile der Epi- glottis sind zwar noch zu erkennen, aber beide sind zur Bildung der eigentlichen Epiglottis verwendet worden, wie dies’ gelegentlich auch beim Menschen vorkommt (ich ver- weise darüber auf meine Kehlkopfsarbeit, wo die Bildung der Epiglottis ausführlich beschrieben ist). An der Tafelfigur 15 kann man an der Epiglottis den Teil erkennen, der unmittelbar den schlitzförmigen, jetzt sagittal gestellten Spalt umgibt, durch den man in den Aditus laryngis hineinkommt. Von ıhm gehen die Plicae aryepiglotticae aus, die später bei der Ausweitung des Aditus erheblich deutlicher hervor- treten. Zungenwärts von diesem stark prominenten Teil der Epiglottis liegt ein niedrigerer breiterer Wulst, der sich auch dem Kontur des freien Randes der Epiglottis anschliesst, damit aber seine bisher deutlichen Beziehungen zur Zunge aufgegeben hat. Dies ist der ehemals viel besser abgrenzbare linguale Teil des Kehldeckels, der median das gut entwickelte Frenulum epiglottidis aufnimmt. Diese allmähliche Umwandlung der embryonalen Epi- glottis habe ich an Zwischenstadien verfolgen können, an denen das Emporwachsen des laryngealen Teiles des Kehl- deckels deutlich zu sehen ist, habe aber keine weiteren Ab- bildungen davon gegeben, weil die Zunge in diesen Stadien gar nichts Besonderes bietet. Die bis zum vorvorigen Stadium so sehr voluminösen 218 E. KALLIUS, Arytänoidwülste sind jetzt erheblich verkleinert und ragen am aboralen Teil des Aditus laryngis als kleine Schleimhaut- bezirke, die durch einen seichten Spalt getrennt sind, hervor. Wenngleich die Zunge, die in der Tafelfigur 16 (Stadium XXX) abgebildet ist, erheblich älter als die vorhin geschilderte ist, so macht doch das Verständnis ihren Formen keine besonderen Schwierigkeiten mehr. Der vordere Teil der Zunge, der wesentlich verbreitert ist, ist stark nach vorn ge- wachsen, so dass die Zungenspitze ein wenig den vorderen Kieferrand zu überragen scheint. Wenn auch dieses Hinüber- ragen der Zunge über den Kiefer teilweise auf Quellung der Zunge beruhen kann, so ist doch auf alle Fälle zu beobachten, dass die Zunge in der letzten Zeit der Entwickelung besonders stark nach vorn gewachsen ist — und ein Missverhältnis zwischen ihrem Wachstum und dem des Kiefers besteht, wie wir es, wenn auch mit anderem Erfolge, schon mehrfach im Laufe unserer Untersuchungen konstatieren konnten. Es ist aber auch eine Verbreiterung der Zunge vorn ein- getreten, die wohl auf das besonders energische Wachstum der vorderen Partien der seitlichen Zungenwülste zurückzu- führen ist. Die Zungenspitze ist deswegen breit -lappenförmig ge- worden, bleibt aber nicht so, wie ich gleich jetzt bemerken will. Bald hinter der Zungenspitze beginnt die mediane Leiste, die bis zu der Gegend der Papillae vallatae zu verfolgen ist, und sich dann im Zungengrunde verliert. Der Rand der Zunge zeigt noch eine leichte Ausbuchtung nach lateral, da ungefähr, wo sich das hintere Ende der Mundspalte befindet, die auf der linken Seite der Tafelfigur 16 ganz gut zu bemerken ist. Der vordere Teil der Zunge ist mit den Anlagen der Papillae fungiformes besetzt. Die Zungenspitze trägt sie besonders reichlich und dann das ganze Gebiet der seitlichen Zungen- wülste (vergl. Textfig. 15). Das mittlere Gebiet des Tuberculum Beiträge zur Entwickelung der Zunge. 219 impar ist frei davon. Zwischen den Papillae vallatae, die relativ näher aneinander gekommen sind, befinden sich wie vorher auch derartige Papillenanlagen, sie sind sogar gegen das zuletzt beschriebene Stadium nicht wenig oralwärts vor- geschoben. Da, wie wir früher sahen, in den späteren Stadien I I ij Ti, N SS E up] 0) Textfigur 15. Umrisszeiehnung der Zunge und des Mundbodens von Stadium XXX, mit be- zeichneten Zungenbildnern. Schraffiert: seitliche Zungenwülste. T.i. Tuber- culum impar. II. Schlundbogen. E. Epiglottis. Vergrösserung wie in der Tafelfigur 16. bei der Zunge des Schweines die hintere Grenze des Tuber- culum impar nicht mit absoluter Sicherheit anzugeben ist, könnte diese Stellung der Papillenanlagen wohl mit der Ver- schiebung der Tuberculumgrenze zusammenhängen. Doch ist meiner Meinung nach dafür kein absolut beweisender Grund zu finden, und deswegen ist der aborale Rand des Tuberculum 220 E. KALLIUS, in der schematischen Textfigur 14 so wie bisher angegeben worden. Besondere Beachtung verdient noch der Zungengrund. Ich rechne beim Schweine den Zungenkörper bis dicht aboral von den Papillae vallatae; er fällt also ziemlich genau mit der hinteren Grenze des Tuberculum impar zusammen; von dort bis zur lingualen Seite des Kehldeckels reicht der Zungen- grund. Er hat eine quer verlaufende hintere scharfe Grenze und ist fast ganz von kegelförmigen Papillen besetzt, die nur am vorderen lateralen Rande von lappenförmig gestalteten, weniger frei hervorragenden abgelöst werden. Im ganzen zeigt der Zungengrund eine erhebliche Verbreiterung in oral-aboraler Richtung. Vorher bestand die hintere Grenze des Zungen- erundes in einer kurzen quer verlaufenden Furche, die seit- lich von zwei ziemlich mächtigen Zipfeln überragt wurde, diese beiden Zipfel sind als die lateralen Teile des Zungen- grundes noch wohl zu erkennen, sind aber in eine fIrontale Linie gerückt mit jener mittleren Grenzfurche, d. h. über- ragen die Grenze des Zungengrundes nach hinten nicht mehr. Damit hat der Zungengrund im wesentlichen die Gestalt er- reicht, die wir bei der Zunge des erwachsenen Schweines finden. Die sich daran anschliessende Epiglottis ist verhältnis- mässig klein geblieben und hat noch fast die Form, wie in dem zuletzt beschriebenen Stadium. Ein Frenulum epigloltidis ist nur sehr undeutlich zu sehen. Ich habe an einigen Zwischenstadien diesen Vorgang der Ausbildung des Zungengrundes genauer angesehen, es lohn! aber nicht diese Stadien noch einzeln zu beschreiben. Die Papillae vallatae sind von ähnlicher Form, wie bis- her, es kommt aber auch jetzt noch nicht, ebenso wie bei der Zunge des erwachsenen Tieres, zu einer so deutlichen Wallbildung, wie wir sie z. B. vom Menschen kennen. Die Papillae foliatae haben mehr epitheliale Einbuchtungen be- Beiträge zur Entwickelung der Zunge. 221 kommen, die aber in sich immer noch keine Spalten erkennen lassen. Die Zunge des neugeborenen Ferkels ist in der Tafel- figur Nr. 17 in natürlicher Grösse abgebildet. Deutlich sieht man, dass eine dünne lappige Zungenspitze herausgewachsen ist, die an den Rand des Unterkiefers heranreicht. Zu beiden Seiten der Spitze zeigt der Zungenrand eine Gruppe von zotten- förmig herausragenden .Papillen, die teilweise nach hinten ge- richtet erscheinen. Leider habe ich Zwischenstadien, die über das erste Auftreten dieser eigenartigen Bildungen etwas aus- sagen könnten, nicht erhalten können, sie müssen jedenfalls am Ende der Fetalzeit erst auftreten. Wahrscheinlich haben sie irgendwelche mechanische Bedeutung für das Saug- geschäft, denn sie verschwinden nachher wieder vollständig und sind beim erwachsenen Tiere nicht mehr zu sehen. Es handelt sich zweifellos hier um Bildungen, die ähnlich beim Menschen an den Lippen beobachtet worden sind. Von dieser Stelle aus verschmälert sich die Zunge, und der Zungenrand verläuft in charakteristischen Wellenlinien bis zum hintersten Ende, so dass drei Ausbuchtungen der Zunge und dazwischen liegend zwei Einziehungen zu sehen sind. In der Höhe der zweiten Einziehung liegen die Papillae vallatae und die Papillae foliatae (letztere sind an der Zeichnung nicht zu sehen). Auf der Zungenoberfläche sind die mehrfach erwähnten Papillen von rundlicher Form leicht mit blossem Auge zu sehen, der mittlere Teil der Zunge ist frei von Papillen. Dass diese freie Zone ungefähr mit der Ausdehnung des Tuber- culum impar zusammenfällt, halte ich nur für ein zufälliges Zusammentreffen. Die Anwesenheit resp. das Fehlen der Papillen auf der Zungenoberfläche hat zweifellos mechanische Bedeutung bei der Nahrungsaufnahme und ihrer Zubereitung 329 -E. KALLIUS, im Munde. An dieser Stelle werden eben beim Schweine die Papillen nicht gebraucht. Hinter den Papillae vallatae, im eigentlichen Zungengrunde, sind zahlreiche zottenartige Papillen von Kegelform ausgebildet oder ın der Anlage vorhanden. Eine gerade, quer verlaufende Linie schliesst den Zungengrund gegen den Kehlkopf scharf ab. In der Mitte der Zunge ist eine längs verlaufende Leiste, ähnlich wie beim Embryo zu bemerken. Die Epiglottis hat eine eigenartige Form erhalten, indem sie noch mehr zusammengedrückt ist als bisher, so dass der Aditus laryngis einen schmalen medianen Spalt darstellt, der an der Spitze des Kehldeckels und an den Arytänoidknorpeln eine rundliche Erweiterung hat. Die Zunge des erwachsenen Schweines ist in der Tafelfigur 18 um !/, verkleinert dargestellt. Ausser dem sehr deutlichen Vorwachsen der vorderen Teile, denen der Unter- kiefer gefolgt ist, bemerkt man eine Verschmälerung der ganzen Zunge, die mit Ausnahme der vom vorigen Stadium bekannten Einschnürungen gleich breit ist. Diese Einschnürungen werden durch den wellenartig verlaufenden Seitenrand der Zunge er- zeugt. Die Papillen auf der Oberfläche zeigen ungefähr die- selbe Ausdehnung wie bisher. Der vorderste Teil der Spitze ist frei von den Papillae fungiformes, die sonst in dieser Gegend mit denen der anderen Seite durcheinander gemischt sind. Im mittleren Teil der Zunge sind die der rechten und linken Seite durch einen breiten Streifen, der glatt ist, getrennt. Dieser Streifen ragt noch immer über die sonstige Oberfläche der Zunge hervor. Die Zahl und Lage der sämtlichen Papillen ist absolut naturgetreu, da die Abbildung durch Überzeichnen einer Photographie hergestellt ist. Auf dem Zungengrunde sind teils rundliche, teils kegelförmige Papillen zu finden, letztere überwiegen am hinteren Rande, wo sie deutlich zum Kehl- kopf hinragen. Auf das Frenulum linguae setzen sich einige 223 Beiträge zur Entwickelung der Zunge. Papillen fort. Durch diese Gebilde wird die gesamte Zunge hinten ausserordentlich scharf abgegrenzt, was durchaus nicht bei allen Säugetieren so der Fall ist. Der Graben, der die Textfigur 16. Umrisszeichnung der Zunge mit Unterkiefer vom erwachsenen Schwein. Schraffiert sind die Gebiete der seitlichen Zungenwülste. T.i. Tuberculum impar. II. III. Schlundbogen. E. Epiglottis. Zunge von der Epiglottis trennt, ist schmal, dort liegt das Frenulum epiglottidis und dort kann man auch noch in dem Seitenteile geringe Reste des dritten Schlundbogens vermuten. 224 E. KALLIUS, Die Epiglottis hat sich jetzt so stark aufgebogen, dass sie einen nach der Zunge hin konvexen Bogen bildet, dessen Rand umgekrempelt ist. Die Anteile der Zungenbildner an der ausgebildeten Zunge des erwachsenen Schweines sind in der Textfigur 16 zu er- sehen. Die Papilla vallata des erwachsenen Tieres ist in der Textfigur 17 im Querschnitt bei ca. 18 facher Vergrösserung dargestellt. Überall zeigt die Zungenoberfläche die bekannten sekundären Papillen, die in das geschichtete Plattenepithel hineinragen. Am Rande der pilzförmig hervorragenden Papille liegen die (reschmacksorgane, die in der Abbildung mit der dunklen Farbe dargestellt sind. Sie sind an der Papille selbst reichlicher als am Wall, der an der gegenüberliegenden Stelle, wie die Abbildung zeigt, auch diese Organe besitzt. Die um- wallte Papille ist dadurch ausgezeichnet, dass sie in der Mitte eine starke Hervorragung der Tunica propria zeigt, die mit den sekundären Papillen besetzt ist, über denen das Epithel besonders dünn ist. Zu beiden Seiten dieser Hervorragung ist das Epithel besonders dick. Muskelfasern sind nur bis an die Basis der Papille und in den Wall hinein zu ver- folgen. Die Abgrenzung des Walles durch eine Furche ist nicht an allen Stellen gleich deutlich. An der Abbildung z. B. nur auf der linken Seite des Präparates. In der Tunica propria der Papille und des Walles sind kleine Lymphknöftchen in grosser Zahl zu finden. Drüsen (seröse) liegen an der Basis der Papille in grosser Menge zwischen den Muskelfasern ; sie senden zum allergrössten Teil den Ausführungsgang in den Wallgraben. In der Papille selbst finden sich auch Drüsen, die kleiner sind (cf. Abbildung), und die ihren Ausführungsgang an dem oberen Seitenrand der Papille ausmünden lassen. In der Papille, Beiträge zur Entwickelung der Zunge. 225 namentlich in der Gegend der Geschmacksknospen liegen zahl- reiche Nerven, die grosse Ganglien besitzen. Diese sind wegen des kleinen Massstabes der Figur nicht als solche zu er- kennen. Eine genaue Beschreibung der übrigen Papillenformen auf Textfigur 17. Schnitt durch die Mitte einer Papilla vallata vom erwachsenen Schwein. Die Geschmacksknospen sind mit dunkler Farbe eingezeichnet. D. Drüsen, die wie die bezeichnete in der Tiefe des Wallgrabens oder an der freien Ober- fläche der Papille münden. Die rechts in der Papille befindliche Drüse ist, wie die Serie ergibt, eine solche. L. Lymphknötchen. N. Nerven mit zahl- reichen Ganglienzellen, die aber bei der Vergrösserung nicht zu erkennen sind. W. Wall der Papille, der an diesem Schnitt eine ganz gute Abgrenzung an der linken Seite hat. Fixierung: Zenkersche Flüssigkeit. Vergr. ca. 18fach. der Zunge zu geben ist überflüssig, da diese schon oft genug beschrieben sind (cf. Becker) und jüngst in einer so- eben erschienenen Arbeit von B. Haller so genau ge- schildert werden, dass ich auf seine Angaben verweisen kann (S.: 438 u. ff.). Anatomische Hefte. I. Abteilung. 123/124. Heft (41. Bd., H. 1/2). 15 226 E. KALLIUS, Die Papillae foliatae (Randorgane nach Oppel und B. Haller) liegen, wie mehrfach erwähnt, in der Höhe der umwallten Papillen. Auch diese sind in ihren Variationen gut von Haller beschrieben worden. Die Textfigur 18 gibt einen Durchschnitt, der senkrecht zum Verlauf der Graben geführt ist. Hier sind vier dieser Graben getroffen, die Verteilung der Geschmacksknospen ist aus der Zeichnung zu entnehmen. In dem Grunde der Graben münden Drüsen ein, jedoch auch in den Leisten liegen Drüsen, die ziemlich weit oben im Graben münden, wie im rechten Teil der Figur zu bemerken ist. Die Muskeln, Lymphknötchen und Nerven mit ihren Ganglien ver- halten sich ganz ähnlich wie bei den umwallten Papillen. Die interessanten phylogenetischen Untersuchungen Hal- lers suchen zu beweisen, dass die Papillae foliatae aus serial gestellten Papillae vallatae entstanden sind. Meiner Ansicht nach könnte diese Frage auf entwickelungsgeschichtlichem Wege gelöst werden. Meine oben erwähnten Angaben scheinen zunächst nicht dafür zu sprechen. Ich hoffe noch genügend Material zu erlangen, um darüber Spezialstudien anstellen lassen zu können. Die Wachstumsverhältnisse der Zunge ergeben sich aus den schematisierten Figuren 19—21. Es ist nur wenig zu ihrer Erklärung hinzuzufügen. In Textfigur 19 sind die Conturen der Zunge und des Mundbodens von fünf Stadien übereinander gezeichnet. Um die Stadien vergleichen zu können, wurden alle Abbildungen so reduziert, dass die Ent- fernung der vordersten Spitze des Unterkiefers von dem Kehl- kopfeingang gleich gross ist. Schwierigkeiten machen dabei nur die ersten Stadien, in denen die beiden ersten Schlund- bogen in der Mitte durch eine tiefe Einziehung getrennt sind. Der Vergleich von Stadium VI und Stadium XI (dünne aus- eezogene Linie und die punktierte Linie) zeigt deutlich die enorme Breitenzunahme des ersten Schlundbogens in sagittaler 227 Beiträge zur Entwickelung der Zunge. "YORFST "®9 SUNIOSSgLFIOA NONFISSNLT SYUOSIEYU9Z 'xIg "UOAION Oypraıpyez uogarf uasnıg uap uaydsınz "usyogguyqduk] T 'snB eypryIagg Asayı uw yoıwoız yone Aapo uageıd) dep oFer], dep ur uopunw (tg) uosnaq org "PWuyprszegq Jyndy Wr eqary aopyunp Au puıs uedsouysyPrWwuyason) lg 'puis uayo1I0F 19IA u9UEp UOA uogean) 1Op ZueLIEeA WOP NZ 44991NU9S ‘uTaMYAg UEUASTILMAH WOA BYeLloF epjideg Sp yoanp gyLuyag ‘SI nögyxaL PERS 5 N” 15* 228 E. KALLIUS, Ausdehnung. Von Stadium VI bezeichnen die Zahlen an der linken Seite die Schlundtaschen, von Stadium XI die der rechten Seite. Es zeigt sich hierbei auch, dass sowohl in diesen Stadien wie ın den folgenden die hinteren Teile des Mundbodens sich weniger ausdehnen als die vorderen. Das "+ +++ ++ % TR [3 ++ ++t+t Textfigur 19. Übereinander gezeichnete Konturen von der Zunge und vom Mundboden bei gleicher Grösse der Entfernung der Unterkieferspitze von dem Aditus laryn- gis (cf. Text). Erwachsenes Schwein — dicke schwarze Linie, Stadium XXVII, — rote Linie, Stadium XVI, — aus Kreuzchen gebildete Linie, Stadium XI — punktierte Linie, Stadium V]J, — dünne ausgezogene Linie. 1. 2. 3. rechts Schlundtaschen von Stadium XI. 1. 2.3. links Schlundtaschen von Stadium VI. Stadium XVI, das mit der Kreuzchenlinie bezeichnet ist, ist bereits in eine bedeutende Verschmälerung der Zungenanlage eingetreten und gleich darauf beginnt der Unterkiefer eine deut- liche Spitze zu entwickeln und das Wachstum der Zunge und des Unterkiefers geht ziemlich gleichmässig vor sich. So gut wie gar nicht verändert sich in den späteren Stadien die Aus- Beiträge zur lintwickelung der Zunge. 229 dehnung des Zungengrundes, da die Entfernung der Gegend der Papillae vallatae von dem hinteren Rande der Zunge ziem- lich gleich bleibt. Daraus ergibt sich, dass das Wachstum der Zunge in diesen Gebieten ziemlich gleichmässig vor sich geht, während die vorderen Teile bedeutend in die Länge wachsen. Interessant ist es die Wachstumsfiguren vom Schwein mit denen von der Ente, die ich früher gegeben habe (Entenzunge S. 405) zu vergleichen. Dort zeigte sich ein zeitweises Zurück- bleiben der Zunge gegenüber der Schnabelspitze, die erst in den spätesten Stadien von der Zunge erreicht wird, während beim Schwein beide Teile gleichmässig vorwachsen. Daraus ist es gewiss erlaubt den Schluss zu ziehen, dass der weit vorwachsende Schnabel der Ente eben eine besondere Er- werbung ist, die nicht sogleich auf die Länge der Zunge von Einfluss ist. Bei der Ente ist also eine Zeitlang während der Embryonalentwickelung die Zunge zu kurz, hingegen beim Schwein besteht ein solches Missverhältnis nicht, höchstens im umgekehrten Sinne, indem, wie bei der Formentwickelung der Zunge besprochen wurde, eine geringe Überlänge der Zunge ıim Verhältnis zum Unterkiefer konstatiert werden konnte. Als Ergänzung dient noch die Textfigur 20, in der die Konturen von Stadium XI und von der erwachsenen Zunge nach der Reduktion auf die oben erwähnte Länge, so auf- einander gezeichnet sind, dass das hintere Ende des Tuber- culum impar, das seinen Platz relativ wenig ändert, bei beiden Stadien aufeinander fällt. Einmal sieht man daraus ohne weiteres das starke Vorwachsen der vorderen Teile der Zunge, und zugleich das nicht unbeträchtliche Vorwachsen des Kehl- kopfes, worauf ich namentlich in den früheren Arbeiten des öfteren hingewiesen habe, was ja auch aus rein vergleichend anatomischen Untersuchungen her bekannt ist. In dieser Text- 230 E. KALLIUS, figur sind noch die Zungenbildner besonders hervorgehoben. Die seitlichen Zungenwäülste sind horizontal schraffiert, das Tubereulum impar ist weiss gelassen, nur von einer punktierten Linie umgeben, und die zweiten Schlundbogen sind fein W il \\ | ——s— | h Ali | | s - N N un 2 l Textfigur 20. Übereinander gezeichnete Konturen von der Zunge und vom Mundboden vom erwachsenen Schwein (dicke schwarze Linie) und von Stadium XI (dünne schwarze Linie), die hinteren Grenzen des Tuberculum impar. sind aufeinander gelegt. Das Gebiet des Tuberculum impar. ist von einer punktierten Linie umgeben, die seitlichen Zungenwülste sind schraffiert. Die zweiten Schlund- bögen sind punktiert. 1. 2. 3. Schlundtaschen von Stadium XI. T.i. Tuber- culum impar. punktiert. Die vordere Grenze des Tubereulum impar ver- schiebt sich nur wenig, was aus der Abbildung noch nicht einmal so vollkommen klar wird, da überhaupt diese Grenze bei der ausgebildeten Zunge gar nicht so sicher anzugeben Beiträge zur Entwickelung der Zunge. 231 ist. Die Verlagerung der einzelnen Teile der Zungenbildner zur ausgebildeten Zunge wird bei der Betrachtung der Ab- bildung klar, so dass dafür nichts weiter gesagt zu werden braucht. Um noch in anderer Weise das Wachstum der Zunge zu zeigen, wurde die Textfigur 21 angefertigt. Hier sind Median- schnitte benutzt worden. Die besten derartigen Schnitte habe ich auf folgende Weise erhalten. Die ausgewählten Embryonal- stadien wurden in Paraffin eingebettet und dann wurde die eine Hälfte des Schweines mit dem Mikrotom abgehobelt, bis die Medianebene erreicht war, was einigermassen genügend zu erreichen ist, da man während des Schneidens die Schnitt- richtung ändern kann. Alsdann wurde der Embryo vom Paraffin befreit und in 70 % Alkohol gezeichnet. So wurde eine grosse Reihe von Präparaten geschaffen, aus denen einige zur Ver- gleichung ausgesucht wurden. Die Zeichnungen wurden dann auf photographischem Wege so aufgenommen, dass die Hals- wirbelsäule gleiche Länge bekam. Ein Medianschnitt eines erwachsenen geschlachteten Schweines wurde in gleicher Weise auf diese Grösse reduziert. Zur Vergleichung wurden die so gewonnenen Zeichnungen übereinander gelegt, dass die Kehlkopfsgegend und die Ver- laufsrichtung des Schlundes und Ösophagus sich deckten. So sind in der Textfigur 21 vier Stadien behandelt worden. Mit der schwarzen ausgezogenen Linie wurde das Stadium VIII, mit der punktierten Linie das Stadium XXIII, mit der ge- strichelten Linie das Stadium XXVIN und mit der roten Linie das erwachsene Schwein gezeichnet. Nur die Konturen des Unterkiefers, der Zunge und des Kehlkopfes wurden hier: wiedergegeben. Das genaue Studium dieser Zeichnungen gibt eine ganze Reihe von interessanten Anschauungen, ich will mich aber hier nur auf einige Punkte beschränken. Dass das Grösserwerden und Vorwachsen der Unterkieferzungenanlage 232 E. KALLIUS, hier gut hervortritt, ist selbstverständlich. Ausserdem bemerkt man die Aufrichtung der Zungenanlage, so dass sie beim er- wachsenen Schweine in der Längsrichtung der Körperachse gelegen ist, während sie zuerst mit dieser einen Winkel bildet, der kleiner als ein rechter sein kann. In dem jüngsten Stadium ist der Winkel, den die Zungenanlage mit dem horizontal ge- lagerten Ösophagus bildet, elwas grösser als ein rechter, in bee 0—9p0 Textfigur 21. Umrisszeichnungen von Mundboden und Zunge in Medianschnitte von ver- schiedenen Stadien des Schweines sind so übereinander gezeichnet, dass die Kehlkopfgegend und die Verlaufsrichtung des Schlundes sich decken. Als Reduktionsmass wurde die Länge der Halswirbelsäule benutzt. Stadium VIII, ausgezogene schwarze Linie, Stadium XXIII, punktierte Linie, Stadium XXVIIT, gestrichelte Linie. Erwachsenes Schwein, rote Linie. dem Stadium XXIII ist er kleiner als ein rechter, so dass man daraus entnehmen kann, dass die Gesamtkrümmung des Embryos bis zu diesem Stadium zunimmt. Von diesem Zeit- punkt an richtet sich der Unterkiefer allmählich auf, bis beim erwachsenen Schwein seine Achse mit dem horizontal ver- laufenden Ösophagus annähernd parallel verläuft. Besonders interessant ist es, die Veränderungen zu beobachten, die dabei die Wirbelsäule in ihrer Krümmung durchmacht, doch würde natom Hefte Iäbteitung 123 12% Hott O1 Bd I? Zafil 10, Fig bs Verlas von J.F Bergmann, Wiesbaden König Universitätsdruckerei H.Stürtz A.G, Würzburg. Beiträge zur Entwickelung der Zunge. 233 dies zu sehr aus dem Gebiete unseres Themas herausfallen — ich beschränke mich deswegen auf die hier angeführten Punkte. Innere Struktur der Zunge. In den jüngeren Stadien ist die Zunge selbst von ziem- lich dicht gelagerten Zellen des embryonalen Bindegewebes ziemlich gleichmässig angefüllt. Nur die medianen Partien enthalten die Zellen noch etwas weniger eng aneinander ge- lagert, wodurch an den gefärbten Präparaten die seitlich davon Textfigur 22. Querschnitt (frontal) durch die Zungenanlage von Stadium XV. Die Zunge ragt noch nicht sehr weit in die Mundhöhle hinein und zeigt deutlich die in der Medianlinie vorspringende Leiste. Sie sitzt noch ganz breit dem Mund- boden auf. In ihr sind noch keine Muskelanlagen zu sehen. In der medianen Partie ist eine hellere Zone, in der das Bindegewebe lockerer liegt. Am Mund- boden sind die Anlagen der Meckelschen Knorpel zu sehen, daneben Gefässe und Nerven. Vergrösserung ca. 40 fach. liegenden Stellen etwas dunkler erscheinen (cf. Textligur 22). Wie man sieht, ist in dem Stadium noch kein Muskel in die Zungengegend eingewandert. — In einem älteren Stadium (cf. Textfigur 23) ist gerade in der Mitte der Zunge eine ver- dichtete Bindegewebsmasse zu sehen, mit der seitlich nach den Ecken des Zungenrandes hin ebenfalls dichtes Bindegewebe zusammenhängt. Die mediane Partie ist Anlage des Septum linguae. Sobald die Muskeln in irgendwie erheblichen Mengen 234 E. KALLIUS, in die Zunge hineinzuwandern beginnen, sind natürlich starke Differenzen in der Anordnung der Zellen zu bemerken, denn das Muskelblastem zeichnet sich gut von dem Mesenchym- gewebe der Zunge ab, wenigstens da, wo es in erheblichen Mengen in der Zunge erscheint. An seinem Rande hingegen ist es oft sehr schwer von dem Bindegewebe der Zunge zu unterscheiden. Sobald Muskelfasern in deutlicher Ausbildung zu erkennen sind, ist für die Unterscheidung natürlich keine Schwierigkeit mehr. So wird dann allmählich das Bindegewebe von den Muskel- fasern fast vollständig verdrängt und bleibt nur in geringen Mengen übrig, um die Muskelfasern zu umhüllen. Nur wenige Stellen sind, an denen grössere Mengen von Bindegewebe in der Zunge erhalten bleiben. Des eben erwähnten Septum ist vor allem zu gedenken, obgleich es noch bei der Besprechung des Skeletsystems und der Muskulatur zur Sprache kommt. Durch den ganzen dorsalen Abschnitt der Zunge erstreckt sich diese Bindegewebslage und reicht von dem Zungenbein bis bei- nahe zur Zungenspitze. In den frühesten Stadien existiert es noch nicht. Erst dann, wenn die Knorpel des Zungenbein- systems und die Muskeln deutlich entwickelt sind, er- kennt man auf Frontalschnitten diese Bindegewebsmasse, die dicht gelagerte Zellen enthält, und deren Gestalt besonders deutlich an Frontalschnitten beobachtet werden kann. Solch junges Stadium, ehe die Muskeln in die Zunge gewandert sind, ist in der Textfigur 22 zu sehen. Ein älteres Stadium nach dem Hineinwachsen der Muskulatur zeigt die Textfigur 9. In der medianen Ebene der Zunge liegt ziemlich nahe dem Zungenrücken diese Bindegewebsplatte, die auf der Zeichnung natürlich nur als ein senkrechter Strich zu sehen ist. Von dem dorsalen Ende dieses Striches gehen seitlich horizontal gestellte Platten ähnlichen Bindegewebes aus, die sich lateral in dem etwas lockeren Bindegewebe der Zungenmasse ver- Beiträge zur Entwickelung der Zunge. 235 lieren. So kommt auf den Querschnitten durch embryonale Zungen in gewissen Stadien eine ankerförmige Figur zustande, die durch ihre dunklere Farbe auffällt. Die horizontal ge- stellten Bindegewebsplatten breiten sich allmählich weiter seit- lich aus und ich finde, dass sıe allmählich zu dem festeren submukösen Gefüge von Bindegewebe werden, das man als Fascia linguae bezeichnet hat. Den Zusammenhang mit dem Nee MiIc. Mur Textfigur 23. Querschnitt durch die Zunge und den Mundboden von Stadium XVI. Die Zunge ist gegenüber der Abbildung 22 stark emporgewachsen, überragt aber noch nicht, oder kaum die Anheftungsstelle.. Die mediane Leiste ist noch sehr deutlich. In der Zunge die Bindegewebsverdichtung, die zum Septum linguae wird, mit der diehtere Lagen von Bindegewebe zusammenhängen, die sich weniger deutlich umgrenzt zum oberen Seitenrand der Zunge erstrecken. Am Mundboden Muskelanlagen, Meckelscher Knorpel und Gefässe. Vergrösserung 40 fach. Septum linguae lässt in späteren Stadien die Fascia linguae nicht mehr so deutlich erkennen, so dass dann das Septum linguae eine mehr selbständige Existenz hat. Das Septum linguae ist, wie schon erwähnt, im vordersten Teil der Zunge sehr wenig deutlich zu erkennen. Bald nach dem Ende der Zungenspitze wird es aber sehr deutlich und erstreckt sich durch die ganze Zunge nach hinten, um erst 256 E. KALLIUS, im Zungengrunde recht undeutlich zu werden. Immerhin sind Stadien vorhanden, wo das Septum sich bis zum Zungenbein verfolgen lässt (cf. Kapitel der Zungenbeinentwickelung). Des- halb glaube ich, dass das Septum geradezu als eine Fort- setzung des Zungenbeinapparates in die Zunge aufgefasst werden darf, und so dem Os entoglossum der niederen Verte- braten ähnlich ist. Dafür spricht sein frühes Auftreten, ehe Muskeln in der Zunge erkennbar sind. Es entsteht also nicht nach oder bei der Ausbildung der Muskulatur, wie z. B. die Raphe in der Mittellinie eines Muskels, sondern selbständig und früher in der Zungenanlage, und die Muskelfasern be- nutzen dann die vorhandene Bildung zum Ansatz ihrer Fasern. Wie die Textfigur 9 schon erweist, ist ein gut ausge- bildetes Septum vor allem im dorsalen Teil der Zunge zu sehen. In den ersten Stadien ist das Septum ziemlich gleich breit und besteht nur aus Bindegewebszellen; allmählich ver- diekt sich das Gewebe in den vorderen Abschnitten der Zunge und teilweise zeigen die Zellen eine konzentrische Anordnung, so dass ein strangförmiges Gebilde im Septum erkennbar ist. In diesen Strang wandern Blutgefässe ein, die dann bald einen grösseren Blutraum bilden. Dieser Blutraum liegt im vorderen Abschnitt der Zunge, erstreckt sich aber nicht bis zur Spitze, denn dort bildet ein solider Bindegewebsstrang, in dem Zellen spindelförmiger Gestalt in der Längsachse der Zunge verlaufen, die Fortsetzung des bluthaltigen Teiles. Dieser letztere ist durch spärliche, vorn und hinten etwas zahlreicher werdende feinste Bälkchen in einzelne Maschen zerteilt, so dass eine gewisse Ähnlichkeit mit cavernösem Ge- webe entsteht. Und wenn er einer wechselnden Blutfülle oder Blutleere unterworfen wäre, dann könnte er im ersten Falle als eine Art von Skelet in der Zunge wirken, zumal, da der Bindegewebsmantel an manchen Stellen ziemlich derb zu sein scheint. Natürlich kann über diese Funktion, zumal beim Beiträge zur Entwickelung der Zunge. 231 Embryo, nichts Bestimmtes ausgesagt werden. Ja es ist sogar sehr zweifelhaft, ob die erörterte Möglichkeit der Funktion überhaupt verwendet wird, da in späteren Stadien eine deut- liche Rückbildung dieser eigentümlichen Einrichtungen zu be- obachten ist. Um eine Vorstellung von der Ausdehnung des Blutraumes in Stadium XXVII zu geben, ist dieser in die schematische Umrisszeichnung (Fig. 55) eingezeichnet worden. Textfigur 24. Mittlerer Teil eines Frontalschnittes durch die Zunge von Stadium XXVI. O Oberfläche der Zunge mit dem Epithel und der Tunica propria. S Septum linguae, an das die Muskelfasern der Substanz der Zunge ansetzen, und das in seinem unteren Teil die starke Verdickung zeigt, in der eoncentrisch ange- ordnete Bindegewebsfasern und Zellen die Bluträume einschliessen, die hier klein sind und nur wenige schwarz gezeichnete Blutkörperchen enthalten. Gez. bei Zeiss Apochromat Oc. 4, Obj. 8 mm (zu Reproduktion um !/s verkleinert). In dem älteren Stadium XXIX erkennt man die eigenartige Bildung des Septums immer noch, aber die Grösse des Blut- raumes hat sehr stark abgenommen, so dass im Septum vorn ein verdickter, bindegewebiger Teil zu sehen ist, auf den ein 238 E. KALLIUS, lockerer, gefügter Abschnitt von verhältnismässig derselben Ausdehnung folgt, wie im vorigen Stadium. In diesem sind aber nur wenige, wie es scheint, venöse Gefässe zu sehen, die bei weitem nicht mehr die Ausdehnung haben, wie vor- Textfigur 25. Ausschnitt aus einem Horizontalschnitt der Zunge von Stadium XXVII. Zur Demonstration des Septums (8.) ©. Oberflächenepithel der Zungenspitze. Dar- unter die Tunica propria der Schleimhaut. An dem Septum setzen eine grosse Anzahl von Muskelfasern der Zunge an. Im vordersten Teil des Septum sind längsgetroffene Zellen zu sehen, die dann in rundliche Zellen übergehen. Im hinteren Teile verdickt sich das Septum nicht unerheblich und enthält zahl- reiche Bluträume, die miteinander kommunizieren, in denen die Blutkörperchen tiefschwarz gezeichnet sind. Zeiss Apochromat, Obj. 8 mm Oe. 4. (zu Re- produktion um '/s verkleinert). Beiträge zur Entwickelung der Zunge. 239 her, sondern nur spärliche (Gefässe darstellen, die durchaus jenen vorher geschilderten, besonderen Charakter verloren haben. Wir haben es hier mit der Bildung zu tun, die von ver- schiedenen Seiten als Lyssa linguae beschrieben wurde (Nus- baum undMarkowsky). In der Zunge des ausgewachsenen Tieres überwiegt der derbe bindegewebige Teil bei weitem, Knorpelgewebe habe ich in ihm nicht nachweisen können, nur Fettgewebe, längsverlaufende Muskelfasern und (efässe. Von der Unterseite der Zunge und von der Kon- figuration des Mundbodens unter der Zunge ist beim Schweine nichts Besonderes zu sagen. Zwar besteht schon in älteren Embryonalstadien eine Plica sublingualis, wie die Textfigur 45 erweist, aber von einer Unterzunge etc. habe ich nichts finden können, und will deswegen auch auf diese Frage hier gar nicht eingehen, da sich bei anderen Säugetierarten noch die Gelegenheit geben wird, diese wichtige Frage zu besprechen. © to) © te) Zusammenfassung. Hier will ich nur die Hauptpunkte der Bildung der Zunge selbst erwähnen; wegen zahlreicher Einzelheiten muss auf den Text verwiesen werden. 1. Wenn vier deutliche Schlundbogen am Mundboden gebildet sind, beginnt die Ausbildung des für die Zungen- entwickelung so ausserordentlich wichtigen Tuberculum impar. Es liegt an der medialen, aboralen Grenze der ersten Schlund- bogen und zeigt gleich von Anfang an einen nach jeder Seite latera! hervorragenden Zipfel, der sich in die erste Schlund- tasche hineinschiebt, so dass also auch hier eine Art paariger Gestaltung dieser Bildung zustande kommt. 2. An der aboralen Grenze des Tubereulum impar be- ginnen die zweiten Schlundbogen und unmittelbar hinter dem 240 E. KALLIUS, Tuberceulum liegt die Anlage der medianen Thyreoidea, die, solange sie am Mundboden zu erkennen ist, einen vorzüg- lichen Orientierungspunkt für die hintere Abgrenzung des Tuberculum gibt. 3. In den ersten Stadien, ehe es noch zur Ausbildung eines deutlichen Tubereulum gekommen ist, gehen von dem Epithel der Schlundbogengegend hier zwei epitheliale Zapfen in die Tiefe, so dass also, wie bekannt, die Anlage der Drüse paarig ist. Später verschwindet diese Paarigkeit. 4. Bald breiteten sich die seitlichen Zipfel des Tuber- culum an der vorderen Grenze der zweiten Schlundbogen stark aus, und zugleich beginnt eine Zunahme der Dimension des Tuberculum in oral-aboraler Richtung. 5. Hinter dem Tuberculum bildet sich zwischen den zweiten Schlundbogen eine mediane Hervorragung (Copula) aus, die bis zum Aditus laryngis hinreicht. 6. An dem Spalt, der oral die beiden ersten Schlund- bogen voneinander trennt, bilden sich jederseits wulstförmige Verdickungen aus, die als erste Anlagen der seitlichen Zungen- wülste zu erkennen und weiterhin für die Bildung der Zunge von grösster Bedeutung sind. 7. Bald wachsen die medianen Partien des Tuberculum impar stark nach vorn, so dass sich von ihm eine Spitze, die auch in die Mundhöhle prominiert, zwischen die beiden seitlichen Zungenwülste hineinschiebt, die sich nun immer deutlicher von den mächtig an Ausdehnung zunehmenden ersten Schlundbogen abgrenzen. Die mediane leistenförmige Erhebung des Tuberculum impar geht aboral in die Copula der Schlundbogen ohne Grenze über, die um so weniger deutlich zu bestimmen ist, da längst die mediane Thyreoideaanlage ihre Verbindung mit dem Mundhöhlenepithel aufgegeben hat. Beiträge zur Entwickelung der Zunge. 241 8. Das Tubereulum impar nimmt dann allmählich eine dreiseitige Form an. Eine vordere Spitze legt sich zwischen die beiden seitlichen Zungenwäülste, die sich von den ersten Schlundbogen dadurch abgliedern, dass an ihrer lateralen Seite die seitliche Grenzfurche der Zunge auftritt. Die beiden lateralen Zipfel des Tuberculum enden in einem stumpfen Buckel, der in der ersten Schlundtasche liegt, und an dem die seitliche Grenzfurche der Zunge endet. An den vorderen Rand dieser Buckel lagern sich die hintersten Enden der seitlichen Zungenwäülste an. Diese Buckel bezeichnen die Stelle der späteren Papilla foliata. Um diese Zeit ragt die mediane Erhebung des Tuberculum impar ganz besonders stark in die Mundhöhle hinein. 9. Hinter dem Tubereulum liegen die zweiten Schlund- bogen, die mit zur Bildung der Zunge (des Zungengrundes) verwendet werden. Um diese Zeit treten in den medialen Ge- bieten der Schlundbogen, die durch teilweises Verschwinden der Schlundtaschen geebnet worden sind, jederseits zwei Furchen auf, die die zukünftige Epiglottis von dem Mund- boden abgliedern (cf. Tafelfigur 8, an der die Furchen auf der linken Seite der Abbildung mit Sternchen ‚bezeichnet sind). Dieser bedeutsame Vorgang zeigt, dass zur Zunge (denn alles was oral von der Epiglottis liegt, wird Zunge) zwar der ganze mediale Bezirk des zweiten Schlundbogens verwendet wird, aber so gut wie nichts von dem dritten Schlundbogen. Ich verweise hier nochmal auf die Textfigur 6, in der die ver- schiedenen Zungenbildner gut zu unterscheiden sind, da hier auch das ganze Gebiet des zweiten Schlundbogens punktiert ist. Daraus ergibt sich ferner, dass nur ein kleiner Teil vom dritten Schlundbogen zwischen dem lingualen Rande der Epi- glottisanlage und der Zunge zur Bildung des hintersten Zungen- abschnittes verwendet wird. Die Furchen, die die Epiglottis von der Zunge abtrennen, haben also niemals die Bedeutung Anatomische Hefte. I. Abteilung. 123/124. Heft (41. Bd., H. 12). 16 242 E. KALLIUS, ‘ von Schlundtaschen, sondern sind neu auftretende Furchen, nachdem sich die Schlundtaschen in dieser (regend schon zurückgebildet haben. 10. Nachdem sich die vordere Grenzfurche der Zunge ge- bildet hat, die allmählich mit der erwähnten seitlichen Grenzfurche zusammenlliesst und die seitlichen Zungenwülste immer deutlicher von den Unterkieferbogen abgliedert, beginnt auch im Gebiete des zweiten Schlundbogens eine Furche auf- zutreten, die als hinterer Teil der seitlichen Grenzfurche der Zunge allmählich mit der vorderen zusammenfliesst. 11. Die beiden seitlichen Zungenwülste überragen weiter- hin die vordere Spitze des Tuberculum impar und lassen den vorderen paarigen Teil der Zunge auch dadurch erkennen, dass eine mediane Kerbe die Zungenspitze in zwei breite Lappen teilt. 12. Zugleich beginnt ein starkes Vorwachsen der vorderen Abschnitte der Zunge und eine Verschmälerung im hinteren breiten Teil des Tuberculum impar, und eine immer deutlicher werdende Abtrennung von der Epiglottis, so dass dann die Zunge sich allenthalben scharf vom Mundboden absetzt, dem sie aber noch flach aufliegt, ohne ihre Anheftungsstelle irgendwo erheblich zu überragen. 13. Lange Zeit bleibt der Buckel am hinteren Teil des Seitenrandes der Zunge noch erhalten, der den seitlichen Teil des Tuberculum impar markiert, und wo sich später die Papillae foliatae anlegen. 14. Der bisher noch bestehende Buckel in dem medianen Gebiete des Tuberculum impar flacht sich allmählich ab, was dazu beiträgt, die Grenzen zwischen Tuberculum impar und seitlichen Zungenwülsten immer undeutlicher werden zu lassen. Im hinteren breitesten Teile liegen eine Zeitlang zwei rund- liche Erhabenheiten nahe der Mittellinie, die dann wieder ver- Beiträge zur Entwickelung der Zunge. 243 Lj schwinden, um an derselben Stelle die Papillae vallatae em- porwachsen zu lassen. 15. So stellen sich die Anlagen der Hauptsinnesorgane der Zunge zuerst als ziemlich voluminöse Bildungen dar, die gar keine Ähnlichkeit mit den späteren definitiven Organen haben. Zu allen vier Stellen ziehen dicke Äste des Glosso- pharyngeus. Die umfangreichen Prominenzen schwinden all- mählich, der seitliche Buckel wird abgeflacht und dann treten zunächst spärliche, später zahlreicher werdende epitheliale Ein- senkungen auf, die den frontal gestellten Spalten der ausge- bildeten Papilla foliata entsprechen. Die Spalten sind aber nicht von Anfang an da, sondern treten erst gegen das Einde des embryonalen Lebens zusammen mit den Geschmacks- knospen auf. Der Bau des ausgebildeten Organes ist im Text genau beschrieben. Die Papillae vallatae treten als kleine Warzen an der Stelle der ursprünglichen medialen Prominenzen auf, und ragen über die Oberfläche der Zunge hinaus. Allmählich sinken sie in das Gewebe der Zunge hinein und werden so von einem Graben umgeben, jedoch kommt es auch beim ausgebildeten Tiere nicht zu einem gut entwickelten Wall (cf. Text). Alle diese Sinnesorgane gehören dem Tuberculum impar an, wenn auch an den vordersten Teil des seitlichen Buckels sich noch die hintersten Enden der seitlichen Zungenwülste anlegen. 16. Die weiteren Vorgänge bei der Formgestaltung der Zunge bestehen in einem mächtigen Vorwachsen des vorderen Abschnittes, wodurch die vordere Spitze des Tuberculum impar immer schmäler wird, und die hintere Basis ebenfalls ihre breite Ausdehnung verliert, so dass allmählich die Zunge von vorn bis hinten annähernd gleiche Breite zeigt. Ausser- dem beginnt die Zunge über ihre Anheftungsstelle am Boden der Mundhöhle herauszuwachsen. Dabei wird sie von den sich ausbildenden seitlichen Gaumenfortsätzen umfasst und sie 16* 944 E. KALLIUS, drängt sich mit ıhrer oberen Fläche an den unteren Rand des Nasenseptum. Mit der Ausbildung des definitiven Gaumens sinkt die Zunge in sich etwas zusammen, indem sie den an ihrem Seitenrande freiwerdenden Raum ausnützt. 17. Bei der Abgrenzung des Zungengrundes von der Epi- glottis bleibt die von Anfang an bestehende mediane Leiste, die vom Zungenrücken zur Epiglottis verlief, bestehen; aus ihr wird das Frenulum epiglottidis (Ligamentum glosso-epi- glotticum medium). 18. Mit der Umgestaltung der Form der Epiglottis, die leicht an den Figuren zu übersehen ist, und hier nicht mehr berücksichtigt werden soll, hängt auch eine vorübergehende Deformierung des hinteren Zungenrandes zusammen, die an der Tafelfigur 15 zu sehen ist. Allmählich verschmälert sich bei dem starken Vorwachsen der vordere Teil der Zunge, so dass eine deutliche Zungenspitze, wenigstens eine Zeitlang, entsteht, die dann wieder einer mehr lappenförmigen Gestalt weicht, um allmählich in die rundliche Spitze des fertigen Organes überzugehen. 19. Während die Spitze der embryonalen Zunge ausge- bildet ıst, fangen auf dem Zungenrücken an die pilzförmigen Papillen hervorzuwachsen. Zunächst erscheinen sie auf dem Gebiete der seitlichen Zungenwülste (Tafelfigur 15), ohne natürlich ganz genau diese Grenze einzuhalten. Dann er- scheinen ähnliche Papillen auf dem Zungengrunde, wo sie allmählich in den Raum zwischen den Papillae vallatae vor- wachsen. So bleibt also das Gebiet des Tuberceulum impar [rei von den pilzförmigen Papillen. Auf dem Zungengrunde wachsen die Papillen zu zottenförmigen Gebilden aus, die ihre Spitze aboral gerichtet haben und den ganzen Zungen- grund dicht anfüllen. Zwischen den umwallten Papillen bleiben pilzförmige Papillen bestehen. Ähnlich so ist es auch bei der Beiträge zur Entwickelung der Zunge. 245 Zunge des erwachsenen Tieres, wie die Tafelfigur 18 lehrt, aus der ıhre Anordnung ohne weiteres klar wird. 20. Beim neugeborenen Ferkel ist auch die Zungenspitze an ihrem Seitenrande von zottenförmigen, zugespitzten Papillen besetzt, die aber später wieder zugrunde gehen. Wann das eintritt, kann ich nicht sagen, da das Material für diese Unter- suchung zu schwer zu bekommen ist. 21. Die Form der Zunge des erwachsenen Tieres bietet keine erheblichen Änderungen mehr, sie liegt mit ihrer Spitze, die gut ausgebildet ist, hinter dem Lippenrand, zeigt eine kleine Einschnürung des Seitenrandes am Ende des ersten Drittels, die ähnlich in der Höhe der Papillae vallatae wieder- kehrt. Aus der Textfigur 16 ist ohne weiteres ersichtlich, wie sich die Zungenbildner zur definitiven Zunge verhalten, so dass es sich erübrigt, hier noch einmal darauf einzugehen. 22. Eine andere interessante Frage soll aber hier noch zusammenfassend besprochen werden, nämlich die, an welche Stelle der fertigen Zunge die Ansatzstelle der Rachenmembran verlegt werden muss, mit anderen Worten, welche Teile des Mundbodens oder der Zunge ectodermale und welcheentodermale Bekleidunghaben. Diese Frage ist deswegen schwierig zu entscheiden, weil sehr be- trächtliche Verschiebungen gerade im vorderen Teile der Mundhöhle vorkommen, wie die Beschreibung ja gezeigt hat, und wie auch in dem Kapitel über die Wachstumsverhältnisse, die hier nicht noch einmal erwähnt werden sollen, gesagt wurde. Aus der Betrachtung der Modelle der ersten Stadien er- gibt sich, dass das Gebiet des Tubereulum impar hinter der Rachenmembran gelegen ist, wenn es auch erst deutlich her- vortritt, wenn die Ansatzstelle der Rachenmembran am Boden der Mundhöhle verschwunden ist. Für die hinter dem Tuber- 246 E. KALLIUS, culum impar gelegenen Teile des Mundbodens und der Zunge ist es natürlich selbstverständlich, dass sie, wie die mediane Thyreoideaanlage, dem Endodermgebiet angehören. RLSLLETEN, Textfigur 26, Auf den Umriss der Zunge und des Unterkiefers des erwachsenen Schweines ist ungefähr die Abgrenzung des ektodermalen und entodermalen Anteiles ein- getragen, wie es sich nach dem ehemaligen Ansatze der Rachenmembran ergibt. Der ectodermale Anteil ist punktiert, der entodermale ist weiss gelassen. Die seitlichen Zungenwülste scheinen im weitaus grössten Teile dem ectodermalen (Gebiet anzugehören, wenn auch die Ansatzstelle der Rachenmembran auf dem oralen Teile des ersten Schlundbogens verläuft. Da sich aber die sich mächtig Beiträge zur Entwickelung der Zunge. 247 vergrössernden ersten Schlundbogen immer mehr in die Mund- höhle hinein verwölben, kann der entodermale Teil der ersten Schlundbogen, wenn er überhaupt erhalten bleiben sollte, nur ganz minimal sein. Damit ist das wesentliche über diese wichtige Frage gesagt, und der Verlauf der Grenzlinie zwischen dem ectodermalen und dem entodermalen Teile des Mund- bodens wird auf der Zunge ziemlich mit dem vorderen Kontur des Tuberculum impar zusammenfallen (ef. Textfigur 26). Dasselbe trifft dann auch für die übrigen Teile des Mund- bodens zu. 23. Die Unterzungengegend bietet beim Schwein nichts Besonderes. Ausbildung des Skeletes. Erst verhältnismässig spät entwickeln sich die Knorpel des Hyobranchialskeletes so, dass sie gut abgrenzbar sind, und durch eine Rekonstruktion wiedergegeben werden können. Natürlich müssen wir uns bei diesem wohl durch- forschten Gebiet eine gewisse Beschränkung auferlegen. Ich will also nicht im einzelnen die Gehörknöchelchen, die Kehl- kopfsknorpel und die Verknöcherung des Unterkiefers be- handeln, weil das uns doch zu wenig mit dem hier in Be- arbeitung befindlichen (Gebiet in Zusammenhang zu stehen scheint, so verführerisch es auch ist, auf dieses gerade auch in neuester Zeit eifrig diskutierte Thema einzugehen. Die Textfig. 27 zeigt die zeichnerische Rekonstruktion des Hyobranchialskeletes und der Meckelschen Knorpel von Stadium XIII. Noch bestehen alle Knorpelanlagen aus Vor- knorpel, deutliche Knorpelgrundsubstanz ist noch gar nicht zu erkennen, deswegen sind auch die Konturen oftmals schwer genau anzugeben. In der Figur ist diese Ungenauigkeit der Abgrenzung durch die Punkte am Rande der Knorpelanlagen wiedergegeben. 248 E. KALLIUS, Die Rekonstruktion ist nach Horızontalschnitten gemacht, man sieht also ziemlich direkt von oben auf die Bildungen herauf, ausserdem sind nach dem Wachsmodell der Zungen- anlage die Konturen dieser und des Kehlkopfes und des oralen Randes des Unterkiefers mit der schwarzen Linie angegeben. Textfigur 27. Zeichnerische Rekonstruktion der Anlage des Knorpelskelettes der Zungen- gegend etc. Vom Schwein, Stadium XIII bei 20facher Vergrösserung. Die Konturen der Zungenanlage etc. sind eingezeichnet. I. Meckelscher Knorpel. Auf der linken Seite ist das proximale Ende von ihm abgeschnitten, und sein Kontur punktiert. Il. Reichertscher Knorpel. Sein proximales Ende zeigt die beiden im Text näher beschriebenen Fortsätze. St. Steigbügelanlage, in der die Arteria stapedialis durch einen Strich bezeichnet ist. Die distalen Enden der zweiten Bogen gehen in ein diffuses Blastem über, durch das sie mit dem dritten Bogen (III) zusammenhängen, und das sich bis zum Larynx (L) hin erstreckt. Zwischen den dritten Bogen liegt die Copula. IV. Vierte Bogenknorpel. Alle Knorpelanlagen lassen ihre Zugehörigkeit zu be- stimmten Schlundbogen gut erkennen. Eine erhebliche Ver- schiebung ist noch nicht eingetreten. Im ersten Schlundbogen liegt der Meckelsche Knorpel, der aber nur im proximalen Teile gut zu erkennen ist, distal verliert er sich vollständig in einem Beiträge zur Entwickelung der Zunge. 249 undifferenzierten Blastem, das auch nicht nur mit einiger Sicherheit bestimmte Formen erkennen lässt. Die Achsen beider Knorpelanlagen würden sich ungefähr im rechten Winkel schneiden. An ihrem proximalen Ende gehen sie auch wieder in ein unbegrenzbares Blastem über, das mit dem für den zweiten Schlundbogenknorpel kontinuierlich zusammenhängt. Weder in sich zeigt also der Meckelsche Knorpel irgendwelche Grenzen noch auch gegen den Reichertschen Knorpel; höchstens insofern, dass beide proximal durch diffuseres Gewebe zu- sammenhängen, während ihre distalen Teile dann mehr kom- paktes Gewebe aufweisen. Am proximalen Ende des zweiten Bogenknorpels kann man aber schon zwei Fortsätze erkennen, die allerdings auch un- deutlicher begrenzt sind, als es nach der Abbildung den An- schein hat. Der eine Fortsatz ragt schädelwärts direkt nach oben, der andere Fortsatz nach der Gehörkapsel hin, also mehr medialwärts. Letzterer erweist sich als Anlage des Steig- bügels, da er durch die wohl ausgebildete Arteria stapedialis durchbohrt wird (Fig. 27 St.). Beide Fortsätze sind ziemlich dick. Der sich daran anschliessende distale Teil des Reichertschen Knorpels verläuft dann ventral- und medianwärts und hängt mit dem der anderen Seite durch ein ziemlich diffuses (e- webe median zusammen. Dieses Gewebe kann natürlich als eine Copula bezeichnet werden, zumal, da unmittelbar hinter den medialen Enden der Reichertschen Knorpel ein unpaarer kompakterer Kern erscheint, der in der Abbildung deutlich zu erkennen ist. Die medialen Enden der Reichertschen Knorpel sind ziemlich genau frontal gestellt. Im Gebiet der dritten Bogen liegen die Knorpelanlagen als kurze, aboral umgebogene Bildungen, die direkt auf die median gelegene Copula zugehen. An diese schliessen sich die noch viel kürzeren vierten Schlundbogenknorpel an. Zwischen ihnen liegt median ein dichteres Gewebe, das mit 250 E. KALLIUS, der eben erwähnten Copula zusammenhängt und von dort aboral sich ziemlich weit an der ventralen Seite der Kehl- kopfsanlage kontinuierlich herabzieht, und das Bildungsmaterial für die Epiglottis und die übrigen Kehlkopfsknorpel enthält, die aber noch gar nicht differenziert sind. Ich stehe nicht an, diesen, wenn auch wenig deutlich aboralen Fortsatz der Copula den durchaus ähnlichen Gebilden, die bei den Reptilien und Vögeln beschrieben wurden, zu vergleichen. Sobald nun Knorpelgrundsubstanz aufgetreten ist, ist die Abgrenzung natürlich leicht, und deswegen die Rekonstruktion auch bequemer zu machen. So weit ich das an den mir zur Verfügung stehenden Stadien sehen konnte, tritt die hyalıne Knorpelsubstanz ziemlich gleichmässig auf, mit einer gleich zu erwähnenden Ausnahme. Die zeichnerische Rekonstruktion ist in derselben ‘Weise wie vorher gemacht und in der Text- figur 28 abgebildet (Stadium XXI). Die Meckelschen Knorpel bestehen aus je einem gleichmässigen knorpelgrundsubstanz- enthaltenden Stück. Sie sind wesentlich länger geworden, zeigen aber hauptsächlich in ihrem proximalen Abschnitt be- sondere Weiterbildung, indem dieser keinen diffusen Zusammen- hang mit dem Knorpel des zweiten Schlundbogens mehr hat. Der Meckelsche Knorpel, der auf der rechten Seite der Zeich- nung vollständig zu übersehen ist, zeigt ein vorderes Ende, das von dem der anderen Seite noch durch einen ansehnlichen Zwischenraum getrennt ist, das dann in einem stumpfen Winkel in ein direkt von vorn nach hinten verlaufendes Stück um- biegt. Darauf folgt eranialwärts ein auch auf der Abbildung deutlich sichtbarer Höcker, an dem ein selbständiges Stück, das sich aber aus dem Blastem des Meckelschen Knorpels abgegliedert hat -—- der Ambos — anliegt. Gleich darauf biegt das hintere Ende des Meckelschen Knorpels scharf um und tritt dort an das Trommelfell heran, ist also ohne weiteres als der Stiel des zukünftigen Hammers zu erkennen. Auf der Beiträge zur Entwickelung der Zunge. 251 linken Seite sind die Gehörknöchelchen in situ eingezeichnet. Es war allerdings kaum möglich, nach der zeichnerischen Rekonstruktion allein eine richtige Vorstellung von diesen Gebilden zu bekommen, deswegen wurde dieser Abschnitt noch plastisch rekonstruiert, und nach diesem Modell sind dann die Knorpelteilchen eingezeichnet. Von dem Meckelschen Knorpel getrennt ist also der Ambos. Natürlich sind verdichtete Gewebsmassen auch hier vorhanden, die eine gewisse Ver- x f L \ \ } Se A Textfigur 28. Zeichnerische Rekonstruktion des Hyobranchialskeletes und des Meckelschen Knorpels vom Schwein, Stadium XXI, bei l4facher Vergrösserung. I. Meckel- scher Knorpel (auf der rechten Seite vollständig zu übersehen). Cor. Knorpel- kern des Dentale (Proc. coronoides). I der vom Meckelschen Knorpel schon freigewordene Amboss. St. Stapes. II. Reichertscher Knorpel. Auf der linken Seite sind die Gliederungen des Knoırpels zu erkennen und bezeichnet. a. Ganz schmale Grenze in dem Knorpelstab. b. Breitere vorknorpelige Strecke, die aber nicht verknorpelt ist. c. Kleine Einkerbung, zugleich die Grenze gegen den dritten Bogenknorpel (III), zwischen denen die rundliche Copula liegt. T. Thyreoidknorpel mit medianer Copula. L. Aditus laryngis. er. Cricoid. ar. Arytaenoid. 252 E. KALLIUS, bindung des Ambos mit dem Meckelschen Knorpel herstellen, namentlich dort, wo sich das zukünftige Hammerambosgelenk befindet, aber knorpelige Vereinigung besteht natürlich nicht. Das Gelenk zeigt, wie zu erwarten war, auch noch keine Ge- lenkspalte. Der Ambos hat noch eine ziemlich plumpe Form, um- fasst mit zwei kleineren Fortsätzen den Höcker am Meckel- schen Knorpel, mit dem er artikuliert, hat einen lateral und aboral verlaufenden Fortsatz und einen medialen aboralen, der zum Steigbügel hingeht, wie die Figur erkennen lässt. Damit wären die zum ersten Schlundbogenknorpel gehörigen Teile beschrieben. Lateral von dem Meckelschen Knorpel liegt eine in der Textfigar mit der gestrichelten Linie angedeutete Knorpelanlage, die zum Processus coronoides (cor) des Unter- kiefers wird. Das proximale Ende des zweiten Schlundbogenknorpels hatte im vorigen Stadium zwei breite Zipfel erkennen lassen, der eine war als Anlage des Steigbügels aufgefasst, und aus ihm ist der jetzt knorpelige Stapes entstanden, durch den die Arteria stapedialis hindurchgeht, die an der Abbildung aber, der Kleinheit der Verhältnisse wegen, nicht mit eingezeichnet worden ist. Knorpelig ist aber nur der ziemlich regelmässige Ring; der Stiel, der mit dem Ambos zusammenhängt, ist noch vorknorpelig, und in dieser dichten Gewebsmasse entwickelt sich mit selbständigem Knorpelkern der kleine Zwischenknorpel. Die Stelle des Ringes, die später zur Platte des Stapes wird, liegt schon in einem Loch der Gehörkapsel, ist aber voll- kommen geschieden von ihr und hat genetisch keinen Zu- sammenhang mit ıhr. Der andere Fortsatz des proximalen Endes des Reichert- schen Knorpels lässt sich ein kleines Stückchen schädelwärts verfolgen, und befestigt sich dann mit einem Fortsatz an der Gehörkapsel. Dieses proximale Ende des Reichertschen Beiträge zur Entwickelung der Zunge. 255 Knorpels ist noch vorknorpelig, lässt sich also deutlich von der knorpeligen Schädelbasis abgrenzen. Ein Zusammen- hang dieses Endes des zweiten Schlundbogenknorpels mit dem Vorknorpel des äusseren Ohres, auf den ich vor Jahren schon meine Aufmerksamkeit gerichtet hatte, nachdem die Ruge sche Arbeit erschienen war, in der auf vergleichend anatomischem Wege der Zusammenhang des Knorpels des äusseren Ohres mit dem Zungenbein erwiesen wurde, ist nicht deutlich. Ob- gleich Ruge auf den ontogenetischen Nachweis der Einheit dieser Knorpelbildungen damals keinen Wert legte, schien es mir doch interessant, dies bei Embryonen zu untersuchen. Nun scheint beim Schwein dieser Zusammenhang nicht be- sonders deutlich zu sein, ich will deswegen hier diese Ver- hältnisse nicht genauer schildern, da ich noch bei anderen Säugern Gelegenheit habe darauf zurückzukommen. Der Steigbügel zeigt hier noch deutlich seine Zugehörig- keit zum Reichertschen Knorpel, indem eine dichte Binde- gewebsmasse (Vorknorpel) ihn mit der Knorpelspange ver- bindet. Diese Bindegewebsmasse nimmt auch den Fortsatz des Ambos auf, wie vorher erwähnt worden war. Der Knorpel, der vom Steigbügel an einen rundlichen Stab bildet, verläuft distal-medianwärts, und an der in der Ab- bildung bezeichneten Stelle a ist eine Abgrenzung zu be- merken, indem jetzt der Knorpel weniger Knorpelgrundsubstanz enthält, seine Zellen also dichter liegen. Bald darauf (b) hört die Knorpelgrundsubstanz ganz auf und es folgt eine kurze, vorknorpelige Strecke. Darauf erscheint wieder Knorpelgrund- substanz, die ohne deutliche Grenze durch einen kleinen Bogen mit dem dritten Schlundbogenknorpel zusammenhängt. Ich sage ohne deutliche Grenze, weil die Knorpelsubstanz des einen Stückes, wenn auch auf einem kleinen Gebiet, mit der des anderen eine kontinuierliche Masse bildet. Am Rande der Knorpel ist allerdings durch eine deutliche Einkerbung die Abgrenzung erkennbar. DD (e) B E. KALLIUS, Die dritten Schlundbogen haben sonst noch eine Ähnliche Gestalt wie im vorigen Stadium, und haben natürlich Knorpel- erundsubstanz entwickelt. Zwischen ihnen liegt in der Mittel- linie die unpaare Copula, die auch hyaline Substanz besitzt. Von einem zweiten Stück der Copulaanlage zwischen den distalen Enden der Reichertschen Knorpel ist hier nichts zu sehen, zwar liegt dichtes Bindegewebe zwischen den Knorpel- enden, aber das lässt keinen Knorpelkern im Innern erkennen. Die Copula der dritten Knorpelspangen fängt schon an in den unteren Teilen mit diesen zu verschmelzen. Von den Kehl- kopfknorpeln, die auch in der Textfigur gezeichnet sind, soll hier nicht weiter die Rede sein. Nur von der Skeletbildung der Epiglottis will ich noch folgendes bemerken: In dem laryngealen Abschnitt der Epiglottis liegt die nach dem Kehlkopf hin konkave Platte, die aus Vorknorpel besteht und später das Knorpelskelet des Kehldeckels liefert. Von dem oberen Ende der Copula, die zwischen den dritten Schlund- bogen liegt, mit der auch das untere Ende des Epiglottis- knorpels einen sehr innigen Zusammenhang hat, erstreckt sich ein rundlicher Strang verdichteten Bindegewebes bis zur Spitze der Epiglottis hin. Er ist unpaar und liegt lingualwärts von der Skeletanlage des Kehldeckels. Von besonderm Interesse scheint mir das zu sein, dass dieser Strang, wenn auch nur an einigen Stellen, deutlichen Zusammenhang mit dem Septum linguae beziehungsweise mit den am Septum ansetzenden Muskeln hat. Von diesem Septum wird natürlich noch bei der Muskulatur der Zunge die Rede sein. Erheblich weiter ist das Knorpelskelet entwickelt, das nach einer zeichnerischen Rekonstruktion in der Textfigur 29 abgebildet ist (Stadium XXV). Die Meckelschen Knorpel sind vor allem insofern weiter entwickelt, als sie sich in der Mittel- linie fast berühren. Dort treffen sie sich in einem ziemlich Beiträge zur Entwickelung der Zunge. 298 ” Textfigur 29. av Zeichnerische Rekonstruktion des Skeletes eines Schweines, Stadium XXV, bei ca. 27 facher Vergrösserung. I. Meckelscher Knorpel, auf der rechten Seite vollständig zu übersehen. J. Amboss. St. Steigbügel. Cor. Knorpelkern im Dentale. II. Reichertscher Knorpel bereits mit der Schädelbasis in Verbindung. Rechts sind die Gliederungen des Knorpels mit denselben Buchstaben wie bisher markiert. III. Dritter Schlundbogenknorpel. E. Epiglottis. Th. Carte- lago thyreoides, cr. C. cricoides, ar. Cart. arytaenoides, tu. Tuba auditiva. Sch. Schädelbasis mit Gehörkapseln (nicht plastisch rekonstruiert, sondern nur im etwas vereinfachten Schnitt angedeutet). Die Umrisse des Unterkiefers mit der Zunge sind eingezeichnet. 256 E. KALLIUS, spitzen Winkel, um dann wieder auseinander zu weichen, wobei sie einen grossen, lateralwärts konvexen Bogen bilden; ihre hinteren Enden laufen dann wieder gestreckter. Ohne erkennbare Grenze gehen sie in den Hammer über, der keine wesentlichen Umwandlungen zeigt, wenn natürlich auch ın Einzelheiten Veränderungen zu erkennen sind, die aber bei der Vergleichung der Textfiguren 28 u. 29 ohne weiteres klar werden. Auch der Ambos hat seine Gestalt nur insofern geändert, als seine Fortsätze schlanker geworden sind und ihre Stellung anders is! als bisher. Der Steigbügel zeigt jetzt keinen deut- lichen Zusammenhang mehr mit dem zweiten Schlundbogen- knorpel. Auch über ihn ist nichts Neues auszusagen. Seine Lage erhellt aus der Textfigur, in der ja auch ein Teil der knorpeligen Schädelbasis und der Gehörkapsel eingezeichnet ist. Das proximale Ende des zweiten Bogenknorpels hat aber nun ein sehr bemerkenswertes Schicksal erfahren, in- dem es mit der Schädelbasis an der in der Textfigur erkennbaren Stelle in Verbindung getreten ıst. Alsdann ver- läuft der Knorpel in einem erst lateral konkaven kürzeren, dann lateral konvexen grösseren Bogen distalwärts. Aus der deutlichen Konvergenz der beiden zweiten Schlund- bogenknorpel ist das Vorrücken der hinteren Zungen- und Kehlkopfsgegend deutlich zu erkennen. Diese Tatsache ist ja lange bekannt und hier auch oftmals erwähnt worden. Jetzt ist die Abgrenzung an der in der vorigen und dieser Text- figur mit a bezeichneten Stelle sehr deutlich geworden, da auch das kleinere distale Stück, das von a bis b reicht, mehr Knorpelgrundsubstanz entwickelt hat. Zu dem zweiten Schlund- bogenknorpel gehört aber noch das rundliche Knorpelstückchen, das mi! dem distalen Ende des zuletzt erwähnten durch Bindegewebe verbunden ist, und aus dem hakenförmig ge- stalteten Stückchen des vorigen Stadiums entstanden ist, so dass also der Knorpel des zweiten Bogens drei bindegewebig Beiträge zur Entwickelung der Zunge. verbundene Knorpelstückchen besitzt. Dieses runde Knorpel- stückchen ist von dem dritten Schlundbogenknorpel durch eine ganz minimale Zone dichteren (rewebes abgetrennt. Diese Trennungsstelle entspricht der Einkerbung (c), die am vorigen Stadium leicht markiert und als Grenze der beiden Knorpel angegeben war. Die dritten Bogenknorpel haben gegen früher einen gestreckteren Verlauf bekommen und haben zwischen ihren medialen Enden die Copula, die aber recht klein ist. Die vierten Knorpel sowie die übrigen Kehlkopfsknorpel sind in der Figur nur angedeutet. In dem Stadium XXVII, dessen zeichnerische Rekonstruktion in der Textfigur 30 abgebildet ist, sind die medianen Enden der Meckelschen Knorpel miteinander vollkommen verschmolzen und bilden vorn eine ganz einheitliche Masse, während hinten noch eine Kerbe als Trennung zu erkennen ist. Die Konvergenz der Meckelschen Knorpel ist wesentlich stärker geworden. Die Hauptkrümmungen sind aber noch ähnlich vorhanden wie im Stadium XXV. Über den Hammer, der noch kontinuierlich mit dem distalen Teil des Knorpels zusammenhängt, sowie über Ambos und Steigbügel und die Cartilago lentie. ist nichts zu vermelden. Ihre Form wird aus der Abbildung klar. Der Knorpelkern (cor) neben dem Meckelschen Knorpel hat die Höhe seiner Ausbildung erreicht und beginnt zu verknöchern. (Auf andere Knorpelkerne, die im Dentale auftreten, habe ich nicht weiter geachtet.) Der zweite Bogenknorpel hängt mit der Schädelbasis proximal zusammen und verläuft mit dem der anderen Seite ebenfalls stärker konvergierend medianwärts. Das durch Binde- gewebe von ihm abgesetzte längliche Knorpelstückchen ist breiter geworden und das rundliche Stück hat ebenfalls an Durchmesser zugenommen. Von dem dritten Bogenknorpel ist dieses jetzt viel deut- licher geschieden, hängt mit ihm aber durch eine dichte, straffe Bindegewebsmasse zusammen. Anatomische Hefte. I. Abteilung. 123/124. Heft (41. Bd., H. 12). 17 2 E. KALLIUS, gur 80. Textfi Beiträge zur Entwickelung der Zunge. 259 Die dritten Bogenknorpel haben ihre Form sehr wenig verändert, sind aber ebenfalls konvergenter geworden. Das letzte Embryonalstadium, das untersucht wurde, stammt von dem Stadium XXIX und ist in der Textfigur 31 abgebildet. Hier sind alle Teile schon so sehr dem fertigen Zustande ähnlich, dass ich auf die Untersuchung älterer Stadien verzichten konnte. Allerdings zeigt der distale Abschnitt des Meckelschen Knorpels noch weitere Umwandlungen, indem das Stück, in- dem median die beiden Enden verschmolzen sind, enorm an Länge zugenommen hat, und schnabelförmig, ohne im Innern eine Grenze zu zeigen, nach vorn vorgewachsen ist. Hier in seinem aboralen Abschnitt ist noch die Rinne deutlich. Die Knorpel selbst sind relativ viel dünner als bisher, was zweifel- los den Beginn ihrer Reduktion bezeichnet. Den proximalen Abschnitt des Meckelschen Knorpels habe ich nicht mehr unter- sucht. Die charakteristische Form seiner Biegung hat der Knorpel, wenn auch nicht mehr so stark ausgeprägt wie bis- her, noch bewahrt. Vom zweiten Schlundbogenknorpel ist zu berichten, dass er ebenfalls relativ dünner geworden ist, sein proxi- males Ende habe ich an dem Präparat nicht * tınter- Erklärung zu Textfigur 30. Zeichnerische Rekonstruktion des Knorpelskeletes der Zungen-Kehlkopfgegend vom Schweineembryo, Stadium XXVII, bei ca. 12facher Vergrösserung. Die Meckelschen Knorpel sind in der Mittellinie verschmolzen. Auf der linken Seite sind die Gehörknöchelchen gezeichnet. J. Amboss, St. Steigbügel, zwischen beiden die Cartilago lentieularis. Der Steigbügel sitzt in der Wand der Gehörkapsel. Sch. Schädelbasis, Cor. Accessorischer Knorpelkern im Dentale. II. Reichertscher Knorpel, reicht von der Schädelbasis (rechts) bis zum Buchstaben c. Seine Gliederung ist mit denselben Buchstaben bezeichnet wie bisher. Das kugelige Knorpelstückchen oberhalb von e ist besonders dick geworden. An dem dritten Schlundbogenknorpel beginnen die medialen Enden mit der Copula (Co) zu verschmelzen. e. Epiglottisknorpel. a. Arytänoid- knorpel. Die Cartilago thyreoides ist nicht bezeichnet. Die Konturen des Kiefers und der Zunge sind eingezeichnet. 17* Beiträge zur Entwickelung der Zunge. 261 suchen können, weil der Unterkiefer mit der Zunge heraus- geschnitten war. In dem Teile, der proximal von der binde- gewebigen Stelle a liegt, beginnt die Verknöcherung, die ungefähr die Ausdehnung hat, wie es in der Textfigur 31 durch schwarze Punktierung angegeben ist. Das distal von a gelegene Knorpelstückchen ist nicht mehr so verdickt wie früher, und die bindegewebige Stelle b ist länger geworden. Dagegen hat sich das bisher rundliche Knorpelstückchen enorm verdickt und hat die kuglige Gestalt aufgegeben, da es in oral-aboraler Richtung in die Länge gewachsen ist. Es ge- hört, wie wir nachgewiesen haben, dem zweiten Bogenknorpel an und ist von dem dritten durch eine nun sehr deutlich gewordene Bindegewebslage getrennt (bis c). Der dritte Bogen hat im ganzen schon eine Gestalt, die sich sehr dem des erwachsenen Tieres nähert. Seine proxi- malen Teile sind beträchtlich dicker geworden. Aber sie hängen oral durch eine ganz kontinuierliche Lage von Knorpel zu- sammen. Die bisher noch deutliche Copula ist also zu einem einheitlichen Stück mit den proximalen Teilen der Bogen ver- schmolzen, und lässt auf den Schnitten keine Grenze er- kennen. Ich will aber gleich bemerken, dass am verknöcherten Zungenbein des erwachsenen Tieres eine Spalte an den proxi- malen Enden der Bogen vorhanden ist, die darauf hindeutet, Erklärung zu Textfigur 31. Zeichnerische Rekonstruktion des Knorpelskeletes der bekannten Gegend vom Schweineembryo (Stadium XXIX) bei fünffacher Vergrösserung. I. Meckel- scher Knorpel, dessen distales Ende nur gezeichnet ist. II. Reichertscher Knorpel, der auch nicht bis zur Schädelbasis verfolgt werden konnte. Im Knorpelabschnitt proximal von a beginnt Verknöcherung, die durch die schwarzen Punkte bezeichnet ist. Die Buchstabenbezeichnung auf der rechten Seite des Reichertschen Knorpels ist wie bisher. III. Cornu branchiale des Zungen- beines, in dem auch Verknöcherung auf die oben erwähnte Weise bezeichnet ist. Die distalen Enden siud mit der Copula ohne Grenze verschmolzen. Th. Cartilago thyreoides. c. Cartilago Epiglottidis. ar. Cartilage arytaenoides. er. Cartilago cricoides. L. Aditus laryngis. Die Konturen des Kieferrandes und der Zunge sind eingezeichnet. E. KALLIUS, aa au dass in der Copula ein besonderer Knochenkern auftritt, der unvollständig mit den Knochenkernen der grossen Zungen- Zungenbein eines erwachsenen Schweines von der dorsalen Seite her gesehen bei natürlicher Grösse gezeichnet. Oben das Cornu hyale des Zungenbeines das von c bis b reicht. An seiner etwas nach hinten umgebogenen Spitze, sitzt das Ligamentum stylohyoideum. An dieses schliesst sich ein längeres knorpeliges Stückchen an, das bis a reicht. Dort ist eine bindegewebige Unter- brechung des Knorpels, der dann sehr bald verknöchert ist. Cornu branchiale des Zungenbeines ist bis auf die hinteren einander zugebogenen Enden verknöchert. An dem * ist die Spalte zu be- merken und die nach vorn verlaufende Leiste, die die laterale Grenze der ebenfalls ver- knöcherten Copula bezeichnet. Textfigur 32. ee leider habe ich das an Präparaten beinhörner verschmilzt. nicht verfolgen können, da mir die dafür notwendigen älteren Stadien fehlen, aber ich glaube, dass man nach diesen Be- Beiträge zur Entwickelung der Zunge, 263 funden gar nicht daran zweifeln kann, dass es sich wirklich so verhält. Die Knochenkerne in den dritten Bogenknorpeln (Cornua branchialia) sind in der Abbildung ebenfalls durch schwarze Punktierung markiert. Die in der Figur dargestellten Kehlkopfsknorpel bedürfen keiner Erklärung. Das Zungenbein eines erwachsenen Schweines ist in der Textfigur 32 in natürlicher Grösse zu sehen. Die Erklärung der einzelnen Teile macht nun keine Schwierigkeit mehr. Die Zeichnung zeigt die dorsale Ansicht des Skeletstückes. Die zweiten Schlundbogenanteile des abgebildeten Skelet- stückes bestehen aus dem teilweise verknöcherten proxi- malen Teile, der durch die dunklere Farbe von dem Knorpel deutlich abgesetzt ist. Kurz vor der Markierungsstelle a hört der Knochen auf und es beginnt ein kleines Knorpelstückchen. Distal von a folgt das hyalin-knorpelige Stückchen, das sich gegen das letzte Embryonalstadium in der Gestalt kaum ver- ändert hal. Daran schliesst sich das bindegewebige Stück b, das an dem etwas umgebogenen knöchernen Cornu hyale des Zungenbeines ansetzt, das seine Gestalt auch nicht erheb- lich verändert hat. Die übrigen Teile des Zungenbeines be- stehen aus dem dritten Schlundbogen und ihrer Copula. Auf dem oralen Rande der dritten Bogen sitzt das Cornu hyale des Zungenbeines breitbasig auf. Die Cornua branchialia bilden mit der Copula eine zusammenhängende knöcherne Masse, nur die erwähnte Spalte und eine dorsalwärts stärker, ventral- wärts weniger stark vorspringende Leiste begrenzt lateral die Ausdehnung der Copula. Der aborale Teil der Cornua hyalia ist nicht verknöchert, der im vorigen Stadium sichtbare Knochen- kern ist oralwärts weiter vorgeschritten als aboralwärts. 264 E. KALLIUS, Zusammenfassung. 1. Die schwer abgrenzbare vorknorpelige Anlage des Skeletes der hier in Betracht kommenden Gegend des Mund- bodens lässt in den frühen Stadien vier Paare von Bogen erkennen. Das Blastem des Meckelschen Knorpels hängt noch mit dem des zweiten (Reichertschen) Knorpels zusammen, lässt aber dort die charakteristischen Anlagen der Gehör- knöchelehen schon erkennen. Das distale Ende des Meckel- schen Knorpels entwickelt sich sehr langsam, denn die Enden beider Spangen sind noch durch einen breiten Spaltraum ge- trennt. Die distalen Enden der zweiten Bogenknorpel sind von fast horizontalem Verlaufe und nähern sich in der Medianlinie einem kleinen unpaaren, vorknorpeligen runden Gebilde, das als Copula aufzufassen ist und sich, wenn auch undeutlich, bis zum Kehlkopfseingang verfolgen lässt. In den dritten Bogen liegen kleine vorknorpelige Spangen, ebenso wie in den vierten Bogen; diese reichen auch ungefähr an das Copulagewebe heran. Die Copula liegt als deutlich abgrenzbares Gebilde zwischen den dritten Bogenknorpeln. Die zweiten Knorpel kommen mit ihren undifferenzierten, medialen Partien an diese Copula heran, aber eine selbständige Bildung, die als spezielles Copulastück zwischen ihnen aufgefasst werden könnte, ist beim Schwein !) nicht nachzuweisen. 2. Wenn hyaline Grundsubstanz aufgetreten ist, haben die ersten Knorpelspangen zunächst distal zwischen sich noch eine ziemlich weite Distanz, die allmählich ausgefüllt wird, bis sich die Meckelschen Knorpel in der Mittellinie erreichen. Dann verschmelzen sie so miteinander, dass man stellenweise nichts von einer Trennung in der Mittellinie auch auf Durch- schnitten erkennen kann. In den letzten untersuchten Stadien ') ef. die Angaben vom Rinde in meiner Kehlkopfarbeit. Beiträge zur Entwickelung der Zunge. 265 ragt diese Vereinigungsstelle der Knorpel schnabelförmig weit hervor. Auf die Umbildung des proximalen Endes des Meckel- schen Knorpels zum Hammer will ich hier nicht mehr ein- gehen. Das Nötigste zeigt ein Blick auf die Textfiguren. 3. Der Reichertsche Knorpel zeigt an seinem proximalen Ende frühzeitig eine Gabelung in zwei Fortsätze, von denen der eine mit dem Stapes zusammenhängt, während der andere schädelwärts weiterwächst und sich an die knorpelige Schädel- kapsel anlegt. .4. Das distale Ende des Reichertschen Knorpels zeigt eine sehr bemerkenwerte Gliederung. Kurz ehe der hyalinknorpelige Stab aufhört, gliedert sich von ihm (bei a der Textfigur 30) durch eine Gelenkanlage ein kleines Knorpelstückchen ab, das mit einem bindegewebigen Teile, in dem niemals hyaline Sub- stanz abgelagert wird (b), mit dem proximalen Endstück, das Knorpelsubstanz enthält, zusammenhängt. Dieses wird durch eine undeutliche Grenze (bei ©) von dem dritten Bogenknorpel getrennt. In dem langen Stück proximal von a tritt Knochensubslanz auf, das Gelenk bei a bleibt zeitlebens bestehen, in dem Stück zwischen b und « tritt ebenfalls Verknöcherung ein. Dies nimmt an Dimension namentlich in der Dicke nicht unwesent- lich zu, bekommt eine kugelige Form, um dann endlich in die etwas gestrecktere Gestalt des Cornu hyale des knöchernen Zungenbeines überzugehen. 5. Der dritte Schlundbogenknorpel verschmilzt auf jeder Seite mit der Copula so, dass ein Knorpelstadium entsteht, in- dem in der Struktur und an Schnitten der Bogen selbst nicht von dem Copulateil unterschieden werden kann. Während der Verknöcherung, die nicht vollständig verfolgt werden konnte, besitzt aber die Copula einen eigenen Knochenkern, denn an dem Zungenbein des ausgewachsenen Tieres ist zwischen hygl. AR \ ah Iinterm, -——_ genhy. --- gengl. --- hyoid.trans. Pr.jug. f-- Textfigur 33 Beiträge zur Entwickelung der Zunge. 267 diesem Horn und dem Corpus oftmals eine Spaltbildung zu erkennen. 6. Der Knorpel des vierten Bogens wird zum Thyreoid- knorpel verwendet, auch er besitzt eine Copula, die ein selbst- ständiges Dasein führt, wenn natürlich auch ein undeutlicher bindegewebiger Zusammenhang mit der Copula zwischen den dritten Bogen gefunden werden kann. Ven den übrigen Kehl- kopfsknorpeln ist hier nichts weiter zu sagen. 7. Wenn man die zugehörigen Textfiguren vergleicht, be- merkt man sehr schön, wie an den Schlundbogenknorpeln der mediane Winkel, in dem sie zusammenstossen, immer spitzer wird, und zugleich der Zungenbeinapparat eine Verschiebung im aboral-oralen Sinne deutlich zeigt. Entwickelung der Muskulatur der Zunge. Um das Verständnis der folgenden, teilweise recht kom- plizierten Verhältnisse zu erleichtern, soll eine Schilderung der Muskeln des erwachsenen Tieres vorangestellt werden, auf die dann immer bei der Schilderung des Entwickelungsganges zurückgegriffen werden kann. Die Muskeln der Zunge des erwachsenen Schweines, sowie die hier in Betracht kommenden Zungenbeinmuskeln sind folgende. (Die Angaben der Literatur sind teilweise recht un- vollständig.) (Vergl. schem. Textfigur Nr. 33.) Erklärung zu Textfigur 33. Schematische Darstellung der Muskeln der Zunge und des Zungenbeines eines erwachsenen Schweines. Mit der roten Kontur sind Zungengrenzen, der Aditus laryngis und der Unterkiefer dargestellt. Das Zungenbein ist punktiert. 1. interm. Muse. intermandibularis. 2. myloby. M. mylohyoideus. 3. biv. M. digastricus. 4. jughy. M. jugulohyoideus. 5. genhy. M. geniohyoideus. 6. stylhy. M. stylohyoideus. 7. hyoep. M. hyoepiglotticus. 8. cerathy. M. ceratohyoideus. 9. hyoid. trans. M. hyoideus transversus. 10. hygl. M. hyoglossus. 11. stylgl. M. styloglossus. 12. gengl. M. genioglossus. 13. A. 1. Adlitus laryngis. Die Binnenmuskulatur der Zunge und der Palatoglossus ist nicht eingezeichnet. Gez. bei nat. Grösse, zur Reproduktion verkleinert. 268 E. KALLIUS, 1. Musculus intermandibularis (Musc. trans- versus mandibulae, Musc. mylohyoideus). Er entspringt von der Innenseite des Knochens des Unterkiefers und geht, ohne eine Raphe zu besitzen, nach der anderen Seite hinüber. Am Kinnwinkel wird ein Stückchen vom Muskel freigelassen. Am aboraler Rande hängen seine Fasern mit einigen wenigen des folgenden Muskels zusammen, an dessen Raphe er auch binde- gewebig befestigt ist. 2. Musculus mylohyoideus (Musc. myloglossus). Er entspringt aboral vom ersten Muskel an der Innenseite des Unterkiefers, doch werden ein bis zwei Centimeter seiner Aus- dehnung vom ersten Muskel bedeckt. Die hinten medialwärts divergierenden Fasern befestigen sich am vorderen Teil des Zungenbeines (aborales Horn). In ganzer Ausdehnung besitzt er eine Raphe. Vorn hängt er in geringer Ausdehnung mit dem Intermandibularis zusammen. 3. Musculus digastricus (Musc. biventer mandi- bulae). Er entspringt mit einer rundlichen Sehne als ein- bauchiger Muskel, von dem Proc. jugularis des Schädels. Er endet mit einem stark verbreiterten Bauche an der Innen- fläche des Unterkieferknochens (mittlerer und hinterer Teil). 4. Musculus jugulohyoideus. Er entspringt von der vorderen Seite des Processus jugularis des Schädels und geht zum cranialen Ende des oralen Zungenbeinhornes. 5. Musculus geniohyoideus. Die Muskeln beider Seiten liegen ganz dicht beieinander und sind z. T. so ver- flochten, dass sie gar nicht oder sehr schwer zu trennen sind. Er entspringt am Unterkieferkinnwinkel; seine medialen Fasern verbinden sich teilweise mit der Raphe des Mylo- hyoideus, die an der Vorderseite des Zungenbeines befestigt ist. Die anderen Fasern setzen sich mit einer kurzen Sehne lateral daneben in einer Breite von 1—1!/, em am Knochen des Zungenbeinkörpers an. Beiträge zur Entwickelung der Zunge. 269 6. Musculus stylohyoideus. Er entspringt vom cranialen Ende des Cornu hyale des Zungenbeines mit einer schmalen rundlichen Sehne und setzt am Cornu branchiale des Zungenbeines ventral vom Mylohyoideus und dorsal vom Sterno- hyoideus in der ganzen Ausdehnung des Skeletstückes an. Einige vordere Fasern gehen in das Bindegewebe vor der Copula des Zungenbeines (Raphe s. 0.) und die vordersten Fasern hängen mit dem Platysma zusammen. 7. Musculus hyoepiglotticus. Er entspringt als ziemlich breiter kräftiger Muskel von der aboralen Seite des Zungenbeinkörpers und strahlt zur lingualen Seite des Kehl- deckels aus. 8. Musculus keratohyoideus. Er entspringt von dem dorsalen Ende des Cornu branchiale des Zungenbeines und endet am Cornu hyale des Zungenbeines, nahe seinem Körper, an dem dort gelegenen Ligament und dem kleinen Knorpelstückchen. 9. Musculus hyoideus transversus. Er ist quer ausgespannt zwischen den medialen Seiten der knöchernen Ansatzstücke der oralen Zungenbeinhörner am Körper des Os hyoides. 10. Musculus hyoglossus. Er entspringt von der Vorderseite des aboralen Zungenbeinhornes mit mehreren (gew. drei) leicht trennbaren Portionen, die bis zur Copula und der ventral von ihr liegenden Raphe übergreifen. Die einzelnen Portionen vereinen sich dann, um in den Seitenteil der Zunge einzustrahlen. Lateral von ihm liegt dort der Styloglossus und medial der Genioglossus. 11. Musculus styloglossus. Er entspringt mit einer kurzen platten Sehne von dem cranialen Ende des oralen Zungenbeinhornes und strahlt in den Seitenrand der Zunge aus. 12. Musculus genioglossus. Er entspringt an der Innenseite des Kinnwinkels des Unterkieferknochens. Die 270 E. KALLIUS, divergierenden Fasern beider Muskeln verflechten sich beim Einstrahlen in die Zunge. Die ventralen Fasern verlaufen fast horizontal, die Bündel des linken Muskels überkreuzen sich so mit denen des rechten Muskels, dass sie ventral von ihnen zu liegen kommen. Sie setzen dann an der vorderen Seite des Zungenbeinkörpers an. Die übrigen Fasern strahlen ın die ganze Zunge aus, von dem Zungengrunde bis zur Spitze. 13. Musculus palatoglossus. Er besteht nur aus wenigen blassen Fasern, die von der Schlundgaumengegend zum hinteren Teil der Zunge gehen. 14. Musculus sagittalis linguae (Musc. longitu- dinalis 1.). Er gehört wie die folgenden zur Binnenmuskulatur und besteht aus wenigen Fasern, die am Seitenteil der Zunge verlaufen. 15. Musculustransversalislinguae. Er ist deut- lich in dem grössten Teil der Zunge vom Septum zum Seiten- rande der Zunge zu verfolgen. 16. Musculus verticalis linguae (Musc. perpen- dieularis linguae). Er ist erst recht gut ausgebildet bei dem aus- gebildeten Schwein, wo seine Fasern bogenförmig von dorsal nach ventral ziehen. Bei der Schilderung der EntwickelungderMuskeln ist es nicht zu vermeiden, der zugehörigen Nerven kurz zu gedenken, trotzdem sollen diese aber doch noch der Über- sichtlichkeit wegen in einem besonderen Kapitel behandelt werden. Das Stadium (VII), von dem die Beschreibung ausgeht, ist kein sehr frühes, weil mir das nicht in brauchbarem Zu- stande zur Verfügung stand. Es wird sich aber wohl im Laufe der weiteren Untersuchung der Säugetierzunge ermöglichen lassen, auf jüngere Stadien zurückzugreifen, damit die Her- kunft der Muskulatur soweit wie irgend möglich zurückverfolgt werden kann. Beiträge zur Entwickelung der Zunge. 271 In der Textfig. 34 ist die Anlage der Muskulatur mit den Nerven, auf die Ebene der Zeichnung projiziert, dargestellt. Die Umrisse des Mundbodens sind der leichteren Orientierung wegen eingezeichnet. Textfigur 34. Schematisierte Rekonstruktion der Muskelanlagen und Nerven des Mund bodens vom Schweineembryo (St. VII) in die Konturen der plastischen Re- konstruktion vom Stadium IX eingezeichnet. V. Trigeminus dritter Ast. VII. Facialis mit Ganglion. Zwei Schlundspaltenorgane sind angegeben (*). Die Chorda tympani (c. t.) geht in den ersten Schlundbogen hinein, lässt aber keine deutliche Verbindung mit dem Trigeminus erkennen. IX. Glossopharyn- geus mit Ganglion und zwei Schlundspaltenorganen (*). XII. Hypoglossus- T. Mediane Thyreoideaanlage. L. Aditus laryngis. Die Muskelblastemmassen sind in ihrer Ausdehnung durch Punktierung angegeben. Zwischen Glosso- pharyngeus u. Facialis ist eine Anastomose, deren Fasern in die Chorda tym- pani übergehen. In den ersten Schlundbogen tritt der Nervus trigeminus mitsamt seiner motorischen Portion (auf die anderen Äste des Trigeminus kann hier nicht eingegangen werden). 272 E. KALLIUS, Neben ihm liegt proximal das nicht gut abgrenzbare Muskel- blastem, das zuerst an seiner medialen Seite, dann aber auf allen Seiten um ihn herum liegt. An dem Nerven, der sich dann in zwei Äste teilt, steigt das Blastem in den Schlund- bogen hinein, um das der anderen Seite fast zu erreichen. Im allgemeinen ist dieses Muskelbildungsgewebe nicht scharf Textfigur 35. Horizontalschnitt des Mundbodens vom Schwein, Stadium IX, mit Muskel- anlagen in den Schlundbogen. Tr. Trigeminusmuskulatur. F. Facialismus- kulatur. Hy. Hypoglossusmuskulatur. I. II. III. IV. Schlundbogen. Ver- grösserung 1:30. von der Umgebung zu trennen, aber an einzelnen Stellen bildet es doch teilweise ganz scharf abgegrenzte Zellhaufen, die durch- aus an den Zustand erinnern müssen, wie wir sie bei niederen Vertebraten so wohl ausgebildet finden. Von. Höhlenbildungen ist aber in diesem Blastem absolut nichts zu bemerken. Im zweiten Schlundbogen liegt das Muskelblastem am Facialis, der schon eine ganze Reihe von Ästen ausgebildet Beiträge zur Entwickelung der Zunge. 273 hat. Es liegt zum allergrössten Teil an der medialen Seite des Nerven, und geht wenig in den Mundbodenteil des Schlund- bogens hinein, sondern bleibt mehr in den lateralen Abschnitten. Ähnlich verhält sich die Glossopharyngeusmuskulatur, die, wie die Abbildung zeigt, ganz ım lateralen Abschnitt des dritten Schlundbogens liegt. Sie hängt durch eine schmale Verbindung mit dem Blastem, das dem Vagoaccessorius anliegt, zusammen. Die Hypoglossusmuskulatur zeigt sicher kein primäres Ver- halten mehr, denn sie ist schon ziemlich weit in das ihr ur- sprünglich fremde Mundbodengebiet hinein vorgerückt. Sie liegt eine grosse Strecke an dem Nerven, wie die Abbildung zeigt, vor der medianen Thyreoideaanlage geht ein Strang dichten Blastemes über die Mittellinie und verbindet beide Massen miteinander. Von da strahlt das ziemlich diffuse, aber doch abgrenzbare Blastemgewebe bis in die Gegend des ersten Schlundbodens hin aus, teilweise noch durch spärliche Zellmassen mit dem der anderen Seite zusammenhängend. In den hinteren Teil des Muskelstranges tritt der Nerv von der medialen Seite her, damit zeigt er ein Verhalten, das wir bei den niederen Vertebraten auch gefunden haben, und das nach Corning als ein primäres bezeichnet werden muss. Das Stadium XII zeigt schon weitergehende Differenzierung der Muskulatur, die mit der Anlage des Hyobranchialskeletes verknüpft ist. Mit der Ausbildung des Knorpelstabes des Unterkiefers beginnt die Trennung des Blastems der Trigeminusmuskulatur in eine proximale Abteilung, die sich zur Kaumuskulatur um- wandelt, und eine distale Portion, deren Schicksale uns hier allein interessieren (cf. Textfigur 36). Durch einen allerdings nur undeutlich erkennbaren Zellstrang hängen die beiden Muskelblasteme noch miteinander zusammen. Er ist auch in der Textfigur angegeben. Vom Trigeminus ist deutlich ein Nerv in die Muskelanlage hinein zu verfolgen (myl.). In der Avatomische Hefte. I. Abteilung. 123/124. Heft (41. Bd., H. 1/2). 18 274 E. KALLIUS, A Textfigur 36. Rekonstruktion der Muskelanlagen und Nerven des Mundbodens vom Schweine- embryo (Stadium XII). Die Konturen der Zungenänlage, des Unterkieferrandes und des Kehlkopfes sind angegeben. Die Anlagen der Knorpel sind durch die gestrichelten Umrisslinien bezeichnet. V. Teil des dritten Astes des Tri- geminus. m. N. masticatorius. ma. N. mandibularis. li. N. lingualis begleitet von Ganglien, die durch die dicken Punkte schematisch bezeichnet sind. myl. N. mylohyoideus, geht in die Muskelanlage des Trigeminus, die mit der Kaumuskelanlage noch durch einen dünnen Strang zusammenhängt. An den Lingualis legt sich die Chorda tympani (c. t.) an. VII. N. Facialis mit seinem Ganglion. Abgang der Chorda tympani. Anastomose mit dem Glossopharyngeus. Fin kleinerer Ast des Facialis geht in die hier nur gezeichnete Muskelanlage des Facialis (Fac.), die nach dem vorderen Rande des Zungenbeines zieht. IX. N. glossopharyngeus, geht in die Zunge Anastomose z. Facialis — langer feiner Ast, der zu der Trigeminusgegend hinzieht, (wahrscheinlich später zum Gl. oticum). XII. N. Hypoglossus auf der linken Seite, wo der Hauptstamm nur im Umriss gezeichnet ist, sind seine Muskeläste angegeben. a, b und c die Hauptportionen der Anlage der Hypoglossusmuskulatur (Hyp.). sub. An- lage der Glandula submandibularis. Vergrösserung 52fach zur Reproduktion verkleinert. Beiträge zur Entwickelung der Zunge. 275 Mittellinie hängen die Anlagen beider Seiten noch nicht voll- ständig zusammen. Sie lassen aber eine besondere Differen- zierung erkennen, indem schon einzelne Fasern vorhanden sind, deren Richtung ungefähr der Verlaufsrichtung des Nerven entspricht. Von der Facialismuskulatur interessiert hier nur der mediale Teil; der laterale Teil, der Gesichts- und Halsmuskeln liefert, kann hier beiseite gelassen werden, zumal er ziemlich aus- führlich von Futamura beschrieben wurde. Von dem proxi- malen Ende der Knorpelanlage des zweiten Schlundbogens zieht ein schmaler Strang von wenig differenziertem Muskel- blastem nach der Mittellinie zu in die Gegend des oralen Enaes der Copula des Branchialskeletes, wo er in dichterem Bindegewebe aufhört, so dass man sogar schon von einer Art Insertion an dieser Stelle reden könnte. Ein Ast des Facialis, der sich bald in kleinere Zweige auflöst, ist in der Muskelanlage ziemlich weit zu verfolgen. Die Muskulatur des Glossopharyngeus hat sich aus der uns interessierenden Gegend so weit entfernt, dass sie nun nicht weiter verfolgt zu werden braucht. Kompliziertere Differenzierung zeigt aber die Hypoglossus- muskulatur. Im distalen Teile besteht sie aus einem ziemlich kompakten Strang von Muskelblastem, der in der Textfigur auf der linken Seite durch die gestrichelte Masse angegeben ist. Dieser lässt auch schon die Ausbildung einzelner Muskel- fasern deutlich erkennen. In der Gegend des oralen Abschnittes der Zungenbeinanlage weicht der Strang nach der lateralen Seite ab und begibt sich in die tieferen Halsregionen. An derselben Stelle sieht man aber auch eine Ausbreitung der Muskelanlage nach der medialen Seite hin, und die schon recht deutlich ausgebildeten Muskelfasern inserieren zweifellos an dem dichten Bindegewebe vor dem Zungenbein. Ihre Aus- dehnung ist an der Textfigur zu ersehen, wo sie mit b be- 18* 276 E. KALLIUS, zeichnet ist. Von dieser sehr gut kenntlichen Muskelmasse gehen aber in der durch die spärlichen Striche der Textfigur angedeuteten Weise einige diffuse, sehr schwer abgrenzbare Blastemteile nach vorn in die Zungengegend, begleitet von dem dicken Hauptstamm des N. hypoglossus. Doch stehen diese wenigen Blastemportionen (c) noch in keinem rechten Verhältnis zu dem so starken Nerven, der oral schnell in eine ganze Anzahl von feinen Ästen zerfällt. Die Ableitung dieser Ausbildung der Hypoglossusmusk u- latur wird bei der Vergleichung der Textfiguren 36 und 37 ohne Schwierigkeit klar werden. Ganz unverkennbar ist das rasche Hineinwachsen der Muskulatur in die Zunge, der voraufzugehen scheint das Hineinwachsen des Nerven, der sich gegen früher kolossal verdickt hat. Weitere wesentliche Fortbildung zeigt die etwas schemati- sierte Abbildung der Rekonstruktion von Stadium XVII, die in der Textfigur 37 wiedergegeben ist. Die Trigeminusmuskulatur hat sich sehr viel weiter ausgedehnt als im vorigen Stadium. Sie bildet jetzt eine zusammenhängende Muskelplatte, die im proximalen Teile dick, im distalen Abschnitt verdünnt erscheint, und die an dem vorderen Teil des Zungenbeines Ansatz gefunden hat; Ihr lateraler Teil ist an dem Bindegewebe, das den Meckel- schen Knorpel umgibt, befestigt. Die medialen Teile hängen teilweise mit denen der anderen Seite zusammen, ohne aber irgendwie deutlich eine Raphe erkennen zu lassen. An der Textfigur ist der Muskel eingezeichnet und mit myl. markiert. Aus der Strichelung kann man auch seine Faserrichtung er- kennen, die deswegen an den Präparaten gut sichtbar ist, weil sich Muskelfasern nun sehr deutlich differenziert haben. Mit dieser Trigeminusmuskulatur hängt teilweise in den ventralen Abschnitten ein jetzt gut abgrenzbares Muskelbündel zusammen, das sich offenbar mit der ersten Portion (myl) Beiträge zur Entwickelung der Zunge. 2 \ı an DIN] a Nu | \ Textfigur 37. Rekonstruktion der Muskelanlagen und Nerven der Zungengegend vom Schwein (Stadium XVII). Die Konturen der Zunge des handes des Unterkiefers und .des Kelılkopfes sind mit ausgezogener Linie angegeben. Die Konturen des Skeletsystemes sind dünn gestrichelt. Die Anlagen der Speicheldrüsen sind dick gestrichelt. Ma. Nervus mandibularis (rechts). Li. Nervus lingualis, an dem ein Ganglion mit diekem Punkt angegeben ist (rechts). buc. Nervus buceinatorius (rechts). ct. Chorda tympani (rechts). V. Nervus facialis (rechts). IX. Nervus glossorharyngeus (rechts). XII. Nervus hypoglossus (links). myl. An- lage des Musculus mylohyoideus nur auf der rechten Seite gezeichnet. Zu ihm tritt ein Ast des Trigeminus. Die Anlage des vorderen Bauches des Musculus biventer vom Mylohyoideus versorgt. Die Anlage des hinteren Bauches des Biventer und die Styl. Anlage des Musculus stylohyoideus beide vom Fascialis versorgt. 978 E. KALLIUS, von der ursprünglich einheitlichen Trigeminusmuskulatur ab- gezweigt hat. Diese Portion, auf der Textfigur 38 ist sie mit bil bezeichnet, ist lateralwärts (proximal) mit dem verdichteten Bindegewebe in Zusammenhang, das in einiger Entfernung vom Meckelschen Knorpel liegt, und als Ansatz des fertigen Muskels am späteren Knochen des Unterkiefers aufzufassen ist. Von dort lassen sich die Muskelfasern in einem teilweise recht deutlich abgrenzbaren Bündel verfolgen, wie sie teil- weise medialwärts abbiegen, um an dem verdichteten Binde- gewebe, das oral vor der Zungenbeinanlage liegt, anzusetzen. Der stärkere Teil der Muskelanlage geht aber nun in einem Winkel von ca. 300%, den er mit der ersten Portion (myl) bildet, zu einem rundlichen Strang von festem Bindegewebe, in dem däje Zellen sehr dicht liegen, und der weiterhin etwa in frontaler Richtung verläuft und wohl als Sehne des Muskels aufgefasst werden darf. Diese Sehne ist die Zwischensehne des Biventer und es wird gleich noch mehr davon zu be- richten sein. Beide Teile bekommen einen Ast vom V., wie an der Figur zu erkennen ist. Von sonstigen Trigeminuszweigen ist der Nervus lingualıs zu sehen, der die Chorda tympanı aufnimmt und in zwei Hauptzweigen in der Zunge endet, von denen der eine mehr nach dem Rücken der Zunge liegt, der andere tiefer verläuft. Beide Äste sowie der Hauptstamm sind von Ganglien begleitet, die, wie die Textfigur zeigt, noch einen einheitlichen Strang bilden. Wenn man den eben genannten Bindegewebestrang, an dem die zweite Portion (bil) der Trigeminusmuskulatur an- setzt, nach der lateralen und proximalen Seite verfolgt, dann kommt man durch ihn in die Facıialısmuskulatur. Zunächst geht der Bindegewebestreif in einen Muskel über, der von einem anderen Muskel fast ganz schalenförmig ein- Beiträge zur Entwickelung der Zunge. 279 gehüllt wird. Nur am hinteren Teile ist die Kinhüllung nicht ganz vollständig. Nachdem diese Beziehungen eine kurze Strecke bestanden haben, divergieren die beiden Muskel schädel- Textfigur 38. Schematische Skizze des Musculus biventer ete. vom Schwein, Stadium XVII. U. K. Meckelscher Knorpel. Zb I. oraler Zungenbeinbogen. Zb Il. aboraler Zungenbeinbogen. Myl. Teil d. Muse. mylohyoideus. biv. I. II. Biventerbäuche styl. Musculus stylohyoideus, der den hinteren Biventer teilweise umgibt. Bgw. Bindegewebe am Meckelschen Knorpel. wärts, wie es auch die Textfigur deutlich zeigt. Der oral- wärts gelegene Muskel setzt an dem cranialen Ende des zweiten Schlundknorpels an, so dass er damit deutlich als M. stylo- 280 E. KALLIUS, hyoideus (styl.) erkannt wird, der aboral gelegene Muskel geht zur Schädelbasis und wird deswegen als hinterer Bauch des Biventer zu bezeichnen sein (bi ll). Beide Muskeln bekommen je einen besonderen Zweig von dem Facialisstamm. Der Biventer scheint cranial noch mit der anderen Facialismusku- latur teilweise zusammenzuhängen, doch konnte dies an dem Embryo nicht weiter verfolgt werden, weil der obere Teil des Kopfes zur Präparation der Zungengegend abgeschnitten war. Dieser andere Teil der Facialismuskulatur soll hier nicht weiter verfolgt werden, wie vorher schon erwähnt, weil dieser doch nur lockeren Zusammenhang mit dem hier besonders inter- essierenden (Gebiete hat. Der Biventer mandibulae hat bei diesem Schweineembryo also folgenden Verlauf. Der vordere Bauch entspringt von dem proximalen Abschnitt des Unterkiefers und verläuft zum Zungenbein (oraler Rand), wo sich seine Fasern mit den hinteren Fasern des Mylohyoideus vermengen und die Mittel- linie erreichen. Die lateralen Fasern gehen aber in einen Bindegewebe- streifen über, der sich medial am vorderen Abschnitt des Zungenbeinhornes verliert und lateral als ein rundlicher Strang von dichtem Gewebe in den hinteren, zur Schädelbasis ver- laufenden Bauch des Muskels übergeht (cf. schematische Ab- bildung 38). Von der Glossopharyngeusmuskulatur konnte schon der M. stylopharyngeus erkannt werden, der zum proxi- malen Ende des Zungenbeinhornes und zur Schlundgegend neben dem Kehlkopfseingange Beziehungen hat, die aber beide noch weiterer Ausbildung und Annäherung an die Insertions- und Ursprungsstellen bedürfen, um den definitiven Verhält- nissen ähnlich zu werden. Weitgehende Umbildung zeigt die Hypoglossusmus- kulatur. Die Differenzierung der verschiedenen Abteilungen Beiträge zur Entwickelung der Zunge, 281 erfolgt zum grossen Teil dadurch, dass einzelne Fasergruppen Anheftung an den Skeletteilen des Zungenbeines etc. finden. Auf der linken Seite der Textfigur 37 ist die gesamte Hypo- elossusmuskulatur dargestellt mit den Hauptästen des zu- tretenden Nerven. Man bemerkt vor allem, dass in die Zungenanlage viel mehr Blastemmassen dieser Muskulatur hineingewachsen sind als bisher, und dass sie einen sehr verschiedenen Grad der histologischen Differenzierung erreicht haben. Bei der Beschreibung des vorigen Stadiums war gesagt worden, dass die erkennbare Masse von Muskelblastem in der Zunge selbst nicht der kolossalen Ausdehnung der Fasern des Nervus hypoglossus entspräche. Man hat sich dies wohl so vorzustellen, dass zu dieser Zeit eine diffuse Ausbreitung von Muskelzellen in der Zungenanlage statthat, die sich jetzt in dem vorliegenden Stadium so differenziert haben, dass sie besser zu erkennen sind. In der Zunge liegen folgende Muskelsysteme. Am weitesten lateral liegen oral-aboral verlaufende Fasern, die schon deut- lich eine Differenzierung in Muskelfasern erkennen lassen und an der Textfigur mit a bezeichnet sind; sie haben einen Ur- sprung an dem Zungenbein, an dem sie fächerförmig aus- gebreitet ansetzen. Die Fasern ziehen aber an dem zweiten Schlundbogenknorpel vorbei und setzen an dem dritten an. In der Zunge liegen lateral von dem dort einstrahlenden Bündel a einige wenige noch nicht so weit histologisch differenzierte Bündel, die auch in der Textfigur angedeutet sind (d). Die Lage eines Hauptstammes des N. hypoglossus zu den Muskel- fasern wird aus der Textfigur ersichtlich. Von dem Bündel a getrennt liegt medial in der Zunge ein Strang von Muskelblastem, — so muss man es noch nennen, denn eine Differenzierung in einzelne Fasern ist kaum im ersten Beginn zu bemerken —, das mit b bezeichnet ist. 282 E. KALLIUS, Im hinteren Teile des Zungenkörpers hängt diese Muskel- anlage mit dem von ihm medial liegenden Bildungsgewebe zu- sammen, oder ist wenigstens nicht scharf von ıhm zu trennen. Medial von diesem Muskel liegen, mehr dem Zungenrücken genähert, quer verlaufende Muskelzüge, die an dem deutlich entwickelten Bindegewebe des Septum linguae ansetzen. Lateral sind sie nicht sehr weit zu verfolgen, sie gehen nicht bis zu dem Rande der Zunge, sondern enden da, wo die sagittalen Muskelzüge der Hypoglossusmuskulatur aufzutreten beginnen (c). Am aboralen Teile des Muskels hängen die allerdings nur wenig und undeutlich differenzierten Blastemmassen unter- einander und mit der seitlich von ihnen liegenden Hypoglossus- muskulatur zusammen. Die Abgrenzung aller dieser Muskelanlagen macht grosse Schwierigkeit, da die Blastemzellen durchaus nicht sicher von dem Bindegewebe unterschieden werden können. Immerhin ist das, was beschrieben wurde, einigermassen klar Zum Teil verbunden mit der eben erwähnten Muskelmasse, jedenfalls unmittelbar an sie sich anschliessend, beginnt ein gut abgegrenzter Muskel, dessen Verlaufsrichtung und Ansatz- stellen ihn deutlich als M. genioglossus erkennen lassen (Text- figur 37). Er ist dort auf der rechten Seite eingezeichnet. Seine Anlage ist vor allem deswegen deutlich von der bis- herigen Masse der Hypoglossusmuskulatur zu unterscheiden, weil ein grosser Teil’ der Fasern bereits einen sicheren Ansatz an einem Skeletstück gefunden hat. Wie die Textfigur zeigt, sind die Fasern convergierend zu dem vorher schon erwähnten Bindegewebe zu verfolgen, das in der Nähe des Unterkiefer- knorpels gelegen ist. Damit ist also der Ansatz des Muskels gewonnen, der als Genioglossus mit Sicherheit zu erkennen ist. Natürlich liegt sein Skeletansatz durchaus noch nicht an der definitiven Stelle, vorn neben der Mittellinie, sondern viel Beiträge zur Entwickelung der Zunge. 283 weiter aboralwärts, wie aus der Textfigur leicht zu ersehen ist. Fin Teil der Fasern geht aboral divergierend zum Zungen- bein hin. In alle diese vielfachen Abspaltungen der ursprünglich einheitlichen Hypoglossusmuskulatur gehen Zweige des Nervus hypoglossus. Obgleich mir noch eine Reihe von Zwischenstadien zur Verfügung steht, ist doch die folgende Textfigur von einem sehr viel älteren Embryo genommen, da der Anschluss an das soeben geschilderte Stadium sich ohne Schwierigkeit er- gibt, und ja auch dort schon die wesentlichsten Muskeln der Zunge erkennbar waren. In dem Stadium XXVIL ist die Mus- kulatur an Horizontalschnitten, Quer- und Sagittalschnitten untersucht worden. Zunächst dienen zur Orientierung die etwas schematisierten Rekonstruktionen, die in den Text- figuren 38 und 39 abgebildet sind. Die Orientierung an allen Rekonstruktionsbildern der Muskelentwickelung ist sehr schwer, sie erfordern ein eingehendes Studium, aber das ist zum Ver- ständnis nun einmal nicht zu umgehen. Von der Trigeminusmuskulatur ist zuerst der M. mylo- hyoideus zu erwähnen, der jetzt deutlich zwei Abschnitte er- kennen lässt, die bis dahin noch nicht voneinander zu trennen waren. Eine vordere Partie ist durch einen schmalen Spalt von einer etwas stärkeren hinteren geschieden; sie ist be- sonders dadurch ausgezeichnet, dass sie nur am Knochen des Unterkiefers ansetzt. Ihre Ausdehnung ist an den Textfiguren zu erkennen (intm.). Sie lässt zwischen ihrem oralen Rande und dem mentalen Winkel des Unterkiefers einen nicht un- beträchtlichen Zwischenraum. Die Fasern vereinen sich von beiden Seiten herkommend so in der Mittellinie, dass keine Spur einer Raphe erkennbar ist. In der Textfigur sind nur die lateralen Portionen dieses und des folgenden Muskels zu erkennen. 234 li. KALLIUS, te rer En I N i ü m u EIN] : sz 3x I) Textfigur 39. 285 Beiträge zur Entwickelung der Zunge. An diesen Muskel, der als Intermandibularis zu bezeichnen ist, schliesst sich aboral dicht an der typische Mylohyoideus, dessen Ausdehnung die Textfigur angibt. Seine Fasern ver- einen sich auch in der Mittellinie, sind dort aber deutlich durch eine bindegewebige Raphe getrennt, so dass nicht wie beim Intermandibularis Fasern die Mittellinie überschreiten. Das Kreuz, das in der Mittellinie der Textfigur angegeben ist, bezeichnet das orale Ende der Raphe. Die Raphe und die hintersten Fasern des Muscularıs mylo- hyoideus sind an dem tiefsten Punkte des Zungenbeines an- geheftet. Die aboralen lateralen Fasern des Muskels sind nur durch einen kleinen Spalt von der Kaumuskulatur getrennt, hängen aber mit ihr natürlich nicht mehr zusammen. Von der Facialismuskulatur ist hier der Biventer zu er- wähnen, der im ganzen beschrieben werden soll, obgleich sein vorderer Teil ja. nicht hierher, sondern zu der Trige- minusmuskulatur gehört. Er hat eine bemerkenswerte Ände- rung in seinem Verlauf etc. gegen das vorige Stadium durch- gemacht. Auf den Schnitten, die fast genau parallel dem vorderen Teil des Verlaufes der Unterkieferknorpel gemacht Erklärung zu Textfigur 39. Schematische Rekonstruktion der Muskeln der Zunge ete. mit Knorpeln vom Schwein, Stadium XXVII, in der Ansicht von oben her. Die Konturen des Unterkieferrandes (U.K.) und der Zunge (Z) sind ausgezogen. A. 1. Aditus laryngis. Die Muskeln sind entweder links (l) oder rechts (r) gezeichnet. 7b. Hörner des Zungenbeines. Mk. Meckelscher Knorpel. E. Epiglottis. bi. Musculus biventer (l). mylhy. Musculus stylohyoideus (}). myl. Musculus mylohyoides (r). interm. Musculus intermandibularis (r). Die Linie, die von dem Verweisungsstriche zur Mittellinie geht, bezeichnet die aborale Grenze des Muskels, der in der Mittellinie bezeichnete Stern gibt das orale Ende der Raphe des mylohyoideus an. genhy. Musculus geniohyoideus (r). stylhy. Musculus stylohyoideus (l). stylgl. Musculus styloglossus (}). hygl. Musculus hyoglossus (). gengl. Museulus genioglossus (r). hyoep. Musculus hyoepiglot- ticus. phargl. Musculus pharyngoglossus (r). long. Musculus longitudinalis ()). trans. Musculus transversus (}). dors. Musculus dorsalis (l). Gezeichnet bei fast 20 facher Vergrösserung. Zur Reproduktion etwas verkleinert. trans. X dors. gengl. Ba genhy KR | \) ZX 77 CLLZSERE ee- — SRH Interm Met z— — 3 FL, er - > II 5 = z — ö Zu, u — > nn u — = => = Sn - BER“ 2 . NT S De aa NR RR 2173 RE RT SS ES N ed SER ER Speer eale: TR Se RE: 6 Eh E N N ER Pe j De Q USER Er DEE EERERR . = 3 II IN Br ; = a Be N OEL °. ER IN BETT NEN BSR EN myl. , = y, V Y/\\ N Textfigur 40. Beiträge zur Entwickelung der Zunge. 287 worden sind, ist er in ganzer Ausdehnung mit beiden Bäuchen und der Zwischensehne zu erkennen (cf. Textligur 39). Der vordere Bauch setzt im hinteren Teile des Unterkiefers an dem Bindegewebe, das teilweise den Knochen geliefert hat, an; seine Fasern laufen von der Sehne nach vorn fächer- förmig ausstrahlend. Die Sehne ist rundlich und an ihr inseriert der hintere Bauch, der im grössten Teil seines Ver- laufes einen gefiederten Aufbau zeigt, wie die Figur demon- striert. Er zieht unter dem langen oberen knorpeligen Horne des Zungenbeins vorbei, indem seine Fasern diesem dicht anliegen, ja sogar das Horn etwas in die Fasermasse einge- lagert ist. Der aborale Teil des Muskels inseriert an einem wenig prominenten Teil der knorpeligen Schädelbasis. Be- merkenswert erscheint an dem beschriebenen Verlauf des Muskels, dass er keinen näheren Zusammenhang mit dem Mylohyoideus (cf. voriges Stadium) und wie wir gleich sehen werden, keine Beziehung zum Stylohyoideus mehr hat. Da beim ausgebildeten Schwein der M. biventer nur einen vorderen Bauch hat, und seine hintere Sehne vom Schädel entspringt, muss man nachh dem Verbleib des hinteren Bauches forschen. Nach Präparationen an älteren Embryonalstadien kann man vielleicht annehmen, dass ein kleiner Teil dieses Muskel zum M. jugulohyoideus wird. Der grösste Teil des hinteren Biventer- Erklärung zu Textfigur 40. In einen Sagittalschnitt der Zunge des Kehlkopfes und des Unterkiefers nahe der Mittellinie von einem Schweineembıyo (Stadium wie Textfigur 39) sind die hauptsächlichsten Muskeln des Mundbodens eingezeichnet. Die Text- figuren 39 und 40 ergänzen sich gegenseitig. Vergrösserung der Original- figur ca. 21. Zur Reproduktion verkleinert. M. K. Meckelscher Knorpel. a.l. Aditus laryngis. E. Epiglottis. gengl. Musculus genioglossus. genhy. Mus- culus geniohyoideus. interm. Querschnitt des Musculus intermandibularis. myl. Querschnitt des Musculus mylohyoideus. Pl. Platysma. trans. Musculus trans- versus. dors. Musculus dorsalis. xx Binnenmuskeln der Zunge, die sich wahr- scheinlich vom Stylohyoideus abgelöst haben. 288 E. KALLIUS, bauches, der bisher Muskelfasern enthielt, verliert diese und wird zu einer langen Sehne umgewandelt. Der Stylohyoideus hängt an der Stelle, wo der Biventer posterior die eben geschilderten Beziehungen zum Zungenbein- horn hat, dicht mit diesem Muskel zusammen, dann verläuft er aber als ziemlich breiter dünner Muskel medianwärts, um teilweise in eine Art Fascie überzugehen, die am hinteren Ende des Mylohyoideus liegt, und teilweise noch den Genio- hyoideus umscheidet, während er dann mit einer stärkeren Portion an den medialen unteren Teil des Zungenbeines inseriert, wie aus der Textfigur ersichtlich ist. Irgend sonst- welche Beziehungen zum Biventer hat der Muskel nicht. Er hüllt auch nicht nur teilweise die Sehne ein, und hat also die vorher geschilderte innige Umflechtung vollkommen aufgegeben. Es macht durchaus den Anschein, als habe sich der Biventer vollkommen frei gemacht von dem Stylohyoideus, was wohl durch die schon erwähnte veränderte Verlaufs- richtung des Biventer zu erklären sein mag. Unmittelbar neben dem Muse. stylohyoideus entspringen der Stylopharyngeus und der Styloglossus. Alle drei Muskeln entspringen eigentlich von dem kleinen (d. h. hier grossen) oralen Horn des Zungenbeins, denn die Abgrenzung eines Proc. styloides ist noch nicht erfolgt. Der ganze Reichertsche Knorpel enthält von der Schädelbasis an bis zur Mittellinie hin Knorpelgrundsubstanz. Nur an einer Stelle, unmittelbar oralwärts von dem Ursprung der drei Muskeln, ist die Knorpel- spange etwas verdünnt. Der Musc. styloglossus verläuft vom Zungenbeinhorn in die Zunge, indem beide Muskeln nach der Zunge hin konver- gieren. An beiden Textfiguren sind die Muskeln eingezeichnet. Der Muskel hält sich dann, wie auch die Textfigur 40 zu erkennen gibt, an der lateralen Seite der Zunge, nur ver- einzelte Fasern biegen von Strecke zu Strecke in die Sub- Beiträge zur Entwickelung der Zunge. 289 stanz der Zunge hinein und helfen das dort liegende Flecht- werk verstärken. Bis in die Spitze und am ganzen Seitenteil der Zunge bis hin zum Mundboden sind seine Fasern zu ver- folgen. Die sonstige Hypoglossusmuskulatur hat nun sehr weit- gehende Differenzierungen durchgemacht, die schon fast so weit gediehen sind, wie bei der vollständig ausgebildeten Zunge. Der Musculus genioglossus, der im vorigen Stadium noch ziemlich weit hinten am Unterkiefer inserierte, ıst mit seinem Ansatz viel weiter kinnwärts verschoben, was durch besonders starkes Wachstum in den vorderen Teilen der Zunge und des Kiefers erklärt werden muss. Jetzt liegt sein Knochenansatz ziemlich nahe am Kinn, was an beiden Textfiguren leicht zu erkennen ist. Von dort aus strahlen seine Fasern, wie die Sagittalrekonstruktion besonders deutlich zeigt, divergierend in die Zunge aus und verflechten sich dort ganz regelmässig mit den quer verlaufenden Fasern; von der Zungenspitze bis zum Zungengrund sind seine Fasern zu finden, und sie haben entsprechend den verschiedenen Orten ihrer Endigung ver- schiedene Verlaufsrichtung, wie die Figur 40 demonstriert. Da es fast unmöglich ist, bei Durchmusterung der Hori- zontalschnitte der Zunge allein eine Vorstellung von dem ver- wickelten Bau und der Anordnung der Muskeln zu bekommen, sind die Sagittalschnitte und Frontalschnitte unbedingt mit heranzuziehen. Die Horizontalschnitte lehren, wie es auch an der ent- sprechenden Figur ersichtlich ist, dass die hintersten Fasern des M. geniohyoideus die Mittellinie überschreiten und sich mit denen der anderen Seite kreuzen. Unter dem Genioglossus (von der Mundhöhle aus gesehen) liegt der Musculus geniohyoideus. Sein Ursprung am Zungen- bein (vorderer Rand des Körpers) ist scharf erkennbar, beide Anatomische Hefte. I. Abteilung. 123/124. Heft (41. Bd., H. 1/2). 19 90 E. KALLIUS, Muskelindividuen sind vollkommen deutlich voneinander ge- trennt. Von dort laufen die Fasern direkt nach vorn, teil- weise so dicht in der Mittellinie nebeneinander, dass absolut keine Grenze zwischen ihnen existiert. Vorn am Bindegewebe des Unterkiefers ist der Ansatz dicht unter dem Ursprung des Genioglossus (Textligur 39 und 40 genhy.). Der Musculus hyoglossus entspringt als kräftiger Muskel von dem Körper und den aboralen Hörnern des Zungenbeines. Textfigur 41 bis 48. Eine Serie von Querschnitten durch die Zunge und den Unterkiefer vom Schwein. Stadium XXVII. bei fast 1Sfacher Vergrösserung gezeichnet. Textfigur 41. Frontalschnitt durch die Zungenspitze etc. 0,43 mm von der Spitze der Zunge und 0,60 mm von der Spitze des Unterkiefers entfernt. In der Zunge erkennt man das vordere Ende der Septum linguae, von dem nach verschiedenen Richtungen die Fasern des Musculus transversus ausgehen. Am Unterkiefer einige Haaranlagen. Namentlich seine mediale Portion ist ziemlich dick, während die laterale schmal ist. Von dort aus strahlen die Muskel- fasern in die Zunge aus, indem sie den Seitenrand bis zur Zungenspitze hin einnehmen. Dabei kommt es zur Verflechtung mit anderen Muskelfasern, die zu der sogenannten Binnen- muskulatur der Zunge gehören, von denen später noch die Rede sein wird. Fast alle Muskelfasern des Hyoglossus liegen medial von denen des Styloglossus, soweit beide Muskeln ein geschlossenes Bündel bilden, denn die von ihm ausgehenden Beiträge zur Entwickelung der Zunge. 291 feinsten Fasern behalten natürlich die Hauptrichtung nicht mehr bei (Textfiguren 39 und 40 hygl.). Von Muskeln, die Skeletteile zum Anheften benutzen, sei hier noch der Musculus hyoepiglotticus beschrieben. Seine Fasern entspringen von der Unter- und Hinterseite des Zungen- beins und gehen in geschlossenen Bündeln, die keine Trennung ın der Mittellinie erkennen lassen, zum lingualen medialen Textfigur 42. Querschnitt der Zunge und des Unterkiefers desselben Stadiums, der etwa 0,35 mm von der Zungenspitze und 1,06 mm von der Spitze des Unterkiefers entfernt ist. An der Zunge ist unten bereits eine vorspringende Leiste als Frenulum linguae zu erkennen; in der Zunge das Septum, von dem die Transversusfasern ausgehen. Am oralen Rande der Zunge sind die Muskel- fasern des Hyoglossus ausgebreitet. Im Unterkiefer ist in der Mitte das unpaare Stück Knorpel getroffen, in dem sich die beiden Meckelschen Knorpel vereini- gen, daneben an der Mundhöhlenoberfläche die Zahnleiste. Abschnitt der Knorpelanlage der Epiglottis. Da aber auf jeder Seite ein Zipfel des Muskels zu dem oralen Horn des Zungen- beins (nahe am Ansatz am Körper) hingeht, ist damit in diesem Abschnitt wenigstens eine Paarigkeit angedeutet. Von der Pharynxmuskulatur sind deutlich eine Reihe von Bündeln in die Zunge hinein zu verfolgen, die teilweise auch am Zungenbeinhorn inserieren. Mit Sicherheit sind hier einzelne Muskeln noch nicht zu differenzieren, es genügt auch hier 19* 292 E. KALLIUS, die Tatsache, dass die Zunge von dorther Fasern bezieht; wir werden später auf sie noch näher einzugehen haben. Feine, isoliert verlaufende Fasern, die nur stellenweise zu einem einigermassen deutlichen Bündel zusammengefasst sind, verlaufen von dem lateralen Abschnitt des Zungenbein- körpers in einem nach dem Dorsum der Zunge hin konvexen Textfigur 43. Querschnitt der Zunge und des Unterkiefers desselben Stadium, der etwa 1,46 mm von der Zungenspitze und 1,65 mm von der Spitze des Unterkiefers entfernt ist. Die mediane Leiste an der Unterseite der Zunge ist das Frenulum linguae. In der Mitte der Zunge liegt das Septum linguae, von dem aus die Transversusfasern hauptsächlich nach der Seite gehen. Am Dorsum der Zunge liegt ein verdichteter Streifen, der der Fascia linguae entspricht, in den Muskelfasern einstrahlen. An der Unterseite liegen bandartige, im Quer- schnitt getroffene Fasern, die von dem Hyoglossus und seitlich von dem Stylo- glossus herrühren. Sonst sind nur äusserst spärliche Querschnitte von Mus- kelfasern in der Zunge. Am Unterkiefer liegen in Jer Mitte die beiden Meckelschen Knorpel dicht nebeneinander, lateral davon die schwarzgezeichneten Anlagen der Knochen. An der Mundhöhlenfläche ist die Zahnleiste zweimal quergeschnitten. Bogen zum Bindegewebe, das dicht unter der Schleimhaut der Zunge gelegen ist und sind bis in die vorderen Gegenden hin zu verfolgen. Recht deutlich ist dieser Muskel nur an den Sagittalschnitten zu finden, daher auf der Textligur 40 allein gezeichnet. Beiträge zur Entwickelung der Zunge. 293 Damit sind die Muskeln, die aus der Nachbarschaft der Zunge in diese hineingehen, beschrieben, und jetzt ist das Hineinwachsen dieser Muskeln im wesentlichen beendet. Auf einige allgemein interessante Punkte hierbei soll noch bet der zusammenfassenden Besprechung eingegangen werden. Sehr schwierig sind die innerhalb der Zunge verlaufen- der: Muskeln an den Schnitten zu analysieren, die ihren An- Textfigur 44. Querschnitt der Zunge und des Unterkiefers von demselben Stadium, der etwa 2,13 mm von der Zungenspitze und 2,3 mm von der Spitze des Unterkiefers entfernt ist. Die Zunge ist mit dem Mundboden verwachsen. In ihr liegt in der Mitte, dorsalwärts verschoben das Septum, von dem die Transversusfasern längs getroffen verlaufen, hauptsächlich nach den Seiten hin. Mit ihnen kreuzen sich spärliche Fasern, die den Ausstrahlungen des M. genioglossus angehören. An der Mundbodenseite der Zunge laufen die im wesentlichen quergetroffenen Fasern des M. hyoglossus und styloglossus (nicht zu'trennen), zwischen denen in der Mittellinie einige aufsteigende Fasern des M. genioglossus zu sehen sind. Am Unterkiefer sind da, wo sich die Zunge mit ihm vereinigt, auf jeder Seite die Ausführungsgänge der Speicheldrüsen quer getroffen. Im Unterkiefer die Meckelschen Knorpel mit Belegknochen etc. fang und ihr Ende dort finden. Im allgemeinen möchte ich vorausschicken, dass diese Muskeln insofern eine besondere Stellung einnehmen, als sie fast alle mit dem Septum linguae, von dem noch näheres zu sagen sein wird, einen Zusammen- hang haben. Das scheint mir ein wichtiger Punkt zu sein, 294 E. KALLIUS, der meiner Meinung nach auch geeignet ist, das Septum dem morphologischen Verständnis näher zu bringen. Als bedeutendster Binnenmuskel der Zunge erscheint jetzt fast schon in definitiver Ausbildung der im vorigen Stadium bereits angedeutete Musculus transversus linguae. Er ist auf der linken Seite der Textfigur 39 schematisiert dargestellt, in der Textfigur 40 durch Punkte bezeichnet und von allem gut Textfigur 45. Querschnitt der Zunge und des Unterkiefers von demselben Stadium, der etwa 3,14 mm von der Zungenspitze und 3,31 mm von der Spitze des Unterkiefers entfernt ist. In der dorsalen Seite der Zunge liegt das Septum, von dem noch die Transversusfasern nach der Seite und nach dem Rücken hin ausgehen. Die Zahl der dabei liegenden, sich mit ihnen kreuzenden Genioglossusfasern ist vermehrt. Der Hyoglossus liegt an derselben Stelle wie vorher. Vom Mundboden strahlen die zum grössten Teil quergetroffenen Genioglossusmuskeln ein, die nach der Zunge hin von unten her konvergieren. Zwischen ihren unteren Enden liegen die beiden quergetroffenen Museuli geniohyoidei. Dicht unter diesen die längsgetroffenen Fasern des M. intermandibularis. In dem kleinen Wulst, der zwischen Zunge und Unterkiefer liegt, befinden sich die Querschnitte der Ausführungsgänge der Drüsen. Im Unterkiefer die Meckel- schen Knorpel mit Belegknochen. Zahnleiste. zu übersehen an einer Serie von Querschnilten, die in den Textfiguren 41 bis 48 wiedergegeben sind. Seine Fasern verlaufen von der Mittellinie nach der Seite, indem sie mit dieser Linie einen rechten Winkel bilden. Im Beiträge zur Entwickelung der Zunge. 295 vorderen Teil der Zunge entspringen sie von dem sogenannten Septum linguae. Dies zeigt sich besonders deutlich und über- sichtlich an allen Querschnitten der Zunge. Es reicht bis zur Spitze der Zunge, wo es als ein rundlicher Bindegewebsstrang verläuft, ohne also die ganze Dicke der Zunge zu durchsetzen, wie die Abbildungen 41—48 deutlich zeigen. Textfigur 46. Querschnitt der Zunge und des Unterkiefers desselben Stadiums etwa 3,76 mm von der Zungenspitze und etwa 3,94 mm von der Spitze des Unterkiefers entfernt. In dem oberen Teil des Rückens der Zunge sind keine wesentlichen Veränderungen (Septum, M. transversus etc... Am Seitenrande und von da nach dem Mundboden hin sind die quergetroffenen Fasern des Hyoglossus und Styloglossus. Über ihnen liegen einige quergetroffene zersprengte Fasern des Longitudinalis linguae (long.). An der Stelle, wo bisher die Ausführungsgänge lagen, finden sich einige Drüsenknospen. Unter den Mm. genioglossi die Mm. geniohyoidei und der längsgetroffene M. intermandibularis, der von dem Beleg- knochen des Meckelschen Knorpels entspringt. Allmählich verbreitert sich das Gebilde in sagittaler Richtung und bildet so ein schmales mediangestelltes Band, das dicht unter dem Dorsum linguae beginnt, um bis zur Hälfte der Dicke der Zunge zu reichen; also nicht etwa die ganze Zunge zu durchsetzen. Hinten verschmälert es sich wieder etwas, wird zu einem annähernd rundlichen Strange, 296 E. KALLIUS, ohne aber den hintersten Teil der Zunge zu erreichen; auch ist es nicht ganz bis zur Gegend des Zungenbeimes zu ver- folgen, so dass es bereits verschwunden ist, ehe jener Knorpel auf den Frontalschnitten der Zunge erscheint. Die hintere Grenze des Septum befindet sich ungefähr da, wo auf dem Dorsum die beiden Papillen liegen. Pl. gengl, genhy! an! Textfigur 47. Querschnitt der Zunge und des Unterkiefers desselben Stadiums, etwa 4,75 mm von der Zungenspitze und etwa 4,93 mm von der Spitze des Unterkiefers entfernt. In dem Teil der Zunge, der das Septum enthält, sind keine wesent- lichen Veränderungen eingetreten. Zu beiden Seiten unterhalb des Septums liegen die Mus. genioglossi (gengl.), zu beiden Seiten von ihnen, durch die Arterie (kleiner Kreis) getrennt, liegen die Museuli longitudinales (long.), die ein gut geschlossenes Bündel bilden; daneben die M. hyoglossi und stylo- glossi (stylhy.). Darunter die Mm. geniohyoidei (genhy.) und der M. mylo- hyoideus (myl.), an der medianen Raphe erkennbar. biv. Musculus biventer Pl. Platysma. Somit hat das Septum seine Beziehung zum Zungenbem jetzt aufgegeben. In dem vorigen Stadium war das Seplum bis zum Zungenbein zu verfolgen, wie die dazugehörige Text- Beiträge zur Entwickelung der Zunge. 297 figur ergibt. Ich lege Wert darauf, dass der Begriff des Septum in der Zunge richtig gefasst wird. Eine „Scheidewand“ existiert nur in der Ausdehnung, wie ich sie jetzt eben beschrieben habe, sie fehlt also in dem ganzen obersten Abschnitt des Dorsum linguae, fehlt in der unteren (oralen) Hälfte der Zunge — ie > a .'9 al oo = Textfigur 48. Querschnitt der Zunge und des Mundbodens desselben Stadiums, etwa 5,17 mm von der Zungenspitze und 5,34 ınm von der Spitze des Unterkiefers entfernt. Das Septum ist gerade noch am hintersten Ende getroffen. Unter ihm liegen bereits Transversusfasern, die nicht mehr an dem Septum befestigt sind, sondern ununterbrochen von rechts nach links herübergehen, und den Raum bis zu den quergetroffenen Hörnern des Zungenheines vollständig ausfüllen; zwischen ihnen liegen noch die Fasern des Genioglossus. Auf der rechten Seite des Bildes liegen unmittelbar über dem Zungenbein Longitudinalisfasern, daneben Hyoglossus und Styloglossus. Unter dem Zungenbein liegen die Mm. genio- hyoidei und die durch einen ziemlich breiten Zwischenraum getrennten Mylo- hyoidei. Rechts und links davon unter dem Meckelschen Knorpel der vordere Biventerbauch. und fehlt am Zungengrunde. Als Septum dürfen Stellen nicht aufgefasst werden, wo sich Muskelfasern in der Mittellinie kreuzen, oder etwa die Zwischenräume zwischen paarigen Zungenmuskeln (z. B. zwischen den Musculi genioglossi), SON- 298 E. KALLIUS, dern Septum ist eine selbständige Bildung, die etwa ohne Künstelei herauspräpariert werden könnte; dass diese eigent- lich den Namen einer „Scheidewand“ nicht verdient, ist mir vollkommen klar, ich will aber trotzdem nicht versuchen, einen neuen Namen dafür einzuführen. Von diesem Septum strahlen im vordersten Teil der Zunge die Transversusfasern auf Frontalschnitten divergent zum Rücken zu den Seitenteilen und zur oberen Fläche der Zunge (ef. Textfiguren 41 ete.). Direkt nach unten strahlen in der Medianebene keine Fasern, so dass ein anfangs schmaler, hinten immer breiter werdender medianer oraler Zungen- abschnitt vollkommen frei von den Muskelfasern bleibt. Wenn das Septum die beschriebene Bandform deutlich angenommen hat, dann strahlen die dorsalen Muskelfasern in einem dorsal konkaven Bogen in die Seitenteile der Zunge und ıhr Dorsum hinein. Ausser diesen Fasern, die mit dem Septum zusammen- hängen, gibt es in diesen Teilen der Zunge keine Transversus- fasern, so dass also auch keine Kreuzung derartiger Fasern in der Mittellinie zustande kommt. Wenn das Septum im hinteren Abschnitt wieder strang- förmig geworden ist, dann kann man beobachten, dass sowohl dorsal als vor allem auch ventral von ıhm Muskelfasern von rechts nach links herübergehen. Besonders stark ist diese Art von Muskelfasern ventral von dem Septum, wie die Textfigur 48 zeigt, so dass der Zwischenraum zwischen Septum und dem ventral liegenden Zungenbein ganz von ihnen ausgefüllt ist. Ob hier in der Mittellinie eine Durchflechtung von Fasern vorkommt, oder ob die Fasern stracks von rechts nach links hinübergehen, das ist an den Schnitten nicht sicher zu ent- scheiden, mir scheint aber das letztere zu Recht zu be- stehen. Wenn das Septum linguae aufhört, findet man die ganze Mittellinie der Zunge angefüllt von den von rechts nach links Beiträge zur Entwickelung der Zunge. 299 durchgehenden Fasern. Sobald die vom Zungenbein zum Dorsum linguae aufsteigenden Muskelfasern beginnen, hört der Transversus vollkommen auf, und dann ist dieser hinterste Zungenabschnitt vollkommen frei von Transversuslasern. Der Ansatz sämtlicher Muskelfasern ist so, dass sie in die Schleim- haut der Zunge ausstrahlen, um dort in der sogenannten Fascia linguae zu enden — wie — soll hier nicht weiter untersucht werden. Da die Fasern den ganzen dorsalen Teil der Zunge voll- ständig durchsetzen, müssen die bisher beschriebenen Muskel- fasern, die in die Zunge z. T. bis zum Dorsum einstrahlen, zwischen den Transversusfasern verlaufen, und dadurch ent- steht dann das bekannte Bild der sich so reichlich ver- flechtenden Muskeln, auf das hier nicht weiter eingegangen zu werden braucht. Von sonstigen Fasern, die zur Binnenmuskulatur der Zunge gehören, habe ich nur noch eine Gruppe finden können, die an dem Querschnittbilde 46 der Zunge mit Longitudinalis be- zeichnet ist. Seine Fasern lassen sich vom Zungengrunde, wo sie in einem nach der Mittellinie hin konvergenten Bogen verlaufen, bis zum vorderen Ende des Hypoglossus verfolgen, wo er in das Frenulum linguae hineintritt. Im vorderen Teil liegen die Fasern so dicht neben den Hypoglossusfasern, dass sie nicht gut von ihnen zu trennen sind. Erst in den hinteren Teilen des Corpus linguae sind die Fasern auf dem (uer- schnitt leichter zu finden, wo sie eben ein leidlich abge- grenztes Bündel bilden. Weiter nach hinten strahlen die Fasern isoliert auseinander, liegen dort vereinzelt zwischen den übrigen Muskeln, so dass sie schwer zu finden sind. Nach seinem ganzen Verhalten ist es mir sehr wahrscheinlich, dass er als abgesprengter Teil des Hyoglossus aufzufassen ist. Es bleibt nur noch die Frage zu erledigen, wie sich diese Muskeln, die schon sehr grosse Ähnlichkeit mit denen der 300 E. KALLIUS, fertigen Zunge haben, zu dem vorigen Stadium verhalten. Der M. genioglossus ist mit seinem Ursprung bereits stark nach vorn gewandert, ist weiter in die Zunge nach vorn und hinten vorgedrungen, und hat natürlich an Zahl und Länge der Fasern erheblich zugenommen. Der M. geniohyoideus ist vom Zungenbein aus bis vorn zur Kinngegend gewachsen, denn er hatle im vorigen Stadium noch nicht den vorderen Teil des Meckelschen Knorpels er- reicht. Die Portion e des vorigen Stadiums hat sich zu dem Muse. transversus ausgebildet. Die Portion b ist zweifellos zum M. hyoglossus geworden, die Portion a'und d ist wiederzufinden als M. styloglossus, indem der aborale Teil weiter an dem Zungenbeinhorn schädelwärts hinaufgekrochen ist. Von den übrigen Muskeln sind die wesentlichen Veränderungen bereits auseinandergesetzt. Weiter konnten die Muskeln in ihrer Ausgestaltung nicht verfolgt werden. Die Form der definitiven Muskeln ist ja aber nach diesen Angaben genügend zu erkennen. Entwickelung der Nerven der Zunge. Die Nerven der Zunge sind natürlich besonders interessant, da wir in dem kleinen Organ drei Hirnnerven ganz oder teil- weise endigen sehen. Von ihrem Verhalten beim ausgebildeten Organ Schlüsse auf die Entwickelung der Zunge, sei es in ontogenetischer oder phylogenetischer Hinsicht, zu machen, halte ich für ganz verfehlt, auch hat dies eigentlich schon die Geschichte der Wissenschaft von der Entwickelung der Zunge bewiesen. Weitere Beweise werden natürlich auch durch die vorliegenden Untersuchungen gegeben, vor allen Dingen in der Hinsicht, dass es unmöglich ist, nach den Nerven der 3eiträge zur Entwickelung der Zunge. 501 ausgebildeten Zunge die Komponenten ihrer Bildung zu finden oder abzugrenzen. Leider müssen bei dieser Betrachtung fast alle Hirnnerven berücksichtigt werden. Natürlich ist es trotzdem unmöglich, Textfigur 49. Schematisierte Rekonstruktion der Muskelanlagen und Nerven des Mund- bodens von Schweineembryo (St. VII) in die Konturen der plastischen Re- konstruktion vom Stadium X eingezeichnet. V. Trigeminus dritter Art. VII. Facialis mit Ganglion. Zwei Schlundspaltenorgane sind angegeben (*). Die Chorda tympani (e. t.) geht in den ersten Schlundbogen hinein, lässt aber keine deutliche Verbindung mit dem Trigeminus erkennen. IX. Glossopharyn- geus mit Ganglion und zwei Schlundspaltenorganen (*). XII. Hypoglossus T. Mediane Thyreoideaanlage. L. Aditus laryngis. Die Muskelblastemmassen sind in ihrer Ausdehnung durch Punktierung angegeben. a,. Anastomose zwischen Glossopharyngeus u. Facialis, deren Fasern in die Chorda tympani übergehen. eine ganz vollständige Darstellung der Entwickelung aller mehr oder weniger wichtiger Nerven, die hier in Betracht kommen, mit allen ihren Ästen zu geben. Ich bin mir schon bewusst, 302 E. KALLIUS, mit meiner Untersuchung über das eigentliche Thema hinaus- gegangen zu sein; das liess sich aber bei den Rekonstruktionen nicht vermeiden und wenn z. B. die Zeichnungen mehr geben, als in der möglichst kurz gegebenen Beschreibung hervor- gehoben ist, so kann das vielleicht damit entschuldigt werden, dass doch für andere Fragen diese Rekonstruktionen von Be- deutung werden können, wenn ich allerdings auch aus per- sönlicher Erfahrung weiss, dass meist nicht viel mehr von dieser Arbeit von anderen Autoren beachtet wird, als das, was der Titel ansagt. Wenn ich so eingehend, wie ich es eigent- lich für nötig halte, die hier in Betracht kommenden Nerven- gebiete behandeln wollte, dann müsste ich ein so grosses (ie- biet von der Kopf- und Hirnentwickelung behandeln, dass kaum ein Ende abzusehen wäre, und so ist Beschränkung not- wendig — so schwer sie auch gerade in diesem Falle ist, und ungerecht ein Aufhören an diesem oder jenem Punkte erscheint. Die Untersuchungen basieren auf zeichnerischen Rekon- struktionen, die hierfür, namentlich bei etwas älteren Stadien, wohl allein brauchbar sind. Natürlich mussten die Zeichnungen etwas schematisiert werden, da mitunter alle Nervenfasern bei der doch notwendigen Projektion auf eine Ebene übereinander- liegen. Dass dadurch die Wahrheit gelitten hätte, glaube ich nicht, nur weiss ich, dass nicht bei allen Nerven alle in Betracht kommenden Fasern bis zum erkennbaren Ende ver- folgt sind, — meist ist das aber aus der Zeichnung ohne weiteres zu erkennen. Die Textfigur 49, die zugleich die Muskelanlagen zeigt, demonstriert auf der rechten Seite die Nerven der in Betracht kommenden Gegend, in der Ansicht direkt von oben. Eine Sagittalprojektion von einem sehr ähnlichen Stadium ist in der Textfigur 50 zu sehen, die aber weit vollständiger ist als die erste. Beiträge zur Entwickelung der Zunge. 303 In der ersten Figur ist vom Trigeminus nur ein Teil des dritten Astes zu sehen, von dem ein Zweig am vorderen Teil der Vereinigungsstelle der ersten Schlundbogen endet, während der zweite Zweig in dem Muskelblastem des Nerven endet. Beide Zweige bleiben vollkommen in dem ersten Schlund- bogen. Von dem Facialis ist das Ganglion geniculi gezeichnet, von dem aus der Hauptstamm zur Gegend des zweiten Schlund- bogens geht und dort in dem ihm gehörigen Muskelblastem endet, indem er sich in mehrere Zweige auflöst. Dieses Muskel- blastem erstreckt sich aboral bis in die Gegend der zweiten Schlundspalte, wo es mit einem dünnen Fortsatz, der ganz scharf abgegrenzt ist, endet. Die Abgrenzung ist hier viel schärfer als im übrigen Teil des Blastems und erinnert an die Verhältnisse, die wir von niederen Wirbeltieren her kennen. Ein kleiner Zweig geht zum Schlundspaltenorgan an der ersten Schlundtasche, das lateral gelegen ist; ein zweiter, etwas längerer und stärkerer Ast geht zu einem zweiten Schlund- spaltenorgan, das mehr medial und dorsal liegt; dieser Ast entspringt am Ganglion geniculi. Endlich zieht oralwärts ein langer Ast in das Gebiet des ersten Bogens hinein und ist zweifellos als Chorda tympani anzusehen, obgleich eine Ver- bindung mit dem Trigeminus noch nicht festgestellt werden kann. Der Glossopharyngeus, von dem in der Textfigur 49 nur das untere Ganglion zu sehen ist (vollständig in der Text- figur 50), endet mit seinem Hauptteil in dem Muskelblastem, das im dritten Bogen in geringer Ausdehnung liegt. Zwei kleinere Zweige gehen zu zwei Schlundspaltenorganen der zweiten Tasche, indem sie in dem Epithel enden. Eine Fort- setzung des Astes zum ventralwärts gelegenen Schlundspalten- organ geht zur Chorda tympani des Facialis, in die also ausser den darin enthaltenen Facialisfasern auch solche vom Glosso- pharyngeus verlaufen. . "06 GT Q E ; 03 NSYIXAT, ° ’ ' ' ‘ ’ ‘ ‘ . ‘ F ‘ 0 . ‚ RTE Fe) ” PR ss N N ‘ ’ 3 ‘ ‘ R ' ’ ea | , " . | ’ ‘ " | ’ D \ | L ’ v ’ » D . ’ a0 .* , 0 zee r PZ- ES Fr ’ ’ 8 [4 Une HIT „_u—..._ RE >. . -. - oe . Beiträge zur Entwickelung der Zunge. 305 Das obere Ganglion des Glossopharyngeus hat eine Ana- stomose mit dem oberen Ganglion des Vagus (cf. Textfigur 50). Von dem Vagus, dessen Verhalten aus den Textfiguren zu sehen ist, auf das hier natürlich nicht genauer eingegangen werden kann, sei nur hervorgehoben, dass auch von ihm zwei Schlundspaltenorgane versorgt werden. Alle diese Schlund- spaltenorgane (Froriep) zeichnen sich in diesem Stadium durch deutliche Erhöhung des Epithels aus. Der Nervus hypoglossus ist auf der Textfigur 49 nur mit seinem Endaste gezeichnet, mit dem er in sein Muskelblastem eindringt, das oben ausführlich besprochen ist. Die komplizierte Zusammensetzung des Nerven ist aus der Textfigur 50 in sagittaler Projektion zu sehen. Er ent- springt mit ungefähr 10 Fasern aus dem Myelencephalon, die den vorderen Wurzeln der Spinalnerven entsprechen und be- kommt ausserdem einen kleinen Zuwachs aus den rudimentären (Ganglien, die dorsalwärts gelegen sind, und in die Reihe der Spinalganglien gehören. Ich kann in diesem Stadium, wie die Figur angibt, drei kleine Ganglien feststellen, die alle oral- wärts kleiner werden. Die beiden hinteren (vom Kopf aus ge- Erklärung zu Textfigur 50. Sagittalrekonstruktion der Gehirnnerven des Schweines, Stadium VII. Die Umrisse des Kopfes, Gehirns, Unterkiefers und Darmtraktus sind punktiert. III—XI Gehirnnerven C1—-Cıv Cervikalnervenganglien, die ventralen Wurzeln der Cervikalnerven sind in einer Punktlinie am Rückenmark dargestellt. Alle Ganglienanlagen sind mit dicken Punkten versehen. Die Schlundtaschenorgane (zwei am Facialis, zwei am Glossopharyngeus, zwei am Vagus) sind mit Sternchen * versehen. c. t. Chorda tympani. al Anastomose zwischen Glosso- pharyngeus und Facialis, deren Fasern in der Chorda tympani weitergehen, all Anastomose zwischen Vagus und Glossopharyngeus. c m Zweige des Accessorius, die zur Nackenmuskulatur ziehen. n li Nervus laryngeus inf. (die übrigen Äste des Vagus sind nicht bezeichnet). gı Ir ıım rudimentäre Spinalganglien. Die Originalzeichnung wurde bei ca. 5öfacher Vergrösserung gezeichnet, dann um '/s photogr. verkleinert. Die Textwiedergabe ist um "/s verkleinert, so dass jetzt eine ca. 12,5 Vergrösserung vorliegt. O. Labyrinth- bläschen. Anatomische Hefte. I. Abteilung. 123/124. Heft (41. Bd., H.12). 20 306 E. KALLIUS, rechnet) haben eine Verbindung untereinander, aber nur das ‚letzte Ganglion sendet zum Hypoglossus eine geringe Anzahl von Fasern. Lewis, der eine plastische Rekonstruktion von einem sehr ähnlichen Stadium publiziert hat, hat diese Ganglien- verbindung zum Hypoglossus nicht gezeichnet. Ich glaube, annehmen zu dürfen, dass er sie übersehen hat, da sie ın diesem und älteren Stadien sehr deutlich ist. Dass sie ın dem Stadium von Lewis noch nicht entwickelt wäre, kann man wohl kaum annehmen. Ausserdem verlaufen aber mit den Fasern des Hypoglossus solche aus den Spinalnerven. Sie vermischen sich so innig mit den Fasern des zwölften Gehirnnerven, dass man nicht mit irgendwelcher Bestimmtheit sagen könnte, zu welchen End- organen (Muskeln etc.) etwa die Fasern hinlaufen. In diesem Stadium gehen zum Hypoglossus Fasern aus dem ersten, zweiten und dritten Spinalnerven, wie aus der Textfigur 50 deutlich zu erkennen ist. Ausserdem hat der vierte Spinalnerv eine breite Anastomose mit dem dritten, und so können auf diesem Wege auch von ihm noch Fasern zum Hypoglossus verlaufen. Leider ist das Stadium, wie schon bei der Besprechung der Hypoglossusmuskulatur gesagt wurde, nicht mehr so früh, dass die ganze Bildungsgeschichte dieses interessanten Nerven von Anfang an dargestellt werden könnte. Ich hoffe, das an anderem Material noch nachholen zu können, wenn auch die Schwierigkeiten hier bekanntermassen sehr grosse sind. Das peripherische Ende des Hypoglossus teilt sich in einzelne Zweige, die in dem ja schon ziemlich entwickelten Muskelblastem enden. Dass dabei im weiteren Verlauf be- deutende Verschiebungen auftreten müssen, ist selbstverständ- lich — dadurch wird z. B. auch der Verlauf des Ramus descendens leicht erklärt. Beiträge zur Entwickelung der Zunge. 307 Sehr deutliche Weiterentwickelung der Nerven zeigt die Textfigur 51, die nach Sagittalschnittserien vom Stadium XII gemacht ist. Einzelheiten des ersten und zweiten Astes des Trigeminus brauchen hier nicht erwähnt zu werden und sind in der Ab- bildung auch nicht dargestellt. Der dritte Ast des Trigeminus lässt sehr deutlich die motorische Portion erkennen, die teil- weise in der schon abgegliederten Blastemmasse der Kau- muskulatur endet, teils in die übrige Trigeminusmuskulatur geht. In den Unterkiefer gelangen dann ferner die schon ganz deut- lich voneinander getrennten Hauptäste: der N. lingualis und der N. mandibularis. An den Lingualis legt sich die Chorda tympanı an, die weiter beim Facialis besprochen wird, und ferner ist ganz deutlich eine nicht unerhebliche Masse von (anglienzellen an dem Nerven zu bemerken, die mit runden Punkten markiert ist. Bei einem Bilde der Horizontalprojektion soll sie noch näher beschrieben werden, weil man bei der Sagıttalprojektion doch keine ganz klare Anschauung von der Ausdehnung dieses Ganglions bekommen kann. Dass diese Ganglienzellen dem Sympathicus angehören, ist mir ziemlich einleuchtend, wahrscheinlich stammen sie dann von dem Ganglion des Trigeminus ab, — ich habe darüber an jüngeren Stadien keine absolute Sicherheit bekommen können und des- halb sind die Ganglienzellen auch bei den früheren Stadien weder erwähnt noch gezeichnet. Der Nervus facialis hat ein sehr grosses Ganglion geniculi, das in dieser Projektion auch die Knieform deutlich erkennen lässt; von der Konvexität des Knies geht der Nervus petrosus superficialis major (n. p. s. m.) ab, der von dem an derselben Stelle entspringenden Aste, der im vorigen Stadium zu dem Kiemenspaltenorgan. hinzog, abzuleiten ist; seine epithelialen Verbindungen hat er ganz aufgegeben. Der Stamm des Facialis läuft alsdann in einem starken 20* >S a. = ...-. -- -- BE ro . x . r nenne AnSyIXaL I -.. Beiträge zur Entwickelung der Zunge. 309 oral konkaven Bogen nach unten, um in seinem Muskelblastenm zu enden. Diese Endzweige sind in dieser Figur abgeschnitten gezeichnet. Vorher gibt er dort, wo er ziemlich nahe (in der Zeichnung!) an dem unteren Ganglion des N. glossopharyngeus vorbeizieht, die Chorda tympani ab, die auch jetzt eine be- trächtliche Masse von Fasern aus dem neunten Gehirnnerven bekommt. Dass die Chorda sich an den N. lingualis anlegt, wurde bereits erwähnt. Der N. glossopharyngeus hat seine zwei bekannten Ganglien, am unteren hat er eine deutliche und starke Anastomose mil dem N. vagus (all). Seine Verbindungen mit dem Epithel der Schlundtaschen bestehen nicht mehr. Zur Ohrgegend gibt er einen Ramus tympanicus (ty.) ab und zur Chorda tympanı Erklärung zu Textfigur 51. Sagittalrekonstruktion der Nerven des Kopfes vom Schwein, Stadium XII, auf die Bildebene projiziert. III—XII die Gehirnnerven, der IV. ist nicht gezeichnet. Punktiert ist der Medianschnitt des Gehirns und der Kontur des Kopfes. mas. Ramus masticatorius des Trigeminus. ling. N. lingualis, an dessen Ästen die Ganglienzellen durch Punkte markiert sind. mand. N. mandibularis. N. p. s. m. Nervus petrosus superficialis maior des Facialis. ec. t. Chorda tympanı. Die Endäste des Facialis sind abgeschnitten. ty. Nervus tympanicus des Glosso- pharyngeus. aı Anastomose mit der Chorda tympani. aım Anastomose mit dem Vagus. v. Ohrast des Vagus. 1. s. N. laryngeus superior. 1. i. N. laryngeus inferior. card. Ramus cardiacus. Das erste Ganglion des N. vagus hat mächtig an Ausdehnung zugenommen und die mit g I II III bezeichneten rudimentären Spinalganglien sind in Verbindung mit dem Hauptganglion des Vagus getreten. Von dem g I geht aber noch der schon in Textfigur 50 vor- handene Ast zum Hypoglossus. Der Hypoglossus, der tiefschwarz gezeichnet ist, damit er sich aus dem Gewirr der Fasern abhebt, hat 9 Wurzeln, von denen die eine aus dem rudimentären Ganglion entspringt. Der Stamm zieht dann in grossem Bogen in die Zunge und die übrigen Muskeln. Er be- kommt Anastomosen von dem ersten bis dritten Spinalnerven (Cr Ciri) von denen der Ramus descendens am Hals herabzieht. O. Ein ganz kleiner Teil des Labyrintbläschens zu dem der grösstenteils abgeschnittene Acusticus tritt. Die Originalzeichnung wurde bei 35facher Vergrösserung angefertigt, dann bei Verkleinerung um ein Viertel ausgezeichnet und zur Reproduktion um 1/; verkleinert, so dass diese eine ungefähr zehnfache Vergrösserung zeigt. ‘39 anSyyxa], Beiträge zur Entwickelung der Zunge. all die mehrfach erwähnten Fasern. Der aus dem zweiten Ganglıon heraustretende Stamm teilt sich in die beiden Äste, von denen nur der Ramus lingualis ausgezeichnet ist (gl.). Von dem Vagus, von dem das Wesentliche aus der Zeich- nung direkt zu entnehmen ist und auch in der Figurenerklärung gesagt ist, will ich hier nur angeben, dass das obere Ganglion sich mächtig ausgedehnt hat und Fasern aus den rudimenlären Ganglien bezieht, deren Lagerung ganz wesentlich verschoben ist, was bei der Vergleichung der Textfiguren 50 und 51 ohne weiteres klar wird. Das aboralste Ganglion (gl) entsendet noch einige Fäden zu dem N. hypoglossus. Dieser entspringt sonst mit ca. 8 bis 9 Wurzeln aus dem Gehirn, die sich bald zu einem dicken Stamm vereinen, der zur Zunge und zu seinem Muskelblastem Erklärung zu Textfigur 52. Ausschnitt aus einer Sagittalrekonstruktion der Gehirnnerven von Stadium XX auf die Tafelebene projiziert. V— XII. Gehirnnerven. Vom Trigeminus ist nur der dritte Ast ausführlicher gezeichnet. N. lingualis, mandibularis und mylo- byoideus sind bezeichnet; ebenso die Kaumuskelnerven (mast.. An den Lingualis legt sich die Chorda tympani (c. t.) an. Vom Facialis ist der n. petr. sup. major bezeichnet (n. p. s. m.). Die Chorda tympani bekommt durch die erwähnte Anastomose (a,) Fasern von Glossopharyngeus. Der Zungenast des Glossopharyngeus hat sich gewaltig entwickelt. (gl) Der andere Hauptast ist abgeschnitten. (g. p.). Ausser der Anastomose zum Facialis (ar) hat der Glossopharyngeus noch zwei aufgezeiehnete Anastomosen mit dem Vagus, von denen nur die eine (aıı) markiert werden konnte. Vom Vagus hat sich be- sonders das obere Ganglion mächtig entwickelt und die drei rudimentären Ganglien so in sich hineingezogen, dass nur noch das eine (gr), das grösste einigermassen zu erkennen ist. Interessanterweise hat auch das erste Spinal- ganglion (cı) eine starke Anastomose zum Vagus entwickelt. Es ist jetzt auffallend kleiner als die übrigen Cervikalganglien. Von den Vagusästen sind nur die beiden Nn. laryngei gezeichnet. Der Accessorius bietet nichts be- sonderes. Seine Äste, die zu den Cervikalmuskeln gehen, sind nicht gezeichnet. Der Hypoglossus setzt sich aus 12—13 Wurzeln zusammen, von denen die am meisten aboral gelegene noch wenige Fasern von dem Ganglion I bekommt. Mit ihm gehen die drei oberen Cervikalnerven Anastomosen ein. Die Rekon- struktion wurde bei etwa 35 facher Vergrösserung gezeichnet. Zur Reproduktion wurde sıe verkleinert. 312 E. KALLIUS, zieht. Der erste, zweite und dritte Cervicalnerv gibt noch anastomotische Zweige zu dem Hypoglossus, von denen einer am Halse herabsteigt. Ob der vierte Cervicalnerv noch Fasern mit dem Hypoglossus vereinigt, konnte nicht mit Sicherheit entschieden werden. Die Möglichkeit muss zugegeben werden, wenn auch, wie gerade bei dieser Serie besonders gut fest- gestellt werden kann, der grösste Teil des vierten Spinal- nerven zur Zwerchfellmuskelanlage hinunterzieht. Auch in dem Stadium XX, das in der Sagittalprojektion der Textfigur 52 wiedergegeben ist, kann man einen ziemlich vollständigen Überblick der für uns besonders in Betracht kommenden Hirnnerven erhalten. Da sonst die Figur zu sehr hätte verkleinert werden müssen, ist nur ein Ausschnitt, der den Ursprung und Ver- lauf der Hirnnerven zeigt, wiedergegeben worden, es wird aber wohl auch ohne die vollständigen Umrisse des Gehirnes und des Kopfes die Orientierung leicht möglich sein. Besonders reich haben sich jetzt die Verzweigungen des N. lingualis in der Zunge entwickelt, an dessen Ästen weit- hin die Ganglien zu verfolgen sind. An ihn legt sich die Chorda tympani an, deren Fasern sich innig mit den Trige- minusfasern mischen. Sonst sind von Zweigen des dritten Astes des Trigeminus noch zu erkennen der N. mandibularis, der N. mylohyoideus, der N. auriculotemporalis (au.) und der Kaumuskelzweig (mast.). Vom N. facialis ist der Nervus petrosus superficialis maior gezeichnet, dann die Chorda tympani, während die anderen Äste bis auf die Endstücke fortgelassen sind. Der N. glossopharyngeus ist mit seinen beiden grossen (Ganglien leicht zu erkennen. Er hat zwei deutliche Anastomosen mit dem Vagus, von denen aber nur eine mit all bezeichnet ist. Die Anastomose zum Facialis geht in die Chorda tympanı hinein, doch werden, scheint es, dem Facialisstamm auch Beitiäge zur Entwickelung der Zunge. 313 noch kleine Mengen von Fasern durch einen kleinen Abzweig zugeführt. Der Zungenast (gl.) ist stärker entwickelt und dringt bis in die Mitte des Zungenrückens zur Schleimhaut vor. Der andere Hauptast des Nerven ist abgeschnitten (gp.). Der Nervus vagus ist besonders deswegen interessant, weil sein cerebral gelegenes oberes Ganglion sehr an Aus- dehnung zugenommen hat und die drei rudimentären Spinal- ganglien (gl--IIl in den vorigen Textfiguren) in sich auf- genommen hat. Das grösste von ihnen (gr) hat noch einiger- massen seine Selbständigkeit bewahrt, ist aber auch ın deut- licher Verbindung mit dem Hauptganglion, jedoch gibt es immer noch einige Fasern zum Hypoglossus. Das untere Ganglion hat seine Form merkwürdig ver- ändert, worauf aber hier nicht weiter eingegangen werden kann. Die Zweige des Vagus interessieren uns hier auch nicht, und sind in der Zeichnung nur teilweise wiedergegeben. Auch der Accessorius hat hier weiter kein Interesse. Der N. hypoglossus entspringt mit ca. 12—-13 Wurzeln, von denen die am weitesten aboral gelegene Fasern aus dem rudimentären Ganglion (gr) bezieht. Sonst bekommt er noch Fasern aus den ersten drei Spinalnerven, die aber zum Stamm des Nerven gehen, dort ungefähr, wo er zur Halsgegend kommt. Einzelheiten der Nerven sind nun besser zu sehen in den Bildern, in denen die Zungengegend und der Mundboden an Horizontalschnitten untersucht wurden, wie sie schon bei der Betrachtung der Muskelentwickelung benutzt wurden. Dort sind aber fast immer nur die Endäste berücksichtigt woıden, so dass hiermit eine notwendige Ergänzung der bis- herigen Schilderung gegeben wird. 314 E. KALLIUS, Einfach liegen die Verhältnisse in der Textfigur 36, die von dem Stadium XII stammt. Der dritte Ast des Trigeminus, der mit V bezeichnet ist, gibt zwei motorische Zweige (m. u. myl.) für die Kaumusku- latur und den Musculus mylohyoideus ab. An den Lingualıs tritt die Chorda tympani, über die hier nichts Neues zu sagen ist. Der Mandibularis (ma.) geht zum vorderen Teil des Unter- kiefers. Am N. lingualis sind die Ganglienzellen bezeichnet. Vom Facialis ist der Zweig zu bemerken, der in die hier in Frage kommende Muskulatur geht (Fac.) und der Abgang der Chorda tympani. Der Glossopharyngeus zeigt hier nur sein unteres Ganglion und die Anastomose, die zur Chorda tympani geht; ein Zweig, der vom Glossopharyngeus seitlich vorn hinzieht, konnte nicht weiter verfolgt werden. Der Hypoglossus tritt in seine Muskulatur ein und endet in einzelne Zweige, die auf der linken Seite der Figur deut- lich zu sehen sind. Leicht ist es auch, sich in den Nerven der Zunge etc. vom Stadium XVII zurecht zu finden, da die Verästelungen so sind, wie man es nach der Entwickelung der Muskulatur erwarten kann, weswegen diese späteren Stadien auch kaum besonderes Interesse mehr bieten (Fig. 37). Vom dritten Ast des Trigeminus ist der Mandibularis (ma.) und der Lingualis gezeichnet. Vom ersteren geht der Nervus mylohyoideus (myl.) ab, der zum späteren Musculus mylo- hyoideus und zum Biventer je Zweige entsendet. An den Lingualis legt sich die Chorda tympanı. Schumacher hat, wie bei vielen anderen Tieren, so auch beim Schwein, eine Anastomose zwischen dem N. mylo- hyoideus und dem N. facialis beschrieben. Bei den Embryonen, bei denen ich die jüngeren Stadien daraufhin genau unter- sucht habe, ist es mir nicht gelungen, diese Anastomose zu Beiträge zur Entwickelung der Zunge. >15 finden, so dass vielleicht anzunehmen ist, dass sie sich erst später ausbildet. Allerdings kann die Möglichkeit, an Schnitten diese Anastomose zu übersehen, zugegeben werden. Der Facialis, von dem nur ein kleines Stückchen gezeichnet ist, gibt zwei Äste, zum Stylohyoideus und zum hinteren Bauch des Biventer ab. Der Glossopharyngeus tritt mit zwei starken Ästen in die Zunge ein, aus deren Verästelung man deutlich ersehen kann, dass der eine zu dem Gebiet der Papilla vallata, der andere zu der Papilla foliata geht. Ein kleiner Zweig geht lateral unter der bindegewebigen Anlage der Glandula submandibularis zur Schleimhaut, er ist mit aa bezeichnet. Der N. hypoglossus ist nur auf der linken Seite der Figur gezeichnet, und teilt sich in seine Zweige entsprechend der Gliederung seiner Muskulatur. Es hat kaum Zweck, im einzelnen eine Beschreibung der Zweige zu geben, weil sie ja aus der Betrachtung der Figur ohne weiteres kenntlich sind. Besondere Beachtung verdient noch das Ganglion des Nervus lingualis, das hier eine eigentümliche Form hat, in- dem es in der Nähe der Drüsenanlage (submandibularis) kolbig verdickt ist und in den unteren Teil des Mundbodens hineinragt. Dieses Ganglion, das seiner Abstammung nach zu dem Sympathicus zu gehören scheint, löst sich allmählich ın lauter einzelne kleine Ganglienzellengruppen auf, die mit den Zweigen des Nervus lingualis in die Zunge und die Glandula submandibularis hineinwandern. Ich nehme an, dass alle die unendlich zahlreichen kleinen Ganglien am oberflächlichen Teil der Zunge unter und in den Papillen von diesem einen Ganglion abstammen. 31g E. KALLIUS, Entwiekelung der Drüsen des Mundbodens und der Zunge. Von den Drüsen, deren Entwickelung ich untersucht habe, kommen in Betracht: I Die Glandula sub maxı larıs "Submmandaz bularis). Sie ist beim erwachsenen Tier 41/,—-5 em lang, ist rundlich knollig, hat einen mundwärts gerichteten Zapfen- fortsatz und wird von der Parotis bedeckt. Der Ausführungs- gang mündet neben dem Zungenbändchen. > Glandala, sublıneuahısr erandıeanalarnı =, ist eine bandförmige 41/,—6 em lange, 1—11/, em breite und 0,3—0,6 em dicke Drüse, die vom oralen Ende der Submaxillaris bis zu der Kreuzung des Nervus lingualis mit dem Ductus submaxillaris reicht. Aus der Drüse kommen bis 10 Aus- führungsgänge hervor, die sich alle, oder in der grossen Mehr- zahl zum Ductus sublingualis maior vereinigen, der mit dem Submaxillarisgange verläuft, und in dessen Nähe mündet. 3. Die Glandula sublingualis parvicanalaris reicht von dieser Kreuzungsstelle bis zum Kinnwinkel. Aus dieser Drüse treten zahlreiche Ductus sublinguales minores hervor, die meist einzeln in die Mundhöhle münden. 4. Glandulae parotis, ist gross, dreispitzig, liegt caudal von der Mandibula. Das Ohrende erreicht den knorpeligen Gehörgang nicht ganz. Das Halsende spaltet sich in einen Kehlgangs- und einen Halszipfel. Der erstere reicht im Kehl- gang bis über den oralen Rand des Musculus masseter mund- wärts. Der Halszipfel erstreckt sich weit am Hals hinab. Der Ausführungsgang geht an der medialen Fläche der Drüse bis zum Unterkiefer, tritt dann in den Kehlgang, verläuft an der Mandibula bis zu deren Gefässausschnitt, tritt an die Gesichts- fläche, verläuft dorsal und mündet in der Gegend des 4.9. maxillaren Backenzahnes in die Mundhöhle. Beiträge zur Entwickelung der Zunge. >, Ausserdem kommen noch die dorsalen Backendrüsen und die Lippendrüsen vor. Die Aufgabe, die betreffs der Drüsenentwickelung zu lösen ist, sche ich nicht darin genauere histologische Details über die Organe zu geben, sondern hauptsächlich die erste Anlage und die Zeitpunkte der Weiterentwickelung zu finden. Im Stadium XII ist bereits die Anlage der Submaxillar- drüse vorhanden, von der ein kleiner epithelialer Zapfen zu sehen ist, der an der bezeichneten Stelle der Textfigur in das unterliegende Bindegewebe hineinragt. Eine Höhlung ist an dem Zapfen nicht zu erkennen, und an dem Ende ist die ganze Bildung etwas aufgetrieben. Merkwürdig ist aber, dass der ganze Zapfen von einer wohl abgegrenzten bindegewebigen Masse umgeben ist, in der die Zellen dicht liegen, so dass diese Anlage von der lockeren Umgebung wohl zu unter- scheiden ist. Der Zapfen mit der ihn umgebenden Bindegewebs- masse hat eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Anblick der Nierenknospe mit ihrem anliegenden Nierenblastem. Und man könnte fast versucht sein, diesen Bindegewebshaufen als Speicheldrüsenblastem zu bezeichnen, aber an den drüsigen Bestandteilen der Glandula submaxillaris ist diese Mesenchym- masse nicht beteiligt, wie die weiteren Entwickelungsstadien lehren. Von sonstigen Drüsen ist noch die erste Anlage der Glandula parotis zu finden, die weiter oral von der eben erwähnten Drüsenanlage dicht am Mundwinkel liegt. Sie besteht eben- falls aus einem aboral verdickten Epithelzapfen, der am vorderen Teile noch einen zweiten, ganz dünnen epithelialen Zusammenhang mit dem Epithel der Mundhöhle hat. Hier sieht man aber keinen abgegrenzten Bindegewebshaufen wie bei der vorigen Drüse, sondern sie entwickelt sich einfach in das lockere Bindegewebe hinein; lateral von ihr liegt Facialis- muskulatur. An einigen Stellen ist in der Parotisanlage ein 318 E. KALLIUS, kleines Lumen zu sehen, das aber im nächsten Stadium ebenso wie der zweite dünne epitheliale Verbindungsfaden verschwindet. Sonst bietet das nächste Stadium nichts Besonderes. Beide Drüsenanlagen sind etwas länger geworden, Verästelungen sind aber noch nicht zu sehen. | Dagegen zeigt das folgende untersuchte Stadium XVII (Textfigur 53) diese Verästelungen an der Glandula submaxil- laris sehr deutlich. Die Drüsenanlage besteht jetzt aus einem längeren soliden epithelialen Ausführungsgang, der in die bindegewebige Masse hineinragt, die immer noch als rund- licher Haufen wohl erkennbar ist. In diesem Haufen endet die epitheliale Anlage, nachdem sie sich in drei bis vier rund- lich verdickte kurze Sprossen geteilt hat. Unmittelbar neben der Mündung des Ausführungsganges dieser Drüse in der Mundhöhle hat sich etwas dorsal von ihr ein neuer kurzer Epithelzapfen gebildet, der nach seinem Hineindringen in die bindegewebigen Teile unverästelt aufhört. Dies ist die Anlage der Glandula sublingualis grandicanalaris. Die Glandula parotis besteht in einem peripherisch stark verdickten Zapfen, der, stärker aboral gewendet als bisher, nun nicht mehr weit entfernt, lateral von der Glandula sub- maxillarıs, endet. Nun nimmt die Drüsenentwickelung den bekannten Fort- gang (Stadium XXI). Die Submaxillaris wächst tiefer in das Mundbodengewebe hinein und ist immer noch durch die ver- dichteten Bindegewebsmassen scharf begrenzt. Der Aus- führungsgang, der natürlich bedeutend verlängert ist, treibt in üblicher Weise die zahlreichen Sprossen, die als rundliche Knospen von ihm ausgehen (Fig. 54). Die Anlage der Glandula sublingualis ist ebenfalls -— entlang dem Ausführungsgang der Submaxillaris — weiter gewachsen und zeigt am peripherischen Ende zwei kleine, eben heraus- Beiträge zur Entwickelung der Zunge. 319 wachsende Sprossen. Die Lagerung der Drüsenaniagen wird aus der Abbildung ersichtlich. Auch die Glandula parotis hat sich mächtig weiter ent- wickelt. Der Ausführungsgang mündet an der bekannten Stelle Textfigur 53. Schematisierte Rekonstruktion der Drüsenanlagen des Mundbodens vom Schwein, Stadium XVII. Mit den dünnen Linien sind die Konturen des Unterkiefers und der Zunge angegeben. P. Anlage der Gl. Parotis. Subm. Anlage der Gl. submaxillaris. Subl. Anlage der Glandula sublingualis grandicanalaris. Punktiert ist die bindegewebige Kapsel der Submaxillaris. am Mundwinkel und verläuft nach der lateralen Seite der Glandula submaxillaris, an die sie sich ziemlich dicht anlegt. Von dem verdiekten kolbigen Ende der Anlage sind jetzt mehrere (3—4) epitheliale Sprossen herausgewachsen, von 320 E. KALLIUS, Textfigur 54. Schematisierte Rekonstruktion der Drüsenanlagen des Mundbodens vom Schwein, Stadium XXII. Mit der dünnen Linie sind die Konturen der Zunge des Aditus laryngis und des Unterkiefers angegeben. P. Anlage der Parotis. Subm. Anlage der Glandula submaxillaris. Subl. Anlage der Glandula sublingualis grandicanalaris. Letztere liegt dorsal von der submandibularis. Punktiert ist die bindegewebige Kapsel der Submaxillaris. Beiträge zur Entwickelung der Zunge. 321 denen ein besonders langer zahlreiche kleinere Knospen ge- bildet hat. Da übrigens jetzt die Zunge schon beträchtlich über die Unterlage mit ihren Seitenrändern herübergewachsen ist, liegt die Mündung der Submaxillaris und Sublingualis unter der Zunge, nicht wie bisher an ihrem Seitenrand. Die Entwickelung der Drüsen geht nun durch Ausbildung zahlreicher Seitensprossen schnell weiter. Immer noch ist die Glandula submaxillaris durch den wohl abgegrenzten Binde- gewebsteil ausgezeichnet, in den hinein sich die mehr kom- pakte Drüse entwickelt, so dass er allmählich zur Kapsel der Drüse wird. Die Glandula parotis ist dagegen viel lockerer und ihre einzelnen Drüsenknospen sind durch reichliche Binde- gewebsmassen voneinander getrennt. Zu einer gut abgrenz- baren Kapselbildung kommt es nicht. Die Glandula sublingualis grandicanalarıs hat auch eine grosse Menge von zunächst noch kurzen Drüsenknospen ge- bildet, die entlang «dem aboralen Teile des Ausführungsganges liegen. Diese Einmündungsstellen verhalten sich so, dass sie dicht nebeneinander liegen, während sie bisher in den meisten Fällen ein, wenn auch äusserst kurzes gemeinsames Endstückchen be- sassen. Der Ausführungsgang der Glandula sublingualis liegt dorsalwärts von dem der Glandula submanxillaris. Die Art der weiteren Drüsenausbildung ıst an den schematisierten Textfiguren zu sehen. Im Stadium XXVII sind einige Anlagen der Glandulae sublingualis brevicanalaris zu bemerken, die dann bald an Masse und Zahl zunehmen. Auch die Wangendrüsen sind bereits in der Anlage vorhanden und in ihrem epithelialen Zusammenhang an der rechten Seite der Abbildung eingetragen. Von irgendwelchen Zungendrüsen ist noch keine Spur zu erkennen (Fig. 55). Anatomische Hefte. I. Abteilung. 123/124. Heft (41. Bd., H. 1/2). 21 322 E. KALLIUS, Erst im ältesten untersuchten Embryonalstadium sind Drüsenanlagen auf der Zunge zu sehen; allerdings sind es buc subl.min. \ subl Subm. Textfigur 55. Schematisierte Rekonstruktion der Drüsenanlagen des Mundbodens vom Schwein Stadium XXVII. Mit der dünnen Linie sind die Konturen der Zunge des Unter- kiefers und des Kehlkopfes angegeben. P. Anlage der Parotis. Subm. Anlage der Glandula submandibularis mit Kapsel (punktiert). Subl. Anlage der Gl. sublingualis grandicanalaris. subl. min. Anlage der Glandula sublingualis brevicanalaris. Buc. Anlage der Wangendrüsen. L Ausdehnung der Lyssa. Beiträge zur Entwickelung der Zunge. 323 nicht die allerersten Spuren der Anlagen, aber die Sprossen sind noch ganz kurz und ragen, ohne irgend eine Verästelung zu zeigen, nur wenig weit in die Muskulatur der Zunge hinein. Auf dem vorderen Teil und an der Spitze der. Zunge sind keine Drüsenanlagen vorhanden. Am reichlichsten sind sie Textfigur 56. Verteilung der Drüsen auf der Zunge des erwachsenen Schweines nach Valerian Podwisotzky. (Anatomische Untersuchungen über die Zungendrüsen des Menschen und der Säugetiere. Diss. med. Dorpat 1878). Im Original sind die Drüsengebiete mit verschiedenen Farben gedruckt. Die Zone der Schweine- drüse ist eng punktiert, die der serösen Drüsen weit punktiert. Die Papillae vallatae und foliatae sind schwarz bezeichnet. Mit den gestrichelten Linien sind die Gebiete der Zungenranddrüsen begrenzt, nach den Angaben von Lange (Untersuchungen über Zungenranddrüsen und Unterzunge bei Mensch und Ungulaten. Diss. phil. Giessen 1900). in unmittelbarer Umgebung der Papillae vallatae zu sehen, von dort breiten sie sich allmählich spärlicher werdend nach dem Zungengrunde, nach der Mittellinie der hinteren Zungen- 21% 324 E. KALLIUS, abschnitte, und nach dem Seitenrande und der Unterfläche der Zunge aus. Dort sind sie etwa in der ganzen hinteren Hälfte der Zunge zu finden. Der Rücken der Zunge bleibt jedoch auch in dieser Gegend frei von Drüsenanlagen. Bei der ausgebildeten Zunge des neugeborenen Tieres sind die Drüsen mehrfach sehr genau untersucht worden, so dass ich auf die Angaben der Literatur verweisen kann, zumal, da die topographische Anordnung der Drüsen keine wesentliche Verschiebung erfährt. Oppel hat die Verteilung der serösen und acinösen Drüsen nach den vor allem von Podwi- sotzky etc. gemachten Angaben geschildert. Diesen kann ich mich durchaus anschliessen. Bei Val. Podwisotzky findet sich auch eine schematische Figur der Schweinezunge mit den Drüsen, die ich hier reproduziere. Eine Zusammenfassung der entwickelungsgeschicht- lichen Tatsachen kann um so eher hier unterlassen werden, weil schon eine Betrachtung der Textfiguren das Wesentliche ergibt. Literatur. Die ausführlichsten Angaben über die Entwickelung der Form der Zunge des Schweines hat Born in seiner bekannten Arbeit über die Derivate der embryonalen Schlundbogen ge- geben. Er stellt sich mit seinen Ausführungen gegen His, auf dessen Ausführungen ich natürlich erst bei der Schilderung der menschlichen Zunge eingehen kann. Born fasst die lr- gebnisse seiner Untersuchungen über die Zungenentwickelung folgendermassen zusammen: „Gegenüber His muss Verfasser hervorheben, dass sich beim Schweine der Körper der Zunge aus einem zwickel- artig zwischen den nach vorn konvergierenden Unterkiefer- fortsätzen der ersten Kiemenbogen, und den nach hinten kon- Beiträge zur Entwickelung der Zunge. 325 vergierenden der zweiten eingeschobenen Felde, das freilich eher den ersten als den zweiten zuzurechnen ist, die Wurzel der Zunge aber nur aus den ventralen Enden der zweiten Kiemenbogen mit dem zwischen den letzteren gelegenen Teile des medianen Längskammes hervorbildet. Aus dem zwischen den letzteren gelegenen Teile des medianen Längskammes bildet sich die Epiglottis, während die ventralen Enden der dritten Kiemenbogen selbst im Wachstum zurückbleiben und bei Em- bryonen von ca. 20 mm Länge als zwei schmale Leistchen gefunden werden, die von der Epiglottis aus quer auf den hinteren Rand der Zungenwurzel auslaufen; später werden dieselben ganz unmerklich.“ Nach den Abbildungen zu urteilen hätte Born ganz gut die Beteiligung der ersten Schlundbogen an dem Körper der Zunge finden können (seitliche Zungenwülste), aber offen- bar hat er zu wenig Stadien untersucht, um ganz genau die Herkunft der Zungenbildner zu erkennen. Die Längsleiste ist auch nicht vollkommen in ihrer Bedeutung für die Zunge, so wenig wie das Tubereulum impar erkannt worden. Wie gesagt, sind die Abbildungen von Born so gut — sie sind nach plastischen Rekonstruktionen gezeichnet —, dass ich sie fast alle als richtig anerkennen kann. Ausgenommen ist nur die Figur 7, die nicht ganz richtig sein kann, und die offenbar der ganzen Darstellung verhängnisvoll geworden ist. Dass der dritte Schlundbogen sich nicht wesentlich an der Zungenbildung beteiligt, hat Born gegenüber His sehr richtig erkannt. In betreff der Herkunft der seitlichen Falten der Epiglottis istBorn auch nicht zu ganz richtigen Ergebnissen gekommen, was zweifellos auch wieder auf die geringe Zahl der untersuchten Exemplare von Embryonen zurückzuführen ist. Dass die Darstellung der Entwickelung der Zunge vom Menschen, die His gegeben hat, falsch ist, ergibt sich schon aus meiner zusammenfassenden Darstellung der Zungenent- 326 E. KALLIUS, wickelung, die ich im Jahre 1901 auf der Anatomenversamm- lung gegeben habe. In allen Lehrbüchern spielen aber die schematischen Figuren von His immer noch eine besondere Rolle, und seine Angaben werden überall ohne Veränderung übernommen. Auf eine gründliche Widerlegung der Hisschen Darstellung kann ich natürlich erst bei der Schilderung des Entwickelungsganges der menschlichen Zunge eingehen. Anhangsweise will ich doch schon hier erwähnen — ob- gleich die Beobachtung ausschliesslich den Menschen be- trifft —, dass Kollmann vortreffliche Bemerkungen über die Entwickelung der Zunge gemacht hat, indem er an einem menschlichen Embryo folgendes beschreibt: „Die beiden Wülste, welche man in der Mittellinie zwischen den Unterkieferfortsätzen wahrnimmt, sind die Anlage für die Zunge. Von jeder Unterkieferhälfte hebt sich ein Teil ab, an- fangs durch eine seichte Furche, welche sich später stets ver- grössert, je mehr sich der Unterkiefer entwickelt. Sie wird zur Bucht zwischen dem Unterkieferbogen und der Zunge. Die mittlere Furche verschwindet dagegen mehr und mehr, ja zu einer bestimmten Zeit scheint sie kaum mehr sichtbar zu sein, weil alle Angaben von einer kleinen Anschwellung der Zunge berichten. Später tritt eine Längsfurche wieder deut- lich hervor, um sich durch das ganze Leben hindurch zu erhalten.“ | | Diese Angaben Kollmanns kann ich also für das Schwein (natürlich auch für den Menschen, davon später) be- stäligen. Weiter sagt er aber nichts über die Entwickelung der Zunge. In seinem Atlas hat Kollmann nicht auf seine früheren Angaben zurückgegriffen, sondern gibt dort die be- kannten Bilder von His. Beiträge zur Entwiekelung der Zunge. 327 Vergleichung. Es ist selbstverständlich, dass jetzt keine vollständige Ver- gleichung der in früheren Arbeiten von mir untersuchten Zungenentwickelung der niederen Wirbeltiere mit den Säuge- tieren gegeben werden kann, da von diesen nur die des Schweines vorliegt. Es wird sich später ausgiebigere Gelegen- heit finden, diesen wichtigen Punkt vollständiger zu gestalten, da ausser einigen anderen Säugetieren auch die Zunge des Menschen eingehend dargestellt werden soll. Immerhin können auch jetzt schon einige Punkte be- sprochen werden, da doch wesentliche und prinzipiell wichtige Fakta durch die Entwickelung der Zunge des Schweines fest- gestellt sind. Aus leicht begreiflichen Gründen knüpfe ich die vergleichen- den Betrachtungen natürlich nicht an die Zunge der Vögel an, sondern an die der Eidechsen. Das Bedeutsame, was sich bei der Ontogenie der Zunge der Reptilien und der Säuge- tiere ergibt, ist, dass sich im grossen und ganzen kein prinzipiell wichtiger Unterschied zwischen der Reptilienzunge und der Schweinezunge findet, wenn man die Schlundbogen- gebiete untersucht, die als Zungenbildner in Betracht kommen. Bei der Entwickelung der Reptilienzunge kann man be- obachten, dass vom ersten Schlundbogen in ähnlicher Weise wie bei dem untersuchten Säugetier die seitlichen Zungen- wülste abgegliedert werden, um einen sehr beträchtlichen Teil des Zungenkörpers und der Spitze zu liefern. Zwischen ihren hinteren divergierenden Enden liegt das Tuberculum impar. Bei der Eidechse konnte nachgewiesen werden, dass es inter- branchial entsteht, und zwar zwischen dem aboralen Ende der ersten Schlundbogen und der Einstülpung der medianen Thyreoideaanlage. Genau in derselben Weise sehen wir es beim Schwein auftreten — auch hier liegt es am hinteren Rande 328 E. KALLIUS, der ersten Schlundbogen, wo sie in der Mittellinie zusammen- stossen und auch hier befindet sich an dem aboralen Rande des Tuberculum impar die mediane Thyreoideaanlage. Es wird auch hier zwischen die divergierenden hinteren Enden der seitlichen Zungenwülste gefasst, und wenn man die Text- figur 16 vom erwachsenen Schweine mit der Textfigur 53 in der Arbeit der Eidechsenzunge (S. 741) vergleicht, dann wird die Ähnlichkeit ohne weiteres in die Augen springen. Von der unwichtigen Besonderheit der gespaltenen Spitze der Eidechsenzunge kann hier vollkommen abgesehen werden, weil diese aus einem gesonderten Vorwachsen der seitlichen Zungen- wülste leicht verstanden werden kann. Zudem hat auch damit die Schweinezunge in der Entwickelung eine gewisse Ähnlich- keit, weil eine Einkerbung auch hier an der Spitze beschrieben wurde (cf. S.209 dieser Arbeit). Der hintere Teil der Eidechsen- zunge zeigt allerdings einige Besonderheiten. So ist die Zunge gegen den Kehlkopf so scharf abgegrenzt, wie es selten bei Säugetieren beobachtet wird, und ausserdem sind bei der Eidechse die bekannten hinteren seitlichen Hervorragungen be- merkenswert, die beim Säugetier nicht vorkommen. Bei der Untersuchung des Entwickelungsganges der Eidechsenzunge wurde erkannt, dass sich mediale Teile des zweiten und sicher auch des dritten Schlundbogens an der Zusammensetzung des hinteren Zungenabschnittes beteiligen. Beim Schweine wurde darauf hingewiesen, dass der hintere Abschnitt der Zunge (Zungengrund), der von der Gegend der Papillae vallatae zu dem Frenulum epiglottidis reicht, ganz ausschliesslich von den medialen Abschnitten des zweiten Schlundbogens ge- bildet wird, und dass der dritte Schlundbogen höchstens für die seitlich vom Aditus laryngis gelegenen Teile des Mund- bodens in Frage kommt. Das würde also heissen, dass die hintere Grenze der Bidechsenzunge nicht vollständig mit der hinteren Grenze der Schweinezunge übereinstimmt, indem Beiträge zur Entwickelung der Zunge. 329 letztere dort um einen — allerdings nur geringen — Anteil des dritten Schlundhbogens verkürzt ist. Zur Erklärung dieser Unterschiede darf man wohl sicher zurückgreifen auf die Tatsache, auf die zuerst Gegenbaur nach vergleichend anatomischen Beobachtungen nachdrücklich aufmerksam gemacht hat, und auf die ich auch in mehreren entwickelungsgeschichtlichen Arbeiten hinweisen konnte, näm- lich auf das allmähliche Emporrücken des Larynx in aboral- oraler Richtung. Dieser hat dann mit der Epiglottis dem gering- fügigen Rest des dritten Schlundbogens den medianen Platz streitig gemacht, so dass er beim Säugetier nicht mehr in der Lage war, sich an der Bildung des Zungengrundes zu beteiligen. In Wirklichkeit handelt es sich hier auch um geringe Abschnitte und Ausdehnungen dieses Bogens — immerhin darf man sie doch nicht bei einer möglichst sorgfältigen Vergleichung ausser acht lassen. So ergibt sich aus der Vergleichung des Entwickelungs- ganges der äusseren Form der Zunge der beiden Wirbeltier- formen, dass bei der Ausbildung des vorderen Teiles der Zunge keine prinzipiellen Unterschiede bestehen, dass im hintersten Abschnitte, man darf wohl sagen, eine Reduktion der Zunge der Säugetiere stattgefunden hat, da der dritte Schlundbogen sich bei ihnen nicht mehr an der Bildung des eigentlichen Zungengrundes beteiligt. Dafür kann man wohl mit Recht das Höherrücken des Larynx verantwortlich machen. Natürlich soll mit diesen Ausführungen nicht gesagt werden, dass die Säugetiere eine Zunge hätten, die direkt von der Eidechsenzunge ableitbar wäre, sondern nur, dass die Eidechsen- zunge in prinzipiell ähnlicher Weise sich entwickelt wie die Säugetierzunge, dass also beide Zungen homologen Entwicke- lungsgang haben (mit Ausnahme des hintersten Teiles). Dass damit die Gegenbaursche Theorie von der Entstehung der Säugetierzunge ganz unhaltbar geworden ist, habe ich früher 330 E. KALLIUS, schon angegeben, und das ist auch absolut klar und deutlich in den Arbeiten und Besprechungen Oppels in den Ergebnissen zum Ausdruck gekommen, der durch Vergleichung der fertigen Formen zu Anschauungen kam, die vollständig mit meinen eigenen übereinstimmen. In den Tatsachen, die die Entwicke- ‚lungsgeschichte lehrt, sehe ich einen höchst bedeutsamen Er- folg für die Beurteilung phylogenetischer Probleme, der ja allerdings immer noch um die Anerkennung kämpfen muss. Trotz dieser „Homologie‘ der Entwickelung der Reptilien- und Säugetierzunge ist es interessant genug zu beobachten, dass niemals ein Entwickelungsstadium zu finden ist, in dem etwa die Eidechsenzungenanlage wie die des Schweines aus- sähe | Für den Kenner ist jedes Stadium der Eidechsenzunge ohne Schwierigkeit als solches zu diagnostizieren, ebenso wie die Schweinezunge so charakteristisch ist, dass sie in allen Stadien ohne Schwierigkeit identifiziert werden kann. Es wäre ja auch sonderbar, wenn es anders wäre, denn wir kennen ja allmählich die spezifische Art der individuellen Entwicke- lung. Trotzdem können wir aufrecht erhalten, dass so grosse Ähnlichkeiten in dem wesentlichen bestehen, dass wir in der Eidechsenzunge und der Schweinezunge homologe Bildungen vor uns haben, so weit zunächst die äussere Form in ihrer Zusammensetzung aus bestimmten Komponenten embryonalen Materiales in Frage kommt. Die Besonderheiten, durch die sich die Zungen unter- scheiden, sind oben erwähnt. Ich lasse auch bei dieser kurzen Darstellung absichtlich wichtige Punkte fort, weil ich die Vergrösserung des Säugetiermateriales für wünschenswert halte. Von dem Tuberculum impar, dessen Erscheinung soviel Interessantes zeigt, ist in meinen früheren Arbeiten über die Zunge bereits vielerlei gesagt worden, das Bestätigung und Erweiterung in dieser Arbeit findet. Ich muss mir versagen, Beiträge zur Entwickelung der Zunge. 331 das alles hier noch so auszuführen, wie es die Wichtigkeit des Problems verdient, da ich an anderen Säugetierspecies noch seine Genese vergleichen will. Nur darauf möchte ich aufmerksam machen, dass beim Schweine an dem Tuberculum besonders deütlich wird, dass es aus einem medianen Teile und zwei seitlichen Spitzen besteht, die sich in die ersten Schlundtaschen hineinschieben. Dass diese Formation in Ein- klang gebracht werden kann mit der Auffassung von diesem Tuberculum als Teil eines Schlundbogens, der zwischen dem ersten und zweiten gelagert war und in typischer Form ver- loren gegangen ist, scheint mir annehmbar, aber auch auf diesen Punkt kann ich noch nicht so vollständig eingehen, dass er ganz erklärt wird, weil ich noch weiteres Material zur Begründung gebrauche. Bei der Vergleichung des Zungenbeinapparates sind manche Schwierigkeiten, die hier aber jetzt nicht ausführlich dar- gestellt werden sollen, da die vorzügliche Arbeit von Gaupp alles bekannte kritisch beurteilt, und im wesentlichen auf seine Angaben. verwiesen werden kann. Was zunächst das Cornu hyale anlangt, so sieht man an ihm die bekannte Gliede- rung, die dann deutlich wird, wenn die Knorpelgrundsubstanz eine gute Abgrenzung erlaubt. Im vorknorpeligen Stadium sind die Anlagen einheitlich. Man pflegt an ihm ein Hypohyale, Keratohyale, Stylohyale und Tympanohyale zu unterscheiden. Das Tympanohyale ist der Teil, der bei älteren Embryonen kontinuierlich mit der Ohrgegend des Schädels zusammen- hängt und beim ausgebildeten Tier mit einem schwachen Band, mit dem cranialen Ende des Cornu hyale verbunden ist. Als Stylohyale müsste dann der lange — teilweise verknöcherte — Stab aufgefasst werden, dessen distale Grenze an der Text- figur 31 mit a bezeichnet ist, aufgefasst werden. Keratohyale wäre dann der knorpelige Teil, der von a bis b reicht, wo 332 E. KALLIUS, Beiträge zur Entwickelung der Zunge. alsdann ein Band seinen Anfang nimmt, das zum kurzen Hypohyale reicht, das verknöchert ist, und auf dem Körper des Zungenbeins aufsitzt. Das Cornu branchiale lässt keine besonderen Gliederungen weder im embryonalen Zustand noch beim Erwachsenen erkennen, denn dass dort eine aboral der verknöcherten Spange aufsitzende Knorpelkappe als besonderer Abschnitt aufzufassen wäre, kann ich nicht zugeben. Zu dem Cornu branchiale gehört die Copula, die ja auch beim aus- gebildeten Tier noch Andeutungen der Trennung zeigt. Ich kann eine abschliessende Darstellung der Morphologie des Zungenbeinapparates erst geben, wenn noch mehr Säuge- tierformen untersucht sınd. Dass das Septum der Zunge der Säugetiere samt den darin vorkommenden skeletähnlichen Bildungen mit dem Glossohyale der Reptilien zu vergleichen ist, erscheint mir. durchaus wahrscheinlich. Greifswald, den 16. November 1909. Erklärung der Tafelfiguren. Sämtliche Abbildungen sind vom Schwein '). Fig. 1. Rekonstruktion des Mundbodens von Stadium I. bei 60 facher Ver- grösserung angefertigt, bei der Zeichnung um die Hälfte verkleinert. Der erste Schlundbogen ist nicht bezeichnet, da er nicht vollständig übersehen werden kann. Mit dem Stern ist auf der rechten Seite die Ansatzstelle der Rachen- membran markiert, die am ersten Schlundbogen befestigt ist und von dort nach oben, in der Zeichnung nach vorn, an den Kopf heranzieht, an dem die Hypophysentasche median zu sehen ist. II., III., IV. Schlundbogen, die durch die entsprechenden Taschen voneinander getrennt sind. In der Mittellinie sind an dem zweiten Schlundbogen die beiden Anlagen der medianen Thyreoidea zu sehen. H-Herzwulst. Fig. 2. Rekonstruktion des Mundbodens von Stadium II bei 60 facher Vergrösserung angefertigt und bei 30 facher gezeichnet. Die Rachenmembran ist durchgerissen, I.—IV. Schlundbogen, die alle aboral von den entsprechenden Schlundtaschen begrenzt werden. Mit dem Stern ist rechts die noch sichtbare Ansatzstelle der Rachenmembran bestimmt, die als eine Leiste deutlich ist. Vom zweiten Bogen an ist median eine Erhebung zu sehen, die als Copula aufgefasst werden muss, an deren vorderem Rande die paarige Anlage der medianen Thyreoidea durch zwei Punkte markiert ist. Da wo die Copula hinten zweizipflig aufhört, ist der Herzwulst (H) zu sehen, der gegen das vorige Stadium wesentlich kleiner geworden ist. Fig. 3. Rekonstruktion des Mundbodens von Stadium bei 60 facher Ver- grösserung angefertigt, bei 30 facher gezeichnet. 1.—IV. Schlundbogen, die durch die entsprechenden Schlundtaschen aboral begrenzt werden. Die ersten beiden Bogen haben sich wesentlich verbreitert, die sechsten beginnen sich zu den Arytänoidwülsten umzubilden, zwischen ihnen ist der bisher sichtbare Herz- wulst vollkommen verschwunden. Unmittelbar vor der Copula der zweiten Schlundbogen liegt das jetzt eben sichtbare Tuberculum impar (T. i.), !) Als weitere Erläuterung dienen die schematischen Textfiguren 1—16, aus denen die Zungenbildner deutlich zu ersehen sind. Um die Bilder nicht zu zerstören, sind Bezeichnungen möglichst sparsam gebraucht. 334 Erklärung der Tafelfiguren. seine beiden vorderen Zipfel schieben sich an den ersten Schlundtaschen entlang. Hinter ihm liegt die nun unpaare mediane Thyreoideaanlage. Fig. 4. Rekonstruktion des Mundbodens vom Stadium V., angefertigt bei 60facher Vergrösserung, bei 30 facher gezeichnet. Deutliche Vorwölbung der ersten Schlundbogen, während die übrigen ziemlich gleichmässig entwickelt sind. Vor der sehr schön entwickelten Copula liegt das Tubereulum impar, dessen seitliche Zipfel ohne Grenze an die ersten Schlundbogen angelagert sind, das aber nicht bezeichnet ist, da es sehr deutlich ist. Es hängt mit seiner hinteren Spitze ohne Grenze mit der Copula zusammen, da die mediane Thyreo- ideaanlage nicht mehr zu sehen ist, weil sie keine Verbindung mehr mit dem Epithel des Mundbodens hat. Fig. 5. Rekonstruktion des Mundbodens von Stadium VI., angefertigt bei 60 facher, gezeichnet bei 30facher Vergrösserung. Die Schlundbogen sind mit L—VI. bezeichnet. Die vierten Schlundtaschen sind nur angedeutet. Die ersten Schlundbogen haben sich im Durchmesser von vorn nach hinten stark verbreitert, und sind in der Mitte durch eine tiefe Furche getrennt, an der die medialen Vorwölbungen schon als erste Anlagen der seitlichen Zungenwülste zu erkennen sind. Das dreiseitige, gut entwickelte Tuberculum impar hängt mit der Copula zusammen, die einen besonders grossen Buckel in der Gegend der vierten Schlundbogen aufweist. Fig. 6. Rekonstruktion des Mundbodens von Stadium IX., angefertigt bei 60facher Vergrösserung, bei 30facher gezeichnet. I.—V1.Schlundbogen. Besondere Veränderung zeigt die Gestalt der ersten Schlundbogen, deren seitliche Zungen- wülste neben dem medianen Spalt deutlich hervorragen. Das Tuberculum impar hat seine Form auch erheblich verändert, indem es mit seiner Spitze sich zwischen die ersten beiden ‚Schlundbogen vorschiebt. Seine seitlichen Zipfel sind am vorderen Rande der ersten Schlundtasche deutlich zu erkennen, seine hintere abgestutzte Form zeigt die Textfigur. An das Tuberculum legt sich die Copula an, die immer noch mit einem deutlichen Buckel nach hinten vorragt. Die übrigen Schlundbogen zeigen keine erhebliche Veränderung. Fig. 7. Rekonstruktion des Mundbodens von Stadium X., angefertigt bei 60 facher Vergrösserung, gezeichnet bei 30facher. Die wesentlichen Verände- rungen betreffen das Tuberculum impar und die ersten Schlundbogen. Diese letzteren sind sehr breit geworden und zeigen deutlich die sich immer mehr absetzenden seitlichen Zungenwülste. Das Tubereulum hat sich hier an den ‚oralen Rand der ersten Bogen mit seiner Spitze vorgeschoben, so dass diese bei der Ansicht eine kleine mediane Prominenz bildet. Auch seitlich sind die Zipfel des Tubereulum wesentlich vorgewachsen. Seine hintere Grenze liegt ungefähr in der Verbindungslinie der medialen Enden der ersten Schlund- taschen. Bei dieser Stelle schliesst sich die Copula unmittelbar an, die ebenso wie das Tubereulum eine mediane flache Leiste erkennen lässt. Die zweiten Bogen sind noch sehr gut eutwickelt, während die übrigen sich stark zurück- gebildet haben, und die Arytänoidwülste immer deutlicher den Aditus laryngis begrenzen. Fig. 8. Rekonstruktion des Mundbodens von Stadium XI., angefertigt bei 60 facher Vergrösserung, gezeichnet bei 30facher. Sehr auffallend ist die be- Erklärung der Tafelfiguren. 335 trächtliche Verbreiterung der ersten Schlundbogen. Die seitlichen Zungenwülste legen sich an das Tubereulum impar an und werden von den ersten Schlund- bogen jetzt durch eine deutliche Furche, die orale seitliche Grenzfurche der Zunge, abgegrenzt. Diese endet hinten in einem Buckel (da wo auf der rechten Seite der Figur 1 steht, erste Schlundtasche), der zugleich den seitlichen Zipfel des mächtig entwickelten Tuberculum impar angibt. Dieses lässt eine deutliche mediane Promimenz erkennen, die sich aus der Leiste des vorigen Stadiums entwickelt hat. (Die Grenzen des Tuberculum sind aus der Textfigur leicht zu entnehmen). Im Gebiet der zweiten und dritten Schlundbogen sind sehr be- deutsame Veränderungen aufgetreten. Während im vorigen Stadium diese Schlundbogen in ihren medianen Partien ziemlich planiert waren, sind hier neue Furchen aufgetreten, die auf der linken Seite der Abbildung mit * und ** bezeichnet sind. Diese Furchen hängen mit der Abgrenzung der beiden Teile der Epiglottis zusammen (cf. Text)’ die in ihren charakteristischen embryonalen Formen hier schon ganz deutlich zu erkennen ist. Die Furchen haben keine Beziehungen zu den bisher vorhandenen Schlundtaschen. Dadurch bekommt der zweite und dritte Schlundbogen andere Abgrenzungen als bisher und aus diesem bedeutsamen Stadium wird schon klar, dass der dritte Bogen so gut wie gar nicht als Zungenbildner in Betracht kommt. Die Epiglottis, deren höchste Stelle annähernd mit der Prominenz der Copula des vorigen Stadiums zusammenfällt, überragt bei dieser Ansicht etwas die Arytänoid- wülste. 1 und 2, erste und zweite Schlundtasche. Fig‘ 9. Rekonstruktion des Mundbodens von Stadium XIII., angefertigt bei 60 facher Vergrösserung, gezeichnet bei 30facher. Wegen der schon ziemlich starken Biegung des Mundbodens sind die hinteren Partien mit der Epiglottis (E) und dem Aditus laryngis (L) etwas verkürzt gezeichnet. Die vordere Zungengrenze ist aufgetreten und nun sind die seitlichen Zungenwülste voll- ständig von den ersten Schlundbogen abgetrennt. Da wo die beiden Bogen sich vor der Spitze des Tuberculum impar zusammengelegt haben, ist eine kleine mediane Einkerbung der Zungenanlage zu sehen. Das Tubereulum impar (cf. Textfigur 7) hat eine mediane Leiste, die hier zur Epiglottis hinragt. 1., II. Schlundbogen, 1. — erste Schlundtasche, in die der Buckel des Tuberculum hineinragt. Im Gebiete des zweiten Schlundbogens tritt an der mit einem Kreuz- chen bezeichneten Stelle eine Furche auf, die den späteren Seitenrand der Zunge andeutet. Der zweite Schlundbogen ist durch eine tiefe Furche von der Epi- glottis abgetrennt; diese ist aber nicht, wie beim vorigen Stadium ausdrücklich betont wurde, die zweite Schlundtasche. Fig. 10. Direkte Zeichnung nach einem fixierten Präparat (Zenkersche FI.) vom Mundboden des Stadium XIV. bei ungefähr 32facher Vergrösserung. Der Unterkieferrand lässt vier kleine Hervorragungen erkennen, die sich aus denen des vorigen Stadiums, wo sie allerdings viel geringer entwickelt waren, leicht ableiten lassen. Die Zunge hat vorn eine leichte Einkerbung, die Abgrenzung ist im vorderen Teil ganz scharf bis zu der kleinen buckelförmigen Hervor- ragung am Beginn des letzten Drittels der Zunge. Dort ist die Stelle, die im vorigen Stadium so mächtig prominierte (Anlage der Papilla foliata). Von da ab nach hinten ist die Abgrenzung des Seitenrandes der Zunge weniger 336 Erklärung der Tafelfiguren. deutlich, immerhin aber gut erkennbar. Die Reliefbildunger auf dem Rücken der Zunge sind im Texte genauer beschrieben. Die Epiglottis und der Kehlkopf haben ihre typische embryonale Form. Fig. 11. Zeichnung nach einem fixierten Präparat vom Mundboden des Stadium XVI. bei ca. 35facher Vergrösserung. Der Unterkieferkontur lässt nur noch zwei mediane Buckel erkennen, die beiden im vorigen Stadium daneben liegenden rundlichen Bildungen sind auf die Mundhöhlenseite des Unterkiefers übergetreten und liegen als rundliche Leisten neben der Zunge. Die Zunge ist deutlich verschmälert, alle Hauptpunkte, die am vorigen Stadium erwähnt wurden (Anlagen der Papilla foliata, Oberflächenbildungen auf dem Rücken der Zunge), sind wieder zu erkennen. Der hintere "Teil der Zunge ist seitlich wenig deutlich abzugrenzen, wohl weil bei der Präparation gerade diese Teile hier etwas stark auseinandergebogen werden mussten, um die Gebiete des Mundbodens deutlich zu machen. P.f. — Anlage der Papilla foliata. Fig. 12. Zeichnung nach einem fixierten Präparat vom Mundboden des Stadium XVII. Die Form der Zunge ist dem vorigen Stadium sehr ähnlich, ob- gleich die Zunge mit dem Unterkiefer beträchtlich vorgewachsen ist, was aber nicht, wegen der geringeren Vergrösserung, so sehr in die Augen fällt. An Stelle der Reliefierungen hinter dem prominenten Buckel des Tuberculum impar (cf. Textfigur 10), sind jetzt die ersten Anlagen der Papillae vallatae sichtbar geworden. Lateral von ihnen am Zungenrande liegen die bei dieser Ansicht eben noch erkennbaren Papillae foliatae. Der Kehlkopf hat noch die typische embryonale Form. Fig. 13. Zeichnung nach einem fixierten Präparat vom Mundboden von Stadium XVII. bei 16facher Vergrösserung. Die Zunge ist allseitig wohl abge- grenzt, z. T. schon deutlich über die Unterlage hinausgewachsen. Jetzt siud vor allem auch der Zungengrund gut abgegrenzt, die Papillae vallatae deutlich und die Hervorragung der Anlage der Papilla foliata am Seitenrand der Zunge in der Höhe der Papillae vallatae noch gut zu erkennen. Die Kerbe an der Zungenspitze ist ganz deutlich, ebenso die Einkerbuug der Spitze des stark vorwachsenden Unterkiefers. Die früher besprochenen Erhebungen am Seiten- rand der Zunge auf dem Unterkiefer sind zu länglichen Leisten umgewandelt, wie sie schon in der Abbildung 11 anfingen. Der Kehldeckel ist sehr volumi- nös, die Arytänoidwülste sind aber deutlich geschrumpft und nähern sich den definitiven Verhältnissen. Fig. 14. Zeichnung nach einem fixierten Präparat vom Mundboden von Stadium XXVI. bei ca. 16 facher Vergrösserung. Die Spitze des Unterkiefers zeigt keine Einkerbung mehr in der Mitte. Auch die stark verschmälerte Spitze der Zunge ist gleichmässig gerundet und liegt eine ganze Strecke hinter der Spitze des Unterkiefers. Die Vertiefungen neben dem Seitenrand der Zunge wurden von den @Gaumenfortsätzen eingenommen. Die Stelle der Papilla foliata ragt am Seitenrand nicht mehr hervor, und ist nur durch eine leichte Einkerbung in der Höhe der Papillae vallatae zu erkennen. Der Körper der Zunge zeigt eine leichte Vertiefung, die von dem Nasenseptum erzeugt ist. Fig. 15. Zeichnung nach einem fixierten Präparat vom Mundboden des Stadium XXVII. bei ca. 6 (acher Vergrösserung, Die Zunge ist mit dem Unterkiefer Erklärung der Tafelfiguren. 337 stark nach vorn gewachsen. Beide haben sich deutlich zugespitzt. Doch ist die Gestalt der Zunge gegen das vorige Stadium nicht wesentlich verändert, nur der Zungengrund zeigt bei der stark veränderten Epiglottis die Einfaltungen, die im Text genauer beschrieben sind, und die wohl mit der Umgestaltung der Epiglottis zusammenhängen. Papillae foliatae sind am Seitenrand der Zunge in der Höhe der woblentwickelten Papillae vallatae angedeutet. Die Anlagen der Papillae fungiformes im Gebiete des Tuberculum impar und des Zungen- grundes sind sehr deutlich. Fig. 16. Zeichnung nach einem fixierten Präparat vom Mundboden von Stadium XXX. Die Zunge, die etwas den dadurch unsichtbaren Rand des Unterkiefers überragt, hat eine breitere Spitze bekommen. Die Mitte des Zungenkörpers ragt leistenförmig hervor und ist von der Form des defini- tiven Gaumens beeinflusst. Die Papillae foliatae sind wegen des über die Befestigungsstelle am Mundboden starken Herauswachsens des Seitenrandes nicht zu erkennen. Dagegen sind die Papillae vallatae sehr deutlich. Die Papillen am Zungengrund sind zu spitzen, zottenähnlichen Gebilden ge- worden, während die vorderen Papillen rundliche Form haben und die ganze Spitze bedecken. Die hintere Grenze des Zungengrundes sieht der der er- wachsenen Zunge sehr ähnlich. Die stark verkleinerte Epiglottis ist zu- sammengebogen. Fig. 17. Abbildung des Mundbodens vom neugeborenen Ferkel bei natür- licher Grösse gezeichnet. Die Zungenspitze hat gegen das vorige Stadium eine Verschmälerung und Zuspitzung erfahren. An dem vorderen zugespitzten Seitenrande der Zunge sind grosse Büschel von frei vorragenden Zotten ent- standen, die aber die vorderste Spitze frei lassen Der dahinter liegende Teil der Zunge ist von Papillae fungiformes besetzt. Noch immer ragt die Mitte der Zunge leistenartig vor. Der Zungenrand ist deutlich gewellt. Der Zungen- grund zeigt die vorher schon deutlichen Zotten. Die Epiglottis ist stark von rechts nach links zusammengebogen, so dass der Aditus laryngis spaltförmig ist. Fig. 18. Abbildung des Mundbodens des erwachsenen Schweines, um '/s ver- kleinert. Auch bei Vergleichung dieser Zeichnung mit der vorigen ist ersicht- lich, dass das Verwachsen der Zunge und des Unterkiefers anch nach der Geburt noch anhält. Zugleich ist die Zunge im vorderen Teile verschmälert, die Papillen von zottenartiger Form sind verschwunden. Mit Ausnahme der Spitze ist die Zunge überall annähernd gleich breit. Die Randkonturen laufen in entsprechenden Wellenlinien, wie bei der vorigen Zunge. Die mittleren Teile der Zungenoberfläche sind frei von Papillen (ungefähr das Gebiet des Tuber- culum impar). Die parallelen Furchen an dem vorderen Teile der Zunge sind Eindrücke von den Gaumenleisten. Die Epiglottis hat sich sehr wesentlich gegen das vorige Stadium verändert, wodurch die Öffnung des Aditus laryngis breiter geworden ist. Die Lage der Papilla foliata ist nicht zu sehen, sie be- findet sich da. wo in der Höhe der Papillae vallatae am Zungenrande die kleine Einziehung ist. ) 4 1 27 a Fer Fa N Ra, a eu ir tun W DR Li) ARSUN TEN" ul en ee U ni 7: 2 ‚ll Au Y3 HR ET AR ET beafpk 5 Bu Ji Di e IR ET der che he. ld ix Der, un u u av Ku, ENT Hl ball wi al 1 ll u N in? ar kapızi PL A 5 uf as aaa faul ADaNITE 27 S Baus Mu De wi Bl a WOLF 2 in Kanal 1. ö in: NN Par eg 7. tale] A a f hing u, ie ie R a A u N) u: ANTERD DR Buula Nr R I; u te Da ein hal @: SEIN le A a, ALTEN N or I vl Ge u 5 Y% u ri ur et, Kul SEN jet alu ee at Blau ana Ve au Tree En n Al UM, VER 2 Da TEE Yale HN 5 ML we. g Din ar ua Pal TR En Sun A Aal gi are n!) i I Ne N} au, zu PE arı Ab a Ho‘ lie) me ip; N TION TEL PRBRS FEN I: RU U PELT EA LEERE ERBEN TE am . fe are DR aan ua la Dr BR ia hu kuss Bn lag (en AuMPaTL: ee ar" er RR 4m 1 u 2 i nl) Pa LEN Fa BT a In hy She ud Ir er IE Ar SEEN Au wir ll Dh. Ahr I, N Tue Ber. 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Mit einer farbigen Textfigur und 2 Figuren auf Tafel 12. DD 88) Anatomische Hefte. I. Abteilung. 125. Heft (41. Bd., H. 3). en m Bi Va TI Man U rrenajRe Mer F 7 a a er Ball 7 er ' n . | wer KASRRANDIDTENE ira Pr Av BB. Bet ee Fl) 2 120 Ver e £ u P 12 a : x Falas ee REST ABB VE 0 ae Einleitune. Die vergleichende Anatomie der Placenta ist ohne Zweifel ein zur Zeit in lebhafter Diskussion stehendes Forschungsgebiet der Morphologie. Bei der Bearbeitung der verschiedenen Pla- centarformen sind zahlreiche Forscher tätig gewesen, so dass seit einer Reihe von Jahren ein erhebliches Material gefördert worden ist und wir jetzt über eine wenn auch noch lücken- halte, so doch schon recht in die Breite, weniger in die Tiefe gehende Kenntnis des Aufbaues der Säugetierplacenta verfügen. Die neueren Untersuchungen haben nun ergeben, dass die Placentarformen in den verschiedenen Säugetierreihen mehr Unterschiede aufweisen, als man früher anzunehmen geneigt war; Tiere, die systematisch einander nahestehen, können durchaus verschiedene Placentartypen aufweisen. Ein Beispiel neben anderen bietet das Studium der Affenplacenta, zu dem auch vorliegende Arbeit einen Beitrag liefern soll. Verwiesen mag ferner werden auf Tarsius spectrum, der von vielen Zoologen zu den Halbaffen gerechnet wird, jedoch nicht wie letztere eine Placenta diffusa, sondern eine Placenta discoidalis besitzt. Diese Beispiele liessen sich leicht durch andere ver- mehren. Eine exakte Einteilung der bis jetzt bekannten Typen von Placenten kann deshalb nicht auf die Systematik Rück- 22* 342 WASSA KLEIN, sicht nehmen, sondern muss andere Unterscheidungsmerkmale heranziehen. Nach dem Vorgang von Strahl teilt man die Placenten in Halbplacenten, solche, bei deren Ausstossung mütterliche Gefässe inter oder post partum nicht eröffnet zu werden brauchen, und Vollplacenten, bei denen letzteres in mehr oder weniger hohem Masse geschieht. Diese beiden Hauptgruppen zerfallen dann noch in mehrere Unterabteilungen, die wir hier nicht näher aufführen wollen !). Ebenso verschieden wie die Placentarform ist das Ver- halten der Uteri post partum bei der puerperalen Involution, über welche in den letzten Jahren eine Reihe von Arbeiten erschienen ist, so dass wir heute bei einer Anzahl von Säuge- tieren die Rückbildungserscheinungen leidlich übersehen können. Während denjenigen Autoren, welche die puerperale Involution von Tieruteris bearbeitet haben, zumeist grössere Reihen von Tragsäcken aus den verschiedensten Phasen und Zeiten der Rückbildung zur Verfügung standen, ist das, was wir an Kenntnissen von dem puerperalen Uterus des Menschen haben, auf anderem Wege gewonnen. Hier kommt das Material nur selten in grösserer Menge in eine Hand, und die Gesamt- kenntnis, welche wir bis dahin auf diesem Gebiete gewonnen haben, beruht auf den Ergebnissen des Zusammenarbeitens einer grösseren Zahl von Forschern. Was wir zurzeit über die puerperale Involution der Affen- placenta wissen, ist erklärlicherweise wegen des schwer zu beschaffenden Materials sehr gering. Von den Halbaffen ist Tarsius von Strahl und Kurz, von den Primaten Cercocebus cynomolgus von Hubrecht und van Herweden näher untersucht worden. Aus deren Ergebnissen müssen wir ') Vgl. Strahl im Handbuch der Entwickelungsgeschichte v. Hertwig, s. a. Grossers Lehrbuch der vergl. Anatom. u. Entwickelgsgesch. d. Eih. u. Plac. (1908.) Beitrag zur Kenntnis der Mycetesplacenta. 343 schliessen, dass die Rückbildungsverhältnisse bei den genannten Uteris prinzipiell voneinander abweichen. Unser Wunsch für das ganze Gebiet muss selbstverständ- lich sein, auf möglichst breiter Unterlage von vergleichend anatomischem Material arbeiten zu können. In diesem Sinne stellte mir deshalb Herr Prof. Strahl aus seiner Sammlung eine Reihe puerperaler Uteri von Mycetes seniculus, einer Species der amerikanischen Brüllaffen, zur Verfügung, da der- selbe in dieser Beziehung noch nicht bearbeitet worden ist. Es ergab sich jedoch bald aus unserer Voruntersuchung, dass es wünschenswert erschien, genauer als es an dem bisher veröffentlichten Material geschehen war, sich über die Art und Weise der Verbindung der Mycetesplacenta mit der Uterus- wand zu informieren. Ich habe das an einer Anzahl mir für diesen Zweck von Herrn Prof. Strahl überlassener Üteri versucht und möchte die Ergebnisse dieser Arbeit im folgenden mitteilen. Sie sollen als Vorarbeit für die andere über die puerperale Involution dienen, welche letztere wir einstweilen zurückstellen. Zum Verständnis des folgenden lohnt es sich, mit ein paar Worten auf das einzugehen, was die Erforschung der Primaten- placenta bisher ergeben hat. Im allgemeinen kann man die Placenta discoidalis als die typische Form bezeichnen; wir finden sie sowohl bei den Affen der neuen Welt, den Catar- rhinen, wie bei den Affen der neuen Welt, den Platyr- rhinen. Bei den niederstehenden Formen der Catarrhinen werden entsprechend der doppelten Implantation des Be- fruchteten Eies an gegenüberliegenden Flächen der UÜterus- schleimhaut zwei Zottenfelder und dementsprechend zwei dis- coidale Placenten gebildet. Bei den höherstehenden Familien der Catarrhinen findet dagegen einfache Implantation und Bil- dung einer einfachen discoidalen Placenta statt, die bei den Anthropoiden in ihrem Bau am meisten der menschlichen Pla- 344 WASSA KLEIN, centa ähnelt, insbesondere eine vollständige Decidua capsu- laris besitzt. Bei den Platyrrhinen finden wir, soweit diese untersucht sind, teilweise ebenfalls eine einfache discoidale Placenta (Mycetes) und eine Deeidua capsularis incompleta (wenigstens bei den reifen Formen). Eine doppelt-discoidale Placenta kommt dagegen nach Strahl bei Cebus vor. Leider verfügen wir bis heute noch nicht über jüngere Stadien der Primatenplacenta als die für den Menschen bekannt gewordenen, so dass Analogieschlüsse in bezug auf Implantationsvorgänge vom Affen noch nicht auf den Menschen übertragen werden konnten. Unsere Arbeit beschäftigt sich, wie schon bemerkt, mit der Placenta von Mycetes seniculus, eines zu den Platyrrhinen gehörigen südamerikanischen Affen. Dank günstiger Umstände lag für die Bearbeitung der Mycetesplacenta ein Material gut konservierter gravider Uteri vor, das, wenn auch noch lücken- haft, so doch viel vollständiger ist, als eines der bisher von Affenplacenten bearbeiteten. Strahlund Happe haben schon vor einigen Jahren über die Placenta von Mycetes seniculus Mitteilungen gemacht (Über die Placenta der Schwanzaffen, Wiesbaden, €. W. Kreidels Verlag 1905). An einer grösseren Zahl von Uteris aus verschiedenen Entwickelungsstadien haben genannte Forscher eine wenigstens allgemeine Übersicht über die histologischen Bauverhältnisse dieser Placenten gegeben, während bis dahin über den macroscopischen Bau nur wenig durch ältere Autoren nachgewiesen war. Leider fehlen auch in dieser Entwickelungsreihe die jüngsten Stadien, so dass wichtige Fragen betr. des Syneytiums, der Decidua capsularıs incom- pleta und der Bildung des intervillösen Raumes nicht mit völliger Sicherheit gelöst werden können. Strahl und Happe konnten zeigen, dass die discoidale Placenta in der Regel eine einfache ist, dass aber ausnahms- weise auch doppelt scheibenförmige Placenten vorkommen Beitrag zur Kenntnis der Mycetesplacenta. 345 können, was einen älteren Befund von Schroeder v. d. Kolk bestätigte !). Die Placentarform stimmt mit der aller anderen bisher untersuchten Affen insofern überein, als ihr mütterlicher Teil aus einem grossen Blutsinus besteht, in den die Zotten hineinhängen; nach der von Strahl inaugurierten Terminologie wäre diese Form den „Topfplacenten“ zuzurechnen (Placenta discoidalis olliformis). Ein wesentlicher Unterschied im Aufbau dieser Placenta, der es ermöglicht, auf Schnitt- präparaten meist ohne Schwierigkeit von anderen bisher unter- suchten Formen der „Topfplacenten“ zu unterscheiden, liegt in der Anordnung der Zotten. Diese werden als netzförmig ver- zweigt und ausgesprochen gitterförmig beschrieben, und zwar nimmt an der Verzweigung nach Strahl und Happe das Syneytium sowie der mesodermale Grundstock der Zotten teil. Strahl und Happe haben diese Form der Placenta als eine Überleitung der Labyrinth- zur Topfplacenta bezeichnet. Ge- nannte Autoren machen jedoch darauf aufmerksam, „dass die Eigenart der Mycetes-Zotten, soweit sie den mesodermalen Grundstock betrifft, eine sekundäre Erscheinung ist und dass der Anklang an die Labyrinthplacenta primär nur im Syn- eytium gegeben ist.“ Im Gegensatz zu dem abnorm stark aus- gebildeten Syneytium steht bei Mycetes nach Strahl und Happe das Fehlen der bei anderen Affen und bei der mensch- lichen Placenta in jüngeren Stadien so kräftig entwickelten Langhansschen Zellschicht. Der Boden des intervillösen Raumes wird von einer aus kleinzelligem Bindegewebe be- stehenden Schicht (Pars fibrosa der Lamina basalis) bestehend beschrieben, unter welcher sich in mittleren Ent- wickelungsstadien besonders am Rande ausgiebig stark er- weiterte Uterindrüsen (Pars glandularis der Lamina basalis) vorfanden. Auf der Lamina basalis sitzt, gegen den intervillösen Raum den Abschluss bildend, nach Strahl !) Über die Bildung des sog. „Placentoids“ vergl. die Originalarbeit. 346 WASSA KLEIN, und Happe eine breite Schicht von Syneytium, die sie als „Basal-Syneytium“ bezeichnen, und die sie in reiner Form nur bei den jüngeren Stadien fanden, während sie bei älteren beobachteten, dass sich im Placentarboden Syneytium mit Fibrin und Teilen der Lamina basalis zu einer Mischlage vermengten. Über die Beziehungen der mütterlichen Blutgefässe zum intervillösen Raum fehlen bei Strahl und Happe genauere Angaben. Hier sollen meine eigenen Untersuchungen ergänzend einsetzen. Eigene Untersuchungen. Vorbemerkungen. Eine genaue Feststellung des Verlaufs der mütterlichen (und fetalen) Blutgefässe in die Placenta hinein würde wesent- lich ergänzt werden durch Injektion an frischem Material, wie es seinerzeit für die Affenplacenta von Turner und Waldeyer ausgeführt wurde. Eine solche war für uns nicht möglich. Man erhält aber auch brauchbare Resultate bei dem schwierig zu beschaffenden Material, wenn man, wie ich es an mehreren Präparaten durchgeführt habe, senkrechte Durchschnitte mitten durch die gesamte Placenta macht und zum Vergleich Flächenschnitte, die tunlichst die gesamte Breite der Placenta umfassen, heranzieht. Das in Formol fixierte Material wurde in Celloidin eingebettet und mit dem Microtom teils in gröbere, teils in feine (15 u) Scheiben zerlegt. Die Färbung geschah in der üblichen Weise mit Hämalaun van Gieson, Hämalaun-Eosin und Eisenhämatoxylin-Eosin. Die ein- zelnen Präparate sind dem Alter nach so geordnet, dass wir Beitrag zur Kenntnis der Mycetesplacenta. 347 die Uteri, deren Placenten in senkrechte Durchschnitte zerlegt sind, nacheinander als 1., 2., 3., 4. beschrieben haben; dıe Flächenschnitte sind zum Schluss angefügt. Die Daten be- zeichnen Nummern aus der Sammlung, der die Objekte ent- nommen sınd. Senkrechte Durehsehnitte. Mycetes seniculus Nr. 1 (14. XI. 08). Uterus gravidus, misst von der Höhe des Fundus bis zur Vaginalportion etwa 10 em. Der Uterus wird frontal eröffnet; er enthält einen kleinen rötlich gefärbten Fetus, der vom Scheitel zur Schwanzwurzel etwa 7!/, cm misst. Die Placenta besitzt einen queren Durchmesser von 21/, cm und ist in ihren mitt- leren Abschnitten bis auf die Muscularis etwa 1 cm dick. Auf ihrer Oberfläche liegt von der Ansatzstelle des Nabelstrangs ausgehend eine Reihe von starken sich allmählich verzweigen- den Blutgefässen ). Durch einen senkrechten, einem grössten Durchmesser entsprechenden Schnitt wird die Placenta samt Uteruswand in zwei gleiche Hälften zerlegt und von der Schnitt- fläche der einen Hälfte eine schmale Scheibe abgenommen, welche in Celloidin gebettet wird. Die Betrachtung der Schnitte mit der Lupe lehrt, dass die Placenta nur in ihren mittleren Abschnitten fest auf der Muskulatur aufsitzt, während in den seitlichen Partien breite, von feinen Septen durchsetzte Spalten die Placenta von der daruntergelegenen Muskulatur trennen. Die Untersuchung mit dem Microscop zeigte, dass ein einheitlicher grosser intervillöser Raum vorhanden ist. Derselbe wird gedeckt gegen das Innere !) In der placentarfreien Uterushälfte kann man macroscopisch eine etwas dunklere Stelle unterscheiden. Ob ein „Placentoid“, wie es Strahl und Happe bei Mycetes beschrieben haben, vorliegt, musste der Durchschnitt lehren, welcher hier unzweifelhaft die Vermutung bestätigte. Es fand sich an der durchschnittenen Stelle eine deutliche Verdickung der gelblich gefärbten Schleim- haut gegenüber den seitlichen Partien. a) | BE [0 9] WASSA KLEIN, der Fruchtblase hin durch ein im ganzen nicht sehr starkes Chorion, an welchem sich eine feine syncytiale Schicht am intervillösen Raum von einer breiten mesodermalen Binde- sewebslage deutlich absetzt. Vielfach stösst an die syn- cytiale Schicht Fibringerinnsel, das sich hier jedoch nicht als eine kontinuierliche Lage (analog dem subchorialen Fibrinstreifen beim Menschen) dem Mesoderm des Chorions anlegt; auch scheint das Syneytium des Chorion, soweit wir das an unseren Präparaten beurteilen konnten, überall vorhanden zu sein. Den Abschluss des intervillösen Raumes nach unten liefert eine an den Seitenwänden wie in der Mitte ungleich dicke, zum Teil ausserordentlich kräftige Lage, die ich dem Vorgang von Strahl und Happe gemäss als Lamina basalis (Decidua basalis) bezeichnen will; ich möchte gleich hervorheben, dass es für dieses immerhin vorgeschrittene Stadium nicht möglich ist, den Anteil von Chorion an dem Aufbau der gesamten Lage festzustellen, wie man ihn bei anderen Affen und beim Menschen nachweisen kann. Wenn auch voraussichtlich der Hauptteil der Schicht der Uteruswand ihren Ursprung verdankt, so möchte ich doch für einzelne Abschnitte eine Herkunft aus fetalen Teilen, speziell aus dem Chorion nicht für unmöglich halten, jedoch bei der Unsicher- heit diesem Umstand in der Terminologie keinen Aus- druck verleihen. Ein Basal-Syneytium, wie es Strahl und Happe bei den jüngeren Stadien von Mycetes fanden, ist hier nicht mehr in seiner reinen Form nachweisbar, dagegen lassen sich mehr oder weniger auffallende Fibrinauflagerungen feststellen, die an einzelnen Stellen septenartig in das Pla- centargewebe hineinragen !). Der Aufbau der Lamina basalis (Pars fibrosa) ist in ihren verschiedenen Abschnitten lateral !) Es sei aber ausdrücklich bemerkt, dass deciduale Septen, wie sie bei der menschlichen und den höheren Affenplacenten bekanntlich vorkommen, bei allen untersuchten Mycetesplacenten vollständig fehlen. 349 Beitrag zur Kenntnis der Mycetesplacenta. und medial wechselnd. Im medialen stärkeren Teil finden wir eine tiefere Partie, die aus schmäleren Bindegewebsbündeln und zwischen diesen eingelagerten dichten Zellmassen besteht, welche wohl ebenfalls aus dem uterinen Bindegewebe her- stammen, mit Sicherheit ihre genetische Abkunft jedoch nicht nachweisen lassen. Oberhalb dieses übrigens nicht kontinuler- lichen tieferen Abschnitts der Lamina basalis (Pars fibrosa) liegt ein zweiter durch den ganzen Placentarboden ziehender schmaler Streifen, welcher zum grossen Teil aus in hyaliner Degeneration begriffenem Gewebe besteht, in das sehr reich- lich syneytiale Zellmassen eingelagert sind. Letztere stammen vermutlich zum Teil aus dem oben erwähnten Basal-Syneytium. Die Kerne, die meist gut tingiert sind, insbesondere fast durch- weg stark getüpfelt erscheinen, liegen vielfach in Nestern zu- sammen nach Art der in der Muscularis uteri gravider Üteri vom Menschen unterhalb der Placenta befindlichen Riesen- zellen). Auch findet sich hie und da stärkere Degenerations- erscheinung an den Kernen in Form von Verklumpung und Fragmentierung, die mit starker Tinktion einhergeht. Da wir ın dieser resp. zwischen dieser und der oben beschriebenen tieferen Schicht der Lamina basaliıs (Pars fıbrosa) Gruppen von Zellen finden, die in verhältnismässig guter Erhaltung ihrem Bau nach sich als die in die Lamina basalıs einge- schlossenen Spitzen von Chorionzotten dokumentieren, so können die syneytialen Zellmassen als gleichen Ursprungs wie das die Zotten bedeckende Syneytium aufgefasst werden. Am Rande des intervillösen Raumes stossen Chorion und Lamina basalis (Pars fibrosa) aneinander und verkleben hier auf eine kurze Strecke fest, so den lateralen Abschluss des intervillösen Raumes darstellend. Der intervillöse Raum selbst ist dicht durchsetzt mit Zotten, welche eine bindegewebige Grundlage ı) Vgl.Grosser, Vergl. Anatom. u. Entwickelungsgesch. d. Eih. u. Plac. Lehrbuch (1908), S. 257 Abbildg. 30 WASSA KLEIN, und einen einfachen syneytialen Überzug ohne Langhanssche Zellschicht besitzen und namentlich in den lateralen Abschnitten des intervillösen Raumes, in welchem mütterliches Blut reich- licher und die Zotten weniger dicht gelagert sind, die von Strahl und Happe beschriebene Anastomosenbildung er- kennen lassen !). In den mittleren Abschnitten, wo die Zotten als dicht aneinander gelagerte rundliche Felder sich darbieten, bemerkt man, dass die Syneytialüberzüge sämtlicher Zotten in überaus deutlicher Weise miteinander anastomosieren in Form eines gitterförmigen syneytialen Netzwerkes. Fast im ganzen Bereich des Bodens des intervillösen Raumes sind Zottenspitzen, die ohne Zwischenraum dicht aneinander liegen, mit der Lamina basalis fest verbunden. In den mir zur Ver- fügung stehenden Präparaten bin ich geneigt, drei Haftzotten- felder zu unterscheiden, ein mittleres und zwei laterale, die durch zwei Partien getrennt werden, welche fast zottenfrei, dagegen zum Teil reichlich mit Blut und dem oben erwähnten septenartigen Fibringerinnsel ausgefüllt sind ?), Unter der Lamina basalis (Pars fibrosa) liegt die durch die ganze Pla- centa zu verfolgende Pars glandularis der Lamina basalis, die nur durch eine ganz schmale Bindegewebslage von der Mus- cularis uteri geschieden ist. Das Epithel der Drüsen ist ein- schichtig und wohl erhalten; und zwar an der basalen, der uterinen Fläche aufsitzenden Wand, cubisch, an den Septen und der dem intervillösen Raum zugekehrten Seite meist ab- geplattet. Bemerkenswert ist ferner, dass unter dem einschich- tigen Epithel eine mehrfache Lage von decidualen Typus aul- !) Die feineren histologischen Details finden in dieser Arbeit, dem Zweck der Untersuchung entsprechend, keine Berücksichtigung. 2) Diese von der menschlichen Placenta und anderen „Topfplacenten“ ab- weichende massige Ausbildung der Haftzotten bestätigt im Verein mit der Ana. stomosenbildung die schon von Strahl und Happe ausgesprochene Ansicht, dass wir bei der Mycetesplacenta einen Anklang an die „Labyrinthplacenta“ feststellen können. Beitrag zur Kenntnis der Mycetesplacenta. 551 weisenden Bindegewebszellen liegen, deren Kerne sich im all- gemeinen in den oberen der Pars fibrosa zugekehrten Teilen schlechter färben wie in den tieferen Partien, wo sie auch zahlreicher sind. In vielen der Räume findet sich geronnenes Secret vor, welches dieselben zum Teil ausfüllt. Nach den mir vorliegenden Präparaten lässt sich nicht entscheiden, ob es sich, wie man annehmen könnte, um geschlossene Räume handelt, die demgemäss dann gewissermassen ein.Polster unter- halb der Placenta bilden, oder,ob, was immerhin möglich wäre, die Räume vielleicht durch kleine Ausführungsgänge gegen den Placentarrand ausmünden. Jedenfalls setzen dieselben sich seit- lich neben der Placenta.in ähnlich gestaltete Räume fort, welche in kleine, schon von Strahlund Hap pe beschriebene Buchten nach der freien Oberfläche ausmünden. Auf weitere Details, welche die Drüsenschicht betreffen würden, einzugehen, ver- zichte ich hier; jedoch muss hervorgehoben werden, dass an- nähernd, aber nicht vollkommen unter der Mitte des Placentar- bodens die Verbindung der Drüsenschicht, deren Septen hier breit und deren Räume eng erscheinen, mit der uterinen Fläche sowohl wie mit der Pars fibrosa der Lamina basalis eine feste ist, zum Unterschied von den lateralen Partien. Hier sind die Räume ausserordentlich weit, die Septen sehr schmal und zum Teil eingerissen. Es erhellt, dass man nach diesem Befund von einer Stiel- bildung reden kann, welche Auffassung im Einklang mit dem Verhalten des Eintritts der mütterlichen Gefässe in die Placenta, soweit ich dies aus den Schnittbildern entnehmen kann, steht. Es finden sich nämlich hier bei Durchsicht einer grösseren Zahl von Schnitten Durchschnitte von mehr oder weniger starkwandigen "Gefässen, offenbar Arterien, vielleicht auch Venen, in deren adventitieller Wandung ähnliche decı- duale (vielleicht glycogenhaltige) Zellen vorkommen, wie sie bei der Drüsenschicht auffielen. An einzelnen Durchschnitten 302 WASSA KLEIN, kann man feststellen, dass ein quer getroflenes grosses mütter- liches Gefäss (Arterie) mit einem grossen Teil seiner äusseren adventitiellen Wandung direkt an einen secretgefüllten Drüsen- raum anstösst. Mit Sicherheit lässt sich nicht feststellen, wie gross die Zahl der Einzelgefässe ist, d. h. ob es sich bei den in verschiedener Höhe der Lamina basalis des Placentar- stieles getroffenen mütterlichen Gefässdurchschnitten um einen grossen Stamm, bei etwa korkzieherartigem Verlauf (was mir am wahrscheinlichsten ist), oder um mehrere Stämme handelt. Bei dem vorliegenden Mycetesstadium bleibt es aber noch unentschieden, ob Zu- und Abfluss durch den Stiel er- folgt, d. h. ob tatsächlich Venen im Stiel vorkommen oder ob nicht in den lateralen Partien das Blut des intervillösen Raumes in mütterlichen Venen abfliesst. Dass der Zufluss durch den Placentarstiel vor sich geht, erscheint aus einzelnen Schnitt- bildern, in welchen der Übertritt einer grossen mütterlichen Arterie in den intervillösen Raum auf eine grössere Strecke getroffen ist, mit Sicherheit hervorzugehen. Was nun den weiteren Verlauf der mütterlichen Gefässe in dem intervillösen Raum anbetrifft, so muss als bemerkenswerter Befund hervor- gehoben werden, dass die arteriellen mütterlichen Gefässe, so- bald sie in den dicht von Zotten gefüllten intervillösen Raum eintreten, ihre Wandung anscheinend bis auf die Media redu- zieren, keineswegs aber irgendwelche nachweis- barebesondere Hüllen ausbindegewebigen&Ele- menten mit sich führen. In van Gieson-Präparaten lassen sich daher leicht die mütterlichen von den fetalen Ge- fässen, welch letztere ziemlich stark entwickelte mit Fuchsin gefärbte Bindegewebsteile imporlieren, voneinander trennen. In der Zahl überwiegen die fetalen Gefässe. Nach den Präparaten aus älteren Stadien und namentlich nach dem Vergleich mil -Flächenschnitten müssen wir annehmen, dass die Arterien in ihrem weiteren Verlauf im intervillösen Raum sich verzweigen Beitrag zur Kenntnis der Mycetesplacenta. 353 und nach und nach sich gegen den Raum öffnen. Wir werden darüber sogleich weiter berichten. Wo das in diesem Stadium geschieht, lässt sich mit Bestimmtheit nicht sagen. Jedenfalls lassen sich in mittlerer Höhe der Placenta noch etwa drei grössere Gefässdurchschnitte, einer im medialen, zwei in den lateralen Placentarabschnitten sicher als mütterliche identifi- zieren. Sie liegen inmitten von lückenlos aneinandergereihten Zotten, deren Synceytium das oben beschriebene Netzwerk bildet, wobei die an die Gefässwand fretenden Syneytialbalken sich offenbar mit derselben verbinden. Mycetes seniculus Nr. 2 (14. VII. 08). Der Uterus misst von der Kuppe des Fundus bis zur allerdings ziemlich stark nach hinten abgebogenen Vagınal- portion etwa 13 cm. Der frontal eröffnete Uterus enthält einen dunkelgefärbten Fetus, dessen Haare aber erst teilweise durch- zubrechen beginnen. Ungefähre Länge vom Scheitel zwischen den Ohren bis zur Schwanzwurzel etwa 14!/, cm. Der eröffnete Uterus zeigt den Sitz der Placenta an der ventralen Seite. Auch hier wird die Placenta neben dem Ansatz des Nabelstrangs durch einen dem längsten Durchmesser entsprechenden Schnitt total durchtrennt und eine Scheibe im ganzen abgenommen und in Celloidin gebettet. Die Breite der Placenta nach dem Schnitt gemessen beträgt etwa 4 cm, ihre Dicke nahezu 2 cm. Embryonalhüllen und Uteruswand haften in dem vorliegenden Objekt auch in der nichtplacentaren Hälfte fest aneinander. in letzterer zeigt sich auf dem Durchschnitt, dass in der Kuppe seitlich am Fundus eine Stelle in der Uteruswand vorhanden ist, die sich durch ihre Stärke von den anliegenden Teilen sehr auffällig absetzt. Neben dieser Stelle und im dünneren Abschnitt des Uterus findet sich ein gleiches strahliges Feld wie im vorigen Präparat, das sich durch seine dunkle Färbung 354 WASSA KLEIN, von den anliegenden Teilen absetzt; hier ist aber eine Ver- letzung durch ein Schrotkorn nachweisbar. Schon mit der Lupe zeigen die Schnittbilder mancherlei Übereinstimmendes im Bau mit der eben beschriebenen jüngeren Form, jedoch auch eine Reihe von Besonderheiten. Im micro- scopischen Bild kann man auch hier feststellen, dass der inter- villöse Raum wenigstens im ganzen einheitlich erscheint. Die Zotten, die bei dem vorigen jüngeren Stadium an vielen Stellen lückenlos aneinandergereiht erscheinen, sind hier in den meisten Partien etwas auseinandergewichen. Die Spalten enthalten nicht überall mütterliches Blut. Es tritt dadurch hier sehr auffällig die Anastomosenbildung der Zotten in Erscheinung, die an vielen Stellen ausgesprochen gitterförmige Bilder liefern. Die Zotten sind an und für sich schmäler wie bei Nr. 1, das Syneytium, welches sie bedeckt, dürfte etwas niedriger sein. Ein subchorialer Fibrinstreifen unter dem die Pla- centa deckenden Chorion ist schon deutlich ausgebildet; eine syneytiale Bekleidung des Chorionmesoderms ist trotzdem doch meist zu erkennen. Bemerkenswert und als auffälliger Unter- schied gegenüber Nr. 1 möchte mir erscheinen, dass an der einen Seite der Placenta das Chorion in ausgesprochener Weise unter den Placentarrand herunterreicht. Es geht auf fast ein Viertel der Placenta unter diese herunter, dieselbe in diesem Bereich vollkommen unterminierend. Zwischen dem gequollen erscheinenden Chorionepithel und der uterinen Fläche liegt Fibrin, welches Chorion mit Uterusoberfläche, und zwar allem Anschein nach mit der Pars glandularis verlötet. Sehr wahr- scheinlich handelt es sich hier nicht um besondere Abscheidung von Fibrin, sondern, wie ich glaube, ist die fibrinöse Schicht weiter nichts als die Fortsetzung der zweiten Lage der Pars fibrosa der Lamina basalis, in die sich das Chorionepithel „hineingefressen“ hat; für letzteren Umstand spricht die Tat- sache, dass die Chorionepithelien vergrössert erscheinen, wie Beitrag zur Kenntnis der Mycetesplacenta. so | ot man das auch anderweitig in Placenten an solchen Stellen findet, an denen die Chorionepithelien eine besondere Resorp- tionstätigkeit entfalten. Auch am gegenüberliegenden Rande der Placenta greift das Chorion ein wenig unter den Placentar- rand herunter. Was den Placentarboden anbelangt, so wird derselbe aus den gleichen Schichten wie bei Nr. 1 gebildet, die in ihrem Bau grosse Übereinstimmung mit den analogen in Nr. 1 zeigen. Im allgemeinen sind die Degenerationserscheinungen hier weiter vorgeschritten, das Bindegewebe ist mehr glasig, die Kerne zum Teil weniger färbbar, zum Teil auch Symplasma- bildung besonders im mütterlichen Teil der Pars fibrosa, die insgesamt breiter erscheint. Die obere Schicht der Pars fibrosa möchte ıch auch hier als fetal annehmen; sie reicht nur bis an die Umbiegungsstellen des Chorions. Über die Fibrinnieder- schläge auf der Oberfläche dieser Schicht und die Haftung der Zotten gilt dasselbe wie bei Nr. 1. Die Drüsenschicht ist durch die ganze Breite der Placenta zu verfolgen. Sie stellt zu etwa zwei Drittel der gesamten Placenta eine feste mittlere Verbindung dieser mit der Uteruswand dar, während an den lateralen Seiten dieses Placentarstieles die Drüsensepten sehr dünn und zum Teil eingerissen sind. Die Drüsenräume sind besonders im medialen Teil des Stieles lineare Spalten, aber meist mit feinkörnigem Secret gefüllt. Das Epithel ist flach und fehlt fast durchweg im Dach der Drüsen, das von in hyaliner Degeneration begriffenem Bindegewebe gebildet wird (der Pars fibrosa zugehörig). In einzelnen der Schnitte aus dieser Placenta findet sich am Boden und etwas seitlich neben der Mitte eine grosse Ge- fässöffnung in der Form, wie man solche auch vom Menschen kennt. Da sie in den Eingang derselben Zotten hineinhängen, die Wand auch nur wenig über die Innenfläche des inter- villösen Raumes vorspringt, halte ich das Gefäss für eine Vene. Anatomische Hefte. I. Abteilung. 125. Heft (41. Bd., H. 3). 23 356 WASSA KLEIN, Die zugehörige Arterie ist wohl durch Zufall bei der Wahl der Schnittrichtung nicht in unseren Schnitten enthalten, dagegen erscheint deren direkte Fortsetzung in einiger Höhe des inter- villösen Raumes als verhältnismässig grosses rundliches Lumen, dessen Wandung wiederum nur von der Media gebildet wird, so dass also auch hier die Annahme gemacht werden kann, dass der arterielle Gefässstamm beim Übertritt in den inter- villösen Raum seine adventitielle Wandung abgestreift hat. In dem Placentarboden sind noch einige kleine (Gefässe quer getroffen, auch einige in Obliteration begriffene, vermut- lich wohl Stämme, welche das Blut nach der zugrunde gehenden Lamina basalis führten. Wie bei Nr. 1 überwiegen im inter- villösen Raum bei weitem die fetalen Gefässe. Das Verhalten der letzteren zu den mütterlichen ist für vorliegende Placenta auch an Flächenschnitten studiert worden (Ss. u.). Mycetes seniculus Nr. 3. Die Placenta von Nr. 3 besitzt an den Schnitten eine Breite von 5 cm; das Stadium muss etwa ın der Mitte zwischen Nr. 2 und Nr. 4 stehen. Die Masse von Uterus und Fetus können wir für dieses Präparat nicht angeben. Aber die Grösse der Gesamtschnittfläche des intervillösen Raumes lässt schliessen, dass das Präparat 3 etwa in der Mitte zwischen den Stadien 2 und 4 stehen wird. Im microscopischen Bild zeigt sich, dass der intervillöse Raum reichlich mit Blut gefüllt ist. Eine lückenlose Aneinander- reihung der Zotten wie bei Nr. 1 und Nr. 2 tritt hier nicht in Erscheinung; fast überall ist zwischen den an manchen Stellen sehr ausgesprochen netzförmig angeordneten schmalen Zotten mütterliches Blut anzutreffen. Das das Dach bildende Chorion ist da, wo keine stärkeren Gefässe in ihm liegen, dünn und gegen den intervillösen Raum mit einem fast conti- nuierlichen subchorialen Fibrinstreifen belegt. Am Placentar- Beitrag zur Kenntnis der Mycetesplacenta, 5 rand biegt es um, um auf der einen Seite eine kürzere, auf der anderen eine etwas längere Strecke unter die Placenta herunterzulaufen. Diese Erscheinung wurde schon bei Nr. 2 in Zusammenhang mit einem quası Hineinwachsen des Chorions in die Lamina basalıs gebracht. Auch hier zeigen die Chorion- epithelien starke Quellung und man erhält den Eindruck, als habe das unter dem intervillösen Raum vorwachsende Chorion die Septen zwischen den Drüsenräumen der Pars glandularis zertrümmert, um sich nach der Mitte der Placenta vorzu- schieben; auf dem eingewachsenen Chorion liegt, was diese Auffassung noch bekräftigt, augenscheinlich die obere Schich! der Pars fibrosa. Im Gegensatz zu Nr. 2 erscheint die Lamina basalis insgesamt dünner, und die Degeneration der einzelnen den vorausgehenden Stadien entsprechenden Schichten hat be- trächtlich zugenommen. Dieselbe erstreckt sich sogar auf die Spitzen nicht aller, aber einzelner Haftzotten, von denen eine grosse Zahl mit der obersten Schicht der Lamina basalıs ver- bunden ist. Nicht nur die Zottenköpfe, sondern auch im inter- villösen Raum gelegene Zottenteile zeigen auffällige Degene- rationserscheinungen. Fibrinauflagerungen auf einzelne Stellen des Placentarbodens, ebenso in demselben und im intervillösen Raum sind an mehreren Stellen deutlich zu erkennen. Zum Unterschied von Nr. 1 und Nr. 2 sind die Drüsen in der Glandu- laris, obwohl allerorts nachweisbar, an einzelnen Stellen sehr lang und schmal und auf der dem stärker eingewachsenen Chorion entsprechenden Seite kann man an einzelnen Schnitten eine Ablösung der Placenta in der Drüsenschicht, deren Septen hier sehr schmal und teils eingerissen sind, deutlicher wie auf der Gegenseite konstatieren. Offenbar ist der Placentarstiel hier im Schnitt nicht median getroffen; trotzdem möchte ich denselben auch hier in der etwas breiten Verlötung des Placentarbodens, welche sich zwischen den Umbiegungs- te) stellen des eingewachsenen Chorions findet, wiedererkennen. 23* 358 WASSA KLEIN, Die aus: fast nur einfacher Lage bestehende Drüsenzone ent- hält, wie schon erwähnt, stark abgeplattete Räume, welche von einem niedrigen Epithel ausgekleidet sind, das in der Basis vollständig ist, im Dach vielfach unterbrochen erscheint. Die Schnittbilder des intervillösen Raumes weichen, wie für einzelnes bereits eine Betrachtung mit dem unbewaffneten Auge lehrt, in der Eigenart der Anordnung der mütterlichen Gefässe durchaus von dem ab, was man sonst von Topf- placenten kennt (Fig. 1). Etwa in der Mitte des Bodens des intervillösen Raumes tritt ein arterieller Gefässstamm halb schräg in dem inter- villösen Raum in die Höhe; derselbe besitzt eine eigene Wand, aber ausser dieser keine besondere deciduale Schicht, in der er etwa läge. Man bekommt nach dem Schnittbild den Ein- druck, als ob ein grosses mütterliches Gefäss ohne deciduales Septum frei in den intervillösen Raum eintritt und sich auf weite Strecken, mit eigener Wand versehen, in diesem ver- zweigt. Neben der Basis dieses Gefässes liegt eine weitere breite Gefässöffnung ganz in der Form, in der man aus anderen Topfplacenten seit den in dieser Beziehung grundlegenden Unter- suchungen von Langhans an der menschlichen Placenta venöse Abflusswege kennt, auch hier offenbar eine ableitende Vene. Von den Rändern aus reicht das Chorion jederseits eine Strecke weit unter den intervillösen Raum, um dann nach aussen abzubiegen. Eine unterbrochene dunkle Linie, die von der Umschlagsstelle des Chorion jederseits bis an die Wurzel der grossen Gefässstämme führt, gibt die Zone an, in welcher die Reste der Uterindrüsen unter der Placenta liegen. Die Betrachtung mit stärkerer Vergrösserung zeigt gerade bei diesen Schnitten besonders auffällig eine Erscheinung, die jedenfalls in physiologischer Beziehung von besonderer Be- deutung ist, das freie Ausmünden grosser arterieller Uterin- Beitrag zur Kenntnis der Mycetesplacenta. 399 gefässe inmitten des intervillösen Raumes. Man findet auf dem Schnitt zwischen dichtgedrängten Zotten vielfach grosse arterielle mütterliche Stämme mit ausgesprochener Gefässwand, bei denen die Wand der Arterie eine deutliche weite Unter- brechung zeigt (Fig. 2). Es liegen dann vor dem Loch in der Arterie dichte Büschel von Zotten, welche die Lücke scheinbar schliessen und eventuell kann sich die in der Arterie enthaltene Blutmasse unmittelbar in das zwischen den Zotten gelegene mütterliche Blut des inter- villösen Raumes fortsetzen. Die Bedeutung der Erscheinung für die Auffassung von dem Placentarkreislauf bei Mycetes wird unten erörtert. Niygetes sıensoulus Nr. 4 {012 X1.08). Gravider Uterus, Länge von Mitte des Fundus zur Vaginal- portion etwa 19 cm. Der Uterus wird frontal eröffnet, die Pla- centa sitzt in der Hinterwand. Der Uterus besitzt einen grossen, ziemlich dicht behaarten Fetus, der mit dem Faden gemessen von Höhe des Scheitels zwischen den beiden Ohren über den Rücken bis zur Schwanzwurzel etwa 20 cm misst. Wir glauben annehmen zu können, dass es sich um einen der Reife nahen Uterus handelt. Die Placenta, die 6 cm im Durch- messer misst, wird in der Längsrichtung des Uterus dicht neben dem Ansatz der Nabelschnur in der Mitte durchschnitten. Von dem Teil neben der Nabelschnur wird ein Stück für die Unter- suchung in Celloidin abgenommen. Hierbei löst sich ein Teil der Placenta von der Unterwand los, so dass man ihre basale Fläche übersehen kann. Diese zeigt einen glatten, gleich- mässigen Aussenrand, der etwas bläulich gefärbt ist, und einen unregelmässigen, graueren centralen Teil; es entspricht der letztere dem festeren mittleren Stiel, der erstere dem diesen umgebenden Rand. An der gegenüberliegenden nicht placen- 360 WASSA KLEIN, taren Uteruswand löst sich die Eihaut ab und zeigt auf ihrer Oberfläche ein eigentümlich gestaltetes graugelbes Feld. Diesem entspricht eine an dem oberen Drittel des Seitenrandes ge- legene, durch schwache Falten als etwas besonders charakteri- sierte Stelle der Innenwand, die, soweit man von der Aussen- fläche des Uterus her sehen kann, von grösseren Üterusgefässen frei bleibt. Die macroscopische Betrachtung der Schnittbilder zeigt so- fort, dass der intervillöse Raum an Tiefe beträchtlich zuge- nommen hat. Mit dem Microscop kann man feststellen, dass der intervillöse Raum reichlichst von mütterlichem Blut er- füllt ıst, das zumeist in die hier weiten Maschen zwischen den anastomosierenden, noch schmäleren Zotten eingedrungen ist. In den peripheren Teilen sind die Zotten spärlicher, dafür ist das Blut um so reichlicher dort anzutreffen. Das Chorion ist erheblich dünner wie bei den vorausgehenden Stadien; ein subchorialer Fibrinstreifen ist deutlich ausgebildet. Das Chorion biegt am Placentarrand zum Unterschied von Nr. 2 und Nr. 3 nur eine ganz kurze Strecke nach dem Placentarboden zu ein, analog Nr. 1. In der allgemeinen Configuration zeigt die Placenta in ihrem basalen Abschnitt mit den besprochenen Stadien aus- gesprochene Übereinstimmung. Da sie an beiden lateralen Hälften in der Drüsenschicht gleichmässig abgelöst erscheint, wobei die sehr spärlichen Drüsensepten durchrissen sind, kommt ein verhältnismässig schmaler mittlerer Bezirk als Placentar- stiel schön zur Geltung. Die hier festere Haftung wird durch die noch stärkeren Drüsensepten bewirkt. Die Degenerations- vorgänge des Placentarbodens sind beträchtlich vorgeschritten, so dass Teile dieses ganz kernfrei erscheinen. Die Drüsen- räume unterhalb desselben sind sehr stark zusammengedrückt, in ihrem Boden von einem wohlerhaltenen Epithel versehen. Ganz im Einklang mit dem bei den vorhergehenden Stadien beobachteten Verhalten ziehen auch hier grosse mütterliche Beitrag zur Kenntnis der Mycetesplacenta. 361 Gefässe nur im Stiel zum intervillösen Raum. Es handelt sich um zwei ausserordentlich grosse dicke Stämme, wohl eine Arterie und Vene, von denen die Vene in horizontalem, ganz flachem Verlauf durch die Uterinschleimhaut hindurchläuft, um sich allmählich gegen die Lamina_ basalıs zu erheben. Das Gefäss verliert dann sein Dach und mündet mit einem breiten Spalt gegen den intervillösen Raum aus. Der andere (Grefäss- stamm ist in seiner Wurzel getroffen etwa am oberen Rande der Lamina basalis und hebt sich von diesem aus schräg auf- steigend in dem intervillösen Raum in die Höhe. Er steigt etwa einen halben Centimeter nach der Mitte des intervillösen Raumes herauf, ohne eine Ausmündung zu zeigen; dann kommt es an seiner Spitze zu einer weiten Unterbrechung der Wand noch ausgesprochener in der Grösse, als die für das voraus- gehende Stadium beschriebene, mit der sie sonst in der Art und Weise der Anordnung durchaus übereinstimmt. Von der Membrana chorii gehen zahlreiche stärkere fetale Gefässe ab- wärts in den intervillösen Raum. In den vier untersuchten, zeitlich aufeinander folgenden Mycetesplacenten, von denen die letzte als vollreif und kurz vor dem Wurf stehend bezeichnet werden muss, konnte ich somit an senkrechten totalen Durchschnitten feststellen, dass durch einen etwa in der Mitte gelegenen Placentarstiel grosse mütterliche Gefässe laufen, welche beim Eintritt in den inter- villösen Raum die mütterlichen Bindegewebselemente abstreifen und in diesem zu beträchtlicher Höhe laufen, wahrscheinlich unter baumförmiger Verzweigung und Veräslelung. Durch ein- seitigen Wandverlust der mütterlichen arteriellen Gefässe wird dabei die Kommunikation mit dem intervillösen Raum in aus- giebiger Weise hergestellt. B. Flachsehnitte, Um eine Übersicht der Anordnung der Gefässe in horizon- taler Ebene zu bekommen, habe ich vier Placenten je in einzelne 362 WASSA KLEIN, Scheiben parallel der Placentaroberfläche zerlegt, die auch die Uterusmuskulatur enthielten. Von dreien wurden die Scheiben in Celloidin eingebettet und microscopische Schnitte ange- fertigt. Mycetes seniculus Nr. 5 (14. VII. 08). Die Placenta ist die gleiche, die wir bei den senkrechten Durchschnitten unter Nr. 2 beschrieben haben. Für die Flächen- schnitte wurde die nach Abtrennung des für die senkrechten Durchschnitte verwendeten Stückes übrig gebliebene Hälfte verwendet, die wir in mehrere Scheiben zerlegten. Die unterste enthielt nur Muskulatur, die oberen Placentargewebe und Mus- kulatur. Sämtliche Teile wurden in Celloidin eingebettet und in macroscopische und mieroscopische Schnitte zerlegt. Die bei senkrechten Durchschnitten vielfach erwähnte Ana- stomosenbildung der Myceteszotten, welche ein Charakteri- stikum dieser Placenta bilden, tritt auch auf sämtlichen Flach- schnitten an verschiedenen Stellen des microscopischen Bildes in Erscheinung. An einzelnen Stellen habe ich auch die oben beschriebene, fast lückenlose Aneinanderreihung der Zotten und Bildung eines syncytialen Gitters gesehen, während im allge- meinen hier die Anfüllung des intervillösen Raumes mit Blut in ziemlich ausgiebigem Masse in den Vordergrund tritt. An Giesonpräparaten lässt sich leicht zeigen, dass die fetalen Ge- fässe auch auf den Flachschnitten überwiegen und vom Chorion her fetale Bindegewebssepten importieren. Als bemerkenswert muss ich hier betonen, dass selbst in Schnitten nahe unter dem Choriondach noch mütterliche Gefässe von verhältnis- mässig weitem Lumen anzutreffen sind. Dieselben fallen durch ihre dünne, aber vollständig erhaltene Wand auf. Insbesondere tritt an diesen Flächenschnitten besser als an den senkrechten Schnitten die Eigenart in der Anordnung der fetalen und mütterlichen Gefässe zueinander in Erscheinung. ıfel R. [4 7: Känigl. Universitätsdruckerei H. Stürtz AG. Würzburg. Verlag von J.F. Bergmann, Wiesbaden, _Anatom. Hefte IAbteitung 1%5.Heft.(11.Bd.H.3) Beitrag zur Kenntnis der Mycetesplacenta. 363 Man kann fast von einer Art Lappenbildung reden, die freilich unvollständig begrenzte Teile scheidet, indem die Zweige der fetalen Gefässe am Schnitt Felder voneinander trennen, in deren Mitte mütterliche Gefässstämme liegen. Die Bilder erinnern in gewissem Sinne an solche, wie man sie aus den Lebern mancher Tiere bekommt. Nyeetes.senreulus Nr. 67037 1X203) Vorliegende Placenta entstammt einem Uterus, in dem ein Embryo von einer Länge (vom Scheitel zum Schwanz gemessen) von etwa 14 cm liegt. Nach diesen Grössenverhältnissen schätze ich sie auf etwa gleichalterig mit dem vorangegangenen Stadium. Auch hier wurden von der, in gleicher Weise wie oben be- merkt, zerteilten Placenta Celloidinschnitte angefertigt. Im mieroscopischen Bild zeigen die Präparate, welche die Placenta enthalten, ganz ähnliche Verhältnisse wie Nr. 5. Es dürfte vielleicht auffallen, dass die mütterlichen Gefässe spär- licher auftreten wie bei Nr. 5; an einzelnen derselben lassen sich die Austrittsöffnungen des Blutes in der Wand der mütter- lichen Gefässe inmitten des intervillösen Raumes besonders deutlich nachweisen. Mmyeetes senieculws Nr. 7. (8 V11.208): Der Fetus, dessen Uterus verwendet wurde, besitzt eine mit dem Faden gemessene Länge von 18 cm (vom Scheitel bis zur Schwanzwurzel). Der Körper ist vollkommen mit dichten, dunklen Haaren besetzt, stark über die Bauchfläche zusammen- gekrümmt, Augenlider, Nasenöffnungen sind geschlossen. Die Placenta, welche von der freien Fläche her gesehen fast vier- eckig erscheint — der Seitenrand des Vierecks misst etwa 5 cm — wurde in diverse Scheiben (nicht in microscopische Schnitte) zerlegt, von denen die am weitestern gegen die Mus- kulatur zu gelegene auf einem kleinen Feld von etwa 364 WASSA KLEIN, 1 cm Durchmesser eine ganze Reihe von Gefäss- durcehschnitten, 6-7 ungefähr, zeigt. Eine zweite Scheibe aus höheren Abschnitten der Placenta lässt in der Mitte des Placentarlabyrinths ein breites Bindegewebsseptum mit Gefässen erkennen, von dem nach der Peripherie eine Reihe von feinen Strassen ausgehen, die sich bis zum Pla- centarrand zu hier etwas eingezogenen Stellen verfolgen lassen. ‘s kommen dadurch drei grössere, offenbar durch fetale Bindegewebssepten voneinander getrennte Placentar- abschnitte zustande, welche sich auch auf den nächstfolgenden Schnitten der Placenta verfolgen lassen und schliesslich auch an der Placentaroberfläche in Gestalt von Furchen nachweisbar sind, welche der Placenta von der Oberfläche her eine Art von Lappung verleihen. An einzelnen Stellen verschwinden auch wohl fetale Gefässe in den Grenzen dieser Lappen, während dieselben im ganzen, wie es scheint, in ihren Ver- zweigungen mehr den mittleren Partien der Lappen folgen. Mycetes seniculus Nr. 8 (28. X. 08). Der Uterus birgt einen Fetus von 21 cm Länge. Die Pla- centa dürfte ihrem Alter nach daher zwischen Nr. 3 und Nr. 4 der oben beschriebenen rangieren. Hier wurden Celloidin- präparate gemacht. Die untere Scheibe enthält nur Uterusmuskulatur und lässt auf kleinem Feld grosse Gefässe erkennen. Es unterliegt keinem Zweifel, dass hier die Hauptgefässe vorliegen, die durch den Stiel in die Placenta verlaufen. Auch hier lässt sich am Flächen- schnitt übersichtlicher als am senkrechten die Anordnung der mütterlichen Gefässe und ihre Beziehung zum intervillösen Raum verfolgen, insbesondere feststellen, dass die mütterlichen zuleitenden Gefässe auf einen kleinen Raum zusammengedrängt erscheinen und dass man somit im Sinne dieser hier ganz wohl von einer Stielbildung reden kann. Beitrag zur Kenntnis der Mycetesplacenta. 365 Schlusswort. Ich habe vorstehend eine Übersicht über meine Präparate gegeben und es würde nun weiter zu erörtern sein, welche Stellung in der Reihe der Placentarformen der Mycetesplacenta einzuräumen wäre. Dass sie in die Reihe der Topfplacenten gehört, also zusammenzustellen ist mit derjenigen des Menschen und der altweltlichen Affen, soweit solche bis jetzt auf ıhre Placentarentwickelung untersucht werden konnten, ist nach den Mitteilungen von Strahl und Happe ausser Zweifel und wird auch durch meine Untersuchung bestätigt. Es würde nur die Frage zu diskutieren sein, nach welcher Richtung etwaige Unterschiede zwischen der Form der Mycetesplacenfa und der- jenigen anderer bis dahin untersuchten Placenten gehen. Dass solche, ganz abgesehen von deren Entwickelung, in bezug auf den intervillösen Raum und namentlich auf die Anordnung der Zotten in demselben vorhanden sind, ist durch die Unter- suchung genannter Autoren nachgewiesen worden und, wie ich glaube, durch meine Untersuchung noch erweitert. Während in Form und Anordnung der Zotten die bisher untersuchten altweltlichen Affen, und zwar sowohl die Schwanz- affen wie die Anthropomorphen dem Menschen verhältnismässig nahestehen, wie dies durch die Beobachtungen von Strahl an dem von Selenka hinterlassenen Material nachgewiesen ist, differieren die amerikanischen Affen beträchtlich. beim Menschen und bei den Ostaffen bilden die Zotten, die bis in vorgeschrittene Stadien hinein vielfach eine beträcht- liche Stärke behalten und erst verhältnismässig spät feiner und schlanker werden, baumförmig verzweigte Büschel, von denen einzelne Teile als Haftzotten bis zu dem basalen Ab- schluss der Placenta herunterreichen und sich in dieser ver- ankern, während die grosse Masse frei im intervillösen Raum 366 WASSA KLEIN, flottiert. Bei Mycetes und Cebus, den einzigen auf diesen Punkt genauer untersuchten Affen Südamerikas, stellt dieganze Zottenmasse ein feines zierliches Flechtwerk dar, dessenBalkenschon frühzeitig verhältnis- mässig schmal und dünn werden und in den Maschenlweken "das’ mütterlicher Blur zirku- lieren lassen. Sehr erheblich scheinen mir die Unterschiede zu sein, welche ın bezug auf den Bau des basalen Abschlusses der Placenta und seiner Unterlage gegen die Muskulatur hin vor- kommen, was wieder von Bedeutung ist für die Vorstellung, welche wir über das puerperale Verhalten der Uteri zu machen haben. In dem Aufbau des basalen Teiles der Placenta weichen schon die asiatischen Schwanzaffen von dem Menschen und den anthropomorphen Affen ab, insofern der Placentarboden im ganzen regelmässig erscheint und nament- lich der Anteil von voraussichtlich fetalen Elementen bei den- selben, namentlich soweit es sich um vorgeschrittene Stadien handelt, minder ausgiebig ist, als in der menschlichen Pla- centa. In den Schnittbildern, welche Strahl und Happe von vorgeschrittenen Stadien von Placenten, z. B. von Sem- nopithecus geben (vergl. 1. c. Tafel 46 u. 48), ebenso in solchen von Macacus cynomolgus (vergl. Fig. 51), ist der basale Abschluss der Placenta ausserordentlich fein und dünn, während unter ıhm ein ziemlich dicker rein mütter- licher Teil folgt. Die Blutgefässe der Mutter, welche dem inter- villösen -Raum das Blut zuführen, scheinen ‚dabei bei den asiatischen Affen annähernd so zu verlaufen, wie es von der menschlichen Placenta schon lange bekannt ist, d. h. in einer grösseren Zahl von zu- und ableitenden Kanälen im ganzen Placentarboden. Jedenfalls würden dafür sprechen Bilder, wie sie von den genannten Autoren z. B. in Tafel 47 von dem Rande der Placenta eines in der Gravidität vorgeschrittenen Beitrag zur Kenntnis der Mycetesplacenta. 367 Semnopithecus abgebildet werden. Hier liegen unmittel- bar am Placentarrand grosse Gefässe, wohl venöser Natur, in der Basalis, welche durch schmälere Communications- öffnungen mit dem intervillösen Raum in ganz ähnlicher Weise zusammenhängen, wie wir das von der menschlichen Placenta kennen. Demgegenüber liegen die Verhältnisse der Gefäss-Anord- nung bei Mycetes doch beträchtlich anders und die Feststellung dieser Tatsache scheint mir das wesentlichste Ergebnis meiner Arbeit gegenüber den Resultaten der älteren Autoren zu sein. Wie die vorliegende Untersuchung ergeben hat, muss die Zu- und Ableitung mütterlichen Blutes als durch einen Placentar- stiel in einzelnen grossen Gefässen vor sich gehend angenommen werden. Die Mycetesplacenta tritt hiernach in die Reihe der gestielten Placenten. Somit bestätigt sich auch in diesem ab- weichenden Verhalten die von Strahl und Happe schon ausgesprochene Ansicht, dass Mycetes bezüglich seiner Pla- centa zu den niedersten Formen der Ostaffen zu rechnen ist. Ein sehr wesentlicher Unterschied gegenüber allen bisher untersuchten Formen von Topfplacenten scheint mir bei der- jenigen von Mycetes in der Art und Weise der Anordnung der mütterlichen Gefässe innerhalb des intervillösen Raumes zu liegen, namentlich in der Anordnung der Arterien. Es ist nicht ganz leicht, sich aus den Schnittpräparaten allein ein Bild von dieser zu machen, aber bislang haben wir mangels frischen Materials keine andere Möglichkeit; bei den stark mit Formol erhärteten Präparaten führen Versuche, die Zotten unter Schonung der mütterlichen Gefässe aus dem inter- villösen Raum zu entfernen, nicht zum Ziel. Das Ungewöhnliche an den Schnittpräparaten gegenüber den Schnitten von menschlichen Placenten oder von denjenigen anderer Affen besteht darin, dass man hierimintervil- lösen Raum inmitten mütterlichen Blutes und WASSA KLEIN, ww OD 6) umgeben von Massen von Zotten Durchschnitte vonnumüutterlichen!Getassien findet sdnerausser einer dünnen Eigenwand keine Scheiden von decidualem Bindegewebe besitzen und die an diesen oder jenen Stellen Unterbrechungen der Wand zeigen. Wir haben versucht, in einer schemalischen Figur die Vor- stellungen wiederzugeben, die wir uns nach den Schnitten von der Art und Weise des Aufbaues der Mycetesplacenta machen. Es ist ein intervillöser Raum (1.R.) vorhanden, der auf der fetalen Seite vom Chorion (Ch.) eingedeckt wird ; das letztere greift an den Rändern im Bogen unter den intervillösen Raum herunter. Der Boden des Raumes wird von der Decidua basalis gebildet, deren oberer (in der Figur grau gehaltener) compakter Teil in Dege- neration begriffen ist. Der spongiöse Abschnitt besteht aus flachen Drüsen (D), deren Boden noch mit Epithel überzogen ist, während solches im Dach fehlt. Aus der Decidua tritt in der Mitte oder dieser nahe ein arterieller Gefässstamm A —. vielleicht können auch Jeren mehrere vorkommen — in den intervillösen Raum in die Höhe und verzweigt sich; die Wandungen der Gefässe können schon in ihrem tieferen Verlauf innerhalb des intervillösen Raumes Unterbrechungen zeigen, die wir durch Lücken mit Pfeilen angedeutet haben, und schliesslich münden die Stämme frei in den intervillösen Raum aus. Zwischen denselben treten in Abständen die grösseren Zottenstämme (Z rot) in das Innere der Placenta. Das mütterliche Blut verlässt den Placentarraum dann wieder durch Venen (V), die am Boden des Raumes in ähn- licher Anordnung liegen, wie wir dieselbe von anderen Topf- placenten kennen. Ein Placentarstiel (PSt.) wird gegeben da- durch, dass um die Wurzeln der grossen Gefässe festeres, im Schema dunkler gehaltenes Bindegewebe gelegen ist, Beitrag zur Kenntnis der Mycetesplacenta. 369 während an den Seiten derselben die Septen zwischen den abgeplatteten Drüsen nur eine lockere Verbindung zwischen Placenta und Muskulatur (M.) darstellen. Textfigur 1. Es ist nicht ganz leicht, sich ein Bild von dem Ent- wickelungsgang der Gefässe zu machen, zumal solches bis da- hin durch Beobachtungen noch wenig gestützt ıst; auch in 370 WASSA KLEIN, Beitrag zur Kenntnis der Mycetesplacenta. den jüngsten der von uns untersuchten Stadien ist jedenfalls der Kreislauf längst fertig. Immerhin kann man sich wohl die Vorstellung machen, dass die arteriellen Gefässe nicht etwa. durch Schwund umgebenden decidualen Gewebes frei werden, sondern die Annahme ist vorzuziehen, dass es sich um ein allmähliches Vorsprossen derselben aus dem decidualen Boden der Placenta handelt. Jedenfalls können wir auf Grund unserer Beobachtungen sagen, dass den vielen neuen Placentartypen, welche uns die Untersuchungen der letzten Jahre kennen lehrten, in der Mycetesplacenta ein neuer angereiht ist. Erklärung der Abbildungen. Fig. 1. Schnitt mitten durch eine ganze Placenta von Mycetes seniculus Stad. 3. Der Schnitt enthält den ganzen intervillösen Raum, der von Amnion (A) und Chorion (Ch) gedeckt und nach unten von einer Schicht Deeidua und der Musecularis (M) abgeschlossen wird. In den intervillösen Raum tritt eine grosse centrale Arterie (A), neben der eine Vene (V) wieder heraus führt. Lupen- vergrösserung. Fig. 2. Schnitt aus der Mitte des gleichen intervillösen Raumes bei stärkerer Vergrösserung. Inmitten ungeheurer Mengen dicht gedrängter feiner Zotten liegt der Durchschnitt eines arteriellen Gefässes, dessen Wand an der mit dem Pfeil bezeichneten Stelle eine grosse Unterbrechung zeigt. Hier kann das Blut frei aus der Arterie in den intervillösen Raum treten. Anatomische Hefte. I. Abteilung. 125. Heft (41. Bd. H. 3). 24 4 U | U 8 ö \ . - E 5 ü 9 = £ De" ) | 2 = R ’ ö re Er u EZ or j 4 x when Lu r Al 2 . ı® (F. or“ j - Du: IIWWER UL DE SH De Aral a r j a E un: Een var WER Mr Al, an; Da een °6 8 Zu). u 5 er 0 Re ne EN = aa PEWEAT EN 0 3. & sure PUR De ee I „. a - j R Be: REAL RE nee altern) wen dan frage = Mala a 5 Aue a Wi NR: a a re ad: WW A = rn) ETF i@\ Debiiie E | Kure Haha 2 vr „ 33 A Au” ı R Fl er BI NER A0E mr ee. TEE ü eure 1. a z ya) ld Frag ( Ei im nal. we IN nal ne re Aal nr ö u ee SE are ee NEE Bee EN has, Meier ir, 0 BEN kr air PHleruls. Va a FD PL % | u pi i In Br Asia. RT Re Denzusch: FOR" REWET IRA GE FETT. Sal I er Jlaacı Edi \ CH i \ N A k Ir In: u) Fr 2 2 Zu | a en Ach Br 5 0 2 re = | - D D \ F AUS DER KGL. ANATOMISCHEN ANSTALT MÜncHENn. DirEKToR : Pror. RückErT. DER RECESSUS ETHMOLACRYMALIS. VON L. GRÜNWALD. MÜNCHEN. Mit 9 Abbildungen auf den Tafeln 13/17. 24* An dem Präparate, welches in Fig. 1 dargestellt ist, wurde die mittlere Muschel und der grösste Teil des Processus uncinatus, sowie einige Lamellen, welche von der Median- seite her Hohlräume des Siebbeines abschliessen, wegge- brochen. Man sieht nun zwischen den Resten des Processus uncinatus (P. u.) ‚und der „Bulla ethmoidalis“ (B. e.) von der Kiefer- höhle her eine Sonde in einen sich unter die Stirnhöhle er- streckenden Hohlraum hineinragen, in der Mitte von einer breiten Knochenleiste (L.) verdeckt. Dieser Hohlraum besitzt gewisse Eigentümlichkeiten, die seine Isolierung rechtfertigen. Von der Lateralseite her betrachtet, stellen sich dieselben folgendermassen dar: Nach Abtragung der Aussenwand der Kieferhöhle und Freilegung des Ostium gelingt es in vielen Fällen, eine Sonde ohne Anstoss gegen die Nasenhöhle, richtiger gesagt in den Hiatus semilunaris durchzuschieben. In einer nicht geringen Anzahl von Fällen aber stösst die am Dache der Kieferhöhle entlang oder durch das Ostium geführte Sonde auf einen Wider- stand in der Richtung nach vorne oben. Man hat das Ge- fühl, dass die Sonde in einem engen Kamin oder in einem grösseren Hohlraum gefangen sei, der überhaupt keinen Aus- weg zur Nase hin darbietet. Die Höhle, resp. der terminale 376 L. GRÜNWALD, Kamin endet also blind. In selteneren Fällen äber gleitet die Sonde in einen weiten Hohlraum empor, wieder ohne dass man sie in der Nase erscheinen sehen würde. Erst, wenn man die Sonde an ihrem vordersten Ende umbiegt, gelingt es, am hinteren unteren Ende des Raumes über einen First hinweg nach innen zu gelangen. Wir haben es hier also mit einem Recessus zu tun; welchem Raume derselbe angehört, lässt sich dadurch feststellen, dass man über der einge- schobenen Sonde die Knochenschichten von aussen wegnimmt, während andererseits von innen her, wie in Fig. 1, durch den Hiatus semilunaris hindurch, die Lage der Sonde kon- trolliert wird. Hat man dies an einer Anzahl von Schädeln ausgeführt, so kann man (unter vorläufiger Ausserachtlassung vorkommen- der Varietäten) folgende Begrenzung des fraglichen Raumes feststellen: | Lateral musste man die Facies ethmoidalıs des Tränen- beines teilweise, oder sogar gänzlich, sowie den vordersten Teil der Lamina papyracea abtragen (in seltenen Fällen auch etwas von der Fossa lacrymalıs [Fig. 5]), während medial Knochen und Bekleidung des aufsteigenden Teils des Processus uncinatus, des Agger nasi und mitunter noch des Oberkiefers in der Gegend der Crista ethmoidalis sichtbar wurden. Nach unten hinten öffnet sich der Raum mehr oder weniger weit gegen die Kieferhöhle zu, seine obere Grenze verläuft meistens ungefähr unter der Sutura frontoethmoidalis, während die Innenwand unten durch einen Spalt, den Hiatus semilunaris, abgebrochen wird. In manchen Fällen nimmt auch die Facies orbitalis maxillae unten an. der äusseren Begrenzung teil, und nach oben kann sich der Raum sogar in den Stirnfortsatz des Oberkiefers hinein, und wir werden sehen, noch viel höher, erstrecken. Der Recessus ethmolacrymalis. 377 Da bei allen Varietäten des fraglichen Recessus als vordere äussere Bedeckung das Tränenbein und der vorderste Teil der orbitalen Siebbeinplatte wiederkehren, bezeichne ich den Raum zunächst rein topographisch als Recessus ethmo- lacrymalis. — Wie schon eingangs erwähnt, findet sich der Recessus nicht durchweg vor. Unter 79 daraufhin untersuchten Präpa- raten konnte 23 mal sein Vorkommen nicht nachgewiesen werden. Um so näher liegt die Frage nach den anatomischen Bedingungen des Vorhandenseins sowohl als der verschiedent- lich grossen Erstreckung des fraglichen Raumes. ‘s wurde schon bemerkt, dass sein unterer Teil häufig mit der Kieferhöhle in Zusammenhang steht. Da die mediale Wandung des Raumes aber von, Teilen mindestens, des Pro- cessus uneinatus gebildet wird, ıst als Vorbedingung jenes Zusammenhanges ein freier Abstand des Processus uncinatus von der Seitenwand der Kieferhöhle zu verlangen. Wo da- gegen der Processus uncinatus gleich von seinem freien Rande an (vor dem Proc. maxill.) oder kurz davor in unmittelbarer Anlehnung an die Lamina papyracea bezw. das Tränenbein tritt, ja mit ihm verschmilzt, kann von keinem sublacrymalen taum die Rede sein. Die Verhältnisse der in Figg. 2 u. 3 dargestellten Präparate zeigen diese Eventualitäten in Gegen- sätzen. In Fig. 2 sehen wir einen völligen Abschluss der Kieferhöhle nach vorne oben zu, während in Fig. 3 ein weit- klaffender Übergang des vorderen oberen Teils der medialen Kieferhöhlenwand zum „tiefen seitlichen Nasenspalt“, wie wir ihn nennen wollen, dadurch vermittelt wird, dass der Pro- cessus uncinatus weit nach innen sich von der medialen Augen- höhlenwand abhebt !). Es ist notwendig, diese prinzipielle Ver- schiedenartigkeit in der oberen vorderen Begrenzung der Kiefer- ') Nur in letzterem Falle bildet sich das, was häufig als „infundibulum‘® bezeichnet wird (s. o.). 378 L. GRÜNWALD, höhle sich klar vor Augen zu halten. In der Darstellung von Zuckerkandl finden wir keine Andeutung derselben !). — Die Verschiedenheit des Abstandes des oberen Randes des Processus uncinatus von der medialen Orbitalwand und ihr Einfluss auf die freie Zugänglichkeit zum oder Abgeschlossen- heit?) der Kieferhöhle vom oberen Teile des Hiatus semi- lunaris wird durch folgende Tabelle illustriert: Minimalabstand am Alanalend Präparat Kieferhöhle ist gegen den Nr. in mm in mm Hiatus zu: des Proe. une. von der Orbitalwand 99 2 3,5 geschlossen 63 3 5) 87 3 zieml. schmal geöffnet 82 5 5 R 3 i 65 4,9 9,9 A weit a 54 4 6 x } 64 4 7 „ n 67 | b) 10 sehr E A Die für den hinteren Abschnitt des Processus uncinatus geltenden Verhältnisse kehren ähnlich an seiner vorderen Partie 1) Zuckerkandl schreibt auf S. 94 der 2. Auflage des 1. Bandes seiner Anatomie der Nasenhöhle: „Ferner ist zu bemerken, dass in einiger Entfer- nung vor dem Processus maxillaris der Processus uncinatus (sein unterer Rand) durch Vermittlung von Knochenblättchen mit dem Oslacrymale und der Bulla ethmoidalis verwächst“. Letzteres ist überhaupt unmöglich, da nicht der untere, sondern der obere Rand des Processus uncinatus der Bulla ethmoidalıs zugekehrt ist und eine Verwachsung oder auch Anlehnung des unteren Randes des Processus uneinatus an das Tränenbein habe ich unter 7 macerierten Präparaten nur zweimal gefunden, viermal dagegen war erst der Agger mit dem Lacrymale verwachsen und einmal bestand mit letzterem gar kein Zu- sammenhang, sondern der Agger lehnte sich nur am Stirnfortsatz des Ober- kiefers an. 3) Letzterenfalls ist, wie ich zur Vermeidung von Missverständnissen ausdrücklich bemerke, die Kieferhöhle natürlich auch offen, d. h. zum „Reces- sus inferior“ des Hiatus semilun. und damit zur Nase hin, sie ist nur gegen die Seitenbucht des Hiatus hin abgeschlossen. Anatom. Hefte. 1. Abt. 125. Heft (41. Bd., H. 3). Tafel 13. Grünwald, Verlag von J. F. Bergmann in Wiesbaden, De 5 e Det Nee 4 Anatom. Hefte. I. Abt. 125. Heft (41. Bd., H. 5). Tafel 14. ORT IA Ar - er H Fig, 3. Grünwald, Verlag von J. F. Bergmann in Wiesbaden. NEE Hell Anatom. Hefte. I. Abt. 125. Heft (41, Bd,, H, 3). Tafel 15. Fig. 6b, I TE f ZEN VEESIENS 2 SEIT S l. IM 7 zZ GB 2 Grünwald, Verlag von J. F, Bergmann in Wiesbaden. Der Recessus ethmolaerymalis. wieder, wie aus der Rubrik „Minimalabstand‘ der vorstehenden Tabelle ersichtlich ist; nur dass sie hier auch noch über die relative Ausdehnung des fraglichen Spaltes in derselben Weise Auskunft geben, wie sie unten bezw. hinten überhaupt seine Existenz bedingten. Je weiter und je höher nach oben der Processus uncinatus sich von der Seitenwand abhebt, um so höher hinauf reicht der Spaltraum. s Andererseits ist für die Grösse des lateralen Spaltes auch das Verhalten seiner Aussenwand bestimmend, also des vorderen Anteils der medialen Augenhöhlenwand. Hier können wir zwei Typen unterscheiden: Einmal fällt die Wand nahezu senkrecht ab und biegt in fast rechtem Winkel, jedenfalls aber sehr schroff zur unteren Fläche um. Andere Male erfolgt der Abfall sanfter, in (sehr) spitzem Winkel von der Mittellinie weg und dementsprechend findet der Übergang zum Augenhöhlenboden in sanft geschwungener Kurve statt. \ Letzterenfalls kann der Processus uncinatus auch bei starker Lateralwendung nicht so leicht jene Anlehnung an die Augen- höhlenwand gewinnen, welche wir soeben als Bedingung der festen Abgrenzung der Kieferhöhle nach vorne oben gewürdigt haben, so dass dieses Verhalten der inneren Orbitalwand als mitbestimmend für die Existenz eines sublacrymalen Raumes, jedenfalle aber für seine frontale Breite angesehen werden muss. Umgekehrt erleichtert das erstbeschriebene Verhalten, also der senkrechte Abfall der inneren Orbitalwand dem Proc. uncinatus sehr die unmittelbare Anlehnung und verhindert so die Entstehung eines sublacrymalen (resp. subethmoidalen) Spaltes. Nicht gleichgültig ist ferner die vertikale Höhenerstreckung der Orbita und speziell des Tränenbeines, ebenso wie die ge- ringere oder grössere Länge des Hakenfortsatzes, und nicht 380 l. GRÜNWALD, zum wenigsten sein mehr oder weniger steiler Verlauf für die vertikale Ausdehnung des tiefen Seitenspaltes und damit seines Derivates, des Recessus ethmolaerymalis. Ich gebrauche den Ausdruck „Derivat“, denn jener tiefe und weite Spalt zwischen dem Hakenfortsatz und der inneren Augenwand, den wir unter günstigen Verhältnissen vorliegen sehen, ist zwar ein sublacrymaler Raum, aber zunächst kein anderer als das (von vielen) sogenannte „Infundibulum‘“. Nun kommt aber in ca. */, aller Fälle etwas hinzu, das die Verhältnisse in diesem Spalte wesentlich ändert. Das ist eine mehr oder weniger weit sich erstreckende knöcherne, selten bindegewebige Lamelle, die als Verwachsung zwischen dem ventralen Rande der „Bulla ethmoidalis“ und dem dorsalen des Processus uncinatus und zwar meistens im oberen (vorderen). Dritiel oder Viertel des halbmondförmigen Spaltes imponiert. (L, in Figg. 3 und 4.) Diese Lamelle scheidet also einen medialen von einem lateralen, dem eigentlichen sublaerymalen Teil. Erst diese letzte Bucht ist es, die wir als identisch mit jenem durch die Sonde von der Kieferhöhle her ertasteten Recessus ethmolacrymalis ansprechen dürfen. Seine Höhenerstreckung aber hängt nur zum Teil von (denselben Verhältnissen, wie sie oben für die Ausdehnung des tiefen Seitenspaltes als massgebend geschildert wurden, ab. Nur der untere Beginn des Recessus ethmolacrymalis ist näm- lich von den Verhältnissen des Processus uncinatus zur Seiten- wand, d. h. von der ganzen Gestaltung des Hiatus semilunaris abhängig, nicht aber seine obere Erstreckung, denn diese kann das obere Niveau des Hiatus semilunaris überschreiten und ungehinderten Verlauf bis zum Stirnbein, ja sogar bis in das- selbe hinein, nehmen (Figg. 5 und 6). Ich schilderte vorhin als oberen Ursprung der Scheidungs- lamelle den ventralen Rand der ‚„Bulla ethmoidalis“. Nun Der Recessus ethmolacrymalıs. 381 kann man von einem solchen nur in weitestem Sinne sprechen, da dieser Knochenwulst meistens der ventralen Seite eine ziemlich breite konvex gekrümmte Fläche zukehrt, also keinen ausgesprochenen Rand besitzt. Dementsprechend hat die Lamelle eine ziemlich grosse Auswahl für den Platz ihres oberen Ansatzes und kommt, je nachdem dieser mehr an der Kuppe der Konvexität erfolgt, mehr medial oder entgegen- gesetzten Falles mehr lateral zu liegen. Ersterenfalls wird natürlich der (lateral von der Lamelle liegende) Recessus ethmolacrymalis grössere frontale Breite erlangen, letzterenfalls wird der im Hiatus semilunarıs ver- bleibende Rinnenteil tiefer. Letzteren Umstand, das Verbleiben eines Rinnenteiles im Hiatus semilunaris erwähne ich hier besonders deshalb, um an Hand der in Figg. 3 und 4 ersichtlichen Reliefver- hältnisse auf deren völlige Verwischung in den halbschemati- schen Darstellungen Zuckerkandls (I. Bd., 2. Aufl., Taf. X, Figg. 1,2) und Hajeks (Pathol. und Ther. etc. 1909, Fig. 23a, b) hinzuweisen, weil hieraus am ersten verständlich wird, wie diese Forscher an unserem Recessus vorübergegangen sind. So kommt es, dass wir besonders bei letzterem nur flüchtige Erwähnungen wie: „dass das vordere Ende des Infundibulum .... blind endigt oder in eine Siebbeinzelle übergeht“, begegnen. Die Identifizierung mit den von mir geschilderten Verhältnissen, oder etwa den sogenannten Terminalzellen des Hiatus (Hey- mann-Ritter), sowie eine Differenzierung von denselben kann natürlich an Hand solch allgemein gehaltener Andeu- tungen nicht erfolgen. — So notwendig wie das offene Klaffen des oberen Teils des Hiatus semilunaris zur Konfiguration des Recessus ethmo- lacrymalis erscheint, so kann es sich gelegentlich nur auf diesen oberen Teil beschränken und der untere Teil des Hiatus semi- lunaris durch Anlehnung des (hinteren Abschnittes des) Proc. 382 L. GRÜNWALD, uncinatus an die Orbitalwand oder starke Annäherung seines oberen Randes an die ‚„Bulla ethmoidalıs“ obsolet werden. Dann ist die Kieferhöhle in ihrem oberen vorderen Teile ge- nau so begrenzt, als dies der Fall ist, wenn der ganze Proc. uncinatus sich sofort in seinem ganzen Verlaufe an das Tränen- bein anlehnt. Während wir im Falle gänzlichen Klaffens des tiefen Seitenspaltes, der der überwiegend häufigere ist, einen im mechanischen Sinne direkten Zusammenhang von Kiefer- höhle und Recessus ethmolaerymalis erleben, besteht letzteren- falls (wie an mehreren meiner Präparate ersichtlich) kein solcher. Es ist dies aber nur eine Ausnahme, denn im übrigen bildet gerade der freie und fast ungestörte Zusammenhang des Recessus ethmolacrymalis miieder Kresterhcohle das erste auffallende Moment gegenüber dem Verhalten sogen. Stirn-Zellen. Es kommt überaus häufig vor, dass man mit der Sonde von dem Recessus sowohl in die Kieferhöhle als umgekehrt von dieser in jene nicht nur leicht hineingelangt, sondern direkt hineinfällt. Von 26 teils frischen, teils macerierten Präparaten habe ich dies notiert und in Fig. 6a ein solches Verhalten recht eklatant dadurch dargestellt, dass die ganze Seitenwand, soweit Kieferhöhle und Recessus dadurch bedeckt werden, abgetragen worden ist. In Fig. 6b ist noch der den Übergang der beiden Hohlräume zueinander überbrückende Knochenteil erhalten und man sieht, dass sich unter dem- selben gerade das Ostium maxillare verbirgt. Man gelangt vom Ostium aus über die, dorsalwärts vom offenen Spalt des Hiatus semilunaris begrenzte Aussenfläche des Processus uncinatus hinweg in den Recessus, dessen mediale, zunächst aus der Verwachsung zwischen Agger nası und „Bulla ethmo- ıdalıs‘‘ bestehende Wand sich noch über dem Bereich dieser Anatom. Hefte. I. Abt. 125. Heft (41. Bd., H. 3). Tafel 16. Grünwald, Verlag von J, F. Bergmann in Wiesbaden, Anatom. Hefte. I. Abt. 125. Heft (41. Bd, H, 3). Tafel 17. Grünwald, Verlag von J. F. Bergmann in Wiesbaden. Der Recessus ethmolacrymalis. 383 beiden Randsäulen nach oben erstreckt. Also nicht in die Nase blickt in diesem, wie in vielen anderen Fällen, das Ostium maxillare, sondern in den Recessus, während z. B. in Fig. 5 die an der Stelle p.-l. ersichtliche Anlehnung des Processus uncinatus an die Facies ethmoidalis des Tränen- beines eine direkte Verbindung des Recessus mit der Kiefer- höhle nicht zustande kommen lässt, so dass diese nur mil dem Hiatus semilunaris komuniziert und erst von diesem aus wieder der Recessus ethmolacrymalis zugängig wird. Andererseits sehen wir in Fig. 7 wiederum ein noch engeres Verhältnis der beiden Räume dadurch bedingt, dass von vorne der Ductus nasolacrymalis und von hinten ein weit laterales Vorspringen der „Bulla ethmoidalis“, an der Orbitalplatte des Oberkiefers entlang, den Isthmus zwischen den beiden Räumen zu einer Art Ostium verengen, das den Zugang des Recessus zum Hiatus hin viel weniger leicht ge- staltet als zur Kieferhöhle!). Der Recessus ist bisher als solcher nirgends aufgefallen, sondern in den Sammelbegriff ‚vorderer Siebbeinzellen“ auf- gegangen und unzweifelhaft oft als das aufgefasst worden, was einige als „Frontalzellen“, andere als ‚„Infundibularzellen“ bezeichnen. Mit diesen Gebilden werde ich mich später zu beschäftigen haben, und hier nur soviel bemerken, dass wir bereits, aber auch nur bei Killian, dem wir die erste Kenntnis der Entwickelungsvorgänge im Bereiche des tiefen seitlichen Nasenspaltes verdanken, einem Hinweis auf die Existenz gewisser sublacrymaler Räume ausserhalb seiner „Stirnzellen“ begegnen. Er sagt (Arch. f. Laryngol. Band 3, S. 36): „Brückenartige Verwachsungen im oberen Teile des !) Der naheliegende Gedanke, dass der Rec. eigentlich zur Kieferhöhle selbst gehöre, trifft mitunter und in gewissem Sinne zu. Von dem „Raum des Infundibulum, der zwischen Processus uncinatus und Orbitalwand liegt“, hat das bereits Seydel erkannt. Die Frage soll im Zusammenhang später erörtert werden. 384 L. GRÜNWALD, Recessus inferior), wie wir sie in Fig. 21 (Syn.) gesehen haben, kommen sehr oft vor und verengen diese Bucht wesent- lich. Unterhalb solcher Synechien können sich später zellen- artige Nebenräume des Recessus inferior ausbilden, welche in das Gebiet des Tränenbeins zu liegen kommen.“ Die oben als wesentliches Moment der Abscheidung (des Recessus ethmolaerymalis bezeichnete Lamelle finden wir hier also bereits gewürdigt, wenn auch im Sinne sozusagen zu- fälliger Verwachsung. Nach meiner Auffassung dagegen ist die Verwachsung nur das erste Zeichen bereits begonnener Ke- cessusbildung (die nicht nur auf den Hiatus semilun. be- schränkt bleibt: s. S. 378), so dass also der Recessus ethmo- lacrymalis eine laterale Ausbuchtung des tiefen seitlichen Nasenspaltes (Hiatus semilunaris) darstellt. Aus dieser Auffassung wird erst eine weitere anatomische Er- scheinung verständlich, die überdies in noch auffälligerer Weise, als die oben geschilderte Beziehung zur Kieferhöhle, die Not- wendigkeit erweist, den Recessus aus dem allgemeinen ver- waschenen Begriff „vorderer Siebbeinzellen“ herauszuheben. In Fig. 8 ist, abgesehen von einer Brücke im Bereiche der Facies orbitalis und einer weiteren am Stirnbeinknochen, alles, was seitlich die pneumatischen Räume zudeckt, abge- tragen und da sieht man denn den aus den früheren Ab- bildungen bekannten Raum sich nicht nur bis in die orbitale Stirnbeinwand erstrecken, sondern weiter ohne die ge- ringste Unterbrechung in die sich hoch hinauf erstreckende Stirnhöhle übergehen. Diese Erschei- nung kann nicht mit der Hypothese abnormer Resorption einer Scheidewand abgetan werden. Denn erstens würde man weder mit nur einiger Sicherheit die Lage dieser Scheidewand, noch die Ausmündung der abgeschieden gedachten Stirnbeinhöhle !) Der „Rec. inf.“ Killian’s ist im wesentlichen identisch mit Hiat. semilun. bezw. dem sog. „Infundibulum“. Der Recessus ethmolacrymalis. 385 anzugeben wissen und zweitens habe ich das gleiche Verhalten in mehr oder weniger extensiver Ausbildung, aber immer qualitativ gleich, in weiteren 5 Fällen, also in 11% des Vor- kommens eines Recessus ethmolacrymalis feststellen können. Stellt man sich dagegen vor, dass der Recessus, wie er in Figg. 5 u. 6 sichtbar ist, sich weiter nach oben und in den Frontalteil des Stirnbeines hinein erstreckt, während der (nicht auf diesen Abbildungen, sondern nur in Figg. 3 u. 4 sicht- bare) Rinnenteil des Hiatus semilun. sich nicht weiter ent- wickelt hat, sondern blind geblieben ist, wie das häufig vor- kommt, so haben wir ein treues Bild der wirklichen Ver- hältnisse und zugleich Verständnis für dieselben gewonnen: Die Seitenbucht (lateral vom sichtbaren Teil des Processus uncinatus) bildet den gemeinsamen Vorraum, aus dem unten Riefer-, oben Stirnhöhle entstehen und durch den sie auch confluieren. Zugleich, wie ich ausdrücklich zur Vermeidung von Missdeutungen bemerken will, mündet jede der Höhlen selbständig durch den Vorraum und den Hiatus semilun. in den mittleren Nasengang !). — Der aufmerksame Leser wird schon bemerkt haben, dass in der geschilderten Auffassung der Verhältnisse implicite die Aufstellung einer bisher unbekannten Art von Mündung (und Entstehung) von Stirnhöhlen, nämlich aus dem Recessus ethmo- lacrymalis enthalten ist. Ich begnüge mich hier mit dieser Feststellung und bemerke nur noch soviel, als zur anatomischen Ansprache des Recessus ethmolacrymalis nötig erscheint: 1) Es bedarf übrigens zur Herstellung dieses Zusammenhangs zwischen Kiefer- und Stirnhöhle nicht des Vorhandenseins eines r. e.—l. Dieses interes- sante Vorkommnis beruht darauf, dass die Eventualität der Entstehung einer Stirnhöhle ausirgend einem Teile des tiefen Seitenspaltes (Hiatus semilun.) mit tiefer Seitenausbuchtung dieses Spaltes und Übergang dieser Ausbuchtung in die Kieferhöhle („Infundibulum“) zusammenfällt. Die Entstehung einer Stimmhöhle erfolgt aber auch und zwar ziemlich häufig aus dem Vorderende des Hiatus. Dann sehen wir den beschriebenen Zusammenhang in noch ein- facherer Weise hergestellt: Stirnhöhle — Hiatus semil. — „Infundibulum* — Kieferhöhle. Ich habe an 8 Präparaten dieses Verhalten notiert. 386 L. GRÜNWALD, Da wir den fraglichen Hohlraum als seitliche Ausladung des tiefen seitlichen Nasenspaltes auffassen, die neben diesem sich in gleicher Richtung ausdehnt, muss zunächst sein Ur- sprung noch in diesem Spalt, also in der Seitenfläche des Hiatus semilun. (im engeren Sinne) liegen, im Gegensatz zu den „Stirnzellen“, die direkte seitliche Ausladungen der Stirn- bucht, also weiter oben, vorstellen. Entsprechend dieser tieferen Lage und Zugehörigkeit zum Hiatus semilunarıis muss der Recessus ethmolaerymalıs mindestens im Anfang noch ein Stück neben dem Hiatus verlaufen, was sich in dem Befund der Scheidewand zwischen beiden ausspricht. Also nur dann, aber auch immer dann, wenn wir einen, durch” eine’ Scheidewandrvom Hiatus geschre- demenerkohlr aumrs>sı ehomreibenytde mu akuswer: strecken sehen, ist von einem Recessus ethmo- lacrymalisdie Rede. Dementsprechend ist aber der obere (oder oberste) Teil des Hiatus semilun. in einen medialen und lateralen Teil geschieden und von der Medianseite, so- wohl ais der Lateralseite her erblickt man in der ganzen Länge des Hiatus semilun. eine untere Pars aperta (den Spalt) und eine obere Pars clausa, deren Verschluss die ebenso von medial als lateral her sichtbare Scheidewand bildet (Figg. 3 und 4). Entsprechend seiner nur genetischen, nicht aber ana- tomischen Abhängigkeit vom Hiatus semilun. kann der Recessus sich aber (wie schon erwähnt) noch über den Hiatus hinaus seitlich sowohl als besonders nach oben vorne beliebig weit ausdehnen. Damit erklärt sich sowöhl seine schon mehrfach erwähnte Ausdehnung bis in das Stirnbein hinein, andererseits aber auch der Umstand, dass nach dem Überschreiten der Hiatus- grenze der Recessus durch Ausladung, nach vorne und hinten zu, Zweiteilung gewinnen und auf der Pars. aperta des Hiatus Der Recessus ethmolaerymalis. 38 semilun. sozusagen reiten kann, wie dies Fig. 9 zeigt (8 Fälle). Ebenso wird eine weitere nicht seltene, Variation verständ- lich: das Vorkommer zweierRecessusbildungenüber- einander, deren Ursprünge also von hinten unten nach vorn oben einander im Hiatus semilun. folgen. Aus dieser Kven- tualität wird auch der Unterschied unseres Recessus gegenüber denHeymann-Ritterschen „terminalen Hiatuszellen“ 1), die aus dem oberen, sonst blinden Ende des Hiatus semilun. sich bilden, am besten klar. ei allen Variationen aber werden wir ein zweites, den Recessus ethmolacerymalı= von „Stirnzellen“ unterscheidendes 'Momen® nicht vermissen, dasist der axial gleichsinnige Ver- lauf mit dem Hiatus semilunaris. Endlich ist ein Umstand zu erwähnen, der jeden Recessus von einer Zelle unterscheidet: Ein Recessus, so auch unserer, bildet nur die, im vorliegenden Falle durch die Lamelle ab- geschiedene Seitenbucht eines Hauptraumes. Beide Räume steheminihremBerührungsbereiche ohne ÜUnter- breehung in weitem Zusammenhang. Dies drückt sıch auch darın aus, dass von der Seite her, aus dem Recessus, der Spalt des Hiatus semilunaris in ganzer Breite sichtbar ist. Im Gegensatz hierzu sind die Zellen der „Stirnbucht“ Killians Fortsetzungen von Spalten in der Seitenwand und stehen infolgedessen nur in beschränktem, lochförmigen Zu- sammenhang mit dem Hauptraum. Beim Blick von der Lateral- seite her erscheint denn auch ihre Zellwand nur kurz durch ein Ostium unterbrochen. Ausserdem weichen die Achsen der Stirnzellen®) sofort in radiärer Richtung von der des !) Zeitschr. f. Laryngol. ete., 1908, S. 1. ?) Hier ist noch von Interesse, dass das Vorkommen von „Stirnzellen“ unter 56 Fällen von r. e—l. ll mal, unter 23 Fällen von Nichtvorhandensein des Rec. 6 mal konstatiert werden konnte, also letzterenfalls ca. 1'/2 mal so häufig im Verhältnis. Anatomische Hefte. I. Abteilung. 125. Heft (41. Bd. H. 3). 25 388 L. GRÜNWALD, Hiatus semilunaris ab. Natürlich liegen ihre Mündungen auch immer höher, oberhalb der oder höchstens ım Niveau der frontaien Grenzen des Processus uncinatus resp. Ägger nası. Damit glaube ich der anatomischen Charakteristik Genüge getan zu haben und füge nur noch zur Illustrierung der ver- schiedenartigen (Grössenverhältnisse einige Massabnahmen (in mm) hinzu, von denen sich übrigens keine auf Stirnhöhlen- bildung aus dem Recessus ethmolaerymalis bezieht. Präparat Nr. Vertikal | Sagittal Frontal 38 6 4 3 35 6 6 6 62 (macer.) 7 | 6) | — 105 10 | 5 = 54 10 | 8 4 101 10 | 9 5 99 11 8 3 76 13 ‘10 h) 103 (macer.) 23 ®) Es kommen übrigens auch viele kleinere und dann wenig auf- fallende Recessusbildungen vor. Herrn Prof. Rückert danke ich auch hier aufs herz- lichste für die Gewährung des Materials, sowie den Herren Prosektor Dr. Hahn, Dr. Hasselwander und Heiss für seine freundliche Bereitstellung. Der Recessus ethmolacrymalis, 389 Nachtrag. Nach Niederschrift dieser Arbeit, deren Inhalt bereits im September 1909 auf der Salzburger Naturforscher-Versamm- lung bekannt gegeben wurde, erhielt ich Kenntnis von einer ım Novemberheft der „Klinischen Monatsblätter für Augen- heilkunde 1909“ veröffentlichten Arbeit von Emil Thorsch: „Beziehungen der Tränensackgrube zur Nase und ihren Neben- höhlen“. Die Gebiete dieser und meiner Arbeit berühren sich wenigstens stellenweise. Ebenso wie ich schon erwähnte, dass zur Freilegung des Recessus ethmolaerymalis nur selten die Fossa lacrymalis angebrochen werden müsse, ebenso finden wir bei Thorsch in nur 20,7 % seiner Präparate einen Zu- sammenhang mit pneumatischen Räumen. Soweit er von Sıebbeinzellen spricht, darf ich unter Be- zugnahme auf meine obigen Darlegungen hervorheben, dass es sich dabei um terminale Hiatuszellen einerseits, anderer- seits um den Recessus ethmolacrymalis handelt. Die Bemerkung, dass in zwei Fällen ein „röhrenförmiger Kanal“ hinter der Infraorbitalbucht aus der Kiefer- in die Stirnhöhle führte, zielt auf dieselbe Tatsache, wie ich sie oben beschrieben und durch Fig. 5 in ihrer wahren Gestalt erläutert habe, für die aller- dings der Ausdruck „röhrenförmiger Kanal“ keine den Ver- hältnissen adäquate Anschauung liefert. — Es ist für den Kundigen jedenfalls überflüssig, vielleicht aber doch nicht un- angebracht, darauf hinzuweisen, dass der „Recessus prä- lacrymalis“ Killians in dessen vorzüglichem Werke, auf das Thorsch Bezug nimmt, mit der Infraorbitalbucht der Kieterhöhle (Zuckerkandl), nicht mit dem Recessus ethmo- lacrymalis identisch ist. Erklärung der Abbildungen. vr. Recess. ethmolacrymalis. L. Decklamelle. Fig. 1. Darstellung des Rec. ethmolacr. von der Medianseite nach Ab- tragung seiner Innenwand (pu. Proc. uncin. b. e. „Bulla ethmoidalis*). Fig. 2. Der Hiat. semilun. ist infolge Anliegens des Proc. unc. an der Seitenwand von der Kieferhöhle aus nicht zugängig. Fig. 3. Der Hiat. semil. steht infolge freien Abstandes des Proc. uncin. von der Seitenwand in weiter Verbindung mit der Kieferhöhle. Fig. 4. Die Lamelle scheidet (wie in Fig. 3) den Rinnenteil (R.) des Hiat. semil. vom lateral gelegenen Recess. ab. Unterhalb liegt die Pars aperta des Hiat. semil. Fig. 5. r. e.—]. und Pars aperta des Hiat. semil. von der Seite her frei- gelegt. p.—l. Verwachsung des Proc. unc. mit dem Lacrymale. Fig. 6. r. e.—l. und Kieferhöhle (K.) stehen vermittelst der Seitenbucht des Hiat. semil. in Verbindung. f. 1. Facies eihm. oss. lacr., h. s. Hiat. semilun. Fig. 7. r. e.—l. steht in engerem Zusammenhang mit der Kieferhöhle als mit dem Hiat. semil. Fig. 8. Kieferhöhle steht durch den stark lateral beginnenden r. e.—|. in. unmittelbarem Zusammenhang mit der Stirnhöhle. Fig. 9. r. e.—l. breitet sich nach vorn und hinten aus und „reitet“ in- folgedessen auf dem Hiat. semilun. Aus pEeMm BioLoGiscHEN LABORATORIUM AM ANATOMISCHEN INSTITUT ZU Bonn. ÜBER DEN ERSATZ DER HAUPT- UND BELEGZELLEN IM MAGEN DER MAUS. VON W. HARMS. Mit 4 Figuren auf Tafel 18. 3 ar nal, =) nn; (a Any Aa Soaaage Mn: * ARE DL Se va 200 ‘ BiRE 173 0 Nase ha: v wy N: . wu Zu F j o iR = wi Br e E A B | E10, Ah, fi " er ae BG | Ba PARTUER GERT 3 Ä F pr ea RE TER nr mr NN Ye Di ix ka He Er er Seren #3 A 3 N Es Wi und) Mei. NG u h r u: n \ - "2 Da . Fr e 5 ö a 4A TERRA; DIE San, ” ee Eu: N) = I; ters dr BF Der N »48 h 3 2 77 4 Mr u 5 ” LT nf i z a u er iR Be Be se Gelegentlich anderer an Mäusen angestellten Versuchen kam auch der Magen einer jungen Maus zur genaueren histo- logischen Untersuchung. Dieselbe gehörte der albinotischen Varietät an und wurde am 15. Oktober geworfen. Nach der Entwöhnung wurde sie gut mit Milch und Weissbrot gefütter! und in den ersten Tagen des Dezember getötet. Die macro- scopische Untersuchung des Verdauungstractus des Tieres er- gab, dass der Magen prall mit Speiseresten angefüllt war; der Darm war ebenfalls im Zustande der Verdauung. Um die Entwickelungsstufe näher festzulegen, sei noch bemerkt, dass der untersuchte Hoden reichlich reife Spermatozoen aufwies; auch die Schläuche des Nebenhodens waren mit solchen an- gefüllt. Das Tier, das auch sonst kräftig entwickelt war, musste also schon geschlechtsreif sein. Der Magen wurde ausgespannt und in einer concentrierten Lösung von Sublimat in 0,75% Kochsalzlösung fixiert. Die Fundusgegend wurde eingebettet und in Serien von 5-10 u zerlegt. Die Färbung war Hämalaun und Kongorot, wodurch Haupt- und Belegzellen sehr schön different gefärbt werden konnten. Die Untersuchung ergab nun, dass sich in einer bestimmten Region, die noch näher be- zeichnet werden soll, ziemlich reichlich Mitosen von Haupt- sowohl als auch Belegzellen vorfanden. Vermehrungsstadien der Hauptzellen sind bisher nur in einem Falle, so viel mir 394 W. HARMS, bekannt ist, von Bizzozerot) beschrieben worden. Er fand sie bei jungen Hunden, aber nur ausserordentlich selten. Da- gegen fand er Mitosen der Protoplasma- und Schleimzellen sehr häufig. Die Belegzellen sind ebenfalls sehr selten in Teilung beobachtet worden, und zwar von Tortora und Popoff. Da mir die Abhandlung der beiden Autoren nicht zugänglich war, citiere ich sie hier nach Harvey?). Tortora fand Mitosen der Belegzellen in der Halsregion. Popoff beschreibt Teilungsfiguren bei entzündlichen Zuständen. In meinen Präparaten vom Fundus der jungen Maus liessen sich nun reichlich Mitosen der beiden Zellarten nachweisen. Sie sind am häufigsten in der Nähe der Einmündungsstelle des Ösophagus zu finden. Zunächst dem Ösophagus sieht man namentlich die Hauptzellen am stärksten in Vermehrung, weiter entfernt dann auch die Belegzellen. Die Vermehrungsstadien der Hauptzellen befinden sich etwa im oberen Teile des Drüsen- körpers; noch etwas weiter nach oben, bis zum Ende des Drüsenhalses finden sich die Belegzellen-Mitosen. Diese beiden Zonen der Haupt- und Belegzellen-Mitosen sind indessen nicht scharf voneinander getrennt, sie gehen häufig ineinander über. Um die Vermehrungszonen anschaulich zu machen, diene Fig. 1, ein Längsschnitt durch eine Fundusdrüse aus der Nähe der Einmündungsstelle des Ösophagus. Die Belegzellen sind, wie auch in den übrigen Figuren, rot gekörnelt; die Hauptzellen dagegen haben einen bläulichen Ton und deutliches Netzwerk im Protoplasma. Fig. 1 zeigt in der Halsregion eine deutliche Belegzellenmitose. Diese Teilung stellt etwa die am weitesten 1), Bizzozero, G. e Vassale, Virchows Arch. Vol. 110, pag. 165 und Bizzozero, @., Über die schlauchförmigen Drüsen des Magendarm- kanals und die Beziehungen ihres Epithels zu dem Oberflächenepithel der Schleimhaut. Arch. f. mikr. Anat. Bonn Bd. 42. 1893. ®) Harvey, Basil. C. H., A study of the structure of the gastric glands of the dog and of the changes which they undergo after gastero- entero- stomy and occlusion of the pylorus. Americ. Journ. of Anat. Bd. 6. 1906—07. Harms gez. t ” 2 /t Je! Über den Ersatz der Haut- und Belegzellen im Magen der Maus. 395 von der Muscularıs mucosae entfernt liegende dar. Weiter unten in der Figur ist auch eine Hauptzellenmitose dargestellt, die wieder die am weitesten von der Muscularis mucosae ent- fernte Teilung darstellt. In dieser Region treten gewöhnlich Haupt- und Belegzellenmitosen vermischt auf. Die Hauptzellen- mitosen waren bei der jungen Maus ausserordentlich häufig, während sie bei dem weiter unten zu erwähnenden erwachsenen Tiere viel spärlicher vorhanden waren; mit den Belegzellen verhielt es sich gerade umgekehrt. Hauptzellen in Vermehrung sind in den Figg. 3 und 4 dargestellt. In Fig. 3 liegen zwei Hauptzellen in der oft beobachteten Weise zwischen Beleg- zellen eingeklemmt. Eine der Hauptzellen zeigt eine Mitose. Ein entsprechendes Bild bietet auch Fig. 4, wo wir ebenfalls eine typische mitotische Teilung in einer zwischen Belegzellen eingekeilten Hauptzelle wahrnehmen. Mitotische Figuren in den Hauptzellen waren in allen Stadien ihres Verlaufs leicht zu beobachten. Zwei Belegzellenmitosen bei stärkerer Vergrösserung dar- gestellt zeigt Fig. 2. Die Belegzellen haben am Rande ihre gekörnelte, stark mit Kongorot färbbare Struktur beibehalten ; in der Mitte jedoch befindet sich ein heller Hof, der zu Be- ginn des Teilungsvorganges am deutlichsten ausgeprägt ist, und der wieder mehr und mehr schwindet, je näher die Mitose ihrem Ablaufe ist. Die Spindeln sind immer sehr deutlich ausgeprägt. Die Teilungsfigur liegt durchweg ziemlich genau in der Längsachse der Drüse. Die Belegzellen vermehren sich also in der Halszone und rücken von hier aus in den Drüsen- körper vor. In der mittleren und namentlich unteren Partie der letzteren findet man Zeichen des Verfalls der Belegzellen, wie sie schon häufig beschrieben wurden. Die Zellen färben sich ungleichmässig; im Protoplasma erscheinen Vacuolen, alles Zeichen, dass die Lebenskraft der Zelle durch ihre funktionelle Inanspruchnahme allmählich erschöpft ist. Das erste Zeichen 396 W. HARMS, des Verfalls ist nach meiner Beobachtung die Flemmingsche Chromatolyse. Der Kern solcher dem Zerfalle anheimfallender Zellen färbt sich viel intensiver. Nach und nach löst er sich in mehrere Chromatinbrocken auf, die einstweilen noch an ihrer Bildungsstelle liegen bleiben. Sobald der Zerfall des Kernes deutlich geworden ist, zeigen sich auch im Protoplasma Veränderungen, die darin bestehen, dass nicht mehr so intensiv wie sonst Anilinfarbe aufgenommen wird und die Körnchen- struktur nicht mehr deutlich zu erkennen ist. Bald treten dann auch zahlreiche Vacuolen im Protoplasma auf, so dass letzteres eine blasige Struktur zeigt. Schliesslich lassen sich auch keine Zellgrenzen mehr an der Belegzelle erkennen, worauf sie dann der Resorption anheimfällt. Die ersten Zerfallstadien der Beleg- zellen treten immer im untersten Teile des Drüsenkörpers auf, die Endstadien des Zerfalles und der Resorption findet man noch weiter abwärts im Drüsengrunde. Die Zerfallsstadien kommen fast ausschliesslich in den Schläuchen vor, wo keine Mitosen auftreten, so dass in den verschiedenen Schläuchen immer ein Prozess der De- und Regeneration zeitlich und räum- lich verschieden wahrzunehmen ist. Die soeben geschilderte Regeneration der Haupi- und Be- legzellen, sowie die Degeneration der letzteren wurde bei einer jungen Maus beobachtet, die zwar schon geschlechtsreif, aber noch nicht vollständig ausgewachsen war. Um feststellen zu können, ob auch bei einem älteren Tiere diese Vorgänge statl- fänden, wurde ein solches Tier ebenfalls gut mit Milch und Weissbrot gefüttert und dann im Zustande guter Verdauung getötet. Auch an diesem Tiere liessen sich Mitosen sowohl in den Haupt- wie auch in den Belegzellen feststellen, und zwar in ganz derselben Region. In den Belegzellen traten sie sogar oft in grosser Anzahl auf, während die Hauptzellenmitosen spärlicher waren. Die Degeneration der Belegzellen liess sich ebenfalls bei diesem Tiere gut wahrnehmen, so dass wir hier dieselben Befunde wie bei dem jungen Tiere haben. Über den Ersatz der Haut- und Belegzellen im Magen der Maus. 397 Wie schon M. Nussbaum?) in seinen Arbeiten über die Drüsen feststellte, sind die Haupt- und Belegzellen bei niederen Wirbeltieren, z. B. beim Frosch, noch durchaus räumlich von- einander getrennt und auf einzelne Regionen beschränkt. So liegen die Hauptzellen entweder im Ösophagus, wie beiRana, oder am Übergang des Ösophagus in den Magen, wie bei Bufo, oder aber im Anfangsteile des Magens selbst, wie bei Triton und Salamandra. Auf diese Region der Hauptzellen folgen dann die Belegzellen, die ab und zu mit Schleimzellen unter- mischt sind. Bei diesen Tieren ist wohl von vorneherein an- zunehmen, dass beide Zellarten, die hier verschiedene Drüsen repräsentieren, noch getrennt voneinander regenerieren. Die Annahme, dass Belegzellen bei Säugern nur eine Modifikation der Hauptzellen seien, ist hier kaum aufrecht zu erhalten. Bei den Säugern kommen ja nun Haupt- und Belegzellen ge- mischt vor. Auf meine Befunde gestützt, möchte ich nun beide Zellarten durchaus als specifisch differenziert auffassen, genau wie bei den Amphibien, wo sie ausserdem noch örtlich ge- trennt sind. Obwohl beide Zellarten: gemischt sind, so konnte doch festgestellt werden, dass es für beide ein bestimmtes Regenerationscentrum gibt, worin beide Zellarten sich unab- hängig voneinander vermehren. Die in der Drüsenhalsgegend neugebildeten Zellen rücken in den Drüsenkörper hinab, er- füllen hier ihre gesonderten spezifischen Funktionen, um schliesslicn dem Untergange anheimzufallen. 3) Nussbaum, M. Über den Bau und die Tätigkeit der Drüsen: Arch. f. mikr. Anat. Bd. 15. XXI. Figurenerklärung. Tafel 18. Fig. 1. Längsschnitt durch eine Fundusdrüse aus der Nähe der Ein- mündungsstelle des Ösophagus, von einer jungen Maus stammend. Man sieht sowohl eine Beleg- wie auch eine Hauptzeile in Teilung. Die Hauptzellen- mitose wurde aus einem folgenden Schnitte kombiniert. Oc. 4. Obj. C. Fig. 2. Ausschnitt aus einem Drüsenlängsschnitt einer jungen Maus aus derselben Gegend wie Fig.1. Zwei Belegzellen sind in Teilung begriffen. Oc. 4. Obj. Hom. Im. !/ıe. Fig. 3. Zwischen zwei Belegzellen sind zwei Hauptzellen eingeklemmt, von denen die eine sich in Mitose befindet. Oc. 4. Obj. Hom. Im. Y/ıe. Fig. 4. Eine in Teilung begriffene Hauptzelle, die zwischen zwei Beleg- zellen liegt. Oc. 4. Obj. Hom. Im. '/ı2. AUS DEM HISTOLOGISCHEN LABORATORIUM DER K. MILITÄR-MEDIZINISCHEN AKADEMIE ZU ST. PETERSBURG. CHONDRIOSOMEN UND DIFFERENZIERUNGSPRÜZESSE BEI SÄUGETIEREMBRYONEN. VON W. RUBASCHRKIN, | ST. PETERSBURG. Mit 15 Figuren auf den Tafeln 19/22. j 2 NIE RS — j = . nn * 2 j j u 5 er y i Be i ee Part Bis Be Er. 4 ANUEST en rn 5% BIT Er Sal TA i y 5 MR 5 A ö . Re yaNO-o aD E aaason DBEON EN ua E RN uniaanäD RE an En ee Be Br n D beerg Dr Rt u u | j a [Fu "u . 2 a0 ad . j a u i G u v . ® . .; x > = eig Ds u RT 4 > k r ATIB 1 PITR dil)E YANG u & u zz ur i id . vr ur rer I \ Mal nz as nur NN Die Frage von den Chondriosomen (Meves) und Mito- chondrien (Benda) blieb während einer langen Zeit fast aus- schliesslich im Gebiet der Geschlechtszellen und der Spermio- genese stehen, wo diese Bildungen zum ersten Male von Benda beschrieben wurden. Benda (1-5), Meves und Duesberg (17) haben sie in den männlichen Keimzellen auf den verschiedenen Stadien der Spermiogenese bei vielen Wirbeltieren und Wirbellosen beschrieben, wo sie sich entweder in Form von einzelnen Körnern und Ketten (Mitochondrien von Meves), oder ın Form von Fäden und Stäbchen (Chondriokorten von Meves) vorstellen. Von denselben Autoren ist es bewiesen, dass der Spiralfaden am Schwanz der Samenzellen auf Kosten von Mitochondrien sich bildet. Ich halte es für überflüssig bei diesen gut bekannten An- gaben, deren Mehrzahl im Referat von Benda (5) gesammelt ist, länger zu bleiben. In der letzten Zeit hat die Chondriosomenfrage eine grosse Aufmerksamkeit auf sich gelenkt und mehrere Forscher sınd bestrebt sowohl die Frage von der Verbreitung der Chondrio- somen in den tierischen und pflanzlichen Zellen aufzuklären, als auch zu bestimmen, in welchen Verhältnissen dieselben zu den Bildungen stehen, die schon seit lange in den ver- schiedenen Zellen beschrieben und unter den Namen von 402 W. RUBASCHKIN, Chromidien, Ergastoplasma, Apparato reticolare interno etc. bekannt sind. Da das Hauptziel meiner Arbeit darin liegt, die Verände- rungen der Chondriosomen während der Differenzierungs- prozesse zu verfolgen, will ich die Frage des Verhaltens der Chondriosomen zu den oben genannten Bildungen von ‚unbe- kannter Natur beiseite lassen, weil sie zu ihrer Lösung eine ganz anders gerichtete Forschung erfordert. Die Ergebnisse der letzten Zeit, die die Chondriosomen- [frage betreffen, haben einerseits eine tatsächliche Bedeutung, indem sie die Zahl der Zellarten, in welchen die Chondrio- somen existieren, vermehren, andererseits erstreben sie die Aufklärung der physiologischen und morphologischen Rolle derselben. v. d. Stricht (37—39), Lams und Doorme (14) haben eine genauere Darstellung der Chondriosomen in den Kiern auf den verschiedenen Stadien der Oogenz2se, des Reifungs- und Be- fruchtungsprozesses bei Säugetieren gegeben. Von den frühesten Stadien (Oogonien) angefangen bis zur Furchungsperiode konnten sie die Chondriosomen in den Eiern von Maus und Meerschweinchen entdecken; sie treten im Eiprotoplasma als kleine Körner auf, die entweder wie freiliegende Granula aus- sehen, oder das Aussehen von kleinen Häufchen und kurzen Ketten haben. Es ist von Interesse diese Beobachtungen mit denen, welche die Spermiogenese betreffen, zusammenzustellen. Während die Chondriosomen bei der letzteren bedeutende Formveränderungen durchmachen, bleiben sie in den Eizellen fast unverändert. In den Oogonien wie auch in den Spermatogonien stellen sie isolierte, dicht aneinander liegende Körner vor. Auf den folgen- den Stadien der Oogenese bewahren sie vorzugsweise den- selben Charakter; jedenfalls behält die Mehrzahl der Chondrio- somen ın den reifenden und in den befruchteten Eiern die Chondriosomen und Differenzierungsprozesse bei Säugetierembryonen. 405 Form von einzelnen Körnern, die sich teilweise zu Ketten vereinigen können. Die Bildung von Fäden, d. h. von Chondrio- konten nach Meves, lässt sich nicht konstatieren. Ganz gleich verhalten sich die Chondriosomen in den ersten Furchungs- zellen (v. d. Stricht); hier sieht man auch die Körner. Die neuen Angaben betreffend Chondriosomen in den somatischen Zellen des erwachsenen Organismus gehören hauptsächlich den französischen Forschern und sind ziemlich kurz; doch sind in vielen Zellenarten die Chondriosomen schon beschrieben. So sind sie in den Zellen der Speichel- drüssen (Regaud und Mawas [33], in den Leberzellen 29]), in dem Darmepithel (Champy [8]), in den Sertolischen Zellen (Policard |23]), in den Nierenzellen (Regaud (Regaud [26] und Duesberg) und augenscheinlich auch in den. Nervenzellen (Nageotte [21, 22 ) vorhanden. Nach diesen Beobachtungen zeichnen sich die Chondrio- somen in den untersuchten Fällen durch einen gewissen Grad von Polyvmorphismus aus, oder sie haben, wie es Duesberg in bezug auf die Spermiogenese sagt, keine bestimmte Form. Doch kann man jedenfalls festsetzen, dass die Chondriosomen hauptsächlich in zwei Hauptformen erscheinen: sie treten näm- lich entweder in Form von Körnchen oder in Form von l'äden auf, indem die letzteren ihrerseits homogene kompakte Bil- dungen oder Reihen von Körnern darstellen können. Aus den- selben Untersuchungen folgt auch, dass die Chondriosomen leicht veränderliche Bildungen sind, deren Form von dem Zu- stande der Zelle abhängt; sie stehen nämlich einerseits in einem innigen Verhältnisse zu der specifischen Zellenarbeit und andererseits unterwerfen sie sich bestimmten Verände- rungen während des Differenzierungsprozesses der Zellen und Gewebe. In den Speicheldrüsen „presentent les mitochondries des varıations connexes aux variations des grains de segre- Anatomische Hefte. I. Abteilung. 125, Heft (41. Bd., H. 3). 26 404 W. RUBASCHKIN, gation, ces variations sont cycliques; elles traduisent les phases et l’alternance fonctionelle des cellules“ (Regaud et Mawas [34)). Ähnlich steht die Sache nach Regaud (29) in den Zellen der Nierenkanälchen, wo „le maximum de developpement des formations mitochondriales est atteint au debut de la mise en charge de la cellule, son minimum coincide avec l’exeretion extracellulaire“. Die Veränderungen der Chondriosomen bestehen nach diesen Autoren in den Drüsenzellen im allgemeinen darin, dass die Fäden und Stäbchen in Körner zerfallen, welche sich dann in die Secretgranula umwandeln. Eine andere Reihe von Angaben betrifft die embryonalen Zellen und bietet ein besonderes Interesse, weil man hier einige Hinweise auf die Bedeutung der Chondriosomen zur Differen- zierung der Zellen des Embryos selbst und dann der ver- schiedenen Gewebselemente findet. Besonders bemerkenswert ist die Mevesche Entdeckung von Chondriosomen in den Embryonalzellen (20). Es ist ihm gelungen zu beweisen, dass die Chondrio- somen in allen Zellen von Vögelembryonen, von den frühesten Stadien angefangen, sich entdecken lassen. Sie treten sowohl in den Zellen des Embryo selbst, als auch in den Dottersack- zellen auf; was ihre Form anbetrifft, so sieht man dieselben Verhältnisse, wie in den Zellen des erwachsenen Organismus: hauptsächlich erscheinen sie in Form kürzerer oder längerer Fäden, teilweise in. Form von Ketten und Körnern. Zugleich ist von Meves darauf hingewiesen worden, dass die Ver- änderungen der Chondriosomen mit der Ausbildung der specifi- schen Bestandteile der Zellen in einem bestimmten Zusammen- hang stehen ; die Chondriosomen stellen nämlich das materielle Substrat zur Bildung der Neuro- und Myofibrillen dar (Meves und Duesberg). Chondriosomen und Differenzierungsprozesse bei Säugetierembryonen. 405 Im allgemeinen kann man aus den heutigen Angaben über die Chondriosomen den Schluss ziehen, dass sie Bildungen sind, welche eine grosse Rolle in dem Zellaufbau und in dem Zelleben spielen. Es folgt erstens aus diesen Angaben, dass die Chondriosomen ziemlich stark verbreitet sind, dass sie nieht bloss in den Geschlechtszellen, sondern auch in vielen anderen Zellarten vorkommen. Es bleibt bloss unklar, ob sie immer in den Zellen existieren, oder ob solche Zellen vor- handen sind, welche keine Chondriosomen besitzen. Neben diesen Schlussfolgerungen über eine solche Be- deutung der Chondriosomen gibt es auch schon eine Dar- stellung ihrer chemischen Konstitution; das letztere ist in der Beziehung besonders wichtig, dass wir hier ein Kriterium zur Unterscheidung der Chondriosomen von anderen Bildungen finden können. Der Vergleich der Methoden, welche zur Darstellung der lipoiden Einschlüsse in den Zellen dienen, mit denen, welche zur Entdeckung der Chondriosomen notwendig sind, liess Regaud schliessen, dass bei beiden Methoden eine grosse Ähnlichkeit sich erkennen lässt. Beide Substanzen lösen sich nämlich in Äthylalkohol und in Essigsäure. Für beide hat eine grosse Bedeutung die Fixation und eventuell die Beizung in chromenthaltenden Flüssigkeiten. So ist es für die Darstellung der lipoiden Ein- schlüsse notwendig, die Objekte nach alkoholloser Fixation mit Chrom zu beizen. Ebenso hält dasselbe Regaud zur Entdeckung der Chondriosomen für notwendig. Auf die wichtige Bedeutung der Chromierung ist schon früher von den verschiedenen Autoren hingewiesen worden; so hat Benda in seine Methode eine Chromierung einge- schlossen, Lams empfiehlt dieselbe zur Entdeckung der Chondriosomen in den Eizellen. In Wirklichkeit ist eine solche 26* 406 W. RUBASCHKIN, Nachehromierung nicht immer notwendig. Wenigstens ver- langen die Embryonalzellen dieselbe nicht. Meves hat gute Resultate bei Hühnerembryonen, ich selbst bei Säugetier- embryonen erzielt, ohne die Objekte, die in chromhaltigen Flüssigkeiten fixiert wurden, noch einer Nachchromierung zu unterwerfen. Doch bin ich mit Regaud einverstanden, dass „l’action prealable du chrome sur les mitochondries parait presque indispensable pour obtenir facilement leur coloration...... Je pense qu'il se fait au niveau des mitochondries, princi- palement en presence du formol une combination organo- chromique facılement colorable par l’hematoxylin ferrique“ (p. 662, [27]). | Auf Grund dieser Eigenschaften der Chondriosomen ver- sucht Regaud ein Kriterium festzustellen, mit deren Hilfe man die Mitochondrialbildungen unterscheiden könnte. Zu den charakteristischen Eigenschaften der Chondriosomen rechnel er ıhre Sensibilität zum Alkohol, zur Essigsäure, Notwendigkeit der Chromierung etc. Sich auf diese Ähnlichkeit der mierochemischen Besonder- heiten der Chondriosomen und Lipoiden stützend, hat Regaud eine Hypothese aufgestellt, dass die ersten in ihrem Bestande einige Substanzen aus der Gruppe von den in Alkohol sich lösenden Lipoiden, oder Lipoproteiden (Lecithin) enthalten. Die Aufgabe meiner Untersuchung liegt erstens darin, festzustellen, ob die Mevesschen Angaben über die Chondrio- somen der Vögelembryonen auch für die Säugetiere zutreffen. Da dieses von Anfang an bestätigt wurde und es sich erwies, lass die Säugetierembryonen ebenfalls Chondriosomen be- sitzen, die im allgemeinen denen, welche Meves bei den Vögelembryonen gefunden hat, gleich sind, entstand eine andere Aufgabe: die Chondriosomen auf den verschiedenen Stadien Chondriosomen und Differenzierungsprozesse bei Säugetierembryonen. 407 des Differenzierungsprozesses zu studieren und ihre Verände- rungen während des letzteren möglichst klar zu stellen. Als Material dienten mir hauptsächlich Embryonen vom Meerschweinchen, zum Teil von der Maus in den verschiedenen Entwickelungsstadien. Die Untersuchungsmethoden. Von den Fixierungsflüssigkeiten gaben mir die besten Resul- tate die von Meves angegebene Flemmingsche Flüssig- keit und die kürzlich von A. Maximow empfohlene Mischung (Müllersche Flüssigkeit —- 5% Sublimat + 10% For- malin -- 10% einer 2% igen Lösung von Kaliı bichromicı). Wie die Mevessche so gibt auch die Maximow sche Methode genügende Resultate nur bis zu einem gewissen Enl- wickelungsstadium, nach welchem die Chondriosomen sich nicht mehr erkennen lassen. Beim Meerschweinchen gelingl es eine gute Färbung von Chondriosomen bis zum 12 mm- Stadium leicht zu erhalten. Was nun die späteren Stadien anbelangt, so erwiesen sich auch beide Methoden ungenügend, denn die Chondriosomen färben sich hier nur in den seltensten Fällen. Für solche spätere Stadien passt die von Regaud angegebene Methode mit der nachfolgenden Chromierung der fixierten Objekte. Was nun meine Methodik, welche sich auf die Stadien von der Furchung bis zu den 12 mm langen Meerschweinchen- embrvonen bezieht, anbetrifft, so besteht sie in folgendem : Fixierung in der Mevesschen oder Maximow schen Flüssigkeit 1—2 Tage. Auswaschen in fliessendem Wasser — 1 Tag. Einbetten durch Xylol in Paraffin; Schnitte von 5-7 u, Aufkleben mit Eiweissglycerin. 408 W. RUBASCHKIN, Die Schnitte werden vor der Färbung nach der Pahlschen Methode mit Kalium hypermanganıcum und Oxalsäure be- handelt. 1/, Yo ige Lösung von Kalium hypermanganicum — 1 Min. Abspülen mit Wasser. Lösung von 1/,% Kalium sulfurosum und 1/,% Ac. oxalicum — 1 Min. Auswaschen im Wasser 10—-15 Min. Dann folgt die Färbung mit Eisenhämatoxylin (2 %o ige Lösung von Eisenalaun — 1 Tag, Abspülung mit Wasser, Weigertsche Hämatoxylinlösung 1—2 Tage, Differenzierung in 2% iger Lösung von Eisenalaun). Die vorhergehende Behandlung der Schnitte nach Pahl gibt bessere und klarere Präparate, als die einfache Färbung ohne solche Vorbehandlung. Nach der angegebenen Methode hergestellte Präparate zeigen auf grauem Grunde des Protoplasmas schwarz gefärbte Chondriosomen. Die frühesten Entwickelungsstadien. Die primitive Form der Chondriosomen und dieersten Erscheinungen derDifferenzierungs- Driopsersisie. Unsere gegenwärtigen Kenntnisse über die Chondriosomen der Embryonalzellen beschränken sich eigentlich auf die ver- hältnismässig späteren Stadien, wenn die Differenzierungs- prozesse einen hohen Grad der Entwickelung schon erlangt haben und wenn das Schicksal der grossen Zellmassen schon bestimmt ist. Die Mevesschen Angaben, die in dieser Beziehung zur- zeil die einzigen sind, betreffen Hühnerembryonen, von denen der jüngste im Dreiblätterstadium sich befindet. Frühere als Chondriosomen und Differenzierungsprozesse bei Säugetierembryonen. 409 die Keimblätterstadien hat Meves nicht untersucht. Aber die Zeit, in der sich das embryonale Zellmaterial auf die ver- schiedenen Blätter verteilt, stellt eigentlich eine Periode von schon ziemlich hoher Differenzierung dar und es wäre mög- lich aus theoretischen Gründen vorauszusetzen, dass der Zu- stand der Chondriosomen, welchen wir in diesen späteren Stadien treffen, ihren primitiven Zustand nicht repräsentiert und dass die Chondriosomen der undifferenzierten Zellen andere morphologische Eigenschaften besitzen können. Darauf weist auch das Verhalten der Chondriosomen in den Eiern, wie auch in den Spermatogonien hin, welche andere Formen der Chondriosomen haben, als die Zellen des Keimblätterstadiums. Dementsprechend ist es vor allem wichtig, aufzuklären, wie sich die Chondriosomen in den möglichst jungen Stadien verhalten, wo die Zellen noch gar nicht oder nur sehr wenig differenziert sind. Die ersten Entwickelungsstadien, nämlich die Furchungs- stadien bieten, insofern es die Chondriosomen betrifft, in tech- nischen Beziehungen grosse Schwierigkeiten dar; es ist not- wendig für das Gelingen der Chondriosomenfärbung, die Ob- jekte in eine möglichst nahe gegenseitige Berührung mit der Fixierungsflüssigkeit zu bringen, was für die kleinen im Eier- stock oder im Uterus liegenden Eier sehr schwer zu erlangen ist. Das Herauspräparieren der jungen Keimblasenstadien, be- sonders aber der Eier, die sich in Furchung befinden, ver- ursacht ebenfalls Schwierigkeiten. Eine Fixation in situ, in nicht eröffnetem Eileiter oder Uterus, bringt meistens unge- nügende Resultate und die Chondriosomen bleiben dabeı meistens ungefärbt, oder ihre Färbung gelingt nicht ganz voll. Infolgedessen bin ich imstande, aus mehreren Präparaten von Furchungsstadien, welche ich besitze, nur einige auszuwählen, die man ihrer Fixation und Färbung nach für befriedigend erklären kann. 410 W. RUBASCHRIN, Das früheste Stadium ist ein Vierzellenstadium (Fig. 1, Taf. 19/20). Die Chondriosomenfärbung lässt in jeder Blastomere eine grosse Zahl von Körnchen von regelmässiger runder Form hervortreten, die tiefschwarz gefärbt sind. Der Zelleib bleibt fast ungefärbt, oder nimmt einen grauen Ton an. Die Körner erscheinen hauptsächlich in den centralen Zellteilen ange- sammelt, indem sie besonders dicht die Kerne umgeben; dann verbreiten sie sich nach einer Richtung zu der Zellperipherie, so dass eine Hälfte der Zelle mit den Körnern dichter ge- füllt ist als die andere. In den peripherischen Zellteilen sind die Körner nicht so zahlreich. Alle Zellen von diesem Stadium haben ein ganz gleiches Aussehen. Die Form und die Menge der Körner sind in allen vier Zellen gleich. Das Ei liegt im untersten Abschnitt des Eileiters in der Nähe von seinem Eintritt in den Uterus. Es kommt natürlich vor allem die Frage auf, ob man diese Körner in den Furchungszellen für Chondriosomen halten kann. Das sind jedenfalls keine Dotterkörnchen; sie bleiben bei anderen Methoden, welche die Dotterkörner färben, ungefärbt. Ausserdem sind die Dotterkörner bedeutend grösser und be- sitzen sehr mannigfaltige Dimensionen, während die genannten Körner von einer annähernd gleichen Grösse zu sein scheinen. Zweitens fallen die mierochemischen Eigenschaften dieser Körner mit denen, welche nach Regaud für die Mitochondrien charakteristisch sind, zusammen. Sie lösen sich im Alkohol und in den Flüssigkeiten, welche eine grosse Menge von Essig- säure enthalten. So z. B. konserviert das Gemisch von Alkohol und Essigsäure, die Zenkersche Flüssigkeit, diese (rebilde nicht. Zudem sind solche Körner in den Furchungszellen von Säugetieren schon durch andere speziell für Mitochondrien be- stimmte Methoden dargestellt. So hat v. d. Stricht bei der Maus und bei dem Meerschweinchen im Zweizellenstadium die Anatom.Helte [Abteilung 125.Heft (41 Bd.A.2) Tafel 19,20, W. Rubaschlein. Verlag von J.F. Bergmann, Wiesbaden, Känlql Universitätsdruckerel H,Stürtz A.G, Würzburg, Chondriosomen und Differenzierungsprozesse bei Säugetierembryonen. 411 Chondriosomen in Form von kleinen zahlreichen Körnchen "beschrieben }). Endlich liegt meiner Meinung nach ein Hauptbeweis für die Mitochondrialnatur der beschriebenen Körner darin, dass sie sich, wie es weiter zu sehen ist, auf den folgenden Stadien in die typischen Mitochondrien und Chondriokonten verwandeln. Also sehen die Chondriosomen in den jüngsten Entwicke- lungsstadien, wo das embryonale Zellmaterial noch sehr wenig, vielleicht gar nicht differenziert ist, — in den ersten Furchungs- zellen —, wie runde Körner aus und man kann annehmen, dass wir hier ihre primitive Form vor uns haben, welche für die noch nicht differenzierten Zellen charakteristisch ist. Das nächste Stadium gehört dem EndedesFurchungs- prozesses an, wenn die Blattumkehr schon vollendet ist und der Embryo das Aussehen einer kleinen ausgezogenen Blase hat, die über der Oberfläche der Uterusschleimhaut her- vorragt. Das formative Gebiet besteht aus der sogen. Ectoderm- kugel und dem formativen Entoderm, welches der Kugel dich! anlıegt. Wenn man die Chondriosomen auf diesem Stadium unter- sucht, findet man, dass eine Reihe von Veränderungen schon stattgefunden haben und dass eine solche Einförmigkeit, wie sie in den Furchungszellen zu sehen ist, nicht mehr existiert. Die Zellen.des formativen Ectoderms (Big. 2 Ect.). Die Eetodermkugel besteht aus langen, ungefähr cylindri- schen Zellen, welche grosse runde oder ovale Kerne besitzen. Überall sieht man in dem Zellprotoplasma deutlich gefärbte Chondriosomen, welche sich von denen der Furchungszellen durch ihren Polymorphismus scharf unterscheiden. Ausser den Körnern lassen sich mehrere ziemlich lange Ketten und ') Kürzlich hat Dresberg dasselbe beim Kaninchen beschrieben. (Anat. Anz. 1910.) 412 W. RUBASCHKIN, homogene Stäbchen und Fäden erkennen, d. h. wir treffen hier alle Chondriosomenarten, die Meves bei Vögelembryonen unter den Namen Chondriomiten und Chondriokonten be- schrieben hat. In der Mehrzahl der Zellen, welche die Betodermkugel bilden, sieht man gemischte Formen von Chondriosomen, d.h. man erkennt in ihnen neben Körnern auch eine grosse Menge von kettenförmigen Chondriosomen ; seltener trifft man auch Fäden und Stäbchen, doch stellen die Zellen mit fadenförmigen Chondriosomen eine Ausnahme vor. Man kann eine Regel- mässigkeit in der Verteilung der verschiedenen Chondrio- somenarten im Zelleib bemerken. Die körnigen Chondriosomen ordnen steh nämlich hauptsächlich in den der Kugelperipherie zugewandten Teilen der Zellen an, während die inneren Zell- abschnitte, welche nach der in Bildung begriffenen Amnios- höhle gerichtet sind, fast ausschliesslich kettenförmige Chondrio- somen besitzen. Ausser den Zellen, in denen man diese beiden Formen von Chondriosomen findet, treten noch solche auf, die keine Ketten haben und nur mit Körnern versehen sind. Neben den beschriebenen Bildungen — Körner, Ketten und Fäden — trifft man in den Ectodermzellen manchmal noch besondere grosse Kugeln, die sich auch schwarz färben (Fig. 2, Taf. 19/20). Ihre Bedeutung ist für mich unklar geblieben. An ungefärbten osmierten Präparaten sehen sie blass aus. Vielleicht handelt es sich in diesem Falle um eine Art von lipoiden Einschlüssen. Was nun die Zellen des inneren Keimblattes (Fig. 2 Ent.) betrifft, so sehen die Chondriosomen hier sowohl im Teil, welcher der Eetodermkugel anliegt, als auch in den äusseren Abschnitten gleich aus, indem sie überall den Charakter von Körnern haben. Im Vergleich mit den Eetodermzellen is! die Zahl der Chondriosomen hier gering. Sie liegen entweder Chondriosomen und Differenzierungsprozesse bei Säugetierembryonen. 413 in Gestalt von isolierten Körnern, oder sie sammeln sich zu kleinen Gruppen, welche aus Körnern bestehen. Manchmal sieht man kurze Ketten. Nicht selten trifft man gleichsam paarige Chondriosomen, die ihrem Aussehen nach Diplokokken sehr ähnlich sind. Dieses Stadium lässt sich also dadurch charakterisieren, dass die Mehrzahl der Chondriosomen das Aussehen von isolierten Körnern verloren und die Form von Ketten und teilweise von Stäbchen angenommen hat. Doch behalten die Chondriosomen in einigen Teilen des Embryos, namentlich in den Entodermzellen noch denselben primitiven Zustand, wie es auf dem vorhergehenden Stadium der Fall war. Ebenso bleiben die körnigen Chondriosomen in einigen Abschnitten der Zellen erhalten, welche schon veränderte Chondriosomen besitzen. Die Veränderungen der Chondriosomen, die auf dem be- schriebenen Stadium angedeutet sind, gehen auf dem folgenden Dreiblätterstadium weiter vor sich und äussern sich durch eine enorme Ausbildung von Fäden, Chondriokonten nach Meves. Der Meerschweinchenembryo im Stadium des Primi- tivstreifens, um welchen es sich im folgenden handelt, stellt eine Platte vor, welche der Oberfläche der Keimblase anliegt. Die Amnionhöhle ist schon ausgebildet und die Amnionplatte besteht aus zwei Schichten ecto- und mesodermaler Zellen. Das äussere Keimblatt bildet eine Nervenplatte. Das innere zeigt in den mittleren Teilen die Chordarinne, in. den anderen lateralen Bezirken stellt es eine Schicht von platten Zellen dar, die allmählich in Dottersackzellen übergehen. Das mittlere Keimblatt ist noch nicht segmentiert. Von diesem Stadium angefangen lässt sich ein bedeutender Unterschied zwischen den vorderen und hinteren Teilen des Embryos bemerken. Der hintere Abschnitt, welcher überhaupt 414 W. RUBASCHEIN, in seiner Entwickelung hinter den anderen vorderen Abteilen zurückbleibt, stellt sich weniger differenziert vor, dement- sprechend "unterscheiden sich auch die Chondriosomen der Zellen dieses hinteren Embryoteils von denen der vorderen Teile Auf der Fig. 3, Taf. 19/20 ist ein Querschnitt, welcher durch die Mitte des Embryos, im Gebiet der Chordarinne geht, dar- gestellt. Das äussere Keimblatt besteht im Gebiet der Nervenplatte aus hohen, cylindrischen, mit grossen ovalen Kernen ver- sehenen Zellen, die sich in einige Reihen anordnen. In den äusseren Teilen des Blattes werden die Ecetodermzellen niedriger, indem sie eine kubische Form annehmen. Die schärfsten Veränderungen der Chondriosomen sind im Vergleich mit dem vorhergehenden Stadium in den Zellen der Nervenplatte, d. h. in dem am höchsten differenzierten (Gebiete des Ectoderms zu sehen. Während die niedrigen Ectodermzellen der äusseren, lateral von der Nervenplatte liegenden Abschnitte hauptsächlich körnige und kettenförmige Chondriosomen besitzen, dominieren in den Zellen der Nervenplatte die Stäbchen- und Fadenformen der Chondriosomen. Nur selten trifft man in diesen Zellen Ketten oder isolierte Körner (Fig. 3 Npl.). Die Chondriosomen der Zellen der Nervenplatte stellen lange, manchmal den ganzen Zelleib schlangenförmig durch- ziehende Fäden vor, welche hauptsächlich der Länge der Zelle nach verlaufen. In den peripherischen Zellteilen, welche der späteren Oberfläche des Nervenrohrs entsprechen, bilden die Chondriosomenfäden dichte Geflechte. Die sich teilenden Zellen bewahren auch die Fadenform der Chondriosomen. Das innere Keimblatt ıst in seinen einzelnen Teilen ver- schieden. Die Gestalt der Chondriosomen ist nämlich in den Chondriosomen und Differenzierungsprozesse bei Säugetierembryonen. 415 Zellen der Chordaanlage und in den Zellen der lateralen Teile des Entoderms verschieden. Die Chordaanlage, welche in der angegebenen Fig. 3, Taf. 19/20 als eine Chordarinne dargestellt ist, besteht aus langen, eylindrischen Zellen, deren Basis nach dem Ectoderm und deren Spitze nach der Höhle der Rinne ge- richtet sind. Nach dem Verhalten der Chondriosomen stehen die Zellen der Chordaanlage den Eetodermzellen sehr nahe. Die Chondriosomen haben hier zum grössten Teil das Aus- sehen von Fäden, zum Teil von Ketten und Körnern. Ihre allgemeine Anordnung ist auf Fig. 3 zu sehen. Der übrige Teil des Entoderms, welcher dem Embryonal- gebiet gehört, besteht aus platten, meistens polygonalen Zellen. Die Chondriosomen dieser Zellen zeigen sich meistens in Form von Ketten, selten in Form von Körnern. Die Stäbchen und Fäden fehlen fast vollkommen. Die Ketten sind meistens kurz und bestehen aus einer geringen Zahl von Körnern. Manch- mal findet man unter den Zellen des inneren Keimblattes solche, welche hauptsächlich körnerförmige Chondriosomen be- sitzen. Doch kommt dies in den vorderen und mittleren Teilen des Embryos ziemlich selten vor; im Gegenteil trifft man solche Zellen in den hinteren Entodermabschnitten viel öfter. Was nun die Zellen des mittleren Blattes betrifft, so be- sitzen seine Zellen auch eine grosse Menge von Chondrio- somen:; sie stellen hier meistens kurze Stäbchen vor, die un- regelmässig im Zelleib zerstreut sind. Oft findet man auch kettenförmige und körnige Chondriosomen. In den hinteren, weniger differenzierten Teilen des Embryos verhalten sich die Chondriosomen etwas anders, als in den vorderen In den Ectodermzellen lassen sich fast keine Stäb- chen erkennen und treten die Chondriosomen hauptsächlich in Form von Ketten, teilweise in Form von einzelnen Körnern auf. Das mittlere Keimblatt verhält sich ebenso wie in den vorderen Abschnitten. 416 W. RUBASCHKIN, Eine besondere Aufmerksamkeit lenkt das innere Keimblatt auf sich (Taf. 19/20, Fig. 4 Ent.). Von dem hinteren Drittel des Embryos angefangen kann man schon eine Vermehrung der Zellen erblicken, welche isolierte Körner besitzen und die Zahl derselben steigt beständig in der Richtung nach rückwärts. In den hintersten Embryoteilen, im Gebiet der Allantoisanlage gehört schon die Mehrzahl der Entodermzellen diesem Typus an. Wir finden also bei dem beschriebenen Embryo, dass seine vorderen Teile, welche eine verhältnismässig höhere Differenzierungsstufe erreicht haben, Chondriosomen besitzen, die sich sowohl von denen der vorhergehenden jüngeren Stadien, als auch von denen der hinteren Abschnitte desselben Embryos scharf unterscheiden. Die Zellmassen, deren Bestim- mung schon klar geworden ist, wie die Zellen der Nerven- platte und Chorda, sind fast ausschliesslich mit fadenförmigen und stäbchenförmigen Chondriosomen versehen, während die Zellen, welche auf einer niedrigeren Differenzierungsstufe stehen, wie das Entoderm des hinteren Embryoteils Chondrio- somen besitzen, welche denen der jüngeren Stadien ähnlich sind. Wenn wir nun die Angaben über alle die beschriebenen Stadien, welche der ersten Periode des Differenzierungsprozesses angehören, zusammenfassen, so kommen wir zu dem Schlusse, dass je weniger ein Embryo oder seine Teile differenziert sind, desto seltener die fadenförmigen Chondriosomen auf- treten. In den Elementen, die sich in einem gar nicht oder sehr wenig differenzierten Zustande befinden müssen — ın den Furchungszellen — präsentieren sich die Chondriosomen ausschliesslich in Form von Körnchen. In dem späteren Stadium, welches den Furchungsprozess abschliesst — dem Stadium der Amnionkugel — treten andere Formen der Chondriosomen, nämlich kettenförmig angeordnete zutage und Chondriosomen und Differenzierungsprozesse bei Säugetierembryonen. 417 zum ersten Male erscheinen hier auch seltene Fäden und Stäb- chen. Bei einem noch älteren Embryo (Primitivstreifenstadium) lassen sich in den höher differenzierten Teilen fadenförmige Chondriosomen entdecken, während in den weniger differen- zierten Abschnitten (Eeto- und Entoderm des hintersten Ab- schnittes des Embryos) die körnigen und kettenförmigen Chondriosomen dominieren. Deswegen ist es anzunehmen, dass dem undifferenzierten Zustande der Zellen die körnige Form von Chondriosomen entspricht, welche also für eine Primitivform zu halten ist und dass der ganze Prozess der Veränderungen der Chondrio- somen während der ersten embryonalen Differenzierungs- periode in folgender Reihenfolge verläuft: zuerst Körner, dann Ketten, dann Stäbchen oder Fäden. Die Zellen, die noch gar nicht differenziert sind, sind nur mit Körnern versehen; je niedriger der Differenzierungszustand der Zelle ist, desto grösser ist die Zahl der Körnerchondriosomen und im Gegenteil werden dıe Körner, der Entwickelung des Differenzierungsprozesses entsprechend, durch Ketten und Fäden ersetzt. Diese Vorstellung über den Zusammenhang der ver- schiedenen Formen der Chondriosomen miteinander weicht von der Mevesschen ab. Meves ist auf Grund des Studiums von Chondriosomen bei Vögelembryonen, von dem Dreiblätter- stadium angefangen, zu einem anderen Schluss gekommen. In den Zellen des jüngsten Embryos von seiner Serie (Dreiblätterstadium) fand er ausschliesslich faden- und stäb- chenförmige Chondriosomen; auf den späteren Stadien treten aber neben den Stäbchen und Fäden auch Ketten und Körner auf. Infolgedessen ist er der Meinung, dass die letzteren aus der Verdickung oder Verkürzung der ersteren entstehen können. Eine solche Auffassung hat sich bei Meves augenschein- lich deshalb gebildet, weil ihm die früheren Stadien fehlten, wo an Stelle der fadenförmigen Chondriosomen ihre körnigen 418 W. RUBASCHKIN, Formen auftreten. Zudem bin ich, soviel es sich um Säuge- tiere handelt, mit Meves nicht einverstanden, dass körnige Chondriosomen auf dem Dreiblätterstadium nicht vorhanden sind. Von der Periode angefangen, wo die Stäbchen und Fäden zum ersten Male erscheinen, lässt sich auf allen späteren Stadien, das Dreiblätterstadium einschliessend, ein Polymorphis- mus von Chondriosomen konstatieren und neben den Stäb- chen und Fäden trifft man immer einige, eventuell sehr kleine Mengen von Ketten und Körnern. Die ganze Reihenfolge von Veränderungen der Chondrio- somen im Zusammenhang mit der Entwickelung des Embryos und der Differenzierung seiner Zellen weist darauf hin, dass nicht die Fäden und Stäbchen, sondern die Körner die primi- tive Form der Chondriosomen darstellen und dass die un- differenzierten Zellen solche primitive Chondriosomen besitzen. Es ist hier zu bemerken, dass wenn es einerseits möglich ist zu behaupten, dass die undifferenzierten Zellen mit Körner- chondriosomen versehen sind, es andererseits keineswegs mög- lich ist zu sagen, dass jede Zelle, welche nach Behandlung mit den Mitochondrialmethoden Körnchen besitzt, deswegen unbedingt als eine indifferente Zelle anzusehen ist. Es ist denkbar, dass die Chondriosomen, besonders auf den späteren Stadien, manchmal wieder in Körner zerfallen können, wie es in den Drüsenzellen bei der Ausbildung von Secretgranula (Regaud), in den Myoblasten bei der Bildung von Myofibrillen (Meves, Duesberg), auch in den Chordazellen in den späteren Stadien (Meves) stattfindet. Doch haben alle solche Körner, obwohl sie auf Kosten von Chondriosomen entstehen, mit den primitiven Chondriosomenkörnern nichts gemein. Sie sind meistens das Endprodukt der Metamorphose der Chondrio- somen. Wir sind zurzeit nicht imstande die primitiven Chondrio- somen von diesen sekundären Körnerformen sicher zu unter- Chondriosomen und Differenzierungsprozesse bei Säugetierembryonen. 419 scheiden, und wenn man die Bedeutung einer Zelle mit körnigen Chondriosomen bestimmen will, ist es notwendig, genau nach- zuprüfen, ob sie von Anfang an den körnigen Zustand der Chondriosomen aufweist, oder ob die Körner sekundär aus Fäden und Stäbchen entstanden sind. Nur in den Fällen, wo man beweisen kann, dass eine solche Zelle die körnigen Chondriosomen von Anfang an bewahrt, hat man das Recht sie als eine undifferenzierte Zelle zu betrachten. Grossen Schwierigkeiten begegnet die Lösung der wichtigen Frage, wie sich aus den Körnern Ketten und aus den letzteren Fäden bilden. Die Schwierigkeit dieser Frage erklärt sich da- durch, dass sie mit der Frage über die Entstehung der Chondrio- somen selbst und über die Quelle ihrer Vermehrung im Zu- sammenhang steht. Es ist zweifellos, dass die ersten Chondriosomen direkt aus dem Ei und der Spermie stammen; es ist aber auch über alle Zweifel erhaben, dass die Zahl der Chondriosomen während der Entwickelung, d. h. während der Bildung von neuen Zellen, sich bedeutend vermehrt. Auf wessen Kosten entstehen diese neuen Chondriosomen ? Entstammen sie dem Kerne oder ent- stehen sie durch eine besondere Tätigkeit des Protoplasmas, oder können sich die ersten Chondriosomen, welche im be- fruchteten Ei schon vorhanden sind, selbständig teilen und auf diese Weise fortpflanzen — das sind alles ganz dunkle Fragen. An dieser Stelle will ich keine ausführliche Analyse dieser Frage vornehmen und ich möchte nur einiger ziemlich oft vor- kommenden Formen von Chondriosomen Erwähnung tun, die vielleicht für die Lösung der gegebenen Frage eine gewisse Bedeutung haben könnten. Es ist nämlich in den Zellen, welche Chondriosomen in Form von Körnchen besitzen, nicht selten zu sehen, dass sıch einige von den Chondriosomen auf eigenartige Weise in Form Anatomische Hefte. I. Abteilung. 125. Heft (41. Bd. H. 3). 27 420 W. RUBASCHKIN, von paarigen, sehr nahe beisammen liegenden Gebilden grup- pieren. Solche paarige Chondriosomen lassen sich in den Furchungszellen, in den Zellen des inneren Keimblattes, be- sonders oft in dem ausserembryonalen Teile desselben ent- decken. Ich bin nicht imstande bestimmtere Angaben über die Entstehungsweise solcher paariger Chondriosomen zu machen, doch liegt die Vermutung nahe, dass wir es hier viel- leicht mit der Teilung der Chondriosomen zu tun haben. Die Absonderung der Urgeschlechtszellen. Man kann also feststellen, dass ein Unterschied in der feineren Zellstruktur zwischen den undifferenzierten und diffe- renzierten Zellen existiert. Die Zellen, welche gar nicht diffe- renziert sind, lassen sich durch die Anwesenheit der Chondrio- somen in ihrer primitiven, d. h. körnigen Form charakterisieren, während die Zellen, welche einen hohen Differenzierungs- zustand schon erlangt haben, sich durch fadenförmige Chondrio- somen auszeichnen. Es ist nun von Interesse diesen Schluss zur Lösung der Frage zu verwenden, ob ein Unterschied in bezug auf Chondrio- somen zwischen den somatischen und Urgeschlechtszellen vor- handen ist. Es ist in der letzten Zeit mehrmals die Hypothese ausgesprochen worden, dass die Urgeschlechtszellen den übrigen Zellen als etwas ganz Besonderes gegenübergestellt werden müssen und als indifferente Zellen zu betrachten sind. Wenn diese Annahme der Wirklichkeit entspricht, so ist es zu er- warten, dass die Chondriosomenfärbung in den beiden Zell- arten dieselben Unterschiede an den Tag bringen wird, welche sich überhaupt zwischen den indifferenten und differenzierten Zellen erkennen lassen. Das Merkmal, mit dessen Hilfe man die Urgeschlechts- zellen von den somatischen Zellen unterscheidet, besteht bloss Chondriosomen und Differenzierungsprozesse bei Säugetierembryonen. 421 ın ihrem äusseren Aussehen; sie zeichnen sich nämlich durch erosse Dimensionen des Zelleibes und des Kernes, manchmal durch einige tinktorielle Eigenschaften aus; bisher fehlt es aber an irgend einem wesentlichen Unterschiede im Zellaufbau der beiden Zellarten. Die Chondriosomenfärbung weist nun mit Sicherheit darauf hin, dass ein solcher Unterschied existiert. Wir wollen zur Beschreibung der Urgeschlechtszellen die Stadien wählen, wo kein Zweifel darüber herrschen kann, dass wir es in der Tat mit den sogenannten Waldeyerschen Ureiern zu tun haben, d. h. die Stadien, wo die Keimdrüsen- anlage schon ausgebildet ist und die verschiedenen Zellen, aus welchen sie besteht, ganz klar zu erkennen sind. Bei Meerschweinchenembryonen von 10 mm Länge und mehr stellt die mediale Oberfläche des W olffschen Körpers eine Verdiekung vor, welche aus mehreren Zellschichten be- steht, unter denen sich grosse runde oder ovale Zellen mit grossen blasenförmigen Kernen — die Urgeschlechtszellen — leicht unterscheiden lassen. Ein Schnitt durch eine solche Anlage von einem Meer- schweinchenembryo von 11 mm Länge ist auf Fig. 15 dar- gestellt Sämtliche Epithelzellen, — Abkömmlinge des Cölom- epithels, — haben Chondriosomen in Form von kürzeren und längeren Fäden, neben welchen sehr selten einzelne Körner oder kleine Kettchen vorkommen. In der ganzen Ausdehnung der Keimdrüsenanläge behalten die Epithelzellen dieselben Eigenschaften. Die anderen somatischen Zellen, welche sich ausserhalb der Keimdrüsenanlage befinden, verschiedene Mesenchym- oder Cölomepithelzellen sind ebenso mit Fäden versehen. Von all diesen Zellen lassen sich die Urgeschlechtszellen leicht unterscheiden. Sie besitzen nämlich körnige Chondrio- somen, welche in einer grossen Menge den Zelleib erfüllen. 208 422 W. RUBASCHKIN, Auf der Fig. 15 sind drei solche Zellen zu sehen, welche sich nicht nur durch ihre grossen Dimensionen und durch ihr allgemeines Aussehen, sondern durch eine eigentümliche Struktur vor den übrigen Zellen der Keimdrüsenanlage aus- zeichnen. Die Urgeschlechtszellen besitzen ausschliesslich körnige Chondriosomen, andere Chondriosomenformen fehlen ihnen vollständig. Es gibt also einen Unterschied in der Zellstruktur zwischen den somatischen und Urgeschlechtszellen. Es taucht nun die Frage auf, ob es möglich ıst diese körnigen Chondriosomen der Urgeschlechtszellen für primitive Chondriosomen zu halten, welche undifferenzierten Zellen eigentümlich sind. Es ist oben darauf hingewiesen worden, dass nicht jede mit körnigen Chondriosomen versehene Zelle eine undifferenzierte Zelle darstellt und dass es zur Bestimmung des Charakters der körnigen Chondriosomen in den betreffenden Zellen notwendig ist festzustellen, ob diese Zellen eine solche Chondriosomenform von Anfang an, d. h. von ihrer ersten Absonderung an besitzen, oder nicht. Infolgedessen ist es notwendig nachzuforschen, wie es in dieser Beziehung mit den Urgeschlechtszellen steht und ob sie mit ihren oben beschriebenen Eigentümlichkeiten wirklich von der allerersten Entwickelungsstadien an verfolgt werden können. Ich möchte hier eine kurze Zusammenfassung meiner früheren Resultate über die Urgeschlechtszellen vorausschicken, weii sie eine völlige Bestätigung in der vorliegenden Arbeit finden. Ausserdem wird mir dies die Möglichkeit geben, die folgende Beschreibung kurz zu fassen und mich nur auf die Hauptstadien zu beschränken. Wie es aus den früheren Angaben !) folgt, lassen sich die Urgeschlechtszellen als besondere, von anderen zu unter- ') Über die Urgeschlechtszellen bei Säugetieren. Anat. Hefte 1909. Chondriosomen und Differenzierungsprozesse bei Säugetierembryonen. 425 scheidende Zellen zum ersten Male auf dem Stadium mit 6—7 mesodermalen Segmenten bei Meerschweinchen- und Kaninchen- embryonen erkennen. Man findet sie im hintersten Teile des Embryos, im Endoderm seines caudalen Abschnittes, hinter der Nervenrohranlage, in der Region, die der caudalen Fortsetzung des Primitivstreifens entspricht. Dem Wachstum des Embryos entsprechend rücken die Zellen dann zusammen mit der be- treffenden Entodermregion in cranialer Richtung weiter vor und zur Zeit der Bildung der Darmfalten findet man sie im Darmentoderm. Nach dem Schluss der Darmfalten befinden sie sich im Darmepithel. Später fängt das Heraustreten der Urgeschlechtszellen aus dem Darmepithel an und sie erscheinen in dem den Darm umgebenden Mesenchym; dann wandern sie von hier aus weiter im Mesenterium in dorsaler Richtung und schliesslich erreichen sie die Stelle ihrer Bestimmung, das Epithel der medialen Oberfläche des W olffschen Körpers. Betrachten wir nun, was uns die Präparate mit der Chondrio- somenfärbung geben. Auf Grund der angeführten Angaben kann man erwarten, dass wir die ersten Urgeschlechtszellen im Entoderm des caudalen Embryoabschnittes im Gebiet der Allantoisanlage treffen. Wollen wir sehen, wie sich dieses Gebiet bei den jüngsten Embryonen, auf dem Primitivstreifenstadium, verhält. Wie es schon angegeben ist, lässt sich der hintere Teil eines Embryos im Primitivstreifenstadium sowohl in bezug auf die allgemeine Entwickelung überhaupt, als auch in bezug auf die Chondriosomen von den anderen Embryobezirken unter- scheiden. Besonders trifft dieses für Entodermzellen zu. Das Entoderm besteht im Gebiet der Allantoisanlage (Meerschwein- chen) hinter dem Primitivstreifenende aus grossen Zellen, welche bei der Eosin-Azurfärbung alle gleich aussehen. Die Chondriosomenfärbung zeigt, dass das Entoderm dieses Ge- bietes wirklich aus gleichartigen Zellen besteht. Wie es aus 424 W. RUBASCHKIN, der Fig. 4, welche einen Querschnitt durch die Allantoisanlage darstellt, ersichtlich ist, sind fast alle Entodermzellen (Ent.) mit gleichartigen Chondriosomen versehen. Überall finden wir körnige Chondriosomen und die Zellen, welche andere Chondrio- somenformen besitzen, bilden eine seltene Ausnahme. Die Chondriosomenfärbung zeigt also, dass die Entoderm- zellen dieses Gebietes auf dem Primitivstreifenstadium noch so wenig differenziert sind, dass alle, oder fast alle Zellen dieselben Eigenschaften besitzen, indem sie mit den primitiven Chondriosomenformen versehen sind. Auf einem etwas späteren Stadium, nämlich bei einem Embryo mit 4 Segmenten, steht die Sache schon anders. In demselben Gebiete des Entoderms findet man schon schärfere Differenzierungserscheinungen und es wird möglich, ver- schiedene Zellarten zu unterscheiden. Während auf dem vorhergehenden Stadium nur ein ganz kleiner Teil der Entodermzellen kettenförmige Chondriosomen besitzt und eine grosse Mehrzahl von ihnen mit den primitiven körnigen Chondriosomen versehen ist, treten hier entgegen- gesetzte Verhältnisse auf. Wir finden hier, dass die Haupt- masse der Zellen zu solchen gehört, welche kettenförmige und fadenförmige Chondriosomen besitzen (Fig. 5) und nur einige von ihnen behalten die körnige Form der Chondrio- somen. Die Zellen mit den veränderten Chondriosomen haben meistens eine eylindrische Gestalt bekommen, während die körnigen Zellen die frühere polygonale oder runde Form be- wahren. Man kann unter den Entodermzellen dieses Stadiums verschiedene Übergangsformen erkennen. Einige besitzen aus- schliesslich Körner, andere neben den Körnern seltene Ketten; dann treten Zellen auf, in denen sich hauptsächlich Ketten oder Fäden befinden, d. h. man kann hier Zellen auf den verschiedenen Differenzierungsstufen treffen; dementsprechend Chondriosomen und Differenzierungsprozesse bei Säugetierembryonen. 425 haben ihre Chondriosomen ein bald körniges, bald ketten- [örmiges, bald fadenförmiges Aussehen (Figg. 6-9). Dieses Stadium fällt gerade mit demjenigen zusammen, wo die anderen Methoden (Eosin-Azurfärbung) grosse, eigen- tümliche von mir als Urgeschlechtszellen beschriebene Zellen zum ersten Male entdecken lassen. Diese zwei Stadien zeigen also, dass sich die Zellen des hintersten Entodermabschnittes, der in seiner Entwickelung hinter den anderen Embryoteilen zurückbleibt, dem Differen- zierungsprozesse ebenfalls unterwerfen, wobei die primitiven Chondriosomen durch ihre anderen Formen ersetzt werden. Bei den Embryonen im Primitivstreifenstadium besitzen die Entodermzellen dieses (Gebietes primitive Chondriosomen, während die Mehrzahl der Zellen desselben Teils beim Embryo mit 4 Segmenten kettenförmige und fadenförmige Chondrio- somen hat. Eine Anzahl von Zellen behält aber die primitiven körnigen Chondriosomen, d. h. verbleibt in indifferentem Zu- stande. Nun entsteht die Frage, ob sich solche indifferente Zellen später gleichfalls, wie die übrigen Entodermzellen, verändern, oder ob sie den indifferenten Zustand auch weiterhin be- halten ohne ihre körnigen primitiven Chondriosomen zu ver- lieren. Wie es später weiter unten beschriebene Stadien zeigen werden, kann man im Entoderm des betreffenden Gebietes auch bei älteren Embryonen immer neben den typischen Entoderm-, d.h. Darmentodermzellen grosse eigentümliche Zellen mit primi- tiven Chondriosomen finden. Diese letzteren stimmen ihrer Lage und ihrem Aussehen nach gerade mit den Zellen über- ein, welche früher unter dem Namen der Urgeschlechtszellen beschrieben worden sind. Infolgedessen ist es anzunehmen, dass die Zellen, eventuell eine grosse Mehrzahl der Zellen, welche bei dem Embryo mit 426 W. RUBASCHKEIN, 4 Segmenten einen indifferenten Zustand zeigen, denselben auch in weiteren Entwickelungsstadien behalten. Wir finden hier also eine Bestätigung der früher schon ausgesprochenen Voraussetzung, dass die Entodermzellen des hinteren Abschnittes des Embryos mit noch nicht segmentiertem Mesoderm noch so wenig differenziert sind, dass sie alle ihrem Charakter nach den Keimbahnzellen sehr nahe stehen. Anderer- seits muss man annehmen, dass das betreffende (Gebiet des Entoderms auf dem Primitivstreifenstadium aus indifferenten Zellen besteht, von denen sich mehrere dem Differenzierungs- prozesse später unterwerfen, einige aber den indifferenten Zu- stand unverändert behalten und als erste Urgeschlechtszellen erscheinen. Auf den späteren Stadien findet man, insofern es die Ur- geschlechtszellen betrifft, dieselben Verhältnisse, wie sie schon früher beschrieben wurden; deswegen kann ich mich kurz fassen. Nach dem Schluss der Darmentodermfalten erweisen sich die Urgeschlechtszellen im Hinterdarmentoderm. Die Fig. 10 stellt einen Querschnitt durch dieses (Gebiet eines Meerschweinchenembryos von 4 mm Länge dar. In den entodermalen ceylindrischen Epithelzellen (Dep.) lassen sich fadenförmige Chondriosomen erkennen ; manchmal treten Ketten und Körner auf. Unter den Epithelzellen treten grosse Zellen mit zahlreichen körnigen Chondriosomen hervor — die Ur- geschlechtszellen (Uz.). Auf demselben Stadium kann man die ersten Erscheinungen der Emigration der Urgeschlechtszellen treffen; eine allerdings noch sehr geringe Anzahl von Zellen findet man auch schon in der Umgehung des Darmes. Bei einem Embryo von 6 mm Länge trifft man im Epithel nur einzelne Urgeschlechtszellen, während sie sich im Mesen- chym, welches den Darm umringt und im Mesenterium in grosser Menge befinden. } =» ı Anatom Ilefte IAbteitung 1R5.Heft.(11.Bd.1.3) Tafel RV/az, KSPIR N } €) Figa. R h\ ' Yerlag von J.F.Borgmann, Wiesbaden. Känlgl. Universitätsdruckerei H.Stürta AG. Würzburg. Chondriosomen und Differenzierungsprozesse bei Säugetierembryonen. 427 Die Fig. 11 stellt einen Querschnitt durch einen Embryo von 9 mm Länge vor, zur Zeit, wenn im Darmepithel schon keine Urgeschlechtszellen mehr vorhanden sind und sie haupt- sächlich im Mesenterium, zum Teil auch schon im Epithel des Wolffschen Körpers (Fig. 12) auftreten. Zwischen den kleinen Mesenchymzellen lassen sich, wie es in der Fig. 11 zu sehen ist, grosse Zellen unterscheiden, deren Protoplasma mit körnigen Chondriosomen angefüllt ist. Ganz ähnliche Zellen findet man im retroperitonealen (rebiete; ebenso im Cölomepithel. Die letzte Fig. 15 stellt einen Teil der Keimdrüsenanlage eines Meerschweinchenembryos von 11 mm Länge vor. Die Epithelzellen der Anlage zeigen fadenförmige Chondriosomen und nur die grossen Urgeschlechtszellen lassen sich scharf von den anderen Zellen durch ihre charakteristischen Chondrio- somen unterscheiden. Im Protoplasma der Urgeschlechtszellen sieht man körnige Chondriosomen. Wir finden hier also eine Bestätigung des schon früher ausgesprochenen Schlusses, dass die Urgeschlechtszellen der Säugetiere dem Entoderm des hintersten Embryonalschnittes entstammen. Dann folgt aus denselben Angaben, dass die Ur- geschlechtszellen auf allen Entwickelungsstadien, vom Moment ihrer ersten Absonderung angefangen, dieselben Eigenschaften bewahren, indem sie immer körnige Chondriosomen besitzen. Aus diesem Grunde kann man annehmen, dass die Chondrio- somen der Urgeschlechtszellen tatsächlich primitive Chondrio- somen darstellen und dass die Urgeschlechtszellen selbst un- differenzierte Zellen sind, welche in dem hoch differenzierten Organismus einen indifferenten Zustand dauernd beibehalten. Wenn wir nun alles zusammenfassen, kommen wir zu folgenden Schlüssen. Unter den verschiedenen Chondriosomenformen lässt sich ein genetischer Zusammenhang in dem Sinne erkennen, dass die einen Formen aus den anderen hervorgehen. 428 W. RUBASCHKIN, Chondriosomen und Differenzierungsprozesse etc. Die primitive Form der Chondriosomen, welche den un- differenzierten Zellen eigen ist, ist die körnige. Der Diffe- renzierungsprozess äussert sich in Veränderungen der körnigen primitiven Chondriosomen, welche sich dabei in kettenförmige und fadenförmige Arten verwandeln. Zwischen den somatischen und Urgeschlechtszellen existiert ein Unterschied in der Struktur, welcher sich dadurch offen- bart, dass die Urgeschlechtszellen primitive körnige Chondrio- somen besitzen, während die somatischen Zellen mit ver- änderten, d. h. fadenförmigen Chondriosomen ausgestattet sind. Was nun die Entstehungsweise der Urgeschlechtszellen be- (trifft, so muss man sich die Sache folgendermassen vorstellen: Auf den ersten Entwickelungsstadien, namentlich während des Furchungsprozesses und der Keimblätterbildung, ergreifen die Differenzierungsprozesse nicht alle Zellen des Einbryos, sondern eine Anzahl der letzteren verbleibt in einem undifferenzierten Zustande, welcher demjenigen der Furchungszellen sehr nahe steht. Mit der weiteren Embryonalentwickelung betrifft der Diffe- renzierungsprozess eine immer grössere Menge von Zellen und dementsprechend vermindert sich die Zahl der undifferenzierten Zellen; bestimmte Zellen aber, nämlich die Entodermzellen des hinteren Teils des Embryos bewahren den indifferenten Zustand und behalten ihn auch in den folgenden späteren Stadien. Das sind die Urgeschlechtszellen. Erklärung der Abbildungen. Die Fig. 1, 2, 4, 5, 10, 11, 12, 15 sind bei Zeiss Hom. Immers. !h2 oc. comp. 6, die Fig. 3— '/ı2 H. oc. 2, die Fig. 6, 7, 8, 9, 13, 14— !/ıa + c. oc. 8 gemacht. Ekt., Ektoderm; Ent., Entoderm; Mes., Mesoderm; Chr., Chordarinne; Allmes. Allantoismesenchym;; Npl., Nervenplatte ; Dep., Darmepithel; Mz., Mesenchym- zellen; Cep., Coelomepithel; Uz., Urgeschlechtszellen. Fig. 1. Vierzellenstadium vom Meerschweinchen. Fig. 2. Amnionskugelstadium vom Meerschweinchen. Fig. 3. Querschnitt durch das Meerschweinchenembryo vom Primitiv- streifenstadium. Fig. 4. Querschnitt durch das hintere Ende desselben Embryos. Fig. 5. Ein Stück des Entoderm von derselben Region vom Meerschwein- chenembryo mit 4 Segmenten. Zwischen den Entodermzellen sieht man die ersten Urgeschlechtszellen mit körnigen Chondriosomen. Fig. 6, 7, 8, 9. Verschiedene Entodermzellen von derselben Region. Meerschweinchenembryo mit 4 Segmenten. Fig. 10. Ein Stück vom Darmepithel vom Meerschweinchenembryo, 4 mm Länge. Zwischen den Epithelzellen sieht man körnige Urgeschlechtszellen. Fig. 11. Der dorsale Abschnitt vom Mesenterium vom Meerschweinchen- embryo. 9 mm Länge. Die Urgeschlechtszellen befinden sich zwischen den Mesenchymzellen des Mesenteriums. Fig. 12. Ein Stück von der medialen Oberfläche des W olffschen Kör- pers von demselben Embryo. Fig. 13. Eine sich teilende Urgeschlechtszelle von demselben Embryo. Fig. 14. Eine sich teilende somatische (mesenchymatöse) Zelle von dem- selben Embryo. Fig. 15. Keimdrüsenanlage vom Meerschweinchenembryo von 11 mm Länge. Zwischen den Epithelzellen drei Urgeschlechtszellen. 16. Literaturverzeichnis. . Benda, Über die Entstehung der Spiralfaser des Verbindungsstückes der Säugetierspermien. Verh. d. anat. Ges. Kiel. 1898. — Über Spermatogenese der Vertebraten und höherer Evertebraten. Verh. des phys. Ges. zu Berlin. 1897-- 98. — Weitere Mitteilungen über die Mitochondrien. Verh. d. phys. Ges. zu Berlin. 1898-99. — Weitere Beobachtungen über die Mitochondrien. Verh. d. phys. Ges. zu Berlin. 1899 — 1900. — Die Mitochondrien. Erg. d. Anat. u. Entw. Bd. 12. 1902. Champy, A propos des mitochondries des cellules glandulaires et des cellules röenales. C. Rend. d. Soc. d. Biol. Tome 66. 1909. Nr. 6. . — Mitochondries et corps chromatoides des spermatogonies des anoures. C. Rend. d. Soc. de Biol. Tome 66. 1905. Nr. 5. Sur la structure de la cellule absorbonte de l’intestin. C. K. Soc. biol. 1.162. IN.89; Duesberg, Der Mitochondrialapparat in den Zellen der Wirbeltiere und Wirbellosen. Arch. f. mikr. 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Hr 5 es er Ben, PN 16 PREHREIE BT Be ze U N Eee er | Ba ae: sa en BC Ari N Bi en le ENTE DU EIer es 0 Oo une re E R VIER ale Kuna ra Allee oe aM RR mehıle ÄeeTe R | > Ener Pe Pr IR Br . 17 ala Babe BEFTEHRT, PROBEN ah, Burg er a Eee a he Nyzn DE Zn Su rät N, Yu RUE ag an Mega muhh): RN nn Be ErTE re u N ur Mae u, A Kb . . TEN u Den FR I. ANATOMISCHE LEHRKANZEL IN WIEN. DIE ENTWICKELUNGSGESCHICHTE DES UROGENITALSYSTEMS BEIM GECKO (PLATYDACTYLUS ANNLL.). VON OSKAR FLECK, WIEN. Mit 1 Textfigur und 10 Figuren auf den Tafeln 23/28. [3 Er . re} aan IHN BIESTATKHTR Bi, aka BL, au | i 5 a D pr ge 5 en‘ u u) B Ä v E ” ei ig Be en 4 = - i . E - N u Pas Br ZZ BEN ur- Pure ale Bus EU x Luce j, ZA ee N, j ö \ . j nr q " = 2 f = R> ZZ ® 5 i . Mr . ö Er i u ® Be rs BE je A 2. 2 x ae a JrR L u N fi j . Einführung. Die vielfach ganz divergenten Ansichten über die Ent- wickelung des Urogenitalsystems, wie sie gegenwärtig noch herrschen, versprechen einer einheitlichen Lösung zugeführt zu werden, wenn auf Grund eines reichen Materials von Be- obachtungen, durchgeführt an möglichst vielen, eine lücken- lose Reihe bildenden Serien der verschiedensten Species eine einwandfreie Kritik möglich sein wird. Arbeiten wie die von aathke über „Die Entwickelungsgeschichte der Natter‘“ (1839) und von Keibel „Zur Entwickelungsgeschichte des mensch- lichen Urogenitalapparates“ (1896) und „Zur Entwickelungs- geschichte des Urogenitalapparates von Echidna aculeata var. typica“ (1904) sollten den Weg weisen, der zum Ziel zu führen verspricht. Erst eine Fülle von Tatsachen kann die Berechtigung geben, ein abschliessendes Urteil zu wagen. Viele genaue, vor- urteilslose Untersuchungen einzelner Species, nur in der Ab- sicht unternommen, soviel Neues als möglich zu finden, werden eher ein Resultat erzielen lassen als grosszügig angelegte Arbeiten, die deutlich verraten etwas beweisen zu wollen. Zu den in neuester Zeit erschienenen Arbeiten über die Entwickelung des Urogenitalsystems gehört auch eine Reihe von Untersuchungen zum Teil aus der Schule von A. Fleisch- mann selbst, zum Teil von anderen — vielleicht angeregt Anatomische Hefte. I. Abteilung 125. Heft (41. Bd., H. 3). 28 436 OSKAR FLECK, durch die Bemühungen des genannten Gelehrten, den Streit um die alte Rathkesche Lehre von der Kloake und der Art ihrer Aufteilung in einen zur Ausfuhr der Fäkalmassen und in einen für die Geschlechtsstoffe bestimmten Trakt noch ein- mal aufzunehmen und ihr den entscheidenden Todesstoss zu versetzen. Bis auf den heutigen Tag existiert aber keine zu- sammenhängende Darstellung der Entwickelung des Urogenital- systems eines primitiven Sauriers. Mein verehrter Lehrer Herr Professor Julius Tandler hat mir nun die Aufgabe gestellt, die Entwickelung des Uro- genitalsystems beim Gecko zu untersuchen. (Gerade dieser Saurier zeigt nämlich auch nach anderen Gesichtspunkten be- trachtet primitive Merkmale (Tandler und Kantor, Die Entwickelungsgeschichte des (Geckogehirnes. Anat. Hefte, 33. Band). Es sei mir auch an dieser Stelle gestattet, Herrn Professor Tandler für die Überlassung dieses Themas, sowie für die vielfache Unterstützung und Unterweisung bei der Ausarbeitung desselben meinen herzlichsten Dank auszusprechen. Ich danke auch Herrn Hofrat Zuckerkandl für sein stetes Interesse an dieser Arbeit und für manchen hilfreichen Wink. Im nachfolgenden will ich zuerst die wichtigsten der für meine Arbeit in Betracht kommenden, mir zugänglichen Schriften oder Notizen in historischer Reihenfolge besprechen und klar- legen, von welchen Voraussetzungen ich bei meinen Unter- suchungen ausging. Bei Bronn (1890) steht folgendes über Kloake und Kopu- lationsorgane der Saurier zu lesen: „Die Kopulationsorgane, die Ruten, sind bei den Sauriern doppelt und liegen ausser- halb der Tätigkeit zurückgerollt unter der Haut der Schwanz- wurzel. Demnach ist also auch beim Männchen diese (Gegend anders geformt als beim Weibchen, was in systematischer Hinsicht wesentlich zur Bestimmung der Geschlechter dienen Die Entwickelungsgeschichte des Urogenitalsystems beim Gecko. 437 kann. Jede der ausgestülpten Ruten bildet einen walzenförmigen Körper, dessen freies Ende oder Eichel in zwei Spitzen aus- geht. Die Furche zwischen ihnen zieht an der inneren Seite des Kopulationsorganes eine Strecke weit abwärts bis zu einem länglich runden Wulst. An der nach aussen gewendeten Fläche verläuft eine Rinne von der Wurzel der Rute in schrägem Bogen wie spiralig herauf bis dahin, wo die Gabelung der Eichel beginnt, dieselbe bildet den Weg zum Abfluss des Samens. ..r.. Er spricht dann noch von dem eigentümlichen Epithel der Kopulationsorgane, das Leydig Stachelepithel ge- nannt hat. S. 948 findet man folgende Bemerkung: ‚Ausser dem Epithel und dem Schwellkörper bildet einen mächtigen Bestandteil der Kopulationsorgane eine Anzahl quergestreifter Muskelfasern.“ Einen deutlichen Nervenstamm sah Leydig unterhalb der Samenrinne bis zur Eichel aufsteigen, um dort zu endigen. Boas (1891) spricht von den Begattungsorganen der Wirbel- tiere als von mehreren untereinander morphologisch nicht ver- gleichbaren Typen, weiter unterscheidet er bei den Amnioten zwei verschiedene Typen, von welchen der eine auf die Saurier und Schlangen beschränkt ist, während der andere bei den Schildkröten, Krokodilen, manchen Vögeln und den Säugetieren getroffen wird. Ausführlicher findet man diesen Gedanken bei Gegen- baur (1901). Da sind gleichfalls die Begattungsorgane der Saurier und Schlangen denen aller übrigen Amnioten als ganz divergente Bildungen gegenübergestellt und die Form, in welcher sich das Begattungsorgan bei den Schildkröten und Krokodilen repräsentiert, als Ausgangspunkt einer Reihe grossartiger Sonde- rungen bezeichnet, die wir bis zu den Säugetieren verfolgen können. Für die vorliegende Arbeit von Bedeutung scheint die Stelle auf S. 532 im 2. Band der vergl. Anatomie der 28* 458 OSKAR FLECK, Wirbeltiere: „Ausgestülpt läuft jedes dieser Organe (Begattungs- organe) in zwei mehr oder minder stumpfe Enden von ver- schiedener Form aus, während sie an der Basis untereinander zusammenhängen und ein einheitliches Organ darzustellen scheinen.“ Zeitlich schliessen sich hier die seit dem Jahre 1900 aus der Schule von A. Fleischmann hervorgegangenen, unter dem Titel „Morphologische Studien über Kloake und Phallus der Amnioten“ zusammengefasste Untersuchungen an, deren Endresultat nunmehr vorliegt. Wie Fleischmann selbst ın der Einleitung zu der ersten Serie der veröffentlichten Unter- suchungen sagt, wurde er zu der Erforschung dieses Themas durch die Überzeugung gedrängt, dass Kloake und Begattungs- organe sämtlicher Amnioten einheitlichen Stiltypus besitzen müssen. Mehr aber, scheint es, war ihm darum zu tun, den Ruhm, die alte Rathkesche Lehre von der Kloake und der Art ihrer Aufteilung bei den Säugetieren endgültig widerlegt zu haben, für sich in Anspruch nehmen zu können. Fleisch- mann und seine Schüler wollen nicht mehr der von Rathke im Jahre 1832 ausgesprochenen Lehre folgen, wonach die Zer- legung der embryonalen Kloake durch das Einwachsen von zwei seitlichen Falten bewirkt wird; überhaupt müsse mit dem alten, in Hochachtung vor der Autorität des grossen Gelehrten kritiklos übernommenen Begriff „Kloake‘“ gebrochen werden. Der Begriff Kloake sei unhaltbar, weil er nach einem physio- logischen Gesichtspunkt aufgestellt und nicht auf morpho- logische Tatsachen gegründet sei. Den anregenden Gedanken mag er wohl von Gadow haben, der sich schon 1887 ein- gehender mit dem Urogenitalsystem der Sauropsiden beschäftigte und nachwies, dass der Begriff Kloake, worunter man den Raum verstand, in welchen gemeinsam Darm und Allantoıs, sowie die Ausführungsgänge für die Harn- und Geschlechts- produkte münden, wenigstens bei den Sauropsiden nicht den Die Entwickelungsgeschichte des Urogenitalsystems beim Gecko. 439 morphologischen und embryologischen Tatsachen entspreche. Denn die Kloake ist kein so einheitlicher Raum, als man bisher meinte; sie zerfällt deutlich in drei Abschnitte: 1. ın ein entodermales Koprodäum, 2. in ein entodermales Uro- däum, 3. in ein ektodermales Proktodäum. In das Uro- däum münden die Urogenitalkanäle, im Koprodäum werden die Exkremente angesammelt, durch das Proktodäum münden die beiden genannten Entodermabschnitte nach aussen. Fleischmanns Arbeiten bewegen sich, wie schon oben angedeutet wurde, nach zwei Richtungen: erstens gegen Rathke, zweitens für die Homologie von Kloake und Phallus bei sämtlichen Amnioten. Es sei mir gestattet, darüber einige Worte zu sagen. Was die Aufteilung der Kloake durch das Einwachsen von zwei seitlichen Falten betrifft, behaupten Fleischmann und seine Schüler, dass sich dieselben nirgends an Schnitten nachweisen lassen. Hiermit stellen sie sich in Gegensatz auch zu Keibel (1888) und Retterer (1890), die die alte Lehre zu stützen versucht hatten; indes meinen die Vertreter der neueren Schule, dass ihre Beobachtungen auf falschen Deu- tungen der Schnittserien beruhen. Dimpfl (1906) behauptet z. B., dass die beiden von Retterer als Falten gedeuteten Vorsprünge gar keine Falten, sondern nur der Rand der Kom- munikationsstelle zwischen den ungleich weiten Hohlräumen des Darmes und des Urodäums seien. Keibel spricht von zwei lateralen Falten, die zu einer frontalen Scheide- wand verwachsen sollen. Dimpfl resümiert, dass niemand die Verwachsung der seitlichen Falten zu einer frontalen Scheide- wand gesehen habe und dass jeder, der dem Rathkeschen Erklärungsversuch glauben will, eine hypothetische Ver- wachsungsstelle derselben an der Kloakenbucht, d. i. am Sattel zwischen Darm und Allantois annehmen müsse, der gegen die Kloakenmembran zuwachsen soll. Neuestens hat Disse 440 OSKAR FLECK, (1905) eine Modifikation der Hypothesen von Keibel vor- genommen, indem er die frontale Scheidewand als die primäre erklärt; die seitlichen Falten sollen nur Ausläufer der frontalen Scheidewand sein. Fleischmann und seine Schüler leugnen jedwede Existenz von Falten, da überhaupt bis heute niemand den Aufteilungsprozess selbst beobachtet hat. Alle Erklärungsversuche seien ja nur verschiedene stilisti- sche Fassungen, um die Verschiedenheiten an den Bildern ungleich alter Embryonen verständlich zu machen. Fleisch- mann selbst schreibt die Gestaltsveränderung der Kloake (Urodäum) der eigenen morphogenetischen Wachstumsenergie ihrer Entodermzellen zu. Nun zum zweiten Punkt, zu der Frage: „Gilt für Kloake und Phallus sämtlicher Amnioten ein einheitlicher Stiltypus ?” Als die erste Serie der morphogenetischen Studien über Kloake und Phallus der Amnioten erschien, war Fleischmann, wie er selbst sagt, von dieser Idee beherrscht und „suchte nach Homologie um jeden Preis“. Aber schon in der zweiten 1904 veröffentlichten Sammlung muss er mehrere anfangs aus- gesprochene Ansichten über den Stilwert bestimmter Teile der Afterregion aufgeben, so z. B. die Behauptung, dass der Kot- after der Säuger dem Urostoma der Reptilien und Vögel homolog sei, weiter dass das Urodäum der Säuger seine Verbindung mit dem Afterfeld verloren und dafür eine stilistisch neue Öffnung am Gipfel der Afterlippe gewonnen habe. Die ge- nauere Bekanntschaft mit den Vorgängen in der Ontogenese der Mammalier lehrt ihn, dass der Kotafter eine stilistisch neue Öffnung ist und dass von einer neuen Pforte des Uro- däums am Gipfel der Afterlippe keine Rede sein kann. So lesen wir im 32. Band des Morphol. Jahrbuches, S. 97 im Anschlusse an die zitierte Korrektur seiner früheren Ansichten: „Die stilistische Übereinstimmung der Amnioten ist eben noch grösser, als ich im vorigen Jahre dachte.“ Die Entwickelungsgeschichte des Urogenitalsystems beim Gecko. 44] Doch schon drei Jahre später, in der Zusammenfassung sämtlicher Untersuchungen, muss er sagen: „Hat man denn das Recht, die Stileinheit der Amnioten zunächst für die von mir untersuchten Organe zu behaupten? Treten uns nicht vielmehr in jeder Klasse so selbständige und eigenartige Ver- änderungen entgegen, dass man sie als originelle Stilgedanken ansprechen soll?” „Ich ging aus“ — heisst es an einer anderen Stelle — „recht grosse Ähnlichkeiten zu suchen und wurde durch die Tatsachen immer weiter auf die früheren Stadien zurückver- wiesen, wo allein sich Übereinstimmung allgemeiner Merk- male ergab. Diese Ähnlichkeiten verlieren jedoch an theoreti- schem Wert, weil die plastische Modellierung auf den folgenden Stufen "sie immer mehr verwischt, so dass meine stilistische Analyse über Erwarten grosse stilistische Unter- schiede und deren bis zur Geburtsreife zunehmende Steige- rung aufdecken musste.“ Dies das Endresultat der Arbeiten Fleischmanns. Die zunächst für die vorliegende Untersuchung in Betracht kommen- den Schriften aus der Fleischmannschen Sammlung sind die Arbeiten von Unterhössel, der die Verhältnisse bei den EFidechsen und Schlangen, von Hellmuth, der die Schildkröten und Krokodile, und von Pomayer, der die Vögel untersuchte. Es ist zu tadeln, dass Fleischmann dasselbe Verfahren, das er bei den Säugetieren beobachtete, nicht auch für die anderen Amnioten gelten liess, d. i. die Entwickelungsgeschichte des zu untersuchenden Organsystems nicht an je einer Species exakt erforschen zu lassen. Zu welchen Resultaten Unterhösselkam, dessen Arbeit für die vorliegende zunächst in Betracht zu ziehen ist, er- sieht man vielleicht am besten aus der Zusammenfassung, die Fleischmann im 36. Band des Morphol. Jahrbuches 442 OSKAR FLECK, gibt. Früheste Stadien sind ihm unbekannt; seine beobach- tungen beginnen bei Embryonen, wo bereits die definitive Form in allgemeinen Umrissen fertiggestellt ist. Er nennt den er- weiterten Endabschnitt des Entodermrohres, in den Rektum und Allantois münden, Urodäum. Durch Wachstum gehen daraus hervor: 1. die Kotkammer, das Koprodäum, 2. das schmale Kotrohr, an dessen ventraler Seite der Urachus inseriert, 3. das Urodäum mit paarigen, oral- und lateralwärts stark ausladenden Urogenitaltaschen, in welche die drei Uro- genitalkanäle münden. Der hintere Ausgang des Urodäums ist ein transversaler Querspalt, Plagiotrema. Ob ein ektodermales Proktodäum gebildet wird, erscheint Fleischmann zweifel- haft. Die Begattungswerkzeuge entstehen in den lateralen Ecken des Afterringwulstes, von der oralen Afterlippe aus. Mit den Termini „orale“ und ‚„kaudale Afterlippe‘“ bezeichnet er die das Afterfeld umsäumenden, kräftig vorgewulsteten Promi- nenzen des an das Afterfeld stossenden Ektoderms. Er nennt. die Begattungswerkzeuge der Saurier und Ophidier „Diphallus“ und hebt als charakteristisch gegenüber den Säugetieren, bei denen das gerade Gegenteil der Fall ist, hervor, dass sie das Produkt einer oberflächlichen Differenzierung der Aftergegend sind und in ihrer ersten Anlage den Erektionszustand des männlichen Begattungsorganes vorbilden. Die Angaben, die wir bei Haller (1904) und bei Hertwig (1906) finden, beziehen sich auf die Resultate Unterhössels, der auch als Gewährsmann zitiert wird. Chronologisch schliesst an ihn die vorliegende Arbeit an. _Anatom. Hefte [Abteitung 125. Heft.(11.Bd.H.3) Tufel 23. Verlag von J.F.Bergmenn, Wiesbaden. Königl. Universitätsdruckerei H. Stürtz A.G. Würzburg. _Anatom. Hefte [Abteilung 125.Heft.(41.Bd.H.3) Tafel 2% Verlag von J.F.Bsrgmann, Wiesbaden. Königl. Universitätsdruckerei H, Stürtz A.G. Würzburg. „Anatom. Hefte [Abteitung 125.Heft.(011.Bd 1.3) Tafel 25. Verlag von J. F.Bergmann, Wiesbaden. ürtz A,G, Würzburg. Anatom Hefte [Abteitung 125. Heft.(11.Bd.H.3) Zufel 26. Königl, Universitätsdruckerei H. Stürtz A.G. Würzburg, Verlag von J.F.Bergmenn, Wiesbaden. Die Entwickelungsgeschichte des Urogenitalsystems beim Gecko. 443 Eigene Untersuchungen. Die Ausführung der Arbeit wurde mir in erster Linie er- möglicht durch das reichhaltige Material von embryonalen Serien, welche mir Herr Professor Julius Tandler in ent- segenkommendster Weise aus seinem Privatbesitz zur Ver- fügung stellte. Teilweise wurden neue Serien geschnitten. Für die Untersuchung war es notwendig, Wachsmodelle nach der Bornschen Plattenmethode, sowie auch Profilrekonstruktionen anzufertigen. Auch wurde zum Vergleich die entsprechende Region am erwachsenen Tier seziert, in sıtu fixiert und der mikroskopischen Betrachtung zugeführt. Ferner wurde ausser Platydactylus noch Lacerta und Uromastix seziert. Herrn Professor Tandler verdanke ich ausserdem wichtige Notizen die Innervation des Penis betreffend, die er mir gelegentlich einer Sektion von Varanus mitteilte. Es sollen nun zunächst die einzelnen untersuchten Stadien beschrieben werden, und zwar wird immer zuerst das Modell besprochen, dann die betreffende Serie beschrieben werden. Am Schlusse folgt eine zusammenhängende Darstellung der Entwickelungsvorgänge an Kloake und Phallus des Gecko, schliesslich einige Bemerkungen, von welcher Bedeutung viel- leicht die gewonnenen Resultate für phylogenetische Speku- latıionen sein können. Stadium I (Embryo D). Der Embryo hat eine Länge von ca. 3 mm, ist stark ein- gerollt und entspricht dem Stadium 60 der Peterschen Normen- tafeln von Lacerta agılıs. Das Riechfeld ist nicht stark abgesetzt und nicht einge- zogen. Der erste Aortenbogen vollständig, der zweite in Bil- 444 OSKAR FLECK, dung. Der Neuroporus anterior ist geschlossen, der Canalis neurentericus offen. Die Hörgrübchen sind offen, sehr tief. Primäre Augenblasenausstülpungen; das Ektoderm dort, wo die Augenblase anliegt, ein wenig verdickt. An dem Embryo er- reichen die erste und die zweite Schlundtasche das Ektoderm. Das Modell wurde bei 200 facher Vergrösserung hergestellt. Zu diesem Stadium gehört Fig. 1 auf Taf. 23. Am Modell wurde die rechte Körperwand entfernt, so dass der Beschauer von rechts aussen in den geöffneten Embryo blickt. Kaudal von der Ansatzstelle der hinteren Amnionfalte wurde das Modell median durchsägt. Die grosse nach rechts aus dem Körper heraushängende Allantoisblase wurde entfernt. — Die Modellbetrachtung zeigt das Medullarrohr in scharfem Bogen gegen den Schwanz abgebogen und durch einen kurzen, noch offenen Canalis neurentericus mit dem Schwanzdarme in Verbindung. Der Schwanzdarm erweitert sich kaudalwärts, bevor er mit dem relativ engen Canalis neurentericus in Kom- munikation tritt, ein wenig. Diese Erweiterung entspricht ihrer Lage nach der ersten Anlage der in späteren Stadien zu be- schreibenden Endblase des Schwanzdarmes. Das Darmrohr zeigt an seinem kranialen modellierten Ende eine gleichförmig röhrenartige Gestalt, an seiner ventralen Wand inseriert der transversal breitgedrückte Allantoisstiel mit feinem Lumen. Die kraniale Wand des Allantoisstieles und die ventrale Wand des Darmrohres schliessen miteinander nahezu einen rechten Winkel ein, während die kaudale Wand des Allantois- stieles allmählich in die ventrale Entodermwand übergeleitet wird. Die Kloake zeigt mit dem Rektum verglichen eine schwache Expansion in transversaler Richtung, ohne in sagittaler Rich- tung an Höhe zu verlieren. In einem ganz schmalen Bezirk, unmittelbar kaudal von der Ansatzstelle der hinteren Amnion- falte liegt sie dem Ektoderm an. Diese Stelle bezeichnet die Die Entwickelungsgeschichte des Urogenitalsystems beim Gecko. 445 erste Anlage der Kloakenmembran. Kaudalwärts geht die Kloake sich kegelartig verjüngend in den Schwanzdarm über, der in einem Bogen nach abwärts steigt, in seinem proximalen Ab- schnitte bei geringeren Dimensionen an Gestalt dem Rektum gleicht, an seinem kaudalen Ende aber zu der schon er- wähnten Anlage der Endblase des Schwanzdarmes anschwillt. Die Wolffschen Gänge sind auf diesem Stadium dünne Stränge, welche die Kloake noch nicht erreicht haben. Zwischen der ventralen Wand des Schwanzdarmes und seiner Fortsetzung in den Canalis neurentericus einerseits, der ventralen Oberfläche des Schwanzes andererseits befindet sich ein noch nicht differenzierter Mesodermblock, welcher den ge- samten Raum vollkommen erfüllt. Die Beschreibung der Serie beginnt am besten etwas oral- wärts von der Stelle der Implantation des Allantoisstieles ın das Darmrohr. Der Enddarm zeigt hier ein einreihiges, ziem- lich hohes Zylinderepithel, dessen dunkel gefärbte Kerne vom Lumen abgewendet gelagert sind. Die Allantois besteht aus drei Schichten: 1. aus einem Zylinderepithel, dessen Zellen niedriger sind als die des Darmepithels; auch sind die Kerne heller tingiert und lagern lumenwärts. Eine deutliche kern- freie Lumenrandzone ist nirgends entwickelt; 2. aus einem mesodermalen Mantel, in dem die ersten Gefässe nachweis- bar sind; 3. aus einer flachen epithelialen Bedeckung an der Oberfläche. An der Mündungsstelle des Allantoisstieles in den End- darm sind beide Epithelien gegeneinander deutlich abgegrenzt. Von dieser Stelle ab bemerkt man, kaudalwärts über 11 Schnitte verfolgbar, eine ausgesprochene Abplattung der dem Medullar- rohr zugekehrten Darmwand, während die bauchwärts ge- kehrte Wand sich konkav wölbt und die lateralen Wände unter einem stumpfen Winkel gegen die Rückenfläche des Darm- rohres geneigt sind. Im Gegensatze zu der ventralen Wand 446 OSKAR FLECK, und den lateralen Wänden des Darmrohres, die eine bedeutende Dicke aufweisen, hat das Epithel der dorsalen Wand an Höhe verloren. Das Entodermrohr hat in diesem Bezirk im Quer- schnitt annähernd trapezförmige Gestalt. Mit Rücksicht auf all diese Tatsachen, durch die sich das Darmrohr in dieser (tegend von dem vor der Kommunikationsstelle von Darm und Allantois liegenden Abschnitt unterscheidet, kann diese Knto- dermpartie als Kloake (Urodäum) bezeichnet werden. — Beim Verfolgen der Serie gelangt man an eine Stelle, an welcher Ektoderm und ventrale Kloakenwand in unmittelbarer Be- rührung sind; diese erstreckt sich in kranıokaudaler Richtung nur auf fünf Schnitte und liegt gerade dort, wo die kaudale Wand des Allantoisganges in den Darm mündet. Sie geht kaudalwärts ohne scharfe Grenze in den nicht differenzierten Mesodermblock des Schwanzes über. Diese kleine Anlagerungs- stelle der beiden Keimblätter repräsentiert die erste Anlage der Kloakenmembran. Die Wolffschen Gänge sind dünne Zellstränge, die ın ihrem kaudalen Abschnitte kein durch- gängiges Lumen besitzen und noch nicht die Kloake erreicht haben. Der Schwanzdarm zeigt an seinem oralen linde wieder ungefähr dieselbe röhrenförmige (Gestalt wie der End- darm vor seiner Einmündung in die Kloake. Dorsalwärts ist er gegen die Arteria caudalıs bestimmt abgegrenzt, ventralwärts sind seine Konturen verwischt; hier liegt er in undifferenziertes Gewebe des Schwanzes gebettet. Auffallend ist eine Erweite- rung des Schwanzdarmes gegen sein kaudales Ende (die schon erwähnte erste Anlage der zukünftigen Endblase des Schwanz- dlarmes). Diese Bildung, von der später noch ausführlicher die Rede sein wird, möge als Schwanzdarmampulle bezeichnet werden. Auf diesem Stadium ist sie kaudalwärts noch offen, ındem ein feiner, über höchstens drei Schnitte als solcher nachweisbarer Kanal, der Canalis neurentericus, aus ıhr ın das Lumen des Medullarrohres führt. Die Entwickelungsgeschichte des Urogenitalsystems beim Gecko. 447 An der in nebenstehender Textfigur beigegebenen Profil- rekonstruktion sind die Verhältnisse, wie sie beim Verfolgen der Serie nachweisbar sind, graphisch wiedergegeben. An derselben sieht man auch die Ausdehnung des nicht differenzierten Schwanzmesoderms, sowie auch den allmählichen Übergang der Chorda in die dorsale Darmwand. Hier hängen dorsale Darm- Textfigur 1. wand, Chordagewebe und ventrale Wand des Neuralkanals innig zusammen. Fassen wır die Beobachtungen, die sıch aus der Be- trachtung des Modells und der Serie ergeben, zusammen, so ergibt sich als Charakteristik für die Verhältnisse in der Becken- gegend dieses Embryo: Eine deutlich differenzierte Kloake ist noch nicht ent- 448 OSKAR FLECK, wickelt; doch ist immerhin der hinter der Mündungsstelle der Allantois in den Darm gelegene erweiterte Entodermabschnitt als solche anzusprechen. Die ventrale Begrenzung der Kloake wird durch die ganz kurze Kloakenmembran dargestellt. Die Wiolffschen Gänge enden vor der Kloake blind. Der Schwanz- darm zeigt kaudalwärts eine Erweiterung, die Anlage der zu- künftigen Schwanzdarmampulle. Schwanzdarm und Medullar- rohr stehen durch einen noch offenen Canalıs neurentericus miteinander in Verbindung. Stadium II (Embryo ID. Der Embryo ist 4 mm lang, stark eingerollt und entspricht approximativ dem Stadium 81 der Peterschen Normentafeln. Die Ohrblasen erscheinen geschlossen, vom Ektoderm durch Mesoderm getrennt. Zwei offene Schlundtaschen, die dritte mit dem Ektoderm in Verbindung. Canalıs neurentericus nicht mehr offen. Linse abgeschnürt. Hintere Wand doppelt so dick wie die vordere. Drei Aortenbogen. Aorten ver- schmolzen. — Zu diesem Stadium gehört Fig. 2 auf Taf. 23. Modellvergrösserung 1:200. Auch an diesem Modell wurde das Innere durch Entfernung der rechten Körperwand frei- gelegt. Das Schwanzende ist stark abgeknickt und nach rechts umgeschlagen. Am kaudalen Ende des Rektum hängt ventral der Allantoisstiel. Die kaudale Wand des Allantoisstieles geht allmählich in die ventrale Kloakenwand über. An der Über- gangsstelle sieht man die Anlagerung des Ektoderms auf ein ganz kurzes Stück (Stelle der Kloakenmembran). Die noch geringe Dimensionen aufweisende Kloake zeigt eine nicht un- bedeutende dorsale Vorbuchtung. Man sieht die Wolffschen Gänge an der dorsalen Kloakenwand unmittelbar oberhalb des blindsackartigen proximalen Endes des Schwanzdarmes die Die Entwickelungsgeschichte des Urogenitalsystems beim Gecko, 449 Kloake erreichen. Kaudalwärts von dieser Stelle geht die Kloake sich kegelartig verjüngend in den Schwanzdarm über. Der Schwanzdarm ist bereits in Rückbildung begriffen; denn es folgt auf dieses kurze Anfangsstück eine Stelle der vollständigen Obliteration. Das kaudale Endstück biegt nahezu rechtwinklig gegen das Schwanzende um und erweitert sich wieder zu der schon am ersten Modell angedeuteten Schwanzdarmampulle, die ohne deutliche Abgrenzung an ihrem kaudalen Ende in dem undifferenzierten Gewebe des Schwanzendes gebettet liegt. Ein Canalis neurentericus ist nicht mehr zu sehen. Bei der Untersuchung der Serie sieht man an der epi- thelialen Auskleidung des Enddarmes zwei, an manchen Stellen drei Kernreihen. Die peripheren Kernreihen be- stehen aus dicht gedrängten Zellen. Es ist eine deutliche eosingefärbte Lumenrandzone vorhanden. — Beim Verfolgen der Serie in kaudaler Richtung sieht man die dorsale Wand des Entodermrohres kuppelförmig vorgewölbt, während die lateralen Wände bauchwärts konvergieren. Dadurch wird das Darmlumen in seiner ventralen Hälfte auf einen feinen Spalt beschränkt, während die dorsale Hälfte einen geräumigen Hohlraum darstellt. Die Wolffschen Gänge nähern sich dem Rektalrohre immer mehr und lagern schliesslich seinen dorsalen Wänden an. An dieser Stelle stehen die Epithelien von Darm und Wolffschem Gang in innigem Kontakt, ohne dass die Wolffschen Gänge mit dem Kloakenlumen in offene Kom- munikation gelangen. In gleicher Höhe wie die Wolffschen Gänge mündet ventral in die Kloake der Allantoisstiel. Das mehrreihige Epithel der Allantois mit den viel heller gefärbten Kernen grenzt sich scharf gegen das Darmepithel mit seinen sich stärker färbenden Kernen ab. Die Anlagerungsstelle der Wolffschen Gänge bezeichnet das kaudale Ende der Kloake. Eine direkte Fortsetzung schwanzwärts durch den Schwanz- darm ist nicht mehr zu beobachten, denn das Anfangsstück 450 OSKAR FLECK, des Enddarmes ist bereits verschwunden. Man sieht nur einen kleinen lumenlosen Zellhaufen, der gleichfalls nach einiger Zeit verschwindet. Dann folgt eine Stelle völliger Obliteration, über eine Strecke von fünf Schnitten verfolgbar. Der nächste Schnitt geht schon durch die Epithelkuppe des noch erhaltenen Schwanzdarmes, am zweitnächsten ist bereits sein kreisrundes Lumen getroffen. Er hat ein niedriges Epithel und grosse Kerne. Auf gleicher Schnitthöhe sieht man gegen das Schwanz- ende zu ein blasiges, dickwandiges Gebilde, das auf den nächsten Schnitten mit dem Schwanzdarme in Verbindung tritt. Es ist das die schon beim Embryo I nachgewiesene Schwanz- darmampulle, die sich hier schärfer ausmodelliert hat. Während der Schwanzdarm ein ganz niederes Epithel aufweist, hat sich das Epithel der Ampulle auf das Doppelte verstärkt. Die Blase ist aber bereits geschlossen. Der Canalis neurentericus ist nicht mehr offen. Das kaudale kugelige Ende der Blase liegt in dem undifferenzierten Gewebe des Schwanzes, in dem auch ohne Grenzen Chorda und Medullarrohr endigen. Als Charakteristik fürEmbryoll ergibt sich somit Folgendes: Die Wolffschen Gänge haben sich am kaudalen Kloaken- ende dorsolateral dicht an das Epithel der Kloake angelegt. Die Rückbildung des Schwanzdarmes hat an seinem proximalen Ende begonnen. Die Schwanzdarmampulle hat sich caudal- wärts geschlossen. Die Kloake ist noch nicht deutlich diffe- renziert. Stadium III (Embryo Ill). Der Embryo hat eine grösste Länge von 4 mm. Die vordere Extremität ist stärker entwickelt als die hintere. Drei offene Schlundtaschen, die erste schon geschlossen, die fünfte erreicht das Ektoderm, die sechste in Anlage. Drei vollständige Aortenbogen, ein vierter unvollständig. Riechgrube vertieft. Die Entwickelungsgeschichte des Urogenitalsystems beim Gecko. 451 Lungenschläuche im Aussprossen. Linsenhohlraum sichel- förmig. Der Embryo entspricht beiläufig dem Embryo 36 der Peterschen Normentafeln. Zu diesem Stadium gehört Fig. 3 auf Taf. 24. Dargestellt ist nur eine Partie des Körpers, welche die Kloakenregion und die benachbarten Teile umfasst. Der Ge- nauigkeit halber wurde das an den Schnitten doppelt ge- troffene Medullarrohr mitmodelliert. Weiter wurden nicht nur (die entodermalen Gebilde und die Wolffschen Gänge, sondern auch die ektodermale Begrenzung modelliert, das Mesoderm aber vollkommen weggelassen. Am Modell wurde die iinke Körperwand, sowie das nach links umgeschlagene Schwanz- ende, in dem der bis auf die kaudoterminale Endblase rück- gebildete Schwanzdarm zu sehen war, entfernt. Der Schwanz ist gegen den, Rumpf stark abgekrümmt. An der Krümmungsstelle liegt die Kloake mit dem kaudalen Abschnitt ihrer ventralen Wand dem Ektoderm an und bildet mit diesem eine deutliche, aber sehr kurze Kloakenmembran. Ventrale Seitenwand und Schwanzwurzel bilden eine seichte querverlaufende Furche, an deren Basis die Kloakenmembran gelegen ist. Von einer eigentlichen ektodermalen Einstülpung in Form eines später zur Ausbildung gelangenden Proktodäums kann aber noch nicht die Rede sein. — Die Kloake — auf diesem Modell zum erstenmal als solche deutlich abgegrenzt — hat sich in transversaler Richtung verbreitert, aber auch in dorsoventraler Richtung an Höhe gewonnen. Man sieht das Rektum, das in seinem ganzen Verlaufe fast durchwegs dreh- runde Gestalt zeigt, in die dorsoorale Kloakenwand münden, ventrooral inseriert der transversal etwas ausgezogene Allantois- gang. Der Winkel zwischen Rektum und Allantoisgang ist tiefer und schärfer geworden; dadurch ist die Mündung des Rektums in kraniokaudaler Richtung verschoben. Eine ganz kurze zipfelartige Verlängerung der ventrokaudalen Kloaken- Anatomische Hefte. I. Abteilung. 125. Heft (41. Bd., H. 3.) 29 452 OSKAR FLECK, wand bezeichnet die Ansatzstelle des in seinem kranialen Ab- schnitte nunmehr völlig obliterierten Schwanzdarmes. Kaudal- wärts von der Eintrittsstelle des Rektums erweitert sich die Kloake besonders in ihrer dorsalen Hälfte und erscheint bi- lateral-symmetrisch zipfelartig ausgezogen. Das sind die ersten Anlagen der Urogenitaltaschen. An diesen Stellen münden dıe Wolffschen Gänge mit scharfem Knick umbiegend in die Kloake. Die Serienbetrachtung lehrt, dass der Enddarm bereits wesentlich andere histologische Verhältnisse zeigt als in den früheren Stadien. Sein Epithel setzt sich aus einer Reihe hoher Zylinderzellen zusammen, die lichte protoplasmatische Leiber und am peripheren Epithelrand gelagerte Kerne be- sitzen. Die Zellgrenzen der zylindrischen Zellen sind gut nach- weisbar. Es ist eine deutliche Lumenrandzone entwickelt, die sich stärker mit Eosin färbt. Das Zylinderepithel der Wolff- schen Gänge, die fast durchwegs kreisrundes Lumen zeigen, ist wesentlich niedriger als das Darmepithel. Ein weiterer Unterschied ist, dass die Zellgrenzen hier nicht scharf nach- weisbar sind und das Zellplasma sich viel dunkler färbt als das der Entodermzellen. Die grossen dunklen Zellkerne liegen ziemlich regelmässig in einer Reihe distalwärts. Zwischen den Mündungsstellen der beiden Wolffschen Gänge ist die dorsale Kloakenwand vorgestülpt, wodurch die Andeutung der Urogenitaltaschen klarer zum Vorschein kommt. Die Ver- schiedenheit des Epithelcharakters von Entoderm und Wolff- schem Gang fällt hier deutlich ins Auge. Die ganze hintere Kloakenwand trägt mehr den Charakter des Epithels der W olff- schen Gänge, während sich laterale und vordere Kloakenwand durch ihre hohen und hellen Zellen als dem Entoderm zu- gehörig zu erkennen geben. Die Kloake zeigt bei annähernd quadratischem Querschnitte ein geräumiges Lumen; kaudal- wärts konvergieren aber die lateralen Kloakenwände — diese Die Entwickelungsgeschichte des Urogenitalsystems beim Gecko. 453 Konvergenz ist eine ziemlich plötzliche — und verengen da- durch das Lumen, das in ein kleines Divertikel ausläuft. Der divertikelartige Zipfel der Kloake bezeichnet die ehemalige Ansatzstelle des proximalen Schwanzdarmendes. Die Rück- bildung des Schwanzdarmes ist weiter fortgeschritten. Nur die endständige Schwanzdarmampulle hat sich erhalten; sie hat ein weites, über sechs Schnitte nachweisbares Lumen und scheint während der Rückbildung des proximalen Schwanz- darmabschnittes, vielleicht auf dessen Kosten, gewachsen zu sein. Was das topographische Verhalten der Wolffschen Gänge zur Kloake anlangt, scheint es, dass dieselben, die in den jüngeren Stadien ausgesprochen am kaudalen Ende der dorsalen Kloakenwand mündeten, etwas oralwärts gerückt sind, oder anders ausgedrückt: die Kloake scheint nicht in allen Partien gleichmässig zu wachsen; es dürfte die kaudale Hälfte eine stärkere Wachstumsenergie aufweisen als die kraniale, so dass die Wolffschen Gänge etwas weiter oral zu liegen kommen. Eine andere Veränderung, die mit der Kloake vor- gegangen ist, ist die, dass die Zellmasse zwischen Allantois und Enddarm, das Septum urorectale, kaudalwärts weiter vor- gewachsen ist, wodurch die Allantois nach vorne gezogen wird, so dass sie nunmehr an der ventrooralen Kloakenwand inseriert. — Im Schwanze ist noch unsegmentiertes Mesoderm, welches die Abgrenzung der Ampulle stellenweise schwierig macht. Das Medullarrohr zeigt an seinem kaudalen Ende eine Erweiterung. An der Ampulle sind die Epithelgrenzen nicht überall deutlich nachzuweisen. Für das Epithel der Ampulle ist charakteristisch, dass die Zellkerne nicht gereiht sind. Wesentliche Fortschritte gegenüber den jüngeren Stadien sind also: 1. Der Durchbruch der W olffschen Gänge in die Kloake. 2. Die prägnantere Differenzierung der Kloake und Hand in Hand damit die für alle späteren Stadien typische Ein- 29* 454 OSKAR FLECK, mündung des Rektums an der dorsooralen Kloakenwand, des Allantoisganges an der ventrooralen Kloakenwand. 3. Die erste Andeutung des künftigen Proktodäums in Form einer seichten querverlaufenden Furche im Gebiete der Kloaken- membran. 4. Die erste Anlage der Urogenitaltaschen, gekennzeichnet durch eine lumenwärts gerichtete Vorstülpung der dorso- medianen Partie der Kloakenwand. Stadium IV (Embryo VIM). Der Embryo hat eine grösste Länge von 7 mm und 4,5 mm Kopflänge. — Er ist wenig zusammengerollt. Der Schwanz sehr lang, vordere Extremität im Ellbogengelenk abgebogen, das distale Ende verbreitert, deutlich 5strahlig. Hintere Ex- (remität an ihrem Ende verbreitert. Strahlen weniger deut- lich als an der vorderen Extremität. Das Auge ist gross, stark prominent. Äussere Ohrhöcker. Drei Bogengänge abgeschnürt. Retina geschichtet, die Linse von der Cornea entfernt. Lungen- schläuche weit, ohne sekundäre Verzweigungen. Dieser Embryo entspricht beiläufig dem Stadium 118 der Peterschen Normentafel. Zu diesem Stadium gehört Fig. 4 auf Taf. 25. Am Modell wurde das Ektoderm der Bauchwand, sowie der Schwanzwurzel und die ın Betracht kommenden Organe der Beckengegend modelliert; die Mitmodellierung der lateralen Körperwände unterblieb. Bei der Besichtigung des Modells von links aussen er- gibt sich Folgendes: Der Urachusstiel, welcher oben nach rechts verschoben ıst, erreicht knapp vor seiner Implantation in die Kloake die Medianebene und geht hier ganz allmählich in die Kloake über. Das Darmrohr hat seine Mündungsstelle in der hinteren Region Die Entwiekelungsgeschiehte des Urogenitalsystems keim Gecko. 455 der kranialen Kloakenwand. Die Kloake selbst hat sich wesent- lich verändert und ihrer definitiven Gestalt genähert; sie hat sich in sagittaler Richtung bedeutend verlängert, so zwar, dass die lateralen Wände einander stark genähert erscheinen. Das Spatium zwischen Mündung der Allantois und des End- darmes ist aber trotz dieses Wachstumes nicht verlängert, so dass das Septum urorectale wohl in kraniokaudaler Richtung in die Länge gewachsen erscheint, in seiner sagittalen Tiefen- dimension aber kaum eine Änderung erfährt. Die untere Cireumferenz der Kloake entbehrt der im früheren Stadium noch nachweisbaren Ausstülpung des Schwanzdarmrestes. Dort wo die hintere Kloakenwand in die kaudale übergeht, ist die Kloake als Ganzes dorsolateralwärts ausgezogen und auf der Höhe dieser Vorstülpung mündet je ein Wolffscher Gang. Paarige, durch eine mediane Furche der Rückenwand der Kloake voneinander geschiedene Urogenitaltaschen sind noch nicht entwickelt. Der schmale Streifen Leibeswand zwischen ventraler tumpfwand und Schwanzwurzel, wie er im früheren Stadium (vergl. Fig. 3 auf Taf. 24) zu sehen ist, ist verbreitert und vertieft und hat ausserdem gegen die Umgebung eine be- stimmtere Abgrenzung erfahren. Das Afterfeld ist in die Tiefe verlagert; diese grubenförmige Vertiefung, das Proktodäum, sieht man lateral von der Medianebene und oralwärts insofern begrenzt, als sich bilateral-symmetrisch je ein flacher Wulst erhebt. Diese Wülste, in der Medianebene durch eine seichte Furche voneinander geschieden, repräsentieren die erste An- lage der oralen Afterlippe. Lateralwärts ist das Proktodäum jederseits durch eine hügelartige Prominenz, die seitlichen Anteile des Rumpfendes begrenzt. Diese Genitalhöcker oder Genitalwülste liegen an den lateralen Rändern des Afterring- wulstes, d. i. jenes ringartigen Gebildes, das von der oralen und kaudalen Afterlippe gebildet wird. An diesem Embryo 456 OSKAR FLECK, ist der Afterringwulst noch wenig deutlich ausmodelliert. Be- sonders die kaudale Afterlippe verstreicht unauffällig in das Ektoderm des Schwanzes. Die Basis der proktodäalen Grube wird durch das Ektoderm gegeben, welches hier direkt der entodermalen vorderen Kloakenwand anliegt und als Kloaken- membran anzusprechen ist. Besonders zu beachten ist, dass die Anlagerung des Ektoderms an das Entoderm in der kaudalen Partie der vorderen Kloakenwand erfolgt. Wie der Vergleich mit dem jüngeren Modell lehrt, hat sich die Kloakenmembran in kraniokaudaler Richtung in die Länge gestreckt. — Die Wolffschen Gänge, welche in die schon besprochenen kaudo- dorsalen Divertikel der Kloake (Anlagen der Urogenitaltaschen) münden, zeigen eine trichterartige Verjüngung ihres Lumens in der Nähe ihrer Mündung. Knapp vor derselben entsteht aus der dorsokaudalen Wand des Wolffschen Ganges ein medianer Spross, die plumpe Nierenknospe, die sich sofort in ein kranialwärts und ein kaudalwärts gerichtetes Divertikel teilt (erste Anlage des kranialen und kaudalen Nierenbeckens). Die Betrachtung der Serie zeigt am Enddarm bereits eine histologische Differenzierung; vor allem erhält die Darm- schleimhaut eine grössere Oberfläche durch einfache Längs- falten. Das Epithel besteht aus langen, schmalen Zylinder- zellen, deren Kerne in den Darmbuchten an der dem Lumen abgewendeten Basis, in den Falten gegen die Mitte des Zell- körpers, bisweilen auch darüber hinaus gelagert sind. Es folgt nach aussen eine ziemlich dicke Schicht Ringmuskulatur, zu äusserst eine flache Serosa. — Der Urachus zeigt die- selben Epithelverhältnisse wie in früheren Stadien. Der kraniale Abschnitt hat ein sehr flaches Epithel; dieses wird in der Nähe der Kloakenmündung ziemlich plötzlich hoch. — Die orale Afterlippe ist als eine bilateral-symmetrische Vorstülpung schon ziemlich weit kranial an der ventralen Leibeswand nach- weisbar. Weiter unten ragen die Prominenzen der seitlichen Die Entwickelungsgeschichte des Urogenitalsystems beim Gecko. 457 Leibeswand stark medianwärts, so dass beide zusammen mit einem schmalen Streifen der medianen Bauchwand eine ekto- dermale Einsenkung bilden, die im Bereich der Kloake als typisches Proktodäum erscheint; in der Tiefe dieser Grube liegt die Kloakenmembran. Diese wulstartigen, von einer ein- schichtigen Ektodermlage überzogenen Prominenzen der lateraleni Bauchwand sind die Genitalwülste oder Genitalhöcker, die der- einst zu den Phalluszapfen werden sollen. — Das Kloaken- epithel setzt sich aus Anteilen des Darm- und Allantoisepithels zusammen, die Kloakenmembran reicht dabei bis an die ven- trale Abgangsstelle der Allantois. Eine schwache mediane Ein- senkung der kloakalen Rückenfläche deutet bereits die künftigen paarigen Urogenitaltaschen an. Dorsolateral mündet am kau- dalen Kloakenende je ein Wolffscher Gang; dieser gibt, wie schon erwähnt, an seiner Mündungsstelle dorsomedian zwei kurze Äste ab, die Uretersprossen, aus denen durch Wachs- tum der kraniale und der kaudale Ureter hervorgeht. Die wesentlichsten Fortbildungen in der Kloakenregion des Embryos VII, verglichen mit den Befunden an jüngeren Stadien, sind also durch folgende Punkte gegeben: 1. Es tritt zum ersten Male eine scharf gegen die an- erenzenden Partien der Bauchwand abgesetzte ektodermale Grube, das Proktodäum, auf. Doch zeigt es noch nicht die für die Aftergrube des erwachsenen Tieres typische queraus- gezogene Gestalt (Plagiotrema). Vielmehr ist das Proktodäum länger als breiter. 2. Auch die an das Afterfeld anstossenden Partien der Bauchwand treten prägnanter hervor, besonders kranial vom Proktodäum. Diese das Afterfeld umwallenden, gegen das übrige Ektoderm sich schärfer absetzenden Bauchwandanteile bilden die orale und kaudale Lippe des Afterringwulstes. 3. Zu ihm gewinnen die Genitalhöcker insofern Beziehung, als sie in seine lateralen Ecken zu liegen kommen. I eb) | ı 09 OSKAR FLECK, 4. Schliesslich ist als weitere Fortbildung gegenüber den jüngeren untersuchten Embryonen die Anlage des kranialen und kaudalen Nierenbeckens zu konstatieren. Stadium V (Embryo x). Der Embryo ist etwas jünger als der von Tandler und Kantor als Stadium 6 beschriebene. Im wesentlichen stimmt aber der von mir untersuchte Embryo x mit dem von den zitierten Autoren untersuchten Embryo XII überein. Ich kann mich also hier auf die von ihnen gegebene Stadienbeschreibung berufen, die ich im nachfolgenden mit einigen auf den Embryo % bezüglichen Änderungen wiedergebe. Der Embryo gleicht an- nähernd dem Embryo 120 der Peterschen Normentafeln (Fig. 32). Es zeigen sich natürlich Verschiedenheiten ent- sprechend der Differenz in der Species. Der äussere (rehör- gang ist beim Gecko um diese Zeit tiefer. Bogengänge und Ampullen sind vollständig entwickelt. An der Lagena ist die Pars basilaris abgegrenzt. Sacci endolymphatici beider Seiten berühren sich; liegen auf der Tela chorioidea ventrieuli quarli. Die perilymphatischen Räume sind durch eine Verdünnung des Mesenchyms angedeutet. Ohrkapsel vorknorpelig. Die Ex- tremitätenenden sind relativ weiter entwickelt. Die Lidspalte grösser. Der ganze Kopf erscheint kürzer, die Augen vernäll- nismässig grösser. Die Zehen sind an beiden Extremitäten mehr isoliert und zeigen die für den Gecko charakteristische Verbreiterung. — Die Wirbelbogen berühren sich. Retina fast vollständig differenziert. Corpus eiliare ziemlich deutlich ent- wickelt. Septum atriorum vollständig, aber durchbrochen. Die Müllerschen Gänge sind noch nicht so weit kaudalwärts ge- wachsen wie bei Embryo XI. Zu diesem Modell, das gleich den anderen bei 200facher Vergrösserung hergestellt wurde, gehören Fig. 5 und 6 auf Taf. 26. 7. > x Zafel Heft.(71.Bd.H.3) 125. _Anatom. Hefte IAbtei; ergmann, Wiesbaden, Verlag von J.F.B Königl, Universitätsdruckerei H, Stürtz A,G. Würzburg. Die Entwickelungsgeschichte des Urogenitalsystems beim Gecko. 459 Das Modell wurde median durchsägt. Fig. 5 auf Taf. 26 zeigt die Innenansicht von rechts aussen betrachtet. Fig. 6 auf Taf. 26 ist eine Ansicht des undurchsägten Modells von der Bauchseite. Von rechts aussen betrachtet sieht man das ziemlich weite Darmrohr an der dorsooralen Kloakenwand münden, während der viel geringere Dimensionen zeigende, transversal breil- gequetschte Urachus an der ventrooralen Kloakenwand inseriert. Die dorsale Kloakenwand hat nur eine geringe Längenausdeh- nung; dagegen ist sie in ihrer kaudalen Partie mächtig vor- gewulstet und bildet eine starke Auftreibung, in die von beiden Seiten her die Urogenitalkanäle münden. Man sieht in diesem Stadium bereits deutlich entwickelte, jedoch noch nicht durch eine mediane Erhebung voneinander geschiedene Urogenital- taschen. Die Wolffschen Gänge zeigen kranialwärts ein grosses ovales Lumen, das sich gegen die Kloake zu trichter- artig verschmälert. Die Ureteren haben sich am W olffschen Gang medıanwärts verschoben. Der kraniale Ureter ist länger als der kaudale; beide enden noch blind. Die Kloake ist seit- lich flachgedrückt, die lateralen Wände sind einander stark genähert. Ventral lagert die Kloake dem Ektoderm an. Durchschneidet man das Modell und besichtigt es von der Innenseite (Fig. 5 auf Taf. 26), so ergeben sich folgende Verhältnisse: Der Enddarm erweitert sich gegen die Kloake allmählich und deutet in dieser Gestalt bereits die kammer: artige Erweiterung des Rektumendes, das Koprodäum, an. Darauf weisen auch die Falten in der Schleimhaut des End- darmes hin, welche an dem kontraktions- und erweiterungs- fähigen Koprodäum noch zahlreicher und deutlicher werden. Im Gegensatz zum Enddarm hat der Urachus ein relativ ge- ringes Lumen. In Fortsetzung des Urachuslumen zeigt das Kloakenlumen eine transversale Erweiterung, ebenso in Fort- setzung der Urogenitaltaschen. Zwischen den beiden rücken 460 OSKAR FLECK, die lateralen Wände der Kloake aneinander. Basalwärts ver- schmälert sich das transversale Lumen der Kloake (Urodäum) zu einem feinen Spalt. Die dorsale, auch lateral ziemlich stark ausladende Vorbuchtung der Kloakenwand (Urogenitaltasche) zeigt eine beträchtliche Tiefe, an deren Grund Ureter und Wolffscher Gang münden. — Die in kraniokaudaler Richtung langgestreckte Kloakenmembran liegt am Grunde des tief ein- gefallenen Proktodäums. Die orale Afterlippe schlägt sich in scharfem Bogen gegen die Bauchwand um; die kaudale ver- streicht ziemlich flach gegen das Schwanzektoderm. Die Phallus- zapfen ragen von beiden Seiten in das Lumen des Proktodäums, dieses dadurch wesentlich verengend. Besichtigt man das Modell von unten (vergl. Fig. 6 auf Taf. 26), so sieht man die kranialwärts leicht konvexe, seit- lich allmählich abdachende orale Afterlippe. Die kaudale Lippe ist weniger stark entwickelt und repräsentiert einen relativ scharfen, transversal verlaufenden Grat, welcher steil gegen die Schwanzwurzel abfällt. Seitlich verflacht auch die kaudale Afterlippe, so dass eine Abgrenzung beider Afterlippen gegen- einander nicht mehr durchführbar ist. Jeder Phallushöcker ist durch eine tief ausgeprägte Rinne gegen die orale After- lippe in ihrem medialen Abschnitt geschieden. Die Furche gegen die kaudale Afterlippe ist viel seichter. Die beiden Phallus- höcker sind soweit medialwärts vorgewachsen, dass zwischen ihnen nur ein ganz schmaler Spalt als Eingang zum Prokto- däum bleibt, während oral und kaudal davon der Eingang sich verbreitert und je eine dreieckige Grube bildet. An der lateralen Wand des Proktodäums zieht eine kurze flache Er- hebung seitwärts; das ist wahrscheinlich die Anlage der Gadowschen Falte. Die Faltenbildungen am Enddarm sind zahlreicher ge- worden. Das annähernd kreisrunde Lumen des Enddarmes streckt sich vor der Kloake in sagittaler Richtung in die Länge Die Entwickelungsgeschichte des Urogenitalsystems beim Gecko. 461 und bereitet so die Form der Kloake vor. In der Kloake ist noch immer indifferentes Epithel. Ausserdem unterscheidet sich das Kloakenepithel vom Epithel des Enddarmes durch eine Dickenzunahme hauptsächlich der lateralen Kloakenwände; das dorsale Epithel bleibt niedrig. Die mediane Einschnürung ist tiefer geworden. Die Urogenitaltaschen haben sich schärfer ausmodelliert. Wolffscher Gang und Ureter münden insofern gemeinsam, als sie in einen kurzen, lateralwärts gerichteten Divertikel der Taschen münden. Doch hat der Abschnürungs- prozess des Ureters vom Wolffschen Gang bereits begonnen, der Ureter liegt etwas medialwärts vom Wolffschen Gang. — Sobald sich die Urogenitalkanäle mit der Kloake vereinigt haben, beginnen die lateralen Wände derselben sich zu nähern und lagern schliesslich dicht aneinander. Jedoch noch nicht, wie an älteren Stadien zu sehen ist, bis an das kaudale Ende der Kloake, sondern nur über acht Schnitte. Sodann fliessen beide, durch die Aneinanderlagerung der Epithelien der Uro- däumwand entstehenden Hohlräume wieder zu einem einzigen Hohlraum zusammen. Weiter lässt sich nachweisen, dass diese, das Urodäumlumen vorübergehend in zwei Gänge, einen dorsalen und einen ventralen, zerlegende Epithelbrücke schräg von vorne unten nach hinten oben verläuft. — Eine ähnliche, am kranialen Ende beginnende, schwanzwärts immer stärker werdende Nähe- rung der lateralen Wände zeigt auch die proktodäale Grube; dadurch werden zwei transversal ausgezogene Spalträume er- zeugt, ein kleinerer von der oralen Afterlippe und den vorderen seitlichen Anteilen des Phalluswulstes begrenzter und ein grösserer, von der flachen kaudalen Lippe und den hinteren Partien des Geschlechtsgliedes begrenzter. Als für die endgültige Form wichtige Umbildungen in der Kloakenregion dieses Embryos verglichen mit den früheren Stadien sind also zu nennen: 1. Die Faltenbildung im Rektum vor der Einmündung in die Kloake (Andeutung des Koprodäums). 462 OSKAR FLECK, DV . Die prägnantere Ausmodellierung der Urogenitaltaschen. 3. Die kranialwärts weit vorgewachsenen Ureteren, die jedoch mit der proximalen metanephrogenen Anlage noch nicht in Verbindung getreten sind, sondern noch blind endigen. 4. Der deutlicher, besonders in der oralen Afterlippe scharf hervortretende Afterringwulst. 9. Die kräftiger entwickelten Phalluszapfen; schliesslich die erste Anlage der Gadowschen Falten. Stadium VI (Embryo Fl. D). Dieses Modell wurde bei 100 facher Vergrösserung nach einer Querschnittsserie des Embryos Fl. I hergestellt, welcher in der Reihe der von mir untersuchten Embryonen dem Stadium 6 entspricht. Nachträglich wurden zwei Detailmodelle zu diesem Modell bei 200 facher Vergrösserung angefertigt. Der Embryo bietet bezüglich der Niere, der Mündungsverhält- nisse der Urogenitalkanäle und bezüglich der Form des Uro- däums Verhältnisse dar, die sich nur mehr- wenig von den bleibenden unterscheiden. Fig. 8 auf Taf. 27 stellt das Modell von links aussen betrachtet dar. Man sieht das in seiner dorsalen Partie lateral stark ausladende Koprodäum (Kot- kammer), an dessen vorderer schmaler Wand der Urachus ni transversal ausgezogenem Lumen inseriert. Das geräumige Koprodäum geht ziemlich unvermittelt durch einen stielförmigen Abschnitt (Kotrohr Fleischmanns) in das Urodäum über, doch wird dieser unvermittelte Übergang des Koprodäums in den Kammerraum bei der Seitenansicht durch die kranial- wärts weit vorgebuchteten Urogenitaltaschen verdeckt. Diese sind handschuhfingerartige Ausstülpungen des Urodäums und zeigen kranialwärts ein grösseres Lumen als an ihrem kaudalen Ende. Ihre dorsale Wand ist rinnenartig eingesenkt; in diesen Rinnen ziehen die Müllerschen Gänge nach hinten, die am Die Entwickelungsgeschichte des Urogenitalsystems beim Gecko. 463 kranialen Kloakenende blind endigen. In Fortsetzung der Uro- genitaltaschen sieht man die dorsolateralen Wände des Uro- däums schwach vorgewölbt, ebenso ist die ventrolaterale Partie der Kloakenwand in transversaler Richtung stark vorgebuchtet. In diese dorsolateralen Auftreibungen des Urodäums münden die Wolffschen Gänge und die Ureteren. Wie das Detailmodell lehrt, verhalten sich Müllerscher Gang, Wolffscher Gang und Ureter an ihrem Ende folgender- massen: Der Müllersche Gang legt sich der dorsolateralen Wand der Urogenitaltasche derart an, dass er diese Wand in Form einer plumpen Falte ventralwärts vorstülpt. In ihr ge- legen endet er blind knapp oberhalb der Mündung des Wolff- schen Ganges. Der Wolffsche Gang mündet auf der Höhe der Falte, unmittelbar vor deren unterem Ende, während der Ureter medial von dieser Falte in Form einer länglichen, schlitz- förmigen Öffnung mit der Urogenitaltasche kommuniziert. Der gemeinsame Ureter ist ganz kurz, da kranialer und kaudaler Ureter sich knapp vor der Mündung in die Kloake zu einem eanz kurzen gemeinschaftlichen Ureter vereinigen. Die eben beschriebene Mündung des Ureters liegt am kaudalen Ende der Urogenitaltasche, dort wo sich diese gegen die hintere Wand der Kloake verflacht. Die ventrale Kloakenpartie geht direkt und ohne wesent- lich ihre Gestalt zu verändern in das Proktodäum über, so zwar, dass die hintere Wand desselben unauffällig in die kaudale Afterlippe übergeleitet wird, während sich die vordere in einem scharfen Bogen in die orale Lippe umschlägt. Vor dieser sieht man noch eine taschenförmige ektodermale Ein- stülpung, schliesslich die birnförmigen Phalluszapfen. Durchschneidet man das Modell in sagittaler Richtung (vergl. Fig. 7 auf Taf. 27), so fällt zunächst die reiche Falten- bildung im Koprodäum ins Auge. Besonders zu beachten ist, dass sich der Urachus in das Koprodäum, nicht in das Kot- 464 OSKAR FLECK, rohr öffnet und zwar an dessen vorderen Wand (näheres darüber weiter unten unter Serienbeschreibung). Das Koprodäum ist gegen den Kammerraum scharf abgeschnürt; diese Abschnürung umfasst eine ganze Zone, wodurch zwischen Koprodäum und Kloakenraum eine Einschnürung des Eingeweidelumens in Form eines kurzen Kanals resultiert. Weiter zeigt der Sagittalschnitt durch das Modell, dass die Urogenitaltaschen Fortsetzungen des Kloakenlumens sind. Die etwas konkave orale Urodäum- wand geht in weitem Bogen in die vordere Wand der Tasche über, während die hinteren und seitlichen Partien sich direkt in die dorsolateralen Epithelien der Kammer fortsetzen. Die Urogenitaltaschen sind also paarige Gebilde, die zu der dorsalen Kloakenwand symmetrisch gelagert sind. Man sieht auch, wie weit kranialwärts die Urogenitaltaschen vorgewachsen sind. Die Müllerschen Gänge ziehen, wie schon oben erwähnt, in einer Rinne der dorsalen Wand der Urogenitaltaschen, schwanzwärts sich etwas gegen die Medianebene wendend. Am kaudalen Ende der Taschen enden sie noch blind. Nicht weit kaudal von dieser Stelle zeigt die hintere Kammerwand eine schwache papillenförmige Erhebung; auf ihr münden Ureter und Wolffscher Gang, der Ureter mehr median und auch etwas kaudaler als der Wolffsche Gang. Die seitliche Kloakenwand ist gegen das Lumen wulst- artig vorgetrieben, stärker gegen das kaudale Kloakenende zu, wo es zu einer Aneinanderlagerung der beiderseitigen Epithelien kommt, als in der kranıalen Hälfte. Dadurch zerfällt der Kloaken- raum in einen rückwärtigen transversal gestellten Blindsack, der kranialwärts den Eingang zu den Urogenitaltaschen bildet, und in einen vorderen Spaltraum, der eine direkte Fortsetzung des Kotrohres (Kommunikationsrohr zwischen Koprodäum und Urodäum) bildet und kaudalwärts in den Isthmus übergeht. Der Isthmus repräsentiert jene Stelle, an welcher in früheren Stadien die Kloakenmembran lag. Schwanzwärts öffnet sich Die Entwickelungsgeschichte des Urogenitalsystems beim Gecko. 465 der Isthmus in das Proktodäum. Die orale Afterlippe ist als eine schmale, von Mesoderm nur mehr wenig erfüllte Vor- buchtung deutlich sichtbar, während der Übergang der kaudalen Afterlippe in das Schwanzektoderm fast vollkommen verstrichen ist. Der proktodäale Raum wird von zwei Wülsten oder Falten durchzogen (Gadowsche Falten), die kaudalwärts an der dorsomedianen Wurzel der Phalluszapfen endigen, während sie kopfwärts sich allmählich verbreiternd und gegen die Medianebene konvergierend sich bis in den kranialen Teil des Isthmus erstrecken, so dass also die gesamte Partie der Seiten- wände des Proktodäums als Anfangsstück der eben erwähnten Falten erhoben erscheint. Die dritte Abbildung von diesem Modelle (Fig. 9 auf Taf. 28) ist eine Ventralansicht des Afterfeldes.. Man sieht den Ein- gang ins Proktodäum, rechts und links davon die Ga do w schen Falten. Die wulstige, stark hervortretende Prominenz ist die orale Afterlippe. Die mit dem kolbigen Ende gegen das Prokto- däum gewendeten Phalluszapfen scheinen vom lateralen Rand des Afterringwulstes zu kommen und in innigerer Beziehung zu der flachen kaudalen ‚Afterlippe zu stehen. Bei der Serienbetrachtung fällt in dem erweiterten End- darm die zahlreiche Faltenbildung des Schleimhautepithels auf. Die Falten zeigen lumenwärts einen ıichten Saum; in der Submucosa finden sich viele Spalten. Die Submucosa beteiligt sich an der Bildung der Falten. Die stark entwickelte Ring- muskulatur lässt diesen Darmabschnitt als kontraktionsfähige Kammeı erscheinen. Dorsolaterale Ausladungen geben ihr an- nähernd die Form eines dreikantigen Schlauches, dessen in der Medianebene etwas vorgewölbte Rückenfläche den Nieren zugewendet ist, während seine abgerundete Spitze ventral gegen den Urachus schaut. Die W olffschen Gänge gleichen einander sowohl hinsichtlich ihrer Grösse, als auch der Gestalt, obwohl es scheint, dass sich die Kerne des Ureterepithels lebhafter 466 OSKAR FLECK, färben als die des Wolffschen Ganges. Es wäre oft schwer, beide voneinander, als auch von den Harnkanälchen zu unter- scheiden, hätte man nicht als Richtschnur, dass der Ureter häufig Kommunikationen mit Harnkanälchen eingeht, während solche beim Wolffschen Gang nicht zu beobachten sind; ferner dass der Wolffsche Gang immer an der ventrolateralen Nierenwand gelegen ist, während der Ureter medial von ihm zieht. Ureter und Wolffsche Gänge liegen im Niveau der vorderen Nierenwand, der Müllersche Gang ist von der Nierenwand abgehoben und an einem schmalen Mesenterium befestigt. Je weiter man die Schnitte kaudalwärts verfolgt, desto mehr bemerkt man, wie sich der Müllersche Gang — und diesem Verhalten schliessen sich auch Ureter und Wolffscher Gang an — mit ihrem grössten Durchmesser senkrecht zur Medianebene einstellen. Kehren wir wieder zu weiter kranial gelegenen Schnitten zurück. Der Urachus zeigt gegen seine Mündungsstelle ein faltenartig unregelmässig erhobenes Lumen. Er mündet in das Koprodäum. Von dieser Stelle an gibt das Koprodäum plötzlich seine dorsale transversale Entfaltung auf und leitet so unvermittelt in einen kurzen kanalartigen Gang über (Kot- rohr), dessen grösste Dimensionen sich in transversaler Rich- tung entfalten. Die ventrale kleinere Hälfte setzt sich aus hellem Urachusepithel, die dorsale aus dem dunkleren Darm- epithel zusammen. Das Kotrohr verliert schwanzwärts all- mählich an Höhe. An seinem kaudalen niedrigen Ende münden beiderseits die Urogenitaltaschen. Mit dieser Stelle ist die orale Grenze des Urodäums gegeben, das wenigstens in seiner kranialen Hälfte typisches Allantoisepithel trägt. Die dorsale Taschenwand ist gegen das Lumen plump faltenartig vorge- trieben; in dieser Vortreibung ist der Querschnitt des Müller- schen Ganges zunächst noch durch ein dünnes Lager von Mesoderm von dem Epithel der Urogenitaltaschen geschieden Die Entwickelungsgeschichte des Urogenitalsystems beim Gecko. 467 zu sehen; verfolgt man die Serie kaudalwärts, so rückt die Epithelwand des Müllerschen Ganges immer näher an das Epithel der Tasche, bis die beiden schliesslich in Kontakt ge- langen. An dieser Stelle verliert der Müllersche Gang sein Lumen und ist schwanzwärts noch ein Stück als solider Spross zu verfolgen. Wenige Schnitte weiter gelangt man auf die, schon an der beschriebenen Falte gelegene feine Mündung des Ductus Wolffii. Auf den nächsten kaudaler gelegenen Schnitten flacht diese Erhebung ab, und an ihrer medialen Seite erscheint an der Übergangsstelle in die transversal gestellte hintere Kloakenwand die sich auf mehrere Schnitte erstreckende, ın der Längsrichtung schlitzförmige Mündung des Ureters. Hinter dieser Mündungsstelle beginnt der dorsale Spaltraum des Uro- däums immer kleiner zu werden und wird schliesslich, da- durch dass die lateralen Wände der mittleren Urodäumpartien aufeinander loswachsen und sich aneinander lagern, als uro- däaler Blindsack abgeschnürt. Dagegen nimmt die ventrale kleinere Hälfte immer mehr an Ausdehnung zu und wird zum Isthmus. Auch hier kann man wieder eine Annäherung der lateralen Wände konstatieren, das sind die oralen Ausläufer der schon bei der Modellbeschreibung erwähnten Gadow- schen Falten. Diese Falten sind kaudalwärts ununterbrochen zu verfolgen, auch nachdem sich der Isthmus in das Prokto- däum geöffnet hat; sie gehen in direkter Fortsetzung in die Phalluszapfen über. Während an der hinteren Wand des Isthmus in der Höhe des kaudalen Endes des urodäalen Endsackes am Querschnitt noch Darmepithel zu sehen ist, tritt an den Seitenwänden be- reits mehrschichtiges Plattenepithel auf, gerade entsprechend jenen lumenwärts gerichteten Prominenzen, die am Modell als Gadowsche Falten beschrieben wurden. Schon nach einigen Schnitten kommt dann dieses Plattenepithel auch an die dorsale Wand zu liegen, so dass hier schon allseitig das Epithel den Anatomische Hefte. I. Abteilung. 125. Heft (41. Bd., H. 3). 30 468 OSKAR FLECK, Charakter des proktodäalen Epithels besitzt. Die Gadow- schen Falten rücken allmählich lateralwärts an die Phallus- zapfen, welche von einem typischen ektodermalen Epithel ba- deckt sind und ın denen sich grosse Venenräume etabliert haben. Die Oberfläche der Phalluszapfen ist vielfach zer- klüftet. Mitten in diesen Venensinus erscheint der Längs- schnitt eines von der seitlichen Rumpfwand kommenden, zapfen- ähnlichen Gebildes, welches sich distal auffasert (Muskelkörper des Phallus). Verfolgt man die Serie von hier kaudalwärts, so sieht man diesen Körper umbiegen, er ist in der Folge quergetroffen, an den beiden Seitenflächen des Schwanzes noch eine lange Strecke weit kaudalwärts zu beobachten als ein kreisrunder Querschnitt. Wo der Bindegewebskörper umbiegt, setzt er sich in quergestreifte Muskulatur um. — Der Ver- gleich mit den jüngeren modellierten Embryonen ergibt also folgende neue Daten: 1. Die Umgestaltung des kranial von der Kloake liegenden Rektumabschnittes zu einer erweiterungsfähigen Kotkammer (Koprodäum), die sich gegen das Urodäum scharf absetzt. 2. Die Ausbildung grosser, paariger weit oralwärts reichen- der Urogenitaltaschen, in die dort, wo sie in das Epithel der dorsalen Urodäumwände verstreichen, die Urogenitalkanäle münden. Der Ureter hat sich vom Wolffschen Gang eman- zipiert. 3. Offene Kommunikation zwischen Urodäum und Prokto- däum, vermittelt durch ein sich dazwischen schiebendes Rohr (Stiel plus Isthmus), das sich seiner Entstehung nach vom Proktodäum herleitet. 4. Phalluszapfen deutlich ausmodelliert. 5. Gadowsche Falten entwickelt. Die Entwickelungsgeschichte des Urogenitalsystems beim Gecko. 469 Kloake und Phallus des erwachsenen Gecko. Die bei der Sektion des erwachsenen Gecko sich er- gebenden, durch makroskopische Betrachtung gewonnenen Resultate konnten wegen der Kleinheit des Objekts nicht die erhofften Aufklärungen über die Topik des Urogenitaltraktes und sein Verhalten zur Kloake geben. Da aber schon hierbei wesentliche Unterschiede gegenüber den ältesten embryonalen Stadien hervortraten, war es notwendig, auch die Beckengegend eines erwachsenen Geckos an der Hand einer Serie zu studieren. Es ergab sich nun dabei Folgendes: Kranialwärts liegt beiderseits zu äusserst der mächtige Hoden, median von diesen die Nebenhoden. Das Vas deferens ist vielfach geschlängelt, stellenweise von Spermien prall ge- füllt. An Grösse übertrifft es die ganze noch erhaltene Masse der Urnierenkanälchen. Es ist von einem sehr hohen, farb- losen Zylinderepithel ausgekleidet, dessen ziemlich grosse kreis- runde Kerne die Tendenz zeigen, sich peripher in einer Reihe anzuordnen. Im Gebiete des kranialen Endes des Hodens ist auch noch der Müllersche Gang erhalten, der mittelst eines schwachen Bandes, begleitet von zahlreichen Gefässen an den ventralen Rand des Urnierennestes befestigt ist. Seine Dimen- sionen sind um vieles kleiner als die des Vas deferens; das blasse Zylinderepithel ist niedriger, die grossen sich nur schwach färbenden Kerne liegen ungefähr in der Mitte der Zellhöhe. Die Vasa efferentia testis verlaufen vielfach geschlängelt zum Nebenhoden, in dessen Bereich sie die Gestalt eines dünnen Zellstranges aufgeben, grössere Dimensionen annehmen, binde- gewebig umscheidet und von Gefässen begleitet sind. Im Kotdarme sind die schon in embryonalen Stadien vor- gebildeten Längsfalten in imponierender Weise ausgebildet; besonders im mittleren und «lorsalen Kloakenanteil. Ventral ist das Darmepithel ziemlich flach und glatt. Die Ringmuskel- 30* 470 OSKAR FLECK, lage ist stärker als die Längsmuskellage. — Weiter kaudal ist von Urnierenkanälchen nichts mehr zu sehen, ebenso hat der Müllersche Gang sein kaudales Ende erreicht. Das Epithel der Vasa deferentia wird niedriger. Das ist in einer Zone, wo bereits nichts mehr vom Hoden zu sehen, aber auch noch nicht das proximale Ende der Niere getroffen ist. Im Bereich der Niere verläuft das Vas deferens der medialen Wand der- selben ventral angeschmiegt. Die Epithelhöhle des Samen- leiters beträgt hier kaum ein Fünftel der Höhe des Epithels in seinem kranialen Abschnitte. Die Nieren sind seitlich zu- sammengedrückte, in sagıttaler Richtung eine bedeutende Länge aufweisende, von einem Konvolut ziemlich gleichartiger Kanäl- chen erfüllte Gebilde. — Von hier ab trägt das Entoderm- epithel keine Falten mehr. Dagegen gewahrt man neben Tubuli contorti und Henlesche Schleifen auch schon die Tubuli recti, die an der medialen Nierenwand gelegen schon durch ihre besonders grosse Dimensionen auffallen, durch ihr hohes Epithel, das granulierte Zellplasma und die peripherwärts in einer Reihe angeordneten kleinen, aber tief dunkel tingierten Kerne. Verfolgt man die Serie kaudalwärts, so kommt man endlich auch auf den Stiel der Harnblase. Diese liegt median über dem Symphysenknorpel und hat in sagittaler Richtung nur geringe Grösse, ist aber transversal ziemlich stark ausge- zogen. Ausser einem niederen grosskernigen Epithel ist sıe noch durch eine mehrere Zellschichten starke Ringmuskellage ausgezeichnet. Schwanzwärts sieht man das proximal gerad- linig begrenzte Harnblasenlumen sich in Falten legen. Die Tubuli recti sind in dieser Region fast an den ventralen Rand der Nierenfalte, in unmittelbare Nähe des grossen, im (uer- schnitt nahezu kreisrunden Vas deferens gewandert. Der Samenleiter zeigt hier mit seinem kranialen Abschnitte ver- glichen wesentlich andere histologische Beschaffenheit. Sein Epithel ist ganz niedrig geworden; nach aussen zu folgt eine Die Entwickelungsgeschichte des Urogenitalsystems beim Gecko. 471 doppelt so hohe Ringmuskelschichte, zu äusserst ist er noch vom Peritoneum überzogen. Auch der Harnblasenstiel, dessen Lumen gegen die Mündungsstelle in die Kloake immer kleiner wird, ist von einer Ringmuskellage und zu äusserst noch von einer Bindegewebsschicht umscheidet. Der Harnblasenstiel wird kaudalwärts immer enger, seine Falten immer zahlreicher und grösser. Die Samenleiter ziehen jetzt schon in unmittelbarer Nähe der Kloake, mit deren Epithel sie stellenweise in Kontakt gelangen. Die Mündungspforte der Harnblase ins Entodermrohr ist von zahlreichen Falten um- stellt, die grösstenteils dem Epithel der Harnblase angehören, aber auch das anstossende Entodermepithel trägt ganz ähn- liche Falten. Die Vasa deferentia legen sich in dieser Zone dem Kloakenepithel an. Die Ringmuskelschichte an der Ver- einigungsstelle von Darm und Harnblase mehrere Schichten betragend geht kaudal von dieser Stelle wieder auf eine ge- ringe Höhe herunter. Die schon früher erwähnten Falten setzen sich aber auch kaudal von der Kommunikationsstelle von Darm und Harnblase weiter fort und schliessen sich endlich aufeinander loswachsend in der Medianebene zusammen, derart den Kotdarm gegen den kaudalen Kloakenanteil ab- schliessend. In diesen münden ventrokaudal, wenn man die Serie ein Stück weiter verfolgt, Samenleiter und Ureter; der Samenleiter verjüngt sich gegen seine Mündungsstelle zu plötz- lich trichterartig. Ureter und Ductus deferens münden auf der Höhe einer Papille derart, dass der Samenleiter von aussen kommend die Papille in der Richtung von aussen nach innen transversal durchsetzt, während der Ureter in seinem End- stück dorsal vom Endstück des Samenleiters gelegen fast recht- winklig ventralwärts abbiegt, um auf der Höhe der Papille zu münden. Zwischen beiden befindet sich demnach eine frontal gerichtete, die gesamte Breite der Papille einnehmende Scheidewand (Fig. 10 auf Taf. 28). 472 OSKAR FLECK, Beiläufig in der Höhe der Mündung des Ureters und Ductus deferens beginnen jederseits an der lateralen Wand der Kloake, zwischen ihr und der Muskulatur der seitlichen Leibeswand gelegen, die Querschnitte von Drüsenpaketen sichtbar zu werden. Diese Drüse lässt sich an der Serie, immer lateral- wärts gelegen, bis tief nach abwärts verfolgen. Sie charakteri- siert sich durch ihre eigentümliche Färbung insofern, als die dem viel verzweigten Drüsenlumen zugekehrten Zelleiber die Färbbarkeit des Kernes verlieren und im allgemeinen stärker eosinophil werden. Die Begrenzung der Lumina wird unregel- mässig, das Lumen selbst ist von scholligen Massen, die in ihrer Färbbarkeit vollkommen den randständigen Zelleibern gleichen, erfüllt. Ohne an dieser Stelle näher auf die sich hier abspielenden Verhältnisse eingehen zu wollen, kann man wohl hier von einem Drüsentypus sprechen, welcher an die Talgdrüsen der Säuger erinnert. Verfolgt man die Serie weiter kaudalwärts, so gelangt man auf die vielverzweigten Lumina lateralwärts eingestülpter, kryptenartiger Bildungen, welche in Form eines viele Seitenzweige aufnehmenden Ductus an der ventralen Seite der Kloake derart enden, dass sie gegen den Kloakenraum selbst durch eine hohe frontal gestellte Scheide- wand begrenzt werden. Die sich aufwerfende Scheidewand repräsentiert die Gadowsche Falte. Aus dem Mündungsver- hältnis dieser Krypten wird klar, dass es sich um Gebilde handelt, welche distal von den Gadow schen Falten münden. (Geht man den Krypten in peripherer Richtung nach, so sieht man, dass dieselben das ihnen ursprünglich eigentümliche Epithel des distalen Kloakenendes peripherwärts verlieren, sich vielfach aufzweigen und dünne schlauchähnliche Gebilde darstellen. Das Epithel dieser Gebilde nimmt lebhaft Hämat- oxylin an, die Zellen verlieren ihre Kerne, sind verquollen und mortifiziert. Vielfach sind grobe Schollen zu bemerken, stellenweise bläschenarlige Gebilde. Das Ganze macht den Die Entwickelungsgeschichte des Urogenitalsystems beim Gecko. 473 Eindruck, als ob es sich auch hier um einen Drüsentypus handelte, der sich an den Typus der Talgdrüsen anschliesst. Dass sich eine Differenz zwischen der eben erwähnten ventralen und der vorhin besprochenen dorsalen Drüse feststellen lässt, ist vor allem auf die Farbenreaktion zurückzuführen. Die eosinophile Drüse mündet dann in die schon früher be- schriebene transversal gestellte, gleichsam als Ausführungs- gang der ventralen Drüse funktionierende Bucht, die dorsal und proximal durch die Gadowsche Falte geschieden ist. Verfolgt man die Serie noch weiter kaudalwärts, so sieht man, dass Drüsenpakete ähnlichen Aufbaues wie die eben be- schriebenen ventralen sich auch an der dorsalen Wand der Kloake, gerade an der Übergangsstelle derselben in das Über- gangsepithel, befinden. Auf eine mehr oder weniger breite Zone von Übergangsepithel folgt dann eine Zone, in welcher die Verhornung der normalen Epidermis allmählich einsetzt. Hier sieht man zum ersten Male am Schnitt die Phallustaschen getroffen, an deren Rand die typische Verhornung der Epi- dermis beginnt. Der Phallus selbst zeigt ein deutliches Corpus fibrosum, in welchem unverhältnismässig wenige Gefässe vorhanden sind. An das Corpus fibrosum setzt sich quergestreifte Musku- latur an, den Retractor penis bildend, der sich weit kaudal verfolgen lässt. Die Oberfläche des Phallus ist ihrem Zell- charakter nach epidermoidaler Natur; die Cutis zeigt sehr hohe Papillen. Die vielschichtige Epidermis bildet keinerlei Schuppen und zeigt auch sonst wenig Tendenz zur Verwand- lung. Die Epidermis der Phallustasche ist durch ähnliche Charaktere gekennzeichnet. Die Kloake des erwachsenen Gecko stellt sich also gegen- über den Verhältnissen am Embryo morphologisch einfacher dar; viele während des embryonalen Lebens gewissermassen mühsam errungene und sorgfältig ausgearbeitete Details sind 474 OSKAR FLECK, verloren gegangen und haben einer weniger komplizierten Organisation Platz gemacht. Eine präzise Unterscheidung von drei als Koprodäum, Urodäum und Proktodäum bezeichneten Abschnitten lässt sich bei makroskopischer Betrachtung über- haupt nicht durchführen und wird nur an der Hand einer Schnittserie bei Berücksichtigung gewisser histologischer Unter- schiede durchführbar. So kann der am meisten oral gelegene Kloakenteil, der sich gegen den anschliessenden Kloakenraum auch durch ein weiteres Lumen unterscheidet, wegen seiner zahlreichen Längs- falten, die sich, wenn auch in viel gröberer Andeutung, schon an älteren Embryonen im Kotdarm finden, als Koprodäum an- gesprochen werden. Das kaudalwärts folgende faltenlose Stück Darmtrakt, dessen kaudale Grenze durch die Mündung der Harnblase gegeben ist, würde mit dem embryonalen Kotrohr zu identifizieren sein. Es entspricht also die Lage der Harn- blase des erwachsenen Tieres der der Allantois des Embryos. Die Harnblase bis zu ihrer Einmündungsstelle in die Kloake, welche am Embryo einfach gestaltet ist, am erwachsenen Indi- viduum aber durch Faltenbildungen an dieser Stelle kompliziert erscheint, entspricht ohne jeden Zweifel der Allantois des Embryos; der distal davon gelegene Anteil, welcher funktionell mit dem uropoetischen System zusammenhängt, aber doch eigentlich kein Harnreservoir darstellen kann, darf wohl kaum als Harnblase in strengem Sinne bezeichnet werden. Dass dieser Teil der Harnblase kloakogenen Ursprunges ist, kann nicht bezweifelt werden. Die von Hertwig als ‚dorsale kloakogene Harnblase“ beschriebene Bildung, die von Unterhössel in passender Weise als „Kammer“ des Urodäums bezeichnet wurde, ein Terminus, den ich auch bei der Beschreibung der von mir untersuchten embryonalen Stadien des öfteren gebraucht habe, ist am erwachsenen Tier nahezu überhaupt nicht als solche Zafel 28. Heft.(91.Bd.H.3) Anatom. Hefte ZAbteitung 1, Verlag von J.F.Bergmann, Wiesbaden. Königl. Universitätsdruckerei H, Stürtz A.G, Würzburg. Die Entwickelungsgeschichte des Urogenitalsystems beim Gecko. 475 abgegrenzt. Oralwärts beginnt die Kotkammer etwas hinter der Mündungsstelle der Harnblase, als kaudale Grenze ist viel- leicht entsprechend den Verhältnissen am Embryo die Region der Mündungen der Urogenitalkanäle anzusprechen. Urogenital- taschen sind überhaupt nicht mehr nachzuweisen. Als eine ganz neue Bildung treten aber die von der Stelle der Harn- blasen-Darmkommunikation ausgehenden beiderseitigen nach hinten oben verlaufenden Falten auf, über deren Wertigkeit später noch Genaueres gesagt werden soll. Über ihre topo- graphische Bedeutung begnüge ich mich hier mit der Be- merkung, dass dicht hinter ihrem dorsalen Zusammenschluss die Ureteren und Samenleiter in den von den erwähnten Falten abgeschnürten ventralen Kloakenraum münden. Der sich nun anschliessende kaudalste Trakt entspricht den am Embryo aus dem ektodermalen Proktodäum hervorgegangenen Bildungen, d. i. also in kraniokaudaler Richtung fortschreitend einem Stiel plus Isthmus plus Proktodäum in eigentlichem Sinn. Für diese Deutung sprechen vor allem die unmittelbar hinter den Harn- und Geschlechtspapillen beginnenden Gadow schen Falten, deren ektodermale Abkunft nach den Befunden an Embryonen unzweifelhaft ist. Der Umstand, dass die Gadow schen Falten so weit kranialwärts reichen, ist bezeichnend für die Tatsache, dass das distale Stück der Kloake kürzer wird, resp. in späteren Stadien im Wachstum zurückbleibt, da ein besonderes Wachs- tum der Gadowschen Falten nicht zu konstatieren ist. 476 OSKAR FLECK, Zusammenfassung. I. Die Morphogenie der Kloake. Anschliessend an die Beschreibung der einzelnen unter- suchten embryonalen Stadien, sowie der Verhältnisse, wie sie sich am erwachsenen Tier darbieten, wird es lehrsam sein, eine, wenn auch nur kurz gehaltene zusammenhängende Dar- stellung der Entwickelung des Urogenitalsystemes des Gecko zu geben. Zuerst möge die Geschichte der Kloake selbst ge- schildert werden. Bei den jüngsten untersuchten Embryonen ist es eine Auf- treibung des Enddarmes, in die von der Bauchseite her der Allantoisstiel mündet, welche als Kloake angesprochen werden kann. Sie zeigt nur eine schwache Erweiterung in Vergleich zum Rektum hauptsächlich in transversaler Richtung und liegt in einer kleinen Zone, welche die Kloakenmembran repräsentiert, dem Ektoderm an. Geht der Enddarm ziemlich unauffällig in den als Kloake bezeichneten Abschnitt über, so ist diese scharf gegen den engen Schwanzdarm abgesetzt, der kaudalwärts eine schwache Erweiterung aufweist und endlich auf jüngsten Stadien noch durch einen offenen Canalis neurentericus mit dem Medullarrohr in offener Kommunikation steht. Die Rück- bildung des Schwanzdarms setzt an seinem proximalen Ende ein und schreitet ziemlich rasch fort, in demselben Masse, als sein distales Endstück auf Kosten der resorbierten Zone ampullenförmig anschwillt, sein Epithel auf mehrere Zell- schichten verstärkt und wahrscheinlich einen Bildungsherd für das undifferenzierte Gewebe des Schwanzes darstellt, in dem anfangs ohne sichtbare Übergangszone die kaudalen Aus läufer von Chorda und Medullarrohr gebettet liegen. Dieses eigentümliche Gebilde, die sogenannte Schwanz- darmampulle, wie ich sie nennen will, bleibt verhältnis- _ Die Entwickelungsgeschichte des Urogenitalsystems beim Gecko. 477 mässig lang erhalten. Ihrer Lage nach entspricht sie der für die Teleostier beschriebenen Kupferschen Blase, ob sie aber dieser homolog ist, kann an dieser Stelle nicht ent- schieden werden. Es sei hier auch bemerkt, dass schon Balfour (1878) die Art und Weise der Rückbildung des Schwanzdarmes be- schrieben hat und nachweisen konnte, dass sich sein kaudales bläschenförmig anschwellendes Ende — von ihm „Schwanz- bläschen“ genannt — am längsten erhält. Strahl (1882) fand das Schwanzbläschen auch bei Lacerta agılıs. Auch er bestätigt, dass sich der letzte Teil des Schwanz- darmes noch bis ın späte Entwickelungsstadien erhält und dann allmählich in der Richtung von vorne nach hinten ein- geht, indem einerseits das Lumen des Rohres sich schliesst, dann aber auch die Zellen der Wand in dem umgebenden Gewebe aufgehen. Nach seinen Angaben soll sich auch um diese Zeit am hinteren Ende des Schwanzbläschens noch ein Canalis neurentericus vorfinden. Beim Gecko schliesst sich der neurenterische Kanal frühzeitig. An dieser Stelle mögen auch einige auf die Kloaken- membran und ihre Geschicke sich beziehende Bemerkungen Platz finden. — Bei den jüngsten untersuchten Embryonen hat die Kloakenmembran nur geringe Grösse, ihre Dimensionen entfalten sich hauptsächlich in transversaler Richtung. Ur- sprünglich im Niveau der ventralen Leibeswand gelegen, kommt sie zu einer Zeit, wenn bereits die Wolffschen Gänge längst in das Kloakenlumen durchgebrochen sind, an den Grund des in die Tiefe einsinkenden Afterfeldes zu liegen. Zugleich ist sie ein langer schmaler, in kraniokaudaler Richtung verlaufender Streifen geworden, der in späteren Stadien nicht mehr bis an das kranıale Ende der rascher wachsenden Kloake reicht. Ein ähnliches Verhalten gilt nach Keibel (1896) auch für die Kloakenmembran des Menschen. Die Eröffnung der Kloake 478 OSKAR FLECK, tritt erst sehr spät ein; dass das Durchreisen der Kloaken- membran relativ spät erfolgt, ist ja auch für andere Verte- braten nachgewiesen worden. Beim Hühnchen tritt die Eröff- nung der Kloake nach Gasser (1874) und Koelliker (1875) erst nach dem 15. Bruttag ein und auch für Wiederkäuer soll nach Bonnet (1888) ein spätes Durchreissen der Aftermembran Regel sein. Was speziell die Kloakenmembran des Gecko an- langt, ist der Umstand, dass sie in die Tiefe einer ektodermalen Grube zu liegen kommt, die ganz beträchtliche Dimensionen annimmt und ihrer Entwickelung nach entschieden als ‚„ekto- dermale Kloake“ angesprochen werden muss. Erst nachdem der Schwanzdarm völlig resorbiert ist, treten neue auffallende Gestaltsveränderungen an der Kloake auf. Inzwischen ist die Allantois, deren Implantationsstelle in die Kloake früher als an der ventralen Wand derselben gelegen angegeben wurde, nach vorne gezogen worden und kommt nun an die ventroorale Kloakenwand zu liegen. Über ihr mündet dorsai das Rektum mit einer deutlichen Tendenz, sich proximal gegen die Kloake einzuschnüren und sich dergestalt gegen den Kloakenraum prägnant abzusetzen. Die Kloakenmembran kommt immer mehr in die Tiefe zu liegen, indem sich das Afterfeld in Form einer zunächst querverlaufenden Furche gegen die angrenzenden Ektodermpartien des Rumpfes und der Schwanzwurzel emanzipiert und dann immer tiefer einsinkt, zugleich auch, anfangs schwächer, später rascher in trans- versaler Richtung auswächst. Diese ektodermale Grube will ich nach Gadow als Proktodäum bezeichnen. Wir haben es hier mit einer wirklichen, für die Gestaltung der definitiven Kloake bedeutungsvollen ektodermalen Bildung zu tun, welche in hervorragender Weise am Aufbau der Kloake Anteil nimmt und ich kann mich daher nicht Fleischmann anschliessen, der die Bildung eines ektodermalen Proktodäums anzweifelt (Morphol. Jahrbuch, 36. Band Seite 575). Die nach aussen Die Entwickelungsgeschichte des Urogenitalsystems beim Gecko. 479 gerichtete Öffnung des Proktodäums, das Proktostoma, bildet bereits während des embryonalen Lebens das für das erwachsene Tier charakteristische Plagiotrema vor. Inzwischen ist das Wachstum der Kloake fortgeschritten; sie zeigt sich uns jetzt in völlig veränderter Gestalt. Zunächst beginnt sich der vor der Kloake liegende Rektumabschnitt aul- zublähen und deutet so auf das künftige Koprodäum hin. Andererseits hat sich die Kloake selbst in sagittaler Richtung gestreckt, ohne dieser Formveränderung durch transversal ge- richtetes Wachstum ein Äquivalent gegenüberstellen zu können, so dass sie von beiden Seiten her zusammengedrückt erscheint. Besonders in einer mittleren Partie sind die lateralen Epithelien einander oft fast bis zur Berührung genähert, so dass die Kloake in zwei, einerseits in Verlängerung des Kotrohres, andererseits in Fortsetzung des Urachus liegende Spalträume aufgeteilt wird, die freilich kaudalwärts wieder in einen ein- heitlichen Raum zusammenfliessen. In der Schleimhaut des Koprodäums treten Falten auf. An der Übergangszone in die Kloake häuft sich Ringmuskulatur, ‘durch die der erweiterungs- und kontraktionsfähige Kotdarm gegen das Kloakenlumen abgeschlossen werden kann. An der Kloake treten nunmehr die schon früher ange- deuteten, sich jetzt immer prägnanter herausdifferenzierenden paarigen Urogenitaltaschen deutlicher hervor. Sie mögen wohl auch, besonders beim älteren Embryo, nicht unwesentlich zur Vergrösserung des Kloakenlumens beitragen. Denn ihre Dimensionen sind später ganz gewaltige und lassen sich wohl "nicht nur damit erklären, dass sie in einer gegen ihr Lumen gerichteten Vortreibung ihrer dorsalen Wand wie in einer Rinne die Müllerschen Gänge geschützt kaudalwärts ziehen lassen, und auch auf einer besonderen Papille dem Wolff- schen Gang, sowie dem Ureter zur Vereinigung mit dem Kloakenlumen Platz machen. 480 OSKAR FLECK, Aus der ursprünglich so einfach organisierten Kloake ist bei älteren Embryonen ein komplizierter Apparat geworden. Das vor der Kloake im eigentlichen Sinne — ich will mit Gadow und Fleischmann den für die embryonale Kloake ganz passenden Terminus Urodäum gebrauchen — lagernde Koprodäum ist eine geräumige Kotkammer geworden. Worauf aber das grösste Augenmerk gerichtet werden muss, ist der Umstand, dass der Urachus nicht wie früher ins Urodäum, auch nicht, wie Unterhössel angibt, in den schmalen Ver- bindungsteil zwischen Koprodäum und Urodäum, sondern in das Koprodäum selbst mündet. So viele Details auch am Embryo in langsamem Werden gebildet und wieder vernichtet werden, um später einem einfacheren Verhalten Platz zu machen, eine weil notwendige Einrichtung scheint schon am Embryo wenigstens im Prinzip vorgebildet, dass die Geschlechts- stoffe und die Fäkalien nicht zueinander kommen dürfen. Im Koprodäum können die Fäkalien gegebenenfalls zurückgehalten werden, indem die Kotkammer durch kräftige Kontraktion ihrer Ringmuskulatur gegen das Urodäum abgesperrt wird, das in dieser Form den Geschlechtskanälen zur freien Verfügung steht und „wies lein®Sınus urogeniraluszrungıert.. Wurdender Urachus in direkter Verbindung mit dem Urodäum stehen, so wäre eine solche Absperrung nicht möglich und es könnten die Spermien mit den ihnen schädlichen Harnprodukten in Berührung kommen. Die schon an jüngeren Stadien angedeutete, früher er- wähnte teilweise Aufteilung der embryonalen Kloake in einen dorsalen und einen ventralen Spaltraum ist bei älteren Embryonen noch weiter gediehen, indem durch beiderseitig kulissenartig in das Kloakenlumen vorgetriebene Falten der lateralen Wand ein dorsaler urodäaler Blindsack abgeschnürt wird, andererseits ein grösserer ventraler Spaltraum, der in direkter Fortsetzung des Koprodäums einen passenden Ab- Die Entwickelungsgeschichte des Urogenitalsystems beim Gecko. 48i leitungsweg für die Fäkalien darstellt. Das ektodermale Prokto- däum ist bedeutend in die Länge gewachsen; aus einer oralen Hälfte geht in Verlängerung der ventralen Urodäumpartie ein niederer, aber transversal ziemlich breiter Gang hervor, an dem ein schmaler kranialer Teil, der sogenannte Stiel, und ein nach aussen trichterartig sich verbreiternder, derIsthmus, unterschieden werden kann. Von grösserer Bedeutung sind aber zwei Falten, die aus den lateralen Wänden des ursprünglichen Proktodäums hervorgehen und oralwärts gegen die Median- ebene konvergierend weit nach vorne, bis in den Stiel reichen. Schwanzwärts gehen sie in die dorsomediane Wurzel des Penis über. Das sind die schon öfter erwähnten Gadowschen Falten. Merkwürdigerweise zitiert Unterhössel (Morphol. Jahrbuch, 30. Band Seite 543) Gadow wörtlich, wo es heisst, dass diese Falten aus dem ektodermalen Proktodäum hervor- gehen, und doch wird zum Schluss von ihnen einfach nicht Notiz genommen und die Bildung eines ektodermalen Prokto- däums überhaupt angezweifelt. Es mag auch sein, dass diese so weil kranialwärts reichenden, mit der oralen Afterlippe in Beziehung tretenden Falten Anlass gegeben haben, dass man bisher den Phallus stets als ein Derivat der oralen Afterlippe betrachtet hat. Gegenüber diesen am Embryo oft mit soviel Sorgfalt bis ins Detail ausgearbeiteten Einrichtungen tritt uns die definitive Kloake in einer fast schlichten und nüchternen Zweckmässig- keit entgegen. Die am Embryo als Koprodäum, Urodäum und Proktodäum unterschiedenen, deutlich voneinander getrennten Abschnitte gehen beim erwachsenen Tier nahezu ohne Grenze unauffällig ineinander über. Die grossen paarigen Urogenital- taschen werden überhaupt völlig rückgebildet, respektive in die Kloakenwand einbezogen, nur die Papillen in der Tiefe der Taschen, auf denen die Vasa deferentia, sowie der Ureter, als auch beim Weibchen der Ovidukt mündet, bleiben am er- 482 OSKAR FLECK, wachsenen bestehen. Dagegen hat sich ein neuer Verschluss- mechanismus zur Absperrung des Darmrohres von der Kloake beim Männchen für den Fall der Begattung ausgebildet. Es erheben sich nämlich an der Mündungsstelle der Harnblase in die Kloake schräg nach hinten oben ziehende Falten, in denen deutlich Muskulatur nachweisbar ist; die Mündungs- stelle der Urogenitalkanäle ist kaudal von diesen Falten ge- legen. Es kann also im Falle eines Zusammenschlusses der Falten der ganze vordere (dorsale) Kloakenteil gegen den wie ein Sinus urogenitalis funktionierenden kaudalen Kloakentrakt abgesperrt werden. Ein ähnlicher Mechanismus ist für die Schildkröten und Krokodile bekannt. Ich zitiere im nachfolgenden die dies- bezügliche Darstellung aus Hertwig, Handbuch der vergl. und exper. Entwickelungsgeschichte der Wirbeltiere, 3. Band 1. Teil, Seite 435. „Die Chelonier und Krokodile besitzen besondere Formen von Harnblasen. Sie entwickeln einmal allantoidogene Harn- blasen und an diese anschliessend eine ventrale kloakogene. Letztere müssen wir deswegen annehmen, weil in beiden Ge- schlechtern von Emys lutaria, von männlicher Chelonia midas, bei .männlicher Testudo graeca die Genitalgänge und der Harn- leiter in den Allantoisstiel einmünden. Da bei Embryonen die primären Harnleiter in die Kloake einmünden, so können diese Mündungen am erwachsenen Tier nur durch eine teilweise Teilung der Kloake in Rektum und Sinus urogenitalis ent- standen sein. Wir hätten es also hier mit der Bildung eines echten Sinus urogenitalis zu tun, welcher vollständig homolog ist dem Sinus urogenitalis der Säuger. Diese Zweiteilung der Kloake betrifft aber nur den kranialen Abschnitt, da die Kom- munikation des Sinus urogenitalis mit der Kloake dicht kaudal von den Mündungen der Harnleiter zu liegen kommt. Die Zweiteilung wird auch weiterhin angedeutet durch zwei ventro- bp) Die Entwickelungsgeschichte des Urogenitalsystiems beim Gecko. 483 laterale Längsfalten, welche in das Innere des übrigen Kloaken- teiles vorspringen und eine unvollkommene Teilung desselben in Rektum und Sinus urogenitalis bewirken. Diese Trennung kann das lebende Tier durch Zusammenschluss der Falten- kuppen zu einer vollständigen machen. Mit der Ausbildung eines solchen Sinus urogenitalis bei den genannten Tieren hätten wir eine Übergangsform zu den Verhältnissen der Säuger gefunden, deren unterste Ordnung, die Monotremen, die gleiche Entwickelungsstufe zeigen. Mit der Zweiteilung der Kloake der Schildkröten hängt es zusammen, dass bei diesen die primären Harnleiter nicht in die dorsale Wand der Kloake, sondern in die ventrolaterale einmünden. Die Harnblase der erwachsenen Schildkröten besteht also aus zwei Teilen, aus einem kranialen, welcher aus dem Allantoisstiel, und aus einem kaudalen, welcher durch teilweise Aufteilung der Kloakenwand gebildet wird.“ Einen an diese Verhältnisse erinnernden Apparat zur Ver- hinderung des Zusammenfliessens der Harn- und Geschlechts- produkte beschreibt Keibel auch für Echidna. (Siehe: Keibel, Die Entwickelungsgeschichte des Urogenitalapparates von Echidna aculeata var. typica, S. 198 ff.) Es scheint mir demnach die Berechtigung vorzuliegen, die von der Konfluenzstelle von Harnblase und Darm vor den dorsolateral mündenden Urogenitalkanälen steil nach hinten oben aufsteigenden Falten wenigstens funktionell als die Vor- läufer einer Scheidewand anzusehen, durch die auf höheren Entwickelungsstufen die Kloake in einen dorsalen zur Aus- fuhr der Fäkalmassen und in einen ventralen für die Ge- schlechtsstoffe bestimmten Trakt zerlegt wird. Ob sie hierbei der Scheidewand homolog zu setzen sind, welche bei den Schildkröten den kranialen Kloakenteil dauernd in zwei ge- schiedene Teile zerfällt, und demnach die an diese Scheide- wand sich ansetzenden Ergänzungsfalten als Neubildungen zu betrachten wären, oder ob die Falten an der Kloake des Gecko Anatomische Hefte. I. Abteilung. 125 Heft (41. Bd., H. 3). 3l 484 OSKAR FLECK, den Falten der Schildkröten gleichzusetzen sind, kann ich hier, obwohl mir ersteres wahrscheinlich zu sein scheint, noch nicht mit Bestimmtheit entscheiden. II. Die Entwickelungsgeschichte der Begattungsorgane des Gecko. Die erste Anlage der Begattungsorgane tritt verhältnis- mässig spät auf; beim Gecko ist eine solche zum ersten Male bei einem Embryo von 7 mm grösster Länge zu konstatieren. Bei diesem Embryo ist bereits ein deutliches Proktodäum ent- wickelt, das gegen seine Umgebung eine bestimmte Abgrenzung erfahren hat. Es erhebt sich nämlich lateral von der Median- ebene und oralwärts je ein flacher Wulst. Diese Wülste repräsentieren die erste Anlage der oralen Afterlippe; auch kaudal findet man einen den künftigen Afterspalt um- säumenden Ektodermwall, die kaudale Afterlippe, doch bleibt sie im Wachstum der rasch vorauseilenden oralen gegenüber zurück und verstreicht überhaupt ohne Grenze in das Ektoderm des Schwanzes. Orale und kaudale Afterlippe gehen an den lateralen Rändern des Proktodäums ineinander über und bilden den Afterringwulst. Dort wo die kaudale Afterlippe in die seitlichen Partien des Afterringwulstes über- geht, liegt die Basis des Genitalwulstes. Die blosse Betrachtung des nach diesem Embryo angefertigten Modells liess nicht ent- scheiden, von welcher Lippe des Afterringwulstes die Phallus- zapfen abzuleiten sind. Aussicht auf eine Lösung dieser interessanten und schwie- rigen Frage bot ein Weg, auf den mich Herr Professor Tandler wies; man sieht nämlich beim Studium der Serie des Embryos VIII deutlich einen spinalen Nerven zum Plexus ischiadicus ziehen und von dort einen Nerven in die Extremität eintreten, andererseits einen Ast oralwärts sich zum Penis wenden und bis an dessen Spitze verlaufen. Der Umstand, Die Entwiekelungsgeschichte des Urogenitalsystems beim Gecko. dass dieser Nerv zunächst weit kaudalwärts läuft und sich dann kranialwärts umschlägt, um von hinten unten in den Genitalhöcker zu gelangen, welchen er in kaudokranialer Rich- tung durchzieht, lässt es als wahrscheinlich erscheinen, dass die Basis des Genitalhöckers an der hinteren Zirkumferenz der Kloake, d. i. an der hinteren Afterlippe, gelegen ist. Mit der Richtung, die der erwähnte Nerv nimmt, stimmt auch die Wachstumsrichtung der Phalluszapfen selbst überein, deren birnförmig anschwellendes distales Ende, wie die Abbildungen älterer Stadien deutlicher als jede detaillierte Beschreibung lehren, kaudokranialwärts wächst. Es galt nun genau zu wissen, was für ein Nerv der erwähnte den Penis versorgende Nerv ist und in welchen Beziehungen er zu dem die Kloake ver- sorgenden Nerven steht. Gadow (1888), der sich eingehender mit der Kloake und den Kopulationsorganen der Amnioten befasst hat, gab die erwünschten Aufklärungen. Es sei im nachfolgenden die auf den zu untersuchenden Gegenstand be- zügliche Darstellung aus Gadows trefflicher Arbeit “Remarks on the Cloaca and of the Copulatory organs of the Amniota” wörtlich wiedergegeben. Im zweiten Kapitel dieser Arbeit, welches über “The Nerve-Supply of the Cloacal Region” handelt, steht folgendes: “In Alligator mississipiensis the primary sacral nerve S is as a rule the twenty-sixth spinal. The obturator nerve a—b N : ıs composed of u whilst the ischiadie plexus is formed 2 by the greater portion of a, the entire stem S, and a consi- derable part of a, which is the first postsacral nerve. « sends out the following branches: 1. Several strong branches to the powerful M. caudi-femoralis, which receives further on asimilar supply from ß and y. 2. A long nerve, which passes to the caudal margin of the symphysis ischium, and then supplies a portion of the M. rectus lateralis, the M. transversus late- 31* 486 OSKAR FLECK, ralis s. medianus, i. e. the striped muscles of the anus. 3. Several entirely cutaneous branches are distributed over that region. — ß and y supply, like the other spinal nerves, the M. caudo-ischiadicus; the share of B in this is, however, very small. The stem ß receives a branch from y and from «a, trough which combination a sort of individually most variable plexus is formed; it supplies with several branches the muscle of the dorsal and of the lateral wall of the urinary chamber, and, moreover, the penis or clitoris, and lastly trough many ramifications the rest of the whole cloacal vestibulum s. procto- daeumirieı.ser.a “In the Lizards the anal and sexual muscles are likewise supplied by postsacral nerves, which chiefly belong — like in the Crocodiles — to stem «a in Monitor, Cnemidophorus, Hatteria; or to stems a--S in Cyclodus, Platydactylus, Lacerta viridis, Ophryoessa, Polychrus; or to stems «--ßB in Cha- maeleon. The cloacal region in Emys is supplied chiefly by the 22nd, 23rd and 24th nerves, i. e. y+-d--e, the penis by the 24th and 25th = es. The same formula applie to Testudo graeca. All these cloacal and copulatory nerve-branches run between the cloacal lateral walls and the M. lumbo-caudalıs and M. pubi-caudalis, branching of from the whole spinal nerve-stems near the middle line.” Es wird also vom ersten postsakralen Nerven die quer- gestreifte Muskulatur des Anus versorgt, vom zweiten post- sakralen Nerven der Penis resp. die Klitoris. Ferner geht daraus hervor, dass der Penis, wenn er auch zum Teil von einem Nerven versorgt wird, der auch an der Versorgung der Kloake Anteil nimmt, doch weiter noch von einem kaudaler gelegenen Nerven versorgt wird. Alle diese Tatsachen sprechen dafür, dass man den Penisdes Die Entwickelungsgeschichte des Urogenitalsystems beim Gecko. 487 Gecko für hinter der Kloake gelegen und von der kaudalen Afterlippe aus entstanden anzu- sehen hat. Im Stadium V zeigt sich der Penis bereits etwas form- vollendeter. Die kaudale Afterlippe ist weniger stark entwickelt als die orale und repräsentiert einen relativ scharfen, trans- versal verlaufenden Grat, welcher steil gegen die Schwanz- wurzel abfällt. Seitlich verflachen beide Lippen und sind nicht mehr gegeneinander abzugrenzen. Jeder Phallushöcker ist durch eine tief ausgeprägte Rinne gegen die orale Afterlippe in ihrem medialen Abschnitte geschieden. Die Furche gegen die kaudale Lippe ist viel seichter. Die beiden Phallushöcker ver- schmälern gegen das Lumen des Proktodäums vorragend dieses zu einem schmalen Spalt, während oral und kaudal davon der Eingang sich verbreitert und je eine dreieckige Grube bildet. An der lateralen Wand des Proktodäums zieht eine kurze flache Erhebung seitwärts. Man wird nicht fehlgehen, wenn man in ihr die erste Anlage der Gadowschen Falte sieht. Im weiteren Verlaufe der Entwickelung wächst das Prokto- däum stark in die Länge und steht endlich, nachdem die Kloakenmembran eingerissen ist, mit der entodermalen Kloake in offener Kommunikation. Dabei werden die Gadow schen Falten mitgezogen und reichen oralwärts bis ans kaudale Ende des Urodäums. Dass die gadowschen Falten ektodermaler Abkunft und vom Proktodäum aus entstanden sind, dafür spricht ihre histologische Struktur, ein mehrschichtiges Platten- epithel, das sich auch auf die Wand des Isthmus fortsetzt und so auch diesen als ektodermalen Sprössling charakterisiert. Die Phalluszapfen haben am Embryo unmittelbar vor dem Ausschlüpfen ungefähr birnförmige Gestalt, das ver- dickte Ende ist nach hinten umgeschlagen und sieht kopf- wärts. Das vielfach zerklüftete Epithel gibt sich deutlich als 488 OSKAR FLECK, ektodermal zu erkennen. An den Muskelkörper des Phallus setzt sich kaudalwärts quergestreifte Muskulatur an (Retractor penis). Über die Gestalt und die Struktur des Begattungsorganes des erwachsenen Gecko ist im wesentlichen nichts anderes zu sagen, als was aus der einschlägigen Literatur bereits be- kannt ist. Ich verweise auf die Arbeiten von Bronn, Boas, Felix und Bühler, sowie auf die Untersuchungen aus der Schule von Fleischmann. — Der Phallus zeigt ein deut- liches Corpus fibrosum, in welchem nur wenige Gelässe vor- handen sind, an welches sich ein weit kaudalwärts zu ver- folgender M. retractor penis ansetzt. Die Epidermis der Phallustasche bildet keine Schuppen und besitzt eine viel- fach in hohen Papillen erhobene Culis. III. Phylogenetische Betrachtungen. Zum Schluss sei es mir gestattet, wenigstens in Form von Vermutungen einige Ansichten auszusprechen, die das Studium der Geckokloake nahelegt. Es ist eine schon längst nicht mehr geleugnete Tatsache, dass die Ausbildung eines Organes in direktem Verhältnisse zu der von ihm geleisteten Funktion steht. Ist nun ein Organkomplex gebildet, der einer bestimmten Funktion in formvollendetster Weise genügt, dann kann man meiner Meinung nach mit Recht deduzieren, dass auch in absteigender Linie das für die Funktion wichtige Moment, wenn auch nur in den einfachsten Grundzügen, doch immer — weil es eben für die betreffende Funktion das typisch notwendige Merkmal ist — festgehalten werden wird. Die bis zum Extrem gediehene Scheidung des Urogenitaltraktes vom Darmrohr, wie man sie bei den Säugern mit Ausnahme der Monotremen findet, kann doch nur als der Gipfelpunkt einer Entwickelungs- reihe erscheinen, deren verschiedene Etappen zu finden und Die Entwickelungsgeschichte des Urogenitalsystems beim Gecko. 489 in logische Verbindung zueinander zu bringen seit jeher das Bestreben der Forscher war. Sollte nicht die Natur, frage ich, die nichts ohne Zweck tut, auch hier etwas Grosses ge- schaffen haben, das als die Krönung vieler, im Vergleich mit dem Meisterwerk nur als Versuche zu bezeichnenden Erstling- arbeiten betrachtet werden kann? Andererseits, wenn wirk- lich die Funktion das bestimmende Merkmal für die Form- gestaltung ist, sollte man nicht das Recht haben, auch für die unter den Säugetieren stehenden Vertebraten, natürlich entsprechend ihrer sonstigen Organisationshöhe, ähnliche Ein- richtungen vermuten zu dürfen? Denn gerade was die sexuellen Funktionen anlangt, ist der Unterschied zwischen Säugern und Sauropsiden nicht so gross, als es bei oberflächlicher Be- trachtung erscheint, vielmehr eher bloss ein gradueiler zu nennen. Das Prinzip ist doch überall gleich, für die Funktion aber ist es ganz irrelevant, ob sie von Organen geleistet wird, die gleichen Ursprungs oder bloss analoge Bildungen sind. Der Grundgedanke nun, der sich im Bau des Urogenitalsystems der Säuger ausspricht und darauf basiert, ein Zusammenfliessen der Genitalzellen mit den Fäkalmassen zu verhindern, muss wegen seiner physiologischen Wichtigkeit die Causa movens gewesen sein, welche zur definitiven Aufteilung der Kloake bei den am höchsten entwickelten Formen führte. Darum wird man wohl annehmen dürfen, dass ähnliche Einrichtungen, welche das gleiche bewirken, sich auch bei niederen Verte- braten finden werden. Zu den zwei bisher bekannten Vor- stufen, wie wir sie unter den Monotremen bei Echidna, unter den Sauropsiden bei den Schildkröten und Krokodilen finden, glaube ich nun als einen noch primitiveren Typus das Ver- halten der Kloake des Gecko hinzufügen zu können. Beim Gecko ist es überhaupt noch nicht zu einer wie immer ge- arteten dauernden Scheidung des Urogenitalapparates vom Darmtrakt gekommen, der in der oralen Kloakenregion sich 490 ©. FLECK, Die Entwickelungsgeschichte des Urogenitalsystems etc. findende Faltenapparat bewirkt nur eine vorübergehende tem- poräre Zerlegung der Kloake in einen Sinus urogeni- talis und in ein Rektum. Auch treten diese Falten erst spät, zu Beginn des postembryonalen Lebens auf und sind am Embryo nicht nachzuweisen. Gerade dieser Umstand spricht aber, glaube ich, für die Ursprünglichkeit dieser Bil- dungen, die wahrscheinlich erst Neuerwerbungen der niedersten Saurier sind, zu denen man ja auch auf Grund anderer Merkmale die (reckonen rechnet. Ohne schon jetzt, was ich mir für eine spätere Arbeit vorbehalte, für die Richtigkeit dieser Ansicht volle Verant- wortung übernehmen zu können, scheint es mir ziemlich plausibel zu sein, in den schon des öfteren erwähnten Falten an der Kloake des Gecko Vorläufer der Falte zu sehen, die bei den Krokodilen und Schildkröten den kranialen Kloaken- teil dauernd in eine dorsale und eine ventrale Hälfte zerlegt, und ich möchte nicht zögern, sie hier auch homolog zu setzen. Die an diese Scheidewand sich ansetzenden Ergänzungsfalten der Krokodile und Schildkröten wären demnach ein weiterer Schritt zur vollständigen Aufteilung der Kloake. Weitere Unter- suchungen versprechen Aufklärungen zu bringen, ob nicht doch die alte, neuerdings so oft angegriffene Rathkesche Lehre von der Kloake und der Art ihrer Aufteilung zu Recht bestehi. Erklärung der Abbildungen. Fig. 1. Stadium 1. Embryo von ca. 3 mm gr. L. Ansicht von rechts aussen. Die rechte Körperwand ist abgetragen; die Partien kaudal von der Kloakenmembran im Medianschnitt. Vergr. 1:200. — R. Rektum, Kl. Kloake, Klm. Kloakenmembran, All. Allantoisstiel, WG. Wolffscher Gang, A. Amnionr, Sch. Schwanzdarm, Aa. Anlage der Schwanzdarmampulle, Cn. Canalis neuren- tericus, M. Medullarrohr, Ch. Chorda, UG. Undifferenziertes Gewebe. Fig. 2. Stadium 2. Embryo von 4mm gr. L. Ansicht von rechts aussen. Rechte Seitenwand entfernt. Vergr. 1:150. — Scha. Schwanzdarmampulle. Fig. 3. Stadium 3. Embryo von 4 mm gr. L. Ansicht von links aussen. Die linke Wand von Rumpf und Schwanz ist entfernt. Vergr. 1: 116. Fig. 4. Stadium 4. Embryo von 7 mm gr. L. Ansicht von links. Die Ektodermpartien im Medianschnitt. Vergr. 1:123. — Gn. Genitalwulst, v. Afa. Anlage der vorderen Afterlippe, h. Afa. Anlage der hinteren Afterlippe, Ust. Urogenitaltasche, Nk. Nierenknospe. Fig. 5. Stadium 5. Medianschnitt. Innenansicht der linken Hälfte. Vergr. 1:120. — Koa. Rektum im Begriff sich zur Kotkammer umzugestalten, kU. kranialer Ureter, kau. U. kaudaler Ureter, v. Af. vordere Afterlippe, h. Af. hintere Afterlippe, Ph. Phallus; in der Tiefe des Proktodäum Po. Fig. 6. Aftergegend des Stadium 5 von der Ventralseite. Vergr. 1:120., — Sch. Schwanz. Fig. 7. Stadium 6. Embryo vor dem Ausschlüpfen. Medianschnitt. An- _ sicht der linken Hälfte von innen. — Ko. Kotkammer, Ur. Urachus, Kr. Kot- rohr, Ud. Urodäum, MG. Müllerscher Gang, N. Niere, GF. Gadowsche Falte, I. Isthmus, St. Stiel. Fig. 8. Dasselbe von links aussen. Fig. 9. Aftergegend desselben Embryo von unten. Vergr. 1:100. Fig. 10. Schnitt durch die Kloake eines erwachsenen männlichen Geckos. Vergr. 1:25. — Tr. Tubuli recti, dKldr. dorsale Kloakendrüse, vKldr. ven- trale Kloakendrüse, GF. Gadowsche Falten. Literaturverzeichnis. Balfour, F. M., The development of Elasmobranch fishes. Journal of Anat. and Physiol. 1878. Boas, J. E. V., Zur Morphologie der Begattungsorgane der amnioten Wirbeltiere. 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Ki) „Lak Mrs u e An ink lea Ha AN un: eiulesid Aa HUN. a ‚AinlE dne, BZ RT U I AENPTET er er ve Kke Day enE LT an Karl uhr a a m ee te „ill “ ah a Br 12 L; Er? 2 FOR ine ni une ur ua ea wi bet Zrd; Pic AR En); Sn 2) Be ld Ana Ns ArTCTRD Io dar Mar Aa Ks ‘ EN ETRRON ED N aa N LS > Y Kae ENINLAFOFEN) er h IR, KOEER A Th N WR u AND EEE BEN We; E a7 2 FERN u Bo BL Alla a Birk Alien AyEge 5 art er al Ali DI ET Er eiE Bel: vr Brei Au j ab ul helfe Hd ku ua > AN SEEN = A rm, Ib LE ZEN aliauuuh Lea Er IDTEUE, as m PB lee; ® " net ‚aba U ak f en. 2 ar a Bee ITaRn ala EURER ehhl) EIN Ayla ik | a en hen i NE & it u Dumm: Mr Feou: er rd Ro Pe TE ae er 7 E sLbeit" hr) nk, alle PERF R ACAR EEE D, be A Nez iv Hasn Ron mE I. 7a RT RN uallunaäh B. j errang ar Ban Ya eu: AMELIE DTN 5 u EIN u ne Be zu - BE BE er Bash: Dr 0 Fe nee zo m an 3 ” Dr Fre ER Se > Finn . ex» BANG RE # . | E3 u N Pan 5 u I Ta 5 2.5 5 mn; 2 . 5 . De 2 ee De Ar N YET no 8 n “ Fr u EN ee 3 ne teioas 7 er Be P’rıE ee ne EZ . N fe u a Ze SE p) a Were es ne ei Em Bu; 2 SEE En. PO nach Wen Br en Fa Er 2) ‚ Te ne az, 5 6 AUS DEM NEUROL. LABOR. D. KLINIK F. GEISTES- U. NERVENKRANKHEITEN D. KAIS. MED. MILITÄR- AKAD. ZU ST. PETERSBURG. PROF. v. BECHTEREW. DIE INNERVATION DES HERZBEUTELS. VON SERGIUS MICHAILOW, PETERSBURG. Mit 6 Figuren auf den Tafeln 29/30. Fi IRPREEN RE, VD vun Syrah Nr „4 Wo 7. I KB Me DE Tan a DE Dun 12 EL Del! Km N “1% Kr ne ei 7) Bir DR Ba Br E 3 et ı) ke N; ur . see an ch OAER HIN SUHFERR hp A ö D Mr 47 le } en ae ah w eb in) Die Frage über die Innervation des Herzbeutels blieb sonderbarerweise bis jetzt fast völlig unbearbeitet. Es hat bis jetzt nicht nur niemand im parietalen Blatte des Pericards nervöse Endapparate gefunden, sondern überhaupt die An- wesenheit von Nerven in ihm ist kein einziges Mal mit Hilfe der gegenwärtigen Methoden der Färbung und Differenzierung des Nervengewebes konstatiert worden. Meine Untersuchungen in dieser Richtung, die mit Hilfe der Methylenblaufärbung nach meiner Methode ausgeführt worden sind, beziehen sich vor- nehmlich auf den Herzbeutel von Pferd und Hund und bloss manche, einzelne diesbezügliche Tatsachen gelang es mir auch für Kaninchen und Katze zu erhalten. 1. Die Nervengeflechte des Herzbeutels. Die ersten und bis jetzt einzigen Angaben über die Nerven des parietalen Herzbeutelblattes gelang es mir in zwei, gleich- zeitig erschienenen Arbeiten zweier russischer Autoren: Skworzow und Jantschitsch zu finden, die mit jetzt schon veralteten Methoden arbeiteten. Skworzow benutzte vornehmlich die Vergoldungsmethode nach Cohnheim und untersuchte den Herzbeutel von Hund und Katze. Nach diesem Autor zweigen sich die für das parietale Blatt des Pericards bestimmten Nerven vom N. phrenicus, vagus und sympathicus 498 S. MICHAILOW, ab. In die Dicke der Herzbeutelwandung eingedrungen ziehen sie weiter zusammen mit den Gefässen. Von diesen perivascu- laren Nervenstämmchen zweigen sich mitunter einzelne Fäser- chen ab, die sich ins Gewebe der erwähnten Pericardschicht begeben und sich dort verlieren. Mitunter, und sogar oft, teilen sich die Nervenstämmchen des Herzbeutels und anastomosieren untereinander, ein Geflecht bildend. Nach der Ansicht Skwor- zows ist das parietale Blatt des Pericards ärmer an Nerven als dessen viscerales Blatt. Zu der gerade entgegengesetzten Schlussfolgerung kam der zweite der genannten Autoren, Jantschitsch (2), nach dessen Meinung im Gegenteil der Herzbeutel oder, wie er ihn nennt, pericardiale Beutel reich an Nerven ist. Jantschitsch arbeitete hauptsächlich an Hunden und nur wenig an Katzen. Er nahm Teile des Herzbeutels eines eben getöteten Tieres und übertrug sie für 5—30 Minuten in eine !/;—!/,3%-Lösung von Chlorgold. Darauf bearbeitete er seine Präparate mit an- gesäuertem Wasser, Spiritus und Glycerin, wie das zu jener Zeit üblich war. Auf Grund der Untersuchung solcher Prä- parate kam er zum Schlusse, dass der grösste Teil der Nerven- fasern, welche die Nervenstämmchen des Herzbeutels bilden, zu den markhaltigen Nervenfasern gehören und dass bloss manches Mal unter ihnen auch marklose Fasern vorkommen. Die Nervenstämmchen und einzelne Nervenfasern verlaufen teils in der Herzbeutelwandung längs der Blutgefässe, teils aber ver- laufen sie im faserigen Bindegewebe dieser Herzbeutelschicht ganz unabhängig vom Verlauf der Gefässe. Jantschitsch wies darauf hin, dass die Achsencylinder dieser markhaltigen Nervenfasern, sich reichlich verzweigend, mit der Bildung eines engmaschigen Netzes enden. Ausserdem befindet 'sich ein dichtes Nervennetz auch noch unter dem Endothel der Lamina mediastinalis pericardi. Mit diesen bescheidenen Angaben erschöpft sich die Die Innervation des Herzbeutels. 499 Literatur der Frage über die Nerven des Herzbeutels und sie bilden das Wissen der Histologie über diese Frage bis zum heutigen Tage. Nach meinen Untersuchungen verzweigen sich die Nerven- stämmchen, nachdem sie von aussen ins Gewebe des Herz- beutels eingedrungen sind, reichlich und bilden, sich durch- flechtend, ein recht dichtes Nervennetz. Auf eine genaue Be- schreibung dieses Netzes will ich nicht eingehen und werde mich bloss mit dem Hinweis begnügen, dass die umfang- reicheren Nervenstämmchen dieses Netzes stets die stärksten (Gefässe des parietalen Pericardblattes begleiten, während alle anderen Nervenstämmchen im Gewebe zwischen den genannten Gefässen liegen. Den grössten Reichtum an Nerven weisen die mehr äusseren Schichten des Herzbeutels auf. Einzelne Nervenfasern, die sich von anderen Nervenstämmchen des Ge- tlechtes abzweigen, enden in der Herzbeutelwandung mit sen- siblen Nervenendapparaten von verschiedenem Typus, sowohl inkapsulierten als nicht inkapsulierten. Mitunter freilich können Nervenfasern der zweiten Kategorie die Blutgefässe innervieren und Fasern, die sich von den perivasculären Nervenstämmen abzweigen, können mit Endapparaten im Bindegewebe des parietalen Pericardblattes enden. Ich gehe nun direkt zur Be- schreibung dieser Endapparate über. 2. Die eingekapselten Nervenendapparate. In der Herzbeutelwandung kommt nur ein Typus inkapsu- lierter Nervenendapparate — inkapsulierte Nervenknäuelchen (Fig. 1) — vor. Diese sensiblen Endapparate werden durch die Endverzweigungen der Achsencylinder markhaltiger Nerven- fasern gebildet, wobei eine solche Faser, sich teilend, mit mehreren Nervenapparaten von diesem Typus enden kann (s. Fig. 1). Bald näher, bald weiter von der Übergangsstelle Anatomische Hefte. I. Abteilung. 125 Heft (41. Bd., H. 3). 32 500 S. MICHAILOW, in den Endapparat verliert eine solche markhaltige Nerven- faser ihre Myelinscheide und tritt, bald nach vorheriger Teilung in 2—3—4 und mehr Ästchen, bald ohne diese, in einen ge- schlossenen, umgrenzten und nicht grossen, von einer Kapsel umgebenen Raum, wo sie den nervösen Teil des zu beschreiben- den Endapparates bildet. Die inkapsulierten Nervenknäuelchen bestehen aus drei Teilen: a) der Kapsel, b) dem Innenkolben, ce) dem nervösen Teil oder der Endigung der Nervenfaser. ad a). Die Kapsel der Endapparate von diesem Typus besteht aus mehreren Schichten und enthält mancherorts Binde- gewebszellen. ad b). Was die Frage über den Innenkolben, d. h. den- jenigen Raum, der von der Kapsel umgrenzt ist und in dem der nervöse Teil des Apparates liegt, anbetrifft, so muss zu- nächst darauf hingewiesen werden, dass in betreff dieser Frage die Ansichten der Forscher sehr auseinandergehen. Krause(B), Key und Retzius (4), A. Dogiel (6) und Smirnow (5) meinten, dass der Innenkolben aus einer besonderen körnigen Masse bestehe. Später aber gaben Krause (3) und A. Dogiel (6) diese Ansicht auf und wurden anderer Meinung. Kar) Krause (3) und auch Izguierdo (9), Waldeyer (7) und Longworth (8) gaben an, dass es ihnen gelungen sei, einen cellulären Bau des Innenkolbens zu beobachten, wobei Krause solche Zellen mit dem Namen ‚Kolbenzellen“ belegte. Ich habe schon in meinen anderen Arbeiten darauf hingewiesen (10), dass es mir trotz aller Bemühung nie gelang, eine solche Struktur (weder celluläre, noch körnige) der Innenkolben in- kapsulierter Nervenendapparate zu sehen, und ich glaube, dass intra vitam der Innenkolben dieser Apparate mit Lymphe er- füllt ist. Diese letztere kann, indem sie bei der Bearbeitung der Präparate koaguliert, mitunter die zelligen und die anderen Die Innervation des Herzbeutels. Strukturen der genannten Autoren vortäuschen. Dieselbe Mei- nung vertritt auch A. Dogiel (6) in seinen späteren Arbeiten. ad c). Der von seiner Myelinscheide befreite Achsen- eylinder dringt in den Innenkolben ein und zerfällt hier in eine grosse Anzahl feinster Nervenendfädchen. Diese letzteren nehmen gewöhnlich ein varicöses Aussehen an und bilden, sich auf komplizierte Weise durchflechtend, das typische Bild (s. Fig. 1) eines Nervenendapparates in Form eines Knäuels, das weiter unten genauer beschrieben werden wird. In der Literatur gibt es eine sehr grosse Anzahl von Arbeiten, in denen verschiedene Autoren inkapsulierte Nerven- endapparate beschreiben. Allein obgleich auch schon viele Autoren sensible Apparate von diesem Typus beschrieben haben, ist ihre Anwesenheit doch bloss in einer geringen An- zahl von Organen bekannt: In den Geschlechtsorganen (in der Haut der Glans penis und der clitoris), in der Conjunctiva, der Hornhaut, in verschiedenen Stellen der Cutis, im Herzen, in der Harnblase. Je nachdem, in welchem der genannten Organe die Autoren Endapparate von diesem Typus fanden (besonders die alten Autoren), belegten sie sie mit verschiedenen Namen, so dass in der Literatur dieser Frage ein beträcht- licher Wirrwarr zutage tritt, so dass die einzelnen Autoren bei der Beschreibung der von ihnen gefundenen sensiblen End- apparate von diesem Typus den Angaben der anderen Autoren über die nämliche Frage gar keine Rechnung tragen. Die Ent- deckung der Endapparate dieses Typus in den Geschlechts- organen und der Conjunctiva gehört Krause (3) an. Dieser Forscher untersuchte sie entweder an frischen Prä- paraten oder an solchen, die vorher mit Essigsäure oder Al- kalien bearbeitet worden waren, und schon er legte m. E. den Grundstein zu jenem Wirrwarr und jener Systemlosigkeit, die in der Literatur dieser Frage, wie schon oben darauf hin- gewiesen, zutage tritt. Krause eben belegte die von ihm in 32* 502 S. MICHAILOW, den Geschlechtsorganen gefundenen inkapsulierten Nerven- knäuelchen mit dem Namen „Genitalnervenkörperchen‘“, während er selbst, indem er genau solche Nervengebilde in der Conjunctiva beschrieb, sie mit keinem bestimmten Terminus bezeichnete und man sie später gewöhnlich Krausesche Kolben nannte. Die Entdeckung Krauses hinsichtlich der Anwesenheit von inkapsulierten Nervenknäuelchen in den Genitalorganen wurde darauf von einer ganzen Reihe anderer Forscher be- stätigt, in erster Linie von Poll (11), Finger (12), Benze(13), . Izguierdo (9), Merkel (14) und Schwalbe (15), die mit den alten Methoden arbeiteten und darauf auch von späteren Forschern, wie Aronson (18), Retzius (4), A. Dogiel(6), Timoffeew (16), welche die gegenwärtigen Methoden der Färbung und Imprägnation der Nervenelemente mit Methylen- blau und doppeltchromsaurem Silber nach Golgi anwandten (Timoffeew). Dabei nannte sie schon Finger ‚„Wollust- körperchen“, und Schwalbe betrachtete sie als Übergangs- stufe zwischen den typischen Vater-Pacinischen Körper- chen und den Endkolben Krauses (s. meine Arbeit: Die Struktur der typischen Vater-Pacinischen Körperchen und ihre physiologische Bedeutung. Folia neuro-biologiea. Bd. II und auch Nevrologitschesky Wjestnik, Bd. V, H. 3). Alle diese Forscher waren darüber einig, dass die betreffenden End- apparate aus den oben angeführten drei Teilen bestehen, ihre Ansichten über den feineren Bau dieser drei Teile differierten jedoch stark. Was nun die Angaben über die Anwesenheit der erwähnten Nervenapparate in der Conjunctiva anbetrifft, so wurde auch in dieser Beziehung die Entdeckung Krauses von vielen Autoren bestätigt, so vonFrey (17), Lüddens(19), A. Koelliker (20), Ciaccio (23), Waldeyer (7), Key und Retzius (4), Merkel (14), Longworth (8), Schwalbe (15), Dogiel (6) und anderen. Im Herzen und Die Innervation des Herzbeutels. 503 der Harnblase wurden sensible Endapparate von diesem Typus zuerst von mir entdeckt und beschrieben (10), wobei auch eine vollständigere Darlegung der Frage über die feinere Struktur der Apparate dieses Typus ebenfalls von mir in der Arbeit über die sensiblen Nervenendigungen in der Harnblase der Säugetiere gegeben wurde (Archiv für mieroscopische Ana- tomie, Bd. 71, und auch Arbeiten der Gesellschaft russischer Ärzte in Petersburg für das Jahr 1907). 3. Uneingekapselte Nervenendapparate. Im Gewebe des Herzbeutels kommt eine bedeutend grössere Anzahl nicht inkapsulierter als inkapsulierter Nervenendapparate vor. Die Form der nicht inkapsulierten Endapparate ist hier viel mannigfaltiger, da diese Apparate hier in vier verschie- denen Typen vertreten sind: A. baumförmige Endapparate, B. uneingekapselte Nervenknäuelchen, C. netzförmige Endappa- rate, D. guirlandenförmige Endapparate. Die sensiblen Endapparate aller vier genannten Typen und auch die inkapsulierten Knäuelchen sind ohne bestimmten Plan und Ordnung über alle Teile und alle Schichten des Herz- beutels verstreut. A. Baumförmige Endapparate (Fig. 2). Diese End- apparate entstehen so, dass der Achsencylinder einer mark- haltigen Nervenfaser, nachdem er in grösserer oder geringerer Entfernung von seinen Endverzweigungen seine Myelinscheide verloren hat, sich plötzlich, auf einmal auf einem kleinen Oberflächenrayon intensiv zu teilen beginnt. Infolgedessen werden die durch solch eine Teilung entstehenden Ästchen immer feiner und feiner. Diese verschieden starken Ästchen verstreuen sich nach verschiedenen Richtungen im Bereiche eines gewissen, bestimmten und nicht grossen Raumes, wo- bei sie sich auf verschiedene Art biegen. In- manchen Fällen, 504 S. MICHAILOW, wenn der baumförmige Apparat grosse Dimensionen erreicht, entsteht hierbei ein Bild, das sehr an einen astreichen Baum erinnert, dessen Ästchen bloss fast in der gleichen Ebene liegen: Hier gibt es auch dickere Äste und dünnere Ästchen und schon ganz feine Stengelchen, wie an Bäumen, die Analogie ergänzend, und besonders charakteristisch und typisch erweist sich je- doch der Umstand, dass diese Stengelchen an ihren Enden mit blattartigen Anhängen versehen sind. Diese Anhänge oder Endverdickungen sind von verschiedener Form und dem mannig- faltigsten Aussehen und Grösse, deren genauere Beschreibung ich für überflüssig halte. Alle Endverzweigungen der kleinen Endapparate von diesem Typus liegen gewöhnlich in der Tat fast in einer Ebene, während mitunter die baumförmigen End- apparate, grosse Dimensionen erreichend, mit ihren verschie- denen Teilen in verschiedenen Ebenen liegen können. Dieser Typus sensibler Endapparate hat gewöhnlich eine gruppen- artige Anordnung, d. h. eine Nervenfaser oder mehrere solcher Fasern enden mit Apparaten von diesem Typus, die in der Nähe voneinander liegen (s. Fig. 2). Wenn mehrere sensible Endapparate von diesem Typus die Endigungen des Achsen- cylinders einer einzigen markhaltigen Nervenfaser darstellen, so kommt das entweder so zustande, dass dieser Achsencylinder, nachdem er seine Markscheide verloren hat, sich zunächst in einige Äste teilt, von denen jeder mit dem oben beschriebenen Endapparat später endet (s. Fig. 2), oder aber der Achsen- eylinder endet, nachdem er in seine Endästchen zerfallen ist, mit einem einzelnen baumförmigen Apparat, von dem sich schon in zweiter Instanz feine Nervenästchen abzweigen, die weiter ihrerseits in Endapparate vom gleichen Typus übergehen. Mit- unter sieht man gelegentlich eine ganze lange Reihe so ge- bauter baumförmiger Endapparate, die dann als zusammen- gesetzte Form der Apparate dieses Typus bezeichnet werden können. In anderen Fällen entstehen Bilder der gruppenartigen 505 Die Innervation des Herzbeutels. Anordnung der betreffenden Endapparate einfach infolge da- von, dass mit solchen nervösen Apparaten in einem einzelnen kleinen Oberflächenrayon mehrere markhaltige Fasern enden. Baumförmige Endapparate sind schon von vielen Autoren in verschiedenen Bindegewebsbildungen beschrieben worden, und zwar zunächst: in den Sehnen beschrieben sie Sachs (21), Cataneo (22), Ciaecıo (23), 2 der)Haur Ranwvrer (24), Koelliker (20), Arnstein (25), A. Dogiel (6), in der Haut der Glans penis, im lockeren, die Tunica albuginea penis umgebenden Bindegewebe und in anderen Teilen der männ- lichen Geschlechtsorgane Timoffeew (16), in den Synovial- häuten Iwanow (26), im Herzen Smirnow (5), A. Do- giel (6) und S. Michailow (10), in der Schleimhaut und der serösen Haut der Harnblase S. Michailow (10), in der Muskelschicht der Harnblase Grünstein (27), in den perl- pheren und centralen sympathischen Ganglien S. Michai- low (10), in den spinalen Ganglien A. Dogiel (6), und end- lich in den Scheiden der Nervenstämmchen S. Michailow(10). B. Uneingekapselte Nervenknäuelchen (Fig. 4). Apparate von diesem Typus gelang es mir häufiger als alle anderen sensiblen Endapparate des Herzbeutels zu beobachten. In der Mehrzahl der Fälle enden mit uneingekapselten Knäuelchen mehr oder weniger feine markhaltige Nerven- fasern, die aus den die Blutgefässe des Herzbeutels beleitenden Nervenstämmen austretend, bald einen isolierten Verlauf haben, bald kleine Stämmchen des allgemeinen Geflechtes des parie- talen Pericardblattes bilden. Diese Nervenfasern verlieren ihre Markscheide bald in grösserer, bald in geringerer Entfernung von dem von ihnen gebildeten nervösen Endknäuel; allein es gibt auch solche, welche diese bis hart an die Stelle, wo ihr Achsencylinder bis in die einzelnen diesen Apparat bildenden Ästchen zerfällt, behalten. Nicht selten aber hatte ich Gelegen- heit zu sehen, dass mitunter die solche Endapparate bildenden 506 S. MICHAILOW, Fasern stets den Charakter einer marklosen Nervenfaser be- halten, auch wenn man sie über beträchtliche Strecken ver- folgt; folglich verlieren solche Fasern ihre Markscheide, mög- licherweise noch bevor sie ins Gewebe des Herzbeutels ein- treten. Nachdem sie diesen oder jenen Ast erreicht haben, be- ginnen die genannten Fasern sich zu verzweigen, indem sie sich teilen und Seitenäste abgeben, wobei die Ästchen zweiter Ordnung sich aufs neue teilen. Auf diese Weise zerfällt die Nervenfaser in zahlreiche Fädchen, welche sich in verschiedenen Richtungen biegen und auf den mannigfaltigsten, mitunter äusserst komplizierten und verwickelten, gewundenen Wegen verlaufen. Ein Teil von ihnen bildet eine recht beträchtliche Anzahl verschieden langer und breiter Maschen, während andere in die Zwischenräume zwischen diesen Maschen eindringen und auf diese Weise einzelne von ihnen verbinden, wobei diese letzteren oft auch selbst ineinander übergreifen und sich mit- einander verschlingen. Allein das allgemeine Bild wird noch dadurch komplizierter und verwickelter, dass in die übrig ge- bliebenen, im grossen und ganzen noch recht breiten Zwischen- räume sich eine neue Menge kleiner Maschen hineindrängt, infolgedessen die Lücken sich noch mehr verengen. Als Resultat entsteht ein Nervenendknäuelchen von der ver- schiedensten Grösse, Form und Aussehen und von sehr ver- wickelter Konstitution in bezug auf den Verlauf derjenigen Fädchen, die ihn zusammensetzen und die bald parallel, bald quer, bald schräg in der beliebigen Achse des betreffenden Apparates verlaufen. Allein die Kompliziertheit und Dichte dieses letzteren wird nicht nur durch die Anwesenheit einer grossen Anzahl sich verschieden windender Fädchen und Ästehen, sondern auch noch dadurch bedingt, dass diese letzteren gewöhnlich nicht glatt sind, sondern auf ihrer ganzen Michatlow del. Verlag u. J.P’Bergmann, Wiesbaden. Die Innervation des Herzbeutels, 507 Länge mit deutlichen Verdickungen und Varicositäten be- setzt sind. Nur in äusserst seltenen Fällen haben wir es mit solchen Endapparaten zu tun, die nur eine hinzutretende Faser besitzen, in der Mehrzahl der Fälle dagegen gibt es mehrere (2—8 und sogar 12) solcher Fasern, sowohl markhaltiger als auch mark- loser. Diese Fasern treten ein und treten aus an den ver- schiedensten Punkten dieser Apparate, wobei ein Teil von ihnen nicht zur Bildung, sondern zur Verbindung einzelner dieser nervösen Apparate untereinander dient. Indem ich die Be- schreibung der Bildung der Nervenknäuelchen beende, will ich bemerken, dass in denjenigen Fällen, in welchen solch ein Knäuelchen bloss durch eine Faser gebildet wird, man fast stets in der Umgebung die Anwesenheit auch noch anderer gleicher Apparate konstatieren kann, wobei es sich heraus- stellt, dass sie alle in solch einem Falle durch einzelne Ästchen, die durch wiederholte Teilung einer und derselben Nerven- faser entstanden sind, gebildet werden. Diese Endknäuelchen kommen in zwei Abarten vor: einfache und zusammengesetzte, wobei zu diesen letzteren solche gehören, in denen die sie bildenden Fasern der sie zusammensetzenden einzelnen Knäuel unmittelbar von anderen solchen Knäueln abstammen, und bloss der erste in der Reihe dieser nervösen Knäuel wird durch eine Nervenfaser gebildet, die von diesem oder jenem Nerven- stämmchen abgeht. Was jetzt die Form der uneingekapselten nervösen Knäuel- chen anbetrifft, so halte ich eine genauere Beschreibung für überflüssig‘ und will bloss darauf hinweisen, dass die Form der sensiblen nervösen Endapparate von diesem Typus ebenso wie auch die aller anderen Typen eine sehr mannigfaltige ist und teils von der Struktur des Endapparates selbst, teils aber von der Struktur und der Lokalisation der benachbarten, um- gebenden Gewebselemente abhängt. Ausserdem möchte ich im 508 S. MICHAILOW, Vergleich zu den inkapsulierten nervösen Knäuelchen das mehr zerzauste allgemeine Aussehen der uneingekapselten Knäuel- chen betonen. Dieser letztere Umstand passt vollständig in den Rahmen der Erscheinung, dass die inkapsulierten nervösen Knäuelchen gleichmässigere und glattere Konturen infolge des zusammenhaltenden und etwas zusammendrückenden Einflusses der Kapsel haben. Die uneingekapselten nervösen Knäuelchen sind in den Fascien von Iwanow (26), im Fpicard und Endo- card von S. Michailow (10), in der Haut von A.Dogiel(6), in der Harnblasenwand von S. Michailow (10) beschrieben worden. C. Netzförmige Endapparate (Fig. 5). Die End- apparate von diesem Typus werden duch die Endverzweigungen der Achsencylinder markhaltiger Nervenfasern gebildet. Diese letzteren behalten bald fast bis zu ihrem Übergang in den End- apparat ihre Markscheide, bald verlieren sie sie lange vor ihrer Endigung. Der Endapparat selbst wird so gebildet, dass der Achsencylinder an irgend einem Punkte seines Verlaufes sich in zwei oder drei varicöse Ästchen teilt, die sich wiederum auf die gleiche Weise teilen, und dieser Prozess der Verästelung wiederholt sich viele Male auf einem verhältnismässig kleinen Oberflächenrayon. Im Resultat einer so reichlichen Verzweigung entsteht eine sehr grosse Anzahl feinster Nervenfädchen. Diese letzteren sind längs ihres ganzen Verlaufes mit varicösen Ver- dickungen von verschiedener Form, Aussehen und Grösse be- setzt. Alle Nervenfädchen verbinden sich untereinander mittelst Anastomosen, infolgedessen ein wahres Netz entsteht (s. Fig. 5). Die Maschen dieses Netzes haben am häufigsten die Form verschiedener polygonaler Figuren, mitunter sind sie aber rund oder oval. Sie sind von recht verschiedener Grösse und einzelne von ihnen können 2—3—4—5- und sogar 6mal grösser sein als die anderen. Mitunter finden sich an Stelle dieser oder jener Masche Anhäufungen von Nervensubstanz, die sich näher Die Innervation des Herzbeutels. 509 nicht bestimmen lassen, sich mit Methylenblau in ein zartes Hellblau färben und an solchen Präparaten entweder voll- ständig homogen oder feinkörnig erscheinen. Die beschriebenen nervösen Endapparate liegen gewöhn- lich in einer Ebene und sind ihrem Gesamtaussehen nach riesenhaften Endscheiben, welche den Bau dichter Nerven- netze besitzen, ähnlich. Mitunter aber, wenn diese netzförmigen Apparate grosse Dimensionen erreichen, können sie mit ver- schiedenen ihrer Teile in verschiedenen Ebenen liegen, infolge dessen natürlich auch das Gesamtaussehen solcher Apparate komplizierter wird. Die netzförmigen Endapparate sind am häufigsten von un- regelmässiger Form und ihre Umrisse stellen verschiedene Kom- binationen aller Typen geometrischer Linien dar: gebogener, gebrochener und gerader. Die netzförmigen Endapparate kommen in zwei Abarten vor: als einfache und zusammengesetzte. Einfache nenne ich solche unter ihnen, die durch die Endverzweigungen des Achsencylinders einer markhaltigen oder marklosen Nervenfaser gebildet werden, während ich zu den zusammengesetzten solche Apparate von diesem Typus rechne, die aus mehreren netz- förmigen Apparaten bestehen, von denen bloss der erste durch die Endverzweigungen des Achsencylinders, jeder folgende aber durch die Verzweigungen derjenigen Nervenfädchen gebildet wird, die sich erst von dem vorhergehenden netzförmigen Apparat abzweigen (s. Fig. 5). Ausser solchen Fasern besitzen die netzförmigen nervösen Endapparate auch noch verbindende Fasern, mittelst derer die Verbindung mancher einzelner sensibler nervöser Endapparate von diesem Typus untereinander vollzogen wird. Der beschriebene Typus der nervösen Endapparate wurde zuerst von mir (10) im Endocard und den centralen sympathi- schen Ganglien gefunden und beschrieben. (S. auch meine 510 S. MICHAILOW, Arbeit: Über die sensiblen Nervenendigungen in den zentralen sympathischen Ganglien. Journal f. Psychologie und Neuro- logie. 1910.) D. Guirlandenförmige Endapparate (Figur 3 und 6). Mitunter kann man sehen, wie sich diese oder jene markhaltige Nervenfaser von einem Nervenstämmchen abzweigt, das zu dem allgemeinen Nervengeflecht des Herzbeutels gehört. Verfolgt man eine solche Faser längs ihres weiteren Verlaufes, so kann man sehen, wie sie an den den Ranvier- Einschnürungen entsprechenden Stellen sich teilt und wie, wenn auch selten, an den genannten Stellen von ihr mitunter Collateralen abgehen. Ferner kann man mitunter sehen, wie die Nervenfaser ihre Myelinscheide verliert und der entblösste Achseneylinder allmählich ein weniger glattes Aussehen be- kommt, da stellenweise Verdickungen auftreten. Als mit so unebenen Konturen versehener Nervenfaden zieht sich diese Faser noch über eine grössere oder kleinere Strecke hin (s. Fig. 6) und bildet guirlandenförmige Apparate entweder erst am Ende oder auch längs ihres Verlaufes. In diesem letzteren Falle (s. Fig. 6) zweigen sich von dem beschriebenen Nervenfaden ein, zwei oder mehrere Ästchen ab, welche später einen geschlängelten Verlauf haben. Sie teilen sich wieder- holt di- und trichotomisch, infolgedessen sich ihre Zahl ver- sehrt; ihrer Zahl entsprechend bildet sich darauf die gleiche Anzahl guirlandenförmiger Apparate aus. Daraus folgt, dass die sensiblen Endapparate vom beschriebenen Typus stets gruppenweise liegen. An einer Stelle häufen sich manchesmal einige Dutzend solcher nervöser Endapparate an, am häufigsten aber bestehen die genannten Gruppen aus 8-20 solcher Apparate (s. Fig. 6). Jeder Endapparat von diesem Typus bildet sich aus dem oben genannten Nervenästchen auf die Weise, dass von letzterem längs seines ganzen Verlaufes und ın sehr kleinen Abständen voneinander sich feinste Nerven- Die Innervation des Herzbeutels. 511 fäserchen abzweigen; diese Fäserchen zweigen sich von allen Seiten des genannten Nervenästchens ab, ähnlich dem, wie die Blätter von verschiedenen Seiten eines Pflanzenstengels abgehen. Die eben erwähnten Fäserchen sind von verschiedener Länge, im grossen und ganzen sind sie aber alle recht kurz. Manche von ihnen teilen sich noch während dieses kurzen Verlaufes, so dass jedes jener Nervenästchen, auf denen sich die guirlandenförmigen Apparate also aufbauen, äusserst dicht mit den beschriebenen Fäserchen, wie mit Härchen besetzt erscheint. An voll und vollkommen gefärbten Präparaten kann man aber weder diese Endfäserchen, noch sogar das Grund- nervenästchen selbst während seines ganzen Verlaufes sehen, und zwar deshalb, weil jedes der beschriebenen Fäserchen in Wirklichkeit mit einem oder zwei recht grossen, zarten und schmucken Blättchen endet (s. Fig. 6). Diese letzteren häufen sich infolgedessen, dass die Endfäserchen sehr dicht gedrängt auf dem Grundnervenästchen des Apparates sitzen, so zu- sammen, dass sie einander mit ihren Rändern bedecken und dadurch auch natürlich all das verdecken, was hinter ihnen liegt. Nur in denjenigen Fällen, in welchen eine weniger voll- ständige und vollkommene Färbung dieser Nervenendapparate zustande kommt und wenn die genannten blattförmigen An- hänge nicht gefärbt erscheinen, nur dann ist es möglich, die beschriebenen Details im Aufbau dieses Typus von sensiblen Apparaten festzustellen. Ich unterlasse vollständig die Be- schreibung der Form, des Aussehens und der Grösse der ge- nannten Nervenblättchen, ebenso wie auch ein genaueres Ein- gehen auf die Wechselbeziehungen zwischen den einzelnen guirlandenförmigen Apparaten. In dieser letzteren Beziehung will ich bloss sagen, dass mitunter die Grundästchen unter- einander anastomosieren oder sogar unmittelbar ineinander übergehen und dann eben kommt die am meisten typische Form der Guirlanden zustande. Weiter verlaufend zıeht sıch 512 S. MICHAILOW, Die Innervation des Herzbeutels. die Nervenfaser selbst noch über eine grössere oder kleinere Strecke hin und geht am Ende ebenfalls in eine Gruppe dem beschriebenen analoger Endapparate von dem gleichen Typus über. Sie bestehen ebenfalls aus Grundästchen, Endfäserchen und blattförmigen Nervenanhängen. Genau so gebaut erscheinen auch diejenigen guirlandenförmigen Apparate, die oben er- wähnt worden sind und mit denen Nervenfasern enden, die längs ihres ganzen Verlaufes keine Endapparate von diesem Typus besassen. Fig. 1. Erklärung der Abbildungen. Die Gruppe der eingekapselten Nervenkanälchen. Herzbeutel. Pferd. Leitz. Ok. 2. Ob. 5. Fig. 2. Die Gruppe der baumförmigen Nervenendapparate. Herzbeutel. Kaninchen. Leitz. Ok. 2. Ob. 7. Fig. 3. Zwei girlandenförmige Nervenendapparate. Herzbeutel. Pferd. Leitz, Ok. 3. Ob. 1. Fig. Ok. 2. Ob. Fig. Ok. 4. Ob. Fig. Ok. 4. Ob. 4 3. 5. 3. 6 7 Uneingekapselte Nervenkäuelchen. Herzbeutel. Hund. Leitz. Netzförmiger Nervenendapparat. Herzbeutel. Hund. Leitz. . Girlandenförmiger Nervenendapparat. Herzbeutel. Pferd. Leitz. . (S. — Fig. 3.) Literatur-Verzeichnis. Skworzow, Die Materialien zur Anatomie und Histologie des Herzens. Diss. St. Petersburg. 1874 (Russisch). Jantschitsch, Die Materialien zur Anatomie der Nerven des Peri- kardiums. 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Li s Sn) j „ m [ f w | r SONO | f: Mn N 17 a ' | PP FR z u r He j 6 Mr, vn sr Jalnrun JuM EN "LER UNmSn. un» a I m u kr Kuh R “ Er Re Ki Mi an) PN, NEM eu, a Ru BANN N Man u, an A ! 2 e F Ro, 1) ne. Al Fan, " 1 te 7" yL “m ‘ Ma EA as 1 ar a ba Ic N en h J RR ER) n a Ri FE Er USB IR FAN Ra, ..”,' i FERN AT ae p Bun, N N PR ” ve 3 Fuge DEM, En RK u, en Eu? NUR. a DR r f j a vi N IE nu SEE Tun Ye hir RUN: ui bh, M ln oh eh e “ KA = I Hey N +, y Bu HR: ’ B% ae, Hr 4 hp nahe 0% Du Fehn | Ka It Br yN f: 70: 2 # Yard ale gi Ü di LER ERBEN, RE SR Aa RU TEASER ER REBEL LER UN \e.. } “ 3 id A AM A 7 ur NN Tell, ah PL KIT BR ‚mn 4 7 un Pe El IM ie FRE; ER | BB le RR RT N; 9 Ir Pu ar) rg, PEN. Fit nalr. Kart Emin u Ware Akah An WR en I on”. KURINE LEE TOR RP N AN) Bihler Hr 4 a I Kr A Jule RK 4 ne Ir DL ur a, M Lid fs ur N K a En N Br k Fer rf: Da ET, Ma MAYR 3 hir Bin, R ia N Be De an ! RSS ABA "alte, u a BOLRR DE ITN LER LUR ICHRD 9,\-15V ORnatee Ya Re D ; a Br ih aa NE N ER She N 4 A, RT? u Be > N ERER ‚y De bi Be a Let In vier Se Y) P hi I al ih A # L-, 9 Ki hı 107% IE ET “ Di - AH, Jı e.i6%7 Jah MM f u W un D aM ur w/ u rk at vr a f N ai RL, Mai ul Be ah BR 0: pn m et BR: OH N 7) 9 171 u u, Sy: Pr hi: a 1Y in “N Be Wr Br Dr x ’ u. N 4 N" 1 NEN IT 4 2 Ai de RIP act daR Kr Tan) Na rue Rn UT ZU LICH LANE: Mr, faule ni . a u. ei f RT we DE RER IL a ur ne ee NL N ai! AR WEHT je x ) . PR ‘ er). IRause Ar ARTE N \ nk. Alk et: = i ar, in et, N NO u Ya EN v if N) ” Pr PRO r Dura yu u j, pi, RT | St shall, 1. ui nu ia Mi " Kali] La ur a bi NT al nah, N 2 at Re ar ‚M a Ze a \ We Mel u A, 7% R Bi ji Br Ba b I R Cu \ iR ML nr Du CH) | KURS N re Kir L Une oa aa EAN IWF, Dina “ AN N Bw eh: } ul FR, Fri '9 FAR 2 oe N ala De DIS h ll Den yaRaberın 0 N le © 72 h y Ku, RT iR Be un N OR ; RI “ A Fi Bi kN, R ae A Ih hi 25 Au er AV; N KyH MR h MN heil, 5 RN Aal. 2 RN RN: RN hir u # in I; r h a \ N h 7 Ye, - AN a “ a NR va } Did RN yüch AR N ra RER DR ro N Yale ha I ef Pr FOR ht Rn } I Mi h ur Re re f ER vr ni Er ar Ma a RE NN Br}, { 4 . PT 2 x ABB OR N IR Ga ei Be Pille h Di, Wa > ER Ba : Ah Dr Jens, a RN N EIN LEG Kin kan An mr Ren Bahn IN BAU. £ I ’* 7 D \ Un, U Bart) u, ui u BUN ER A LAREN j j \