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Baum, Hermann, Lassen sich aus dem anatomischen Verhalten des Lymphgefäßsystems einer Tierart Schlüsse auf dasjenige anderer Tierarten ziehen? Unterschiede im Lymphgefäßsystem zwischen Rind und Hund. S. 401—420. Broman, Ivar, Über die Vasa vitellina beim Pferde. Mit 6 Ab- bildungen. S. 465—480. Cords, Elisabeth, Der Musculus transversus mandibulae Mit 3 Abbildungen. S. 107—117. Doesschate, G. ten, Über die Retina von Walembryonen. Mit 4 Ab- bildungen im Text. S. 200—205. Donker, P., Uber die Beteiligung des N. vagus an der Innervation des Darmes. Mit 2 Abbildungen. S. 195—200. Elze, C., Die venösen Wundernetze der Pars laryngea pharyngis. Mit einer Abbildung. S. 205—207. Frey, Hedwig, Der aufrechte Gang des Menschen und seine Be- ziehungen zur hinteren Muskulatur des Unterschenkels. Mit 11 (20) Abbildungen. S. 257—272. Forsgren, Erik, Zur Kenntnis der Histologie der Leberzellen und der Gallensekretion. Mit 4 Abbildungen. S. 309—314. Forster, A., Zur Morphogenese der Inscriptio tentinea des M. semi- tendinosus. Mit 10 Abbildungen. S. 145—164. N Forster, A., Zur Topographie der Einmündung der Vena azygos beim Menschen. Mit 6 Abbildungen. S. 239—249. Heidenhain, Martin, Die Entdeckung der Noniusfelder in der quergestreiften Muskelfaser. Mit einer Abbildung. S. 49—53. Huber, Ernst, Über das Muskelgebiet des N. facialis bei Katze und Hund, nebst allgemeinen Bemerkungen über die Facialismuskulatur der Säuger. Mit 11 Abbildungen. S. 1—17. — , Über die Morphologie des M. procerus nasi des Menschen. Mit 6 Abbildungen. S. 302—308. —, Überreste des Sphincter colli profundus beim Menschen. Mit 4 Ab- bildungen. S. 480—492. Jiresovä, Marie, Uber die Entwickelung der Hautdrüsen und ihrer Sekrete bei den Amphibien. Mit 5 Abbildungen. S. 280—288. Jokl, Alexander, Zur Entwickelungsgeschichte des Wirbeltierauges. Mit 16 Abbildungen. S. 209—239. de Jonge Cohen, Th. E., Die Morphogenese der oberen Prämolaren. Mit 1 Tafel und 5 Abbildungen. S. 33—48. Khomovä, Marie, Uber die Dotterbildung bei Clepsinen. Mit 10 Abbildungen. S. 433—446. Kolmer, Walther, Über Kristalloide in Nervenzellen der mensch- lichen Netzhaut. Mit 4 Abbildungen. S. 314—317. Kulmatycki, W. J., Einige Bemerkungen über den Bau der Deck- muskelzellen im Oesophagus sowie dessen Funktion bei Ascaris megalocephala. Mit 4 Abbildungen. S. 18—29. Lubosch, W., Ein seltener Fall von Zwerchfellshernie Mit 2 Ab- bildungen. S. 249 — 254. Oort, H., Uber die Verästelung des Nervus octavus bei Säugetieren. (Modell des Utriculus und Sacculus des Kaninchens.) Mit 7 Ab- bildungen. S. 272—280. Paschkis, Karl, Über das Fehlen von Papillae vallatae in der Zunge von Hippopotamus amphibius. Mit 2 Abbildungen. S. 446—454. Ramström, M., Untersuchungen über die Innervation des Caput mediale tricipitis brachii. Mit 3 Abbildungen. S. 420—432. Ruge, G., Rückwirkungen des frei beweglichen Zustandes der oberen Gliedmaßen auf Organe des Rumpfes. S. 81—106. Schaffer, Josef, Veränderungen an Gewebeelementen durch ein- seitige Wirkung der Fixierungsflüssigkeit und Allgemeines über Fixierung. Mit 14 Abbildungen. S. 353—398. v Schmidt, W. J., Über die Beziehungen der glatten Muskelzellen in der Haut vom Laubfrosch zum Epithel. Mit 7 Abbildungen. S. 289— 802. —, Uber Riesenepithel- und -drüsenzellen in der Epidermis des Laub- frosches. Mit 9 Abbildungen. 8. 535—547. —, Über Chromatophorenvereinigungen bei Amphibien, insbesondere bei Froschlarven. Mit 5 Abbildungen. S. 493—501. Schuscik, Olga, Zur Verknöcherung der menschlichen Phalangen mit besonderer Berücksichtigung der Endphalanx. Mit 5 Abbil- dungen. 8S. 118—129. v. Schumacher, Siegmund, Bau der äußeren Haut eines Fetus von Hippopotamus amphibius L. Mit 3 Abbildungen. S. 165 bis 173. Spiegel, E. A, Das Ganglion psalteri. Mit 4 Abbildungen. S. 454—462. Stieve, H., Die Spermatogenese des Grottenolmes. Mit 11 Abbil- dungen. 8. 321—349. —, Der Sphincter antri pylori des menschlichen Magens. Mit 2 Ab- bildungen. S. S. 513—534. Stoss, Anton, Die Vaskularisation des hyalinen Knorpels. S. 29 bis 32. Strandberg +, Arne, Beitrag zur Kenntnis des Cutevirz’schen Organs. Mit 12 Abbildungen. S. 177—195. II. Literatur. Nr. 9/10, S. 1-16. — Nr. 17/18, S. 17-32. III. Nachrufe. Fischel, A., Cart RasL f. Mit Bildnis (Tafel). S. 54—79. Roux, W., WALTER GEBHARDT +. S. 79—80. v. Waldeyer-Hartz, K.v. BARDELEBEN +. Mit Bildnis (Tafel). S.I—V1. Wiedersheim, R., HERBERT v. BERENBERG-GossLER +. S. 318—320. IV. Anatomische Gesellschaft. Erinnerung an die Beitragszahlung. S. 175—176. N. V. Personalia. Held, H.; Stieve, S. 80. — Wiedersheim, Robert, S. 144. — Triepel, H.,; Wetzel, G.; Veit; Vogt, W.; Graeper, 176. — Kollmann, Julius; Fischer, E., S. 256. — v. Behrenberg-Gossler, S. 288. — Stieve; Brodmann, Korbinian, S. 352, — Gerlach, Leo; Zander, R; von Möllendorff; Böker, S. 463. — Stieda, Ludwig, 8. 464. — Fuchs, Hugo, S. 548. VI. Sonstiges. An die Herren Mitarbeiter. S. 256, 320, 352, 464, 512, 548. Berichtigungen. S. 32, 175, 320, 400. Bücherbesprechungen. S. 142—144, 173—175, 208, 254—255, 349 — 351, 398—400, 462—463, 511—512. Dank. S. 144. Prioritäts-Rechtswahrung. S. 510. a Nachdruck verboten. KARL V. BARDELEBEN (7). Mit einem Bildnis (Tafel). Der Anatomische Anzeiger, welcher schon so manchem unserer Fachgenossen und seiner Mitarbeiter den Nachruf gebracht hat, muß heute seinem Herausgeber, der ihn seit seiner Gründung, seit 32 Jahren, geleitet hat, den Scheideruf widmen: Karu v. BARDELEBEN ist am 19. Dezember 1918 aus dem Leben geschieden. — Er erlag einer Lungenentzündung infolge der tückischen Krankheit, die heuer schon so viele Opfer gefordert hat, gerade ein Vierteljahr ‘vor Voll- endung seines 70. Lebensjahres. Seine Kollegen: und Freunde dachten ihn am Geburtstage durch Überreichung einer besonderen Festnummer des Anatomischen Anzeigers zu ehren und zu erfreuen — die Ehrung muß sich heute mit einer Totenklage verbinden. Kart v. BARDELEBEN ist am 7. März 1849 als Sohn des berühmten Chirurgen ApoLFr v. BARDELEBEN in Gießen geboren. Sein Vater war damals Prosektor an der Gießener anatomischen Anstalt, wo er die anatomische Tätigkeit mit der chirurgischen. verband. Gründliche anatomische Schulung. und Erfahrung leitete die ungewöhnlich ge- schickte Hand des späteren Greifswalder und Berliner Chirurgen, wovon der Verfasser dieser Zeilen, als Schüler ApoLr v. BARDELEBENS in Greifswald, sich persönlich überzeugen konnte. Die Neigung des Vaters für anatomische Studien ist auf den Sohn übergegangen und hat wohl bei der Wahl des Lebensberufes mitgewirkt. Karu v. BARDELEBEN studierte in Greifswald, Heidelberg, Leip- zig und Berlin, war im Jahre 1870/71 als Feldassistenzarzt tätig und promovierte 1871 in Berlin mit der Dissertation: Uber das trauma- tische Aneurysma arterioso-venosum. "Beobachtungen eines solchen nach Schußverletzungen. Berlin, 17. August 1871. — 1872, nach er- ledigter medizinischer Staatsprüfung, wurde er Assistent an der Leip- ziger anatomischen Anstalt unter Wıruerm His und ging 1873 mit Gustav SCHWALBE, als dessen Prosektor, nach Jena. Dort wurde er 1878 außerordentlicher Professor, 1888-ordentlicher Honorarprofessor und erhielt 1898 den Titel Hofrat. Als er 1902 von der Prosektur zurücktrat, blieb er mit der. anatomischen Anstalt in steter Verbin- dung, hatte dort- sein-"Arbeitszimmer» und hielt “anatomische Vor- lesungen. Wie mir Kollege Maurer mitteilt, trat v. BARDELEBEN wäh- rend der letzten Kriegsjahre bereitwilligst wieder in den Dienst der Anstalt, der die jüngeren Hilfskräfte durch den Krieg entzogen worden nt sushi waren, und ermöglichte es durch Übernahme der Vorlesungen über Knochen- und Bänderlehre und über topographische Anatomie, daß der Betrieb der Anstalt ungestört aufrecht erhalten werden konnte. K. v. BArDELEBEn blieb auch mit dem Heeressanitätsdienste in steter Fühlung; als Oberstabsarzt I. Klasse wurde er 1898 & la suite des sächsischen Sanitätskorps gestellt und 1899 zum Generaloberarzt, später zum Generalarzt befördert. In den 45 Jahren seiner Tätigkeit in Jena hat v. BARDELEBEN zahlreiche Arbeiten auf fast allen Gebieten der Anatomie und ihrer verwandten Wissenschaften verfaßt. Als größere Werke: Lehrbuch der Anatomie des Menschen. Wien und Berlin, Urban & Schwarzen- berg, 1906. — Atlas der topographischen Anatomie des Menschen, mit E. HacckeL und Fr. Frouse. 1. bis 4. Auflage, 1894—1908, Jena, G. Fischer. — Anleitung zum Präparieren auf dem Seziersaale. 4. Auflage, Jena, G. Fischer, 1896. — Herausgabe des großen „Hand- buchs der Anatomie des Menschen“ als Sammelwerk nach dem Muster des bekannten SoEMMERRING schen Handbuchs. Die erste Lieferung ist 1896 erschienen; bis jetzt liegt die 29., erschienen 1915, vor. Leider sollte der Herausgeber die Vollendung des Werkes nicht er- leben. Der Unterzeichnete weiß, daß v. BARDELEBEN sich redlich be- müht hat, die großen Schwierigkeiten, welche ein ‘derartiges Unter- nehmen mit sich trägt, zu überwinden; sicherlich hat auch der vier- jährige Krieg seinen hemmenden Einfluß gehabt. Außer zahlreichen kleineren Mitteilungen in medizinischen Tages- zeitschriften, mehreren für einen größeren Leserkreis bestimmten Verlagswerken, Nekrologen und vortrefflichen zusammenfassenden Be- richten über das Skelet- und Muskelsystem in den von MERKkEL und Bonnet herausgegebenen „Ergebnissen der Anatomie und Entwick- lungsgeschichte“ sind von ihm folgende fachwissenschaftliche Arbeiten erschienen: I. Systematisch-anatomische, vergleichend-anatomische und topographisch- anatomische Abhandlungen. a. Skeletsystem. . Beiträge zur Anatomie der Wirbelsäule. Jena 1874, Dabis. . Über das Episternum des Menschen. Sitzungsber. d. Jenaischen Gesellsch. f. Med. u. Naturwissensch. 1879. 3. Das Intermedium tarsi des Menschen. Ebenda 1883. (S. auch Zool. Anz. 1883.) 4. Das Intermedium tarsi der Säugetiere und des Menschen. Biol. Centralbl. 5 we Bd. 4, 1884. . Über neue Bestandteile der Hand- und Fußwurzel der Säugetiere, sowie die normale Anlage von Rudimenten überzähliger Finger und Zehen beim Menschen, Jenaische Zeitschr. f. Naturwissensch. Bd. 19, 1890. 6. Präpollex und Prähallux. Verh. d. Anat. Ges., 3. Versamml. 1889. Er- gänzungsband zum Anat. Anz. 7. Hat der Präpollex von Pedetes einen Nagel oder nicht? Anat. Anz. 1890. 8. On the Bones and muscles of the Mammalian Hand and Foot. Proc. of the zool. Soc., London 1890. 32. Be. . Uber das Präfrontale und Postfrontale des Menschen. Verhandl. d. Anat. Gesellsch., 10. Tagupg, Berlin 1896. . Über Verbindungen zwischen dem 5. und 6. sowie zwischen dem 6. und 7. Rippenknorpel. Anat. Anz. Bd. 15, 1898. . Über den Unterkiefer der Säugetiere. Sitzungsber. d. Gesellsch. Naturf. Freunde in Berlin 1905. . Der Unterkiefer der Säugetiere, besonders der des Menschen. Anat. Anz. Bd. 26, 1905. . Zur vergleichenden Anatomie besonders Paläontologie des Unterkiefers der Wirbeltiere. Verhandl. d. Anat. Gesellsch., 21. Tagung in Würzburg, 1907. Ergänzungsband zum Anat. Anz. b. Muskelsystem. . Der Musculus sternalis. Med. Centralbl. 1875. . Der Musculus sternalis. Zeitschr. f. Anat. u. Entwicklungsgesch. Bd. 1, 1876. . Die morphologische Bedeutung des M. sternalis. Anat. Anz. 1888, Nr. 11 u. 12. . Über die Innervierung des Platysma. Sitzungsber. d. Jenaischen Gesellsch. f. Med. u. Naturwissensch., 1879. . Über die Innervierung von Muskeln (mit Dr. Fritz Fronse). Verhandl. d. Anat. Gesellsch. 1897, 11. Tagung. . Über Innervierung, Entstehung und Homologie der distalen Gliedmaßen- muskulatur der Säugetiere. Verhandl. d. Anat. Gesellsch. 1891, 5. Tagung. - . Über die Hand- und Fußmuskulatur der Säugetiere, besonders die des Präpollex und Prähallux und des Postminimus. Anat. Anz. Nr. 15, 1890. . Uber Fascien und Fascienspanner. Sitzungsber. d. Jenaischen Gesellsch. f. Med. u. Naturwissensch., 1878. . Muskel und Fascie. Jenaische Zeitschr. f. Naturwissensch. Bd. 15, 1881. . Die Austrittsöffnung des Leisten- und Schenkelkanals. Sitzungsber. d. Jenaischen Gesellsch. f. Med. u. Naturwissensch., 1883. . Einige seltene Muskelvarietäten. Ebenda, 1877. c. Gefäßsystem. 5. Über Begleitvenen. Sitzungsber. d. Jenaischen Gesellsch. f. Med. u. Natur- wissenschaft, 1880. (S. auch Deutsche med. Wochenschr. 1894, Nr. 14.) . Über die Gesetzmäßigkeit in den Abständen der Venenklappen. Sitzungs- ber. d. Jenaischen Gesellsch. f. Med. u. Naturwissensch.. 1880. . Das Klappendistanzgesetz. Jenaische Zeitschr. f. Naturwissensch. Bd. 14, 1880. . Die Hauptvene des Armes, Vena capitalis brachii. Ebenda, 1880. . Über die Entwicklung der Extremitätenvenen des Menschen. Sitzungs- ber. der Jenaischen Gesellsch. f. Med. u. Naturwissensch., 1879. . Uber Venenelastizität. Jenaische Zeitschr. f. Naturwissensch. Bd. 12, 1878. (S. auch Sitzungsber. d. Jenaischen Gesellsch. f. Naturwissensch., 1877.) d. Topographie. . Über die anatomischen Verhältnisse der vorderen Brustwand und die Lage des Herzens. Sitzungsber. d. Jenaischen Gesellsch. f. Med. u. Natur- wissensch., 1885. Über die Lage der weiblichen Beckenorgane. Anat. Anz. 1888, Nr. 19. II. Allgemeinanatomische und entwicklungsgeschichtliche Abhandlungen. 33. 34. 35. Über den Bau der Venenwandung und deren Klappen. Sitzungsber. d. Jenaischen Gesellsch. f. Med. u. Naturwissensch., 1897, Über den Bau der Arterienwand. Ebenda, 1878. a den feineren Bau der menschlichen Spermatozoen. Anat. Anz. Bd. 6, 60. X . Entstehung und Reifung der menschlichen und Säugetierspermatozoen. Anat. Anz. Bd. 7. . Die Entstehung der Samenkörper. Ebenda, Bd. 40, 1896. . Die Zwischenzellen des Säugetierhodens. Ebenda, Bad. 13, 1897, S. 529. . Dimorphismus der männlichen Geschlechtszellen. Ebenda, S. 584. . Beiträge zur Histologie des Hodens und zur Spermatogenese beim Menschen. Arch. f. Anat. u. Physiol,, Supplementband, 1897, S. 193. . Über die Spermatogenese bei Monotremen und Beuteltieren. Verhandl. d. Anat. Gesellsch., 10. Tagung, 1896. . Über die Entstehung der Achsenfäden in den menschlichen und Säuge- tierspermatozoen. Anat. Anz. Bd. 14, 1897, S. 145. III. Anthropologie. . Die Häufigkeit überzähliger Brustwarzen. Verhandl. d. Anat. Gesellsch., 5. Tagung, München 1891. . Über 600 neue Fälle von Hyperthelie bei Männern. Verhandl. d. Anat. Gesellsch., 6. Tagung, 1892. . Massenuntersuchungen über Hyperthelie beim Manne. Verhandl. d. Anat. Gesellsch., 7. Tagung, Göttingen 189. . Über bilaterale Asymmetrie beim Menschen und bei höheren Tieren. Ver- handl. der Anat. Gesellsch., 23. Tagung, Gießen 1909. . Messungen an Kopf und Gliedmaßen bei Schulkindern; das normale Uber- wiegen einer Korperhalfte. Anhang: Das Verhalten des Fußes bei zu- nehmender Belastung. Zeitschr. f. Morphol. u. Anthropol. Bd. 18, 1914 (Festschrift für G. SCHWALBE). . Über Rechts- und Linkshändigkeit beim Menschen. Compt. rend. de l’Assoc. des Anatom., 12. Reunion, 1910, Brüssel. . Weitere Untersuchungen über Linkshändigkeit. Verhandl. d. Anat. Ge- sellsch., 25. Tagung, Leipzig 1911. . Ist Linkshändigkeit ein Zeichen von Minderwertigkeit? Verhandl. d. Anat. Gesellsch., 28. Tagung, Innsbruck 1914. . Ein Rippenbruchstück vom Neanderthaler. Verhandl. d. Anat. Gesellsch., 26. Tagung, München 1912. IV. Verschiedenes. . Einige Vorschläge zur Nomenklatur. Anat. Anz. 1904, Bd. 24. . Glandula submaxillaris oder submandibularis? Ebenda Bd. 31, 1907. . Die neue anatomische Nomenklatur. Deutsche med. Wochenschr. 1895. . Ein Überblick über das letzte Vierteljahrhundert der Anatomie und Ent- wicklungsgeschichte. Ebenda, 1900. . Rückblick auf die Gründung und das erste Vierteljahrhundert des Be- stehens der Anatomischen Gesellschaft. Verhandl. d. Anat. Gesellsch. 25. Tagung, Leipzig 1911. . Über bisher unbekannte anatomische Arbeiten Goethes. Verhandl. d. Anat. Gesellsch., 5. Tagung, München 1891. . Die Einwirkung von Kali- und Natronsalzen auf die Muskeln des mensch- lichen Darms. Sitzungsber. d. Jenaischen Gesellsch. f. Med. u. Natur- wissensch , 1882. . Über Holzin (Oppermann). Ein neues Mittel zur Konservierung organi- scher Substanzen. Verhandl. d. Gesellsch. deutsch. Ärzte u. Naturf. in Frankfurt a. M., 1896. Densimetrisches Laugenbesteck. Anat. Anz. Bd. 42, 1912. XI Nach meinem Empfinden miissen die Arbeiten tiber den Mus- culus sternalis, über die Armvenen, über die Fuß- und Hand- wurzelknochen und deren Innervierung sowie über Muskelinner- vierung überhaupt, über die Asymmetrie, sowie über die Rechts- und Linkshändigkeit als besonders beachtenswert hervorgehoben werden. Wenn in der Frage über das Vorkommen überzähliger mar- ginaler echter Skeletteile an Hand und Fuß auch Zweifel geäußert worden sind, und zwar von Forschern wie GEGENBAUR, so muß doch gesagt werden, daß die Angelegenheit keineswegs entschieden ist. Und wenn in der so wichtigen Unterkieferfrage v. BARDELEBEN die meisten Anatomen als Gegner hat, so ist doch anzuerkennen, daß er keine Mühe und Arbeit gescheut hat, um seine Auffassung zur Gel- tung zu bringen, und daß er durch seine vorgebrachten Bedenken gegen die herrschende Ansicht dazu beigetragen hat, das ganze Pro- blem zu vertiefen und zu klären. Woblbegriindete und folgerichtig erhobene Einwände sind der Erkenntnis des Richtigen nur förderlich, und ein gut durchgeführter Kampf ist auch für den- Unterlegenen ehrenvoll. Das Hauptverdienst Kart v. BARDELEBENS liegt in seiner Tätig- keit für die Anatomische Gesellschaft. Als diese 1886 ge- legentlich einer Ärzte- und Naturforscherversammlung in Berlin ge- gründet wurde, lenkten sich alsbald die Blicke der Mitglieder auf v. BaRDELEBEN als den zu wählenden Geschäftsführer. Er hatte sich unter den jüngeren Anatomen durch seine Arbeiten, durch seine Ge- wandtheit im persönlichen Verkehr, durch seine Sprachenkenntnis und durch seine vielfachen internationalen Beziehungen Ansehen und manche persönliche Zuneigung erworben: mit richtigem Takt wußte er mit den älteren Kollegen sowie mit den jüngsten zu verkehren. Seine Wahl erwies sich bald als eine glückliche. Von 1886 bis zu seinem Tode, also über 30 Jahre, hat er in seiner Stellung als Generalsekretär der Gesellschaft deren Geschäfte in musterhafter Weise geführt und durch geschickte Leitung des Organs der Gesell- schaft, des Anatomischen Anzeigers, welcher sich bald zu einem Welt- blatte in seinem Gebiet gestaltete, viel zu der allgemein anerkannten bedeutenden Entwicklung der Anatomischen Gesellschaft beigetragen. Bald folgten der Gründung der deutschen Anatomischen Gesellschaft gleiche Vereine in England, Frankreich, Italien und in den Ver- einigten Staaten von Nordamerika, die alle Verbindung mit der deut- schen Gesellschaft suchten und pflegten. Daraus entwickelten sich dann gemeinsame internationale Tagungen. Gerade zur Pflege dieser unstreitig für die Förderung der Wissenschaften wichtigen Beziehungen hat unser nun verblichener Generalsekretär vieles beigetragen. Der Unterzeichnete, den sein Verhältnis als Schüler und späterer Kollege von Karu v. Barpetesens Vater frühzeitig in ein freund- schaftliches Verhältnis zum Sohne brachte, und der später durch seine Tätigkeit im Vorstande der Anatomischen Gesellschaft öfters Gelegen- XII heit hatte, dem Generalsekretär näherzutreten, weiß, wie sehr es diesem am Herzen lag, die Interessen der Gesellschaft wahrzunehmen und sie, wo und wie er nur konnte, zu fördern. Ich glaube nicht zu weit zu gehen, wenn ich sage, daß wir alle, wenn wir bei unseren Tagungen Kart v. BARDELEBEN an unserem Geschäftstische sitzen sahen, das Gefühl hatten, nun sei alles in Ordnung. Bei aller Pflege internationaler wissenschaftlicher Beziehungen war K. v. BArDELEBEN ein warmer deutscher Patriot und ein treuer Anhänger von Kaiser und Reich. Schwer hat er unter dem Zu- sammenbruche unseres Vaterlandes und der bisherigen Staatsordnung gelitten, wie mir mehrere Unterredungen und Briefe bezeugten. In den letzten Wochen — wir hatten eine Zusammenkunft verabredet, um über eine Wiederaufnahme unserer Tagungen zu beraten — sprach er in einem seiner Schreiben von Todesahnungen; diese sollten sich nur zu bald erfüllen. Statt des erwarteten Briefes, der mir die Ankunft des Freundes in Berlin melden sollte, kam die Todes- depesche! — Wie mir, so wird diese Trauerkunde vielen ans Herz gegangen sein, die Gelegenheit hatten, Kart v. BARDELEBEN näher kennen zu lernen. Wir werden dem lieben Kollegen, der den Ernst und die Treue der Arbeit mit heiterem Lebenssinne glücklich zu paaren wußte, ein ehrendes Andenken bewahren, sein Name wird in der Geschichte der anatomischen Wissenschaften unvergessen bleiben. v. WALDEYER-HARTZ. ANATOMISCHER ANZEIGER Centralblatt für die gesamte wissenschaftliche Anatomie. Amtliches Organ der Anatomischen Gesellschaft. Herausgegeben von Prof. Dr. Karl von Bardeleben in Jena. Verlag von Gustav Fischer in Jena. Der „Anatomische Anzeiger“ erscheint zweimal im Monat in Einzelnummern oder einmal in Doppelnummern. Der Preis eines Bandes von 24 Nummern beträgt Mk. 20.—. Das Erscheinen der Bände ist unabhängig vom Kalenderjahr. 51. Bd. 20. April 1918. % No. 1. Aufsätze. InHArrt. Ernst Huber, Über das Muskelgebiet des N. facialis bei Katze und Hund, nebst allgemeinen Bemerkungen über die Facialis- muskulatur der Säuger. Mit 11 Abbildungen. S. 1-17. — W. J. Kulma- tycki, Einige Bemerkungen über den Bau der Deckmuskelzellen im Oeso- phagus sowie dessen Funktion bei Ascaris megalocephala. Mit 4 Abbildungen. S. 18—29. — Anton Stoss, Die Vaskularisation des hyalinen Knorpels. 58. 29 bis 32. : Druckfehler-Berichtigung. S. 32. Aufsätze. Nachdruck verboten. Über das Muskelgebiet des N. facialis bei Katze und Hund, nebst allgemeinen Bemerkungen über die Facialismuskulatur der Säuger. Von Ernst Huser, Assistent am anatomischen Institut der Universität Zürich. Mit 11 Abbildungen. Auf Anregung meines hochverehrten Lehrers, Herrn Prof. Dr. G.. Rue, habe ich im anatomischen Laboratorium Zürich die Facialismuskulatur von Katze und Hund eingehend untersucht. Die sehr primitiven Befunde, namentlich bei der Katze, und die wertvollen Varietäten an 12 Katzen und 13 Hunden haben mir er- möglicht, eine Reihe für das Gebiet wichtiger Fragen abzuklären. Ich möchte auch an dieser Stelle Herrn Prof. Dr. G. Rugs für seine Anregung und Unterstützung meinen herzlichsten Dank aussprechen. Anat. Anz. Bd. 51. Aufsätze. d Da es mir während der Kriegswirren bis jetzt leider nicht ermög- licht wurde, meine Dissertation „Über das Muskelgebiet des Nervus facialis beim Hund, nebst allgemeinen Betrachtungen über die Fa- cialismuskulatur“ und eine weitere Arbeit „Über das Muskelgebiet des N. facialis bei den Vertebraten‘ zu veröffentlichen, so lege ich hier die Hauptergebnisse meiner Untersuchungen (1913—17) nieder. Einleitung. Die dem N. facialis zugehörige Muskulatur ist bei den niederen Vertebraten noch auf die Halsregion beschränkt. Schon bei den Amphibien und Reptilien ist, wie G. Rugz (1896) nachgewiesen hat, eine Scheidung in eine oberflächliche Muskelschicht (C 2 dv, Ruck) und eine tiefe Schicht (C 2 md und C 2h, Rugs) vorhanden. Diese Muskelabschnitte sind aber noch deutlich als einheitliches Muskel- gebiet erkennbar, indem sich der primitive muskulöse Zusammen- hang zwischen beiden Schichten erhalten hat. Bei den Mammaliern ist eine vollkommene Scheidung in ober- flächliche und tiefe Facialismuskulatur eingetreten. Innerhalb der beiden Schichten haben tiefgreifende Umgestaltungen Platz ge- griffen. Bereits bei den niedersten Mammaliern, den Monotremen, stoßen wir auf ganz neue Zustände. Samtliche Säuger stehen also in bezug auf die Facialismuskulatur hoch über allen übrigen Verte- braten. Die oberflächliche Facialismuskulatur (Gesichtsmuskulatur) der Säuger hat Beziehung zur beweglichen Kopfhaut erlangt. Sie hat sich um Auge, Nase, Wange und Lippen angeordnet und hat ferner ausgedehnte Anheftung an der beweglichen, knorpligen Ohrmuschel gewonnen. Die tiefe Facialismuskulatur (Venter posterior des M. biventer mandibulae, Stylo-hyoideus, Jugulo-hyoideus und Stapedius) hin- gegen ist zur typischen Skelettmuskulatur geworden. Die gemeinsame Innervation der beiden Muskelgebiete durch Zweige des N. facialis weist noch mit aller Deutlichkeit auf den ur- sprünglichen Zusammenhang hin. Aber auch primitive Muskelbefunde zeigen noch Spuren dieses einstigen Zusammenhanges. So soll beı Hyäne und Seehund der M. biventer mandibulae hinter der Ohr- muschel noch oberflächlich entspringen. Außerdem hat G. RuceE (1910 u. 1911) als sehr seltene Varietät an der menschlichen Leiche 3 Bündel des Nackenplatysma angetroffen, welche in die Tiefe drangen und dort mit dem M. biventer mandibulae in Verbindung traten. Gleich zu beurteilende Befunde sind durch J. B. Perrin (1871) be- kannt geworden. Diese Muskelbündel stellen letzte Reste des Zu- sammenhanges zwischen oberflächlicher und tiefer Facialismuskulatur dar, die sich aus der Embryonalentwicklung erhalten haben. Onto- genetische Untersuchungen (RAgBı 1887, Baum und Dosers 1905, KoLtLMmAnN 1907, Furamura 1906 u. 1907) haben ja gezeigt, daß sich bei den Säugern oberflächliche und tiefe Facialismuskulatur aus einer einheitlichen Anlage entwickeln. Dies stimmt mit den ver- gleichend-anatomischen Befunden überein. Es besteht also absolut kein Grund dafür, an der genetischen Einheit der oberflächlichen und tiefen Facialismuskulatur der Säuger zu zweifeln. Die Ursache für die vollkommene Trennung der beiden Muskelgebiete war zweifellos die hochgradige funktionelle Verschieden- heit der subkutanen Gesichtsmuskulatur und der tiefen Skelett- muskulatur. Von besonderem Interesse ist für uns die oberflächliche Facialis- muskulatur (Gesichtsmuskulatur). Die oberflächliche Muskelschicht C 2 dv, wie sie bei den niederen Vertebraten auftritt, ist das Mutter- gebiet der Gesichtsmuskulatur. Bereits bei den Reptilien bildet Ü 2 dv einen ausgeprägten Sphincter colli, der aber noch völlig auf die Halsgegend beschränkt ist. Einen solchen Zustand müssen auch die Vorfahren der Säuger durchlaufen haben. Aus primitiven Be- funden bei Säugetieren läßt sich noch ermitteln, auf welche Weise sich die Entwickelung zur Gesichtsmuskulatur vollzogen haben muß: Der primitive, auf den Hals beschränkte Sphincter colli der Pro- mammalier muß sich in gleicher Lage auf das Gesicht ausgedehnt haben und bildete so den Sphincter colli profundus, der als trans- versale Muskellage von der Ohrgegend bis zur Mundspalte reicht. Die Pars auris des Sphincter colli profundus vermittelte also den Übergang vom primitiven Sphincter colli zum Sphincter colli pro- fundus. In der Nackengegend spaltete sich vom primitiven Sphincter colli das Platysma ab. Es dehnte sich auf die Seitenfläche und Unter- seite des Kopfes aus und drang als kräftige, longitudinal verlaufende Muskelschicht bis zur Mundspalte vor. Bei vielen Säugern haben sich ventrale Partien des Sphincter colli über den unteren Rand des Platysma geschoben und bedecken 1* 4 nun das Platysma als transversal verlaufender Sphincter colli super- ficialis. Auf diese Weise sind also bei den Säugern aus dem primitiven Sphincter colli (C 2 dv) die drei Hauptschichten der Gesichtsmusku- latur: Sphincter colli profundus, Platysma und Sphincter colli super- ficialis, hervorgegangen. Im Gebiete des Sphincter colli profundus und des Platysma ist hernach eine reiche Gliederung in selbstiindige Auricularis ant. superior ‘ i , Intermedio-auriculo-lab. Platte 2 Interscutularis Frontalis Retractor anguli lat. (oculi) Orbicularis oculi „ Superciliaris a Pe Primitiver = Sphincter =" _- Naso- colli = labialis Im P. auris des Sph. colli profundus Platysma : Driise Abb. 1. Katze B. Sphincter colli primitivus, Platysma, Sphincter colli pro- fundus und seine Abkémmlinge. Der primitive, auf die Halsregion beschränkte Sphincter colli in seinem urspriinglichen Verlauf von der Nackenlinie bis zur Ventral- seite des Halses. Nach vorn schließt sich in gleicher Lage der Sphincter colli pro- fundus an. Die Pars intermedia des Sphincter colli profundus zieht in primitiver Weise von der ventralen Medianlinie ununterbrochen bis hinauf vor das Ohr, wo sie mit dem Auriculo-labialis zusammen die Intermedio-auriculo-lab.-Platte bildet. Primitiver Zusammenhang der letzteren mit dem Auricularis ant. sup. (vgl. weiter Abb. 5). Muskelindividuen eingetreten. Vielfach haben diese untereinander oder mit ihrem Stammgebiet den primitiven Zusammenhang bewahrt, so daß daraus noch der Gang der stattgehabten Differenzierung er- mittelt werden kann. Mit der Differenzierung der Gesichtsmuskulatur steht natürlich die Verzweigung des N. facialis in engstem Zusammenhang. Die [9] Untersuchung der Innervationsbefunde leistet daher für die gene- tische Untersuchung der Gesiehtsmuskulatur unschätzbare Dienste. Die Facialismuskulatur von Katze und Hund. I.OberflächlicheFaeialismuskulatur(Gesichtsmuskulatur). Bei der Katze habe ich den primitiven Sphincter colli noch in Resten vorgefunden (Abb. 1 u. 2). Er besitzt in primitiven Befunden Auricularis ant. superior rs Cartilago sevtularis (Scutulum) / Ki / Interscutularis ıf, IrIA \ N VA Mes Frontalis Nacken-Platysma N04 /, (tiefe Sch.) WG / Auriculo-labialis _Naso- -* labialis m, =< 77 a Re N 2 forme ° \ di ~ Olli su saa ee a > Se Darnn > Pal. tive, Sr lalig Fee" Oris 1 Meter oo); Prof undne mat Abb. 2. Katze A. Tiefe Schicht des Nackenplatysma in genetischem Zn- sammenhang mit dem primitiven, auf die Halsregion beschränkten Sphincter colli. Das Platysma ist zum Teil entfernt. Sphincter colli superficialis. Sphincter colli profundus in seiner primitiven Ausdehnung vom Ohre bis zur Mundspalte. Ab- kömmlinge des Sphincter colli profundus. In der Pars oris ist ein Ausschnitt vor- genommen worden, um den Zusammenhang des Buccinators mit der Pars oris dar- zustellen. Aus dem Auricularis ant. sup. ist ein Stück herausgeschnitten, um die genetische Beziehung des Interscutularis mit seinem Stammgebiet, der Pars inter- media, zu zeigen. noch den ursprünglichen Verlauf von der Nackenlinie bis zur Ventral- seite des Halses. Dorsal steht das Platysma noch mit ihm in gene- tischem Zusammenhang (Abb. 2). In gleicher tiefer Lage schließt an den primitiven Sphincter colli nach vorn der Sphincter colli pro- 6 fundus an (Abb. 1). In einigen progressiveren Befunden ist der vor- dere Abschnitt des Sphincter colli in der Mitte durchtrennt. Der ventrale, durch die Durchtrennung selbständig gewordene Abschnitt hat sich über den unteren Rand des Platysma geschoben (Abb. 2) und lagert als Sphineter colli superficialis dieser Schicht auf. Beim Hund (Abb. 3 u. 7) findet sich keine Spur mehr vom dor- salen Abschnitt des primitiven Sphincter colli. Der ventrale Teil desselben hat sich hingegen im Sphincter colli superficialis erhalten. Dieser reicht bei normaler Ausdehnung oralwärts über die Gegend der hintersten Portion des Sphincter colli profundus hinaus (Abb. 3); M. helicis retroauricularis M. auricularis ant. sup. M. interscutularis M. frontalis M. retractor anguli lateralis (oculi) 2 ” M. superciliaris A _M. orbicularis oculi M. levator labii et nasi (Naso-labialis) (aes Platysma } ite , : Pars oris, Sph. c. prof. i Pars palpebralis, Sph. c. prof. : M. auriculo-labialis Pars intermedia, Sph. c. prof. Sphincter colli superficialis Abb. 3. Hund B. Sphincter colli superfieialis, Platysma, Sphincter colli pro- fundus und seine Abkémmlinge (vgl. Abb. 6). häufig zeigt er aber starke Rückbildung (Abb. 7). -Das Platysma ent- springt in primitiver Weise, wie bei der Katze, von der dorsalen Medianlinie (Abb. 3). Dadurch verrät es noch deutlich, von wo aus es seine Entstehung genommen hat. Der Sphineter colli profundus besitzt, wie bei der Katze, die primitive Ausdehnung vom Ohre bis zur Mundspalte (Abb. 6 u. 8). Bei keinem der untersuchten Hunde fand ich hinter der Pars auris des Sphincter colli profundus noch Reste eines tiefen Sphincter colli. Das läßt sich wohl dadurch er- klären, daß beim Hund der ventrale Abschnitt des primitiven Sphincter colli, welcher bei der Katze kaudalwärts an die Pars auris anschloß (vgl. Abb. 1), sich in seiner ganzen Ausdehnung über den unteren Rand des Platysma geschoben hat und so zum Sphincter colli super- “I ficialis geworden ist. Beim Hund bilden also Sphincter colli super- ficialis, Platysma und Sphincter colli profundus drei ganz selbständige Schichten. Dagegen zeigt ihre Innervation durch Aste aus dem Hauptstamm des N. facialis noch mit aller Deutlichkeit, daß sie genetisch eng zusammengehören. 1. Der Sphincter colli superficialis (Abb. 2, 3 u. 7) ist von geringer Bedeutung. Er hat keine Abkömmlinge geliefert. 2. Das Platysma und seine Abkömmlinge. Das Pla- tysma entspringt bei Katze und Hund (Abb. 1, 2, 3 u. 7) mit einer tiefen Lage in primitiver Weise von der dorsalen Medianlinie. Die oberflächliche Lage erreicht die Nackenlinie nicht mehr, sondern hat ventralwärts von ihr Anheftung am Integument erlangt. Beide Ur- 2. Sch. 2. +3. Sch. Abb. 4. Hund F. Retroaurikulére Muskulatur. Die erste Schicht (M. cervico- auriculo-occipitalis) ist entfernt. Die zweite Schicht steht in primitivem, unmittel- barem Anschluß an die tiefe Schicht des Nackenplatysma. sprungsportionen vereinigen sich zur kräftigen, geschlossenen Muskel- lage, die unter dem Ohre vorbei longitudinal zur Mundgegend zieht und dort am Integument inseriert (Abb. 1, 3 u. 7). Vom Platysma leitet sich die gesamte retroaurikuläre Muskulatur ab. Der vorderste Abschnitt des Nackenplatysma mußte frühzeitig Beziehung zur Ohrmuschel gewonnen und sich dann durch weit- gehende Differenzierung in die komplizierte retroaurikuläre Muskula- tur umgewandelt haben. An dieser kann man bei Katze und Hund drei übereinander gelagerte Schichten erkennen (Abb. 4). Die erste Schicht ist immer deutlich von den zwei tieferen Schich- ten geschieden. Sie bildet in ihrer ganzen Ausdehnung einen konti- nulerlichen Muskel (M. cervico-auriculo-oceipitalis), dessen vorderster Absehnitt die Pars oceipitalis (M. oceipitalis) (Abb. 7) ist. 8 Die zweite Schicht bildet mit der tiefen Schicht des Nacken- platysma eine einheitliche Muskellage. Der Anschluß ist meist ein so unmittelbarer, daß an der engen genetischen Zusammengehörigkeit der beiden Muskelgebiete nicht gezweifelt werden kann (vgl. Abb. 4). Auch die Innervation stimmt mit diesem primitiven Muskelbefund überein. Dieses Verhalten ist bedeutsam. Innerhalb der zweiten und dritten Schicht ist es zur Bildung von mehr oder weniger selbständigen cervico-aurikulären Muskeln ge- kommen. Außerdem haben sich einzelne Muskelpartien auf die Ohrmuschel abgelagert und bilden dort die Mm. auriculares proprii. Hier weist wiederum die Katze die primitiveren Befunde auf. Bei ihr befindet sich z. B. der M. helicis retroauricularis (der dem M. helieis der Pri- maten nicht homolog ist) in genetischem Zusammenhang einerseits mit den Mm. obliqui et transversi auriculae, andererseits mit dem M. mandibulo-auricularis. Der vielumstrittene Mandibulo-aurieularis (Rue 1885, CHuAaıne 1903, FÜRBRINGER 1904, Brsvorr 1908 u. a.) gehört also zur retroaurikulären Muskulatur. Beim Hunde hat er vollkommene Selbständigkeit erlangt (Abb. 10), dagegen weist der Innervationsbefund noch mit aller Deutlichkeit auf die Abstammung von der retroaurikulären Muskulatur hin. Außer der retroaurikulären Muskulatur, die insgesamt von den Ästen der Rami postaurieulares des N. facialis versorgt wird, hat das Platysma keine Abkömmlinge geliefert; alle übrigen Gesichtsmuskeln gehören dem Gebiete des Sphincter colli profundus an. 3. Der Sphincter colli profundus und seine Abkömm- linge. Der Sphincter colli profundus zeigt bei Katze und Hund ein recht primitives Verhalten. Er bedeckt als einheitliche, unter dem Platysma gelegene, transversale Muskellage die Seitenfläche des vorderen Halsabschnittes und des Kopfes und dehnt sich vom Ohre bis zur Mundspalte aus (Abb. 2, 6 u. 8). Man kann an ihm folgende Portionen unterscheiden: Pars auris, P. intermedia, P. palpebralis und P. oris. a) Die Pars auris zieht bei Katze und Hund von der ventralen Medianlinie bis hinauf zum Ohre, wo sie am Tragus inseriert (Abbe 1,:2).3' a. 6). b) Die Pars intermedia verläuft bei der Katze von der ventralen Medianlinie ununterbrochen bis hinauf vor das Ohr, wo sie mit dem oberen Teile des M. auriculo-labialis (Zygomaticus) zu 9 einer einheitlichen Muskelplatte, der Intermedio-aurieulo-lab.-Platte, verbunden ist (Abb. 2). Der Zusammenhang der beiden Muskelpartien ist zweifellos ein genetischer, was auch durch die Innervation bestätigt wird. Der Auriculo-labialis ist also nicht ein Abkömmling des Pla- tysma, sondern des Sphincter colli profundus. Somit ist auch der zum Auriculo-labialis in genetischer Beziehung stehende ventrale Ab- schnitt des Orbicularis oculi ein Abkömmling des Sphincter colli profundus. Die Intermedio-auriculo-lab.-Platte steht bei der Katze B (Abb. 1) in genetischem Zusammenhang mit dem Auricularis ant. superior. Dieser befindet sich in genetischem Zusammenhang mit dem M. frontalis, welcher unmittelbar in den Superciliaris, in den dorsalen Abschnitt des Orbicularis oculi und ferner in den Naso- labialis übergeht. Bei der Katze besteht also in primitiven Befunden ein einheit- licher Muskelzug, der vom Ohre aus über die Orbita ununterbrochen bis zur Schnauze reicht (vgl. Abb. 5 u. 2). Ferner finden sich bei der Katze eine Reihe weiterer gene- tischer Zusammenhänge zwischen den einzelnen Muskelindividuen der orbito-fronto-aurikulären Muskulatur: Der Retractor anguli lateralis (oculi) steht bei der Katze B (Abb. 5) noch in genetischem Zusammenhang mit dem Frontalis, während er bei anderen Indivi- duen sich von ihm vollständig losgelöst hat. Der Auricularis ant. inferior (Abb. 1 u. 5) setzt sich unter der Intermedio-auriculo-lab.- Platte mittels einer Sehnenplatte unmittelbar in den Frontalis fort (Abb. 5). Ursprünglich war natürlich der Zusammenhang zwischen den beiden ein muskulöser; die Muskelbündel sind aber durch den Druck der hart aufliegenden Intermedio-auriculo-lab.-Platte zur Aponeurose reduziert worden. Die Grenzen zwischen dieser Sehnen- platte und dem Auricularis ant. inferior einerseits und dem Frontalis anderseits fallen deutlich zusammen mit den beiden Rändern der aufliegenden Intermedio-auriculo-lab.-Platte. Beim primitiven Befunde der Katze B (Abb. 5) schiebt sich eine Muskelpartie des Frontalis unter das vor dem Ohre gelagerte Knorpel- schildchen (Cartilago scutularis, Scutulum) und gelangt als M. sub- scutulo-auricularis bis zum Grunde der Ohrmuschel. Bei der Katze A (Abb. 2) hat dieser Muskel größere Selbständigkeit erlangt. Eine weitere wichtige Differenzierung der Pars intermedia ist der M. interscutularis. Die Varietäten bei verschiedenen Katzen 10 zeigen, wie der Muskel zustande gekommen sein muß. Unmittelbar vor der unteren Kante des Schildchens hatte sich die P. intermedia in zwei Lagen gespalten. Die oberflächliche Lage schob sich über das Schildehen zum Ohre und steht dort in primitiven Befunden bei der Katze, wie erwähnt, noch in genetischem Zusammenhang mit dem Auricularis ant. superior (Abb. 1); die tiefere Lage schob sich unter dem Schildchen dorsalwärts und gelangte schließlich bis zur dorsalen Medianlinie, wo sie mit dem entsprechenden Muskelabschnitt Auricularis ant. superior 4 / Subscutulo-auricularis ? ‚ Interscutularis Frontalis , Orbieularis oculi 7 + =): . » — , Superciliaris + „.Naso-labialis + 1 1 ; 1 4 ! Auricularis ! Trago- Sehnen- ' ant. helicinus inferior platte Retractor anguli lat. (oculi) Abb. 5. Katze B. Darstellung von Abkömmlingen des Sphincter colli pro- fundus: Präaurikuläre und supraorbitale Muskulatur. Der mit der Intermedio-auri- eulo-lab.-Platte in primitivem Zusammenhang stehende Auricularis ant. sup. (vgl. Abb. 1) befindet sich in primitivem Zusammenhang mit dem Frontalis, welcher unmittelbar in den Superciliaris, in den dorsalen Abschnitt des Orbicularis oculi und ferner in den Naso-labialis übergeht. Genetischer Zusammenhang des Auricularis ant. inf., Subscutulo-auricularis und Retractor anguli lateralis (oculi) mit dem Frontalis. der anderen Seite sich verband. In der Folge hat sich der neuge- bildete Muskelabschnitt auf der Unterseite des Schildchens vom Muttergebiet, der Pars intermedia, losgelöst. Auf diese Weise ent- stand der einheitliche, unpaare M. interscutularis, der nun von der Unterfläche des einen Schildchens über das Schädeldach zur Unter- fläche des anderen Schildchens hinüberzieht. Spuren des ursprüng- liehen Zusammenhanges mit der Pars intermedia haben sich jedoch erhalten. So sehen wir in Abb. 2 an der unteren Kante des Schild- 11 . chens zwei kleine Muskelpartien. Die vordere derselben setzt sich unter dem Schildchen unmittelbar in den M. interseutularis fort. Auch im Befund von Abb. 5 ist als letzte Spur dieses ursprünglichen Zusammenhanges ein Sehnenplättchen vorhanden, das vom hinteren unteren Winkel des Schildehens ausgeht und auf der Unterfläche des Schildehens noch eine Strecke weit dorsalwärts reicht. Auf der Vorderseite des Ohres finden sich drei Müskelchen, Trago-helicinus, Trago-tubo-helieinus und Concho-helieinus. Von . M. auric. ant. sup. ( : M. interscutularis \ = ' : M. frontalis . ape te M. retractor anguli lateralis (oculi) M. supercilaris i M. orbicularis oculi M. levator labii et nasi (Naso-labialis) M. trago- . helieinus i M. auric. ant. inf. ~ Intermedio-auri- culo-}ab. Platte M. aurieulo-labialis ~~ Pars Pars oris pars palpebralis Fi ut aurıs interm® Se calle prone Sphincter Pars Abb. 6. Hund B. Der Sphincter colli profundus in seiner primitiven Aus- dehnung vom Ohre bis zur Mundspalte. Abkömmlinge des Sphincter colli profundus. Sphincter colli superficialis und Platysma sind entfernt (vgl. Abb. 3). Die Pars intermedia des Sphincter colli profundus zieht in primitiver Weise von der ventralen Medianlinie ununterbrochen hinauf bis vor das Ohr, wo sie am unteren Rande des Schildchens inseriert. Mit ihr steht der Auriculo-labialis in genetischem Zusammen- hang. Beide zusammen bilden die Intermedio-auriculo-lab.- Platte. diesen ist in den Abbildungen nur der Trago-helicinus sichtbar (Abb. 5).” Alle drei stehen in primitiven Befunden untereinander in genetischem Zusammenhang. Sie werden gemeinsam von Zweigen des Ramus temporalis innerviert. Bei einer Katze fand ich sie in genetischem Zusammenhang mit einer tiefen Schicht des Auricularis ant. inferior. Damit ist ihre Ableitung von der präaurikulären Muskulatur sicher- gestellt. So gelingt es, bei der Katze an Hand der Varietäten schrittweise den stattgehabten Entwickelungsgang dieser Muskulatur zu rekon- struieren. Das Stammgebiet ist also die Pars intermedia. Diese hatte wohl früh ausgedehnte Beziehung zur Ohrmuschel erlangt. Von dort aus bildete sich ein einheitlicher Muskelzug, der ununterbrochen über die Orbita bis zur Schnauze verlief. Aus ihm gingen der Auricularis ant. superior, Frontalis, Superciliaris, der dorsale Abschnitt des Orbicularis oculi und der Naso-labialis hervor. Aus einem unter der Orbita verlaufenden Muskelzug entstanden der Auriculo-labialis und der ventrale Abschnitt des Orbicularis oculi. Innerhalb des Muskel- komplexes vor dem Ohre, der präaurikulären Muskulatur, trat eine reiche Gliederung ein, die z. T. auf das in diese Muskelmasse einge- lagerte Schildchen (Scutulum) zurückzuführen ist. Es bildeten sich * Portio occipitalis Derivate der Pars intermedia, Sph. c. prof. Bene des Cervico-auric.-occipit. -m——— [0202 Platysma Scutulo-auric. med. it interscutularis M. helicis retroauric. . auric. ant. sup. : M. frontalis Q M. retractor anguli lat. . M. superciliaris M. orbicularis oculi x D ~ N J II | S x N x SSS N SN N \ x N M. naso-labialis VS I. Sphincter colli YS u = t ; superfleialis zen Pars oris, Sph. c. prof. Pars inter- : Pars palpebralis, Sph. c. prof. media, M. auriculo-labialis Sph. c. prof. (dorsaler Teil) Abb. 7. Hund A. Sphincter colli superficialis, Platysma, Sphincter colli pro- fundus und seine Abkömmlinge. Der dorsale Abschnitt der Pars intermedia kommt hier zur Ansicht. Er bildet mit dem M. auriculo-labialis (Zygomaticus) zusammen die selbständige Intermedio-auriculo-lab.-Platte. (Der ventrale Abschnitt der Pars intermedia ist aus Abb. 8 ersichtlich.) der Retractor anguli lateralis (oculi), Auricularis ant. inferior, Sub- scutulo-auricularis, Interscutularis und die auf die Ohrmuschel abge- lagerten Mm. trago-helicinus, trago-tubo-helicinus und concho- helieinus. Diese kurzen Angaben mögen zeigen, daß alle hier aufgeführten Muskeln sich vom Sphincter colli profundus, speziell von dessen Pars intermedia ableiten und nicht vom Platysma. Der Sphincter colli profundus hat also in weit umfangreicherem Maße den Mutterboden für die Gesichtsmuskeln gehefert, als bisher allgemein angenommen wurde. Die Befunde bei anderen Säugetieren (Marsupialiern, Insek- tivoren, Prosimiern usw.) sprechen durchaus dafür, daß diese Ab- leitung der Gesichtsmuskulatur für die Säuger allgemeine Gültigkeit besitzt. Beim Hund (vgl. Abb. 6, 7 u.8) weist das Gebiet der Pars inter- media weitergehende Differenzierung auf als bei der Katze. Die einzelnen Muskelindividuen haben größere Selbständigkeit erlangt. So stehen die Mm. superciliaris und retractor anguli lateralis (oculi) in keiner Beziehung mehr zur orbito-aurikulären Muskulatur (Abb. 6 u. 7), der Frontalis ist vollständig vom Naso-labialis losgelöst (Abb. 6 M. auric. ant. sup. M. interscutularis : Sehnenplatte zwischen Frontalis und Auric. ant. inf. ; M. frontalis ; M. retractor anguli lat. N = / M. superciliaris ; WY =“ “ Mz. orbicularis oculi (abgeschnitten) TG ZN y M. levator labii et nasi (Naso-labialis) LAX N, M. maxillo-naso-lab. zZ \ é (Portio labialis) WE GT - ( ery j » oo Wy % WY YA N iy Ui SW MEN: 7 M. auric. ant. inf. i Y ff | HE f J Pars auris Pars inter- media Pars Pars oris (ventraler Teil) palpebralis III. Sphincter colli profundus Abb. 8. Hund A. Sphincter colli profundus und seine Abkémmlinge. (Sphincter colli superficialis und Platysma sind entfernt, ebenso die Intermedio-auriculo-lab.- Platte, vgl. Abb. 7.) Es ist deutlich sichtbar, wie in der Gegend des oberen Platysmarandes die Sphincter-colli-profundus-Portionen Reduktion erlitten haben. Die Pars intermedia ist in der Mitte vollkommen durchtrennt, während sie in primi- tiven Befunden (vgl. Abb. 6) ununterbrochen bis zum Schildchen hinaufzieht. In dieser Abbildung gelangt also nur der ventrale Abschnitt der Pars intermedia zur Ansicht. Er ist ein Abschnitt der einheitlichen Schicht des Sphincter colli profundus geblieben. u. 7), und auch der Auricularis ant. superior zeigt die Tendenz, sich vom Frontalis abzutrennen (Abb. 6). Die Mm. trago-helicinus, trago- tubo-helicinus und concho-helicinus habe ich bei keinem der unter- suchten Hunde in genetischem Zusammenhang mit dem Auricularis ant. inferior angetroffen. Im ferneren hat das dem Ohre vorgelagerte Knorpelschildchen (Scutulum, vgl. Abb. 10) in weitergehendem Maße als bei der Katze auf die Differenzierung der präaurikulären Muskulatur eingewirkt. Für verschiedene Muskeln bietet es ausgesprochene Ursprungs- und Insertionspunkte. So heftet sich die Intermedio-auriculo-lab.-Platte 14 an der unteren Kante des Schildchens fest (Abb. 6 u. 7), während sie bei der Katze in primitiven Befunden über die Außenfläche des Schildchens hinwegzieht und mit dem Auricularis ant. superior noch in genetischem Zusammenhang steht (Katze B, Abb. 1). Der Inter- scutularis entspringt direkt von der dorsalen Kante des Schildehens (Abb. 8); er setzt sich also nicht mehr auf die Unterfläche des Schild- chens fort, wie dies bei der Katze der Fall ist. Der ursprüngliche Zu- sammenhang mit der Pars intermedia ist somit beim Hunde voll- ständig aufgegeben. Der Subscutulo-aurieularis entspringt nur von der Unterfläche des Schildchens und zieht als scharf begrenztes Mus- kelband bis zum Grunde der Ohrmuschel. Nur die Faserrichtung deutet noch auf den ursprünglichen Zusammenhang mit dem Fron- talis hin. Da beim Hund der obere Rand des Platysma in der ganzen Länge dem Sphincter colli profundus hart aufliegt (Abb. 3 u. 7), kommt es längs dieser Linie zuweilen zu starker Reduktion der einzelnen Por- tionen des Sphincter colli profundus (Abb. 6 u. 8). In einem progressi- ven Befund (Hund A, Abb. 7 u. 8) war die Pars intermedia sogar voll- kommen durchtrennt. Der ventrale Abschnitt verblieb der einheit- lichen Schicht des Sphincter colli profundus (Abb. 8), während der dorsale Abschnitt, die Intermedio-auriculo-lab.-Platte, vollkommen selbständig war (Abb. 7). (Damit stimmen auch die Befunde bei Marsupialiern und Prosimiern überein.) Nach jenem Befunde hätte man somit nicht vermuten können, daß die Intermedio-auriculo-lab.- Platte mitsamt der auriculo-orbito-frontalen Muskulatur, dem Orbi- cularis oculi und Nasolabialis zum Gebiete des Sphincter colli pro- fundus gehöre. So hat also beim Hund die Muskulatur der Pars intermedia, in allen Teilen weitergehende Differenzierung erfahren als bei der Katze. Dagegen zeigen die Innervationsbefunde noch deutlich den Gang der Differenzierung an. Die Rami temporalis und zygomatico - orbitalis (Abb. 9), die durch zahlreiche Anastomosen miteinander verbunden sind, versorgen nämlich die Intermedio-auriculo-lab.- Platte und sämtliche Abkömmlinge der Pars intermedia. Es besteht eine auffallende Übereinstimmung zwischen der Verzweigung dieser beiden Facialisäste und dem zugehörigen, ın zahlreiche selbständige Muskelindividuen differenzierten Muskelgebiete. c) Die Pars palpebralis zieht bei Katze und Hund hinawf bis unterhalb des Auges, wo sie dem Orbicularis oculi aufliegt (Abb. 1, - 15 6 u. 7). Bei der Katze steht sie am medialen Augenwinkel in sekun- därem Zusammenhang mit ventralen Bündeln des Orbicularis oculi (Abb. T’u."2). d) Die Pars oris hat die Muskulatur der Lippen, Wange und Schnauze geliefert. Eine tiefe Abspaltung ist der M. buccinatorius, der bei der Katze und zuweilen auch beim Hund unmittelbar an der Mundspalte mit der Pars oris den ursprünglichen Zusammenhang 1. Retroauriculare —____ Facialis-Aste ~-- py 2. Hauptstamm -~~~~ des N. Fac. ae 3, Aste für die tiefen ~~ Fac.-Muskeln Abb. 9. Hund C. Der N. facialis (halbschematisch). 1. Rami auriculares posteriores: für das Nackenplatysma und die gesamte retroaurikuläre Muskulatur. 2. Hauptstamm des N. facialis: R. temporalis (1), R. zygomatico-orbitalis (II), Rr. bucco-lab. sup. et inf. (III und IV), R. colli (V): für die übrige oberflächliche Facialismuskulatur. 3. Äste für die tiefe Facialismuskulatur (R. digastricus und R. stylo-hyoideus). noch bewahrt hat (Abb. 2). Durch Aberration von ventralen Muskel- partien des Buccinators ist der M. mentalis (Abb. 3 u. 8) zustande gekommen. Bei Katze und Hund steht er meist mit dem Buccinator noch in genetischem Zusammenhang. Der Mentalis ist also nicht ein Abkömmling des Platysma, sondern des Sphincter colli profundus. Eine weitere Differenzierung der Pars oris ist der M. maxillo-naso- labialis (Abb. 8), der an der Maxilla feste Anheftung erlangt und sich hernach von der Pars oris vollkommen losgelöst hat. "Sämtliche Abkömmlinge der Pars oris werden von den Rami 16 buceo-labialis sup. et inf. versorgt. Diese beiden Facialisäste stehen untereinander durch zahlreiche Anastomosen in Verbindung (Abb. 9). Es besteht eine auffallende Übereinstimmung zwischen der Ver- zweigung der Rami bucco-labiales und der Differenzierung im zuge- hörigen Muskelgebiet der Lippen, Wange und Schnauze. Il. Tiefe Facialismuskulatur. Die tiefen Facialismuskeln liegen als selbständig gewordene Skelettmuskeln in der Tiefe. Nirgends zeigten sie bei den unter- Spina helicis Cartilago scutularis (Scutellum) , Mandibulo-auricularis M. masseter (durchschnitten) Körbchen : 1 AR: . Antitragus : Tragus : M. biventer mandibulae : M. stylo-hyoideus Incisura intertragica Abb. 10. Hund A. Tiefe Facialismuskulatur. Die oberflächliche Facialis- muskulatur ist bis auf den Mandibulo-auricularis (retroaurikulärer Muskel) entfernt. suchten Katzen und Hunden Spuren der ursprünglichen Beziehung zur oberflächlichen Facialismuskulatur. Der ins Cavum tympani verlagerte und dadurch von den übrigen tiefen Facialismuskeln isolierte M. stapedius wurde nicht berück- sichtigt. Der M. biventer mandibulae von Katze und Hund (Abb. 10 u. 11) ist ein diploneurer Muskel. Nur der hintere Bauch desselben gehört dem Gebiet des N. facialis an, während der vordere Bauch gemeinsam mit dem M. mylo-hyoideus durch den N. trigeminus versorgt wird. In primitiven Befunden sind die beiden Bäuche deut- lich gegeneinander abgesetzt und durch eine Inscriptio tendinea getrennt; in progressiveren Befunden bilden sie einen einheitlichen, gedrungenen Muskelbauch. In einem sehr progressiven Befunde beim Hunde fand sich keine Spur sehniger Reste der Inscriptio mehr vor 17 (Hund A, Abb. 10); dagegen zeigte die doppelte Innervation (N. facialis und N. trigeminus), daß dieser einheitliche Muskel aus einem zweibäuchigen Muskel hervorgegangen war. Der M. jugulo-hyoideus (Abb. 11) ist eine Abspaltung des hin- teren Bauches des Biventer mandibulae. Er entspringt gemeinsam mit letzterem am Os oceipitale und inseriert am dorsalen, knorpligen Abschnitt des Hyoidbogens, welcher durch Bindegewebe lose an den Schädel geheftet ist (Abb..11).. _ ee be Ren apy Der M. stylo-hyoideus (Abb. 10) verläuft bei Katze und Hund als sehlankes Muskelbändehen vom dorsalen Abschnitt des Hyoid- M. jugulo-hyoideus Venter posterior des M. biventer mandibulae ~__ Venter anterior Abb. 11. Katze A. Darstellung des M. jugulo-hyoideus und Venter posterior des Biventer mandibulae. bogens quer über den Biventer mandibulae ventralwarts, um am Corpus hyoidei zu inserieren. Beim Hund zeigt er alle möglichen Stadien der Reduktion. In der vorliegenden Abhandlung habe ich in aller Kürze die wesentlichen Ergebnisse meiner Untersuchungen zusammengefaßt. Ich gestatte mir, an dieser Stelle auf die hoffentlich nicht allzu lange ausbleibende Veröffentlichung der ausführlichen, durch zahlreiche Abbildungen erläuterten Ergebnisse hinzuweisen. Winterthur, Januar 1918. (Eingegangen am 30. Januar 1918.) Anat. Anz. Bd. 61. Aufsätze. 2 18 Nachdruck verboten. Einige Bemerkungen über den Bau der Deckmuskelzellen im Oesophagus sowie dessen Funktion bei Ascaris megalocephala. Von W. J. KULMATTYcKI. Mit 4 Abbildungen. Uber den Bau des Oesophagus bei Ascaris megalocephala findet man einige zerstreute Bemerkungen, keine aber, die in klarer Zusam- menfassung den Bau sowie die Funktion desselben schilderten. Auch diese Angaben sind nicht übereinstimmend und verschiedene Autoren schreiben einzelnen Elementen verschiedene Bedeutung zu. Es er- scheint ziemlich notwendig, die Verhältnisse des Oesophagusbaues bei einem so oft zu verschiedenen Experimenten herangezogenen Tiere wie Pferdespulwurm, zusammenzufassen, sie zu prüfen, damit die Klarheit über den Bau sowie die Funktion zu Tage trete. Der Oesophagus des Pferdespulwurmes besitzt eine Länge, welche proportional der Länge des Tieres ist; gewöhnlich schwankt die erste zwischen 10 und 15 mm. Er besitzt die Gestalt einer zylinderähn- lichen Röhre, die am Anfang dünn, nach hinten sich allmählich erweitert, um endlich in einem wieder etwas verschmälerten Teile (dem Bulbus nach JAGERSKIOLD) an das Enteroderm zu grenzen. Der Querschnitt des Anfanges hat gewöhnlich einen Durchmesser von 1 mm, die größte Anschwellung beträgt bis 2 mm. Der hintere verschmälerte Teil hat 1,2 bis 1,7 mm Durchmesser. Der Querschnitt erscheint oval und ist nach außen von einer Membran umkleidet, welche in ihrem färberischen Verhalten der Grenzlamelle des Mittel- darmes entspricht. Sie ist strukturlos und färbt sich mit allen Farb- stoffen, welehe ich bei meinen Untersuchungen angewandt habe, und zwar wurden gebraucht: Eisenhämatoxylin, Hämatoxylin nach EHrriıcH, R. HEIDENHAIN, DELAFIELD, Hämatein IA nach APATHY, van GIEson, Eosin, Kristallviolett usw. Der Querschnitt enthält in der Mitte ein dreieckiges Lumen (L, Abb. 1), welches von der Cuticula (C, Abb. 1) ausgekleidet ist; diese Cuticula ist homogen. Sie ist desselben Ursprunges wie die äußere körperbedeckende, nur 19 in ihrem färberischen Verhalten zeigt sie andere Eigenschaften, wie schon von Loos hervorgehoben wurde. So färbt z. B. R. HEIDEn- HAIN sches Hämatoxylin die Körperkutikula blau mit grünlichem Ton, dagegen die Oesophagusauskleidung blau mit einem Aschenton, DELAFIELD’sches Hämatoxylin nach Fixation mit CarNnoy-Gemisch die erste hellviolett, die andere gar nicht, nach Sublimateisessig die erste dunkelviolett, die zweite rosa mit violettem Ton, 2% Osmium- säure die erste dunkelbraun, die zweite gelblichbraun, APpatHy’s Häma- toxylin IA die erste violett, die andere gar nicht. Die Orientierung des Oesophagus zum Körper ist folgende: die eine Kante des Lumens zeigt immer genau auf die ventrale Mediallinie, die zwei anderen haben da- gegen eine dorsoventrale Lage. Der Oesophagus _ be- steht aus einigen Elemen- ten, und zwar aus: 1. den Epithelzellen (K u. F, Abb. 1) (welche K. C. SCHNEIDER in die Klasse der Deckmuskelzellen ein- reiht und sie mit den Deck- muskelzellen der Cnidarier vergleicht), 2. Drüsenzellen (D, Abb. 1) und 3. Nervenzellen (N, Abb. 1). Von diesen drei Gruppen werden wir die erste, die Epithelzellen, etwas näher be- sprechen. Die Zahl der Epithelmuskelzellen beträgt nach Loos dreißig, welche Zahl in Anbetracht der bedeutenden Länge des Oesophagus eine recht kleine ist. Zwischen den Zellen sind keine Grenzen zu finden und die Zahl derselben kann in diesem Syneytium nur nach der Zahl der Kerne festgestellt werden. Alle Epithelzellen sind in ihrer Lage weder in Bau noch Funktion gleich. Man kann sie nach diesen Prinzipien in zwei Gruppen einteilen: in die Kantenzellen (K, Abb. 1) und die Flächenzellen (F, Abb. 1). Die Zahl der ersten beträgt sechs, die der anderen vierundzwanzig. Die beiden Arten der Zellen sind verschieden, auch in ihrem optischen und chemischen Verhalten, wie Loos bei Ancylostomum duodenale festgestellt hat. Q* F Abb. 1. Schema des Oesophagus (s. S. 29). 20 Die Kantenzellen erzeugen die sog. Faserplatten (P, Abb. 1), welche einen Längsverlauf besitzen. Außerdem sind vorhanden die Fasern (KF, Abb. 1), die einen radiären, sehr oft schrägen Verlauf nach vorne oder nach hinten besitzen. Die radıären Fasern, welche einen direkten Verlauf von der cuticularen Auskleidung des Oesopha- gus zur Grenzlamelle ohne eine schräge Abweichung nach hinten oder vorne besitzen, liegen zwischen den beiden Reihen der Faser- platten. Sie heften sich an die spitzigste Stelle der Kanten. Die Fasern mit schräg-radiärem. Verlauf sind dagegen außerhalb der Faserplatten gelegen. Das Plasma (die Grundmasse), in welchem die Fasern eingelagert sind, ist etwas dunkler gefärbt als das der Zellen zweiter Art. Die Faserplatten der Kantenzellen haben einen Längsverlauf und bilden „unvollständige Septen‘“ (K. C. ScHNxEIDErR, 1902, 8. 332). Am Querschnitt zeigen sie immer ganz deutlich, daß sie im Innern hohl sind. Die Kontur der Faserplatten ist eine unregelmäßige, während die Form derselben eine konstante ist. Sie besitzen eine stark ver- längerte, ellipsoidische Gestalt, so daß die Wände vollkommen parallel sind. Die Kontur der Wände ist nach innen der Platte glatt, ohne irgendwelehe Vorsprünge in das Innere zu bilden. Die Kontur der Außenseite ist, wie schon bemerkt, keine glatte. Es sind kleine Vor- sprünge zu sehen, welche als Anheftungspunkte für einzelne Stütz- fasern dienen. Was die Struktur der Faserplatten anbetrifft, unter- scheidet K. C. SCHNEIDER eine längsfibrillärstruierte Rinde, die sich intensiv schwärzt, von einem inneren Sarcrest, der an wenigen starken Fasern fehlt und auch an den ersteren nicht immer nachweisbar ist (1902, 8. 332). Zu diesen Beobachtungen von K. C. SCHNEIDER muß man die Bemerkung hinzufügen, daß der innere Teil homogen und strukturlos erscheint. Die Faserplatten bei Ascaris megalocephala liegen immer nur in zwei Reihen geordnet, auf diese Weise, daß jede Reihe einer Kantenzelle entspricht. Niemals habe ich gesehen, dab die Faserplatten an einer Kante des Oesophagus in mehr als zwei Reihen geordnet wären; niemals begleiten auch andere Platten (,,klemere‘‘, wie sie GoLDScHMIDT $. 47 beschreibt) die innere Cuti- cula, wie GoLDscHMIDT für Ascaris lumbricoides gefunden hat. Bei Ascaris megalocephala sieht man eine größere, Platte, der sich zwei oder drei kleinere anschließen, immer aber nur in einer Reihe in jeder Kantenzelle. Die Beschaffenheit der Faserplatten ist bis jetzt eine nicht geklärte und strittige Frage, und während die einen Autoren, 21 wie Loos, (GOLDSCHMIDT, ihnen eine stützende Rolle zuschreiben, betrachtet sie Hamann als muskulöse Gebilde. Zu dieser Frage werden wir noch zurückkehren bei der Besprechung der Tätigkeit des Oesophagus. Die Kerne der Kantenzellen besitzen gewöhnlich ein Paar Nucleolen und sind so wie die Flächenzellenkerne von einem Plasmahof umgeben, welcher um den Kern herum eine sehr feine und zarte Faserung zeigt. In diesem feinen Hof sieht man gar keine Stützfibrillen. Die Stützfasern, so wie sie K. C. SCHNEIDER beschreibt (1902, S. 332: ,,Die Fibrillen verlaufen in den verschiedensten Rich- tungen und meist auffallend stark gewunden. Sıe lösen sich in feinere Fibrillen auf.“‘), findet man gar nicht in diesem Hof; sie liegen etwas vom Kerne ent- fernt. Die Flächenzellen, welche von den Drüsenzellen durch- setzt sind, bestehen aus Plasma mit Kern, Muskelfibrillen und Stützfasern. Die Muskelfibril- len haben einen radiären Ver- lauf (MF, Abb. 1, 2, 3, 4). y Sie heften sich einerseits an die Cuticula, welche Oeso- phaguslumen auskleidet, an- dererseits an die äußere a Grenzlamelle (G, Abb. 2, 3). anya, Querschnitt des Oesophagus (s. S. 29). Die muskulöse Beschaffenheit dieser Bündel wurde von GorLpscHuipr mittels der Vergoldungs- methode außer Zweifel gesetzt. K. Ü. SCHNEIDER schreibt den Fibrillen eine primäre Querstreifung zu. Dem tritt GoLDSCHMIDT entgegen, welcher diese Querstreifung entweder als Artefakt durch die Einwirkung der Färbemethoden entstanden ansieht, andererseits glaubt er, es möge hier ein Vortäuschen der Querstreifung dadurch entstanden sein, „‚daß das wabige Sarcoplasma liegt bisweilen zwischen den Fibrillen in Ge- stalt einer einzigen W.abenreihe. Sind bei der Konservierung die Fibrillen dazu etwas verklebt, so resultiert ein Bild, welches durchaus SCHNEIDER’S Fig. 337 entspricht, indem die Querwände der Waben bei oberflächlicher Untersuchung als Querstreifen erscheinen‘ (Goup- SCHMIDT, §.51—52). Bei Anwendung von zahlreichen Färbemethoden 22 und verschiedenen Konservierungsflüssigkeiten (CARNOY, FLEMMING, Sublimatalkohol, Sublimateisessig, Osmiumsäure) habe ich Quer- streifung niemals erhalten. Eine Ausnahme bilden die mit Eisenhäm atoxylin geschwärzten Präparate. Diese meine Präparate bestätigen jedoch die zweite Meinung von GOoLDSCHMIDT über die Entstehung der primären ‚„Querstreifung‘‘. Man sieht nämlich auf diesen Prä- paraten ganz klar und deutlich, daß die ,, Querstreifung‘ nicht nur im Innern eines Muskelbündels vorhanden ist, sondern daß sie auch zapfenförmig in das umgebende Protoplasma übergeht; auch sieht man an diesem Präparate, auf welche Weise die Querstreifen mit den einzelnen Plasmawaben in Verbindung stehen. Die Längsfasern der Flächenzellen (M, Abb. 1, 2, 3, 4) liegen in einem ungefähr regelmäßigen Sechseck geordnet, und zwar auf diese Weise, daß als drei Ecken die Kanten des Oesophagus fungieren. Als drei andere Ecken des Sechseckes sind zu betrachten die Stellen, welche den tiefsten Einsprungsstellen jedes Drittels der inneren Oesophaguswand entgegengesetzt liegen. Während in den Ecken, welche in den Kantenzellen liegen, die gefensterte Membran (Längs- fasern der Flächenzellen) fast die Grenzlamelle erreicht, ist das bei den anderen drei Ecken nicht der Fall; an diesen Stellen liegt die Membran etwas weiter entfernt von der äußeren Auskleidung des Oesophagus wie an den vorher beschriebenen Stellen. Daß gerade an diesen Stellen die Flächenkerne liegen, ist nicht immer zu sehen, ge- wöhnlich aber sind sie dort zu finden. Die Insertion der gefensterten Membranen erfolgt an der Grenzlamelle in der Umgebung der Kanten- zellen. Die Längsfasern der Flächenzellen sind als gefensterte Mem- branen deshalb zu bezeichnen, da sie an sehr vielen Stellen ineinander übergehen, anastomosieren. Die Bezeichnung gefensterte Membran hat GOLDSCHMIDT eingeführt, indem er schreibt (5. 46): ,,Die Platten .... verbinden sich vielfach miteinander, so daß das Ganze als eine ge- fensterte Membran anzusprechen ist.‘“ Außer dieser vollständig rich- tigen Bemerkung gibt er keine näheren Beweise oder Begründungen, noch eine Abbildung, welche diese Verhältnisse unzweifelhaft schil- | dern möchten. Um die Verhältnisse der gefensterten Membran zu den Muskelbündeln etwas näher studieren zu können, habe ich außer den Querschnitten auch Längsschnitte verfertigt. Die letzten können sehr gut die Behauptung GoLpscmipr’s beweisen. Es ist ungemein schwer, einen Flächenschnitt der gefensterten Membran zu erzielen, da die Membranen nicht als geradlinige, sondern als Bogen im Innern 23 des Oesophagus ausgespannt sind; auch ist es unmöglich mehr wie zwei Fasern an einem Schnitt zu bekommen. Infolge der bogenartigen Ausspannung kann man bei der Serie von einem Oesophagus nur zwei Schnitte, und zwar einen oberen und einen unteren, erhalten, welche die gefensterten Membranen im Flächenschnitt zeigen (Abb. 4). An diesen Schnitten sieht man klar und deutlich, daß wir nicht mit einzelnen Fasern, sondern mit einem einheitlichen Gebilde zu tun haben. Die Membran ist sehr zahlreich von Löchern durchsetzt. Diese Fenster dienen zum Durchtritt der radiären Muskelfibrillen (0, Abb. 2). Man muß zwei Arten von Löchern unterscheiden: 1. die großen und 2. die kleinen. Die ersteren haben gewöhnlich eine stark verlängerte ellipsoidische Gestalt und sind auf gewisse Strecken zu verfolgen. Sie sind mit einem Plasma erfüllt, das eine fein- wabige bis netzartige Struktur besitzt, welcher jedoch sehr feine Granulationen zugrunde liegen. Die kleinen Löcher sind auch von ellipsoidischer Gestalt, je- doch sind sie viel kleiner wie die ersterwähnten. Was die Struktur der Mem- branen anbetrifft, so gibt K. C. SCHNEIDER an, daß ‚‚die dicksten Fasern vielfach schlauchförmige Gebilde“ (1902, §. 333) seien. Abb. 3. Oesophagus-Querschnitt (s. S. 29). Diese Beobachtung ist insofern eine tnvollkommene, indem die Schlauchform mit der Dicke einzelner Membranteile gar nichts zu tun hat. Die Membran ist sicher stellen- weise verdoppelt, wie man oft an den Querschnitten deutlich sehen kann. Diese Verdoppelung tritt jedoch nur an wenigen Stellen, gar nicht an den dicksten, wie K. C. SCHNEIDER behauptet, hervor. Inihrem größten Teile sind die Membranen entweder einfach oder die beiden Wände sind so nahe aneinander gerückt, daß man die trennende Höhle nieht mehr zum Sehen bekommt. Die innere Struktur der Membranen ist eine faserige, da man an den Flächenschnitten ge- wisse Längsstreifen beobachten kann (FL, Abb. 4). Was die nächste Umgebung der gefensterten Membranen anbetrifft, so sind sie von 24 einem Plasmahof umgeben, der sehr schwer konservierbar, beim Schneiden am Mikrotom sehr leicht wegfällt und nur bei der An- wendung der Osmiumsäure erhalten bleibt, wobei er eine dichtkörnige Struktur besitzt und mit diesem Konservierungsmittel sich Intensiv schwärzt (X, Abb. 2). Dieser Hof von diehtkörnigem Plasma kann sehr leicht durch sein Ausfallen beim Schneiden irre führen: man glaubt dann, die gefensterte Membran liege entweder in einer Reihe von großen Plasmawaben oder in einem vollständig plasmafreien Raume. Dieses dichtkörnige Plasma hat eine unregelmäßige Gestalt, welche sich jedoch ungefähr dem Verlaufe der Membranen anpassen muß. Die Kerne (A, Abb. 3) liegen, von einem Ring der feinen zirkulär- verlaufenden Fäden umgeben, welche sich viel heller mit den Farb- stoffen tingieren wie der Rest des Plasmas, in der Höhe der Membranen. Abb. 4. Tangentialer Längsschnitt des Oesophagus (s. S. 29). K. C. ScHNEIDER gibt an: „Die .... Flächenfasern .... verlaufen in der Hauptsache longitudinal unter dem Niveau der Kerne‘ (1902, 8. 333). Diese Behauptung K. Ü. ScHnEIDER’S, die Kerne lägen höher wie die gefensterte Membran, muß man in der Weise korrigieren, dab die Kerne fast immer in der Höhe der Membranen liegen (A, Abb. 3). Die gefensterten Membranen treten ganz nahe an den Kern, so daß dieser wie zwischen ihnen aufgehängt in demselben Niveau erscheint. Das Plasma in der Umgebung des Kernes ist ein feinkörniges bis fast homogenes. Der hellere faserige Ring um den Kern herum wurde schon oben erwähnt. In den Flächenzellen zeigt das Plasma eine wabige Struktur, zwischen den Waben verlaufen jedoch auch feine Fasern. — 25 Die Flächenzellen sind von Drüsenzellen durchsetzt, auf diese Weise, daß die Muskelbündel an den Längsschnitten wie isolierte Inseln im Drüsenmeere erscheinen. Wenn ein Längsschnitt gerade durch die Mitte des Oesophagus geht, dann erscheinen wiederum die Muskelbündel wie schlanke Säulen, welche sich unten und oben ver- einigen, während die Drüsenzellen fensterartig dazwischen liegen. Diese Drüsenzellen haben einen großen Einfluß auf die innere Ge- staltung des Oesophagus bei Ascaris megalocephala, nicht aber einen so bedeutenden, wie JAGERSKIOLD es für Ascaris osculata Rud. be- schreibt, bei welchem Tiere im hintersten Teile des Oesophagus das Lumen aus einem dreizackigen Sterne in eine T-ähnliche Figur infolge der mächtigen Entwickelung der Dorsaldrüse umgestaltet ist. Der Bau des Oesophagus bei Ascaris megalocephala ist ein kompli- zierter. Er stimmt jedoch vollständig mit seiner Funktion. Die bis- herigen Forscher haben die Rollen, welche verschiedene Elemente der Epithelzellen spielen, manchmal verkannt. So z. B. wurden bisher sehr wenig die stützenden (Skelet-)Elemente des Oesophagus berück- sichtigt. Für diese Skeletelemente halte ich 1. Grenzlamelle, 2. innere cuticulare Auskleidung des Oesophagus, 3. Kantenzellen mit ihren Bildungen, 4. gefensterte Membranen. Um diese Lücke auszu- füllen, möchte ich die Rollen, welche die einzelnen Elemente bei der Funktion des Oesophagus spielen, etwas näher erörtern. Die Funktion des Oesophagus bei Ascaris megalocephala ist eine saugende, indem die Nahrung aus dem Darme des Pferdes pumpen- artig aufgenommen wird. Die Muskelbiindel der Flächenzellen er- weitern das Lumen des Oesophagus von vorn nach hinten und dadurch wird die Nahrungsflüssigkeit in den Darm des Wurmes eingepumpt. Als Antagonistin der Muskelbündel der Flächenzellen wirkt die cuticulare Auskleidung des Oesophagus, welche eine gewisse Rlastizität besitzt und das Zurückkehren des Lumens in seine frühere Lage be- wirkt. Was für eine Rolle spielen bei diesem Akt die Kantenzellen ? Sie wirken nur stützend, indem sie die Kanten des Oesophaguslumens fest fixieren und ihnen nicht erlauben, ihre frühere Lage zu verlassen. Hier werde ich einige Bemerkungen machen über die von Hamann aufgestellte Theorie über das Funktionieren des Oesophagus bei den Nematoden. Seine theoretischen Bemerkungen stützt er auf die Beobachtungen bei Lecanocephalus annulatus Molin, dessen Bau prinzipiell nicht vom Oesophagus bei Ascaris megalocephala ver- schieden ist. Hamann glaubt, daß als muskulöse Elemente im Oesopha- 26 gus nicht die Muskelbündel der Flächenzellen, sondern die Stütz- fibrillen der Kantenzellen anzunehmen sind; er behauptet (8. 61): „Sie ohne weiteres als Muskelfasern anzusprechen, liegt kein Grund vor; zumal sie durch ihre Feinheit sich von den sonst im Nematoden- körper vorkommenden Muskelfasern unterscheiden. Als Muskel- fasern möchte ich nur die sich von den Radialfasern durch ihre Stärke, ihr Verhalten Farbstoffen gegenüber unterscheidenden radialen Fasern benennen, die in den Eceken des Schlundes sich finden und sich tatsächlich kontrahieren. Diese Fasern sind imstande, durch ihre Kontraktion das Lumen zu vergrößern und durch Nachlassen wieder zu schließen.“ Diese Darstellung von Hamann ist eine falsche, indem bei der Saugfunktion des Oesophagus die Kanten- zellen ganz andere Rollen spielen, wie es oben bemerkt wurde. An der Stelle muß man auch bemerken, daß die Befürchtung Hamann’s, man habe es hier mit Muskelfasern zu tun, welche ,,durch ihre Fein- heit sich von den im Nematodenkörper vorkommenden Muskelfasern unterscheiden“, eine ganz richtige ist; sie erscheint in ganz anderem Lichte jedoch, wenn man daran erinnert, daß der Oesophagus bei den Nematoden ektodermalen Ursprungs ist, während die Körper- muskelzellen anderen Ursprungs sind. Die Bemerkung von Hamann, daß die Kantenzellen einen anderen Bau besitzen, ist eine richtige, und in diesem Falle stimmt er mit Loos überein, welcher für An- kylostomum duodenale das andere optische und chemische Verhalten der Kantenfasern von den Flächenfasern nachgewiesen hat. Die Kantenfasern sind nicht kontraktil, wie GOLDSCHMIDT gezeigt hat, indem der Elastinnachweis weder mit Orzein noch mit KOH ein positiver war. Nach meinen Beobachtungen findet man die Faser- platten weder in einem zusammengezogenen Zustand, noch in einem nach außen gewölbten Zustand, welcher wohl die Kontraktion andeuten möchte; höchstens wurde eine S-förmige bis wellenförmige Krümmung der Faserplatten beobachtet, welche, da das Oesophagus- lumen gar nicht offen, sondern geschlossen war, auf eine Einwirkung der Fixierungsflüssigkeiten zurückzuführen ist. Die Kantenzellen fungieren als Skeletelemente für das Lumen; diese Rollen spielen in ihnen sowohl die Faserplatten wie die Stützfasern. Die radiären Stützfasern der Kantenzellen können sich auf dreierlei Weise inserieren: 1. einerseits am Lumen, andererseits an der Grenzlamelle, 2. am Lumen und an den Faserplatten, 3. an den Faserplatten und an der Grenzlamelle. Diese Arten der Befestigung verleihen den Kanten- 27 zellen einen hohen Grad von Festigkeit. Schließlich möchte ich noch hinzufügen, daß sowohl Loos wie GoLpscHMIprT den Kantenzellen eine stützende Rolle im Aufbau des Oesophagus zuschreiben. Im weiteren werden wir die Funktion der Grenzlamelle, der gefensterten Membranen sowie der Faserplatten besprechen. Die äußere Grenz- lamelle hat die Rolle eines stützenden Elementes, indem sie dem ganzen Oesophagus eine gewisse Starrheit verleiht, andererseits als Anhangspunkt für die Muskelfibrillen der Flächenzellen und die Stütz- fasern der Kantenzellen bildet. Die Starrheit des Oesophagus wird vergrößert durch die gefensterten Membranen, die bogenartig aus- gespannt sind, wobei die Konkavität nach außen offen ist. Diese Anordnung unterstützt nicht nur die Grenzlamelle bei ihrer Funktion, sondern sie ist auch den Kantenzellen behilflich. Warum die ge- fensterten Membranen im vordersten Teile des Oesophagus nicht bogenartig ausgespannt sind, sondern mit der Grenzlamelle einen ungefähr parallelen Kreis bilden, darüber wird noch unten berichtet. Die gefensterten Membranen dienen gleichzeitig auch als eine Längs- stütze des Oesophagus. Die Faserplatten fungieren als analoge Gebilde. Die beiden Stützelemente: Faserplatten und gefensterte Membranen, rufen hervor, daß der Oesophagus in der Längsrichtung kein kontrak- tiler ist, was man sehr gut beim Abschneiden des Vorderendes eines Wurmes beobachten kann. Nach dem Ausführen des Schnittes zieht sich die äußere Cuticula mit den Muskelfeldern zusammen, während der Oesophagus frei aus der Öffnung hervorragt. Im vordersten Teile des Oesophagus fehlen die Faserplatten vollständig, während die ge- fensterten Membranen einen anderen Verlauf haben wie in den weiter nach hinten gelegenen Regionen. Die gefensterten Membranen sind hier nicht bogenartig ausgespannt, sondern sie bilden einen Kreis, welcher fast parallel der Grenzlamelle verläuft. Dieses Anordnen der gefensterten Membranen sowie Fehlen der Faserplatten an dieser Stelle ermöglicht eine größere Bewegungsfreiheit des vordersten Teiles, und zwar des Mundes mit den drei Lippen. Diese theoretische Behauptung findet ihre Begründung bei der Beobachtung der leben- digen Tiere; wenn man die Pferdespulwürmer in warmer physiolo- gischer Kochsalzlösung während des Lebens beobachtet, so fällt es sofort auf, daß die Tiere die heftigsten Bewegungen nach allen Seiten init dem Munde ausführen, während dagegen eine Strecke des Leibes, welche der Oesophaguslänge entspricht, zwar auch gehoben wird, aber fast steif und ungebogen bleibt. Mit dem ist auch die etwas zurück- 23 gebliebene Ausbildung der Körpermuskelzellen längs des Oesophagus verbunden. Hier sind die Körpermuskelzellen viel schwächer aus- gebildet wie in der Region, welche dicht hinter dem Oesophagusende liegt. Die Erklärung der Steifheit des Oesophagus bei den Bewegungen finde ich eben in diesen zwei Umständen des Baues, von welchen oben berichtet wurde. | Schließlich möchte ich einige Bemerkungen über die Drüsenzellen sowie die Funktion derselben hinzufügen. Was für ein Sekret die Oesophagusdrisen liefern, ist ziemlich unsicher. Coss (angeführt nach JÄGERSKIÖLD) betrachtet sie bei Ascaris Kükenthali, Ascaris bulbosa sowie Oxyurus vermicularis als eine Art der Speicheldrüse. Außer dieser Auffassung der Oesophagusdriisen als Speicheldrüsen kommt auch eine andere in Betracht: ob wir vielleicht hier nicht mit einer Drüse zu tun haben, welcher Sekret, die für den Nematodenkörper giftigen Substanzen des Pferdedarmes, zu beseitigen und zu neutrali- sieren hat? Beide Anschauungen sind natürlich vorläufig vollständig gleichberechtigt, bevor nicht ein experimenteller Nachweis geliefert wird. Die Entleerung der Drüse erfolgt auf diese Weise, daß durch Kontraktion der Muskelbündel der Flächenzellen das Volumen der Drüsen, welche den Leib der Flächenzellen durchsetzen, vermindert wird und die Sekrete durch den Ausführungsgang in das Lumen des Oesophagus gelangen müssen. In Folge dessen wird die Nahrung während der Aufnahme mit den Sekreten der Drüsen vermischt. Literatur. EHLERS, HERMANN, Zur Kenntnis der Anatomie und Biologie von Oxyurus curvula Rud. Arch. f. Naturgesch., Jahrg. 56, Bd. 1, 1899. HAMANN, Otto, Die Nemathelminthen. Zweites Heft. Jena 1895. GOLDSCHMIDT, RICHARD, Der Chromidialapparat lebhaft funktionierender Zellen. Zool. Jahrb., Anat., Bd. 21, 1905. JAGERSKIOLD, L. A., Beiträge zur Kenntnis der Nematoden. Zool. Jahrb., Anat., | Bd. 7, 1894. | LEUCKART, RUDOLF, Die menschlichen Parasiten. Leipzig 1863 — 76. Loos, A.. Über den Bau des Oesophagus bei einigen Askariden. Centralbl. f. Bakteriologie. Parasitenkunde und Infektionskrankheiten, 1. Abteilung, Bd. 19, 1896. SCHNEIDER, ANTON. Monographie der Nematoden. Berlin 1866. SCHNEIDER, KARL UAMILLo, Lehrbuch der vergleichenden Histologie der Tiere. Jena 1902. SCHNEIDER, KARL CAMILLo. Histologisches Praktikum der Tiere. Jena 1908. 29 Erklärung der Abbildungen: Abb. 2, 3, 4 sind nach den mikroskopischen Präparaten mit Assr’schem Zeichenapparat hergestellt. Ocular 2. Homogene Ol-Immersion 1/,,. Tubuslänge 170 mm. Die Abbildungen (alle) sind um !/, verkleinert. Abb. 1 ist ein Schema des. Oesophagus. Abb. 2 stellt einen Querschnitt durch den Oesophagus dar. Fixation: 2 proz. Osmiumsiaure. Abb. 3. Ein Querschnitt durch den Oesophagus in der Region eines Flächen- kernes. Fixation: Pikrin-Sublimat. Färbung: Hämatoxylin nach R. Herpennain. : Abb. 4. Tangentialer Längsschnitt durch den Oesophagus. Fixation: FLemmine. Färbung: Hämatoxylin nach DeLarıer». Abkürzungen in den Abbildungen: A Kern, C cuticulare Auskleidung des Oesophaguslumens, D Oesophagusdriise, F Flächenzelle. FL Längsfaserung der gefensterten Membran, G äußere Grenz- lamelle, H Hof von feinfaserigem Plasma um den Kern, A Kantenzelle, AF’ Kanten- faserr, L Oesophaguslumen, M gefensterte Membran, MF Muskelfasern der Flächen- zellen, N Nervenzellen, O Löcher in gefensterter Membran, P Faserplatten, X dicht- körnige Substanz neben den gefensterten Membranen. (Eingegangen am 21. Oktober 1917.) Nachdruck verboten. Die Vaskularisation des hyalinen Knorpels. Von Dr. Anton Sross, Vet. d. Res. (Aus dem anatomischen Institut der tierärztl. Fakultät München.) Bei einer Untersuchung über die permanenten Endknorpel der Rückendornfortsätze des Pferdes fielen mir die reichlichen Ge: fäße dieser Knorpel auf. Bezüglich der Vaskularisation des hyalinen Knorpels sind die Angaben in den Lehrbüchern sehr spärlich. In der „Anatomie des Menschen‘ von RAUBER-KopschH, 7. Auflage, heißt es: „Beim erwachsenen Knorpel werden in der Regel keine Gefäße mehr gefunden.“ Im Handbuch der vergl. mikrosk. Anatomie der Haustiere von ELLENBERGER — Knorpelgewebe, von LUNGWITZ —: „Blutgefäße fehlen im ausgebildeten Knorpel, mit Ausnahme des Septum narium. Im wachsenden Knorpel und in demjenigen, der sich in Knochen umwandelt, kommen Gefäße vor, welche zunächst allerdings zur Verknöcherung Bezug haben.“ Im Lehrbuch der Histologie von STÖHR-ScHuLtze 1915: „Das Perichondrium ist der \räger der Nerven und der Blutgefäße; letztere liegen bei wachsenden Knorpeln auch in diesen selbst, in eingegrabenen Kanälen; beim Er- wachsenen sind die Knorpel gefäßlos; die Ernährung erfolgt durch Diffusion von der Oberfläche her.“ Dem erwachsenen Knorpel wird also bis auf den Nasenscheide- 30 wandknorpel jede Vaskularisation abgesprochen. Dagegen soll der wachsende Knorpel nach Schutze Gefäße besitzen, die in Kanälen verlaufen. Letztere Angaben kommen meinem Befunde sehr nahe. Es ist aber nirgends zu ersehen, in welcher Beziehung die vorhandenen Gefäße zur Grundsubstanz stehen; ob eine Adventitia der Gefäße vorhanden ist und ob gegebenen Falles sich diese in der Grundsub- stanz verliert oder scharf begrenzt ist. Die Vaskularisation der Rückendornknorpel ist eine sehr reich- liche und die Gefäße bzw. die Gefäßkanäle sind an den Schnitten mit freiem Auge sichtbar und dadurch markiert, daß in ihrer näch- sten Umgebung der Knorpel bei Hämalaunfärbung fast ungefärbt, bei Säurefuchsinfärbung intensiv gefärbt ist. Diese Oxyphilie des Knorpels unter dem Perichondrium erwähnt auch J. SCHAFFER!). Sie hängt unzweifelhaft mit der Durchsaftung mit Lymphe zusammen, denn hier wie dort bestehen ähnliche Ernährungsverhältnisse. Zwischen den sichtbaren Gefäßstellen ist der Knorpel vollständig sefäßlos. Ein Kapillarnetz wie in anderen Gewebsarten ist bekannt- lich im hyalinen Knorpel nieht vorhanden. Betrachtet man nun die Gefäßstellen bei mittlerer Vergrößerung, so erscheinen sie an den Rückendornknorpeln des Pferdes als Räume von 150 bis 750 u Durchmesser, rundlich oder länglich, je nach der Schnittrichtung, mit zartem, fibrillärem Bindegewebe, in welchem Gefäßquerschnitte verschiedenen Kalibers eingelagert sind, meist eine kleine Arterie mit deutlichen Mediakernen und mehrere blut- gefüllte Venen. In den Längsschnitten von Gefäßkanälen sind Kapil- laren oft deutlich erkennbar. In größeren Gefäßräumen bilden sie ein deutliches Netz. Auch Venennetze — vielleicht stark erweiterte . Kapillaren — finden sich vor. Das die Gefäße. einhüllende Binde- gewebe erscheint in dünnen, stark gefärbten Schnitten scharf vom Knorpelgewebe getrennt; ein allmählicher Übergang wie an der Periehondriumgrenze findet nicht statt. Bei den schon mit bloßem Auge sichtbar durchlöcherten Knor- peln, wie der Hufknorpel an seinem freien Rande, der Schulterblatt- knorpel, zieht sich das Perichondrium in die weiten Gefäßkanäle hinein und verhält sich wie an der Oberfläche des Knorpels. Die Knorpelzellen sind häufig, aber nicht immer in Reihen radiär zu den Gefäßquerschnitten orientiert. Das mag mit der funk- tionellen Struktur der Rückendornknorpel zusammenhängen. Wenn 1) Verhandlungen der Anat. Ges. Leipzig 1911. 31 irgendwo, so ist sie hier vorauszusetzen, und die Zellen wie die Gefäße müssen sich in ihrer Lagerung der trajektoriellen Struktur der Grund- substanz anpassen, so müssen sich bestimmte Lagebeziehungen der Zellen zu den Gefäßen ergeben. Aber auch an anderen Knorpeln, welche keinerlei Belastung erfahren, z. B. der Nasenscheidewand des Pferdes, ist die Reihenstellung der Zellen um quergetroffene Gefäß- kanäle unverkennbar. Vielleicht sind radiär zum Gefäßkanal verlaufende Lymphspalten in der Grundsubstanz auf die Anordnung der Zellen von Einfluß. Die Knorpelzellen scheinen mit der Entfernung vom Gefäß- kanal an Größe eminent zuzunehmen. Die entfernt liegenden sind tatsächlich größer, der Unterschied ist aber nicht so bedeutend; die nächstliegenden messen 15 bis 20 p, die entfernteren bis 30 u. Während die schwachen Kapseln ersterer in Hämalaun fast ungefärbt bleiben, besitzen letztere eine starke, sich intensiv färbende Kapsel, auch sind mehrere Zellen in einer primären Kapsel eingeschlossen, so daß die zelligen Elemente bei schwacher Vergrößerung um so größer erscheinen, je weiter sie vom Gefäßkanal entfernt liegen. In den Knorpeln der Rückendornen eines 6 Monate alten Kalbes sind die Gefäßkanäle viel enger (60 bis 90 p), aber zahlreicher, das Bindegewebe um die Gefäße sehr spärlich. Die Rückendornknorpel eines 4 Monate alten Fohlens zeigen ähn- liche Verhältnisse, nur sind die Gefäßkanäle bis 180 p weit. In beiden Fällen findet man meist nur ein Gefäß in einem Kanal. Die Kapillar- übergänge sind sehr spärlich. Die radiire Zellanordnung ist besonders um quergetroffene Kanäle sehr deutlich; eine Vergrößerung der Zellen und ihrer Kapseln gegen die Peripherie hin ist nicht festzustellen. Wie die Rückendornknorpel dieser jungen Tiere verhalten sich auch die primordialen Skeletteile älterer (7 Monate alter) Pferde- und Rinderfeten. Die zahlreichen Gefäßkanäle von 50 bis 80 p. Weite haben einen durchschnittlichen Abstand von 1 mm. Sie stehen zur Ossifikationszone in gar keiner Beziehung. Im Primordialskelett kleinerer Säuger — Hund, Katze — finden sich keine Gefäßkanäle. Wenn nach Scuuttze im Primordialknorpel des Menschen Ge- fäße „in eingegrabenen Kanälen‘ vorkommen, während die Knorpel des Erwachsenen gefäßlos sind, so liegt dies in den absoluten Größen- verhältnissen des ersteren begründet. Das Septum narium vom Pferd, welches Lunewirz als vas- kularisierten Knorpel besonders erwähnt, zeigt im großen ganzen 32 dieselben Verhältnisse wie die Dornknorpel erwachsener Pferde, nur sind die Gefäßkanäle spärlicher und enger. Kehlkopf- und Trachealknorpel der großen Haustiere sind gut vaskularisiert, die des Menschen, des Hundes, der Katze, des Schafes, der Ziege nicht. Aus vorliegender Untersuchung dürfte hervorgehen, daß 1. jeder permanente und transitorische Knorpel, dessen Umfang eine Durchsaftung durch die Gefäße des Perichondriums ausschließt, vaskularisiert ist; 2. die Vaskularisation des Knorpels mit der des Knochens zu vergleichen ist, indem die Gefäße in Kanälen verlaufen und innerhalb derselben auch die Auflösung in Kapillaren stattfindet. In der Grund- substanz sind niemals Kapillaren eingebettet. 3. Im wachsenden Knorpel kommen nur dann Gefäße vor, wenn sein Umfang die Ernährung vom Perichondrium aus unmöglich macht. Diese Gefäße stehen aber in keiner Beziehung zur Ossifikation. Ich glaube, daß die Festlegung dieser Daten besonders in patho- logischer Hinsicht, z. B. zur Beurteilung von Wachstumsanomalien transitorischen Knorpels, gerechtfertigt erscheint. Bamberg, im Februar 1918. (Eingegangen am 11. Februar 1918.) Druckfehler-Berichtigung. In dem Aufsatz von O. Grosser, Die Aufgaben des Eileiters der Säuge- tiere, diese Zeitschr. Bd. 50, Nr. 21/22, soll es auf Seite 498, Zeile 5 von unten, heißen: „fertile‘“ Kopulation, statt „taktile“ Kopulation. Die auf S. 504, Anm., zitierte Angabe Hexsens über den Transport von Sperma durch Muskelwirkung bezieht sich nicht auf die Tube, sondern auf den Uterus; das Sperma wird durch die Peristaltik nur bis an die uterine Tubenmündung befördert. Es besteht demnach kein Gegensatz zwischen den Angaben von HENsEN und SOBOTTA. Abgeschlossen am 3. April 1918. Weimar. — Druck von R. Wagner Sohn. ANATOMISCHER ANZEIGER Centralblatt für die gesamte wissenschaftliche Anatomie. Amtliches Organ der Anatomischen Gesellschaft. Herausgegeben von Prof. Dr. Karl von Bardeleben in Jena. Verlag von Gustav Fischer in Jena. Der „Anatomische Anzeiger‘‘ erscheint zweimal im Monat in Einzelnummern oder einmal in Doppelnummern. Der Preis eines Bandes von 24 Nummern beträgt Mk. 20.—. Das Erscheinen der Bände ist unabhängig vom Kalenderjahr. 51. Bd. 86. Mai 1918. 3 No. 2/3. Aufsätze. InHaLt. Th. E. de Jonge Cohen, Die Morphogenese der oberen Prämolaren. Mit 1 Tafel und 5 Abbildungen. S. 33—48. — Martin Heiden- hain, Die Entdeckung der Noniusfelder in der quergestreiften Muskelfaser. Mit einer Abbildung. S. 49—53. — A. Fischel, Cart Rast +. Mit Bildnis. (Tafel.) S. 54—79. — W. Roux, WALTER GEBHARDT +. S. 79—80. Personalia. S. 80. Aufsätze. Nachdruck verboten. Die Morphogenese der oberen Prämolaren. Von Dr. med. dent. Ta. E. pe JonGE CouEn, Assistent für Zahnheilkunde an der Reichsuniversität zu Utrecht. Mit 1 Tafel und 5 Abbildungen im Text. (Aus dem anatomischen Laboratorium der städtischen Universität zu Amsterdam.) Einleitung. Ziemlich allgemein wird in der Literatur die Aufmerksamkeit darauf hingelenkt, daß die Struktur unserer Bicuspidati weniger einfach ist, als ihr Name vermuten läßt. Gewöhnlich werden dann die oberen Prämolaren als Beispiel genommen; hinsichtlich der unteren Prämolaren begnügt man sich in der Regel damit, darauf hinzu- weisen, daß ihre Zusammensetzung im Prinzip dieselbe sei, eine An- sicht, die, wie wir später noch des Nähern sehen werden, durchaus falsch ist. Anat. Anz. Bd. 51. Aufsätze. 3 34° 71 777 | In meiner Monographie „Die Kronenstruktur der unteren Prä- molaren und Molaren, ein Beitrag zu der Morphologie des mensch- lichen Gebisses,‘‘ habe ich mich mit der Formerklärung unserer unteren Prämolaren beschäftigt und bin ich auf Grund der von mir festgestellten Erscheinungen zu der Schlußfolgerung gelangt, daß ihre bukkale Kronenhälfte konstant aus drei Elementen zusammen- gesetzt ist, deren gegenseitige Begrenzung zwar häufig undeutlicher werden kann, die jedoch in jedem Falle alle drei vorhanden sind. Und was das Deuteromer anbelangt, so glaube ich, daß ich auch hier — wenigstens bei den sog. „zweihöckerigen‘“ Formen — das Vorhandensein dreier Elemente habe feststellen können, welche zu- sammen mit denjenigen des Protomers ein Zahnorgan bilden, das Bork mit Recht betrachten kann als einen ,,dimeren Säugerzahn in höchster Ausbildung, d. h. soweit er noch vor der Ummodellierung und Spezialisierung auftritt“). (Kronenformel: ee Diese sechshöckerige, ‚‚sexituberkuläre‘“‘ Form konnte ich in ge- wissem Sinne als Grundform ansehen, aus der sich dann eine zweite, mehr progressive entwickelt, die quintituberkuläre, mit der Kronen- P2 formel Dies ist in Kürze meine Auffassung von den unteren Prämolaren. Die erzielten Resultate schienen mir wichtig genug, um nunmehr zu untersuchen, welche Verhältnisse wir in dem Oberkiefer finden würden. Daß ich auch hierbei zu Ansichten gelangt bin, die vollkommen von den bisher gehuldigten Auffassungen abweichen, findet wenig- stens teilweise ohne Zweifel seine Erklärung in dem Umstande, daß mir abermals das Museummaterial Prof. Dr. BorLk’s zu Diensten stand, wodurch ich mich ihm zu aufrichtiger Dankbarkeit verpflichtet erachte. Von besonderem Wert schien es mir, gerade in Verband mit der erst kürzlich publizierten Untersuchung van Loon’s, auch dessen Untersuchungsmaterial studieren zu können, und daher möge auch ein Wort des Dankes an Herrn Grevers, den Direktor des Zahnärzt- lichen Universitätsinstituts zu Utrecht, hier sicherlich nicht fehlen. 1) Bork, Odontologische Studien II, 8. 27. 35 Von den fünf Flächen unserer Prämolarkrone ist funktionell — und also auch anatomisch — die okklusale Fläche zweifelsohne die wichtigste; wir finden dort die beiden Höcker, den bukkalen und den lingualen, durch einen sagittal verlaufenden Sulcus voneinander ge- trennt, der sich in der Regel nicht nur bis auf die beiden approximalen Flächen fortsetzt, sondern sich gleichzeitig beiderseits in zwei nach bukkal bezw. lingual verlaufende Furchen spaltet (s. Abb. 1b). Von diesen beiden ist die bukkale in der Regel etwas tiefer ge- furcht als die linguale, völlig entsprechend dem Charakter des gleich- Bukkal nl 2 = Bukkale | & se] Hälfte der S = Randleiste a 4 ) = Linguale- NPS dar Lingual a b Schema von der okklusalen Flache eines sexituberkulären (sechs- höckerigen) unteren Prämolars. Schema von der okklusalen Fläche eines oberen Prämolars. Abb. 1. namigen Höckers, der ja ebenfalls kräftiger entwickelt ist als der linguale. Vergleichen wir die Kauflächen vom oberen und unteren Prä- molar, dann zeigt sich zunächst ein auffallender Unterschied im Furchensystem: der Verlauf der Furchen ist bei den oberen Prä- molaren einfacher als bei den unteren, wo ja bukkale und linguale Furchen einander niemals berühren werden, sondern wo sie stets durch die mesio- bezw. disto-zentrale Furche getrennt bleiben. Ein anderer wesentlicher Unterschied ist die Lokalisation der beiden Höcker in bezug aufeinander. Während diese bei symmetrisch- sexituberkulären unteren Prämolaren in derselben bukko-lingualer Achse liegen, sind sie im Oberkiefer in den meisten Fällen gegen- einander verschoben. Beschränken wir uns nunmehr auf den bukkalen Höcker, dann sehen wir, daß auch bei den oberen Bicuspidaten die bukkalen Furchen 3* 36 die Kaufläche in drei Zonen teilen. Hierdurch wird also ein Zustand geschaffen, der sich — wenigstens bis zu einer gewissen Höhe — sehr gut mit demjenigen vergleichen läßt, den wir in dem Unterkiefer kennen, wo ja das Protomer der Prämolaren die Zusammensetzung 1 P2 aufweist. Auch in der Literatur wurde bereits mehrfach die Aufmerksam- keit hierauf hingelenkt. So z. B. weist ZuCKERKANDT auf die „zwei seitlich gestellten, aus der Querfurche abzweigenden kurzen Rinnen, durch welche die genannte Höckerfläche in mehrere Nebenwülste zerlest wird“. Und er fährt fort: „Der mittlere von diesen ist dann gewöhnlich der breiteste. Die Kaufläche des lingualen Höckers ist gleichfalls stark gewölbt und sekundäre Furchen an derselben werden auch hin und wieder beobachtet.‘“) Noch deutlicher äußert sich Aptorr, der eine Fortsetzung der beiden bukkalen Furchen anf der bukkalen Fläche wahrnimmt, wo er sagt: „Die oberen Prämolaren?) besitzen zwei Höcker, einen labialen und einen lingualen. Der labiale ist der höhere und breitere. Vom Zahnhalse verläuft auf der labialen Fläche eine breite Leiste zur Höckerspitze, zu ihren beiden Seiten zwei flache Furchen, sodaß der Wangenhöcker deutlich dreigeteilt ist. Diese Dreiteilung der labialen Fläche ist beim ersten Backzahn fast immer deutlich erkennbar, beim zweiten ist sie meistens gänzlich ge- schwunden. Der linguale Höcker ist immer einheitlich. Der Querschnitt der Krone ist trapezförmig. Auf der Kaufläche des ersten Prämolaren verläuft zwischen den beiden Höckern eine Längsfurche, von deren End- punkten vorn und hinten labialwärts eine kleine Querfurche abgeht, die am labialen Rande als Furche aufhört, als ganz schwache Einsenkung sich aber in die oben erwähnten Vertiefungen fortsetzt, welche die Dreiteilung der labialen Kronenfläche hervorrufen.‘‘*) Dieselbe Auffassung finden wir auch bei Brack wieder, der jedoch schon eine mehr morphologische Erklärung zu geben sucht: „The triangular grooves, mesial and distal run from the mesial and distal pits toward the mesial and distal angles, dividing the marginal ridges from the triangular. They can often be followed as a line line running over the cutting edges of the buccal cusp near the angles, and leading into the buccal grooves. These are the marks of confluence of the mesial and distal lobes with the median or central lobe.‘*) Bezugnehmend hierauf bemerkt van Loon: ,,Wir würden also die Kronenformel der oberen Prämolaren 12 zufolge dieser zwei Beschreibungen schreiben müssen: ~~, da die 1) ZUCKERKANDL, E., Makroskopische Anatomie, und SCHEFF, Handbuch der Zahnheilkunde, S. 46. 2) Von ADLOFF gesperrt. 3) ADLOFF, Dr. P., Das Gebiß des Menschen und der Anthropomorphen, 8.17. 4) Von mir gesperrt. 37 drei bukkalen Entwicklungshöcker die drei Teile des Protomers aus der Bor&’schen Theorie sind, obwohl dieser selbst als Kronenformel für die P oberen Prämolaren D angibt.“ Genauer als die bisher zitierten Autoren drückt sich BRooMELL aus; dieser unterscheidet zwei Möglichkeiten: 1. Die beiden bukkalen Furchen verlieren sich auf der okklusalen Fläche in Höhe der mesio- bezw. disto-bukkalen Ecke; 2. sie setzen sich fort auf der bukkalen Kronenfläche, somit eine vollständige Trennung bildend zwischen den drei „developmentallobes“. Auch van Loon unterscheidet morphogenetisck in dem bukkalen Hocker verschiedene primäre Elemente. Die Kronenformel der oberen Prämolar hrei Rue al aes A isch ind 1 rämolaren schreibt er: 3D(4+3)D4 ° natomisch indessen werden diese Elemente sich nicht oder nur ausnahmsweise alle zusammen manifestie- ren; neben seiner — stets mehr oder weniger hypothetischen — Grundform GOOG Abb. 2. Grundform des oberen Prämolars nach der Theorie van Loon’s mit den von dieser Grundform (4) abgeleiteten Typen B, C, D und E. bildet er denn auch vier andere ab, wie er diese in der Sammlung GREVERS’ fand (s. obenstehende Abbildung). In jedem Falle ist es klar, daß auch van Loon die Furchen auf der bukkalen Fläche als Fortsetzung der beiden okklusalen Furchen ansieht, wenn es denn auch wahr sein möge, daß dies nicht dieselben sind, deren Fortsetzung von ApiorF und den übrigen zitierten Autoren beschrieben wird. Boık selbst läßt sich nicht weiter über die Struktur der Bicuspidaten . , : P : : aus; ihre Kronenformel schreibt er schlichtweg D: und es ist also, in Verband mit den Ansichten der oben genannten Untersucher, von welchen sich ins- besondere die drei letzten sehr bestimmt ausdriicken — (so z. B. sagt van Loon: „Wenn man nun einige Hunderte obere Prämolaren untersucht, dann zeigt sich wohl sofort, daß diese Prämolaren nicht ausschließlich aus Haupthöckern bestehen, sondern daß ohne Frage regelmäßig Nebenhöcker vorkommen.‘‘)!) —, wohl der Mühe wert, zu untersuchen, ob auch jetzt 1) Übersetzung des holländischen Textes. 38 noch dieser Ausspruch aufrecht erhalten werden kann. Insbesondere wird hierbei die Bedeutung der Seitenleisten näher festgelegt werden. Die Besprechung der eventuellen Entwicklung von Nebenhöckern — nament- lich wohl der protomeren Elemente 1 und 3 — reiht sich diesem von selbst an. Der Gedanke, alle Gebißelemente auf den gleichen Grundplan zurück- zuführen, ist nicht mehr neu. Er wurde zuerst von ArBy ausgesprochen: „Feu le professeur Argy‘“, so äußert sich OLTRAMARE in seiner Description methodique de la dentition chez l’homme, ‚a émis l’idee tres ingé- nieuse, que chez l’homme les dents les plus simples seraient déja constituées par un redoublement de la forme élémentaire primitive. Les incisives et méme les canines que l’on considere généralement comme étant des dents uni- cuspidées, seraient ainsi, en realité, des bicuspidées dont un des tubercules (le posterieur) serait considerablement atrophie.‘“ Jedoch auch an anderen Stellen finden wir in der Literatur denselben Gedanken mehrfach wieder; so lesen wir z. B. bei CHogver: ,,L’on peut déja se rendre compte de la transformation, de l’évolution qui s’est effectuée entre cet organe, organe triburant, et ceux étudiés anterieurement, incisives et canines, dont le role physiologique est, non pas de triturer les aliments mais seulement de les couper ou de les dechirer et c’est sur cette dent, que l’on peut déja se rendre compte de la transformation d’une dent simple en dent composée. Au fur et & mesure que l’on se rapproche du fond de la cavité buccale, nous allons voir ces cuspides augmenter de nombre, separes par autant de sillons et consécutivement, les premolaires se transformer en vraies molaires aux- quelles est dévolu le vrai röle de la trituration des aliments.“ Bei keinem der Autoren finden wir aber eine so strenge und so konse- quente Durchführung wie bei Bor, der die Elemente des Primatengebisses sowohl vergleichend-anatomisch als ontogenetisch gleichwertig erachtet, in- dem er gerade auf dieser Äquipotenz zu einem nicht geringen Teil seine Dimer- theorie aufbaut. Und nun möge es vielleicht nicht ganz richtig sein, zu behaupten, daß Molaren und Antemolaren sich alle aus derselben Zahnform entwickelt haben, in jedem Falle steht aber fest, daß sie alle dieselben morphogenetischen Potenzen in sich tragen. Daß die Aktivierung dieser in nuce vorhandenen Potenzen nicht bei allen zu der Entwicklung der- selben Zahnform Veranlassung gibt, findet seine natürliche Erklärung in der verschiedenen Funktion der Zähne, die ihrerseits wieder völlig von der Stelle beherrscht wird, welche die Zähne auf dem Processus alveolaris ein- nehmen. Wenn wir denn auch in der Formentwicklung der verschiedenen Zahngruppen die charakteristischsten Eigenschaften hervorheben wollen, dann können wir mit Borx sagen: „Die Prämolaren zeigen die allmähliche morphologische Realisierung der in den Zahnanlagen beschlossenen Poten- zen, der Entwicklungsgang trägt bei diesen Zähnen den Stempel von morphologischer Vervollkommnung, bei den Molaren von Differenzierung, und bei den Incisivi mit dem Caninus von Spezialisierung.‘ Aber daß in allen Zahnelementen die gleichen Potenzen vorhanden sind, erhellt wohl deutlich aus einer Zahl von Formvariationen, von denen namentlich das 39 Gebiß der Hominiden so beredte Beispiele liefert. Gerade diese Form- variationen sind es, mit welchen wir uns in Kürze beschäftigen wollen. * * * Wie wir wissen, entwickelt sich normalerweise weder bei Ineisivi noch bei Cuspidati das Deuteromer zu einem selbständig scharf abgegrenzten Höckerelement; es wird sich, obwohl es konstant vor- handen ist, in der Regel völlig mit den drei protomeren Elementen 1, P und 2 vereinigen und in dieselben aufgehen, somit einen Zahn bildend, von dem wir nachstehende Kronenformel aufstellen können: ® P2 ) Die Form eines derartigen Zahnes ist, in Übereinstimmung mit seiner Funktion, meißelförmig; wir haben hier ein typisches Bei- spiel von Spezialisierung vor uns! Sobald jedoch unter Einfluß eines oder des anderen Faktors eine Aktivierung der morphogenetischen Potenzen stattfindet und das Deuteromer ein folgendes Entwicklungsstadium erreicht, wird es sich als selbständiges Höckerelement, in der Literatur unter dem Namen Tuberculum dentale bekannt, manifestieren. Es ist hier nicht der Ort, auf das kausale Moment einzugehen, welches vielleicht für diesen Entwicklungsgang verantwortlich zu machen ist; man würde gar leicht geneigt sein, die physiologisch statt- findende Reibung der Unterzähne gegen die Hinterfläche der oberen Frontzähne als Impuls für die weitere Formdifferentiation des Deutero- mers zu betrachten; doch dann muß sofort darauf hingewiesen werden, daß diese Hypothese nur soweit eine befriedigende Erklärung geben kann, als es die Differenzierung der oberen Zähne betrifft. Und nun zeigt sich, daß — wenn es denn auch eine äußerst seltene Erscheinung ist — sich auch bei unteren Ineisivi das Deuteromer zu einem selbständigen Höcker — D — erheben kann. Nähere Besonderheiten bezüglich dieser Variation können füg- lich unterbleiben; in der Märznummer der „Deutschen Monatsschrift für Zahnheilkunde“ hat Boux eine so ausgezeichnete Übersicht über die Formvarietäten unserer Vorderzähne gegeben, daß ich annehmen darf, daß der für diesen interessanten Gegenstand sich tatsächlich interessierende Leser sich bereits über den Inhalt von BoLks jüngster Publikation orientiert hat. Nur ist darauf hinzuweisen, daß nächst dem von Box beschriebenen Entwicklungsgang, bei welchem sich schließlich die beiden Odontomere in zwei selbständige Zahnelemente — 1P2 und D — spalten, noch eine zweite Möglichkeit besteht, 40 die Entwicklung einer Schmelzleiste, welche eine bilaterale Ver- bindung zwischen Protomer einerseits und Deuteromer andererseits bildet; siehe Tafel, Abb. A. Die Entwicklung dieser Leiste wird sich absolut nicht auf unsere Ineisivi beschränken; es sind mir genug Beispiele bekannt, in welchen sich auch bei dem Cuspidatus eine Randleiste manifestiert; jedoch nur selten gaben sie einen so deutlichen und so klaren Einblick in die morphologische — und funktionelle — Bedeutung dieser Leiste, wie es der Fall bei den in der Photoabbildung dargestellten Schneide- zähnen ist. Es will mir denn auch scheinen, daß gerade diese uns sehr deut- lich den Weg angeben, längs welchem die Bicuspidaten ihre gegen- ge Element einer älteren | 1 ! Zahngeneration, welche ; zusammen die beider- \ i seits durch eine Rand- \ leiste abgeschlossene \ ! Prämolarkrone bilden: Entsprechendes ——— Element einer jüngeren a b Abb. 3. wärtige Form erreicht haben. Denn wenn ich ihre Struktur im Lichte der Dimertheorie Bor&’s betrachte, dann ist ihre Morphogenese nichts anderes als die Vereinigung, die Konzentration der zwei entsprechenden Elemente von zwei aufeinanderfolgenden Zahngenerationen, bei welchen dann nur beide Haupthöcker zur Entwicklung gekommen sind und also noch keine Differenzierung in longitudinaler Richtung stattgefunden hat; siehe untenstehende Schemata. Und die Kronen- formel eines derartigen Zahnes werden wir also schreiben müssen — gerade so wie diese schon von Bouk angegeben wie 1st) schhchthm =. D Um jedoch einen derartig strukturierten Zahn, der ja aus zwei sehr hoch entwickelten Höckern besteht, für seine Funktion mehr ge- eignet werden zu lassen, eventuelle Infraktion, bezw. Fraktur zu ver- 41 hindern, wenigstens die Möglichkeit eines oder des anderen mecha- nischen Insultes so gering wie möglich werden zu lassen, hat die Natur durch die Entwicklung zweier Leisten — in derselben Weise, wie wir sie bereits bei Ineisivi und Cuspidati fanden — eine innige Ver- bindung zwischen lingualem und bukkalem Höcker hergestellt; also eine weise Vorsorge, die präventiv nach demselben Prinzip wirkt, welches auch der Kliniker anwendet, der bei der tatsächlich wohl ein- mal vorkommenden Längsspaltung der oberen Prämolaren beide Bruchstücke mittels eines goldenen Bandes wieder immobilisiert. Die Entwicklung der beiden Randleisten hat also eine rein mechanische Bedeutung: wie außerordentlich interessant ihre Mor- phogenese auch sein möge, von prinzipieller Bedeutung sind sie entschieden nicht und ihr Auftreten ist denn auch nicht von geringstem Einfluß auf die X : P Struktur der Kronenformel; diese ist und bleibt Di Daß diese Auffassung tatsächlich mehr ist als reine Hypothese, mag ferner noch aus der anatomischen Struktur der Randleisten Sagittaler Durchschnitt auf der Grenze der bukkalen und lingualen Kronenhälfte. Höhe der Randleiste -an der Stelle des oben genannten Durchschnitts: Höhe der Randleiste an der Stelle des unten genannten Durchschnitts. Sagittaler Durchschnitt etwas mehr bukkal oder lingual. Abb. 4. hervorgehen, welche zweifelsohne ein merkwürdiges Beispiel einer vollkommenen Harmonie zwischen Funktion einerseits, Form anderer- seits darstellt. Ihren höchsten Grad der Entwicklung nämlich, sowohl in Längs- richtung als in Höhe, erreichen sie gerade dort, wo auf der Scheide- linie der beiden Höcker die okklusale Fläche am niedrigsten, die Breitenausdehnung der beiden Höcker am geringsten ist und wir also einen natürlichen Locus minoris resistentiae haben; s. Abb. 3 und 4. Daß wir gerade hier an dieser Stelle die kräftigste Entwick- 42 lung der Randleisten antreffen werden, ist denn auch sicher keine zufällige Koinzidenz, sondern eine dringende Forderung der örtlichen Verhältnisse, welche das Vorhandensein einer kräftigen Randver- stärkung sehr erwünscht erscheinen lassen. Die von mir gegebene Interpretation von der funktionellen Be- deutung der Randleisten schließt also zugleich die natürliche Er- klärung ihres anatomischen Baues in sich. Zur Verdeutlichung diene Abb. 5, in der ich eine schematische Darstellung von der Randleiste (bukkale und linguale Hälfte), Okklusal. Höchster Punkt der Randleiste Bukkaler Höcker Lingualer Höcker Linguale Hälfte Bukkale Hälfte der Randleiste der Randleiste = Approximo-lin- c — Approximo-buk- guale Furche = a kale Furche > Niedrigster Punkt beider Höcker Zervikal. Abb. 5. Höcker, Furchen und Leisten, gesehen in einer Fläche. Furehen (bukkale und linguale) und Höckern — in eine Fläche projiziert — zu geben versuchte. Die gegebene Abbildung lehrt uns, daß der Oberrand der Leiste — abgesehen von der kleinen Einsenkung auf der Grenze zwischen bukkalem und lingualem Höcker — stets auf einem und demselben Niveau bleibt, daß also die Höhe der Leiste derjenigen der Höcker völlig subordiniert ist, das will also sagen, in ihrer Entwicklung ganz von derjenigen der Höcker abhängig ist. Primär ist die Entwicklung der Höcker, sekundär diejenige der J.eisten. 43 Nunmehr noch ein kurzes Wort über die Furchen. Wie schon gesagt, können wir sie ebenso wie bei den Prämolaren des Unter- kiefers in zentrale und periphere einteilen, nur mit dem Unter- schiede, daß eine zentrale Furche sich unmittelbar in drei periphere (bukkale, linguale und approximale) spaltet. Nun wir indessen die Bedeutung der Randerhebungen interpretiert haben und wir zu der Schlußfolgerung gelangt sind, daß ihre Funktion keine andere ist als diejenige eines Stützapparates, ist es klar, daß auch die Furchen und ihre Genese mit derjenigen der unteren Prämolaren nicht auf gleiche Linie gestellt werden dürfen; die Sulci von oberen und unteren Bicuspidaten sind also weder anatomisch noch morphologisch homodynam. Kehren wir nach dieser kurzen Abschweifung wieder zu der Struktur der Höcker zurück. Wie gesagt, ist die gewöhnliche Form B des oberen Prämolars der bicuspidate, zweihöckerige Typus: D Doch sehon die früher zitierten Autoren bemerkten mit Recht, daß der Verlauf der bukkalen Furchen nicht immer auf den approximo- bukkalen Ecken der Kaufläche endigt, sondern daß, was wenigstens eine zweite Möglichkeit ist, die Furchen der okklusalen Fläche sich auf der bukkalen Fläche fortsetzen werden. Es liegt nahe, daß diese beiden Formen in enger Beziehung zu- einander stehen müssen; in der Literatur werden sie denn auch als zwei morphologisch gleichwertige Formen betrachtet, die sich nur darin voneinander unterscheiden, daß bei der einen die Furchen der Kaufläche sich auf der bukkalen Fläche fortsetzen, bei der anderen nicht. Nur van Loon, der ja unsere Prämolarkrone auf eine mehr komplizierte Grundform zurückführt, stellt sich die Sache weniger einfach vor. Ehe ich jedoch seine Ansichten näher bespreche, scheint es mir wünschenswert, erst meine eigene diesbezügliche Auffassung darzulegen. Da möchte ich schon sofort mit dem Hinweis darauf beginnen, daß die Frage wirklich nicht so einfach ist, wie BRooMELL c. s. es dar- stellen wollen. Es zeigt sich nämlich, daß auch bei denjenigen Formen, bei denen die okklusalen Furchen noch auf der Kaufläche endigen und sich also nicht auf der bukkalen Kronenfläche fortsetzen, sich doch bukkal zwei Furchen entwickeln können, die zuweilen sehr schwach angedeutet, zuweilen sehr deutlich sind. Und nun erhebt 44 sich unmittelbar die Frage, warum sich diese nun nicht in die Furchen auf der Kaufläche fortsetzen. Die Beantwortung dieser Frage scheint mir durch diejenigen Formen gegeben zu werden, bei denen eine etwas kräftigere Ent- wicklung der Furchen auf der bukkalen Fläche eine deutliche Ein- schnürung des okklusalen (bukko-okklusalen) Randes hervorruft und die Furchen sich via dieser Einschnürung — ,,EKinsattelung“ — tat- sächlich auf der okklusalen Fläche verfolgen lassen. Dann zeigt sich deutlich, daß diese Fortsetzung eine ganz andere Furche ist als die- jenige, die wir bereits früher als bukkale kennen lernten. Sie verläuft medial von dieser und wird sich nicht selten in sie verlieren (s. Tafel Abb. B,). Die Struktur der Kaufläche wird nun denn auch weniger einfach sein als bisher: außer der Randleiste, die auf der approximo- bukkalen Ecke endigt, findet sich noch eine zweite Erhebung, medial von der vorigen, und diese ist es, welche ich als die selbstän- dige Manifestation eines Nebenhöckers — 1 bezw. 3 — be- trachte. Noch einen Schritt weiter, und wir erreichen diejenigen For- men, welche durch Verschmelzung von Randleiste und Nebenhöcker aus demjenigen bestehen, was BRooMELL die drei ,,developmental lobes" oder — falls nur einer der Nebenhöcker vorhanden ist — als = bezw. = nennt und welche wir mit Bouk’s Nomenklatur als definieren können. Es ist jedoch klar, daß auch bei diesen Formen die Nebenhöcker in jedem Falle nur einen Teil der bukkalen Hälfte der Kaufläche einnehmen. Indessen werden sich Nebenhöcker und Randleiste nicht immer so innig vereinigen: oft bleibt die ursprüngliche Trennung bestehen; die approximale Seitenleiste wird dann aber unter Einfluß der kräf- tigen Entwicklung des Nebenhöckers in ihrem Verlauf seitwärts ver- schoben; siehe Tafel, Abb. B, (linke Hälfte). Wir können also in der Entwicklung der Nebenhöcker folgende Phasen unterscheiden: 1. Andeutung einer Furche auf der bukkalen Kronenfläche. 2. Die Furche durchschneidet den bukko-okklusalen Rand und kann sich dann noch auf der Kaufläche fortsetzen. 3. Kräftigere Entwicklung eines der Nebenhöcker erfolgt häufig auf Kosten der Entwicklung der entsprechenden Randleisten. 45 Die Furche vereinigt sich mit der bukkalen Kaufurche, deren meist bukkales Ende übrigens unter Einfluß der Entwickelung des entsprechenden Nebenhöckers ebenso wie die Seitenleiste approximal- wärts umgebogen ist. 4. Leiste und Nebenhöcker verschmelzen, koaleszieren, ver- einigen sich zu einem anatomischen Ganzen und bilden in dieser Weise den ,,developmental lobe“‘ der Literatur. Zusammenfassend kénnen wir die vorstehenden Betrachtungen in den folgenden beiden Sätzen niederlegen: I. Sowohl der bukkale Höcker als der linguale besteht bei unseren oberen Prämolaren anatomisch aus drei Zonen. Während jedoch bei den unteren Prämolaren diese drei Zonen alle drei , Hocker“ sind und als solche also völlig gleichwertig, sind in dem Oberkiefer beide laterale Teile nichts anderes als Randerhebungen, die als Stützapparat nur eine sekundäre Bedeutung besitzen. Die unteren Bicuspidaten bedürfen eines derartigen Stützapparates nicht; statt seiner kommen bei ihnen konstant auch die Nebenhöcker beider Odontomere zur Entwicklung. Il. Auch bezüglich der Furchen besteht ein ähnlicher Unter- schied zwischen Ober- und Unterkiefer, außerdem ein Unterschied in Form und Anzahl; siehe Abb. 1a und b. Der erste, der sich ausführlicher mit der Formerklärung der oberen Prämolaren des menschlichen Gebisses beschäftigt hat, war wohl van Loon, der die Ergebnisse seiner Untersuchungen in seiner in der holländischen Literatur wohlbekannten Artikelreihe ‚De morphologische variatie’s der molaren van het menschelyk gebit in het licht der Boux’sche theoriéen“ darleste. Als Grundform der Prämolarkrone (abgebildet in Abb. 2) nimmt er eine zehnhöckerige an: fünf bukkale, fünf linguale Höcker. Der mittelste von jeder der beiden Gruppen besteht aus der Koa- leszenz von zwei Nebenhöckern: 2 + 1’, bezw. 4 + 3’ım Deuteromer. IP 2532221 SED Be ea In der Regel werden diese Elemente nicht alle zugleich zur Ent- wicklung kommen; daher gibt van Loon neben seiner Ausgangs- form noch eine Anzahl abweichende Typen an, die alle in Abb. 2 (B—E) abgebildet sind. Hierbei ist zu bemerken, daß auch nach van Loon Unterschied zwischen den beiden (bukkalen) Furchen, die auf der Kaufläche endigen, und denjenigen, welche (bei einem anderen Kronen- typus) sich bukkal fortsetzen, besteht. Die Kronenformel seiner Grundform lautet: 46 Fassen wir nunmehr die Frage ins Auge, welche Stelle den fünf Höckerelementen van Loon’s in dem von mir gegebenen Entwick- lungsmodus zukommt. Schon gleich können wir feststellen, daß die lateralsten Elemente beider Odontomere — 1 und 3 bezw. 2’ und 4° — zusammen die Rand- erhebungen bilden, welche ich auf Grund ihrer historischen Ent- wicklung und ihres anatomischen Baues als Randleisten definierte. Ein Hauptunterschied zwischen diesen beiden Auffassungen ist also dieser: van Loon betrachtet die seitlichen Randerhebungen als Nebenhöcker seiner vier Odontomere, während sie im Lichte meiner Auffassungen nichts anderes als Stützapparate sind, die in einer ähn- lichen Beziehung zu den eigentlichen Höckern beider Odontomere — P und D — stehen, wie das Bindegewebe eines oder des anderen Organes zu den spezifischen Organzellen, wenn es denn auch wahr sein möge, daß die histiologische Struktur von Leisten und Höckern eine gleiche ist. Die Nebenhöcker 1 und 3° bezw. 2 und 4’ können wir also homolo- gisieren mit den von mir beschriebenen Randleisten. Nunmehr bleibt noch derjenige Teil der Krone übrig, welcher sich zentralwärts von den genannten Nebenhöckern befindet und an welchem van Loon laut der von ihm festgestellten Kronenformel BO ER) E LNs : eee ae nes in jedem Odontomer vier verschiedene primäre Ele- D(4 + 8)D‘ mente unterscheidet. Zweifelsohne ist es von Interesse, zu untersuchen, wie diese Auffassung mit der von uns gegebenen Schreibweise D in Ein- klang zu bringen ist. Sehr einfach ist die Erklärung bereits für diejenigen Formen, bei denen die Nebenhöcker 1 und 3 (Nebenhöcker nach unserer Auf- fassung) als selbständige Höckerelemente auftreten!). Sie sind die 1) Um die Frage nicht zu verwickelt zu machen, lasse ich die normalen Kronenformen — das sind diejenigen, in welchen die Nebenhöcker nicht selb- ständig auftreten — vorläufig außer Betrachtung; doch kann beiläufig schon be- merkt werden, daß die Auffassung sehr richtig ist, auch bei diesen Formen in den Haupthöckern P und D (Nomenklatur BoLk&’s) eine mehrgliedrige Struktur zu unterscheiden. Wir haben es hier — wie vorläufig schon mitgeteilt werde — mit einem Vorstadium selbständiger Entwicklung der Nebenhöcker zu tun. In einer besonderen Publikation hoffe ich näher auf die sog. Schmelzfedern, wie ich: sie bequemlichkeitshalber nennen will, zurückzukommen. ae Haupthécker von van Loon’s Odontomeren und wir kénnen also schon jetzt die folgenden Homologien feststellen: Van Loon: BoLK-DE JoncE CoHEN: / “| resp. ve mesiale bezw. distale Randleiste. P 1 PX 2 D 3 Ds 4 während die Haupthöcker von van Loon als Koaleszenzprodukt der (topographisch) meist medialen Nebenhöcker der beiden Protomere und Deuteromere betrachtet werden: Van Loon BoLK-DE JoNGE CoHEN 2+1' P 4+ 3/ D Inwiefern diese letztere Auffassung tatsächlich richtig ist, bleibe vorläufig außer Betracht; sie streift die allgemeine Frage der sagittalen Konkreszenz und ist hier also nicht am Platze. Zwar kann schon jetzt bemerkt werden, daß — jedenfalls, was das Protomer unserer Bicuspi- daten betrifft — kein einziges Argument auf dem Gebiete der normalen Anatomie für sagittale Konkreszenz spricht. Zusammenfassend können wir also konstatieren, daß die Haupt- unterschiede zwischen der Auffassung van Loon’s und derjenigen von BoLk-DE JonGE ÜoHEN folgende sind: I. Van Loon sieht in den Haupthöckern P bezw. D (Nomen- klatur BouLk) zwei Elemente, und zwar die zwei Nebenhöcker 2 + 1’ bezw. 4+ 3° (Nomenklatur van Loon). II. In den von mir als Nebenhöcker aufgefaßten Elementen sieht van Loon die Haupthöcker seiner Odontomere. Jedoch bemerkt er selbst schon: „Daß zufolge dieser Auffassung der wichtigste Teil der oberen Prämolarkrone, nämlich der bukkale Höcker, aus Neben- höckern entstanden sein sollte, während die Haupthöcker (die Ecken) in den Hintergrund treten, braucht keine Verwunderung zu erregen, falls man nur nicht mit dem Namen ‚Haupthöcker‘ den Begriff ‚der größte‘, ‚der wichtigste‘, ‚der meist resistente‘ verbindet, wie BoLk in seiner als allgemein geltenden Regel aufgestellt hat: ‚daß die beiden Haupthöcker, sowohl jener des Protomers als jener des Deuteromers, immer den Charakter vom Hauptbestandteil des Zahnes bewahren; 48 bei -regressiver Entwicklung erweisen sie sich immer resistenter als die Nebenspitzen‘.‘‘t) III. Auch in den Randleisten sieht van Loon Höckerelemente, und zwar in den mesialen Höckern 1 und 2, in den distalen 3/ und 4. Literaturnachweis. 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II, S. 615), d. h. die Nebeneinandersetzung zweier parallel verlaufender Fibrillenbündel, von denen das eine auf einer gewissen Strecke eine Zahl n, das andere eine Zahl n+ 1 Kommata oder Querstreifungsfolgen enthält. Bei oberflächlicher Betrachtung erscheint die Querstreifung der beiden Bündel lediglich gegeneinander verschoben. Erst die Auszählung der Kommata zeigt, daß einerseits ein Zuwachs von einem Komma vorhanden ist. Die auf diese Weise einander konjugierten Fibrillen- bündel wurden zum Unterschiede von den Säulchen KO6LLIKERS als „Muskelpfeiler“, Pilae musculares, bezeichnet. Die hier beigegebene Abbildung wurde nach einem Präparat ge- zeichnet, bei welchem die dunklen Querstreifen oder die anisotrope Substanz der Physiologen ausgefärbt worden war. Die spezifischen Fibrillenbündel oder Pfeiler sind durch ziemlich breite Längsspalten voneinander getrennt. Was die Querstreifung anlangt, so bemerkt man, daß ihre Anordnung keineswegs die gewöhnliche ist; denn es zeigen sich gewisse Faserabschnitte oder Felder von nicht unbeträcht- licher Ausdehnung, innerhalb deren der kontinuierliche Zusammenhang der Streifen in der Querrichtung der Faser aufgehoben erscheint. 2. Es kommen zwei Varianten der Noniusperioden vor. Bei der einen sind die Querstreifungsfolgen oder Kommata wie gewöhnlich reine Querdifferenzierungen der kontraktilen Substanz — „reine Perioden“ —, bei der anderen ist das Komma gleich einer Wendel- treppe um eine zwischen den beiden konjugierten Bündeln in paralleler Lage verlaufende Längsachse schraubig aufgewunden — „schraubige Anat. Anz. Bd. 61. Aufsätze. 4 50 Perioden“ —. Nur die ersteren waren einstweilen Gegenstand der genaueren Untersuchung. Unsere Abbildung zeigt nur reine Perioden mit genauer Querlage der Streifen. 3. Beim Musculus sternothyreoideus des Hundes, übrigens auch bei anderen Muskeln, kommen zusammengesetzte Noniusperioden vor, welche aus mehreren bis vielen (bis zu 20) parallel gestellten Fibrillen- bündeln oder Pfeilern bestehen. Auf diese Weise kommen die räum- lich oft weit ausgedehnten „Noniusfelder“ zustande, welche wegen der Verschiebung der Querstreifung von einem Pfeiler zum anderen meist ein recht unruhiges Bild der Querstreifung aufweisen. 4. Erst die genaue Auszählung der Kommata im Noniusfelde bringt die Tatsache zum Vorschein, daß beim Übergang vom ersten zum zweiten, vom zweiten zum dritten, vom dritten zum vierten Pfeiler usf. die Zahl der Kommata um je eine Einheit wächst. Haben wir demgemäß eine Zahl von n Pfeilern, so haben wir n — 1 Nonius- perioden und ebenso beim letzten Pfeiler eine Zahl von n—1 Kom- mata im Überschusse. Auf diese Weise kommt eine besondere alge- braische Beziehung zwischen Fibrillierung und Querstreifung zustande. Unsere Abbildung zeigt bei A und B zwei benachbarte Nonius- felder. Bei A haben wir 10 Pfeiler und 9 Noniusperioden; die Zahl der Kommata wächst beim Fortschreiten von rechts nach links von Pfeiler zu Pfeiler um je ein Komma, bis schließlich ein Zu- wachs von 9 Kommata vorhanden ist. Bei B haben wir entsprechend 8 Pfeiler, 7 Noniusperioden und 7 Kommata im Überschusse, wobei das Wachstum um je ein Glied von Pfeiler zu Pfeiler, diesmal von links nach rechts, stattfindet. 5. Diese Verhältnisse lassen sich in entsprechender Weise kon- struktiv zum Ausdruck bringen. Es ist nämlich möglich, in dem Pfeiler J (einerseits am Rande der Faser) ein Komma zu bestimmen, an dessen Stelle in dem folgenden Pfeiler 2, in dem dritten Pfeiler 3, in dem vierten 4 Kommata stehen usf. Wird diese wachsende Folge der Kommata in einer Zeichnung durch besondere Ausfärbung kennt- lich gemacht, so erhält man die Figur eines Keils mit vielgliederiger Basis und einfacher Spitze. Dieser Keil — Sphenode genannt — enthält die überzähligen Kommata, vermehrt um ein Glied in jedem Pfeiler, und die Zahl der Kommata in der Basis des Keils ist gleich der Zahl der Pfeiler. Streichen wir am Rande der keilförmigen Figur einen durchlaufenden Querstreifen weg, so erhalten wir die „reduzierte Sphenode“, welche ledig- lich die überzähligen Kom- mata einschließt. Unsere Abbildung zeigt in beiden Noniusfeldern die Konstruktion der keil- förmigen Figur, welche durch besondere Schraf- fierung der Querstreifen co, mm ann kenntlich gemacht worden ES em ey NEE ist. Bei A findet man I EEE © oo Cm J = BS ed ee 10 Kommata in der Basis SSS STATE 29 SSS oss des Keils entsprechend 10 ee SS See =, Pfeilern, bei B 8 Kommata IS ooo en : Sees omen 110 entsprechend 8 Pfeilern. ces Bee ) ] ] le- OD cSD ! 6. Durch de Sul se = = nenne bung der überzähligen zone San . 3 - Mm Yo (rash era = Kommata ist das Nonius- moog 2a on phänomen bedingt. Denn {6 Bon 28s pore die Querstreifungsfolgen Om = moo —= Sn jedes Pfeilers werden ge- nn m an SE 100 zwungen, vor dem neu ps 2 cay OA C2 SE MET py TER om auftretenden Komma aus- zuweichen, und so ergibt sich von einem Pfeiler zum anderen eine oft weit- hin bemerkbare Streifen- verschiebung. Letztere be- dingt zugleich eine Ab- scherung der benachbarten Pfeiler gegeneinander und dadurch erklärt sich die Entstehung jener Spalten, durch welche die Pfeiler voneinander geschieden werden. Die Pfeilerbil- dung ist demgemäß eine sekundäre Erscheinung, Abb. 1. während im Gegensatz hierzu die Muskelsäulchen KÖLLIKERS sich 4* 52 in unmittelbarer Weise auf das Dickenwachstum der Faser durch Fibrillenspaltung zurückführen lassen. Um die Gegenwart der Noniusperioden in unserer Abbildung zu konstatieren, fasse man zwei beliebige benachbarte Pfeiler etwa in der Mitte der keilförmigen Figur ins Auge; man wird dann finden, daß hier die Querstreifung in diskordanter Lagerung befindlich ist. Verfolgt man nun die Streifung mit den Augen in der Richtung nach auf- und abwärts, so stellt sich beiderseits bis zur Grenze des Nonius- feldes allmählich die Konkordanz der Lage her. Stellt man zwischen den beiderseitigen Grenzen die Zahl der Kommata fest, so ergibt sich für den einen Pfeiler ein Komma im Überschusse. 7. Betrachtet man die keilförmige Figur oder Sphenode im Ganzen und ihr Verhältnis zu den sie begrenzenden durchlaufenden Quer- streifungsfolgen, so ergibt sich, daß den letzteren eine Schrägstellung aufgezwungen wird. Ihre Winkelabweichung von der Normallage wechselt in ungemeinem Grade; dabei tritt die Schräglage der Streifen bald nur auf der einen, bald auf beiden Seiten der Sphenode auf. In unserer Abbildung ist die durch die Einschiebung der keil- förmigen Figur bedingte Ausweichung der Querstreifung leicht kennt- lich. Bei A ist die Winkelabweichung zu beiden Seiten des Keils annähernd gleich groß. Bei B ist die Ausweichung in der Richtung nach aufwärts stärker ausgesprochen. 8. Auf Grund der vorstehend mitgeteilten Beobachtungen habe ich geschlossen, daß die Kommata bzw. ihre noch unfertigen Anlagen zu den Teilkörpersystemen gehören und sich durch Spaltung vermehren. Die vielgliederigen Noniusperioden würden demnach aus einer Auf- einanderfolge mehrfacher Spaltungen hervorgehen, welche am Lokal haften und von einem bestimmten Komma ausgehend weiterhin die Nachkommen desselben betreffen, wobei jede folgende Spaltung einen immer geringeren Teil des Querschnittes der Faser erfaßt. Die keilförmigen Figuren zeigen das Spaltungsphänomen gewisser- maßen als Struktur im Raume, insofern sie von.der Basis des Keils bis zu dessen Schneide eine lamellen- oder fächerartige Aufblätterung der Querstreifung erkennen lassen. 9. Die Noniusfelder sind beim M. sternothyreoideus des Hundes keine vereinzelte Erscheinung. Bei vielen Fasern wiederholen sie sich nachweislich in geringen Intervallen in deren ganzer Ausdehnung, soweit die Faser in den Präparaten verfolgt werden kann. Hierbei zeigt sich, daß die benachbarten Sphenoden streng alternierend gestellt 53 sind, d. h., daß sie gegeneinander um 180° gedreht sind. Liegt bei einer ersten Sphenode die Schneide des Keils nach links, so liegt sie bei der folgenden nach rechts usf. Diese Regel des Stellungswechsels läßt keinerlei Ausnahme zu; man kann die Umkehrung des Struktur- bildes bei der Verfolgung einer günstig im Schnitt liegenden Faser ohne weiteres Dutzende von Malen hintereinander beobachten. In unserer Abbildung zeigen die beiden benachbarten Sphenoden die typische alternierende Stellung. 10. Die benachbarten Sphenoden weisen an ihrer Basis annähernd die gleiche Zahl von Querstreifungsfolgen auf. Dies ist ein aller- dringendstes Bedürfnis. Denn durch die Einschiebung der keilförmigen Figuren werden die benachbarten durchlaufenden Querstreifungsfolgen zu einer Winkelabweichung von der Normallage gezwungen, welche nur dadurch kompensiert werden kann, daß der nächste Keil umgekehrt gestellt ist und annähernd dieselbe Zahl von Gliedern aufweist. Oder man kann auch sagen: In einer Folge von Noniusfeldern müssen die keilförmigen Figuren unter Hinzurechnung der kleinen Nebenkeile (Parasphenoden) durchschnittlich die nämliche Zahl von Gliedern an ihrer Basis aufweisen. Zählt man in unserer Abbildung die Kommata am rechten und linken Rande der Faser aus, so ergibt sich rechter Hand ein Verlust von nur einer Einheit. Die Störung der Struktur, welche durch das Auftreten der Sphenode bei A bedingt ist, wird also durch das Auf- treten der zweiten Sphenode bei B zuzüglich des über ihr liegenden Nebenkeils fast gänzlich kompensiert. 11. Durch das Auftreten der Sphenoden gewinnt die Muskelfaser eine strenge seitliche Symmetrie. Klare Bilder erhält man daher nur auf Schnitten, welche parallel zur Symmetrieebene liegen. Die Mittel- schnitte weisen die größte Zahl von Pfeilern auf; an den weiter nach der Oberfläche der Faser hin liegenden Schnitten nimmt die Zahl der Pfeiler mit der Breite der Muskelfaser allmählich ab. Unsere Abbildung stellt einen ziemlich genauen Mittelschnitt dar, der senkrecht gegen die Schneide des Keils orientiert war. Schief- schnitte ergeben kompliziertere Bilder. (Eingegangen am 7. April 1918.) 54 Nachdruck verboten. CARL RABL +. Von A. Fischer. Mit Bildnis (Tafel). Mit Cart Rast, der am 24. Dezember 1917 in Leipzig verschieden ist, haben die morphologischen Wissenschaften einen ihrer bedeutendsten und verdientesten Vertreter verloren. Seine Berufsstellung und die Art seiner Betätigung brachten es mit sich, daß insbesondere die Anatomie eine wesentliche Förderung durch ihn erfuhr. Nicht unbeachtet darf daher sein Hinscheiden gerade in dieser Zeitschrift bleiben. Der Schilderung seines Lebensganges und seines Lebenswerkes — soweit sich dieses in Kürze darstellen läßt — sind die nachfolgenden Zeilen gewidmet. Daß diese Schilderung in dieser Zeit- schrift von mir erfolgt, entspricht übrigens auch einem Wunsche des Ver- storbenen selbst. Cart Rasy wurde am 2. Mai 1853 in Wels (Oberösterreich) geboren, wo sein Vater als angesehener Arzt lebte. Die Familie Ragr stammte aus Bayern, von wo sie Anfang des 18. Jahrhunderts nach Oberösterreich ausgewandert war. Zahlreiche ihrer Mitglieder waren Ärzte gewesen und auch C. Rast sollte sich dem ärztlichen Berufe widmen. Nachdem er im Jahre 1871 das Gymnasium in Kremsmünster absolviert hatte, ließ er sich als Hörer der Medizin an der Wiener Universität immatrikulieren. Schon am Gymnasium hatte er sich lebhaft für Zoologie und Ana- tomie interessiert. Die Anregung hierzu erhielt er hauptsächlich durch das Studium von E. Hasckes ,,Natiirlicher Schöpfungsgeschichte‘“, einem Werke, das damals alle gebildeten Kreise in lebhafter Spannung hielt und das der Pathologe Roxiransxy auf einem zu Ehren HAEcKELS in Wien veranstalteten Bankette geradezu als das ,,Andachtsbuch eines modernen Naturforschers‘‘ bezeichnete. Jene Zeit war eine der frucht- barsten auf dem Gebiete der Morphologie. Und dieser Aufschwung erfolgte hauptsächlich unter dem anregenden Einflusse der Deszendenztheorie, deren leidenschaftlicher und die Jugend begeisternder Verteidiger E.HAEcKEL war. Man muß sich, wenn man Ragrs Entwickelungsgang ganz verstehen will, diese Zeit und den Einfluß Haeckers auf die damalige Jugend ver- gegenwärtigen. „Ist doch jeder ein Kind seiner Zeit und hat daher Anspruch darauf, aus dieser heraus beurteilt zu werden“ (C. Rast in „E. Van Br- NEDEN‘). Seinem speziellen Interessengebiete gemäß suchte sich der junge Student RAgr an der Wiener Universität zu betätigen, ohne jedoch an den betreffenden Lehrkanzeln die Möglichkeit hierzu finden zu können. Man ipzig Pernitzsch, Lei 15 Lou Phot. - ure un i; Is A ar u . = FR Ri ERS „el er ER, DES ar ERW 17 os a. EBEN 55 bewegte sich da auf völlig veralteten Bahnen. So war es natürlich, daß sich seine Blieke anderwärts hinlenkten. Im Wintersemester 1873/74 studierte er in Leipzig und fand hier bei LevckArr Anregung und Förderung nach jeder Richtung, wofür er Levckarr stets dankbar blieb. Doch hatte er im November 1873 Haxcxet persönlich kennen gelernt und dies bestärkte ihn in seiner schon auf dem Gymnasium gefaßten Absicht, bei dem so hoch von ihm verehrten Manne selbst zu arbeiten. Er verbrachte das Sommer- semester 1874 in Jena, ging hierauf nach Wien, um jedoch im nächsten Sommersemester wieder bei HAEckEL zu arbeiten. Auch in den nächsten Jahren kam er, so oft es seine Zeit erlaubte, wiederholt, wenn auch nur auf kurze Zeit, nach Jena. Den mächtigen Einfluß, den HArcker damals auf ihn ausübte, hat er in der Einleitung zu seinen „Bausteinen‘‘ (41) selbst geschildert: „Ich hatte zu HArckEL eine glühende Begeisterung gefaßt, eine Begeisterung, deren nur die Jugend fähig ist. Ich verehrte ihn nieht nur als meinen Lehrer, sondern auch als meinen väterlichen Freund, an den ich mich vertraut und vertrauensvoll in jeder Lage wenden zu dürfen glaubte.“ Diese innigen persönlichen Beziehungen zu HAEckEL mußten natur- gemäß auch bestimmend auf die ganze wissenschaftliche Anschauungs- weise Ragrs einwirken. Zwar erkannte er kraft der sein tiefstes Wesen charakterisierenden Sachlichkeit und Gründlichkeit bald, daß bei HazckEu die Tatsachen wenig, die Spekulation alles bedeute, allein die Richtung für seine ganze spätere Denk- und Arbeitsweise erhielt er, wie er selbst sagte, von Harcxer. Man könnte sie kurz als das Streben nach phylogene- tischer Erkenntnis, gewonnen durch vorwiegende Berücksichtigung ontoge- netischer Tatsachen, bezeichnen. Es ist in dieser Beziehung ungemein kennzeichnend, daß die erste wissenschaftliche bei HArckEL ausgeführte Arbeit RAasrs mit einem Motto versehen ist, das die überragende Be- deutung, welche man damals der ontogenetischen Forschung zuschrieb, zum Ausdrucke bringt: ‚Jedes Sein wird nur durch sein Werden erkannt‘‘; und daß die Aufgabe dieser Arbeit vor allem die ist, die Anwendung der „Gastraea-Theorie“ auf die Mollusken zu versuchen Die zweite, gleich- falls unter Harcxers Einfluß entstandene Arbeit Rasrs wird als eine „Anwendung der Keimblättertheorie auf die Lamellibranchiaten‘‘ be- zeichnet. Seine Studien setzte Rast in Wien fort. Unbefriedigt von den Ver- hältnissen an den zoologischen und anatomischen Instituten war er eine Zeitlang gezwungen, in seiner Wohnung zu arbeiten, um ‚dort alles zu sezieren und zu präparieren, was ihm unter die Hände kam“. Eine ihn befriedigende Arbeitsstätte fand er jedoch später im physiologischen Institute, bei E. Brücke. Er arbeitete dort mehrere Semester über Haut und Darm von Petromyzon und Ammocoetes, über den Darm und seine Anhänge bei Amphibien u. a. m. Führten diese Arbeiten auch zu keinem veröffentlichten Resultate, so bedeutete diese Betätigung bei Brückz dennoch für Rast eine sehr wertvolle Lehrzeit. Während bei HarcKen die Spekulation das leitende Motiv bildete, war es bei Brücke die ruhige, nüchterne Beobachtung; die Theorie war Nebensache. Hier begegnete also 56 Rast der hohen Wertung einer gründlichen Untersuchung der Tatsachen, zu der er seiner ganzen Veranlagung nach hinneigte. Mit Recht konnte daher Rast in seiner für die Wiener Akademie verfaßten Autobiographie sagen, daß er HAEckEL die „Richtung“, Brücke aber ,,die feste, wissen- schaftliche Grundlage‘ verdanke. Die stete Betonung physiologischer Momente in Raus Arbeiten ist wohl ebenfalls auf die Beeinflussung durch Brücke zurückzuführen. Es ist begreiflich, daß die frühzeitige Betätigung Rasıs auf wissen- schaftlichen Sondergebieten seinen medizinischen Studien nicht förderlich war und daß sich seine Studienzeit bedenklich in die Länge zog: Hirst am 30. März 1882, also nach fast elfjähriger Studienzeit, wurde er an der Wiener Universität zum Doktor der gesamten Heilkunde promoviert. Allein diese ungewöhnlich lange Studienzeit war vortrefflich ausgenutzt worden. Rast hatte nicht nur durch seine unermüdliche Beschäftigung zu Hause und in verschiedenen Instituten sehr viel gelernt und sich um- fassende Kenntnisse auf morphologischem Gebiete erworben, er hatte sich auch durch sechs wissenschaftliche, zum Teil recht umfangreiche und inhaltlich wertvolle Veröffentlichungen unter den Zoologen einen geachteten Namen erworben. Auch hatte er in diesen Jahren das medizinische Studium durchaus nicht vernachlässigt, namentlich nicht jenes der inneren Medizin. In Leipzig fesselten ihn die Vorlesungen WUNDERLICHS, in Wien jene von BAMBERGER, an dessen Klinik er auch kurze Zeit tätig war, um hierauf, am Ende seiner Studienzeit, als ,,Demonstrator in das pathologisch- anatomische Institut einzutreten. Wenn er trotzdem so lange Zeit brauchte, um seine Studien zu beenden, so lag dies — abgesehen von seinen mor- phologischen Interessen — daran, daß er wohl unausgesetzt wissenschaft- liche Abhandlungen las, sich aber nur schwer. und erst als alter Student dazu entschließen konnte, auch Lehrbücher zu studieren; und wiederholt war es das leidenschaftliche Interesse an der Lösung eines ihn gerade interessierenden morphologischen Problems, das ihn bereits begonnene medizinische Studien jäh unterbrechen, ja einmal einen bereits bestimmten Rigorosumstermin vollständig vergessen und die betreffende Prüfung für einen beträchtlich späteren Zeitpunkt verschieben lieb. Die Begabung, das Wissen und die Leistungen. RagLs auf morpho- logischem Gebiete waren in Wien nicht unbeachtet geblieben. So ist er zu erklären, daß C. Lancer dem kurz vor Beendigung seiner Studien stehenden Mediziner den Antrag stellte, in das von Langer geleitete anatomische Institut, und zwar gleich als erster Prosektor, einzutreten. Der Übertritt zur Anatomie kostete RAasL einige Überwindung, teils infolge seiner Hin- neigung zur Zoologie, teils infolge seiner geringen Ausbildung in der Ana- tomie. Indessen entschloß er sich nach einigem Schwanken den Antrag anzunehmen und trat zwei Tage nach seiner Promotion bei Langer als erster Prosektor ein. Die nunmehr folgenden drei Jahre hat Rast stets als die anstrengend- sten seines ganzen Lebens bezeichnet. An einen pflichtgetreuen Prosektor in Wien stellte damals der Dienst ungemein schwere Anforderungen. Und pflichttreu ist Rasx stets in höchstem Maße gewesen. Zu diesen drückenden 57 Amtspflichten mußte er im Jahre 1883 auch noch jene der Abhaltung von Parallelvorlesungen über Anatomie auf sich nehmen, da die Vorlesung Lancers bei der ungewöhnlich großen Hörerzahl nicht genügte. (Der Übernahme dieser Parallelvorlesung war die Habilitierung als Privat- dozent für Anatomie — am 1. August 1883 —- vorhergegangen.) Dazu kam, daß Rasx mit seinen Studien über Zellteilung beschäftigt war, deren ersten Teil er im Jahre 1885 veröffentlichte. Das Jahr 1885 wurde ein bedeutungsvolles für Rasy. An der deut- schen Universität in Prag war die anatomische Lehrkanzel durch Arugvs Tod verwaist. Mit ihrer Supplierung wurde Rast, der am 22. Juli 1885 zum außerordentlichen Professor ernannt worden war, mit Erlaß vom 8. August desselben Jahres betraut. Dieser Betrauung folgte am 21. Mai 1886 die Ernennung zum ordentlichen Professor der Anatomie und Vor- stande des anatomischen Institutes in Prag. Nahezu zwei Jahrzehnte hat nun Rast in Prag gewirkt und eine in jeder Hinsicht bewunderungswürdige Tätigkeit entfaltet. Bis zum Jahre 1898 bestritt er die Vorlesungen über systematische und topographische Anatomie, sowie über Entwickelungsgeschichte und die entwickelungs- geschichtlichen Übungen allein, erst von diesem Jahre ab wurde er durch mich etwas entlastet. Diese Entlastung benutzte er sofort, um zu seinen Pflichtkollegien in einzelnen Semestern auch noch solche über vergleichend- anatomische Probleme hinzuzufügen. Oft bedauerte er, solche Sonder- vorlesungen nicht regelmäßig abhalten zu können, denn er hielt dies für seine Pflicht, um besonders eifrigen Studenten Einblick in wissenschaft- liche Forschung zu vermitteln. Solche Vorlesungen waren ihm aber auch Bedürfnis, um die ihn selbst beschäftigenden Probleme genauer zu er- örtern. Dagegen waren die Vorlesungen über systematische Anatomie, seiner Pflichttreue entsprechend, ganz den Bedürfnissen des medizinischen Unterrichtes angepaßt. Hier las er nicht bloß das, was ihn interessierte, sondern er erörterte alles Wissenswerte von sämtlichen Organsystemen. Das anatomische Detail erhielt jedoch eine Belebung durch zahlreiche eingestreute Erörterungen allgemeiner Natur, die nur Rast, kraft seiner gründlichen zoologischen Vorbildung und seiner ausgedehnten vergleichend- anatomischen Kenntnisse, möglich waren und die dem Hörer ungeahnte Anregung und Belehrung boten. Dabei war der Vortrag stets begleitet von vor dem Hörer entstehenden Zeichnungen, die durch ihre Klarheit und Schönheit das Auge entzückten. — Wie der Vorlesung, so wurde auch dem Unterrichte im Seziersaal die größte Sorgfalt zugewendet. Im Winter- semester verbrachte Rau die Nachmittage im Seziersaale, wobei er grund- sätzlich alle Präparate täglich kontrollierte; und oft geschah es, dab er bei einem ihn interessierenden Präparate ganz an Zeit und Umgebung vergaß, bis er sich nach Schluß der Sezierübungen mit dem durch ıhn festgehaltenen Präparanten allein im leergewordenen Seziersaale sah! Mit dieser aufopfernden Fürsorge für den Unterricht hielt Rası je- doch seine Pflichten als Institutsleiter noch nicht für erledigt. Unaus- gesetzt bemühte er sich vielmehr, sowohl die Lehrmittel als auch die Samım- lung des Institutes zu vermehren. Nicht nur in der bequemen, aber unzu- 58 reithenden Art des Ankaufes von Präparaten und Modellen, sondern und vor allem durch Anfertigung von Präparaten im Institute selbst. Jahr tür Jahr entstand so durch Mitarbeit der Assistenten und Studenten auf seine Anregung und unter seiner steten Mitwirkung eine große Anzahl wertvoller Präparate, die teils für die Demonstrationen beim Unterrichte verwendet, teils dem Museum — das wohl geordnet wurde — einverleibt werden konnten. So setzte Rast die im Prager anatomischen Institute unter seinen Amtsvorgängern bestandene Tradition der Musealfürsorge rühmlieh fort und die vortreffliche Ausstattung der vergleichend-ana- tomischen, sowie der menschlichen Abteilung des Prager Museums ist zum sroßen Teile sein Verdienst. Nichts spricht übrigens besser für den Einfluß Raeıs auf seine Hörer als der Umstand, daß sie sich zu den mühevollen, zeitraubenden und für zukünftige Ärzte wenig lohnenden Musealarbeiten nicht nur stets bereit fanden, sondern es geradezu als eine Auszeichnung betrachteten, zu ihnen zugezogen zu werden. Daß Rast selbst em unüber- trefflieher Meister im Präparieren war, braucht bei der durch seine wissen- schaftlichen Präparate und Zeichnungen bekundeten außerordentlichen manuellen Geschicklichkeit nicht erst besonders hervorgehoben zu werden. Zeugnis davon geben Präparate von seiner Hand in den anatomischen Museen in Prag und Leipzig. Bei dieser ungewöhnlich pflichtgetreuen Betätigung als Lehrer und als Institutsleiter erscheint es um so erstaunlicher, daß Rasy noch Zeit zu ungemein fruchtbarer Arbeit auf wissenschaftlichem Gebiete erübrigte. Dies wurde nur dadurch ermöglicht, daß sich zu seiner besonderen Be- sabung auch ein eiserner Fleiß und eine vollständige Konzentration auf seinen Beruf gesellte. Nur eine urkräftige Natur wie die seinige vermochte dieses. ganz der Arbeit gewidmete, jeglicher Ablenkung und Erholung ent- behrende Leben zu ertragen. Sicherlich hat diese auch späterhin fort- dauernde äußerste Ausnutzung der Kräfte den Ablauf seiner in Leipzig zum Ausbruch gelangten Erkrankung ungünstig beeinflußt. Ein Blick auf das hier am Schlusse beigefügte Arbeitenverzeichnis lehrt, daß die in Prag verbrachten Jahre für Rasgr den Höhepunkt seines wissenschaftlichen Schaffens bedeuteten. Die Arbeiten, die er als Student veröffentlicht hatte, lagen, weil sie sich auf Wirbellose ‚bezogen, außerhalb des Interessengebietes der meisten Anatomen. Erst die im Jahre 1885 erschienene Arbeit über Zellteilung hatte Rasrs Namen auch bei den Anatomen bekannter gemacht. Fortan folgte die Bearbeitung von Themen, die für jeden Morphologen von höchstem Interesse waren. In besonders slänzender Weise wurde jedoch Ragrs Name bekannt durch die Vorträge über Bildung und Differenzierung des Mesoderms, sowie über die ,,Prin- zipien der Histologie‘, welche Rasr auf den Versammlungen der anato- mischen Gesellschaft in den Jahren 1888 und 1889 gehalten hat. In der Tat wird man bei der Durehsicht der Verhandlungsberichte der Ana- tomisehen Gesellschaft keinen Vortragsbericht finden, der sich, was die Bedeutung des behandelten Themas und was die allseitige Anerkennung der hervorragendsten Versammlungsteilnehmer betrifft, diesen Vorträgen 2aBES an die Seite stellen lassen könnte. Aus der in den Verhandlungs- 59 berichten veröffentlichten Wechselrede geht klar hervor, welches Aufsehen diese Vorträge hervorriefen und welche Anerkennung sie Ras brachten. Körrıker, Hts, O. Hertwieg — um nur diese zu nennen — betonten die Wichtigkeit der von Rast behandelten Fragen, den „großen Fortschritt in der Auffassung wichtiger Organisationsverhältnisse der Wirbeltiere‘‘, der hierdurch bewirkt worden sei, und nicht zum mindesten galt das Lob auch der Schönheit der vorgelegten Präparate und der gleichfalls von Rast selbst verfertigten Tafeln, deren absolut genaue Wiedergabe des mikroskopischen Bildes besonders bewundert wurde. Die Anerkennung, welche speziell den beiden Mesoderm-Vorträgen Rasts gezollt wurde, galt auch HarscHer, dessen Vortrag eine wichtige Stütze für die von Rasr vertretenen An- schauungen bildete. HAarscHex wirkte damals mit Ragr in Prag, und aus dem Gedankenaustausche zweier so bedeutender Forscher ergab sich naturgemäß eine gegenseitige Förderung ihrer wissenschaftlichen Be- tiitigung. In seiner der Wiener Akademie übermittelten Autobiographie hat denn auch Rast ausdrücklich hervorgehoben, daß ihn ,,von seinen Freunden am meisten GROBBEN und HATScHEX gefördert‘ haben. Wir müssen hier auch Van BENEDEN nennen, dessen Arbeiten und direkte Mitteilungen einen wesentlichen Einfluß auf Ras ausübten. War Rast durch diese beiden Vorträge mit einem Schlage unter die bekanntesten Anatomen seiner Zeit vorgerückt, so vermehrte er dieses Ansehen in den folgenden Jahren noch sehr wesentlich. Es war daher begreiflich, daß bei der Frage nach der Besetzung frei gewordener größerer Lehrkanzen Ragrs Name damals wiederholt im Vordergrunde stand. Zu emem amtlichen Antrage kam es jedoch zunächst nur, als im Jahre 1897 anläßlich der Berufung StéuRs nach Würzburg die Züricher Anatomie frei wurde. Wenn sich Rast damals entschloß, diesen Antrag abzulehnen, so lag dies nicht allein an dem Entgegenkommen, das die österreichische Unterriehtsverwaltung — in diesem einen Falle! — seinen Wünschen gegenüber erwies. Er hatte in Prag einen ihn befriedigenden Wirkungs- kreis, er besaß, dank seiner im Jahre 1891 erfolgten Verehelichung mit Marie VırcHow, einer Tochter des großen Pathologen, ein glückliches Heim, er erfreute sich der Hochachtung aller seiner Kollegen und besaß unter ihnen treue Freunde. Trotz der unerquicklichen nationalen Verhält nisse — der durch Berufspolitiker künstlich geschürte Deutschenhaß der Tschechen kam damals zu elementarem Ausbruche — fühlte er sich in Prag doch insoweit wohl, daß er sich nicht entschließen konnte, die öster- reichische Heimat zu verlassen. — Als im Jahre 1900 die embryologische Lehrkanzel in Wien frei wurde, bemühte sich die Wiener Fakultät, Ras zu gewinnen. Diesem Rufe wäre er begreiflicherweise gerne gefolgt, allein die österreichische Unterrichtsverwaltung wollte in die von RasBL mit Recht geforderte Ausgestaltung dieser Stellung bedauerlicherweise nicht einwilligen. Dies bedeutete nicht bloß eine Schädigung der Wiener Uni- versität, sondern auch der Embryologie überhaupt. Denn Rast hätte als Leiter eines von ihm großzügig geplanten embryologischen Institutes, ent- lastet von den mit einer anatomischen Lehrkanzel verknüpften, drücken- den Pfhehten, sicherlich Außerordentliches auf wissenschaftlichem Gebiete 60 geleistet. — Spätere Versuche, ihn für eine anatomische Lehrkanzel in Wien zu gewinnen, lehnte er (von Leipzig aus) ab. Das Studienjahr 1903/04 bildete einen Wendepunkt im Lebensgange Rasis. Zum Rektor der Universität gewählt, zwang ihn die damalige politische Lage in Böhmen, sich auf einem Gebiete zu betätigen, das voll- kommen verschieden war von seinem bis dahin geführten Gelehrtenleben. Die bedauerliche Schwäche der Regierung hatte es verschuldet, daß sich die künstlich erregte nationale Leidenschaft der Tschechen wieder einmal bis zu wüsten Exzessen steigerte und besonders gegen jene Studenten kehrte, welche ihr Deutschtum offen zur Schau trugen. Die Art, wie Rast in mannhafter, unerschrockener Weise für die Rechte der Deutschen in der Stadt der ältesten deutschen Universität eintrat und die Regierung zu energischem Vorgehen gegen die Unruhestifter zwang, erwarb ihm nicht nur den begeisterten Dank aller Deutschen in Prag; auch aus ganz Deutsch- österreich, sowie aus dem Deutschen Reiche strömten ihm unzählige Bei- fallskundgebungen zu. Hatte ihn bis dahin nur der enge Kreis der Kollegen als hervorragenden Forscher und vorzüglichen Menschen schätzen lernen können, so ward er jetzt allen Deutschen in Böhmen bekannt; er stand mit einem Male im Mittelpunkte des öffentlichen Interesses und der allgemeinen Wertschätzung. Gerade in diesem Zeitpunkte seines höchsten Ansehens in Prag fragte die sächsische Regierung bei ihm Mitte Juni 1904 an, ob er die durch den Tod von His erledigte anatomische Lehrkanzel in Leipzig zu übernehmen bereit wäre. Es ist begreiflich, daß Rast trotz seiner angesehenen Stellung in Prag diesem Rufe Folge leistete. Daß man ihm die Lehrkanzel eines Mannes von der Bedeutung Hıs’ anbot, war der beste Beweis für die hohe Wertschätzung seiner Leistungen; in Leipzig harrte seiner ferner ein un- gleich größerer Wirkungskreis, als Prag ihm bieten konnte. Vor allem aber beeinflußte seinen Entschluß der Wunsch, seine Kinder im Deutschen Reiche aufwachsen zu sehen. Er nahm die ihm angebotene Stellung an, worauf seine Ernennung am 26. Juli 1904 erfolgte. Die Tätigkeit Ragıs als Rektor der Prager Univ ersität hatte den Wert dieses Mannes zu deutlich hervortreten aceon als daß man in Prag und in ganz Deutschböhmen seine Berufung nach Leipzig nicht lebhaft beklagt hätte. In den Abschiedsworten, die man ihm damals widmete, konnte mit Recht gesagt werden: „Rasrs Verlust bedauern nicht allein seine Kollegen, nicht nur seine Schüler, nicht bloß die Mitglieder des ärzt- lichen Standes in diesem Lande — ihn empfindet schmerzlich ein ganzes Volk“ (Prager medizin. Wochenschrift 1904, Bd. 20). _ Die Art, wie Rasu seine Tätigkeit in Leipzig begann, ist charak- teristisch für seine Pflichttreue. Das Institut war alt entsprach nach Rasıs Auffassung nicht den Anforderungen, die man jetzt an eine der- artige Lehrstätte stellt. So stand Rast, wie er selbst in der von ihm ver- faßten Geschichte der Anatomie in Leipzig (40) schildert, vor der Alter- native, entweder alles beim Alten zu lassen und sich ganz in seine eigenen wissenschaftlichen Arbeiten zu vertiefen, oder aber diese auf einige Zeit in den Hintergrund zu stellen, um vor allem durch eine Reorganisation des Im Institutes die Grundlagen für einen gedeihlichen Unterricht zu schaffen. Die Erklärung Rasts: „Mit schwerem Herzen entschied ich mich für letzte- res kann nur der voll würdigen, der weiß, wie schwer es Rast ertrug, auch nur für kurze Zeit auf wissenschaftliches Arbeiten verzichten zu müssen. So widmete er denn seine Zeit zunächst ganz der Aufgabe, ein für den modernen Unterrichts- und Forschungsbetrieb geeignetes Institut zu schaffen. Da zu einem Neubaue ein geeigneter Platz nicht gefunden werden konnte, mußte er sich mit einem Um- und Erweiterungsbaue begnügen, der naturgemäß schwerer durchzuführen ist als ein Neubau, da man sich hierbei stets durch die gegebenen Verhältnisse gebunden und gehindert sieht. Wie groß übrigens dieser Um- und Erweiterungsbau geplant war, geht am besten aus dem veranschlagten Kostenaufwande — 464090 Mark — hervor. So wurde ein Institut geschaffen, das für die Bedürfnisse unserer Zeit — daß ein Institut bald veraltet, dessen war sich Rast auch bei seinem Institutsbaue wohl bewußt — vollkommen hinreicht. Mit leb- hafter Befriedigung pflegte er den ihn besuchenden Fachgenossen sein Werk zu zeigen. Eine weitere Sorge Rasrs galt der Institutssammlung. Er war es gewöhnt, seine Vorlesungen mit einer Demonstration zahlreicher Prä- parate, namentlich auch solcher von Varietäten, zu verbinden. Dazu aber reichte die Leipziger Sammlung nicht aus. Ihrer Ausgestaltung widmete er daher besondere Sorgfalt. Sie galt wiederum, wie in Prag, sowohl der vergleichend- wie der menschlich-anatomischen Abteilung. Die hingebende Fürsorge für die ihm unterstellte Anstalt bewährte Rast auch in zahlreichen anderen, das Institut betreffenden Angelegen- heiten. Diese Betätigung, die gewissenhafte Erfüllung seiner Lehrpflichten, sowie die gründliche Erledigung vieler ihm als Kollegiumsmitgliede zu- fallenden besonderen Aufgaben konnte jedoch auch in Leipzig Raus ungewöhnlichen Arbeitseifer auf die Dauer nicht behindern. Kaum, daß er sich dort seinen Wünschen entsprechend eingerichtet hatte, begann er auch eine intensive Tätigkeit auf wissenschaftlichem Gebiete zu entfalten, deren Früchte sich sehr bald zeigten. Des ungetrübten Glückes freier Entfaltung der Kräfte konnte sich Rasgr jedoch nur wenige Jahre hindurch in Leipzig erfreuen, als Anzeichen einer schweren chronischen Kehlkopferkrankung bei ihm auftraten. Zwar wurde ihm dadurch weiteres Arbeiten nicht unmöglich gemacht. Aber tief deprimierend wirkte es auf den pflichtgetreuen Mann, daß ihm der Lehrberuf durch die Krankheit erschwert wurde. Der ärztlichen Mahnung nach Schonung achtete er nicht. Er wollte arbeiten, solange es eben mög- lich war, mit äußerster Anspannung der Kräfte und bis zum Ende, dessen baldigen Eintritt er klar vor Augen sah. Wahrhaft heldenhaft hat er die Last dieser letzten Lebensjahre ertragen, trotz Krankheit und nagender Sorge seine Berufspflichten gewissenhaft erfüllt und mit jugendlichem Eifer bis zuletzt wissenschaftlich gearbeitet. Ich kann mich nicht ent- halten, zweier Stellen aus Briefen hier zu gedenken, die diesen nimmer rastenden Arbeitsdrang zu klarem Ausdruck bringen. Als ich ihn im Ok- tober 1916 um Schonung seiner Gesundheit bat, da antwortete er mir u. a.: 62 „Wenn ich noch beten könnte, so würde mein Gebet kurz sein und lauten: Gott gebe mir Kraft zur Arbeit. Denn an Lust und Freude dazu wird es mir nie fehlen.‘‘ Und noch im Juli 1917 schrieb er mir von neuen Arbeiten, die er, aus der Sommerfrische nach Leipzig zurückgekehrt, beenden wolle, hinzufügend: „Ich will vor meinem Exitus letalis soviel als möglich unter Dach und Fach bringen.“ Seit Januar 1917 hatte ihm die Krankheit die Erfüllung seiner Lehr- pflichten unmöglich gemacht. Im September kehrte er, vom Urlaube gekräftigt, nach Leipzig zurück und nahm seine Tätigkeit daselbst wieder auf. Allein kurz nach Beginn des Wintersemesters gesellte sich — Kinde Oktober — zu dem chronischen Leiden auch eine akute Erkrankung. Diesem Ansturm konnte der durch lange Krankheit und Überarbeitung geschwächte Körper nicht mehr widerstehen, er erlag ihm am Weihnachts- tage. Was sterblich an Rast war, wurde, seinem letzten Wunsche gemäß, Feuerflammen überantwortet. Am 28. Dezember fand die Einäscherung statt und sie gestaltete sich zu einer würdigen Trauerfeier für den auch in Leipzig hochgeschätzten Toten. Dem tiefen Schmerze der Fakultät ob des Verlustes des großen Forschers und ausgezeichneten Menschen gaben der Dekan Payr, und H. Herrn beredten Ausdruck. ‚Dichter weißer Schnee lag über Stadt und Land. Den Kränzen fehlten die Blumen. Alles war ernst und echt, seiner würdig. Man fühlte deutlich, daß er als ein Kämpfer gefallen war, als ein Opfer des Berufes und des Strebens nach Erkennt- nis.“ (Aus einem Briefe von H. VırcHow.) Wenn nunmehr versucht werden soll, innerhalb des hier zur Ver- fügung stehenden engen Rahmens eine Darstellung von Raus Leistungen als Forscher zu liefern, so kann dieser Versuch bei der Größe und vor allem bei der Vielseitigkeit des wissenschaftlichen Lebenswerkes C. Rasus nur ein sehr unvollkommener werden. Die zeitliche Aufeinanderfolge der Arbeiten Rasts erhellt aus ihrem am Schlusse beigefügten Verzeichnisse. Sie sollen jedoch nicht so sehr chronologisch als vielmehr ihrem inhaltlichen Zusammenhange und nur ihrem wesentlichen Inhalte nach besprochen werden. | Kennzeichnend für alle diese Arbeiten ist das ungewöhnlich reieh- haltige Untersuchungsmaterial, das ihnen zugrunde liegt, ferner die ge- naue, bis in die feinsten Details vordringende Untersuchung und Beschrei- bung der Tatsachen, die mit unübertrefflich schönen, absolut genauen und fast durchwegs von Rast selbst herrührenden. Zeichnungen belegt wird. Allein so sehr sich auch Rast in die liebevolle Beschreibung der Details vertiefte und sich niemals genug daran tun konnte, so wenig ver- kannte er, daß in der bloßen Kärrnerarbeit des Beschreibens von Präparaten und Modellen nicht das letzte Ziel einer wissenschaftlichen Arbeit gelegen sein könne. Dieses Ziel bestand für ihn mit Recht in der Ermittlung von Folgerungen allgemeiner Natur, in der Ergründung von Gesetzen, welche den Wechsel der Erscheinungen beherrschen. Darin hauptsächlich beruht der hohe Wert seiner Arbeiten. 68 Ihr Inhalt betrifft nahezu sämtliche Gebiete der Morphologie. ‘Se können wir denn auch bei ihrer Besprechung mit Forschungen über die Zelle beginnen, hierauf fast alle wichtigen Probleme der Entwickelungs- geschichte berühren, um mit Arbeiten zu enden, welche den erwachseneu Organismus betreffen. Mit Zellproblemen hat sich Rasr wiederholt beschäftigt. Zum ersten Male in seiner großen Arbeit über Zellteilung (8). Diese ist wohl als die erste gründliche Untersuchung des wichtigsten Zellvorganges zu be- zeichnen. Zwar war der Ablauf der Zellteilung schon vor Rast in seinen wesentlichen Zügen erkannt worden. Allein eine so gründliche Beschrei- bung und vor allem eine so ausgezeichnete bildliche Darstellung dieses Vor- ganges war bisher noch nicht geliefert worden. Der Beschreibung lagen außerdem vorzügliche Präparate zugrunde, welche mit neuen und wert- vollen Methoden gewonnen worden waren. Zu der Vervollständigung des seinem Wesen nach bereits Bekannten fügte Rast auch noch eine Reihe wichtiger neuer Ermittlungen hinzu, von welchen hier nur folgende er- wähnt werden können: Die Entdeckung der Pol- und Gegenpolseite des Kernes; die außerordentlich wichtige Feststellung, daß in allen Körperzellen von Salamandra mac. — mit Ausnahme jener des Follikel- epithels des Hodens — die gleiche Anzahl von Chromosomen vorhanden sei, eine Feststellung, welche Rabu zu dem so bedeutungsvollen Satze verallgemeinern konnte, daß die Zahl der chromatischen Schleifen in den Körperzellen eine konstante ist; endlich die Ermittlung der typischen Über- einstimmung des Baues der ruhenden mit jenem der sich teilenden Zelle, woraus Rasx den später für die Lehre von der Befruchtung und Vererbung so wichtig gewordenen Satz von der Kontinuität der Chromosomen ab- leitete. In der zweiten Mitteilung über Zellteilung (20) wurde dieser Hypo- these der Kontinuität des Chromatins jene von der Kontinuität des Achro- matins an die Seite gestellt. — Zahlreiche andere, für die Zellenlehre wichtige Ermittlungen Rasts sollen im Anschlusse an die nachfolgende Erörterung seiner entwickelungsgeschichtlichen Arbeiten besprochen werden. Wir können hier gleich mit dem Befruchtungsvorgange beginnen. In seiner Van-BEne£ven-Schrift (42) teilt RasL Ergebnisse seiner Unter- suchungen über die Befruchtung von Ascaris megaloceph. mit, welche manches Neue enthalten, so über die Art und Weise der Einwanderung der Samenzelle in das Ei, über die Gestalt und Größe der Chromosomen, über den Ablauf der Reifungsteilungen. Die erste Reifungsteilung ist, nach Rap, stets eine typische Mitose, die zweite stets eine Reduktionsteilung ; es gibt also keinen Präreduktionstypus. Das ‚Verschwinden‘ des Centro- soms erklärt er durch die Ausbildung einer ‚area centralis (polaris)‘‘, welche durch Auflösung des Polkörpers in kleinste Körnchen zustande kommt. Indem er während der zweiten Reifungsteilung eine Umlagerung der Chromosomen der Dyaden in der Weise annimmt, daß entweder alle weib- lichen oder alle männlichen Chromosomen an das Richtungskörperchen abgegeben werden und indem er ferner gewisse, für die Befruchtung und Vererbung notwendige Elemente des Protoplasmas der Geschlechtszellen (Mikrosomen, Plasmosomen) stets den gleichartigen Chromosomen folgen Fur läßt, gelangt er zur Annahme der Entstehung rein männlicher und rein weiblicher Ei- und Samenzellen, die in ungefähr gleicher Anzahl von den betreffenden Keimdrüsen gebildet werden. Aus dieser Anschauung ergeben sich naturgemäß sehr wichtige Folgerungen für die Befruchtungs- und Vererbungslehre. Daß die Frage nach der Struktur der Eizelle und die hieraus sich ergebenden Beziehungen zur Entwickelung und Vererbung für einen Forscher wie Rai eine besondere Anziehungskraft besessen haben muß, ist begreiflich. Er hat zu diesen Fragen wiederholt Stellung genommen, und zwar gleich in seinen ersten Arbeiten, die sich vorwiegend mit dem Vorgange der Furchung und Keimblätterbildung beschäftigen. Diese Ermittlungen Ragrs über den Vorgang der Furchung müssen hier zu- nächst besprochen werden. Um sie richtig einschätzen zu können, ist es notwendig, daran zu erinnern, wie man bis dahin den Furchungsvorgang in entwickelungsgeschichtlichen Arbeiten behandelt hatte. Man begnügte sich mit Angaben wie: „Die Furchung verläuft in der gewöhnlichen Weise“; sie bietet nichts Neues‘; „nachdem der Dotter sich in Kugeln geteilt hat“; ja For unterläßt sogar die Schilderung der Furchung, ,,um den Leser nicht zu ermüden‘! Der 22jährige Student Rasx liefert nun eine genaue Darstellung des Furchungsverlaufes, er stellt die frühzeitig erfolgende Differenzierung der Furchungszellen fest, bespricht Wesen und Bedentung der maequalen Furchung, der Richtungskörperbildung und zieht die für spätere Forschungen so wichtige Folgerung, daß ‚jede mehr oder weniger scharf umschriebene Tiergruppe ein gemeinsames, für alle Glieder dieser Tiergruppe gültiges Furchungsschema besitze“, aus welcher Tatsache sich Folgerungen für den verschiedenen Verwandtschaftsgrad der Tierformen würden ableiten lassen. In der Arbeit über die Entwickelung der Teller- schnecke (4) betont Raepr besonders nachdrücklich die Wichtigkeit und Bedeutung der Furchung, und mit Recht konnte er später in seiner Van- Benepen-Schrift (42) darauf hinweisen, daß erst durch die von ihm gegebene Anregung die Bedingungen geschaffen wurden, welche das Zustande- kommen der später so erfolgreichen Cell-lineage-Forschung ermöglichten. — Bei der Erörterung der Beeinflussung der Furchung durch den Nah- rungsdotter formuliert RABL auch jenen Satz, welcher später von O. Herr- wie als vierte seiner Furchungsregeln angegeben, aber Batrour zuge- schrieben wurde. — In logischer Konsequenz der von ihm bis zum Zwei- zellenstadium verfolgten Differenzierung der Furchungszellen folgert Rast, daß die Substanzen des Keimes eine bestimmte, gesetzmäßige Lagerung und Verteilung besitzen und daß wir daher ,,auch schon in der ungefurchten Eizelle eine ganz bestimmte und gesetzmäßige Anordnung und Verteilung der Protoplasma-Partikelehen und -Moleküle anzunehmen haben‘ (4, S. 572). Er hat damit, seiner Zeit vorauseilend, dasjenige ausgesprochen, was später, aber unabhängig von ihm, His als ‚Prinzip der organbildenden Keimbezirke‘“ bezeichnete und was in grundsätzlichen Fragen der Ent- wickelungslehre eine so große Rolle spielte und noch heute spielt. Die deskriptive Forschung konnte allerdings derartiges nur als möglich oder wahrscheinlich bezeichnen lassen. Erst die experimentelle Forschungs- 65 richtung konnte auf diesem Gebiete Sicheres erbringen. Sie führte u. a. auch zur lebhafteren Erörterung der für diese Probleme so wichtigen Lehre von den organbildenden Substanzen. Mit ihr hat sich Rast in seiner Leipziger Antrittsrede (39) beschäftigt. Aus der kritischen Besprechung einer Reihe von Tatsachen gelangt er zu der Annahme einer ständigen, gegenseitigen Beeinflussung des Plasmas und des Kernes einer Zelle, also auch der Eizelle. Ändert sich die Qualität der Substanzen im Plasma, so ändert sich auch die Qualität der Chromo- somen und umgekehrt. (Diese Wechselwirkung zwischen Zelleib und Zellkern findet im Stadium der sog. Ruhe statt, welches in Wirklichkeit als die Zeit der lebhaftesten Tätigkeit von Kern und Plasma anzusehen ist.) Zwei aus einer Teilung hervorgehende Zellen können daher bei späterer Entwiekelung nur dann vollständig miteinander übereinstimmen, also Zellen der gleichen Art erzeugen, wenn ihnen bei der Teilung gleiche Plasma- qualitäten zugeführt wurden. Nun besitzt aber die Eizelle verschiedene Plasmaarten in ihrem Leibe und diese werden in verschiedener, aber durch- aus gesetzmäßiger Weise auf die verschiedenen aus der Eizelle hervor- gehenden Zellen verteilt. Infolge dieser qualitativ ungleichen Plasma- teilung ändert sich also trotz qualitativ gleicher Kernteilung der Charakter der einzelnen Zellen des Keimes und bestimmt dadurch ihre besondere Entwickelungsart. Die verschiedenen Plasmaarten des Zelleibes des Eies sind also in Wahrheit die ,,organbildenden Substanzen“. Im Rahmen dieser Anschauung ist für eine Determinantenlehre kein Platz, diese Theorie der Entwickelung und Vererbung ist eine rein epigenetische, und die Ent- wickelung eines Organismus erscheint darnach „im Grunde nur als kon- tinuierliche Kette chemischer Vorgänge, gebunden und reguliert durch ein bestimmtes anatomisches Substrat‘. — In der Van-Benepen-Schrift, in welcher, wie wir sehen werden, Rast, gestützt auf hierher gehörige Er- gebnisse deskriptiver und experimenteller Forschung, eine Projektion der Organanlagen auf das ungefurchte Ei durchführt, erörtert er nochmals und eingehend die Wichtigkeit dieser Fragen. Beruhen diese Anschauungen RAsLs auf Umständen, die man teils direkt beobachten, teils durch Versuche nachweisen kann, so führen uns andere auf ein dem unmittelbaren Nachweise noch völlig unzugängliches, aber in Zukunft wahrscheinlich um so bedeutungsvolleres Gebiet. Ras versucht nämlich, eine „Promorphologie“ der Eizelle und der Fur- chung dadurch zu erbringen, daß er die verschiedenen Furchungstypen und Zelldifferenzierungen auf ein von ihm angenommenes Achsenverhältnis des Keimes bzw. der Zellen zurückführt. Rast betritt damit als erster ein uns noch völlig unbekanntes Forschungsgebiet. Zwar hatte schon E. HAEcKEL in seiner ,,Generellen Morphologie“ von einer ,,Promorphologie“ oder „Grundformenlehre‘ gesprochen, allein ihm handelte es sich bloß um die äußere Form, während Rast den Nachdruck auf die innere Organisation lest. Diese Auseinandersetzungen RagLs stehen nun in enger Beziehung zu den von ihm über die Organisation und über die Differenzierung der Zellen entwickelten Anschauungen, mit denen sie daher gemeinsam besprochen werden sollen. Anat. Anz. Bd. 51 Aufsätze. o 66 Mit einem hypothetischen Achsenverhältnis in der Zelle beschäftigt sich RABL zum ersten Male in seinem für unsere Erkenntnis der genetischen Beziehungen zwischen den einzelnen Gewebsarten wichtigen Berliner Vortrage (17). Wie er selbst sagt, geht er hierbei von der zuerst von Har- SCHEK betonten „Polarität‘‘ der Zelle aus, d. h. von der typischen Ver- schiedenheit zwischen basaler und freier Zellseite. Jede Epithelzelle besitzt nun nach Rast eine bipolare Hauptachse, welche freie und basale Zellseite miteinander verbindet und welche senkrecht auf der Oberfläche des Epithels steht. Bei der Differenzierung des Epithels kommen gewisse Eigentüm- lichkeiten stets nur am basalen, andere nur am freien Pole zur Ausbildung. Bei den Epithelien ist es ferner die freie, bei allen anderen Gewebszellen die basale Seite, welche den höheren Differenzierungsgrad aufweist. Bei Annahme dieser Polarität, sowie unter Berücksichtigung der Stellung der Teilungsachsen und des Auftretens von Interzellularlücken und -brücken läßt sich so der Nachweis erbringen, daß alle Gewebsarten von Epithelien abstammen. Jene, welche später den Epithelcharakter verlieren, bezeichnet Rast unter Gebrauch eines von HArsc#eEk in etwas anderem Sinne ver- wendeten Ausdruckes als Apothelialgewebe. Am eingehendsten erörtert jedoch Rasy diese ,,Promorphologie der Zelle‘ im 3. Teile seiner Linsenarbeit (30). Jede Zelle ist, wie er hier aus- einandersetzt, als ein polar differenzierter, bilateral-symmetrischer Or- ganismus aufzufassen. Ihre stereometrische Grundform ist eine rhom- bische Doppelpyramide, bestehend aus zwei Einzelpyramiden von ungleicher Höhe und gleicher Basis. Die Doppelpyramide besitzt also eine heteropole Hauptachse — entsprechend jener Zellachse, welche freie und basale Zellseite verbindet; ferner zwei Nebenachsen, nämlich die beiden auf- einander und auf der Hauptachse senkrecht stehenden Diagonalen der rhombischen Basis. Diese beiden Nebenachsen sind homopol. Für die Differenzierung der Zelle sind sowohl die Haupt- wie die Nebenachsen von Bedeutung. Während z. B. die Differenzierung der epithelialen Zylinder- oder der Nervenzelle nur in der Richtung der Hauptachse stattfindet, werden Muskel- oder Bindegewebsfibrillen nur in der Richtung einer oder beider Nebenachsen angelegt. Ras zeigt nun, daß sich bei Annahme dieser Achsenverhältnisse die Art der Differenzierung sowie der Lagerung und Anordnung der Zellen verstehen lasse, er zeigt ferner in seinem Vortrage über Homologie und Eigenart (31), daß diese Hypothese auch zur Er- klärung experimenteller Ergebnisse herangezogen werden könne, und er weist endlich in seiner Van-Benepen-Schrift nach (42, 8. 296 u. f.), dab sich auch die Furchung und damit die wesentlichsten Differenzierungs- vorgänge bei der Entwickelung nach dieser Annahme leichter verständlich machen lassen. Die Untersuchung über den Bau der Linse gab Rast auch die Ge- legenheit und die Möglichkeit, drei weiteren für die Zellehre sehr wichtigen Fragen näherzutreten. Zunächst jenen nach der Zahl und nach der Größe der Zellen. Er gelangt zu dem Ergebnisse, daß innerhalb einer eng be- erenzten Tiergruppe die Größe der Zellen eine bestimmte, ihre Zahl jedoch eine je nach der Körpergröße der verschiedenen Arten verschiedene ist. 67 Durchaus bestimmt und gesetzmäßig ist dagegen die Lage der Zellen, die Stellung, welche ihre Achsen in den verschiedenen Geweben und Or- ganen des Körpers einnehmen. Hierfür tritt er auch in der Van-BENEDEN- Schrift (42, S. 309) ein: „Jeder Zelle des Körpers ist nicht bloß ein be- stimmter Platz im Ganzen angewiesen, sondern sie hat diesen Platz auch in bestimmter Lage oder Stellung einzunehmen. Diese Stellung wird aber durch die Struktur- oder Achsenverhältnisse der Zelle bestimmt. So be- steht also in jedem Organismus ein allgemeines Gerichtetsein der ihn zusammensetzenden Elemente, ein Schluß, zu dem bekanntlich auch zahlreiche experimentell-entwiekelungsgeschichtliche Arbeiten geführt haben.‘ Noch in seiner letzten Arbeit bespricht RA dieses ,,Gerichtet- sein‘ der Zellen des zentralen Nervensystems und der Retina und führt aus, daß es auch die Zellteilung beeinflußt: „Eine Zelle teilt sich nicht, wann es ihr beliebt, und auch nicht, so oft es ihr beliebt, sondern Zeit und Zahl der Teilungen sind genau geregelt‘ (44, S. 368). Es ist sehr zu bedauern, daß Rast die von ihm angekündigte besondere Mitteilung über dieses „allgemeine Gerichtetsein der Zellen nicht mehr veröffentlicht hat. Die Darstellung von Rasrs Ermittlungen und Anschauungen über die Organisation der Zelle erfolgte im Anschlusse an die Erörterung seiner Untersuchungsergebnisse über den Vorgang der Furchung. Den der Fur- chung folgenden Entwickelungsstadien der Gastrulation und Keim- blattbildung hat Rast vom Anfange bis zum Schlusse seiner Forscher- tätigkeit ganz besondere Aufmerksamkeit zugewendet. Daß bereits seine beiden ersten Arbeiten vorwiegend diesen Problemen gewidmet waren, echt schon aus dem früher über sie Gesagten hervor. Besonders wichtig ist jedoch die Arbeit über die Entwickelung der Tellerschnecke, da sie die erste genaue und zusammenfassende Darstellung der Gastropodenent- wickelung liefert, also auch Gastrulation und Keimblattbildung genau schildert, wobei die wichtige Tatsache ermittelt wird, daß die Keimblätter nicht erst im Anschlusse oder infolge der Gastrulation entstehen, sondern daß sie schon am Ende der Furchung in der Blastula vorhanden sind. Daraus ergibt sich der uns noch später beschäftigende wichtige Satz, daß die der Furchung folgenden Entwickelungsvorgänge bloß dazu dienen, die bereits früher gebildeten Keimblätter an die für sie bestimmten Orte im Keime gelangen zu lassen. — Die wichtigsten Resultate von Rasıs For- schungen über die Gastrulation und Keimblattbildung finden sich jedoch in seinem großen Werke über die „Theorie des Mesoderms“ und in der Van-Beneven-Schrift. Den Ausgangspunkt der Untersuchungen zur ‚Theorie des Mesoderms** bildete das Problem der Metamerie des Wirbeltierkopfes. Als Vorbedin- gung zur Lösung dieser Frage erschien RA die Ermittlung der Entwicke- lung und Differenzierung des Mesoderms, schon aus dem Grunde, weil es notwendig war, den Begriff eines Wirbeltier-Metamers überhaupt erst sicherzustellen. ‚Die Außerachtlassung dieser Forderung hat es mit sich gebracht, daß man Mesodermabschnitte, die mit wirklichen Metameren nur in dem einen Punkte übereinstimmen, daß sie ungefähr dieselbe Länge wie diese besitzen, schlechtweg als Mesodermsegmente bezeichnet hat.‘ 5* 68 Dieser Annahme mußten sich auch die Nerven fügen, und so entstand die das Problem der Kopfmetamerie kennzeichnende Verwirrung. — Auch die höchst eigentümlichen Vorgänge der Mesodermdifferenzierung bei Amphioxus, von welchen Rast durch Harscnex Kenntnis erhalten hatte, regten zu diesen Untersuchungen an, deren Ziel also zunächst das war, „die Charaktere eines Rumpfsegmentes oder eines Segmentes überhaupt festzustellen und dabei wieder die wesentlichen, jedem Segment in gleicher Weise zukommenden von den unwesentlichen, auf einzelne Körperteile beschränkten zu scheiden“. Rası untersucht nun an einem großen, ver- schiedene Wirbeltierklassen umfassenden Material die Entwickelung des mittleren Keimblattes, von der er ein genaues und klares Bild entwirft. Er unterscheidet ein gastrales und ein peristomales Mesoderm und gelangt aus einem entsprechenden Vergleiche zu dem Resultate, daß das gastrale Mesoderm dem Kopffortsatze, das peristomale dem Primitivstreifen der höheren Wirbeltiere entspricht. Indem er hierauf die Mesodermbildung der Amnioten von jener der Anamnier und diese wiederum von jener des Amphioxus ableitet, gelangt er zu einer ebenso einfachen als anschau- lichen Vorstellung über die phylogenetische Entstehung der Gastrulation und Mesodermbildung. Leitpunkte sind hierbei die Annahme eines im Laufe der Phylogenese wiederholt erfolgten Verlustes und einer wieder- holten Erwerbung von Nahrungsdotter bei den Eizellen der Wirbeltiere, sowie die Berücksichtigung der Verteilungsverhältnisse dieses Dotters bei den verschiedenen Eiarten. Beweise für diese neue Auffassung bilden die Art der Furchung und der Mesodermbildung, das Verhalten des Canalis neurentericus und die Entstehungweise des Blutes. — Diese Untersuchungs- ergebnisse führten RAgr u. a. auch zu ganz anderen Anschauungen über wichtige Fragen der Entwickelung, als sie Hıs damals vertrat. So trat er gegen die Annahme auf, daß der embryonale Körper durch axiale Ver- wachsung von zwei im Randwulste gelegenen Hälften entstehe, und vor allem ließen sich seine Befunde mit der damals viel erörterten Lehre vom Parablast nicht vereinbaren, einer Lehre, die Hıs später auch tatsächlich selbst aufgegeben hat. Die zahlreichen Ermittlungen Rasrs über die Differenzierung des Mesoderms können und brauchen hier nicht im einzelnen besprochen zu werden, da sie wegen ihrer Wichtigkeit allgemein bekannt sind. Ihre Viel- seitigkeit ergibt sich aus den vielfachen Leistungen des mittleren Keim- blattes, und dieser Teil der Arbeit Ragrs ist daher für zahlreiche Kapitel der Entwickelungsgeschichte von größter Bedeutung. Verwiesen sei hier nur auf die drei Arten des embryonalen Bindegewebes, welche Rast unter- scheidet, auf die genaue Darstellung der Entwickelung des Urogenital- apparates der Selachier, auf die Angaben über die Entstehung der Rippen, der Nerven, der Ganglienleiste und des Herzens. — Was die prinzipiell wichtige Frage der Metamerie des Wirbeltierkopfes betrifft, so stellt RAgı zunächst fest, daß die bisher darüber ersonnenen Hypothesen sämtlich den Charakter ,,der Beweisführung um jeden Preis, selbst um den Preis der Tatsachen‘‘ an sich tragen. Er selbst kann nur vier aus dem unsegmentierten Mesoderm des Vorderkopfes hervorgehende Abschnitte unterscheiden. deren 69 Entstehung kein Recht gibt, sie mit Urwirbeln zu vergleichen. Der ganze Vorderkopf ist überhaupt nach der ganzen Art seiner Entstehung als etwas Besonderes, mit dem Hinterkopfe und Rumpfe nicht Vergleichbares auf- zufassen. — Auch zu der ihn später noch beschäftigenden Frage der Ent- stehung der paarigen Extremitäten nimmt Rasr hier schon Stellung. — Von Schlußfolgerungen allgemeiner Natur sei hier auf den Satz hinge- wiesen, daß für den Vergleich zweier oder mehrerer embryonaler Organe miteinander nicht so sehr ihre weitere Ausbildung als vielmehr die Art ihrer ersten Entstehung maßgebend sei; ganz besonders aber auf die von Rasr ermittelte Tatsache, daß zwischen der Zahl der Rumpfwirbel und der Zahl der Flossenstrahlen eine Beziehung in dem Sinne besteht, daß niemals weniger Rumpfwirbel vorhanden sein können, als es der halben Zahl der Flossenstrahlen entspricht. Die Formel, welche Rasu auf diese Weise zur Berechnung der Zahl der Rumpfwirbel bei den Rajiden ermittelte, hat zwar später durch Mortier eine Berichtigung erfahren, aber dies ändert nichts an der prinzipiellen Bedeutung der von Rast zuerst erwiesenen Möglichkeit, ein Organisationsverhiltnis einer Tierform rechnerisch zu ermitteln. — Dieser Ermittlung fügte er später (29, S. X XIX) eine zweite, gleich wichtige hinzu, daß man nämlich aus der Zahl der Bauchschilderreihen und aus der Zahl der Schuppenringe des Schwanzes einer Eidechse einen annähernd sicheren Schluß auf die Zahl der Rumpf- und Schwanzwirbel ziehen könne. „Nun ist es aber bekannt, in welch innigen Wechselbeziehungen die Zahl der Wirbel zu der Zahl der primären Segmente der Seitenrumpfmuskulatur und diese wieder zu der Zahl der Spinalnerven und der segmentalen Gefäße steht, und man wird also aus der Zahl der Wirbel und indirekt sogar aus der Beschaffenheit des Hautskeletes mit ziemlicher Sicherheit eine ganze Reihe anderer Organisationsverhältnisse zu berechnen vermögen“, z. B. auch die Zahl der primären Urnierenkanälchen. So werde es einmal ge- lingen, „für jede genau untersuchte Tierform eine Formel zu finden, welche uns in den Stand setzt, die gesamte Organisation derselben mit voller Sicherheit zu berechnen‘ und zu zeigen, wie sich durch Ausschaltung eines alten und Einführung eines neuen Faktors in diese Formel eine Form aus der anderen entwickelt hat. Achtzehn Jahre nach dem Abschlusse des Mesoderm-Werkes hat sich Rast nochmals eingehend mit der Keimblattlehre beschäftigt, und zwar in seiner der kritischen Analyse von Van Benevens Lebenswerk bestimm- ten, aber außerdem zahlreiche von Rast selbst ermittelte Untersuchungs- ergebnisse enthaltenden Arbeit (42). Berücksichtigen wir zunächst ihre sachlichen Angaben, so ist vor allem auf die Beschreibung junger Keim- scheiben des Kaninchens zu verweisen, wie sie mit solcher Gründlichkeit und mit so vorzüglichen bildlichen Beigaben bis heute noch von keinem Säugetier geliefert wurde. Die allmähliche Ausbildung der Pars circularis und triangularis, des Primitivstreifens, des Hexsen’schen Knotens und des Kopffortsatzes wird in der sorgfältigsten Weise geschildert. An einer Reihe von Schnittbildern wird die Differenzierung des Mesoderms, be- sonders aber des Kopffortsatzes, vorgeführt. Dieser besteht nach Rası aus zwei Schichten oder Platten, einer äußeren mit kubischen Zellen, der 70 Chordaplatte, und einer inneren, dickeren, unregelmäßig geformten, der Darmplatte. Diese innere Schicht spaltet sich in eigentümlicher Weise auf und teilt sich in zwei Hälften, welche die Anlage des Darmepithels dar- stellen, während die äußere Schichte als medianer Streifen erhalten bliebt und die Chorda bildet. — Diese Darstellung der Mesodermentwickelung steht namentlich mit der von Husrecut und dessen Anhängern gegebenen in Widerspruch. Jede Auffassungsart der Mesodermbildung aber wird sich mit den von Rast sichergestellten Tatsachen auseinanderzusetzen haben. Von sonstigen sachlichen Ermittlungen sei auf die Bestätigung der schon im Mesoderm-Werke vertretenen Ansicht verwiesen, daß der erst- entstandene Urwirbel auch der vorderste bleibt und daß dieser erste Ur- wirbel nicht, wie zumeist angenommen wird, in der späteren Nacken- region entsteht, daß er vielmehr zusammen mit einigen folgenden in die Bildung des Hinterkopfes einbezogen wird (S. 385). Mit diesen Urwirbeln und mit einem Teile des unsegmentierten Mesoderms bildet er dann das Mesoderm der metaotischen Region (nach der Harscuex’schen Bezeich- nung). Die Grenze zwischen der pro- und der metaotischen Region liegt weit vor der Urwirbelregion, an der Stelle der Gehörplatte und der späteren Herzanlage. — Erwiesen wird ferner die ungewöhnlich frühzeitig erfolgende Anlage der Plazentarzone, eine Erscheinung, die Ragı im Sinne seiner prospektiven funktionellen Anpassung (s. später) auffaßt (S. 410). Von großem Interesse sind jedoch besonders die Anschauungen, zu welchen Rarr hinsichtlich der trühen Differenzierung der Keimblätter gelangt. Wie bei Planorbis, so sollen auch bei den Wirbeltieren schon in der Blastula die Anlagen der Keimblätter differenziert und voneinander sesondert enthalten sein. Daraus folet, daß man die Gastrulation nicht als einen Differenzierungs-, sondern — wie dies schon Van BENEDEN aus- gesprochen hatte — als einen Wachstumsvorgang auffassen müsse, dazu bestimmt, die bereits früher differenzierten Organanlagen in ihre defini- tive Lage zu bringen. Da ferner das Wesen der Furchung nicht in einer einfachen Zerkleinerung des im Ei angesammelten Bildungsmaterials be- steht, sondern in der Bildung morphologisch und funktionell verschieden- artiger, selbsttätiger, aber aufeinander angewiesener Teilstiicke, so trete der Nachweis von ‚„Keimblättern‘ in den Hintergrund gegenüber jenem der Sonderung bestimmter Organanlagen. Die Form von Keimblättern nehmen die Organanlagen nur unter ganz bestimmten Bedingungen, z. B. infolge einer mächtigen Ansammlung von Nahrungsdotter, an (S. 375). „Im allgemeinen kann man sagen, daß wohl nur die Anlage der äußeren Haut des Embryo, also das Ektoderm, stets die Form einer Zellschicht oder eines Blattes besitzt; viel seltener ist dies schon bei der Anlage des Epithels des Mitteldarmes und seiner Derivate, beim Entoderm, der Fall, und am seltensten und nur unter ganz bestimmten, keineswegs häufigen Bedingungen bei dem Anlagenkomplex, den man unter dem Namen des Mesoderms zusammenfaßt‘ (S. 276). Wir haben daher nicht so sehr die Ableitung der Organe und Organanlagen von bestimmten „Keimblättern“ als vielmehr ihre Zurückführung auf bestimmte Furchungszellen, ,,Ur- zellen‘, anzustreben und müssen ferner trachten, die in diesen Zellen ent- 71 haltenen und zur Bildung der Organanlagen erforderlichen Substanzen auf bestimmte Teile des Eiplasmas zurückzuführen. Darin erblickt Rası eine der Hauptaufgaben der Entwickelungsgeschichte unserer Tage (S. 274). Diese Anschauung weist der Keimblattforschung jenen Weg, den die ex- perimentelle Richtung bereits mit so großem Erfolge betreten hat und der in diesen Fragen allein sicher zum Ziel führt. Dies war auch — trotz höchster Wertschätzung der deskriptiven Forschung — Rasrs Meinung. Wenn sich aber der deskriptive Forscher Rast auf diesen Boden stellte, so beweist dies, daß er sich der Bedeutung und den Resultaten einer neuen Forschungs- richtung gegenüber nicht verschloß. Ausdrücklich sei hier festgestellt, daß Rast, trotz einzelner Angriffe auf ihm nicht zusagende Anschauungen, die hohe Bedeutung der experimentellen Forschungsrichtung stets anerkannt und ihren Ergebnissen immer warmes Interesse entgegengebracht hat. Vor einer Einengung des wissenschaftlichen Gesichtskreises schützte ihn sein Streben nach Erkenntnis in Fragen von allgemeiner Bedeutung. In der uns hier beschäftigenden Schrift bedauert er mit Recht, daß das Inter- esse für solche Fragen heute selten ist. Der Forderung des Versuches nach Zurückführung der Organanlagen auf früheste Entwickelungsstadien bei Wirbeltieren ist nun Rast selbst in dieser Arbeit gerecht geworden. Schon im Zweizellenstadium ist nach ıhm eine Differenzierung des Eies der plazentalen Säugetiere in dem Sinne erreicht, daß die eine von den beiden Zellen den Trophoblast, die andere, kleinere „Stammzelle“, die sog. innere Zellmasse, den Embryonalknoten aus sich entstehen läßt (S. 392). Die erste Furchungsebene entspricht daher nicht der späteren Medianebene des Körpers, sondern sie steht senkrecht zu ihr. Erst die zwischen den aus der Stammzelle hervorgehenden beiden ersten Zellen befindliche Ebene entspricht der späteren Medianebene. — Die Projektion der Keimblattanlagen bei Wirbeltiereiern führt Rast dann, gestützt auf Ergebnisse seiner und anderer Forschungen, in höchst ori- gineller Weise durch (8. 311 u. f., S. 438 u. f.). Ist auch dieser Versuch heute noch als ein ganz hypothetischer zu bezeichnen, so ist ihm zumindest ein heuristischer Wert nicht abzusprechen. Es scheint mir — und ich hoffe dies bald beweisen zu können —, daß Ragr auch in dieser wichtigen Frage mit dem Weitblicke des wahren Forschers das Wesentliche richtig er- kannt hat. Die bisher besprochenen entwickelungsgeschichtlichen Arbeiten ent- halten naturgemäß vielfache Angaben über die Entwickelung einzelner Organe. Die Entwickelungsgeschichte eines Organes hat jedoch durch Rasy eine besondere Förderung erfahren, nämlich jene des Auges. Es gibt kein Organ, von dem wir Entwickelung und Bau bei allen Wirbel- tierklassen so gut kennen wie von der Linse. Dies ist hauptsächlich Ragu zu verdanken. Die bereits früher gekennzeichneten Vorzüge seiner Arbeits- weise sind in seinem Linsen-Werke (30) am besten ausgeprägt. Man kann es infolgedessen geradezu als eine klassische morphologische Untersuchung bezeichnen. Eine nähere Besprechung ihrer reichhaltigen Ergebnisse ist hier nicht möglich. Verwiesen sei vor allem auf den Nachweis der Zu- sammensetzung der Hauptmasse der Linse aus Radiärlamellen; auf die 72 durch mühsame Zählung erfolgte Feststellung der Zahl der Radiärlamellen, wodurch zum ersten Male ein annähernd sicherer Einblick in die Zellen- zahlverhältnisse eines Organes bei verschiedenen Tierklassen gewonnen wurde. Hieraus konnten die bereits besprochenen Schlußfolgerungen über Zellenzahl und Zellgröße gezogen werden. — Der Nachweis, daß jede Art ihre spezifische Linse besitzt, gibt Rann Anlaß zu wichtigen Folgerungen über die Eigenart der Gewebe und deren Entstehung, Fragen, welche er auch in seinem Vortrage über Homologie und Eigenart (31) näher erörterte. Speziell im Falle der Linse wird diese Eigenart hauptsächlich durch physiologische Momente bestimmt. Rasr weist nach, daß zwischen dem mikroskopischen Aufbau der Linse einerseits, der Akkomodations- breite und -geschwindigkeit andererseits eine so innige Beziehung besteht, daß man die letzteren förmlich aus dem mikroskopischen Bilde der Linse ablesen könne. Speziell bei den Vögeln wurde ein eigenes Akkomodations- organ in Gestalt des „Ringwulstes‘“ entwickelt. — Für die Physiologie des Auges von Bedeutung ist die von Rasr mit guten Gründen vertretene An- schauung, daß die Ziliarfortsätze Regulatoren des intraokularen Druckes darstellen. Zu der vielumstrittenen Frage der Entstehungsart des Glaskörpers hat Rasr in der Weise Stellung genommen (37, 44), daß er den Glaskörper sowie die Zonulafasern genetisch und anatomisch zur Retina rechnet, sie also aus dem Augenbecher entstehen läßt. Dem Auge gilt auch die letzte von Rast veröffentlichte Arbeit. In ihr weist er an einem Fische, Amphibien, Sauropsiden und Säugetiere umfassenden Untersuchungsmaterial nach, daß die retinale Wand der Augenblase frühzeitig zwei Lappen besitzt, so daß sich schon an ıhr eine später noch deutlicher werdende bilaterale oder nasotemporale Sym- metrie kundgibt. Eine Ebene, welche meridional und senkrecht durch die Optikuseintrittsstelle hindurchgeht, zerlegt das Auge in zwei spiegelbildlich gleiche Hälften, eine nasale und eine temporale. Etwas später bilden sich an vier bestimmten Stellen des Augenbecherrandes Kerben aus. Durch sie und durch die fetale Augenspalte wird daher dieser Rand in fünf Abschnitte ge- teilt. — Mit dieser bilateralen Symmetrie der Augenanlage steht die Ge- fäßverteilung in der Retina, in der Chorioidea, sowie auf der Oberfläche des embryonalen Glaskörpers in bestem Einklange. Auch an der vorderen Bulbushälfte läßt sie sich nachweisen, und endlich läßt sich zwischen ihr und der Gestaltungsart der Stelle des scharfen Sehens eine Beziehung in- sofern feststellen, als die Area centralis zumeist dem horizontalen Meridian entspricht, also senkrecht zur entwickelungsgeschichtlichen Grenzlinie der beiden Netzhauthälften steht. In anregender Weis ezeigt Ras, daß diese bisher nicht bekannt gewesene Symmetrie des Wirbeltierauges auf physio- logische, durch die Lebensweise bedingte Momente zurückgeführt werden kann. Da im Rahmen dieser Darstellung nur die wichtigeren Veröffentlichun- gen besprochen werden können, verlassen wir die entwickelungsgeschicht- liche Gruppe von Rasrs Arbeiten und wenden uns nunmehr seinen Lei- stungen auf dem Gebiete der vergleichenden Anatomie zu. 73 Diese betreffen vor allem zwei zu den wichtigsten Problemen dieser Forschungsrichtung gehörende Fragen: Die Probleme des Schädels und der Extremitäten. Auf die Untersuchungsergebnisse, zu welchen Rast hinsichtlich der ontogenetischen Seite des Kopfproblems gelangt war, wurde bereits verwiesen. Vergleichend-anatomisch beschäftigte er sich mit dem Problem der Urform des Amniotenschädels und hierbei im speziellen mit der phylo- genetischen Entwickelung und den gegenseitigen Beziehungen der Deck- knochen, die sich aus der ,,Schlifenkappe“, d. h. aus dem knöchernen Dache entwickelt haben, das bei den Stegocephalen die Schläfengegend überwölbt. Rasr gelangt zu dem Schlusse, daß sich von einem, ähnlich dem der Rhynchocephalen oder Krokodile gebauten Schädel einerseits der Saurier-, andererseits der Vogelschädel ableiten lasse: Der Schädel der Saurier, indem es im Zusammenhange mit dem Freiwerden des Qua- dratum zum Schwunde des Quadratojugale und damit auch zum Schwunde des unteren Jochbogens kam; derjenige der Vögel, indem mit der mächtigen Entfaltung der Augen ein Schwund des oberen Jochbogens einherging. Der Urform des Reptilienschädels steht der der Chelonier am nächsten. Bei der zygokrotaphen Urform des Säugetierschädels erfolgte die Reduktion des Schläfendaches nicht wie bei den Schildkröten durch immer tieferes Einschneiden einer Inzisur des Okzipitalrandes des Schläfendaches, sondern durch Erweiterung einer Fontanelle. Ausgedehnter als diese vergleichend-anatomischen Untersuchungen über den Schädel sind jene über die Extremitäten. Nachdem Rası schon in den Jahren 1901 und 1903 von seinen hierhergehörenden Arbeiten (34, 36) berichtet hatte, faßte er seine bis zum Jahre 1910 erzielten Unter- suchungsergebnisse in einem größeren Werke (41) zusammen, von dessen angekündigtem zweiten Teile er später noch ein Fragment veröffent- lichte (43). Diese Untersuchungen betreffen zunächst die Umbildung des Carpus und Tarsus bei den Reptilien, wobei gezeigt wird, daß auch in bezug auf Bau und Entwickelung dieser Teile die Chelonier die tiefste Stellung einnehmen und daher der mutmaßlichen Urform am nächsten stehen. Was die Homo- logie oder, wie Rast dies nennt, die Pallilogie der Extremitäten betrifft, so entsprechen einander — im Sinne der Syntropielehre — Radius und Tibia, Ulna und Fibula, und auch die Elemente des Carpus besitzen palliloge Stücke im Tarsus. Auch das Verhalten der Nerven stimmt mit dieser Auf- fassung überein. Die Stellungsinderung der Extremitäten und die be- sondere Ausbildung des vierten Fingers sind auf funktionelle Anpassung zurückzuführen. Überhaupt offenbart sich bei der onto- und phylogene- tischen Entwickelung der Extremitäten deutlich eine Beeinflussung der individuellen Entwickelung durch die funktionelle Anpassung. In den „Bausteinen‘“ (41) erörtert Rani diese zwar schon von Anderen festge- stellte, aber noch nicht genügend gewürdigte Tatsache an Hand der Knt- wickelung der Reptilienextremität und der Selachierflosse noch näher und bezeichnet sie als „Prinzip der prospektiven funktionellen Anpassung“. Darnach steht überhaupt die frühzeitige Differenzierung 74 gewisser Organe beim Embryo in Beziehung zur funktionellen Inanspruch- nahme dieser Organe beim Erwachsenen: frühe Ausbildung der vorderen bzw. (bei Anuren, Krokodilen und Ratiten) der hinteren Extremität (41, S. 240); erste Differenzierung der Retina an der späteren Stelle des schärf- sten Sehens (44, 8. 362) — oder beim Fetus: frühe Differenzierung der Plazentarzone (42, S. 410). Die große Bedeutung dieser Untersuchungen liegt vor allem in dem Widerspruche gegen die Archipterygiumtheorie GEGENBAURS. Im Gegen- satze zu dieser stellt sich RAgr auf den Standpunkt der Seitenfaltentheorie und leitet die hypothetische Urform der Extremität von einem paarigen, die Kiemen- und Afterregion verbindenden Flossensaume ab, welcher muskulös wurde und Knorpelstrahlen erhielt. Entsprechend der verschie- denen Funktion mußte die Differenzierung bei den unpaaren, propul- satorische Organe darstellenden Flossen eine andere sein als bei den paarigen, welche stabilisierende Organe sind. Nicht die Ceratodusflosse ist die Ur- form der Dipnoerextremität, sondern viel eher die von Lepidosiren. Die Urform der pentadaktylen Extremität aber ist eine oligodaktyle, und auch der Polyphalangie ist eine Oligophalangie vorhergegangen. Zwischen einer Fischflosse und einem Chiropterygium bestehe eine tiefe Kluft, die sich durch keine der bisherigen Theorien überbrücken lasse. Die Entstehung der Finger und Zehen erfolge unabhängig von der Metamerie des Körpers und diese Gebilde können daher nicht den Flossenstrahlen homolog er- achtet werden. Ebensowenig lassen Carpus und Tarsus einen Vergleich mit den Flossen zu. Zwar lasse sich auch die Extremität der pentadaktylen Wirbeltiere vom paarigen Flossensaume ableiten, allein da sie die Funktion eines stabilisierenden Organes verloren hat und im strengsten Sinne des Wortes Bewegungsorgan geworden ist, erfuhr sie in Anpassung an diese Funktion eine immer weiterschreitende Gliederung, die völlig unabhängig von der übrigen Segmentierung erfolgte. Diese Extremitäten sind „Organe von sekundär metamerem Bau, Organe, deren Metamerie im großen und ganzen vom Gliedmaßengürtel nach der Peripherie an Länge und Stärke ab-, an Zahl aber zunehmen“ (41, S. 42). Die Urform der pentadaktylen Extremität besaß einen Carpus und Tarsus mit drei Skeletstücken, nämlich das primäre Basale, das primäre Radiale (Tibiale) und: das primäre Inter- medioulnare (Fibulare); ferner zwei Finger, während die übrigen Finger später durch eine Art Knospung an der ulnaren Seite entstanden. Ste setzten sich hierbei an das Intermedioulnare an, wodurch dieses eine reiche Gliederung in transversaler und in longitudinaler Richtung erfuhr. Bei allen diesen Vorgängen kommt der funktionellen Inanspruchnahme eine wesentliche Rolle zu. | Die Natur dieser Untersuchungen bringt es mit sich, daß bei ihnen ein sehr reiches Tatsachenmaterial zutage gefördert wurde, das hier unerörtert bleiben muß. Von sonstigen Ergebnissen sei nur erwähnt, daß Ras das Nerven-Muskel-Problem nur im Sinne der Zusammengehörigkeit von Muskel und Nervenzelle gelten läßt (41, 5. XLIV), woraus sich die Folgerung ableitet, daß die Muskeln verschiedener Tierformen nicht nach ihren Nerven homologisiert werden können; daß er auf Grund der Untersuchungen der Präparate von Her» jede motorische Wurzel eines Rückenmarknerven aus Fasern von drei Rückenmarksegmenten zusammen- gesetzt sein läßt, wodurch es zur Überkreuzung der Wurzelfasern teils innerhalb, teils außerhalb des Rückenmarkes kommt (41, $. XL). Da nun wahrscheinlich alle aus einem Rückenmarksesmente stammenden Fasern stets zu jenem Myotom und dessen Abkömmlingen ziehen, die dem gleichen Segmente angehören, läßt sich die Polyneurie und Ge- flechtbildung ohne Zuhilfenahme von Wanderungen und Verschiebungen des myoblastischen Materials leicht erklären. — Bemerkenswert sind auch die die Verknöcherung der Skeletstücke betreffenden Ergebnisse: Die Art der Verknöcherung wird durch die Form der Skeletstücke und diese wieder durch die Funktion bestimmt. Bei langen Knochen ist die peri- chondrale, bei den kurzen die enchondrale Ossifikation die ursprüngliche; im allgemeinen ist also die perichondrale Ossifikation die phylogenetisch ältere. Auch ist die Zahl der Knochenkerne von geringerer Wichtigkeit als jene der Knorpelkerne (41, S. 218). Die vergleichend-anatomischen Untersuchungen Rasrs haben den Anlaß zu lebhaften wissenschaftlichen Erörterungen gebildet. Wie immer auch ihr schließliches Ergebnis sein mag, in jedem Falle wird es Rasıs Verdienst bleiben, nicht nur eine große Reihe hierhergehöriger neuer Tat- sachen ermittelt, sondern auch die Anregung zu neuen Fragestellungen gegeben zu haben. In allen seinen Arbeiten vertritt RagL die Anschauung, daß fortab bei phylogenetischen Untersuchungen zweierlei mehr als bisher berück- sichtigt werden müsse: Erstlich die vergleichende Entwickelungsgeschichte. Schon in seiner Planorbis-Arbeit hatte er mit Recht erklärt, die verglei- chende Entwickelungsgeschichte sei „nichts anderes als die vergleichende Anatomie der Embryonen in korrespondierenden Lebensaltern; es steht ihr daher für die Ermittlung der verwandtschaftlichen Beziehungen ganz dasselbe Recht zu wie der Anatomie‘ (4, S. 613); berichtigend fügte er später (30, S. 78) hinzu, daß der Entwickelungsgeschichte in dieser Hinsicht ein noch größerer Wert als der vergleichenden Anatomie zukomme. — Eine stärkere Berücksichtigung müßten ferner physiologische, funktionelle Momente erfahren. Er selbst hat in allen seinen Arbeiten nachdrücklich auf sie hingewiesen. Der „züchtenden Wirkung funktioneller Reize‘ galt auch seine Rektoratsrede (38). Er erblickt in diesen Reizen und in der Beeinflussung, welche die Ontogenese durch sie erfährt, eines der wich- tigsten Momente bei der Entstehung der Tierformen. Ein zweites ist die Variabilität, die nach ıhm auch einfach durch Verschiedenheiten der Zellteilung und des Zellbaues zustande kommen kann. Diese Variabilität der Zelle ist eine Grundeigenschaft der Organismen (30, 33). In den Bereich seiner wissenschaftlichen Tätigkeit hat RasL auch den erwachsenen Menschen einbezogen. Nicht bloß in dem Sinne, daß zahlreiche seiner Arbeiten Schlußfolgerungen auf ihn erlauben. Den erwachsenen Menschen berücksichtigt u. a. auch die Linsenarbeit, auf ihn beziehen sich die Untersuchungen über die physische Beschaffenheit der Bevölkerung von Oberösterreich und Salzburg (17) und ferner berichtet 76 Rast in seinem Wiener Akademievortrage (33) kurz über eine statistische Untersuchung der Variabilität der Wirbelsäule und der Rippen des Men- schen, deren Ergebnisse ich in meiner Arbeit über die Wirbelsäule und den Brustkorb des Menschen, wie ich dort erwähnte, mit verwerten durfte. Endlich sei noch hervorgehoben, daß die beiden von Rasu geleiteten anatomischen Institute ihm eine Darstellung ihrer Geschichte verdanken, welche mit der ihn kennzeichnenden Gründlichkeit verfaßt ist. Mit den von Rast veröffentlichten Arbeiten ist jedoch sein Lebenswerk nicht erschöpft. Unveröffentlicht blieben leider weitere Forschungs- ergebnisse über Zellteilung; die Fortsetzung seiner Untersuchungen über die Differenzierung des Mesoderms; eine Erörterung des allgemeinen „Gerichtetseins‘‘ der Zellen (44, S. 369); Resultate von Untersuchungen über die phylo- und ontogenetische Entwickelung der Extremitäten, über welche schon im Jahre 1910 fünfzehn Tafeln fertig vorlagen; auch für die Fortsetzung seines Tafelwerkes über die Entwickelung des embryonalen Gesichtes besaß Rau bereits zahlreiche Zeichnungen; und noch wenige Monate vor seinem Tode teilte er mir mit, daß eine Arbeit über den Primi- tivstreifen und Kopffortsatz der Ente nahezu druckreif sei. Die Darstellung von Rasıs Tätigkeit bliebe unvollständig, wenn nicht auch auf dıe vielfachen Anregungen hingewiesen würde, welche ihm Diejenigen verdanken, die teils mit ihm an den von ihm geleiteten Instituten wirkten, teils ihn aufsuchten, um unter seiner Leitung wissenschaftlich zu arbeiten. Hier sind zu nennen: H. K. Cornine (Basel), K. Dersuern (Rußland), A. Fısc#er (Wien), L. GRAEPER (Breslau), H. Heuo (Leipzig), P. van Per (Lüttich), H. Rex (Prag), H. Sauzer (Wien), K. E. ScHREINER (Christiania) und F. SIesLBAUVER (Innsbruck). Uberblicken wir nunmehr alle diese Leistungen Ragıs, so können wir nicht verkennen, daß sie ein J.ebenswerk von seltener Größe und Viel- seitigkeit darstellen. Es umfaßt die menschliche und vergleichende Ana- tomie, die Zellenlehre, die Entwickelungsgeschichte, die Histologie, die mikro- skopische Technik und die Geschichte der Medizin. Außerordentlich groß ist die Zahl der tatsächlichen Ermittlungen, die wir RAgr verdanken. Sie allein genügen schon, ihm einen Ehrenplatz unter den Morphologen ein- zuräumen. Die Probleme, zu welchen er Stellung genommen hat, gehören zu den wichtigsten, welche die Morphologie derzeit beschäftigen, und gerade die Art seiner Stellungnahme zu ihnen wird ihm für alle Zeiten eine besondere Stellung unter den verdientesten Morphologen sichern. Denn die wichtigen und originellen Folgerungen allgemeiner Natur, welche er aus den von ihm und Anderen ermittelten Tatsachen gezogen hat, bereichern nicht nur unsere. theoretischen Anschauungen in den Hauptfragen der Morphologie, sie werden vielmehr ihren heuristischen Wert in Zukunft und noch lange erweisen. Viele von diesen Folgerungen werden Jenen, welche sich nicht über den Boden der nackten Tatsachen zu erheben ver- mögen, allzu gewagt erscheinen. Die Zukunft wird unseres Erachtens lehren, daß Rapin, seiner Zeit weit vorauseilend, auch hierin vielfach mit genialer Intuition das Richtige geahnt und erkannt hat und daß auch für ihn jene Worte gelten, die sein Vorgänger in Leipzig, Hıs, auf Bıewar anwendete: „Ist es ja doch die Gabe geistvoller Naturen, daß sie, auch bei beschränkten Hilfsmitteln materieller Erkenntnis, Beziehungen zu ahnen und in ihrem Zusammenhang zu durchschauen vermögen, die anderen bei weit reicherem Material nur stückweise zugänglich sind, und daß sie selbst im Irrtum oft Gesichtspunkte eröffnen, die der langsam und müh- selig vordringenden Einzelforschung als Wegweiser für die Richtung ihres Ganges dienen können.“ (W. Hıs, Die Häute und Höhlen des Körpers. 1865.) Ein wissenschaftliches Lebenswerk von solcher Größe kann ohne hervorragende rein menschliche Eigenschaften nicht geschaffen werden. Diese näher zu schildern, ist hier nicht der Ort. Her hat dies ge- legentlich der Trauerfeier getan (s. Münch. med. Wochenschr. 1918, S. 216). In reinstem Idealismus lebte Rası ganz der wissenschaftlichen Arbeit und dem Streben nach Erkenntnis der Wahrheit. Nur allzufrüh zer- störte ihn das Arbeitsfeuer, das ihn durchglühte. Alles an ihm vereinigte sich zum Bilde des wahren Forschers. Scharf umrissen steht sein Charakterbild unvergeßbar vor allen Jenen, die das Glück hatten, ihn näher kennen zu lernen. Diese Erinnerung wird mit uns dahinschwinden. In der Wissenschaft aber wird Cart RaBL unvergessen bleiben. Wien, 10. Februar 1918. Verzeichnis der Arbeiten von C. RABL. 1. 1875. Die Ontogenie der Süßwasserpulmonaten. Jenaische Zeitschr. f. Naturwiss. Bd. 9, S. 195—240. 2. 1876. Uber die Entwicklungsgeschichte der Malermuschel. Ebenda Bd. 10, Ss. 310— 394. 3. 1877. Bemerkungen über den Bau der Najadenkieme. Ebenda Bd. 11. S. 349 — 354. 4. 1879. Uber die Entwicklung der Tellerschnecke. Morphol. Jahrb. Bd. 5, S. 562—660. 1880. In Sachen der Planorbis-Entwicklung. Ebenda Bd. 6, 8. 317—318. . Uber den ,,pedicle of invagination‘‘ und das Ende der Furchung von Planorbis. Ebenda S. 571—580. 7. 1883. Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Prosobranchier. Sitzungs- ber. d. kais. Akad. Wien, Bd. 87. i 8. 1885. Uber Zellteilung. Ebenda Bd. 10, S. 214—330. 9. 1885. Bemerkung iiber die Segmentierung des Hirns. Zoolog. Anz. Nr. 191, Ss. 192—193. 10. 1886. Zur Bildungsgeschichte des Halses. Prager medizin. Wochenschr. 1886, 11 S. 11. 1887. Uber die Bildung des Herzens der Amphibien. Morphol. Jahrb. Bd. 12, S. 252—274. 12. 1887. Uber das Gebiet des Nervus facialis. Anat. Anz. Bd. 2, S. 219—227. 13. 1888. Uber die Bildung des Mesoderms. Verh. d. anat. Ges. a. d. 2. Vers. in Würzburg, 8. 654—661. Sy 1 i CO co oO 14. 15. 36. 37. 1888. 1887. 1888. 1888. 1889. 1889. 1889. 1890. 1890. 1892. 1892. 1893. 1894. 1894. 1896. 1896. 1898. 1899. 1899. 1900. 1901. 1902. 1903. 1903. 78 Uber die Differenzierung des Mesoderms. Ebenda S. 667—679. Hofrat Prof. Dr. C. v. LANGER. Prager medizin. Wochenschr. Bd. 12, S. 421. Hofrat Prof. Dr. C. LANGER. Ein Nekrolog. Anat. Anz. Bd. 3, 8. 77 bis 80. ; Über die physische Beschaffenheit der Bevölkerung von Oberöster- reich und Salzburg. In: ‚Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild.‘‘ Band: Oberösterreich und Salzburg, S. 111—118. Theorie des Mesoderms. I. Teil. Morphol. Jahrb. Bd. 15, S. 113— 252. Uber die Prinzipien der Histologie. Verh. d. anat. Ges. a. d. 3. Vers. in Berlin, S. 39—62. Uber Zellteilung. Briefl. Mitteilg. an H. Geh. R. v. KöÖLLIKER. Anat. Anz. Bd. 4, S. 21—30. Bemerkungen über den Bau und die Entwicklung der Gewebe. Fort- schr. d. Medizin, Jahrg. 1890. Bemerkungen über den Bau der Zelle. Prager medizin. Wochenschr., Jahrg. 15, S. 69. Uber die Metamerie des Wirbeltierkopfes. Verh. d. anat. Ges. a. d. 6. Vers. in Wien, S. 104—135. Über die Entwicklung des Venensystems der Selachier. Festschr. z. 70. Geburtstage Rup. LEUCKARTS, S. 228—235. Theorie des Mesoderms. II. Teil. Morphol. Jahrb. Bd. 19, S. 65— 144. Über die Herkunft des Skeletes. Verh. d. anat. Ges. a. d. 8. Vers. in Straßburg, S. 163—170. Einiges über Methoden. Zeitschr. f. wiss. Mikrosk. Bd. 11, S. 164 bis 172. Über die Entwicklung des Urogenitalsystems der Selachier. (Zugleich 3. Teil der Theorie des Mesoderms.) Morphol. Jahrb. Bd. 24. S. 632 bis 767. Vorwort zum 1. Bande der Theorie des Mesoderms. (Mit den drei gleich betitelten Arbeiten zu einem Bande vereinigt.) Leipzig, Engel- mann. 31 S. Uber den Bau und die Entwicklung der Linse (3 Teile). Zeitschr. f. wissensch. Zoologie Bd. 63, S. 496—572; Bd. 65, S. 257—367; Bd. 67, S. 1—138. Homologie und Eigenart. Verhandl. d. deutschen pathol. Gesellsch. b. d. Naturforschervers. in München. 37 8. Geschichte der Anatomie an der deutschen Karl-Ferdinands-Univer- sität in Prag im letzten Jahrhundert. In: Universitäts-Festschrift zum Regierungsjubiläum des Kaisers Franz Josef I. Calve, Prag. 37 S. Über die Grundbedingung des Fortschrittes in der organischen Natur. Vortrag in der Sitzung d. kais. Akademie d. Wissensch. in Wien am 30. Mai 1900. 29 S. Gedanken und Studien über den Ursprung der Extremitäten. Zeit- schr. f. wiss. Zool. Bd. 70, S. 476—557. Die Entwicklung des Gesichtes. Engelmann, Leipzig. 21 8S. und 8 Tafeln in Folio. Über einige Probleme der Morphologie. Verh. d. anat. Ges. a. d. 17. Vers. in Heidelberg, S. 154— 190. Zur Frage nach der Entwicklung des Glaskörpers. Anat. Anz. Bd. 22, S. 573—581. 79 38. 1904. Über die züchtende Wirkung funktioneller Reize. Rektoratsrede, Engelmann, Leipzig. 44 8. 39. 1906. Über „organbildende Substanzen‘‘ und ihre Bedeutung für die Ver- erbung. Antrittsvorlesung, gehalten am 21. Juni 1906. Engelmann, Leipzig. 80 S. 40. 1909. Geschichte der Anatomie an der Universität Leipzig. Studien z. Geschichte der Medizin, Heft 7. IV und 126 S. 10 Tafeln. 41. 1910. Bausteine zu einer Theorie der Extremitäten der Wirbeltiere. 1. Teil. XLV und 290 S. Mit 49 Figuren im Text und 11 lithographischen Tafeln. Engelmann, Leipzig. 42. 1915. Epovarp VAN BENEDEN und der gegenwärtige Stand der wichtig- sten von ihm behandelten Probleme. Arch. f. mikrosk. Anatomie Bd. 88, 470 S. 43. 1915. Über die Muskeln und Nerven der Extremitäten von Iguana tuber- culata Gray. Anat. Hefte Bd. 53, H. 160, S. 683 —789. 44. 1917. Über die bilaterale oder nasotemporale Symmetrie des Wirbeltier- auges. Arch. f. mikrosk. Anatomie Bd. 90, Abt. I, S. 261—444. (Eingegangen am 13. Februar 1918.) WALTER GEBHARDT f. Professor F. A. M. WALTER GEBHARDT ist am 22. März 1870 zu Breslau geboren, studierte in Breslau und Berlin, promovierte 1894 und war dann je ein Jahr Assistent bei Ponrick und Mıkuuicz, 1!/, Jahr bei HEIDENHAIN. Da er einige Verbesserungen der Mikrophotographie erfunden hatte, wurde er von ABBE zum wissenschaftlichen Mitarbeiter der Abteilung für Mikroskopie, Mikrophotographie und Projektion bei der Firma Zeıss berufen. Nach zwei Jahren gab er diese gut dotierte Stelle auf und folgte seinem Drange zur Anatomie, indem er im Herbst 1899 bei mir zunächst als unbesoldeter Volontär, von Ostern 1900 an als einfacher Assistent eintrat. Er habilitierte sich 1901, wurde 1903 Vorstand der histologischen Abteilung, 1906 Titularprofessor und 1907 a. 0. Professor. Seit 16 Jahren hielt er regelmäßig Vorlesungen über mikroskopische Anatomie, Entwickelungsgeschichte, Knochen- und Bänderlehre, zeitweise über topographische Anatomie. Als Forscher ist es ihm gelungen, unsere Kenntnisse auf dem schwierigen Gebiet des feineren und feinsten Baues der Knochen sowie über die gestaltenden Reaktionen der Knochen und des Zahnbeines in zahlreichen gründlichen Abhandlungen zu vermehren, außerdem auch sie gemeinverständlich und anziehend darzustellen und vorzutragen. In der Kenntnis des feineren Baues der Skeletteile der Wirbeltiere übertraf er wohl alle lebenden Forscher. Er hat diese vielseitigen Bildungen so weit erforscht, daß er ihre Verschiedenartigkeit bei den verschiedenen Tieren funktionell beurteilte und ihre funktionellen Bildungsprinzipien bis zur Beantwortung der schwierigen, zum Teil zuerst von ihm aufgestellten Fragen löste: Auf welche Einwirkungen 80 reagiert der Knochen mit widerstandleistenden Gestaltungen, wie andern sich diese gestaltenden Leistungen mit den Arten der funk- tionellen Beanspruchung (welche Variationsmöglichkeiten des Baues sind dabei vorhanden und kommen vor), warum reagiert der Knochen auf die doch beständig vorhandene Beanspruchung der Abscherung und des Schub nicht makroskopisch gestaltbildend? Seine Unter- suchungen waren in ihrer Methode deskriptiv, dem Geiste nach kausal analytisch. Für diese Arbeiten wurde ihm kurz vor seinem Tode die HERMANN VON Mryer-Medaille bei ihrer ersten Verleihung zugeteilt. Außer diesem sehr großen und überaus schwierigen Hauptarbeits- gebiet hat GEBHARDT früher über Bastardierung, über Tumoren, welche durch Protozoen bewirkt werden, über Bindegewebsstrukturen ge- arbeitet; zuletzt machte er die aufsehenerregende Entdeckung, daß viele Zeichnungen der Schmetterlingsflügel auf einfache Weise von den LizseGana’schen kolloidchemischen Vorgängen ableitbar sind. Mancherlei mikroskopisch-technische Verbesserungen im Gebiete der Mikrophotographie und der Mikroskopie verdanken wir ihm. Sein Geist war von Problemen und von der Arbeit zu ihrer Lösung erfüllt. Seine Arbeitskraft war eine sehr große, er war fast unermüdlich. GEBHARDT war zwar kein glänzender Redner, aber ein guter, klarer, fleißiger, sehr sorgfältiger und beliebter Lehrer, auch ein lieber, wohl- wollender Kollege. Beim Beginn des Krieges trat GEBHARDT freiwillig als Arzt ein und wurde Chefarzt eines kleinen Lazaretts. Er diente 31/, Jahre, ohne einen Urlaub zu nehmen, im Lazarett und wurde dadurch sehr geschwächt; infolgedessen erlag er in fünf Tagen, am 3. März 1918, einer Furunkelinfektion der Oberlippe. GEBHARDT ist als ein im Dienste des Vaterlandes gefallenes Opfer zu betrachten. WALTER GEBHARDTS früher Tod ist für die anatomische Wissen- schaft ein großer Verlust. Er hat sich in ihr und bei den Kollegen ein dauerndes, ehrendes Andenken gestiftet. Halle a. S., März 1918. W. Rovx. (Eingegangen am 21. März 1918.) Personalia. Leipzig. Professor Dr. H. Hetp ist zum ordentlichen Professor der Anatomie und Direktor der anatomischen Anstalt ernannt worden. — Dr. Srıeve, bisher Privatdozent für Anatomie in München, wurde als II. Prosektor angestellt. Abgeschlossen am 24. April 1918. Weimar. — Druck von R. Wagner Sohn ANATOMISCHER ANZEIGER Centralblatt für die gesamte wissenschaftliche Anatomie. Amtliches Organ der Anatomischen Gesellschaft. Herausgegeben von Prof. Dr. Karl von Bardeleben in Jena. Verlag von Gustav Fischer in Jena. Der ,,Anatomische Anzeiger“ erscheint zweimal im Monat in Einzelnummern oder einmal in Doppelnummern. Der Preis eines Bandes von 24 Nummern beträgt Mk. 20.—. Das Erscheinen der Bände ist unabhängig vom Kalenderjahr. 51. Bd. + 30. Mai 1918. x No. 4/6. InBAaLt. Aufsätze. G. Ruge, Rückwirkungen des frei beweglichen Zu- standes der oberen Gliedmaßen auf Organe des Rumpfes. S. 81—106. — Elisabeth Cords, Der Musculus transversus mandibulae. Mit 3 Abbildungen. S. 107—117. — Olga Schuscik, Zur Verknöcherung der menschlichen Pha- langen mit besonderer Berücksichtigung der Endphalanx. Mit 5 Abbildungen. S. 118—129. — Adloff, Die Beziehungen zwischen Reptilien-, Beutler- und Plazentaliergebiß. Mit 7 Abbildungen. S. 129—142. Biicherbesprechungen. GEoRG RvgeE, S. 142—143, — Rosert Bonnet, S. 143—144. — Personalia. S. 144. — Dank. S. 144. Aufsätze. Nachdruck verboten. Rückwirkungen des frei beweglichen Zustandes der oberen Gliedmaßen auf Organe des Rumpfes. Von G. Rugs. Die Bewegungsfreiheit der oberen Gliedmaßen äußert sich beim Menschen in der Möglichkeit, in der Sagittalebene nach vorn bis zur Horizontale und über sie hinaus so weit sich zu verlagern, daß der Oberarm zur Seite des Kopfes sich befindet. Aus dieser Lage kann die Hand durch Bewegungen des Vorderarmes im Ellbogengelenke hinter den Kopf bis in die Nacken- und die obere Rückengegend des Brustkorbes so frei eingestellt werden, daß sie diese Abschnitte des Stammes durch Abtasten beherrscht. Die Bewegung kann in derselben Ebene aus der Ruhelage auch nach hinten in einem beschränkten Maße ausgeführt werden; aber Anat. Anz. Bd. 51. Aufsätze. 6 82 immerhin bis zu dem Grade, daß die Hand aus der äußersten Einstellung die untere Rückenfläche des Brustkorbes, der Lende und des Gesäßes abzutasten vermag. Die Gliedmaßen lassen sich vor und hinter dem Stamm gegen die Medianebene des Körpers und die Hand über sie hinaus auf die andere Seite verlagern. Diese Bewegung ist vor dem Stamme er- giebiger als rückenwärts ausführbar. Es besteht kein Feld an der Oberfläche des Kopfes und Rumpfes, welches nicht durch beide Hände erreicht und abgetastet werden kann. Dieser Umstand ist eine Folge des durch die Aufrichtung des Körpers freigewordenen Gliedmaßenpaares; er hat sich bei den Pri- maten eingestellt und beim Menschen die höchste Vollkommenheit erreicht. Er kommt den vierfüßigen Säugetieren nicht zu. Fügt man die Tatsache hinzu, daß eine jede Hand durch die Bewegungsfreiheit der Gliedmaßen die ganze Oberfläche der gegen- seitigen oberen und beider unterer Gliedmaßen erreichen kann, so ergibt sich als weiterer Zustand die vollkommene Beherrschung des Integumentes durch die Hände, deren Tast- und Greifapparaten und Nagelplatten dabei eine funktionelle Rolle zukommt. Die Freiheit der Bewegung schließt die Entfernungsmöglichkeit der oberen Extremität zur Seite des Rumpfes in sich. Diese seitliche Hebung ist in der Stirn- oder Frontalebene bis über die Horizontale ausführbar und läßt sich aus ihr in geringem Maße nach hinten, in hohem aber nach vorn ausdehnen. Die aus der seitlich erhobenen Stellung vorwärts geführten Gliedmaßen vermögen in die aufwärts gerichtete übergeleitet zu werden, und aus ihr können wir sie in die nach hinten erhobene Lage verbringen. Aus diesen verschiedenen Bewegungsarten leitet sich eine ein- heitlich ausführbare Bewegung ab, welche vom herabhängenden Zustande aus in der Beschreibung eines Kegelmantels sich ausdrückt. Die Achse desselben ist vom Schultergelenke aus seitwärts, nach vorn und unten gerichtet. Von allen einmal eingenommenen Einstellungen in dem großen Bewegungsgebiete kann außerdem eine Drehung der Gliedmaßen um die Längsachse erfolgen. Sie kommt der greifenden Hand zugute. Diese beherrscht infolge der gesamten Arten der Lageveränderungen die ganze Körperoberfläche und einen ansehnlichen Nachbarbezirk derselben. Als Folgeerscheinung der dem Menschen zukommenden Be- 83 wegungsfreiheit der oberen Gliedmaßen erscheint deren Muskulatur besonders entwickelt und unterscheidet sich vielfach und wesentlich von derjenigen der Vierfüßer, deren vordere Extremitäten nach vorn auszugreifen vermögen und hauptsächlich in einer Sagittalebene sich verlagern. Dieses ursprüngliche Säugetierverhalten erleidet bei den Primaten die schließlich zum menschlichen vervollkommneten Zu- stande überleitenden Veränderungen. Die Muskeln, welche im Dienste der besonders genannten Be- wegungsarten stehen, umlagern den Schultergürtel (Schulterblatt und Schlüsselbein) und das Schultergelenk. Sie gehen erstens vom Stamme des Körpers aus und heften sich am Schultergürtel und an den freien Gliedmaßen fest; sie entspringen zweitens vom Schulter- gürtel, verlaufen über das Schultergelenk und finden am Oberarm- knochen ihren Ansatz. Die ersteren lagern der vorderen und seit- lichen Wandung des Brustkorbes auf und breiten sich über die ganze Rückenfläche des Rumpfes vom Schädel bis zum Becken hin aus. Sie sind die Gliedmaßenmuskeln der Brust und des Rückens. Die letzteren bilden die Gruppe der Schulterblattmuskeln, indem sie insgesamt am Schulterblatt entspringen. Sämtliche Glieder beider Muskelgruppen bieten für den Menschen Besonderheiten dar, welche in Bau und Funktion übereinstimmen und in enger Abhängigkeit zur freien Bewegungsfähigkeit der Glied- maßen sich befinden. An einigen Muskeln treten die für den Menschen eigenartig gewordenen Einrichtungen besonders deutlich durch den Vergleich mit den ursprünglichen Zuständen der Primaten hervor. Beispiele hierfür bieten der breiteste Muskel des Rückens (M. latissi- mus dorsi), die Serratusgruppe, zu welcher der rhombische Muskel (M. rhomboides) gehört, die oberflächliche Brustmuskulatur (Mm. pectoralis), der Deltamuskel (M. deltoides) und der Unterschulter- blattmuskel (M. subscapularis). Sie sind in Anpassung an die er- worbene Bewegungsfreiheit der Gliedmaßen in bestimmter Weise vervollkommnet worden und haben in Rückwirkung verändernd auch auf das Skelet eingewirkt. Der hochentwickelte Zustand der menschlichen oberen Glied- maßen hat dadurch, daß die Hände die gesamte Oberfläche des Rumpfes abzutasten vermögen, aber in einem ganz anderen Sinne auf einen Muskel des Rumpfes eingewirkt. Es handelt sich um den bei allen Säugern auftretenden Beweger der Rumpfhaut. Er breitet sich unter dem Integument der Brust-, Bauch- und Rückengegend aus 6* 84 und greift selbst auf die Gliedmaßen über. Dieser Hautmuskel des Rumpfes gehörte auch dem Bauplane des Menschen an, wurde aber früh in der Vorgeschichte desselben allmählich ausgeschaltet und fehlt dem rezenten Menschen in der Regel. Ansehnliche Überreste treten indessen an verschiedenen Stellen des Rumpfes zuweilen wieder in die Erscheinung und sind zu den Rückschlägen oder Atavismen zu zählen. Stellt man alle bekannt gewordenen Befunde zusammen, so entsteht ein Varietätenbild, aus welchem die grundsätzliche Anlage des ursprünglichen Säugetiermuskels hervorleuchtet. Der Haut- rumpfmuskel ist in seinen Überresten beim Menschen sehr genau bekannt und liefert heute sichere Anhaltepunkte für die Bestimmung verwandtschaftlicher Beziehungen des Menschen zu niederen Primaten und Säugetieren. Die Ausschaltung des Muskels aus dem menschlichen Körper ging gleichzeitig mit der Ausbildung der oberen Gliedmaßen vor sich und ist demgemäß wie diese eine Folgeerscheinung des erworbenen aufrechten Ganges, aber nicht eine unmittelbare, vielmehr eine durch die frei beweglichen Gliedmaßen vermittelte. Der Rückbildungsvorgang ist dadurch eingeleitet und weiter- geführt worden, daß der Muskel, welcher die Rumpfhaut zu bewegen und auf diese Weise bis zu einem gewissen Grade die Haut vor be- lästigenden Insekten und parasitären Lebewesen zu schützen ver- mochte, funktionell allmählich durch die wirksamere Tätigkeit der Hände ersetzt worden ist. Letztere können ja das gesamte Haut- gebiet, auf welchem der Muskel ausgebreitet war, abtasten und vor Schädigungen genannter Art in höherem Grade schützen. Der Haut- muskel wurde auf diese Weise außer Dienst gestellt und der Ver- kümmerung preisgegeben. Dabei wirkten andere Ursachen gleich- zeitig mit (s. 8. 90). Diese Vorstellung kann, weil sie nur auf Überlegungen sich aufbaut, wohl zurückgewiesen, aber zunächst durch keine bessere ersetzt werden. Sie steht im Einklang mit allen Tatsachen, welche das fragliche Gebiet berühren. Die Ursachen für die Rückbildung des Hautrumpfmuskels können aus dem ganzen Erscheinungskomplexe nur erschlossen werden, da sie in vorgeschichtlicher Zeit wirksam gewesen sind. Es mag nahe liegen, das Tragen von Schutzfellen und Klei- dungen für die Muskelverkümmerung verantwortlich zu machen. Diese Vermutung bewahrheitet sich nicht, da der Muskel bereits den 85 höheren Affen, den Gibbons und Anthropomorphen, völlig abhanden gekommen ist. Bei ihnen vermag aber die Greifhand die Wirkung des Muskels schon völlig zu ersetzen ; indessen der Muskel bei den niederen Affen noch eine Rolle spielt, jedoch in allen Graden der Rückbildung angetroffen wird. Die Halbaffen besitzen ihn noch in hoher Ent- faltung, was ihrer tiefen Stellung im Primatenstamme entspricht. Eine erschöpfende Behandlung des Themas darf hier nicht er- wartet werden. Indessen kann an einigen Beispielen klargelegt werden, unter welche Gesichtspunkte eine große Zahl bekannt gewordener Tatsachen gemeinsam eingestellt werden kann. 1. Von den Rückwirkungen auf Gliedmaßenmuskeln der Brust. a) Oberflächliche Muskelgruppe der Brust = Musculi pectorales. Die Pectoralisgruppe ist dazu bestimmt, das Schulterblatt fest- stellen zu helfen, vor allem aber den vom Rumpfe entfernten Oberarm demselben wieder zu nähern und ihn selbst bis vor den Brustkorb zu verlagern. Dieser Wirkung verdankt sie ihre Volumsentfaltung und Anordnung. Die Muskelgruppe ist beim Menschen in zwei Schichten gegliedert. Ein oberflächlicher Muskel ist der kräftige M. pectoralis major. Er trägt zur Formung der Brust bei und wirkt durch die An- heftung am Oberarmbeine als Anzieher auf denselben. Diese Wirkung übt er durch einen vom Schlüsselbein und einen vom Brustkorb aus- gehenden Abschnitt aus. Die Muskelbündel konvergieren gegen den Oberarm und überkreuzen einander kurz vor dem Ansatze derartig, daß obere Bündelmassen weiter vom Schultergelenke entfernt als die unteren sich am Humerus festheften. Auf diese Weise wird die Ein- wirkung auf den letzteren gesicherter. Die Sicherung erfährt beim Menschen dadurch noch eine Erhöhung, daß die gekreuzten Ansatz- teile miteinander verschmelzen und fester verankert sind. Die Stärke des menschlichen Pectoralis major äußert sich auch in der großen Ausdehnung des Ursprungsfeldes über das Schlüssel- bein und den Brustkorb. An diesem geht er nicht allein vom Brust- beine aus, sondern greift von ihm weit auf die Knorpel oberer Rippen über. Hierin unterscheiden sich die höheren Primaten sehr wesentlich von den niederen, bei welchen der Muskel auf das Brustbein beschränkt ist. Indem die Ursprungsbündel die Rippen belegen, nähern sie sich dem Ansatz am Humerus und wirken bestimmter auf ihn ein. Lange 86 oberflächliche und tiefere kürzere Bündel entsprechen der Aufgabe des Muskels, den erhobenen Arm dem Rumpfe zu nähern. Eine tiefe Schicht der Peetoralisgruppe wird beim Menschen durch den kleinen Brustmuskel, M. pectoralis minor, vertreten. Er pflegt selbständig und vom Pectoralis major völlig losgelöst zu sein. Nichtsdestoweniger ist er nur eine tiefe Schicht der gemeinsamen Gruppe, hat den Ursprung vom Brustbein durch seitliche Verlagerung auf die Rippen aufgegeben, geht von der zweiten bis fünften Rippe in der Regel aus und hat auch einen selbständigen Ansatz am Raben- schnabelfortsatz des Schulterblattes (Processus coracoides scapulae) erworben. Er wirkt feststellend und anziehend auf denjenigen Teil der Scapula ein, welcher oberhalb des Ansatzes des M. pectoralis major vorspringt, und sichert dadurch die Wirkung des letzteren auf die freien Gliedmaßen. Auch diese Anordnung des Pectoralis minor kommt nur dem Menschen und den höheren Simiern zu, deren obere Gliedmaßen durch die Freiheit der Bewegungen ausgezeichnet sind. Niedere Primaten besitzen ebenso wie die meisten Säugetiere einen einheitlichen Brustmuskel, welcher zur Seite der Mittellinie am Brustkorbe nur das Brustbein zum Ausgang nimmt, um mit oberflächlichen und tiefen Bündellagen ebenfalls in mehr einheitlicher Weise an Humerus und Coracoid sich festzuheften. Beim Menschen hat sich also eine scharfe Sonderung in einen oberflächlichen und tiefen Muskel vollzogen, und an sie ist hier wie überall eine Steigerung der Funktion gebunden. Der M. pectoralis major baute sich dabei aus oberflächlichen und tiefen Bündeln des gemeinsamen Muskels auf, deren zweckmäßige Verwendung leicht erkennbar blıeb. Der neben der Mittellinie entspringende Muskel niederer Primaten reicht weit vom Brustkorb in die Bauchgegend hinein. Bündel, welche vor dem Beeken entstehen und zum Gliedmaße gelangen, zeichnen sich durch Länge aus und werden, schräg zur Körperachse gestellt, sehr energisch die vorgestreekte Extremität wieder in die Ausgangs- stellung zurückzuführen imstande sein. Dieser Umstand kommt vor- züglich allen Säugetieren zustatten, deren schnelle Gangart durch die in einer Sagittalebene bewegten vorderen Gliedmaßen bewerk- stellist wird. Es ist als wichtige Tatsache zu verzeichnen, daß auch der Mensch einen von der Bauchwand ausgehenden Muskelabschnitt besitzt. 87 Dieser gehört dem Pectoralis major zu und ist der kiimmerliche Uber- rest eines sehr leistunssfähigen Gebildes bei tiefstehenden Formen. Als Bauchteil, Pars abdominalis, entsteht er mittels sehniger Platte an einer festeren Unterlage. Die sehnigen Ursprungsbündel dieser Abdominalportion erreichen zuweilen noch die Mittellinie, bleiben aber auch in diesen Fällen vom Nabel entfernt, welcher im Urzustande beckenwärts weit überschritten wird. Die Rückbildung fällt mit der Ausschaltung der oberen Glied- maßen als Fortbewegungsapparat des Körpers zusammen, ist also eine Folge der Aufrichtung des Körpers usf. Der nur unscheinbare Abschnitt des M. pectoralis major ist eines der vielen kostbaren Zeugnisse lebhafter Umwandlung in der Entstehungsgeschichte des Menschengeschlechtes. Es lassen sich bei bestimmter Einstellung der Betrachtung drei Etappen des Rückzuges erkennen: erstens die Ent- fernung vom Nabel, zweitens diejenige von der ventralen Mittellinie und drittens der Rückzug der fleischigen Bündel, an deren Stelle Sehnenstränge auftreten. Daß der ausgesprochene Bau des menschlichen Muskels stammes- geschichtlich aus der Organisation der Primaten hervorgegangen ist, läßt sich Schritt für Schritt beweisen. Die höheren Affen haben bei dieser Änderung Einrichtungen erworben, welche denen des Menschen sehr ähnlich sind. Auch das ist verständlich, wenn die Ursachen der Umgestaltung Berücksichtigung finden. Überall, wo fortschreitende Veränderungen noch nachweisbar sind, werden auch Rückschläge zum früheren Bauplane beobachtet. Als Varietäten treten sie im Gebiete der pectoralen Muskelgruppe sehr zahlreich auf. Da stellen sich z. B. mannigfaltige Verbindungen zwischen dem oberflächlichen und tiefen M. pectoralis wieder ein, und das Übergreifen beider Muskeln in das verlassene Gebiet der Bauchdecken läßt eine Fülle retrospektiver Schwankungen wieder in die Erscheinung treten. Daß die Brustmuskeln aber auch Zustände zeigen, welche über das normal Erreichte hinausragen, entspricht dem ganzen Wesen progressiver Entwickelung. Schärfere Abgrenzungen des tiefen vom oberflächlichen Muskel, stärker ausgebildete Verkümmerungen der Pars abdominalis des M. pectoralis major bilden Reihen fortschritt- licher Varietäten, welche ihre Entstehung den frei beweglichen Glied- maßen verdanken. Auch die über das gewöhnliche Maß auf die Rippen übergreifenden Ursprünge des M. pectoralis major gehören hierher. b) Veränderungen, welche der große Brustmuskel auf die Nachbarschaft ausübt. Sie werden am Skelet und an der Rumpfmuskulatur, welche der vorderen Brustkorbwand auflagert, deutlichst bemerkbar. a. Skelet. Sichtbare Wechselbeziehungen zwischen ver- größerter Ursprungsfläche des Muskels und dem Brustbeine sind aus dem anatomischen Verhalten ablesbar. Das Brustbein hat sich in die Breite entfaltet und bietet dadurch dem Muskel eine ansehnliche Oberfläche dar. Der Vergleich des menschlichen Sternums mit dem eines niederen Primaten versinnlicht die Erscheinung. Gibbon und die menschenähnlichen Affen teilen bereits die Eigenheiten, welche das menschliche Brustbein auszeichnen. Die wirksamen Kräfte bei der wechselweise erfolgten Umwand- lung sind in der aktiv wirksamen Muskulatur zu suchen. Da das Brustbein nach der Aufrichtung des Körpers die frei- gewordenen Gliedmaßen durch das Schlüsselbein mit zu tragen hat, so kommen auch Druckwirkungen am Brustbein zum Ausdrucke. Wir nehmen sie in der ausgesprocheneren Anschwellung des vorderen (oberen) Abschnittes wahr, welcher zur Handhabe, Manubrium sternl, wird. Andere Folgezustände der stark entwickelten Pectoralisgruppe erscheinen in Eigenartigkeiten der vorderen Brustkorbwand, auf welche wir hier nicht eingehen. ß. Rumpfmuskulatur. 1. Der gerade, über Brust und Bauch ausgedehnte Muskel = Musculus rectus thoraco-abdominalis. Der thorakale Abschnitt lagert ursprünglich, also bei niederen Primaten, zur Seite der am Brustbeine ausgehenden Pectoralis- muskeln. Er geht von der ersten Rippe und dem Seitenrande des Brustbeines aus. Als breites Band ist er in den abdominalen Teil fortgesetzt, welcher das Becken erreicht. Ursprungsbündel des M. pectoralis greifen, wie oben ausgeführt worden ist, seitlich auf die Vorderfläche des geraden Muskels über Dieser Zustand wird bei verschiedenen Affen angetroffen. Die un- mittelbare Folge dieser Bedrängnis ist die sehnige Umwandlung des betroffenen Muskelabschnittes. Die Ursprungssehne verlängert sich; sie legt sich der Brustkorbwand enger an, verschmilzt mit ihr und verschwindet allmählich. Dann geht der gerade Muskel nicht mehr 89 von der ersten Rippe, sondern nach Maßgabe der ausgemerzten Strecken der Sehne von der zweiten, dritten, vierten oder fünften Rippe aus. Oberhalb dieser Rippen ist das Feld des Brustkorbes für die Ursprungsbündel der Musculi pectorales frei geworden. Die Ausgangsflächen des menschlichen geraden Muskels liegen an der fünften, sechsten und siebenten Rippe. Vor der ersten bis vierten Rippe ist der Muskel in der Regel vollkommen ver- kümmert. Die Schuld hieran trägt der umfangreicher gewordene Brustmuskel. Bei Gibbon und Anthropoiden liegen die wertvollen Über- gangsstufen zwischen niederen Anlagen und dem menschlichen Be- funde vor. Rückschläge stellen sich beim Menschen ein, indem der gerade Muskel an der vierten Rippe, seltener an höheren Rippen ent- steht. Fortschreitende Einrichtungen liegen vor, wenn der Muskel auch von der fünften Rippe sich zurückgezogen hat und von der sechsten an entsteht. 2. Schräger, oberflächlicher Muskel der Brust und des Bauches = Musculus obliquus thoraco-abdominalis exter- nus. Er unterliegt einem ähnlichen Schicksal wie der vorher genannte Rumpfmuskel. Die Zacken, welche ursprünglich auch von der ersten bis vierten Rippe entspringen, verkümmern und gehen schließlich verloren. Der Muskel entsteht beim Menschen von der fünften bis zwölften Rippe. Die Zacke der fünften Rippe bildet dann den oberen Muskelrand; sie ıst zart, kann fehlen und scheint auf den Aus- sterbeetat gestellt zu sein. In das Ursprungsfeld, welches der schräge Brust-Bauchmuskel verloren hat, ist der tiefe, kleine Musculus pecto- ralis eingerückt. Stellt man die Befunde bei allen Primaten ordnungsgemäß zu- sammen, so ergibt sich eine geschlossene stammesgeschichtliche Reihe, in welcher alle Zustände der Rückbildung der oberen Rippen- zacken vertreten sind. Anthropomorphe haben auch diesbezüglich die Stufe erreicht, auf welcher der Mensch sich befindet. Menschliche Varietäten dieses Gebietes sind als Atavismen oder Rückschläge einzuschätzen, wenn der Muskel etwa von der ersten oder vierten Rippe entsteht, als fortschrittliche Bildungen, wenn die normale fünfte kostale Zacke fehlt. Beide Arten werden nur selten beobachtet. 90 2. Von Rückwirkungen auf den Rumpfhautmuskel — Musculus sub- cutaneus trunci. Rückbildung desselben. Der unter der Rumpfhaut ausgebreitete Muskel gehört zum Bauplane aller Säugetiere und wird schon bei den tiefstehenden Ver- tretern in voller Ausbildung unter dem Haarkleide überall am Rumpfe angetroffen. Er umhüllt denselben schlauchförmig. An die Haut geknüpft, vermag er sie zu bewegen, sie aber zugleich gegen auf andere Weise erzeugte Bewegungen zu schützen, indem er sie fester einstellt und als Widerlager zugleich von veränderungsfähiger Art funktioniert. Die auf das Haarkleid ausgeübten Eigenbewegungen treten als Abwehr gegen belästigende Eingriffe, etwa durch Insekten verur- sacht, in die Erscheinung. Die Feststellung der rein mechanisch be- wegten Haut übernimmt der Muskel bei rascher Gangart vierfüßiger Säugetiere, bei welcher der schwere Pelz des Rumpfes in Verschie- bungen gegen die Unterlage in Schwingungen versetzt wird. Dem Menschen ist der Muskel vollkommen abhanden gekommen. Gibbon und Anthropomorphe stimmen hiermit überein. Diese höheren Lebewesen haben aber diese typische Säugetierbildung tatsächlich besessen, was durch das Auftreten atavistischer Varietäten einwand- los für den Menschen erwiesen ist. Der Muskel wurde bei den Vorfahren des Menschen außer Funktion gesetzt, nachdem die Hand die Haut des ganzen Rumpfes in wirk- samerer Weise zu schützen vermochte und die schwingenden Ver- schiebungen der Rumpfhaut bei der aufrechten, weniger beschleu- nigten Gangart gemildert wurden. Dabei mögen noch andere Fak- toren im Spiele gewesen sein, über welche wir aber keine sicheren Be- richte erstatten können. Als Ursprungsstätte gilt derjenige Abschnitt der tiefen Pecto- ralisgruppe, welcher vom Skelet der Gliedmaßen, vom Coracoid und Humerus, zur Bauchgegend verfolgbar wird. Indem die Bündel- lagen längs der Mittellinie zum Becken sich ausdehnen, seitliche zur Leiste und unteren Extremität sich anschließen, diesen sich solche anfügen, welche allmählich die seitliche und dorsale Rumpf- wand bis zu deren Mittellinie bedecken, entsteht jene muskulöse Hülle, deren gesamte Bündelmasse von den Ansatzstellen am Rumpfe zu den genannten Skeletteilen der oberen Gliedmaßen gelangen. In dieser geschlossenen Anordnung ist der Muskel bei vielen niederen Primaten noch erhalten. Bei anderen unterliegt er einer Auflösung in verschiedene Zonen, um bei höheren Formen zu ver- schwinden. Bei Säugetieren mit einem Brutbeutel entwickelt sich ein eigener Beutelmuskel aus dem Materiale der unteren Bauchgegend, bei Säugern mit einem Stachelkleide!) gelangen die Bündelmassen zu allen Stellen desselben. Der eigens entfaltete Muskel ermöglicht einigen Säugern die Überführung des Körpers zur kugeligen Form?). Der Hautmuskel spielt also eine große und mannigfach wechselnde Rolle im Haushalte der Säugetiere. Wohl entwickelt, breitet er sich aus der Bauchgegend auch über den Musculus pectoralis über die Brust halswärts aus. Hier begegnet er dem Hautmuskel des Halses, welcher zur Gruppe der Gesichts- muskeln gehört; er kann mit ihm verschmelzen, um daraus eine über Rumpf (Hals) und Kopf ausgedehnte Muskelhülle hervorgehen zu lassen. Sie ist ein zusammengesetztes Gebilde und als Muskelpolster der Haut, Panniculus carnosus, bekannt. Sein Hals-Kopfabschnitt wird vom siebenten Gehirnnerv, dem N. facialis, sein Rumpfteil aber von den gleichen Nerven versorgt, welche zur Pectoralisgruppe gehören und vom Halsteil des Rückenmarkes ausgehen?). Überreste des Rumpfhautmuskels werden beim Menschen auf allen Gebieten vorgefunden, wo der einheitliche Muskel niederer Formen sich ausgebildet zeigt. Sie lassen sich einteilen in: a) Überreste in der vorderen Bauchgegend. Ihr An- schluß an die seitlichen Grenzbündel der Pars abdominalis des Muscu- lus pectoralis major ist der Ausdruck der engsten Zusammengehörig- keit beider Gebilde. Beide bleiben bis zum Ansatz am Coracoid oder Humerus in der Regel aneinander geschlossen; in b) Bündel der seitlichen Brustkorbfläche. Sie sind den vorigen, falls sie ebenfalls bestehen, angefügt oder bewahren sonst am Skelet der Gliedmaßen den Anschluß an andere tiefe Schichten der Pectoralisgruppe. Diese seitlichen, thorakalen Überreste gehen aus schrägen in längs gerichtete Bündelmassen über und lehnen sich an den vorderen seitlichen Rand des breitesten Rückenmuskels an. Daraus leitet sich oft eine Verschmelzung der Fleischfasern beider her. 1) Z. B. beim Ameisenigel, Igel, Stachelschwein. 2) Z. B. beim Igel, Gürteltier. 3) Sie stammen vom Armgeflecht her und sind Nervi thoracales an- teriores, vordere Brustnerven. 92 Ist sie innig, so wird die Trennung beider Muskeln erst gegen die verschiedenen Ansatzstellen hin schärfer. Nur irrtümlicherweise kann der Befund so gedeutet werden, daß der Rückenmuskel sich spalte und in das Pectoralisgebiet gelange; in c) Überreste an der Rückenfläche des Rumpfes. Sie schließen sich den Längsbündeln der vorigen an, kreuzen die Fasermas- sen des breiten Rückenmuskels und breiten sich dann auf ihm aus; in d) achselständige Überreste; Achselbogen. Sie gehören den vorher genannten an und stellen nur die bis in die Achselgrube hineinreichenden, äußersten und zuletzt entstandenen Grenzbündel des ganzen Hautmuskels dar. Im einfachen Verhalten handelt es sich um zarte Faserplatten, welche vom Coracoid oder Humerus aus nach unten, dann umbiegend zum Grunde der Achselgrube und weiter von ihr aus zum Rücken zu verfolgen sind, wo sie auf der Endsehne und benachbarten Teilen des breiten Rückenmuskels verstreichen. Im abgeänderten Verhalten verschmelzen die achselständigen Bündel mit der Endsehne des Rückenmuskels und endigen an ihr. Vom Humerus bis zum Ende verlaufen sie bogenförmig durch den Boden der Achselgrube und werden in diesem Verhalten als muskulöser Achselbogen bezeichnet. Dieser nimmt beim Menschen eine ganz eigenartige Stellung da- durch ein, daß er aus kümmerlichen Überresten zuweilen mächtig anschwillt und wieder leistungsfähig wird. Ein stattlicher Achsel- bogen nimmt aber einen Teil der Endsehne des breiten Rückenmuskels stärker in Anspruch und zieht ihn allmählich enger in sein Gebiet hinein. Dann ist der betroffene Sehnenteil schließlich abgesondert von der Hauptsehne, dient zur Anheftung abgegliederter Bündel des Rückenmuskels und gleichzeitig zur Aufnahme des Achselbogens. Das abgegliederte Sehnenstück, eingeschaltet zwischen die Abschnitte beider Muskelarten, wird zur Zwischensehne eines Muskelbandes, welches zusammengesetzter Natur bleibt. Verkümmert diese Zwi- schensehne oder wird sie sonst undeutlich, so kann das morphologisch doppelwertige Muskelband irrtümlicherweise allen dem Riicken- muskel zugesprochen werden. Das Auslaufen in das Gebiet der Pectoralisgruppe, im besonderen des Hautmuskels, sichert aber die angegebene Deutung. Als zusammengesetzte muskulöse Achselbogen sind diejenigen Bildungen aufzufassen, bei welchen der zur Zwischensehne ziehende Teil des breiten Rückenmuskels sich von dessen Hauptabschnitt löst 93 und eine gewisse Selbständigkeit erringt. Der achselständige Haut- muskelteil ist hier in den von den unteren Rippen ausgehenden Rand- abschnitt des Rückenmuskels aufgenommen, so daß letzterer von seinem Rippenursprung aus auf die Ansatzstelle des Hautmuskels, auf den Oberarm, einwirkt. Funktionell gewinnt also der breite Rückenmuskel durch die Ausbildung eines zusammengesetzten Achselbogens an Bedeutung. Diese seltsamen Abweichungen wurden bisher unter den Pri- maten nur beim Menschen beobachtet. So drängt sich uns unwill- kürlich die Vorstellung auf, daß es sich hier um eine Neubildung handele, welche allerdings nur dann sich einstellen könne, wenn achselständige Hautmuskelreste als atavistische Varietäten die Grundlage hierfür abgeben. Achselständige Bündelplatten des Hautmuskels werden nun aber auch in allen Zuständen der Rückbildung angetroffen. An Stelle der Fleischfasern treten gleichgerichtete Sehnenstränge und allmählich ganze Sehnenplatten. Sind deren Elemente vom Coracoid oder Humerus aus durch den Grund der Achselgrube rückenwärts zum breiten Riickenmuskel zu verfolgen, so bauen sie einen sehnigen Achselbogen!) auf. Unter weiterer Verkümmerung geht aus ihm eine Fascie hervor, welche schließlich die Merkmale eines Hautmuskel- rudimentes verliert. Ein sehniger Achselbogen, dem genannten wesensgleich, kann sich auch als ein Teil des zusammengesetzten Achselbogens einstellen. Er füst sich dann an die Zwischensehne desselben an, welche den ab- gespaltenen Rückenmuskelabschnitt aufnimmt. Dieser bleibt als alleiniger, aktiv tätiger Bestandteil dem zusammengesetzten Gebilde erhalten und wirkt nun von den Rippen aus auf die Ansatzfelder der Pectoralisgruppe ein. Diese Beziehungen hat er durch Vermittlung des sehnig umgewandelten Hautmuskels erworben, welcher nunmehr eine Brücke zwischen Rückenmuskel und pektoralem Ansatzgebiete herstellt. Kennte man nicht alle Varietäten einer geschlossenen Reihe, so könnte ein derartiger Befund als ein ursprüngliches Übergreifen des breiten Rückenmuskels in das Pectoralisgebiet aufrecht erhalten werden, während in Wahrheit ein Überleiten in dasselbe sich vollzog. Dieser erworbene Zustand kommt funktionell ganz dem Rücken- muskel zugute und kann, aber nur deshalb, als Latissimus-Achsel- bogen den anderen Formen gegenübergestellt werden. 1) Er ist als C. Lancer’scher Achselbogen bekannt. 94 e) Überreste in der Gegend der Brust. Sie breiten sich auf dem M. pectoralis major aus, liegen vor ihm unter der Haut und sind stets präpektoraler Art. Sie belegen entweder den seitlichen Randabschnitt des Muskels oder dessen mediale Ursprungsteile am Brustbeine oder sind dem Schlüsselbeine genähert, um die von ihm ausgehenden kräftigen Ursprungsbündel zu überlagern. Von hier aus rücken auch Überreste zuweilen in die Hals- und Schultergegend hinein. Die vor dem Brustbein befindlichen Hautmuskelbündel sind prästernale oder sternale, die in der Nähe des Schlüsselbeines erhaltenen Reste sind infraklavikulare Bildungen. Man spricht dem- nach auch von einem Musculus sternalis oder M. praesternalis und einem M. infraclavicularis, falls es sich um einigermaßen selbständige Bündelgruppen handelt. Seitliche Bündel sind nur in zarten Strängen beobachtet worden; sie stehen mit bauch- und brustkorbständigen Überresten zuweilen im engsten Verbande und gewinnen dadurch morphologischen Wert. Auf der Brustplatte des M. pectoralis major breiten sich weiter medial zuweilen Hautmuskelbündel aus, welche bauchwärts aus den abdominalen Strängen hervorgehen, deren Beziehungen zum Hautmuskel bekannt sind. Auch diese rein präpektoralen Gebilde sind nachweisbar Fortsetzungen des letzteren auf die Brust. Mediale Bündellagen rücken vor das Brustbein und bauen den in unendlich vielen Variationen vertretenen „Musculus sternalis“‘ auf. Die wichtigsten Tatsachen, welche für dessen Hautmuskelnatur Zeugnis ablegen, sind: 1. der mitunter deutliche Anschluß an den zuvor genannten Befund, 2. der mehrmals sichergestellte ursprüng- liche Zusammenhang mit den abdominalen Lagen, welchen sie mit den seitlichen und mittleren Überresten also teilen können, 3. die Versorgung durch Nerven, welche wesensgleich mit denen des ge- samten Hautmuskels sind!). Musculus sternalis. Er ist ein vielumstrittenes Gebilde. Nach eigenen Erfahrungen kann er aus den angegebenen Gründen nur ein- deutig beurteilt werden. Es erhält sich aber die Meinung, daß ein M. sternalis auch zu ganz anderen Nerven in Beziehung stehen könne als zu denjenigen, welche abgesprengte Partien des Hautmuskels versorgen müssen. Genannt werden obere Zwischenrippennerven, Nervi intercostales. Auch für eine doppelte Nervenversorgungsart 1) Es kommen Äste der Nervi thoracales anteriores in Betracht. ist man eingetreten. Wenn nun begangene Beobachtungsfehler auch eingeräumt worden sind, so wird die Ansicht interkostaler Inner- vation doch weiter vertreten. Sie ist aus eigener Erfahrung nicht bekannt und deshalb angezweifelt worden. Unter allen Umständen ist ein etwa durch Interkostalnerven versorgter M. sternalis ganz ungleichwertig dem hier in Betracht kommenden Gebilde!). Ein M. sternalis besteht aus Längsbündeln, welche halswärts in schräge, seitlich ausbiegende fortgesetzt sein können. Er ist sehr oft scharf nach allen Richtungen abgesetzt und läßt dann Schwankungen erkennen, welche seinen Umfang betreffen. Einerseits wird er in zar- testen, andererseits in mächtig angeschwollenen Bildungen ange- troffen. Letztere werden bereits beim Lebenden wahrnehmbar. Diese starke Ausbildung stimmt mit der am Achselbogen auftretenden überein. In beiden Fällen handelt es sich um betroffene Grenzbündel des Hautmuskels, welche zu einer Neuformation beim Menschen hinneigen. Mit der erworbenen Selbständigkeit hängen Ausbreitungen in Nachbargebiete zusammen. Ein M. sternalis kann die Mittellinie überschreiten und mit einem etwa gleichzeitig bestehenden Partner Kreuzungen eingehen. Er ragt nicht selten in das Ursprungsfeld des oberflächlichen Halsmuskels, M. sterno-cleido-mastoideus, hinein, um dann mit dessen Ursprungssehne mitunter so innig zu verschmelzen, daß eine ursprüngliche Einheit beider Muskeln vorgetäuscht wird. Eine solche Verbindung kann auch mit dem anderseitigen Hals- muskel sich vollziehen, was dann die erworbene Art unzweifelhaft hervortreten läßt. Übergänge eines M. sternalis in die Bündel des gleich- oder anderseitigen M. pectoralis major stellen sich ein und geben Veran- lassung zu Mißdeutungen der Ableitung des Hautmuskels. Liegen die Muskeln beiderseits vor, so vermögen sie streckenweise durch festere Verschmelzung zur Einheit sich umzugestalten. Alle sekundären Verbindungen mit Nachbarteilen sind ähnlich wie die des Achselbogens mit dem Latissimus dorsi zu beurteilen. Achselbogen und M. sternalis sind aus Grenzbündeln des Rumpf- hautmuskels hervorgegangen. Als Überreste eines solchen neigen sie zu neuer Ausbildung hin und lassen zuweilen scharf begrenzte Muskel- 1) Eine Ableitung für den fraglichen M. sternalis ist nicht möglich ge- wesen, was vom hier eingenommenen Standpunkte aus nicht wundernimmt. 96 individuen entstehen, welchen eine allerdings nur wenig erkannte Wirkung nicht abgesprochen werden kann. Ein Achselbogen ist bisher als selbständiger Muskel nur beim Menschen, ein M. sternalis sehr häufig bei ihm und nur einmal bei einem Gibbon beobachtet worden!). Die näheren Ursachen für ihre Ausbildung entziehen sich unserer Einsicht; als mittelbare Faktoren für ihre Neugestaltung dürfen diejenigen genannt werden, welche das Gesamtverhalten des Hautmuskels der Primaten stark beeinflußt haben. Es handelt sich demnach um Anknüpfungen an die durch die freie Beweglichkeit der oberen Gliedmaßen gesetzten Verände- rungen, welche als unmittelbare und mittelbare Rückwirkungen in der Pectoralisgruppe zutage treten. Achselbogen- und Brustbeinmuskel nehmen unter den Varie- täten eine ganz besondere Stellung ein. Sie knüpfen an Rückschläge zu einem stammesgeschichtlich alten Muskel an, welcher allen höheren Primaten verloren gegangen ist, und sind wie alle Atavismen sporadi- scher Art. Mithin kann auch ihre Entfaltung zu wirksamen Ver- tretern der Varietäten nur in beschränktem Maße sich vollziehen. Die Frage würde zwar berechtigt sein, ob die axillaren und sternalen Randbündel eines nicht rückgebildeten menschlichen Hautmuskels sich regelmäßig zu entsprechend ansehnlichen Abschnitten ausge- bildet hätten; sie wird aber niemals mit Sicherheit beantwortet werden, sondern nur zu spekulativen Betrachtungen verleiten können. Man wird geneigt sein, die Frage zu bejahen, wenn man für die Ausbildung beider Varietäten ganz bestimmte Ursachen verantwortlich macht, deren Wirkungen erst in der menschlichen Organisation sich äußern. Für den Achselbogenmuskel können als Bildungsursachen me- chanische Einwirkungen auf den abschließenden Boden der Achsel- grube aufgeführt werden, welcher um so besser mit der vorderen und hinteren Wand der Grube eine sichere, einheitliche Abgrenzung her- stellt, je besseres Material in ihm zur Verwendung kommt. Ohne Frage wird auch der Achselgrubenboden durch die frei beweglichen Gliedmaßen unter neue Bedingungen gesetzt, welche niederen Pri- maten nicht zukommen. Ähnliches muß dann auch für den Brustbeinmuskel gelten. Eine unmittelbar mechanisch wirkende Bildungsursache für ihn kann 1) A. J. P. v. p. Broek beschrieb einen doppelseitigen Muskel bei Hylo- bates syndactylus, 1910. 97 z. B. in der stattlichen Entfaltung der brustständigen Milchdrüse des Weibes gesehen werden. Daß die Haut des Busens durch einen unter- liegenden M. sternalis dem Zuge auf sie einen gewissen Widerstand gegenüberstellt, ist ja verständlich. Man wäre beim Vertreten dieser Ansicht zur weiteren Annahme gezwungen, daß die durch das weib- liche Geschlecht erworbenen Einrichtungen auch auf das männliche übertragen wären; denn der M. sternalis kommt dem letzteren eben- falls zu. Diese Dinge können zu anderen Betrachtungen überleiten, womit aber der feste Grund des Tatsächlichen verlassen wird. Es ist uns hier darum zu tun gewesen, an einem Beispiele gezeigt zu haben, wie vielgestaltig die der Lösung harrenden Probleme auf unserem Gebiete sind. Abwärts vom Schlüsselbeine erhaltene Überreste gehören zu den Seltenheiten und sind in abgetrennten Bündellagen, Äste der vorderen Thorakalnerven beziehend, als Mm. infraclaviculares be- schrieben worden. Bedeutsam für sie ist, daß letzte Anklänge an den Anschluß eines M. sternalis auftauchen, wodurch auch die Wesensart des letzteren neu beleuchtet wird. Als obere Randteile ragen sie an die Halsgegend heran und berühren hier das Gebiet der Gesichts- Halsmuskeln. Infraklavikulare Überreste unterstützen die Annahme, daß der Rumpfhautmuskel in der Vorgeschichte des Menschengeschlechtes einmal über die Brust bis an den Hals ausgebreitet gewesen sel. 3. Von Rückwirkungen auf Gliedmaßenmuskeln des Rückens. a) Der breiteste Rickenmuskel=Musculus latissimus dorsi. Der Ursprung dehnt sich von der Rückenfläche des Brustkorbes abwärts über die Rückenlende bis zum oberen Beckenrande aus. Seitlich nimmt er untere Rippen in Anspruch. Der breite platte Muskelkörper wendet sich unter Konvergenz aller Fleischfasern gegen das Oberarmbein und heftet sich an ihm mit starker Endsehne unterhalb dessen Kopfes fest. Die Ansatzstelle ist durch einen ständigen, leistenartigen Vorsprung gekennzeichnet. Diese abwärts vom kleinen Höcker des Humeruskopfes befindliche Muskelleiste, Crista tuberculi minoris, ist ein Erzeugnis des Latissimus und des ihm zugehörenden ‚großen runden‘ Muskels, des M. teres major. Die Biindel schlagen am Brustkorb eine horizontale Verlaufs- Anat. Anz. Bd. 51. Aufsätze. 7 98 richtung ein, sind von der Lende aus schrag angeordnet und steigen vom Becken und von den Rippen aus, steiler und steiler gerichtet, zum Humerus empor. Aus der Bündelrichtung wird die Wirkung der verschiedenen Abschnitte ablesbar. Alle bringen eine Lageveränderung des Ober- armes und in unmittelbarer Folge eine solche der Hand und auch des Schultergürtels zustande. Horizontale und schräge Bündel ver- mögen den Arm der Rückenfläche des Körpers zu nähern und ihr auf- zulagern. Senkrecht angeordnete Fleischfasern ziehen von Ober- arm und Schulter gegen untere Rippen und Becken herab. Außer jenen Wirkungen kommt dem Latissimus eine Einwärts- drehung des Oberarmes zu, falls eine Auswärtsdrehung voraus- gegangen war. Diese Bewegungsart ist also eine bedinste. Weiterhin spielt der Muskel eine wichtige Rolle bei der festen Einstellung der Gliedmaßen in allen möglichen Haltungen. Hierbei sind aber andere gegenwirkende Muskeln beteiligt. Der Muskel der Vierfüßer zieht die vorgestreckten freien Glied- maßen in eine Sagittalebene zurück, übernimmt aber auch die Ein- stellung in alle ermöglichten Stellungen. Bei den Primaten kommen als neu die Verlagerungsfähigkeit der Extremität rückenwärts hinzu und außerdem die Möglichkeit, diese aus der seitlich erhobenen Stellung dem Rumpfe wieder zu nähern. Will man die morphologischen Zustände feststellen, welche der mannigfaltigeren Bewegungsart des Muskels beim Menschen Vorschub leisten, so ist man darauf angewiesen, bis in Einzelheiten hinein alle Abschnitte des menschlichen Muskels mit denen der niederen Pri- maten und anderer Säuger sorgfältigst zu vergleichen, um die hervor- springenden, neu auftauchenden Merkmale festzustellen. Hierfür liegen Vorarbeiten vor. Nur die vergleichende Morphologie kann die Strukturverände- rungen aufdecken, welche der Latissimus dorsi als Rückwirkung der freiest beweglichen Extremität auf sich erlitten hat, Rückwirkungen, welche in letzter Instanz durch die aufrechte Gangart bedingt sind. Diese Wirkungen erscheinen notwendigerweise als Fortbildungen des Muskels in ganz bestimmter Richtung. Sie werden bei höheren Pri- maten bereits erkennbar sein, beim Menschen aber am deutlichsten zum Ausdrucke kommen. Aus dem etwas spröden Stoffe haben sich Gestalten formen 99 lassen, welche untrügliche Übereinstimmungen mit den Merkmalen der umgewandelten Pectoralisgruppe tragen. Sie müssen fixiert werden, weil sie als wiehtige Zeugnisse der weit ausgreifenden Beein- flussung der Greifapparate auf die Umgebung sich am Rücken ein- stellen?). a. Ursprung an den Dornfortsätzen der Brust korbwirbel = Pars spinosa. Maßgebend ist die fortschreitende Ausdehnung dem Nacken zu. Je höher der Ursprung kopfwärts reicht, um so ausgesprochener ist die Querrichtung der Bündelanordnung, und um so wirksamer sind diese Ursprungsteile bei der Rückwärtsverlagerung der freien Glied- maßen. Der Vergleich lehrt, daß der menschliche Muskel an den Dornen höher hinaufreicht als bei den menschenähnlichen Affen. Die obere Grenze ist beim Gorilla durch den Dornfortsatz des elften oder zehnten oder neunten Wirbels, beim Schimpanse und Orang durch den des zehnten oder neunten, beim Gibbon durch den des zehnten, neunten oder achten Brustkorbwirbels gezogen. Beim Menschen reicht der Ursprung aber bis in die Höhe des fünften, zuwéilen sogar des vierten Wirbels empor und zeigt hierdurch weit günstigere Ver- hältnisse als bei allen Anthropomorphen. Möglicherweise bedingt auch die Höhenlage des Schultergelenkes die kraniale Ausdehnung. Anklänge an die letzteren sind als Schwankungen bekannt; denn der obere Ursprungsteil kann bis in den Bereich des achten oder neunten Brustkorbwirbels herabgedrückt sein. Es ist möglich, daß bei gewissen niederen Rassen der für höhere Primaten indifferentere Zustand die Regel ist. Der Muskel ragt z. B. beim Papua?) nur bis zum achten Wirbel hinauf. f. Ursprung in der Rückenlende = Pars lumbalis. Er erfolgt beim Menschen mittels einer sehnigen, derben Haut, welche bereits am unteren Brustkorbteile beginnt. Diese Aponeurosis thoraco-lumbalıs?) dehnt sich abwärts bis zum oberen Beckenrande aus. Die Grenze zwischen flächenartiger Ursprungssehne und Fleisch- körper bildet eine schräge gerade Linie, welche medial und oben be- 1) Eine Zusammenstellung der maßgebenden Tatsachen findet sich in der Zeitschr. f. angew. Anat. u. Konstitutionslehre, Bd. 2, 1918. 2) Nach A. Forster, 1904, S. 15. 3) Von H. Vırcuow 1909 als Aponeurosis lumbo-dorsalis bezeichnet. 7*+ 100 ginnt, um nach außen und unten zum Darmbeinrande verfolgbar zu werden. Die Ausdehnung der aponeurotischen Ursprungssehne bis zum Beckenrande tritt in der Primatenreihe zuerst beim Gibbon auf, er- fährt bei Anthropomorphen eine weitere Ausbildung und hat sich beim Menschen fest eingebürgert. Durch sie empfängt der Muskel einen neuen und sicheren Ausgangsort. Die Wirkung auf den Oberarm vom Becken aus bedeutet eine Steigerung der Funktion. Längsbündel ziehen den Oberarm beckenwärts herab. Daß diese nur den höheren Primaten zukommen, fügt sich in die Reihe von Erscheinungen ein, welche den Ausgangspunkt dieser Betrachtungen bilden. y. Muskulöser Ursprung am Darmbeinrande = Pars iliaca. Das Übergreifen der fleischigen Bündel auf das Darmbein wird durch die Sehnenhaut eingeleitet. Dieser Befund stellt sich erst bei Hylobatiden ein, welche einer muskulösen Portion jedoch entbehren. Gorilla und Schimpanse lassen eine muskulöse Pars iliaca zuweilen vermissen, zuweilen aber sehr deutlich zutage treten. Sie scheint dem Orang in der Regel zuzukommen. Bei erwachsenen Tieren kann sie durch die Länge des Ursprunges bedeutsam werden und dann vom Darmbeine aus sogar auf das Leistenband übergreifen. Die aufwärts zum Humerus ausgespannten Bündel erhöhen die Wirkung des Muskels und kommen der ganzen oberen Glied- maße zustatten. Fehlen sie den Anthropomorphen, so werden sie nicht rückgebildet, vielmehr nie angelegt gewesen sein und dem ur- sprünglichen Primatenzustande entsprechen. Ist die Pars iliaca gut entwickelt, so befindet sie sich in Wechsel- beziehung zur höheren Bewegungsfreiheit von Arm und Hand, welche die Anthropomorphen auszeichnen, in mittelbarer Beziehung zur aufrechten Körperhaltung. Eine andere Wechselbeziehung läßt sich zwischen ihr und der geringen Anzahl von Vorkreuzbeinwirbeln bei diesen Lebewesen feststellen. Die Einbuße präsakraler Skeletteile bedeutet auch eine relative Beschränkung des Ursprungsfeldes am Rücken und nähert dasselbe dadurch unmittelbar dem Beckengürtel. Hierzu gesellt sich ein neuer Faktor. Die Darmbeinschaufeln ge- winnen eine bei Hylobates einsetzende, aber noch ohne auffällige Folgerungen bleibende und erst bei Anthropomorphen gesteigerte Entfaltung. Sie springen gegen die Rückenlende vor und bieten da- c 101 durch dem Latissimus ebenfalls Gelegenheit, mit ihnen in engeren Ver- band zu treten. Es kommen also mehrfache ursächliche Momente für die Anlage einer Pars iliaca in Betracht, welche aber gemeinsam auf die Körper- aufrichtung zurückzuführen sind. Die Pars iliaca gewinnt hierdurch eine vielseitige morphologische Bedeutung. Der Mensch besitzt in der Regel Ursprungsbündel des Latissi- mus dorsi am Becken. Sie sind innerhalb der Züricher Bevölkerung in 92,86%, beobachtet worden!). Fehlen sie, so darf der Zustand zu- nächst als ein ursprünglicher wie in ähnlichen Fällen bei Anthro- pomorphen beurteilt werden. Es ist ja allerdings auch zuzugeben, daß eine Rückbildung von stets vorhanden gewesenen Erwerbungen vorliege?); es ist jedoch sehr unwahrscheinlich, da Erworbenes, wenn es als zweckmäßig sich erweist, nicht ohne weiteres wieder aufgegeben wird. Die Zweckmäßiskeit für eine Pars iliaca des Latissimus dorsi steht aber außer Zweifel. &. Ursprung an den Seitenflächen unterer Rippen = Pars costalis. Der Muskel des Menschen geht regelrecht auch von Rippen aus; das zwölfte bis achte Paar kommen dabei in Betracht. Kostale Ur- sprungsbündel bauen den seitlichen vorderen Muskelrand auf. Sie verlaufen steil zum Oberarmknochen empor und werden ihn ent- sprechend abwärts zu bewegen vermögen. Im Schlußakt der Be- wegung ist der Arm der seitlichen Rumpfwand angelagert. Um diese Einstellung des erhoben gewesenen Armes zu erzielen, wird der Be- stand einer Pars costalis Vorteil bringen. Wenn der Oberarm in irgendeiner Stellung fest eingestellt ist, so können die Randbündel von ihm aus auf die Rippen, also auf untere Abschnitte des Brustkorbes, hebend wirken. Die funktionelle Beziehung zur Extremität scheint aus ver- schiedenen Gründen die maßgebende für die Ausbildung der Rippen- zacken gewesen zu sein. Kostale Ursprünge sind innerhalb des Primatenstammes erst erworben, vielleicht erst wieder erworben worden. Diese Annahme gründet sich auf die Tatsache, daß sie den Halbaffen und verschiede- nen niederen Ostaffen, den Cercopitheciden, in der Regel fehlen, um 1) H. Frey. 2) Le Douste z. B. hält den Mangel für eine Rückbildung. 102 erst bei einigen der letzteren sich einzustellen!). Sie werden niemals bei Hylobatesarten, Gorilla und Schimpanse vermißt, welchen der Mensch sich angliedert. Sie sind beim Orang beobachtet, aber auch vermißt worden. Hiernach ist der ursprünglichere Zustand ım Fehlen, der voll- kommenere im Bestande einer Pars costalis zu erblicken. Diese läßt einen ähnlichen Entwickelungsgang wie die Pars iliaca erkennen, eilt derselben aber etwas voraus, was aus dem Bestehen bei Semnopi- thecus, Colobus und Hylobates sich ergibt, denen eine P. iliaca noch nicht zukommt. Überall werden untere Rippen durch die Ursprungsbündel in Anspruch genommen. Die größte Anzahl kostaler Zacken ist bei den Hylobatiden, welche als die leichtbeschwingtesten unter den Pri- maten gelten, ausgebildet. Ihnen kommen sieben, sechs oder fünf Jacken zu. Gorilla und Schimpanse sind im Besitze von sechs, fünf, vier oder nur drei kostalen Ursprungsbündeln. Der trägere Orang weist nur zwei auf oder läßt auch diese nur unansehnlichen vermissen. Beim Menschen kommen fünf oder weniger zur Ausbildung; am häufigsten ist die Vier- und Dreizahl vertreten. Da nun die Rippenursprünge nur denjenigen höheren Primaten zukommen, welche mit freiester Beweglichkeit der oberen Gliedmaßen ausgestattet sind, und da sie diese Eigenschaft nur erhöhen können, so darf auch die Pars costalis als Folgeerscheinung jenes Beweglich- keitszustandes gelten. Die einmal sinnfällig aufgetretene Wechselbeziehung zwischen Muskel und Skelet ist im Rippengebiete des Latissimus keine so innige, daß sie nicht auch wieder aufgegeben werden kann. Während sonst der aktive Muskel die Ansatzflächen am Knochen weiter ausbaut und erhält, so ist eine solche enge Korrelation zwischen Muskel und zwölfter Rippe beim Menschen nicht vorhanden, woraus wir zugleich auf ein verhältnismäßig geringeres Leistungsvermögen der Pars costalis schließen dürfen, welches aber die Wichtigkeit der Ausbildung der letzteren im Sinne dieser Darstellung keineswegs aufhebt. Die Neigung zur Rückbildung des zwölften Rippenpaares ist stärker als diejenige, sich für einen festen Ausgangspunkt der zwölften kostalen Muskelzacke zu erhalten. Das ist aus dem Befunde zu ent- 1) Bei Semnopithecus und Colobus. 103 nehmen, in welchem eine zwölfte Rippe, stark verkürzt, aus dem Ur- sprungsgebiete der Pars costalis sich zurückgezogen hat. Die Muskel- zacke, deutlich erhalten, wird dann mit dem Ursprunge auf die sehnige Haut verpflanzt, welche an Stelle des rückgebildeten Spitzen- abschnittes getreten ist. Das Skelet eilt ein diesem Falle dem Muskel in der Rückbildung voraus; er kann dann, vom Knochen abgerückt, völlig verschwinden. Daraus entstehen Anordnungen, in welchen die unterste oder letzte kostale Zacke von der elften Rippe ausgeht. Einer 13. kostalen Muskelzacke war beim Menschen in der Urzeit ein gleiches Los beschieden gewesen, wie es wahrnehmbar in der Jetztzeit der zwölften Zacke bereitet ist. Die Annahme ist aus dem- jenigen retrospektiven Befunde zu erschließen, in welchem die zwölfte Rippe gut ausgebildet ist und der Pars costalis Ursprung gewährt, gleichzeitig aber eine untere Zacke besteht, welche im früheren Ge- biete einer 13. Rippe von sehniger Unterlage ausgeht. Die vergleichende Morphologie sichert die Deutung. Eine 13. Rippenzacke ist immer bei Hylobates und Gorilla, also in 100%, ver- hältnısmäßig häufig bei Schimpanse (66,7%) und auch beim Orang angetroffen worden. Bisher wurden rückschlägige Varietäten mit einer 13. ,,kostalen“ Latissimuszacke beim Menschen nicht beobachtet. Die 13. Rippe erreicht als Rückschlagserscheinung beim Menschen nicht mehr die- jenige Länge, welche ihr Spitzenteil in den Bereich der Pars costalis versetzt. In Anknüpfung an die Wahrnehmung, daß auch die zwöltfte kostale Latissimuszacke in den Kreis der Rückbildung hineinbezogen zu werden beginnt, erhalten einige statistische Werte Bedeutung. Die zwölfte Zacke wird bei niederen Rassen noch viel häufiger als bei höheren angetroffen. Der Unterschied drückt sich in den Prozent- zahlen 91,3 und 39 aus. Dementsprechend steigert sich der Wert für den Zustand, daß die elfte Rippe die letzte Zacke abgibt, bei den höhe- ren Rassen. Während er für die niederen nur 8,7% erreicht, ist er bei Europäern auf 58% hinaufgeschnellt!). Die zehnte und neunte Rippenzacke haben bei niederen Rassen bisher niemals als letzte festgestellt werden können, während sie bei höheren in 2% und 1% sich einstellen. 1) Diese Werte sind für niedere Rassen den Zusammenstellungen E. Lorus, für die Züricher Bevölkerung den dankenswerten Aufnahmen von H. Frey entnommen. 104 Diese vorläufigen statistischen Ergebnisse müssen in hohem Grade befriedigen, da sie mit den auf anderem Wege gewonnenen Vorstellungen sich vollkommen decken. Das aus dem kostalen Materiale aufgeführte Latissimusgebäude läßt an seinem Abschlusse statistisch zahlenmäßige Verhältnisse er- kennen. Sie dürfen als Maßstab für das Wesen der übrigen Etagen und die weite Entfernung des Schlußstockes vom Grundbau dienen. Die an den vier Abschnitten des Latissimus dorsi der Primaten sich vollziehenden Veränderungen schlagen immer die gleiche Richtung ein; sie haben in der Regel beim Menschen den höchsten Grad erreicht, obschon für die Pars iliaca von Gorilla und Orang und für die Pars costalis von Hylobates auch eigenartige Entwickelungszustände be- stehen. Die oberen Gliedmaßen können erstens mit der sich steigernden Bewegungsfreiheit für die fortlaufende Veränderung, zweitens mit der besonderen Leistung als Kletterorgane der Hylobatiden für die Eigenzustände verantwortlich gemacht werden. Da die Ursachen der Umwandlungen von mehr allgemeiner Art sind, so werden es auch etwaige Schlußfolgerungen auf die verwandt- schaftlichen Beziehungen der in Betracht gezogenen Organismen sein müssen. Nirgends liegen die Einrichtungen bei ihnen derartig, daß sie von der Anordnung bei einem bestimmten anderen Organismus abge- leitet werden müssen, indessen sie insgesamt ungezwungen als fort- schreitende von einem indifferenteren Bauplane aus zu verstehen sind. Man täte den Tatsachen Zwang an, wollte man menschliche Befunde z. B. mit denen von Schimpanse usw. in engste Beziehung bringen. Leugnete man aber die allgemeinen verwandtschaftlichen Beziehungen, so überhörte man die überzeugende Aussage über die vielen, eng zusammengehörenden Belastungsdokumente. b) Der mit der Endsehne des breiten Rückenmuskels verbundene Abschnitt der hinteren Oberarmmuskulatur = Musculus latissimo-antebrachio-brachialis!). Er spielt bei niederen Säugetieren eine große Rolle und ist für sie Gemeingut geworden, tritt in einer oberflächlichen Schicht der hinteren Muskelgruppe des Oberarmes auf, um im Ursprunge von der Endsehne des Latissimus dorsi von der tieferen Schicht abgegliedert zu sein, aber gemeinsame Ansatzstellen mit ihr am Vorderarm zu 1) Musc. latissimo-tricipitalis nach R. Fick. 105 bewahren. Ulna und gemeinsame Muskelfascie nehmen die End- sehne auf. Niedere Primaten, Halbaffen und viele tiefstehende Affen be- sitzen den Muskel bezüglich dieses ursprünglichen Verhaltens ent- weder in reiner oder abgeänderter Art. Der Muskel ist ein M. latissimo- antebrachialis seiner Ausdehnung nach. Seine Verrichtung hänst von derjenigen des Latissimus dorsi ab, mit welchem er eine funk- tionelle Einheit bildet. Beide ziehen die bei Vierfüßern vorgestreckten Gliedmaßen zurück, wobei der Latissimo-antebrachialis den Vorder- arm in die Bewegung zwangsmäßig einbezieht, was für die Sicherheit der Gangart nur beitragen kann. Höhere Primaten mit ausgesprochen freiest beweglicher Hx- tremität lassen eine fortschreitende Rückbildung des Muskels zutage treten, welche mit der völligen Ausschaltung erst beim Menschen abschließt. Im Vollzuge dieser regressiven Entwickelung stellen sich zu- nächst festere Beziehungen des Ansatzes an unteren Teilen des Ober- armes ein. Der Epicondylus medialis humeri, die mediale Scheide- wand zwischen hinterer und vorderer Oberarmmuskulatur bieten Ansatzflächen dar. Weiterhin greift die Endsehne auf die gemeinsame Muskelbinde des Oberarmes über; sie verbindet sich dann mit der Endsehne des dreiköpfigen Vorderarmstreckers und vermag selbst aufwärts vom Epicondylus medialis Anheftungen am Körper des Oberarmbeines zu gewinnen. Unter dieser Aufwärtsverschiebung der Ansatzstellen wird der Vorderarm allmählich aus der Einflußsphäre ausgeschaltet. Er ge- winnt an Bewegungsfreiheit, indem der Latissimus dorsi nun nicht mehr durch Vermittlung des Latissimo-antebrachialis auf ihn ein- wirken kann. Aus letzterem ist ein Latissimo-brachialis und Lat.- trieipitalis geworden. Diese Anordnung des reduzierten Muskels kommt den Hylobatiden und Anthropomorphen zu, obschon An- deutungen der ursprünglichen Beziehungen zum Vorderarme sich in Varianten erhalten können. Der Fleischkörper hat bei den. drei Anthropomorphen an Umfang erhebliche Einbuße erlitten, bei den Hylobatiden jedoch verhältnismäßig zugenommen. Eine letzte Phase der Verkümmerung äußert sich erstens in der zunehmenden Aufwärtsverschiebung der Ansatzsehne bis zum Ur- sprunge an der Sıhne des breiten Rückenmuskels und zweitens 1m Verschwinden des Fleischkörpers. Der typische Säugetiermuskel ist 106 schließlich zu einer Sehnenhaut umgewandelt worden, welche zwischen Latissimussehne und Oberarmfascie verschieden lang und deutlich ausgespannt ist. Fehlt auch diese Sehnenhaut in allen wahrnehm- baren Zeichen, so hat der als regelrecht geltende menschliche Befund sich eingestellt. Damit ist der Vorderarm in die denkbar größte Unabhängigkeit vom Latissimus dorsi gelangt. Er kann sich frei bewegen, während der letztere seinen gewaltigen Einfluß auf den Oberarm ausübt. Dieser kurze Überblick über die Geschichte des morphologisch bemerkenswerten und durch äußere Ursachen stark beeinflußten Muskels bei den Primaten berechtigt dazu, ihn in dieser Darstellung aufzuführen. Er variiert stark bei Anthropoiden und tritt in zahlreich be- kannten Rückschlägen beim Menschen auf. Diese Schwankungen er- klären sich aus dem Umstande, daß die Rückbildung in Übereinstim- mung mit dem Wesen der oberen Gliedmaßen lebhafter einsetzt. Die Gattung Hylobates zeichnet sich durch einen kräftigen und besonders angeordneten Latissimo-brachialis aus. Das ausgesprochene Klettervermögen macht auch die Sonderstellung des hier weniger variierenden Muskels verständlich, welcher mit dem Latissimus dorsi einheitlich vom Rücken und von den Rippen aus auf weite Ansatz- flächen am Oberarmknochen angreift. Gibbon, Anthropomorphe und Mensch haben die Anlage des Muskels von Urformen ererbt. Prüft man die Anordnungen desselben bei ıhnen genau auf verwandtschaftliche weitere oder engere Be- ziehungen, so können die Schlußfolgerungen nirgends so weit gezogen werden, daß die Organisation der einen Gattung von derjenigen einer anderen unmittelbar abgeleitet werde. Das ist ja bedauernswert; aber wichtiger und fördernder ist das Zugeständnis, daß wir hier über die nächsten verwandtschaftlichen Beziehungen keinen Aufschluß er- halten. Die Organisation der Hylobatiden ist diesbezüglich in nicht zu- lässiger Weise gedeutet worden. Unzulässig ist es aber auch, ihre Organisation als die Vorläuferin derjenigen der Anthropomorphen und des Menschen auszugeben und denselben eine so hochgradige Behendigkeit in der Vorzeit zuzuschreiben, wie sie Hylobatiden wahr- scheinlich nur für ihre Sippe gewonnen haben. (Eingegangen am 21. Februar 1918.) x 2077, Nachdruck verboten. Der Musculus transversus mandibulae. Von ELIsABETH Corps. Mit 3 Abbildungen. Unter dem Namen eines M. transversus mandibulae — abwech- selnd mit einigen anderen Benennungen — werden seit v. TEUTLEBEN (1874) verschiedene Muskelbildungen in der vorderen Mandibular- ‘ oder Kinngegend beschrieben, über deren eigentliche Natur aber nach den bisher vorliegenden Darstellungen ein klares Bild nicht zu gewinnen ist. Bei manchen der weiter unten noch genannten Autoren sind die — schriftlichen oder bildlichen — Darstellungen so ungenau, daß es mir in mehreren Fällen nicht möglich gewesen ist, völlige Klar- heit darüber zu erlangen, welcher Muskel eigentlich von ihnen ge- meint ist. Meistens werden die fraglichen Muskeln im Zusammenhang mit der Beweglichkeit der beiden Unterkieferhälften und damit auch bestimmter Arten des Kaumechanismus erwähnt, so z. B. in den Arbeiten von v. TEUTLEBEN (1874), Murıs and BArTLETT (1866), TuLLBERG (1899) und Gaupp (1912). Daß bei dieser Betrachtungs- weise die morphologische Natur der Muskeln mehr oder weniger in den Hintergrund trat, ist erklärlich. Gelegentlich anderer Untersuchungen kam ich in die Lage, auch die hier in Rede stehende Muskulatur einer genaueren Präparation unterziehen zu können, so daß ich jetzt glaube, einige nähere Angaben über den, resp. die betreffenden Muskeln machen zu können. Das Material verdanke ich zum größten Teil Herrn Geheimrat Prof. Maurer (Jena), sowie Herrn Prof. Marscuiz (Berlin); es sei mir erlaubt, auch an dieser Stelle den genannten Herren für ihre freundliche Unterstützung meiner Arbeit meinen besten Dank aus- zusprechen. Aus einem Vergleich meiner eignen Befunde mit den in der Literatur niedergelegten Angaben geht mit Sicherheit hervor, daß es sich bei den fraglichen Bildungen um mehrere — m. E. um min- destens drei — ganz verschiedene Muskeln handelt, welche teils mit 108 anderen Namen belegt, teils unter der gleichen Bezeichnung zu- sammengeworfen werden. Nehmen wir dazu noch die Angaben Baums (s. u.), welcher die ganze intermandibulare Muskulatur als M. transversus mandibulae bezeichnet, so würden sich sogar vier Muskeln ergeben, welche einander diesen Namen streitig machen. ily Der erste der drei in Frage kommenden Muskeln ist der am besten bekannte und am besten und häufigsten beschriebene. Es handelt sich um das schon von Mecker (1829, Bd. 4, S. 628) bei mehreren Nagern als Kieferbeinmuskel aufgeführte Gebilde. Gurt (1860, S. 249) erwähnt ihn in seiner „vergleichenden Anatomie der Haussiiugetiere als Kiefer-Zungenmuskel (M. mylo- glossus) und betont sein Fehlen beim Menschen wie auch bei Schwein, Hund und Katze. — Es ist dies dieselbe oberflächliche Muskelschicht, welche LetsErinG (1885, 5. 261) unter gleichem Namen beim Pferde beschreibt. v. TEUTLEBEN (1874, 5. 87ff.) war wohl der erste, der ihn als M. transversus mandibulae bezeichnete. Nach seiner Darstellung liegt der von ihm augenscheinlich dem M. mylohyoideus zugerechnete Muskel in dem Winkel zwischen beiden Unterkieferhälften mit quer von einer zur anderen verlaufenden Fasern. v. TEUTLEBEN fand ihn bei vielen Nagern (während er anderen fehlte) sowie bei Erinaceus; auf Grund der Anordnung der Schneidezähne vermutet er sein Vor- kommen auch bei gewissen anderen Nagern und Marsupialiern. Lecue (1888/89 in Bronn, Bd. 6,, 8. 697—699) zählt das Vor- kommen des M. transversus mand. als einer besonderen oralen Portion des Mylohyoideus, bei Echidna!), Insektivoren, Huftieren, Myrmeco- phaga und zahlreichen Nagern auf. Von Baum?) (in ELLENBERGER-MÜLLER, 1896, S. 333) wird der 1) Fewxes’ (1877) M. myloglossus bei Echidna, den LEcHE (1888/89, S. 697/698) in diesem Zusammenhange zitiert, entspricht nach den Untersuchungen SCHULMANS (1906) mit seiner tiefen Portion dem M. intermandibularis (s. mylo- hyoideus), mit seiner oberflächlichen dem vorderen Digastricusbauch, SCHUL- MANS M. depressor mandibulae ant. 2) Durch das Vorgehen BAums, welcher die ganze intermandibulare Muskel- schicht als M. transversus mand. bezeichnet und nun wieder einen profundus oder Mylohyoideus post. und einen superficialis oder Mylohyoideus ant. unterscheidet, ist die Verwirrung hinsichtlich des Transversus mandibulae natiirlich noch ver- größert worden. 109 betreffende Muskel als M. transversus mandibulae superfic. oder myloslossus bei Pferden und Wiederkäuern beschrieben. TUuLLBERG (1899, 5. 64/65) findet den M. transversus mand. bei allen simplizidentaten Nagern am unteren Rande des Winkels zwischen den beiden Unterkiefern, transversal von einem zum anderen aus- sespannt. Gut entwickelt zeigt er sich nur bei stärker gegeneinander beweglichen Unterkieferhälften; den Duplieidentaten fehlt er gänz- lich (8. 48). Auch WEBER (1904, S. 160 u. 495) gibt das Vorkommen eines M. transversus mand. als einer selbständig gewordenen Portion des M. mylohyoideus bei simplizidentaten Nagern, aber auch bei Maero- podiden an. Die gleichen Angaben für Nager macht v. SCHUMACHER (1904, 8. 262). Ebenso bezeichnet Eıster (1912, 5. 291) den oralen Teil des M. mylohyoideus bei vielen Nagern, dessen Versorgung durch den Tri- geminus er besonders hervorhebt, als M. transversus mandibulae. Daß der von Bisvorr (1908, S. 268 u. 296) als M. transversus mandibulae s. menti bei Nagern beobachtete Muskel hierher zu rechnen sei, glaube ich nicht, trotz der angegebenen Innervation durch den Ram. mylohyoideus des Trigeminus. Genaueres siehe unter III. weiter unten. Der Muskel kommt bei Insektivoren, Ungulaten und zahlreichen Nagern vor. Er füllt mit annährend transversal verlaufenden Fasern in größerer oder geringerer Ausdehnung den vorderen Teil des Raumes zwischen beiden Unterkieferhälften. Oralwärts erstreckt er sich bis- weilen (z. B. Lepus) auch noch oral-ventral bis über die Unterkiefer- symphyse hinweg; es kann jedoch andererseits auch ein kleiner Winkel unmittelbar hinter der Symphyse muskelfrei bleiben (z. B. Seiurus, Erinaceus). Vom M. intermandibularis s. str. sive mylo- hyoideus Autr. ist er durch etwas abweichende Faserrichtung unter- schieden, bisweilen auch dadurch, daß er die vordersten Fasern dieses Muskels von ventral her überlagert. Bisvort (Abb. 18) bildet aller- dings bei Erinaceus einen weiten Zwischenraum zwischen den beiden Teilen des Mylohyoideus ab und läßt den Muskel bis zur Symphyse reichen; es scheint sich also hier um individuelle Variationen zu handeln. Auch der Mangel einer medianen Raphe, den ich z. B. bei Erinaceus, Sciurus, Dolichotis konstatieren konnte, scheint kein allsemeines und unterscheidendes Merkmal zu sein, da von LEISE- 110 RING (1885, 5. 261) das Bestehen einer solchen beim Pferde ausdrück- lich erwähnt wird. Es ist ja auch bekannt, und besonders genau aus der Anatomie des Menschen, daß der M. mylohyoideus eine Raphe nicht immer deutlich erkennen läßt, wenigstens nicht an seiner ven- tralen Fläche; auch wird die Raphe bei vielen Tieren im oralen Ab- schnitt des Muskels undeutlich. Eine eigentümliche Form hat die Pars anterior des Intermandibularis bei den Bathyergomorphi (TULLBERG, 1899, S. 76 u. Abb. 11 u. 12 auf Tafel IT), indem hier die hinteren Fasern jederseits von lateral-kaudal in schräger Richtung - M. mylohyoideus, pars ant. Venter ant, ~- wet - M. mylohyoideus Sun | 15% | wi Digastricus Venter post. _ Abb. 1. Erinaceus europaeus. nach medial-oral verlaufen, wodurch der Hinterrand des Muskels einen oral gewendeten Ausschnitt zeigt. Die Innervation erfolgt wie beim M. mylohyoideus durch den gleichnamigen Trigeminusast und in analoger Weise mit mehreren Ästehen von der Ventralfläche her. Die Funktion ist nach den Angaben v. TEUTLEBENS ‚nicht ganz sicher‘ zu bestimmen. Da der Muskel oral vom Drehpunkt der Unterkieferverbindung liegt, soll er die beiden unteren Schneide- zähne voneinander entfernen und so vielleicht in einer Art von Keil- wirkung beim Sprengen von Nüssen Verwendung finden können (bei Sciurus). Bemerkenswert wäre demnach sein Vorkommen beim Igel, dem bewegliche Schneidezähne abgehen, sowie andererseits sein Fehlen bei Castor, Capybara usw. — Von JoLYET et ÜHAKER (1875, 8. 73/74) ist behauptet worden, daß die Ratten durch Kon- traktion der Masseteren mit den gegeneinander gekehrten Kanten +11 ihrer Ineisivi schmale Gegenstände abzuschneiden vermöchten und daß der Transversus mand. als Antagonist der genannten Muskeln bei dieser Tätigkeit diene; doch wird dies schon von TULLBERG (1899, S. 349) bestritten unter dem Hinweis darauf, daß die einander zugewendeten Zahnränder ebene Flächen und keine schneidenden Kanten darstellten. — Wenn ich auch diesem letzteren Argument keine solche Beweiskraft zuerkennen möchte, denn die Zähne müßten m. E. im Gegenteil Spuren von Abnutzung ihrer Kanten zeigen, was ich nicht finden konnte, so erscheint es doch auch mir sehr fraglich, ob tatsächlich dieser komplizierte Mechanismus beim Kauakt in An- wendung gebracht wird, zumal er doch die Festigkeit der Ineisivi nicht unerheblich beeinträchtigen müßte. — LecHe (1888/89, 8. 699) schließt sich der Auffassung v. TEULTEBENS an, ebenso TULLBERG (1899, S. 65). — Mir scheint, daß der Muskel nach seiner ganzen An- ordnung keine wesentlich andere Wirkung ausüben kann als die vorderen Fasern des M. mylohyoideus sens. str., d. h. er wird in der Hauptsache ein Heber des Mundbodens und der Zunge sein, was auch Gurur (1860, S. 249) ausspricht. Daß er bei einer lockeren Ver- bindung der beiden Unterkieferhälften Bewegungen der beiden Knochen gegeneinander, wie sie der Mylohyoideus bewirkt, unter- stützen wird, ist allerdings wahrscheinlich. Der Muskel ist mit Sicherheit als eine mehr oder weniger selb- ständige orale Portion der intermandibularen Muskelschicht, speziell des M. mylohyoideus, zu betrachten, wie dies schon MEckEL andeutet und auch LECHE, WEBER und EIsLEr annehmen. Nach dieser seiner Zugehörigkeit und seiner Anordnung nach dürfte sich für ihn die Be- zeichnung M. intermandibularis, pars anterior mehr empfehlen als der Name Transversus mand., im Gegensatz zu dem weiterhin unter III. zu erwähnenden Muskel. Ihn, wie dies MEckEu (5. 628) und Lecue ($. 698) andeuten, als ein Homologon des M. intermandibu- laris ant. (M. submentalis, submaxillaris Aurr.) gewisser Amphibien, z. B. Rana, Menopoma, Cryptobranchus, zu betrachten, liegen keine genügenden Gründe vor; es dürfte sich vielmehr um eine Parallel- bildung handeln. II: Der zweite von den hierher gehörigen Muskeln wird zwar nur von Weser (1904) ausdrücklich als M. transversus mandibulae bezeichnet, ist aber aller Wahrscheinlichkeit nach öfters mit dem vorgehend be- 112 schriebenen intermandibularen Muskel zusammengeworfen und ver- wechselt worden. So hat er offensichtlich auch die Darstellungen von v. TEUTLEBEN (1874, 5. 97), Weser (1904, 8. 160 u. 495) und Gaupp (1912, 5. 126/127) beeinflußt. Soweit sich dies aus den oft spärlichen und wenig genauen Be- schreibungen entnehmen läßt, handelt es sich um den Muskel, der unter dem Namen eines M. orbicularis oris beim Känguruh zuerst von SCLATER!) beschrieben worden ist. Diesem folgen MurIE and BArTLETT (1866, S. 28ff.), welche ihn bei mehreren Känguruhs als einen relativ kräftigen Muskel dar- stellen, der mit transversalen Fasern den vorderen Teil des Unter- kiefers und die Alveolen der Schneidezähne umgibt. MEcKEL faßt ihn gleichfalls als M. orbicularis oris auf (S. 33). LecHE (1888/89, 5. 681 u. Anmerkung) bestätigt sein Vorkommen bei Macropus giganteus, weicht aber auf Grund der von ihm beob- achteten Innervation durch den N. mylohyoideus in der Deutung über die Herkunft des Muskels von Muniz ab. Wesers (1904, 8. 160 u. 495) Angabe über das Vorkommen eines M. transversus mandibulae auch bei Känguruhs wurde schon oben erwähnt. Wahrscheinlich ist auch der von Krause (1884, S. 170) beim Kaninchen beschriebene M. submentalis, der als dünner, unpaarer Muskel den Unterrand des Unterkiefers umschlingt, gleichfalls hier- her zu rechnen; da sich aber keine Angaben über die Innervation finden, läßt sich dies nicht mit Sicherheit behaupten. Obgleich ihn Krause selbst unter die ‚„Hautmuskeln‘ rechnet, betrachtet er ihn augenscheinlich nicht als zum Orbicularis oris gehörig. Der Muskel umgibt unter ventral-medianer Durchflechtung mit dem Muskel der Gegenseite halbringférmig den vorderen Teil des Unterkiefers, dicht hinter den großen Incisivi, wobei ein Teil seiner Fasern in der Gegend der Alveolen Befestigung am Knochen findet. Ein anderer Teil wendet sich mehr kaudal und umzieht als eigentlicher Orbieularis oris die Mundspalte. Wenn der weiter unten noch zu be- handelnde M. transversus mandibulae (siehe diesen) vorhanden ist, so wird der Orbicularis durch ihn in seinem mittleren Abschnitt von ventral her zugedeckt. Beide Muskeln sind — nicht zum wenigsten 1) Ich folge hierbei der Angabe v. TEUTLEBENS (1874, S. 97); die Original- arbeit von SCLATER konnte ich nicht finden. 113 durch die sie durchsetzenden starken Haarbälge der Unterlippe — fest miteinander verbunden. Seinen motorischen Nerven bekommt er von einem Facialisast, der aus der Wangengegend kommt und von der lateralen Seite her in den Muskel eindringt. Es handelt sich, wie schon ScLATER und MurIE annahmen, um den M. orbicularis oris, doch möchte ich unentschieden lassen, inwie- weit vielleicht noch ein M. mentalis an der Muskelbildung beteiligt ist. Demnach dürfte der Muskel Gemeingut aller Säuger sein, wenn er auch nicht immer so gut gesondert in die Erscheinung tritt. Falls man, wie dies vielleicht von KRAUSE 3 IN a angedeutet wird, die tiefen, an der Mandi- bula zur Insertion kommenden Muskel- bündel unterscheiden --.M. orbicularis oris will, möchte ich für A = — Benennung EA eye ZEN mylohyoideus „Constrietor menta- SS lis“ vorschlagen, doch fi = A | | | scheint mir dies Ver- NS th - -—— -A--- M. digastricus, venter ant. fahren bei der gerin- Ws | gen Selbständigkeit des Muskels nicht ein- mal empfehlenswert. Zufolge den Angaben von SCLATER (s. v. TEUTLEBEN) sowie von Mvr1eE and BArTLETT (1866), denen sich auch Lecaz (1888/89, 5. 681) anschließt, nähert der Muskel durch Zusammendrücken der vorderen Unterkieferenden die Schneidezähne einander; so soll er nach SCLATER (s. v. TEUTLEBEN, 8. 97) bei Känguruhs zum Grasschneiden dienen und wäre demnach als Antagonist des unter I. aufgeführten Muskels, der Pars anterior des Mylohyoideus, zu betrachten. Ob dem immerhin nur mäßig entwickelten Muskel im Hinblick auf die relativ große Festigkeit der Unterkiefersymphyse bei gewissen Formen, die ihn be- sitzen, eine solche Leistung zuzutrauen ist, erscheint mir aber sehr fraglich; auch würde ebenso wie bei dem vorerwähnten Muskel die Abb. 2. Macropus rufus. Anat. Anz. Bd. 51. Aufsätze. 8 114 Beschaffenheit der einander zugekehrten Zahnränder dagegen sprechen können. Auch Lusoscu (1907) konnte sich von einer solchen Schneide- bewegung der Incisivi nicht überzeugen. — Ich bin darum eher ge- neigt, die Wirkung des Muskels in einem Anpressen der Unterlippe an die Kiefer zu sehen, wobei er allerdings auch die Festigkeit der Verbindung zwischen den beiden Unterkieferhälften mit erhöhen würde. Die widersprechenden Angaben über seine Innervation sind wohl dadurch zu erklären, daß der sensible Endast des N. mylohyoideus (s. darüber die Angaben v. SCHUMACHERS, 1904) über ihn hinweg zur Kinnhaut verläuft. — Daß es sich andererseits nicht um eine weit oral vorgeschobene Pars anterior des Mylohyoideus handelt, wie man vielleicht nach den Innervationsangaben von LEcHE (S. 681) ver- muten könnte, erhellt daraus, daß bei Dolichotis beide Muskeln (M. mylohyoideus, Pars anterior und M. orbicularis oris, resp. constrictor mentalis) nebeneinander vorkommen. Übrigens betrachtet auch Lecue (8. 681, 699, 700) ganz augenscheinlich beide Muskeln als ver- schiedene Bildungen. III. Als dritter ist ein Muskel zu nennen, für den ich, trotz seiner schrägen bis longitudinalen Faserrichtung. allein den vielumstrittenen Namen eines M. transversus mandibulae reserviert wissen möchte. Krause (1884, S. 137) beschreibt unter der Bezeichnung M. depressor labii inferioris s. quadratus menti beim Kaninchen einen Muskel, der vom unteren Rande des Unterkiefers entspringend nach vorn verläuft und in der Haut der Unterlippe inseriert; er dürfte höchstwahrscheinlich unserem Muskel entsprechen. Bisvorr (1908, S. 268 u. 298), der die Benennung M. transversus mandibulae s. menti für diesen Muskel, soviel ich sehe, als einziger in Anwendung gebracht hat, macht allerdings keine näheren Angaben über Ursprung und Ansatz des fraglichen Muskels, läßt auch die Innervation durch den Ram. mylohyoideus (V,) erfolgen, so daß es immerhin zweifelhaft bleibt, ob er den von mir gemeinten Muskel ım Auge gehabt hat; auch ist es auffällig, daß Brsvonr auf den Abb. 12 u. 13, welche Sciurus und Dolichotis zeigen, keine gesonderte orale Portion des Intermandibularis (1) darstellt, doch scheint mir einer- seits der Faserverlauf in den von ihm vorgeführten Fällen von der fast rein queren Richtung der Muskelfasern, wie sie die Pars anterior des M. intermandibularis zeigt, allzusehr abzuweichen, während er 115 andererseits auch bei Erinaceus (und Tarsius) den vorderen Abschnitt des Intermandibularis gar nicht als besondere Muskelbildung auf- faßt (s. Abb. 18 u. 22). Der Muskel findet sich bei manchen Nagern, z. B. Lepus, Myo- potamus!), Dolichotis, als paariger, dünner, aber nicht unansehn- licher Muskel, welcher über die Ventralfläche der Unterkieferäste hinzieht. Mit seinem kaudalen Ende entspringt er von der lateral- ventralen Kante (oder Fläche) der Mandibula in der Gegend des oralen M. orbicularis oris Digastricus | ea mylohyoideus Venter post. - 2 Abb. 3. Myopotamus coypus. Unterkiefer mit ansetzenden Muskeln. Ansatzes des vorderen Digastricusbauches. (Durch Verschmelzung eines Teiles seiner Fasern mit Bündeln des Digastricus kann es gerade- zu zur Bildung eines ‚„Trigastrieus‘‘ kommen.) In mehr oder weniger schrägem Verlauf strahlt der Muskel unter Konvergenz mit dem anderseitigen nach vorn in die Unterlippe aus. Über seine Dorsal- fläche zieht der oben unter II. aufgeführte M. orbicularis oris sive constrietor mentalis s. hin; die engen Beziehungen beider Muskeln zueinander wurden dort auch schon erwähnt. 1) Hierzu ist zu bemerken, daß TULLBERG (1899, S. 131) auch bei Myopota- mus einen allerdings schwachen ,,M. transversus mand.‘‘ seiner Nomenklatur, d. h. meine Pars ant. des M. mylohyoideus, beobachtete, während ich ihn vermißte. &*+ 116 Die Innervation erfolgt wie beim M. orbicularis oris durch einen Ast des Facialis, der von der lateral-dorsalen Kante her in den Muskel eindringt. Die von Bısvorr gemachten Angaben über seine Ver- sorgung durch den Ram. mylohyoideus des dritten Trigeminusastes sind wohl — falls Bisvoets Angaben sich wirklich auf diesen Muskel beziehen — einerseits durch den oben schon berührten Verlauf des sensiblen Endastes des N. mylohyoideus, andererseits durch die engen Beziehungen des Transversus mand. zum Orbicularis oris (resp. Constrietor mentalis) veranlaßt. Seiner Faseranordnung und Insertion zufolge muß der Muskel als Antagonist des M. orbicularis oris betrachtet werden, d. h. er muß bei seiner Kontraktion die Unterlippe von den Incisivi zurückziehen. Irgendeine Einwirkung auf die Zähne selbst — Annäherung oder Entfernung voneinander — kann ihm nicht zukommen. Bei dem mangelhaften Ausbildungsgrade der sonstigen mimi- schen Muskulatur sowie der Herkunft seines Nerven dürfte eine Be- ziehung zum M. transversus menti (SAnTorRINI) der menschlichen Anatomie kaum in Frage kommen, da letzterer nach den Unter- suchungen von Eıster (1912, S. 117/118) als ein unmittelbares Derivat des Platysma zu betrachten ist; außerdem scheint es sich beim M. transversus menti des Menschen (nach EisLER) um ein unilaterales, d. h. nur von einem Nerven versorgtes Gebilde zu handeln, während der fragliche Muskel in den bei Säugern von mir beobachteten Fällen deutlich bilateraler Natur wart). Ich möchte deshalb auch der Be- zeichnung Transversus mandibulae den Vorzug vor der Benennung Transversus menti, welche beiden Benennungen BIJVOET promiscue gebraucht, den Vorzug geben. — Auch die Frage, ob es sich beim „Transversus mand.‘ vielleicht um ein Vorläuferstadium des M. quadratus labii inf. handelt, muß ich unentschieden lassen. Von den drei Muskeln, welche in den vorstehenden Blättern einer Betrachtung unterzogen wurden, gehört also die Pars anterior des M. mylohyoideus (I.) zum Gebiet des dritten Trigeminusastes und ist als abgespaltene Portion des Intermandibularis im engeren oder weiteren Sinne zu betrachten, während der M. orbicularis oris resp. 1) Die alten Angaben von MEcKEL (1817, S. 737) und HENLE (1871, S. 394/395), nach denen der M. transversus menti (beim Menschen) von einem Ast des N. mylohyoideus versorgt werden sollte, sind durch zahlreiche neue Unter- suchungen über die Muskeln und Nerven des Kopfes endgültig widerlegt worden. On ART 117 Constrictor mentalis (II.) sowie der M. transversus mandibulae (III.) als Abkömmlinge der Facialismuskulatur aufzufassen sind. Literaturnachweis. Brvoet, W. F., Zur vergleichenden Morphologie des Musculus digastricus mandi- bulae bei den Säugetieren. Zeitschr. f. Morph. u. Anthropologie Bd. 11, 1908. EISLER, P., Die Muskeln des Stammes. BARDELEBENS Handbuch der Anatomie Bd. 2, 1912. ELLENBERGER-MÜLLER, Handbuch der vergl. Anatomie der Haustiere. 1896. FEWEES, J. W., Contributions to the myology of Tachyglossa. Bull. Essex. Institut Bd. 9, 1877. Gaupp, E., Die REICHERT’sche Theorie. Arch. f. Anat. u. Physiol., Jahrg. 1912, Suppl. HENLE, J., Handbuch der systemat. Anatomie des Menschen. Bd. 3,, 1871. JOLYET, M., et CHAKER, M., De l’acte de ronger, etudie chez les rats. Compt. Rend. et Mém. Soc. Biol. Paris. Année 1875. Krause, W., Anatomie des Kaninchens. 1884. LECHE, W., in Brouns Klassen und Ordnungen des Tierreiches. Bd. 6;, 1888/89. LEISERING u. MÜLLER, 6. 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Februar 1918.) 118 Nachdruck verboten. Zur Verknöcherung der menschlichen Phalangen mit besonderer Berücksichtigung der Endphalanx. Von Dr. Ouea Scuuscik. Mit 5 Abbildungen. (Aus dem histologischen Institute der Wiener Universität.) Auf Anregung des Herrn Professor SCHAFFER untersuchte ich die Finger menschlicher Embryonen verschiedenen Alters und fand dabei, daß einige in der Literatur vorhandene Angaben mit den beob- achteten Vorgängen bei der Entwickelung der Knochen nicht über- einstimmen. So finden sich Widersprüche in den Angaben über die Entwicke- lung der Endphalange. Lesovcg (11) hat diese zuerst ausführlich beschrieben und die Ansicht ausgesprochen, daß das am Nagelgliede besonders frühzeitige Auftreten einer perichondralen Knochenkappe am distalen Ende die Differenzierung weiterer Knorpelsegmente im Fingerstrahl verhindere. Er suchte dies als eine im Kampf ums Dasein erworbene Eigenschaft zu erklären. Das Leben auf dem Fest- lande habe zur frühzeitigen Bildung einer periostalen Knochenkappe an den distalen Enden der Gliedmaßen geführt, um deren Widerstands- fähigkeit gegen den harten Boden zu vermehren. Bestärkt wurde er in seiner Ansicht durch die Entdeckung eines kegelförmigen Gebildes an der Spitze der Endphalanx. Er hielt dieses für das atrophische Ende des Nagelgliedes, das schon im frühen Embryonalleben zu- grunde gehe, und sah hierin einen Atavismus, analog der Hyper- phalangie, die er bei den Cetaceen nachweisen konnte. Von den gleichen phylogenetischen Gesichtspunkten geleitet, ging GRAFEN- BERG (6) noch einen Schritt weiter. Er glaubte, ein rudimentäres Fingerglied in Gestalt eines Knorpelellipsoides nachweisen zu können, das sich vom distalen Ende der Nagelphalanx abschnürt und ganz isoliert verknöchert. In den neueren Sammelwerken (1, 2) haben diese Angaben LEBOUCQS und GRÄFENBERGS zum Teil Aufnahme gefunden. 119 Meine eigenen Untersuchungen führten zu einer anderen Auf- fassung der bei der Entwickelung der Endphalanx auftretenden Eigentümlichkeiten. Wie die am Schlusse der Arbeit beigefügte Zu- sammenstellung zeigt, dienten mir als Material Finger von 30 mensch- lichen Embryonen aller in Betracht kommenden Altersstufen, die nach Behandlung mit den gebräuchlicheren Fixierungsmitteln und Celloi- dineinbettung in Serienschnitte zerlest und mit DELAFIELD’schem Hämatoxylingemisch und Eosin oder nach MaArLory gefärbt wurden. | Die knorpelige Endphalanx ist gegen Ende des zweiten Embryo- nalmonates im Gegensatz zu den zwei anderen Phalangen an ihrem distalen Ende besonders seitlich stark aufgetrieben, so daß sie hier mindestens die gleiche Breite wie an der Basis erreicht. Im Gebiete dieser Auftreibung sind die Zellen groß, blasig und haben viel weniger Grundsubstanz zwischen sich als in den anderen Teilen des Phalangen- knorpels. Bevor noch irgendwo im Handskelett Ossifikation beginnt, wird am distalen Ende der Nagelphalange eine ganz dünne Zone perichondralen Knochens sichtbar. Zugleich zeigt sich mehr an der volaren Seite im Bindegewebe die erste Anlage der Tuberositas unguicularis, die sich zwar an die periostale Knochenkuppe anlehnt, aber eine selbständige Bildung darstellt, analog dem auf binde- gewebiger Grundlage entstandenen Knochen an anderen Stellen des Skeletsystems. Diese Tatsache wurde bereits von SCHÄFER und Drxey (18) hervorgehoben. GRÄFENBERG (6) hat die Entstehung und das weitere Schicksal der Tuberositas unguicularis eingehend be- schrieben. Die Richtigkeit seiner Angaben kann durch vorliegende Untersuchung bestätigt werden. Zur selben Zeit, wo beim Embryo die erste Anlage der Tuberositas unguicularis und das Auftreten jener perichondralen Knochenkuppe an der Endphalanx festgestellt werden kann, beginnt unmittelbar unter dem Knochen auch die Verkalkung des Knorpels, wie dies Abb. 1 zeigt. Sie schreitet vom distalen Ende parallel mit der ober- flächlichen Ausbreitung des Knochens vorwärts und grenzt sich proxi- mal mit einer ebenen Fläche ab. Die Angabe LeBoucas (11), daß die Verkalkung etwas unterhalb des distalen Endes beginne, stimmt mit den Tatsachen also nicht überein. Die verkalkte Knorpelzone grenzt sich gegen den sie bedeckenden Knochen immer scharf in Kalottenform ab. Nie läuft sie, wie LeBovcg angibt, in einen Kegel aus, der sich im embryonalen Gewebe verliert. Was er so beschrieben 120 und als atrophischen Knorpelkegel aufgefaßt hat, ist, nach der Abb. 2 seiner Arbeit zu schließen, die an dorsovolaren Längsschnitten zipfel- förmig erscheinende erste Anlage der Tuberositas unguicularis, die gar keinen Knorpel enthält, wie auch die Färbung mit Thionin beweist, sondern eine besondere Knochenbildung darstellt. Nachdem die perichondrale Knochenschicht die Phalangenkuppe überzogen hat, breitet sie sich proximalwärts aus. Soweit sie reicht, Abb. 1. Abb. 2. Abb. 1. Sagittaler Längsschnitt durch die Endphalanx des Zeigefingers der linken Hand eines menschlichen Embryos von 47 mm Länge (Sch.-St.). MÜLLER. DevarieLps Hamatoxylin-Eosin. Vergr. 821/,. Im distalen Drittel des Knorpels sind die Zellen bedeutend vergrößert; die Grenze K des verkalkten Knorpels entspricht der Ausdehnung der perichondralen Knochenkuppe P. Über dieser liegt die sich im Gewebe verlierende Anlage des Knochens der Tuberositas unguicularis 7’ (LeBoucgs atrophischer Knorpelkegel). _ Abb. 2. Sagittaler Längsschnitt durch die Endphalanx des Fingers eines menschlichen Embryos von 11 Wochen. Formalin. DerArıeLps Hämatoxylin-Eosin. Vergr. 120. An der Grenze des perichondralen Knochens P erscheint der Knorpel eingeschnürt (encoche #). Die Verkalkungsgrenze tritt in diesem Präparat nicht deutlich hervor. Der Knochen der Tuberositas unguicularis 7’ unterscheidet sich dureh Bau und Färbung vom perichondralen und scheint sich von diesem abzuschnüren. hindert sie den Knorpel an seinem expansiven Wachstum und führt zu seiner Verkalkung, während der nicht von Knochen bedeckte Teil noch an Dicke zunimmt. Dadurch entsteht eine individuell mehr oder minder ausgesprochene Einschnürung, wie in Abb. 2 zu sehen wees iy DY eal" CRRA an DE cer "NORTE » ee 121 ist. Sie entspricht der „‚encoche‘“ der anderen Röhrenknochen. Nie aber kommt es, wie GRÄFENBERG behauptet, zur Abschnürung eines eigenen Knorpelkernes, der durch Atrophie kleiner wird. Bilder, wie Abb. 2, die eine solche bis zu einem gewissen Grade vortäuschen, erklären sich durch Unregelmäßigkeiten in der Anlage des Knochens der Tuberositas, der sich außerdem durch größere und dichter ge- lagerte Zellen und stärkere Färbbarkeit mit dem basischen Farbstoff auszeichnet. Auf diese morphologische und färberische Ähnlichkeit, die manche Knochenanlage mit Knorpel besitzt, hat SCHAFFER (17) zuerst hingewiesen und dafür die Bezeichnung ,,chondroider Knochen“ eingeführt. Auch aus Lesoucgs Zahlen von der Phalangenlänge in den ver- schiedenen Altersstufen, auf die sich GRÄFENBERG beruft, ist nichts von einem wirklichen Kleinerwerden zu sehen. Es ist bloß die Zu- nahme der Endphalanx in der Längsrichtung von dieser Zeit an ge- ringer als die der beiden anderen Phalangen, während anfangs das Umgekehrte der Fall war. Die Analogie mit der von GöTTE (5) und von GÖPPERT (4) beschriebenen Verkürzung der Phalangen bei Triton, bzw. Salamander, welche GRÄFENBERG in dem durch Atrophie be- dingten Kleinerwerden der menschlichen Nagelphalanx sieht, kann daher nicht aufgestellt werden. Nimmt die fortschreitende Verkalkung des Phalangenknorpels etwa ein Viertel seiner Länge ein, dann beginnt von zwei Stellen der Volarseite aus die Zerstörung des verkalkten Teiles durch einwuchernde Gefäße. Das eine Gefäß, welches meistens auch zuerst auftritt, hat seine Einbruchstelle in der Nähe des proximalen Randes der Ver- kalkung. Das zweite dringt durch die zu diesem Zeitpunkte schon ziemlich dicke Tuberositas unguicularis ein und eröffnet so den ver- kalkten Knorpel von der Spitze her. Im Gebiete des proximalen Gefäßes schreitet die Zerstörung des Knorpels bedeutend schneller fort als am distalen Ende. Das dürfte teilweise seinen Grund darin haben, daß proximal zwischen den Knorpelzellen nur wenig Grund- substanz vorhanden ist, während an der Spitze der Knorpel zu einer Zeit der Zerstörung anheimfällt, zu der seine Zellen zwar bedeutend vergrößert sind, aber noch in ziemlich viel Grundsubstanz eingebettet liegen. Zwischen den durch die beiden Gefäße gebildeten primitiven Markhöhlen bleibt längere Zeit eine breite Zone verkalkten Knorpels stehen. Seine Reste findet man noch im sechsten Lunarmonat, wie 122 Abb. 3 zeigt. Lesovucg hielt ihn für die letzte Spur der von ihm als atrophisches Phalangenende gedeuteten Bildung. Niemals aber grenzt sich die distale Markhöhle gegen den proximalen Knorpel durch eine Knochenleiste ab, so daß man von einer isolierten Ver- knöcherung des distalen Teiles spreehen könnte. Damit entfällt der letzte Grund, diese Phalangen- partie mit GRÄFENBERG als rudi- mentäres Fingerglied aufzufassen, da die Voraussetzungen, die zu dieser Annahme führten, unrichtig sind. Denn ein durch Abschnürung von der Nagelphalanx entstan- dener isolierter Knorpelkern, der als ,,ungetrenntes Ganzes in die knöcherne Modifikation‘ überge- führt wird, läßt sich nicht nach- weisen. Auffallend ist das lange Bestehenbleiben des trennenden Knorpelstückes zwischen den bei- (| den Markhöhlen. Vielleicht trägt Sh ee dieses Verhalten zur Formverände- ‚Abb. 3. Sagittaler Längschnitt durch rung bei, welche die Phalange im ne oa Be ae. der Laufe der Embryonalzeit durch- chen Embryos . aus dem sechsten Lunarmonat. Zenker. macht. Vergleicht man nämlich das Aussehen der Endphalanx am . » DerarıeLps Hämatoxylin-Eosin. Vergr. 821/,. Zwischen den beiden primitiven Markhöhlen M und M‘ liegt noch ein größerer Rest verkalkten Knorpels K. Die proximale Gefäßeintrittsstelle @ er- scheint angeschnitten, während die distale an der Spitze in einem späteren Schnitt zu sehen ist. Der Knochen T zeigt hier noch eine etwas andere Beschaffenheit, Beginne der Verknöcherung mit dem am Ende der Embryonalzeit, so fällt vor allem der Unterschied in der Gestalt auf. Die knorpelige Endphalanx hat einen geschweif- entsprechend der besonderen Entwicke- lung der Tuberositas unguicularis. ten mittleren Teil, Basis und Scheitel sind ‘gleich breit. Beim Neugeborenen dagegen ist das proximale Ende ungefähr dreimal so breit wie das distale. Diese Formveränderung dürfte mit dem langen Bestehenbleiben eines soliden Knorpelstückes in der Mitte der peri- chondralen Knochenmanschette in Zusammenhang stehen. Es entfällt dadurch die Bildung einer durchgehenden Markhöhle und die damit verbundene Resorption des Knochens von innen. Aus diesem Grunde BE iz 123 dürfte auch eine stärkere Knochenapposition an der Außenseite zu- nächst unterbleiben. Es findet so nur eine geringe Diekenzunahme am distalen Abschnitte bei unbehindertem Längen- und Breitenwachs- tum des noch knorpeligen proximalen Anteiles statt, und die End- phalanx bekommt allmählich die Gestalt, die sie beim Neugeborenen wie beim Erwachsenen aufweist. Unterstützt scheint die Formveränderung der Phalange in der späteren Embryonalzeit durch die Tätigkeit der Ostoklasten zu werden. Diese finden sich an der Außenseite des Knochens in der Nähe der Knorpelknochengrenze, und zwar sowohl volar wie dorsal. Hier bringen sie oft den gesamten perichondralen Knochen auf größere Strecken zur Resorption, so daß der darunter befindliche, noch ver- kalkten Knorpel einschließende endochondrale Knochen freigelegt wird. So dürften auch die Ostoklasten dazu beitragen, der ursprüng- lich walzenförmigen Endphalange die abgeplattete Gestalt beimNeu- geborenen zu geben. Eine andere strittige Frage betrifft die Stelle der ersten Knorpel- verkalkung in der Diaphyse der ersten und zweiten Phalange. In der Literatur finden sich mehrere einander widersprechende Angaben über dea Beginn der Diaphysenverkalkung bei Röhrenknochen im allgemeinen. Von vielen Autoren wird dieser ins Zentrum des Knochens verlegt (Bruck [3], Streuzorr [21], Lov£s [12], Kassowırzz [9]), so daß zuerst innen ein Verkalkungspunkt entstehen sollte. So sagt Kassowrrz: Die Verkalkung der Grundsubstanz beginnt , fast immer an einer nicht oberflächlich gelegenen Stelle, zumeist sogar ungefähr in der Mitte der ganzen Knorpelanlage, womit dann ein sog. Verkalkungspunkt oder Verkalkungskern gebildet ist“, und weiter: „Überall dort, wo die Verkalkung des Knorpels oberflächlich geworden ist, und gerade nur so weit, als dies geschehen ist, etabliert sich eine periostale Rinde auf dem Knorpel.“ Rarkke (15) dagegen hat bei Amphibien und Vögeln die Kalkablagerung von der Oberfläche gegen die Achse fortschreitend gefunden, während bei Säugern das Umgekehrte der Fall war. HeınrıcH MÜrLer (13) und v.KoELLIKER (10) geben beide Möglichkeiten zu, letzterer indem er sagt: ‚„‚In den kurzen Knochen und Epiphysen bildet sich ein mittlerer Kalkpunkt, während in den Diaphysen der langen Knochen in-gewissen Fällen zuerst die Oberfläche des Knorpels ringsherum und erst etwas nachher auch das Innere verkalkt.“ 124 Die Untersuchung einer Reihe von Serienschnitten menschlicher Finger verschiedenen Alters führte zu Ergebnissen, welche mit den für Röhrenknochen im allgemeinen gültigen Angaben der früher genannten Autoren über die Verkalkungspunkte nicht übereinstimmen. Die erste perichondrale Knochenablagerung beginnt beim Meta- karpus, der ersten und zweiten Phalange an einer umschriebenen, dorsal gelegenen Stelle der knorpeligen Diaphysenmitte, wie schon H. MürLer (13), Uranossow (22), HENKE und REYHER (7) und Abb. 4. Abb. 5. Abb. 4. Sagittaler Längsschnitt durch die zweite Phalanx des Ringfingers der linken Hand eines menschlichen Embryos von 21/,—3 Monaten. MÜLLER. DELAFIELDS Hämatoxylin-Eosin. Vergr. 60. Die perichondrale Knochenlamelle P umgibt bereits die ganze Mitte der Diaphyse, ist aber an der volaren Seite V noch sehr dünn. Der Knorpel wird dadurch eingeschnürt (encoche E) und zeigt in diesem Bereiche ver- größerte Zellen und an der dorsalen Seite D auch bereits Verkalkung X. Die Ver- kalkungszone ist unmittelbar unter der perichondralen Knochenmanschette am breitesten und reicht volarwärts fast bis zur Mitte. Abb. 5. Querschnitt durch die Mittelphalanx des Fingers eines menschlichen Embryos von 74 mm Länge (Sch.-St.). Mürter. DerArıeLps Hämatoxylin-Eosin. Vergr. 60, Ähnliches Entwickelungsstadium wie in Abb. 4. Der perichondrale Knochen P reicht noch nicht bis auf die volare Seite V. Unmittelbar unter ihm hat die Verkalkung A des Knorpels begonnen. Die Verkalkungszone ist an der dorsalen Seite D am breitesten und hat eine halbmondförmige Gestalt. IKAPSAMMER (8) hervorgehoben haben. Weiterhin zeigt diese Knechen- platte bezüglich Dicke und Form ein individuell verschiedenes Ver- halten. In einer der untersuchten Serien teilt sie sich am proximalen Ende in zwei Hälften, die nach den Seiten auseinanderweichen. Sehr bald nach dem ersten Auftreten der perichondralen Knochen- auflagerung beginnt die Verkalkung des unmittelbar unter dieser gelegenen Knorpels (Abb. 4 u. 5), die auch während der weiteren Ent- 125 wickelung nie über den Knochen hinausreicht. In keinem der unter- suchten Fälle trat die Verkalkung zuerst im Innern auf, wie dies für Epiphysen und kurze Knochen gilt. Die Darstellung, daß bei den Diaphysen der Phalangen zuerst im Innern ein Verkalkungspunkt auftritt und erst, wenn dieser die Oberfläche erreicht hat, die Auf- lagerung von Knochen beginnt, wie dies Kassowıtz (9) betont,’erwies sich also an den von mir untersuchten Präparaten als unrichtig. Am leichtesten kann man sich davon an vorher entkalkten MÜLLER- Präparaten überzeugen. An diesen bleibt, wie Pommur (14) zuerst angegeben hat, der nicht verkalkte Knorpel durch DELArıELp’sches Hämatoxylingemisch fast ungefärbt, während die früher homogen oder krümelig verkalkt gewesene Partie einen blauen Farbenton annimmt und sich scharf abhebt. Nach solchen Präparaten sind die Abb. 4 u. 5 angefertigt, die aus Längs- und Querschnittserien von Phalangen auf ungefähr gleicher Entwickelungsstufe stammen. Die oberflächliche Lage und die gleich zu beschreibende Form der Ver- kalkungszone sowie deren Beziehung zu der perichondralen Knochen- lamelle kommen hier klar zur Anschauung. Die Form der Verkalkungszone stellt im Anfang auf Längs- schnitten (Abb. 4) ein Dreieck dar, dessen Basis von dem perichon- dralen Knochenschild gebildet wird und dessen Scheitel zentral ge- legen ist oder in späteren Stadien bis zur gegenüberliegenden Seite der Phalanx reicht. Im Laufe der Entwickelung breitet sich die dorsal gelegene perichondrale Knochenplatte auch nach der volaren Seite aus. Zunächst weist sie dort nur eine geringe Ausdehnung in der Richtung der Phalangenlängsachse auf und dementsprechend ist auch die Zone des verkalkten Knorpels an dieser Stelle ganz schmal. Das verkalkte Gebiet erscheint daher am Querschnitt (Abb. 5) halb- mondförmig und erinnert in seiner körperlichen Form am ehesten an die Gestalt einer Apfelsinenspalte. Man kann das Aussehen des Verkalkungsherdes sehr gut am intakten Finger studieren, der durch die Kaliglyzerinmethode oder die van WisHr’sche Methode durch- sichtig gemacht wurde, wie dies zwei Abbildungen in Oskar SCHULTZES „Grundriß der Entwickelungsgeschichte des Menschen“ (19), 8. 228, zeigen. Noch deutlicher sind die Bilder nach van WisHn’schen Prä- paraten in Ivar Bromans „Normale und abnormale Entwickelung des Menschen“ (2), wo besonders Abb. 516, S. 635, die Apfelsinen- spaltenform der Verkalkungszone an der Mittelphalanx des Zeige- fingers sehr gut wiedergibt. In keinem der beiden Werke ist aber ım 126 Texte auf die eigentümliche Gestalt der Verkalkungsherde hin- gewiesen. In dem Maße, als auch an der Volarseite die perichondrale Knochen- manschette breiter wird, nimmt das Gebiet des verkalkten Knorpels an Höhe zu und bekommt so die Gestalt eines Zylinders mit abge- schrägten Grundflächen. Das weitere Wachstum der perichondralen Knochenschichte schreitet nun in distaler Richtung an der Dorsal- und Volarseite rascher vorwärts als seitlich. Dementsprechend ver- kalkt der Knorpel auch nur dort in größerer Ausdehnung, während er an den Seiten, soweit sie nicht von Knochen umschlossen sind, noch unverkalkt bleibt und weiterwächst. Es kommt so am distalen Ende der ersten und zweiten Phalange zur Ausbildung von seitlichen Knorpelleisten. Dieses Verhalten zeigt sehr gut ein Querschnitt, den SCHAFFER (16) auf der 28. Versammlung der Anatomen in Inns- bruck gezeigt und in Abb. 4 des Referates hierüber abgebildet hat. Auch die Vermutungen, die SCHAFFER damals daran knüpfte, haben sich im wesentlichen als richtig erwiesen. Diese Knorpelleisten stellen tatsächlich die Anlage der an den beiden Phalangen mehr oder minder gut ausgebildeten seitlichen Knochenleisten dar. Zugleich trägt das längere Bestehen des seitlichen Wachstums dazu bei, daß die ur- sprünglich walzenförmige Phalanx eine abgeplattete Gestalt an- nimmt. Die feinere Modellierarbeit leisten ebenso wie bei der End- phalanx die Ostoklasten, welche auch hier in der späteren Embryonal- zeit an der Außenseite auftreten und den endochondralen Knochen stellenweise in größerer Ausdehnung bloßlegen. Die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung lassen sich in folgende Punkte zusammenfassen: A. Die Entwickelung der Endphalanx. 1. Der distale Teil der knorpeligen Endphalanx ist immer scharf in Form einer Kalotte gegen die Umgebung abgegrenzt. Er zeigt weder eine kegelförmige Auflagerung, die sich im embryonalen Ge- webe verliert und frühzeitig durch Atrophie zugrunde geht, noch kommt es zur Abschnürung eines Knorpelellipsoids, das isoliert verknöchert. 2. Die Verkalkung der Endphalange beginnt an der Spitze, unmittelbar unter dem aufgelagerten perichondralen Knochen, und schreitet parallel mit dessen Ausbreitung proximal vorwärts. 3. Die Eröffnung des Knorpels erfolgt an der Volarseite, vom 127 distalen und proximalen Ende des verkalkten Gebietes aus. Zwischen beiden so gebildeten Markhöhlen ist noch im sechsten Lunarmonat eine Scheidewand von verkalktem Knorpel vorhanden. 4. Das längere Bestehenbleiben des erwähnten Knorpelstückes steht vielleicht ebenso wie das Auftreten der Ostoklasten an der Außenseite im Dienste von modellierenden Vorgängen an der End- phalanx. B. Die Entwickelung der Mittel- und Grundphalanx. 1. Die Knorpelverkalkung beginnt bald nach dem Auftreten des perichondralen Knochens an der dorsalen Seite der Diaphyse. 2. Sie nimmt ihren Ausgang von einer unmittelbar unter dem perichondralen Knochen gelegenen, also oberflächlichen Stelle und schreitet parallel mit dessen Ausbreitung vorwärts. 3. An seinem distalen Ende reicht der perichondrale Knochen an der Dorsal- und Volarseite weiter als lateral, wo noch einige Zeit knorpelige Leisten bestehen bleiben. Dieses Verhalten trägt dazu bei, daß die ursprünglich walzenförmige Phalanx eine abgeplattete Gestalt annimmt. 4. Die knorpeligen Leisten stellen die Anlage der späteren seit- lichen Knochenleisten an der ersten und zweiten Phalange dar. Herrn Professor Dr. J. ScHAFFER und Herrn Assistenten Dr. V. PATzELT möchte ich an dieser Stelle für ihre wertvolle Mithilfe meinen besonderen Dank aussprechen. Zusammenstellung der untersuchten menschlichen Embryonen nach ihrer Scheitel-Steißlänge (Sch.-St.) mit Angabe der wichtigsten Daten, soweit diese festgestellt werden konnten. 21 mm Sch.-St. Sublimat. Serie, U) 5; Pa Pikrinsublimat. Serie. Zeigefinger. 28s, 43 ZENKERS Fl. Serie. 4. u. 5. Finger. = ae os MüLLeErRs Fl. Serie. = ” ZENKERS Fl. Fract. Serie. er r MÜLLERs Fl. Serie. Zeigefinger (Abb. 1). 60- 3, oy Fix. unbek. Serie. Gane; 5 ZENKERs Fl. Medianschnitte. BA. $5 MÜLLErs Fl. Serie. 4 Finger (Abb. 5). 84 Desgl. Frakt. Serie. „ ” 21/,—3 Monate. Desgl. Serie. Ringfinger (Abb, 4). 102 mm Sch.-St. Chromessigsäure. Fract. Serie. 11 Wochen. Formalin. Serie (Abb. 2). 13. 123 3 Monate. Pikrinsublimat. Frakt. Serie. 108 mm Sch.-St. Mürters Fl. Frakt. Serie. 4 Monate. ZENKERs Fl. Frakt. Serie. 4 Monate. Formol. Medianschnitte. Beginn des 5. Monats. Kaliumbichromat-Formol-Sublimat-Essigsäure, durchspült, Serie längs und quer. 130 mm Sch.-St. Kalialaun-Salpetersäure. Medianschnitt. 131. „; „ MüLLers Fl. Frakt. Serie. 1397, is Desgl. Frakt. Serie. 150. *,, Ps Formol-Alkohol. Frakt. Serie. 159"*;; en Mürters Fl. Frakt. Serie. a0 7, 7 MürLerR-Formol. Fract. Serie. Ida, = Mürters Fl. Frakt. Serie. 191 ,; 4 Desgl. Frakt. Serie. 6. Lunarmonat. ZENKERsS Fl. Medianschnitte (Abb. 3). 254 mm Sch.-St. Formalin. Medianschnitt. Ende des 7. Lunarmonats. MÜLLERs Fl. Serie. Zeigefinger und Median- schnitte eines weiteren Fingers. Neugeborenes Kind. Alkohol. Frakt. Serie. Neugeborenes Kind. Alkohol. Frakt. Serie. Literaturverzeichnis. . V. BARDELEBEN, Handbuch der Anatomie des Menschen Bd. 1, Jena 1896— 1909. Broman, Normale und abnormale Entwicklung des Menschen. Wiesbaden 1911. Brucu, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte des Knochensystems. Denk- schriften d. Schweizer naturf. Gesellsch. Bd. 11. GÖöPPERT, Zur Phylogenese der Wirbeltierkralle. Morphol. Jahrb. Bd. 25, 1896. GÖöTTE, Entwicklung und Regeneration des Gliedmaßenskeletes der Molche. Leipzig 1879. 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Mit 7 Abbildungen. Im zweiten Heft des 20. Bandes der Zeitschrift für Morphologie und Anthropologie behandelt BoLk die Beziehungen des Reptilien- gebisses zum Zahnsystem der Beuteltiere und der Plazentalier. Da ich weder die Richtigkeit der tatsächlichen Befunde noch die aus ihnen gezogenen Schlußfolgerungen anzuerkennen vermag, so bin ich zu meinem Bedauern gezwungen, auch diesen Ausführungen BoLKs zu widersprechen. Ich werde mich aber so kurz als möglich fassen und nur die- jenigen Fragen behandeln, die durch Boux eine von der bisherigen Auffassung abweichende Deutung erfahren haben. Im übrigen ver- weise ich auf meine vor kurzem erschienene Kritik der Dimertheorie Bouks. BoLK hat die Entdeckung gemacht, daß bei der ersten Ent- wickelung des Reptiliengebisses die einzelnen Zahnanlagen nicht Anat. Anz. Bd. 51. Aufsätze. 9 130 gleichzeitig gebildet werden, sondern daß auf eine weiterentwickelte Anlage immer eine solche folgt, deren Ausbildung noch nicht so weit vorgeschritten ist. Bor glaubt hiermit nachgewiesen zu haben, daß das Reptilien- gebiß ursprünglich zweireihig gewesen ist, daß es embryonal noch zweireihig angelegt wird und daß sich erst im Laufe der Entwicke- lung die innere, weniger weit entwickelte Reihe zwischen die Glieder der äußeren Reihe einschiebt, um schließlich nur eine Zahnreihe zu repräsentieren. Ganz ebenso ist aber nach BoLK auch das Säugetiergebiß auf- gebaut. Auch hier sind zwei Reihen vorhanden: eine äußere — das Milehgebiß, und eine innere — das bleibende Gebiß. Der Unter- schied ist nur der, daß die innere Reihe sich nicht sofort zwischen die äußere einordnet und mit ihr gemeinsam funktioniert, sondern erst nach einer längeren Zwischenzeit, nachdem die äußere Reihe aus- gefallen ist, an ihre Stelle tritt. Damit ist dann ein weiterer Unterschied zwischen Reptilien- und Säugetiergebiß gegeben. Bei letzterem wird die äußere Reihe durch die innere ersetzt, es folgen also Zähne aufeinander, die in keinem Verwandtschaftsverhältnis zueinander stehen; bei Reptilien erfolgt der Ersatz der einzelnen Zähne durch Neubildung aus dem freien Ende der Zahnleiste, oder mit anderen Worten: nur bei Reptilien ist ein Zahnwechsel in dem bisher allgemein angenommenen Sinne vor- landen, bei den Säugetieren wird der Milchzahn durch einen Zahn ersetzt, der ursprünglich sein Nachbar war. Diese Darstellung hat, wie BoLK besonders bemerkt, nichts Spekulatives an sich, sondern stützt sich auf von jedem Beobachter leicht kontrollierbare Erscheinungen. ,,Es ist Obenstehendes nur insofern eine Theorie, als es eine Beziehung zwischen tatsächlich Wahrnehmbarem wiedergibt.‘ Die Tatsache, die dieser Theorie zugrunde liegt, ist aber allein die Beobachtung, daß die Zahnentwickelung bei den Reptilien alter- nierend vor sich geht, eine Erscheinung, die in viel einfacherer Weise ihre Erklärung findet. Ich sehe hierin lediglich eine Einrichtung, die es ermöglicht, daß auch der Zahnwechsel alternierend von statten geht. Da jedem Zahn nur eine beschränkte Lebensdauer zugemessen ist, würden bei vollständig gleichzeitiger Entwickelung sämtlicher Anlagen auch sämtliche Zähne auf einmal verloren gehen und das Tier in seiner Nahrungsaufnahme ganz wesentlich behindert sein. 131 So wurde ein Modus notwendig, durch welchen ein Teil des Gebisses stets funktionsfähig blieb. Derselbe ist ebenso auch bei Säugetieren vorhanden. Auch bei diesen findet die Entwickelung der einzelnen Anlagen der beiden Zahnreihen nicht gleichzeitig statt, sondern alternierend resp. sukzessive. Beim Menschen, auf den sich ja haupt- sächlich unsere Erfahrungen in dieser Beziehung stützen, liegt aller- dings kein reines Bild vor, da derselbe nicht mehr die volle An- zahl von Zähnen besitzt; immerhin ist bekannt, daß die Milchzihne zu verschiedenen Zeiten sich entwickeln, durchbrechen, und ebenfalls zu verschiedenen Zeiten ausfallen und durch die bleibende Reihe ersetzt werden. Die in verschiedenem Tempo sich entwickelnde Milch- zahnreihe entspricht also durchaus einer alternierend sich entwickeln- den Reihe der Reptilien. Es liegt daher auch gar kein Grund vor, die beiden Säugetierdentitionen anders zu beurteilen, als es bisher ge- schehen ist. Es handelt sich bei dem Zahnwechsel der Reptilien und Säugetiere prinzipiell um denselben Vorgang, nur folgen bei ersteren mehrere einzelne Generationen aufeinander, während dieselben bei letzteren in zwei Reihen zusammengedrängt sind. Damit berühren wir die Konkreszenzfrage, auf die ich ebenfalls nur mit ein paar Worten eingehen möchte. Da die Reptilien einen mehrfachen, die Säugetiere aber nach BoLK überhaupt keinen echten Zahnwechsel haben, so erhebt sich natürlich die Frage, wo die Zahngenerationen der ersteren geblieben sind. Sie könnten unterdrückt sein, es könnte aber auch ein Säuge- tierzahn den verschiedenen Zahngenerationen der Reptilien ent- sprechen. BoLk nimmt bekanntlich das letztere an: der Säugetierzahn ist aus einer Konzentration einer ganzen Zahnfamilie entstanden. Es ıst mit anderen Worten das, was die ältere Konkreszenz- theorie auch annimmt, nur mit dim Unterschiede, daß ihr zufolge nicht ein Zahn, sondern der Milch- und sein zugehöriger Ersatzzahn sämtliche Zahngenerationen der niederen Wirbeltiere repräsentieren, ferner, daß ursprünglich wohl eine Verschmelzung getrennter Zahn- anlagen stattgefunden hat und erst allmählich im Laufe der Stammes- geschichte ein von vornherein einheitlich angelegter Zahnkeim zur Entstehung gelangt. Sonst wäre das Auftreten der prälaktealen Dentition unverständlich. Die Auffassung Bouxs ist schon des- wegen ganz unhaltbar, weil er erneut behauptet, daß Konkreszenz in seinem Sinne auf dem Ausbleiben einer räumlichen Sonderung der Produkte der Zahnleiste beruht, während er andererseits die Ent- 9% 132 wickelung der einzelnen Höcker der Säugetierzähne als das Wieder- auftauchen der ursprünglichen Spitzen zweier verschmolzener Rep- tilienzähne erklärt. Wenn aber Konkreszenz nur darauf beruht, daß aus dem Material der Zahnleiste, aus dem sonst zwei Schmelzkeime entstehen, von vornherein nur einer angelegt wird, so ist es ganz unverständlich, daß trotzdem das fertige Produkt die morphologischen Einzelheiten von zwei Zähnen wiedergeben soll. Und noch auf einen anderen Punkt möchte ich hinweisen. BoLk meint, die Tatsache, daß die Anlage der beiden Dentitionen der Säugetiere in einem verhältnismäßig geringen zeitlichen Abstand er- folgt, während dann eine Verzögerung der Entwickelung der zweiten Dentition eintritt, so daß sie viel später fertiggestellt wird, wäre ein Beweis dafür, daß die Dentitionen der Reptilien und Säuger nicht Abb. 1. Anguis fragilis. Zahnanlagen des Unterkiefers. identische Bildungen sind. Er weist darauf hin, daß, was die Häufig- keit des Zahnwechsels bei Reptilien anbetrifft, hier beträchtliche Unterschiede vorhanden sind, daß es Reptilien mit trägem Zahnwech- sel gibt und solche, bei denen ein häufigerer Wechsel stattfindet. „Wenn man annimmt, daß nach der landläufigen Auffassung der Diphyodontismus als ein stark reduzierter Polyphyodontismus aufzufassen ist, dann würden die Säuger als Formen mit sehr träger Dentition zu deuten sein, da das permanente Gebiß erst einige Jahre nach der Geburt in Funktion tritt. Untersucht man aber ein Reptil mit trägem Zahnwechsel, dann stellt sich heraus, daß zwischen den Anlagen zweier Generationen ein ebenso langer Zeitraum liegt wie zwischen dem Durchbruch der Zähne. Bei träger Dentition wird also der Zeitraum zwischen den Anlagen der aufeinander folgenden Genera- tionen verlängert. Und wären daher die beiden Gebisse der Säuge- 133 tiere in der Tat mit zwei Generationen der Reptilien homolog, dann müßte es wundernehmen, daß sie fast unmittelbar nacheinander angelegt werden.“ Diese Auffassung ist entschieden irrtümlich. Der träge Zahn- wechsel der Reptilien ist ohne Frage bereits eine Spezialisierung. Die beiden Dentitionen der Säugetiere können aber nur aus einem primitiveren Zustande geleitet werden, daher kommen auch nur Formen mit regem Zahnwechsel in Frage. Ich habe es daher auch stets für sehr gewagt gehalten, so hoch- spezialisierte Formen wie die Cynodontier unter den fossilen Rep- Abb. 2. Anguis fragilis. Zahnanlagen des Oberkiefers. tilien, weil sie ein säugetierähnliches Gebiß besitzen, als Ausgangs- form für das Zahnsystem der Plazentalier in Anspruch zu nehmen. Die reptilienartigen Vorfahren der Säugetiere werden sicher amphi- bienähnlieher gewesen sein als diese doch bereits hochspezialisierten Reptilien. Nur aus einem so häufigen Zahnwechsel, wie die Amphi- bien ihn besitzen, ist die Entstehung der beiden Säugetierdentitionen durch Konkreszenz überhaupt vorstellbar. Sie entsprechen eben sämtlichen Generationen, die bei ihren Vorfahren getrennt funk- tioniert haben. Ihre Anlage erfolgte in ganz normaler Weise hinter- einander, nur die weitere Entwickelung wurde infolge des verlängerten Eilebens verzögert, so daß es zu einer Verschmelzung der neben- einander liegenden Anlagen der verschiedenen Dentitionen kommen 134 konnte. An einer Stelle wurde dann der Zusammenhang der regel- mäßig aufeinander folgenden Generationen unterbrochen. Die eine Hälfte bildet die erste, die andere die zweite Dentition. Die Säuger sind nicht aus Formen mit trägem, sondern mit regem Zahnwech- sel hervorgegangen. Bok glaubt nun, in dem Verhalten der Anlagen zur Zahnleiste ein Merkmal gefunden zu haben, um in jedem Falle entscheiden zu können, ob der betreffende Zahnkeim der äußeren oder inneren Reihe angehört. Er bildet die Schnitte zweier aufeinander folgender Zahnanlagen von Crocodilus porosus ab, von denen die eine ein freies Zahnleisten- ende besitzt, die andere nicht; die Gründe hierfür erblickt er in der Abb. 3. Alligator latirostris. Zahnanlagen des Oberkiefers. prinzipiell verschiedenen Entstehung der Anlagen aus der Zahnleiste. In dem einen Fall entwickelt sich der Zahnkeim auf der bukkalen Fläche der Zahnleiste, dann ist ein freies Zahnleistenende vorhanden; in dem anderen Falle bildet er das Ende der Zahnleiste selbst, dann muß ein freies Ende natürlich fehlen. Der unvoreingenommene Beob- achter wird nun allerdings sagen, daß die eine Anlage nur weiter- entwickelt ist und aus diesem Grunde bereits ein freies Zahnleisten- ende besitzt, während die andere noch nicht so weit vorgeschritten ist. Auch Box erhebt diese Frage. Er beantwortet sie aber einfach damit, daß die Zahnkeime ungefähr gleich alt sein müssen, da von beiden sich die Anlage durch 24 Schnitte von 15 u erstreckt, über- sieht dabei aber vollständig, daß die Zähne der Krokodile ungleich croB sind, indem neben einem größeren immer ein kleinerer steht, 135 so dab aus der gleichen Größe der Anlagen keineswegs auf ein gleiches Alter geschlossen werden darf. Ich bin daher auch der Ansicht, daß hier prinzipielle Verschieden- heiten gar nicht vorliegen. Die Entwickelung der Zahnanlagen findet stets auf der bukkalen Seite der Zahnleiste statt, sog. terminale An- lagen ım Sinne Borks kommen überhaupt nicht vor. Ich muß bemerken, daß die von BotrK gegebenen Abbildungen, die Schnitt für Schnitt zwei hintereinander liegende Anlagen wieder- geben, die Sachlage keineswegs ausreichend veranschaulichen. Um ein richtiges Bild zu erhalten, ist es notwendig, eine ganze Anzahl hintereinander liegender Anlagen abzubilden, wobei es durchaus nicht nötig ist, jeden einzelnen Schnitt wiederzugeben. Erst dann vermag man die Unterschiede zwischen den einzelnen Anlagen zu übersehen und zu beurteilen. Ich bitte daher, die Abb. 1—4 zu betrachten, auf welchen ich eine Anzahl hintereinander gelegener Zahnkeime von Anguis fragilis, a b c d e f g Abb. 4. Lepidosteruum microcephalum. Zahnanlagen des Oberkiefers. Lepidosternum mikrocephalum, Alligator latirostris abgebildet habe. Ich sehe hier nichts von sog. parietalen und terminalen Anlagen, sondern ich sehe nur Anlagen, die sämtlich in derselben Weise aus der Zahnleiste entstehen und nur alternierend verschieden weit ent- wickelt sind. Auch in den Fällen, in denen die Anlage direkt am freien Ende der Zahnleiste entstanden zu sein scheint, wie Abb. 3 e,, zeigt der vorhergehende Schnitt e,, daß auch sie nicht vom Ende, sondern von der lateralen Fläche der Zahnleiste ausgeht. Die sog. parietalen Anlagen Borks sind die älteren, die terminalen die jünge- ren. Dabei hat BosK durchaus recht, daß es sich bei dieser alter- nierenden Entwickelung nicht um Raumersparnis handelt; dieses Moment kommt hierbei gar nicht in Frage; es wird hierdurch lediglich der alternierend vor sich gehende Zahnwechsel bedingt, den BoLK ja sehr schön in seinem Münchener Vortrag bei dem Gebiß von Tupi- nambis nigropunctatus dargestellt hat (Abb. 5). Die Distichie des 136 Reptiliengebisses, wenn diese Einrichtung überhaupt so genannt werden darf, ist lediglich eine Anpassungserscheinung und dazu be- stimmt, zu verhindern, daß während des Zahnwechsels sämtliche Zähne auf einmal verloren gehen. Das zeitliche Alternieren der ein- zelnen Zahnanlagen bei Reptilien entspricht nicht der ersten und zweiten Dentition der Säugetiere, sondern nur einer Reihe, indem auch innerhalb dieser die einzelnen Elemente zu verschiedenen Zeiten fertiggestellt und abgeworfen werden. Ein regelmäßiges Alternieren findet allerdings nicht mehr statt, da die Anzahl der Zähne verringert ist. Damit komme ich auch zu einer anderen Auffasung von der Be- deutung des freien Zahnleistenendes als Box. Der Satz von BoLk: Findet sich lingual von einer Zahnanlage ein freies Zahnleistenende, dann gehört dieser Zahn zur äußeren Reihe (Milchgebiß), fehlt ein solches, dann muß der Zahn der << inneren Reihe (permanentes Ge- Cie bib) zugehörig betrachtet werden, ~ EN © ist nach keiner Riehtung hin cs [\ zutreffend. Ss ee i Weder gibt es im Gebisse der Reptilien und der Säugetiere Abb. 5. Gebiß von Tupinambis nigro- „wei Reihen, die bei ersteren punctatus (nach Boık). ; : ä alternierend zu einer Reihe zu- sammentreten, bei letzteren das Milch- und Ersatzgebiß bilden, noch ist das Vorhandensein oder Fehlen eines freien Zahnleistenendes aus- reichend für eine Entscheidung der Frage, ob der betreffende Zahn der Milchzahnreihe oder der bleibenden Dentition angehört. Ebenso wie es Milchzähne gibt, die kein freies Zahnleistenende besitzen, weil die permanente Dentition rückgebildet ist, ebenso gibt es bleibende Zähne, die ein solches aufweisen. Das Vorhandensein eines freien Zahnleistenendes beweist nur, daß an dieser Stelle die Produktions- fähigkeit der Zahnleiste noch anhält. In einfachster Weise erklärt sich diese Tatsache aus ihrer Stammesgeschichte, da sie bei niederen Wirbeltieren die Aufgabe hat, fortdauernd neue Zahnanlagen zu produzieren. Für denjenigen, der diese Deutung des Reptilien- und Säugetier- gebisses anerkennt, erledigen sich von vornherein die Schlußfolge- rungen, die BoLK aus seiner Hypothese in bezug auf das Beuteltier- gebiß gezogen hat. 137 Ich werde jedoch zeigen, wie verfehlt dieselben auch aus anderen Gründen sind. BorK hat seinen Untersuchungen zwei Stadien von Perameles zugrunde gelegt. Leider stand mir diese Art nicht zur Verfügung. Dagegen habe ich neun Stadien von Didelphis und je eines von Halma- turus und Trichosurus untersucht. Bork hält zwar Didelphis für nicht so geeignet als Perameles, weil die Raumverhältnisse nicht so Ja' Jd? (a ; Pd? Pd3 Abb. 6. Die Zahnanlagen des Oberkiefers von Didelphis. Die Schneidezähne entstammen einem älteren, der Eckzahn und die Prämolaren einem anderen etwas jüngeren Stadium. günstig sein sollen. Ich kann dieses jedoch nicht finden, vor allen Dingen bei jüngeren Stadien spielen dieselben gar keine Rolle; dagegen hat aber Didelphis auch im Unterkiefer noch vier Zähne, während Perameles nur drei besitzt, so daß die Beutelratte in dieser Beziehung sogar ein klareres Bild gibt. Das Beutlergebiß hat schon mehrfach eine ausführliche Behand- lung erfahren. Es unterscheidet sich bekanntlich von dem Zahn- system der Plazentalier dadurch, daß es mit Ausnahme eines Zahnes. 138 des letzten oberen Prämolaren, nur einmal erscheint und daß es eine größere Anzahl von Zähnen besitzt. Letzteres ist als primitives Merk- mal gedeutet worden. Das funktionierende Gebiß der Marsupialier wird von der Mehrzahl der Forscher als Milchgebiß betrachtet, während das bleibende Gebiß bis auf den letzten Prämolaren fehlt. Diese Auf- fassung stützt sich darauf, daß lingual der Zahnanlagen freie Zahn- leistenenden zum Teil mit kolbig verdiektem Ende vorhanden sind. aS TROPIBILEN TEE, Ud OTL Sle Abb. 7. Der Eckzahn im Oberkiefer von Didelphis bei drei verschiedenen Altersstadien. Cc Da aber, wie schon vorher bemerkt, auch bei bleibenden Zähnen solche freie Zahnleistenenden beobachtet worden sind und anderer- seits bei Beutlern auch verkalkte Reste einer früheren (prälaktealen) Dentition festgestellt sind, so ist das funktionierende Gebiß auch der Jedenfalls ist die Stellung des bleibenden Reihe zugezählt worden. Beutlergebisses zurzeit in der Tat noch zweifelhaft, wenn es auch daß es der ersten Reihe an- weitaus am wahrscheinlichsten ist, gehört, mithin ein Milchgebiß ist. Bork glaubt nun, mit Hilfe seiner Theorie eine andere Deutung geben zu können. Hiernach entsprechen die fünf Schneidezähne der 139 Beutler den Schneidezähnen beider Dentitionen der Säugetiere, d.h. also: die Beuteltiere verhalten sich ganz ebenso wie die Reptilien, indem die Zähne zwar in zwei Reihen angelegt werden, aber beim Durchbruch nur eine Reihe bilden, während bei den Säugetieren die innere Reihe sich nicht zwischen die Elemente der äußeren Reihe einschiebt, sondern dieselben erst ersetzt, wenn sie ausgefallen sind. Da die Säugetiere normalerweise drei Schneidezähne besitzen, so müßten die Marsupialier daher sechs Inzisiven aufweisen, ein Zahn muß daher verloren gegangen sein. Bork schließt dieses allein aus dem Verhalten der Zahnanlagen zur Zahnleiste. Ich werde mir erlauben, in folgendem eine Nach- prüfung seiner Befunde im Oberkiefer durchzuführen; sie wird aus- reichen, um die Unhaltbarkeit der Boux’schen Theorie ohne weiteres darzutun. Bork bildet sämtliche Schnitte durch die Anlagen der fünf Schneidezähne ab, von denen in diesem Stadium allerdings nur Id! und Id ein freies Zahnleistenende besitzen, während dasselbe bei Id?, Id® und Id? fehlt. Diese Beobachtung genügt BoLk, um den ersten und dritten Schneidezahn einer äußeren Reihe, die drei anderen Incisivi der inneren Reihe zuzuweisen, somit die beiden ersteren als Milchzähne, die letzteren als bleibende Zähne zu deuten. Hierzu ist folgendes zu bemerken: Um festzustellen, ob bei Id?, Id® und Id? in der Tat ein freies Zahnleistenende nicht vorhanden ist, genügen die beiden von BoLK benutzten Stadien nicht. Wenn Bork ältere Beuteljunge untersucht hätte, würde er auch bei diesen Zähnen ein freies Zahnleistenende gefunden haben, wie dieses schon vor langer Zeit von früheren Untersuchern einwandfrei festgestellt worden ist. BoLK erwähnt zwar auch die diesbezügliche Arbeit meines in diesem Kriege gefallenen Freundes DEPENDORF, der In seinen äußerst sorgfältigen und gewissenhaften Untersuchungen über das Beutler- gebiß bei Id? und Id* von Perameles ein freies Zahnleistenende fest- gestellt hat, aber er zieht diese Befunde einfach in Zweifel, trotzdem DEPENDORF außer zahlreichen anderen Beuteltierarten von Perameles allein zwölf, er selbst aber nur zwei Entwickelungsstadien unter- sucht hat, die zudem viel zu jung waren, um diese Frage mit Sicher- heit zu entscheiden. Dagegen beruft er sich auf eine ältere Arbeit von RösE, in welcher dieser verdienstvolle Autor zwar die Milch- zahnnatur der Beuteltierzähne festgestellt, im einzelnen aber einige recht irrtümliche Angaben gemacht hat. Röse hat dann aber diese 140 Angaben, auf die Box sich heute bezieht, in einer besonderen Er- klärung zurückgenommen und sich der Deutung von KÜKENTHAL und LEcHE angeschlossen. KÜKENTHAL hatte aber bei Didelphis nachgewiesen und durch Abbildungen belegt, daß sämtliche Schneide- zähne des Oberkiefers ein freies Zahnleistenende besitzen, daher auch nicht daran zu zweifeln ist, daß sie sämtlich zu derselben Generation gehören und nach dem heutigen Stande unseres Wissens als Milch- zähne aufgefaßt werden müssen. Meine Untersuchungen haben nun, wie nicht anders zu erwarten war, ganz dasselbe Resultat ergeben. Bei sämtlichen Schneide- zähnen des Oberkiefers ist ein freies Zahnleistenende vorhanden. Da diese Befunde sowohl mit denen von KÜKENTHAL überein- stimmen, als auch mit den von DEPENDORF bei Perameles gemachten, mit Ausnahme des Id5, bei welchem es DEPENDORF im Zweifel läßt, ob er ein freies Zahnleistenende gesehen hat, so ist es wohl als fest- stehend zu betrachten, daß die Angaben Bots irrtümlich sind und daß es sich hier lediglich um ein Stadium handelt, bei welchem die Zahnleiste noch nicht über die Anlage hinaus weitergewachsen ist. BoLk behauptet aber, daß ein freies Zahnleistenende auch bei sog. terminalen Anlagen vorkommen kann, welches nicht die Voraus- setzung für eine weitere Dentition abgibt, sondern nur dadurch entsteht, daß, wenn das Schmelzorgan im Laufe der weiteren Ent- wickelung anschwillt, es sich mit seinem vorderen und hinteren Ab- schnitt über dıe bukkale Fläche der Zahnleiste vorwölbt, wodurch ein Teil der Leiste sowohl im vorderen als im hinteren Teil der Anlage lingual von dem Schmelzorgan zu liegen kommt. Er führt dann weiter aus, daß die Zähne der Beutler sich viel primitiver verhalten als jene der Plazentalier, indem sie sich von der Zahnleiste abschnüren, was bei letzteren nicht vorkommt. Das sog. freie Zahnleistenende, das infolge davon entsteht, ist daher nicht ein Produkt der weiter in das Kiefermesenchym einwuchernden Leiste, sondern entsteht passiv durch Abschnürung der Produkte der Leiste. Auch diese Behauptung ist durchaus irrtümlich. Reptilien, Marsupialier, Säugetiere verhalten sich durchaus gleich- artig. Eine Abschnürung der Zahnanlage von der Zahnleiste kommt nur zustande, wenn die Produktionsfähigkeit derselben noch nicht erschöpft ist. Ist aber die Tätigkeit der Zahnleiste beendet, dann findet auch keine Absehnürung statt; zum Teil wird sie resorbiert, zum Teil 141 geht sie vollständig in den sich entwickelnden Zahnkeim auf. Überall da also, wo ein freies Zahnleistenende auftritt, ist auch die Voraus- setzung für eine weitere Dentition gegeben oder gegeben gewesen, sei es, daß es sich um die Entwiekelung der normalen Ersatzdentition handelt, sei es, daß regressive oder progressive Erscheinungen in Frage kommen. Dieses zu entscheiden, ist nicht immer leicht, und wie wir schon vorher gesehen haben, kann auch das Marsupialiergebiß in dieser Beziehung verschieden gedeutet werden. Daß es sich aber nicht um eine passive Abschnürung handelt, wie BoLKk behauptet, geht ohne weiteres daraus hervor, daß die freien Zahnleistenenden eine fort- schreitende Differenzierung erfahren, wenn sie auch über das kolben- förmige und kappenförmige Stadium nicht hinauskommen. Boux bildet dann den oberen Eekzahn ab, der ein deutliches freies Zahnleistenende besitzt und sich in keiner Weise von der An- lage eines Milchzahns mit der zugehörigen Ersatzleiste unterscheidet. Er erhebt daher auch selbst die Frage, ob das freie Ende die Folge ist von der primären topographischen Beziehung des Zahnes zur Leiste oder die Folge des schon ziemlich weit vorgerückten Ab- spaltungsprozesses, und führt sehr richtig aus, daß nur eine Ver- gleichung mit jüngeren Stadien die Sache zur Klarheit bringen kann. Da nun seiner Ansicht nach bei seinem einzigen jüngeren Stadium ein freies Zahnleistenende nicht vorhanden ist, dagegen von der bukkalen Fläche der Zahnleiste ein winziger Fortsatz ausgeht, den er als die Anlage eines rudimentären Zähnchens deutet, so weist er diesen Fortsatz als das zum Eekzahn gehörige Element der äußeren Reihe zu, während er diesen selbst zur inneren Reihe rechnet. Aus meinen Schnittserien geht aber unzweifelhaft hervor, daß der Eckzahn ganz ebenso wie alle anderen Zähne aus der Zahnleiste entsteht, daß das freie Ende der Zahnleiste keineswegs aber die Folge eines Abschnürungsprozesses ist, sondern daß es die Anlage des Er- satzzahnes darstellt und sich bis zur Bildung eines kleinen kappen- förmig eingestülpten Schmelzkeimes weiterentwickelt. Die drei Abbildungen in Abb. 7, die drei verschiedenen Stadien entstammen, zeigen dieses sehr deutlich. Bezüglich des ersten und zweiten Prämolaren gibt Botk an, daß über die ganze Länge ihrer Anlagen auch nicht die geringste Spur eines freien Zahnleistenendes zu sehen war. Die noch gänzlich intakte Leiste endete überall in einfachster Weise im äußeren Epithel des Organs. Es müssen dann auch ohne Zweifel die beiden ersten 142 Prämolaren als terminale oder endostichale Bildungen betrachtet werden. Meine Abbildungen in Abb. 6 zeigen wiederum das Gegenteil. Auch im Unterkiefer ist bei sämtlichen Zähnen der entsprechenden Entwickelungsstadien ein freies Zahnleistenende vorhanden, welches auch eine weitere Differenzierung erfährt. So ist dasselbe bei Id,, der nach Boux ebenfalls der inneren Reihe angehören, also ein Ersatz- zahn sein soll, bis zur kappenförmigen Einstülpung entwickelt. Ich habe nicht die Absicht, die Kritik der Boux’schen Unter- suchungen auch bezüglich anderer von ihm behandelter Probleme weiter durchzuführen. Es kam mir nur darauf an, nachzuweisen, daß die von BoLk versuchte neue Deutung des Marsupialiergebisses ver- fehlt ist. Das Zahnsystem der Beuteltiere besteht nicht aus zwei Reihen, ist nicht aus Milch- und Ersatzzähnen zusammengesetzt; sämtliche Zähne gehören vielmehr einer Dentition an, und zwar mit größter Wahrscheinlichkeit dem Milchgebiß, während die zweite Dentition nicht zur Ausbildung gelangt resp. rückgebildet ist. (Eingegangen am 25. Februar 1918.) Bücherbesprechungen. Die Körperformen des Menschen in ihrer gegenseitigen Abhängigkeit und ihrem Bedingtsein durch den aufrechten Gang. Von Georg Ruge. Verlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig, 1918. VIII, 75 S. Preis M. 4,80. Die engen Wechselbeziehungen der Organe des menschlichen Körpers zueinander umfassen, wie die weitere Vertiefung in den Gegenstand zeigt, sehr große Gebiete und befinden sich gemeinsam unter dem Einflusse ge- staltender Kräfte. „So kann denn auch mit Recht beim Aufbaue des Körpers von Ursachen und Wirkungen gesprochen werden, welche die Vorstellung von einem Werdeprozesse in sich fassen. Wo aber ein solcher erkannt worden ist, bietet sich auch die Möglichkeit dar, ihn in irgendeiner Weise lehrhaft vorzuführen und die Ergebnisse einem weiteren Kreise, welcher der Forschung selbst fernsteht, in verständlicher Weise zu unterbreiten. Vor- liegender Aufsatz verfolgt diesen Zweck. Möge er ihn auch erfüllen.“ So weit der Verf., dessen Wunsche wir uns nur anschließen können. „Der unerschöpfliche Gegenstand ist, unter Außerachtlassung vieler be- reits aufgeklärter Verhältnisse, nur von einer Seite aus beleuchtet, aber doch so weit ausgearbeitet worden, daß die großen Zusammenhänge hervortreten und bis auf die Frage zurückführen, wie die Entstehung der menschlichen Körperformen überhaupt zu denken sei. Dadurch wird zugleich die weiter- führende Frage nach der Stellung des Menschen zu anderen Lebewesen oder der ‚Stellung des Menschen in der Natur‘ berührt.“ Die Gliederung des umfangreichen Stoffes ergab sich von selbst: I. Von den Körperformen in ihrer gegenseitigen Abhängigkeit. — II. Von den bei der Gestaltung des Körpers wirksamen Kräften. — III. Von den Schwankungen gegenseitig bedingter Körperformen. — IV. Von den Ursachen der Aufrichtung des Körpers im Primatenstamme. — V. Von den Ursachen der aufrechten Gangart des Menschen. Der erste Abschnitt beginnt mit bedeutungsvollen Sätzen, die vor 40 Jahren einem Schüler von WırHeLm His als Todsünde angerechnet worden wären: „Der menschliche Körper zeigt Eigenartigkeiten, welche ihn vom Baue anderer Lebewesen nach jeder Richtung hin unterscheiden. Er bekundet ein besonderes Gepräge in allen seinen einzelnen Abschnitten ebenso wie in seiner Gesamtheit.“ G. Rugs ist bekanntlich ein Schüler von GEGENBAUR und HaAEckEL. In solcher Weise haben sich inzwischen die früher gegnerischen Standpunkte oder Richtungen angenähert oder gegenseitig durchdrungen, daß wir jetzt allmählich von einer allgemein anerkannten Auffassung, einer Grundlage der wissenschaftlichen Anatomie sprechen können, denn auch die dritte im Bunde, die Entwickelungsmechanik, steht doch kaum mehr in einem ernsten Gegensatze zu den älteren beiden Richtungen. Das Ziel, welches bei der Begründung dieser Zeitschrift und der Ana- tomischen Gesellschaft vorschwebte: gegenseitiges Verständnis, gegenseitige Befruchtung und Durchdringung, womöglich Verschmelzung der verschiedenen Ansichten, Richtungen, Schulen, scheint jetzt in greifbare Nähe zu kommen, — hoffen wir, daß es bald ganz erreicht werde! Die Ruer’sche Arbeit sei nicht nur „einem weiteren Kreise“, sondern auch den Fachkollegen zum Lesen und Nachdenken empfohlen. Jena, 17. April 1918. Lehrbuch der Entwicklungsgeschichte. Von Robert Bonnet. Dritte, neu- bearbeitete Auflage. Mit 399 Textabbildungen. Berlin, Verlag von Paul Parey. 1918. VIII, 478 S. Preis 22 M. und 20% Teuerungszuschlag. Trotz des Krieges hat die 2. Aufl. dieses vorzüglichen Werkes, erschienen 1912, schnellen Absatz gefunden, — und trotz aller durch den Krieg entstan- denen Schwierigkeiten konnte die dritte, neu bearbeitete und mit 13 neuen Bildern versehene Auflage erscheinen. Sie zeichnet sich außerdem vor ihrer Vorgängerin durch vielfache Verbesserungen und übersichtlichere Umstellungen im Text aus, ferner wird in der Einleitung eine Übersicht über den ver- schiedenen morphologischen Wert der Organe gegeben, ein Abschnitt, der sonst in den Büchern über Entwickelungsgeschichte nicht in der Weise ge- bracht wird, der aber besonders wertvoll erscheint. Bonnet nennt sein Werk „Lehrbuch der Entwicklungsgeschichte“; es soll also vor allem lehrend wirken, für Studierende der Medizin und für Ärzte, — und wird auch eine Fundgrube der Belehrung für alle Kollegen sein, die erust selbsttätig in der Entwickelungsgeschichte wirken. Der Titel beschränkt den Inhalt nicht auf den Menschen, wenn auch in der Vor- 144 rede zur ersten Auflage die Aufgabe auf diesen bezogen wurde und in der anatomischen Literatur es ziemlich allgemein üblich ist, ebenso wie bei Vor- lesungsankündigungen, das Wort „Mensch“ fortzulassen. Bonnet dehnt, da es bekanntlich bis auf weiteres unmöglich ist, die Entwickelungsgeschichte des Menschen lückenlos darzustellen, sein Buch erheblich über diesen aus. Vor allem spielt die vom Verf. früher besonders behandelte Entwickelung der Haussäugetiere, vor allem des Hundes, hier eine hervorragende Rolle. Außerdem werden selbstverständlich noch andere Säugetiere, z. T. auch niedere Wirbeltiere zur Erläuterung herangezogen. Ganz vorzüglich ist wiederum die Ausstattung mit Bildern, die auch auf dem von Bogen 7 an nicht ganz weißen Papier sehr gut herausgekommen sind. Jena, 21. April 1918. B. Personalia. Freiburg, Br. Geh. Rat Prof. Dr. Ropert WIEDERSHEIM beging am 21. April in der Stille seinen 70. Geburtstag. Die engeren Schüler überreichten ihrem Lehrer sein von Prof. Hans Bühler (Karlsruhe) radiertes Bild. Dank. Allen Herren Kollegen, die mich zu der Vollendung des 50. Bandes des Anatomischen Anzeigers mit freundlichen Glückwünschen und Worten der Anerkennung beehrt und erfreut, sowie allen Mit- arbeitern, deren Aufsätze — über 3800 an Zahl — das Erscheinen dieser ersten fünfzig Bände ermöglicht haben, spreche ich meinen wärmsten Dank aus. Hoffen wir, daß die weltgeschichtlichen Ereignisse, die in den letzten Jahren das Erscheinen des Anzeigers erschwert und verzögert, aber dank der Tatkraft des Verlages nicht verhindert haben, bald freundlicheren Zeiten weichen und daß dann auch unsere anatomische Wissenschaft, in deren Dienst diese Zeitschrift seit 32 Jahren steht, zu neuer Blüte gelangen möge! Jena, im Mai 1918. Der Herausgeber: Kart von BARDELEBEN. Abgeschlossen am 8. Mai 1918. ANATOMISCHER ANZEIGER Centralblatt für die gesamte wissenschaftliche Anatomie. Amtliches Organ der Anatomischen Gesellschaft. Herausgegeben von Prof. Dr. Karl von Bardeleben in Jena. Verlag von Gustav Fischer in Jena. Der „Anatomische Anzeiger“ erscheint zweimal im Monat in Einzelnummern oder einmal in Doppelnummern. Der Preis eines Bandes von 24 Nummern beträgt Mk. 20.—. Das Erscheinen = Bände ist DEE, vom Salaugerjahr —— —— = —— 51. Bd. = 215. Juni 1918. 2% No. 7. 7. Insarr. Aufsätze. A. Forster, Zur Morphosenese der To tens tinea des M. semitendinosus. Mit 10 Abbildungen. S. 145—164. — Siegmund v. Schumacher, Bau der äußeren Haut eines Fetus von Hippopotamus am- phibius L. Mit 3 Abbildungen. S. 165—173. Bücherbesprechungen. H. Srrasser, S. 173—174. — Oscar HERrTWIg, S. 174—175. — Berichtigung. S. 175. — Anatomische Gesellschaft. 3. 175 bis 176. — Personalia. S. 176. Aufsätze. Nachdruck verboten. Zur Morphogenese der Inscriptio tendinea des M. semitendinosus. Von Dr. A. FoRrSTER, Privatdozent und Assistent am Anatomischen Institut. Mit 10 Abbildungen. (Aus dem Anatomischen Institut der Universität Straßburg i. E.) In den neunziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts war es, da glaubte der französische Autor DE ÜLosmADEuc!) dem Wesen der mehrbäuchigen Muskeln etwas näher gekommen zu sein. In einem kleinen Aufsatze veröffentlichte er seine Ansicht, die allerdings weniger das morphologische als vielmehr das physiologisch-dynamische Moment dabei in Betracht zog. DE UnLosMmADEuc war der Meinung, daß überall im Körper, wo die Beugung eines Muskels zwecks funk- tioneller Betätigung in dessen Kontinuität stattfinden soll, eine oder 1) DE ÜLOSMADEUC, Des Bacen polygastriques. Bull. de la Soc. d’Anthrop. de Paris. 1893, S. 4, T. 4, Nr. 2, S. 50—58, 3 Abb. Anat. Anz, Bd. 51. Aufsätze. 10 mehrere sehnige Unterbrechungen vorliegen müssen!). Es sollte damit ein neuer Gesichtspunkt in die Muskelontogenie aufgenommen werden, welcher der althergebrachten Auffassung von der phylo- genetischen Bedeutung der Inscriptiones tendineae und der Zwi- schensehnen direkt zuwider lief. M. Duwvar?) und Le DovBLE°?) widersetzten sich alsbald dieser Anschauung, indem sie den alten Standpunkt auch weiterhin bedingungslos anerkannten. Regressive Bildungen verschiedener Skelettabschnitte bzw. die Grenzen von einzelnen Körpermetameren sollten nach wie vor für diese an sich vielfach sehr auffällig erscheinenden fibrösen Unterbrechungen kausal tätig sein. Und zwar wurde von ÜHAINE®) auf Grund weiterer Untersuchungen gezeigt, daß dabei ausschließlich das Gebiet des Halses, der Brust- und Bauchwand in Frage kommt. In diesen Be- zirken allein finden sich Muskeleinheiten vor, welche imstande sind, eine polygastrische Form anzunehmen: Keiner dieser Muskeln hat eine Hebelwirkung auf eine Extremität?). Daß damit die Frage nach der Morphologie und Morphogenese der Inseriptio tendinea des Semitendinosus in keiner Weise gefördert, vielmehr hintangehalten erschien, dürfte ohne weiteres klar sein. 1) 1. c., 8. 52: ,,Partout dans l’economie, ott un muscle, pour la fonetion du mouvement, doit se courber ou se ployer dans sa continuite, c’est-a-dire sur sa portion charnue, il est coupe de plans aponévrotiques qui remplissent le röle d’une véritable articulation musculaire en rapport avec celles des leviers osseux.” Weiterhin auch S. 57. 2) M. Dovat, Sur les intersections aponévrotiques des muscles polygast riques. Bull. de la Soc. d’Anthrop. de Paris. 1893, S. 4, T. 4, S. 58. 3) A. Le Douste, Contribution 4 Vhistoire des anomalies musculaires. Revue d’Anthrop. 8. 3, T. 1, 1886, S. 116. — Derselbe, Notes sur les muscles poly- gastriques. Bull. de la Soc. d’Anthrop. de Paris. 1893, 8. 4, T. 4, Nr. 5, S. 231 —234. 4) J. Cuatne, Localisation des muscles polygastriques. Compt. rend. de la Soe. d. biol. T. 57, 1904, S. 596—597. — Derselbe, Sur une cause de variation d’orientation des muscles polygastriques. Compt. rend. de la Soc. d. biol. T. 58, 1905, S. 787. — Derselbe, L’orientation des muscles polygastriques. Compt. rend. de la Soc. d. biol. T. 58, 1905, Nr. 11, 8S. 517—518. — Derselbe, Caractéres des muscles polygastriques. Compt. rend. de l’acad. des sciences T. 140, 1905, Nr. 9, S. 593-595. — Derselbe, Observations sur les intersections tendineuses des muscles polygastriques. Compt. rend. de l’acad. des sciences T. 140, 1905, Nr. 21, S. 1419 — 1422. 5) J. CHAINE, Arbeit aus dem Jahre 1904, ]. c., S. 597: „Les seuls muscles susceptibles de presenter une forme polygastrique sont ceux du cou et ceux qui dans le trone forment les parois de la cage thoracique et de la cavité abdominale. Aucun de ces muscles n’agit directement sur un levier queleonque d’un membre, 147 Es wurde der eigentümliche Aufbau des Semitendinosus geradezu ignoriert. Jedenfalls war in keiner Weise Humpary’s Theorie über das Zustandekommen der in Frage stehenden sehnigen Bildung weiter befürwortet. Ich meine hierbei nicht HumrHry’s erstangegebene Ansicht, nach welcher die Inscriptio tendinea des Semitendinosus als die sehnige Endigung von Fasern aufzufassen sei, welche, dem Semimembranosus eigentlich angehörend, diesen Muskel proximal- wärts nicht erreichen, dagegen unterwegs gleichsam mit dem Semiten- dinosus sich verbinden: Eine Auffassung, die kaum einen sachlichen Untergrund haben könntet). — Nein, es ist die zwei Jahre später an- gegebene Entstehungsmöglichkeit, auf welche besonders Nachdruck zu legen wäre, und die Humpury bei Gelegenheit seiner Untersuchungen über den Cryptobranchus japonicus erkannte. Die Verbindung des ,,Caudo-cruralis mit dem ,,great flexor and adductor muscle of the leo führt zu einer sehnigen Bildung an der Stelle des Zusammen- treffens der beiden Fasergattungen, welche das Homologon der Inseriptio tendinea des Semitendinosus ist?) und gewissermaBen als ils exercent leur action sur les autres parties du squelette, are mandibulaire, are hyoidien, cötes, vertébres, ete., c’est-a-dire sur les parties du squelette mar- quant nettement une métamérisation antero-posterieure.‘‘ Von dieser allge- meinen Regel kennt CHAINE nur zwei Ausnahmen, den Flex. digit. sublimis an der vorderen Extremität, den Sartorius mit einer unbestäncigen sehnigen Unterbrechung am Oberschenkel. — Ganz die gleiche Darstellung liefert eine weitere Arbeit CHAINE’S aus dem Jahre 1905, Caractéres des muscles polygastriques. Compt. rendus de l’academie des sciences 1905, T. 140, S. 593— 595. 1) „Guided by the intersections in the trapezo-deltoid ... we should infer that it is an indication of a segmentation which has its more compacte fufilment in some other animal; but that has not, so far as I am aware, been found in any instance. If we are to seek for its explanation‘* — gemeint ist die Inscriptio tendinea des Semitendinosus — ,,by reference to the fore limb such may possibly be affor- ded in the manner just mentioned, or by the fact that fibres from the gleno-radial (the homologue of the semimembranosus) pass into and contribute to the forma- tion of the coraco-radial (the homologue of the semitendinosus) in the lower part of the arm. If we suppose that in the hind limb the homologues of these fibres, instead of being continued upwards with the semimembranosus, run along with the semitendinosus and become implanted into it, the line of such union might be inscribed by a tendinous intersection.‘‘ Humpary, The dispositions and homo- logies of the Extensor and Flexor muscles of the Leg and Forearm. Journ. of Anat. and Phys. 1869, Vol. 3, S. 326/327. 2) „About one-third from its origin it is‘ — gemeint ist ‚the great flexor and adductor muscle of the leg, and corresponds with the gracilis, semitendinosus and semimembranosus‘ — ,,joined nearly at right angles by the fibres of the caudo- 10* 145 eine narbige Formation erscheint: genetisch recht verschieden von den oben skizzierten Zwischensehnen am Körperstamm. In seinem grundlegenden Werke über die Muskelvariationen kann LE Dousur!) dieser Ansicht von Humpury nichts hinzufügen. Auch SpERINo?), welcher in seiner Schimpanse-Monographie etwas näher auf die Variabilität der uns interessierenden Intersektion zu sprechen kommt, übernimmt Humpury’s Anschauung voll und ganz. Aber auch spe- ziellere Untersuchungen führten zu demselben Resultate: CUNNING- HAM®) und besonders EısLEer?) konnten bei Marsupialiern dartun, erural which, or the greater number of them, terminate, tendinous, in its hinder and superficial part, causing a tendinous inscription init... and I cannot but sus- pect that the inscription thus formed may afford a more probable explanation than has yet been given of the remarkable inscription in the semitendinosus of man.“ HvumrHary, The muscles and nerves of the eryptobranchus japonicus. Journ. of Anat. and Phys. Vol. 6, 1871/72, S. 19. — ,,Beneath, and connected with, the caudo-pedal is the caudo-crural of Cryptobranch, which fuses with the adducto- flexor mass passing to the leg, and more particularity with that part of it which represents the semitendinosus, thus giving rise to, or causing the persistence of, an inseription which I have supposed to represent the inscription found in that muscle in Man and some Mammals.‘ HuMPHRY, On the disposition of muscles in vertebrate animals. Journ. of Anat. and Phys. Vol. 6, 1872, S. 340/341. 1) A. Le DouBLe, Traité des Variations du systéme musculaire de Phomme. T. 2, 1897, S. 286. — TeEsTUT in seinem Werke, Les anomalies musculaires ..., 1884, geht auf die Frage der Inscriptio tendinea des Semitendinosus überhaupt nicht ein. 2) G. SPERINO, Anatomia del Cimpanze, 1897, S. 192. 3) J. CUNNINGHAM, Report on some points in the Anatomy of the Thylacine (Thylaeinus cynocephalus), Cuscus (Phalangista maculata) and Phascogale (Phascogale calura) collected during the voyage of H. M. S. Challenger in the years 1873—76, 8. 36. The voyage of H. M. S. Challenger. Zoology, Vol. 5. 4) P. EISLER, Die Homologie der Extremitäten. Abhandl. der Naturf. Ges. zu Halle, Bd. 19, 1893—95, S. 207: „Bei den urodelen Amphibien sehen wir einen kräftigen Caudo-femoralis anterior, einen Teil des Caudali-ischio-tibialis (DE Man) von den unteren Bögen des vierten und fünften Schwanzwirbels kommen, dessen Sehne zum Teil in die Fascie auf der Ventralfläche des Ischio- tibialis einstrahlt, zum größten Teil aber sich in eine nur halb durchschneidende Zwischensehne am Anfang des mittleren Drittels des Ischio-tibialis und des Ischio- flexorius (in geringerem Grade) einsenkt. Die Zugrichtung dieses Caudo-femoralis steht ziemlich senkrecht auf der der Flexoren, so daß sich hieraus das Vorhanden- sein der Schaltsehne erklärt. Denn daß diese Schaltsehne nicht durch Aneinander- wachsen zweier verschiedener Muskeln, wie z. B. die des Cephalo-humeralis der klavikellosen Säuger entstanden, sondern von außen in den Muskel hinein- getrieben ist, zeigt sich in dem ununterbrochenen Durchgang fast der Hälfte der Muskelfasern vom Ischium zum Unterschenkel und ganz besonders in der Inner- 149 \ daß die Inseriptio tendinea aus der Einpflanzung des Caudo-femoralis auf ein Derivat des Ischio-tibialis zu erklären sei. Und den Gedanken logisch weiter ausführend, kommt dann EiısLer zu dem allgemeinen Satz: „Die ungeschwänzten Säuger und der Mensch verlieren normal den Caudo-femoralis, ebenso die beiden oberflächlichen akzessorischen Insertionsbündel, aber die Schaltsehne des Semitendinosus wird konserviert.‘ '!) Wenn auch diese Verallgemeinerung meinerseits in keiner Weise beanstandet werden soll, so erscheint bei dem Interesse, welches das Auftreten der so merkwürdigen sehnigen Unterbrechung des Semiten- dinosus bietet, eine nähere Prüfung doch sehr am Platze, um so mehr als der Abstand von den Urodelen, von den Beuteltieren einerseits und den höheren Mammalien andererseits, der Größe nicht entbehrt. Eigene Untersuchung. I. Monotremen. Interessant ist von vornherein, daß bei Ornithorhynchus para- doxus (2 ausgewachsene Exemplare, @ — Textabb. 1 u. 2) keinerlei sehnige Unterbrechung sich vorfindet. Die mächtige Masse des Glut. max. (Eetoglutaeus), welche kurzsehnig von den Dornfortsätzen der Sakralwirbel und den proximalen Vertebrae coccygeales entspringt, überdeckt in gleichmäßiger Lage den ganzen Bereich des weit ge- beugten Oberschenkels von außen her und zieht in einheitlicher Aus- breitung bis zum flossenartig gebauten Endglied der freien Extremi- tät?). Die distalen Bündel, welche von den Proc. transversi der ge- nannten Steißbeinwirbel entstammen, schlagen sich nach Art des Aufbaues des Pectoralis maior beim Menschen um die oberen um vation durch einen Zweig aus dem ventralen Abschnitt des großen Beinnerven. Der Caudo-femoralis erhält dagegen seinen Nerven aus der letzten Wurzel des Plexus direkt. Distal von der partiellen Zwischensehne erhält die Flexorenmasse eine Faserzunahme, indem sowohl ein Zuschuß zum Ischio-flexorius als zum Ischio- tibialis von der Zwischensehne entspringt; daneben aber geht noch ein konjun- gierendes Bündel von der Zwischensehne des Ischio-flexorius zum Ischio-tibialis. Lassen wir diese Zuschußbündel sich nur wenig mehr isolieren, so erhalten wir den überzähligen gespaltenen Muskel der Beutler.“ 1) P. EisteR,-l. 'e., S. 123. 2) Vgl. auch J. Fr. MEcKEL, Ornithorhynchi paradoxi descriptio anat., 1826, S. 28. — E. Couzs, On the myology of the ornithorhynchus. Proc. of the Essex Instit. Vol. 6, 1868, S. 163. ; 150 und erlangen eine besondere mediangelagerte Anheftung an dem Unter- schenkel. In der Tiefe der so gebildeten, proximalwärts offenen Tasche findet sich der Semitendinosus, von dem Tuber ischii nach dem Unterschenkelansatz ohne jegliche Unterbrechung ziehend, dabei nicht getrennt von dem Semimembranosus. Abb. 1. Abb. 2. Abb. 1 u. 2. Ornithorhynchus paradoxus, ausgewachsen, 2. Hintere Ansicht der linken hinteren Extremität. Abb. 1. Die oberflächliche Schicht der Muskulatur ist auspräpariert. ?/, natürl. Größe. Abb. 2. Die tiefen Muskeln sind erkennbar. Der Flexor cruris lateralis ist im Mittelstück abgesetzt, desgleichen der Glutaeus maximus in seiner tiefen Lage, und in seiner oberflächlichen. Die oberflächliche Partie ist weiterhin mit ihrem distalen Abschnitt nach unten umgeklappt. 2/, natürl. Größe. Fl. c. I. M. flexor cruris lateralis; Gl. m. M. glutaeus maximus; St, M. semitendinosus. If. Marsupialier. Ganz anders die Verhältnisse bei Didelphys virginiana (1 aus- gewachsenes Exemplar, © — Textabb. 3). Die eigentliche Muskel- masse des Glut. max. ist bedeutend reduziert, sowohl an absolutem Maße als an räumlicher Ausdehnung. Mit Hilfe einer breiten, zarten Aponeurose von den Proc. spin. sämtlicher Sakral- und der 2—8 proximalen Steißwirbel entspringend, sammelt sich eine verhältnis- mäßig zarte, einheitliche Muskelplatte. Ihre proximalen Aufbau- elemente konvergieren nach dem oberen Endteil des Femur, wo sie an dem kaum erkennbaren Trochanter tertius sich festheften, während die kaudalen Fasereinheiten weiter an dem Oberschenkelknochen herabziehen bis zu seinem unteren Drittel und schließlich ein zartes Biindelchen zum oberen Rand des Flexor cruris lateralis entsenden. Eine breitere Verbindung mit dem Unterschenkel bzw. mit dem Endglied der freien Extremität liegt nicht vor. Immerhin erkennt man, wie ein bandförmiger Muskelzug von 4 mm Breite unter dem kaudalen Rand des Glut. max. herauskommt und annähernd in querem, etwas kaudalwärts gerichtetem Verlauf nach dem Unterschenkel zu sich wendet, wobei er den etwas mehr transversal orientierten, darunter- liegenden M. semitendinosus unter ganz spitzem Winkel trifft. Offen- bar ist dies die von den Autoren als Caudo-femo- ralıs ant., als Femoro- coceygeus, als Agitator caudae benannte Ein- heit. Daß sie homolog ist mit dem Glut. max., erscheint mir vollkom- men erwlesen, wenn auch die Ebene, in wel- cher beide Muskeln ge- lagert sind, nicht eine 3 = . : Abb. 3. Didelphys virginiana, ausgewachsen, 9. und dieselbe ist und der Äußere Ansicht der linken hinteren Extremität. Ursprung des Caudo- Die oberflächliche Lage der Hüftmuskulatur und RODE Ariss : é die langen Beuger des Unterschenkels sind ausprä- femoralis auf die Quer- pariert. Der Flexor cruris lat. ist in seinem mitt- fortsätze der SteiBwirbel leren Teil abgesetzt. */, natürl. Größe. x A Sree % Fl. c.l. M. flexor cruris lateralis; FY. c. 7.’ M. flexor verlegt erscheint : Ich er- cruris lateralis accessorius; FV. c. J. Besonderer Ur- innere dabei an das Ver- sprung des Flexor cruris lateralis von der Inscriptio ; tendinea des Semitendinosus; Gl. m. M. glutaeus halten des Ursprunges maximus; St. M. semitendinosus; Sm. M. semi- des Glut. max. bei Or- membranosus; A. m. M. adductor magnus; (.-f. : : os : M. caudo-femoralis; 7. Inscriptio tendinea des Semi- nithorh. par., welches zendinosus. ; uns ohne weiteres den Schlüssel bietet. Auch geschieht die Innervation aus demselben Stamm. Der Nerv, welcher zu dem oberflächlich gelagerten Hauptteil des Glutaeus maximus geht, zweigt ein Fädchen an den Agitator caudae ab. Wir haben es jedenfalls mit dem Reste der in Reduktion begriffenen kaudalen Partie des Glut. max. zu tun, welche nunmehr nicht mit einem Skelettstück der freien hinteren Ex- tremität sich verbunden hat, sondern der Außenfläche der Flexoren- masse, des Semitendinosus speziell, anhaftet, und zwar etwa in der 152 Mitte seines Verlaufes. Da findet sich eine makroskopisch gut erkenn- bare, nahezu querziehende lineäre bindegewebige Zwischensehne, durch welche die kontraktilen Einheiten des Semitendinosus unter- brochen sind. Interessant ist nun weiterhin, worauf CUNNINGHAM!) und EıstLEer?) bereits aufmerksam machten, daß von dieser Inscriptio tendinea auch Muskelbündel abgehen, welche lateralwärts nach dem Unterschenkel ziehen und sich dem unteren Rande des Flexor eruris lateralis anschließen. Es dürfte dies wohl darauf zurückzuführen sein, daß die Aufpflanzung des Agitator caudae auf die Flexorenmasse am Oberschenkel bereits zu einem Momente geschieht, wo eine voll- kommene Trennung in die einzelnen Elemente noch nicht voll und ganz erfolgt erscheint. An sich ist die Inseriptio tendinea gut ausgeprägt. Sie durchsetzt die ganze Dicke des Muskels in voller Breite, und man kann deutlich nachwei- sen, wie die Faserbündel des Caudo-femoralis an dieser Stelle kurzsehnig zwischen die Aufbau- _ Abb. 4. Dasyurus Maugei, ausgewachsen, g. elemente des Semitendi- Außere Ansicht der hinteren Extremität. ?/, natürl. he as . Größe — im ganzen genau wie in Abb. 3. OEE eingreifen, sich einsenken und mit dem Bindegewebe-Substrat dieses letzteren in Verbindung treten. Von Interesse ist, daß trotz der Unterbrechung der Semitendinosus nur . einen Nervenzweig aus dem Ischiadicus erhält. Dieser läßt sich durch die Inscriptio tendinea verfolgen in den distalen Abschnitt des Muskels und in die akzessorischen Fasern des Flexor cruris lat. Bei Dasyurus Maugei (1 Exemplar, ausgewachsen, ¢ — Text- abb. 4) liegen ganz ähnliche Verhältnisse wie eben geschildert vor, doch in mancher Hinsicht zeigen sie äußerst Wichtiges. Zunächst erkennt man, daß die Muskelmasse des Glut. max. nicht so einheit- 1) J. CUNNINGHAM, 1. c., S. 36. 2) P. EISLER, |. c., 8. 121. 153 lieh geartet ist wie bei Didelphys virg. Sie zerfällt in drei größere Portionen, die in kaudo-kranialer Richtung übereinander dachziegel- förmig geordnet sind und in dieser Anordnung nach dem Ober- schenkelknochen hinzustreben (vgl. Textabb. 4), ohne Abzweigungen nach dem Unterschenkel abzugeben. Es ist dies ein weiterer Beweis dafür, daß, bei offenkundiger Zusammengehörigkeit, Muskeleinheiten, statt in einer Ebene gelagert zu sein, sich in verschiedenen Niveaus anordnen können, was besonders für die Gleichwertigkeit des Agitator caudae in unserem Falle höhere Bedeutung besitzt. Dieser Muskel ist ganz ähnlich konstituiert wie bei Didelphys virg. Sein Zusammen- hang mit dem Semitendinosus ist ganz derselbe, betrifft allerdings bloß die obere Hälfte des Muskelbauches. Die hier bestehende lineäre, etwas schräg von medial proximal nach lateral distal ziehende Inseriptio tendinea ist völlig gleich durch die ganze Tiefe des Semitendinosus verfolgbar und gibt auch den Ursprung ab für einige Faserzüge, die, zu einem zarten Bündel vereinigt, sich dem Flexor cruris lateralis distal anschließen. Sie befindet sich etwa in der Mitte der Länge des Muskelbauches. Zwei besondere Nervenäste sind für den Semiten- dinosus nachweisbar, von einem einheitlichen Stamm sich abzweigend, der weit proximal vom Ischiadicus sich ablöst. An den oberen Ab- schnitt gelangt das Nervenfädchen 9 mm vom Ursprung, der stärkere untere Zweig erreicht den Muskelbauch 5 mm distal von der Inseriptio tendinea. Den Caudo-femoralis versorgt ein Ast aus dem Plexus ischiadicus, welcher sich gemeinsam mit dem Nerv des Glutaeus max. selbstiindig macht. Ill. Edentaten. Tatusia novemeincta (2 Exemplare, neugeboren, ¢ — Textabb. 5). Außerordentlich wichtig erscheint mir der Befund bei dieser Spezies, insofern er eine wesentliche Überleitung bietet in der Entwickelung des Caudo-femoralis von den Zuständen, die wir bei Ornithorh. par.. fanden, zu den Verhältnissen bei Didelphys virg.; natürlich ganz abgesehen von phylogenetischen Rücksichten. Der Glut. max. ist sehr stark entwickelt und bedeckt die ganze Hüftgegend von der Seite, proximal noch etwas über den Beckengürtel heraufsteigend. Distalwärts reicht die Muskelmasse bis zur Schwanzwurzel. Die Faserzüge, welche kranial von einer sehr dünnen, mit der Fascia lumbo-dorsalis in Zusammenhang stehenden Aponeurose entspringen, gelangen kaudal nur kurzsehnig bis zu den Processus spinosi der 154 Kaudalwirbel. Der Ansatz findet, abgesehen von einer wesentlichen Befestigung am Trochanter tertius, weiterhin an der Fascia cruris statt, von der Höhe des Kniegelenkes bis zum Fersenhöcker. Wichtig erscheint nun, daß am distalsten Abschnitt des Muskels, welcher gegenüber dem Reste der Masse des Glut. max. von vornherein im ganzen mächtiger ist, eine nach dem Ansatz zu mehr selbständig ab- gegliederte Portion abgesondert werden kann. Dieselbe ist etwas mehr in der Tiefe gelagert und differiert an der distalen Anheftung gegenüber den mehr ober- Gl.m. flächlichen, kaudal ge- 2 legenen Muskelzügen, die, wie gesagt, bis zum Tuber calcaneı reichen, insofern, als sie sich proximalwärts etwas einstülpt und am Unterschenkel ihren An- satz findet, nach oben von der Fußwurzel. Es läßt sich dabei unzweideutig nachweisen, daß dieser Muskelabschnitt, welcher sich speziell differenzieren läßt von dem Glut. max., „ Abb. 5. Tatusia novemeincta, neugeboren, d. zu welchem er in Anbe- Außere Ansicht der linken hinteren Extremität. ; 2 : Die Insertion des Glutaeus maximus ist abgesetzt, tracht der gleichartigen desgleichen ist der Flexor cruris lat. in seiner Innervation zu rechnen Totalität entfernt, mit Ausnahme des Ursprunges. . : : : 1/, natürl. Größe. — Bezeichnungen wie in Abb. 3. ist, sich der AuBenseite des Semitendinosus von lateral her anlagert, kurz vor dessen Insertion am Unterschenkel. Es verwachsen die beiden Muskeln schlieBlich véllig und heften sich beide fest an der medialen Seite der Fascia cruris. Ein besonderes Ineinandergreifen der Abzweigung des Glut. max. in das bindege we bige Substrat des Semitendinosus findet jedoch nicht statt: bloß feste gegenseitige Verwachsung der aneinander stoßenden Außenflächen!). 1) Vielfach ist in der Literatur die Rede von einem zweiköpfigen Semiten- dinosus, entspringend vom Tuber ischii und von den ersten Schwanzwirbeln. Bald kann der eine, bald der andere ausfallen. Einmal wurde eine Inscriptic tendinea (MACALISTER) gesehen. Vgl. B. WINDLE, On the myology of the edentata. Proc. Zool. Soc. 1899, S. 997. 155 An sich bietet der bandförmige Muskelbauch des Semitendinosus im übrigen keine Besonderheiten: Eine Zwischensehne zeigt er nicht und nur eine Innervation aus dem N. ischiadicus ist bestimmbar, welche weit proximal, dieht am Ursprung an den Muskel herantritt. Verglichen mit den Zuständen bei Ornithorh. par., hätten wir einen ähnlich gearteten Ansatz der distalen Portion des Glut. max., nur mit dem Unterschiede, daß der Semitendinosus nicht frei in der proximalen offenen Tasche liegt, sondern nach innen von derselben. und mit ihrer medialen Wandung fest verwachsen erscheint. IV. Chiropteren. Pteropus medius (1 Exemplar, ausgewachsen, 9). Es besteht keine An- deutung einer Inscriptio tendinea1). — Die Innervation ist eine einfache: sehr proximal, dicht am Ursprung des Muskels gelagert. V. Insectivoren. Erinaceus europ. (2 Exemplare, ausgewachsen, Q und 5 s. Abb. 6, S. 156). Es ist keine Spur einer sehnigen Unterbrechung im Verlaufe des Semitendinosus nachweisbar. — Auch hier ist die Innervation einfach. VI. Rodentier. In mancher Hinsieht übersichtlicher als bei den Beutlern ge- stalten sich die uns hier interessierenden Verhältnisse bei den Roden- tiern; um so lehrreicher erscheinen dieselben. Auch bei Seiurus vulgaris (1 Exemplar, ausgewachsen, 2 — Text- abb. 7) ist ein Caudo-femoralis vertreten, welcher mit dem Semiten- dinosus in Verbindung steht. Doch es kommt der Muskel nicht unter dem eigentlichen Glut. max. hervor, sondern liegt ihm von außen auf, und es dokumentiert sich darnach eine andersgeartete Gliederung der zu dem großen Gesäßmuskel gehörenden Elemente gegenüber den Marsupialiern z. B. Von der breiten Aponeurose, welche herauf- reicht bis zur Höhe der Crista iliaca und sich distalwärts bis zu den Processus spinosi der ersten Kaudalwirbel ausdehnt, entwickelt sich eine mehr zusammenhängende Muskelplatte, deren Einheiten ziemlich konvergent nach der Tuberositas glutaealis gerichtet sind. 1) Ganz dasselbe bestimmt MACALISTER für Cephalotes, Megaderma und Pteropus. The myology of the Cheiroptera. Phil. Trans. R. Soc. London. 1872, Vol. 162, S. 157. | Da findet der Hauptansatz statt. Die kaudalsten Faserzüge gelangen kontinuierlich weiter distalwärts an den Oberschenkel bis zum Condylus lateralis. Über diesen letzteren, in einem etwas oberflächlicher gelager- ten Niveau, entspringt in Form eines 4 mm breiten Bandes der Caudo- femoralis in ähnlicher Weise wie der Glut. max., im ganzen von einer zarten Aponeurose. Kaudalwärts reicht der Muskelursprung nicht über die Wurzel des Schwanzes hinaus. Der Verlauf der Faserzüge ist leicht schräg distalwärts orientiert und überlagert alsbald von Abb. 6. Abb. 7. Abb. 6. Erinaceus europaeus, ausgewachsen, ¢. Hintere äußere Ansicht der linken hinteren Extremität. Der Flexor eruris lat. ist in seinem Mittelstück ab- gesetzt. °/, natürl. Größe. — Bezeichnungen wie in Abb. 3. Abb. 7. Sciurus vulgaris, ausgewachsen, 2. Äußere Ansicht der linken hinteren Extremität. Der Flexor cruris lat. ist in seinem Mittelstück, der Flexor cruris lat. accessorius in seiner Endportion abgesetzt. 7/, natürl. Größe. T. f. 1. M. tensor fasciae latae; sonstige Bezeichnungen wie in Abb. 3. außen den mit einer Inscriptio tendinea versehenen Semitendinosus. Genau wie bei Didelphys virg. liegt an dieser Stelle eine innige Ver- wachsung der beiden Muskeln vor. Der Caudo-femoralis hört da auf und heftet sich fest an das bindegewebige Substrat des Semiten- dinosus, dessen Aufbauelemente unterbrochen sind, und zwar in ganzer Dicke und Breite des Muskelbauches. Die Intersectio, welche, ca. 21 mm vom Ursprung des Semitendinosus abgelagert, demnach sehr präzise Ausbildung besitzt, hat im übrigen, von der Seite her betrachtet, die Gestalt eines distalwärts offenen V. Allein an dem lateralen Schenkel der gebrochenen Linie heftet sich der Caudo- femoralis an; an dem medialen markiert sich dagegen bloß die Unter- breehung in der Kontinuität der Fasern des Semitendinosus. Insofern als von der Zwischensehne keine besonderen Bündel nach der lateralen Seite des Unterschenkels zum Flexor cruris lat. abgehen, ist der Bau im ganzen ein einfacherer als bei Didelphys virg. — Die Innervation des Semitendinosus ist eine doppelte: ein feiner Zweig kurz ober- halb (5 mm) der Inseriptio, ein stärkerer unmittelbar unterhalb der- selben. Der Caudo-femoralis erhält seine Nervenversorgung aus dem Plexus ischiadicus. Es zweigt sich der Ast mit dem Nerv des Glut. max. ab. Cavia cobaya (2 Exem- plare, ausgewachsen — Textabb. 8). Noch be- deutungsvoller für unsere Untersuchung ist der Be- fund bei Cavia cobaya. Die prinzipielle Anord- nung des Glut. max. ist dieselbe wie bei Sciurus i N : Te Abb. 8. Cavia cobaya, ausgewachsen, d. Äußere vulg., nur mit dem Unter- Ansicht der linken hinteren Extremität. Der schiede, daß die distale Flexor cruris lat. ist in seinem Mittelstück ab- i e ih Portion der Muskelmasse 8esetzt. “/s natürl. Größe, RN, ‘ T. f. 1. M. tensor fasciae latae; sonstige Be- selbständig und dabei an wie in Abb. 3. 5 stärker fleischig erscheint und statt kontinuierlich an dem lateralen Rand des Femur im Anschluß an den Trochanter tert. zu inserieren, von vornherein als ein mehr besonderer Muskelbauch sich präsentiert. Dieser heftet sich an dem distalen Ende des Oberschenkels unmittelbar oberhalb der Condylus-Oberfläche an. Auch der Caudo-femoralis erscheint relativ gut ausgebildet in gleicher Lagerung wie bei Sciurus vulg. in einer etwas oberflächlicher gelegenen Ebene als der Rest der Masse des Glut. max. Ziemlich kurzsehnig von den Dornfortsätzen der ersten Steißwirbel entspringend, legt sich das ca. 8 mm breite Muskel- band der Außenfläche des Semitendinosus an, mit dessen Fasern es annähernd gleiche Richtung hält (vgl. Abb. 8). Alsbald tritt eine feste Verbindung der beiden ein, etwa an der Grenze des mittleren und 158 oberen Drittels des Semitendinosus, in einer nahezu quer zur Längs- richtung dieses letzteren verlaufenden fibrösen Zone. Die Fasern des Caudo-femoralis durchbrechen dabei die ganze Dieke des Semiten- dinosus, und zwar in voller Breite. — Die Innervation ist grundsätz- lich die gleiche wie bei Sciurus vulgaris. Der Caudo-femoralis erhält einen Zweig aus dem Versorgungsstamme des Glut. max. Der Semi- tendinosus hat für seine zwei Abschnitte je einen Ast aus dem Ischia- dicus. Genau dieselben Verhältnisse, wie eben geschildert, finden sich weiterhin bei Lepus cuniculus (3 Exemplare, ausgewachsen — Text- abb. 9). Auch hier ein Caudo-femoralis, welcher, auf dem äußerst stark ent- wickelten Glut.max. gelagert, von einer längeren Aponeu- rose entspringt !). Mit dem Semitendi- nosus verbindet er sich in gleicher Weise wie bei Cavia co- baya: die Fasern des Caudo-femora- lis durchsetzen den Bauch des Semiten- dinosus in ganzer Abb. 9. Lepus eunicnlus, ausgewachsen, d. Äußere Ansicht der linken hinteren Extremität. 1/, natürl. a: a Dicke und in ganzer T. f. l. M. tensor fasciae latae; sonstige Bezeichnungen EL Sc IE AR: Breite in einer etwas schräg von medial proximal nach lateral distal verlaufenden geraden Linie. — Die Innervation finde ich gleichgeartet wie beim Meerschweinchen: 1) W. Krause beschreibt den Muskel nicht. Die Anatomie des Kaninchens. 1868. — Auch K. Haack erwähnt ihn nicht. Er zählt wohl einen Caudo-femoralis auf, welcher zwischen dem Glutaeus max. und dem Biceps sich befindet; der- selbe ist aber nach Haack als vorderer Bicepskopf aufzufassen; meiner Meinung nach (vgl. Abb. 9) gehört der Muskelabschnitt zum Glut. max. (K. Haack, Ver- gleich. Untersuch. über die Muskulatur der Gliedmaßen. Inaug.-Diss. Bern. 1902/03. S. 26.) VIL. Carnivoren. Felis domestica (8 Exemplare, neugeboren). Die Inscriptio tendinea ist vor- handen in Gestalt einer im ganzen auf der äußeren Seite des Semitendinosus querziehenden feinea fibrösen Zonet). Diese ist jedoch nicht geradlinig, sondern gebrochen, mit einer in der Mitte des Muskelbauches distalwärts vorspringenden Zacke. Sie durchbricht die ganze Dicke der Muskelmasse und erscheint auf deren inneren Seite als eine gerade Linie, von lateral proximal nach medial distal ziehend. Der proximal abgesonderte Abschnitt entspricht etwa dem oberen Drittel des Muskels. — Zwei Innervationen: Eine schwächere, ziemlich dicht am Ursprung vom Tuber ischii an den Semitendinosus herangehend, eine stärkere, unmittelbar unterhalb von der Inscriptio tendinea nachweisbar. Canis familiaris (6 Exemplare, neugeboren). Ähnlich wie bei der Katze ist eine Inseriptio nachweisbar als eine den ganzen Bauch des Semitendinosus durchbrechende fibröse Linie: Auf der Außenfläche mehr quer, distalwärts konkav ausgebogen; auf der Innenseite mehr schräg von medial proximal nach lateral distal ziehend?). Dabei ist etwa das obere Drittel des Muskels von dem Reste abgesondert. — Es liegen zwei Innervationen vor, die beiden Abschnitte werden speziell versorgt. WHT Px o's mer. Tarsius (1 Exemplar, ausgewachsen, ¢). Eine schräg von medial und proximal nach lateral und distal ziehende Linie markiert den Verlauf der Inscriptio tendinea®). Ihr oberes Ende ist 10,5 mm, das untere Ende 14,5 mm von dem Muskelursprunge abstehend, die ganze Länge des Semitendinosus beträgt 43 mm. Die sehnige Intersectio schneidet besonders in die mittleren Partien des Muskels tief ein, doch sind die Faserzüge der tiefsten Schicht auch hier einheitlich, genau wie die Randbündel des Muskelbauches in ganzer Dicke. — Zwei Innervationen liegen vor; 8 mm bzw. 16 mm von dem Ursprung des Semitendinosus gehen sie an dessen Muskelbauch. — Interessant ist, daß ein großer, distal gelegener Ab- schnitt des Glut. max. von den Querfortsätzen der Kaudalwirbel entspringt. Nycticebus tardigradus [1 Exemplar, ausgewachsen, 9]. Der Semiten- dinosus ist sehr stark. Seine Inscriptio tendinea erscheint deutlich nachweisbar, aber im ganzen schwach und nicht die ganze Breite des Muskels beteiligend, 1) G. Mivarr erwähnt dieselbe nicht. The cat, 1881. — Desgleichen findet sich nichts darüber bei K. Haack, |. c. — STRAUSS-DÜRKHEIM’S und JENNINGS’ Werke standen mir leider nicht zur Verfügung. 2) W. ELLENBERGER und H. Baum notieren nichts darüber. Systema- tische und topographische Anatomie des Hundes. 1891. 3) BURMEISTER erwähnt dieselbe nicht. Beiträge zur näheren Kenntnis der Gatturg Tarsius. 1846. 4) Nach Owen, ebenso nach MURIE und Mivart besizt der Semitendinosus bei Chiromys einen doppelten Ursprung, von dem Tuber ischii und dem zweiten Kaudalwirbel. — Vgl.diese Arbeit S. 160 u. 161: Die Verhältnisse bei Hapale jacchus. — Owen, On the Aye-Aye. Trans. Zool. Soc. of London, 1866, S. 65. — J. MuURIE and G. MIVART, On the anat. of the Lemuroidea. Ebenda, 1872, S. 74. nur die laterale Hälfte, dabei doch in diesem Bezirke die ganze Tiefe der fleischi- gen Masse durchziehend. Die sehnige Unterbrechung kennzeichnet sich als eine schräg von medial kranial nach lateral kaudal ziehende Linie. Das obere Ende ist 18, das untere 29 mm von dem Muskelursprung entfernt, wobei die ganze Länge dieses letzteren 64 mm beträgt. — Zwei Innervationen aus dem N. ischia- dicus, die obere 16 mm, die untere, stärkere 27 mm von dem Ursprung des Semiten- dinosus den Muskelbauch erreichend; letztere gibt auch Äste proximalwärts von der Inscriptio tendinea an die kontraktilen Bündel ab. Perodicticus potto (1 Exemplar, ausgewachsen, 9). Es erweist sich die Inseriptio tendinea sehr ausgeprägt, dabei auffallend distalwärts verlagert. Sie verläuft von medial proximal nach lateral distal. Ihr oberster Punkt ist 35 mm, ihr unterstes Ende 46 mm von dem Ursprung des Semitendinosus entfernt, bei einer maximalen Länge des Muskels von 46 mm. Nur die tiefsten Fasern er- scheinen durchgängig, sonst sind alle unterbrochen. — Doppelte, selbst dreifache Innervation von einem Stamm: Zwei kleine Zweige gehen an den proximalen Abschnitt des Muskels, dicht oberhalb der Inscriptio. Auch der dritte, stärkere erreicht den Semitendinosus oberhalb der Intersectio und geht tangential, in der tiefsten einheitlichen Faserschicht gelagert, an den distalen Teil des Muskel- bauches. Lemur mongoz. (1 Exemplar, ausgewachsen, 5). Semitendinosus im ganzen in schwacher Entwickelung vertreten. Inscriptio tendinea als gerade lineäre Bildung vorhanden!), welche von medial proximal nach lateral distal zieht, dabei die ganze Dicke des Muskelfleisches umfaßt und nur den hinteren medialen Saum desselben freiläßt. Proximalster Punkt der Zwischensehne ist 56 mm, das distale Ende desselben 74 mm von dem Muskelursprung entfernt, bei einer Muskel- länge von 125 mm. — Zwei Innervationen aus dem N. ischiadicus: Eine kraniale, 34 mm von dem obersten Ende des Semitendinosus an den Muskelbauch heran- tretend. Die kaudale erreicht diesen letzteren direkt unterhalb der Inscriptio, zieht geradezu tangential an derselben vorbei. IX. Arctopithecıi. Hapale jacchus (1 Exemplar, ausgewachsen, g — Textabb. 10). Es ist der Caudo-femoralis vorhanden und erscheint in deutlichem /usammenhang mit dem Glut. max. Dieser letztere besitzt eine aus- geprägte Entfaltung. Sein Ursprung reicht proximal bis auf die Höhe der Crista ihaca. Andererseits läßt sich das obere aponeurotische Ende bis zu den Proc. spinosi der Kaudalwirbel verfolgen. Ganz distalwärts reicht der Muskel nur bis zu den Querfortsätzen der Vertebrae coceygeales, dabei kurzsehnig entspringend. Im ganzen hat er die Gestalt eines rechtwinkligen Dreieckes mit dem rechten Winkel an dem distalen Punkt des Schwanzursprunges und der 1) Murte und Mıvarr erwähnen dieselbe nicht bei Lemur varius, ebenso- wenig wie bei. Galago. 161 Hypothenuse im Zusammenhang mit dem Tensor fasciae latae. Den Ansatz kann man verfolgen von der Tuberositas glutaealis am Oberschenkel herab bis dieht an den Condylus lateralis. Von dem distalen Rand der Masse des Glut. max., dicht an ihrem Ursprung, zweigt sich eine schmale, nur 3 mm breite, bandförmige Muskel- einheit ab, welche weiterhin von der Verlaufsrichtung des genannten Muskels mehr und mehr divergiert und völlig den Weg des unter ihr sich befindenden Semitendinosus einschlägt. Dieser auffällige Muskel- zug liegt dem letzteren zunächst völlig frei auf, durch lockeres Binde- gewebe getrennt; doch ist eine innigere Annäherung der beiden nicht zu verkennen, welche zu einer vollständigen Verwachsung führt im mitt- leren Verlauf des Semiten- dinosus!). Man erkennt, dab die Fasern der oberfläch- lichen Muskeleinheit, welche ihrem ganzen Verhalten nach als Caudo-femoralis zu be- zeichnen ist, sich kurzsehnig in das Bindegewebe des Semitendinosus einsenken, eine lineäre Inseriptio ten- dinea bildend. Diese ver- läuft von medial proximal nach lateral distal; sie durch- setzt die ganze Dicke des Abb. 10. Hapale jacchus, ausgewachsen, d. Äußere Ansicht der linken hinteren Extre- mität. 4/; natürl. Größe. T. f. 1. M. tensor fasciae latae; sonstige Be- zeichnungen wie in Abb. 3. Semitendinosus und ıst auf der Innenfläche desselben wahrnehmbar. So erscheint die Kontinuität der Muskelfasern durchgehend unter- brochen. — Es entspricht diesem Verhalten auch eine doppelte In- 1) Ein ähnliches Verhalten beschreibt TH. L. W. BiscHorr von Hapale penicillata, ohne jedoch die richtige Deutun gbeizulegen, wenn er sagt, Semi- membranosus und Semitendinosus „werden nur durch einen dünnen Muskel repräsentiert, welcher teils von der Wurzel des Schwanzes, teils von dem Sitz- knorren entspringt und sich ganz mit dem Gracilis vereinigt“. Beiträge z. Anat. des Hylobates leuc. usw. Abh. d. k. bayr. Akad.d. Wiss., math.-phys. Kl., Bd. 10, 3. Abt., S. 289, 1870. — Man vgl. auch die Angaben von Owen, von MURIE und MIVART, die ganz Ähnliches von Chiromys beschreiben: diese Arbeit S. 159. Anat. Anz. Bd. 51. Aufsätze. J4 nervation: 11 mm und 23 mm von dem oberen Rand des Semi- tendinosus bei einer totalen Länge von 46 mm. Das obere Ende der Inseriptio tendinea ist 21 mm, das untere Ende 25 mm von dem proximalen Muskelende entfernt. Die Innervation des Caudo-femo- ralis besorgt ein Ast des N. glut. inf., welcher gleichfalls den Glut. max. innerviert. Xia bee eam: Cercopithecus callitrichus (1 Exemplar, ausgewachsen, 9). Inseriptio tendinea ist sehr zart, etwas undeutlich, V-förmig (distalwärts offen)!). Beide Schenkel erscheinen etwas ungleich; der innere ist der kleinere. Dabei werden die medialsten Fasern nicht unterbrochen, ebensowenig wie die innerste Schicht des Muskelbauches im ganzen. Der kranialste Punkt des V ist 35, der distalste 42 mm von dem Ursprung des Semitendinosus entfernt bei 110 mm ganzer Muskel- länge. — Zwei Innervationen aus dem N. ischiadicus; die obere 24 mm, die untere 43 mm von dem kranialen Ende des Semitendinosus den Muskelbauch erreichend. XI. -Platyrrhinen. Ateles Geoffr. (1 Exemplar, ausgewachsen, 3). Die Inscriptio tendinea ist in ihrer Ausdehnung beschränkt. Sie umfaßt bloß als eine schräg von medial und proximal nach lateral und distal ziehende fibröse Linie etwa den lateralen Dritteil der Breite des Muskels, doch so, daß die lateralsten Bündel frei durch- ziehen, ebenso wie die Faserzüge der medialen Hälfte des Semitendinosus. Auch umfaßt die Zwischensehne an der Stelle, wo sie sich vorfindet, nicht die ganze Tiefe des Muskels. Die einzelnen wenigen innersten Aufbauelemente sind ein- heitlich, nicht unterbrochen. Das proximale Ende der Inseriptio tendinea ist 55 mm, das distale 63 mm von dem Ursprunge des Muskels entfernt, welcher im ganzen eine maximale Länge von 141 mm besitzt. — Zwei Innervationen aus dem N. ischiadicus. Die kraniale tritt in einem Abstand von 34 mm, die kaudale 57 mm von dem Ursprunge des Semitendinosus an dessen Muskelbauch heran. Cebus fatuellus (1 Exemplar, ausgewachsen, 9). Maximale Länge des M. semitendinosus 114 mm. Deutliche Inscriptio tendinea vorhanden, von der sestalt eines distalwärts offenen V. Sie umfaßt die ganze Breite des Muskels, doch nicht die ganze Tiefe. Die innersten Faserzüge laufen durchgehend ohne Unterbrechung. Proximalster Punkt der V-förmigen Inscriptio tendinea 38 mm, der distalste Punkt 45 mm von dem kranialen Ende des Muskels. — Zwei Inner- 1) Nach KoHLBRÜGGE kommt dieselbe bei den Semnopitheci allgemein vor in der Mitte der Länge des Semitendinosus. Verh. d. Kon. Ak. v. Wet. te Amsterdam, D. 5, Nr. 6, S. 189. — CHAMPNEYS fand sie bei Cyn. anubis nicht vor. On the muscles and nerves ... Journ. of Anat. and Phys. Vol 6, 1872, 8. 196. — BURDACH gibt nichts an von Inuus, Cynocephal. und Cercop. Beitrag zur vergl. .. . Ber. v. der k. anat. Anst. z. Königsberg. 1838. vationen aus dem Plexus ischiadicus, die obere 27, die untere 46 mm von dem Ursprung des Semitendinosus den Muskelbauch erreichend. XI. Hylobatiden. Hylobates lar juvenilis (1 Exemplar, 5). Inscriptio tendinea als zarte bindegewebige Linie vorhanden’), welehe sehr schräg von medial und proximal nach lateral und distal zieht. Besondere Beobachtung und Auseinanderzerrung der Muskelfasern ist nötig, um sie zu erkennen. Im ganzen ist der Semitendinosus sehr fleischig, seine ganze Länge beträgt 68 mm. Der proximalste Punkt der Inseriptio ist 26,5 mm, die distalste Stelle dagegen 37 mm von dem Ursprung des Muskels entfernt. Sie durchbricht die ganze Tiefe der Muskelschicht, nur die lateralsten und die medialsten Bündel sind unversehrt durchgängig. — Zwei Innervationen aus dem N. ischiadicus, die schwächere obere 21 mm, die stärkere untere 35 mm von dem Ursprung des Semitendinosus den Muskelbauch erreichend. XIII. Anthropoiden. Orang (1 Exemplar, ausgewachsen, 5). Deutliche Inscriptio tendinea er- kennbar in der Gestalt einer V-förmigen fibrösen lineären Bildung, wobei die Öffnung des V distalwärts schaut?). Der Scheitelpunkt der gebrochenen Linie, welcher sich in der Mitte der Breite des Muskels befindet, ist 72 mm von dem Ursprung des Semitendinosus abstehend. Der distale mediale Endpunkt findet sich 98 mm von der genannten Stelle und liegt dabei im freien Rande des Muskels, der entsprechende laterale Endpunkt dagegen bloß 96 mm, dabei etwas abseits von dem freien Rande des Semitendinosus: d. h. die lateralsten Bündel dieses Muskels sind durchgängig. Das gilt auch für die tiefgelegenen Faserzüge allgemein insofern, als die Inseriptio tendinea nicht bis zu der innersten Schicht des Semitendinosus durchbricht. An sich hat letzterer eine maximale Länge von 212 mm, besitzt dabei zwei Innervationen, eine proximale schwache, 64 mm, eine distale stärkere, 98 mm von dem Ursprung des Muskels an dessen Bauch herantretend. Beide entstammen einem einheitlichen Nervenzweig. Schimpanse (1 Exemplar, ausgewachsen, 4). Die Inscriptio tendinea ist als eine zarte, gerade verlaufende lineäre Bildung feststellbar, welche die ganze Dicke des Muskels durchsetzt’). Die Richtung derselben ist von medi:l proximal nach lateral kaudal orientiert. Auch auf der unteren Fläche des Muskels ist sie deut- lich in ganzer Ausdehnung, so daß man annehmen muß, daß sämtliche Muskel- fasern von ihr unterbrochen sind. Das proximale Ende der Inseriptio ist 70 mm, 1) Nur eine positive Angabe findet sich hierüber in der Literatur bei HEr- BURN, The comp. anatomy ... Journ. of Anat. and Phys. Vol. 26, S. 328. 2) HEPBURN ist der einzige Autor, welcher in der Literatur das Vorkommen dieser Bildung gleichfalls bestätigt, 1. c., S. 328. 3) HEPBURN (l. c., S. 328) und MACALISTER (One some points... Annals and Magaz. Nat. hist. V. 7, S. 349, 1871) bestätigen gleichfalls das Vorhanden- sein der Intersectio. — CHAMPNEYS (J. c.. S. 195) und SPERINo (l. c., S. 191) leugnen dasselbe. IE 164 das distale 98 mm von dem Ursprung des Semitendinosus entfernt, dessen absolute Länge 175 mm beträgt. — Es bestehen zwei Nervenversorgungen, welche einige Millimeter ober- bzw. unterhalb der sehnigen Unterbrechung an den Muskel- bauch herantreten, und die von einem einheitlichen Stamm sich abzweigen. Schlußsätze. Fassen wir die durch die Untersuchung geförderten Ergebnisse zusammen, so erscheint die Morphogenese der Inscriptio tendinea des Semitendinosus nunmehr klarer. Wir können innerhalb der Reihe der Mammalien, ganz abgesehen von der phylogenetischen Reihe, nachweisen, daß die Intersectio aus der Einpflanzung eines oberflächlicheren oder tiefen Teiles der Masse des Glut. max., nämlich der mehr oder weniger stark differenzierten distalen Randportion der- selben, auf dem Semitendinosus entsteht. Wir können die verschiedenen Phasen des Zusammentreffens der beiden Muskeln verfolgen von der einfachen losen Überlagerung (Ornithorh. par.) zu der etwas engeren Annäherung durch Verwachsung der Außenflächen (Tat. noveme.), weiterhin zu der Anheftung des Caudo-femoralis an das binde- gewebige Substrat des Semitendinosus, welches mit einem Durch- breehen der Muskelfasern dieses letzteren einhergeht (Didelphys virg., Seiurus vulg., Cavia eob., Lepus cunic., Hapale jacchus) und die Bildung zweier voneinander abgesonderter Muskelbäuche mit getrennter Innervation hervorruft. Als Vorbedingung für diesen Prozeß erscheint die allmähliche Verkürzung des Caudo-femoralis, welcher seinen primitiven Ansatz am Unterschenkel (Ornithorh. par., Tat. noveme.) auf das Gebiet des Oberschenkels verlegt, wo, nachdem weiterhin der Muskel als solcher völlig involviert ist, die eigentümliche, mangels Skelettunterlage entwickelte sekundäre Insertion in Gestalt der Inseriptio tendinea am Semitendinosus schließlich übrig bleıbt. Viel mehr unter den Mammalien verbreitet, als wohl bisher ange- nommen, charakterisiert sie sich in den verschiedensten Entwicke- lungsgraden, dabei meistens in der Richtung von proximal medial nach distal lateral ziehend. Nur bei wenigen Formen, unter meinem Material, ist völliges Fehlen nachweisbar: bei Pteropus med. und Erinaceus europ., die sich, wie frühere Untersuchungen mir kund- taten, in gar mancher Hinsicht eigenartig differenziert erweisen. Straßburg i. E., den 6. Februar 1918. (Eingegangen am 12. Februar 1918.) 165 Bau der äußeren Haut eines Fetus von Hippopotamus amphibiusL. Von SIEGMUND v. SCHUMACHER in Innsbruck. Mit 3 Abbildungen. Im Anschlusse an die Beschreibung der äußeren Formverhältnisse und der makroskopischen Beschaffenheit des Integumentes eines neu- geborenen Flußpferdes von K. Torpr!) habe ich?) vor einiger Zeit die Ergebnisse der mikroskopischen Untersuchung der äußeren Haut dieses Neugeborenen veröffentlicht. Inzwischen war es mir durch das Ent- gegenkommen meines Freundes K. Torpr möglich, die Haut eines ¢ Fetus desselben Muttertieres zu untersuchen, wodurch manche Be- funde am Neugeborenen eine willkommene Ergänzung und teilweise Erklärung erfuhren, über die ich im folgenden kurz berichten möchte. Der in Rede stehende Fetus ist 41/, Monate alt, seine Scheitel- steißlänge beträgt 40 cm (annähernd die Hälfte der Länge des neu- geborenen Flußpferdes)?). Untersucht wurden Hautstücke vom Rücken, Stirn, Sohle, Submentalgegend, Unterlippe, Ohrmuschel, Schwanzspitze und Zitzenanlage. Die Gesamtdicke der äußeren Haut (Epidermis + Corium) beträgt beim Fetus durchschnittlich höchstens ein Drittel der Hautdicke des Neugeborenen. Beim Fetus wurden folgende Maße ermittelt: Rücken 4500 u, Submentalgegend 2320 p, Stirn 1500 u, Sohle 1300 u. Beim Neugeborenen fand Torpr für die entsprechenden Gegenden: 13000 u, 8000 v, 6000 u, 5000 u. Es ergibt sich aus dem Vergleiche dieser 1) Äußerliche Untersuchung eines neugeborenen Hippopotamus amphibius L. mit besonderer Berücksichtigung des Integumentes und Be- merkungen über die fetalen Formen der Zehenspitzenbekleidung bei Säuge- tieren. Denkschr. Kais. Akad. Wissensch. Wien, math.-naturw. Kl., Bd. 92, 1915. 2) Histologische Untersuchung der äußeren Haut eines neugeborenen Hippopotamus amphibius L. Denkschr. Kais. Akad. Wissensch. Wien, math.-naturw. Kl., Bd. 94, 1917 (bisher nur im Sonderabdruck erschienen). 3) Über die äußeren Formverhältnisse und die makroskopisch sichtbaren Vorkommnisse an der Haut wird ToLpr im Zoolog. Anz. berichten. Die Arbeit liegt schon seit längerer Zeit druckfertig vor, kann aber wegen des il a derzeit nicht erscheinen. BE Zahlen, daß schon in verhältnismäßig frühen Entwickelungsstufen die Hautdicke an verschiedenen Körperstellen recht verschieden sein muß und daß das raschere oder langsamere Dickenwachstum im Laufe der weiteren Entwickelung beibehalten wird. Konnte schon beim Neu- geborenen gezeigt werden, daß keine Abhängigkeit zwischen Gesamt- dicke der Haut und Epidermisdicke besteht, so gilt dies auch für den Fetus. Während für die Submental-, Rücken- und Stirnhaut beim Fetus eine Epidermisdicke von 25—33 p. gefunden wurde, zeigt die Sohlenhaut eine 400 u dicke Epidermis, obwohl gerade hier das Corium schwach entwickelt ist. Eine ebenfalls stark entwickelte Epidermis bei schwach ausgebildeter Lederhaut trägt die Ohrmuschel und Schwanz- spitze. Sie erreicht an diesen beiden Stellen eine Dicke von 130—160 p. und wird noch mächtiger an dem beim Fetus deutlich ausgebildeten Schwanzfaden, den sie mit einer bis zu 600 pn dieken Schicht über- zieht. An den Hautstellen mit dünner Epidermis besteht diese nur aus 4—6 Schichten, und zwar erscheint das basale Stratum cylindricum gut ausgebildet, während ein Strat. spinosum vollkommen fehlt, indem auf die basalen Zylinderzellen nach außen gleich Lagen von stark abgeplatteten Zellen folgen, in deren ganz engen Interzellularräumen keine Protoplasmafasern zu sehen sind. Nirgends zeigt die Epi- dermis Anzeichen von Verhornung; auch die oberflächlichsten, stark abgeplatteten, zum Teil in Abstoßung begriffenen Zellen tragen noch deutlich sichtbare Kerne. Die dicke Epidermis der Sohlenhaut be- steht aus etwa 25 Zellagen. Auf das Strat. cylindricum folgt ein gut entwickeltes, vielschichtiges Strat. spinosum mit weiten Interzellular- räumen und sehr deutlichen Protoplasmafasern. In den oberfläch- lichsten 3—4 Schichten sind die Zellen stark abgeplattet, die Inter- zellularräume werden enger; Protoplasmafasern sind aber auch hier noch nachzuweisen, wenngleich nicht so deutlich wie in den tieferen Schichten. Ein Strat. granulosum, lucidum und corneum fehlt auch hier. An den Interzellularbriicken des Strat. spinosum treten stellen- weise die sog. Ranvrer’schen Knötchen deutlich hervor und ich wurde neuerdings in meiner schon früher (1. ce. S. 5) ausgesprochenen Annahme bestärkt, daß es sich hierbei um quergetroffene Protoplasma- fasern handelt, welche die längsgetroffenen unter annähernd rechtem Winkel überkreuzen, eine Ansicht, die auch schon von RosENSTADT ausgesprochen wurde. | Beim Neugeborenen wurde gefunden, daß die Epidermis der Sohlenhaut in ihrer Entwickelung der an anderen Hautstellen voraus- 167 eilt (frühzeitiges Auftreten des eigentlichen Strat. corneum), was nach R. Semon auch beim Menschen in der ersten postfetalen Zeit der Fall ist, obwohl von einer spezifischen funktionellen Inanspruchnahme dieser Epidermispartie natürlich noch nicht die Rede sein kann. Dieses Vorauseilen in der Differenzierung der Sohlenepidermis läßt sich somit auch schon beim Fetus deutlich erkennen, indem an keiner anderen Hautstelle das Strat. spinosum so mächtig ausgebildet erscheint wie gerade hier. RT aoe Konnte beim Neugeborenen gezeigt werden, daß die Länge der Coriumpapillen in geradem Verhältnis zur Dieke der Epidermis steht, so läßt sich auch schon beim Fetus die Abhängigkeit der Ausbildung der Papillen von der Epidermisdieke nachweisen. Während an den Hautstellen mit dünner Epidermis eigentliche Papillen noch fehlen und nur als höchstens halbkugelige Vorwölbungen des Coriums an- gedeutet sind, zeigt die Ohrmuschel, Schwanzspitze und namentlich der Schwanzfaden schon ziemlich deutliche, etwas höhere Papillen, und die Sohlenhaut, welche beim Neugeborenen durch außergewöhn- lich hohe, distalwärts geneigte, nahezu fadenförmige Papillen, die bis in das Strat. lucidum hineinreichen, ausgezeichnet ist, trägt auch beim Fetus die bestentwickelten Papillen. Sie stehen hier im Vergleiche zu den Papillen des Neugeborenen weniger dicht gedrängt, sind auch hier schon etwas distalwärts geneigt, durchsetzen aber nur etwa ein Fünftel der Gesamtdicke der Epidermis. Somit läßt also die Sohlen- haut auch in der Ausbildung der Papillen ein Vorauseilen gegenüber anderen Hautstellen erkennen. Während beim Neugeborenen außer einer staubförmigen Pig- mentierung der Epidermiszellen auch Chromatophoren in der basalen Epidermisschicht vorkommen, die mit ihren Ausläufern tief zwischen die Epidermiszellen eindringen, findet man beim Fetus ausschließlich Pigmentkörnchen in den Epidermiszellen selbst, wogegen von Chromato- phoren an keiner Stelle etwas zu sehen ist. Ebensowenig finden sich Pigmentzellen im Corium. Das Epidermispigment liegt nahezu aus- schließlich im Strat. eylindrieum, nur in der auch schon beim Fetus stark pigmentierten Stirnhaut liegen einzelne Pigmentkörnchen auch noch in der zweiten Zellschicht. Das Epidermispigment setzt sich eine Strecke weit auf das Strat. cylindricum der äußeren Haarwurzel- scheide fort und auch die Ausführungsgänge der Hautdrüsen sind wie beim Neugeborenen in ihrem Mündungsabschnitt pigmentiert. Beim Neugeborenen wurde das Epidermispigment im Strat. eylindricum bei schwacher Pigmentierung hauptsächlich um den Kern angehäuft, bei größerem Pigmentreichtum vorzugsweise im basalen Zellanteile, in allen übrigen Schichten dem Kern distal kappenförmig aufsitzend ge- funden. Beim Fetus liegen die Pigmentkörnchen entweder rings um den Zellkern oder über den ganzen Zelleib der basalen Zylinder- zellen verteilt, nirgends in Form der distalen Kappe. Das ausschließ- liche Vorkommen von Pig- ment in den Epidermis- zellen spricht für die auto- gene Pigmentbildung und gegen die Einschleppungs- theorie. Am Corium des Neu- geborenen konnten nach der Anordnung der Faser- bündel in den meisten Hautgegenden vier inein- ander übergehende Schich- ten unterschieden werden: 1. Das Strat. papillare, welches nicht nur die Pa- pillen umfaßt, sondern auch noch einen kleineren, tiefer gelegenen Bezirk, ist ausgezeichnet durch seine dünnen, stark welligen Abb. 1. Flußpferd-Fetus, Stirnhaut sagittal. Faserzüge, die hauptsäch- MALLORY. lich parallel zur Papillen= Ss Strat. (papillare -+-) subpapillare, Sr Strat. > reticulare, Sp Strat. profundum mit Schleimdrüse, achse verlaufen. 2. Das Sc Subcutis. Mikrophotographie, Vergr. 23fach. Strat. subpapillare besteht aus schon bedeutend grö- beren, wellig verlaufenden Faserbündeln, die sich nach den ver= schiedensten Richtungen unregelmäßig durchkreuzen. 3. Das Strat. reticulare bildet gewöhnlich die mächtigste Schicht der ganzen Leder- haut und besteht an Stellen mit beträchtlicher Hautdicke aus groben, meist geradegestreckten, sich sehr regelmäßig durchflechtenden Faser- bündeln, die, schräg aufsteigend, sich unter konstantem Winkel über- kreuzen. Ein aus sich überkreuzenden Faserbündeln bestehendes System liegt annähernd in der Frontalebene, ein zweites in der Sagit- 169 talebene. 4. Das Strat. profundum zeigt sehr grobe Faserbündel, die zum größten Teil tangential, hauptsächlich frontal und sagittal ziehen. Die Lederhaut des Fetus (Abb. 1 und 2) zeigt im Vergleiche mit der des Neugeborenen in allen Schichten viel schwächer entwickelte Fibrillenbündel und erscheint infolgedes- sen auch bedeutend zellreicher. Im alige- meinen läßt sich aber auch schon hier die charakteristische An- ordnung der Bündel - erkennen (Abb. 1). Strat. papillare und subpapillare sind nicht deutlich auseinander- zuhalten. Beide Schich- ten zusammen bilden ein dichtes, sehr zell- reiches Geflecht von leicht welligen Fibril- len oder ganz dünnen Fibrillenbündeln, die sich nach den ver- schiedensten Richtun- gen hin ganz unregel- mäßig durchflechten, wobei ‘das Gefüge gegen das Strat. reti- culare etwas lockerer Abb. 2. Flußpferd-Fetus, Rückenhaut sagittal. Mar- LORY. E Epidermis, Ss Strat. (papillare +) subpapillare, Sehr deutlich er- Sr Strat. reticulare. Mikrophotographie, Vergr. 100fach. scheint auch schon beim Fetus das Strat. retieulare ausgeprägt (Abb. 1 u. 2, Sr). Obwohl hier noch aus verhältnismäßig dünnen Fibrillenbündeln bestehend, denen zahlreiche Fibroblasten anliegen, so daß die ganze Schicht viel zellreicher erscheint als beim Neugeborenen, läßt sich an den meisten Hautstellen die typische Anordnung der Bündel’ erkennen; im allgemeinen sowohl wird. 170 am frontalen wie am sagittalen Hautdurchschnitt vollständig gestreckte, starre, schräg aufsteigende Faserzüge, die sich annähernd unter rechtem Winkel überkreuzen, also zur Hautoberfläche etwa um 45° geneigt erscheinen, so daß auch hier schon wie beim Neugeborenen ein sagittales und ein frontales, aus rechtwinkelig sich überkreuzenden Faserzügen bestehendes System zu unterscheiden ist. Hier wie beim Neugeborenen bildet das Strat. retieulare die mächtigste Schicht der ganzen Lederhaut, von deren stärkeren oder schwächeren Ausbildung im wesentlichen die Gesamtdicke des Coriums abhängt, wie dies aus den beistehenden Maßzahlen hervorgeht. rat. papill. Strat Pop Strat, reticulare Strat. profundum + subpap. | | = Sohlenhaut 100 u | 700 u 500 u Stirnhaut 200 u 1000 u 400 u Submentalhaut 120 u 1500 u 700 u Rückenhaut 100 u 4000 u 300 u Das Strat. profundum ist auch beim Fetus schon ausgezeichnet durch die gröbsten Faserbündel, die weniger straff gestreckt, sondern leicht wellig, vorzugsweise tangential, hauptsächlich frontal und sagittal verlaufen. Das ganze Strat. profundum macht infolge der starken Faserbündel einen viel dichter gefügten Eindruck als das Strat. retieulare. Gegen die wie verquollen aussehende, aus stark welligen Zügen lockeren Bindegewebes bestehende Subeutis hebt sich das Strat. profundum scharf ab. Aus der im wesentlichen übereinstimmenden Anordnung der Faserzüge des Coriums beim Fetus und Neugeborenen darf wohl ge- schlossen werden, daß die Spannungsverhältnisse der Haut während eines großen Abschnittes des Fetallebens dieselben bleiben und daß wahrscheinlich schon vor der Ausbildung von Fibrillen die Fibroblasten jene gesetzmäßige Lagerung zeigen, der später ‘die Anordnung der Fibrillenbündel entspricht; denn schon die dünnsten Bündel, die noch aus ganz wenig Fibrillen bestehen, verhalten sich in bezug auf Ver- laufsrichtung und Spannung genau wie die viel gröberen Bündel des Neugeborenen. Nur das Strat. papillare ist entsprechend dem noch vollkommenen Fehlen oder der mangelhaften Ausbildung der Papillen noch nicht deutlich differenziert. Beim Neugeborenen konnte gezeigt werden, daß die nahezu über die ganze Körperoberfläche ‘verbreiteten Hautdrüsen, welche bekannt- wa lich ein rotes Sekret absondern, nicht als modifizierte Schweißdrüsen aufgefaßt werden dürfen, sondern zusammengesetzte tubulo-alveoläre Drüsen vorstellen, die sowohl bezüglich ihrer Endstücke als auch des Ausführungssystems genau nach Art der mukösen Speicheldrüsen ge- baut sind. Diese Schleimariisen dürften phylogenetisch, in Anpassung an die amphibische Lebensweise des Flußpferdes an die Stelle von Schweißdrüsen getreten sein. Knäueldrüsen wurden neben Schleim- drüsen beim Neugeborenen nur an der Innenfläche und in der Nähe des freien Randes der Ohrmuschel, rudimentäre Talgdrüsen ausschließ- lich an den asinuösen Haaren der Ohrmuschel gefunden. Die Schleimdrüsen zeigen beim Fetus schon eine verhältnismäßig weit vorgeschrittene Entwickelung; die Drüsenkörper liegen hier wie beim Neugeborenen im Strat. profundum corii (Abb. 1), erscheinen etwas plattgedrückt und lassen auch hier schon eine Lappung er- kennen, indem stärkere Bindegewebszüge Gruppen von Endstücken gemeinsam umfassen. Die tubulo-alveolären Endstücke sind vielfach deutlich verzweigt, im Protoplasma der Drüsenzellen sind noch keine Anzeichen einer Sekretion nachzuweisen, allerdings ist der Erhaltungs- zustand kein solcher, daß feinere Protoplasmastrukturen mit Sicherheit zu erkennen wären. Die beim Neugeborenen deutliche Differenzierung des Ausführungssystems in Schaltstücke, Sekretröhren und Aus- führungsgänge ist hier noch nicht erfolgt; man sieht nur, daß der Hauptausführungsgang sich beim Eintritt in den Drüsenkörper wieder- holt teilt und daß mehrere Drüsenendstücke gleichzeitig in einen End- abschnitt des Ausführungssystems einmünden können. Im ganzen zeigen demnach auch schon auf dieser Entwickelungsstufe die Drüsen das Bild von zusammengesetzten Speicheldrüsen und ähneln in keiner Beziehung in Entwickelung begriffenen Knäueldrüsen. In Übereinstimmung mit den Befunden beim Neugeborenen konnten auch beim Fetus an der Innenfläche der Ohrmuschel neben den Schleimdrüsen typische Knäueldrüsen nachgewiesen werden, die an allen übrigen Hautstellen fehlen. Das unverzweigte Drüsenendstück bildet hier einen noch verhältnismäßig einfachen Knäuel, der Aus- führungsgang verläuft leicht spiralig und mündet stets in unmittel- barem Anschluß an ein Haar aus — ein weiterer Unterschied zwischen Knäueldrüsen und Schleimdriisen, da die Ausführungsgänge der letzteren. vollständig unabhängig von den Haaren, und zwar meist ziemlich weit von diesen entfernt ausmünden. | ‘Während ich beim Neugeborenen rudimentäre Talgdrüsen an den 172 Haaren der Ohrmuschel fand, ist beim Fetus noch nichts von deren Anlagen zu sehen. Beim Neugeborenen konnte seitlich von der Penisscheide jeder- seits eine Zitzentasche nachgewiesen werden, an deren Boden die Milchgänge ausmünden. Beim Fetus beschreibt Torpr die Zitzenanlage als eine flache, rundliche Erhebung zu beiden Seiten der Penistasche und findet 5 mm vor dieser noch jederseits eine ähnliche, aber un- deutliche Erhebung, vermutlich ein zweites Zitzenpaar. Durchschnitte durch beide Erhebungen ergaben die Richtigkeit der Annahme Torprs, daß es sich um Zitzen- bzw. Mammar- anlagen handelt (Abb. 3). Man er- kennt im Bereiche jeder der beiden Anlagen zunächst eine wesentliche Verdickung der Epidermis, so daß die flachen oberflächlichen Vorwölbungen hauptsächlich durch das Epithel be- dingt sind. An diesen verdickten Epidermispartien sind auch schon Papillenanlagen deutlich zu erkennen, welche in der Nachbarschaft noch fehlen. An der Vorwölbung münden die Milchgänge aus, und zwar zwei 1 im Bereiche der kranialen, sechs im Abb. 3. Flußpferd-Fetus, Sagittal- Bereiche der kaudalen Anlage An schnitt durch die Bauchhaut mit Mam- «je Milchgänge schließen sich reich maranlagen. Hämatoxylin + Eosin. Ken Ser; : M, kleinere (kraniale), M, größere verzweigte und gebuchtete Räume an, a ae MG Mileh- die Anlagen der Milchsinus und sezer- mi a a nierenden Abschnitte. Glatte Musku- latur ist noch nicht nachzuweisen. Es ist hier also noch nicht zur Bildung einer Zitzentasche gekommen, sondern die Milchgänge, welche beim Neugeborenen am Boden der Zitzentasche ausmünden, öffnen sich beim Fetus auf der Höhe der Vorwölbung. Es wäre denkbar, daß es später zu einer Einbeziehung der kleineren, weiter kranial gelegenen Mammaranlage in die Zitzentasche kommt; mit Rück- sicht auf den verhältnismäßig weiten Abstand der beiden Anlagen ist es aber wahrscheinlicher, daß sich die kraniale Anlage vollständig rückbildet. 173 Bezüglich der Haare, die beim Neugeborenen mit Ausnahme der Haare an der Ohrmuschel als Sinushaare oder als „Übergangsformen“ zu solchen gefunden wurden, möchte ich nur bemerken, daß beim Fetus noch nichts von der Anlage eines Sinus zu sehen ist und daß nur die Haare der Unterlippe sich durch einen auffallend stark ent- wickelten bindegewebigen Haarbalg von gewöhnlichen, asinuösen Haaren unterscheiden. Innsbruck, 7. März 1918. (Eingegangen am 11. März 1918.) Bücherbesprechungen. Lehrbuch der Muskel- und Gelenkmechanik. Von H. Strasser. Bd. 3. Spezieller Teil. Die untere Extremität. Bd.4. Spezieller Teil. Die obere Extremität. Berlin, Springer, 1917. Preis zusammen 54 M. Fast zehn Jahre nach dem Erscheinen des ersten Bandes, der den allge- meinen Teil der Gelenk- und Muskelmechanik enthält, vier Jahre nach Heraus- gabe der Mechanik der Rumpf- und Kopfgelenke, gelangen wir jetzt in den Besitz der beiden Schlußbände, die die Bewegung der Gliedmaßen behandeln. Der lange Zeitraum, der das Erscheinen der verschiedenen Teile trennt, kann wohl als ein Zeichen für die Schwierigkeit der Aufgabe und für die Gründlichkeit der Bearbeitung gelten. Vorweg mag bemerkt werden, daß der Gegenstand es mit sich bringt, daß das Buch nicht ein „leichtes Lesen‘ gestattet, sondern durchgearbeitet sein will, um der Darstellung des Verfassers wirklich folgen zu können. Das nun vollendete verdienstvolle, umfangreiche Werk STRASSERS stellt in vieler Hinsicht eine wert- volle Ergänzung zum Handbuch des Berichterstatters, das den gleichen Stoff behandelt, dar, namentlich auch insofern der Verfasser bei manchen Gegen - ständen, wo der Berichterstatter ausgesy rochenermaßen zu gunsten der leichteren praktischen Anwendbarkeit eine mechanisch vereinfachte Betrachtungsweise empfohlen hat, größerer mechanischer Strenge huldigt. (Beiläufig mag übrigens erwähnt werden, daß der Widerspruch des Verfassers gegen einzelne Darstel- lungen des Berichterstatters offenbar durch Mißverständnisse veranlaßt ist.) Die Bearbeitung des Stoffes verrät schon in seiner Anordnung volle Ur- sprünglichkeit und trotz vielfacher Berücksichtigung der Vorarbeiten anderer volle Selbständigkeit des Urteils, wie es ja bei einem Forscher, dem wir schon so manche tiefgründige mechanische Arbeit verdanken, eigentlich selbstverständ - lich ist, und bringt die Ergebnisse einer Fülle belangreicher eigener Einzelunter- suchungen des Verfassers. Von einem Eingehen auf Einzelheiten kann in unserem Hinweis auf das Werk natürlich nicht die Rede sein. Vor Anführung der Ein- A: teilung des Werkes mag hervorgehoben werden, daß es nicht nur, wie die Über- schrift angibt, die Mechanik der Gelenke und Muskeln behandelt, sondern auch eine Übersicht über die Knochen, Muskeln und Binden und eine Beschrei- bung der Bänder gibt, die durch Bilder veranschaulicht wird, die in Strichzeich- nung, zum Teil farbig, ausgeführt sind. Zuerst werden die Hüftmuskeln und die Bewegungen des Hüftgelenkes besprochen, dann erst die Gelenkeinrichtungen des Hüftgelenkes. Auf das Hüftgelenk folgen die Unterschenkel- und Fußmuskeln, sodann die Fußgelenke, wobei die Behandlung bei den Zehengelenken beginnt und über die Mittelfußgelenke zu den Sprunggelenken und den Schien-Wadenbein- verbindungen fortschreitet. Sehr willkommen ist ein besonderer Abschnitt über den Plattfuß. Erst nach den Bewegungseinrichtungen des Fußes geht der Ver- fasser auf die des Knies ein und schließt mit dem „Bein als Ganzes‘. Ähnliche Anordnung zeigt der 4. Band, insofern auch hier zuerst die Muskeln der Schulter, dann die Schultergelenke, sodann Unterarm und Hand, und auch da wieder die Muskeln vor den Gelenken, die Fingergelenke vor den Handgelenken besprochen werden, während das zwischen die obere und untere „Hauptgruppe“ der Muskeln eingeschaltete, zum Teil von beiden gekreuzte und beeinflußte EII- bogengelenk ihnen nachgestellt wird. Den Schlußteil bildet auch hier ‚der Arm als Ganzes‘, wobei sehr begrüßenswerterweise auch auf verschiedene Turnübungen im einzelnen eingegangen wird. (Wenn für eine künftige Neuauflage schon jetzt ein Wunsch ausgesprochen werden darf, so wäre es der nach einem Stichwortverzeichnis, das gerade bei der neuartigen Stoffanordnung für den Gebrauch besonders vorteilhaft sein würde.) Bei der wesentlich erhöhten Bedeutung, die die Bewegungslehre des mensch- lichen Körpers durch die bedauerlich große Zahl von Kriegsbeschädigten für die ausübende Heilkunde erhalten hat, ist diese neue gründliche Darstellung be- sonders willkommen, namentlich da sie von so sachkundiger Feder stammt. R. Fıck (Berlin). Zur Abwehr des ethischen, des sozialen, des politischen Darwinismus. Von Oscar Hertwig. Jena, Gustav Fischer. 1918. 119 S. Preis 4 M. Als Hertwie in seinem Werke „Das Werden der Organismen“ „einige Trugschlüsse in wichtigen Grundlehren des Darwinismus aufzudecken“ unter- nahm, wollte er das engere Gebiet der Biologie nicht überschreiten. Aber da Darwıns Prinzipien bald nach ihrer Veröffentlichung in weitere Kreise eindrangen und schließlich kaum ein Gebiet der menschlichen Kultur unbe- rührt gelassen haben, hat sich Herrwie veranlaßt gesehen, nunmehr auch seinerseits dem Darwinismus auf den nicht direkt biologischen Gebieten der Ethik, der Sozialwissenschaft und der Politik entgegenzutreten. In einem Nachwort zu dem oben erwähnten größeren Werke hatte sich Verf. geäußert: „Die Auslegung der Lehre Darwins, die mit ihren Unbestimmt- heiten so vieldeutig ist, gestattete auch eine sehr vielseitige Verwendung auf anderen Gebieten. ... Aus ihr konnte jeder, wie aus einem delphischen Orakel- spruch, je nachdem es ihm erwünscht war, seine Nutzanwendungen auf soziale, politische, hygienische, medizinische und andere Fragen ziehen und sich zur Bekräftigung seiner Behauptungen auf die Wissenschaft der dar- winistisch umgeprägten Biologie mit ihren unabänderlichen Naturgesetzen 175 berufen. Wenn nun aber diese vermeintlichen Gesetze keine solchen sind, sollten da bei ihrer vielseitigen Nutzanwendung auf andere Gebiete nicht auch soziale Gefahren entstehen können? Man glaube doch nicht, daß die mensch- liche Gesellschaft ein halbes Jahrhundert lang Redewendungen, wie unerbitt- licher Kampf ums Dasein, Auslese des Passenden, des Nützlichen, des Zweck- mäßigen, Vervollkommnung durch Zuchtwahl usw., in ihrer Übertragung auf die verschiedensten Gebiete wie tägliches Brot gebrauchen kann, ohne in der ganzen Richtung ihrer Ideenbildung tiefer und nachhaltiger beeinflußt zu werden! ... Eben darum greift die Entscheidung über Wahrheit und Irrtum des Darwinismus auch weiter über den Rahmen der biologischen Wissen- schaften hinaus.“ Diese Worte bilden das Programm für die vorliegende Schrift. Hrrrwic will zeigen, wie man, und zwar mit Erfolg, versucht hat, durch Darwıns Lehren die verschiedensten Gebiete des menschlichen Lebens „zu reformieren“ und zu „revolutionieren“. Hier handele es sich nicht mehr um wissen- schaftliche Behandlung von schwierigsten Fragen, sondern „um eine von Glaubensimpulsen geleitete sozial-politische Bewegung, die den Grund zu einer neuen Naturreligion legen will“. Herrwıe vergleicht diese ganze Bewegung mit der von Rousssau durch seinen „Contrat social“ ausgelösten, die bekanntlich direkt in die große Revolution auslief. Die Schrift Hertwies gliedert sich in vier Teile: der biologische, der ethische, der soziale, der politische Darwinismus. Jedem Abschnitt ist ein Nachweis der angeführten Literatur angefügt. Ein Referat kann hier nicht gegeben werden, es soll nur auf das Erscheinen und den Inhalt des leicht zugängigen Heftes hingewiesen werden, das jeder Biologe, ja eigentlich jeder Gebildete lesen sollte! In dem letzten Abschnitt über den politischen Darwinismus kommt Hertwie gegenüber der Lehre von der Notwendigkeit der Kriege zu fried- liebenden Anschauungen, er spricht sich entschieden für das „pazifistische Ideal“ aus und sucht seine Berechtigung aus dem Wesen des Ent- wickelungsprozesses selbst abzuleiten. Hierin werden ihm wohl — wenigstens jetzt unter dem Drucke des Weltkrieges — sehr viele Biologen zu folgen nicht imstande sein. Jena, 3. Mai 1918. B. Berichtigung. Prof. R. Fick weist darauf hin, daß der S. 512, Bd. 50 genannte Ort bei Prag nicht, wie im Original stand, Karlin, sondern Karolinental heißt. Anatomische Gesellschaft. Auf mehrfachen Wunsch folgt hier die Liste der Herren Mitglieder in Deutschland, Österreich-Ungarn und den neutralen, mit Deutschland in Post- verbindung stehenden Ländern, welche ihren Jahresbeitrag (vom 1. Februar 176 an sechs Mark) für 1918 oder frühere Jahre (s. die Ziffern in Klammern) noch nicht bezahlt haben: Bropmann, Cort (16, 17), Eckstein (17), GrREIL (17), HauschHitn, Pérerri (15, 16, 17), PETERSEN (15, 16, 17), Richter (17), Roscher (17), Ruppricat (16, 17), Scaitıng-Toreau (15, 16, 17), Strecker, Frhr. v. Wieser (17). Ein großer Teil der Genannten befindet sich im Felde und hat vermut- lich die um Neujahr versandte Zahlungsaufforderung nicht erhalten. Von Postaufträgen kamen unerledigt zurück die an die Herren Bropmann (früher Halle, jetzt angeblich München, dort von der Post „nicht ermittelt“!!), — Havuscaixp („im Felde“). Seit der Quittung in Nr. 18/20 Bd. 50 gingen Beiträge (6 M.) ein von den Herren: Lusoscu, GÖPPERT, PLENGE, ELLENBERGER (19), ADLOFF, RAWITZ, Spanpow (17), Neumayer (19), HassELWANDER, WEISSENBERG, SPENGEL, SIEGL- BAUER, LANGELAAN, BOEKE, BRINKMANN. Jena, im April 1918. Der ständige Schriftführer: K. v. BARDELBEBEN. Personalia. Breslau. Die Prof. H. Trrerer unterstellte Abteilung der Ana- tomischen Anstalt hat den Namen: „Abteilung für Entwickelungs- mechanik“ erhalten. Halle a. S. Professor G. Werzer, Privatdozent der Anatomie und Professor in Breslau, seit drei Jahren zur Aushilfe in Marburg, ist als Abteilungsvorsteher der histologischen Abteilung Nachfolger GEB- HARDTS geworden, unter Ernennung zum a. o. Professor. In Marburg bekommt Werzeı keinen Nachfolger. Ver ist erster, W. Vost zweiter Prosektor. In Breslau wurde GraEPER Nachfolger WEIZELS. Abgeschlossen am 25. Mai 1918. Weimar — Druck von R. Wagner Sohn. ANATOMISCHER ANZEIGER Centralblatt für die gesamte wissenschaftliche Anatomie, Amtliches Organ der Anatomischen Gesellschaft. Herausgegeben von Prof. Dr. Karl von Bardeleben in Jena. Verlag von Gustav Fischer in Jena. Der ,,Anatomische Anzeiger‘ erscheint zweimal im Monat in Einzelnummern oder einmal in Doppelnummern. Der Preis eines Bandes von 24 Nummern beträgt Mk. 20.—. Das Erscheinen der Bände ist unabhängig vom Kalenderjahr. = 51. Bd. ox 8. Juli 1918. xe No. 8, —— Issart. Aufsätze. Arne Strandberg +, Beitrag zur Kenntnis des Cuizvitzschen Organs. Mit 12 Abbildungen. S. 177—19. — P. Donker, Über die Beteiligung des N. vagus an der Innervation des Darmes. Mit 2 Abbildungen. S. 195—2C0. — G. ten Doesschate, Über die Retina von Walembryonen. Mit 4 Abbildungen im Text. S. 200-205. — C. Elze, Die venösen Wundernetze der Pars laryngea pharyngis. Mit einer Abbildung. S. 205—207. Biicherbesprechung. Tx. E. DE JonGE Cowen, 8. 208. Aufsätze. Nachdruck verboten. Beitrag zur Kenntnis des CHIEVITZ’schen Organs. Von ARNE STRANDBERG T. Mit 12 Abbildungen. (Aus dem Anatomischen Institut in Uppsala.) Während seiner Studien über die Entwickelung der Speicheldrüsen entdeckte J. B. Curevirz 1885 bei zwei menschlichen Embryonen von 10 bzw.-12 Wochen Alter dicht hinter der Mündungsstelle der Parotisdrüse eine kleine Epithelbildung, die er für den 10 Wochen alten Embryo folgen- dermaßen beschreibt (S. 420): „Ich muß noch ein rätselhaftes Gebilde erwähnen, welches sich an der rechten (mikrotomierten) Seite dieses Em- bryo fand. Fünfzehn Schnitte (jeder Schnitt 20 u dick) hinter der Parotis- mündung tritt nämlich der Querschnitt eines mit Epithel ausgekleideten Ganges auf, welcher längs der Außenseite der Mundhöhle in einer Aus- dehnung von 0,68 mm horizontal nach hinten verläuft. Während die nach außen von diesem Gange liegende Parotis sich in ihre seitlichere Lage an der Außenseite des Masseters hinausbegibt, folgt unser Gang der Auben- seite der Mundhöhle und geht an seinem hinteren Ende medial vom Unter- Anat. Anz. Bd. 51. Aufsätze. 12 178 kiefer, wo er am vorderen Rande des M. pterygoid. int. ein wenig verdickt endet. Ich habe von diesem Gange keine Verbindung, weder mit der Mund- höhle noch mit der Parotis, finden können.“ Bei dem 12 Wochen alten Embryo beschreibt er die Epithelbildung auf folgende Weise: „Kurz vor dem vorderen Rande des Masseter geht von der medialen Seite des Ductus parotideus ein nach hinten gerichteter Gang ab, welcher medial vom Masseter sich bis zum Pterygoideus int. fortsetzt und nach einem Verlauf von 1 mm blind endet. Der auf dem Querschnitte runde Gang sieht aus ganz wie die übrigen Drüsengänge; er besitzt in seinem größeren Teile ein Lumen, umgeben von Epithelzellen, deren längliche Kerne in zwei Reihen geordnet sind. Der N. buccinatorius kommt von hinten her zwischen dem M. temporalis und M. pterygoid. int. auf den Gang herab und schlägt sich um die laterale Seite desselben, um ihn weiter- hin an der unteren Seite zu begleiten. Ein Blutgefäß liegt lateral vom Nerven.“ Durch die Arbeiten späterer Forscher — Meyer, ELisaserHn Weıs- HAUPT, MorAL — ist die Entdeckung von Cnıevirz bestätigt worden. Dureh diese Untersuchungen wurde auch das Vorkommen der Epithel- bildung bei einigen Säugetieren konstatiert, neue Beobachtungen aber, die geeignet wären, ihre morphologische Bedeutung zu beleuchten, wurden erst 1913 gemacht, als Schutz zeigte, daß die Epithelbildung durch einen Abschnürungsprozeß vom Sulcus buccalis aus entsteht. Später (1916) hat Broman in Ergebnisse der Anatomie und Ent- wickelungsgeschichte Bd. 22, S. 602—622, eine Untersuchung über diese Epithelbildung, die er ,,CHrevrrz’ Organ‘ nennt, veröffentlicht. Er kommt hier zu dem Schluß, daß das Curevirz’sche Organ ein Rudiment einer während einer langen Periode der Säugetierphylogenese vorhandenen Drüse, einer ,,Parotis primitiva“, ist, welche wahrscheinlich relativ weit nach hinten in das Vestibulum oris mündete. Sobald die Parotis sich zu einer serösen Digestionsdrüse ausbildete, die ihre digerierende Wirkung in der Mundhöhle zu entfalten hatte, wurde eine Verlagerung der Parotis- mündung nach vorn zweckmäßig. Bei einigen Säugetieren wurde die alte Parotisdrüse beibehalten und nur eine komplettierende sekundäre Aus- führungspartie nach vorn von der ursprünglichen gebildet. Bei anderen dagegen wurde die alte Parotisdrüse „kassiert“ und durch Vergrößerung einer weiter nach vorn gelegenen kleinen Vestibulardrüse durch eine ,.Pa- rotis secundaria‘ ersetzt, wobei die alte Parotisanlage — Curevitz’ Organ — vom Mundepithel vollständig abgeschnürt wurde und rudimentär blieb. Als Parotis primitiva betrachtet Broman die bei einigen Vögeln vorkom- mende Mundwinkeldrüse (Glandula angularis oris). Bei Reptilien und Amphibien hat er nichts Entsprechendes hierzu gefunden. Im Anschluß an die Veröffentlichung dieser seiner Untersuchungen hat Broman ein ausführliches Referat von der Literatur und den Ansichten geliefert, die betreffs der morphologischen Bedeutung des Organs geltend gemacht worden sind. Nur soweit es für meine Darstellung notwendig ist, werde ich daher im folgenden auf die übrige Literatur in dieser Frage eingehen und beschränke mich im übrigen darauf, betreffs derselben auf Bromans 179 Literaturübersicht zu verweisen. Betonen will ich nur, daß unser gegen- wärtiges Wissen in diesem. Punkte nicht derart ist, daß nicht zur Beurtei- lung der morphologischen Bedeutung des fraglichen Organs eine Erweite- rung unserer Kenntnis seiner Anatomie, Ontogenese und Phylogenese notwendig wäre. Betreffs der gröberen und feineren Morphologie des Organs liegen in der Literatur divergierende Angaben vor. Im allgemeinen wird das Organ als eine dem Sulcus buccalis ungefähr parallel verlaufende, medial vom M. masseter liegende Epithelbildung beschrieben, die nach einigen Autoren (Curevitz, MEYER, WeIsHAUPT) mit dem Ductus parotideus in Verbindung steht, weshalb Meyer, der dies als die Regel ansah, den Namen ,,Ramus mandibularis ductus parotidei‘“ vorschlug. Außer Scuunte hat kein späterer Autor einen Zusammenhang zwischen dem Cutevitz’schen Organ und dem Ductus parotideus angetroffen. Auch Schurte hat diesen Zu- sammenhang nur in Ausnahmefällen gefunden und faßt ıhn als eine Ano- malie auf. CHrevirz’ Organ wird von einigen als ein Gang, von anderen als ein Strang beschrieben. Cutevitz selbst nennt die Bildung ‚einen mit Epithel ausgekleideten Gang“. Meyer und Weıs#Aaupr beschrieben das Organ als einen „Seitenast‘‘ oder „Nebengang‘‘ des Duetus parotideus, geben aber nicht an, ob ein Lumen vorhanden ist. Doch spricht Weıs- HAUPT (S. 30) von der ,,Geringfiigigkeit des Kalibers“. Gewöhnlich wird jedoch das Organ als ein solider Epithelstrang beschrieben (SchuLte, Broman). Eine Andeutung von progressiver Entwickelung der Epithel- bildung hat niemand, außer E. Weishaupt, beschrieben, die bei drei Men- schenembryonen (von bzw. 7,5, 10 und 11 mm Länge) eine schwache Ver- zweigungin Form von Ausbuchtungen nach den Seiten hin fand (S. 17—18), sowie Sonouxre, der bei einem 70 mm langen Katzenembryo ein paar kleine Knospenbildungen am hinteren Teile des Curevitz’schen Organs fand. Die meisten Forscher scheinen darüber einig zu sein, daß das Organ bei älteren Embryonen eine regressive Metamorphose erfährt. Genaue Untersuchungen über die Ontogenese des Organs sind von ScHuLtE an Katzenembryonen ausgeführt worden. Durch eine Zusammen- stellung der Beschreibungen verschiedener Autoren hat er sich jedoch eine Auffassung von dem Verlauf des Entwickelungsprozesses beim Menschen zu bilden versucht. Sind demnach bezüglich der Morphologie und Ontogenese des Organs noch viele Punkte ungeklärt, so gilt dies in noch höherem Grade von seiner Phylogenese. Bei den niederen Wirbeltieren ist das Organ nicht nach- gewiesen. Broman hat seine Parotis primitiva nur bei einigen Vögeln als Glandula angularis oris sowie bei einer Robbe (Lotodon careinophaga) gefunden. Veranlaßt durch die bis dahin sehr unklare Lage des Problems, begann ich im Herbst 1915 auf Vorschlag von Herrn Professor HamMAR eine Untersuchung der vergleichenden Embryologie des fraglichen Organs. Seitdem sind besonders durch Bromans Ver- 12% 1S0 öffentlichungen die Verhältnisse bei den Säugetieren in ein klareres Lieht gerückt worden, gleichzeitig damit, daß die ganze Frage an Aktualität gewonnen hat. Ein besonderes Interesse habe ich der Frage nach dem Vorkommen des Organs außerhalb der Gruppe der Säugetiere zugewandt. Ich habe außerdem das Vorkommen und die Entwickelung des Organs bei einigen Säugetieren und vor allem beim Menschen studiert — alles an Schnittserien, die den embryologischen Sammlungen des Uppsalaer Instituts angehören. Mein Säugetiermaterial hat aus einer großen Anzahl Embryonen von Mensch, Igel, Ratte, Kaninchen, Katze, Kalb, Pferd (nur zwei Stadien) bestanden. Von Reptilien habe ich folgende untersucht: Ophidia: Tropidonotus natrix, Eutaenia sirtalis. Saurii: Anguis fragilis, Lacerta agilis, Lacerta muralis, Cnemido- phorus sexlineatus, Gongylus ocellatus, Scleroporus undulatus. Crocodilia: Crocodilus porosus. Chelonia: Chrysemys marginata, Chelydra serpentina. Von Amphibien sind Embryonen von Rana temporaria, Nec- turus maculatus und Triton punctatus und von Vögeln Embryonen von Anas boscas, Passer domestieus, Podiceps eristatus und Gallus domesticus untersucht worden. Mein gesamtes Material ist in Paraffin eingebettet und in Serien- schnitte mit im allgemeinen 12 yp. Schnittdicke zerlegt, die Fär- bung mit Hämatoxylin-Eosin bewerkstelligt worden. Von einem recht großen Teil des Materials habe ich Rekonstruktionen nach der Born’schen Methode angefertigt. Ich beginne meine Darstellung mit den Verhältnissen beim Menschen und den übrigen Säugetieren, an denen das Organ ent- deckt und bisher am meisten studiert worden ist. Mensch. Außer von Cutnvitrz selbst ist das Organ beim Menschen von MEYER, WEISHAUPT, BUJARD, SCHULTE nachgewiesen worden. Mit negativem Resultat hat E. Wrisnaupr vier Menschenembryonen (von bzw. 13,5, 18, 18 und 25 mm Länge) untersucht. Bei einem 35-mm-Embryo fand sie das Organ nur auf der linken Seite. Be- treffs der frühesten Anlegung des CHIEvIrz schen Organs finden sich, was den Menschen anbelangt, keine vollständigen und auf eigene Untersuchungen gegründeten Beschreibungen. SCHULTE hat zwar, wie oben erwähnt, durch eine Zusammenstellung der Beschreibungen verschiedener Autoren sowie an der Hand einiges eigenen Materials sich eine Vorstellung hiervon zu bilden versucht. In seiner Zu- sammenfassung (5. 69) sagt er, das CHIEVITZ’sche Organ sei „a column of epithelium, derived from the caudal portion of the (buceal) suleus by a process of folding and constrietion and comes thereafter to lie in the mesenchyme on the cutal surface of the masseter and internal pterygoid muscles.” Das Jüngste Menschenembryo, an welchem in meinem Material ein Organ erkannt werden konnte, war ein Embryo von 8 mm Linge. Man sieht hier vom Boden des Sulcus buccalis aus in der Nähe des Mundwinkels eine schwache Ausbuchtung auf einem verhältnismäßig begrenzten Gebiet. Im hinteren Teil dieser Ausbuchtung erscheint das Epithel verdickt, während die Ausbuchtung selbst nach vorn hin zunimmt; bei einem 11-mm-Embryo besteht die Organanlage dem- nach aus zweı Teilen: einem vorderen in Form einer rinnenförmigen Ausbuchtung vom Boden des Sulcus buccalis aus und einem hinteren, bestehend aus einer Leiste längs diesem. An einem 13,9-mm-Embryo sieht man die ganze Organanlage durch eine Leiste vertreten, die den größeren Teil des Suleus buccalis umfaßt, und die durch seichte Furchen sich gegen diesen absetzt. Während der weiteren Entwicke- lung schnürt sich nun diese Epithelleiste von dem Sulcus buccalis ab. Die Abschnürung scheint im hinteren Teil zu beginnen. An einem 16-mm-Empbryo sind so die Furchen, die den Strang gegen den Sulcus buccalis abgrenzen, tiefer, und im hinteren Teil ist der Strang auf einer kürzeren Strecke vollständig frei geworden. Diese frühen Entwickelungsstadien des Curevitz’schen Organs haben Hammar (1901) und Pavurer (1911) als die erste Anlage der Glandula parotis (Ductus parotideus) beschrieben. Diese Auffassung, auf deren Un- richtigkeit zuerst SCHULTE hingewiesen hat, dürfte, wenigstens was Hammar betrifft, durch zu geringem Umfang des Untersuchungs- materials zustande gekommen sein, so daß gerade die Stadien gefehlt haben, wo die wirkliche Parotisanlage zuerst auftritt. An den von mir untersuchten Embryonen erscheint die Parotisanlage zuerst an einem 15,4-mm-Embryot) als ein kleiner, solider Zapfen vom Sulcus bucealis aus 204 u vor dem vorderen Ende des Catevirz’schen Organs. 1) Dieser ist auch in anderen Hinsichten mehr entwickelt als das oben erwähnte Embryo von 16 mm Länge. 152 Cutevitz’ Organ bildet in diesem Stadium einen soliden Strang, der seiner ganzen Ausdehnung nach vom Suleus buccalis abgeschnürt ist, mit Ausnahme des vorderen Endes auf der linken Seite, wo noch ein deutlicher Zusammenhang vorhanden ist. An einem 17,1-mm- Embryo ist der Strang vollständig abgeschnürt. In allen älteren Stadien bis hinauf zu 114 mm, dem ältesten Stadium, das von mir untersucht worden ist, erscheint das Organ als ein schmaler Strang, ohne Verbindung mit dem Sulcus buccalis, an ungefähr derselben Stelle, medial vom M. masseter und M. pterygoideus internus liegend und auf der lateralen Seite vom N. mandibularis gekreuzt. Im großen und ganzen zeigt das Organ in allen diesen Stadien ein sehr einför- miges Aussehen, obwohl bezüglich einiger Details gewisse Variationen beobachtet werden können. In vielen Fällen, am frühesten bei einem 22,1-mm-Embryo, ist der Strang an seinem vorderen Ende etwas angeschwollen, und in einem Falle (51 mm) kann man hier eine ge- ringe Andeutung von Knospenbildung sehen. Oft erscheint der Strang in seinem mittleren Teil stark atrophisch, und in vielen Fällen ist er hier auf einer kürzeren Strecke vollständig unterbrochen. Dies scheint besonders in älteren Stadien der Fall zu sein, jedoch keines- wegs regelmäßig. So ist z. B. an einem 71-mm-Embryo der Strang nicht unterbrochen. An einem 65-mm-Embryo zeigt er nur auf der rechten Seite Unterbrechung. An dem ältesten von mir untersuchten Embryo, 114 mm, macht der Strang in seiner Gesamtheit den Eindruck der Atrophie. Einen Zusammenhang zwischen dem CHIE- vırz’ schen Organ und dem Ductus parotideus habe ich nirgends beobachten können. Das vordere, oft angeschwollene Ende reicht zwar oft fast bis an diesen heran, aber ich habe stets eine, wenn auch minimale — oft nur 12—24 p. lange (1—2 Schnitte) — Strecke zwischen diesen Bildungen beobachten können. Auch habe ich in keinem Falle ein Lumen im Strange wahrzunehmen vermocht. Die übrigen Säugetiere. Die Säugetiere, bei welchen das Untevirz’sche Organ bisher nachgewiesen worden ist, sind Schwein (WEISHAUPT, MorAL), Meer- schweinchen (WeısHAupr), Ratte (WrisHaupt, Broman), Hirsch (WeEısHAupr), Maulwurf (ScHuULTE, Broman), Tupaia (SCHULTE), 3eutelratte (ScHuLTtE), Katze (SCHULTE), Seehund (Leptonycchotes Weddeli) (Broman), Schaf (Broman), Pferd (Broman), Fledermaus (Broman). Bestimmte Angaben über negative Befunde liegen von 183 WEISHAUPT und BROMAN vor. WEISHAUPT hat bei je einem Embryo von Affe (20 mm), Kaninchen (3 Wochen), Pferd (Kopf 3,5 cm), Sehaf (Kopf 3,5 em), sowie bei zwei Rattenembryonen (ohne An- gabe des Alters oder der Größe) kein Curevirz’sches Organ gefunden, stattdessen aber ,,ventrale Backendriisen‘‘. Bemerkenswert ist, daß sie bei einem dritten Rattenembryo (ohne Angabe des Alters oder der Größe) das Organ angetroffen hat (siehe oben), und daß das Organ bei Pferd und Schaf später nachgewiesen worden ist (siehe oben). Broman konnte bei vier Embryonen (von bzw. 13, 29, 58 und 82 mm Länge) einer Robbe (Lobodon careinophaga) kein ÜHIE- virz sches Organ nachweisen. Da indessen bei diesem Tier nach vorn von der großen Parotisanlage eine kleinere Buccaldrüse vorhanden ist, die als eine zweite Parotis imponiert, ist er geneigt, die große, hintere Parotisanlage als eine Parotis primitiva zu betrachten und sie mit dem Cuxrevirz’schen Organ zu homologisieren. Bei den Säugetierarten, die mir zur Untersuchung vorgelegen, habe ich das Cnıevrrz’sche Organ in allen Stadien, außer in den frühen Stadien, angetroffen, wo das Organ noch nicht angelegt worden war. Katze. Eingehende Untersuchungen über die Entwickelung des Curevirz’schen Organs bei der Katze hat, wie gesagt, SCHULTE aus- geführt. Nach ihm kann man schon bei einem 8,5-mm-Katzenembryo im Suleus bucealis eine Epithelfalte sehen, die bei einem 10,5-mm- Embryo bis an den Mundwinkel heranreicht. Später verlängert sich der Suleus buccalis nach vorn zu auf Kosten der Mundöffnung, indem die hinteren Teile der Ober- und Unterlippe miteinander verwachsen. Hierdurch wird das Cutevrrz’sche Organ scheinbar nach hinten ver- schoben. SCHULTE unterscheidet in der Anlage des Cnızvirz’schen Organs zwei Teile: einen hinteren, Pars cylindrica, und einen vorderen, Pars lata, dessen vordersten Teil er Processus cranialis nennt. Durch einen Abschnürungsprozeß, der beim 14-mm-Embryo beginnt und von der Mitte aus nach beiden Seiten hin, am schnellsten nach vorn hin, fortschreitet, wird das Organ von dem Sulcus buccalis frei ge- macht. Bei Embryonen von 15—19,5 mm Länge ist die Abschnürung am vorderen Ende vollendet, und bei 18,5—35-mm-Embryonen ist auch das hintere Ende vom Sulcus bucealis frei. An dem ältesten seiner Katzenembryonen (70 mm) fand ScHULTE an der Pars cylin- drica ein paar kleine Knospenbildungen, während der Rest des Organs Zeichen von Degeneration aufwies. 154 Meine Befunde an Katzenembryonen stimmen gut mit SCHULTES Beschreibung des Verlaufes des Abschnürungsprozesses bei diesen überein. So zeigte bei einem 13-mm-Embryo das Curevirz’sche Organ seiner ganzen Ausdehnung nach Zusammenhang mit dem Sulcus buccalis. Bei einem 20-mm-Katzenembryo war der Proc. cranialis vom Sulcus bucealis abgelöst und endete atrophisch, während die Pars cylindrica noch zu einem Teil mit diesem zusammenhing. Ungefähr dasselbe Aussehen zeigte das Organ bei einem 25-mm- Embryo. Bei einem 55-mm-Embryo war der ganze Strang voll- ständig abgeschnürt. In einem älteren Stadium (61 mm) erschien er etwas atrophisch. Eine Andeutung zu Knospenbildung, wie sie SCHULTE bei einem 70-mm-Embryo beschrieben hat, ist mir in keinem Stadium bei der Katze begegnet. Ratte. Von den drei Rattenembryonen (ohne Angabe von Alter oder Größe), die WEISHAUPT untersuchte, fand sie nur bei einem das Curevirz’sche Organ. Eine nähere Beschreibung ihres Befundes liefert sie nicht. Weit genauer hat Broman vier Ratten- embryonen, eine neugeborene, eine einige Tage alte und eine aus- gewachsene Ratte, untersucht und bei allen außer der letzt- genannten, das Organ auf beiden Seiten gefunden. Bei den Jüngeren Embryonen (12 bzw. 13 mm) war das Organ fast gerade, während es bei einem etwas älteren Embryo (15 mm) an einer Stelle eine scharfe Biegung zeigte, so daß das vordere Ende in diesem Stadium niedriger, das hintere Ende dagegen höher lag als der Suleus buccalis. Das hintere Ende war verdickt, wies aber ebensowenig wie das Organ im übrigen Zeichen einer Verzweigung auf. Bei einem 20-mm-Embryo war das ÖHrevirz’sche Organ weniger deutlich und zeigte an einer Stelle eine kleine Unterbrechung. Dasselbe Aussehen hatte das Organ bei der neugeborenen Ratte (28 mm). Bei der einige Tage alten Ratte fand er nur einige Reste des Organs, und bei der ausgewach- senen konnte er dasselbe nicht mehr wiederfinden. Bei einem der von mir untersuchten Rattenembryonen, 10,5 mm, war das Organ schon vollständig entwickelt und vom Sulcus buccalis abgelöst. Das vordere Ende lag keulenförmig angeschwollen dicht neben der Parotisanlage. Dasselbe war bei zwei Embryonen von 11,5 bzw. 12,5 mm der Fall. Bei einem 20-mm-Embryo erscheint das Organ etwas atrophisch, was in noch höherem Grade bei dem ältesten der von mir untersuchten Rattenembryonen (26,5 mm) der Fall war. In keinem Falle war der Strang an irgendeiner Stelle unter- brochen. Kaninchen. Keine anderen Angaben über das Vorkommen des Cnıevirz’schen Organs beim Kaninchen liegen in der Literatur vor als WetsHauprs Angabe über ihren negativen Befund bei einem 3 Wochen alten Kaninchenembryo. Ich habe eine verhältnismäßig vollständige Serie Kaninchenembryonen von 7 mm Länge bis neu- geboren durchgesehen und hierbei das Organ bei allen untersuchten Embryonen gefunden. Morphologie und Ontogenese des Organs sind hier in allem wesentlichen denen beim Menschen gleich. Bei einem 7-mm-Embryo besteht die Organanlage aus einer rinnen- förmigen Ausbuchtung vom Sulcus buccalis aus. Am Boden dieser Ausbuchtung ist das Epithel etwas verdickt. Bei einem 10,9- mm-Embryo besteht das Organ aus einer durch seichte Furchen vom Suleus buccalis abgesetzten Leiste. Während der weiteren Ent- wickelung wird nun diese Leiste abgeschnürt, wie beim Menschen von hinten anfangend, so daß bei einem 12-mm-Embryo der hintere Teil des Organs vollständig abgeschnürt ist. Im vorderen Teil hängt noch die Leiste mit dem Suleus bucealis zusammen, aber die Furchen, die sie von diesem absetzen, sind bedeutend tiefer geworden. Bei einem 13-mm-Embryo findet sich nur ein unbedeutender Zusammen- hang am vorderen Ende, und bei einem 15-mm-Embryo ist der Strang vollständig abgeschnürt. In älteren Stadien trifft man stets das Organ als einen schmalen Strang an, der mit dem Sulcus bucealis ziem- lich parallel verläuft. Oft ist jedoch der Strang an seinen Enden etwas gebogen, so daß das vordere Ende höher und das hintere etwas niedri- ger als der Suleus liegt. In dem ältesten Stadium, das ich untersucht habe, neugeboren, ist der Strang noch deutlich vorhanden, obwohl etwas atrophisch. Er beginnt hier gleich lateral vom Hamulus pterygoideus, verläuft dann längs der medialen Oberfläche des M. pterygoideus internus und endet dieht hinter dem Rande des- selben. Vom Kalb habe ich Embryonen von bzw. 20, 25,6, 30, 40,2 und 56 mm Länge, vom Pferd u. a. ein Embryo von 72 mm Länge und vom Igel zwei Embryonen von 20 bzw. 28 mm Länge untersucht. Bei allen diesen habe ich das Curevirz’sche Organ angetroffen. Es stimmte hier in allem wesentlichen mit dem Organ beim Kaninchen überein. 186 Bei den übrigen Wirbeltieren ist das Unrevirz’sche Organ, wie gesagt, bisher nicht nachgewiesen worden. Die meisten Forscher, die sich mit diesem Organ beschäftigt haben, scheinen jedoch ihre Untersuchungen überhaupt nicht über die Klasse der Säugetiere hinaus ausgedehnt zu haben. E. Weishaupt berichtet indessen (S. 25) von Untersuchungen an eine Eidechse und eine Schildkröte, die negatives Resultat ergeben haben. Broman, der ‚eine nicht unbeträchtliche Zahl“ von Amphibien, Reptilien und Vögeln unter- sucht hat, sagt (8. 619): ,,Hin rudimentäres Organ, das dem ÜHIEVITZ- schen Organ der Säugetiere gleichgestellt werden konnte, war aber bei diesen niederen Wirbeltieren nirgends zu finden.“ Doch be- trachtet er, wie oben erwähnt, die bei einigen Vögeln vorkommende sroße Mundwinkeldrüse (Glandula angularis oris) als eine dem CHTE- vırz’ schen Organ homologe Bildung. Reptilien. Bei gewissen Reptilien habe ich eine Epithelbildung gefunden, die, soviel ich sehe, als Önrevirz’sches Organ gedeutet werden muß. Leider hat das Material, das mir zu Gebote gestanden, hauptsächlich aus Jüngeren Embryonen bestanden. Ich habe daher nicht mehr als in einigen Fällen die Entwickelung des Organs vom Anfangs- bis zum Endstadium bei derselben Reptilienart verfolgen können. Da aber bereits der bloße Nachweis des Vorkommens des Organs bei den Reptilien einen Beitrag zur Beurteilung seiner morphologischen Be- deutung liefern kann, und da zudem gewisse Andeutungen zu pro- gressiver Entwickelung des Organs bei gewissen Spezies von Rep- tilien sich haben nachweisen lassen, so habe ich es für angezeigt er- achtet, darüber schon jetzt eine Mitteilung zu liefern, nachdem meine Versuche, für gewisse dieser Spezies das Material zu vervollständigen, leider bisher nicht von Erfolg gekrönt gewesen sind. Bevor ich zu der Beschreibung der verschiedenen Reptilien- sruppen übergehe, dürfte es notwendig sein, mit einigen Worten gewisse für den Sulcus buccalis bei ihnen allen charakteristische Eigen- tümlichkeiten zu berühren. Unter Sulcus buccalis versteht man (Hammar 1901) die Rinne, die in der primären Mundhöhle des Em- bryos von dem Mundwinkel ausgeht und sich nach hinten zu zwischen dem Oberkieferfortsatz und dem Unterkieferbogen erstreckt. Auch bei den Reptilien findet sich nun ein Suleus buccalis, obwohl er ein von den Verhältnissen bei den Säugetieren etwas abweichendes Aus- 187 sehen aufweist. Er bildet nämlich hier eine nach oben und hinten gerichtete, fast trichterförmig zugespitzte Tasche mit einer hinteren konvexen und einer vorderen konkaven Wand. Tropidonotus natrix. An den jüngsten untersuchten Em- bryonen von bzw. 6,2, 8 und 10 mm Länge!) sieht man keine Spur von der Epithelbildung, die ich als Cnızvirz’sches Organ gedeutet habe und im folgenden mit diesem Namen bezeichne. An einem 12-mm-Embryo ist das Organ dagegen schon kräftig entwickelt. Es besteht hier (Abb. 1, Ch.o.) aus einem schmäleren strangförmigen Teil, der seiner ganzen Ausdehnung nach mit dem lateralen Teil des Suleus buccalis (S. b.), dicht hinter dem oberen 4 EHRT ey, TUE ee: Abb 1. Abb. 2. Rande desselben, zusammenhängt. Nahe der Spitze des Sulcus bucealis geht dieser schmälere Teil in einen vom Sulcus ganz ab- gelösten, über dem tiefsten Teil desselben umgebogenen und hier keulenförmig angeschwollenen Teil über, der an seiner Oberfläche einige Unregelmäßigkeiten, eine Andeutung zu Knospenbildung, zeigt. An einem anderen Embryo von Tropidonotus natrix (13 mm) (Abb. 2), das in seiner Gesamtheit etwas weiter entwickelt ist als das 1) Die Maße bezeichnen hier und im folgenden, wo nichts anderes erwähnt wird, den größten Durchmesser des zusammengerollten Embryos und besagen aus diesem Grunde wenig. vorige, scheint das Curevirz’sche Organ gleichfalls etwas weiter entwickelt zu sein. Der gleich hinter dem oberen, lateralen Rande des Sulcus buccalis befestigte Teil (Ch. o.) ist an zwei Stellen, jedoch nicht an den Endpunkten, von diesem frei. Der mediale, keulen- förmige Teil zeigt auch deutlichere Knospenbildung (K) als im vor- hergehenden Stad um. Über die Verhältnisse bei älteren Embryonen kann ich mich mangels Materials leider nicht äußern. Ein Kopf eines neugeborenen Tropidonotus hat mir zwar zur Verfügung gestanden und ist in den betreffenden Teilen von mir auch modelliert worden, wegen des Mangels an Zwischenstadien wage ich es jedoch nicht, mich darüber auszusprechen, ob eine der Bil- dungen, u. a. die Giftdrüse und andere Drüsen, die sich hier in der Ab. 3. Gegend des Sulcus bucealis finden, mit dem Cutevitz’schen Organ zu identifizieren ist. Eutaenia sirtalis. Von dieser Schlange hat mir nur ein wohl- konserviertes Stadium (11 mm) zu Gebote gestanden. Das Organ erinnert hier sehr an das bei dem oben beschriebenen Tropidonotus- embryo (12 mm). Der dicht hinter dem oberen Teil des lateralen Randes des Sulcus buccalis befestigte Teil (Ch. 0.) ist jedoch hier etwas kürzer. Der über der Spitze des Sulcus keulenförmig ange- schwollene Teil zeigt auf seiner Hinterseite eine deutliche Knospen- bildung (K, Abb. 3, 4, 5, 6). Anguis fragilis. Das früheste Stadium, an dem das ÜHIEVITZ- sche Organ hier zu erkennen war, war ein 8,5-mm-Embryo. Das Organ erscheint hier als eine nur an ihren Enden mit dem Suleus buccalis zusammenhängende, an der Mitte aber ganz freie, spindel- Abb. 4. 159 förmige, in ihrem mittleren Teil ziemlich dieke Bildung (Abb. 7), dem größten Teil des Suleus buccalis entlang liegend. Der mittlere Teil ist durch Bindegewebe vom Sulcus buccalis geschieden. In einem älteren Stadium (11 mm) erscheint das Organ als ein gleichmäßiger, hufeisenförmig gebogener Strang lings dem ganzen Rande des Sulcus buccalis, mit dem er an den Endpunkten sowie in der Mitte zusammenhängt (Abb. 8). In einem noch älteren Stadium (14 mm) entbehrt der Strang auf der linken Seite allen Zusammenhanges mit dem Sulcus bucealis. Auf der rechten Seite hängt er nur am medialen Ende mit demselben a } Abb. 5. Abb. 6. zusammen. Auf beiden Seiten ist der Strang in diesem Falle relativ kurz, mit deutlichen Zeichen vor sich gehender Atrophie. Eine Andeutung zu Knospenbildung fehlt auch hier. Lacerta agılıs. Bei einem 5-mm-Embryo findet sich keine Andeutung von einem ÜHIEVITZ’schen Organ. Bei einem 9,5-mm-Embryo besteht das Organ aus einem kurzen, schmalen Epithelstrang, der dicht vor der Spitze des Suleus buccalis liest und an beiden Enden mit diesem zusammenhängt. An einem 11-mm-Embryo (Abb. 9) ist das Organ vollständig vom Suleus buccalis losgelöst und liegt wie im vorigen Stadium als ein kurzer, schmaler, unverzweigter Strang dicht vor der Spitze des Sulcus bucealis. v” x ¥ ¥ ¥ En ae Nad ie 190 Lacerta muralis. Bei einem 5,6-mm-Embryo ist kein Careyvrrz- sches Organ vorhanden. Bei einem 7,8-mm-Embryo erinnern die Verhältnisse sehr an die bei Lacerta agilis (9,5 mm). Wie bei dieser hat das Organ hier die Form eines kurzen, schmalen, unverzweigten Epithelstranges, der dicht vor der Spitze des Sulcus buccalis liegt Auf der rechten Seite ist er seiner ganzen Ausdehnung nach, mit Ausnahme des medialen Endes, völlig vom Suleus buccalis frei. Auf der linken Seite ist der Zusammenhang an dieser Stelle nicht völlig deutlich. In einem älteren Stadium (10,1 mm) ist der Strang vollständig vom Sulcus buccalis abgeschnürt und innen noch unverzweigt. Cnemidophorus sexlineatus. Bei einem 8,2-mm-Embryo findet sich kein Cutmvitz’sches Organ. An dem jüngsten Embryo, bei dem ich das Organ angetroffen habe (10,5 mm), besteht dasselbe aus einem schmalen Strang, der Abb, 7. Abb. &. Abb. 9. fast seiner ganzen Länge nach mit der hinteren Wand des Sulcus buccalis nahe der Spitze desselben zusammenhängt. Nur das mediale Ende ist auf einer ganz kurzen Strecke frei. Bei einem 11,5-mm-Embryo ist der Strang von ähnlichem Aus- sehen, aber in etwas größerer Ausdehnung als im vorigen Stadium an seinem medialen Ende vom Suleus buccalis abgelöst. In einem älteren Stadium (27 mm Gesamtlänge) ist der Strang von dem Suleus buccalis vollständig frei, andauernd unverzweigt und erscheint bereits etwas atrophisch. Bei einem 64-mm-Embryo (Gesamtlänge) ist der Strang nicht mit Sicherheit mehr anzutreffen. Scleroporus undulatus. Bei einem 6,3-mm-Embryo ist keine Spur von einem Curevitz’schen Organ zu sehen. Bei einem 7-mm-Embryo bildet das Organ einen schmalen Strang längs dem Suleus bucealis, an beiden Enden mit diesem zu- sammenhängend. In einem älteren Stadium, 19-mm-Embryo, ist das laterale Ende frei. Der Zusammenhang am medialen Ende ist undeutlich. Bei einem 85-mm-Embryo ist der Strang nicht mit Sicherheit aufzufinden. Gongylus ocellatus. Bei einem 10-mm-Embryo hat das Organ die Form eines längs dem Sulcus bucealis liegenden Stranges, der nur am kaudalen Ende mit demselben zusammenhänst. Von Crocodilus porosus habe ich drei Embryonen (bzw. 13,4, 19,5 und 20 mm) untersucht, ohne bei ihnen ein ÜHIEVITZ’sches Organ finden zu können. Von Chrysemys marginata habe ich acht Embryonen (bzw. 5, 7,10, 11,2, 14, 15,8, 19,4 und 29 mm) und von Chelydra serpen- tina fünf Embryonen (bzw. 6, 8,1, 10,8, 17 und 22 mm) untersucht. Bei keinem dieser Embryonen war eine Spur von einem ÜHIEVITZ- schen Organ zu entdecken. Aus dem Obigen geht also hervor, daß bei einigen Reptilien, die den Gruppen Ophidia und Saurii angehören, eine Epithelbildung vor- handen ist, die hinsichtlich ihrer Lage völlig dem Curevirz’schen Organ beim Menschen und bei den Säugetieren entspricht. Wie bei diesen wird auch hier das Organ längs dem Sulcus bucealis angelegt und durch einen Abschnürungsprozeß von diesem losgelöst. Das allgemeine Aussehen des Organs stimmt bei mehreren Rep- tilien (Lacerta, Anguis) mit dem Curevitz’schen Organ des Menschen und der Säugetiere überein. Bei anderen dagegen weicht das Aus- sehen des Organs auffällig ab. Besonders bemerkenwert ist das Aus- sehen des Organs bei Tropidonotus und Eutaenia. Die hier vor- kommende deutliche Knospenbildung an dem angeschwollenen medialen Ende scheint mir für die Möglichkeit einer progressiven Entwickelung des Organs zu sprechen. Andererseits dürfte Beachtung verdienen, daß das atrophische Aussehen des Organs bei den ältesten untersuchten Embryonen von Anguis und Cnemidophorus darauf hindeutet, daß das Organ dort eine regressive Metamorphose erfährt, gleichwie es in den ältesten Stadien von Cnemidophorus und Selero- porus ganz verschwunden zu sein scheint. 192 Amphibien. Mit vollständig negativem Ergebnis habe ich fünf Embryonen von Rana temporaria (bzw. 8, 9,5, 14,5, 15,5 und 29,5 mm), vier Embryonen von Necturus maculatus (bzw. 7, 13,5, 20 und 23 mm) sowie drei Embryonen von Triton punctatus (bzw. 8, 12,5 und 81 mm) untersucht. Vogel. Von diesen habe ich eine große Anzahl dichtliegender Embryonal- stadien von Gallus domesticus, Anas boscas, Passer do- mesticus und Podiceps eristatus untersucht. Indessen habe ich nur bei Gallus die Verhältnisse auf rekonstruktivem Wege unter- sucht und beschränke aus diesem Grunde meine Darstellung hier auf Abb. 10. Abb. 11. diese Spezies. Die Befunde hier weichen so wesentlich von den posi- tiven Befunden bei Säugetieren und Reptilien ab, daß ich auch in meiner Darstellung denselben eine Sonderstellung nach den übrigen geben zu müssen geglaubt habe. Bei einem 168 Stunden alten Hühnerembryo habe ich noch keine Drüsenbildung im Anschluß an den Sulcus bucealis angetroffen. Bei einem 192 Stunden alten Embryo (Abb. 10) findet sich eine schwach angedeutete knospen-, nicht strangförmige Anlage, die bereits eine gewisse Tendenz zeigt, in einer gegen den Suleus bucealis senkrechten, ungefähr kraniodorsalen Richtung auszuwachsen. Bei einem 202 Stunden alten Embryo (Abb. 11) ist die Knospe durch einen kurzen Strang ersetzt, der die angegebene Richtung völlig ausgeprägt zeigt. Das freie Ende des Stranges ist schwach keulenförmig verdickt und zeigt auf den Schnitten eine erste An- deutung zu beginnender Knospung. Bei einem 266 Stunden alten Embryo (Abb. 12) endlich ist Ver- zweigung und Knospenbildung in voller Ausbildung, und die Knospen erstreeken sich längs dem ganzen Gange hin bis hinab zu dessen Mündung in den Suleus bucealis. Andauernd ist die Richtung der Drüsenanlage eine solche, daß sie, weit davon entfernt, dem Sulcus buccalis zu folgen, denselben vielmehr in der Richtung von hinten nach vorn überkreuzt, wenn man ihre an der hinteren Wand der Ekl. Buecalfurche belegene Mündung als Ausgangspunkt nimmt. Daß die Drüse, deren Bildung hier in einigen ihrer ersten Stadien verfolgt worden ist, die Glandula angularis oris, die BRoMAN als dem Cutpvirz’schen Organ homolog an- sieht, ist, scheint durch thre Lage bezeugt zu werden. Sie zeigt auch in ihrer Anlegung vom Suleus buc- Abb. 12. calis aus mit dem genannten Organ Übereinstimmung. Die Anlegungsweise im übrigen weicht indessen von dem, was überall sonst dieses Organ gezeigt hat, so sehr ab, dab man kaum sagen kann, daß die Ontogenie eine sichere Stütze für die genannte Auffassung liefert. Das Organ geht hier nicht aus einer längs dem Boden der Furche abgeschnürten Leiste hervor, sondern wird durch eine zirkumskripte, von Anfang an senkrecht von der Wand aus strangförmig auswachsende Knospe gebildet. Meine Untersuchungen sind demnach geeignet, die Auffassung zu bestätigen, daß das UHrzvirz’sche Organ beim Menschen und bei den Säugetieren den Charakter einer rudimentären Bildung hat, die allerdings regelmäßig zur Anlegung kommt, aber bald und gewöhnlich schon während des Fetallebens zu atrophieren beginnt und ver schwindet. Bei den Vögeln habe ich keine dem genannten Organ deutlich homologe Bildung angetroffen. Die Angulardrüse wird auf eine Weise Anat. Anz. Bd. 51. Aufsätze. 13 194 angelegt, die nicht geeignet ist, die Auffassung zu stützen, daß die- selbe dem fraglichen Organ entspricht. Bei gewissen Reptilien (Sauriern und Ophidien) dagegen ist eine der Bildungsweise und Lage nach völlig entsprechende Bildung an- getroffen worden, während eine solche bei anderen Reptilien (Croco- dilia und Chelonia) nicht gefunden worden ist. Bei den untersuchten Sauriern scheint das Organ, soweit das vorliegende Material ein Urteil erlaubt, auf einem ähnlichen unentwickelten Stadium wie bei den Säugetieren stehen zu bleiben und wahrscheinlich auch hier recht bald zu atrophieren. Bei einigen untersuchten Schlangen hingegen zeigt das Organ Andeutungen zu progressiver Entwickelung von dem für Drüsen gewöhnlichen Typus. Bei den untersuchten Amphibien ist das Organ nicht angetroffen worden. Es sind demnach, wie es scheint, zunächst die Schlangen, bei denen künftige Untersuchungen einzusetzen haben, um zu erforschen, ob das Organ wirklich hier über das Stadium des Rudiments hinaus- gelangt, was meine Untersuchung zwar bis zu einem gewissen Grade wahrscheinlich zu machen scheint, aber natürlich durchaus nicht beweist. So viel dürfte jedoch aus den hier vorgelegten Tatsachen gefolgert werden können, daß der phylogenetische Ursprung des Organs wahrscheinlich weiter hinab in der Tierreihe zu suchen ist, als man es sich bisher gedacht hat. Literaturverzeichnis. Broman, Ivar, Die Parotis der Chiroptera — eine Oberlippendriise. Anat. Anz. Bd. 49, 1916. : Broman, Ivar, Uber Cutevitz’ Organ (,,Ramus mandibularis ductus parotidei‘ oder ,,Orbital inclusion‘‘) und dessen Bedeutung nebst Bemerkungen über die Phylogenese der Glandula parotis. Ergebnisse d. Anat. u. Entw. Bd. 22, 1916. BuUJARD, Euc., Réconstructions plastiques des glandes salivaires d’un foetus humaine de 10 semaines environ. Anat. Anz. Bd. 38, 1911. CHıevirz, J. H., Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Speicheldrüsen. Arch f. Anat. u. Phys., Anat. Abt., Bd. 9, 1885. Hammar, J. A., Notiz über die Entwickelung der Zunge und der Mundspeichel- drüsen beim Menschen. Anat. Anz. Bd. 19, 1901. MOLDENHAUER, W., Die Entwicklung des mittleren und des äußeren Ohres. Morph. Jahrb. Bd. 3, 1877. MoraL, H., Über die ersten Entwickelungsstadien der Glandula parotis. Anat. Hefte Bd. 47, 1913. 195 PAULET, J. L., Kopf und bucconasale Bildungen eines menschlichen Embryo von 14,3 mm Scheitelsteißlänge. Arch. f. mikr. Anat. u. Entw. Bd. 76, 1911. SCHULTE, W. H. v., The developement of the Human Salivary Glands. Studies in Cancer and allied Subjects Vol. 4. New York 1913. SCHULTE, W. H. v., The developement of the Salivary Glands in the Domestic Cat. Ibid. WEISHAUPT, ELISABETH, Ein rudimentärer Seitengang des Ductus parotideus. Arch. f. Anat. u. Phys., Anat. Abt., Bd. 35, 1911. (Eingegangen am 29. April 1918.) Nachdruck verboten. Uber die Beteiligung des N. vagus an der Innervation des Darmes. Von P. Doxker, med. cand. Mit 2 Abbildungen. (Aus dem anatomischen Institut der Universitat Amsterdam.) Unsere Kenntnis über die Beteiligung des N. vagus an der Inner- vation der Baucheingeweide ist eine noch sehr liickenhafte. Daß der Magen von genanntem Nerven innerviert wird, ist allgemein bekannt, obgleich über die Verästelungsweise des Nerven an diesem Organ die Beschreibungen noch ziemlich verschieden sind. Über den Anteil aber, den der Vagus an der Innervation der übrigen Bauchorgane. insbesondere des Darmes, hat, sind die Angaben in den anatomischen Lehrbüchern sehr sparsam und, wie es mir deutlich geworden ist, sehr unvollständig. | Es ist uns aber wohl ganz allgemein bekannt, daß der Vagus auch einen Teil des Darmes innerviert, aber diese Kenntnis verdanken wir weniger anatomischen Untersuchungen, sondern physiologischen Experimenten. Selbstverständlich aber können solche Angaben be- züglich der Ausdehnung des Vagusgebietes nur sehr allgemein sein. Im Handbuch von Lucıası findet sich darüber kurz folgendes: Nach der Meinung von van Braam-Houckezsst ist die Wirkung der Vagi auf den Dünndarm entgegengesetzt von jener der Splanchnici. BayLiss und Staruıne schließen auf Grund ihrer Reizungsversuche darauf, daß die Vagi zwei Arten von Fasern für den Dünndarm führen, und zwar eine Gruppe mit einer hemmenden Wirkung und eine andere mit einer 13* 196 motorischen; die latente Phase der ersten sollte kurz sein, jene der zweiten lang!). Aus diesen Angaben geht zunächst hervor, daß von physiologischer Seite eine Innervierung des Darmes seitens der Vagi schon festgestellt worden ist, und zweitens, daß diese Ausbreitung des Nervens auf den Dünndarm beschränkt ist. Die physiologischen Angaben lauten aber nur von den Vagi im allgemeinen, ohne auf einen eventuellen Unter- schied zwischen rechtem und linkem Vagus hinzuweisen. Um diesen Aufsatz möglichst abzukürzen, werde ich keine zu- sammenfassende Übersicht geben von den Angaben in anatomischen Hand- und Lehrbüchern über die Ausbreitung der Vagi an den Bauch- eingeweiden, sondern beschränke mich auf die Mitteilung, daß die- selben im allgemeinen, besonders was den Dünndarm betrifft, entweder gänzlich fehlen oder nur von einer Beteiligung auch des Dünndarmes ohne nähere Detailierung sprechen. Es war daher nicht ganz überflüssig, zu versuchen, unsere anato- mische Kenntnis über diesen Punkt ein wenig mehr abzurunden und den Anteil, den der N. vagus an der Innervation des Darmes hat, etwas genauer kennen zu lernen. Zu diesem Zweck unternahm ich eine Untersuchung, die sich aber nicht auf den Menschen beschränkte, sondern auch von beiden Gruppen von Affen wurden einige gegen- wärtige untersucht, und zwar von den Platyrrhinen: zwei Cebi, ein Ateles und ein Hapale, von den Katarrhinen: zwei Cercopitheci, ein Macacus und ein Semnopithecus. Vom Menschen wurde ein Fetus von 19 cm und einer von 22 cm Körperlänge untersucht. Bei der Bearbeitung der Präparate verfuhr ich derart, daß die Vagi an dem Halse aufgesucht wurden. Der vordere Teil des Brust- korbes, Herz und Lungen wurden sodann abgetragen und die Nerven den Ösophagus entlang verfolgt. Denn für eine richtige Würdigung der anatomischen Verhältnisse im Bauchgebiete ist es erwünscht, sich auch .über die Anatomie der Nerven des Brustteiles zu orientieren. Meine Untersuchung ergab nun folgendes: Bei Hapale und Cercopithecus fand sich ein einziger, ziemlich starker Verbindungsast, der hinter dem Osophagus vom linken zum !) Im vor kurzem erschienenen Lehrbuch der Anatomie des Menschen, von MErkEL finde ich im Text (6. Abteilung, S. 53) eine Angabe über die Äste des Bauchteiles vom N. vagus, die mit meinen unten mitgeteilten Be- funden gut übereinstimmt. 197. rechten Vagus zog. Komplizierter sehen wir die Verhältnisse bei Cebus, Macacus und Ateles, wie aus Abb. ta ersichtlich. Hier besteht eine doppelte Anastomose zwischen beiden Nerven; wie bei den beiden erstgenannten Affen zieht ein Ast hinter dem Ösophagus vom linken zum rechten Vagus, und zweitens spaltet sich vom rechten Vagus ein Ast ab, der mit dem linken sich verbindet. Ein prinzipiell damit übereinstimmender Zustand tritt auch beim Menschen auf, wie aus Abb. 1b hervorgeht. Aber statt eines einzigen Astes besteht hier mehr eine Plexusbildung mit überwie- gender Faserverlaufsrichtung von links nach rechts. Obgleich man die beiden Nn. vagi, wenn sie mit dem Ösophagus durchs Diaphragma ziehen, noch als rechten und linken unterscheiden kann, ist es dennoch wohl deutlich, daß jeder Nerv Fasern beider Seiten faßt. Es empfiehlt sich also, mit ToLpr (Anat. Atlas S. 879) von einer Chorda oesophagei anterior und posterior zu sprechen. Bei der Mehrzahl der untersuchten i Objekte traten die beiden Chordae als ein einziger Stamm durch das Diaphragma. Nur bei Macacus rhesus war die hintere und bei einem der menschlichen Untersuchungsobjekte die vordere Chorda schon gespalten. Sehr be- merkenswert war bei allen untersuchten Objekten der Unterschied in der Dicke der beiden Chordae, die hintere Chorda war immer wenigstens zweimal dicker als die vordere. Nicht bei allen Objekten gelang das Verfolgen der Vagusäste in der Bauchhöhle mit gleicher Leichtigkeit. Die geringste Schwierig- keit lieferte Cebus capucinus und in Abb. 2 ist in halbschematischer Weise eine Darstellung der Verästelung der Nerven bei diesem Affen gegeben. Bei Betrachtung dieser Abbildung fällt sofort der große Unterschied in der Ausbreitung beider Chordae auf. Die Chorda anterior verästelt sich nach ihrem Durchtritt durch das Diaphragma fächerförmig über die Vorderfläche des Magens. Von einer Plexusbildung der Äste konnte ich bei Cebus ebenso wenig wie bei den übrigen untersuchten Objekten etwas wahrnehmen. Von der Cardia aus strahlen die Äste in der Richtung der großen Abb. 1. 198 Kurvatur aus. Die Anzahl der größeren Äste, in denen die Chorda sich auflöst, ist sehr verschieden; bei Hapale waren deren nur zwei vor- handen, bei Cebus und Ateles dagegen sechs. Bei Semnopithecus, Ateles, Cebus und auch beim Menschen zieht einer dieser Äste mehr die Curvatura minor entlang, dringt ins Omentum minus ein und zieht zur Leber. Ihre Anwesenheit bei den übrigen untersuchten Objekten mit absoluter Sicherheit zu verneinen, möchte ich aber der Zartheit der Äste wegen nicht tun. Eine Innervation anderer Bauch- organe oder eine Ausbreitung des Verästelungsgebietes außer der Vorderfläche des Magens habe ich aber kein einziges Mal konstatieren können. Auch einen Zusammenhang mit dem sympathischen System konnte ich nicht konstatieren. Bei Semnopithecus mit seinem be- kanntlich mehr kompliziert gebildeten Magen verästelte die Chorda anterior sich folgenderweise: Die Chorda folgte in der Form eines Hauptstammes der kleinen Kurvatur bis zum Pylorus, schickte nach dem oberen kleineren Abschnitt des Magens eine Vierzahl ungefähr eleichstarker Astchen, sodann drang einer ins Omentum minus ein und zog zur Leberpforte, und schließlich endete die Chorda mit drei Ästen am unteren Abschnitt des Magens. Ein ganz anderes Bild bietet die Ausbreitung der Chorda oesophagei posterior. Der Hauptsache nach werde ich wieder den bei Cebus aufgefundenen, in Abb. 2 skizzierten Zustand zugrunde legen. Der Nerv, in der Bauchhöhle angelangt, schickt zunächst ein paar Astchen zum Cardiateil des Magens. Weiter spaltet er ungefähr ein Drittel seiner Fasern ab, die in einer wechseln- den Zahl von Nervenästen zur Hinterfläche des Magens ziehen. Eine Plexusbildung — wenigstens durch etwas bedeutende Ästchen her- gestellt — kommt nicht vor. Nachdem bei Cebus, Hapale und Cercopithecus der Nervenstamm noch einige Astchen zum Pylorus und Anfangsteil des Duodenums abgegeben hat, zieht bei allen untersuchten Objekten die Chorda posterior weiter nach unten, lagert sich retroperitoneal in der un- mittelbaren Nähe der Bauchaorta und schickt zwischen Art. coeliaca und Art. mesenterica sup. einen Ast ab, der in der Mehrzahl . der Fälle zum Ganglion coeliacum dextrum zog. Nur bei Ateles und bei einem der beiden menschlichen Feten verlief dieser Ast zum linken Ganglion coeliacum. — Es war mir weiter möglich, bei Cebus einige Astchen bis in die Nierenkapsel zu verfolgen. Der weitere Verlauf der Chorda posterior war bei allen Objekten ziemlich übereinstimmend. Sie biegt sich als ein noch immer ziem- lich ansehnlicher Nerv ein wenig nach der linken Seite, schmiegt sich der Art. mesenterica superior an, folgt dieser Arterie hinter das Duo- denum und tritt mit ihr in die Radix mesenterii ein. Jetzt löst sich der Nerv in eine größere Zahl von Astchen auf, welche sich den Ästen der Art. mesenterica zugesellen und mit diesen zum Dünndarm ziehen. Bei Cebus, Macacus und Hapale gelang das Verfolgen dieser mesenterialen Äste der Chorda posterior ziemlich leicht, und mit Sicherheit habe ich da- bei feststellen können, daß der Dickdarm von denselben nicht erreicht wird. Das meist anale Ästchen geht zum End- teil des Ileum. Bei Ateles, Cerco- pitheecus und Semno- pithecus war es mir auch möglich, die Äst- chen eine Strecke weit ins Mesenterium zu ver- folgen, die Endveräste- lung war aber nicht auszupräparieren. Eine Innervation des Dick- darmes war aber auch hier nicht wahrschein- lich. Bei den mensch- lichen Feten ergab sich folgendes: Bei beiden Abb. 2: war der mesenteriale Endast der Chorda posterior anwesend, verbunden mit einigen sympathischen Fasern; ich konnte bei einem der beiden Präparate diesen Endast bis zum Dünndarme verfolgen. Beim anderen Fetus gelang mir das nicht, da die Ästchen sich mehrfach mit sympathischen Faserbündeln verbanden und den Plexus mesentericus bildeten. Es darf aber wohl als sichergestellt betrachtet werden, daß auch bei diesem Individuum die Chorda posterior an der Innervation des Dünndarmes beteiligt ist. Und letzteres betrachte ich wohl als das Hauptergebnis meiner Untersuchung: den Nachweis, daß die Innervation des ganzen Dünn- darmes auch durch die Chorda oesophagei posterior mittels makro- skopischer Präparate festzustellen und ad oculus zu demonstrieren ist. Den Umstand, daß nur die hintere Chorda sich an der Darm- innervation beteiligt, betrachte ich dabei als von untergeordneter Be- deutung. Denn wie oben auseinandergesetzt und aus Abb. 1a und 1b ersichtlich, faßt die hintere Chorda Fasern von beiden Nn. vagi in sich, wobei allerdings jene des rechten Vagus überwiegend sind. Ich habe vergebens versucht, eine Ursache aufzuspüren, welche das verschiedene Betragen beider Nn. vagi erklärt. Daß die Magendrehung in irgend- welcher Beziehung damit steht, ist nicht unmöglich, aber den Verband aufzudecken, ist mir nicht möglich. (Eingegangen am 15. März 1918.) Nachdruck verboten. Über die Retina von Walembryonen. Von Dr. G. ten DoEsScHATE. Mit 4 Abbildungen im Text. (Aus dem Anatomischen Institut der Universität Utrecht [Holland].) Pürrer!) hat im Jahre 1902 in einer Verhandlung über die Augen der Wassersdugetiere berichtet über ‚ein neues Sinnesorgan im Auge der Denticeten‘“. In der Nähe der vertikalen Medianebene, 1,7 mm hinter dem Iriswinkel, fand der genannte Autor im unteren Teil des Auges von Hyperoodon rostratus außerhalb der Retina ein kleines Gebilde, welches als hydrostatisches Sinnesorgan aufzufassen wäre. Über den Bau dieses Organes unterrichtet uns die Abbildung eines Schnittes (Abb. 1), in welchem maa die retinaähnliche Struktur der Wand des U-förmigen Gebildes erkennt. Die U-Form des Schnittbildes belehrt uns nicht über die Gestalt des Organes als Ganzes; es kann eben- sowohl den Durchschnitt eines längeren rinnenförmigen als den- jenigen eines ungefähr kugeligen gastrulaähnlichen Gebildes darstellen. 1) Pirrer, A. (1903), Die Augen der Wassersäugetiere. Zool. Jahrb., Abt. Anat: Bd. sl. 201 Da dem Verfasser keine Serie des betreffenden Objektes zur Ver- fügung stand, konnte er hierüber keine näheren Einzelheiten bringen; seine physiologischen Spekulationen mögen hier unerwähnt bleiben. Bei vier Embryonen von Delphinapterus leucas (20—30 em) beschreibt PÜTTER eine in einer Ausbuchtung der Sclera gelegene Retinafalte, welche er als die Anlage des oben geschilderten, außer- halb der ‚Netzhaut gelegenen Gebildes auffaßt. Auch von dieser Falte bleibt die Ausbreitung uns unbekannt, da keine geschlossenen Serien untersucht wurden. Als sich mir die Gelegenheit zur Orientierung über die erwähnten Abb. 1. Teil eines Schnittes durch das Auge von Hyperoodon rostratus (nach PÜTTER). Eigentümlichkeiten des Walauges erbot, habe ich diese gerne ergriffen. Es stand folgendes Zahnwalmaterial zu meiner Verfügung: 1. Embryo von Phocaena comm., 40 mm. 9: me N : 58.25, 3. a a Bi 3 a, 4. 3 5 = zs etwa 70 em. a x: ,. Lagenorhynchus albirostris, 84 mm. 6. 22 ‚ Delphinus delphis, 181 mm. ts sf „ Globiocephalus melas, 33 cm. 8. Ausgewachsenes Exemplar von Monodon monoceros. Außerdem: 9. Embryo von Balaenoptera rostrata, 10,5 em. Von den unter 1., 2., 3., 5., 6. und 9. angeführten Embryonen kamen die vom Rumpfe abgetrennten Köpfe in geschlossenen Celloidin- serien zur Untersuchung. Bei den großen Embryonen von Globio- cephalus (7.) und Phocaena (4.) wurde je ein Auge mit nächster Um- 202 gebung als Serie geschnitten; von diesen Serien wurde jeder zehnte Schnitt behandelt und untersucht; in derselben Weise wurde mit dem Auge von Monodon (8.) verfahren. Bei der Darstellung der Er- gebnisse erscheint es zweckmäßig, mit dem unter 3. angeführten Phocaenaembryo von 9,2 mm zu beginnen. Der Kopf des tadellos erhaltenen Embryos ist in einer Querschnittserie zerlegt (Schnitt- dicke 30 p). Es zeigt sich, daß der Bulbus in seiner Form nicht einer Kugel entspricht; die Länge der Augenachse beträgt 3,077 mm, die Höhe (ventro -dorsaler Durchmesser) 2,880 mm, während die Breite (proximo-distaler Durchmesser) 3,690 mm beträgt. Über den Entwickelungszustand sei kurz folgendes mitgeteilt (Abb. 2). Die Iris umfaßt als schmaler Saum die weite Öffnung des Augenbechers. Dieser wird durch eine auffallend große, fast kuge- lige Linse eingenommen, welche von einer Tunica vasculosa lentis umgeben ist. Eine vordere Augen- kammer ist nur als kapillarer Spaltraum vorhanden; das Cor- pus ciliare ist in erster Anlage zu erkennen. Die Augenlider sind verklebt. Die beiden Blätter des Augen- bechers sind bis an die Um- schlagstelle am Irisrand gut zu unterscheiden. Das Pigmentblatt enthält um so mehr Pigment, je näher man zur Iris kommt; das hintere Segment des äußeren Retinablattes enthält fast gar kein Pigment. Das innere Retinablatt ist noch nicht so weit differenziert, daß man die einzelnen Schichten determinieren könnte. Man beobachtet folgendes: Auf eine äußere kernlose folgt eine breite kernhaltende Schicht, darauf wiederum eine schmale kernlose. In der kernhaltenden Schicht sind drei Gebiete zu unterscheiden: ein breites äußeres, wo die Kerne nahe zusammengedrängt liegen, darauf folgend ein schmales Abb. 2. Schnitt durch das Auge von einem Phocaena commun.-Embryo, 92 mm. 203 helles kernarmes Gebiet, schließlich nach dem Augeninnern zu wieder ein schmales kernreiches Gebiet. An der hinteren Fläche der Iris ist das innere Blatt in der Nähe des Umschlagrandes dunkel pigmentiert. Weiter peripherwärts wird es pigmentarm, schließlich pigmentlos und mehrschichtig. Im Ursprungsgebiet der Iris ist eine Falte im inneren Retina- blatt vorhanden. Zu betonen ist, daß das Pigmentblatt sich an der Faltenbildung nicht beteiligt. Die beiden Blätter, aus welchen die Falte besteht, liegen gegeneinander; die Falte als Ganzes ist papillen- wärts an die Netzhaut angepreßt, so daß man ein äußeres von einem inneren Blatt unterscheiden kann. Das äußere Blatt zeigt die oben für die Retina aufgezählten Schichten. An der Umschlagstelle, wo das äußere in das innere Blatt übergeht, wird die Retina dünner, so dünn schließlich, daß man das innere Blatt in manchen Sehnitten nicht bis zu seiner Fortsetzung an der hinteren Irisfläche verfolgen kann. Auf Abb. 3 ist die Ausbreitung der Falte schematisch dargestellt. Bei Vergleichung des Zustandes, wie ihn der hier beschriebene Phocaenaembryo bietet, mit der schematisierten Abbildung Abb. 3. Schema zur Aus- Ss 5 2 : breitung der Falte desinneren PÜTTERS für einen Embryo von Delphina- Retinablattes. pterus zeigt sich große Übereinstimmung. Es ist anzunehmen, daß auch bei letzterer Spezies die Falte mehr oder weniger vollständig die Linse umfaßt hat. Über das Entstehen der Falte unterrichten uns jüngere Stadien. Zunächst lehrt die Betrachtung des jüngsten Phocaenastadiums (Nr. 1 der obigen Liste), daß in dem schön erhaltenen Auge von einer Faltenbildung keine Rede ist. Wie aus einem Blick auf Abb. 4 erhellt, liegen inneres und äußeres Retinablatt bis an die Umschlagstelle zusammen. Leider ist das nächstältere Stadium (Nr. 3 der Tabelle) (Phocaena- embryo von 5,8 em) weniger schön erhalten. Die Anlage der Retina- falte läßt sich trotzdem gut erkennen; sie besteht wiederum aus zwei Blättern, wovon das innere im Vergleich zu dem älteren, zuerst be- sprochenen Stadium stärker entwickelt ist. Außer den beschriebenen drei Embryonen gelangte noch das Auge eines 70 cm großen Phocaena zur Untersuchung. Von der Falte war hier nichts mehr zu entdecken, ebensowenig von einem außerhalb der Retina gelegenen abgesprengten Teil derselben. Bei Phocaena tritt demnach frühzeitig (Embryonen von etwa 5 cm) eine Falte auf, welche sich eine Zeitlang erhält, um später spurlos zu verschwinden; jedenfalls entsteht aus ihr nicht das von PÜTTER für Hyperooden beschriebene ‚„Tiefenorgan“. Über die Augen der anderen oben aufgezählten Embryonen von Zahnwalen (Nr. 5—7 der Tabelle) sowie über das Auge des erwach- senen Monodon können wir uns kurz fassen. Es zeigt sich, daß in denselben die bei Phocaena zeitweise vor- handene Falte nicht vorhanden ist, besser, wenn sie auch vorhanden Abb. 4. Phocaenaembryo. 4,8 cm. * gewesen sein mag, so ist sie wieder verschwunden. Dasselbe gilt für den Bartenwalembryo (Nr. 9 der Tabelle). Von Interesse ist, dab bei all diesen Augen niemals etwas von einem abgesprengten Retina- stück aufzufinden war. Jedenfalls darf dieses demnach nicht als ein allgemein im Walauge vorzufindender Bestandteil betrachtet werden. Was schließlich die Annahme anbelangt, daß dieses abgesprengte Retinastück zu der beschriebenen Falte in Beziehung stände, so ist diese Annahme abzuweisen. Es spricht dagegen: 1. die Ausdehnung der Falte; es ist im höchsten Grade unwahr- scheinlich, daß dieses Gebilde, welches einen so großen Teil der Iris- wand begleitet, lokal zur Entstehung eines außerhalb der Retina ge- legenen Organs Veranlassung geben würde. 2. Wo die Falte vorhanden ist (Phocaena), sehen wir aus ihr nicht das betreffende Organ entstehen. Über die Entwickelung des abgesprengten Retinastückes bei Hyperoodon rostratus läßt sich demnach nichts aussagen. Es wäre wünschenswert, daß das regelmäßige Vorkommen desselben im Hyperoodonauge an mehreren Exemplaren festgestellt würde. Zum Schluß ist es mir eine angenehme Pflicht, Herrn Professor Dr. VAN DEN Broex und Herrn Prosektor Dr. DE BURLETT für die Anregung zur Arbeit und die mannigfachen Unterstützungen meinen ergebensten Dank auszusprechen. Utrecht, Oktober 1917. (Eingegangen am 14. April 1918.) Nachdruck verboten. Die venösen Wundernetze der Pars laryngea pharyngis. Von C. Eıze, Heidelberg. Mit einer Abbildung. (Aus dem Anatomischen Institut Heidelberg.) In der Pars laryngea pharyngis findet sich in der ventralen und dorsalen Wand je ein unter der Schleimhaut gelegenes venöses Wunder- netz. Das erstere liegt auf den Musculi inter-arytaenoidei und über dem cranialen Abschnitte der Ringknorpelplatte, das letztere in der dor- salen Wand über dem Musculus constrictor inferior, jedoch dem ersteren nicht genau gegenüber, sondern etwas weiter caudal, unmittelbar ober- halb des Einganges in den Ösophagus. Beide Wundernetze sind ausge- zeichnet durch die Erweiterung und Schlängelung der sie bildenden Gefäße. Ihre Zuflüsse erhalten sie aus der Schleimhaut. Die Ab- flüsse des ventralen sind die beiden Venae laryngeae superiores, die durch eine typische Anastomose mit den queren Zungengrundvenen in den Valleculae verbunden sind. Das Blut gelangt also größtenteils in die Vena thyreoidea superior, zum kleineren Teile in die Vena lingualis oder einen ihr benachbarten Ast der Vena jugularis externa. Die Abflüsse des dorsalen Wundernetzes sind zweierlei Art. Aus dem cranialen Rande, besonders den seitlichen Zipfeln, gehen Venenstämme hervor, welche schräg zwischen den Bündeln des Musculus constrictor inferior oder zwischen Constrietor inferior und medius hindurchtreten und Teile des Plexus pharyngeus bilden. Außerdem ziehen aus den mittleren Abschnitten Venen unmittelbar dorsalwärts zwischen den Muskelbündeln hindurch, ebenfalls in den Plexus pharyngeus eingehend und damit schließlich in die Vena thyreoidea superior führend. Diese letzteren Abflüsse stehen regelmäßig mit Venen an der Dorsalfläche der Glandula thyreoidea, Ästen der Vena thyreoidea superior, in Verbin- außerdem zeigt fast immer die eine oder andere abführende Vene eine kugel- oder spindel- formige starke Erweite- rung. Beide Wunder- netze hängen durch ihre in den Ösophagus hinein- reichenden Ausläufer un- tereinander zusammen. Doch sind diese Verbin- dungen so fein, dab die Injektion des einen Wun- dernetzes vom anderen aus nicht gelingt. In den mir zugäng- lichen Lehr- und Hand- büchern habe ich keine Angabe über diese Wun- dernetze gefunden, außer bei PoIRIER et ÜHARPY (2. Aufl. 1901, Bd. 4), wo die im wesentlichen. zu- treffende Beschreibung des dorsalen Wundernetzes von Bımar et LAPEYRE (Contes rend. Acad. des Sciences, Paris, 1885, Bd. 105, S. 825) übernommen ist, und die Angaben von Luscuxa (Der Kehlkopf des Menschen, 1871). Luscuxa hat beide Wundernetze gesehen und als Plexus laryngo- pharyngeus bezeichnet. Aus seiner Abbildung (Tafel VIII, Fig. 4) geht jedoch hervor, daß ihm die Injektion nicht vollständig gelungen und daher das Charakteristische dieser Bildungen entgangen ist. Die dung, } N ; We WY) Wil? / Wht Injektion — ich habe sie mit der Trrcumann’schen Kittmasse ausge- geführt —- stößt in der Tat auf nicht geringe Schwierigkeiten wegen der entgegenstehenden Klappen in den Abflüssen der Wundernetze und wegen der vielfachen Verbindungen dieser Abflüsse mit klappen- losen Venen. In diese unerwünschten Nebenwege dringt die Injektions- masse ein, während sie vor den Klappen Halt macht und daher die Wundernetze ungefüllt läßt. Verhältnismäßig leicht gelingt die In- jektion des dorsalen Wundernetzes unter dem Constrictor inferior von einer der größeren oberflächlichen Venen des Pharynx aus, da nach Unterbindung der übrigen größeren Bahnen die Klappen an der einen oder anderen der aus dem Geflecht abführenden Venen nachgeben. — Schwieriger ist die Injektion des ventralen Wundernetzes. Am sichersten und schonendsten gelingt sie von einer der beiden Venae laryngeae superiores aus, in welche man lateral von der Membrana thyreo-hyoidea meist unschwer die Kanüle unter Durchstoßung der Klappen einführen kann. Nur ist es unbedingt nötig, vorher die andere Vena laryngea superior, die Verbindungen mit den Zungengrundvenen und die durch die Membrana crico-thyreoidea aus dem Kehlkopfinnern heraustretenden Venen zu unterbinden. Unterläßt man diese Unterbindungen, so tritt die Injektionsmasse nur in die klappenlosen Venen der Schilddrüse und an der Außenfläche des Kehlkopfes. Nur wenn die Klappen in den Venae laryngeae superiores fehlen oder nicht schlußfähig sind, füllt sich auch von der Vena thyreoidea superior aus ohne weiteres das Wundernetz, und ein solcher seltener Fall war es, der mich bei einer Injektion der Schilddrüsenvenen die beschriebenen Wundernetze kennen lehrte. Die Wundernetze haben ein besonderes Interesse für die Öso- phagoskopie, worauf mich der Direktor der hiesigen Ohrenklinik, Herr Geh. Rat Künnmer, gelegentlich der Demonstration eines Teiles der Präparate in einer Sitzung des Med.-nat. Vereins Heidelberg auf- merksam gemacht hat. Ich werde deshalb die genauere, durch einige Tafelbilder erläuterte Beschreibung mit einem klinischen Beitrage von Dr. Beck in der Zeitschrift für Ohrenheilkunde (Bd. 77) veröffentlichen, wo ich die Einzelheiten nachzulesen bitte. Hier will ich nur noch darauf hinweisen, daß die bei Füllung der Wundernetze entstehenden polsterartigen Schleimhauterhebungen nur die mittleren Pharynxteile einnehmen, die Sinus piriformes und Sulci laryngo-pharyngei aber freilassen (vgl. beistehende Abbildung). (Eingegangen am 20. April 1918.) Zee! Biicherbesprechung. Die Kronenstruktur der unteren Praemolaren und Molaren. Ein Beitrag zu der Morphologie des menschlichen Gebisses. Inaug.-Dissertation d. med. Fak. Zürich. Von Th. E. de Jonge Cohen (a. Amsterdam, in Utrecht). Utrecht, 1917. 158 S., 40 Abbildungen auf 17 Tafeln und 27 Abbildungen im Text. Diese Dissertation zur Erlangung der Würde eines „Doktors der Zahn- heilkunde“ der medizinischen Fakultät in Zürich ragt über die übliche Höhe von medizinischen Dissertationen weit hinaus, sie ist eigentlich eine „Mono- graphie“ und wird allen Kollegen, die sich mit dem in den letzten Jahren so viel bearbeiteten verwickelten Bau der menschlichen Zähne und mit den vielumstrittenen Theorien hierüber befassen, von großem Interesse sein. Vor allem stützt sich die Arbeit, die unter Borx entstanden ist, auf ein großes Material und ist deshalb, auch wenn man den Boık’schen Theorien oder Hypothesen nicht zu folgen vermag, von dauerndem Werte! — Das Material bestand aus 2042 ersten, 1876 zweiten Praemolaren, 1713 ersten, 1860 zweiten, 1411 dritten Molaren, ferner mehr als 200 Unterkiefern und vielen Gipsabgüssen. Da hier grundsätzlich weder in das Einzelne eingehende Referate noch auch kritische Erörterungen gegeben werden, sei nur kurz darauf hingewiesen, daß die Untersuchungen des Verfassers eine Reihe von morphologischen Er- scheinungen festgelegt haben, die ihm eine Bestätigung der Borxk’schen Dimerentheorie zu ergeben scheinen. Außer den eingehenden Beschreibungen der menschlichen Praemolaren und Molaren, ihrer Varietäten, der Ableitung ihrer Formen zeichnet sich die außerordentlich fleißige Arbeit auch durch eine große Anzahl von sehr guten Abbildungen aus, die auf 17 Lichtdrucktafeln alle möglichen Formen der menschlichen Backzähne vorführen. Außerdem sind noch 27 Ab- bildungen in den Text eingestreut. Interessenten seien noch auf die in Bd. 51 Nr. 2/3 dieser Zeitschrift er- schienene Arbeit desselben Verfassers über die oberen Praemolaren — eine Fortsetzung der in Rede stehenden Monographie — sowie auf die von näheren Fachkoliegen (Zahnärzten) herrührenden Besprechungen der Dissertation in der „Deutschen Monatsschrift für Zahnheilkunde“ (36. Jahrg., H. 1, Jan. 1918) und in der „Deutschen Zahnärztlichen Wochenschrift“ (80. Jahrg., Juni 1917, S. 257) verwiesen. B. Abgeschlossen am 12. Juni 1918. Weimar. — Druck von R. Wagner Sohn. ANATOMISCHER ANZEIGER Centralblatt für die gesamte wissenschaftliche Anatomie. Amtliches Organ der Anatomischen Gesellschaft. Herausgegeben von Prof. Dr. Karl von Bardeleben in Jena. Verlag von Gustav Fischer in Jena. Der „Anatomische Anzeiger‘ erscheint zweimal im Monat in Einzelnummern oder einmal in Doppelnummer. Der Preis eines Bandes von 24 Nummern beträgt Mk. 20.—. Das Erscheinen der Bände ist unabhängig vom Kalenderjahr. 51. Bd. sx 29. Juli 1918. = No. 9/10. Innatt. Aufsätze. Alexander Jokl, Zur Entwickelungsgeschichte des Wirbeltierauges. Mit 16 Abbildungen. S. 209—239. — A. Forster, Zur Topo- graphie der Einmündung der Vena azygos beim Menschen. Mit 6 Abbildungen. S. 239—249. — W. Lubosch, Ein seltener Fall von Zwerchfellshernie. Mit 2 Abbildungen. S. 249—254. Biicherbesprechungen. Kari WITTMmAAcK, S. 254—255. — Hermann Baum, S. 255. — Personalia. S. 256. — An die Herren Mitarbeiter. S. 256. Literatur. S. 1—16. Aufsätze. Nachdruck verboten. Zur Entwickelungsgeschichte des Wirbeltierauges. Von ALEXANDER JOKL, Assistent am Institut. Mit 16 Abbildungen. (Aus dem embryologischen Institute der Wiener Universität, Vorstand: ALFRED FIscHEL.) I. Uber die bilaterale Symmetrie des Urodelenauges. Vor kurzem erschien im Archiv fiir mikroskopische Anatomie (Bd. 90, Abt. I, Jahrgang 1917) eine sehr interessante Arbeit von Cart Rast, „Über die bilaterale oder nasotemporale Symmetrie des Wirbeltierauges‘‘, in welcher der Nachweis erbracht wird, daß das Auge der Wirbeltiere, besonders jenes der Säuger, als bilateral symme- trisches Organ angelegt wird. Eine Ebene, welche meridional, quer durch den Optikuseintritt, senkrecht auf ihn und auf die fetale Augenspalte durch das Auge gelegt wird, teilt dieses in zwei symme- Anat. Anz. Bd. 51. Aufsätze. 14 210 trische Hälften, eine nasale und eine temporale. Dieser Nachweis stützt sich auf folgende Punkte: 1. Die basale Wand der primären Augenblase weist zwei Vor- wölbungen, eine nasale und eine temporale, auf, die durch eine in der erwähnten Ebene liegende Furche voneinander getrennt werden. . Die Einstülpung des Augenbechers erfolgt genau median und ebenso verläuft auch die fetale Augenspalte in der Symmetrieebene. 3. Am lateralen Rande des Augenbechers finden sich in symme- trischer Anordnung vier Randkerben, je eine dorsale und eine ventr ale an der nasalen und temporalen Randhälfte. 4. In das Innere des Glaskörperraumes springt von der dorsalen Seite her eine in der Symmetrieebene verlaufende Falte ein. 5. Nach Vereinigung der Ränder der fetalen Augenspalte bilden diese zwei durch eine Furche voneinander getrennte Vorragungen in dem Glaskörperraum, wodurch dieser in zwei spiegelbildlich gleiche Hälften geteilt wird. Diese bilateral-symmetrische Anlage des Auges ist um so inter- essanter, als ihr auch die Gefäßverteilung in der Retina, in der Chorioi- dea und auf der Oberfläche des Glaskörpers entspricht. Sie läßt sich auch in der vorderen Hälfte des fertigen Auges nachweisen und end- lich besteht zwischen ihr und der Stelle des scharfen Sehens insofern eine Beziehung, als die Area centralis zumeist dem horizontalen Meridiane entspricht, also senkrecht in der Teilungsebene der beiden symmetrischen Netzhauthälften steht. Zwar hat nun Rast Tiere aus allen Wirbeltierklassen auf die bilate- rale Symmetrie des Auges hin untersucht, jedoch stand ıhm nicht für alle Material in gleicher Menge zur Verfügung, und insbesondere sind seine Untersuchungen über das Auge der Amphibien, wie er selbst sagt, nur spärliche. Um diese Lücke auszufüllen habe ich, über Anregung von Professor A. FıscHEr, das von diesem in früheren Jahren ge- sammelte Material dazu benützt, die Entwickelung des Amphibien- und insbesondere des Urodelenauges näher zu untersuchen. Die Prüfung, ob auch das Auge des Urodelenkeimes dem von C. Ras ermittelten Entwickelungsgange folge, scheint schon aus dem Grunde notwendig zu sein, weil sich die Zellen des Urodelenembryo durch ihre Größe und durch ihren Dotterreichtum besonders aus- zeichnen und es daher fraglich sein muß, ob sich die Augenentwicke- lung bei Urodelen in genau derselben Weise abspielt wie bei Keimen 211 mit kleinen und dotterarmen Zellen, auf welche sich Raus Unter- suchungen vorwiegend beziehen. Als Material diente mir in erster Reihe das klassische Objekt für Untersuchungen der Amphibienentwickelung, nämlich Siredon pisci- formis. Es stand mir eine große Anzahl von Embryonen, angefangen von solehen von 2,8 mm Länge mit eben erst geschlossener Medullar- rinne bis zu solchen von 14 mm Länge, zur Verfügung, von welchen Embryonen an 50 geschnitten und untersucht wurden. Zur Ergänzung der Befunde wurden noch Embryonen von Salamandra maculosa, sowie von Triton eristatus, alpestris und taeniatus herangezogen. — Ich habe im folgenden bei Beschreibung der einzelnen Stadien nur die gerade Länge, nicht aber die Urwirbelzahl angegeben, weil die Bestimmung dieser Zahl aus noch zu erörternden Gründen nicht immer möglich war. Die Messung wurde an den bereits fixierten Larven vorgenom- men. Die in verschiedenen Fixierungsfliissigkeiten gut konservierten Embryonen waren teils mit Boraxkarmin, teils mit Kochenille ge- färbt. Sie wurden nach vorheriger Durchtränkung mit Zedernöl in weiches, dann in hartes Paraffin übertragen und hierauf in Schnitt- serien von 5 p Dicke zerlest. Die größte Schwierigkeit bei meiner Arbeit bildete die Orien- tierung der Embryonen. Um nämlich sicheren Aufschluß über die uns interessierenden Fragen zu erhalten, ist die Einhaltung einer ge- nauen sagittalen Schnittrichtung erforderlich, und zwar einer in bezug auf das Auge, nicht in bezug auf den ganzen Embryo sagittalen Schnittrichtung. Nun ändert sich, wie später genauer angegeben werden wird, die Stellung des Auges im Embryo mit zunehmendem Wachstum ständig, so daß man für jedes Stadium erst die richtige Orientierung ermitteln muß, um genaue Sagittalschnitte durch das Auge zu erhalten, was auch bei möglichst genauer Orientierung nicht immer vollständig gelingt. Da aber bei dieser Art der Schnittführung durch das Auge der embryonale Körper nach allen Richtungen des Raumes schief getroffen wird, so habe ich ihn in den meisten Fällen überhaupt nicht mitgeschnitten. Von einer Angabe der Urwirbel- zahl der einzelnen untersuchten Embryonen muß ich daher absehen. Sie ist ja auch für unsere Zwecke nicht von Bedeutung. Dagegen habe ich das Auge stets möglichst genau beschrieben, da ja Sagittalschnitt- serien durch das Amphibienauge noch keine eingehende Darstellung gefunden haben. Hierbei sei von vornherein auf den Umstand auf- merksam gemacht, daß alle Verhältnisse, bei denen Faltungen und 14* 212 Umlagerungen eine Rolle spielen, bei den großen dotterreichen Zellen von Siredon und der anderen genannten Amphibien viel weniger gut als bei Keimen mit kleinen Zellen zum Ausdruck kommen und daher vielfach verwischt sind. Einer. der jüngsten Embryonen von Siredon pisciformis, den ich untersucht habe, war 3 mm lang. Sein Neuralrohr war in seiner ganzen Ausdehnung geschlossen, der Kopf ventralwärts abgekrümmt, ein Schwanzstummel angedeutet. Die Stelle des Auges war äußerlich durch eine kleine Erhebung gekennzeichnet. Infolge der starken Krümmung des Kopfes war das Auge des Embryo ganz an die ventrale Seite verlagert. Die Hauptachse des Auges, in deren Fortsetzung der Augenblasenstiel liegt, verläuft in der Richtung von dorsal-lateral- kranial nach ventral-medial-kaudal. Eine in entsprechender Orien- tierung hergestellte Längsschnittserie!) zeigt in bezug auf das Auge folgende Verhältnisse: Das Auge befand sich im Stadium der pri- mären Augenblase. Auf dem ersten Schnitte, der das Auge traf, er- schien die laterale Wand der Augenblase als Zellkomplex von an- nähernd der Gestalt eines sphärischen Dreiecks mit abgerundeten Ecken. Sie ist sehr dick und läßt sich durch sechs Schnitte als kompakte Masse verfolgen, bevor ein Hohlraum in ihr sichtbar wird. Da sich die ventrale Wand bald abflacht, bekommt der Sehventrikel im Längsschnitt die Form eines Kreissegmentes. Seine ventrale Wand, die sich später zur fetalen Augenspalte einstülpt, liegt der ventralen Körperoberfläche des Embryo an, die übrigen Wände schließen sich in Form eines Hufeisens zusammen. Die Höhle sieht ähnlich aus wie in Abb. 2, nur ist ihre ventrale Wand ganz flach und ihre Höhe ge- ringer. Je weiter medialwärts man bei Untersuchung der Schnitt- serie kommt, desto mehr verliert die Augenblase ihre eben beschriebene Form und nähert sich der eines Dreiecks, wie dies in Abb. 12) dar- gestellt ist. Man kann hier drei Wände der Augenblase unterscheiden: Eine 1) Bemerkt sei noch, daß sämtliche Schnittserien in lateral-medialer Rich- tung durch das Auge geführt wurden, also von der der Hornhaut entsprechenden Ektodermstelle gegen das Gehirn zu. Die ersten Schnitte treffen daher den lateralen Abschnitt des Auges. 2) Um Raum zu sparen, mußten die Originalabbildungen bei der Wieder- gabe im Drucke um ein Drittel verkleinert werden. Dadurch hat ihre Klarheit sehr gelitten, was namentlich für jene Abbildurgen gilt, welche bei starker Ver- größerung gezeichnet wurden. 213 ventrale, die am dicksten ist und gegen das Lumen des Sehventrikels zu vorspringt, eine dorso-nasale (in der Abbildung links) und eine dorso-temporale (in der Abbildung rechts). Die beiden letztgenannten sind dünner als die ventrale Wand und gleich lang und dick. Die Augenblase erscheint somit im Längsschnitt als gleichschenkeliges Drei- eck, dessen eine Spitze dorsalwärts gerichtet ist. Die charakteristische Dreiecksform behält der Hohlraum im Bereiche fast des ganzen Augenblasenstiels bei. Sie ließ sich auf 14 Schnitten beobachten. Erst beim Übergang in das Gehirn wird der Hohlraum flach und breiter. Das Auge ist, wie man sieht, schon in diesem so frühen Stadium rein bilateral symmetrisch gebaut, wobei die Symmetrieebene durch die Mitte der ventralen Wand und durch die dorsale Spitze hindurch- ee er 5. £ LA Py a * ea > to ty “ee N s 98 ae? 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Das Auge bildete eine deutliche Vorwölbung des seitlichen Kopfabschnittes, seine Stellung im Kopfe war gegenüber dem vorigen Embryo nicht wesentlich 214 geändert. Auf den ersten Schnitten, die das Auge treffen, hat die laterale Wand der Augenblase die Gestalt einer queren Ellipse, deren großer Durchmesser der erst weiter medial schärfer abgrenzbaren ventralen Wand des Auges parallel verläuft. Die laterale Wand ist wieder sehr dick und läßt sich über mehrere Schnitte hin verfolgen. Die Augenblasenhöhle besitzt wieder die charakteristische Form eines Kreissegments. Auf dem dritten Schnitte nach ihrem Sichtbar- werden erscheint in ihrer ventralen Wand eine in das Lumen vor- ragende Vorwölbung. Der vierte Schnitt ist der in Abb. 2 abgebildete, hier ist die Vorwölbung am höchsten. Man erkennt ohne weiteres, daß die Höhle durch die Symmetrieebene des Auges in zwei gleiche Hälften geteilt wird. An den zwei folgenden Schnitten ist die Vor- wölbung zwar noch vorhanden, wird aber flacher und verschwindet dann. Von kleinen Unebenheiten abgesehen, ist die ganze Augen- blase deutlich bilateral-symmetrisch. Die folgenden Schnitte lehren, daß die Höhle des Augenblasenstiels in diesem Stadium die frühere Dreiecksform verloren hat. Sie ist annähernd elliptisch geworden, um sich vor Übergang in das Gehirn zu einer ganz schmalen Spalte zu gestalten. Das Auftreten einer Vorwölbung in der ventralen Wand be- deutet einen Unterschied gegenüber dem Verhalten der. primären Augenblase bei Säugetieren. Hier tritt nämlich, wie Ragı beschreibt, die bilaterale Symmetrie zunächst dadurch in die Erscheinung, daß in der ventralen Wand der Augenblase gleich zwei Vorwölbungen auftreten, eine vorne (nasal) und eine hinten (temporal) gelegene. Sie sind spiegelbildlich gleich und schließen eine Furche zwischen sich ein. Bei Urodelen tritt, wie wir sehen, zunächst ein in der Symmetrie- ebene gelegener Wulst auf, der, wie später gezeigt werden wird, erst sekundär durch eine in der Symmetrieebene liegende Furche ge- teilt wird. Im weiteren Verlaufe der Entwickelung verliert die Augen- blasenhöhle die früher geschilderte Form und flacht sich immer mehr ab. Bei einem 3,2 mm langen Embryo hat sie schon auf dem lateral- sten Schnitte, der sie trifft, die querelliptische Gestalt, die sie in früheren Stadien erst weiter medial annimmt. Im übrigen ist die Augenblase dieses Stadiums’ von der früher geschilderten nicht wesentlich verschieden. Ein etwas älteres Stadium stellte ein 3,3 mm langer Embryo dar. Sein Kopf setzte sich scharf vom Rumpfe ab, das Auge war als 215 leichte Vorwölbung erkennbar. Der Schwanzteil war von dem noch stark konvexen Bauch (Dottersack) durch eine flache Furche ge- schieden. Was die Stellung des Auges im Embryo anbelangt, so ist dieses von der ventralen auf die laterale Kopfseite hinaufgewandert. Die Augenachse zieht noch immer von kranial-dorsal-lateral nach kaudal-ventral-medial, nähert sich jedoch der späteren rein lateralen Einstellung insofern, als die Abweichung in kranialer Richtung nur wenig, die in dorsaler Richtung dagegen mehr abgenommen hat. Der äußere Kontur der Augenblase erscheint wieder als der einer queren Ellipse, der Sehventrikel aber hat seine Form wesentlich ge- ändert. Er erscheint auf den ersten Schnitten als flache Sichel, deren beide zugespitzten Enden nasal-ventral- bzw. temporal-ventralwärts gerichtet sind. Weiter medial flacht sich die Sichel noch mehr ab, wobei sich gleichzeitig ihre Eeken abrunden, wie dies aus Abb. 3 zu ersehen ist. Diese Form der Augenblase ist dadurch zustande ge- kommen, daß die erwähnte Vorwölbung der ventralen Blasenwand an Höhe und Breite zugenommen hat, so daß sie nunmehr breit gegen das Lumen zu vorspringt. Bei dem Vergleiche dieser Verhältnisse an den Ab- ; Er AEN bildungen ist zu beachten, daß Abb. 3 bei fs? it ard schwächerer Vergrößerung gezeichnet ist als “= un Be die Abb. 1 u. 2. Die äußere Umgrenzung - rey se der Augenblase zeigt einige kleine Unregel- in > mäßıigkeiten, die keine weitere Bedeutung ‚pp. 3. Vergrößerung 12°/,. haben. Medialwärts nimmt der dorso- ventrale Durchmesser der Augenblase an Höhe ab, die Höhle wird elliptisch und geht rasch in den ebenfalls elliptischen Augenblasen- stiel über. Im weiteren Verlaufe der Entwickelung wird die Augenblasen- höhle immer schmäler, was auf die ständig zunehmende Verdiekung der ventralen Wand und ihr dadurch verursachtes stärkeres Vor- treten gegen die Augenblasenhöhle zurückzuführen ist. Daher nimmt auch die sichelförmige Krümmung der Höhle immer mehr zu, wobei die dorsale Wand immer dünner wird. Ein 3,5 mm langer Embryo, der sich äußerlich von dem zuletzt beschriebenen wenig unterschied, zeigt diese Verhältnisse sehr deutlich. Die Augenblasenhöhle ist eine ganz flache Sichel. Ihre ventrale Wand beginnt sich ventralwärts zu krümmen — die erste Andeutung der fetalen Augenspalte. Die dorsale Wand ist dünn und besteht nur aus einer Lage flach kubischer 216 Zellen, im Gegensatz zu der 2—4schichtigen, aus hohen Zellen auf- gebauten ventralen Wand. Die innerste Kernreihe der ventralen Wand bildet jedoch keinen, dem inneren Kontur parallel laufenden, leicht dorsalwärts konvexen Bogen, sondern sie biegt in der Mitte in der Symmetrieebene ventralwärts ein. Diese winkelige Einkniekung betrifft aber nur die Kernreihe, nicht den Leib der Zellen, so daß der innere Zellkontur ohne Abbiegung über diese Stelle weg verläuft. Dieses eigentümliche Verhalten der Zellkerne bildet die Vorbereitung zur Ausbildung einer Furche auf der Oberfläche des ventralen Wulstes, die in einem späteren Stadium genau dieser Einknickungsstelle der Kernzone entsprechend auftritt. Dieses Entwickelungsstadium wird bei Embryonen von 4 mm Länge erreicht. Die Augenblase dieses Stadiums erscheint im Schnitt- bilde dreiseitig begrenzt, ihre Höhle ist sichelförmig. Schon auf dem dritten Schnitte, der sie trifft, zeigt sich in der Mitte der ventralen Vorwölbung eine deutliche Eindellung (Abb. 4), so daß jetzt die ventrale Wand durch zwei Höcker, einen nasal und einen temporal gelegenen, vorgewölbt erscheint, welche Höcker durch eine in der Symmetrieebene gelegene Furche voneinander getrennt werden. Sie sind den :von Rau bei Säugern in der ventralen Wand vorge- fundenen Bildungen durchaus zu homologisieren, nur sind sie niedriger und die Furche zwischen ihnen ist weniger Fe . > tief. Dieser Unterschied zwischen den Pe se 3 N Bäuger- und Urodelenembryonen erklärt EN 7 a Gi s N sich wohl damit, daß die aus großen, mit = As af? Wee #, Dotterkérnchen reich beladenen Zellen be- os a ae > stehenden Epithellamellen der Amphibien- larven sich nicht in jenem Maße zu falten Abb. 4. Vergrößerung !2%/,. vermögen wie die analogen, aber aus kleinen dotterfreien Zellen zusammengesetzten Epi- thellamellen von Säugetierembryonen. Die symmetrische Teilung der ventralen Wand der Augenblase läßt sich acht Schnitte weit verfolgen. Die Furche nımmt von lateral nach medial an Tiefe ab. Der in Abb. 4 abgebildete Schnitt ist vom Ektoderm, also von der lateralen Seite her gerechnet, der sechste, der sie trifft. Daß der nasale (in der Abbildung linke) Fortsatz der sichel- förmigen Augenblasenhöhle hier niedriger erscheint als der temporale, hat seinen Grund darin, daß diese beiden Fortsätze in lateral-medialer Richtung an Tiefe zunehmen, das Auge jedoch nicht rein sagittal getroffen ist, so daß der nasale Teil des Schnittes einem mehr medial, der temporale einem mehr lateral gelegenen Bezirke des Auges an- gehört. Damit erklären sich auch die kleinen Unregelmäßigkeiten im Außenkontur des Schnittbildes. Je weiter medialwärts man bei der Untersuchung der Schnittreihe kommt, desto stärker ausgeprägt erscheint die Sichelform der Augenblasenhöhle. Im Augenblasen- stiel, der sich vom Auge nicht scharf abgrenzen läßt, bildet die basale Wand einen dicken, halbkugeligen, das Lumen ungemein verengenden Höcker. Wie aus dem Vorangegangenen hervorgeht, bilden sich an der ventralen Netzhauthälfte der Augenblase bei Urodelen ebenso wie bei anderen Wirbeltierklassen zwar gleichfalls Lappen aus, allein es geschieht dies nur in unvollkommener Weise. Auch wird dieses Ent- wickelungsstadium hier anscheinend sehr rasch durchlaufen. Ich konnte es, außer bei dem eben beschriebenen, nur noch bei einem zweiten Embryo nachweisen, obwohl ich mehrere Embryonen unter- suchte, die ihrer übrigen Organisation nach gleich weit entwickelt waren. u > Gehen wir nun zum Stadium der sekun- (8 PEN "Fee dären Augenblase (Augenbecher) über. \ = >) = Die von Ran bei anderen 'lierarten x RE ‘oy beschriebene, früher erwähnte Kerbung des act ie er Augenbecherrandes konnte ich an meinem Ab) Weriokerane zer Untersuchungsmaterial trotz sorgfältigen Suchens nicht auffinden. Ich muß daher annehmen, daß sie sich bei Urodelen nicht ausbildet. Einem frühen Stadium der Augenbecherbildung gehört der in Abb. 5 dargestellte Schnitt an, welcher bei schwächerer Vergrößerung als die in den Abb. 1 u. 2 gezeichneten Schnitte gezeichnet ist. — Der Embryo war 4,3 mm lang. Der abgebildete Schnitt ist der vierte, der das Auge trifft. Die ersten beiden zeigen nur die Linse. Der dritte trifft bereits den Rand des Augenbechers. Von Randkerben ist nichts zu sehen. Die Form des Auges auf dem vierten Schnitte, Abb. 5, ist noch immer queroval, seine ventrale Wand ist dicker als die dorsale. Die beiden in den früheren Stadien in ihr vorhanden gewesenen, durch eine Furche voneinander getrennten Vorwölbungen sind verschwunden. Die Höhlung des Augenbechers erscheint am Längsschnitt trapezförmig, wobei die kurze Parallelseite die dorsale, die lange ihre ventrale Wand darstellt. Die Ecken des Trapezes sind besonders ventral abgerundet. 218 Äußeres und inneres Blatt des Augenbechers lassen sich nicht von- einander sondern, Pigment ist noch nicht vorhanden. Der abgebildete: Schnitt ist der vorletzte, der noch die Linse trifft. Die bilaterale Symmetrie der Augenanlage prägt sich deutlich an ihm aus. An den gehirnwärts folgenden Schnitten wird die dorsale Wand dicker, mehr- schiehtig, die Ecken des Lumens runden sich ab, die Seiten buchten sich aus, so daß, je weiter medialwärts man kommt, der Glaskörper- raum immer mehr die Gestalt einer quergestellten Ellipse annımmt, wobei sein Durchmesser immer kleiner wird. Die Zellen des Pigment- blattes lassen sich im medialen Teil des Auges von jenen des retinalen Blattes besser abgrenzen als im lateralen Teil, vornehmlich deswegen, weil die Bildung des Pigments, ebenso wie die ganze Differenzierung des Auges am medialen Pol des Auges beginnt und von hier aus lateralwärts fortschreitet, eine Tatsache, die auch von anderen fest- gestellt wurde [L. Merx!), 8. KoGaner), C. Rapı?)]. Was die Stel- lung des Auges im Embryo anbetrifft, so hat bei dem beschriebenen Stadium die Hauptachse gegenüber ihrer früheren Stellung eine wesentliche Aufrichtung, also eine Annäherung an ihre spätere, laterale Rielitung erfahren. Die Abweichung in dorsaler Richtung beträgt nur mehr einige Grade, die nach vorne ist noch immer ziem- lich groß. Bei Embryonen der nächstfolgenden Stadien läßt sich ein sehr interessanter Befund feststellen. Der laterale Rand des Augenbechers ist nämlich nur unmittelbar nach seiner Entstehung überall gleich- mäßig abgerundet. Sehr bald erheben sich an ihm zwei Lappen, von welchen der eine an der dorso-nasalen, der andere an der dorso-tempo- ralen Seite gelegen ist. Diese Lappen wachsen den übrigen Teilen des Randes weit voraus lateralwärts vor. Sie sind an der ventralen Seite des Auges durch die lateral sehr breite, medial immer schmäler wer- dende fetale Augenspalte, dorsal durch eine schmälere Furche von- einander geschieden, die nicht soweit medialwärts reicht, als die fetale Augenspalte (vgl. Abb. 9 u. 12). 1) Über die Anordnung der Kernteilungsfiguren im Zentralnerven- system und der Retina bei Natternembryonen. Sitzungsber. d. math.-naturwiss. Klasse d. Kais. Akad. d. Wissenschaften in Wien, Bd. 92, III. Abt., 1886. 2) Untersuchungen über die Histiogenese der Retina. Archiv f. mikr. Ana- tomie Bd. 23, 1885. 3) Über den Bau und die Entwickelung der Linse, I. Zeitschrift f. wissen- schaftliche Zoologie Bd. 63, III, 1898. 219 Rasy erwähnt den gleichen Befund, ohne jedoch des näheren auf ihn eingehen zu können, da ıhm zu diesem Zwecke nicht ge- nügend Material zur Verfügung stand. Auf die Bedeutung der Lappen für das Wachstum des Auges komme ich im zweiten Teile dieser Arbeit noch zurück. Hier soll nur die Entstehung und die Gesamt- form dieser Lappen geschildert werden. An Querschnitten sind diese Lappen viel schwieriger zu erkennen als an Sagittalschnitten. Auch an diesen lassen sie sich nur dann gut untersuchen, wenn das Auge rein sagittal getroffen ist. Der jüngste Embryo, bei dem ich sie beobachten konnte, war 3.6 mm lang, also kürzer als der zuletzt beschriebene, kennzeichnete sich aber schon äußerlich als in der Entwickelung weiter fortgeschritten dadurch, daß bereits drei kleine Kiemen äußerlich sichtbar waren. Die ersten beiden Schnitte zeigen die von dem Ektoderm schon voll- ständig abgesehnürte Linse. Der dritte Schnitt trifft den Augen- becherrand. Man sieht ventral die fetale Augenspalte, die so breit ist. daß der übrige Rand die Form eines schwach abgekrümmten Hufeisens annimmt. Innerhalb dieses Randes ist nun das Zellmaterial nicht in gleicher Weise verteilt. An der dorsalen Seite, der fetalen Augenspalte gegenüber, ist die Wand nur eine Zellage stark, die Seitenteile dagegen sind mehrschichtig und kernreich. Dieses Ver- halten weist auf die kurze Zeit später auch an der Dorsalseite er- folgende Unterbrechung des Augenbecherrands an dieser Stelle hin (Abb. 12). Auf dem nächsten Schnitt tritt die bilateral-symmetrische Form des Augenbechers deutlich zutage. Die fetale Augenspalte ist schmäler geworden, ihr gegenüber liegt an der Dorsalseite eine dünne, fast vollständig kernlose Stelle des Augenbecherrandes. Die Seiten- teile gleichen einander vollständig und sind nach dem gleichen Radius gekrümmt. Der nächste Schnitt, der letzte, der noch die Linse trıfft, zeigt die fetale Augenspalte noch mehr verengt, die dorsale Wand verdickt, aber immer noch dünner als die Seitenteile. Auf dem hinter der Linse folgenden Schnitte legen sich die Ränder der Augenspalte aneinander, die Dickendifferenz zwischen Decke und Seitenteilen verschwindet und der Glaskörperraum verengt sich, um zwei Schnitte weiter vollständig zu verschwinden. Was die Lage des Auges in diesem Entwickelungsstadium be- trifft, so finden wir es noch weiter dorsal gerückt, fast in gleicher Höhe mit dem Ohrbläschen. Mit der Streckung des Embryo und der damit einhergehenden Aufrichtung des Kopfes aus der ventralen 220 Lage rückt also das Auge allmählich aus seiner ventralen Stellung auf die laterale Kopfflache. Ich beschreibe nunmehr das Auge eines Embryo, den ich rein sagittal, ohne Rücksicht auf die Stellung des Auges, geschnitten habe. Seine Länge betrug 5,8 mm. Da in diesem Stadium die Haupt- achse des Auges nur mehr ganz wenig in dorsaler, stärker in rostraler Richtung abweicht, das Auge also mit anderen Worten nach der Seite, nach vorn und leicht nach oben gerichtet ist, so muß das erste (Gebilde, welches man auf Sagittalschnitten durch das Auge trifft, der temporale Lappen sein, und zwar sein ventraler Anteil. Er er- scheint als breiter, dichtzelliger Streifen, der bald die Gestalt eines Kreisringsektors annimmt. Auf den medialwärts folgenden Schnitten wird die Linse und später auch der nasale Lappen sichtbar, dieser letztere zunächst in seinem ventralen Anteile, vom temporalen Lappen durch die fetale Augenspalte getrennt. Bei Verfolgung der Schnittreihe weiter medialwärts kann man feststellen, daß die beiden Lappen dorsal zunächst vollkommen voneinander getrennt sind. Später legen sich ihre Ränder zwar näher aneinander, werden aber eine Strecke weit durch eine seichte Rinne voneinander ge- schieden (vgl. die später zu besprechenden Abb. 9 u. 12). Das Bild der bilateralen Symmetrie läßt sich in diesem Stadium demgemäß auch bei einer Schuttführung deutlich nachweisen, die das Auge nicht rein sagittal trifft. Die Form des Auges ist eine andere ge- worden. Es ist nicht mehr quer, sondern längsoval im Längsschnitte, die lange Achse verläuft in dorso-ventraler Richtung, der Glas- körperraum ist von rundlicher Gestalt. Der nächste untersuchte Embryo war 6,5 mm lang. Er war der Jüngste, bei dem sich ein deutlicher Flossensaum in der Schwanz- region abgrenzen ließ. Die äußeren Kiemen sind zwar länger geworden, sie sind aber noch unverzweigt. Die Schnittführung ist auch hier in bezug auf das Auge keine rein sagittale, der temporale Anteil des Auges ist früher angeschnitten als der nasale. Das Verhalten der beiden Randlappen ist das gleiche geblieben, geändert hat sich die Gestalt des Glaskörperraumes. Während er früher im Sehnitte nahezu kreisförmig erschien, bildet er jetzt in den lateralen Teilen des Auges einen Rhombus mit abgerundeten Ecken, die dorsal- bzw. ventral-, nasal- und temporalwärts gerichtet sind. Abb. 6 stellt die beschriebenen Verhältnisse dar. Der nasale, in der Abbildung rechts gelegene Anteil der Retina entspricht infolge der 221 schiefen Schnittfiihrung einem mehr lateral gelegenen Abschnitte und erscheint daher schmäler als der temporale. Hiervon abgesehen, ist die bilaterale Symmetrie der Augenanlage sehr deutlich ausgeprägt: Eine durch die fetale Augenspalte und durch die Mitte der dorsalen Wand der Retina gelegte Ebene teilt die Netzhaut in zwei spiegel- bildlich fast ganz gleiche Hälften, nur nasal ist die Einbuchtung der Seitenwand des Glaskörperraumes bedeutender als temporal, was eben auf die nicht rein sagittale Schnittführung zurückzuführen ist. — Weiter medialwärts verliert der Glaskörperraum seine rhombische Form und gestaltet sich zu einem Deltoid, dessen spitzer Winkel gegen die fetale Augenspalte gerichtet ist. Ein weiterer von mir untersuchter Embryo maß 7, Auge war dem früheren Stadium gegenüber nicht wesentlich weiter entwickelt. AuBerlich schien die Modellierung feiner geworden zu a mm, sein Abb. 6. Vergrößerung 12%/,. Abb. 7. Vergrößerung 1°°/,. sein, der Umriß des Rhombencephalon war durch die Haut hindurch sichtbar, der Flossenraum war deutlich erkennbar. Der diesem Embryo entstammende Schnitt der Abb. 7 weist die den Glaskörper- raum dieses Stadiums kennzeichnende rhombische Form auf. Der Eindruck der bilateralen Symmetrie wird verstärkt durch zwei im lateralen Abschnitte des Augenbechers an seiner Außenfläche vor- handene Furchen, welche von der nasalen bzw. von der temporalen Seite her in das Auge einschneiden und welche Blutgefäßen zur Ein- lagerung dienen. Dieses Verhalten deutet darauf hin, daß, entsprechend den von Rast erbrachten Befunden, auch bei unseren Objekten die Gefäßversorgung des Auges in bilateral-symmetrischer Weise erfolst. Eine ähnliche Gefäßfurche läßt sich im medialen Abschnitte des Auges an dessen Dorsalseite, gegenüber der fetalen Augenspalte, eine Strecke weit verfolgen. Sie ist in Abb. 8, welche den Augenbecher samt den ihn umgebenden Mesodermzellen darstellt, sichtbar, zu- sammen mit dem in sie eingelagerten Blutgefäße (G). Die Abbildung 222 entstammt einem Embryo, der seiner inneren Organisation nach etwas älter war als jener der Abb. 7, obwohl seine Länge nur 6,5 mm betrug. Von Wichtigkeit ist, daß in diesem Stadium die erste Diffe- renzierung der Retina eintritt. Dieselbe vollzieht sich entsprechend den Angaben Ragrs an anderen Objekten in der Weise, daß es zu- nächst in der innersten Zone der nasalen und temporalen Retina- hälfte zur Ausbildung einer kernlosen Zone, eines „Randschleiers, kommt, welcher die erste Anlage der Nervenfaserschicht darstellt. Zwei in diesen Stadien zutage tretende formale Besonderheiten müssen hier noch kurz erwähnt werden. Bei zahlreichen Objekten ließ sich eine Störung der bilateralen Symmetrie in dem Sinne fest- stellen, daß die eine Hälfte der Retina nach einem kleineren Radius gekrümmt erschien als die andere (Abb. 6, 7 u. 8). Diese Abweichung betraf bald die nasale (Abb. 6), bald die temporale Seite (Abb. 8), sie ist also keine gesetzmäßige. Diese geringfügigen Ab- weichungen von der bilateralen Symmetrie spielen für die Gesamtbeurteilung keine Rolle. „Es gibt keine bilaterale Symmetrie oder Eudipleurie im Sinne HaxuckErs, die nicht eine Störung erleiden könnte“, sagt Rau (5. 430). Die Ursache für diese Abb. 8. Vergrößerung 120/,. Störungen liegt vielleicht in wechselnden Druckverhältnissen des umgebenden Meso- derms. — Zum Teile sind übrigens diese Abweichungen auf die nicht ganz genaue Schnittführung zurückzuführen. Ein zweiter Befund betrifft die gegen die fetale Augenspalte zu also seine ventralen Ränder: gelegenen Teile des Augenbechers Sie erscheinen dieker als die angrenzenden Abschnitte der Retina (Abb. 6 u. 8), besonders in dem lateralen, dem Ektoderm zugekehrten Teile des Auges. An manchen Objekten sind sie wie durch eine scharfe Ecke von den übrigen, gleichmäßig gekrümmten Abschnitten der Retina geschieden. Auf die Bedeutung dieser Erscheinung komme ich im zweiten Teile dieser Arbeit zurück. Das Stadium mit der Differenzierung der beiden Körnerschichten, von denen die innere sich zuerst deutlicher abhebt, wird bei einer Körperlänge von etwa 7,5 mm erreicht. Äußerlich charakterisiert sich dieses Stadium durch folgende Momente: Der Körper ist nunmehr vollständig gerade gestreckt, der Kopf liegt mit dem Rumpfe in einer 223 Linie. Vom Dottersack ist nichts mehr zu sehen. Die äußeren Kiemen beginnen sich zu verzweigen. Der gut abgrenzbare Schwanzteil ent- spricht einem Drittel der Körperlänge. Das Auge zeigt keine dorsale Abweichung mehr, es sieht nach lateral und nach vorne. Im äußeren Blatte des Augenbechers ist bereits Pigment vorhanden und dieses reicht bis in den lateralen Teil der beiden Randlappen. Auf den Sagittalschnitten durch den Augenbecher treten wiederum zunächst die beiden Lappen, der nasale und der temporale, auf. Sie besitzen auf den ersten sie treffenden Schnitten aie Form eines Kreissegmentes, dessen Sehne gegen die Linse gekehrt ist. Sie vereinigen sich zunächst an der Dorsalseite durch eine schmale, anfangs nur vom Pigment- blatte gebildete Brücke, wie dies auf Abb. 9 sichtbar ist. Das Schnitt- bild stammt von einem 8 mm langen Embryo. Es ist der fünfte, das Auge treffende Schnitt. Auch an der Ventralseite erfolgt die Ver- einigung schon einige Schritte weiter medialwarts von der dorsalen Abb. 9. Vergrößerung 1%/,. Abb. 10. Vergrößerung %7/;. Vereinigungsstelle. Die fetale Augenspalte, deren Verschluß in medial-lateraler Richtung erfolgt, ist also bereits viel kürzer ge- worden. Die Vereinigung der sie begrenzenden Ränder kennzeichnet sich noch eine Strecke weit durch eine, von zwei kleinen, gegen den Glaskörperraum vorspringenden Wülsten begrenzte Furche, wie sie in Abb. 10 sichtbar ist. Diese Abbildung entstammt der Schnittreihe von einem 7,5 mm langen Embryo. Der Glaskörperraum zeigt hier annähernd die Ge- stalt eines Rechteckes mit abgerundeten Ecken. Seine dorsale Wand ist Jumenwärts konvex. Die nasale, in der Abbildung linke Wand erscheint in ihrem Außenkontur stärker gekrümmt als die temporale. Die bereits erfolgte Differenzierung der Retina ist hier in Form des oben erwähnten ‚„Randschleiers‘ zu erkennen, der sich nunmehr auch =. an der dorsalen und ventralen Wand des Glaskörperraumes ausge- bildet hat. Der Glaskörperraum besitzt die Form eines quergestellten Rechteckes nur innerhalb der lateralen Hälfte des Auges. Einen Schnitt medialwärts von dem abgebildeten nimmt er fast quadra- tische Form an und noch weiter medial gestaltet er sich zu einem hochgestellten Rechteck mit dorso-ventral gerichteter langer Achse, dessen Ecken sich dann noch mehr abrunden, wodurch der Glas- körperraum zum Schlusse eine elliptische Gestalt bekommt. Kurz vor seinem Verschwinden tritt im Schnittbilde innerhalb der nasalen und temporalen Wand des Glaskörperraumes, also in der Retina, je ein heller, kernloser Streifen in die Erscheinung, der in vollkommen symmetrischer Weise bogenförmig die laterale Wand des Glaskörper- raumes begleitet. Es ist dies der laterale Anteil der inneren Körner- schicht, die also in diesem Stadium auch schon in diesem Abschnitte des Augenbechers- entwickelt ist. Auf den folgenden Schnitten nähern sich die beiden Streifen zunächst in ihren dorsalen Abschnitten immer mehr, um sich schließlich zu vereinigen. Es hat dann die innere Körnerschicht eine Strecke weit im Längsschnitte eine hufeisenför mige Gestalt. Erst mehrere Schnitte weiter medialwärts erscheint sie auch an der Ventralseite, so daß das Hufeisen sich zu einem Ringe schließt und nunmehr die zentrale Ganglienzellenschicht allseitig von dem hellen Streifen der inneren Körnerschicht umgeben ist. Da die noch weiter medial erscheinende äußere Körnerschicht das gleiche Verhalten, wenn auch weniger deutlich, erkennen läßt, muß hieraus geschlossen werden, daß die Differenzierung der Retina in den ver- schiedenen Wänden des Augenbechers nicht in der gleichen Weise erfolgt. Sie tritt zunächst in der nasalen und temporalen Wand auf, ergreift kurze Zeit später die dorsale Wand, während sie an der Ven- tralseite noch lange Zeit gegenüber den anderen Wänden wesentlich zurückbleibt. An dem ältesten von mir untersuchten Embryo, der 14 mm lang war und dessen Auge hinsichtlich der bilateralen Symme- trie nichts Neues bot, war das Zurückbleiben in der Entwickelung der ventralen Wand des Augenbechers besonders deutlich. Die Ursachen für dieses eigentümliche Verhalten sollen im zweiten Teile meiner Arbeit erörtert werden. So weit reichen meine Untersuchungen bei Siredon piseiformis. Sie werden erweitert und ergänzt insbesondere durch Beobachtungen, welche ich an Tritonen anstellen konnte. Leider standen mir von dieser Tierart ganz junge Stadien nicht zur Verfügung. Bei meinen 225 Embryonen war es bereits überall zur Ausbildung eines Augen- bechers gekommen. Ein 4,7 mm langer Embryo von Triton taeniatus, der äußerlich einen deutlichen Flossensaum und drei unverzweigte Kiemen besaß, war in seiner Entwickelung ungefähr ebensoweit wie ein 5—6 mm langer Embryo von Siredon. Das früher beschriebene Verhalten der Randlappen ließ sich mit aller Deutlichkeit auch hier feststellen. Diese Lappen vereinigen sich zunächst an der Dorsalseite und die Vereinigungsstelle läßt sich auch hier wiederum noch eine Strecke weit medialwärts an einer in die dorsale Wand einschneidenden, zwischen zwei kleinen Wülsten befindlichen Furche erkennen. Die Querschnittsform des ganzen Auges ist nicht wie bei Siredon in diesem Stadium längsoval, sondern eher quadratisch, wobei die abge- rundeten Ecken des Quadrats dorsal-, nasal- und temporalwärts gerichtet sind. Die ven- Fe trale Spitze des Quadrates ist durch eine he » der Verschlußstelle der fetalen Augenspalte /s SR Er r + Gs 2 N Orr: a loc >: » n Ee zn entsprechende Kerbe ersetzt. Der Glas- \ a et, © N Vo | j körperraum hat die Form eines Deltoids, ar x Sr wobei der spitze Winkel ventralwärts ge- Bi, . richtet ist. Weiter medialwärts tritt eine Abrundung der Retina sowohl in ihrem Abb. 11. Vergrößerung 12%/,. äußeren als auch in ihrem inneren Kontur ein, und die Querschnittsform des Glaskörperraumes erscheint als ein gehirnwärts immer kleiner werdender Kreis. Ein 5 mm langer Embryo derselben Tierart zeigte, abgesehen von der sehr schön ausgebildeten rhombischen Form des Glaskörper- raumes und einem an der Dorsalwand in der Symmetrieebene ver- laufenden Blutgefäße, keine Besonderheiten. Auch ein um einen halben Millimeter längerer Embryo war in der Entwickelung seines Auges nicht viel weiter gediehen. Die Randlappen sind lateralwärts in die Länge gewachsen. Die Furche an ihrer Vereinigungsstelle bleibt eine Strecke weit sichtbar, um sodann in die dorsale Ecke des rhom- bischen Glaskörperraumes überzugehen. Die von diesem Embryo stammende Abb. 11 entspricht einem mitten durch die Linse hindurch- gehenden Schnitte. Sie soll die rhombische Form des Lumens des Augenbechers sowie den Außenkontur der Augenblase zur Darstel- lung bringen. Wie man sieht, verläuft dieser nicht so gleichmäßig rund wie bei Siredon, sondern er stellt vielmehr, wie oben erwähnt Anat. Anz. Bd. 51. Aufsätze. 15 226 wurde, annähernd ein Quadrat mit abgerundeten Ecken dar. Unver- kennbar ist die bilaterale Symmetrie der Augenanlage als Ganzes, wenn sie auch im Detail einzelne Abweichungen aufweist. Weiter medialwärts tritt sowohl im Außen- wie im Innenkontur eine Ab- rundung ein. Bei einem ein wenig älteren Stadium war die schon bei Siredon beobachtete Verdickung der ventralen, gegen die fetale Augenspalte gerichteten Ränder des Augenbechers deutlich ent- wickelt. Wesentlich weiter in der Entwickelung fortgeschritten war das Auge eines 6,8 mm langen Embryo, der in seiner äußeren Form durch die beginnende Verzweigung der äußeren Kiemen und einen bereits fast in die Längsachse des Körpers eingestellten Kopf gekennzeichnet war. Das Stadium entspricht in seiner Entwickelung dem 7,5 mm langen Embryo von Siredon, in dessen Retina äußere und innere Körnerschicht bereits differenziert waren. Die Vereinigung der beiden "Randlappen erfolgt in der dort beschriebenen Weise zunächst an der dorsalen, weiter medialwärts an der ventralen Wand. Der Glas- körperraum ist besonders in seinem lateralen Abschnitte enger als bei jüngeren Stadien, seine Ränder sind wieder verdickt. Die Diffe- renzierung der Retina beschränkte sich hier auf die Ausbildung des Randschleiers. Bei einem 8 mm langen Embryo dagegen waren die beiden Körnerschichten schon deutlich sichtbar. Der Glaskörper- raum zeigte in seinem lateralen Abschnitte eine quadratische, in seinem medialen eine Rechtecksform. Ganz vorzüglich eignen sich zum Studium der bilateralen Symme- trie und der Entwickelungsverhältnisse des Auges Larven von Triton cristatus. Sie geben außerordentlich klare und regelmäßig geformte Bilder. Ein 5 mm langer Embryo entsprach in seiner Entwickelung ziemlich genau dem 6,5 mm langen Siredonembryo, welchem der in Abb. 8 dargestellte Schnitt entnommen ist. Die Verhältnisse der Randlappen sind die gleichen wie dort. Die dorsale Gefäßfurche im lateralen Teile des Auges ist gleichfalls vorhanden. Der Glaskörper- raum ist im lateralen Teile des Auges durch die fetale Augenspalte im weiten Ausmaße ventralwärts offen, schließt sich aber gegen das Gehirn zu immer mehr und bekommt eine rundliche Querschnittsform. Ein 7,8 mm langer Embryo weist den Beginn der Differenzierung der Retina auf. Abb. 12 bringt einen Schnitt durch die beiden Rand- lappen. Wie man erkennen kann, besitzt der Augenbecher in diesem seinen lateralen Abschnitt — der abgebildete Schnitt ist der vierte, 227 welcher das Auge trifft — nur eine nasale und eine temporale Wand. Dorsal- und ventralwärts ist das Lumen des Augenbechers weit offen. Der Sehnitt trifft das Auge nicht rein sagittal. Der nasale — in der Abbildung linke — Lappen ist etwas weiter gegen die Peripherie zu getroffen als der temporale (in der Abbildung rechte). Infolgedessen zeigt der nasale Lappen noch die typische Sichelform, während am temporalen Lappen zwei Veränderungen sichtbar sind: Sein oberer Abschnitt ist verschmälert und erscheint in eine dorsal und nasal gerichtete Spitze ausgezogen, worin schon der Hin- weis auf die weiter medialwärts erfolgende Vereinigung der beiden Lappen an der dorsalen Seite des Augenbechers vorliegt. Der ven- Abb. 12. Vergrößerung UL e Abb. 13. Vergrößerung Wee trale, gegen die fetale Augenspalte gerichtete Teil des temporalen Lappens ist dem nasalen gegenüber deutlich verdickt, em Umstand, dessen bereits bei Siredon Erwähnung getan wurde. Ein paar Schnitte weiter medial besitzt die Augenanlage die in Abb. 13 dargestellte Form. Der Schnitt entstammt dem anderen Auge des Embryo der vorigen Abbildung. Er ist bei etwas schwächerer Vergrößerung ge- zeichnet als jener. Das Auge erscheint im Schnitt fast kreisförmig, der Glaskörperraum hat die Form eines Herzens, dessen Spitze ventralwärts gerichtet ist. In der Mitte der Innenfläche seiner dor- salen Wand bemerkt man eine schmale, aber relativ tiefe Furche, welche von zwei leichten Vorwölbunge ı dieser Wand begrenzt wird. Die im ganzen deutlich ausgesprochene bilaterale Symmetrie des Augenbechers erfährt insofern eine Störung, als von den der fetalen 15* ae Be Augenspalte zugewendeten Rändern der nasale (in der Abbildung linke) schmäler erscheint als der temporale. Durch die fetale Augen- spalte dringt spärliches Mesoderm ein. Medialwärts wird der Glas- körperraum weiter und die Retina dünner, mit Ausnahme ihrer ventralen Ränder, welche wiederum verdickt sind. Die fetale Augen- spalte ist auf dem unmittelbar medial von der Linse geführten Schnitte bereits geschlossen, doch ist ihre Verschlußstelle wie bei Siredon (Abb. 10) an einer bis in die medialsten Abschnitte des Augenbechers reichenden Kerbe erkennbar. Zum Schlusse soll noch das Auge eines 12 mm langen Embryo von Triton cristatus kurz beschrieben werden. Die beiden Rand- ee Ae Abb. 14. Vergrößerung ?8/,. Abb. 15. Vergrößerung ?%/,. lappen des Auges sind lateralwärts stark vorgewachsen. Ein Längs- schnitt durch den temporalen Lappen ist in Abb. 14 abgebildet. Er stellt ein ovales, von reichlichem Pigment umgebenes, dieht mit Kernen erfülltes Gebilde dar. Die abgeplattete (in der Abbildung rechte) Seite ist gegen das Augeninnere, die stärker gekrümmte nach außen gerichtet. Das Verhalten der Zellen wird uns später beschäf- tigen. Die Vereinigung der Lappen erfolgt wie bei den beschriebenen Jüngeren Stadien zunächst an der Dorsalseite, ein wenig weiter medial- wärts auch an der Ventralseite. Der Glaskörperraum zeigt die Grund- figur eines queren Rechteckes (Abb. 15), dessen dorsale und ventrale Seiten aber durch die schon mehrfach erwähnten, hier besonders gut ausgebildeten Wülste gegen das Augeninnere zu vorgewölbt sind. 229 Diese Wülste springen auch nach außen hin vor; dies gilt be- sonders von den dorsalen. Trotz kleiner Unregelmäßigkeiten dieser Außenwülste tritt gerade durch sie die bilaterale Symmetrie des Auges nur noch deutlicher zutage. Diese dieken Wülste flachen sich auf den folgenden Schnitten allmählich ab, so daß wir auf einem zehn Schnitte weiter medialwärts geführten Schnitte das in Abb. 16 wieder- gegebene Bild erhalten. Die Retina ist durch das Verschwinden dieser Wülste in ihrem dorsalen und ventralen Wandabschnitte dünner ge- worden, so daß die Augenanlage hier gegenüber dem in der vorigen Abbildung dargestellten Schnitte ein umgekehrtes Verhalten auf- weist: Ihre seitlichen Abschnitte sind jetzt dieker als die dorsalen und ventralen. Der Glaskörperraum ist in seiner Querausdehnung eingeengt, hat dafür aber an Höhe gewonnen. — Was die Differenzierung der Retina be- trifft, so erfolgt sie auch bei Triton cristatus in der bei Siredon beschriebenen Weise. Eine Nachprüfung der ge- schilderten Verhältnisse an Em- bryonen von Triton alpestris ergab für alle im vorgegangenen geschilderten Momente im we- sentlichen die gleichen Resul- tate. Auch einige Larven von Abb. 16. Vergrößerung 1/,. Salamandra maculosa habe ich untersucht. Obwohl mir von dieser Tierart nicht so viele geeignete Untersuchungsobjekte wie von den übrigen Urodelen zur Verfügung standen, konnte doch festgestellt werden, daß auch bei Salamandra maculosa die Augenanlage eine bilateral symmetrische ist. Fassen wir nunmehr das Wesentliche der vorangegangenen Schilderung der Entwickelung des Urodelenauges zusammen: Wie auf Grund der Ergebnisse Ragrs schon von vornherein an- zunehmen war, ist auch das Auge der Urodelen ein bilateral-symme- trisch angelegtes Organ. Es weist jedoch seine Entwiekelung anderen Tierarten, insbesonders den von RABL genau untersuchten Säuge- tieren gegenüber, einige bemerkenswerte Unterschiede auf. Zunächst sei auf die eigentümliche, dreieckige Form des Frühstadiums der primären Augenblase hingewiesen (Abb. 1). — Wie Ragıs Abbil- 230 dungen zeigen, ist bei Säugern die erste Anlage der Augenblase an Längsschnitten von längs-ovaler Gestalt und auch die Form des Sehventrikels entspricht diesem Verhalten. Bei Urodelen wird dem- gegenüber der Sehventrikel schon sehr bald in dorso-ventraler Rich- tung abgeplattet (Abb. 3). Diese Abplattung kann so weit gehen, daß es zur Anlagerung der dorsalen Wand der Augenblase an ihre ventrale Wand kommt und dadurch der Sehventrikel in zwei Hälften geteilt wird. Während ferner bei den Säugetieraugen in der ventralen Wand zwei paramediane Lappen zur Ausbildung kommen, welche eine Furche zwischen sich schließen, entsteht bei Urodelen in der ventralen Wand der Augenblase zunächst eine in der Symmetrie- ebene gelegene Vorwölbung (Abb. 2 u. 3), welche erst sekundär gefurcht wird (Abb. 4). Die dureh diese Furche voneinander geschie- denen kleinen Wülste entsprechen den beiden weit mächtigeren Lappen der Säugetieraugen. Die Kerben, welche Rast am Rand des Augen- bechers von Säugetieren beschrieben hat. fehlen bei Urodelen!). Statt dessen treffen wir bei ihnen ein ungemein charakteristisches, den Eindruck der bilateralen Symmetrie verstärkendes Verhalten. An der nasalen und an der temporalen Seite des Augenbechers treten Lappen auf (Abb. 9, 12, 14), welche den übrigen Rand des Bechers überragen, also weiter lateralwärts reichen als die dorsale und ven- trale Wand. Rekonstruiert man sich das Auge eines solchen Embryo und betrachtet den Umschlagsrand der Retina von der Seite her, so erkennt man, daß dieser nicht gleichmäßig in einer Kreislinie ver- läuft, sondern an seiner dorsalen und ventralen Seite durch zwei keilförmige, von lateral her einschneidende, gegen das Gehirn zu sich verschmälernde Kerben unterbrochen erscheint, von denen die ventrale, welche der fetalen Augenspalte entspricht, tiefer reicht als die dorsale. In welcher Weise diese Einschnitte sich schließen und welche Bedeutung die beiden Randlappen für das Wachstum des Auges haben, soll ım folgenden näher erörtert werden. Ferner sei darauf hingewiesen, daß Sehventrikel- und Glas- körperraum in allen Fällen, von geringfügigen bedeutungslosen Abweichungen abgesehen, Formen aufweisen, welche sich durch die 1) Auch bei den von mir untersuchten Serien durch Augen von Hühner- embryonen konnten diese Randkerben nicht nachgewiesen werden. RABL scheint sie bei Vogelembryonen auch nicht gefunden zu haben, da er sich hierüber nicht äußert. 231 Symmetrieebene des Auges in zweispiegelbildlich gleiche Hälften teilen lassen. Soweit sich Gefäßfurchen bei diesen jungen Stadien an der Oberfläche des Augenbechers beobachten lassen (Abb. 7 u. 8), deutet ihre Lage darauf hin, daß auch die Anordnung der Blut- gefäße eine bilateral-symmetrische ist. Schließlich sei noch die Tatsache hervorgehoben, daß auch die Differenzierung der Retinaschichten dem Prinzipe der bilateralen Symmetrie folgt. Sie beginnt am medialen Augenpol und schreitet von hier lateralwärts fort, jedoch so, daß die nasale und die temporale Wand des Augenbechers in Ihrer Entwicke- lung den übrigen Wänden vorauseilen. Dies läßt sich sowohl bei der Ausbildung der Nervenfaserschicht, als auch beim Sichtbarwerden der inneren und der äußeren Körnerschicht deutlich nachweisen. Wenn auch die Größe und der Dotterreichtum der Zellen des Urodelenkeimes und die daraus sich ergebende Schwierigkeit in der Faltung von Epithellamellen sowie in der Bildung von Vorwölbungen und Furchen die speziell bei Säugern so klaren Verhältnisse der bilateralen Symmetrie weniger deutlich hervortreten lassen, so er- scheint doch das Vorhandensein dieser Symmetrie durch die geschil- derten Befunde sicher erwiesen. Die Besonderheiten der Entwicke- lung des Urodelenauges gegenüber dem Säugetierauge finden in der Besonderheit seiner großen und dotterreichen Zellen eine befriedigende Erklärung und erscheinen daher als caenogenetische Anpas- sungen. II. Über die Wachstumsart des Wirbeltierauges. Außer den bisher geschilderten Tatsachen konnte nun noch an den für diese Untersuchung verwendeten Längsschnitten ein nicht unwichtiger Umstand festgestellt werden, welcher die Art und Weise der allmählichen Vergrößerung des Augenbechers betrifft. Die früher beschriebenen Randlappen sind, wie erwähnt wurde, nicht von An- fang an vorhanden. Sie fehlen bei einem 4,3 mm langen Embryo von Siredon, so daß der laterale Rand des Augenbechers, an welchem das retinale Blatt in das Pigmentblatt übergeht, einfach gewölbt erscheint und nur an seiner ventralen Seite einen breiten, der fetalen Augen- spalte entsprechenden Einschnitt erkennen läßt. Diese beiden Lappen sind erst bei Embryonen von etwa 5,8 mm Körperlänge nachweisbar, 232 indem hier an der dorsalen Hälfte des Augenbechers, der fetalen Augenspalte gegenüber, ein Einschnitt sich ausbildet. Schon diese Beobachtung legte die Vermutung nahe, daß die Wachstumsverhält- nisse im Augenbecher nicht überall die gleichen sein können. Denn wäre dies der Fall, so müßte der Rand des Augenbechers in allen seinen Teilen gleichmäßig lateralwärts gegen das Ektoderm vor- rücken und es könnte nicht zur Ausbildung besonderer, den dorsalen und ventralen Randteil überragender seitlicher Lappen kommen. Es mußte also diesen seitlichen Randabschnitten gegenüber den übrigen Anteilen des Augenbecherrandes ein besonderes Verhalten in bezug auf ihr Wachstum zugesprochen werden. Um dies sicher zu erweisen, mußte das Verhalten der diese Randteile zusammensetzenden Zellen hinsichtlich ihrer Teilungen festgestellt und mit jenen der übrigen Retinazellen verglichen werden. Eine entsprechende Untersuchung ergab, daß zur Zeit der Umwandlung der primären Augenblase in den Augenbecher und noch einige Zeit später die Teilungsfiguren gleichmäßig über die ganze Augenanlage verteilt sind, also keinerlei besondere Prädilektionsstellen besitzen. Das ändert sich bei älteren, etwa 7,8 mm langen Embryonen, bei denen die Differenzierung der Retina bereits begonnen hat. Die Sagittalschnitte durch das Auge soleher Embryonen boten ein überraschendes Bild dar. Die ersten die lateralen Anteile der Randlappen treffenden Schnitte erscheinen wie übersät mit Karyokinesen. Es sei hier noch einmal auf den in Abb. 12 dargestellten Schnitt hingewiesen. Der nasale Lappen (in der Abbildung links) enthält, insbesondere in seinem mittleren Abschnitte, ungemein zahlreiche Karyokinesen, während sie in dem weiter medialwärts getroffenen temporalen Lappen schon in geringerer Menge vorhanden sind. Je weiter hirnwärts gelegene Schnitte dieser Entwickelungsstadien man untersucht, desto geringer wird die Zahl der Teilungsfiguren. Auf dem in Abb. 13 wiedergegebenen Schnitte, welcher mitten durch die Linse hindurchgeht, sind nur ganz wenige in Teilung begriffene Zellen sichtbar und in den medial von der Linse folgenden Schnitten lassen sich Teilungsfiguren überhaupt nicht mehr auffinden. Noch deut- licher treten diese Verhältnisse an dem 12 mm langen Embryo zutage, dem die Abb. 14, 15 u. 16 entnommen sind. Die Abb. 14 stellt den sechsten Schnitt durch den temporalen Lappen dar. Hier tritt der Reichtum an Karyokinesen ganz besonders gut hervor. Dabei ist die Menge der Teilungsfiguren in den weiter lateral durch das Auge ge- 233 führten Schnitten noch größer als in dem abgebildeten Schnitte. Von der Intensität der Zellvermehrung in diesem Abschnitte des Augenbechers liefert die Abb. 14, so viele Karyokinesen sie auch auf- weist, doch kein erschöpfendes Bild. Denn zahlreiche von den dar- gestellten, scheinbar im Ruhezustand befindlichen Kernen erweisen sich, bei stärkerer Vergrößerung untersucht, als unmittelbar vor oder nach der Teilung stehend, so daß nahezu alle Zellen als in Teilung begriffen erkannt werden können. Selbstverständlich wurde dieses Verhalten, sowie auch das im nachfolgenden Besprochene, nicht bloß an den hier speziell beschriebenen, sondern auch noch an vielen anderen Embryonen geprüft. Wie verhält es sich nun mit der Zellvermehrung in den übrigen. medialwärts von den Lappen gelegenen Abschnitten der Retina ? Es wurde bereits erwähnt, daß die Zahl der Karyokinesen gegen das Gehirn zu immer geringer wird. Hierbei tritt aber eine ganz be- stimmte Art ihrer Verteilung zutage. Die Abb. 15 zeigt, daß die Karyokinesen in der dorsalen und ventralen Wand des Augenbechers weit zahlreicher sind als in den Seitenwänden. Diese Teilungsfiguren befinden sich in den dicken Wülsten, welche die Retina nach innen und außen zu vortreten läßt. Durch rege Zellvermehrung in diesem Teile der sekundären Augenblase sind eben diese Wülste entstanden. denn ursprünglich waren alle Wände des Augenbechers gleich dick (Abb. 7). Die in Abb. 15 sichtbaren dorsalen Wülste habe ich nur bei diesem einen Objekte nachweisen können. Bei ihm hatte offenbar an dieser Stelle eine regere Zellteilung als sonst stattgefunden. Da- gegen ließen sich die ventralen Wülste bei allen untersuchten Larven nachweisen und so konnte ihre Entstehungsart genau verfolgt werden. Schon auf dem in Abb. 8 abgebildeten Schnitte kann man jederseits eine leichte Einschnürung der Seitenwand des Augenbechers erkennen, wodurch diese Seitenwände in einen kleinen ventralen, der fetalen Augenspalte zugewendeten, und einen größeren lateralen Abschnitt geteilt werden. Im Verlaufe der weiteren Entwickelung gewinnen die ventralen Abschnitte im lateralen Teile des Auges an Dicke und scheiden sich hierdurch deutlich von den übrigen Bezirken der Retina. Auch nachdem die fetale Augenspalte sich bereits geschlossen hat. bleiben diese Verdiekungen, wenigstens im lateralen Teile des Auges, noch deutlich sichtbar (Abb. 10, 15). Wiewohl sich diese Vorwöl- bungen medialwärts immer mehr abflachen und z. B. in Abb. 16 überhaupt nicht mehr sichtbar sind, erkennt man doch auch hier, daß sich die Karyokinesen hauptsächlich in der ventralen Wand des Augenbechers vorfinden. Auf Grund dieser Befunde ergibt sich für das Wachstum des Auges folgender Schluß: In frühen Entwickelungsstadien vermehren sich die Zellen in allen Teilen der Augenanlage gleichmäßig. Es wächst also in dieser Zeit das Auge intussuszeptionell. Sobald aber später die Diffe- renzierung der Retina in ihre einzelne Schichten beginnt, ändert sich dieses Verhalten, indem nun die Zellvermehrung im medialen Ab- schnitte des Augenbechers, in welchem die Differenzierung der Retina zuerst eintritt, zunächst geringer wird und dann ganz aufhört, während sie 1m lateralen Abschnitte des Auges um so intensiver einsetzt. Dieser Unterschied im Verhalten der Zellteilungen in der medialen und lateralen Hälfte der Retina ist schon in einem Entwickelungsstadium nachweisbar, in welchem am medialen Augenpol von einer Differen- zierung der Retina noch nichts zu bemerken ist. Es erklärt sich dies wohl damit, daß wir die ersten feinen Vorgänge der Differenzierung mit unseren optischen Hilfsmitteln nieht zu erkennen vermögen. Je weiter aber später die Differenzierung der Retina fortschreitet, um so mehr wird die Zellvermehrung auf immer weiter lateral gelegene Bezirke der Netzhaut verdrängt. Bei den Urodelen sind es schließ- lich die früher beschriebenen, den Augenbecherrand überragenden Lappen, welche die Hauptaufgabe der Vermehrung des Zellmaterials übernehmen. Die Differenzierung der Netzhaut erfolst nun, wie früher er- örtert wurde, gleichfalls nieht in allen ihren Abschnitten gleichzeitig und gleichmäßig, sondern sie betrifft zunächst die beiden seitlichen Abschnitte, dann die dorsale und zum Schlusse die ventrale Wand des Augenbechers. Damit steht nun auch das Verhalten der Zell- teilungen im Einklang: Auch in dem zunächst undifferenzierten dor- salen und ventralen Abschnitte des Augenbechers finden sich zahl- reiche Karyokinesen. Den sichtbaren Ausdruck für die rege Zell- vermehrung innerhalb dieser Randteile bilden die beschriebenen und abgebildeten (Abb. 15) wulstförmigen Verdickungen, die naturgemäß nur durch besonders starke Anbildung neuer Zellen entstehen konnten. In demselben Maße, als die Differenzierung der Retinaschichten auch in diese lateralen Abschnitte des Augenbechers vorschreitet, wird hier die Zellvermehrung eine immer geringere. Durch Einbeziehung des früher gebildeten Zellmaterials in die Differenzierung schwinden 235 später die Wülste und es kommt zur Abglättung auch dieses Retina- abschnittes. Die beschriebene ‚Art des Vorschreitens der Differenzierung in medial-lateraler Richtung, wobei die seitlichen Abschnitte den dorsalen und ventralen in der Entwickelung voraus sind, erklärt es auch, wieso es schließlich zum Verschlusse der ventralen, der fetalen Augenspalte entsprechenden, sowie der ihr gegenüberliegenden dor- salen Inzisur des Augenbecherrandes kommt. Hat nämlich die Differenzierung an den seitlichen Abschnitten den lateralen Um- schlagsrand des Augenbechers erreicht, so muß notwendigerweise die Vermehrung der Zellen hier aufhören. In den dorsalen und ventralen Abschnitten jedoch dauert sie noch eine Zeitlang fort und schiebt dadurch den die beiden Inzisuren begrenzenden Randteil so lange lateralwärts vor, bis diese Einschnitte immer seichter und schließlich ganz ausgeglichen werden, wodurch der Rand des Augenbechers jene gleichmäßig runde Form erreicht, die dem Auge des erwachsenen Tieres eigentümlich ist. Das Wachstum der Retina und damit die Vergrößerung des Augenbechers — denn das Wachstum der Retina zieht auch jenes des Pigmentblattes des Augenbechers nach sich — erfolgt also bei Uro- delen zunächst durch Bildung neuer Zellen in allen Teilen der Retina, später, nach Beginn der Differenzierung der Retinaschichtung, durch Anbildung neuer Zellmassen, fast lediglich nur im lateralen, noch undifferenzierten Randabschnitt des Augenbechers. In den be- reits differenzierten Retinateilen finden sich Zellteilungen so selten vor, daß die hier noch erfolgenden Zellteilungen für das Wachstum der ganzen Augenanlage kaum wesentlich in Betracht kommen. Daß nun dieses eigentümliche Wachstumverhältnis des Augen- bechers nur bei Urodelen vorkomme, erschien unwahrscheinlich. Vielmehr lag die Annahme nahe, daß es auch für andere Wirbeltier- klassen Geltung besitze. Um diese Frage zu prüfen, wurde die Ent- wickelung des Auges von Gallus domesticus und Anas boschas auf diese Verhältnisse hin näher untersucht. Diese Prüfung ergab eine völlige Übereinstimmung mit den Urodelen. Auch bei den Vögeln ließ sich feststellen, daß die Zellvermehrung in den späteren Stadien nicht mehr ın allen Abschnitten, sondern nur noch ım Randteile der Retina erfolgt, ja die Zahl der Karyokinesen ist hier eine noch weit größere als bei den Urodelen, was darauf zurückzuführen ist, daß die Zellen des Vogelkeimes kleiner als jene der Urodelen sind, so daß auf 236 dieselbe Fläche des Schnittes weit mehr Zellen nebeneinander zu liegen kommen. Natürlich lassen sich diese Verhältnisse wieder nur an Sagittalschnitten durch das Auge selbst nachweisen. Wenn nun bei zwei so verschiedenen Wirbeltierklassen, wie es die Vögel einerseits, die Amphibien anderseits sind, die gleichen Ver- hältnisse vorgefunden werden, so ist man wohl zu der Annahme be- rechtigt, daß in ihnen ein allen Wirbeltierklassen zukommendes Entwickelungsgesetz vorliegt, dem wir folgende Fassung zu geben vermögen: Während die Anbildung neuer Zellen in der Retina in frühen Entwickelungsstadien intussuszeptionell in allen Abschnitten der Retina erfolgt, erfolgt sie in späteren Entwickelungsstadien — nach Beginn der Differenzierung der Retinaschichtung — appositionell, von den lateralen, noch nicht differenzierten Abschnitten der Retina aus. Hier kommt es zu außerordentlich reger Zellvermehrung und hierdurch werden immer mehr und mehr Zellen gebildet, welche an den bereits differenzierten Abschnitt der Retina angegliedert werden. Die Retina muß dadurch in lateraler Richtung vorwachsen und in derselben Richtung muß der Augenbecherrand vorgeschoben und dadurch die ganze Augenanlage vergrößert werden. Die neu- gebildeten und an die bereits differenzierten Retinazellen angeelie- derten Zellen werden später in den Differenzierungsvorgang mit einbezogen, der also gleichfalls in lateraler Richtung fortschreitet. Dieser Prozeß der Zellvermehrung im Augenbecherrande und der darauf folgenden Ausbildung der Retinaschichtung dauert so lange, bis die ganze Retina ausgebildet ist. Bei der Entwickelung der Netzhaut kommt es also zu einer Arbeitsteilung zwischen den Zellen des bereits differenzierten und jenen des noch undifferenzierten Abschnittes der Retina. Die ersteren stellen ihre Teilungen nach und nach ein, während die letzteren in um so regere Vermehrungstätigkeit geraten und nunmehr allein die Funktion der Anbildung neuen Zellmaterials übernehmen, bis endlich auch sie, wie früher ihre Genossen, vom Differenzierungsvorgange der Netzhautschiehtung ereilt werden, ihre Teilungen einstellen und sich für ihre spezifische Funktion umbilden. Diese Umbildung erfolgt danach stets nach Einstellung der karyokinetischen Tätigkeit, beide Prozesse können in der Norm nicht gleichzeitig in einer Zelle vor sich gehen. Wenn nun auch die bereits spezifisch differenzierten Zellen der 237 Netzhaut in der Norm zur Zellvermehrung nicht mehr herangezogen werden, so haben sie deshalb ihre Teilungsfähigkeit nicht vollständig eingebüßt. Wenigstens nicht bei den Urodelen. Denn die Versuche Corvecıst) haben gelehrt, daß bei diesen Tieren auch nach Ent- fernung fast des ganzen bereits volldifferenzierten Auges eine Neu- bildung der Retina erfolgt, wenn auch nur ein kleiner Rest derselben im Auge verblieben ist. Die Zellen dieses Restes geraten in intensivste Vermehrung und sind imstande, einen neuen Augenbecher, Ja sogar auch eine neue Linse zu entwickeln. Bei den durch diesen Versuchs- eingriff geschaffenen Bedingungen werden offenbar auf diese Zellen Reize ausgeübt, welche die in ihnen schlummernde Fähigkeit der Zellneubildung entfachen, eine Fähigkeit, welche sie bei normaler Entwickelung nicht, oder nur in sehr eingeschränktem Maße entfalten. Mit den Wachstumsverhältnissen des Augenbechers steht nun auch das Auftreten eigentümlicher Körnchen in den Zellen der Retina im Zusammenhange. In seiner eingangs zitierten Arbeit (S. 314) erwähnt Ragr diese Körnchen und beschreibt sie als kleine Gebilde, welche insbesondere an Stätten reger Zellvermehrung auf- treten und daher wohl als Stoffwechselprodukte der Zellen zu be- trachten sind. Bei dieser Gelegenheit setzt er sich mit der Auffassung SzıLLys?) auseinander, welcher derartige Körnchen bereits früher beschrieben hat, sie jedoch im Gegensatze zu Ragı als Zeichen von Zelldegeneration und Kernzerfall aufgefaßt hat. Ihm gegenüber be- tont Ragr, daß die Zellen, in welchen derartige Körnchen sich vor- fanden, niemals Zeichen von Degeneration aufwiesen, sondern sich im Gegenteil in lebhafter Vermehrung begriffen zeigten. Körnchen ähnlicher Art beschreibt SCHREINER In seiner Arbeit „Über die Entwickelung der Amniotenniere‘‘®) (8. 58ff.). Sie fanden sich in einem Teile des nephrogenen Gewebes, färbten sich intensiv mit Karmin und sollen, seiner Meinung nach, die Degeneration des Gewebsabschnittes anzeigen, in welchem sie auftreten. Die von mir untersuchten Objekte wiesen in zahlreichen Fällen derartige Körnchen auf (Abb. 13, 14, 16). Ihr erstes Auftreten fällt ungefähr mit der Ausbildung der Randlappen zusammen. Es zeigte 1) Corucer, V. S., Sulla rigenerazione parziale dell’ occhio nei Tritoni. Memorie della R. Accad. delle Scienze dell’ Ist. di Bologna, Ser. V, t. 1, 1891. 2) Arch. f. mikrosk. Anatomie Bd. 77, 1911. 3) Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. 71, 1902. 238 sich, daß diese Körnchen ım läteralen Teile des Auges, also dort, wo die Vermehrung eine so Intensive ist, zunächst ungemein klein er- scheinen, daß sie jedoch, je weiter medialwärts gelegene Schnitte man betrachtet, um so mehr an Größe und Färbbarkeit zunehmen. Bei Embryonen von etwas über 6 mm Länge, welche die erste An- deutung der Differenzierung zeigen, sind sie bereits deutlich zu er- kennen. Sie verschwinden jedoch in den späteren Stadien nicht und bleiben auch innerhalb der bereits differenzierten Retinaschieliten deutlich erkennbar. Vergleicht man die Abb. 14 u. 16, welche einem 12 mm langen Embryo von Triton cristatus entstammen, so erkennt man, daß diese Körnchen in den in Abb. 14 dargestellten Randlappen, also an dem Punkte der regsten Zellvermehrung, klein, aber sehr zahl- reich sind, daß sie dagegen in dem durch den medialen Abschnitt der Linse geführten, in Abb. 16 abgebildeten Schnitte geringer an Zahl sind, aber an Größe bedeutend zugenommen haben. Ein gleiches Verhalten ließ sich auch an zahlreichen anderen Objekten nachweisen. Immer zeigten sich ım lateralen Teile des Auges, also dort, wo die Zellen in reger Vermehrung begriffen sind, sehr zahlreiche kleine Körnchen, die dann gegen das Gehirn zu ständig an Zahl ab-, an (Größe aber zunehmen, so daß sie im medialsten Abschnitte des Auges, in der Nähe der Eintrittsstelle des Sehnerven, die Größe der daselbst befindlichen Zellkerne erreichen. Da bei unserem Untersuchungs- objekte eine Zelldegeneration nicht angenommen werden kann, so müssen hier die Körnchen, im Sinne Ragıs, als Stoffwechselprodukte aufgefaßt werden, welche in den sich lebhaft vermehrenden Zellen entstehen. So sehen wir sie zuerst im lateralen Abschnitte des Auges auftreten, hierauf, entsprechend dem Wachstum des Auges, mit den Zellen medialwärts verschoben werden und hierbei, indem sie zum Teile vielleicht miteinander verschmelzen, zwar an Zahl ab-, an Größe und Färbbarkeit aber derart zunehmen, daß sie schließlich fast wie pyknotische Kerne erscheinen. Doch handelt es sich, meiner Meinung nach, sicher nicht um Kerngebilde (SzıLıy), sondern um Elemente, welche durch Zersetzungsvorgänge 1m Zelleibe entstehen. Die Entstehungsart und das Wachstum dieser Körnchen, welche beiden Vorgänge sich wiederum nur an Sagittalschnitten deutlich verfolgen lassen, lehrt also, daß es sich bei ihnen — in unserem Ob- jekte — um Gebilde handelt, welche mit dem Teilungsvorgange der Zellen und daher mit dem Wachstum des Augenbechers in innigem Zusammenhange stehen. 239 Zusammengehalten mit den Beobachtungen SCHREINERS und Szırıys an anderen Objekten ergibt sich der Schluß, daß diese Körnchenbildung vielfach im embryonalen Gewebe dort statthat, wo es zu reger Zellvermehrung kommt, und daß sie den sichtbaren Ausdruck für die lebhaften Stoffwechselvorginge und Material- umsetzungen darstellt, welche die Zellteilung und Zelldifferenzierung begleiten, daß sie aber andererseits auch dort auftreten kann, wo es zur Rückbildung von Zellen kommt, bei welcher ja gleichfalls Materialumsetzungen stattfinden, die eine Körnchenbildung im Zell- leibe verursachen können. (Eingegangen am 24. April 1918.) Nachdruck verboten. Zur Topographie der Einmündung der Vena azygos beim Menschen. Von Dr. A. Forster, Privatdozent und Assistent am anatomischen Institut der Universität Straßburg. Mit 6 Abbildungen. In mehr wie einer Richtung hat der Verlauf der Vena azygos und deren Lagebeziehung zu der Umgebung das Interesse der Ana- tomen beansprucht. Ich erinnere dabei bloß an die Bildung des eigenartigen Einschnittes an dem oberen Lappen der rechten Lunge, welchen schon WRISBERG!) näher charakterisierte als Folgeerschei- nung besonderer Lagerung der Vena azygos?). Auch die Beziehungen zu den umliegenden Lymphknoten in der Nähe der Einmündunssstelle in die V. cava super. haben von altersher eine gewisse Würdigung erfahren [BrcKeEr®)|; doch meiner 1) H. WRISBERG, Obs. anatom. de vena azyga duplici aliisque hujus venae varietatibus. Göttingen 1778. 2) Man vergleiche auch die neueren Arbeiten von F. D£v£, Anomalie de la Veine azygos. Bull. et mem. de la Soc. anat. Paris 1899, 74° année, S. 450, und Le lobule de la veine azygos ou ,,lobule de WRISBERG‘“. Ibid. S. 489—520. Ferner die Mitteilungen von E. FiscHEerR, von BLUNTSCHLI, HELLER u. a. m. (vgl. Literaturverzeichnis). 3) Fr. G. BECKER, De glandulis thoracis lymphaticis atque thymo. Inaug.- Diss. Berlin 1826. — Vgl. auch LEBLoND, Recherches sur une espéce de phtisie particuliére & l’enfance. These de Paris 1824, Nr. 53. 240 Ansicht nach nur in mäßigem Grade. Abgesehen von Cunsos und Porriers Darstellung in PoIRIERS und UHAarpys Handbuch?) finden wir bei den Klassikern nur weniges über diesen Zusammenhang. So müssen wir zu den seltenen Spezialarbeiten unsere Zuflucht nehmen, wollen wir etwas über die Lymphoglandulae in der Umgebung des rechten Bronchus kennen lernen. BECKERS eben erwähnte Disser- tation, weiterhin BAr£rys Arbeit?) können wir dabei als grundlegend ansehen. Wenn sie auch vielfach pathologische Zustände behandeln und von dem Standpunkte der Adenopathien geschrieben sind, so erscheinen immerhin die anatomischen Daten, von welchen die beiden Autoren ausgehen, von wesentlichster Bedeutung. Doch auch hier sind die Lagerungsverhältnisse der Lymphknoten zu dem letzten Endteile der Vena azygos meines Erachtens jedenfalls nicht genügend hervorgehoben. Dasselbe gilt von den neueren Untersuchungen von SUKIENNIKOW®) und Mosr®). BArErTY speziell beschreibt vier oder fünf Lymphoglandulae von dem Volumen und der Form einer dicken Erbse oder einer großen Bohne als zu der Gruppe der rechtsseitigen Praetracheo-bronchial- Drüsen gehörig. Meistens, wenn ihre Veränderung nicht so weit ge- diehen ist, um eine Unterscheidung auszuschließen, besteht folgende Anordnung: Zwei Knoten reiten auf dem Ursprung des rechten Bronchus, der eine nach vorn, der andere nach hinten; der dritte überragt dieselben. Eine vierte Lymphoglandula befindet sich weiter nach außen, eine fünfte hinten. Andere Knoten liegen der Gruppe von oben her auf, in die rechtseitigen trachealen Drüsen übergehend, 1) P. PoIRIER et A. ÜHARPY, Traité d’anatomie humaine, T. II, 4. Fasc., 1902. 2) A. BARETY, De l’adenopathie trach&o-bronchique. These de Paris 1874, 3) W. SUKIENNIKOW. Topographische Anatomie der bronchialen und trachealen Lymphdrüsen. Inaug.-Diss. Berlin 1903. Vgl. auch Berl. klin. Wochen- sehr: 1903, Nr: 14 u. .15. 4) A. Most, Untersuchungen über die Lymphbahnen an der oberen Thorax- apertur und am Brustkorb. Arch. f. Anat. u. Entwick. 1908, S. 1—30. — Der- selbe, Die Topographie des Lymphgefäßapparates des Kopfes und Halses und ihre Bedeutung für die Chirurgie. Berlin 1906. — Derselbe, Die Topographie des Lymphgefäßapparates des menschlichen Körpers und ihre Beziehungen zu den Infektionswegen der Tuberkulose. Biblictheca medica, C. H. 21, 1908. — Der- selbe, Über die Topographie des Lymphgefäßapparates im kindlichen Organis- mus und ihre klinische Bedeutung. Arch. f. Kinderheilkunde 1908, Bd. 48, S. 75 bis 92. 241 welche weiterhin am Bildungswinkel der Vena cava sup. den Zu- sammenhang mit dem Drüsenstrang der Vasa mammaria interna vermitteln!). Most?) spricht bloß von mehreren dichtgelagerten größeren Drüsenkörpern, welche, den rechten tracheo-bronchialen Winkel ausfüllend, haufenartig angeordnet sich aufwärts in die Kette der paratrachealen Drüsen fortsetzen. SUKIENNIKOWS Dar- stellung ist eingehender und sucht den topographischen Verhält- nissen gerechter zu werden. Die Lymphoglandulae tracheo-bren- chiales dextrae werden in zwei Abschnitte eingeteilt: ‚Einen unteren, in welchem die Lymphdrüsen, einen Haufen‘ — bestehend aus 5—7 Elementen — .,bildend, den Hauptteil des rechten tracheo-bronchialen Zwischenraumes ausfüllen, und einen oberen, in dem die Lymph- drüsen, kettenartig angeordnet, in dem Spalt zwischen der Trachea und der Wirbelsäule gelegen sind.‘?) Wenn darnach auch eine genauere Beschreibung der einzelnen Drüsen gegeben zu sein scheint, so fragt es sich, ob ihre Lagerung zu der Vena azygos selbst hinreichend präzisiert ist mit der Angabe, dieser venöse Blutleiter befinde sich unterhalb der Lymphoglandulae, genau ebenso wie die A. pulmonalis dextra [BAarEry®)] oder wie der rechte Bronchus und die rechtsseitige Pulmonalarterie [PoIRIERr?), SUKIENNIKOW®)]. Dieser letztere Autor legt besonderen Nachdruck auf diese Erscheinung und bekräftigt seine Darstellung durch eine 1) A. BarETY, |. c., S. 42. — Vgl. auch P. PoIRIER und A. CHarpy, Traite d’anatomie humaine, T. II, 1902, S. 1241, wo BarR£Tys Arbeit der Beschreibung zugrunde gelegt ist. 2) A. Most. |. e., Arbeit im Arch. f. Anat. u. Entwicklungsg. 1908, S. 6. 3) W. SUKIENNIKOW, I. c., S. 17. 4) A. Barty, |. c., S. 43. 5) P. PoIRIER et A. CHarpy, |. c., S. 1241. 6) W. SUKIENNIEOWw, I. c., S. 8: „In der Höhe der ersten Rippe vor dem rechten Rande der Trachea fließen die beiden Venae anonymae zusammen zur Vena cava superior, welche fast vertikal zum Herzen zieht. Der Abstand der Vena cava superior vom unteren Teile der nach hinten sich krümmenden Trachea ist gleich der Dicke der rechten Arteria pulmonalis, welche, teils vom Pericard eingehüllt, den vorderen Teil des Bodens eines zwischen der Vena cava superior und der Trachea entstandenen Raumes — das Spatium tracheo-bronchiale dex- trum — bildet. Den hinteren Teil dieses Bodens stellt der rechte Bronchus dar. Die linke Begrenzung übernimmt im hinteren Teile des Raumes die rechte Seite der Trachea, in seinem vorderen Teile — die aufsteigende Aorta. Von rechts oben wird dieser Raum von dem vorbeiziehenden rechten Mediastinalblatte ab- geschlossen; die rechte untere Begrenzung bildet die Vena azygos." Anat. Anz. Bd. 51. Aufsätze. 16 bildliche Wiedergabe (Textabb. 1). Daß die Lagebeziehungen zu der Vena azygos von größter Bedeutung sein dürften, leuchtet in- dessen ohne weiteres ein insofern, als pathologische Veränderungen dieser Lymphdrüsen, Entzündungen, Vergrößerungen jeder Art selbstredend den Blutrückfluß aus dem Wurzelgebiet der Stammes- vene verschiedentlich beeinflussen werden, nach Maßgabe ihrer mehr oder weniger normalen Annäherung an dieselbe. Schon lange war es mir bei Gelegenheit der Präparation der Brustorgane aufgefallen, daß in der Tat die Vena azygos bei ihrem Verlauf über dem rechten Bronchus in enger, ja in engster Kontakt- verbindung mit Lymphknoten stünde. Nachdem ich den Tatbestand auf Grund einer Untersuchung an einem größeren Material (35 Thoraxeingeweide von Er- wachsenen, 10 von neugebo- N. laryngeus___ inf. dexter Trachea.. renen Kindern und 6 von Feten von dem 6. Monate ab) festlegen konnte, glaube ich nunmehr in genauerer Weise die Lagerungsverhältnisse des Endstückes der Vena azygos, N. vagus dext. ihres Bogens und ihrer Ein- mündung dartun zu können. fa Als erstes Ergebnis meiner Präparationen möchte ich fest- Abb. 1. Lymphoglandulae tracheo-bron- = r Tarl: Ay chiales dextrae. Ansicht von rechts. Unten legen, daß der Verlauf der der Haufen, oben der Beginn der Kette. V. azygos in keiner Weise den Kopie aus W. Suxtennikow, |. c., Fig. 6. — Originalgröße von den Glandulae tracheo- fo} = 73 bronchales dextrae eingenom- menen Raum nach unten zu abschlieBt, wie es BARETY und nach ihm POIRTER ebenso wie fernerhin SUKIENNIKOW angeben. Es zieht viel- mehr die Vena azygos durchgehend weiter proximal über den Bronchus, so daß ein Abstand von mehreren Millimetern, ja gelegentlich von über einem Zentimeter zwischen den beiden Gebilden besteht. Am besten wird der Tatbestand ersichtlich, wenn man ein Präparat mit guter In- jektion der Venen zu Hilfe nimmt (vgl. Textabb. 2). Da kann man er- kennen, daß der untere Abschluß dieses Raumes lediglich von der A. pulmonalis dext. gewährleistet wird: Der rechtsseitige Bronchus kommt dabei nicht in Frage. Die Vena azygos, weiter oben gelegen, durchquert von vorn her das Gebiet, in welchem die Lymphoglandulae tracheo-bronchiales dext. sich befinden, um zu der Einmündungs- stelle zu gelangen. Es wird weiterhin klar, daß eine innige Ver- wachsung des venösen Blutleiters mit den Lymphdrüsen in keiner Weise besteht, daß sich vielmehr derselbe in klarster Weise abhebt, sich geradezu von der lat. Umrandung des rechten Bronchus frei in ganz lockerem Bindegewebe nach der Vena cava sup. herüberspannt. Nichtsdestoweniger können wir feststellen, daß nicht uninteressante Lagebeziehungen zu den Lymphoglandulae tracheo-bronchiales dext. bestehen, wenn auch, wie gesagt, bei praller Füllung, wie es eine gut ausgeführte In- jektion des Venen- systems zeigt, nicht unmittelbare Kon- taktverhältnisse be- stehen insofern, als durch die maximale Aufblähung der obe- ren Hohlvene die Einmündungsstelle der Vena azygos re- lativ weit nach vorn gebracht wird. Es läßt sich näm- lich nachweisen, daß die V. azygos, all- gemein gesprochen, Abb. 2 Einmündung der Vena azygos in die obere Hohl- in ständiger Art kurz vene beim Erwachsenen: Starke venöse Füllung. Man j E erkennt deutlich den Verlauf des Endteiles der Vena azygos vor dem Einfluß in in weitem Abstand von der Art. pulmonalis dextr. Die die obere Hohlvene Lymphdrüsen der Region sind beseitigt. — */, Naturgröße. ya ee T. Trachea; Br.d. Bronchus dexter; P.d. Pulmo deutlich über einen dexter; P. Pericard; A. p. d. Arteria pulm. dextra; Lymphknoten ver- V.an.d. Vena anonyma dextra; V.an.s. Vena anonyma a: Deere sinistra; V.c.s. Vena cava superior; V.a. Vena azygos; j V. p. d. Vena pulmonalis dextra. (Gestalt desselben ist selbstredend nicht immer die gleiche, auch die Anordnung und die Orientierung sind nicht durchgehend dieselben. Bald handelt es sich um eine größere, mehr bohnenförmige Lymphoglandula, bald um ein Gebilde, welches bloß Erbsengröße besitzt; bald er- scheint der Knoten mehr auf der Vorderseite des Bronchus gelegen, 16* V.an.d. 244 bald mehr auf dessen medialem Rand. Die Folge davon ıst, daß die feineren Kontaktverhältnisse mit der V. azygos in jedem Einzel- falle etwas different sein werden. Immerhin ist es sehr selten, daß die genannte Stammvene in keiner Weise in Beziehung tritt zu einer Lymphdrüse, vielmehr werden wir sehr oft die dorsal von ihr ge- legene, wie gesagt, verschieden geartete Lymphoglandula auf ihrer Vorderseite mit einem gewissen Eindruck versehen vorfinden: offenbar rührt derselbe von innigen Lagerungsverhältnissen her, welche bei mittlerer Füllung der V. azygos sicherlich bestehen. Sehr oft finden wir weiterhin unterhalb, d. h. dıstalwärts von dieser letzteren, also in dem Zwischenraum zwischen derselben und der Art. pulmonalıs Abb. 3. Abb. 4. Abb. 3. Schema der Verteilung der Lymphoglandulae tracheo-bronchiales dextrae. + Eine von der Vena azygos zum Teil überquerte Lymphdrüse; -|= Lymph- knoten, distalwärts von der Vena azygos zwischen ihr und der A, pulmonalis dextra gelegen. Im übrigen die Bezeichnungen wie in Abb. 2. Abb. 4. Schema der Verteilung der Lymphoglandulae tracheo-bronchiales dextrae. -+ Eine von der Vena azygos vollständig überquerte Lymphdrüse. =/= Drei distalwärts von der Vena azygos zwischen ihr und der Art. pulm. dext. gelegene Lymphknoten. Im übrigen die Bezeichnungen wie in Abb. 2. dext., einen weiteren Lymphknoten. Dieser ist vielfach kleinerbsen- groß, von rundlich abgeplatteter Gestalt. Doch ist eine etwas läng- lich gezogene ovale Form nicht selten, wobei die Längsachse parallel zum oberen Rande der Lungenarterie verläuft (vgl. Textabb. 3). Auch kann statt der einen, zwischen Vena azygos und rechter Lungen- arterie eingelagerten Lymphoglandula eine Mehrzahl derartiger jildungen vorliegen (vel. Textabb. 4). Und was des öfteren als das 245 interessanteste Moment erscheint: es hängt die in Frage stehende Lymphdrüsenanlage mit der hinter dem Endstück der V. azygos gelegenen eben beschriebenen Lymphoglandula zusammen, so daß eine ziemlich eigenartige Bildung zustande kommt. Es handelt sich dann um einen mehr im rechten Winkel eingebogenen Knoten, dessen einer Schenkel mehr sagittal oder leicht schräg von oben lat. nach unten medial orientiert ist und dessen untere Branche quer verläuft, längs des oberen Randes der A. pulmonalis. Dabei ist nicht zu verkennen, daß, während der obere Abschnitt einen gewissen, leicht schräg in der Richtung von oben lateral nach innen medial oder quer ziehenden Eindruck auf der Vorderseite zeigt, offenbar durch den Verlauf der V. azygos erzeugt, die untere Partie, ganz frei gelagert, in keiner Weise besonders belastet, normal nach vorn zu gewölbte Form aufweist (vgl. Textabb. 5). JoESSEL!) trägt den richtigen Ver- hältnissen jedenfalls in gebührender Weise Rechnung in der Abb. 23 des 2. Bandes seiner topographischen Ana- tomie, welche den Verlauf des End- abschnittes der V. azygos zeigt. Da ist ein deutlicher Lymphknoten einge- zeichnet, welcher, direkt auf dem rechten Bronchus gelagert, nach vorn zu mit : ; = ie Abb. 5. Schema der Verteilung der unteren Wandung der Körper- ger Lymphoglandulae tracheo- stammvene in Kontakt sich befindet. bronchiales dextrae. + Große Es wird nach all dem Gesagten le Ban durch den Verlauf der V. azygos die keln, von denen der obere von primitive Anordnung der Lymphdrüsen = Ne eig het N an nicht besonders schwer beeinflußt: Eine der Art. pulmonalis dext. gelegen gewisse Abplattung wird erzeugt, doch een ee nicht eine seitliche Verschiebung, wie sie Most für die linke Seite beschreibt auf Grund der Einwirkung des Aortenbogens und der Art. pulm. sin.?). 1) G. JoESSEL, Lehrbuch der topographischen Anatomie II, S. 112. 2) A. Most, Untersuchungen über die Lymphbahnen ..., l. c., S. 6: „Den tracheo-bronchialen Winkel füllen rechts und links stets mehrere dichtgelagerte Drüsenkörper aus, welche, haufenartig angeordnet, sich aufwärts in die Kette der 5 Während wir nun die oben geschilderten zwei Lymphoglan- dulae-Anlagen als ständig ansehen können, ist die von Barnry?) [Poırıer?)] auf der Hinterfläche des rechten Bronchus angegebene nicht so sehr fixiert in ihrem Vorkommen, jedenfalls bei weitem nicht immer für die makroskopische Untersuchung zugänglich. Nach oben, nach der Teilungsstelle der Trachea, findet sich andererseits noch ein (oder mehrere) Lymphknoten, welcher, ziemlich ständig in seinem Vorkommen, mehr auf der Vorderseite des Ursprunges des rechten Bronchus gelegen, den Zusammenhang mit den trachealen Lymph- drüsen vermittelt. Eine Beeinträchtigung des- selben (bzw. derselben) durch die anliegenden Organe liegt in keiner Weise vor. Weit mehr sind in dieser Beziehung die unteren Lymphoglandulae beschränkt, welche der V. azy- gos und der rechten Lungen- arterie anliegen. Der Zusam- menhang mit den interbron- chialen Lymphdrüsen ist me- dialwarts verhältnismäßig sehr eingeengt. Da findet sich ein wesentlicher Abschluß, also Abb. 6. Topographische Verhältnisse an der Zusammenflußstelle der Vena azygos in medialwärts, zu Gestalt des die Vena cava sup. = Erstere ist durchtrennt oberen Zipfels des Pericardial- an ihrem Endteil; letztere nach der Median- are : Re ar linie zu etwas abgezogen. Man erkennt den sackes, ” elcher proximalw arts oberen Pericardialzipfel, der nach der Trachea bis auf die Vorderseite der - “ae AN ent : FEE RISES So EN _ Trachea reicht. Auf Text- N. ph. Nervus phrenicus. Im übrigen die é ; Bezeichnungen wie in Abb. 2. abb. 6 ist derselbe deutlich oben beschriebenen paratrachealen Driisen fortsetzen. Links sind beim Neu- geborenen durch den über den Bronchus hinwegziehenden Aartenbogen und die Arteria pulmonalis noch besondere Verhältnisse geschaffen. Durch diese Gefäße werden die tracheo-bronchialen Drüsen in zwei Gruppen geteilt, von denen die eine median vom Bogen zu finden ist und so der Trachea anliegt und nach oben in die paratrachealen Drüsen übergeht. Die zweite Gruppe, gewöhnlich ein oder zwei Lymphknoten, liegt lateral von der Pulmonalis, also zwischen ihr und dem Lungenhilus.“ 1) A. BARtry, |: c., S. 42. 2) P. PoIRIER et A. CHarpy, |. c., S. 1241. erkennbar gemacht: Die Vena cava sup. ist nach Durchtrennung der Einmündung der V. azygos etwas medialwärts abgezogen und man er- kennt dadurch sehr deutlich die äußere Oberfläche dieses Fortsatzes des Herzbeutels. Bei der Betrachtung von außen und rechts hat er eine dreieckige Form mit der Spitze dicht an der Teilungsstelle der Luft- röhre und mit der Basis an der Art. pulmonalis dext. bei ihrem Frei- werden von der Berührung mit dem linken Vorhof. Nur ein geringer Spaltraum zwischen dem Pericard und dem rechten Bronchus ermög- licht eine Kommunikation der unteren Lymphoglandulae 'tracheo- bronchiales dext. mit den interbronchialen Lymphdrüsen. Man hat bei oberflächlicher Betrachtung geradezu den Eindruck, daß ein völliger Abschluß besteht dieses kleinen Raumes, dieser kleinen Vertiefung, welche von dem rechten Bronchus (hinten), dem oberen Pericardialzipfel (medial) und der Art. pulm. dext. (unten) begrenzt, von Lymphdrüsen verschiedener Gestaltung ausgefüllt erscheint und nach vorn zu überquert wird von dem Endteil der Y. azygos. Daß sich die Verhältnisse auch beim Neugeborenen, selbst bei älteren Feten, als die gleichen im Prinzip erweisen, zeigten mir sorg- faltig ausgearbeitete Präparate. Daß weiterhin eine Veränderung dieser geradezu eingekeilten Lymphoglandulae nicht ohne Belang sein kann, liest ohne weiteres auf der Hand, wenn auch nach Barry!) im Gegensatz zu HELLER?) dieser Einfluß sich nicht so sehr bemerkbar machen soll. Jedenfalls kann ich sagen, daß eine Veränderung in Gestalt von Entzündung, Verkalkung der nahezu ständig unter der Einmündung der V. azygos zwischen ihr und dem Bronchus dext. gelegenen Lymphdrüse keines- wegs zu den Seltenheiten gehört, wozu die beschriebene Einkeilung in dem von medial her durch den Pericardialsack abgeschlossenen Raum wohl beitragen mag, und daß es die häufige Verwachsung dieses Lymphknotens ist, welche mich zu der ganzen Untersuchung 1) A. Bar£ry, |. c., S. 115: „La veine azygos peut se trouver prise entre la bronche droite et la masse ganglionnaire prétrachéobronchique droite. BECKER signale cette compression sans en étudier les conditions. Quant & nous, nous ne saurions nous prononcer sur la fréquence de sa compression. Méme dans les cas ou les ganglions qui la touchent étaient considérablement hypertrophiés, nous avons pu constater qu’elle paraissait avoir été respectée, en quelque sorte, par eux en se creusant une loge a leurs depens.“ 2) Vgl. HELLER, Anomalien der Vena azygos. Verhandlungen der deutscheu pathol. Ges., 12. Tagung, Kiel 1908, S. 248. 248 führte. Inwieweit aber im einzelnen Stauungserscheinungen im Wurzel- gebiet der V. azygos auf dieser Grundlage sich ausbilden können, einhergehend mit Flüssigkeitansammlung in den Pleurahöhlen, mag von pathologischer bzw. klinischer Seite des näheren entschieden werden. Straßburg i. E., den 17. April 1918. Literaturverzeichnis. BARETY, A., De l’adénopathie trachéo-bronchique. These de Paris 1874, Nr. 388. BECKER, Fr. G., De glandulis thoracis -Iyenplaticie atque thymo. Inaug.-Diss. Berlin 1826. BEDDARD, Fr. E., On the azygos veins in the Mammalia. Proc. Zool. Soc. of London 1907, S. 181—223. BLuNnTscHLI, A., Bemerkungen über einen abnormen Verlauf der Vena azygos in einer den Oberlappen der rechten Lunge durchsetzenden Pleurafalte. GEGENBAURS Morph. Jahrb. Bd. 33, H. 4, S. 562—576, 1905. — Hier ist zugleich eine Übersicht der Literatur vorhanden. Deve, F., Note sur le trajet de la veine grande azygos. Bull. et mem. Soc. anat. Par., Ser. 6, T. 1, 74° année, 1899, S. 448 —450. D£v£, F., Anomalie de la veine azygos. Ibid. S. 450. Dive, F., Le lobule de la veine azygos ou „lobule de WRISBERE‘‘. Ibid. S. 489 bis 520. Dovay, E., Lobe pulmonaire accessoire par anomalie de l’azygos (lobule de WRISBERG). Bull. mém. de la Soc. anat. de Paris 1914, année 89, Nr. 1, S. 26 bis 31. DUFAUER et OLIVE, Anomalie de la veine azygos et lobe supplémentaire du poumon. Toulouse méd. 1905. — Die Arbeit stand mir leider nicht zur Verfiigung. FISCHER, E., Seltener Verlauf der Vena azygos (Abspaltung eines Lungenlappens). Anat. Anz. Bd. 15, Nr. 23, S. 476—481. Ibid. Bd. 16, Nr. 3/4, S. 91—92, mit eingehender Literaturangabe. HELLER, Anomalien der Vena azygos. Verh. d. deutsch. path. Ges., 12. Tagung, Kiel 1908, S. 248. JOESSEL, G., Lehrbuch der topographischen Anatomie. Vol. II, 1. Abt., 1889. LEBLOND, Recherches sur une espéce de phtisie particuliére a l’enfance. These de Paris 1824, Nr. 53. Most, A., Die Topographie des Lymphgefäßapparates des Kopfes und Halses und ihre Bedeutung für die Chirurgie. Berlin 1906. Most, A., Untersuchungen über die Lymphbahnen an der oberen Thoraxapertur und am Brustkorb. Arch. f. Anat. u. Entwick. 1908, S. 1—30. Most, A., Die Topographie des Lymphgefäßapparates des menschlichen Körpers und ihre Beziehungen zu den Infektionswegen der Tuberkulose. Bibliotheca med., C. H. 21, 1908. Most, A., Über die Topographie des Lymphgefäßapparates im kindlichen Orga- nismus und ihre klinische Bedeutung. Arch. f. Kinderheilkunde 1908, Bd. 48, S. 75—92. 249 POIRIER, P., et CHARPY, A., Traite d’anatomie humaine. T. II, 4. Fasc., 1902. SUKIENNIKOW, W., Topographische Anatomie der bronchialen und trachealen Lymphdrüsen. Inaug.-Diss. Berlin 1903. WRISBERG, H., Obs. anatom. de vena azyga duplici aliisque hujus venae varietati- bus. Göttingen 1778. (Eingegangen am 25. April 1918.) Nachdruck verboten. Ein seltener Fall von Zwerchfellshernie‘). (Paariger Recessus am Ligamentum suspensorium hepatis mit Omen- tum majus als Bruchinhalt im rechten Recessus.) Von Professor Dr. W. LusoscH Mit 2 Abbildungen. (Aus dem Anatomischen Institut der Universitat Wirzburg.) Im Wintersemester 1916/17 fand ich zufällig bei der Sektion eines älteren Mannes einen Tumor, der, von Pleura mediastinalis über- deckt, vor dem Herzbeutel lag. Der Verdacht einer Zwerchfellshernie bestätigte sich bei der Eröffnung der Bauchhöhle. Man sah hier (Abb. 1) das Omentum majus, zu einem Strang gedreht, gegen die Ober- fläche der Leber hinziehen und fühlte sein Verschwinden in der Nähe des Sternums. Die Umstände gestatteten keine sofortige Präparation; es wurde daher das Präparat nebst Teilen des Rippenbogens in der Weise exstirpiert, wie es die Abb. 1 zeigt. Bei der später vorgenommenen Untersuchung ergab sich anstatt der erwarteten, nicht allzu ungewöhn- lichen Hernia parasternalis (die indes HitsEnxkeiser [1] gleichwohl bereits zu.den „seltenen und bemerkenswerten Hernien“ rechnet) ein ganz ungewöhnlicher Befund, der, soweit meine literarischen Nach- forschungen reichen, unbekannt ist. Seiner möglichen entwickelungs- geschichtlichen Bedeutsamkeit halber sei darüber hier berichtet. Bei der Betrachtung von der Brusthöhle aus fand sich ein Tumor, der mit dem Pericardium verlötet war. Die Pleura mediastinalis dextra und Pleura diaphragmatica lag über dem Tumor. Sie ließ sich leicht 1) Eine Demonstration des Präparates hat in der Sitzung vom 30. Januar 1918 in der physikalisch-medizinischen Gesellschaft in Würzburg stattgefunden. Das Original der Abb. 1 und die ihm zugrunde liegende Originalskizze wurden dabei vorgelegt. 250 stumpf davon isolieren, ebenso ließ sich der Tumor leicht vom Herz- beutel ablösen. In der Bauchhöhle fand sich das Netz zu einem rundlichen Strange gedreht. Dieser Strang steckte in einem Loch des Ligamentum suspensorium hepatis, und zwar lag dieses Loch auf der rechten Seite des Ligamentes. Von dem Loch aus erstreckte sich ein Bruchsack bis in den Tumor hinein. Nachdem im Bereiche Trachea Arcus aortae 4 Pericardium Pleura mediastinalis (abgeschnitten) Pars sterna- Pars costalis ee 3 Re “tes i — lis Diaphrag- : en matis Diaphragmatis M. transversus -----------~ a or am ger DRS HF — M. transversus abdominis . > a > abdominis Knorpel der „#7 | 6. Rippe -... Unteres Ende des Corpus sterni Lig. coronarium ~ "m 24/2 ioe ’ SO see ee | Lig. falciforme Abb. 1. des Tumors dieser Sack auf einer Sonde gespalten war, zeigte sich als Inhalt ein zusammengeballter und mit der Wand des Tumors ver- löteter Teil des Omentums. Nun war aber auch auf der linken Seite des Ligamentum suspen- sorium eine Öffnung vorhanden. Eine hier eingeführte Sonde leitete gleichfalls in den Tumor hinein. Nach Spaltung auch dieses Teiles zeigte sich, daß zwischen dem vollen und leeren Teil des Sackes eine vollständige Scheidewand bestand. 251 Die Muskelteile des Zwerchfells waren gut ausgebildet und zeigten keine Abnormitiiten. Während der Präparation riß die in der Abbildung vollständig gezeichnete Pars sternalis diaphragmatis durch. Der Stiel des Gesamtsackes lag zwischen der rechten Pars costalis und der Pars sternalis, ging also durch die sog. Larrzr’sche Spalte hindurch. Das Ligamentum faleiforme zeigte etwa an der Grenze zwischen oberem und mittlerem Drittel seines Verlaufes über die Leber die beiden Bruchpforten. Oberhalb dieser Stelle und vor seinem Ansatz an der Unterfläche des Zwerchfells ist das Ligament ein wenig ver- breiter. Von da ab bis zur Vereinigung mit dem Ligamentum coro- narium aber zeigt es normale Verhältnisse. Vom chirurgisch-topographischen Standpunkt betrachtet liegt also vor: eine mit Bruchsack versehene Hernie rechts, deren Inhalt das Omentum bildet, und ein blinder leerer Recessus peri- tonealis links neben dem Ligamentum suspensorium. Beide Wandungen, der Bruchsack und die Wand des Recessus, werden von der Substanz des Ligamentum suspensorium gebildet. Nach der mir zugänglichen Literatur ist ein solcher Fall bisher nicht beschrieben. (Die kasuistische Literatur der Zwerchfellshernien ist in den am Schlusse zitierten Abhandlungen bis auf die jüngste Zeit hinein zusammengestellt.) Würde nur der rechte Bruchsack allein bestehen mit dem Netz als Inhalt, so würde man an einen erworbenen Bruch denken müssen, da kein Zwerchfelldefekt besteht und angeborene Hernien meist keinen Bruchsack haben. Immerhin wäre es schwierig, sich vorzustellen, wie gerade eine solche Hernie erworben worden sein sollte, da ja dafür meist ein Trauma notwendig ist. Man müßte sich dabei daran erinnern, daß auch bei kongenitalen Hernien des Zwerchfells ein Bruchsack vorkommen kann (in 10,15% nach Lacher, bei Kercx). Vollends schwierig wird es, den linksseitigen Rezeß als etwas Erworbenes auf- zufassen. Man könnte vielleicht daran denken, daß es sich um eine sekundäre Verzerrung des Ligamentum suspensorium handele, die unter der Einwirkung des oben fixierten Netzes entstanden wäre. Ganz ausschließen möchte ich eine solche Entstehung nicht, obwohl der ur sprüngliche Zustand des Präparates, der an der Stelle des weißen Pfeiles der Abbildung einen engen röhrenförmigen Gang mit schlitzförmiger Eingangsöffnung zeigte, kaum damit in Einklang zu bringen wäre. 252 Es ist mir daher wahrscheinlich, daß wir den Fall zu denjenigen erworbenen Hernien zu rechnen haben, bei denen zwar die Hernie während des Lebens entstanden, die Anlage aber, d. h. der Bruchsack, angeboren war. Es würde sich also jeder der beiderseitigen Recessus verhalten etwa wie ein Processus vaginalis peritonei oder die ver- schiedenen Recessus des Bauchfells. Nun sind aber solche Recesse des Ligamentum suspensorium, so- weit meine Kenntnis der Literatur reicht, nicht bekannt und zu einer Erklärung ihrer Entstehung haben wir auch zurzeit keinen sicheren Weg. Vermutungsweise sei daher die Ansicht geäußert, daß es sich bei ihrer Entstehung um Vorgänge handele, die mit der Ausbildung der sekundären Leberbefestigungen in Zusammenhang stehen. Hierüber sei auf Grund der Schilderung von Broman (1911) folgendes bemerkt: 1. Der Abschluß der Bauchhöhle von der Pericardialhöhle erfolgt ur- sprünglich durch die rein mesenchymatöse Platte des Septum transversum. In diesem entwickelt sich der Hauptteil der Leber. Das Septum transversum liefert mit seinem cranialen Teil den als Herzboden bekannten Teil des Zwerchfells. Die Leber ist zu diesem Zeitpunkt, wo auch bereits die hinteren paarigen Teile des Zwerchfells angelegt sind und die Brust und Bauchöhle völlig trennen, gleichsam noch im kaudalen Teil des Septum transversum enthalten. Sie ist breit mit dem primitiven Zwerchfell verwachsen. 2. Die Ausdehnung der Brusthöhlen führt dazu, daß das älteste Zwerch- fell einen Zuwachs erhält, der die Randteile des definitiven Zwerchfells bildet, d. h. den größeren Teil der Partes costales und die Pars sternalis. Das ge- schieht am Ende des zweiten und Anfang des dritten Monats. In diesem zunächst bindegewebigen Zwerchfell entstehen dann die Muskelfasern. Die Muskularisierung ist Anfang des dritten Monats beendet, jedoch besteht noch kein Centrum tendineum. ; 3. Gleichzeitig mit diesen Vorgängen hat sich die Leber von ihrer Ver- bindung mit dem Zwerchfell dadurch gelöst, daß zuerst auf der unteren Fläche die Bauchhöhle mit zwei Recessen gegen das Septum transversum vorwächst. Die Recesse dringen dann um den vorderen Rand der Leber herum weiter auf ihrer Oberfläche vor, aber nicht ganz bis zum hinteren Rande der oberen Leberfläche, und reduzieren schließlich die Verbindung der Leber auf zwei Ligamente, das Lig. falciforme und Lig. coronarium hepatis. Diese Bänder sind also Reste des ursprünglichen Septum transversum und entstehen dadurch, daß das vordringende Coelom die Leber „gleichsam von Bauchwand und Zwerchfell lospräpariert“ (Broman). Die definitive Lagerung dieser Ligamente ist so, daß ihre Anheftung den Rändern des Centrum tendineum entspricht. 253 Broman vermutet, daß sich das Centrum tendineum durch Rückbildung der Muskulatur bilde und mit der endgiiltigen Befestigung der Leber in Zu- sammenhang stehe. Man würde nun zu einer Erklärung des vorliegenden Falles ge- langen, wenn man sich vorstellte, daß die Bildung der peritonealen Recesse sich abnormerweise an der vorderen Brustwand entlang eine Strecke weit fortgesetzt habe. Möglicherweise liegt eine anfängliche Hemmung des Ablösungsvorganges der Leber vom Septum transversum im Bereich der Seitenteile der Leber zugrunde, so daß die Recesse nach medial hin noch eine breitere bindegewebige Masse vorfanden, in die sie hineinwuchsen. Hierfür würde die Verbreiterung des Liga- mentum faleiforme im Bereiche der Bruch- pforten sprechen. Die Recesse müßten dann an der vorderen Brust- wand in die Höhe ge- Linke Lamelle — wachsen sein, sei eS Rechte Lamelle —- durch die schon ge- bildete Larrey’sche Spalte oder bei etwa Recife Teneils ot verspäteter Anlage der Pars sternalis des Zwerchfells durch den noch nicht muskulari- sierten Teil des sekun- dären Septum transversum hindurch. Zur Verdeutlichung füge ich eine schematische Skizze hinzu (Abb. 2), die den Aufbau der beiden Recessus und ihrer Scheidewand zeigen soll, wie ich ihn mir vor- stelle. Die Spalten zwischen beiden Lamellen im Bereiche des Liga- mentum suspensorium und des Ligamentum coronarium sind dabei abnorm weit gezeichnet. Lig. coronarium Linke Lamelle ----- Abb. 2. Literatur. LacHER, Uber Zwerchfellshernien. Dtsch. Arch. f. klin. Med. 1880. Lirpmann, Die Ätiologie der congenitalen Zwerchfellshernien. Arch. f. Gyniikol. 1903. : HiILGENREINER, Über bemerkenswerte und seltene Hernien. Arch. f. klin. Chir. 1910. 254 Keck, Zur Kenntnis der Zwerchfellshernien bei Neugeboreuen. Inaug.-Diss. Würzburg. 1911. Broman, Normale und abnorme Entwicklung des Menschen. Wiesbaden. 1911. GRUBER, Beiträge zur Lehre vom congenitalen Zwerchfellsdefekt mit be- sonderer Berücksichtigung des rechtsgelegenen. VırcHows Arch. 218. Bd. 1914. CaiLLoup, Uber einen rechtsseitigen congenitalen Zwerchfellsdefekt beim Er- wachsenen. Inaug.-Diss. Straßburg. 1915. (Eingegangen am 24. April 1918.) Biicherbesprechungen. Über die normale und die pathologische Pneumatisation des Schläfenbeines, einschließlich ihrer Beziehungen zu den Mittelohrerkrankungen. Von Karl Wittmaack. Text und Atlas. Jena, Gustav Fischer. 1918. Text X, 296 S. Atlas mit 111 Abbildungen auf 55 Tafeln. gr. 5°. Preis 60 M. Verf., Professor der Ohrenheilkunde in Jena, ist von pathologischen Erwägungen, insbesondere der Untersuchung des „Cholesteatoms“ ausgegangen und allmählich auf die Grundlage aller klinischen und pathologisch-anato- mischen Beobachtungen, auf die normale Anatomie, auf das normale Ver- halten des pneumatischen Systems des Mittelohrs geführt worden. In dem großen vorliegenden Werke nimmt dieser Abschnitt zwar nur einen kleinen Teil — 2 Bogen — ein, wird aber natürlich die Anatomen vor allem inter- essieren, zumal er wichtige neue Befunde für die pneumatischen Räume des Schläfenbeines bringt. Das Material war ein sehr umfangreiches, nicht weniger als 300 in mikroskopische Serienschnitte zerlegte Schläfenbeine, die teils als normale Befunde oder ohne vorherige klinische Beobachtung der Leiche entnommen wurden, teils von klinisch beobachteten Fällen stammen. Außer menschlichem Material wurde für die normale Anatomie auch tierisches (Kaninchen) verwertet. Als Hauptergebnis des normal-anatomischen Abschnittes sei kurz mitgeteilt, daß die Entwickelung des pneumatischen Systems des Schläfenbeines mit weit größerer Gesetzmäßigkeit erfolgt, als bisher angenommen wurde. Der Warzenteil zeigt nur bis zum Ende des ersten Lebensjahres spongiösen, später spongiös-pneumatischen Bau und vom fünften Jahre an vollständige Pneumatisation. Diese Entwickelung kommt unter wirklich normalen Verhältnissen niemals zum Stillstande, so daß das normale Bild im hohen Alter durch weitgehende Pneumatisation, nicht, wie bisher angenommen wurde, Sklerosierung gekennzeichnet wird. Die individuellen Schwankungen sind nicht wesentlich, sie betreffen nur die Ausdehnung ein- zelner peripherer Ausläufer des lufthaltigen Systems. Die übrigen Teile der Monographie behandeln die pathologische Pneumatisation des Schläfenbeines, die Beziehungen dieser zu anato- mischen Anomalien des Schläfenbeines, ferner zu den eitrigen Entzündungs- 255 prozessen des Mittelohres, zu den endocraniellen Komplikationen und zur Mittelohrschwerhörigkeit. Auf diese Abschnitte sei hier nur hingewiesen, da sie jenseits der dieser Zeitschrift gezogenen Grenzen liegen. Der Atlas bringt über hundert prachtvoll wiedergegebene Bilder von Schnitten, die sämtlich senkrecht zur Pyramidenachse gelegt wurden. Fast ein Drittel der Bilder bezieht sich auf die normale Anatomie des Mittel- ohres. Abgesehen von der Wichtigkeit der neuen Befunde, möchte Rez. die Kollegen auch auf die wundervolle Technik des Lichtdruckes hinweisen, die hier zur Anwendung gekommen ist. Zum Schlusse soll wieder einmal der hohen Genugtuung Ausdruck ge- geben werden, die wir angesichts dieser großartigen Leistung während des Weltkrieges, an dem der Verfasser selber längere Zeit teilgenommen hat, seitens dieses und des Verlages empfinden! Das ist deutscher Geist, deutsche Arbeitskraft und Ausdauer in Wissenschaft und Technik. Das Lymphgefäßsystem des Hundes. Von Hermann Baum. Mit 12 Fig. im Text und 25 farbigen Fig. auf 20 Taf. Berlin 1918, Aug. Hirschwald. IX, 130 S. Preis 24 M. Dem 1912 in demselben Verlage veröffentlichten Werke über das Lymph- gefäßsystem des Rindes läßt Baum hier in ähnlicher Bearbeitung das vor- liegende Buch über den Hund folgen. Schon die oberflächliche Betrachtung der gröberen Verhältnisse der Lymphknoten und Lymphgefäße ergibt große Unterschiede zwischen verschiedenen Tierarten. Hund und Rind sind ja allerdings nicht näher verwandt. Es müssen eben noch viele Säugetiere, vor allem Affen, auf das Lymphgefäßsystem hin genau untersucht werden. Jedenfalls sind diese Monographien Baums, denen sich größere Arbeiten in dieser und anderen Zeitschriften anschließen, von hervorragender Be- deutung für die vergleichende Anatomie dieses bis in unsere Zeit hinein immer noch zu stiefmütterlich behandelten und doch theoretisch und praktisch so wichtigen Systems. Wir müssen dem unermüdlichen Forscher dankbar sein für seine mühevollen Untersuchungen und deren ausgezeichnete Dar- stellung in Wort und Bild. Das vorliegende Werk ist als Abhandlung in der Festschrift zum 70. Ge- burtstage von W. ELLENBERGER erschienen. Einige Kapitel (Gelenk-, Knochen-, Muskel- und Lymphgefäße) sind in anderen Zeitschriften (z. T. im Anato- mischen Anzeiger) veröffentlicht, und deren Ergebnisse wurden hier kurz mit aufgenommen. Die Ausstattung mit Tafeln ist wiederum eine ganz vorzügliche, was bei den jetzigen Zuständen besonders hervorgehoben werden soll. Der Preis ist nicht hoch. B. 256 Personalia. Basel. Prof. Junius HoLımann ist gestorben. Eine von ihm selbst geschriebene kurze Beschreibung seines Lebens wird demnächst an dieser Stelle veröffentlicht werden. Freiburg. Prof. E. Fischer ist zum Nachfolger von R. WIEDERS- HEIM ernannt worden. An 1. Stelle vorgeschlagen war Prof. E. Kauuıus in Breslau. An die Herren Mitarbeiter. 1. Korrekturen von Satz und Abbildungen sind nicht an den Herausgeber, sondern erstere an die Druckerei, Herrn R. Wagner Sohn in Weimar, letztere an den Verlag zurückzusenden. 2. Seit dem Bande 24 werden nicht mehr ganze Sätze, sondern nur noch, wenn es den Herren Mitarbeitern unbedingt nötig erscheint, einzelne Worte durch den Druck (entweder gesperrt oder fett) hervorgehoben. Daß man wichtige Dinge ohne Hilfe des Sperrens durch die Stellung des betreffenden Wortes im Satze hervorheben kann, zeigt z. B. der ScuwaLsBe’sche Jahresbericht, in dem nicht gesperrt wird. Auch sind bekanntlich viele Leser geneigt, nur gesperrte Stellen zu lesen: das Fehlen solcher wird Anlaß geben, die ganze Arbeit zu lesen. 3. Polemik findet im Anatomischen Anzeiger nur Aufnahme, wenn sie rein sachlich ist, persönliche Polemik ist prinzipiell ausgeschlossen. Die Entscheidung über die bekanntlich schwer zu ziehende Grenze zwischen „sachlich“ und „persönlich“ behält sich der Herausgeber vor. 4. Die Verlagsbuchhandlung liefert bis zu 100 Sonderabdrücken der Beiträge unentgeltlich, weitere Exemplare gegen Erstattung der Herstellungskosten. Wird kein besonderer Wunsch ausgesprochen, so werden 50 Abdrücke hergestellt. Bestellungen sind nicht an den Herausgeber, sondern an die Verlagsbuchhandlung, Herrn Gustav Fischer in Jena, zu richten. 5. Nicht oder ungenügend frei gemachte Sendungen werden nicht angenommen. 6. Die Adresse des Unterzeichneten ist nach wie vor einfach Jena (nicht „Anatomie“; Wohnungsangabe überflüssig). Der Herausgeber: K. v. BARDELEBEN. Abgeschlossen am 3. Juli 1918. Weimar — Druck von R. Wagner Sohn. ANATOMISCHER ANZEIGER Centralblatt für die gesamte wissenschaftliche Anatomie. Amtliches Organ der Anatomischen Gesellschaft. Herausgegeben von Prof. Dr. Karl von Bardeleben in Jena. Verlag von tustav Fischer in Jena. Der ,,Anatomische Anzeiger‘‘ erscheint zweimal im Monat in Einzelnummern oder einmal in Doppelnummer. Der Preis eines Bandes von 24 Nummern beträgt Mk. 20.—. Das Erscheinen der Bände ist unabhängig vom Kalenderjahr. 51. Bd. sx 24. August 1918. x No. 11. Issart. Aufsätze. Hedwig Frey, Der aufrechte Gang des Menschen und seine Beziehungen zur hinteren Muskulatur des Unterschenkels. Mit 11 (20) Abbildungen. S. 257—272. — H. Oort, Über die Verästelung des Nervus octavus bei Säugetieren. (Modell des Utriculus und Sacculus des Kaninchens.) Mit 7 Abbildungen. S. 272—280. — Marie JireSova, Uber die Entwickelung der Hautdrüsen und ihrer Sekrete bei den Amphibien. Mit 5 Abbildungen. S. 280 — 288. Personalia. S. 288. Aufsätze. Nachdruck verboten. Der aufrechte Gang des Menschen und seine Beziehungen zur hinteren Muskulatur des Unterschenkels. Von Dr. Hepwic Frey, Privatdozent und Assistent am anatomischen Institut der Universität Zürich. Mit 11 (20) Abbildungen. Die Aufrichtung des Ganges ist mit einer Unsumme von Ver- änderungen am menschlichen Organismus verknüpft. An einer großen Zahl von Organen ist die Umformung eine direkte, an anderen wiederum wirkt sie mittelbar. Es ist einleuchtend, daß vor allem die untere Extremität tiefgreifende Umgestaltungen erfahren mußte bei einer der- artigen Veränderung der Lokomotionsart. Nicht, daß dabei allein der Trieeps surae morphologischen Veränderungen unterworfen wäre, die phylogenetische Entwickelung der anderen Muskeln ist auch eng ver- knüpft mit dem Wechsel der Lokomotionsweise. Knauer (1916, 135) Anat. Anz. Bd. 5l. Aufsätze. 17 _ 258 sagt von den anderen Muskeln mit Unrecht, daß sie im allgemeinen keine andere funktionelle Leistung durch die Erwerbung des aufrechten Ganges gewonnen haben. Man denke z. B. nur an die großen Um- gestaltungen, welche der M. plantaris bei den verschiedenen Genera der Primaten bis zum Menschen herauf erfährt. Es liegen nur bis dahin keine eingehenden systematischen Untersuchungen der phylogenetischen Entwickelung weiterer Muskeln vor, die er hätte verwenden können. In einer früheren Arbeit (Frey 1913) wurde der morphologische Bau des Triceps surae in der Primatenreihe eingehend besprochen und dabei auf den inneren Zusammenhang hingewiesen, der zwischen ihm einer- seits und der verschiedenen Körperhaltung bei den einzelnen Genera der Affen und Menschen andererseits besteht. Die folgende Betrach- tung stützt sich in der Hauptsache auf die dort ermittelten Befunde; es liegt ihr dasselbe Material (49 Extremitäten von Affen, 120 des Menschen) zugrunde'). Um Wiederholungen auf das notwendigste beschränken zu können, muß betreff Einzelheiten auf jene Arbeit ver- wiesen werden; das gleiche gilt für die Literaturangaben, es werden nur die für diesen Fall maßgebenden Arbeiten erwähnt oder solche, die seither erschienen sind. Wir wollen hier unsere Muskelgruppe vor allem in Beziehung bringen zu den beim Menschen durch den aufrechten Gang sich neu einstellenden Forderungen. Dadurch soll uns der Bau des Triceps surae als ein Produkt von Vererbung und Anpassung verständlich werden, so daß die Umgestaltung der von niederen Formen ererbten Muskelindividuen zu der beim Menschen erreichten Form als das natürliche Ergebnis der Anpassung an neu hinzugetretene Aufgaben aufgefaßt werden muß. Um eine Vorstellung darüber zu ermöglichen, welche Anordnung die oberflächliche hintere Muskulatur des Unterschenkels bei den Affen erfahre, sei zur Darstellung als Vertreter derselben Cercopithecus callithrichus herausgegriffen (Abb. 1). Er bietet durchaus den Typus, wie er bei niederen Affen die Regel bildet; bei den Prosimiern und Platyrrhinen einerseits, den Anthropoiden andererseits kommen wohl 1) Die verschiedenen Familien der Affen, welche wiederum zahlreiche Genera umfassen, sind hier in wenige Hauptgruppen geordnet: Prosimiae mit 12 Vertretern, Platyrrhinae mit 13 Vertretern, niedere Catarrhinae mit 17 Vertretern, Anthropoidae mit 7 Vertretern, Homo sapiens mit 120 Vertretern. 259 in einzelnen Merkmalen Abweichungen vor, ja selbst innerhalb der einzelnen Gruppen, sie sollen aber hier außer Betracht fallen, da wir uns auf die großen und durchschnittlichen Veränderungen bei den einzelnen Familien der Affen beschränken, um den Aufstieg zum Zustand beim Menschen in wenigen Etappen verfolgen zu können. Bei oberflächlicher Betrachtung des Triceps surae sind die Unter- schiede bei den verschiedenen Gruppen der Affen und dem Menschen (Abb. 2) nicht sehr erheblich. Sie lassen sich kurz dahin zusammen- fassen, daß die beiden Gastrocnemii etwas kräftiger sind beim Men- N RS M. soleus U RN N N im \r ER 5 von vorn: Sagittal- a Nez M. gastrocn. 4 ee: schnitt: NM. semimembr.- lat. M. semitend.... Y i M. plantaris ; M. popliteus M. sartorius Ri’ Zu Hi) i NN ei 1 7 M. gastrocn. med: ‚1 UM a lat. M. soleus Lam. prof. fasciae cruris M. plantaris Endsehne der Mm. gastrocn. Plantaris Abb. 1. Triceps surae bei Cercopithecus callithrichus. a) Der laterale Gastro- enemius übertrifft den medialen an Länge und an Mächtigkeit. b) Mm. gastrocnemii und plantaris entfernt; der Soleus entspringt nur von der Fibula, ist sehr schmal und dünn, seine Muskelbündel relativ lang (s. auch Abb. ce und d). c) Soleus von vorn, d) im Sagittalschnitt. schen, daß besonders der menschliche Soleus an Mächtigkeit den der Affen weit übertrifft. Beim Vergleich der beiden Gastrocnemii unter sich mag es als Zufälligkeit erscheinen, daß beim Menschen der mediale, bei den Affen der laterale der kräftigere ist. Es ist aber durchaus keine Zufälligkeit, sondern entspricht den tatsächlichen Ver- hältnissen und ist eine Folge der in der Phylogenie stattfindenden Verschiebung der Prävalenz vom fibularen auf das tibiale Fußgebiet und daraus resultierender Reduktion des fibularen Abschnittes beim Menschen. Es mag zudem auffallen, daß Gastrocnemii und Soleus uf 260 nicht im selben Verhältnis an Mächtigkeit zunehmen gegen den Men- schen hin. Die auffällige Bevorzugung des menschlichen Soleus steht im Zusammenhang mit ganz neu ihm zufallenden Aufgaben anläßlich der Aufrichtung des Ganges. Der oberflichliche Vergleich der drei Muskeln bei Affen und Mensch deutet darauf hin, in welcher Richtung die phylogenetische Kntwickelung sich bewegt: sie stellt uns in klarster Weise dar, wie Fibularer Ursprung _. Sehnenbogen dorsal MER: Ica \ Tibialer Ursprung (ventral) 4 PAVIA = N ed a a a ah Zwischensehne (dorsal) Querschnitte (halbschematisch) M. soleus: von vorn Sagittalschnitt a b (schematisch) Abb. 2. Triceps surae des Menschen. a) Der mediale Gastrocnemius ist immer kräftiger als der laterale. b) Gastrocnemii abgeschnitten, der Soleus bedeckt die ganze Hinterfläche des Unterschenkels. c) Soleus von vorn: von einer kräftigen Zwischensehne entspringt ein dem Hauptmuskel aufgelagerter akzessorischer, ge- fiederter Muskel. Zum fibularen Ursprung der Affen gesellt sich der sehr bedeutende Ursprung von der Tibia und dem Sehnenbogen. d) Querschnitte durch den Soleus; durch die stärkeren Konturen werden die Stellen mit Oberflächen- bzw. Zwischen- sehnen angedeutet. e) Sagittalschnitt durch den Soleus (schematisiert): sehr kurze, dafür zahlreiche Muskelbündel verschaffen dem Muskel einen großen physiologischen Querschnitt. der morphologische Bau eines Muskels oder einer Muskelgruppe samt den beteiligten Skeletteilen in einer Anpassung an die mechanischen Forderungen ihrer Funktion in weitgehender Weise sich differenzieren kann. Die Folgen dieser Anpassung prägen sich in unserem Falle 261 um so reiner aus, als Ursprungs- und Ansatzpunkte der in Betracht fallenden Muskeln in der ganzen Primatenreihe dieselben sind. Die Bedeutung eines Muskels liegt in der Arbeit, die er zu leisten vermag. Arbeit ist das Produkt aus Kraft mal Weg. Also müssen wir in unserer vergleichenden Untersuchung darzustellen ver- suchen, inwiefern Modifikationen im morphologischen Bau des Triceps surae bei den einzelnen Spezies zu veränderter Kraftleistung befähigen, welchen Einfluß diese Umformungen auf die Verkürzungsgröße und damit auf die Hubhöhe haben, und in welchem Sinne event. sich ein- stellende Veränderungen der Wegstrecke wirksam sind. Die Kraft oder die Gesamtspannung des Muskels ist das Pro- dukt aus physiologischem Querschnitt des betreffenden Muskels mal Spannkraft der Querschnittseinheit'). Wir dürfen annehmen, letztere Größe sei bei den Affen unter sich und dem Menschen gleich, somit ist die Kraft eines Muskels, wie es für dessen Querschnittsgröße er- wiesen ist, direkt proportional dem Gewicht des Muskels, umgekehrt proportional der Faserlänge desselben (bei gleichem Gewicht). Wir haben aus früher (1913, 135) angeführten Gründen auf die Feststellung des Gewichtes der untersuchten Muskeln verzichtet. An dessen Stelle wurden Muskeldicke und -breite einem Vergleich unter- zogen, beide Größen als relative Maße in Prozenten zur Rumpflänge der betreffenden Tiere ausgedrückt. Abb. 3 und 4 zeigen schematisch die Volumenzunahme im Laufe der Phylogenie. Der laterale Gastro- enemius gewinnt an Dicke und Breite nur wenig von den niedersten Formen, den Prosimiern, bis zum Menschen; es ist eine ganz gleich- mäßige, eher unbedeutende Volumen- (also auch Gewichts-)zunahme. Bedeutender im ganzen, fast sprunghaft von den Affen zum Menschen, ist sie beim medialen Gastroenemius. Dieser als ein vom lateralen Gastrocnemius abstammender Muskel (Frey 1913 und 1917) ist inner- halb der Affenreihe weniger mächtig als der laterale oder ihm gleich, nimmt jedoch im ganzen absolut und relativ mehr zu, um beim Men- schen ein bedeutendes Übergewicht über den lateralen Kopf zu be- kunden. Wie schon der oberflächliche Vergleich zeigte, ist das Ver- halten des Soleus am bemerkenswertesten. Dieser als das phylogenetisch jüngste der drei Glieder des Triceps surae ist in der ganzen Affen- reihe ein sehr dürftiger Muskel: von geringer Dicke, sehr schmal, ist er mit solehem Volumen noch weit davon entfernt, der beim Men- 1) Fick 1910, II, S. 294. 262 schen ihm wartenden Aufgaben zu genügen. Eine außerordentliche Zunahme, besonders in die Breite, läßt den menschlichen Soleus ganz anders bewerten als denjenigen aller Affen. Was für das Volumen, bzw. das Gewicht, Geltung hatte, findet seine Wiederholung im Verhalten der Muskelbündellänge (nicht etwa in der Länge des Muskels, wie Knaver 1916, 131 irrtümlicherweise übernommen hat) Diese ist, wie oben erwähnt (bei gleichem Gewicht) umgekehrt pro- Muskeldicke Muskelbreite Muskelbündellänge a (ee for Ir | (rn | MR RO le | © o | 3 ao a0 a a Se = = E : i = i= ia io 5 „m = =} i=} s N N N ° J 2 = oe o @ A = z Qo © © ® oO lo} © © © ° gi en ae ge = a ae wi. 8 De eae = = de = ° = = 2 = ° 3 de = = 2) EN en We N = = a, Ne ce Pa fo) onl co [>] al m ° fo) Leal - ° Ps > S ea u >» Ss Pe [0] > Ss = _ = 3 = Ay 3 = a Ay = = a = + a ö = iat S) = a ro) a 3 < = 4 3 a 2 = i A A A Abb. 3—5. Schematische Darstellung der Mächtigkeitsentwickelung des Triceps surae bei den Primaten. — 1 1 1 M. gastrocnemius lateralis. --------------- M. gastrocnemius medialis. —— M. soleus. Abb. 3. Muskeldicke in %, zur Rumpflänge. Abb. 4. Muskelbreite in % zur Rumpflänge. Abb. 5. Muskelbiindelliinge in % zur Tibialänge. portional der Kraft des Muskels. Der bei den Affen meist kräftigere laterale Gastrocnemius zeigt durchweg kürzere Muskelbündel als der mediale Kopf (Abb. 5) und dokumentiert bei den niederen Formen haupt- sächlich dadurch seine Überlegenheit an Kraftleistung gegenüber dem medialen. Beim Menschen, wo das fibulare Fußgebiet reduziert ist und das tibiale in allen Teilen die Vorherrschaft übernommen hat, ist nicht nur der mediale Kopf ausnahmslos bedeutender an Volumen, seine N oP) Y2 Faserbündel verkürzen sich zugleich beträchtlich, so daß alle Momente sich vereinigen, ihn zu einem kraftvolleren Muskel zu gestalten, als es der laterale Gastrocnemius ist. Der Soleus der Affen ist sehr un- bedeutend an Volumen, relativ lange Muskelbündel lassen ihn dort ungefähr gleich stark erscheinen wie die Gastrocnemiusbäuche; Hand in Hand mit der sprunghaften Volumen- (bzw. Gewichts-)zunahme von den Affen zum Menschen stellt sich zugleich eine enorme Ver- kürzung der Muskelbündel ein (Abb. 5), eine Kombination beider Faktoren, die eine außerordentliche Kraftzunahme für den mensch- lichen Muskel bedeutet. Die phylogenetische Entwickelung der drei Muskeln ist somit eine verschiedene: Vererbung und Anpassung zeigen sich hier in ihrer Wechselwirkung außerordentlich deutlich. Der laterale Gastrocnemius, der phylogenetisch älteste Muskel unserer Gruppe, bewahrt die ihm ursprünglich innewohnenden Eigenschaften am reinsten; er hat einen fast stabilen Charakter und nimmt daher an der dem ganzen Triceps eigenen Tendenz zu vermehrter Kraftentfaltung den geringsten Anteil: bei den niederen Formen ist er dadurch relativ kräftig, beim Menschen wird er zum schwächsten der drei Muskeln. Der mediale Gastro- enemius als phylogenetisch und ontogenetisch jüngerer Muskel ist funktionellen Einflüssen mehr unterworfen, und so ist er imstande, den ihm bei niederen Furmen an Kraftwirkung überlegenen lateralen Kopf bis zum Menschen hin durch Zunahme aller in Betracht fallender Faktoren um ein Bedeutendes zu übertreffen. Der Soleus, durch die ganze Primatenreihe als schwacher Muskel weitervererbt, bietet ein Schulbeispiel der Anpassungsfähigkeit eines Muskels: Mit beim Men- schen’ sich neu einstellenden Forderungen an seine Leistungsfähigkeit setzt eine weitgehende Differenzierung seines Baues ein, die bei den Affen kaum angedeutet ist. Außer den genannten Veränderungen finden wir bei den einzelnen Muskeln innerhalb der Primatenreihe strukturelle Umgestaltungen in gleichem Sinne angelegt: vermehrte Kraftleistung beim einen oder anderen Muskel, je nach dem Platz des betreffenden Individuums im System, ist ihr Zweck. Ohne auf Einzelheiten einzugehen und um Wiederholungen von früher Niedergelegtem zu vermeiden, sei nur auf die äußerst komplizierte Anlage des menschlichen Soleus hingewiesen. Nicht nur die starke Verkürzung der Muskelbündel verhilft dem Mus- kel zu einem sehr großen Querschnitt, eingelagerte Sehnenblätter, wie sie auf Abb. 2 (e-e) angedeutet sind, gewähren einer Unzahl weiterer 264 muskulöser Elemente Anheftung (Frey 1913, 123ff.); ähnliche Bil- dungen finden sich nirgends bei den Affen. Die außerordentlich be- deutende Volumenzunahme des menschlichen Soleus wird ferner zum großen Teil bedingt und ermöglicht durch die im Laufe von Phylo- genie und Ontogenie sich vollziehende Ausdehnung des Muskelur- sprunges von der Fibula auf die Tibia; der tibiale Kopf des Soleus ist eine ausschließlich dem Menschen zukommende Bildung (nur der Gorilla besitzt einen sehr schwachen tibialen Ursprung). Einige Daten mögen veranschaulichen, wie groß die Gewichts- zunahme des Triceps surae innerhalb der Primatenreihe ist. Nach Fick (1895, 59) wiegt derselbe bei einem kräftigen Manne 1,05 % des Körpergewichtes. & „ erwachsenen Orang 0,16 % Pers Die Wadenmuskeln, in Beziehung zur Gesamtmuskulatur des Unter- schenkels gebracht, ergeben nach Ranke (1887, 459) beim Menschen 57 %, „ Chimpansen 36 %, 5, Orang utan 728%. Während das Bestreben in der phylogenetischen Entwickelung des Triceps surae vollständig darauf gerichtet ist, eine starke Vermehrung der Kraftwirkung hervorzurufen, erleidet die Verkürzungsgröße unserer Muskeln erhebliche Einbuße. Diese ist ja direkt abhängig von der Faserlänge (Fick 1910 II, S. 296). Eine geringere Verkür- zungsgröße der drei Muskeln bedingt aber wiederum bei der Streckung des Fußes eine weniger ausgedehnte Exkursionsbreite. Ein möglichst großer Bewegungsumfang ist für Klettertiere vorteilhaft und wünschens- wert, die meisten Affen besitzen ihn dank der bedeutenden Faser- länge ihrer Tricepsmuskeln und infolge einer besonders günstigen Kombination im Aufbau des Fufskelettes. Beim Menschen mit seinem aufrechten Gang ist eine große Exkursionsbreite bei der Beugung und Streckung des Fußes überflüssig; wenn sie eingeschränkt wird zu- sunsten der Vergrößerung des Muskelquerschnittes (die mit der Ver- kürzung der Faserbündel vergesellschaftet ist), so ist dies Anpassung in hoher Vollendung. Die äußerst planvolle Anordnung im morphologischen Bau des Triceps surae wird durch entsprechende Einrichtungen am Skelett- system zweckdienlich unterstützt und vervollkommnet. Wir wissen: „Arbeit ist Kraft mal Weg“ und haben eben gesehen: die Kraft, welche 265 der Triceps surae beim Menschen auszulösen vermag, ist ungleich stärker als bei allen Affen. Wie verhält sich nun bei den verschie- denen Genera der Affen und beim Menschen der Weg, der bei un- serer Arbeitsleistung in Betracht fällt? Betrachten wir die Wirkung des gesamten Triceps auf den Fuß. Die drei Muskeln arbeiten an einem Hebelapparat mit ungleichen Hebelarmen (Abb. 6). Als Dreh- punkt wird angenommen der Unterrand des Malleolus medialis (m): der hintere kurze Hebelarm entspricht der Entfernung vom Drehpunkt bis zu dem am weitesten dorsalwärts vorragenden Punkt des Tuber calcanei (c), der vordere lange Hebelarm wird durch den Abstand des Drehpunktes vom Metacarpo-phalangealgelenk (a) bestimmt. Über die Gründe, welche zur Wahl dieser Punkte führten, siehe die frühere Untersuchung (1913, S. 153). Durch Projektion der anatomischen Abb. 6. Abb. 7. Abb. 6. Zur Funktion des Triceps surae: Hebelapparat. Anatomische Hebel- arme: m—c und m—b. Physiologische Hebelarme: hinterer h (bzw. h'), vorderer v (bzw. v'). Drehpunkt m (bzw. m‘): Unterrand des Malleolus medialis. Abb. 7. Schematische Darstellung der Verkürzung des hinteren (%) und Ver- längerung des vorderen (v) Hebelarmes bei den Affen und deren Wirkung auf die Krafterzeugung (P). Hebelarme auf die Plantarfläche gewinnen wir die physiologischen Hebelarme v und h; die Maße dieser Größen wurden bei den ver- schiedenen Gruppen der Affen und beim Menschen festgestellt, in Prozenten der Tibialängen ausgedrückt und hierauf einem Vergleich unterzogen. Nach dem Hebelgesetz stehen Kraft und Last in umgekehrtem Verhältnis ihrer Hebelarme. Also wird im einen Fall bei Verlänge- rung des hinteren Hebelarmes (h der Abb. 6 und 7) eine verminderte Muskelkraft nötig sein, um auf der anderen Seite das statische Gleich- gewicht zu bewahren, in einem zweiten Fall wird durch Verlängerung des vorderen Hebelarmes (v) eine geringere Kraft P entwickelt bei 266 unveränderter Länge des hinteren Hebelarmes und gleicher Gesamt- spannung des Muskels. Ein Zahlenbeispiel möge das Gesagte erläutern (Abb. 7). Nehmen wir an, daß bei den Affen und dem Menschen die gleiche Kraft oder Gesamtspannung, 7. B. 60 kg, auf den Hebelapparat wirke, so ist die auf der anderen Seite erzeugte Kraft direkt abhängig von der Länge der Hebelarme. Arbeit = Kraft x Weg; die Arbeit ist in allen Fällen dieselbe, sie besteht in der Abwickelung des Fußes vom Boden, aber die Faktoren, aus denen sie erzeugt wird, sind veränderlich. Wirken auf den Hebelarm h (Länge z. B. = 3 Einheiten) beim Men- schen 60 kg, so erfolgt am vorderen Hebelarm v (dessen Länge sei Hebelarm: (in 0» zur Tibialänge) vorderer | hinterer Platyrrhinen Nied. Catarrhinen Anthropoiden Homo he ae : = r= = & >) W60 50 40 30 20 10 g 10 20% © o o © 3 B Eure = = ° 3 Fe wen 2 © = je! 5 30 = > S 5 = Au ~ > a=} =| = 8 = 2 zu oO = © 3 at A oO Z Abb. 8. Abb. 9. Abb. 8. Linge der physiologischen Hebelarme bei den Primaten in % zur Tibialänge (auf Abb. 6 bezüglich). h x 100 Abb. 9. Index der in Abb. 8 dargestellten Hebelarme: —. Durch Zunahme des hinteren und Abnahme des vorderen Hebelarmes beim Menschen wird hier der Index sehr hoch und läßt auf vermehrte Krafterzeugung schließen. = 8 Einheiten) eine Kraftwirkung P = 22,5. Wirken nun bei einem Affen ebenfalls 60 kg auf den hinteren Hebelarm, der aber etwas kürzer ist (= 2 Einheiten), so wird die Kraftwirkung bei verlängertem vorderen Hebelarm (Länge = 12 Einheiten) geringer sein, dann ist P = 10. Die beiden Gleichungen mögen das Gesagte veranschaulichen: Mensch: 60 x 3=8 x P; P= 225. Affe: GO >< 2 127, BIP 0: 267 In der Tat bestehen bei den Affen und dem Menschen die hier kurz angedeuteten Verhältnisse. Sämtliche Affengenera haben einen be- deutend längeren vorderen Hebelarm als der Mensch (Abb. 8), der hintere ist dagegen mit Ausnahme desjenigen bei den Anthropoiden kürzer. Das Verhältnis zwischen hinterem zu vorderem Hebelarm wird durch Abb. 9 anschaulich dargestellt: der Index RS 7 zeigt bei allen Affen ungefähr gleiche Verhältnisse, ein sprunghaftes An- steigen beim Menschen ist die Folge der Verkürzung des vorderen und Verlängerung des hinteren Hebelarmes, beides Umstände, die bei gleicher Spannkraft der Muskeln eine vermehrte Kraftleistung auszu- lösen imstande sind. Nach dem Gesagten ist schon infolge äußerst günstiger Verhältnisse im morphologischen Bau der menschlichen Wadenmuskeln eine enorm vermehrte Kraftleistung zu erwarten. Dieser Faktor, kombiniert mit den phylogenetischen Veränderungen in der Hebelarmkonstruktion, führt zu einer Kraftentfaltung beim Menschen, die den höchsten Anforderungen, der Aufrechthaltung des Unter- schenkels, zu genügen imstande ist. Durchaus im Einklang mit den Umformungen, welche durch funktionelle Anpassung in der Phylogenie zu verzeichnen sind, stehen solche, die experimentell im Tierversuche erzeugt werden können. Margy (1896, S. 1169) verkürzte den Calcaneus bei Kaninchen un- gefähr um die Hälfte des hinteren Hebelarmes und stellte als Folge hiervon eine Verkürzung des Muskelbauches zugunsten der Endsehne fest. Die Resultate MArREYs, in Prozenten ausgedrückt, sind folgende: Sehnenlänge beim normalen Kaninchen = 49%, Muskelbauchlänge _,, x as = 51%, Sehnenlänge „ operierten bf — 1030: Muskelbauchlänge „, 5 r — Ole (In der früheren Untersuchung 1913, S. 155 sind leider infolge Druck- fehlers diese Maße unrichtig angegeben.) Daß mit der Verkürzung des Muskelbauches eine Zunahme der Gesamtspannung der Muskeln ein- hergeht, beweist uns weiter JOACHIMSTHAL [nach Margy, 1896})]. Er hat an Katzen den hinteren Hebelarm experimentell verkürzt und fand, daß mit der Verkürzung der Muskelbäuche eine Vermehrung ihrer Faserbündel stattgefunden, daß die Sehne sogar um ein Drittel an 1) Der Aufsatz von JoacuimstHat (Zeitschr. f. orthopäd. Chir. Bd. 4) war mir leider nicht zugänglich in seiner ursprünglichen Fassung. 268 Dicke zugenommen hat. Die Zunahme der muskulösen Elemente, die Verkürzung der Muskelbündel bewirken eine Zunahme der Muskel- spannkraft, die sich hier kompensatorisch für die Einbuße an Hebel- armlänge einstellt, um den ganzen Apparat im statischen Gleichgewicht zu erhalten. Praktisch wertvoll ist für uns die Tatsache, daß die Struktur eines Muskels nicht absolut eine gegebene ist, daß sie vielmehr durch Umformung sich veränderten Bedingungen anzupassen vermag. Beim Vergleich des morphologischen Baues der einzelnen Glieder des Triceps surae ist uns wiederholt aufgefallen, daß der menschliche Soleus durch eine eher sprunghaft veränderte Ausgestaltung seiner Abb. 10. Triceps surae des Menschen bei verschiedenen Fußstellungen: a) ge- strecktes Knie und Sohlenstand, b) gestrecktes Knie und Zehenstand, c) gebeugtes Knie und Sohlenstand, d) gebeugtes Knie und Zehenstand. Die Kontur der Achilles- sehne hebt sich proximal- bzw. distalwärts mehr oder weniger stark ab von der Abszissenlinie (d. i. eine Gerade, die den Ansatz des Lig. collaterale tibiale mit dem Malleolus medialis verbindet), je nach der funktionellen Beanspruchung des Triceps surae. Achillessehnen-Kontur bei a ph) ” ” b he a ae Teer? rs e >» ore 1 SEI ovsnenstosdosnstecadtent Teile sich auszeichnet. Daß sie mit den ihm beim Menschen neu zu- kommenden Aufgaben in Beziehung stehen muß, wurde kurz ange- deutet. Für die Bedeutung des Soleus beim Menschen spricht u. a. auch der Umstand, daß (nach Fıck 1895, 59) bei Abmagerung des Körpers die beiden Gastroenemii mehr als der Soleus von ihr be- troffen werden; so beträgt das Gewicht des Gastrocnemius 269 bei einem kräftigen Mann 102% vom Gewicht des Soleus, A „ abgemagerten ,, AGO, Ms 5 is Untersuchungen „über die Lage der Achillessehne bei ver- schiedenen Fußstellungen und bei Kontraktion der Wadenmuskulatur“ (ATHABEGIAN 1903) lassen erkennen, daß beim Menschen eine Arbeits- teilung der einzelnen Glieder des Triceps surae eingetreten ist, welche vor allem den Soleus in engsten Zusammenhang mit der Aufrichtung des Ganges brachte und bei ihm jene ganz ausgesprochenen Modifi- kationen hervorrief, welche wir wiederholt in seinem morphologischen Bau haben feststellen müssen. ATHABEGIAN unterzog die Kontur der Achillessehne bei folgenden vier Stellungen einem Vergleich (Abb. 10): a) Sohlenstand des Fußes, gestrecktes Knie, b) Zehenstand des Fußes, gestrecktes Knie, c) Sohlenstand des Fußes, gebeugtes Knie, d) Zehenstand des Fußes, gebeugtes Knie. Um die Lageveränderungen der Kontur der Achillessehne bei den verschiedenen Stellungen vergleichen zu können, wurden in bestimmten Ab- Abb. 11. Die in Abb. 10 er. Ständen vom Ansatzpunkt des Triceps mittelten Achillessehnenkonturen bei surae am Calcaneus aus Parallelen verschiedenen Fußstellungen sind : - r i auf eine gemeinsame Abszissenlinie errichtet, die senkrecht auf einer (C'—t') orientiert, die Verschiedenheit Abszissenlinie stehen, d. i. eine Ge- ech der a aen rade, welche den inneren Rand des deutlich und veranschaulicht die beim Lig. collaterale tibiale mit dem promi- Dee CUTE nentesten Punkt des Malleolus media- lis verbindet. Leider sind sämtliche Maße, welche ArHaBEsıan feststellte, als absolute verwendet: es wurde früher (Frey 1913, 150) darauf hingewiesen, daß relative Zahlen, z. B. in Beziehung zur Unterschenkellänge gebracht, un- gleich wertvollere Resultate erzeugt hätten. Den durchschnittlichen Abstand der einzelnen Punkte der Achillessehnenkontur von der Abszissenlinie bei den verschiedenen Fußstellungen zeigt uns Abb. 11 (z. T. nach Aruaprcian Abb. 22 und S. 25). Werden die einzelnen 270 Kurven, wie es in Abb. 10 geschehen ist, mit der schematisch dar- gestellten Wadenmuskulatur in Zusammenhang gebracht, so wird die ungleiche Beanspruchung der einzelnen Glieder des Triceps surae bei verschiedenen Fußstellungen beleuchtet, ihre beim Menschen sich ein- stellende Arbeitsteilung wohl bewiesen. Ausgangspunkt sei Stellung a (Abb. 10): beim Sohlenstand des Fußes und gestrecktem Knie ist die durchschnittliche Entfernung der einzelnen Meßpunkte der Achillessehne die in Abb. 11 durch a an- gedeutete Kurve. Im proximalen Abschnitt ist die Kontur der Abszissenlinie stark genähert, die Mm. gastrocnemii, welche für diese Partie in Betracht fallen würden, sind somit nicht in Tätigkeit. Im distalen Abschnitt ist die Kontur relativ stark abgehoben; da hier ein Abrücken derselben, wie es auch bei der Plantarflexion des Fußes sich einstellt (ATHABEGIAN S. 13), ausgeschlossen ist, so müssen wir die relativ große Entfernung von der Abszissenlinie auf Rechnung der in diesem Abschnitt wirksamen Muskulatur bringen, d. i. der Soleus. Bei Fußstellung b (Abb. 10 und Kurve b der Abb. 11) wird die ganze Wadenmuskulatur in Anspruch genommen. Der Zehenstand verlangt eine ausgiebige Kontraktion der Gastrocnemii, dadurch wird die Kurve im proximalen Teil stark abgehoben. Da die aufrechte Haltung der Stellung a beibehalten wurde, findet auch hier der Soleus zu großer Kraftleistung Verwendung: die Kontur ist im distalen Ab- schnitt mächtig abgehoben. Neben dem Einfluß, den der Soleus auf die letztgenannte Lageveränderung ausübt, mag zwar auch die bei Plantarflexion des Fußes sich einstellende Entfernung des Tuber cal- canei von der Abszissenlinie mit von Einfluß sein und ihr Teil beim Abheben der Kontur bewirken. Eine eigenartige Formveränderung tritt ein, wenn ‘bei Sohlenstand des Fußes das Knie gebeugt wird (Abb. 10c und Kurve c der Abb. 11): im proximalen Abschnitt eine geringe Entfernung der Kurve von der Abszissenlinie als Folge einer unbedeutenden Kontraktion des Gastro- cnemius medialis, im distalen Teil eine sehr starke Annäherung an dieselbe. Wenn wir dem Soleus zum großen Teil die Aufrechthaltung des Unterschenkels zuschreiben, dann wird verständlich, daß bei ge- beugtem Knie der Soleus seiner Funktion enthoben wird. Die Haltung ist in diesem Falle vergleichbar einer Haltung, wie sie die meisten Affen aufweisen; da diese Stellung aber für die Affen die Regel ist, so ist eine Differenzierung des morphologischen Baues, wie sie der menschliche Soleus aufweist, bei niederen Formen nicht erforderlich und infolgedessen auch nirgends vorhanden. Die überaus starke An- näherung des Tuber calcanei an die Abszissenlinie mag außerdem noch durch die Dorsalflexion des Fußes begünstigt sein. Kontur d der Abb. 11 findet ihre Erklärung in der Fußstellung d der Abb. 10: Zehenstand bei gebeugtem Knie. Der Zehenstand, d. h. die Streckung des Fußes, verlangt eine Kontraktion der Gastrocnemii; dadurch wird der proximale Teil der Kontur abgehoben. Trotzdem bei dieser Fußstellung der Unterschenkel dieselbe Haltung einnimmt wie im vorigen Fall, also auch wie bei den Affen, so findet keine Annäherung des distalen Teiles der Kontur an die Abszissenlinie statt. Scheinbar spricht diese Tatsache gegen unsere Beweisführung. Wir dürfen aber nicht außer acht lassen, daß diese Fußstellung einer Zwangslage gleichkommt, welche eine außerordentliche Kraftleistung bedingt. Der Soleus wird hier nicht zur Aufrechthaltung des Unter- schenkels, sondern zur Unterstützung beider Gastroenemii beansprucht, also zur Streckung des Fußes und dessen Fixierung in dieser Zwangslage. Wir dürfen wohl aus dem Vergleich dieser Kurven auf eine beim Menschen eingetretene Arbeitsteilung der Glieder des Triceps surae schließen; daß sie bei den Affen noch nicht gefordert war, ergibt sich daraus, daß der aufrechte Gang ein auschließliches Vorrecht des Men- schen ist. Der Soleus, den schon Lancer (1897, 210ff.) „als ein Charakteristikon menschlicher Organisation“ ansieht, spielt somit eine äußerst wichtige Rolle bei der Aufrichtung des Ganges. Alle Veränderungen, welche wir innerhalb der Primatenreihe fest- zustellen imstande waren, haben nur das eine Bestreben: der Muskel- gruppe beim Menschen eine möglichst große Spannkraft zu sichern. Bestimmte Modifikationen im morphologischen Bau der Muskeln, Um- formungen in den statischen Einrichtungen der abhängigen Skeletteile führen zu einer außerordentlichen Steigerung der Kraftleistung. Nicht alle Glieder des Triceps surae haben denselben Anteil an dieser Ver- schiebung: Von den beiden Gastrocnemii ist es hauptsächlich der mediale, der durch Häufung aller in Betracht fallender Faktoren ein Übergewicht erlangt über den lateralen, eine Tatsache, die im innigsten Zusammenhang steht mit der gegen den Menschen hin stattfindenden Verschiebung der Prävalenz des fibularen auf das tibiale Fußgebiet. Von den drei Muskeln im ganzen erfährt aber der Soleus die mab- gebendsten Veränderungen: tiefgehende Umgestaltung in seinem Bau und außerordentliche Massenzunahme verschaffen ihm dasjenige Maß 272 von Spannkraft, das für die beim Menschen neu sich einstellenden Funktionsbedingungen erforderlich ist. Während bei den Affen noch der ganze Triceps surae gemeinschaftlich als Strecker des Fußes be- tätigt war, hat sich beim Menschen eine Arbeitsteilung eingeleitet, die durch die Aufrichtung des Ganges gefordert wurde. Die beiden Gastro- enemii behalten die ihnen durch Vererbung zukommende Funktion, die Streckung des Fußes, während der Soleus als eigentlich progres- siver Muskel, zu äußerster Anpassung befähigt, an der Aufrechthaltung des Unterschenkels wirkt. Literatur. ATHABEGIAN, L. (1903), Uber die Lage der Achillessehne bei verschiedenen Fußstellungen und bei Kontraktion der Wadenmuskeln. Mitteilungen aus dem orthopäd. Institut von Dr. Linine u. Dr. ScHULTaess, Zürich. Fick, R. (1910), Handbuch der Anatomie und Mechanik der Gelenke. II. Teil, S. 296ff., 18. Lieferung des Handbuches der Anatomie von v. BARDELEBEN. Jena 1910. Frey, H. (1913), Der Musculus triceps surae in der Primatenreihe. Morph. Jahrb. Bd. 47, H. 1 u. 2. Knauer, S. (1916), Ursachen und Folgen des aufrechten Ganges des Menschen. Anatom. Hefte Bd. 22, Ergebnisse. Marry, M. (1896), Comptes rendus de l’Académie des sciences, 1896, T. 123, S. 1169. (Eingegangen am 23. März 1918.) Nachdruck verboten. Über die Verästelung des Nervus octavus bei Säugetieren. (Modell des Utriculus und Sacculus des Kaninchens.) Von H. Oort, Assistent. Mit 7 Abbildungen. (Aus dem Anatomischen Institut der Reichs-Universität Utrecht, Holland.) Gelegentlich einer im hiesigen Anatomischen Institut unter- nommenen Untersuchung über den Stand der Maculae acusticae ım Kaninchenschädel erwies es sich als wünschenswert, an einem Modell die Stellung der Otolithen-Membranen zur Anschauung zu bringen. Das betreffende Modell, welches bei 30maliger Ver- srößerung nach der Plattenmodelliermethode hergestellt wurde, 273 besteht aus Sacculus, Utrieulus und Anfangs- und Endstücken der Bogengänge. Abb. 1 stellt den rechten Utriculus, von unten ge- sehen, dar. Um eine vollständige Übersicht der unteren Fläche zu erhalten, ist der Saceulus entfernt worden. Auf diese Weise läßt sich die Ausbreitungsfläche der Macula auf die untere Utrieuluswand ‘ganz übersehen; sie ist punktiert dargestellt worden. Am vorderen Ende des länglichen Utrieulus münden die Ampullen des vorderen und des horizontalen Bogenganges; am hinteren Umfang das ampullare Ende des hinteren vertikalen und das einfache Ende des horizontalen Bogenganges. Die Einmündungsstelle des Crus commune ist hier nicht sichtbar; sie wird erkenntlich in der Seitenansicht: Abb. 2. Diese Abbildung stellt den rechten Utriculus und Saceulus von medianwärts gesehen dar. Der unterhalb des Utrieulus liegende Mac. utric. »____Amppost Amp hor Sacc' Abb. 1. Abb. 2. Abb. 1. Modell des rechten Utriculus mit Ampullen, von unten’ gesehen. Abb. 2. Modell des rechten Utriculus und Sacculus, von medial gesehen. Sacculus wendet seine Maculafliche dem Betrachtenden zu. Auch diese ist durch Punktierung hervorgehoben, und zwar das vordere Ende durch schwarze Punkte auf hellem Grunde, der größere hintere Teil durch weiße Punkte auf dunklem Grund. Diese verschiedene Punktierung bezieht sich auf die doppelte Innervation der Macula sacculi; das vordere Ende wird durch einen von Vorr zuerst beschrie- benen Zweig des R. utricularis (siehe weiter unten), das hintere durch den Ramus saccalaris versorgt. Die Utriculus-Macula ist durch den Sacculus größtenteils verdeckt, die Endstücke der Bogengänge sind mit denjenigen der Abb. 1 zu vergleichen. Die dunklen Stellen auf der oberen Fläche des Utriculus, sowie in der Umgebung der Am- pullen beziehen sich auf die Verteilung des Pigmentes. Anat. Anz. Bd. 51. Aufsätze. 18 274 Von dem linken häutigen Labyrinth wurden nur die Macula- flächen des Utriculus und Saceulus zur Darstellung gebracht, sie wurden auf der der Endolymphe zugewandten Fläche entsprechend punktiert. Die beiden Modelle sind dann in einer Entfernung, welche mit der Vergrößerung der Teilstücke übereinstimmt, befestigt worden; siehe Abb. 3. Sie sind einander gegenüber richtig eingestellt und außerdem gegenüber einem Schädel, welcher am unteren Ende des Stativs an- gebracht worden ist. Für nähere Einzelheiten sei auf eine mehr ausführliche Be- schreibung in PFLÜGERS Archiv!) verwiesen. Abb. 3. Stereoskopische Aufnahme des Modells. Erklärung im Text. Bei der Herstellung des Modells wurde die Verzweigung des Nervus octavus an dem inneren Ohr in die Untersuchung ein- bezogen. In der Literatur über diesen Gegenstand findet man die Art der Verästelung des Nervus octavus etwas verschieden an- gegeben. 1) PrLüsers Archiv, demnächst erscheinender Band. — Siehe außer- dem: DE Buriet, M., u. Koster, J. J. J., Zur Bestimmung des Standes der Bogengänge und der Maculae acusticae im Kaninchenschädel. Arch. f. Anat. u. Phys., Anat. Abt., 1916. 2) Rerzıus (1884), Das Gehörorgan der Wirbeltiere. — Hiss jr. (1889), Zur Entwicklungsgeschichte des Acustico-Facialgebietes beim Menschen. Arch. f. Anat. u. Phys., Anat. Abt., Supplement. 1889. 275 Die Einteilungsweise von RErzıus?): Ram. ampullaris Ram. ampullaris Ram. utricularis { Ram. Ram. inf. | Ram. Ram. sup. Ram. sup. horiz. N. VIII ampullaris inf. saccularis cochlearis läßt den für das Gehörorgan bestimmten R. cochlearis als einen Zweig aus dem Ram. inf. hervorgehen. Nach STREETER!) ist das Hauptgewicht bei der Einteilung der Acustieuszweige auf ihre Bestimmung entweder für das Gehörorgan oder für das Macula-Crista-System zu legen; er gibt dementsprechend folgendes Schema: | Ram. ampull. sup. Pars sup. Ram. ampull. horiz. N-sesfibülaris Ram. utricularis , | Ram. ampull. inf. Ve ars inf. N. VOL | | Ram. saccularis N. cochlearis Ramı basales. Voır?) berichtet in einer Mitteilung über die Verzweigung des Acusticus über ein von ihm aufgefundenes Nervenbündel, welches, aus dem Ramus superior stammend, sich Macula saceuli begibt. Demnach gehört die Macula sacculi nicht in ihrer ganzen Aus- dehnung in das Gebiet des Ramus inferior. Ein Teil derselben wird vom Ramus utricularis aus innerviert. Diese Beobachtung, welche er zuerst bei Lepus machte, fand er bei Talpa, Erinaceus, Galeopithecus und Semnopithecus bestätigt. In den Serien von Lepus, Felis domesticus, Capra hircus, Mus rattus, Homo, welche zu meiner Verfügung standen, konnte ich ebenfalls das regelmäßige Vorkommen des betreffenden Nervenbündels fest- stellen. zur 1) STREETER, G. K., On the development of the membranous Labyrinth and the acoustic and facial Nerves in the human embryo. American Journal of Anatomy, Vol. 6, S. 155. 2) Vorr, M., Zur Frage der Verästelung des Nervus acusticus bei den Säugetieren. Anat. Anz. Bd. 31, 1907, S. 635. 18* 276 Konnte Vorr durch seine Beobachtung ein Übergreifen von Bündeln des Ram. superior in das Gebiet, welches bisher als dem Ram. inferior angehörig betrachtet wurde, nachweisen, so kommt es mir vor, als ob auch die Abgrenzung zwischen Nerv. vestibularis und Nerv. cochlearis als eine nicht zu scharfe angesehen werden muß. Neben den Vorr’schen Ramulus kommt nämlich im Kaninchenohr noch ein zweiter kleiner Zweig vor, welcher in den oben genannten Schemata nicht enthalten ist. In Abb. 4 sind die Zweige des Octavus schematisch dargestellt Ram.Voit. J AR Abb. 4. Schema zur Verästelung des Nervus octavus. Der Hauptzweig, welcher die Macula utriculi versorgt, gibt Seiten- äste an die beiden vorderen Ampullen, außerdem den kleinen Zweig an die Macula saceuli (Vorr). Der Hauptzweig, welcher sich zur Macula saceuli begibt, innerviert außerdem die Ampulla posterior. Von diesem selben Hauptzweig geht außer diesem eben genannten Zweig zur hinteren Ampulle noch ein kleines Bündel ab, welches mit dem Nerv. cochlearis zur Cochlea verläuft. Dieses Bündel stellt: demnach die oben angedeutete Verbindung zwischen den Gebieten des Nerv. cochlearis und des Nerv. vestibularis dar. 277 Das erwähnte Nervenbündel wurde zuerst beim Kaninchen beobachtet. An der Hand einiger Mikrophotographien soll versucht werden, seinen Verlauf darzustellen. Die Abb. 5ist nach einem Schnitt aus einer Querschnittserie des Kaninchenschädels genommen. Utri- culus, Saceulus, Ductus eochlearis, Ampulla und Canalis horizontalis sind in dem Schnitt enthalten. Der Nervus octavus ist in dem Meatus acusticus internus der Länge nach getroffen. Der Meatus enthält außerdem das Ganglion, zu welchem der Hauptsache nach die von der Macula saceuli stammenden Fasern sich begeben. Aus der Riehtung des Ganglion spirale cochleae verläuft ein starkes Nervenbündel zum eben genannten Ganglion, welches die von Abb. 5. Schnitt 228, Lepus-Serie I. der Macula saceuli kommenden Bündel kreuzt. Es ist in Abb. 5 durch * bezeichnet. Die ganze Verlaufsstrecke des Nervenbündels ist in diesem Schnitte nicht enthalten; erst aus der Betrachtung der ein- ander folgenden Schnitte geht hervor, daß diese Fasern sich bis zum Ganglion spirale cochleae verfolgen lassen. Andere Kaninchenserien, welche hierauf untersucht wurden, enthalten das beschriebene Nervenbündel ebenfalls, so stark ent- wickelt wie in der zuerst erwähnten Serie wurde es jedoch nicht mehr angetroffen. Außer bei Lepus wurde versucht, bei anderen Säugern das betreffende Bündel aufzufinden. Von Felis domestica stand mir die Querschnittserie durch den Kopf eines älteren Embryo zur Ver- fiigung, welche den gesuchten Nerv enthielt. Aus dieser Serie sei hier 278 ein Schnitt wiedergegeben (Abb. 6), welcher in dem Meatus acusticus internus nebeneinander den Nerv. cochlearis und das Ganglion des Sacculusbiindels enthält. Aus letzterem läßt sich ein kleiner Zweig deutlich nachweisen, welcher sich dem Cochlearisbündel anschließt. Er ist auf der Photographie durch Überzeichnung stärker hervor- gehoben. In der Querschnittserie eines jüngeren Embryo von Capra hircus!) war das gesuchte Bündel an der rechten Seite stark ent- wickelt vorhanden. An der linken Seite läßt sich ein etwas abwei- chender Zustand beobachten. Es zeigt sich nämlich, daß die gesuchten Ggl.u.ram.Sacc " Meatus.ac.int. 'G.gl.spir.cochl. Abb. 6. Schnitt LIV, 2. 5., Embryo Felis domesticus. Cochlearisbündel hier nicht unmittelbar sich zum Ganglion begeben, jedoch, vom Nerv. cochlearis kommend, sich zunäehst dem Ramus ampull. posterioris anschließen, um gemeinschaftlich mit letzterem Bündel das Ganglion zu erreichen. Diese Beobachtung scheint mir deshalb von einiger Wichtigkeit, weil ihr zu entnehmen ist, daß in der Tat die Cochlearisbündel sich zum Ganglion sacculi begeben. Dieses ließ sich auch aus den Serien der Katze und des Kaninchens unmittelbar feststellen, es wird durch die Beobachtung des indirekten Verlaufes bestätigt. 1) Diese Serie wurde mir von Herrn Dr. D. pe Lange jr., Direktor des hiesigen embryologischen Instituts, in dankenswerter Weise zur Verfügung gestellt. 279 Wegen der Sehnittrichtung läßt sich eine deutliche Abbildung der betreffenden Bündel leider nicht erzielen. Es stand mir des weiteren eine Querschnittserie von Mus rattus zur Verfügung, welche die Sacculo-cochlearis-Biindel wohlentwickelt enthielt. Die schöne, mit WEIGERT-Paut gefärbte Serie wurde mir von Herrn Dr. E. B. DROOGLEEVER Fortuyn freundlichst zur Verfügung gestellt. Die Umrisse des häutigen Labyrinthes sind der Färbung entsprechend schwach ausgeprägt; die photographische Wiedergabe läßt daher die Einzelheiten nicht genügend hervortreten, weshalb von einem der Schnitte eine schematisierte Ab- bildung gegeben wird. El oy In Abb. 7 sind bei schwacher LAN iif fr ~~ Sul £ Bee A Y acusticus Internus eintretenden Octavusbiindel von oben nach unten als Utricularis-, Saccularis- und Cochleavisfasern zuerkennen. Die Ganglien der einzelnen Bün- Vergrößerung die in den Meatus (2 2 u delgruppen. sind als gesonderte Zellenmassen zu unterscheiden; vom Nerv. cochlearis aus sind (‘ Nervenbündel in der Richtung ) des Ganglion spirale cochleae ver- laufend nachweisbar. Es besteht = nun wiederum ein Zusammen- 7 hang und eine Vermischung von | . Saccularis- und Cochlearisbiindel, AbD gD eteknnigr währe die vom Nerv. saccularis sich 7. IV 3., Mus rattus. abzweigenden Fasern sind in der Abbildung wieder mit einem Stern bezeichnet; sie verlaufen weiter mit den Cochlearisfasern. 57Gangl.Spirale Coch 4 ] A Schließlich gelangte noch die Querschnittserie eines sieben- monatigen menschlichen Embryo!) zur Untersuchung. Es gelang auch hier, beiderseits den erwähnten Faseraustausch zwischen Nerv. saccularis und cochlearis nachzuweisen. Die Schnittrichtung erwies sich als eine für das betreffende 1) Die Möglichkeit, dieses Objekt zu untersuchen, verdanke ich Herrn Dr. C. E. Bensamıns. 280 Bündel ungünstige, weshalb es sich nicht auf einer einzigen Ab- bildung wiedergeben läßt. Es geht aus obigen Beobachtungen hervor, daß neben der von Vorr nachgewiesenen Verbindung zwischen: Ram. utricularis und Ram. saccularis bei Säugern außerdem zuweilen (vielleicht regel- mäßig) eine Verbindung zwischen dem Ram. saccularis und dem Ram. cochlearis besteht. (Eingegangen am 14. April 1918.) Nachdruck verboten. Über die Entwickelung der Hautdrüsen und ihrer Sekrete bei den Amphibien. Von Marre JıRESoVA. Mit 5 Abbildungen. (Aus dem zoologischen Institut der k. k. böhmischen Universität in Prag.) Die vorliegenden Zeilen enthalten die Ergebnisse meiner Studien über die Entwickelung der Hautdrüsen und deren Sekrete bei den Amphibien. Meine Untersuchungen betreffen speziell die Haut- drüsen der Larve von Salamandra maculosa, deren neotenischen Form und des erwachsenen Tieres. Die Haut der Larve von Salamandra maculosa ist durch eine große Menge sog. Leypie’scher Zellen, deren Zweck bis jetzt nicht bestimmt bekannt ist, charakterisiert und enthält bloß die Anlagen der Hautdrüsen. Die Haut des neotenischen Molches bildet den Über- gang zwischen der Haut der Larve und jener des erwachsenen Tieres, da sie nur bedeutend wenige Leypre’sche Zellen, dafür aber voll- kommen entwickelte Hautdrüsen besitzt. Das Abnehmen der LEYDIG- schen Zellen mit dem gleichzeitigen Zunehmen der Hautdrüsen scheint dafür zu sprechen, daß sie die Hautdrüsen der Larve ersetzen und dadurch auch eine Art Hautdrüsen bilden. Die Haut des er- wachsenen Tieres besitzt überhaupt keine Leypre’schen Zellen, enthält dagegen Hautdrüsen in großer Zahl. Eine interessante Erscheinung sind hier die regenerierenden Bläschen der Giftdrüsen. Unter den Hautdrüsen des Molches unterscheidet man, wie bekannt, Gift- und Schleimdrüsen. Die ersteren erscheinen nur in zwei Reihen auf dem Rücken längs des Rückgrates, während die anderen über den ganzen Körper verstreut sind. 281 Die Giftdrüsen stellen im ersten Stadium Zellengruppen vor, welche durch Einstülpung der unteren Epidermisschicht entstanden sind. Die Anlage der Giltdriisen ist dann in das Korium herunter- geschoben. Die Zellen der Drüsenanlage tragen noch den Charakter der Epidermalzellen, indem sie nur mit einer engen Plasmaschicht um den großen Kern versehen sind. Sie vermehren sich durch Teilung und vergrößern so den Umfang der Drüsenanlage. Die weitere Ent- wickelung besteht in einer fortschreitenden Anordnung der Zellen, sowie der Bildung sog. ‚‚Riesenzellen“ und Drüsenausführungs- gänge. Die Anordnung der Zellen in der Wand des Drüsensäckchens geht in der Weise vor sich, daß sie sich in zwei Schichten differen- zieren: einer äußeren und einer inneren, welche das eigentliche Drüsen- epithel bildet. Die Gestalt des erwachsenen Giftdrüsensäckchens ist regelmäßig elliptisch, in der Richtung der Horizontalachse verlängert. Ein Teil der Drüsenzellen auf der Basis des Drüsensäckehens wird zu Riesenzellen infolge des abnormalen Wachstums. Sowohl das Cytoplasma als auch der Kern vergrößern sich zum Nachteil der übrigen Epithelzellen, welche viel langsamer heranwachsen und end- lieh durch die großen Giftzellen, die die ganze Drüse ausfüllen, zum oberen Pole der Drüse verdrängt werden, wo sie sich dachförmig gruppieren, teilen, und schließlich durch die Ausstülpung die An- lage des Ausfükrungsganges bilden. Dieser Ausstülpung gegenüber vertieft sich nämlich die Epidermis, verwächst mit der erwähnten Ausstülpung des Driisensickchens, wodurch die Bildung des Aus- führungsganges für die Sekretentleerung zustande kommt. Ebenso wie die Riesenzellen bewahren auch die anderen Zellen der Gift- drüsen immer eine scharfe Abgrenzung. Nach der Ausbildung des Drüsensäckchens beginnt die Bildung des Drüsensekretes. Das Gift- sekret entsteht in den erwähnten Riesenzellen. Zum Zwecke der morphologischen Analyse der Drüsenzellen habe ich mich der Harry Kurr’schen Färbungsmethode bedient, welcher allerdings eine Fixierung nach Kopscu vorausging. Das Färbungs- verfahren nach Kutt ist die verbesserte ALTMANN’sche Methode und ist für das Studium der Plasmastrukturen bestens zu empfehlen. Die Kerne der Riesenzellen färben sich durch -diese Methode scharf mit Thionin, jedoch in den Zellen des jungen Drüsenepithels intensiver als in den Zellen der entwickelten, in der Sekretion be- griffenen Giftdrüsen. In den Zellen, die schon ihr Sekret entleert haben, färbt sich der Kern wieder bedeutend dunkler. Die Unbe- 282 ständigkeit der Färbungsintensität weist auf gewisse chemische Ver- änderungen hin, welche der Kern bei der Sekretbildung erleidet. Im ähnlichen Zusammenhang mit der Sekretbildung ist auch die be- kannte Veränderung der Größe des Kernes bei der Sekretion, welche wahrscheinlich die hauptsächliche Ursache war, daß eine Anzahl von Forschern, neuerdings auch SCHREINER, die Sekretbildung dem Kerne zugeschrieben hat, obwohl die Sekretbildung mit dem Kern in keiner sichtbaren Verbindung steht. Der Kern der Giftzellen ist vor der Sekretion oft von runder Form, aber bedeutend kleiner als der Kern der sezernierenden Zellen. Das Chromatin ist hier überall regelmäßig verteilt. Der Kern der sezernierenden Zellen ist groß, wie angeschwollen, färbt sich weniger als der Kern der Zelle vor der Sekretion, sein Chro- matin ist in seiner Mitte kon- zentriert und das Ganze sieht aus, als flösse es von der Kern- membran herab. Diese Ver- änderungen zeigen auf die chemische Einwirkung des Kernes auf das Cytoplasma der Riesenzellen und dadurch auch auf seine indirekte Ein- wirkung auf die Sekretbildung. Das Plasma der Riesen- Abb. 1. Das junge Epithel der Giftdrüse. zellen zeigt eine interessante Taror 7 2 1 4 Vergr. Zeiss, Hom.-Imm. 1/,, mm. ; Struktur: Es besteht aus P Plasma; K Kern; M Mitochondrien; 2 ER 3 Z Zelle der äußeren Drüsenschicht. kleinen Körnern, welche hier in zwei Arten erscheinen. Die kleineren färben sich bei Harry Kunis Methode schwach rosa mit Anflug ins Gelbe, und die anderen, bedeutend größeren bei der- selben Methode dunkelrot mit Säurefuchsin. Diese größeren Körner erscheinen immer zu Fäserchen zusammengestellt und stellen die bekannten Mitochondrien vor. Die kleineren Körner bilden die Grundsubstanz des Zellenplasmas, in welcher die Mitochondrien die eigentlichen formativen Bestandteile sind, die auch für die Bildung der Zellenprodukte die wichtigsten Plasmakomponenten vorstellen. In dem Plasma der Riesenzellen sind die Mitochondrien schon vor der Sekretbildung in Gestalt kleiner Kügelehen vorhanden, welche 283 fadenférmige Kettehen bilden und am häufigsten in der Nähe des Kernes oder direkt um ihn gruppiert sind. Die einzelnen Körner eines Fadens sind durch kurze Brücken miteinander verbunden (Abb. 1). In der weiteren Entwickelung wachsen die Körner und vermehren sich, infolgedessen sie die ganze Zelle ausfüllen, am dich- testen aber rings um den Kern zusammengereiht sind, oder, wenn die Giftzelle zweikernig ist, sich zwischen beiden Kernen gruppieren. Die erwachsenen Mitochondrien werden dann zu eigentlichen Gift- sekretkörperehen. Diese Sekretkörperchen liegen anfangs dicht zwischen beiden Kernen der Giftzellen, zu fast regelmäßigen Reihen gruppiert, und sind so, wie früher die Mitochondrien, untereinander Abb. 2. Zweikernige Giftzellen. Vergr. Zeiss, Hom.-Imm. 1,5 mm. P Plasma; K Kern; S Sekretkörperchen, untereinander mit Fäserchen, welche die einzelnen Körperchen umhüllen, verbunden. mit Fäserchen, welche die einzelnen Körperchen umhüllen, in faden- formige Kettchen verbunden (Abb. 2). Das Sekret färbt sich bei Harry Kurs Methode lebhaft rot mit Säurefuchsin und die ver- bindenden Färserchen etwas schwächer als die Nekretkörperchen. Die Sekretkörperehen vergrößern jetzt ihren Umfang und füllen die ganze Riesenzelle aus. Die gefüllten Giftdrüsen entleeren ihr Sekret durch Zusammenziehung der Muskeln, die, reich an Nerven und Blutgefäßen, um die Drüsen eine ziemlich hohe Schicht bilden. Da resorbiert sich wahrscheinlich durch chemische Einwirkung des Sekretes die Zellenmembran, welche die Giftzelle in der Richtung des Drüsenausführungsganges umgrenzt, und die Sekretkörperchen treten 284 heraus, in die Giftflüssigkeit verflieBend. Die Giftzelle verkleinert nach der Sekretion bedeutend ıhren Umfang, ihre Kerne werden platt und in ihrem Plasma erscheinen deutlich nur die der Sekret- körperchen entbehrenden Fäserchen. Der Zellkern färbt sich nach der Sekretion sehr dunkel mit Thionin und sein Chromatin ist schwer zu unterscheiden. Das Plasma und die die Sekretkörperchen ver- bindenden Fäserchen färben sich so wie früher (Abb. 3). Später ver- größert die Zelle abermals ihren Umfang und es verändert sich auch die Färbbarkeit des Kernes. Damit die Zelle der Sekretion wieder fähig wird, müssen sich hier die Mitochondrien von neuem bilden. Aber die Weise, in welcher es geschieht, konnte ich auf meinen Präparaten nicht feststellen. Das Giftsekret entsteht also bloß durch die Um- wandlung der Mitochondrien, welehe die Hauptkomponente des Plasma sind, ohne jede direkte Einwirkung des Ker- nes. Jedoch indirekt, wie man zugeben muß, hat auch der Kern bei der Sekretbildung eine wichtige Funktion, und zwar durch Einwirkung gewisser chemischer Substanzen, welche er Abb. 3. Die Riesenzellen nach der Sekretion. Vergr. bei der Sekretion aus- wie Abb. 1. 7 : scheidet, auf die Mito- ge a, dem Plasma der Riesen- chondsien paper Kern bei der Sekretion gewisse Substanzen ausscheidet, geht aus den schon oben erwähnten chemischen Veränderungen, welche der Kern zur Zeit der Sekret- bildung erleidet, hervor und daraus, daß die giftigen Riesenzellen regelmäßig zweikernig sind, da die Sekretionstätigkeit eine große Mitwirkung des Kernes erheischt. Die Schleimdrüsen entwickeln sich wie die Giftdrüsen, sind aber kleiner als die Giftdrüsen, ihre Form ist rund oder flaschenförmig. Die Zellen der inneren Schicht wachsen nicht heran, infolgedessen sie als hohle Säckchen mit Drüsenwänden erscheinen. Die Sekretbildung geht hier vor sich nur in den an der Basis der Schleimdrüse gelegenen Zellen. Diese Zellen unterscheiden sich ursprünglich nicht von den anderen Drüsenzellen. Sie zeichnen sich durch einen großen Kern 285 aus, welcher von einem schmalen Plasmahof umgeben ist. In der weiteren Entwickelung gleicht sich nur das Mißverhältnis zwischen dem großen Kern und dem kleinen plasmatischen Umfang aus. Die Schleimzellen verlieren dabei ihre scharfe Abgrenzung, welche sich schon bei der Lumenbildung schwach zeist und bei der Sekretbildung ganz verschwindet. Das Schleimsekret hat da wieder seinen Ursprung in den Mito- chondrien, deren Anlage und Anordnung dieselbe wie bei den Gift- zellen ist. Die Mitochondrien sind anfangs um den Kern gruppiert und untereinander durch Fäserchen verbunden. Sie wachsen, ver- mehren sich durch Teilung und wandeln sich direkt zu Schleimelemen- ten um, die allmählich das ganze. Lumen und den Ausführungsgang O & AAS RE RUESEER Abb. 4. Die alte Giftdrüse mit der Anlage des regenerierenden Nebendrüsen- beutelchens. Vergr. Zeiss, Hom.-Imm. 1,5 mm. der Drüse ausfüllen. Daraus, da ich diese Drüsen immer auch in ihrem Ausführungsgang mit Sekret gefüllt vorfand, nehme ich an, daß ihre Entleerung nicht periodisch ist, wie bei den Giftdrüsen, sondern ohne Unterbrechung vor sich geht, wie übrigens auch aus der fortwährend schleimigen Haut der Amphibien geschlossen werden kann. Mit den Studien der Sekretbildung bei den Amphibien beschai- tigten sich LEYDIG, ENGELMANN, OTTO WEISS, NUSSBAUM, SCHULTZ, SEECK, WOLLMER, JUNIUS, TARCHETTI, GURWITSCH und K. C. SCHNEIDER, welche die Entstehung des Sekretes dem veränderten Protoplasma zuschreiben, während DraschH das Sekret für zerfallene Driisenelemente ansieht, die von HEIDENHAIN, NICOoGLU, ARNOLD 286 und NIRENSTEIN als „Granula‘“ oder ‚Plasmosomen“ bezeichnet werden. Schließlich verlegen VIGIER, CALMELS, LAnnoY und Mme. PnısaLıx die Sekretbildung in den Kern. Einen interessanten Beleg für die Bildung des Sekretes aus den Mitochondrien bieten die regenerierenden Bläschen der Giftdrüsen, welehe sich auf den degenerierenden alten Giftdrüsen durch Ver- mehrung der Zellen des sog. Dachepithels entwickeln. Die Zellen des Dachepithels liegen dieht vor dem Ausführungsgang dachförmig aufeinander und bilden so den Übergang der eigentlichen Drüsenzellen zum Ausführungsgang; sie vermehren sich und bilden durch Ein- rs 33 Py an e. Be TER, Abb. 5. Die alte Giftdrüse mit dem entwickelten Nebendrüsenbeutelchen. Vergr. Zeiss, Hom.-Imm. 1,5 mm. A Ausführungsgang der alten Giftdrüse; Z Zellen des regenerierenden Neben- drüsenbeutelchens, mit Mitochondrien gefüllt; 7 Teile der alten Riesenzellen mit dem Sekret. stülpung ein Nebendrüsensäckchen, welches später aus einem groß- zelligen Epithel und der Anlage des künftigen Ausführungsganges besteht. Mit dem Wachstum des neuen Drüsenbeutelchens hängt auch die Entwickelung seiner Sekretfunktion und so der ganze Ersatz der alten, inzwischen schon abgestorbenen Mutterdrüse zusammen. Mir gelang es, die Mitochondrien schon in den Zellen der frühesten Anlage des Nebendrüsensäckchens zu entdecken. In jeder Zelle findet man auf dem Kernpole, welcher dem Lumen der alten Drüse zugewendet ist, je ein Häufchen der intensiv sich färbenden kurzen Fäden derselben Eigenschaften wie die Mitochondrien in den An- lagen der Gift- oder Schleimdrüsen (Abb. 4). Auch in den späteren 287 Stufen der Entwickelung des Drüsenbeutelchens kann man in den Zellen die Mitochondrien finden, welche sich teilen und wachsen, bis sie stufenweise in die Sekretkörperchen übergehen (Abb. 5). Die erwähnte Weise der Drüsenregeneration ist bereits von HEIDENHAIN und NıcoGLu erkannt und beschrieben worden, obwohl die Autoren deren Entstehung nicht den Dachzellen (,,Schaltstiick) zuschrieben, sondern den Zellen, die zwischen diesem Teil und dem Ausführungs- gang liegen sollen. Mit HEIDENHAIN und NıcoGLu stimmen teilweise auch WOLLMER, TALKE und TARCHETTI überein. JUNIUS und ARNOLD lassen diese Frage nieht entschieden. NIRENSTEIN begründet die Regeneration durch die Umwandlung der Schleimdrüsen in Giftdrüsen. Der Sekretbildung in den regenerierenden Nebendrüsensäckchen der Giftdrüsen tut keiner der angeführten Forscher Erwähnung. Durch die Feststellung der Mitochondrienanlage schon in den ersten Anfängen ist meines Erachtens die Frage des allgemeinen Mito- chondrienvorkommens in den Drüsenzellen entschieden. Denn es scheint mir kaum die Annahme zulässig, daß sich das Sekret aus den Elementen, die den Kern in ungelöstem Zustande als sog. Chro- midien verlassen sollen, in so enormer Menge bilden könnte wie das Schleim- und Giftsekret bei Salamandra (gegen A. F. ScHREINER). Literaturverzeichnis. ARNOLD, J., Über Bau und Sekretion der Drüsen der Froschhaut; zugleich ein Beitrag zur Plasmosomen-Granulalehre. Arch. f. mikr. Anat. Bd. 65 (1905). CALMELS, G., Etudes histologiques des glandes & venin du crapaud et recherches sur les modifications apportées dans leur evolution normale par l’exeitation électrique de l’animal. Arch. de Physiol. norm. et pathol. (3), T. 1 (1883). CALMELS, G., Evolution de l’épithelium des glandes & venin du crapaud. Compt. rend. Ac. Sciences Paris, C. 95, Nr. 21. Drascu, O., Der Bau der Giftdrüsen des gefleckten Salamanders. Arch. f. Anat. (1894). Drascu, 9., Uber Giftdrüsen des Salamanders. Verhandl. Anat. Ges. (1892). DrascH, O. Beobachtungen an lebenden Drüsen mit und ohne Reizung der Nerven derselben. Arch. f. Anat. und Physiol. Physiologische Abt. (1889). 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ANATOMISCHER ANZEIGER Centralblatt für die gesamte wissenschaftliche Anatomie. Amtliches Organ der Anatomischen Gesellschaft. Herausgegeben von Prof. Dr. Karl von Bardeleben in Jena. Verlag von tustav Fischer in Jena. Der ,,Anatomische Anzeiger‘‘ erscheint zweimal im Monat in Einzelnummern oder einmal in Doppelnummer. Der Preis eines Bandes von 24 Nummern beträgt Mk. 20.—. Das Erscheinen der Bände ist unabhängig vom Kalenderjahr. 51. Bd. >= 10. September 1918. & No. 12, Issart. Aufsätze. W. J. Schmidt, Über die Beziehungen der glatten Muskelzellen in der Haut vom Laubfrosch zum Epithel. Mit 7 Abbildungen. S. 289—302. — Ernst Huber, Uber die Morphologie des M. procerus nasi des Menschen. Mit 6 Abbildungen. S. 302—308. — Erik Forsgren, Zur Kenntnis der Histologie der Leberzellen und der Gallensekretion. Mit 4 Ab- bildungen. S. 309—314. — Walther Kolmer, Uber Kristalloide in Nerven- zellen der menschlichen Netzhaut. Mit 4 Abbildungen. S. 314-317. — R. Wiedersheim, HERBERT VON BERENBERG-GOSSLER 7. S. 318—320. Berichtigung. S. 320. — An die Herren Mitarbeiter. S. 320. Aufsätze. Nachdruck verboten. Über die Beziehungen der glatten Muskelzellen in der Haut vom Laubfrosch zum Epithel. Von Prof. W. J. Scumipt, Privatdozent für Zoologie in Bonn. Mit 7 Abbildungen im Text. (Aus dem Laboratorium der Univ.-Klinik für Hautkrankheiten in Bonn.) Wie schon lange bekannt ist (vgl. die Literatur bei Gaupp 1904, S. 494), kommen in der Haut der Frösche — abgesehen von den Haut- drüsen — glatte Muskelzellen vor, die in den senkrecht die Kutis durchsetzenden Faserzügen, den sog. ,,perforierenden Bündeln“, gelegen sind. Gaupp (1904, S. 492) betont, daß hinsichtlich der oberen Endi- sung dieser Hautmuskeln verschiedene Auffassungen einander gegen- überstehen, die von EBERTH (1869) und die von Maurer (1894 u. 1895). Vergegenwärtigen wir uns an erster Stelle die Angaben von EBertH (1869, $. 17f.), die sich zunächst auf Rana temporaria be- Anat. Anz. Bd. 51. Aufsätze. 19 290 ziehen; doch hat der Autor in seiner Arbeit auch Rana esculenta und Hyla als Untersuchungsobjekte herangezogen, und sicherlich würde er wohl, wenn ihm hinsichtlich des uns hier interessierenden Punktes Abweichungen bei diesen verschiedenen Formen aufgefallen wären, darauf hingewiesen haben. Nach EBeErrH liegen die Muskel- endigungen in kleinen pilzförmigen Papillen der Kutis, die gegen die Epidermis vorspringen. Diese Papillen (Eserra bildet auf Tafel I, Abb. 1, einen Schnitt ab, an dem die Epidermis entfernt ist und die Papillen deutlich über den oberen Schnittrand hervor- ragen) bestehen nach EBERTH aus der gleichen weichen Binde- gewebssubstanz, die auch den homogenen Grenzsaum (in unserer Bezeichnung die kollagene Grenzlamelle) bildet, und besitzen wie diese eine feine Zähnelung an ihrer Oberfläche. In diesen Papillen endigen die einzelnen Muskelzellen mit fadenförmigen, spiralig gewundenen Enden. EBERTH beobachtete, daß bei Durchschneidung der Medulla oblongata nach wenigen Sekunden oder Minuten eine deutliche Runzelung der Haut eintritt, die als Wirkung der Kontraktion der in Rede stehenden Muskelchen zu betrachten ist. MAURER (1894, 5. 152, u. 1895, S. 128f.) kommt zu einem ganz anderen Ergebnis. Er fand bei Rana esculenta und temporaria um- schriebene Stellen in der Epidermis, tiber denen sich die Hornschicht etwas griibchenférmig einsenkt. Unter dem Stratum corneum findet sich eine Lage platter Zellen, dann weiter nach innen eine Gruppe von 2—8 stark in die Linge gezogenen Elemente, zwischen denen sich die eine oder andere rundliche Epidermiszelle einschieben kann. Diese faserartig gestalteten Epidermiszellen durchbrechen die Basal- membran spitz ausgezogen, und hier schließen sich ihnen ähnliche lange Faserzellen an, die, zu einem Bündel vereinigt, bald senkrecht, bald schräg das straffe Korium durchziehen und mit dem faserigen Bindegewebe unter ihm in Verbindung stehen. Ihrem Bau und ihrer Zusammenlagerung nach handelt es sich um Bündel glatter Muskel- zellen. Ihre Wirkung zeigt sich auch einerseits in der Einziehung der Epidermisoberfläche, andererseits in einem entsprechenden Verhalten der tiefsten Schicht des Koriums. Der Autor hebt hervor, daß die Epidermiszellen ohne Grenze in die Muskelzellen übergehen. MAURER, dem EBERTHS Arbeit unbekannt war, denkt an eine Einwirkung dieser Muskeln auf die Hautdrüsen, die Blutkapillaren und die Chromatophoren. Auf die entwickelungsgeschichtlichen Befunde MAURERS werde ich nach Mitteilung meiner Beobachtungen eingehen. 291 MAURER nimmt für diese Muskelzellen eine ektodermale Ent- stehung an. In seiner Gewebslehre vertritt MAurer (1915, $. 367) den hier geschilderten Standpunkt. Stellt man die Angaben von EBERTH und MAURER gegenüber, so ergibt sich als wesentlicher Unterschied, daß nach dem ersten Autor die Muskelchen unter dem Epithel endigen, nach dem zweiten dagegen im Epithel entspringen und auch entwickelungsgeschichtlich hier ihre Herkunft nehmen. Gaupp (1904, $. 493) bestätigt auf Grund eigener Präparate die niedrigen papillären Erhebungen des Koriums, die sich über den äußeren Enden der stärkeren perforierenden Bündel (besonders an der Rückenhaut) finden: sie haben eine entsprechende Umordnung der basalen Epithelzellen zur Folge. Die Grenze der Papillen gegen das Epithel ist meist deutlich erkennbar. In.anderen Fällen findet dagegen Graupp Bilder, wie MAURER sie beschreibt; die Papille fehlt, und ,,die Muskelzellen schließen sich unmittelbar an die Epithel- zellen an, die sich, verlängert, in das Korium hinein erstrecken“. (saupp möchte auch die Lymphgefäße der Haut noch unter den Organen nennen, auf welche die Kontraktion der Muskelchen von Einfluß sein könnte. Weıss (1916, 5. 267) schließt sich ganz MAURER an (nach Unter- suchungen bei Rana esculenta, R. agilis, Bufo variabilis, Bombinator igneus und Larven von Pelobates fuscus). Er sieht den hauptsäch- lichsten Zweck der Muskelbündel darin, daß sie ein rasches An- spritzen der Giftdrüsen ermöglichen (8. 269). Wess’ Angaben über die Ontogenese der Muskelzellen werden noch unten Erwähnung finden. Schließlich wäre von neueren Autoren noch FicALBI zu nennen (Atti della R. Acc. Peloritana in Messina anno XI. 1896/97), der in einer Monographie über das Integument der Hyliden die uns inter- essierenden Verhältnisse berührt hat. Leider war mir die Abhandlung von FIcALBI nicht zugänglich und ich muß mich darauf beschränken, anzugeben, daß nach Gaupp (1904, S. 493) der italienische Autor sich in Schilderung und Deutung der Verhältnisse an MAURER im wesent- lichen anschließt. Einige außerordentlich klare Präparate der Rückenhaut vom Laubfrosch, die ich zu einem anderen Zwecke hergestellt hatte, gaben mir Veranlassung, die skizzierte Streitfrage zu prüfen. Ich bin zu einem Ergebnis gekommen, das zwischen den Anschauungen von 19* 292 EBERTH und MAURER vermittelt insofern, als die Muskelzellen unter- halb des Epithels endigen, aber in eigentümlicher Weise in der Epider- mis verankert sind. Bei meinem Objekte, dem Laubfrosch, habe ich nur eine Art der Muskelendigung beobachten können. Präparate von der Rückenhaut des Gras- und Wasserfrosches ergaben viel weniger deutliche Bilder, so daß ich mit einer Verallgemeinerung meiner Befunde bis in die Einzelheiten hinein zunächst zurückhalten will, obwohl ich nichts bei Rana gesehen habe, das mit meiner Deutung unvereinbar wäre; insbesondere bemerke ich, daß auch bei den Ranaarten die Muskelchen nicht ins Epithel eindringen. Die Objekte waren in starkem Fremming’schen Gemisch fixiert und wurden, zu Quer- und Flachschnitten von 10 yp. Dicke verarbeitet, mit Eisenhämatoxylin gefärbt. Im Beginn meiner Untersuchung schien mir der Standpunkt MAURERS gerechtfertigt: ich sah an vielen Stellen, oft, zehnmal und mehr in einem Schnitt, die Muskelchen ans Epithel herantreten und in demselben scheinbar ihre Fortsetzung finden (Abb. 1). Bald aber fiel mir der Umstand auf, daß an der Eintrittsstelle des Muskelchens eine (seltener mehrere) große, schwächer als ihre Umgebung vom Eisenhämatoxylin gefärbte Zelle in der Epidermis zu bemerken war, die fast durch die gesamte Dicke des Epithels bis zu der hellen Lage abgeplatteter Zellen unter der stark gefärbten Hornschicht hinauf- reichte. Diese hellen Zellen besitzen stets einen entsprechend großen Kern, der in seiner Form und Stellung dem der basalen Epithelzellen ähnelt und in seinem gesamten Aussehen dem der Epidermiskerne im allgemeinen gleicht. An manchen Stellen (Abb. 1) tritt nur eine Muskelzelle ans Epithel heran. Da sie in einiger Entfernung von der Epidermis ihren typischen stäbchenförmigen Kern mit abgerundeten Enden aufweist, ergab sich die Frage, welche Bedeutung denn der zweite Kern in der hellen Zelle habe, welche die ,,intraepitheliale Fortsetzung“ der Muskelzelle aufnimmt. Die Form und der Bau des Kernes — viel chromatinärmer als derjenige der Muskelzelle — stellt die helle Zelle unter die Epithelzellen, und da die Muskelzelle schon ihren Kern besitzt, bleibt nur die Möglichkeit, die helle große Zelle als eine beträchtlich vergrößerte Zelle der basalen Epithelschicht aufzufassen. Wenn aber die Muskelzelle wirklich, wie es zunächst schien, in die Epidermiszelle mit ihrem oberen Ende eintrat, dann lag eine höchst merkwürdige Verbindung der beiden Zellen vor, derart, daß die eine Zelle mit ihrem 293 faserförmigen Zelleib tief in den Körper der anderen eindringt, eine Verbindung, die auch nicht annähernd in dieser Form irgendwo be- kannt ist. Daß es sich hier tatsächlich um ein Eindringen des „oberen Endes‘ der Muskelzelle, nicht etwa um ein Einschieben ihrer Fort- setzung zwischen die Epithelzellen handelt, ergab sich mit Sicher- heit aus Flachschnitten der Haut: leicht konnten hier die hellen Zellen ausfindig gemacht werden, und in jeder Zelle lag neben dem etwas zur Seite gerückten Kern der rundliche Querschnitt der ‚intraepithe- lialen Fortsetzung“ der Muskelzellen. Die richtige Beziehung des Quer- schnitt- und des Flachschnittbildes aufeinander erwiesen schräg ge- troffene Stellen der Epidermis, an denen ich durch Nachstellen mit der Mikrometerschraube Flach- und Querschnittsbild gewissermaßen auseinander hervorgehen lassen konnte. Obwohl die Histologie zweifellos zu den Entdeckungswissen- schaften rechnet, wie GurwItscH (1913, S. 4) mit Recht bemerkt, und heute einen Fund bringen kann, der gestern nicht zu erwarten war und dessen Eigenart zunächst alle Verknüpfung mit bekannten Tatsachen ausschließt, konnte ich mich mit diesem Eindringen der Muskelzelle in die Epithelzelle nicht befreunden, und ein weiteres Studium der Präparate zeigte, daß die Muskelzelle am Epithel etwa in der Höhe der kollagenen Grenzlamelle endigt und ihre schein- bare Fortsetzung im Epithel eine Differenzierung der Epithelzelle ist, eine Zellsehne, die aus einem Bündel von Plasmafasern (Tono- fibrillen) besteht. Ich will nun zunächst die beobachteten Verhältnisse beschreiben und hoffe, an Hand der Abbildungen von der Richtigkeit der eben aus- gesprochenen Deutung zu überzeugen. Die Muskelfasern setzen sich einzeln oder zu mehreren an eine Basalzelle des Epithels an. Ist das Muskelehen dicker, zellenreicher, so können auch mehrere neben- einandergelegene oder durch einzelne gewöhnliche Epithelzellen oder Teile von solchen getrennte basale Epidermiszellen als Ansatz dienen. Wo ein Muskelchen an die Epidermis herantritt, ist die Oberfläche des Epithels, wie auch MAURER (s. 0.) angibt, bald mehr, bald weniger srübehenförmig eingesenkt (Abb. 1—3), die untere Seite der Epidermis dagegen gewöhnlich entsprechend in die Kutis hinein ausgezogen, so daß die helle Zelle, als Muskelansatzzelle wollen wir sie forthin bezeichnen, mit ihrem basalen Ende meist etwas über den Unter- rand des Epithels vorspringt (Abb. 1). Doch kommen auch Fälle vor, in denen umgekehrt eine winzige, fast ganz vom Ende des Muskel- 294 chens ausgefüllte Kutispapille etwas in die Epidermis eindringt (Abb. 4, rechts). So bestehen denn in diesem Punkte sowohl die Angaben von EBERTH als auch von MAURER und schließlich auch von GauppP zu Recht. Möglicherweise beruhen diese (für die von uns festgestellte Art der Muskelendigung unwesentlichen) Unterschiede auf wechseln- den Kontraktionszuständen der Muskeln, derart, daß bei der Muskel- Pig i Abb. 1. Abb. 2. Abb. 3. Alle Abbildungen betreffen den Ansatz der glatten Muskelzellen in den per- forierenden Bündeln der Rückenhaut des Laubfrosches (Hyla arborea) ans Epithel. Sie sind nach 10 w dicken Schnitten von Hautstücken hergestellt, die mit starkem Fiemmine’schen Gemisch fixiert und mit Eisenhämatoxylin bzw. außerdem noch mit Eosin gefärbt wurden. Abb. 5 ist einem Präparat entnommen, das vor der Färbung mit Chlor gebleicht wurde. Die Abbildungen sind bei 900 facher Vergrößerung (Zeiss-Apochromat 2 mm N. A. 1.30 und Komp.-Okular 8, Entfernung der Zeichen- fläche von der Austrittspupille des Mikroskops = 250 mm; Verkleinerung der Ori- ginalzeichnungen bei der Reproduktion auf °/,,) unter Benutzung des Asgr’schen Zeichenapparates wiedergegeben. Abb. 1—3. Nach Querschnitten der Haut: Befestigung der Muskelchen an je eine epitheliale Muskelansatzzelle, innerhalb deren sie eine Fortsetzung durch eine aus Plasmafasern gebildete Zellsehne erkennen lassen. verkürzung die Basis der Ansatzzelle über den unteren Epidermisrand vorgezogen wird, bei der Erschlaffung dagegen die Epidermis an dieser Stelle geradlinig abschließt oder gar eine kleine Einziehung, ausgefüllt von den erwähnten Kutispapillen, besitzt. 295 An der Muskelansatzstelle ist die „Basalmembran‘“ des Epi- thels anscheinend durchbrochen (Abb. 1 u. 4 rechts). Diese Membran ist aber offenbar keine Differenzierung des Epithels, sondera gehört der Kutis an, ist eine kollagene Grenzlamelle, eine Deutung, von deren Richtigkeit ich mich bei meinen Studien am Integument der Reptilien vielfach überzeugt habe und in welchem Punkte meine Anschauungen sich wesentlich mit denen von MErkeu (1909, 8. 332) deeken. Stellenweise läßt sich nämlich deutlich erkennen, daß sie aus sehr platten Bündeln besteht, die dieht beieinander liegen und, Abb. 5. Abb. 6. Abb. 4—5. Nach Querschnitten der Haut: Verzahnung der Muskelenden mit den Zellsehnen. Abb. 6—7. Nach Flachschnitten der Haut: In den Muskel- ansatzzellen sind neben dem Kern die Querschnitte der Zell- sehnen kenntlich, wenn sie quer getroffen sind, kleine Lücken zwischen sich freilassen. Wenn daher wirklich Abb. 7. die „Basalmembran‘ am Muskelansatz fehlt (s. u.), kann daraus nicht auf eine ‚„‚Koptinuität‘“ von Muskel- und Epithel- zelle und damit auf’einen ektodermalen Ursprung der Muskelzellen geschlossen werden. Die kollagene Grenzlamelle begleitet noch ein Stück den zipfel- förmig ausgezogenen Teil der Muskelansatzzelle. Dort, wo sie auf- hört, besitzt das Muskelehen meist den geringsten Querschnitt, sowohl gegen die Kutis hin als auch in Richtung seiner intraepithelialen Fortsetzung schwillt es an. Die Stelle der engsten Einziehung ist oft dunkler gefärbt, so daß sich schon hierdurch Muskel und Zellsehne, 296 wenn auch nicht linienartig, so doch allgemein färberisch voneinander absetzen. Zunächst glaubte ich, daß diese stärkere Färbung mit Eisenhämatoxylin durch die größere Dichtigkeit des Gewebes an dieser Stelle bedingt sei. Bekanntlich wird unter derartigen Umständen beim Differenzieren mit der Eisensalzbeize der Farbstoff an solchen Stellen weniger gut ausgezogen. Betrachtet man aber die dunklen Stellen genauer, so ergibt sich, daß Fier eine besondere Struktur vor- liegt, die bald deutlicher, bald schwächer zu sehen ist, bei gespannter Aufmerksamkeit aber eigentlich überall in die Erscheinung tritt. Man sieht nämlich an der Grenze des Muskels und der Zellsehne eine zickzackartige Zeichnung (Abb. 3) oder mehrere längs zum Muskel verlaufende, scheinbar parallele und dicht beieinandergelegene dunkle Streifen, oder auch nur eine zackige Grenze (Abb. 2), in welcher der dunkle Muskel sich gegen die hellere Zellsehne abhebt. Daß es sich hier nicht um Teile der kollagenen Grenzlamelle handelt, die sich in die Spalten zwischen den einzelnen Muskelzellen einfältelt und so gewissermaßen die Enden der Muskelzellen umscheidet, scheint mir daraus hervorzugehen, daß die Struktur nicht nur der Oberfläche des Muskelchens angehört, sondern sich bei vorsichtiger Handhabung der Mikrometerschraube durch die ganze Dicke des Muskelansatzes hindurch verfolgen läßt. Fälle, wie in Abb. 1 abgebildet, an denen Muskel und Zellsehne sich nur durch leichte Unterschiede der Färb- barkeit voneinander sondern lassen und nur einige schwach ange- deutete dunkle Längsstreifen an der kritischen Stelle auftreten, sind selten. In der Regel bieten sich die Verhältnisse so dar, wie sie in Abb. 2 u. 3 dargestellt sind. An manchen ausgewählten Stellen, vor allem dort, wo das Muskelchen dicker ist und mehrere Muskel- zellen nebeneinander ansetzen (Abb. 4 u. 5), läßt.sich mit großer Deutlichkeit wahrnehmen, daß die einzelnen, in einem Bündel ent- haltenen Muskelzellen mit ihren zugespitzten Enden verschieden weit in die Zellsehne vorspringen, so daß die Enden der Muskelzellen durch Verzahnung mit den Ansatzstellen verbunden sind. Dieses Verhalten erinnert an die entsprechenden bekannten Beziehungen der sägeförmig ausgeschnittenen Enden der basalen Epithelzellen zu den Bindegewebsfasern der Kutis. Nach den letzterwähnten Bildern (Abb. 4 u. 5) könnte es scheinen, als ob die kollagene Grenzlamelle sich doch zwischen Muskelzellen und Zellsehne kontinuierlich fortsetzt. In der Tat muß ich hinsicht- lich dieses Punktes einen gewissen Zweifel übrig lassen. Da man aber 297 in vielen Fallen die Durchbrechung der kollagenen Grenzlamelle von der Gesamtheit des Muskelchens unzweifelhaft feststellen kann, neige ich mehr zu der Ansicht, daß die schwarze Grenzlinie zwischen Zellsehne und Muskelfasern durch eine Kittmasse bedingt ist, welche diese beiderlei Elemente miteinander verklebt. Allerdings ist auch wieder zu berücksichtigen, daß nach den Beobachtungen von EBErTH (s. 0.), die bei der ganzen Präparationsart zwar keineswegs die natür- lichen Verhältnisse wiedergeben, aber doch über gewisse Dinge besse- ren Aufschluß als Paraffinschnitte erteilen könnten, die Enden der Muskelzellen unterhalb der kollagenen Grenzlamelle gelegen sein müssen, somit die kollagene Grenzlamelle nicht vom Muskel durch- brochen wird. Gehen wir nun zu den Muskelansatzzellen über. Ihr unteres Ende stellt das Negativ zu den in sie eingesenkten Enden der Muskel- fasern dar, ist also zackig ausgeschnitten (Abb. 2—5). In ihrem mittleren Teil sind die Ansatzzellen gewöhnlich bauchig aufgetrieben ; das wird durch die seitliche Lage des Kerns bedingt, der neben der Zell- sehne Raum finden muß. Der obere Rand der Muskelansatzzelle springt gewöhnlich in größeren oder kleineren Zacken in die helle Zellschicht unter der Hornschicht ein, und hier zeigen sich meist mit besonderer Deutlichkeit körnchenförmige Interzellularbrücken. Die Zellsehne nimmt im allgemeinen nach dem oberen Ende der Ansatzzelle hin an Querschnitt zu (Abb. 2 u. 3), so daß sie, räumlich betrachtet, die Form eines schlanken Kegels besitzt, dessen Basis der Hornschicht zugekehrt ist. Bisweilen gabelt sich die Sehne in der Zelle, sei es unter der Wirkung verschiedener Ansatzrichtungen der angreifenden Muskelzellen oder sei es, daß sich der Kern in sie eindrängt; alsdann erscheint auf dem Flachschnitt der Kern auf zwei Seiten von der Zellsehne eingefaßt (Abb. 6, oberste Ansatzzelle). Der Kern der Ansatzzelle, welcher, wie schon gesagt, aus dem axialen Teil der Zelle verdrängt wird, ist durch die Sehne an der ihr zugekehrten Seite leicht ausgehöhlt oder entsendet in den letztbeschriebenen Fällen lappenartige Fortsätze in die Sehnenmasse hinein, die auch bei ge- nauer Betrachtung des Querschnittes der Haut festgestellt werden können. Die Zellsehne (Abb. 2 u. 3) ist leicht bogig geschwungen und erscheint im Längsschnitt fein, aber nicht dicht fibrillär. Man könnte durch diese Bilder zur Ansicht verführt werden, daß sie nur aus spär- lichen, sich nicht berührenden Fibrillen bestände. Das ist aber keines- 298 wegs zutreffend, da die Zellsehne im Querschnitt als ein kompaktes Bündel von rundlichem Umriß zu beobachten ist (Abb. 6 u. 7). Der (Querschnitt der Zellsehne weist nun an seinem Rand deutlich stärker gefärbte punktförmige Fibrillendurchschnitte auf, die ihn kranz- förmig einsäumen, während im Inneren derartige stärker gefärbte dunkle Punkte nur vereinzelt zu erkennen sind. Diese Beschaffenheit des peripheren Teiles der Zellsehne bedingt die oben geschilderte Eigentümlichkeit des Längsschnittbildes. Die Fibrillen der Zellsehne treten am oberen Ende der Ansatz- zelle mit den Interzellularbrücken in Verbindung und in einzelnen Fällen (Abb. 3) läßt sich beobachten, daß die Fibrillen der Sehne durch Plasmafasern in der hellen Zellschicht unter der Hornlage eine Fort- setzung finden. Diese zarten Plasmafasern streben auseinander und stellen so gewissermaßen eine Verlängerung des die Zellsehne bilden- den Faserkegels dar. So wird der Zug des Muskels auf eine Anzahl von Zellen verteilt und greift außerdem unmittelbar an die Hornschicht der Epidermis, ihren festeten Teil, an und bedingt ihre grübchen- förmige Einziehung. Die ganze Darstellung dürfte wohl keinen Zweifel mehr lassen, daß die Zellsehne ein Bündel von Plasmafasern (Tonofibrillen) darstellt. Plasmafasern kommen ja bekanntlich nicht nur in der menschlichen Epidermis vor, sondern sind bei Wirbeltieren allgemein verbreitet (vgl. z. B. StupniéKa, 1909). In den basalen Epidermis- zellen der niederen Wirbeltiere bilden sie gewöhnlich einen Mantel in der Peripherie der Zelle, so daß sie im Flachschnitt der Haut (vgl. Scumipt, 1914, Tafel 3, Abb. 41) als ein Kranz punktförmiger (uerschnitte zu sehen sind. In anderen Fällen dagegen kann der sanze Raum der Zelle gleichmäßig mit stark entwickelten Tono- fibrillen erfüllt sein, so vor allem bei der Bildung der sog. Haftborsten an den Zehen der Geckoniden, die nichts anderes sind als mächtig ausgebildete Plasmafasern (ScHMiDr, 1913, Abb. 38, 44 u. 45, Tafel 36). Die Zellsehne in ‘den Muskelansatzzellen des Laubfrosches bietet einen Fall dar, in dem ein zentrales Bündel von Plasmafasern in der Zelle ausgebildet ist. Da die Plamafasern in der übrigen Epidermis des Laubfrosches sehr gering entwickelt sind, kann es hier keinem Zweifel unterliegen, daß die Ausbildung der Zellsehne unter dem Zug des Muskels erfolgt. v. Epner (1882) hat zuerst durch Untersuchungen in polarisiertem Licht über allen Zweifel sichergestellt, daß die Form der Zellen in den vielschichtigen Epithelien mit der mechanischen 299 Beanspruchung der Zellen Hand in Hand geht. Diese Feststellung läßt sich heute dahin erweitern, daß es vor allem die Epithelfasern sind, in deren Anordnung sich die Beanspruchung der Epidermis auf Zug zu erkennen gibt. Auf diese Rolle der Plasmafasern in der menschlichen Epidermis haben ja schon verschiedene Autoren hin- gewiesen (vgl. bei HEIDENHAIN, 1911, 5. 959f.). Nach sehr ein- gehenden, aber noch nicht veröffentlichten Untersuchungen an der Haut von Schildkröten konnte ich sowohl färberisch als auch durch Untersuchung im polarisierten Licht deutlich nachweisen, daß überall dort, wo die senkrecht aufsteigenden Bindegewebsfasern der Kutis sich ans Epithel ansetzen, eine verstärkte Ausbildung der Plasmafasern eintritt. In gleicher Weise wirkt auch der Muskelzug auf die Muskel- ansatzzellen beim Laubfrosch. Zug ist der trophische Reiz für die Bildung von ,,Plasmafasern‘. Es läge nahe, wie das für den Verlauf der Bindegewebsfasern mit Erfolg geschehen ist, experimentell zu prüfen, ob durch mechanische Beeinflussung (Zug) die Verlaufs- richtung der Plasmafasern in der Epidermis verändert oder ihre Aus- bildung verstärkt bzw. hervorgerufen werden kann. Die beschriebene Art des Ansatzes der glatten Muskelzellen ans Epithel beim Laubfrosch erinnert sehr stark an die Anheftung der quergestreiften Muskelfasern der Arthropoden ans Chitin. Auch hier erzeugt der Muskel durch seinen Zug besondere fibrilläre Diffe- renzierungen in dem einschichtigen Epithel, welche an den wider- standsfähigsten Teil der Haut, die Kutikula (Chitin), ansetzen. Es handelt sich hier um eine ziemlich weitgehende, durch gleiche Funktion bedingte Übereinstimmung, wenn man den Muskelansatz im ganzen betrachtet, um eine jener Analogien, die bei Tieren oder auch bei Gewebsformen erscheinen, die genetisch nichts miteinander zu tun haben. Beleuchten wir zum Schluß die Frage, ob die Muskelzellen in den perforierenden Bündeln der Haut des Laubfrosches ektodermalen oder mesodermalen Ursprungs sind. Die beim Erwachsenen sicher- gestellten Verhältnisse sind der Annahme eines ektodermalen Ur- sprungs nicht gerade günstig, schließen ihn allerdings auch nicht aus. Da ein Eindringen der Muskelzellen ins Epithel beim erwachsenen Tier nicht stattfindet und auch keinerlei Übergangszustände zwischen Epithel- und Muskelzellen bestehen, können aus dem fertigen Zu- stand keinerlei Schlüsse auf die ektodermale Genese der Muskelzellen gezogen werden, vielmehr wird die Frage ihrer Entstehung aus- 300 schließlich durch Verfolgen der ontogenetischen Vorgänge sich ent- scheiden lassen. MAURER (1895, 5. 139) berichtet, daß auf dem zweischichtigen Stadium der larvalen Epidermis gewisse Zellen in feste Beziehung zum Korium treten, indem sich ein feiner Stiel dieser birnförmigen Zellen ins Bindegewebe hinein erstreckt. An diesen Stellen sollen die älteren Larven einen aus mehreren Zellen bestehenden Epidermis- zapfen in die Kutis hinein schicken, der durch Teilung aus den birn- förmigen Zellen hervorgehen soll. Die Zellen dieses Zapfens würden sich dann weiterhin nach MAURER zu glatten Muskelzellen heran- bilden und demnach ektodermaler Herkunft sein. Sicherlich ist wohl MAURER wie jeder, der die ontogenetische Entstehung einer bekannten Struktur verfolgt, durch das Verhalten der ganzen Einrichtung beim erwachsenen Tier in der Auffassung der Entwickelungszustände beeinflußt worden. Da aber der fertige Zustand — bei Rana verhalten sich die Dinge im wesentlichen nicht anders als bei Hyla — nach unseren Untersuchungen sich ganz anders darbietet, als MAURER annahm, so ist wohl gestattet, die Abbildungen dieses Autors einmal mit Rücksicht auf dieses veränderte ontogenetische Ziel ins Auge zu fassen. Da scheint mir, daß gewisse Abbildungen MAurers (1895, Tafel V, Abb. 8 u. 10) sehr wohl eine Deutung in unserem Sinne zulassen, indem schon auf diesem Stadium die hell dargestellten Muskelzellen sich deutlich von den Epithelzellen unterscheiden lassen. Auch Abb. 9, Tafel V bei MAURER, die meiner Ansicht nach noch am ehesten den Beweis für die ektodermale Herkunft der Muskelzellen erbringen würde, ist vielleicht einer derartigen Deutung fähig, daß die helle, im Epithel gelegene Zelle die Muskelansatzzelle, aber keine in Bildung begriffene Muskelzelle ist. Aus den früheren bei MAURER abgebildeten Zuständen (Abb. 6, Tafel V), die den oben erwähnten Zellzapfen der Epidermis wiedergeben, läßt sich wohl nicht mit Sicherheit erkennen, daß er zur Bildung der Muskelzellen in Be- ziehung steht, weil Übergänge zu den folgenden Stadien nicht dar- sestellt sind. Weiss (1916, 5. 267) weicht insofern von MAURER ab, als er das Vorkommen von birnförmigen Zellen, die Fortsätze ins Korium senden sollen, in der Larvenhaut von Pelobates und Bombinator niemals beobachten konnte. Vielmehr verlängern sich nach ihm nicht besonders differenzierte basale Epithelzellen nach unten hin 301 spindelfömig, so daß sie in die Lederhaut hineinreichen und dann unter mehrfacher Teilung in die Tiefe rücken. Obwohl die Abbil- dungen bei Werss eher für einen solchen Bildungsmodus sprechen als die von MAURER, kann ich auch ihnen keine volle Beweiskraft zuerkennen, weil der Autor eben von einer verkehrten Vorstellung über den Zustand beim Erwachsenen ausgehend seine Präparate gedeutet hat. Jedenfalls scheint mir die Ontogenie der glatten Muskelzellen in den aufsteigenden Bündeln der Froschhaut einer erneuten Unter- suchung wert zu sein. Sollte sich für die Muskeln der perforierenden Bündel ein mesodermaler Ursprung ergeben, so liegt es wohl nahe, auch für die Muskeln der Drüsen einen solchen zu erwarten. Bei der Beurteilung dieser Frage darf man sich nicht dadurch irre führen lassen, daß die Muskelzellen von Hautdrüsen durch Interzellular- brücken mit den Drüsenzellen verbunden sein können. Denn seitdem Schugere (1903, S. 303) gezeigt hat, daß Zellen von unzweifelhaft verschiedener Herkunft hinsichtlich der Keimblätter, Epithel- und Bindegewebszellen, miteinander in Zellverbindung treten können, muß beim Vorhandensein von Interzellularbrücken in jedem Falle der Nachweis erbracht werden, daß sie nicht sekundäre Verbindungen ursprünglich einander fremder Elemente darstellen. Zitierte Literatur. Eserty, ©. J., Untersuchungen zur normalen und pathologischen Anatomie der Froschhaut. Leipzig 1869. v. EBNER, V., Untersuchungen über die Ursachen der Anisotropie organisierter Substanzen. Leipzig 1882. Gaupp, E., A. Eckers und R. WIEDERSHEIMs Anatomie des Frosches. 3. Abt. Braunschweig 1904. Gurwırsch, A., Vorlesungen über allgemeine Histologie. Jena 1913. Hemenuain, M., Plasma und Zelle. 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Weiss, O., Zur Histologie der Anurenhaut. Arch. f. mikr. Anat. Bd. 87, 1916, I. Abt., S. 265—286, Taf. 19. (Eingegangen am 16. Mai 1918.) Nachdruck verboten. Über die Morphologie des M. procerus nasi des Menschen. Von Ernst Huser, Assistent am anatomischen Institut der Universität Zürich. Mit 6 Abbildungen. In seinen Untersuchungen über die Gesichtsmuskulatur der Prosimier (1885) und Primaten (1887) hat G. RugE ausge- führt, wie sämtliche Gesichtsmuskeln aus einem ursprünglich einheit- lichen, vom N. facialis versorgten Muskelgebiet, dem Platysma und Sphincter colli, sich differenziert haben. Bei verschiedenen Halbaffen schließt der M. auriculo-labialis (M. zygomaticus) in der Nähe der Mundspalte sich eng an das Platysma an und bildet mit ihm eine einheitliche Muskellage. Die innige Ver- bindung macht durchaus den Eindruck eines ursprünglichen Zu> sammenhanges, besonders bei Lepilemur, wo die Bündel der beiden Muskeln noch eine Strecke weit parallel verlaufen. Bei den meisten Prosimiern steht nun der Auriculo-labialis im genetischen Zusammen- hang einerseits mit dem Orbicularis oculi und anderseits mit dem Depressor helicis. Letzterer zeigt genetische Beziehung zur orbito- fronto-aurieulären Muskulatur, die sich bei Lepilemur und Avahis in den Levator labii et nasi fortsetzt. Da G. Rua (1885) den engen Zusammenhang von Platysma und M. auriculo-labialis für einen genetischen Zusammenhang hielt, leitete er den Aurieculo-labialis und somit alle mit ihm in ursprünglichem Zusammenhang sich be- findlichen eben erwähnten Muskeln vom Platysma ab. Untersuchungen, die ich an Katze und Hund ausführte!), haben 1) Huser, E., Über das Muskelgebiet des N. facialis bei Katze und Hund, nebst allgemeinen Bemerkungen über die Facialismuskulatur der Säuger. Anat. Anz. 1918, Bd. 51, Nr. 1, S. 1—17. 303 gezeigt, daß diese sämtlichen Muskeln nicht vom Platysma, sondern vom Sphincter colli profundus abzuleiten sind. — Der Sphinc- ter colli profundus hat darnach in weit umfangreicherem Maße den Mutterboden für die Gesichtsmuskeln geliefert, als bisher angenommen wurde. Befunde bei anderen Säugetieren sprechen durchaus dafür, daß diese Ableitung der Gesichtsmuskulatur für die Säuger allgemeine rültigkeit besitzt, also auch für die Prosimier und Primaten. Bei den Prosimiern dehnt sich in primitiven Befunden (Varecia und Avahis) der Sphincter colli als transversale, unter dem Platysma gelegene, tiefe Muskellage von der Ohrgegend bis zur Mundspalte aus. Ursprünglich mußte der hintere Abschnitt des Sphincter colli mit dem vor dem Ohre gelagerten Depressor helicis in genetischem Zusammenhang gestanden haben. Diese beiden Portionen waren, wohl durch den Druck des auflagernden oberen Platysmarandes, durchtrennt worden. An der Durchtrennungsstelle wichen hernach die Bündel der nun selbständig gewordenen Muskelabschnitte von der ursprünglichen transversalen Verlaufsrichtung ab. Einzelne Partien des Depressor helicis schoben sich sogar sekundär über den oberen Rand des Platysma. So wurde also die genetische Beziehung des Depressor helieis und der mit diesem im ursprünglichen Zusammen- hang stehenden Muskulatur zum Sphincter colli völlig verwischt, während andererseits die enge Anlagerung des Auriculo-labialis an das Platysma einen genetischen Zusammenhang mit dieser Muskel- schicht vortäuscht. In primitiven Befunden steht, wie bereits erwähnt, der kräftig entfaltete Depressor helicis in genetischem Zusammenhang mit dem Auriculo-labialis. Dieser bildet mit dem unteren Teil des Orbicularis oculi eine einheitliche Muskellage. Anderseits inseriert der Depressor helicis am Ohre ganz in der Nähe des Orbito-auricularis und deutet dadurch noch auf den ursprünglichen Zusammenhang mit ihm hin, Der M. orbito-auricularis setzt sich nach vorn unmittelbar in den Levator labii et nasi fort. Dieser besitzt Beziehung zu den dem oberen Augenlid zugehörigen Bündeln des Orbicularis oculi. Es zeigt sich also, daß auch bei den Prosimiern alle diese Muskeln dem Ge- biete des Sphineter colli und nicht dem Platysma angehören. Bei Avahis ist der primitive, vom Ohre aus über die Orbita zur Schnauze verlaufende Muskelzug noch erhalten, ähnlich wie ich ihn bei der Katze vorgefunden habe. Bei Varecia und den übrigen Prosimiern ist in diesem Gebiet größere Sonderung eingetreten, ebenso bei den Pri- 304 maten (vgl. G. Ruge, 1887). Die Umbildung bei den letzteren ist im wesentlichen auf die Ausbildung des Schädeldaches zurückzu- führen. Durch die Zunahme des Vorderhirns traten Stirn- und Scheitel- gegend stärker hervor. Dadurch erfolgte am orbito-auriculären Muskelzug in der Mitte Kontinuitätstrennung. Es bildeten sich schließlich zwei vollkommen selbständige Muskeln aus. Der vordere derselben, der am Supraorbitalrande entspringt und an der Stirn endigt, ist der M. frontalis. Die hinteren Muskelbündel des Orbito- M. frontalis -- M. frontalis --- Wy „M. depressor __ supereilii‘ M. procerus - - {// M. procerus ~~ ; Fath Bs nasi nasil N M. orbicularis oculi x SS Sa 5 Cap. angulare des M. quadratus labii sup. Abb. 1a. Abb. 1b. Abb. 1a. Leiche Nr. 17/55: M. procerus nasi (normales Verhalten). Die beiderseitigen, aus dem Frontalis hervorgehenden Muskelindividuen schließen sich in der Medianlinie unmittelbar aneinander und bilden so den unpaaren, auf dem schmalen Nasenrücken bis zur Mitte der Nase verlaufenden Procerus nasi. Einige aus dem Verbande losgelöste Bündel des Muskels weichen lateralwärts ab. Abb. 1b. Leiche Nr. 17/58: M. procerus nasi. Die oberen lateralen, aus dem ursprünglichen Verbande mit dem Frontalis losgelösten Bündel strahlen gegen die Augenbrauengegend aus und bilden so einen ausgeprägten Depressor supercilii. Diese Depressorbildung muß unterschieden werden vom Depressor supercilii, wie ihn die Abb. 2, 3a u. b zeigen. auricularis haben in der Schläfen- und Scheitelgegend feste Anheftung erlangt. Von dort aus ziehen sie zur Ohrmuschel und bilden so die Mm. auriculares anterior et superior. Bei den Anthropoiden und beim Menschen erreicht diese Differenzierung den höchsten Grad. 305 Öfters finden sich aber beim Menschen noch primitive Befunde, wo Muskelbündel des M. auricularis anterior bogenförmig zum Supra- orbitalrande verlaufen und dort unmittelbar in die Bündel des M. frontalis übergehen. Solche Zustände weisen auf den ursprünglich einheitlichen M. orbito-auricularis zurück. Der Levator labii et nasi (Naso-labialis) steht bei den Prosimiern, wie erwähnt, zuweilen noch mit dem Orbito-auricularis und mit dem oberen Teil des Orbieularis oculi in Zusammenhang. Er bekundet dadurch seine Herkunft vom primitiven auriculo- / N) M. frontalis -- An M. depressor _ supercilii M. procerus __ nasi | M. orbi = > ger aren I. orbicularis oculi sus nasi "x > Caput infraorbitale | des M. qua- dratus M. procerus * Caput angulare \ labii sup. nasi a b Abb. 2a u. b. Leiche Nr. 18/2: Seitenansicht und Ansicht von vorn. Der M. procerus nasi, der breit aus dem M. frontalis hervorgeht, bedeckt als ansehnlicher Muskel die ganze Seitenfläche der Nase und reicht in primitiver Weise bis zu der Nasenflügeln hinab. orbito-nasalen Muskelzug. Dieser primitive, also supraorbitale Naso- labialis ist bei den Primaten größtenteils durch einen sekundären, vom unteren Teil des Orbieularis oculi abgespaltenen, also infra- orbitalen Naso-labialis ersetzt worden. Bis zu den höchsten Primaten hinauf haben sich aber Abschnitte des primitiven supraorbitalen Naso-labialis erhalten. Ein letzter Rest desselben ist der M. procerus nasi des Menschen. Anat. Anz. Bd. 51. Aufsätze. 20 306 Bei 28 während des Wintersemesters 1917/18 im Präpariersaal Zürich untersuchten Leichen fand ich den Procerus nasi stets in direkter Fortsetzung des M. frontalis. Dieses Verhalten kennzeichnet ihn als distalen Abschnitt des primitiven auriculo-orbito-nasalen Muskel- zuges. Die beiderseitigen Muskelabschnitte schließen sich in der Medianlinie unmittelbar aneinander und bilden so einen unpaaren, über den schmalen Nasenrücken verlaufenden kleinen Muskel. Meist reicht er höchstens bis zur Mitte des Nasenrückens hinab (vgl. M. frontalis .__ Portion des M. frontalis '- - M. depressor supercilii - -~ M. procerus nasi x--\\ Cap. angulare - /----- M. quadratus labii sup Cap. infraorbitale | J { Ve s . y . Cap. zygomaticum . zygomaticus Abb. 3a. Leiche Nr. 17/12: Der M. procérus nasi geht breit aus dem M. frontalis hervor. Mit einem lateralen Schenkel reicht er in primitiver Weise bis zum Nasenflügel und zur Oberlippe hinab. Dorsal schließt sich an den Procerus eine Portion des Frontalis an. An sie grenzt der Depressor supercilii, dessen vordere Bündel noch in ursprünglichem Zusammenhang mit dem Frontalis stehen. Lateral geht der Depressor unmittelbar in den oberen Teil des Orbicularis oculi über. Alle diese Muskelabschnitte haben sich aus einem primitiven, vom Ohre aus über die Orbita bis zur Nase und Oberlippe verlaufenden Muskelzug differenziert. Abb. la u. b) und besitzt an der Haut, am Nasenknorpel oder am Periost des Nasenbeines Festheftung. Durch die Kontraktion des Procerus nasi kann die Haut des Nasenrückens und der Glabella herabgezogen werden, wodurch Querfalten an der Nasenwurzel ent- stehen. 307 Oft strahlen die oberen lateralen, aus dem ursprünglichen Ver- bande mit dem Frontalis losgelösten Bündel des Procerus nasi gegen die Augenbrauengegend aus und bilden so einen Depressor supereilii (Abb. 1b). Diese Depressorbildung muß jedoch unterschieden werden vom Depressor supercilii, wie ihn die Abb. 2, 3a u. b zeigen. Von besonderem morphologischen Interesse sind nun Befunde, wie sie Abb. 2 u. 3 veranschaulichen: S M. orbicularis oculi “ Caput zygomaticum x : labii Caput infraorbitale iz en at Caput angulare Abb. 3b. Leiche Nr. 17/106: Der M. procerus nasi reicht, wie in Abb. 3a, mit einem lateralen Schenkel bis zu Nase und Oberlippe hinab. Dieses Verhalten kennzeichnet ihn als distalen Abschnitt des primitiven auriculo-orbito-nasalen Muskel- zuges. Der Procerus entspricht dem „primitiven supraorbitalen Naso-labialis‘. Lateral schließt sich ihm der sekundäre, vom unteren Teil des Orbicularis oculi abgespaltene, also „infraorbitale Naso-labialis“ an. Beide zusammen bilden hier das Caput angulare des Quadratus labii superioris. Im Befunde von Abb. 2a u. b geht der M. procerus nasi breit aus dem M. frontalis hervor. Er ist aber nicht auf den Nasenrücken be- schränkt, sondern bedeckt als geschlossener, ansehnlicher Muskel auch die ganze Seitenfläche der Nase und reicht bis zu den Nasenflügeln hinab. Im unteren Abschnitt überlagert er den M. transversus nasi. 20* 308 Diese außerordentlich starke Ausdehnung des Procerus nasi ist sehr primitiv. Der so gestaltete Muskel wird außer der für den Procerus nasi charakteristischen Wirkung noch ein Heben der Nasenflügel bewirken können. Er ist also gleichzeitig ein Levator nasi. ; Abb. 3a. Der M. procerus nasi geht breit aus dem M. frontalis hervor. Etwas unterhalb der Glabella spaltet er sich in zwei Abschnitte. Der mediale Abschnitt bildet mit der anderseitigen Muskelportion einen unpaaren, auf den Nasenrücken beschränkten Muskel, der in seiner Gestalt und Lage Übereinstimmung mit dem normalen M. procerus nasi (vgl. Abb. 1) zeigt. Der laterale, kräftige Muskel- abschnitt hingegen zieht bis zum Nasenflügel und zur Oberlippe hinab. Im oberen Teil schließt sich lateralwärts an den Procerus nasi eine Portion des M. frontalis an, die am Lig. palpebrale mediale feste Anheftung erlangt hat. Ihr schließt sich unmittelbar der Depressor supercilii an, dessen vordere Bündel noch im Zusammenhang mit dem Frontalis stehen. Der Depressor supercilii geht lateral in den oberen Teil des Orbicularis oculi über. Im vorliegenden primitiven Befunde stehen also diese sämtlichen Muskeln, die sich aus dem auriculo-orbito-nasalen Muskelzug differenziert haben, unterein- ander noch in genetischem Zusammenhang. Der distale Abschnitt, der Procerus nasi, besitzt sogar noch die ursprüngliche Ausdehnung des primitiven supraorbitalen Naso-labialis. Völlige Übereinstimmung mit Bezug auf die primitive Ausdeh- nung des Procerus nasi zeigt der Befund von Abb. 3b. Auch hier reicht eine kräftige laterale Portion des Muskels bis zum Nasenflügel und zur Oberlippe hinab. Es tritt also wieder der primitive supra- orbitale Naso-labialis in Erscheinung. Lateral schließt sich ihm — wie im’Befunde von Abb. 3a — das Caput angulare des Quadratus labii superioris an, also der sekundäre, vom unteren Teil des Or- bicularis oculi abgespaltene infraorbitale Naso-labialis. Diesen primitiven Befunden könnte ich noch weitere beobach- tete Fälle angliedern; die wenigen hier angeführten Fälle mögen aber zur Beurteilung der Morphologie des M. procerus nasi genügen. (Eingegangen am 14. Mai 1918.) Nachdruck verboten. Zur Kenntnis der Histologie der Leberzellen und der Gallen- sekretion. Von Erık Forseren, I. Assistent an der Histologischen Institution des Karorıst’schen Instituts zu Stockholm. Mit 4 Abbildungen. Von dem Sekrete der Leberzellen kommen sowohl die Gallen- pigmente (Bilirubin) wie auch die Gallensäuren als in Wasser und Alkohol leieht lösliche Alkaliverbindungen vor. Bei den gewöhn- lichen Fixierungsmethoden werden diese Bestandteile selbstredend größtenteils ausgelöst. Zwar kann man durch solche fixierende Reagenzien, die Säuren enthalten, aus den fraglichen Alkaliver- bindungen einen Niederschlag von Bilirubin und Gallensäuren be- kommen; da aber diese letzteren in Alkohol löslich sind, werden sie im Zusammenhange mit der Entwässerung der nachfolgenden histolo- gischen Behandlung eliminiert. Die Pigmente, die man mehr oder weniger zufälligerweise in den Leberzellen zu sehen bekommt, stammen sicherlich von Blutfarbstoff, der ein gegen die lösende Ein- wirkung des Wassers und Alkohols widerstandsfähigeres Vorstadium des Bilirubin ist, wie auch vielleicht von Bilirubin, das der Auslösung entkommen ist, das aber jedenfalls sehr unvollständig das von in den Leberzellen produziertem Bilirubin und Bilirubinalkali repräsentiert. Die Gallensäuren verschwinden noch vollständiger; und die Gallen- kapillaren erscheinen in der Regel auch ganz leer. Sowohl das Bili- rubin als auch gewisse Gallensäuren und besonders die der Glykochol- säuregruppe angehörigen geben indessen mit den Salzen der Erd- alkali Verbindungen, die in Wasser und auch in Alkohol schwer löslich sind. Mittels einer der Fixierung vorangehenden Behandlung der Leber mit derartigen Salzlösungen dürfte man also die Gallen- bestandteile innerhalb der Leberzellen und der Gallenkapillaren mehr oder weniger vollständig beibehalten können. Über Versuche in dieser Riehtung wird hier ein vorläufiger Bericht geliefert. Kleine Stücke einer Kaninchenleber werden in eine mit physio- 310 logischer Kochsalzlösung isotonische (d. h. ca.. 3proz.) Lösung von Bariumchlorid (BaCl,) für zwei Stunden gebracht, wonach sie in eine etwa 3proz. Lösung von Sublimat übergeführt werden, wo sie während vier Stunden bleiben können. Sodann werden sie für 24 Stunden in Aqua dest. während fleißigem Wechseln entwässert und dann mit steigendem Alkohol behandelt bis Alcohol. absolut., wo sie sechs Stunden mit dreimaligem Wechseln verweilen. Die Behandlung wird in Kälte durchgeführt, um etwaiger Lösung der Gallenbestand- Abb. 1. Mikrophotographie. Die Gallenkapillaren sind durch ein stark acido- philes Sekret prall gefüllt und infolgedessen deutlich verfolgbar. teile zu entgehen. Zuletzt Einbettung in Paraffin. — Die Stücke nehmen nach der Sublimatbehandlung eine grünliche Farbe an, wahrscheinlich durch Gallenfarbstoff bedingt, der durch dieselbe Be- handlung oxydiert worden war, wobei metallisches Quecksilber heraus- reduziert wurde und seitdem in den Präparaten beobachtet werden konnte als schwarze rundliche Körnchen. — Die endlich angefertigten Schnitte werden durch verschiedene Methoden gefärbt, wie durch Hämatoxylin-Eosin, Eisenalaunhämatoxylin, Säurefuchsin. An den Schnitten zeigt sich nun, daß die Gallenkapillaren durch eine hyaline, stark acidophile Materie prall ausgefüllt sind, die sich 311 besonders durch Säurefuchsin und Eisenalaunhämatoxylin intensiv färbt. Diese hyaline Substanz dürfte ohne Zweifel unlösliche Barium- salze der Gallensäuren darstellen. Die äußerst geringen Mengen von Fettsäuren, die auch in der Galle vorkommen können, werden gewiß auch durch Barium gefällt, können aber sicherlich eine nur neben- sächliche Rolle bei den fraglichen Reaktionen spielen. Früher hat man die Gallenkapillaren und besonders ihren Zu- sammenhang mit den Gallenkanälchen durch Injektion von Ductus choledochus her und durch die Gorcr’sche Chromsilbermethode nachgewiesen. Bei dieser letztgenannten Methode weiß man doch ebensowenig als bei anderen mit derselben Methode dargestellten Strukturen, welche präfor- mierten Bestandteile die Färbbarkeit bedingt haben. Bei der Bariumbehandlung dagegen ist die primäre Färb- barkeit der Leberstrukturen durchaus unverändert. Wenn die Gallensäuren in den Gallenkapillaren bei- behalten sind, so darf man a priori erwarten können, daß sie auch innerhalb der Leberzellen wiederzufinden seien. In der Tat ist auch : BE J ; Abb. 2. Die Leberzellen sind vergleichs- eine reichliche acidophile weise klein, mit feinkörnigem Protoplasma und einem gelben oder gelbbraunen Pigment, das Materie in den Zellen vor- in Häufchen angesammelt ist. handen (Abb. 1). Übrigens zeigen die Leberzellen ein wechselndes Aussehen. In den zentralen Teilen der Leberacini sind sie gewöhnlich voluminös, vakuolisiert und mit vergleichsweise kleinen Kernen versehen. Gegen die Periphe- rie der Lobuli sind die Zellen dagegen mehr protoplasmatisch und an acidophilen Granula reicher. Die Gallenkapillaren sind hier breiter, mit ihrem acidophilen Inhalte prall ausgefüllt (Abb. 2). Bei Färbung mit Säurefuchsin entsteht deshalb eine auffallende Zeichnung, mit den peripheren Teilen der Lobuli stark tingiert. Indessen zeigen die Zellen auch innerhalb eines engeren Abschnittes, besonders in den äußeren Teilen der Lobuli, untereinander ein wechselndes Aussehen, das wahrscheinlich in verschiedenen Funktionsstadien seine Er- 312 klärung zu finden hat. Gewisse Zellen sind nämlich vergleichsweise klein und zeigen ein feingranuliertes, an deutlichen acidophilen oder basophilen Granulationen armes, dichtes Protoplasma, haben aber einen relativ großen Kern. Ähnliche Zellen dürften solchen Zellen entsprechen, die ihr Sekret eben abgegeben haben (Abb. 2). Andere Zellen wieder sind voluminöser und zeigen eine netzförmige Struktur, die acidophile und basophile Körnchen trägt. Die diesen Zellen angehörigen Gallenkapillaren sind in der Regel leer und zu- sammengefallen (Abb. 3). In einer dritten Art Zellen endlich findet man in der Nähe der angehörigen Gallenkapillaren, die hier wohl aus- gefüllt sind, reichliche Granula, die wie der Inhalt der Gallenkapillaren | stark acidophil sind. Hier ist deutlicherweise eine Se- kretion vorhanden. Pigment kann man we- der in den ungefärbten noch in den gefärbten Gallen- kapillaren aufweisen. Das Gallenpigment wird wahr- scheinlich in gelöster Form als Bihrubinalkali eliminiert und mischt sich schon inner- halb der Leberzellen mit gal- lensäurigem Alkali. Wenn das Pigment sich aus dieser Mischung durch Bariumehlo- Abb. 3. Die Leberzellen sind vergleichsweise voluminös mit vakuolisiertem Protoplasma und einem körnigen Netzwerk, das ein bräunliches rıd fällen läßt, so wird die Pigment enthält. Die Gallenkapillären sind leer und zusammengefallen. Fällung sicherlich diffus und durch die Bariumsalze der Gallensäuren maskiert. — In den Zellen wird dagegen Pigment beobachtet, obwohl in wechselnder Menge und in verschiedener Orientierung. In den oben erwähnten kleinen dichten Zellen findet man an durch Hämatoxylin-Eosin gefärbten Präparaten größere oder kleinere Klümpchen eines gelben oder gelbbraunen Pigments (Abb. 2), die mit identischen Eigenschaften auch in den Endothelzellen der umgebenden Blutkapillaren (Sternzellen von KuPprrErs) wahrzunehmen sind (Abb. 4). Dieses Pigment darf wohl als eben aufgenommenes Blutpigment gedeutet werden. Es tritt auch bei den landläufigen Fixationsmethoden hervor; entspricht 313 also dem bisher beschriebenen Pigment. Aber auch innerhalb der voluminöseren Zellen tritt ein bräunliches, deutlich nachweisbares Pigment hervor, das in der netzförmigen Struktur mit acidophilen und basophilen Körnchen einhergeht (Abb. 3). Alkali hat auf dieses Pigment eingewirkt, teilweise vielleicht dasselbe gelöst; und es ver- schwindet deshalb bei Behandlung durch gewöhnliche Methoden. In den fraglichen Zellen ist es durch Bariumchlorid aus seiner Alkali- verbindung ausgefällt worden. An der dritten Art Leberzellen, die sich durch reichliche acidophile Körnchen auszeichnen, wird das Pigment von diesen letzteren maskiert, wie in den Gallenkapillären, und tritt deshalb auch sehr undeutlich oder gar nicht hervor. Die Gallengänge sind ganz leer. Sie sind nämlich allzu weit, um ihren dünnfließenden Inhalt zurück- halten zu können. Früher benutzte Fixationsmetho- den geben sehr unvollständige Bilder der Leberzellen, weil der überwiegende Teil ihres Sekretes ausgelöst wird. Mittels der oben erwähnten Barium- behandlung dagegen kann man leicht eine Komplettierung der Zellenbilder a Ge tarhantdaaakcnerselion bekommen. Das Sekret wird näm- ein Blutkapillar, dessen Endothel- lich in den Gallenkapillaren und in an Su nme alten, ; ; as identisch ist mit demjenigen der den Leberzellen konserviert. Die anliegenden Leberzellen. primäre Färbbarkeit wird vollständig beibehalten, wie gewöhnlich durch Sublimatbehandlung. Durch Iso- lierung des Sekrets in den Gallenkapillaren kann man die spezi- fische Färbbarkeit derselben kontrollieren, was ja unter allen Um- ständen wertvoll sein mag. Man wird auch in Zufall gesetzt, ver- schiedene Facen in der Gallenproduktion zu studieren, wobei man in geeigneter Weise drei solche Perioden unterscheiden kann, die doch selbstredend ineinander vielfach übergehen. In einer Face (Abb. 2) sind die Leberzellen klein, ihre Kerne aber groß. Ihr Protoplasma ist dicht, feinkörnig und ermangelt größerer Granula. In diesen Zellen kommt ein gelbes oder gelbbraunes, aus den Blut- kapillaren herstammendes Pigment vor, das oft größere oder kleinere Häufchen bildet. In einer zweiten Face sind die Zellen volu- minöser und vakuolisiert (Abb. 3); und zwischen den Vakuolen tritt ein körniges Netzwerk hervor, das acidophile und basophile Körn- 314 chen sowie auch bräunliche Pigmentkörner enthält. Die Kerne sind vergleichsweise klein, und die angehörigen Gallenkapillären sind in der Regel leer. In einer dritten Face endlich wird das Sekret in die Gallenkapillären entleert, die dadurch prall ausgefüllt werden (Abb. 1). Das Pigment wird in diesen letzteren, wie auch innerhalb der Zellen, durch die infolge der Behandlung mit Bariumchlorid gefällten Gallen- säuren maskiert. (Eingegangen am 15. Juni 1918.) Nachdruck verboten. Uber Kristalloide in Nervenzellen der menschlichen Netzhaut. Von WALTHER KoLMER. Mit 4 Abbildungen. (Aus dem Institut für Anatomie und Physiologie der k. k. Hochschule für Bodenkultur in Wien.) Gelegentlich der Durchmusterung einer Serie durch den Augen- fundus eines wegen eines beginnenden kleinen Melanosarkoms der Choreoidea exstirpierten menschlichen Bulbus fielen mir eigentümliche kristallstabchenformige Gebilde in den Zellen der inneren Körnerschicht der Netzhaut auf. Die Durchsicht einer Reihe von Serien durch andere, frisch und gut konservierte Bulbi mit gut erhaltenen normalen Netzhäuten ließ mich erkennen, daß es sich um einen Befund handelt, der konstant ist. Es ist nur dazu nötig, daß die Retina in möglichst günstiger Weise und recht frisch, womöglich lebenswarm, konserviert werde Am besten bewährte sich die Fixation in dem von mir em- pfohlenen Kaliumbichromat-Formol-Sublimat-Eisessiggemisch, aber auch andere Fixationen, wie etwa das von St, Györsy empfohlene Sublimat- Acetongemisch, aber auch gewöhnliche Formalinfixation, läßt die Gebilde erkennen, wenn auch die Zellen, die sie enthalten, meist stärker geschrumpft erscheinen. Bei Eisenhämatoxylinfärbung oder Toluidinblaufärbung finden wir in sehr vielen Zellen ausschließlich der äußersten Schicht der inneren Körner 5—18 p. lange, 1—2,5 y. dicke, an den Enden stumpf ab- gerundete Körper, welche rings von einem dünnen Mantel von Zell- protoplasma umschlungen sind. Gelegentlich zeigen sich mehrere der- artige Gebilde verschiedener Größe in einer Zelle, häufig parallel liegende aus 2—3 Elementen bestehende Bündelchen. Die größten 315 derartigen Elemente zeigen eine leichte zentrale Aufhellung, die an das Bild erinnert, das man an entkalkten kleinen Otolitenkristallen mancher Tiere wahrnimmt. Die Lage der Kristalle in der Zelle ist häufig horizontal, parallel zur Netzhautoberfläche, doch kommen auch alle möglichen anderen Arten von Lagerung vor. Die Zellen dieser äußersten Schicht der inneren Körnerschicht der Retina werden als die äußeren Horizontalzellen dieser Schicht bezeichnet und sind gewiß kleine ganglionäre Elemente. Die in den tieferen Schichten der inneren Körnerschicht gelegenen Zellen zeigen im allgemeinen ein geringer entwickeltes Protoplasma, wenn auch der Kern dieser Bipolaren oft relativ größer ist. Niemals habe ich in einer von diesen die genannten Kristalloide gefunden. Die Durch- sicht der Serien zeigte mir, daß das Vorkommen ee ee Abb. 1. AuBere Horizontalzelle eines erwachsenen Mannes mit Kristalloid im Radiärschnitt der inneren Körnerschicht. Zeiss-Apochr. 2 mm Ap. 1, 40 Comp. Abb. 1. Ok. 8, Vergr. ca. 1000. Abb. 2. Dasselbe mit zwei Kristalloiden, gleiche Optik. dieser Gebilde stets auf die periphere Netzhautpartie beschränkt ist, die Gegend der Macula, insbesondere die der Fovea, bleibt stets davon frei. Der ganze Charakter der geschilderten stäbchenartigen Gebilde stimmt vollkommen mit den von Remke in den Zwischenzellen des Hodens beschriebenen Kristalloiden überein. Bei letzteren wird allge- mein angegeben, daß sie als normale Bestandteile allerdings nur in den Geweben älterer Individuen sich finden. Dasselbe scheint auch für diese Kristalloide der Netzhaut, die, soweit mir bekannt ist, bisher nirgends in der Literatur der normalen Retina erwähnt wurden, zu gelten. Denn auch sie finden sich nur in den Augen erwachsener Individuen. Die von mir untersuchten Bulbi stammten von ca. 20, 30 und 40 Jahre alten Männern. Die mir zur Verfügung stehenden Augen Neugeborener zeigten keine Spur davon. Es werden die REINKE- 316 schen Kristalloide der Hodenzwischenzellen in verschiedener Weise gedeutet, zumeist aber als Eiweißkristalle aufgefaßt, und somit als eine Art von Reservesubstanz mit anderen im Protoplasma von Zellen ge- legenen Kristallen in Parallele gestellt. In den Zellen von Wirbel- tieren sind mir derartige Gebilde außer den von v. Exner beschrie- te REPLIES ng | Abb. 4. Abb. 3. Mikrophotogramm dreier Horizontalzellen mit Kristalloiden, gleiche Optik. Abb. 4. Mikrophotogramm eines Flächenschnittes aus der Retina eines anderen Auges. Kristalloide in 12 Horizontalzellen bei einer Einstellung zu sehen. Zeiss- Apochr. 4 mm Proj. Ok. 4. benen Eiweißkristallen in der Eizelle des Rehovariums im normalen Zustande nicht bekannt. Die von Browıcz beschriebenen Hämoglobin- kristalle in Leberzellen, sowie die in Ganglienzellkernen beschriebenen Kristalloide des Igels (von HopeE) dürften nicht mit ihnen zu ver- gleichen sein. Zahlreiche gut konservierte Netzhäute der verschie- 317 densten Säuger und anderer Wirbeltiere haben mir nichts Ähnliches gezeigt. Eine einzige Ausnahme macht die Retina des Schimpansen, die überlebend, vermittelst Durchspülung konserviert, mir das gleiche Bild in denselben Zellen ebenfalls nur an der Peripherie der Netzhaut aufwies. In leider weniger gut erhaltenen Netzhäuten des Orang und des Gibbon war mir der Nachweis der genannten Gebilde vorläufig nicht möglich, so daß ich nicht sagen kann, ob es sich um einen histologischen Gruppencharakter der Anthropoiden handelt, wie ich deren solche in den Zellen des Labyrinths, der Nebenniere und anderer Gewebe der Anthropoiden nachgewiesen zu haben glaube. Jedenfalls zeigten entsprechend gut konservierte Retinen mehrerer Affen, Macacus rhesus, M. sinicus, M. cynomolgus, keine Spur der genannten Gebilde. Es dürfte vorläufig kaum möglich sein, irgend eine Vermutung über den physiologischen Wert der Kristalloide zu äußern. Ihre Beschränkung auf die periphere Partie der Netzhaut legt den Gedanken an irgend eine spezifische Bedeutung immerhin nahe. Dafür spricht es auch, daß ja gerade in der Schicht dieser Zellen, wie man insbesondere auf Flachschnittserien durch die periphere Retina sieht, zwischen den manchmal fast ausnahmslos mit Kristalloiden versehenen Horizontal- zellen die dichteste Ausbreitung des Kapillarnetzes der Anthropoiden- netzhaut gelegen ist. Die Natur des von mir untersuchten Netzhaut- materials dürfte es gestatten, die geschilderten Kristalloide als einen häufigen Bestandteil normaler erwachsener Netzhäute anzusehen. Dafür spricht auch, daß ich in der Lage war, in der in Eruıckr’'scher Flüssigkeit konservierten Netzhaut einer erwachsenen Hingerichteten (durch die Liebenswürdigkeit Herrn Professor SCHAFFERS konnte ich diese Serie aus seinem Besitze durchsehen) den gleichen Befund zu erheben. Neuerdings gelang es mir auch, die Kristalloide an exente- rierten menschlichen Netzhäuten bei isolierter vitaler Methylenblau- färbung der äußeren Horizontalzellen leicht blau gefärbt aufzufinden. Wien, 20. Mai 1918. (Eingegangen am 23. Mai 1918.) 318 Nachdruck verboten. HERBERT VON BERENBERG-GOSSLER Y. Schwer liegt die Hand des Schicksals auf dem Freiburger ana- tomischen Institut. — Am 3. April 1915 starb der I. Assistent, Dr. Hans von Atten!); am 14. April 1917 wurde das erst wenige Jahre vorher umgebaute und wesentlich vergrößerte Institut durch eine feindliche Fliegerbombe in Schutt und Asche gelegt, und im Juli 1918 hat dasselbe durch den Tod von Dr. HERBERT von BERENBERG- (50ssLER für unser Vaterland schon wieder ein schweres Opfer bringen müssen. Ihm, dem lieben Freund und Kollegen, sollen diese Zeilen gewidmet sein. Dem bekannten alten Hamburger Geschlecht entstammend, ist von BERENBERG-GossLER am 24. April 1883 zu Niendorf bei Hamburg geboren. Nach Absolvierung des Abituriums studierte er in Genf, Freiburg i. Br., Berlin und in Kiel, woselbst er 1908 die medizinische Staatsprüfung bestand, welcher bald darauf die Promotion zum Doctor med. et phil. folgte. Seine Liebe zu den Naturwissenschaften, wie vor allem zur Zoologie, führte ihn 1909 nach Java, wo er sich auf das eifrigste mit dem Studium und Sammeln der dortigen Tierwelt befaßte. Im Jahre 1909 vermählte er sich mit ELisaBETH von MALLINCKRODT aus Cöln und trat 1910 als Assistent in das anat. Institut zu Frei- burg i. Br. ein, wo er sich 1912 habilitierte und 1914 zum Prosektor der vergleichen-anatomischen Abteilung aufriickte. Im Juni 1918 wurde mein Antrag, ihn zum Professor extraordinarius zu befördern, seitens der Fakultät und des Senats einstimmig gutgeheißen und an die Großh. Regierung in Karlsruhe weitergegeben. Die Ernennung er- folgte unter dem Datum des 24. Juli. Die Kunde davon hat ihn nicht mehr erreicht — ein tragisches Geschick! — Mit Dr. von BERENBERG-GoSSLER, dessen Arbeitsgebiet die allge- meine Entwickelungsgeschichte, sowie die feinsten histologischen Probleme, in deren Beherrschung er Meister war, umfaßte, hatte das Institut eine hervorragende Arbeitskraft gewonnen, die zu weiteren, glänzenden Hoffnungen berechtigte. Auf seine Publikationen über Trypanosomen und Malariaplasmodien von Affen im Jahre 1908 folgten Studien über Bau und Entwickelung des zusammengesetzten Magens der Schlankaffen (1911), worauf er sich dann seinem Lieblingsgebiet, der Struktur und dem feinsten Aufbau des Zellkernes, sowie den sog. primären Urgeschlechtszellen der Amnioten zuwandte. — Daß er sich aber neben aller anstrengendsten ärztlichen Tätigkeit auch im Felde noch mit wissenschaftlichen Problemen beschäftigte, erhellt aus einem seiner Briefe vom 4. Januar 1918. Darin schrieb er mir u. a. fol- sendes: „Was meinen Aufsatz über das Todesproblem betrifft, so habe 1) Siehe den Nachruf im Anat. Anz. 1915. 319 ich beschlossen, ihn bis zum Frieden ruhen zu lassen und ihn dann in erweiterter Form zu veröffentlichen. So wie er jetzt ist, trägt er der Literatur natürlich nicht genügend Rechnung. Eine Bearbeitung der hochwichtigen Frage nach modernen Gesichtspunkten ist sehr ver- lohnend. Ich arbeite hier noch möglichst daran, so daß er nach Friedens- schluß sehr bald wird erscheinen können.“ — Klingen diese Worte nicht wie eine Todesahnung? — Der Gedanke liegt rahe genug, und tiefe Wehmut beschleicht mich angesichts des finsteren Geschickes. das meinem lieben jungen Freund die Feder aus der Hand ge- wunden hat. Doch bevor ich in diesen Blättern von ihm Abschied nehme, möchte ich noch einmal auf seinen Lebensgang zurückkommen, soweit es sich dabei um seine militärischen Verpflichtungen handelt. Während seines Dienstes als Kavallerist zu Kassel erlitt er durch einen Sturz vom Pferde eine Handverletzung, so dab er als Vizewacht- meister (d. u.) vom Militär entlassen wurde. Gleichwohl aber meldete er sich am 14. August 1914 wieder freiwillig zum Dienste, ließ sich zum Sanitätskorps überschreiben, wurde Unterarzt und rückte dann später zum Assistenz- und Oberarzt d. L. I vor. Zuerst bei der Truppe, dann längere Zeit im Kriegslazarett im Ober-Elsaß, genoß er hier unter bewährter Leitung eine vorzügliche chirurgische Ausbildung und war dann längere Zeit im Osten tätig. Im Frühjahr 1918 auf den Kriegsschauplatz im Westen versetzt, machte er die große Offensive daselbst im Feldlazarett und in der Sanitätskompanie mit. Dabei entfaltete er, wie ich aus seinen Briefen ersehen konnte, eine große, ja geradezu aufreibende Tätigkeit, die seine Kräfte oft zu übersteigen drohte, allein er hielt tapfer aus, erfüllt von tiefstem Pflichtgefühl, ein deutscher Mann vom Scheitel bis zur Sohle. Am 22. Juli, gerade beschäftigt mit einer Operation im Feldlazarett zu Mont N. Dame im Vesle-Tal, wurde er das Opfer einer Fliegerbombe. Man erlasse mir zu schildern, wie es in meinem Innern aussah, als mir die Nachricht davon zuging. Ich konnte es nicht fassen und glauben, daß dieses blühende, junge Leben erloschen, daß alle die Hoffnungen, die sich daran knüpften, vernichtet und so jah abgeschnitten sein sollten. Dazu kamen dann noch die Erinnerungen an unsere gemeinsame Tätigkeit im Institut, an viele zusammen verlebte frohe Stunden im Kreise seiner und meiner Familie, an die Ausflüge mit den Straßburger und Heidelberger Kollegen in die Vogesen und in den Schwarzwald in den Sommertagen 1910—14. Und jetzt? — Welche Wandlung der Zeiten! — Am Abend des 23. Juli feierten wir noch inmitten zahlreicher Schüler und Freunde das Abschiedsfest des nach Straßburg berufenen, mit VON BERENBERG-GOSSLER in inniger Freundschaft verbundenen Kollegen KEIBEL. Jedem, dem es vergönnt war, jene Stunden mit zu verleben, werden sie unvergeßlich geblieben sein. Wenige Tage darauf brach der Orkan des Weltkrieges los und fegte auseinander, was festzustehen vermeinte kraft eigenen Könnens. 320 Noch einige Male, während der ersten beiden Kriegsjahre, hatte ich die Freude, von BERENBERG-GOSSLER, wenn er aus den Vogesen herüberkam, in Freiburg begrüßen zu können. Bei seinem letzten Besuch wurden Zukunftspläne geschmiedet und beschlossen, uns nach Friedensschluß in meinem Sommerheim am Bodensee zu treffen und, wie zu hoffen war, — per tot discrimina rerum — frohe Stunden mit- einander daselbst zu verleben. Es hat nicht sollen sein, ein unerbitt- liches Schicksal hat ihn von meiner Seite gerissen. Unvergessen aber wird bleiben, was mir der teuere Entschlafene gewesen ist, und dieselben Gedanken und Gefühle werden alle diejenigen bewegen, welche das Glück hatten, ihm auf seinem Lebenswege zu bepesrun Liebe und Segen begleiten sein Andenken. Schachen b. Lindau i. B., den 1. August 1918. R. WIEDERSHEIM. Berichtigung. S. 256 Nr. 9/10 d. Z. (Personalia) ist statt HoLLmann selbstverständlich KoLLmann zu lesen. Der Herausgeber hat diesen Druckfehler leider wegen eines längeren Augenleidens nicht gesehen. An die Herren Mitarbeiter. 1. Korrekturen von Satz und Abbildungen sind nicht an den Herausgeber, sondern erstere an die Druckerei, Herrn R. Wagner Sohn in Weimar, letztere an den Verlag zurückzusenden. 2. Seit dem Bande 24 werden nicht mehr ganze Sätze, sondern nur noch, wenn es den Herren Mitarbeitern unbedingt nötig erscheint, einzelne Worte durch den Druck (entweder gesperrt oder fett) hervorgehoben. Daß man wichtige Dinge ohne Hilfe des Sperrens durch die Stellung des betreffenden Wortes im Satze hervorheben kann, zeigt z. B. der ScHwALBE’sche Jahresbericht, in dem nicht gesperrt wird. Auch sind bekanntlich viele Leser geneigt, nur gesperrte Stellen zu lesen; das Fehlen solcher wird Anlaß geben, die ganze Arbeit zu lesen. 3. Polemik findet im Anatomischen Anzeiger nur Aufnahme, wenn sie rein sachlich ist, persönliche Polemik ist prinzipiell ausgeschlossen. Die Entscheidung über die bekanntlich schwer zu ziehende Grenze zwischen „sachlich“ und „persönlich“ behält sich der Herausgeber vor. 4. Die Verlagsbuchhandlung liefert bis zu 50 Sonder- abdrücken der Beiträge unentgeltlich, weitere Exemplare können, solange die Papierknappheit anhält, nicht hergestellt werden. 5. Nicht oder ungenügend frei gemachte Sendungen werden nicht angenommen. Der Herausgeber. ee am 16. August 1918. “Weimar — Druck von R. Wagner Sohn. ANATOMISCHER ANZEIGER Centralblatt für die gesamte wissenschaftliche Anatomie. Amtliches Organ der Anatomischen Gesellschaft. Herausgegeben von Prof. Dr. Karl von Bardeleben in Jena. Verlag von Gustav Fischer in Jena. Der „Anatomische Anzeiger“ erscheint zweimal im Monat in Einzelnummern oder einmal in Doppelnummer. Der Preis eines Bandes von 24 Nummern beträgt Mk. 20.—. Das Erscheinen der Bände ist unabhängig vom Kalenderjahr. 51. Bd. > 24. September 1918. x No. 13. Inpatt. Aufsätze. H. Stieve, Die Spermatogenese des Grottenolmes, Mit 11 Abbildungen. S. 321—349. Bücherbesprechungen. RıcHarD Hesse, S. 349. — Gustav FRANKE, S. 350. — ParLıpp Stöhr (+), 350—351. — L. AscHorr, S. 351. — Personalia. S. 352. An die Herren Mitarbeiter. S. 352. Aufsätze. Nachdruck verboten. Die Spermatogenese des Grottenolmes. Von H. STIEVE. Mit 11 Abbildungen. (Untersuchungen, ausgeführt mit Unterstützung aus der Samson-Stiftung der Kgl. Bayr. Akademie der Wissenschaften.) Wegen der beträchtlichen Größe seiner Zellelemente gehört der Grottenolm (Proteus anguineus) zu den beliebtesten Objekten für histologische und zelluläre Forschungen und ist aus diesem Grunde schon sehr häufig untersucht worden. Merkwürdigerweise haben je- doch gerade seine Geschlechtszellen bis in die letzte Zeit hinein nur sehr wenig Beachtung gefunden. Zwar wurde zweimal die Entwicke- lung der weiblichen Keimzellen bearbeitet, nämlich von V. SCHMIDT (1904) und in ziemlich eingehender Weise von JÖRGENSEN (1910), beiden Arbeiten liegt jedoch vollkommen unzureichendes Material zu- grunde, so daß nur ein kleiner Abschnitt der Eientwickelung als mehr oder weniger bekannt gelten kann. Zudem wurden die betreffenden Anat. Anz. Bd. 51. Aufsätze. 2l 322 Untersuchungen ausschließlich an Olmen ausgeführt, die längere Zeit in Gefangenschaft gehalten worden waren, und es bleibt deshalb der weiteren Forschung überlassen, an Hand von frischem Material nach- zuweisen, inwieweit die Befunde von SCHMIDT und JORGENSEN nor- male oder krankhafte Zellbilder schildern. War es doch diesen beiden Untersuchern noch unbekannt, daß durch das Gefangenleben an den Keimzellen schwerwiegende Rückbildungserscheinungen hervorgerufen werden (StievE 1913, 1918), die dann das gewonnene Ergebnis trüben und sicher zum großen Teil schuld an den Gegensätzen sind, die zahlreiche Untersuchungen der Ei- und Samenentwickelung bei verschiedenen Tierarten, oft sogar bei der nämlichen Spezies aufweisen. Die Spermatogenese des Olmes ist im Gegensatz zur Oogenese bis heute überhaupt noch niemals untersucht worden, nur HEIDENHAIN (1900) bringt einige kurze Angaben über die Zentralkapseln und Pseudochromosomen in den Samenzellen von Proteus, ohne aber näher auf die Samenentwickelung als solche einzugehen. Diese Tatsache mag ihre Begründung wohl darin finden, daß sich die Hientwicke- lung, da sie viel langsamer vor sich geht, über einen weit längeren Zeitabschnitt erstreckt als die Samenentwickelung. Wir finden dem- entsprechend fast in jedem Ovar, ganz gleichgültig zu welcher Jahres- zeit es konserviert wurde, verschiedene Stadien der Entwickelung vor, die sich zu einem größeren oder kleineren Abschnitt vereinigen lassen. Dagegen befindet sich der Hoden während der längsten Zeit des Jahres im Ruhezustand, und nur an während der Fortpflanzungsperiode gefangenen Tieren läßt sich ein größerer Abschnitt der Spermato- genese überblicken. Den Besitz solch günstigen Materiales voraus- gesetzt, erschien es deshalb wohl eine dankenswerte Aufgabe, gerade diesen Teil der Entwickelung des Olmes zu untersuchen, da die Größe der Zellelemente auch hier besonders übersichtliche Bilder und klare Verhältnisse in Aussicht stellte. Meine ursprüngliche Absicht bestand darin, die gesamte Ent- wickelung der Keimzellen von Proteus anguineus an frischem Mate- rial zu untersuchen, weshalb ich mich im Frübjahr 1914 für mehrere Wochen nach Adelsberg begab, um den Olm an seinen Wohnstätten selbst aufzusuchen und so sicherlich einwandfreies Material für meine Arbeiten zu erhalten. Über die Ergebnisse meiner Reise und die Beobachtungen, die ich über das Freileben und die Fortpflanzungs- tätigkeit des Olmes anstellen konnte, werde ich an anderer Stelle be- richten, desgleichen werde ich meine Untersuchungen über die Ent- 323 wickelung der Keimzellen ausführlich im Archiv für mikroskopische Anatomie mitteilen. Hier soll nur in kurzer Form, ohne weitgehende Berücksichtigung der einschlägigen Literatur, über die Befunde an den Samenzellen berichtet werden, die Veröffentlichung der Haupt- arbeit wird sich wohl bis nach Friedensschluß hinausziehen. Meine Untersuchungen wurden durch ein Stipendium aus der Samson-Stiftung der Kgl. Bayr. Akademie der Wissenschaften in München in weitgehendster Weise gefördert, wofür ich auch an dieser Stelle meinen verbindlichsten Dank aussprechen möchte. Desgleichen ist es mir eine angenehme Pflicht, meinem früheren Chef, dem Vor- stand der anatomischen Anstalt in München, Herrn Geheimrat RUcKERT, auch hier nochmals meinen aufrichtigsten Dank für die Anregung zu diesen Untersuchungen und vor allem für den jederzeit in liebens- würdigster Weise erteilten Rat auszusprechen. Im ganzen erstrecken sich meine Beobachtungen auf 27 männ- liche Olme, bei 22 von ihnen befanden sich die Hoden im Ruhe- zustand, bei den fünf übrigen, die in der Fortpflanzungsperiode ge- fangen wurden, fanden sich alle Stadien der Samenentwickelung bis zu reifen Spermatozoen. Das untersuchte Material ist also ein ver- hältnismäßig kleines. Wenn ich meine Arbeit trotzdem schon jetzt zum Abschluß gebracht habe, so geschieht es deshalb, weil ich meine Beobachtungen ohne jeden Zwang zu einer lückenlosen Reihe zu- sammenfügen konnte und außerdem unter den jetzt herrschenden Kriegsverhältnissen in absehbarer Zeit doch keine Gelegenheit haben werde, mir neues Material zu verschaffen. Was die Klarheit der gefundenen Bilder anbelangt, so recht- fertigten die untersuchten Zellen alle in sie gesetzten Hoffnungen. Nur die Feststellung der Zahlenverhältnisse der Chromosomen stieß auf recht beträchtliche Schwierigkeiten. Die Größe der einzelnen Zellen betrug bis zu 50 Mykra, und dank dieser Tatsache war es nicht möglich, die Samenzellen im ganzen, sondern nur auf Schnitten zu untersuchen. Zu Zählungszwecken mußte daher fast stets das Re- konstruktionsverfahren angewendet werden, eine äußerst mühsame Arbeit, die jedoch meistens zum Ziele führte und nur in seltenen Fällen Unklarheiten übrig ließ. Dagegen zeichnet sich der Olm in einem Punkte ganz besonders vor allen ähnlichen, wenigstens mir be- kannten Objekten aus, nämlich in der Anordnung der Zellen, die eine Unklarheit in der Seriierung der einzelnen Entwickelungsstadien nicht aufkommen läßt. Die Hoden stellen nämlich 3—4 cm lange, ref i 324 geradegestreckte, walzenförmige Gebilde dar, über die sich die „Ent- wickelungswelle‘* abwickelt. Bei geschlechtsreifen Tieren findet man im proximalen Teil des Hodens noch Spermatogonien, im distalen Teile reife Spermatozoen und dazwischen, gruppenweise in den Sper- matocysten beieinander liegend, alle Übergangsformen, welche die beiden Stadien miteinander verbinden. Man braucht also nur einen Längsschnitt durch den Hoden mittels des Kreuztisches in der Rich- tung von proximal nach distal unter dem Mikroskop zu verschieben und sieht die ganze Samenentwickelung in festgelegter Reihenfolge an sich vorübergehen. Irgendwelche Zweifel über die Seriierung sind deshalb, abgesehen vielleicht von der Zeit zwischen den beiden Rei- fungsteilungen, wo sich die Vorgänge in großer Schnelligkeit abwickeln, nicht möglich. Aus der Anzahl der vorgefundenen gleichen Stadien lassen sich auch unschwer Schlüsse auf die Zeitdauer der einzelnen Abschnitte des Entwickelungsprozesses ziehen. Als Fixierungsflüssigkeiten kamen in erster Linie konzentrierte Sublimatlösung mit oder ohne 5 proz. Zusatz von konzentrierter Essig- säure in Anwendung, mit ihnen erzielte ich die besten Ergebnisse. Gute Bilder lieferte auch Alkohol-Chloroform-Eisessig und Pikrinsäure- Sublimat; das letztere erschwert allerdings manche Färbungen, bzw. macht sie unmöglich. Als vollkommen ungeeignet erwiesen sich alle Gemische mit Osmiumsäure, so vor allem das FLEnmIn@’sche Gemisch, gleichgültig ob kalt oder warm, in schwacher oder starker Konzentration angewendet. Es stellt nur die Chromosomen während der Mitosen sehr klar und deutlich dar und ist deshalb zu Zählungszwecken ganz gut zu brauchen, alle feineren Strukturen des Protoplasmas und Kernes werden jedoch, besonders in den oberflächlichen Schichten, wie schon FLemMMinG selbst und besonders Mrves (1907) angibt, „durch Granu- lationen verdeckt“, bzw. nach meiner Ansicht einfach zerstört. Ich kann mich also der Anschauung JORGENSENS (1910), der im FLEMMING- schen Gemisch, stark und heiß angewendet, das beste Konservierungs- mittel für die Keimzellen des Olmes erblickt, nicht anschließen und glaube bestimmt, daß ein großer Teil seiner irrtümlichen Beobachtung auf die Anwendung dieses Konservierungsmittels zurückzuführen ist. Nach entsprechender Weiterbehandlung wurden die Stücke in Paraffin oder Celloidin eingebettet und in Schnittserien von 10 —15 u Dicke zerlegt. Dünnere Schnitte haben bei der Größe der Zellen keinen Wert und wurden nur für bestimmte Zwecke angefertigt. Von Färbungen kamen die verschiedensten progressiven und regressiven 325 Methoden zur Anwendung, außerdem die Zweifachfärbung mit Safranin- Lichtgriin, die Dreifachfärbung nach FLEMMING, die HEIDENHAIN’sche Hiimatoxylinmethode und die Dreifachfärbung nach EHRrLIcH-BIONDI- Herpennaix. Sie lieferten alle brauchbare Ergebnisse, Genaueres soll erst in der ausführlichen Arbeit mitgeteilt werden. Was die im folgenden angewandte Terminologie betrifft, so unter- scheide ich mit WALDEYER die drei Hauptabschnitte: Spermatophylo- genese, Spermatocytogenese und Spermatohistogenese. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem 3. Abschnitt, der Spermatohistogenese, und zwar in erster Linie mit dem Verhalten des Chromatins während dieser Epoche der Entwickelung. Wir teilen sie mit Herrwie ein in 1. das Vermehrungsstadium oder das Stadium der Spermatogonien, 2. das Wachstumsstadium oder das Stadium der Spermatocyten bis zur ersten Reifungsteilung und 3. das reife Stadium oder das Stadium der Präspermatiden bis zur zweiten Reifungsteilung und das Stadium der Spermatiden nach dieser. Auf die weitere Bezeichnung der kleineren Unterabteilungen, be- sonders während der Wachstumsperiode, komme ich an den einzelnen Stellen noch zu sprechen, ich möchte nur gleich hier bemerken, dab sich die Wachstumsperiode HERTwWIGS zwanglos in zwei Unterabschnitte zerlegen läßt, nämlich einen ersten, die eigentliche Wachstumsperiode, in welcher eine tatsächliche, beträchtliche Vergrößerung der Sperma- tocyten stattfindet, und in eine zweite, in welcher bei gleichbleibender Größe oder ganz unbedeutender Größenzunahme sich wichtige Ver- änderungen am Kerne abspielen, die Vorbereitung der chromatischen Substanz auf die erste Reifungsteilung. Die jüngsten Spermatogonien, die sich bei mehr als 11 cm langen Olmen noch nachweisen lassen, sind ziemlich kleine Zellen mit bläs- chenförmigem Kern von bald längsovaler, bald runder Gestalt. Sie liegen manchmal einzeln im Stroma des Hodens zerstreut und besitzen in diesem Falle nur einen kleinen, schmalen Protoplasmaleib, der sich in seiner Form den Lücken des Bindegewebes anschmiegt, meist aber findet man sie zu kleinen Nestern vereinigt beieinander liegen. Im letzteren Fall zeigt ihr Kern häufig dreieckige Gestalt, er enthält ein feines Liningerüst, an den Kreuzungsstellen der Lininfäden findet sich das Chromatin in groben Brocken abgelagert. Manchmal enthalten sie einen, seltener zwei echte Nucleolen, die sich in ihrem färberischen Verhalten deutlich von dem Chromatin unterscheiden lassen. Bei dem 326 eben geschilderten Zusammenlagern von Spermatogonien in Gruppen, die von Follikelzellen umgeben sind, den Spermatocysten, sind die Protoplasmagrenzen zwischen den einzelnen Zellen meist sehr un- deutlich, ja oft überhaupt nicht nachweisbar, und es macht demnach den Eindruck, als ob jede Spermatocyste in diesem Zustand ein Syn- cytium darstellt. Bei entsprechender Färbung ist das in der Sphäre gelegene Centriol stets gut nachweisbar. Das Protoplasma zeigt klare homogene Grundsubstanz, die von feinen Fäden sehr dicht durchsetzt ist. Der Kern dieser kleinsten Spermatogonien hat einen Durch- messer von ungefähr 12 j, die ganze Zelle einen solchen von 15—181/, p,, je nach ihrer Form. In der Folge vergrößern sich die Spermatogonien ziemlich be- trächtlich, und zwar betrifft dieses Wachstum gleichmäßig den Kern und das Protoplasma. Die histologische Struktur verändert sich während dieser Zeit nicht wesentlich. Bei FLemminG-Fixierung gehen haupt- sächlich an den Spermatogonien in diesem Stadium alle Einzelheiten, besonders der Kernstruktur verloren; dieser erscheint wie bei allen mit Osmiumsäure behandelten Objekten häufig nur mehr als homogene Masse, die sich bei Safranin-Lichtgrünfärbung hellgrün tingiert. Nur einzelne größere Chromatinbrocken bleiben in ihrer spezifischen Färb- barkeit erhalten und liegen als mehr oder weniger scharf umgrenzte Gebilde in der Kernmasse. Bei gut fixierten Objekten ist jedoch die oben beschriebene Kernstruktur stets deutlich nachweisbar. Wenn die Spermatogonien eine Größe von etwa 30 un Durchmesser, ihr Kern einen solchen von 26 u erreicht haben, beginnen sie sich zu teilen, und zwar stets auf indirektem Wege. Wie in den Hoden der meisten Amphibien, so finden sich auch in dem des Olmes, besonders außerhalb der Fortpflanzungszeit, also in Keimdrüsen, die sich im Ruhezustand befinden, stets zahlreiche sehr große Spermatogonien mit gelappten oder hantelförmigen, in seltenen Fällen auch ringförmigen Kernen, die unter Umständen Bilder zeigen können, welche an direkte Kernteilung erinnern. Über die Natur dieser Zellbilder ist schon sehr viel geschrieben und gestritten worden, ein Teil der Untersucher betrachtet sie als zugrunde gehende Zellen, ein anderer, unter ihnen besonders Mevzs (1897), erblickt in ihnen sich direkt teilende Gebilde. Auf Grund meiner am Olme erhobenen Befunde muß ich mich unbedingt der ersteren Auffassung anschließen, da sich bei Proteus der Untergang der Zellen bis zu den letzten Stadien deutlich verfolgen läßt. Es soll damit jedoch nicht gesagt 327 sein, daß dem Zerfall der Zelle nicht ein Zerfall des Kernes voraus- gehen kann, der eine gewisse Ähnlichkeit mit amitotischen Vorgängen besitzt. Hier näher auf diesen Punkt einzugehen, liegt jedoch nicht im Rahmen dieser Arbeit, es sei nur erwähnt, daß sich in allen Hoden zahlreiche derartiger untergehender Spermatogonien mit gelappten Kernen finden, besonders häufig aber bei Tieren unmittelbar nach der Fortpflanzungszeit, bei denen ja der ganze Hoden eine weitgehende Rückbildung erfährt. Bei ihnen findet man auch die meisten Zellen in den Endstadien des Zerfalles, der stets in eine völlige fettige De- generation ausklingt. Während des ganzen übrigen Jahres ist der Ausfall an Zellen ein nur sehr geringer, offenbar dauert der ganze Vorgang des Zerfalles sehr lange und kann sich über Monate hin erstrecken. Zum Ausgleich der durch den ständigen Untergang von Sperma- togonien gesetzten Lücken findet dauernd in allen Hoden während der Ruhezeit zwischen zwei Geschlechtsperioden eine geringe, gleich- mäßige Vermehrung der Spermatogonien durch direkte Teilung statt. Bei genügend langem Suchen trifft man nämlich stets, auch in Ruhe- hoden, alle Formen der Kernteilung bei den Spermatogonien an, als Zeichen der ständig stattfindenden Vermehrung dieser Gebilde. Ich lege auf diese Feststellung besonderen Wert, da sie ja einen indirekten Beweis für den regressiven Charakter der an direkte Zellteilungen erinnernden Kernformen bildet. Würde nämlich während des ganzen Jahres eine stetige Vermehrung der Spermatogonien sowohl durch direkte als auch durch indirekte Teilung erfolgen, so müßte der Hoden sich dauernd langsam zwar, aber doch gleichmäßig vergrößern. Dem ist aber nicht so, der Hoden behält seine gleiche Größe, da die stän- dige, durch direkte Teilungen hervorgerufene Vermehrung seiner Elemente durch das dauernde Zugrundegehen von Spermatogonien wieder ausgeglichen wird, so daß ihr Stand immer der gleiche bleibt. Die Spermatogonienteilungen vollziehen sich in der gewöhnlichen Weise, es kommt zur Ausbildung eines Monospirems, dieses zerfällt dann in 18 Segmente, die sich verkürzen, verdicken und zum Mutter- stern anordnen, wo sehr bald ihre Spaltung erfolgt. Die ganze Zelle hat in diesem Zustand einen Durchmesser von 40—50 yp, und es ge- lingt in der Polansicht der Spindel meist leicht, die auf einen, höch- stens zwei Schnitten verteilten Chromosomen zu zählen. Fast regel- mäßig waren 18 längsgespaltene Chromosomen nachweisbar, nur in Ausnahmefällen zählte ich 16—17, einmal 19, als Durchschnittszahl 328 muß ich aber die oben angegebene Zahl angeben, da sie weitaus am häufigsten vorkommt. Leider fehlte es mir an Material, um die Zahl der Chromosomen auch in körperlichen Mitosen festzustellen und so zu entscheiden, ob sie sich mit der der Geschlechtszellen deckt. Ich hoffe, diese Lücke noch später ausfüllen zu können, halte es aber für verfehlt, die Sper- matogonienteilungen einfach als „somatische Mitosen“ zu bezeichnen, wie dies einige Untersucher, zum Beispiel Jansens (1909), tun, sind ja doch eine ganze Anzahl von Fällen bekannt, in denen die Chromo- somenzahlen in den Körper- und Geschlechtszellen verschiedene sind. Die einzelnen Chromosomen einer Spermatogonie sind einander an Dicke ziemlich gleich, sie unterscheiden sich jedoch wesentlich durch ihre Länge und Gestalt voneinander, denn es finden sich bald kurze, plumpe Stäbchen, bald längere, teils gerade, teils haken- oder v-förmig gekrümmte Gebilde. Bei genügend sorgfältiger Beobachtung lassen sich in allen Zellen die gleichen Chromosomenformen nach- weisen, ein sicherer Beleg für die Individualität dieser Gebilde. Aus dem Mutterstern verteilen sich die Chromosomen in der be- kannten Art auf die beiden Tochterzellen und bilden sich dann wieder zu den Tochterkernen um. Pluripolare oder sonstwie ungewöhnliche Teilungsvorgänge kamen nicht zur Beobachtung. Die eben geschilderte Spermatogonienvermehrung findet, wie schon gesagt, während des ganzen Jahres gleichmäßig in allen Teilen des Hodens statt, sie betrifft nur besonders große Zellen mit großem Proto- plasmaleib und tritt stets nur vereinzelt, niemals herdweise auf. Die Tochterzellen wachsen langsam weiter, bis sie die Größe der Mutter- zellen erreicht haben, um sich dann selbst wieder zu teilen. Während des Wachstums zeigt der Kern stets die nämliche, oben beschriebene Struktur, sehr deutliches Lininnetz mit eingelagertem Chromatin. Das Endprodukt dieser Teilungen sind stets wieder Spermatogonien, keine Spermatocyten. Wie viele von ihnen aufeinander folgen, läßt sich nicht, auch nicht annäherungsweise feststellen. Zu Beginn der Geschlechtsperiode setzt dann eine allgemeine rasche Vermehrung der Spermatogonien ein, deren Endergebnis die Spermatocyten sind. Alle, oder wenigstens fast alle in einer Cyste beieinanderliegenden Spermatogonien teilen sich dann mehrmals rasch hintereinander und man findet nun ganze Nester von Teilungsfiguren, meist ziemlich im gleichen Zustand der Mitose beieinanderliegend. Diese Massenvermehrung beginnt an bestimmten Stellen des Hodens, 329 gewöhnlich nur an einem Pol, und breitet sich von da aus über das übrige Organ aus. Sie hat eine wesentliche Volumenzunahme des ganzen Hodens als unmittelbare Folge, die Spermatocysten verlängern sich in radiärer Richtung, in ihrer Wand treten weite, prall mit Blut gefüllte Gefäße auf, sie bilden alsdann keine Bläschen mehr, sondern lange, radiär gestellte Schläuche, durch deren Länge die nunmehrige beträchtliche Verdickung des ganzen Hodens bedingt ist. In ihrem Grunde, das heißt in den am meisten von der Oberfläche entfernten, gegen die Mitte zu gelegenen Partien finden sich stets noch einige Spermatogonien von dem früher geschilderten Bau, zum Teil in Rück- bildung begriffen, wie überhaupt die Zellen im Inneren des Hodens häufiger regressive Formen zeigen als an der Oberfläche. Der Vorgang dieser gehäuften Teilungen vollzieht sich im großen und ganzen in der gleichen Weise wie bei den vereinzelten Sperma- togonienteilungen im Ruhehoden. Das Chromatin verhält sich in beiden Fällen vollkommen gleich, es erfährt in der Zeit zwischen zwei Teilungen stets wieder eine entsprechende Vermehrung, so daß der in die Mitose eintretende Kern in jedem Fall ungefähr die gleiche Größe besitzt, nämlich einen mittleren Durchmesser von 18 —20 uy. Erst gegen das Ende der Vermehrungsperiode verringert sich die Kern- größe etwas. Anders verhält es sich mit dem Protoplasma. Es er- fährt nämlich in den Pausen zwischen zwei Teilungen keine ent- sprechende Vermehrung mehr, sondern verringert sich bei jeder Mitose in zunehmendem Maße. Dies kommt am deutlichsten im Stadium des Muttersternes zum Ausdruck, wo die chromatische Substanz ziemlich konzentriert und am übersichtlichsten verteilt ist. Man vergleiche dazu die beiden Abbildungen, 1 von einer Mitose während der Ruhe- periode und 2 von einer Mitose während der Vermehrungsperiode zu Beginn der Fortpflanzungszeit. Sie stammen aus einem und demselben Hoden, dessen kaudales Ende sich noch im Ruhezustand befand, während im kranialen die Vermehrung schon begonnen hatte, wie schon rein äußerlich an der kolbenförmigen Verdickung dieses Teiles zu erkennen war. Die Masse des Chromatins ist in beiden Fällen ungefähr die gleiche, die des Protoplasmas aber im zweiten Fali wesentlich geringer als im ersten. Der Durchmesser der Zelle beträgt 42 bzw. 31 u, der Größenunterschied betrifft dabei nur das Protoplasma. Während der Vermehrungsperiode verschiebt sich also die Kern- plasmarelation nachweisbar zugunsten des Kernes, die jüngsten Spermatocyten, die aus diesen Teilungen hervorgehen, stellen demnach 330 Zellen mit großem Kern von etwa 15 u Durchmesser dar, während ihr Protoplasmaleib klein ist, die ganze Zelle besitzt einen Durchmesser von nur 17—19 yp. Der Kern erscheint wieder bläschenförmig und weist eine feinste, anscheinend netzige Struktur auf, an den Kreuzungs- stellen der Netzfäden finden sich klumpige Chromatinverdickungen. Mit vollkommener Sicherheit läßt sich jedoch die netzige Struktur des Gefüges nicht nachweisen, es erscheint vielmehr eher als feiner, oft- mals geschlungener und gewundener Faden, der sich selbst häufig überkreuzt und an den Überkreuzungsstellen leichte Verdickungen aufweist. Freie Enden des Fadens finden sich niemals, manchmal ein isoliert im Kerne liegender Nucleolus. Während des nun folgenden Wachstums der Spermatocyten zeigt der Kern zunächst den nämlichen eben geschilderten Bau, mit der Abb. 1. Abb. 2. Alle Abbildungen sind mit dem Aggr schen Zeichenapparat entworfen, Zeichentisch in der Höhe des Objekttisches. Vergr. Zeiss, Hom. Immers. 2 mm, Compens.-Ok. 8. zunehmenden Größe wird aber die fädige Struktur des Gerüstes immer klarer und nach und nach, das heißt sobald die Zelle etwa 25 p, der Kern etwa 18 » Durchmesser erlangt hat, besteht das Chromatingerüst zweifellos nur mehr aus einem feinen Faden, der oftmals, ohne jede erkennbare Richtung und Regel gewunden, den ganzen Kern gleich- mäßig durchsetzt (Abb. 3). Dieses Monospirem erscheint nicht gleich- mäßig dick, sondern an vielen Stellen spindelförmig aufgetrieben, offenbar die Überreste der Verdickungen an den früheren Kreuzungs- stellen. Manchmal kann man beobachten, daß zwei Abschnitte des Fadens zufällig auf eine kurze Strecke hin parallel gelagert sind, es handelt sich dabei jedoch stets um bedeutungslose Lagerungsver- hältnisse, wie sie sich bei einem so verwickelten, auf so kleinen al Raum beschränkten Gebilde hie und da ergeben müssen. Irgend- welche Anhaltspunkte für eine parallele Konjugation größerer Faden- abschnitte fand ich niemals. Das Centriol ist noch ungeteilt, erfährt aber in der Folgezeit seine Zweiteilung. Bis zu diesem Zeitpunkt liegen die Windungen des Spirems im Kerne zwar gleichmäßig ver- teilt, jedoch vollkommen richtungslos. Wenn der Kern einen Durchmesser von ungefähr 20 p. besitzt, ist sein Wachstum beendet. Die ganze Zelle hat jetzt etwa 26—28 y. Durchmesser, das gleich nach Beendigung der Spermatogonienteilungen bestehende Mißverhältnis ist jetzt verschwunden, die Kernplasmarelation hat sich demnach während der eigentlichen Wachstumsperiode der Spermatocyten wieder zugunsten des Protoplasmas ausgeglichen. Die Form der Zellen, die ja im großen und ganzen sehr verschieden ist Abb. 3. Abb. 4. und sich ganz dem Druck der anlagernden Gebilde anpaft, hat sich jetzt meist zu einer kegelförmigen umgewandelt. Der Kern selbst ist kugelrund, aber der umgebende Protoplasmasaum ist nach der einen Seite zu etwas spitz ausgezogen, und in diesem Teil findet sich immer die Sphäre mit dem zweigeteilten Centriol. Im weiteren Verlaufe der Entwickelung beginnt sich das bis dahin regellos im ganzen Kern verteilte Monospirem zu verkürzen und zu verdicken und gleichzeitig in bestimmt gerichtete Windungen zu legen, die alle auf das Centriol zu orientiert sind. Am besten läßt sich dieser Vorgang natürlich an solchen Zellen beobachten, bei denen die Sphäre in der Schnittebene liegt. Man sieht zuerst nur in dem diesem Gebilde zunächstliegenden Teile des Kernes die Fadenschleifen parallel verlaufen, in den übrigen Kernteilen aber noch wirr durcheinander liegen, ohne sich dabei zu berühren (Abb. 4). Nach und nach, mit zunehmender Verkürzung und Verdickung ordnet sich dann der ganze 332 Faden in der eben geschilderten Weise an, daß nämlich seine einzelnen Schleifen, der Krümmung der Kernoberfläche mehr oder weniger folgend, in der Richtung gegen das Centriol zu verlaufen, an der diesem Gebilde gegenüberliegenden Stelle der Wand scharf umbiegen und in den Kernraum zurückkehren. Der Faden ist also jetzt regel- mäßig gewunden, wie etwa der Faden eines um einen dicken Stab gewickelten Knäuels, bei dem ja auch alle Turen in der gleichen Richtung verlaufen, nur mit dem Unterschied, daß in den hier be- schriebenen Zellen die Umbiegung der Fadenturen an der dem Cen- triol zu gelegenen Seite schärfer, sozusagen spitzwinkelig erfolgt, an dem gegenüberliegenden Pol aber in weiterem Bogen, also langsamer (Abb. 5). Denken wir uns an der der Sphäre zunächst gelegenen Stelle des Kernes eine Tangentialebene angelegt, so verlaufen jetzt die Schlingen des Fadens nur mehr in Ebenen, welche auf dieser Tangentialebene senkrecht stehen und sich im Kern in der Mittelsenkrechten auf die Tangentialebene schneiden. Dadurch kommt die Orientierung des Fadens zustande. Ein Zerfall in einzelne Chromosomen findet dabei nicht statt, wie sich auf dünnen Schnitten, die entsprechend durch den Kern gelegt sind, Na deutlich erkennen läßt. Auf Schnitten quer zur Verlaufsrichtung der Fadenschleifen gelingt es jetzt in der Nähe des der Sphäre zu gelegenen Kernpoles leicht, die einzelnen Schleifen zu zählen, es finden sich stets 36 Querschnitte, der Faden verläuft also in 18 Turen durch den ganzen Kern. Die einzelnen Turen sind untereinander von sehr ver- schiedener Länge, sie berühren die deutlich sichtbare Kernmembran alle an der dem Centriol gegenüber gelegenen Stelle, wo ja auch ihre scharfe Umbiegung erfolgt. Die andere Seite der Schleife, der Bogen, berührt die gegenüberliegende Seite der Kernmembran nicht immer, sie reicht manchmal nur bis zur Mitte des Kernes. Offenbar entspricht jede Schleifentur dieses lockeren Knäuels einem Chromosom und kommt die verschiedene Größe dieser Gebilde in der verschiedenen Länge der Schleifen zum Ausdruck, deren Zahl ja mit der Normalzahl der Chromosomen übereinstimmt. Ein Nucleolus oder eine konzentrierte Chromatinansammlung an einer bestimmten Stelle des Kernes ist jetzt nie mehr nachweisbar. Die Spermatocyten befinden sich jetzt in dem Stadium, das schon 333 bei zahlreichen Objekten in mehr oder weniger gut ausgebildetem Zustand beobachtet wurde und ziemlich allgemein als Bukettstadium bezeichnet wird. Dieser Ausdruck gibt zu Mißverständnissen Anlaß, denn ganz abgesehen davon, daß kein Blumenbukett auch nur annähernd so aussieht wie ein Kern in diesem Zustand, geht die Bezeichnung von der irrigen Annahme aus, daß ein Zerfall des Fadens in einzelne Chromosomen schon stattgefunden hat, und daß diese Chromosomen bogenförmig gekrümmt und mit ihren beiden freien Enden gegen eine Seite des Kernes zu orientiert sind. Freie Enden der Chromosomen können bei ungünstiger Schnittrichtung vorgetäuscht werden; bei unserem für diese Untersuchungen besonders günstigen Objekt läßt sich jedoch, wie schon erwähnt, unschwer an entsprechenden Schnitten die Kontinuität des Knäuels zeigen, also der Nachweis erbringen, daß der Zerfall in einzelne Chromosomen noch nicht erfolgt ist. Ich schlage für dieses Zellstadium die Bezeichnung „polar gerichteter Knäuel“ vor, durch sie wird die Zellform viel besser gekennzeichnet als durch den Ausdruck Bukettstadium. Es sei hier nochmals darauf hingewiesen, daß ein „Sich-nähern“ und darauf folgende Konjugation von Teilen des Fadens vor und während des eben geschilderten Stadiums, wie es besonders von WINIWARTER und Saımoxt (1912) beschreiben, nicht stattfindet, die einzelnen Teile des Knäuels bleiben stets selbständig und vollkommen isoliert. Offen- bar macht in diesem Stadium die Sphäre schon ihren Einfluß auf die chromatische Substanz geltend, was deutlich in der Tatsache zum Ausdruck kommt, daß alle Schlingen des Knäuels gegen sie zu verlaufen und an der ihr gegenüberliegenden Stelle an die Kernmembran an- stoßen. Diese ist jedoch vollkommen intakt, irgendwelche Fasern, welche sie durchsetzen und so einen Zug auf die Chromosomen aus- üben könnten, sind nicht nachweisbar. Dafür aber, daß trotz der fehlenden nachweisbaren Verbindung die Anordnung des Fadens unter dem Einfluß der Sphäre geschieht, spricht außer dem bezeichneten Lageverhältnis auch der Umstand, daß die Parallellagerung der Schleifen stets in dem der Sphäre zugewendeten Teile des Kernes beginnt und sich erst von dieser Stelle aus ausbreitet. Was die viel umstrittene Zellform der Synapsis betrifft, die ja gewöhnlich in diesen Zeitpunkt der Entwickelung gelegt wird, so will ich mich hier nur kurz fassen. Ich konnte sie bei Proteus in ganz vereinzelten Fällen sowohl vor, als auch während, als auch nach der polaren Orientierung des Knäuels beobachten. Meine Ansicht über 334 diese Bildung habe ich am anderen Orte niedergelegt [1918+)] und möchte hier nur bemerken, daß ich sie für kein normales Stadium der Ei- bzw. Samenentwickelung halte, jedoch auch nicht schlechtweg für ein Erzeugnis der ungeeigneten Fixierung, sondern für den Aus- druck der beginnenden Zelldegeneration, der hier wie so oft durch eine Verklumpung der chromatischen Substanz eingeleitet wird. Dem Pathologen sind ja derartige Degenerationserscheinungen der Zellen, die sich in Zusammenballung mit nachfolgendem Zerfall des Chromatins äußern, schon längst bekannt. Während sich der Chromatinkräuel in der oben geschilderten Art und Weise polar orientiert, gehen an ihm selbst noch wichtige Veränderungen vor. Der Faden verkürzt und verdickt sich, wie schon erwähnt, er erscheint jedoch nicht in allen seinen Teilen gleichmäßig dick, sondern zeigt jetzt perlschnurartiges Aussehen, scheint also aus einer großen Anzahl kleinster, aneinander gereihter Körnchen zu bestehen. Diese nehmen nach und nach die Gestalt feiner Stäbchen an, die mit ihrer Längsachse senkrecht zur Verlaufsrichtung des Fadens, also quer stehen und mit ihren freien Enden in den Kernsaft ragen. Nach und nach verlängern sich diese freien Enden und werden gleichzeitig dünner und schlechter färbbar, während die Mittelpartie der Stäbchen ihre ursprüngliche Dicke bewahrt. Der Knäuel wird dann durch einen Achsenfaden von perlschnurartigem Bau gebildet, von dem aus feine Seitenausläufer ausstrahlen. Die ganze Bildung erinnert jetzt, auch was ihre Entstehungsweise betrifft, stark an die zuerst von Rückerr (1892) bei Selachiereiern beschriebenen Lampen- zylinderputzerformen der Chromosomen, nur daß bei diesen die seit- lichen Ausläufer wesentlich länger sind als in den Spermatocyten von Proteus. Gemeinsam mit der dort beschriebenen Kernform haben sie aber vor allem auch die Eigenschaft, daß das Chromatin sich während der Zeit des Entstehens der seitlichen Fortsätze nicht mehr so gut mit spezifischen Farbstoffen darstellen läßt wie vorher und nachher. Offenbar haben diese Bildungen in erster Linie mit der Vergrößerung und dem Wachstum des Protoplasmas und vor allem mit der Anhäufung des Dotters zu tun und kommen deshalb bei den Spermatocyten nicht zu der schönen Entwickelung wie bei den Oocyten. Die seitlichen Ausläufer verschwinden vielmehr ziemlich rasch nach ihrem Erscheinen wieder, ohne eine größere Länge erreicht zu haben, das Tropho- 1) Erscheint im Arch. f. mikr. Anat., ist zurzeit noch im Druck. 339 chromatin geht also zugrunde und der Faden besteht nun nur mehr aus Idiochromatin, also der fiir die Vererbung wichtigen Substanz. Die zentrale Körnerreihe bleibt dabei bestehen und ihre einzelnen Elemente verschmelzen wieder mehr miteinander, so daß das perlschnur- artige Aussehen nicht mehr so deutlich zutage tritt. Während der zuletzt geschilderten Vorgänge verwischt sich jedoch die scharfe Orientierung des Spiremes gegen das Centriol zu mehr und mehr, die Fadenschleifen liegen wieder mehr ungeordnet und überkreuzen sich häufiger, ohne sich jedoch jemals zu berühren. Nunmehr spaltet sich der Faden in der Längsrichtung in zwei Tochter- fäden, die sich aber nicht voneinander entfernen, sondern in geringem Abstand parallel zueinander liegen bleiben, jede Windung und Drehung gemeinsam ausführend. Gleichzeitig! oder unmittelbar danach erfolgt auch die Querteilung des Fadens in die einzelnen Chromosomen bzw. Chromosomenpaare. Die Längsteilung vollzieht sich nicht am ganzen Faden gleich- zeitig, sondern zuerst nur an einzelnen Stellen, hier weichen die Spalt- hälften deutlich auseinander, um sich nach kürzerem getrennten Ver- lauf wieder zu vereinigen, dann wieder auseinander zu weichen und so fort. Erst in späteren Stadien ist die Längsteilung des Fadens in allen seinen Abschnitten eine vollständige. Die beiden Hälften bleiben jedoch dauernd dicht beieinander liegen und beweisen dadurch stets ihre Entstehungsweise, sie stellen dünne Tochterfäden dar, die an ein- ' zelnen Stellen, besonders wenn sie ihre Verlaufsrichtung ändern, leicht kolbige Verdickungen zeigen. Während sich diese Längsteilung vollzieht, erfolgt, wie schon er- wähnt, auch eine Querteilung des Fadens in einzelne Segmente. An- fangs ist diese lediglich daran zu erkennen, daß in dem nunmehr wieder vollständig ungeordnet verlaufenden Knäuel des doppelten Fadens vereinzelte freie Enden sichtbar sind. Die Fadenteile lassen sich an günstigen Stellen auf lange Strecken hin verfolgen, sie sind von sehr verschiedener Größe, ihre Länge läßt sich jedoch in diesem Stadium ebenso wie ihre Zahl nicht mit Sicherheit ermitteln. Nach und nach aber kommt wieder mehr Übersichtlichkeit in das Kernbild, das seit dem Verschwinden der polaren Orientierung und dem Abschmelzen der seitlichen Ausläufer etwas an Klarheit ver- loren hat. Die Fadensegmente verkürzen und verdicken sich wieder, durch die ziemlich beträchtliche Verringerung der Länge werden die Krümmungen und Biegungen zum Teil ausgeglichen, das Chromatin 336 konzentriert sich offenbar stärker und nimmt dadurch im Vergleich zum Kernsaft einen kleineren Raum ein als ehedem. Man erkennt nun deutlich die einzelnen Fadenpaare als Gebilde von sehr ver- schiedener Länge, deren beide Spalthälften sich in der schon oft bei verschiedenen Objekten geschilderten Art und Weise mehrfach um- einander drehen und winden und dabei häufig überkreuzen. An günstigen Stellen kann man schon jetzt feststellen, daß jedes Faden- paar durch einen Querspalt in zwei Tochterpaare geteilt ist, daß also eigentlich jedes einzelne Fadenpaar aus zwei Paaren besteht, die sich mit den Enden berühren, jedoch untereinander von ganz verschiedener Länge sein können. Der Querspalt, der die beiden Hälften trennt, ist bald feiner, bald deutlicher, er kann besonders bei mit FLEmmine- schem Gemisch fixierten Kernen ein bis zwei Chromosomenbreiten betragen, also recht beträchtlich sein, und häufig erscheinen gerade an der Stelle des Querspaltes die beiden Fadenpaare gebogen, ja selbst ziemlich stark winkelig gegeneinander geknickt, so daß es manchmal schwer fällt, die Zusammengehörigkeit der beiden Teilhälften festzu- stellen. Alle Fadenpaare sind untereinander durch feine Lininbrücken verbunden, die Kernmembran ist deutlich vorhanden, ein Nucleolus oder ähnliche Gebilde finden sich jetzt nicht mehr. Die Masse des Chromatins konzentriert sich nun noch weiterhin, nimmt vielleicht auch etwas an Menge zu, die Spalthälften der um- einander geschlungenen Fadenpaare verdicken sich beträchtlich, ver- kürzen sich aber im gleichen Maße, und dadurch nimmt die Zahl der gegenseitigen Überkreuzungen ab. Immerhin erblickt man auch jetzt noch häufig Fadenpaare, deren Spalthälften drei- bis viermal um- einander geschlungen sind. Die Lininbrücken, welche die einzelnen Chromosomen miteinander verbinden, sind deutlich darstellbar, sehr klar ist jetzt auch meist der oben beschriebene Querspalt zu erkennen, der auch jetzt noch so breit ist, daß die Erkennung der zusammen- gehörigen Teilhälften große Schwierigkeiten bereiten kann. Bei mit Sublimateisessig und besonders mit Carnoyschem Gemisch fixierten Zellen erblickt man dagegen sehr häufig wieder Fadenpaare, die trotz ihrer großen Länge keinen deutlichen Querspalt erkennen lassen, ob- wohl sie sicher aus zwei endweise vereinigten Fadenpaaren bestehen, wie ihre isolierte Lagerung, die keinerlei Zugehörigkeit zu einem anderen Fadenpaar erkennen läßt, deutlich beweist. Am. klarsten liegen nunmehr die Verhältnisse in solchen Zellen, die mit FLENMING- schem Gemisch fixiert sind, hier sind die stark geschrumpften Chromo- 337 somen im scheinbar strukturlosen Kernsaft zerstreut, der Querspalt ist meist gut zu sehen, und es gelingt mittels des Rekonstruktions- verfahrens fast stets, die Zahl der Fadenpaare genau zu bestimmen, sie beträgt 18, entspricht also der Normalzahl der Chromosomen. Von diesen 18 Paaren gehören jedoch immer je zwei zueinander, sie ver- einigen sich früher oder später durch endweise Aneinanderlagerung und tun auch schon vorher durch ihre Lage fast stets in unzweifel- hafter Weise ihre Zusammengehörigkeit kund. Der Faden des lockeren Knäuels hat sich also nach seiner Längsspaltung durch Querteilung in 18 Segmente geschieden, von denen je zwei, in der gleichen Weise wie im Knäuel selbst sich mit ihren Enden berührend oder fast be- rührend, beieinander liegen. Es kommt also zur Ausbildung richtiger Vierergruppen, wie sie ja in der Spermatogenese und Oogenese be- sonders der wirbellosen Tiere schon häufig beschrieben wurden, nur liegen die beiden durch Längsspalt getrennten Hälften der Tetraden nicht parallel nebeneinander, sondern sind mehrfach umeinander ge- wunden. In vereinzelten Fällen trifft man allerdings auch auf Zellen, in welchen einzelne von den die Tetraden bildenden Fadenpaaren sehr weit voneinander liegen und anscheinend keine Zusammengehörigkeit zeigen. Offenbar handelt es sich bei ihnen um Fälle, in welchen die endweise Konjugation der Chromosomen erst verspätet eintritt. Über die Entstehung der Vierergruppen bei Proteus kann nach allem vorher Gesagten kein Zweifel bestehen, sie setzen sich aus je zwei längs- gespaltenen, endweise vereinigten Chromosomen zusammen. Nach und nach verkürzen und verdicken sich dann die Chro- matinmassen immer mehr, die Zahl der gegenseitigen Umschlingungen nimmt dabei stetig ab, bis schließlich jedes Fadenpaar sich nur mehr ein- oder zweimal, höchstens dreimal überkreuzt und dadurch die bekannten x-, ösen- oder S-förmigen Figuren bildet. Während dieses Vorganges verschmälert sich auch der Querspalt zwischen den beiden zusammengehörigen Paaren, ja er kann so klein werden, daß die beiden Querhälften der Tetraden vollkommen miteinander ver- schmolzen erscheinen, während der Längsspalt nie völlig verschwindet. Nunmehr fallen besonders die Größenunterschiede der beiden Quer- hälften in die Augen. Bis zu diesem Zeitpunkt hat der Kern und Protoplasmaleib noch in ganz geringem Maße an Größe zugenommen, der Durchmesser des ersteren beträgt nunmehr 22—24 y, der der ganzen Spermatocyte 30—32 yp, allerdings bestehen hier wie beim Olm überhaupt sehr beträchtliche Unterschiede in der Zellgröße, selbst bei Anat. Anz, Bd. 51. Aufsätze, 22 338 zwei gleichen Stadien des nämlichen Tieres, eine Erscheinung, auf die schon JÖRGENSEN (1910) bei der Oogenese von Proteus hinweist. Die Kernmembran ist noch gut und deutlich darstellbar, ebenso bei ge- eigneter Fixierung auch die Lininfäden, welche die Chromosomen- paare miteinander verbinden. Das Protoplasma zeigt netzige Struktur, das gespaltene Centriol liegt in der Sphäre, die noch kreisrund er- scheint, Spindelstrahlen sind noch nicht erkennbar. In der Folgezeit verschwindet jedoch bald die Kernmembran, die beiden Tochtercentriolen weichen auseinander und es kommt zur Aus- bildung der Spindel. Gleichzeitig legen sich die zusammengehörigen Chromosomenpaare endweise ganz fest aneinander, die Stelle der Ver- einigung ist durch keinen Querspalt mehr gekennzeichnet, sie ist je- doch stets noch gut erkenntlich, da die beiden Teilhälften an diesem Punkte winkelig gegeneinander geknickt sind (Abb..6). Durch die stetige Ver- kürzung der Chromosomen gleicht sich danr auch die paarweise Verschlingung aus und man erblickt schließlich nur mehr einen deutlichen Längsspalt zwischen den beiden Längshälften. Nach einer anfäng- RR lichen Verteilung in der ganzen Zelle er rücken die Tetraden in der Mitte des Abb. 6. Zelleibes zusanımen, um sich dann unter dem Einflusse der sich an ihnen an- heftenden Spindelfasern in der Äquatorialplatte anzuordnen. Nun- mehr läßt sich die Zahl der vorhandenen Chromatingebilde meist unschwer und auch ohne Rekonstruktion vollkommen sicher er- mitteln, sie beträgt stets 9, ist also gleich der halben Normal- zahl der Chromosomen. Da jede dieser Tetraden aus zwei längs- gespaltenen Chromosomen besteht, so treten also in die erste Reifungs- teilung 18 längshalbierte Chromosomen ein, ein Vorgang, der sich von dem gleichen bei einer Oogonienteilung nur durch die endweise Vereinigung je zweier Chromosomenpaare unterscheidet Ich habe diese Zalılenverhältnisse an einer großen Anzahl von Zellen mit der wünschenswertesten Sicherheit feststellen können, nur in Ausnahme- fällen kam ich zu anderen Ergebnissen, es fanden sich dann selten weniger, meist mehr Chromatingebilde. In diesen Fällen lagen jedoch die Verhältnisse niemals ganz klar, so daß nicht mit voller Sicherheit entschieden werden konnte, ob nicht vielleicht die beiden zusammen- 339 gehörigen Hälften einer Tetrade noch weit auseinander lagen und sich später doch noch vereinigt hätten. Mit der Möglichkeit eines solchen Vorkommens muß man aber bei Proteus stets rechnen, da selbst nach völliger Ausbildung der Spindel oft noch vereinzelte, meist äußerst kurze Chromosomenpaare außerhalb der Strahlenfigur in der Zelle liegen. Das Einrücken der Vierergruppen in den Aquator der ersten Richtungsspindel erfolgt stets in der Art und Weise, daß sich der Längsspalt in die Äquatorialebene einstellt, der Querspalt aber senk- recht zu ihr, also in der Richtung der Spindelfasern. Dabei ist die winkelige Knickung der beiden Hälften der Tetraden besonders deut- lich zu beobachten. Sie läßt in bezug auf ihre Anordnung eine Ge- setzmäßigkeit erkennen, indem nämlich der spitze Winkel, in welchem die beiden Querhälften vereinigt sind, stets gegen die Kernmitte zeigt, die freien divergierenden Enden aber gegen die Oberfläche zu gerichtet sind. Das Auseinanderrücken der beiden Spalthälften erfolgt dann in der Art und Weise, daß die metasyndetisch vereinigten Enden der Chromosomen aneinander geheftet bleiben, die winke- lige Knickung um diesen Punkt wird stärker und stärker und schließlich geht sie in eine hufeisenförmige Bie- gung über, so daß im Tochterstern die beiden Chromosomenhälften parallel zueinander gelagert sind (Abb. 7). Es hat fast den Anschein, als ob die Strahlen der Spindel sich nur an den vereinigten Enden der Tetradenteile anheften und dann die Spalthälften, die untereinander fest vereinigt sind, nach beiden Seiten auseinander ziehen. Als Folge dieses Vorganges ergeben sich in der Seitenansicht der Spindel anfangs querrautenförmige, dann längsrauten- förmige und schließlich längsgespaltene Bilder. Am besten läßt sich der ganze Vorgang an Hand der beifolgenden Textabbildungen (Nr. 8, a—h) erörtern, welche das Verhalten je einer Tetrade während der ersten Reifungsteilung vorstellt, so wie es sich an besonders günstigen Zellen zeigt. Bei a liegen die beiden Teile der Tetrade noch durch einen breiten Querspalt voneinander getrennt, als längsgespaltene Fäden, deren Spalthälften mehrfach umeinander gewunden sind, bei b hat eine wesentliche Verkürzung und Verdickung stattgefunden, die beiden 22* Abb. 7. 340 Hälften haben sich endweise aneinander gelegt und zeigen deutlich die winkelige Knickung am Vereinigungspunkt. c zeigt die Anord- nung in der Äquatorialplatte, und zwar die obere Skizze bei Seiten- ansicht, wo der Längs- und Querspalt deutlich zu erkennen ist, die untere in der Polansicht, wo zwar die winkelige Knickung, nicht aber der Querspalt sichtbar ist. d zeigt den Beginn des Auseinander- rückens, deutlich ist dabei zu erkennen, wie sich nur die mittleren Partien nach den Polen zu voneinander entfernen und dabei die beiden nach der gleichen Tochterzelle sich bewegenden Chromosomen parallel gelagert werden. Die winkelige Knickung ist in der Polansicht auch hier noch auf günstigen Schnitten deutlich zu erkennen. In e und f hat sich der Vorgang mehr und mehr entwickelt, noch weiter bei g, hier ist schon sehr deutlich zu erkennen, daß die beiden Quer- teile der Tetraden nicht vollkommen gleichlange Gebilde sind, noch Abb. 8. deutlicher zeigt sich das bei h, wo die Trennung eine vollkommene geworden ist. Gleichzeitig haben sich die beiden Querhälften nun- mehr völlig der Länge nach aneinander gelegt. Unmittelbar vor der Trennung der beiden Chromosomenpaare finden sich, wie dies in g deutlich zu sehen ist, Bilder, die an die Ringformen einiger Autoren erinnern, indem dann nämlich alle vier Elemente einer Tetrade sich nur mit den Enden berühren. Während der ersten Reifungsteilung spielen sich also zwei ver- schiedene Vorgänge gleichzeitig nebeneinander ab, nämlich erstens die Trennung der durch den Längsspalt geschiedenen Hälften der Te- trade und Hand in Hand damit ihre Verteilung auf die beiden Tochter- zellen, und zweitens das Parallellegen der beiden vorher endweise ver- einigten Teile jeder Querhälfte. Die beiden Tetradenhälften, welche in jede der Tochterzellen gelangen, sind dabei in bezug auf ihre Größe vollkommen gleichwertig, sie sind ja durch Längsspaltung aus zwei Chromosomen hervorgegangen. Dagegen sind die beiden Querhälften, 341 die früher nur endweise vereinigt sich im Tochterkern nebeneinander lesten, in bezug auf ihre Größe und deshalb wahrscheinlich auch in bezug auf ihre Erbqualitäten verschieden, die Unterschiede können zum Teil recht beträchtlich sein. Ich möchte aber gleich hier be- merken, daß dieses Nebeneinanderlagern nicht das geringste mit der Parallelkonjugation einiger Autoren zu tun hat. Im Tochterstern liegen die paarweise vereinigten Chromosomen- hälften zunächst so, daß die Verklebungsstellen gegen das Polfeld zu gerichtet sind. Diese Anordnung bleibt jedoch nicht lange bestehen, sondern die Chromosomen verändern ihre gegenseitige Lage, feine Lininbrücken werden zwischen ihnen sichtbar, die sie miteinander verbinden und unter deren Zug wohl die Umgruppierung stattfindet. Bald lassen sich die einzelnen Chromosomen nicht mehr mit Sicher- heit gegeneinander abgrenzen, sie liegen als gewundene Gebilde mit unregelmäßiger Oberfläche durcheinander. Die Kernmembran bildet sich und gleichzeitig erfolgt eine Verteilung des Chromatins auf die feinen Lininfäden, die während dieses Vorganges an Deutlichkeit ge- winnen. Es kommt nunmehr zur Ausbildung richtiger Ruhekerne, ähnlich wie nach einer Oogonienteilung. Die betreffenden Zellen, die Präspermatiden, besitzen einen Kerndurchmesser von 18—20 yp. bei einem Gesamtdurchmesser von 22—25 p. Das Protoplasma ist netzig gebaut, die Sphäre sehr klein und nur schlecht darstellbar, das Centriol dagegen bei entsprechender Färbung gut sichtbar und fast immer schon zweigeteilt. Bei völliger Ausbildung des Ruhezustandes zeigt der große blasige Kern kugelrunde Form, hellen Kernsaft und ist von einem feinen Netzwerk durchsetzt, dessen Maschen ziemlich eng erscheinen. Die einzelnen Lininfäden des Netzwerkes sind sehr deutlich, an ihnen ist das Chromatin allenthalben, besonders aber an den Kreuzungsstellen, in dicken Klumpen angehäuft. Zum Unterschied von den jüngsten Spermatocyten zeigen diese Kerne wirklich netzige Struktur, deutlich sind die einzelnen Lininbrücken zu erkennen, welche die ehedem gut darstellbaren Chromosomen miteinander verbinden, und häufig ist die Lage und Gestalt der Chromosomen auch in diesen Ruhekernen noch deutlich zu erkennen durch die dichtere Ansammlung von Chromatin- klumpen an den ihnen zugehörigen Bezirken des Kernes. Diese Rekonstruktion eines Ruhekernes zwischen den beiden Reifungsteilungen ist eine Higentiimlichkeit, die bisher nur in der Spermatogenese, niemals aber in der Oogenese beobachtet wurde. Sie 342 bedeutet also einen ziemlich beträchtlichen Unterschied in der Ent- wickelung der beiden Elemente. Häufig wurde sein Vorkommen zwar schon bestritten, so vor allem noch in der letzten Zeit von Levy (1915), der es bei Rana esculenta nicht auffinden konnte. Doch hat Cuanpy (1910) beim gleichen Objekte das Ruhestadium beobachtet und wir müssen deshalb annehmen, daß Levy die betreffenden Formen über- sehen oder nicht richtig beurteilt hat. Beim Olm steht ihr Vorkommen außer jedem Zweifel. Die Lage der betreffenden Zellen im Hoden zwischen den beiden Reifungsteilungen läßt eine Verwechselung mit den jüngsten Spermatocyten, die wegen der gleichen Größe beider Formen denkbar wäre, ausgeschlossen erscheinen, vor einer Verwechselung mit den jüngsten Spermatiden aber schützt der wesentliche Größenunter- schied, da diese letzteren nur einen Kerndurchmesser von 10—12 u. bei einer Gesamtgröße von 16—18 u besitzen, also ganz erheblich kleiner sind. Das betreffende Stadium dauert offenbar nur sehr kurz, wie die geringe Anzahl der vorgefundenen Zellbilder zeigt, und dieser Umstand mag auch die Tatsache erklären, daß es wohl häufig schon übersehen wurde. Offenbar kommt es nach der ersten Reifungs- teilung bei den Präspermatiden, die sich ja ganz ähnlich wie eine Spermatogonienteilung vollzieht, rein mechanisch, gewissermaßen wie eine phylogenetische Remeniszenz, zur Ausbildung eines Ruhekernes, der jedoch sofort nach seinem Entstehen wieder erneut zur Teilung schreitet. Die Chromatinklumpen sammeln sich dann sehr rasch wieder an bestimmten Stellen des Kernes an, und es kommt so unmittelbar zur Bildung der Chromosomen, die zunächst noch durch Lininfäden mit- einander verbunden sind (Abb. 9). Ein Monospirem wie sonst in der Prophase der Mitose wird nicht gebildet, vielmehr entstehen die Chro- mosomen unmittelbar als selbständige, einzelliegende Objekte. Häufig zeigen sie bei ihrem Erscheinen ähnliche Lagerung wie vor der Her- stellung des Ruhekernes, nämlich U-förmige Krümmung mit Richtung der freien Enden gegen die Kernoberfläche zu. Es läßt sich jedoch nicht, schon allein wegen der großen Kompliziertheit des Kernbaues, auch nur annähernd mit der nämlichen Sicherheit wie bei anderen Objekten (Ascaris nach Rast und Bovert) nachweisen, daß die Chromo- somen unbedingt, auch in bezug auf ihre Lagerung, den nämlichen Gebilden vor dem Ruhestadium entsprechen. Diese Tatsache kann jedoch auf keinen Fall einen Gegenbeweis gegen die Kontinuität der Chromosomen bilden, da ja während der Entstehung des Ruhekernes 343 und der Rekonstruktion der Chromosomen unter dem Zuge der Linin- fäden eine weitgehende Umlagerung der Chromatinschleifen stattfinden kann, die sich unserer Beobachtung entzieht, bzw. für uns erst nach der Rekonstruktion der Chromosomen erkennbar wird. Sobald die Rekonstruktion der Chromosomen beendet ist, d. h. sobald sie durch Anlagerung der Chromatinbrocken wieder für uns darstellbar geworden sind, verschwinden die Lininbrücken ebenso wie die Kernmembran, und es gelingt jetzt wieder leicht, die Zahl der chromatischen Elemente, die alsdann im ganzen Kern verteilt liegen, festzustellen (Abb. 10). Sie beträgt wieder 18, also die Normalzahl der Chromosomen, eine Tatsache, die nicht wunderlich erscheinen kann, da ja aus den 9 Tetraden der ersten Reifungsteilung je zwei- mal 9, also 18 Chromatingebilde auf jede Tochterzelle übergegangen sind. Sie waren im Tochtersterne der ersten Teilung noch zu je ns > Abb. 9. Abb. 10. zweien, entsprechend ihrer Lagerung in den Tetraden, endweise fest miteinander verbunden und lagen dabei in Bogenform. Während des Ruhestadiums hat sich die endweise Vereinigung gelöst, die Chromo- somen liegen wieder einzeln, die paarweise Zusammengehörigkeit tritt jedoch an günstigen Stellen des Kernes noch sehr deutlich hervor. Hier liegen dann nämlich immer je zwei Chromosomen parallel neben- einander, ohne sich zu berühren. Ihr gegenseitiger Abstand kann verschieden groß sein, er schwankt zwischen 1/,— 1 Chromosomen- breite. Häufig kann man jedoch auch noch Chromosomenpaare be- obachten, die in der gleichen Weise wie früher hintereinander liegen, gleichfalls getrennt durch einen mehr oder weniger breiten Zwischen- raum. Meist handelt es sich dann bei beiden von ihnen oder auch nur bei einem um ganz kurze, fast punktförmige Gebilde. Die beiden nebeneinander, bzw. hintereinander liegenden Chromo- somen sind meistens auch hier noch in der Liinge sehr verschieden 344 voneinander, entsprechend der Tatsache, daß auch die beiden Quer- hälften der Tetraden verschieden lange Fadenstücke darstellten. Über- haupt entsprechen die Chromosomen in bezug auf ihre Größe vor der zweiten Teilung ziemlich genau den Chromosomen nach der ersten Reifungsteilung, eine Vermehrung des Chromatins hat also während der Kernrekonstruktion nicht stattgefunden. Dies findet ja auch schon in der Tatsache seinen Ausdruck, daß während dieser Zeit kein Zell- wachstum eintritt, vielmehr sind die Präspermatiden gleich nach der ersten Reifungsteilung ebenso groß als vor der zweiten Reifungsteilung. Gegenüber der ersten Teilung ist also die Menge des Chromatins halbiert, ebenso wie die Zahl der einzelnen Chromatinelemente. Die Chromosomen verkürzen und verdicken sich nunmehr aber- mals, die beiden Tochtercentriolen weichen auseinander und es kommt zur Ausbildung der Spindel, deren Fasern wieder an den Chromosomen ansetzen (Abb. 11). Diese ordnen sich im Äquator der zweiten Richtungsspindel so av, daß der ein Paar trennende Längs- oder Querspalt sich in der Äquatorialebene einstellt. Meist sind die Chromo- somen nun so kurz, daß sie nur die Form von leicht gekrümmten Stäbchen besitzen, bloß ver- einzelte von ihnen sind länger und zeigen U- oder V-förmige Gestalt. Von den 18 Chromosomen rücken jetzt je 9 auf jede der beiden Tochterzellen, ein Vorgang, der sich auf günstigen Schnitten sehr gut beobachten läßt. Auch hier zeigt es sich wieder deutlich, daß die beiden auseinanderrückenden Chromo- somen nicht gleich groß sind, die Gesamtmenge der auf jede Tochter- zelle gelangenden chromatischen Substanz erscheint jedoch, soweit sich dies am mikroskopischen Bild feststellen läßt, gleich groß. Nach der Verteilung auf die beiden Spermatiden ordnen sich die Chromosomen wieder nach dem Polfeld zu an, indem die stäbchen- förmigen unter ihnen mit ihren einen Ende gegen das Polfeld ge- richtet sind, die gekrümmten aber mit der Konvexität der Biegung, während die freien Enden gegen denjenigen Teil der Zelle zu stehen, an welchem die Durchschnürung erfolgt. Die Chromosomen rücken dann sehr nahe zusammen, häufig so stark, daß sie für kurze Zeit nur einen einzigen großen Chromatinklumpen darstellen, an welchem sich kaum mehr irgendwelche Einzelheiten unterscheiden lassen. Es läßt sich aber schwer sagen, ob es sich bei dieser Bildung um einen normalen oder krankhaften, gegebenenfalls durch die Fixierung hervor- 345 gerufenen oder doch wenigstens verstärkten Zustand handelt. Kurze Zeit später, wenn die Teilung der beiden Spermatiden vollständig ist, rücken die Chromosomen wieder weiter auseinander, sie erscheinen jetzt als dünnere, unregelmäßig gewundene Fäden, die durch Linin- brücken miteinander verbunden sind, aber im großen und ganzen noch ebenso gelagert sind wie vor dem dichten Aneinanderrücken. In der Folgezeit verlieren die Fäden an Deutlichkeit, das Chromatin verteilt sich auf die Lininfäden, gleichzeitig kommt es zur Ausbildung der Kernmembran. Mit der gleichmäßigen feinen Verteilung des Chro- matins werden die Chromosomen immer undeutlicher, meistens treten jetzt ein, in seltenen Fällen auch zwei Nucleolen auf. Schließlich ‚zeigt der Kern der Spermatide bläschenförmige, kugelige Gestalt und klaren Kernsaft, in dem ein feines Netzwerk zu erkennen ist. Die einzelnen Fäden zeigen kleine knopfförmige Verdickungen und an den Überkreuzungsstellen klumpige Anhäufungen von Chromatin. Sehr deutlich sichtbar ist der Nucleolus, der sich durch seine beträchtliche Größe und scharfe Abgrenzung auszeichnet. Auch bei diesen Zellen ist eine sichere Entscheidung, ob das Kerngerüst aus einem Faden oder einem echten Netzwerk besteht, unmöglich, wenngleich hier nach der Entstehung des ganzen Gebildes die letztere Annahme mehr Wahr- scheinlichkeit für sich hat. Die Spermatocytogenese ist nun beendet, es beginnt die Spermatohistogenese, die Umwandlung der Spermatiden zu reifen Samenfäden, die sich beim Olm ebenso wie die bisher be- schriebenen Vorgänge der Reifung in besonders klarer Weise zeigt, jedoch erst in einer späteren Arbeit behandelt werden soll. Kurz zusammengefaßt, vollzieht sich also die Reifung der Samen- zellen beim Olme folgendermaßen: Der Hoden befindet sich niemals in einem vollkommenen Ruhezustand, sondern es findet stets ein, wenn auch nur sehr langsames Wachstum der Spermatogonien statt. Sobald diese eine gewisse Größe erlangt haben, teilen sie sich durch indirekte Mitose in zwei Tochterspermatogonien, die ihrerseits wieder wachsen und sich später abermals teilen. Wie oft sich dieser Vor- gang wiederholt, läßt sich nicht feststellen. Er dient hauptsächlich dazu, um die Ausfälle zu decken, welche durch den sich ständig ab- spielenden Untergang einzelner Spermatogonien im Hoden bedingt sind. Zu Beginn der Fortpflanzungszeit teilen sich die Spermatogonien mehrmals sehr rasch nacheinander, in der Zwischenzeit während diesen Teilungen wächst nur der Kern auf die ursprüngliche Größe heran, wohingegen das Protoplasma sich nicht in gleichem Maße vermehrt. _ 346 Das Endergebnis dieser Teilungen sind die Spermatocyten. In ihrem Kern zeigt das Chromatin zuerst netzartige Anordnung, wahrschein- !ich hervorgerufen durch einen sich selbst oftmals überkreuzenden, kontinuierlichen Faden. Während der Wachstumsperiode wird diese Anordnung als zusammenhängendes dünnes Spirem (das Leptotän WINIWARTERS) immer deutlicher. Zu Ende der Spermatocytenwachs- tumsperiode durchsetzt das Chromatin als lockerer, vielfach gewunde- ner Knäuel den ganzen Kern in unregelmäßigen Windungen. Der Chromatinfaden erfährt hierauf eine Verkürzung und wesentliche Ver- diekung, er ordnet sich dann polar an, indem alle seine Schleifen in der Richtung gegen diejenige Stelle der Kernoberfliche zu verlaufen, welche der Sphäre gegenüber liegt. Es kommt zur Ausbildung des polar gerichteten Knäuels (dem fälschlicherweise als Bukettstadium bezeichneten Zustand). Eine Parallellagerung und Verschmelzung der Teile des Knäuels (Parallelkonjugation) vor, während oder nach der polaren Orientierung findet sicher nicht statt, ebensowenig eine Zu- sammenziehung des Chromatins nach der Mitte oder der einen Seite des Kernes zu. Der Knäuel sendet nun feine seitliche Ausläufer in den Kernsaft (angedeutete Bildung der Lampenzylinderputzerformen), die nach kurzem Bestehen wieder abschmelzen. Hierauf verschwindet die polare Orientierung, der Faden des Knäuels spaltet sich der Länge nach und zerfällt gleich darauf durch Querteilung in die einzelnen Segmente, 18 an der Zahl, von denen je zwei sich in der Folgezeit metasynde- tisch vereinigen. Die beiden Spalthälften der Segmente winden sich vielfach umeinander und verdicken sich, gleichzeitig legen sich die zusammengehörigen Chromosomenpaare fester endweise aneinander. Während der Einordnung in die Äquatorebene der ersten Teilung geht die Verschlingung der beiden durch Längsteilung entstandenen Hälften in eine Parallellagerung über, in der ersten Teilung erfolgt eine Trennung der längsgespalteten Teile der Tetraden, während die endweise vereinigten Teile beieinander bleiben. Sie sind jedoch nicht von gleicher Größe, also wahrscheinlich auch nicht gleichwertig. Nunmehr erfolgt die Ausbildung eines Ruhekernes der Prä- spermatide, der jedoch nicht lange bestehen bleibt, da unmittelbar nach seinem Entstehen schon wieder die Rekonstruktion der Chromo- somen erfolgt, und zwar direkt, ohne Zwischenschaltung eines Spirems. Diese liegen nach dem Zerfall der Kernmembran dann meist wieder paarweise nebeneinander, wie dies ihrer Zusammengehörigkeit nach der ersten Reifungsteilung entspricht; ihre Zahl ist gleich der Normal- zahl der Chromosomen. In der zweiten Teilung erfolgt dann die Ver- teilung auf die beiden Spermatiden, indem die beiden ungleich großen Elemente jedes Chromosomenpaares auf die Tochterzellen auseinander rücken. In jede Spermatide gelangen so 9 Chromosomen, also die Hälfte der ursprünglich in den Spermatogonien enthaltenen Zahl. Die erste Reifungsteilung vollzieht sich also ungefähr nach der Art einer Spermatogonienteilung, sie ist eine Aquationsteilung, auf jede Tochterzelle kommt die Normalzahl der Chromosomen, die durch Längsspaltung entstanden sind, jedoch in bestimmter Weise zueinander gelagert und vereinigt erscheinen, so daß ihre Verteilung auf die Spermatiden schon von vornherein bestimmt ist. Wie bei jeder Teilung, so kommt es auch bei der ersten Reifungsteilung zunächst zur Aus- bildung eines lockeren Knäuels, der sich verkürzt und verdickt, also konzentriert. Während aber bei der Oogonienteilung der Faden rasclı nach seiner Entstehung in die Segmente zerfällt, erfolgt vor der ersten Reifungsteilung eine Orientierung des Fadens gegen die Sphäre zu, ein Zustand, der sehr lange dauert und offenbar den Zweck hat, die Erbeinheiten in bestimmter Weise zu verteilen. Daß sich während der Orientierung tiefgreifende Veränderungen an der chromatischen Substanz abspielen, beweisen schon die morphologischen Verschiebungen im Bau des Fadens, die Abstoßung des Trophochromatins, die wir während dieser Zeit beobachten können. Wenn dann der Faden in die Segmente zerfallen ist, so bleiben je zwei Chromosomen endweise miteinander verbunden, bzw. verbinden sich kurze Zeit nach dem Zer- fall wieder, und zwar stets solche, deren Spalthälfter nicht auf die nämliche Spermatide gelangen sollen. Ist die metasyndetische Ver- bindung gleich nach dem Zerfall des Spirems noch nicht erfolgt, so tritt sie erst später, allerspätestens kurz vor dem Eintritt der Chromo- somen in die Spindel ein. Der Teilungsmodus vollzieht sich nach dem Schema"), wobei also = und = zwei Chromosomen sind, die nicht auf die gleiche Tochterzelle gelangen dürfen, deren Spalthälften also in der zweiten Teilung getrennt werden müssen. Die Trennung der Hälften erfolgt bei der ersten Teilung nur im Längsspalt der Tetrade, in der Telophase der Präspermatiden sind dann die beiden aus einer Vierergruppe hervorgegangenen Chromosomen jeder Hälfte (a und b) endweise noch miteinander vereinigt. Sie haben nur ihre Lage zueinander verändert, indem sie jetzt nicht mehr einfach hinter- 348 einander, sondern an der Verklebungsstelle bogenförmig geknickt neben- einander liegen. Diese Parallellagerung der Chromosomen scheint lediglich aus taktischen Gründen zu erfolgen, weil so die Trennung in der zweiten Teilung nach Auflösung der endweisen Vereinigung leichter vor sich gehen kann, indem sich die Chromosomen wie bei jeder Teilung mit ihrer Längsachse in der Äquatorialebene einstellen. Eine andere Einstellung, d. h. mit der Längsachse der Chromosomen senkrecht zur Äquatorialebene der zweiten Richtungsspindel, wurde z. B. bei Copepoden (Rückerr 1894) beobachtet, bei denen die Chromo- somen nach der ersten Teilung, die sich fast in der nämlichen Weise wie bei Proteus vollzieht, sehr stark verkürzt, fast punktförmig er- scheinen. Sie kommt auch bei den Spermatocyten von Proteus zur Beobachtung, wie in Abb. 11 (Mitte) zu ersehen ist, jedoch meist nur bei solchen Chromosomenpaaren, deren beide Hälften oder wenigstens die eine von ihnen sehr kurz ist, während die Parallellagerung haupt- sächlich bei langen Gebilden eintritt. In beiden Fällen handelt es sich im Prinzip um den gleichen Vorgang, nämlich um die Trennung der früher metasyndetisch vereinigten Chromosomen, der sich nur dank der verschiedenen Formen der Gebilde mechanisch auf ver- schiedene Art abspielt. Die Parallellagerung der Chromosomen in der Prophase der zweiten Reifungsteilung ist jedoch ein Vorgang, der mit der Parallelkonjugation im Spermatocytenstadium nicht das geringste zu tun hat. Die zweite Teilung ist bei Proteus eine Reduktionsteilung; durch sie gelangen die ursprünglich metasyndetisch aneinander gelagerten Spalthälften von zwei verschiedenen Chromosomen auf zwei verschiedene Zellen, deren jede nur mehr die Hälfte des Chromatins, sowohl was die Masse als auch die Zahl der Einzelelemente betrifft, enthält. Die Reduktion vollzieht sich unter der Bildung von Tetraden, d. h. durch endweise Aneinanderlagerung je zweier längsgespaltener Chromo- somen, die vier Einzelelemente dieser Vierergruppen gelangen schließ- lich auf vier verschiedene Spermatiden. Auf alle feineren Einzelheiten dieser Vorgänge und ihre theoretische Bedeutung soll, wie schon er- wähnt, erst in der ausführlichen Arbeit eingegangen werden. Literatur. Cuampy (1909), Sur la Spermatogenese des Batrachiens anoures. C. R. Assoc. Anat. Nancy (u. a. a. O.). HEIDENHAIN (1900), Über die Centralkapseln und Pseudochromosomen in den Samenzellen von Proteus. Anat. Anz. Bd. 18. ‘ 349 JANSENS (1901), La spermatogenese chez le Triton. La Cellule Bd. 19. JÖRGENSEN (1910), Zur Entwicklungsgeschichte des Eierstockeies von Proteus anguineus (Grottenolm). Festschrift f. RıcHarp HERTWIG. Levy (1915), Studien zur Zeugungslehre IV. Arch. f. mikrosk. Anat. Bd. 26. Meves (1897), Uber die Entwicklung der männlichen Geschlechtszellen von Salamandra maculosa. Arch. f. mikrosk. Anat. Bd. 48 (u. a. a. O.). Rickert (1892), Zur Entwicklungsgeschichte des Ovarialeies der Selachier. Anat. Anz. Bd. 7. Rickert (1894), Zur Hireifung bei Copepoden. Anat. Hefte Bd. 4. Scumipt, V. (1904), Studien über Oogenese I. Anat. Hefte Bd. 27. Streve (1913), Zur Oogenese des Haushuhnes. Sitzungsber. d. Ges. f. Morpho- logie, Miinchen. Stizve (1918), Uber experimentell, durch veränderte äußere Bedingungen er- zeugte Rückbildungsvorgänge am Eierstock des Haushuhnes. Arch. f. Entwicklungsmech. Bd. 44. Stıeve (1918), Die Entwicklungsgeschichte des Eierstockeies der Dohle (Colaeus monedula). Arch. f. mikrosk. Anat. Bd. 92 (zurzeit noch im Druck). von WINIWARTER et Satnmont (1912), Nouvelles recherches sur l’ovogenese et Vorganogénése de l’ovaire des Mammiferes (Chat). Liege 1912 (u. a. a. O.). (Eingegangen am 11. Juli 1918.) Bücherbesprechungen. Aus Natur und Geisteswelt, Sammlung wissenschaftlich-gemeinverständlicher Darstellungen. 39. Bändchen: Abstammungslehre und Darwinismus. Von Richard Hesse. 5. Aufl., mit 40 Textabb. Verlag von B. G. Teubner in Leipzig und Berlin, 1918. Preis 1,50 M. (ohne Zuschlag). Ein Zeichen für das große Interesse weitester Kreise für die Abstammungs- lehre und ihre Erklärungen, — ebenso auch ein Beweis für die große Brauch- barkeit des vorliegenden Bandes aus Teubners bekannter Sammlung ist die Tatsache, daß jetzt bereits die 5. Auflage des 1901 zum ersten Male heraus- gegebenen Büchleins von Ricaarp Hesse, jetzt Professor der Zoologie in Bonn, erscheint. Auch dieses Bändchen ist aus Vorträgen entstanden, die sich an ein größeres, allgemein gebildetes Publikum wandten. Eine ins einzelne gehende Kritik des Werkchens erscheint überflüssig. Nur sei erwähnt, daß Lamarck wohl etwas zu wenig in den Vordergrund tritt. Auffallend erscheint, aber vermutlich aus bestimmten Gründen zu erklären, der vollständige Mangel eines Hinweises auf das vor 1!/, Jahren erschienene Werk von Oscar HERTWIG „Das Werden der Organismen“. Am Schlusse des Bändchens wird auf einige Bücher hingewiesen „für solche, die sich mit dem behandelten Stoffe weiter beschäftigen wollen“, Hier wäre wohl der Platz gewesen, auf O. HErTwıss Schrift gegen Darwins „Zufallstheorie‘“‘ hinzuweisen. 350 Die Moreacnr’schen Hydatiden und andere Embryonalreste des MÜLLEr’schen Ganges und des Wotrr’schen Körpers am Hoden und Eierstock. Von Gustav Franke. Mit 12 Zeichnungen und 32 Mikrophotogrammen auf 5 Tafeln. Berlin 1918, S. Karger. 59 S. gr. 8%. Preis 9 M. Eine sehr anerkennenswerte Leistung eines Berliner Arztes, der neben seiner sonstigen Tätigkeit noch Zeit gefunden hat, die Anatomen mit einer Monographie über die viel untersuchten und umstrittenen Morcaeni’schen Hydatiden zu beschenken. Die Arbeit beruht auf erschöpfenden literarischen Studien (Literaturverzeichnis) und ausgedehnten Untersuchungen der Objekte. Für die ungestielte Hydatide bestätigt Verf. Watpryers Erklärung. Die ge- stielten Hydatiden u. ä. nehmen ihren Ursprung aus versprengten Resten des Keimepithels, aus dem der oberste Teil des Mürzer’schen Ganges entsteht. Die spätfetale oder extrauterine Stielbildung ist sekundärer Natur. Die Darstellungen von frühembryonalen mit gestielten Kölbchen als Endstücken des Mürtzer’schen und Worrr'schen Ganges sind irrtümlich. Verf. schlägt vor, die ungestielten Hydatiden, die ja keine Bläschen sind, als Moreaeni- sche Hodenfimbrien oder Fimbrienanhänge, nur die gestielten als Zysten oder Hydatiden zu benennen, wie dies schon ihr Entdecker MoRGAGNI getan hat. — Die Ausstattung des Werkes ist eine sehr gute, der Preis ein mäßiger. Lehrbuch der Histologie und der mikroskopischen Anatomie des Menschen mit Einschluß der mikroskopischen Technik von Philipp Stöhr (7). 17. ver- besserte Auflage, bearbeitet von Oskar Schultze. Mit 432 z. T. mehrfarbigen Abbildungen im Texte. Jena, Gustav Fischer, 1918. XIV,516S. Preis 14 M., geb. 17 M. 50 Pf. (ohne die Zuschläge). „Habent sua fata libelli.“ Von vielen guten Büchern sehen wir wenige, von anderen mittelmäßigen viele Auflagen erscheinen. Hier liegt der Fall vor, wo ein gutes, ja vortreffliches Werk die verdiente weite Verbreitung ge- -funden hat und trotz des Krieges wieder eine neue, die siebenzehnte Auflage nötig wurde. Bekanntlich übernahm Oskar ScHuLtzs nach dem leider so vorzeitig erfolgten Tode unseres allseitig als Mensch und als Forscher hoch anerkannten Sréur die weitere Herausgabe des Buches mit der fünfzehnten Auflage (1912). Die vorliegende ist also die dritte von SCHULTZE besorgte. Sie ist wie die früheren in Text und Bildern auf das gewissenhafteste neu durchgesehen und mit zahlreichen Zusätzen und Verbesserungen.in Wort und Bild versehen worden. Neue Aufnahme fanden die genauere Darstellung der nervösen Elementar- teile nach Bırrschowsky, die Konservierung und Färbung der ALTMANN’schen Granula (Plasmosomen, Plastokonten) nach ALtmAanN-KuLL, eine Umarbeitung des Abschnittes über die marklosen Nervenfasern, eine Ergänzung der Dar- stellung der Protoplasma-Struktur u. a. — Ferner wurde auch diesmal, ab- gesehen von ganz neuen Bildern — deren von ScaHuLTzE aufgenommene Gesamtzahl jetzt 65 beträgt —, ein Teil der Bilder der ersten Auflage aus dem Jahre 1886 durch neue ersetzt. Jedoch ist ScHuLtze bestrebt, den ur- sprünglichen Charakter des Buches auch in dieser Hinsicht nicht zu sehr zu 351 verändern. — Durch lebenswarme eigenhändige Konservierung und Färbung kleiner Stückchen der meisten Organe eines 32jährigen Hingerichteten war Verf. in der Lage, wohl zum ersten Male eine große Anzahl von Präparaten gut erhaltener menschlicher Protoplasma-Struktur zu gewinnen, von denen ein Teil hier abgebildet ist. Wie in den früheren Auflagen haben auch diesmal die anderen Faktoren außer dem Herausgeber, die Verlagsbuchhandlung durch die herrliche Wieder- gabe der neuen Bilder, die Druckerei (Universitäts-Druckerei H. Stürtz A.-G., Würzburg), der Zeichner W. Freytag (Würzburg) u. a. an dem schönen Werke mitgewirkt, dessen Erscheinen während des großen Krieges deutschem Geiste und deutscher Tatkraft ein neues Denkmal setzt. Eine besondere „Empfehlung“ des Buches erscheint nach dem oben Gesagten vollständig überflüssig, es soll nach allen Richtungen hin als glän- zende, für Ärzte wie Studierende gleich brauchbare Leistung anerkannt und die Hoffnung ausgesprochen werden, daß es noch viele neue Auflagen erleben möge! Dazu wird gewiß auch der trotz allem so niedrig gebliebene Preis beitragen. Über den Engpaß des Magens (Isthmus ventriculi). Ein Beitrag zum funk- tionell-anatomischen Aufbau des Magens. Von L. Aschoff. Mit 32 Abbil- dungen im Text. Jena, Gustav Fischer. 1918. 63 S. Preis 4 M. 50 Pf. Befunde, die zu erheben nur das kriegspathologische Material genügend Gelegenheit bietet, scheinen dem Verf. eine so wichtige Bestätigung der An- gaben anderer Autoren, besonders von D. J. CunnineHam (1905) und G. Fors- SELL (1914), zu bringen, daß er trotz der während des Krieges nur teilweisen Zugängigkeit der Literatur die Frage vom Magen-Engpaß auf Grund selbst- beobachteter Fälle erneut erörtert. Ascuorr hat bei einer größeren Zahl von Sektionen den Magen bald nach dem Tode freigelegt, aber nur selten Bewe- gungen am Magen beobachtet — wirkliche Peristaltik niemals. Seine Beob- achtungen beziehen sich auf Gestalt, Lage, Zusammenziehungsfähigkeit u. a., sie ergaben wichtige Tatsachen für das lebende Organ, im wesentlichen, wie gesagt, Bestätigung der Darstellung von CunnincHam, zum Teil über diese hinaus betreffs der Einschnürung oder des „Engpasses“, den AscHorr als „Isthmus“, deutsch „Magenenge“, zu bezeichnen vorschlägt. Doch es soll hier kein Referat gegeben, sondern nur auf eine wichtige Bereicherung unserer Kenntnis in der normalen Anatomie des Magens hingewiesen werden. Die Arbeit ist mit zahlreichen vorzüglichen Abbildungen ausgestattet und wird die Vertreter der normalen wie der pathologischen Anatomie in gleichem Maße interessieren, letztere vor allem wegen des Verhaltens der Magenenge zu den Magengeschwüren, die vielfach dem Verlaufe der „Magenstraße“ folgen und zu der Magenenge in besonders naher Beziehung zu stehen scheinen. (Vgl. des Verfassers Arbeit in der Festschrift für Gasser.) B. 352 Personalia. Leipzig. Prosektor Dr. Steve hat sich in der hiesigen medi- zinischen Fakultät für Anatomie und Anthropologie umhabilitiert. München. Prof. KoRBINIAN BRODMANN, der hervorragende Ge- hirnforscher (Sprachzentrum!), M. A. G., ist gestorben. An die Herren Mitarbeiter. 1. Korrekturen von Satz und Abbildungen sind nicht an den Herausgeber, sondern erstere an die Druckerei, Herrn R. Wagner Sohn in Weimar, letztere an den Verlag zurückzusenden. 2. Seit dem Bande 24 werden nicht mehr ganze Sätze, sondern nur noch, wenn es den Herren Mitarbeitern unbedingt nötig erscheint, einzelne Worte durch den Druck (entweder gesperrt oder fett) hervorgehoben. Daß man wichtige Dinge ohne Hilfe des Sperrens durch die Stellung des betreffenden Wortes im Satze hervorheben kann, zeigt z. B. der ScHWALBE’sche Jahresbericht, in dem nicht gesperrt wird. Auch sind bekanntlich viele Leser geneigt, nur gesperrte Stellen zu lesen; das Fehlen solcher wird Anlaß geben, die ganze Arbeit zu lesen. 3. Polemik findet im Anatomischen Anzeiger nur Aufnahme, wenn sie rein sachlich ist, persönliche Polemik ist prinzipiell ausgeschlossen. Die Entscheidung über die bekanntlich schwer zu ziehende Grenze zwischen „sachlich“ und „persönlich“ behält sich der Herausgeber vor. 4. Die Verlagsbuchhandlung liefert bis zu 50 Sonder- abdrücken der Beiträge unentgeltlich, weitere Exemplare können, solange die Papierknappheit anhält, .nicht hergestellt werden. 5. Nicht oder ungenügend frei gemachte Sendungen werden nicht angenommen. Der Herausgeber. Abgeschlossen am 7. September 1918. Weimar — Druck von R. Wagner Sohn. ANATOMISCHER ANZEIGER Centralblatt für die gesamte wissenschaftliche Anatomie, Amtliches Organ der Anatomischen Gesellschaft. Herausgegeben von Prof. Dr. Karl von Bardeleben in Jena. Verlag von tustav Fischer in Jena. Der ,,Anatomische Anzeiger‘ erscheint zweimal im Monat in Einzelnummern oder einmal in Doppelnummer. Der Preis eines Bandes von 24 Nummern beträgt Mk. 20.—. Das Erscheinen der Bände ist unabhängig vom Kalenderjahr. 51. Bd. +x 21. Oktober 1918. x No. 14/15. InHaLt. Aufsätze. Josef Schaffer, Veränderungen an Gewebeelementen durch einseitige Wirkung der Fixierungsflüssigkeit und Allgemeines über Fixierung. Mit 14 Abbildungen. S. 353—398. Riicherbesprechung. Erica PLATE, 8. 393— 400. Berichtigungen. S. 400. Aufsätze. Nachdruck verboten. Veränderungen an Gewebeelementen durch einseitige Wirkung der Fixierungsflüssigkeit und Allgemeines über Fixierung. Von Joser SCHAFFER, Wien. Mit 14 Abbildungen. Über den Einfluß, welchen die einseitige Wirkung fixierender Flüssigkeiten auf überlebende Gewebeelemente auszuüben vermag, sind mir nur wenige Mitteilungen bekannt. Doch läßt sich die Literatur auf diese Frage hin schwer übersehen; verstreute Beob- achtungen, die hier zu berücksichtigen wären, dürften sich da und dort finden. Es ist jedoch nicht die Aufgabe dieser Zeilen, ihnen nachzugehen, sondern vielmehr die Aufmerksamkeit der Histologen durch Beschreibung einiger solcher Befunde auf diese Frage zu lenken. Ich bin überzeugt, daß keinem aufmerksamen Beobachter solche, durch die einseitige Wirkung der Fixierungsflüssigkeiten gesetzte Veränderungen entgangen sind; eine Sammlung dieser Beobach- tungen wäre aus mehr als einem Grunde wünschenswert. Anat. Anz. Bd. 5l. Aufsätze. 23 354 Solche Veränderungen bieten ja, wie jede durch den Fixierungs- vorgang hervorgerufene, nicht nur an und für sich ein Interesse, da man sie kennen muß, um sie nicht für den Ausdruck normaler Strukturen zu halten, was bei den verschiedensten Reagenzbildern, d. h. dem, was man gewöhnlich als Kunstprodukte, Artefakte, besser als Schein- oder Pseudostrukturen bezeichnet, oft genug geschehen ist; sie sind auch deshalb beachtenswert, weil ihre Analyse mitunter Rückschlüsse auf die normalen Bauverhältnisse gestattet oder für die Deutung und Beurteilung des physiologischen Verhaltens von Bedeutung sein kann. Eigentlich müssen wir bei der Art, wie im allgemeinen Gewebe- teile oder Organstücke fixiert werden, von vornherein erwarten, daß die Wirkung in den Öberflächenteilen eine andere sein muß als in den tieferen; denn die Flüssigkeit muß ja von außen nach innen diffundieren. Schon dadurch sind eine Reihe von Besonderheiten in der Einwirkung des Fixiermittels bedingt. Es wird sich empfehlen, ganz allgemein jene Faktoren, welche für den Ausfall der Fixation maßgebend sein müssen, kurz zu er- örtern, bevor ich die besonderen Fälle, die ich hier im Auge habe, näher bespreche. T. Eine solche allgemeine Erörterung scheint mir, auch wenn sie im wesentlichen nur Bekanntes, in den neueren Lehrbüchern und Leitfäden der histologischen Technik mehr oder weniger nachdrück- lich Berührtes wiederholen kann, schon deshalb nicht überflüssig, weil noch immer von vielen Seiten bei histologischen Untersuchungen gegen die primitivsten Regeln der Histotechnik gefehlt und einer einseitigen Untersuchungsmethodik ein geradezu kritikloses Ver- trauen entgegengebracht wird’). 1) Als ein Beispiel für viele verweise ich nur auf eine kürzlich erschienene Mitteilung von C. Krersicu (Über die Natur der Blutzellengranula. Wien. klin. Woch. 1917, Nr. 48, S. 1511). Der Autor will an lufttrockenen Deckglasausstrichen von Leukozyten, die allenfalls noch über der Flamme geröstet und mannigfach nachbehandelt worden waren, sich überzeugen, daß die Granula der Neutrophilen durch feine Fäden zu einem Netz verbunden sind, daß diese Granula, wie auch die der Mastzellen, der eosinophilen, kurz, aller weißen Blutzellen aus dem Kerne stammen. Der Vorgang bei der Entstehung dieser Granula aus ,,Kernfiden“ wird beschrieben, als ob ihn der Autor an der lebenden Zelle beobachtet hätte. 355 Wenn ich mich auch der Anschauung A. FıscHErs?), der einen Unterschied zwischen einer guten und schlechten Fixierung nicht anerkennen will, nicht anschließen kann, ist es andererseits nicht zu bezweifeln, daß jede Fixierung Veränderungen in den zelligen und geweblichen Elementen hervorrufen muß, so daß auch das durch die beste Fixierung geschaffene Bild nur einen annähernden Ausdruck der Verhältnisse im Leben geben kann, etwa so, wie die beste Ge- sichtsmaske nicht den Ausdruck des lebenden Gesichtes ersetzen kann. Um im Vergleiche zu bleiben, ist ja auch die Gesichtsmaske etwas Starres, Fixiertes und ıst auch bei der Gewebefixation die Er- härtung, das Starrwerden der Teile, vornehmlich durch Ausfällung und Überfühung der Proteinstoffe in einen wasserunlöslichen Zustand, möglichst in situ das Wesentliche. Je rascher diese Erstarrung herbei- geführt wird und je weniger sekundäre Veränderungen durch Lösung oder Quellung, Schrumpfung durch Wasserentziehung dabei auf- treten, desto besser möchte ich die Fixierung nennen. Daraus ergibt sich von selbst, daß Fixierung und Härtung vielfach zusammen- „Einmal habe ich gesehen,‘“ — schreibt er — „wie sich das Chromatin zu diesen Kernfäden ausstülpte.‘“ Die Ausstrichtrockenmethode ist von ihrem Urheber EHRLICH gar nicht für morphologische Untersuchungen empfohlen worden. Da sie aber die äußere Form und Größe der roten Blutkörperchen, welche allerdings eine widerstandsfähige Architektur besitzen, ziemlich gut erhält, ist sie für die Kliniker zu einer Modemethode geworden. Von solchen einseitig geübten Me- thoden hat ArarHy (Die Mikrotechnik der tierischen Morphologie, 1. Abt., 1896, S. 4) mit Recht bemerkt, daß sie immer ein gewisses Sinken des allgemeinen Niveaus der Mikrotechnik verursachen. Diese Methode, welche bekanntlich „die Struktur des Gewebes stark alteriert‘‘ (BERG, Die Fehlergröße bei den histo- logischen Methoden. Berlin 1908, S. 10), so daß die Kernstruktur verwischt wird und größtenteils verloren geht, auch alle feineren Strukturen im Zellkörper der Leukozyten nicht mehr sichtbar gemacht werden können (G ULLAND, On the fixing and staining of blood-films. Scott. Med. Surg. Journ. 1899, S. 312), jedoch zum Studium feinster Vorgänge, vitalen Geschehens in weichen, protoplasma- tischen Zellen zu verwenden, verrät geringes Verständnis für Wege und Ziele histologischer Forschung. Es kann nicht nachdrücklich genug vor der einseitigen Bevorzugung gewisser Methoden in einzelnen Disziplinen gewarnt werden. Sie führt auch durch Ausbildung einer eigenen Terminologie leicht zur Absonderung, Trennung von dem allen biologischen Disziplinen notwendig gemeinsamen Boden. Es gibt nur eine Histotechnik, deren als richtig erkannte Grundsätze weder die normale noch pathologische Histologie, weder Zoologie noch Botanik, weder der Hämatologe, Dermatologe, Neurologe usw. bei histologischen Untersuchungen außer acht lassen darf. 1) Fixierung, Färbung und Bau des Protcplasmas. Jena 1899. 23* 356 fallen; identische Begriffe sind sie aber nicht, wie TELLYEsniczky!) meint, und müssen unbedingt auseinander gehalten werden, wie ich?) schon vor langer Zeit betont habe. Das beste Beispiel gibt die MÜLLER- sche Flüssigkeit, deren vorzüglich erhärtende Wirkung ja bekannt ist. Diese tritt aber so allmählich und langsam ein, daß eben noch Lebensvorginge in den zelligen und geweblichen Elementen (z. B. Mitosen, Sekretionsvorgänge) ablaufen, Quellungen und Lösungen vor sich gehen können, so daß das endgültig erstarrte Bild nicht mehr dem Verhalten im Leben entspricht. Allerdings liegt in dieser allmählichen Wirkung auch ein Vorzug dieses Härtungsmittels, so daß wir es neben den Fixierungsmitteln nicht missen können. Solche nicht plötzlich abtötende Mittel lassen, wie schon FLEMMING?), der wohl zuerst bei der Fixierung das Hauptgewicht auf die „momentan tötende Wirkung‘ gelegt hat, hervorhebt, während des Absterbens noch Spielraum für einige Ver- änderungen, rufen aber dafür an reizbaren Elementen (in erster Linie Muskeln) nicht so stürmische Veränderungen hervor wie die Fixierungsmittel. Diese werden oft gerade dadurch ganz untauglich zur Untersuchung reizbarer Elemente. Die Vorgänge bei der Fixation sind höchst verwickelte und zusammengesetzte, was ja selbstverständlich erscheint, wenn man sich die dabei in Betracht kommenden Faktoren klar zu machen sucht. Es ist auch hinlänglich in zahlreichen Mitteilungen darauf aufmerk- sam gemacht worden, besonders in dem grundlegenden Werke von A. Fischer und den Arbeiten von Harpy, TELLYESNICZKY und W. Bere, die aber noch immer nicht die ihnen gebührende Berück- sichtigung finden. Als solche Faktoren sind in Betracht zu ziehen: 1. Die Art bzw. Wirkung des Fixierungsmittels, wobei haupt- sächlich a) seine Diffusionsfähigkeit, b) die Fällungs-, c) die Lösungs-, d) die hygroskopische (wasserentziehende) Kraft ins Gewicht fällt. 1) Uber die Fixierungs-(Härtungs-)Flüssigkeiten. Arch. mikr. Anat. Bd. 52, 1898, S. 202. 2) Histologische Technik. Wien. klin. Woch. 1891, Nr. 22. Uber den Unter schied zwischen Fixieren und Härten vgl. man auch die Ausführungen von P. MAYER (Grundzüge der mikroskopischen Technik von LEE und MAYER); SJÖBRING (Uber das Formol als Fixierungsflüssigkeit. Anat. Anz. Bd. 17, 1900, S. 274); F. BLum, Artikel Formaldehyd in der Enzyklopädie der mikr. Technik von KRAUSE, rey IG, We Bs fp OR 3) Zellsubstanz, Kern und Zellteilung. Leipzig 1882, S. 381. Auch die Temperatur und Konzentration des Fixationsmittels ist hier in Betracht zu ziehen. 2. Die Schichttiefe des Objektes. 3. Die Natur des betroffenen Gewebeelementes; a) ob es sich um reizbare, aktiv veränderliche, b) um fällbare, c) um lösliche, d) um stark wasserhaltige, e) um festere oder f) um quellungsfähige Elemente handelt. 4. Die natürlichen Spannungsverhältnisse des Objektes, d. h. der osmotische Druck, unter dem es steht. Im Meere lebende Tiere weisen hier gegenüber den Süßwasserfischen und beide gegenüber den in Luft lebenden Landtieren große Unterschiede auf, die bei der Fixation nicht außer acht gelassen werden können. Allerdings stehen sich hier, wie noch gezeigt werden soll, die Anschauungen der Autoren ziemlich diametral entgegen. 5. Die Temperatur, bei welcher die Fixation erfoigt. Das Ein- bringen von Geweben warmblütiger Tiere in eine kalte Fixierungs- flüssigkeit kann schon durch die damit verbundene Abkühlung Ver- änderungen hervorrufen; jedenfalls wird durch Wärme die Fixation beschleunigt, und zwar hauptsächlich durch Erhöhung der Diffusions- geschwindigkeit. Auch die Zusammensetzung der Fixierungsflüssig- keit selbst wird durch die Temperatur naturgemäß beeinflußt; Alko- hol von 40° 6 löst z. B. etwa doppelt so viel Pikrinsäure als bei ge- wöhnlicher Temperatur usw. 6. Die Dauer der Fixation. Einige Fixierungsmittel entwickeln erst nach einiger Zeit das Optimum ihrer Wirkung, was wohl mit ihrer Diffusionsfähigkeit zusammenhängt. So fällt Sublimat erst nach längerer Zeit die meisten Eiweißkörper unlöslich (A. FıscHer). Andererseits können durch zu lange dauernde Fixation die lösende Wirkung, welche fast alle Fixierungsmittel für irgendeinen fell- oder Gewebsbestandteil besitzen, oder chemische Umsetzungen störend zur Geltung kommen, weshalb im allgemeinen die Fıxation nicht zu lange dauern soll [FLemmine!), KutscHitzKY?)]. Die Objekte beliebig lange in der Fixierungsflüssigkeit zu be- lassen, wie TELLYESNICZKY?®) für angängig hält, weil er glaubt, daß 1) Zellsubstanz usw. I. c. S. 379. 2) Zur Kenntnis der modernen Fixierungs- und Konservierungsmittel. Zeitschr. wiss. Mikr. Bd. 4, 1887, S. 345. 3) Fixation im Lichte moderner Forschung. Ergebn. Anat. Entw. Bd. 11, 1901. Wiesbaden 1902, S. 31. 358 die einmal fixierte Struktur unveränderlich ist, kann nicht empfohlen werden. 7. ist es unter Umständen auch von Bedeutung, ob bei Licht- zutritt oder unter Lichtausschluß fixiert wird. Nicht nur, daß licht- empfindliche Elemente, wie Netzhautpigment, Chromatophoren, ganz verschiedene Bilder bei Fixation im Dunkeln und Licht geben, wirken auch manche Mittel ganz verschieden. Wie GERMER!) betont, härtet Chromsäure bei Lichtzutritt stärker als im Dunkeln; z. B. verliert Gelatine im ersten Falle ihre Wasserlöslichkeit, im letzteren nicht. Auf die Wichtigkeit des Lichtausschlusses bei der Behandlung chromierter Objekte mit Alkohol hat H. VırcHow?) hingewiesen. 8. und schließlich sei die anscheinend selbstverständliche, aber doch oft außer acht gelassene Forderung betont, daß nur lebender Gewebe als Gegenstand der Fixation in Betracht, die Fixierungs- flüssigkeit reichlich zur Anwendung kommen soll und die Durch- tränkung der Gewebestücke möglichst rasch und gleichmäßig er- folgen soll; am besten in der rotierenden Trommel von THoma’) oder durch freies Aufhängen des Objektes in Gazesäckchen oder im Platin- netz [|SCHAFFER®)] innerhalb der fixierenden Flüssigkeit. Allerdings muß zu diesem Punkte schon hier bemerkt werden, daß es noch nicht entschieden ist, ob die gewaltsame Abtötung des lebenden Gewebes, in erster Linie der Zellen, nicht stärkere Struktur- veränderungen hervorruft als das natürliche Absterben mit un- mittelbar nachfolgender ‚‚Fixation“. Mit anderen Worten, unsere gewiß wertvollen Kenntnisse über die Wirkung der Fixationsmittel auf alle möglichen toten Eiweißkörper bedürfen einer Ergänzung durch die genauere Kenntnis der strukturellen, mit dem Mikroskope er- faßbaren Veränderungen, welche das einfache Absterben an den (Geweben hervorrufen. Unter Umständen kann man durch Fixation abgestorbener Gewebe auffallend günstige Erfolge bekommen, welche 1) Über den Einfluß der gebräuchlichen Konservierungs- und Fixations- methoden auf die Größenverhältnisse tierischer Zellen. Inaug.-Diss. Berlin 1893. 2) Über die Einwirkung des Lichtes auf Gemische von chromsauren Salzen (resp. Chromsäure), Alkohol und extrahierten organischen Substanzen. Tech- nische Mitteilung. Arch. mikr. Anat. Bd. 24, 1885, S. 117. 3) Ein Apparat zum raschen Fixieren und Erhärten von Gewebeteilen. Zeit- schr. wiss. Mikr. Bd. 19, 1894, S. 333. 4) Eine einfache Vorrichtung zum raschen Entwässern histologischer Ob- jekte. Zeitschr. wiss. Mikr. Bd. 16, 1899, S. 422. 359 Tatsache von BECHER und Demott) dahin erklärt wird, daß solche Gewebe (Zellen) dem Eindringen der Flüssigkeit nicht mehr den aktiven Widerstand des Lebenden entgegensetzen. Dafür daß ein solcher Widerstand geleistet wird, spricht ja das Verhalten lebenden Pretoplasmas gegen Farbstoffe. TELLYESNIczKY?) sieht es als bewiesen an, daß die allzu ener- gische unmittelbare Wirkung der fällenden Fixierer eigentlich als eine ungünstige zu betrachten ist. Man hat diese Wirkung vielfach durch eine der Fixation vorangehende Narkose zu verbessern gesucht. Unbedingt erforderlich ist aber die Fixation aus dem Leben heraus bei allen Driisenzellen, deren Produkte oft durch das bloBe Absterben (z. B. Magenepithel, Schleimzeilen) schon stark verändert werden. Auf einige der im vorstehenden berührten Punkte sei im fol- genden etwas näher eingegangen. Das Diffusionsvermögen — die Diffusionsgeschwindigkeit und -kraft — der Fixierungsmittel kann sehr verschieden sein, ist jedoch mit dem Fällungsvermögen der wichtigste Faktor für den Ausfall der Fixierung. Wir verdanken TELLYESNICZKY?) eine syste- matische Untersuchung über die Diffusion der bekanntesten Fixie- rungsflüssigkeiten an verschiedenen parenchymatösen Organen (Leber, Milz, Gehirn, Niere), die er in der Weise angestellt hat, daß er das Vordringen der Flüssigkeit in verschiedenen Zeiträumen festgestellt hat. Seine Ergebnisse decken sich nicht vollständig mit den Angaben anderer Autoren. Während z. B. nach GEroTA®) Formalin rascher als alle bekannten Fixierungsmittel in die Objekte eindringen soll, wäre die 4proz. Lösung nach TELLYESNIczkY in 26 Stunden weniger tief eingedrungen als 8 proz. Kaliumbichromat, das nach v. WASIELEwWSKIT?) nur sehr langsam eindringt. Allerdings führt TEeLLYESnIczKY starke Formalinlösungen auch unter den rasch diffundierenden Flüssig- keiten an, wie Ja überhaupt die Konzentration eine wichtige Rolle beim Ausfall der Fixation spielt; Säuren vermögen z. B. nur in stärke- 1) Einführung in die mikroskopische Technik, Leipzig 1913, S. 32. 2) Ergebn. Anat. Entw. 1. c. S. 26. 3) Fixation — Enzyklopädie der mikr. Technik, 2. Aufl., 1910. 4) Contribution & l’étude du formol dans la technique anatomique. Inter- nat. Monatsschr. anat. Phys. Bd. 13, 1896, S. 108. 5) Uber Fixierungsflüssigkeiten in der botanischen Mikrotechnik. Zeit- schr. wiss. Mikr. Bd. 16, 1899, S. 331. 360 rer Konzentration Nukleinsäure zu fällen, verändern kollagene Fi- brillen nicht, während verdünnte Säuren sie zur Quellung bringen!). Umgekehrt macht stärkere Essigsäure (5 proz.) Zellkerne quellen, wäh- rend 1 proz. eine mäßige Schrumpfung bewirkt [FLemming?)]. Pikrin- säure soll nach TELLYESNICZKY nur langsam diffundieren (nach 26 Stunden war sie erst 21/. mm tief eingedrungen), nach anderen (v. WASIELEWSKI) sehr leicht eindringen. Vielleicht ließen sich durch eine andere Versuchsanordnung, etwa nach der Art des Diffusionsversuchs von BEISERINCK®), exaktere Ergebnisse erzielen. Am schlechtesten diffundieren nach Terryesniczky Platin- chlorid und Tannin, am schnellsten stärkere Trichloressigsäure- gemische und 5proz. Salpetersäure. Die Diffusionsgeschwindigkeit steigt mit der Konzentration und Temperatur. Eine makroskopisch wahrnehmbare Randwirkung verzeichnet TELLYESsNIczKY bei der Fremming’schen Mischung, Kaliumbichromat und seinen Gemischen mit Essigsäure, während doch auch Platinchlorid, Osmiumsäure, starker Alkohol und Kupfersulfat ausgesprochene Randwirkung hervorrufen. Diese verschiedene Diffusionsgeschwindigkeit muß besonders bei den Fixierungsgemischen berücksichtigt werden. So bemerkt v. WASIELEWSKI vom Essigsäure-Kaliumbichromatgemisch, daß es Protoplasma nicht so gut ungeschrumpft erhält als Kaliumbichromat allein. „Essigsäure dringt leicht ein, Kaliumbichromat sehr langsam, und so ist es denkbar, daß erstere beträchtliche Mengen von Plasma lösen oder doch löslich machen kann, ehe das Kauumbichromat seine vorteilhafte Wirkung recht zu entfalten vermag.“ Ähnlieh verhält es sich mit dem Osmium-Essigsäuregemisch, da Osmiumtetroxyd bekanntlich ebenfalls sehr langsam und wenig tief eindringt. Über das Fällungsvermögen der einzelnen Fixierungs- flüssigkeiten sind wir durch die Untersuchungen von A. Fiscuer’), 1) SCHAFFER, Versuche mit Entkalkungsfliissigkeiten. Ebendort Bd. 19, 1902, S. 308 und S. 441. 2) Zellsubstanz usw. |. c. S. 105. 3) Ein einfacher Diffusionsversuch. Zeitschr. physik. Chemie 1889, Bd. 3, S. 110. 4) Zur Kritik der Fixierungsmethoden und der Granula. Anat. Anz. Bd. 9, 1894, S. 678. — Neue Beiträge zur Kritik der Fixierungsmethoden. Ebeudort Bd. 10, 1895, S. 769 und 1. c. 361 A. Grart), BURCHARDT?), TELLYESNIczKY?), Harpy’), v. WasıE- LEWSKI®), Mann®) und W. Berg?) im allgemeinen gut unterrichtet. Diese Untersuchungen wurden teils makroskopisch im Reagenz- glas, teils mikroskopisch an verschiedenen Eiweißkörpern angestellt und haben die unleugbar wichtige Tatsache ergeben, daß die Fällung an gelösten Eiweißkörpern Strukturen hervorrufen kann, die solchen an fixierten Geweben und Zellen ähnlich sind: Granula und fidige, teilweise fein netzartige Gerinnsel [Fr. SchwArz®), A. Fischer] oder auch Hohlkörper und granulierte Häute (W. Bere). So wertvoll diese Beobachtungen sind, können sie doch die an lebenden Objekten — unter stetem Vergleich mit dem unversehrten — angestellten über Veränderungen durch Fällungsmittel, wie sie ziel- bewußt zuerst FLEMMINnG durchgeführt hat, nicht ersetzen. Anderer- seits können die auf die erste Weise gewonnenen Erfahrungen, wie BERG mit Recht betont hat, nicht ohne weiteres auf die Fixation des lebenden Objektes übertragen werden. Immerhin muß man sich die Tatsachen, deren Kenntnis wir den Untersuchungen von A. FISCHER, Harpy, Mann und Bere verdanken, bei der Beurteilung des Fixie- rungsvorganges stets vor Augen halten. Sie sind teilweise von Mann in einer, auch von TELLYESNIczKY°) mit einer wichtigen Richtig- stellung übernommenen Tabelle übersichtlich zusammengestellt, aus der folgendes zu ersehen ist: Die größte Fällungskraft besitzen Sublimat und Platinchlorid, welche alle untersuchten Eiweißkörper 1) On the use and properties of a new fixing fluid (chromo-oxalic) with preli- minary notes upon the fibrillar structure of the ganglion cells and introductory remarks upon the methods of fixation in general. Contr. path. instit. New York state Hospit. V. 1 and 2, 1896/97, No. 15 (State Hosp. Bull. V. 2, 1897, S. 368). 2) Bichromate und Zellkern. La Cellule T. 12, fasc. 2, 1897, S. 337. 3) lL. e. 4) On the structure of cell protoplasm. Journ. of Physiol. 1899, V. 24, S. 301. — A preliminary investigation of the conditions which determine the sta- bility of irreversible Hydrosols. Proceed. Roy. Soc. London V. 66, 1909, S. 100. 155) 15 6) Physiological Histology. Methods and theory. Oxford 1902. 7) 1. e. und: Beiträge zur Theorie der Fixation mit besonderer Berücksichti- gung des Zellkerns und seiner Eiweißkörper. Arch. mikr. Anat. Bd. 62, 1903, S. 367. — Die Veränderungen des Volumens und Gewichtes des Gewebes bei der histologischen Fixation, dem Auswässern, der Härtung und der Paraffin- einbettung. Vorl. Mitt. Anat. Anz. Bd. 31, 1907, S. 252. 8) Couns Beitr. z. Biol. d. Pflanzen V, 1887, S. 1. 9) Enzyklopädie der mikr. Technik von R. KRAUSE, 2. Aufl., 1910. 362 wasserunlöslich iällen, sowohl bei saurer als alkalischer Reaktion. Daran schließt sich 1 proz. Chromsäure, welche nur mit Amphipepton keine Fällung gibt; weiter Azeton, absoluter Alkohol, Tannin, deren Fällungen zum Teil, Pikrinsäure, deren Fällungen sämtlich in Wasser löslich sind. Formaldehyd, Osmiumtetroxyd und Kaliumbichromat, welche nur bei saurer Reaktion wasserunlöslich fällen und welche alle drei die Fette gut erhalten Die ersteren zwei fällen Eiweiß in alka- lischer Lösung nicht, härten aber sehr stark. Endlich Salpetersäure und Essigsäure, welche manche ihrer Fällungen im Überschuß wieder lösen. Mikroskopisch bewirken alle diese Fällungsmittel auch in vorher homogenen, kolloidalen Flüssigkeiten, wie schon erwähnt, das Sicht- barwerden von Strukturen verschiedenster Art, als Körnchen, netz- artige Fadengerüste oder parallelfaserige Streifungen, durchbrochene oder geschlossene Wabenwände, wobei sich immer zwischen diesen festeren Teilen Flüssigkeit ansammelt (Phasentheorie von Harpy; siehe unten). Dabei hat man es insofern in der Hand, durch Änderung in der Versuchsanordnung die eine oder die andere dieser Strukturen hervorzurufen, als die Struktur von der Art, Konzentration, Tempera- tur des Fixierungsmittels, und der Art des Kolloids abhängig ist. Bekannt ist in dieser Hinsicht die Einteilung der Eiweißkörper durch A. FiscHER in Granula- und Gerinnselbildner, die Tatsache, daß Ei- weiß oder Schleim bei Fixation unter orientiertem Zug parallelfaserige Strukturen zeigen usw. Wie beim Fixieren kommt es aber nach Harpy auch beim Fr- starren durch Abkühlung oder beim Absterben zur Bildung zweier Phasen, einer festen (Gerüst) und einer ilüssigen (Vakuolen). Er hat auch die Maschenweite in verschieden fixiertem Hühnereiweiß gemessen und findet sie am geringsten nach Osmiumsäure (0,5—0,7 p), am größten nach Sublimat (1,7 p), weniger groß nach Kaliumbichro- mat (1,3 p). Nach Berg wäre die Vakuolisation nach Sublimat verhältnis- mäßig schwach, stark nach Pikrinsäure und Platincllorid, am ge- ringsten ebenfalls nach Osmiumsäure. Diese Maschengröße kann sich aber noch ändern, wenn die ur- sprüngliche Maschenflüssigkeit durch eine andere ersetzt wird, d. h. die Nachbehandlung kann auch an fixierten Objekten sekundäre Vor- änderungen, Verschiebungen hervorrufen. So kann z. B. nach Bere Sublimatfixierung die Schrumpfung bei nachfolgender Alkohol- behandlung nicht hindern. 363 Je unveränderlicher die Maschengröße, d. h. je starrer die Waben- wände oder die Gerüstbalken, desto stärker und in gewissem Sinne vollkommener ist die Fixation. Wie sehr diese aber auch von der Natur des verwendeten Kolloids abhängt, geht am besten aus der Tatsache hervor, daß nach Bere!) Formalin an nukleinsaurem Pro- tamin weder Starre noch Wasserunempfindlichkeit hervorruft, wäh- rend es nach GERoTA?) Gelatine in einen, selbst beim Kochen unlös- lichen Zustand überführt?) oder, wie ich*) gezeigt habe, kollagene Fibrillen so starr macht, daß sie ihre hervorstechendste Eigenschaft, die Quellbarkeit in Säuren, verlieren. Selbstverständlich müssen alle diese Erfahrungen den Verdacht nahelegen, daß die an fixierten Zellen und Geweben beobachteten ähn- lichen Strukturen ebenfalls ein Artefakt sind. Daraus aber den zwingenden Schluß zu ziehen, daß solche Strukturen im lebenden Protoplasma oder Gewebe nicht vorhanden sind, scheint auch nicht gerechtfertigt. Hat man doch seinerzeit auch die Kerne als durch teagentien hervorgerufene Bildungen deuten wollen! Und heute wird wohl niemand mehr an ihrem Vorhandensein in den Zellen zweifeln. Ähnlich verhält es sich mit anderen vorgebildeten festeren Teilen im Protoplasma, die in der lebenden Zelle wegen ihres gleichartigen Brechungsvermögens nicht oder nur sehr schwer sichtbar sind, wie ja seit den Beobachtungen FrLEemminGs (besonders an Knorpelzellen) kaum bezweifelt werden kann. Daß solche testere Betandteile in der Eizelle z. B., wenn auch nur in einer gesetzmäßigen Anordnung bestimmter Protoplasmateile, vorhanden sein müssen, die dann durch die Fixierung eben nur deutlicher hervortreten, geht schon aus den Erfahrungen der Entwickelungsgeschichte hervor, und sei darüber u. a. auf die Leipziger Antrittsvorlesung von C. RAgı?) und die Rek- toratsrede v. EBNERS®) verwiesen. Der Fällungsvorgang bei der Fixation wird also stets Verände- rungen in der Anordnung, d. h. Verschiebungen der lebenden Teil- 1) Arch mikr. Anat. Bd. 65, 1905. 2) 1. c. 3) Nach der Tabelle von Mann soll es mit Gelatine keine Fällung geben. 4) Versuche mit Entkalkungsflüssigkeiten, 1. c. 5) Über „organbildende Substanzen‘ und ihre Bedeutung für die Ver- erbung. Leipzig 1906. 6) Das Strukturproblem der lebenden Substanz. Wien 1907. 364 chen, bewirken, kann aber auch neue, ım Lebenden nicht vorhandene körperliche Bildungen hervorrufen. Je geringer die ersteren sind und je weniger das letztere der Fall ist, desto eher wird das fixierte Bild einen Schluß auf die Verhältnisse im Lebenden gestatten, desto besser oder schonender wird die Fixation sein. Gröbere Verschiebungen werden um so eher vermieden werden, je rascher die Diffusion und je schonender und vollständiger die fällende (härtende) Kraft des Fixationsmittels ist. Rasche Diffusion bei mangelnder Fällungskraft wird schon rein mechanisch starke Verschiebungen hervorrufen können, besonders in den Oberflächen- schichten. Die Veränderungen durch Lösung sind meist ohne weiteres ver- ständlich; so die von Fetten, Myelin, Lezithin usw. durch starken Alkohol, Chloroform, Äther [Fettsäuren werden aber auch durch die besten Fixierungsgemische (Kal.-bichr.-Osmium-Platinchlorid-Essig- säure von Linpsay, Chrom-Osmium-Kssigsiiure nach LAGUESSE, Kal.- bichr.-Formoi nach REGAUD) in beträchtlichen Mengen gelöst (MAYER, SCHAEFFER und RATHErY!)]; von Kalksalzen durch Säuren, von Glykogen, Chondroitinschwefelsäure, gewissen Zellgranulationen, wie z.B. in den Mastzellen, Schleimzellen usw., durch verdünnten Alkohol oder wässerige Flüssigkeiten. Aber auch gewisse andere, durch Säuren gefällte Eiweißkörper werden bekanntlich im Überschuß der Säure gelöst. Kal.-bichr. löst Nukleolen [Fremming?)]; Chromsäure (0,1—1%) das Proto- plasma der Samenzellen [TeuLrLyesniczky®)]|; basische Flüssigkeiten einen großen Teil des Zellprotoplasmas [Grar*)|. Daß Wasser durch absoluten Alkohol gefällte Eiweißkörper (hauptsächlich Nukleinsäure und Deuteroalbumose), sowie al!e durch Pikrinsaure bewirkten Fällungen wieder auflöst, wurde schon erwähnt. Durch Wasserentziehung werden meist starke Schrumpfiungen und damit nicht nur beträchtliche Veränderungen der äußeren Form- verhältnisse, sondern auch Umänderungen der bestehenden, und ein Auftreten neuer Strukturen (BERG, 1905) bewirkt. Insbesondere sind damit Verschiebungen, Stauchungen, Entstehung von Pseudostruk- 1) Valeur de quelques méthodes histologiques pour la fixation des corps gras. C. R. Soc. Biol. Paris T. 74, 1913, S. 241—243. 2) 1879, 1. c. 3) 1898, 1. c. 4) lic. 866 turen verbunden, wie dies am besten vom wasserreichen Knorpel- gewebe durch die Untersuchungen von SOLGER!, STUDNICKA?) u. a. bekannt 1st. Diese Wirkung kann auch durch vorhergehende Fixation (FLEM- mines Gemisch, Sublimat; GERMER |. ce.) nicht ganz verhindert werden. Bei der Wirkung des absoluten Alkohols ist auch dessen stürmische Diffusion und Lösungskraft zu beachten | KrrrsTEINER’)]. Hierher gehört auch die Wasserentziehung durch Trocknen; wasserarme, dicht gebaute Elemente, wie z. B. die Spermienköpfe und wie erwähnt die roten Blutscheibehen, werden dadurch am wenigsten verändert. Aber alle diese Wirkungen oder Faktoren werden wesentlich von der Schichttiefe des betroffenen Objektes beeinflußt. Die Fixierungsflüssigkeit trifft in ihrer unveränderten Zusammen- setzung und Beschaffenheit nur die oberflächlichen Teile; bei der Diffusion in die Tiefe wird Konzentration und Zusammensetzung, aber auch die Diffusionsgeschwindigkeit der fixierenden Flüssigkeit schon durch Beimischung von Gewebswasser und durch die Dialy- satorwirkung der oberflächlichen Schichten verändert. Daher sehen wir die volle chemische und physikalische Wirkung der Fixierungs- flüssigkeit nur in den Oberflächenschichten zum Ausdruck kommen. Allgemein bekannt sind in dieser Hinsicht die Randwirkung des stark wasserentziehenden Alkohols oder die der Osmium-Essigsäure- Gemische, bei denen in den Randteilen die Osmiumwirkung, in der Tiefe fast nur mehr die reine Essigsäurewirkung zur Geltung kommt. So weist v. WASIELEWSKI darauf hin, daß man mit dem Essig-Osmium- Pikrinsäure-Platinchlorid-Gemisch (vom RarH) eine grobe Proto- plasmastruktur in den Innenpartien, eine ganz gleichmäßig feinkör- nige in den äußeren der Schnitte erhält. Wenn der Autor die geänderte Wirkung in der Tiefe auf eine steigende Konzentration des Fixierungsmittels zurückführt (l. e. 1) Die Wirkung des Alkohols auf den hyalinen Knorpel. Festschrift für A. v. KöLuiker. Leipzig, W. Engelmann, 1887. 2) Über einige Pseudostrukturen der Grundsubstanz des Hyalinknorpels. Arch. mikr. Anat. Bd. 66. 1905. 3) Unte:suchung über die Einwirkung des denaturierten Alkohols auf tieri- sche Organe und seine Verwendbarkeit in der mikroskopischen Technik. Zeit- schr. wiss. Mikr. Bd. 26, 1909. 366 S. 334), dürfte dies wohl auf einem Irrtum beruhen. Auch andere Osmiumgemische zeigen nach v. WASIELEWSKI diese verschiedene Wirkung. Daß das Chromosmiumessigsäure-Gemisch in den Rand- teilen nur das Kernkörperchen, im Inneren nur das Chromatingerist der Kerne hervortreten läßt, hat schon FLEmming!) festgestellt. A. FiscHer (I. ce. 5. 28) sieht in der von DRÜNER?) — allerdings nicht ganz richtig — geschilderten Randwirkung dieses Gemisches: scharfe Fixierung der chromatischen Schleifen, Umwandlung des übrigen Zellinhaltes in einen feinkörnigen Detritus oberflächlich; gute Er- haltung der achromatischen Strukturen in der Tiefe — die reine Uhromsäurewirkung, da dieser Komponent des Gemisches die größte Fällungskraft besitzt. Im Inneren erscheint diese Wirkung abge- schwächt, ‚weil hierhin ja nur verdünnte Uhromsäure vordringt“. Nach den Erfahrungen von BURCHARDT?) erhält rein essigsaure Bichromatlösung Mitosen in der Nähe der Oberfläche, wo die Lösung zuerst zur Wirkung kommt, gut, während die tiefer gelegenen Kern- teilungen schlecht fixiert sind. Absoluter Alkohol erhält das Giykogen nur in den Randteilen gut; in der Tiefe kommt es schon zu Lösungserscheinungen. Fett wird durch Osmiumsäure nur in den oberflächlichen Teilen fixiert und geschwärzt; in der Tiefe kommt es bei der nachträglichen Alkohol- behandlung zur Lösung. Die Enzymkörnchen oder Prämuzingranula in Drüsenzellen werden auch nur in oberflächlichen Schichten erhalten. Knorpel- zellen werden ungeschrumpfi, als ihre Höhle vollkommen ausfüllende Gebilde nur in wenige Zellschichten dieken Stücken auch durch die besten Fixierungsmittel erhalten, während sie in der Tiefe etwas dickerer Knorpelstiickchen alle retrahiert erscheinen. Die Fibrillen der marklosen Nerven werden nur in ganz oberflächlichen Lagen durch Osmiumtetroxyd oder Gemische dieses in situ erhalten; in tieferen Schichten quillt bereits das Neuroplasma und drängt die Fibrillen in Form der bekannten Fibrillenringe an das Neurilemm. Die Beispiele könnten leicht vermehrt werden: sie genügen Je- doch, um einmal die Berechtigung zu erweisen, zwischen einer guten 1) Über die Wirkung von Chromosmiumessigsäure auf Zellkerne. Arch. mikr. Anat. Bd. 45; 1895, S. 162. 2) Studien über den Mechanismus der Zellteilung. Jenaische Zeitschr. Naturw. Bd. 28, 1894, S. 275. ; 3) cen 8.300 u.f. 367 und schlechten Fixierung zu unterscheiden, und dann wieder einmal daran zu erinnern, daß wir eine gute Fixation nur an wenige Millimeter dieken Gewebe- oder Organstücken, die direkt von der Fixierungs- flüssigkeit getroffen werden, erwarten dürfen. Diese Tatsache wird leider noch immer nicht berücksichtigt, besonders von jenen Kollegen, die oft in der Lage wären, dem Histologen wertvolles, lebenswarmes Material vom Menschen zu liefern. Sollen größere Objekte, ganze Tiere oder Embryonen fixiert werden, dann ist es unerläßlich, das Fixierungsmittel von einer mög- lichst großen Oberfläche, d. h. jener des Gefäßsystems, aus einwirken zu lassen, indem man nach Durchspülung zur Entfernung des Blutes das Fixierungsmittel in die Blutbahn injiziert. Man vergleiche betreffs dieser Technik Gorer!), DE QUERVAIN?), Mann?), Mc FARLAND®), B. D. Myens®), KoLmer®), Frhr. v. Wieser’). Hier sei auch darauf hingewiesen, daß Fixierungsflüssigkeiten durch natürliche Oberflächenbildungen (Epithelhäutchen, zellige oder bindegewebige Membranae propriae) leichter eindringen als an künstlich gesetzten Schnittflächen, bei denen die entstehende Ge- rinnungsschicht dem raschen Eindringen der Fixierungstlüssigkeit größeren Widerstand entgegensetzt. Was nun den Einfluß der Natur der Gewebeelemente auf die Fixation anlangt, so muß ganz allgemein betont werden, daß dasselbe Fixierungsmittel bei Geweben verschiedener Herkunft sehr verschieden einwirken kann, was besonders FLEMMING für die Zelle eingehend dargelegt hat. Auch aus den Angaben von BURCHARDT und TELLYESNICZKY ist zu ersehen, daß z. B. chromsaure Salze auf Ei- und Samenzellen ganz anders wirken als auf andere. Nach KaisEr- 1) Arch. ital. biol. V. 7, 1886, S. 30. 2) Über die Veränderungen des Zentralnervensystems bei experimenteller Kachexia thyreopriva der Tiere. VIRCH. Arch. Bd. 133, 1893, S. 481. 3) Über die Behandlung der Nervenzellen für experimentell histologische Untersuchungen. Zeitschr. wiss. Mikr. Bd. 11, 1894, S. 482. 4) Histological fixation by injection. Journ. appl. Microskopy V. 2, 1899, S. 541. 5) Fixation of tissues by injection into the arteries. JoHNn Hopxins Hosp. Bull. V. 16, 1905, Nr. 167. 6) Erfahrungen über die Fixation ganzer Tiere. Anat. Anz. Bd. 42, 1912, Ss 47. 7) Ein Durchspülungsapparat zur Fixierung ganzer Tiere. Zeitschr. wiss. Mikr:. B2.129, 1912,18. 535; 368 LING und GERMER!) verhalten sich rote Blutkörperchen verschiedener Tiere ganz verschieden gegen dasselbe Fixierungsmittel. Aber auch das gleiche Objekt kann, mit derselben Fixierungs- flüssigkeit behandelt, verschieden aussehen, was man mit FLEMMING (Zellsubstanz 1. e. 5. 381) mit Recht auf verschiedene physikalische (und chemische) Zustände des Gewebes zurückzuführen berechtigt sein dürfte. Bei den roten Blutkörperchen scheint z. B. ihr Alter eine Rolle zu spielen, indem jugendliche Formen gegenüber dem Chromosmiumessigsäure-Gemisch sich ganz anders verhalten als alte. Im besonderen werden hier die unter 3a—f angeführten Punkte zu berücksichtigen sein. Was den Punkt 4 anlangt, so stellen TruıLyEsniczky, Ham- BURGER’), W. Bera’), F. Buum®) u. a. einen Einfluß des osmo- tischen Druckes der Fixierungsflüssigkeit auf den Ausfall der Fixation in Abrede, während SsöBRInG, Mann, VERMAAT®), DEK- HUYZEN®), SPALTEHOLZ’), H. STOELTZNER®), TOBLER°), HöBER!P) u. a. gegenteiliger Ansicht sind. Prüft man die Beweise, die von jeder dieser Gruppen zur Stütze ihrer Anschauung beigebracht werden, so sieht man, daß sie von sehr ungleichen Voraussetzungen ausgehen. Die Frage wird aber ver- schieden beantwortet werden, einmal je nachdem es sich um die Fixierung isolierter oder oberflächlich gelegener Zellen oder um die ganzer Gewebe- und Organstiicke handelt und dann je nach der fixierenden Kraft der verwendeten Flüssigkeit. 1) Über den Einfluß der gebräuchlichen Konservierungs- und Fixations- methoden auf die Größenverhältnisse tierischer Zellen. VIRCH. Arch. Bd. 133, 1893, 8. 79. 2) Osmotischer Druck und Ionenlehre. Bd. 1, Wiesbaden 1902, S. 463; Bd. 3, 11904, 8: 511) u. f. 3) L905. lave: 4) 1910, 1. c. 5) Untersuchungen über das Oberflichenepithel des Magens. PETRUS CAMrER, DI. III, Afl. 2, S. 209 u. f. 6) Ein isotonisches Fixiermittel für Bergen. Bergens Museums Aarbog 1904, Nr. 7. 7) Mikroskopie und Mikrochemie. Leipzig, S. Hirzel, 1904. 8) Der Einfluß der Fixierung auf das Volumen der Organe. Zeitschr. wiss. Mikr. Bd. 23, 1906, S. 14. 9) Fehlergröße einiger Fixierungsmethoden und Quellung einer Algen- membran. Ebenda Bd. 26, 1909, S. 51. 10) Physikalische Chemie der Zellen und Gewebe, 4. Aufl., 1914, S. 81. 369 Es waren gerade die Beobachtungen HAMBURGERS über den Einfluß anisotonischer Flüssigkeiten auf die Form der roten Blut- körperchen, welche HößeEr veranlaßten, isotonische Konservierungs- flüssigkeiten zu empfehlen; denn es schien von vornherein wahrschein- lich, daß hypertonische Flüssigkeiten eine Schrumpfung, hypo- tonische eine Quellung hervorrufen müßten, wie dies an den roten Blutkörperchen beobachtet worden war. Als eines der ältesten Bei- spiele dafür wurde die Beobachtung von Borrazzr angeführt, nach welcher Selachiergehirne in MürLLers Flüssigkeit bis zum Platzen quellen. Der Autor führte diese Erscheinung mit Recht auf den zu geringen osmotischen Druck der Mürrer’schen Flüssigkeit zurück. Er konnte die Quellung in der Tat auch durch Erhöhung des Salz- gehaltes der Mürner’schen Flüssigkeit vermeiden. Aus dieser Erfahrung kann jedoch kein Schluß auf den Einfluß der Anisotonie auf den Vorgang der Fixation gezogen werden, da es sich gar nicht um letztere, sondern um die langsame Wirkung eines Härtungsmittels handelt, welches sekundäre Veränderungen der ein- gebrachten Gewebe zuläßt, wobei sich allerdings der Einfluß des osmotischen Druckes bemerkbar machen kann. VERMAAT erhielt mit einigen isotonischen Fixierungsmitteln an der Magenschleimhaut bessere Erfolge als mit einer ebenfalls isoto- nischen FrLemming’schen und fast isotonischen Aurtmann’schen Mischung, so daß der bessere Erfolg auf die geänderte Zusammen- setzung und nicht auf die Isotonie zurückzuführen sein dürfte. Am gleichen Objekt (Magen von Säugetieren) sah DEKHUYZEN bei Anwendung von FLEemMines starkem Chromosmiumessigsäure- Gemisch eine starke Schrumptung der Belegzellen, die er vermeiden konnte, wenn er den Gehalt des Gemisches von 5%, Essigsäure (A 1,9 nach VERMAAT) auf 1% erniedrigte. Diese Flüssigkeit hatte eine Gefrierpunkterniedrigung von 0,528, näherte sich also in ihrem osmo- tischen Druck dem des Säugetierblutes, so daß DEKHUYZEN geneigt ist, die bessere Wirkung (geringere Schrumpfung) auf die Isotonie der Fixierungsflüssigkeit zurückzuführen. Es kann sich in diesem Falle aber auch nur um die durch den geringeren Prozentgehalt der am raschesten eindringenden Essigsäure geänderte Wirkung handeln. HELENE STOELTZNER hat durch vergleichende Volumbestim- mungen an verschieden fixierten parenchymatösen Organen einen Einfluß des osmotischen Druckes der Fixierungsflüssigkeit auf Quel- Anat. Anz. Bd. 51 Aufsätze. 24 370 lung oder Schrumpfung nachzuweisen versucht und in der Tat in einer mit Sublimat gesättigten 41/,proz. Rohrzuckerlösung, die für Warmblüter isotonisch ist, die günstigsten Erfolge erhalten. Solche Versuche sind jedoch deshalb zur Entscheidung der Frage nicht zu verwerten, weil, wie BERG!) richtig bemerkt, das Gesamtvolumen erhalten sein kann und im Inneren die stärksten Veränderungen aufgetreten sein können. Ich erinnere in dieser Hinsicht an meine Erfahrungen bei der Fixation von quergestreiften Muskeln?) mit Os- miumsäure und Palladiumchlorid. Dabei ändert sich der Umfang des Muskels nicht sehr und doch sieht man die Muskelfasern nur in einer oberflächlichen, ringförmigen Zone gut fixiert, während sie im Inneren entweder stark gequollen (in der Mitte) oder plattgedrückt sind (zwischen Mitte und Oberfläche). ToBLER hat an einem sehr quellungsfähigen Objekt, den Mem- branen der Meeresalge Polysiphonia, anscheinend einen Einfluß der Isotonie der Fixierungsflüssigkeit nachgewiesen, indem ein Gemisch von 1 Teil Formalin und 20 Teilen Seewasser wenigstens im Be- ginne der Einwirkung keine Quellung hervorrief; nach 2 Tagen trat sie allerdings auch ein, war aber bei stärkerem Formalingehalt (schwächerem Salzgehalt) immer bedeutend stärker. Aber auch dieser Fall kann nicht etwa als Beweis für die Not- wendigkeit, isotonische Fixierungsmittel anzuwenden, betrachtet wer- den, da Formalin bekanntlich nur eine geringe bis mittlere Fällungs- kraft unter gleichzeitiger Mitwirkung einer Säure besitzt, bei alkali- scher Reaktion nicht und manche Eiweißkörper überhaupt nicht fällt. Nun hat schon DEKHUYZEn, dessen vorsichtiger Stellungnahme in dieser Frage man sich wohl anschließen kann, die Möglichkeit betont, daß z. B ein hypertonisches Fixiermittel nieht durchaus eine Schrumpfung hervorrufen muß, weil der Fällungsvorgang so schnell eintreten kann, daß die Schrumpfung ausbleibt oder der Wasser- verlust ohne Volumsveränderung vor sich geht, ja, daß isotonische Flüssigkeiten unter Umständen Schrumpfung oder Quellung hervor- rufen können. So weist HAMBURGER darauf hin, daß Formolkochsalzgemisch, isotonisch mit dem Blutserum, die Blutkörperchen zum Quellen bringt. 1) Die Fehlergröße usw., 1908, 1. e. S. 7. 2) Beiträge zur Histologie der Histogenese der quergestreiften Muskel- fasern des Menschen und einiger Wirbeltiere. Sitzb. Kais. Akad. Wiss. Wien Bd. 102, Abt. III, 1897, S. 79 u. £. 371 Der Beweisführung von F. Buum!), daß der Isotonie der ver- ° wendeten Fixierungsflüssigkeit keine zu große Bedeutung zukommen kann, weil aus in Formalinlösung (1:10) eingebrachten Gewebe- stücken nur Spuren ihrer Eiweißkörper übergehen, möchte ich kein zu großes Gewicht beilegen. Ich erhalte in dem zur Fixation ver- wendeten Alkoholformalingemisch meist ziemlich reichliche flockige Niederschläge. Wichtig scheint mir dagegen die Feststellung W. Berres?), daß die mit der Fixation verbundene Vakuolisation in keiner Weise parallel mit dem osmotischen Druck einhergeht. So soll Pikrin- säure von 2% °), die den geringsten osmotischen Druck besitzt (A der gesättigten Lösung nach H. STOELTZNER 0,179), die stärkste Vakuoli- sation machen, Osmiumsäure von 2% (A = 0,162°) gar keine oder sehr geringe und 7,5proz. Sublimatlösung, die den höchsten osmo- tischen Druck besitzt (A = 0,24°), weniger als die Pikrinsäure. Aus dieser Tatsache zieht Bere den berechtigten Schluß, daß sowohl die Stärke der Fixationswirkung wie die sie begleitenden strukturzerstörenden Erscheinungen unabhängig sind vom osmo- tischen Druck der angewendeten Lösung. Schließlich macht RuBEn- THALER®) mit Recht darauf aufmerksam, daß auch das isotonische Fixierungsmittel seine Isotonie durch den Einfluß der Oberflachen- schichten verlieren müßte. Bei der Fixation spielt eben die Fällungskraft und Diffusions- geschwindigkeit der verwendeten Flüssigkeit die größte Rolle. Wird durch diese zwei Faktoren rasch eine vollkommene Starre und Wasser- unempfindlichkeit erzeugt, dann kann der osmotische Druck keine Rolle mehr spielen. Wohl aber wird er stets in Betracht zu ziehen sein, wenn es sich um Fixierungsmittel von großer Diffusionsgeschwin- digkeit, aber mangelhafter Fällungskraft handelt, so daß er zum mindesten, wie sich HöBErR ausdrückt, nicht als gleichgültig ange- sehen werden darf. Schließlich noch ein paar Worte über den Einfluß der Dauer der Fixierung. Gegen die unter Punkt 6 erwähnte Anschauung von TELLYES- Niczky, daß der Dauer der Fixierung keine Bedeutung zukomme, 1) Enzyklopädie d. mikr. Technik, 1910, S. 483 u. f. 2) 1905, 1. c. 3) In Wasser löst sich etwa nur ] % Pikrinsäure. 4) Méthode générale de fixation ayant pour but de restreindre les artefacts. Zeitschr. wiss. Mikr. Bd. 24, 1907, S. 133. 24* 372 da im Fixierungsmittel eine Veränderung ausgeschlossen sei, sprechen eine Reihe von Erfahrungen. Allerdings handelt es sich hier nicht um Unterschiede von wenigen Stunden, so daß es HERMANN!) mit Recht als eine unnötige Sorgfalt bezeichnet hat, wenn z. B. PLATNER?) die Fixierungsgemische nur !/;—1 Stunde einwirken ließ. Manche Fäl- lungsmittel brauchen länger, um ihre volle Wirkung zu entfalten. Längere Einwirkung von Chromsiure, Pikrinsäure, Goldchlorid, besonders aber Alkohol bewirkt aber nach FrLEMmMmING?) stärkere Schrumpfung der Kerne, während KiTtstTeEiner (l. ce.) bei längerer Einwirkung des denaturierten Alkohols die Zahl der geschrumpften Kerne vermehrt fand. Monatelanges Verweilen von Präparaten in starken Formalinlösungen zerstört nach J. Buum*) den Blutfarbstoff und, wie schon erwähnt, sah ToBLER nach zweitägigem Verweilen seines Untersuchungsobjektes in Formalinseewassergemisch die im Beginn fehlende Quellung eintreten. Aber auch chemische Veränderungen können nach FLEMMING die Strukturteile bei längerem Aufenthalte in der Fixierungsflüssig- keit — FtLEemMmInG®) selbst hielt einen wochen- und monatelangen Aufenthalt der Objekte in seinem Chromosmiumessigsiure- Gemisch für zulässig — erfahren. Besonders die dabei zur Geltung kommenden Oxydationsvorginge und Lösungserscheinungen (s. oben) können von Nachteil, allerdings auch von Vorteil für die färberische Differen- zierung mancher Elemente sein und verdienen insofern unsere Auf- merksamkeit. An Präparaten, die sehr lange in Kaliumbichromat gehärtet wurden, geht die Blaufärbung der inneren Wurzelscheide des Haares mit Hämatoxylin verloren | temmine®)], während jahrelange Ein- wirkung von Alkohol auf Kopfhaut, welche in‘ Kochsalzsublimat fixiert war, eine isolierte Färbung der Epidermikula des Haares mit Hämatoxylin ermöglicht). Langdauernde Einwirkung von chrom- sauren Salzen beraubt den unverkalkten Knorpel seiner Färbbarkeit 1) Technik. Ergebn. d. Anat. u. Entw. Bd. 2, 1892, S. 26. 2) Beiträge zur Kenntnis der Zelle und ihrer Teilungserscheinungen. Arch. mikr. Anat. Bd. 33. 3) Zellsubstanz, 1. ec. S. 105. 4) Enzyklopädie d. mikr. Technik, 2. Aufl., 1910, S. 485 u. f. 5) Mitteilungen zur Färbetechnik. Zeitschr. wiss. Mikr. Bd. 1, 1884. 6) ScHAFFER, Kleinere histologische Mitteilungen. 3. Uber eine isolierte Färbung der Haarkutikula (Epidermikula). Verhdlg. Anat. Ges., 28. Vers., Inns- bruck 1914, 8. 151. 373 mit Hämatoxylin; der verkalkte behält sie, so daß er auf diese Weise allein durch die Färbung nachweisbar bleibt [|Pommert)]. An gechromtem Material, das jahrelang in Alkohol aufbewahrt wird, verlieren die Zellkerne ihre Färbbarkeit, während die elastische Substanz elektiv mit Hämatoxylin färbbar wird usw. Im vorstehenden wurde wieder daran erinnert, daß bei der Fixation eine große Anzahl von Faktoren kritisch in Betracht zu ziehen sind und daß wir in erster Linie den Oberflichenschichten unserer fixierten Objekte besondere Aufmerksamkeit zuwenden müssen. Geht in diesen schon der Fällungsvorgang nicht ohne ,,innere Ver- schiebungen“ |W. BErG?)] vor sich, so sind es gerade diese Schichten, welche stärkere Veränderungen erleiden können: einerseits infolge passiver Verschiebungen der Elemente durch den sie am stärksten treffenden Diffusionsdruck, andererseits, bei reizbaren Elementen, durch aktive Verschiebungen infolge des solche Elemente am stärk- sten, weil unmittelbar treffenden Reizes. Da auf diese Umstände bisher weniger geachtet worden ist, sollen im folgenden einige Beobachtungen darüber mitgeteilt werden. 1ER 1. Verschiebung von Kerninhalt. Hode und Niere einer einjährigen, noch nicht ganz geschlechtsreifen Rana esculenta wurde von meinem Assistenten Dr. V. PATZELT in dem Gemisch von 80 proz. Alkohol 2, Formol 1 fixiert und zu Schnitten verarbeitet. An diesen mit DerarıeLps Hämatoxylingemisch-Eosin gefärbten Schnitten zeigen im Hoden die oberflächlichsten, unmittelbar an der dünnen Umhüllung (M, Abb. 1) gelegenen Zellkerne ein eigentümliches Aussehen. Das Chromatin erscheint hauptsächlich an einem, und zwar dem nach innen gerichteten Kernpole, meist in Form einer Sichel angehäuft. Da die Kerne der etwas tieferen Lagen die typische Verteilung des Chromatins durch den ganzen Kern zeigen, kann kein Zweifel sein, daß es sich bei den Randkernen um eine Verschwemmung des Chromatins durch den (in der Richtung des Pfeiles) eindringenden Strom der Fixierungsflüssigkeit handelt. Dementsprechend ver- 1) Zeitschr. wiss. Mikr. Bd. 2, 1885, S. 151. 2) 1907, 1. c. 8. 252. 374 halten sich auch die Kerne in der gegenüberliegenden Randpartie des Schnittes; die Sichel- oder Halbmondbildungen in dieser sind mit ihren Konvexitäten wieder nach innen gerichtet, d. h. jenen der gegenüberliegenden Seite zugewendet. An manchen dieser so veränderten Kerne fällt eine Ausziehung des nach innen gewendeten Kernrandes in einen spitzen, zipfel- oder stielartigen (Abb. 1, bei a) oder plumperen Fortsatz auf, der stets die Färbung des Chromatins zeigt. Dadurch wird an manchen Stellen der Eindruck hervorgerufen, als würde ein Chromatinkorn oder -faden ausgepreßt werden. Doch läßt sich ein Beweis für einen solchen Vorgang nicht erbringen, insofern es nicht möglich ist, zwischen dem vorragenden Chromatinzipfel und der Kernsichel die Kernmembran Abb. 1. Abb. 2. Abb. 1. Eine oberflächliche Gruppe von Zellen aus einem Hodenkanälchen eines noch nicht vollkommen geschlechtsreifen Rana esculenta. Alk.-Formalin; Ham. DeArıerv-Eosin. C in der Richtung der eindringenden Fixierungsflüssigkeit, welche, wie in allen folgenden Abbildungen, durch einen Pfeil gekennzeichnet ist, zusammen- gedrängtes Chromatin; M Membran des Kanälchens; bei a anscheinend ausgepreßtes Chromatin. Vergr. 740. Abb. 2. Zwei ganz oberflächlich gelegene Zellen eines Nierenkanälchens vom Frosch (wie in Abb. 1). Chromatinverschiebung nach innen und Verdichtung des Zellprotoplasmas am inneren Zellpol ©. Vergr. 740. nachzuweisen. So kann man doch nur annehmen, daß letztere selbst durch den Diffusionsdruck zipfelförmig ausgezogen und in diesen Zipfel das Chromatin hineingepreßt wird. Eine ähnliche Verdrängung oder Zusammenschwemmung des Chromatins konnte nun auch an den oberflächlich gelegenen Kernen der Nierenkanälchen, die auch nur durch ein dünnes Zellhäutehen von der eindringenden Flüssigkeit getrennt waren, beobachtet werden. Bemerkenswert ist, daß die Membran dieser vorwiegend kugeligen Kerne (Abb 2) keine Ein- 375 buchtung auf der Druckseite (außen) oder Ausziehung auf der gegen- überliegenden, inneren erfahren hat, so daß ihre mechanische Wider- standsfähigkeit jedenfalls eine ziemlich beträchtliche ist, und zwar oifenbar durch eine hochgradige Durchlässigkeit (Porosität) für die andringende Fixierungsflüssigkeit. Einen Austritt von Chromatin scheint sie jedoch nicht zu gestatten. Auch das Protoplasma dieser oberflächlich gelegenen Nieren- epithelzellen ließ eine leichte Verdrängung durch den Diffusions- strom erkennen. In jenen Zellen, in denen letzterer mit der Längs- achse der Zellen zusammenfiel, wie in Abb. 2, erschien das innere Zellende dichter, stärker färbbar. Wo der Diffusionsstrom senkrecht auf die Längsachse der Zellen einwirkte, war die ganze nach innen gewendete Zellhälfte dichter, stärker färbbar mit Eosin, die der Oberfläche zugewendete gleichsam leerer, kaum gefärbt. Ich komme auf diese Erscheinung in Punkt 3 nochmals zurück. An der gegenüberliegenden Oberfläche dieses Nierenschnittes lag die Nebenniere mit ihren Zellsträngen und den eigentümlichen, oxyphilgekörnten Zellen, welche zuletzt von PatzeLt und Kusrk!) beschrieben worden sind, dicht unter dem zarten Zellhäutchen, welches die mit der Niere innig verwach- „Abb. 3. Zwei ganz ober- 4 { = ; 7 flächlich gelegene Zellen aus sene Nebenniere überzieht. der Nebenniere desselben Auch hier konnte man an den Kernen Frosches. D gewöhnliche 3 : . Drüsenzelle mit verdräng- der ganz oberflächlich gelegenen Zellen die tem Chromatin im Kern; geschilderte Verschwemmung des Chroma- 94 oxyphile Körnchenzelle, , . : deren äußerer Abschnitt a tins nach innen sehen (Abb. 3), so daß die deutlich gesonderte Körn- dadurch entstandenen, stark gefärbtensichel- hen zeigt, deren innerer ewe " : = i fast homogen erscheint. förmigen Körper dieser und der gegenüber- Vergr. 740. liegenden Seite einander zugewendet sind. Von besonderem Interesse ist dabei das Verhalten der Zellkörper der grobgekörnten Zellen (OZ). Die scharf mit Eosin gefärbten Körnchen reichen bis an die äußere, vom Diffusionsstrom der Fi- xierungsflüssigkeit zuerst getroffene Oberfläche der Zelleiber, sind also von jenem nicht verschwemmt worden. Dagegen sind die Körn- 1) Azidophile Zellen in der Nebenniere von Rana esculenta. Arch. mikr. Anat. Bd. 81/I, 1912, S. 82—91. 376 chen in dem nach innen gewendeten Zellabschnitte nicht mehr deut- lich wahrnehmbar; dieses Zellende erscheint fast homogen, aber stark rot gefärbt. Dadurch entsteht der Anschein, als seien in diesen oberflächlich gelegenen Zellen die Körnchen nur einseitig entwickelt. Nun sind sie aber sowohl nach der Darstellung der genannten Autoren als auch in den tiefergelegenen Zellen in diesem Präparate gleichmäßig im ganzen Zelleibe verteilt. Es kann somit keinem Zweifel unter- liegen, daß die Körnchen in dem inneren Abschnitte der oberflächlich gelegenen Zellen nur dadurch unsichtbar geworden sind, daß zwischen sie eine ebenfalls mit Eosin färbbare Masse aus dem äußeren Zell- abschnitte eingeschwemmt wurde. Dieser Auffassung entspricht es auch, daß die Körnchen im äußeren Zellabschnitte durch vollkommen farblose Zwischenräume getrennt werden, daher viel schärfer hervor- treten als an den in der Tiefe gelegenen Zellen. Die Erklärung für die hier geschilderte eigentümliche Anhäufung des chromatischen Kerninhaltes an einem Kernpol ist im vorstehenden schon gegeben worden. Es ist der Diffusionsdruck einer rasch ein- dringenden Flüssigkeit — in unserem Falle des Alkoholformalin- gemisches —, welcher das Chromatin des Kerns in der Richtung des eindringenden Flüssigkeitsstromes vor sich herschiebt und an die für das Chromatin impermeable Kernmembran anpreßt. Dies ist natürlich um so leichter möglich, je geringer das Fällungs- bzw. Härtungsvermögen der Flüssigkeit für das Chromatin ist. In der Tat erzeugen nach den Beobachtungen von Brrc!) Formalin keine und Alkohol nur geringe Starre, was allerdings nur für die allererste Einwirkung und das von BERG untersuchte nukleinsäure Protamin gilt. Daß aber auch bei Anwendung der besten Fällungsmittel der Diffusionsstrom noch Zeit findet, Verschiebungen von Zellinhalt, besonders in sehr wasserreichen Zellen, zu bewirken, wird sich aus dem Folgenden ergeben. Es ist selbstverständlich, daß die hier be- schriebenen Kernveränderungen auch anderen Beobachtern nicht entgangen sind, wenn auch ihre wahre Natur nicht von allen erkannt worden ist. TELLYESNICZKY?) sah bei Einwirkung von absolutem Alkohol auf Sala- manderhoden das Protoplasma und Chromatin sich überall von der Oberfläche gegen den Mittelpunkt hinziehen. An den Spermatogonien, die ja von der an- 1) Arch. mikr. Anat. Bd. 65, 1905. Pa) Insite bee teh PA ie te BIN - dringenden Flüssigkeit zunächst betroffen werden, scheint diese Wirkung am auffallendsten zu sein. Die Abb. 2 des Autors ist ganz analog der hier wieder- gegebenen Abbildung. „Nicht nur das Plasma verdichtet sich und knüllt sich in eine Ecke des bisher durch ihn eingenommenen Raumes zusammen, sondern auch im Inneren des mitgerissenen Kerns verdichtet sich das Chromatin ganz eigentümlich und bedeckt in Form eines Kegels den Kern. Die Flucht des ganzen Inhaltes der Zelle gegen den Mittelpunkt des Schnittes zu geht mit solcher Vehemenz vor sich, daß der ganze Zellinhalt in eine Ecke gedrängt wird; das zusammengeflossene und zusammengeschmolzene Chromatin tritt auch mit starker Wölbung in derjenigen Richtung hervor, welche der Einwirkung der Flüssigkeit entgegengesetzt ist. Diese Verunstaltung der Zellen geht überall senkrecht auf die Oberfläche vor sich, entsprechend dem Eindringen der Flüssigkeit.‘ Diese Schilderung steht — mit Ausnahme dessen, daß TELLYESNICZKY das Chromatin den Kern bedecken läßt, während es doch den Kern nicht ver- läßt — in guter Übereinstimmung mit meiner Beschreibung. Dagegen kann ich der Deutung, die TELLYESNICZKY für die Ursache dieser Veränderungen gibt, nicht zustimmen. Er führt diese Verunstaltungen lediglich auf die lebhafte Zu- sammenziehung der Zelle und die lösende Wirkung des Alkohols (bzw. der Nach- behandlung der Schnitte) zurück und sieht besonders in der Verschiebung des Plasmas eine spezifische Wirkung des Alkohols. Damit stimmt schlecht, wenn er im Zentrum der Einwirkung, d. h. in der Mitte des Schnittes, wo die Flüssig- keitsströme zusammentreffen, ein tadelloses Aussehen der Kerne findet und dies damit erklärt, daß hier die Zellen plötzlich von allen Seiten der Wirkung des Alkohols ausgesetzt sind, ‚weshalb sie auch diese charakteristische Verun- staltung nicht erleiden konnten‘. v. WASIELEwsKI!) schildert bei Einwirkung von absolutem Alkohol auf die Wurzelspitze von Vicia faba in den Protoblasten eine nach dem Inneren des Schnittes gerichtete Bewegung, „eine Flucht des Plasmas vor dem eindringenden Alkohol‘. Die Folge hiervon ist, daß an der nach innen, der Mediane zugewen- deten Seite jeder Zelle eine Plasmaanhäufung stattgefunden hat; bisweilen ist dabei auch der Kern mitgenommen worden, an dessen Inhalt man übrigens oft die soeben für die ganze Zelle beschriebene Erscheinung in kleinerem Maßstabe wiederholt sieht. Das heißt, wie Abb. 1 des Autors auch zeigt, die geformten Bestandteile des Kerninhaltes sind von der Kernmembran in der Richtung des eindringenden Flüssigkeitsstromes abgedrängt. Auch die Abb. 21 und 28 von MAZIARSKIT?), deren erstere ich in Abb. 4 wieder- bringe, lassen den Verdacht aufkommen, daß es sich um einseitige Verschiebung des Kerninhaltes durch das Reagens gehandelt hat. Allerdings ist aus der Be- schreibung nicht zu entnehmen, ob die abgebildeten Kerne von Idothea und Sphaeroma (Asseln) den Randpartien des Präparates entnommen sind. Die Kerne, welche in CaArnoys Gemisch (Alkohol-Eisessig) fixiert waren, zeigen eine Ele: 2) Sur les changements morphologiques de la structure nucléaire dans les cellules glandulaires. Contribution A l’&tude du noyau cellulaire. Arch. f. Zell- forschung Bd. 4, 1910, S. 444. 378 ausgesprochene Netzstruktur. Die Netzmaschen sind anscheinend vollkommen leer, nach MAZIARSKIS Beschreibung von einer vollkommen amorphen und farb- losen Masse erfüllt. Nur in dem Teil des Kerns, welcher gegen das Lumen des Ausführungsganges gewendet ist, sieht man eine körnige Masse, welche die Form eines Halbmondes, besser einer Sichel zeigt. Diese Substanz ist stark violett gefärbt mit Hämalaun, entspricht also dem Kernchromatin; sie ist nahe der Kernoberfläche angehäuft. Möglicherweise gehört auch die von RawttTz!) beschriebene Aneinander- reihung der Kerngranula zu Strängen ausnahmslos und stets an deren der zen- tralen Organpartie zugekehrten Polen in Zellen des mit FLEMMINnGS Gemisch fixierten Salamanderhodens hierher. Der Umstand, daß diese polständige Chro- matinansammlung sich in den von der Oberfläche weiter gegen die Tiefe ge- legenen Zellagen findet, könnte dahin erklärt werden, daß es sich um die Wirkung der rascher in die Tiefe dringenden Essigsäure handelt. Bekanntlich hat man die Synapsis, die ja auch in einer dichteren Zusammen- drängung des Chromatins in einer Kernhälfte besteht, von mancher Seite eben- Abb. 4. Abb. 5. Abb. 4. Kern einer Drüsenzelle von Idothea. Fixiert in Carnoys Gemisch. Haem.-Eos. Sichelförmige Anhäufung des Chromatins am Rande des Kerns. Kopie der Abb. 21 von Mazıarsky. Siehe Text. Abb. 5. Senkrechter Durchschnitt durch das Epithel eines Fliigelfelles. Lebend in Fiemmincs Gemisch fixiert. Verschiebung der Kerne und des Chromatins. Aus E. Fucus, Über das Pterygium, |. c. Vergr. 500. falls für ein Kunstprodukt infolge der Fixierung erklären wollen. Die Pseudo- synapsis, die z. B. WASSERMANN?) durch Alkoholfixierung an Wurzelzellkernen von Allium cepa hervorgerufen hat, ist allerdings als typisches Schrumpfungs- bild sehr verschieden von den hier in Rede stehenden Verdrängungs- oder Ver- schwemmungsbildern des Chromatins. Dagegen zeigen manche Bilder, welche von der Synapsis gegeben werden, große Ähnlichkeit mit den durch Chromatin- verschiebung bedingten Kernbildern; z. B. Abb. 1 von GIARDINA?®), welche einen 1) Über den Einfluß der Osmiumsäure auf die Erhaltung der Kernstruktur. Anat. Anz. Bd. 10, 1895, S. 779. 2) Zur Eireifung von Zoogonus mirus, ein Beitrag zur Synapsisfrage. Ver- hdlg. Anat. Ges., 26. Vers., München 1912, Abb. 4, 5. 3) Sui primi stadii dell’oogenesi e principalmente sulle fasi di sinapsi. Anat. Anz. Bd. 21, 1902, S. 293. 379 jungen Oozyten von Dyticus darstellt, sowie Abb. 19 desselben Autors, Sperma- tozyten des Frosches betreffend. Leider ist bei diesen Abbildungen die Lage der Kerne zur Oberfläche, von welcher her die Fixierungsflüssigkeit eingedrungen ist, nicht ersichtlich. Die Abbildungen zeigen aber zweifellos ruhende Kerne, in denen die färbbare Substanz in einer Kernhälfte angehäuft erscheint, während in der anderen ein zartes Netzwerk mit farblosen Maschenräumen sichtbar ist. Daß die echten Synapsisbilder nicht etwa durch einen Verdrängungs- vorgang des Chromatins durch die Fixierungsflüssigkeit erklärt werden können, geht schon aus der regellosen Anordnung der verdichteten Kernpole in einem und demselben Schnitt hervor. Endlich sei auf einige hierher gehörige Fälle aus der pathologischen Histo- logie, auf welche mich aufmerksam zu machen Hofrat E. Fucus die Güte hatte, hingewiesen. Sie betreffen Oberflächenepithelien; so beschrieb DE VINCENTIIS!) als kolloide Degeneration an den Zellen des vorderen Hornhautepithels eine Ver- änderung, we che im wesentlichen darin bestand, daß der Kern dieser Zellen an deren Rand geschoben erscheint und die Form eines Halbmondes angenommen hat, welcher der Zellwand angelagert ist. E. Fucus hat ähnliche Veränderungen an den oberflächlichen Epithelzellen einer Pinguecula?) und, besonders ausführlich, eines Flügelfelles®) beschrieben, welches lebend in FLEMMINGS Gemisch eingebracht worden war. Wie die hier (Abb. 5) wiedergegebene Abb. 7 von E. Fucus zeigt, waren die Kerne alle an die Basalseite der Zellen gerückt; „gleichzeitig war an den Kernen eine Anhäufung der gefärbten Substanz an der basalen Seite zu bemerken. Indem sich nun das Chromatin immer mehr nach der basalen Seite des Kerns zusammen- zieht, entsteht hier zuletzt eine scharf abgegrenzte, dunkelgefärbte Sichel, wäh- rend der vordere von Chromatin entblößte Teil des Kernes immer lichter und schließlich ganz hell wird. Man findet daher stets an der konkaven Seite der ge- färbten Sichel eine ungefärbte und daher helle Stelle... Die Kerne der basalen Zellen zeigen sich stets am wenigsten verändert, doch besteht auch hier ein schmaler heller Saum an der oberen Seite des gefärbten Zellkerns.‘‘ Fuchs faßt diese Erscheinung als eine Schrumpfung des Chromatins auf und hält es nicht für unmöglich, daß es sich um ein Kunstprodukt, z. B. durch zu langes Liegen in FLEMMINGS Gemisch, handeln könnte. Um eine solche nachträgliche Einwirkung der Fixierungsflüssigkeit kann es sich jedoch wohl nicht handeln; dagegen könnte eine aktive Verschiebung des Kerninhaltes und wahrscheinlich der Kerne selbst durch die eindringende Flüssigkeit vorliegen, wie sie bei sehr saftreichen Zellen gelegentlich auch bei Anwendung von FLEMMInGS Gemisch vorkommt, was im folgenden gezeigt wird. Ganz analoge Veränderungen kann man auch an anderen, nicht verhornten geschichteten Pflasterepithelien, wie z. B. dem des Kehl- 1) Contribuzione all’anatomia patologica dell’occhio. Napoli 1873. Wieder abgedruckt in: Lavori in oftalmologia Vol. 1, Napoli 1909, S. 13. 2) Zur Anatomie der Pinguecula. v. GRAEFES Arch. Ophthalm. Bd. 37, III. Abt., 1891, S. 169. 3) Über das Pterygium. Ebendort Bd. 38, 1892. 380 deckels, sehen. Abb. 6 stellt einige oberflächliche Lagen des vorderen Epithels vom Kehldeckel eines 6monatigen Kindes am senkrechten Durchschnitt dar. Sie läßt deutlich die Verschiebung des chroma- tischen Kerninhaltes, wohl auch die der ganzen Kerne in der Rich- tung der eindringenden Flüssigkeit erkennen, zeigt aber außerdem, daß es unter Umständen sogar zur Eindellung der Kernmembran an der Angriffsseite der Fixierungsflüssigkeit kommen kann. Im vorstehenden wurden bereits wiederholt Angaben berührt, welche darauf hinweisen, daß die eindringende Fixierungsflüssigkeit unter Umständen auch eine Verschiebung der ganzen Zellkerne oder des protoplasmatischen Zellinhaltes bewirken kann. Im folgenden seien dafür weitere Beispiele beigebracht. 2. Verschiebung von Zellkernen innerhalb der Zellen. Aus dem lebenden Uterus einer 45jährigen Frau wurde ein Stückchen Schleimhaut mit angrenzender Muskulatur herausgeschnitten und in ein Gemisch von 1 Teil Formalin und 2 Teilen SOproz. Alkohol gebracht. Bei der Unter- suchung der in Zelloidin eingebetteten, mit Hämatoxylingemisch von DELATIELD und Eosin gefärbten Schnitte lassen die dem Abb. 6. Aus einem senk- natürlichen Schnittrande zunächst liegen- en ae den, mit ihm nahezu parallel verlaufenden Fläche des Kehldeckels eines Uterinschläuche oder -drüsen, die von der sechsmonatigen Kindes. Al indringenden Fixierungsflüssigkeit nur kohol-Formalin. Verschwem- ; mung des Chromatins C; durch wenige Zellagen des Stromas getrennt Ne an waren, eine eigentümliche Veränderung er- kennen. An der von der Schnittfläche abgewendeten Seite des Schlauches, von dem in Abb. 7 der mittlere Teil des Längsschnittes wiedergegeben ist, zeigen die hohen Zylinderzellen einen dem Lumen zugewendeten kernfreien Abschnitt, der bis an die innere, freie Oberfläche gleich- mäßig rosa gefärbt ist, während die Schlußleisten als stärker rot gefärbte Punkte zwischen den Zellenden deutlich sichtbar sind. Die Zellkerne liegen in einer Zone, ganz an die Basis der Zellen gedrängt, der Membrana propria so dicht an, daß diese nicht deutlich abgrenz- bar ist. Ganz anders sind die Verhältnisse an der der Schnittfläche des Stückes zugewendeten, also dem ersten Anprall der eindringenden 381 Fixierungsflüssigkeit ausgesetzten Seite des Driisenschlauches. Die Kerne liegen in einer mittleren Zone der Zylinderzellen, manche sogar dem inneren, dem Drüsenlumen zugewendeten Zellende stark ge- nähert. Dieser innere Zellrand ist etwas vorgewölbt, so daß die freie Epitheloberfläche leicht festoniert erscheint, stärker rotgefärbt, durch eine anscheinend verdichtete, feinkörnige Substanz, in welcher die Schlußleisten nicht deutlich hervortreten. Der nach außen von der Kernzone liegende Zellabschnitt ist blaßrosa gefärbt und läßt anschließend an jeden Kern eine helle, vakuolenartige Lücke erkennen, die augenscheinlich durch die Verschiebung des Kerns aus seiner ursprünglichen Lage entstanden ist. Die kernfreien, blaßrosa- gefärbten Zellbasen werden nun deutlich von einer stärker rotge- färbten Membrana propria gegen das zellreiche Stroma abgegrenzt. Es kann also nicht bezweifelt werden, daß hier die Kerne durch das Eindringen der Fixierungs- flüssigkeit aus ihrer Lage ver- schoben wurden. Diese Wirkung reicht aber kaum mehr als!/, mm in die Tiefe. Wo das, ich möchte sagen stürmische!) Eindringen Abb. 7. Teil eines Längsschnittes durch der Fixierungsflüssigkeit durch eine dickere Gewebeschicht ge- hemmt und ausgeglichen ist, bleiben die Elemente, hier Kerne und Zellinhalt, in ihrer Lage und einen knapp am Schnittrande gelegenen Drüsenschlauch aus dem exstirpierten Uterus einer 45jährigen Frau. Die rechte Seite war von der eindringenden Flüssigkeit nur durch wenige Zellagen der Schleim- haut getrennt. I inneres Zellende; ZL Lücken im Zellprotoplasma an Stelle der nach innen gedrängten Kerne; S Schluß- werden in dieser fixiert. Der Ten er 140. stärker färbbare Saum bei I ist offenbar durch die Anschwemmung der geformten Bestandteile des Zellprotoplasmas, der Plastokonten und -somen, an das innere Zellende entstanden. 1) Von einer ,,stiirmischen‘‘ Einwirkung der Osmiumsäure an der Ober- fläche von Präparaten spricht auch Rawrrz (Uber den Einfluß der Osmiumsäure auf die Erhaltung der Kernstrukturen. Anat. Anz. Bd. 10, 1895, S. 777). Er schreibt ihr z. B. am Salamanderhoden geradezu eine Zertrümmerung des Kern- gerüstes zu. ao, © _ Eine solche 8. Verschiebung von Zellinhalt ist ja schon in den vorstehend berührten Fällen an den Nieren- und Nebennieren- zellen, dann von TELLYESNICZKY, WASTELEWSKI und Fucus kurz erwähnt worden, kann aber auch in anderen Fällen beobachtet werden. So habe ich an den großen blasigen Zellen des sog. Subradularknorpels von Haliotis tuberculata eine Verschiebung der Plastosomen durch das einseitig eindringende FrLemming’sche Chromosmiumessigsäure- Gemisch beschrieben!). Die an diesem Objekte sehr plumpen Stäb- chen und Körner wurden, wie man an der hier wieder dargestellten Abb. 8 sieht, in die von der Oberfläche, von der her das Eindringen der Flüssigkeit in der Richtung des Pfeiles erfolgte, abgewendete Hälfte der Zelle zusammengeschwemmt, so daß sie als eine sichel- formige Anhäufung am Zellrand sichtbar sind. Durch diese Aus- schwemmung der Plastokonten wird im übrigen Zelleib ein Faden- gerüst deutlich, welches sonst durch die ihm anliegenden Körner größten- teils verdeckt ist. Solche Bilder lassen den Schluß auf eine unabhängige Ko- existenz von Fadengerüst und Plasto- konten als einen zwingenden erschei- nen, vorausgesetzt, daß man Plasto- konten und Fadengerüst als präfor- mierte, reale Strukturen und nicht tes, omits. oberfiakhilieh ee als durch die Fixierung entstanden legene Zelle aus dem Subradular- auffaßt. Dieser Fall beweist aber knorpel von Haliotis, Frenmmses aych, daß selbst bei Anwendung un- Chrom-Osmium-Essigsäuregemisch. RR 3 Detarietps Häm. Die Plastosomen Serer besten Fixierungsgemische solche sind größtenteils in dem von der sroben Verschiebungen möglich sind, Oberfläche des Knorpelstückes ab- t : ; 5 rn gewendeten Teile dee Zelle (bei P) Offenbar weil sie nicht einheitlich zusammengehauft. Vergr. 700. wirken, sondern in der Reihenfolge (Aus meinen Knorpeluntersuchun- : : = use ß 3 gen, 4. Teil, wiedergegeben.) der Diffusionsgeschwindigkeit. ihrer Komponenten. Eine auffallende Verschiebung von Zellinhalt konnte ich am Oberflächenepithel des Magens beobachten. Ein Stückchen Magen- schleimhaut wurde bei einer Operation ausgeschnitten und unmittel- bar in das (oben erwähnte) Alkoholformalingemisch eingebracht. 1) Uber den feineren Bau und die Entwickelung des Knorpelgewebes usw. IV. Teil. Zeitschr. wiss. Zool. Bd. 105, 1913, S. 304, Abb. 21. 383 An den nach der Martory’schen Bindegewebsfärbung behandelten Schnitten, an welchen sich der schleimige Inhalt des Oberflächen- und des die Magengriibchen auskleidenden Epithels blau färbt, er- scheinen die Prämuzingranula in den Zellen der Magengrübchen überall dort, wo die langen Zellachsen senkrecht zur Richtung der eindringenden Fixierungsflüssigkeit stehen, in dieser Richtung ver- schoben, in der von der Oberfläche abgewendeten Zellhälfte zu- sammengedrängt (Abb. 9a, bei Z und @). An Flachschnitten durch dieses Epithel sieht man ein poly- gonales Mosaik (Abb. 9b), welches den Eindruck macht, als sei jedes Feld einseitig schattiert, indem die blaugefärbten Prämuzinkörnchen in die von der Richtung der eindringenden Flüssigkeit abgewendete Abb. 9b. Abb. 9a. Epithel von der Oberfläche des Magens und vom Eingang in das Magengrübchen. Aus dem Lebenden exzidiert und in abs. Alkohol-Formalin fixiert. Färbung nach Marrorv. V Vakuolenbildung im peripheren Zellende durch Zurück- drängung des Zellinhaltes Z; hei V' einseitige Verdrängung des körnigen Zellinhaltes in der Richtung des Pfeiles; K Kern einer Oberflächenepithelzelle; B Basalmembran; M Mukosa; @ Epithel des Magengriibchens (nach einer anderen Stelle ergänzt). Abb. 9b. Eine Gruppe von Epithelzellen im (teilweise etwas schrägen) Quer- schnitt. V durch Verdrängung des Zellinhaltes belle Zellhalfte; Z zusammenge- drängter Zellinhalt. Vergr. 740. Hälfte zusammengedrängt erscheinen, während die dem eindringenden Flüssigkeitsstrome zugewendete Zellpartie farblos ist. An den Scheiteln der Zwischenwände zwischen den Magen- grübchen, wo die Längsachse der Epithelzellen mit der Richtung der eindringenden Fixierungsflüssigkeit zusammenfällt, erscheint der körnige Zellinhalt basalwärts verdrängt und das freie Zellende ver- breitert, wie leer, so daß ein Bild entsteht, welches man als Negativ eines BIEDERMAnN’schen Pfropfens bezeichnen könnte (Abb. 9a, bei V). 384 Vollkommen übereinstimmende Verhältnisse ließen sich an Schnitten durch den in absolutem Alkohol fixierten Dünndarm eines menschlichen Embryo von ® em Scheitelsteißlänge beobachten, die nach der Bzsr schen Methode auf Glykogen gefärbt worden waren. Hier war es das Glykogen, vornehmlich der Zottenepithelien, welches von der Fixierungsflüssigkeit in der Richtung ihres Eindringens ein- seitig in den Zellen angeschwemmt war, was bei der lebhaften Rot- färbung des Glykogens besonders auffallend hervortrat. Gerade an glykogenhaltigen Zellen mußten diese Verschiebungen durch die eindringende Fixierungsflüssigkeit am ehesten auffallen. So hat z. B. A. SCHIELE!) bei Färbung des in Alkohol fixierten, geschichteten und gewucherten Pflaster- epithels der Binde- und Hornhaut nach Färbung mit Jodjodkaliumlösung die wein- rote Masse bald nur die seitliche, bald nur die untere Partie des Leibes der ,, Riff- zellen‘‘ einnehmen sehen. Aus seiner, allerdings sehr schematischen Abb. 2 sieht man, daß das Glykogen in Form von Sicheln angeordnet ist, welche ihre Konvexitäten alle gegen das Innere des Epithels richten, und zwar an der nach oben gerichteten Epithelfläche nach unten, in dem seitwärts gerichteten Epithel- rande (rechte Ecke der Abbildung) nach innen, also wieder der Richtung des eindringenden Alkohols entsprechend. Der erste, welcher auch den Grund dieser Erscheinung erkannt hat, scheint FICHERA?) zu sein. Er hat experimentell gezeigt, daß das Glykogen von den Strömungen der Härtungsflüssigkeit künstlich „gerichtet“ wird, d. h. die Strö- mungen wirken von außen nach innen und mit abnehmender Kraft von der Peripherie nach der Mitte. Das macht, daß hauptsächlich in den peripher gelegenen Zellen, die als erste den obengenannten Strömungen ausgesetzt sind, das Glykogen in jeder Zelle zentralwärts getrieben wird, so daß es sich an demjenigen Teile der Membran anheftet, der den tieferen Schichten des Stückes zugewendet ist und auch hier fixiert wird. Dieselbe Beobachtung und Erklärung findet man u. a. auch bei E. GIERKE?). Aber auch im Oberflächenepithel der Dünndarmzotten vom er- wachsenen Menschen, das lebend (Operation) in Alkoholformalin zur Fixation gelangt war, konnte ich ähnliche Bilder, nur in weniger auf- fallender Weise, sehen. Hier handelte es sich um die plastosomalen Teile des Protoplas- mas, die von der Flüssigkeit einseitig verdrängt worden waren; so 1) Glykogen in der Konjunktiva und Kornea pathologischer Augen. Arch. f. Augenheilk. Bd. 19, 1889, S. 277. 2) Über die Verteilung des Glykogens in verschiedenen Arten experimen- teller Glykosurie. Beitr. z. path. Anat. allg. Path. Bd. 36, 1904, S. 291. 3) Physiologische und pathologische Glykogenablagerung. Ergebn. allg. Path. path. Anat. 11. Jhrg., II. Abt., 1907. 385 erschienen diese Epithelzellen durch die stärkere Färbung ihrer von der Oberfläche abgewendeten Hälfte wie einseitig schattiert. Hierher gehört offenbar auch die von S. EHRMANN als Hemichromasie be- zeichnete Erscheinung, auf die mich mein Assistent Dr. V. PATZELT durch einen Zufall aufmerksam machen konnte. EHRMANN hat zuerst!) auf ein eigentümliches Aussehen von Epidermis- ‚zellen luetischer Effloreszenzen aufmerksam gemacht. Er fand an Schnitten durch frisch exzidierte und in Alkohol fixierte breite Kondylome und krustöse Papeln, daß sich die vergrößerten Zellen des Stratum Malpighi mittels mancher Färbemethoden, z. B. der WEIGERT’schen Fibrinmethode, nur zur Hälfte färben, und zwar beim breiten Kondylom die untere Hälfte, bei der krustösen Papel die obere. Er fand die Erscheinung auch bei anderen Gebilden, z. B. den veneri- schen Papillomen, wie er später?) angibt, aber auch bei normaler menschlicher Haut, sowie in der Lidhaut des Rindsembryos, und bezeichnete sie als Hemi- chromasie, die Zellen als hemichromatische. In jenen Fällen, wo die Vertrock- nung der oberflächlichen Schichten verhindert ist oder eine Verhornung nicht stattfindet, färbt sich gewöhnlich die untere Hälfte stärker — katachromatische Zellen —; | dort, wo eine Vertrocknung oder Verhornung stattfindet, ist die obere Hälfte gefärbt — anachromatische Zellen. EHRMANN hat auch eine Erklärung dieser Erscheinung gegeben, die aber nicht leicht verständlich ist. „Die Erscheinung .... kann nur in der Weise gedeutet werden, daß sich die in Mi die Zelle aufgenommene Flüssigkeit in dem lp einen Falle, wo die Verdunstung behindert Abb. 10. Schema A einer kata- ist, mehr in der oberen Zellhälfte?), bei der chromatischen Zelle nach S, Eur- 5, Pänel he ae a Zell MANN, Wie sie fiir das breite Kon- krustösen Papel mehr in der unteren Zell- dylom, B einer anachromatischen hälfte ansammelt.‘‘ In Wirklichkeit ist aber Zelle, wie sie für die krustöse doch die Verdunstung gerade in der krustésen Papel charakteristisch sein soll. Papel durch die oberflächliche Krustenbil- F gefärbter Zellanteil, W Wasser- : ansammlung. Die Pfeile geben dung verhindert. wieder die Richtung des Eindrin- „Ist nun an einem Zellpole zu viel gens der Fixierungsflüssigkeit an. Wasser, so wird dieser eine Pol (Abb. 10, A) die Färbung abgeben, der andere sie behalten, das ist beim breiten Kondylom der untere, bei der krustösen Papel der obere, welcher der Verdunstungsober- fläche näher liegt.‘ Wenn man die Abb. 10 und 14 in der zuletzt angeführten Abhandlung von EHRMANN betrachtet, so wird man kaum zweifeln, daß es sich hier um eine aktive 1) Zur Pathologie der Syphilide. Wien. klin. Rundschau 1897, Nr. 25. 2) EHRMANN und OPPENHEIM, Über Melanoblasten, Hemichromasie und Faserung der Epithelzellen in breiten Kondylomen. Arch. Dermat. Syph. Bd. 65, 1903. 3) Dieser Beistrich fehlt im Originaltext. Anat. Anz. Bd. 61. Aufsätze. 25 386 Verschiebung des färbbaren Zellinhaltes (in Abb. 10 auch der Kerne) durch den eindringenden absoluten Alkohol gehandelt hat. Wie die Pfeile im vorstehenden Schema Abb. 10 zeigen, kann die Flüssigkeit bei der krustösen Papel (B) nur von unten her eindringen infolge der vertrockneten Oberfläche, beim Kondylom kann sie durch die weiche natürliche Oberfiäche eindringen und wird im ersten Falle die färbbare Substanz nach oben (B), im letzteren nach unten drängen (A). Wahrscheinlich hat es sich auch bei der von FLEMMING!) abgebildeten ein- zelnen Zelle aus dem Pankreas der Katze um etwas Ähnliches gehandelt. Mit. Sicherheit läßt sich dies nicht behaupten, da man keinen Anhaltspunkt hat, um zu beurteilen, von welcher Seite der fixierende absolute Alkohol eingedrungen ist. Jedoch erscheint die gradlinige Abgrenzung des dunklen Zellabschnittes gegen den hellen sehr auffällig, ebenso wie der Umstand, daß diese hellere Innen- schicht vollkommen körnchenfrei ist. Zum Schlusse sei hier noch auf ein Beispiel hingewiesen, welches in gröberer Weise die einseitige Verdrängung einer flüssigen oder halbflüssigen Substanz durch die eindringende Fixierungsflüssigkeit zeigt. Es ist dies die Schilddrüse mit dem kolloidalen, im normalen Zustande flüssigen Inhalte ihrer Drüsenblasen. An einer solchen Drüse vom 6!/,jährigen Kind, die einige Stunden nach dem Tode in Alkoholformalin fixiert worden war, erwiesen sich die Alveolen der Randteile nach der üblichen Färbung mit Häma- toxylin-Eosin nur in ihrer von der freien Oberfläche des Stückes ab- gewendeten Hälfte mit lebhaft rotgefärbtem Kolloid erfüllt; die der Oberfläche zugewendeten Hälften der Alveolen erschienen un- gefärbt, wie leer. 4. Polare Veränderungen an roten Blutkörperchen des Menschen. Eine Erscheinung, die weniger leicht zu deuten ist und auch sonst mit den bisher besprochenen nicht vollkommen in Einklang steht, muß dennoch hier erörtert werden. Das ist ein häufig zu beobachtendes Aussehen der roten Blutkörperchen beim Menschen nach Behandlung mit Formalinalkohol. Es handelt sich um eine Umwandlung der roten Blutscheibehen anscheinend in scharf begrenzte kugelige Bläschen, innerhalb welcher ein homogener, gefärbter Inhalt an einen Pol der Kugel gedrängt, der andere Teil wie leer und von einer nicht allzu zarten Membran begrenzt erscheint. Wo die Blutkörperchen in Gruppen nebeneinander liegen, ist der einseitig angehäufte Inhalt stets nach derselben Rich- tung gewendet (Abb. 11), so daß sie wieder, ähnlich, wie ich das von den quergetroffenen Magenepithelzellen beschrieben habe, wie ein- 1) Zellsubstanz usw. J. c. Taf. 1, Abb. 12. 387 seitig schattiert erscheinen. So fand ich in einer exstirpierten Vene die gefärbten Abschnitte der roten Blutkörperehen alle vom Lumen der Vene nach außen gewendet. Dasselbe Verhalten zeigten sie in einer Vene der Schilddrüse vom Kind. Auch in der Plazenta, ım intervillösen Blutraum, sah ich so ver- änderte Blutkörperchen (Abb. 12) in den Randteilen des Schnittes bzw. Stückes. Hier waren die Lunulae alle nach innen gewendet, was ebenfalls für deren Entstehung durch die eindringende Fixierungs- flüssigkeit sprechen würde. Wie schon aus der Abb. 11 ersichtlich, zeigen die Blutkörperchen in der Regel eine nicht ganz kreisrunde Form, sondern erscheinen entsprechend dem Durchmesser, welcher mit der Wirkungsrichtung der Flüssigkeit (in den Abbildungen dem Pfeile) zusammenfällt, etwas verlängert, wie gedehnt, und zwar so, Abb. 11. Abb. 12. Abb. 11. Rote Blutkörperchen aus einer exstirpierten und in Formalin-Alkohol fixierten Vena saphena eines 22jährigen. Färbung mit saur. Orcein-DELAFIELDS Häm. Bei a ein vollkommen freiliegendes Blutkörperchen. Vergr. 740. Abb. 12. Rote Blutkörperchen aus dem intervillösen Raume einer mensch- lichen Plazenta, nahe dem Schnittrande. Alkohol-Formalin; DerLarızLps Häm.-Eos. Vergr. etwa 800. daß der gefärbte Halbmond wie eine Kalotte von geringerem Krüm- mungsradius einem etwa 3/,-Kreise aufsitzt (Abb. 12). Diese Kalotte ist homogen, stark lichtbrechend, während die Begrenzungsfläche gegen das Innere des leeren größeren Kreises, der wie eine Membran erscheint, dunkler gefärbt und manchmal auch nicht ganz glatt zu sein scheint. Übrigens kann man an diesen Präparaten alle Zwischenstadien zwischen anscheinend leeren Kreisen und ganz soliden Scheiben beobachten, so daß man annehmen muß, daß der Inhalt der roten Blutkörperchen die scheinbare Umhüllungsmembran auch ganz verlassen kann. Die hier geschilderte Erscheinung ist aber nicht, wie bei den bisher besprochenen Fällen, an die Bedingung geknüpft, daß die 25* 388 Fixierungsflüssigkeit die lebenden Elemente trifft, sondern tritt auch an Leichenmaterial auf. Die Erscheinung hängt offenbar einerseits mit der Wirkung des verwendeten Fixierungsmittels, andererseits mit dem eigentiimlichen - Bau der roten Blutkörperchen, der ja noch immer Gegenstand ver- schiedener Auffassung ist, zusammen, verdient daher einiges Interesse. Was den ersten Punkt anlangt, so liegen ‘über die Einwirkung von Formalin auf die roten Blutkörperchen eine ganze Reihe von Beobachtungen vor, die aber durchaus nicht übereinstimmen. Nach F. BrLum!) zeigen sich rote Blutkörperchen in Gewebestücken mit 4proz. Formol (1: 10) einige Tage vorbehandelt und dann in Alkohol übertragen weit besser in Gestalt und Farbe erhalten, als an in Alkohol gehärteten Präparaten. Dagegen fand HERMANN?), daß Formalin den Farbstoff der roten Blutkörperchen sehr rasch auslaugt. WEIGERT?) meinte, daß dieser Widerspruch in den Angaben vielleicht auf eine verschiedene Wirkung von Formol, das F. BLUM, und Formalin, das F. HERMANN verwendet hatte, zurückzuführen sei. Er stellt auch fest, daß sich Formalin dem Blute gegenüber ähnlich wie Chromsäure und ihre Salze ver- hält, was jedoch im einzelnen wohl nicht zutrifft. GIUSEPPE DELL ISOLA') macht die Angabe, daß Formalin das Hämoglobin und die roten Blutkörperchen zerstöre, während nach GERoTA?) Formol allerdings das Hämoglobin löst, aber die Form der roten Blutkörperchen besser erhält als andere Mittel. Nach F. BLum®) wäre die Nachbehandlung mit Alkohol das Wesentliche, da erst durch ihre Wirkung die roten Blutkörperchen ihre natürliche Gestalt und Färbung wieder erhalten. Nach Marcano’) fixiert Formol rote Blutkörperchen momentan, aber sie nehmen keinen Farbstoff mehr an. Wässerige Verdünnungen fixieren nicht mehr; besser alkoholische, am besten eine 10proz. (1 Formol: 10 Alkohol). Nach GULLAND*) erhält dieses Gemisch rote Blutkörperchen, allerdings 1) Notiz über die Anwendung des Formaldehyds (Formol) als Härtungs- und Konservierungsmittel. Anat. Anz. Bd. 9, 1894, S. 229. 2) Notiz über die Anwendung des Formalins (Formaldehyds) als Härtungs- und Konservierungsmittel. Ebenda 8. 112. 3) Technik. Ergebnisse d. Anat. u. Entw. Bd. 3, 1893, S. 6. 4) Sul valore della formalina in istologia e sul modo di usarla. Boll. R. Accad. med. Genova V. 10, 1895. 5) 1. e. 6) Uber Wesen und Wert der Formolhärtung. Anat. Anz. Bd. 11, 1896, S. 718. 7) De l’action du formol sur les globules rouges du sang. Arch. Med. exper. T. XI, 1899, S. 434. — De la sédimentation spontanée du sang par le formol. C. R. Soc. Biol. Paris 1900, S. 317. 8) On the fixing and staining of blood-films. Scot. med. and surg. Journ. 1899, S. 312, 389 am Ausstrichpräparat, wo sie dem Reagens nicht von allen Seiten zugänglich sind, fast genau so wie die EHRLICH’sche Erhitzungsmethode. Bei stärkerem Formalin- gehalt — über 30% — sollen die Blutkörperchen quellen. Nach Heınz!) leistet Formol ganz Vorzügliches in der Fixierung roter Blut- körperchen; nach 12stündiger Einwirkung von 10 proz. Formol ist das Hämoglobin besser erhalten als durch formolhaltige Salzmischungen. HAMBURGER?) hat durch verschiedene Versuche festgestellt, daß Formalin in Salzgemischen, auch wenn diese hyperisotonisch sind, rote Blutkörperchen stark quellen macht. Diese Quellung kann durch Neutralisieren des Formalins herabgesetzt, aber nicht behoben werden. Nach F. BLum?) bildet es „vielleicht einen Hauptvorzug der Formaldehyd- behandlung, daß Blutkörperchen und Blutfarbstoff in einer ganz ausgezeichneten Weise konserviert werden, wofern man nur nicht allzu verdünnte Lösungen an- wendet oder konzentrierte nicht allzu lange einwirken läßt‘. Der Blutfarbstoff „verschwindet‘‘ zwar, kehrt aber bei der nachträglichen Alkoholbehandlung zu- rück. 4proz. Formaldehyd soll bereits etwas, aber nur ganz wenig Farbstoff lösen. Wie man aus diesem flüchtigen Überblick ersieht, bedarf die Wirkung des Formaldehyds auf die roten Blutkörperchen noch auf- klärender systematischer Untersuchung, wenn auch im allgemeinen die Autoren darin übereinstimmen, daß wässerige Lösungen von Formaldehyd Hämoglobin lösen, während alkoholische Form und Farbe der Blutkörperchen gut erhalten söllen. Einige Gegensätze in den Aussprüchen der Autoren sind sicner auf die Möglichkeit zurückzuführen, daß unter dem gleiche Titel verschiedene Reagentien (Formol, Formalin, fehlender oder wechselnder Säuregehalt) ver- wendet wurden, wenngleich ja sowohl Formalin wie Formol nichts anderes als etwa 40proz. Lösungen von Formaldehyd in Wasser sein sollen, die aber, besonders unter Lichteinfluß, einen wechselnden Ge- halt an freier Ameisensäure aufweisen können. Ich kann nun bestätigen, daß das Alkoholformalingemisch, wie ich es verwende, die roten Blutkörperchen innerhalb der Gefäße in frisch zur Fixierung gelangenden Geweben, z. B. von amputierten Gliedern, ausgezeichnet in ihrer natürlichen Form und Färbbarkeit, als bikonkave Scheibchen, die sich lebhaft und ganz gleichmäßig mit Eosin rot färben, erhalten kann. Bringt man aber je einen Blutstropfen (aus der eigenen Finger- beere) in absoluten Alkohol, das Alkoholformalingemisch und reines 1) Über Blutdegeneration und -regeneration. Beitr. path. Anat. allg. Path. Bd. 29, 1901, S. 299. 2) Osmotischer Druck und Ionenlehre, |. c. Bd. 3, 1904. 3) Enzyklopädie mikr. Techn., |. c. S. 485 u. £. 390 Formalin (40 proz. Formaldehyd) ein, so entstehen häutchen- und faden- förmige Gerinnsel, welche das lebhafte Rot des Hämoglobins nur im ersten Falle bewahren, in den letzteren eine bräunliche Farbe an- nehmen. Während aber der absolute Alkohol vollkommen ungefärbt bleibt, im Alkoholformalingemisch nur eine Spur von Hämoglobin in Lösung geht, löst sich im Formalin ziemlich viel Farbstoff, so daß die Flüssigkeit braun, lackfarbig wird. Untersucht man einen mit der Pipette herausgehobenen Tropfen des Sedimentes, so erscheinen die roten Blutkörperchen in Klumpen zusammengebacken; an den Rändern sieht man sie aber als kreis- runde, scharf begrenzte Gebilde, die meist einen Doppelkontur haben, der bei hoher Einstellung glänzt und bei vielen mit stark lichtbrechen- den Körnchen oder Tröpfchen besetzt erscheint. Dabei ist dieser Doppel- kontur im ersten Beginn der Einwirkung breiter, um dann immer zarter, bis zur blassen Begrenzungslinie eines Blutschattens zu werden. Man hat den Eindruck, als würde der Inhalt des Blutkörperchens von der Mitte zur Oberfläche hin schmelzen oder sich verflüssigen, wobei die stark glänzenden Tröpfehen förmlich ausgepreßt würden. Diese nehmen bei längerer Dauer an Menge zu und verwandeln sich vielfach in bräunliche bis schwärzliche Körnchen, mit welchen die Schatten ganz bestäubt erscheinen können. Dem entspricht auch das Dunklerbraunwerden des Blutes in der Eprouvette. Stets findet man aber auch eine geringe Anzahl vollkommen gut erhaltener bikonkaver, glasartiger Scheibchen, die stets durch ihr stärkeres Lichtbrechungsvermögen und durch den Mangel an Körn- chen ausgezeichnet sind. Weiter liegen diese auch vollkommen ruhig, während die bestäubten Schatten eine Art Molekularbewegung er- kennen lassen, d. h. durch die Molekularbewegung der anhaftenden Pigmentkörnchen als Ganzes bewegt werden, ein Zeichen ihrer un- gemeinen Leichtigkeit. Endlich konnte ich da und dort Körperchen sehen, welche inner- halb der scheinbaren Membran eine halbmond- oder sichelförmige Ansammlung einer stark lichtbrechenden Substanz aufwiesen, also ganz an die beschriebenen Fixationsbilder erinnerten. Nebenbei sei bemerkt, daß die Leukozyten in fettähnlich glän- zende Kugeln mit einem scholligen Inhalt umgewandelt erscheinen und dadurch auffallend hervortreten und daß sich von Anfang an kleinste, glänzende, spindelförmige Gebilde im Sediment vorfinden, die ich für Blutplättchen zu halten geneigt bin. 391 Es steht somit außer Zweifel, daß sowohl durch konzentrierte wässerige wie alkoholische Formaldehydlösungen unter Umständen die roten Blutkörperchen in ihrer normalen Form und chemischen Zusammensetzung — so weit sie in der Färbbarkeit zum Ausdruck kommt — vollkommen fixiert werden, unter Umständen aber in Bläschen mit deutlicher Membran umgewandelt werden können. Als solehe Umstände kommen rein fixierungstechnische Vorgänge — ob die Blutkörperchen unmittelbar von der Fixierungsflüssigkeit oder von Verdünnungen dieser durch Gewebesäfte oder von verschieden rasch diffundierenden Komponenten der Fixierungsgemische ge- troffen werden — in Betracht, spielt aber sicher auch die verschiedene Widerstandsfähigkeit!), die sog. spezifische Resistenz der roten Blut- körperchen eine Rolle. Bekanntlich können auch durch andere Reagentien ähnliche Formveränderungen der roten Blutkörperchen bewirkt werden. So erwähnt schon Kaıserting?), daß FLEMMInes Gemisch (Chromosmiumessigsäure) Erythrozyten vom Frosch so verändert, daß die ‚Membran‘ sich deutlich von dem etwas zurückgezogenen Zellinhalt abhebt; Kaninchen-Blutkörperchen verwandelt es in kugelige Bläschen mit auffallend deutlichen Konturen, so daß man den Eindruck gewinnt, daß die äußerste Schicht aus anderem Material besteht als der Inhalt. ‚Diese äußerste Schicht stellt eine Art Mem- bran dar.‘ Auch nach Behandlung mit ZENKERS Flüssigkeit und manchen anderen Reagentien können rote Blutkörperchen das eigentümlich leere Aussehen annehmen, von einer Membran umhüllte Bläschen dar- stellen. WEIDENREICH®) bildet z. B. ein rotes Blutkörperchen aus der menschlichen Milz ab, an dem nach Fixierung in ZENKERS Flüssig- keit eine deutliche (mit Fisenhämatoxylin) färbbare „Membran“ und ein an einer Seite etwas retrahierter Inhalt sichtbar ist. 1) Vgl.-u. a. SNAPPER, Vergleichende Untersuchungen über junge und alte rote Blutkörperchen. Resistenz und Regeneration. Biochem. Zeitschr. Bd. 43, 1912, S. 256. — Einfluß des Auswaschens auf die Resistenz der roten Blutkörper- chen. Ebendort S. 266. 2) Die Mikrometrie und ihre Anwendung auf die Bestimmung der Größen- veränderungen der roten Blutkörperchen einiger Vertebraten durch verschiedene Zusatzflüssigkeiten. Diss. Berlin 1893. 3) Studien über das Blut usw. I. Form und Fi der roten Blutkörperchen. Arch. mikr. Anat. Bd. 61, 1902, Abb. 21c. 392 An der Oberfläche eines menschlichen Ovariums finde ich bei derselben Fixierung die Blutkörperchen in leere oder Tröpfchen, auch Körnchen, die teilweise mit der ‚Membran‘ noch zusammen- hängen, umschließende Bläschen umgewandelt, während in wieder anderen Fällen dieselbe Fixierungsflüssigkeit die Blutkörperchen als vollkommen solide, homogene bikonkave Scheibchen erhält. Diese Membranbilder sind aber ebensowenig wie die in Rede stehende polare Veränderung der roten Blutkörperchen als Beweise für das Vorhandensein einer Membran an den lebenden Erythrozyten zu verwerten, etwa in dem Sinne WEIDENREICHS, daß man die Blut- körperchen als ‚‚Flüssigkeitsbläschen“ mit einer Delle in der Mitte und dünner, elastischer Membran auffaßt, die durch die Alkohol- formalinwirkung in Bläschen umgewandelt wurden, innerhalb welcher der gefärbte Inhalt einseitig — in der Richtung der eindringenden Flüssigkeit — verdrängt und gleichzeitig fixiert worden wäre. Trotz der Ausführungen WEIDENREICHS!) und seiner Anhänger?) kann am unveränderten Blutkörperchen weder das Vorhandensein einer Membran als einwandfrei erwiesen, noch der Inhalt als flüssig betrachtet werden. Ohne auf diese Fragen hier näher einzugehen, erinnere ich daran, daß gegen den flüssigen Inhalt die bekannte Möglichkeit spricht, rote Blutkörperchen zu zerbrechen, scharfrandige Stücke aus ihnen herauszuschlagen, ohne daß sie kollabieren oder ihre Form verändern würden, was ja geschehen müßte, wenn ein flüssiger Inhalt Gelegen- heit zum Austritt hätte, und daß die Annahme einer Menıbran mit einer Reihe von Tatsachen unvereinbar ist, von denen sich bei v. Ener?) angeführt finden 1. die auch durch die Ausführungen WEIDENREICHS nicht entkräftete Tatsache, daß Blutkörperchen beim Erwärmen, beim Zusatz von Harnstoff usw. Trépfchen abschnüren; 2. die Möglichkeit, daß Blutkörperchen unter der Einwirkung von Kondensatorentladungen verschmelzen; daß sie unter Umständen 1) Vgl. weiter: Die roten Blutkörperchen. Ergebn. Anat. u. Entw. Bd. 13, 1903, S. 1—94, und Bd. 14, 1904, S. 346. — Einige Bemerkungen über die roten Blutkörperchen. Anat. Anz. Bd. 27, 1905, S. 583. 2) Lorwır, M., Über die Membran und die Innenkörper der Säugetier- erythrozyten usw. Beitr. path. Anat. allg. Path. Bd. 42, 1907, S. 559. — Herzoa, F., Über das Vorkommen von Blutkörperchenschatten im Blutstrom und über den Bau der roten Blutkörperchen. Arch. mikr. Anat. Bd. 71, 1908, S. 492. 3) Handbuch d. Gewebelehre von KOELLIKER, Bd. 3, 1902, S. 731. 393 Fortsätze treiben, die, wie ich gelegentlich bei Einwirkung von Methyl- alkohol auf feuchte Blutausstriche sah, ebenfalls miteinander ver- schmelzen können; 3. daß sich unter Umständen ein gefärbter Innen- körpers (Endosoma) im Blutkörperchen, das dann das Aussehen eines hyalinen Hofes (Stroma) annimmt, zusammenballen kann [Gerb- säurewirkung, Pyrogallussäurewirkung usw.; Fuscot)|, ohne daß als Begrenzung ein doppelter Kontur sichtbar würde, ein Einwand, den GRÄPER?) mit Recht gegen die Auffassung SCHILLING-TORGAUS?), der an seinem schematischen Blutkörperchen eine solche doppelt- konturierte Membran abbildet, erhoben hat. Alle diese Bilder einer doppeltkonturierten Membran scheinen mir vielmehr ganz analog zu sein jenen, die man auch an Leukozyten unter dem Einflusse fixierender Reagentien entstehen sehen kann. Fixiert man z. B. in Hollundermark eingeschlossene Leukozyten mit Sublimat, wie dies u. a. KLEMENSIEWIC2?, getan hat, so entsteht unter dem Einflusse der Oberflächenwirkung des Sublimates eine Art Membran, innerhalb welcher sich der Rest des Protoplasmas noch retrahieren kann — man vergleiche die Abb. 12 bei KLEMENSIE wIcz — und doch wird wohl niemand behaupten, daß den lebenden Leuko- zyten eine histologische Membran zukommt. Es handelt sich vielmehr auch hier um eine Plasmahaut oder Grenzschicht, wie sie KLEMEN- SIEWICZ, oder Crusta, wie sie v. EBNER?) genannt hat und wie wir sie nach den Ausführungen LöHNneErs®) auch an den roten Blutkörperchen annehmen müssen. Im groben liegen im Margo limitans internus der Netzhaut oder in der bindegewebigen Membran einer Dünndarmzotte ähnliche Verhältnisse vor. Ich halte demnach diese „Membranen“ für Kunstprodukte, ent- standen unter dem Einflusse des die Randschicht des Blutkörper- chens unmittelbar treffenden Fixierungsmittels oder, wie 1m Falle 1) Dimostrazione della membrana del corpuscolo rosso. Rif. med. A. 25, 1909, S. 813. 2) In der Diskussion zur folgenden Mitteilung. 3) Neue Ansichten über die Anatomie des Erythrozyten und des Blut- plattchens der Säugetiere. Verhdlg. Anat. Ges., 25. Vers., Leipzig 1911, S. 188. 4) Weitere Beiträge zur Kenntnis des Baues und der Funktion der Wander- zellen, Phagozyten und Eiterzellen usw. Beitr. path. Anat. allg. Path. Bd. 32, 1902, S. 351. 5) l. e. S. 741. 6) Beiträge zur Frage der Erythrozytenmembran nebst einleitenden Be- merkungen über den Membranbegriff. Arch. mikr. Anat. Bd. 71, 1907, S. 129. 394 Lorwirs, für eine durch den Randreflex verstärkte Färbung dieser Randschicht, die ja auch an Falten oder Bruchrändern roter Blut- körperchen beobachtet werden kann. Nochmals muß betont werden, daß bei nicht unmittelbarer Einwirkung derselben Reagentien diese Membranbildung unter- bleiben kann. Auf Grund dieser Auseinandersetzungen komme ich zu folgender Erklärung der hier beseh.iebenen einseitigen Verände- rung roter Blutkörperchen durch das Alkoholformalingemisch: Das Formalin wandelt die in ihrer Resistenz durch das Absterben vielleicht schon etwas geschidigten roten Blutkörperchen in Bläschen um und löst nicht nur das Hameglobin, sondern auch das Stroma bis auf dessen festeren, durch die Alkoholeinwirkung als ‚Membran‘ fixierten Rand — nach Brumt) gibt es Eiweißarten (Serum- und Ovoalbumin z. B.), die durch Formalin nicht gefällt, sondern sogar noch löslicher gemacht werden — und dieser flüssige Inhalt wird durch den mit- eindringenden Alkohol in Form der Kalotte oder Lunula fixiert. 5. Über ein eigentümliches Muskelquerschnittsbild infolge einseitiger Einwirkung der Fixierungsflissigkeit. Die Skeletmuskeln können als klassisches Beispiel von reizbaren Elementen gelten, welche unter dem Einfluß von Reagentien die mannigfachsten Veränderungen erleiden, die oft schwer als solche von physiologischen Kontraktionsbildern zu unterscheiden sind. Die Reaktionsfähigkeit der kontraktilen Muskelsubstanz ist so groß, daß, wie bereits KoELLIKER?) bekannt war, schon der Zusatz sog. physiologischer Flüssigkeiten (!/;proz. Kochsalzlösung, Blut- serum) Veränderungen hervorruft. Rover?) beschreibt diese Veränderungen, welche die quer- gestreiften Muskelfasern bei Zusatz von 0,6proz. Kochsalzlösung®) erleiden, ausführlich, worüber ich auch auf meine Darstellungen?) 1) Enzyklopädie mikr. Technik, 1. e. S. 481. 2) Über die CounHeim’schen Felder der Mus melauen. chain Zeitschr. wiss. Zool. Bd. 16, 1866, S. 377. 3) Les derniéres manifestations de la vie des muscles. C. R. Acad. Se. Paris T. 104, 1887, S. 1017. 4) ROVGET spricht allerdings von einer Kochsalzlösung ,,a 6 pour 100“, doch läßt der Zusatz ,,liquide considéré comme inoffensiv‘‘ vermuten, daß es sich um einen Druckfehler (100 statt 1000) handelt. 5) Beiträge zur Histologie und Histogenese der quergestreiften Muskel- fasern des Menschen und einiger Wirbeltiere. Sitzb. Kais. Akad. Wiss. Wien Bd. 102, Abt. III, 1893, S. 41. 395 verweise. Im wesentlichen entstehen bei diesen und anderen Reagenz- einwirkungen, aber auch bei äußerem Druck [WAGENER!)]| auf die noch reizbaren Fasern stark lichtbrechende, oft anscheinend homogene, „wachsartige‘“ Stellen, welche auch durch störkere Färbbarkeit aus- gezeichnet sind. Tuurin?), welcher sich in neuerer Zeit mit diesen Kunstprodukten an fixierten quergestreiften Muskelfasern beschäf- tigt, nimmt auf die bereits darüber vorliegenden Angaben anderer Autoren keine Rücksicht. Seiner Mitteilung entnehme ich nur die Angabe, daß ihm Formol rein oder in Gemischen besonders geeignet scheint, diese Kunstprodukte hervorzurufen. Nach v. EBNER (siehe weiter unten) wirkt 0,6proz. Kochsalz- lösung als starker Kontraktionsreiz auf die Flügelmuskeln der In- sekten. Fixiert man nun ganze Muskelbündel, so treten diese Verände- rungen, offenbar unter dem einseitig angreifenden Reiz der Fixie- rungsmittel, in eigentümlich orientierter Weise auf, wie im folgenden beschrieben werden soll. 2—3 mm dicke Bündelcher des M. adductor magnus, bekannt- lich eines weißen Muskels, und ebensolche eines roten Muskels vom Unterschenkel eines eben getöteten Kaninchens wurden im ge- spannten Zustande (auf ein Holz aufgebunden) in einem Gemisch von 2 Teilen SOproz. Alkohol und 1 Teil Formol fixiert. Färbt man einen Zelloidinquerschnitt durch ein solches Bündel mit der Binde- gewebsfärbung nach MArtLory (ohne Vorfärbung mit S.-Fuchsin), so erhält man ein überraschendes Farbenbild: jeder Faserquerschnitt erscheint scharf in zwei Teile getrennt, von denen die der Oberfläche zugewendeten blau, die dem Inneren des Schnittes zugewendeten leuchtend gelb gefärbt sind. Die in Schwarz ausgeführte Abb. 13 kann nicht annähernd eine Vorstellung von dem prächtigen Farben- kontrast eines solchen Schnittes geben. Diese Zweiteilung der Quer- schnittsfelder findet sich nun ringsum an der Oberfläche des ganzen Querschnittes — ausgenommen die abgeflachte Stelle, welche un- mittelbar dem Holzklötzchen angelegen hatte — mit nach innen zu abnehmender Schärfe in einer Tiefe von 14—20 Faserquerschnitten, bis gegen die zentralen Teile des Schnittes die gelbgefärbten Seg- 1) Über das Verhalten der Muskeln im Typhus. Arch. mikr. Anat. Bd. 10, 1874, S. 314. 2) Über Kunstprodukte in mikroskopischen Präparaten quergestreifter Muskelfasern. Anat. Anz. Bd. 46, 1914, S. 23. 396 mente sich ganz verlieren und der ganze Querschnitt blau gefärbt erscheint. Stets ist der blaugefärbte Teil der freien Oberfläche, von welcher her das Fixierungsmittel eingedrungen ist, zugewendet, der selbgefärbte von ihr abgewendet. Weiter erkennt man schon bei schwacher Vergrößerung, daß der oberflächliche, blaugefärbte Ab- schnitt ein punktiertes Aussehen und eine mehr abgerundete Form besitzt, als ob er einen höheren Turgordruck besitzen würde, während die inneren Abschnitte wie von den äußeren rinnenförmig einge- drückt, zwickelförmig zwischen die Nachbarfasern eingepreßt, an anderen Stellen wieder wie schollenförmige Teile des Querschnittes erscheinen. Bei stärkerer Vergrößerung zeigen die oberflächlichen Teile eine scharf ausgeprägte Fibrillenfelderung (Abb. 14, F) mit farblosen Abb. 13. Abb. 14. Abb. 13. Ein oberflächlich gelegenes Bündel aus einem Querschnitt durch den M. adductor magnus vom Kaninchen. Das ausgeschnittene Muskelstückchen war ge- spannt und in Formol-Alkohol fixiert. Färbung nach Marzory. Vergr. 110. Abb. 14. Ein oberflächlich gelegener Muskelfaserdurchschnitt des vorigen Objektes bei 740facher Vergrößerung. F deutlich gefelderter blau gefärbter Teil; K Kern; O dunklere Übergangszone; V verdichteter, anscheinend homogener Teil des Querschnittes, leuchtend gelb gefärbt. Durchgängen zwischen den Fibrillen oder Säulchen, während der gelbgefärbte Anteil (V) ganz homogen, glasartig durchsichtig er- scheint; er reflektiert das auffallende Licht nicht — worauf ich schon in meiner angeführten Abhandlung ($. 36) aufmerksam gemacht habe — und läßt auch im Dunkelfeld nichts von Struktur erkennen, muß also als vollkommen homogenisiert betrachtet werden, obwohl er aus Fibrillen und Sarkoplasma besteht. Zwischen diesen beiden un- gleichen Anteilen der Querschnitte findet sich eine schmale Über- gangszone (Ü), die durch Mitfärbung der interfibrillären Substanz dunkler erscheint. Bei Färbung mit P. Mayers Gallustinte tritt 397 diese Übergangszone besonders dunkelgefärbt hervor, während der verdichtete. nach innen gewendete Faseranteil fast ungefärbt bleibt, der äußere die schwarzgefärbten Fibrillenquerschnitte auf farblosem Grunde erkennen läßt. Vergleicht man solche Querschnitte mit den entsprechenden Längsschnitten, so lassen die fibrillären Oberflächenanteile der Muskel- fasern auf das schärfste die Streifenfolge der sog. ruhenden Faser, nämlich Q, I, Z, 1,Q, erkennen, während die verdichteten Teile in der Regel eine enge Kontraktionsstreifung mit den Streifen C und M zeigen. Es handelt sich hier demnach zweifellos um eine Veränderung durch einseitige, d. h. nur einen Teil der einzelnen Muskelfaser be- treffende Kontraktion oder aktive Verdichtung, wie sie ja auch in den bekannten stark lichtbrechenden Querbändern, -knoten, -scheiben usw. vorliegt. Daß in diesem Falle die Ausbildung der letzteren unterblieb, dürfte seinen Grund in dem Umstande haben, daß die Muskelfasern während der Fixierung aufgebunden, also am freien Ablauf ihrer Kontraktionswellen bekindert waren, eine Ansicht, für deren Richtigkeit auch die Beobachtung THuLins zu sprechen scheint, daß in gut aufgespannten Muskeln die Bildung von Verdichtungsknoten fast ganz unterbleibt. Das Spannen vor der Fixierung kann aber die Umlagerung der kleinsten Teilchen in den Muskelfasern, welche in der geänderten Querstreifung zum Ausdruck kommt, nicht verhindern. Wenn daher Tuurın an den Muskelfasern einer in CARNOYS Gemisch fixierten Chamäleonzunge die normale Querstreifung nur unter sehr günstigen Verhältnissen wahrzunehmen vermochte, so liegt der Grund dafür nicht in einer besonderen Eigenschaft seines Objektes, in einer ,,auBerordentlichen Kleinheit der Muskelfächer“, wie er glaubt, sondern darin, daß die Muskelfasern unter dem Reize des energischen Reagens die enge Kontraktionsstreifung angenommen haben. Die Höhe der Muskelfächer ist in den Fasern der Chamiileon- zunge nicht ‘geringer als gewöhnlich. Es wird weiterer Versuche bedürfen, um das hier beschriebene Querschnittsbild befriedigend erklären zu können. Vor allem wird man zu entscheiden versuchen, ob die Kontraktion der von der Fixie- rungsflüssigkeit stets wieder zuerst getroffenen, der Oberfläche zu- gewendeten Faseranteile deshalb unterbleibt, weil eben die Fibrillen unmittelbar durch das Fixiermittel zur Erstarrung gebracht werden, ohne mehr Zeit zu finden, sich zu kontrahieren, oder ob diese Kon- 398 traktion unterbleibt, weil das Sarkoplasma zwischen den Fibrillen durch den Diffusionsstrom der Fixierungsflüssigkeit aus-, und zwar nach innen geschwemmt wird, wofür ja die vollkommen leeren, d. h. wenigstens unfärbbaren Zwischenräume zwischen den Fibrillen und die dadurch bedingte ungemein deutliche Sichtbarkeit der Fibrillen- querschnitte (Abb. 14, Ft) spricht. Sollte dieser letztere Grund sich als Tatsache erweisen, würde er mit Hinsicht auf die große Rolle, welche dem Sarkoplasma nach den neuesten Ausführungen v. EBNERS!) auf die Änderung des Querstreifenbildes der Muskelfaser zugesprochen werden muß, großes Interesse verdienen. Nicht minder interessant scheint mir aber die Tatsache, daß Sarkoplasma und Fibrillen in den verdichteten Teilen eine vollkommen homogene, auch für die empfindliche Beobachtungsmethode der, Dunkelfeldbeleuchtung anscheinend strukturlose Masse bilden können (Abb. 14, V). Es wäre von Interesse, diese homogenisierten Faserabschnitte auch im ultravioletten Lichte zu untersuchen; sollten sie sich auch dabei als homogen erweisen, dann würde die von Grawitz und SCHÖNEBERG?) durch die absolute Homogenität der roten Blutkörper- chen im ultravioletten Lichte begründete Annahme, daß diese Gebilde keine Gerüstsubstanz besitzen, nicht aufrecht erhalten werden können. Wien, 24. Juli 1918. Bücherbesprechung. Arthritiden, rheumatische Erkrankungen und ihre militärärztliche Beurteilung. Von Dr. Erich Plate, Oberarzt am Allgemeinen Krankenhaus Hamburg- Barmbeck. Jahrbuch der Hamburger Staatskrankenanstalten. Beiheft 1917 Mit 28 Abbildungen im Text und auf Tafeln 5—9. Hamburg. In einer Folge von Vorträgen, die von Hamburger Dozenten gehalten worden sind, hat der dortige Orthopaede über das obige Thema gesprochen und seine Ausführungen in einer 31 Seiten langen, durch Abbildungen und Röntgenbilder erläuterten Abhandlung veröffentlicht. Da die genannte Zeit- schrift nicht so allgemein gelesen werden dürfte, als daß die Leser des Anat. Anz. davon Kenntnis nehmen könnten, sei hier darauf hingewiesen. Die klinischen Arbeiten PLates bewegen sich auf dem Grenzgebiet der Physiologie und Pathologie des (aktiven und passiven) Bewegungsapparates; und wenn seine 1) Über den feineren Bau der Flügelmuskelfasern der Insekten. Wien. akad. Anz. 1918, S. 108. 2) Die Zellen des menschlichen Blutes in ultraviclettem Lichte. Leipzig G. Thieme, 1906. 399 Darstellung auch vor allem für Kliniker bestimmt ist, so empfängt auch der Anatom manchen wertvollen Wink. Auch kann es, da PLATE aus neueren arthrologischen Arbeiten Anregungen geschöpft hat, den Anatomen das Be- wußtsein stärken, daß auch ihre Forschungen indirekt gerade jetzt zum Wohle des Vaterlandes beitragen. Auf die klinischen Mitteilungen PrAtes, die ich nicht beurteilen kann, sei hier nicht eingegangen. An den anatomisch-physiologischen Mitteilungen ist natürlich keineswegs alles neu; trotzdem ist es uns wichtig, auch das uns Bekannte in Zusammenhang mit den Verhältnissen des lebenden und kranken Körpers gebracht zu sehen. Zunächst sind physiologisch-funktionelle Betrachtungen zu erwähnen. Der Satz: „Ein Gelenk kann nur gesund sein und bleiben, ja es kann nur wieder gesund werden, wenn es richtig gebraucht wird‘ — steht an der Spitze der gesamten Ausführungen. Dazu gehört nicht nur richtige Stellung, richtige Belastung und gesunde Muskulatur, sondern auch richtige Bewegung. Denn diese folgt nicht stets ohne weiteres aus den anatomischen Verhältnissen, sondern kann durch Entwöhnung, Schmerz oder auch durch völliges Verlernen der normalen Bewegungsart („Akinesia am- nestica‘‘) beeinträchtigt sein. Pate fordert also von dem Arzt, daß er jedem Kranken die richtigen Bewegungen in allen Einzelheiten selbst vormachen, ihn in Fehlern korrigieren können müsse. Er bemerkt dabei ganz richtig, daß diese Aufgabe aus Büchern schwer zu erlernen sei. Allein zum Ziele führen könne nur unausgesetzte Beobachtung des nackten Körpers. Diese Kenntnis sei auch wichtig bei der Entlarvung von Simulanten, deren Be- wegungen fast stets unzweckmälig seien und niemals mit denen überein- stimmen, die bei einer etwa abgelaufenen Erkrankung vorgekommen sind. Zu starke Abnutzung des Knorpels beeinträchtigt die normale Tätig- keit des Gelenkes. Sie kann durch zu starke Belastung (Fettleibigkeit, gelegentlich noch verbunden mit schwacher Muskulatur) oder durch spastische Zustände der Muskulatur entstehen. Andererseits kann eine abnorm kräftige Muskulatur Störungen in der Gelenkhaltung (bei Arthr- itis deformans) ausgleichen. Hieraus ergeben sich bestimmte therapeutische Indikationen und Erwägungen bei der Beurteilung der Verwendungs- fähigkeit. Wie falsche Stellung der Gelenke und Veränderung der Be- lastungsrichtung schon nach erstaunlich kurzer Zeit zu anatomischen Ver- änderungen der Gelenke führt, weist Piate an einigen Beispielen nach. (Wichtig vor allem die Skoliosenbildung bei Verlust eines Armes, da die gleich- mäßige Belastung durch den Schultergürtel fehlt.) Das Fußgewölbe leidet schon bei schwacher oder sogar nur bei leicht ermüdender Muskulatur; namentlich müssen die Zehenbeuger vom Arzte mit steten Übungen bedacht werden, da beim Übergewicht der Strecker die Zehen für den Gang mehr und mehr ausgeschaltet werden, dessen Elastizität auf ihrer Mitwirkung be- ruht. Anatomisch berechtigt ist der Einwand gegen einen Grundsatz der militärärztlichen Begutachtung, daß Verkürzungen des Beines unter 5 cm unberücksichtigt bleiben sollen; denn das ist für Kleine und Große nicht gleichbedeutend. Belangreich sind Mitteilungen über den Einfluß von Muskel- narben auf den Gebrauch der Gelenke: „Es scheint, als wenn alle Muskeln, die durchtrennt gewesen sind und in denen Narbengewebe die Muskulatur 400 unterbricht, meistens nicht wieder dahin zu bringen sind, daß sie richtig funktionieren. Hat der getroffene Muskel eine wichtige Funktion für den Gang, so werden solche Patienten wegen fehlender Ausdauer weder k.-v. noch a.-v., können aber meist eine sitzende Beschäftigung ausüben.“ PıAre bringt drei Beispiele dafür; in einem war eine Narbe im Glutaeus maximus die Ur- sache dafür, daß der Geheilte im Gehen, Stehen und Reiten schwer beein- trächtigt war. Für den Entlassungsbefund ist volle Streckfähigkeit nur für die Gelenke der unteren Extremität zu fordern. — Physiologisch rationell ist es, daß Pirate Kranke mit Bewegungsstörungen schon frühzeitig Bewe- gungen im warmen Bade ausführen läßt, um späteren Schrumpfungen und Atrophien der Muskeln vorzubeugen. Hinsichtlich der Schleimbeutel wird mitgeteilt, daß sie in der Umgebung stark angestrengter Gelenke spontan, also rein physiologisch, anschwellen können; Beobachtungen vom Kniegelenk werden als Beweis dafür mitgeteilt. Hier seien spontan halbkugelige An- schwellungen in der Kniekehle aufgetreten. Auffällig ist uns schließlich eine Vermutung, wonach Lymphergüsse in Gelenke stattfinden können, wenn durch eine Verletzung proximal davon die Lymphzirkulation im Knochen gestört worden ist. Den anatomisch-physiologischen Gesichtspunkt stellt PLare auch für Entlassungsbefunde und Begutachtungen in erste Linie. Von therapeutischen Beobachtungen seien nur folgende erwähnt. Es kann Neubildung von Gelenken stattfinden selbst bei völlig zerstörten alten Gelenken, so daß man der Versteifung der Gelenke durch Massage und zweckmäßige Übungen viel mehr, als allgemein angenommen, entgegenwirken könne (Beispiele von Knie- und Ellbogengelenken, wo mit neugebildeten Ge- lenken volle Felddienstfähigkeit, allerdings nur bei großer Energie und gutem Willen der Verletzten, Offizieren, erreicht werden konnte). Die normale Span- nung der Gelenkkapsel ist für die erfolgreiche Behandlung von Gelenkergüssen eine wesentliche Voraussetzung. Ihr Druck auf den Erguß befördert die Resorption. Daher warnt Piatz vor Punktionen, weil Gelenke, die einmal punktiert gewesen seien, auffällig schlaff blieben. Darum legt er auch großen Wert auf Kräftigung der Kapselspanner; seine Methoden, besonders früh- zeitige Bewegungen im Bade, haben sich dazu als sehr geeignet erwiesen. Die kleine Schrift PLares, dem wir auch andere Veröffentlichungen ähn- licher Art verdanken (Bd. 5 des „Taschenbuch des Feldarztes“, Lehmanns Verlag, München) enthält somit zahlreiche Einzelheiten, deren Kenntnis für den Anatomen gerade jetzt wichtig ist, wenn er seinem Beruf, Ärzte heran- zubilden, gerecht werden will. Lusoscu-Wiirzburg. Berichtigungen. In der Arbeit von Joxt, Nr. 9/10, S. 213, steht Abb. 1 versehentlich umgekehrt, ist also um 2 R zu drehen. In der Arbeit von Srirvg, S. 325, 9. Z. v. o. muß es heißen anstatt dem 3. Abschnitt, der Spermatohistogenese: dem 2. Abschnitt, der Spermatocyto- genese, — und auf S. 340, 4. Z. v. u. anstatt Querhilfte: Längshälfte. Abgeschlossen am 28. September 1918. Weimar. — Druck von R. Wagner Sohn. ANATOMISCHER ANZEIGER Centralblatt für die gesamte wissenschaftliche Anatomie. Amtliches Organ der Anatomischen Gesellschaft. Herausgegeben von Prof. Dr. Karl von Bardeleben in Jena. Verlag von tustav Fischer in Jena. Der „Anatomische Anzeiger“ erscheint zweimal im Monat in Einzelnummern oder einmal in Doppelnummer. Der Preis eines Bandes von 24 Nummern beträgt Mk. 20.—. Das Erscheinen der Bände ist unabhängig vom Kalenderjahr. 51. Bd. Sol enovemuoke 1918, ae No. 16, In#aLt. Aufsätze. Hermann Baum, Lassen sich aus dem anatomischen Verhalten des Lymphgefäßsystems einer Tierart Schlüsse auf dasjenige anderer Tierarten ziehen? Unterschiede im Lymphgefäßsystem zwischen Rind und Hund. S. 401—420. — M. Ramström, Untersuchungen über die Innervation des Caput mediale tricipitis brachii, Mit 3 Abbildungen. S. 420—432. Aufsätze. Nachdruck verboten. Lassen sich aus dem anatomischen Verhalten des Lymphgefäßb- systems einer Tierart Schlüsse auf dasjenige anderer Tierarten ziehen? Unterschiede im Lymphgefäßsystem zwischen Rind und Hund. Von Hermann Baum. (Aus dem Anatomischen Institut der Tierärztlichen Hochschule in Dresden.) Die Ansicht, daß das Lymphgefäßsystem der einzelnen Tier- arten in den Hauptzügen übereinstimmt, daß, wie z. B. Barrens (Das Lymphgefäßsystem des Menschen, Jena 1909) sagt, eine prin- zipielle Übereinstimmung in der Verteilung der Lymphgefäße und Lymphdrüsen bei Säugetieren und Menschen deutlich hervortritt und daß nur in der Anzahl der Lymphdrüsen ein Unterschied zu- gunsten des Menschen zu bestehen scheint, so daß man mithin Befunde bei einer Tierart auf die andere Tierart übertragen kann, dürfte noch allgemein verbreitet sein, obgleich sie durchaus nicht zu Recht be- Anat. Anz. Bd. 51. Aufsätze. 26 402 steht, im Gegenteil zu falschen Angaben geführt und dazu verleitet hat, daß man Befunde bei einer Tierart verallgemeinert und auf andere Tierarten übertragen hat. Ich habe auf die Unrichtigkeit dieser Anschauung schon gelegentlich anderer Veröffentlichungen (z. B. in einer Arbeit über die Lymphgefäße der Gelenke des Hundes im Anat. Anz. Bd. 49, 1916, einer über die Lymphgefäße der Leber des Hundes in der Ztschr. f. Fleisch- und Milchhygiene, 36. Jahrg., 1916, einer über die Lymphgefäße der Haut des Hundes im Anat. Anz. Bd. 50, 1917) hingewiesen und will im nachfolgenden die Richtig- keit des von mir aufgestellten Satzes, „daß man in keinerlei Weise Lymphgefäßbefunde bei einer Tierart auf eine andere Tierart über- tragen darf, daß vielmehr das Lymphgefäßsystem einer jeden Tier- art für sich und unabhängig von dem bei anderen Tierarten unter- sucht werden muß“, in ausführlicherer Weise dadurch dartun, daß ich die wesentlichen Unterschiede zwischen dem Lymphgefäßsystem des Rindes und dem des Hundes, und zwar sowohl die Unterschiede im allgemeinen Verhalten dieser Lymphgefäße, als auch die im be- sonderen Verhalten der Lymphgefäße der einzelnen Organe und Organapparate, als auch die im Verhalten der Lymphknoten und Lymphknotengruppen gegenüberstelle.. Das Verhalten des Lymph- gefäßsystems beider Tierarten habe ich in zwei Werken: 1. Baum, Das Lymphgefäßsystem des Rindes, Berlin 1912, und 2. Baum, Das Lymphgefäßsystem des Hundes, Berlin 1918, ausführlich dargestellt. Die anderen Haustierarten kann ich zum Vergleiche nicht heranziehen, weil ihr Lymphgefäßsystem noch nicht genügend erforscht ist. Es würde über- dies durch Berücksichtigung so vieler Tierarten der Überblick viel schwerer und auch die Vergleichsmöglichkeit immer geringer werden; das ist auch der Grund, weshalb ich den Menschen (abgesehen von einer Stelle auf S. 412) nicht zum Ver- gleich herangezogen habe; bei ihm ist das Verhalten der Lymphknoten ja genau bekannt, weniger gilt das für die Zuflußgebiete, wenigstens soweit es sich um die Lymphgefäße der Muskeln, Sehnen, Sehnenscheiden, Faszien, Knochen und vieler Gelenke handelt, die bis jetzt noch nicht bekannt sind. I. Unterschiede im Verhalten der Lymphknoten zwischen Rind und Hund. Der Hund hat weniger Lymphknoten als das Rind, 1. weil die Zahl der Lymphknotengruppen bei ıhm absolut kleiner, sogar erheblich kleiner ist als beim Rinde und weil 2. die einzelnen Lymph- knotengruppen beim Hunde nicht aus mehr, viele sogar aus weniger Einzelknoten bestehen als beim Rinde. Daraus ergibt sich, daß beim tinde viele Lymphknoten und Lymphknotengruppen vorkommen, die beim Hunde fehlen, während andererseits freilich auch beim 403 Hunde einige Lymphknoten angetroffen werden, die dem Rinde fehlen. Das gilt auch für Lymphknoten, die nach der Konstanz ihres Auftretens und nach ihrer Lage als ganz selbständige Lymphknoten, ich möchte sagen .als Lymphknoten 1. Klasse bezeichnet werden müssen. So kommen z. B. beim Rinde konstant in der Kniefalte gelegene Lgl. subiliacae oder eine am Sitzbeinhöcker gelegene Lel. tuberosa vor, die beim Hunde ebenso konstant und ausnahmslos fehlen. Naturgemäß müssen unter diesen Verhältnissen auch die Zuflußgebiete der Lymphknoten verschieden sein, die übrigens aber auch, wie unten (5. 404 ff.) ausgeführt werden wird, unabhängig vom Verhalten der Lymphknoten recht verschieden sein können. Und selbst bei den beim Rinde und Hunde anscheinend in gleicher Weise vorkommenden Lymphknoten und Lymphknotengruppen lassen sich Lage- und Zahlenverschiedenheiten dieser und auch Verschieden- heiten im Zuflußgebiet bei beiden Tierarten feststellen. Eine Er- klärung für das Auftreten dieser Verschiedenheiten kann ich nicht geben. Durch eine Verschiedenheit in der Anordnung und Ausbildung der Organe kann sie nicht bedingt sein, denn die Organe des Kopfes z. B. sind bei Rind und Hund nach Zahl, Anordnung und Ausbildung doch im großen und ganzen die gleichen, und doch findet man beim Rinde am Kopfe sieben selbständige Lymphknotengruppen, beim Hunde hingegen nur drei, höchstens vier von diesen. Am größten sind die erwähnten Unterschiede bei den zu den Organen der Brust- und Bauchhöhle gehörigen Lymphknoten zwischen Rird und Hund, denn in der Brusthöhle des Rindes findet man im allgemeinen zehn, in der des Hundes nur drei Lymphknotengruppen; in der Bauchhöhle des Rindes kann man ebenfalls viel mehr Lymphknotengruppen unterscheiden als beim Hunde; während sie beim Rinde aus 60—200 Einzelknoten bestehen, findet man deren beim Hunde nur 10-22. Man wird nun geneigt sein, anzunehmen, daß die großen Unterschiede, welehe die Lymphknotengruppen der Bauchhöhle zwischen Rind und Hund zeigen, ohne weiteres aus der außerordentlich großen Ver- schiedenheit zwischen den Bauchhöhlenorganen des Rindes und Hundes zu erklären sind, und doch kann diese Annahme nicht stich- haltig sein, weil in der Brusthöhle doch die Organe bei beiden Tier- arten mehr oder weniger gleich sind und trotzdem ebenso große Verschiedenheiten bei den Lymphknoten beobachtet werden als bei denen der Bauchhöhle. Im einzelnen wird sich das Gesagte aus einer Gegenüberstellung der Lymphknoten des Rindes und Hundes ergeben. 26% 404 A. Lymphknoten am Kopfe. Beim Rinde findet man an Kopflymphknoten konstant: 1. eine Lgl. parotidea dicht ventral vom Kiefergelenk, 2. eine Lgl. mandibularis im Kehlgang, unge- fähr mitten zwischen Incisura vasorum des Unterkiefers und der Umbiegungsstelle des unteren (ventralen) Randes des Unterkiefers in dessen hinteren (kaudalen) Rand, 3. eine Lgl. retropharyngea medialis medial vom großen Zungenbeinast auf der Pharynx- muskulatur und 4. eine Lgl. retropharyngea lateralis ventro- medial vom freien Rande des Atlasflügels am kaudodorsalen Ende der Gland. submaxillaris. Dazu gesellen sich als inkonstant auf- tretende Lymphknoten 5. eine Lgl. pterygoidea auf der lateralen Seite des M. pterygoideus, dicht kaudomedial (nach hinten-innen) vom Tuber maxillare, in ungefähr 60% aller Fälle, 6. eine Lgl. hyoi- dea oralis am Kehlkopfsast des Zungenbeins, ausnahmsweise vor- kommend, 7. eine Lgl. hyoidea aboralis am Winkel des großen Zungenbeinastes, ebenfalls nur ausnahmsweise anzutreffen. Beim Hunde kommen von diesen Lymphknoten konstant nur die unter 1, 2 und 3 erwähnten Lymphknoten vor, während ein der unter 4 er- wähnten Lgl. retropharyngea lateralis entsprechender Knoten in nur einem Drittel aller Fälle sich findet und die unter 5, 6 und 7 erwähnten Knoten dem Hunde ganz fehlen. Aber selbst bei den beim Rind und Hund anscheinend in gleicher Weise vorkommenden Lymphknoten (den unter 1, 2und 3 erwähnten) lassen sich kleinere Lage- und Zahlen- verschiedenheiten feststellen (die Lgl. parotidea liegt beim Hunde kau- dal vom Riefergelenk, die Lgl. mandibularis am Kieferwinkel und nie in der Einzahl usw.). Auch das ZutluBgebiet ist nicht ganz gleich. So nimmt, um nur einiges herauszugreifen, die Lgl. parotidea des Rindes Lymphgefäße vom Zahnfleisch an der lateralen Seite der drei Prämolaren, Lymph- gefäße der Ober- und Unterlippe, Lymphgefäße der Nasenscheidewand und Nasenmuscheln auf, was beim Hunde nicht der Fallist. In die Lgl. mandibularis des Hundes münden Lymphgefäße vom Kiefergelenk und der Haut der kranialen Hälfte der Vorderhalsgegend, was beim Rinde nicht beobachtet wird, während umgekehrt beim Rinde die Lgl. mandibularis Lymphgefäße der Gland. parotis aufnimmt, was beim Hunde trotz eingehendster Untersuchung nicht festgestellt werden konnte. Die Lgl. retropharyngea medialis des Hundes nimmt Lymph- gefäße der Haut der Ohrmuschel, von einer größeren Anzahl Halsmuskeln, von der Schilddrüse und dem Anfangsteil der Luftröhre auf, was beim Rinde nicht beobachtet worden ist. B. Am Halse finden sich beim Rinde konstant: 1. eine Lgl. cervicalis superficialis, die dicht vor (kranial von) und 405 über dem Schultergelenk am vorderen (kranialen) Rande des M. supraspinatus liegt und vom M. brachiocephalieus und omotrans- versarius bedeckt ist, 2. die am Halsteile der Luftröhre gelegenen Lgl. cervicales profundae, die in drei Untergruppen: Lgl. cer- vieales craniales, mediae et caudales geschieden werden, ohne daf die Abgrenzung dieser Untergruppen eine scharfe ist. Zu den Lel. cervicales superficiales gesellen sich 3. Lgl. cervicales nuchales; sie stellen eine Anzahl (5—10) kleinere Knoten dar, die unter dem M. trapezius und omotransversarius in der Nähe der Lgl. cervicalis superficialis liegen, zum größeren Teile freilich Blutlymphknoten sind. Beim Hunde kommen konstant Lel. cervicales superficiales vor in ganz ähnlicher Lage wie die Lgl. cervicalis superficialis beim Rinde; die Gruppe besteht aber beim Hunde aus 1—4, meist aus zwei Knoten, und auch das Zuflußgebiet zeigt Unterschiede. Während z. B. beim Rinde der Knoten Lymphgefäße der Haut des ganzen Halses und der kranialen zwei Drittel des Thorax aufnimmt, ist das beim Hunde nicht der Fall. Bei ihm mündet vielmehr ein Teil dieser Lymphgefäße in die Lgl. axillaris und die Lgl. mandibularis; umgekehrt nehmen die Knoten beim Hunde Lymphgefäße der Ohrmuschel, der Haut der Scheitel- und Massetergegend auf, was beim Rinde nicht beobachtet wird. Die Lgl. cervicales profundae verhalten sich beim Hunde ähn- lich wie beim Rinde, sind aber viel spärlicher; einzelne der Unter- gruppen fehlen in der Regel ganz, was beim Rinde nicht beobachtet wird. Die Lgl. cervicales nuchales fehlen dem Hunde gänzlich. C. Von Lymphknoten der Schultergliedmaße finden sich beim Rinde konstant: 1. eine an der medialen Seite des Schulter- gelenkes gelegene Lgl. axillaris propria und 2. kranial davon, an der ersten Rippe gelegen, 1—3 Lgl. axillaris primae costae. Beim Hunde kommt der unter 1 erwähnte Lymphknoten ebenfalls konstant vor, es fehlen aber die unter 2 angegebenen Knoten; dafür findet sich beim Hunde eine Lgl. axillaris accessoria, die kaudal von der Lgl. axillaris propria dicht ventral vom M. latissimus dorsi (in dem Winkel zwischen ihm und dem M. pectoralis prof.) auf der dritten bis vierten Rippe liest, aber nur bei ungefähr 25—30% der Hunde angetroffen wird. Sie fehlt dem Rinde. Im Zuflußgebiet besteht folgender wesentlicher Unterschied: In die Lgl. axillaris propria des Hundes münden außer anderen Lymph- gefäßen Lymphgefäße großer Teile der Haut, nämlich der Haut der dorsalen, seitlichen und ventralen Thorax- und Bauchwand, soweit diese zwischen der 406 Schulteroberarmmuskulatur und einer durch die letzte Rippe gelegten Quer- ebene sich befindet, und Lymphgefäße der Haut an der lateralen Seite der Schulter und des Oberarmes und des Olecranon und der medialen Seite des Oberarmes und Olecranon und weiterhin Lymphgefäße vom kranialen Teile des Euters; beim Rinde ist das nicht der Fall. D. An der Beckengliedmaße findet man beim Rinde an konstant auftretenden Lymphknoten 1. die Lgl. poplitea in der Kniekehle zwischen dem M. biceps femoris und dem M. semiten- dinosus auf dem M. gastrocnemius, 2. die Lel. subiliaca zwischen beiden Blättern der Kniefalte am kranialen Rande des M. tensor fasciae latae, 3. die Lgl. inguinales superficiales, die beim männlichen Tiere zwischen ventraler Bauchwand und Praeputium, beim weiblichen Tiere zwischen Euter und ventraler Beekenwand liegen. Dazu kommen an inkonstant auftretenden Lymphknoten 4. eine Lgl. musculi tensoris fasciae latae an der lateralen Fläche des M. tensor fasciae latae, in kaum der Hälfte aller Fälle, 5. bei ungefähr zwei Dritteln der Rinder eine Lgl. coxalis vor (kra- nial von) dem Hüftgelenk zwischen M. rectus femoris, M. tensor fasciae latae und M. ihacus. Beim Hunde finden sich die unter 1 und 3 erwähnten Lymphknoten, wenn die Lel. inguinales super- ficiales beim weiblichen Tiere auch insofern etwas in der Lage von denen des Rindes abweichen, als sie sich vor (kranial von) dem Scham- beinkamm zwischen ventraler Bauchwand und Euter befinden. Die unter 2, 4 und 5 erwähnten Knoten fehlen dem Hunde, dafür findet sich bei diesem, wenn auch nicht konstant, sondern ausnahmsweise (in ungefähr 10%, der Fälle), eine Lgl. femoralis medialis an der medialen Seite des Oberschenkels am distalen Ende des Schenkel- kanales unter der Haut; sie fehlt dem Rinde. Auch im Zuflußgebiet lassen sich Unterschiede erkennen. So mündet z. B. beim Hunde in die Lgl. inguinales superficiales ein Teil der Hautlymphgefäße, die beim Rinde zur Lgl. subiliaca ziehen. E. An Thoraxlymphknoten finden sich beim Rinde a) in der Brusthöhle 1. eine große Anzahl von mediastinalen Lymph- knoten, die in scehs ziemlich selbständige Untergruppen geschieden werden können, nämlich in a) die im präkardialen Mediastinum ge- legenen Lgl. mediastinales craniales, b) die Lgl. mediasti- nales mediae im mittleren und ec) die Lgl. mediastinales cau- dales im postkardialen Mediastinum, dazu d) die Lgl. mediasti- nales dorsales in der Nähe und Umgebung der Aorta thoracica 407 vom Arcus aortae bis zum Zwerchfell und e) die Lgl. mediastinales ventrales auf dem M. transversus thoraeis; letztens endlich f) die Lgl. mediastinales diaphragmaticae am Zwerchfell, die jedoch nicht konstant anzutreffen sind. Weiterhin findet man in der Brust- höhle des Rindes 2. die Lgl. bronchiales, die in die am Ursprung des Bronchus eparterialis an der rechten Seite der Luftröhre gelegene Lgl. eparterialis, die an der Bifurkation der Luftröhre gelegenen Lgl. bifureationis und die an den Stammbronchien gelegenen Lel. pulmonales zerfallen, und 3. am Herzbeutel gelegene Lgl. peri- cardiacae und zwar eine Lgl. pericardiaca dextra et sinistra, von denen die erstere jedoch in der Regel, die letztere ausnahmsweise fehlt. £) In und an der Brusthöhlenwand findet man beim Rinde 4. die Lgl. intercostales in den Zwischenrippenräumen entlang der Rippenköpfchengelenke und zwar in größerer Anzahl, denn es finden sich mehr oder weniger in jedem Interkostalraum ein, bisweilen zwei Knoten, wenn auch einzelne Interkostalräume ganz frei sein können; weiterhin 5. die Lgl. sternales an der Innentläche des Sternum, entlang der A. und V. mammaria interna, bedeckt vom M. transversus thoraeis, und zwar meist in jedem Zwischenknorpel- raum ein, selten zwei Knoten, die freilich in einzelnen Zwischen- knorpelräumen ganz fehlen können. Der vorderste von ihnen liegt als Lgl. sternalis eranialis im ersten Zwischenknorpelraum oder am ersten Rippenknorpel. Dazu können kommen als inkonstant auf- tretende Knoten 6. eine Lgl.rhomboidea unter dem M. rhomboideus cerviealis nahe dem Nackenwinkel des Schulterblattes, in kaum einem Sechstel aller Fälle, und 7. eine Lgl. infraspinata am kaudalen Rande des M. infraspinatus, lateral auf dem M. latissimus dorsi, nur in ungefähr einem Viertel aller Fälle anzutreffen. Beim Hunde fallen die entsprechenden Lymphknoten dadurch auf, daß sie in viel geringerer Anzahl vorkommen, denn in der Brust- höhle findet sich von den sechs Gruppen der Lgl. mediastinales nur eine, nämlich die Gruppe der Lgl. mediastinales eraniales; die Lgl. pericardiacae fehlen auch gänzlich, nur die Lgl. bronchiales sind in ähnlicher Weise wie beim Rinde vorhanden, doch fehlt beim Hunde die Lgl. eparterialis. Von den Thoraxwandlymphknoten fehlen die Lgl. intercostales entweder ganz oder finden sich nur in Form eines einzigen Knotens auf jeder Seite, und ebenso werden die Lgl. sternales in der Regel nur durch einen einzigen am ersten oder zweiten Rippenknorpel gelegenen Knoten gebildet, der mithin der Lgl. ster- 408 nalis cranialis des Rindes entspricht. Die übrigen Wandknoten: Lel. infraspinata und Lgl. rhomboidea fehlen dem Hunde ganz. — Daß unter diesen Verhältnissen das Zuflußgebiet dieser Lymph- knoten beim Hunde ein anderes sein muß als beim Rinde, ist klar. So nehmen die Lgl. mediastinales eraniales des Hundes Lymphgefäße auf, die beim Rinde in die Lgl. intercostales, die Lgl. mediastinales dorsales, mediae und caudales münden, die Lgl. sternalis des Hundes solche, die beim Rinde die Lgl. mediastinales ventrales aufsuchen, die Lgl. bronchiales des Hundes Lymph- gefäße, die beim Rinde zu den Lgl. mediastinales caudales und mediae ziehen usw. Die Lgl. mediastinales des Hundes nehmen außerdem Lymphgefäße auf, die beim Rinde in die Lgl. cervicales profundae münden, z. B. Lymphgefäße der Halswirbel und vieler Halsmuskeln, der Schilddrüse usw. F. Die Lymphknoten des Bauches zerfallen in die an der Bauchwand gelegenen parietalen Lymphknoten und die an den Ein- geweiden gelegenen viszeralen oder Organlymphknoten. a) Von parie- talen Lymphknoten finden sich beim Rinde 1. die Lgl. lumbales. Sie zerfallen in die Lgl. lumbales propriae, die sich in der Ein- zahl in der Tiefe zwischen je zwei Lendenwirbelquerfortsätzen finden können, aber sehr inkonstant nach ihrem Auftreten sind, und 2. die Lgl. lumbales aorticae, die an der Bauchaorta (und der V. cava caudalis) liegen, und von denen man als Untergruppe die Lgl. eoelia- cae et mesentericae craniales abscheiden kann; sie stellen 2—5 Lymphknoten dar, die an der A. coeliaca und mesenterica cranialis sich befinden. 3. Die Lgl. iliacae; sie zerfallen in die Lgl. iliacae mediales, die an der Aorta und V. cava caudalıs dicht kranial von der Abgangsstelle der A. iliaca externa am Ursprungsteil der V. circumflexa ilium profunda liegen und sich an die Lgl. lumbales aorticae beckenwarts anreihen, und die Lgl. iliaca lateralis im Teilungswinkel der A. und V. circumflexa ılium profunda. 4. Die Lgl. inguinalis profunda; sie liegt in der Bauchhöhle, etwas ober- halb des Schenkelringes bzw. etwas oberhalb der Abgangsstelle der A. profunda femoris. 5. 1—2 Lgl. profundae femoris, die an der A. profunda femoris liegen, aber nur bei höchstens der Hälfte aller Rinder vorkommen, 6. eine kleine Lgl. epigastrica auf der Innen- . fläche des M. rectus abdom. nahe dem Schambein und 7. Flanken- lymphknoten, 1—2 kleine Lymphknoten, die in der Flanken- gegend direkt unter der Haut liegen, aber nicht konstant anzutreffen sind. Beim Hunde fehlen von den vorstehend erwähnten Lymph- knoten die meisten Gruppen, nämlich die Lel. lumbales propriae, die Lgl. iliaca lateralis, die Lgl. epigastrica und die Flankenlymphknoten, 409 so daß nur die Lgl. lumbales aorticae und eine Lgl. inguinalis pro- funda beim Hunde anzutreffen sind, aber selbst diese nicht in der Ausdehnung wie beim Rinde, denn bei den Lgl. lumbales aorticae fehlen dem Hunde die den Lgl. coeliacae et mesentericae craniales des Rindes entsprechenden Knoten, und die Lgl. inguinalis pro- funda wird nur bei ungefähr einem Drittel aller Hunde gefunden. Daß das Fehlen so vieler Lymphknotengruppen beim Hunde von Einfluß auf das Zuflußgebiet der Lymphknoten sein muß, ist klar, denn die Lymphgefäße der Lymphknoten des Rindes, die dem Hunde fehlen, müssen bei diesem natürlich in andere Lymphknotengruppen einmünden. ß) Die viszeralen oder Organlymphknoten der Bauch- höhle zeigen wohl von allen Lymphknotengruppen zwischen Rind und Hund die größten Unterschiede. Im allgemeinen fällt auf, daß sie beim Hunde in viel geringerer Anzahl, sowohl was die Zahl der Lymphknotengruppen, als auch die Zahl der Knoten der einzelnen Gruppe anbetrifft, vorkommen und daß beim Hunde weniger selb- ständige Gruppen für Magen, Leber, Pankreas und Nieren sich finden. Beim Rinde findet man: 1. Lgl. gastricae mit 10 Unter- abteilungen am Magen; sie nehmen alle Lymphgefäße des Magens und einen Teil der Lymphgefäße der Milz und des Duodenum auf und werden aus 20 —70 Einzelknoten zusammengesetzt. 2. Die Lgl. mesentericae; sie zerfallen in die Dünn- und Dickdarmlymph- knoten. Die Dünndarmlymphknoten scheidet man in a) Zwölf- fingerdarmlymphknoten, die jedoch keine selbständige Gruppe . bilden, weil die Lymphgefäße des Duodenum teils in die Leber- lymphknoten, teils in die Lel. pancreaticoduodenales einmünden. b) Leerdarmlymphknoten, 10—50 einzelne Knoten zwischen den Blättern des Gekréses am zentralen Rande des Konvolutes der Jejunumschlingen. c) Hüftdarmlymphknoten, 1—4 Knoten im Gekröse des*Heum. Die Diekdarmlymphknoten scheidet man in d) die Blinddarmlymphknoten, 1—3 Knoten in dem Gekröse zwischen dem Caecum und dem Ende des Ileum, e) die Grimm- darmlymphknoten, 10—40 einzelne Knoten, die am Colon und in dessen Gekröse sich befinden. Die Leerdarmlymphknoten nehmen die Lymphgefäße des Jejunum, die Hüftdarmlymphknoten die des Ileum, die Blinddarmlymphknoten Lymphgefäße vom Caecum und Ileum, die Grimmdarmlymphknoten solche vom Ileum, Caecum und Colon auf. 3. Die Lg}. hepaticae sind 6—15 Knoten in der Porta hepatis, 110 die Lymphgefäße der Leber, aber auch solche vom Pankreas und dem Duodenum aufnehmen. 4. Die Lgl. pancreaticointestinales; sie umfassen eine Anzahl Lymphknoten, die am Pankreas zwischen diesem und dem Duodenum und zwischen ihm und der Endschleife des Colon liegen; in sie münden Lymphgefäße vom Pankreas, vom Duo- denum und von der Endschleife des Colon. 5. Die Lel. renales sind Lymphknoten, die an der Nierenarterie und -vene liegen und die Lymphgefäße der Nieren und Nebennieren aufnehmen. Ganzanders ist das Bild beim Hunde; bei ihm kann man viel weniger Lymph- knotengruppen feststellen, die zudem durchaus nicht alle konstant auftreten und zusammengenommen nur aus 10—22 Einzelknoten bestehen gegenüber den viel zahlreicheren Gruppen mit Untergruppen und 60—200 Einzelknoten beim Rinde; denn beim Hunde findet man nur: 1. Lgl. portarum, 2—6 Knoten am Stamm der Pfort: ader; sie nehmen Lymphgefäße der Leber, des Magens, Pankreas und Duodenum auf. 2. Lgl. lienales; sie bilden eine Gruppe von 1—5 Lymphknoten, die sich in der dorsalen Wand des Netzbeutels um die A. und V. lienalis und ihre Endäste gruppieren. In sie münden Lymphgefäße der Speiseröhre, des Magens, des Pankreas, der Milz und Leber, des Zwerchfelles, Mediastinum und Netzes. 3. Eine nur in ungefähr zwei Dritteln aller Fälle anzutreffende kleine Lgl. gastrica an der kleinen Kurvatur des Magens, die Lymphgefäße des Magens, der Speiseröhre, der Leber, des Zwerchfelles, Mediastinum und Peri- tonaeum aufnimmt. 4. Die Lgl. omentalis, die 2—5 em vom Duodenum entfernt in die dorsale Wand des Netzbeutels eingelagert ist, aber nur bei ungefähr der Hälfte aller Hunde angetroffen wird; sie erhält nur Lymphgefäße vom Netz. 5. Lgl. mesentericae; sie zerfallen in: a) eine kleine, an der Flexura prima duodeni gelegene, auch nieht ganz konstant anzutreffende Lgl. duodenalis, die Lymphgefäße des Magens, Duodenum, Pankreas und Netzes auf- nimmt; b) die Lgl. jejunales; sie bilden eine Gruppe von meist zwei, selten 3—6 Knoten, die zwischen den Blättern des langen Jejunalgekröses in der Umgebung des Truncus jejunalis arteriosus und venosus liegen und Lymphgefäße vom Jejunum, lleum und Pan- kreas erhalten; e) die Lel. colieae, 3—8 Knoten, welche die sämt- lichen Diekdarmlymphknoten umfassen und zwischen den Blättern des kurzen Mesocolon bzw. Mesorectum anzutreffen sind und Lymph- gefäße vom Ileum, Caecum und Colon aufnehmen. Lgl. renales sind nicht in Form einer besonderen Gruppe abgegrenzt. 411 Aus den vorstehenden kurzen Gegenüberstellungen der Bauch- höhlenlymphknoten des Rindes und Hundes geht hervor, daß diese Lymphknoten zwischen Rind und Hund überhaupt nicht vergleichbar sind, weder was die Zahl der Lymphknotengruppen und die Zahl der Einzelknoten einer Gruppe, noch deren Lage, noch deren Zuflußgebiet anbetrifft, daß mithin auch die Lymphgefäße der einzelnen Bauch- höhlenorgane nach ihrer Zugehörigkeit zu bestimmten Lymphknoten- gruppen gar nicht verglichen werden können. Ein einziges Beispiel mag dies beweisen. Beim Rind münden alle Lymphgefäße des Magens in zahlreiche am Magen selbst gelegene Lgl. gastricae; beim Hunde liegen am Magen überhaupt keine Lymphknoten oder nur eine einzige Lgl. gastrica; aber selbst wenn sie vorhanden ist, mündet nur ein kleiner Teil der Magenlymphgefäße in sie ein, der größere Teil mündet in die Lgl. lienales und die Lgl. duodenalis. G. Von Lymphknoten des Beckens und der Beckenhöhle werden beim Rinde angetroffen: 1. Die Lgl. hypogastricae im Teilungswinkel der Aorta in die beiden Aa. hypogastricae. 2. Die Lgl. sacrales internae an der Innen- (medialen) Seite des Lig- tuberoso- et spinososacrum. 3. Lgl.sacralesexternae an der AuBen- (lateralen) Seite des Lig. tuberoso- et spinososacrum; beide Gruppen sind jedoch nicht konstant nachweisbar. 4. Eine Lgl. ischiadica dicht dorsal von der Incisura ischiadica minor an der lateralen Seite des Lig. tuberoso- et spinososacrum. 5. Nicht ganz konstant eine Lgl. tuberosa dicht medial vom Tuber ischiadieum und 6. die Lgl. anorectales am Endteil des Rektum. Von diesen Knoten kommen beim Hunde ganz in Wegfall die unter 4, 5 und 6 erwähnten: Lgl. ischiadica, Lgl. tuberosa und Lgl. anorectales, die Lgl. hypo- gastricae sind auch beim Hunde vorhanden, ebenso die Lgl. sacrales, letztere jedoch in anderer Lage. Den Verschiedenheiten müssen natür- lich Verschiedenheiten im ZufluBgebiet entsprechen. Es sei z. B. nur darauf hingewiesen, daß die Lymphgefäße, die beim Rinde in die Lgl. ischiadica einmünden, beim Hunde die Lgl. inguinales super- ficiales, hypogastricae, sacrales und die Lgl. iliaca medialis aufsuchen. Sind nach der vorstehenden Schilderung schon die Unterschiede zwischen den Lymphknoten des Rindes und Hundes groBe, so wiirden diese Unterschiede noch viel größer und ein Vergleich der entsprechenden Lymphknotengruppen noch viel schwerer, überhaupt nicht möglich sein, wenn man auch die Lymph- knoten des Menschen zum Vergleich heranziehen würde; denn beim Menschen treten in jeder Körpergegend unverhältnismäßig viel mehr Lymphknotengruppen auf als bei Rind und Hund. Nur an zwei Beispielen, den Lymphknoten des Kopfes und der Schultergliedmaße des Menschen, sei dies bewiesen: 4127 Am Kopfe findet man beim Menschen (nach BARTELS): 1. Lgl. oceci- pitales dicht an der Linea nuchae suprema des Occipitale; sie fehlen beim Rinde und Hund. 2. Lgl. auriculares an der Ohrmuschel; sie fehlen dem Rind und Hund. 3. Lgl. parotideae und zwar oberflächliche und tiefe und in größerer Anzahl als bei Rind und Hund. 4. Lgl. buccales im Fett der Wange, mit den Unterabteilungen: Lgl. infraorbitales, Lgl. buccinatoriae, Lgl. supra- mandibulares; sie fehlen dem Rinde und Hunde. 5. Lgl. mandibulares, im Gegensatz zum Rind und Hund auf den ganzen Kehlgang verteilt. 6. Lg]. paramandibulares an der Gland. mandibularis, fehlen dem Rind und Hund. 7. Lgl. submentales in dem von dem medialen Rande des vorderen Bauches des rechten und linken M. digastrieus und dem Zungenbeinkörper begrenzten Dreieck, fehlen dem Rind und Hund. 8. Lgl. linguales, unbeständige, am M. hyoglossus gelegene Lymphknoten, die vielleicht der Lgl. hycidea oralis des Rindes vergleichbar sind. 9. Lgl. retropharyngeae laterales et mediales hinter dem Pharynx. Beim Menschen finden sich also erheblich mehr Lymph- knotengruppen als bei Rind und Hund, die größere Hälfte von ihnen fehlt bei Rind und Hund. An der Schultergliedmaße findet man beim Menschen (nach BARTELS) |. Lgl. cubitales superficiales und Lg]. cubitales profundae an der media- len Seite des Ellbogengelenkes. 2. Lgl. axillares mit zahlreichen mehr oder weni- ger selbständigen Untergruppen, nämlich den a) Lgl. pectorales längs des unteren Randes des M. pectoralis major; b) Lg]. subscapulares an der A. und V. subscapularis; c) Lgl. brachiales am Oberarm in der Mitte und im oberen Drittel, in der Schultergegend ganz in der Tiefe dicht neben und zum großen Teil hinter den Vasa axillaria; d) Lgl. subpectorales unter dem M. pectoralis minor, medial von den Vasa axillaria; e) Lgl. intermediae (centrales), am nächsten be- nachbart dem N. thoracicus longus, tief im Achselfett verborgen, von dem Ur- sprung der Vasa thoracica longa an, unter und hinter den großen Achselgefäßen gelegen; f) Lgl. infraclaviculares zwischen oberem Rande des M. pectoralis minor und Clavicula, an der V.subelavia und medial von ihr und g) Lgl. del- toideopectorales im Sulcus deltoideopectoralis (inkonstant), dazu noch meh- rere nur ausnahmsweise auftretende Lymphknoten, z. B. eine Lgl. antebrachii in der Mitte des Unterarmes, medial von der A. radialis. Diesen zahlreichen Lymphknotengruppen an der Schultergliedmaße des Men- schen entsprechen beim Rinde und Hunde nur Lgl. axillares mit dea Lgl. axillares primae costae beim Rinde und der Lei. axillaris accessoria beim Hunde. Vergleicht man diese kurze Zusammenstellung der Lymphknoten am Kopfe und der SchultergliedmaBe des Menschen mit den Lymphknoten am Kopfe und der Schultergliedmaße bei Hund und Rind (8. 404 u. 405), so leuchtet ohne weiteres ein, daß eine Homologisierung höchstens bei einigen wenigen Lymphknoten mög- lich ist und selbst diese hinfällig wird, wenn man das Zuflußgebiet der Lymph- knoten mit zugrunde legt. Dieses muß beim Menschen ja ganz anders als bei Rind und Hund sein. Z. B. müssen die Lgl. mandibulares bei Rind und Hund viele Lymphgefäße aufnehmen, die beim Menschen in die Lgl. buccales mit ihren Unterabteilungen münden usw. 413 II. Unterschiede im Verhalten der makroskopisch verfolgbaren Lymphgefäße zwischen Rind und Hund. Unterschiede sind schon im allgemeinen Verhalten der Lymphgefäße, noch mehr natürlich im besonderen Verhalten der Lymphgefäße der einzelnen Organe und Organapparate festzustellen. Im allgemeinen Verhalten fällt vor allem der verschiedene Grad der Netzbildung der makroskopisch verfolgbaren Lymphgefäße auf. Beim Rinde bilden die größeren Lymphgefäße nur relativ selten durch Teilung und Vereinigung ihrer Teiläste Anastomosen und Netze; die Anastomosen kommen bei ihnen vorwiegend dadurch zustande, daß mehrere Lymphgefäße zu wenigen zusammenfließen oder sich vereinigen, ohne dabei aber Netze zu bilden (vgl. Abb. 1 u. 25 in Baum, Das Lymphgefäßsystem des Rindes). Auf Grund dieses Befundes stellte ich, nachdem ich zuerst das Lymphgefäßsystem des Rindes bearbeitet hatte, in meinem Werke über das Lymphoefäßsystem des Rindes den Satz auf, daß man vermutlich für die größeren Lymphgefäße und Lymphgefäßstämm- chen irrtümlich eine zu reichliche Anastomosen- und Netzbildung annimmt. Als ich dann später das Lymphgefäßsystem des Hundes bearbeitete, fand ich, daß die Lymphgefäße des Hundes im Gegen- satze zu denen des Rindes in viel ausgedehnterem Maße auf: ihrem Verlaufe zu den Lymphknoten grobe Netze bilden (vgl. Abb. 13 in Baum, Das Lymphgefäßsystem des Hundes). Es ist ein ganz anderes Bild als beim Rinde, so daß selbst für einen so allgemeinen Befund wie „Anastomosen- und Netzbildung der Lymphgefäße“ der oben aufgestellte Satz gilt, daß das Verhalten der Lymphgefäße bei einer Tierart sich nicht ohne weiteres auf die andere Tierart über- tragen läßt. Ganz besonders gilt das Gesagte für die Lymphgefäße der Haut, im geringeren Maße aber auch für die Lymphgefäße der anderen Organe und Organapparate. Bei den Muskellymphgefäßen tritt ein allgemeiner Unterschied in dem Lageverhältnis derselben zu den Blutgefäßen der Muskeln zwischen Rind und Hund hervor. Während beim Rinde ein relativ großer Teil der Muskellymph- gefäße den Muskel in unregelmäßiger Weise, d. h. nicht in Begleitung von Muskelblutgefäßen verläßt, sehen wir beim Hunde das um- sekehrte Verhältnis, d. h. beim Hunde verlassen die weitaus meisten Lymphgefäße den Muskel in Begleitung von Blutgefäßen. Ein kleine- rer Teil der Lymphgefäße tritt zwar in unregelmäßiger Weise, also nicht in Begleitung von Blutgefäßen, aus dem Muskel hervor; diese Lymphgefäße bilden dann in der Regel im Perimysium externum 414 ein sehr grobes Netzwerk, aus dem erst feinere Lymphgefäße sich ent- wickeln; diese letzteren wenden sich aber, im Gegensatz zu den Lymphgefäßen beim Rinde, mit Vorliebe schon bald nach Blutgefäßen hin; ein kleinerer Teil von ihnen verläuft aber auch ganz unregel- mäßig weiter, ohne in ein näheres Lageverhältnis zu Blutgefäßen zu treten, d. h. verhält sich ebenso wie beim Rinde ein großer Teil der Muskellymphgefäße. Als ich den vorstehend geschilderten Befund nach den ersten Muskellymph- gefäßinjektionen beim Hunde gemacht hatte, glaubte ich, ich hätte mich beim Rinde geirrt, und habe deshalb vergleichend bei Rind (Kalb) und Hund die Muskel- lymphgefaBe in zahlreichen Fällen injiziert, und zwar wählte ich speziell als Unter- suchungsobjekte den M. trapezius cervicalis, den M. serratus ventralis und den M. ext. carpi radialis. Das Ergebnis war das oben angeführte. d. h. beim Hunde verlassen die Lymphgefäße fast ausnahmslos den Muskel in Begleitung von Blut- gefiBen (Arterien oder Venen); zu den Venen gesellen sich besonders Lymph- gefäße, die an der Oberfläche der Muskeln hervortreten. Daß Lymphgeräße den Muskel irregular, also ohne an Blutgefäßen zu liegen, verlassen, kommt ver, aber nur relativ selten. Beim Rinde hingegen ist dieser Befund viel häufiger, d. h. man kann bei sorgfältiger Injektion in jedem Faile und bei jedem der genannten Muskeln Lymphgefäße beobachten, die irregulär aus dem Muskel hervortreten, also nicht in Begleitung von Blutgefäßen, wenn ein Teil dieser Lymphgefäße auch nach kürzerem oder längerem Verlaufe zu Venen sich gesellen mag. Man kann beim Rinde auch öfter als beim Hunde beobachten, daß Lymphgefäße, die in Begleitung von Venen den Muskel verlassen, bald von den Venen sich abwenden und irregular weiter verlaufen. Die Feststellung des Befundes, ob Lymphgefäße in Begleitung vou Venen oder irregulär den Muskel verlassen, ist sehr oft gar nicht leicht, auch nicht ohne Benutzung der Lupe méglich, besonders dann, wena die Venen nur wenig oder gar nicht mit Blut gefüllt sind, so daß bei oberfläch- licher Untersuchung man öfter den Eindruck gewinnt, daß neben dem Lymph- gefäß keine Vene liegt, und doch kann dies in Wirklichkeit der Fall sein. Ich glaube, daß mir selbst bei Untersuchung der Muskellymphgefäße des Rindes solche Fälle unterlaufen sind und ich möchte deshalb, nachdem ich die Frage noch- mal: eingehend, nicht selten unter Zuhilfenahme des Mikroskopes, geprüft habe, den in meinem Werke: „Das Lymphgefäßsystem des Rindes‘ auf S. 70 aufge- stellten Satz: „Daß beim Rinde die Muskellymphgefäße durchaus nicht immer in Begleitung von Blutgefäßen aus dem Muskel austreten, daß vielmehr im Gegen- teil vielleicht die Mehrzahl dieser Lymphgefäße nicht neben Blutgefäßen liegt‘ dahin einschränken, daß der Satz beim Rinde für relativ viel Muskellymphgefäße, wenn auch nicht für die Mehrzahl von ihnen gilt. Ein weiterer allgemeiner Unterschied besteht darin, daß die Lymphgefäße der einzelnen Organe beim Rinde im allgemeinen eine größere Anzahl Lymphknotengruppen aufsuchen als beim Hunde. Der Unterschied ist freilich in erster Linie dadurch bedingt, daß der Hund, wie oben ausgeführt, absolut weniger Lymphknoten- 415 gruppen aufweist als das Rind. Einige Beispiele mögen dies be- weisen: Die Lymphgefäße der Muskeln der Schultergliedmaße des Rindes münden in die Lgl. axillaris propria, Lgl. cervicales superficiales, Lgl. inter- costales bzw. mediastinales, Lgl. axillares primae costae, Lgl. costocervicalis, Lgl. cervicales nuchales und Lgl. rhomboidea, während sie beim Hunde nur die ersten drei der genannten Gruppen aufsuchen, bzw. nur diese aufsuchen können, weil die letzten vier Lymphknotengruppen des Rindes dem Hunde fehlen. Die Lymphgefäße der Muskeln der Beckengliedmaße münden beim Hunde in die Lgl. lumbales aorticae, Lgl. iliaca medialis, Lgl. hypogastricae, Lgl. poplitea, Lgl. sacrales und Lgl. inguinalis profunda. In dieselben Lymph- knotengruppen münden Lymphgefäße der Muskeln der Beckengliedmaße auch beim Rinde, bei diesem außerdem aber noch in die Lgl. ischiadica, Lgl. tuberosa, Lgl. iliaca lateralis, Lgl. subiliaca und Lgl. coxalis, so daß sich also auch bei der Beckengliedmaße die Zahl der in Frage kommenden Lymphknotengruppen beim Rinde wesentlich erhöht, aber wieder nur deshalb, weil die sämtlichen zuletzt angeführten Lymphknotengruppen dem Hunde fehlen. Schon auf Grund der angeführten Verschiedenheiten würden sich die Lymphgefäße der einzelnen Organe und Organapparate nicht übereinstimmend für mehrere Tierarten beschreiben lassen. Dazu kommen aber weiter noch Unterschiede der Organlymphgefäße, die durch das Verhalten der Lymphknoten keineswegs zu erklären sind. Nur einige grobe Beispiele hierfür seien herausgegriffen: Die Lymph- gefäße der Ohrmuschel münden beim Rinde ausnahmslos oder fast ausnahmslos in die Lgl. parotidea und die Lel. retropharyngea late- ralis, also in Lymphknoten, die in direkter Nähe der Ohrmuschel liegen, beim Hunde hingegen verläuft stets der größere Teil dieser Lymphgefäße am Halse herab bis zu den Lel. cervicales superficiales. Die Lymphgefäße des Brusthöhlenteiles der Speiseröhre suchen beim Rinde ausnahmslos Lymphknoten der Brusthöhle, beim Hunde zum großen Teile jedoch Lymphknoten der Bauchhöhle auf, um- gekehrt münden die Lymphgefäße der Milz beim Hunde nur in Lymph- knoten der Bauchhöhle, beim Rinde zum großen Teil auch in solche der Brusthöhle. Diese Beispiele ließen sich noch beliebig vermehren, wie die nachfolgende Gegenüberstellung der Lymphgefäße bei Rind und Hund ergibt. 1. Die Lymphgefäße der Haut zeigen, abgesehen von den durch die Verschiedenheiten der Lymphknoten bei beiden Tierarten bedingten Unterschieden, oft selbst in den Körpergegenden, in denen die Lymphknotengruppen beider Tierarten mehr oder weniger über- einstimmen, Verscniedenheiten in ihrem Verhalten zwischen Rind 116 und Hund. Nur einige Beispiele seien hierfür angeführt. Während die Lymphgefäße der Haut der Massetergegend beim Rinde sämtlich in die Lgl. parotidea und die Lgl. mandibularis einmünden, zieht beim Hunde, obgleich die Lymphknoten ganz ähnlich, fast gleich sich verhalten, meist ein Teil dieser Lymphgefäße am Halse herab zu den Lgl. cervicales superficiales. Beim Rinde münden die Lymph- sefäße der Haut der Ohrmuschel, wie schon erwähnt, ausnahmslos oder fast ausnahmslos in die Lgl. parotidea und die Lgl. retropharyngea lateralis, beim Hunde stets zum größeren Teil in die Lgl. cervicales superficiales. Die Lymphgefäße der Haut des beckenwärts von der Schulteroberarmgegend gelegenen Teiles der seitlichen Thoraxwand gehen beim Rinde zum größten Teil zur Lel. eervicalis superficialis und nur ganz vereinzelt zur Lel. axillaris, beim Hunde zum größten Teil zu letzterer. Die Lymphgefäße der Haut der Bauchwand (excl. Regio hypogastrica) münden beim Rinde in die Lgl. subiliaca, beim Hunde in die Lgl. iliaca medialis und in die Lel. inguinales superficiales. Von den Lymphgefäßen der Haut des Beckens und der Beckengliedmaße ziehen beim Rinde ein Teil zur Lgl. subiliaca und gar keine zu den Lgl. iliacae mediales, während beim Hund umgekehrt keines dieser Lymph- sefäße zur Lgl. subiliaca (die dem Hunde ganz fehlt) geht, wohl aber alle die Lgl. iliaca medialis aufsuchen usw. 2. Die Lymphgefäße der Muskeln lassen die 5. 413 erwähnten allgemeinen Unterschiede deutlich erkennen, vor allem auch den 8.413 erwähnten Unterschied in dem Lageverhältnis zu den Blutgefäßen. Die einzelnen Muskeln senden beim Hunde ihre Lymphgefäße zu 1—4, die meisten Muskeln zu zwei Lymphknotengruppen. Beim Rinde ist die Zahl im allgemeinen größer; es schicken dort einzelne Muskeln ihre Lymphgefäße bis zu sechs, selbst acht verschiedenen Lymph- knotengruppen; der Unterschied ist aber lediglich dadurch bedingt, daß der Hund absolut erheblich weniger Lymphknotengruppen auf- weist als das Rind (s. 5. 402). Vergleicht man die Zugehörigkeit der einzelnen Muskeln zu bestimmten Lymphknoten zwischen Rind und Hund, so er- gibt sich zwar in ganz allgemeinen Grenzen eine gewisse Überein- stimmung zwischen beiden, im einzelnen lassen sich andererseits aber auch eine Anzahl Unterschiede feststellen. Die meisten von ihnen sind dadurch bedingt, daß das Rind, wie schon erwähnt, viele Lymph- knoten bzw. Lymphknotengruppen hat, die dem Hunde fehlen 417 (s. 5. 402), aber für einzelne Muskeln bestehen selbst Verschiedenheiten, die nicht ohne weiteres aus dem genannten Verhalten der Lymph- knoten zu erklären sind. Für den letzteren Befund seien nur einige Beispiele angeführt: a) Der M. teres minor des Rindes schickt seine Lymphgefäße nur zur Lgl. axillaris, der des Hundes zu dieser und den Lgl. cervicales superficiales. b) Von den Lymphgefäßen des M. iliopsoas mündet beim Rinde ein Teil auch in die Lgl. hypogastricae, beim Hunde nicht. c) Der M. reetus femoris des Hundes sendet einen Teil seiner Lymph- gefäße zur Lgl. poplitea; beim Rinde wurde das nicht beobachtet. d) Die Lymphgefäße der Mm. interossei pedis münden beim Rinde nur in die Lgl. poplitea, beim Hunde in diese und in die Lgl. iliaca medialis. e) Die Sehne des M. flexor carpi radialis schickte in den von mir unter- suchten Fällen beim Hunde (viermal untersucht) ihre Lymphgefäße nur zur Lgl. axillaris, beim Rinde {fünfmal untersucht) zur Lgl. axillaris und zur Lg]. cervicalis superficialis. f) Die Lymphgefäße des M. levator nasolabialis, caninus, levator labii sup. proprius, der Backenmuskeln und des M. depressor labii inf. münden beim Hunde nur in die Lgl. mandibulares, beim Rinde in diese und die Lgl. parotidea. Bei beiden Tierarten wurden sie je viermal untersucht. g) Der M. splenius, der M. sternohyoideus und sternothyreoideus schicken beim Hunde einen Teil ihrer Lymphgefäße zu den Lgl. cervicales super- ticiales, beim Rinde tun sie das nicht. 3. Die Lymphgefäße der Faszien und Knochen sind betr. der Unterschiede zwischen Rind und Hund ganz ähnlich zu beur- teilen wie die Lymphgefäße der Muskeln. 4. Mediastinum. Beim Rinde münden die Lymphgefäße des Mediastinum in alle sechs Untergruppen der Lgl. mediastinales, beim Hunde hingegen in die Lgl. mediastinales (craniales), die Lgl. ster- nalis, die Lgl. bifurcationis und vor allem zum Teil auch in Lymph- knoten der Bauchhöhle (Lgl. lumbalis aortica cranialis, Lgl. gastrica, Lgl. lienales oder Lgl. portarum), was beim Rinde nicht nachgewiesen werden konnte. 5. Bei den Zwerchfellslymphgefäßen besteht ein grund- sätzlicher Unterschied insofern, als beim Rinde alle Zwerchfellslymph- gefäße in Lymphknoten, die in der Brusthöhle liegen, einmünden, während beim Hunde ein großer Teil dieser Lymphgefäße zu Bauch- höhlenlymphknoten geht. Beim Rinde suchen nämlich die Zwerch- fellslymphgefäße die Lgl. mediastinales caudales, ventrales und dor- sales, die Lgl. sternales und diaphragmaticae auf, während sie beim Hunde in die Lgl. bifurcationis, Lgl. sternalis eranialis, Lgl. lumbales Anat. Anz. Bd. bl. Aufsätze. 27 418 aorticae craniales, Lgl. portarum, Lgl. lienales und Lgl. gastrica ein- münden; es ist mithin auch das Verhalten der Zwerchfellslymph- gefäße zu den Brusthöhlenlymphknoten beim Rinde anders als beim Hunde. 6. Für die Lymphgefäße der Verdauungsorgane ließen sich, abgesehen von den 8. 413 u. 414 erwähnten allgemeinen Unterschieden, die für die Lymphgefäße aller Teile der Verdauungsorgane gelten, nachfolgende besondere Unterschiede feststellen: Die Lymphgefäße der Lippen münden beim Rinde nicht nur in die Lgl. mandibularis (wie beim Hunde), sondern auch noch in die Lgl. parotidea, die vom Zahnfleisch an den oberen Schneide- zähnen beim Hund nur in die Lel. mandibulares, beim Rinde von der entsprechenden Zahnplatte in die Lgl. mandibularis und in die Lgl. parotidea, die der Glandula parotis beim Hunde in die Lgl. retro- pharyngea medialis und parotidea, beim Rinde in diese Lymph- knoten, außerdem aber in die Lgl. mandibularis. Die Lymphgefäße vom Brusthöhlenteil der Speiseröhre münden beim Rind in die Lgl. mediastinales craniales, mediae et caudales und in die Lgl. bifureationis, beim Hunde nur in die Lgl. mediastinales craniales, weil die beiden anderen Gruppen der Mittelfellymphknoten fealen, ferner in die Lgl. bifurcationis, vor allem aber in Lymphknoten, die in der Bauchhöhle liegen (Lgl. portarum sinistra, Lgl. lienales, Lgl. gastrica), und zwar miinden in die letzteren Lymphknoten Lymph- gefäße vom ganzen Brusthöhlenteil der Speiseröhre. Das konnte trotz zahlreicher daraufhin abzielender Untersuchungen beim Rinde nie festgestellt werden. Beim Rinde treten höchstens von einem ganz kurzen Endstück der Speiseröhre Lymphgefäße dureh den Hiatus oesophageus zu Lymphknoten in der Bauchhöhle (den Lgl. atriales). Die Lymphgefäße des Magens und Darmes zeigen im allgemeinen Verhalten mehr oder weniger Übereinstimmung, während ihre Zu- gehörigkeit zu einzelnen Lymphknotengruppen sich gar nicht ver- gleichen läßt (s. $. 409—411). Ähnlich sind die Lymphgefäße des Pan- kreas und der Milz zu beurteilen; bei den letzteren besteht ein grundlegender Unterschied insofern, als beim Rinde stets ein Teil der Milzlymphgefäße in die Lgl. mediastinales caudales, also in Lymphknoten, die in der Brusthöhle liegen, münden, was beim Hunde niemals beobachtet wurde. Derselbe grundlegende Unterschied tritt bei den Lymphgefäßen der Leber hervor; auch von diesen tritt beim tinde stets ein Teil in die Brusthöhle und sucht dort die Lgl. mediasti- 419 nales caudales und selbst die Lgl. sternalis cranialis auf, während ich derartige Lymphgefäße beim Hunde nie beobachtet habe. Selbst im allgemeinen Verhalten der Lymphgefäße der Leber lassen sich zwischen Rind und Hund Unterschiede feststellen. Bei beiden Tier- arten tritt zwar ein Teil der oberflächlichen (subserösen) Lymph- gefäße in die Tiefe; während beim Rinde dieses Verhalten aber nur relativ selten beobachtet wird, tritt es beim Hunde viel häufiger her- vor, ist sogar die Regel. Beim Rinde treten alle tiefen Lymphgefäße in der Leberpforte hervor, beim Hunde ein Teil von ihnen auch an der parietalen Fläche der Leber usw. Auch das Verhalten der Leber- lymphgefaBe zu den einzelnen Lymphknotengruppen ist beim Hunde ganz anders als beim Rinde, weil bei beiden Tierarten diese Lymph- knotengruppen ganz verschieden sind; der Hund besitzt z. B. in der Leberpforte gelegene Lymphknoten (Lgl. hepaticae), die beim Rinde den Hauptteil der Leberlymphgefäße aufnehmen, überhaupt nicht (s. S. 409—410). 7. Ein Vergleich der Lymphgefäße der Lungen des Hundes mit denen des Rindes ergibt, daß die Lymphgefäße der Lungen beim Hunde die Lgl. bronchiales, beim Rinde diese, außerdem aber die Lgl. mediastinales eraniales, mediae et caudales und die Lgl. eparte- rialis aufsuchen; in die letzteren drei Lymphknotengruppen können sie beim Hunde nicht münden, weil diese dem Hunde fehlen. 8. Die Schilddrüsenlymphgefäße ziehen beim Rinde zu den Lgl. cervicales craniales et mediae und nur ausnahmsweise zur Lgl. retropharyngea lateralis, beim Hunde hingegen zur Lel. retropharyn- gea medialis, Lgl. cervicalis cranialis, media et caudalis, vor allem aber auch noch zu den Lgl. mediastinales craniales. Man kann dies Verhalten auch nicht damit erklären, daß das Rind stets Lgl. cer- vicales eraniales, mediae et caudales besitzt, während diese Lymph- knoten dem Hunde öfter fehlen, so daß in diesen Fällen den entspre- chenden Lymphgefäßen kaum ein anderer Weg übrig bleibt als der zu den Lgl. mediastinales craniales, denn es mündet in die Lgl. media- stinales craniales beim Hunde ein Teil der Schilddrüsenlymphgefäße in der Regel auch beim Vorkommen einer Lgl. cervicalis media oder caudalis ein. 9. Bei den Lymphgefäßen der Ohrmuschel fällt auf, daß sie beim Hunde zum größeren Teile am Halse herab zu den Lgl. cer- vicales superficiales ziehen, was beim Rinde gar nicht oder höchstens einmal ausnahmsweise für ein Lymphgefäß beobachtet wird. 27* 420 Durch die vorstehenden Ausführungen dürfte be- wiesen sein, daß schon zwischen zwei Tierarten so große Unterschiede im Verhalten des Lymphgefäßsystemes (Lymphknoten und Lymphgefäßen) bestehen, daß man beide nicht direkt vergleichen kann, noch viel weniger aber Befunde bei einer Tierart auf die andere Tierart übertragen darf; die Unterschiede würden natürlich immer größer werden, je mehr Tierarten man in den Kreis der Betrachtungen ziehen würde. (Eingegangen am 3. Juni 1918.) Nachdruck verboten. Untersuchungen über die Innervation des Caput mediale triei- pitis brachii. Von Professor Dr. M. Ramstrém, Uppsala. Mit 3 Abbildungen. (Aus dem Anatomischen Institut der Universität Uppsala.) Im Anat. Anz. Bd. 47, Nr. 22/23 (10. Febr. 1915), hat Prof. H. v. HABERER, Vorstand der Chir. Klinik in Innsbruck, eine inter- essante Mitteilung über ‚eine sehr seltene Varietät des Nervus ulnaris“ veröffentlicht. Er beschreibt darin eine Nervenanomalie, die er zu- fällig bei einer Operation während des jetzigen Krieges angetroffen hatte: Am Übergang vom oberen in das mittlere Drittel des Ober- armes gab der Nervus ulnaris drei ziemlich starke Äste zur Ver- sorgung des medialen Triceps-Kopfes ab. Der Patient war in der Schlacht bei Przemysl (am 20. Oktober 1914) durch einen Gewehrschuß verwundet worden; wobei die Kugel zuerst den Thorax und dann auch den rechten Oberarm durchbohrt hatte. Nach Abheilung der Verletzungen waren noch 21/, Monate nach dem Trauma Paresen im Bereiche der vom N. ulnaris versorgten Muskeln bestehen geblieben; dazu auch Hypästhesie im ulnaren Hautgebiet. Und als den vermutlichen Grund dieser Störungen hatte man am vernarbten Einschuß im oberen Drittel des Oberarmes etwa fingerbreit hinter dem Sulcus bicipitalis medialis ein hartes unver- schiebliches Gebilde gefunden, bei dessen palpatorischer Unter- suchung der Patient ausstrahlende Schmerzen im Bereich des Vorder- armes an dessen ulnarer Seite angab. Nach sehr genauen Untersuchungen, Prüfungen der Leitungs- 421 fähigkeit des N. ulnaris usw. nahm Prof. v. HABERER (2. Januar 1915) eine Operation vor, um den Nerven aus seiner vermutlichen Klemme zu befreien. Und bei der Lösung des Nerven aus den nar- bigen Schwielen, worin er eingebettet war, beobachtete er da, daß vom Nerven abgehend drei ziemlich starke Nervenäste in den medialen Triceps-Kopf emstrahlten. Eine Prüfung durch elektrische Reizung des Nerven an verschiedenen Stellen überzeugte ihn, daß die Nerven- äste motorisch waren und daß sie den Muskelkopf innervierten. (Der Verfasser erwähnt auch, daß der N. ulnaris etwa doppelt so dick war als der N. medianus; und auf der Abbildung des eigentümlichen Befundes kann man sehen, daß die Verdickung nur auf die zwei unteren Drittel des Oberarmes beschränkt war. Näheres hierüber s. u. Nachtrag.) Hinsichtlich der Nervenanomalie bemerkt Prof. v. HABERER, daß die betreffenden Nervenäste so weit kranial als am Übergang vom oberen in das mittlere Drittel des Oberarmes vom N. ulnaris abgingen, und daß der Befund in seinem Falle aus diesem Grund nicht mit denen zu vergleichen wäre, welche eine Ulnar-Innervation nur des unteren Teiles des medialen Triceps-Kopfes zeigen. Und er führt einen Befund der letzteren Art an, indem er die Notiz HENLES (Handb. d. Nervenlehre des Menschen, 5. 494) zitiert, daß man Zweige vom N. ulnaris ,,5 cm über dem Ellenbogengelenk‘“ zum M. anconaeus int. hat abgehen sehen. Er zitiert auch einen Passus des Lehrbuches der systematischen Anatomie des Menschen von Prof. K. v. BArDE- LEBEN, worin mitgeteilt wird, daß N. ulnaris beim Verlauf am Ober- arm in den Triceps eingebettet, mit dem Radialis anastomosiert (s. u.) und dem inneren Kopfe des Triceps einen bisher meist über- sehenen konstanten Ast gibt (5. 812). Daß man sich auch hierbei nur den unteren Teil des medialen Triceps-Kopfes gedacht hat, ist offenbar und wird auch in der Fortsetzung direkt gesagt. Denn in Op. cit. 5. 814 heißt es: Von einem Muskelast (aus Radialis) zum inneren Köpfe des Triceps geht ein konstanter dünner Ast zum Ulnaris, um diesen (vermutlich) als Muskelast zum unteren Teile des Muskels (s. 0.) wieder zu verlassen: ‚N. collateralis ulnaris“. Im kriegschirurgischen Falle von Prof. v. HABERER aber, wo der oberste der drei betreffenden Nervenäste so weit kranial in den medialen Triceps-Kopf einstrahlte, wie oben angegeben ist, handelte es sich offenbar nicht nur um den unteren, sondern auch, und zwar vor allem um den oberen Teil des fraglichen Muskelkopfes. 422 Untersuchungen. Als ich bei den Nervenpräparationen im Seziersaal die Geschichte vom Verwundeten bei Przemysl erzählte und den Studenten die Resultate der sorgfältigen Beobachtungen und Untersuchungen mit- teilte, wozu man sich Zeit gegeben hatte, trotzdem ja der Krieg so ganz kolossale Arbeitsbürden auf die Schultern der Chirurgen gelest hat! —, machte sich ein reges Interesse und Streben bemerkbar, einen solchen Fall wie den oben beschriebenen zu finden. Man wollte die Untersuchungen noch weiter führen, als es dem Kriegschirurgen selbstverständlich beim lebendigen Patienten möglich gewesen war, und, wenn möglich, eruieren, wie’es sich eigentlich mit der Inner- vation des Triceps vom Ulnaris aus verhielte. Denn M. triceps gehört doch zu den dorsalen Muskeln, den Extensoren, während N. ulnaris, der dem ventralen Teil des Brachialplexus entstammt, zu der Nerven- gruppe gehört, welche die ventralen, die Flexoren, innerviert. Eine große Menge (wohl hundert) Untersuchungen dieser Art sind also während der zweı letzten Jahre hierselbst unternommen, und in drei Fällen haben wir hierbei die gesuchte Anomalie ge- funden. 1. Die ersten Untersuchungen ergaben in betreffender Hinsicht sehr negative Resultate. Denn der N. ulnaris gab an den medialen Triceps-Kopf gar keine Äste ab, weder an den oberen noch an den unteren Teil des Muskels. Trotzdem wir den Ulnaris mit der größten Vorsicht aus seiner Rinne in der Tricepsmuskulatur herauslösten und dabei (wie in den folgenden Untersuchungen) die Zergliederung besonders beim Öffnen der Nervenscheide unter Lupe ausführten, so konnten wir doch keine Ulnarisäste in die Tricepsmuskulatur ein- treten sehen. Einen dieser Fälle gibt Abb. 1 wieder!). Der Fall von J. B. Im oberen Teil des Oberarmes (Abb. 1) geht der N. ulnaris aus dem Fasciculus medialis (inf.) des Brachialplexus hervor und im unteren Teil am Ellenbogengelenk taucht er in die Rinne auf der Rückseite des medialen Epicondylus hinein; dazwischen ist der Nerv aus seiner Rinne, worin er nebst der Art. coll. ulnaris sup. eingebettet war, gehoben und nach hinten gezogen. Die Arterie war in diesem Falle sehr schwach entwickelt. 1) Diese Abbildung wie auch die folgenden sind beträchtlich schematisiert, besonders was den Plexus betrifft, worin viele Details und die kleinen Nerven einer besseren Übersichtlichkeit wegen weggelassen sind. 423 Gar keinen Nerven schickte der Ulnaris dem Triceps zu. Zwar konnten wir beim Öffnen der Nervenscheide einige feine schlanke Fasern beobachten, die auf der Mitte des Oberarmes vom N. ulnaris apgingen. Sie führten aber zu den kleinen Gefäßen, Art. coll. uln. sup. nebst Venen, die zusammen mit dem Nerven in der Ulnarrinne liefen. (Sie sind auf der Abbildung schwach angedeutet.) Und zwar fanden wir einige Zentimeter über dem medialen Epicondylus noch ein feines Zweigehen, das der N. ulnaris aussandte (s. Abb. 1). Dies Zweigchen aber schloß sich auch an dasselbe Gefäß an und begleitete es nach dem Ellenbogengelenk. Zur Versorgung der Tricepsmusku- latur gab der N. ulnaris gar keinen Ast ab. Es zeigte sich hingegen bei Prüfung des Radialstammes, daß dieser, wie dem langen und dem lateralen, auch dem medialen Triceps- Kopfe Nervenäste zuschickte, welche nicht nur den oberen, sondern N.musc.cut. N.medianus <7 Abb. 1. . Linker Oberarm. Die Radialisnerven des ganzen Caput mediale trieipitis gehen direkt nach ihrer Muskulatur, ohne sich unterwegs an irgendeinen - Nerven anzuschließen. auch den unteren Teil des betreffenden Muskelkopfes versorgtea. Und alle diese Nervenäste liefen direkt zu ihrer Muskulatur hinab, ohne sich unterwegs irgendeinem Nerven (bzw. Ulnaris) anzu- schließen. Sie verteilten sich indessen nicht nur in die Muskulatur, sondern sandten auch den kleinen Gefäßen in der Ulnaris-Rinne, A. und Vy, coll. uln. sup., schlanke Astchen zu, wovon einige bis zum Ellenbogengelenk verfolgt werden konnten. Der Fall von E. G. Als wir den Arm der anderen Seite untersuchten, fanden wir hier ein ähnliches Verhalten der Nerven, sowohl betreffs der Inner- vation des Caput mediale trieipitis als betreffs des Verlaufes der Nervi radialis und ulnaris. Später haben wir noch einige derartige Fälle angetroffen. 424 In diesen Fällen wurde also das ganze Caput mediale tricipitis durch Äste von dem N. radialis versorgt, welche direkt an ihre Muskula- tur gelangten, ohne sich unterwegs irgendeinem Nerven anzuschließen. Die Nervi radialis und ulnaris liefen am Oberarm völlig voneinander getrennt. Diese Innervation mit diesem Verlauf der Nerven haben wir als Typus I bezeichnet. 2. Gleichzeitig als wir diese wenigen Fälle gefunden hatten, wurden eine Menge Fälle von dem Typus angetroffen, der in den Lehr- büchern beschrieben ist. Dieser Typus wird im folgenden als Typus II bezeichnet. Der für das Caput mediale tricipitis bestimmte Nerv teilte sich in einen oberen Zweig, der sehr bald in die Substanz seines Muskels eintrat, und in einen längeren unteren Zweig, der eine Strecke weit am medialen Rande des Muskels hinter dem Ligamentum inter- musculare mediale abwärts zog und sich erst weiter unten in seinen Muskel verzweigte. Dieser lange untere Zweig, der von W. KrAusE Ramus collateralis ulnaris n. radialis genannt worden ist, lief dabei oft eine Strecke weit mit dem N. ulnaris in eine Bindegewebsscheide eingeschlossen. Wenn er nun am N. ulnaris entlang zog, war er oft stellenweise diesem Nerven sehr nahe angeschlossen. Man konnte jedoch den Nervenzweig ohne besondere Schwierigkeit von dem N. ulnaris lösen und seine Astchen in die Muskulatur des unteren Teiles des Trieeps-Kopfes verfolgen. Öfters war er jedoch dem N. ulnaris gar nicht angeschlossen und eine Innervation des Triceps vom N. ulnaris _ aus war niemals zu sehen. Es erwies sich hingegen, daß der Radialis- Nervenzweig und dessen Ästehen immer mit der Arteria coll. uln. sup. und deren Zweigen sehr intim vereinigt war, wenn sie längs dem Oberarm herabzogen und sich zuletzt in die Muskulatur ver- teilten. Diese Verbindung war immer sehr intim, viel intimer als jene mit dem N. ulnaris, und sehr schwer zu lösen. Abb. 2 gibt einen solchen Fall wieder. Der Fall von K. und 1. Der obere Teil des medialen Triceps-Kopfes wird durch einen oberen direkten Nervenzweig versorgt, der einem Radialisast ent- springt und bald in die Muskulatur eindringt. Daneben gibt es indessen einen langen starken Zweig desselben Radialisastes, der nach dem unteren Teil des Muskelkopfes herab- zieht, wo er sich verzweigt und in dem Muskel endigt. (Also 425 ein Ram. coll. ulnaris.) Während dieses Verlaufes schmiegt er sich sehr dicht an die in diesem Falle ziemlich stark entwickelte Art. coll. uln. sup. und ihre Venen an. Er windet sich in einer Spirale um diese herum und teilt ihnen feine Gefäßnerven zu, und bei der Verteilung in die Muskulatur sind die Nerven und die Gefäßzweigchen sehr intim einander angeschlossen. Der N. ulnaris (der auf der Abbildung nach hinten gezogen ist), war freilich mit allen den beschriebenen Gebilden (Gefäßen und Nerven) in eine Bindegewebsscheide eingeschlossen, hatte aber trotzdem in diesem Falle mit den Radialiszweigen gar keine Ver- bindung. Auch dem Triceps schickte er keinen Zweig zu. Einige Zentimeter über dem medialen Epicondylus gab er indessen, wie ge- wöhnlich, ein feines Ästchen ab, das zusammen mit der Art. coll. uln. N. muse. cut._ N.medianus ____ De uln. sup. | N.ulnaris Abb. 2. Linker Oberarm. Ein besonderer Radialiszweig zieht direkt nach dem oberen Teil des Caput mediale trieipitis, während ein unterer langer Radialiszweig zuerst am N. ulnaris (oder richtiger an der Arteria coll. uln. sup.) entlang läuft, ehe er sich in den unteren Teil des Triceps-Kopfes einsenkt. sup. sowie mit einigen feinen Radialisästchen zum Ellenbogengelenk hinabzog, wo er in der Kapselwand endigte. Später haben wir viele derartige Fälle angetroffen. Der Fall von N. E. und G. H. Am Arme der anderen Seite konnten wir ebensowenig eine Innervation des Triceps vom N. ulnaris aus finden. Das ganze Caput mediale wurde vom N. radialis versorgt und das Innervationsmaterial war auch hier in einen oberen direkten Radialiszweig und einen unteren langen „Ram. coll. ulnaris“ geteilt. Die Proportionen dieser Zweige waren jedoch umgekehrt. Der obere Zweig war in diesem Falle ungemein stark entwickelt und versorgte nicht nur den oberen, sondern auch den mittleren 426 Teil des Caput mediale; der untere aber war sehr schlank und dünn und enthielt das Innervationsmaterial etwa nur für das untere Drittel des medialen Triceps-Kopfes. Auch die Blutversorgung des betreffenden Triceps-Kopfes war in diesem Falle sehr bemerkenswert. Anstatt einer normal großen Art. coll. uln. sup. fanden wir hier zwei Arterien: eine obere und eine untere. Die obere Arterie war sehr stark und ging aus der Art. pro- funda brachii hervor, setzte sich an der Hinterfläche des Triceps weit abwärts fort und versorgte mehr als die obere Hälfte des medialen Triceps-Kopfes; die untere Arterie entsprang der Art. brachialis etwa 15 cm über dem Ellenbogengelenk, zog durch das Septum intermusculare hindurch und verzweigte sich in den unteren Teil des Caput mediale; außerdem schickte sie im Sulcus n. ulnaris dem Vorderarm einen Zweig zu. Die Arterie war ganz schwach entwickelt. Und nun ergab es sich auch hier, daß diese Nerven und Gefäße des Caput mediale tricipitis in sehr enger Beziehung zueinander stan- den. Der große obere Nerv und die obere Arterie folgten einander sehr genau und verzweigten sich miteinander in die oberen Teile des Muskels; und der lange schlanke untere Nerv zog abwärts fast gerade ‘auf die kleine Art. coll. uln. sup. zu, wobei er seinen Verlauf hinter dem N. ulnaris hatte, ihn spitzwinklig kreuzend, ohne sich mit ihm zu verbinden, und seinen Weg in das Septum intermusculare fort- setzte, bis er endlich die Arterie erreichte und sich mit dieser in die Muskulatur des betreffenden Caput verzweiste. Wie gewöhnlich fanden wir auch hier feine Fasern des N. ulnaris und des unteren Radialiszweiges, die an der Art. coll. uln. sup. one nach dem Ellenbogengelenk liefen. In den jetzt beschriebenen Fällen vom Typ II war also der mediale Trieeps-Kopf nur durch den N. radialis und gar nicht durch den N. ulnaris versorgt. Das Nervenmaterial des Triceps-Kopfes war indessen in zwei Nervenzweige abgeteilt, wovon der obere direkt nach seiner Mus- kulatur zog, während der untere lange Nervenzweig zuerst eine Strecke weit am N. ulnaris (oder richtiger an der Arteria coll. uln. sup.) entlang lief, ehe er sich in seine Muskulatur einsenkte. An den N. ulnaris war er hierbei in den beiden letzten Fällen gar nicht, in vielen anderen Fällen aber intim angeschlossen. Dabei war es sehr auf- fallend, daß die Radialiszweige und die Gefäße des Caput mediale in sehr enger Beziehung zueinander standen. Und so oft haben wir 427 dies Verhältnis zwischen den betreffenden Nerven und den Gefäßen gefunden, daß wir es als konstant ansehen müssen. Ja, sogar in den Fällen, wo der lange untere Radialiszweig mit dem N. ulnaris verbunden war, mit diesem ‚„anastomosierte“, war er auch der Arterie sehr dicht angeschlossen. Wie oben gesagt, war diese Verbindung mit der Arterie so intim, daß es sehr schwierig war, die Radialiszweige und die Gefäßzweige voneinander zu trennen, während jene Ver- bindung des Radialiszweiges mit dem N. ulnaris ohne besondere Schwierigkeit trennbar war. Nach Erwägung dieser Umstände scheint die Verbindung der Radialiszweige mit dem N. ulnaris ganz zufällig zu sein, während hingegen die Verbindungen mit den Ge- fäßen offenbar mehr wesentlicher Natur sind, darauf hinweisend, daß die Abteilung des Nervenmaterials und die Entwicklung der Gefäßbahnen in einem gewissen kausalen genetischen Zusammen- hang stehen. 3. Als wir so eine große Menge Fälle von dem Typ I und be- sonders vom Typ II untersucht hatten, fanden wir indessen einen Fall, der dem kriegschirurgischen, von Prof. v. HABERER angetroffe- nen, sehr ähnlich war. Der Fall von 8. A. Ganz deutlich konnte man hier drei Nervenzweige beobachten, die vom N. ulnaris zu kommen schienen und sich in den medialen Triceps-Kopf einsenkten. Wir konnten die Nervenzweige bis tief in die Muskulatur verfolgen und ihre Verzweigung beobachten. Als wir dann prüfend den N. ulnaris in zentripetaler Richtung verfolgten, konnten wir sehen, daß sich an der Vorderfläche der Sehne des M. latissimus dorsi ein Nervenbündel aus dem Radialisstamm löste und an den N. ulnaris anschloß. Die drei Nervenzweige des Triceps-Kopfes wurden nun sehr vorsichtig isoliert und in zentraler Richtung vom Ulnarisstamm gelöst. Da zeigte es sich nun, daß die Zweige ganz und gar in das vorher bemerkte Bündel zwischen dem N. radialis und dem N. ulnaris eintraten. Die Nervenzweige des Triceps-Kopfes waren also tatsächlich Radialiszweige, die auf einer Strecke ihres Verlaufes dem N. ulnaris folgten und nebst diesem in eine Binde- gewebsscheide eingescl lossen waren. — Wir können diesen Inner- vationstypus als Typ III bezeichnen. Als wir den Arm der anderen Seite untersuchten, fanden wir hier ein andersartiges Verhalten der Innervation des Caput mediale. Die Nerven zeigten hier einen Verlauf vom Typ I. 428 Der Fall von G. O. Bald danach fanden wir einen Fall, der dem soeben beschriebenen vom Typ Il sehr ähnlich war, doch war diesmal das Innervations- material des Triceps-Kopfes nur in zwei Nervenzweige zusammen- gedrängt. Der Fall von N. G-t. Nach einiger Zeit fanden wir indessen noch einen derartigen Fall. Er ist in Abb. 3 abgebildet. | In diesem Falle hatten wir zuerst bemerkt, daß ein radio-ulnares Übergangsbündel, ein Nervenbündel zwischen dem Radialisstamm und dem N. ulnaris an der Vorderfläche der Sehne des M. latiss. dorsi vorhanden war, und wir erwarteten deswegen, hier wie im N. ulnaris~ N.radialis A.coll.uln sup. Abb. 3. Linker Oberarm. Die Radialisnerven des ganzen Caput mediale trieipitis schließen sich schon unweit des Brachialplexus an den N. ulnaris an, um dann sukzessive in die oberen und die unteren Teile des Muskels einzustrahlen. kriegschirurgischen Falle eine ähnliche Innervation des Caput mediale tricipitis zu finden. Die Bindegewebsscheide des N. ulnaris war dies- mal ungemein breit und geräumig und auch der Inhalt war volumi- nöser als gewöhnlich, denn es gab hier nicht nur einen N. ulnaris, sondern auch ein beträchtliches Bündel von Gefäßen, das aus einer stark entwickelten Art. coll. uln. sup. und deren Venae comites ge- bildet war. Drei Nervenzweige schienen vom N. ulnaris abzugehen und sich in das Caput mediale trieipitis einzusenken, wobei sowohl der obere als auch der untere Teil des Muskels versorgt wurde. (Gerade- so wie im kriegschirurgischen Falle!) Als wir nun mit der größten Vorsicht diese Zweige isolierten und vom N. ulnaris lösen wollten, nahmen wir hier dieselbe innige 429 Verbindung dieser Nervenzweige und der Gefäße wahr, wie wir sie vorher in den Fällen von Typ II bemerkt hatten. Vom N. ulnaris waren die Nervenzweige ziemlich leicht zu lösen; aber gleichzeitig löste sich vom Ulnaris auch das Gefäßbündel. Denn die Nervenzweige und die Gefäße waren durch Gefäßnerven und Bindegewebe sehr intim miteinander vereinigt, und bei ihrer Verzweigung in die Musku- latur liefen sie dicht nebeneinander her. Als wir mit dem Isolieren der Nervenzweige bis an die Achselhöhle fortgefahren hatten, ergab es sich, wie in den beiden vorigen Fällen, daß die Nervenzweige ganz und gar in das Ubergangsbiindel zwischen Ra- dialis und Ulnaris eintraten. Sie waren also tatsächlich Radialiszweige. Der N. ulnaris hingegen gab keine Zweige an den Triceps ab. Auch in den Fällen dieses Typ III lief eir. feines Zweigchen des N. ulnaris nebst einigen Radialisfasern an der Art. coll. uln. sup. ent- lang nach dem Ellenbogengelenke hinab. Es hatte sich also in den Fällen des Typ III ergeben, daß die Nervenzweige des ganzen Caput mediale trieipitis, welche vom N. ulnaris zu kommen schienen, tatsächlich dem Radialis entstammten, und daß sie sich unweit des Brachialplexus an den N. ulnaris ange- schlossen hatten, um diesem eine Strecke weit zu folgen, bis sie suk- zessive in die Muskulatur der oberen und unteren Teile des Triceps- Kopfes einstrahlten. Die Innervation vom N. ulnaris aus war also nur scheinbar. Die (Radialis-)Nervenzweige waren indessen zugleich den Vasa coll. uln. sup. angeschlossen und mit ihnen sehr intim vereinigt; ja, diese Verbindung war sogar viel intimer als diejenige mit dem N. ulnaris, welche ziemlich leicht trennbar war. In den Fallen vom Typ II haben wir in dieser Beziehung dasselbe Verhalten bemerkt. Und da wir in jenen Fällen einen gewissen kausalen Zusammenhang zwischen der Abteilung des Gefäß- und des Nervenmaterials spüren konnten, der-selbstverständlich auf die Entwickelung der definitiven Gefäß- und Nervenbahnen einen Einfluß ausgeübt hat, ist es ja wahrscheinlich, daß ein solcher Zusammenhang auch dieser Varietät der Innervation des medialen Triceps-Kopfes zugrunde liegt. Zusammenfassung. Als Resultate unserer Untersuchungen über die Innervation des medialen Triceps-Kopfes hat sich also ergeben, daß der N. ulnaris 430 in keinem Falle das Caput mediale innerviert hat, daß die Nerven dieses Muskelkopfes sämtlich aus dem Radialis stammen, daß die Ab- teilung des Nervenmaterials und der Verlauf der Nerven hinsichtlich desjenigen des N. ulnaris mehreren Variationen unterliegen, so daß man hierbei drei Typen unterscheiden kann: Typ I. Die Radialisnerven gelangen alle direkt nach ihrem Muskel, sowohl nach dem oberen als nach dem unteren Teil desselben, ohne sich unterwegs irgendeinem Nerven anzuschließen. Die Nerven Radialis und Ulnaris laufen am Oberarme völlig von- einander getrennt her. Typ Il. Das Nervenmaterial ist in zwei Nervenzweige, einen oberen und einen unteren Zweig, geteilt, wovon der obere direkt nach dem oberen Teil des Muskels geht, während der untere zuerst streckenweise am N. ulnaris (oder richtiger an der Arteria coll. uln. sup.) entlang läuft, ehe er sich in seine Muskulatur, den unteren Teil des Triceps-Kopfes, einsenkt. In einigen Fällen ist er dem N. ulnaris intim angeschlossen, in anderen Fällen gar nicht. Typ II. Das ganze Nervenmaterial des Triceps-Kopfes kann sich auch in seltenen Fällen schon unweit des Brachialplexus dem N. ulnaris anschließen, um dann sukzessive in die oberen und die unteren Teile des Muskels einzustrahlen, wobei es den An- schein hat, als ob die Nerven dem N. ulnaris entstammten. Von diesen Typen haben wir den Typus Il in den meisten Fällen angetroffen. Er ist ein Zwischentypus zwischen den Typen I und III und ist derjenige, der in den Lehrbüchern beschrieben ist. Den Typus I haben wir in einer ziemlich geringen Anzahl von Fällen gefunden. Den Typus III aber haben wir nur in drei Fällen (von etwa hundert) angetroffen, und er entspricht dem von Prof. v. HABERER beschrie- benen Befund. Es hat sich indessen auch bei diesen Untersuchungen ergeben, daß in den Fällen, wo die Radialiszweige dem N. ulnaris angeschlossen waren, diese Verbindung nur mehr zufälliger Art war, daß aber gleich- zeitig die Nerven mit den Gefäßen des fraglichen Muskels, v. a. den Vasa coll. uln. sup., sehr intim vereinigt waren, daß diese Verbindung so konstant war, daß sie offenbar ein Ausdruck des Zusammenhanges ist, der gewiß zwischen der Abteilung des Gefäß- und des Nerven- materials des Muskels und der Entwickelung des definitiven Ver- laufes der Gefäß- und Nervenbahnen herrschen muß. 431 Es ist leicht zu sehen, daß der kriegschirurgische, von Prof. v. HABERER beschriebene Fall dem Typ III angehört. Denn die Nerven des ganzen Triceps-Kopfes — auch diejenigen des oberen Teiles — schienen vom N. ulnaris zu kommen. Daß diese Nerven indessen nicht aus dem Ulnaris, sondern aus dem Radialis entstamm- ten, konnte man selbstverständlich beim kriegschirurgischen Falle nicht eruieren, da keine therapeutische Indikation, den Eingriff so weit als bis zur Acnselhöhle fortzusetzen, vorhanden war. Daß man jedoch nach den Ergebnissen unserer Untersuchungen berechtigt ist, denselben radialen Ursprung der Innervation und wahrscheinlich ein ähnliches Übergangsbündel zwischen Radialis und Ulnaris bei dem kriegschirurgischen Falle anzunehmen, unterliegt wohl keinem Zweifel. Und auf diese Weise mag also die befremdliche, von Prof. v. HABERER beschriebene seltene Varietät des Nervus ulnaris ihre Erklärung finden. Nachtrag. Über die im kriegschirurgischen Falle bemerkte unge- wöhnliche Dicke des N. ulnaris. Prof. v. HABERER erwähnt noch einen eigentümlichen Befund, der auch nicht bei der Operation seine Erklärung fand. Der N. ulnaris war etwa doppelt so dick als der N. medianus. Und diese Verdickung war auf die zwei unteren Drittel des Oberarmes beschränkt, während der Nerv im oberen Teil normale Dimensionen hatte. Im letzten Falle des Typ III unserer Untersuchungen haben wir etwas derartiges gesehen. Der N. ulnaris schien auch hier un- gewöhnlich groß zu sein, ehe wir die Scheide des Nerven geöffnet und den Nerv isoliert hatten. Bei dem Isolieren aber fanden wir in der Scheide nebst dem N. ulnaris ein beträchtliches Gefäßbündel, das aus einer ungewöhnlich stark entwickelten A. coll. uln. sup. und ihren Venae comites gebildet war. Und als der Nerv von diesem Bündel getrennt worden war, stellte es sich heraus, daß die Dimensionen desselben ganz normal waren. Aus mehreren Gründen scheint es mir wahrscheinlich, daß die- selbe Ursache der Nervenverdickung auch beim kriegschirurgischen Falle vorhauden gewesen ist. Laut der Krankengeschichte des Falles war die rechte Art. brachialis am Übergang vom oberen in das mittlere Drittel des Oberarmes verletzt worden, infolgedessen sich mehrere 432 Zirkulationsstörungen im unteren Teil der Extremität eingestellt hatten (die rechte Hand war kalt und blaß geworden, die Nägel blau usw.); während der folgenden Monate besserten sich die Symptome, jedoch war die rechte Hand (nach 2!/, Monaten) noch immer wesent- lich kühler als die linke, und der Radialispuls fehlte auf der rechten Seite; und bei der Operation wurde dann konstatiert, daß die rechte Art. brachialis ganz obliteriert war. Aus dem Gesagten erhellt, daß sich ein kollateraler Kreislauf neben der obliterierten Art. brachialis hatte entwickeln müssen. Und die Blutbahnen, die zu diesem Zwecke dem Blutstrom zur Ver- fügung gestanden haben mögen, sind ja vor allem folgende: 1. Art. coll. media + Rete (articulare) cubiti + Aa. interosseae, und 2. Art. coll. uln. sup. + Art. recurrens uln. post. + Art. ulnaris, welche letztere ja normaliter ziemlich stark entwickelt ist. Hierdurch be- kommt die Art. ulnarıs die beste Blutzufuhr, demnächst die Aa. interosseae. Die Art. radialis aber wird am schwächsten versorgt. Beim kriegschirurgischen Falle war sie auch — pulslos! Unter solchen Umständen ist es ja mehr als wahrscheinlich, daß sich die Art. coll. uln. sup. und ihre Venae comites, die mit dem N. ulnaris in eine Bindegewebsscheide eingeschlossen sind, beim kriegschirurgischen Falle stark entwickelt hatten. Und da die narbige Schwiele, die sich an der Einschußstelle gebildet hatte, den N. ulnaris so stark umschnürte, daß sich Paresen in den vom Ulnaris versorgten Muskeln eingestellt hatten, ist es ja um so wahrscheinlicher, daß dieselbe schwielige Masse durch ihren Druck eine erhebliche An- schwellung der Venae comites coll. uln. sup. und somit eine Vermehrung des Volumens des Inhalts der Nervenscheide verursacht hatte. Ober- halb der Umschnürung hingegen war die Blutzirkulation ganz un- behindert. Und demzufolge waren auch die Dimensionen des N. ulnarıs oberhalb des Einschusses am oberen Teil des Oberarmes wieder ganz normal. Wie es scheint, finden so auch die bemerkten Zirkulationsstörun- gen und die Nervenverdickung eine genügende Erklärung. (Eingegangen am 15. Juni 1918.) Abgeschlossen am 15. Oktober 1918. = = — ng = Weimar. — Druck von R. Wagner Sohn. ANATOMISCHER ANZEIGER Centralblatt für die gesamte wissenschaftliche Anatomie. Amtliches Organ der Anatomischen Gesellschaft. Herausgegeben von Prof. Dr. Karl von Bardeleben in Jena. Verlag von Gustav Fischer in Jena. Der „Anatomische Anzeiger‘ erscheint zweimal im Monat in Einzelnummern oder einmal in Doppelnummer. Der Preis eines Bandes von 24 Nummern beträgt Mk. 20.—. Das Erscheinen der Bände ist unabhängig vom Kalenderjahr. 51. Bd. sx 9. Dezember 1918. 36 No. 17/18. Insart. Aufsätze. Marie Khomova, Über die Dotterbildung bei Clep- sinen. Mit 10 Abbildungen. S. 433—446. — Karl Paschkis, Über das Fehlen von Papillae vallatae in der Zunge von Hippopotamus amphibius. Mit 2 Ab- bildungen. S. 446-454. — E. A. Spiegel, Das Ganglion psalterii. Mit 4 Abbildungen. S. 454—462. Biicherbesprechungen. FeLıx SIEGLBAUER, S. 462—463. — RıcHarD Zsie- MONDY, S. 463. — Personalia. S. 463—454. — An die Herren Mitarbeiter. S. 464. Literatur. S. 17—32. Aufsätze. Nachdruck verboten. Über die Dotterbildung bei Ciepsinen. Von MarıE KHoMoVA. Mit 10 Abbildungen. (Aus dem zoologischen Institute der böhmischen Universität in Prag.) Als Material bei meinen Untersuchungen dienten mir zwei Arten der rhynchobdelliden Hirudineen, und zwar: Protoclepsis (Clepsine) tesselata und Glossosiphonia (Clepsine) sexoculata. Die Ovarien wurden aus den geschlechtsreifen Individuen von dor- saler oder ventraler Seite herauspräpariert und dann nach verschiedenen Methoden behandelt. Am häufigsten bediente ich mich der Fixierung nach Kopscu (4 Teile 3,5 proz. Kaliumbichromat und 1 Teil Formol [40%], 24 Stunden; dann 2—5 Tage in 3 proz. Kal. bich. chromieren) und der Färbung mit saurem Fuchsin in Verbindung mit Thionin oder Toluidin nach der Angabe H. Kunis (verbesserte ALTMANN’sche Methode). Diese an- - 98 Anat. Anz. Bd. 51. Aufsätze. _ 2 434 it als insowe ium der Mitochondrien anzusehen, als sie eführte Fixierungs- und Färbungsmethode ist aber nur sehr geeignet fiir das Stud Oo to) “HRIQUIOWIY PY :woripuoy) PAT :woyıg WO :94K0040 O ‘snpoaponN N ‘lay 7 fyyorposuatuo0soag g !styoegyg ey Ty agoudsuonynpordoy “OQ snquy, Für die ersten Stadien der Ei- iteren Bildungsstadien der genannten Gebilde sehr é [4 klar und deutlich veranschaulicht. namentlich die sp bildung habe ich zwar diese Methode — in Ermangelung besserer und geeigneterer — angewandt, die Resultate waren aber nicht zufrieden- stellend, da die Mitochondrienanlagen meist koaguliert erschienen, was übrigens für alle anderen Methoden gilt. Das Ovarium der Clepsinen stellt uns einen Schlauch vor, in welchem ein weißer, spiralartig gewundener Faden, der sog. „Keim- strang“ oder „Eierstrang“ liegt. Der Keimstrang besteht aus einer centralen, feinkernigen Masse, die Rhachis genannt wird, und mit welcher die ungemein zahlreichen jungen Ovogonien und Ovocyten mittels langer Stiele zusammenhängen (Abb. 1). Um die Kerne der Abbot a BRD: Abb. La. Teil des Keimstranges von Protoclepsis tesselata. Vergr. Zeiss- Hom.-Imm. 1,5 mm, Komp.-Ok. 8, Tubus 160. Reproduktionsgröße 1/,. I Idiozom. Abb. 2. Junge Ovocyte von Protoclepsis tesselata. Vergr. wie bei den vor- gehenden AbHildungen. Reproduktionsgröße 1/,. S Ovogonienschicht; O Ovocyte; OK Eikern; K Kern; G Granula. Ovogonien häufen sich größere Granula an, die um ein Gebilde, das dem sog. Idiozom oder der sog. Centrotheca entspricht, gruppiert sind (Abb. 1a). Nach den angewandten Färbungsmethoden sind die darin enthaltenen Centriolen nicht nachweisbar. Diese, mit Fuchsin S sich intensiv färbenden Körner kommen sowohl in der centralen Masse des Stranges als auch in den Ausläufern vor, die zu den Ovo- 28* 486 eyten führen (Abb. 1). Unter den Keimelementen der peripheren Schicht kann man somatische und propagatorische nicht unterscheiden, da sie alle in gleichen Gestalts- und Größenverhältnissen vorliegen, und es ist leicht sicherzustellen, daß ein jeder beliebige Kern heran- wachsen und so zum Eikerne werden kann. Die Ovocyten des jüngsten Stadiums unterscheiden sich nämlich von den umliegenden Elementen des Keimstranges bloß durch einen größeren Kern und eine breitere grobkörnige Plasmazone um denselben, also durch Verhältnisse, die durch die Ernährung und das Wachstum zu erklären sind. Nachher folgt das in der Abb. 2 abgebildete Stadium: die Ovocyte ist mit zahl- reichen pseudopodienartigen Ausläufern versehen, und dieselben ver- Abb. 3. Ovocyte von Protoclepsis tesselata. Vergr. und, Bezeichnung wie bei den vorgehenden Abbildungen. Reproduktionsgröße 1/,. MA Chondriom; P pseudopodienartiger Ausläufer. mitteln ihre Ernährung auf Kosten der Elemente des Keimstranges. Man sieht jene größeren Granula, die „Elementarkörperchen“ LEYDIGS, dem Ooplasma zustreben (Abb. 3). In den folgenden Entwickelungs- stadien der Ovocyten verschwinden allmählich die pseudopodienartigen Ausläufer und eine Membran umgibt die mit stark entwickeltem Plasma und einem bläschenförmigen Kerne versehenen Ovocyten. Nach den Angaben Lupwies und BALFOURS löst sich das Ei vom Keimstrange ab, um in den Teil des Ovariums zu gelangen, der als Uterus dient, um hier seine weitere Entwickelung durchzumachen. In Stadien, die ich beobachtet habe, also von den jüngsten Ovocyten bis zu denen \ die vollkommen entwickeltes Deutoplasma besitzen, steht das Ei im Zusammenhange mit dem Keimstrange, natürlich verdrängen die Ovocyten, indem sie wachsen und fast das ganze Lumen des Ovariums einnehmen, denselben immer mehr und mehr. Das Plasma der Ovocyte besteht aus ungemein zahlreichen Körnern oder Mitochondrien), die zusammen einen „Mitochondrialapparat“ oder „Chondriom“ (Meves) bilden, dessen Entwickelung sehr interessant ist. Die Anlagen des Chondrioms (wie ich das gesamte Gebilde der Mitochondrien, der Kürze halber, bezeichnen werde) sind schon in : Seyi 0. ----- ieee ie uf “he” N i * te & A Ph a z Rae Be as ae 3 3 eh a “ ’ bar Sa = ies Abb. 4. Ältere Ovocyte desselben Egels. Vergr. und Bezeichnung wie Abb. 3. Reproduktionsgröße 1/;. M Eimembran. den Ovogonien gegeben und zwar durch die größeren, um den Kern gruppierten Granula. In der jungen Ovocyte haben sich diese Elemente so stark vermehrt, daß sie fast vollkommen die Eizelle erfüllen. Erst in einer etwas älteren Ovocyte entwickelt sich auch das Grund- 1) Die Bezeichnung ‚Mitochondrien‘ entspricht zwar nicht vollkommen meiner Vorstellung von diesen Gebilden, doch behalte ich sie, da sie von zahl- reichen Autoren gebraucht wird. 438 plasma stärker und die Granula gruppieren sich um den Eikern. Sie bilden einen zuerst halbmondförmigen, der Kernmembran dicht an- liegenden Apparat, der später denselben als ein Ring umgibt. Die Mitochondrien, die in den ersten Anlagen infolge der ungeeigneten Fixierungsmethode koaguliert erscheinen, zeigen in diesem Stadium eine Anordnung in Fädchen, die den sog. ,Chondriomiten“ mancher Autoren entsprechen. Sie häufen sich zuerst an jenem Kernpol an, der dem Keimstrange zugewendet ist. Da im Stadium des halbmond- förmigen Chondrioms die Ovocyte keine pseudopodienartigen Ausläufer mehr besitzt und mit einer Membran umgeben ist, können die Granula nicht von außen in dieselbe gelangen, und es ist deshalb zu schließen, daß sich die Mitochondrien in der Ovocyte selbst vermehren. Auch die Tatsache, daß die Plasmazone dicht unter der Eimembran der Mitochondrien gänzlich entbehrt, beweist, daß meine Vermutung richtig ist. Ob sich die Mitochondrien durch Teilung vermehren oder „de novo“ im Plasma bilden, konnte ich nicht feststellen. Nachdem das Chondriom eine Zeitlang den Kern umgeben hat, beginnt seine Zerstreuung. — Die Mitochondrien, welche in kurze, wenig gekrümmte Fädchen angeordnet sind, lösen sich von der Kernperipherie ab und zerstreuen sich im Ooplasma (Abb. 5). Später verlassen die Mito- chondrien gänzlich die perinucleäre Zone, welche dann, eben durch Verlust dieser Elemente, als ein lichterer „Hof“ erscheint (Abb. 6a). In diesem Stadium beginnt die Umwandlung derselben. — Das „Chondriom‘“ wurde von zahlreichen Forschern in Eiern verschiedener Tiere beobachtet und unter verschiedenen Namen beschrieben; wie z. B. „eroissent vitellin“ (Lams), „couche paléalle* (BAMBEKE), „masse vitellogene“ (LoyEz), „Mantelschicht“ (Leypıe), „Dotterkernlager‘- (SKROBANSKY) usw. Aber auch der sog. „Dotterkern“ mancher Autoren entspricht dem Gebilde, welches man in den Ölepsineneiern findet, ebenso auch der „yolk-nucleus“ mancher englischen Forscher. Die Frage von dem Ursprung und Zweck des Chondrioms ist noch nicht gelöst. Bei meinen Untersuchungen gelangte ich zur Über- zeugung, daß die Gesamtheit der Gebilde, welche als Mitochondrien usw. bezeichnet werden und welche ich hier kurzweg als „Chondriom“ an- geführt habe, als Hauptbestandteil des sog. Protoplasma, welcher gene- tisch mit dem Kerne nichts zu tun hat, zu deuten ist. Es ist nämlich sicher, daß aus dem Kerne keine Partikeln in ungelöstem Zustande in das umliegende Plasma in der Gestalt der sog. „Chromidien“ aus- gestoßen werden (wie es die Münchener Schule lehrt), denn die Kern- x membran bleibt während der ganzen Eibildung unverletzt und man kann deutlich bemerken, wie sich das Chondriom durch Anhäufung der Mitochondrien um den Eikern bildet. Nur als eine bloße Ver- irn? a s® * 5 O14" « 3s “ Do. Sent et ge la’ 3 _ dd ee rt Re: ee? - 5 Abb. 5. Ovocyte vor dem Anfange der Dotterbildung. Vergr. Zeiss.-Hom.- Imm. 1,5 mm., Komp.-Ok. 8, Tubus 160. Reproduktionsgröße 1/,. M Membran; CAM Chondriomiden; MA Chondriom; OK Eikern. mutung dürfte man annehmen, daß gewisse Kernsubstanzen in ge- löstem Zustande ins Plasma eindringen. Die Wahrscheinlichkeit dieser Vermutung bestätigt das Schicksal des Chondrioms; denn hätte der 440 Kern keinen Einfluß auf ihn, so wäre es zwecklos, daß ein Apparat, aus dessen Elementen sich in der peripheren Schicht Dotter bildet, den Kern umgäbe und dann erst sich sekundär im Plasma zerstreute. ‘T/, Agoadsuonynp -oadey °G 'qqy ela Sunuyorezeg pun sie A 8749049 AEP wmıpejssdungeyalazum satopea UM ‘(q ‘v) 9 "gay q e = tlg. u mn ee he 3 < Ki te EN Dy * « 6. - * 2 . Browse ve, ’ 3 wt re. “Fee GPS ay” ar 54.9%" eo” ae > ar RA % Pen. a N ei RE | = <<. | ee . Be pa ses® i N ---32 er RN ROD Fe we OF, s | LI ER SE Ur et ’ i6*r. ® \ ee < x . ~ om aa > ye Ph % : fs a ee Tara $ a) - oF 92° of ° ‘ ” a ae i uns £m. .e > u 4 2 ok typ? wey "ee Be % k ke a” ae | ” A & othe fi ‘ er oo % 4 . Sea Me [46 E “> 3 & „eu ‘ I ; N P- 4 5 aD. “ e % RR r Pie Ken ¢ is ied & N ‘ *% . ” # © % rs a Per tee | er os gr “en «eg ®t er er | ni, oF "g's | ’ | wann ar, urn? A 3 441 Auch der Meinung GAJEWSKAS sowie deren Vorgänger in der botani- schen Literatur (Nimec 1910, SCHERRER 1914), daß die Mitochondrien bloße Produkte des Stoffwechsels seien, kann ich nicht zustimmen, da die Mitochondrien die Bildung der Eier vom allerersten Anfange begleiten. Die Meinung NusBAum-Hirarowiczs, daß in der Eizelle von Dytiscus zweierlei Chondriome seien, ein endogener, welcher im Plasma des Eies entsteht, und ein exogener, der von außen zugeführt ET Pi Be --M, ee, & ©. 4 N oe © 5 eG 2,9 „* 0 ave® o® cs) u 20% © ° wn Ee ete OF: ®... 992 0g N Ba OS 92 oo @ “eng: st bed ;@29. ’ ®: o® a@ => cs) 8 @ eek. A Se [ oo ® ei ’® _ 2 a Os. mS a 58% @ “659 2 d- or ge. oe & 3 EN ® e999 Ge Sa > ChM >. =, a ae eo gee oe oe > : See MOO, ori, Oat i at Ste Se = “8, oa - e ; 8 00.5 5 ae | oe: Aue # ees ie a ER BE st .’g%e ® a e* 2 ie ee m? ee Abb. 7. Ovocyte mit veränderten Mitochondrien. Vergr. Zeiss-Hom.-Imm. 1,5 mm, Komp.-Ok. 8, Tubus 160. ReproduktionsgréBe 1/,. VG veränderte Mitochondrien. wird, läßt sich auf die Clepsinen nicht anwenden, denn es ist kaum festzustellen, ob hier die Elemente des künftigen Chondrioms, d. h. die fuchsinophilen Granula, oder nur eine gelösie Substanz durch die Nahrungsausläufer dem Plasma zugeführt wird. Der Anfang der Dotterbildung fällt in das Stadium der Zer- streuung des Chondrioms und zeigt sich durch das ziemliche Ver ne größern der Mitochondrien, die zu Chondriomiten angeordnet sind. An der Abb. 5 sieht man, wie diese von der Umgebung des Nucleus zur Peripherie wandern. In der Abb. 6 (a, b) ist ein weiteres Stadium der Deutoplasmabildung abgebildet: die perinucleare und peripherische Plasmaschicht besitzt keine Mitochondrien und deswegen scheint sie heller zu sein. Unter den Fädchen, die aus vergrößerten Mitochondrien gebildet sind, findet man auch solche, die keine Umwandlung mit- Abb, 8. Ovocyte mit ausgebildetem Dotter. Vergr. Zeiss-Hom.-Imm. 1,5 mm, Komp.-Ok. 8, Tubus 160. Reproduktionsgröße 1/,. M Membran; D Dotterkugel; CAM Chondriomiten. machen. Die einzelnen Granula — umgewandelte Mitochondrien — (Abb. 7) vergrößern sich noch weiter, verschmelzen teilweise und bilden so intensiv sefärbte Kügelehen. Die Tatsache, daß sich in dieser Periode das ganze Granulum nicht gleichmäßig färbt, zeigt uns, daß sich auch der Chemismus dieser Elemente verändert hat. Die Abb, 8 zeigt schließlich den definitiv ausgebildeten Dotter: Es sind 443 große, intensiv sich färbende und stark lichtbrechende Kugeln, die gänzlich einer Anordnung zu Chondriomiten entbehren. Daß sie nicht nur durch Wachsen, sondern auch durch Verschmelzen der Mito- chondrien entstanden sind, sieht man auch daraus, daß es viel weniger Dotterkugeln als Mitochondrien gibt. Das Deutoplasma ist im ganzen Ei verbreitet, eine sehr schmale Peripherie- und Perinuclearzone ausgenommen. Auch noch in diesem Stadium sind manche Mito- chondrien unverändert erhalten geblieben. Die Frage über den Ursprung des Deutoplasma wurde in ver- schiedener Weise von zahlreichen Forschern gelöst. Carus, WALDEYER, Brass, BRANDT, AYERS u. a. meinen, dab sich der Dotter außer der Eizelle bildet und erst sekundär in dieselbe eindringt, bei welcher Tatsache das Follikel eine wichtige Rolle spielt. Van BENEDEN und SCHARFF halten die Dotterelemente für wahre Zellen. Obzwar die größte Zahl der Autoren bestätigt, der Dotter sei ein Produkt der Ovocyte. gehen sie doch in der Meinung auseinander, welcher Teil derselben ihn liefert. Nach den einen ist es der Eikern (MERTENSs, CALKNIS, KOHLBRUGGE, HEMPELMANN u. a.), nach den anderen das Plasma (LEYDIG, GEGENBAUR, Lupwic, Iwakawa u. a.). Den großen Einfluß der Mitochondrien bei der Dotterbildung beobachteten : O. VAN DER STRICHT, Lams, LoYEz, PRENANT, RExf VAN DER STRICHT, SCHAXEL, HIRSCHLER, NUSBAUM-HILAROWICZ, GAJEWSKA u. a. Nach der Meinung mancher von diesen genannten Forschern beteiligen sich die Mitochondrien an der Dotterbildung bloß indirekt (O. VAN DER STRICHT, POPOFF, Russo u. a.), dagegen erkennt die zweite Gruppe derselben die direkte Umwandlung der Mitochondrien in Deutoplasma an. Die Brüder L. u. R. Zosa bezeichnen die fuchsinophilen Plastidulen als jene Substanz, die sich direkt in den Dotter umwandelt. Der- selben Ansicht ist auch MaG6ı. Die sog. „Stearintäfelchen“ der Clep- sinen bilden sich nach Leypieg aus Fettelementen, nach Lupwie und Wuirman durch Verschmelzen (Lupwic) oder durch Wachsen (Wuırt- MAN) kleiner. Dotterelemente, die in dem Keimstrang vorkommen. Deutoplasmatische Elemente in der Rhachis des Hirudineenovarinms beobachtete auch Batrour. Meine Untersuchungen stimmen mit denen Zogsas, BLUNTSCHLIS, PRENANTs, GAJEWSKAS u. a. überein: das heißt: der Dotter bildet sich in der Eizelle durch direkte Um- wandlung der plasmatischen Elemente, welche als „Plastidulen“, „Mito- chondrien“ usw. bezeichnet werden. Auch Lupwie, WHITMAN und BaLFOUR kamen zu demselben Resultate. Denn die Granula, welche 444 BALFOUR als „Dotterkörperchen“, Wuirman als „yolk-granules“ bezeich- net, sind de facto Mitochondrien, wie aus den weiteren Schicksalen dieser Elemente und den Abbildungen der genannten Autoren er- sichtlich ist. Wenn also diese Forscher meinen, der Dotter bilde sich durch Wachstum (Wurman) oder Verschmelzen (Lupwia), also durch direkte Umwandlung dieser Elemente, bestätigen sie eigentlich, das Deutoplasma entstehe durch direkte Umwandlung der Mitochondrien. Das große Wachstum und die ziemlich schnelle Veränderung der Mitochondrien zu Dotterkugeln, und zwar in der Periode, in welcher der Mitochondrialapparat von der Kernmembran zur Eiperipherie wandert, steht nach meiner Meinung im Zusammenhange mit der Osmose der Kernsubstanzen ins Plasma. Dieselben werden von den Mito- chondrien aufgenommen und verursachen deren Veränderung. Es sind wahrscheinlich diese Substanzen, die den Mitochondrien ermög- lichen, ein bestimmtes, für die Zelle spezifisches Produkt zu liefern. Diese Tatsache erklärt mir, daß Mitochondrien, welche ursprünglich in allen Zellen gleich erscheinen und reagieren, einmal z. B. Dotter, und das andere Mal Sekret bilden können. Die Dotterkugeln ent- . stehen durch das Heranwachsen und Verschmelzen der Mitochondrien. Aber zwischen den Deutoplasmaelementen lassen sich aus unveränderten Mitochondrien gebildete Chondriomiten unterscheiden. Diese Erschei- nung weist darauf hin, wie auch DUESBERG meint, daß ein Teil des Chondrioms in der eigentlichen Gestalt erhalten bleibt, um bei der Furchung in die Blastomeren überzugehen und so die Anlage des neuen Chondrioms zu bilden. Kurz kann man die Beobachtungen über die Dotterbildung foleenderweise zusammenfassen: 1. Der Dotter entsteht in der Zeit der Zerstreuung des Chondrioms, und zwar in der peripheren Schicht der Ovocyte; 2. er bildet sich durch direkte Umwandlung der Mitochondrien, welche in größere Kügelchen anschwellen, und schließlich auch durch Verschmelzen derselben. Literaturverzeichnis. BALFOUR, On the Structure and Development of the Vertebrate ovary. Quart. Journ. of Mier. Se. 18. Batrour, Handbuch der vergleichenden Embryologie. Jena 1880. Brenpa, Weitere Mitteilungen über die Mitochondria. Verhandl. d. physiol. Gesellschaft. Berlin 1899. 445 Branpt, Die Ernährung und das Wachsthum des Dotters im Insectenei. Zool. Anz. 8, 1885. 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Uber das Fehlen yon Papillae vallatae in der Zunge von Hippo- potamus amphibius. Von cand. med. Kart Pascuxis, Demonstrator. Mit 2 Abbildungen. (Aus der I. Anatomischen Lehrkanzel der Universitit Wien. Vorstand: Prof. JuL. TANDLER.) Gelegentlich der Sektion eines Exemplares von Hippopotamus amphibius, das in der Schönbrunner Menagerie gestorben war, fiel es auf, daß die mächtige Zunge dieses Tieres scheinbar der Papıllae vallatae entbehre. Auf Anregung meines verehrten Chefs, Herrn Prof. TANDLER, habe ich diese Zunge auf Vorhandensein von Papillae vallatae geprüft. ZN Zunächst seien hier die Angaben der Autoren zusammengestellt. GRATIOLET (1) sagt über die Zunge von Hippopotamus: „La langue de l’hippopotame ne nous offert aucune trace de papilles caliciformes. Toute la partie qui est située en arrıere des piliers antérieurs du voil du palais est couverte de nombreuses papilles coniques, grosses et longues, formant une véritable brosse, et toutes dirigees d’avant en arriere.“ Er bringt dazu keinerlei Abbildungen. Owen (2) dagegen beschreibt, daß „the prominent part of its large fossulate papillae are cleft into smaller ones“. ULARk (3) beschreibt den Raum zwischen Oesophagus und Zunge: betreffs der letzteren weist er darauf hin, daß ohnehin alles wohlbekannt sei. CHapMaAN (4) sagt:-,,The tongue of the Hippopotamus is a long flattened organ expanded and rounded off rather than tapered. It measured 14 inches in length, in breadth 3!/, 1 at the middle and 5 inches at the top. At the back of the tongue, where one finds the circumvallatae papillae in man, in place of these are seen what might be called elongated thorny papillae. They do not correspond to either human filiform or fungiform papillae.“ Auch er findet also keine Papillae vallatae, hat aber keine histolo- aische Untersuchung ausgeführt. Er bringt eine makroskopische Abbildung der Hippopotamuszunge. Opprt (8) notiert unter Berufung auf Owen, daß „der prominierende Teil der großen Papillae vallatae in kleinere gespalten ist“. Bemerken möchte ich lier, daß ich einige ausländische Arbeiten infolge der durch den Krieg bedingten Verhältnisse nicht einsehen konnte. Ich gehe nun zu meinem eigenen Befund über. Dabei soll zunächst eine kurze Beschreibung des makroskopischen Bil- des gegeben, sodann auf den histologischen Befund eingegangen werden. Die Zunge ist langgestreckt, ihre Oberfläche ist sowohl in trans- versaler als auch in sagittaler Richtung konvex. An ihrem hinteren Ende verschinalert sie sich; sie ist hier durch eine deutliche seichte Furche abgesetzt. Der Raum hinter der Zunge, der der Stelle der menschlichen Valleeulae glosso-epiglotticae entspricht, ist nicht unterteilt, da Plicae glosso-epiglotticae nicht zu sehen sind. In Ver- längerung des hinteren, verschmälerten Zungenendes, durch die eben beschriebene Furche von ihm getrennt, zieht ein breiter, stumpfer. niedriger Wulst gegen die Epiglottis, an deren oraler Fläche er sich verliert. Seine Breite, gleich der des hinteren Zungenendes, beträgt 44/, em. Der Zungengrund und der Zungenkörper besitzen eine be- trächtliche Dicke, während die freie Zungenspitze viel flacher ist; während dort eine Messung mangels eines geeigneten Grenzpunktes untunlich erscheint, können wir hier die Zungendieke bestimmen; sie beträgt am hinteren Ende der freien Zungenspitze 4 cm, am vordersten kaum !/, cm. Hand in Hand mit dieser Verdünnung geht eine löffelförmige Verbreite- rung der Zungenspitze. Die Gesamtlänge der Zunge von der Zungenspitze bis zu der oben erwähnten Furche be- Hinteres trägt 30 em, davon entfallen Zungen auf die freie Zungenspitze, an der unteren Fläche ge- messen, 9/, cm; die größte Breite (an der Stelle der vorderen löffelförmigen Ver- breiterung) beträgt 10 cm, an der Stelle der gleich zu beschreibenden Querfurche der Zunge beträgt die Breite 7!/, em, an der Insertions- stelle des Arcus palatoglossus 9 cm. Die Zunge zeigt auf ihrem Rücken eine quere Furehe; in der Mittellinie beträgt die Distanz’von der Spitze 14 em; hier ist die Furche 1 em breit und eben- so tief; die Furche geht in zwei schräg nach außen und Abb. 1. hinten verlaufende Schenkel über. Die beiden Schenkel der Furche verlaufen in der Richtung auf die Insertionsstelle des Arcus palatoglossus zu, ohne ihn jedoch zu erreichen. Sie enden am vorderen Rand eines gleich näher zu beschreibenden, mit Papillen dicht be- setzten Feldes und werden auf ihrem Zuge nach hinten schmäler und seichter. Der hinter dieser Furche gelegene Anteil entspricht ent- wickelungsgeschiehtlich wahrscheinlich dem Tubereulum impar; 449 wenigstens wurde eine analoge Furche bei der Maus von Görs (10) in diesem Sinne erklärt. Die Zungenoberfläche ist gerunzelt. Sie zeigt in ihrem vorderen Abschnitt eine größere Anzahl von Erhebungen, die die Schleim- hautoberfläche kaum überragen und 1 mm im Durchmesser besitzen; um sie herum ist die Schleimhaut etwas eingesunken. Nach hinten zu nehmen diese Papillen etwas an Größe zu. Die Papillen verhalten sich ganz gleich vor und hinter der oben beschriebenen Querfurche der Zunge; hinter dieser Furche stehen an einzelnen Stellen zwei oder drei soleher Papillen unmittelbar nebeneinander. Ihre Ver- teilung ist vor der Querfurche eine annähernd gleichmäßige, ca. fünf Papillen im em?, hinter der Querfurche aber sehr ungleichmäßig, teils ebenso spärlich wie vorne, teils aber recht dicht; so zählte ich an einer Stelle 15 Papillen im em?. Ferner zeigt die Zunge in dem ganzen bisher in Betracht gezogenen Anteil jenes feinkörnige Aus- sehen, das gewöhnlich als samtartig beschrieben wird. Bei Lupen- betrachtung sieht man, daß dieses Aussehen hervorgerufen ist durch eine große Anzahl feinster punktförmiger Erhebungen der Schleim- haut. Das Aussehen der Zungenschleimhaut ändert sich vollständig im hinteren Anteil der Zunge. Der nun zu beschreibende Abschnitt setzt sich gegen den schon beschriebenen in einer sanft bogenförmigen Linie ziemlich scharf ab, wobei der stumpfe abgerundete Winkel nach vorne offen ist. Der Scheitel dieses Winkels ist vom vordersten Punkt der hinteren Lippe der Querfurche 63/, em entfernt. Seitlich geht das hintere Feld über in die Papillae foliatae. In diesem hinteren Feld finden wir in der Nähe des vorderen Feldes eine große Anzahl Schleimhauterhebungen von verschiedener Größe bis zu Stecknadel- kopfgröße. Diese Erhebungen stehen dieht nebeneinander, so daß die Zunge damit wie gepflastert erscheint. Nach hinten gehen diese Erhebungen in eigentümliche Schleimhautbildungen über, die, von breitlanzettförmiger Gestalt, in eine Spitze auslaufen, welche nach hinten gerichtet ist. Diese Gebilde liegen ganz flach und decken ein- ander dachziegelartig. Auf diese Bildungen bezieht sich jedenfalls der eingangs zitierte Ausdruck ÜHAPMANS (4): „elongated thorny papillae“. Diese Dornenpapillen werden nach hinten zu schmäler und hören sehließlich am Übergang in den hintersten verschmälerten Zungenanteil auf. Was den seitlichen Bereich der Zunge betrifft, so finden wir im Bereich des Zungenkörpers, zwischen Haftstelle des Arcus palato- Anat. Anz. Bd. 51. Aufsätze. 29 450 glossus (hinten) und Beginn des freien Zungenendes (vorne), eine Seitenfläche, die sich nach vorne verschmälert. Im Bereiche des freien Zungenendes geht diese Seitenfläche über in eine seitliche Kante. Die Seitenfläche besitzt ihre größte Höhe entsprechend der Querfurche des Zungenrückens; hier beträgt die Höhe 3 em. Die Seitenfläche ist besetzt mit Schleimhauterhebungen derselben Art. wic wir sie auch sonst überall im Bereich des Zungenkörpers gefunden haben; nächst dem Umschlagrand der Schleimhaut auf den Mund- héhlenboden zeigt sie nebst kleineren Längsfalten einen körnigen Zustand, wohl hervorgerufen durch dichten Besatz mit den oben erwähnten Papillen. An den Seitenflächen der Zunge finden wir knapp vor der Insertion des Arcus palatoglossus das Randorgan, die Papilla foliata. Die Unterfläche des vorderen freien Zungenendes zeigt zunächst eine Randpartie von ca. 11/, cm Breite, die den Charakter der Rücken- fläche der vorderen Zungenpartie zeigt. Der übrige Anteil der Unter- fläche ist papillenfrei, trägt eine Anzahl von Längsfurchen und in der Mitte einen nicht ganz 1 cm breiten bandförmigen Streifen mit gezackten Rändern, der mehrere hintereinander gelegene quer- gestellte seichte Furchen zeigt. Wie aus dieser Beschreibung zu entnehmen ist, finden sich bei makroskopischer Betrachtung nirgends Papillae vallatae, wie auch schon eine Anzahl von Autoren kurz erwähnte. Es folgt nun die histologische Untersuchung. An einer Anzahl von Stellen wurde ein Stück Zungenschleimhaut bis in die Muskulatur hinein ausge- schnitten, in Paraffin, teilweise auch in Celloidinparaffin eingebettet und geschnitten. Die Schnitte wurden in Hämatoxylin-Eosin ge- färbt. Das erste Objekt (Abb. 1, I) wurde etwas vor der Querfurche der Zunge herausgeschnitten. Es fanden sich keinerlei Gebilde, die auch nur im entferntesten an Papillae vallatae erinnerten, wohl aber Schleim- hauterhebungen, die mit breiter Basis sich erheben, deren Epithel sekundäre Papillen trägt und die von der übrigen Zungenschleimhaut durch eine eingesunkene grabenartige Partie abgesetzt erscheinen. Wir haben es mit typischen Papillae fungiformes zu tun, bei denen diese grabenähnliche Bildung eine durchaus häufige Erscheinung ist. (Vgl. z. B. die Abbildungen in Srönrs Lehrbuch der Histologie.) In dem Epithel sind nirgends Geschmacksknospen zu sehen. Nirgends in der Umgebung finden wir irgendwelche Drüsen. Man sieht ferner 451 zahlreiche konische Erhebungen der Schleimhaut, reichlich mit Sekundärpapillen besetzt: Papillae filiformes. Das nächste Objekt (ll) wurde knapp hinter der Querfurche entnommen. Hier finden sich nun neben den bei Objekt I schon be- schriebenen Formen der Papillae filiformes Papillen, die von einem Graben umgeben sind; der Rücken dieser Papillen ist mehr oder minder breit, ebenso auch die Ursprungsstelle. Sowohl am Papillen- rücken als auch an beiden Wänden des Grabens sehen wir Sekundär- papillen. Das Epithel, das wie das übrige Zungenepithel mehr- schichtig ist, zeigt einzelne große, sehr helle Zellen mit deutlichem runden, stark gefärbtem Kern. Aber auch hier finden sich nirgends Geschmacksknospen. Diese Papillen als Papillae eircumvallatae aufzufassen, ist besonders verlockend. Denn die Lage der Papillae vallatae gibt BECHER an (5): ,,Die Papillae vallatae haben ihren Stand- ort vor dem Zungengrund und der Einpflanzungsstelle des Arcus palatoglossus.‘“ Letztere Lokalisation würde hier stimmen. Doch ist gleich hier zu bedenken, daß der dahinter gelegene Zungenanteil, da er offenbar nicht papillenfrei ist, nicht als Zungengrund bezeichnet werden kann. Wir finden aber zweitens hier in der Submucosa mäch- tige Drüsen. Bekanntlich gilt als eines der ersten Charakteristika der Papillae vallatae die Mündung der Ausführungsgänge der serösen EBNER’schen Drüsen in den Graben.“ So sagt Münch (6): ,,Mikro- skopisch ist der Charakter einer Papilla vallata durch den Nachweis, daß seröse Drüsen an der Basis münden, nach den gewöhnlichen An- schauungen sichergestellt.“ Auf die Schwierigkeit der Entscheidung, ob eine Drüse serös oder mucös ist, sei hier besonders hingewieser.. Esner (7) betont sie selber: ,,... So schwierig, ja häufig unmöglich wird die Entscheidung, ob eine Drüse, welche ihr schleimiges Sekret entleert bzw. noch nicht ausgebildet hat, oder ob eine Zelle vorliegt, die überhaupt keinen Schleim, sondern ein schleimfreies Sekret liefert und mithin unter die Eiweißdrüsen zu stellen ist.“ Mustern wir aber die Schnitte dieses Objektes, so müssen wir doch zur Entscheidung kommen, daß es sich hier nicht um seröse Drüsen, sondern um mucöse handelt, daß wir es also nicht mit EBNER’schen Drüsen zu tun haben. Denn die in Frage stehenden Drüsentubuli sind mit Hämatoxylin intensiv gefärbt; sie zeigen ein deutliches Lumen; die Form der Zellen ist abgestumpft kegelförmig, der Kern ist basal gelegen: durchwegs Eigentümlichkeiten der mucösen Drüsen (EBNeEr, 7). Halten wir an der Definition einer Papilla vallata fest, als deren vornehmstes Charak- 29* 452 teristikum die Mündung der Esxer’schen Drüsen in den Graben gilt, so kommen wir zum Schluß, daß hier Papillae vallatae nicht vorliegen. Im nächsten Objekt (III), das an der Grenze zwischen vorderem Zungenfeld und jenem Feld, das die ,,Dornenpapillen“ trägt, ent- nommen wurde, zeigen sich wieder keinerlei Gebilde, die irgendwie zu einer Verwechslung mit umwallten Papillen führen können. Die Schleimhaut zeigt stumpfe, niedrige Erhebungen, die ihr ein wellen- förmiges Aussehen verleihen. Ferner finden wir Papillae filiformes und fungiformes, wie sie bei Objekt I beschrieben wurden. Weder Geschmacksbecher noch Drü- sen irgendwelcher Art sind nachweisbar. Das Objekt IV stammt aus dem hintersten mit ,,Dor- nenpapillen“ besetzten Feld. Die Zunge zeigt keine Eigen- tümlichkeiten, die nicht schon erwähnt worden wären. Drü- sen von gleichem Bau wie im Objekt II, also zweifellos tucöse Drüsen, stumpfe Er- hebungen, die einen welligen Charakter bedingen, Papillae filiformes, keine Panilae fungi- formes. Die dornartigen Pa- pillen zeigen keinerlei histologische Eigentümlichkeiten. Papillae vallatae sind nicht zu sehen ebensowenig Geschmacksbecher. Auf der Zungenoberfläche finden wir, in der Mittellinie gelegen, unmittelbar vor dem hinteren Zungenfeld, das die Dornenpapillen trägt, eine große Papille, die durch eine transversale Furche geteilt wird. Das Gebilde mißt in anteroposteriorem Durchmesser 2 mm, in transversalem I mm. Unmittelbar vor ihm finden wir eine V-förmige Furche; der Winkel ist nach hinten offen; die Furche ist besetzt mit fünf größeren und mehreren kleineren Papillen; die größte liegt am Scheitel des V (vgl. Abb. 2). Möglicherweise ist es die große, geteilte Papılle, die Owen im Auge hatte, als er sagte, daß die Wallpapillen von Hippopotamus in kleinere geteilt sind. Daher wurde das ganze in Betracht kommende Gebiet in Schnitte zerlegt (Objekt VI). Man Abb. 2. =o sieht aus diesen Präparaten deutlich, daß es sich hier um dieselben Papillen handelt, die oben genauer beschrieben sind. Alle Papillen tragen Sekundärpapillen, nirgends sah ich Geschmacksbecher, die Drüsen zeigen sämtlich den Tvpus der mucösen Drüsen. Während dieser Untersuchung erhielt das Anatomische Institut eine zweite Zunge von Hippopotamus amphibius aus der Schön- brunner Menagerie, welche ich zum Vergleiche heranziehen kann. Diese Zunge kam nicht so wohlerhalten und frisch in meine Hände, so daß sie sich für histologische Untersuchungen nicht eignet. Die Zunge ist in allen Dimensionen größer, die Querfurche weitaus seiehter und weniger stark gekrümmt. Die oben als Papillae foliatae beschrie- benen Gebilde fand ich hier nicht. Besonders wichtig für unsere Frage scheint es mir, daß das in Abb. 2 abgebildete Gebiet bei dieser Zunge nicht diese regelmäßige Anordnung der Papillen zeigt: vielmehr sind sie vollständig unregelmäßig wie sonst überall auf der Zunge verteilt. So würde sich vielleicht diese regelmäßige Anordnung bei der erste. Zunge als ein mehr oder minder zufälliger Befund erklären, der viel- leicht einige Autoren zur Beschreibung von Papillae vallatae auf Grund makroskopischer Beobachtung veranlaßte. Sicheren Auf- schluß könnte nur der Vergleich eines großen Materials geben. Überblieken wir diese Befunde, so läßt sich sagen, daß wir weder makroskopisch noch mikroskopisch irgendwo typische Papillae vallatae finden. Die Angabe Owens (2), die auch OppEu (8) über- nimmt, nach der zwei große Papillae vallatae in kleinere zerspalten sind, bestätigt sich also nicht. Die Angaben von GRATIoLET (1) und ÜHAPMAN (4), die nur auf makroskopischer Beobachtung fußen, finden durch die histologische Untersuchung vollauf Bestätigung. Die Erscheinung, daß bei einem Tier die Papillae vallatae fehlen, ist keineswegs ein Unikum: so hat Hyrax keine Papillae vallatae, dafür aber mächtig entwickelte Papillae foliatae (Bronn, 9). Auch bei dem einen Exemplar von Hippopotamus sind die Papillae foliatae auffallend stärk entwickelt; auch hier wurde ein Stück entnommen und untersucht (Objekt V), aber auch hier keine Geschmacksknospen gefunden, so daß die Fragen nach den Gesehmacksorganen resp. der Geschmacksfunktion vorläufig offen bleibt und einer späteren Unter- suchung vorbehalten sein soll. Literatur. 1. Gratioter, Recherches sur l’anatomie de l’Hippopotame. Paris 1867. 2. Owen, On the Anatomy of vertebrates, Bd. 3. London 1866. 454 9 ‘ CuarK, On the visceral Anatomy of the Hippopotamus. Proc. Zool. Soe. London 1872. Cuapman, Observations upon Hippopotamus. Proc. Acad. Philad. 1881. Becker, Uber Zungenpapillen. Jen. Zeitschr. f. Naturw., Bd. 43, 1907. Münch, Die Topographie der Papillen der Zunge des Menschen und der Säugetiere. Morphol. Arb., Bd. 6. KoELLıker, Handbuch der Gewebelehre, Bd. 3, von Vicror v. EBNER. Leipzig 1902. 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Ich möchte es daher vorderhand als Ganglion psalterii bezeichnen; ob dieser Name auch durch innigere Beziehungen des Kerns zum Psalterium gerechtfertigt erscheint, wird sich erst aus dem genaueren Studium seiner Anatomie ergeben. Die näheren topischen Verhältnisse dieser Zellgruppe werden sich wohl bei Verfolgung einer nach Nissi gefärbten frontalen Serie vom Kaninchen am besten beschreiben lassen. Von kaudal nach oral fortschreitend, finden wir, kurz nachdem die beiden Hälften der Ammons- kommissur in der Mittellinie sich getroffen haben, an der dem Ventrikel zugekehrten Fläche des Psaiteriums, median gelegen, eine halbkugelige Vorwölbung, welche schon nach 2—3 Schnitten zu ihrer maximalen Entwickelung anschwillt. Es ist das Ganglion psalterii. Wir befinden 455 uns gerade in der Höhe, wo die beiden Fornixsäulen, im Begriff, den Thalamus zu verlassen, sich der Commissura anterior anlagern (Abb. 1). Die Zellen des Ganglion psalterii sind gut charakterisierbar, ihre Größe schwankt zwischen 10—15 p, sie haben eine rundliche bis polygonale Gestalt und sind leicht an dem blassen, chromatinarmen Kern mit deutlichem Kernkörperchen zu erkennen, der fast die ganze Zelle erfüllt und nur von einem schmalen Saum sehr wenig gefärbten Protoplasmas ümgeben wird (Abb. 2). Ist man einmal durch das Studium der Zellpräparate über die Lage des Kerns orientiert, so ge- lingt es auch unschwer, denselben am Weıserr-Präparate wiederzu- Abb. 1. Abb. 2. Abb. 1. Kaninchen. Vergr. ®/,.. Nisst-Fiarbung. Ca Commiss. ant.; CA Cornu Ammon.; Ce Corp. callos.; Cf Columna fornic.; Ci Caps. interna; G.7. Gyr. fornicat.; G.ps. Gangl. psalterii; Pl.ch. Plex. chorioideus; Ps Psalterium. Abb. 2. Ganglion psalterii. Vergr, °°°/;. Zwischen den blassen Zellen mit chromatinarmem Kern liegen Gliakerne. finden. Man ist erstaunt, hier eine faserlose, anscheinend gelatinöse Grundsubstanz zu sehen, welche nur von zahlreichen Kapillaren durch- zogen ist. Die Markfäserchen aus dem Psalterium scheinen an der Masse vorbeizustreichen, teils endigen sie schräg getroffen an ihrer Peripherie, ohne in nähere Beziehung mit ihr zu treten. Sechs bis acht Schnitte später (Schnittdicke 15 p.) ist das Ganglion schon merklich flacher, hat mehr die Form eines queren Ovals, welches 456 gegen den zwischen den Fornixsäulen verbliebenen Rest des Ventrikels nur mehr wenig vorragt. Dagegen haben sich beiderseits dorsolateral von dem Ganglion die kleinen Zellen des Psalteriums, welche zwischen den längs getroffenen Faserbündeln in Zügen anzutreffen sind, ver- mehrt, und es sind unter ihnen auch Zellen aufgetreten, welche den Zellen unseres Kerns ähneln und mit ihnen auch stellenweise zu- sammenhängen. Weiter nach vorne endet bekanntlich der Ventrikel blind, indem sich die Fornixsäulen aneinander legen. Das schmale Dreieck zwischen ihnen erfüllen nun Zellen vom geschilderten Typus, vermengt mit kleineren spindelförmigen, von etwas stärker tingiertem Protoplasma. Die Zellmasse erstreckt sich noch einige Schnitte oral vor die Fornixsäulen, wo sie dem Scheitel der Commissura anterior als querovale, unscharf begrenzte Gruppe aufliegt; von den weiter dorsal liegenden Ganglienmassen des Septums, nämlich den kleinen, strichförmigen Zellen der Mittellinie und den lateralen Komplexen größerer polygonaler Zellen, läßt sich die Gruppe gut abgrenzen (vgl. Abb. 4). Wir können also dahin zusammenfassen, daß das Ganglion psalterii an der Ventralfläche der Ammonskommissur seinen Beginn nimmt und sich von hier in den dreieckigen Raum zwischen den Crura for- nieis fortsetzt, um dorsal von der vorderen Kommissur zu endigen, ein Verhalten, das sich an Sagittalschnitten am übersichtlichsten zur Darstellung bringen läßt (Abb. 3). Ein Kern von dem geschilderten Typus läßt sich in der ganzen Tierreihe konstant nachweisen. Doch wechselt die Größe des Gebildes in der Querausdehnung, vor allem auch seine orale Endigung, er zeigt je nach der Entwickelung eines Ventriculus septi pellucidi ein ver- schiedenes Verhalten, so daß es wohl geboten erscheint, eine kurze Übersicht über die Entwickelung dieses Kernes im System der Säuge- tiere zu geben. Bei den Primaten gestaltet sich seine Auffindung dadurch schwierig, daß das Psalterium im Vergleich zu den makrosmatischen Säugern gering entwickelt ist und schon an Frontalschnitten durch das hintere Drittel des Thalamus sein orales Ende findet, während es sonst bis an die Commissura anterior nach vorn reicht. So findet man bei Verfolgung einer Nısst-Serie vom Menschen zwischen den Querschnitten der beiden Fornixschenkel nur kleine längliche Zellen zu einer schmalen Säule angeordnet, deren nach ventral schauende Spitze sich stellenweise in zwei Zipfel spaltet. Von der gesuchten 457 Gruppe aber ist nichts zu sehen. Erst wenn sich die Fornixsäulen zur Commissura anterior hinabsenken, tritt im Ventralteile der zwischen ihnen angesammelten Zellmassen eine Gruppe von größeren Zellen auf. Die dichte Lagerung dieser Zellen, ihre polygonale Form, die Größe ihrer chromatinarmen Kerne wiederholen so klar die Verhält- nisse des Ganglion psalterii, wie wir es beim Kaninchen beschrieben haben, daß kein Zweifel sein kann, daß wir es in dieser Zellgruppe mit einem Homologon unseres Kerns zu tun haben. Schon wenige Schnitte weiter oralwärts, sobald wir die Hauptmasse der absteigenden Fornixsäulen passiert haben, sind im Septum pellucidum bereits die Abb. 3. Kaninchen. Vergr. 7°/;. Wetgert-Csoxor-Farbung. Ca Comm. ant.; CA Cornu Ammon.; Ce Corp. callos., F Fornix; G.ps. Gangl. psalterii; Ps Psalterium; Sp Sept. pelluc.; 7h Thalamus. Zellen vom geschilderten Typus verschwunden. Man findet dann nur mehr die Zellen, die schon Suimazono (Arch. f. Anat. u. Physiol. 1912) im Septum pellucidum des Menschen beschrieben hat: unter dem Ventrikelepithel eine Schicht von kleinen rundlichen Zellen, medial davon mittelgroße, spindelförmige, an die sich gegen die Mittellinie zu große polygonale Zellen anschließen. Hinzufügen möchte ich noch, daß sich in der Medianlinie selbst konstant ein Zug strichförmiger, spindeliger Zellen, vielleicht Gliazellen, vorfindet. 458 Während der erwachsene Mensch das Ganglion nur in rudimen- tärer Kntwickelung zeigt, finde ich beim Embryo human. von 14 cm N.-St.-Länge in Querebenen, welche durch das orale Thalamus- drittel gehen, auf einigen Schnitten an der Ventraliliche der Fornices eine unpaare Zellanhäufung von ziemlicher Querausdehnung. Soweit sich aus der Lage der Gruppe ein Schluß ableiten läßt, ist es möglich, daß diese Zellansammlung dem Ganglion psalterii entspricht. Aus der Form der Zellen läßt sich dies nicht entscheiden, nachdem in diesem Stadium noch die meisten Nervenzellen die gleiche, wenig charakteristische Bläschenform aufweisen. Bei einem menschlichen Embryo von 22 cm N.-St.-Länge konnte ich diese Zellgruppe kaum stärker entwickelt finden als beim Erwachsenen. Ganz ähnliche Verhältnisse wie beim erwachsenen Menschen treffe ich beim Orang. Dagegen weist Hylobates oral vom Psalterium in der Höhe des Nucleus anterior thalami, ventral von den Fornix- schenkeln ein ziemlich rasch zu bedeutender Größe anschwellendes Ganglion psalterii auf. Dasselbe hat in seinen kaudalen Partien Halbkugelform, ist von den geschilderten mittelgroßen Zellen erfüllt und dadurch leicht von den in der Mittellinie sich herabsenkenden, zwischen den Fornixschenkeln angeordneten kleinen spindelförmigen Zellen zu trennen. Weiter vorn, dort wo die Commissura anterior ihre beste Entwickelung erreicht, wölbt sich der Kern gegen den Ventrikel schon etwas weniger vor, er verjüngt sich auch nach dorsal zu einer median gelegenen Spitze, ist aber immer von den kleinen Zellen der Mittellinie deutlich trennbar. Weiter erfüllen seine Zellen den Raum zwischen den Columnae fornicis, wo nur stellenweise ein spaltförmiger Ventrikel zu finden ist. Über der Commissura anterior vor den Fornixsäulen lagern die letzten Reste des Kerns als eine dorsoventralgestellte, längliche Gruppe Ganz analoge Verhältnisse kehren bei den niederen Affen, z. B. beim Krallenäffchen (Hapale ursula) wieder. Unter den Chiropteren bot Pteropus edulis das Ganglion in guter Entwickelung dar, es bildet eine knopfförmige Vorwölbung zwischen den beiden Plexus chorioidei gerade in der Höhe, wo der Nucleus dorsalis magnus dem Maximum seiner Entwickelung zustrebt. Doch schon nach 5—6 Schnitten ist der Kern wieder in rascher Riick- bildung und kann nicht bis zum Scheitel der vorderen Kommissur verfolgt werden. Beim Hund ragt das Ganglion am Frontalschnitt wie ein poly- pöser Tumor mit etwas eingeschnürtem Stiel gegen den Ventrikel vor, doch verkleinert es sich relativ rasch und bietet zwischen den Fornix- säulen nur mehr wenige Zellen. welche über dem oralen Teil der vorderen Kommissur verschwinden. Bei der Katze ist die Ausdehnung der Zellgruppe gegen den Ventrikel zu zwar nicht so mächtig wie beim Hund, doch ist sie immerhin deutlich differenzierbar. Die mir zur Verfügung stehende Serie von Phoca vitulina bietet leider keine Zellpräparate dieser Gegend, so daß ich über die Pinnipedier nichts aussagen kann. Bei Talpa zeigt sich der mediane Anteil des Psalteriums ventral erfüllt von einer mächtigen Anhäufung der dichtgedrängten, uns schon bekannten blassen, großkernigen Zellen, ohne daß sich aber eine Vorwölbung in den Ventrikel nachweisen ließe. Diese Zellmasse lagert weiterhin als mächtiger Kern dorsal und zu beiden Seiten des vorderen Endes des dritten Ventrikels, an dessen Stelle sie schließ- lich über der Commissura anterior tritt, nun eine dreieckige Masse bildend, welche der vorderen Kommissur breitbasig aufsitzt. Die Verhältnisse bei den Rodentiern sind wohl durch die eingangs gegebene Beschreibung des Kaninchens genügend charakteri- siert. Bei Seiurus konnte ich ganz die gleiche Entwickelung nach- weisen. Bei Cavia cobaya hat es den Anschein, als ob die den Raum zwischen den beiden absteigenden Fornixsäulen erfüllende Zell- masse eine Art Septum nach rückwärts entsenden würde, das vom Psalterium in der Mittellinie herabhängt und mit den geschilderten Zellen erfüllt ist. Für den Elefanten fehlen mir geeignete Zellpräparate. Unter den Artiodactyla zeichnet sich vor allem die Ziege durch die sehr mächtige Entwickelung dieses Gebildes sowohl in der Breiten- als auch in der Längserstreckung aus. Das den Ventrikel dorsal abschließende Psalterium sendet hier lumenwärts einen mäch- tigen Zapfen, der auf den ersten Blick wie ein drüsiges Organ impo- niert. Aber auch noch über den oralsten Fasern der Commissura anterior findet sich diese Zellmasse in der Form eines stumpfwinke- ligen, der Kommissur aufliegenden Dreiecks (Abb. 4). Stellenweise scheint es, als ob hier eine Gruppierung in einen mittleren und zwei seitliche Kerne angedeutet wäre. Die Verhältnisse beim Schwein und Schaf sind im Wesen dieselben, wenn auch nicht die Höhe der Entwickelung wie bei der Ziege erreicht wird. Nicht sehr bedeutend finde ich dagegen die Gruppe beim Pferd. Nur einige wenige Zellen an der Spitze des Dreiecks, welche die aufsteigenden Fornixsäulen miteinander einschließen, deuten auf das Vorhandensein des Ganglions. Noch schwieriger ist es, bei den Cetaceen Rudimente des Kerns nachzuweisen. Bei Phocaena, ebenso wie bei Delphinus finde ich an der Ventralfläche der Fornixschenkel nur spärlich kleine Zellen, aber eigentlich keine Anhäufung, welche man als eigenen Kern an- sprechen könnte. Bei Dasypus septemcinctus liegt über der Spitze des von den Fornixsäulen eingeschlossenen Dreiecks eine wohl abgrenzbare Gruppe von hellen Zellen mit A; den charakteristischen Eigen- ö schaften; diese Zellen begleiten RS Et auch streckenweise die Medial- fläche der absteigenden Fornix- pie oO 4 \ | säulen. h. Das gleiche Bild findet sich ry bei Didelphis, nur scheint é die im Verhältnis zur Mächtig- keit des Psalteriums geringe Entwickelung des Kerns da- durch kompensiert zu werden, daß in der Ammonskommissur N: zahlreiche Zellgruppen von ähn- x lichem Typus auftauchen, welche mit dem geschilderten Kern in Ve Gp u Abb. 4. Ziege. Nısst-Färbung. Ver- srößerung %/;. Ca Commiss. anter.; Ce Corp. callos.; G Gefäße; Gps orales Ende des G. psalterii; Sp Sept. pellucidum; a große Zellen in dessen medialen Abschnitten; m kleine mehr oder minder inniger Ver- bindung zu stehen scheinen. Dies trifft noch mehr für Pera- meles zu, bei dem auch eine deutliche Vorwölbung des Kerns gegen den Ventrikel fehlt, dafür Zellen der Mittellinie. ; aber die zwischen den Psal- teriumfasern gelegenen Zellen reichlich entwickelt sind. Das Ganglion psalterii ist somit in der ganzen Tierreihe anzu- treffen, insbesondere bei jenen Tieren, welche infolge des Vorherrschens des Geruchssinns ein gut ausgeprägtes Psalterium besitzen, jedoch wölbt es sich auch bei diesen Tieren nicht immer als besondere Er- hebung vor, sondern kann in der Zellmasse des Psalteriums verborgen 461 bleiben (Talpa, Perameles). Am geringsten entwickelt ist es bei den Primaten und den Cetaceen, parallel mit der rudimentären Ausbildung der Geruchszentren bei diesen Lebewesen. Es ist merkwürdig, daß trotz seiner auffallenden Entwickelung bei manchen Tieren dieses Ganglion den meisten Untersuchern dieser Gegend entgangen zu sein scheint. So finden wir in der so aus- führlichen Fornixarbeit von HoxzssEr diese Zellansammlung nicht er- wähnt. Auch Köruıker (Gewebelehre, 2. Bd.) schreibt nur, zu beiden Seiten der Fornixsäulen finde sich etwas graue Substanz, ohne dieses Kerns zu gedenken. Im Wiınkuer’schen Atlas vom Kaninchen findet sich auf Tafel IX die durch den Kern bedingte Vorwölbung zwar abgebildet, jedoch scheint sie für einen Teil der zu beiden Seiten an- liegenden Plexus chorioidei gehalten worden zu sein, nachdem sie ebenso gezeichnet ist als diese. Einzig Ramös vy Casau (Histologie du systeme nerveux, Edition francaise, Paris 1911) hat bei der Maus eine Anhäufung von Zellen ventral vom Psalterium, die vorne und seitlich von den Fornixsäulen begrenzt wird, als Nucleus triangu- laris beschrieben. Er rechnet seinen Nucleus triangularis zu den Septumganglien, über seine Beziehungen weiß er nichts auszusagen. Auch wir müssen trotz eingehender Studien gestehen, dab sich vorläufig über die Natur der fraglichen Zellanhäufung nicht viel be- merken läßt. Jedenfalls steht fest, daß es sich um eine Ganglienzell- anhäufung handelt, denn man kann an gut gelungenen Zellpräparaten immer deutlich verfolgen, daß das Ependym des III. Ventrikels über den Komplex hinwegzieht, so daß derselbe also nicht von der Ven- trikelbekleidung ausgehen kann. Auch als Wucherung der subepen- dymalen Glia, etwa entsprechend einer Kittleiste zwischen den zu- sammentretenden Fornices, wird man den Kern nicht betrachten können, dagegen spricht schon die Form der Zellen und vor allem der Um- stand, daß man in diesem Falle die Zellgruppe noch viel weiter kaudal, solange eben die Fornices sich in der Mittellinie vereint haben, an- treffen müßte. Die Lage des Kerns in der Mittellinie bringt den Ge- danken zur Erwägung, ob es sich nicht um einen Rest der medialen Hemisphärenwand handelt, der durch die Entwickelung der Ammons- kommissur von der übrigen Rinde abgeschnitten wurde. Gegen diese Auffassung läßt sich anführen, daß der Kern keine Unterteilung in der Mittellinie aufweist, sondern sich immer als unpaares Gebilde darstellt. Der Ansicht von Casar, daß es sich um ein Septumganglion handelt, kann ich deshalb nicht zustimmen, weil sich die Hauptmasse 462 dieser Zellgruppe hinter dem Septum entwickelt hat, während das orale Ende verschieden weit ins Septum hineinreicht, bei manchen Tieren, wie z. B. bei Pteropus, es gar nicht erreicht. Vor allem aber war für mich der Umstand maßgebend, daß man an NıssL-Serien dorsolateral im Psalterium Zellhaufen auftreten sehen kann, welche Zellen vom ähnlichen Typus enthalten und auch stellenweise gegen das Ganglion psalterii Ausläufer entsenden. Auch die Tatsache, daß. dieser Kern vor allem bei Tieren mit gut entwickeltem Psalterium eine besondere Entwickelung erreicht, muß auffallen und die Annahme stützen, daß essich um ein dem Psalterium oder dem Fornix- system zugehöriges Ganglion handelt. Befremdend ist aller- dings, daß in WEIGERT-Präparaten dieser Kern von der Fasermasse des Psalteriums ziemlich isoliert erscheint und die Fäserchen in seiner Umgebung wie abgeschnitten endigen. Es bleibt dann nur die An- nahme übrig, daß marklose Fasern aus dem Ganglion psalterii mit dem Psalterium in Beziehung treten. Casar gelang es aber nicht, bei Anwendung seiner Silberfärbung sicher Fasern im Zusammenhang mit seinem Nucleus triangularıs zu erkennen. So bleiben wir nur auf Vermutungen angewiesen, die erst durch neue Tatsachen eine Stütze erhalten werden, vielleicht durch das Studium älterer Embryonen, die mir leider vorderhand noch nicht in ausreichender Zahl zur Ver- fügung stehen, Wien, im Juli 1918. (Eingegangen am 7. August 1918.) Bücherbesprechungen. Die normale Anatomie in ihrer Entwickelung und in ihren Beziehungen zur praktischen Medizin. Von Felix Sieglbauer. Antrittsvorlesung, geh. Mai 1918 in der Innsbrucker med. Gesellschaft. Leipzig 1918. G. Thieme. 24 S. Preis 1 Mk. 50 Pf. Zwei Jahre militärärztlichen Dienstes haben dem Verf., der seit 10 Jahren nicht mehr praktisch tätig gewesen war, eine Fülle von Anregungen gegeben. Besonders lehrten sie eindringlich den engen Zusammenhang, der trotz aller Selbständigkeit zwischen den einzelnen Fächern der Biologie und der prak- tischen Heilkunde besteht. Verf. führt diese Gedanken in der hier vorliegen- den „Antrittsvorlesung“ in der medizinischen Gesellschaft zu Innsbruck näher aus, in einer Weise, die gewiß auch anatomische und praktische Kollegen 463 an anderen Orten interessieren wird. Rani und Van BENEDEN werden öfter genannt, aber nicht richtig geschrieben: Carı RagL, Van BENEDEN! FLECHSIG heißt mit Vornamen Paur, nicht „R.“. Kolloidchemie. Ein Lehrbuch von Richard Zsigmondy. Zweite vermehrte und z. T. umgearbeitete Auflage. Mit 5 Tafeln und 54 Figuren im Text. Leipzig, Otto Spamer. 1918. XVI, 402 S. Preis 26 Mk., geb. 30 Mk. (20% Teuerungszuschlag). Dies Buch, das schnell eine neue Auflage erlebte, wendet sich an alle, die mit Kolloiden zu tun haben. Verf. legt das Hauptgewicht auf die Be- schreibung der kolloiden Systeme und weist hierbei auf Tatsachen oder Forschungen von allgemeiner Bedeutung bei jenen Kolloiden hin, an denen diese Tatsachen entdeckt wurden. Bei den Eigenschaften der Kolloide sind besonders die elektrischen berücksichtigt, deren eingehendere Besprechung zum Verständnis der Theorie der Peptisation sowie der Reaktionen und Eigen- schaften der durch Peptisation erhaltenen Kolloide erforderlich war. In der neuen Auflage ist der allgemeine Teil des Buches weitgehend umgearbeitet. An Stelle des Abschnittes „Eigenschaften der Kolloide“ trat ein neuer, mehr als 20 Kapitel umfassender: „Physikalische Grundlagen“. An diesen schließt sich ein Abschnitt über Gel- und Solbildung, der das wesentlichste über Strukturen, Reaktionen und Zustandsänderungen enthält. Für uns Biologen sind von besonderer Wichtigkeit die in den letzten Jahrzehnten mehr und mehr in den Vordergrund der Forschung getretenen organischen Kolloide, nämlich die organischen Salze (Seifen, Farbstoffe) und die Eiweißkörper, deren allgemeines Verhalten unter Anführung be- sonderer Beispiele: „Gelatine, Haemoglobin und Kasein (Milch!) dar- gestellt wird. Verf. ist Direktor des Instituts für anorganische Chemie in Göttingen und einer der Hauptvertreter der Kolloidchemie, als solcher vor anderen berufen, ein Werk derart zu schreiben, das auch bereits bald nach dem Erscheinen in fremde Sprachen übersetzt wurde. Vor allem dürfte ein Studium des Buches für Protoplasma-Theoretiker und für Arbeiter auf dem Gebiete des Ultra-Mikroskopes, aber auch für alle Mikroskopiker und Biologen überhaupt nötig oder nützlich sein. Die Ausstattung ist sehr gut, der Preis mäßig. B: Personalia. München. Professor Dr. Leo Grruacn, bisher ordentlicher Pro- fessor der Anatomie und Direktor der Anatomischen Anstalt in Er- langen, ist hier am 20. Oktober, 67 Jahre alt, gestorben. Königsberg. Professor Dr. R. Zasper ist, 63 Jahre alt, gestorben. Freiburg i. Br. Zum I. Prosektor ist ernannt Prof. Dr. von M6LLEN- DORFF, Abteilungsvorstand am Anatomischen Institut zu Greifswald, zum II. Prosektor: Privat-Dozent Dr. Böker, bisher I. Assistent daselbst. 464 Gießen. Geh. Med.-Rat Professor Dr. Lupwıs Stiepa, früher Ordinarius und Direktor in Dorpat und Königsberg, ist am 20. November, seinem 81. Geburtstage, nach einem Schlaganfall sanft entschlafen. Nachruf folgt. An die Herren Mitarbeiter. 1. Korrekturen von Satz und Abbildüngen sind nicht an den Herausgeber, sondern erstere an die Druckerei, Herrn R. Wagner Sohn in Weimar, letztere an den Verlag zurückzusenden. 2. Seit dem Bande 24 werden nicht mehr ganze Sätze, sondern nur noch, wenn es den Herren Mitarbeitern unbedingt nötig erscheint, einzelne Worte durch den Druck (entweder gesperrt oder fett) hervorgehoben. Daß man wichtige Dinge ohne Hilfe des Sperrens durch die Stellung des betreffenden Wortes im Satze hervorheben kann, zeigt z. B. der SchwALgEe’sche Jahresbericht, in dem nicht gesperrt wird. Auch sind bekanntlich viele Leser geneigt, nur gesperrte Stellen zu lesen; das Fehlen solcher wird Anlaß geben, die ganze Arbeit zu lesen. 3. Polemik findet im Anatomischen Anzeiger nur Aufnahme, wenn sie rein sachlich ist, persönliche Polemik ist prinzipiell ausgeschlossen. Die Entscheidung über die bekanntlich schwer zu ziehende Grenze zwischen „sachlich“ und „persönlich“ behält sich der Herausgeber vor. 4. Die Verlagsbuchhandlung liefert bis zu 50 Sonder- abdrücken der Beiträge unentgeltlich, weitere Exemplare können, solange die Papierknappheit anhält, nicht hergestellt werden. 5. Nicht oder ungenügend frei gemachte Sendungen werden nicht angenommen. Der Herausgeber. Abgeschlossen am 15. November 1918. Weimar — Druck von R. Wagner Sohn. ANATOMISCHER ANZEIGER Centralblatt für die gesamte wissenschaftliche Anatomie. Amtliches Organ der Anatomischen Gesellschaft. Herausgegeben von Prof. Dr. Karl von Bardeleben in Jena. Verlag von tustav Fischer in Jena. Der „Anatomische Anzeiger‘ erscheint zweimal im Monat in Einzelnummern oder einmal in Doppelnummer. Der Preis eines Bandes von 24 Nummern beträgt Mk. 20.—. Das Erscheinen der Bände ist unabhängig vom Kalenderjahr. 51. Bd. sx 30. Dezember 1918. = No. 19/20. InsaLt. Aufsätze. Ivar Broman, Uber die Vasa vitellina beim Pferde. Mit 6 Abbildungen. S. 465—480. — Ernst Huber, Überreste des Sphincter colli profundus beim Menschen. Mit 4 Abbildungen. S. 480—492. — W. J. Schmidt, Über Chromatophorenvereinigungen bei Amphibien, insbesondere bei Froschlarven. Mit 5 Abbildungen. S. 493—501. — Aichel, Über Kiefer- wachstum. Mit 3 Abbildungen. S. 502-510. Prioritäts-Rechtswahrung. Emm Oskar WEICHARDT, S. 510. — Bücher- besprechung. Hernrica ERNST ZIEGLER, S. 511—512. An die Herren Mitarbeiter. S. 512. Aufsätze. Nachdruck verboten. Über die Vasa vitellina beim Pferde. Von Prof. Dr. Ivar Broman, Lund (Schweden). Mit 6 Abbildungen. In einer voriges Jahr in dieser Zeitschrift erschienenen Arbeit hat ScHAUDER (1917) die interessante Beobachtung eines sog. ,,dritten Vas omphalo-mesentericum“+) bei etwa 3—11 cm langen Pferdefeten veröffentlicht. Die betreffende Bildung verlief als dünnes Fädchen vom Nabel aus an die Blinddarmspitze heran. Gerade diese konstante Insertion des Fädchens an der Blinddarm- spitze macht dasselbe so rätselhaft und interessant. Ist es doch — soviel wir bis jetzt wissen — als vollständig alleinstehend zu be- 1) Vas vitellinum nach der von mir vorgeschlagenen Nomenklatur (vgl. Broman, 1914: 1, S. 102). Anat. Anz. Bd. 51. Aufsätze, 30 466 zeichnen, daß ein Vas vitellinum an der Spitze eines freien Blind- darmes inseriert! Wollte man diese Insertion als primär betrachten, so würde dieselbe auf nichts weniger hindeuten als darauf, daß der Blinddarm des Pferdes mit dem Mecker’schen Divertikel der anderen Säugetiere homolog sei! Um diese Behauptung näher zu begründen möchte ich zunächst auf meine Arbeit „über das Schicksal der Vasa vitellina bei den Säugetieren“ (vgl. Broman 1914: 1) verweisen. Aus derselben geht hervor, daß bei den Säugetieren im allgemeinen in einem gewissen frühzeitigen Entwickelungsstadium vier Vasa omphalo-mesenterica (zwei Arteriae und zwei Venae omph.-mes.) vorhanden sind. Bald nachher wird diese Zahl aber auf zwei (eine Arteria und eine Vena omphalo-mesenterica) reduziert, und zwar einerseits dadurch, daß die intramesenterialen Partien der Arteriae omphalo-mesentericae zu einem unpaaren Gefäß verschmelzen; andererseits aber dadurch, daß die rechte Vena omphalo-mesenterica größtenteils atrophiert. Die persistierende linke Vena omphalo-mesenterica hebt schon früh sowohl von dem Mesenterium der ersten Darmschlinge wie von dem mesodermalen Dotterblasenstiel eine Falte hoch, die sich bald durch Dehiszenz größtenteils frei macht und also einen allseitig freien Mesenchymstrang bildet (vgl. Broman 1914: 2, Abb. 4, S. 71). Gleich- zeitig hiermit bildet sich in dem Inneren des Mesenteriums die definitive Vena mesenterica superior als neues Gefäß (Evans 1911) aus. Von diesem Stadium ab habe ich den Namen Vena vitellina für den von der Dotterblase kommenden und proximalwärts in dem erwähnten freien Mesenchymstrang verlaufenden Teil der Vena om- phalo-mesenterica reserviert. Proximalwärts schreitet die Isolierung des betreffenden Gefäß- stranges regelmäßig bis zur linken Seite des Mesoduodenum hin fort. Distalwärts isoliert sich dagegen der Venenstrang bei verschie- denen Säugetieren verschieden weit: bei einigen bis zur Dotterblase hin, bei anderen dagegen nur mehr oder weniger weit auf den meso- dermalen Dotterblasenstiel hinaus. | Normalerweise isolfert sich aber der Venenstrang immer von dem proximalen Teil des mesodermalen Dotterblasenstieles. Dadurch wird die Möglichkeit einer Blutzirkulation in dieser Partie des Dotterblasen- stieles aufgehoben, was offenbar die nächste Ursache der schnellen Atrophie der proximalen Partie des entodermalen Dotterblasenstieles bildet. Denn wenn diese Isolierung abnormerweise nicht stattfindet, sain persistiert die proximale Partie des Nabelblasenstieles als MECKEL’sches Divertikel (vgl. Broman 1914: 1, S. 137). Bei gewissen Säugetieren (z. B. bei Mensch und Maulwurf) bleibt der die Vena vitellina enthaltende Strang von den Wänden des Nabelstrangcoeloms allseitig frei; bei anderen (z. B. bei Kaninchen und Schwein) verwächst derselbe bald mit der nächstliegenden Wand- partie des Nabelstrangcoeloms. Betreifs des Schicksals der Arteriae omphalo-mesentericae ist in diesem Zusammenhang noch folgendes zu erinnern. Nicht nur die proximalen (intramesenterialen), sondern auch die distalen (den entodermalen Dotterblasenstiel entlang verlaufenden) Partien werden schon früh durch eine einfache Arterie ersetzt. Ob aber auch diese peripherwärts vom Ilium gelegene Partie der Arteria omphalo-mesen- terica durch Verschmelzung der ursprünglichen, paarigen Arterien oder ob sie durch Atrophie der einen derselben entstanden ist, ist noch nicht sichergestellt. — Am längsten bleiben die Arteriae omphalo- mesentericae dort paarig, wo sie (rechts bzw. links von der Ilium- anlage) das Mesenterium verlassen, um zum Dotterblasenstiel zu ziehen. Während kurzer Zeit bilden sie hier einen Arterienring um den Darm herum. Indem nun aber die eine Hälfte (bei einigen Säugetieren die linke, bei anderen die rechte) dieses Arterienringes zugrunde geht, wird der ganze Stamm der Arteria omphalo-mesenterica unpaar. Wenn der entodermale Dotterblasenstiel mehr oder weniger weit zugrunde geht, bleibt der mesodermale Dotterblasenstiel noch lange erhalten. In dem Inneren desselben verläuft nämlich die distale Partie der Arteria omphalo-mesenterica bis zur Dotter- blase hin. Zuerst direkt vom Ilium ausgehend, hebt sich der mesodermale Dotterblasenstiel an derjenigen Seite des Darmes, wo die Arteria omphalo-mesenterica liegt, zusammen mit dieser Arterie von dem Ilium und dem nächstliegenden Teil des Mesoilium als eine Falte hoch. Indem dann die dünnere Partie dieser Falte durch Dehiszenz gewöhn- lich zugrunde geht, siedelt die Insertion des mesodermalen Dotter- blasenstieles auf das Mesoilium über. Für diejenige Partie der Arteria omphalo-mesenterica, welche jetzt von dem Mesoilium ab in dem mesodermalen Dotterblasenstiel bis zur Dotterblase hin verläuft, habe ich den Namen Arteria vitellina reserviert. Der die Arteria vitellina enthaltende Bindegewebs- 30* 468 strang ist also größtenteils mit dem mesodermalen Dotter- blasenstiel identisch. Es widerspricht daher jeder bisherigen Erfahrung, wenn man als Erklärung für das von SCHAUDER bei jungen Pferdefeten entdeckte dritte Fädchen in Betracht nehmen wollte, ob bei diesen Feten nicht „außer der A. und V. omphalo-mesenterica der rudimentäre Ductus omphalo-entericus noch vorhanden“ wäre. SCHAUDER verwirft aller- dings diese „Möglichkeit“, weil das betreffende Fädchen an der Blind- darmspitze und nicht an dem Ilium inserierte. Und dann schließt er weiter: da nun eine Identität des Fädchens mit dem Dotterblasenstiel ausgeschlossen ist, so kann dieses Fädchen „nur ein drittes Vas omphalo-mesentericum sein“. Dieser Rückschluß ist — meiner Ansicht nach — sehr kühn; denn einerseits konnte SCHAUDER in dem betreffenden Strang gar kein Gefäß finden und andererseits können die Vasa vitellina aller Erfahrung nach ebensowenig wie der Dotterblasenstiel mit der Blind- darmspitze primär verbunden sein. Wenn sie es wären, dann müßte — wie schon einleitungsweise erwähnt — der Blinddarm des Pferdes aus dem proximalen Teil des Dotterblasenstieles hervorgegangen und also mit dem MeckEr’schen Divertikel der anderen Säugetiere homolog sein. Solchenfalls würde selbstverständlich gerade beim Pferde ein vom Ilium ausgehender Mecker’scher Divertikel nie vorkommen können. Wie SCHAUDER selbst angibt, ist aber ein solcher typischer Mecker’scher Divertikel auch beim Pferde mehrmals beobachtet worden. — Außerdem spricht ja schon die normale Insertion der Arteria vitellina des Pferdes am Mesoilium stark dafür, daß auch beim Pferde der Dotterblasenstiel vom Ilium und nicht von der Dünn-Dickdarm- grenze ausgeht. Wahrscheinlich wäre übrigens SCHAUDER viel vorsichtiger bei der Deutung seines „dritten Vas omphalo-mesentericum“ gewesen, wenn er meine oben zitierte Arbeit gekannt und berücksichtigt hätte. Daß drei Vasa vitellina längere Zeit, ja sogar bis zur Geburt, persistieren, ist an und für sich kein Unikum. Sowohl GurLr (1829) wie ich (Broman 1914: 1) haben eine solche Anomalie!) bei je einer Katze abgebildet. In den von uns beobachteten Fällen waren offen- 1) Gurur betrachtet allerdings das Vorkommen von zwei Arteriae vitellinae als eine bei der Katze normale Erscheinung. bar die peripheren Partien der Arteriae omphalo-mesentericae paarig geblieben; denn das überzählige Vas vitellinum war eine Arteria vitellina, die von der dem Ausgangspunkt der normalen Arteria vitellina entgegengesetzten Seite des Mesoilium ausging. Daß ein Vas vitellinum sekundär in nahe Beziehung zum Blinddarm kommen kann, ist ebenfalls nichts Merkwürdiges. Wie ich (Broman 1914: 1, S. 135) gezeigt habe, wird der lange, die Vena vitellina enthaltende Strang nicht selten am Caecum angehakt; und wenn in dieser Gegend dann eine sekundäre Verwachsung stattfindet, siedelt die proximale Insertion des betreffenden Venenstranges von dem Mesoduodenum auf die Coecalgegend über. Dies war bei einem von mir beschriebenen und abgebildeten, 5 Monate alten Pferde- embryo der Fall (vgl. BRoman 1914: 1, Abb. 7, S. 129). Bei diesem inserierte der die Vena vitellina enthaltende Strang also nicht mehr am Mesoduodenum, sondern an der basalen Partie des Blinddarmes. x * Wenn man nun, von unseren bisherigen Erfahrungen über die Vasa vitellina ausgehend, das ScHAUDERr’sche sog. „dritte Vas omphalo- mesentericum“ beurteilen will, so erheben sich sofort große Schwierig- keiten. Gegen die Annahme, daß es sich um eine persistierende Vena vitellina dextra handeln könnte, spricht erstens die Tat- sache, daß bei allen in genügend frühen Entwickelungsstadien unter- suchten Säugetieren die betreffende Partie der Vena omphalo-mesen- terica dextra regelmäßig durch Atrophie zugrunde geht; dagegen spricht zweitens auch, daß das ScHaupER’sche Fädchen an der Spitze eines freien Blinddarmes inseriert. Diese zweite Einwendung läßt sich auch gegen die Annahme, daß es sich um eine überzählige Arteria vitellina handeln könnte, erheben. In diesem Falle müßte nämlich das Fädchen am Mesoilium anstatt an der Blind- darmspitze inserieren. Für alle ‘Fälle läßt sich die Annahme, daß das Fädchen aus einem dritten Vas omphalo-mesentericum hervorgegangen sei, nur dann aufrecht erhalten, wenn man gleichzeitig annimmt, daß die In- sertion desselben an der Blinddarmspitze durch sekundäre Ver- wachsung zustande gekommen sei. Andererseits ist es aber, wenn man sowieso (um die Insertion des Fädchens zu erklären) zur Annahme einer sekundären Verwach- sung greifen muß, gar nicht nötig gleichzeitig anzunehmen, dab das betreffende Fädchen von einem Vas vitellinum stammen en: müsse; denn ursprünglich breite Verwachsungsflächen ohne größere Gefäße können sich (wie die pathologische Anatomie der mensch- lichen Peritonealhöhle lehrt) sehr leicht in ähnliche Fädchen um- bilden. Und das von SCHAUDER sog. „dritte Vas vitellinum“ enthielt ja gar kein Gefäß! Um die Frage zu beantworten, ob das von SCHAUDER gefundene Fädchen tatsächlich aus einem ehemaligen Vas vitellinum hervor- gegangen sei oder nicht, waren indessen neue Untersuchungen von- nöten. Ich entschloß mich um so lieber dafür, solche Untersuchungen anzustellen, als ich schon über Schnittserien von drei jungen Pferde- embryonen (von resp. 17, 23 und 37 mm Sch.-St.-Liinge) verfügte?). Voraussichtlich würde ja schon eine Durchsicht dieser Schnittserien genügen, um das Rätsel zu lösen. Beim 387 mm langen Pferdeembryo konnte ich zunächst die Existenz des von SCHAUDER gefundenen gefäßlosen?) Strangs bestätigen. Derselbe war hier, wie die schematische Abb. 1 zeigt, nicht nur von der Blinddarmspitze bis zum Nabel vorhanden, sondern ließ sich außerdem durch das ganze Nabelstrangcoelom hindurch als allseitig freier Strang verfolgen. In ähnlicher Weise war der die Arteria vitellina enthaltende Strang von der rechten Seite des Mesoilium ab bis zum peripheren Ende des Nabelstrangcoeloms als allseitig freier Strang zu verfolgen. Dagegen verband sich der die Vena vitellina enthaltende Strang schon in der Nabelgegend mit der Wand des Nabelstrangcoeloms. Die proximale Insertion des letzt- genannten Stranges fand, wie bei den Säugetieren im allgemeinen, an der linken Seite des Mesoduodenum statt (vgl. Abb. 1). Eine Durchmusterung der beiden übrigen Schnittserien zeigte leider bald, daß sowohl der 23 mm lange wie der 17 mm lange Pferdeembryo für diese Untersuchung untauglich war. Am 23 mm langen Embryo war nämlich der ganze Nabelstrang vom Embryo ab- gerissen; und am 17 mm langen Embryo war die periphere Partie des Nabelstrangbruches (mit den Anlagen von Ilium und Caecum) offenbar beim Abschneiden des Nabelstranges entfernt worden. 1) Diese Embryonen verdanke ich meinem Fakultätskollegen, Herrn Prof. Forssman (Embryo 23 mm) und Herrn Veterinär Lınpe, Hvellinge (Embryo 17 mm und Embryo 37 mm). 2) Ich sehe hier von den vorhandenen Gefäßkapillaren ab. 471 An dem 23 mm langen Embryo waren daher die uns hier inter- essierenden Stränge gar nicht zu finden; und beim 17 mm langen Embryo war von denselben nur der die Vena vitellina enthaltende Strang vorhanden. Dieser aber zeigte schon jetzt der Hauptsache nach ganz ähnliche Verhältnisse wie beim 37 mm langen Embryo. — : = IQ IE SEN et 62. [9% STR = IS Aorta Sn >> H an Vena portae--A-I—-7 H SI Be Sn ET SEE = Duodenum -|->—. —~>}+ - Bauchhöhle San — —=— = a > =- <- =f - Caecum as = Be == oS Art. vitellina--\ = | = a She = \ > — SS N >Y- - - -- Blinddarmspitze Nabel - ---- Ar Sa ne "> -Iium -— -- -- -- - - - Nabelstrangcoelom Fo eR ee Blinddarmfiidchen Abb. 1. Schematischer Querschnitt in der Nabelhöhe von einem 37 mm langen Pferdeembryo. — Der Nabelstrang ist der Länge nach vom Schnitte ge- troffen worden. * Nur war er etwas weniger intim mit der Wand des Nabelstrangcoeloms verschmolzen. ! Da die Bedeutung des von SCHAUDER gefundenen Fädchens offen- bar nur an jungen Pferdeembryonen aus dem Stadium des physiologi- schen Nabelbruches!) studiert werden konnte, und da die zu meiner 1) Ich setze als allgemein bekannt voraus, daß der physiologische Nabel- bruch beim Pferde ebenso wie bei anderen Säugetieren vorkommt, obgleich ich in der Literatur darüber keine speziellen Angaben gefunden habe. 472 Verfügung stehenden Embryonen dieses Stadiums gerade an der wich- tigen Stelle beschädigt waren, so hätte ich diese Untersuchung auf- geben müssen, wenn nicht mein dänischer Kollege, Herr Professor SIMON PAULLI, die große Liebenswürdigkeit gehabt hätte, mir zwei junge Pferdeembryonen (16,4 bzw. 18,5 mm lang) für dieselbe zu senden. Diese beiden Embryonen wurden mit besonderer Sorgfalt von der Bauchhöhle 5 V. umbil. Nabel - Rechtes Hinterbein -- Art. omphalomesent. --- -- - -- --k} Nabelbruchsack = -- - - --—-+--=- \ “ Art. vitellina Dotterblasenwand Abb. 2. Schematischer Querschnitt in der Nabelhöhe von einem 18,5 mm langen Pferdeembryo. — Die Lage der sekundären Verwachsungsfläche des Blind- darmes mit der Bruchsackwand ist durch eine Zickzacklinie, diejenige der hypothe- tischen Arteria vitellina sinistra durch eine fein punktierte Linie angegeben. Eiperipherie abgelöst. Sie wurden dann photographiert und in Schnitt- serien zerlegt. Bei dem 16,4 mm langen Embryo zeigte es sich aber, daß trotz jeder Vorsicht die peripherste Partie des Nabelbruches wieder be- schädigt war. Erst vom 18,5 mm langen Embryo gelang es mir, eine tadellose Schnittserie auch von dem periphersten Teil des Nabelbruches zu erhalten. 475 Beim Abschneiden der Eihäute vom Nabelstrang hatte ich hier darauf verzichtet, die linke hintere Extremitätanlage bloßzulegen. Dies war, wie die Schnittserie zeigte, notwendig, um die peripherste Partie des Nabelbruches zu schonen. Beim Pferde hat nämlich der Nabelbruchsack eine ganz andere Lage und eine ganz andere Form als beim Menschen. Anstatt wie Duode- = {> num Linkes Venavi- Hinterbein tellina Nabel - £ un ~~ Caecum Jejunum ~* Art. vitellina Nabel- bruch- sack Ps eee Erste Ilium- schlinge Dotter- blasenwand Abb. 3. Schematischer Querschnitt desselben (18,5 mm langen) Pferdeembryos, um die Lage des Darmrohres im physiologischen Nabelbruch zu zeigen. — * Lage der sekundären Verwachsung zwischen der Blinddarmspitze und der Nabelbruch- sackwand. beim Menschen einen gerade ventralwärts gerichteten, einfachen Sack zu bilden (vgl. Broman 1914: 2, Abb. 4, S. 71), biegt derselbe beim Pferde bald -spitzwinkelig nach links und dorsokaudalwärts um, so dab seine peripherste Partie das linke Hinterbein lateralwärts bedeckt (vgl. 474 Abb. 2 u. 3). Man würde dies auch folgendermaßen ausdrücken können: Anstatt wie beim Menschen ganz und gar innerhalb des pro- ximalen Nabelstrangteils zu bleiben, dehnt sich beim Pferde der Nabel- bruch noch links neben der Dotterblase auch in die Eiperipherie hinaus. Um das linke Hinterbein des 16,4 mm langen Pferdeembryos mit auf die Photographie zu bekommen, hatte ich also selbst die für meine Untersuchung wichtigste Partie des physiologischen Nabelbruches weg- geschnitten! Die Untersuchung des 18,5 mm langen Pferdeembryos er- gab folgendes: Der unmittelbar ventralwärts vom Nabel (im Nabelstrang) gelegene Teil des Nabelbruchsackes enthielt von den Därmen (vgl. Abb. 3) nur Vena vitel- x : lina we u Art. vitellina y e=-_—— Jejunum el en - aug Mesoilium En Iium Abb. 4. Rekonstruktionsmodell des physiologischen Nabelbruches vom 18,5 mm langen Pferdeembryo. Von der kranialen Seite gesehen. Vergrößerung 15mal. — Die punktierte Linie bezeichnet die Lage des Nabels (der Bruchsackpforte). * Schnitt- fläche, wodurch der die Vena vitellina enthaltende Strang von der Bruchsack- wand befreit wurde (vgl. Abb. 2 u. 3.). das kurze Jejunum (schwach geschlängelt) und das Colon (ganz gerade). Der nach links und dorso-ventralwärts umgebogene (in der Eiperipherie neben der Dotterblase gelegene) Teil des Nabelbruchsackes enthielt das relativ lange und stark geschlängelte [lium und außer- dem das Caecum und die Anfangspartie des Colon. Das Ilium bildet vier große Schlingen, von welchen die drei ersten mit ihren Scheiteln kaudalwärts gerichtet sind, während die vierte nach links und dorsalwärts sieht. Von dem Mesenterium dieser vierten Iliumschlinge geht die Arteria vitellina aus. Diese Arterie bildet einen allseitig freien, kurzen (kaum millimeterlangen), aber sehr dicken Strang (vgl. Abb. 4—6), der schief nach links und dorsalwärts zieht, um in die Dotterblasen- wand einzutauchen (vgl. Abb. 2 u. 3). Der betreffende Arterienstrang geht von der kranialen (d. h. ur- II III Mesoilium Entod. Blinddarmspitze Verwachsungsfläche der Be Art. vitellina mesod. Blinddarmspitze Abb. 5. Dasselbe Modell von der linken Seite gesehen. 1'°/;. J erste, Il zweite und III dritte Iliumschlinge. * Vgl. den Text S. 477. — Die Lage der entodermalen Blinddarmspitze ist durch punktierte Linien an der Oberfläche der mesodermalen Blinddarmanlage angegeben. sprünglich rechten) Seite des Mesoilium ab. Es handelt sich also um eine Arteria vitellina dextra. Die entgegengesetzte, kaudale (ursprünglich linke) Seite des Mes- enteriums derselben Darmschlinge befindet sich in intimer Berührung mit der etwa millimeterlangen Blinddarmanlage. Diese letztgenannte liegt mit anderen Worten kaudalwärts von der vierten Iliumschlinge (vgl. Abb. 5 u. 6). Das Blinddarmende ist lateralwärts (also nach links) mit der Wand des Nabelbruchsackes breit verwachsen (vgl. Abb. 3). Die betreffende Verbindung hat den Charakter eines äußerst kurzen (0,1 mm langen) aber breiten (etwa 0,55 mm) Bindegewebsstranges, in dessen Innerem man vergeblich nach einem größeren Gefäß sucht. Dagegen finden sich hier zwei kapillare Gefäße!), welche peripherwärts bis zu den Gefäßen der Dotterblasenwand und zentralwärts in die mesodermale Blinddarmspitze hinein (aber nicht weiter) verfolgt werden können. Besonders hervorzuheben ist, daß es mir nicht möglich war, eine Ver- bindung dieser kapillaren Gefäße mit den Vasa mesenterica anteriora zu entdecken. Die Vena vitellina verhielt sich wie beim 17 mm langen Pferde- embryo oder wie bei Schweine- oder Kaninchenembryonen des- (Colon lin IV Mey see Entod. Blinddarmspitze ER fees Mesod. Blinddarmspitze Art. vitellina Es eae Verwachsungsfläche derselben Abb. 6. Die linke Hälfte desselben Modells, schief von der kaudalen und rechten Seite gesehen. 1°/; — Die Lage des entodermalen Darmrohres ist durch punktierte Linien angegeben. selben Stadiums?) (vgl. Abb. 2—4). Wie bei diesen, ist sie also aus der ursprünglichen Vena omphalo-mesenterica sinistra hervor- gegangen. Wiederholtes Suchen nach den Resten des peripheren Nabelbruch- teils beim 16,4 mm langen Embryo führten betreffs der Arteria vitellina zu keinem Ergebnis. Dagegen war das Blinddarmende mit der sekundären Verwachsung auch bei diesem Embryo deutlich zu sehen’). Die betreffende Verwachsungsfläche war hier relativ größer 2) Dasselbe war mit der Vena vitellina des 16,4 mm langen Pferde- embryos der Fall. 3) Herr Lic. phil. A. WesterLunn hat durch eine Rekonstruktion die Identität dieses Darmstückes mit dem Blinddarm außer Zweifel gestellt. als beim 18,5 mm langen Embryo und hatte noch gar nicht angefangen, strangförmig in die Länge ausgezogen zu werden. Spuren eines größeren Gefäßes waren innerhalb der Verwachsungsfläche nirgends zu sehen; nur fanden sich wie beim 18,5 mm langen Embryo zwei kleine Kapillaren. Diese waren aber beim 16,4 mm langen Embryo noch unbedeutender als beim 18,5 mm langen Embryo. Dieser Befund ist, meiner Ansicht nach, wichtig, denn er deutet darauf hin, daß das von SCHAUDER gefundene Fädchen wahrscheinlich nicht aus einem ehemaligen Vas vitellinum, sondern aus einer sekundären Verwachsung, die mit einem primären Gefäßstrang nichts zu tun gehabt hat, hervorgegangen ist. Bei der eigenartigen Form und Lage des Nabelbruchsackes beim Pferde läßt sich die betreffende sekundäre Verwachsung nach dem allgemeinen Verwachsungsgesetz (vgl. Broman 1904, 1906, 1911 oder 1914: 1) unschwer erklären. Die Blinddarmspitze wird nämlich hier medialwärts vom linken Hinterbein und lateralwärts von der Dotter- blase gedrückt (vgl. Abb. 2 u. 3), was zu einer Verwachsung mit der gefäßreichen Dotterblasenwand einladen muß. Andererseits kann es aber nicht ausgeschlossen werden, daß eine Arteria vitellina sinistra eine gewisse Rolle bei der Entstehung des ScHAUDER’schen Fädchens habe spielen können. Wenn sich eine solche Arterie ausgebildet hätte, müßte dieselbe primär von derjenigen Seite des Mesoilium ausgehen, die gegen das Caecum sieht. Bei dem in dieser Gegend des Nabelbruchsackes stattfindenden Druck müßte dann der die Arterie enthaltende Strang fast seiner ganzen Länge nach mit dem Blinddarm verwachsen und gleichzeitig damit die Arterie selbst zur Atrophie gebracht worden sein (vgl. die punktierte Linie in Abb. 2). Auf diese Weise würde der ehemalige Gefäßstrang sich in eine kurze Mesenchymverbindung zwischen der Blinddarmspitze und der Dotterblasenwand umgewandelt haben. Für diese Deutung spricht eine Falte, die von der Verwachsungsfläche ab nach dem Mesoilium hin zieht (vgl. Abb. 5 *). Gegen dieselbe spricht aber die Tatsache, daß weder beim 18,5 mm langen Embryo noch beim 16,4 langen an der betreffenden Stelle Reste eines atrophierten größeren Gefäßes zu finden sind. Man hätte sich allerdings vorstellen können, daß die durch die Verwachsungsfläche zwischen der Blind- darmspitze und der Dotterblasenwand verlaufende arterielle Kapillare nichts anderes wäre als die reduzierte Arteria vitellina sinistra. Gegen eine solche Annahme spricht indessen erstens, daß diese Ka- 478 pillare mit der Arteria mesenterica keine direkte, sichtbare Ver- bindung hat, und zweitens, daß diese Kapillare beim 16,4 mm langen Embryo unansehnlicher als beim 18,5 mm langen Embryo ist. Die betreffenden Kapillaren machen also eher den Eindruck, neugebildete Gefäßchen zu sein. Uber die Entstehung des von SCHAUDER unter dem Namen „drittes Vas vitellinum“ bei Pferdefeten beschriebenen Fiidchens läßt sich also auf Grund des zu meiner Verfügung stehenden Materials nur folgen- des aussagen: Wenn das betreffende Fadchen in seinem Anfangsstadium tat- sächlich ein Vas vitellinum 3 darstellte, dann müßte es eine Arteria vitellina sinistra gewesen sein, deren Insertion durch sekundäre Verwachsung von dem Mesoilium ab auf das Caecum übergesiedelt wäre (vgl. die punktierte Linie in Abb. 2). Ebenso möglich, ja sogar noch glaubhafter ist es aber, daß das ScHAUDER’sche Blinddarmfädchen nie ein Vas vitellinum enthalten hat, sondern daß es sich aus einer anfangs gefäßlosen, sekundären Ver- wachsungsfläche zwischen der Blinddarmspitze und der Nabelbruch- sackwand ausgebildet hat. Die definitive Antwort auf diese Frage läßt sich selbstverständlich erst dann geben, wenn man an jüngeren Stadien die Genese des Fädchens hat direkt beobachten können. Für die Lage und Form des Blinddarmes ist das betreffende Fädchen offenbar nicht ohne Bedeutung. Denn nach der Reposition des physiologischen Nabelbruches fixiert es die Blinddarmspitze und zwingt das ganze Caecum, gerade ausgestreckt zu bleiben und eine sagittale Lage einzunehmen. Nach dem Zugrundegehen des Fädchens findet 'man dagegen eine Zeitlang, wie es scheint!), konstant die Blinddarmspitze dorsalwärts umgeklappt und den Blinddarm spitzwinkelig gebogen. Die persistierende Arteria vitellina dextra verhält sich beim Pferde im großen gesehen wie bei anderen Säugetieren (vgl. Abb. 1—3). Dagegen verhält sich (wie von mir [1914] schon früher hervor- gehoben worden ist) der die Vena vitellina enthaltende Strang insofern eigenartig, als seine proximale Insertion von dem Mesoduo- 1) Ich habe in dieser Beziehung nur drei Pferdefeten (von etwa 18—20 cm Länge) untersucht. 479 denum ab auf die Blinddarmbasis übersiedelt. Wie oben (S. 470) er- wähnt, inseriert der betreffende Strang beim 37 mm langen Pferde- embryo am Mesoduodenum (vgl. Abb. 1); einige Zeit später aber an der Blinddarmbasis (vgl. Broman 1914: 1, Abb. 7, S. 129). Daß diese letztgenannte Insertion eine normale Erscheinung ist, bezeugt genau derselbe Befund bei zwei 18 bzw. 18,5 cm langen Pferdefeten!), die ich neulich untersucht habe. Wenn, wie beim Menschen, eine sekundäre Verwachsung des betreffenden Darmteils mit der dorsalen Bauchhöhlenwand stattge- funden hätte, wäre dieser Befund nicht überraschend gewesen. Beim Pferde findet aber, soviel wir bis jetzt wissen, keine solche Verwachsung mit der Bauchhöhlenwand statt. Die Verwachsung des Venenstranges mit der Blinddarmbasis muß wohl also beim Pferde eine andere Ur- sache haben. Bei einer in unserem Institut an demselben Material angestellten (noch nicht publizierten) Untersuchung über die Blinddarmentwicke- lung ist nun Herr Lic. phil. A. WESTERLUND, was ich hier vorläufig mitteilen darf, unter anderem zu dem Ergebnis gekommen, daß sich der Blinddarm gerade während dieser Entwickelungsperiode vollständig umdreht, so daß seine bisher rechte Seite nachher die linke wird. Diese Umdrehung muß es, meiner Ansicht nach, sein, die einer- seits die definitive Lagebeziehung zwischen dem Venenstrang und der Blinddarmbasis und andererseits die Verwachsungsbedingungen (Un- beweglichkeit und Druck) an dieser Stelle hervorruft. Lund, Ende Juni 1918. Literatur. Broman, Ivar (1904), Die Entwickelungsgeschichte der Bursa omentalis und ähnlicher RezeBbildungen bei den Wirbeltieren. Wiesbaden. S. 198. Broman, Ivar (1906), Uber die Entwickelung und Bedeutung der Mesenterien und der Körperhöhlen bei den Wirbeltieren. Ergebnisse d. Anat. u. Entwicklungsgesch. Bd. 15. Broman, Ivar (1911), Normale und abnorme Entwicklung des Menschen, Ein Hand- und Lehrbuch d. Ontogenie und Teratologie. Wiesbaden. S. 379. Broman, Ivar (1914: 1), Uber das Schicksal der Vasa vitellina bei den Säuge- tieren. Ergebn. d. Anat. u. Entwicklungsgesch. Bd. 21. Broman, Ivar (1914: 2), Anatomie des Bauchfelles (Peritonaeum). Allgemeine Übersicht. Phylo- und Ontogenese. K. v. BArpELEBEns Handbuch d. Anat. Bd. 6: 3; II. 1) Diese Feten verdanke ich Herrn Veterinär H. Macnusson, Malmö. Evans, H. M. (1911), Die Entwickelung des BlutgefaBsystems. Handbuch d. Entw. des Menschen, herausgegeben von KEIBEL u. Marz. Bd. 2, S. 551—688. Gurit, E. F. (1829), Anatomische Abbildungen der Haussäugetiere. Berlin. Tafel 79, Abb. 1 und Tafel 81, Abb. 5. SCHAUDER, W. (1917), Über den intraabdominalen Abschnitt der Vasa omphalo- mesenterica des Pferdes. Anat. Anz. Bd. 50, S. 289—302. (Eingegangen am 6. Juli 1918.) Nachdruck verboten. Überreste des Sphincter colli profundus beim Menschen. Von Dr. Ernst Huser, f Assistent am anatomischen Institut der Universitit Ziirich. Mit 4 Abbildungen. Aus den Untersuchungen von G. RugE über die Gesichtsmusku- iatur der Primaten (1887) geht hervor, daß bei den Hapaliden, den niedersten Vertretern der Primatenreihe, der Sphincter colli profundus noch in stattlicher Ausdehnung vorhanden ist. Er reicht als einheitliche, unter dem Platysma gelegene, transversale Muskel- schicht in primitiver Weise von der Ohrgegend bis zur Mundspalte, zeigt also noch das ursprüngliche Verhalten wie in den primitiven Befunden bei den Prosimiern (G. Ruck 1885). Bei den übrigen Primaten hat der Sphincter colli profundus starke Rückbildung er- fahren. Bei allen finden sich aber die Pars oris und die aus ihr hervorgegangenen distinkten Muskeln der Mund- und Wangengegend in stattlicher Ausbildung vor. Ebenso spielen natürlich eine wichtige Rolle diejenigen Gesichtsmuskeln, welche von der Pars intermedia aus ihre Entwickelung genommen haben, also die orbito-fronto-auriculäre Muskulatur, der Orbicularis oculi, Naso-labialis, Auriculo-labialis resp. Zygomaticus usw. Durch die ganze Primatenreihe hindurch finden sich aber auch noch deutliche Spuren der ursprünglich zusammen- hängenden Schicht des Sphincter colli profundus, speziell von dessen Pars auris und Pars intermedia (H. BruntscaLı 1908). Bei Plathyr- rhinen und niederen Katarrhinen bildet die Pars auris ein zartes Muskelband, das sich an der Ohrmuschel festheftet. Bei den höheren Katarrhinen und beim Menschen stellt die Fascia parotideo-masseterica den sehnigen Rest der Pars auris und Pars intermedia dar. In seltenen a Fällen treten aber selbst beim Menschen noch diese Abschnitte als Muskeln in Erscheinung. Ein solcher primitiver Befund lag 1918 im Präpariersaal Zürich an einer männlichen Leiche Nr. 18/14 vor. Dieser Befund ist in den Abb. 1—8 festgehalten. Abb. 1. Schon bei oberflächlicher Betrachtung der Abbildung fällt uns vor allem die ungleiche Ausbildung des Platysma auf den beiden Halsseiten auf. Das rechtsseitige Platysma entspringt in der Schultergegend und zieht von dort als kräftige, breite Muskel- platte gegen den Unterkiefer, wo es mit oberflächlichen Bündeln direkt in den Quadratus labii inferioris übergeht. Wenig oberhalb der Clavicula tritt unter dem medialen Rand des Platysma ein Muskelband hervor, das sich im weiteren Verlauf in zwei Muskelabschnitte teilt, von denen der laterale nahezu parallel zum medialen Platysmarand verläuft, während der mediale Abschnitt über einen stark vorspringenden Teil des ziemlich großen Kroptes hinweg gegen den medialen Rand des anderseitigen Platysma hinüber- zieht. Er lagert noch auf kurzer Strecke dem linksseitigen Platysma auf. Zweifellos gehört die beschriebene Muskelportion zum rechts- seitigen Platysma. Das linksseitige Platysma (Abb. I u. 2) zeigt gegenüber dem rechtsseitigen bedeutende Reduktion. Es erreicht nicht mehr die normale Ausdehnung bis zur Schultergegend, sondern ist in seinem Anfangsteil zu einer breiten Sehnenplatte rückgebildet. In der Gegend des hinteren Randes des M. sterno-cleido-mastoideus geht der sehnige Ursprungsteil in die breite, muskulöse Platte über, die wie auf der rechten Seite gegen den Unterkiefer zieht und sich dort mit der Haupt- masse der Bündel direkt in den Quadratus labii inferioris fortsetzt. Am oberen Rande des Platysma lösen sich Bündel los, die mehr selbständig mundwärts verlaufen. Bemerkenswert sind ferner zwei Muskelbündel, die vom lateralen Rande des Triangularis aus nahezu parallel zum unteren Rand des Unterkiefers nach hinten ziehen (Abb. 2). Sie lagern in ihrem Verlauf dem Platysma auf und kreuzen dessen Fasern. Das untere der beiden Bündel zeigt an seinem Ursprung unmittelbare Anlagerung an die Bündel des Platysma. Beide Muskelbändchen bilden zusammen einen „M. mandibulo-marginalis“. Unter diesem Namen sind in der Literatur wohl morphologisch ganz ungleichwertige Gebilde beschrieben worden. In vielen Fällen erscheint der ,,Mandibulo-mar- ginalis“ als eine oberflächliehe Abspaltung von Bündeln des Platysma Anat. Anz. Bd. öl Aufsätze. 31 482 (vgl. G. RugE 1887, Abb. 51). Ein solcher Befund liegt auch hier vor. In anderen Fällen freilich scheint der „Mandibulo-marginalis“ von Resten des Sph. colli profundus aus seine Entstehung genommen zu haben, indem die Bündel sekundär gegen den Mundwinkel aber- rierten. Solche Befunde beschrieb H. BrLuntschui (1908). In weiteren Fällen zeigt der Muskel keinerlei Beziehung zu anderen Muskel- schichten, so daß sich über seine Zugehörigkeit nichts aussagen läßt. NL | Wn! //// | N \Y/ Überrest des Platysma | Sphincter colli ¢ Ba profundus 4 4 [4 / 4 N > Platysma 7 N N ; \ Sehnig reduzierte N\---° Ursprungsplatte YAR des Platysma SALAS SSS III. ISTON Supraclaviculäres Muskelbündel Abb. 1. Männliche Leiche Nr. 18/14 aus dem Präpariersaal Zürich. Die subcutane Muskulatur des Halses in der Ansicht von vorn. Das rechtsseitige Platysma bildet eine kräftige, breite Muskelplatte, die sich von der Schultergegend bis zum Unterkiefer ausdehnt. Das linksseitige Platysma ist in seinem Ursprungsabschnitt stark verkürzt und sehnig reduziert. Von der sehnigen Ursprungsplatte aus zieht ein abgespaltenes supraclaviculares Muskelbündel in leichtem Bogen medianwärts. Auf der linken Seite verläuft ein ansehnliches Muskelband. von der Schlüsselbein- gegend aus nahezu senkrecht gegen das Ohr hinauf. Es liegt als tiefe Schicht unter dem Platysma und kreuzt dessen Fasern. Der abnorme Muskel stellt einen Rost des Sphincter colli profundus dar. Auf der linken Seite des vorliegenden Befundes finden sich zwei weitere Muskelportionen, die wir als Abspaltungen des Platysma be- trachten müssen: Unter dem oberen Rande des Platysma (Abb. 2) tritt ein schwaches Muskelbündel hervor, das gegen die Wangen- region emporzieht und sich dort schließlich im Fett verliert. Abb. 3 _ Uberrest des Sphincter colli profun- dus „Mandibulo- marginalis“ Biindel des rechtsseitigen Platysma (vgl. Abb. 1) Platysma . Supraclaviculares Muskelbündel Abb. 2. Leiche Nr. 18/14. Linksseitiger Befund. Man erkennt das im Ur- sprungsabschnitt stark verkürzte und sehnig reduzierte Platysma, ebenso das vom Platysma abgespaltene supraclaviculare Muskelbündel. Von der Schlüsselbeingegend bis hinauf zum Öhre verläuft nahezu parallel zum vorderen Rande des M. sterno- cleido-mastoideus ein abnormer Muskel, ein Rest des Sphincter colli profun- dus. Charakteristisch für ihn ist die tiefe Lage unter dem Platysma und sein quer zu dieser Muskelschicht gerichteter Verlauf. zeigt, wie dieses Bündel sich aus der zusammenhängenden Platte des Platysma loslöst, um von dort aus seinen eigenen Verlauf einzu- schlagen. 31* 484 Im Bereiche der sehnigen Ursprungsplatte des Platysma nimmt ein zarter supraclavicularer Muskel seine Entstehung. In leichtem, nach oben konvexen Bogen zieht er medianwärts und endigt unmittel- bar über der Clavicula. Dieses rudimentäre Gebilde muß sich von dem einstmals bis zur Schultergegend ausgedehnten Platysma abge- spalten haben. Mit der sehnigen Rückbildung der Platysmaplatte ist // I - ER ie, Überrest des Sphincter ~~~ colli profundus Supraclaviculares Muskelbiindel. Abb. 3. Leiche Nr. 18/14. Linksseitiger Befund. Im Platysma ist ein Aus- schnitt vorgenommen worden, um den Rest des Sphincter colli profundus in seinem ganzen Verlauf darzustellen. auch das abgespaltene Muskelbündel im hinteren Abschnitt sehnig reduziert worden. Es hat aber hinten die ursprüngliche Lagebeziehung zum Platysma noch beibehalten. Was uns nun am vorliegenden linksseitigen Befund (vgl. Abb. 1—3) ganz besonders interessiert, ist ein abnormer Muskel, der Überein- stimmung zeigt mit der Pars auris des Sphincter colli profundus, wie 485 sie bei vielen primaten Affen auftritt. Der abnorme Muskel nimmt auf der Höhe der Clavicula als flaches Band seinen Ursprung, ver- läuft von dort nahezu parallel zum vorderen Rande des Sterno-cleido- mastoideus aufwärts, zieht unter dem Platysma hindurch zur Ohrgegend, wo seine Endsehne sich flächenhaft verbreitet. Charakteristisch für den Muskel ist also seine tiefe Lage unter dem Platysma, sein Verlauf quer zu demselben und seine Ausdehnung von der unteren Halsgegend bis hinauf zum Ohre. Zweifellos handelt es sich um einen Über- rest des Sphincter colli profundus. Der Sph. colli profundus muß also, wie eingangs angedeutet, innerhalb der Vorfahrenreihe des Menschen einstmals dieselbe primi- tive Ausdehnung von der Mundspalte bis zur Öhrgegend besessen haben, die er jetzt noch in primitiven Befunden bei Halbaffen und den niedersten primaten Affen aufweist. In der Literatur sind nur vereinzelte Fälle von Überresten des Sphincter colli profundus beim Menschen beschrieben worden. Im folgenden möchte ich dieselben zusammenstellen und einer kurzen Besprechung unterziehen: A. Frortep (1877) erwähnt einen einschlägigen Fall, der an einer männlichen Leiche zur Beobachtung kam. Der Beschreibung ist eine Abbildung beigegeben, wodurch uns die Beurteilung des Befundes er- leichtert wird. Auf der linken Seite des Befundes wies der „M. sub- cutaneus colli“ eine oberflächliche und eine tiefe Schicht auf. Die oberfächliche Schicht entspricht einem Teil des Platysma. Sie zeigt aber nicht die Ausdehnung bis in die Schultergegend wie im rechtsseitigen, normalen Befund, sondern ist ini Ursprungsabschnitt bedeutend verkürzt und in einzelne Bündel aufgelockert. Ein Teil der Bündel zeigt sekundäre Aberration gegen das Ohr und die Nacken- gegend. Außerdem kommt es in der Halsregion zu einer Überkreuzung der tieferen Schicht des ,Subcutaneus colli‘. Diese tiefere Schicht besteht aus zwei Fasersystemen, die nach meiner Ansicht morphologisch nicht gleichwertig sind. Das oberfläch- liche System verläuft im Anfangsteil nahezu quer zum oben aufge- führten Platysmaabschnitt. Mit seinen lateralen Bündeln strahlt es senkrecht gegen das Gesicht empor und endigt in der Haut der Wangenregion, während seine medialen Bündel sich dem erwähnten Platysmaabschnitt direkt anschließen und wie jener unmittelbar in den Quadratus labii inferioris sich fortsetzen. Danach gehört dieses Fasersystem ebenfalls dem Platysma an. 456 Anders verhält es sich mit dem tiefen Fasersystem der tiefen Schicht. Es entspringt über dem dritten Rippenknorpel der linken Seite, über dem Sternum und dem zweiten Costo-sternalgelenk der rechten Seite. Mit einem medialen Schenkel verläuft es in der Richtung des Sterno-cleido-mastoideus empor und endigt in der oberflächlichen Halsfascie, während eine laterale Portion in die Haut der Fossa supra- clavicularis ausstrablt. Es ist wohl nicht daran zu zweifeln, daß dieses tiefe Fasersystem der tiefen Schicht einen Überrest des Sphincter colli profundus darstellt. In einem zweiten von A. FRorRIEP beobachteten Fall wies der „Subeutaneus colli* der linken Seite ebenfalls Zweischichtung auf, ähnlich wie im eben beschriebenen Befunde. Eine bildliche Darstellung fehlt. Aus den betreffenden Angaben läßt sich nicht erkennen, ob die tiefe Schicht wirklich einen Uberrest des Sph. colli profundus darstellte. Was Frorieps Auslassungen über die Ableitung des Triangularis aus dem Platysma der entgegengesetzten Seite, über die Ableitung des Risorius aus einer oberflächlichen, dem Sph. colli superficialis der Carnivoren entsprechenden Muskelschicht anbetrifft, so wurde längst durch G, Rug (1887) die Unbaltbarkeit dieser Ansichten nachgewiesen. G. Ruse (1887) beschrieb einen weiteren Fall, wo der ,,Sub- cutaneus colli* deutliche Zweischichtung aufwies. Der Befund ist in Abb. 42, op. cit. dargestellt. Russe hob die sehr große Ähnlichkeit der tiefen Lage mit dem Sphincter colli, wie er noch bei den Hapa- liden auftritt, hervor. In der Tat handelt es sich um Überreste des Sph. colli profundus, und zwar der Pars intermedia. Le Dovusie (1897) erwähnt, daß einer seiner Schüler an einer Leiche ein blasses Muskelbiindel angetroffen habe, ‘das auf der Fascia parotidea entsprang, von dort aus aufwärts zum Ohre zog, um sehnig an der Basis der Ohrmuschel zu inserieren. Nach der genauen Be- schreibung handelt es sich zweifellos um einen Überrest der Pars auris des Sph. colli profundus. A. Austoxı (1908) beschrieb unter dem Namen M. parotideo- auricularis einen abnormen Muskel, der von der Fascia parotidea aus gegen das Ohr hinaufzog und sich an der Ohrmuschel anheftete. In 100 untersuchten Fällen fand er ihn achtmal. In einem Fall, den AusrtoxI in seiner Abb. 2 wiedergibt, stellt der Muskel sicher einen Überrest der Pars auris des Sph. colli profundus dar. Ob alle übrigen 7 Fälle ebenso zu beurteilen sind, ist fraglich. 2 Von verschiedenen Autoren wurde ein Ohrmuskel beschrieben, der zum M. stylo-glossus Beziehung zeigte. Er wird in der Literatur meist als Stylo-auricularis aufgeführt. In vielen Fällen ist die genetische Beziehung des Muskels zum M. stylo-glossus sichergestellt. Ich halte es aber für wahrscheinlich, daß in einzelnen anderen Fällen der be- treffende Muskel der Pars auris des Sph. colli profundus entspreche. Eine sichere Entscheidung ist jedoch unmöglich, da bildliche Dar- stellungen der Befunde fehlen. H. BruntscuLi (1909) beschrieb zwei Befunde, wo deutliche Reste des Sph. colli profundus beim Menschen vorhanden waren. Im ferneren stellte er die in der Literatur beschriebenen Fälle zusammen. In Abb. 2 und 3, op. cit. gibt H. BruntschLi den abnormen Be- fund einer männlichen Leiche wieder. Auf der linken Halsseite weist das Platysma, ähnlich wie in dem von mir beobachteten Falle, im Ursprungsabschnitt Rückbildung auf. Nur mit einem schwachen Muskelbündel entspringt es noch in der Claviculargegend; der ganze übrige Teil der Muskelplatte nimmt seinen Ursprung in der Gegend des hinteren Randes des Sterno-cleido-mastoideus. Außer dem Platysma findet sich noch eine zweite Muskelschicht, die von der unteren Hals- gegend aus nahezu parallel zum Sterno-cleido-mastoideus aufwärts zieht und unter dem Platysma hindurch bis hinauf zum Ohre gelangt, wo sie sich mittels einer platten Sehne anheftet. Der zum Platysma nahezu quer gerichtete Verlauf desabnormen Muskels, seine Ausdehnung bis zum Ohre und seine Lage unter dem Platysma kennzeichnen ihn als einen Überrest des Sph. colli profundus, und zwar als dessen Pars auris. Der Befund ist aber nicht so einfach wie der von mir beobachtete. Vom rechtsseitigen Platysma löst sich nämlich eine breite Portion los, weicht medianwärts ab und gibt ein kräftiges Muskel- bündel ab, das die Medianlinie überschreitet und auf der linken Hals- seite sich dem erwähnten Reste des Sph. colli direkt anlagert, um mit ihm bis zur Insertionsstelle am unteren Rande der Ohrmuschel zu verlaufen. Die Beziehung des rechtsseitigen Platysma zum links- seitigen Sph. colli profundus muß auf eine sekundäre Anlagerung zurückgeführt werden. Anders wäre diese direkte Verbindung des Platysma mit dem Sphincter colli unverständlich. Die Beurteilung des von H. BrLuntschLi beschriebenen Befundes wird nun dadurch noch erschwert, daß in unmittelbarer Anlehnung an die Insertionssehne des Sph. colli und noch weiter vorn, auf der Fascia parotidea, Muskelbündel ihre Entstehung nehmen, die von dort ER aus gegen die Kinngegend verlaufen. Vermutlich stellen diese Muskel- partien weitere Reste des Sph. colli profundus, und zwar der Pars intermedia dar, welche sekundär gegen die Kinngegend abgewichen sind und so ein progressives Muskelgebilde, einen ,,M. mandibulo- marginalis“ bilden. Einen ähnlichen Befund stellt H. BLuntschLi in seinen Abb. 4 und 5 dar. Parallel zum vorderen Rand des Sterno-cleido-mastoideus zieht ein kurzes Muskelband (Pars auris des Sph. colli profundus) in senkrechtem Verlauf aufwärts und heftet sich, wie im vorigen Be- fund, an der Ohrmuschel fest. Von hier aus verlaufen Muskelbündel, die BLunTScHLI als „Ohrplatysma“ bezeichnet hat, in leichtem Bogen gegen das Kinn. Ihnen gesellen sich Bündel zu, welche auf der Fascia parotidea von deutlichen Überresten der Pars intermedia des Sph. eolli profundus ihre Entstehung nehmen. Auch in diesem Fall bauen also Muskelbündel, die von Resten des Sph. colli aus sekundär kinn- wärts abgewichen sind, einen „Mandibulo-marginalis‘‘ auf. Bemerkens- wert ist ferner, daß bei diesem Befund das linksseitige Platysma voll- ständig fehlt. Ein schwacher Quadratus labii inferioris ist hingegen vorhanden. F. Korsch (1909) erwähnt im Lehrbuch der Anatomie von RAUBER-KoPscH auf Seite 92, daß er einmal an einer weiblichen Leiche auf beiden Seiten einen M. auricularis inferior vorgefunden habe, wie er von LE DouBLE beschrieben worden sei. Es handelte sich also um das Wiederauftreten der Pars auris des Sph. colli profundus. Nicht unter die hier aufgeführten Fälle ist nun der von O. SEYDEL (1894) beschriebene Befund zu rechnen. In jenem Befund, den meine Abb. 4 wiedergibt, findet sich keine Muskelschicht, die in bezug auf Verlauf, Ausdehnung und Lagebeziehung zum Platysma Überein- stimmung mit den oben vorgeführten Resten des Sph. colli profundus zeigt. Vielmehr müssen sämtliche Muskelportionen, die SeypEn als oberflächliche (a, und a,), mittlere (b) und tiefe Lage (c) bezeichnet hat, als Abschnitte des Platysma betrachtet werden. Ganz wie in dem von mir beobachteten und beschriebenen Befund zeigt auch hier das Platysma nicht mehr die normale Ausdehnung bis zur Schulter- gegend, sondern entspringt in der Gegend des hinteren Randes des Sterno-cleido-mastoideus. Die ventrale Muskelplatte (b) zeigt den normalen Verlauf des Platysma gegen den Unterkiefer zu, wo sich die Hauptmasse der Bündel festheftet. Am oberen Rand der Muskelplatte lösen sich eine 489 Anzahl Biindel los und verlaufen nahezu horizontal nach hinten. Dabei iiberlagern sie die Portion c. Die dorsale Portion (c), die von Srypeu als Sphincter colli profundus betrachtet wurde, entspringt ebenfalls in der Gegend des hinteren Randes des Sterno-cleido-mastoideus. Von dort aus zieht sie nach oben und vorn. Die dorsalen Fasern steigen vor dem Ohre steil gegen die Wangenregion hinauf; nach unten schließen Fasern an, die mehr und mehr gegen vorn abbiegen, so daß schließlich die untersten direkt gegen den Mundwinkel: verlaufen. Im Ursprungs- di Portion c fm | | Platysma -----}---------~ Portion b J Portion aı u. az Pt „Mandibulo- marginalis‘‘ Supraclavieularer Muskel Abb. 4. Die subeutane Muskulatur einer menschlichen Leiche. Befund von O. Seyoer (1894). Das Platysma ist wie in meinem Befund (Abb. 1-3) im Ur- sprungsabschnitt stark reduziert. Es bildet aber keine einheitliche Platte, sondern weist sekundäre Schichtung in die Portionen 5 und c auf. Vom hinteren Rande des Triangularis ziehen zwei Muskelbiindel (a, und a,) kaudalwirts. Sie stellen einen „Mandibulo-marginalis‘“ dar und stehen am Ursprung noch in unmittelbarem Anschluß an die Portion 6 des Platysma. In der Schlüsselbeingegend liegt eine dünne supraclaviculare Muskelplatte. Sie ist wohl als eine Abspaltung des ursprüng- lich bis zur Schultergegend ausgedehnten Platysma zu betrachten. Von einen Sphincter colli ist rein nichts vorhanden. gebiet werden die ventralen Bündel der Portion ce von der Portion / überlagert. In ihrem weiteren Verlauf sind sie, wie bereits erwähnt, von den losgelösten, nach hinten ziehenden Bündeln der Portion 4 bedeckt. So erscheint die Portion ¢ in der Tat als tiefe Muskellage. 490. An der Insertion gewinnen die Bündel der Portion c, wie O. Srypen hervorhebt, unmittelbaren Anschluß an die obersten Bündel der Portion b. Dieses Verhalten weist noch mit aller Deutlichkeit auf die Zusammen- gehörigkeit der beiden Abschnitte hin. Die Portion ce ist also nur ein Abschnitt des Platysma. Die oberflächlichste Schicht (a, und a) stimmt mit dem „M. mandibulo-marginalis“ meines Befundes überein (vgl. Abb. 2). Sie steht, wie der Autor wiederum ausdrücklich hervorhebt, an ihrem Ursprung in innigster Verbindung mit den Bündeln des Platysma (Portion b). Was den Befund von SeypEL weiterhin interessant macht, ist eine dünne Muskelplatte, welche sich in der Höhe der Clavicula befindet und horizontal gegen die Schultergegend verläuft. Ich halte diese Muskelportion für gleichwertig dem supraclavieularen Muskelgebilde meines Befundes (Abb. 2). Währenddem dort der kleine supraclavi- culare Muskel noch mit dem sehnig reduzierten Platysma in direkter Verbindung steht, ist im Befunde von SEYDEL durch die am Ursprungs- abschnitt des Platysma eingetretene, sehr weitgehende Rückbildung der supraclaviculare Muskel vom Ursprungsgebiet vollständig losgelöst worden. Einmal abgetrennt, hat das nun ganz selbständige Muskel- gebilde noch kräftigere Ausbildung erfahren). O. SEYDEL hat seinem an sich ja sehr interessanten Befunde eine hohe vergleichend-anatomische Bedeutung beigemessen. Er erklärte die drei Muskelabschnitte a, b und c für gleichwertig den drei Muskel- schichten, wie sie bei den Carnivoren auftreten: 1. Die Muskelportion @, und a, und der supraclaviculare Muskel sollen nach SryperL Reste des Sph. colli superficialis dar- stellen. Diese oberflächlichste Schicht hätte sich nach SeyDELs Auf- fassung einstmals über die ganze Halsregion ausgedehnt. Durch Rück- bildung der mittleren Muskelpartien sei der anfangs einheitliche Muskel in zwei Portionen zerlegt worden, die sich am Kopfe und am Rumpf- 1) Vielleicht ließe sich der supraclaviculare Muskel von O. SEYDEL auf abgesprengte Teile des Hautrumpfmuskels beziehen. Bis jetzt ist allerdings kein einziger Fall bekannt geworden, wo ein supraclaviculares, subcutanes Muskelgebilde Beziehung zu Überresten des Hautrumpfmuskels (M. sternalis, Achselbogen usw.) aufwies. Natürlich hätte durch Feststellung der Inner- vationsverhältnisse der Fall entschieden werden können. Für mich erscheint es aber in hohem Maße wahrscheinlich, daß der supra- claviculare Muskel von SeYvEL dem Facialisgebiet zugehört. 491 ende des Halses vorfinden. Normalerweise hätten auch diese Reste sich zurückgebildet, und zwar in der Schlüsselbeingegend schneller als in der Kinnregion. Deshalb seien beim Menschen die Kinnfasern noch häufiger anzutreffen als die Muskelbündel in der Höhe der Clavicula. Diese Auffassung ist unhaltbar. Wie die Untersuchungen von G. RUGE (1887) und H. Bruntscaui (1908) lehren, sind die Kinnfasern („Man- dibulo-marginalis‘‘) progressive Bildungen, welche innerhalb der Pri- matenreihe nur beim Menschen auftreten. Das gleiche gilt für die abgesprengten, supraclavicularen Muskelbündel. Mit Resten eines Sph. colli superficialis können sie niemals verglichen werden. Da übrigens diese für eine Reihe von Säugerordnungen charakteristische oberfläch- liche, transversale Muskelschicht (Sph. colli superficialis) den Prosimiern und primaten Affen vollkommen fehlt, so ist auch nicht zu erwarten, daß sie beim Menschen als Varietät auftrete. 2. Die Muskelportion 6 stellt nach der Auffassung von SEYDEL allein das Platysma dar, und zwar sei die geringe Längsausdehnung der Muskelplatte nicht als Rückbildung zu beurteilen; sondern es er- scheine das Platysma nicht ausgebildet, also in primitiver Ausdehnung. Auch diese Auffassung ist zurückzuweisen. Primitive Befunde bei verschiedenen Säugerabteilungen (Marsupialier, Insectivoren, Carni- voren, Prosimier und niedere Primaten) zeigen mit Sicherheit, daß das Platysma von der Nackengegend aus seinen Ursprung genommen hat. Bei den höheren Primaten wurde die ursprüngliche Lagebeziehung aufgegeben, und es haben die Bündel des Platysma, vor allem bei den Anthropoiden und beim Menschen, sekundäre Ausdehnung bis zur Brust- und Schultergegend gewonnen. Als primitive Ausdehnung des Platysma beim Menschen sind also die zuweilen als Varietäten auf- tretenden Nackenbündel und der Transversus nuchae zu betrachten. Die geringe Längsausdehnung des Platysma hingegen, wie sie im Befunde von SEYDEL auftritt, beruht wirklich auf Rückbildung. Das zeigt auch die Vergleichung mit den Befunden von Frortep, BLUNTSCHLI und dem meinigen (Abb. 1). Vielleicht hätten sich auch im Befunde von SeypeL noch sehnige Reste auffinden lassen können — event. erst bei mikroskopischer Untersuchung —, welche die ursprüngliche Aus- dehnung der Muskelplatte bis in die Schultergegend angedeutet hätten. 3. Die Muskelportion c entspricht nach der Auffassung von SEYDEL dem Sphincter colli profundus. Ich habe bereits hervorgehoben, daß sie weder in bezug auf Verlauf noch Ausdehnung oder Lage- 492 beziehung zum Platysma Übereinstimmung mit Resten des Sph. colli profundus besitzt. Sie stellt lediglich einen Abschnitt des Platysma dar. Es zeigt sich also, daß dem Befund von O. SeypeL nicht die morphologische Bedeutung zukommt, die ihm von jenem Autor bei- gemessen wurde. Ebenfalls erscheint also nicht gerechtfertigt, daß R. Wiepersuem (1908) den Befund in sein Buch „Der Bau des Menschen als Zeugnis für seine Vergangenheit“ aufgenommen hat als Beispiel dafür, daß der bei den Halbaffen und niederen Affen vorhandene Sphincter colli selbst beim Menschen als attavistische Varietät wieder in Erscheinung treten könne. — Es wäre wünschenswert, daß auf die beim Menschen so selten auftretenden Überreste des Sph. colli profundus geachtet würde. Mein eingangs beschriebener Befund soll hierzu einen kleinen Beitrag liefern. Die daranschließenden Ausführungen mögen die Sichtung des Materials erleichtern. Literatur. AusrtonI, A., Muscoli auricolari estrinseci dell’uomo. Archivio di Anatomia e di Embriologia Vol. 7, Firenze 1908. Bruntscaui, H., Beiträge zur Kenntnis der Variation beim Menschen. (II. Variationsbilder aus dem Gebiet der subcutanen Muskulatur des Kopfes und Halses.) Morphol. Jahrb. Bd. 40, 1909. FroRIEP, A., Uber den Hautmuskel des Halses und seine Beziehung zu den unteren Gesichtsmuskeln. Arch. f. Anat. u. Entwicklungsgesch., 1877. Le Dousre, A. F., Traité des Variations du systeme musculaire de ’Homme Ti, (Paris 189. RAuBER-KorscH, Lehrbuch der Anatomie des Menschen Bd. 3: Muskeln und Gefäße. 8. Aufl., 1909. Ruse, G., Uber die Gesichtsmuskulatur der Halbaffen. Morphol. Jahrb. Bd. 11, 1885. Russ, G., Untersuchungen über die Gesichtsmuskulatur der Primaten. Leipzig 1887. SEYDEL, O., Uber eine Variation des Platysma myoides des Menschen. Morphol. Jahrb. Bd. 21, 1894. WIEDERSHEIN, R., Der Bau des Menschen als Zeugnis für seine Vergangenheit. Tübingen 1908. Eingegangen am 18. Juli 1918. 495 Nachdruck verboten. Über Chromatophorenvereinigungen bei Amphibien, insbesondere bei Froschlarven. Von Prof. W. J. Scumipt, Bonn, Zoologisches Institut. Mit 5 Abbildungen. E. BaLLowıtz hat in einer Reihe von Untersuchungen (Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. 104 [1913], S. 471: Trachinus vipera; ebendort Bd. 106 [1913], S. 527: Gobius minutus und Gobius pietus; ebendort Bd. 110 [1914), S. 1: Perca fluviatilis, Acerina cernua; Arch. f. Zellforsch. Bd. 14 [1915], S. 193: Hemichromis bimaculatus; ebendort Bd. 14 [1916], S. 417: Mullus barbatus und M. surmuletus, Crenilabrus sp.) den Nachweis erbracht, daß bei einer Anzahl von Knochenfischen die verschiedenartigen Farbzellen in der Haut miteinander gesetzmäßige Kombinationen eingehen können. So umlagern bei Trachinus eine Anzahl von Zellen mit Guanin- einschlüssen (Iridocyten) kapselartig allseits eine Melanophore, die ihre Fortsätze durch die Lücken zwischen jenen entsendet, und ähn- liche Chromatophorenvereinigungen kehren auch bei Perca und Acerina wieder. BaLLowInz hat die so zustande gekommenen „chromatischen Organe“ „Melaniridosomen“ benannt. Tritt an Stelle der Melanophore in der eben genannten Kombination eine Rotzelle (mit körnigem Lipo- chrom, Erythrophore), so entstehen Erythriridosomen wie bei Hemi- chromis. Finden gar Melanophoren und Rotzellen in einer Schale von Iridocyten Raum, so umfaßt das chromatische Organ dreierlei ver- schiedene Farbzellen (Erythromelaniridosomen bei Hemichromis). An allen bis jetzt erwähnten Farbzellenvereinigungen waren die Iridocyten kapselbildend beteiligt. Bei den Gobiiden dagegen besteht die eigen- artigste unter den verschiedenen hier vorkommenden Chromatophoren- kombinationen aus einer Melanophore, deren zentraler Teil (der eigentliche „Zelleib‘‘ gegenüber den Ausläufern) gewissermaßen aus- gehöhlt ist und mehrere (bis über 20) Rotzellen umschließt. Die (im Expansionszustand) reich verzweigten Fortsätze der Melanophore und der Erythrophoren verlaufen getrennt, aber dicht beieinander: nur 494 vas ee gelegentlich umhüllen die Äste mit schwarzen Pigment, indem sie Röhren bilden, die roten. Neben solchen Chromatophorenvereinigungen, in denen die ein- zelnen Komponenten durch die Art ihrer Zusammenlagerung mehr oder minder in ihrer Gestalt beeinflußt werden, finden sich andere, bei denen der Charakter eines chromatischen Organs einzig durch die gesetzmäbige Zusammenordnung, also die Lagebeziehung allein, ge- wahrt wird. So gruppiert sich bei den Gobiiden eine Anzahl Iridocyten sternförmig um eine Melanophore oder eine Gelbzelle (Xanthophore, mit gelbem Lipochrom), oder die Sternmitte bleibt frei und Melanophoren oder Gelbzellen lagern sich exzentrisch auf den Iridocytenstern. Sehr häufig befindet sich in der Mitte des Iridocytensternes eine Melanophore und ringsum Gelbzellen. Damit ist die Reihe derartiger Kombinationen bei den Gobiiden aber keineswegs erschöpft. Es sei nur noch er- wähnt, daß auch bei Mullus und Crenilabrus einzelne Rotzellen die Mitte von Iridocyten- gruppen einhalten können. Es führen somit alle möglichen Übergänge von scheinbar zu- fälligen oder jedenfalls lockeren Beziehungen zwischen Farbzellen verschiedener Art zu jenen ausgeprägten Chromatophorenvereini- gungen, die dem Beschauer auf den ersten Abb. 1. Xantholeukosom ; vd : x aus einem Querschnitt der Blick als Einheiten höherer Art, als chro- grünen RückenhautdesLaub- matische Organe, entgegentreten. | ee, Auch bei Amphibien gibt es typische @ Guanophore; Z Lipo- phore. Chromatophorenvereinigungen, vor allem Kom- binationen von lipochromführenden und gua- ninhaltigen Zellen. In einer demnächst im Archiv für mikroskopische Anatomie erscheinenden Arbeit zeige ich, daß die sog. Xantholeuko- phoren des Laubfrosches, in denen nach Anschauung der meisten Autoren Guanin und Lipochrom in einem Zelleib nebeneinander vor- kommen sollen, in Wirklichkeit Doppelzellen sind: eine becherartig gestaltete Guaninzelle (Guanophore, Leukophore) nimmt eine linsen- förmige Lipochromzelle (Lipophore, Xanthophore) in ihre Höhlung aut. Abb. 1 stellt eine solche, unmittelbar unter der Epidermis gelegene Doppelzelle nach einem senkrechten Durchschnitt der Haut dar: @ ist die Guanophore, L die Lipophore. Ich habe für diese Doppelzellen, deren Bau a. a. O. ausführlich geschildert wird, den Namen Xantho- leukosomen oder Lipoguanosomen in Vorschlag gebracht. Die hier gemachten kurzen Angaben über diese Gebilde dürften wohl dar- tun, daß es sich um Chromatophorenvereinigungen handelt, vergleich- bar denen der Fische, wenn auch unter den von BaLLowitz be- schriebenen chromatischen Organen Analoga hinsichtlich der eigen- tümlichen Formgebung der beiden Komponenten einer solchen Doppelzelle nicht vorkommen. Gelegentlich finden sich übrigens Xantholeuko- somen, bei denen der Becher aus zwei Zellen gebildet wird, oder in der Höhlung statt einer zwei Lipophoren liegen. Ich bemerke noch, daß die geschilderte Form der Komponenten einer Doppelzelle nicht unveränderlich, sondern in dieser Weise für den hellgrünen Zustand der Haut charakteristisch ist. Auch bei Rana esculenta finden sich an den grünen Haut- stellen entsprechend gebaute Doppelzellen. Allerdings ist im allge- meinen die Becherform der Guanophoren und die bikonvexe Linsen- Abb. 2. Xantholeukosomen aus der grünen Rückenhaut von Rana esculenta: a) zwei Xantholeukosomen nach einem Querschnitt, b) ein Xantholeukosom nach einem Flachschnitt der Haut. Vergr. 1000:1. G Guanophore; L Lipophore. form der Lipophoren viel weniger ausgesprochen. Die Guanophoren (G, Abb. 2a) sind scheibenförmige, nach den Rändern verjüngte Zellen, denen die ähnlich gestalteten Lipophoren (Z) aufruhen.: Auch in der Flächenansicht bieten die Doppelzellen von Rana einen bemerkens- werten Unterschied ‘gegenüber denen von Hyla. Während beim Laub- frosch an den grünen Hautstellen die Xantholeukosomen dicht an- einander liegen, sich gegenseitig polygonal abflachen und so in Flächenansicht insgesamt ein epithelartiges Mosaik darbieten, erweisen sich die Doppelzellen von Rana als verästelte Elemente, die mit ihren kurzen Ausläufern aufeinander stoßen und so zahlreiche kleine Lücken zwischen sich freilassen. Abb. 2b gibt eine Doppelzelle von Rana nach einem Flachschnitt der Haut, von der Kutisseite her ge- sehen, wieder: der Umriß der Guanophore (G) und ihres Kernes ist stark ausgezogen, die Lipophore (L) dagegen getönt und ihr Kern in 496 feinerer Kontur angedeutet. Ein Vergleich des Querschnitt- (Abb. 2a) und des Flachschnittbildes (Abb. 2b) lehrt, daß die Kerne der beiden Komponenten annähernd übereinander liegen, daß dagegen die Umrisse der Guanophore und Lipophore nicht genau zusammenfallen. So er- scheinen denn in den Xantholeukosomen von Rana die Beziehungen der beiderlei Zellen gegenüber den Doppelzellen von Hyla schon etwas gelockert. Genauer soll hier auf den Bau der einzelnen Komponenten in den Xantholeukosomen von Rana nicht eingegangen werden, da ich über ihn an anderer Stelle berichten will. Es kam mir nur darauf an, zu zeigen, daß bei Rana ebensogut wie bei Hyla chromatische Organe, und zwar Vereinigungen von Guanophoren (entsprechend den Irido- cyten der Fische) und Lipophoren (entsprechend den Gelbzellen der Teleostier) vorkommen, eine Tatsache, die zur richtigen Bewertung der folgenden Angaben, die den Hauptgegenstand dieser Mitteilung aus- machen, bedeutungsvoll ist. Es handelt sich um die Xantholeuko- somen der Froschlarven. Untersucht man den Schwanz älterer Kaulquappen von Rana sp. (Länge 22 mm) im überlebenden Zustand unter dem Mikroskop, so gewahrt man in dem Bindegewebe des durchsichtigen Flossensaumes schon alle drei Chromatophorenarten, die dem erwachsenen Frosch zukommen, die bekannten Melanophoren, die Lipophoren (Xanthophoren) und die Guanophoren (Leukophoren). Da die Melanophoren nie an den zu besprechenden Chromatophorenvereinigungen teilnehmen, be-- rücksichtige ich sie nicht weiter. Über Zahl und Vorkommen der Guanophoren unterrichtet man sich am einfachsten bei schwacher Vergrößerung und auffallendem Licht: hier und da blitzen kleine weißliche Fleckchen von etwas ver- schiedener Gestalt auf. Sie sind bald mehr rundlich, bisweilen fast kugelig oder mehr oder weniger, aber nie sehr reichlich verästelt. Bei stärkerer Vergrößerung erkennt man, daß sie mit Guaninkristallen vollgepfropft sind, welche die Form etwas unregelmäßiger, dünner Plättchen besitzen. Ist die Zelle rundlich, so liegen die Kristalle, wenigstens in der Außenschicht des Zelleibes, mit ihrer platten Seite zur Oberfläche tangential gerichtet, so daß die Guanophore wie mit winzigen, dicht aneinanderstoßenden Schollen bedeckt erscheint (vgl. Abb. 5, mittlere Guanophore). Wenn dagegen Ausläufer vorhanden sind, so stehen die Guanintiifelchen in ihnen gewöhnlich mit ihrer Fläche senkrecht zur Oberfläche der Zelle. So verleihen sie, von der Kante 497 sesehen, dem Zellfortsatz eine Streifung, da sie gleichzeitig im wesent- lichen parallel und in die Längsrichtung des Ausläufers eingestellt sind (vgl. Abb. 5, linke Guanophore, Ausläufer nach unten). Obwohl ich keine Bewegungserscheinungen an den Guanophoren sah — ich habe allerdings auch meine Beobachtung nicht besonders darauf gerichtet —, TFT Abb. 3. Xantholeukosom nach einem Totalpräparat des Schwanzes einer 22 mm langen Larve von Rana sp. G Guanophore, L Lipophore, beide expandiert, in der Guanophore die Stelle ihres Kernes sichtbar. Vergr. 1000: 1. glaube ich aus der wechselnden Zellform doch schließen zu müssen, daß ihnen solche zukommen, und das um so mehr, als von BaLLowirz in den Iridocyten der Fische gleitende Bewegungen deı Guaninkristalle festgestellt wurden. Sollte diese Vermutung zutreffen, so würde auch die Anat. Anz. Bd. 51. Aufsätze. 32 498 auf der Anordnung der Guanintäfelchen beruhende Streifung der Aus- läufer mit den Bewegungserscheinungen in Zusammenhang zu bringen sein, vielleicht derart, daß die Kristalle bei den Verlagerungen eine Stellung geringsten Widerstandes einnehmen. Ob diese Verlagerungen gleich der Ausbreitung und Ballung des Melanins in den Schwarz- zellen auf intrazellulärer Körnchenströmung unter dauernder Erhaltung der verästelten Zellform beruhen oder auf ein pseudopodienartiges Aussenden und Einziehen von Zellfortsätzen zurückzuführen sind, ist noch nicht geklärt. In vielen Guanophoren läßt sich die Stelle des Kernes als heller, rund- licher oder länglicher Fleck gut erkennen (vgl. Abb. 3 u. 4). Die Lipopho- ren (Xanthophoren ) sind (im Expansionszustand) immer reichlicher ver- ästelt als die Guanopho- ren. Ihre zart schwefel- gelbe Farbe wird durch zahlreiche kleine, rund- liche Körnchen in ihrem Plasma hervorgerufen, die sich in polarisiertem Licht als doppeltbrechend er- weisen. Wie bei Salaman- Abb. 4. Xantholeukosom aus dem Froschlarven- “ra (vgl. W. J. Scumrpr, schwanz. Guanophore (Ggeballt, Lipophore (L) Zur ‚Kenntnis der lipo- expandiert, in beiden die Stellen des Kernes sicht- n bar. Verer. 1000: 1. chromführenden Farb- zellen in der Haut nach Untersuchungen an Salamandra maculosa, in Dermatol. Zeitschrift Bd. 25, 1918, S. 324) erscheint also das Lipochrom nicht in Fett- tröpfehen gelöst, sondern in kristallinischer Form. Mit dieser Eigen- tümlichkeit, die ich auch für Axolotllarven sicherstellen konnte, geht eine verhältnismäßig große Widerstandsfähigkeit des Farbstoffes gegen Lösung in Alkohol usw. Hand in Hand. Und so wird es möglich, diese Zellen auch im Dauerpräparat zu erhalten: behandelt man kleine Stückchen des Schwanzes kurze Zeit mit absolutem Alkohol (etwa bis 10 Minuten), führt sie dann in Xylol und Balsam über, so erweist “iur “ > Pi iT Pr Kr ae, 4 499 sich der körnige Zellinhalt vollkommen unversehrt. Nach solchen Dauerpräparaten sind die Abb. 3—5 hergestellt. Die Unmöglichkeit, die meisten Lipophoren (vornehmlich die Gelb- und Rotzellen bei den Fischen und die lipochromführenden Elemente der Reptilien) in dieser einfachen Weise auch im Dauerpräparat untersuchen zu können, steht ihrer genaueren Erforschung sehr hinderlich im Wege. Auch bei den Lipophoren im Kaulquappenschwanz macht sich die Stelle des Kernes vielfach als heller Fleck bemerkbar (vgl. Abb. 4, L); so leicht zu beobachten wie in den Guanophoren ist sie allerdings nicht. Außer den vereinzelt gelegenen Guanophoren und Lipophoren der beschriebenen Art finden sich auch Kombinationen von beiden. Vor allem dort, wo der Flossensaum an die den mittleren Teil des Schwanzes einnehmenden Muskelsegmente angrenzt, gewahrt man Abb. 5. Drei Xantholeukosomen aus dem Froschlarvenschwanz. Guanophoren (G) und Lipophoren (Z) geballt; ein noch bestehender kurzer Ausläufer der linken Guauophore zeigt Längsstreifung infolge der Anordnung der Guaninkristalle. Vergr. 1000: 1. häufig beim Durchmustern mit schwachen Vergrößerungen dicht um die Guanophoren herum mehr oder minder reichlich gelbe Lipochrom- massen. Schon die” Häufigkeit dieser Erscheinung schließt ein völlig zufälliges Zusammenlagern der beiden Zellformen aus; finden sich doch in manchen Präparaten mehr Kombinationen als einzelne Lipophoren und insbesondere Guanophoren. Zwar konnte ich nie eine gegen- seitige Formbeeinflussung der verschiedenartigen Zellformen (etwa wie beim erwachsenen Laubfrosch) in einer Chromatophorenvereinigung feststellen; aber gewisse regelmäßig wiederkehrende Lagebeziehungen sichern die Tatsache, daß es sich hier um Chromatophorenvereinigungen, und zwar anscheinend immer um Doppelzellen handelt. Am augenscheinlichsten wird das, wenn die beiderlei Kompo- 32* 500 nenten sich im Expansionszustand befinden (Abb. 3); der mittlere Teil der beiden Zellen deckt sich ziemlich genau und auch die spär- licheren, plumpen und weniger verästelten Ausläufer der Guanophoren (@) nehmen dieselbe Richtung wie diejenigen der Lipophoren (Z), sei es, daß sie über- oder nebeneinander verlaufen. Da die Lipo- phoren regelmäßig zahlreichere, längere, öfter vergabelte Fortsätze be- sitzen, so bietet eine solche Kombination auch immer Ausläufer dar, die einzig der Lipophore angehören. Weil die zentralen Teile beider Zellen übereinander liegen, die Guanophoren aber ziemlich undurch- sichtig sind, hält es oft schwer, in diesen Kombinationen den Kern der viel zarter konturierten Lipophoren zu beobachten, und daher bleiben manchmal gewisse Zweifel übrig, ob immer nur eine Lipo- phore auf eine Guanophore entfällt. Bisweilen begegnet man aber Kombinationen, in denen die beiden Komponenten mit ihrem zentralen Zellteil etwas seitlich gegenein- ander verschoben sind, und dann läßt sich sowohl die Stelle des Kernes der Guanophore (G) als auch die entsprechende der Lipophore (L) leichter feststellen (Abb. 4). Nicht immer brauchen Expansion und Ballung in beiden Zellen einer Kombination Hand in Hand zu gehen; vielmehr sieht man öfter Chromatophorenvereinigungen, deren Guanophore (@G) geballt ist, während die Lipophore (L) sich im Zustand der Expansion befindet (Abb. 4). Sind sowohl Guanophoren als Lipophoren geballt (Abb. 5), so stellt die Guanophore den ansehnlicheren Teil der Kombination dar, während die Lipophore sich als oft nur einseitiger, schmaler, gelber Saum derselben darbietet. Liegen mehrere derartige Kombinationen nahe beieinander, so stehen die Lipophoren bisweilen durch „Anastomose“ ihrer Aus- läufer im Zusammenhang. Ob es sich dabei allerdings um ein wirk- liches Verschmelzen von Fortsätzen verschiedener Zellen handelt, ist bei der zarten Beschaffenheit dieser Elemente schwer zu ent- scheiden. Ganz ausgeschlossen wäre es nicht, da man öfter sieht, wie die Ausläufer einer und derselben Lipophore miteinander anasto- mosieren (vgl. Abb. 3). Da die geschilderten Verhältnisse sich auf die Chromatophoren- vereinigungen im Froschlarvenschwanz beziehen, dieser aber am Ende der Metamorphose einer Rückbildung anheimfällt, so gehen die beschriebenen Doppelzellen nicht in die des erwachsenen Tieres über. Es bleibt also möglich, daß die Xantholeukosomen der Larve an den übrigen Körperstellen sich etwas anders verhalten. Wesentlich für die Ausgestaltung der Doppelzellen beim erwachsenen Tier scheint mir der Umstand, daß sie dort dicht beieinander liegen und sich da- durch in der Entfaltung ihrer Ausläufer gegenseitig beschränken, beim Laubfrosch so weit, daß überhaupt keine Ausläufer mehr zustande kommen. Das weiche Gallertgewebe des Larvenschwanzes dagegen bietet der freien Ausbildung der Fortsätze der in größeren Abständen voneinander gelegenen Zellen freien Raum. Daß die beiden Komponenten einer Doppelzelle (bzw. die zahl- reicheren Glieder einer Chromatophorenvereinigung überhaupt) Ab- kömmlinge einer Mutterzelle sind, die sıch verschieden differenziert haben — etwa vergleichbar der Eizelle und ihren Nährzellen bei In- sekten und anderen Wirbellosen, die Teilstücke einer Mutterzelle darstellen und dieser Herkunft ihre engen Beziehungen verdanken — ist für die chromatischen Organe ausgeschlossen. Die Beziehungen der verschiedenen Farbzellen einer Kombination zueinander sind keine ursprünglichen, sondern nachträglich erworben. Für eine solche Auf- fassung spricht ganz entschieden, daß die verschiedenen Arten der Chromatophoren nacheinander während der Larvenentwickelung auf- treten, daß sie ferner nicht nur in den Vereinigungen, sondern, und sogar in der Regel, für sich getrennt vorkommen; daß. schließlich bei manchen Formen (z. B. beim Laubfrosch an den Übergangsstellen der Bauch- zur Rückenhaut) sich schrittweise verfolgen läßt, wie die Bezie- hungen zwischen Guanöphoren und Lipophoren sich allmählich einstellen. Nach zwei Richtungen hin lassen sich, wie mir scheint, Erklärungs- möglichkeiten für das Zusammentreten verschiedenartiger Farbzellen zu höheren Einheiten suchen. Bestimmte Chromatophoren üben chemo- taktische Wirkungen auf andere aus und locken so andersartige Farb- zellen an. Diese Auffassung würde voraussetzen, daß die Chromato- phoren wenigstens in früheren Entwickelungszuständen wanderungs- fähig sind, eine Frage, die noch nicht hinreichend geklärt ist. Oder aber zwei verschiedenartige Chromatophoren werden, wenn sie sich (zufällig) teilweise berühren, dadurch zur gegenseitigen „Deckung“ gebracht, daß physikalische Kräfte in Tätigkeit treten, daß sich etwa infolge von Oberflächenkräften die eine auf der anderen ausbreitet. (Eingegangen am 27. Juli 1918.) Re Nachdruck verboten. Über Kieferwachstum. Von Prof. Aıchen in Kiel. Mit 3 Abbildungen. In den Abhandlungen der Kgl. Preuß. Akademie der Wissen- schaften erscheint als drittes Heft dieses Jahres eine Studie zum on- togenetischen und phylogenetischen Geschehen am Kiefer unter be- sonderer Berücksichtigung von Elephas und Manatus. Elephas und Manatus nehmen nach der zurzeit geltenden Auf- fassung über die Vorgänge am Kiefer eine Sonderstellung ein, die in dem Vorgang des sog. „horizontalen Zahnwechsels“ zum Ausdruck gelangt. Unter horizontalem Zahnwechsel versteht man eine Vor- wärtsbewegung der Zahnreihe im Kiefer. Die Bewegung soll durch Druck veranlaßt werden, der vom jüngsten wachsenden Zahnkeim ausgeht, wobei am Interalveolarseptum hinten Abbau, vorn Anbau stattfinde Man gelangte zur Hypothese einer Bewegung der Zahn- reihe im Kiefer, weil die Zahnreihe dieser Tiere länger erscheint als der im Kiefer zur Verfügung stehende Raum. Durch Untersuchung verschiedener Altersstufen des Elefanten konnte ich nachweisen, daß eine Bewegung der Zähne im Kiefer im Sinne des horizontalen Zahnwechsels nicht statthat. Der Ausdruck: „Horizontaler Zahnwechsel‘“ und das Harttaus’sche Schema zu seiner Ulustrierung muß fallen gelassen werden, man darf beim Elefanten nur von einer Funktionsfolge der Zähne sprechen, bei der höchstens zwei Zähne gleichzeitig in Tätigkeit sind. Das gleiche gilt für Manatus, mit dem Unterschied, daß hier mehrere Zähne gleichzeitig funktionieren. Besonders interessant gestaltete sich die Untersuchung der Wachs- tumsverhältnisse am Elefantenkiefer im Vergleich zu den Vorgängen bei anderen Tieren und dem Menschen. Der Unterkiefer wächst durch Anbau am Basalteil und an den hinteren Abschnitten des Kieferastes, während am freien Rand des Alveolarteils und vorn an der Kinngegend abgebaut wird. Anzunehmen 503 ist, daß die Knochenresorption an der Kinngegend und am freien Rand des Alveolarteils dadurch veranlaßt wird, daß diese Abschnitte unter dem Anbau am Basal- und Astteil außerhalb des Beanspruchungs- gebietes fallen. Durch Auswachsen des Kieferastes nach hinten und Abtragung des Alveolarteils werden die sich entwickelnden Zähne aus dem Kiefer freigegeben. Während der funktionierende Zahn durch Abnutzung sich erniedrigt, wird er entsprechend der Resorption an der Kinngegend des Kiefers von vorn durch Resorption abgetragen, auch findet Resorption der Wurzeln von unten nach oben statt. Die mächtige Resorption an der Kinngegend des Unterkiefers be- wirkt. daß die Gestalt des Elefantenunterkiefers in allen Altersstufen annähernd die gleiche ist. In diesem Vorgang ist zugleich die Ur- sache gegeben, daß der Elefant keine Prämolaren besitzt; die Kiefer- abschnitte, in denen sie sich entwickeln, fallen durch Resorption fort. Beim Wachstum des Kiefers führt der Zahnkeim im Kiefer passiv verschiedene Drehbewegungen aus, ohne eine Verschiebung nach vorn im Sinne des horizontalen Zahnwechsels zu erfahren; der Zahnkeim wird im Gegenteil nach hinten verlagert. Das Alveolarperiost bildet um das Zahnsiickchen Knochen, den Zahnsackknochen (ich habe ihn als Os sacculi dentis bezeichnet). Zwischen Kieferknochen und Zahn- säckchenknochen findet beim Kieferwachstum die Bewegung statt, der Zahnkeim selbst macht die Bewegungen also nur passiv mit. Die Be- wegungen des Zahnsäckchens beim Kieferwachstum sind die Ursache, daß das Os sacculi in dieser Zeit nicht mit dem Kieferknochen ver- wächst, mithin als selbständiger Knochen in Erscheinung tritt. Da dieser Knochen mit der knöchernen Anlage des Kiefers nichts zu tun hat. müssen wir das Os saceuli als besonderen Knochen des Skeletts ansprechen. Außer bei Elephas ist das Os sacculi besonders deutlich bei Manatus, Phacochoerus und Rhinoceros nachweisbar. Bei den meisten Tieren verwächst es so rasch mit dem Kieferknochen, daß es nicht als selbständiger Knochen auftritt. Am Oberkiefer des Elefanten kommen entsprechende Verhältnisse des Kieferwachstums zum Ausdruck wie am Unterkiefer, mit dem Unterschied, daß eine Resorption in der Richtung von vorn nach hinten nicht statthat, weil die vorderen Kieferabschnitte als Bett für die Stoßzähne und als Widerlager für den Rüssel verwandt werden. Das Studium der Kieferentwickelung von Manatus und Phaco- choerus, die nach der geltenden Auffassung Besonderheiten aufweisen 504 soll, sowie die Untersuchung anderer Tiere und des Menschen führten zu dem Ergebnis, daß am Kiefer aller Säugetiere die gleichen Faktoren wirken; Unterschiede an Gebiß und Kiefer, für deren Entstehung bis- her Sonderfaktoren in Anspruch genommen wurden, beruhen lediglich auf graduellen Unterschieden in der Wirkung gleicher Faktoren. Physiologischer Zahnausfall: Beim Elefanten zeichnet sich anderen Tieren gegenüber das Gebiß dadurch aus, daß der nachfolgende Zahn den Vorgänger an Größe bedeutend übertrifft. Dies mußte zur Folge haben, daß die Entwickelungsdauer jedes einzelnen Zahnes in der Reihe verlängert wird. Der letzte Molar gelangt erst bei sehr alten Tieren zum Durchbruch. Am jeweils vordersten Zahn ist Resorption von vorn nach hinten und der Wurzeln in der Richtung vom Wurzelende zur Krone nachweisbar. Hierdurch und als Folge einer am freien Rande des Alveolarteils stattfindenden Knochenresorption fällt der Zahnstumpf schließlich aus. Der Ausfall des jeweils vordersten Zahn- stumpfes ist ein physiologischer. Einwandfrei läßt sich nachweisen, daß die Abnutzung des Zahnes in keinem Zusammenhang mit dem Zahnausfall steht. Ich konnte feststellen, daß der physiologische Zahn- ausfall im Gegensatz zum pathologischen Zahnausfall eine bei den Säugetieren ganz allgemein verbreitete Erscheinung ist. Eingeleitet wird der physiologische Zahnausfall durch Wurzelresorption und Lockerung des Zahnhalteapparates. Bei den meisten Tieren kommt der physiologische Zahnausfall nicht zur Beobachtung, weil sie nicht das erforderliche Alter erreichen. Im seltneren Fall nur stirbt ein Tier eines physiologischen Alterstodes. Außerdem scheiden Tiere aus, die dauernd wachsende Zähne besitzen. Besondere Größenvariation des Gebisses bewirkt ebenfalls, daß das Gebiß selbst bei physiologischem Alterstode noch funktionsfähig ist. Der physiologische Zahnausfall der Zähne eines Gebisses geht im allgemeinen in der Reihenfolge vor sich, in der die Wurzelentwickelung beendet wurde. Zu berücksich- tigen ist, daß Abweichungen von dieser Reihenfolge des Ausfalls durch besondere Größe oder Kleinheit der Wurzeln (eine größere Wurzel wird nicht so rasch resorbiert) und durch Variation in der Fähigkeit der Zementbildung (zeitlich und quantitativ) bedingt werden. Trotz beginnender Wurzelresorption und Lockerung des Halteapparates eines Zahnes ist sein zeitlicher Verlust auch von der Art seiner mechani- schen Beanspruchung abhängig. Zähne, die durch Wurzelresorption und der bei Lockerung des Halteapparates unregelmäßigen Zement- auflagerung verändert sind, täuschen pathologische Veränderungen vor. 505 Dazu kommt, daß derartig veränderte Wurzeln und ihre Umgebung der Infektion zugänglicher sind. Alle diese Momente bewirken, daß bei vielen Tieren und beim Menschen der Vorgang des physiologischen Zahnausfalls in seinen Einzelheiten undeutlich wird. Wenngleich ohne weiteres jeder zugeben wird, daß der typische zahnlose Greisenmund nicht gut als pathologischer Zustand aufzufassen ist, so wird die Ur- sache für das Zustandekommen des Greisenmundes doch allgemein auf pathologische Einflüsse oder doch auf Abnutzung des Gebisses zurückgeführt. In meiner Arbeit begründe ich, daß diese Auffassung nicht zu Recht besteht. Vom pathologischen Zahnausfall ist ein physiolo- gischer Zahnausfall zu unterscheiden. Zahndurchbruch: Das Stadium der Momente, welche den Zahn- durchbruch bewirken, führte mich zum Nachweis eines Faktors, der in seinen Wirkungen am Kiefer wohl erkannt wurde, aber in seiner Bedeutung für den Zahndurchbruch und für die ontogenetische Ab- änderung der Kiefergestalt nicht entsprechend gewürdigt ist: Resorp- tion am freien Rande des Alveolarteils des Kiefers. Unmittelbar veranlassen den Zahndurchbruch nur zwei Momente, Erstens ist kronenwärts gerichtete Verschiebung der konsolidierten Zahnkappe des Zahnkeims nachweisbar. Die Kraftquelle, welche die Verschiebung bewirkt, ist im osmotischen Druck, der durch Zellteilung im Pulpagewebe ausgelöst wird (WerzeL), und im pulsierenden Druck von seiten der sich vermehrenden und vergrößernden Blutgefäße aller Weichteile, die zwischen Kieferknochen und konsolidierter Zahnkappe eingeschlossen sind, ganz entsprechend dem Wachstum der Schädel- kapsel unter Einfluß des pulsierenden Gehirns, gegeben. Zweitens findet während des Durchbruchs der Milch- und Ersatzzähne Resorp- tion am freien Rande des Alveolarteils des Kiefers statt. ZUCKERKANDL bemerkte die Tatsache, daß beim Durchbruch der Zähne am Rande der Alveolen abgebaut wird, ohne die sich für den Zahndurchbruch ergebenden Folgerungen zu ziehen. An Schädeln 8 Monate alter Kinder überragen die durchgebrochenen Schneidezähne mit ihrer Kau- fläche kaum merklich die Höhe des Randes des Alveolarfortsatzes, legt man die Höhe in der Gegend des Eckzahnes und der Milchmolaren zugrunde, wo der Alveolarfortsatz noch nicht durch Resorption abge- tragen ist. Die Krone der Milchzähne wird also zum großen Teil durch Resorption. .am freien Rande des Alveolarteils freigegeben. Am Schädel 13jähriger Kinder ergibt sich, daß. der Hals der zweiten Milchmolaren der halben Höhe der Krone des ersten Molars, der Hals 506 der Milcheckzähne der halben Höhe der Kronen der Ersatzschneide- zähne entspricht. Resorption am freien Rande des Alveolarteils gibt also auch die Kronen der Ersatz- und Zuwachszähne frei. Hierbei werden die Wurzeln der Milchziihne am Halsteil von Knochen entblößt. Mittelbar sind am Durchbruch der Zähne ebenfalls zwei Momente beteiligt. Dies sind erstens das Wachstum des Kieferkörpers des Oberkiefers bzw. des Basalteils des Unterkiefers und zweitens das Tiefenwachstum der Zahnwurzeln. Diese Faktoren sind indirekt am Zahndurchbruch insofern beteiligt, als der freie Rand des Alveolarteils mit dem Höherwerden der Kiefer und der Vertiefung der Alveolen außerhalb des Bereiches der Beanspruchung fällt und resorbiert wird. Die Alveolartheorie Baumes ist in keiner Fassung mehr anzu- erkennen. Die Annahme, daß der Kieferknochen auf Grund seiner Rlastizität und Biegsamkeit die Stellung der Zahnkeime und somit den Zahndurchbruch beeinflusse, ist abzuweisen, weil durch Biegsam- keit und Elastizität erzeugter Druck, in der Gewebsflüssigkeit des Zahnsäckchens gleichartig verteilt, den Zahnkeim von allen Richtungen in gleicher Stärke treffen muß. Trifft nachweislich das Zahnsäckchen ein Druck, der Stellungsänderung zur Folge hat, so wird der vom Alveolarperiost gelieferte Knochen selbständig. das Os sacculi dentis; der Zahnkeim aber ändert seine Stellung passiv mit ihm. Das in jüngster Zeit immer mehr herangezogene Prinzip der Vererbung als Hauptfaktor beim Durchbruch der Zähne ist völlig ab- zuweisen. Der Ausspruch: Vererbung zwingt den Zahn, den Platz einzunehmen, der ihm durch den Ort der Entstehung an der Schmelz- leiste angewiesen ist, bedeutet völliges Aufgeben aller Forschung, denn schließlich ist Vererbung doch nur erbliche Fixierung von Faktoren, die kennen zu lernen Aufgabe der Forschung sein muß. Kau-, Lippen-, Wangen-, Zungendruck beeinflussen gewiß die Zahnstellung, nicht aber den Zahndurchbruch, da sie erst nach dem Durchbruch zur Wirkung gelangen. Ontogenetische Abänderung der Kieferform: Die Klarstellung der den Zahndurchbruch bewirkenden Faktoren, im besonderen die An- erkennung des Resorptionsvorganges am freien Rande des Alveolar- fortsatzes als eines Hauptfaktors beim Zahndurchbruch, führte zur Abänderung der heute geltenden Auffassung über die ontogenetische Gestaltung des Kiefers, und zwar hauptsächlich in bezug auf das Höhenwachstum des Kiefers. 507 Bekannt ist, daß der Alveolarbogen des Neugeborenen fast völlig gleich ist dem des Erwachsenen (WELCKER), daß für die Kieferver- längerung erstens dem dicken Gelenkknorpel, zweitens dem Anbau an der hinteren Kante des Kieferastes und dem Anbau am Vorder- rande des Processus coronoideus eine Rolle zufällt. Doch auch hierin begegnen wir nicht bei allen Autoren der nötigen Klarheit der Auf- fassung. So meint Toror, die Linea obliqua des Unterkiefers sei nichts anderes als der ehemalige vordere Rand des Processus coronoideus, welcher im Laufe des Wachstums mehr und mehr in den Körper des Unterkiefers einbezogen und von späteren Knochenauflagerungen bis zu einem gewissen Grade überdeckt werde. Die Linea obliqua externa des Erwachsenen zieht neben dem dritten Molaren, die des Neugeborenen neben dem ersten Molaren in die Höhe. Die Linea obliqua des Erwachsenen kann also nicht der ehemalige vordere Rand des Proc. coronoideus sein: sie wird als trajektorielle Bahn durch Wirkung des Musc. temporalis modelliert. Meiner Meinung nach hat sich die unzutreffende Auffassung über das Höhenwachstum des Kiefers zum Teil dadurch so lange erhalten, daß man den im Wachstum des Kiefers immer mehr hervortretenden (Gegensatz zwischen Alveolarfortsatz und Basalteil, die ohne deutliche Grenze ineinander übergehen, zu scharf in der Absicht betonte, das Höhenwachstum der Kiefer auf ein einfaches Schema zu bringen. Man suchte nach einer festen Grenze, von der aus Messungen zur Klarlegung der Wachstumsverhältnisse ausgeführt werden können, und legte den Canalis mandibularis zugrunde. Hierbei entsteht die Vorstellung, daß von der Gegend des Unterkieferkanals aus einerseits der Basalteil, andererseits der Alveolarfortsatz in entgegengesetzter Richtung auswachsen. Auf Grund dieser Betrachtungsweise wurde angenommen, das Niveau der bleibenden Zähne stehe im Oberkiefer tiefer, im Unterkiefer höher als das der Milchzähne. In Tonzs- HoLLÄäxDER z. B. liest man: „Man kann es beim Unterkiefer als erwiesen annehmen, dal die Basis des Kiefers zur Entwickelung in nur untergeordneter Beziehung steht, daß aber der Alveolar- oder der obere Teil vollständig und absolut davon abhängt.“ Ich gebe in Abb. 1 die Darstellung eines Unterkiefers des Neu- geborenen und des Erwachsenen nach Tomes-HoLLinper. Die hori- zontale Linie bezeichnet in beiden die Lage des Canalis mandibularis, sie stellt zugleich die Wachstumsgrenze für Basal- und Alveolar- teil dar. ung 508 Man stellt sich das Höhenwachstum des Kiefers in der Weise vor, daß vom Neugeborenen zum Erwachsenen der Alveolarteil in der Richtung des Pfeiles a, der Basalteil in der Richtung des Pfeiles 5 sich erhöhe. Diese Wachstumsweise ist nicht zutreffend. Der Canalis mandibularis ist keine feststehende Wachstumsgrenze. Beim Durch- bruch des Milchgebisses treten zwar die Zahnkronen um ein Geringes aus dem Alveolarteil hervor, das Hauptmoment aber beim Freiwerden der Zahnkronen ist in Resorption am freien Rande des Alveolarteils gegeben. Der Basalteil vergrößert sich, die Wurzeln der Zähne wachsen in ihn hinein; der Alveolarteil vergrößert sich also auf Kosten des Basalteils. Hierbei weicht der Canalis mandibularis mit seinen pul- sierenden Gefäßen immer weiter in den sich vergrößernden Basalteil hinein aus; je mehr der Basalteil sich vergrößert, desto massiger wird in seinem Innern die lockere Spongiosa, die das Bett für den sich verschiebenden Mandibularkanal abgibt. Der gleiche Vorgang spielt ei b Abb. 1. Abb. 2. Abb. 1. Unterkiefer des Neugeborenen und des Erwachsenen nach Tomss- Houiinper. Der Canalis mandibularis ist in beiden durch eine horizontale Linie an- gegeben. Abb. 2. Die beiden Unterkiefer von Towmes-Hotränper, auf den Canalis man- dibularis eingestellt. sich beim Durchbruch des Ersatzgebisses und der Zuwachszähne ab. Erst die Klarstellung dieser Verhältnisse bringt eine Schwierigkeit in Wegfall, die bisher der Wurzeltheorie des Zahndurchbruchs entgegen- gehalten wurde und in der Tatsache gegeben ist, daß der Weg, den der Zahn beim Durchbruch zurücklege, länger sei als der Zuwachs, den die Zahnwurzel beim Durchbruch erfährt. _ Wollen wir also in einem Schema das Höhen- und Längen wachs- tum des Kiefers vom Neugeborenen zum Erwachsenen zur Darstellung bringen, so würde die Abb. 3 den wirklichen Verhältnissen Rechnung tragen. Beide Unterkiefer sind auf den ersten Molaren eingestellt. Der schraffiert gezeichnete Unterkiefer des Neugeborenen überragt den Unterkiefer des Erwachsenen nach vorn ein wenig, nach oben stark. Beim Durchbruch der Milchzähne würden die Kauflächen der 509 Milehzähne durch Wurzelwachstum ein wenig höher als der Alveolar- rand zu stehen kommen, der Alveolarrand selbst wird durch Resorp- tion um einige Millimeter abgebaut. Die Ersatzzähne gelangen mit ihrer Kaufläche nur bis zur Höhe der Kaufläche der Milchzähne; diese ist aber durch Abnutzung der Zähne um mindestens einen Milli- meter gegenüber dem Kinde am Ende des ersten Lebensjahres ver- schoben. Da außerdem die Krone des Ersatzzahnes höher ist als die des Milchzahnes, so entspricht der Stand des Zahnhalses des Milch- zahnes der halben Höhe der Krone des durchgebrochenen Ersatzzahnes. Beim Durchbruch des Ersatzgebisses wird nochmals der freie Rand des Alveolarteils durch Knochenresorption abgetragen. Beim Wachstum des Unterkiefers vom Neugeborenen bis zum Erwachsenen fällt fast die Gesamtmasse des Unterkiefers des Neu- geborenen der Resorption anheim, da sie unter der Vergrößerung des Basalteils und dem Tiefenwachstum der Zahnwurzeln außerhalb des beanspruchten Gebietes zu liegen kommt. Bei der Orientierung der Unter- kiefer des Neugeborenen und des Erwachsenen auf den ersten Molaren Abb. 3. Schematische Darstellung ergibt sich, daß der Unterkiefer des Som Nengehorenen zum Brwachsenen Neugeborenen den des Erwachsenen durch Anbau am Basalteıl und am vorn ganz wenig überragt. Dies Kieferast und unter Resorption am freien Rande des Alveolarteils und am bedeutet, daß vorn ebenfalls ober- Vorderrand des Processus coronoideus. flächlich an der Kinngegend Re- ens Ge ne sorption statthat. Tatsächlich brechen die Ersatzschneidezähne etwas hinter den Milchschneidezähnen durch. Da am Kiefer aller Säugetiere die gleichen Faktoren wirken und Unter- schiede nur auf gradueller Verschiedenheit in der Wirkung gleicher Faktoren beruhen, gewinnen wir erst durch vergleichendes Studium ein klares Bild über die Vorgänge am Kiefer. Hervorgehoben sei noch, daß die vergleichenden Kieferstudien geeignet sind, auf die Frage der Kinnbildung Licht zu werfen. Am Unterkiefer werden, wie beim Knochen überhaupt, Teile, die im Laufe der Entwickelung außerhalb des beanspruchten Gebietes fallen, abgebaut, umgekehrt wird entsprechend der Beanspruchung angebaut. Die Be- anspruchung erfolgt am Kiefer, abgesehen von der Belastung durch das Gebiß selbst, durch Muskelzug und Kaudruck. Liegt der Kreuzungs- punkt der hierdurch erzeugten trajektoriellen Bahnen vor dem Zahn- bogen, so entsteht ein Kinn. Je kürzer z. B. der Zahnbogen ist, desto günstiger liegen die Verhältnisse für die Kinnbildung. Beim Elefanten funktionieren gleichzeitig auf jeder Seite höchstens zwei Zähne, die funktionierende Zahnreihe ist im Vergleich zum Kiefer sehr kurz, daher besitzt er auch ein starkes Kinn. Zweck dieser kurzen Zusammenfassung ist nicht, auf meine Arbeit in den Abhandlungen der Akademie besonders hinzuweisen. Veran- lassung zur Mitteilung gab einerseits die Absicht, das den Menschen Betreffende enger als dort möglich zusammenzufassen, andererseits die Tatsache, daß neue Ergebnisse leichter Eingang finden, wenn sie schematisch dargestellt werden, ebenso wie längst als falsch erwiesene Behauptungen dank einer einmal eingebürgerten schematischen Zeich- nung noch nach Jahrzehnten in den Lehrbüchern weitergeschleppt werden. (Eingegangen am 14. August 1918.) Prioritäts-Rechtswahrung. Am 29. Oktober 1918 hielt ich den drei Herren, Protessor von SCHUMACHER, Dekan der medizinischen Fakultät in Innsbruck, Professor der pathologischen Anatomie Hofrat Pommer, Professor der Anatomie SIEGLBAUER einen Vortrag mit Demonstrationen über meine Arbeit: Die Funktion des processus styloideus im menschlichen Or- ganismus, ähnliche Funktion ähnlicher Organe in der Wirbeltierreike und über die Möglichkeit, hierdurch einen zwingenden festen Punkt für den menschlichen Kopf, Schädel und für die Gehirnhemisphären zu finden. Diesbezügliche Veröffentlichungen erfolgen später. Ernebruch den 25. November 1918. Dr. Emm Oskar Wercuarpt, Anthropologe. dil Bücherbesprechung. Die Vererbungslehre in der Biologie und in der Soziologie, ein Lehrbuch der naturwissenschaftlichen Vererbungslehre und ihrer Anwendungen auf den Gebieten der Medizin, der Genealogie und der Politik, zugleich 2. Aufl. der Schrift über die Vererbungslehrein der Biologie. Zehnter (Schluß)- Teil des Sammelwerkes „Natur und Staat“. Von Heinrich Ernst Ziegler. Mit 114 Fig. i. T. u. 8 z. T. farbigen Tafeln. Jena, Gustav Fischer. 1918. XVI, 479 S. Preis: brosch. Mk. 20.—, geb. Mk. 24.50. Das vorliegende Werk ist gleichzeitig eine Neuausgabe von ZIEGLERS 1905 erschienenen ,,Vererbungslehre in der Biologie“ und der Schlußband des großen Sammelwerkes „Natur und Staat“, das ZIEGLER herausgibt. — Wieder- um hat ZissLER die Chromosomentheorie an den Anfang gestellt und die Lehre von der Reduktion in derselben Weise wie früher durchgeführt. Er steht also in einem bewußten Gegensatz zu Forschern, die diese Theorie bei- seite lassen (JoHANNSEN) oder nur beiläufig berücksichtigen (PLatTeE, GOLD- SCHMIDT) oder betreffs der Reduktion andere Auffassungen vertreten. ZIEGLER hält an der restlosen Erklärung der experimentellen Vererbungslehre (MENDEL u. a.) aus der Chromosomentheorie fest. — Auch beim Menschen muß die Vererbung aus der allgemeinen biologischen Vererbungslehre abgeleitet werden. Von großer Bedeutung ist hier vor allem die Lehre von den erblichen Krank- heitsanlagen und den Mißbildungen, Die Vererbung der geistigen Fähigkeiten und der Charakteranlagen führt dann in das Gebiet der soziologischen und der politischen Probleme. Diese Abschnitte des Buches sind neu. Verf. stellt sich die Aufgabe, nach dieser Richtung die Folgerungen aus den biologischen Tatsachen zu ziehen. Wenn das Werk auch im Laufe einiger Jahre geschrieben wurde, so stellt es das Ergebnis der Studien und Er- fahrungen des ganzen Lebens des Verfassers dar. ZIEGLER hatte sich schon in den neunziger Jahren mit der sozialen und politischen Seite der Vererbungs- lehre beschäftigt und 1894 ein Buch über „Die Naturwissenschaft und die sozialdemokratische Theorie“ herausgegeben, in dem gezeigt wurde, daß die Grundanschauungen der Sozialdemokraten mit der Lehre Darwıns und anderer Naturforscher nicht in Übereinstimmung stehen. Manche damals behan- delte Probleme kehren in dem neuen Werke wieder, aber eine große Reihe von Fragen wird zum ersten Male erörtert. Vor allem sei auf die letzten Abschnitte hingewiesen: Vererbung der geistigen Eigenschaften, auch der Defekte und der Geisteskrankheiten, die natürliche Ungleichheit des Menschen, die soziale Ungleichheit (Gesellschaftsordnung, Privateigentum, Begabung in den Ständen, Entstehung der Stände, die Minderwertigen, Kriminalität, un- gleicher Nachwuchs), der Ursprung der Familie und des Staates (zoologische Betrachtung, Irrlehren von Rousseau, Morean, ethnologische Kulturstufen, Kriege), der Parlamentarismus (England, Frankreich, Nord-Amerika, Deutsch- land). Die auf biologischer, also sicherer Grundlage beruhenden Ausfiihrungen des Verfassers dürften gerade in unseren bewegten Tagen das größte Interesse der Biologen, vor allem der Politiker und Soziologen erregen, — aber es er- scheint zurzeit aussichtslos, daß die naturwissenschaftlichen Tatsachen die * 912 Anschauungen und Handlungen der Politiker, noch weniger die der großen Massen beeinflussen werden. So erscheinen auch die am Schlusse ausge- sprochenen, im Oktober d. J. geschriebenen Hoffnungen heute bereits end- gültig erledigt, sowohl nach außen wie nach innen. Die Ausstattung des Werkes (Tafeln) ist eine vorzügliche, der Preis ein sehr mäßiger. Jena, 20. Nov. 1918. B! An die Herren Mitarbeiter. 1. Korrekturen von Satz und Abbildungen sind nicht an den Herausgeber, sondern erstere an die Druckerei, Herrn R. Wagner Sohn in Weimar, letztere an den Verlag zurückzusenden. 2. Seit dem Bande 24 werden nicht mehr ganze Sätze, sondern nur noch, wenn es den Herren Mitarbeitern unbedingt nötig erscheint, einzelne Worte durch den Druck (entweder gesperrt oder fett) hervorgehoben. Daß man wichtige Dinge ohne Hilfe des Sperrens durch die Stellung des betreffenden Wortes im Satze hervorheben kann, zeigt z. B. der SchwAuge’sche Jahresbericht, in dem nicht gesperrt wird. Auch sind bekanntlich viele Leser geneigt, nur gesperrte Stellen zu lesen; das Fehlen solcher wird Anlaß geben, die ganze Arbeit zu lesen. 3. Polemik findet im Anatomischen Anzeiger nur Aufnahme, wenn sie rein sachlich ist, persönliche Polemik ist prinzipiell ausgeschlossen. - Die Entscheidung über die bekanntlich schwer zu ziehende Grenze zwischen „sachlich“ und „persönlich“ behält sich der Herausgeber vor. 4, Die Verlagsbuchhandlung liefert bis zu 50 Sonder: abdrücken der Beiträge unentgeltlich, weitere Exemplare können, solange die Papierknappheit anhält, nicht hergestellt werden. 5. Nicht oder ungenügend frei gemachte Sendungen werden nicht angenommen. Der Herausgeber. Abgeschlossen am 6. Dezember 1918. Weimar — Druck von R. Wagner Sohn, ANATOMISCHER ANZEIGER Centralblatt für die gesamte wissenschaftliche Anatomie, Amtliches Organ der Anatomischen Gesellschaft. Herausgegeben von Prof. Dr. Karl von Bardeleben in Jena. Verlag von tustav Fischer in Jena. Der „Anatomische Anzeiger‘‘ erscheint zweimal im Monat in Einzelnummern oder einmal in Doppelnummer. Der Preis eines Bandes von 24 Nummern beträgt Mk. 20.—. Das Erscheinen der Bände ist unabhängig vom Kalenderjahr. 51. Bd. = 10. März 1919. x No. 21/24. Ix#arLr. Aufsätze. H. Stieve, Der Sphincter antri pylori des mensch- lichen Magens. Mit 2 Abbildungen. S. 513—534. — W. J. Schmidt, Uber Riesenepithel- und -drüsenzellen in der Epidermis des Laubfrosches. Mit 9 Abbildungen. S. 535—547. — v. Waldeyer-Hartz, K. v. BARDELEBEN +. Mit einem Bildnis (Tafel). S. VII—XII. Personalia. S. 548. An die Herren Mitarbeiter. S. 548. Aufsätze. Nachdruck verboten. Der Sphineter antri pylori des menschlichen Magens. Von H. Srteve, Leipzig. Mit 2 Abbildungen. Bekanntlich besteht zwischen Anatomen und Physiologen eine gewisse Uneinigkeit in der Anschauung über die Muskulatur des menschlichen Magens, indem nämlich die meisten Physiologen (Nace, 1907) einen besonderen Sphincter antri pylori unterscheiden, der den Magen vollkommen in zwei funktionell getrennte Hälften scheidet, eine linke größere, den Fundusteil oder Hauptmagen, der in erster Linie als Speicherraum für die aufgenommene Speise dient und in keinem Füllungszustand stärkere peristaltische Wellen erkennen läßt, und in eine rechte, das Antrum pylori, dessen Wand mit einer wesentlich dickeren Muskelschicht ausgestattet ist, die während der Verdauung starke peristaltische, an der Grenze beider Magenteile be- Anat. Anz. Bd. 51. Aufsätze. 33 514 ginnende und nach dem Pylorus zu gerichtete Bewegungen ausführt. Durch die Kontraktion des Sphincter antri pylori sollen diese beiden Abschnitte völlig gegeneinander abgeschlossen werden können. Auch anatomisch kann man, wie die grundlegenden Untersuchungen von Hıs (1903) gezeigt haben, am Magen „zu jeder Zeit und bei jeder Füllung den Hauptmagen, den Saccus ventriculi und den Pförtner- abschnitt, die Pars pylorica‘“ unterscheiden. Die Grenze zwischen diesen beiden Teilen liegt am Ende der kleinen Kurvatur, sie ist an der Außenseite durch einen queren Einschnitt, die Incisura angularis, an der Innenseite häufig durch einen Faltenvorsprung mehr oder weniger deutlich gekennzeichnet. Ein besonderer Muskelring jedoch, der die beiden Abschnitte voneinander trennt und sich in der gleichen Weise von der übrigen zirkulären Muskulatur des Magens deutlich absetzt, wie etwa der Magenpförtner, konnte mit den gebräuchlichen anatomischen Untersuchungsmethoden bisher weder makroskopisch, noch mikroskopisch dargestellt werden. Wenn also ein Sphincter antri pylori der Anschauung der Physiologen entsprechend vorhanden war, so konnte er lediglich einen funktionell, während der Verdauungs- tätigkeit im Leben erkennbaren, nicht aber anatomisch abgrenzbaren Teil der Muskelwand des Magens darstellen. In der letzten Zeit hatte ich Gelegenbeit, mehrmals an frischen, lebenswarmen Magen von Hingerichteten unmittelbar nach dem Tode Beobachtungen über die Muskulatur des Magens auszuführen, deren Ergebnis ich im folgenden mitteilen möchte, da es geeignet erscheint, unsere Kenntnis der Magenmuskulatur zu erweitern. Der erste Fall betrifft einen 32jährigen kräftigen Mann, der an- geblich niemals an irgendwelcher Krankheit des Verdauungskanals gelitten hatte. Bei der unmittelbar nach dem Tode vorgenommenen Leicheneröffnung zeigte der Dickdarm, besonders das Colon trans- versum, noch ganz träge peristaltische Bewegungen, die übrigen Darm- abschnitte lagen vollkommen ruhig. Der Magen zeigte Sanduhrform. Er war mit einem hauptsächlich aus Kartoffeln und Brotstücken be- stehenden Speisenbrei stark gefüllt, der dickflüssige Inhalt betrug etwas über 2 Liter. Von der Gegend der Incisura angularis aus verlief eine zirkuläre, tiefe Einschnürung um den ganzen Magen, welche den Fundusteil vom Pylorusabschnitt trennte, der erstere stellte den weit- aus größeren Abschnitt dar, der etwa 1!/, Liter Speisenbrei faßte, der letztere den kleineren Abschnitt mit einem halben Liter Inhalt. Im Bereiche des Saccus ventriculi betrug der Umfang des Magens 515 etwa 40 cm, im Bereiche des Pylorusteils 25 cm, an der eingeschnürten Stelle aber nur 11 cm. Nach der Eröffnung des Magens erschien die Schleimhaut in den beiden ampullenförmigen Abschnitten vollkommen glatt, nur im Bereiche der Einschnürung fanden sich einige Falten, die in der Hauptsache in der Längsrichtung verliefen. Besonders schön zeigte sich diese Verlaufsrichtung an dem nach den WALDEYER- schen Angaben (1908) eröffneten Magen in der Gegend der kleinen Kurvatur, wo zwei Längsfalten deutlich als etwa 1 cm hohe, kamm- artig vorspringende, längsverlaufende Leisten zu erkennen waren, während an den übrigen Seiten der Einschnürungsstelle die Längs- richtung der Falten nicht so deutlich ausgeprägt erschien. Sofort nach Entleerung des Inhaltes zog sich die ganze Muskulatur der Magenwand sehr stark zusammen, so daß die ursprüngliche Einschnü- rungsstelle nicht mehr zu erkennen war. Die ganze Bildung hatte anfangs den Anschein erweckt, als ob es sich um einen, durch irgend- welche Krankheitsprozesse hervorgerufenen Sanduhrmagen handle. Die genaue Durchmusterung der ganzen Schleimhautoberfläche mittels der Lupe, nach der Fixierung in Trichloressigsäure vorgenommen, ließ jedoch allenthalben vollkommen normale Verhältnisse erkennen, nirgends fanden sich Narben oder krankhafte Bildungen. Auf Längs- schnitten durch die Wandung war an der Muskulatur ebensowenig wie an der Schleimhaut die Stelle der früheren Einschnürung zu er- kennen. Im zweiten Falle handelt es sich um einen 23jährigen, großen, gleichfalls äußerst kräftig gebauten polnischen Arbeiter. Auch bei ihm zeigte der Magen sehr beträchtliche Füllung, die Menge des in ihm enthaltenen Speisenbreies betrug fast 21/, Liter. Auffallenderweise zeigte auch dieser Magen bei der unmittelbar nach dem Tode vor- genommenen Sektion die nämliche Form wie der vorige, nämlich eine starke zirkuläre Einschnürung in der Gegend der Incisura angularis, welche ihn in zwei ungleich große Abschnitte zerlegte und ihm da- durch auch sanduhrförmige Gestalt verlieh. An der eingeschnürten Stelle betrug sein Umfang 12 cm, im Pylorusteil 23 cm, im Fundus- teil 42 cm. Auch hier stellte also die linke Hälfte die wesentlich größere der beiden Ampullen dar, sie lag unterhalb des Zwerchfelles, bedeckt vom Rippenbogen, betraf den Fundusteil und Körper des Magens, während die kleinere rechte Hälfte unterhalb und rechts vom Schwertfortsatz zu sehen war, in ihren oberen Partien von der Leber bedeckt. 33* SEE Die eingeschniirte Stelle befand sich unter der Spitze des Pro- cessus xyphoideus in der Medianlinie, die zirkuläre Furche, durch welche sie den Magen etwa im Verhältnis von 3:1 teilte, stand senk- recht, konnte also nicht wie bei den von Hıs (1905) beschriebenen Schnürmagen, wo sie stets wagerecht stand, durch beengende Kleidung bedingt sein. Dagegen sprach ja auch das Fehlen jeder Schnürfurche am Rumpf und an der Leber des betreffenden Mannes. Die Wand des Magens erschien prall gespannt. Nach Entfernung des Dick- und Dünndarmes, sowie des großen Netzes an der großen Kurvatur wurde der Speisenbrei durch Druck mit der flachen Hand entleert. Die Cardia wurde dabei durch Fingerdruck verschlossen und so floß der ganze Inhalt durch das Duodenum ab, er enthielt zahlreiche fast unzerkaute, bis walnußgroße Kartoffelstücke, die jedoch den Pylorus ganz leicht passierten, so daß der auf den Magen aus- geübte Druck nicht sehr beträchtlich zu sein brauchte Die ganze bisherige Untersuchung war 25 Minuten nach dem Tode beendet, das rechte Herzohr zeigte zu dieser Zeit noch schwache Zusammenziehungen. Schon während der Entleerung des Inhalts hatte sich die Mus- kulatur der Magenwand besonders im Bereich des Antrum pylori etwas kontrahiert, so daß die Einschnürungsstelle jetzt nicht mehr so deut- lich zu erkennen war. Der Magen stellte jetzt einen schlaffen Sack dar, der bei der Rückenlage der Leiche der hinteren Bauchwand an- lag, die linke Seite, also der Fundusteil, war sehr weit und verengerte sich trichterförmig gegen die Incisura angularis hin, die rechte stellte ein in der Mitte leicht ampullenförmig verdicktes, spindelförmiges Ge- bilde dar. Während der nächsten Minuten zog sich jedoch die Mus- kulatur des Magens nach und nach noch weiter zusammen, zunächst hauptsächlich in der rechten Hälfte, die bald nur mehr ein stark kon- trahiertes, leicht gebogenes, von vorn nach hinten verlaufendes wurst- förmiges Gebilde darstellte, dann aber auch in der linken Hälfte. Dabei drehte sich die große Kurvatur stark nach vorn, die kleine Kurvatur verblieb an ihrem Platze, erschien aber durch die Verände- rung in der Lage der großen Kurvatur jetzt nicht mehr nach oben, sondern nach hinten und oben gelagert. Etwa 10 Minuten nach seiner vollständigen Entleerung bietet der Magen das nämliche Bild dar wie der von Hıs (1903) beschriebene Hungermagen. Er erscheint nunmehr nur in den obersten Teilen des Fundus auf dem Querschnitt leicht längsoval, sonst in allen seinen Teilen kreisrund, die kleine Kurvatur umgreift die Wirbelsäule von Jinks 517 nach rechts, die Grenze zwischen Pars pylorica und Saccus ventrieuli ist nicht mehr deutlich zu erkennen, nur an der kleinen Kurvatur ist sie durch die eben sichtbare Incisura angularis angedeutet, die jedoch wegen der starken Zusammenziehung, welche der ganze Magen auch in der Längsrichtung erfahren hat und die offenbar im Fundusteil noch stärker ist als im Pylorusteil, jetzt verhältnismäßig näher an der Cardia liegt als früher. Von der Sanduhrform ist nichts mehr zu erkennen. Bei der Eröffnung zeigt die Schleimhaut das gewöhnliche Bild, wie wir es bei leeren, stark kontrahierten Magen finden. Die Falten verlaufen größtenteils in der Längsrichtung, sie springen kammartig vor und auch hier ist die Magenstraße deutlich zu erkennen. Die Stelle der früheren Einschnürung läßt sich weder an der Schleim- hautfläche noch auch auf Längsschnitten durch die ganze Wand im makroskopischen oder mikroskopischen Bild nachweisen. Auch in diesem Falle finden sich bei der genauesten Durchmusterung keinerlei krankhafte Erscheinungen, welche als Ursache für die isolierte Zu- sammenziehung in Betracht kommen könnten. Im dritten Fall handelt es sich um einen gleichfalls sehr kräftig gebauten 24jährigen polnischen Arbeiter, der auch vollkommen gesunde Organe zeigte. Die Leiche wird unmittelbar nach dem Tode mit Rısser’scher Lösung von den Carotiden aus durchspült und dann zum Zwecke der Fixation mit 10proz. Trichloressigsäure injiziert. Leider hatten sich dabei die Arteria coeliaca und mesenterica superior durch irgendeinen Zufall verstopft, so daß die Konservierung des Darmes mißglückte. Bei der 24 Stunden nach dem Tode erfolgten Eröffnung der Bauchhöhle erscheint der Magen gleichfalls sehr stark gefüllt, sein Inhalt beträgt etwa 2 Liter. Der Scheitel des Fundus ist ganz dicht an das Cardialende des Oesophagus gerückt und bildet mit ihm einen Winkel von kaum 15 Grad. Der Fundus liegt unter der linken Zwerchfellkuppe fest an die Milz angedrückt, die an ihm eine tiefe muldenförmige Delle hervorruft. Die große Kurvatur verläuft in der linken Körperseite fast vertikal nach abwärts, biegt dann in der Gegend der Spitze der elften Rippe scharf, fast recht- winkelig, nach rechts um und verläuft beinahe horizontal bis zur Medianlinie, von da ab steigt sie leicht nach rechts rückwärts und aufwärts, die Grenze zwischen Saccus und Antrum ist an ihr nicht zu erkennen. Der Pylorusteil steigt nach rechts etwas an, was besonders an 518 der kleinen Kurvatur deutlich zu erkennen ist, wo die als Einkerkung sichtbare Incisura angularis die Grenze zwischen den beiden Magen- teilen angibt. Sonst läßt sich weder äußerlich noch an der Schleim- hautoberfläche, die vollkommen glatt und faltenlos liegt, die Grenze zwischen Saccus und Antrum pylori feststellen. Es handelt sich also hier um einen gleichfalls überfüllten Magen, der die für diesen Zu- stand bekannten Verhältnisse zeigt. Allerdings wurde eben diese Leiche erst nach völliger Erschlaffung der gesamten Darmmuskulatur eröffnet. Der vierte Fall betrifft einen 24jährigen, untersetzten, sehr mus- kulösen Mann, der vollkommen gesunde Organe besitzt. Die ganze Leiche wird unmittelbar nach dem Tode durch Injektion von 10 proz. Formalinlösung von den Carotiden aus in der gewöhnlichen Weise fixiert. Nach 24 Stunden erfolgt die Eröffnung der Bauchhöhle, es zeigt sich, daß die Konservierungsflüssigkeit gut in alle Gefäße ein- gedrungen ist, die Fixation ist, wie auch die histologische Unter- suchung einzelner Darmabschnitte ergibt, vollkommen gelungen. Auch hier ist der Magen sehr stark angefüllt; wie ich durch spätere Messung feststellen konnte, betrug sein Inhalt an ziemlich stark eingedicktem Speisenbrei etwa 1900 cbem. Sonderbarerweise zeigt auch dieser Magen, wie der von Fall 1 und 2, deutliche Sanduhrform. Seine Gesamtlänge beträgt 28cm, die der kleinen Kurvatur von der Cardia bis zum Pylorus, entlang der Krümmung gemessen, 17 cm, die der großen Kurvatur 53 cm. Auch hier steht der Scheitel des Fundus am höchsten und liegt dem Oesophagus sehr nahe; der Winkel, den heide Teile miteinander bilden, beträgt höchstens 20 Grad, wie besonders auf Abb. 2 zu erkennen ist. Der Magenfundus verhält sich ebenfalls wie bei Fall 3, er drängt sich stark an die Milz an; diese verursacht an ihm einen tiefen, mulden- förmigen Eindruck. Die große Kurvatur verläuft anfangs in vertikaler Richtung nach abwärts und biegt in der Gegend des Knorpels der elften Rippe fast spitzwinkelig um. Von da aus verläuft sie jedoch nicht horizontal, sondern steigt im Bogen nach ‚rechts aufwärts; der untere Rand des Saccus ventriculi liegt dadurch fast parallel zum Rippenbogen, bis zu der scharf abgegrenzten zirkulären Einschnürung, die ungefähr in der Gegend der Mittellinie liegt und den Fundusteil gegen das Antrum pylori abgrenzt. Im großen und ganzen verhält sich aber der Fundus und Körper dieses Magens ebenso wie bei Fall 3. Der Pylorusteil steigt auch hier unter einem Winkel von ungefähr 45 Grad nach rechts hinten und oben an, er ist ampullenförmig er- > weitert; die große Kurvatur verläuft an ihm zuerst fast horizontal nach rechts und biegt dann scharf nach hinten und oben zu, fast unter einem rechten Winkel um. Sie erscheint im rechten Teil des Magens stärker nach vorn gedreht als im linken, es hat also eine leichte Torsion um die Längsachse stattgefunden. Gegen den Pylorus zu verjüngt sich der Magen sehr rasch; dieser liegt ebenso wie beim vorigen Fall unter dem linken Leberlappen verborgen, der eine leichte Impression an der Vorderfläche des Magens hervorruft. Die erwähnte ringförmige Einschnürung beginnt an der kleinen Kurvatur in der Incisura angularis, 9 cm von der Cardia, 7 cm vom Pylorus entfernt; sie ist etwa 1 cm breit und fühlt sich als sehr dicker, derber Ring durch die Magenwand ebenso an wie der Sphincter pylori. Sie verläuft genau zirkulär und trifft die große Kurvatur etwa 18 cm vom Pylorus, 35 cm von der Cardia entfernt. Auf der Seite der großen Kurvatur erscheint sie etwas tiefer einzuschneiden als auf der Seite der kleinen Kurvatur. Der Umfang des Magens beträgt an der weitesten Stelle des Corpus 36 cm, an der weitesten Stelle des Antrum pylori 21,5 cm, an der Einschnürungsstelle aber nur 10,5 cm. Der Peritonealüberzug ist vollkommen glatt, läßt aber im Be- reiche der Einschnürung feine, in der Längsrichtung verlaufende Runzeln erkennen, die sich beiderseits in der Magenwand verlieren, offenbar die durch das Peritoneum erkennbaren Bündel der Längs- muskulatur. Dank der guten Fixierung ist die Kontraktion des Pylorus eine sehr starke und es gelingt nicht, den Mageninhalt durch sanften Druck in den Dünndarm zu entleeren. Stärkerer Druck mußte aber ver- mieden werden, um nicht die Form und Lageverhältnisse zu zerstören. Der Magen wird im Zusammenhang mit dem Duodenum herausge- nommen und zeigt dann die Form, wie sie in Abb. 1 wiedergegeben ist. Die scharfe winkelige Knickung zwischen Cardialende des Oeso- phagus und dem Fundus ist nicht so deutlich ausgeprägt wie in situ, ebenso verschwindet die rechtwinkelige Knickung der großen Kurvatur. Auch die Dellen, welche die umgebenden Organe hervorgerufen haben, gleichen sich unter dem Druck des im Innern befindlichen Speisen- breies aus. Sehr deutlich aber, weil durch kein anderes Organ ver- deckt, ist jetzt die Einschnürung zu erkennen, welche den ganzen Magen etwa im Verhältnis von 3:1 in zwei ampullenförmige Ab- schnitte teilt und ihm so die typische Sanduhrform verleiht. Auch nach der Herausnahme zeigt es sich ganz deutlich, daß der Magen 520 leicht um seine Längsachse gedreht ist, denn im rechten Teil steht die große Kurvatur mehr nach vorn als im linken, wo die beiden Kurvaturen ungefähr senkrecht untereinander liegen. Diese Ver- schiedenheit dürfte wohl eine Folge der verschieden starken Füllung und Wandausdehnung der beiden Abschnitte sein; in dieser Hinsicht unterscheidet sich der rechte Abschnitt nicht so stark vom Hunger- magen als der linke, und mit dem geringeren Kaliberunterschied ist die Aufwärtsdrehung der großen Kurvatur eine größere. Um zu prüfen, wie fest der durch die Einschnürung hervorgerufene Abschluß der beiden Höhlen gegeneinander sei, ging ich von der Cardia Abb. 1. 1/, natürliche Größe. Erklärung im Text. aus mit dem Zeigefinger in das Mageninnere ein, tastete mich bis zu der verengten Stelle vor und versuchte in das Antrum pylori einzudringen. Dabei fühlte ich deutlich, daß die ganze Magenwand glatt ist und daß sich erst in der Gegend der Verengerung Falten finden. Es gelang mir jedoch nicht, da ich keinen starken Druck anwenden wollte, die Enge zu passieren, immer stieß der Finger beim Vortasten auf quer- gestellte Schleimhautfalten, die den Weiterweg versperrten. Erst als ich entlang der kleinen Kurvatur vorging, kam ich in einen engen, glatten Kanal, in welchem sich keine queren Schleimhautfalten be- fanden; er führte ohne jeden Widerstand gewissermaßen ganz selbst- verständlich in das Antrum pylori. Der Finger befand sich also jetzt in der Magenstraße (Waupever, 1908), der einzigen Stelle an der Einschnürung, die ein Passieren ohne Gewalt zuließ und so in die 521 rechte Hälfte des Magens führte. Auf diesem Wege gelang es auch leicht, vom Pylorusteil in den Fundusteil zu kommen, was an allen anderen Stellen wegen der queren Stellung der Schleimhautfalten gleichfalls unmöglich war. Die durch Betasten der Innenseite gewonnenen Befunde erhalten ihre volle Bestätigung, nachdem die Durchtrennung der Wand entlang der großen Kurvatur erfolgt war. Sowohl im Fundus- als auch im Pylorusteil liegt die Schleimhaut faltenlos glatt und zeigt gewöhnliches Aussehen. Im Bereiche desjenigen Teiles aber, der äußerlich der Einschnürung entsprach, liegt sie in breiten, kamm- und leistenartig vorspringenden Falten, deren Höhe bis zu 15 mm, deren Dicke 5 bis 8 mm beträgt. Im großen und ganzen verlaufen sie parallel zur Längsachse des Magens, zwischen je zwei von ihnen befinden sich also tiefe, längsverlaufende Rinnen. Diese sind jedoch vielfach durch quergestellte sekundäre Schleimhautfalten unterbrochen, die allent- halben vorhanden sind und die Längsfalten miteinander verbinden. Nur im Bereiche der kleinen Kurvatur finden sich zwei längsverlau- fende sehr hohe Leisten, die höchsten im Bereiche der ganzen ge- falteten Stelle, die zwar mit den Nachbarleisten, jedoch nicht unter- einander durch Querleisten verbunden sind. Sie bilden offenbar nach der Seite und nach unten hin die Begrenzung der Magenstraße und legen sich mit ihren höchsten Punkten aneinander, so ein richtiges längsverlaufendes Rohr an der kleinen Kurvatur abschließend, durch welches jederzeit, ebenso wie der tastende Finger, auch Flüssigkeiten und Speisen vom Fundus in das Antrum pylori gelangen können. Im Pylorusteil spaltet sich jede der beiden Falten in zwei Endäste, deren einer mehr gegen die kleine Kurvatur zu gelegen ist und sich bald, wie alle anderen Schleimhautleisten, im faltenlosen Teil der Mucosa verliert. Der andere aber biegt im scharfen Bogen nach unten zu um und verläuft als zirkuläre Falte bis zur großen Kurvatur, wo er sich mit einer gleichen, von der anderen Seite herkommenden, die andere Wand überquerenden Falte vereinigt. Besonders schön ist diese an der Vorderwand, aber auch sehr deutlich an der Rückwand ausgebildet; auf Abb. 2, welche die hintere Magenwand allein darstellt, die vordere ist an der großen und kleinen Kurvatur abgeschnitten, kommt der quere Verlauf dieser Falte sehr deutlich zum Ausdruck. Vom Pylorusende der beiden die Magenstraße begrenzenden Längs- falten gehen also, kurz gesagt, zwei Querfalten ab, die sich an der großen Kurvatur vereinigen und so einen besonders festen Abschluß 522 der beiden Magenteile gegeneinander bedingen. Auch in diesem Fall zeigt die Magenschleimhaut nirgends die geringsten Anzeichen einer bestehenden oder überstandenen Erkrankung, keinerlei Narben oder Einziehungen. Die Muskulatur wird von der Serosa aus präpariert. Schon auf makroskopischen Längsschnitten lassen sich an ihr einige Besonder- heiten erkennen, die noch deutlicher auf mikroskopischen Schnitten zutage treten. Ganz allgemein besitzt die Muskelschicht im Pylorus- teil etwa 1—2 mm Dicke, im Fundusteil aber nur 0,5—0,8 mm, sie Abb. 2. 1/, natürliche Größe. Erklärung im Text. ist in beiden Abschnitten vollkommen erschlafft. Im Bereich der Einschnürung verdickt sie sich zu einem zirkulären Wall, dessen dickste Stelle gegen die Innenseite des Magens zu dachgiebelförmig vorspringt und hier eine Mächtigkeit von 6 mm besitzt. Von da aus verdünnt sich der Muskelring nach beiden Seiten und geht ohne sicht- bare Grenzen in die Muskulatur der übrigen Magenwand über. Die ganze Breite der deutlich kontrahierten Stelle beträgt etwa 2 cm. ‘Wie sich bei der Präparation und der histologischen Untersuchung einwandfrei nachweisen läßt, besteht dieser verdickte Ringmuskel ledig- lich aus stark kontrahierten zirkulären Fasern, denen sich keinerlei Bündel der Längs- und Quermuskulatur zugesellen. Das Stratum longitudinale strahlt wie gewöhnlich von der Cardia fächerförmig über den Magen aus, es ist im allgemeinen nicht be- Bas... sonders kräftig entwickelt, nur ziehen mehrere sehr starke Bündel entlang der kleinen Kurvatur bis zum Pylorusteil. Einige feinere Bündel verlaufen schräg über den ganzen Magenkörper bis zur großen Kurvatur, um dann dieser entlang gleichfalls bis zum Pylorusteil zu gelangen. Auch ihre Fasern sind im Bereiche der Einschnürung kontrahiert. Die Ringmuskelschicht ist die mächtigste des ganzen Magens und zeigt das oben beschriebene Verhalten. Am schwächsten ist die Schrägfaserschicht entwickelt, doch sind auch ihre einzelnen Bündel gut darstellbar, die kräftigsten unter ihnen beginnen in der Plica cardiaca und ziehen von da schräg nach abwärts, um in der (Gegend der großen Kurvatur die Einschnürungsstelle zu erreichen und sich dort zu verlieren, ohne sich aber den zirkulären Fasern anzuschließen. Das auf mikroskopischen Schnitten gewonnene Bild bestätigt die makroskopisch erhobenen Befunde. Schleimhaut und Submucosa zeigen sewöhnlichen Bau. Die Muskulatur zeigt nirgends Besonderheiten, sie ist in allen Abschnitten der Magenwand erschlafft und nur im Bereiche der zirkulären Einschnürung sehr kräftig zusammengezogen. Die kontrahierten Fasern gehen ganz allmählich in die schlaffen über, gegen den Pylorusteil erfolgt der Übergang langsamer als gegen den Saccus ventriculi zu. Hier erscheint sogar, allerdings nur im Bereiche der kleinen Kurvatur, die kontrahierte Stelle ziemlich scharf gegen die schlaffe abgesetzt. Die Einschnürung selbst wird ausschließ- lich durch zirkuläre Fasern verursacht, an der Stelle der größten Dicke besitzt ihre Schicht, wie schon makroskopisch festgestellt, eine Mäch- tigkeit von 6 mm. Schrage Muskelfasern finden sich hier nicht mehr, dagegen eine deutlich erkennbare Längsmuskelschicht, deren Bündel im Bereiche der kontrahierten Stelle ebenfalls zusammengezogen er- scheinen. Die Submucosa ist über diesen Teilen wesentlich stärker als in den anderen Magenabschnitten, sie besitzt bis zu 12 mm Dicke, ein Verhalten, das schon makroskopisch festgestellt werden konnte und auch auf Abb. 2 deutlich zu erkennen ist. Von den Magen der Fälle 1 und 2 wurden gleichfalls mikro- skopische Längsschnitte durch die früher kontrahierte Stelle angelegt, bei ihnen war jedoch die ganze Muskulatur der Magenwand allent- halben sehr stark zusammengezogen, die Einschnürungsstelle konnte in keiner Weise mehr gegen die Umgebung abgegrenzt werden. Nach der Entleerung hatten sich eben, wie schon makroskopisch zu er- 524 kennen war, alle zirkulären Fasern gleichmäßig zusammengezogen, weshalb eine Abgrenzung einzelner Bündel nicht mehr gelang. Die im vorigen beschriebenen vier Fälle zeigen alle das Gemein- same, daß ihr Magen mehr oder weniger stark gefüllt, ja man kann sagen überfüllt war, er enthielt durchschnittlich 2 Liter Speisenbrei. Die Kapazität des Magens wird sehr verschieden angegeben, bei der Leiche beträgt sie bis zu 2—3 Litern, beim Lebenden jedoch, wie die Untersuchungen von Ewatp (1888), Rosenheim (1891), Kutta (1907) und anderen zeigen, höchstens 1700 cbem; wir sind also wohl be- rechtigt, für die hier beschriebenen Fälle die Bezeichnung stark über- füllt anzuwenden. Auch der von Hıs mit dieser Bezeichnung belegte Magen hält kaum mehr als 2 Liter Inhalt. Von diesen vier Magen zeigte nun nur einer diejenige Form, die wir sonst an Leichen zu sehen gewohnt sind, die anderen drei aber, die unmittelbar nach dem Tode beobachtet, bzw. sofort fixiert wurden, wiesen Sanduhrform auf, also eine Gestalt, die sonst im allgemeinen als krankhaft bezeichnet wird. Die Einschnürung, welche die Sanduhrform zur Folge hatte, war zwar keine sehr starke, ihr Umfang betrug 10,5—12 em. während er bei den von Pathologen beschriebenen Formen oft nur 3—4 em betragen kann (Hırsca, 1895). Jedenfalls aber war der Magen durch eine mittlere Einschnürung deutlich in zwei miteinander nur durch die Magenstraße verbundene ampullenförmige Abschnitte zerlegt. Im allgemeinen bezeichnet man als Sanduhrmagen wohl stets eine krankhafte Bildung, die entweder angeboren oder erworben sein kann. Kongenitale Sanduhrmagen scheinen äußerst selten zu sein, ja von manchen Autoren wird die Möglichkeit ihres Vorkommens überhaupt bestritten (Broman, 1911) und es handelt sich nach ihrer Ansicht stets um agonale Kontraktionserscheinungen einzelner Abschnitte der Ringmuskulatur. Häufig werden auch solche Bildungen als an- geborene Sanduhrmagen bezeichnet, die es in Wirklichkeit gar nicht sind. So beschreibt z. B. Saaxe (1890) einen Fall, in dem der Magen typische Sanduhrform zeigt; an der Schnürstelle, die in der Fortsetzung einer starken, über die Leber verlaufenden Schnürfurche liegt, fehlen fast alle Schleimhaut- falten, dagegen findet sich hier ein altes Ulcus. Die Muskulatur zeigt einige Besonderheiten, nämlich zwei starke, gut isolierbare Bündel an der Hinter- wand des Magens. Das eine zieht auf der rechten Seite des Oesophagus herab, wird verstärkt durch Bündel der Ringfaserschicht und steigt dann schräg abwärts an der Rückseite des Magens herab, um gerade an der Stelle der Stenose in den Pförtnerteil überzugehen und dessen Längsfaserschicht zu ver- stärken. Das zweite Bündel löst sich an der Stenose selbst aus dem Zu- 525 sammenhang mit den übrigen Längsfaserbündeln los, um sich dann hinter dem ersten Bündel schräg nach aufwärts und rechts zu wenden und schließ- lich in das Ligamentum hepatogastricum und hepatoduodenale zu gelangen. „Die beiden Muskelbündel lassen noch jetzt die physiologische Drehung des Magens erkennen und sind nur zu verstehen, wenn man sie als kongenital auffaßt.‘“ In dieser letzteren Hinsicht mag der Verfasser wohl recht haben, nicht aber darin, daß auch die Sanduhrform des Magens angeboren sei. Diese ist vielmehr lediglich eine indirekte Folge des an der Ein- schnürungsstelle befindlichen Ulcus, wie ja auch das völlige Fehlen der Schleimhautfalten im Bereiche der verengten Stelle beweist. Es handelt sich also um eine Narbenkontraktur, unter deren Einfluß die Mucosa und Submucosa eine weitgehende Rückbildung erfahren hat, nicht aber um einen angeborenen Sanduhrmagen. Angeboren sind lediglich die beiden ungewöhnlichen Muskelbündel, die jedoeh, da sie größtenteils in der Längsrichtung verlaufen, keine zirkuläre Kontraktion hervorgerufen haben können. Vielleicht bedingten sie allerdings eine starke Vorwölbung an einer Stelle der Magenschleimhaut, an der sich dann wegen des vermehrten Reizes das Geschwür und in seinem Ge- folge die anderen Krankheitserscheinungen ausbildeten. Erworbene Sanduhrmagen stellen ja keine allzu seltene Erkrankung dar, und für ihre Entstehung kommen nach Rırper (1907) vier ver- schiedene Ursachen in Betracht, nämlich: 1. Einfache Narbenbildung, als Folge von Geschwüren oder durch peritonitische Verwachsungen mit den Nachbarorganen, bzw. nach perigastritischen Prozessen. 2. Intra- oder extraventrikuläre Neubildungen in der Umgebung des Magens, welche raumbeengend wirken. 3. Beengende Kleider, so besonders stark zusammengeschnürte Rockbänder oder enganliegende Korsetts (bei Männern sicher auch Leibriemen, die zum Halten der Beinkleider dienen). 4. „Spasmodische Kontraktionen der Muskulatur an zirkumskripten Magenportionen.“ Die ersten beiden Möglichkeiten kommen bei den hier beschriebe- nen Fällen ohne weiteres in Wegfall, da es sich ja um vollkommen gesunde Menschen handelt, an deren Organen nicht die geringsten Krankheitsvorgänge nachweisbar. waren. Auch der dritte Umstand kann als Ursache ohne weiteres ausgeschlossen werden, da sich bei keinem der vier Männer irgendeine Andeutung einer Schnürfurche zeigte. Zudem findet ja, wie wir schon aus den Untersuchungen von 526 Hıs wissen (besonders Fall 11), stets als Folge des Schnürens auch eine weitgehende Verlagerung und Verunstaltung anderer Organe, so besonders der Leber, statt, die hier alle nicht zur Beobachtung kamen Es käme demnach nur noch die vierte Ursache in Frage; wir hätten es mit einem sog. spastischen Sanduhrmagen zu tun, also mit einer, wie schon der Name besagt, krampfhaften Zusammen- ziehung zirkumskripter Abschnitte der Ringmuskulatur. Eine solche umschriebene Zusammenziehung war ja zweifellos bei dreien der unter- suchten Leichen vorhanden; es fragt sich jedoch, ob wir sie wirklich als mehr oder weniger krankhafte Bildungen betrachten dürfen. Keiner der drei Männer hatte, soweit sich das feststellen läßt, jemals in seinem Leben an Magenbeschwerden gelitten; bei keinem fanden sich die ge- ringsten Anzeichen einer überstandenen oder noch bestehenden Krank- heit, und die reichliche Nahrungsaufnahme hatte gezeigt, daß der Appetit jedenfalls kein schlechter war. Bei jedem von ihnen lag da- gegen die Kontraktionsstelle genau an der Grenze zwischen Corpus ventriculi und Antrum pylori, also ebenda, wo man auf Grund der physiologischen Untersuchungen und der vor dem Röntgenschirm ausge- führten Beobachtungen einen besonderen Schließmuskel annehmen kann. Es liegt daher viel näher, anzunehmen, daß wir es bei der vor- gefundenen Erscheinung mit einem physiologischen Zustand zu tun haben, der jedoch nur beim lebenden, stark gefüllten Magen zur Be- obachtung kommt, bzw. unmittelbar nach dem Tode vor Eintritt der Leichenerscheinungen, unter deren Einfluß ja sehr rasch die Erschlaf- fung der gesamten Muskulatur des Magendarmkanals erfolgt. Daß sich der Magen funktionell in zwei getrennte Abschnitte zerlegen läßt, darf ja heute als feststehend angenommen werden. Der linke Teil dient als Nahrungsspeicher, er befindet sich im Zustand der tonischen Kontraktion und führt nur ganz unbedeutende Bewegungen aus, während der rechte sehr kräftige Bewegungen zeig. Um nun zu verhindern, daß durch diese energischen Muskelkontraktionen immer wieder Nahrung aus dem Antrum pylori in den linken Teil zurück- gepreßt wird, muß sich an der Grenze beider Abschnitte ein besonders kräftiger Muskelring befinden, der durch seine Kontraktion die beiden Teile gegeneinander abschließt. Die Physiologen bezeichnen, wie schon gesagt, diesen Muskel, der sich anatomisch am erschlafften oder kon- trahierten Magen nicht darstellen läßt, als Sphincter antri pylori. Nach dem Tode tritt sofort ein Stillstand der peristaltischen Be- wegungen des Magens ein; sie konnten bei keiner der beiden sofort 527 eröffneten Leichen, bei denen der Dickdarm noch rege Peristaltik zeigte, beobachtet werden. Mit dem Sistieren der Bewegungen be- findet sich offenbar die gesamte Muskulatur der Magenwand im Zu- stand der tonischen Kontraktion und schließt sich der Form des In- halts an. Das heißt: bei leerem Magen erfolgt eine starke Zusammen- ziehung aller Teile der Muskulatur, bei mäßig gefülltem Magen aber zieht sich in der Hauptsache die Wand des Antrum pylori zusammen und preßt dadurch den gesamten Inhalt in den Fundusteil, wo der Druck ein geringerer ist. Nur bei starker Füllung enthält auch noch das Antrum pylori Speisenbrei und zeigt deshalb nicht völlig kon- trahierte Wandung. Einzig und allein der Sphinkter, der ja auch im Leben sich nicht bewegt, sondern als Verschluß mehr oder weniger dauernd kontrahiert ist, behält in allen drei Fällen seinen Kontraktions- zustand bei, so lange, bis mit Eintritt der Leichenerscheinungen auch seine Erschlaffung eintritt. Dieser Zustand lag offenbar beim dritten Fall vor, der gleichfalls stark gefüllten Magen zeigte, aber erst nach 24 Stunden post mortem seziert wurde. Dank der mißglückten In- jektion hatten sich am Magen die Leichenerscheinungen abspielen können und er zeigte deshalb die nämliche Form, die wir auch sonst an Leichen zu sehen gewohnt sind. Wie bald nach dem Tode diese Erschlaffung der gesamten Magenwandmuskulatur eintritt, wissen wir nicht, jedenfalls genügt für ihr Zustandekommen die Zeit, welche ge- wöhnlich bis zur Sektion verstreicht. Unter gewöhnlichen Verhält- nissen wird ja die Leicheneröffnung frühestens einige Stunden nach dem Tode vorgenommen, wir finden dann, wie auch die histologischen Untersuchungen deutlich genug beweisen, meist schon mehr oder weniger ausgedehnte Leichenerscheinungen, und es ist nur in den seltensten Fällen möglich, wirklich lebensfrische Organe vom Menschen zu erhalten. Dazu kommt noch, daß Leute, die eines natürlichen Todes sterben, in den letzten Tagen oder wenigstens Stunden ihres Lebens meist sehr wenig Nahrung zu sich nehmen, so daß der Magen dann bei der Sektion mehr oder weniger leer, niemals aber überfüllt erscheint. Am leeren Magen tritt aber die Grenze zwischen den beiden Abtei- lungen nicht so deutlich hervor als am vollen, da ja durch die Zu- sammenziehung der gesamten Muskulatur keine zirkumskripte Einschnü- rung mehr zu erkennen ist. Alle diese Umstände mögen es erklären, daß die hier beschriebene Erscheinung bis jetzt noch wenig oder über- haupt fast gar nicht an Leichen beobachtet wurde. Im Röntgenbild läßt a aber die starke Peristaltik im Bereiche des Antrum pylori die zirkum- skripte Einschnürung und vor allem die Sanduhrform nicht so deutlich in Erscheinung treten, außer in den Fällen, wo eine krampfhafte Kon- traktion des Sphincter antri pylori bei Erschlaffung der gesamten übrigen Magenmuskulatur stattfindet, also beim spastischen Sanduhr- magen. Wie schon öfters erwähnt, hat Hıs (1903) bei einer ganzen Reihe von Leichen möglichst bald nach dem Tode, es handelte sich um Hingerichtete oder Selbstmörder, durch Totalinjektionen die Organe in ihrer natürlichen Form und Lage fixiert. Bei einem Teil der unter- suchten Leichen waren zwar auch schon postmortale Rückbildungs- vorgänge eingetreten, so vor allem bei den Selbstmördern, die ja ge- wöhnlich erst mehrere Stunden nach dem Tode zur Obduktion kommen. Bei einigen aber, so besonders bei Fall 1—4, war die Muskulatur der Magenwand noch nicht erschlafft, sie zeigte vielmehr kräftige Kon- traktion, und ihrer Beobachtung verdanken wir ja in erster Linie unsere heutigen Kenntnisse von der Form des leeren Magens. Die Gipsabgüsse aller von Hıs untersuchten Magen befinden sich in der Leipziger anatomischen Sammlung und ich habe sie auf eine An- deutung des Sphincter antri pylori untersucht. Bei Fall 1, einem kontrahierten leeren Magen, ist die Grenze zwischen den beiden Hälften durch eine seichte, von der Mitte der kleinen Kurvatur in der Incisura angularis beginnende und zirkulär verlaufende Rinne angedeutet. Bei Fall 2, einem ebenfalls leeren Magen, ist die gleiche Erscheinung recht deutlich erkennbar; sehr stark ausgesprochen ist die Sanduhrform bei Fall 3, dem ebenfalls fast leeren Magen eines 50 jährigen Erhängten. Schon Hıs macht auf die merkwürdige Bildung aufmerksam: „Der im allgemeinen stark kontrahierte Magen zeigt zwei blasige Auftreibungen, die eine in der Zona cardiaca, die andere vor der Hauptkammer. Im übrigen ist der Querschnitt kreisrund.* Am Gipsabguß ist deutlich zu erkennen, daß sich an der nämlichen Stelle wie bei den von mir untersuchten Magen eine sehr starke zirkuläre Einschnürung befindet, welche die beiden Abschnitte voneinander trennt. Auch bei Fall 4, dem Hungermagen eines 38jährigen Hingerich- teten, ist die Grenze zwischen Antrum pylori und Fundusteil sehr deutlich zu erkennen: „der linke Abschnitt der kleinen Kurvatur ist auf ein Minimum verkürzt, die Incisura angularis und der Anfang der Pars pylorica reichen bis nahe an die Cardia.“ „Die Pars pylorica des Magens und der obere Teil des Duodenums stellen sich als ein beinahe gestreckt verlaufendes, schräg herabsteigendes Rohr dar, an dem der Ort der Hauptkammer als eine blasige Auftreibung hervor- tritt.‘“ Hier erscheint also nur die linke Hälfte des Magens etwas erweitert und gegen die übrigen Abschnitte deutlich abgesetzt, die Muskulatur der ganzen rechten Hälfte ist ebenso stark kontrahiert als der Sphinkter selbst und deshalb nicht von ihm abzugrenzen. Fall 5, der überfüllte Magen eines 16jährigen Kellners, zeigt die Einschnürung nicht, sehr schön ist sie dagegen bei Fall 6, einer ge- sunden 20jährigen polnischen Bauernmagd, zu erkennen, deren Magen mäßige Füllung besitzt. Sie ist hier deutlich als seichte zirkuläre Furche erkennbar, 5 cm von der Cardia entfernt, beginnt aber nicht in der Incisura angularis; diese liegt vielmehr weiter gegen den Pylorus zu und „auffallend weit von der Cardia entfernt“ (etwa 9 cm). Durch die Einschnürung wird der Magen deutlich in zwei ampullenförmige Abteilungen gesondert. Auch bei Fall 15, dem etwas verlagerten, stark überfüllten Magen eines 15jährigen Knaben, ist die Einschnürung deutlich zu erkennen; sie beginnt in der Incisura angularis und trennt den ungeheuer aus- gedehnten Körper vom gleichfalls ampullenförmigen Antrum pylori. Auch bei Fall 16, dem Magen einer 21jährigen gesunden Fabrik- arbeiterin, ist „der Pylorusteil vom Körper durch eine tiefe Incisura angularis abgesetzt“, von ihr geht eine allerdings nur schwach aus- gebildete Furche zirkulär um den ganzen Magen, das Antrum ist kurz, aber deutlich ampullenförmig erweitert, der Saccus ventriculi dagegen ziemlich stark aufgetrieben. Die übrigen von Hıs beschriebenen Fälle betreffen solche Per- sonen, bei denen der Magen unter dem Einfluß besonderer physio- logischer oder auch pathologischer Vorgänge, in erster Linie der Schwangerschaft, dann aber auch unter dem Drucke der beengenden Kleidung mehr oder weniger starke Umbildungen erfahren hat. Unter ihnen befindet sich eine ganze Reihe von Schnürmagen, krankhafte Sanduhrmagen, die sich in Form und Lage und vor allem durch die unverkennbare Krankheitsursache grundlegend von den hier beschriebe- nen Fällen unterscheiden. Die auffällige Erscheinung, daß der Magen bei der Leiche manch- mal ohne Anwesenheit einer krankhaften Ursache Sanduhrform zeigen kann, wurde auch schon von anderer Seite mitgeteilt; es wurde ihr jedoch niemals höhere Bedeutung beigemessen und auch nie nach Anat. Anz. Bd. Bl. Aufsätze. 34 530 ihrer Entstehungsursache geforscht. Vor allem beschreibt sie PFAUNDLER (1898) im Anschluß an seine Untersuchungen über die Kapazität des Kindermagens. Er unterscheidet an der Leiche zwei verschiedene Formen, eine systolische und eine diastolische. Magen, welche der letzteren Form angehören, besitzen schlaffe und sehr dünne Wandung, die beiden Kurvaturen bilden glatte, regelmäßige Bogen, deren Krüm- mungshalbmesser von der Cardia gegen den Pylorus zu an Größe zunimmt. Die Magen des systolischen Typus sind relativ kleiner, ihre Wandung ist dick, als Folge der starken Zusammenziehung der Mus- kulatur, große und kleine Kurvatur sind mehrfach eingekerbt und zeigen deshalb welligen Verlauf. Gewöhnlich finden sich an zwei Stellen ringförmige Einschnürungen, welche das Lumen mehr oder weniger stark beengen: eine inkonstante, meist nicht besonders aus- _ geprägte an der Grenze zwischen Magenkörper und Fundus, und eine konstante, meist sehr ausgesprochene zwischen Antrum pylori und Magenkörper. Diese letztere kann wohl nichts anderes sein als die hier beschriebene Erscheinung, die Kontraktion des Sphinkter antri pylori. ForserL (1913), der die anatomische Struktur des Magens sehr eingehend untersucht und die einschlägige Literatur ausführlich, aber wenig übersichtlich zusammengestellt hat, erwähnt den Sphincter antri pylori überhaupt nicht, da er mit EK. Mürter (1897) bestrebt ist, den Namen Antrum pylori ganz verschwinden zu lassen; diese Bezeich- nung solle „verwirrend wirken“. Die von ihm vorgeschlagene neue Nomenklatur für die einzelnen Magenabschnitte ist jedoch keineswegs klarer als die bisher angewendete und wird deshalb wohl auch nicht imstande sein, die alten Bezeichnungen zu verdrängen. Er unter-. scheidet nämlich hauptsächlich auf Grund der Befunde am Röntgen- bilde, als morphologisch und funktionell getrennte Unterabteilungen des Magens, den Digestionssack, Saccus digestorius, und den Ent- leerungskanal, Canalis egestorius. Der letztere stellt nur den ganz kurzen, röhrenförmigen, unmittelbar vor dem Pylorus gelegenen End- abschnitt des Magens dar; er besitzt nur wenige Zentimeter Länge und zeigt keine weitere Gliederung. Am Digestionssacke dagegen kann man drei Abschnitte unterscheiden: den Fornix, der dem bisher als Fundus bezeichneten Teil entspricht, den Corpus, der dem Saccus ventriculi (His) analog ist, und den Sinus. Dieser letztere ist aber nichts anderes als das Antrum pylori. Das Falsche an der Forseur’schen Einteilung liegt nun darin, daß er diesen Abschnitt, der anatomisch, 531 was den Bau seiner Schleimhaut und Muskulatur betrifft, und vor allem funktionell unbedingt dem Pylorusteil und nicht dem Fundus zuzurechnen ist, doch der linken Magenhälfte zuteilt und demgemäß als Pylorusteil (Canalis egestorius) nur einen verschwindend kleinen Abschnitt des Magens gelten läßt. Die zirkuläre, durch isolierte Mus- kelkontraktion bedingte Furche, welche die beiden Magenhälften von- einander trennt, ist auch auf einer ganzen Reihe der von ForsELL abgebildeten Magen sehr deutlich zu erkennen, sie liegt stets an der Grenze zwischen Corpus und Sinus und kennzeichnet sehr klar, daß hier die Abscheidung der beiden Magenhälften gegeneinander erfolgen muß und nicht zwischen Sinus und Canalis egestorius. Hier findet sich zwar auch manchmal eine leichte Einschnürung, diese steht jedoch stets in Hinsicht auf ihre Deutlichkeit wesentlich hinter der durch die Zusammenziehung des Sphincter antri pylori erzeugten zurück, sie zeigt auch keinerlei Konstanz in bezug auf ihre Lage und ist wohl nichts anderes als eine mehr oder weniger gut fixierte peristaltische Welle. Wie unhaltbar die Forserr’sche Einteilung ist, zeigt wohl am besten seine Abbildung 27 (Tafel 9, Abb. 1), welche einen auf- geschnittenen Magen darstellt. Auf ihr ist die nämliche Anordnung der Schleimhautfalten wie bei den hier beschriebenen Fällen zu er- kennen. es besteht eine deutliche Grenze zwischen Saccus ventriculi und Antrum pylori, von einem Canalis egestorius ist jedoch nicht das geringste zu erkennen. Auch meine Abbildung 2 läßt deutlich genug erkennen, daß eine Abgrenzung des Canalis egestorius vom „Sinus“ untunlich ist, es sei denn, daß das ganze Antrum pylori als Canalis egestorius bezeichnet werde, als Sinus aber der unterste Ab- schnitt des Saccus ventriculi. Dies liegt aber auch nicht im Sinne FOorSsELLS. Wir können also am Magen der meisten, oder wahrscheinlich aller Leichen, die unmittelbar nach dem Tode, vor Eintritt der Er- schlaffung der gesamten Muskulatur des Verdauungskanales eröffnet werden und die keinerlei durch Totenstarre oder krankhafte Er- scheinungen veränderte Form aufweisen, den Sphincter antri pylori als deutlich erkennbaren, isoliert kontrahierten Ringmuskel nach- weisen, der den Fundusteil vom Antrum pylori trennt. Der betreffende Muskel hebt sich zwar in schlaffem Zustand nicht von der übrigen Muskulatur des Magens ab, um so deutlicher aber im kontrahierten Zustand, den er auch nach Erschlaffung der übrigen Magenmuskulatur noch längere Zeit bewahrt. Eine scharfe Abgrenzung gegenüber der 34* ar übrigen Ringmuskulatur ist nicht vorhanden, dies kann jedoch kein Hinderungsgrund sein, von einem besonderen Muskel zu sprechen, denn auch der Sphincter pylori setzt sich gegenüber der Muskulatur des Magens nicht scharf ab, nur gegenüber der des Darmes. Auf jeden Fall müssen die betreffenden Muskelpartien, welche durch ihre Zusammenziehung eine Trennung der beiden Magenhälften bewirken, sich durch die Art ihrer Innervation von den übrigen Teilen der Magenmuskulatur unterscheiden, denn nur dadurch ist ihre vollkommen isolierte Kontraktion zu erklären. Es ist dabei wohl möglich, daß für die Beobachtungen der ge- schilderten Erscheinungen die jetzige Zeit besonders günstig ist. Zweifel- los ist ja unter dem Einfluß des Krieges unsere Ernährung eine ganz andere geworden, wir nehmen sicherlich viel derbere, zum Teil auch weniger gut zubereitete Kost in wesentlich größeren Mengen auf als ehedem im Frieden, und dementsprechend muß sich der menschliche Magen den veränderten Anforderungen anpassen. Er muß an Aus- dehnungsfähigkeit zunehmen und seine Muskulatur wird sich unter dem Einfluß des höheren, von der derberen Nahrung ausgehenden funktionellen Reizes kräftigen und verdicken. Wissen wir ja doch aus den Untersuchungen von Roux (1906) und ScHortrLänpEr (1906) an Gänsen, daß sich die Stärke der Magenmuskulatur vollkommen nach der Art der aufgenommenen Speisen richtet, sie ist beträchtlich größer bei grober, schwer verdaulicher Nahrung als bei weicher, mehr breiartiger, zu deren Verarbeitung keine Muskelkraft notwendig ist. Mit der gesamten Magenmuskulatur muß aber auch der Sphincter antri pylori an Stärke gewinnen, denn je größer die Kraft ist, welche zur Zerkleinerung der Speisen im Pylorusteil aufgewendet werden muß, desto kräftiger muß auch der Druck des Muskels sein, der diesen Abschnitt vom Saccus ventriculi abtrennt. Genaue Messungen über die Stärke der Muskulatur des „Kriegsmagens“ liegen zwar noch nicht vor, eine funktionelle Hypertrophie im angedeuteten Sinne wäre jedoch sehr gut vorstellbar und sie würde es erklären, warum gerade in den hier beschriebenen Fällen an den sehr großen, stark überfüllten Magen die Einzelheiten sehr deutlich hervortreten. Kurz zusammengefaßt können wir also sagen, daß wir wohl dazu berechtigt sind, auch anatomisch einen Sphincter antri pylori zu unter- scheiden als einen Teil der zirkulären Muskulatur des Magens, der durch seine Kontraktion den Saccus ventriculi vom Antrum pylori trennt. Wenn bei starker Füllung des Magens nach dem Tode alle 533 iibrigen Partien der Muskulatur erschlafft sind, so bleibt seine Kon- traktion noch bestehen und erzeugt dadurch eine mehr oder weniger stark ausgebildete Sanduhrform, die jedoch mit den gleichnamigen pathologischen Bildungen nicht das geringste gemein hat. Leipzig, 3. August 1918. Literaturverzeichnis. Broman, I. (1911), Normale und abnorme Entwicklung des Menschen. Wies- baden. Ewatp, C. A. (1888), Klinik der Verdauungskrankheiten. II. Die Krankheiten des Magens. ForseLL, G. (1913), Uber die Beziehungen der Röntgenbilder des menschlichen Magens zu seinem anatomischen Bau. Fortschritte auf dem Gebiete der Röntgenstrahlen. Ergänzungsbd. Nr. 30. Hasse, C., u. Strecker, F. (1904), Der menschliche Magen. Anat. Anz. Bd, 25. Hasse, C., u. STRECKER, F. (1905), Der menschliche Magen. Arch. f. Anat. u. Entwicklungsgesch., Anat. Abt. Hirescw (1895), Über Sanduhrmagen. Vircuows Archiv Bd. 140. His, W. 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Die Ein- schnürung umfaßte stets den unteren Abschnitt des Corpus und das Grenzgebiet zwischen Corpus und Vestibulum. AscHorr bezeichnet die betreffende Einschnürung als den Engpaß des Magens, bringt auch noch eine Reihe von Angaben aus anderen Arbeiten, welche auf die nämliche Erscheinung hinweisen, die ich jedoch in meiner Mitteilung, da sie keine ausführliche Zusammenfassung der einschlägigen Literatur bringen soll, nicht erwähnt habe. Im allgemeinen erstreckt sich bei den dort beschriebenen Fällen der kontrahierte Teil des Magens über einen größeren, mehrere Zentimeter langen Abschnitt, eine so scharf nach beiden Seiten hin abgegrenzte Abschnürung, wie in den von mir untersuchten Fällen, wurde scheinbar nie beobachtet. Dies mag in der starken Füllung der von mir beobachteten Magen begründet sein. AscHorr erblickt im Isthmus in der gleichen Weise wie die Physio- logen den Ausdruck der funktionellen Zweiteilung des Magens. Ab- gesehen von der Anwendung der Nomenklatur stimmen meine Befunde im großen und ganzen mit seinen überein, sie widerlegen nur den einen Satz: „Umgekehrt schwindet ein Isthmus bei zunehmender Fül- lung des Magens und fortschreitender Verdauung“. Denn in den drei von mir beobachteten Fällen handelte es sich um stark, ja sogar über- mäßig gefüllte Magen, die mindestens 6 Stunden nach der letzten Nahrungsaufnahme seziert wurden. Es scheint daher wahrscheinlicher, daß die starke Füllung die Zweiteilung des Magens während des Lebens zwar nicht zum Verschwinden bringt, wohl aber das rasche Eintreten der kadaverösen Erschlaffung der Magenwand beschleunigt und damit die Möglichkeit verringert, wie dies auch mein Fall 3 zeigt, daß die Einschnürung bis zur Vornahme der Leicheneröffnung bestehen bleibt. 535 Nachdruck verboten. Über Riesenepithel- und -drüsenzellen in der Epidermis des Laubfrosches. Von Prof. W. J. Scumipr in Bonn. Mit 9 Abbildungen. (Aus dem Laboratorium der Univ.-Klinik für Hautkrankheiten in Bonn.) Bei einer Untersuchung über den Farbenwechsel des Laubfrosches fielen mir in der Epidermis dieses Tieres eigentümliche Verhältnisse auf, die anscheinend bis jetzt noch nicht beschrieben sind, aber schon vom allgemein histologischen Gesichtspunkt einer Mitteilung wert er- scheinen. Es handelt sich um zweierlei riesige Zellformen in der Epidermis, deren weder in der Anatomie des Frosches von Gaupp?*) noch in der Monographie über das Integument der Laubfrösche von Fıcaugı?) gedacht wird. Dabei muß ich allerdings bemerken, daß diese Gebilde nicht regelmäßig, sondern nur gelegentlich vorkommen und daher und auch mit Rücksicht auf einige Eigentümlichkeiten ihres Baues wohl als pathologisch bezeichnet werden müssen. Ganz selten scheinen sie allerdings nicht aufzutreten; denn unter etwa 15 Laub- fröschen, deren Rückenhaut ich an Schnitten untersuchte, fand ich die eine Zellform, die im folgenden als Riesenepithelzelle geschildert wird, bei zwei Exemplaren verschiedener Herkunft, die andere dagegen, welche ich Riesendrüsenzelle nennen möchte, außerdem bei einem der beiden genannten Stücke. Das gemeinsame Vorkommen der beiderlei Gebilde bei ein und demselben Tier legte zunächst die Vermutung nahe, daß es sich vielleicht um verschiedene Entwickelungszustände des gleichen Struktur- verhältnisses handelte. Da aber die beiden Zellformen stets in wesent- lichen Punkten, z. B. Kernzahl, Besitz bzw. Fehlen eines Sekretbehälters usw. sich unterscheiden, Übergangsformen nicht beobachtet wurden und nicht einmal ungezwungen vorstellbar sind, so muß dieses Zusammen- treffen als zufällig gelten. Von vorn herein sei auch darauf hinge- wiesen, daß einzellige Gewebsparasiten nicht in Frage kommen können, weil sowohl die Riesenepithelzellen als auch die Riesendrüsenzellen 1) 3. Abt. Braunschweig 1904. 2) Atti della R. Accad. Peloritana in Messina anno XI, 1896/97. 536 mit den umgebenden Elementen der Epidermis durch Zellbrücken ver- bunden sind. Dieser Umstand zeigt vielmehr mit Bestimmtheit, daß die in der Oberhaut befindlichen Gebilde beiderlei Art epithelialer Herkunft sind. — Die Riesenepithelzellen (Abb. 1—4) sind meist ungefähr kugelige Gebilde, die im Stratum Malpighii der Epidermis gelegen sind, sei es so, daß ihr Unterrand die basale Zylinderzellenschicht unmittel- bar berührt (Abb. 4a), sei es, daß sich noch 1—2 Lagen polyedrischer Zellen dazwischen schieben ; mit ihrem Oberrand erreichen sie nie die Hornschicht, sondern bleiben stets um einige Schichten abgeplatteter Abb. 1. Abb. 2. Abb. 1. Kleinere, dreikernige Riesenepithelzelle mit ihrer Umgebung; an ihrer rechten Seite Zellbrücken deutlich; Fixierung Fremmises starkes Gemisch; Färbung Eisenhämatoxylin; Vergr. 800:1. Abb. 2. Anschnitt einer größeren (mehrkernigen) Riesenepithelzelle nebst Umgebung; nur ein Kern mit lockerem Gerüst und großem vakuolisierten Nukleolus getroffen; konzentrischer Bau des Zellplasmas. Fixierung FLemminas starkes Gemisch; Färbung Pyronin-Methylgriin nach Parpennemm; Vergr. 800: 1. Zellen unter ihr zuriick. Der Durchmesser der Zellen schwankt etwa zwischen 25 und 50 yp, ist demnach so erheblich, daß sie sich schon unter schwachen Vergrößerungen von ihrer Umgebung deutlich unter- scheiden lassen; er übertrifft den der gewöhnlichen Epithelzellen um ein mehrfaches, womit natürlich eine ganz enorme Steigerung des Volumens einhergeht. Die unmittelbar benachbarten Epithelzellen weisen entsprechend der Einlagerung eines solch großen, annähernd kugeligen Gebildes in die Oberhaut Deformationen auf: tangential zur Oberfläche der Riesenzelle in die Länge gestreckt, geben sie nach 537 dieser hin ihre polyedrische Begrenzung auf, sind vielmehr entsprechend der Wölbung der Kugel ausgehöhlt und schmiegen sich ihr dicht an. Dieses Verhalten beweist, daß die Riesenzelle auf die umgebenden Epi- thelzellen, die im übrigen völlig normal ausgebildet sind, Druck ausübte. Abgesehen von ihrer Größe und Form zeichnen sich die Riesen- epithelzellen durch ihre Mehrkernigkeit aus: ich beobachtete zwei- (Abb. 3) und dreikernige Zellen (Abb. 1). Die Kerne nehmen immer den mittleren Teil der Zelle ein. Nur in kleineren Riesenzellen bleiben sie, obwohl dicht bei einander liegend, kugelig oder ellipsoidal (Abb. 1 u. 4a); in größeren dagegen (Abb. 3) platten sich die Kerne an ihren einander zugekehrten Seiten ab; so besteht bei zwei Kernen eine Abflachungsebene, bei drei Kernen dagegen drei, die unter Winkeln von 120° aufeinanderstehen (wie an Flachschnitten der Haut fest- zustellen ist). Zweikernige Riesenepithelzellen besitzen öfter den Umriß eines langgestreckten BR Ovals, dessen große Achse der Epidermis- |< fläche parallel verläuft; die Form der beiden /- / Kerne ist dementsprechend gestaltet. Beidem \f, Umfang der Zellen und einer Schnittdicke von 10 erscheinen nur von den kleineren Riesen- epithelzellen alle Kerne im gleichen Schnitt. So kann man Bildern begegnen (Abb. 2), die oe egies einkernige Zellen vortäuschen, aber doch ge- |, Be en es mäß der Durchsicht von Schnittreihen nur Fixierung Freuuines starkes Abschnitte mehrkerniger darstellen. Bei ee ae Ra, weniger umfangreichen Zellen genügt manch- Vergr. 800:1. mal ein ausgiebiger Gebrauch der Mikro- meterschraube, um die verschiedenen Kerne Hacheinlander in die Bildebene des Mikroskopes zu bringen: Abb. 4a stellt eine Zelle dar, deren zwei Kerne, in derselben Ebene nebeneinander gelegen, gleich- zeitig sichtbar sind; der dritte, bei anderer Einstellung wahrnehmbare Kern ist in Abb. 4b wiedergegeben. Wie die Riesenepithelzellen im ganzen, so erreichen auch ihre Kerne bei den größeren Zellen ganz beträchtliche Ausmaße, un- gefähr bis zu 25 py. In zweikernigen Zellen sind beide Kerne an- nähernd von gleichem Umfang; das scheint auch in der Regel von den dreikernigen zu gelten. Doch beobachtete ich einmal (Abb. 4a u. b), daß in einer dreikernigen Zelle zwei (untereinander gleich große) Kerne wesentlich kleiner waren als der dritte. In einem solchen Falle wird 538 man wohl mit der Annahme nicht fehlgehen, daß die beiden gleich- artigen Kerne Tochterkerne eines Mutterkernes aus dem vorauf- gegangenen zweikernigen Zustand sind. Der Bau der Kerne weicht beträchtlich von dem gewöhnlicher Epidermiskerne ab. Während die letzteren außer 1—2 Nukleolen ziemlich viel Chromatin in Form kleiner, kräftig färbbarer Brocken enthalten, besteht das Kerngerüst der Riesenepithelzellen aus spär- lichen, dünnen, schwach färbbaren Strängen, die, netzig verbunden, weite Maschen umschließen (Abb. 2 u. 3). In den kleineren Riesen- zellen (Abb. 1 und 4a u. b) ähnelt der Aufbau der Kerne noch mehr dem gewöhnlichen Epidermiskerne. Fast ausnahmslos (s. dagegen Abb. 4a!) weisen die Kerne der Riesenzellen große Nukleolen auf, meist in Einzahl (Abb. 1, 2, 3), selten in Zweizahl (Abb. 4b). Der Umfang eines solchen Nukleolus kann fast den eines gewöhn- lichen Epidermiskernes erreichen (Abb. 2). Die Kernkörperchen, welche sich im mittleren Teil des Kernes. halten, wenn sie auch oft nicht genau sein Centrum einnehmen, be- sitzen fastimmer eine oder mehrere Yaknolen (Abb. Abb.4. a) Kleinere (dreikernige) Riesenepithel- 1—3); nur den Kernen zelle mit ihrer Umgebung; die beiden bei der ge- kleinerer Tiosonzellen. Millen nsllltag, inhbaren ene ee scheinen sie zu fehlen. wumhüllt; rechts und unten Zellbrücken kenntlich. Die helle Lücke, welche b) der bei veränderter Einstellung wahrnehmbare : dritte Kern. Fixierung FLemnmings starkes Gemisch; die Nukleolen öfter vom Färbung Eisenhämatoxylin; Vergr. 800:1. Kerngerüst trennt, ist wohl ein Schrumpfraum (Abb. 4b). Gegen das Plasma sind die Kerne durch eine deutliche Membran geschieden. Das Cytoplasma der Riesenepithelzellen erscheint locker, fein- körnig, gewöhnlich heller als das der normalen Epidermiszellen. Bis- weilen bietet es Andeutungen einer konzentrischen Streifung (Abb. 2). In einem Falle (Abb. 4a u. b) beobachtete ich eine kapselartige Ab- grenzung des Plasmas dicht um die Kerne herum. Abb. 4a. Abb. 4b. 539 Nach außen wird der Zelleib, wie bei den Zellen Stratum Mal- pighii überhaupt, nicht von einer besonderen Membran abgeschlossen; die scharfe Umrandung, die manche der Zellen aufweisen, ist viel mehr durch die infolge des Druckes verdichtete Oberfläche der angrenzenden Epithelzellen bedingt. Die Riesenzellen stehen mit den anstoßenden Epidermiszellen durch Zellbrücken in Verbindung. Als fädige Gebilde treten sie deutlich hervor, wenn die Zellen etwas geschrumpft sind (Abb. 1 u. 4a); nicht so leicht lassen sie sich als punktförmige Brücken bei intakter Zellform wahrnehmen. Von allen Riesenepithelzellen, die mir vor Augen kamen, waren selbst die kleinsten schon so groß, daß sie sich, auch abgesehen von ihrer Mehrkernigkeit, ohne weiteres von gewöhnlichen Epithelzellen unterscheiden ließen; solche Zustände, die den Namen von Über- gangsstadien zwischen gewöhnlichen Epithel- und Riesenzellen ver- dienten, habe ich nicht gesehen. Immerhin erinnern aber die Kerne der kleineren Riesenzellen mehr an die normalen Epidermiskerne als jene der größeren; mit fortschreitendem Wachstum prägt sich somit die Eigenart dieser Elemente immer mehr aus. Ist nur ein Kern ge- troffen (Abb. 2), so gleichen die Riesenepithelzellen durch Form und bedeutende Größe, durch den mächtigen, chromatinarmen, mit großem Nukleolus versehenen Kern ganz auffallend Eizellen vor der Reife (Oocyten). Niemand aber dürfte deshalb etwa annehmen wollen, es handle sich um versprengte Keimzellen; kommen doch manche Eigen- tümlichkeiten der Riesenzellen, etwa die Chromatinarmut und die mächtige Entwickelung des vakuolisierten Nukleolus, auch anderen sroßen Zellformen, z. B. den Ganglienzellen, zu. Vielmehr halte ich für die nächstliegende Erklärung der Riesenepithelzellen ihre Deutung als hydropisch veränderte Epidermiszellen. Durch solche Annahme einer abnormen Wasseraufnahme ergibt sich am einfachsten, warum die Riesenzellen und ihre Kerne so bedeutende Größe angenommen, die polyedrische Form gewöhnlicher Epithelzellen aufgegeben haben und kugelig geworden sind, ferner die lockere Be- schaffenheit ihres Cytoplasmas und Kerngerüstes und auch wohl die Vakuolisierung der Nukleolen. Die Mehrkernigkeit an sich vermag diese Anschauung natürlich nicht zu erklären. Vielkernige (zweikernige) Zellen kommen in Epithelien, ein- schichtigen und geschichteten, nicht selten vor; ihre Mehrkernigkeit entsteht wohl meist auf amitotischem Wege. Doch erreichen derartige Zellen, wenn sie auch größer sind als normale, niemals den gewaltigen 540 Umfang der von uns beschriebenen Elemente; das gilt insbesondere für ihre Kerne, die oft sogar kleiner sind als die einkerniger Zellen, ein Hinweis auf ihren amitotischen Ursprung. Vielkernigkeit und Riesenwuchs brauchen daher in Epithelzellen nicht notwendig Hand in Hand zu gehen. Ob die Kerne bei unseren Riesenzellen der Mi- tose oder Amitose ihren Ursprung verdanken, läßt sich nicht sicher entscheiden; doch sprechen wohl Fälle, in denen die Kerngröße mit der steigenden Kernzahl abnimmt (Abb. 4a u. b) für amitotische Ent- stehung. Jedenfalls finden die Kernteilungen in den Riesenepithel- zellen frühzeitig statt, und dann erst folgt das ungewöhnliche Wachs- Abb. 5. Riesendrüsenzelle, mitten durchschnitten; im Centrum der elliptische Sekretbehälter, rechts und links von ihm der Kern getroffen. Fixierung Fiemies starkes Gemisch; Färbung Thionin und Eosin. Vergr. 800:1. tum, das nach unserer Deutung hauptsächlich auf Wasseraufnahme zurückzuführen wäre. Anzeichen von Sekretbildung, die ja in manchen Fällen durch dessen massenhafte Anhäufung zu beträchtlicher Ver- größerung des Zelleibes Veranlassung geben können, habe ich nie be- merkt. Ebenso wenig zeigen die Zellen Verhornungserscheinungen. — Mehr Interesse noch als die eben geschilderten Elemente können die Riesendrüsenzellen beanspruchen. Im Schnitt eiförmig mit dem großen Durchmesser parallel zur Fläche der Haut, sind sie von so gewaltiger Größe, daß sie fast die ganze Dicke der Epidermis ein- « \ 541 nehmen und gar nicht selten ihre Oberfläche leicht vorwölben (Abb. 5). Ihr Unterrand reicht bis an die Schicht der basalen Zylinderzellen, die unter dem Einfluß des großen in die Epidermis eingelagerten Ge- bildes abgeplattet sind, so daß ihre Kerne zum Teil nicht, wie gewöhn- lich. mit ihrem großen Durchmesser senkrecht zur Fläche der Haut stehen, sondern mit ihrem kleinen. Auch der Oberrand tritt so nahe an die Hornschicht heran, so daß hier für andere Epithelzellen nur wenig Raum bleibt. In der Mitte des Oberrandes hängt die Riesen- drüsenzelle mittels einer flach kegelförmigen Ausweitung mit der Horn- schicht bzw. der Außenwelt zusammen. Die Zellen schwankten nur wenig in ihrer Größe; ihr längerer Durchmesser beträgt ungefähr 100 y, damit übertreffen sie die gewöhnlichen Epidermiszellen um ein vielhundertfaches ihres Volumens. Die Gestalt der Zellen ist meist ziemlich regelmäßig, doch weisen sie gelegentlich seichte Einbuch- tungen auf, wie an Abb. 8, einem Flachschnitt der Haut entnommen, zu erkennen ist. 5 Geht ein Querschnitt der Haut mitten durch eine solche Riesen- drüsenzelle hindurch, so gewahrt man folgendes (Abb. 5). Mitten in der Zelle liegt ein elliptisches Gebilde, senkrecht mit seiner großen Achse zur Oberfläche der Haut; es entsendet einen stielartigen Fort- satz in die eben erwähnte Ausziehung am Oberrand der Zelle hinein. Vom Unterrand hält es einen gewissen Abstand ein; es ist, wie eine genaue Betrachtung lehren wird, ein Sekretbehälter bzw. eine Sekretmasse. Rechts und links von ihm, aber mehr im unteren Teil der Zelle, erscheinen zwei ebenfalls elliptische, aber kleinere, strukturell gleichartige Durchschnitte, die oft zwischen sich und dem angrenzenden Plasma größere oder kleinere Schrumpflücken lassen; es handelt sich um den Zellkern, der zweimal vom Schnitt getroffen ist. Betrachten wir zunächst den Kern genauer. Sieht man sich eine Reihe aufeinander folgender Schnitte durch eine Riesendrüsenzelle an, so verfolgt man, wie in den seitlichen Teilen der Zelle die beiden Querschnitte des Kernes größer werden, sich einander nähern und schließlich miteinander verschmelzen (Abb. 6). Alsdann erscheint der Kern als ein längliches, aber etwas unregelmäßig begrenztes Gebilde. Beim Gebrauch der Mikrometerschraube kann man manchmal fest- stellen, daß der Kern an seiner dem Sekretbehälter zugekehrten Seite ausgehöhlt ist. Diese Beobachtung, zusammen mit der eben geschil- derten, nötigt zur Annahme, daß der Kern den Sekretbehälter in Form eines Hufeisens oder Ringabschnittes umzieht. Das bestätigen voll- 542 kommen Flachschnitte durch die Haut (Abb. 8), in denen der Kern als ein etwas unregelmäßiges, wurstförmiges Gebilde den Sekretbehälter größtenteils umschießt. Manchmal begegnet man auf den Schnitten kleineren Stücken von Kernmasse (Abb. 8), die anscheinend ohne Zusammenhang mit dem Hauptteil desselben sind; doch läßt sich in der Regel auf benachbarten Schnitten sicherstellen, daß sie doch mit jenem zusammenfließen. Die Riesendrüsenzellen sind also einkernig, was ich besonders mit Rücksicht auf eine etwaige Verwandtschaft mit den Riesenepithelzellen (s. 0.) hervorheben möchte. Die enormen Kerne der Riesendrüsenzellen sind stets in den Präparaten etwas geschrumpft, daher vom umgebenden Plasma durch Spalten getrennt (Abb. 5, 6, 8) und an ihrer Oberfläche ge- fältelt (Abb. 6), so daß sie stellenweise wie zerknittert aussehen. Sie bestehen aus zahlreichen kleinen, dicht- gelagerten und stellenweise netzartig miteinander ver- fließenden, stark färbbaren Chromatinkörnchen (Abb. 6 u. 8), umschließen aber in ihrem Inneren größere vaku- Abb. 6. Seitlicher Querschnitt einer Riesen- olenartige Räume, die oft in drüsenzelle; nur der Kern sichtbar. Fixierung ;hrer Mitte kleine. rundliche Fremuines starkes Gemisch; Färbung Eisen- J 3 hämatoxylin. Vergr. 800: 1. dunkel färbbare Massen ent- halten. Ob diese Nukleolen entsprechen, ist mir zweifelhaft, auch aus dem Grunde, weil gelegent- lich in den Kernen große Nukleolen vorkommen, ganz ähnlich denen in den vorhin beschriebenen Riesenepithelzellen. Der Sekretbehälter ist ein ellipsoidales, sehr regelmäßig geformtes Gebilde, dessen große Achse senkrecht zur Fläche der Haut steht (Abb.5): im Flachschnitt der Haut erscheint sein Umriß kreisförmig (Abb. 8). Er wird von einer sehr feinkörnigen Masse erfüllt (Abb. 5 u. 8), in der bisweilen spärliche kleine kugelige Hohlräumchen oder Körnchen vorkommen. Diese Inhaltmasse färbt sich mit Eisenhämatoxylin ziem- lich schwach, mit Pyronin-Methylgrün rot, mit Thionin-Eosin blau. Aus der letzten Reaktion könnte man auf eine schleim-(mucin-)artige Beschaffenheit derselben schießen. Gegen das Plasma ist dieses 543 „Sekret“ durch eine feine Membran geschieden, die in der Nähe des stielartigen Fortsatzes am oberen Ende des Behälters sich regelmäßig stärker tingiert (Abb. 5). Der Stiel, welcher stets gut abgesetzt vom Sekretbehälter ausgeht, ist ein Röhrchen, dessen Wand sich kontinuier- lich in die des Behälters fortsetzt, aber nach außen hin ständig an Dicke zunimmt; er stellt daher einen Ausführgang des Sekretbehälters dar und ist gleich diesem von der geschilderten Inhaltsmasse erfüllt. An manchen Präparaten scheint der Ausführgang quer abgeschnitten unter der dünnen (bei Eisenhämatoxylinfärbung kräftig geschwärzten) Hornschicht zu endigen (Abb. 5). In anderen Fällen dagegen habe ich deutlich festgestellt, daß er auch die Hornschicht durchbricht und somit auf der freien Oberfläche der Haut mündet (Abb. 7). Dabei kann der Ausführgang leichte Krümmungen zeigen, so daß er nur bei wechselnder Einstellung in seinem ganzen Verlauf zu überschauen ist. Daraus würden sich auch manche Fälle, in denen der Sekretbehälter von der Hornschicht geschlossen erscheint, im Sinne der letztgenannten Beobachtung deuten lassen. Wenn ich, der Schilderung der ein- zelnen Befunde vorausgreifend, mir er- Ko ah des Bokzet- laubt habe, das vom Kern umschlossene, behälters einer Riesendrüsenzelle. ellipsoidale, von einer feinkörnigen Masse Fixierung Fienives starkes Ge- nr A misch ; Färbung Eisenhämatoxylin. erfüllte, gegen seine Umgebung durch Vergr, 800:1. eine Membran abgesetzte, durch einen Ausführungsgang (wenigstens oft) mit der Außenwelt in Verbindung stehende Gebilde als Sekretbehälter zu bezeichnen, so dürften die bier nochmals kurz zusammengefaßten Eigentümlichkeiten wohl hinreichen, eine derartige Deutung zu rechtfertigen. Ist sie richtig, dann wird damit auch der in Rede stehenden Riesenzellform der Charakter einer ein- zelligen Drüse gegeben. Für einzellige Drüsen bei Wirbeltieren ist die scharfe Abgrenzung der Sekretmasse gegen das umgebende Plasma ungewöhnlich, ebenso wie die Bildung des intrazellulären Aus- führganges; bei Wirbellosen, insbesondere bei Insekten, sind dagegen funktionell ähnliche Bauverhältnisse einzelliger Drüsen nicht selten. Deuten wir die Zelle als Drüsenzelle, so fügt sich auch die mächtige Entwickelung des chromatinreichen Kernes allen jenen neueren Er- fahrungen leicht ein, die das Sekret vom Kern herleiten. In einem Falle (Abb. 8) sah ich außen um die Membran des 544 Kernbehälters herum eine dünne, etwas unregelmäßige Schicht einer Masse, die in ihrem Verhalten ganz an das Sekret erinnerte. Solches Vorkommen zeigt wohl, daß die Membran des Sekretbehälters nicht anders als die äußerste erhärtete oder auch vielleicht chemisch ver- änderte Schicht der ellipsoidalen Sekretmasse selbst ist; denn hier sehen wir, daß um den Sekretbehälter herum nochmals Sekret gebil- det wird. So gelangt man zur Vorstellung, daß die Membran des Sekretbehälters normalerweise erst zur Abscheidung kommt, wenn die gesamte Menge des Sekrets geliefert ist. Abb. 8. Riesendriisenzelle aus einem Flachschnitt der Haut. Der Kern um- greift größtenteils den central gelegenen Sekretbehälter. Fixierung FLemmines starkes Gemisch; Färbung Eisenhämatoxylin. Vergr. 800:1. Das Plasma der Riesendrüsenzellen ist in seiner ganzen Aus- dehnung ziemlich gleichartig grob gekörnt; nur stellenweise treten in ihm etwas dunklere, wenig scharf begrenzte Einlagerungen auf. Mit den benachbarten Epidermiszellen stehen die Riesendrüsenzellen, wie schon eingangs gesagt, durch Zellbrücken in Zusammenhang. Da mir die Riesendrüsenzellen nur in einem, anscheinend dem vollentwickelten Zustand, vorliegen, hält es natürlich sehr schwer, sich 545 ein Urteil über ihre Entstehung aus gewöhnlichen Epidermiszellen zu bilden; besonders gilt das für die Ausgestaltung des Sekretbehälters und seinen Zusammenhang mit der Außenwelt. Man wird wohl nicht irren, wenn schon auf frühen Entwickelungsstadien der Zellen die letztgenannte Beziehung zur Außenwelt festgelegt ist, mit anderen Worten, es ist wahrscheinlich, daß die Zellen aus kleineren drüsen- zellartigen Elementen hervorgegangen sind und ihre riesige Größe und damit auch Form und Ausbildung des Kernes nur beson- deren Umständen verdanken. Erkennt man einen solchen Gesichts- punkt als richtig an, dann scheinen mir als Ausgangsgebilde für die Riesendrüsenzellen nur die Rupxerr’schen Zellen in Frage zu kommen. Von RupNEFF wurden 1865 (vgl. hierüber sowie über die Ge- schichte der hier interessierenden Zellen überhaupt bei Gaupp a. a. O., S. 468) flaschenförmige Zellen in der Epidermis des Frosches gefunden, mit denen sich später EBERTH, Fr. E. ScHuLzE, LEYDIG wiederum beschäftigt haben, die von PrirzNeR auch in der Oberhaut des Feuersalamanders festgestellt wurden. Diese Flaschenzellen treten im Stratum mucosum auf und besitzen einen unteren rundlichen oder eiförmigen Bauch und einen schmäleren Hals; im unteren dicken Teil liegt ein bläschenförmiger Kern. Die Zellen sind mit ihrem langen Durchmesser senkrecht zur Oberfläche der Epidermis gestellt, und zwar endigt der Hals in einer kleinen rundlichen, scharf begrenzten Lücke, die zwischen einigen Zellen der obersten Lage des Stratum Malpighii eingeschaltet ist, oder rückt selbst in eine solche Zelle hinein. Während somit die Zellen nach Anschauung einiger Autoren (Fr. E. SCHULZE) die freie Oberfläche der Epidermis nicht erreichen, halten andere, so RUDNEFF, das Gegenteil für richtig. EBERTH nimmt insofern eine ver- mittelnde Stellung hinsichtlich dieser Frage ein, als die ausgebildeten Zellen auf der Epidermis münden sollen, die jüngeren Stadien da- gegen tiefer gelagert sind. Hinsichtlich der Funktion der Flaschen- zellen denken die meisten Autoren an Drüsenzellen, insbesondere sah Fr. E. ScHuLzE ihre Bedeutung darin, daß sie periodisch ein Sekret liefern sollten, das die obersten Zellschichten von den darunter gelegenen trennte, somit der Häutung diente. PFITZNER schrieb ihnen eine andere, ja geradezu entgegengesetzte Aufgabe zu, nämlich die Hornschicht fester im Stratum Malpighii zu verankern; in ähnlichem Sinne hat sich in neuerer Zeit Weiss!) geäußert. 1) Arch f. mikr. Anat. B. 87, 1916. Anat. Anz. Bd. 51. Aufsätze. 35 546 Daß derartige Zellen auch in der Epidermis des Laubfrosches vorkommen, ist in der Literatur bislang nicht verzeichnet; wenigstens erwähnt sie FicAL#I in der zitierten Monographie über das Integument der Hyliden nicht. Ich finde sie bei jungen und alten Tieren regel- mäßig in der Rückenhaut — hinsichtlich der übrigen Stellen des Körpers habe ich keine hinreichende Erfahrung gesammelt. Bei jüngeren Laubfröschen durchsetzen die Zellen fast die gesamte Dicke der noch schwächer entwickelten Epidermis, bei älteren nehmen sie die oberen zwei Drittel des Stratum Malpighii ein. Der letzte Fall ist in Abb. 9 dargestellt. Die Zellen sind ziemlich schlank, Bauch und Hals gehen allmählich ineinander über. Mit ihrer Nachbarschaft durch Zellbrücken verbunden, sind sie nicht von gerundeten, sondern meist leicht eckigen Konturen umgrenzt. Quer abgestutzt endigen sie unter der Hornschicht. Schon durch ihre Gestalt und noch mehr durch ihre Orientierung in der Epidermis fallen die Zellen leicht in die Augen. Aber auch ihr Bau weicht von dem gewöhnlicher Epidermiszellen ab. Wie die Autoren be- schreiben, befindet sich der Zellkern im unteren angeschwollenen Teil der Flaschen- ee a zellen. Im Halsteil, aber auch in dünner Abb. 9. Rupnerr’sche Zelle Lage den Kern umhüllend, erscheint beim ann ob en en Laubfrosch regelmäßig ‚eine Ansammlung zellen eine Wanderzelle. von kleinen Körnchen. Sie läßt den äußersten Frames starkes Gemisch; Rand der Zellen stets frei; ob dieses Ver- Färbung Eisenhämatoxylin. 5 } ; RR Vergr. 800::1. halten natürlich ist oder mit der Fixierung zusammenhängt, möge unentschieden bleiben. Jedenfalls aber ist der Nachweis derartiger Körnchen eine neue Be- stätigung für die Ansicht jener Autoren, die in den Flaschenzellen sezernierende Elemente sehen; denn die, Körnchen können kaum etwas anderes als Sekretgranula sein. Ich habe nur feststellen können, daß die Flaschenzellen unter der Hornschicht münden. Doch scheint mir sehr wohl die Möglich- keit gegeben, daß sie zu gewissen Zeiten auch die freie Oberfläche der Epidermis erreichen. Denn wenn man sich die Hornschicht ent- fernt denkt (Abb. 9), so liegen die Enden der Flaschenhälse in der Ebene der neuen Hautoberfläche; es kommt nun darauf an, ob die Flaschenzelle bei der (schon vor der Häutung einsetzenden) Bildung 547 der neuen Hornschicht verhornt und damit zugrunde geht, oder ob sie wenigstens in ihrem unteren Teil lebenskräftig bleibt. Im letzteren Fall würden dann Flaschenzellen vorhanden sein, die auf der freien Fläche der Haut münden. EBERTHs oben wiedergegebene Ansicht hinsichtlich der verschiedenen Art der Mündung der Flaschenzeller. scheint mir daher richtig. Ob dagegen auch SCHULZES Anschauung über die Bedeutung des Sekretes der Zellen zutrifft, dürfte schwer zu entscheiden sein, schon aus dem Grunde, weil bei den Reptilien die Häutung sich ohne Mitwirkung von Drüsensekreten in vollkommenster Weise vollzieht, und daher die Beihilfe eines Sekretes zum Abwerfen der oberflächlichen Hautschichten auch bei den Amphibien keines- wegs notwendig zu sein brauchte. Es wäre nun nicht ganz undenkbar, daß unsere vorher ge- schilderten Riesendrüsenzellen von solchen Flaschenzellen aus ihren Ursprung nehmen. Die Flaschenzellen sind gleich den Drüsenzellen sezernierende Elemente, sie besitzen wie diese eine festgelegte Mün- dungsstelle; auch ihre Lage in der Epidermis läßt sich in manchen Punkten mit diesen vergleichen. Wesentliche Unterschiede bestehen in der Größe — ein Umstand, der unsere Annahme über den Ur- sprung der Riesendrüsenzellen wohl am wenigsten Schwierigkeiten be- reitet — in der Form des Kernes und dem Verhalten des Sekrets. Die Form des Kernes ist bei den Riesendrüsenzellen aber offenbar durch die Gegenwart des Sekretbehälters bedingt: bei seinem Wachstum drängt er den Kern zunächst zur Seite und nötigt ihn dann, den frei- bleibenden Raum rings um sich herum auszufüllen. Es bleibt also vor allem zu erklären, wie der Sekretbehälter zustande kommt. Die Lage und Form der Sekretmasse in der Flaschenzelle ist aber derartig, daß man sich wohl einigermaßen vorstellen kann, wie aus ihr der Sekret- behälter hervorgehen könnte. Das im einzelnen auszumalen, muß ich jedem Leser überlassen. "Des hypothetischen Charakters der Ableitung der Riesendrüsenzellen von den Rupxerr’schen Elementen wohl be- wußt, glaubte ich dennoch diese Ausführungen nicht unterdrücken zu sollen; könnte diese unsichere Spur sich doch bei künftigen aus- gedehnteren Untersuchungen als der richtige Weg erweisen. (Eingegangen am 10. Oktober 1918.) 35* 548 Personalia. Freiburg i. B. Prof. Dr. Huao Fucus, I. Assistent an der Uni- versität Straßburg i. Els., übernimmt vom 1. Januar bis 1. April ver- tretungsweise die I. Prosektur am anatom. Institut Freiburg i. B. An die Herren Mitarbeiter. 1. Korrekturen von Satz und Abbildungen sind nicht an den Herausgeber, sondern erstere an die Druckerei, Herrn R. Wagner Sohn in Weimar, letztere an den Verlag zurückzusenden. 2. Seit dem Bande 24 werden nicht mehr ganze Sätze, sondern nur noch, wenn es den Herren Mitarbeitern unbedingt nötig erscheint, einzelne Worte durch den Druck (entweder gesperrt oder fett) hervorgehoben. Daß man wichtige Dinge ohne Hilfe des Sperrens durch die Stellung des betreffenden Wortes im Satze hervorheben kann, zeigt z. B. der ScHwaLBeE’sche Jahresbericht, in dem nicht gesperrt wird. Auch sind bekanntlich viele Leser geneigt, nur gesperrte Stellen zu lesen; das Fehlen solcher wird Anlaß geben, die ganze Arbeit zu lesen. 3. Polemik findet im Anatomischen Anzeiger nur Aufnahme, wenn sie rein sachlich ist, persönliche Polemik ist prinzipiell ausgeschlossen. Die Entscheidung über die bekanntlich schwer zu ziehende Grenze zwischen „sachlich“ und „persönlich“ behält sich der Herausgeber vor. 4. Die Verlagsbuchhandlung liefert bis zu 50 Sonder- abdrücken der Beiträge unentgeltlich, weitere Exemplare können, solange die Papierknappheit anhält, nicht hergestellt werden. 5. Nicht oder ungenügend frei gemachte Sendungen werden nicht angenommen. Der Herausgeber. Dieser Doppelnummer liegen Titel und Inhaltsverzeichnis zu Band 51 bei. Abgeschlossen am 28. Januar 1919. Weimar — Druck von R. Wagner Sohn. Literatur 1918°'). Von Prof. Dr. Orro Hamann, Oberbibliothekar an der Königl. Bibliothek in Berlin. 1. Lehr- und Handbücher. Bilderwerke. Bonnet, Rob., Lehrbuch der Entwicklungsgeschichte. 3. neubearb. Aufl. 390 Fig. Berlin, Parey. VIII, 478 S. 8° 22 M. Merkel, Friedrich, Die Anatomie des Menschen. Mit Hinweisen auf die ärzt- liche Praxis. 6. Abt.: Peripherische Nerven, Gefäßsystem. Inhalt der Körper- höhlen. Wiesbaden, Bergmann. VII, 199 8S. 8%. 8 M. Michaelis, L.. Kompendium der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit Be- rücksichtigung der Wirbeltiere. 7. Aufl. 2 Taf. u. 50 Fig. Leipzig, Thieme. 164 S. 8° 4,40 M. Spalteholz, Werner, Handatlas der Anatomie des Menschen. Mit Unterstützung von WırLH. His 7 bearb. 1011 Fig. 8. Aufl. Bd. 1: Knochen, Gelenke, Bänder. VI, 253 S. Leipzig, Hirzel. 8° 13 M. Strasser, Hans, Lehrbuch der Muskel- und Gelenkmechanik. 3. u. 4. Bd. Spezieller Teil, Schluß. Bd. 3: Die untere Extremität. 165 Fig. IX, 420 S. Bd. 4: Die obere -Extremität. 139 Fig. VIII, 376 S. Berlin, Springer. 8° 28 u. 26 M. Tandler, Julius, Lehrbuch der systematischen Anatomie. Bd. 1, Heft 1: Osteo- logie. 156 Fig. Leipzig, Vogel. IIL, 160 S. 6 M. Toldt, Carl, Anatomischer Atlas für Studierende und Ärzte unter Mitwirkung v. ALOIS DALLA Rosa hrsg. 9. Aufl. 1505 z. Teil farb. Holzschn. u. 15 Rönt- gen-Orig.-Aufnahmen. Bd. 1: A. Die Gegenden des menschlichen Körpers. B. Die Knochenlehre. C. Die Bänderlehre. D. Die Muskellehre. Wien, Urban & Schwarzenberg. VII, 399 S. 8°. 20M. — Bd. 2: Eingeweidelehre. Ge- faBlehre. S. 401—742, 8° 20 M. 4 2. Zeit- und Gesellschaftsschriften. Archiv fiir mikroskopische Anatomie. 1. Abt. f. vergleich. u. exper. Histol. u. Entwicklungsgesch. 2. Abt. f. Zeugungs- u. Vererbungslehre. Hsg. v. O. HERT- wie u. W. von WALDEYER-HaARTZz. Bd. 90, H. 3. 25 Fig. Bonn, Cohen. Inhalt: Abt. 2. Hertrwic, Dokumente zur Geschichte der Zeugungslehre. Eine historische Studie. 1) Wünsche und Berichtigungen, welche die Literatur betreffen, sind zu richten an Prof. Hamann, Berlin NW, Königl. Bibliothek. 2) Den im Jahre 1917 erschienenen Abhandlungen ist die Jahreszahl hinzugefügt. Anat. Anz. Bd. 51, Nr. 9/10. Lit. Juli 1918. 1! RR Caner Archiv für mikroskopische Anatomie. 1. Abt. f. vergl. u. exper. Histol. u. Ent- wicklungsgesch. 2. Abt. f. Zeugungs- u. Vererbungslehre. Hrsg. v. O. HERT- wIG u. W. von WALDEYER-HARTZ. Bd. 90, H. 4. 5 Taf. u. 15 Fig. Bonn, Cohen. Inhalt: Abt. 1. Meves, Uber Umwandlung von Plastosomen in Sekretkügel- chen, nach Beobachtungen an Pflanzenzellen. Zugleich eine Fortsetzung meiner Diskussion mit BENDA. — v. MOELLENDORFF, Zur Morphologie der vitalen Granulafärbung. — v. MOELLENDORFF, Die Bedeutung von sauren Kolloiden und Lipoiden für die vitale Farbstoffbindung in den Zellen. — KEIBEL, Die Implantationsstelle eines ganz frühzeitig, abortiv ausgestoßenen menschlichen Eies. — 2. Abt. BarLowıtz, Uber die Samenkörper der Libellen. 1. Die Spermien und Spermiozeugmen der Aeschniden. Archiv für Entwicklungsmechanik der Organismen. Hrsg. v. WILHELM Roux. Bd. 43, H. 3. 2 Taf. u. 74 Fig. Leipzig, Engelmann. Inhalt: RUNNSTRÖM, Analytische Studien über die Seeigelentwicklung. 3. — HERBST, Uber die Regeneration der Schwanzbeine von Palaemon nach Entfernung der Schwanzganglien. — ADLER, Metamorphosenstudien an Batrachierlarven. 2. Der Einfluß überreifer Eier. — SCHULTZ, Gleich- lauf von Verpflanzung und Kreuzung bei Froschlurchen, Schlüsse auf die Zusammenfügung der Plasmabausteine. — v. BEEREN, Über die Bestrah- lung von Froschlarven mit ultraviolettem Licht. Archiv für Entwicklungsmechanik der Organismen. Hrsg. v. WILHELM Roux. Bd. 43, 1918, H. 4. 23 Taf. u. 9 Fig. Leipzig, Engelmann. Inhalt: Runnstrém, Analytische Studien über die Seeigelentwicklung. 4. u. 5. Mitt. — SPEMANN, Über die Determination der ersten Organanlagen des Amphibienembryo 1—6. — BELOGOLOWY, Die Einwirkung parasi- tären Lebens auf das sich entwickelnde Amphibienei (den „Laichball‘“). — Roux, Bemerkungen zu der Abhandlung BELOGOLOWYS über Parasi- tismus von Embryonen und die dabei entstehenden bösartigen Ge- schwülste. Festschrift zum 70. Geburtstage von Emil Gasser, Geh. Med.-R., ord. Prof. u. Dir. d. Anat. Inst. d. Univ. Marburg, 8. Dezember 1917. 38 Taf. u. 116 Fig. Berlin, Springer, 1917. VIII, 688 S. 8° 56 M. (Zeitschr. f. angew. Anat. u. Konstitutionsl. Bd. 2 u. 3.) Inhalt (sow. anat.): STAHL, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte von Ta- tusia novemcincta. — HOFMANN, Zur Theorie und. Technik der GOLGI- Methode. — KOoRSCHELT, Beobachtungen und Versuche an Ctenodrilus (Zeppelinia) monostylos. — SCHMIDTMANN, Zur Kenntnis des braunen Pigments von Leber und Herz. — Voer, Morphologische und kausal- analytische Untersuchungen über die Lageentwicklung des menschlichen Darmes. — WETZEL, Die quere Oberschenkelfurche des Neugeborenen und ihre Entstehungsbedingungen. — RuGE, Der breite Rückenmuskel der Primaten. — TRIEPEL, Gastrulation und Chordulation. — REUTER, Über die Verwendung der Kälte in der anatomischen Technik. — SCHRIDDE, Weitere Untersuchungen über die Lymphocyten und ihre Zellkörner. — HENNEBERG, Zur Kenntnis der Entwicklung und der morphologischen Bedeutung der Hautdrüsenorgane. — LEHN, Beitrag zur Kenntnis des Primordialschädels von Polypterus. — König, Über Form und Wachs- tum des oberen Femurendes. — Macnus, Umbau von Knochenformen und Spongiosa-Architektur im Sinne der funktionellen Anpassung bei Gelenkkontrakturen. — KATSCH, Die Erklärung der Haustrenformung des Kolons. — ZANGEMEISTER, Über den Termin der Eibefruchtung beim Menschen. U ER Anatomische Hefte. Beiträge und Referate zur Anatomie und Entwicklungs- geschichte. Hrsg. v. FR. MERKEL u. R. Bonnet. Abt. 1: Arb. a. anat. Instit. H. 166 (Bd. 55, H. 2). 14 Taf. u. 29 Fig. Wiesbaden, Bergmann. Inhalt: HENNEBERG, Beiträge zur Entwicklung der äußeren Genitalorgane beim Säuger. 2. Teil. — BARGE, Die Entwicklung der Cranio-Vertebral- grenze beim Schaf. — Krasa, Die Entwicklungsgeschichte des Urogenital- systems beim Maulwurf (Talpa europaea). Internationale Monatsschrift für Anatomie und Physiologie. Red. v. Fr. Kopscu. Bd. 22, H.7/12. 47 Fig. Leipzig, Thieme. Inhalt: HELLwIG, Über die Form des menschlichen Hüftgelenks (Schluß). 3. Methoden der Untersuchung und Aufbewahrung. Deußen, Ernst, Die Gram’sche Bakterienfärbung, ihr Wesen und ihre Bedeutung. Zeitschr. f. Hyg. u. Infektionskr. Bd. 89, 1918432 2, 8. 235322: Enoch, Sally. Histologische Studien mit dem Luminiszenzmikroskop. Diss. med. Königsberg 1917. 8°. Günther, H., Das Mikroskop und seine Nebenapparate. 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Jg. 46, 1915, N. 5/8, S. 34. u Re Knopfli, Walter, Beiträge zur Morphologie und Entwicklungsgeschichte des Brustschulterskelettes der Vögel. Vierteljahrsschr. d. naturf. Ges. Zürich Jg. 62, 1917, H. 1/2, S. 49—58. König, Fritz. Über Form und Wachstum des oberen Femurendes. 7 Taf. Zeit- schr. f. angew. Anat. u. Konstitutionslehre Bd. 3, H. 1/2, S. 1—12; Festschr. f. GASSER, S. 409 —420. Krasa, F. C., Über Reste des dritten und vierten Viszeralbogenskelettes. 2 Fig. Anat. Anz. Bd. 50, N. 18/20, S. 480-484. Lebedkin, S., Zur Frage der Entwicklung des Primordialeraniums beim Schwein (Sus scrofa). Vorl. Mitt. 4 Fig. Anat. Anz. Bd. 50, N. 23/24, S. 539—546. Lehn, Charlotte, Beitrag zur Kenntnis des Primordialschädels von Polypterus. 1 Taf. u. 18 Fig. Zeitschr. f. angew. Anat. u. Konstitutionslehre Ba. 2, H. 4/6, S. 349—408; Nestschr. f. GASSER, S. 349 —400. Leriche, R., et Policard, A., Mécanisme histologique de la formation de los nouveau au cours de la regen®ration osseuse chez ’homme. 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Retterer, Ed.. et Neuville, H., Du ‚tarse‘‘ des paupiéres. Compt. rend. Soc. Biol. T. 8), N. 2, 8S. 79—82. Retterer, Ed., et Neuville, H., Du tarse des paupieres de plusieurs mammif¢res. Compt. rend. Soc. Biol. T. 81, N. 3, S. 119—121. Roos, Walter, Uber die Anatomic, Physiologie und Pathologie des Interdental- raumes. Diss. med. Zürich 1417. 8° Roskoschny, Friedrich, Symmetrische Syndaktylie beider Hände und Füße. 2 Fig. Deutsche med. Wochenschr. Jg. 44, N. 13, S. 350— 351. Schröder und Moral, Über angeborene Zähne. 1 Taf. Deutsche Monatsschr. f. Zahnheilk. Jg. 36, H. 4. 8..97—115. | Stoß, Anton, Die Vaskularisation des hyalinen Knorpels. (S. Kap. 5.) Töppich, Gerhard, Die Porosität der Knochen des Neugeborenen mit Berück- sichtigung des Verhaltens der Porosität bei Erwachsenen und Greisen. Diss, med. Breslau 1918. 8°. Virchow, Hans, Über den Calcaneus-Sporn. 3 Fig. Verh. Berlin. med. Ges. 1916 Bd. 47, 1917, S. 205 — 208. u py a b) Bänder, Gelenke, Muskeln, Mechanik. 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Lehrbuch der Muskel- und Gelenkmechanik. (S. Kap. 1.) 7. Gefäßsystem. Baum, Hermann, Die im injizierten Zustande makroskopisch erkennbaren Lymphgefäße der Skelettknochen des Hundes. (S. Kap. 6a.) Buschendorff, Carla, Beitrag zur Kenntnis der Persistenz eines doppelten Aorten- bogens und seine klinische Bedeutung. Diss. med. Heidelberg 1917. 8°. Frölicher, Heiarich, Beiträge zur Histologie und Pathologie des Ductus arteriosus Botalli. Diss. med. Zürich 1917. 8°. Haberlandt, Ludwig, Die Physiologie der Atrioventricularverbindung des Kalt- blüterherzens. 1 Taf. Arch. f. Anat. u. Physiol. Jg. 1916, physiol. Abt., H. 5/6 ' (ersch. 1917), S. 367—454. Hülse, Waiter, Beitrag zur Kenntnis der totalen Persistenz des Truncus arteriosus communis. 1 Fig. VIRCHOWS Arch. f. pathol. Anat. Bd. 225, H. 1, S. 16 —23. Lande, Lotte. Dextrokardie durch blasige Mißbildung der Lunge. 1 Taf. u. 1 Fig. Zeitschr. .f. Kinderheilk. Bd. 17, Orig., H. 3/4, S. 245 — 254. Petersen, Gerhard, Über das atrioventrikulare Reizleitungssystem bei den Haus- säugetieren. 3 Taf. Arch. f. wiss. u. prakt. Tierheilk. Bd. 44, H. 1/2, S. 97—113. Retterer, Ed., et Neuville, H., Résultats généraux obtenus par l’Etude de la rate d’une trentaine d’espéces d’oiseaux. Compt. rend. Soc. Biol. T. 80, N. 20. S. 953—955. Schmidtmann, Martha, Zur Kenntnis des braunen Pigments von Leber und Herz. (S. Kap. 5.) Verse, Kongenitale Pulmonalstenose mit Septumdefekt. Sogenannte (partielle) Verdoppelung der Vena cava inferior. 1 Fig. München. med. Wochenschr. Jg. 1918, N. 15. S. 413-415. 8. Integument. Berdez, Margaretha, Beiträge zur Frage des Albinismus, Diss, med. Basel ESE 85: Same Henneberg, B., Zur Kenntnis der Entwicklung und der morphologischen Be- deutung der Hautdrüsenorgane. 3 Taf. Zeitschr. f. angew. Anat. u. Konsti- tutionslehre Bd. 2, 1918, H. 416, S. 338—348; Festschr. f. Gasser, S. 338 — 348. Ruge, Georg. Haarrichtungslinien im Bereiche des Mammarapparates bei mensch- lichen Embryonen. Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 47, H. 1, S. 2—12. v. Schumacher, Siegmund, Über das Vorkommen von Schuppen an den Ohr- muscheln des Alpenschneehasen (Lepus Varronis Mill... 3 Fig. Anat. Anz. Bd. 50, N. 18/20, S. 473—480. 9. Darmsystem. Baumann, Max Edgar, Acht Fälle von Situs inversus visceralis totalis. Diss. med. Zürich 1917. 8°. Cooper, P. R., A case of ectopia viscerum. British med. Journ. 1918, N. 2969, S. 687 —688. a) Atmungsorgane. v. Eicken, C., Angeborenes Diaphragma der Glottis. Arch. f. Obren-, Nasen- u. Kehlkopfkr. Bd. 101, H. 4, S. 223-—235. Himmelreicher, Gertrud, Über einen Fall von kongenitaler partieller Verwach- sung der Stimmbänder. Diss. med. Tübingen 1918. 8°. b) Verdauungsorgane. Berblinger, Großes paariges Divertikel des Duodenum. 1 Fig. München. med. Wochenschr. Jg. 65, N. 4, S. 133. 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Schmidtmann, Martha, Zur Kenntnis des braunen Pigments von Leber und Herz. (S. Kap. 5.) Vogt, Morphologische und kausal-analytische Untersuchungen über die Lage- entwicklung des menschlichen Darmes. Zeitschr. f. angew. Anat. u. Konsti- tutionslehre Bd. 2, H. 1/3, S. 87—208; Festschr. f. GAssErR. S. 87—208. ESS ee 10. Harn- und Geschlechtsorgane. Krasa, Franz C.. Die Entwicklungsgeschichte des Urogenitalsystems beim Maul- wurf (Talpa europaea). 5 Taf. u. 2) Fig. Anat. Hefte. Abt. 1: Arb. a. anat. Instit. H. 166 (Bd. 55, H. 2), S. 443—509. Schilling, Fritz Karl Johann Bronislaw, Vier Fälle von Uterus unicornis mit gleich- zeitiger anormaler oder fehlender Anlage einer Niere. Diss. med. Leipzig 1917.3.- 8°. a) Harnorgane. Bosset, Les canaux ou diverticules annexés 4 la région du méat urinaire chez la femme. Diss. med. Lausanne 1917. 8°. Frey, Philipp, Uber die angeborene Verengerung der Pars posterior urethrae. Diss. med. Gießen 1917. 8°. Oppenheim, Franz, Über den histologischen Bau der Arterien in der wachsenden und alternden Niere. 2 Taf. Frankf. Zeitschr. f. Pathol. Bd. 21, H. 1, S.57—84. Rothschild, Alfred. Kongenitale Blasendivertikel. 1 Taf. u. 2 Fig. Arch. f. klin. Chir. Bd. 109, H. 3, S. 657 —675. b) Geschlechtsorgane. de Aranjo, Sampaio Carlos, Inclusions grasses et cellules spécifiques dans l’uterus du rat blanc et de la souris blanche. Diss. med. Genf 1917. 8°. Ballowitz, E., Uber die Samenkörper der Libellen. 1. Die Spermien und Sper- miozeugmen der Aeschniden. (S. Kap. 5.) Braunsteiner, Julius, Ein Fall von Uterus duplex. Diss. med. Miinchen 1918. 8°. Eich, H., Atresia hymenalis. 1 Fig. Deutsche med. Wochenschr. Jg. 44, N. 2. S. 44. Grosser, Otto, Die Aufgaben des Eileiters der Säugetiere. 2 Fig. Amat. Anz. Bd. 50, N. 21/22, S. 489—510. Hartmann, Otto, Über die Entwicklung und temporsle Variation des Keimdotter- stockes und die Eibildung von Pterodina patina Müll., nebst Bemerkungen über die Temporalvariation des Dotterstockes von Asplanchna und Synchaeta. 3 Taf. u. 5 Fig. Zool. Jahrb., Abt. f. Anat., Bd. 40, H. 3, S. 291—340. Henneberg, B.. Beiträge zur Entwicklung der äußeren ‚Genitalorgane beim Säuger. 2. Teil. 9 Taf. Anat. Hefte. Abt. 1: Arb. a. anat. Instit. H. 166 (Bd. 55, H. 2). S. 227 —414. Herlant, Maurice, Variations cycliques de la perméabilité chez l’oeuf active. Compt. rend. Soc. Biol. T. 81, N. 4, S. 151— 155. Hirschler, Jan, Uberdie Plasmakomponenten (GotGr'scher Apparat, Mitochon- drien u. a.) der weiblichen Geschlechtszellen (zytologische Untersuchungen am Ascidien-Ovarium). (S. Kap. 5.) Hobbing, Martin, Über doppelseitigen und einseitigen Defekt der Tuben und Eierstöcke, mit besonderer Berücksichtigung des einseitigen Defektes der- selben bei normalem Uterus. Diss. med. Erlangen 1917. 8°. 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Geschlechtschromosomenuntersuchungen an Psychiden. 1 Taf. u. 3 Fig. Zeitschr. f. indukt. Abstamm.- u. Vererbungslehre Bd. 18, H. 2, S. 81 bis 92. Zen Ruffinen, Sur la structure fine de la region clitoridienne et des petites lévres de la femme. Diss. med. Lausanne 1917. 8°. 11. Nervensystem und Sinnesorgane. a) Nervensystem (zentrales, peripheres, sympathisches). Anderle. Helene, Zur Lehre von der Querschnittstopographie der Nerven an der unteren Extremität. 12 Fig. Zeitschr. f. angew. Anat. u. Konstitutionsl. Bd. 3, H. 5/6, S. 288—313. Borchardt, M., und Wjasmenski, Der Nervus medianus. 23 Taf. Bruns Beitr. z. klin. Chir. Bd. 107, H. 5, S. 553 —582. Brouwer, B.. Klinisch-anatomische Untersuchung über den Oculomotoriuskern. 3 Taf. u.5 Fig. Zeitschr. f. d. ges. Neurol. u. Psych., Orig.-Bd. 40, H. 1/3, S. 152 bis 193. Brun, R., Zur Kenntnis der Bildungsfehler des Kleinhirns. 17 Fig. Schweizer Arch. f. Neurol. u. Psych. Bd. 1, H. 1, 8. 61-123. Celestino da Costa, A.. 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N Vee Rund, Gudrun, Sinneslinien und freie Nervenhügel bei Chimaera monstrosa. 2 Taf. u. 2 Fig. Zool. Jahrb., Abt. f. Anat., Bd. 40, H. 3, S. 421 —440. Schaffer, Karl, Über normale und pathologische Hirnfurchung. 11 Taf. u. 16 Fig. Zeitschr. f. d. ges. Neurol. u. Psych. Orig.-Bd. 38, 1917, H. 1/2, S. 1—78. Schaffer, Karl, Zum Mechanismus der Furchenbildung. Ein Erklärungsversuch. Zeitschr. f. d. ges. Neurol. u. Psych. Orig.-Bd. 38, H. 1/2, S. 79—84. Spatz, Hugo, Beiträge zur normalen Histologie des Rückenmarks des neugeborenen Kaninchens mit Berücksichtigung der Veränderungen während der extrauterinen Entwicklung. 8 Taf. u. 1 Fig. Histol. u. histopathol. Arb. üb. d. Großhirn- rinde Bd. 6, 1917, H. 3, S. 477 —604. Spiegel, E. A., Der Nucleus funiculi teretis. 11 Fig. Jahrb. f. Psych. u. Neurol. Bd. 38, 1917, H. 1 (Festschr. f. OB8ERSTEINER), S. 220—252. b) Sinnesorgane. Barbieri, Nicola Alberto, Sur le nerf optique laminaire et sur le nerf optique gang- lionnaire. 2 Fig. Compt. rend. 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Ein Mikrophthalmus congenitus mit Membrana pupillaris corneae adhaerens und anderen Anomalien. 2 Taf. GRÄFES Arch. f. Ophthalmol. Bd. 94, _H. 3/4, S. 301—315. Onodi, Ladislaus, Uber kongenitale Ohrfisteln. 9 Fig. Arch. f. Ohren-, Nasen- u. Kehlkopfkr. Bd. 102, H. 1/2, S. 128—136. Retterer, Ed., De la conjonctive humaine et de l’évolution de ses elements. Compt. rend. Soc. Biol. T. 80, N. 17, S. 821 —824. Retterer, Ed., Structure et evolution de la tonsille conjonctivale du chien. Compt. rend. Soc. Biol. T. 80, N. 18, S. 860-863. - Satoh, Nobuo, Der histologische Bau der Vogelschnecke und ihre Schädigungen durch akustische Reize und durch Detonation. 12 Taf. u.6 Fig. Basel, Schwabe & Co. 35 x 245 em. 48 S. 20 M. v. Schumacher, Siegmund, Über das Vorkommen von Schuppen an den Ohrmuscheln des Alpenschneehasen (Lepus Varronis Mill... (S. Kap. 8.) a re Tendlau. Anna, Ein Fall von Proboseis lateralis. I Taf. u. 5 Fig. GRÄFES Arch. f. Ophthalmol. Bd. 95, H. 2, S. 135 — 144. Vogt. 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Uber die myoiden Elemente des Thymus beim Menschen. Vorl. Mitt. 1 Taf. Anat. Anz. Bd. 50, N. 23/24, S. 547—551. Woerdeman, Martin W.. Over een weinig bekend gedeelte der hypophyse. 2 Fig. Neder]. Tijdschr. vocr Geneesk. ‚Jg. 22, Helft 1, N. 4, 8. 215—221. 13a. Entwickelungsgeschichte. Berblinger, Großes paariges Divertikel des Duodenum. (S. Kap. 9b.) Bonnet, Rob., Lehrbuch der Entwicklungsgeschichte. (S. Kap. 1.) Eich, H., Atresia hymenalis. (S. Kap. 10b.) Haecker, V.. Uber eine entwicklungsgeschichtliche Vererbungsregel. Zeitschr. f. indukt. Abstamm.- u. Vererbungslehre Bd. 18, H. 1, 8. 1—21. Hartmann, Otto, Über die Entwicklung und temporale Variation des Keim- dotterstockes und die Eibildung von Pterodina patina Müll., nebst Bemerkun- gen über die Temporalvariation des Dotterstockes von Asplanchna und Syn- chaeta. (S. Kap. 10b.) Held, Hans. Untersuchungen über den Vorgang der Befruchtung. 1. Der Anteil des Protoplasmas an der Befruchtung von Ascaris megalocephala. 6 Taf. Arch, f. mikrosk. Anat. Bd. 89, 1917, Abt. 2, H. 1, S. 59— 224. Henneberg, B., Zur Kenntnis der Entwicklung und der morphologischen Be- deutung der Hautdrüsenorgane. (S. Kap. 8.) Keibel, Franz, Die Implanvationsstelle eines ganz frühzeitig abortiv aus- gestoßenen menschlichen Eies. (S. Kap. 10b.) Krasa, Franz (., Die Entwicklungsgeschichte des Urogenitalsystems beim Maulwurf (Talpa europaea). (S. Kap. W.) Léeaillon, A., Sur quelques données cytologiques relatives aux phénoménes de parthénogenése naturelle qui se produisent chez le Bombyx du mürier. Compt. rend. Acad. Sc. T. 166, N. 4, S. 180—181. a > Se Lehn, Charlotte, Beitrag zur Kenntnis des Primordialschadels von Polypterus. (S. Kap. 6a.) Mayer, Klaus Robert, Angeborener Defekt eines Humerus, einer Ula und Oberarmdefekt bei einem zwölfjährigen Mädchen. (S. Kap. 6a.) Meisner, W., Ein Mikrophthalmus congenitus mit Membrana pupillaris corneae adhaerens und anderen Anomalien. (S. Kap. 11b.) Michaelis, L., Kompendium der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit Berücksichtigung der Wirbeltiere. (S. Kap. 1.) Retterer, Ed., De la conjonetive humaine et de lévolution de ses éléments. (S. Kap. 11b.) Retterer, Ed., Structure et evolution de la tonsille conjonctivale du Chien. (54 Rap 1b!) Ruge, Georg, Haarrichtungslinien im Bereiche des Mammarapparates bei menschlichen Embryonen. (S. Kap. 8.) Soulier, A., Le cinquieme stade de segmentation (trente-deux cellules) chez Pro- tula Meilhaci. 6 Fig. Arch. de Zool. exper. et gen. T. 56, 1917, Notes et Revue N. 3, 8. 100—103. Strahl, H., Beiträge zur Entwicklungsgeschichte von Tatusia novemeincta L. 6 Taf. Zeitschr. f. angew. Anat. u. Konstitutionslehre Bd. 2, H. 1/3, S. 1—40; Festschr. f. GASSER, 8. 1—49. Triepel, Hermann, Gastrulation und Chordulation. 2 Fig. Zeitschr. f. angew. Anat. u. Konstitutionslehre Bd. 2, 1918, H. 4/6, S. 285—296; Festschr. f. GASSER, S. 285 —296. 13b. Experimentelle Morphologie und Entwickelungsgeschichte. Janda, Viktor, Neue Untersuchungen über die Regeneration der Geschlechts- organe bei den Oligochäten. Vorl. Mitt. (S. Kap. 10b.) 14. MiBbildungen. Berbiinger. Partielle Atresie des Oesophagus, Kommunikation. zwischen Trachea und unterer Speiserdhrenhalfte. (8. Kap. 9b.) Berdez, Margaretha, Beiträge zur Frage des Albinismus. (S. Kap. 8.) Braunsteiner, Julius, Ein Fall von Uterus duplex. (S. Kap. 10b.) Buschendorff, Carla, Beitrag zur Kenntnis der Persistenz eines doppelten Aortenbogens und seine klinische Bedeutung. (S. Kap. 7.) Dubs, J., Zur Kenntnis der kongenitalen radio-ulnaren Synostose. Kasuistische Mitteilung. (S. Kap. 6a.) _ Himmelreicher, Gertrud, Über einen Fall von kongenitaler partieller Ver- wachsung der Stimmbänder. (S. Kap. 9a.) Hobbing, Martin, Über doppelseitigen und einseitigen Defekt der Tuben und Eierstöcke, mit besonderer Berücksichtigung des einseitigen Defektes der- selben bei normalem Uterus. (S. Kap. 10b.)- Holländer, Eugen, Familiäre Fingermißbildung (Brachydaktylie und Hyper- phalangie). (S. Kap. 6a.) Jankovich, Ladislaus, Über die abnormale Entwicklung der Geschlechts- organe eines neugeborenen Mädchens. (S. Kap. 10b.) a Lande, Lotte. Dextrokardie durch blasige Mißbildung der Lunge. (S. Kap. 7.) Roskoschny, Friedrich, Symmetrische Syndaktylie beider Hände und Füße. (S. Kap. 6a.) Schilling, Fritz Karl Johann Bronislaw, Vier Fälle von Uterus unicornis mit gleichzeitiger anormaler oder fehlender Anlage einer Niere. (S. Kap. 10.) Tendlau, Anna, Ein Fall von Proboscis lateralis. (S. Kap. 11b.) Verse, Kongenitale Pulmonalstenose mit Septumdefekt. Sogenannte (partielle) - Verdoppelung der Vena cava interior. (S. Kap. 7.) 15. Physische Anthropologie. Knoop, L., Rechter Calcaneus eines Paläolithixers aus dem Diluvium von Gr.- Winnigstedt im Kreise Wolfenbüttel. (S. Kap. 6a.) Loritz, J. B., Über die Herkunft des südbulgarischen Dolichocephalus. (8. Kap. 6a.) Schlaginhaufen, Otto, Mitteilungen über das neolithische Pfahlbauskelet von Egolzwil (Luzern). Verh. Schweiz. Naturf. Ges. Genf, Sect. d’Anthropol. et d’Ethnogr., Bd. 2, 1915, S. 238—240. Virchow, Hans, Anatomische Mitteilungen über den männlichen Schimpansen „Moritz‘‘ des Zoologischen Gartens. 3 Fig. Zeitschr. f. Ethnol. Jg. 48, 1916, H. 4/5, S. 264—271. Werth, E., Die Auflösung des Eoanthropus Dawsont. 3 Fig. Zeitschr. f. Ethnol. Jg. 48, 1916, H. 2/3, S. 261 —264. 16. Wirbeltiere. Boulenger, G. A., Sur la conformation des phalangettes chez certaines Grenouil- les d’Afrique. (S. Kap. 6a.) Hescheler, K., Uber einen Unterkiefer von Rhinoceros antiquitatis Blumenb. aus dem Kanton Schaffhausen. (S. Kap. 6a.) Retterer, Ed., et Neuville, H., Du tarse des paupiéres de plusieurs mammi- feres. (S. Kap. 6a.) Werth, E., Uber die Beziehungen des jungdiluvialen Bison priscus zu den lebenden Bison-Arten. 5 Fig. Sitzungsber. Ges. naturf. Freuride Berlin 1917, Nr. 3, S. 248—258. Wiman, C., Neue Stegocephalenfunde aus dem Posidonomyaschiefer Spitzbergens. 2 Taf. u. 4 Fig. Bull. Geol. Instit. Univ. Upsala Vol. 13, 2, 1916, 8. 209—222. Wiman, (€., Ein Plesiosaurierwirbel aus der Trias Spitzbergens. 4 Fig. Bull. Geol. Instit. Univ. Upsala Vol. 13, 2, 1916, S. 223—226. : Wiman, €., Uber die Stegocephalen Tertrema und Lonchorhynchus. 3 Taf. u. 8 Fig. Bull. Geol. Instit. Univ. Upsala Vol. 14, 1916/17. S. 229—240. Abgeschlossen am 15, Juni 1918. ii SE = Literatur 1918’). Von Prof. Dr. Orro Hamann, Oberbibliothekar an der Königl. Bibliothek in Berlin. 1. Lehr- und Handbücher. Bilderwerke. Björkegren, Margarete E., Handbook of Anatomy for Students of Massage. Sec. edit. Illustr. London, Bailliére, Tindall a. Cox. 1917. X, 233 S. 8%. ds. Friedemann, Martin, Anatomie für Schwestern. 5. unveränd. Aufl. 117 Fig. Jena, Fischer. VIII, 155 S. 8%. 4 M. Spaltehoiz, Werner, Handatlas der Anatomie des Menschen. Mit Unterstützung von WırH. His. Bd. 2: Regionen, Muskeln, Faszien, Herz, Blutgefäße. 8. Aufl. M. z. Teil farb. Fig. Leipzig, Hirzel. S. 255—493. 16 M. Spalteholz, Werner, Handatlas der Anatomie des Menschen. Mit Unterstützung v. Wıra. His. Bd. 3: Eingeweide, Gehirn, Nerven, Sinnesorgane. 8. Aufl. M. z. Teil farb. Fig. Leipzig, Hirzel. III, S. 495—895. 8° 21 M. Stöhr, Philipp, Lehrbuch der Histologie und der mikroskopischen Anatomie des Menschen mit Einschlag d. mikrosk. Technik. 17. verb. Aufl. bearb. v. OSKAR SCHULTZE. 432 Fig. Jena, Fischer. XIV, 516 S. 8°. 14 M. Tandler, Julius, Lehrbuch der systematischen Anatomie. Bd. 1, Heft 2: Syndes- mologie. M. z. Teil farb. Fig. Leipzig, Vogel. S. 161—294. 6 M. 2. Zeit- und Gesellschaftsschriften. Archiv für mikroskopische Anatomie. 1. Abt. f. vergl. u. exper. Histol. u. Ent- wicklungsgeschichte. 2. Abt. f. Zeugungs- u. Vererbungslehre. Hrsg. v. O. HERTWIG u. W. von WALDEYER-Hartz. Bd. 91, H. 1/2. 14 Taf. u. 5 Fig. Bonn, Cohen. Inhalt: Abt. 1. Kormer, Zur vergleichenden Histologie, Zytologie und Entwicklungsgeschichte der Säugernebenniere. — HIRSCHLER, Uber den GoreT'schen Apparat embryonaler Zellen. — RoSENSTADT, Zellstudien. 1. Bau der Epidermiszelle. — PLATE, Über Drüsen und Lymphknoten in der Ohrfalte der Truthenne und des Auerhahns. — SEGALL, Uber die Entwicklung und den Wechsel der Haare beim Meerschweinchen (Cavia cobaya Schreb). Anatomische Hefte. Beiträge und Referate zur Anatomie und Entwickelungs- geschichte. Hrsg. v. Fr. MERKEL u. R. Bonnet. 1. Abt.: Arb. a. anat. Inst. H. 167 (Bd. 55, H. 3). 4 Taf. u. 36 Fig. Wiesbaden, Bergmann. Inhalt: GREIL, Über den Erwerb der Kraniotenorganisation. — SoMMER- FELT, Untersuchungen über den Bau der Leber bei Wirbeltieren. 1) Wünsche und Berichtigungen für die Literatur sind zu richten an Prof. Hamann, Berlin NW, Königl. Bibliothek. Anat, Anz. Bd. 61, Nr. 17/18. Lit. Dezember 1918. II a. Jahresberichte über die Fortschritte der Anatomie und Entwicklungsgeschichte. In Verbindung m. zahlr. Gelehrten .... hrsg. v. G. SCHWALBE f. N. F. Bd. 20. Literatur 1914. 3. Teil, 2. Abt. (Schluß d. Bandes). Jena, Fischer. XIX, S. 557—1005. 8° 42 M. The Anatomical Record. Philadelphia, Wistar Institute of Anatomy and Biology. Vol. 9, 1915, N. 1. Inhalt: HATA1, The Growth of the Body and Organs in Albino Rats fed with a Lipoid-free Ration. — Hammett, The Source of the Hydrochlorir Acid found in the Stomach. — Stropping Machine for Microtome Knives. — Davıs, A simple Apparatus for mieroscopie and macroscopie Photography. The Anatomical Record. Philadelphia, Wistar Institute of Anatomy and Biology. Vvol..9, 1919,N..2. Inhalt: KırkHAm and HAGGARD, A comparative Study of the Shoulder Region of the normal and.of a Wingless Fowl. — DECKER, Report of the Anomalies in a Subject with a supernumerary Lumbar Vertebra. — Ee- GERTH, On the Anlage of the Bulbo-Urethral (CowPER’s) and major Vesti- bular (BARTHOLIN’S) Glands in the human Embryo. — DOCKERAY, Vo- lumetric Determinations of the Parts of the Brain in a human Fetus 156 mm long (crown-rump). The Anatomical Record. Philadelphia, Wistar Institute of Anatomy and Biology. Vol. 9, 1915, N. 3. Inhalt: Kine, On the Weight of the Albino Rat at Birth and the Factors that influence it. — RINGOEN, Observations on the Origin of the mast Leucocytes of the adult Rabbit. — Mc CoTTER, A Note on the Course and Distribution of the Nervus terminalis in Man. — SCAMMoON, On WEBER’S Method of Reconstruction and its Application to curved Surfaces. — Curr, On the Structures of the Erythrocyte. The Anatomical Record. Philadelphia, Wistar Institute of Anatomy and Biology. Vol. 9, 1915, N. 4. Inhalt: Mc CLuURE, On the provisional Arrangement of the embryonic lym- phatic System. — REVELEY, The pyramidal Tract in the Guinea-Pig. — Horrax, A Study of the afferent Fibres of the Body Wall and of the Hind Legs to the Cerebellum of the Dog by the Method of Degeneration. — SHELDON, Some new Receptacles for Cadavers and gross Preparations. — REAGAN, Vascularization Phenomena in Fragments of embryonic Bodies completely isolated from Yolk-Sac Blastoderm. The Anatomical Record. Philadelphia, WISTAR Institute of Anatomy and Biology. Vol. 9, 1915, N. 5. Inhalt: Conepon, The Identification of Tissues in artificial Cultures. — BALDWIN, The Action of ultra-violet Rays upon the Frog’s Egg. 1. The artificial Production of Spina bifida. — REEVES, On the Presence of inter- stitial Cells in the Chicken’s Testis. — LINEBACK, A simple Method of Brain Dissection. The Anatomical Record. Philadelphia, W1stTaR Institute of Anatomy and Biology. Vol. 9,-1915, “Ne-.6. Inhalt: Hooker, The Röles of Nucleus and Cytoplasm in Melanin Elabora- tion. — Kine a. STOTSENBURG, On the normal Sex Ratio and the Size of the Litter in the Albino Rat (Mus norvegicus albinus). — WALLIN, An Instance of acidophilic Chromosomes and Chromatin Particles. — LAURENS, The Connecting Systems of the Reptile Heart. — Jos, The adult Ana- tomy of the Lymphatic System in the Common, Rat (Epimys norvegicus). oe | — Lorp, Some anatomical Deductions from a pathological temporo- mandibular Articulation. — MEYER, Laboratory and technical Miscellany. — Martin, Neutral Stains as applied to the Granules of the pancreatic Islet Cells. The Anatomica! Record. Philadelphia, WISTAR Institute of Anatomy and Biology. Vol. 9, 1915, N. 7. Inhalt: MEYER, Spolia anatomica addenda ]. — WERBER, Experimental Studies aiming at the Control of defective and monstrous Development. A Survey of recorded Monstrosities with special Attention to the ophthal- mic Defects. — Mc CLURE, The Development of the Lymphatic System in the Light of the more recent Investigations in the Field of Vasculogene- sis. — REED, The sound-transmitting Apparatus in Necturus. The Anatomical Record. Philadelphia, Wistar Institute of Anatomy and Biology. Vol. 9, 1915, N. 8. Inhalt: SHUFELDT, On the comparative Osteology of the Limpkin (Aramus vociferus) and its Place in the System. — KunxKEL, The Paraphysis and Pineal Region of the Garter Snake. — HELM, The gastric Vasa brevia. — Harat, On the Influence of Exercise on the Growth of Organs in the Albino Rat. — STOTSENBURG, The Growth of the Fetus of the Albino Rat from the thirteenth to the twenty-second Day of Gestation. 3. Methoden der Untersuchung und Aufbewahrung. Comandon, J., et Jolly, J., Etude cinématographique de la division cellulaire. 2 Taf. Journ. de physiol. et de pathol. gen. T. 17, N. 4, S. 573—589. Davis, Daniel, A simple Apparatus for microscopic and macroscopic Photo- graphy. 3 Fig. Anat. Record Vol. 9, 1915, N. 1 (Proc. A. Assoc. Anat. 31. Sess.), S. 29—33. Dubreuil, G., et Planchon, La colloidine. Compt. rend. Soc. Biol. T. 81, N. 7, S. 314—315. G., M. J., Stropping Machine for Microtome Knives. 3 Fig. Anat. Record Vol. 9, 1915, N. 1, S. 26—28. Hardesty, Irving, A Method for Handling Paraffin Sections. Anat. Record Vol. 9, 1915, N. 1 (Proc. A. Assoc. Anat. 31. Sess.), S. 143. Hollande, A. Ch., Emploi de l’aleool amylique en technique histologique et plus particulierement dans la méthode de Romanowsky. Compt. rend. Soc. Biol. T. 81, N. 5, S. 223—225. Lineback, Paul E., A simple Method of Brain Dissection. 5 Fig. Anat. Record Vol. 9, 1915, N. 5, S. 387—391. Martin, W. B., Neutral Stains as applied to the Granules of the pancreatic Islet Cells. Anat. Record Vol. 9, 1915, N. 6, S. 475—481. Mayer, Paul, Uber die Reinheit unserer Farbstoffe. Zeitschr. f. wiss. Mikrosk. 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